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Physikalische Zeitschrift
Unter ständiger Mitarbeit für den referierenden Teil
von
Privatdozent Dr. M. Abraham, Professor Dr. L. Ambroxm, Professor Dr. H. Boruttau, Professor Dr. M. Brendel,
Professor Dr. A. Coehn, Professor Dr. Th. Des Coudres, Privatdozent Dr. B. Englisoh, Privatdozent
Dr. W. Kaofknann, Professor Dr. B. Meyer, Professor Dr. L. Bhumbler, Privatdozent Dr. K. Sohaum,
Professor Dr. G. C. Sohmtdt, Professor Dr. E. Wieehert, Privatdozent Dr. B. Zermelo.
Herausgegeben von
Dr. E. RIECKE
o. ö. Professor an der Universität Göttiogen.
und
Dr. H. TH. SIMON
a. o. Professor an der Universität Göttiogen«
Redaktion: Professor Dr. H. TH. SIMON in Göttingen.
DRITTER JAHRGANG.
1901 — 1902
Mit fünf Tafeln.
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Leipzig,
Verlag von S. Hirzel.
1902.
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THE NEW YOF:K
PUBLIC LIBRARY
296296
ASTOR, LENOX AMO
TluOEN FOJif<pATIOr48
D 1904 L
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Autoren- und Sachregister.
Abkürzungen: (R.) = Referat, (B.) = Besprechung, (N.) =» 73. Xaturforscherversammlung.
Seite
A.
;, B., Apparat zur Demonstration und Bestimmung
von lonenbeweglichkeiten 1 10
— Eine neue Methode zur direkten Bestimmung von
lonenbeweglichkeiten in wässerigen Lösungen. (N.) 124
— Demonstration. (N.) 190
Abel, Niels (Tagesereignisse) 400
Ablesevorrichtungen: Neukonstruktionen objektiver — ,
V. M. Edelmann 525
Acetylcn: Studien am — , v. J. Billitzer. (N.) . . . 190
Adams, Sdw. P., Die elektromagnetische Wirkung von
bewegten geladenen Kugeln 41
Ahlbom, Fr., Über den Mechanismus des Widerstandes
flüssiger Medien. (N.) 120
Ahrens, F., Chemische Zeitschrift (B.) 196
Akkumulator: Die — , v. K. Elbs. (B.) loi
— Der neue Edison- — , v. A. E. Kenn eil y. (R,) . 344
— Die — zur Aufspeicherung des elektrischen Stromes,
deren Anfertigung, Verwendung und Betrieb, v. J.
Zacharias. (B.) 350
— Über die Anwendung der Fuchsschen Methode in
der — praxis, v. C. Liebenow. (R.) 420
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation: Handbuch für
den Gebrauch der photographischen Erzeugnisse der
- (B.) 125
Alkali- u. Erdalkalisilikate: Über Kieselsäure, — , v. E.
Jordis. (R.) 420
Allen, S. J. u. B. Rutherford, Erregte Radioaktivität
und in der Atmosphäre hervorgerufene Ionisation . 225
Aluminiumdarstellung: Über — , v. F. Haber. (R.) . 419
Ammoniumnitrit: Über die Zersetzungsgeschwindigkeit
von — , V. Arndt. (N.) 191
Ammonium-Plumbi-Chlorid: Ein Darstellungsverfahren
des — , V. K. Elbs. (R.) • ... 417
An unsere Leser i
Analytische Chemie: Die wissenschaftlichen Grundlagen
j, der — , V. W. Ostwald. (B.) lOi
± ngström, K., Das mechanische Äquivalent der Licht-
einheit , . . 257
Anode: Über das Zerfallen der—, v. Wohlwill. (N.) 190
"eduktionen an der — , v. R. Luther. (R.) . . . 420
'" Dispersion: Über die Doppellinien im Spektrum
' Chromosphäre und ihre Erklärung aus der —
des Photosphärenlichtes, V. W.H. Julius 154
Antifriktionslagerung: üeber die — und über ein Dynamo-
meter filr kleine Kräfte, v. J. J. T. Chabot . . . 513
Äquivalent: Das mechanische — der Lichteinheit, v. K.
o
Angström 257
Argon: Über die Wärmeleitung des —, v. W. Schwarze. 264
Arndt, Über die Zersetzungsgeschwindigkeit von Am-
moniumnitrit (N.) 191
Arsen: über gelbes — , v. Erdmann. (N.) .... 168
Seite
AflohkinaBB, E. u. W. Caspari, Über den Einfluss
dissociierender Strahlen auf organisierte Substanzen,
insbesondere über die bakterienschädigende Wirkung
der Becquerelstrahlen. (B.) 272
Astronomischer Jahresbericht (B.) 151
Atmosphäre: Galvanometrische Messung des elektrischen
Ausgleichs zwischen den louenladungen der — und
der Ladung der Erdoberfläche, v. H. Ebert . . . 338
— Über die Messung der elektrischen Ströme der —
durch Spitzenapparate, v. S. Lemström. (R.) . . 396
Atmosphärische Elektrizität: Über die Anwendung der
Lehre von den Gasionen auf die Erscheinungen der
— , V. H. Geitel. (B.) 535
Atome: Die Mechanik der — , v. G. Platner. (B.) . 127
Ausstellung elektrotechnischer Neuheiten: Über die auf
der — BerUn ausgestellten Apparate. (R) . . . . 528
B.
Bach, C. V., Das Ingenieurlaboratorium der K. Tech-
nischen Hochschule Stuttgart 23
Berichtigung dazu 56
— Weitere Versuche über die Abhängigkeit der Zug-
festigkeit und Bruchdehnung der Bronze von der
Temperatur. (R.) 395
Baohmetjew, F., Über die Überkaltung der Flüssig-
keiten. (N.) 195
Barnes, H. T., Das speziflsche Gewicht des Eises . . 81
Baryumchlorid : Über das Vorhandensein von reflektier-
baren Strahlen in der von einer Mischung von Radium-
und — ausgesandten Strahlung, v. T h. T o m m a s i n a. 497
Battelli, A., Über dasBoylesche Gesetz bei sehr niedrigen
Drucken 17
— u. L. Magri, Über oszillatorische Entladungen (I. TeiL) 539
Baur, B. u. Th Fortlus, Über die photographische
Wirkung von Silber und Halbbromsilber in Brom-
silber-Emulsion 491
Becquerelstrahlen: Über den Einfluss dissociierender
Strahlen auf organisierte Substanzen, insbesondere
über die bakterienschädigende Wirkung der — , v.
E. Aschkinass u. W. Caspari. (B.) 272
Behrendsen, O., Über die radioaktive, im Uranpech-
erz vorkommende „flüchtige Substanz** 572
Berichtigimgen 56, 80, i $2, 224, 376, 424
Berthelot, M., Les Carbures d'IIydrogene 1851 — 1901.
(B.) 126
Beugiingsversuche : über die llaga- und Windschen —
mit Röntgenstrahlen, v. B. Walter. (N.) . . . . 137
Besold, W. V., Theoretische Betrachtungen über die
Ergebnisse der wissenschaftlichen Luftfahrten des
deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt
in Berlin. (B.) 422
IV
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
Seite
Bigourdan, G., Das metrische System der Gewichte
und Masse. (B.) 509
Billitzer, J., Referat über die Vorträge der Abteilung 4
^Chemie einschliesslich Elektrochemie) der 73. Natur-
lorscherversammlung zu Hamburg (N.) 188
— Studien am Acetylen. (N.) 190
— Bericht über die IX. Hauptversammlung der Deutschen
Elektrochemischen Gesellschaft in Würzburg vom
8. — 10. Mai 1902. (R.) 414
— ElektrischeDoppelschicht und absolutes Potential. (R.) 420
Birkeland, Kr., Norwegische Expedition von 1899 bis
1900 zur Erforschung der Nordlichter. (B.) . . . 10 1
Blaess, V., Darstellung der Meniskusändeningen ge-
sättigt-dampfförmiger Substanzen I15
Blitz : Ein photographischer Apparat zur genaueren Ana-
lyse des — , v. B. Walter. (N.) 168
Blitzableiter: Zur — -frage, v. F. Neesen. (N.) . . 136
Blitzentladungen : Weitere Beobachtungen über die magne-
tisierende Wirkung von — , v. F. Po ekel s . . . 22
Blohm & Voss: Neue Untersuchungen im Schiff- und
Schiffsmaschinenbau auf der Werft von — , v. H.
Frahm. (N.) 481
Blücher, H., Die Luft, ihre Zusammensetzung und
Untersuchung, ihr Einfluss and ihre Wirkungen sowie
ihre technische Ausnutzung. (B.) 39
Bodlander, G., Über die Chemie der Cuprovcrbindun-
gen. (R.) 417
Bogenlicht: Die Verwendung des elektrischen — in Pro-
jektions- und VergTösserungsapparaten, v. H. Krüss. 428
Borgmann, J., Über die Wirkung eines Magnetfeldes
auf das Leuchten eines verdünnten Gases rings am
einen Draht, welcher an einen Induktorpol ange-
schlossen ist 433
— Das Leuchten eines verdünnten Gsises in einer Röhre
rings um zwei der Röhrenachse parallel gezogene und
an einen Induktorpol angeschlossene Drähte . . . 565
Bömstein, IL, Bemerkung über die Messung der luft-
elektrischen Zerstreuung bei Ballonfahrten .... 408
Boylesches Gesetz: Über das bei sehr niedrigen
Drucken, v. A. Battelli 17
Braun, F., Über drahtlose Telegraphie. (N.) ... 143
Brechungsverhältnis : Über das optische — einiger Flüssig-
keiten bei tiefen Temperaturen, v. G. Kucera u.
C. Forch 132
Brennweitenbestimmung: — bei photo graphischen Syste-
men, V. J. Precht 515
Brom: Das Verhalten von Chlor und — anter dem Ein-
flüsse dunkler elektrischer Entladungen, v. H. Kell-
ner 416
Bromid: Über Radium — and sein Flammenspektrum,
V. F. Giesel 578
Bromsilber-Emulsion : Über die photographische Wirkung
von Silber und Halbbromsilber in — , v, E. Baur
u. Th. Portius 491
Bromsilber-Gelatineplatte: Periodische Veränderungen an
— , V. E. Englisch i
— Die Entwicklung der photographischen — bei zweifel-
haft richtiger Exposition, v. A. v. Hübl. (B.) . . 247
Bronze: Weitere Versuche über die Abhängigkeit der
Zugfestigkeit und Bruchdehnung der — von der
Temperatur, v. C. v. Bach. (R.) 395
Brookes, A. C„ The British Optical Journal (B.) , . 327
Bruchdehnung: Weitere Versuche über die Abhängigkeit
• der Zugfestigkeit and — der Bronze von der Tem-
peratur, V. C. V. Bach. (R.) 395
Bmger, Th., Wheatstone-Brücke mit Schleifdraht und
regelbarem Vorschal twiderstand 374
c.
Calciumsulfat : Über das — und die Umwandlungsbe-
dingungen von Gips und Anhydrit, v. Weigert. (N.) 190
Campanile, F. u. G. di Ciommo, über eine Eigen-
tümlichkeit, welche Dämpfen durch X-Luft mitgeteilt
wird 382
'res: Les — d'Hydrog^ne 1851 — 1901, v. M. Ber-
elot. (B.) 126
Seite
Caspari, W., Beobachtungen über Elektrizitätszerstreu-
ung in verschiedenen Bergeshöhen 521
— u. E. AaohlrinaBB, über den Einfluss dissociierender
Strahlen auf organisierte Substanzen, insbesondere
über die bakterienschädigende Wirkung der Becquerel-
strahlen. (B.) 272
Centralschwingung: Dreh- und — in Beziehung zu Magne-
tismus und Elektrizität, v. M. Möller. (N.) . . . 216
Chabot, J. J. T., Das rotierende Magnetfeld, eine ver-
allgemeinerte Methode seiner Erzeugung and das
„Drchfeld im Räume** 215
— Reflexion und Refraktion mittels einer nattlrlich ge-
krümmten Fläche, zwecks Demonstration geometrisch-
optischer Grunderscheinongen 331
— Eine neue Fallmaschine 489
— Über die Antifriktionslagerung und Aber ein Dynamo-
meter fUr kleine Kräfte 513
— Über den Durchgang des elektrischen Stromes durch
ein gasförmiges Medium im Felde rotierender Mag-
nete 553
Chaasaf^ny, M., Cours ^Umentaire de Physique. (B.) 151
Chemie: Über die Bedeutung elektrischer Methoden and
Theorien fUr die — , v. W. N ernst. (N.) ... 63
— Die wissenschaftlichen Grundlagen der analytischen
— , V. W. Ostwald. (B.) loi
— and Physics, v. W. Martin u. W. H. Rockwell. (B.) 103
— Jahrbuch der — . (B.) 125
— Phvsikalische — für Anßlnger, v. C. M. v a n D e v e n t e r.
(B.
128
— Die Elemente der physikalischen — , v, H. C. Jones.
(B.) 534
— Vorlesungen über theoretische a, physikalische — ,
I. Heft, V. J. H. van't Hoff. (B.) ..*... 559
Chemischer Führer: — durch die Industrie- u. Gewerbe-
Ausstellung Düsseldorf 1902, v. G. Keppeler. (B.) 423
Chemische Industrie : Die — auf der Internationalen Welt-
ausstellung zu Paris 1900, V. O. N. Witt. (B.) . . 247
Chemische Kinetik : Das Verhältnis der — zur Thermo-
dynamik, V. Wegscheider. (N.) 191
Chemische Zeitschrift, herausgegeben v. F. Ahrcns. (B.) 196
Child, C. D., Die Geschwindigkeit der von heissen
Drähten ausgehenden Ionen, i. u. 2. Mitteilung. 158, 336
Chlor: Das Verhalten von — u. Brom unter dem Ein-
flüsse dunkler elektrischer Entladungen, v. H. Kell-
ner. (K.)
416
Chromosphärc : Über die Doppellinien im Spektrum der
— und ihre Erklärung aus der anomalen Dispersion
des Photosphärenlichtes, v. W. H. Julius . . . . 154
— Über die Doppellinien im Spektrum der — , v. A.
Schmidt 259
Ciommo, Q. di, Über die elektrische Leitungsfähigkeit
von isolierenden Flüssigkeiten und ihren Mischungen. 373
— u. F. Campanile, Über eine Eigentümlichkeit, welche
Dämpfen durch X-Luft mitgeteilt wird .... 382
Classen, J., Über ein Photometer zur Messung der
Helligkeitsverteilung in einem Räume ohne Zuhilfe-
nahme einer Zwischenlichtquelle. (N.) 137
— Untersuchungen über den durch Luxferprismenfenster
zu erreichenden Helligkeitsgewinn. (B.) . . . . 175
Cohen, B., über Normalelemente. (R.) 420
Coehn, A., Über kathodiscbe Polarisation imd Bildung
von Legierungen. (N.) 190
— Über elektrolytische Darstellung neuer Legierungen.
R.
(R.)
419
' Cranz, C, Anwendung der elektrischen Momentphoto-
graphie auf die Untersuchung von Schusswaflen. (B.) 272
Crew, H. u. B. R. Tatuall, Ein Laboratoriumshand-
buch der Physik, (B.) 558
Cuproverbindungen: Ueber die Chemie der — , v. G. Bod-
lander. (R.) 417
Czermak, P., Über Elektrizitätszerstreuung bei Föhn. 185
CzudnochowBki, W. B. v., Durch Kathodenstrahlen
erzeugte Farbenringe an Krystallplatten, 11. ... 82
— Eine Beobachtung einer emp^ndlichen Entladungsform
in Gasen 129
— Universal- Vakuumapparate zu Versuchen über elek-
trische Entladungen in Gasen 366
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
Davis. B., ühn eine kflniich entdeckte Erscheinung,
welche durch stehende Schallwellen herrorgemrcn
wird
— Einige vorläufige Versuche Über die Bewegung von
Ionen in verladerlichen Magnetfelde
Deventer. C. M. van, Physik &1ische Chemie fUr An-
ßngCT. (B.)
Diiphn^rmen : Ueber das Verhalten der — während der
Elektrolyie wässeriger Salilösuniien, v. W. Hittorf
(R.)
Dielektrika: Zur Frage der — , v. J. Kossonogoff .
Dielektrische Poluisatioa: Ein Messappaiat fUr die Er-
scheinungeD der — , v. F. Maccarone
DiflhnoosstTäme : Über die sichtbare Projektion von Kon-
vektioni- und — in Gasen und Flüssigkeiten, t, F.
Dimeniionaütit: Die gemeinsaiue — des elektrischen
Potentials nnd der Obeiflfichenspannnng, r. N. A.
Hesehui
DiipeisioDT über die Doppellinien im Spektrum der
Cbromo Sphäre nnd ihre Erklärung aus der anomalen
— des Photosphärenlichtes, v. W. H. Julius , .
- Die anomale — von Nalriuindanipf. v. R. W. Wood .
Doktoringe nieurdiplom
Donati, L:, Elementare Einleitung in die Elektrotechnik
(a)
Doppel It ni en ; Über die — im Spektrum der Cbromo-
sphäre, V. A. Schmidt
Drehfeld 1 DastotiercndeMagnelfeld, eineverallgemeinerle
Methode seiner Eizeugnng nnd das „ — im Räume"
V. J. J. T. Chabot
Drehschwingnng: — und Ceotralscbwingungin Beiiehung
lU Magnetismus und Elektriiilüt, v. M. Möller, (n!)
Draaael, Ii., Elementares Lehrbnch der Physik nach
den ncDeslen Anschauungen für habere Schulen und
mm Selbslunterricht. (B.)
DUsieldoift Chemischer Fahrer durch die Industrie- u
Gewerbe- Aasslellung — 190J, », G. Keppeler. (B.)
Djuamomeler: Ueber die Anlifriktionslageiung und Über
ein — für kleine Kiiße, v. J. ], T. Chabot . ,
E.
Ebert. H., GaWanomelrische Messung des elektrischen
Ausgleichs zwischen den loncnladungcn der Almo-
sphSie und der Ladung der Erdoberfläche .... 338
Edelmann, H.. Ein neuer Schulkompensa tor ... 465
— NenkoDsliuktiBtien objektiver Ablesevorrichtungen . 525
Eder, J. M., Jahrbuch der Photographie und Repro-
duktion stech nik fUr 1901. (B,) 196
— System der SensilometriepholograpbischerPlatten.fR.i 397
ELs: Das speiifische Gewicht des — , ». H. T. Barnes. 81
Eisen: Ober passives — , v. A. Finkelstein. (R.). . 341
Eisenoxyd: Das — und seine Hydrate, v. O, Ruft (N,) 189
Eilkalorimeter; Zur Kenntnis des — , v, G. Lindner. 237
Elastische Körper: Eiperimenlal Untersuchungen Über die
Elektrische Konveklion: Nochmals über die Frage des
durch die — erzeugten Magnetfeldes, t. A. Righi. 310
— über die Frage des durch die — eneugteu Magnet-
feldes und über andere ähnliche Fragen, r. A. Righi.
(Vortrag! • 409. 449
Elektrische LeitungsfÜhigkeit: Über die — von isolie-
renden Flüssigkeiten und ihren Mischungen, 1. G.
diCiommo 373
Elektrische Methoden: über die IJedeutung — und
Theorien für die Chemie, V. W. Nernsl. (N.) . . 63
Elektrische Ofen: Neue— von Heraus, v. Haagn. (R.) 416
Elektrisches Potential; Die gemeinsame Dimensionali tat
des — und der Oberflächenspannung, v, N. A. He-
"k" • • • ;, S«l
Elektrischer Strom: VbtT den Durchgang des — dnrcb
ein gasförmiges Medium im Felde rotierender Mag-
M», .. ].). T. Cb.b.l 553
Elektrische Strömung: Bemerkungen lur — durch hohe
Vakua, V. J. Stark 165
Elektrisches Teilchen; Zur Bewegung eines — im elek-
tromagnetischen Felde, v. E. Riecke 182
Elektrisches Zerstreu ungsvermögen: Beobachtungen des
— der Atmosphäre und des Potenlialgefälles im
südlichen Algier und an der KUste von Tunis, v.
A. Gockel ao8
Elektriiität : Eiperimental Untersuchungen Über — , IX. bis
XIII. Reihe, v. M. Faraday. (B.) 558
Elektriiititseneugung: — in Fflanien, v. Cb. Ries. . 520
Elektriiitätiterstreuung: Ober die — in der Luft, v. W.
Loevy 106
— übet — bei Föhn, v. P. Czermak 185
— Beobachtungen Über — in verschiedenen Beigeshöhen,
.. W. Cp.M S"
Elektrochemie: Jahrbuch der — . (B.) 127
Elektrochemische Gesellschaft: Bericht Uberdie IX. Haupt-
versammlung der Deutschen — in WUrzburg vom
8.— 10. Mai 1902, V. J. Billitier. (R.) .... 414
Elektrodenmetall: Einfluss des — auf die Anfangsrr^an-
nung, V. J. Stark 5Q4
Elektrodynamische Konvektion: V. Edm. Hoppe. (N-l 31
Elektrolyse: Die — wässriger MetallsaUlösnngen, v.
Ed. Jordis. (B.) 101
— Ober — an platinierten Elektroden, v.F. Förster. IR ) 4>7
Elektrolyte: über den Zustand von — in wässeriger
Lösung, V. Hantisch. (N.) 189
Elektrolyt! sehe Darstellung: Über — neuer Legierungen,
.. A. Co.hn. (R.) ,19
Elektrolytische Dissoziation: lonenenergie gaslärmiger
Elemente, metallischer Zustand, Vorzeichen der — ,
V- .1. Stark 403
Elektrolytische Vorgänge: Die Wirkung von Schwere
und Druck auf die — , v. R. R. Ramsey .... 177
Elektromagnetische Wirkung; Die — von bewegten ge-
ladenen Kugeln, v. Edw. P. Adams 41
Elektrometer: Ein empfindliches Aluminiumblalt , v.
E. Grimsebl 569
Elektronen: Die Entwicklung des — -begrifls, v. W.
Kaufmann. (N.) 9
— Zeemaneflekt und ladung, v. E. Riecke . . . 406
— Über uositive —. Y. W. Wien. (R.) 418
g in die -, V. I..
1*7
;en auf Capri nnd
»94
Verfahrens lur Ge-
iver StolTe aus der
,305
a Erdboden enthal-
S74
i,v.G. C.Schmidt. 475
1 Standpunkte des
(x.l 70
„.»Ben ,. ll,o,n-
oiKlensators durch
V. A. üarbas^o, 18,
.. V. Koat. . . S37
VI
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
\
Seite
Eatladungen : Über oszillatorische — , L Teil, v. A,
Battelli u. L. Magri 539
Entladungsform : Eine Beobachtung einer empfindlichen
— in Gasen, v. W. B. v. Czudnochowski . . . 129
Entladungsröhren : Notiz über Erkennung von Uudichtig-
keitsstellen an — , v. E. Goldstein 153
Erdbebenwellen: — I, v. W. Schlüter 238
Erdmann, Über gelbes Arsen. (N.) 188
Erzwungene Schwingung: Schwebungen bei — , v. E.
Riecke 130
Notiz dazu 201
Etzold, IL, Zeitbestimmung mittels des Passage-In-
strumentes. (B.) 351
Euxenerde: über die — , v. Hofmann. (N.), . . , 189
F.
Fabry, Ch. u. A. Ferot, Ein neues Modell eines In-
terferenzapparates 5
Fallmaschine: Eine neue — , v. J. J. T. Chabot . . 489
Faraday, M., Experimentaluntersuchungen über Elek-
trizität. DC. bis XIIL Reihe. (B.) 558
Farbenlehre: Einige Aufgaben der Wellen- und — des
Lichts, V. L. Pilgrim. (B.) 248
Farbenphotograpbie: Aufnahmeapparate für — , v.A. Hof-
mann. (B.) 126
— Direkte — durch Körperfarben, v. R. Neuhauss. (R.) 223
Fehrle, K., Über die Radioaktivität des Thoriumoxyds. 130
Ferromagnetische Substanzen: Wiedemannscher Effekt
bei — , V. K. Honda u. S. Shimizu 577
Festigkeitslehre: Beiträge zum dynamischen Ausbau der
— , V. A. Sommerfeld 266, 286
Finkelstein, A., Über passives Eisen. (R.) .... 341
Flammen: Über eine einfache Methode, die Temperatur
leuchtender — zu bestimmen, v. F. Kurlbaum. . 187
— Tönende — und telephonie, v. H. Th. Simon
u. M. Reich. (N.) 278
— Über das Reflexionsvermögen von — , v. F. Kurl-
baum 332
Flammenspektrum: Über Radiumbromid und sein — , v.
F. Giesel 578
Flammentelephonie: Tönende Flammen und — , v. H.
Th. Simon u. M. Reich. (N.) 278
Fluoreszenz: Über — -erregung der Kanalstrahlen an
Metalloxyden, v. W. Wien 440
Flüssige Luft: Experimentelle Bestimmung der Ober-
flächenspannung — , V. L. Grün mach. (N.). . . 217
Föhn: Über Elektrizitätszerstreuung bei — , v. P. Czer-
roaK ^^5
Forch, C, Die Änderung des Molekularvoluihs gelöster
Salze mit der Temperatur 183
— Über die Wärmetönung von festem und flüssigem
Naphtalin in verschiedenen Lösungsmitteln .... 537
— u. G. Kucera, Über das optische Brechungsverhält-
nis einiger Flüssigkeiten bei tiefen Temperaturen . 132
Förster, F., Über Elektrolyse an platinierten Elektro-
den. (R.) 417
Frahm, BL, Neue Untersuchungen im Schiff- und Schiffs-
maschinenbau auf der Werft v. Blohm & Voss. (N.) 481
Funkenentladung: Der sogenannte Übergangswiderstand
der — , V. J. Stark 507
Funkenspektren: Experimentaluntersuchungen über die
— , V. G. A. Hemsalech. (B.) 351
G.
Garbasso, A., Über die Entladungen eines Konden-
sators durch zwei parallel geschaltete Drähte . . . 384
Gas: Über die Wirkung eines Magnetfeldes auf das
Leuchten eines verdünnten — rings um einen Draht,
welcher an einen Induktorpol angeschlossen ist, v.
J. Borgmann 433
— Das Leuchten eines verdünnten — in einer Röhre
rings um zwei der Röhrenachse parallel gezogene und
Seite
an einen Induktorpol angeschlossene Drahte, v. J.
Borgmann 5^5
Gase: Das experimentelle Studium der — , v. M. W.
Travers. (B.) 399
Gauss-Archiv 400
Qeitel, H., Über die durch atmosphärische Luft indu-
zierte Radioaktivität. (N.) . 76
— Über die Anwendung der Lehre von den Gasionen
auf die Erscheinungen der atmosphärischen Elektrizität.
(B.) ; 535
— u. J. Slster, Beschreibung des Verfahrens zur Ge-
winnung vorübergehend radioaktiver Stoffe aus der
atmosphärischen Luft 305
Über die Radioaktivität der im Erdboden enthal-
tenen Luft 574
Qeitler, J. v.. Über die durch Kathodenstrahlen be-
wirkte Ablenkung der Magnetnadel 257
— Über Kathodenstrahlen. (N.) 265
Geometrische Optik: Lehrbuch der — , ▼. A. Gleichen.
(B.) . . . . , 584
Qersohun, AI., Über gleichgerichteten Wechselstrom. 249
Bemerkungen hierzu v. C. Heinke 334
Gewichtsänderungen: Bemerkungen zu den — bei che-
mischer und physikalischer Umsetzung, v. A. Heyd-
weiller 425
Qibbs, J. W., Elementare Prinzipien der statistischen
Mechanik, mit besonderer Rücksicht auf die ratio-
nelle Begründung der Thermodynamik entwickelt. (B.) 582
Giesel, F., Über radioaktive Substanzen und deren
Strahlen. (B.) 351
— Über Radiumbromid und sein Flammenspektrum . 578
Gips: Zinn, — und Stahl vom physikalisch-chemischen
Standpunkt, v. J. H. van't Hoff. (B.) .... 398
— Über — , V. J. H. van't Hoff. (R.) 417
Gleichen, A., Lehrbuch der geometrischen Optik. (B.) 584
Gleichgewicht: Die heterogenen — vom Standpunkte
der Phasenlehre, v. H. W. B. Roozeboom. (B.) . 326
Gockel, A., Beobachtungen des elektrischen Zerstreu-
ungsvermögens der Atmosphäre und des Potentialge-
falles im südlichen Algier und an der Küste von
Tunis 208
GoldBtein, E., Über die durch Strahlungen erzeugten
Nachfarben. (N.) 149
— Notiz über Erkennung von Undichtigkeitsstellen an
Entladungsröhren 153
Gradenwitz, A., Über eine neue Methode zur Bestim-
mung von Kapillarkonstanten verdünnter Salzlösungen. 329
Grier, S. G. u. B. Butherfbrd, Magnetische Ablenk-
barkeit der Strahlen von radioaktiven Substanzen . 385
Grimsehl, S., Eine zerlegbare Tangentenbussole . . 462
— Ein empfindliches Aluminiumblatt-Elektrometer . . 569
Grüneisen, E. u. F. Kohlrausch, Über die durch
sehr kleine elastische Verschiebungen entwickelten
Kräfte. (R.) 271
Grunmach, Ij., Volumenänderu^g des Quecksilbers
beim Übergang aus dem starren in den flüssigen Zu-
stand und thermische Ausdehnung des starren Queck-
silbers 134
— Experimentelle Bestimmung der Oberflächenspannung
flüssiger Luft (N.) 217
Guillaume, Ch. Ed., Zu „Das Leben der Materie".
(Briefkasten) 80
— Die Meterkonvention und das internationale Bureau
der Gewichte und Masse. (B.) 511
Guldberg u. Waage: Über einige Versuche von — , v.
Mey erhoffer. (N.) 191
H.
416
419
191
Haagn, Neue elektrische Öfen von Heraus. (K.) . .
Haber, F., Über Aluminiumdarstellung. (K.) . . .
Haga, H., Über den Klinkerfuesschen Versuch. (N.) .
Haloidsalze: Über künstliche Färbung von Krystallen der
— durch Einwirkung von Kalium- und Xatrium-
dampf, V. G. C. Schmidt I15
Hazin, J,, Lehrbuch der Meteorologie. (B.) . . . . 197
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
VII
Seite
Hantssch, A., Über den Zustand von Elektrolyten in
wässeriger Lösung. (N.) 189
— Über Strukturisomerie bei Salzen. (R.) 414
Hehl, "N.f Über die Dimensionen der Gebilde an der
Kathode 547
Heinke, C, Über gleichgerichteten Wechselstrom . . 334
Helmert, P. B., Der normale Teil der Schwerkraft im
Meeresniveau. (R.) 15
Hemsaleoh, G. A., Experimentaluntersuchungen über
die Funkenspektren. (B.) 35 1
Heraus, H., Neue Gefasse aus Quarz. (R.) . . . . 416
Hesehus, N. A., Die gemeinsame Dimensionalität des
elektrischen Potentials und der Oberflächenspannung 561
Heseldel, A., Über neue Photographien in natürlichen
Farben. (N.) 194
Heydweiller, A., Bemerkungen zu den Gewichts-
Enderungen bei chemischer und physikalischer Um«
Setzung 425
Hittorf, W., Über das Verhalten der Diaphragmen
während der Elektrolyse wässeriger Salzlösungen. (R.) 414
Hoff, J. H van't. Über Reinigung des Trinkwassers
durch Ozon. (R.) 416
— Zinn, Gips und Stahl vom physikalisch-chemischen
Standpunkt. (B.) 398
— Über Gips. (R.) 417
— Vorlesungen über theoretische und physikalische
Chemie. i. Heft. (B.) 559
Hoftnann, A., Aufnahmeapparate für Farbenphoto-
graphie. (B.) 126
Hofinann, K., Über die Euxenerde. (N.) 189
Honda, K. u. 8. Shimizu, Längenveränderung ferro-
magnetischer Drähte von infolge Magnetisierung bei
konstanter Spannung 378
Wiedemannscher Effekt bei ferromagnetischen Sub-
stanzen 577
XL 8. Ka8akabe,Vi^nderung des Elastizitätskoeffi-
zienten ferromagnetischer Substanzen infolge von
Bfagnetisierung 380
— Änderung des Torsionsmoduls ferromagnetischer
Substanzen infolge von Magnetisierung 381
Berichtigung hierzu 424
Hoppe, !EMm., Elektrodynamische Konvcktion. (X.) . 31
— Naturforschung und Technik, (N.) 51
Hübl, A. V., Die Entwicklimg der photographischen
Bromsilber-Gelatineplatte bei zweifelhaft richtiger
Exposition. (B.) 247
Hydraulische Bindemittel: Zur Erhärtungstheorie der — ,
▼. K. Zulkowskl (B.) 349
Hygrometrie : Versuch über die — , 2. Heft, v. H. B. de
Saussure. (B.) 424
I.
Induktorien: Elektrolytische Vorschaltzelle für den Be-
trieb von — bei Wechselstrom, v. E. Knoblauch. 46
Ingenienrlaboratorium : Das — der K. Technischen Hoch-
schule Stuttgart, V. C. V.Bach 23
Berichtigimg dazu 5^
Interferenz: Ein neues Modell eines apparates, v. A.
Perot u. Ch. Fabry 5
Interferenz-Photo- und Pyrometer: Ein Photometer zur
Messung der Helligkeit benachbarter Teile einer
Fliehe — , V. O. Lummer 219
Interferenzspektroskop : Die planparallelen Platten als — ,
V. O. Lummer. (N.) 172
^tcrferometer: Über die Formen der von dem Michel-
sonschen — gelieferten Kurven, v, J. C. Shedd . 47
Berichtigung dazu 80
Internationales Bureau: Die Meterkonvention und das
— der Gewichte und Masse, v. Ch. Ed. Guillaume.
, (B.) S"
Ionen: Die Geschwindigkeit der von heissen Drähten
ausgehenden — , v. C. D. Child 158, 336
— Einige vorläufige Versuche über die Bewegung von
— im veränderlichen Magnetfelde, v. B. Davis . . 275
lonenbeweglichkeiten : Apparat zur Demonstration und
Bestimmung von — , v. R. Ab egg iio
Seite
lonenbeweglichkeiten : Eine neue Methode zur direkten Be-
stimmung von — in wässerigen Lösungen, V.R. Ab egg.
(N'O 124
lonenenergie : — gasförmiger Elemente, metallischer Zu-
stand, Vorzeichen der elektrolytischen Dissoziation,
V. J. Stark 403
lonengeschwindigkeiten : Notiz über polare Unterschiede
bei Spitzenentladuiigen und die Verhältnisse der — ,
V. K. V. Wesendonk 45
lonenladungen : Galvanometrische Messung des elek-
trischen Ausgleichs zwischen den — der Atmosphäre
und der Ladung der Erdoberfläche, v. H. Ebert . 338
Ionen-Theorie: Die Bedeutung der — für die physiolo-
gische Chemie, v. Th. Paul. (N,) 28
Ionisation : Erregte Radioaktivität und in der Atmosphäre
hervorgerufene — , v. E. Rutherford u. S. J. Allen. 225
J.
Jäger, W., Über Normalelemente. (R.) 415
Jahrbuch der Chemie. (B.) 125
Jahrbuch der Elektrochemie. (B.) 127
Jahrbuch fUr Photographie und Reproduktionstechnik
für das Jahr 1901. (B.) 196
Jahresbericht, Astronomischer. (B.) 151
Janus-System, Das — . (R.) 579
JohaoneBon, Physikalische Mechanik. (B.) .... 38
Johnson, EL IL, Einige Bemericungen über den Wehnelt-
sehen Unterbrecher 105
Jones, H. C, Die Elemente der physikalischen Chemie.
(B.) 534
Jordis, Ed., Die Elektrolyse wässnger Metallsalzlös-
ungen. (B.) loi
— Über Kieselsäure. Alkali- und Erdalkalisilikate. (R.) . 420
Julius, W. H, über die Doppellinien im Spektrum
der Chromosphäre und ihre Erklärung aus der ano-
malen Dispersion des Photosphären lichtes .... 154
Kahlbaum, G. W. A., Über Metalldestillation und
über destillierte Metalle. (N.) 32
Kalorische Maschine : Der Mensch als — und der zweite
Hauptsatz, v. K. Schreber 107
Bemerkungen hierzu, v. N. Zuntz 184
Antwort hierzu, v. K. Schreber 261
Kämmerer, O., Die Erhaltung der Energie vom Stand-
punkte des Ingenieurs. (N.) 70
Kanalstrahlen: Über Fluoreszenzerregung der — an
Metalloxyden, v. W. Wien 440
Kapillarkonstanten: Über eine neue Methode zur Be-
stimmung von — verdünnter Salzlösungen, v. A.
Gradenwitz 329
Katalyse: Über — , v. W. Ostwald. (N.) 313
Kathode : Über die Dimensionen der Gebilde an der — ,
V. N. Hehl 547
Kathodenfall: Das Gesetz des —, v. J. Stark . . . 88
— Über die Beziehung zwischen — und Stromstärke, v.
J. Stark 274
Kathodenrauro : Über die freie Elektrizität im dunklen
— , V. A. Wehnelt 501
Kathodenstrahlen: Durch — erzeugte Farbenringe an
Krystallplatten, II, v. W. B. v. Czudnochowski 82
— Über die Phosphoreszenz unter dem Einflüsse von —
und von ultraviolettem Lichte, v. A. Seh maus s . 85
— Über die chemische Wirkung der — , v. G. C. S c h m i d t. 114
— Über die Reflexion der — , v. J. Stark .... l6l
— Geschichtliches zur Erklärung der Zerstreuung der
— , V. J. Stark 235
— Über die durch — bewirkte Ablenkimg der Magnet-
nadel, V. J. V. Geitler 257
— Über — , V. J. v. Geitler. (N.) 265
— t^r — -reflexion bei schiefer Incidenz, v. J. Stark 368
— Über die chemischen Wirkungen der — , v. G..C.
Schmidt 474
— Abhängigkeit der Absorption, welche — in einem
VIII
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
Seite
dünnen lUättchen erleiden, vom Eutladungsputential,
V. W. Seitz 552
Kathodisch leuchtend: Die Spektren — Metalldämpfe,
V. P. Lewis , 498
Kathodische Polarisationen: Über — in verdünnter
Schwefelsäure, v. J. Tafel. (R.) 419
Kaufmann, W., Die Entwicklung des Elektronenbe-
griffs. (X.) 9
Kellner, BL, Das Verhalten von Chlor u. Brom unter
dem Einflüsse dunkler elektrischer Entladungen. (R.) 416
Kempf-Hartmann, B., Notiz über die Wärmeabgabe
eines dünnen Drahtes in einer ausgepumpten Glasröhre. 109
Kennelly, A. S., Der neue Edison-Akkumulator. (R.) 344
Keppeler, G., Chemischer Führer durch die Industrie-
und Gewerbe-Ausstellung Ddsseldorf 1902. (B.) . 423
Kieselsäure: Über — , Alkali- u. Erdalkalisilikate, v. E.
Jordis. (R.) 420
Kleiber, J., I^ehrbuch der Physik fUr humanistische
Gymnasien. (B.) 127
Klinkerfuesscher Versuch: Über den — , v. H. Haga.
(N.) 191
Knietsch, R., Über die Schwefelsäure und ihre Fabri-
kation nach dem Kontaktverfahren. (R.) . . . . 340
Knoblauch, E., Elektrolytische Vorschaltzelle für den
Betrieb von Induktorien bei Wechselstrom .... 46
— Briefkastennotiz dazu 104
Kohlenwasserstoffe: Die — 1851 — 1901, v. M. Bcr-
thelot. (B.) 126
Kohlrausch, F., Lehrbuch der praktischen Physik. (B.) 326
— u. E. Grüneisen, Über die durch sehr kleine elas-
tische Verschiebungen entwickelten Kräfte. (R.) . 271
Kolloidale Lösungen: Über — , v. R. Zsigmondi. (R.) 421
Kompass: Der Schiffs- — , v. H. Mcldau 323
— Die Ablenkung des — an Bord der Eisenschiffe, v.
H. Meldau 391
— Die Kompensation des Schiffs- — , v. H. Meldau . 554
Kompensator: Ein neuer Schul- — , v. M. Edelmann. 465
Kondensator: Über die Entladungen eiAes — durch zwei
parallel geschaltete Drähte, v. A. Garbasso. . . 384
Konen, F., Spektra der Entladungen in Flüssigkeiten 537
Kontaktverfahren: Über die Schwefelsäure und ihre Fa-
brikation nach dem — , v. R. Knietsch. (R.) . . 340
Konvektion : Elektrodynamische — , v. E d ra, H o p p e. (N.) 31
Konvektionsströme : Über die sichtbare Projektion von
— und Diffusionsströmen in Gasen und Flüssigkeiten,
V. P. Lewis 377
Koppe, K., Anfangsgründe der Physik. (B.) .... 327
Körperfarben: Direkte Farbenphotographie durch — , v.
R. Neuhauss. (R.) 223
KoBSOnogofT, J., Zur Frage der Dielektrika . . . 207
Krüss, H., Stereoskope fUr grosse Bilder 361
— Die Verwendung des elektrischen Bogenlichtes in
Projektions- und Vergrösserungsapparaten .... 428
Kuoera, G. u. C. Forch, Über das optische Brechungs-
verhältnis einiger Flüssigkeiten bei tiefen Temperaturen. 1 32
Kugellager: — für beliebige Belastungen, v. Stribeck.
(R.) • • • V 245
Kurlbaum, F., Über eine einfache Methode, die Tem-
peratur leuchtender Flammen zu bestimmen . . 187
— Über das Reflexions vermögen von Flammen . . . 332
Kusakabe, 8., K. Honda u. B. Bhlmisu, Veränderung
des Elastizitätskoeffizienten ferromagnetischer Substan-
zen infolge von Magnetisierung 380
— Aendening des Torsionsmoduls ferromagneti-
scher Substanzen infolge von Magnetisierung . . . 381
Berichtigtmg hierzu 424
Küster, F. W., Über Sulfide und Polysulfide. (X.) . 189
— Über das elektrochemische Verhalten des Schwefels.
(R.) 416
L.
Lafay, A., Experimentaluntersuchungen über die Defor-
mationen bei der Berührung elastischer Körper. (R.) 245
liOCher, E., Über drahtlose Telegraphie 273
Legierungen : Über elektrol>'tische Darstellung neuer — ,
V. A, Coehn. (R.) 419
Seile
Ijemström, 8., Über die Messung der elektrischen
Ströme der Atmosphäre durch Spitzenapparate. (R.) 396
Leuchten: Über die Wirkung eines Magnetfeldes auf
das — eines verdünnten Gases rings um einen Draht,
welcher an einen Induktorpol angeschlossen ist, v.
J. Borgmann 433
— Das — eines verdünnten Gases in einer Röhre rings
um zwei der Röhrenachse parallel gezogene u. an
einen Induktorpol angeschlossene Drähte, v. J. Borg-
mann 565
Lewis, P., Über die sichtbare Projektion von Konvek-
tions- und Diflusionsströmen in Gasen und Flüssig-
keiten .... 377
— Die Spektren kathodisch leuchtender Metalldämpfe. 498
Lichteinheit: Das mechanische Äquivalent der — , v. K.
o
Angström 257
Lichterscheinungen: Über durch Beugung und verwandte
Ursachen in den Dünsten der rauchenden Schwefel-
wie Salpetersäure hervorgerufene — , v. K. v. Wesen-
donk 459
liiebenow, C, Über die Anwendung der Fuchsschen
Methode in der Akkumulatorenpraxis. (R.) . . . 420
Lindner, G , Zur Kenntnis des Eiskalorimeters . . . 237
Looser, Versuche aus der Wärmelehre und verwandten
Gebieten mit Benutzung des Doppelthermoskops. (B.) 346
Lösungen: Die spezifische Wärme von — , die keine
Elektrolyte sind, II., v. W. Fr. Magie 21
— Über die Zähigkeit einiger — , welche sich aus or-
ganischen Substanzen zusammensetzen, v. C. Schall 62
— Die Elektroljrse wässriger Metallsalz- — , v. E. J o r -
dis. (ß.) loi
— Über eine neue Methode zur Bestimmung von Ka-
pillarkonstanten verdünnter Salz- — , v. A. Grade n-
witz 329
— Über das Verhalten der Diaphragmen während der
Elektrolyse wässeriger Salz- — , v. W.Hit torf. (R.) 414
— Über kolloidale — , v. R, Zsigmondi (R.) . . 421
Loevy, W., Über die Elektrizitätszerstreuung in der Luft. 106
LÜdeling, Q., Ergebnisse 10 jähriger magnetischer Be-
obachtungen in Potsdam 203
Luft: Die — , ihre Zusammcnsetiung und Untersuchung,
ihr Einfluss und ihre Wirkungen sowie ihre tech-
nische Ausnutzung, v. H. Blücher. (B.) .... 39
— Experimentelle Bestimmung der Oberflächenspannung
flüssiger — , v. L. Grunmach. (N.) 217
— Über eine Eigentümlichkeit, welche Dämpfen durch
X — mitgeteilt wird, v. F. Campanile u. G. di
Ciommo 382
— Über die Radioaktivität der im Erdboden enthaltenen
— , V. J. Elster u. IL Geitel 574
Luftelektrische Messungen: — aufCapri und Spitzbergen,
V. J. Elster. (N.) 194
Luftelektrische Zerstreuung: Bemerkung über die Messung
der — bei Ballonfahrten, v. R. Börnstein . , . 408
Luftfahrten: Theoretische Betrachtungen über die Er-
gebnisse der wissenschaftlichen — des deutschen
Vereins zur Förderung der Luftschifl*ahrt in Berlin,
V. W. V. Bezold. (B.) 422
Luftfeuchtigkeit: Zur Ermittelung der — durch Psychro-
meter, V. J. Schubert (N.) 120
Luftschlieren: Über — und Zonenfehler, v. K. Strehl. 238
Lumineszenz: — bei tiefen Temperaturen, v. J. Precht 457
Lummer, O., Die planparallelen Platten als Interferenz-
spektroskop. (N.) 172
— Ein Photometer zur Messung der Helligkeit benach-
barter Teile einer Fläche (Interferenz-Photo- und
Pyrometer). (N.) 219
— u. E. Fringsheim, Temperaturbestimmung mit Hilfe
der Strahlungsgesetze. (N.) 97
Zur Temperaturbestimmung von Flammen . . . 233
Luther, IL, Ueber Normalelemente. (R.) 4^5
— Reduktionen an der Anode. (R.) 420
Luxferprismenfenster : Untersuchungen über den durch —
zu erreichenden Helligkeitsgewinn, v. J . C 1 a s s e n. (B.) 1 75
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
IX
Seite
M.
Maccarone, F., Ein Messapparat für die Erscheiu-
ungen der dielektrischen Polarisation 57
Magie, W. Pp., Die spezifische Wärme von Lösungen,
die keine Elektrolyte sind. IL ....... . 21
Magnetfeld: Das rotierende — , eine verallgemeinerte
Methode seiner Erzeugung und das „Drehfeld im
Räume", v. J. J. T. Chabot 215
Magnetische Beobachtungen: Ei^ebnisse lO jähriger —
in Potsdam, v. G. Lüdeling 203
Magnetisierung: Längenveränderung ferromagnetischer
Drähte infolge von — bei konstanter Spannung, v.
K. Honda u. S. Shimizu 378
— Veränderung des Elastizitätskoeffizienten ferromagne-
tischer Substanzen infolge von — , v. K. Honda,
S. Shimizu u. S. Kusakabe 380
— Änderung des Torsionsmoduls ferromagnetischer Sub-
stanzen infolge von — , v. K, Honda, S. Shimizu
u. S. Kusakabe 381
Magnetisierungszahlen: — seltener Erden, v. St, Meyer. 87
Magnetostriktion: Über — von Krystallen ohne Hystercsis,
V. S. Sano 401
Kagri, Ii. u. A. Battelli, Ober oszillatorische Ent-
ladungen. (L Teil) 539
Marooni, Q., Die Fortschritte der - drahtlosen Tele-
graphie. (R.) 532
Martin, W. u. W. H. Bookwell, Chemistry and
Physics. (B.) I03
Mathematik: Bericht über die Entwicklung des Unter-
richtsbetriebes in der angewandten — an den deut-
schen Universitäten, v. P. Stäckel. (N.) .... 92
Mechanik: Physikalische — , v. Johanneso n. (B.) . 38
— Elementare Prinzipien der statistischen — , mit be-
sonderer Rücksicht auf die rationelle Begründung
der Thermodynamik entwickelt, v. J. W. Gibbs. (B.) 582
Mechanisches Äquivalent: Das — der Lichteinheit, v. K.
o
Angström 257
Moldau, H., Der Schifiskompass 323
— DieAblenkung des Kompasses an Bord der Eisenschiffe. 391
— Die Kompensation des Schiffskompasses . • • > 554
Meniskusänderungen : Darstellung der — gesättigt-dampf-
fbrmiger Substanzen, v. V. Blaess 115
Mensch : Der — als kalorische Maschine und der zweite
Hauptsatz, v. K. Schreber 107
Bemerkimgen hierzu, v. N. Zuntz 184
Antwort an N. Zuntz, v. K. Schreber .... 261
Metalldämpfe: Die Spektren kathodisch leuchtender — ,
V. P. Lewis 498
Metalldestillation: Über — und über destillierte Metalle,
V. G. W. A. Kahlbaum. (N.) 32
Meteorologie: Lehrbuch der — , v. J. Hann. (B.) . . 197
Meteorologische Optik: — , v. J. M. Pernter, (B.) . . 398
Meterkonvention: Die — imd das internationale Bureau der
Gewichte und Masse, v. Ch. Ed. Guillaume. (B.) 511
Metrisches System: Das — der Gewichte und Masse,
V. G. Bigourdan. (B.) 509
Meyer, St., Matfnetisierungszahlen seltener Erden . . 87
Meyerhoffer, Über einige Versuche von Guldberg u.
Waage. (N.) 191
Miethe, A., Lehrbuch der praktischen Photographie.
(B.) 399
Molekularrefraktion: Die — fester Körper in Lösungen
mit verschiedenen Lösungsmitteln, v. M. Rudolph i.
(R) .; 421
Molekularvolum: Die Änderung des — gelöster Salze
mit der Temperatur, v. C. Forch 183
Möller, M., Dreh- und Centralschwingung in Beziehung
zu Magnetismus und Elektrizität. (N.) 216
Momentphotographie : Anwendung der elektrischen —
auf die Untersuchung von Schusswaffen, v. C. C r a n z.
(B.) 272
N.
Xidl&rben: Über die durch Strahlungen erzeugten — ,
IVSt GoU^tein. (N.) 149
Seite
Naphtalin: Über die Wärmetönung von festem und flüs-
sigem — in verschiedenen Lösungsmitteln, v. C. F o r c h 537
Natriumdampf: Die anomale Dispersion von — , v. R.
W. Wood 230
Natur und Schule. (B.) 535
Naturforscher u. Ärzte : Die 73. Versammlung Deutscher — . 39
— Die II. Versammlung russischer — 56
Naturforschung und Technik, v. E. Hoppe. (N.) . . 51
Navigation: Lehrbuch der — , vom Reichsmarineamt (B.) 37
Neeaen, F., Zur Blitzableiterfrage. (N.) 136
Nemst, W., Über die Bedeutung elektrischer Methoden
und Theorien für die Chemie. (N.) 63
Neuhauss, R., Direkte Farbenphotographie durch Kör-
perfarben. (R.) 223
Nobel-Komitees 176
Norddeutscher Lloyd: Die schiffbautechnische Versuchs-
abteilung des — in Bremerhaven, v. J. Schütte . 353
Nordlichter: Norwegische Expedition von 1899—1900
zur Erforschung der — , v. Kr. Birkeland. (B.) . loi
Normalelemente: Über — , v. W. Jäger. (R.) . . . 415
— Über — , V. R. Luther. (R.) 415
— Über — , V. E. Cohen. (R.) 410
o.
Oberflächenspannung: Experimentelle Bestimmung der —
flüssiger Luft, v. L. Grunmach. (N.) 217
— Die gemeinsame Dimensionalität des elektrischen
Potentials und der — , v. N. A. Hesehus . . . 561
Optical Journal: The British — , v. A. C. Brookes. (B.) 327
Optik: Lehrbuch der geometrischen — , v. A. Gleichen.
(B.) 584
— Meteorologische — , v. J. M. Pernter. (B.) . . 398
Ostwald, W., Die wissenschaftlichen Grundlagen der
analytischen Chemie. (B.) lOi
— Über Katalyse. (N.) 313
Oszillatorische Entladungen: Über — (L Teil), v. A.
Battelli u. L. Magri 539
Ozon: Über Reinigung des Trinkwassers durch — , v.
H. J. van't Hoff. (R.) 416
P.
Faul, Th., Die Bedeutung der Ionen-Theorie für die
physiologische Chemie. (N.) 28
Pernter, J. M., Meteorologische Optik. (B.) . . . 398
Perot, A. u. Ch. Fabry, Ein neues Modell eines
Interferenzapparates 5
St. Petersburg: Mitteilungen aus dem physikalischen In>
stitute der Universität — (Direktor: J. Borgmann).
No. i: W. Loevy, Über die Elcktrizitätszerstreuung
in der Luft 106
No. 2: J. Borgmann, Über die Wirkung eines Mag-
netfeldes auf das Leuchten eines verdünnten Gases
rings um einen Draht, welcher an einen Induktor-
pol angeschlossen ist 433
No. 3: J. Borgmann, Das Leuchten eines verdünnten
Gases in einer Röhre rings um zwei der Röhrenachse
parallel gezogene und an einen Induktorpol ange-
schlossene Drähte 565
Pettenkofer, M. v., Über Ölfarbe und Konservierung
der Gemälde-Galerien durch das Regenerationsver-
fahren. (B.) 424
Phasenlehre : Die heterogenen Gleichgewichte vom Stand-
punkte der — , V. H. W. B. Roozeboom. (B.) . 326
Phosphor: Über die Emanation des — , v. G. C. S c h m i d t 475
Phosphoreszenz: Über die — unter dem Einflüsse von
Kathodenstrahlen und von ultraviolettem Lichte, v.
A. Schmauss 85
Photochemische Solarisation: — als Entwicklungsphä-
nomen, V. J. Precht 426
Photographie: Aufnahmeapparate für Farben- — , v. A.
Hofmann. (B.) 126
X
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
Seite
Photographie: Objektive und Hilfsapparate fiir — , von
Voigtl&nder & Sohn, A.-G., Braunschweig. (B.) . 126
— Jahrbuch fiir — und Reproduktionstechnik für das
Jahr 1901. (B.) 19^
— Direkte Farben- — durch Körperfarben, v. R. Neu-
hauss. (R.) 223
— Taschenbuch der praktischen — , v. E. Vogel. (B.) 352
— Lehrbuch der praktischen — , v. A. Miethe. (B.) . 399
Photographien: Über neue — in natürlichen Farben, v.
A. Hesekiel. (N.) 194
Photographische Linsensysteme : Über einige Eigenschaften
— , V. R. Sissingh. (B.) . . 34^
Photographische Platten: System der Sensitometric — ,
V. J. M. Eder. (R.) . . . : 397
Photographische Systeme: Brennweitenbestimmung bei
— , V. J. Precht. . 5^5
Photographische Wirkung: Über die — von Silber und
Halbbromsilber in Bromsilber-Emulsion, v. E. Baur
u Th. Portius 491
Photometer: Über ein — zur Messung der Helligkcits-
verteilung in einem Räume ohne Zuhilfenahme einer
Zwischenlichtquelle, v. J. Classen. (N.) .... 137
— Ein — zur Messung der Helligkeit benachbarter
Teile einer Fläche (Interferenz-Photo- und Pyrometer),
V. O. Lummer. (N.) 219
Photosphärenlicht: Über die Doppellinien im Spektrum
der Chromosphäre und ihre E^rklärung aus der ano-
malen Dispersion des — , v. W. H. Julius . . . 154
Physik: — und Chemie, v. W. Martin u. W. H. Rock-
well. (B.) 103
— Lehrbuch der — ftlr humanistische Gymnasien, v. J,
Kleiber. (B.) 127
— Cours ^lenientaire de — , v. M. Chassagny. (B.) . 151
— Lehrbuch der praktischen — , v. F. Kohl raus eh.
(B.) 326
— Anfangsgründe der — , v. K. Koppe. (B.) . . . 327
— Die Fortschritte der — im Jahre 1899. (B.J . . . 347
— Die Fortschritte der — im Jahre 1900. (B.J ... 347
— Die Fortschritte der — im Jahre 1902. (B.) . . . 348
— Elementares I^hrbuch der — , nach den neuesten
Anschauungen für höhere Schulen und zum Selbst-
unterricht, V. L. D res sei. (B.) 536
— Ein Laboratoriumshandbuch der — , v. H. Crew u.
R. R. Tatuall. (B.) 558
Physikalisch-mechanisches Institut: Mitteilungen aus dem
—, V. Prof. Dr. M. Th. Edelmann,
No. I: M. Edelmann, Ein neuer Schulkompensator 465
No. 2: M. Edelmann, Neukonstruktionen objektiver
Ablesevorrichtungcn 525
Pilgrim, Ii., Einige Aufgaben der Wellen- und Farben-
lehre des Lichts. (B.) 248
Pisa: Mitteilungen aus dem physikalischen Institute der
Universität — (Direktor: A. Battelli).
No. 10: A. Battelli, Über das Boylesche Gesetz
bei sehr niedrigen Drucken 17
No. II: F. Maccarone, Ein Messapparat f!lr die
Erscheinungen der dielektrischen Polarisation ... 57
No. 12: A, Battelli u. L. Magri, Über oszillato-
rische Entladungen. (L Teil) 539
Planparallele Platten: Die — als Interferenzspektroskop,
V. O. Lummer. (\.) 172
Platner, Q., Die Mechanik der Atome. (B.) . . . 127
Pockels, F., Weitere Beobachtungen Über die magne-
tisierende Wirkung von Blitzentladungen .... 22
Polarisation: Über kathodische — und Bildung von Le-
gierungen, V, A. Coehn. (N.) 190
Polarlichtbeobachtungen : — in Göttingen, v. E. W i e c h e r t 365
Portius, Th. u. £. Baur, Über die photographische
Wirkung von Silber und Halbbromsilber in Brom-
silber-Emulsion 491
Potential: Elektrische Doppelschicht und absolutes — ,
V. J. Billitzer. (R.) 420
Potentialgefalle: Beobachtungen des elektrischen Zer-
streuungsvermögens der Atmosphäre und des — im
südlichen Algier und an der Küste von Tunis, v. A,
Gockel 208
Präzisionsinstrumente: Die französische Industrie der — .
(B.) 535
Seite
Precht, J., Photochemische Solarisation als Entwick-
lungsphänomen 426
— Lumineszenz bei tiefen Temperaturen 457
— Brennweitenbestimmung bei photographischen Sy-
stemen 5 '5
Pringsheim, B. u. O, Lummer, Temperaturbestim-
mung mit Hilfe der Strahlungsgesetze. (N.) ... 97
Zur Temperaturbestimmung von Flammen . . . 233
Projektion: Anleitung zur — photographischer Aufnahmen
und lebender Bilder (Kinematographie), v. H. S c h m i d t.
(B.) , 398
Projekttons- und Vergrösserungsapparate ; Die Verwendung
des elektrischen Bogenlichtes in — , v. H. Krüss . 428
Psychrometer: Zur Ermittelung der Luftfeuchtigkeit durch
— , V. J. Schubert. (N.) . 120
Pyrometer: Ein Photometer zur Messung der Helligkeit
benachbarter Teile einer Fläche (Interferenz-Photo-
und — ), V. O. Lummer. (N.) 219
Q
Quarz: Neue Gef^e aus — , v. H. Heraus. (R.) . . 41Ö
Quecksilber: Volumenänderung des — beim Übergang
aus dem starren in den flüssigen Zustand und ther-
mische Ausdehnung des starren — , v. L. Grün mach. 134
R.
Radioaktive Stoffe: Beschreibung des Verfahrens zur
Gewinnung vorübergehend — aus der atmosphärischen
Luft, V. J. Elster u. H. Geitel 305
Radioaktive Substanz: Über — und deren Strahlen, v.
F. Giesel. (B.) 351
— Magnetische Ablenkbarkeit der Strahlen von — , v.
E. Rutherford u. S. G. Grier 385
— Sehr durchdringende Strahlen von — , v. E. Ruther-
ford 517
— Über die radioaktive, im Uranpecherz vorkommende
„flüchtige Substanz**, v. O. Behrendscn. . . . 572
Radioaktivität: Über die durch atmosphärische Luft in-
duzierte — , V. H. Geitel. (N.) 76
— Über die — des Thoriumoxyds, v, K. Fehrle . . 130
— Übertragung erregter — , v. E. Rutherford . , . 210
— Erregte — und in der Atmosphäre hervorgerufene
Ionisation, v. E. Rutherford u. S. J. Allen . . 225
— Versuche über erregte — , v. E. Rutherford . . 254
— Über die — der im Erdboden enthaltenen Luft, v.
J. Elster u. H. Geitel 574
Radiumbromid : Über — und sein Flammenspektmm,
V. F. Giesel 578
Radiumchlorid: Über das Vorhandensein von reflektier-
baren Strahlen in der von einer Mischung von —
und Baryumchlorid ausgesandten Strahlung, v. Th.
Tommasina , 497
Ramsey, B. B., Die Wirkung von Schwere und
Druck auf die elektrolytischen Vorgänge .... 177
Reflexion : — und Refraktion mittels einer natürlich ge-
krümmten Fläche, zwecks Demonstration geometrisch-
optischer Grunderscheinungen, v. J» J. T. Chabot 33 1
Reflexionsvermögen: über das — von Flammen, v. F.
Kurlbaum 332
Refraktion: Reflexion und — mitteb einer natürlich ge-
krümmten Fläche, zwecks Demonstration geometrisch-
optischer Grunderscheinungen, v. J. J. T. Chabot, 331
Regenerationsverfahren: über Ölfarbe und Konservierung
der Gemälde-Galerien durch das — , v. M. v. Petten-
kofer. (B.) 424
Reich, M. u. H. Th. Simon, Tönende Flammen und
Flammentelephonie. (N.) 278
Reichsmarineamt, Lehrbuch der Navigation. (B.) , . 37
Rieoke, B., Schwebungen bei erzwtmgener Schwingung. 130
Notiz dazu 20l
— Zur Bewegung eines elektrischen Teilchens im elektro-
magnetischen Felde 182
Physikalische Zeitächrift. 3. Jahrgang.
Bt«il)te, E.. Zeemaneffekt und Elektronen lailung , . 406
Bisa. Ch, KlektriiilStseriEugung in Pflanien . . . . $lo
Kighl, A., Nochmals über die Fra|p; des durch die
elektrische KonTektion erzeuKlen Miguetreldes . . 310
— Cbct die FraKe des durch die elekirische Konveklioix
cneugteii Msigoel Feldes und über aiidiire ähnliche
FriKen. (Vortrag) 409, 44g
Rtsohbietb, Demoasitation. (N.) 190
Ristanpart, Fr., Veneichnis von 336 SlerokaUlogen.
(K-) 399
Kockwell, W. H, u. W. Martin, Chemistry and
Physics. IB.) 103
Röntgenausstellung: Bericht über die auf der — der 73.
Versammlunj; deutscher Naturforscher und Ärile ia
Hamburg ausgestellten Apparate, T, B.Walter. (N.) 241
Köntgensttahlen; Über die Haga- und Windscheo Beug-
ungsversuche mit — , T. B, Walter. (N.) . . . . 137
Rooseboom, H. W. B., Die heterogenen Gleichge-
wichte vom Standpunkte der Phasenlehre. (B.) . . 316
Rowland, A , Herausgabe seiner Werke 400
Budolphl, HL., Die Molekularrefraklion fester Körper
in LösuQgen mit verschiedenen Lösungsmitteln. (R.) an
Bnff, O., Das Eisenoxyd und seine Hydrate. (N.). .
Böhmer, B., t^er die Empfindlichkeit und Trägheit
voD Scleniellen 468
Bonge, C, Über den Zeemaneffekt der Serienlinien . 44r
Rntherford, £., Cbertragung erregter Radioaktivität . aio
— Versuche über erregte R.idioaktivität 254
— Sehr durchdringende Strahlen von radioaktiven Sub-
^'"«n 517
— u. B. J. Alles, Enegte Radioaktivität utid in der
Atmosphäre hervorgerufene Ionisation 115
— u. 8. G. Orler, Magnetische Ablenkbarkeit der
Strahlen von radioaktiven Substanien 385
Salzlösungen: Die Elektrolyse wässriger Metall- — , v. E.
J°'<i"- (B.)
— tTber eine neue Methode zur Bestimmung von Kapil-
larkonstanten verdünnter ^, v. A. Gradenwiti . .
— Über das Verhallen der Diaphragmen während der
Elektrolyse wässeriger — , v. W. Hittorf. |R.) . .
B&no, 8-, Über Magnetostriktion von Krystalleii ohne
"y>."'esis
BAueanre, H. B. da. Versuch über die Hygrometrie.
2. Heft IB.)
Sollall, O., Über die Zihigkeit einiger Lösungen, welche
sich aus orKaolschen Substanzen zusammensetzen
Schallwellen: Ober eine kürr.iich entdeckte Erscheinung,
welche durch stehende — hervorgerufen wird, v,
B. Davis
Schiffbau: Neue Untersuchungen im — und Schlffs-
maschinenbau auf der Werft von Blohm & Voss, v,
H. Frahm. (N.)
Schiffbautechnische Veriuchsabtcilung: Die — des Nord-
deutschen Lloyd in Bremerhaven, v. J. Schütte
Schiffskompiss: Der — , v. H. Meldau
— Die Kompensation des — , v. H. Meldau . . . . 1
Bctalüter, W., Erdbeben wellen. I :
BohmauaB, A., Über die Phosphoreszenz unter dem
Einflüsse von Kathodenstrahlen und von ultraviolettem
Lichte
Bohmidt, A., über die Do]i]iellinien im Spektrum der
Bcbmidt, O, C. Über die chemische Wirkung der
Kathodenstrahlen 1
— Über künstliche Färbung von Krystallen der llaloid-
salze durch Einwirkung von Kalium- und Nalrium-
I Sau
I Scbreber, K., Der Mensch als kaloriäche Maschine
j und der zweite Hauptsatz 107
I Bemerkung hierin v. N. Zuntz i^
I — , Antwort an N. ZanU I6i
Schubart, J., Der Wärmeaustausch im festen Erdboden,
in Gewässern und in t'er Atmos]ihäre. iS.) ... 117
— Zur Ermittelung der Luftfeuchtigkeit durch Psychro-
meter. (N.) 120
SchusswatTen: Anwendung der elektrischen Moment-
photographic auf die Untersuchung von — . v. C.
Ct>». -7»
Sobütte, J., Die schiffbaulechnische Versuchsableilung
des Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven .... 353
Sohwarse, W., Ober die Wärmeleitung des Argons . 164
Schwebungen: — bei erzwungener Schwingung, v. E.
Rieeke 130
Notiz dazu 301
Schwefel: Ober das elektrochemische Verhalten des — ,
V. F. W. Küslcr. (R.) 416
Schwefelsäure: über die — und ihre Fabrikation nach
dem Kontaktverfahren, v. R. Knietsch. (R.) . . 340
Schwerkraft: Der normale Teil der — im Meeresniveau,
V. F. R. Helmert. (R.) 15
Seit«, W,, Abhängigkeit der Absorption, welcheKathoden-
strahlen in einem dünnen BIStIchen erleiden, vom
Entladun^potential $$3
Selenzellen: über die Empfindlichkeit und Trägheit von
— , v. E. Ruhmer 468
Bbedd, J. C, Über die Formen der von dem Michel-
sonschen Interferometer gelieferten Kurven .... 47
HerichtiguQg dazu 80
BhlroiEU, S. u. K. Honda, Llngenverändemng ferro-
ma^netischer Drähte infolge von Magnetiaierung bei
konstanter Spannung 378
Wiedemannscher Effekt bei ferromagnetischen
Substanzen S77
u. 8. Eueakabe, Veränderung des Elastiiitäts-
koeffitienten ferromagnetischer Substanzen infolge
von Magnetisierung 3S0
— Änderung des Torsionsmoduls ferromagnetischer
Substanzen infolge von Magnetisierung 3S1
Berichtigung hierzu 414
Blmon, H. Th. u. M. Raioli, Tönende Flammen und
Flammentelephonie (N.) 178
BiSBingb.B., Über einige Eigenscbaftenphotographischer
Linsensyslemc. (IS.1 346
Solarisalion: Pholocheraische — als Entwicklungsphä-
nomen, v. J, Brecht 426
Sommarfeld, A., Beiträge zum dynamischen Ausbau
der Festigkeitslehre (Vortrag) 266, 286
Spektra: — der Entladungen in Flüssigkeiten, v. P.
Konen 537
Spektren: Die — kathodisch leuchtender Metalldämiife,
V. P. Lewis 498
S]ieiitisches Gewicht; Das — des Eises, v. H. T.
Barnes 81
Spezifische Wärme: Die — von Lösungen, die keine
Elektrolyts sind, II., v. W. Fr, Magie 11
Spitzenentla<)uDgen: Notiz Über giolare unterschiede bei
^ und die Verhältnisse der lonengeschwindigk eilen.
V. K. V. Wesen donk 45
— Notiz über — durch Teslastiüme, v. K. v. Weseu-
donk 462
Stachel, F., Bericht über die Entwicklung des Unter-
richlsbetriebes in der angewandten Mathematik an
den deutschen Universitäten. |N.I 92
Stahl: Zinn, Gi]<s und — vom physikalisch -chemischen
Standpunkt, v. J. H. van't Hoff. iB.I . . . . 39S
Stark, J.. Da.s Ge^ieli des Kalhodenfalls U
— Über die Reflexion der Kathodensirahlen .... 161
— Hemerkungen zur elektrischen Strömung durch hohe
— 16S
ir Erklärung der Zerstreuung der
»35
mg zwischen Kathoden fall und
274
ihlreücxion bei schiefer Incideuz . 368
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
Btark, J., loaenener^e ga-irörmiger Elemcnle, metallischer
ZustAnd, Vorieicheo der elektrolytUchen Dissoziation 403
— Einflu.ss des Eleklrodenmelallcs auf die Anfan^-
s]>a]iaua^ 504
— Der sogenannte Übergant^widerstand der Funken-
eatladuQg J07
Stereoskope: — TUr KTOsse Kilder, v. H. KrUss ... 361
Stemkataloge : Verieichnis von 336 — , v. F. Risten-
pa"- (B-1 399
Strahiungsge^ietie: Temperalurbestimmung mit tlilfe der
— , V. O. Lummer u. E. Pringsheim. (N.| . , 97
Strahtungsinduktion : Cber — , v. Th. Tommasina . 49J
Strebl, K., BrieUcastenDotii 40
— Über Lu fisch lieren und Zonenfehler 238
Btrtbeok, Kugellager ftlr beliebige Itelastungen. (R.) 145
Strukturisometie: über — bei Saiten, v. A. Hantisch.
(R) «14
Stuttgart: Das Ingenieurlaboratorlum der K, Tecllnischen
Hochschule — , v. C. ». Bach 23
Berichtigung daiu 56
Sulfide: t'ber — und Pol^sulfide, v. F. W. Küster. (N.) 1^9
Ssily. C. V., Zugversuche mit auf inneren Druck be-
anspruchten Röhren. (R.) 343
Tafal, J.. Über kathodische Polarisationen in verdünnter
Schwefelsäure. (R.) 419
Tangenten bussole: Eine zerlegbare — , v. E. Grimsehl. 461
Tatuall, R. B. u. H. Crew, Ein Laboiatoriums-
handbach der Physik. (B.) 558
Technik: Naturforschung und — , v. Edm. Hoppe. (N.) Jl
Taiohmüller, J., Über die Gremen der graphischen
liehandlung der Wechselstromprobleme 441
Telegraphie: Über drahtlose — , v. F. Braun. (N.) . 143
— Übet drahtlose — , v. E. Lecher 273
— Die Forlschritte der drahüoseo — , v. G. Marconi.
(R.) SJa
Telephonie: Tönende Flammen und Flammen , v. H.
Th. Simon u. M. Reich. (N,l 278
Temperatur: — .bestiramung mit Hilfe der Strahlungs-
gesetze, v. O, Lummer u. E. Pringsheim. (N.l 97
— Über einen Apparat lur photometrischen Messung
hoher ~, V. H. Wanner 112
— Über das optische Brechungsverhällnis einiger Flüssig-
keiten bei liefen — , v, G. Kucera u. C. Forch. 132
^ Über eine einfache Methode, die — leuchtender
Flammen lu bestimmen, v, F. Kurlbaum ... 187
™ Zur — -bcstimmung von P'lamnien, v. O. Lummer
u. E, Pringsheim 233
— Luminesieni bei riefen — , v, J, Prechl .... 457
Teslaslrömei Norii über Spitienentladungen durch ^, v.
K. V. Wesendonk 462
Thermodynamik 1 Das Verhältnis der chemischen Kinetik
lut — , V. Wegscheider. (N.) 191
— Elementare Prinzipien der statistischen Mechanik, mit
besonderer Rflcksicht auf die rationelle Begrilndung
der — entwickelt, v. J. W. GJbbs. (B.) .... 382
Thermosko]>: Versuche aus der Wärmelehre und ver-
wandten Gebieten mit Benutzung des Doppel- — ,
^- Looser (li.) 346
Thonnmoiyd: Über die Radioaktivität des — , v. K.
Fehrle 130
Tammaalua, Th., Über Strahlunj^ Induktion .... 495
— Über das Vorhandensein von reflektierbaren Strahlen
in der von einer Mischung von Radium- und Barynni-
chlorid ausgesandten Str.thlung 497
l'orsionsmodul; Änderung des — ferromagnetischer Sub-
stanzen infolge von Magnetisierung, v, K. Honda.
S. Shimizu u. S. Kusakabe 381
TraVB«, M. W., Da,s experimentelle Studium der
Gase. (B.l 399
Trinkwasser: Über Reinigung des — durch Dion, v. H.
J. van't Hoff. (K.j 416
u.
Überkaltung: Über die — der Flüssigkeiten, v. P.Bach -
metjew. IN.j 195
Ultraviolettes Licht; tber die Phosphoreszenz unter dem
Einflüsse von Kathodenstrahlen und von — , v. A.
Schmauss 85
Unterbrecher: Einige Bemerkungen flberdcuWebneltschen
— , V. K. R. Johnson 105
Untertichtsbetrieb: Bericht über die Entwicklung des —
in der angewandten Mathematik an den deutschen
Universitäten, V. P. Stäckel. (N.) 92
L'ianpecberi ; Ober die radioaktive, im — vorkommende
„flüchtige Substanz", v. O. Behrendsen .... 573
V.
Vakuumapparate; Universal zu Versuchen über elek-
trische Entladungen in Gasen, v. W. B. v. Ciud-
nochowski 3«
Veclor Analysis: — , v. E. B. Wilson. (B.| .... 347
VergTÖsserungsapparate: Die Verwendung de» elektrischen
Bogeobchtes in Projeklions- und —, v. H. Krüss , 428
Versammlung: Die 73, — deutscher Naturforscher und
Arite ■ ■ ■ ■ 39
— Die II. — russischer Naturforscher und Arzte , . 56
Vogel, E., Taschenbuch der jiraklischen Photographie.
(B.) ^S^
Voigtländer S: Sohn, A.-G., Braunschweig, Objektive und
Hilfsapparate für Photographie, (lt.] 126
VorlesungEverreichms Wintersemester I90l/oz(Nachträee}
39. S*. 80
— Sommersemester 1902 301
— Winteiaemester 1902/03 586
Votschläge: — für eine neue Einteilung der Kapitel in
den „Fortscbrillen der Phjrsik." 559
w.
Waage und Galdberg; Über einige Versuche von — , v.
Meyerhotfer. (N.j
Waobsmuth, B., Die innere Wärmeleitung in Flüssig-
keiten. IN.)
Walter, B., Über die Haga- und Windschen Beugungs.
versuche mit Röntgenslrahleo. (N.)
— Ein photographischer Apparat zur genaueren Analyse
des Blitzes. (N.)
— Bericht über die auf der Röntgenausstellung der 73.
Versammlung deutscher Naturlorscher und Arzte iu
Hamburg ausgestellten .Apparate. (N.l
Wtmner, H., Über einen Apparat zur photo metrischen
Messung hoher Temperaturen
Wärmeabgabe: Notiz über die — eines dünnen Drahtes
in einer ausgepumpten Glasröhre, v, R. Kem p f ■
Hartmann
Wärmeaustausch t Der — im festen Erdboden, in Ge-
wässern und in der Atmosphäre, v. J. Schubert.
(N.)
Wärmelehre: Versuche aus der — und verwandten Ge-
bieten mit Benutzung des Doppel Ihermoskops, ».
Wärmeleitung: Die innere — in Flüssigkeiten, v. K.
Wachsmuth. (N.)
— Über die — des Argons, v. W. Schwane . . .
Wärmetönung: Über die — von festem und flüssigem
Naphtalln in verschiedenen Lösungsmitteln, v. C.
Forch
Wechselstrom: Üb" "i-i^K™^„k..,..„ _ . Ai r.-r.
schun . . .
Bemerkungen h
W ech sei stnimprobl
Behandlung dei
W0KBch«id«r. D
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
XIII
Seite
Welmelt> A., Über die freie Elektrizität im dunklen
Kathodenraume 501
Wchneltscher Unterbrecher: Einige Bemerkungen über
den — , V. K. R. Johnson 105
Weigert, Über das Calciumsulfat und die Umwand-
lungsbedingungen von Gips und Anhydrit. (N.). . 190
Wellenlehre: Einige Aufgaben der — und Farbenlehre
des Lichts, v. L. Pilgrim. (B.) 248
Wesendonk, K. V., Notiz über polare Unterschiede
bei Spitzenentladungen und die Verhältnisse der
loncngesch windigkeiten 45
— Über durch Beugung und verwandte Ursachen in den
Dünsten der rauchenden Schwefel- wie Salpetersäure
hervorgerufene Lichterscheinungen 459
— Notiz über Spitzenentladungen durch Teslaströme . 462
WTieatstonc-Brücke : — mit Schleif draht und regelbarem
Vorschaltwidcrstand, v. Th. Bruger 374
Widerstand: Über den Mechanismus des — flüssiger
Medien, v. Fr. Ahlborn. (N.) 120
Wieohert, B., Polarlichtbeobachtungen in Göttingen. 365
Wiedemannscher Efl"ekt: — bei ferromagnetischen Sub-
stajizen, v. K. Honda u. S. Shimizu 577
Wien, W.. Ober positive Elektronen, (R.) .... 418
— Über Fluoreszenzerregung der Kanalstrahlen an Metall-
oxydcn 440
Wilson, B. B., Vector Analysis. (B.) 347
Witt, O. N., Die chemische Industrie auf der Inter-
nationalen Weltausstellung zu Paris 1900. (B.) . . 247
Wohliwrill, Über das Zerfallen der Anode. (N.) . . 190
Wood, B. W., Die anomale Dispersion von Natrium-
dampf 230
Seite
X.
X-Luft: Über eine Eigentümlichkeit, welche Dämpfen
durch — mitgeteilt wird, v. F. Campanile u. G.
di Ciommo 382
z.
Zacbarias, J., Die Akkumulatoren zur Aufspeicherung
des elektrischen Stromes, deren Anfertigung, Ver-
wendung und Betrieb. (B.) 3S^
Zeemaneflekt : — und Elektronenladung, v. Ed. Riecke. 406
— Über den — der Serienlinien, v. C. Runge. . . 441
Zeitbestimmung: — mittels des Passage-Instrumentes, v.
R. Etzold. (B.) 35'
Zinn: — , Gips und Stahl vom physikalisch-chemischen
Standpunkt, v. J. H. van't Hoff. (B.) .... 398
Zonenfehler: Über Luftschlieren und — , v. K. Strehl. 238
Zsigmondi, B., Über kolloidale I^sungen. (R.) . . 421
Zugfestigkeit: Weitere Versuche über die Abhängigkeit
der — und Bruchdehnung der Bronze von der Tem-
peratur, V. C. V. Bach. (R.) 395
Zugversuche: — mit auf inneren Druck beanspruchten
Röhren, v. C. v. Szily. (R.) 343
Zulkoweki, K., Zur Erhärtungstheorie der hydrau-
lischen Bindemittel. (B.) 349
Zuntz, N., Der Mensch als kalorische Maschine und
der zweite Hauptsatz 184
Antwort hierzu von K. Schreber 261
Namensverzeichnis der „Personalien",
?v
Abbe. 152. 304. 352. '
Abegg. 352.
Abc 400. I
Ambronn. 176. 424. '
Arendt. 400.
Arndt. 488. {
Ayrton. 104.
Bach. 328.
Beckmann. 272. 488. |
Bchn. 56.
Behring. 176. 1
Bemtbsen. 56.
Berthelot 104.
Berti. 104. I
Bohlroann. 104.
Boltzmann. 352. 376.
Bosscha. 128.
Bredig. 16.
Bninck. 5^^«
Bülow. 400.
Camerer. 536.
Cantor. 104. 400. 424.
512.
Cemnka. 104.
Coehn. 586.
Conu. 352. I
Dttfie. 400.
176.
3<H. I
.376. ,
Döring. 488.
Du Bois. 152. 536.
Eigenfeld. 104.
Erdmann. 56.
Eschenhagen. 104.
Ettner. 488.
Fagnart. 80.
Faguart. 176. 224.
Faye. 488.
Feist. 424. 488.
Felix. 104.
Fischer. 176.
Fittig. 176.
Franz. 104.
Frentzcl. 376. .
Fröhlich. 304.
Fuchs. 376.
Gadamer. 512.
Galle, 80. 104.
Garibaldi. 488.
Geer, van. 352.
Gegeubauer. 488.
Gibbs. 104.
Gintl 536.
Gleichen. 488.
Grassroann. 152.
Grimm. 104.
Guldberg. 224.
Gutbier. 248.
Haber. 400.
Haga. 104.
HaUer. 128.
Hammerl. 224.
Haentzschel. 272.
Kanus. 586.
Hart 104.
Hartmann. 512.
Hasenklever. 104.
Haun. 3$2.
Hausdorff. 1 76.
Haussner. 272. 424.
Heinrich. 352.
Henge. 224.
Herzig. 424.
Heun. 200.
Hcyl. 560.
Hilbert. 488.
Hillebrand. 488.
Himstedt. 400.
Hittorf. 176. 200.
Hoff, van't 176. 352,
400.
Hofmann. 488. 536.
Hohenner. 328.
Jahnke. 152.
Johnstorff. 400.
Julius. 400.
Kammerer. 40.
Kelvin. 488.
Knoblauch. 200.
Kobold. 272.
Köhler. 104.
Kohlschütter. 304. 424.
Kolatschek. 512.
Kolster. 104.
Konen. 536.
König. 80.
Köthner. 200.
Kowalewski. 80.
Kowalski. 512.
Krazer. 560.
Kriemler. 488. 586.
Kühling. 176.
Kunckell. 104.
Kutta. 352. 376.
Laar. 536.
Landolt 128.
Lasker. 1 52.
Lehmann. 488.
Liebermann. 272.
Linde, O. 104.
Linde, P. v. 104. 488.
Liveing. 104.
Lossier. 376.
Löwy. 488.
Lummer. 176.
I^utz. 56.
Macadam. 488.
Macher. 104.
Mai er, 248.
Marconi. 56.
Martens. 56.
Matthiessen. 1 52.
Mayendorf. 272.
Meigen. 104.
Menschutkin. 352.
Meyer, E. 200. 586.
Meyer, O. E. 104.
128.
Mie. 128.
Minkowski. 488.
Moser. 128.
Müller, E. 56 304,
Müller, R. 104.
Nagel. 104.
Nencki. 80.
Neumann, B. 56.
Neumann, E. 56. 128.
Obergethmann. 352.
Oser. 104.
Pagel. 104.
Papperitz. 104.
Paul. 328. 400.
Pauly. 152.
Pechmann. 352. 400.
Perger. 176. 272.
Pemet 248.
Peschka. 104.
Piccard. 248.
Poincarö. 104.
Precht 16.
Prcy. 586.
Pringsheim. 104.
Prudhomme. 1 76.
Puy. 586.
Radakovic. 512.
Radiger. 328.
Radinger. 152.
Rassow. 176.
Rau. 128.
Rayleigh. 488.
Reichel. 40.
Reinganum. 80.
Reissert. 488.
Reithoffer. 104.
Röntgen. 176.
Roos. 488.
Rose. 328.
Rost 104.
Rothmund. 512.
V
XIV
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang.
Rüdorff. 56.
Ruff. 176.
Rupp. 104.
Schaufelberger. 152.
Schiebel. 176.
Schiffber. 352. 488.
Schmidt, A. 512.
Schmidt, O. 560.
ScholU. 536.
Schorr. 176.
Schröder. 488.
Schulz. 104.
Schulz, F. A. 512. 536.
Schulze. 80.
Schumacher. 272.
Schtissler. 328,
Schwanert. 456.
Schwarzschild. 56.424.
Seares. 128.
Simonis. 304.
Slaby. 200. 488.
Sommer. 56.
Sonne. 152.
Spiegel. 536.
Stahlschmidt. 104.
Suida. 536.
Tafel 560.
Tambor. 176.
Tapla. 128.
Tauber. 488.
Täuber. 248.
Thiele. 224. 328.
Thoms. 4^8.
Timerding. 400.
Tottoczko. 56.
Trabert. 128. 488.
Traifbe. 328.
Ulbricht. 176.
Valentiner. 400.
Vater. 56.
Veesenmeyer. 80.
Virag. 80.
Vongerichten. 424.
Vorländer. 424.
Warburg. 176.
Weber. 456. 488.
Weddige. 456.
Wedelund. 400,
Weeren, 200.
Wegscheider. 488,
Weiss. 248.
Wellstein. 424.
Werner. 488.
Wibel. 400.
Wien, W. 586.
Wind. 536.
Winkler. 272.
Winkler, Cl 512.
Winkler, L. 560.
Wislicenus. 488.
Witt 272.
Wolf. 16. 104. 536.
Wolffenstein. 176.
Wüst. 56.
Zahradnäc. 272.
Zehnder. 1 76.
Zeissig. 152.
Zieglcr, 272.
Physikalische Zeitsch
No. I.
I. Oktober 1901.
Redaktionsschluss fiir No. s am 9. Oktober 1901.
Ab unsere Leser I
OrloiMünitteiiiinoen :
E. Englisch, Periodische Verände-
rungen an Bromsilbergelatineplatten.
S. I.
A. Perot und Ch. Fabry, Ein neues
INHALT.
Modell eines Interferenzapparates.
S. 5.
Vorträge und Diskussionen von der
73. Naturforscherversammluno zu
Hamburg :
W. Kaufmann, Die Entwicklung
des Elektronenbegrifls. S. 9.
Referate:
F. R. Helmert, Der normale Teil
der Schwerkraft im Meeresniveau.
S. 15.
Tagesereignisse. S. i6.
Personalien. S. i6.
An unsere Leser!
Mit dem Beginn des dritten Jahrganges wird
die „Physikalische Zeitschrift'* unter sonst voll-
ständiger Wahrung ihres bisherigen Programmes
und Umfanges in I4tägig erscheinenden Heften
ausgegeben werden.
Die Erfahrungen der ersten beiden Jahr-
gänge haben gezeigt, dass die Schnelligkeit der
Berichterstattung nicht über eine gewisse, durch
technische Umstände bestimmte Grenze ge-
steigert werden kann, der die I4tägige Aus-
gabe der Hefte viel besser angepasst ist, als die
8 tägige. Ausserdem hat sich bei der bisherigen
Krscheinungsweise der Umstand häufig als stö-
rend erwiesen, grössere Beiträge auf mehrere
Hefte verteilen zu müssen, und es sind uns
auch aus den Kreisen der Leser wiederholt
E. Riecke.
Wünsche zugekommen, difesen Übelstand zu
beseitigen. Wir haben uns daher zu der
I4tägigen Ausgabe der Hefte um so lieber
entschlossen, als mit der geänderten Art des
Erscheinens ftir den Verlag und nicht minder
ftir die Redaktion eine grosse Erleichterung
erzielt wird.
Die „Physikalische Zeitschrift" hat in den
zwei Jahren ihres Bestehens in stets wachsendem
Masse Freunde erworben, und die Idee, die
ihren Begründern vorschwebte, hat sich als
eine gesunde und lebenskräftige erwiesen.
Wir bitten die Fachgenossen, sie auch ferner-
hin durch thätiges Interesse und rege Mitarbeit
zu unterstützen.
H. Th. Simon.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Periodische Veränderungen an Bromsilber-
gelatineplatten.
Von Eugen Englisch.
I . Eine etnpfindliche Bromsilbergelatineplatte
erreicht bei der Entwickelung ihre grösstmög-
liche Dichtigkeit bei einer Belichtung, welche
rund dem 5000 fachen Schwellenwerte ent-
spricht 0. Die Dichtigkeit bleibt in einem je
nach Intensität und Entwickelungsart^) mehr
oder weniger breiten Belichtungsgebiete — der
„neutralen Zone"^) — konstant, und
bei weiterer Zufuhr von Lichtenergie ab.
JalkTbuch 1894, S. 14.
pdiw&rzungsgesetz für Bromsilber-
S-31. nSle a. S., W. Knapp. 1901.
Man hat seither angenommen, dass diese Ab-
nahme kontinuierlich erfolge; man erreicht bei
weiterer Lichtzufuhr endlich den zweiten neu-
tralen Zustand, in dem die Schicht wenigstens
für übliche Entwickelungszeiten nicht mehr ge-
schwärzt wird, sondern nur noch schieiert.
2. Betrachtet man nun eine streifenweise mit
intensivem Lichte (brennendem Magnesium) be-
lichtete Platte genauer, so sieht man, dass öfters
mehrere Streifen gleiche Dichtigkeit haben,
während dazwischen die Dichtigkeit von Streifen
zu Streifen abnimmt. Anders ausgedrückt: be-
zeichnet D die Dichtigke^v, E die Exposition,
so liegen zwischen Werten von D und E^ für die
. < o ist, solche, für die .- = o wird.
dE
dE
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
Nun hatte ich früher gezeigt 0, dass man
solarisierte Schichten normal, d. h. in mit der
Belichtung steigender Dichtigkeit l- > o
entwickeln könne, wenn man sie eine für jede
Plattensorte durch Vorversuch zu bestimmende
Zeit in Natriumthiosulfatlösung badet, bis an
den nicht solarisierten Stellen das Bromsilber
herausgelöst ist, und die Platten nach gründ-
lichem Abspülen in einem beliebigen Entwickler
hervorruft. Wie man sich schon an den unent-
wickelten Platten überzeugt, wird durch das
Vorbad umsoweniger Bromsilber herausgelöst,
je weiter die Solarisation vorgeschritten ist, was
im Sinne der Gerbungstheorie Luthers*^) ge-
deutet werden kann; bei der Entwickelung wird
das gesamte AgBr^ das noch vorhanden ist,
reduziert und zeigt demnach die Licht- und
Schattenverteilung eines Negatives^). Bei diesen
primär teilweise fixierten und entwickelten Platten
fiel auf, dass sich zwischen dunkleren Streifen,
die dem soeben Gesagten entsprachen, hellere
Streifen fanden, die in jenen Bezirken lagen,
für welche bei den direkt entwickelten Platten
dD
77; = o war.
dE
3. Diese Beobachtung gab Veranlassung, den
Verlauf der Solarisation für erheblichere Licht-
mengen als bisher näher zu studieren. Schwache
Lichtquellen konnten wegen zu geringer Wirk-
samkeit nicht in Betracht kommen; ich war
somit auf das Licht brennenden Magnesium-
bandes angewiesen, i m dieses Bandes wog
0,63 g; für Stücke von i, 2, 3; 4 cm besteht
Proportionalität zwischen Bandlänge und gelie-
ferter Lichtenergie. Die Platten waren meist
in Stücke von 2x9 cm geschnitten; sie wur-
den streifenweise mit wachsenden Lichtmengen
bestrahlt, wobei der neu zu belichtende Streifen
genau die angegebene Entfernung vom Ende
des zu verbrennenden Bandstückes hatte. Da
die Platten bis auf 14 cm der Lichtquelle ge-
nähert wurden, wird die Vergrösserung des Ab-
standes für die zuerst belichteten Streifen wohl
bemerkbar, obwohl die Intensität infolge der
räijmHchen Ausdehnung der Lichtquelle weniger
abnimmt,, als der Abstandsvergrösserung ent-
spräche. Eine Korrektur ist aber ohne beson-
dere Versuche deshalb nicht möglich, und da
es sich nur um eine qualitative Darstellung des
Solarisationsverlaufes handeln kann, erscheint
sie auch unnötig. Die Dichten [D = log 3^1%,
wo y die Intensität des auffallenden, ^o die
des durchgehenden Lichtes bedeutet) der ver-
schiedenen Streifen wurden dagegen photo-
metrisch so genau wie möglich bestimmt; die
Absorption des Glases und der Gelatine ist
dabei nicht in Abzug gebracht (D == 0,15).
Zum Lichte des Magnesiums addiert sich die
für jeden Streifen 5 Sekunden dauernde Ein-
wirkung der blauen Flamme des Bunsenbrenners,
die zur Entzündung des Magnesiums diente.
Ich gebe zunächst einige Zs^len wieder für
Platten, die mit Metolsoda normaler Zusammen-
setzung bei 18^ im Dunkeln entwickelt und
10 Minuten im saueren Bade fixiert wurden.
i) Englisch, Diese Ztschr. 2, 62, 1900.
2) Luther, Die ehem. Vorginge in der Photographie.
S. 5$. Halle a. S., W. Knapp. 1899.
3) Neuerdings hat Nipher dasselbe Verfahren publiziert
(Nature 68, No. 1631, 325, 1901), nur mit der Modifikation,
dass er konzentrierte Natriumthiosulfatlösung und Hydrochinon
im Tageslicht (was nicht nötig ist) auf die Platte wirken l.Hsst.
Schleussnerplatten Ei
m. Nr. 7551.
Dichte D'
= log
7
^0 "
Abstand 14 cm 1
Abstand 20
cm
^dureh** Entwickelt
^t^^ Entwickelt
cm Af^ l 2
3 Min.
cm Mg
I
3 Mm.
2
0,62
i,47
2
0,5 0,84
1,18
4
0,59
1.25
6
0.55
I.Ol
4
0,39 0,68
0,96
8
0,51
10
0,44
0.90
6
0,32 0,55
0,82
12
0,37
0,85
14
0,42
(0,87)
8
0,38 0,62
0,86
16
0,44
0,88
18
0,35
0,77
10
0.35 0.56
0,78
20
0,31
0,71
22
0.34
0,75
12
0,26 0,42
059
24
0,30
0,67
26
0.32
0,71
14
0,33 0.50
0,65
28
0,33
0,77
30
0,30
0.65
16
0,27 0.41
0,55
32
34
36
38
40
42
44
46
48
50
52
S4
56
58
60
0,32
0,68
0,70
0,62
0,68
0,60
0,66
0,60
0,63
0,62!
0,64
0,58
0,65
0,56
Herzka
plattei
1 Em,
. Nr. 182.
ä
Abstand 20
cm. E
)ichte
D- log
7
70
Belichtet durch
cm Afg
Entwickelt i Min.
2
0,55
4
0,51
6
0,44
8
0,52
10
0,48
12
0,39
14
0,49
16
(0^5)
18
047
20
0,38
22
0,44
24
(0,43)
26
0,42
28
0,36
30
0,41
32
0.39
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
4. Bei den Platten fällt sofort auf, dass
sie streifenweise heller und dunkler sind;
die Schleus-snerplatte, die sich für die kleinsten
Belichtungen verhaltnissmässig schnell noch zu
erheblicher Dichtigkeit entwickelt, dann aber
gut graduiert heller wird, hat (Fig. i) zunächst
Beiirhtet durch cm. Hg^Band.
Fig. ,.
aus 14 ein Abstand von der Lichtquelle be-
lichtet ein Minimum der Dichte bei 6 cm
Mg — der Kürze wegen sei diese Ausdrucks-
weise gestattet — , ein Maximum bei 8 cm
und ein zweites Minimum bei 1 2 cm. Dem
ersten Minimum entspricht bei 20 cm Ab-
stand (Fig. 2) ein Minimum bei 12 cm, dem
zweiten ein solches bei 24 cm. Dagegen hat
man bei zo cm Abstand ein weiteres Minimum
bei 20 cm Mg, dem bei 14 cm Abstand kein
Minimum entspricht; es kann dies wohl daher
rühren, dass dieses schwache Minimum über-
deckt wird durch die Wirkung des bei Belich-
tung der Nachbarstreifen in der Schicht diffus
. Srh Icti fsnfr-PlaUeji<
1 cni. Abstand !.ii-/i}//ueUe/FlrUte. .
gewordenen Lichtes, das hier von grösserer
Intensität als bei 20 cm Abstand entsprechend
eine mehr als verhältnismässig grössere Ver-
änderung hervorrufen müsste'). Die Minima
bleiben bei verlängerter Entwickelung erhalten;
allmählich werden aber die Unterschiede zwischen
den ersten Minima und den Nachbarstreifen
kleiner, die Minima nähern sich den Maxima,
( während sich die mehr belichteten Streifen noch
kontrastreicher entwickeln. Man kann dies er-
klären durch die Annahme, dass bei den ersten
Minima die dem Minimumszustand entsprechende
Veränderung sich nur auf die oberflächlichen
Schichten erstrecke, nicht auch auf die tieferen;
dasselbe wird vom folgenden Maximum gelten,
das doch durch einen Minimumzustand hin-
durchgegangen ist; beim Minimum kommt also
noch etwas Dichtigkeit aus den tieferen Schichten
hinzu, das Maximum aber kann infolge des
Minimumzustandes seiner tieferen Schichten
wenig mehr hinzugewinnen, beide müssen
sich also gleicher werden. Die Tiefe der
Minima nimmt ab mit der Intensität des
wirkenden Lichtes, doch konnte ich An-
deutungen der Streifen noch bei 1 m Abstand
der Platten von der Lichtquelle erhatten; je
weniger tief ein erstes Minimum ist , desto
schneller verschwindet es bei der Entwickelung ■
(Fig. 2). Ganz anders verhält es sich mit spä-
teren Minima; während sie bei kurzer Ent-
wickelung im Schleier der Platte verschwinden,
treten sie bei längerer Entwickelung immer
deutlicher hervor. Die Minima kehren in einer
eigentüntlichen Periode wieder; bei Schleussner-'
platten folgten auf das erste Minimum drei
dunklere Streifen, zweites Minimum, zwei dunk-
lere Streifen, drittes Minimum, ein dunklerer
Streifen, viertes Minimum, woran sich dieselbe
Periode wieder anschloss; jeder Streifen ent-
sprach dabei 2 cm Mg. Die Unterschiede in
der Tiefe der Minima waren dabei nicht derart,
dass ich sie mit Sicherheit feststellen konnte.
Die periodische Wiederkehr der Minima deutet
auf die Unabhängigkeit derselben von der spä-
teren Belichtung; ich fand sie In der That stets
an denselben Stellen der Platte lokalisiert, an
1) S. Cital 2.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
denen sich die ersten Minima gezeigt hatten,
ganz unabhängig von der nachfolgenden Be-
lichtung. Bis jetzt habe ich bis 128 cm Magne-
siumband 17 deutliche Minima zählen können,
wenn ich den Kunstgriff anwandte, die mehr
belichteten Platten länger zu entwickeln. Diese
Minima aufzuzeichnen hat wenig Interesse; wie
aber aus Fig. 2 hervorgeht, tritt ein vorher
unbemerktes, schwaches Minimum auf bei 52 cm
Mg, das ich auch bei weiterer Belichtung nicht
mehr gefunden habe, und das ich neben den drei
ersten Minima für ein ursprüngliches halte,
während ich die übrigen nur als Wiederholungen
der ersten ansehe.
Nachbelichtung erhält also die Minima,
und kann sie sogar verstärken. Während das
erste Minimum nur bei guter Abpassung der
Belichtungsverhältnisse und der Entwickelungs-
dauer deutlich erscheint, kommen die späteren
Minima leicht und deutlich heraus. Versucht
man nun aber eine Platte bis zur Nähe eines
Minimums vorzubelichten und dann die zu
diesem nötige Energiemenge hinzuzufügen, so
werden die Unterschiede zwischen Maxima und
Minima kleiner; diese Unterschiede entstehen
also hauptsächlich in den ersten Stadien der
Belichtung, d. h. die Platte ist unvorbe-
lichtet empfindlicher, als wenn sie be-
reits solarisiert ist.
i)
Ofir-
05
Herzha-PlattcTt. 20 cnuAbstaml 7 JifiTi. Entw.
Belichtung durch cm.Jf^.-Band.
lieber auf bei den Rapidentwicklern, als bei
Hydrochinon und Glycin, die sie ihrerseits auch
bei längerer Entwickelung erhalten; bei Ent-
wickelung mit Eisenoxalat (30 Sek.) erhält man
sehr schöne Streifen.
Wenn man nun die streifenweise belichteten
Platten primär teilweise fixiert und dann ent-
wickelt, wie oben geschildert wurde, so zeigen
auch diese Platten bis zu 24 cm Mg aus 20 cm
Abstand helle und dunkle Streifen; die Ma-
xima liegen dann aber auf den Minima
der direkt entwickelten und umgekehrt.
Besonders die ersten Umkehrungen treten hier
deutlich hervor; dagegen werden sie unmerklich
bei Belichtungen durch mehr als 24 cm ^fg,
Eine Mitwirkung des Bindemittels bei
diesen Erscheinungen scheint mir sicher; ich
enthalte mich vorerst, eine Hypothese aufzu-
stellen; ich will nur darauf hinweisen, dass die
sogenannten schwarzen Blitze, bei denen der
Hauptstrahl im Negativ dunkel, die Seitenäste
aber hell erscheinen, möglicherweise durch diese
Versuche erklärt werden können; die Lichtver-
hältnisse brauchen nur dieselben zu sein, wie
für ein Maximum und ein Minimum; bei der
Lichtstärke der Blitze könnten die Unterschiede
zwischen diesen sehr erheblich werden.
Die Reduktion der vom brennenden Magne-
sium gelieferten Lichtmenge auf Hefnereinheiten
ergiebt sich aus E d e r s ') Angaben.Demnach
entspräche i cm meines J^-Bandes (photo-
graphisch) 1200 H. M. S.2) Bei dem Ab-
stände von 20 cm wirkt also i cm Mg-
Band wie 30000 H. M. S. und die erste
Umkehrung trat für Schleussnerplatten ein
bei 360000 H. M. S., für Herzkaplatten für
180000 H. M. S. Rechnet man die zur
tO 12 tt 16 1t SO 22 2U 2B 2B 30
In Fig. 3 ist ein Teil der Solarisationskurve
für eine Herzkaplatte gezeichnet. Diese Platte,
die bei Normalbelichtung ganz klar arbeitet, ist
im Solarisationsgebiete erheblich schleieriger
als die Schleussnerplatte; das erste, hier sehr
kräftige Minimum trat schon bei 6 cm Mg ein,
die Periode der Minima war kürzer als bei der
Schleussnerplatte und bei 16 cm lag ein schwa-
ches Minimum, zwischen Maxima, die von kräf-
tigen Minima eingeschlossen waren. Die Herzka-
platte ist gelatinereicher als die Schleussnerplatte;
sie fixiert viel langsamer, und ich habe bei der
ein ähnliches Verhalten zeigenden Colbyplatte
ebenfalls schon bei 6 cm das erste Minimum
beobachtet. Bei einer orthochromatischen Hauff-
platte (Em. 235), die sehr dünn gegossen ist
und sehr schnell fixiert, fand ich die Umkeh-
nmg erst bei 28 cm Mg,
Die Umkehrungen sind keineswegs an den
Metolentwickler gebunden; sie treten zwar deut-
•» Erzielung mittlerer Schwärzungen nötige
Energiemenge zu 12 H. M. S. (die Nor-
malexposition reicht von 3 bis etwa 23
H. M. S.^), so erfolgen die Umkehrungen
bei 10^ bezw. 1,5-10* fachem Betrage der Nor-
malexposition. Janssen selbst hat bereits (1. c.)
auf die Periodizität der Solarisation hingewiesen
und bei stundenlanger Belichtung, oder wie er
angiebt, dem 10^ fachen Betrage der Normal-
exposition, ein zweites Negativ erhalten, wobei
die Zahl 10^ die unterste Grenze angiebt*).
Mit dieser Janssen sehen Umkehrung sind die
von mir gefundenen Umkehrungen nicht iden-
i) Eder, Hdbch. 1, 458, Halle a. S. 1892.
2) Dieser Wert ist etwas zu gross. Englisch, Habili-
tationsschrift, S. 32.
3) Eder, Sitzber. Wiener Akad. 108, IIa, 1899.
4j Vergl. Englisch, Habilitationsschrift, S. 37. Die
Normalexposition würde sich zu 0,06 Sek. Belichtung in der
Sonne, oder nieder gerechnet zu 1000 Kerzen ergeben; nach
meinen Versuchen erhielte man die Janssensche ümkehrang
erst bei der Energiemenge, die von über 7 m iW^Band ge-
liefert wird, und die Breite des Maximums würde sich auf
etwa I m Mg erstrecken.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
5
tisch; das folgt aus ihrer Zahl, aus den Ver-
hältnissen der zugeführten Energie, aus den
gegenüber Janssens Umkehrung sehr kleinen
Expositionsgebieten und aus der Thatsache,
dass die Dichtigkeit der Platte im ganzen noch
immer abnimmt, wenn man die Lichtzufuhr nicht
so regelt, wie hier geschehen, sondern auf einmal
grössere Lichtmengen zuführt, so dass die Unter-
schiede zwischen Maxima und Minima verdeckt
werden. Meine Versuche bewegen sich noch
nicht auf dem Gebiete des sogenannten zweiten
neutralen Zustandes, und sie stellen neben
der von Janssen gefundenen Periodizität der
Solarisation periodische Erscheinungen im Be-
reiche der Solarisation erster Ordnung fest und
sie bilden in gewissem Sinne ein Analogon zu
der von Herrn Ostwald näher beschriebenen
Periodizität des Auflösungsverlaufs des Chroms
in Säuren.
Vielleicht ist ein Wort über die Reproduzier-
barkeit der Versuche am Platze. Diese gelan-
gen bei trockenem Wetter gleichmässig sicher;
die ersten Minima blieben bei feuchtem Wetter
aus, die übrigen wurden schwächer; feuchte
Platten solarisieren, wie ich schon früher fest-
gestellt habe, überhaupt sehr schwer. Bei be-
sonders getrockneten Platten erhält man die
Erscheinungen leicht; ein bestimmter Feuchtig-
keitsgehalt darf also nicht überschritten werden.
Stuttgart, 18. September 1901.
(Eingegangen 20. September 1901.)
s/
Ein neues Modell eines Interferenzapparates.
Von A. Perot und Ch. Fabry.^)
In einer Reihe von Abhandlungen, welche
wir in den letzten drei Jahren veröffentlichten,
haben wir die Eigenschaften und die zahlreichen
Anwendungen der Interferenzstreifen be-
schrieben, welche an versilberten Platten
entstehen. Im folgenden soll eine kurze Über-
sicht dieser Arbeiten gegeben und der Apparat
beschrieben werden, der von Herrn Jobin-Paris
in hervorragender Güte hergestellt wurde und
die Erzeugung und praktische Verwertung der
Interferenzen leicht ermöglicht.
Die Interferenzerscheinungen, welche an ver-
silberten Platten auftreten, sind besonders da-
durch charakterisiert, dass der einfallende Strahl
beim Verlassen des Apparates nicht nur in 2
Wellen von unter sich gleicher Intensität zer-
legt ist, sondern vielmehr in eine grosse Anzahl
von Wellen, deren Intensität gegenseitig um so
weniger verschieden ist, je stärker das Re-
flexionsvermögen der Silberschicht ist, und deren
Gangunterschied in arithmetischer Reihe zu-
nimmt.
Wenn man die gewöhnlichen Interferenzen
etwa mit den Beugungserscheinungen vergleichen
darf, die an zwei parallelen Spalten auftreten,
so sind die Interferenzen, welche unser Apparat
liefert, auf eine Stufe zu stellen mit Beugungs-
erscheinungen, welche durch eine sehr grosse
Anzahl paralleler äquidistanter Spalte hervor-
gerufen werden, kurz mit der Wirkung eines
Gitters.') —
Denken wir uns eine Luftschicht von der
Dicke e mit schwach versilberten Grenzflächen
(so schwach versilbert, dass sie durchsichtig
sind); sie mag dadurch entstehen, dass man
eine Luftschicht zwischen 2 versilberten Glas-
platten einschliesst. Auf diese Schicht falle
Licht einer Wellenlänge unter dem Einfall-
winkel /; dasselbe wird sich zerlegen in eine
Schar von Strahlen, welche gegen den Einfall-
strahl einen Gangunterschied von 2 e cos /,
4 e cos /, 6 e cos /, haben und deren Inten-
sitäten, wenn / das Reflexionsvermögen und q
der Extinktionskoeffizient ist, sein werden
gleich: q'^, qV^* qY*» • • • • Durch Superposition
wird hieraus eine Lichtwirkung entstehen von
der Intensität:
^=^0 '
I + r- -'•'-7V2 -^^'^
'jt
i) Aasführlich in: Annales de chimie et de physique.
(7). 16. 115-144. 1899; (7), 16, 289-338. 1899; (7), 22,
564—574, 1901.
4/
wenn J = 2ecos /, gleich dem Gangunterschied
ist. Nimmt man als Beispiel /= 0,80 an, so
erhält man:
^^^«*T + 8ö~f//72^ ^
Damit die Intensität merkliche Werte an-
nimmt, ist Bedingung, dass /i sehr nahe ein
ganzes Vielfaches von X ist.
Die Beobachtung kann nach zwei Methoden
geschehen: i.in parallelem Licht, Strahlen zur
Silberfläche oder 2. in konvergentem Licht.
Im ersten Falle kann die Schicht dünn sein und
ihre Dicke darf von Punkt zu Punkt sich än-
dern; man beobachtet die Streifen in der einen
Oberfläche der Schicht. In dem anderen Falle
muss die Schicht eben begrenzt und dicker
sein (mehrere Centimeter); man beobachtet mit
einem auf Unendlich eingestellten Fernrohr.
In beiden Fällen sieht man glänzende feine
l) Man gewinnt bei unserer Beobachtungsweise den Ein-
druck, als beobachte man die Spektren sehr hoher Ordnung
eines Gitters von geringer Dispersion.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
Streifen, welche durch breite dunkle Zwischen-
räume voneinander getrennt sind. Bei paral-
lelen Strahlen tritt nur an jenen Stellen Licht
auf, für welche die Schichtdicke der Bedingung
2e ^== kX -V a genügt, wobei t eine gegen X
kleine positive oder negative Grösse und ^ eine
ganze Zahl ist. Die Streifen folgen den Stellen
gleicher Dicke der Schicht wie bei den Newton-
schen Ringen, nur sind sie viel feiner.
Bei konvergentem Licht ist die Bedingung
der Helligkeit gegeben fiir Einfallwinkel /,
welche der Gleichung 2ecost = kX'{-t ge-
nügen. Die Streifen bilden sich ab in der
Brennebene des Fernrohres als Kreise, deren
Mittelpunkte auf der Normale zur Silberschicht
liegen.
Diese Erscheinungen gehören zu den im
Un endlichen verlaufenden Ringen, die von Herrn
Michelson so erfolgreich verwertet worden
sind, während die vorhergehenden den an
dünnen isotropen Platten beobachteten Inter-
ferenzstreifen zuzurechnen sind.
Die Vorzüge, welche die so erzeugten Inter-
ferenzstreifen den in der bisher üblichen Weise
erzeugten Streifen gegenüber haben, sind fol-
gende: sie sind ausserordentlich viel feiner;
man kann auf sie viel schärfer einstellen; wird
der Apparat von verschiedenen für sich mono-
chromatischen Strahlen getroffen, so liefert er
für jede Farbe ein eigenes Streifensystem, die
sich gegenseitig überlagern, ohne sich zu stören.
Man kann so leicht, indem man die benach-
barten Streifen berücksichtigt, die Ordnung der
Interferenz eines einzelnen Streifens bestimmen
oder umgekehrt, wenn die Dicke der durch-
strahlten Schicht bekannt ist, die Wellenlänge
der betreffenden Lichtgattung berechnen.
Ein Interferometer, das zur Herstellung und
Verwertung dieser Erscheinungen dienen soll,
muss aus zwei versilberten Glasplatten bestehen,
die sich gegeneinander genau orientieren und
parallel zu sich verschieben lassen. Ein nach
diesen Grundsätzen gebauter Apparat gestattet
spektroskopische Untersuchungen: das Studium
der Strahlung bezüglich der Konstitution der-
selben und ihrer Wellenlänge; er ermöglicht die
Messung des Abstandes der beiden Platten
mit Hilfe der im konvergenten Lichte beob-
achteten Erscheinungen und z. B. die Messung
der Änderung, welche der bei der Reflexion
am Silber auftretende Phasenverlust mit der
Wellenlänge zeigt, mit Hilfe der Erscheinungen
dünner Blättchen mit parallelem Lichte.
Die Verwendbarkeit der Methode ist schon
jetzt eine vielseitige und interessante. Aber
gerade auf dem so wichtigen Gebiete der prak-
tischen Längen (bezw. Dickenj-Messung findet
man gar bald eine Schwierigkeit, nämlich die
Unmöglichkeit der direkten einfachen Bestim-
mung der Ordnung der Interferenzen, die etwa
über 5 cm Schichtdicke hinausgehen und ausser-
dem bei Endmassstäben die Schwierigkeit, sie
zwischen die Platten des Apparates einzufuhren.
Zur Ausführung derartiger Messungen muss man
deshalb zu den Superpositionen-und den nach-
stehend beschriebenen Interferenzerscheinungen
übergehen.
Verschafft man sich zwei von versilberten
parallelen Flächen eingeschlossene Interferenz-
schichten von gleicher Dicke, ordnet dieselben
so hintereinander an, dass ihre Begrenzungs-
flächen einen sehr spitzen Winkel miteinander
bilden und lässt ein konvergentes Bündel weisser
Strahlen durch sie hindurchtreten, so sieht man
in einem auf Unendlich eingestellten Beobach-
tungsfernrohr ein System von Interferenzstreifen;
dasselbe weist einen weissen zentralen Streifen
auf, der an jener Stelle liegt, wo die Winkel-
halbierende der beiden Platten normalen die
Brennebene des Fernrohres trifft. Die gleiche
Erscheinung tritt auf, wenn die Dicke der einen
Schicht in einem einfachen Verhältnis zur Dicke
der anderen Schicht steht.
Man kann so die Messung der Dicke ^ zu-
rückführen auf die Messung der geringeren
Dicke - ^ wo n alle ganzen Zahlen, z. B. bis 5,
annehmen kann. Man bringt hierzu die Schicht
von der Dicke e vor den Apparat und die ver-
silberten Platten desselben in eine solche Stel-
lung, dass man in dem Beobachtungsfernrohr
die Streifen sieht, welche einer Dicke von z. B.
5
entsprechen. Man bestimmt die Ordnung
der Interferenz und dadurch die Dicke der
beiden Platten.
Diese Messmethode lässt sich den verschie-
densten Umständen anpassen; so kann die zu
messende Schicht z. B. zwischen Platten liegen,
welche die Endflächen eines Metallmassstabes
berühren, man vermag so noch Längen zu
messen, deren direkter Bestimmung die Methode
sonst nicht fähig wäre.
Man kann sogar, um sehr grosse Längen zu
messen, sich einen Satz von Schichten ver-
schaffen, deren Dicken in geometrischer Reihe
fortschreiten und beispielsweise die Reihe e,
, u. s. w. benutzen.
3 9
Wir nennen „Platten-Etalon*' die von uns
bei den vorliegenden Messungen benutzten
Platten (= Luftschichten) von unveränderlicher
Dicke und von parallelen Flächen begrenzt.
Es wurden solche von 0,25 cm an hergestellt.
Alle, auch die kleinsten, mussten natürlich, um
die Ordnung der Interferenz des betreffenden
Etalons zu erhalten, mindestens einmal mit dem
Interferometer durchgemessen werden und zwar
mit einer ganzen Serie von Streifen ''^-^--
^
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 1.
denzen); es musste dabei möglich sein, die Dicke
der Schicht ein wenig zu verändern.
Bei jeder Art von Benutzung, welche diese
,,Platten-Etalons" zulassen, — Messung von
Längen, Bestimmung von Wellenlängen oder
sonst jede mögliche Verwendung — niuss man
stets, um ihre Dicke zu bestimmen, über einen
Apparat verfugen, der eine veränderliche Inter-
ferenzschicht besitzt, d. h. ein Interferometer.
Der Zweck, dem dieser Apparat dient, be-
stimmt seine wesentlichen Teile. Er besteht
aus zwei versilberten Planßächen, die jeder Art
von Einstellung und Verschiebung gegenein-
ander fähig sind. Man muss ihre Flächen gegen-
einander beliebig orientieren, sowie — und dies
ist der Hauptpunkt — sie absolut parallel zu
einander einstellen können. Ihr Abstand muss
sich zwischen o und 10 cm variieren lassen und
es ist sehr nützlich, wenn hierbei der schon
vorhandene Parallelismus der Oberflächen er- !
halten bleibt. Man muss bei dieser Verschie-
bung an jeder beliebigen Stelle auf einige ;
Tausendstel Mikron feststellen können und an- ;
dererseits darf eine Verschiebung von mehreren
Centimetem auch keine zu lange Zeit bean- |
spruchen. Es sind deshalb drei verschiedene |
Geschwindigkeiten für die Verschiebung mög-
lich: I. eine rasche Bewegung, 2. eine so weit ,
verlangsamte Bewegung, dass man die einzelnen
Streifen zählen kann, 3. eine Verschiebung durch
Biegung um einige Mikron; diese lässt sich so I
langsam und so fein ausführen, als es nur ver- .
langt werden kann.
In gleicher Weise wird die zur Einjustierung
nötige Neigung durch zwei Arten der Bewegung
ermöglicht; die eine zur groben Einstellung geht
rasch und in weiten Grenzen vor sich, die an-
dere, zur Feineinstellung, wird wieder durch
Biegung bewirkt und erlaubt sehr feine Ände-
rungen in engen Grenzen.
Die Fein Verschiebungen erfolgen durch kleine
Gunimibeutel, welche mit Wasser gefüllt sind
und gegen Stahlstücke drücken. Diese Gunimi-
beutel sind durch einen langen Schlauch mit
Trichtern verbunden, deren Höhe veränderlich
ist und in denen sich Wasser befindet.
Ändert man die Üruckhöhe des Wassers,
so entsteht in den Beuteln ein verschiedener
Druck; diese üben mithin auf die StahUtücke
auch einen wechselnden Druck aus. Diese An-
ordnung hat folgende Vorteile: Da die Beutel
breiter sind als die Metallstücke, gegen welche
sie anliegen, so kommt die Spannung des
Gummi nicht zur Geltung und der Druck ist
nur abhängig von der Höhe der Wassersäule
und da diese nur durch die Hohe des Wasser-
gefässes bedingt ist, so ist eine Änderung im
Verlaufe einer Beobachtungsreihe nicht zu be-
fürchten. Man kann ferner die Einregulierung
so vorsichtig vornehmen, als es irgend nur
erwünscht ist und so genau, als man es über-
haupt nur bedarf; es ist überdies noch zu be-
rücksichtigen, dass diese Art des Einstellens
ohne jede Erschütterung des Systemes erfolgt,
was zur Vermeidung von Störungen unbedingt
nötig ist.
Dies sind die wesentlichen Teile des In-
strumentes, Gehen wir nun zu den Einzelheiten
über.
L und Z' (Fig. 1) sind die beiden Platten-
halter, auf welchen die versilberten Platten be-
festigt sind; ein jeder von ihnen ist mit einem
Ringe von 40 mm Durchmesser versehen, der
am Rande eine Fassung trägt, die ihn ohne
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No.
Spannung auf dem Plattenträger befestigt. Die
Oberfläche, welche die Versilberung trägt, ist
so gut plan hergestellt, als es nur möglich ist,
die andere braucht es nicht in diesem hohen
Grade zu sein. Die Vorder- und Rückfläche
einer jeden Platte sind nicht parallel, sondern
bilden einen Winkel von etwa 1 miteinander,
um Interferenzen zwischen ihnen zu vermeiden,
welche die Erscheinungen, die man beobachten
will, nur verwirren würden.
Die zum Einjustieren nötigen Verschiebungen
sind auf die beiden Plattenträger folgender- '
1 verteilt: L (Fig. 2) befindet sich auf der I
Seite des Beobachters und erlaubt die Grob-
einstellungen für die Neigungen und sehr feine
parallele Verschiebungen. Die ersteren lassen
sich durch Drehung um zwei Achsen, eine
vertikale, 0, und eine horizontale, 0' , wie bei
einem Theodoliten ausfuhren. Die feine paral-
lele Verschiebung erfolgt durch die Deformation
einer starken Stahlfeder P (Fig. i und 2), die
in der Mitte einerseits an dem Plattenträger,
andererseits .an der Vertikalachse 0 des Theo-
doliten befestigt ist. Die Stahlfeder besteht
aus 2 Bändern von je 16 cm Länge, 2 cm
Breite und 4 mm Dicke, die an ihren Enden
bei E und E unter Zwischenlage von Keilen
miteinander verbunden sind. Die Figuren
zeigen den Gummibeutel, der die Verschiebung
an seinem richtigen Platze zwischen beiden
Bändern bewirkt.
Eine Änderung der Höhe des Wasserbe-
hälters um I cm ruft eine Verschiebung von
o, 1 5 fi hervor. Die grösste benutzte Verschie-
bung hat 20 (i nie überschritten.
Der Plattenträger /,' (Fig. ! ) eriaubt die
Ausführung der Fein Verschiebungen zur Her-
stellung des Parallelismus der beiden versil-
berten Flächen und die grobe Verschiebung
parallel zu einander; letztere kann rasch oder
langsam erfolgen. V sitzt auf dem einen Ende
eines Stahlstabes T, auf dem ein Bronze-Vier-
kant befestigt ist, gegen welches senkrecht zu
einander 2 Gummibeutel drücken. Eine Ver-
schiebung von je I cm des betreffenden Wasser-
behälters bewirkt eine Neigung von 0,25". Die
Einstellung des Faraltelismus muss manchmal
bis auf etwa i mm in der Höhe der Wasser-
behälter bewirkt werden.
Zur groben Parallel Verschiebung endlich
dient ein auf einer Gleitwange beweglicher
Schlitten, beide aus Bronze und mit Ober-
flachen, die, soweit sie aufeinander schleifen,
hervorragend genau gearbeitet sind. Die Ver-
Schiebung erfolgt nicht durch direkten Antrieb
auf das Stück /; es ist vielmehr zwischen 2
kürzeren Schlittenstücken q und q , die mitein-
ander verbunden sind, eingeschlossen, welche
es ntit Hilfe der beiden Schrauben v und v
mit sich fortbewegen. Die Schrauben lassen
dem Mittelstück ein wenig Spiel und wirken
auf passend ausgewählte Punkte. Es wird so
bewirkt, dass p auf der Gleitwange frei aufsitzt,
stets nur mit seinem eigenen Gewichte auf der-
selben aufruht und dass auf/ nur Kräfte wirken,
welche eine Verschiebung und nie solche,
welche eine Drehung bewirken können. Es ist
wohl gerade diesem Kunstgriff zuzuschreiben,
dass man die Interferenzstreifen sogar während
der Verschiebung verfolgen kann. An den mit-
einander vereinigten Schlittenstücken q und q
sitzt eine Schraube «, welche in denselben mit
einer kardanischen Aufhängung gelagert ist. Die
zugehörige Mutter f (Fig. i), die drehbar ist,
wird ebenfalls von einer kardanischen Auf-
hängung getragen. Seitliche Kräfte, welche aus
einem Fehler in der Centrierung entstehen
könnten, werden so vermieden. Es können
mithin auf das Hauptschlittenstück nur völlig
in der Längsrichtung wirkende Kräfte ausgeübt
werden. Die Mutter e kann zur raschen Ver-
schiebung mit einem geränderten Kopf, zur
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
Feineinstellung durch einen Schneckentrieb ge-
dreht werden. In dem letzteren Falle ergiebt
eine Umdrehung der Schraube eine Wanderung
von ungefähr 15 Streifen, man kann dieselben
also zählend verfolgen.
Es ist sehr nützlich, für jede Stellung durch
eine einfache Messung den Abstand der beiden
versilberten Oberflächen rasch auf einige Mikron
genau messen zu können. Hierzu dient ein in
* 5 mm geteilter Massstab, der auf dem Schlitten-
stück p sitzt und auf den man ein auf dem
Fussstück der Gleitwange befestigtes Mikroskop
mit Okularmikrometer einstellen kann. Ein
Teil des letzteren entspricht einem Mikron.
Als Nullpunkt benutzt man einen bekannten
und leicht aufzufindenden Abstand der beiden
Platten, z. B. jenen, welcher der ersten Zer-
legung der beiden gelben Linien des Queck-
Silbers entspricht (= 40 //).
Um den Apparat erschütterungsfrei au&u-
stellen, steht derselbe auf einer Platte, welche
an 4 Gummibändern hängt; dieselben haben
bewegliche Befestigungspunkte, so /dass sich
dadurch der ganze Apparat horizontal stellen
lässt.
So wie der Apparat jetzt konstruiert ist
(Fig. 3), ist seine Handhabung eine sehr einfache,
bei einer bedeutenden Festigkeit, trotz der ver-
schiedenartigen Regulierfähigkeit, gestattet er
ein rasches Arbeiten mit den Interferenzerschei-
nungen, die wir hier kurz beschrieben haben
und ermöglicht eine grosse Reihe interessanter
Anwendungen.
Marseille, August 1901.
(Aus dem Französischen übersetzt von Carl Forcb.)
(Eingegangen 14. August 1901.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
W. Kaufmann (Göttingen), Die Entwicklung
des Elektronenbegriffs.
Meine Herren! Es ist eine nicht ungewöhn-
liche Erscheinung in der Geschichte der Wissen-
schaft, dass Anschauungen, die längst für ver-
altet und überwunden galten, plötzlich, wenn
auch in mehr oder weniger modifizierter Form,
wieder zu Ansehen gelangen. Ein äusserst
interessantes Beispiel für diese Erscheinung
bietet die im Laufe des letzten Jahrzehnts ein-
getretene Umwälzung unserer Anschauungen
über die elektrischen Vorgänge, über die zu
berichten ich heute die Ehre habe.
Die moderne Theorie der elektrischen und
der damit eng verknüpften optischen Erschei-
nungen, die man unter dem Namen der Elek-
tronentheorie zusammenfassen kann, bedeutet
gewissermassen eine Rückkehr zu Anschauungen,
wie sie in den 60er und 70er Jahren des ver-
gangenen 19. Jahrhunderts von Wilhelm Weber
und von Zöllner ausgesprochen worden sind,
-- modifiziert durch die Ergebnisse der Max-
wellschen und Hertzschen Forschungen.
. Weber fasste die elektrischen Erschei-
nungen auf als die Wirkung elementarer
elektrischer Teilchen, sogen, elektrischer
Atome '), deren gegenseitige Einwirkung ausser
von ihrer Lage auch von ihren relativen Ge-
schwindigkeiten und Beschleunigimgen abhinge.
0 Gesammelte Werke 4, 279.
Wenn es nun auch Weber gelang, mittels
seiner Annahme die damals bekannten elektro-
dynamischen Vorgänge völlig zu beschreiben
und sogar eine qualitativ ganz brauchbare Er-
klärung für die Proportionalität zwischen elek-
trischer und Wärmeleitung in Metallen, sowie
für die Ampereschen Molekularströme in Ma-
gneten zu geben, so war doch seine Theorie
weit entfernt davon, Gemeingut der damaligen
Physiker zu werden. Der Grund für diesen
negativen Erfolg mag wohl in der Thatsache
zu suchen sein, dass die meisten Gesetze der
Elektrodynamik rein phänomenologisch, in Form
von Differentialgleichungen ausgesprochen, sich
als viel bequemer und einfacher erwiesen, als
die Web ersehen Formeln. Hierzu kommt
noch, dass Weber gar keinen Versuch macht,
die Grösse der von ihm supponierten elektri-
schen Atome irgendwie zu berechnen und das
Rechnungsergebnis durch Anwendung auf andere
molekulare Vorgänge zu prüfen. Endlich aber
kam hinzu, dass man auf Grund der Arbeiten
Faradays undMaxwells schliesslich allgemein
zu der Überzeugung gelangte, dass bei den
elektrischen und magnetischen Vorgängen an
Stelle der unmittelbaren Fernwirkung eine zeit-
liche Fortpflanzung zu treten habe, eine Forde-
rung, die übrigens Gauss schon 1845 ^^ einem
Briefe an Weber stellte, die aber durch das
Web er sehe Gesetz nicht erfüllt wurde. Die
bereits in den Jahren 1861—62 entstandenen
Abhandlungen Max we 11s, die
10
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No. i.
in seinem berühmten „Lehrbuch der Elek-
trizität und des Magnetismus" zusammen-
fasste, sowie die glänzende experimentelle Be- |
stätigung der Maxwellschen Resultate durch
H. Hertz vom Jahre 1887 an, schienen geeignet,
den Web ersehen Anschauungen auch den
letzten Rest von Daseinsberechtigung zunehmen.
In der That stellten die Maxwellschen
Formeln, denen ja atomistische Begriffe gänz-
lich fehlen, die elektrischen Fundamentalerschei-
nungen ebenso gut dar, wie die älteren, auf
Fernwirkung aufgebauten, und die neuentdeckten
Hertzschen elektrischen Wellen konnten über-
haupt nur durch die Max well sehe Theorie dar-
gestellt werden.
Es scheint, als ob dieser glänzende Erfolg
anfangs die Forscher blind gemacht habe gegen
die Unzulänglichkeit der Maxwellschen Theorie
den feineren optischen Erscheinungen gegenüber.
Nach Maxwell sollten die Lichtschwingungen
ja nicht mechanische Schwingungen des
Äthers, sondern elektrische Schwingungen sein,
und die beiden Konstanten, durch die Maxwell
das elektrische und magnetische Verhalten jedes
Körpers definierte (die Dielektrizitätskonstante
und die Magnetisierungskonstante), mussten auch
für sein Lichtbrechungsvermögen massgebend
sein. Wenn nun auch die von Maxwell ge-
forderte Beziehung — dass nämlich der optische
Brechungsexponent gleich der Quadratwurzel
der Dielektrizitätskonstante sein solle — bei
manchen Körpern leidlich erfüllt war, so zeigten
doch andererseits viele Körper, z. B. das Wasser,
so ungeheure Abweichungen, dass sich schon
daraus die Theorie in ihrer ursprünglichen Ge-
stalt als ungenügend erweisen musste. Hierzu
kam noch die Abhängigkeit des Brechungs-
exponenten von der Farbe^ fiir welche die ur-
sprüngliche Theorie gar keine Erklärung gab.
Nun hatte nach einem ersten noch unge-
nügenden Versuch Sellmeiers') im Jahre 1874
H. V. Helmholtz^) eine mechanische Theorie
der Farbenzerstreuung aufgestellt, deren Grund-
lage darin besteht, dass den körperlichen
Molekülen gewisse Eigenschwingungen
zukommen.
Bereits im Jahre 1880, also zu einer Zeit,
wo man in Deutschland noch kaum an die
Ma X w e 1 1 sehe elektromagnetische Lichttheorie
glaubte, zeigte H. A. Lorentz^), dass man
die Grundlagen zu einer elektromagnetischen
Dispersionstheorie ganz analog der früheren
mechanischen Theorie erhalten könne, wenn
man jedes Molekül als Ausgangspunkt elek-
trischer Schwingungen bestimmter Periode an-
sehe. Es heisst dort: „Es mögen sich in einem
0 Poßß- Ann. 145, 399 u. 520; 147, 386 u. 525, 1872.
2) Berl. Bcr. 1874. 667. Po gg. Ann. 154.
3) Verbandl. - Akad. v. Wetensch., Amsterdam, 18.
Wied. Ann. 9, 641, 1880.
jeden Körperteilchen mehrere mit Elektrizität
geladene materielle Punkte befinden, von denen
jedoch nur einer mit der Ladung e und der
Masse {i beweglich sei." Mit Hilfe dieser
Grundannahme schwingungsfähiger geladener
Teilchen leitet H. A. Lorentz dann die Dis-
persionsgleichungen ab.
Die nächste Frage ist nunmehr: Wie kommen
wir dazu, in einem jeden durchsichtigen Körper
das Vorhandensein elektrischer Teilchen ab-
zunehmen? Die Antwort giebt uns ein Erschei-
nungsgebiet, das ebenfalls in die Maxwell sehe
Theorie nur schwer hineinpassen wollte und
deshalb fast stets nach der alten Anschauungs-
weise behandelt wurde. Ich meine die Vor-
gänge bei der Elektrolyse. Wenn der elek-
trische Strom einen Elektrolyten durchfliesst,
so werden nach dem Farad ay sehen Gesetz
von jeder Stromeinheit chemisch äquivalente
Mengen an den Elektroden ausgeschieden; man
kann also den Vorgang so auffassen, als wenn
jede chemische Valenz eines jeden im Elektro-
lyten wandernden Ions mit einer ganz be-
stimmten unveränderlichen positiven oder nega-
tiven Elektrizitätsmenge verbunden sei.
In einer zum Gedächtnis M. Faradays im
Jahre 1 88 1 gehaltenen Rede weist nun H. v. H e 1 m -
holtz') darauf hin, dass wir aus dem Fara-
day sehen Gesetz mit Notwendigkeit auf die
Existenz elektrischer Atome schliessen
müssen. Da nämlich die geladenen chemischen
Atome, von Faraday als Ionen — d. h. die
Wandernden — bezeichnet, an den Elektroden
als neutrale Körper ausgeschieden werden, so
muss dort eine Abgabe der Ladungen oder ein
teilweiser Austausch gegen Ladungen entgegen-
gesetzten Vorzeichens stattfinden. Während
dieses Vorgangs, der ja nicht momentan statt-
finden kann, müssen also die Ladungen,
wenigstens für eine kurze Zeit, eine selbständige
Existenz fuhren können; was liegt näher, als
diese stets gleiche Ladungseinheit einer Valenz
als ein Elementarquantum der Elektrizität, als
ein elektrisches Atom zu betrachten. Und
wenn ein neutrales Molekül, etwa Na Cl (Chlor-
natrium) beim Auflösen in Wasser in + ge-
ladenes Na und — geladenes Cl zerfällt, so ist
das Wahrscheinlichste, dass das Na- und das
t7-Atom jedes seine Ladung schon vorher hatte,
und dass diese Ladungen nach aussen bloss
deshalb unbemerkbar blieben, weil + und —
Ladung gleich gross waren. Denkt man sich
nun aber einen Lichtstrahl einen ^V^ (TZ-Krystall
durchsetzend, so müssen die Ladungen resp.
die mit ihnen verbundenen Atome in Schwin-
gungen geraten und die Lichtbewegung beein-
flussen. Die elektrolytischen Valenzladun-
gen sind es also, die wir als die in den
l) Journ. ehem. Soc. Jani i88i. Vortr. a. Reden 2, 275.
Physikalische Kdtschrift. 3. Jahrgang. No.
durchsichtigen Körpern mitschwingen-
den elektrischen Teilchen zu betrachten
haben, und deren Anziehungskräfte, wie Helm-
holtz nachwies, jedenfalls auch den weitaus
grössten Teil der chemischen Verwandtschafts-
kräfte ausmachen.
Wenn nun auch, wie vorbin erwähnt, der
Grundriss zu dem Gebäude der elektromagne-
tischen Lichttheorie schon im Jahre 1880 von
H. A. Lorentz, ja andeutungsweise noch viel
früher von W. Weber gezeichnet worden war,
so bedurfte es doch eines vollen Jahrzehnts,
bis man, angeregt durch die inzwischen er-
folgten Entdeckungen Heinrich Hertz', be-
gann, die Bausteine zusammenzutragen und zu
bearbeiten. In den Jahren 1890— 1893 erschienen
eine Reihe von Arbeiten von F. Richarz'),
H. Ebert^) und G. Johnston Stoney-'), welche
sich grossenteils mit dem Mechanismus der Licht-
emission leuchtender Dämpfe befassen, und in
denen auf Grund der Ergebnisse der kinetischen
Gastheorie versucht wird, die Grösse des von
V, Helmholtz supponierten elektrischen Ele-
mentarquantums, für das Stoney den jetzt all-
gemein gebräuchlichen Namen Elektron vor-
schlug, zu bestimmen.
Das Resultat dieser Rechnungen ist insofern
von Wichtigkeit, als es uns zeigt, dass die er-
mittelten Zahlen jedenfalls keine Widersprüche
mit anderen Erfahrungen enthalten.
So zeigte z. B. H. Ebert'), dass die
Schwingungsamplitude eines Elektrons im leuch-
tenden Natriumdampf nur ein kleiner Bruchteil
des Molekulardurchmessers zu sein braucht, um
eine Strahlung von der durch E. Wiedemann'')
experimentell bestimmten absoluten Intensität
zu erregen.
Der Weg zur Berechnung der im Elektron
enthaltenen El ektrizitäts menge ist ein sehr ein-
■•fachcr. Die zur elektrolytischen Ausscheidung
von I com irgend eines einatomigen Gases
nötige Elektrizitätsmenge wird dividiert durch
die Loschmidtsche Zahl, d. h. die Zahl der
in I ccm enthaltenen Gasmoleküle. Bei der
Unsicherheit dieser letzteren Zahl kann man
nur sagen, dass ein Elektron etwa io~"*
[i : 10 Milliarden) elektrostatische Einheiten
enthält. Der Wert dieser
problematischer, wenn nich
anderer, von der skizzierte)
dener Methoden, auf die zu
einzugehen sein wird, zu gai
geführt hätte.
[) SiU.-Ber. Niedfirh. Ges. f.
48, iS, iggi; Wied. Ano. 53, 38
j) Arch. de Geneve I3) 25,
«. 651. »893-
1) Tims, Roy. Dnl.l. Soc. (21
41 Atch. 6. Gea. (31 36, 489.
Während so dargethan wurde, dass die
beobachteten Erscheinungen mit der Annahme
schwingender lonenladungen der Grössenordnung
nach verträglich waren, erschienen unabhängig
voneinander zwei Arbeiten, durch die die
elektromagnetische Lichttheorie zum vollendeten
Gebäude wurde. Von diesen Arbeiten be-
schäftigt sich die eine, von H. v. Helmholtz ')
herrührend, nur mit der speziellen Frage der
Farbenzerstreuung in absorbierenden Medien;
die andere, deren Verfasser H. A, Lorentz')
ist, geht bedeutend weiter. Hier wird gezeigt,
wie man durch die Annahme mitschwingender
geladener Teilchen in den lichtdurchlässigen
Körpern auch alle Schwierigkeiten aus dem
Wege räumt, die sich einer genügenden Er-
klärung der Lichtfortpflanzung in bewegten
Körpern, z. B. der Aberration des Sternenlichts,
entgegenstellten. Die Lorentzsche Theorie
lässt die Maxwellschen Gleichungen für den
freien Äther unverändert bestehen. Ejn mate-
rieller Körper beeinflusst die optischen wie die
elektrischen Vorgänge nur durch die in ihm
vorhandenen beweglichen Ladungen, während
in dem die Zwischenräume erfüllenden Äther
alles unverändert bleibt. Eine „Dielektrizitäts-
konstante", wie bei Maxwell, giebt es also
als Grundbegriff bei Lorentz nicht mehr. Sie
wird hier zu einem abgeleiteten Begriff; und
man sieht auch unmittelbar, dass sie für schnelle
Schwingungen, bei denen die Trägheit der
schwingenden Ladungen in Betracht kommt,
gar keine Bedeutung mehr hat. Dasselbe gilt
mutatis mutandis auch für die Magnetisierungs-
konstante.
Es hätte bei der Leichtigkeit, mit der die
Lorentzsche Theorie allein schon die Dis-
persions- und Aberrationserscheinungen erklärt,
kaum noch eines direkten Beweises ihrer Rich-
tigkeit bedurft. Gleichwohl sollte auch dieser
nicht ausbleiben.
Im Jahre 1896 entdeckte einSchülerLorentz',
P. Zeeman^}, eine Erscheinung, deren Existenz
schon Faraday (1862) vergeblich gesucht hatte:
Bringt man einen leuchtenden Dampf, etwa
eine jVrt-Flamme, in ein starkes Magnetfeld, so
zeigen die Spektrallinien des Dampfes eigen-
i:i„i:_u„\f„_;;.,j : '^ -■— '^ehrichtung
rlung oder
;n, die sich
orie völlig
rlaubte es
Ladungen
;n; und da
ig frappant
ca. (31 36, 489.
.. 8t 177- «4B,
12
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
ist: das schwingende Elektron ist stets
negativ geladen, während das positive
festliegt; das Verhältnis von Ladung zu
Masse beträgt 17 Millionen E. M. E J) pro
Gramm; da nun ein Gramm Wasserstoff, d. h.
eine Grammvalenz nur 9650 E. M. E. enthält,
so folgt daraus, dass die mit dem schwingenden
Elektron verbundene Masse nur etwa den zwei-
tausendsten Teil eines Wasserstoffatoms beträgt.
Die anfänglich meist stillschweigend ein-
geführte Annahme, dass das ganze Ion,
d. h. chemisches Atom plus Valenzladung,
schwinge, muss also fallen gelassen werden; wir
müssen vermuten, dass die Ladung, ebenso wie
bei der elektrolytischen Ausscheidung an den
Elektroden einer Zersetzungszelle, so auch im
Hchtemittierenden Molekül eine selbständige Be-
weglichkeit hat, und dass die beim Zeeman-
Phänomen in Betracht kommende Masse
eben die des Elektrons selbst ist.
Damit wären wir denn zu einer An-
schauung gelangt, die sich nahezu mit
der alten Weberschen Annahme deckt,
mit dem wichtigen Unterschiede aller-
dings, dass an Stelle der unmittelbaren
Fernwirkung die vermittelte, durch den
Äther fortgepflanzte Wirkung getreten
ist und dass wir jetzt eine ganz bestimmte
zahlenmässige Vorstellung von derGrösse
der elektrischen Atome besitzen. Und
noch ein Unterschied gegen Weber muss hier
hervorgehoben werden. Weber nahm auf gut
Glück hin in seinen theoretischen Betrachtungen
stets die positiven Teilchen als die frei beweg-
lichen an. Wir haben jetzt auf Grund des
Zeeman-Effektes stets den negativen diese
Stellung einzuräumen. Es hat sich ergeben,
dass auch bei allen sonstigen Phänomenen, bei
denen die Elektronen in Betracht kommen und
von denen wir noch einige nachher werden
kennen lernen, stets das negative Elektron
als frei beweglich auftritt. Woher diese
merkwürdige Einseitigkeit stammt, ob es ge-
lingen wird, einmal auch das freie positive Elek-
tron nachzuweisen, oder ob wir vielleicht an
Stelle der dualistischen eine unitarische Auf-
fassung der Elektrizität treten lassen müssen?
darüber müssen wir die Entscheidung der Zu-
kunft überlassen.
Der eben skizzierten Entwicklung des Elek-
tronenbegriffs auf dem Gebiete der Lichttheorie
folgte sehr bald eine ganz entsprechende auf
einem rein elektrischen Erscheinungsgebiete:
Die elektrischen Entladungen in Gasen hatte
man schon lange versucht, als einen der Elek-
trolyse verwandten Prozess zu betrachten.
W. Giese^) ist es, der zuerst dieser Hypo-
1) AbkÜr.UAg fUr: Elektromagnetische Einheiteo.
2) Wicd. An->. 17, i. 236, 519, 1882; 37, 576, 188;;
88, 403, 1839.
these durch Untersuchung der Leitung in
Flammengasen eine gewichtige Stütze verlieh
und auch versuchte, die Leitung in Metallen
durch Wanderung von Ionen zu erklären.
Vor allem waren es aber die sogen. Ka-
thodenstrahlen, denen man, zum Teil infolge
der zu Ende 1895 erfolgten Entdeckung der
Röntgenstrahlen, jetzt wieder die grösste
Aufmerksamkeit zuwandte. — Plücker') und
Hittorf^) haben zuerst die eigentümliche grüne
Fluoreszenz der Glaswände in sehr stark eva-
kuierten Entladungsröhren genauer studiert. Im
Laufe weiterer Untersuchung^, bei denen sich
namentlich E. Goldstein ^) sehr verdient ge-
macht hat, zeigte sich, dass es sich hierbei
um eine eigentümliche Strahlenart handeln
müsse, die von der negativen Elektrode, der
Kathode der Röhre, ausgehe und für die Gold-
stein deshalb den Namen „Kathodenstrah-
len" vorschlug. Das Verhalten dieser Strahlen
im Magnetfelde, ihre Wärmewirkungen, ihre
vermeintlichen mechanischen Wirkungen ver-
suchte Crookes'*) durch die Annahme zu er-
klären, diese Strahlen beständen aus Gasmole-
külen, die an der Kathode negativ geladen,
von dieser wie beim elektrischen Kugeltanz
abgestossen und in den Röhrenraum hineinge-
schleudert würden. Es Hessen sich auch that-
sächlich die meisten beobachteten Erscheinungen
durch diese Hypothese ganz leidlich deuten.
Genauere Untersuchungen, namentlich zah-
lenmässige Prüfungen erwiesen jedoch sehr bald
dieUnhaltbarkeit der Cr ookes sehen Hypothese,
wenigstens in ihrer ursprünglichen Form. Leider
hat man dabei, namentlich in Deutschland, das
Kind mit dem Bade ausgeschüttet; man hat
die ganze Hypothese verworfen, weil die ganz
spezielle Vorstellung, dass es sich um durch
Kontakt geladene Moleküle handele, sich als
falsch erwies. Aber man war nicht im stände,
etwas Besseres an die Stelle zu setzen; je mehr
Thatsachenmaterial angehäuft wurde, desto rät-
selhafter wurden die Kathodenstrahlen, und
schliesslich kam es so weit, dass es fast als
eines anständigen Physikers unwürdig galt, sich
mit diesen einer quantitativen und theoretischen
Behandlung so unzugänglichen Erscheinungen
zu beschäftigen. Da kam plötzlich, von allem
Rätselhaften das Rätselhafteste: die Ent-
deckung der X-Strahlen durch Röntgen
und damit ein neuer Sporn, die Lösung der
vielen Fragen in Angriff zu nehmen. Die auf-
gewandte Mühe sollte bald von Erfolg gekrönt
werden:
1) Pogg. Ann. 106, 17, i8j8.
2) Pogg. Ann. 136, l, 1869.
3) Über eine neue Art elcktr. Abstussung. Berlin 1880.
4) Stralilcnde Materie oder der 4. Ag^egatzustan *
zig 1S82.
X
Physikalische Zeltschrift. 3. Jahrgang. No.
Die Untersuchungen von E. Wiechert,')
W. Kaufmann und E. Aschkinass,') W.
Kaufmann,») J. J. Thomson,*) W. Wien,^)
Ph. Lenard,") Th. Des Coudres') ergaben
übereinstimmend, dass es nur einer Umände-
rung der Crookes sehen Hypothese bedürfe,
um zu einer widerspruchsfreien Erklärung fast
aller Erscheinungen zu gelangen: Man braucht
die Kathoden strahlen bloss als geladene Massen-
teilchen zu betrachten, die viel kleiner sind,
als die gewöhnlichen Atome. Eine ganze
Reihe von messbaren Eigenschaften der Ka-
thodenstrahlen ermöglicht es zu bestimmen,
wie gross bei diesen Teilchen die Ladung pro
Grammmasse ist. Das Resultat war zwar bei
verschiedenen Beobachtern etwas verschieden, es
schwankt zwischen 7 und 19 Millionen El. M.
Einheiten pro Gramm; jedenfalls aber liegen
diese Zahlen den beim Z ee m a n effekt ge-
fundenen so nahe, dass man unbedingt der zu-
erst wohl von E, Wiechert^) ausgesprochenen
Hypothese beistimmen kann, dass wir es in bei-
den Fällen mit denselben Teilchen, nämlich
den Elektronen, zu thun haben: Wir haben
also in den Kathidenstrahlen die Elektronen,
die in den optischen Erscheinungen ein ziem-
lich verborgenes Dasein führen, sozusagen leib-
haftig vor uns.
In einfacher Weise Uessen sich jetzt eine
Reihe von Folgeerscheinungen erklären. Ein
solches mit ungeheurer Geschwindigkeit, nach
direkten Messungen Wiecherts,^) je nach der
angewandten Kraft mit '/^ bis '/.■< der Lichtge-
schwindigkeit, fliegendes Elektron, muss, wenn
es auf einen festen Körper aufprallt, notwendig
eine explosionsartige elektrische Welle in den
Raum hinaussenden, genau wie ein aufschlagen-
des Projektil eine Schallwelle; wir haben triftige
Gründe zu der Annahme, dass die Röntgen-
strahlen solche Wellen seien. Weiter:
wenn die Elektronen aus der Oberfläche
der Kathode herausfliegen, so müssen sie
auch schon in ihrem Innern sich an die Ober-
flache heranbewegt haben; d. h. die elek-
trische Leitung im Metalle besteht wohl
auch in einer Wanderung von Elektro-
nen. Während also im flüssigen Elektrolyten
das Elektron stets an ein materielles Atom ge-
bunden als „Ion" erscheint, haben wir es im
Metall mit frei wandernden Elektronen zu thun.
1) Siti.-Bet. phyi. öVoD. G«s«nsch. Kfioibibetg 1897.
5. i; NmtaiwiiB. Rundsch. Mai 1S97; Gott. gel. Nachi. 1S9S.
S. 260.
Diese Elektronen theorie der Metalle, als deren
ersten Urheber wir ja auch schon W. Weber
zu betrachten haben, ist neuerdings durch
E. Riecke') und P, Drude'') mathematisch
so weit durchgearbeitet worden, dass sie eine
Prüfung an Hand der Erfahrung gestattet; es
ergab sich namentlich für das Verhältnis zwi-
schen elektrischer und Wärmeleitung der Me-
talle eine Zahl, die mit den Beobachtungen auf
wenige Prozent genau übereinstimmt; auch das
optische Verhalten der Metalle scheint, soweit
die Beobachtungen reichen, mit dieser Theorie
in guter Übereinstimmung zu stehen; und' von
Ph. Lenard'^j ist gezeigt worden, dass durch
Bestrahlung einer Metallfläche mit ultraviolettem
Lichte die Elektronen des Metalles in so starkes
Mitschwingen versetzt werden können, dass sie
mit grosser Geschwindigkeit von der Ober-
fläche fortfliegen und dann ein ganz ähnliches
Verhalten zeigen, wie die gewöhnlichen, durch
Entladungen erzeugten Kathodenstrahlen,*)
Betrachten wir endlich die Leitung in einem
beliebigen Gase, das wir durch Bestrahlung mit
Röntgenstrahlen oder ultraviolettem Licht, oder
auch durch starke Erhitzung leitend gemacht
haben, so zeigt sich auch hier, dass eine ein-
wandfreie Erklärung der zahlen massigen Resul-
tate, wie sie namentlich von J. J. Thomson
und seinen Schülern erhalten worden sind, nur
unter der Annahme wandernder Teilchen im
Gase möglich ist; aus gewissen Unterschieden
im Verhalten der positiven und negativen Teil-
chen bei diesen Vorgängen scheint hervorzu-
gehen, dass die negativen Teilchen hauptsächlich
freie Elektronen sind, von denen jedoch die
meisten nach kurzer Wanderung von Gas-
molektilen aufgefangen werden , und durch
diese beschwert, einen grossen Teil ihrer ur-
sprünglichen Beweglichkeit verlieren. Die posi-
tiven Teilchen bestehen dann aus dem nach
Abspaltung eines negativen Elektrons vom
Molekül noch übrig bleibenden Rest. Die so-
eben skizzierte Anschauungsweise beseitigt völlig
einen Einwand, durch den man früher manch-
mal die lonentheorie der leitenden Gase zu
widerlegen glaubte. Wie kann, so sagte man,
ein einatomiges Gas, wie z. B. Quecksilber-
dampf, sich in Ionen dissoziieren? In elektro-
lyttsche Ionen allerdings nicht, wohl aber in
ein positiv geladenes Atom und ein negatives
Elektron. Beide zusammen bilden erst das
neutrale einatomige Moleküh Durch Be-
obachtung leitender Gase ist es sogar J. J,
Si- S45, "99. «893.
, 56a. 1900; 3. 369, 1900.
(lU), 1649, 1899.
»loges Phänomen bei Beslrahlung
ntgcDttrablon tod E. Dorn, Arch.
..t^, Jubelbaiid).
\
14
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. i.
Thomson^) gelungen, die absolute Grösse der
Ladung eines einzelnen Jons direkt zu messen,
wobei sich eine ganz gute Übereinstimmung
mit dem früher besprochenen Werte des Ele-
mentarquantums ergab. Fügen wir noch hin-
zu, dass neuerdings noch auf einem dritten,
völlig unabhängigen Wege, aus den Strah-
lungsgesetzen des sogen. ,, schwarzen Körpers'*
von M. Planck'^) ein nahezu gleichgrosser
Wert des Elektrons gefunden worden ist.
Überall also, in sämtlichen Aggregatzustän-
den, spielen die Elektronen bei den elektrischen
und optischen Vorgängen ihre wichtige Rolle;
sie sind die kleinsten bisher bekannten Be-
standteile unserer sichtbaren Welt; ihr Auf-
treten auch bei Abwesenheit äusserer elektri-
scher oder optischer Einwirkungen, d. h. der
direkte Nachweis ihrer ständigen Existenz,
würde gleichsam den Schlussstein in dem logi-
schen Gebäude bilden, dessen Entstehung ich
versucht habe, vor Ihnen aufzuführen; auch
nach diesem Schlussstein brauchen wir nicht
lange zu suchen:
Kurz nach der Entdeckung der Röntgen-
schen X-Strahlen fand Becquerel,^) dass
Uranverbindungen dauernd, ohne äussere
Einwirkung, eine Strahlenart aussenden, die mit
den Röntgenstrahlen grosse Ähnlichkeit hat,
und G. C.Schmidt ^) zeigte später, dass auch Tho-
riumverbindungen ähnliche Strahlen aussenden.
Weitere Untersuchungen, namentlich seitens des
Physikerpaares Curie^) ergaben, dass diese
Strahlen nicht von dem Uran selbst ausgingen,
sondern von gewissen Beimengungen, die durch
ein äusserst mühseliges Fraktionierungsverfah-
ren vom Uran getrennt und schliesslich so kon-
zentriert werden können, dass sie etwa 50000 mal
stärker strahlen als das Uran. Es scheint, dass
in dem Endprodukt, das im wesentlichen aus
einem Baryumsalze besteht, ein neues Element
enthalten sei, dem man den Namen Radium
— das Strahlende — gegeben hat, womit frei-
lich noch keineswegs bewiesen ist, dass gerade
dieses neue Element der Ausgangspunkt der
Strahlung ist. Von diesen Becquerelstrahlen
nun, die man anfangs für nahe verwandt mit
den Röntgenstrahlen hielt, fand GieseP) und
bald darauf ßecquerel, dass sie magnetisch
ablenkbar und somit viel eher mit den Ka-
thodenstrahlen in Parallele zu stellen seien.
Nachdem von Dorn') und Becquerel auch die
elektrische Ablenkbarkeit festgestellt und,
wenn auch nur roh, gemessen war, konnte man
1) Phil. Mag. (5) 46, 528, 1898.
2) " "
Ann, der Physik 4, 564, 1901.
3) Compt. rend. 122, 420, 1896.
4) Wied. Ann. 65, 141. 1898.
5) Compt. rend. 127, 175, 1898; 129, 714, 823, 1899.
6J Wied. Ann. 69, 91, 834, 1899; Physik. Ztschr. 1,
16, 189g.
7; Abh. naturf. Gcs Halle 22, 1900.
für diese Strahlen auch die Geschwindigkeit
und die Ladung pro Masseneinheit berechnen,
wobei sich der Grössenordnung nach Überein-
stimmung mit den bei Kathodenstrahlen er-
haltenen Zahlen ergab. Aus neuesten genaue-
ren Versuchen des Referenten, scheint sogar
eine völlige Übereinstimmung hervorzugehen.
Wir haben somit in den Radiumsalzen eine
Körperklasse, die im stände ist, von selbst, ohne
jede äussere Einwirkung, Elektronen auszu-
schleudern. Wir stehen bezüglich der Energie-
quelle sowie des ganzen Mechanismus dieser
Erscheinung noch vor einem völligen Rätsel,
zumal es sich hier um Geschwindigkeiten zu
handeln scheint, die fast gleich der Lichtge-
schwindigkeit sind, Geschwindigkeiten, die wir
durch elektrische Kräfte, d. h. bei wirklichen
Kathodenstrahlen sicher nur nach Überwindung
der enormsten Schwierigkeiten erreichen kön-
nen.') Gerade das Verhalten der Elektronen
bei solch ungeheuren Geschwindigkeiten scheint
aber geeignet, über die tiefgehendsten Fragen
nach der Konstitution der Elektronen Auf-
schluss zu geben. Vor allen Dingen lässt sich
durch direkte Messung entscheiden, ob die
Masse der Elektronen vielleicht nur ,, schein-
bare'*, durch elektrodynamische Wirkungen vor-
getäuscht ist.^) Die bislang angestellten Ver-
suche sprechen thatsächlich für die Annahme
einer „scheinbaren" Masse.
Und hiermit kommen wir zu einer Frage,
die tief hineingreift in den Bau der Materie
überhaupt:
Wenn ein elektrisches Atom bloss vermöge
seiner elektrodynamischen Eigenschaften sich
genau so verhält, wie ein träges Massenteil-
chen, ist es dann nicht möglich, überhaupt
alle Massen als nur scheinbare zu be-
trachten? Können wir nicht statt all der un-
fruchtbar gebliebenen Versuche, die elektrischen
Erscheinungen mechanisch zu erklären, nun um-
gekehrt versuchen, die Mechanik auf elek-
trische Vorgänge zurückzuführen? Wir kommen
hier wieder auf Anschauungen zurück, die schon
von Zöllner, vor 30 Jahren, kultiviert wurden
und neuerdings von H. A. Lorentz, J.J.Thom-
son und W. Wien wieder aufgenommen und
verbessert worden sind: Wenn alle mate-
riellen Atome aus einem Konglomerat
von Elektronen bestehen, dann ergiebt
sich ihre Trägheit ganz von selbst.
Zur Erklärung der Gravitation muss noch
angenommen werden, dass die Anziehung zwi-
schen ungleichartigen Ladungen etwas grösser
sei a^s die Abstossung zwischen gleichartigen.
i) Des Coudrcs, Arch. n^crl. (Lorentz-
S. 653).
2) Des Coudres, Vcrhdl. phys. G**
, 1898.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgfancf. No. i.
15
Ein experimentum crucis für diese An-
schauung wäre der Nachweis einer zeit-
lichen Fortpflanzung der Gravitation
resp. ihrer Abhängigkeit nicht bloss von
der Lage, sondern auch von der Ge-
schwindigkeit der gravitierenden Kör-
perJ)
Die Elektronen wären dann also die von
so manchem gesuchten „Uratome", durch
deren verschiedenartige Gruppierung die chemi-
schen Elemente gebildet werden; der alte Al-
chimistentraum von der Umwandlung der Ele-
mente wäre dann der Wirklichkeit bedeutend
näher gerückt. Man könnte etwa annehmen,
dass unter den unzähligen möglichen
Gruppierungen der Elektronen nur eine
relativ beschränkte Anzahl genügend
stabil ist, um in grösseren Mengen vor-
zukommen; dtese stabilen Gruppierun-
gen wären dann die uns bekannten che-
mischen Elemente. Durch eine mathema-
tische Behandlung dieser Fragen wird es viel-
i) W.Wien, Arch. n^erl. (Lorcntz-Jubelband 1900, S. loi).
leicht einmal gelingen, die relative Häufigkeit
der Elemente als Funktion ihres Atomgewichts
darzustellen und vielleicht auch noch manches
andere Rätsel des periodischen Systems der
Elemente zu lösen.
Werfen wir noch einen Blick von der Erde
fort in den Weltraum hinaus, so sehen wir
auch dort so manche Erscheinung, auf die man
nicht ohne Aussicht auf Erfolg versucht hat,
die Elektronentheorie anzuwenden ; die Sonnen-
korona, die Kometenschweife und die Nord-
lichter gehören hierher.
Mag auch noch manches hierbei etwas zu
hypothetisch erscheinen, so viel dürfte wohl
aus dem Gesagten klar hervorgehen, dass die
Elektronen, diese winzigen Teilchen, deren
Grösse sich zu der eines Bazillus etwa
verhält, wie diejenige eines Bazillus zur
gesamten Erdkugel, und deren Eigenschaf-
ten wir doch mit grösster Präzision zu messen
vermögen, dass diese Elektronen eine der wich-
tigsten Grundlagen unseres gesamten Welt-
gebäudes bilden.
(Eingegangen 25. September 1901.)
REFERATE.
^^
Geophysik.
Besorgt von Prof. Dr. E. Wiechert.
^^
F. R. Helme rt. Der normale Teil der Schwer-
kraft im Meeresniveau. Sitzungsbericht der
Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Ber-
lin, math.-phys. Kl., 14. März 1901.
Auf der allgemeinen Konferenz der inter-
nationalen Erdmessung zu Paris im September
1900 legte Helmert eine kritische Zusammen-
stellung aller ihm zugänglichen Ergebnisse der
Beobachtungen mit Pendelapparaten für relative
Schwerebestimmungen vor. In vorliegender Ab-
handlung giebt er einige Rechnungsergebnisse
für den normalen Teil der Schwerkraft im
Meeresniveau an; Ausführlicheres ist zu finden
in den „Verhandlungen der allgemeinen Konfer.
der Internat. Erdmessung zu Paris 1900'' und
wird bald zu finden sein in einer von Helmert
in Aussicht genommenen Zusammenstellung aller
Bestimmungen, verbunden mit deren eingehen-
den Diskussion.
Helmert hat gegen 1400 Werte der Be-
cdUeuoigung g der Schwerkraft zu seinen Unter-
Über die Grösse der Beschleunigung
^des Ortes zusammengefasst. Be-
Werte von g^ welche auf Fest-
itionen erlangt sind, fort-
für kleine, von tiefem Was-
ser umgebene Inseln. Alle Messungen sind
nach dem Kondensationsverfahren so auf das
Meeresniveau reduziert, als befänden sich aus-
serhalb des letzteren keine Massenteile des
Erdkörpers; dieses Verfahren entspricht auch
den zahlreichen Messungsergebnissen von v.
Sterneck.
Nur auf hohen Berggipfeln angestellte Mes-
sungen, welche systematisch beeinflusst sind,
wurden fortgelassen. Der zusammenfassenden
Reduktion aller Werte von g liegt das „Wie-
ner System" zu Grunde, d. h. die im Wie-
ner Militär-Geographischen Institute gebräuch-
liche Annahme für g, die nach Massgabe der
absoluten Bestimmung der Grösse der Schwer-
kraft durch V. Oppolzer erfolgt ist. Es wurde
zunächst für alle Stationen der normale Teil
der Beschleunigung der Schwerkraft im Meeres-
niveau berechnet und zwar nach der Formel:
7o = 978,000cm (i H 0,005310 sin} 0) oder
70 = 980,597 cm (i — 0,002648 cos 2 0)
(CP = geogr. Breite).
Die Abweichungen der beobachteten und auf das
Meeresniveau reduzierten g gegen 7© wurden
für Küsten- und Festlandsstationen getrennt, aber
ohne Unterschied der nördlichen und südlichen
Erdhälfte für Zonen zwischen den Parallelkreisen
von o^ lo^ 20*^ .... 80® Breite gemittelt. Aus
diesen Diflferenzen leitet Helmert für obige
i6
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No. i
Formein Verbesserungen der Konstanten ab
und berücksichtigt zugleich noch eine Kugel-
funktion vierten Ranges mittels eines in sin^ 2 0
multiplizierten Gliedes. Da sich aus der Rech-
nung selbst der Koeffizient dieses Gliedes ganz
unsicher ergiebt, fuhrt er für diesen den bei
Annahme hydrostatischer Schichtung der Erd-
masse von E. Wiechert 1897 (und bei anderer
Annahme über die Massenverteilung auch von
G. H. Darwin 1899 fast ebenso gross) gefun-
denen Wert von — 0,000007 ein. Folgende
Zusammenstellung für Festland, Küstenland und
für beide gemittelt zeigt die Gestalt des Aus-
druckes mit selbständig gefundenem und mit
dem Wiechertschen Koeffizienten:
® ist der Wert in 45® Breite, {vv) die Qua-
dratsumme der Verbesserungen, M der mittlere
Fehler einer Gleichung.
P 70 = 978,036(1 + 0,005 296 5/«^ 0 +0,000010
J/W^2 0) © = 980,636, (z/z;) = 803, J/=+ 13
7o = 978,044 (i + 0,005 301 sin- 0 —0,000007
sin^ 2 0)® = 980,629, {w) = 1082, M= + 1 3
AT 7o = 978,049 (i + 0,005 I02sin^ 0 —0,000013
sin^ 2 0), ® = 980,629, [w) = 577, M=^ + 1 1
7o = 978,047 (i + 0,005 300 j/>/^ 0 —0,000007
sin'^2 Q))i © = 980,632, (z^) = 620, M=± 10
Mittel 7o = 978,044 (i + 0,005300 sin'^ 0 —
0,000002 sin'^ 2 0), ® = 980,634 [ini) =
638, M=± II
7o = 978,046 (i + 0,005302 sin'^ C[) —
0,000007 stn'^2 0)» © = 980,632, {vv) =
689, M=± II
Man sieht hieraus, dass die Einführung der
Wiechertschen Konstante für die Verminderung
der Unterschiede zwischen den Hauptkonstanten
in den Gleichungen für Festland und Küste von
günstigem Einfluss gewesen ist.
Helmert giebt noch eine Relation an zwi-
schen den Änderungen dg der Zonenwerte und
den entsprechenden Änderungen der Konstanten.
Es zeigt sich hierbei ferner, dass es für den
Koeffizienten von sin'^ 0 fast einerlei ist, ob
man, wie es Helmert gethan hat, den Zonen-
werten gleiches Gewicht oder Gewichte propor-
tional cos d)» ini Sinne einer Entwickelung von
g nach Kugelfunktionen, beilegt. Nach einer
Vergleichung mit der aus Iwanows Formel
(1898) für die Länge des einfachen Sekunden-
pendels abgeleiteten Gleichung für 70» bei wel-
cher sich die sehr geringen Abweichungen
zwischen den Iwanowschen und Helmert-
schen Konstanten zum grössten Teile dadurch
erklären lassen, dass der erstere die Beobach-
tungen auf kleinen ozeanischen Inseln mit be-
rücksichtigt hat, giebt Helmert noch die Ab-
plattung des zu der normalen Schwerkraft ge-
hörenden Normalsphäroides an. Er findet
dieselbe aus den 3 Gleichungen für Festlands-,
Küsten- und gemittelten Beobachtungen zu
= 298,3, 298,1, 298,3, mit selbstgefundenem
a
Koeffizienten für sin'^2 0 und - = 298,2, 298,1,
a
298,3 mit dem Wiechertschen Koeffizienten.
Als Endresultat ergiebt* sich für den nor-
malen Teil der Schwerkraft im Meeresniveau
im Wiener System der Ausdruck:
7o = 978,046 cm (i + 0,005 302 sin'^ 0 —
0,000007 .j/« 2 2 0)
oder
7o = 980,632 cm (i 4- 0,002644 cos2(^ +
0,000007 cos'^ 2 0)
und ein reziproker Abplattungswert - = 298,3 .
Meyermann.
(EingegangeQ 17. September 1901.)
Tagesereignisse.
Die Doktoringenieurdiplome unterscheiden sich sehr
wesentlich von den Doktordiplomen, welche an den Universi-
täten von den einzelnen Fakultäten verliehen werden. Während
diese in der altgeheiligten lateinischen Sprache abgefasst
sind, ist fiir das Diplom des modernen ^oftor-Qngenieur die
deutsche Sprache gewählt. An der Technischen Hoch-
schule zu Berlin wird demnächst, den drei ersten ^nttor*
ingenieitren das Diplom ausgehändigt und ein Abdruck
am schwarzen Brett des Senates bekannt gegeben werden.
Es dürfte interessant sein, das Formular dieses Diploms kennen
zu lernen. Es lautet:
,,Die Königliche Technische Hochschule zu
Berlin unter dem Rektorate des
verleiht durch diese Urkunde
dem Diplom-Ingenieur
Herrn
aus
die Würde eines Doktor-Ingenieurs,
nachdem derselbe bei der Abteilung ftir
in ordnungsmässigem Promotionsverfahren
unter Vorsitz des
und unter Mitwirkung der beiden Referenten
durch seine Dissertation
„Über ''
sowie durch die vorgenommene mündliche Prüfung
seine wissenschaftliche Befähigung erwiesen
und hierbei das Prädikat
„ bestanden"
ci->\'orben hat.
Berlin-Charlottenburg, den 1901.
L. S.
Rektor und Senat
der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin
g^^
II
Personalien.
Der bisherige erste Assistent am physikalischen Institute
der Universität Heidelberg, Professor Dr. Precht, erhielt
einen Ruf an die technische Hochschule in Hannover und
hat denselben angenommen.
Der zum etatsmässigen ausserordentlichen Professor für
physikalische Chemie an der Heidelberger Universität ernannte
bisherige Privatdozent in Leipzig, Dr. phiL Georg Bredig,
wird mit Beginn des Wintersemesters als Abteiluugsvorsteher
die Leitung des physikalisch-chemischen Unterrichts im Heidel-
berger chemischen Universitäts-Institute übernehmen.
Der Astronom Professor Max Wolf in Heidelberg
hat den an ihn ergangenen Ruf nach Göttingen abgelehnt.
Ffir die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
\
Physikalische Zeitschri
No. 2.
15. Oktober 1901.
RedaktioDsschlutt für No. 3 am 34. Oktober 1901.
OH|lMlnitteilniigeii :
lutteiluogen aus dem physikalbchen
Institute der Uoirersität Pisa:
No. 10: A. Battelli, Über das
Bojlesche Gesetz bei se^r niedrigen
Dnicken. S. 17.
W. F. Magie, Die spezifische Wärme
Ton Lösungen, die keine Elektro-
Ijte sind. II. S. 21.
F. Pockels, Weitere Beobachtungen
aber die magnetisierende Wirkung
▼on Blitzentladungen. S. 22.
C. Bach, Das Ingenieurlaboratorium
der K. Technischen Hochschule Stutt-
gart. S. 23.
INHALT.
Vortrfiqe und Diskussionen von der
73. Naturforsoherversamniung zu
Hamburg :
Th. Paul, Die Bedeutung der Ionen-
Theorie (tir die physiologische
Chemie. S. 28.
£. Hoppe, Elektrodynamische Kon-
vektion. S. 31.
G. W. A. Kahlbaum, Über MetaU-
destillation und über destillierte Me-
talle. S. 32.
Bespreoliungen:
Lehrbuch der Navigation. S. 37.
Johanneson, Physikalische Mecha-
nik. S. 38.
H. Blücher , Die Luft, ihre Zusammen-
setzung und Untersuchung, ihr Ein-
fluss und ihre Wirkungen sowie ihre
technische Ausnutzung. S. 39.
Eingegangene Sokriften. S. 39
Nachtrag zum Vorlesungsverzeichnis
für das Wintersemester 1901/02. S. 39.
Tagesereignisse:
73. Natur forscherversammlung zu Ham-
burg. S. 39.
Briefkasten. S. 40.
Personalien. S. 40.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Mitteilungen aus dem physikalischen Institute
der Universität Pisa. (Direktor: A. Battelli).
No. 10:1) A. Battelli, Über das Boylesohe Gesetz
bei sehr niedrigen Drucken.
In einer früheren Arbeit^) habe ich über die
Ergebnisse von Versuchen berichtet, die ich
über das Verhalten der atmosphärischen Luft
bis zu ungefähr ^/loo nim Quecksilberdruck
herab vorgenommen habe. In vorliegendem
Aufsätze gedenke ich Rechenschaft abzulegen
über Versuche, die mit demselben Apparat und
unter Beobachtung der nämlichen Vorsichts-
massregeln mit Sauerstoff, Wasserstoff und völlig
trockenem und staubfreiem Kohlensäure -An-
hydrid ausgeführt worden sind.
Wie bei den Versuchen mit Luft, so wurde
auch bei diesen Gasen bei den Messungen zu-
erst vom grössten Druck ausgegangen und bis
zu niedrigsten Drucken heruntergegangen ; dann
wurden die Versuche wiederholt, indem der
Druck in umgekehrter Richtung geändert wurde.
Dank dem grossen Bad, in dem sich der
ganze Apparat befindet, ist gewöhnlich während
einer vollständigen Messung keine Temperatur-
veränderung eingetreten; in den seltenen Fällen,
wo eine solche stattfand, sind die nötigen Kor-
rektionen (wie es s. Z. für die Luft angegeben
wurde) eingetragen.
Eine erste Thatsache von nebensächlicher
Bedeutung kann man aus den Resultaten vor-
liegender Versuche über den Sauerstoff ableiten,
iriädidi dass bei geringen Drucken dieses Gas
mAr zusammenzupressen scheint, als das
Gesetz zulässt.
Erscheinung jedoch bei eisernen
;er deutlich hervortritt als bei
darf man das Phänomen ohne
Seitscbrifl 2, 409, 1901.
" S, 409, 1901.
weiteres der Absorption des Sauerstoffs durch
die Wände zuschreiben.
Was aber deutlich aus den Versuchen so-
wohl mit dem einen wie mit dem andern Ap-
parate hervorgeht, ist, dass in der Nähe eines
Druckes von 0,7 mm sich im Sauerstoff eine
Anomalie zeigt. Also bestätigen auch meine
Versuche die Ergebnisse von Bohr, von Baly
und Ramsay und von Campetti.
Die Erklärung der von Bohr entdeckten
und jetzt mit Sicherheit bestätigten Anomalie
ist nicht leicht klar zu legen; sie darf aber ge-
wiss nicht der Absorption zugeschoben werden.
Die sich zunächst bietende Erklärung ist,
anzunehmen, dass sich bei Abnahme des Druckes
die Zahl der gasigen Moleküle durch Bildung
von Molekülkomplexen verändert, deren Sta-
bilität von den Bedingungen des Druckes und
der Temperatur des Gases abhängt. Eine
solche Bildung von Molekülkomplexen erscheint
wahrscheinlicher bei hohen Drucken (cfr. O. E.
Meyer , Kinetische Theorie der Gase, S. 75), doch
kann man nicht ausschliessen, dass sie sich
auch bei hohen Verdünnungen vollziehen kann.
Es ist schwer, einen Grund zu bestimmen,
warum diese Komplexe sich nur unter einem
bestimmten Drucke zu bilden beginnen, der bei
dem Sauerstoff sehr niedrig, nämlich 0,7 mm
Bg wäre; aber man könnte die von Bohr am
Sauerstoff entdeckten Anomalien erklären, wenn
man mit Sutherland') annähme, dass die Gas-
moleküle auseinanderfallen, wenn der Druck so
ist, dass die molekularen Stösse dieselbe
Schwingungsperiode erwerben, wie die Gas-
moleküle bei gleichem Druck. Dass thatsäch-
lich im Sauerstoff molekulare Veränderungen
vor sich gehen, ist bewiesen durch die Leichtig-
keit, mit der er sich in Ozon verwandelt. Es
1) Phil. Mag. (5), 43, 201, 1897.
i8
rhysikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
ist jedoch nicht in einwurfsfreier Weise be-
wiesen, dass eben durch die Ozonbiidung —
wie Sutherland beweisen möchte — sich die
vorgenannten Anomalien erklären lassen.
Man kann leicht bemerken, dass die nume-
rischen Werte, welche Sutherland in die
Gleichungen einführt, aus denen er eine dies-
bezügliche Erklärung ableitet, und welche aus
Bohr sehen Versuchen stammen, völlig will-
kürliche sind; man kann ebenso sehen, dass
die Bohr sehen Versuche mit demselben Recht
andere Werte ergeben, die zu anderen Resul-
taten fuhren würden; ebenso wie man völlig
andere Resultate erhalten könnte, wenn man
in die Sutherland sehen Gleichungen die durch
meine Versuche gelieferten Werte einsetzen
wollte.
Dass sich in der That kein Ozon bildet,
ist experimentell übrigens von ThrelfalP) ge-
zeigt worden. Während er die Ursache der
grössten Oxydationsenergie studierte, welche der
Sauerstoff bei niederem Drucke zu besitzen
scheint, wurde er von Sutherland selbst dazu
bestimmt, nachzuprüfen, ob sich bei einem
Druck von 0,25 mm der Sauerstoff spontan in
Ozon umwandelt, wie aus der oben dargelegten
Theorie hervorzugehen scheint. Threlf all konnte
die betreffende Umwandlung nicht feststellen,
obwohl das von ihm benutzte Reagens — eine
Lösung von Jodkalium und Stärkekleister in
Glycerin auch eine äusserst geringe Menge von
Ozon ihm hätte bemerkbar machen können.
Die erwähnte Hypothese von der Bildung der
Molekularkomplexe zeigt sich, trotzdem sie
mit den fundamentalen Begriffen der kinetischen
Theorie in keinerlei Widerspruch steht, doch
stets als eine etwas willkürliche Theorie; ihre
Haltbarkeit durch den Versuch zu kontrollieren,
ist schwierig, um nicht zu sagen, unmöglich.
Es darf jedoch nicht verschwiegen werden,
dass sie eine Stütze findet in der grossen Ver-
änderlichkeit des Sauerstoffspektrums bei Ver-
änderung des Druckes und der Temperatur;
und ebenso darf man nicht verschweigen, dass
bei niedrigen Drucken ein gleicher Grund auch
für die anderen Gase angesprochen werden
dürfte; zumal Eb er t^) bei seinen Untersuchungen
über das Wechseln der Länge des dunklen
Kathodenraumes unter verschiedenem Drucke
bei mehrererlei Gasarten fand, dass sich in der'
Kurve, welche besagte Länge als Funktion des
Druckes darstellt, bei allen von ihm unter-
suchten Gasen eine Diskontinuität zeigt.
Bemerkenswert ist, dass für den Sauerstoff
die Diskontinuität bei demselben Drucke von
i) Journ. of Proc. of the R. Soc. of New South Wales,
31, 79, 1897.
2) Vcrhandl. d. Deutschen Phys. Gesellsch. 1900.
0,7 mm eintritt, bei dem die Anomalie zum
Boy leschen Gesetz erscheint.
Man kann also sagen, dass für jedes Gas
die Länge der mittleren molekularen Trajektorie,
und folglich die Kohäsion, sich plötzlich bei
einem bestimmten, für jedes Gas charakteristi-
schen Druck ändert.*)
Versuche am Wasserstoff mit beiderlei Ap-
paraten haben gezeigt, dass er bis zu Drucken
von ^100 nim ausnahmslos dem Boy leschen
Gesetze folgt. Die bei Anwendung von Glas-
cylindern erhaltenen Resultate sind weniger
regelmässig, als die beim Gebrauch von Eisen-
cylindern festgestellten; bedenkt man jedoch
die Kleinheit der Drucke, bei denen sich die
Unregelmässigkeiten zeigen, so kann man sie
auch als in den Bereich der Beobachtungsfehler
fallend betrachten. Das Kohlensäure-Anhydrid
weicht augenscheinlich bedeutend vom Boy le-
schen Gesetz ab, denn es lässt sich weit mehr
zusammendrücken als das Gesetz annimmt;
man gewahrt dies stärker bei Anwendung des
Glas-Apparates. Freilich muss die Erscheinung,
wie weiterhin gezeigt werden soll, wenigstens
zum Teil der Absorption durch die Gefasswände
zugeschrieben werden.
Im allgemeinen mögen die bei der atmo-
sphärischen Luft, beim Sauerstoff und beim
Kohlensäure-Anhydrid mehr oder weniger merk-
lichen Abweichungen vom Boy leschen Gesetz
zum Teil, besonders bei letzterem, von der ver-
änderlichen Absorption der Gefasswände für
die in ihnen enthaltenen Gase abhängen.
Van derVen^), Baly und Ramsay^), War-
burg und Ihmori^) und Krause*) haben sich
mit dieser Frage beschäftigt, ohne jedoch zu
übereinstimmenden Resultaten bei ihren Ver-
suchen zu gelangen. Auch Sutherland^) hat
in theoretischer Weise untersucht, ob an den
Gefässwänden eine abschätzbare Gasverdichtung
stattfindet, und kommt zu Schlussfolgerungen,
die es annehmbar machen, dass die Wirkung
der oberflächlichen Kondensation völlig unbe-
achtet bleiben und nicht zur Erklärung der
Anomalien herangezogen werden darf, welche
die Gase dem Boy leschen Gesetze gegenüber
aufweisen.
Allerdings scheinen die Van der Ven sehen
Versuche diese Schlussfolgerungen zu bestätigen,
aber andererseits zeigen z. B. für das Kohlen-
i) Die ÜDsicherheit der Hypothese, dass der Sauerstoflf
bei Drucken unter 0,7 mm molekulare Gruppenbildungen eiii>
geht, wird unter anderem auch von Ebert (Verh, Deutsch.
I Phys. Gesellsch. 1900) dargethan, nach welchem bei geringen
Drucken, die der Bildung von Kathodenstrahlen entsprechen,
' der Sauerstoff sich wie ein zwei*atomiges Gas verhält
2) Arch. du Musee de Teyler, (2), 3, 349, 1890.
3) PhU. Mag. (5). 38, 301, 1894.
4) Wied. Ann. 27, 481, 1886; 31, 1006, 1887.
5) Wied. Ann. 36, 923, 1889.
6) Phil. Mag. (5), 43, 11, 1897.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^ng. No. 2.
säurc-Anhydrid die Versuche von B a I y und
Ramsay, dass sicherlich durch das Glas eine
Gas-Absorption stattfindet, und dasselbe zeigen
die Versuche von Warburg und Ihmori und
von Krause. Diese Absorption ist vielleicht
mehr chemischer als physikalischer Natur; es
wird eine Art von Gaslösung im Glase sein —
was mit der Tbatsache übeinstimmt, dass beim
Kohlensäure- Anhydrid, wenn es einen Druck
von etwa ^^ Atmosphären erreicht hat, man
diesen Druck nicht mehr schwächer machen kann,
weil er dann gleich dem Dissoziationsdruck für
die Kombination zwischen Kohlensäure-Anhydrid
und Glas wäre; — aber sei sie chemischer oder
physikalischer Natur, die Absorption desKohlen-
Aiihydnds wird stets von molekularen Aktionen
bestimmt werden, und kann in solchen Mengen
vor sich gehen, dass wenigstens zum Teil die
Abweichungen vom Boyleschen Gesetz da-
durch erklärt werden.
Es schien mir bei dieser Unsicherheit der
Vorstellungen und diesen Meinungskontroversen
nicht ohne Interesse, Versuche vorzunehmen,
um entscheiden zu können, ob eine Absorption
des Gases von den es umschliessenden Gefass-
wänden stattfindet, und ob diese Absorption,
wenn sie vorhanden ist, sich mit verändertem
Gasdruck auch verändert. Meine diesbezüg-
lichen Versuche habe ich sowohl mit Glas- wie
auch mit eisernen Gefässen ausgefiihrt.
Der zuerst von mir benutzte Apparat be-
steht hauptsächlich aus einer Glasfiasche A, in
welche das zu untersuchende Gas gebracht
wird; innerhalb derselben sind mehrere Glas-
stabbiindel angebracht, um dem Gas eine recht
grosse Oberfläche zu schaffen. Diese Flasche
setzt sich nach unten in eine lange und dünne.
U-förm ig gebogene Röhre ßC fort, die an ihrem
Ende J? an eine Quecksilber-Luftpumpe ange-
schlossen ist. An ihrem oberen Ende ist die
Flasche A mit einer rechtwinklig gebogenen
Röhre verbunden, die zu einem Hahn N mit
vollkommener Schliessung fiihrt; zur grösseren
Sicherung des Schlusses befindet sich darüber
und darunter ein Näpfchen mit Quecksilber.
Jenseits von diesem Hahn zeigt die Röhre eine
Ausbauchung ^ und dann einen zweiten, dem
früheren völlig gleichen Hahn O; hinter diesem
ist eine Verbindung mit einer Anzahl von
Trockenflaschen hergestellt, durch die man das
schon gereinigte Gas zur Untersuchung zufiihrt.
Ein umschliessendes Gefäss mit Wasser HR
erhält den Apparat auf stets gleicher Temperatur,
die auf einem in '/lo Grade eingeteilten Ther-
mometer abgelesen wird.
Der Apparat wird vorher wiederholt mit
Königswasser, Salpetersäure, Kalilauge, destil-
liertem Wasser und absolutem reinem Alkohol
gewaschen, dann völlig ausgetrocknet, indem
man tagelang sehr trockene heisse Luft darin
cirkulieren lässt, damit von den Wänden jede
Feuchtigkeit entfernt wird. Der Versuch ver-
läuft folgendermassen : Man öffnet zuerst die
Hähne 0 und N und lässt längere Zeit einen
Strom von dem zu untersuchenden, trockenen
Gas in den Ballon A einströmen; hierauf wird
0 geschlossen, die Luftpumpe in Bewegung
gesetzt und eine Verdünnung bis zu einem
Drucke von 10 bis 15 mm dadurch erreicht;
man liest diesen Druck mit Genauigkeit auf dem
Manometer der Pumpe ab. Nun schliesst man
den Hahn N und fährt fort, in A zu verdünnen
bis zu einem äusserst geringen Drucke (der von
Versuch zu Versuch wechselt) ; sodann wird
Hahn M geöffnet, die mit Quecksilber gefüllte
Kugel G ein wenig aufgehoben und das Queck-
silber in einen Teil der Röhre BC steigen ge-
lassen. Man lässt nun in die Pumpe wieder
Luft hinzutreten und indem man Kugel G auf-
hebt und herunterlässt, lässt man das Queck-
silberniveau im Arme B bis zum Zeichen /■'
steigen und misst mit dem Kathetometer den
Niveau-Unterschied in den beiden Armen. Aus
diesem Niveau-Unterschied und aus dem baro-
metrischen Drucke berechnet man den Druck
des in A enthaltenen Gases. Nun wird Hahn 0
geöffnet: das in S enthaltene Gas strömt nach
A und der Niveau-Unterschied in der U-formigen
Röhre nimmt ab; das Quecksilber geht bis zum
Zeichen F zurück, und indem man die Un-
20
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^^ang. No. 2.
gleichheit des Niveaus misst, berechnet man
den neuen Druck des Gases. Wir bezeichnen
mit V das Volumen des Ballons ^ zwischen
den beiden Hähnen 0 und N, und mit V das
von Flasche A zwischen Hahn ^V und dem
Zeichen F\ diese beiden Volumengrössen sind
durch vorhergehende Versuche genau bestimmt
worden.
Hat keine Absorption stattgefunden, so
müssten wir bei Annahme des Boy leschen
Gesetzes
H{v-\-V)=pv+PV
erhalten; / bedeutet den Druck des zuerst in
6^ enthaltenen Gases; P den Druck des Gases
in A, und H den Druck am Schlüsse, d. h. nach-
dem der Hahn N aufgemacht worden ist.
Man sieht nun, ob diese Grösse H mit der
durch den Versuch gegebenen im Moment, wo
man den Hahn N geöffnet hat, übereinstimmt;
inzwischen verfolgt man beständig die Lage
des Quecksilber-Meniskus in den Schenkeln der
^/-förmigen Röhre.
Im Falle, dass eine Absorption stattfindet,
kann man schwerlich annehmen, dass sich die
Erscheinung vollständig im ersten Moment ab-
spielt; man müsste also eine andauernde Be-
wegung des Quecksilber-Meniskus bemerken.
Da es sich um einen nicht übermässig
geringen Druck am Schlüsse handelt, und
folglich im Intervall das Boylesche Gesetz ganz
sichtlich anwendbar wird, so muss sogar die
erste Ablesung das erste Anzeichen der Ab-
sorption geben; ein späteres Zeichen für die-
selbe ist die fortlaufende Bewegung des Me-
niskus.
Um diese Messungen sehr viel empfindlicher
zu machen, habe ich mich absichtlich zweier
Apparate bedient, die fürs Studium des Boy le-
schen Gesetzes gebraucht worden waren. Ich
habe nämlich an jeden Apparat einen Ballon
angeschlossen, der mit zwei Hähnen endigt;
einen dieser Hähne setzte ich mit den andern
Teilen des Apparates selbst, den andern mit
dem Gefässe, aus dem das reine trockene Gas
kommt, in Verbindung. Im übrigen bin ich
ganz in derselben Weise verfahren, wie es bei
der früheren Anordnung beschrieben ist. So-
wohl mit ersterem wie mit den beiden letzt-
genannten Apparaten habe ich viele Versuche
mit Wasserstoff, Luft, Sauerstoff und Kohlen-
säure-Anhydrid gemacht. Diese Versuche,
deren Resultate im einzelnen zu beschreiben
lang und nutzlos wäre, zeigen, dass beim
Wasserstoff absolut keine Absorption statt-
findet, weder in gläsernen noch in eisernen
Gefässen; bei Luft und Sauerstoff beginnt
eine geringe Absorption unterhalb von i mm
Druck in Glasgefässen bemerklich zu werden;
beim Kohlensäure-Anhydrid ist die Absorption
nicht zu bezweifeln, und es scheint, als ob die
Grösse derselben im Vergleich mit der Masse
des Gases mit der Verdünnung zunehme. Ich
will diese letztere Frage, deren annähernde
Lösung ich hier vorläufig gegeben habe, noch
mit vollkommeneren Methoden der Prüfung
unterwerfen.
Allgemeine Schlussfolgerungen. Obige
Versuche berechtigen zu schliessen:
i) dass der Wasserstoff dem Boy leschen
Gesetze bei Drucken von unter i Atmosphäre
bis ungefähr 0,02 mm folgt;
2) dass die Luft unbedeutend vom Gesetze
zwischen 2 und 5 mm abweicht;
3) dass der Sauerstoff einen Sprung in
seinem Gang bei ungefähr 0,7 mm aufweist;
4) dass das Kohlensäure-Anhydrid sich bei
niedrigem Drucke mehr komprimiert, als das
Boylesche Gesetz gestattet, und dass diese
Erscheinung wahrscheinlich durch die Absorp-
tion der Gefässwände verursacht wird. Man
kann also annehmen, dass, mit Ausnahme des
Sauerstoffs und folglich auch der Luft, bei den
von mir geprüften Gasen keine Anomalien
vorkommen, die sich nicht durch die bei den
Versuchen unvermeidlichen Umstände erklären
Hessen.
Uebrigens scheint mir die Sutherlandsche
Bemerkung nicht ohne weiteres annehmbar
zu sein, in der er ausspricht, dass die Materie
von der kinetischen Theorie unbeachtet ge-
lassene Eigenschaften besitzen müsste, wenn
das Gesetz pv = consL nicht bei geringen
Drucken gälte. In der That ist in der kineti-
schen Theorie die Formel pv=^€onst, aufge-
stellt, indem die Kohäsion und das Molekular-
Volumen unberücksichtigt gelassen wird; in
den Formeln von Van der Waals und von
Clausius, die vom Typus
(/ -\- a) {v — b)= const.
sind, wird diesen beiden Grössen Rechnung
getragen; während Bohr, der sich der Formel
bedient, stillschweigend zugiebt, dass die Ko-
häsion allein in Betracht kommt. Da nun,
wenn bei einem gegebenen Drucke sich eine
plötzliche Diskontinuität einstellt, man sich
zweier verschiedener Grössen der Konstante a
bedienen muss, um das Gesetz der Kompressi-
bilität über und unter jenem Drucke darzu-
stellen, kommt man dazu, zu vermuten, dass
die Kohäsion des Gases eine plötzliche Ver-
änderung erfährt bei dem betreffenden Drucke.
Ist nun diese Veränderung der Kohäsion wirk-
lich eine augenblickliche und ausreichend grosse,
so kann dies dem Sauerstoff analoge Verhalten
weder durch die Formel Van der Waals':
/+
V
a
2
(v — b) = K
r
r
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
21
noch durch die von Clausius:
a
(.
y — b=K
ausgedrückt werden, weil in beiden die Wir-
kung der Kohäsion bei Zunahme des Volumens
immer kleiner wird und sich kontinuierlich
ändert.
Zeigten aber alle Gase bei bestimmten
Drucken dieselbe Erscheinung wie der Sauer-
stoff, so müsste man den Schluss ziehen, dass
die charakteristische Gleichung die Form haben
müsste:
[p+^{a,v, T)](v — b) = K.
Hier müsste * [a, v, T) eine Funktion sein, die
stetig wäre für die Grössen von v innerhalb
gegebener Grenzen, aber eine Diskontinuität
für einen oder mehrere bestimmte Werte von
V aufwiese.
Da die kinetische Theorie nicht ausschliesst,
dass bei bestimmten Frequenzen der gegen-
seitigen Stösse sich mehr oder weniger kom-
plizierte Molekülgruppen bilden und auflösen
können, so ist theoretisch kein Hindernis vor-
banden, anzunehmen, dass die molekulare Ko-
bäsionskraft — und von ihr hängt die Bildung
dieser Gruppierungen ab — Veränderungen
erfahren kann, wie sie obengenanntes <P [a, v, T)
nach vorhin Gesagtem zeigen müsste.
(Aus dem Italienischen übersetzt von H. Rhumbler.)
(Eingegangen 18. September 1901.)
Die spezifische Wärme von Lösungen, die
keine £lektrol3^e sind. IIJ)
Von William Francis Magie.
In dem ersten Teile dieser Arbeit wurde ge-
zeigt, dass in Lösungen von verschiedener Kon-
zentration, in denen der osmotische Druck
direkt proportional der absoluten Temperatur
ist, die scheinbare Molekularwärme des gelösten
Stoffes eine konstante ist. Diese Beziehung
konnte experimentell bestätigt werden in ver-
schiedenen Lösungen von Nichtelektrolyten.
In dem vorliegenden zweiten Abschnitt ergiebt
sich, dass die gleiche Beziehung auch noch für
einige andere Nichtelektrolyte in wässerigen
und alkoholischen Lösungen besteht.
I. Die scheinbare Molekularwärme von iso-
meren Stoffen, welche in dem gleichen Lösungs-
mittel gelöst sind, ist nicht immer dieselbe.
Um nach dieser Richtung die Isomeren des
Rohrzuckers zu prüfen, war es nötig, sich eine
Anschauung zu bilden, welche Rolle das Krystall-
wasser bei der Bildung einer Lösung spielt.
i) Fortsetzung der in dieser Zeitschrift 1, 233, 1900, ver-
öffentlichteu Arbeit.
Es wurde zu diesem Zwecke Dextrose unter-
sucht, da man dieselbe ja mit und ohne Krystall-
wässergehalt herstellen kann. Die Molekular-
wärme einer wässerigen Lösung von Dextrose
mit Krystallwasser, die unter der Annahme her-
gestellt war, dass das Krystallwasser im Augen-
blicke der Lösung die Dextrose verlässt und
zu dem Lösungsmittel hinzutritt, war die gleiche,
welche eine Dextrose ohne Krystallwasser er-
gab. Die bei der Herstellung der Lösung ge-
machte Annahme erscheint hiernach gerecht-
fertigt.
Die Molekularwärmen von verschiedenen
Gruppen isomerer Stoffe in wässeriger Lösung
sind nachstehend zusammengestellt. Einige der
Zahlen sind aus der früheren Arbeit herüber-
genommen.
Substanzen
Molekulargewicht Molekularwäime
Rohrzucker .
Maltose . .
Milchzucker.
Dextrose . .
Lävulose
Mannit . .
Dulcit. . .
Resorcin . .
Hydrochinon
Brenzkatechin
}
)
342
iSo
182
HO
152,8
142.7
144,5
78,8
89,6
108
97,5
63,4
63,4
75,5
Die Molekularwärmen dieser Isomeren weichen
in einzelnen Fällen recht bedeutend voneinander
ab; diese Lösungen liefern mithin einen offen-
kundigen Beweis dafür, dass es unerlaubt ist,
die Molekularwärme zusammengesetzter Stoffe
der Summe der Atomwärmen der einzelnen Kom-
ponenten gleichzusetzen.
2. Löst man denselben Stoff in verschie-
denen Lösungsmitteln, so sind die scheinbaren
Molekularwärmen nicht gleich. Es ergiebt sich
dies aus folgenden Zahlen:
Substanz
Harnstoff .
Resorcin .
Hydrochinon .
Brenzkatechin ,
Phenol . . ,
Molekularwärme in
wässeriger Lösung > alkohol. Lösung
21
63.4
63,4
75.5
71.5
28,1
56,7
56,7
57,1
5 ',4
Es ergiebt sich hieraus, dass es unzulässig
ist, den Vorgang der Lösung einfach als den
Übergang der Moleküle des gelösten Körpers
in einen dem gasförmigen völlig äquivalenten
Zustand anzusehen. Man sieht sich vielmehr
zu der Annahme gedrängt, dass das Lösungs-
mittel auf den gelösten Körper einwirkt, und zwar
derart, dass es eine Veränderung der Struktur
und der Zahl der Grade der Bewegungsfreiheit
bei dem gelösten Stoffe verursacht oder umge-
kehrt eine derartige Veränderung der Struktur
und der Bewegungsfreiheit selbst erleidet.
22
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
3. Die spezifische Wärme der elektrolytischen
Lösungen bestätigt die Annahme, dass eine
Wechselwirkung zwischen Lösungsmittel und
gelöstem Stoff eintritt, und zwar scheint für solche
Lösungen wenigstens das Lösungsmittel durch
den gelösten StofT beeinflusst zu sein. Die
spezifischeWärme von wässerigen elektrolytischen
Lösungen ist im allgemeinen kleiner, als man
nach der Summe der Wärmekapazitäten der
Komponenten erwarten sollte. In den meisten
Fällen müsste sogar die scheinbare Molekular-
wärme des gelösten Stoffes, wenn man von der
Annahme ausgeht, dass die Molekularwärme
des Lösungsmittels unverändert bleibt, mit
wachsender Verdünnung negativ werden. Es
ist natürlich völlig unzulässig, die spezifische
Wärme des gelösten Stoffes oder eines Teiles
desselben negativ anzunehmen und es bleibt
somit nur die Auffassung möglich, dass die
spezifische Wärme des Lösungsmittels oder doch
eines Teiles von ihm durch die Gegenwart des
gelösten Körpers vermindert werde. Infolge
dieser Anschauung gelangt man zu einem Aus-
druck für die Wärmekapazität C einer elektro-
ly tischen Lösung von der Form:
C = H -{- A—pB.
worin H die ursprüngliche Wärmekapazität des
Lösungsmittels, / der Dissoziationsgrad oder
das Verhältnis des in der Lösung dissoziierten
Anteiles des gelösten Körpers zur gesamten
gelösten Menge und A bezw. B positive Kon-
stanten sind, die sich aus den Beobachtungen
empirisch ergeben. Wendet man diese Formel
auf die von Thomsen untersuchten Lösungen
an, so giebt sie sehr genau die von diesem für
verschiedene Konzentrationen erhaltenen Werte
wieder. Die Übereinstimmung ist zu gut, als
dass auch nur ein geringer Zweifel an der Be-
rechtigung der Hypothese, auf der die Formel
begründet ist, bestehen bleiben könnte.
4. Während der Messungen an Milchzucker
beobachtete man, dass die aufeinander folgen-
den Werte der Molekularwärme in systema-
tischer Weise sich änderten. Die Mittel aus
drei Beobachtungsreihen an Lösungen, welche
jedesmal ein Grammmolekel Milchzucker in
200 Grammmolekel Wasser enthielten, ergaben:
147, 138, 144, 147, 149, 151, 153, 150;. diese
Werte wurden in Intervallen von je 25 Minuten
erhalten. Nach Verlauf von zwei Tagen oder
mehr war die Molekularwärme konstant ge-
worden und hatte den Wert 144,5 ^"^ Mittel
erreicht. An einer verdünnteren Lösung wurde
der Mittelwert 155 aus verschiedenen Bestim-
mungen erhalten, ohne dass ein Gang in den
Beobachtungen sich gezeigt hätte. Entsprechende
Lösungen, welche mit siedendem Wasser her-
gestellt wurden, zeigten ähnliche Eigenschaften.
Der Endwert der Molekulan\^ärme, der sich
nach Verlauf einiger Tage einstellte, war der
schon angegebene.
Diese Resultate deuten in Verbindung mit
der von Erdmann entdeckten Veränderlichkeit
des Drehvermögens von Milchzuckerlösungen
darauf hin, dass in der wässerigen Lösung von
Milchzucker eine fortschreitende Änderung der
molekularen Anordnung erfolgt, die einige
Stunden, nachdem die Lösung hergestellt ist,
andauert.
Physikalisches Laboratorium der Princeton
Universität, U. S. A.
(Aus dem Englischen übersetzt von C. Forch.)
(Eingegangen 2. Oktober 1901.)
Weitere Beobachtungen über die magneti-
sierende Wirkung von Blitzentladungen.
I Von F. Pockels.
In dieser Zeitschrift 2, 306, 1901, habe ich
zwei Fälle mitgeteilt, in denen aus der rema-
nenten Magnetisierung eines neben einem Blitz-
ableiter angebrachter Basaltstäbchens auf die
Maximalstromstärke von Blitzschlägen, welche
jenen Blitzableiter getroffen hatten, geschlossen
werden konnte. Diese Versuche wurden an
' demselben Orte — dem Observatorium des
Monte Cimone — seitdem durch freundliche
Vermittelung des Herrn C. Chistoni in Mo-
dena, dem ich auch an dieser Stelle meinen
Dank dafür aussprechen möchte, fortgesetzt.
Zunächst erhielt ich Anfang Juni d. J. einen
I Stab, der am 24. September vorigen Jahres
' in derselben Weise, wie die früheren Stäbe,
ausgelegt worden war und der Schneever-
hältnisse wegen erst am 3. Juni entfernt
werden konnte. Die am i8. Juni gemessene
Magnetisierung dieses Stabes entsprach einer
Maximalstromstärke von 5600 Amp.; doch ist
anzunehmen, dass die Magnetisierung bereits
merklich abgenommen hatte; um wieviel ent-
- zieht sich, da das Datum des Blitzschlages un-
bekannt ist, der Schätzung, so dass obige Zahl
wieder nur eine untere Grenze darstellt.
Da die Blitzableiteranlage des Observa-
toriums zwei Erdleitungen besitzt*), und somit
die bisher mitgeteilten Zahlen sich immer nur
auf einen Teil der Entladung beziehen, so
wurden in diesem Jahre an beiden Erdleitungen
Stäbe angebracht und zwar in 10 cm mittlerem
Abstand. Am 18. September wurden mir
zwei solche Paare von Stäbchen zugesandt mit
i) Auf dem achteckigen Gebäude befinden sich vier unter-
einander durch Kupferdräte verbundene Auffangstangen, von
denen zwei diametral gegenüberstehende mit Erdablcitungen
versehen sind.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
23
der Mitteilung, dass das eine (A) einem Blitz-
schlage am 13. August um 15** 30°*, das andere
(B) zwei am 7. September um 9** 53" und 9*" SS"
stattgehabten Blitzschlägen ausgesetzt gewesen
ist. Die Stäbe B wurden am 19. September
und 2. Oktober magnetometrisch untersucht, wo-
bei sich zeigte, dass in der Zwischenzelt nur eine
sehr geringe (2 bez. 3 */2 Proz. betragende) Ab-
nahme des Magnetismus stattgefunden hatte.
Setzt man eine gleiche Abnahme für die Zeit
von der Magnetisierung bis zur ersten Messung
voraus, so ergiebt sich der Maximalwert der
Entladungsstromstärke fiir den einen Stab zu
5000, für den anderen zu 3600 Ampere. Der
Blitz hatte sich also ungleich geteilt, ob infolge
ungleichen Widerstandes der Erdleitungen
(welche nicht in Wasser endigen), oder weil
vielleicht der Schlag eine der direkt abgeleiteten
Auflangstangen getroffen hat, ist zur Zeit nicht
zu entscheiden. Die Maximalstromstärke des
ganzen Blitzschlages wird nun zwar im allgemeinen
bei unsymmetrischer Teilung nicht gleich der
Summe der Maxima der beiden Zweigströme
sein, sondern etwas kleiner; wenn aber, wie für
Blitze anzunehmen ist, die Entladungsstrom-
stärke sehr schnell zu ihrem Maximum ansteigt
und relativ langsam wieder abfällt, so kann
die Abweichung von der Summe nur unbe-
deutend sein. Dann hat also die Maximal-
stromstärke des magnetisierenden Blitzes nahe-
zu 8600 Ampere betragen. Da unbekannt
ist, ob die beiden Entladungen vom 7. Sep-
tember gleich oder entgegengesetzt gerichtet
waren, so bleibt fraglich, ob dieser Wert dem
stärkeren oder dem letzten von ihnen zukommt;
in Anbetracht seiner im Vergleich zu den
früheren Fällen geringeren Grösse möchte
man vermuten, dass die zweite Entladung ent-
gegengesetzt gerichtet und schwächer war,
als die erste.
Die Stäbe (A), welche während des Blitz-
schlages vom 13. August ausgelegen haben,
zeigten auffallenderweise keine Spur von
Magnetisierung. Dasselbe negative Resultat
ergab ein Stab, der am Blitzableiter des Aussichts-
turmes auf dem Melibocus (Odenwald) gelegen
hatte, als dieser nach Aussage des dort stationier-
ten Forstwarts von einem Blitzschlage getroffen
wurde (am i. Juli d. J.). Vorbehaltlich der
Bestätigung durch weitere solche Erfahrungen
wird man hieraus schliessen müssen, dass
ausser operiodischen auch oszillierende
Blitzentladungen vorkommen. Es wäre
daher besonders erwünscht, dass künftig Mag-
netisierungsversuche an solchen Orten angestellt
würden, wo zugleich zuverlässige persönliche
WahmehmiM^en über die Eigentümlichkeiten
der BlitzscHlage verzeichnet werden können.
(Eingegaogen 7. Oktober 1901.)
Das Ingenieurlaboratorium der K. Technischen
Hochschule Stuttgart.
Von C. Bach.
Dem mir von Herrn Ri ecke ausgesprochenen
Wunsche, die Entstehung und die Einrichtungen
des Ingenieurlaboratoriums derTechnischen Hoch-
schule Stuttgart an dieser Stelle zu erörtern, glaube
ich insbesondere deshalb nachkommen zu sollen,
weil es sich hierbei um einlnstitut handelt, welches
nicht ohne Interesse für den Physiker sein
dürfte.
Einleitung.
Als ich im Jahre 1878 aus der Industrie zur
Lehrthätigkeit übertrat, fand sich hinsichtlich
Laboratoriumseinrichtungen für Maschineninge-
nieure an unserem Polytechnikum nicht das Ge-
ringste vor; es war eben damals die Erkenntnis
von der Notwendigkeit derselben an den Tech-
nischen Hochschulen noch nicht tief genug ein-
gedrungen, auch sonst viel zu wenig verbreitet.
Nach Einarbeitung in den neuen Beruf betrachtete
ich es als eine Hauptaufgabe, hier Wandel zu
schaffen. Nach Massgabe meines Lehraufitrages
(damals: Maschinenelemente, Hebezeuge, Elasti-
zitätslehre, Dampfmaschinen, Dampfkessel) war
dabei in zwei Richtungen vorzugehen. Ks waren
zu beschaffen:
1 . Die Einrichtungen zur Untersuchung des
Verhaltens der Konstruktionsmaterialien,
zur Prüfung des Genauigkeitsgrades der Er-
gebnisse der Elastizitäts- und Festigkeits-
lehre, zur weiteren Ausbildung dieses Lehr-
gebietes auf Grundlage des thatsächlichen
Verhaltens der Materialien, und zur Ermittelung
der Erfahrungskoeffizienten, deren der
Lehrer sowie der Konstrukteur auf dem be-
zeichneten Gebiete bedarf.
2. Die Einrichtungen zur Untersuchung
von Wärmekraftmaschinen, insbesondere
Dampfmaschinen einschliesslich Dampf-
kessel, und der wichtigsten in Betracht kom-
menden Arbeitsmaschinen, zur Ermitte-
lung und Sicherstellung der wissenschaft-
lichen Grundlagen derLehrgebiete, welche
sich mit den genannten Maschinen, den hierzu
gehörigen Vorrichtungen und den in ihnen sich
vollziehenden Vorgängen zu befassen haben, so-
wie zur Ermittelung der nötigen Erfahrungs-
zahlen.
Hierher gehören auch die Aufgaben, welche
das Verhalten der Arbeitsflüssigkeiten, die
für Kraft- und Arbeitsmaschinen in Betracht
kommen, betreffen.
Zu Ziff. I.
Wiederholt hatten Verhandlungen stattge-
funden, um Einrichtungen zur Prüfung und Unter-
24
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
suchung des Verhaltens der Konstruktionsma-
terialien zu schafTen, jedoch ohne Erfolg. Es
gelang nicht, das vorliegende Bedürfnis auf nor-
malem Wege, d. h. durch Einrichtung einer
Materialprüfungsanstalt auf Staatskosten der Be-
friedigung zuzuführen. Ich musste auf andere
Weise zu helfen suchen.
Im November 1881 stellte ich beim württem-
bergischen Bezirksverein deutscher Ingenieure
den Antrag, derselbe wolle an den Exekutiv-
ausschuss der damaligen Landesgewerbe-Aus-
stellung die Bitte richten, dass aus dem Aus-
stellungsüberschuss ein Betrag von 15000 bis
20000 Mark zur Errichtung einer Material-
prüfungsanstalt am Polytechnikum bewilligt
werden möchte. Dank der Unterstützung, welche
die Sache fand, hatte dieser Antrag die Ge-
währung von loooo Mark zur Folge,*) die
vom Königl. Finanzministerium auf 16000 Mark
ergänzt wurden, womit nun die Errichtung der
Anstalt ihren Anfang nehmen konnte, und zwar
im Souterrain der Technischen Hochschule, wo-
selbst ein Raum von 81 Quadratmeter zur Ver-
fugung stand, der mit dem zu gleicher Zeit
sich entwickelnden Laboratorium für Elektro-
technik zu teilen war. Zu Anfang des Jahres
1884 wurde die Anstalt dem öffentlichen Be-
triebe übergeben. Rund 6 Jahre habe ich sie
mit einem Arbeiter allein geführt ; 1 890 trat ein
Assistent hinzu. Sie wurde unter Auftvand von
nicht selten recht bedeutender Anstrengung
allmählich weiter entwickelt. Für ihre heutigen
Einrichtungen wurden reichlich 50000 Mark auf-
gewendet; an Raum sind zugewachsen 254 qm,
so dass die Anstalt jetzt über 335 qm Grund-
fläche verfugt. Thätig sind an ihr ausser mir
als Vorstand, i Betriebsingenieur, 2 Assistenten
für Unterricht und 2 Arbeiter. Die Einrich-
tungen sind zerstreut im älteren Flügel der
Technischen Hochschule untergebracht. Die
Errichtung eines Neubaues für die Anstalt ist
beantragt.
Im Laufe der Zeit war es auf dem be-
zeichneten Wege dank der Unterstützung,
welche sich schliesslich von verschiedenen
Seiten einstellte, möglich geworden, die An-
stalt, deren Zweck zunächst und in der Haupt-
sache nur darin bestand, auf Grund ein-
gehender Aufträge Materialien zu prüfen, auch
zu einer Arbeitsstätte für Unterrichts- und
Forschungszwecke zu machen^), welche aller-
1) Vergl. Wochenschrift des Vereines Deutscher Ingenieure
1882, S. 6 und 151.
2) Über einen Teil der Arbeiten, welche aus der Anstalt
hervorgegangen sind, geben die Veröffentlichungen des Ver-
fassers Auskunft:
Abhandlungen und Berichte, Stuttgart 1897;
Elastizität und Festigkeit, 3. Auflage, Berlin 1S9S;
Maschinenelemente, 8. Auflage, Stuttgart 1901 ;
Mitteilungen über Forschungsarbeiten auf dem (iebiKc
des Ingenieurwesens, Heft i, Berlin 1901;
dings infolge ihrer Gründung unter ungünstigen
Verhältnissen die Verpflichtung hat, sich einen
grossen Teil der für die Versuche nötigen Gelder
selbst zu verdienen, indem sie auf Bestellung
von auswärts Untersuchungen durchfuhrt und
hierfür bezahlt wird. Dass nur ein Bruchteil
der auf Grund auswärtiger Bestellung zur Durch-
fuhrung gelangenden Versuche in wissenschaft-
licher Hinsicht oder vom Standpunkte des
Unterrichtes aus von erheblichem Interesse ist,
liegt auf der Hand. Nichtsdestoweniger halte
ich es doch für sehr nützlich, dass die Anstalt
solche Aufträge entgegenzunehmen und auszu-
führen hat.
Zu Ziff. 2.
Am drückendsten empfand ich es, dass keine
Dampfmaschinenanlage für den Unterricht vor-
handen war. Da keine Aussicht bestand, dass
Mittel durch eine ausserordentliche Bewilligung
sich beschaffen lassen würden, so begann i<±
1880 mit der Beschaffung eines Dampfcylinders,
dessen Kosten in der Höhe von 1440 Mark in den
Etatsjahren 1880/81 und 1881/82 bezahlt wur-
den. Bis zum Etatsjahr 1885/86 war es durch
entsprechende Beschränkung über den verfug-
baren Lehrmittelfonds möglich geworden, die
übrigen zu einer Dampfmaschine gehörigen Teile,
d. h. unter Zurückgabe des Dampfcylinders eine
ganze Dampfmaschine zu erwerben, so dass nun
an die Beschaffung des Raumes für die Auf-
stellung der Maschine gegangen werden konnte.
Das Ergebnis war nach längeren Bemühungen
die Bewilligung der Mittel seitens des Königl.
Finanzministeriums zur Erweiterung des vorhan-
denen Kesselhauses der Centralheizungsanlage
des Polytechnikums. Diese Erweiterung und das
Maschinenfundament wurden so ausgeführt, dass
die Eincylindermaschine später zur Zweicylinder-
maschine ergänzt werden konnte.
1886 war die Dampfmaschine aufgestellt.
Zum Betriebe mussten zunächst die beiden
Dampfkessel der Centralheizungsanlage, welche
nur bis 3 Atm. Druck reichten, benutzt werden.
Damit begann 1886 die Unterweisung der Stu-
dierenden an der eigenen Dampfmaschine der
Hochschule. 1888 wurde es möglich, einen
neuen Dampfkessel für 9 Atm. Überdruck zu
Versuche über die Widerstandsfähigkeit von Kessel*
Wandungen, Heft I bis V, Berlin 1893/ 1900.
Die Arbeiten, welche auf Bestdlung von auswärts aus-
geführt und auf Grund deren PrQfungszeugnisse ausgestellt
wurden, sind in den Jahresberichten der Technischen Hochschule
Stuttgart 1S84/1901 enthalten. Sie umfassen bis zum l^o. Juni
1900:
21 700 Zugversuche mit Köipem der verschiedensten Art,
3616 Druckversuche mit Körpern der verschiedensten Art
u. s, w.
Über die maschinellen Einrichtungen (Wirkungsmaschinen
u. s. w.) finden sich Mitteilungen in der Zeitschrift des Ver-
I eines deutscher Ingenieure 1901, S. 1246 und 1247.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
25
beschaffen. Hieran schloss sich die Erwerbung
des Zubehörs: Dampfpumpe, Injektor u. s. w.
sowie 1892 die Ergänzung zur Zweicylinder-
maschine. 1894 trat ein Oberflächenkonden-
sator hinzu.
Dazwischen gelang es, die Vorrichtungen
zu Ventilversuchen '), wie auch sonstige Ein- |
richtimgen dank der Unterstützungen von ver- |
schiedenen Seiten zu beschaffen. j
Die erforderlichen Messinstrumente waren
nach und nach erworben worden.
Ein besonderer Betriebsfonds für alle diese
Einrichtungen wurde erstmals für die Etats-
jahre 189596 von den Ständen verlangt und
bewilligt.
Im Zusammenhange mit dem Zwecke der vor-
stehend besprochenen Einrichtungen steht die
seit 1892 getroffene Einrichtung des Heizens
von Dampfkesseln durch Studierende unter
Anleitung eines Lehrheizers ^) während der
Frühjahrsferien. Gleichzeitig heizen 4 oder
5 Studierende, von denen jeder einen grossen
Kessel mit 2 Feuerungen 3 Arbeitstage lang
zu bedienen hat. Bisher hat jedes Jahr die
Stuttgarter Zuckerfabrik ihre Dampfkessel zu
den Heizübungen in dankenswerter Weise zur
Verfügung gestellt. Die grösste Zahl der Teil-
nehmer an diesem Heizkurs hat bis jetzt 67 be-
tragen.
Ferner gehört hierher die Heranziehung der
Maschinen- und Kesselanlagen von industriellen
Anlagen des Landes zu Versuchszwecken, die
jedoch grossen Schwierigkeiten begegnen musste,
wenn es sich um das Einlernen noch ganz un-
geübter Studierender handelt.
Auch auf die Versicherung der Studierenden
gegen Unfälle bei Versuchen und Exkursionen,
wie sie im Jahr 1889 eingeführt worden ist,
muss hier verwiesen werden.^)
Auf die Dauer konnte die im Kesselhause
derCentralheizungsanlage untergebrachte Dampf-
maschine nebst Zubehör den Anforderungen der
Unterrichtsinteressen nicht genügen. Es wurden
viel weitergehende Einrichtungen erforderlich.
Dazu kam, dass daselbst im Sommer eine Tem-
peratur von 40 bis 45 ^C. einzutreten pflegte;
selbst im Winter erreichte die Temperatur 35
bis 38^ C. Die natürliche Entwicklung verlangte
die Errichtung eines eigenen Institutes. Die da-
hin gehende, seitens der Königlichen Regierung
im Entwürfe des Hauptfinanzetats 1897/99 ein-
i) Vergl. C. Bach, „Versuche über Ventilbelastung und
Ventil widerstand**, Berlin 1884, sowie „Versuche zur Klarstellung
der Bewegung selbstthätigcr Punjpenventile" in der Zeitschrift
des Vereines deutscher Ingenieure 1886/87 (Abhandlungen und
Berichte S. 15 u. f.).
2) Vergl. Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure
1893, s. 697; 1896, s. 494.
3) Die Technische Hochschule in Stuttgart war die erste
Hochschule, welche eine solche Versicherung einführte. Vergl.
Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure 1890, S. lo$8,
(Abhandlungen und Berichte, S. 108}.
gebrachte Forderung fand die Genehmigung
der Stände.
Plan für das Ingenieurlaboratorium.
In der Hauptsache sollte das Institut die-
jenigen Einrichtungen erhalten, welche für die
Energie in Form von Wärme erforderlich sind;
während beispielsweise das elektrotechnische In-
stitut diejenigen Einrichtungen besitzt, welche
für die Energie in Form des elektrischen Stromes
nötig erscheinen. Der Energieträger „Dampf
sowohl in gesättigtem, als auch in überhitztem
Zustande — sollte hierbei in erster Linie stehen.
Ausserdem war für die Energieträger „Druck-
wasser" und „Pressluft" das wesentliche vor-
zusehen.
Untersuchungen über das Verhalten der
Arbeitsflüssigkeiten, welche für die Kraft-
und Arbeitsmaschinen in Betracht kommen,
namentlich Versuche auf dem Gebiete der Hy-
draulik, Versuche über Wärmetransmission,
sollten , soweit es die Verhältnisse gestatten,
ermöglicht werden.
Die zurUntersuchung von Wassermotoren,
insbesondere Turbinen geplanten Einrichtungen
mussten der Kosten wegen einer späteren Er-
weiterung vorbehalten bleiben. Doch ist das
Erforderliche vorgesehen.
Auf Grund der von mir vorgelegten Ent-
wurfszeichnungen arbeitete der Vorstand des
K.BezirksbauamtsStuttgart, Baurat Knoblauch,
die schliesslichen Ausführungspläne für die Hoch-
bauten aus, auch besorgte er die Leitung der
letzteren. Der Entwurf und die Leitung der
maschinellen Bauten und aller hierzu gehörigen
Einzelheiten lagen mir ob.
Bauplatz.
Als Bauplatz für das Laboratorium wurde
das in Berg am Neckarkanal zwischen der Post-
strasse und der Einmündung des Nesenbaches,
also unmittelbar vor der König -Karls -Brücke
gelegene, dem Staate gehörige Gnyidstück ge-
wählt. Hier steht fliessendes Wasser, dessen
das Laboratorium zu Zwecken der Kondensation
von Dampf, zu Untersuchungen mit Pumpen u. s.w.
schon jetzt in grossen Mengen bedarf, und das
später — nach Erweiterung des Instituts durch
die Einrichtungen zur Untersuchung von Wasser-
rädern, insbesondere Turbinen — in noch weit
grösserer Masse erforderlich wird, ausreichend
zur Verfügung. Die erhebliche Entfernung des
Laboratoriums vom Hauptgebäude der Tech-
nischen Hochschule bildet kein Hindernis, da
der Untericht im Laboratorium die Studierenden
I in der Regel einen halben oder ganzen Tag in
Anspruch nimmt.
\
I
26
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No, 2.
Einrichtung des Laboratoriums. (Vgl. die
beigegebenen Tafeln.)
Dasselbe weist zunächst das Lehrgebäude
auf, in Blatt i der die übrigen Baulichkeiten über-
ragende linke bezw. rechte Teil des Gebäudes.
Das Erdgeschoss (vergl. Blatt 4) enthält die
Wohnung des Maschinenmeisters, bestehend aus
3 Zimmern und einer Küche, sowie einen Durch-
gang. Darüber befindet sich der Vortragssaal
(vergl. Blatt 3), welcher auch zum Zeichnen und
nach Ausräumung der Bänke und Tische zu
Versuchszwecken benutzt werden kann; da-
hinter der Wasch- und Umkleideraum für die
Studierenden mit den erforderlichen Kleider-
schränken, sowie links davon ein Zimmer für
Sonderuntersuchungen, in welchem ein Luft-
kompressor mit Elektromotor aufgestellt ist.
Das obere Geschoss (vergl. Blatt 4) enthält
ein Zimmer fiir die Aufbewahrung von Instru-
menten, für Bücher und Zeitschriften zum Nach-
schlagen, ein Zimmer für den Vorstand, ein
solches für den Maschineninspektor und ein
Zimmer für weitere Hilfskräfte.
Das Kellergeschoss kann zu Versuchszwecken
herangezogen werden und ist demgemäss ein-
gerichtet.
An das Lehrgebäude schliesst sich links die
Maschinenhalle an (vergl. Blatt i, unter Figur
3 und 4), dahinter das Kesselhaus, rechts da-
von derKohlenraum, links derKraftgas- und
der Gasmotorenraum, hinter letzterem die
Schmiede, darüber die Werkstatt. Den
Aufbau dieser Teile des Laboratoriums zeigen:
der Längsschnitt auf Blatt 4 und der Querschnitt
auf Blatt 5.
In der Maschinenhalle oben befindet sich
die liegend angeordnete Hauptdampf-
maschine mit dreistufiger Expansion in 4
Cylindern (vergl. Blatt 2). Der gemeinschaft-
liche Hub beträgt 760 mm, der Durchmesser
des Hochdruckcy linders 250 mm, derjenige des
Mitteldruckcylinders und der beiden Nieder-
druckcylinder 4(X) mm. Die minutliche Um-
drehungszahl kann zwischen 20 und 130 be-
liebig währepd des Ganges gewechselt werden.
Bei 12 Atm. (Überdruck) Anfangsspannung (die
Kessel sind für 15 Atm. höchste Betriebs-
spannung genehmigt), bei 100 Umdrehungen
in der Minute und bei ungefähr ein Viertel
Füllung des Hochdruckcylinders beträgt die
Nutzleistung rund 100 Pferdestärken. Die
Steigerung der Leistung auf etwa das Doppelte
ist möglich.
Die Maschine wurde derart eingerichtet,
dass sie arbeiten kann: als dreistufige Expansions-
maschine, als Maschine mit zweistufiger Ex-
pansion sowohl in Tandem-, als auch in Ver-
bundanordnung (Kurbelwinkel o", bezw. 90^),
sowie als Eincylindermaschine.
Die Maschine gestattet nicht bloss Betrieb
mit gesättigtem Dampf, sondern auch mit Dampf
in überhitztem Zustande bis etwa 270 <^ C. An-
fangstemperatur.
DieBehältervolumina können geändert werden ,
ebenso die schädlichen Räume.
Die Steuerung, durch Ventile und Corlis-
Schieber erfolgend, ist verstellbar, so dass die
Dampfverteilung innerhalb weiter Grenzen ge-
ändert werden kann.
Die Maschine kann mit Einspritz- oder mit
Oberflächenkondensation betrieben werden.
Die Heizung der Mäntel und Deckel ist
abstellbar eingerichtet.
Im ganzen ist bei der Konstruktion der
Maschine ihr Sonderzweck stets im Auge be-
halten und sie demgemäss mit den für die
Zwecke des Unterrichts und der Forschung
angezeigten Einrichtungen nach Möglichkeit
ausgerüstet worden. Sie wurde von der Firma
G. Kuhn in Berg geliefert und darf als ein
hervorragendes Erzeugnis des deutschen Ma-
schinenbaues bezeichnet werden.
Die Dampfmaschine treibt, falls ihre Leistung
nicht abgebremst wird, mittels Riemen bei
Scheibendurchmessern von 4000 mm und
5800 mm (vergl. Blatt 4) zwei im unteren Ge-
schosse liegende, gekuppelte, doppeltwirkende
Pumpen (vergl. Blatt 4, 5 und 3) von 170 mm
Cylinderdurchmesser und 760 mm Hub, Die
eine Seite dieses Zwillingspumpwerks ist mit
selbsthätig spielenden Ventilen, die andere
Seite mit gesteuerten Ventilen versehen. Als
höchster Betriebsdruck sind 100 m Wassersäule
vorgesehen. Stündlich können etwa 250 Kubik-
meter Wasser, welches dem Neckarkanal ent-
nommen wird und später wieder in denselben
zurückfliesst, gefördert werden.
Zur Messung der von dem Pumpwerk that-
sächlich geforderten Wassermenge dienen die
im Grundriss Blatt 3 gezeichneten Wasser-
behälter.
Die Pumpen mit Zubehör wurden gleichfalls in
der Maschinenfabrik von G. Kuhn in Berg gebaut.
Als stehende Dampfmaschine ist eine
Heissdampfmaschine, geliefert von der
Dingler sehen Maschinenfabrik in Zweibrücken,
mit zwei liegenden, einfach wirkenden Hoch-
druckcylindern (220 mm Durchmesser) und
einem stehenden, doppeltwirkenden Niederdruck-
cylinder (400 mm Durchmesser) bei 350 mm
gemeinschaftlichem Hub angeordnet (vergl.
Blatt 5, Erdgeschoss rechts). Sie ist für über-
hitzten Dampf bis 360^ C. und für eine An-
fangsspannung von 1 2 Atm. Überdruck bestimmt.
Ihre Leistung beträgt für 170 Umdrehungen in
der Minute bei 1 1 Atm. Anfangsspannung,
320® C. Eintrittstemperatur und rund 30 Proz.
Füllung in den Hochdruckcylindern reichlich
50 Nutzpferdestärken.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
27
Die Maschinenhalle ist mit einem La ufkrahn
für 4CXX) kg Höchstlast, geliefert von der Ma-
schinenfabrik E. Becker in Berlin, ausgerüstet
(Blatt 2, 4 und 5). Im Erdgeschoss befindliche
Teile, welche durch den oberen Boden der
Maschinenhalle verdeckt sind, können durch
herausnehmbare Platten in diesem Boden für
den Laufkrahn zugänglich gemacht werden.
Das 4 Meter hohe Mittelthor der Maschinen-
halle ermöglicht in Verbindung mit den an
dieser Stelle ebenfalls herausnehmbar angeord-
neten Bodenplatten in bequemer Weise das
Aus- und Einbringen von grossen und schweren
Teilen, wie z. B. der Hälften der grossen
Schwungradriemscheibe auf der Kurbelwelle
des Pumpwerks.
In der Maschinenhalle finden sich weiter
die Einrichtungen zu Versuchen mit Ven-
tilen, zur Bestimmung der Massstäbe für
Indikatorfedern mit einem bis 23 Atm.
reichenden Quecksilbermanometer, eine
Centrifugal pumpe u. s. w. Die letztere
(vergl. Blatt 4 und 5, Kellergeschoss), welche
von der Transmission, auf die ein Gasmotor
wirkt, betrieben wird, hat bei eintretendem
Hochwasser noch die Aufgabe, das trotz des
Abschlusses durch undichte Stellen eintretende
Wasser foj^zuschafien und so das zum grossen
Teile unter dem Hochwasserspiegel liegende
unterste Geschoss freizuhalten.
Das Kesselhaus (Blatt 3 und 5) enthält
3 Dampfkessel für Dampfspannungen bis 15
Atm. und zwar:
I Kessel mit rund 100 qm Heizfläche nach
System Pregardien mit Schrägrostfeuerung,
I Kessel mit 15 qm Heizfläche, Lokomobil-
system,
I Kessel mit 8 qm Heizfläche, Dampfspritzen-
system.
Ferner enthält das Kesselhaus:
I Dampfgefäss (mittelbar geheizter Dampf-
kessel) zur Erzeugung von Dampf bis reich-
lich 12 Atm. Betriebsdruck,
I Dampfuberhitzer für Überhitzung bis 400" C,
1 Speisewasserreiniger,
I Wägevorrichtung für die Kohlen,
3 Wägevorrichtungen für das Speisewasser,
4 Speisepumpen,
I Injektor,
und zur Kraftgasanlage gehörig:
I kleinen Dampfkessel, den Generator und
den Vorwärmer.
Die beiden zuerst angeführten Kessel sowie
das Dampfgefäss wurden von der Maschinen-
fabrik Esslingen geliefert, der dritte Dampf-
kessel vonderWagen bau ans t alt und Waggon-
fabrik vormals Busch in Bautzen, der Dampf-
überhitzer von A. Hering in Nürnberg, der
Speisewasserreiniger von Hans Reisert in Köln,
die Wagen von Haushahn in Stuttgart, die
Speisepumpen von G. Kuhn in^Berg.
An den inneren Umfassungswandungen des
Kesselhauses entlang ist ein Kanal angeordnet
(Blatt 3), in welchem die Rohrleitungen für
Dampf und Wasser untergebracht sind. Von
demselben fuhrt eine Kanalabzweigung nach
dem Kellergeschoss des Lehrgebäudes, um bei
notwendig werdender Heranziehung desselben
zu Versuchszwecken Dampfund Wasser bequem
nach dort leiten zu können.
Der vom Kohlenraum kommende Kohlen-
wagen kann auf der beim Eintritt in das Kessel-
haus vorhandenen Brückenwage (Blatt 3) 'ge-
wogen werden.
Der Schornstein (vergl. insbesondere
Blatt 5) von 35 m Höhe und i m kleinster
Lichtweite trägt aussen in einfacher Weise durch
Spannringe befestigt eine Leiter, damit in ver-
schiedenen Höhen Temperatur und Zug im
Innern bestimmt werden können, zu welchem
Zweck an den Stellen, wo dies geschehen soll,
Rohrstücke eingemauert sind, durch die Thermo-
meter und Zugmesser eingebracht werden.
Auch Gase zur Untersuchung können an diesen
Stellen entnommen werden. Um das Abstürzen
der Studierenden oder anderer Personen, welche
die Ablesungen der Instrumente oder sonstige
Besorgungen auszufuhren haben, zu verhindern,
wurde die Leiter mit Scbutzbügeln versehen.
Der an das Kesselhaus links sich anschlies-
sende Kraftgasraum (Blatt 3) enthält den Skrub-
ber mit 'Wasserrieselung, den Wascher, den
Gasbehälter und einen Gasmesser.
In dem daneben liegenden Gasmotoren-
raum sind eine 8 pferdige und eine 25 pferdige
Gaskraftmaschine nebst den dazu gehörigen
und für die Untersuchung erforderiichen Ein-
zelheiten aufgestellt. Für gewöhnlich wird der
8 pferdige Motor mit Leuchtgas betrieben, doch
kann er ebenso mit Kraftgas gespeist werden,
wie dem 2 5 pferdigen Kraftgasmotor Leuchtgas
zugeführt werden kann.
Die Kraftgasanlage, die Gasmotoren nebst
allem Zubehör wurden von der Gasmotoren-
fabrik Deutz geliefert.
In der über dem Gasmotorenraum liegenden
Werkstatt finden sich: 2 Drehbänke, i Bohr-
maschine, I Feilmaschine, i Schleifstein u. s. w.,
sowie die Transmission, welche von den Gas-
motoren angetrieben werden kann; ferner die
Einrichtungen zu Untersuchungen von Ge-
trieben. Ein Schwenkkrahn (Blatt 3) er-
möglicht den Transport schwerer Gegenstände
in die Werkstatt und von ihr ins Freie.
Die hinter dem Gasmotorenraum gelegene
Schmiede (vergl. Blatt 3) ist durch eine ver-
glaste Wendeltreppe von der Werkstatt aus
leicht zugänglich.
Der hinter dem Kesselhaus stehende Sc hup-
28
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
pen (Blatt 3 und 5) ist zur Hälfte für die Auf-
bewahrung von Brennmaterial bestimmt, zum
anderen Teile zur Unterbringung von beweglichen
Einrichtungen verschiedener Art, insbesondere
von solchen zu hydraulischen Versuchen;
ausserdem ist in diesem Teil ein Erdölmotor
aufgestellt. Die vorhandene Gleisverbindung
mit Drehscheibe (Batt 3) ermöglicht den leichten
Transport der betreffenden Einrichtungen.
An Betriebspersonal stehen dem Labo-
ratorium ausser mir als Vorstand zur Verfü-
gung: ein wissenschaftlich gebildeter Maschinen-
ingenieur (Maschineninspektor), ein Maschinen-
meister, 2 Schlosser, i Heizer und i Arbeiter.
Bei dem Entwurf des ganzen Baues und
seiner Einzelheiten bin ich — soweit es die
Verhältnisse jeweils gestatteten — auf mög-
lichste Zugänglichkeit, auf thunlichst viel Licht
(vergl. insbesondere Bl. 2) sowie darauf be-
dacht gewesen, dass die Räume, die Maschinen
und sonstigen Einrichtungen sauber gehalten
werden können, und zwar nicht bloss im un-
mittelbaren Interesse des Unterrichts sowie zum
Zwecke, die Instandhaltung zu sichern, sondern
namentlich auch deshalb, damit die Studieren-
den, welche in dem Laboratorium gearbeitet
haben werden, sich während ihrer späteren
Thätigkeit als entwerfende und ausführende In-
genieure derselben Rücksichtnahme befleissigen
möchten. In den bezeichneten Richtungen wird
heute bekanntlich noch recht häufig gesündigt.
Dabei wurde der Umstand, dass das Labo-
ratorium seiner Natur nach nicht ein auf Jahr-
zehnte hinaus fertiges Institut, sondern eine in
fortgesetzter Entwicklung begriffene Arbeits-
stätte für Unterricht und Forschung ist, stets
im Auge behalten.
Bauzeit und Beginn des Betriebs.
Die Grabarbeiten wurden im April 1898 be-
gonnen und bereits im Januar 1900 konnten die
ersten Übungen mit Studierenden an der Haupt-
dampfmaschine aufgenommen werden. Um dies
zu erreichen, war allerdings eine recht sorgfal-
tige Vorbereitung, eine sehr eingehende, viel
Mühe und Zeit erfordernde Durcharbeitung der
maschinellen Einrichtungen und ihrer Einzel-
heiten in verhältnismässig kurzer Zeit nötig.
Würde die Industrie weniger stark beschäftigt
gewesen sein, so dass die vereinbarten Liefe-
rungszeiten eingehalten worden wären, so hätten
die ersten Übungen bereits im Oktober 1899
begonnen werden können.
Stuttgart, den 19. Juli 1901.
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
Theodor Paul (Tübingen), Die Bedeutung der
Ionen-Theorie für die physiologische Chemie. ^)
Weitaus die meisten biologischen Vorgänge
in Pflanzen und Tieren beruhen auf einer Wechsel-
wirkung der Stoffe in gelöstem Zustande, da
nicht nur die flüssigen Bestandteile der Orga-
nismen, sondern auch die festeren Gewebe als
Lösungen aufzufassen sind, seitdem die neuere
Chemie ausser den flüssigen auch feste Lö-
sungen kennt. Es war deshalb zu erwarten, dass
die Fortschritte, welche man in der Erkenntnis
des Wesens der Lösungen machte, auch be-
fruchtend auf die Physiologie einwirken, und
dass zwei wissenschaftliche Errungenschaften
ersten Ranges, die Theorie der Lösungen von
van't Hoff und die Theorie der elektrolyti-
schen Dissoziation von Svante Arrhenius,
durch welche unsere Anschauungen vom Zu-
stande der Stofiie in Lösungen in vollkommen
neue Bahnen gelenkt worden sind, für gewisse
Gebiete der physiologischen Chemie einen
Wendepunkt bedeuten würden. Obwohl die
i) Vereinigte Sitzung der beiden Hauptgnippen, Mittwoch,
25. September 1901.
Zahl der Forscher, welche diese Theorien fiir
die Lösung physiologisch-chemischer und all-
gemein-physiologischer Probleme nutzbar zu
machen versuchten, noch relativ klein ist, und
wenn auch die Ergebnisse ihrer Untersuchungen
vielfach noch sehr lückenhaft sind, so lässt sich
doch schon jetzt mit Bestimmtheit sagen, dass
viele der zahllosen Widersprüche und Unklar-
heiten, denen man in der physiologischen Lit-
teratur so häufig begegnet, nur auf Grund dieser
neueren Anschauungen gelöst werden können.
Bisher nahm man an, dass in einer wässerigen
Lösung, z. B. in einer Kochsalzlösung, neben
den Wassermolekeln Chlornatrium-Molekeln ent-
halten sind. Da aber eine solche Lösung den
elektrischen Strom leitet, und da deren osmo-
tischer Druck grösser ist, als den molekularen
Verhältnissen entspricht, so nimmt man nach
der Theorie der elektrolytischen Dissoziation
oder der „Ionen-Theorie'* an, dass in einer
Kochsalzlösung nicht sämtliches Salz in der
Form von iV^CT-Molekeln enthalten ist, sondern
dass die Mehrzahl der letzteren in elektrisch
geladene Teilstücke, die Natrium-Ionen (iVa-Ionen)
I
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
29
und die Chlor-Ionen (O'-Ionen), zerfällt, welche
den Transport der Elektrizität beim Durch-
gange eines elektrischen Stromes vermitteln,
und deren jedes den osmotischen Druck der
Lösung in demselben Grade beeinflusst, wie
eine intakte Molekel. Dieser Vorgang der
Spaltung der Kochsalzmolekeln in elektrisch
geladene Ionen, welcher stets mit dem Auf-
lösen des Salzes in Wasser verbunden ist und
ohne jede Zuführung der Elektrizität von aussen
vor sich geht, findet bei sämtlichen Salzen,
Säuren und Basen statt, Stoffen, deren wässerige
Lösungen den elektrischen Strom leiten, und
welche man deshalb mit dem gemeinsamen
Namen „Elektrolyte" bezeichnet. So zerfällt
das salpetersaure Silber AgNO^ in das positive
Silber-Ion (4^-Ion) und in das negative Sal-
petersäure-Ion (iV03-Ion), das chlorsaure Kalium
in das positive Kalium-Ion (if-Ion) und in das
negative Chlorsäure-Ion (67Öj-Ion). Die Säuren
sind dadurch charakterisiert, dass sie sämtlich
in wässeriger Lösung positive Wasserstoff-Ionen
(//-Ionen) abspalten, unter gleichzeitiger Bildung
eines für jede Säure charakteristischen nega-
tiven Ions. Die Ionen der Salzsäure sind die
positiven Wasserstoff-Ionen (//-Ionen) und die
negativen Chlor-Ionen (C7-Ionen), diejenigen der
Salpetersäure die positiven Wasserstoff-Ionen
(//-Ionen) und die negativen Salpetersäure-Ionen
(zVöj-Ionen), und die der Essigsäure die posi-
tiven Wasserstoff-Ionen (^-lonen) und die ne-
gativen Essigsäure-Ionen ( CH^ . CO 0-Ionen). Die
Basen sind Verbindungen, welche in wässeriger
Lösung negative Hydroxyl-Ionen (0//-Ionen)
neben den fiir jede Base spezifischen positiven
Ionen abspalten. So enthält die Kalilauge
ausser den negativen Hydroxyl-Ionen (ö//-Ionen)
positive Kalium-Ionen (A"-Ionen), die Natron-
lauge positive Natrium-Ionen (A^a-Ionen) und
die wässerige Ammoniaklösung positive Am-
monium-Ionen (AWj-Ionen). Die „Stärke" der
Säuren und Basen richtet sich nach dem Dis-
soziationsgrade dieser Verbindungen. Eine
Säure oder eine Base ist um so stärker, je
grösser die Konzentration der positiven Wasser-
stoff-Ionen oder negativen Hydroxyl-Ionen in
ihrer wässerigen Lösung ist, wenn gleiche mole-
kulare Mengen dieser Verbindungen gelöst
werden. So ist die Essigsäure eine ungefähr
hundertmal schwächere Säure, als die Salz-
säure, und das Ammoniak eine ungefähr hundert-
mal schwächere Base, als die Kalilauge.
Obgleich diese neue Auffassung vom Zu-
stande der Stoffe in Lösungen, gegenüber
unserer bisherigen Anschauung, wegen der an-
genommenen Spaltung der Molekeln und des
Heranziehens neuer hypothetischer Hilfsstoffe,
der Ionen, eher einen Rückschritt als einen
Fortschritt zu bedeuten scheint, lässt sich doch
an einer Reihe von praktischen Beispielen
zeigen, dass uns die Ionen-Theorie die Mittel
und Wege an die Hand giebt, die Zusammen-
setzung verschiedener bisher ungenügend er-
forschter Körperflüssigkeiten zu ermitteln, und
dass sie uns in den Stand setzt, komplizierte
physiologisch-chemische Vorgänge auf einfache
wohlbekannte Gesetze zurückzuführen, und für
die physiologische Wirkung vieler Stoffe eine
einheitliche und ungezwungene Erklärung zu
geben. So bedeutete es einen prinzipiellen
Fortschritt, als vor einigen Jahren St. Bu-
garszky und F. Tan gl bei ihren Unter-
suchungen über die Zusammensetzung des Blut-
serums durch die Bestimmung der Gefrier-
punktserniedrigung, welche sich mit Hilfe der
von Ernst Beckmann konstruierten Apparate
in kurzer Zeit mit grosser Genauigkeit ausfuhren
lässt, die Gesamtkonzentration der gelösten
nichtdissoziierten Molekeln und der Ionen er-
mittelten , und die Konzentration der letzteren
durch elektrische Leitfähigkeitsversuche fest-
stellten. Eine ähnliche Untersuchung hat fast
gleichzeitig HansKoeppe über den Salzgehalt
der Frauen- und Kuhmilch ausgeführt. Seitdem
Reaumur als einer der ersten um die Mitte
des 18. Jahrhunderts den Magensaft von Tieren
auf seine Acidität untersuchte, ist die Zahl der
darüber veröffentlichten Arbeiten auf mehrere
Hunderte angewachsen. Trotzdem ist es bis-
her nicht möglich gewesen, die Konzentration
der Säure im Magensaft in absoluten Zahlen
anzugeben. Die Ursache dieses Misserfolges
liegt neben der Unzulänglichkeit der Unter-
suchungsmethoden vor allem in der Frage-
stellung. Nachdem man in Erfahrung gebracht
hatte, dass der Mageninhalt zur regelrechten
Verdauung der Speisen sehr stark reagieren
muss, war man vor allem darauf bedacht, die
„freie Salzsäure" quantitativ zu bestimmen.
Über den Begriff der „freien Salzsäure"
herrschten indessen fast ebensoviele Ansichten,
als es Untersuchungsmethoden gab, und eine
Klärung dieser verschiedenen Anschauungen
wurde noch dadurch um so schwieriger, als
die im Magen gleichzeitig anwesenden Eiweiss-
stoffe und Amidoverbindungen , je nach dem
Grade der vorhandenen Acidität, verschiedene
Mengen der „freien Säure" locker zu binden
vermögen, sie aber mehr oder weniger abgeben,
wenn die Konzentration der „freien Säure" unter
einen gewissen Betrag sinkt. Da also die
vorübergehend an Eiweissstoffe und andere Sub-
stanzen gebundene Säure ebenfalls an der Ver-
dauung teilnehmen kann, machte man den Vor-
schlag, nicht die ,, freie Salzsäure", sondern die
„physiologisch wirksame Salzsäure" zu bestim-
men. Durch die Einfuhrung dieses neuen Be-
griffes war wohl ein neuer Gesichtspunkt 'für
die Beurteilung der nach den verschiecj^ren
Untersuchungsmethoden erhaltenen Räis der
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Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
geschaffen, nicht aber ein Weg gefunden, die
Frage objektiv zu lösen. Die Ionen-Theorie setzt
uns in den Stand, den Begriff der Acidität des
Magensaftes in ganz unzweideutiger Weise zu
präzisieren: Die Acidität ist identisch mit der
Konzentration der darin enthaltenen Wasser-
stoff-Ionen. Die exakte Messung derselben
lässt sich mit Hilfe einer galvanischen Konzen-
trations-Kette bewerkstelligen , deren Theorie
von Walter Nernst aufgestellt wurde. Die
Titration lässt sich hierzu nicht benutzen, da
gleiche molekulare Mengen der starken Salz-
säure und der schwachen organischen Säuren,
wie Essigsäure und Buttersäure, gleiche Volu-
mina Kalilauge oder Natronlauge zur Sättigung
brauchen. Damit soll nicht in Abrede gestellt
werden, dass sich mit Hilfe passend gewählter
Indikatoren, wie z. B. Methylviolett, Tropäolin
oder Kongorot, welche erst auf eine grössere
Wasserstoff-Ionen-Konzentration reagieren , für
die ärztliche Praxis brauchbare, vergleichende
Werte ermitteln lassen. Ja, es ist wünschens-
wert, dass diese Methode mit Hilfe der Theorie
der Indikatoren weiter ausgebildet wird, welche
WilhelmOstwald auf Grund der Ionen-Theorie
aufgestellt hat, und die es ermöglicht, die zahl-
reichen Indikatoren der Acidimetrie und Alkali-
metrie nach einem einheitlichen Gesichtspunkte
zu klassifizieren und die für jeden Indikator
charakteristische Empfindlichkeitsgrenze festzu-
stellen. In neuester Zeit hat Rudolf Höber
versucht, die Konzentration der Hydroxyl-Ionen
im Blut, also dessen Alkaleszenz zu bestimmen,
indem er defibriniertes Rinderblut mit ver-
dünnter Natronlauge bezw. Salzsäure von be-
stimmtem Gehalt zu einer galvanischen Kon-
zentrationskette verband und die elektromoto-
rische Kraft des auftretenden galvanischen
Stromes ermittelte. Wenn auch die bei diesen
ersten Versuchen erhaltenen Zahlen noch mit
recht grossen Fehlern behaftet sind, so zeigen
sie doch die prinzipielle Brauchbarkeit der Me-
thode. Die Eigenschaft der Eiweissverbin-
dungen, mit stärkeren Säuren lockere, salzartige
Verbindungen zu bilden, welche für die Pepsin-
verdauung sehr wichtig sind, hat vor mehreren
Jahren John Sjövist auf Grund der Ionen-
Theorie klar gelegt und mit Hilfe von elektri-
schen Leitfähigkeitsmessungen quantitativ be-
stimmt. Einige Jahre später (1898) haben
Stefan Bugarsky und Leo Liebermann
das Bindungsvermögen eiweissartiger Stoffe für
Salzsäure, Natriumhydroxyd und Kochsalz durch
die Messung der elektromotorischen Kräfte in
galvanischen ,, Gasketten'' und durch die Be-
stimmung der Gefrierpunktserniedrigung er-
mittelt. Die nach diesen, voneinander unab-
hängigen Methoden gefundenen Werte stimmen
i) veJoefriedigend überein und sind insofern ein
25. Scptemb für die Stichhaltigkeit und Zweckmässig-
keit der neueren Anschauungen, als die darauf
gegründeten Rechnungen sich der Erfahrung
anschliessen.
Paul Grützner hatte gefunden, dass die
Kase'infällung in der Milch, welche durch äqui-
molekulare Säurelösungen veranlasst wird, je
nach der Stärke der betreffenden Säure quan-
titativ ganz verschieden ist. Setzt man den
Säurelösungen gleichionige Salze zu, wie z. B.
der Essigsäure essigsaures Natrium, so wird die
Menge des ausgefällten Kaseins geringer, ob-
wohl bekanntlich die Salze die Ausfallung von
Eiweisskörpern im allgemeinen unterstützen.
Wie war diese merkwürdige Erscheinung zu
erklären ? Die Ionen-Theorie giebt auf diese
Frage folgende Antwort: die Konzentration der
Wasserstoff-Ionen in der wässerigen Lösung
einer mittelstarken oder schwachen Säure muss
nach dem Massenwirkungsgesetze durch den Zu-
satz eines gleichionigen Salzes geringer werden,
und deshalb wird die Fähigkeit der Säure, das
Kasein auszufällen, auch geringer. Mit Rück-
sicht auf die grosse Bedeutung, welche dem
Verhalten der Harnsäure und ihrer Salze im
Blute, im Harn und in den Gewebsflüssigkeiten
zukommt, da verschiedene häufig auftretende
und besonders schmerzhafte Krankheiten auf
einer pathologischen Abscheidung der Harn-
säure und ihrer Salze im Körper beruhen, haben
Wilhelm His d. J. und Theodor Paul be-
gonnen, das Verhalten dieser Stoffe in Lösungen
vom Standpunkte der Ionen-Theorie einer syste-
matischen Untersuchung zu unterziehen. Sie
fanden u. a. in Übereinstimmung mit den Lehren
der Ionen-Theorie, dass die Abscheidung eines
schwerlöslichen harnsauren Salzes aus einer
Lösung nicht nur von der Löslichkeit des be-
treffenden Salzes abhängt, sondern dass die
gleichzeitig in der Lösung anwesenden Salze,
welche mit jenem ein Ion gemeinsam haben,
eine beträchtliche Löslichkeitsverminderung ver-
anlassen können. So löst sich z. B. das saure
harnsaure Natrium in Wasser von Zimmer-
temperatur im Verhältnis von 1:1130, in einer
physiologischen Kochsalzlösung dagegen, welche
nur 7 g Chlornatrium im Liter enthält, erreicht
die LösHchkeit nicht einmal das Verhältnis
I : 1 1000, da die Dissoziation des Natriummuriats
durch die Natrium-Ionen des Kochsalzes er-
heblich vermindert wird. Eine weitere Über-
legung zeigte , dass die zur Zeit noch ganz
allgemeine Vorstellung irrig ist, wonach die
Darreichung von Lithium-, Piperazin-, Lysidin-
und ähnlichen Präparaten, deren harnsaure Salze
in Wasser leicht löslich sind, im Organismus
eine Umsetzung mit den abgelagerten schwer
löslichen harnsauren Salzen und die Bildung
der leichtlöslichen Verbindung veranlassen
könne.
Im innigen Zusammenhange mit der Kon-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
31
sdtution einer Lösung steht auch ihre physio-
logische Wirkung, und da die Salze, Säuren
und Basen in wässeriger Lösung mehr oder
weniger in Ionen zerfallen, muss sich auch
deren physiologische Wirkung aus derjenigen
der nicht dissoziierten Molekeln und der Ionen
zusammensetzen. Thatsächlich haben zahlreiche
Beobachtungen diese Erwartung bestätigt. So
besitzen nach den Versuchen Wilhelm Pfeffers
die verschiedenen äpfelsauren Salze, deren
wässerige Lösungen sämtlich das Äpfelsäure-Ion
enthalten, die gleiche anlockende Wirkung auf
Schwärmsporen von Algen, während die nicht-
dissoziierenden Äpfelsäureester diese Eigenschaft
nicht zeigen. D res er prüfte die Gift Wirkung !
von Quecksilbersalzen auf Hefezellen, Frösche
und Fische, und fand, dass das Kaliumqueck-
silberhyposulfit viel langsamer und schwächer
wirkte, als Cyan-, Succinimid- und Rhodan-
quecksiiber, obgleich der Quecksilbergehalt
in allen Lösungen gleich gross war. Er
führte das abnorme pharmakodynamische Ver-
halten des Kaliumquecksilberhyposulfits auf die
geringe Konzentration der Quecksilber-Ionen in
dessen wässeriger Lösung zurück. Bei Gelegen-
heit einer ausgedehnten, unter Zugrundelegung
der neueren physikalisch-chemischen Theorien
angestellten Untersuchung über das Verhalten
der Bakterien zu chemischen Stoffen aller Art
haben Bernhard Krönig und Theodor Paul
geprüft, ob die Giftwirkung von Metallsalzen,
Säuren und Basen im Zusammenhange mit
deren elektrolytischer Dissoziation stehe. Diese
Untersuchung war um so interessanter, als
Behring den im schroffsten Gegensatz zu dieser
Annahme stehenden Satz aufgestellt hatte, dass
z. B. „der desinfizierende Wert der Queck-
silberverbindungen im wesentlichen nur von dem
Gehalt an löslichem Quecksilber abhängig ist,
die Verbindung mag sonst heissen wie sie
wolle". Redner zeigt an der Hand zahlreicher
Tabellen, dass diese Ansicht Behrings voll-
ständig mit den Thatsachen im Widerspruch
steht. So wurde die keimtötende Kraft der
Halogenverbindungen des Quecksilbers , von
denen wir wissen, dass sie verschieden stark
dissoziiert sind, sehr verschieden gefunden, und
zwar entsprach sie ganz dem elektrolytischen
Dissoziationsgrade dieser Salze. Auch bei den
Silber- und Goldsalzen Hess sich Ähnliches be-
obachten: die gut dissoziierenden Verbindungen
wirkten sehr stark, die komplexen Salze dagegen,
in deren wässeriger Lösung die Konzentration
der Metall-Ionen nur gering ist, waren viel
weniger giftig. Die Giftwirkung der Säuren
und Basen entsprach im allgemeinen der Kon-
zentration der Wasserstoff-Ionen resp. Hydroxyl-
lonen. Auch die Änderungen des Dissozia-
tionszustandes von Metallsalzen , welche der
Zusatz eines gleichionigen anderen Salzes be-
wirkt, kam bei der Giftwirkung sehr schön zum
Ausdruck. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten
Scheurlen und Spiro, welche die Gift Wirkung
von Quecksilber- und Eisenverbindungen auf
Bakterien prüften, und Louis Kahlenberg
und seine Mitarbeiter, welche Salze, Säuren
und Basen verschiedenen Dissoziationsgrades
auf Pflanzenkeime einwirken Hessen und die
Konzentration der Lösungen bestimmten, welche
diese Keime innerhalb einer gewissen Zeit ab-
tötete. Die Untersuchungen von H. L. Stevens,
J. F. Clark u. a., welche zum Teil zu anderen
Ergebnissen ftihrten , stehen mit der Ionen-
Theorie nicht im Widerspruch, da diese Autoren
die entwickelungshemmende Wirkung verschie-
den dissoziierter Elektrolyte prüften, und hier-
bei, wie B. Krönig und Th. Paul, nachge-
wiesen haben, dass nur die Gesamtkonzentration
des in Lösung befindlichen Stoffes ohne Rück-
sicht auf seine Dissoziation massgebend ist.
Mit Rücksicht auf diese letztgenannten und
andere Untersuchungen, welche die Anwendung
der Ionen-Theorie auf physiologische Vorgänge
betreffen, weist Redner darauf hin, dass man
bei Deutung von Versuchen an höher organi-
sierten Lebewesen, und besonders beim Tier-
experiment mit grosser Vorsicht zu Werke
gehen muss, da hierbei noch eine Reihe an-
derer Faktoren, als lediglich der Dissoziations-
grad der Stofte und die Eigenschaften der Ionen
massgebend sind. Zu verurteilen ist ferner die
sich in neuerer Zeit besonders in Deutschland
geltend machende Unsitte, die neueren physi-
kalisch-chemischen Theorien fiir die Anpreisung
von Heilmitteln und besonders für die Wirk-
samkeit der Heilquellen zu verwenden. Durch
solche und ähnliche Gepflogenheiten kann und
muss die Bedeutung der neueren Anschauungen
in Misskredit gebracht werden.
(Selbstrcferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 27. Oktober 1901.)
Edm. Hoppe (Hamburg), Elektrodynamische
Konvektion.
Die Versuche schliessen sich an diejenigen
an, welche in der Elektrot. Zeitschrift 21, 507,
1900, veröffentlicht sind. Es handelt sich im
wesentlichen um folgende Experimente. Eine
Glasröhre wird zu einer engen Spitze aus-
gezogen, durch deren Öffnung ein Platindraht
eng anschliessend, aber beweglich eingeführt
wird. Füllt man diese Röhre mit einem Elektro-
lyten oder Quecksilber, so soll, wenn dieses
Rohr in der Luft: hängt, aus der Öffnung keiner-
lei Flüssigkeit austreten. Wird diese Vorrich-
tung nun in ein mit Brunnenwasser oder einer
sehr schwachen Lösung gefülltes Becherglas
gethan, so wird der Elektrolyt diffundieren und
in ganz zarten Fäden die bekannten Schlieren
bilden, während das Quecksilber nicht aus der
32
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
Röhre fliesst. Sendet man nun einen Strom
durch den Apparat, indem man ein Platinblech
oder eine andere Metallelektrode in das Becher-
glas hängt, so wird, wenn die Röhre einen
Elektrolyten enthält, die Diffusion vermehrt und
zwar entsprechend der Stromstärke, während
bei geeigneter Stromstärke das Quecksilber aus
der Röhre getrieben wird, und zwar bei wach-
sender Stromstärke mehr, ohne jedoch pro-
portionale Verhältnisse zu zeigen. Das Phäno-
men tritt nicht ein, wenn man die Röhre mit
einem Pole der Influenzmaschine verbindet,
weder wenn der Becher isoliert ist, noch wenn
die zweite Elektrode geerdet wird. Höchstens
erscheint, wenn die Öffnung der Glasspitze etwas
grösser ist, der bekannte Meniskus; aber zum
Tropfen oder gar zum Ausfliessen kommt es nicht.
Dagegen erscheint das Ausfliessen des
Quecksilbers, einerlei ob man den Draht zur
Anode oder Kathode macht, aber im ersten
Falle wird nach einiger Zeit durch die Oxy-
dation die Öffnung der Röhre verstopft, und die
Erscheinung hört auf, bis das Hindernis mecha-
nisch beseitigt wird. Ist der Platindraht Ka-
thode, so kann man bei geeignetem Nachfüllen
der Flüssigkeit im Rohre dies Ausfliessen, wie
es scheint, unbegrenzt fortdauern lassen. Eine
Unterbrechung tritt nur ein, wenn im unteren
Ende der Röhre die Gasentwickelung selbst
eintritt und dies Gas unter dem Drucke des
Quecksilbers das Ausfliessen verhindert.
Zur Erklärung der Erscheinung scheint die
Oberflächenspannung nicht herangezogen werden
zu dürfen wegen der negativen Versuche mit der
Influenzmaschine, und weil der Draht sowohl
Anode als Kathode sein kann. Dagegen scheint
folgender Versuch eine dynamische Wirkung
anzuzeigen: Man steckt einen Kupferdraht durch
einen recht weichen, gut elastischen Gummi-
schlauch und bindet diesen am unteren Ende
fest, so wird der Schlauch, mit Quecksilber ge-
füllt, eine Ausbauschung erfahren; Sendet man
nun durch den Draht einen Strom, so wird der
Querschnitt des Schlauches kleiner. Diese
Kontraktion betrug z. B. bei einem Durch-
messer von 16,25 "^rn ohne Strom eine Ver-
minderung auf 16,1 mm mit Strom von 4 Amp.
bei 108 Volt. Das scheint daher zu kommen,
dass der Strom durch das Quecksilber neben
dem Drahte fliesst und die parallelen Strom-
fäden von dem Strome im Drahte angezogen
werden. Allein genügt diese Anziehung aber
nicht zur Erklärung des ersten Phänomens, da das-
selbe in Luft nicht eintritt. Es ist also die
Gasentwickelung auch notwendig und glaube
ich, dass diese mechanische Erschütterungen
hervorruft, so dass das an die Oberfläche ge-
drückte Quecksilber erst hierdurch zum Aus-
fliessen aus der Röhre gebracht wird.
(Eingegangen 4. Oktober 1901.)
Georg W.A. Kahlbaum (Basel), Über Metall-
destillation und über destillierte Metalle.
Die Arbeit, über die ich Ihnen berichten
will, die Destillation der Metalle und die phy-
sikalische Untersuchung derselben, ist eine recht
umfangreiche, sie hat mich rund 10 Jahre —
allerdings durchaus nicht ausschliesslich — be-
schäftigt. Berichtet habe ich Ihnen darüber be-
reits 1893 in Nürnberg und 1899 in München. *)
Die Ausdehnung der Arbeit bringt es mit
sich, dass ich auf Einzelheiten nicht eintreten
kann, und ganze grosse Gebiete, wie die kry-
stallographische Untersuchung der destillierten
Metalle, die mein Mitarbeiter, Herr Dr. K.Roth,
durchgeführt hat, vollkommen übergehen muss.
In der Zeitschrift für anorganische Chemie, in
der die Arbeit erscheint, wird sich das alles finden.
Von zusammenfassenden Bemerkungen über
die Flüchtigkeit der Elemente sind mir aus der
Litteratur nur zwei bekannt, von Lothar
Meyer und Horstmann. Was da gesagt
wird, ist nicht viel, nicht immer ganz klar, und
widerspricht sich zum Teil. Am allgemeinsten
bekannt ist der von Lothar Meyer behauptete
Zusammenhang zwischen Flüchtigkeit und
Atomvolumkurve. Derselbe wird folgender-
massen ausgedrückt: „Nur die auf den auf-
steigenden Asten der Atomvolumkurve stehen-
den leicht schmelzbaren Elemente sind flüchtig."
Mit Ausschluss von Brom, Jod, Schwefel
u. s. w., deren Flüchtigkeit auch bei gewöhn-
lichem Drucke längst bekannt ist, habe ich
destilliert: Selen, Tellur, Kalium, Natrium,
Lithium, Arsen, Antimon und Wismut,
Magnesium, Calcium, Strontium, Alu-
minium und Thallium, Zink und Kad-
mium, Kupfer, Silber und Gold, Nickel,
Eisen und Chrom, Zirkon und Blei, und
vielleicht auch Zinn.
Von diesen 24 Elementen haben 11: Alu-
minium, Magnesium, Calcium, Strontium,
Kupfer, Silber, Gold, Nickel, Eisen,
Chrom und Zirkon, ihren Platz auf ab-
steigendem Aste oder in den Minimis der
Atomvolumkurve ; womit der Nachweis erbracht
ist, dass, in Bezug auf Flüchtigkeit, sich die
auf aufsteigendem Aste findenden Elemente
eines besonderen Privilegs nicht erfreuen.
Von diesen letztgenannten Metallen war
allein die Flüchtigkeit des Magnesium durch
Schuller, der dasselbe, und mit ihm neun von
den ersterwähnten, im Vakuum destillierte, be-
kannt. Was Stass für Destillation des Silbers
gehalten hatte, war — die Menge lässt sicher
darauf schliessen — wohl nur ein mechanisches
Mitfuhren der geschmolzenen Silberteilchen. —
Über den Destillations-Apparat habe ich
l) Diese Zeitscbrift 1, 62. 67, 1899.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
33
dem in München Gesagten nichts hinzuzufügen '),
nur dass ich die dort beklagte Undurchsichtig-
keit der für sehr hochsiedende Metalle nun
einmal nicht zu umgehenden Porzellanröhren
dadurch behoben habe, dass ich dieselben mit
X-Strahlen durchleuchtete, und dadurch in der
Lage war, die Vorgänge im Porzellanrohr zu
kontrollieren.
Übrigens wurde, je nach dem Schmelzpunkte
des Metalls, den eigentlichen Destillierröhren
eine mehr oder weniger veränderte Form gegeben.
Da die Aufgabe nicht war, die Temperatur
zu bestimmen, bei der ein Metall unter ge-
j^^ebenem Drucke siedete, sondern es darauf an-
kam, nicht unerhebliche Mengen zum mindesten
zweimal überzutreiben, so wurde von einer
genauen Temperaturmessung abgesehen und
nur bestimmt, wie hohe Temperaturen mit den
verschiedenen Wärmequellen zu erreichen waren ;
wobei sich ergab, dass dieselben das Intervall
von 600 — 1450^ C. umfassten. 1450'* C. war
nicht die höchste erreichbare, wohl aber die
höchste, ohne Gefahrdung des Apparates, prak-
tisch verwendbare Temperatur.
Der Druck im Apparat ist von der Tem-
peratur abhängig; so wechselt er, unter Be-
lassung der gleichen Wärmequelle, mit dem
steigenden oder sinkenden Gasdruck der
städtischen Leitung; da er aber zugleich eine
Kontrolle für das richtige Funktionieren des
Apparates und die Leistungsfähigkeit der Pumpe
abgiebt, wurde er täglich vielmal gemessen.
Dabei ergab sich z. B. bei der Destillation des
Eisens: Gesamtdauer der Operation 610
Stunden, mit einmaliger Unterbrechung des
Pumpens — nicht der Destillation und der Evä-
kuation — für etwa eine halbe Stunde behufs
Auffüllen der Luftfänge nach 300 Stunden.
Mittlere Temperatur 1250*^ C. Druck während
der letzten 150 Stunden im Mittel sieben
Hunderttausendstel = 0,00007 mm, nach 600-
stündiger Arbeit beim langsamen Erkaltenlassen
des Apparates
um 7 Uhr 0,00008 mm
„9 „ 0,00004
„II „ 0,00002
„ I „ 0,00001 ,, und
nach dem Löschen der Flamme
um 5 Uhr 0,0000018,
d. h. rund zwei Millionstel Millimeter.
Die letzte Zahl entspricht den niedrigsten
bis heute überhaupt erzielten Drucken.
Diese günstigen Resultate wurden beobachtet
bei den Versuchen, Baryum aus seinen Le-
gierungen abzudestillieren. Das Baryum hat
offenbar eine solche Verwandtschaft zu den
Luftgasen, dass es sie alsbald verschluckt, und
so war denn auch bei den höchsten Tempera-
I] 1. c.
n
n
turen kaum noch ein Druck abzulesen. Doch
dies nur in Parenthese.
Die gegebenen Zahlen zeigen, dass der
Apparat, was die Zeitdauer, wie den Grad seiner
Beanspruchung betrifft, jeder Anforderung genügt.
Von den 24 destillierten Elementen sind
neun bisher näher studiert worden, die anderen
harren noch der Untersuchung. Von diesen
letzteren seien nur, als besonders interessant,
kurz das Calcium und das Strontium er-
wähnt. Das Rohmaterial zu beiden Metallen
verdanke ich Herrn Prof Dr. Adalbert von
Lengyel, der die grosse Güte hatte, es mir zur
Verfügung zu stellen. Beide Elemente wurden
elektrolytisch gewonnen.
Ganz entsprechend den Erfahrungen am
Magnesium, Hessen sich beide alkalische
Erden, diese ureigensten Vertreter der schwer
schmelzbaren Elemente auf fallendem Ast der
Atomvolumkurve, entgegen Lothar Meyers
Anschauung, recht leicht verflüchtigen. Nach
unserer Beobachtung Strontium wohl noch
leichter als Calcium. Dies jedoch ohne Ge-
währ. Beide Metalle reduzieren, wie das
Magnesium, Silicium aus dem Glase, re^p.
Porzellan, des Destillierapparates.
Calcium setzt sich als prächtig silber-
weisser, einen Stich ins Gelbliche zeigender,
deutlich krystallinischer, von den Wandungen
unschwer lösbarer Beschlag an. Das Strontium
stellt wohlausgebildete, in ihrem Habitus an
das destillierte Kadmium oder Silber er-
innernde Agglomerate dar, stark metallglänzend,
doch ins Braungelbe spielend. Das von der
Färbung Gesagte gilt von den einmal destil-
lierten Metallen, es bleibt immerhin möglich,
dass bei wiederholter Destillation die Metalle
silberweiss erscheinen.
Das Strontium setzt sich, im Gegensatz
zum Calcium, als dichter, zäher Mantel an,
der die inneren Wandungen des Destillations-
gefässes so fest umgiebt, dass er sich nicht
lösen, und das Porzellanrohr sich auch mit dem
Hammer nur schwer zertrümmern lässt. Beide
Elemente zersetzen Wasser, doch ohne sich zu
entzünden ; Strontium mit besonderer HefHgkei t.
Calcium verbrennt mit leuchtender weisser
Flamme. Strontium zu entzünden, ist mir
nicht gelungen, entweder weil die Flamme nicht
heiss genug war, oder weil ich es, wie gesagt,
nicht von der Porzellanwand lösen konnte. —
Die neun' untersuchten Elemente waren:
Tellur, Zink, Kadmium, Antimon, Wis-
mut, Blei, Kupfer, Silber, Gold.
Alle diese schlugen sich deutlich krystal-
linisch nieder, so dass bei allen Winkelbestim-
mungen, bei der Mehrzahl Krystallmessungen,
vorgenommen werden konnten. Ich gehe, wie
gesagt, auf diesen Teil der Arbeit hier nicht
ein. Nur die Mikrophotographie eines Tropfens
34
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
geschmolzenen Kupfers, der ganz mit wohl aus-
gebildeten orientierten Oktaedern besetzt ist,
will ich vorlegen. — Es war das die erste
Mikrophotographie, die aufgenommen wurde,
und ist leider übersehen worden, die Ver-
grösserung zu bestimmen. —
Der Zweck der Destillation ist, wie bekannt,
Reinigung; sie ist allen chemischen Methoden,
die stets auf Wechselwirkung von mehreren
Stoften beruhen müssen, aus dem Grunde über-
legen, weil der Stoff für sich allein bleibt. Das
Ideal der Reinigung durch Destillation ist
Schneefall, weil da das destillierte Wasser fest
wird, ohne mit einer Gefässwandung in Be-
rührung zu kommen, und etwa gelöste Gase
ausfrieren. Ersteres ist bei der Destillation im
Vakuum natürlich nicht ausfuhrbar, das letztere
wird jedoch durch das Vakuum auch erreicht;
und das ist nicht unwichtig. Ich erinnere nur
an die Aufnahme von Sauerstoff durch ge-
schmolzenes Kupfer.
Die Destillation im Vakuum wirkt durch-
greifender als die unter gewöhnlichem Drucke,
nicht etwa weil bei Druckabnahme die Siede-
temperaturabstände immer wüchsen, dass dies
nicht der Fall, habe ich genugsam nachgewiesen,
sondern, weil bei vermindertem Drück und ver-
minderter Temperatur in einer Mehrzahl von
Fällen die Lösungsfähigkeit der Stoffe ab-
nimmt. Dass das in allen Fällen für alle Tem-
peraturen und alle Drucke gilt, behaupte ich
nicht.
Dass auch die hochsiedenden Metalle auf
diese Weise gereinigt werden, habe ich an
drastischen Beispielen schon früher nach-
gewiesen. — Fraktionierte Destillation einer
Nickelmünze. — Kennzeichen der Reinigung
ist vollkommene Einheitlichkeit des Beschlages
im Destillierrohr. Bei unreinen Metallen zeigen
sich stets deutlich gesonderte, auch durch die
Farbe unterschiedene Schichten, auch äusserst
geringe Verunreinigungen verraten sich so. —
Neben diesem mehr rohen Hilfsmittel ist
das beste Prüfungsmittel das Spektrum. Das
Metall wird als völlig rein anzusehen sein, dessen
Spektrum vor und nach der Destillation völlig
koinzidiert. Dass bei den von uns untersuchten
Metallen dieser Idealzustand bereits erreicht sei,
wage ich nicht zu behaupten. Für unsere
Messungen waren verhältnismässig zu bedeu-
tende Mengen nötig, um diese beliebig oft
destillieren zu können. Wir Hessen uns also,
vom reinsten Metall ausgehend, an zwei, zu-
weilen drei Destillationen genügen, als Kriterium
der Reinheit die erwähnte Einheitlichkeit des
Beschlages benützend. Zudem waren die ge-
ringfügigen verbleibenden Verunreinigungen für
die von uns zunächst zu bestimmenden phy-
sikalischen Konstanten wohl belanglos.
Der grossen Güte der Herren Eder und
Valenta in Wien verdanke ich eine photo-
graphische Aufnahme des Tellur- Spektrums.
Ausgangsmaterial war sogenanntes reinstes
Tellur. Nach einmaliger Destillation waren
25 Linien, nach der zweiten weitere 21 Linien,
im ganzen also deren 46, ausgeschaltet. Es ist
deutlich ersichtlich, wie zuerst die stärkeren,
von gröberen Verunreinigungen herrührenden
Linien verschwinden, oder abgeschwächt werden,
während durch die zweite Destillation auch die
geringfügigeren Verunreinigungen und feineren
Linien betroffen werden. Andere Linien wer-
den nur abgeschwächt, bleiben aber auch in
der letzten Fraktion noch sichtbar. Aus dem
früher, wie dem eben hier Gesagten geht also
hervor, dass unsere Metalle wohl den Titel
„sehr rein", noch nicht aber „absolut rein"
verdienen.
Für die so gereinigten Metalle sollten mm
als erste physikalische Konstanten die Dichten
und die spezifischen Wärmen bestimmt werden.
Dabei ergab sich dann leider, dass, um zu
einigermassen verlässlichen Zahlen zu gelangen,
sehr viel erheblichere Mengen Metall ange-
wendet, also auch destilliert werden mussten,
als ursprünglich vorausgesetzt war. Denn für
Gold z. B. influiert eine Gewichtsdifferenz des
verdrängten Wassers um nur 0,000 1 g ein Zehn-
tausendstel Gramm, bei Anwendung von i,S g
Metall, die Dichte um zwei Einheiten in der
zweiten, bei 5 g Metall immer noch um acht
Einheiten in der dritten Dezimale.
Helfen konnte da zweierlei, schwerere Flüs-
sigkeiten statt des verdrängten Wassers, oder
mehr Metall.
. Ich übergehe wieder alle Einzelheiten über
schwere Flüssigkeiten, von denen wir mehr
als ein Dutzend bis zum spezifischen Gewicht 3,5
(Thalliumäthylat) dargestellt haben — die
auch optisch untersucht wurden — , sie haben
sich alle nicht bewährt. Wir kehrten also zum
Wasser zurück, das aber involvierte die
Anwendung grösserer Metallmengen. Wieder-
um nach Versuchen in allen Richtungen ent-
schlossen wir uns zur Bestimmung im Pykno-
meter. Damit war aber eine Grenze für die
anzuwendenden Metallmassen durch die zu-
lässige Grösse der Pyknometer, bedingt durch
die mögliche Beanspruchung der Wage, ge-
geben. Daraus resultierte, dass Massen von
rund 1,5 cm^ der handlicheren Form wegen,
zu Cylindern von 45 mm Höhe und 6 mm
Durchmesser, im Vakuum geschmolzen, anzu-
wenden seien. Das entspricht etwa 30 g Gold,
18 g Blei, 16 g Silber, die aber mindestens
zweimal zu destillieren waren.
Auch dieses Schmelzen im Vakuum bot
mancherlei Schwierigkeiten. Antimon, mit
dem Schmelzpunkt 430^ C, schmolz, trotz stun-
denlanger Erwärmung im Luftbad von 650 bis
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
35
660^ C, nicht, und konnte erst bei direkter Er-
wärmung mit der Flamme eines grossen Teklu-
Brenners, die eine Temperatur von etwa lOOO^C.
giebt, geschmolzen werden. Wismut dagegen,
mit dem Schmelzpunkte 270^ C, schmolz voll-
ständig im Luftbade von 280 — 300 ** C. So war
einmal zu befürchten, dass ein Teil des Metalles
fortsublimiere, das andere Mal, dass ein Teil noch
nicht geschmolzen sei. Auch hier gaben die
X-Strahlen erwünschte Auskunft.
Die Bestimmung der spezifischen Wärmen, um
das kürzere Kapitel vorweg zu nehmen, er-
folgte im Eiskalorimeter. Um die Frage zu
entscheiden, ob das Bunsensche, oder die
Schuller -Warthasche Modifikation empfeh-
lenswerter sei, wurden die Bestimmungen in
beiden Apparaten gleichzeitig vorgenommen;
und zwar mit der Vorsicht, dass bei dem
Bunsen-Kalorimeter das ganze Zeigerrohr in
Eis gekühlt und stets möglichst an derselben
Stelle der Skala abgelesen wurde. Da aber
eine Teilung auf Glas nicht wohl weiter als bis
auf einen Millimeter ausgeführt werden kann,
wurde noch ein Vernier aus Celluloid, der in
0,25 mm geteilt war, zu Hilfe genommen, und
mit der Lupe abgelesen. Koinzidenz der
ganzen Teilstriche schützte vor Parallaxe. Die
so gesteigerte Genauigkeit der Ablesung am
Zeigerrohr macht beide Apparate völlig gleich-
wertig, und empfiehlt damit, da alle Wägungen
fortfallen, den so montierten Bunsenschen
Apparat, als den handlicheren.
Auf die Methode der Erwärmung, genauen
Temperaturbestimmung und die Art der Ein-
fuhrung der Metalle in die Kalorimeter gehe
ich wieder nicht ein; nur das soll bemerkt
werden, dass die Resultate innerhalb der
gleichen Grenzen schwankten, wie dies in der
schönen Arbeit von U. Behn der Fall war, der
mehr als 10 mal so grosse Mengen, stets etwa
18 cm^, anwandte.
Wie vorauszusehen, ergaben unsere Beob-
achtungen der spezifischen Wärmen an den
destillierten Metallen eine nennenswerte Ab-
weichung von den früheren Bestimmungen
nicht, es ist deshalb nicht nötig, hier Zahlen
zu geben. —
Schon vor 18 Jahren, 1883, habe ich ein
modifiziertes Flaschenpyknometer beschrieben,
bei dem der Hauptmangel aller solchen Instru-
mente, der Fehler durch die Verdampfung, so
gut wie ganz behoben war. Das Instrument
hat sich, soviel ich weiss, gar nicht eingeführt,
und doch hat es sich auch bei diesen Unter-
suchungen wieder vortrefflich bewährt, und
zwar derart, dass in demselben die Dichten
der Metalle bei in Summa loi Einzelbestim-
mungen im Mittel bis auf 0,0016 für jedes
besondere Individuum übereinstimmend gefunden
werden konnten.
Im ganzen scheint das spezifische Gewicht
eine so abgegriffene Grösse, die, von neuem zu
bestimmen, kaum ein wesentliches Interesse
beanspruchen dürfte. Diese Ansicht ist grund-
falsch.
Hier ein Beispiel. Wir kennen z. B. die
Dichte von gegossenem, gehämmertem, ge-
zogenem und elektrolytischem Kupfer. Nach
den Angaben schwanken dieselben zwischen
8,30 und 8,96, also um 0,66, oder rund 8 Proz.
des Wertes.
Welches ist nun da das spezifische Ge-
wicht des chemischen Elementes Kupfer, dem
doch ein ganz bestimmtes, einziges und un-
wandelbares Gewicht zukommen mussr Das
wissen wir nicht. Ein eingehendes Studium
war also nach der Richtung erwünscht und
geboten. —
Als Ausgangsmaterial für die Kupferdestil-
lation diente uns norwegisches Kronkupfer, das
99,92 Proz. reines Kupfer enthält. Aus einem
kleinen Block dieses Kupfers von etwa 40 mm
Breite, 50 mm Höhe und 70 mm Länge, von
dem reichlich ein Drittel schon anderweitig
verwandt war, wurden 4 Stäbchen in den ge-
dachten Dimensionen abgedreht, und die Dichte
bestimmt. Es wurde gefunden:
Cu, = 8,4412
Cu.^ = 8,6926
Cuj s= später bestimmt.
CU4 = 8,4297.
Bei einer Genauigkeit der Bestimmung, die
etwa 0,001 beträgt, weichen also die Werte
um rund drei Einheiten in der ersten Dezimale,
oder 3,5 Proz. des Wertes ab, und das bei
einem so kleinen Block, der aus so reinem
Material besteht. — Daraus erhellt, dass das,
was wir als spezifisches Gewicht bestimmen,
eine sehr viel individuellere Grösse ist, als im
allgemeinen angenommen wird.
Sehen wir von etwa aufgenommenem Sauer-
stoff* ab, der bei einem so kleinen Block wohl
gleichmässig verteilt sein dürfte, so erklärt sich
die Differenz, um es mit einem Wort auszu-
drücken: aus Gussfehlern, die, ob ganz
oder nur zum Teil bleibt zu beobachten, durch
Pressung des Metalls behoben werden können.
Rationelles Pressen, rationell, weil ich genau
weiss, mit welchem Druck, ist nur in Flüssig-
keiten ausfuhrbar, in denen — hier das Me-
tall — von allen Seiten gleichmässig, nach
keiner Seite ausweichen könnend, in sich selbst
hineingepresst wird. —
Ich übergehe wieder alle Vorversuche. Ge-
presst wurde in Rizinusöl, der denkbar zähesten
Flüssigkeit. ..Um die Metalle vor dem Ein-
dringen des Öls zu schützen, wurden dieselben,
in Papier eingeschlagen, in Gummi eingebunden.
Das hat sich voll bewährt. Vorgenommen
wurde die Pressung in einem Cylinder aus
\
36
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
bestem Werkzeugstahl von rund 300 mm Höhe,
150 mm Durchmesser, 65 mm Wandstärke, in
den ohne jede Dichtung ein glasharter Stahl-
stempel, vom Durchmesser 20.65 ^^» genau
passte. Das ergiebt für die Stempelbasis
3.3s cm^, so dass derselbe pro Atmosphäre
auszuübenden Drucks mit 3.35 kg belastet
werden musste. Ausgeführt wurden die Pres-
sungen in der Eidgenössischen Materialpriifungs-
anstalt am Polytechnikum zu Zürich, mit der
grossen Presse, die einen Druck bis zu 150CXXD
kg pro Quadratcentimeter zu geben gestattet.
Begonnen habe ich mit einem Druck von
4CXX) Atmosphären, den ich 15 Minuten gab,
und bin dann schrittweise aufgestiegen bis auf
loooo Atmosphären bei 11 stündiger Dauer,
und weiter zu 20OCX) Atmosphären bei i stün-
diger Dauer der Pressung; d. h. zuletzt ruhte
auf jedem Stäbchen eine Belastung von
180000 kg, was 18 Eisenbahn -Wagenladungen
entspricht.
Es sind dies für solche Flüssigkeitspressungen
ganz ungewöhnlich hohe Werte. Bei dem
Huber'schen Pressverfahren zum Kaltformen
hohler Metallkörper z. B. wird nur i Minute
und nur auf 7000 Atmosphären gepresst.
Nach diesen Pressungen zeigten sich die
Metallstäbchen wesentlich verändert. Der Glanz
der Politur, alle Stäbchen waren trocken poliert,
war vernichtet, und statt dessen die Ober-
fläche mit Narben, Poren, ja tiefen Löchern
dicht besetzt. Sie waren abgeplattet, ver-
bogen, gekrümmt; bald waren sie länger ge-
worden, z. B. war das destillierte Silber nach
II stündiger Pressung auf lOOOO Atmosphären
um 1,8 mm gewachsen; bald verkürzt, das
gleiche Silber war nach Pressung auf 20000
Atmosphären um 2,7 mm zurückgegangen;
bald waren sie dicker geworden, so ging z. B.
das destillierte Kupfer nicht mehr durch den
Hals des Pyknometers, u, s. w. Mit einem
Wort, die Metalle werden unter diesen Drucken
plastisch.
Für die so gepressten Metalle wurden nun
die gleichen Konstanten festgelegt. Neben den
spezifischen Gewichten auch die spezifischen
Wärmen.
Es ist nicht gerade viel, was sich aus den
weit über 100 Bestimmungen der spezifischen
Wärme ableiten Hess; etwa das Folgende: Bei
dem gleichen Stoff nimmt mit wachsendem
Druck, dem er ausgesetzt wird, die spezifische
Wärme ab, aber der Wert dieser Abnahme
liegt, bei der für uns erreichbaren Genauigkeit,
so hart an der Fehlergrenze, dass er sich mehr
empfinden, als mit Z^len belegen lässt.
Dabei ist jedoch zu bemerken, dass wir
Wärmemessungen nur an den bis 10 000 At-
mosphären gepressten Metallen, nicht mehr an
den höher gepressten vornehmen konnten. Im
Sommer versagen die Eiskalorimeter.
Und nun zu den spezifischen Gewichten.
Dieselben ergaben folgendes.
Ich gebe wiederum nur eine kleine Auslese
der bestimmten Werte. (Tabelle I.)
Die Dichten nehmen zul — Je geringer sie
ursprünglich sind, umsomehr wachsen sie!
Cu4, ursprünglich leichter als Cui, übertrifft
nach II stündiger Pressung auf 10 000 Atmo-
sphären an Dichte Cuj, und nimmt dann bei
weiterem Pressen bis auf 20000 Atmosphären
um einen geringeren Betrag zu. Die Differenz
zwischen beiden, die ursprünglich 0,0115 aus-
CU2
Tabelle I.
Vor der
Pressung
8,4412
8,6926
84297
II
II Std. auf
loooo Atm.
8,8962
8,9122
8,8693
8,9088
d
I— II
-f 0,4550
-f 0,2196
4-04791
III
IV
I Std. auf
12000 Atm.
8,9101
8.8739
I Std. auf
20000 Atm.
8,9115
8,9121
Mittlerer Fehler = o,ooi6
J
I— III
-f 0,2175
J
I— IV
+ 04703
4-04824
II— III
— 0,002 1
4-0,0048
J
II— IV
+ 0,0153
+ 0,0033
Cd
Cu
Zn
Sb
Au
dg
I
Vor der
Pressung
",3414
8,6462
8,9326
6,9225
6,6178
18,8858
10,4923
II
II Std. auf
lOooo Atm.
11,3457
8,6477
8,9377
7,1272
6,6909
19,2653
10,5034
I— II
-f 0,0043
-f 0,0015
-f- 0,0031
+ 0.2047
4-0,0731
-f 0,3795
4-0,0111
Tabelle II.
III
I Std. auf
12000 Atm.
IV
Mittlerer F^ehler = 0,00 1 6
11,3298
8,6390
19,2646
I Std. auf J
20000 Atm. ' I— III
J
I— IV
II— III
8,9317
4- 0,3788 I — 0,0007
104993 4-0^70
d
II— IV
— 0,0118 — 0,0159 I
— 0,0072 — 0,0087
— 0,0009 — 0,0060
— 0,0041
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
37
machte, beträgt nun nur noch 0,0006, liegt
innerhalb der Fehlergrenze.
Wesentlich anders gestaltet sich das Bild
bei den destillierten Metallen. (Tabelle IL)
Die Metalle zeigen alle eine Zunahme, dann
aber wieder eine Abnahme der Dichte. Die
Differenzen, die wir beobachtet, liegen zum
grossen Teil ausserhalb der Fehlergrenze, die,
wie wir schon sagten, etwa 0,0016 im Mittel
beträgt. Eintreten aber können Fehler da-
durch, dass die, die Metalle doch immer um-
gebende Luft in die Poren hineingepresst
wird, das konnte in der That zum Teil auch
direkt beobachtet werden. Deshalb wurden
die Metalle vor der Bestimmung erst eine
Stunde lang im tiefen Vakuum auf 100^ C. er-
hitzt. Möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich,
ist nun, dass dabei eine nicht mehr zurück-
stehende Dehnung stattgefunden hat. Eine
Änderung des Gewichtes der Metallcylinder
konnte nicht konstatiert werden.
Das sind die Thatsachen. Einer Erklärung
enthalte ich mich zunächst. Um dem Ein-
wand zu begegnen, dass die ja augenschein-
liche und nicht zu vermeidende Oxydation von
Einfluss sei, wurde der Cylinder aus Blei, der
die wahrnehmbarste Oxydationshaut zeigte, von
neuem abgedreht und poliert. Das spezifische
Gewicht
wurde gefunden zu =11.3307
vorher war es= 1 1.3298
Differenz = 0.0009
d. h. also voll innerhalb der Fehlergrenze.
Hierin scheint also eine Fehlerquelle nicht zu
liegen. Dagegen will ich bemerken, dass
Heinrich Rose sowohl, der Gold unter dem
grossen Prägestock der Berliner Münze presste,
als auch Spring, dieser besonders am Blei,
ähnliche, ich nenne es zunächst Unregelmässig-
keiten, wahrnahmen.
Wie gesagt, ich enthalte mich hier jedes
Erklärungsversuches, und* stelle nur das fest,
dass in der That, die Dichte der Stoffe eine
Grösse ist, die noch nicht genügend bekannt,
ein eingehendes Studium sehr wohl verdient.
Meiner beiden Arbeitsgenossen, des Herrn
Dr. Roth, mit dem ich in täglicher Gemein-
schaft wirkte, und des Herrn Dr. Siedler,
der die übergrosse Mehrzahl der Dichtebe-
stimmungen ausftihrte — die endgültigen
Messungen festzulegen, musste ja selbstredend
den jüngeren Kräften, denen der Dienst noch
nicht die Zeit stiehlt, überlassen bleiben — ,
sei auch an dieser Stelle ausdrücklich und
dankbar gedacht. t^Silbslrcfcrat des Vortragenden.)
Diskussion.
W. N ernst fragt, ob bereits Versuche mit
Kohlenstoff gemacht worden seien. Nach den
Erfahrungen bei Glühlampen u. s. w. sei vor-
auszusehen, dass derselbe unter 1400^ C. flüchtig
sei, und sich als Graphit ansehen werde.
Kahl bäum erwidert, dass Versuche bisher
nicht angestellt seien, dieselben aber keine
besonderen Schwierigkeiten voraussehen Hessen.
Basel, am 21. September 1901.
(Eingegangen 26. September 1901.}
BESPRECHUNGEN.
Lehrbuch derNavigation. Herausg. vom Reich s-
marineamt. Drei Bände, gr. 8. (I. Terrestri-
sche Navigation. XIII u. 341 S. mit 4 Tafeln
und 142 Textfiguren. — II. Astronomische
Navigation. XII u. 428 S. mit 2 Tafeln und
175 Textfiguren. — III. Anleitung zu Küsten-
vermessungen. IV u. 108 S. mit I Tafel und
29 Textfiguren.) Berlin, E. S. Mittler & Sohn.
1901. M. 16. —
Es ist bekannt, wie fi-uchtbar sich die engere
Berührung der englischen Physiker mit der Nau-
tik für Physik und Geophysik erwiesen hat. Die
deutsche Physik steht in ihrer Allgemeinheit
den Problemen der Schiffahrtskunst noch ferner,
wenn auch im einzelnen deutsche Forscher Er-
hebliches geleistet haben. Ist nun auch das
voriiegende Werk in erster Linie für die Praxis
zugeschnitten, so stellt die Nautik doch ein so
Gebiet der praktischen Verwertung der
und Astronomie dar, dass das Werk auch
p. Vertreter dieser beiden Wissenschaften
sein wird.
350 Seiten umfassende Band, ist
der terrestrischen, der zweite, gleich voluminöse,
der nautischen Navigation gewidmet, während
ein ungefähr 100 Seiten umfassendes drittes
Bändchen die Anleitung zu Küstenvermessungen
enthält.
Den grössten Teil des ersten Bandes nimmt
der Kompass ein und die Bestimmung des
Schiffsmagnetismus, speziell wegen der Anwen-
dung auf eiserne Kriegsschiffe. Für den Phy-
siker sind hier zwei Dinge von besonderem In-
teresse, die Kompensation des Kompasses und die
Deviationslehre. Der Seemann unterscheidet
beim Schiffsmagnetismus sogenannte „Teilmagne-
tismen", die er als voneinander unabhängige
Einzelerscheinungen auffasst. Diese sind „der
permanente oder feste Magnetismus", der „sub-
permanente oder halbfeste*' und der „induzierte
oder flüchtige Magnetismus". Die ersten beiden
stellen zusammen den eigentlichen Schiffsmagne-
tismus dar (in einen permanenten und einen sich
ändernden Teil zerlegt), der letzte Teil entspricht
der Induktion durch den Erdmagnetismus und
iiit verschieden nach Ort, Zeit, Kurs und Schiffs-
38
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
neigung. Bei der Behandlung der Deviations-
lehre wird der Schiffsmagnetismus durch Magnet-
resp. Eisenstäbe ersetzt gedacht. Den TeiU
magnetismen entsprechen Teildeviationen. So
erzeugt der feste Magnetismus eine Deviation,
die bei der Hälfte aller möglichen Schiffsazi-
mute östlich ist, bei der anderen westlich; man
spricht daher von einer „semicirkulären Devia-
tion". Bei ihrer Erzeugung ist auch die verti-
kale Komponente des flüchtigen Magnetismus
beteiligt. Die „quadrantale Deviation" rührt
von der Horizontalk'omponente des flüchtigen
Magnetismus her; sie hat zwei Maxima und zwei
Minima beim Durchlaufen aller Kurse und kann
einen unregelmässigen Anteil haben, falls die
induzierbaren Eisenmassen ungleich im Schiffe
verteilt sind. Dazu kommt noch eine ,, kon-
stante Deviation", die von unregelmässig ver-
teilten magnetischen Massen herstammt.
Ist 6 die Deviation und g der magnetische
Kurs, so ist fiir jedes g sin 6 = ^lcos6 + ^ sin
(?— d) + 6 cos (S— d) + 2) sin (2 g— d) + e cos
(2 £ — d) % SB, ©, 5), 6 sind die „wahren Devia-
tionskoefiizienten. Unter der Annahme, es dürfe
d für sin 6 der Kleinheit von d wegen gesetzt
werden, schreibt man auch
d = A + Bsin^+ Ccos ^ + D sin 2^ + E cos 2 ^ ,
worin die A, B, C, D, E nunmehr die „genäher-
ten Deviationskoeffizienten" heissen. Die Reihe
ist eine notwendig endliche Bes sei sehe Reihe,
in der A die konstante Deviation, Bsin^-\- C
cos ^ die semicirkuläre, Dsin 2^ -\- Ecos2^ die
quadrantale Deviation bedeuten. Mithin hat
man hier ein Beispiel ftir eine einfache physi-
kalische Bedeutung der Koeffizienten. Zu diesen
zufällig die Form von Gliedern einer trigono-
metrischen Reihe besitzenden Deviationen treten
noch drei andere Anteile, wovon nur die „Krän-
gungsdeviation" erwähnt sei, die den Einfluss
der Schiffsneigung abgiebt. Die verschiedenen
Deviationskoeffizienten werden aus Azimutbe-
stimmungen der Kompassnadel bei Fahrten im
Kreis, aus Schwingungsbeobachtungen oder mit
dem Deviationsmagnetometer bestimmt, und die
Abhängigkeit der Deviation vom Schiffskurs
durch harmonische Analyse festgelegt.
Die Kompasskompensation kommt darauf
hinaus, die Teildeviationen fiir sich durch ge-
eignete Anbringung von Magnetsystemen zu
kompensieren.
Ein weiterer Abschnitt befasst sich mit der
Bestimmung des Schiffsortes aus einem, zweien
oder dreien Objekten an Land. Interessant ist
hierbei der Begriff des „Gefahrwinkels". Liegt
vor einer Küste eine Untiefe, so giebt es einen
bestimmten Winkel, unter dem man zwei Land-
marken stets erblicken muss, falls man die Ge-
fahr umgehen will. Er findet sich als Peripherie-
winkel über der Verbindungslinie der Landmar-
ken als Sehne. Man hat also beim Segeln dafür
zu sorgen, dass der Winkel nach beiden Marken
< dem vorgegebenen Gefahrwinkel bleibt. Ferner
werden in diesem Bande die Lot- und Log-
vorrichtungen besprochen und das Segeln, spe-
ziell das auf der Loxodrome und auf dem grössten
Kreise. Auch die verschiedenen Kartenprojek-
tionen werden, soweit es den Zwecken des Buches
entspricht, vorgebracht.
Der zweite Band, die astronomische Navi-
gation, ist zunächst ein übersichtliches, klares
und sehr anschauliches Lehrbuch der Astro-
nomie, nur dass natürlich die nautischen Beob-
achtungsmethoden im Vordergrunde stehen.
Im Kapitel der geographischen Ortsbestimmungen
nehmen die Bestecksrechnungen und nament-
lich die Standlinienmethode, als das für die Nau-
tik wichtigste, den breitesten Raum ein. Es folgen
die Konstruktion, die Behandlung und der Ge-
brauch der Chronometer, sowie die Ermittelung
der Uhrstände, wobei namentlich Zeitbestim-
mungen aus Monddistanzen und Sternbedeckun-
gen ausfuhrlich erörtert werden. Den Schluss
dieses Bandes bildet ein Kapitel über Gezeiten
und ihre harmonische Analyse.
Der dritte Band enthält die nautische Geo-
däsie, besonders Küstenvermessung und Auf-
nahme von kleineren Landstrecken. Da hier eine
grosse Genauigkeit meist nicht verlangt wird,
hat dieser Band fiir den Astronomen und Phy-
siker nicht das Interesse , das für ihn die
ersten beiden Bände besitzen.
Potsdam. A. Nippoldt.
(Eingegangen 22. August 1901.)
Johanneson, Physikalische Mechanik, gr. 8.
S8S.m. 37 Fig. Berlin, J.Springer. 1900. i M.
Da das Buch kein Vorwort enthält, so kön-
nen wir nur vermuten, dass es für den Unter-
richt bestimmt ist, ob auf der Unterstufe oder
nicht, lässt sich schwer erraten. Soll es ein
Schulbuch sein, so ist nicht recht einzusehen,
was dem Schüler mit diesem einzigen Zweige
der Physik gedient sein könnte.
Augenscheinlich will der Verlasser die wesent-
lichsten Erscheinungen und Gesetze der Mechanik
empirisch und experimentell ableiten und lässt
darum eine mathematische Behandlung sehr zu-
rücktreten. Allein bei der recht spröden Dar-
stellung, bei der ausgesprochenen Neigung für
das Abstrakte, welche das Buch verrät, bei
einem Verzichten auf speziellere Veranschau-
lichungen und experimentelle Angaben erscheint
der Titel des Werkes nicht recht einleuchtend.
Offenbar haben den Verfasser vorzugsweise
historische Momente geleitet, wie er überhaupt
häufig ältere Litteratur seinen Angaben beifügt.
Dabei ist er aber zu einer oftmals wunderlichen
Stoffanordnung gekommen, was einige wenige
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
39
Beispiele eriäutern mögen: So wird, ehe vom
Hebel gesprochen ist, gleich am Anfange die
Wage abgehandelt; so werden die Stosserschei-
nungen, statt bei der Bewegungslehre besprochen
zu werden, unter die „allgemeinsten Erscheinungen
fester Körper" versetzt; hier wird auch erst die
„Dichte" besprochen, nachdem die Statik und
Dynamik bereits abgeschlossen ist. Eine Ab-
sonderlichkeit des Buches ist ferner, dass ge-
wisse Erscheinungen (wie Kapillarität u. s. w.)
an zwei Stellen unter dem Titel „merkwürdige
Erscheinungen" aufgeführt werden, den der
Verfeisser anderen, völlig gleichwertigen Erschei-
nungen nicht zuspricht. — Den einzelnen Ab-
schnitten sind jedesmal ganz brauchbare Übungs-
aufgaben beigegeben. Behrendsen.
H. Blücher, Die Luft, ihre Zusammensetzung
und Untersuchung, ihr Einfluss und ihre
Wirkungen sowie ihre technische Ausnutzung.
8^ 322 Seiten. Leipzig, O. Wigand. 1900. 6M.
Der Verf. ist bestrebt, seine Aufgabe so
vollkommen wie möglich zu lösen, d. h. eine
Beschreibung der Eigenschaften der atmosphä-
rischen Luft, wie ein weiteres Titelblatt sagt,
in geologischer, biologischer, meteorologischer
und hygienischer Beziehung zu liefern. Da der
Verf. von Beruf Chemiker, so sind alle mit sei-
ner engeren Wissenschaft verwandten Fragen
sehr ausftihrlich behandelt, während die rein
physikalischen und die spezielleren meteorolo-
gischen Daten Quellen entnommen sind, die
nicht als modern gelten können, oder wie der
oft citierte Flüggesche Grundriss der Hygiene
für die citierten Fragen nicht die ursprüngliche
Quelle sind. So sind z. B. bei der Besprechung
der mechanischen Verunreinigungen der Luft
die hier epochemachenden Ait keuschen Mes-
sungen nicht erwähnt. Die physikalischen und
meteorologischen Kapitel sind rein beschrei-
bender Natur und bieten der vorhandenen Litte-
ratur gegenüber nichts wesentlich Neues. An-
ders die Abschnitte über das Vorkommen sel-
tenerer chemischer Verbindungen und von Orga-
nismen in der Luft. In diesen Dingen bildet
das besprochene Buch eine wertvolle Ergänzung
zu van Bebbers Lehrbuch über hygienische
Meteorologie. A. Nipp ol dt.
(Eiugegangen 22. August 1901.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1900. Darge-
stellt von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
56. Jahrg. Zweite Abteilung. Enthaltend Physik des Atheis.
Redigiert von Karl Scheel, gr. 8. LII u. 794 S. 1901.
Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn. M. 27. — .
Hann, Julias, Lehrbuch der Meteorologie. Mit mehreren
Tafeln in Lichtdruck, verschiedenen Karten, sowie zahl-
reichen Abbildungen im Text. Lieferung 9, 80 S., Liefe-
rung lo (Schluss), 85 u. XIV S. gr. 8. 1901, Leipzig,
Chr. Herm. Tauchnitz. k M. 3.—.
Jahrbuch der Elektrochemie. Berichte Aber die Fort-
schritte des Jahres 1900. Unter Mitwirkung von K. Elbs,
G^ W. Küster und H. Danneel — herausgegeben von W.
Kernst und W. Borchers. VII. Jahrgang. Mit 196
Figuren, gr. 8. VIll u. 596 S. 1901. Halle a. S.,
Wilhelm Knapp. M. 24. — .
Kleiber, Johann, Lehrbuch der Physik fllr humanistische
Gymnasien. Nach dem ministeriellen Lehrplane bearbeitet.
Mit zahlreichen Figuren und Übungsaufgaben. 8. VIII
u. 240 S. 1901, München, R. Oldenbourg. Geb. M. 3. — .
Kössler, Karl, Gustav Theodor Fechner. Gedächtnisrede,
zur Säcularfeier seines Geburtstages gehalten im Natur-
wissenschaftlichen Verein an der k. k. Universit&t in Wien,
gr. 8 26 S. 1901. Wien, Franz Deuticke. M. 1. — .
Müller, Felix, Vocabulaire math^matique. Frangais-allemand
et allemand-frangais. Contenant les termes techniques
employ^s dans les math^maliques pures et appliqa^s. Mathe>
matisches Vocabularium. Französisch-deutsch und deutsch-
französisch. Enthaltend die Kunstausdrücke aus der reinen
und angewandten Mathematik. Zweite Hälfte, gr. 8.
VIII u. 316 S. 1901. Leipzig, B. G. Tcubner. M. 11.—.
Schills, Smst, Sammlung von Beispielen zur Berechnung
elektrischer Maschinen. Mit 57 Abbildungen, gr. 8. 170 S.
1901. Leipzig, S. Hirzel. Gebunden M. 8. — .
Weinstein, B., Einleitung in die höhere mathematische
Physik. Mit 12 in den Text gedruckten Figuren, gr. 8.
XVI u. 399 S. 1901. Berlin, Ferd. Dümmler*s Verlags-
buchhandlung. Geb'ondfn M. 7. —
Vorlesungsverzeichnis flir das Winter-
semester 1901/190JJ)
Universität Lausanne.
Henri Dufour: Experimentalphysik I, 5; Ausgewählte
Kapitel der Physik 3; Physikalisches Praktikum für Anfänger,
4; Laboratorium, täglich. — Mayor: Theoretische Physik 2;
Mechanik 5, Übungen i . — Palaa : Elektrotechnik 6 ; Wechsel-
strommaschinen und Transformatoren 2; Elektrische Ein>
richtungen, 2. — Dappler: Technische Physik (Beleuchtung
Heizung, Verdampfung), 2. — P. Dutoit: Chemische Physik
2 ; Theoretische Elektrochemie 2 ; Praktische Elektrochemie,
2. — Brunner: Anorganische Chemie, 5; Aromatische Reihe,
i; Laboratorium, täglich. — Chuard: Analytische Chemie, i;
Agrikulturchemie, 2. — Brelaz: Technische Chemie, 2. —
Pelet: Chemische Produkte, 2; Farbstoffe. 2; Arzneimittel, 2.
— Amstein*. Differential- und Integalrechnung, 6, Übungen
2 ; Elemente der Differential- und Integralrechnung für Natur-
forscher, 3. — -- Joly: Analytische Geometrie, 2; Darstellende
Geometrie, 5, Übungen, 4. — Ch. Dufoar: Astronomie, 3. -r
Reiss: Theoretische Photographie, 1; Praktikum, 2.
Vorlesungen werden in der französischen Sprache gehalten ;
Prüfungen und Repetitorium in Deutsch und Französisch. Die in
der philosophischen Fakultät zu Lausanne verbrauchten Se-
mester werden in der Berliner Universität voll angerechnet.
Universität Göttingen.
Nachzutragen: Blumenthal: Eindeutige nnalytischc
Funktionen (VVeicrstrasz-Hadamardsche Theorie), 3.
1) Nachtrag zu 2, 825, 1901.
Tagesereignisse.
Die 73. Versammlung Deutscher Naturforscher
und Ärzte,
welche vom 22. bis 28. September in der alten Hansestadt
Hamburg tagte, nahm auch äusserlich einen sehr glänzenden Ver-
40
Physikalische 2^itschrift. 3. Jahrgang. No. 2.
lauf. Schon der Empfang der Gäste am Sonntag zeigte, wie
zahlreich dieselben herbeigeeilt waren; die Eröffnungssitzung
am Montag war bereits von mehreren Tausend Teilnehmern
besucht, und in der Schlusssitzung am Freitag teilte der Ge-
schäftsfiihrer Prof. Voller mit, dass 3500 Herren und 1200
Damen an dem Kongresse teilgenommen hatten; mit 4700 Teil-
nehmern übertraf die Versammlung die vorjährige in Aachen,
wo sich iioo Personen (800 Herren und 300 Damen) zu-
sammengefunden hatten, um mehr als das Vierfache. Hei der
Eröffnung wies Prof. Voller auf den äusseren Unterschied
hin, den heute die Naturforscher-Versammlung im Gegensatz
zu der vor 70 Jahren zeigt, wo sie zum ersten Male in Ham-
burg stattgefunden hatte. Damals hatten sich im ganzen 242
fremde Teilnehmer eingefunden, die eine uns heute einfach
erscheinende Tagesordnung zu erledigen hatten. Es war noch
nicht die Zeit, Theorien zu schaffen, sondern das Material
musste auf allen Gebieten erst sorgsam zusammengetragen
werden. Fara'day, Robert Mayer, Helmholtz, Virchow,
Darwin, und so manche andern Namen, welche fiir die natur-
wissenschaftliche Entwicklung des 19. Jahrhunderts so be-
zeichnend sind, waren damals noch nicht erklungen; ihre
Träger traten eben erst als junge Männer in die wissenschaft-
liche Laufbahn ein.
Weiter wies Voller auf die äusseren Verhältnisse hin:
1830 ein zerrissenes Deutschland; 1876, ebenfalls ein Jahr
einer Naturforscher-Versammlung in Hamburg, ein geeintes
Deutschland, die Gemüter jedoch ängstlich in der sicheren
Erwartung eines neuen Ausbruchs des Krieges zwischen zwei
grossen Kulturnationen, und heute nach 25 Jahren der ge-
sicherte Frieden und in ihm die gemeinsame Arbeit aller
Kulturvölker.
Der I. Vorsitzende der Gesellschaft, Prof, Hertwig-
München, warf einen kurzen Blick auf die Geschichte der Ge-
sellschaft, die in gewissem Sinne die Geschichte der Wissen-
schaft im vergangenen Jahrhundert widerspiegelt. Als sie
von Ohm ins Leben gerufen wurde, 1821, erledigte sie ihre
Tagesordnung in drei, später in sechs allgemeinen Sitzungen,
an welchen alle Teilnehmer teilnahmen. Aber allmählich
machte sich das Bedürfnis nach engeren Sitzungen geltend,
kann man doch das vergangene Jahrhundert geradezu als das
der Spezialisierung der Wissenschaften bezeichnen. So wurden
zum ersten Male 1828 in Berlin 7 Sektionen eingerichtet. Und
dann hat sich das Verhältnis der beiden Teile der Versamm-
lung in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts allmählich voll-
kommen verändert; die Zahl der allgemeinen Sitzungen wurde
auf 4) 3, schliesslich auf zwei herabgesetzt, und sie gewannen
einen auf ein allgemeineres Publikum berechneten Charakter.
Das wissenschaftliche Leben dagegen entfaltete sich in den
Sektionen, deren Zahl beständig stieg. 1871 waren es bereits
15, und in den letzten Jahren war die Zahl 30 weit über-
schritten. Der Höhepunkt der Spezialisierung der Wissen-
schaften scheint jedoch jetzt überschritten zu sein, die Arbeits-
gebiete der einzelnen Zweige nähern sich wieder und treten
in Wechselwirkung miteinander.
Entsnrechend dieser Entwicklung wurde diesmal der
Versuch gemacht, mehrere Abteilungen zusammenzulegen —
ihre Zahl war dadurch auf 27 gesunken — und in den all-
gemeinen Sitzungen Fragen in strengerer wissenschaftlicher
Weise zu besprechen. Ausserdem wurde eine Gesamtsitzuug
beider Hauptgruppen abgehalten, die also auch den Charakter
einer allgemeinen Sitzung hatte.
Ob diese Änderung sich bewähren wird, erscheint einigcr-
massen zweifelhaft; zwar ernteten Prof. N ernst in der zweiten,
Prof. Lech er in der ersten allgemeinen Sitzung reichen Bei-
fall, — ersterer sprach über die Bedeutung elektrischer Me-
thoden und Theorien für die Chemie, der letztere über die
Hertz sehe Entdeckung elektrischer Wellen und deren weitere
Ausgestaltung. Trotzdem ist es Thatsache, dass sie von einem
sehr grossen Teile ihrer Zuhörer nicht verstanden wurden, weil
ihre Behandlungsweise der betreffenden Themata nicht all-
gemeinverständlich war und auch nicht sein konnte.
Ob andererseits Vorträge, wie der von Curschmann
(Leipzig) über Medizin und Seeverkehr, oder der von Keinke
(Kiel) über die in den Organismen wirksamen Naturkräfte,
beide in der zweiten allgemeinen Sitzung, geeignet sind, dem
wissenschaftlichen Zwecke und Ansehen dieser Versammlungen
Genüge zu leisten, scheint mindestens zweifelhaft. Erging
^*^h der erste vielfach in Alltäglichkeiten, so bewegte sich der
zweite auf dem an sich schwanken Boden seines Themas mit
unzulänglichen physikalischen Vorstellungen.
Von den bei solchem Massenandrang unvermeidlichen
kleinen Unzulänglichkeiten abgesehen, verdient die Organi-
sationsarbeit der Abteilungsleiter und der Ausschüsse warme
Anerkennung.
Sehr drangvoll ging es bei dem Begrüssungsabend her,
ebenso bei dem Festessen Mittwochs im Zoologischen Garten,
bei dem sich für keinen der Festredner die zum Durchdringen
nötige Ruhe erreichen Hess. Ob daran mehr die Länge der
Reden oder die Ungeduld der Hörer schuld hatte, sei dahin-
gestellt. In jeder Beziehung würdig und glänzend war der
Empfang im Rathause am Dienstag, auch die gleichzeitig auf
den Schiffen der Hamburg- Amerika-Linie empfangenen Gäste
waren sehr befriedigt. Das Konzert am Donnerstag verdiente
und erntete reichen Beifall; der folgende Ball nahm einen
fröhlich-belebten Verlauf. Dagegen war die Organisation
der Elbefahrt nach Blankenese so unzulänglich, dass Hunderte
von Teilnehmern von der Rückfahrt ausgeschlossen blieben,
weil Unbefugte ihre Plätze auf den Schiffen in Besitz nehmen
konnten.
Ob sich nicht für die allgemeinen Sitzungen ein Saal
mit besserer Akustik hätte finden lassen, als das Konzert-
haus, ist die Frage. Jedenfalls wurde die Mehrzahl der Redner
nur sehr schwer verstanden. Der Sitzungssaal der physi-
kalischen Abteilung, der Hörsaal des Staatslaboratoriums, war
entschieden zu klein und verursachte namentlich durch seine
mangelhafte Ventilation den Vortragenden und Hörern gleiche
Pein. — Alles in allem herrschte aber eine vortreffliche
Laune von Anfang bis zu Ende, namentlich gilt das von
der physikalischen Abteilung. Die vielfach sehr interessanten
Vorträge und angeregten Diskussionen der sehr gut besuchten
Abteilungssitzungen vereinigten sich mit einem lebhaften und
behaglichen persönlichen Gedankenaustausch in den Versamm-
lungslokalen zu einer ebenso fruchtbaren, wie wohlthuenden
Gesamtstimmung.
Ob sich eine solche für die physikalischen Wissen-
schaften im nächsten Jahre in Karlsbad in gleicher Weise
wiederfinden wird und kann, ist zweifelhaft. An die Ham-
burger Versammlung wird jedenfalls jeder Teilnehmer mit
Freude und lebhaftem Danke zurückdenken.
B. Borchardt.
Die feierliche Einweihung des neuen physikalischen
Institutes der Universität St. Petersburg fand den 21. Sep-
tember statt.
Mit den ausserordentlichen Forderungen des neuen baye-
rischen Finanzgesetzentwurfs werden unter anderen auch
loooo Mark für Ausarbeitung des Plans zur Errichtung einer
technischen Hochschule in Nürnberg verlangt.
Briefkasten.
Indem ich mir vorbehalte, Ableitung, Zeichenerklärung
und Gebrauchsanweisung später mitzuteilen, beschränke ich mich
für jetzt ..if die kurze Bemerkung, dass es mir gelungen ist,
Beugungstheorie und geometrische Optik zu verschmelzen und
die gesamte Fehlertheorie des achsennahen Strahlengangs
durch beliebig dicke Lin.sen mit beliebigen Abständen auf
folgende wenige algebraische Symbole zurückzuflihren:
Aberrationen : — ä log m • A^; '\- yA!4>' — -^ ^3 / — VM — Uf) '
m'
Gleichungen: ///An — / = 0/ SJ ^ — Jn^o; \p — <(>
(;^ — <y,) = o; V-\- sKU—K^R^o.
Die neue Betrachtungsweise hat sich nicht allein theore-
tisch wertvoll, sondern auch praktisch fruchtbar erwiesen (sie
diente bereits zur Auffindung und gegenüber dem trigono-
metrischen \' erfahren ungleich rascheren Errechnung völlig
neuer photographischer Typen). • K. Strehl.
Erlangen, 8. Oktober 1901.
(Eingegangen 11. Oktober 1901.)
Personalien.
An der technischen Hochschule zu Berlin wird wegen
Erkrankung von Prof. Reichel die Vorlesung über Ma-
schinen-Grundzüge Prof. Kämmerer lesen, dessen Vorlesung
über Maschinenbau infolgedessen ausfallt
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel Ul UffOdg.
Druck von August Pries in Leipzig.
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C. Bach.
Das logeoieurlab Oratorium der kgl. Techniecheu Hochschule
Stuttgart
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Das lugeuieurlaboratorium der kgl. Techniscben
Hochschule Stuttgart.
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Physikalische Zeitschrift
N0.3.
OrifiMlnitteiluiigen :
R. P.Adams, Die elektromaf^netische
WirkuDg von bewegten geladcuen
Kugeln. S. 41.
K.r. Wesendonk, Notiz über polare
Unterschiede bei Spitzenentladungen
und die Verbältnisse der Ionen-
geschwindigkeiten. S. 45.
E. Knoblauch, Elektrolytische Vor-
I. November 1901.
Redaktioasschlust für No. 4. am 7. November 1901.
INHALT.
schaltzelle fUr den Betrieb von In-
duktorien bei Wechselstrom. S. 46.
J. C. ShedJ, Über die Formen der
von dem ^iichelsonschen Interfcro-
meter gelieferten Kurven. S. 47.
Vorträge und Diskussionen von der
73. NaturforsolierversaniMlung zu
Hamburg:
E. H o p p e , Naturforschung und Tech-
nik. S. 51.
3. Jahrgang.
Eingegangene Schriften. S. 55.
Xi. Versamnilunci russisolier Natur-
forscher und Arzte. S. 56.
Nachtrag zun Vorlesungsverzeichnis
fiir das Wintersemester noi/02. s. 56.
Tagesereignisse. S. 56.
Personaiien. S. 56.
Berichtigungen. S. 56.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Die elektromagnetischeWirkung von bewegten
\y geladenen Kugeln, i)
Von Edwin P. Adams.
In einer kürzlich veröffentlichten Arbeit über
die magnetische Wirkung bewegter elektrischer
Ladungen kommt Herr Cremieu zu dem
Resultat, dass eine solche nicht existiere, und
hat dadurch die Frage nach der magnetischen
Wirkung bewegter elektrischer Ladungen von
neuem zur Diskussion gebracht.
Professor Rowland, der im Jahre 1876 zu-
erst mit Erfolg die Frage in Angriff nahm, und
jene Herren, die seine Experimente wiederholten,
verwandten rotierende Scheiben als Träger der
elektrischen Ladungen. Professor J. J. Thom-
son'-*) schlug im Jahre 1881 vor, rotierende Ku-
geln anzuwenden und berechnete die maximale
magnetische Kraft, welche eine bis zum höchstmög-
lichen Potential geladene Kugel hervorbringen
kann. In vieler Beziehung scheint diese Methode die
natürlichste zu sein und sie wurde daher in den im
folgenden beschriebenen Experimenten benützt.
Eine hohle Messingachse AA (Fig. i und 2)
ist durch einen Stab B aus hartem Holz in zwei
isolierte Hälften geteilt, deren jede an Messing-
stangen eine Gruppe von 16 hohlen Kupfer-
kugeln trägt. Die beiden Gruppen von Kugeln
i) Ausfuhrlich in Americ. Journ. of Science, August 1901.
2) Phil. Mag. 11, 236, 1881.
sind in dieser Weise elektrisch gegeneinander
isoliert. Zur Zuführung der Elektrizität dienen
die beidenKupferbürsten CC, und da die Kugeln
mit der Achse in leitender Verbindung stehen,
so werden sie selbst elektrisch geladen. E ist
ein Tourenzähler, der mit dem einen Ende der
Achse in Verbindung steht.
Das magnetische System, an dem die direkte
Wirkung der bewegten geladenen Kugeln be-
obachtet werden soll, befindet sich in der Messing-
röhre //, deren unteres Ende durch eine Glas-
platte verschlossen ist. Diese ist mit Stanniol
Sm.
9 9
6 6
#
H*
3 c:
■CJ«%-
Fijj. I.
42
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 3.
überzogen und das Stanniol in Streifen geschnitten,
um Leitungsströme zu verhindern, welche in
einer Richtung fliessen könnten, in welcher sie
eine Ablenkung auf die Nadel hervorbringen
können. Aus gut gehärtetem, magnetisiertem
Uhrfederstahl werden auf einem Glimmerscheib-
chen einige Stücke so oben und unten befestigt,
dass sie ein astatisches System bilden. Die
Nadeln stehen senkrecht zur Achse. Der Spiegel
ist gleichfalls auf den Glimmer aufgeklebt, etwas
oberhalb des Mittels und wird durch eine mit
dünnem Glase bedeckte Öffnung .9 der Messing-
röhre beobachtet. Zur Aufhängung des Magnet-
systems dient ein Quarzfaden von 32 cm Länge.
Die Magnetometerröhre //ist in einerMessing-
hülse P befestigt, welche in die Messingplatte
M eingeschraubt ist. Diese Platte trägt Fuss-
schrauben und steht auf einer Holzkonsole ^V,
deren Enden auf zwei Steinträgern ruhen. Die
Empfindlichkeit des Magnetsystems kann durch
einen besonderen Reguliermagneten, der auf der
Platte A" liegt, beliebig geändert werden. Alle
Metallteile des Magnetometers und der Träger
sind zur Erde abgeleitet. Eine einzelne DrjSit-
windung K dient zur Bestimmung der Konstanten.
Die Ablenkungen werden mit Fernrohr und Skala
T mit einem Spiegelabstand von 3 m beobachtet.
Die Rotation der Kugeln wird durch einen
4 pferdigen Elektromotor hervorgebracht, der
sich in einer Entfernung von 7 m vom Magne-
tometer befindet. Zum besonderen Schutze gegen
magnetische Störungen durch den Motor dient
ein grosser Eisenblock /,, der vor dem Motor
steht. Der Motor treibt durch eine Riemen Ver-
bindung eine Welle FF an, deren Lager auf dem
Steinboden befestigt sind. Zur Lagerung der
Achse für die Kugeln dient ein starkes Holzge-
rüste, welches auf dem Boden steht. Die Stein-
träger, auf welchen das Magnetometer steht,
sind vom Boden und vom Traggerüste der ro-
tierenden Kugeln vollständig isoliert. Zum Schutze
gegen Luftströmungen mussten vor den rotieren-
den Kegeln Holzschirme angebracht werden.
Die Elektrizitätsquelle für die Ladung der
Kugeln bildete eine Batterie von 10 000 Akku-
mulatoren, wie sie Professor Trowbridge bei
seinen spektralanalytischen Untersuchungen ver-
wendet hatte. Um die Ladung der Kugeln um-
zukehren, war ein Kommutator eingeschaltet.
Solange der Motor allein lief oder nur der
Motor und die Welle am Boden in Bewegung
waren, Hess sich auch nicht die geringste Be-
wegung der Nadel wahrnehmen. Dagegen war
das Schneiden der Kraftlinien des Erdfeldes durch
die Messingachse und Kugeln genügend wirk-
sam, um einen Ausschlag von mehreren Centime-
tern hervorzurufen. Es brachte dies keinen Nachteil,
solange die Rotation vollständig konstant blieb.
Sobald diese dagegen sich nur ein wenig änderte,
hatte man grosse Mühe, und es bildete diese
Störung eine der wichtigsten Fehlerquellen des
Versuchs.
Lud man die ruhenden Kugeln, indem ein
grosser Flüssigkeitswiderstand hinter die Batterie
geschaltet wurde, so konnte man keine Ab-
lenkung der Nadel beobachten. Ohne den
Flüssigkeitswiderstand jedoch erfolgte ein, wenn
auch kleiner, Ausschlag bei der Ladung der
Kugeln — ohne Zweifel infolge des raschen
Einströmens der Elektrizität, die zur Ladung der
Kugeln die Zufiihrungsdrähte zu durchfliessen
hatte.
Waren die Kugeln in Bewegung, und man
kehrte das Zeichen der elektrischen Ladung um,
so zeigte sich ein sehr deutlicher Ausschlag der
Nadel. Es war zwar nicht immer leicht, diese
Ablenkung genügend gut zu bestimmen, da die
Rotationsgeschwindigkeit und damit auch der
Nullpunkt sich leicht ein wenig änderten, aber
die qualitative Wirkung war durchaus eindeutig.
Der Ausschlag erfolgte in der zu erwartenden
Richtung, d. h. bei positiver Ladung der Kugeln
entstand ein magnetisches Feld, wie es auch
ein Strom, der in Richtung der Bewegung fliesst,
hervorbringen würde.
Alle Beobachtungen mussten zwischen i und
5 Uhr morgens gemacht werden, da es infolge
der Störungen durch die elektrische Trambahn
unmöglich war, unter Tags befriedigende Be-
obachtungen zu machen. Jede Beobachtungs-
reihe wurde so vorgenommen, dass erst der
Motor in Bewegung gesetzt und die für 2500
Umdrehungen nötige Zeit bestimmt wurde; dann
wurden die Kugeln geladen und zwei Ausschläge
der Nadel auf einer Seite und einer auf der ent-
gegengesetzten Seite beobachtet. In gleicher
Weise wurde abgelesen, nachdem das Zeichen
der Ladung umgekehrt worden war, und zwar
wurden jeweil zehn Umkehrungen vorgenommen,
und zum Schlüsse abermals die Rotationsge-
schwindigkeit bestimmt; ebenso wurde der Re-
duktionsfaktor des magnetischen Systems vor
und nach jedem^Beobachtungssatze bestimmt.
Die magnetische Feldstärke, die sich am
Orte des Magnetsystems ergiebt, kann entweder
berechnet werden, indem man die rotierenden
geladenen Kugeln einem Gleichstrom äquivalent
setzt, dessen Intensität der pro Sekunde jeden
Querschnitt passierenden Elektrizitätsmenge
gleich ist, oder indem man die Feldstärke be-
rechnet, welche alle Kugeln auf den nachein-
ander passierten Wegen hervorbringen, indem
man eine Feldstärkenkurve aufträgt und den
Mittelwert aus dieser Kurve bestimmt Die
letztere Methode ist im vorliegenden Fall ein-
facher, da die Magnetnadeln in der Nähe und
direk-t oberhalb des einen Satzes von Kugeln
sich befanden.
Die Feldstärke, welche eine mit der Ge-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
43
schwindigkeit v sich bewegende Elektrizitäts-
menge q hervorruft*), berechnet sich zu
rj q*V' sin g
wobei Q den Radiusvektor bedeutet, welcher
von der Ladung nach dem Punkte gezogen wird,
an welchem H gemessen wird und e den Winkel
zwischen q und der Richtung der Bewegung dar-
stellt. Diese Beziehung gilt nur, solange die
Geschwindigkeit v klein ist im Vergleiche mit
der Lichtgeschwindigkeit und kann auch als Aus-
druck der magnetischen Kraft gelten, welchen
eine bewegte geladene Kugel hervorbringt, wenn
man deren Ladung sich in ihrem Mittelpunkte
vereinigt denkt. Die Richtung der Kraft steht
senkrecht zu q und zur Richtung der Bewegung.
Die Feldstärke an der Stelle der oberen oder
unteren Magnetnadel wird in folgender Weise ge-
funden : die Mittelpunkte der beiden Gruppen von
Kugeln bewegen sich auf zwei paralellen Kreisen,
die den Abstand b voneinander haben. Die
Rotationsebene stehe senkrecht zur Papierebene
(Fig. 3).
Die Nadeln liegen in einer der Rotations-
ebenen. Gesucht ist die Feldstärke in P, die
der Kugel in A entspricht. Es sei
p = PA.
b= OB.
d= PB.
c ^= OC ^= OA = Rotationsradius.
c = Winkel zwischen q und Tangente in A,
ß= Winkel zwischen dem Vertikalradius und
dem Radius nach A.
So ist Q^ = d^ + b^ + c^— 2cYd^ +~b^cos (p
Yä' + b'
Q^ = d^ + b^ + c'^ — 2 de cos q>
d ' sin ^
cose =
sin e
v.
Q
(d cos 0
cV + b'
d^ -V b'^ + c^ — 2 de cos e
Die Kraft wirkt ineiner Richtung, die senk-
recht zu Q und der Tangente in A steht. Die
I) J. J. Thomson, Phil. Mag. 11, 236, i83i; HcaYi-
side, äectrical Papers 8, 505.
Komponente dieser Kraft in Richtung der Nor-
malen zur Rotatipnsebene ist zu berechnen.
Wenn «p den Winkel zwischen der Richtung der
Kraft und der Normalen zur Rotationsebene be-
deutet, so gilt
d cos & — c
cos w = r ~~ ^=- ^=^
^ VideosS-cy + b^
V = 2 X e N,
wo -^V die Anzahl von Umdrehungen pro Se-
kunde bedeutet. Es ist daher
// =
2 jt N , c ,q (d cos & — e)
V[di 4- ^2 + ^2 _ 2 de cos e\Vt
A' ist dabei diejenige Komponente der Feld-
stärke in P in Richtung der Achse, welche der
Stellung der Kugel in A entspricht. P ist das
Verhältnis der Einheiten. Die Kapazität der
Kugeln und ihre Potentiale sind in elektrosta-
tischen Einheiten gemessen.
zs
J V
t A
2 C
T T
/
jl SZ
T \
r "1
12 SZ
T \
r "^
n ^
7_ ^
•J L
L ^
J \
/^ ^Vs
^^ S^
Fig. 4.
Fig. 4 stellt diesen Ausdruck dar und zeigt,
wie sich die Kraft mit der Lage der Kugeln
ändert. Die obere Kurve giebt die resultierende
Feldstärke an der Stelle der unteren Nadel, wie
sie dort durch die beiden Kugelreihen hervor-
gebracht wird und die untere Kurve, die
nahezu eine gerade Linie darstellt, giebt die
Feldstärke an der Stelle der oberen Nadel. Als
Mittelwert der Feldstärke an der Stelle der
unteren Nadel ergiebt sich durch Zeitintegration
2jtN'q .
und als Mittelwert der Kraft an der Stelle der
oberen Nadel
2 jt N ' q_ ^
M
44
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
also ist die Wirkung auf die Nadel dieselbe,
als ob konstante Kräfte von dieser Grösse auf
sie wirkten.
Die Feldstärke an Stelle der unteren Nadel,
wie sie durch die Aichspule hervorgebracht
wird, ist
wo h den Radius der Windung und x ihren
Abstand von der Nadelebene bedeutet. Die
Feldstärke, welche die Aichspule an der Stelle
der oberen Nadel hervorbringt, beträgt
2X- 7
U (';)■'/'= (-**)-■ ■
{cos ß) +
= 2jl7'D,
\so r den Abstand des Windungsmittelpunktes
von der oberen Nadel und S den Winkel
zwischen der Spulenachse und r bedeutet.
J/sei das Moment der oberen Nadel und H
die Horizontalkomponente des Erdmagnetismus
in ihrem Mittelpunkte; .l/'und /^/'die entsprechen-
den Werte für die obere Nadel. S sei die
Winkelablenkung des Magnetsystems infolge
des Stromes in der Aichspule, und <f> die
Winkelablenkung, welche infolge der Bewegung
der geladenen*^ Kugeln sich ergiebt. Setzt man
das Drehmoment, welches infolge des Erdfeldes
auf das Magnetsystem ausgeübt wird, gleich
dem Drehmoment, welches der Strom in der
Aichspule auf das Magnetsystem ausübt, und
setzt man M\M' = i, so ergiebt sich:
HM—H'Af ^ ijcyjC—D)
M ^^ tang S
In ähnlicher Weise erhält man
H_M—ßM' ^ 2xN.q{A — B)
M Vtang q) '
wenn das Drehmoment, welches auf das Magnet-
system infolge des Erdfeldes ausgeübt wird,
gleich dem Drehmoment infolge der rotierenden
geladenen Kugeln gesetzt wird. Somit
y_A—B N,q tang e
C — D y fang q)
Sei nun 6 die Skalenablenkung, die sich
bei Umkehr des Stromes J in der Aichspule
ergiebt und A die Skalenablenkung, die sich
bei Umkehrung der Ladung der Kugeln ergiebt,
so ist
,. A—BN.q 6
1/ ■ — =^ » — — • •
C—D 7 A
Die Ladung der Kugeln ist für die quantita-
tive Bestimmung eine sehr unsichere Grösse,
und speziell aus diesem Grunde ist die Methode
der rotierenden Kugeln fiir quantitative Arbeiten
viel weniger geeignet, als die Methode der ro-
tierenden Scheiben, namentlich, wenn man sie
wie Rowland in seinem zweiten Versuch an-
wendet. Wäre nur eine Reihe von Kugeln,
die alle zum selben Potential geladen sind, ver-
wendet worden, so wäre eine gleich grosse,
entgegengesetzt gerichtete Ladung auf den be-
nachbarten Konduktoren induziert worden und
diese induzierte Ladung hätte sich mit den
Ljadungen auf den Kugeln bewegt. In diesem
Falle wäre es schwer gewesen, die resultierende
Wirkung zu bestimmen. Aus diesem Grunde
wurden zwei getrennte Kugelreihen benützt,
die entgegengesetzte Ladung trugen und immer
in der gleichen relativen Lage zu einander
biteben. Die Kapazität der Kugeln wurde
unter der Voraussetzung berechnet, dass ausser
ihnen keine Leiter zugegen wären. Die Ladung
auf jeder Kugel wurde mittels der Methode
der elektrischen Bilder berechnet, indem die
Ladungen auf allen übrigen Kugeln als in ihren
Mittelpunkten konzentriert angenommen wurde.
Es ergiebt sich dann nach Maxwell (volume i,
section 159):
a
Affif etc. =
voneinander.
Ladung einer jeden Kugel
Potential derselben
Radius derselben
Abstände der Kugelmittelpunkte
Dann ist die Ladung auf jeder Kugel ge-
geben durch.
I I
P^a^qa [ . + -' -f
A + q-a
(
i^}^
wo sich, die ungeraden Indices auf die Kugeln
einer Gruppe und die geraden Indices auf die
Kugeln der anderen Gruppe beziehen.
Das Potential der Akkumulatoren wurde
sowohl mittels Schutzring - Elektrometers als
mittels maximaler Funkenschlagweite zwischen
zwei metallischen Kugeln ermittelt. Als Mittel-
wert ergab sich in elektrostatischen Einheiten
P=63.
Der grosse Vorteil, den eine Akkumulatoren-
batterie als Elektrizitätsquelle bietet, besteht
darin, dass eine Messung zur Bestimmung des
Potentials ausreicht. Die Batterie wurde jedes-
mal vor ihrer Verwendung frisch geladen und
ihre Spannung änderte sich zwischen den ein-
zelnen Versuchen nur ausserordentlich wenig.
Die Kugeln hatten einen mittleren Radius von
1,35 cm; der Umdrehungsradius betrug 20,38cm;
der Abstand der unteren Nadel vom Achsen-
mittel betrug 22,91 cm und der der oberen
' Nadel 29,28 cm.
1 Die folgende Tabelle enthält die Resultate
I einiger Beobachtungsreihen:
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
45
Xo.
N.
7.
6.
V.
I
42
6,7
0,00364
26
2,6 X 10"
2
55
10,6
0,00355
31
2,6
3
55
9.0
0,00355
3«
3.1
4
49
".3
0,00298
29
2,9
5
41
5.5
0,00280
15
2,7
6
48
7,0
0,00280
15
2,6
Mittel 2,8 X 10
10
Diese Zahlen geben das Resultat der Ver-
suche ziemlich gut wieder. Die Übereinstim-
mung zwischen Theorie und Experiment ist
sicher so gross, als mit Rücksicht auf die
Fehlerquellen des Versuches erwartet werden
kann.
Nur schwer bestimmbar sind: i. Die that-
sächlich von den Kugeln getragenen Ladungen
und der Einfluss der Körper in der Umgebung,
speziell der stanniolbedeckten Glasplatte, welche
die Magnetometerröhre unten abschliesst, wenn
auch dieser Stanniolbelag in Streifen von un-
gefähr I mm Breite zerschnitten ist und daher
nur geringe Wirkung ausüben kann. 2. Die
ungleichmässige Verteilung der Elektrizität auf
den Kugeln, so dass die Ladungen, genau ge-
nommen, nicht im Mittelpunkte vereinigt ange-
nommen werden können. 3. Fehler in der
Bestimmung der Nadelablenkungen, die von
äusseren Störungen herrühren.
E^ wurden auch Versuche ausgeführt, bei
denen die Richtung der Bewegung der Kugeln
umgekehrt wurde. Die erhaltenen Resultate
entsprachen in jeder Hinsicht den oben ange-
führten, nur dass das* Vorzeichen umgekehrt
war. Versuche, bei denen nur ein Teil der
10 000 Zellen der Akkumulatorenbatterie ver-
wendet war, lieferten Resultate, die mit dem
vorausgegangenen ziemlich gut übereinstimmen ;
jedoch waren die Ablenkungen zu klein, als
dass man eine sehr genaue Übereinstimmung
hätte erwarten können.
Jefferson Physical Laboratory, Harvard Uni-
versity, Cambridge Mass.
tAus dem Englischen übersetzt von K. T. Fischer-München.)
(Eingegangen 2. Oktober 1901.)
\^ Notiz über polare Unterschiede bei Spitzen-
entladungen und die Verhältnisse der lonen-
geschwindigkeiten.
Von K. V. Wesendonk.
Ganz kurz sei hiermit hingewiesen auf die
Verhältnisse der lonengeschwindigkeiten für
. / V—
negatives und positives Vorzeichen I— — ,wenn
V — und F+ die Geschwindigkeiten der nega-
tiven resp. positiven Ionen bezeichnen), welche
in neuerer Zeit für den Sauerstoff und einige
andere Gase gefunden worden sind. Für dieses
Gas in trockenem Zustande findet genanntes
Verhältnis, nämlich
Z^leny')= 1,32
Townsend^) = 1,58
Chattock, Walker und Dixon^) = 1,42,
während in Luft entsprechend die Werte lauten
1,375
1,54
1,36
und in Wasserstoff:
,THE NFW Yi r • !
ipübliclie:;;../
1,19
1,54
1,38.
A6TÜR, LfNCX
TILDEN FOUNLa7I;:ns
Nun ist bekannt^), dass Sauerstoff die Ent-
ladung der negativen Elektrizität im Vergleich
zur positiven bei Spitzenausströmung keines-
wegs so begünstigt, wie einige andere Gase,
und man könnte daher erwarten, dass dieser
Umstand auch in den oben erwähnten Verhall-
te
nissen -^ zur Geltung gelange. Das ist aber,
wie man sieht, selbst bei den von Chattock,
Walker und Dixon für Spitzenentladungen be-
stimmten Werten keineswegs der Fall. Bei den
erwähnten Versuchen von Townsend und
Zeleny handelt es sich um Gase, die durcib
Röntgenstrahlen aktiviert worden sind, wobei
meines Wissens keine erhebliche Ozonbildung
eintritt, wie bei der Spitzenentladung in Sauer-
stoff. Hiermit bringt nun aber Herr Warburg '^j
in seiner bedeutungsvollen Arbeit über nega-
tive und positive Spitzenentladung in reinen
Gasen die relativ geringe Leitfähigkeit des 0
für negative Elektrizität in Verbindung. Man
sollte demnach erwarten, dass bei den Ver-
suchen von Chattock u. s. w. dieser Einfluss
der Ozonbildung zur Geltung käme, auch wenn
ein solcher sich beim röntgenisierten Gase nicht
zeigte. Townsend giebt in der That an, für
trockene Lufi diffundierten die Ionen der Spitzen-
entladung®) langsamer, als die durch Röntgen-
oder Radiumstrahlen wie durch ultraviolette
Strahlen hervorgerufenen, welch letztere Me-
thoden fast identische Werte ergeben.
1) Diese Zeitschr. 2, 604, 1901.
2) Ebd. 1, 313— 3«6, 1900.
3) Chattock u. s. w. Phil. Mag. (6) 1, 79—98, 1901.
4) Schon Faraday*fand die polaren Verschiedenheiten
der Lichterscheinungen in O wenig ausgeprägt. Herr War-
burg (Wied. Ann. 40, 16» 18^) wies auf den Einfluss
kleiner Beimengungen von O auf das Kathodengefalle hin.
Verf. bemerkte zu jener Zeit, dass Sauerstoff, dem Stickstoffe
beigemengt, der negativen Spitzenausströmung hinderlich ist.
Wie gross die Wirkung kleiner Mengen Ö, zeigte dann Herr
Warburg 1899 und Ann. der Phys. 2^ 309 ff. 1900.
5) Warburg, Ann. der Phys. 2, 313, 1900.
(i\ Andererseits stimmen aber die von Chattock aus
Spitzenentladungen gefundenen lonengeschwindigkeiten gut
mit den von anderen Beobachtern in röntgenisierten Gasen
gefundenen übereiu.
46
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
Einen Einfluss konnte allerdings die Span-
nung haben, die bei Chattock u. s. w. nicht
angegeben, auch sind seine Versuchsanordnungen
ja nicht identisch mit denen anderer Forscher.
Doch ergaben sich bei verschiedenen Strom-
stärken von 3,2, 1,6 und 0,8 Mikroampere in
V
öo die nahe übereinstimmenden Werte für — --
y -T
von 1,43, 1,40, 1,^2, also unter erheblich ver-
schiedenen Entladungsumständen. Nach Herrn
War bürg ist die Leitfähigkeit für negative
Elektrizität beim Spitzenpotential F=. 5 1 80 Volt
grösser, bei F= 6790 Volt erheblich kleiner,
bei F= 8450 Volt nahe gleich derjenigen für
das andere Vorzeichen. Herr Sieveking')
findet im Sauerstoff zwar stärkere Ausstrahlung
der negativen Ladung, aber doch weniger als
in anderen Gasen, er spricht von einer deut-
lichen Bevorzugung von + Elektrizität in ö^.
Eine solche von — Elektrizität ist nach ihm in
Kohlensäure vorhanden, was aber nach den
V
Werten von ,. , für dieses Gas nicht zu er-
werten gewesen wäre 2).
Diese lauten nämlich:
Z^leny 1,07
Townsend 1,13
Chattock u. s. w. . . . 1,1 1
Dass bei den betreffenden Messungen übri-
gens noch gewisse Unbestimmtheiten obwalten,
zeigt deutlich der Umstand, dass Herr Sieveking
die negative Leitung in Stickstoff kleiner findet als
in Luft, während doch Verfasser^) seinerzeit mitBe-
stimmtheit beobachtete, wie in Stickstoff bei ziem-
lich gleicher Durchlässigkeit für positive Ladungen
die negative Elektrizität nicht unbedeutend be-
günstigt erscheine im Vergleich zu Luft, und
daher zu dem Schlüsse kam, die Gegenwart
von Sauerstoff in der Luft vermehre den Wider-
stand gegen negative Entladungen nicht uner-
heblich. Nach Herrn Warburgs^) Untersu-
chungen ist in ganz sauerstofffreiem N der
negative Strom gar hunderte Male so stark als
der positive, ein allerdings recht auffallendes
Resultat. Bei dem Wasserstoff ferner ist wohl
kaum ein Zweifel vorhanden über die sehr er-
hebliche Begünstigung der negativen Strömung
im Vergleich zu Sauerstoff, und doch sind die
y
Werte von ,,— darin sogar kleiner als in 0.
V -\-
i) Sieveking, Ann. der Phys.1,310, 1900. Verfassermöchte
hierzu (S. 311 Anm.) anführen, dass der dort genannte Satz b
doch auch schon aus seinen Beobachtungen folgt, und gilt,
solange die Entfernung Spitze — Platte nicht zu gross. Aus-
nahme scheint bei starken positiven Büscheln eintreten zu
können.
2) Die Lichterscheinungen sind übrigens nach Faraday
in CO2 polar nur wenig verschieden.
3) Wesendonk, Wied. Ann. 39, 601 u. 605—606.
1890. Naturw. Rundsch. 4, 441 — 43, 1889.
4) Warburg, Ann. der Pbys. 2, 310, 1900.
Liegen also gegen die Bestimmungen der lonen-
geschwindigkeite.n nicht erhebliche Bedenken vor,
so müssen neben diesen bei der Durchlässig-
keit der Gase für Spitzenausströmung| noch
andere Momente von massgebender Bedeutung
sein. Chattock weist nun auf den Einfluss
des Zustandes der Oberfläche der Spitze hin,
von dem besonders die negative Entladung ab-
hängig sei '), die denn auch bedeutend schwan-
kendere Werte liefere.
Zur Annahme einer solchen Oberflächen-
wirkung resp. eines erheblichen Einflusses kleiner
oberflächlicher Änderungen, wie durch Verstäu-
bung, Auflockerung, Okklusionen, chemischen
Angriffes durch selbst sehr kleine Mengen einer
dem umgebenden Medium beigemengten Sub-
stanz u. dgl. m., fuhren manche Thatsachen,
auch Verfasser hatte mehrfach Gelegenheit, dar-
auf hinzuweisen. (Eingegangen 22. Oktober 1901.)
1) Sonst nahm man wohl eher das Gegenteil an (vgl.
Wiedemann, Elektrizität 4, 726, 1885), doch ist zu be-
achten, dass man bei positiver leuchtender Entladung zwischen
den den Funken näherstehenden eigentlichen Büscheln und
dem (damit stets verbundenen) positiven Glimmen zu unter-
scheiden hat. Auf letzteres bezöge sich denn wohl nur
Chattocks Bemerkung.
Elektrolytische Vorschaltzelle für den Betrieb
von Induktorien bei Wechselstrom.
Von E. Knoblauch.
Schon immer hat es Schwierigkeiten ge-
macht, Röntgenapparate mit Wechselstrom zu
benutzen, da der Wechselstrom immer nur in
einer Richtung durch die primäre Spule des
Induktoriums gelangen darf, um die sehr stören-
den Lichtschwankungen in der Röntgenröhre
zu vermeiden.
Ich habe unter freundlicher Mitwirkung des
Herrn Ingenieur Berg er hierüber viele Ver-
suche angestellt und zwar in dem physikalischen
Versuchslaboratorium der Firma Reiniger,
Gebbert und Schall in Erlangen. Ein von
Herrn Ruhm er in Berlin überlassener Unter-
brecher, wie er in dieser Zeitschrift') beschrie-
ben ist, Hess sich trotz vieler Mühe leider bei
Wechselstrom von 50 Perioden und 1 10 Volt
Betriebsspannung nicht in Thätigkeit setzen,
weil die Spannung wahrscheinlich zu gering
war. Da es aber wichtig ist, gerade bei 1 10
Volt den Wechselstrom für Röntgenzwecke be-
nutzen zu können, kam ich, angeregt durch
den Ruhmerunterbrecher, darauf, eine Gleich-
richtzelle vor den Unterbrecher zu schalten,
die aus je einer Blei- und Aluminiumelektrode
I) Vgl. diese Zeitschrift 2, 742, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
47
besteht, welche in einer 20 prozent. Seignette-
lösung stehen. Bei dieser Versuchsanordnung
Hessen sich Simon-, Wehnelt-, ja sogar Queck-
silberstrahlunterbrecher anwenden. Die Unter-
brecher arbeiteten bei einer eingeschalteten
Röntgenröhre tadellos, bei letzterer markierte
sich eine scharfe Trennung beider Hälften,
als Beweis, dass die elektrolytische Vorschalt-
zelle nur eine Stromphase des Wechselstromes
zum Unterbrecher gelangen lässt.
Die elektrolytischen Unterbrecher brauchen
bekanntlich zum Betrieb ziemlich hohe Strom-
stärken, wodurch die Röntgenröhren stärker
beansprucht werden, als oft notwendig ist; des-
wegen haben sich vielfach die Quecksilber-
strahlunterbrecher eingeführt. Da diese nun
mit Hilfe der vorgeschalteten Gleichrichtzelle
auch *bei Wechselstrom benutzt werden können,
scheint mir für viele Fälle die oben angegebene
Methode von Vorteil zu sein.
Erlangen, 20. Oktober 1901.
(Eingegangen 21. Oktober 1901.1
r.----::M.
Ober die Formen der von dem Michelson-
sehen Interferometer gelieferten Kurven.
Von John C. Shedd.
Die Theorie der Interferenzerscheinungen,
welche das M i c h e 1 s o n sehe Interferometer liefert,
ist eingehend von Professor A. A. Micheison
(Phil. Mag. [5], 13, 236—242, 1882) diskutiert wor-
den. In der vorliegenden Abhandlung soll das
Problem von einem anderen Gesichtspunkte aus
behandelt werden.
Fig. I zeigt die gebräuchliche Form des
Apparates,
j/, il/, stark versilberte Spiegel.
A Platte mit parallelen Seiten, welche zur
Hälfte auf der M gegenüberliegenden
Seite versilbert sind.
C ~ Platte von derselben Dicke wie A \ind
parallel A. Diese Platte heisst der
Kompensator.
.1/2 befindet sich auf einem beweglichen
Klotze, welcher durch die Schraube S verstellt
werden kann.
Die Interferenzerscheinungen werden mittels
des Auges oder des Teleskopes bei T betrachtet.
Man kann sich offenbar vorstellen, dass der
Spiegel M2 sich hinter Mi dort befindet, wo
die punktierten Linien M^ gezeichnet sind. Nimmt
man dies an, so braucht man nur, wie Professor
Micheison nachgewiesen hat, J/, und M2 zu
berücksichtigen.
Man kann dann die ganze Erscheinung be-
handein, als ob sich eine Lichtquelle S' in der
Ebene von M^ und seines Bildes S* in M2
Z522
'^« S
tzzzn
II
Fig. I.
(Fig. 2) befindet. In Fig. 2 ist Winkel ApB — f^
und Winkel BPC -i.
Im folgenden sollen die folgenden Bezeich-
nungen benutzt werden:
/o ' senkrechte Entfernung zwischen J/, und
M^n Am Apparate wird dieselbe mit
Hilfe der Schraube 5 (Fig. i) bestimmt.
<f) — Winkel zwischen J/, und M^* Derselbe
wird mit Hilfe von Schrauben, die sich
auf der Rückseite von 3/, befinden, er-
mittelt (physikalisch ist der Winkel 9
der Winkel, um den die Ebenen von M\
und M2 von 90^ abweichen).
P senkrechte Entfernung von Mx bis zur
Ebene, welche die Interferenzerscheinung
enthält. Diese wird Brennebene genannt.
/, S Winkel, zwischen der Lichtquelle bei P
und der Brennebene. Ö ist in der Ebene
senkrecht zur Ebene von qp; / liegt in
der zu 9) parallelen Ebene. Diese
Winkel können auch als die Einfallswinkel
der interferierenden Strahlen auf die Brenn-
ebene definiert werden, wobei S in der
zu q> senkrechten Ebene liegt. Die Brenn-
ebene ist senkrecht sowohl zur Ebene
von ©, als auch von /.
A Differenz der Weglängen, welche durch
die zwei Strahlen, die bei P Interferenz
hervorrufen, zurückgelegt werden.
Professor Micheison hat nachgewiesen, dass
der Wert von A durch die Gleichung
Fig. 2.
48
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
gegeben ist.
Im 'allgemeinen kann A alle möglichen Werte
annehmen; aber der Wert, welcher die deut-
lichsten Fransen liefert, ist durch die Bedin-
gungen gegeben:
2)
ÖA , ÖA
=^0 und -jr^ = o.
öS ot
Dies liefert für den Wert von P
3)
4)
Da die Brennebene senkrecht zur Richtung P
ist, wird jeder Punkt [x, y) auf ihr durch die
Gleichungen bestimmt
\x = Ptgi
\y=.PtgS,
Die Form der durch die Interferenz hervorge-
rufenen Kurve wird durch Substitution der
Gleichungen (4) in Gleichung (i) erhalten. Dies
liefert:
^. A^y^={4F^tg'^<p^A'^)x^ + it,P^q>.x
5^ -^-PHAt^-A^).
Die weitere Behandlung dieses Gegenstandes
läuft auf die Analyse von Gleichung (5) heraus.
Gleichung (5) ist die eines Kegelschnittes;
die verschiedenen Formen desselben können
leicht durch Betrachtung der Excentrizitäts-
gleichung ermittelt werden.
Der allgemeine Ausdruck für die Excentri-
zität ist in diesem Falle
6) ^ = /i+//5,
wo / der Koeffizient von x^ und B von y^ ist.
Im vorliegenden Falle geht sie in den ein-
fachen Ausdruck über
7)
2 PtgO)
Substituiert man den Wert von P in Gleichung
(3), so erhält man
8)
Durch Einführung des Wertes von J in Glei-
chung (1) geht diese über in
9) er= sin i cos i^i + tg'^i -f- tg'^ O
oder
10) e = sm i'Y\ \-~ig^ S cos^ / .
Die Gleichungen (7) bis (10) liefern uns die
verschiedenen Fälle, welche auftreten können.
Da Gleichung (5) die Gleichung eines Kegel-
schnittes ist, so können diese Fälle in folgende
Abteilungen eingeteilt werden:
I. die gerade Linie,
II. die Hyperbel,
III. die Parabel,
IV. die Ellipse,
V. der Kreis.
I. Die gerade Linie. Hier ist
e^=oc. 11)
Dieser Fall tritt ein, wenn J = o (Gleichung 7
oder 8) oder © = 90^ (Gleichung 10).
Ist zu gleicher Zeit 1^=0^ dann werden
die Gleichungen (7) und (8) unbestimmt. Dies
bedeutet, dass J/, und J/j (Fig. 2) zusammen-
fallen, und daher kann keine Interferenz auf-
treten.
Ist J = o , dann wird Gleichung {5)
(/^9);r + /o)2 = 0, 12)
die Gleichung zweier, zusammenfallender gerader
Linien. Der Wert von A wird jedoch nur Null
für die mittlere Bande, während die beiden
Banden zu beiden Seiten verschiedene Krüm-
mung besitzen. Beim Experimentieren lässt
sich der Apparat leicht so einstellen, dass das
Feld ganz mit Banden bedeckt ist, welche bei-
nahe gerade Linien sind.
II. Die Hyperbel. ^ > / und < :3c. Aus
den Gleichungen (i) und {7) folgt, dass die
Banden zu beiden Seiten der mittleren, Hyper-
beln sind; denn da Z' klein ist (/'verschwindet
für die mittlere Bande), so nehmen die Werte
von S und / rasch zu. Ferner da der Wert
von /o auch sehr klein ist, so ist der Wert von
A in Gleichung (i) klein und daher wird der
Wert von e aus Gleichung (11) gross, aber nicht
unendlich sein.
Der Wert von e hängt von Franse zu Franse
sehr von dem Werte von 9 ab. Ist der Wert
von (f> sehr klein, so nimmt der Wert von e
schnell ab und ist dann die Änderung der
Krümmung leicht mit dem Auge wahrnehmbar.
Für grössere Werte von 9) ist die Änderung
von € nicht mehr so leicht zu beobachten.
Nimmt der Wert von /q zu (durch Drehen
der Schraube S)^ so nimmt der Wert von A
schneller zu, als der Wert von A) und der Wert
von e nimmt ab. Hieraus folgt, dass, wenn M-^
sich entfernt, die Fransen immer mehr und mehr
gekrümmt werden.
Die Gleichung der Hyperbel ist
x^ y^
/2 ~~ ß2 — ^
13)
und
und
/2 =
A'^ -- 4 P^ tg q>
^2=/^2(J2_4/^2),
Die gleichseitige Hyperbel:
r=y2.
Für diesen Wert von e wird Gleichung (10)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
49
Die folgende Tabelle zeigt die Beziehung zwi
sehen /, ^ und P.
Tabelle I.
sin i
•
tanß
e
P
0
oo
CX)
90'^
xo=o
tan (p
0,5
30«
2.7
70"-
/" X0.5S
tan ip ^
OJ07
45^
I.S7
62»—
'" XI
tan ip
0,877
6o**
1,58
580—
/" X>.73
tan ip
I
900
1,4
54"4o'
tan ip
Werden / und H miteinander vertauscht, so
wird das konjugierte System von Hyperbeln
erhalten. Der Grenzwert von H ist 54^ 40 .
Offenbar kann S diesen Wert nur haben, wenn
die Brennebene ganz nahe an J/j liegt. Hier-
aus folgt, dass die gleichseitige Hyperbel nur
mit kleinen Werten von /q beobachtet wird.
Mit grossen Werten von <p wird man dasselbe
Resultat erhalten, da dieselben kleine Werte für
P liefern. Allgemein muss bei der Hyperbel
A <i2 P ig if
oder
oder
J < 2 /o /^ I
sin 6^ > ^
y I -^ siti^i
was 6^ = 45*^ und / = 90^ giebt.
III. Die Parabel. Die Parabel ist der
Grenzwert für die Hyperbel und e = \. Die
notwendigen Bedingungen fiir die Parabel sind:
A = 2 P tg (p f aus Gleichung (7)
oder A=2i^tgi, „ „ (8)
oder ö= . . „ „ (10)
stn i
Die Grenzwerte für / und B sind:
/ = ± 9o^ © = + 45 ,
die Gleichung für die Hyperbel ist:
15)
wo
1/2 =
\Pk
X=X — l
A
A',
4/0^
IV. Die Ellipse e <C ?. In diesem Falle ist:
A^ 2 P tg <p , aus Gleichung (7)
oder J>2/„/^/, „ „ (8)
oder tg& <C
sin i
tt
tt
(lO)
Diese Bedingung wird durch eine Zunahme
von /„ mittels der Schraube ^' erreicht. Durch
Verändern des Wertes von (f kann man das-
selbe Resultat erhalten, vorausgesetzt, dass der
Wert von /o nicht zu klein ist. F'ür solche
Werte von /y, bei denen A nicht merklich von
2 P abweicht, wird der Wert von e durch den
Wert von (p bestimmt, und Gleichung (7) kann
geschrieben werden:
f = tg(p 16)
und Gleichung (8)
e=-tgi, 17)
da P und 4 einander gleich sind.
Offenbar wird die vorstehende Bedingung
nur für grosse Werte von Z,, realisiert.
Leicht gelingt es, /q und <jp so zu adjustieren,
dass das Gesichtsfeld mit elliptischen Fransen
bedeckt ist. Die Elliptizität nimmt zu, wenn
das Auge sich von der Mitte nach seitwärts
bewegt.
Die Gleichung der Ellipse ist
X
i
/2
+
/2
J
18)
wo
19)
>>
tt
tt tt
90^ „
'A^—^P^tg^<P
V. Der Kreis.
e = 0 ,
Hier muss eine der folgenden Bedingungen
erfüllt sein:
(i) (p = o
oder (2) P= o, vorausgesetzt dass A nichtNull ist
oder (3) /o =0, „ „ A
oder (4) /=o, „ „ ß
Bedingung (i), wo (p = o ist, während alle
übrigen Grössen bestimmte endliche Werte be-
sitzen, ausser P, welches nach Gleichung (3) ic
ist, lässt sich am leichtesten erfüllen.
Ist /* = ^>c, so nehjnen offenbar / und ß
denselben Grenzwert, nämlich o, an, und unter-
scheiden sich voneinander wie keine endliche
Grösse.
Aus der Gleichung
e = /gl
folgt, dass in Fall IV ^ = o für die mittlere
Franse ist, da hier / = o. Offenbar wird auch,
da /o zunimmt, der grösste Wert von / für das
vom Instrument beherrschte Gesichtsfeld kleiner.
Daher scheinen die Fransen bei zunehmender
/o immer mehr und mehr kreisförmig zu werden.
Für Werte von /oi welche grösser als 10 mm
sind, erscheinen die Fransen kreisförmig, selbst
wenn (f nicht Null ist.
Es ist leicht zu entscheiden, wann <p nicht
Null ist, denn dann ist P nicht 'y^ und die
Werte von / und & sind nicht identisch. Wird
das Auge jetzt auf und ab oder von links nach
rechts bewegt, so bewecfen sich die Fransen,
so
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
eine Erscheinung, welche man eine Art von
„Parallaxe" nennen könnte, und mit deren Hilfe
es leicht gelingt, (p richtig, d. h. =0, zu ad-
justieren.
Alle oben beschriebenen Kurven lassen sich
leicht erhalten, wenn man erst 4 einen kleinen
Wert beilegt und 'durch Adjustieren von 9) die
mittlere gerade Bande erhält: Wird jetzt /o
grösser, dadurch dass Mi zurückgezogen wird,
so verwandeln sich die Fransen in Hyperbeln,
dann einen Augenblick in Parabeln, dann in
Ellipsen und schliesslich für grosse Werte von
/q in einen Kreis.
VI. Ausser den vorhergehenden allgemeinen
Fällen sind noch einige andere besondere von
Interesse. Wir beginnen mit der Beschreibung
des Verhaltens der Fransen, wenn Z^, durch den
Wert Null hindurchgeht und das Vorzeichen
wechselt.
Befindet sich M^ hinter J/, , so ist /o positiv
und für grosse Werte von /,, haben fp und /
das entgegengesetzte Vorzeichen; die Brenn-
ebene liegt hinter M^ . Unter diesen Bedingungen
sind /o und (p positiv, / und P negativ. Nach
Gleichung (i) ist A negativ und e (Gleich. 7)
natürlich positiv. Für grosse Werte von /o ist
der Wert von P nach Gleichung (3) ebenfalls
gross und / daher sehr klein. Daher ist e nach
Gleichung (8) klein und die Fransen sind that-
sächlich Kreise.
Wird M^ vorgeschoben bis t^ = o, dann ist
nach Gleichung (3) P=o und die Brennebene
durchschneidet die Ebene von Mi im Ge-
sichtsfeld.
Da /o = o ^^^ ^ ""^ ' beide endlich sind,
so ist der Wert von ^ = o (Gleichung 8). Da
^0 = o, so können auch chromatische Fransen
erhalten werden. Dieselben sind kreisförmig
und ausserordentlich scharf.
Wird Ml vor M^ gebracht, so ändern /o
und <p ihr Vorzeichen; sie werden negativ,
während / und P positiv werden; A bleibt ne-
gativ (das negative Vorzeichen vor A bedeutet,
dass A abnimmt, wenn / zunimmt). Hieraus
folgt, dass die Brennebene eine gekrümmte
Fläche wird, welche gegen den Beobachter für
negative Werte von P konkav ist. Dies kann
mit dem Auge direkt beobachtet werden, in-
sofern, als die Fransen auf einer konkaven Fläche
zu liegen scheinen.
Der Wert von A wird jetzt
und /,! ^ P ig i tg <p , so dass A negativ ist.
Wird M^ noch weiter vorgeschoben, so nimmt
/ zu und ebenso P, Eine Zeit lang nimmt
der Wert von e (Gleichungen 7 und 8) zu;
gleichzeitig gehen die Kurven aus Kreisen [e=o)
in Ellipsen (^ > o aber < i) über, dann in
20)
Parabeln (^ = i), weiter in Hyperbeln (^ > i)
und schUesslich in eine gerade Linie {e = ^). ')
Nimmt der Wert von /ij zu, nachdem der
Minimumswert von A erreicht ist, so wird die
Zunahme von P reichlich aufgewogen durch die
Abnahme des Wertes von ^g i, so dass der
Wert P tg i tg q> abnimmt. Der Wert von A
nimmt daher zu und der von e nimmt ab.
Hieraus ergiebt sich, dass, wenn M^ weiter vor-
geschoben wird, die konjugierten Hyperbeln
sichtbar werden und in umgekehrter Reihenfolge
durch die oben erwähnten Kurvenformen hin-
durchgehen und schliesslich als Kreise sichtbar
werden.
Dieser Fall giebt uns ein gutes Mittel, um
die chromatischen Fransen des Instrumentes
aufzufinden (die Nulllage des Instrumentes.)
Man verfährt dann folgendermassen: Nachdem
man Fransen mit der Natriumflamme hergestellt
hat, adjustiert man Mi so, dass die Parallaxe
ein Minimum ist und die Fransen Kreise sind.
Dies liefert einen kleinen Wert für <p. Nun wird
M-i durch die Nulllage hindurchgeführt, bis die
Kreise Hyperbeln werden. Jetzt wird M^ zu-
rückgeführt, bis die Fransen gerade anfangen,
kreisförmig zu werden. Wird nun weisses Licht
für die Natriumflamme eingeschaltet und M^
noch weiter langsam mittels der Schraube zu-
rückgeführt, so entstehen chromatische Fransen.
Dieselben sind so scharf, dass man sie leicht
mit dem diffusen Lichte des Zimmers erhalten
kann.
VII. Der zweite ergänzende Fall bezieht
sich auf die Drehung des Kompensators,
welche die Weglänge und damit den Wert von
/q verändert. Ist der Wert von t^ schon gross,
so wird diese Änderung weder den Wert von
P (Gleichung 3) oder den von A (Gleichung i)
merklich beeinflussen und daher bleibt auch
der Wert von e derselbe. Ist jedoch /© klein,
so bewirkt die Drehung eines Kompensators
eine grosse relative Veränderung von t^ und
daher auch eine grosse von P und A\ es ändert
sich dann auch der Wert von e sehr schnell.
Ist beispielsweise der Wert von t^ klein und
der Kompensator parallel der Platte A (Fig. i),
so gehen die kreisförmigen Fransen bei einer
derartigen Drehung, dass die optische Weglänge
durch das Glas kleiner wird, in elliptische über,
indem der Wert von e bei der Drehung grösser
wird. Wird bei weiterer Drehung 4 noch kleiner,
so nimmt e weiter zu und die Fransen ver-
wandeln sich aus der parabolischen Form in
die hyperbolische. Bald erscheint auch das
konjugierte System der Hyperbeln im Gesichts-
feld. Beim Drehen des Kompensators bis zur
i) Dies hängt davon ab, ob d Null wird oder nur einen
Minimumswert annimmt, um dann zuzunehmen. Im Instrument
kann der Wert von A leicht kontrolliert werden und die
Fransen zu geraden Linien gemicht werden.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
51
Parallelität mit Afi verändert sich das Aussehen
der Fransen: Sobald nämlich die parallele Lage
überschritten wird, ändert sich die Richtung
der Bewegung der Fransen, und jetzt fängt
auch der Wert von /b an zuzunehmen. Die
Umkehr der Bewegung der Fransen ist eine
sehr empfindliche Probe für den Parallelismus
der Platten C und Af (Fig. i) und dürfte wohl
von grossem Wert auch für andere Arbeiten
sein.
VIII. Der dritte und letzte ergänzende Fall,
welcher berücksichtigt werden muss, tritt auf,
wenn ff=^o und 4 = o ist. Unter diesen Be-
dingungen ist P (Gleichung 3) unbestimmt. Da-
her ist /) auch unbestimmt (Gleichung i) und
ebenso e nach den Gleichungen (7) und (8). Ist
4 = o, so fallen JIi und JI/2 zusammen und
offenbar sollte keine Interferenz vorhanden sein.
Letzteres hängt jedoch davon ab, ob die zwei
Lichtstrahlen genau dieselbe Phase haben. Da
nun der eine Strahl an der äusseren Fläche von
A, der andere an der inneren reflektiert wird,
so müsste Interferenz auftreten, ausser wenn die
PhasendifTerenz gerade '/-i ^ beträgt. Da J/i und
J/2 zusammenfallen, so sind / und ^ gleich Null
und der Wert von e (Gleichung 9)
e = sin i cos /)/" i + tg^ i + tg^ H =^^17^7
und daher müssten die Fransen, wenn sie über-
haupt vorhanden sind, Kreise sein.
Zu diesem Schlüsse können wir auch auf
folgende Weise gelangen. Eine Phasendifferenz,
mag sie von irgend welcher Ursache herrühren,
ist einem bestimmten Werte von /^, äquivalent.
Da (p = o, so muss e nach Gleichung (i) sein
e = 2 Ptgq> _
Wird weisses Licht benutzt, so tritt zu der
von der Reflektion herrührenden Phasendifferenz
noch Dispersion ein, welche durch den Kom-
pensator hereinkommt (ausser wenn C genau
parallel A ist, Fig. 1). Diese Dispersion ist von
Cornu (C. R. 93, 1881) und Michelson (Phil.
Mag. [5] 13, 236, 1882) untersucht worden.
Hieraus folgt, dass sehr schöne chromatische
Fransen, selbst dann, wenn (p = o und t^^ = o,
auftreten. Das Vorhandensein von Fransen
unter diesen Bedingungen liefert uns ein Mittel,
um zu prüfen, ob eine Phasendifferenz vorhanden
ist, welche von einer der oben erwähnten Ur-
sachen herrührt. Unter diesen Bedingungen sind
147 kreisförmige chromatische Fransen gezählt
worden.
Colorado College, September 1901.
^\V YO^W^^"™ Englischen übersetzt von G. C. Schmidt.)
PUBLIC L.PRARY
AS^OH, LENOX
TILDLN FÜÜNCATI0N6.
(Eingegangen i. Oktober 190».)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 7^ NATUR
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
Edmund Hoppe (Hamburg), Naturforschung
und Technik. *)
Wenn man als die Aufgabe der Natur-
forschung die Erkenntnis der Natur und der
in der Natur wirkenden Kräfte und deren Ge-
setze bezeichnet und die Technik als eine
ausübende Kunst aufifasst, so ist die Meinung
scheinbar berechtigt, dass die Eine sehr wohl
ohne die Andere bestehen könne, und wenn
auch beide die Natur als Objekt der Bearbei-
tung haben, würden sie .doch nach Methode
und Ziel wesentlich voneinander abweichen.
Oft genug begegnet man der Meinung, dass
die Technik der Naturforschung nicht bedürfe
und hin und wieder scheinen technische Er-
folge, wie z. B. die amerikanische Methode der
Linsenschleifung, die Ansicht zu rechtfertigen,
dass durch „Probieren" mehr erreicht werden
könne als durch wissenschaftliche Forschung.
Allein derartige Erfolge sind vereinzelt und
immer nur in engbegrenzten Gebieten mög-
i) Abteilung 3., Eröfinungsvortrag a.ni 23. September 1901.
lieh und selbst da können sie einer vorgängigen
Forschung nicht entbehren. Fasst man das
Gesamtgebiet der Technik ins Auge, so kann
man dieselbe nicht als eine Kunst ansehen,
sondern als die Wissenschaft von der Nutz-
barmachung der Natur und der Naturkräfte.
Diese Nutzbarmachung entspringt aber dem
Bedürfnis der Menschheit, sich im Kampfe ums
Dasein Bundesgenossen zu suchen, und setzt
voraus die Erkenntnis und die Erforschung der
Natur und ihrer Kräfte. Daher ist Technik
und Naturforschung so alt als das Menschen-
geschlecht selbst und die ersten Anfange der
Technik sind nicht denkbar ohne eine vor-
gängige Naturforschung, diese aber setzte nicht
mit der Absicht ein, patentierungsfähige Er-
findungen zu machen, sondern sie beruhte auf
Beobachtung und Verknüpfung der Beobach-
tungen im Denkvermögen. Es ist jedoch nicht
meine Absicht, bei den Anfängen beider
Wissenschaften zu verweilen, richten wir unsem
Blick auf den gegenwärtigen Zustand der Tech-
nik und Forschung.
52
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
Das abgelaufene Jahrhundert stand unter
der Herrschaft des Dampfes in Bezug auf die
technische Entwickelung, und gerade an der
Dampfmaschine illustriert sich das Verhältnis
von Wissenschaft und Technik in hervorragender
Weise. Aus unsern Lehrjahren erinnern wir
uns, dass uns die Äolipile Heros als älteste
Dampfmaschine gezeigt wurde, und genau so
geschieht es noch heute. In der Regel wird
die Sache so dargestellt, als ob dieses Spiel-
zeug ganz zufällig erfunden sei, und damit ist dann
die Frage beantwortet, wie es möglich gewesen
ist, dass von dieser ersten Dampfmaschine Heros
bis zu James Watt mindestens 1700 Jahre
über die Erde dahingehen konnten. Erst seit
einem Jahre sind wir im Besitz einer guten
Ausgabe der Werke Heros, soweit sie er-
halten sind, und während man früher die Be-
schreibung der kleinen Maschinen und Auto-
maten, von denen noch manche in unseren
Sammlungen Heros Namen tragen, als die
Hauptsache betrachtete, wissen wir heute, dass
diese technischen Konstruktionen nur eine Be-
thätigung der ganz hervorragenden wissenschaft-
lichen Kenntnisse des Physikers Her o gewesen
sind. Aus der Einleitung zu seiner Pneumatik
erfahren wir über seine Kenntnisse, dass er
wusste, dass die Luft elastisch sei; und er
erklärt diese Eigenschaft ziemlich mit den
gleichen Worten, wie wir es heutzutage thun;
er lehrt, dass man unterscheiden müsse zwi-
schen luftverdünntem und luftleerem
Räume, er kennt das Prinzip der Sprengei-
schen Luftpumpe und den Luftdruck.
Hero hat die Wirkung der Wärme auf die
Körper, speziell auf die Gase, studiert und
giebt das Prinzip der Heissluftmaschine an,
er lehrt die Dampfbildung durch Wärme-
zufuhr in energetischem Sinne. Ja, was ganz
überraschend ist, er kennt den Energiever-
brauch in der Bewegung und lehrt, dass
ein Körper dauernd in seiner Bewegung ver-
harren müsse, wenn diese Energieverluste nicht
wären. Ein solcher Mann hat die Dampf-
maschine erfunden; wir sehen, das ist nicht
zufällig! Er ist, wie er selbst sagt, nicht in
dem allen Original, sondern steht auf den
Schultern seiner Lehrer Archimedes und
Ktesibius, aber wir kennen aus dem ganzen
Altertum keinen, der ihm an physikalischen
Kenntnissen gleichkäme.
Um so mächtiger drängt sich die Frage
auf, wie konnten solche Kenntnisse der Mensch-
heit wieder verloren gehen, so dass erst durch
Galilei, Guericke und noch jüngere Forscher
diese Thatsachen wieder entdeckt werden
mussten. Zwei Ursachen wirkten zusammen.
Der eherne Schritt römischer Barbarei zertrat
in Ägypten, genau wie einst in Sizilien die
Archimedes sehe Kultur, hier die physikalische
Hochschule des Ktesibius und seiner Nach-
folger. Sodann aber, und das ist wohl der
Hauptgrund, waren Ktesibius und sein grös-
serer Schüler Hero so sehr über den allgemeinen
Bildungsstand des Volkes erhaben, dass für
die aus jenen Kenntnissen ableitbaren tech-
nischen Konstruktionen kein Bedürfnis und
kein Verständnis vorhanden war. Auch nach-
dem das Römer-Reich zertrümmert war 'und
ein intelligenteres Volk an seine Stelle trat,
die Araber, haben dieselben Heros fünf mecha-
nische Potenzen und eine Anzahl seiner pneu-
matischen Maschinen (Luft- und Wasserorgel etc.)
wohl weiter gebildet, aber für die physikalischen
Schätze seines Wissens hatten sie nur so viel
Verständnis, dass sie uns dieselben über-
lieferten, aber Gebrauch haben sie nicht davon
gemacht. So ist die Kenntnis Heros durch
die Araber nach Spanien gekommen und es
ist kein Zufall, dass ein spanischer Schiffskapi-
tän 1543 zuerst versuchte, mit Heros Äolipile
ein Schiff zu treiben. Da man damals aber
noch nicht das Bedürfnis hatte, in 5 Tagen die
neue Welt zu erreichen, blieb auch dieser Ver-
such ohne Fortbildung, dagegen verbreitete
sich um diese Zeit die Kenntnis der Hero-
schen Schriften im Abendlande, es erschien
1575 eine erste lateinische Uebersetzung seiner
Pneumatik und Porta wiederholte 1606 einen
Hero sehen Versuch, um die Menge des aus
einem bestimmten Wasserquantum zu gewin-
nenden Dampfes festzustellen. Als nun bei
den fortschreitenden Tiefen des Bergbaues sich
das Bedürfnis herausstellte, das Wasser von
der Sohle des Schachtes an die Oberfläche zu
befördern, griff man zu der Heroschen Wasser-
hebemaschine, und deren Kenntnis gelangte
durch Salomon de Caus zu Lord Worcester.
So entstand in England die erste Wasser-
fbrderung durch Dampf
Auch die Erfindung des Kolbens geht auf
eine rein wissenschaftliche Forschung zurück.
Gewöhnlich (so bei Poggendorff) wird die
Sache so dargestellt, als ob der Kolben von
der Pumpe übernommen sei und man versucht
habe, unter demselben eine Luftleere herzu-
stellen. Das ist aber ein Missverständnis.
Pap in hat die Ehre, die hohe Spannkraft über-
hitzten Wasserdampfes erkannt zu haben.
Diese wollte er bei einer Wasserhebemaschine
nutzbar machen und trennte darum Wasser
und Dampf durch einen ausgehöhlten Deckel,
welchen er mit glühenden Kohlen füllte. Diesen
losen Deckel übernahm Newcomen in seine
Maschine. Aber die Idee, überhitzten Dampf
anzuwenden, ist erst in unseren Tagen in die
Technik eingezogen, wo es gilt, die Energie
der Kohle nutzbarer zu machen, und es ist in
der That ein technischer Fortschritt, wenn in
der Wolffschen Lokomobile, dieser Pap in sehen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
53
Idee folgend, Dampf mit ca. 140 Uberhitzung
einen Wirkungsgrad von 75,33 Proz. für den
Kessel und einen kalorischen Nutzeffekt von
17»3 Proz. liefert. Aber mit dem blossen Aus-
probieren ist hier gar nichts erreicht worden.
Ebensowenig sind die Fortschritte in un-
serer modernen Eisenkonstruktion dem Probieren
und der Erfahrung zu danken. Das Bedürfnis,
solche Spannungen wie bei der Firth of Forth-
Brücke oder bei der Kaiser Wilhelms-Brücke zu
überschreiten, hat schon lange bestanden, aber
wie hätte ein Ingenieur an solche Wagnisse
gehen können, wenn er nicht durch vorherige
Erforschung der Festigkeit und der Elastizität
des Eisens eine genaue Grundlage für die Be-
rechnung gehabt hätte, welche ihm den Beweis
der Möglichkeit brachte. Der Weg zu solchen
konstruktiven Wundern ist genau derselbe ge-
wesen, wie bei jeder rationellen Naturforschung:
von der Beobachtung zur Messung und Be-
rechnung, von da durch Vergleichung der Re-
sultate in den Einzelfällen zur mathematischen
Formel, zum Naturgesetz; dies erst giebt die
Grundlage für die Konstruktionen.
Dass das Bedürfnis nicht die Technik schafft,
zeigt kein Zweig derselben deutlicher als die
Elektrotechnik. Das Bedürfnis zu Telegraphieren
hat die Menschheit mindestens schon 1000
Jahre vor unserer Zeitrechnung gehabt, aber
noch das zu Ende gehende 18. Jahrhundert
musste sich mit optischen Telegraphen be-
gnügen. Es ist kein Wunder, dass unmittel-
bar nach der Entdeckung der grossen Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit der Elektrizität in
Drähten durch Winkler -Leipzig und Le
Monnier-Paris der Versuch 1753 gemacht
wurde, die statische Elektrizität zum Tele-
graphieren zu benutzen. Und man hat eifrig
an der Lösung dieser Aufgabe gearbeitet! Aber
selbst die mit grossem Aufwand in Szene ge-
setzte Methode von Lesage 1774 mit 24
Drähten und die von Ronald 1816 mit Funken-
zeichen eingerichtete Telegraphie bewies, dass
die Sicherheit des Betriebes auf diese Weise
nicht zu erreichen sei.
Ebensowenig genügten dieSömmeringsche
Idee der chemischen Telegraphie und die
Ampcresche der Nadeltelegraphie mit ihren
24 Leitungsdrähten den Forderungen der Ren-
tabilität. Erst als durch die Induktion die
Möglichkeit gegeben war, mit einem Magneten
und einer Schleifenleitung das Alphabet zu
schreiben, hatte die Geburtsstunde der elek-
trischen Telegraphie geschlagen. Das Be-
dürfnis treibt nur zum Versuch, eine wissen-
schaftliche Entdeckung zu verwerten, aber erst
die Betriebssicherheit und die Rentabi-
lität entscheiden darüber, ob eine Technik sich
aus der Entdeckung ableiten lässt.
Im Jahre 183 1 hatte Faraday die Induktion
entdeckt, schon im folgenden Jahre finden
wir zwei Wechselstrommaschinen, aber sie ent-
sprechen nicht dem Bedürfnis, und als Stöhrer
1844 den Poggendorffschen Kommutator mit
der Maschine verband, genügte der Apparat
noch nicht der Forderung der Rentabilität,
so dass 5 Jahre später die erste praktische
Verwendung des Bogenlichtes bei der ersten
Aufführung des Mey erbe ersehen Propheten
in Paris noch mit 320 galvanischen Primär-
elementen gespeist wurde, aber schon 10 Jahre
später erhielt der erste elektrische Leuchtturm
seinen Strom von der Alliance-Maschine.
Wie sehr die Technik nicht nur von der
Entdeckung der Thatsachen, sondern auch von
einer richtigen wissenschaftlichen Theorie ab-
hängt, lehrt uns die Entwickelung der Elektro-
chemie. Auf Grund seiner Versuche über die
Wasserzersetzung hatte Ritter in Jena bereits
1799 die elektrische Polarität der Elemente
erkannt und eine Theorie der galvanischen
Elemente und der Voltaschen Säule geschaffen,
ehe Volta mit seinem Spannungsgesetz her-
vortrat. Jene Rittersche Theorie entsprach
den Thatsachen, sie lehrte ihn bereits 1800
aus Kupfervitriol das Kupfer, aus Silbernitrat
das Silber niederschlagen, aber Voltas Theorie
erhielt den grossen Preis Napoleons von der
Pariser Akademie und Volta beherrschte 90 Jahre
lang mit seiner Theorie die Wissenschaft,
während Ritter so sehr der Vergessenheit
mit seinen Arbeiten und seiner Theorie an-
heimfiel, dass Sie noch heute in den Lehr-
büchern lesen können, die Wasserzersetzung
habeNicholson, die Metallfällung habeCruiks-
hank entdeckt. Und als ich 1884 zuerst
und 1888 ausführlich auf Ritters Verdienste
aufmerksam machte, fand dieser Nachweis wohl
die Zustimmung einzelner Gelehrter, aber es
ist noch heute möglich, dass ein Vortrag, wie
derSwans vor der Soc. of Chemical Industry
mit seinen vielen Unrichtigkeiten ohne Korrektur
in deutschen Journalen abgedruckt wird. Nach
Ritter entdeckte wohl Davy die Elektrolyse
geschmolzener Salze und stellte die Metalle
Kalium, Natrium, Baryum, Strontium und Cal-
cium auf diese Weise 1806 her, und ein Jahr
später , erfand Seebeck schon den Amalgam-
prozess, aber technisch wurde aus diesen Ent-
deckungen nichts, das Voltasche Spannungs-
gesetz mit der Kontakttheorie hemmten den
Fortschritt. Wie mühsam haben Hittorf und
F. Kohlrausch der Theorie der lonenwan-
derung Eingang verschaffen können und da-
durch in Verbindung mit Arrhenius' und
van't Hoffs Lösungstheorie die Grundlage
für die Nernstsche Theorie des Stromes ge-
schaffen. Mit diesen langsamen wissenschaft-
lichen Fortschritten ging die Technik voran,
so dass erst seit etwa 10 Jahren von einer
54
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
technischen Elektrochemie gesprochen werden
kann. ,
Aber die Technik ist in dem Verhältnis
zur wissenschaftlichen Forschung durchaus
nicht allein die Empfangende. Wie eine gute
Tochter ist sie der Mutter hilfreich zur Hand
gegangen. Ich denke da nicht nur an die
Feinmechanik, welche durch Ausbildung wissen-
schaftlicher Apparate und Vervollkommnung |
der Messmethoden und Werkzeuge dem häus-
lichen Dienst der Wissenschaft die Hilfe bot,
wodurch die Forschung nicht nur erst möglich
wurde, sondern auch ganze Forschungsgebiete
erst geschaffen wurden. Was sollte die Physik
wohl ohne die genauen Wagen, ohne die Dy-
namometer, ohne die Spektralapparate etc. heute
leisten; welche Fortschritte in der Astronomie
verdankt man der Ausbildung der photographi-
schen Teleskope, und gäbe es wohl eine Biologie
und Bakteriologie, wenn nicht die Technik die
Mikroskope geschaffen hätte, welche dieser
Welt im kleinen erst die schützende Decke
abzogen.^ Ich denke vielmehr auch an die Tech-
nik, welche das elterliche Haus der Wissen-
schaft verlassen hat und selbständig ihr Ge-
biet umgrenzt und durchforscht.
Jeder alte Schwertfeger kannte die Methode
des Härtens wohl, aber erst die Entdeckung
des Hartgusses, die Erkenntnis von der gross-
artigen Wirkung der Beimengung minimaler
Massen anderer Elemente zum Eisen, wiesen
die wissenschaftliche Forschung auf das Ge-
biet der Strukturveränderung der Körper, spe-
ziell der Metalle, und zeitigten hier Unter-
suchungen über Elastizität und Konstitution,
deren Resultate noch eine weitere Ausbeute
wissenschaftlicher Erkenntnis erwarten lassen.
Das technische Bedürfnis der Gasfabrikation
im Konkurrenzkampf mit dem elektrischen Licht
trieb zur Aufsuchung besser leuchtender Körper,
als es die glühenden Kohlepartikeln des Leucht-
gases sind, welche ca. 90 Proz. Wärme und
nur 10 Proz. Lichtstrahlen aussenden. Hier-
durch wurde man veranlasst, die bis dahin fast
ganz vernachlässigten Metalle Thorium, Osmium,
Zirkonium etc. und ihre Verbindungen zu unter-
suchen. Da entdeckte man die enorme Licht-
emission des Thoroxydes. Da fand man die
abnormale Leitfähigkeit der warmen Magnesia,
und wenn selbst die technische Ausnutzung
dieser Entdeckungen an den Grundforderungen
der Technik: Sicherheit des Betriebes und Ren-
tabilität, scheitern sollten, würde der wissen-
schaftliche Wert doch bestehen bleiben.
Zwischen der ersten richtigen Erklärung
des Lichtbogens durch Oerstedt (1818) und
der Lösung des Problems der , »Teilung des
elektrischen Lichtes** durch die Differential-
lampe von Hefner- Altenecks (1879) liegt eine
lange wissenschaftliche und technische Arbeit,
aber welche Fülle von neuen Entdeckungen
lieferte der Lichtbogen für die Wissenschaft.
Neben der glänzenden Entdeckung der Flam-
mentelephonie, erinnere ich nur an die Elektro-
lyse im Lichtbogen. Das Calciumkarbid ist
ja nicht der einzige Körper, welcher dem elek-
trischen Ofen sein Dasein verdankt und der
Wissenschaft neue Probleme gestellt hat. Die
Fortschritte der letzten 6 Jahre gerade auf
diesem Gebiete erwecken die Hoffnung, dass
der elektrische Lichtbogen uns noch viele Ge-
heimnisse der Natur enthüllen wird.
Als im Jahre 1877 das Bellsche Telephon
die Welt in Erstaunen versetzte, rühmte man
besonders die hohe technische Vollendung, mit
welcher der Erfinder es der Menschheit über-
gab. Wir wissen ja heute, dass es eine lange
wissenschaftliche Vorgeschichte hatte, ehe es
so vollendet erscheinen konnte, aber wie dank-
bar hat sich hier die Technik auch für die
Wissenschaft erwiesen. Nicht nur die Unter-
suchungen über die Periode der Schwingungen,
über die Verzögerung der Magnetisierung, die
Verwendung des Telephons in der Brücke will
ich erwähnen, das Telephon und Mikrophon
waren es auch, welche die grosse Empfindlich-
keit des Stromes für geringe Widerstandsver-
änderungen enthüllten und damit thermoelek-
trische Vorgänge erklärten, welche bis dahin
nicht erkannt waren.
Bei der Erforschung des Erdmagnetismus
empfanden Gauss und Weber das Bedürfnis,
zwischen ihren beiden etwa 1,5 km vonein-
ander entfernten Beobachtungslokalen eine
schnelle Verständigung zu ermöglichen, deshalb
zog Weber die beiden Leitungsdrähte des In-
duktoriums über den St. Johanniskirchturm.
Wohl bemerkte Gauss in seinem Bericht an
die Hannoversche Regierung, dass die Tele-
graphie für den Verkehr von ausserordentlicher
Bedeutung sei, aber beide lehnten die tech-
nische Weiterbildung dieser Entdeckung ab
und übertrugen dieselben ihrem Schüler Stein-
heil. Als dieser aber den ersten technisch
ausgebildeten Telegraphenbetrieb einrichtete,
entdeckte er die Rückleitung durch die Erde
und diese technische Entdeckung hat von den
Untersuchungen Baumgartners an durch die
Messungen des Erdstromes und seines Zu-
sammenhanges mit dem Erdmagnetismus, der
Bestimmung des Erdpotentials bis zu den
heutigen Diskussionen über Blitzableiter und
vagabondierende Ströme die Wissenschaft be-
schäftigt. Ueberschauen wir einmal die tech-
nischen Erfolge, welche sich an jene 3 km
Leitungsdraht in Göttingen knüpfen. Das erste
Telegramm Webers (1833) lautete: „Michel-
mann (der Institutsdiener) kommt." Diese
zwei Worte erforderten 43 Bewegungen des
Magneten und ca. 2 Minuten Zeit. >Im Jahre
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
55
1900 besass Deutschland allein 618459 km
Leitung und 44558742 Telegramrtie wurden
au%egeben, die Welt (ausschliesslich Italien) be-
sass 4314751 km Leitungen und 355409133
Telegramme wurden verarbeitet, ein einziger
Pollak- Viräg- Apparat ') leistete in einer Stunde
60000 Worte und bei forciertem Betrieb in
Amerika gar 155000 Worte. Das sind ja über-
aus markante technische Fortschritte, aber ist
die wissenschaftliche Ausbeute der Telegraphen-
technik nicht eine mindestens ebenso bedeut-
same.^ Freilich hatte man Kondensatoren und
Induktorien schon ftüher wissenschaftlich unter-
sucht, ihre Verbindung miteinander wurde zu-
nächst in der Telegraphie bedeutsam, um
darauf das Material zu bieten für die epoche-
machenden Versuche von Hertz, dann kamen
die technischen Erfahrungen der Wechselstrom-
transformatoren von Ferraris und Tesla da-
zu und förderten das Studium der elektrischen
Wellen und gegenwärtig hat die aus dem
Kugelkontakt-Mikrophon hervorgegangene Fritt-
röhre die drahtlose Telegraphie zum Gegen-
stand allgemeinsten Studiums gemacht.
Die Gewinnung reinsten Kupfers aus Kupfer-
vitriol gelang schon Ritter, aber die Erze, aus
welchen wir das Kupfer gewinnen, sind nicht
reines Kupfersulfat, sie enthalten Eisen, Blei,
Silber etc. in grösseren oder kleineren Mengen.
Freilich zeigt die Untersuchung, dass aus den
Erzen, welche frei von Schwefeleisen sind, mit
dem Siemensschen Sulfatverfahren (1888) ein-
wandfreies Kupfer gewonnen wird, und es
liefert mit diesem Verfahren der Energieauf-
wand von Vi kg Steinkohle i kg Kupfer,
während der frühere Schmelzprozess 5 kg Kohle
erforderte fiir die gleiche Ausbeute. Es be-
greift sich demnach, wie durch den Übergang
zum Sulfatverfahren jährlich ca. 30 Millionen
Mark gespart werden. Aber welche mühevolle
Untersuchung war es, um auch ein Verfahren
zu finden, welches auch das eisenhaltige Erz
bearbeitbar machte? Das Höpfn ersehe Chlo-
rürverfahren hat nach langen Versuchen nicht
nur dies geleistet, sondern auch das immer
wieder durch sekundäre Zersetzungen ent-
schlüpfende Zink, das Nickel, Blei und Silber
an die Kathode gebannt. Das Cyanürverfahren
von Siemens zur Goldgewinnung ist doch
nicht nur ein technischer Fortschritt, sondern
eben so sehr ein wissenschaftlicher. Die me-
chanischen Methoden, um auch bei starken
Strömen feste und homogene Niederschläge zu
erhalten im El more- Verfahren oder in der
Centrifugal-Methode, scheinen zunächst nur tech-
nische Bedeutung zu haben, aber sie lehren
auch, dass nur notwendig ist, dass das Molekül
in engem Kontakt mit dem Nachbarmolekül
1) Vgl. diese Zeitschr. 1, 4S4, 1900; 2, 201, 1901.
Stehen muss, um feste Körper zu geben und
korrigieren damit die falschen Anschauungen
von der Konstitution der festen Körper, wie sie
noch heute vieler Orten gelehrt werden. Ebenso
ist das neue Rh odin- Verfahren zur Chlor- und
Sodafabrikation doch nicht nur von Bedeutung
wegen der dabei aufgewendeten 1 500 Amp., son-
dern auch wegen derdurchdieErwärmung bewirk-
ten Zersetzung der Amalgame in statu nascendi.
Noch vor 15 Jahren würden die meisten
Dozenten bezweifelt haben, dass die Elektrolyse
auf organische Produkte mit Erfolg anwendbar
sei, heute stellt man Jodoform, Vanillin, Chloral,
Anilinblau, Alizarin etc. elektrolytisch dar. In
Ludwigshafen wird der schwefligen Säure direkt
aus der Luft Sauerstoff" zugeführt und die
Schwefelsäure ist erzeugt, und Mr. Dougal
zieht aus der Luft durch den elektrischen Licht-
bogen den Stickstoff, um Salpetersäure zu er-
halten. Ist es angesichts der Erfolge des elek-
trischen Ofens wirklich noch ein phantastisches
Traumbild, wenn man die Hoffnung ausspricht,
in Bälde auch das Eisen und besonders den
Stahl auf diese Weise herstellen zu können,
und damit der masslosen Vergeudung der Stein-
kohlen ein Ende zu machen.
Alle diese Erfolge, deren Reihe ja leicht zu
vermehren wäre, sind nur gewonnen durch eine
fortgesetzte innige Verbindung von Technik und
wissenschaftlicher Forschung. Beide sind auf-
einander angewiesen. Die Technik verkümmert
ohne das wissenschaftliche Laboratorium und
die Wissenschaft verliert sich in wüste Speku-
lation, wenn sie nicht die realen Forderungen
der Technik behandelt. Die unbestreitbaren
Erfolge deutscher Technik beweisen, was die
innige Verbindung mit der Forschung wert ist.
(Selbstrcfcrat des VortragendeD.)
(Eingegangen 4. Oktober 1901.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
BÜSSing, Adelbert, Geschichte der Metalle. Vom Verein
zur Beförderung des Gewerbfleisses mit dem ersten Tornow-
Preise gekrönte Preisschrift, gr. 8». VIII u. 274 S. 1901.
Berlin, Leonhard Simion. M. 6. — .
van Deventer, Ch. M., Physikalische Chemie fUr Anfänger.
Mit einem Vorwort von J. H. van'tHoff. Zweite Auf-
lage besorgt von Ernst Cohen. 8®. VIII u. 172 S. 1901.
Amsterdam, S. L. van Looy; Leipzig, Wilhelm Engelmann.
Geb. M. 4. — .
van't HofT, J. H., Zinn, Gips und Stahl vom physikalisch-
chemischen Standpunkt. Vortrag gehalten im Verein der
Deutschen Ingenieure zu Berlin. Mit 10 Figuren. 80.
35 S. 1901. München, R. Oldenbourg. M. 2. — .
Hofmann, Albert, Aufnahmeapparate für Farbenphoto-
graphie. Sonderabdruck aus dem „Photograph. Central-»
blalt". Mit 30 Figuren. 40. II u. 30 S. 1901. München,
(ieorg D. W. Callwey. M. 1.50.
Jahrbuch der Chemie. Bericht über die wichtigsten
Fortschritte der reinen und angewandten Chemie. Cnter
Mitwirkung von H. Beckurts, C. A. Bischoff, E. F.
Dürre, J. M. Eder, P. Friedländer, C. Ilaesser-
mann, F.W.Küster, J. Lewkowitsch, M. Märcker,
W. Muthmann, F. Röhmann herausgegeben von
Richard Meyer. X. Jahrg. 1900. gr. 8". XU u. 566 S.
56
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 3.
1901. Braunschweig, Friedr. Vieweg & Sohn. M. 14. — ,
gebunden in Leinen M. 15. — , in Halbfranz M. 16. — .
NeuhaUBS, R., Lehrbuch der Projektion. Mit 66 Abbild,
kl, 4«. VIII u. 124 S. 1901. Halle a. S., Wilhelm Knapp.
M. 4. — .
Platner, Quatav, Die Mechanik der Atome, gr. 8^. IV
u. 97 S. I901. Berlin, M. Krayn. M. 2.50.
Stallo, J. B., Die Begriffe und Theorien der modernen
Physik. Nach der 3. Auflage des englischen Originals
tibersetzt und herausgegeben von Hans Kleinpeter.
Mit einem Vorwort von Ernst Mach. Mit einem Portrait
des Verfassers, kl. S^. XX u. 332 S. 190 1. Leipzig,
Johann Ambrosius Barth. M. 7. — , gebunden M. 8.50.
Witt, Otto D., Die Chemische Industrie auf der lot^^rnationalen
Weltausstellung zu Paris 1900. gr. 8. IV u. 136 S. 1900.
Berlio, R. Gacrtner*s Verlagsbuchhandlung. Geb. M. 5. — .
Zaakula, T^^^I'^y* T., Gleichstrommessungen. Handbuch für
Studierende und Ingenieure. Für den praktischen Gebrauch
bearbeitet. Mit 117 Figuren. 8. XII u. 306 S. 1901.
Berlin, Louis Marcus. Gebunden M. 8. — .
XI. Versammlung russischer Natur-
forscher und Ärzte.
In der Zeit vom 2. — 12. Januar 1902 {20. — 30. Dezember
1901 a. St.) wird in St. Petersburg die XI. Versammlung
russischer Naturforscher und Arzte stattfinden. Das leitende
Komitee besteht ausdem Präsidenten Prof. N.A. Menschutkin,
Vizepräsidenten Prof. A. A. In ostranze ff und den Schrift-
führern Prof. I. I. Borgman und Prof. W. T. Schewia-
koff. Die Versammlung wird in folgende Sektionen geteilt
werden: Mathematik und Mechanik, Astronomie und Geodäsie.
Physik, Physikalische Geographie, Chemie, Geologie und
Mineralogie, Botanik, Zoologie, Anatomie und Physiologie,
Geographie mit der Subsekticm Statistik, Agronomie, Wissen-
schaftliche Medizin und Hygiene.
Die allgemeinen Sitzungen der Versammlung werden statt-
finden am 2., 8. und 12. Januar; die Sektionssitzungen am 3.,
4m 5m 6., 9., 10. lind ii. Januar.
Teilnehmer an der Versammlung werden ersucht, womög-
lich vor dem 15. Dezember 1901 dem Komitee der Versamm-
lung russischer Naturforscher und Arzte (St. Petersburg, Uni-
versität) ihre genauen Adressen und den Mitgliedsbeitrag
(3 Rubel) einzusenden und anzugeben, welcher Sektion sie
beizutreten wünschen.
Vorlesungsverzeichnis liir das Winter-
semester 1901/0J.
Universität Berlin.
Nachzutragen: F. F. Martens: Theorie optischer In-
strumente (mit Demonstrationen), I /.
Universität Göttingen.
Nachzutragen: H. Th. Simon: Grundzüge der Elektro-
technik, 2 /; Ausgewählte Kapitel der angewandten Physik
(drahtlose Telegraphie und -Telephonie, Prinzipien einer ratio-
nellen Heleuchtung u. s. w.), i g\ Elektrotechnisches Praktikum,
3/; Anleitung zu selbständigen Arbeiten, ^.
Tagesereis:nis8e.
Die Wiener Akademie der Wissenschaften hat in ihrer
ausserordentlichen Sitzung beschlossen, die 1899 ausgeschriebene
Preisaufgabe für den von A. Freiherrn v. Hau m gar tu er ge-
stifteten Preis: „Beiträge zur Erweiterung unserer Kenntnisse
über die unsichtbare Strahlung" zu erneuern. Preis 2000 Kronen.
— Termin 31. Uezember 1903. Die Abhandlungen sind mit
Motto und versiegelter Nennung des Verfassers zum be-
stimmten Termine einzusenden und dürfen nicht von der Hand
des Verfassers geschrieben sein. Jede gekrönte Preisschrift
bleibt Eigentum des Verfassers; auf dessen Wunsch >%*ird die
Schrift durch die Akademie als selbständiges Werk veröffent-
licht und geht dann in das Eigentum derselben über.
In Göttingen ist das auf dem Hainberg neuerbaute geo-
physikalische Institut durch den Leiter Professor Wiechert
seiner Bestimmung übergeben worden.
Mit Genehmigung des Unterrichtsministers wird an
der Technischen Hochschule zu Berlin dem Programm der
Abteilung fiir Chemie und Hüttenkunde folgender Vermerk
angefügt werden: „Die Abteilung hält es für wünschenswert,
dass die Studierenden der Chemie und Hüttenkunde sich einige
mechanisch-technische Handfertigkeit aneignen, etwa durch
Arbeiten in einer Maschinenfabrik oder mechanischen Werk-
statt während eines Teiles der Ferien."
Personalien.
Professor Dr. Rüdorff, Vorsteher des Laboratoriums
für anorganische Chemie an der Berliner Technischen Hoch-
schule, ist in den Ruhestand getreten. Als sein Nachfolger
ist der Privatdozent Dr. Hugo Erdmann in Halle berufen
worden.
Dem Privatdozenten, zugleich Assistenten am chemisch-
technischen und elektro-chemlschen Institut an der Tech-
nischen Hochschule in Darmstadt, Dr. Bernhard Neumann,
wurde von dem Verein zur Förderung des (iewerbeflelsses
in Berlin ein Preis von 3000 Mark fiir seine Arbeit über
„Die Geschichte der Metalle** zuerkannt.
An der technischen Hochschule in Krakau habilitierte
sich Dr. Tottoczko fiir physikalische Chemie.
Dem früheren ausserordentlichen Professor an der Uni-
versität Heidelberg, jetzigen chemischen Leiter der wissen-
schaftlichen Abteilung des Hauptlaboratoriums der badischen
Anilin- und Sodafabrik in Mannheim-Ludwigshafen, Dr. phil.
August Bernthsen, wurde vom Grossherzog von Baden der
Charakter als Hofrat verliehen.
Die goldene Medaille der Italienischen Gesellschaft fiir
Wissenschaft ist an Marco ni, der sich jetzt in London auf-
hält, für seine Verdienste bei der Erfindung der drahtlosen
Telegraphie verliehen worden.
Der Privatdozent der Mathematik Dr. E. Neu mann in
Halle wurde zum ausserordentlichen Professor der theoretischen
Physik an der Universität Breslau ernannt.
Die durch den Fortgang des Dozenten Vater erledigte
Stelle eines Dozenten fiir Maschinenlehre an der Technischen
Hochschule zu Aachen ist dem königlichen Regiemngsbau-
meister Reinhold Lutz in Charlottenburg tibertragerinorden.
An der Universität Berlin hat sich Dr. F. F. Jlartens
fiir Physik habilitiert.
Der Dozent fiir Geodäsie, Landmesser Müller, wurde
zum Professor der Landwirtschaftlichen Akademie zu Bonn-
Poppelsdorf, Privatdozent Dr. O, Sommer aus Göttingen zum
Professor der Mathematik ebendaselbst ernannt.
Die etatsmässige Professur für Metallui^e an der Tech-
nischen Hochschule zu Aachen wurde dem Professor Dr.
Wüst aus Duisburg Übertragen.
Privatdo/ent Dr. U. Behn zu Berlin wurde zum Dozenten
fiir Physik bei dem Physikalischen Verein zu Frankfurt a./Main
berufen.
Pro fessor Dr. K. S c h w a r z s c h i 1 d von der philosophischen
Fakultät zu München wurde als ausserordentlicher Professor
und Direktor der Sternwarte nach Göttingen berufen.
Berichtigungen.
In C. Bach, Das Ingenieurlaburatnrium der K. Technischen
Hochschule Stuttgart, 2, 24 Spalte 2, Fussbemerkung Zeile 3
V. u. soll es statt „Wirkungsmaschincn" Prüfungsmaschinen
heisscn.
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in üöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzivi.
Druck von Augast Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. 4.
OrigiMlmitteilaniieii:
MilleiluDgea aus dem phyiikalischen
iDslilote der Uuivetsilät Pisa:
No. in F. Maccarooe, Ein Mcss-
apparat lüt die Erscheinungen der
dicleklrischen Polarisation. S. $7.
|{. Davis, Über eine kürilich ent-
deckte Erscheinung, welche duich
stehende Schallwellen hctvoi^erufen
wird. S. 59.
C. Schall, Über die Zähigkeit einiger
ISHALT,
LösungcD, welche sich aus organi-
schen Subslanicn insammenselicn.
S. 62.
Vortriq« und Dlakuaaionen von der
73. NaturforaohvrversanMlung zu
Hamburg:
W. Nenisl, Cber die Hedcutung elek-
Irischer Methoden und Theorien /Ur
die Chemie. S. 63.
(). Kammerer, Die Erhaltung der
Energie vom Standpunkte des In-
gemours. S. 70-
3. Jahrgang.
H. Geitel, ( bcr die durch aimo
bph arische Luft induiierte Radio
aktivilil. S, 76.
R. Wach 51
leil
1 FlUssi
s. 79.
Nachtrag zum Vorieinngaverzelohnla
für daaWintersemaater 1901/02. S.So.
Briefkaaten. S. So.
Peraonalien. S, 80.
BerichtfOHigea. S. 3o.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Mitteilungen aus dem physikalischen Institute
der Universität Pisa. (Direktor: A. Battelli).
No. U'j ' F, Maocarone, Bin ICeeaapparat für die
EracheiDiuKen der dielektrischea Polarisation,
In letzter Zeit ist vielfach über die Frage
der Hysteresis und der dielektrischen Visku-
sität debattiert worden.
Ich habe einen Apparat herstellen lassen
und- benutzt, mit dem ich in einer rasch zum
Ziel fuhrenden Weise
1. die Polarisation der Dielektrika und
2. jene Art der dielektrischen Viskosität,
welche dieselben daran verhindert, der Ver-
änderung des elektrischen Feldes ohne Ver-
zögerung zu folgen,
vorführen und messen konnte.
Der Apparat kann ferner zeigen, dass Di-
elektrika, die aus dem elektrischen Felde heraus-
genommen werden, jede Spur von Polarisation
verlieren, oder, dass in ihnen kein dem rema-
nenten Magnetismus analoges Phänomen oder
Hysteresis im engeren Sinne vorhanden ist.
Der wesentliche Teil meines Apparates, den
man eine dielektrische Polarisafionswage nennen
kann, sind zwei gleiche, vollkommen ebene,
horizontale Kreisscheiben aus Messing, die in
der Mitte ein einige Centimeter grosses Loch
haben (Fig- i). Mittels Glassäulen werden sie
von zwei anderen Kreisscheiben, einer unteren
aus Zink und einer oberen aus Messing ge-
halten, die beinahe einen doppelt so gro.ssen
Durchmesser als die ersteren haben.
Die grossen Kreisscheiben sind durch vier
Eisenstäbe miteinander verbunden; die obere
von ihnen ist durch vier Paar Mutterschrauben
aus Messing beweglich gemacht und man kann
also innerhalb ausgedehnter Grenzen die Ent-
fernung der beiden mittleren Kreisscheiben von-
einander verändern. An der oberen von diesen
Mittelscheiben ist eine Messingröhre festge-
macht, die von einem gradierten Kopf abge-
schlossen wird, der sich um die Achse der
Röhre herumdrehen kann. Dieser Kopf trägt,
bifilar aufgehängt, einen Glasbalken; an seinen
äussersten Enden sind, in derselben Weise, wie
ich sie zum Studium der dielektrischen Eigen-
schaften des Glases verwendete, zwei gläserne
Kreisscheiben (mikroskopische Deckgläser) be-
festigt (Fig. i), die in der nämlichen Vertikal-
: DicE
Schrift 3, 17. igol-
ebene, die auch durch die Aufhängungsachse
hindurchgeht, hängen.
Indem man die Länge der bifilaren Auf-
hängung in passender Weise verändert, stellt
man die Centren der Kreisscheiben stets in die
Ebene, welche in der Mitte zwischen den beiden
kleineren Mes.singsicheiben sich befindet.
In welcher Stellung .sich besagte Kreis-
58
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
Scheiben nun auch immer befinden mögen,
wenn der gradierte Kopf entsprechend gedreht
wird, stets bleiben zwei andere gläserne Kreis-
scheibchen fest; jede von diesen wird von einem
Arm getragen, der aus zwei Stücken, einem
horizontalen aus Glas und einem vertikalen
aus Messing besteht, und der von der obersten
Kreisscheibe ausgeht. Die Stellung der beiden
Armstücke ist durch geeignete Druckschrauben
gesichert und man kann eines jeden Länge
verändern; dadurch wird die Einstellung der
festen Kreisscheibchen in die gewünschte Posi-
tion sehr leicht gemacht. Die Winkelver-
schiebungen der bifilaren Aufhängung werden
mit Spiegelablesung beobachtet; es dient dazu
ein kleiner Spiegel, der mit den beweglichen
Kreisscheiben unbeweglich verbunden ist mittels
eines vertikalen Glasstäbchens, das durch das
Centrum der unteren der beiden mittleren Krets-
scheiben mitten hindurch geht.
Für diese Art von Versuchen muss die Be-
wegung der Wage vollkommen aperiodisch sein;
ich konnte dies in befriedigendster Weise mit
magnetischer Dämpfung erreichen: an den
Balken, der den Spiegel trägt, habe ich eine
rechteckige Scheibe aus dünnem Kupfer be-
festigt. Diese bewegt sich im magnetischen
Felde eines Elektromagneten, der, was die
Form anlangt, eine Nachahmung von dem von
Lord Kelvin bei seinem Siphon recorder be-
nutzten ist. Reguliert man nun die Intensität
des Stromes, der den Elektromagneten erregt,
so kann man die Bewegung der Aufhängung
aperiodisch machen, und braucht nicht zu be-
fürchten, dass der Apparat träge wird, weil
man die magnetische Dämpfung zu sehr ver-
grössert hat.
Das Gewicht der ganzen bifilaren Auf-
hängung beträgt 0,608 g. Der ganze Apparat
ist mit einer Glasglocke zugedeckt, unter der
zwei Gläser mit konzentriertjer Schwefelsäure
zur Vermeidung von Isolationsfehlern stehen.
Oben in der Glocke ist ein Loch, aus dem ein
Teil der Messingröhre und der gradierte Kopf
herausragt; eine seitliche Öffnung trägt eine
Linse; diese sammelt die Strahlen einer Glüh-
lichtlampe, kondensiert sie auf den Spiegel und
projiziert den Glühfaden auf einer durchsich-
tigen Skala, die sich in einer Entfernung von
etwa 8 Dezimeter befindet. In der nämlichen
Öffnung befvidet sich eine Elektrode, die in
eines der mit Schwefelsäure gefüllten Gläser
eintaucht und dazu dient, die Verbindung von
einer der centialen Messingscheiben nach aussen
hin herzustellen; die andere (obere) Mittel-
scheibe und der ganze Apparat ist -mit dem
Boden verbunden.
Ich verwendete den Apparat vorteilhaft
folgendermassen : Ich bringe die erwähnte Elek-
trode mit dem Hebel eines Sab ineschen Ent-
ladungsschlüssels in Verbindung; die beiden
anderen Klemmschrauben des Schlüssels sind
die eine mit dem Boden, die andere mit der
inneren Belegung einer Batterie von neun grossen
Leydener Flaschen in Verbindung gebracht;
letztere werden von einer Töplermaschine ge-
laden. Ein nach den Angaben von Lombardi')
in sehr einfacher Weise hergestelltes Elektro-
meter — eine Messingplatte, die bifilar zwischen
zwei vertikalen Metallplatten aufgehängt ist —
dient dazu, mir zu zeigen, wann die Ladung
der Batterie die für die Versuche geeignete
Stärke erreicht hat.
Ich lasse nun den Hebel des Schlüssels
herab und, nachdem auf diese Weise ein aus-
reichend gleichförmiges und konstantes elek-
trisches Feld um die kleinen Glasscheiben her-
um hergestellt ist, beobachte ich eine stets
wachsende Abstossung derselben, die ihr Maxi-
mum erst nach beträchtlicher Zeit erreicht.
Ich stelle nun die Verbindung des Hebels
— und damit der beiden Mittelscheiben des
Apparates — mit dem Boden wieder her, und
beobachte nun, dass das Bild des Glühfadens
nur ganz langsam in die Ruhelage zurückkehrt;
zuweilen erreicht er sie erst nach einigen Mi-
nuten.
Als Beispiel folgen hier die Daten, die ich
bei einem von vielen mit demselben Apparat
ausgeführten Versuchen erhalten habe. Er ist
ausgeführt worden, . nachdem ich die Belegung
der Batterie auf die Potentialdifferenz von einigen
zwanzigen von elektrostatischen Einheiten ge-
bracht hatte. Die Ablesungen auf der Skala
wurden von 5 zu 5 Sekunden gemacht.
I. Ablenkungen nach Herstellung des Feldes:
Zeit: o 5 10 15 20 25 30 Sek.
Ablenkung o 26 32 35 36,5 37 37
des Spiegels:
IL Ablenkungen nach Abstellung des Feldes:
Zeit: o 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 S.
Ablenkung 37 25 18 13 9 6 4 2,5 1,5 i 0,5.
Am Schlüsse aller Versuche, nach längerer
oder kürzerer Zeit, befindet sich der Spiegel
stets in der Anfangsstellung, was uns zeigen
kann, dass in den Dielektra kein dem rema-
nenten Magnetismus analoges Phänomen vor-
handen ist, in anderen Worten, dass keine
eigentliche Hysteresis existiert. Das Moment
der Abstossung M zwischen jedem Scheiben-
paar kann durch die Formel
dargestellt werden; / ist das Mass der Polari-
sation der Substanz im Moment der Ablesung,
und q> (d) eine geeignete Funktion der Ab-
lenkung rf, die unabhängig von den elektrischen
I) Lombardi, Fenomeni di polarizzazione e misura di
difl'eren/e di potenziale. In : Mem. R. Acc. delle Scien/e di
Torino. ser. 2 a, vol. 45.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No, 4.
59
Elementen, die in den Versuch hereinspielen,
beobachtet wird.
In der That verhält sich ein polarisiertes
Dielektrikum wie ein Körper, auf dessen Ober-
fläche eine Elektrizitätsschicht verteilt ist, deren
Dichte gleich der Projektion der Polarisation
auf die Normale der Oberflächen, oder gleich
0 = /cos 0,
hier bezeichnet & den Winkel, den die Normale
der Oberfläche des Dielektrikums mit der Rich-
tung der Polarisation bildet.
Die gegenseitige Potentialenergie von zwei
Stücken eines Dielektrikums, von denen eins
auf das andere wirkt, wird ausgedrückt durch
= -//
/i I^ COS ö, cos ©2 d^\ dS^,
r
dS\ und dS*i bedeuten das Oberflächenelement
von jedem der beiden Stücke des Dielektri-
kums und r ihre Entfernung.
Der Einfachheit halber kann man voraus-
setzen, dass sowohl /j als Ii sich äusserst wenig
von einer gemeinsamen Grösse / entfernen, die
unabhängig von dem in Betracht gezogenen
Oberflächenelement ist.
Diese Hypothese ist streng, wenn jedes
Stück des Dielektrikums die Form eines EUi-
psoids hat, in welchem Fall die Polarisation im
Innern des Dielektrikums absolut gleichmässig
ist; in unserem Falle ist sie zulässig mit der-
selben Annäherung, mit der man bei dieser
Art von Erscheinungen eine Kreissscheibe mit
einem stark abgeplatteten EUipsoid zu ver-
gleichen pflegt. Mit Hilfe dieser Hypothese
erhält man:
^cos 0, cos 00
»•_-/.//•
dS^ dS^»
Das Integral des zweiten Gliedes wird jetzt
Funktion nur von den Parametern, welche die
Wechselseitige Lage der beiden dielektrischen
Kreisscheiben feststellen, oder Funktion von rf.
Es folgt daraus, wie oben festgestellt ist, dass
dlV
der Moment M= ,y der Stossungskraft zwi-
schen jedem Scheibchenpaar von der Form
j/ = /i * (J) ist
Die Bestimmung der Funktion *P [6] kann
man experimentell, von einem konstanten Faktor
abgesehen, ausführen, indem man das polari-
sierende elektrische Feld unverändert hält und
6 dadurch verändert, dass man den gradierten
Kopf, der die Aufhängung trägt, um kekannte
Winkel dreht. Man kann auch zur Bestimmung
des konstanten Faktors vorschreiten; ich unter-
lasse es jedoch, die übrigens ganz einfachen
Operationen zu beschreiben, die zu dieser Be-
stimmung fuhren, um nicht in einen Gegenstand
herein zu geraten, den ich nächstens ausfuhr-
lich zu behandeln gedenke. Ich möchte nur
bemerken, dass meine Wage, da diese Be-
stimmung möglich ist, sich zur Messung der*
dielektrischen Konstante jeglicher Substanz, von
der man vier gleiche Fragmente haben kann,
geeignet ist.
lAus dem Italienischen übersetzt von H. Rhumbler.)
( Kingeganj^en 7. Oktober 1901.]
I
Über eine kürzlich entdeckte Erscheinung,
welche durch stehende Schallwellen hervor-
gerufen wird.*)
Von Bergen Davis.
I
Dieser Aufsatz soll einen Beitrag zur Auf-
klärung einer neuen Erscheinung liefern, welche
zum ersten Male beschrieben wurde im Amerik.
. Journ. of science 10, 231, 1900, und wovon ein
Auszug in der Physikalischen Zeitschrift 2, 348,
1901 erschienen ist.
Wie früher mitgeteilt, hat der Verfasser
gefunden, dass ein kleiner, an einem Ende ge-
schlossener Hohlcylinder, wenn er in eine
stehende Schallwelle eingeführt wird, das Be-
streben hat, sich quer zur Welle senkrecht zu
den Stromlinien in der Richtung des geschlos-
senen Endes zu bewegen.
Eine lange Orgelpfeife wurde gebaut, deren
eine Seite von Glas war, und welche einen ver-
schiebbaren Verschluss hatte, durch den man
die Länge der Welle nach Belieben verändern
konnte. Die Pfeife hatte 6,7 x 5,5 cm im Quer-
schnitt und eine Mundöflfnung von 3 cm Höhe.
Eine dünne Gummimembran war quer durch
die Pfeife, 16 cm von der Mundöffnung ent-
fernt, angebracht. Die Pfeife wurde so ange-
blasen, dass sie auf ihren ersten Oberton an-
sprach. Der Verschluss wurde in solche Lage
gebracht, dass der Wellenknoten mit der Mem-
brane zusammenfiel, so dass der Teil der Pfeife
zwischen Membran und Verschluss eine halbe
stehende Wellenlänge umfasste. In diesen ge-
schlossenen Raum wurden nacheinander andere
Gase als Luft eingeleitet. Wenn ein anderes
Gas als CO^ oder Wasserstoff eingeleitet war,
ward der Verschluss so verschoben, dass die
Tonhöhe dieselbe blieb. Eine Hilfspfeife diente
dazu, den Ton festzuhalten.
Der Teil der Pfeife hinter der Membran
enthielt so immer eine halbe Wellenlänge,
während der Wellenteil zwischen Membran
und Mundöffnung in seiner Gestalt nicht ver-
ändert wurde. Die Lage von Mundöffnung und
I) The Thysic. Review 13, 31, 1901.
6o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
Membran blieb konstant, was für ein Gas auch
angewendet wurde. Die Kraft mit welcher die
Cylinder sich zu bewegen strebten, wurde mit
Hilfe einer Torsionswage gemessen. Durch eine
geeignete mechanische Vorrichtung konnte
man diese Torsions wage in jeden gewünschten
Punkt der Schallwelle einführen. Die halbe Wellen-
länge in Luft war 54 cm, bei Anwendung an-
derer Gase ungefähr umgekehrt proportional
der Quadratwurzel aus ihren Dichten.
Drei von den angewendeten vier kleinen
Cylindem waren hergestellt aus Gelatinekapseln,
wie sie zu medizinischen Zwecken verwendet
werden; die vierte, grösste, war aus Papier ge-
macht
Die Dimensionen dieser Cylinder sind in
Tabelle I gegeben.
Tabelle I.
Durchmesser cm Quersehnitt »[cm Länge cm
Nr. 5 0,421 0,14 1,3
Nr. 2 0,575 0,26 3,1
Nr. 00 0,794 0,495 3,1
Papiercylinder 1,15 1,04 3,1
Diese Cylinder wurden nacheinander an dem
Arm der Drehwage befestigt mitten in dem
Bauche der Schallwelle, und dann wurde die
Pfeife unter verschiedenem Drucke angeblasen,
welcher an einem Quecksilbermanometer abge-
lesen werden konnte. Die gewonnenen Ab-
lesungen sind in folgender Tabelle enthalten,
nachdem sie auf die gleiche Flächeneinheit
= I cm^ umgerechnet wurden.
Tabelle IL
Grade der Ablenkung,
bei Druck von Cyl. Xr.5 Cyl. Xr. 2 Cyl. Nr. 00 Papiercyliiider
l'2 20 22 10 86
2 66 64 89 46
3 198 215 320 176
4 362 306 410 354
5 460 409 550 620
6 530 500 690 6^0
7 644 610 750 745
8 715 714 830 820
9 811 780 920 969
10 862 834 loco 1090
11 898 891 1030 1220
12 925 907 1055 1318
ij' 2 928 923 lo^'o 13^30
15 927 923 1060 1260
16 Oberton.
Es ist zu erkennen, dass für niedrige Drucke
die kleinen Cylinder am meisten erregt werden.
Der Cylinder Xr, oo zeigte die grösste Erregung
für mittlere Drucke, während der Papiercylinder
bei den höchsten Drucken am stärksten erretJt
wurde.
Die Verschiedenheit der KrreijuntT läntrs der
Welle wurde folgendermassen bestimmt. Zwei
Cylinder No. 2 wurden angewendet und die
Angaben in dem Zwischenräume von Knoten
zu Knoten gewonnen. Die Abstände wurden
auf einer längs der Pfeife angebrachten Centi-
meterskala abgelesen, deren Nullpunkt mit der
Membrane zusammenfiel. Die Pfeife wurde mit
einem gleichmässigen Drucke von 3 cm Queck-
silbersäule angeblasen. Die Resultate giebt die
folgende Tabelle.
Tabelle III.
riau längs der Pfeife. Ablenkung.
O O
6 36
II 79
16 148
21 185
25 194
27 198
29 190
32 173
35 H5
39 102
42 73
48 25
54 o
Diese Tabelle ist graphisch dargestellt in
Fig. I.
Fig. r.
Die Abszissen sind die Stellungen längs der
Welle und die Ordinaten sind die Quadrat-
wurzeln aus den Ablenkungen. Die vollaus-
gezogene Linie ist die beobachtete Kurve und
die gestrichelte Linie ist eine Sinuskur\'e. Die
Übereinstimmung ist so genau, dass man sagen
kann, die Quadratwurzeln der Ablenkungen
sind proportional den Schwingungselongationen.
Die Verminderung in der Torsionskraft
mit dem Drucke des Anblasens wurde beob-
achtet, als der geschlossene Raum der Pfeife mit
verschiedenen Gasen gefüllt w^urde. Die Gase
wurden nacheinander in die Pfeife eingelassen
und der Verschluss in jedem Falle so ver-
schoben, dass die Pfeife im Einklang mit der
anderen Pfeife tönte, welche den Normalton
angab. Die Schallwelle in cOi war kürzer,
die im Leuchti>as etwas länger, hingegen die
im W'asscrstoff^as viel länger als die in gewöhn-
licher Luft.
Hei den Versuchen mit Wasserstoffgas wurde
infoli;e der kleinen Anblasedrucke ein Wasser-
m.vnometer aufgewendet und dessen Angaben
hinterher auf die entsprechenden Werte eines
\
\
Physikalische Zeitschrift. 3» Jahrgang. No. 4.
61
Quecksilbermanometers umgerechnet. Die er-
zielten Daten sind in Tabelle IV aufgeführt.
Tabelle IV.
. ,>, , Grade der Ablenkung
Aogftw. Druck. . ^ ,
Luft, r.euchtgas. CO2. '
cm
I
2
15
16
22
^in Wasserstoff
Druck,
cm
Ablenkung.
9 5 12
69 45 90
195 120 290
u. s. f.
1 500 Oberton 1 260
1570 1250 I
Oberton 1350 j
u. s. f. I
Oberton. |
1,22 1,3
1,47 3,8
1,62 10,9
u. s. f.
2,50 Oberton.
Torswn
Diese Tabelle ist graphisch wiedergegeben
in Fig. 2, mit dem Anblasedruck als Ordinaten
Fig. 3.
r
Fig. 2.
und den Quadratwurzeln der Ablenkungen
als Abszissen. Weil nun die Amplituden der
Schwingungen direkt proportional den Quadrat-
wurzeln aus der Ablenkung sind, stellen die
Kurven die Beziehungen zwischen Anblasedruck
und Schwingungsamplituden in den verschie-
denen Gasen dar.
Die Energie, mit welcher die Pfeife angeblasen
wurde, war proportional dem Quadrate des
Druckes. Die Energie des Tones ist propor-
tional dem Quadrate der Schwingungamplitude.
In Fig. 3 ist dargestellt die Beziehung
zwischen dem Quadrate des Anblasedrucks und
der Ablenkung in den verschiedenen Gasen.
Dieses sind die Wirkungsgradkurven der Orgel-
pfeife. Die Ordinaten stellen dar die Energie,
welche in die Pfeife geblasen wurde, und
die Abszissen die Energie, welche in Schall
verwandelt wurde. Der Druck des Maxi-
mums des Wirkungsgrades (der Druck an der
Berührungsstelle der Tangenten) ist nahezu der-
selbe für alle Gase.
Die Ablenkungen bei diesem Drucke des
Maximums des Wirkungsgrades sind in folgen-
der Tabelle wiedergegeben, die Angaben für
Luft und ebenso deren Dichte als Einheit ge-
nommen:
Tabelle V.
Ablenkung. Dichte dos Gases.
Luft I l
CO^ 1,53 1,52
Leuchtgas 0,71 0,75
Wasserstoff o, 1 5 3 0,069
Bei anderen Anblasedrucken war die Ab-
lenkungskraft nicht proportional den spezi-
fischen Gewichten.
Die Kraft, die auf den Cylinder wirkt, hat
ihren Ursprung in der Beziehung, welche
zwischen der Geschwindigkeit, dem Drucke und
dem spezifischen Gewicht eines Gases besteht.
Bernouillis Gleichung bestimmt fiir diesen
Fall
Q
R kann in diesem
werden, und durch Substitution der adiabati-
schen Gasgleichung und Integration wird fol-
gende Gleichung erhalten:
Q
I\ und /i sind die Drucke innen und aussen
am geschlossenen Ende des Cylinders. Die
Kraft, welche durch die Drehwage gemessen
wurde, ist eine Durchschnittszahl aller momen-
tanen Werte, welche aus der Geschwindigkeit
U resultieren; daher wird die Kraft nicht
den Durchschnittswert von U direkt angeben.
Um die Schwingungsamplitude zu erhalten, be-
zeichnen wir mit A das Maximum des Aus-
schlags und mit x den Ausschlag zur Zeit /,
dann ist
x~= A cos ntf und
/
= R
U\
Falle vernachlässigt
l
'2 — , Pi -
f — 2
62
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
dt "
A — P\
C/= — An sin ni, also
A- sin nt • dt
dt
= r v.„(L«!
/'■
woraus
yl
-W'
p'l—p\
war
Die
der
Die Maximalkraft, in Luft erhalten,
68,25 Dymen auf den Quadratcentimeter.
Schwingungszahl der Pfeife war 338 in
Sekunde, also ^ = 0,216 cm. Der Gesamtaus-
schlag der Luftteilchen betrug 2A =0,432 cm.
(Aus dem Englischen übersetzt von H. Karstens.)
(Eingegangen 22. Oktober 1901.)
r^
Über die Zähigkeit einiger Lösungen, welche
ich aus organischen Substanzen zusammen-
setzen.
Von C. Schall.
Der Koeffizient der inneren Reibung der-
artiger Lösungen ist bisher weit weniger als
derjenige wässriger untersucht worden und
meistens nur in Bezug auf die bekannte Mi-
schungsregel.
Bezeichnet ^ die Temperatur, ri den Reibungs-
koeffizienten eines derartigen Lösungen zuge-
hörigen Lösungsmittels und hat man^=/W(i),
so gilt nach G.Jäger (Wien. akad. Ben B CHI,
Abt. IIa, 245), wenn j die Gefrierdepression
einer mittels des Lösungsmittels bereiteten Lö-
sung bedeutet, zunächst tjj =^ f {d- + A) (2).
Aus theoretischen Vorstellungen heraus wird
aus (i) und (2) die Ungleichung tj — ?// =
<
/ w - f r (^) - f /'" w- — (3)
^ 3
abgeleitet. Eine 8,4i9%ige wässrige Jodkalium-
lösung mit A = 2,000® ergab nach (3) fiir letz-
teres folgende Werte, unter Einsetzung (hier
und weiterhin) der, auf gleiche Druckwerte redu-
zierten Ausflusszeiten ftir f] und /;/.
& 50 loo 15Ü 20O 250 300 40'^ 500
Ji) 2,040 1,720 1,290 1,090 1,670 1,500 2,00" o,56'>
Ähnlich verhielten sich andere Salze.
Lösungen aus organischen Substanzen (ev.
mit Wasser als Komponente) und mit hin-
reichend grossem Reibungskoeffizienten
des Lösungsmittels gegenüber dem Ge-
lösten ergaben andere Resultate. — Unter Ver-
wendung der Brodmann'schen Formel (Wied.
Ann. N. F. 48, 188) als Gl. (i) S. i für 5,9 = u%
Wasser aufweisendes Glyzerin^) und voraus-
1) Früher gegebene Werte fZeitschr. pbys. Chem. 23, 330)
durch Interpolation ermittelt.
2) So dass rj =-/{»+ du) ^/ (^,).
gesetzt, ^) dass für ein }^ \ ^mehr oder weniger
Wasser und dazu noch -f % Methyl- (oder
Äthylalkohol oder Aceton) enthaltendes Glyzerin
gelte ?]A =/(^, ± ^J' + ^^) =/(^i ± As), fand
ich (mit Van Rijn) eine, im Vergleich zu den
^-Werten der eben angeführten Tabelle, uner-
wartete Konstanz der A:s,^)
Es sollten femer Lösungen in unterkühltem
Thymol untersucht werden, indem für letzteres
nach Brodmann oder nach Slotte gebaute
Formeln die Abhängigkeit der betreffenden
Reibungswerte von der Temperatur auszudrücken
erlaubten. Unter Verwendung eines Ostwald-
schen Apparates, mit welchem schon Guye
und Friedrich (Bull. soc. chim. Paris (3)19, 164.)
Werte von r\ in sehr guter Übereinstimmung
«M.
»ifl.
«40.
330.
MO
tiO
U tS
mit den von Thorpe und Rodger gefundenen
Zahlen erhielten, wurden die auf gleichen Druck
reduzierten Durchflusszeiten bestimmt. Weitere,
diesbezügliche Angaben sind schon veröffent-
lichten Untersuchungen über 4,06 %ige Lösung
von Äthylvalerat und 5,58 ^oige von Amyl-
propionat in Thymol zu entnehmen.^) Erstere
ergab :
15.610
18,45
2,50
21,17
2,55
21,23
2,57
36,20
2,4s
24,50
2,54
39,65
2,50.
27,50
2,64
30,10
2.59
32,95
2,53
Das arithmetische Mittel der A beträgt 2,548'*,
während sich auf Grund der, aus der Schmelz-
wärme zu 85^ ermittelten und experimentell zu
83 '^gefundenen, molekularen Gefrierdepressionen
für Thymol^) 2,66*^ bez. 2,59*^ berechnen,
Amylpropionat, für welches sich die Ernie-
drigung des Erstarrungspunktes in Thymol über-
i) Auf Gnmd der Theorie der Lösungen.
2) 1. c. 23, 329.
3) 1. c. 29, 423; z. B. auch die Reinheit der benutzten
Präparate.
4) W. \ ernst, Theor. Chem. IT. Aufl., 152; Eykuan
1. c. 4, 497.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
63
einstimmend mit den soeben erwähnten, mole-
kularen Werten fand, zeigte bezüglich der
Reibung wie angegeben, untersucht für 2,58 —
5,58 — 11,10 — 17,07 %ige Lösungen in er-
wähntem Phenol:
J
2o,8oo 21,70 22,60
1,53'^ 1,50 1,48
23.50 24,40
1,48 1,42
25,60
1,42
26,94
1,47
ö
J
»5«75® »8,29 i9,»o 20,91
3,250 3,17 3,17 3,'2
23»33 23,50 25.13
3,15 3i>6 3.15
2679
3.»7
27,26
3.16
J
i4,7S^ 16,93 '9,25 21
6,520 6,53 6,45 ^
,70 23,94 26*05
,40 6,33 6.28
28,10
6,22
30,09
6,06
J
13,720 14,03 15,74 17,64
10,360 10,38 10,34 10,09
19,47 21,74 23,63
10,05 9,89 9,82
25,48
9,70
27,30
9,57
Mit steigender Temperatur nehmen die J
deutlich ab. Nach diesen Versuchen, denen
sich schon veröffentlichte mit 5,04 und 9,4%iger
Amylpropionat- und 3,70%iger Äthylacetat-
iösung anfügen, welche zum Teil bis zu 48,6^
gefuhrt sind, kann man schliessen, dass inner-
halb eines bestimmten Temperaturintervalls für
Ester inThymol mit einer gewissen Annäherung
Gl. (2) — gelten wird, Ungl. (3) sich in eine
Gleichung umwandelt.
Löst man andere Körper als Ester, von
gleichfalls geringer Reibung gegenüber der des
Thymols, in letzterem, z. B. Toluol (3,94%) oder
ausgefrorenes Nitrobenzol (7,74 bez. 15,42%),
so erhalt man hinsichtlich des ersteren eigen-
tümlicherweise J um etwas mehr als ^3 des
berechneten Wertes grösser, aber sehr konstant
bez. &, so dass Gl. (2) und (3) ungültig sind.
Da Toluol und Thymol jecles den Benzol-
kern und eine Methylgruppe in der Molekel
aufweisen, so kann indessen hier an eine Ein-
wirkung des Gelösten auf das Lösungsmittel
gedacht werden. Eine noch eingehender aus-
zuführende Gefrierpunktsbestimmung deutete in
der That auf ein etwas unregelmässiges Ver-
halten. — Die Nitrpbenzollösungen, in letzter
Hinsicht noch nicht untersucht, zeigten auf
Der. aus mol. Gefr. Depr.
1,520 und 1,490
3,290 „ 3,220
6,550 „ 6,400
io,o80 „ 9,840
Grund der Durchflusswerte ein etwas zu kleines
J gegenüber dem berechneten. — Löst man
aber umgekehrt Thymol (4,42*^0 und 9,48%)
in gereinigtem Nitrobenzol, so ergiebt sich,
unter Zugrundelegung der mol. Depression
(70,7® bez. 69,5^ 1. c.) des letzteren wiederum
eine ähnliche Übereinstimmung zwischen den
beiden A (der Gefrierpunktserniedrigung und
der reduzierten Durchlaufszeit) wie bei den
Estern. Da in diesem Falle die Zähigkeit der
Lösung Thymol in Nitrobenzol grösser ist als
diejenige des Solvens Nitrobenzol (also umge-
kehrt wie bei den Estern), so wurde in Gl. (2)
das J mit negativem Vorzeichen versehen.
Eine graphische Versinnbildlichung der mit
Amylpropionatlösungen erhaltenen Resultate
zeigt Fig. I (^-Werte als Abszissen, die glei-
chem Drucke entsprechenden Zeiten als Ordi-
naten).
Zürich, phys. ehem. Laborat. d. Universität.
(Eingegangen 22. Oktober 1901.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
W. N ernst (Göttingen), Über die Bedeutung
elektrischer Methoden und Theorien für die
Chemie. *)
Die elektromagnetische Lichttheorie hat einen
in jeder Hinsicht bündigen Beweis dafür gelie-
fert, dass die Erscheinungen des Lichtes, die man
ja bekanntlich seit langem auf Wellenbewegungen
zurückfuhrt, ihrem Wesen nach elektrische Phä-
nomene sind, oder dass mit anderen Worten
ein prinzipieller Unterschied zwischen den Licht-
schwingungen und den elektrischen Schwingungen
nicht besteht. Damit ist nun in der That die Op-
tik geradeso ein Spezialkapitel der Elektrizi-
tätslehre geworden, wie es der Magnetismus seit
l) Zweite allgemeine Sitzung, Freitag 27. Septbr. 1901.
langem war. Die Frage nach dem Wesen der
Elektrizität bleibt trotzdem aber im grossen und
ganzen dieselbe, wie vorher.
Wenn in der anschaulichen Sprache der Ato-
mistik die Chemie als die Wissenschaft von der
Bildung der Moleküle überhaupt aus den Atomen
und von ihrem Zerfall in die Atome bezeichnet
werden kann, so beschäftigt sich die Elektro-
chemie mit dem Werden und Vergehen elek-
trisch geladener Moleküle, die man nach Fara-
day kurzweg als Ionen bezeichnet, da nun in
zahlreichen chemischen Reaktionen die Ionen eine
bereits klar erkannte Rolle spielen und da in
vielen anderen ihre Mitwirkung, wenn auch noch
nicht sicher, so doch wahrscheinlich ist, so springt
die Bedeutung der Elektrizitätslehre auch für
64
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4,
die reine Chemie, nicht nur für die Elektroche-
mie in die Augen; alle elektrischen experimen-
mentellen Methoden und alle theoretischen Er-
wägungen aus der Elektrizitätslehre, die auf die
Ionen Anwendung finden, sind der Chemie be-
reits von Nutzen oder können es werden.
Nun ist es eine wichtige Erfahrungsthatsache,
dass gerade das Wasser zahlreiche gelöste Stoße
in Ionen zu spalten vermag; dadurch ist dies
Lösungsmittel für die Elektrochemie nicht nur,
sondern für die Chemie überhaupt von der aller-
grössten Bedeutung. Es ist übrigens kaum daran
zu zweifeln, dass auch die fundamentale Rolle des
Wassers im thierischen und pflanzlichen Orga-
nismus auf verwandte Ursachen zurückzufuhren
ist. Wahrscheinlich hängt das eigenartige Ver-
halten des Wassers mit seiner hohen Dielektri-
zitätskonstante zusammen, welche in der That
diesem Lösungsmittel eine ganz besondere Stel-
lung zuerteilt. Jedenfalls ist es von vornherein
klar, dass in den experimentellen Methoden der
Elektrochemie die wässerigen Lösungen die viel-
seitigsten und bequemsten Versuchsobjekte sind.
Wenn wir also nunmehr dazu übergehen wollen,
die wichtigsten elektrischen Methoden der Che-
mie kurz zu charakterisieren, so wissen wir be-
reits, dass es sich hierbei immer um Ionen han-
deln wird. Bei der Behandlung dieser Frage er-
gab sich nun das von vornherein anschauliche
Resultat, dass bei der Untersuchung der Ionen
alle Methoden anwendbar sind, die über den Bau
der gewöhnlichen elektrisch neutralen Moleküle
uns zu unterrichten sich eignen; man kann Mo-
lekulargewichtsbestimmungen und Konstitutions-
bestimmungen an den Ionen genau so ausfuhren,
wie an den gewöhnlichen Molekülen. Dazu aber
treten als neu und eigenartig diejenigen Metho-
den hinzu, welche sich an die elektrische Ladung
der Ionen wenden, und dieses sind eben die
elektrischen Methoden der Chemie. Ich glaube,
dass der vorstehende einfache Satz die vollstän-
dige Systematik der elektrochemischen For-
schungsmethode enthält.
Wenn wir also z. B. ein Salz in wässeriger
Lösung untersuchen wollen, so werden wir zu-
nächst durch Anwendung der van't Hoff-Ava-
gadroschen Regel das Molekulargewicht be-
stimmen können; hierdurch allein werden wir in
vielen Fällen, wie Arrhenius, der Begründer
der modernen Anschauung über die elektrolytische
Dissoziation, zuerst gezeigt hat, über Menge und
Art der Ionen, in welche das Salz zerfallen ist,
Auskunft erhalten, besonders wenn wir damit
das Heranziehen chemischer Analogien verbin-
den; in den meisten Fällen sind ja, wie Hittorf
schon in seinen klassischen Arbeiten nachwies,
die chemischen Radikale mit den Ionen identisch,
und über die Natur dieser Radikale giebt das
allgemeine chemische Verhalten des Salzes in
der Regel hinreichenden Aufschluss. Wie schon
bemerkt, stehen uns aber auch spezifisch elek-
trische Methoden zur Verfügung, und indem wir
einerseits von der Thatsache Gebrauch machen,
dass die Ionen unter dem Einfluss elektrischer
Kräfte zu wandern vermögen, und dass anderer-
seits die elektromotorische Kraft zwischen Me-
tall und der Lösung durch Natur und Menge
von Ionen bestimmt wird, gewinnen sowohl
Messungen der elektrischen Leitfähigkeit wie
solche der elektromotorischen Kraft ihre Bedeu-
tung auch für die rein chemische Forschung,
Dank den Arbeiten von Friedrich Kohl-
rausch ist die Bestimmung der Leitfähigkeit
von Lösungen zu einem hohen Grade von Ein-
fachheit und Sicherheit gebracht worden. Ein
kleines Induktorium, eine Wheatstonesche
Brücke, ein Widerstandskasten, ein Telephon und
ein mit Elektroden versehenes Glasgefass bilden
das ganze physikalische Rüstzeug, dessen man
zur Bestimmung der Leitfähigkeit bedarf. Einen
umfassenden Überblick über die Anwendungen
dieser Methode für die Chemie ist hier zu geben
nicht der Ort; aber an einem Beispiele, das durch
die Arbeiten von Ostwald hervorragende Wich-
tigkeit gewonnen hat, möchte ich wenigstens ihr
Wesen veranschaulichen.
Dass in wässeriger Lösung die verschiedenen
Säuren sehr verschiedene Stärke besitzen, ist
eine längst bekannte chemische Thatsache; ihre
wissenschaftliche Formulierung gelang jedoch erst
in neuerer Zeit mit Hilfe der lonentheorie und
der Lehre von der chemischen Massenwir-
kung. Alle Säuren liefern nämlich in Wasser
aufgelöst eine mehr oder minder grosse Menge
der positiv geladenen Wasserstoffionen ; die allen
Säuren gemeinschaftlichen und daher spezifisch
sauren Reaktionen sind nun eben Reaktionen
des WasserstofTions. Nach dem Gesetze der
chemischen Massenwirkung aber reagiert eine
Molekülgattung, gleichgültig, ob elektrisch neutral
oder geladen, um so energischer, je höher ihre
Konzentration ist, und somit ergiebt sich einfach,
dass eine Säure um so stärker spezifisch sauer
reagiert, je mehr Wasserstoffionen sie enthält.
Da man nun mit Hilfe der elektrischen Leitfähig-
keit am einfachsten und genauesten die Menge
der Wasserstoffionen einer in Wasser gelösten
Säure ermitteln kann, so erkennen wir, wie die
Messung der elektrischen Leitfähigkeit uns über
die Stärke einer Säure und somit über eine wich-
tige Seite ihres chemischen Verhaltens Aufschluss
giebt.
In komplizierteren Fällen, besonders bei der
Untersuchung der sogenannten komplexen Salze,
tritt der Leitfähigkeitsmessung die Untersuchung
der lonenwanderung ergänzend an die Seite; in-
dem man die zu untersuchende Lösung elektro-
lysiert und die mit der Verschiebung der Ionen
verbundenen Konzentrationsänderungen an den
Elektroden bestimmt, lässt sich die Frage ent-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
65
scheiden, ob ein Element oder Radikal mit dem
Strome oder dem Strome entgegen wandert; in
ersterem Falle befindet es sich in einem posi-
tiven, im zweiten Falle in einem negativen Ion.
Bereits Hittorf zeigte bei seinen grundlegenden
Messungen der Überfiihrungszahlen, dass auf
diesem Wege häufig die Frage leicht entschieden
werden kann, ob man ein typisches oder ein
sogenanntes komplexes Salz vor sich hat.
Während die Leitfähigkeit einer Lösung durch
die Summe der Leitfähigkeiten aller darin vor-
handenen Ionen bedingt wird, und somit, be-
sonders in komplizierten Fällen, in denen eine
grössere Anzahl verschiedener lonenin der Lösung
vorhanden ist, die Deutung der Versuchsergeb-
nisse nicht ganz einfach wird, liefert die Be-
stimmung der elektromotorischen Kraft die Menge
von einer ganz bestimmten lonenart, weil die
Spannung der Elektroden ausser von ihrer eigenen
Beschaffenheit in wässerigen Lösungen nur noch
von der Konzentration der lonenart abhängt,
welche die betreffende Elektrode in die Lösung
entsendet. Der Apparat, der für die Ausfuhrung
dieser Messungen erforderlich ist, bietet in seiner
Handhabung ebenfalls, wie bei der Messung der
Leitfähigkeit, keine besonderen Schwierigkeiten;
ein empfindliches Galvanometer oder Elektro-
meter, ein Normalelement und ein Widerstands-
kasten sind in den meisten Fällen zur Ausfuh-
rung der Messung vollkommen ausreichend.
Bestimmen wir also etwa die elektromoto-
rische Kraft eines Silberdrahtes gegen eine Lö-
sung, so vermag diese Messung uns Aufschluss
zu geben über die Menge der Silberionen, die
in der Lösung vorhanden sind, und zwar liegt
es in der Natur der Formel, welche die elektro-
motorische Kraft und die Konzentration der Sil-
berionen verbindet,dass die prozentische Genauig-
keit unabhängig von der Menge der in der Lö-
sung vorhandenen Silberionen ist. Man ist da-
her in der Lage, Konzentrationen von einer Klein-
heit noch relativ sicher zu bestimmen, wie sie
wohl auf keinem anderen Wege, z. B. auch nicht
durch die Hilfsmittel der Spektralanalyse unter
den günstigsten Bedingungen, gemessen werden
können.
Auch hier muss ich mich darauf beschränken,
an einem Beispiele die Anwendbarkeit dieser
Methode zu erläutern. Das Wasser ist in reinem
Zustande ein fast völliger Nichtleiter der Elek-
trizität; es ist mit andern Worten nur zu einem
äusserst kleinen Bruchteile in seine Ionen, das
Wasserstofiion und das Hydroxylion, zerfallen.
Da von diesen lonenarten das eine für die Säuren,
das andere für die Basen typisch ist, so ist das
Wasser gleichzeitig saurer und basischer Natur,
d. h. es ist gleichzeitig eine schwache Säure und
eine schwache Basis. Für zahlreiche chemische
Reaktionen des Wassers war es nun von Wich-
tigkeit, die Stärke der sauren und der basischen
Funktionen des Wassers kennen zu lernen, und
es mussten zu diesem Zwecke die sehr kleinen
Mengen von Wasserstofllionen bestimmt werden,
die in einer neutralen oder besser alkalischen
Lösung vorhanden sind. Ostwald und Arrhe-
nius lösten gleichzeitig und unabhängig diese
Aufgabe, indem sie die elektromotorische Kraft
einer mit Wasserstoff beladenen Platinelektrode,
die lediglich von der Konzentration der Wasser-
stoffionen abhängt, bestimmten und daraus die
gesuchte auserordentlich kleine Konzentration
der Wasserstoffionen ermittelten. —
Die bisher besprochenen elektrischen Metho-
den sind gleichsam Sonden, die der Forscher
an chemische Verbindungen anzulegen und mit
Hilfe deren er sie sozusagen abzutasten ver-
mag. Die Elektrizität giebt aber auch Mittel an
die Hand, durch die man, wie mit einem scharfen
Werkzeuge, die chemischen Verbindungen zer-
schneiden kann; dieses Hilfsmittel ist das erste,
das die elektrochemische Forschung erbracht hat,
nämlich die Elektrolyse. Vermöge der elektro-
lysierenden Kraft des galvanischen Stromes ist
man ja imstande, auch die festesten Verbindungen
mit Leichtigkeit in ihre einfacheren Bestandteile
aufzulösen.
Der Mechanismus der Elektrolyse ist über-
aus einfach und durchsichtig; ein Strom, der einen
Elektrolyten durchfliesst, führt die positiven Ionen
zur einen, die negativen Ionen zur anderen Elek-
trode, und zwar findet diese Wanderung der
Ionen, wie schon oben auseinandergesetzt, unter
dem Einfluss des elektrischen Zuges statt, der
von den entgegengesetzt geladenen Elektroden
auf die Ionen ausgeübt wird. Bei hinreichend
starker Ladung der Elektroden, d. h. bei hin-
reichender elektromotorischer Kraft des elektro-
lysierenden Stromes gelangen die Ionen an beiden
Elektroden zur Abscheidung; indem sie an die
Elektroden ihre elektrische Ladung abgeben,
gehen sie in gewöhnliche, d. h. elektrisch neu-
trale Moleküle über, welche dem elektrischen
Zuge nicht mehr unterliegen und demgemäss ent-
weichen können. Der eigentlich primäre Vorgang
in der Elektrolyse ist also nichts anderes, als
der Übergang elektrisch geladener Ionen in
elektrisch neutrale Molekülarten, und die Ar
beit, welche der Strom bei der Elektrolyse zu
leisten hat, besteht also in erster Linie darin,
den Ionen ihre elektrischen Ladungen zu ent-
reissen, und zwar gleichzeitig den positiven Ionen
ihre positive Elektrizität an der einen, den ne-
gativen Ionen ihre negative Elektrizität an der
anderen Elektrode. Diese Arbeit ist nun aber
um so grösser, je höher die an den Elektroden
wirkende elektromotorische Krafl ist, und da
wir letztere bei geeigneter Versuchsanordnung
beliebig zu steigern im stände sind, so erkennen
wir, dass kein Ion seine Ladung so stark zu
binden vermag, dass wir nicht durch hinreichend
66
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
starken elektrischen Zug sie den Ionen zu ent-
ziehen imstande wären. Mit Hilfe des Stromes
können wir dementsprechend die stärksten che-
mischen Kräfte überwältigen.
Während bei der Elektrolyse der galvanische
Strom chemische Verwandtschaften löst, wird bei
dem umgekehrten Phänomen, der galvanischen
Stromerzeugung, chemische Energie in elektrische
umgesetzt. Auch der Mechanismus dieser Vor-
gänge ist mit Hilfe der lonentheorie und der
Theorie des osmotischen Druckes in neuerer
Zeit, wie ich glaube, klargestellt worden. Die
Auflösung des Zinks z. B. in einem galvanischen
Elemente ist im Prinzip ähnlich der Auflösung
irgend einer beliebigen Substanz in einem Lö-
sungsmittel; das Eigentümliche, was bei der Auf-
lösung des Zinks noch hinzukommt, besteht
lediglich darin, dass hier, wie bei den Metallen
überhaupt, nicht elektrisch neutrale Moleküle in
Lösung gehen, sondern dass es sich dabei um
Ionen handelt. Dadurch aber ist notwendig mit
der Auflösung des Zinks eine elektrische Ver-
schiebung verbunden, die unter geeigneten Ver-
suchsbedingungen als geschlossener galvanischer
Strom in Erscheinung tritt.
Aber auch wenn man ohne besondere Vor-
kehrung Zink oder ein anderes Metall in Säuren
löst, ist damit ein elektrischer Vorgang untrenn-
bar verbunden ; von dem Zink werden Zinkionen
in die Säure entsandt, während gleichzeitig die
chemisch und somit auch elektrisch äquivalente
Menge von Wasserstoß"ionen umgekehrt aus der
Lösung zum Zink übertritt, um nach Abgabe
der Ladung als elektrisch neutraler Wasserstofi*
zu entweichen. Genau so, wie für die Elektro-
lyse die Spannungsdifferenz an den Elektroden
massgebend ist, wird auch dieser chemische
Prozess, wie in zahlreichen neueren Arbeiten ge-
zeigt wurde, ausschliesslich durch die elektrische
Potentialdifferenz zwischen Metall und Lösung
bestimmt.
Der primäre Vorgang bei der Auflösung eines
Metalls unter Wasserstoffentwicklung besteht
also in der Abgabe der positiven Ladung des
Wasserstoftions an das betreffende Metall. Leiten
wir etwa Chlor in die Lösung eines Jodids, so
wird gewöhnliches Jod in Freiheit gesetzt und
das Chlorion tritt an die Stelle des Jodions; auch
hier besteht der chemische Prozess also wesent-
lich in einer Dislokation einer elektrischen La-
dung, und zwar handelt es sich bei diesem Bei-
spiele um eine negative Ladung. Nach aussen
verrät sich, wie es in der Natur dieser Er-
scheinungen liegt, die elektrische Natur dieser
Prozesse nicht weiter; elektrostatische Ladungen
oder galvanische Ströme treten dabei nicht auf.
Wohl aber lässt sich die Richtung, in der solche
chemischen Umsetzungen stattfinden müssen, aus
den lonenpotentialen ableiten.
Schon daraus, dass das Phänomen der Elek-
trolyse in der Spaltung selbst der festesten che-
mischen Verbindungen besteht, wird es klar,
dass bei chemischen Verbindungen elektrische
Kräfte eine wichtige Rolle spielen; im einzelnen
haben wir überdies soeben gesehen, dass bei
manchen chemischen Prozessen der primäre Vor-
gang in einer Dislokation elektrischer Ladungen
besteht. Damit tritt denn zugleich die Frage
an uns heran, ob nicht etwa die chemischen
Kräft:e überhaupt elektrischer Natur sind.
Ehe wir darüber Betrachtungen anstellen, in-
wieweit die Forschung in das äusserst hypo-
thetische Gebiet der Natur der chemischen Affi-
nität zur Zeit vorgedrungen ist, möchte ich kurz
noch darauf eingehen, wie die chemische Affi-
nität gemessen werden kann. Wenn zwei Sub-
stanzen bei ihrer Berührung in rasche chemische
Wechselwirkung zu treten vermögen, so sagt
man in der Regel, dass sie eine grosse che-
mische Affinität besitzen; dies ist einwandsfrei,
aber keineswegs die Umkehrung dieses Satzes,
dass nämlich Substanzen, die sich auch bei
innigster Berührung gegeneinander indifferent
verhalten, keine Affinität besitzen. Der Verlauf
eines chemischen Prozesses ist zwar proportional
der wirkenden chemischen Kraft, aber er hängt
ausserdem auch noch von der Grösse der Wider-
stände ab, die im betreffenden Falle zu über-
winden sind. Auch bei sehr grosser Affinität
kann die Reaktionsgeschwindigkeit verschwin-
dend klein sein, wofür ein Gemenge von Wasser-
stoff* und Sauerstoff" ein Beispiel bildet; trotz der
grossen Affinität dieser Elemente bleiben sie
bei gewöhnlicher Temperatur so gut wie voll-
kommen passiv, weil der zu überwindende che-
mische Widerstand sehr gross ist. Genau wie
die Intensität eines galvanischen Stromes der
wirkenden elektromotorischen Kraft direkt und
dem entgegenstehenden elektrischen Widerstände
indirekt proportional ist, so gilt für die rein che-
mischen Prozesse ein analoges Gesetz: die Re-
aktionsgeschwindigkeit ist der chemischen Kraft
oder der chemischen Affinität direkt und dem
chemischen Widerstand indirekt proportional.
In einem galvanischen Elemente werden beide
Gesetze, das Ohmsche Grundgesetz der elek-
trischen Ströme und das chemische Grundgesetz
des Reaktionsverlaufs identisch, weil hier galva-
nischer und chemischer Widerstand zusammen-
fallen, die Reaktionsgeschwindigkeit nach Fara-
da}'s Gesetz der Stromintensität gleich wird
und die Kraft der chemischen Affinität des strom-
liefernden Prozesses in dem betrachteten gal-
vanischen Elemente einfach seine elektromoto-
rische Kraft ist. Ebenso aber wie das Ohmsche
Gesetz auch auf elektrische Ketten Anwendung
findet, in denen keinerlei chemische Prozesse
sich abspielen, wie bei den Dynamomaschinen
oder den Thermosäulen, so gilt das analoge
chemische Grundgesetz auch bei Reaktionen,
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
^1
in denen wie z.B. bei Verbrennungserscheinungen
das Auftreten galvanischer Ströme nicht nachge-
wiesen und, wenn es sich lediglich um die Ein-
wirkung zwischen elektrischen Isolatoren handelt,
geradezu ausgeschlossen ist. Immerhin weist die
grosse Ähnlichkeit der beiden besprochenen
Gesetze bereits auf eine Beziehung zwischen
chemischem Prozess und galvanischem Strome
oder besser galvanischer Entladung hin.
Aus den vorstehenden Überlegungen er-
sehen wir bereits, dass die Bestimmung der
elektromotorischen Kraft eines galvanischen Ele-
mentes uns gleichzeitig die Grösse der Aßinität
des betreffenden stromliefernden chemischen
Prozesses liefert. Man kann letztere Grösse aber
auch auf zahlreichen anderen Wegen ermitteln;
wie nebenbei bemerkt sei, liefert jede Methode,
die zur Kenntnis der maximalen Arbeitsleistung
einer chemischen Umsetzung oder, wie man
es auch ausdrückt, zur Bestimmung der damit
verbundenen Änderung der freien Energie
führt, gleichzeitig die chemische Affinität der
betreffenden stofflichen Umsetzung. Die Messung
der elektromotorischen Kraft ist aber die viel-
seitigste und genaueste Methode, und wir sehen
also, wie auch hier wieder, wo es sich um die
Messung einer der wichtigsten chemischen
Grössen handelt, eine rein elektrische Methode
an der Spitze steht.
Historisch wäre über die Frage nach der
Natur der chemischen Verwandtschaft etwa
folgendes zu bemerken. Bei der Beschäftigung
mit der anorganischen Chemie zeigte sich in
der Zusammensetzung zahlreicher chemischer
Verbindungen ein deutlicher Dualismus; man
konnte die Elemente und Radikale in zwei
Kategorien teilen, die positiven und die nega-
tiven, und man fand, dass die positiven, wie
die negativen Radikale je untereinander meistens
relativ schwierig reagieren, dass aber ein stark
positives mit einem stark negativen Radikale
sich stets glatt zu einer wohl charakterisierten
chemischen Verbindung vereinigt. Die Erkennt-
nis dieser Thatsache ist der bleibende Inhalt
der elektrochemischen Theorie von Berzelius;
dass der grosse Begründer der analytischen
Chemie dies Verhalten der Elemente dadurch
zu erklären suchte, dass er die eine Kategorie
als in freiem Zustande positiv, die andere als
negativ geladen ansah, eine Annahme, die gegen
die Elemente der Elektrizitätslehre verstösst,
ist im Grunde eine unwesentliche Zugabe zu
seiner Theorie. Thatsächlich war es Berzelius
auch wohl mehr darum zu thun, den von ihm
so oft beobachteten Dualismus in den chemischen
Verbindungen durch die Analogie mit den
beiden Elektrizitäten anschaulich zu machen,
als eine streng physikalische Erklärung der
Wirksamkeit chemischer Kräfte zu liefern.
Nun entdeckte die aufblühende organische
Chemie zahllose chemische Verbindungen, bei
denen die einseitig dualistische Auffassungs-
weise vollkommen versagte, und so entstand
die. wie man sich kurz ausdrückt, unitarische
Theorie der Konstitution organischer Verbin-
dungen, d. h. eine Valenztheorie, die sich um
jenen Dualismus nicht kümmert.
Gegenwärtig kann man wohl sagen, dass
eine rein unitarische Auffassungsweise der
chemischen Verbindungen ebenso einseitig wäre,
wie die rein dualistische Auffassungsweise von
Berzelius; wir müssen eben annehmen, dass
bei der Bildung chemischer Verbindungen so-
wohl einheitlich wirkende Kräfte zur Geltung
kommen, wie es z. B. die von Masse zu Masse
wirkenden New tonschen Attraktionskräfte sind,
als auch Kräfte polarer Natur thätig sind, wo-
für die elektrischen Kräfte das deutlichste Bei-
spiel liefern.
Der von Berzelius erkannte Dualismus der
chemischen Verbindungen lässt sich vom Stand-
punkte der lonentheorie sehr einfach folgender-
massen deuten. Diejenigen Elemente oder Ra-
dikale, welche aus chemischen Verbindungen als
positive Ionen abgespalten werden, bilden die
eine Kategorie, diejenigen, welche als negative
Ionen auftreten, bilden die andere Kategorie
der Elemente und Radikale. Es sind also nicht
die freien Elemente oder Radikale elektrisch ge-
laden, wie Berzelius annahm, sondern nach der
Vereinigung von positiven und negativen Ra-
dikalen untereinander vermag das Molekül unter
geeigneten Bedingimgen sich in Ionen zu spalten,
wobei dann die positiven Radikale positiv, die
negativen Radikale negativ elektrisch geladen
sind. Diese elektrische Spaltung offenbart sich
am deutlichsten durch elektrolytische Leitfähig-
keit und die damit verbundene Fähigkeit, unter
dem Einfluss eines hinreichend starken elek-
trischen Zuges sich in die freien Radikale spalten
zu lassen, gleichzeitig aber auch, worauf Hit torf
zuerst hinwies, in dem leichten chemischen Aus-
tausche eines positiven gegen ein anderes posi-
tives und eines negativen gegen ein anderes
negatives Radikal, oder, mit anderen Worten,
in der glatten Bildung und gegenseitigen Um-
setzung von Salzen; Hittorf drückte dies sehr
prägnant durch den einfachen Satz aus: „Elek-
trolyte sind Salze".
Berzelius nahm, wie schon bemerkt, ferner
an, dass der Grad der Positivität oder Nega-
tivität, wenn ich mich kurz so ausdrücken darf,
durch die Stärke der elektrischen Ladung be-
stimmt sei; seit Faraday weiss man im Gegen-
teil, dass die elektrische Ladung, die ein ein-
wertiges Ion oder Radikal mit sich fuhrt, ganz
unabhängig von der Natur und demgemäss auch
von der Stärke dieses Radikales ist. Das
äusserst stark positive Kaliumion ist genau so
stark elektrisch geladen, wie das sehr schwach
68
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
positive Silberion, und das gleiche gilt auch
für das äusserst stark negative Fluorion und
das sehr schwach negative Jodion. Nicht in
der Grösse der Ladung zeigt sich der Grad
der Positivität oder Negativität, sondern in der
Festigkeit, mit der diese Ladung gebunden
wird. Dementsprechend kann, um bei den
obigen Beispielen zu bleiben, Jodsilber bereits
durch sehr geringe elektromotorische Kräfte in
die freien Elemente gespalten werden, während
Fluorkalium umgekehrt nur unter dem Einfluss
eines sehr starken elektrischen Zuges in die
Bestandteile zerfallen kann.
Der experimentelle Ausdruck der Thatsache,
dass die verschiedensten einwertigen positiven
oder negativen Radikale gleichstark elektrisch
geladen sind, ist das Farad ay sehe elektro-
lytische Grundgesetz, wonach die gleiche Strom-
menge aus den verschiedensten Elektrolyten
immer chemisch äquivalente Mengen in Frei-
heit setzt. Da nach allem, was wir darüber
wissen, das erwähnte Gesetz mit grösster Exakt-
heit zutrifft, so kann die Thatsache, dass die
verschiedenartigsten einwertigen Ionen die gleiche
Elektrizitätsmenge binden, als sicher verbürgt
gelten.
Was die mehrwertigen Ionen anlangt, so
findet man, dass die zweiwertigen Elemente
oder Radikale genau doppelt soviel, die drei-
wertigen genau dreimal soviel Elektrizität binden,
als die einwertigen u. s. w.
Diese höchst merkwürdigen Thatsachen lassen
sich nun ungemein einfach und anschaulich
deuten, wie schon Helmholtz in seiner
Faraday-Rede (1881) angedeutet hat. Wenn
wir an der stofflichen Natur der Elektrizität
festhalten, wozu man, wie Helmholtz ebenda
betonte, vollkommen berechtigt ist — und ich
glaube nicht, dass sich seitdem hieran etwas
geändert hat — , so sind die Ionen eine Art
von chemischer Verbindung zwischen Elementen
und Radikalen einerseits und der Elektrizität
andererseits. Wenn nun ferner, wie wir schon
sahen, die verschiedensten Elemente oder Ra-
dikale immer sich nur mit einer ganz bestimmten
Quantität freier Elektrizität oder einem Multiplum
davon verbinden, so kann man das am ein-
fachsten durch den Satz ausdrücken: für die
Verbindungen zwischen gewöhnlicher Materie
und der Elektrizität gilt genau das gleiche
chemische Grundgesetz, wie für die Verbin-
dungen der gewöhnlichen chemischen Sub-
stanzen untereinander, nämlich das Gesetz der
konstanten und multiplen Proportionen,
Erinnern wir uns, dass vor etwa einem Jahr-
hundert die Entdeckung jenes chemischen Grund-
gesetzes Anlass zur Einführung der Atomistik
in die exakte Naturwissenschaft gab und dass
bis auf den heutisjen Tacr dieses Gesetz die
sicherste experimentelle Unterlage 'cder mole-
kulartheoretischen Betrachtung geblieben ist.
Ohne die atomistische Naturauffassung ständen
wir diesem fundamentalen Naturgesetze völlig
ratlos gegenüber, während es uns vom Stand-
punkte der Atomistik aus geradezu selbstver-
ständlich erscheint.
Genau so liegt die Sache offenbar, wenn es
sich um die Auffassung des obigen elektro-
chemischen Grundgesetzes handelt; denken wir
uns die elektrischen Fluida als kontinuierlich,
so bleibt es völlig unerklärlich, warum die ver-
schiedensten Elemente und Radikale immer ge-
rade eine ganz bestimmte Elektrizitätsmenge
bilden oder gerade ein Multiplum davon. So-
fort aber wird es zur notwendigen Konsequenz,
wenn wir die Elektrizität als in einzelne Atome
von unveränderlicher Grösse uns geteilt denken.
Hierdurch gelangen wir also sozusagen zu
einer chemischen Theorie der Elektrizität, die
wir zum Schluss noch kurz betrachten wollen.
Ausser den bekannten chemischen Elementen
hätten wir zwei neue anzunehmen, gebildet von
den positiven und negativen Elektronen, wie
man diese elektrischen Atome bezeichnet; diese
Elemente sind chemisch einwertig, d. h. die
Valenz eines einwertigen Elementes kann durch
ein, die eines zweiwertigen Elementes durch
zwei Elektronen gesättigt werden u. s. w. Das
Atomgewicht dieser Elektronen kann für die
Zwecke der Chemie als verschwindend klein
angesehen werden. Forschungen auf ganz an-
deren Gebieten, die in erster Linie das Studium
der Kathodenstrahlen betrafen, und worüber
Herr Dr. Kaufmann, ein sehr erfolgreicher
Bearbeiter dieses Gebietes, am letzten Mitt-
woch von dieser Stelle aus berichtet hat, haben
es übrigens wahrscheinlich gemacht, dass das
Atomgewicht der negativen Elektronen etwa
' 2000 des Atomgewichtes des Wasserstoffes ist.
Freilich ist die Frage noch offen, ob es sich
hier um eine wirkliche Masse im gewöhnlichen
Sinne handelt. Jedenfalls aber ist diese Grösse
in der That bei chemischen Arbeiten verschwin-
dend, insofern als etwaige durch 'die negativen
Elektronen bedingte Gewichtsveränderungen
innerhalb der unvermeidlichen Fehler auch der
genauesten bisherigen chemischen Analysen
liegen. Ob die positiven Elektronen, wie nicht
unwahrscheinlich, das gleiche Atomgewicht
haben, wissen wir nicht, weil man an diesen
die den Kathodenstrahlen entsprechende Er-
scheinung noch nicht aufgefunden hat. Die
Eigentümlichkeiten, welche diesen beiden Ele-
menten zwischen allen anderen eine ganz ent-
schiedene Ausnahmestelle verleiht, sind die von
ihnen ausgehenden eigenartigen Kraft Wirkungen,
die von der Newtonschen Attraktion der ge-
wöhnlichen Elemente und Verbindungen so voll-
kommen verschieden sind. Die Behandlung
dieser Kräfte bildet eben den physikalischen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
69
Teil der Elektrizitätslehre, die seit Coulomb
und Amp^re'"mit der Erforschung der Gesetze
jener Kräfte sich beschäftigt hat. Dasjenige,
was für die Chemie in Betracht kommt, näm-
lieh die elektrolytische Leitung, die elektro-
lytische Zersetzung und die galvanische Strom-
erzeugung, habe ich in dem ersten Teile meines
Vortrages besprochen, und wir haben dabei
konstatiert, dass sich diese Erscheinungen in
der That aus den^ elektrischen Grundgesetzen
heraus anschaulich deuten lassen.
Wenn man fragt, warum denn diese beiden
Elemente von polar entgegengesetztem Charakter
eine solche Ausnahmestellung im Vergleich zu
allen übrigen einnehmen, so kann man diese
Frage allerdings mit gleichem Recht aufwerfen,
aber ebensowenig beantworten, wie die: warum
ist das Chlor gerade das Chlor, warum hat das
Natrium gerade die Eigenschaften des Natriums
u. s, w. Die Eigenschaften der Elemente können
wir zur Zeit eben nicht ableiten, wir müssen
sie einfach nehmen, wie sie sind. — Übrigens
erinnert das gegenseitige Verhältnis der posi-
tiven und negativen Elektronen ein wenig, aber
auch nur ein wenig, an das Verhältnis zwischen
zwei optischen Isomeren.
Die Ionen sind, wie schon bemerkt, als
chemische Verbindungen zwischen gewöhnlichen
Atomen und Radikalen und den Elektronen auf-
zufassen, und zwar sind es gesättigte chemische
Verbindungen. Wenn wir nämlich etwa im Chlor-
natrium das Natriumatom durch ein negatives
Elektron substituieren, so bekommen wir das
negative Chlorion; wenn wir das Chloratom
durch das positiv geladene Elektron ersetzen,
so bekommen wir das positive Natriumion. Man
sieht also, dass die Ionen sich vollständig in
das Schema der Substitutionstheorie einordnen,
sobald wir die atomistische Auffassung der Elek-
trizität zu Hilfe nehmen. Gleichzeitig wird auch
der gewaltige Unterschied zwischen freiem Chlor
und^^dem Chlorion, zwischen freiem Natrium
und dem Natriumion offenbar; denn genau so,
wie das physikalische Verhalten des freien Chlors
und des freien Natriums ganz anders ist, als
wenn diese Elemente in einer chemischen Ver-
bindung, wie etwa Chlornatrium, vorhanden sind,
so wird ihr Verhalten durchgreifend durch die
Verbindung mit den elektrischen Elementar-
atomen, d. h. durch den Übergang in den lonen-
zustand, geändert.
Dass sich übrigens die Ionen in der That
wie gesättigte Verbindungen verhalten, geht
unter anderem auch aus folgender Thatsache
hervor. Ausser den chemischen Verbindungen,
die sich dem Schema der Valenztheorie unter-
ordnen, giebt es auch sogenannte Molekülver-
bindungen; um hierfür ein Beispiel zu nennen,
so vermag das Platinchlorid sechs Ammoniak-
moleküle zu addieren. Es ist nun sehr be-
merkenswert, dass die Ammoniakmoleküle
durch Ionen ersetzbar sind, wie die Forschungen
von Werner gezeigt haben, und dass also auch
die Ionen in der Art und Weise, Molekülver-
bindungen zu bilden, sich vollkommen den ge-
wöhnlichen gesättigten Verbindungen an die
Seite stellen.
Es liegt nun die Frage nahe, ob sich die
Substitution im Chlomatrium nicht noch einen
Schritt weiter fuhren, d. h. ob sich nicht gleich-
zeitig das Natriumatom und das Chloratom
durch ein negatives und ein positives Elektron
substituieren lässt; das Resultat dieser Sub-
stitution wäre also eine Verbindung aus einem
positiven und einem negativen Elektron. Wir
hätten so ein elektrisch neutrales, masseloses
oder wenigstens so gut wie masseloses Molekül.
Über diese Verbindung und über die Rolle, die
sie vielleicht in chemischen und elektroche-
mischen Prozessen spielt, wissen wir noch nichts
Bestimmtes. Sollten diese Verbindungen wirk-
lich existieren, und sollte es uns gelingen, ein
Reagens darauf zu finden, um mich der che-
mischen Ausdrucksweise zu bedienen, so würde
sich uns vielleicht eine neue Welt von Er-
scheinungen erschliessen ; die Vermutung scheint
mir jetzt schon unabweisbar, dass im Verhalten
des Lichtäthers, jenes bis heute noch völlig
hypothetischen Agens, diese Molekülgattung eine
Rolle spielt.
Auf Grund dieser Anschauung können wir
uns nun leicht ein klares Bild über das Ver-
hältnis von dualistischer zu unitarischer An-
schauungsweise verschaffen. Die verschiedenen
Elemente (bez. Radikale) besitzen zu den posi-
tiven und negativen Elektronen verschiedene
chemische Affinität; diejenigen Elemente, die
zum positiven Elektron eine ausgesprochene
Verwandtschaft zeigen, bilden die positive
Gruppe von Elementen; entsprechend besitzen
die negativen Elemente eine Verwandtschaft
zum negativen Elektron. Ausserdem besitzen
die verschiedenen Elemente untereinander eine
chemische Affinität, die nicht polaren Charakters
ist. Dementsprechend können, ohne dass die
Elektronen eine Rolle spielen, zwei Atome eines
Elementes eine feste chemische Verbindung ein-
gehen; ich erinnere nur an die Festigkeit, mit
der sich zwei Wasserstoffatome oder zwei Stick-
stoffatome untereinander zu einem Molekül ver-
einigen. Dasselbe gilt von vielen Verbindungen
der Metalloide untereinander, wie Chlorjod,
Schwefelphosphor u. s. w. Ebenso vermögen die
Metalle untereinander zahlreiche Verbindungen
einzugehen, bei denen wir ebenfalls gar keinen
Anlass haben, auf eine Beteiligung von Elek-
tronen zu schliessen. Der Kohlenstoff insbe-
sondere, der einen Übergang zwischen den
ausgesprochen positiven und den ausgesprochen
negativen Elementen bildet, vermag mit beiden
70
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 4.
Kategorien von Elementen zu reagieren, und
da auch hier die Elektronen aus dem Spiele
zu bleiben scheinen, so wird die Möglichkeit
einer rein unitarischen Auffassungsweise bei den
Kohlenstoflfverbindungen verständlich.
Sobald aber ein positives und ein negatives
Element miteinander reagieren, tritt die Fähig-
keit der lonenspaltung auf, d. h. mit diesem
chemischen Prozesse ist eine Addition oder
Aufspaltung eines masselosen elektrisch neutralen
Moleküls verbunden; es scheint mir sehr be-
merkenswert, dass diese Vorgänge mit einer
viel durchgreifenderen Veränderung des ge-
samten Verhaltens verbunden sind, als die-
jenigen, bei denen eine Mitwirkung der Elek-
tronen nicht stattzufinden scheint; denn während
die Verbindungen der Metalle untereinander
deutlich metallischen Charakter bewahren und
die Verbindungen zwischen Metalloiden eben-
falls deutlich an das Verhalten ihrer Bestand-
teile erinnern, entsteht offenbar etwas ganz
Neues und Eigenartiges, wenn ein Metall mit
einem Metalloide reagiert. Eine Substanz wie
Chlornatrium, weist gegen ihre Komponenten
die denkbar grössten Verschiedenheiten auf, wie
auch bei der Bildung solcher Verbindungen
offenbar ganz besonders mächtige chemische
Kräfte mitwirken.
Natürlich scheint es nicht unmöglich, dass
auch bei den nicht polaren Wechselwirkungen
elektrische Kräfte im Hintergrunde sich befinden,
wie man ja auch jetzt schon vielfach hofft, die
Newtonsche Attraktion, ähnlich wie es mit der
Optik gelang, auf elektrische Phänomene zurück-
fiihren zu können. Das ist aber doch lediglich
Sache der Zukunft; zur Zeit wird man gut
daran thun, die Kräfte polarer Natur sorgfältig
von den unitarischen zu trennen.
Das hier dargelegte Schema lässt die Mög-
lichkeit vorhersehen, dass ein Element oder
Radikal mit einem positiven oder negativen
Elektron zu reagieren vermag, ohne dass gleich-
zeitig ein anderes Element von damit entgegen-
gesetzt polarem Charakter sich des freigewor-
denen Elektrons bemächtigt. Wenn dies ge-
schähe, so würde das freie Elektron in Analogie
zu den gewöhnlichen chemischen Prozessen mit
einem bestimmten Dissoziationsdruck in Freiheit
gesetzt werden, der sich in der lebendigen Kraft
des fortgeschleuderten freien Elektrons äussern
würde. Vielleicht verdanken die Becquerel-
strahlen einem solchen chemischen Prozesse
ihre Entstehung; da man auch hier bisher nur
das Auftreten freier negativer Elektronen be-
obachtet hat, so gewinnt es überhaupt den An-
schein, als ob die positiven Elektronen viel
schwieriger zu isolieren, d. h. viel fester von
den Elementen metallischer Natur gebunden
seien, als die negativen Elektronen von den
Metalloiden.
(Auszug aus dem als Broschüre bei Vaudenhoek & Kupprecht,
Oöttingen, erschienenen Vortrage.)
(Eingegangen 18. Oktober 1901.
O. Kammerer (Charlottenburg), Die Erhaltung
der Energie vom Standpunkte des Ingen ieurs. ' )
Das Grundgesetz der Naturwissenschaft —
das Gesetz von der Erhaltung der Energie —
ist auch das Grundgesetz der Ingenieur-Wissen-
schaft.
Denn die Aufgabe des Maschinen-Ingenieurs
lautet:
Verwandlung und Verteilung von Energie
mit möglichster Wirtschaftlichkeit zu dem Zwecke,
den Menschen von körperlicher Arbeit zu ent-
lasten und für höhere [Kulturarbeit frei zu
machen.
Diese Aufgabe beginnt stets mit Verwand-
lung von Energie aus der in der Natur sich
bietenden Form in die mechanische Energie-
form in den sogenannten Motoren. Die beiden
Formen nämlich, in welchen die Sonnenenergie
vergangener und gegenwärtiger Zeit uns bisher
in verwertbarer Art zur Verfügung steht — in
der chemischen Energie der Heizstoffe und in
der hydraulischen Energie der Ströme — sind
nur sehr selten unmittelbar verwendbar; not-
wendig ist daher zunächst Umformung in me-
chanische Energie.
Der zweite Teil der Aufgabe des Maschinen-
Ingenieurs besteht in der Verteilung der aus
der Naturkraft geformten mechanischen Energie
zunächst von der Gewinnungsstelle zu den so-
genannten Arbeitsmaschinen und dann in den
letzteren selbst von der Eintrittsstelle der Energie
bis zur Verwendungsstelle.
Die Lösung der Ingenieuraufgabe muss mit
möglichster Wirtschaftlichkeit erfolgen: d. h. mit
einem geringsten Aufwand von körperlicher Mit-
arbeit des Menschen, mit einem geringsten Auf-
wand der kraftübertragenden Mittel — Eisen
und Kupfer - und mit einem geringsten Auf-
wand von mechanischer Energie. Die gleich-
massige Berücksichtigung dieser drei häufig
einander widersprechenden Bedingungen macht
dieThätigkeit des Maschinen-Ingenieurs zu einer
sehr vielgestaltigen und schwierigen. Im fol-
genden soll nur der Einfluss der letzten der
drei Bedingungen — Erzielung geringsten
ICnergieverlustes -- besprochen werden, die
aber nie' allein den Ausschlag ftir die Beurtei-
lung eines Ingenieurwerkes bilden darf.
Das Wort ., Energieverlust'* klingt seltsam
zu der Erkenntnis von der Erhaltung der Energie.
l) Abteilung 3, 26. Septr. 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
71
Die Energie an sich kann ja nicht verloren
gehen, sie kann nur einen anderen Weg gehen,
als wir ihn ihr aufzwingen wollen. Die Natur-
kraft in einen ganz bestimmten Weg zu zwingen,
ist aber gerade unser Ziel. Von diesem Stand-
punkt aus nennen wir „nutzbare Energie" nur
denjenigen Teil, der innerhalb des aufgezwun-
genen Weges dahineilt, dagegen „verlorene
Energie" den Anteil, der sich der Bändigung
entzieht und in Seitenpfade verliert. Inwieweit
es nun bisher dem Ingenieur gelungen ist, die
Energie im genannten Sinne zu „erhalten", das
soll im folgenden an einigen Beispielen gezeigt
werden, die aus dem Sonderfach des Bericht-
erstatters - Hebemaschinen mit Kraftbetrieb
— herausgegriffen sind.
Von diesen Beispielen ist eines aus dem
Bergbau, ein zweites aus dem Personenverkehr
und eines aus dem Hafenbetrieb gewählt, um
möglichst verschiedenartige Betriebsverhältnisse
einander gegenüberzustellen. In einem Fall
soll die Energie in Form von Dampf, im zweiten
von Druckwasser, im dritten von elektrischem
Strome zugeführt werden, um die durch die
Energieform bedingten Eigentümlichkeiten zur
Darstellung zu bringen.
Als erstes Beispiel ist eine Fördermaschine
gewählt. Die Fördermaschine ist eine der ein-
fachsten, aber auch für unsere Kultur wichtig-
sten Maschinen, denn sie bringt uns die beiden
Stoffe, welche die Grundbedingungen unserer
modernen Kultur sind: die Kohle als Energie-
träger, und das Eisen als Kraftübertragungs-
mittel. Ohne diese Mittel wäre eine Daseins
gestaltung in der heutigen Form unmöglich,
da die Menschenkraft gegenwärtig ein vielfaches
desjenigen kostet, für welches sie beispielsweise
in der antiken Kulturzeit infolge des geringen
Existenzminimums der damaligen Zeit und des
damals bewohnten Klimas verftigbar war.
Die Fördermaschine entwickelte sich aus
der ursprünglichen Kübelförderung mit Pferde-
göpel oder Wasserrad. Das Erz wurde im
Tiefsten deö Schachtes in einen am Hanf- oder
Aloeseil hängenden Kübel gefüllt, dieser Kübel
aufgewunden, am oberen Schachtende — der
Hängebank — entladen und leer wieder gesenkt.
Die Nutzenergie wurde hierbei dargestellt durch
den Kübelinhalt und die Fördergeschwindigkeit,
die aufeuwendende Gesamtenergie war grösser
um den Betrag des Kübelgewichtes und des
Seilgewichtes. Ersteres war gering im Verhält-
nis zur Nutzlast, daher war auch das Seilgewicht
klein, denn letzteres ist abhängig von Nutzlast
und Kübelgewicht. Die Nutzenergie war daher
gross im Verhältnis zur Gesamtenergie. Die
Förderung litt aber unter den grossen Übel-
ständen: das Einfüllen des Kübels erforderte
grosse Förderpausen, der freigehende Kübel durfte
nur mit geringer Geschwindigkeit, höchstens
2 Sekundenmetern gehoben werden, und der
leere Rückhub brachte grossen Zeitverlust. Die
Leistungsfähigkeit einer solchen Kübelförderung
war daher sehr gering. Heutzutage kommt
daher die Methode nur noch bei Abteufen
kleiner Schächte zur Anwendung, wenn mit
einfachsten Mitteln gearbeitet werden muss.
Vergrösserung der Leistung wurde durch
folgende Mittel erreicht: Zur Vermeidung der
Einfüllzeit wurde die Hebung der Nutzlast in
denselben Gefässen vorgenommen, wie die
Horizontalförderung, nämlich in Hunten. An
Stelle des Kübels musste nunmehr ein Gerippe
treten, welches Gleise für die Hunte trug. Diese
Massnahme verkürzte die Förderpausen beträcht-
lich, brachte aber bedeutend grössere Totlast.
Grössere Fördergeschwindigkeit bis zu 1 5 Se-
kundenmetern wurde ermöglicht durch Einbau
von Führungen in den Schacht: dies bedingte
allerdings einen Reibungswiderstand, die ge-
steigerte Geschwindigkeit einen Luftwiderstand.
Der leere Rücklauf wurde schliesslich vermieden
durch Einführung der zweitrümigen Förderung,
welche gleichzeitig den Vorteil ausgeglichener
Eigengewichte der Fördergerippe und Hunte
bringt. Die infolge der gesteigerten Totgewichte
vergrösserten Seilgewichte werden hierbei aller-
dings nicht ausgeglichen. Zu beachten sind
ferner die Massenwiderstände, welche durch
die grosse Geschwindigkeit und durch die
grossen Massen der Gerippe, Hunte, Seile und
Trommeln hervorgerufen werden. Die gestei-
gerte Leistung wird daher erkauft durch einen
verhältnismässig weit grösseren Energieverlust.
Diese Betriebsverhältnisse werden erleuchtet
durch Versuche an der Fördermaschine des
Salzwerkes in Heilbronn, die von Buschmann
in Dinglers Polytechnischem Journal veröffent-
licht sind. Aus den dort dargestellten Dampf-
diagrammen lässt sich das Belastungsdiagramm
— Fig. I — konstruieren, welches den Einfluss
der einzelnen Widerstände auf den Energie-
verlust zur Darstellung bringt. Die Nutzenergie
beträgt rund 200 Pferdestärken bei 12 Sekunden-
meter Förderungsgeschwindigkeit, die höchste
Gesamtenergie rund 400 Pferdestärken.
Das Verhältnis der Nutzenergie zur Gesamt-
energie ist bei dieser Fördermaschine noch ein
verhältnismässig günstiges, da die Förderteufe
nur 200 Meter beträgt. Ein wesentlich anderes
Bild ergiebt sich bei zunehmender Teufe. Zum
Vergleich mögen die Betriebsverhältnisse bei
der grössten bisher ausgeführten Fördermaschine
betrachtet werden, die seit Sommer 1899 bei
der Tamarack Mining Co. in Betrieb und von
der Nordberg Manufacturing Co. in Milwaukee
gebaut ist. Die Förderteufe beträgt 1800 Meter,
clie Fördergeschwindigkeit 20 Sekundenmetcr,
die Nutzlast 6000 kg, das Seilgewicht 1 1 000 kg;
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
hältnis zwischen beiden wäre daher ein sehr
ungünstiges, die Maschine daher nicht nur un-
wirtschaftlich, sondern auch sehr schwer und
kostspielig. Ein wesentlich günstigeres Be-
lastungsdiagramm — Fig. 3 — würde sich er-
diese Fördermaschine ist mit konischen Seil-
trommeln ausgeführt; es möge indessen zunächst
angenommen werden, dass cylindrischeT rommein
verwendet seien, um den Vergleich mit der
Heilbronner Fördermaschine zu haben. Das
Belastungsdiagramm — Fig. 2 — ist unter dieser
Voraussetzung entworfen. Die Nutzenergie würde
dann 1600 Pferdestärken, die höchste Gesamt-
energie 4500 Pferdestärken betragen; das Ver-
geben, wenn die Seilgewichte durch Unterseil
ausgeglichen wären. Die höchste Gesamtenergie
würde dann bei gleicher Nutzenergie nur 2700
Pferdestärken betragen, die Maschine könnte
beträchtlich wirtschaftlicher arbeiten und leichter
und billiger ausgeführt werden. Wenn nun
aber auch Unterseile aus Holzkohleneisen mit
Bandquerschnitt bei unmittelbar centrischer An-
hängung an die Förderseile bis zu 12 Sekunden-
meter Fördergeschwindigkeit und bis zu 500
Meter Teufe sich gut bewährt haben, so würde
die Anwendung eines Unterseüs für 20 Sekunden-
meter und 1800 Meter jedenfalls unzulässig sein,
wegen der gewaltigen Massen Wirkung eines
, Unterseils für diese Verhältnisse.
Um einerseits Unterseil zu vermeiden, anderer-
seits eine wenigstens teilweise Gewichtsaus-
gleichung zu ermöglichen, ist die Fördermaschine
der Tamarack Mining Co. mit konischen Seil-
trommeln ausgeführt worden. Diese Konstruktion
würde theoretisch nicht nur eine vollkommenere
Ausgleichung der Seilgewichte, sondern auch
der Gewichte mit den Massen widerständen
ermöglichen; praktisch ist aus Konstruktions-
rücksichten nicht einmal das erstere vollständig
ausführbar. Im vorliegenden Falle ist zwischen
.He konischen Trommeln ein cylindrisches Stück
, eingeschaltet, welches von beiden Förderseilen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
71
abwechselnd benutzt wird. Das Belastungs-
diagramm . — Fig. 4 — lässt daher nur eine
(Srsammt 9t
Widtrttand kff
Seii^ervichi
$ooo\-
ViagTXunm.
Fördamaschine
TamanukMninif C?
TeiUi - noom
Fig. 4.
sehr unvollkommene Ausgleichung der Seil-
gewichte erkennen. Die höchste Gesamtenergie
beträgt 35CX) Pferdestärken gegen 1600 Pferde-
stärken Nutzenergie.
Die Gesamtenergie ist gemessen gedacht am
Trommelumfang; die Widerstände innerhalb der
Maschine — im Kurbeltriebwerk — sind also
noch nicht inbegriffen. Ebensowenig sind die
thermischen Energieverluste in den Belastungs-
diagrammen dargestellt, die bei Fördermaschinen
infolge der Förderpausen und infolge der Anlauf-
bedingungen sehr hohe Werte erreichen. Es
liegt nun nahe, die Frage aufzuwerfen, ob diese
Energieverluste vielleicht verringert werden
könnten durch Einfuhrung elektrischen Betriebs
von Fördermaschinen. Zunächst wird die
Energieübertragung hierdurch umständlicher :
die Dampfenergie kann nicht unmittelbar in die
Fördermaschine geleitet werden, sondern muss
zunächst in mechanische, dann in elektrische
Energie verwandelt werden, um schliesslich in
der Fördermaschine selbst wieder in mechanische
Energie umgesetzt zu werden. Alle diese Um-
wandlungen sind mit Energieverlusten verbunden.
Die thermischen Verluste lassen sich allerdings
auf einen kleinen Bruchteil der bisherigen ver-
mindern infolge der günstigen thermischen
Verhältnisse stetig laufender Dampfdynamo-
maschinen. Die zwischen Seiltrommel und
Gerippe fallenden Energieverluste lassen sich
hingegen nur dann vermindern, wenn es gelingt,
die im Belastungsdiagramm dargestellte negative
Arbeit in elektrische Energie umzusetzen. Diese
Aufgabe ist mit normalen Elektromotoren nicht
lösbar: sie setzt vielmehr einen Motor voraus,
der nicht im Ankerstromkreis, sondern aus-
schliesslich im Feldstromkreis geregelt wird.
Gleichzeitig müssen die Verluste im Anlasser
vermieden werden, die bei gewöhnlichen Elek-
tromotoren nicht zu umgehen sind. Nur unter
diesen Voraussetzungen hat der elektrische Be-
trieb von Fördermaschinen eine wirtschaftliche
Zukunft.
Ein zweites Beispiel ist gewählt aus dem
Personenverkehr zwischen den einzelnen Stock-
werken von Gebäuden. Je nach Art der letz-
teren wickelt sich dieser Verkehr in sehr ver-
schiedener Dichte ab. Als unterste Stufe können
die Aufzüge in Miethäusern angesehen werden,
die meist für eine Zugkraft entsprechend drei
Fahrgästen und für eine Hubgeschwindigkeit
von 0,5 Sekundenmetern gebaut werden. Einen
bedeutend dichteren Verkehr haben Gasthof-
aufzüge zu bewältigen, die durchschnittlich fünf
Fahrgäste mit i,oSekundenmetem Geschwindig-
keit fördern können. Noch weiter werden die
Anforderungen an Warenhausaufzüge gesteigert,
bei denen meist eine Zugkraft entsprechend
zehn Fahrgästen bei 1,5 Sekundenmetern ver-
langt wird. Der stärkste Vertikal verkehr tritt
bei Aufzügen für Untergrundbahn-Stationen auf,
die für eine Zugkraft von 50 bis lOO Fahrgästen
gebaut werden müssen bei einer Hubgeschwin-
digkeit bis zu 2,0 Sekundenmetern. Eine Stei-
gerung der Geschwindigkeit über diese Grenze
hinaus hat keine Berechtigung, solange die
Hubhöhe das übliche Mass von 20 bis 30 Metern
nicht überschreitet.
Als eine moderne Ausführung für sehr
dichten Vertikalverkehr mögen in folgendem
die im Jahre 1899 ausgeführten neuen Aufzüge
des Eiffelturms besprochen werden, die als Er-
satz für die zu wenig leistungsfähigen alten
Aufzüge aus dem Jahre 1 888 eingebaut wurden.
Die neuen Aufzüge sind konstruiert und aus-
geführt von der Compagnie de Fives-Lille und
verfügen über eine Zugkraft von 7CXX) kg ent-
sprechend 100 Fahrgästen bei 2,0 Sekunden-
metern Hubgeschwindigkeit. Sie fördern vom
Erdgeschoss in das II. Stockwerk mit Anhalten
im I. Stockwerk bei einer Hubhöhe von 50 plus
70 = 120 Metern. Die Fahrbahn ist geneigt
und zwar im unteren Teil stärker als im oberen ;
es war daher eine Rollenführung erforderlich
74
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4r
unter entsprechender Beschränkung der Ge-
schwindigkeit.
Die Unterbringung der Fahrgäste in ge-
schlossenen Fahrzellen fuhrt bei Aufzügen zu
beträchtlichen Werten der Totlast. Im vor-
liegenden Falle ist es durch Verwendung eines
St^lgerippes mit Aluminiumzellen gelungen,
das Totgewicht auf 9500 kg bei 7000 kg Nutz-
last herabzudrücken, während es bei den alten
Turmaufzügen 1 1 000 kg bei 30CK) kg Nutzlast
betrug. Zur Ausgleichung dieser grossen Tot-
lasten waren bei den alten Aufzügen Gegen-
gewichte angeordnet, die ebenso wie die Fahr-
rollen mit Rollenfuhrungen auf schiefer Bahn
liefen, aber nur halb so grossen Hub ausführten.
Für die neuen Aufzüge wurde ebenso wie für
die alten hydraulischer Betrieb gewählt, weil
für diese Betriebsart von Aufzügen die meisten
Erfahrungen vorlagen; im Gegensatz zu der
geringen Spannung von 1 2 Atm. der alten Aufzüge
mit Hochbehältern griff man für die neuen Auf-
züge zu der üblichen Hochspannung von 50 Atm.
mit Gewichtsakkumulatoren. Die Wahl hoher
Spannung ermöglichte die Vermeidung der in
den Turmführungen laufenden, für den Betrieb
sehr lästigen Gegengewichte. Die Totlasten
der Aufzüge sind ausgeglichen durch die Be-
lastungsgewichte von besonderen Akkumulatoren
mit 18 Atm. Pressung, in welche das aus den
Triebcylindern kommende Wasser überströmt.
Die Presspumpe hat nur den Druckunterschied
zwischen Niederdruck- und Hochdruck- Akku-
mulator = 50 — 18 = 32 Atm. — zu überwinden.
Zur Erzielung von Betriebssicherheit ist eine
selbstthätige Regelung der Geschwindigkeit in
der Weise ausgeführt, dass die leere Fahrzelle
mit derselben Geschwindigkeit steigt und sinkt,
wie die vollbelastete und eine weitere in der
Art, dass Anlauf und Endlauf nicht der Willkür
des Führers überlassen sind, sondern sich gesetz-
mässig vollziehen. Diese Regelungs Vorrichtungen
setzen den überschüssigen Teil der Energie bei
leerer Zelle durch Wasserdrosselung in Wärme
um. Da eine anderweitige Regelung der Trieb-
kraft und der Geschwindigkeit bei hydraulischem
Betrieb in einfacher Weise nicht möglich ist,
so entstehen naturgemäss beträchtliche Energie-
verluste jedesmal dann, wenn die Fahrzelle
nicht voll belastet ist. Das Belastungsdiagramm
— FJ&« 5 — lässt den Einfluss dieser Energie-
verluste im Vergleich zu den durch Reibungs-
und Gewichtswiderstände hervorgerufenen deut-
lich erkennen. Die nutzbare Energie bei Heben
der vollbelasteten Zelle beträgt rund 200 Pferde-
stärken, die Gesamtenergie rund 500 Pferde-
stärken.
Als drittes Beispiel ist* eine Hebemaschine
aus dem Hafenverkehr genommen. Der Um-
schlag vom Seesrhifif auf Eisenbahnwagen und
MSCÜSSürF
Fig. 5.
auf BinnenschiflT vollzieht sich in sehr verschie-
denartigen Formen, je nach Art des Umschlag-
gutes und der Umschlagrichtung. Einen Sonder-
fall bildet die Umladung von Kohlen. Für die
Entladung von Kohle aus Seeschiffen sind zwei
Arbeitsmethoden verwendbar: Kräne mit Selbst-
greifer und Becherwerke, letztere aber nur dann,
wenn Nusskohle entladen wird. Für den um-
gekehrten F*all — die Umladung von Kohle
aus Eisenbahnwagen in Seeschiffe — sind, wenn
nicht besondere örtliche Verhältnisse vorliegen,
dieselben Hebemaschinen verwendbar. Hier
kommt aber noch eine dritte Arbeitsmethode
hinzu, die hinsichtlich der Anlagekosten der
dazu erforderlichen Maschinenanlage die weit-
aus ungünstigste, hinsichtlich der Ersparnis an
Menschenkraft und hinsichtlich Leistungsfähig-
keit aber die weitaus günstigste Methode ist.
Sie besteht einfach darin, dass der zu ent-
ladende Eisenbahnwagen neben dem Seeschiff
bis über Deck desselben gehoben und dann
gekippt wird, so dass die Kohle durch die ge-
öffnete Stirnwand des Wagens in eine Schütt-
rinne gleiten kann, welche die Kohle durch die
Luken in den Schiffsraum fallen lässt..
Die Hebung des Eisenbahnwagens wäre
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
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Verluste
ünJIotor M. im Ththmerk.
<tSde
Kig. 6.
entbehrlich, wenn der Wasserstand von Ebbe
und Flut nicht verändert würde, wenn das
Schiff in beladenem und leerem Zustand glei-
chen Tiefgang hielte, und wenn alle Schiffe
gleiche Freibordhöhe hätten. Dieser Fall kommt
aber nur bei Beladung von Binnenschiffen vor,
dort genügt ein einfaches Kippwerk. Die Not-
wendigkeit einer vorherigen Hebung mit nach-
folgender Kippung macht naturgemäss die
Maschinenanlage wesentlicher verwickelter und
umfangreicher.
Für die Untersuchung der Energieverteilung
ist der in Rotterdam im Jahre 1901 aufgestellte
neue Kohlenkipper mit elektrischem Betrieb als
Beispiel zu Grunde gelegt, der vom Eisenwerk
(vorm. Nagel & Kaemp) A.-G. in Hamburg er-
baut worden ist. Die Nutzlast ist auf 1 5 Tonnen
bemessen, die Hubhöhe auf 1 2 Meter als Höchst-
wert und die Hubgeschwindigkeit auf 0,33 Se-
kundenmeter.
Bei dem Hubwerk treten ausser der Nutz-
last als Widerstände auf: das Eigengewicht des
Wagens, das Eigengewicht der Bühne und die
Reibung in den Führungen der Bühne und die
in den Seilrollen. Die Eigengewichte werden
ausgeglichen durch Gegengewichte, während
sich die Massenwiderstände der Totlasten und
der Gegengewichte summieren. Zur Verfolgung
des gesamten Weges, den die Energie von den
Eintrittsklemmen bis zur Nutzlast zurücklegt,
sind noch die Reibungswiderstände und die
Massenwiderstände des Windentriebwerkes und
die Verluste im Elektromotor und im Anlasser
in das Belastungsdiagramm eingetragen. Die
Verluste im Elektromotor selbst sind gering,
die Verluste im Anlasser dagegen beträchtlich;
zur Steigerung der letzteren trägt hauptsächlich
die Ankermasse bei, die den weitaus grössten
Teil des gesamten Massenwiderstandes hervor-
ruft. Ein weiterer Verlust im Anlasser entsteht
durch die Vorkontakte, die den Zweck haben,
den Spannungssprung beim Einschalten zu ver-
mindern; diese V^orkontakte haben zur Folge,
(lass die Bewegung der Maschine erst etwa
76
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
zwei Sekunden nach dem Einschalten erfolgt;
die gesamte in dieser Zeit durchgeführte elek-
trische Energie wird im Anlasser in Wärme
umgesetzt.
Aus dieser Beobachtung ist deutlich erkenn-
bar, dass die Verluste im Anlasser von elek-
trisch betriebenen Hebemaschinen beträchtlich
grösser sind, als sie zumeist geschätzt werden;
es wird daher elektrischer Betrieb von sehr
grossen Hebemaschinen -— Fördermaschine —
wirtschaftliche Erfolge nur dann haben, wenn
diese Anlassverluste vermieden werden.
Diese kleine Umschau zeigt, wieweit wir
noch bei manchen Maschinenbetrieben von dem
einen der darin gesteckten Ziele — Erhaltung
der nutzbaren Energie — entfernt sind, wie
viele und schwierige Aufgaben der Ingenieur
noch vor sich liegen sieht. Bei Inangriffnahme
solcher Angaben ist aber eines nicht zu ver-
gessen: nicht einseitige Lösung eines wissen-
schaftlichen Problems darf das Ziel des Tech-
nikers sein; denn die technische Wissenschaft
darf ebensowenig wie die medizinische um
ihrer selbst willen betrieben werden. Wie
letztere das Wohl des Kranken, so muss erstere
den wirtschaftlichen Erfolg, d. h. die Verbesse-
rung der menschlichen Daseinsbedingungen,
als Endziel vor Augen haben. In diesem Sinne
betrieben, ist die Ingenieurkunst wert, dass man
ihr die ganze Lebenskraft widmet, eingedenk
des Wortes:
„Wer immer strebend sich bemüht, den
können wir erlösen."
(Selbstrcferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 7, Oktober 1901.)
H. Geitel (Wolfenbüttel), Über die durch
atmosphärische Luft induzierte Radioaktivi-
tät.')
Die Erscheinungen, welche den Gegenstand
der folgenden Mitteilung bilden, sind von
Elster und mir bei Untersuchungen über
Elektrizitätszerstreuung in der Luft bemerkt
worden.'^) Man kann diesen altbekannten Vor-
gang, den allmählichen Elektrizitätsverlust eines
geladenen Körpers, der der Luft ausgesetzt
ist, wie wir glauben, in widerspruchsloser Weise
nur dadurch auffassen, dass man der natürlichen
Luft ein wahres — wenn auch sehr kleines —
Leitvermögen zuschreibt, d. h. einen gewissen
Gehalt an freien Elektronen, die sich, wenn
durch irgend welche Einflüsse entfernt, pro Zeit
und Volumeinheit in bestimmtem Masse regene-
rieren. Der normale Zustand der Luft wäre
1) Abteilung 2, 26. S«*ptcnibrr 1901.
2) Vergl. thmiber un«icrc \'«rüfTcnlliihiinj;tii in drr Phys.
Zeitschrift 2, 560 und 590. 1901.
demnach qualitativ derselben Art, wie man
ihn durch Bestrahlung durch Röntgen- oder
Becquerelstrahlen in ungleich stärker ausge-
prägter Weise hervorrufen kann. Da die Elek-
trizitätszerstreuung in grösseren begrenzten
Luftmengen von dem Augenblicke an, in dem
die Absperrung erfolgte, während mehrerer
Tage langsam einem maximalen Grenzwert zu-
strebte, und es nicht gelang, dieses Anwachsen
der Leitfähigkeit auf bekannte Ursachen, wie
die Abnahme des Staubgehaltes der Luft, in
ausreichender Weise zurückzufiihren, so stellte
sich der Verdacht ein, dass radioaktive Vor-
gänge irgend welcher Art im Spiele sein
könnten.
Eine Spur radioaktiver Substanz in dem
geschlossenen Räume hätte nämlich gerade in
der beobachteten Art wirken müssen und zwar
infolge der von E. Rutherford, Curie und
Debierne sowie Dorn untersuchten soge-
nannten induzierten Strahlung. Zunächst wird
die Luft durch Kontakt mit der Substanz
selbst radioaktiv und überträgt dann diese
Eigenschaft auf die Wände des Raumes bis
ein Grenzwert der Strahlung und daher auch
der Leitfähigkeit der Luft erreicht wird. So
fanden z. B. die Curies, dass in ihrem Labo-
ratorium, in dem die Radiumpräparate herge-
stellt und aufbewahrt werden, die Luft inner-
halb jedes geschlossenen Gefässes eine weit
höhere Leitfähigkeit erhält, als die von selbst
sich erneuernde Luft des Zimmers.
Ob der Prozess der Erhöhung des Leitver-
mögens der Luft wirklich in der geschilderten
Weise verläuft, ist allerdings bei der noch
mangelhaften Kenntnis der radioaktiven Vor-
gänge keineswegs sicher.
Natürlich hatten wir Uran oder Radiumprä-
parate bei unseren Versuchen peinlichst fern-
gehalten, von den bekannten aktiven Sub-
stanzen konnte allein das Thorium in Frage
kommen, das bei der allgemeinen Verbreitung
des Auerschen Glühlichtes vielleicht in der
Gestalt von minimalen Spuren Thorerdestaub
in den Versuchsraum hineingelangt sein konnte.
So unwahrscheinlich die Annahme auch war,
so schwierig erschien ihre Widerlegung, da
mechanische und chemische Reinigungsmittel
sicher nicht für ausreichend erachtet werden
konnten. Die Entscheidung war auf ganz un-
abhängigem Wege herbeizufuhren.
Wenn Luft allein dadurch, dass sie abge-
schlossen von der Atmosphäre sich selbst
überlassen bleibt, auch ohne Gegenwart der
bekannten radioaktiven Stoffe ihr Leitvermögen
bis zu einem Maximalwerte allmählich steigert,
so muss dieser in den fast gar nicht ventilierten
Räumen unterirdischer Höhlen längst erreicht
sein Bei einem Besuche der Baumannshöhle im
Harze im April d. J. konnten wir in der That
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrg^g. No. 4.
77
die ganz abnorme Leitfähigkeit der Höhleiiluft
feststellen, die etwa das Zehnfache der normalen
betrug. Spätere Messungen in Kellerräumen,
die lange Zeit nicht gelüftet waren, sowie in
anderen natürlichen Höhlen haben diese Er-
fahrung durchaus bestätigt.
War hiermit erwiesen, dass stagnierende
staubfreie Luftmassen von selbst eine erhöhte
Produktivität an Ionen annehmen, so ergab
sich als nächstliegender Gedanke der oben ge-
nannte, dass eine gewisse, bisher unbekannte
Radioaktivität entweder in der Luft selbst oder
den einschliessenden Wänden vorhanden sein
könnte. Da es nicht angeht, ein Gas ohne
Anwendung eines Gefässes zu begrenzen, so
lässt sich der Sitz der Radioaktivität nur in-
direkt bestimmen. Versuche an kleinen unter
einer Glasglocke abgeschlossenen Luftmengen,
in die fremde, nicht zu den bekannten aktiven
zählende Substanzen eingebracht wurden, haben
einen unzweideutigen Einfluss ihrer Gegen-
wart auf den Grenzwert des Leitvermögens
nicht erkennen lassen. Beobachtungen in
Kellern, deren Wände aus verschiedenartigem
Gestein (Kalk oder Grauwacke) bestanden, er-
gaben das übereinstimmende Resultat, dass die
Zerstreuung in der Kellerluft stets grösser als
in der äusseren ist, eine quantitative Überein-
stimmung fand nicht statt und ist auch nicht
zu erwarten, da es neben der Grösse des
Raumes vor allem auf das Femhalten der
Aussenluft ankommt, und hierbei natürlich die
Beschaffenheit des Gebäudes den Ausschlag
giebt. Ohne den Wert dieser noch unzuläng-
lichen Erfahrungen zu überschätzen, durfte man
doch den Schluss ziehen, dass, wenn eine Art
von Radioaktivität bei der in Rede stehenden
Erscheinung beteiligt sein sollte, sie mit einiger
Wahrscheinlichkeit der Luft selbst zuzuschreiben
wäre.
Gesetzt nun, diese Annahme träfe zu, so
müsste die natürliche Luft, gleich der durch
Radium oder Thorium künstlich aktivierten, be-
liebigen Substanzen durch blosse Berührung
eine induzierte Strahlung mitteilen. Bei dem
gewaltigen Abstände zwischen der natürlichen
Leitfähigkeit der Luft und der durch die ge-
nannten Stoffe künstlich gesteigerten wäre von
vornherein nur eine unmessbar kleine Wirkung
zu erwarten gewesen, wenn es nicht ein Mittel
j*äbe, dass wir Rutherford verdanken und
welches eine bedeutende Vergrösserung der
induzierten Aktivität herbeifiihrt. Dies besteht
darin, dass man den Körper, den man der Ra-
dium- oder Thoriumluft aussetzt, dabei auf ne-
gativem Potentialniveau erhält. Indem jetzt die
positiven Elektronen gegen seine Oberfläche
heranfliegen, lassen sie auf dieser eine Schicht
von gesteigerter Radioaktivität zurück, die sich
durch ihre Eigenschaft, die Luft leitend zu
machen und durch ihre photographischen
Wirkungen zu erkennen giebt; sie verschwindet
nach einiger Zeit von selbst. Wir wendeten
diese Methode auf die freie atmosphärische Luft
an. Bei den ersten Versuchen wurde ein
weiter Cylinder aus engmaschigem Messing-
drahtnetz, der sich bequem über den von uns
konstruierten Zerstreuungsapparat setzen Hess,
vom Giebel des Hauses an einem isolierenden
Haken ins Freie hinausgehängt und mehrere
Stunden lang mittels einer Akkumulatoren-
batterie auf etwa — 4CK) Volt geladen gehalten.
Wurde er dann hereingeholt und unter einer
geräumigen Glasglocke über den Zerstreuungs-
apparat gesetzt, so zeigte dieser in der That
eine kleine Zunahme der Leitfähigkeit der Luft
(um etwa '/4 des Gesamtbetrages) an, die bei
vorhergegangener positiver Ladung des Cylin-
ders ausblieb. Das Ergebnis ermutigte zu
weiteren Untersuchungen. Wir ersetzten die
Akkumulatorenbatterie durch eine mit der
Wasserleitung zu betreibende Wasserinfluenz-
maschine, die eine Funkenschlagweite von
I — 2 mm gab. So erzielten wir bei dreistün-
diger Exposition des Cylinders mit negativer
Ladung eine Zunahme der Leitfähigkeit der
Luft unter der Glasglocke bis auf das Sechs-
fache. Die Erscheinung erwies sich als im
wesentlichen von der Natur des geladenen
Körpers unabhängig, wir haben sie mit Drähten
aus Kupfer, Messing, verzinktem Eisen, mit
Magnesiumband, Kupferblech, Papier, Leinwand,
Hanfschnüren und Pflanzenblättern gleichmässig
erhalten. Ebenso wie Rutherford bei der
durch Thorium induzierten Strahlung fand, bleibt
auch hier die Aktivität einige Stunden bestehen.
Durch Erhitzen des aktivierten Metalles un-
mittelbar nach der Exposition lässt sie sich
merkwürdigerweise, aber ebenfalls in Über-
einstimmung mit Rutherfords Erfahrung, nicht
vernichten, dagegen kann man von Kupfer-
drähten die wirksame Oberflächenschicht mit
Watte oder Leder abreiben, die mit Salzsäure
oder Ammoniakflüssigkeit befeuchtet sind. Das
Putzmaterial wird dann selbst aktiv, es erträgt
— abgesehen von der Abnahme der Wirkung
in der Zeit — eine Erhitzung bis zur Ver-
flüchtigung des überschüssigen Ammoniaks
und der Säure, ja sogar eine völlige Verkohlung.
Hierdurch wird es möglich, die aktive Substanz
auf kleinem Räume zu konzentrieren und auf
ihre photographische Wirksamkeit zu prüfen.
Um eine genügende Menge zu sammeln,
spannten wir im Freien an isolierenden Haken
etwa 30 m Kupferdraht aus, der durch die
Wasserinfluenzmaschine — oder einen kleinen
Rhumkorfi", unter Einschaltung einer Funken-
strecke — dauernd negativ geladen blieb.
Alle 5 Stunden wurde der Draht mit einem
Stück Leder abgerieben, das mit Ammoniak
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No, 4.
benetzt war. Hierauf wurde das Leder zur
Vertreibung des Ammoniaks scharf erhitzt und
wie ein Uranpräparat zur Herstellung von photo-
graphischen Bildern von Blei- oder Kupfer-
schablonen durch Aluminiumblech oder Folie
hindurch verwendet. Da nach etwa 5 Stunden
die Aktivität der abgeriebenen Substanz fast
erloschen ist, so wurde ein neu präpariertes
Leder aufgelegt und das Verfahren etwa fünf-
mal wiederholt. Auf diese Weise lassen sich
photograpbische Bilder herstellen, die sich in
nichts von den mittels Uranpräparaten er-
haltenen unterscheiden. (An einem etwa 60 m
langen Kupferdrahte, der einige Stunden durch
einen kleinen RhumkorfT auf dem Dache des
Gebäudes des Staatslaboratoriums negativ ge-
laden gewesen war, wurde die induzierte Akti-
vität mittels des Zerstreuung.sap parates demon-
striert, ferner wurden Photographien vorgeführt,
die auf die soeben beschriebene Weise erhalten
waren. Siehe Fig. 1 und 2.)
Es war vorauszusehen, dass in Kellerräumen
bei der hohen Leitfähigkeit der abgeschlossenen
Luft auch die Aktivierung negativ geladener
Drahte besonders kräftig ausfallen würde. Die
Erwartung hat sich bestätigt. Als wir einen
Kupferdraht von etwa 40 m Länge eine Zeit
von 8 Stunden lang in den weiten Kellerräumen
des Landesarchives in Wolfenbüttel, die mehrere
Monate geschlossen gehalten waren, mittels
eines kleinen Induktoriums negativ geladen
hatten, war die von ihm abgeriebene Substanz
so stark aktiv, dass der benutzte Lederlappen
nach Verjagung des Ammoniaks anfangs eine
Phosphoreszenz am Baryumplatincyanürschimi
gab, die dem völlig ausgeruhten Auge direkt
wahrnehmbar war. Es kann hiemach wohl
kein Zweifel daran bestehen, dass die ver-
schiedenartigen mit negativer Ladung der Luft
ausgesetzten Substanzen eine wahre induzierte
Radioaktivität annahmen. Da die Erdober-
fläche , abgesehen von kurzen Zeiträumen,
während des Falles von Niederschlägen meist
negativ geladen ist und diese normale Erd-
elektrizität sich in besonders grosser Dichtig-
keit auf allen leitenden Hervorragungen an-
sammelt, so werden diese allein durch Kontakt
mit der Luft eine gewisse Radioaktivität an-
nehmen und dauernd behalten müssen, so
lange sie an ihrem Platze bleiben. Wir konnten
rig. 1. AklWe Subslanz von einei
Kupftrdiahle .ihgeriebeii, tiitifmal e
mit uiitcrj;cli;[;terilrcibcher .Miimiiii«
■ .ibj;erieben, siebenmal (
1 Keller eipoiiierten
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Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 4.
79
diese, allein durch die natürliche Erdelektri-
zität bewirkte Aktivierung leicht an dem Ende
einer Drachenschnur nachweisen, die mehrere
Stunden lang in die Luft emporgetragen war.
Dieser Versuch ist insofern von Bedeutung,
als er die aktivierende Wirkung der Luft in
einiger Höhe über der Erdoberfläche und fern
von der Nachbarschaft anderer Körper zeigt.
Bemerkenswerterweise ist die beschriebene
Erscheinung bis jetzt nur als eine Nachwirkung
der Zerstreuung der negativen Elektrizität er-
halten worden, sie kann, wie es scheint, nicht
durch andere Entladungsformen, wie etwa
durch positive Büschel, die eine Kathode
treffen, an dieser hervorgerufen werden.
Ferner erfordert sie grosse Luftvolumina
von mindestens einigen Kubikmetern. In
kleineren Räumen wird sie undeutlich und ver-
schwindet schliesslich ganz. Der Grund liegt
wohl darin, dass die Aktivierung schon während
der Dauer der Exposition zu verschwinden
beginnt, so dass ein merkliches Endresultat nur
dann erwartet werden kann, wenn die den
exponierten Körper in der Zeiteinheit treffende
Zahl von positiven Elektronen — die mit der
Grösse des Luftvolumens wächst — mehr als
ausreichend ist, um jenen Verlust zu decken.
Überblicken wir noch einmal die Schlüsse,
die sich aus der Art, wie die Aktivität
zu Stande kommt, auf ihre Herkunft ziehen
lassen.
Es liegen nach dem jetzigen Stande unserer
Erfahrungen über Radioaktivität drei Möglich-
keiten vor: Es könnten i. die exponierten
Substanzen selbst, 2. solche, die sich in ihrer
Nähe befanden, 3. die umgebende Luft ursprüng-
lich radioaktive Eigenschaften haben. Was die
erste Möglichkeit anlangt, so ist sie zwar, wie be-
reits bemerkt wurde, schon wegen der denk-
baren Infektion durch Thorerde für die Drähte
und sonstigen künstlichen Produkte nicht abso-
lut zu verneinen; bei den Pflanzenblättern, die im
Freien, wo sie gewachsen waren, auch sofort
exponiert wurden, kann eine Verunreinigung
durch Thorerdestaub wohl ernstlich nicht in Be-
tracht gezogen werden. Allerdings mussten auch
diese während der Exposition an Metalldrähten
au%ehängt werden. Da ferner alle dem Versuche
unterworfenen Substanzen, gleichgültig welcher
Art, aktiv werden, so müsste für alle unterschieds-
los eine gewisse ursprüngliche Radioaktivität an-
genommen werden, die an sich nicht direkt wahr-
nehmbar wäre, sondern sich erst durch die von
ihr abgeleitete induzierte Strahlung verriete. Es
wäre dann aber nicht verständlich, wie die
Grösse des verfügbaren Luftraumes von so
bedeutendem Einflüsse sein kann und warum
die Aktivienmg am besten in der Kellerluft
gelingt.
Ebenso ist auch die zweite Möglichkeit,
die Aktivierung durch benachbarte Substanzen,
schon in Rücksicht auf den Versuch mit der
Drachenschnur unhaltbar, es müsste denn sein,
dass man den ganzen Erdkörper als Quelle
der Strahlen betrachten wollte. Abgesehen
von diesem vorderhand noch fernliegenden Ge-
danken, der indess eine weitere Verfolgung ver-
dient, bleibt daher als die vorläufig wahrschein-
lichste Annahme die einer gewissen der Luft
selbst eigentümlichen Radioaktivität, die übri-
gens aufs beste mit ihrer Eigenschaft über-
einstimmt, ihren lonengehalt von selbst zu
regenerieren. Sehr erwünscht wäre eine
Wiederholung dieser Versuche unter ver-
schiedenen atmosphärischen Bedingungen , es
scheint die induzierte Radioaktivität auch in
der Art mit der Elektrizitätszerstreuung eng
verbunden zu sein, dass sie wie diese durch
Nebel und Rauch stark beeinträchtigt wird.
Leider ist es ein allerdings in der Natur
der Sache gelegener Übelstand, dass diese
Untersuchungen grosse Räume erfordern. Aus
diesem Grunde werden Versuche mit anderen
chemisch reinen Gasen nicht geringen Schwierig-
keiten begegnen, während sie andererseits das
geeignetste Mittel zur Entscheidung der Frage
sein würden, ob die aktivierende Wirkung
allein der atmosphärischen Luft zukommt.
( Selbstreferat des Vortragenden.)
Diskussion.
Neesen (Berlin): Ich will nur fragen, ob ein
Metall, nachdem ihm seine radioaktive Eigen-
schaft genommen ist, dieses Metall doch wieder
in den wirksamen Zustand versetzt werden kann.
Damit würde aber gesagt sein, dass diese Ver-
unreinigung nicht von einer vorherigen Ver-
unreinigung durch Thor kommen könnte.
G eitel: Ich fasse die Frage so auf, ob ein
Metall, wenn die induzierte radioaktive Schicht
abgerieben ist, wieder radioaktiv werden kann.
Dies ist in der That der P'all, daher kann die
Aktivierung schwerlich von oberflächlich an-
haftender Thorerde herrühren.
(Eingegangen 8. Oktober 190 1.)
R. Wachsmuth (Rostock^ Die innere Wärmc-
leitung in Flüssigkeiten.
Es wird eine neue Bestimmungsmethode an-
gegeben, welche gestattet, gleichzeitig die elek-
trische Leitfähigkeit zu messen.
Wird der Zustand der Wärmeströmung
stationär, so fliesst zwischen zwei parallelen
Kupferplatten durch eine zu untersuchende
Flüssigkeitslamelle ein konstanter Wärmestrom
von JJ'/ Kalorien. Ist der Querschnitt ^/, die
Dicke der Lamelle d und die Temperatur an
8o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. 'No. 4.
den Grenzen t\ resp. ti^ so ergiebt sich der
Koeffizient k der inneren Wärmeleitung als:
A' =
/, — /2 q
Nimmt man für die Erwärmung der oberen
Kupferplatte einen Strom von warmem Wasser
und stellt die untere Platte auf einen Eisklotz
(vgl. Figur), so wird der Wärmestrom einen
Teil des Eises zum Schmelzen bringen. Fängt
man also das Schmelzwasser in einem Mess-
cylinder auf und beobachtet von Minute zu
Minute, zählt die bei freiem Schmelzen ab-
laufende Menge ab, so hat man als Differenz
das Äquivalent für den Wärmestrom.
Thermo
ülftnent
Thermo
Element
lüa
(Ulli; r
Das Plattensystem wird au%ehängt, um den
Überdruck auf das Eis zu kompensieren.
Durch je einen Draht der zur Temperatur-
messung angebrachten Thermoelemente erfolgt
gleichzeitig die Widerstandsbestimmung.
(Eingegangen 27. September 1901.)
Vorlesungsverzeichnis (lir das Winter-
semester 1901/02.
Akademie zu Münster i/W.
Nachzutragen:
M. Reinganum: Elektrische Wellen, i; Gnind/iij^e der
kinetischen Theorie der Gase, i.
Universität Erlangen.
Nachzutragen :
A. Wehnelt: Über optische Messmethoden und Mess-
instrumente, I.
An die Redaktion der Physikalischen Zeitschrift.
Pavillon de Hreteuil, Sevres le 29. Oktober 1901.
In dem ursprünglichen Texte des Vortrages „Über das
Leben der Materie", von dem Sie eine so vortreffliche Über-
setzung in Ihrer Zeitschrift gebracht haben, habe ich bedauer-
licherweise bei Gelegenheit der Elektrolyse des Glases den
\amcn von Prof. Warburg vergessen. Ich hatte das schon
bemerkt und mich beeilt, das Versehen in einem Widerdruck,
der in dem Bulletin de la Socicte astronomi^iue de Erance,
November 1900 erschienen ist, wieder gut zu machen. Ich
bedauere das Versehen des Originaltextes umsomehr, als dieser
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Si
Druck von August
schöne und gerade/u klassische Versuch in den letzten Jahren
oft erwähnt worden ist, ohne dass sein Autor genannt wurde,
und weil sich geradezu eine Legende gebildet zu haben scheint,
die ihn anderen Physikern zuschreibt.
Das so interessante, von Herrn Warburg im Jahre 1884
ethaltene Resultat scheint damals nicht die Beachtung gefun-
den zu haben, welche es verdient hätte. Zu jener Zeit war
die Anschauung des kontinuierlichen Überganges zwischen
dem flüssigen und dem festen Zustande noch keineswegs all-
gemein verbreitet; aber sie hat seitdem an Boden gewonnen
und es ist Mcher, dass der Nachweis der Elektrolyse des
Ghses mit den damit zusammenhängenden Erscheinungen viel
dazu beigetragen hat, diese Anschauung auszugestalten und
auszubreiten.
Ich würde mich sehr freuen, wenn das V^ ersehen, wel-
ches mir, entgegen meiner Absicht, untergelaufen ist, dazu bei-
tragen konnte, den Ursprung dieses schönen V^ersuchs durch
eine nachträgliche Berichtigung ins Gedächtnis zurückzurufen.
Ch. Ed. Guillaume.
(.\us dem Eranzösischen übersetzt von H. Th. Simon.)
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgeno8sen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung xu machen.)
Vor kurzem starb in St. Petersburg der Professor der
Chemie und Biologie Dr. Marcel Nencki von der Univer-
sität Bern, 54 Jahre alt.
An der Universität Gent wurde der Privatdozent der Ma-
thematik Fagnart zum ausserordentlichen Professor ernannt.
An der Akademie zu Münster i./W. hat sich Dr. M. Rein-
ganum aus Frankfurt a.'M. für Physik habilitiert
An der Technischen Hochschule in Stuttgart ist ein neuer
Lehrstuhl für Elektrotechnik errichtet worden, der dem In-
genieur Emil Veesenmeyer in Berlin übertragen worden
ist. Der bisherige Professor Oberbaurat Dr. W. Dietrich
liest über elektrische Beleuchtung, elektrotechnische Mess-
kunde II und hä}^ das elektrotechnische Laboratorium ab;
der neue Professor E. Veesenmever liest über Elektro-
technik, Gleichstromerzeuger im Wechsel mit Wechsclstrom-
erzeuger und Umformer, elektrische Arbeitsübertragung im
Wechsel mit elektrischen Bahnen.
Der Privatdozent der Mathematik Dr. G. Kowalewski
in Leipzig wurde als ausserordentlicher Professor nach Greifs-
wald berufen.
Am 26. Oktober 1901 verstarb der ausserordentliche Pro-
fessor an der Berliner Universität, der Physiker Arthur
König.
Der jetzt in Potsdam lebende ordentliche Professor der
Astronomie an der Universität Breslau und frühere — bis 1897
— Direktor der dortigen Sternwarte, Cieh. Keg.-Rat Dr. Gott-
fried Galle, der Aufrtnder des Planeten Neptun, hat sein
fünfzigjähriges Jubiläum als Breslauer Universitätsprofessor ge-
feiert. Der Gelehrte steht im 90. Lebensjahre.
Der Assistent an der agrikultur-chemischen Versuchs-
station in Marburg Dr. Karl Schulze wurde zum Lehrer
fUr Naturwissenschaften an der Wein- und Obstbauschule in
(>ppenheim ernannt.
Ingenieur Josef Virag, der Erfinder des Viragschen
Schnelltelegraphen, ist, erst 3a Jahre alt, in Ofen-Pest im
grössten Elend gestorben.
Berichtigungen.
In der Arbeit des Herrn C Shedd, Über die Formen
der von dem Michelsonschen Interferometer gelieferten
Kurven 3, 47, 1901, sind wegen Ausbleibens einer Korrektur
einige Druckfehler stehen geblieben:
Seite 47, Spalte 1, Zeile 2 v. u. ist statt „5"* 5 zu setzen.
Seite 48, Sj^alte I, Formel 5) muss es im zweiten Gliede der
rechten Seite statt ,,<^'' f^(f heissen; Formel 6) und in der
folgenden /eile statt ,,/" A. Ebenso ist in Formel 13 und
der dnrauffolgciKlcn. sowie in Formel iS und der darauf-
folgenden ,,/" »lurch A 7\\ ersetzen.
mon in Oöltingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Pries in Leipzig.
V
Physikalische Zeitschrif
N0.5.
I. Dezember 1901.
Redaktionsschluss (lir No. 6 am 5. Dezember 1901.
3. Jahrgan
OrifiMünitteilungeii :
H. T. Barnes, Das spezifische Ge-
wicht des Eises. S. 81.
W. B. von Czadnochowski, Durch
Kathodenstrahlen erzeugte Farben-
ringe an Krystallplatten. 11. S. 82.
A. Schmauss, Über die Phosphores-
zenz unter dem Einflüsse von Katho-
denstrahlen und von ultraviolettem
Lichte. S. 85.
St. Meyer, Magnetisierungszahlen
seltener Erden. S. 87.
J. Stark, Das Gesetz des Kathoden-
falls. S. 88.
INHALT.
Vortrftqe und Diskussionen von der
73. Naturforscherversammiung zu
Hamburg:
P. Stäckel, Bericht über die Ent-
wicklung des Untenichtsbetriebes in
der angewandten Mathematik an den
deutschen Universitäten. S. 92.
O. Lummer und E. Pringsheim,
Temperaturbestimmung mit Hilfe der
Strahlungsgesetze. S. 97.
Besprechungen:
W. Üstwald, Die wissenschaftlichen
Grundlagen der analytischen Chemie,
elementar dargestellt. 3. Aufl. S. loi.
E. Jordis, Die Elektrolyse wässri
Metallsalzlösuigen. S. loi.
K. Elbs, Die Akkumulatoren. 3. Au
S. loi.
Kr. Birkeland, Norwegische Expe-
dition von 1899— lyoo zur Eifor-
schung des Nordlichtes. S. 101.
W. Martin und W. H. Rockwell,
Chemistry and Physics. S. 103.
Eingegangeae Schriften. S. 103.
Briefliasten. S. 104.
Tagesereignisse. S. 104.
Personalien. S. 104.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Das speziBsche Gewicht des Eises J)
Von H. T. Barnes.
Bei Nichols*^) äusserst sorgfältigen Bestim-
mungen des spezifischen Gewichtes des Eises
wurde eine Differenz von zwei Tausendstel zwi-
schen den spezifischen Gewichten von altem und
neuem Eis beobachtet. Flusseis, welches ge-
brochen und ein Jahr lang aufbewahrt worden war,
wurde weniger dicht befunden als frischgebro-
chenes Eis und fast gleich dicht wie reines, künst-
lich erzeugtes Eis. Die Dichte scheint Verände-
rungen zu unterliegen, welche von der Art der
Bildung abhängen, und in Übereinstimmung mit
Nichols' Messungen scheint die Geschwindigkeit
der Bildung, wenigstens temporär, den Grad der
Dichte zu bestimmen. Die vielen und mannig-
faltigen Erscheinungen, die mit der Bildung
von Flusseis im kanadischen Klima, zu Montreal,
verbunden sind, machen Untersuchungen, wie
vorliegende, von vielseitigem Interesse.
In Beziehung auf den Einfluss des Alters auf
das spezifische Gewicht reinen Flusseises stellte
der Verfasser einige Versuche an mit Stücken frisch
während der Versuchegebildetausdem St. Lorenz-
strom und Stücken, welche zwei resp. ein
Jahr firüher gebrochen, sorgfältig während der
Sommermonate aufbewahrt worden waren.
Die zur Bestimmung des spezifischen Ge-
wichtes angewendete Methode war das Wägen in
Wasser von o"C. Ein kupfernes Gefäss mit
einem Deckel und engem Halse wurde herge-
stellt, so dass in ihm ein Stück Eis von 200
bis 300 g Gewicht frei aufgehängt werden
konnte. Dieses Eis wurde in einer dreizackigen,
abgewogenen Gabel gehalten, welche mittels
eines leichten Kupferdrahtes, der durch den
engen Getässhals hindurchging, an dem einen
Arm einer empfindlichen Oertlingschen
i) Ausföhrlich in Phys. Review, 13, 55, 1901.
2) Phys. Review, 8, 21, 1899.
Wage aufgehängt war. Dieses Gefäss tauchte
in einen grösseren Kessel und war von einer
Mischung von Schnee und Wasser umgeben.
Nachdem das Gewicht eines Stückes Eis, welches
so in einer Atmosphäre von O^ C. aufgehängt
war, erhalten war, wurde ein Hahnenverschluss
am Boden des Gefässes geöffnet, und das
Wasser in direkter Berührung mit Schnee floss
hinein und füllte dasselbe vollständig. Dann
wurde der Gewichtsverlust bestimmt. Grosse
Sorgfalt wurde darauf verwendet, zum Gebrauch
für die Mischung reines Flusswasser und völlig
sauberen Schnee zu haben. Die Eisstücke für
die Versuche wurden ausserhalb des Labora-
toriums in einer Atmosphäre, die nur wenig
von o^ C. abwich, aus den Blöcken geschnitten
und wurden sauber und trocken gewischt mit
Filtrierpapier und einem sauberen Leinenlappen.
Die folgende Tabelle giebt die Resultate
der Versuche nach dieser Methode bei den
verschiedenen Stücken.
Spezifisches Gewicht von Eis durch Abwiegen in
Wasser von o"C.
Entstehungsjahr. spez. (Jew. Abweichen v. Mittel.
Datum. E
ntstehung
[ärz 9
I9OI
» 9
I9OI
., 9
1900
„ 16
1900
„ 16
1899
„ 16
1899
n 23
1900
0,00023
0,00004
0,00000
0,00019
0,00011
0,00013
0,00017
0,91684
0,9 1 665
0,91661
0,91642
0,91650
0,9 1 648
0,91678
Mittel = 0,9 166 II + 0,000065.
Zum Beweise für die Genauigkeit dieser
Methode wurden am 16. März zwei Bestim-
mungen mit demselben Eisstück f 899er Eis)
gemacht, indem man dasselbe nach dem ersten
Versuch herausholte, es trocken rieb und wieder
in das Gefäss zurückbrachte. Ein grundsätz-
licher Unterschied zwischen altem und neuem
Eis konnte nicht entdeckt werden, die kleinen
Abweichungen sind wahrscheinlich kleinen Un-
82
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
gleichheiten in der Struktur der angewandten
Stücke zuzuschreiben.
Es ist klar, dass, übereinstimmend mit vor-
liegenden Messungen, das spezifische Gewicht
von altem und neuem Flusseis das gleiche ist und
gleich 0,91661 +0,00007 gesetzt werden kann,
welches bis auf zwei Zehntausendstel mit den
Messungen Nichols' an nicht kürzlich gebro-
chenem Eise übereinstimmt, welche 0,91644
gaben, und in gleicher Genauigkeit mit den
Bestimmungen Bunsens.
Mc. Gill Universität.
(Eingegangen i. Oktober 1901.)
^.
Durch Kathodcnstrahlcn erzeugte Farbenringe
an Krystallplatten.
Zweite Mitteilung.
Von W. Biegon von Czudnochowski.
Seit meiner früheren Mitteilung*) über die
an Platten von Flussspat und Steinsalz in-
folge Einwirkung von Kathodenstrahlen auf-
tretenden eigentümlichen Farbenerscheinungen
ist es mir leider nicht möglich gewesen, weitere
Versuche mit dem eigens dazu beschafften
Materiale in dem gewünschten Umfange anzu-
stellen, weshalb ich nachstehend nur einige
weitere Beobachtungen an Flussspatplatten mit-
teilen will.
Der Verlauf der Erscheinung, wie ich ihn
nach Beobachtungen an dem Crookesschen
Apparat Fig. i der vorigen Mitteilung in Fig. 3
bis 8 derselben schematisch dargestellt hatte, ist
aus nachstehender, eine Zusammenstellung der
zu verschiedenen Zeiten beobachteten Farben-
folgen enthaltenden Tabelle I deutlicher zu er-
kennen.
Tabelle I.
Stück farblosen Flussspates im Cr 00k es- Apparat.
A.
B.
C.
~:^ — -
' ~ ~ ~ '
—
a
TS
silbergrau
gelblich
orange
bräunlich
grau
gelb
orange
braungelb
grau
1 hellbraun
1
0
•
bläulich
violett
hellblau
dunkelblau
rosa
C
S
c
1
gelb
rot
hellgelb
naoosgrün
hellrot
1
. dunkelrot
0
•
1
1
violett
' hellviolett
' dunkelblau
dunkel violett
i) Diese Zeitschrift 2, 65-66, ige». — Heiblätter 62, 78,
1901. ,
Zu weiteren Versuchen bediente ich mich
statt des in Fig. 2 der vorigen Mitteilung dar-
gestellten Apparates {A) eines neuen Doppel-
apparates {B)y der in vorstehender Fig. i in
zwei Ansichten in '/ü n. Gr. gezeichnet ist. ') Der
Apparat ist vollkommen symmetrisch; die Ka-
thoden — eine eben, eine konkav^) — haben
gleichen Durchmesser und gleichen Abstand
von den gegenüber befindlichen Glastischen,
welche oben eben und mattgeschliffen sind und
zur Aufnahme der am besten mit Gips zu be-
festigenden Versuchsobjekte dienen.
Zum Auspumpen diente die gleiche Queck-
silberluftpumpe wie bei den früheren Versuchen.
Als Elektrizitätsquelle wurde ein kleines Induk-
torium mit Platinunterbrecher von nur 23 mm
Schlagweite ^) zwischen Spitze und Platte be-
nutzt, gespeist von Akkumulatoren Type O von
W. A. Boese, Berlin, unter Verwendung eines
achtstufigen Vorschaltwiderstandes und eines
Amperemeters der A. E.-G. Berlin.
Das Versuchsmaterial bestand in zwei ganz
gleichartigen, klaren, farblosen Flussspatplatten
von 15x15x3 mm^), welche in der ange-
gebenen Weise auf dem Tischchen befestigt
waren.
Die Versuche wurden in der Weise ange-
stellt, dass, nachdem jede Platte bei konstantem
Vakuum und konstantem Primärstrom eine be-
stimmte Zeit den Kathodenstrahlen ausgesetzt
war, die Pumpe abgesperrt, der Apparat ab-
genommen und nach Herausnahme des Tisch-
chens mit den Platten bei Tageslicht die Farben
bestimmt wurden, worauf nach Wiedereinsetzen
der Stopfen in ihre vorherige — markierte —
Stellung und Wiederanfiigen des Apparates an
die Pumpe von neuem bis zum vorherigen
Vakuum ausgepumpt wurde. Dieses Verfahren
wurde nach Bedarf wiederholt.
Hierbei lässt sich nun der Veriäuf der Er-
i) Der Apparat wird angefertigt ron Max StnM,
Berlin NW., Philippstrasse 22.
2) Krümmungsradius etwa 35 mm.
3^ Von Siemens und Halske A.-G.
4) Bezogen von C. A. Niendorf, Berhau-Berlin.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
83
scheinung genau verfolgen. Man sieht deutlich
die Färbung sich von der Mitte nach dem
Rande zu allmählich ausbreiten, wobei eine be-
stimmte Farbenfolge: gelb — rot — blau, welche
ich als Ordnung bezeichnen will, sich immer von
neuem aus der Mitte entwickelt und jede neue
die vorher erschienenen Ordnungen nach aussen
drängt. Der Vorgang entspricht vollkommen
der vom Entdecker selbst gegebenen Beschrei-
bung des Entstehens der sog. Priestleyschen
Ringe.') Die Beobachtungen für die beiden
Flussspatplatten (i und 2) sind in genau der
gleichen Weise wie die der Tabelle I in nach-
stehenden Tabellen II und III zusammengestellt.
FfiMe» N^.
Tabelle IL
i
f, ^äiblös«r Flttssspat. Hohlkathode.
lNac3i:3oMiD. ! 50 Min. ' 90 Min. 1 130 Min.
a
e
o
silberweiss
blassgelb
dnnkelgelb
orange
TOt
violett
dunkelblau
hellblau
gelblich
rosa
dunkel rot
dunkelblau
hellblau
wasserblau
: hellbraun
I rot
, violett
! dunkelblau
hellblau
I wasserblau
gelblich
I
^1 orange
c
bräunlich
hellgelblich j grünlich
I hellgelb
indigo
dunkelblau'-')
hellblau^)
orange
bräunlich
hellorauge
dunkelorange
rotbraun
dunkelblau i seh wach violett
dunkelblau
hellblau 1 hellblau
a
TS
f*>
hellgelb
dunkelorange
hellgelb
orange
rot
rotviolett
dukelbltigrio
hellblau
grünlich
gelb
orange
bronzefarbig
d
t'v
Fig. 2. Natürl. (Grösse,
b c
^'g- 3« Natürl. Grösse.
i) Jos. Priestley, Geschichte und gegenwärtiger Zustand
der Elektrizität nebst eigentümlichen Versuchen. Deutsch von
J. G. Kränitz. Berlin u. Stralsund 1772. S. 467-469.
2) Beide Färbungen hatten einen deutlichen j;riinlichcn
Schein.
Tabelle III.
Platte: Nr. 2, Farbloser Flussspat. Ebene Kathode.
Nach: 30 Min. I 50 Min.
90 Min.
130 Min.
-j-
i silberweiss
hellgelb
tuo dunkelgelb
3 orange
T)
bronzegelb
orange
rotbraun
^ schwachviolett
M , dunkelblau
hellblau
weisslichblau
hellgelb
&A, du Li kelgelb
I hellgelb
u
o
violett
dunkelblau
hellblau
wasserblau
blau
N
a
a
T3
CO
gelblich
bronzegelb
dunkelbraun
blau
gelblich
bronzegclb
goldrot
braunrot
donkelbraiartt
dunkelblau
hellblau
hellgelb
orange
braun
karminrot
dnkelbluTiflett
dunkelblau
hellblau
dunkelblau
hellblau
giünlichblau
gelblich
orange
dunkelrot
meerblau
wasserblau
gelblich
orange
dunkelrot
griiUekbllilieh
gelblich
dunkelorangc
Man sieht, dass ein nennenswerter Unter-
schied im Verhalten der beiden Kathoden nicht
besteht; nur ist der Verlauf bei der Hohlkathode
etwas regelmässiger, dagegen die Ordnungszahl
bei der ebenen etwas grösser. ') Ein ungefähres
Bild der Erscheinungen pebt bei-
stehende Fig. 2 a, b, c, d (entsprechen
30, 50, 90, 130 Min.) für Platte i
(Tabelle II) und Fig. 3 a — d fiir
Platte 2 (Tabelle III), ausserdem ist
in Fig. 4 eine direkte photographische
Kopie von Fig. 3 d gegeben, erhalten ^'ß- 4.
bei 2 Minuten Expositionszeit in Natürl. Grösse.
direktem Sonnenlicht auf Celloidinpapier.*^) Die
Stromstärke betrug bei diesen Versuchen stets
I Amp., das Vakuum war derart, dass in dem
Verbindungsrohre zwischen den Kugeln stabile,
scharf begrenzte Schichten von 8,5 mm Dicke^)
bei *^ 7,5 mm lichter Rohrweite sich zeigten.
Gleichzeitig mit der Farbenfolge habe ich
nun bei jedesmaligem Herausnehmen mittels
Spitzenzirkels durch wiederholte Messung
zweier aufeinander senkrechter Durchmesser das
Wachsen der Ringsysteme mit der Zeit fest-
i) Dies insofern, als die beiden letzten Farben eigentlich
schon der Anfang einer viertön Ordnung sind.
2) Die excentrische Lage der Erscheinungen in Fig. 2, 3
und 4 rührt davon her, dass die benutzten Platten nicht
centrisch befestigt waren, nicht von einer Deflexion der Ka-
thodenstrahlen. Das Original der Fig. 4 lässt sehr gut die
allmähliche Zunahme der Lichtdurchlässigkeit nach dem Rande
zu erkennen.
3) Unter Dicke ist der Abstand zwischen den Helligkeit«-
maximis zweier aufeinanderfolgender Schichten gemeint. Bei
den Versuchen waren in jeder Hälfte des Verbindungsrohres
genau sieben scharf begrenzte Schichten sichtbar.
84
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
zustellen versucht und gebe die Ergebnisse in
nachstehenden Tabellen IV und V.*)
Platte No. I.
Tabelle IV.
Zeit
0
0,0
0,0
10
30
8,0
8.0
50'
i4iO
"2,5
90"
i7>o
17,0
0,0
tt
130
19,0
0,0
19,0 < 11,0
0,0
0,0
0,0
o
0,0
3,0
5»5
9,0
o
o
3.0
o
o
2,0
Platte No. 2.
Tabelle V.
Zeit
äi
a b
dz
a b
O , O
»#
30 i 9,0 9,0 2,0 , 2,0
50 12,0 I 12,0 6,0 5,0 , o
*t
90'
#r
130
13,2 I 14,2 9,0 I 9,0 4,2
3»2
17,0 I 18,0 11,5 ' 12,0 7,0 7,5
2,0 2,0
Zo
/^
^o ^o äo fffo fzo
Fig. 5.
Unter Benutzung der Mittelwerte erhält man
daraus für den Verlauf der Erscheinung die in
l) Die ein/eliieu Zahlen sind Mittelwerte aus mehreren
Messunjjen liir denselben Durchmesser; die ganz kleinen wie
die jjrössten VV^erte sind etwas unsicher, da im ersten Falle
das iiild nicht aussei >räj^t, im /weiten nur Rudimente der betr.
Ordnung an den lükeii sichtbar sind. Immerhin kann man
diese Werte aber zur Vervollständigung des Gesamtbildes
benutzen.
FläJ^2^
20 W so 90 ^00 ^ZO ^^
Fig. 6.
Fig. 5 und 6 dargestellten Kurven. Die hier-
aus zu entnehmenden Differenzen der Durch-
messer zweier aufeinanderfolgenden Ordnungen
zeigen dann eine Veränderung mit der Zeit, wie
sie Fig. 7 für Platte 2 darstellt (i. und 2. Ordnung).
Die beschriebenen Erscheinungen sind an
die Oberfläche der benutzten Platten gebunden,
welche der Kathode zugewandt ist. Im durch-
80 40 SO do -foo -rpo y*o
Fig. 7.
fallenden Lichte ist von Farbenringen nichts
zu erkennen, die Platten erscheinen braun, in
der Mitte am dunkelsten, nach dem Rande zu
heller. Durch energisches Wischen lässt sich
die Oberfläche wieder in den alten Zustand
Physikalische Zeitschrift 3. Jahrgang. No. 5.
85
versetzen, die Erscheinung ist also an eine ab-
wischbare Schicht gebunden, die sich unter
dem Einflüsse der Kathodenstrahlen gebildet
hat und die man wohl als Produkt einer Zerstäu-
bung der Kathode, also als Metallniederschlag
ansehen kannJ) Nun bestanden alle Kathoden
aus Aluminium, welches nach ausgedehnten
Untersuchungen 2) einer solchen Zerstäubung so
gut wie gar nicht unterworfen ist, wenn es
auch bei genügend hoher Temperatur ebenfalls
Spiegel an der Glaswand des Entladungsrohres
zu erzeugen vermag'); eine derartige Tempe-
raturerhöhung ist aber bei dem verwendeten
kleinen Induktorium wohl nicht gut denkbar.
Unter dem Mikroskop erscheint die Schicht bei
,. 33ofacher Vergrösserung vollkommen zusammen-
;•. Jjängen^l, ohne auch nur eine Spur einher körnigen
^^JStruktut- erkennen zu lassen; nach, dem Ab-
wischen erscheint die vorher farblose Platte in
der Durchsicht kaum merklich bläulich. Bei bei-
den Apparaten, A und ß, zeig|3en nun\aber auch
die Kathoden selbst Farbenringe, ähnlich wie eine
in der Mitte erhitzte Stahlplatte; dieselben ent-
wickeln sich sehr rasch, sind weit weniger ausge-
prägt, und werden sehr bald stationär. Bei dem
Crookes sehen Apparat fehlt jedoch diese Er-
scheinung, während der Flussspat sehr intensiv
gefärbt ist. Um nun auch diesen Gegenstand
näher zu untersuchen, polierte ich die ebene
Kathode des Apparates A möglichst sorgfältig
und setzte darauf die sauber gereinigte Platte i
den von ihr ausgehenden Kathodenstrahlen aus.
Nach 130 Minuten langer Bestrahlung war die
Kathodenoberfläche unverändert, die Fluss-
spatplatte in der Durchsicht gleich mässigkräf-
tig violett, die der Kathode zugewandte
Oberfläche im reflektierten Lichte dunkel-
blau. Die Farbe ist auch hier an die bestrahlte
Oberfläche gebunden^), lässt sich aber nicht
durch Wischen oder Reiben entfernen. Durch
30 Minuten langes Erhitzen in heissem Sande
von über 200^ wird die Färbung in keiner Weise
beeinflusst.*) Bei ungefähr 350^ ^) thermolumines-
ziert der Flussspat sehr'^stark grün, die violette
Färbung ist noch unverändert. Bei etwa 500^
beginnt die Färbung langsam zu verblassen,
um bei Temperatur der Rotglut vollständig zu
verschwinden, während gleichzeitig der Fluss-
i) A. Kundt» WiecL Ann. 27, 59 IT., 1886. — Dessau,
Wied. Ann. 29, 375, 1886. — Vgl. auch: O. Lehnaann,
Elcklr. Lichterscheinungen od. Entladungen. Halle, W. Knapp.
S. 190 -191, 1898.
2) Z. B. Crookes, Electrician 27, 197, 1891. — Vgl.
0. Lehmann, 1. c, S. 187.
3) Hittorf, Wied. Ann. 21, 126, 1884. — O. Lehmann,
l c, S. 187.
4) Vgl. im Gegensatze hierzu: O. Lehmann, Elektrische
Entladungen, S. 489 Absatz 4 und Anmerkung 3.
5) Vgl. O. Lehmann, 1. c, S. 489 Anmerkung 4.
6) Die Temperaturen wurden kalorimetrisch bestimmt
mittels passender Probekörper. Vgl. Mülle r-Poscillet,
Physik. 9. Aufl., 2, 358 ff.
Spat ein sehr intensives blaues Leuchten
zeigt.*) Die unter dem Einfluss der Kathoden-
strahlen schön blaue Phosphoreszenz der Fluss-
spatplatten geht beim Ausschalten des In-
duktors augenblicklich in ein hell gelbgrünes
Nachleuchten von etwa i Min. Dauer und länger
über; bei nachherigem Erhitzen im Dunkeln
thermolumineszieren die Platten mit dem gleichen
Lichte von neuem. 2)
Über weitere Versuche mit anderem Material
hoffe ich später berichten zu können.
i) Elster und Geit'el, Ann. d. Phys. u. Chemie. Neue
Folge, 69, 493i ^896.
2) A. Miethe, Sitzung der Dtsch. Physikal. Gesellsch. zu
Berlin vom i. Februar 1901. — J. J. Thomson, Entladung
der Elektrizität der Gase. Leipzig, J. A. Barth. S. 97, 1900.
Berlin, Oktober 1901.
(Eingegangen 24. Oktober 1901.)
Über die Phosphoreszenz unter dem Einflüsse
von Kathodenstrahlen und von ultraviolettem
Lichte.
Von Aug. Schmauss.
I. Die Fähigkeit verschiedener Substanzen,
unter dem Einflüsse von Kathodenstrahlen zu
phosphoreszieren, zeigt sich nach kurzer Be-
strahlung verringert. Crookes beobachtete
diese Erscheinung zuerst an der bekannten
Röhre mit dem umklappbaren Kreuze.
Die Erklärungen für diesen Versuch, die
sich in der Litteratur vorfinden — Crookes
selbst hatte für diese „Ermüdung" eine mehr
physiologische als physikalische Erklärung ge-
geben — , sind im wesentlichen dreierlei Art :
1. Erwärmung,
2. chemische Veränderung,
3. Niederschlag von Metallteilchen, die
von der Kathode losgerissen wurden.
Während die erste nur eine temporäre, die
letzte nur eine dauernde Veränderung zu er-
klären vermag, könnte eine chemische Um-
setzung eine bleibende oder wieder zurück-
gehende Umwandlung zur Folge haben.
Für eine temporäre Ermüdung käme also
I. und 2., für eine dauernde 2. und 3. in Be-
tracht, Eine etwa durch Erwärmung entstehende
chemische Veränderung ist in 2. inbegriffen.
Im folgenden möge über einige Versuche
berichtet werden, die im Hinblick auf die er-
wähnten Erklärungen der Ermüdung angestellt
wurden.
Die temporäre Ermüdung, die sich bei den
meisten Substanzen beobachten lässt, ist zweifel-
los der Erwärmung unter dem Einflüsse der
Kathodenstrahlen zuzuschreiben, indem die
phosphoreszierenden Substanzen rasch über die
Temperatur ihrer maximalen Lichtemission ge-
bracht werden, welche, wie in II gezeigt werden
\y
86
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
soll, im allgemeinen nicht sehr hoch liegt. In
der That trat die temporäre Ermüdung nicht
so schnell ein, wenn die phosphoreszierenden
Substanzen in flüssiger Luft gekühlt wurden.
Die dauernde Ermüdung trat bei allen
hier untersuchten Substanzen ein.
Dieselben lassen sich dabei in zwei Gruppen
einteilen.
In der ersten, in welche z. B. Balmainsche
Leuchtfarbe, andere phosphoreszierende Präpa-
rate und auch Kreide gehören, ist die dauernde
Ermüdung bedingt durch ^ie fortwährend ge-
steigerte Wärmezufuhr. Die Substanzen bräunen
sich, ganz ebenso, wie sie es bei Erwärmung
über eine bestimmte Temperatur thun. Dabei
zeigt sich grosse Verschiedenheit in der
Zeitdauer, in der das eintritt. Während bei
Baimai nscher Leuchtfarbe schon eine Belich-
tung von etwa 10 Minuten hinreicht, sie dauernd
zu ermüden, ist es zur Veränderung der Kreide,
die keine temporäre Ermüdung zeigt'), not-
wendig, einige Stunden die Kathodenstrahlen
darauf einwirken zu lassen. Dieser Umstand
widerlegt die Ansicht Pulujs^), in dem Nieder-
schlag von Metallteilchen die Ursache der Er-
müdung zu sehen. Ein solcher müsste das
Leuchten verschiedener Substanzen in gleicher
Weise beeinflussen.
Zur zweiten Gruppe gehört die dauernde Er-
müdung des Glases, die man an jeder Crookes-
schen Röhre der oben erwähnten Art sehen
kann, mit der das Experiment schon öfters
demonstriert- worden ist.^) Das Kreuz erscheint
stets hell auf dunklem Grunde, zum Zeichen,
dass das Glas an den Stellen, wo es den
Kathodenstrahlen exponiert war, dauernd ver-
ändert wurde. Diese Veränderung, die mit dem
Auge in keiner Weise wahrzunehmen ist, ist
wahrscheinlich ebenso wie die Färbung der
Alkalihaloidsalze chemischer Natur. Man kann
sich auch hier sehr leicht davon überzeugen,
dass es nicht ein metallischer Beschlag ist,
der dem Glase die Fähigkeit, zu phosphores-
zieren, nimmt. Ein solcher müsste sich durch
Behandlung mit Säuren entfernen lassen, was
nicht der Fall ist. Dagegen kann man das
Glas durch Glühen in den natürlichen Zustand
zurückführen, ganz ebenso, wie man den er-
wähnten Salzen auf diese Weise ihre ursprüng-
liche Farbe wiedergeben kann. Dies unter-
scheidet die Substanzen der zweiten Gruppe
deutlich von denen der ersten, bei denen Er-
wärmung die Veränderung erhöhen würde. Es
mag vielleicht interessieren, dass frisch aus-
geglühtes Glas heller phosphoresziert, als solches,
das lange an der Luft gelegen hatte.
1883.
I) Goldstein, Beibl. 4, 221, 1880.
2} J. Puluj, Strahlende Elektrodenmatcrie, S. 25, Wien
3^1 J. Precht, Wied. Ann. 61, 343, 1897.
Diese Eigenschaft der Kathodenstrahlen, die
Phosphoreszenzlähigkeit der Substanzen zu ver-
ringern, scheinen die ultravioletten Strahlen nicht
zu teilen. Ich konnte in diesem Falle nie eine
Verändenmg bemerken.
Dagegen zeigte das Glas, das von Kathoden-
strahlen verändert war, auch im Phosphoroskop
geringere Phosphoreszenzhelligkeit, also z. B. ein
helles Quadrat auf dunklem Grunde, wenn vor
dem Glase ein quadratisches Blech einen Teil
der Kathodenstrahlen aufgefangen hatte. Durch
Ausglühen konnte man, wie bereits erwähnt,
dem Glase wieder eine gleichmässige Phos-
phoreszenz geben.
Die dauernde Veränderung der leuchtenden
Substanzen unter dem Einflüsse von Kathoden-
strahlen tritt auch auf, wetiti daö Verstickiifabt
durch flüssige Luft gekühlt wird. Es fst cfailA
allerdings nicht gesagt, dass die chemische Vef-
ältdefung aiKAi bei der tiefen Temperatur vor
sidi g€iit. tKf bestrahlte Substanz kann viel-
mehr wegen dfjs schlechten Wärmeleitungsver-
mögens des Glases und der Leuchtpulver unter
dem Einflüsse der Kathodenstrahlen trotz der
äusseren Kühlung eine höhere Temperatur an-
genommen haben.
Diese Erwärmung zeigt unter anderem auch
folgender Versuch an: Eine von Kathoden-
strahlen getroffene Probe Bai mainscher Leucht-
farbe zeigt nach Aufhören der Bestrahlung leb-
haftes Nachleuchten. Dieses hört momentan
auf, sobald man die Substanz mit Kohlensäure-
schnee abkühlt. Eine wenige Augenblicke
dauernde Entladung in der Röhre reicht hin,
die Substanz so weit zu erwärmen, dass ein Nach-
leuchten wieder stattfindet, welches bald wieder
verschwindet, wenn das Rohr im Kohlensäure-
schnee gelassen wird.
IL Es interessierte mich, zu bestimmen, bei
welcher Temperatur für einige dieser phos-
phoreszierenden Substanzen das Maximum der
Phosphoreszenz lag. Die Substanzen befanden
sich in einem Thermostaten, das Licht einer
Bogenlampe wurde mit Quarzlinsen in geeig-
neter Weise auf die Präparate konzentriert. Die
Messung der Helligkeit des Nachleuchtens ge-
schah unmittelbar nach Abbiendung des Bogen-
lampenlichts mit einem zu derartigen Zwecken
vorzüglich geeigneten Polarisationsphotometer
von F. F. Martens'), da der Anwendung eines
Spektralphotometers die grosse Lichtschwäche
hinderlich war. Durch Einschaltung von Strahlen-
filtern war die Möglichkeit gegeben, ftir ver-
schiedene Strahlengebiete die Intensitätskurve
zu ermitteln.
Auf diese Weise ergab sich das Maximum
der Phosphoreszenz ftir Balmainsche Leucht-
farbe bei einer Temperatur von ca. 70^
1) F. F. Martens, Verhandl. der deutsch. Physikal. Ge-
sellschaft 1 (II), 204, 1899. Diese Zeitschrift 1, 299, 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
87
Für ein Präparat aus einer Sammlung der-
artiger leuchtender Substanzen, das bei gewöhn-
licher Temperatur rosa leuchtet, zeigte sich das
Maximum für Rot bei 8o^ Bei dieser Tempe-
ratur wurde das Blau intensiver, für welche
Farbe das Maximum bei 1 20*^ lag, während bei
150® der Farbenton immer mehr ins Grüne
überging, um bei 180^ das Intensitätsmaximum
für Grün zu erreichen, eine Erscheinung, die
sich mit einem gewöhnlichen Spektroskop sehr
schön verfolgen liess.
Die Substanzen, wie z. B. Eierschalen, die
erst bei tiefen Temperaturen phosphoreszieren,
sind bei gewöhnlicher Temperatur zu weit vom
Maximum entfernt, um leuchten zu können.
Andere, wie z. B. Glas, die wohl bei gewöhn-
licher Temperatur leuchten, thun dies bei
tiefen Temperaturen noch intensiver, kommen
ako ihrem Maximum durch Abkühlung näher.
H. Starke *) hat bemerkt, „dass Glasröhren in der
Nähe von lichtdicht eingeschlossenen Röntgen-
röhren deutlich leuchten, stärker noch, wenn
sie in fester Kohlensäure abgekühlt werden, da-
gegen gar nicht in erhitztem Zustande".
i) H. Starke, Ann. d. Phys. 8, 83, 1900.
Berlin, Physikalisches Institut der Universität.
(Eingegangen 12. November 1901.)
Magnetisierungszahlen seltener Erden. ^)
Von Stefan Meyer.
Im Anschluss an die Bestimmungen an Ele-
menten und anorganischen Verbindungen^) wur-
den an besonders reinem Materiale die Magne-
tisierungszahlen seltener Erden gemessen und
mit den besten bisher erhaltenen Angaben zu-
sammengestellt. Die Messung geschah an trocke-
nen Pulvern. Die wichtigsten Resultate sind
aus der folgenden Zusammenstellung zu ent-
nehmen, in der k den Molekularmagnetismus
bedeutet. In der dritten Rubrik sind die Na-
men derjenigen Herren, von denen das Präpa-
rat stammte, in der vierten, dort, wo die Be-
stimmungen von anderen Forschern herrühren,
deren Namen verzeichnet.
Auf die Diskussion der einzelnen Zahlen kann
im Auszuge nicht eingegangen werden. Es sei
bloss hervorgehoben, dass für das Yi Ö3 von Herrn
Hai tinger durch diesen aus den Absorptions-
spektren festgestellt wurde, dass es noch min-
destens
2-5
IOCX>
an Er^ O-s enthielt, womit der dia-
i) Auszug aus der Abhandlung in den Sitzungsber. d. k.
Akid. d. Wis», in Wien. Bd. iio, Abt IIa. Juni 1901.
i) Wiener Ber. 108 (IIa) S. 171 und 861 (1899), 109 (IIa),
S« 384 und 400 (1900).
Substanz
OOj
OOj
Pr,0^
PrCl^
PrCl^
Nd{NO^\
NdCl^ .
Nd{NO^\
Nd^O^ .
ÄjjOa .
SaCl:^ .
Gd^O^ .
Gd^O^ .
Gd20:i .
Gd^ O2 .
GdC/^i .
Gd(NO^)^
Er 20^ .
EfXNO^)^ +
ErCk
ydC/3
>2Ö3
rc/3
J2Ö3
ThO^
ThO^
ThO^
k , io<^
Herkunft
diamagnetisch Nilson .
— 2x0. 037 Haitinger
-|-o. OII
14-0. 010
; 4-4X2- 16
4-3-36
-f- 3 • 28
+ 2x4.5
-f-4-3
■+-5-25
4- 5 • 19
+ 2 X 5 . 05
-|- 2X 10. I
-j- 12 . 1
-f- II .6
4-2x11.2
4- 2 X 23 . 2
-f- 2 X 28 . 6
4-2X27 . I
4- 2 X 26 . 3
4-25.6
+ 19.3
4- 2 X 39 . 7
-f-44.5
■+-36.7
4-2X50
4-2X42.5
4- 2 X 5 . 99
-HS -43
4-7. II
4-2x0. 5S
4-0. 21
4- 2 X o . 062
4 2x0.0038
— 2x0.0155
— o . 024
, — 0.021
— 0.024
Brauner-Prag
Haitinger .
Brauner . .
Nilson . .
Scheele . .
Brauner . .
Haitinger .
Schottländer
Schottländer
Haitinger .
Cleve-Upsala
Cleve
Cleve
Cleve
Marignac
Cleve .
Haitinger
Haitinger
Benedicks
Marignac
Cleve
Cleve
Cleve .
Abraham-Lan
glet .
Haitinger. ^
Nilson .
Nilson .
Frl. Cleve
Brauner
Cleve .
Haitinger
Muthmann
Muthmann
Haitinger
Haitinger
Haitinger
Beobachter
K. Angström
/H. duBoisund
\O.Licbknecht.
(H.
du Bois und
Liebknecht.
/H.di
\O.Li
du Bob und
Liebknecht.
/H. du Bois und
\ O.Liebknecht
ni.du
\O.Li<
IL du Bois und
.Liebknecht.
fH. du Bois und
I O.Liebknecht.
|H. du Bois und
I O.Liebknecht.
magnetische Charakter von Yttriumoxyd präzise
nachgewiesen erscheint. Das magnetische Re-
sultat an NbiOf^ und TaiOu ist insofern über-
raschend, als ein zweifellos viel minder reines
-V^2^5> das ich früher untersuchte, sich dia-
magnetisch erwies. Vielleicht mag dies damit
in Einklang stehen, dass nach den Untersuchun-
gen der Funkenspektra durch die Herren F. Ex-
ner und E. Haschek, ein grosser Teil der Niob
und Tantal gemeinschaftlichen Linien, auf Grund
welcher ein noch vorhandenes gemeinsames Ele-
ment angenommen werden kann, bei den reinen
Präparaten nunmehr im Niob stärker auftritt.
In seinem Bericht für den Pariser Kongress
1900 hat Herr du Bois-) das magnetische Wesen
von sieben Elementen (Be, Mg, Sc, Ad, La, Ta,
Th), wozu y hinzuzufügen gewesen wäre, noch
als zweifelhaft bezeichnen müssen. Nach den
vorliegenden Untersuchungen ist für Verbin-
dungen von Y, L(i, Ta, Th die Entscheidung
als diamagnetische Körper erbracht und nach
dem quantitativen Verhalten auch für die Ele-
mente selbst wahrscheinlich gemacht. Die an
i) Noch nicht ganz rein. •
2) Vergl. das Referat in dieser Zeitschrift 2 , 378,
88
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
den reinsten bisher dargestellten seltenen Erden
erhaltenen, derzeit wahrscheinlichsten Zahlen
des Atommagnetismus sind in der Anordnung
nach steigendem Atomgewicht die folgenden für
Verbindungen der nachstehenden Elemente:
y La Ce
k . lo*^' ^= diamagnedsch — 0,04 -|- 0,01
Pr Nd Sa Gd Ho Er Yb
k,\o^= -f 3,3 -|-S,2 4-11,2 -+-273 +50 -1-38,2 +6
Die Analogie mit der Eisengruppe ist un-
verkennbar.
V Cr Mn Fe Co Ni
k,\o^= -1-1,3 -}-6,3 4-15 4-12,5 4-10 4-5
Die Reihenfolge der überhaupt stärkst magne-
tischen bisher bekannten Elemente ist für ab-
nehmenden Molekularmagnetismus analoger Ver-
bindungen:
Ho, Er, Gd, Mn, Fe, Sa, Co, Cr, Yö, Nd, Ni, Pr, K
Holmium, für das bisher überhaupt noch keine
Anjaben vorlagen, steht also an erster Stelle,
und da das vorliegende Präparat nur mit
schwächer magnetischen Substanzen verunreinigt
sein kann, ist der angegebene Wert noch als
untere Grenze aufzufassen.
In welcher Weise die gewonnenen Zahlen
zu analytischen Zwecken verwendet werden
können, zeigt das folgende Beispiel. Es lag ein
Gemisch von Erbium- und Yttriumoxyd vor,
das keine merklichen Beimengungen anderer
seltener Erden enthielt, und es fragte sich, wie-
viel Prozente Erbiumoxyd in dem Präparate
enthalten seien. Die Messung ergab:
0,913 870 4-1,65 4-40,2
[g = zur Verwendung gelangtes Substanzge-
wicht in Grammen, a = Anzahl von Grammen
in ICXX) cm^ p an der Wage abgelesener Zug
in Grammen, x = Suszeptibilität). Nun darf man
neben der Suszeptibilität des Erbiumoxydes, die-
jenige von YiO-^ gleich Null setzen, hat also so
zu rechnen, als ob die geringere Menge des
Er^Os in minder dichter Weise den ganzen
Raum des Gemisches erfüllte. Setzt man die
molekulare Suszeptibilität für Er^O^u ^10^ =
2 X 38,2, so ergiebt dies 23 Proz. Erbiumoxyd im
Gemisch. Diese Angabe ist weitaus rascher
erhältlich und erheblich genauer, als sie nach
irgend welcher anderen Methode bisher gegeben
werden kann, denn selbst bei einer Unverläss-
lichkeit der Magnetisierungszahl zwischen 38 und
40 würde bloss eine Unsicherheit der Gehalts-
angabe um ein Prozent resultieren.
In der Magnetisierungszahl besitzen wir dem-
nach eine für jede Substanz gerade in der Gruppe
der seltenen Erden, deren chemisches Verhalten
einander so ähnlich ist, wesentlich verschiedene
charakteristische Eigenschaft. Vielleicht ist die-
selbe berufen, mehr als dies bisher geschehen
ist, zu analytischen Zwecken herangezogen zu
werden. (EiDgcgangcn 21. November 1901.)
Das Gesetz des Kathodenfalls.*)
Von J. Stark. l
I. Darstellung des Gesetzes. — Die
Spannungsdifferenz zwischen der Kathode und
einem Punkte des negativen Glimmlichtes heisst
Kathodenfall (Kathodengefälle) und zwar
normal, wenn nicht die ganze Kathode mit
Glimmlicht bedeckt ist, abnormal, wenn die
ganze Kathode bedeckt ist. Das negative
Glimmlicht bedeckt bei kleiner Stromstärke
nur einen Teil der Kathode; seine Grundfläche
wächst mit zunehmender Stromstärke und um-
fasst schliesslich die ganze Kathodenoberfläche.
Man weiss bis jetzt, dass der normale
Kathodenfall unabhängig von Stromstärke und
Gasdruck ist; für den abnormalen bei kon-
stantem Druck gab man gewöhnlich das Gesetz
K = a -\- b ' i dsi, -wo K den Kathodenfall, i die
Stromstärke, a und b Konstanten bezeichnen.
Dieses Gesetz ist indes falsch.
Ausgehend von theoretischen Überlegungen
und übergehend zu messenden Versuchen habe
ich für den Kathodenfall des Glimmstromes
folgendes Gesetz gefunden:
Kn ist hier eine Konstante und zwar der nor-
male Kathodenfall, k ebenfalls eine Konstante,
p der Gasdruck, j die jeweilige Stromdichte an
der Kathodenoberfläche, jn die Stromdichte an
der Kathode für den normalen Kathodenfall.
jn ist zwar unabhängig von der Stromstärke,
aber abhängig vom Gasdruck. Nach den bis
jetzt vorliegenden, allerdings nicht sehr zuver-
lässigen Messungen gilt, mindestens in erster
Annäherung, y« = x • /, wo x eine Konstante
ist. Führt man dieses Gesetz unter Vorbehalt
seiner Korrektion in das Kathodenfallgesetz ein,
so nimmt dieses folgende Form an:
K=Kn + ^ (J-x^p)X
Es bezeichne / die Grundfläche des nega-
tiven Glimmlichtes, fk die Kathodenoberfläche.
i
Es ist dann j = . Durch Einfuhrung dieser
Beziehung in das Kathodenfallgesetz erhält man
für dieses als dritte Form:
Bei nicht ganz mit Glimmlicht bedeckter
Kathode ist /</* und j — jn =7 — x - p =
i — X • /> •/= o oder /*= - . Die Grund-
X ' p
fläche des negativen Glimmlichtes ist demnach,
I) Ausführliche Abhandlung^in den'AnDalen der Physik.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
89
gleichmässige Beschaffenheit der Kathodenober-
fläche und ungehinderte Entwickelung des
negativen Glimmlichtes vorausgesetzt, direkt
proportional der Stromstärke und umgekehrt
proportional dem Gasdruck.
Das im vorstehenden in drei Formen ge-
gebene Kathodenfallgesetz habe ich für trockene
Luft bei Verwendung von Aluminium- und
Platinkathoden in einer grossen Anzahl von
Messungsreihen bestätigt gefunden. Aufgabe
weiterer Messungen wird es sein, für möglichst
reine Gase und für verschiedene Metalle die
Konstanten Kn^ k und x zu ermitteln und die
Funktion y» = (p (/>) bez. f=^x^hp) festzustellen.
Ich betrachte meine Untersuchung darum nicht
für abgeschlossen. Weitere Versuche mit einer
Pumpe ohne Fettschliffe haben vor allem auch
genauere Messungen des Gasdruckes zu geben.
Wegen der störenden Fettdämpfe in den
bisherigen Versuchen kann ich die Druck-
messungen nicht als genau betrachten, und
möchte darum vorläufig das Kathodenfallgesetz
so formulieren:
m und ;/ sind Zahlen, die nach den vorliegenden
Messungen von i sehr wenig verschieden sind.
2. Versuchsanordnung. Um eine gleich-
massige Ausbreitung des negativen Glimm-
lichtes zu erzielen, wurden drahtformige Kathoden
(Aluminiumkathode 12,5 mm lang, 1,8 mm dick,
Platinkathode 11,88 mm lang, 0,7 mm dick)
verwendet. Als Stromgefäss diente eine Glas-
kugel von 6,1 cm Radius. Kathode und Anode
standen sich in einem Durchmesser gegenüber,
die Kathode symmetrisch im Kugelmittelpunkt,
die Anode an der Oberfläche i cm tief in die
Kugel hineinragend. Senkrecht zur Längs-
richtung der Kathode waren zwei in Glas-
röhrchen steckende Sonden eingeführt; die eine
für kleine Dunkelräume trat bis auf 1,5 cm an
die Kathode heran, die andere für grosse Dunkel-
räume bis auf 3,5 cm.
Der Stromkreis war folgender: Hochspan-
nungsbatterie von Akkumulatoren, Jodkadmium-
Amylalkoholwiderstände, Unterbrecher, Stromge-
läss, Mikroamperemeter, Telephon, Batterie. Die
Widerstände waren eine weite und vier enge
Röhren; diese vier konnten beliebig parallel
und hintereinander geschaltet werden. Kleine
Kathodenfälle (bis 350 Volt) wurden mit einem
Kelvinschen multicellularen Elektrometer ge-
messen, grosse mit einem Braun sehen Elek-
trometer.
ZurEvakuation diente eine Töpler-Hagen-
Pumpe. Die Messung d^s Druckes erfolgte in
der bekannten Weise durch Kompression des
verdünnten Gases in das Vorvakuum oder in
das Steigrohr; die Ablesungen wurden mit dem
Kathetometer gemacht.
3. Kathodenfall und Stromstärke. Bei
unvollständiger Bedeckung der Kathode mit
Glimmlicht wird der Kathodenfall K gleich Ku,
da ja dann y — jn^=^j — X'p = i — x*p'f=o
ist. Die Kurve [K, i) ist also für/<;/* oder
im i <ix ' p ' fk bei verschiedenen Drucken die-
selbe zur /-Achse parallele Gerade. Das ge-
gebene Kathodenfallgesetz umfasst eben den
normalen wie den abnormalen Kathodenfall.
Hier sei folgende Bemerkung eingeschaltet.
Durch Ermittelung desjenigen /-Wertes, für den
gerade f=/k geworden ist oder K grösser als
Kh zu werden beginnt, lässt sichy« =^ x - p = i\fk
scharf bestimmen.
Für i^ X ' p ' fk setzt sich die Kurve (Ä', /)
bei einem bestimmten Druck nicht als Gerade
fort, sie geht vielmehr über in den Ast einer
Parabel. Durch Umformung des Kathodenfall-
gesetzes erhält man nämlich
[K- /^«)^= ^^ (y- X ■/) = ^ir/i -^-p •/),
oder da nunmehr f=/k ist,
(AT - K.)'' = 72^/, {i-^-f •/*).
Das ist aber die Gleichung einer Parabel.
Deren Parameter ist - ., -^, ihr Scheitel hat die
Abscisse i^ = x - f> ^ fk, die Ordinate Kq = K„,
Zeichnet man in das Achsensystem [KJ)
die zu verschiedenen Drucken gehörigen (A>')-
Kurven (Linien gleichen Druckes), so erhält man
eine Schar von Kurven von folgenden gegen-
seitigen Beziehungen.
Sämtliche (A",z)-Kurven bestehen aus einem
zur /-Achse parallelen geradlinigen Teil und dem
Ast einer Parabel. Die Richtung der Haupt-
achse sämtlicher Parabeln fällt zusammen und
zwar in den geradlinigen Teil der (Ä',/)-Kurven.
Die Abscisse [ia^^x-p-fk) des Scheitels einer
jeden Parabel ist eben jener geradlinige Teil.
Mit abnehmendem Drucke rückt der Scheitel
des Parabelastes, proportional mit /, gegen die
A'-Achse. Gleichzeitig wächst umgekehrt mit
dem Quadrat des Druckes, also sehr rasch, der
Parameter X= ., ^ . Dieser ist ausserdem, wie
2p'A
ersichtlich, umgekehrt proportional der Kathoden-
oberfläche. Je kleiner diese ist, desto schneller
steigt bei demselben Drucke der zugehörige
Parabelast an. Alle diese Verhältnisse sind
mit einem Blick in den nachstehenden Figuren
I und 2 zu übersehen.
Die Punkte der nachstehenden Kurven wurden
durch einmalige Messung gefunden, an ihnen
ist nichts korrigiert. Es wurden für einen jeden
Druck nacheinander die Jodkadmiumwider-
stände, die einzeln unverändert gelassen wurden,
in siebenfach verschiedener Weise zusammen-
90
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
AhuninUimhafftode'
I'Uuhe. fh'Jf,8 rnnv":
o.oao
0.106
J),073
noo
ItfOO
O 200 ttOO 600 800 KHJO
StramstäJ^ct- 1 in/ Mißeroampere..
Fig. I.
geschaltet (weite Röhre allein, die vier engen
Röhren parallel, 2 enge Röhren parallel, i, 2,
3, 4 enge Röhren hintereinander). Für jede der
entsprechenden sieben verschiedenen Strom-
stärken wurde der Kathodenfall bestimmt. Dieses
Verfahren lieferte eine Kontrolle für die Ge-
nauigkeit der Messungen.
Bezeichnet nämlich E die elektromotorische
Kraft der Batterie, r den ausserhalb des Strom-
gefässes liegenden Ohm sehen Widerstand (Vor-
schaltwiderstand, Widerstand der Leitung und
der Batterie), V die Spannungsdifferenz der
Elektroden, so gilt nach dem Ohm sehen Gesetz:
i.r=E— i:
V kann eine beliebige Funktion von / und /
sein; wenn r und E konstant sind, so ist die
(F,/)- Kurve nach der vorstehenden Gleichung
eine Gerade, die durch den Punkt E auf der
F-Achse geht und mit dieser den Winkel (p = aic
cotang r einschliesst. Lässt man E konstant
und ändert r, so erhält man ein Büschel von
Geraden durch den Punkt \\^^ = E auf der
[^-Achse. Auf diese Beziehung ist bereits von
E. Riecke') aufmerksam gemacht worden.
Nun gilt im allgemeinen nicht V^= K, es
ist vielmehr immer V> K, Aber bei der ge-
wählten Versuchsanordnung ist entsprechend
i) K. Riecke, Ann. d. Phys. 4, 597, 190 1.
Q,0&3
arw
1600
riatinkaihode
iwo\\\ \
JZOO 1¥iO
0 ZOO wo 600 800. 1000
Stromstdrhe^ t üu M^^f'oainpitrty.
Fig. 2.
dem kleinen Abstände zwischen Anode und
Kathode der zwischen Anode und negativem
Glimmlicht liegende Teil der Spannung, be-
sonders bei niedrigen Drucken, sehr klein im
Verhältnis zu A', in der Hauptsache gleich dem
Anodenfall von ungeföhr 30 Volt. Darum darf
man in dem vorliegenden Falle F=Ä'setzen. Man
erhält demgemäss für die sieben verschiedenen
Werte von r nach der Gleichung i ^ r -= E — K
sieben Gerade {l\i) durch den Punkt E auf
der A'-Achse. E war in der That immer gleich
der Spannung der offenen einpolig geerdeten
Batterie.
Erklärt sei noch, wie man dazu kam, für
den Kathodenfall das falsche Gesetz K^= a-\- bi
zu konstatieren. Man dehnte offenbar die
Messungen über einen zu kleinen Bereich der
Stromstärke, vor allem nicht auf sehr kleine
Stromstärken, aus, erhielt darum einen wenig
gekrümmten Teil eines Parabelastes und kor-
rigierte diesen dann zu einer Geraden.
4. Kathodenfall und Druck. Wähltman
bei verschiedenen Gasdrucken /so, dassi — jnfk
--- const, bleibt, so erhält man nach dem
Kathodenfallgesetz gemäss der Gleichung
( A' — Kh) ' P = k' c = const. als ( A^,/)-Kurve
eine gleichseitige Hyperbel. Deren Mittelpunkt
liegt in Ao = Kh auf der A'-Achse.
Sind für die verschiedenen Drucke die Werte
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahj^ang. No. 5.
91
von /■ bekannt, so lassen sich in den oben ge-
gebenen (Ä',i)-Kurven diejenigen Werte von (
ermitteln, für welche t — _;- • fk^ const. ist. Da
sich indes die /■ ■ fk aus jenen Kurven nicht
mit Sicherheit entnehmen lassen, so sei darauf
verzichtet, das Kathodenfallgesetz bezüglich des
Druckes dadurch zu prüfen, dass nach gleich- 1
seitigen Hyperbeln auf der (A",/,/)- Fläche ge- '
sucht wird.
Es seien die Kurven betrachtet, welche ,
Ebenen senkrecht zur i-Achse auf jener Fläche
ausschneiden. Diese Kurven (Linien gleicher |
Stromstärke) besitzen nach dem Kathodenfall-
gesetz die Gleichung
-K.)
k ,.
->■/)'''
.fM-
■■■p-fP
fh^' J--J r — yi
Diese Gleichung stellt keine Hyperbel dar. Für
kleine Werte von xpf und grosse Werte von
i kann indes x ■ f ■ / neben /' vernachlässigt
werden, so dass dann als (Ar,/)-Kurve ein Stück
einer gleichseitigen Hyperbel sich ergiebt.
Dieser Fall tritt ein bei niedrigen Drucken und
kleiner Katbodenoberfläche. Die nachstehenden
JlianüUumJtaiAodt'
Kurven (Fig. 3 und 4), die aus den (Ä'.O -Kurven
erhalten wurden, lassen in der Tbat dies er-
kennen.
Die Fortsetzung jenes hyperbolischen Stückes
in den Bereich grösserer Drucke deckt sich in-
des nicht mehr mit dem Zuge der wirklichen
(Ä'^)-Kurve; vielmehr sind ihre Ordinaten grösser
als die wirklichen Ä'-Werte. Die (A',/)-Kurve, oder
gleich allgemein die verschiedenen {A',/)-Kurven
für verschiedene /'-Werte laufen in dieselbe Ge-
rade aus, nämlich parallel zur /-Achse im Ab-
stand K=K..
5. Schlussbemerkung. An anderer Stelle')
habe ich bereits darauf hingewiesen, dass das
Ohmsche Dilferentialgesetz und darum auch
das Ohmsche Integralgesetz für verdünnte
durchströmte Gase, vor allem an der Kathode,
nicht mehr gilt. Bezeichnet V die Spannungs-
dißerenz, r den Widerstand, Ej eine innere
elektromotorische Kraft zwischen zwei Quer-
schnitten eines gewöhnlichen Leiters, so gilt
nach dem Ohmschen Integralgesetz:
Nach dem Kathodenfallgesetz für Gase gilt
Es sei darauf hingewiesen, dass mit dem
Kathodenfallgesetz zum ersten Male ein Gesetz
fiir einen Teil des Glimmstromes gewonnen ist,
das analog dem Ohmschen umfassend ist, in-
dem es für einen grossen Bereich der Strom-
stärke und des Druckes gilt. Ja es dürfte die
Basis für ein allgemeines Integralgesetz des
Glimmstromes werden.
Jetzt schon stellt das Kathodenfallgesetz mit
Annäherung das Gesetz fiir einen Glimmstrom
dar, dessen positiver Teil so verkürzt ist, wie
bei der hier gewählten Versuchsanordnung.
Die Spannungsdifferenz zwischen den Elek-
troden des Stromgefässes sei V, die zwischen
dem negativen Glimmlicht und der Anode
liegende Spannung sei/*. Es gilt dann als all-
gemeines Integr algesetz für einen Glimmstrom
->.■/)'■ + /'.
Behufs Gewinnung dieses Gesetzes wird es
eine weitere Aufgabe sein, das Integralgesetz
des positiven Teiles eines Glimmstromes zu er-
mitteln, Pals Funktion von Stromstärke, Druck,
Querschnitt und Länge des Stromgefksscs dar-
zustellen.
1) Ann. d, Phys. 6, 793, 1901.
Göttingen, 19. Oktober 1901.
( KinBeganßcn 'S- NoTcmber 1901.)
92
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER n. NATUR
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
Paul Stäckcl (Kiel), Bericht über die Ent
Wicklung des Unterrichtsbetriebes in der
angewandten Mathematik an den deutschen
Universitäten. ')
Auf der Jahresversammlung der Deutschen
Mathematiker -Vereinigung in München (1899)
war in Aussicht genommen worden, dass in
etwa zwei Jahren ein Bericht über die inzwischen
getroffenen Einrichtungen für den Unterrichts-
betrieb in der angewandten Mathematik an den
einzelnen Universitäten erstattet werden sollte.
Der Aufforderung des Vorstandes, den Bericht
zu übernehmen, bin ich gern nachgekommen
und habe durch Anfragen bei den Fachgenossen
das erforderliche Material gesammelt; allen den
Herren, die mir so bereitwillig Auskunft ge-
geben haben, möchte ich auch an dieser Stelle
meinen besten Dank aussprechen.
Als ich daran ging, den so gewonnenen
Stoff zu verarbeiten, erkannte ich bald, dass,
wenn mehr als Zusammenstellungen statistischer
Daten gegeben, wenn vielmehr die Verände-
rungen, die während der letzten Jahre einge-
treten sind, mit tieferem Verständnis betrachtet
und dargestellt werden sollten, weitere, rück-
wärtsgreifende geschichtliche Studien notwendig
seien.*-') Da ich glaube, dass gegenwärtig, wo
die Fragen des Unterrichts wieder Interesse
und Bedeutung erlangt haben, eine Orientierung
manchem willkommen sein wird, erlaube ich
mir, dem eigentlichen Bericht eine historische
Einleitung vorauszuschicken; ich werde mich
dabei auf Deutschland beschränken, möchte
aber darauf hinweisen, dass auch in anderen
Ländern, besonders in Frankreich, ähnliche Ent-
wicklungen stattgefunden haben.
Wenn man die Vorlesungsverzeichnisse der
deutschen Universitäten aus dem Beginn des
19. Jahrhunderts durchsieht, so zeigt sich, dass
das Niveau der mathematischen Vorlesungen
recht niedrig stand. Es wird regelmässig „Reine
Mathematik", d. h. ein Kursus der elementaren
Mathematik gelesen, der durch besondere Vor-
lesungen über Stereometrie und ebene und
sphärische Trigonometrie ergänzt wird. Der
höhere Kursus besteht lediglich aus einer häufig
nur einsemestrigen Vorlesung über Differential-
und Integralrechnung. Daneben findet man aber
ebenso regelmässig Vorlesungen über „Ange-
wandte Mathematik" angekündigt. Darunter ist
ein für moderne Begriffe ziemlich ausgedehnter
1) Abteilung 1, 25. Septr. 1901.
2) Dabei ist mir Faulsens Geschichte des ge-
lehrten Unterrichts (2. Auflage, Leipzig 1897) von Nutzen
gewesen, dessen Ausfühningen freilich gerade nach der mathe-
matisch-naturwissenschafllichcn Seite einer Ergänzung bedürfen.
Komplex von Disziplinen zu verstehen, unter
denen die Mechanik am wichtigsten ist, genauer:
Elemente der Mechanik, vom Standpunkte prak-
tischer Anwendungen aufgefasst; einen deutlichen
Begriff von dem Inhalte solcher Vorlesungen
giebt die 1858 erschienene Einleitung in die
Mechanik von Lübsen. In Göttingen scheinen
sich Vorlesungen über angewandte Mathematik
am längsten erhalten zu haben, denn noch für
das Wintersemester 1 856^57 wurden sie von
Ulrich angezeigt. Zur angewandten Mathe-
matik gehörten ebenfalls die ständigen Vor-
lesungen über praktische Geometrie oder Feld-
messung. Auch beschreibende Geometrie wurde
gelegentlich gelesen, besonders in Berlin; so im
Sommersemester 18 12 von dem Akademiker
Gruson, in den folgenden Jahren wiederholt
von dem Privatdozenten Lubbe.
Geht man in den Vorlesungsverzeichnissen
weiter, so stellt sich heraus, dass die elemen-
tare und mit ihr die angewandte Mathematik
allmählich verschwinden und an ihre Stelle
Disziplinen der höheren und höchsten Mathe-
matik treten. Diese Umwandlung hat sich etwa
in den Jahren 1830 bis 1860 erst langsam,
dann mit steigender Geschwindigkeit vollzogen,
wobei die Universitäten Königsberg und Berlin
den Anfang machten. Nach einer weit ver-
breiteten Auffassung soll der Umschwung da-
durch hervorgerufen worden sein, dass Jacob i
und Dirichlet nicht nur, den Fortschritten der
Mathematik entsprechend, den Kreis der Vor-
lesungen erheblich erweiterten, sondern es auch
wagten, über Gegenstände ihrer eigenen For-
schungen vorzutragen, und dass sie es ver-
standen, die akademische Jugend dafür zu be-
geistern. Nichts liegt mir ferner, als die Ver-
dienste dieser grossen Männer herabsetzen zu
wollen, allein mir scheint, dass ein wesentliches
Moment in der Schilderung des thatsächlichen
Verlaufes der Entwicklung übersehen wird,
wenn man jenen Umschwung nicht vom Stand-
punkte der Gesamtgeschichte des gelehrten Unter-
richts betrachtet.
Durch das Edikt vom 12. Juli 18 10 war in
Preussen das Examen pro facultate docendi
eingeführt und damit die Schaffung eines selb-
ständigen Standes der Gymnasiallehrer begonnen
worden. Die erste Prüfungsordnung besagte
einfach, dass jeder Kandidat in den philolo-
gischen, historischen und mathematischen
Fächern geprüft und ihm über seine Kenntnisse
ein Zeugnis ausgestellt werden sollte. Demnach
mussten damals alle künftigen Lehrer wenig-
stens die Elemente mathematischer Bildung sich
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
93
zu eigen machen, und dieser Forderung ent-
sprachen die vorher geschilderten Einrichtungen
des Unterrichtsbetriebes an den Universitäten.
Eine Scheidung verschiedener Fächer findet
sich erst in der zweiten Prüfungsordnung vom
20. April 1831, die bestimmt, dass die Prüfung
sich auf folgende Gegenstände erstrecken solle:
Erstens alte Sprachen und Deutsch mit Ein-
schluss von Hebräisch, zweitens Mathematik und
Naturwissenschaften, drittens Geschichte und
Geographie. Kein Kandidat dürfe die Prüfung
in einem der drei Fächer ablehnen, allein es
werde nicht erwartet, dass er in jedem das
gleiche leiste, und es genüge ein Hauptfach.
Wer jedoch an einer Realschule Mathematik
und Naturwissenschaften zu lehren vorhabe, der
dürfe die Prüfung im Griechischen und Hebrä-
ischen gänzlich ablehnen. Diese Bestimmungen
bedeuteten, dass von jetzt an unter den Gym-
nasiallehrern eine Scheidung in fachmässig ge-
bildete Philologen, Mathematiker und Historiker
•eintrat.
Die Rückwirkung auf die Universitäten blieb
nicht aus. Während vorher ein der philosophi-
schen Fakultät angehörender Student Vor-
lesungen über alle darin vertretenen Disziplinen
mit Nutzen hören konnte, wurden diese jetzt
auf die künftigen Fachmänner berechnet, und
das hat zur Folge, dass die Studenten ihre
Thätigkeit mehr und mehr auf die Vorlesungen
ihres Faches konzentrieren.
Die so eingetretene Spezialisierung der
Studien ist durch die dritte Prüfungsordnung
vom Jahre 1 866 legalisiert worden. In ihr wird
die für jeden Kandidaten des höheren Schul-
amts erforderliche „allgemeine'* Bildung auf
Religion, Geschichte, Philosophie und Pädagogik
beschrankt und davon die Fachbildung ge-
schieden, bei der mannigfache Verbindungen
von Einzelfachern zulässig sind; auch bei den
folgenden Prüfiingsordnungen aus den Jahren
1887 und 1898 ist dieser Grundsatz beibehalten
worden.
Die im vorhergehenden angeführten That-
sachen scheinen mir zu beweisen, dass die
Prüfungsordnung vom Jahre 1831 an den philo-
sophischen Fakultäten für spezifisch mathe-
matische Vorlesungen Raum geschaffen hat,
und dass sie, indem Männer wie Jacobi,
Dirichlet und deren Nachfolger Gelegenheit
zu einer fruchtbaren Lehrthätigkeit fanden, für
die Weiterentwicklung der Mathematik selbst
höchst segensreich gewirkt hat. Dabei verkenne
ich keineswegs, dass die Prüfungsordnung allein
dafür nicht verantwortlich gemacht werden darf,
dass vielmehr der treibende Grund, warum eine
Scheidung von Fächern stattgefunden hat, das
rasche Wachstum und die immer stärkere
Differentiierung der verschiedenen Zweige der
mathematisch-naturwissenschaftlichen und histo-
rischen Disziplinen gewesen ist. Das Haupt-
gewicht möchte ich darauf legen, festzustellen,
dass die Aufgabe, die den philosophischen Fa-
kultäten seit Beginn des 19. Jahrhunderts über-
tragen worden war: den Lehrern an den
höheren Schulen die wissenschaftliche
Vorbildung zu geben — denn bis dahin
waren die philosophischen Fakultäten nur die
allgemein -wissenschaftliche Vorschule für die
drei „oberen'' Fakultäten gewesen und die
Lehrer waren aus den theologischen Fakultäten
hervorgegangen — , dass diese neue Aufgabe
der Erfiillung der alten: die wissenschaft-
liche Forschung fortzupflanzen, nicht nur
nicht hinderlich gewesen ist, sondern sie in
hohem Grade gefordert hat.
Während in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts und noch etwas darüber hinaus die
Entwicklung der philosophischen Fakultäten
sich in beständiger Wechselwirkung mit der-
jenigen der höheren Schulen vollzogen hat,
bietet der Schlussabschnitt des Jahrhunderts
ein ganz anderes Bild. Auf den ersten Blick
fällt freilich eine Analogie ins Auge: der fort-
schreitenden Spezialisierung der Fächer an den
Universitäten entspricht eine fortschreitende
Spezialisierung der höheren Schulen. Neben die
Gymnasien treten die Realgymnasien und Ober-
realschulen und gewinnen allmählich immer
grössere Bedeutung. Ausserdem aber werden
Schulen für besondere Bedürfnisse der Praxis
gegründet, höhere Fachschulen; ich nenne etwa
Baugewerkschulen, Maschinenbauschulen, See-
fahrtschulen. Auch diese neuen Triebe am
Organismus des Unterrichtswesens haben sich
bereits als lebens- und entwicklungsfähig er«
wiesen. Trotz dieser äusseren Ähnlichkeit ist
jedoch ein innerer Gegensatz vorhanden, der
besonders scharf bei der Mathematik zum Aus-
druck kommt. Während die neuen Schulen
der Praxis dienen wollen, werden an den Uni-
versitäten gerade die abstraktesten Gebiete der
Mathematik bevorzugt, und es kommt zu einer
häufig unbewussten, gelegentlich aber auch mit
aller Entschiedenheit gewollten Abkehrung von
den Anwendungen.
Die Folge dieses Verhaltens der Universi-
täten ist gewesen, dass für die Vorbildung der
Lehrer an den höheren Schulen nicht mehr in
ausreichender Weise gesorgt wurde. Das zeigt
sich vor allem bei der darstellenden Geometrie,
denn in die Lehrpläne der Realgymnasien
und Oberrealschulen war als Unterrichtsgegen-
stand für die obere Stufe Stereometrie nebst
den Grundlagen der darstellenden Geometrie
aufgenommen worden, und in den zugehörigen
methodischen Bemerkungen wurde gefordert,
dass der stereometrische Unterricht das Ver-
ständnis projektivischen Zeichnens vorbereiten
und unterstützen solle. In der That ist eine
94
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
gründliche Ausbildung der Raumanschauung
für die künftigen Techniker von allergrösstem
Werte; welche Schwierigkeiten vielen Huma-
nisten, die sich der Technik widmen wollen,
aus dem Mangel daraus erwachsen, hat Herr
Slaby mit beredten Worten in dem Gutachten
geschildert, das er für die Verhandlungen über
Fragen des höheren Unterrichts im Juni 1900
erstattet hat. Angesichts einer solchen Sach-
lage ist es auf das lebhafteste zu bedauern,
dass — von wenigen Ausnahmen abgesehen —
die preussischen Universitäten der darstellenden
Geometrie keinen Platz eingeräumt haben. Viele
Lehrer der Mathematik haben die dadurch ver-
ursachte Lücke in ihrer Ausbildung schmerzlich
empfunden, besonders den Mangel an zeich-
nerischer Fertigkeit, die sich anzueignen in den
späteren Lebensjahren sehr schwer, ja manch-
mal unmöglich ist.
Welche Konsequenzen man in den Kreisen
der Lehrer aus diesem Verhalten der Univer-
versitäten gezogen hat, zeigt eine Äusserung
eines als tüchtiger Mathematiker anerkannten
Schulmanns, die bald nach dem Erlass der
Prüfungsordnung vom 12. September 1898 auf
einer preussischen Direktorenkonferenz gefallen
ist: „Die Fachlehrer der Mathematik werden,
wie zu hoffen steht, von der neuen Einrichtung,
während eines Teiles ihrer Studienzeit die tech-
nischen Hochschulen besuchen zu dürfen, in
Zukunft ausgiebig Gebrauch machen. Der tech-
nischen Hochschule wird hauptsächlich die Aus-
bildung der Mathematiker in der darstellenden
Geometrie, im Zeichnen, in der graphischen
Statik und in der Geodäsie zufallen." Von diesem
Standpunkte aus ist es nur ein Schritt zu der
Forderung, dass die gesamte Ausbildung der Lehr-
amtskandidaten der Mathematik den technischen
Hochschulen übertragen werde solle, wobei man
sich darauf beruft, dass in Bayern, Hessen, Sachsen
und in der Schweiz bereits technische Hoch-
schulen als Lehrerbildungsanstalten mit den phi-
losophischen Fakultäten in Konkurrenz getreten
sind. Freilich bestehen dort im Anschluss an
die allgemein- wissenschaftlichen Abteilungen für
diesen Zweck besondere Einrichtungen, an denen
es in Preussen bis jetzt gänzlich mangelt.
Hierin liegt der Grund, warum die Zu-
lassung eines teilweisen Studiums an den tech-
nischen Hochschulen in Preussen geringen Er-
folg haben wird. Die Erfahrung hat wiederholt
gezeigt, dass Studenten der Mathematik, die
sich an einer der technischen Hochschulen
Preussens die für die Facultas in der ange-
wandten Mathematik erforderlichen Kenntnisse
und Fertigkeiten aneignen wollten, enttäuscht
nach der Universität zurückkehrten, indem sich
bald herausgestellt hatte, dass sie bei dem
allein für die Bedürfnisse der Techniker be-
rechneten Unterrichtsbetriebe ihren Zweck nur
mit unverhältnismässigem Aufwände von Zeit
und Arbeit hätten erreichen können. Weit eher
ist eine andere Wirkung jener Bestimmung zu
erwarten, dass nämlich in Zeiten der Überfüllung
des technischen Berufs und ungünstiger Kon-
junkturen der Industrie mancher Techniker um-
satteln und unter Anrechnung der drei Semester
zur Universität übergehen wird.
Dass an den technischen Hochschulen
Preussens für die Bedürfnisse der Lehramts-
kandidaten gesorgt werden wird, erscheint vor-
läufig wenig wahrscheinlich. Einmal verhalten
diese selbst sich durchaus ablehnend, dann aber
ist im Laufe der letzten Jahre in der Haltung
der Universitäten eine wesentliche Änderung
vorgegangen. Den Anstoss dazu hat Herr Felix
Klein gegeben, der schon während seiner Lehr-
thätigkeit in Erlangen (1872 — 1875) und ebenso
nachher in Leipzig (1881 — 1886) der Pflege
der angewandten Mathematik seine Aufmerk-
samkeit zugewandt hatte, dann aber im Laufe
der letzten zehn Jahre durch das Wort und dier
That mit aller Energie dafür eingetreten ist.
Wenn sich jetzt eine Universität nach der an-
dern dem Vorgehen von Göttingen anschliesst,
so betrachte ich das als ein Zeichen, dass die
deutschen Universitäten gewillt sind, um die
von ihnen beanspruchte führende Stellung in
dem geistigen Leben der Nation zu behaupten,
der Fortbildung des höheren Schulwesens auch
ihrerseits ihr Recht zu teil werden zu lassen,
und bin der festen Überzeugung, dass dieser
Entschluss nicht weniger glückliche Folgen für
die mathematische Wissenschaft haben wird,
als zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Über-
nahme der Vorbildung der Gymnasiallehrer.
Denn wenn auch der spezialistischen Pflege der
Mathematik die grossen Fortschritte zu ver-
danken sind, die während der letzten 70 Jahre
gemacht wurden, so muss doch die völlige
Isolierung und Abschliessung von der Aussen-
welt auf die Dauer zu Verödung und Unfi-ucht-
barkeit führen. Ich komme damit auf ein Thema,
das in den letzten Jahren vielfach behandelt
worden ist, besonders von Herrn F. Klein,
von dessen Veröffentlichungen ich den Vortrag
erwähnen möchte: Allgemeines über ange-
wandte Mathematik'), der in dem interessan-
ten Sammelbande der Ostern 1900 bei Gelegen-
heit des Ferienkursus der Oberlehrer für Ma-
thematik und Physik in Göttingen gehaltenen
Vorträge abgedruckt ist.'^)
Es war mein lebhafter Wunsch gewesen,
den vorhergehenden Darlegungen eine präzisere
Form zu geben, sie nämlich mit statistischen
1) Vgl. diese Zcitschr. 2, 13, 1900.
2) Sehr beachtenswert sind auch die Ausführungen von
Herrn Paul Tannery in seiner Besprechung des Werkes
von Loria über die Geschichte der griechischen Mathematik
(Bulletin des Sciences math^matiques (2} 25, 190I, 85 — 90 ).
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
95
Angaben zu versehen. Im besonderen schien
es mir von Wichtigkeit, festzustellen, an welchen
Unterrichtsanstalten Deutschlands mathematisch
vorgebildete Lehrer beschäftigt sind und wie-
viele, und wie gross daher die Anzahl der
Studenten der Mathematik sein muss, damit
weder Mangel noch Überfüllung eintritt. Leider
hat sich herausgestellt, dass die Aufstellung
einer solchen Statistik, die schwieriger ist, als
es beim ersten Blick erscheinen mag, wenn sie
auf Zuverlässigkeit und Vollständigkeit Anspruch
machen will, die Kräfte des einzelnen bei
weitem übersteigt. ^) Es wäre sehr zu wünschen,
dass der Verein zur Förderung des Unterrichts
in der Mathematik und den Naturwissenschaften
sich dieser wichtigen Angelegenheit annehmen
wollte. '^)
Bei dem Unterrichtsbetrieb in der ange-
wandten Mathematik handelt es sich gemäss
der Prüfungsordnung vom 12. September 1898
um drei Gebiete: Darstellende Geometrie, Geo-
däsie, technische Mechanik. Nach den Er-
fahrungen, die bis jetzt gemacht sind, würden die
Vorlesungen etwa in der Weise zu verteilen sein,
dass zunächst in einem Wintersemester eine
grössere, mit Übungen verbundene Vorlesung
über darstellende Geometrie gehalten wird, der
im Sommersemester eine kleinere ergänzende
Vorlesung folgt; gleichzeitig damit könnte auch
graphische Statik oder Kinematik gelesen
werden, die vielfach in denselben Händen wie
die darstellende Geometrie liegen. Im folgen-
den Wintersemester würde die technische Me-
chanik an die Reihe kommen, und den Schluss
des Turnus im vierten Semester die niedere
Geodäsie bilden, da Feldmessungen nur wäh-
rend des Sommers vorgenommen werden können.
Dazu kämen weitere Vorlesungen über spezielle
Gebiete der technischen Mechanik, sowie über
Ausgleichungsrechnung und höhere Geodäsie,
die an geeigneter Stelle einzuschalten wären.
Ungefähr in dieser Art ist der Unterrichtsbetrieb
in Göttingen und Strassburg geregelt.
i) Auf die Wichtigkeit einer solchen Statistik hat bereits
Herr Schoen flies in einem mit grosser Sachkenntnis ge-
schriebenen Artikel aufmerksam gemacht, der in Bd. 69 der
Preassischen Jahrbücher erschienen ist. Eine nützliche
Vorarbeit ist der von Kunze begründete und gegenwärtig
von den Herren Toeplitz und Malberg herausgegebene
Kalender für das höhere Schulwesen Preussens.
Er erstreckt sich jedoch nur auf die Gymnasien, Realgym-
nasien und Obcrrealschulen Preussens, es fehlen also die
anderen deutschen Staaten und die höheren Fachschulen.
2) Dabei müssten alle Lebensstellungen, die sich für
einen Mathematiker darbieten, in Betracht gezogen werden,
also nicht nur die Thätigkeit an höheren Schulen (Universi-
täten und technische Hochschulen eingeschlossen), sondern
auch ao anderen Instituten, etwa an Bergakademien und land-
wirtschaftlichen Hochschulen, Kriegs- und Marineakademien,
an der physikalisch-technischen Reichsanstalt und den Pots-
damer geodätisch-astronomischen Instituten; dazu kommt die
Verwendung von Mathematikern für Zwecke der Optik, Elek-
trotechnik, Ballistik, des Versicherungs- und Bankwesens u.s.w.
Da für die Vorbildung der Lehrer in Süd-
deutschland abweichende Vorschriften gelten,
werde ich mich bei dem folgenden ausfuhrlichen
Berichte auf die zehn preussischen Universitäten
— Münster eingerechnet — beschranken, und
nur Giessen, Jena und Strassburg hinzunehmen,
wo die Verhältnisse ähnlich liegen; Leipzig
kommt leider nicht mehr in Betracht, da die
Pflege der angewandten Mathematik dort in
Vergessenheit geraten ist.
Recht erfreulich steht es mit der darstellen-
den Geometrie, denn es ist Aussicht vorhanden,
dass sie von Ostern 1902 ab fast an allen Uni-
versitäten vertreten sein wird; nur die Univer-
sität Berlin scheint in dieser Beziehung rück-
ständig bleiben zu wollen. Die besten Einrich-
tungen für darstellende Geometrie besitzt Göt-
tingen. Während früher ein besonderer Zeichen-
saal im Auditoriengebäude zur Verfügung stand,
ist jetzt — der starken Frequenz der Vorlesungen
entsprechend — ein ganzes Stockwerk eines
besonderen Gebäudes für die Zwecke der dar-
stellenden Geometrie eingerichtet worden; auch
für die Anfertigung mathematischer Modelle
findet sich dort Gelegenheit. Besondere Zeichen-
säle sind auch in Bonn und in Jena vorhanden ;
der in Bonn ist allerdings nur im Sommer be-
nutzbar. An den anderen Universitäten hat
man sich mit den Räumen der mathematischen
Seminare begnügen müssen, die zunächst auch
ausreichend sein werden. Übrigens ist es ratsam,
mit den zur Verfügung stehenden Mitteln —
auch wenn sie mangelhaft sind — einmal den
Anfang zu machen. Später wird jedoch über-
all die Einrichtung besonderer Zeichensäle an-
zustreben sein, da den Studenten die Möglich-
keit gegeben werden muss, auch ausserhalb der
Übungsstunden nach freiem Ermessen zeichnen
zu können.
Für die Beschaffung der erforderlichen Uten-
silien sind seitens der vorgesetzten Behörden
mehrfach Geldmittel bewilligt worden. Im all-
gemeinen waren Zeichentische und -stuhle an-
zuschaffen, dazu kamen Zeichengeräte für die
Wandtafel, Reissbretter und Reissschienen. In
Strassburg hat der Gesamtaufwand etwa 18 M.
für den Teilnehmer betragen; an anderen Uni-
versitäten sind die Kosten höher gewesen. In
Königsberg ist man mit den Anschaffungen
noch weiter gegangen, dort sind den Studenten
Reisszeuge und andere Zeichenutensilien zur
Verfügung gestellt worden.
Während die Vorlesungen über darstellende
Geometrie an den Universitäten Bonn, Göttingen,
Halle, Jena, Strassburg lebhaft besucht waren,
wird an anderen Orten darüber geklagt, dass
die Studenten keine Neigung dafür zeigten,
wahrscheinlich, weil sie von dem Zweck und
der Bedeutung der darstellenden Geometrie
96
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
keine Ahnung hatten. Es wird Sache der
Professoren sein, die Studenten der Mathematik
auf die Wichtigkeit dieser Disziplin aufmerksam
zu machen, indem sie ihnen z. B. darlegen, dass
jeder Mathematiker, im besonderen aber jeder
Lehrer der Mathematik, die Fähigkeit besitzen
sollte, nicht nur richtig zu rechnen, sondern
auch richtig zu zeichnen, und darauf hinweisen,
dass die neuen Lehrpläne vom Jahre 1901 für
die Prima des Gymnasiums eine „Anleitung zum
perspektivischen Zeichnen räumlicher Gebilde"
als Lehraufgabe vorschreiben, für die Prima
der Realgymnasien aber, nachdem in der Se-
kunda eine solche Anleitung vorausgegangen
ist, die „Grundlehren der darstellenden Geo-
metrie" fordern und bei den Oberrealschulen
eine Weiterführung der darstellenden Geometrie
zulassen'); auch könnte erwähnt werden, dass
die Aneignung dieser Disziplin die Aussicht
auf Anstellung an höheren Fachschulen eröffnet.
Gelegentliche mündliche Belehrungen dieser Art
werden sehr nützlich sein; sie sollten jedoch
durch gedruckte Studienpläne ergänzt werden.
Wenn schon an sich gerade für Mathematiker
behufs zweckmässigen Ganges der Studien eine
Anleitung bei der Wahl der Vorlesungen
wünschenswert ist, so wird sie gegenwärtig, wo
neue Disziplinen hinzutreten, zur dringenden
Notwendigkeit. Ich möchte mich daher der
Aufforderung anschliessen, die Herr F. Klein
in München an die Fachgenossen gerichtet hat,
dass in ähnlicher Weise, wie es bereits in Göt-
tingen und Strassburg geschehen war — und,
füge ich hinzu, wie es inzwischen in Greifswald
und Jena geschehen ist und für Königsberg
(unter Benutzung eines älteren Entwurfs) in
naher Aussicht steht — überall Studienpläne
ausgearbeitet würden, für deren Gestaltung
im einzelnen die individuellen Verhältnisse der
Universitäten massgebend sein müssen. In Breslau
und Göttingen hat man für die angewandte
Mathematik etwas Besonderes gethan, dort sind
neuerdings Ratschläge über das Lehramtsexamen
in diesem Fache an die Studenten der Mathe-
matik verteilt worden, in denen die Bestimmun-
gen der Prüfungsordnung erläutert und die zu
hörenden Vorlesungen angegeben werden.
Die Gewinnung von Lehrkräften für die
darstellende Geometrie ist verhältnismässig leicht
gelungen, da sich hier jüngeren Mathematikern
eine günstige Gelegenheit zu akademischer
Thätigkeit bietet. In Halle, Kiel, Königsberg,
Marburg haben sich Privätdozenten habilitiert,
i) Wie der Unterricht im perspektivischea Zeichßen uüd
in der darstellenden Geometrie gehandhabt werden soll, da-
rüber sind die Ansichten der Lehrer noch sehr geteilt. Das
zeigen die Verhandlungen des Vereins zur Förderung des Un-
terrichts in der Mathematik und den Naturwissenschaften, die
im vorigen Jahre in Hamburg stattgefunden haben; einen Be-
richt hierüber findet man in den von dem Verein herausgege-
benen, sehr lesenswerten Unterrichtsblättern, Jahrg. 1900.
die für dieses Fach besonders vorgebildet
waren. In Strassburg hat man den Privat-
dozenten die Möglichkeit gegeben, ein Semester
an einer technischen Hochschule zuzubringen
und deren Unterrichtsbetrieb kennen zu lernen.
Ein Lehrauftrag fiir darstellende Geometrie ist
bis jetzt nur in Gi essen, Göttingen und Jena
erteilt worden; es ist jedoch nicht daran zu
zweifeln, dass, sobald erst eine erfolgreiche
Lehrthätigkeit in der darstellenden Geometrie
nachgewiesen werden kann, auch an den an-
deren Universitäten das gleiche geschehen wird.
Was den Inhalt der Vorlesungen angeht, so
giebt die Forderung der Prüfungsordnung:
Kenntnis der darstellenden Geometrie
bis zur Lehre von der Centralprojektion
einschliesslich und entsprechendeFertig-
keit im Zeichnen der Individualität des Do-
zenten freien Spielraum. Dementsprechend
herrscht grosse Mannigfaltigkeit. Der eine legt
besonderen Wert auf die Ausbildung der tech-
nischen Fertigkeit, der andere bevorzugt die
theoretische Erfassung der Methode, der dritte
sucht die darstellende Geometrie in möglichst
enge . Beziehung zu anderen mathematischen
Disziplinen, besonders der projektiven Geometrie
und der analytischen Geometrie des Raumes
zu bringen. Wenn erst mehr Erfahrungen ge-
sammelt sein werden, wird es Aufgabe der
Deutschen Mathematiker- Vereinigung sein, Ge-
legenheit zu gegenseitigem Meinungsaustausch
zu geben, denn sie hat ja den Zweck, die ver-
schiedenen Teile und zerstreuten Organe der
Wissenschaft in lebensvolle Verbindung und
Wechselwirkung zu setzen.
Weniger Günstiges ist über Geodäsie zu
berichten, deren Einführung an den Universitäten
vielfach auf Schwierigkeiten stösst. Am besten
steht es mit den Vorlesungen über höhere
Geodäsie und Ausgleichungsrechnung, die nicht
wenige Mathematiker zu übernehmen im stände
sind und fiir die Astronomen, zum Teil auch
Physiker, helfend eintreten können. Bedenklicher
wird es bei der niederen Geodäsie, da die Aus-
führung von Messungen im Gelände einen ziem-
lich kostspieligen Apparat (Theodoliten u. s. w.)
erfordert. In Göttingen ist es gelungen, Mittel
flüssig zu machen, um die Sammlung mathe-
matischer Apparate und Modelle in diesem
Sinne zu erweitern; die betreffende Abteilung
ist in demselben Gebäude, wie die darstellende
Geometrie untergebracht. In Breslau, Jena und
Strassburg hat man die geodätischen Übungen
an die Sternwarte angliedern können. In Bonn
und Halle bietet sich die Möglichkeit, landwirt-
schaftliche Dozenten, in Giessen forstwissen-
schaftliche heranzuziehen; in Kiel wird, ent-
sprechend den maritimen Interessen Nordwest-
deutschlands, die nautische Seite zu bevorzugen
und Anschluss an die Marine zu erstreben sein.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
97
Am wenigsten befriedigend ist der Zustand
des Unterrichtsbetriebes in der technischen
Mechanik. Wenn man von der graphischen Statik
absieht, für die keine besonderen Veranstaltungen
erforderlich sind, sobald für die darstellende
Geometrie gesorgt ist, so sind nur in Giessen,
Göttingen, Halle und Strassburg mit Übungen
verbundene Vorlesungen über technische Me-
chanik abgehalten worden. Diesen Universitäten
wird sich demnächst Jena anreihen, wo ein be-
sonderes Institut für technische Physik erbaut
werden soll.
Die erste Schwierigkeit, die bei der tech-
nischen Mechanik vorliegt, besteht in der Be-
schaffung der erforderlichen instrumentellen Ein-
richtung. Sie ist nicht so gross, als man viel-
fach glaubt. So umfangreiche und kostspielige
Institute wie in Göttingen werden freilich für
andere Universitäten nicht zu erschwingen sein,
sie sind aber auch für den gewöhnlichen Betrieb
nicht notwendig. Es genügt, wenn seitens der
Physiker, die freilich vielfach der Pflege der ange-
wandten Mathematik an den Universitäten noch
gleichgültig, wenn nicht unfreundlich gegenüber-
stehen, die Benutzung der Institute und ihrer
Einrichtungen gestattet wird und wenn einige
Demonstrationsapparate angeschafft werden,
deren Kosten — nach dem Urteil Sachverstän-
diger — die Höhe von 1000 M. nicht über-
schreiten werden. An manchen Orten werden
sich Erleichterungen bieten, z. B. wo landwirt-
schaftliche Institute maschinentechnische Ein-
richtungen besitzen; in Kiel wird vielleicht die
im Entstehen begriffene höhere Schiffs- und
Maschinenbauschule von Nutzen sein.
Weit ernsthafter ist die zweite Schwierigkeit,
geeignete Lehrkräfte zu finden. Die Dozenten
der Mathematik sind fast alle rein theoretisch
ausgebildet, und nur wenigen wird es gelingen,
sich nachträglich in die technische Mechanik
einzuarbeiten. Gegen Ingenieure ist in den
meisten Fällen einzuwenden, dass ihnen die-
jenige mathematische Vorbildung fehlt, die bei
akademischen Vorlesungen über technische Me-
chanik notwendig ist. Man wird sich daher
bescheiden müssen und nur auf die allmähliche
Besserung rechnen dürfen, die dadurch herbei-
geführt werden wird, dass wenigstens an einigen
Universitäten die technische Mechanik, hier aber
zum Teil in ganz ausgezeichneter Weise, vertreten
ist. Die neue Generation der Mathematiker wird
dort Gelegenheit finden, sich in diesem Fache
zweckmässig auszubilden, und es werden später
Privatdozenten der Mathematik die betreffenden
Vorlesungen und Übungen übernehmen können.
Bis jetzt sind nur wenige Kandidaten für
die facultas docendi in der angewandten Mathe-
matik zur Prüfung gelangt, in Berlin-Charlotten-
burg zwei, in Göttingen einer, und ihre Zahl
wird wahrscheinlich während der nächsten Jahre
gering bleiben. Die Frage, wie die ziemlich
weiten Bestimmungen der Prüfungsordnung ge-
handhabt werden sollen, ist daher gegenwärtig
noch nicht brennend. Dagegen werden einige
Mitteilungen über die Examinatoren in der an-
gewandten Mathematik von Interesse sein. Nur
für die Provinzen Ost- und Westpreussen und
Pommern ist es noch nicht gelungen, die Stellen
in der Prüfungskommission zu besetzen. Bei den
übrigen acht Kommissionen giebt es neun
Examinatoren, da Schlesien deren zwei aufweist.
Von ihnen gehört einer dem Lehrkörper eines
Gymnasiums an, einer dem einer technischen
Hochschule, zwei sind Direktoren von Maschinen-
bauschulen und fünf Universitätsprofessoren.
Auch in diesem Zahlenverhältnis kommt der
gute Wille der Universitäten zum Ausdruck,
den Unterrichtsbetrieb in der angewandten
Mathematik zu fordern, für dessen weitere Ent-
wicklung nunmehr eine sichere Grundlage ge-
wonnen ist.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen ii. Oktober 1901.)
O.LummerundE.Pring8heim(Berlin), Tem-
peraturbestimmung mit' Hilfe der Strahlungs-
gesetze. (Vorgetragen von E. Pringsheim.) ')
Auf der letzten Versammlung in Aachen
konnte ich der physikalischen Abteilung die
Resultate unserer Versuche über die schwarze
Strahlung bei langen Wellen, zwischen 12 fi und
iS fi vorlegen 2), durch welche der Nachweis er-
bracht war, dass die Wiensche Spektral-
gleichung keine allgemeine Gültigkeit hat, und
dass auch die auf dem Gebiete der kürzeren Wellen
von uns beobachteten Abweichungen von dieser
Gleichung real waren. Inzwischen haben —
nachdem auch die Herren Rubens und Kurl-
baum durch Versuche mit einigen noch längeren
Wellen zu analogen Resultaten gelangt waren —
alle diejenigen Forscher, welche früher auf
Grund theoretischer oder experimenteller Unter-
suchungen für die Wiensche Gleichung einge-
treten waren, diesen Standpunkt aufgegeben.
Herr Planck hat seine theoretische Herleitung
der Wien sehen Gleichung durch einen anderen
Gedankengang ersetzt, welcher seine neue
Spektralgleichung :
als theoretisch wahrscheinlich erscheinen lässt,
und Herr Paschen hat seine früheren Ver-
suche, welche die Richtigkeit der Wienschen
Gleichung bis zu den höchsten von ihm unter-
suchten Temperaturen und bis zu Wellenlängen
von 9 //bestätigt hatten, widerrufen und hat neue
i) Abteilung 3, 23. Sept. 1901.
2) Vgl. diese Zeitschrift 2, 154, 1900.
98
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 5.
Versuche veröffentlicht, welche mit grosser
Genauigkeit die Allgemeing^ltigkeit derPlanck-
schen Gleichung beweisen sollen. Wir haben
an einem andern Orte') die Gründe ausein-
andergesetzt, aus denen uns die Paschenschen
Versuche nicht geeignet erscheinen, der Plan ck-
schen Gleichung als Stütze zu dienen. Was
nun die Frage nach der Gültigkeit dieser
Gleichung betrifft, so gebührt ihr der Vorrang
vor allen anderen bisher aufgestellten Spektral-
gleichungen und sie kommt der Wahrheit
jedenfalls sehr nahe. Aber auch sie zeigt an
gewissen Stellen zwar nicht grosse, aber syste-
matische Abweichungen sowohl von unseren Ver-
suchen, als auch von denen der Herren Rubens
und Kurlbaum, so dass die Frage, ob sie
die schwarze Strahlung vollständig darstellt,
als abgeschlossen noch nicht betrachtet werden
kann.
Dennoch schien uns die Kenntnis der
Strahlungsgesetze so weit geklärt und fortge-
schritten zu sein, dass wir es an der Zeit
glaubten, Bestrebungen wieder aufzunehmen,
über welche ich schon auf der Münchener
Versammlung berichtet habe, nämlich die Be-
strebungen, die Strahlungsgesetze der Tem-
peraturmessung dienstbar zu machen.
Die Strahlungsgesetze sind nämlich geeignet,
als Grundlage einer neuen Temperaturskala
zu dienen, welche für niedere Temperaturen
identisch ist mit der gebräuchlichen gasthermo-
metrischen Skala, aber auf viel höhere Tempe-
raturen ausgedehnt werden kann, als es die
Methode des Gasthermometers zulässt. Hier
kommen zunächst drei für die schwarze Strah-
lung gültige Gesetze in Betracht:
. *f (Stefan-Boltzmannsches
.)Uv^ = a7^ Gesetz.)
2) XmT=A \ (enthalten im Wienschen
3) Em T^^=^ B I Verschiebungsgesetz.)
Hier ist £1 der zwischen den Wellenlängen
^ und X -\- ä^ enthaltene Anteil der schwarzen
Strahlung für die absolute Temperatur T, während
Xm die W^ellenlänge ist, für welche bei dieser
Temperatur die Energie £x im Normalspektrum
ihr Maximum Em hat; 0, A und B sind ge-
nügend genau bestimmte Konstanten.
Die wohlbegründete theoretische Herleitung
und die experimentelle Bestätigung dieser Ge-
setze lässt wohl kaum einen Zweifel, dass ihnen
die Bedeutung wahrer Naturgesetze zukommt,
und dass die mit Hilfe eines jeden von ihnen
(durch Beobachtung der Gesamtstrahlung, oder
der Lage Xm oder der Grösse Em des Energie-
maximums) gefundene Temperatur eines
schwarzen Körpers für alle erreichbaren Tem-
i) Ü. Lunimer und E. Pringsheim, Ann. d. Physik
e, 192—210, 1901.
peraturen die gleiche ist und auch mit der
thermodynamisch definierten übereinstimmt. Bei
der experimentellen Bestätigung dieser Gesetze
wurde die Temperatur mit Hilfe eines Le Cha-
telierschen Thermoelementes gemessen, welches
von den Herren Holborn und Day an das Gas-
thermometer angeschlossen ist. Dieser Anschluss
reicht nur bis 1 1 50^ C. und dies ist die obere
Grenze der Temperaturen, welche bisher mit Hilfe
der gasthermometrischen Skala haben exakt ge-
messen werden können. Durch Extrapolation
der empirischen Formeln für die thermoelektrische
Kraft dieser Elemente konnten obige Gesetze
bis über 1400® C. bestätigt werden. Diese
Versuche kann man als eine Eichung der
Thermoelemente zwischen 11 50 und 1400^0.
mit Hilfe der neuen strahlungstheore-
tischen Temperaturskala betrachten, eine
Eichung, welche ergeben hat, dass auf diesem
Gebiete die thermoelektrische Kraft demselben
Gesetze folgt, welches bei weniger hohen Tem-
peraturen mit dem Gasthermometer gefunden
worden war.
Um die Temperaturskala über diese Grenze
hinaus fortzusetzen, ist es nötig, die schwarze
Strahlung bis zu möglichst hohen Temperaturen
dem Experimente zugänglich zu machen. Zu
diesem Zwecke haben wir einen schwarzen Körper
konstruiert, bei welchem ein durch den elelrtri-
schen Strom geglühtes dünnwandiges Kohle-
rohr die Strahlung aussendet. Ein Pfropf aus
Kohle, Nernst masse oder dergl. dient als strahlende
Rückwand, durch welche auch ein Thermoelement
in den Hohlraum eingeführt werden kann. Um
die Aussenseite der Kohle vor dem Verbrennen
zu schützen, ist das Rohr möglichst hermetisch
von einem zweiten, elektrisch von ihm isolierten
Kohlerohr umgeben. Um den Eintritt des at-
mosphärischen Sauerstoffs durch die Strahlungs-
öffnung in das Innere des Rohres zu ver-
mndern, ist der Öffnung eine Metallhülse vor-
gelegt, welche durch einen Stickstoffetrom
langsam durchflössen wird. Auf diese Weise ge-
lang es, Kohlerohre von 1,5 bis 0,75 mm Wand-
stärke stundenlang zu glühen, ohne dass die
Wandstärke sich merklich verminderte. Um den
Wärmeabfluss nach aussen möglichst zu ver-
hindern, ist das Kohlerohr durch mehrfache
Hüllen aus schwer schmelzbarer Masse mit Luft-
zwischenräumen umgeben.
Zur Messung der Temperatur dieses schwar-
zenKörpers kann jedes der drei oben angegebenen
Gesetze dienen. Ist die Temperatur bestimmt,
so kann man hoffen, durch Messung der Ener-
gieverteilung eine erweiterte Prüfung der
Strahlungsgesetze und genaueren Aufechluss
über die Gültigkeit der Planckschen Gleichung
zu gewinnen.
Zur Temperaturbestimmung bietet sich aber
noch eine andere Methode dar, welche be-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
99
sondere Vorteile hat. Es ist dies die spektral-
photometrische Methode, welche nicht bloss
fiir den schwarzen Körper, sondern auch zur
Temperaturbestimmuhg anderer Körper anwend-
bar ist, und unter Zugrundelegung des schwarzen
Körpers zuerst von Herrn Wann er zur Bestim-
mung der Temperatur der Bogenlampe und der
Circonlampe verwertet worden ist.') Paschen
und Wann er hatten die Intensität der Strahlung
des schwarzen Körpers für verschiedene Wellen-
längen des sichtbaren Spektrums spektralphoto-
metrisch gemessen und gefunden, dass — wie es
die Wien sehe Spektralgleichung verlangt — die
in der Form log E'=^f{\\T) dargestellten iso-
chromatischen Kurven der spektralen Hellig-
keit gerade Linien waren. Da die zu diesen Ver-
suchen benutzten schwarzen Körper keineswegs
einwandfrei waren, so hielten wir es für geboten,
diese photometrischen Messungen mit dem von
uns früher benutzten elektrisch geglühten
schwarzen Körper 2) zu wiederholen. In der
That ergaben sich in Übereinstimmung mit der
Wienschen und Planckschen Gleichung iso-
chromatische Geraden. Der aus ihnen berech-
nete Wert der Konstanten c der Planckschen
Gleichung ergab im Mittel 14580, während aus
der Beziehung c = 4,965 2.^ T der Wert 14600
folgt. Da für Werte des Produktes i. T, welche
unterhalb 3000 liegen, die Wiensche Gleichung
von der Planckschen um weniger als 1% ab-
weicht, so ist es für das Gebiet der sichtbaren
Wellen bei der Kleinheit von X in der That
erlaubt, die isochromatischen Geraden bis zu
Temperaturen von etwa 5000^ durch ein-
faches Verlängern zu extrapolieren. Um
die Temperatur eines schwarzen Körpers zu be-
stimmen, braucht man daher nur die photo-
metrische Helligkeit^ für eine bestimmte Wellen-
länge zu messen und diejenige Stelle in der zuge-
hörigen, vorher bestimmten isochromatischen
Geraden aufzusuchen, bei welcher die Ordinate
den Wert log E hat. Die zugehörige Abscisse
ergiebt dann den Wert von i/Zl
Herr Wanoer wendete dieselbe Methode
unmittelbar auf andere Körper an und schloss
aus der Übereinstimmung der mit Hilfe der
Isochromaten für verschiedene Wellenlängen
gefundenen Temperaturen, dass die untersuchten
Körper nahezu schwarz seien. Dieser Schluss ist
nicht richtig, vielmehr besteht der Vorzug dieser
Methode gerade darin, dass sie auch für solche
Körper brauchbare Resultate liefert, welche
erbeblich vom schwarzen Körper abweichen.
Um die Fehlergrenze der Methode kennen zu
1) H. Wanoer, Ann. d. Physik 2, 141, 1900; O.Lummer
und E. Pringsheim, Verhdl. der deutsch. Phys. Ges. 3,
36, 1901. Vgl. diese Zeitschrift 1, 226, 1900.
2) O. Lämmer und F. Kurlbaum, Verhandl. der
Phys. Ges. zu Berlin, 17, 106, 1898 und Ann. d. Physik, 6,
829, 1901.
lernen, wendeten wir sie auf blankes Platin an,
also einen Körper, der sehr weit vom schwar-
zen entfernt ist. Wir bestimmten die Temperatur
des Platins aus den isochromatischen Geraden
und gleichzeitig direkt mit einem Thermoele-
ment. Die Differenzen waren verhältnismässig
gering, bei iioo^ ads, etwa 40^ bei 1880** ^^^J.
iio^ Bei den meisten anderen Körpern, be-
sonders dem fiir die Strahlungstechnik wichtig-
sten, der Kohle, werden die Fehler bedeutend
kleiner sein. Die Anwendbarkeit der Methode
beruht auf dem ausserordentlich schnellen Fort-
schreiten der photometrischen Intensität mit
der Temperatur. So tritt z.B. fiir ^==-0,589/^
schon eine Verdoppelung der Helligkeit des
schwarzen Körpers ein, wenn die Temperatur
von 1800" auf 1875" abs. steigt. Dieses schnelle
Anwachsen ergiebt sich auch aus Versuchen,
welche wir, veranlasst durch eine Anfrage aus
dem N ernst sehen Laboratorium, angestellt
haben, um die Gesamtlichtstärke des schwarzen
Körpers in Hefherkerzen auszudrücken. Wir
fanden fiir
I mm^ des schwarzen Körpers
bei 1175^ C. etwa 0,0042 HK
1325 0,0220
1435 0,0635
durch Extrapolation würden sich daraus er-
geben
bei 1 500® C. etwa o, i HK
1700 0,5
1800 1,0
Die spektralphotometrische Methode der
Temperaturbestimmung wurde auf eine stark-
fadige Glühlampe bei verschiedenen Glühzu-
ständen angewendet, fiir deren Temperatur wir
früher') aus der Beobach ung der spektro-
bolometrisch gefiindenen Lage des Energie-
maximums einen Maximal- und einen Minimal-
wert bestimmt hatten. Die photometrische
Methode ergiebt fiir einen nicht schwarzen
Körper stets einen zu kleinen Wert. In der That
fallt die so fiir die Glühlampe bei den verschie-
denen, durch die Stromstärke definierten Glüh-
zuständen gefundene Temperatur zwischen die
früher bestimmten Werte:
it
it
tt
99
n
tf
>>
>9
absolute Temperatur des Kohlefadens
Ampfere
9.46
12.87
photometrisch
T.
1760
2040
2190
bolometrisch
T. max. I T. min.
1840
2100
2300
1640
l8:5o
2050
Die Temperaturen der Glühlampe sind also
zwischen die ziemlich engen Grenzen 1760 und
I) O. Lummer und E. Pringsheim, Verhandl. der
deutsch. Phys. Ges. 1, 230 ff., 1899. •
lOO
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
1840, 2040 und 21CX), 2190 und 2300^ abs. ein-
geschlossen.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
Diskussion.
Kurlbaum: Ich möchte auf ein optisches
Pyrometer aufmerksam machen, das im Juniheft
( 1 90 1 ) der Sitzungsberichte der Berliner Akademie
der Wissenschaften von Holborn und mir be-
schrieben ist. In der Röntgenausstellung, die hier
untergebracht ist, befindet sich eines, das zu-
nächst für technische Zwecke eingerichtet ist,
aber wegen seiner Empfindlichkeit auch für wis-
senschaftliche Untersuchungen geeignet ist. Das
Prinzip des Apparates besteht darin, dass ein
Fernrohr auf den glühenden Körper unbekannter
Temperatur gerichtet und durch das Objektiv
ein Bild des Körpers entworfen wird, welches
mit einem elektrisch geglühten Platin-Iridium-
draht zusammenfällt. Beide werden zugleich
mit dem Okular betrachtet, vor welches noch,
um im homogenen Lichte beobachten zu können,
ein rotes Glas geschoben ist.
Die Eichung des Instrumentes, bei dem der
Platin-Iridiumdraht auch durch eine Glühlampe
ersetzt werden kann, findet in folgender Weise
statt: Die Temperatur des schwarzen Körpers
wird mit dem Thermo-Element gemessen, und
zu gleicher Zeit wird die durch den Draht flies-
sende Stromstärke so reguliert, dass die heisseste
Stelle des Drahtes auf dem hellen Hintergrunde
verschwindet. Bei diesem Kriterium der Tem-
peraturgleichheit wird am Amperemeter die Strom-
stärke abgelesen, und die Temperatur angefugt,
so dass man ein Amperemeter erhält, welches
direkt die Temperatur abzulesen gestattet. Es
kommt zu statten, dass mit der Temperatur eine
ausserordentliche Steigerung der Helligkeit statt-
findet. Macht man umgekehrt aus der Hellig-
keit den Schluss auf die Höhe der Temperatur,
so ist derselbe sehr sicher, weil die Temperatur
mit der Helligkeit sehr wenig variiert. Versuche
mit völlig unbefangenen Beobachtern zeigen, dass
man bei 1000^ auf i^ richtig einstellt. Dass
diese photometrische Einstellung so empfindlich
ist, beruht wohl darauf, dass dieselben Netz-
hautelemente von der Grenzkante des Platin-
Iridiums und der als hell erscheinenden Fläche
getroffen werden. Die Strahlung im sichtbaren
Gebiet ist bei hohen Temperaturen von der
Natur des strahlenden Körpers wenig abhängig,
wie schon Becquerel gefunden hat, und ge-
nauer von LummerundPringsheim festgestellt
ist. Für so hohe Temperaturen, wie sie sich durch
den schwarzen Körper noch nicht verwirklichen
lassen, wird vor dem Objektiv eine Licht-
schwächung angebracht, und die Temperatur
mit Hilfe des Wien sehen Gesetzes extrapoliert.
Für so hohe Temperaturen kommt es aber der
Technik weniger darauf an, die Temperatur ge-
nau zu kennen, als vielmehr die gleiche Tem-
peratur stets wieder herstellen zu können.
Planck: Ich möchte die Frage stellen, ob
die Voraussetzung, dass die Temperatur der
Kohle zwischen der des Platins und des schwar-
zen Körpers liegt, absolut sicher ist, oder ob
darin nicht vielleicht eine Unsicherheit liegt.
Pringsheim: Ganz ohne Voraussetzungen
kann man wohl nicht auskommen. Dass die
Strahlung der Kohle derjenigen des schwarzen
Körpers näher liegt, als die des Platins, ist wohl
von vornherein sehr wahrscheinlich. Weiter
haben wir die Energieverteilung zu Grunde
gelegt und haben gesehen, dass die Kurve sich
zwischen die des schwarzen Körpers und die
des Platins zwischenschmiegt. Je höher übrigens
die Temperaturen werden, um so mehr nähert
sich die Strahlung des Platins der des schwarzen
Körpers.
Planck: Ist das eine allgemeinere Thatsache,
dass die Strahlung der Metalle sich mit hoher
Temperatur der des schwarzen Körpers nähert,
oder ist das nur bei Platin der Fall?
Pringsheim: Über andere Metalle habe
ich keine Erfahrung; aber es ist wohl anzu-
nehmen, dass es sich allgemein so verhält.
Rubens: Ich glaube, dass man aus den
übrigen Eigenschaften der Metalle schliessen
kann, dass bei hohen Temperaturen ihr Emis-
sionsvermögen relativ grösser ist, weil sie
bei tiefen Temperaturen längere Wellen aus-
senden und für • diese ihr Reflexionsvermögen
einen grösseren Wert hat.
Kurlbaum: Bei Extrapolation der Kurven,
welche die Gesamtstrahlung des Platins und die
des schwarzen Körpers in ihrer Abhängigkeit
von der Temperatur darstellen, würden sich
dieselben bei 9000^ abs. schneiden.
Lummer: Vom Silber weiss man aus den
Versuchen von Christiansen, dass es bei tiefer
Temperatur nur den 20. Teil der Energie des
schwarzen Körpers aussendet, während es bei
höheren Temperaturen sicher dem schwarzen
Körper viel näher liegt.
(Eingegangen 9. Oktober 1901.)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
lOI
BESPRECHUNGEN.
W. Ostwald, Die wissenschaftlichen Grund-
lagen der analytischen Chemie, elementar
dargestellt. Dritte vermehrte Auflage, gr. 8.
XI u. 221 S. mit 2 Fig. Leipzig, Wilhelm
Engelmann. 1901. Gebunden M. 7. — .
Wenn die Vertreter der reinen Chemie, die
dem Eindringen der physikalisch - chemischen
Theorien in ihr Gebiet solange hartnäckigen
Widerstand entgegengesetzt haben, heute zum
grossen Teile die Waffen gestreckt haben, so
ist das nicht zum wenigsten dem kleinen, in-
haltreichen Werke zuzuschreiben, dessen dritte
Auflage vorliegt. Die Reaktionen der analy-
tischen Chemie sind fast ausnahmslos lonen-
reaktionen, so kommt es, dass das Lehrgebäude
der analytischen Chemie auf der Grundlage der
Dissoziationstheorie ein völlig verändertes Aus-
sehen erlangt hat. Das Thatsachenmaterial ist
nach neuen Gesichtspunkten geordnet leichter
übersehbar geworden, empirisch Gefundenes ist
als notwendig erkannt worden, und auch der
heuristische Wert der veränderten Anschauungs-
weise hat sich in einer Reihe von Fällen ge-
zeigt, indem neue analytische Reaktionen auf-
gefunden wurden.
Der Wert des Buches als einer Einführung
in die neueren chemischen Theorien ist in der
dritten Auflage noch dadurch erhöht worden,
dass in einem Anhange eine Reihe ausserordent-
lich instruktiver Versuche beschrieben wird,
welche jenem Zwecke dienen sollen. A. Coehn.
(Eiogegangen i6. September 1901.)
Eduard Jordis, Die Elektrolyse wässriger
Mctallsalzlösungen. Mit besonderer Berück-
sichtigung der in der Galvanotechnik üblichen
Arbeitsweisen, gr. 8. VI u. 137 S. mit 11
Fig. u. 2 Tafeln. Halle a. S., W. Knapp.
1901. M. 4. — .
Das Buch enthält in seinem wertvollsten
Teile eine Zusammenstellung von Vorschriften,
welche für die elektrolytische Abscheidung der
verschiedenen Metalle gegeben worden sind.
Der Verfasser macht den interessanten Versuch,
einen Teil dieser lediglich empirisch gefundenen
Vorschriften, auf Grundlage der neueren Theo-
rie der Lösungen zu deuten.
Die theoretischen Ausfuhrungen müssen an
vielen Stellen als nicht einwandfrei bezeichnet
werden. Beispielsweise ist das von Nernst
angegebene und von Glaser ausgeführte Ver-
fahren zur Messung von Zersetzungsspannungen
missverstanden (vergl. S. 100). Die Ausfüh-
rungen über die Indigoreduktion sind unan-
nehmbar; es soll dabei anodisch — ob pri-
mär oder sekundär — an einer Zinkelektrode
in Natronlauge Wasserstoff entstehen — und
zwar durch den Strom, nicht etwa durch Lokal-
aktion. Es würde zu weit fuhren, andere Irr-
tümer hier aufzuzählen.
Immerhin ist das kleine Werk als ein Ver-
such zu begrüssen, die so reichlich vorhandenen
Vorschriften der galvanotechnischen Praxis wis-
senschaftlicher Durcharbeitung näher zu rücken.
A. Coehn.
(Eingegangen 16. September 1901.)
Karl Elbs, Die Akkumulatoren. Eine gemein-
fassliche Darlegung ihrer Wirkungsweise,
Leistung und Behandlung. Dritte vermehrte
und verbesserte Auflage, gr. 8. 48 S. mit
3 Fig. Leipzig, Johann Ambrosius Barth. 1901.
M. I. — .
Die kleine zur ersten Information über Akku-
mulatoren vortrefflich geeignete Schrift erscheint
jetzt in dritter Auflage. Dem Theoretiker kann
sie als beste Einleitung zu dem die Grundthat-
sachen und Grundbegriffe bereits voraussetzen-
den unlängst (2, 465, 1901) hier besprochenen
Werke von Dolezalek dienen.
Für eine Neuauflage wäre es vielleicht an-
gebracht, zur Deutung der Wasserstoffentwicke-
lung bei Berührung der Bleischwammplatte mit
einem Platindrahte (S. 29) den Begriff der
Überspannung heranzuziehen. Eine momentane
Stromentstehung findet auch bei Berührung mit
Kupferdraht statt. Aber Wasserstoffentwicke-
lung findet hier nicht statt, weil es zur Ent-
wicklung gasförmigen Wasserstoffes am Kupfer
einer höheren Spannung bedarf als am Platin.
A. Coehn.
(Eingegangen 16. September 1901.)
Kr. Birkeland, Norwegische Expedition von
1899 — 1900 zur Erforschung der Nordlichter.
8^. 80 Seiten u. 12 Tafeln. Christiania, A. W.
Brögger. 1901.
Das vorliegende Werk ist eines der wenigen
über erdmagnetische Variationen, die sich statt
auf lange Reihen von Mittelwerten auf Unter-
suchungen über Einzelerscheinungen erstrecken;
es ist sein Zweck, die Natur der grösseren
magnetischen Störungen zu erklären und in
Einklang damit die der Nordlichter. Die ein-
geschlagenen Wege sind vollkommen neue, das
Material ein ausgezeichnetes und es ist das
Experiment in einer Ausdehnung zu Hilfe ge-
zogen, wie dies seither noch nie geschehen.
-j
I02
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5.
_- - 1^
In der Hauptsache wird nur derjenige Teil
der täglichen Variationen untersucht, der die
grösseren Störungen hervorruft. Die Beob-
achtungen bestehen durchaus nicht nur aus den
Registrierungen der Expedition, sondern da-
neben noch aus denen von Potsdam, Pawlowsk,
Paris, Kopenhagen, Greenwich und Toronto;
auch werden die Beobachtungen des Polarjahres
1882 — 83 in eingehender Weise besprochen.
Verf. geht von der Idee aus, diese Störungen
seien von elektrischen Strömen in den oberen
Schichten der Atmosphäre venirsacht, eine An-
nahme, die seit Schusters Untersuchungen als
wahrscheinlich allgemein angenommen ist. Für
bestimmte Tage berechnet er aus den regi-
strierten Kurven gestörter Tage, die Grösse der
Totalstörung zu jeder Stunde und die Richtung,
von woher die Störungsursache zu wirken
scheint. Ist einmal die Annahme gemacht, dass
die Ströme in der Atmosphäre zu suchen sind,
so geben die Variationen der Vertikalkompo-
nente die Stromrichtung an, und es gelingt
dem Verf., ein System der Stromlinien zu er-
halten, das alle beobachteten Erscheinungen
befriedigend erklärt. Aus den höheren Breiten
treten die Stromlinien dichtgedrängt in die mitt-
leren Breiten ein und divergieren bald so stark,
dass in diesen Gegenden die Intensität der
Störungen rasch erheblich sinkt. Es entsteht
ein östlicher und ein westlicher Stromzweig,
deren jeder nach des Verf.'s Vermietung sich zu
einem Stromwirbel schliesst. Innerhalb dieses
Systems, das im Räume ruht, rotiert die Erde,
wie dies bei dem Schuster-Bezoldschen Felde
der täglichen Variation ') ebenfalls der Fall ist.
Der Unterschied besteht nur darin, dass das
Störungsfeld schnellen Änderungen unterworfen
ist. Nachdem diese Anschauungen aus den
Beobachtungen der verschiedenen Stationen ab-
geleitet worden sind, zeigt der Verfasser am
Experimente die Möglichkeit solcher Strom-
systeme. Er benutzt dazu einen kugelförmigen
Elektromagneten, dessen Eisenkern so gestaltet
ist, dass er ein ähnliches Feld besitzt, wie die
Erdpole. Diesen Magneten bringt er in einen
von Kathodenstrahlen durchsetzten Raum. Bei
Erregung des Magneten finden Ablenkungen
statt, welche durch Platincyanür sichtbar ge-
macht werden und es zeigt sich, dass der Gang
der Strahlen den angenommenen Strömen ent-
spricht.
Er untersucht nun des weiteren experimen-
tell den Einfluss eines magnetischen Feldes auf
den Gang der Kathodenstrahlen. Als Ergebnis
stellt er folgende Ansicht hin. In Gegenwart
eines magnetischen Feldes verteilt sich die posi-
tive Strömung in Bändern durch das sogenannte
Vakuum, die ihrerseits Kathodenstrahlen zweiter
l) Diese Zeitschr. % 123, 1900.
Art aussenden. Diese aber gehen wie die ge-
wöhnlichen den magnetischen Kraftlinien ent-
lang. Er acceptiert die Ansicht Goldsteins,
wonach als Träger der positiven Strömung die
Gasteilchen selbst aufzufassen sind, und so auch
bei den Luftteilchen der höchsten Schichten
unserer Atmosphäre. Hier bilden ihre Gesamt-
heit jene Ströme, welche die magnetischen
Störungen verursachen; die von ihnen aus-
gehenden Kathodenstrahlen zweiter Art bilden
dann mit dem erdmagnetischen Felde die ver-
schiedenen Formen des Nordlichtes. Ks ist
unmöglich, an dieser Stelle mehr als den Ge-
dankengang und die Resultate anzugeben, doch
sei bemerlrt, dass die Ableitung der letzteren
mit den Thatsachen der Beobachtungen und
Experimente in vollem Einklang steht, wenn
sie auch erst auf langwierigem Wege erhalten
werden.
Zu Eingang des Werkes befindet sich eine
Untersuchung über simultane magnetische Va-
riationen in Bossekop beim Nordkap und Pots-
dam, d. i. über die von Eschenhagen') ent-
deckten Elementarwellen des Erdmagnetismus.
Als es dem letztgenannten Erdmagnetiker ge-
lungen war, Intensitätsunifilare von hoher Em-
pfindlichkeit herzustellen^), entdeckte er bald
sehr regelmässige Sinuswellen kleiner Amplitude,
die fast stets eine Periode von 30 Sek. besassen
und die kleinsten Änderungen des Erdmagnetis-
mus darstellen. Da ein System solcher Apparate
in Bossekop, der Station der norwegischen Ex-
pedition aufgestellt war, und während mehrerer
Tage telegraphisch vereinbarte simultane Re-
gistrierungen mit Potsdam stattfanden, so ent-
stand ein reichhaltiges Material. Meist waren
die zu gleicher Zeit erhaltenen Kurven durch-
aus verschieden, um so überraschender ist die
vollkommene Übereinstimmung an ruhigen
Tagen. Eine Verschiedenheit ist überhaupt nur
in der Grösse der Schwankungen vorhanden,
während die Eintrittszeit bis auf die Ablese-
genauigkeit von s' in Bossekop identisch ist
mit der in Potsdam. Während dieser ruhigen
Zeit waren die Elementarwellen sehr regelmässig
ausgebildet. Verf. hat nun in Potsdam das ge-
samte hier erlangte Material an sogenannten Fein-
registrierungen verarbeitet und zugleich das der
drei Monate in Bossekop und dabei gefunden,
dass eine grosse Tendenz vorhanden, dass die
Elementarwellen zu einander harmonisch sind.
Dies fuhrt zur Ansicht, dass sie Oszillation des
Erdmagnetismus oder der Erdelektrizität sind,
ihrerseits durch entsprechende Entladungen auf
der Sonne verursacht und dass die möglichen
Wellenlängen die Eigenschwingungen des Re-
sonators Erde sind. Es ist zu erwarten, dass
i) Berl. SiUungsbericht 82, 1897.
2) Verh. d. Deutsch. Phys. Ges. 1, 147. 1899.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahr^fang. No. 5.
die verschiedenen Südpolexpeditionen, die alle
mit Eschenhagens Feinmagnetometern aus-
gerüstet sind, auch diese interessante Frage
lösen werden.
Potsdam.
A. Nippoldt jun.
(EiagegBigen 7. Seplembcr 1901.)
W. Martin and W. H. Rockwell. Chemistry
andPhysics. 374S. London, Henry KJmp-
ton. 1901.
Das vorliegende Buch ist ein Repetitorium
der Chemie und Physik, welches in ähnlicher I
Weise abgefasst ist, wieviele in Deutschland !
existierende Repeti tonen fiir Mediziner und
Pharmazeuten. Auf ungefähr iSoSeiten werden
zunächst die Hauptthatsachen der anorganischen
und organischen Chemie behandelt, der zweite
Teil enthält die Physik, Zahlreiche Abbildungen,
welche zum Teil französischen Lehrbüchern ent-
nommen sind, dienen dazu, das Verständnis
der Gesetze und Erscheinungen zu erleichtern.
Da das Buch fiir Mediziner bestimmt ist, so
hätte wohl mehr Rücksicht auf deren Bedürf-
nisse genommen werden müssen; im chemischen
Teil hätten die Elemente der seltenen Erden
mit ihren Verbindungen kurz behandelt werden
können, die osmotischen Erscheinungen hätten
ausfuhrlicher besprochen, die X-Strahlen, welche
der Verfasser in drei Teilen behandelt und mit
Katbodenstrahlen verwechselt, verdienten wegen
ihres grossen medizinischen Interesses, sicher-
lich eine eingehendere Behandlung. Aus- |
stattung und Druck des Buches sind vorzüglich. \
G. C. Schmidt.
(Eingegangen 14. Oklobcr iflOt.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprecliung vorbehalten.)
Abhandlmigen ftue den Qebieten dar Matbem&tik,
IPhyBik, Ohsmie und beechralbenden Naturwissen-
■ob&ft«n. FESUchrirt r.ur Feiei des siebzigslen Geburts-
tages TOD Richard Dedekind. Mit Beilrägeo vud H.
Beckarts, R. BUsius, G. BodUnder. G. Frerich^,
K. Fricke. R. Meyer, K. MUUer, H. Weber, A.
Wernicke. Mit TexUbbildungcn und einer Tafel, gr. 8.
Vfll n. JS4 S. 1901. Bnunschweig, Friedrich Vieweg &
GrRns, C(Vl, Anwcndupg der elektrischen Moiueatphutii-
graphie auf die Untersuchung von SchussH.ifTcp. Mil
7 Figuren und 24 Tafeln. 4. 36 S. 190I. Halle a. Ü..
Wilhelm Knapp. M. 4,—,
Dampf and Blektrlsität. Die Technik im Anfang des
XX. Jahrhunderts, ij lerlegbare, zum Teil bewegliche
Modelle, Mit Zeichenerklärungen und erUutemdein Text.
35 S. gr. 4 quer. 1901, Leipiig, Otto Maier. Ge-
bunden M. 10, — .
EToavetia diotiomiailre des Bcienoes et do leurs Rppli-
cations, par Paul Poir^, Edmond Perrier, Riiay
Perrier, Alex. Joannis, Avec la collaboration d'unc
rcunion de savanls, de professeurs et d'ingenieurs. En 4S
fascicules de 64 pagea abonitamioenl illustrees. gr. 8,
1901— 1902. Paris, Ch. Delagrave. I.e fascicule t Fr.,
l'uuvrage coniplet 40 Ft.
Finger, Job., Elemenle der reinen Mechanik. Als Vor-
studium 1^ die analytische und angewandte Mechanik und
liir die mathematische Physik an l'niversicälcn und tech-
nischen Hochschulen sowie lum Selbstunterricht. Zweite
verbesserle und verroehtte Auflage. Mit jio Figuren im
Tewe. gr, 8. XIII u, 797 S. 1901. Wien, Alfred Holder,
M. 20.-.
von Häbl, Arthur Freiherr, Die Entwicklung der photo-
graphischen Bromsilber-Gelatine pktle bei iweifelhaft rich-
tiger Exposition. Mit einer Tafel, Zweite gSnilich um-
gearbeitete Au flage(Encyklopädie der Photographie Heft 31).
8. VU u. 70 S. 1901. Halle a. S., Wilhelm Knnpp,
HuntinglOD, Edward V,, Ober die Grundoperaiioaen ui
absoluleu und komplexen Grässea in geometrischer Be-
handlang, gr. 8. XVII u. 63 a. Br*UD»chweig, Fried-
rich Vicweg & Sohn, igoi. Mk. 1.50,
Kopp'a, K., Anfangsgründe der Physik mil Eiuschloss der
Chemie und mathemalischen Geographie. Ausgabe B in
3 Lehrgängen. Für höhere Lehranstalten nach den preus-
sischen Lehrplänen von 1901 bearbeitet von A. Hus-
mann, IL Teil, Hauptlehrgang. Kuriere Ausgabe; Grund-
riss der Physik. -Mit 25z in den Text eingedruckten Holz-
schnitten und einer farbigen Sternkarte, gr. 8. VIII u.
360 S. 1903. Essen, G. D. Baedecker. Gebunden M. 4.60.
IiBOher, EntBt, Ober die Entdeckung der elektrischen Wellen
durch H. Herti und die weitere Entwickelung dieses Ge-
bietes. Vortrag, gehalten in der Hauptsitr.ung der Ham-
burger Versammlung deutscher Naturforscher und Ante,
am 13. September 1901. gr. 8. 31 S, 1901. Leipzig,
Johann Ambrosius Barth. M. I.30.
Ostirald. W., Gedenkrede auf Robert Bunsen. Vortrag,
gehalten auf der VIII. Hauptversammlung der Deutschen
Elektrochemischen Gesellschaft zu Freibuiv i. B. am
iS. April 1901. Sonderabdruck aus „Zeltscbrilt für Elektro-
chemie", kl. 8. 38 S. 1901. Halle a. S., Wilhelm
Knapp. M. l. — .
Report ofthe Chief oftheWeatherBureau,We«bliigtoD,
dB SauBBure, Horaca. B6nMiota, Versuch Über die Hy-
grometrie, II. Heft. 3. Versuch, Theorie der AusdUns-
lung. 4. Versuch, Anwendung der vorhergehenden Theorie
auf einige Phänomen der Meteorologie, Neuchatel, 1783.
Mil 1 Figuren herausgegeben von A, J. von Oettingen.
kl. S. 170 S. 1900. Leipzig, Wilhelm Engelmann. Ge-
bunden M. a.40.
Bieg. E., Die Akkumulatoren. Mit 56 Abbildungen. (Hand-
buch der Elektrotechnik.) Band III, Abteilung Z. 4. VIII
u. HZ S. 1901. Leipzig, S. Hinel. M. 5. — ,
'Vniihal ^VlltislTn !)]»■ physikalischen und chemischen Me-
a Bestimmung organischer Verbin-
1. Die physikalischen Methoden,
druckten Figuren. XIV a. 593 S.
len Methoden. Mit al in deo Text
X u. 530 S. 190a, Berlin, Julius
Gebunden M. 36,40.
Diagramme der elektrischen und
und Bewegungen, Zugleich ein
lg der F'ragen: Was ist Etektriii-
nus. In C bereinstimmung mit den
rimental -Untersuchungen. Mit ca.
auf 10 lithogr. Quarttafeln, Als
8. 64 S. 1901. Leipiig. Jobann
undea M, 4.50.
I04
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 5
Briefkasten*
Zu meiner kurzen Notiz in dieser Zeitschrift 8, 46, 1902,
erlaube ich mir mitzuteilen, dass mir nachträglich eine Be-
merkung in der Arbeit des Herrn Wehnelt, Wied. Ann. 68,
241, 1899 bekannt wurde; dort hat bereits Herr Wehnelt
bei Wechselstrom die Vorschaltung von Gleichrichtzellen vor
seinen Wehneltunterbrecher empfohlen.
Berlin, 10. November 1901. E. Knoblauch.
Tagesereignisse.
Herr Prof. von Bezold, der Direktor der königl. meteo-
rologischen Anstalt, veröffentlicht im „Reichsanzeiger*' folgen-
des: „In verschiedenen Blättern findet sich eine Notiz, wonach
die Errichtung einer elektrischen Centrale und die Einrichtung
elektrischen Betriebes in Potsdam baldigst erfolgen werde,
nachdem der Einspruch des magnetischen Observatoriums
„als unbegründet zurückgewiesen" worden sei. Die Schilderung
entspricht den Thatsacheu keineswegs, sondern das Observa-
torium, beziehungsweise das kgl. meteorologische Institut hat
seinen Einspruch zurückgezogen, nachdem auf Grund ein-
gehender Beratungen zwischen dem Observatorium und der
Strassenbahn eine Verständigung erzielt worden war. Die
Direktion der Strassenbahn erklärte sich auf Grund dieser
Verhandlungen bereit, isolierte Hin- und Rückleitungen aus-
zuführen und auch die sonstigen Vorsichtsmassregeln zu treffen,
die zum Schutze der ungestörten magnetischen Beobachtungen
von Seiten des Observatoriums verlangt wurden."
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Facbgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Der Lehrstuhl des verstorbenen Geh. Rat Doergens an
der Technischen Hochschule zu Berlin bleibt auch noch im
kommenden Winterhalbjahr unbesetzt. Mit Genehmigung des
Ministers wird Privatdozent Reg.-Baumeister Schulz den
Unterricht in der niederen Geodäsie, das geodätische Prakti-
kum und das Planzeichnen, Privatdozent Dr. Galle die höhere
Geodäsie vertretungsweise übernehmen.
Der Privatdozent der Mathematik, Professor Dr. G.
Bohlmann in Göttingen ist zum ausserordentlichen Professor
ernanht worden.
Der ordentliche Professor der darstellenden Geometrie an
der Technischen Hochschule in Braunschweig, Dr. R. Müller,
hat einen Ruf an die Technische Hochschule in Wien abgelehnt.
Der Apotheker Dr. Otto Linde hat sich an der Tech-
nischen Hochschule in Braunschweig als Privatdozent für
Pharmakognosie habilitiert.
Prof. Dr. E. Pringsheim, Privatdozent fiir Physik an
der Berliner Universität, hat einen Ruf als ausserordentlicher
Professor nach Greifswald erhalten, jedoch abgelehnt.
An der Universität Freiburg i. Br. haben sich Dr. Wil-
helm Meigen und Dr. Erwin Rupp als Privatdozenten für
Chemie habilitiert.
Der Assistent am chemischen Laboratorium der Rostocker
Universität, Dr. Franz Kunckell, hat sich dort als Privat-
dozent für pharmazeutische Chemie habilitiert.
Prof. Willibald Nagel in Freiburg erhielt einen Ruf
nach Berlin als Vorsteher der physikalischen Abteilung des
physiologischen Instituts der Universität, an Stelle des jüngst
verstorbenen Prof. Arthur König.
An der neuerrichteten tschechischen Technischen Hoch-
schule in Brunn wurden ernannt: Architekt Joseph Berti
zum ordentlichen Prof. für Hochbau, Oberingenieur Leopold
Grimm zum ordentlichen Prof. für Konstruktionslehre der
Maschinenteile und Maschinenbau I. Kurs, Ingenieur Franz
Haga zum ordentl. Professor der mechanischen Technologie,
Ingenieur Zdenko Elger v. Eigenfeld zum ordentl. Pro-
fessor der allgemeinen und theoretischen Maschinenlehre, Bau-
kommissar Gustav Cervinka zum ausserordentl. Professor
für Strassen-, Eisenbahn- und Tunnelbau, Privatdozent Dr.
Wenzel Felix zum ausserordentl. Professor für allgemeine
und technische Physik.
In Helsingfors starb am 2SI Oktober der Prof. fUr Ma-
schinenbaukunde am dortigen Polytechnikum RudolfKolster.
Er wurde 1837 in Hamburg geboren und wirkte seit 1860 in
Helsingfors zuerst als Lehrer an der technischen Realschule
und später nach der Umwandelung derselben in das jetzige
Polytechnikum an dieser Hochschule.
Die von Prof. O. E. Meyer an der Universität Breslau
angekündigte Vorlesung über ,,Experimentalphysik, IL T. und
praktische Übungen im physikalischen Laboratoriunl*' fallt
wegen Krankheit des Dozenten aus.
Der ausserordentl. Professor der Mathematik und Physik
am Kgl. Lyceum in Freising Macher- Regensburg wurde zum
ordentlichen Professor ernannt.
Der ordentl. Professor der Mathematik an der Universität
Halle Cantor wurde zum Ehrenmitglied der f,Mathematical
Society of London" ernannt
Der ordentl. Professor der Thermodynamik an der Tech-
nischen Hochschule in München P. v*. Linde wurde zum
korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften
Wien ernannt.
An der Universität Würzburg habilitierte sich Dr. Rost
für Mathematik.
In den Ruhestand trat der ordentl. Professor der che-
mischen Technologie an der Technischen Hochschule in Wien
J. Oser und der ordentl. Professor der darstellenden Geo-
metrie an derselben Anstalt G. A. Peschka.
M. Berthelot in Paris feierte sein fünfzigjähriges Ju-
biläum wissenschaftlicher Thätigkeit.
Der Stadtbaurat Franz in St. Johann a. d. Saar wurde
zum etatsmässigen Professor des Maschineningenieurwesens an
der technischen Hochschule in Berlin und der Ingenieur Pagel
in Langfuhr zum Dozenten des praktischen Schiffbaues an
derselben Anstalt ernannt.
Dem ausserordentlichen Professor der Astronomie Dr. M.
Wolf in Heidelberg wurde der Charakter als Hofrat ver-
liehen. ^
Der Vorsteher des magnetischen Observatoriums in Pots-
dam, Prof. Eschenhagen, ist am 12. November gestorben.
Der Privatdozent der Elektrotechnik an der technischen
Hochschule in Wien Dr. Reithoffer wurde zum ausser-
ordentlichen Professor ernannt.
Dem etatsmässigen Professor der techn. Chemie an der
Technischen Hochschule Dr. Stahlschmidt in Aachen wurde
der Charakter als Geh. Regierungsrat verliehen.
Der Generaldirektor der Aachener chemischen Fabrik
„Rhenania", Robert Hasenklever, wurde vom Senat der
Technischen Hochschule in Karlsruhe ehrenhalber zum Doktor-
ingenieur ernannt.
Die Stellvertretung im Unterricht für Dampfmaschinenbau
an der Technischen Hochschule in Karlsruhe wurde an Stelle
des in den Ruhestand getretenen Prof. Geh. Rat Josef Hart
dem Assistenten der Maschinenbau-Abteilung Regierungsbau-
meister Georg Köhler übertragen.
Der Professor der Mathematik an der Bergakademie zu Frei-
berg, Oberbergrat Dr. Papperitz, der derzeitige Rektor der
Anstalt, hat einen Ruf an die Technische Hochschule zu Wien
erhalten, denselben jedoch abgelehnt.
Die Medaillen der Londoner Royal Society haben folgende
Forscher erhalten: die Copley- Medaille erhielt Prof.
Gibbs für seine Beiträge zur mathematischen Physik, eine
königliche Medaille Prof. Ayrton für seine Beiträge zur
Wissenschaft der Elektrizität, die Davy- Medaille Prof.
Liveing für seine Beiträge zur Spektroskopie, die Sylvester-
Medaille Prof. Poincare in Paris für seine vielen und
wichtigen Beiträge zur Mathematik. Die Auszeichnungen
wurden wie gewöhnlich bei der allgemeinen Jahresversamm-
lung am St. Andreastage (30. November), dem Stiftungstagc
der Royal Society, ihren Empfangern Übergeben,
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Göttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipii;.
Dmck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No.6.
15. Dezember 1901.
Redaktionsschluss für No. 7 am 19. Dezember 1901.
OrigiMlniitteiiungen:
K. R. Johnson, Einige liemerkungen
über den Wehneltschen Unterbrecher.
S. 105.
Mitteilungen aus dem physikalischen
Institute d. Universität St. Petersburg,
No. I: W. Loevy, Über die Elek-
trizitätszerstreuung in der Luft. S. 106.
K. Schrcber, Der Mensch als kalo-
rische Maschine und der zweite
Hauptsatz. S. 107.
R. Kempf-Hartmauu, Notiz über
die Wärmeabgabe eines dünnen
Drahtes in einer ausgepumpten Glas-
röhre. S. 109.
R. Ab egg, Ai)parat zur Demonstration
und Bestimmung von lonenbeweglich-
keiten. S. iio.
II. Wann er, Über einen Apparat zur
photo metrischen Messung hoher
Temperaturen. S. 112.
G. C. Schmidt, Über die chemische
Wirkung der Kathodenstrahlen. S. 1 14.
INHALT.
G. C. Schmidt, Über künstliche Fär-
bung von Krystallen der Haloidsalze
durch Einwirkung von Kalium- und
Natriumdampf. S. 115.
V. Blaess, Darstellung der Meniskus-
änderungen gesättigt-dampfförmiger
Substanzen. S. II 5.
Vorträge und Diskussionen von der
73. Naturforsoherversammlung zu
Hamburg:
J. Schubert, Der Wärmeaustausch
im festen Erdboden, in Gewässern
und in der Atmosphäre. S. I17.
J. Schubert, Zur Ermittelung der
Luftfeuchtigkeit durch Psychrometer.
S. 120.
F. Ahlborn, Üb?r den Mechanismus
des Widerstandes flüssiger Medien.
S. 120.
R. Ab egg, Eine neue Methode zur
direkten Bestimmung von lonen-
beweglichkeiten in wässerigen Lö-
sungen. S. 124.
3. Jahrgang.
Besprechungen:
Handbuch für den Gebrauch der photo-
graphischen Erzeugnisse der A.- Ges.
für Anilin-Fabrikation. S. 125.
Jahrbuch der Chemie. S. 125.
A. Hof mann, Aufnahmeapparate filr
Farbenphotographie. S. 126.
Voigtländer & Sohn, Objektive
und Hilfsapparate für Photographie.
S. 126.
M. Berthelot, Les Carbures d'Hy-
drog^nc. S, 126.
G. P 1 a t n e r , Die Mechanik der Atome.
S. 127.
L. Donati, Introduzione elementare
alla Elettrotecnica. S. 127.
Jahrbuch der Elektrochemie. S. 127.
J.Kleiber, Lehrb. der Physik. S. 1 27.
C. M. van Deventer, Physikalische
Chemie. S. 128.
Eingegangene Schriften. S. 128.
Tagesereignisse. S. 128.
Personalien. S. 128.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Einige Bemerkungen über den Wehneltschen
Unterbrecher.
Von K. R. Johnson.
In einer früheren Mitteilung^) habe ich die
etwaige Dauer der Eigenschwingung der dem
Wehnelt-Unterbrecher zugehörigen Drahtspule
berechnet, und es ergab sich dabei eine Formel,
die annäherungsweise
T
'0
geschrieben werden kann, wenn T die Schwin-
gungsdauer, l die Drahtlänge, 7^0 die Lichtge-
schwindigkeit und ;/ die Dielektrizitätskonstante
des umgebenden Isolators bedeutet.-^) Ich glaubte
dabei eine Beziehung dieser berechneten Schwin-
gungsdauer T zu der Periode Tj erwarten zu
können, die durch die von Hrn. Simon aufge-
stellte Formel
2)
r 3 ^- , ^1 ^^
2 zu 0,24 j£-
ausgedrückt wird, wo L den Selbstinduktions-
koeffizienten, 2i' den Widerstand und £ die Be-
triebsspannung bedeutet.^) Um die Beziehung
zwischen T und Zi darzustellen, sei daran
erinnert, dass die Formel
3) Öo = 4
tu
das Zeitintegral des Extrastromes darstellt, wenn
I] Diese Zeitschr. 2, 648, 1901.
2) Daa die Kapazität ^2 enthaltende Glied kann wegen
<Ur Klciiagl^it von y^ ganz vernachlässigt werden.
3)B.Th* 8lltton, Wied. Ann. 68, 273, 1899.
io die Intensität des konstanten Stromes be-
deutet. Unter der Voraussetzung, dass kein
Eisenkern vorhanden ist, können wir einen
anderen Ausdruck für dieses Zeitintegral finden.
Der Quotient Ijtf bedeutet offenbar die Zeit,
welche eine kleine Elektrizitätsmenge braucht,
um die ganze Länge der Strombahn zu durch-
fliessen, wenn die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
mit V bezeichnet wird. Demzufolge ist /q
die Elektrizitätsmenge, welche der Leiter in
jedem Augenblicke enthält, wenn er von einem
konstanten Strome durchflössen wird; dieselbe
Menge wird mithin dem Leiter von dem an-
steigenden Strome erteilt und sie muss ebenfalls
während des Öffnungsstromes abfliessen. Diese
Elektrizitätsmenge wird mithin vom Zeitintegrale
dargestellt und es ergiebt sich
4)
weil die Fortpflanzungsgeschwindigkeit nach
dem Gesetze v = vo'Vn von der Dielektrizitäts-
konstante des umgebenden Isolators abhängt.
Aus dem Vergleich der beiden Gleichungen (3)
und (4) erhält man
5)
^'0
und die Formel (2) kann demgemäss
_ 3 t /« CjU- _ 3 ^r ,
^ 0,24 ^•^ 4
2 Vo
geschrieben werden.
0,24^-
io6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
Für E = cic ergiebt sich somit die untere
Grenze der Periode gleich ^;i 7\ ein Wert,
welcher jedoch ein wenig überraschend erscheint,
weil man vielmehr die ganze Dauer der Eigen-
schwingung als eine natürliche untere Grenze
der Periode für wahrscheinlich halten könnte.
Beim Betrachten der Gleichung (5) findet
man sogleich, dass sie keineswegs als einwand-
frei betrachtet werden kann, denn sie wurde
eigentlich für einen geraden Draht abgeleitet;
der Wert L wächst aber beim Aufwinden des
Drahtes, und für die Spule ergiebt sich des-
wegen L'zl' y-^ I vnjvo und mithin ist ''4 T im
rechten Gliede der Gleichung (6) zu klein und
muss vielleicht durch T ersetzt werden.
Wir können deswegen die Gleichung
als einigermassen wahrscheinlich betrachten und
schliessen daraus, dass die natürliche Periode
der Eigenschwingung T durch den Aufwand
von Arbeit im Unterbrecher zunimmt. Um so
grösser die Stromenergie y/f, um so schneller
wird die zum Unterbrechen nötige Gashülle um
die Anodenspitze entwickelt und um so kleiner
wird die Differenz 7^ — 7". Jedoch darf man
wohl kaum den Verlust als Energieverlust allein
auffassen, denn zum Teil geht Elektrizitäts-
menge durch das Ausströmen von der Anoden-
spitze in den Elektrolyten verloren, zum Teil wird
die Stromesarbeit zur Entwickelung von Gasen
und Wärme angewandt. In der obigen Formel
wird nur der Energieverlust, von Hrn. Wehnelt
dagegen nur der Verlust einer Elektrizitätsmenge
berücksichtigt, weil er diesen Verlust mit einer
sog. Polarisationskapazität misst. Die beiden
Anschauungen, die von Herren Simon und
Wehnelt dargelegt worden sind, scheinen sich
mithin gegenseitig zu ergänzen und zu vervoll-
ständigen.
Obwohl die letztere Anschauung gegen-
wärtig als von der ersteren widerlegt be-
trachtet wird, so scheint mir jedoch eine That-
sache für die Wehnelt sehe Anschauung vor-
geführt werden zu können, nämlich das Variieren
der Schwingungsdauer zwischen Grenzen, die
sich wie etwa i : 2 verhalten. Diese Thatsache
scheint mit dem Verhalten der Schwingungen
eines Resonators einigermassen übereinzu-
stimmen, denn ein drahtförmiger Resonator
besitzt eine Wellenlänge (X =-- 2/), die der dop-
pelten Drahtlänge entspricht. Wenn eine Ka-
pazität an dem einen Ende des Resonators ange-
bracht wird, so nimmt die Wellenlänge zu und
erreicht beim Unendlichwerden dieser Kapazität
die Länge X = 4/. Die Schwingungsdauer des
Resonators variiert mithin in diesem Falle im
Verhältnisse i : 2, wenn die Kapazität von o
bis auf 'yc wächst, und ein derartiges Verhalten
zeigt ebenfalls der Unterbrecher, wenn auch das
Verhältnis i : 2 unbestimmter ist. Die an den
Elektrolyten abgegebene Elektrizitätsmenge kann
nämlich zwischen o und '^ variieren, und dem
Werte o entspricht eine sog. Polarisations-
kapazität o; dem Werte "^^ eine unendliche
Kapazität.
Eine weitere Diskussion dieses Gegenstandes
darf wohl als zwecklos betrachtet werden, denn
es bleibt doch in letzter Linie den Versuchen
vorbehalten, die Theorie des Unterbrechers zu
vervollständigen. Jedoch halte ich die vor-
stehende Betrachtung nicht ganz für nutzlos, da
sie vielleicht bei künftigen Versuchen berück-
sichtigt werden kann.
(Eingegangen i. November 1901.)
Mitteilungen aus dem physikalischen Institute
der Universität St. Petersburg. (Direktor:
J. Borgmann.)
No. 1: W. Loevy, Über die ElektrisitätszerBtreuung
in der Xiuft.
Im Sommer des Jahres 1901 unternahm ich
eine Reihe von Messungen der Elektrizitäts-
zerstreuung in freier Atmosphäre, um die Ab-
hängigkeit des Zerstreuungskoeffizienten von
meteorologischen Umständen und der elektri-
schen Ladung des Körpers festzustellen.
Die Messungen wurden mit einem Elektro-
skop ausgeführt, dessen Anordnung von der
bei Elster und Geitel beschriebenen') in
folgendem abwich:
1. Um der direkten Bestrahlung und der
Luftbewegung leichten Zutritt zum Zerstreuungs-
körper zu verschaffen, wurde letzterer nicht
mit einer Hülle, sondern mit einem weit-
maschigen (4 qcm) Drahtnetz umgeben. Wie
ich mich überzeugte, schützt ein solches Netz den
Zerstreuungscylinder vollständig vor den äusse-
ren elektrischen Kräften. ,
2. Um mit grösseren Ladungen operieren
zu können, vergrösserte ich entsprechend alle
Teile desElektroskopes. Seine Höhe war 100 mm,
die des Zerstreuungscylinder auch 100 mm.
3. Der Cylinder wurde nicht geschwärzt,
sondern vernickelt.
Als Isolator nahm ich ,,Copal Zanzibar",
dessen Isolationsvermögen mir erlaubte, das
zweite Glied der Formel
als o zu betrachten.
Der Zerstreuungskörper befand sich stets
zwischen 3CK) und 600 Volt. Die Messungen
wurden gewöhnlich ausserhalb der Stadt bei
normalen Wetterverhältnissen ausgeführt. Ks
I) Diese Zeitschr. 1, li, 1899.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
107
wurde im ganzen 99 mal gemessen: 5 2 mal mit
positiver Ladung, 47 mal mit negativer; 79
Messungen wurden in Rybinsk ausgeführt, 16
in Archangelsk und 5 im Gouvernement Pleskau.
Die Luft war immer möglichst rein.
Es erwies sich, dass die meteorologischen
Faktoren von grosser Wirkung auf die Er-
scheinung sind.
Der Zerstreuungskoeffizient ist in starker
Abhängigkeit von der Geschwindigkeit des
Windes; selbstverständlich wächst er mit dem
Winde. Bei schwacher Luftbewegung (unter
I ni in I Sek.) kann diese Wirkung durch an-
dere meteorologische Elemente verdrängt werden.
Aber nichts gleicht dem stärkeren Winde in
Bezug auf seine Wirkung auf die Grösse des
Zerstreuungskoeffizienten. Während meiner Ex-
perimente erreichte der Wind die Kraft von
ca. 2,5 m in i Sek., und demgemäss war die
Zerstreuung am grössten.
Ebenso wirkte auch die Temperatur-
änderung. Die Schwankungen der Temperatur-
verhältnisse in meinen Messungen (von 12,2^
bis 29,7^ C.) waren genügend, um die Zunahme
des Zerstreuungskoeffizienten beim Steigen der
Temperatur zu zeigen. Die Elektrizitätszer-
streuung nimmt mit Zunahme der absoluten
und relativen Feuchtigkeit ab.
Sie nimmt aber mit der Abnahme des Luft-
druckes zu. Diese auffallende Thatsache, die
gewiss nur in freier Luft mit kleinen Schwan-
kungen des Luftdruckes der Atmosphäre statt-
findet, tritt in allen meinen Messungen hervor.
Ebenso auffallend ist auch die Thatsache,
dass, wie deutlich aus den von mir erhaltenen
Resultaten zu ersehen ist, der Zerstreuungskoeffi-
zient abnimmt, wenn die Ladung des Körpers
sehr gross ist (gegen 500 Volt). Letzteres weist
darauf hin, dass hier, wie in geschlossenen
Räumen, das Coulomb sehe Gesetz sich nicht
bewährt.
Es wurde noch bemerkt, dass die Zer-
streuungsgeschwindigkeit immer gegen 8 Uhr
morgens und 8 Uhr abends relativ gross ist,
was etwa im Zusammenhange mit der analogen
Tagesperiode der Luftelektrizität stehen mag.
Die Wirkung der Sonnenstrahlen ist eine
ziemlich beträchtliche. Sie beschleunigt das
Zerstreuen der negativen Elektrizität. Im Gegen-
teil habe ich, während des Regens eine positiv-
unipolare Zerstreuung wahrgenommen.
Alle diese Thatsachen können mit Hilfe der
lonentheorie erklärt werden, wenn man in Be-
tracht zieht, dass die Erscheinung bei meinen
Messungen nicht in ganz freier Luft, sondern
in ,, halbgeschlossenem'' Räume stattfand.
(Eingegangen 12. November 1901.1
Der Mensch als kalorische Maschine und der
zweite Hauptsatz.
Von K. Schreber. .
Durch physiologische Beobachtungen ist
Robert Mayer, wie er selbst berichtet, auf
die Entdeckung des Satzes von der Erhaltung
der Energie gefiihrt worden. Es ist deshalb
selbstverständlich, dass man das Verhältnis
der aufgenommenen Nahrung zur Arbeitsfähig-
keit des Menschen und der Tiere seitdem stets
unter dem Gesichtspunkt dieses Satzes be-
trachtet hat. Weder Mensch noch Tier kann
mehr leisten, als dem in Arbeitseinheiten aus-
gedrückten Heizwerte der aufgenommenen Nah-
rung entspricht.
Man kann aber diese Beziehung zwischen
Arbeit und Nahrung noch mehr dem bei kalo-
rischen Maschinen geübten Verfahren anzupassen
suchen und fragen, wie gross ist der Wirkungs-
grad des Menschen, wenn er als Maschine be-
trachtet wird; d. h. wie gross ist das Verhältnis
der vom Menschen geleisteten Arbeit zum
Heizwert der aufgenommenen Nahrung.
Da die Innentemperatur des gesunden
Menschen 37^ beträgt und man als niedrigste
Temperatur des im Menschen stattfindenden
Wärmeüberganges in erster Annäherung die
mittlere Lufttemperatur, also 17^ setzen darf,
so dürfte nach den Gesetzen der Thermodyna-
mik der höchste Wirkungsgrad des Menschen
nur
377-^7
37 + 273
100
6,5^
.0
betragen; d. h. der Mensch könnte höchstens
6,5 % der aufgenommenen Nahrung in Arbeit
verwandeln.
Aus der Zusammenstellung von Angaben
über die aufgenommene Nahrung und über
die geleistete Arbeit, welche Rü hl mannO giebt,
erhält man fiir den Wirkungsgrad im Mittel
26^0» 2iJso eine vielmal grössere Zahl, als sie
die Wärmetheorie zulässt.
Nun sind aber einerseits die Beobachtungen
der Arbeitsmenge, welche von einem Menschen
geleistet werden kann, ebenso schwierig, wie
auf der anderen Seite die Beobachtungen der
zur Erhaltung des arbeitenden Menschen nötigen
Nahrung. Der Grund hierftir liegt einmal
darin, dass der Mensch auf kurze Augenblicke
seine Leistung ganz ungeheuer steigern kann.
Während innerhalb der täglichen Arbeitszeit
die normale Leistung weniger als 0,1 PS be-
trägt, hat von Bach bei Menschen an Feuer-
spritzen Leistungen von 0,5 PS beobachtet und
soll in Momenten der Lebensgefahr die Leistung
bis weit über i PS gesteigert werden können.
l) Kühl man 11, A\\^, Maschinenlehre l. 1875, S. 271.
io8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
Dann ist aber auch die Schwierigkeit der Beob-
achtung darin begründet, dass die Änderung
der Arbeitsmenge nicht sofort eine Änderung
der Nahrungsmenge bedingt. So hat Voit an
einem Arbeiter beobachtet, dass an zwei aufein-
ander folgenden Tagen, von denen der eine
der Ruhe, der andere der Arbeit gewidmet
war, die Nahrungsaufnahme genau die gleiche war.
Man müsste also, um trotzdem sichere Re-
sultate zu erzielen, die Versuchsdauer so lang
wählen, wie die Periode beträgt, innerhalb
welcher der menschliche Körper durch die auf-
genommene Nahrung vollständig erneuert ist,
also ungefähr 100 Tage.
Obgleich nun derartig ausführliche Versuche
noch nicht angestellt sind, so liegen doch seit
der Zusammenstellung von Rühlmann Beob-
achtungen sowohl auf dem technischen wie auf
dem physiologischen Gebiete vor, welche es
angezeigt erscheinen lassen, den Wirkungsgrad
des Menschen als kalorische Maschine neu zu
berechnen.
Über die tägliche Leistung eines Menschen
hat von Rziha^) Beobachtungen veröffentlicht,
welche allgemein als den Thatsachen ent-
sprechend angesehen werden; danach beträgt
die gesamte tägliche Arbeit eines Menschen
127 X 10*'* mkg.
Über die Nahrungsaufnahme des Menschen
während der 24 Stunden des Tages liegen von
einer ganzen Reihe von Physiologen Beobach-
tungen vor, aus denen Grasmann ^) unter
sachgemässer Berücksichtigung der an Tieren
gewonnenen Resultate das Mittel zieht. Es
ergiebt sich der Heizwert der aufgenommenen
Nahrung, bezogen auf 100 kg Lebendgewicht
des Menschen im Mittel bei Ruhe zu 3400 Kai.,
bei massiger Arbeit 5400 und bei angestrengter
Arbeit 7600. Die unverdaut abgehende Nah-
rung ist hierbei schon in Abzug gebracht.
Setzen wir mit Grasmann das Gewicht
eines Menschen gleich 60 kg und vergleichen
die daraus sich ergebende Zahl des Heizwertes
der Nahrung 4560 Kai. mit den von Rziha ge-
gebenem Mittelwert der Tagesleistung des
Menschen, so erhalten wir
127-10^ ^ 0,
/ — -^.100 = 6.5%,
4560-428 ^ " ,
also genau denselben Wert, wie ihn derCarnot-
sche Prozess zwischen 37^ und 17^ ergiebt.
Es erscheint also hiernach der Mensch als
eine vollkommene kalorische Maschine.
Leider sind nun gegen diese Rechnung
einige Einwürfe zu machen, von denen gerade
der wichtigste dieses günstige Ergebnis nach
der unwillkommenen Richtung hin abändert.
Zunächst muss man wohl zugeben, dass
1) vonK/iha, Z. d. Wrciiis rleulschci luJ,^ 1S94, S. 742.
2) Gra^mann, l'hysioloj^ie d. Menschen 1900, S. 52.
das Gewicht eines Arbeiters mit 60 kg etwas
niedrig angesetzt ist; man wird der Wirklichkeit
näher kommen, wenn man das Gewicht auf
70 kg schätzt. Dadurch wird, da in der Ta-
belle von Grasmann die Nahrungsaufnahme
auf 100 kg Lebendgewicht bezogen ist, der
Nenner des Wirkungsgrades 5320 Kai., und wir
erhalten 5,6%, also, wie bei allen Wärmekraft-
maschinen, etwas kleiner als das theoretische
Maximum.
Dann unterscheidet Grasmann zwischen
Ruhe, massiger Arbeit und angestrengter Arbeit,
während 127-10^ mkg von Rziha als mittlere
Arbeitsmenge angegeben wird. Vergleichen
wir die von Grasmann für angestrengte Arbeit
gegebene Zahl mit dem Mittel der drei grössten
Tagesleistungen nach Rziha, 141-10^ nikg, so
bekommen wir 6,2 %. Auch diese Zahl ent-
spricht noch der Forderung der Theorie, dass
alle vom Carnotschen abweichenden Prozesse
einen kleineren Wirkungsgrad haben müssen
als dieser.
Aber der wichtigste und einflussreichste Ein-
wand kann wohl gegen die für den Carnotschen
Prozess angenommenen Temperaturen erhoben
werden, deren Feststellung, wie bei vielen kalo-
rischen Maschinen, auch hier die grössten
Schwierigkeiten bereitet.
Ich habe als höchste Temperatur des Pro-
zesses die Innentemperatur des Menschen an-
genommen; man kann aber auch, und vielleicht
mit grösserem Recht, die Bluttemperatur 39®
als solche ansehen. Der durch diese Abände-
rung bedingte Unterschied ist gering, weil
sich dadurch Zähler und Nenner des Wirkungs-
grades, wenn auch in verschiedenem Masse,
vergrössern.
Wichtiger ist die Feststellung der unteren
Temperaturen, die aber gerade die grossen
Schwierigkeiten bereitet. Da die Kleidung die
Wärmeabgabe an die Luft erschwert, ent-
sprechend der Beobachtung, dass der Mensch
im Zustande der Ruhe weniger Nahrung auf-
zunehmen nötig hat, als das ruhende Tier,
beide Male bezogen auf dasselbe Lebendge-
wicht, so findet durch die Kleidung hindurch
ein Temperaturgefälle statt, welches man bei
der Feststellung der Arbeitsfähigkeit der dem
Menschen zugeführten Wärme nicht in Rechnung
setzen darf Man wird deshalb als untere Tem-
peratur des Prozesses die Hauttemperatur an-
setzen müssen. Diese schwankt an den ver-
schiedenen bekleideten Stellen des Körpers
zwischen 32,3** und 35,8^* und beträgt im Ge-
sicht 31''.
Nehmen wir, weil von den unbekleideten
Körperteilen, eben weil sie unbekleidet sind,
mehr Wärme ausstrahlt und abgeleitet wird
als von den bekleideten, die letzte Zahl als
massj^^ebcnd, so eriialten wir für den Wirkungs-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
109
grad des Ca r not sehen Prozesses nur 2,6 ^/o. Im
Vergleich mit dieser Zahl sind auch die aus
den Zusammenstellungen von Riihaund Gras-
mann erhaltenen Werte 5,6 % bezw. 6,2 %
wiederum zu gross.
Und noch schlimmer wird der Unterschied
zwischen Theorie uud Erfahrung, wenn man
versuchen wollte, diejenige Arbeit mit in die
Rechnung einzusetzen, welche von den, dem
Willen nicht unterworfenen Muskeln geleistet
wird. Da aber diese Arbeiten kleiner sind,
als die Abweichungen der vonRziha gegebenen
täglichen Leistungen voneinander, — beträgt
doch die Arbeit des Herzens, des kräftigsten
der vom Willen unabhängigen Muskeln, während
eines Tages nur 3 • lo*^ mkg — , so hat es noch
keinen Zweck, jetzt schon die Rechnung damit
zu erschweren.
Würde man nun die Angaben von Rziha
und Grasmann für richtig und miteinander
vereinbar ansehen, so dürfte man den Menschen
nicht als Wärmekraftmaschine bezeichnen, d. h.
die Gesetze der Thermodynamik wären für den
Menschen und somit überhaupt für lebende
Wesen nicht gültig.
Wenn man sich aber der oben angeführten
Schwierigkeiten der Beobachtung erinnert und
gleichzeitig bedenkt, dass sich durch die vor-
liegende Neuberechnung des Wirkungsgrades
der Unterschied zwischen Theorie und Erfahrung
im Vergleich mit dem oben angeführten Rühl-
m an n sehen Werte ganz bedeutend verringert
hat, so wird man zu dem Schlüsse geführt,
dass durch weitere Beobachtungen auch die
jetzt noch vorhandene Differenz beseitigt werden
dürfte.
Bei der Anstellung neuer Versuche und
Beobachtungen wird man wesentlich beachten
müssen, dass der Mensch nicht als einfache
kalorische Maschine angesehen werden darf,
auf welche der zweite Hauptsatz ohne weiteres
angewendet werden kann. Vielmehr wird man
den Menschen mit einem Elektrizitätswerk ver-
gleichen können, welches eine grosse Akkumu-
latorenanlage besitzt.
Dem zweiten Hauptsatz unterworfen ist nur
die die Anlage treibende Dampfmaschine.
Würde man den Wirkungsgrad derselben be-
stimmen wollen durch Vergleich der durch den
Schornstein abziehenden Kohlensäure, welche als
Mass der verbrannten Kohlenmenge dienen kann,
mit der in derselben Zeit nach aussen abgege-
benen elektrischen Energie zur Zeit der vollsten
Belastung des Werkes , wenn also die Akkumula-
toren auch voll in Anspruch genommen sind, so
würde man sicherlich zu einem viel zu grossen
Wirkungsgrad gelangen; während zu anderen
Zeiten, wo alle von der Dampfdynamo Efc-
lieferte Energie zum Laden der /*
verwendet wird, der Wirkungsgrad der Maschine
scheinbar Null wird.
Zu einem Wirkungsgrad, welcher mit dem
aus dem zweiten Hauptsatz folgenden verglichen
werden darf, gelangt man nur, wenn man dafür
sorgt, dass der Zustand des Werkes also na-
mentlich der Energiegehalt der Akkumulatoren
am Anfang und Ende der Beobachtung der-
selbe ist. Während aber beim Elektrizitätswerk
die Konstatierung dieses Zustandes verhältnis-
mässig leicht ist, ist diese Feststellung beim
Menschen mit grossen Schwierigkeiten verknüpft,
und die Versuche müssen nicht nur auf eine
hinreichende Zeit ausgedehnt werden, sondern
es muss auch stets der Körperzustand des
Menschen einer genauen Kontrolle unter-
worfen sein.
Erst wenn derartige genaue Beobachtungen
vorliegen, wird man endgültig entscheiden
können, ob auch der Mensch den Gesetzen der
Thermodynamik unterworfen ist, oder ob diese
Gesetze, entsprechend den bis jetzt vorliegenden
Beobachtungen, auf lebende Wesen nicht an-
gewendet werden dürfen.
(Eingegangen i6. November 1901.)
Notiz über die Wärmeabgabe eines dünnen
Drahtes in einer ausgepumpten Glasröhre.
Von Robert Kempf-Hartmann.
Die Durchbiegung eines eingespannten
dünnen Drahtes, wie er bei den Hitzdraht-
instrumenten zum Messen von Wechselströmen
Verwendung findet, wird kurze Zeit nach dem
Einschalten des Stromes konstant; alsdann über-
trägt der Draht sämtliche Wärme durch Leitung
und Strahlung an die Umgebung. Um einen
Anhalt über das Verhältnis beider Arten von
Wärmeverlust zu gewinnen, beschloss ich, das
Verhalten eines Drahtes im ausgepumpten Glas-
gefässe zu untersuchen.
An Stelle des gebräuchlichen Platinsilber-
drahtes verwandte ich des leichteren Ein-
schmelzens halber einen Platindraht von
ca. 0,06 mm Durchmesser, der auf eine
Länge von 30 cm unter massigem Zuge in
eine (Glasröhre {(i) eingeschmolzen war. Der
Zug wurde noch vergrössert durch ein kleines
Glassenkel (P), welches in der Mitte des
Drahtes eingehakt war und frei in einen an-
geblasenen Glasansatz [A) hineinragte. Es lief
in ein angeschmolzenes Kügelchen aus, worin
sich das Licht einer entfernten Lampe spiegelte.
Die vertikale Bewegung dieses Spiegelbildes
wurde durch Visieren an einer' Millimeterskala (;//)
gemessen. Der gläserne Fortsatz (F) führte zu
einer OuecksilberUiftpiimi)e mit Handbetrieb.
*-* Stromzuleitung zu dem Hitzdraht geschah
HO
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
^
g=ü
m-
,c
H6
V
=^
G
mittels zweier Quecksilbernäpfe, wodurch gleich-
zeitig der völlige Luftabschluss gesichert wurde.
Die Güte des Vakuums beurteilte ich nach
den Entladungserscheinungen eines Indukto-
riums, dessen Sekundärspule mit zwei Stanniol-
belegungen {S) in Verbindung stand.
Eine Akkumulatorenbatterie von vier Zellen
war in Serie geschaltet i. mit dem Versuchs-
instrument, 2. mit einem Hitzdrahtinstrument
von Hartmann & Braun, das bei 0,3 Amp.
über die Skala ging, 3. mit einem Galvanometer
für Milliamperes und 4. einem Stöpselrheostaten.
Da es sich vorläufig nur um einen quanti-
tativen Anhalt handelte, so verzichtete ich auf
die Berücksichtigung der Fehlerquellen (Tempe-
raturkoeffizient des Platins, Verzerrung durch
die Glasröhre etc.). Genauere Angaben hoffe
ich in Bälde mit Hilfe eines Spiegelinstrumentes
zu erhalten.
In der Tabelle bedeutet a die Senkung
(Durchbiegung) des Drahtes in Millimeter, / die
Stromstärke in Amperes, /^ die Zeit, welche
bis zur Konstanz der Durchbiegung vergeht
und /yy die zur Wiedergewinnung des Null-
punktes notwendige Zeit in Sekunden. Die
Grössenangabe von /^ und /^y entspricht einer
ganz rohen Schätzung.
Güte des Vakuums
a
/2
u
I.
Glimmlicht völlig ver-
schwunden, reines Ka-
' : thodenstrahlenvakuum
3-
4-
Wiederbeginn des
Glimmlichtes
I Kathodenstrahlen fast
5.1 verschwunden, rotes
6. Glimmlicht mit Schich-
tenbildung
0,014
0,028
0,028
0,040
0,040
0,065
2,3 I 0,000085 60
5,3 0,000148 50
3.5
6,0
0,000223
0,000267
\ 2,2 0,000730
5,0 0,000850
7-
8.
3 mm Jlg
0,0650 1,5 0,00282
0,180 5,0 0,00650
25
20
9
10
2
I
'//
75
80
30
40
12
13
3
3
9-
10.
6 cm Hg
0,09 1,5 0,00541 — —
0)23 5,0 0,01106 — —
Bei weiterem Luftzutritt konnte eine merk-
liche Abnahme der Empfindlichkeit nicht beob-
achtet werden.
Es lässt sich also durch Evakuieren eine
wesentlich grössere Empfindlichkeit herstellen.
Im vorliegenden Falle genügt beim besten Va-
kuum '/|o des Stromes, um den gleichen Aus-
schlag herbeizuführen wie bei normalen Luft-
verhältnissen; dies entspricht der hundertfachen
Empfindlichkeit.
Dem Nachteil der verlangsamten Einstellung
wird man zum Teil dadurch begegnen können,
dass man Drähte von noch geringerer Dicke und
von grösserem spezifischen Widerstand wählt,
etwa Konstantendraht von 0,03 mm. Letztere
Drahtsorte verwendet man bis jetzt nicht gerne,
weil sich die Oberflächenbeschaffenheit beim
Erhitzen ändert. Im Vakuum wird dies nur
in geringem Masse stattfinden können. Ausser-
dem bliebe auch die Konstante des Instrumentes
im Vakuum vor Schwankungen bewahrt, einem
Übelstand, der sich bei Versuchen der Firma
Hartmann & Braun, empfindliche Spiegel-
instrumente zu bauen, leider bemerkbar ge-
macht hat.
Würzburg, Physik. Institut der Universität.
(Eingegangen i8. November 1901.)
Apparat zur Demonstration und Bestimmung
von lonenbeweglichkeiten. ^)
Von R. Abegg.
Der Apparat (s. Figur) besteht aus einem
Kasten von rechteckigem Querschnitt; die bei-
den sich gegenüberliegenden grossen Wände sind
Spiegelglasscheiben. Auf dem Rand des Kastens
befinden sich, mittels Schrauben an beliebiger
Stelle fixierbar: i. eine federnde Klemme zum
Halten des Elektrolysierrohres ; 2. zwei federnde
Halter für die beiden Elektrodenkammern;
3. zwei Klemmschrauben für die Stromzu-
leitungen (eine isoliert), die durch Drahtspiralen
mit den in Korken befestigten Platinelektroden
ständig verbunden sind.
i^ Siehe Steel e, Trans. Chcm.* Soc. London 79.
414 — 429; Abegg, Zeitschr. f. Eleklrochem. 7, 61 S; dic<:c
Zcilschr. 3, 124, 1901. t Nuturf.-Vers.-Bor.).
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
Zur Vorbereitung des Versuches sind zu-
nächst die beiden EIektrodenl<ammem mit den
Gelees der Indikator-Elektrolyten zu füllen.
Diese werden hergestellt, indem man ungefähr
''3 bis 1 normale Lösungen von Li C/ {ca. 4.%)
und Na-acetat (ca. 1 2 \ kryst. Salz) mit so viel
Gelatine (in Tafeln) auf dem Wasserbad versetzt,
dass sie 12 bis 20prozentig an dieser sind.
Durch Zufiigung einiger Körnchen von festem
Hgy-i bleiben sie steril und in gut verschlossenen
Gelassen dauernd haltbar. Zum Verflüssigen
benutze man nur das Wasserbad.
Die Elektroden kam mern verschliesst man
vor der Füllung mit den dazugehörigen
Schlauchst ücken und Korken, die beide mit
Vaseline einzufetten sind, damit die erstarrten
Gelees nicht daran haften ; man schiebt die
Korkstopfen so weit ein, da.'is sie die Rohr-
enden der Elektrodenkammern berühren. Die
so montierten Elektrodenkammern setzt man
in ihre Halterklemmen ein, füllt den Kasten
mit kaltem Wasser so hoch , dass es die
Kugeln der Elektrodenkammern kühlend um-
giebt, und giesst die verflüssigten Gelees so
hoch hinein, dass die Kugeln etwa halbvoll
werden. Das Ende der Erstarrung ist dadurch
konstatier bar, dass das Gelee völlig elastisch
wird, was man bei leichtem Anschlagen der
Elcktrodenkammern an den Fingerknöchel er-
kennt. Erst nach dem völligen Erstarren
(was bis Vi Stunde dauern kann, bei LiCl
leicht noch mehr) füllt man die Kammern bis
in den halben Hals mit dem flüssigen Indi-
kator-Elektrolyten, der aus /,/ W oder zur Vermei-
dung der Chloren twickehmg, die die Elektro-
den angreift, noch besser i/j .^TÖ, {-^ Li^CO-^,
resp. Ma-acetat [+ Essigsäure) in beliebig grosser
Konzentration (die Zusätze an Essigsäure nicht
zu hoch wegen ihres Angriffs auf das Gelee)
besteht, und setzt die Elektroden ein. Die
/./■-Kammer ist mit dem -|- Pol, die Aietat-
Kammer mit dem — Pol der Stromquelle von 60
bis 70 Volt zu verbinden. Das Elektrolysierrohr
besitzt einen langen Halteschenkei, der zum
Eingiessen des Elektrolyten oben trichterförmig
ausläuft, die beiden kurzen Schenke! tragen
Schlaiichansätze, welche die ihrer Verschlüsse
entledigten Elektrodenkammern aufnehmen und
festhalten. Man zieht das Elektrolysierrohr so
hoch, dass die Schlauchenden über das Wasser-
niveau des Kastens hervorragen und giesst durch
das Halterohr so viel einer etwa 'i'j normalen
.V(767-Lösung (etwa 3%) ein, dass (zur Ver-
hütung des Ein seh Hessens von Luftblasen) kon-
vexe Flüsigkeitsskuppen über den Schlauchenden
stehen. Hierauf schiebt man möglichst schnell
und gleichzeitig die beiden Elektrodenkammern
in die Schläuche des Elektrolysierrohrs.
Es ist wichtig, die Elektroden schon zuvor
mit der Stromquelle verbunden zu haben,
damit vor Beginn der Elektrolyse möglichst
keine Vermischung durch Diffusion aus dem
und in das Gelee erfolgen kann. Die wan-
dernden Grenzen werden so mit Sicherheit scharf
und deutlich.
Sofort nach dem Zusammensetzen taucht
man den Apparat bis an den halben Hals der
Elektrodenkammern in das Wasser,
Die wandernden Grenzflächen erscheinen
etwa \\ bis längstens ','1 Stunde nach Beginn
der Elektrolyse unterhalb der Schlauchver-
bindungen und können dann in der Projektion
oder bei passender Beleuchtung') durch Katbeto-
meterablesung messend verfolgt werden.
Man kann die Etektrodenkammem mit ihrer
Gelecfullung mehrfach benutzen, wenn man den
flüssigen Elektrolyten darüber entfernt und
durch luftdichten Verschluss das Austrocknen
verhütet. Der Gummischlauch-Kork verschluss
am unteren Ende genügt dazu nicht, sondern
derselbe muss in Wasser oder mit Feuchtigkeit
gesättigter Luft stehen. Man signiere die Elek-
trodenkammern mittels Fettstifts mit -f- resp.--.
Die Dimensionen des gelieferten Elektrolysier-
robres erfordern bei Füllung mit Xu (7/-Lösung
60 bis 70 Volt Spannung; will man wesentlich
andere Spannungen benutzen, so braucht man
derartig veränderte Längen des Elektrolysier-
rohres, dass der Potentialfall per Centimeter
der gleiche, wie für die gelieferte Dimension
i) Da die Sichlbaikcil der Grenien auf Totaltefleiion der
beleuchtenden Lichlstrahlun iwischen den beiden verschieden-
brecbendeii Losungea beruhl. so benutzt man vorteilhaft bei
diffuser Beleuchtung einen senkrecht ver^chiebhiren schwari-
weissen Scbirm mit scharfem horizontalen Rand, den man hinter
dem K^islen leithl so einstellen kann, dass die Ldsungsgtenze
einen scharfen Reflei giebt, ähnlich wie man bei BUrellen-
ablesungen einen seh wari- weissen Papiersireiren benutit. Durch
Aufwendung optischer Hilfsmittel liesse sich die Beleuchtung;
natürlich noch echeblich vervolIIionimDen. Auch leistet eine
])assend verstellbare kleine elektrische Doppellampe gute
Dienste.
112
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
bei 60 bis 70 Volt ist.*) Bei Benutzung einer
3 prozentigen Xa C7-Lösung liegt die bei rich-
tigem Potentialgefälle entstehende Stromstärke
zwischen 9 und 14 (im ersten Augenblick bis 17)
Milliamperes fiir die gelieferte Rohrweite; sie
fällt in den ersten Minuten des Stromschlusses
schnell, im Verlauf des Vorrückens der Grenzen
langsam weiter ab.
Der komplette Apparat wird für 24 M., eine
für kathetometrische Messung zur Beleuchtung
bestimmte elektrische Doppellampe (4 Volt) mit
Kugelgelenkverstellungen am Stativ für 12 M.
von Herrn Mechaniker Erwin Kerker, Schuh-
brücke 47, Breslau, geliefert.
I) Die abgebildete und gelieferte Form des Elektrolysicr-
rohres ist natürlich nur fUr leichtere Indikator-Elektrolyte
(von kleinerem Dichtemodul) als der zu messende Mittelelek-
trolyt brauchbar. Für andere Fälle sind andere leicht her-
stellbare Rohrformen nötig, wie die Figuren bei Stecle
resp. Ab egg (1. c.) zeigen.
(Eingegangen 19. November 1901.)
Über einen Apparat zur photometrischen Mes-
sung hoher Temperaturen.
Von H. Wanner.
In dieser Zeitschrift i, 226 — 227, 1900 habe
ich gezeigt, wie mit Hilfe eines Photometers
auf Grund der Wien sehen Formel die Tem-
peratur lichtausstrahlender Körper gemessen
werden kann. Bezeichnet y die Intensität der
Strahlung, k die mittlere Wellenlänge eines
schmalen Spektralbezirkes, T die absolute Tem-
peratur und C[ und C2 zwei Konstanten, so ist
nach Planck
Cn
0
y=r, X'^'C
IT
_.."" IT
e
Für kleine Wellenlängen wird der letzte Bruch
gleich I und die Planck sehe Formel geht in
die Wiensche über. Logarithmiert man das
Verhältnis zweier Intensitäten ^t und ^o» so wird
^. _
ro
log * = \ ^ log c
%
0
7;
0
I
7:
2)
Bezeichnen 2, ^o und 7i bekannte Grössen, so
ergiebt sich aus dieser Gleichung die gesuchte
Temperatur 7i . Für die Konstante c^ habe ich
14500 angenommen.
Jetzt habe ich einen !^ handlichen Apparat
konstruiert, der geeignet ist, auch in der Tech-
nik als Pyrometer zu dienen. Da bei einiger-
massen weiten Temperaturintervallen die Licht-
intensitäten ausserordentlich zunehmen, ist zur
Messung derselben ein Polarisationsphotometer
am zweckmässigsten. Ist nämlich für / = 0,6563 n
und 1000^ C. die Strahlung gleich i, so ist sie
für 1500^ das I34fache, für 2000 'Mas 2 134 fache.
Schmidt & Haensch in Berlin haben für
den vorliegenden Zweck nach dem A. König-
schen ein Spektralphotometer') hergestellt mit
einem für X =--- 0,6563 (i geradsichtigen Prisma,
dessen Okularblende nur das genannte Licht
durchlässt. Durch geeignete Wahl der optischen
Bestandteile hat das Instrument eine handliche
Kürze (30 cm) bekommen. Die Drehung des
Okulamikols wird an einem in Grade geteilten
Kreise ohne Nonius abgelesen, da sich ein sol-
cher für die technische Verwendung von selbst
verbot. Als Vergleichslicht dient eine vorn am
Instrument angebrachte 6- Voltglühlampe, deren
Licht durch ein rechtwinkliges Prisma in den
Kollimatorspalt gelangt. Da die eine Katheten-
fläche fein mattiert ist, wird das beleuchtete
Feld sehr gleichmässig.
Wegen des starken Lichtverlustes durch die
polarisierenden Elemente des Instrumentes und
durch das Zwillingsprisma, sowie wegen der
geringen Öffnung des Prismas, die wiederum
die Kürze des Instrumentes bedingte, ist die
mit diesem Apparate erreichbare untere Tem-
peraturgrenze etwa 900". Die obere ist zum
Teil willkürlich und hängt zunächst von der
Intensität des Vergleichslichtes ab. Mit der
6- Voltlampe kann bis etwa 2000^ C. gemessen
werden. Hierdurch wird für die am meisten
vorkommenden Temperaturen 1200® — 1600^ die
grösste Empfindlichkeit erzielt, wie die weiter
unten mitgeteilte Tabelle ergiebt. Indessen lässt
sich die obere Grenze der Temperatur ausser
durch Veränderung des Vergleichslichtes auch
durch Einschieben von Rauchglas in den Strahlen-
gang des zu messenden glühenden Körpers nach
Belieben ändern und so ein Instrument her-
stellen, dessen Messungsintervall höher lieg^,
oder das für ein bestimmtes Intervall grössere
Empfindlichkeit gewährt.
Wie ersichtlich dient die von der kleinen
Glühlampe beleuchtete mattierte Kathetenfläche
als die in der Gleichung (2) angegebene Nor-
male ^0 und 7^). Da die Lampe von Akku-
mulatoren mit 10 Amperestunden Kapazität
gespeist wird, ist ihre Helligkeit während einer
längeren Zeit als konstant anzusehen. Um sie
indessen immer wieder, wenn nötig, auf die-
selbe Intensität einstellen zu können, wird jedem
Apparate eine Amylacetatlampe beigegeben,
die eine kleine fest angebrachte Mattscheibe
beleuchtet, und deren Flammenhöhe durch
Marken auf dieselbe Höhe gebracht wird. Diese
Lampe wird durch ein besonderes Stativ, das
auch das Photometer aufnimmt, in eine unver-
änderliche Stellung zu letzterem gebracht. Die
Einhaltung dieser Stellung ist sehr wichtig, da
die verschiedenen Stellen der Mattscheibe ver-
schiedene scheinbare Temperaturen ergeben
I) Die Er/eiigunj^ genügend homogenen Lichtes ist nicht
anders, als durch spektrale Zerlegung möglich. Versuche mit
einem Kubinglas an Stelle des Prismas haben mir gezeigt, dass
in diesem Falle die Wiensche Formel nicht mehr gültig ist.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
113
können. Bei der von mir gebrauchten Lampe
war diese scheinbare Temperatur durch Ver-
gleich mit der Strahlung eines schwarzen Kör-
pers zu 1162^ C. gefunden.
Damit die Kontrolle der Glühlampe im Hin-
blick auf die Verwendung in der Technik mög-
lichst einfach vor sich geht, wird die Alhidade
des Okulamikols auf einen ein für allemal be-
stimmten Teilstrich gestellt und die Glühlampe
durch einen eingeschalteten kleinen Widerstand
reguliert, bis die beiden Gesichtsfeldhälften des
Instrumentes gleich hell erscheinen. Für ge-
nauere Einstellungen kann man nunmehr durch
verschiedene erneute Einstellungen die Richtig-
keit prüfen und einen etwaigen kleinen Fehler
korrigieren. Es bleibt noch zu bemerken, dass
die Flammenhöhe der Acetatlampe vom Okular-
ende des Apparates aus kontrolliert werden kann.
Zur Besprechung der Genauigkeit nehme ich
zunächst an, dass der strahlende Körper, dessen
Temperatur gemessen werden soll, schwarz, sei.
Es ist bekanntlich möglich, zwei Flächen auf
gleiche Helligkeit mit einem Fehler von i Proz.
einzustellen. Hat man nun bei 1000^ C. des
strahlenden Körpers dies Gesichtsfeld mit
+ I Proz. Fehler gleich hell gemacht, so ist der
daraus entspringende Temperaturfehler + 0,75®,
bei etwa 1500^ + i,o^ bei etwa 1800^+ 1,1 ^
Hieraus ist der Schluss gestattet, dass der durch
diesen Mangel des Auges hervorgerufene Fehler
in der Temperatur zu vernachlässigen ist, ein Um-
stand, der bei dem rapiden Wachstum der Intensi-
tät mit der Temperatur nicht auffällig sein kann.
Eine weitere Frage ist die, ob die Ablesung
ohne Nonius am Okularkreise diese Genauigkeit
gewährleisten kann. Am besten lässt sich das
an der Hand einer Tabelle verfolgen. Die
2^ahlen unter A bedeuten Ablesungen am Nikol,
die unter T die Temperaturen in Celsiusgraden.
ATA
104
lOS
1003
1012
9
117
I102
7
118
1109
132
1202
7
133
1209
HS
146
1300
1310 •
10
ISS
156
1408
1421
13
161
162
1502
1623
21
165
166
1596
1526
30
170
171
1799
1869
70
Nimmt man nun an, dass Vio^
geschätzt wird, — eine Grösse,
am Kreise richtig
die immer noch
oberhalb des möglichen Einstellungsfehlers bei
I Proz. Helligkeitsunterschied liegt — so ergiebt
sich bei 1800^ ein Unterschied von 7^. Die
Dezimalen der Temperaturangaben sind deshalb
von vornherein weggelassen.
Der hauptsächlichste Fehler liegt in dem
Gebrauch einer Amylacetatlampe als einer Kon-
stanten. Die Leuchtkraft derselben hängt von
der Reinheit des Brennmaterials, von der Be-
schaffenheit der Luft und der Flammenhöhe ab.
Die beiden ersten Punkte glaube ich vernach-
lässigen zu dürfen, da das Material genügend
homogen dargestellt wird und die Luft des
Zimmers, in welchem eingestellt wird, immer
rein genug hergestellt werden kann. Um den
Einfluss der Flammenhöhe zu prüfen, habe ich
die Höhe um 2 — 3 mm variiert. Dadurch
änderte sich die scheinbare Temperatur (fiir
X = 0,6563 fi) um weniger als i Proz.
Nun ist ferner die angegebene Art der Ein-
stellung der Glühlampe auf die Normallampe
in Bezug auf die Fehlergrösse etwa einer ein-
zigen Einstellung des Okularnikols gleich zu
achten. Daraufhin habe ich meine sämtlichen
Beobachtungen durchgesehen und gefiinden, dass
der in der Temperatur hierdurch hervorgerufene
Fehler in seltenen Fällen bis zu 10^ betrug,
d. h. ungefähr i Proz. Wird nun die Tem-
peratur der Normalen um diesen Betrag zu hoch
oder zu tief angenommen, so wird die Ablesung
bei 1800^ um etwas weniger als 20^ falsch sein,
alsonurumetwa i Proz. Im allgemeinen wird jedoch
bei einiger Sorgfalt der Fehler geringer sein.
Fasse ich alles zusammen, so erhalte ich
folgendes Resultat: Die Unfähigkeit des Auges,
Helligkeitsdifferenzen unter i Proz. zu be-
merken, erzeugt keinen merklichen Fehler, da
die Genauigkeit der Ablesung am Kreise an
und fiir sich grösser ist. Hierfür ist insgesamt
unter Umständen ein Fehler von i Proz. mög-
lich. Da durch die Amylacetatlampe ein Fehler
von I Proz. im allerungünstigsten Falle hinzu-
kommen kann, wird in diesem Falle der Fehler
bis 2 Proz. wachsen können. Im allgemeinen
wird der Fehler unter i Proz. bleiben.
Zum Beweise folgen einige willkürlich her-
ausgegriffene Temperaturbestimmungen eines
schwarzen Körpers, dessen Temperatur vor und
nach der Photometrierung durch ein von der
Reichsanstalt geeichtes Thermoelement gemessen
wurde. Die Bestimmung der elektromotorischen
Kraft desselben geschah durch Kompensation
und durch Vergleich mit einem geprüften Nor-
malelement. Der benutzte schwarze Körper
bestand aus zwei mit Luftzwischenraum inein-
ander geschachtelten Porzellantiegeln in Asbest-
packung, deren innerer drei durch Blenden ab-
geteilte Kammern besass. Die letzte enthielt
das Thermoelement. Um den äusseren Tiegel
war Platinblech gewunden, das durch den Strom
114
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
des städtischen Elektrizitätswerkes erhitzt wurde.
An dem Thermoelement zeigte sich, wenn
längere Zeit erhitzt war, ziemliche Konstanz,
doch waren, auch bei Auswahl der günstigsten
Stunden am Vormittage niemals geringe Schwan-
kungen zu vermeiden. Die Beobachtungen wurden
gemacht, sobald die Konturen der letzten Blende
nicht mehr wahrgenommen werden konnten.
Th.-El. Photom. A
1269,8 1262 — 7yS
1297,3 1297 —0,3
1415.1 1420 +4,9
1248,8 1240 — 8,8
1508.2 1509 +1,2
1249,8 1245 —4,8
1205.3 ^210 +4,7
1364,« 1357 —7,8
1465,1 1461 —3,9
1181,0 II 84 +3,0
Die verschiedenen Gruppen von Messungen
verteilen sich auf verschiedene Tage. Bezüg-
lich der Grösse der Differenzen ist das oben
über die Schwankung der Temperatur Gesagte
zu berücksichtigen.
Wenn der strahlende Körper nicht schwarz
ist, ist eine allgemeine gültige Angabe des
Fehlers nicht möglich. Die meisten in der
Technik benutzten Öfen sind aber hinreichend
schwarz und auch die Messung offen glühender
fester und flüssiger Körper wird innerhalb der
von der Technik verlangten Grenzen richtig
sein. Selbst bei Flammen, die genügend un-
durchsichtig sind (für X = 0,6563), lässt sich
Steigerung und Abfall der Temperatur messend
verfolgen, während die wahre Temperatur im
allgemeinen höher als die gemessene sein wird.
An einem Hochofen der Ilseder Hütte er-
hielt ich aus Messungen in Gegenwart des Herrn
Professor Rinne für die abfliessende Schlacke
1372^, dieselbe Temperatur für das Eisen beim
Beginn des Abstichs mit Schwankungen bis
1330^ Ji^ ^cr Form als es noch flüssig war:
bis 1230^ Erstarrendes Eisen gab etwa ioi2^
Schlacke am Abstichloch 1400^. Im Düsen-
stock waren etwa i6oo^ im Schauloch, als das
Gebläse im Betriebe war, 2050^
Die Vorteile des neuen Pyrometers*) sind
seine ausserordentliche Handlichkeit und die
Schnelligkeit des Einsteilens, gegenüber dem
Thermoelement die unbegrenzte Dauerhaftigkeit
und die Ausdehnung der Skala bis zu den
höchsten Temperaturen, so dass die Einführung
in die Technik nicht lange auf sich warten lassen
dürfte. Auch der wissenschaftlichen Chemie öffnet
sich durch die Möglichkeit, hohe Temperaturen
exakt zu messen, ein noch unbebautes Gebiet.
Ti Zu beziehen von Dr. K. Hase, Hannover.
Waldhausen, den 20. Nov. 1901.
(^Eingegangen 22. November 1901.J
Ober die chemische Wirkung der Kathoden-
strahlen.
Von G. C. Schmidt.
Dass Kathodenstrahlen lichtempfindliche
Stoffe zersetzen, ist eine schon seit längerer Zeit
bekannte Thatsache. Nach Herrn Goldstein ^
i.st die Ursache dieser Erscheinung das Auf-
treten einer ganz dünnen Schicht von ultra-
violettem Licht an der Stelle, wo die Kathoden-
strahlen den Körper treffen. Hierdurch erklärt
sich zwanglos, dass Kathodenstrahlen auf
Silberchlorid u. s. w. photographisch einwirken
können.
Man kann sich von dieser Wirkung noch
eine andere Vorstellung bilden. Nach unserer
heutigen Auffassung bestehen die Kathoden-
strahlen aus fortgeschleuderten kleinen, negativ
geladenen Teilchen, den sogenannten Elektronen.
Treffen sie auf ein Salz, z. B. Silberchlorid,
welches aus einem positiv geladenen Silber-
und einem negativ geladenen Chloratom be-
steht, : y4^2 "f ^^2 f s^ kann das Elektron nur
auf die Weise dauernd festgehalten werden, dass
es die eine Valenzladung des Silbers sättigt. Das
letztere vermag dann nicht mehr zwei Atome
Chlor zu binden, das eine entweicht, verbindet
sich mit einem positiv geladenen Elektron oder
vereinigt sich auf andere Weise zu einem in-
differenten Chlormolekül. Es bleibt somit das
Silbersubchlorid Ag^ "f ^^ zurück, bei dem
die eine Valenzladung des Silbers durch ein
Elektron gesättigt ist. Will man annehmen,
dass das Chlor zweiwertig ist — und das ent-
spricht mehr unseren landläufigen Anschau-
ungen — so muss man noch die weitere Hypo-
these hinzufügen, dass das negative Elektron
zum Chlor wandert : Ag^ T Cl .
Ist diese Anschauung richtig, dass die
Elektronen direkt eine Valenzladung sättigen
können, und dass dann das negative Radikal,
falls es flüchtig ist, entweicht, so müssen die
Kathodenstrahlen alle Verbindungen
mit flüchtigenSäureradikalen reduzieren.
Ich habe diese Annahme geprüft, sie hat sich
durchweg bestätigt.
Die Zahl der Verbindungen, welche zu
einer Prüfung gee*ignet sind, ist eine sehr be-
schränkte. Da nämlich die Kathodenstrahlen
nur die äussersten Schichten zersetzen, so
müssen die chemischen Reaktionen äusserst
scharf sein. Gleichwohl habe ich doch Bei-
spiele für die drei Hauptklassen von Ver-
bindungen, bei denen das Metall drei-, zwei-,
bez. einwertig ist auffinden können.
Eisenchlorid wird nach kurzer Zeit in
Eisenchlorür verwandelt. Ultraviolettes Licht
1) Wied. Ann. U, 832, 1880.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
115
spielt hierbei keine Rolle, da die Wirkung durch
Flussspat und Quarz aufgehoben wird.
Quecksilberchlorid wird zu Quecksilber-
chlorür reduziert.
Silberchlorid geht in Silbersubchlorür
'ili2 ^l über. Dass die durch Kathodenstrahlen
neu entstehende Verbindung die Zusammen-
setzung Ag^Cl besitzt, konnte durch Messung
des Potentials gegen '/lo normal Salzsäure be-
stimmt werden. Das Potential des durch
Kathodenstrahlen J veränderten Salzes unter-
schied sich noch nicht um ^ j 000 Volt von dem
des Silbersubchlorürs.
Haloidsalze der Alkalimetalle. Dafür
dass die an den Haloidsalzen der Alkalimetalle
auftretenden Färbungen von Subchloriden bez.
Subbromiden herrühren, haben E. Wiedemann
und ichO ^ine grosse Reihe von Gründen bei-
bringen können. Mit Hilfe des sehr empfind-
lichen, allerdings auch sehr heiklen Emich-
schen*-^) Verfahrens habe ich jetzt nachweisen
können, dass schon nach einmaliger Bestrahlung
mit Kathodenstrahlen Chlorkalium nach dem
Lösen in Wasser alkalisch reagiert, dass somit
die Färbungen Subchloriden zugeschrieben
werden müssen.
1) Wied. Ann. 64, 78, 1898.
2) Monatshefte für Chemie 22, 671, 1901.
Erlangen, Physikalisches Institut.
(Eingegangen 25. November 1901.)
Über künstliche Färbung von Erystallen der
Haloidsalze durch Einwirkung von Kalium-
und Natriumdampf.
Von G. C. Schmidt.
Bekanntlich nehmen die Haloidsalze der
Alkalimetalle unter der Einwirkung der Katho-
denstrahlen mehr oder minder intensive Färbung
an. Herrn F. GieseP) gelang es, ähnliche
Färbungen zu erhalten, dadurch, dass er die
betreffenden Haloidsalze in zugeschmolzenen
Röhren bis zur beginnenden Rotglut in Natrium-
bez. Kaliumdampf erhitzte. Dabei beschränken
sich diese Färbungen nicht, wie bei den durch
Kathodenstrahlen gefärbten Salzen, auf eine
äusserst dünne Oberflächenschicht, sondern sie
durchdringen die ganze Masse, ohne den
Krystall seiner Klarheit zu berauben.
Sehr leicht lassen sich diese Färbungen auf
folgende Weise erhalten. Ein Rohr aus schwer
schmelzbarem Glase von ungefähr 20 cm
Länge wird an einem Ende zu einer kleinen
Kugel ausgeblasen. In dieselbe werden ein
I) F. Giescl, ehem. Her. 30, 156-158,1897. ücibl.
81 337. i»97.
zurlhiiiijic
oder zwei Stückchen Natriummetall gebracht,
und die Röhre bei A durch einen lose an-
liegenden Pfropfen aus Glaswolle oder Asbest
verschlossen. Hierauf wird etwas Salz vS" ge-
schüttet, und damit dasselbe nicht herabfällt,
bei B wiederum ein Pfropfen aus Glaswolle
angebracht. Das Rohr wird durch einen
Gummistopfen, der zu einer Wasserstrahlluft-
pumpe führt, geschlossen. Nachdem evakuiert
worden ist, erhitzt man das Natriummetall stark
mit einer Bunsenflamme. Dasselbe schmilzt und
es entweichen dabei Petroleumdämpfe, die durch
Erhitzen und fortwährendes Pumpen entfernt
werden. Jetzt wird auch das Salz mit einem
zweiten Brenner erhitzt. Sobald die Dämpfe
des siedenden Natriums mit demselben in Be-
rührung kommen, tritt die prachtvoll blaue
Farbe des Subchlorids auf.
Die Methode hat vor der Gies eischen den
Vorzug, dass sie äusserst leicht auszuführen
ist — sie eignet sich sehr zu einem Vorlesungs-
versuch — und dass man genau die Farbenände-
rung mit dem Auge verfolgen kann.
Ich habe nach dieser Methode Chlorkalium,
Chlornatrium u. s. w. gefärbt. Natriumkarbonat
und Kaliumkarbonat blieben unverändert.
Erlangen, Physikalisches Institut.
(Eingegangen 25. November 1901.)
Darstellung der Meniskusänderungen gesättigt-
dampfförmiger Substanzen.
Von Viktor Blaess.
Denkt man sich das spezifische Volumen,
den spezifischen Druck und die absolute Tempe-
ratur eines Körpers in einem Raumkoordinaten-
systeme aufgetragen, so erhält man bekanntlich
die Zustandsfläche dieses Körpers.
Von hoher Bedeutung sowohl für die
Naturerkenntnis als für ihre Anwendung auf
das praktische Leben ist die genaue Kenntnis
desjenigen Teiles der Fläche, durch dessen
Punkte alle dampfförmigen Zustände einer Sub-
stanz bestimmt sind. Wenn keine Überhitzung
und keine Übersättigung besteht, so ist be-
kanntlich die Dampflfläche ein Cylinder, für
dessen Leitlinie in Ermangelung eines analy-
tischen Gesetzes schon eine grosse Anzahl
1
ii6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
empirischer Formeln verschiedentlich in Vor-
schlag kamen.
Da man in einfachster Weise . einen Körper
dann als gesättigt-dampfförmig bezeichnet, wenn
er als Dampf in Berührung mit seiner Flüssig-
keit stehen kann, so erkennt man leicht, dass,
unter Voraussetzung einer bestimmten Menge
Substanz, bei Veränderung der die Dampffbrm
bedingenden Einflüsse eine gewisse Beziehung
zwischen dem Volumen der Flüssigkeit und
demjenigen des darüberstehenden Dampfes be-
stehen muss.
Um nun die Art der Abhängigkeit von den
Temperatur-, Druck- und Volumänderungen fest-
zustellen, möchte ich hier kurz eine Methode
kennzeichnen, die es ermöglicht, an Hand einer
einfachen Darstellung die Vorgänge leicht ver-
folgen zu können:
In der Figur liegt horizontal die z/- Achse;
zu ihr senkrecht ist die /-Achse. Die als be-
kannt vorausgesetzte Zustandsfläche einer be-
liebigen Substanz, z. B. Kohlensäure, werde
durch Ebenen parallel der T'-/-Ebene im Ab-
stände der absoluten Temperaturen geschnitten,
so dass man als Projektionen der Schnitte die
Isothermen T^, 7] etc. erhält. Die untere Grenz-
linie der Dampfregion sei F, die obere sei G,
Innerhalb der Kurve /-(i stellt jeder Punkt die
Substanz in gesättigt-clanipfförmigem Zustande
dar, und denkt man sich einen solchen fixiert,
so wird man gemäss obiger Definition auf einer
durch ihn gehenden Geraden parallel zur z^- Achse
einen andern Punkt finden können, dessen Ab-
szisse das Volumen der unter ihrem Dampfe
stehenden Flüssigkeit ist.
Um in der Figur den Punkt ß zu finden,
der in obigem Sinne dem Punkt D in der
Dampfregion zugeordnet ist, beachte man
folgendes:
Nach bekannter Bezeichnung ist, wenn die
Einheit der Substanz zu Grunde gelegt ist und
man unter x die spezifische Dampfmenge ver-
steht:
AC = a
CE=u.
Hat das Gemisch das Volumen v = AI), so
ist, da
V = ux -^ 0
CD
Ist AB das Flüssigkeitsvolumen, so muss das
Volumen BC verdampft sein, also ist auch
CB
^^ CA'
d. h. bei zugeordneten Punkten B und D muss sein :
CD. CE=CBi CA.
Sucht man also die „Flüssigkeitslinie", wie sie
kurz heissen mag, welche einer Kurve kon-
stanter Dampfmenge, der „Dampflinie", zuge-
ordnet ist, so hat man nur, um deren Punkte
zu finden, beliebige Parallelen zur zz-Achse von
der Grenzlinie F bis zur Grenzlinie G in dem-
selben Verhältnis zu teilen, wie von F bis zur
/-Achse; oder was dasselbe ist: um eine Schar
zugeordneter Linien zu erhalten, hat man be-
liebige Parallelen von F bis G in ebensoviele
gleiche Teile zu teilen, wie von F bis zur
/-Achse. Flüssigkeitslinien und Dampflinien
sind also in gewissem Sinne an F gespiegelt:
F ist ihre eigene Flüssigkeitslinie, während die
/-Achse der Grenzlinie G als Flüssigkeitslinie
zugeordnet ist.
Um nun die Meniskusänderungen bei Er-
hitzung einer Substanz zu bestimmen, z. B. in
einem geschlossenen Glasröhrchen, beachte man,
dass hierbei das Volumen konstant ist (das
Röhrchen soll sich nicht ausdehnen). Eine solche
Zustandsänderung wird dargestellt durch eine
Parallele zur /-Achse. Wo nun diese Gerade
eine Dampflinie schneidet, liegt in demselben
Abstand des Schnittpunktes von der 7'-Achse
auf der Flüssigkeitslinie der konjugierte Meniskus-
punkt.
In der Figur sind einige solcher Zustands-
änderungen gezeichnet, und man erkennt, dass
bei kleinerem Röhrenvolumen v^ die Flüssigkeit
bei Erwärmung allmählich den ganzen Raum
gemäss der Kurve L^ ausfüllt, während bei
\
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
117
grossem Röhre nvolumen Vr^ der Meniskus nach
der Linie L^ sinkt, bis aller Inhalt verdampft
ist. Von Interesse sind die beiden wenig vonein-
ander verschiedenen Röhren volumina z^2 und 7'3.
Während sich noch die Röhre v^ ganz mit
Flüssigkeit füllt, verdampft bei wenig grösserem
Volumen der Inhalt vollständig, wie dies die
Kurve Z3 veranschaulicht. Zustandsänderungen,
welche also zwischen v^ und ^'3 stattfinden,
haben in der Nähe der kritischen Temperatur
grosse Meniskusschwankungen zur Folge, wie
die schraffierte Fläche zeigt.
Alle diese Resultate lassen sich leicht durch
das Experiment bestätigen.
Dass das Volumen der Flüssigkeit im kriti-
schen Punkte ein „indifferentes Volumen*' ist,
ergiebt sich daraus, dass jede Zustandsänderung,
als Kurve aufgefasst, im kritischen Punkte alle
Dampflinien, da dieselben sich hier berühren,
schneidet, so dass jeder Punkt der Geraden PK
dem kritischen Punkte zugeordnet ist.
Wie man natürlich auf diese Weise zu jeder
ganz beliebigen Zustandsänderung die Änderung
des Flüssigkeitsvolumens bestimmen kann, so
sind auch umgekehrt leicht die Zustandsände-
rungen zu bestimmen, bei welchen die Meniskus-
bewegung gewissen Bedingungen unterworfen
sei: so kann z. B. diejenige Zustandsänderung
von Interesse sein, bei welcher das Flüssigkeits-
volumen konstant ist, d. h. bei welcher der
Meniskus sich nicht ändert, welche Kurve da-
durch gefunden wird, dass man zu einer Paral-
lelen zur /-Achse in der Flüssigkeitsregion die
konjugierten Punkte in der Dampfregion sucht.
Beachtenswerth ist hierbei, dass alle solche
Kurven durch den kritischen Punkt gehen,
welcher alsdann bei zunehmender Erwärmung
auch als äusserster Punkt jeder solcher Zustands-
änderung bezeichnet werden kann.
Darmstadt, im Oktober 1901.
(Eingegaogen 25. November 1901.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
J. Schubert (Eberswalde), Der Wärmeaus-
tausch im festen Erdboden, in Gewässern
und in der Atmosphäre.^)
Die Energie, welche der Erdoberfläche bei
Erwärmung durch die Sonnenstrahlung zugeführt
wird, teilt sich nach unten dem festen Erdboden
und den Gewässern, nach oben der Atmo-
sphäre mit. Ebenso wird bei Ausstrahlung
und Abkühlung der Energieverlust von Land,
Wasser und Luft bestritten. Es fragt sich, wie
gross die hierbei im Laufe der täglichen
oder jährlichen Periode umgesetzten Energie-
mengen sind. Bezeichnet C die Wärmekapazität
pro V olumeneinheit, d^ die Temperatur, // den
Abstand von der Erdoberfläche, H eine Tiefe,
in welcher die täglichen oder jährlichen Tem-
peraturschwankungen verschwinden, so ist
H
H
P*
CO^dh
die Energie- oder Wärmemenge, welche dem
Boden pro Flächeneinheit zugeführt wird, wäh-
rend die Temperatur von o auf ^ Grad steigt.
Wir bezeichnen sie kurz als Bodenwärme. Nimmt
man für Wasser C= i, so wird der Ausdruck
für die Wasser\värme einfach
n
//= jd^
d/i.
Für die Luft fügen wir die Bedingung hinzu,
dass der Druck konstant bleibe, und wenn dann
Q die Dichte, c/ die spezifische Wärme bedeutet,
so nennen wir
m '
(//i
o
i) Abteilung 6, 24. Srptcniber 1901.
mit W. von Bezold den Wärmegehalt der
Atmosphäre bis zur Höhe H, berechnet für eine
über der Flächeneinheit sich erhebende Luft-
säule, oder kurz die Luftwärme.
Der tägliche oder jährliche Wärmeaustausch
oder -Umsatz wird als Differenz zwischen dem
Maximum und Minimum von u gefunden. In
der folgenden Übersicht wurden die Angaben
für Finnland durch Mittelbildung aus den von
Homen gefundenen Zahlen erhalten, der Wert
für die Ostsee und der für die Nordsee nach
Petterson angeführt. Die anderen Werte sind
von mir berechnet, für den Hintersee nach An-
gaben von Seligo; die Temperaturmittel der
fünf dänischen Leuchtschiflfstationen (1880 — 87)
sind dem Segelhandbuch der Seewarte für
die Ostsee entnommen. Zur Berechnung des
Wärmegehaltes der Atmosphäre habe ich die
Formeln für die Lufttemperatur in verschiedenen
Höhen benutzt, durch welche Hann die Re-
sultate der Ballonbeobachtungen nach Tes-
sereinc de Bort darstellt (Meteorul. Zeit-
schrift 1 901. Jan.). Dabei ist der TYnichtigkeits-
' gchalt auf Grund der Ergebnisse der Berliner
Ii8
Physikalische Zeitschrift. 3- Jahrgang. No. 6.
Luftfahrten als Funktion der Temperatur an-
gesehen worden. Die Angaben beziehen sich
auf Paris.
Man hat immer im Auge zu behalten, dass
es sich hier um Näherungswerte handelt, welche
zum Teil nur die Grössenordnung angeben
sollen. Insbesondere wird die Berechnung des
Wärmegehaltes der Atmosphäre beim Fort-
schreiten der Beobachtungen der Verbesserung
bedürfen; der hier gefundene Wert erscheint
im Vergleich zu dem von W. von Bezold be-
rechneten (1200 calcm' bis 4 km Höhe) etwas
hoch. Es ist beachtenswert, dass bei den ver-
schiedenen Beobachtungsreihen für den täglichen
Gang die Reihenfolge die gleiche ist. Auch
der Wert für die dänischen Stationen erscheint
recht gut verbürgt. Die übergeschriebenen Buch-
staben haben folgende Bedeutung:
a) Südliches Finnland in der Nähe des
Lojosees. 4 Tage und 3 Nächte im August und
September 1892.
b) Ebenda. 6 Tage und 4 Nächte im August
bis Oktober 1896.
c) Eberswalde, Wald- und Feldstation, Sand-
boden, oben humös, im Walde mit Untergrund
von Lehm. 16. bis 30. Juni 1879. Rechts da-
neben stehen die Werte des jährlichen Wärme-
austausches in Eberswalde für die Periode
1876 — 1890.
Der Wärmeaustausch
im festen Boden, in Gewässern und in der Atmosphäre.
Sitz des Wärmeaustausches, Bodenart,
Name der Gewässer
Täglicher Jährl.
Wärmeumsatz cal/cm^
a I b • c
Land: 1
Moorboden ^ mit Nadelwald be- 15
Sandboden f standen 21 — 24 1290
Moorwiese i 43 33 —
Sandboden ! 80 65 | 62 1850
Granitfelsen | — 134 1 —
Luft I 2800
Wasser: |
Hintersee in der Provinz Westpreussen (tiefste j
Stelle 24 m) I 28cxx>
Ostsee (bis 55 m Tiefe) 45000
Mittel aus 5 dänischen Stationen (auf grössere
Tiefe ergänzt) 46000
Nordsee (bis 200 m Tiefe) ' 70000
Die Angaben sind durchweg in Grammkalorien pro Quadrat-
centimeter gemacht.
Die ausserordentliche Wichtigkeit der zu-
sammengestellten Thatsachen ist nicht zu ver-
kennen. Wir heben folgende Hauptpunkte
hervor.
Bewaldeter Boden hat einen geringeren
Wärmeumsatz als freier. Nasser Moorboden
steht nicht in der Mitte zwischen trockenem
Boden und Wasser, sondern hat eine wesent-
lich geringere Wärmeaufnahmefähigkeit als das
trockene Land. In der obersten sich stark
erhitzenden Schicht des nassen Moorbodens
wird ein grosser Betrag an Wärme zur Ver-
dunstung verbraucht, während nur wenig in die
Tiefe dringt.
Das Wasser nimmt im Frühjahr und Sommer
unvergleichlich mehr Wärme auf als festes Land
und giebt sie während der kalten Jahreszeit
wieder ab.
Es ist eine allgemein verbreitete Ansicht,
dass beim Verhalten des Meeres die grosse
Wärmekapazität des Wassers und die Verdun-
stung ausschlaggebend sei. Hiergegen spricht
der Vergleich zwischen Moor- und Sandboden.
Die Wärmekapazität des ersteren übertrifft die
des Sandbodens und kommt der des Wassers
nahe und auch die Verdunstung des nassen
Moorbodens ist erheblich stärker als die des
Sandbodens. Und doch vermag der Moor-
boden nur weniger Wärme aufzunehmen als
Sand, während die Wärmemenge, welche ein
tiefes Land oder das Meer in der warmen
Jahreszeit aufspeichert, die in das feste Land
eindringende erheblich übertrifft. Charakte-
ristisch beim Wasser ist das tiefe Eindringen
der jährlichen Temperaturschwankungen, das im
wesentlichen auf der Bewegung des Wassers
und zum Teil auch auf der Durchlässigkeit für
Wärmestrahlen beruht und das durch folgende
Beispiele dargelegt werden mag.
Jährliche Temperaturschwankung C^
Land
Wasser
Tiefe
m
Königsberg
14 Jahre
Hintersee
Westpreussen
I Jahr
Schulu
Grund
Kattegat
8 Jahre
0
20,3
19,0
15.5
5
3,9
18,5
15,1
0
i>7
H,5
14.8
»5
o,x
7,5
11,8
23
0,0
6,5
8,2
26
8,1
Der feste Boden speichert in der warmen
Tages- und Jahreszeit wenig Wärme in der
Tiefe auf, erhitzt sich stark an der Oberfläche
und giebt viel Wärme an die Luft ab, das Meer
speichert viel Wärme in seinen Tiefen auf, er-
wärmt sich wenig an der Oberfläche und giebt
auch entsprechend weniger Wärme an die Luft
ab: es wird also im Vergleich zum Lande im
Frühjahr und Sommer auf das Ansteigen der
Lufttemperatur eine zurückhaltende Wirkung
ausüben. Umgekehrt vermag im Winter der
feste Boden wenig Wärme aus der Tiefe zu
entnehmen, seine Oberfläche und die über-
lagernde Luft kühlt sich stark ab. Das Wasser
dagegen giebt viel Wärme her und verzögert
so die Abkühlung seiner Oberfläche wie der
Luft.
Einen anschaulichen Massstab für die Be-
deutung des Meeres bietet der Satz, dass ein
Flächenteil in der Ostsee 20 bis 30, in der
Nordsee 30 bis 40 mal soviel Wärme
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
119
ivährend des Sommers aufnimmt als eine
gleichgrosse Landfläche. Der Wärme-
austausch in der Atmosphäre beträgt (in
Westeuropa) etwa das 1V2 fache von dem
im Sandboden, Vts von dem der Ostsee
und V25 von dem der Nordsee.
Über den jährlichen Gang des Wärmegehaltes
in den verschiedenen Medien geben die fol-
genden Zahlen Aufschluss. Die Bodenwärme
bezieht sich auf Eberswalde, die des Wassers
auf die dänischen Stationen und der Wärme-
gehalt der Luft wieder auf Westeuropa (Paris).
Wärmegehalt cal/cm*^.
Abweichung der Monatsmittel vom Jahresdurchschnitt
Jan. Febr. März April Mai Juni
Boden — 560 — 800 — 8go — 720 — 280 220
Luft — 1040 — isoo — 1280 — 820 — 10 870
Wasser — 18200 — ^0^00 — 19900 — 14700 — 5100 8700
Juli Aug. Sept. Oktbr. Novbr. Dezbr.
Boden 630 880 890 620 210 —230
Luft 1440 1460 1040 420 — 150 —630
Wasser 21500 25200 23000 12000 — 1000 — 11400
Für den festen, nahezu homogenen Boden,
für den die Gesetze der Wärmeleitung annähernd
gelten, habe ich früher theoretisch und an der
Hand von Beobachtungen den Satz abgeleitet,
dass die Phasen der Bodenwärme gegenüber
denen der Oberflächentemperatur um Vs der
Schwingungszeiten, im Jahre also um 1^/2 Mo-
nate verzögert sind. Demgemäss tritt das
Maximum der Bodenwärme in der ersten Hälfte
September, das Minimum im März ein. Im
Wasser und in der Luft, wo die Verhältnisse
wesentlich andere sind und die Bewegung beim
Temperaturausgleich die Hauptrolle spielt, ist
die Verzögerung gegenüber der Temperatur der
Erdoberfläche eine geringere. Das Maximum
tritt schon im August, das Minimum im Februar
ein. Folgende Zusammenstellung enthält die
Eintrittszeiten der Jahresmittel.
Erstes Zweites
Mittel Mittel
Temperatur der Erdoberfläche (i cm)
Eberswalde 18. April 13. Oktober
T^ufttemperatur über dem FesUande
Eberswalde 18. „ 16.
Paris 17. „ 16.
Lufttemperatur über dem Meer
dänische Stationen 5. Mai 21.
Temperatur d. Wasseroberfläche(o,7 m)
dänische Stationen 14. „ 2. November
Wärmcgehalt
der Luft (Paris) 16. „ 7. „
des Wassers (dän. Stat.) 27. „ 13. „
des Bodens (Eberswalde) 2. Juni 30. „
Die nachstehenden, im Laufe der einzelnen
Monate zu- und abgeführten Wärmemengen
sind als halbe Differenzen aus den benachbarten
Monatsmitteln gebildet.
Zu-(+) und abgeführte ( — ) Wärmemengen
cal/cm^.
Jan. Febr. März April Mai Juni
H
Boden
Luft .
Wasser
I^oden
Luft .
Wasser
— 280 — 170 40
— 340 — 120 240
—4400 — 900 2700
Juli Aug. Sept.
330 130 —130
300 — 200 — 520
8300 800 —6600
310 470 450
640 840 720
7400 II 700 13800
Oktbr. Novbr. Dezbr.
—340 —430 —380
— 600 — 520 — 440
— 12000 — II 700 — 8600
Die grösste Wärmeaufnahme findet im Mai
und Juni, die grösste Abgabe im Oktober und
November statt. Wir sehen, wie z. B. im Ok-
tober das Meer 20 mal soviel Wärme abgiebt
als die Atmosphäre und 3 5 mal soviel als der
Sandboden. Ein Teil dieser bedeutenden, vom
Wasser abgegebenen Wärmemengen kommt
natürlich der über dem Meere und den benach-
barten Ländern befindlichen Luft zu gute und
verlangsamt deren Abkühlung. Dieser Zu-
sammenhang tritt besonders deutlich hervor,
wenn wir gleichzeitig den Unterschied zwischen
der Temperatur der Wasseroberfläche und der-
jenigen der überlagernden Luftschicht in Betracht
ziehen.
Uberschuss der Temperatur der Meeres-
oberfläche (0,7 m) über die Lufttempe-
ratur. (Dänische Stationen.)
Jan. Febr. März April Mai Juni
0,9 0,4 0,3 —0,6 —o^y —0,5
Juli Aug. Sept. Oktbr. Novbr. Dezbr.
>,2 0,1 0,6 2,0 1,7 1,7
Der jährliche Gang entspricht dem der ab-
und zugefiihrten Wärmemengen und wir sehen,
dass wieder im Oktober die Tendenz zur Ab-
gabe der Meereswärme an die Atmosphäre am
stärksten ist.
Im Jahresdurchschnitt ist die Meeresober-
fläche einen halben Grad wärmer als die über-
lagernde Luft. Ein Grund hierfür lieg^ darin,
dass erkaltete schwere Luft und erwärmtes,
leichtes Wasser das Bestreben haben, in der
Nähe der Oberfläche zu bleiben oder dorthin
zu gelangen, während überhitzte Luft in die
Höhe steigt und abgekühltes und dadurch
schwerer gewordenes Wasser nach unten hin
abfliesst. — Durch das Aufsteigen wärmeren
Wassers wird die Abgabe der Meereswärme
im Herbst beschleunigt.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 27. September 1901.)
I20
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
J. Schubert (Eberswalde), Zur Ermittelung der
Luftfeuchtigkeit durch Psychrometer J)
1. Für das vom Vortragenden früher be-
schriebene Schleuderpsychrometer mit Strah-
lungsschutz ist im November 1899 durch etwas
über 100 Vergleiche mit dem Aspirations-
psychrometer folgende Formel zur Berechnung
der absoluten Feuchtigkeit gefunden, die für
einen mittleren Barometerstand von 755 mm gilt:
a = s' — 0,54 (/ — /').
2. Der Vortragende zeigt ein nach seinen
Angaben konstruiertes Registrierinstrument aus
einem trockenen und feuchten Thermometer
bestehend, das dem von Richard nachgebildet
ist. Bei der Benutzung sind die beiden Re-
gistrierthermometer möglichst richtig zu stellen;
dann wird nach den unkorrigierten Ablesungen
die absolute und relative Feuchtigkeit mit Hilfe
der gewöhnlichen Tafeln bestimmt. Durch Ver-
gleich mit einem Normalpsychrometer werden
ferner zwei- oder dreimal am Tage die nötigen
Verbesserungen ermittelt und bei Anwendung
linearer Ausgleichung an die vorher bestimmten
Werte der Temperatur, absoluten und relativen
Feuchtigkeit angebracht.
Beide Instrumente werden von R. Fuess
in Steglitz bei Berlin geliefert.
I) Abteilung 6, 24. Sept. 1901.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 25. September 1901.)
Fr. Ahlborn (Hamburg), Über den Mechanis-
mus des Widerstandes flüssiger Medien J)
Die Bestimmung des Widerstandes durch
die Kraftmenge, die zur andauernden Unter-
haltung einer Bewegung innerhalb eines Mediums
aufgewendet werden muss, genügt nicht dem
wissenschaftlichen Bedürfnis, da sie über die
Art und das Wesen des Widerstandes selbst
nichts aussagt.
Bei der Bewegung fester Körper in tropf-
baren oder gasförmigen Flüssigkeiten spricht
man vom Verdrängungs- und Reibungs-
widerstand, d. h. man stellt sich vor, dass
ein Teil jener Kraft verbraucht wird, um das
Medium aus der Bahn der Bewegung zu ver-
drängen, ein anderer Teil zur Überwindung
der Reibung an den Oberflächen des bewegten
Körpers.
Der Reibungswiderstand hängt natürlich
von der Beschaffenheit der Oberfläche des ein-
getauchten Körpers ab. Er ist nicht unbe-
trächtlich, zum Beispiel bei Schiffen, die bei
langer Tropenfahrt am Boden mit Meeresorga-
nismen bewachsen sind. Unsere aus China
i) Abteilung 2, 26. Sept. 1901.
heimkehrenden Kriegsschiffe hatten bei ihrer
Ankunft fast eine Meile Geschwindigkeit ein-
gebüsst.
Da der Verdrängungswiderstand im allge-
meinen grösser wird, wenn die Menge des zu
verdrängenden Wassers zunimmt, so hat man
geglaubt, dass er im wesentlichen von der
Grösse des Querschnitts des bewegten Körpers
abhänge. Allein die Erfahrung zeigte, dass
dabei die Form des Körpers von grosser Wich-
tigkeit ist. Ein zugespitzter Gegenstand bewegt
sich erheblich leichter durch das Medium, wie
ein stumpfer; und es kommt offenbar nicht nur
darauf an, vieviel Wasser oder Luft verdrängt
wird, sondern ebenso sehr auch, wie dies ge-
schieht; je nach der Form des Werkzeuges,
also des bewegten Körpers, wird eben der
gleiche Zweck auf verschiedene Weise und mit
ungleichem Kraftaufwand erreicht. (Das breite
Segel soll ein Maximum des Widerstandes er-
zielen, der spitze Pfeil ein Minimum. Der Vogel
mit seinem Körper ein Minimum, mit seinen
Flügeln ein Maximum.)
Das Ziel einer rationellen Widerstandsfor-
schung muss daher sein: Die Ermittelung des
Mechanismus, durch den der Widerstand des
Mediums überwunden wird; die Feststellung
aller damit zusammenhängenden Strömungen
innerhalb des Mediums und der sie bedingenden
Druckverhältnisse, im besonderen der Druck-
verteilung an der Oberfläche des bewegten
Körpers, und graphische Darstellung der Inten-
sität des Widerstandes. Ich glaube, dieses Ziel
auf experimentellem Wege wenigstens zunächst
für plattenförmige Körper erreicht zu haben.
Ob eine Aussicht vorhanden ist, die kompli-
zierten Gesetzmässigkeiten des Widerstandes
der mathematischen Behandlung zugänglich zu
machen, werden Sie selbst am Schlüsse dieses
Vortrages ermessen können.
I. Wenn man einen plattenförmigen Körper
in Wasser eintaucht und nach einer Richtung
fortbewegt, so entsteht vor der Platte eine Er-
hebung des Niveaus, ein Druckmaximum, und
die Flüssigkeit fliesst mit grosser Geschwindigkeit
um beide Ränder nach hinten fort. Hinter der
Platte ist ein Gebiet der Depression des Flüssig-
keitsniveaus, des Minderdrucks, und in dem-
selben sieht man gleich hinter den Rändern
jederseits eine trichterförmige Vertiefung, um
welche die Flüssigkeit daselbst in wirbelnder
Bewegung begriffen ist. Der linke Wirbel dreht
Hnksläufig, der rechte rechtsläufig.
Die Bewegungen lassen sich an den schwinl-
menden Fetttröpfchen des Kaffees, oder bei
Benutzung von Wasser an aufgestreutem Bär-
lappsamen genau verfolgen. Verwendet man
eichene Sägespäne als Streupulver, so sinken
diese langsam in die Tiefe des Wassers und
man kann erkennen, dass die beiden Ober-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
121
flächenwirbel in der Tiefe bogenförmig zusammep-
hängen, dass sie also nur den frei liegenden
Durchschnitt eines halben Wirbelringes von der
Art der bekannten Rauchringe darstellen.
Zur objektiven Festlegung der Strömungen
wurde die Photochronographie angewandt. Da-
zu diente ein umfangreicher, durch Zeichnung
näher erläuterter Apparat, durch welchen an
einem Wagen die in Wasser eingetauchte Platte
zugleich mit der über ihr angebrachten photo-
graphischen Kammer fortbewegt wurde. Den
Antrieb lieferte ein kleiner Elektromotor; die
Geschwindigkeit wurde durch ein Schwungrad,
sowie durch elektrische und mechanische Wider-
stände nach dem Metronom geregelt. Die Be-
lichtung geschah automatisch durch elektrische
Zündung von Magnesium - Salpeter - Blitzpulver.
Bei dieser Anordnung erscheint im Photo-
gramm die Platte in Ruhe und die Flüssigkeit
bewegt.
Die Bärlappsporen ordnen sich auf dem
Wasser zu kleinen Flöckchen, die sich auf dem
dunklen Untergrunde des geschwärzten Wasser-
kastens optisch wirksam abheben. Sie erzeugen
auf der photographischen Platte ein System
feiner Linien, durch welche die Richtung der
Strömungen in der Flüssigkeit in allen Einzel-
heiten mit grosser Schärfe gezeichnet wird. Die
Länge der Linien ist das Mass für die Ge-
schwindigkeit der Strömungen an jedem
Punkte des Widerstandsfeldes. Ferner geben
die Stromlinien auch noch über die in der
Flüssigkeit herrschenden Druckverhältnisse Aus-
kunft, was für die Analyse des Widerstandes
selbst von entscheidender Bedeutung ist. Pa-
rallele Strömungslinien bedeuten gleichförmige
Geschwindigkeit ohne Änderung des Druckes;
alle Divergenzen benachbarter Linien bedeuten
eine Stauung des dazwischenliegenden Wasser-
&dens, Abnahme der Geschwindigkeit, Zunahme
des Druckes; alle Konvergenzen: Zunahme der
Geschwindigkeit, Abfluss, Abnahme der Druck-
spannung.
Diese Gesetzmässigkeiten bilden den Schlüssel
für die Entzifferung der in den Photogrammen
festgelegten Dokumente des Widerstandsmecha-
nismus.
Das vorgeführte Projektionsbild der Wider-
standsströmungen an einer normal vom Flüssig-
keitsstrome getroffenen rechteckigen Platte zeigt
vorn die symmetrische Teilung des Haupt-
stromes, die Geschwindigkeitsabnahme und Auf-
stauung zum Hochdruckgebiet mit ruhender
Flüssigkeit im Druckmaximum vor der Tafel-
mitte. Seitlich verzeichnet die Entwicklung
und Konvergenz der Stromlinien eine schnelle
Zunahme der Geschwindigkeit und Abnahme
des Druckes am Rande der Tafel.
Von grossem Interesse sind die Strömungs-
und Druckverhältnisse an der Hinterseite der
eingetauchten Tafel. Verfolgt man die inneren
Strömungslinien des Randstromes über das Ge-
sichtsfeld, so zeigt sich, dass sie von beiden
Seiten her ein etwa eiförmiges Gebiet der
Flüssigkeit umspannen, das von der Tafel sau-
gend nachgeschleppt wird. Diese ganze Wasser-
masse, die Schleppe, steht daher unter Minder-
druck. Indem der Randstrom an dieser Schleppe
seitlich entlang streift, erzeugt er in ihr durch
Friktion den grossen Wirbelring, der, wie be-
merkt, schon bei direkter Beobachtung zu sehen
ist. Durch seinen centralen Hohlraum mahlt
nun der Wirbel kontinuierlich und mit der vom
Randstrom unterhaltenen grossen Geschwindig-
keit einen nach vorn gerichteten, kräftigen
Wasserstrom, den Nachlauf, gegen die Rückseite
der Tafel. Da, wie man sieht, die Geschwin-
digkeit des Nachlaufes grösser ist, als die der
fortschreitenden Tafel, so drückt er im positiven
Sinne, schiebend, gegen die Rückseite und hebt
dadurch einen Teil des sonst dort vorhandenen
Minderdruckes auf. Dabei teilt sich der Strom
und indem er seitwärts umbiegend die Wirbel-
bewegung fortsetzt, gelangt er alsbald wieder
in den Bereich der anziehenden Wirkung des
Randstromes. Dieser saugt das Wasser hinter
den Rändern der Tafel kräftig nach hinten fort
und erzeugt dadurch beiderseits ein Gebiet
tiefsten Minderdruckes, das durch relativ stagnan-
tes Wasser ausgefüllt ist.
So wird durch die Bewegung der Tafel das
System der Widerstandsströmungen im Wasser
hervorgerufen, das seinerseits die eigenartige
Verteilung des positiven und negativen Druckes
an der Vorder- und Rückseite der Tafel bedingt.
Sehr merkwürdig ist das Bild der Strömungen
an einer unter 45^ gegen das Wasser bewegten
Platte. Auch hier teilt sich die Flüssigkeit vorn
zunächst in zwei nahezu symmetrische Hälften,
aber die Trennungslinie wendet sich alsbald im
Bogen gegen den voraufgehenden Tafelrand und
trifft nahe demselben rechtwinklig auf die Tafel.
Hier, und nicht in der Tafelmitte, lieg^ auch
das Maximum des positiven Widerstands-
druckes*.
An der Rückseite erscheinen zwar auch
wieder die beiden Durchschnitte durch den
Wirbelring, aber der hinter dem voraufgehenden
Tafelrand liegende Wirbelast ist weit stärker
als sein Gegenstück und bewirkt hier in Gemein-
schaft mit dem Vorderrandstrom eine maximale
Depression, die hinter dem anderen Tafelrande
nicht ihresgleichen hat. So ist denn bei dieser
Stellung der Tafel der positive und der negative
Widerstandsdruck stark gegen den Vorderrand
verschoben, was mit anderen Erfahrungen über-
einstimmt und diese erklärt.
Die diesem Referat beigefügten Reproduk-
tionen zweier beliebig ausgewählten Photo-
gramme mögen eine Vorstellung geben von der
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No. C>.
Art, wie die Strömungen im Bilde erscheinen.
Im übrigen nius.s auf die in Vorbereitung be-
griffene ausführlichere Bearbeitung des Gegen-
standes verwiesen werden.
II. Um die Frage zu beantworten, ob die
Strömungen unter Wasser im Prinzip ebenso
verlaufen, wie an der Oberfläche, oder ob die
Oberflächenspannung in der Wasserhaut einen
wesentlichen Einflu,ss auf den Verlauf derselben
ausübt, wurde eine zweite Serie von Moment-
aufnahmen der Stromlinien ausgeführt, die an
l'ig. l. WidpistandsstrümuDgtii an einem Piac schmaler Platten,
Ebeoe schräg zur ßEwegungsrichtung steliea. Der scheinbare Focki
(Ter unteren Plane isl Lichlreflex.
untergetauchten Platten auftreten. Hierzu er-
hielt der Apparat folgende Abänderungen. Im
Boden und an den Seitenwänden des Wasser-
kastens wurde ein Fenster aus Spiegelglas an-
gebracht und das untere mit einem verstellbaren
Lichtspalt versehen. Diesem genau gegeniiber
wurde auf das Wasserniveau eine schmale Rinne
gelegt, die durch einen Späh feine Sägespäne
aus Eichenholz lang.sam absinken liess. so dass
dieselben, wenn das Magnesiumlicht unter dem
Kasten aufblitzte, intensiv beleuchtet waren.
Die Kamera wurde unter dem
auf Schienen laufenden Wagen
angebracht und zog seitlich vor
dem Fenster vorüber, während
die mitfahrende Versuchstafei
unter Was.ser in der Schicht
der schwebenden Sägespäne die
Strömungen hervorrief.
Durch diese Anordnung ist
es nach vielen Bemühungen ge-
glückt, vollkommen klare und
deutliche Photogramme der
Strömungen unter Wasser zu
erzielen. Die vorgeführten Pro-
jektion sbilder zeigen durchweg
an der Vorderseite der Tafeln
genau dieselben Strom Verhält-
nisse, wie die Photogramme der
ersten Versuchsreihe. Eben.so
tritt der grosse Wirbel hinter
den untei^etauchten Platten mit
grosser Deutlichkeit hervor, und
die vorgeführten Projektionen
j^ der Original aufnahmen veran-
schaulichen die prinzipielle
Übereinstimmung der un-
ter Wasser erzielten Strö-
mungsphotogramme mit
denen von der Wasserober-
fläche an nur eingetauch-
ter Tafeln.
Es ist daher sehr wohl statt-
haft, den Verlauf der Wider-
standsströme innerhalb des Me-
diums durch die an der Ober-
fläche gewonnenen, schärferen
Photogramme festzustellen und
die weit schwieriger herzustel-
lenden Unterwasserbilder nur
soweit es nötig erscheint zur
Kontrolle zu benutzen.
Für den letzteren Zweck
waren von ganz besonderem
Interesse einige kleine Photo-
gramnie von Stromlinien, die
Herr Dr. Ludwig Mach im
XV. Jahrg. der Z. f. Luftschiff-
., fahrt, S. 1 29, veröffentlicht hat,
gelegentlich einer Mitteilung
l'hysikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
»23
methodischer Art iiber die Sichtbarmachung
der Luftstromlinien durch Schhereiibildung.
Obgleich auf diesen Bildchen, deren Originale
mir leider nicht zur Verfiigung standen, gerade
die wichtigen Erscheinungen der Wirbel an
der Rückseite der Körper nicht klar genug zu
sehen sind, so zeigen sie doch ganz zweifellos
an der Vorderseite die komplette Homologie
der Strömungen im Wasser und in der
Luft und gestatten somit die Übertragung der
durch unsere hydrodynamischen Untersuchungen
gewonnenen Ergebnisse auf äerodynamischeVer-
hältnisse.
III. Stauungsversuche, Durch eine dritte
Reihe von Versuchen ist es gelungen, die aus
den Strömungserscheinungen gewonnenen Er-
gebnisse vollauf zu bestätigen und zu erweitern.
Die schon erwähnte Aufstauung der Flüssigkeit
an der Vorderseite einer eingetauchten und im
Wasser fortbewegten Platte sowie die Depres-
sion an der Rückseite sind der Ausdruck des ,
vorn herrschenden Überdrucks, mit dem die
Flüssigkeit der Bewegung entgegenwirkt, und i
des in gleichem Sinne saugend wirkenden Minder-
dnjckes an der Rückseite. Diese positiven und
negativen Stauungen sind stationär, solange die
Bewegung mit gleichförmiger Geschwindigkeit
anhält; .sie vergrössern sich bei zunehmender
Geschwindigkeit und nehmen ab bei verringerter
Bewegung, Färbt man die Flüssigkeit und
taucht die aus steifem Karton hergestellte Platte
durch eine mechanische Vorrichtung während
der Bewegung ein und wieder aus, so zeichnet
der Farbstoff die positive und negative Stau-
linie mit grosser Schärfe auf dem Karton ab,
und man hat ein dauerndes Bild des im Niveau
herrschenden Widerstandsdruckes, das sich
bequem mit den Strömungsphotogrammen ver-
gleichen lässt.
Hei rechtwinkhg getrotfener Platte beschreibt
die Aufstauung an der Vorderseite eine plateau-
artige Erhebung über dem allgemeinen Null-
niveau, die sich kaum merklich gegen den Rand
der Platte senkt und hier .steil abfällt, ohne
jedoch auf Null zu sinken. (Fig, 3.) Es herrscht
somit an der Vorderseite ein nahezu gleichartiger
Druck, der in der Mitte ein flaches Maximum
hat und am Rande merklich geringer wird, ent-
sprechend den hier auftretenden .stark konver- I
genteii Strömung.sUnien.
Es ist bemerkenswert, dass durch die ana-
lyti.schen Untersuchungen von Recknagel und
Marey mit dem Differentialmanometer ein
solcher Randverki.st des Widerstands der Luft
konstatiert i.st, wodurch wieder die Homologie
der hydro- und ärodynamischen Widerstands-
erscheinungen bestätigt wird.
An der Rückseite der Platte hat die ncya-
tive .Staulinie oder Depressionslinie die Form
einer Art Lemniskatc. Wo die N;icbkuifströniung
durch das Innere des Wirbelringes in der Mitte
auf die Platte trifft, ist der Wasserstand relativ
am höchsten; von hier senkt sich die Kurve,
erreicht nicht weit vom Rande jederseits ihreu
tiefsten Stand und steigt dann schnell zum
Rande empor, ohne das Nullnivea« zu er-
reichen. Fig. 3 und 4.
Fi«. 3.
Fig. .
Steht die Platte schräg zur Bewegungsrichtung,
so ergeben sich Staulinien von der Form der
Form der Fig. 4, welche die Verschiebung des
Widerstandes gegen den voraufgehenden Tafel-
rand dokumentieren.
Diese Formen der Stanlinien stimmen genau
überein mit der Verteilung des Widerstands-
druckes, die aus der Anordnung der Stromlinien
gefolgert werden konnte. Nun erkennen wir
die Übereinstimmung als natürlich und selbst-
verständlich, denn beide, die Strömungsbilder
und die Staukurven, sind nur verschiedene An-
sichten eines und desselben (icgenstandes. Die
Photogramme zeigten uns den Widerstand.s-
mechanisnius gleichsam en face, die Staukurven
im Profil, Beide ergänzen sich gegenseitig.
Die Strömungsbilder machen uns erst die Stau-
kurven verständlich, und die.se wieder liefern
uns die Masse für die Druckkräfte, deren Exi-
stenz aus jenen zu ersehen war.
Da nämlich die Stauung und Depression an
der freien Flüs.sigkeitsoberfläche durch die
Wechselwirkung der Druckkräfte des Wider-
standes einerseits und der Schwerkraft anderer-
seits zu Stande kommt, .so können die positiven
und negativen Drucke durch die in <ler Schwer-
kraflriclitung hegenden Ordinalen der beiden
.Staulinien /.um Xnllnivcau als Abszisst-nachse
geuicssen werden. Das Fläche nslück zwi-
124
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
sehen den beiden Staulinien (man denke
die vordere auf die Rückseite der Platte durch-
gezeichnet) ist dann das graphische Integral
der Intensität des gesamtenWiderstands-
druckes über der Nulllinie.
Unter Berücksichtigung der Symmetrie- und
Strömungsverhältnisse lässt sich hiernach der
Druck über der ganzen Fläche durch einen
Körper graphisch darstellen, welcher der Vorder-
und Rückseite aufgesetzt wird und dessen Profil
gleich der positiven resp. negativen Staufläche
ist. Das Volum der so erhaltenen kissenfbrmigen
Vorderhälfte dieses Körpers in Centimeter stellt
dann den positiven Gesamtwiderstand in Gram-
men dar und das der hinteren Hälfte den
negativen, saugenden Gesamtwiderstand; wäh-
rend die zugehörigen Ordinaten über jedem
Punkte der Tafel die Masse für die positiven
und negativen Einzeldrucke oder Druckinten-
sitäten sind.
Um einige dementsprechende Formen vor-
führen zu können, habe ich die vorliegenden
Widerstandsreliefs einer kreisförmigen und einer
quadratischen Tafel modelliert, die normal vom
Strome getroffen werden; sowie einer recht-
eckigen, die dem Strome unter einem Winkel
von 45" ausgesetzt ist.
Sie geben uns eine Vorstellung von der Art,
Grösse und Anordnung des Widerstandes, die
an Übersichtlichkeit und Vollständigkeit kaum
etwas zu wünschen übrig lässt.
Man hat sich nur vorzustellen, dass in der
Natur die Druckkräfte, die den Widerstand aus-
machen, keine starren Grössen sind, sondern
dass sie, der Beweglichkeit des Mediums ent-
sprechend, wie die Strömungen selbst, inner-
halb nicht gerade enger Grenzen schwanken,
und dass die Widerstandskörper, wenn sie die
Druckkräfte naturgetreu darstellen sollten, wie
ein lebendiger Organismus zucken und pulsieren
müssten.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen.)
König (Greifs wald): Ich möchte fragen, ob
und wieweit die Druck Verteilung an der Vor-
derfläche mit der von der Theorie Rayleighs
gegebenen übereinstimmt.
Ahlborn: Genaue Bestimmungen sind ja
nicht bekannt; es sind immer Mittelbestimmun-
gen, wo also der Druck an der hinteren Fläche
mit drin liegt.
König: Ich meine, in der Formel Rayleighs
wäre auch die Lage des vorderen Punktes an-
gegeben, oder sie ist doch daraus zu be-
rechnen.
Ahlborn: Rayleighs Formel ist empirisch
und giebt nur die Lage des Angriffspunktes der
Resultante des Gesamtwiderstandes an; eine
Trennung des positiven und negativen Drucks
der Vorder- resp. Rückseite ist danach nicht
möglich.
Grimsehl (Hamburg): Die Photogramme
bei der schräg gestellten Fläche geben eine
sehr schöne Illustration zu der Thatsache, die
Rayleigh beobachtet hat, dass eine schräg
gestellte Platte im oszillierenden Luftstrome das
Bestreben hat, sich senkrecht zur Stromrichtung
zu stellen.
(Eingegangen 27. September 1901.)
R. Ab egg (Breslau), Eine neue Methode zur
direkten Bestimmung von lonenbeweglich-
keiten in wässerigen Lösungen. (Zugleich
Bericht über die Publikationen von Steele,
Trans. Chem. Soc. 79, 414 und Abegg,
Ztschr. f. Elektrochem. 7, 618.)')
Bei der Elektrolyse zweier verschiedener an-
einandergrenzender Lösungen stellt sich unter
bestimmten Bedingungen eine stabile Unstetig-
keitsgrenze her, deren Existenz theoretisch von
Kohl rausch (Wied. Ann. 62, 1897) ^^^ von
H. Weber (Sitzungsber. Ak. Berlin. 1897, S. 936)
abgeleitet, experimentell von Mas so n (Phil.
Trans. 1899) verwirklicht und zur Ermittelung
von lonenbeweglichkeiten benutzt wurde. Zwei
gleichionige Elektrolyte A*B^ und C*//, die an-
einanderstossen, repräsentieren eine solche bei
der Elektrolyse unter gewissen Bedingungen
stabile Grenze. Die Stabilität hängt offenbar
nur von der Natur derverschiedenenlonenab.
An der Grenze stellt sich eine Unstetigkeit
des Potentialgefälles her, derart, dass, trotz der
verschiedenen Beweglichkeiten beider Ionen
ihre Geschwindigkeiten gleich werden. Aus
der Fortbewegung einer Grenze kann man also
nicht die Beweglichkeit einer der lonenarten
ermitteln, da die Geschwindigkeit abhängt von
Beweglichkeit, Potentialfall und Dissoziationsg^ad.
Durch Einschliessen eines Elektrolyten in zwei
stabile Grenzen erhält man in dem Geschwin-
digkeitsverhältnis auch das Beweglich-
keitsverhältnis, da für die beiden vorderen
Ionen, also die beiden des Mittelelektrolyten,
Potentialfall und Dissoziationsgrad identisch ist.
Masson hat diese Methode für gelatinierte
Elektrolyte ausgearbeitet, deren Grenzen durch
den Kontrast mit den nachfolgenden farbigen
Indikatorionen kenntlich waren. Da die Indika-
torionen jedoch ausser der Bedingung der Farbig-
keit noch die weitere erfüllen müssen, langsamer
zu sein wie die des Mittel elektrolyten, und vor
1) Ahteilunj^' 4, 26. Sept. H)Ol.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
125
allem keine Fällung mit diesem zu ergeben, so ist
die Auswahl der untersuchbaren Mittelelektro-
lyten äusserst beschränkt. Umgekehrt verfährt die
von Steele ausgearbeitete Methode, die den
Mittelelektrolyten in gewöhnlicher Lösung be-
nutzt, dagegen die Indikator-Elektrolyten gelati-
niert, so dass die Wanderung der Ionen in der
Mittelzone in wässeriger Lösung, nicht in Gelatine,
erfolgt. Als Indikatoren eignen sich fiir sehr viele
Zwecke vorzüglich Lithium-Salze und Acetate.
Die Bestimmungen nach dieser Methode sind
schon deshalb genauer, als die analytischen, weil
man nicht , sondern bestimmt. Vor
allem aber erfordert die Bestimmung nur einen
sehr geringen Zeitaufwand, da lediglich Kathe-
tometer-Ablesungen erforderlich sind. Der Kon-
zentrationsbereich, innerhalb dessen die Elektro-
lyte untersucht werden können, erstreckt sich
von etwa 2;/ — o,\n\ die obere Grenze wird
bestimmt durch die Gelatinierbarkeit der Lösung,
die untere Grenze durch die Sichtbarkeit der
Trennungsschichten, die natürlich um so ge-
ringer wird, je näher die aneinanderstossenden
Lösungen dem reinen Wasser kommen. Man
ist jedoch im stände, auf anderem als optischem
Wege die Lage der Grenzschichten zu erkennen,
z. B. durch Messung der Leitfähigkeit des Rohr-
inhaltes. Derartige Bestimmungen sind eben-
falls bereits von Herrn Steele mit Erfolg aus-
geführt, und somit ist das Gebiet beliebig
verdünnter Lösungen zugänglich geworden.
Was die Übereinstimmung der Resultate mit
den nach der alten Methode gewonnenen
anbetrifft, so ist sie vollkommen zu nennen für
diejenigen Salze, die wie die Alkalihaloide in
einfachster Weise zusammengesetzt sind. Da-
gegen bestehen gewisse, wenn auch kleine Ab-
weichungen für die höherwertigen Salze, bei
denen man bereits aus anderweitigen Gründen
die Existenz selbstkomplexer Ionen ausser den
einfachen angenommen hat. Dieselben bedingen
die Möglichkeit oder vielleicht Notwendigkeit,
dass die Konzentration des Mittelelektrolyten
in unmittelbarer Nachbarschaft der beiden Grenz-
schichten von den mittleren Konzentrationen
abweicht. Alsdann stehen offenbar die beiden
Grenzen auf der Innenseite nicht mehr unter
dem gleichen Potentialgefälle, und somit ergiebt
ihr Geschwindigkeitsverhältnis nicht mehr auch
das Beweglichkeitsverhältnis der Ionen. Die
physikalische Untersuchung der Methode ergab
ferner, dass für die Stabilität der Grenzen ver-
schiedener Elektrolytpaare individuelle Bedin-
gungen bestehen. Bei der Anwendung eines zu
geringen Potentialgefälles verwäscht die Diffusion
die Grenze, während bei zu hohem Potential-
fall die Wärmeentwickelung Strömungen und
damit ebenfalls eine Störung der Grenzflächen
bewirkt. Die Stabilitätsverhältnisse der Grenzen
ergeben weitere interessante Probleme, die auf
die Nernstsche Theorie der Flüssigkeitsketten
zurückzuführen scheinen. Auch in dieser Hin-
sicht sind bereits Resultate vorhanden, die dem-
nächst in einer ausführlichen Abhandlung der
Transactions of the Royal Society von Herrn
Steele veröffentlicht werden. Eine Reihe von
Messungsergebnissen enthalten die oben ci-
tierten Abhandlungen.
(Selbstrefcrat des Vortragenden.)
(Eingegangen i. November 1901.)
BESPRECHUNGEN.
Handbuch für den Gebrauch der photo-
graphischen Erzeugnisse der Aktien-Ges.
für Anilin-Fabrikation. Berlin SO. (30 Pf.)
Die Anilin-Aktien-Gesellschaft fertigt die
meisten Entwickler; Andresens Verdienste
brauchen nicht mehr besonders hervorgehoben zu
werden. Die vorliegende Zusammenfassung der
Erzeugnisse umfasst ausser Entwicklungs- und
Fixierstoffen Trockenplatten und Farbstoffe für
photographische Zwecke. Die Rollfilms sind
in kräftige Konkurrenz gegen das unzuver-
lässigere fremde Fabrikat getreten. — Keine
Theorie, für praktische Zwecke sehr brauch-
bares Heftchen. Englisch.
Jahrbuch der Chemie. * Bericht über die
wichtigsten Fortschritte der reinen und an-
gewandten Chemie. Unter Mitwirkung von
H. Beckurts, C. A. Bischoff, E. F*. Dürre,
J. M. Eder, P. Friedländer, C. Haeusser-
mann, V. W. Küster, J. Lewkowitsch,
M. Märcker, W. Muthmann, V, Röhr-
mann herausgegeben von Richard Meyer.
10. Jahrgang 190c. gr. 8^ XII u. 566 S.
Braunschweig, FViedrichViewegÄ Sohn. 1901.
M. 14.—
Mit diesem' Jahrgange tritt das bekannte
Jahrbuch der Chemie zum zehnten Male vor
seine Leser. Seit seinem Bestehen ist an dem
Arbeitspläne unverändert festgehalten, eine zur
Lektüre geeignete Übersicht über die wichtig-
126
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
sten Errungenschaften der Chemie zu geben.
Auch der Umfang der einzelnen Jahrgänge ist
trotz des auf allen Gebieten anwachsenden Stoffs
in denselben Grenzen gehalten worden.
Den Physiker wird besonders das von
F. W. Küster geschriebene Kapitel „Physi-
kalische Chemie'* und der von J. M. Eder und
E. Valenta verfasste Abschnitt „Photographie"
interessieren. Auf 51 Seiten giebt F. W. Küster
eine gute, lesenswerte Übersicht über die im
Jahre 1900 erschienenen Abhandlungen aus
dem Gebiete der physikalischen Chemie. Mit
den kritischen Bemerkungen, mit denen der
Verf. die Besprechung der Abhandlungen be-
gleitet, wird man sich durchweg einverstanden
erklären können. Aufgefallen ist dem Referen-
ten, dass die Arbeiten über die Elektronen
nicht berücksichtigt worden sind; es ist dies
doch ein Gebiet, welches den Chemiker eben-
sosehr interessiert wie den Physiker, und sicher,
wie auch N ernst in seiner auf der Hamburger
Naturforscherversammlung gehaltenen Rede ge-
zeigt hat, von der grössten Bedeutung für die
theoretisch-chemischen Fragen sein wird.
Die Chemiker können sich beglückwünschen,
dass sie ein Jahrbuch, wie das Mey ersehe,
haben, in dem sie am Ende jedes Jahres einen
zusammenhängenden Überblick über ihr ganzes
Gebiet bekommen. Schade, dass für uns
Physiker nicht ein ähnliches Unternehmen exis-
tiert! Könnten nicht vielleicht die „Fortschritte
der Physik", welche neben den schneller er-
scheinenden Beiblättern doch stets nur die
zweite Stelle einnehmen, nicht so umgestaltet
werden, dass man am Ende des Jahres einen
vollständigen zusammenhängenden Über-
blick über die Leistungen des Jahres bekäme.''
Dem Physiker würde damit ein ausserordent-
licher Dienst geleistet, und es würde sicherlich
auch der Leserkreis der Fortschritte ein viel
grösserer werden, als dies bis jetzt der Fall ist.
G. C. Schmidt.
(Eingegangen 25. November 1901.)
Albert Hofmann, Aufnahmeapparate für
Farbenphotographie. Callwey, München 1901.
4^ 30 S. geh.
Der Verf. steht selbst als Erfinder in vorderer
Reihe der Farbenphotographen ; er giebt eine
ausfuhrliche, reich illustrierte Zusammenstellung
der typischen Aufnahmeapparate. Englisch.
Voigtländ er & Sohn, A.-G.,B raunschweig,
Objektive und Hilfsapparate für Photographie.
1901.
Dass die Kataloge unserer ersten Firmen
kleine Prachtwerke büden, ist ein erfreuliches
Zeichen der Blüte unserer optischen Industrie;
der Voigtländ ersehe Katalog präsentirt sich
ganz modern. Neben dem alten Porträtobjektiv
wird ein neueres vom Öffnungsverhältnis i : 2,3
hergestellt und für astrophotographische Zwecke
empfohlen. In diesem Katalog erscheint neu
das Apochromat-Kollinear nach Hartings Be-
rechnung; das Cooke-Miethesche Porträt-
Anastigmat 1 14,5 wird in kleinen Nummern aus-
geführt; für Mikrophotographie sollen kurzbrenn-
weitige Kämpfer-Kollineare dienen. Englisch.
M. Berthelet, Les Carbures d*Hydrog^ne
1851 — 1901. Recherches experimentales. Tomel:
L'Acetylene: Synthese totale des carbures
d'Hydrogene. X u. 414 S. — Tome II: Les
Carbures pyrogenes. — Series diverses. IV u.
558 S. — Tome III: Combinaison des Car-
bures d'Hydrogene avec l'Hydrogene, l'Oxy-
gene, les Clements de l'eau. IV u. 559 S.
gr. 8. Paris, Gauthier- Villars. 1901. 45 frcs.
Die vorliegenden drei Bände stellen einen
Teil der Forschungen des bedeutendsten der
französischen Chemiker dar, nämüch die Ab-
handlungen, welche der Verfasser in den Jahren
185 1 — 1901 über die in der Überschrift er-
wähnten Gegenstände teils in den Compt. rend.,
teils in den Ann. de chim. et phys. veröffent-
licht hat. Sie behandeln hauptsächlich die
Synthesen der Kohlenwasserstoffe: Aethvlen,
Acetylen, Benzol, Propylen, Trimethylen u. s. w.
und deren Derivate und Verbindungen mit
Stickstoff, Schwefel, Sauerstoff oder Wasserstoff
und Sauerstoff, Oxydation der Kohlenwasser-
stoffe in Alkohole, Aldehyde und Säuren, Re-
duktion der Säuren mittels der vom Verfasser
gefundenen reduzierenden Wirkung des Jod-
wasserstoffes. Von welcher Bedeutung diese Ab-
handlungen für die Chemie gewesen sind, geht
schon daraus hervor, dass Berthelot die erste
organische Verbindung, nämlich das Acetylen
synthetisch aus den Elementen hergestellt hat.
Nach vielen vergeblichen Versuchen bestand
seine Methode darin, den Flammenbogen zwischen
Kohlespitzen in Wasserstoff übergehen zu lassen,
und die sich bildenden Produkte wegzuleiten
und zu isolieren. Die einzelnen Abhandlungen
enthalten eine Fülle von neuen Methoden, die
zum Teil Gemeingut jedes Laboratoriums ge-
worden sind.
Auch der Phvsiker wird in den Bänden eine
Menge ihn interessierenden Materials finden;
denn Berthelot begnügt sich fast niemals mit
einer Analyse, stets stellt er eine Reihe von
physikalischen Konstanten seiner X'erbindungen
fest, z. B. die thermochemischen Daten; er unter-
sucht den Einfluss der Wärme auf die von ihm
hergestellten Verbindungen und Gemenge, um
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6.
127
so Gleichgewichtsverhältnisse zwischen den
einzelnen Verbindungen festzustellen, er erfoi^cht
die explosiven Eigenschaften u. s. w. Jeder
Physiker, der mit diesen Kohlenwasserstoffen
und deren Derivaten zu experimentieren hat,
wird getrost zu den Abhandlungen Berthelots
gfreifen können, er wird dort die besten Reini-
gungsmethoden finden. G. C. Schmidt.
( Minjjegangen 14. 01c tober 1901.)
G. Platner, Die Mechanik der Atome, gr. 8^.
IV u. 97 S. Berlin, M. Krayn. 1901.
M. 2.50.
Im ersten Kapitel dieses Buches schildert
der Verf. hauptsächlich die Gesetze und Grund-
prinzipien der Mechanik, im zweiten unsere
Anschauungen über die verschiedenen Aggregat-
zustände. Das dritte und vierte Kapitel ent-
halten des Verf. Ansichten über Lösungen und
chemische Prozesse, über das Wesen, die Fort-
pflanzung, die Entstehung und Wirkungen der
elektrischen Kraft.
Da der Verf. mit den herrschenden An-
schauungen fast überall in Widerspruch steht,
ohne auf Grund seiner Ansichten zu neuen
Ergebnissen zu gelangen, ausser dass die kom-
plizierten Moleküle „adiabatisch cyklische Sys-
teme" sind, so kann von einer längeren Be-
sprechung abgesehen werden. Nur ein paar
Punkte mögen zur Kennzeichnung des Buches
mitgeteilt werden. Nach Ansicht des Verf.
zerfallen alle Elektrolyte in wässeriger Lösung
in Säure und Basis; bei der Elektrolyse der Alkali-
salze wird Wasserstoff primär abgeschieden u.s. w.
G. C. Schmidt.
L. Donati, Introduzione elementare alla
Elettrotecnica (Elementare Einleitung in die
Elektrotechnik). 8. 544 S. Bologna, Nicola
Zanichelli. 1902. Lire 10. —
Das vorliegende Buch bildet die Wieder-
gabe von Vorlesungen, die der Verf. vor
Artillerietechnikern gehalten hat. Diesem Ur-
sprung entspricht die elementare Behandlungs-
weise des Stoffes, die Beschränkung des mathe-
matischen Apparates auf das notwendige Mini-
mum, der Verzicht auf die unbedingt strenge
Ableitung der Formeln zu Gunsten ihrer Er-
läuterung mit Hilfe mechanischer, dem Hörer-
kreise besser zugänglicher Bilder. Die Eigen-
art des Verf. tritt in der Behandlung der Vektor-
grössen hervor. Inhalt und Gliederung des
Stoffes sind die üblichen; die Absicht des
Verf., elementare Darstellung mit Klarheit und
Gründlichkeit zu verbinden, ist durchaus er-
reicht. B. Dessau.
Jahrbuch der Elektrochemie. Berichte über
die P^ortschritte des Jahres 1900. Heraus-
gegeben von W. Nernst und W. Borchers.
7. Jahrgang, gr. 8. VIII u. 596 S. mit Abbil-
dungen. Halle a. S., Wilhelm Knapp. 1901.
M. 24. —
Das zum siebenten Mal erscheinende Jahr-
buch zeigt den dreifachen Umfang des ersten
Bandes der Reihe und liefert so schon äusser-
lich den Beweis für das dem Gebiete sich immer
mehr zuwendende Interesse. Den wesentlichsten
Zuwachs hat der wissenschaftliche Teil erfahren,
der, wie schon seit einer Reihe von Jahren, in
mustergültiger Weise von D an neel (Aachen) be-
sorgt wird. Über die P^ortschritte der Elektro-
analyse giebt Küster Clausthal) einen Bericht,
über anorganisch - elektrochemische Produkte
und Apparate für die elektro-chemische Tech-
nik, Borchers (Aachen) über die Erzeugung
elektrischer Energie, über organische Produkte
referiert Elbs (Giessen). Hervorzuheben wäre
noch, dass der Borcherssche Bericht ein ein-
gehendes Bild der elektrochemischen Technik
giebt, wie es sich auf der Pariser Ausstellung
darbot. A. Coehn.
J. Kleiber, Lehrbuch der Physik für huma-
nistische Gymnasien, gr. 8^. VIII u. 270
Seiten mit 323 Figuren. München, R. Olden-
bourg. 19OI. Preis geb. 3 M.
Die nicht unerhebliche Stofffülle sucht der
Verfasser in einer möglichst anschaulichen Weise
den bayrischen Gymnasiasten mundgerecht zu
machen. Die sonst gewandte Darstellung ent-
behrt einer bestimmten Methode und verfahrt
mehr oder weniger dogmatisch. Doch zeugen
die zahlreichen und meist geschickt gewählten
experimentellen Hinweise von pädagogischer
Erfahrung. Bedenklich erscheint ein bestän-
diges Heranziehen von „Vergleichen" und „Ana-
logien**, die oftmals obenein unglücklich aus-
fallen. Wie kann z. B. der Verfasser die
Joulesche Wärme im Stromleiter durch die
Analogie mit einer Blitztafel erklären wollen
und die Molekeln des Stromleiters geradezu
mit den Stanniolstückchen derselben paralle-
lisieren, zwischen welchen unzählige Fünkchen
übersprängen: — Auch verlockt das Bestreben,
allzu anschaulich zu werden, nicht selten zu ge-
wagten Behauptungen. So wird Seite 199 das
Entstehen der elektrischen Ladungen im gal-
vanischen Elemente durch Reibung der Säure
am Zink erklärt (!). Die zahlreichen Figuren
sind schematisiert, aber mit einigen Ausnahmen
klar und verständlich. Für einen verhängnis-
vollen Missgriff ist der Verfasser, der nach dem
ministeriellen Lehrplan des bayrischen Staates
sein Lehrbuch ausgearbeitet hat, offenbar nicht
128
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 6
verantwortlich. Es wird nämlich die Bewegungs-
lehre (Dynamik) aus dem Rahmen der Mechanik
ganz herausgerissen und erst am Ende des ge-
samten physikalischen Lehrgebäudes gebracht.
Wie soll der Schüler ohne diese die voran-
gehenden Disziplinen, Wärme, Wellenlehre, Elek-
trizität u. s. w. verstehen? Dadurch muss eine
erfolgreiche Behandlung des physikalischen
Unterrichts zur Unmöglichkeit werden.
Behrendsen.
^r. 8. XI n. 251 S. I901. Hrauiischweig, Friedrich Vie-
weg & Sohn. M. 6. — .
Wotruba, B., Lehrbücher der Elektrotechuik. Kinführung
in die llauptgebiete der Elektrotechnik zum Gebrauch an
technischen Lehranstalten, für Techniker und Industrielle
und zum Selbststudium. Band I. Der elektrische Strom,
seine Gesetze und Wirkungen in der Strombahn. Nebst
Anleitung zur Durchführung von Praktikumsarbeiten. 2. Ausg.
Mit 109 Abbildungen. V u. 162 S. Band II. Das magne-
tische Feld einer Strombahn, Stromerzeugung durch In-
duktion. Nebst Anleitung zur Durchführung von Prakti-
kumsarbeiten. Mit 146 Abbildungen. V u. 195 S. 1901.
Jena, Hermann Costenoble. ä M. 5. — .
C. M. van Deventer, Physikalische Chemie
für Anfänger. Zweite Auflage besorgt von
E.. Cohen. 8^. 168 Seiten. Amsterdam, van 1
Looy, und Leipzig, W. l!Lngelmann. 1901.
geb. 4 M.
Das Werkchen will die bedeutendsten Resul-
tate der physikalischen Chemie zusammenfassen
und ist namentlich für Mediziner und angehende
Chemiker bestimmt. Aus diesem Grunde augen-
scheinlich enthält der Verfasser sich jeder mathe-
matischen Ableitung oder auch nur Formulierung
der bezüglichen Gesetze. Freilich wäre es rich-
tiger, die jungen Mediziner mehr an die mathe-
matischen Hilfsmittel zu gewöhnen. Der Um-
stand, dass kein Geringerer als van't Hoff
dem Buche eine empfehlende Vorrede voran-
schickt, lässt vermuten, dass dasselbe seiner
Aufgabe entspricht. In der That versteht der
Verfasser es trotz der sehr elementaren Dar-
stellung seines Stoffes, sich auf eine wissen- |
schaftliche Basis zu stellen und von den so I
mannigfachen Erscheinungen der physikalischen
Chemie mit kritischer Gewissenhaftigkeit ein
klares Bild zu entwerfen. Mehr Gewicht hätte
freilich auf experimentelle Begründung gelegt
werden können. Recht wertvoll ist die Angabe
zahlreicher Tabellen von physikalisch-chemischen
Konstanten. Auf die Thermochemie hat der
Verfasser besonderen Nachdruck gelegt, während
die Elektrochemie doch allzu kurz (nur auf 8 Seiten)
behandelt wird. Behrendsen.
I
I
Eingegangene Schriften.
(Kingehende Besprechung vorbehalten.)
Perraris. Qaliero, Wissenschaftliche Grundlagen der Elek-
trotechnik. Nach den Vorlesungen über Elektrotechnik.
Gehalten in dem R. Museo industriale in Turin. Deutsch
herausgegeben von Leo Finzi. Mit 161 Figuren im Text. '
gr. 8. XII u. 358 S. 1901. Leipzig, B. G. Teubner.
Gebunden M. 12. — . ;
Stentzel, Arthur, Die Entstehung der Materie und der
Materie und der Ncbularsysteme. F)in Entwurf. 2. Aufl.
Thompson, Silvanus P., Mehrphasige elektrische Ströme
und Wechselstrommotoren. Zweite Auflage. Übersetzt von
K. Strecker und F. Vesi)er. Mit ^ahl^eichen in den Text
gedruckten Abbildungen und 15 Tafeln. Heft i. gr. 8.
4S S. X902. Halle a. S., Wilhelm Knapp. Das Werk
erscheint in ca. 10 Heften a 2 M.
van't Hoflf, J. H., Vorlesungen über theoretische und phy-
sikalische Chemie. Erstes Heft. Die chemische Dynamik.
Mit in den Text eingedruckten Abbildungen. Zweite Aufl.
Das Patentamt in Washington si)rach die Priorität der Er-
findung der Herstellung flüssiger Luft dem Professor Linde
(München) gegen Tripler (New-York) zu. Linde suchte im
Jahre 1895 um ein Patent nach und veröffentlichte eine voll-
ständige Beschreibung seiner Erfindung. Triplcr suchte erst
im Jahre 1897 um Patent nach, behauptete aber, dass er seine
Erfindung schon im Jahre 1 891 gemacht habe, und erhielt ein
Patent, worauf eine Gesellschaft mit einem Kapital von
10 Millionen gegründet wurde.
Eine neue L-niversItät wird im Laufe des nächsten Jahres
wieder in Amerika eröffnet werden, und zwar in Decatur
i>taat Illinois). Die neue Hochschule ist schon jetzt mit
einem Vermögen von über 4 Mill. Mk. ausgestattet, wovon
der gTüSste Teil von einem reichen Bürger Namens Milliken
hergegeben worden ist, nach dem die Universität dann auch
Milliken Universität heissen wird.
Andrew Carnegie hat sich unter gewissen Bedingungen
erboten, für den Bau und die Ausstattung einer Technischen
Hochschule für den Süden Schottlands 2 Mill. Mk. zu geben.
Diese soll in einer Grenzstadt, vielleicht Galashiels, errichtet
werden. Jetzt hat Schottland nur eine Anstalt dieser Art, die
Technische Hochschule in Glasgow.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgeno8sen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Professor Mie von der Technischen Hochschule in Karls-
ruhe ist als ausserordentlicher Professor der Physik an die
Universität Greifewald, der Dozent F. H. Seares von der
Universität Kalifornien zum Professor der Astronomie an die
Universität von Missouri berufen worden.
Der Privatdozent a^ der philosophischen Fakultät der
Universität Bern und Mathematiker des eidgenössischen In-
dustriedepartements Dr. Christian Moser ist zum ausser-
ordentlichen Professor für mathematische und technische Ver-
sicherungswissenschaft, der Privatdozent der Meteorologie an
der Universität Wien Dr. Trabert zum ausserordenüichen
Professor, der ausserordentliche Professor der darstellenden
Geometrie an der Hochschule filr Bodenkultur in Wien Tapla
zum ordentlichen Professor, ernannt worden.
In den Lehrkör])er der Universität Jena tritt Ingenieur
Rau von den Elektrizitätswerken Schuckert & Co. in Nürn-
berg als ausserordcntl. Professor für angewandte Mathematik.
Der Tit.-Professor der Trigonometrie, Planzeichnen, Geo-
däsie an der Technischen Hochschule Stuttgart Hall er wird
Mitglied des Landesvermessungswesen und technischer Vor-
steher des Katasterbureaus mit dem Titel und Rang eines
Finanzassessors.
Den 70. Geburtstag feierten der ordentliche Professor für
anorganische und physikalische Chemie an der Univer-
sität Berlin Geh. Regierungsrat Professor Dr. H. Landolt,
und der Sekretär der Holläudschen Maatschappy der Wcten-
schnp]>en und Mitglied des Kuratoriums der Rijks-Universit.Ht
Leiden, Professor I)r. Jan Bosscha.
In Ergänzung und Berichtigiing der auf Seite 104 ge-
brachten Nachricht aus Breslau »st zu melden, dass Professor
E Neu mann den erkrankten Professor i). E. Meyer in
Vorlesungen und Übungen vertritt.
Für die Redaktion verantwortlich ProfcSbOr Dr. H. Th. Simon in Oölttngen. — Vcrlig von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
N(
Physikalische Zeitschrift^
i^^^
No. 7.
OrigiRalmitteiiungeii:
W. I). V. CzudiH) chowski, Eine
Iteobaclitun|( einer empfindlichen
Kntladungsform in Gasen. S. 129.
E. Riecke, Schwebungen bei er-
ywungener Schwingung. S. 130.
K. Fehrle, Cber die Radioaktivität
des Thoriumt)xyds. S. 130.
G. Kucera und K. Forch, Über das
optische Brechungsverhältnis einiger
Flüssigkeiten bei tiefen Tempera-
turen. S. 132.
L. Grün mach, Voluraenänderung des
I. Januar 1902.
Redakttonsschluss (lir No. 8 am 7. Januar 1902.
INHALT.
(Quecksilbers beim Cbcrgang aus
dem starren in den flüssigen Zustand
und thermische Ausdehnung des
, starren (Quecksilbers. S. 134.
Vorträqe und Diskussionen von der
73. Naturforsclierversammiung zu
Hamburg:
F. Neesen, Zur iJlitzableiterfrage.
S. 136.
J. C lassen, Über ein Photometer zur
Messung der Helligkeitsverteilung
in einem Räume ohne Zuhilfenahme
einer Zwischenlichtquclle. S. 137.
13. Walter, Über die Ilaga- und
3. Jahrgang.
Windschen Beugungsversuche mit
Röntgenstrahlen. S. 137.
F. Hraun, Über drahtlose Telegraphie.
S.'i43.
E. Goldstein, Über die durch Strah-
lungen erzeugten Xachfarben. S. 149.
Besprechungen:
M. Chassagny, Cours clementaire
de Physique. S. 151.
W. F. Wislicenus, Astronomischer
Jahresbericht. S. 151.
Eingegangene Schriften. S. 152.
Tagesereignisse. S. 152.
Personaiien. S. 152.
Berichtigungen. S. 152.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Eine Beobachtung einer empfindlichen Ent-
ladungsform in Gasen.
Von W. Biegen von Czudnochowski.
Gelegentlich anderer Versuche habe ich beim
Auspumpen einer Vakuumröhre mit zwei, sym-
metrisch zur Anode gelegenen, aber verschie-
denen Kathoden eine eigentümliche bei einem
bestimmten Verdünnungsgrade sich zeigende
Empfindlichkeit der Entladung gegen äussere
Einflüsse beobachtet.
Die betreffende Vakuumröhre bestand aus
zwei Kugeln von je 60 mm Durchmesser, welche
durch ein 120 mm langes Rohr von 10 mm
Aussendurchmesser miteinander in Verbindung
.stehen und ineinander parallelen Ansätzen die
beiden Kathoden enthalten, von welchen die
eine eben, die andere konkav, aber von gleichem
Durchmesser wie erstere ist. Die Anode be-
findet sich in einem 40 mm langen, in der
Mitte des Verbindungsrohres zwischen den bei-
den Kugeln und senkrecht zu diesem ange-
schmolzenen Ansatz; die Richtung der Kathoden-
strahlung ist ebenfalls senkrecht zur Mittellinie
dieses Verbindungsrohres.
Lässt man nun während des Pumpens die
Entladung in der Weise hindurchgehen, dass
die beiden Kathoden als solche parallel ge-
schaltet sind und das Verbindungsrohr mit posi-
tivem Lichte erfüllt erscheint, so verzweigt sich
die Entladung zunächst gleichmässig, und beide
Seiten des Rohres erscheinen gleichhell; bei
einem bestimmten Verdünnungsgrade wird aber
die eine Rohrhälfte vollkommen dunkel, die
Entladung geht allein durch die ebene Kathode.
Berührt man bei diesem Zustande in der Nähe
der Hohlkathode das Glas, so hat dies ein
augenblickliches Überspringen der gesamten
Entladung in den vorher dunklen Schenkel zur
Folge, bei Aufheben der Berührung erfolgt so-
fortiges Zurückspringen. Pumpt man etwas
weiter, so genügt es, wenn man der Röhre sich
nur nähert oder von ihr sich auf «^ 1,5 m ent-
fernt, um das gleiche Hin- und Herspringen der
Entladung aus dem einen in den anderen Zweig
zu veranlassen. Bei weiterer Druckverminderung
erscheint auch in dem vorher dunkeln Zweig
des Rohres wieder Licht, von genau gleicher
Schichtenzahl und Schichtdicke, wie das in dem
anderen, aber weit geringerer Helligkeit; letztere
nimmt bei fernerem Pumpen allmählich zu (die
Zahl der Schichten ab), bis schliesslich, wenn
in jeder Hälfte des Rohres acht Schichten sicht-
bar sind, beide Seiten wieder genau gleichhell er-
scheinen. Bei Verschlechterung des Vakuums
tritt mit Vermehrung der Schichtenzahl auch
wieder eine Helligkeitsdifferenz in dem vorbe-
schriebenen Sinne ein.
Die letzterwähnten Veränderungen der Ent-
ladung kann man wohl als inÜbereinstimmungmit
den Versuchsergebnissen des Herrn Wehnelt')
ansehen: da die beiden Kathoden gleichen
Durchmesser haben, so v/irkt bei tiefen Drucken
die Hohlkathode wie eine zweite der ersten
ganz gleiche ebene Kathode, ^j Entladungen
von weit grösserer Empfindlichkeit hat Tesla
beobachtet.^)
i) Strom- und Spannungsmessungen an Kathoden in
Entladungsröhren. Habilitationsschrift. Leipzig, S. Hir/el.
1901. Diese Zeitschr. 2, 334, 1901.
2) A. Wehnelt, 1. c. S. 15.
3) \ikola Teslas Untersuchungen u. s. w. Zusammen-
gestellt von Martin. Deutsch von Maser. Halle a. S., \V.
Knapp. S. 226 — 230, 1895.
Berlin, Oktober 1901.
(Eingegangen 22. November 1901.)
130
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
Schwebungen bei erzwungener Schwingung.
Von Eduard Riecke.
Man hänge ein Gewicht A^on etwa 2 kg an
einem Drahte von etwa 30 cm Länge auf; an
dem Gewichte befestige man ein Fadenpendel
mit einer möglichst leichten Kugel, dessen
Periode nahezu dieselbe ist, wie die des von
dem 2 kg-Gewichte gebildeten Pendels. Man
gebe nun dem letzteren Pendel einen leichten
Stoss, so dass es in eine kaum merkliche
Bewegung gerät. Das Fadenpendel kommt
in Schwingungen, die von einer anfangs ganz
kleinen Weite bis zu einem Maximum der Am-
plitude wachsen, wieder bis zu verschwindender
Amplitude abnehmen, wieder anwachsen und
so fort; man erhält so die ausgeprägtesten
Schwebungen, bei welchen die maximale Am-
plitude leicht über einen rechten Winkel hinaus-
gehen kann, während das 2 kg-Gewicht nur
um wenige Millimeter hin- und herschwankt.
Die Erklärung der Erscheinung liegt in
der Theorie der erzwungenen Schwingungen.
Die von dem oberen Pendel auf das Faden-
pendel ausgeübte J periodische Kraft sei durch
den Ausdruck F-sin 2X gegeben. Die Pe-
riode der freien und nicht gedämpften Schwin-
gung des Fadenpendels sei T; der Grenzwert
von T, für welchen die Bewegung des Faden-
pendels infolge der Dämpfung eine aperiodische
wird, sei S; die Masse des Fadenpendels sei
;//. Beim Beginne der Bewegung sei das Faden-
pendel in Ruhe, also sowohl sein Ausschlag x,
als seine Geschwindigkeit , gleich Null. Durch
die äussere Kraft wird gleichzeitig eine erzwungene
und eine freie Schwingung des Fadenpendels
erregt. Der allgemeine Ansatz für den Ausschlag
ist daher:
X ^^f sin \2üt —^\j^Ae'~ ^ H
] tude der erzwungenen und der Amplitude der
I freien Schwingung ergiebt sich somit:
X stn
Hier ist:
/=
Fe V
dx
Soll für / = o sowohl x als auch ver-
dt
schwinden, so muss:
FS r
sein. Für das Verhältnis zwischen der Ampli-
T
V'-l
Ist die Dämpfung klein und ist V nahezu
gleich T, so ist auch / nahezu gleich A, in
Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Be-
obachtung.
(Hingegangen 28. November 1901.)
Über die Radioaktivität des Thoriumoxyds.
Von Karl Fehrle.
Wie Rutherford') fand, sendet das Thor-
oxyd zwei Arten von Strahlung aus. Die eine
sehr durchdringende, von ihm „Emanation" ge-
nannt, scheint hauptsächlich die von ihm ge-
fundene sekundäre Radioaktivität hervorzurufen.
Die Erscheinung der sekundären Radioaktivität
spricht dafür, dass die Emanation in einer Über-
führung von Partikeln besteht. Untersuchungen
hierüber haben mir weitere Bestätigungen dieser
Annahme geliefert. Über diese Versuche soll
nun berichtet werden.
Wurde ein Aluminiumstreifen 9,7x5,4 cm
parallel der kürzeren Seite durch Ritzen in 1 1
gleiche Streifen geteilt, und in der Weise, wie
Fig. I zeig^, dem Thoroxyd exponiert, so waren
die Stärken der Radioaktivität der einzelnen
Streifen, die des ersten mit i bezeichnet, von
links nach rechts i 1,1 1,9 2,9 4,3 3,5 2,9 1,8
1,1 0,9 0,5. Das Maximum der Radioaktivität
war hierbei erreicht. Aus den Zahlen ist zu
schliessen, dass die Partikel von dem positiv
geladenen Kasten nach der Mitte zu abge-
stossen werden, und ferner, wegen der kleinen
Radioaktivität der Randstreifen, dass keine Par-
tikel neben der Platte durchdiffundieren, diese
Versuchsanordnung vorausgesetzt.
Thatsächlich zeigt auch die von dem Thor-
oxyd abgewendete Seite einer Platte nur ge-
ringe Radioaktivität im Vergleich mit der Radio-
aktivität auf der zugewendeten Seite, wenn sie
wie die des ersten Versuchs aktiviert wird.
Wurde ein Messingdraht in einen Messing-
cylinder, auf dessen Boden sich das Thoroxyd
befand, luftdicht eingesetzt, und mit dem Elektro-
meter verbunden, während der Cylinder kon-
stant auf 100 Volt geladen war, so betrug der
Ausschlag anfänglich 173 Skalenteile in 2 Mi-
nuten und stieg in 16 Stunden auf 206 Sk. in
2 Minuten. Nach P2ntfernung des Thoroxyds
betrug er noch 30 Sk. Mit einem neuen Drahte
ergab sich überhaupt kein Ausschlag. Daraus
geht hervor, dass der ganze Zuwachs von
den am Drahte kondensierten Partikeln her-
I) Rutherford, Phil. Mag. 49, 161 ff., 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
131
"^ooS
/ShcrturY
l«
Fig. I.
rührte, dass also ausser diesen keine radio-
aktiven Partikel entstanden waren.
Rutherford zeigte, dass diese Partikel Teile
einer neuen, im Thoroxyd enthaltenen Substanz
sindJ) Ich habe nun gezeigt, dass diese Sub-
stanz vor dem Vorgange der Emanation sich
chemisch verändert. Während nämlich die se-
kundär induzierten Partikel von Salzsäure gelöst
werden, wie Rutherford zeigte^), wird die die
Emanation bedingende Substanz von Salzsäure
nicht angegriffen. Die Radioaktivität derselben
Menge Thoroxyd änderte sich nämlich nicht,
wenn sie mit Salzsäure behandelt und getrocknet
wurde. Immerhin könnte eine kleine Menge
der Substanz in Lösung gegangen sein, ohne
dass dadurch die Radioaktivität des Ganzen
merklich geschwächt wurde. Auch das ist nicht
der Fall. Es wurden nämlich hintereinander
drei Auszüge mit ein- und derselben Salzmenge
mit immer dem gleichen Quantum HCl gemacht,
nachdem jedesmal das Salz wieder gewaschen
und getrocknet worden war. Die Rückstände
der drei Salzsäuremengen zeigten folgende
Radioaktivitäten, wenn wir die erste mit loo
bezeichnen: lOO 26 5. Die Radioaktivität des
Salzes blieb dieselbe. Sie können also nur von
der sekundären Radioaktivität herrühren, die
das Salz in sich selbst induziert hat, denn bei
Annahme einer Lösung der die Emanation be-
dingenden Substanz wäre nicht einzusehen,
warum beim dritten Auszuge nichts mehr davon
gelöst wird, wo doch die Radioaktivität des
Ganzen ungeschwächt fortdauert. Diese letzt-
genannte Substanz unterscheidet sich also in
ihrem chemischen Verhalten von der sekun-
där induzierten. Man kann annehmen, dass sie
ein in beständiger Zersetzung begriffenes Salz
ist. Der eine Teil des Zersetzungsproduktes
würde dann die Emanation und damit die
sekundäre Radioaktivität bedingen.
II Diese Zcitschr. 2, 429, 1901.
2) Kutbcrfor«!, l'hü. Mag. 49, 189, 190a
Werden die Partikel durch Erhitzen ge-
zwungen, sich von dem aktivierten Körper
zu entfernen, so verlieren sie damit nicht die
Eigenschaft, einen dritten Körper radioaktiv zu
machen. Damit Tst also eine tertiäre Radio-
aktivität hergestellt, deren Möglichkeit bereits
von Dorn') konstatiert wurde. Wurde ein
radioaktiver Platindraht luftdicht und isoliert
in einem Messingcylinder ausgespannt, und
mit dem Elektrometer verbunden, während
der Cylinder ein konstantes Potential von
100 Volt erhielt, so betrug der Ausschlag
anfanglich 237 Sk. in 2 Minuten. Wurde der
Draht jetzt durch einen Strom von 20 Amp.
2 Minuten geglüht, so blieb der Ausschlag nahe
derselbe. Nach Einsetzen eines inaktiven
Drahtes in den Cylinder betrug er 97 Sk. in
2 Min. Der Cylinder war also etwa halb so
stark radioaktiv geworden, wie der Draht ur-
sprünglich.
Dagegen fand ich, dass die Temperatur der
flüssigen Luft auf die Ausgabe der Partikel
ohne Einfluss ist. Ein isoliert in einen Messing-
cylinder hineinragender radioaktiver Draht wurde
in der Art, wie Fig. 2 zeigt, in ein Dewar-
1- '
00 \/
Hc^i-r,
Fig. 2.
sches Gefäss gestellt, und die Radioaktivität
gemessen, wenn der Cylinder mit gewöhnlicher
Lufl und flüssiger Luft gefüllt war. Die Aus-
schläge in beiden Fällen betrugen 142 und
2 Sk. Dass hier lediglich Absorptionswirkung
in Betracht kommt, geht daraus hervor, dass
eine radioaktive Platinplatte, die in flüssiger
Luft lag, in der gesetzmässigen Zeit ihre Radio-
aktivität verlor.
Wurde der Draht durch einen inaktiven er-
setzt, und Thoroxyd auf den Boden des Cy-
linders gebracht, und dann flüssige Luft in das
De war sehe Gefäss gegossen, aber so, dass sie
den Cylinder nur von aussen bespülen konnte,
i) Dorn, Ucibl 24, 1343. 1900-
132
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahigang. No. 7*.
so blieb der Ausschlag in den ersten 3 Minuten
konstant, fiel aber dann allmählich auf 0,3 5 des
Ganzen, wo er konstant blieb, bis noch weitere
Luft hinzugegossen wurde, was ein nochmaliges
Fallen der Radiation zur Folge hatte, so dass
der Ausschlag '/^ des Ganzen wurde. Aus diesen
Daten geht hervor, dass die Radiation mit der
nach und nach erfolgenden Verdichtung der Luft
im Cylinder kleiner wurde, während sie von der
Temperatur unbeeinflusst blieb.
(Eingegangen 12. Dezember. 1901.)
Über das optische Brechungsverhältnis
einiger Flüssigkeiten bei tiefen Tcmt)eraturen.
Von Gottlieb Kucera und Carl Forch.
Die Messungen der Dielektrizitätskonstante
von Flüssigkeiten bei sehr tiefen Temperaturen
führten zu dem bemerkenswerten Resultate, dass
bei der Temperatur der flüssigen Luft diese
Konstante kleine, zwischen 2 und 3 liegende
Werte annimmt, so dass die Maxwellsche
Regel (Dielektrizitätskonstante gleich dem Qua-
drate des Brechungsverhältnisses) scheinbar von
allen gemessenen Flüssigkeiten im festen Zu-
stande erfüllt wird. Nun ist aber der Gang der
DK mit der Temperatur bei verschiedenen
Flüssigkeiten sehr verschieden, so dass sie sich
danach deutlich in zwei Klassen scheiden lassen.
Bei den ersteren, wie Schwefelkohlenstoff, To-
luol, Ricinus- und Olivenöl, bei welchen die
DK auch bei gewöhnlichen Temperaturen
kleine Werte haben, so dass die Abweichung
von der Maxwellschen Regel nicht allzu stark
ist, fällt nach den Messungen von De war und
Fleming^) die DK langsam mit abnehmen-
der Temperatur; beim Schwefelkohlenstoff steigt
sie allerdings vorerst langsam zu einem schwa-
chen Maximum (2,70) bei — 116^, um dann
schnell bis zum Endwerte 2,24 zu fallen.
Die andere Klasse der Flüssigkeiten, zu der
Äther, Aceton, Äthyl-, Methyl-, Propyl-, Iso-
butyl- und Amylalkohol gehören, zeigt ein
*A«;^entlich anderes Verhalten; die DK steigt
jiainlich nach den Messungen von Ab egg und
htitz^j stark mit abnehmender Temperatur (nach
/
dem empirischen Gesetze DK=Konst.e i9u
und fallt erst bei dem Erstarren der Flüssigkeit
plötzlich auf einen zwischen 2 und 3 liegenden
Wert. Diese merkwürdigen Thatsachen veran-
lassten uns, das optische Brechungsverhält-
nis einiger der genannten Flüssigkeiten nach
den tieferen Temperaturen hin zu verfolgen,
1) De war und Fleining/ Proc. Roy. Soc. London 61,
2) AIm'j;^;, Wicd. Ann. 60, 54, 1897. Abegg und
Sfilz, /citschr. für php. Ch'-in. 29, 242, 1S99.
um das Verhalten seines Temperaturkoeffizien-
ten festzustellen.
Die Messung des Brechungs Verhältnisses
erfolgte an einem Flüssigkeitsprisma nach der
Methode des in sich zurückkehrenden Strahles
(Autokollfination), und zwar wurde die brechende
Kante des Prismas horizontal gelegt. Dies ge-
schah zu dem Zwecke, um die eigene horizon-
tale Flüssigkeitsoberfläche direkt als eine Pris-
menoberfläche verwenden zu können; auch
konnte man so die Kältemischung, welche die
Flüssigkeit mit Ausnahme der oberen Fläche
allseitig umgab, bequemer an das Prisma heran-
bringen. Die zu untersuchende Flüssigkeit be-
fand sich in einem x)fienen Metallgefässe, dessen
Boden um etwa 30^ gegen die Horizontale ge-
neigt war (Figur i); auf demselben war dufch
I M ' ' F ' ' ' ' t
iMg. I.
zwei Blattfedern ein auf der Vorderseite ver-
silbertes planes Glasplättchen als reflektierende
Fläche befestigt. ' Das Gefäss sass in einer
dicken Ebonitplatte, die auf einem schweren
Metallfusse derart befestigt war, dass die in
einem weiteren Troge befindliche Kältemischung
(feste Kohlensäure mit Äther) bequem von unten
über das Gefäss geschoben und durch Klötze
fixiert werden konnte. Die Flüssigkeit wurde
stets nur so hoch eingefüllt, dass ihr Niveau
unter der unteren Fläche der Ebonitplatte lag,
sie selbst also immer ganz in die Kältemischung
eintauchte. Als obere Begrenzungsfläcbe des
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
133
Prismas wurde, wie bereits erwähnt, die natür-
liche Oberfläche der Flüssigkeit benutzt und der
Apparat so eingestellt, dass nur der horizontale,
vom Meniskus nicht beeinflusste Teil derselben
von den Lichtstrahlen getroffen wurde. Da aber
an der kalten Oberfläche die Feuchtigkeit aus
der Atmosphäre sich kondensierte, was bei mit
Wasser nicht mischbaren Flüssigkeiten eine Trü-
bung, bei anderen eine merkliche Konzentrations-
änderung bewirken musste, so wurde über die-
selbe im Abstand von etwa 8 mm eine dünne,
planparallele Glasplatte gelegt und auf diese ein
passend geformtes U-förmiges Trockengefasschen
mit Phosphorsäureanhydrit gestellt. Eine Papp-
hülle, welche nur für das Fernrohr und das
Thermometer Offnungen hatte, sollte die so
ziemlich getrocknete Luft gegen den Aussen-
raum abschliessen. Gleichwohl musste bei be-
sonders hoher Luftfeuchtigkeit die Platte im
Laufe einer Beobachtungsreihe zuweilen von dem
kondensierten Wasser gereinigt werden.
Die Messung der Winkel erfolgte an dem
Höhenkreis eines guten älteren astronomischen
Universalinstrumentes von Reichenbach & Ertel
in München, dessen Nonius 4" ergab. Auf der
horizontalen Achse desselben war das Kolli-
mationsrohr eines Ab besehen Spektrometers
seitlich befestigt. Die Beleuchtung mit Na-licht
besorgte ein Bunsenbrenner mit von Kochsalz-
lösung durchtränktem Asbestpapier.
Die Temperaturen wurden mit einem Platin-
widerstandsthermometer gemessen. Der Durch-
messer des von Heraus, Hanau, gelieferten, dop-
pelt mit weisser Seide umsponnenen Drahtes
betrug 0,033 mm. Der Draht war auf ein U-
fbrmiges Glimmerplättchen aufgewickelt, an
dickere Platinzuführungsdrähte angeschweisst
und in eine ähnlich geformte Büchse aus sehr
dünnem Kupferblech eingeschoben. (Fig. 2.)
■• — \ — I
Fig. 2.
Die Messung des Widerstandes geschah mittels
einer Kohlrauschschen Walzenbrücke mit
beiderseitigem Vorschaltwiderstand ') und eines
Du Bois-Rubensschen Galvanometers*^) mit
i) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 56, 177, 1895.
2) Dtt Uois und Rubens, Wied. Ami, 48, 236, 1893.
sehr hohem Widerstand. In dem Stromkreise
des Elementes war ein Baiastwiderstand von
ca. 1 100 Ohm eingeschaltet, um eine merkliche
Erwärmung des Thermometers durch den Strom
unmöglich zu machen. Als Stromschlüssel wurde
der im 2. Jahrg. dieser Zeitschrift S. 381 be-
schriebene Doppelschlüssel benutzt.
Um ein künstliches Altern des fertiggestellten
Thermometers zu bewirken, wurde dasselbe zu-
erst lange Zeit auf einer Temperatur von etwa
+ 130^ gehalten und hierauf oft Änderungen
im Intervalle — 8o^ o*^ und icx)^ ausgesetzt.
Nachdem der Widerstand bei o** und der Tem-
peraturkoeffizient zwischen o^ und + 100*^ kon-
stant geworden war, wurden die Konstanten
des Thermometers definitiv bestimmt, und zwar
^Itilkrtifi.
i^»g. 3.
der Widerstand bei — 79,4^ in fester Kohlen-
säure 0, bei o^ und bei '+icx)^ Es ergab sich
hieraus der Temperaturkoeffizient zwischen o^
und 100^ \ ^— -^ ) zu 0.002022 und zur Um-
rechnung der „Platin-" auf „Wasserstofftempe-
raturen" die Formel
/ = 1 ,02738 . / — 0,0002738 . /-.
Bei der Konstruktion des Thermometers wurde
sehr dünner Draht und ziemlich hoher Wider-
stand (bei o^ 248,07 Ohm) gewählt, da dies
einerseits eine kleine Wärmekapazitätund schnelle
Annahme der Temperaturänderungen, anderer-
seits einen sehr geringen Einfluss der unregel-
1) PuBoisuudWills, Vgrh.a. d. i)hys,Gvi».l, |68, 18(^9.
134
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No. 7,
massigen Temperaturverteilung in den heraus
ragenden Zuflihrungsdrähten zur Folge hat.
Das Thermometer, welches von den Wänden
des Gefässes und dem Spiegel überall etwa
I mm Abstand hatte, wurde so eingesetzt, dass
der mittlere Teil des Spiegels zur Beobachtung
frei blieb und mit Draht an der Ebonitplatte
befestigt. Alsdann wurde die Flüssigkeit bei
Zimmertemperatur eingefüllt, und das reflektierte
Bild im Fernrohr eingestellt, wobei meistens
noch eine geringe Änderung an der Einjustie-
rung der Fussschrauben des Gefassträgers nötig
war. Hierauf wurde das Gefäss mit der Kälte-
mischung — feste Kohlensäure mit Äther —
untergeschoben und entsprechend befestigt.
Dasselbe war, um die störenden Ätherdämpfe
abzuhalten und dieTemperaturen länger konstant
zu erhalten, oben mit Watte abgedeckt.
Die Beobachtung des Brechungsverhält-
nisses und der Temperatur erfolgte völlig gleich-
zeitig, indem der eine von uns die Einstellung
an der Walzenbrücke abwartete und, sowie diese
erreicht war, der andere die Einstellung am
Fernrohr bewirkte. Es konnten so, während
die Temperatur von etwa — 70^ bis auf etwa
o^ langsam (innerhalb 2 bis 3 Stunden) anstieg,
grosse Reihen (bis zu icx)) zusammengehöriger
Beobachtungspaare für jede Flüssigkeit gewon-
nen werden.
Es wurden gemessen: Schwefelkohlenstoff,
Toluol, Methyl-, Aethyl- und Amylalkohol, so-
wie Äthyläther. Die Resultate wurden nach
der Methode der kleinsten Quadrate durch eine
Gleichung von der Form ;/ = ^ + ^./ Kr./^
zunächst für Platintemperatur dargestellt und
alsdann auf die gewöhnliche Temperaturskala
mittels der bereits angegebenen Reduktionsformel
umgerechnet. Es ergab sich das Brechungs-
verhältnis n für Natriumlicht bei der Tempe-
ratur / für
Amylalkohol zwischen o^ und — 70^
// = 1,42003 — 0,0.4625 / + o,Oß307 t^
Methylalkohol zwischen o^ und — 64^
;/ = 1,34093 — 0,0a492-/ — 0,00823 /^
Äthylalkohol zwischen o" und — 67^
// = 1,37148 — o,Oj5io / + 0,0^303 t^
Äthyläther zwischen o^ und — 46"
n = 1,36504 — o,OjS96 t — 0,0.5718 . t^
Toluol zwischen o^ und — 44*^
// = 1,50292 — o,o.t 507 / + 0,05 1 540 fi — 0,0., 8 /•»
Schwefelkohlenstoff zwischen o^ und — 60^^
// = 1,64362 — 0,0,733 / + 0,0.900 tK
Die mittlere Abweichung der einzelnen Be-
obachtung betrug etwa 1,5 Einheiten der vierten
Dezimale. Dieselbe rührt wohl hauptsächlich von
mangelhaftem Temperaturausgleich in den vom
Lichte durchsetzten Schichten und der da-
durch bedingten geringen Schärfe der Einj>teUung
bei den optischen Beobachtungen, nicht von
Fehlern der Temperaturbestimmung her. Bei
Toluol und Äthyläther wurden Beobachtungen
unter — 44*^ resp. —- 46^ zur Berechnung nicht
benutzt, da bei beiden ein zu rascher Tempe-
raturwechsel die Beobachtungen bei tieferen
Temperaturen unsicher machte.
Aus den Resultaten geht hervor, dass die
Alkohole und Äther, welche in Hinsicht auf
die DK sich so stark von Schwefelkohlenstoff
unterscheiden, in optischer Hinsicht ihm im unter-
suchten Temperaturintervall vollständig ähnlich
sind. Bemerkenswert ist, dass die Kurve des
Brechungsverhältnisses bei Schwefelkohlenstoff
unter o^ eine entgegengesetzte (allerdings ziem-
lich schwache) Krümmung zeigt, als bei den
über o« liegenden Temperaturen, was mit den
Messungen von Ketteier*) übereinstimmt, der
den Wendepunkt ungefähr bei o^ fand. Ob
die übrigen untersuchten Substanzen ein ähn-
liches Verhalten aufweisen, lässt sich an der
Hand des bis jetzt vorhandenen Beobachtungs-
materiales nicht sicher entscheiden.
Von grossem theoretischen Interesse wäre,
diese Verhältnisse weiter zu tieferen Tempera-
turen, womöglich bis zum Erstarren der Flüssig-
keiten zu verfolgen, was jedoch mit der ange-
wandten Methode kaum möglich ist. Der An-
wendung von anderen Methoden steht entgegen,
dass für das Brechungs Verhältnis des Glases bei
sehr tiefen Temperaturen unseres Wissens bis-
her keine Daten vorliegen.
1) Kctteler, Wied. Ann. 85, 662, 1888.
Darmstadt, Physikalisches Institut der
Technischen Hochschule.
(Eingegangen 16. Dezember 1901.)
Volumenänderung des Quecksilbers beim
Übergang aus dem starren in den flüssigen
Zustand und thermische Ausdehnung des Vi
starren Quecksilbers.^)
Von L. Grunmach.
Die Methode, deren ich mich zur Bestimmung
der Volumenänderung des Quecksilbers bei
Änderung seines Aggregatzustandes bediente,
war folgende: An ein cylindrisches thermo-
meterartiges Gefäss aus schwer schmelzbarem
Jenenser Glase von etwa 2,5 ccm Inhalt war eine
sorgfältig kalibrierte und mit arbiträrer Skala
versehene Kapillarröhre angeschmolzen, welche
oben in eine kleine trichterförmige Erweiterung
behufs bequemer Füllung des Thermometers
endigte. Es wurde zunächst mit reinem abso-
I) Vurgetrajjcn auf der Versammlung deutscher Xatur-
forsgh^r und ArzU zu Hamburg, Abteilung 2, 25. Scptbr. 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
U5
luten Alkohol gefüllt, und ^war in der Weise,
dass, wenn es, nachdem mittels einer Wasser-
strahlluftpumpe unter Erwärmung und vorsich-
tiger Erschütterung der Gefässwandung alle Luft-
bläschen ausgetrieben waren, seiner ganzen Länge
nach in fein zerstossenes schmelzendes Eis ein-
gebettet war und darin etwa zwei Stunden lang
gestanden, der Alkoholmeniskus mit dem An-
&ngsstrich (Nullpunkt) der Teilung genau zu-
sammenfiel. Nunmehr wurde das Thermometer,
welches ich mit A ( \ Alkohol + l^ Alkohol) be-
zeichnen will, oben zugeschmolzen, dann ganz
allmählich bis auf — 80^ C. abgekühlt und in
mehreren Vergleichungsreihen in dem Tempera-
turintervall von — 80 bis — 30^ C, von Grad
zu Grad bei aufsteigender Temperatur fort-
schreitend, mit einem von R. Fuess herge-
stellten, in halbe C.-Grade geteilten Normal-
Alkohol-Thermometer iV, welches von der Physi-
kalisch-Technischen Reichsanstalt geprüft und
beglaubigt war, verglichen. Als Bad diente ein
mit einem Gemisch von fester Kohlensäure und
abgekühltem Alkohol gefülltes grösseres Glas-
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geföss, welches konzentrisch von einem mit
einer Kältemischung gefüllten Gefäss umgeben
und mit einer geeigneten Rührvorrichtung ver-
sehen war, um während der Beobachtungen eine
hinreichende Konstanz der Temperatur herzu-
stellen. Die Ablesungen erfolgten mittels zweier
Ablesemikroskope, welche halbe Zehntelgrade
mit Sicherheit zu schätzen gestatteten in der
Weise, dass in dem Momente, in welchem für
den einen Beobachter ') der AlkohoHndex mit
einem vollen Gradstrich des Normalthermome-
ters N koinzidierte, a tempo die Ablesung des
Thermometers A durch den anderen Beobachter
i) Herr Ingenieur Seibt war so freundlich, mich bei den
Versuchen zu unte^Utzen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle
metoen verbiadli^Ksten Dank sage.
erfolgte. Auf diese Weise sind fiinf Verglei-
chungsreihen auagefiihrt worden, welche eine
sehr gute innere Übereinstimmung zeigten, und
deren Ergebnisse durch die nahezu geradlinig verr
laufende Kurve OA graphisch dargestellt werden.
Die Abszissen geben, von rechts nach links in
absteigendem Sinne, die mit dem Normal-Alko-
holthermometer iV abgelesenen Temperaturen,
während die Ordinaten die durch das Alkohol-
thermometer A in Teilen seiner arbiträren Skala
angegebenen Temperaturen darstellen.
Um einige Vergleichungspunkte, die wir nach-
her gebrauchen werden, herauszugreifen, so ent-
sprechen
den Angaben
—78,2 « C. von A'
-38,5
—33.7
o
»I
♦I
die Angaben
149,86/. von A
73,11
64,03
o
I»
tt
rt
lOC.
entsprechen
1,9321 /. von A
1,9160
1,8998
»f
>f
Hieraus ergiebt sich, dass
in dem Temperatur-
intervall von
—78,2 bis —38,5« C.
—38,5 M —33,7
-33,7 n o
Hierauf wurde das Alkoholthermometer A oben
geöffnet, seines Alkohols entleert und nach sorg-
fältigster Austrocknung zur Hälfte mit reinem
destillierten Quecksilber, zur anderen Hälfte mit
dem Alkohol derselben Sorte gefüllt. Dies ge-
schah in der Weise, dass das Instrument zu-
nächst wie ein Quecksilberthermometer mit
reinem Quecksilber gefüllt wurde, so dass, wenn
es wieder seiner ganzen Länge nach in klein
zerstossenem schmelzenden Eise zwei Stunden
lang eingebettet gestanden, der Quecksilber-
meniskus genau mit dem Nullpunkte der Skala
koinzidierte, dass hierauf die Gesamtmasse des
Füllquecksilbers durch Wägung (zu 31,180 g)
ermittelt und das Instrument zur Hälfte mit der
halben Masse (15,590 g) dieses Quecksilbers und
zur anderen Hälfte wieder mit dem Alkohol in
der vorhin angegebenen Weise gefüllt wurde,
so dass, wenn es seiner ganzen Länge nach sich
genügend lange in Eis befand, der Alkohol-
meniskus wieder genau mit dem Nullpunkte der
Skala zusammenfieL Das auf diese Weise herge-
stellte Quecksilber- Alkoholthermometer, welches
ich mit ß ( '/i Quecksilber + V2 Alkohol) be-
zeichnen will, wurde nun genau so wie vorher
das Alkoholthermometer A mit dem Normal-
Alkoholthermometer A^in sechs unabhängigen Be-
obachtungsreihen, die wieder eine gute innere
Übereinstimmung zeigten, verglichen. Die gra-
phische Darstellung der Ergebnisse dieser Be-
obachtungsreihen giebt im Mittel die Kurve OB,
in welcher wir drei Teile unterscheiden können:
erstens den Teil ßB\ welcher dem Temperatur-
intervall von - 78,2 bis —38,5^ C. entspricht,
in welchem das Quecksilber sich in starrem Zu-
/
'36
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
Stande befindet, zweitens das Kurvenstück ///> ,
welches dem Temperaturintervall von — 38,5
bis — 33,7" C. entspricht, innerhalb dessen der
Schmelzprozess vor sich geht, und drittens das
Kurvenstück //' Ö, welches dem Temperatur-
intervall von — 33,7 bis o*^ C. entspricht, in
welchem das Quecksilber sich in flüssigem Zu-
stande befindet.
Den vorhin mitgeteilten Temperaturangaben
tles Normal-Alkohol- eiitsprechen von B
thermometers N die Temperaturangaben
— 78,2® C. 118,49/.
—38,5 „ 76,82 „
—33,7 M 36,32 „
o o
Hieraus ergiebt sich, dass
in dem TemperaturintervaJl
—78,2 bis —38,5» C.
lO C. entsprechen
1,0527 />. von B
8,4375
1,0777
— 3<^5 „ "33,7
—33,7 „ — o
Um nun aus der dem Gange des ( \ Quecksilber
+ Vi Alkohol)-Thermometers B entsprechenden
Kurve OB^ welche ja die Volumenänderungen
von Quecksilber und von Alkohol zusammen
darstellt, die Volumenänderungen des Queck-
silbers allein zu erhalten, hat man nur die un-
bedingt zulässige Annahme zu machen, dass für
ein und dasselbe Temperaturintervall die Vo-
lumenänderungen des halben Alkoholvolumens
xi\\x halb so gross sein werden, wie diejenigen
des ganzen Alkoholvolumens. Die Volumen-
änderungen des halben Alkoholvolumens werden
nun graphisch dargestellt durch die ebenfalls
nahezu geradlinig verlaufende Kurve OC^ deren
Ordinaten in jedem Punkte halb so gross sind,
wie die Ordinaten der entsprechenden Punkte
der Kurve OA, Durch Kombination der beiden
Kurven OB und ÖC ergiebt sich demgemäss die
Kurve OD^ welche die Volumenänderungen des
Quecksilbers allein in dem Temperaturintervall
von — 78,2 bis o^ C. graphisch darstellt. Man
kann wieder drei Teile derselben unterscheiden,
den ersten, von — 78,2 bis — 38,5® C. reichend,
bei welchem das Quecksilber sich in starrem
Zustande befindet und pro i" C. sich um
0,0867 /. der arbiträren Skala ausdehnt; zweitens
den Teil der Kurve, welcher dem Temperatur-
intervall von — 38,5 bis — 33,7^ C, innerhalb
dessen der Schmelzprozess vor sich geht, ent-
spricht, und in welchem - wenn, um einen
Vergleich zu gewinnen, die Annahme einer pro-
portionalen Verteilung zulässig ist — , i ^^ C. eine
Volumenänderung von 7,4795 /. der arbiträren
Skala entsprechen würde, und drittens den
dem Temperaturintervall von — 33,7 bis o" C.
entsprechenden Teil, in welchem das Queck-
silber sich in flüssigem Zustande befindet und
pro i^C. eine Volumenändenmg von 0,1278/.
der arbiträren Skala erfährt.
Es würde sich also das Quecksilber allein
pro I ^ C ausdehnen
. im Temperaturintervall
von— 78,2 bis — 38,5*^C. um 0,0867/. *^^rarbitrann
„ -38,5 „ -33,7 „ 7,4795,,
„ —33,7 „ o „ 0,1278,,
Es folgt hieraus, dass sich Quecksilber während
des Schmelzprozesses 86,50 mal stärker ausdehnt
als in starrem und 58,68 mal stärker als in
flüssigem Zustande, und dass die Ausdehnung
des starren Quecksilbers 0,6784 oder abgerundet
\^ der Ausdehnung des flüssigen Quecksilbers
beträgt, so dass, wenn wir den Ausdehnungs-
I koeffizienten des flüssigen Quecksilbers zu
0,000 1 8 1 annehmen, derjenige des starren Queck-
I Silbers 0,000123 ist.
I Eine starre Quecksilbermasse, deren Volumen
kurz vor dem Schmelzen i ccm beträgt, ver-
grössert durch den Schmelzprozess ihr Volumen
auf 1 ,050982 ccm, also um etwas mehr als 5 Proz. ')
i) Hcir J. W. Mallet findet als Dichte des starren Queck-
silbers bei —38,850 C. (Proc. of the Roy. Sog. 26. 77. 1877 1
den Wert 14,1932, was einer Volumenzunahme während des
bchmelzprozesses von nur 3,7 Proi. entsprechen würde.
(Eingegangen 8. Dezember 1901.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 7^ NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
F. Necscn (Berlin), Zur Blitzableitcrfrage. ')
An der Hand von zwei Blitzschlägen wurden
Einzelheiten in Bezug auf die Anordnung der
Blitzableiter für Gebäude und für elektrische
Anlagen besprochen. Der eine Blitzschlag traf
ein mit Farad ayschem Käfig geschütztes Ge-
bäude einer Sprengstofflfabrik und zeigte die
I' Abteil
eiliW 3. 23. September 1901.
Schädlichkeit von eisernen Befestigungen für
den Blitzableiterstrang. Zu Seiten des ge-
troffenen Gebäudes befanden sich zwei andere,
die mit einem Blitzableiter nach Gay-
Lussac, also mit Fangstange, und einer
Ergänzung desselben durch einen Faradayschen
Käfig versehen waren. Ferner standen zwei
hohe Fangstangen auf Schutzwällen dicht neben
dem getroffenen Gebäude. Letzteres hatte einen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
137
Blitzschutz in Gestalt eines Faradayschen
Käfigs ohne Fangstange. Der Blitzschlag hat
die beiden Fangstangen auf den Wällen und
das eine Gebäude getroffen. An dem letzteren
ist vermutlich durch die eisernen Befestigungs-
nägel für die Ableitung ein Seitenschlag zu der
ganz naheliegenden Wasserleitung übergegangen,
welche unter der Erde mit dem Abieiter verbunden
war. In anderen Fällen sind aber umgekehrt gut-
leitende Befestigungen nötig, so dass die Frage
nach dem Material, aus welchem letztere herzu-
stellen sind, nicht allgemein gelöst werden kann.
Blitzschläge in dasKabelnetzderBerlinerStrassen-
bahn beweisen, dass für die dort gewählte An-
ordnung der Blitzableiter zwischen den Zu-
führungsmasten besser eine Anordnung direkt
an letzteren selbst zu wählen ist, dass ferner der
Blitzableiter, um sicher zu wirken, grössere Ent-
ladungsflächen haben muss, als wie gewöhnlich
genommen werden. Eine derartige Anordnung
ist schon früher vpm Vortragenden in seinen
„Sicherungen" vorgeschlagen.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 4. Oktober 1901.)
J. Classen (Hamburg), Über ein Photometer
zur Messung der Helligkeitsverteilung in
einem Räume ohne Zuhilfenahme einer
Zwischenlichtquelle. ')
Während es bereits verschiedene Mittel giebt,
sei es an der Photometerbank, sei es durch das
Weberphotometer, um die Helligkeitsverteilung
um eine mit Lampenglocke oder Reflektor ver-
sehene Lichtquelle herum zu messen, so ver-
sagen diese Mittel doch mehr oder weniger, so-
bald es sich darum handelt, in der Praxis in
fertigen, im Betriebe befindlichen Beleuchtungs-
anlagen die Lichtverteilung mit der wünschens-
werten Sicherheit zu messen, da das Beziehen
aller Messungen auf eine konstante Zwischen-
lichtquelle zur Voraussetzung hat, dass die Hel-
ligkeit der zu messenden Lichtquellen selbst
während der ganzen Dauer der Untersuchung
nicht infolge veränderter Stromstärke oder
Gasdruckes merklichen Schwankungen unter-
worfen ist. Besonders störend wird dies em-
pfunden, wenn es sich um die Lichtverteilung
in vom Tageslicht beleuchteten Räumen, etwa
Schulzimmern, handelt.
Der vorgezeigte Apparat löst diese Auf-
gabe dadurch, dass die Messung der relativen
Lichtverteilung von der absoluten Bestimmung
der Helligkeit in Meterkerzen völlig getrennt ist.
Auf einem soliden Stativ sind zwei i m lange,
nach allen Richtungen bewegliche Arme befes-
I; Abteilung 2, 23. S^'ptember 1901.
tigt, welche zwei weisse Schirme tragen. Der
eine dieser Schirme wird an eine solche Stelle
gebracht, wo die Helligkeit möglichst gross ist.
der andere weisse wird dann herumgeführt in an
Gradteilungen ablesbarer Weise, und seine Hellig-
keit mit der des festgestellten Schirmes verglichen.
Die photometrische Vergleichung geschieht da-
durch, dass man durch ein Lummer-Brod-
hunsches Prisma in der einen Richtung durch
ein Rauchglas und eine Spiegeleinrichtung den
beweglichen Schirm sieht, in der anderen Rich-
tung durch zwei Nicols nach dem festen Schirm
sieht. Durch Drehung des einen Nicols wird
die Helligkeit des festen Schirmes messbar herab-
gesetzt. Das Rauchglas auf der anderen Seite
dient dazu, um den Lichtverlust in den Nicols
zu kompensieren.
(Selbstrcferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 14. Okto%er 1901.)
Diskussion.
(Von den Beteil. gten durchgesehen.)
Lummer: Ich halte das Prinzip fiir sehr
schön, weil man unabhängig von äusseren
Schwankungen das Fortschreiten der Helligkeit
bekommt. Ich wollte nur fragen, wie die Photo-
metrie eingerichtet ist; das schien mir nicht
durchsichtig genug.
Man sieht durch ein Lummer-Brodhun-
sches Prisma, so dass man in dem einen Teil
des Gesichtsfeldes die Helligkeit der einen
weissen Fläche, im andern Teil diejenige der
anderen Fläche hat. Vermittelst des Nicols
bringt man die grössere Helligkeit in messbarer
Weise auf die geringere herab.
Lummer: Dann müssen die diffusen Flächen
also recht gross sein, dass das Gesichtsfeld aus-
gefüllt ist.
Classen: Ja, die Flächen müssen so gross
sein, dass man nicht daran vorbei sieht.
B.Walter (Hamburg), Ober die Haga- und
Windschen Beugungsversuche mit Röntgen-
strahlen. *)
Die älteren Versuche von Kümmel, Fomm,
Precht u. a., durch welche eine Beugung der
Röntgenstrahlen nachgewiesen sein sollte, können
jetzt wohl endgültig als erledigt angesehen werden ;
und ich möchte daher nur noch daran erinnern,
dass wohl der erste entschiedene Einspruch
gegen diese Art von Beugungsversuchen in
einer von Prof. Voller und mir gemeinschaft-
lich veröffentlichten Arbeit^) erhoben wurde.
Die endgültige Widerlegung derselben ver-
danken wir allerdings erst Herrn C. H. Wind
in Groningen, da dieser zuerst die richtige
1) Abteilung 2, 24. September 1901.
2) A. Voller u. B. Walter, Wied. Ann. 61, 88, 1897.
13«
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
Erklärung für die von jenen Beobachtern als
Beugungsstreifen angesehenen Erscheinungen
gab. Derselbe zeigte nämlich, dass wir es hier-
bei trotz der oft ganz frappanten Deutlichkeit
jener Streifen doch nur mit einer optischen
Täuschung zu thun haben").
Schien somit die Frage nach der Beugung
der Röntgenstrahlen vorläufig in negativem
Sinne abgethan, so trat dieselbe alsbald in ein
neues Stadium durch die Versuche, welche eben-
falls von Herrn Wind in Groningen in Verbin-
dung mit Herrn Professor Haga daselbst unter-
nommen wurden^), und durch welche nach An-
sicht dieser Beobachter nun doch der positive
Nachweis für die Möglichkeit einer Beugung
unserer Strahlen erbracht sein sollte. Diese
Versuche untersclieiden sich von den früheren
dadurch, dass dabei sehr viel engere Spalte zur
Verwendung komrtien, eine Massnahme, die ja
vom theoretischen Gesichtspunkte aus — mit
Rücksicht auf die vermeintlich sehr kurze Wellen-
länge der Röntgenstrahlen — gewiss als eine
sehr richtige zu bezeichnen ist, die aber anderer-
seits auch wieder die Schwierigkeiten der Be-
obachtung sowie auch die Zahl der möglichen
Fehlerquellen in einem ganz ausserordentlich
hohem Grade vermehrt.
Denn was z. B. den ersteren Punkt anbe-
trifllt, so erfordert eine einzige derartige Haga-
und Wind sehe Aufnahme einen Aufwand von
X-Strahlung, der genügen würde, um etwa 5CX)
bis 1000 Beckenaufnahmen zu machen, und mit
Bezug auf den zweiten Punkt muss ich leider
erwähnen, dass die zahlreichen und langwierigen
Versuche, welche ich selbst in der ersten Hälfte
d. J. im hiesigen Laboratorium nach der Gro-
ninger Methode ausgeführt habe, nach meiner
Ansicht keinen Grund zu der Annahme liefern,
dass eine Beugung der X-Strahlen in dem
Masse, wie sie die genannten Beobachter an-
nehmen, stattfindet.
Um Ihnen nun aber den Unterschied unserer
beiderseitigen Beobachtungsresultate klar machen
zu können, muss ich kurz daran erinnern, dass
bei diesen Versuchen im wesentlichen nur zwei
Spalte zur Verwendung kommen, von denen
der erste, der sogenannte X-Spalt, der in nächster
Nähe der Röhre aufgestellt wird, eine Höhe
von 5 — 10 mm und eine überall gleiche Breite
von etwa Vioo nim hat. Derselbe dient be-
kanntlich nur dazu, eine möglichst punkt- resp.
strichfbrmige Strahlenquelle zu schaffen. Das
durch ihn hindurchtretende ausserordentlich
dünne Strahlenbündel fällt dann in etwa 75 cm
Abstand auf den sogenannten „zweiten" oder
„Beugungsspalt", welcher eine Länge von etwa
i) C. H. Wind, Kon. Akad. Amsterdam Juni 24, 1898 u.
Wied. Ann. 68, 884, 1899. Diese Zeitschrift, 1, 112, 1899.
2) H. Haga und C. H. Wind, Kon. Akad. Amsterdam.
April 25, 1899 u. Wied. Ann. 68, 884, 1899.
2 cm und einen Querschnitt von der Gestalt
eines Keiles hat, dessen Breite oben etwa ^50
und unten etwa V500 ^^ beträgt. In weiteren
75 cm Abstand davon ist dann die photogra-
phische Platte aufgestellt, die das in dieser Weise
entworfene Bild des zweiten Spaltes aufTängt.
Sollen diese Versuche genau sein, so muss
man natürlich dafür sorgen, dass die drei hier
in Frage kommenden Objekte, nämlich die
beiden Spalte und die photographische Platte,
sich während der ganzen Dauer der Aufnahme,
die unter Umständen mehrere Tage währen kann,
nicht gegeneinander verschieben. In Gro-
ningen befestigte man zu diesem Zwecke jeden
dieser Gegenstände für sich an einem schweren
Stative und setzte dann alle drei gemeinsam
auf eine schwere Steinplatte. Bei meinen Ver-
suchen dagegen habe ich, wie Sie sehen, die
drei Objekte gemeinsam auf eine etwa 2 m
lange und etwa 2 cm dicke Eisenstange mit
quadratischem Querschnitt gesetzt und diese
letztere dann mit Schraubzwingen an den Enden
eines langen und soliden Eichentisches be-
festigt.
Dass diese letztere Aufstellungsart in Bezug
auf Standfestigkeit derjenigen der Groninger
Beobachter vorzuziehen ist, dürfte aus dem
Vergleich der beiden hier nebeneinander auf-
geklebten Spaltbilder hervorgehen, von denen
das eine von Haga und Wind und das andere
von mir herrührt, welche beide die 14 malige
Vergrösserung eines keilförmigen Spaltes von
etwa o,(X)5 bis 0,01 mm Breite darstellen und auch
beide nahezu bei derselben Entfernung zwischen
Spalt und photographischer Platte aufgenommen
wurden. Die näheren Ausmessungen der Bilder
ergeben, dass das in Holland angefertigte im
ganzen genommen etwa 3— 4 mal so breit ist,
als es den geometrischen Verhältnissen nach
hätte sein dürfen, eine Anomalie, die von den
Beobachtern auf Erschütterungen zurückgeführt
wird. Das von mir erhaltene dagegen zeigt
in allen seinen Teilen ungefähr die von der
Theorie geforderte Breite, soweit die Genauig-
keit der Messungen eine Bestimmung derselben
zulässt.
Zum Teil mag diese grössere Schärfe meiner
Bilder auch daher rühren, dass ich die Dauer
der Aufnahme, die in Groningen bis zu 200
Stunden betragen hatte, durch Benutzung
grösserer elektrischer Energie und vor allem
auch widerstandsfähigerer Röhren — zumeist
Wasserkühlröhren — auf 4 — 6 Stunden herunter-
setzen konnte, trotzdem die Breite meines ersten
Spaltes nur ungefähr ^/j von derjenigen der hol-
ländischen Beobachter betrug. Der Induktor
hatte eine maximale Schlagweite von etwa
60 cm und wurde ausschliesslich mit Wehnelt-
Unterbrecher betrieben.
Um Ihnen ferner einen ungefähren Begriff
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
139
von der bei einer solchen Aufnahme aufgewandten
sekundären elektrischen Energie zu geben, teile
ich mit, dass bei einer solchen sechsstündigen
Aufnahme z. B. in jeder Sekunde im Mittel
130 Schläge jenes grossen Induktoriums, bei
der ganzen Aufnahme also nahezu 3 Millionen
Entladungen durch die Röhre gingen. Dabei
wurden in dieser Z.eit aus dem Antikathoden-
gefässe der letzteren über '/2 Liter Wasser ver-
kocht. Um d^her das letztere nicht so oft er-
neuern zu müssen, habe ich mir für die^e Ver-
. suchcf eigens Röhren mit besonders grossen
Antikathodengefassen anfertigen lassen.
Die Röhre selbst befand sich während der
ganzen Dauer der Aufnahme in dieser Bleikiste,
did nach der Richtung der Spalte zu eine kleine,
-düfch horizontale und vertikale Bleiblenden
.genau abzugrenzende Öffnung Hess, nach hinten-
zii aber* soweit als möglich mit bleiüberzogenen
Hölzbrettern abgedeckt war, um die Sekundär-
strahlung der Röhre gleich von vornherein so-
weit als möglich abzufangen. Nichtsdestoweni-
ger erwies es sich als nötig, auch noch den
ganzen Raum zwischen der photogr^pjiischen i
Platte und dem zweiten Spalte, sowie auch die
erstere von hinten her durch Bleiplatten abzu-
grenzen, da sich erst dann vollständig saubere
Bilder ergaben.
Von besonderer Wichtigkeit erschien es
mir fern'er, bei diesen Versuchen darauf zu
achten; dass die Härte der Röhre möglichst
während der ganzen Dauer der Aufnahme kon-
stant blieb, was mir wenigstens nahezu durch
Benutzung der neuen Müll ersehen Röhren mit
automatischer Reguliervorrichtung gelang, auf
deren Beschreibung ich hier natürlich nicht
näher eingehen kann. Die Anwendung einer
Röhre mit konstanter Härte schien mir nämlich
deswegen notwendig, weil doch nur unter diesen
Umständen auf die möglichste Homogenität der
Strahlung gerechnet werden konnte, eine Bedin-
gung, von deren Erfüllung doch auch in der
Optik die Deutlichkeit einer Beugungserschei-
nung in hohem Grade abhängt. Aus diesem
Grunde habe ich mir an der Bleikiste, in der
die Röhre sich befand, eine besondere Vor-
richtung zum Kontrollieren der Härte der Röhre
anbringen lassen und die im wesentlichen aus
einer dicken Bleiplatte mit einer Reihe von
Löchern bestand, auf welche verschieden dicke
Platinbleche aufgekittet waren.
Auf die vielen Vorsichtsmassregeln, die man
zur genauen Einstellung der Spalte anzuwenden
hat, will ich hier nicht eingehen; trotz alledem
zeigten nun aber meine Aufnahmen, wie ja auch
die Ihnen herumgegebene, keine Andeutung
von Beugung in dem Haga- und Wind sehen
Sinne.
Ich teilte dieses Resultat den Herren mit,
mit denen ich schon längere Zeit hindurch
wegen dieser Versuche in Briefwechsel stand
und die mir sogar in der freundschafUichsten
Weise dazu ihre Spalte zur Verfügung gestellt
hatten. Hierdurchsah sich sodann Herr Wind
veranlasst, persönlich nach hier zu kommen,
um mir die in Groningen erhaltenen Original-
negative vorzulegen. Ich überzeugte mich dann
allerdings, dass bei diesen Aufnahmen in dem
Bilde des keilförmigen Spaltes thatsächlich ge-
wisse UnregelYnässigkeiten vorkommen, wie Sie
sie ja auch wohl auf dem herumgereichten Bilde
gesehen haben und die man vielleicht auf eine
Beugung der Strahlung zurückfuhren konnte,
wenn jede andere Möglichkeit der Erklärung
fehlte. Auch Hess ich mich auf Grund dieses
Besuches herbei, meine Versuche noch ein-
mal wieder aufzunehmen, ohne indessen auch
diesmal zu anderen Resultaten als früher zu
gefangen.
Ich bin daher schliesslich zu der Ansicht
gekommen, dass die erwähnten kleinen Unregel-
mässigkeiten in den Gröninger Aufnahmen auf
photographische Ursachen zurückzufuhren
seien, uhd zwar entweder darauf, dass die
Schicht der dabei benutzten Platten nicht überall
die gleiche Empfindlichkeit hatte oder auch
darauf, dass durch die äusserst lange fortgesetzte
Entwicklung dieser Platten erst derartige Un-
regelmässigkeiten hervorgerufen wurden. Ich
selbst habe nämlich meine Platten stets nur
so lange entwickelt, bis in den nichtbelichteten
Teilen derselben die erste Spur des Schleiers
auftrat, ein Verfahren, welches ich zur Erzielung
klarer und einwandfreier Bilder besonders auch
in diesem Falle für notwendig halte. Man muss
sich nämlich vergegenwärtigen, dass es sich
hier um Unregelmässigkeiten handelt, die so
geringfügiger Natur sind, dass man sie über-
haupt nur bei Anwendung ganz besonderer
Beobachtungsmethoden sieht.
Der hauptsächlichste Grund aber, warum
ich auch heute noch diese meine Auffassung
über die Haga- und Windschen Versuchs-
resultate aufrecht erhalten muss, ist der, dass
diese Bilder auch noch andere Unregelmässig-
keiten zeigen, welche sich von den von den Ver-
fassern selbst in Anspruch genommenen nur durch
ihre noch geringere Ausdehnung unterscheiden,
welche aber eben aus diesem Grunde sicher nicht
durch eine Beugung veranlasst sein können. Denn
eine hierdurch hervorgerufene Verbreiterung des
Spaltbildes ifluss sich in demselben doch min-
destens auf eine Grösse hin ausdehnen, die un-
gefähr der Höhe der Strahlenquelle, d. h. dem
Durchmesser des strahlenden Fleckes auf der
Antikathode gleich ist, also zum mindesten auf
I — 2 mm; man findet nun aber in den Haga-
und Windschen Bildern auch Verbreiterungen,
deren Länge nur ungefähr ein Zehntel des obigen
Betrages ausmacht, wie Sie sich durch Betrachtung
I40
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
der Ihnen hier unter dem Mikroskop ausge-
stellten Aufnahme überzeugen können.
Ist somit das Resultat aller dieser langwie-
rigen Versuche mit Rücksicht auf den eigent-
lich dadurch erstrebten Zweck nach meinem
Dafürhalten bis jetzt ein negatives, so habe ich
nun doch für meinen Teil diese Versuche dazu
benutzt, einerseits eine Methode zur möglichst
genauen Messung der Härte einer Röntgen-
röhre auszuarbeiten, um dadurch womöglich
auch auf diesem Gebiete zu einer allgemein
brauchbaren Härteskala zu gelangen, und fer-
ner zweitens auch dazu, diejenige Form des
W eh nelt-Unterb rechers herauszufinden, welche
sich für eine längere Benutzung als die halt-
barste erweist.
Die Versuche in ersterer Hinsicht sind frei-
lich bisher noch nicht ganz abgeschlossen, das
zweite Problem dagegen glaube ich in der Ihnen
hierher gestellten Form des Unterbrechers einiger-
massen gelöst zu haben; worauf ich hier indessen
nicht näher eingehen kann.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 28. September 1901.)
Diskussion.
(Von den üeteiligten durchgesehen.)
Haga (Groningen): Ich habe mit Vergnügen
bemerkt, dass Herr Walter es als eine Thatsache
hinstellt, dass wir Verbreiterungen des Spaltes
beobachtet haben. Wir haben auch angefangen,
unsere Versuche zu wiederholen, haben aber
bisher damit Pech gehabt. Die letzte Aufnahme,
die wir in voriger Woche machten, hat aller-
dings die Verbreiterung nicht gezeigt, ebenso
wie die Aufnahmen, die hier in Hamburg ge-
macht sind. Da.s zeigt aber nur, meine ich,
dass wir noch zu wenig von den X-Strahlen
wissen. Unter einigen Umständen bekommt
man die Verbreiterung, unter anderen nicht, wenn
vielleicht die Strahlen andere sind. Herr Dr.
Walter schiebt die von uns erhaltenen Ver-
breiterungen auf ungleichmässige Empfindlich-
keit der Platte. Es ist doch aber sehr auffällig,
dass gerade dort, wo die Verbreiterung wegen
der Beugung zu erwarten ist, die Empfindlich-
keit so unregelmässig sein soll. Dass die
lange Entwicklung dem Bilde schaden könnte,
leuchtet mir nicht ein. Wir haben Platten sehr
lange entwickelt, sogenannte Standentwicklung
gemacht; da zeigten sich zwar Schleier, aber
keine Unregelmässigkeiten. Ich zweifle, ob die
lange Entwicklung schadet, ich glaube vielmehr,
man muss lange entwickeln; denn es handelt
sich um sehr kleine Intensitäten, und wenn
man sehr bald mit der Entwicklung aufhört,
bekommt man nichts im Bilde. Das ist
keine Hypothese, sondern stützt sich auch auf
Versuche von Herrn Wind, über die er wohl
noch selbst ettvas sagen wird. Also ich gestehe,
dass die Sache noch nicht ganz erledigt ist, aber
ich sehe nicht ein, dass unsere Verbreiterung,
die wir veröffentlicht haben, anders erklärt wer-
den kann, als dadurch, die Beugung der X-Strahlen
anzunehmen. Es mag sein, dass wir die X-
Strahlen noch nicht genügend kennen, und ge-
rade deshalb ist es vielleicht für Herrn Walter
nicht günstig gewesen, dass er homogene Strah-
lung zu bekommen suchte. Wir haben bei 200
Stunden Exposition sicher nicht immer diesel-
ben Strahlen gehabt, weil die Röhre nicht
immer denselben Härtegrad hatte, und gerade
dadurch haben wir wohl manchmal stundenlang
etwas bekommen und manchmal stundenlang
nichts.
Wind (Groningen): Was wir Herrn Walters
Bedenken gegen unsere Versuchsmethode und
unsere Deutung der erhaltenen Resultate ent-
gegenhalten können, ist der Hauptsache nach
schon von Herrn Haga beigebracht worden. Ich
erlaube mir aber, in einigen Punkten noch etwas
hinzuzufügen.
Ich möchte dabei eine Bemerkung in Bezug
auf die Frage der Homogenität der Strahlung
vorausschicken. Herr Walter sagt, sich bemüht
zu haben, die Strahlen möglichst homogen zu
machen, weil dies ja auch für die gewöhnlichen
Beugungsversuche der Optik zweckmässig ist.
Dass aber bei jedem einzelnen Versuch
die Homogenität der Strahlung, in gewöhn-
lichem Sinne, durch den Gebrauch nur einer
einzigen Röhre oder von Röhren, welche sich
an Härte möglichst gleich sind, bedeutend er-
höht wird, dürfte wohl durchaus illusorisch sein,
weil wahrscheinlich sogar in der Strahlung einer
einzigen unter möglichst gleichbleibenden Ver-
hältnissen arbeitenden Röhre schon eine ausser-
ordentlich lange Reihe von Wellenlängen mit
unter sich vergleichbarer Intensität vertreten ist.
Eine massige Homogenität, in gewöhnlichem Sin-
ne, könnte man ja auch nur erwarten,wenn es er-
laubt wäre, die X-Strahlen aufzufassen als durch
nicht stark gedämpfte Schwingungen bestimmter
kleiner Systeme verursacht, was wohl nicht der
Fall sein wird. Hat man hingegen als Ursache
jener Strahlen die impulsartigen elektromagne-
tischen Störungen anzusehen, welche sich beim
Anprall der Elektronen an der Antikathode
ringsum in den Äther ausbreiten, so hat man
— weil dieser Mechanismus an sich nichts Pe-
! riodisches hat — auch in der Strahlung über-
I haupt nicht das Hervortreten eng begrenzter
Wellenlängengebiete , sondern vielmehr eine
kontinuierlich verlaufende Energiekurve zu er-
warten.
Eine Art Beugungserscheinungen wird man
aber allerdings auch bei der zuletzt erwähnten
Auffassung voraussagen können, nämlich eine
Verbreiterung im Bilde eines sich verjüngen-
rbysikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
den Spaltes an der Spitze. Dieses folgt aus
Herrn Sommerfelds wie auch aus meinen
eigenen theoretischen Betrachtungen, welche der
vorigen Naturforscherversammlung in Aachen
vorgelegt wurden. ') Und j ene Verbreiterung wird
schon bei grösserer oder erst bei kleinerer
Breite des Spaltes merklich werden, je nachdem
die mittlere Zeitdauer der Impulse länger oder
kürzer ist.
Daneben kann auch eine Verbreiterung
des Bildes in einiger Entfernung von der
Spitze zumal vorkommen, aber nur in dem
verhältnismässig günstigen Falle, dass die über
die ganze Expositionszeit erstreckte mittlere
Energiekurve der Strahlung bei irgend einer
nicht zu geringen Wellenlänge zufälligerweise
ein etwas stark ausgeprägtes Maximum aufweist;
sogar können solche Verbreiterungen an ver-
'schiedenen Stellen auftreten, wenn sich in der
Energiekurve mehrere solche Maxima vorfinden.
Als solche nach der Theorie mögliche,
aber nicht immer zu erwartende Ver-
breiterungen haben Herr Haga und ich
die von uns erhaltenen gedeutet. Aber
es ist einleuchtend, dass man es garnicht in der
Hand hat, die zu diesen Verbreiterungen not-
wendigen Verhältnisse absichtlich hervorzurufen,
da die Gestalt der mittleren Energiekurve für
jede Röhre von vornherein nnbekannt ist und
voraussichtlich sogar bei angeblich gleich-
bleibenden Eigenschaften der Rohre bedeutende
Schwankungen erleiden kann. Wenn es trotz-
dem nicht ausgeschlossen sein möge, dass man
durch das Anstreben einer augenscheinlich
möglichst konstanten Wirkungsweise der Rohren
die Erscheinung der betreffenden lokalen Ver-
breiterungen im Bilde im günstigen Falle för-
dern kann, so ist es doch weit davon entfernt,
dass man erwarten könnte, dass jene Verbrei-
terungen sich bei jedem Versuche in gleicher
Weise, oder sogar überhaupt, wiederholen werden;
vielmehr sollte man sich zufrieden geben, wenn
einige Aufnahmen einer nicht allzugrossen Ver-
suchsreihe die betreffende Erscheinung zeigen.
Allerdings bleibt es angebracht, die Zahl der
Versuche bedeutend weiter auszudehnen, um zu
versuchen, eine mehr befriedigende Zahl von
Dokumenten dieser Art einer Beugung der
X-Strahlen herzuschaffen.
Anders steht es um die Verbreiterung des
Bildes, welche beim Mangel der vorigen Er-
scheinung jedenfalls an der Spitze auftreten
muss, wenn die X-Strahlen überhaupt elektro-
magnetischer Natur sind. Wahr ist es, dass
wir eine solche noch nicht unzweideutig haben
nachweisen können, ebensowenig wie Herr
Walter, wenn wir denn auch, auf Grund unserer
jüngsten Aufnahmen, eine weitere Fortsetzung
I) Vagi diese Zdbcluift 2, 392, 1900.
1 unserer Versuche noch nicht für ganz aussichts-
los halten. Soviel ist aber unseres Erachtens
' auch sicher, dass man sich alle Mühe geben
muss, um auch die allerschwächsten Einwir-
kungen der Strahlung auf die photograp bische
I Platte zur Geltung kommen zu lassen und dass
I man dabei weder eine langdauernde Exposition
I noch eine langefortgesetzte Entwickelungscheuen
darf — wie Herr Walter für nötig hält — ,
' wenn man nicht von vornherein verzichten will
I auf die Entdeckung etwaiger Verbreiterungen
j an der äussersten Spitze des Bildes. Ist doch
die seitliche Ausdehnung des Bildes selbstver-
ständlich begleitet von einer bedeutenden In-
tensitätsverringerung über der ganzen Breite.
! Ich gebe hier einen Abdruck von Fig. 3 auf
Fit', r. Fi«. 2.
S. 266 des 2. Bandes der Physikalischen Zeit-
: schrift herum '). wo die Inte nsitäts Verhältnisse
j im Beugungsbilde eines sich verjüngen den Spaltes
I bei beliebiger homogener Strahlung zahlenmässig
I angegeben sind. Sie sehen daran, wie an den
Stellen i- =0,1, wo die Verbreiterung des Bildes
■ erst recht deutlich hervortreten kann, die In-
tensität nur noch + ■ von der Maximaünten-
- 300
i sität beträgt, welche sich an der Stelle v= 2
vorfindet. Und dass solche I nte nsitäts unter-
j schiede bei nicht genügender Exposition oder
I 1) Die Red. diesci Zischr. wu so liebe nawüidig, tum
nchtigea \'crstüadais die belielTendeii Figiuen au dies« Sletlc
! DOch einmal lU reprodiuieren.
142
Physikalische Zeitschrift. 3» Jahrgang. No. 7.
Entwickelüng ganz gut die wirklich vorhandene
seitliche Ausdehnung des Bildes gänzlich ver-
wischen können, scheint mir in durchaus über-
zeugender Weise hervorzugehen aus einer Ver-
gleichung der am selbigen Orte abgedruckten
Figuren i und 2 (hier als Fig. i und 2 wieder-
holt), welche beides Beugungsbilder eines sich
verjüngenden Spaltes mit gewöhnlichem Lichte
sind, unter ganz ähnlichen Verhältnissen
negativen Ergebnisse der Versuche von Herrn
Walter nur geschlossen werden kann, dass
bei jenen Versuchen die Energiekurve der X-
Strahlen ein Maximum nicht oberhalb einer ge-
wissen Grenze besessen hat. Aber diese Ver-
suche können unser positives Resultat nicht
widerlegen, und es ist immer noch zu hoffen,
dass bei längerer Entwickelungszeit sich auch
weitere Beugungserscheinurtgen ergeben werden.
^\' 3-
aufgenommen, wobei aber das eine Bild
(Fig. i) kurz, das andere (Fig. 2) lange be-
lichtet und entwickelt wurde. Bei diesen
beiden Aufnahmen war sogar auf dem weissen
Schirme eine sich noch viel weiter seitlich er-
streckende Beleuchtung an der Spitze des Bildes
wahrzunehmen, welche es der schwachen In-
tensität wegen nicht gelungen ist, photographisch
zu reproduzieren. Alles zusammengenommen
glaube ich also mit Herrn Haga, dass aus dem
Die Versuche müssen daher jedenfalls weiter
fortgesetzt werden.
Walter: Gegen die Bemerkungen des Herrn
Haga habe ich hauptsächlich das zu erwidern,
dass sich bei jeder photographischen Aufnahme
die lange Entwicklung der Platte durch eine
entsprechende Verlängerung der Exposition mit
kürzerer Entwicklung ersetzen lässt, und so
lange die Herren die Verbreiterungen in der
Mi-tte ihrer Spaltbilder nicht auf diese Weise
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
'43
erreicht haben, glaube ich daher meine Zweifel
gegen die Beweiskraft derselben aufrecht er-
halten zu müssen. Herrn Wind gegenüber
habe ich ferner zunächst darauf hinzuweisen,
dass sich in dem, was er über meine Bemü-
hungen, die Strahlung der Röhre homogen zu
machen, sagte, ein gewisser Widerspruch be-
findet, insofern er anfangs diese Bemühungen
für durchaus illusorisch erklärt, zum Schlüsse
aber doch die Möglichkeit, auf diese Weise das
Entstehen lokaler Verbreiterungen in dem Spalt-
bilde zu begünstigen, nicht ganz von der Hand
weisen kann. Was derselbe sodann über die
an der Spitze des Beugungsbildes eines keil-
förmigen Spaltes auftretende allgemeine Ver-
breiterung sagte, ist g^nz in meinem Sinne ge-
sprochen, und glaube ich deshalb in dieser
Beziehung nur noch einmal darauf hinweisen zu
müssen, dass Herr Wind selbst zugiebt, dass
diese Verbreiterung weder durch die Groninger
noch durch meine Versuche mit Sicherheit nach-
gewiesen ist. Meines Erachtens wäre es aber
gerade nach den Anschauungen des Herrn Wind
die nächstliegende Aufgabe desselben, vor allem
diese allgemeine, nach der Spitze zu immer
grösser werdende Verbreiterung des Bildes
nachzuweisen, d. h. also mit Röntgenstrahlen
etwa ein Bild zu erhalten, wie er es in seiner
Fig. 2, Bd. 2, S. 265 der Physik. Zeitschrift (in
der Fig. 2 hierselbst reproduziert) mit Licht-
strahlen erzielt hat, wobei ich natürlich von
den Maximis und Minimis darin absehe. Zur
Erreichung eines solchen Bildes würde auch
ich eine lange Entwicklung der Platte fiir
durchaus nicht unstatthaft halten.
Ascbkinass (Berlin): Waren bei diesen Ver-
suchen die Beugungsspalte auch an den inneren
Rändern zugeschärft?
Walter: Nein, diese sind von vorne nach
hinten zu überall gleichbreit.
Aschkinass: Sind da nicht Störungen zu
befürchten von den sekundären X-Strahlen, die
an den Rändern entstehen?
Walter: Diese würden dazu wohl zu schwach
sein.
Haga: Zur Ausmessung des zweiten Spaltes
mrd eine Platte so dicht als möglich hinter
diesem Spalt aufgestellt; unter diesen Be-
dingungen sieht man nur ein scharfes Bild.
Während dann gerade die sekundären Strahlen
am stärksten sein müssten.
F. Braun (Strassburg), Über drahtlose Telc-
graphie. ')
Die Schaltungsweise Marconis ist Ihnen be-
kannt. Er verwendete entweder einen Righi-
Oszillator, dessen eine Kugel mit dem vertikal
i) AbtcIliiDg 3, 24. September 1901.
gefiihrten isolierten Senderdraht verbunden war,
während die andere Kugel an der Erde lag; oder
er Hess später direkt vom unteren Ende des
geladenen Senders den Funken zu einem Erd-
draht überspringen. Während man bei Anwen-
dung des Righi-Oszillators über den elektrischen
Anfangszustand des Senderdrahtes in Zweifel
sein kann, wird man bei der zweiten Anord-
nung unbedenklich annehmen können, dass zu-
nächst der ganze isolierte Leiter auf konstantes
Potential geladen wird, wie dies Kontrollver-
suche unter Anwendung einer Influenzmaschine
statt eines Induktors als Ladungsapparat auch
bestätigten. Es handelt sich dann also um einen
Hertzschen Oszillator von grossen Dimensionen.
Wenn nun bei der Entladung auch unzweifel-
haft Oszillationen entstehen, so kommt es doch
infolge der starken Dämpfung nicht zur Bildung
einer gut ausgesprochenen Welle auf dem Drahte.
Ich will den Versuch statt der Erwägung
sprechen lassen. Ein wesentlich horizontal gefiihr-
ter isolierter Draht von 1 5 m Länge (Fig. i) endet
Jnductor
(VW
k> o
Fig. 1.
am einen Ende in die Kugel eines Funkenmikro-
meters von etwa 3 cm Durchmesser, welchem
eine gleiche zur Erde gefiihrte gegenübersteht.
Der Draht wird vom Induktor aus geladen, er
repräsentiert den Marconisender und die Auf-
gabe ist, die Verteilung der Spannungen, wie
sie bei dem Entladungsvorgang, d. h. bei der
supponierten Wellenbildung auf dem Drahte ent-
stehen, messbar oder sichtbar zu machen. Nach
den Bedingungen des Versuchs kann dies nicht
direkt geschehen; es sind daher fünf gleiche
Geisslersche Röhren, in deren unteren Ösen
isoliert endende Drahtstücke von etwa einem
halben Meter Länge eingehängt sind, über den
Draht verteilt. Beim Spiel des Induktors leuch-
ten die Röhren auf, aber das Auge vermag
keinen Unterschied in der Helligkeit zu •erken-
nen, majg die Röhre sich da befinden, wo wir
einen Spannungsbauch oder da, wo wir einen
Spannungsknoten erwarten sollten.
Das gleiche Resultat ergiebt sich, wenn der
Versuch (was hier nicht gut möglich war) unter
reineren Bedingungen angestellt wird, indem
man den Draht langsam mit der Influenz-
maschine ladet. Der Ladungsvorgang bewirkt
dann nur eine sehr schwache Lichtentwickelung
in den Röhren, erst bei der Entladung leuchten
ä
/
144
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgangf. No. 7.
die Röhren stark auf, aber auch hier alle
gleichhell. —
Die Erdung des Marconisenders ist wichtig.
Erst durch Auffindung dieses Mittels hat Mar-
co ni weite Entfernungen erreicht. Über die
Rolle, welche der Erdung zjukommt, ist viel
diskutiert worden, und wenn^ man heute noch
derselben einen spezifischen Einfluss auf die
Vorgänge zuschreiben will, so kann man diese
Behauptung meiner Ansicht nach nicht ohne
weiteres von der Hand weisen. Dadurch wird
die theoretische Deutung erschwert.
Aber es liegt auch ein praktischer Übelstand
darin. Man ist häufig nicht in der Lage, eine
vollkommene Erdung vorzunehmen, sondern es
steht einem auf trockenem Terrain nur ein fast
isolierendes Dielektrikum zur Verfügung. End-
lich ist Erdung ein schlecht definierter Begriff.
Ich wende mich nun zu den eigenen An-
ordnungen. Die Forderungen, welche zu stellen
sind, lassen sich mit wenig Worten angeben:
Der Sender muss starke, reine, ungedämpfte
Schwingungen geben. Der Empfänger soll aus
den Wellen, welche ihn treffen, möglichst nur
die flir ihn bestimmten herausnehmen, auf diese
aber möglichst intensiv ansprechen. Mit diesen
Forderungen wollen wir uns begnügen; von
weiteren, sehr wichtigen, welche eigentlich er-
füllt werden sollten (wie keine Streuung der
Energie), sei hier abgesehen.
Zur Zeit, als ich anfing, mich der Sache zu-
zuwenden, konnten dauernde Oszillationen hoher
Frequenz, deren Herstellung jetzt durch die
auch vom Vorredner^) berührten Beobachtungen
am Flammenbogen in das Bereich der Möglich-
keit gerückt ist, überhaupt nicht erreicht werden.
Man war auf die beste Annäherung angewiesen,
welche sich so aussprechen lässt: Möglichst
grosse elektrische Energie gewissermassen in
einem Reservoir anzusammeln und mit ihr den
Sender zu speisen, so dass in dem Masse, wie
er Energie in den Raum ausstrahlt, ihm solche
nachgeliefert wird; Aufnahme- und Abgabe-
fähigkeit des Senders muss dabei selber wieder
ein Optimum sein; er soll also möglichst stark
und möglichst lange Energie ausstrahlen.
Dies wurde erreicht, indem man in einem
möglichst geschlossenen, aus Kondensatoren und
Selbstinduktion hergestellten Schwingungskreise
elektrische Oszillationen erzeugte und mit diesen
den Senderkreis erregte. Die Übertragung auf
den Sender ist in zwei verschiedenen Arten
möglich: entweder durch induktive Erregung
oder durch die sog. direkte Schaltung — oder
endlich durch die Kombination beider Mittel.
Bei der induktiven Erregung verfährt man
ähnlich wie bei einem Blond lotschen Erreger
oder bei einem Teslatransformator. Ich will
I ) H.Th. Simon, Tönende Flammen u. Flammentelephonie.
hier auf dieselbe nicht ausfuhrlich eingehen,
sondern nur bemerken, dass es sich dabei nicht
um die gewöhnlichen, wohlbekannten Gesetze
des technischen Transformators (für praktisch
unendlich lange Wellen) handelt, sondern um
Resonanzerscheinungen. Es macht z. B. einen
grossen Unterschied, ob Sie den ,, Transfor-
mator" kurz schliessen oder zu einem System
fuhren, welches selber wieder Schwingungen
vollzieht. Sender mitsamt der Sekundärspule
stellt ein System dar; dessen Schwingungszahl
muss zu der Schwingungszahl des erregenden
(im allgemeinen durch die Rückwirkung modi-
fizierten) Systems in bestimmten Beziehungen
stehen. Die Stärke der Koppelung bedingt,
wie aus den Untersuchuhgen von G eitler und
den allgemeineren von M.Wien bekannt ist, In-
tensität und Reinheit der Resonanzwelle. Im
einfachsten Falle stellt der Sender eine reine
halbe Welle dar. Erdung ist hierbei absolut
nicht nötig (aber natürlich bei passender Län-
genänderung herstellbar). Man hat also, soweit
überhaupt möglich, die Wirkung auf das Dielek-
trikum beschränkt.
Die zweite, die von mir als direkte Erre-
gung bezeichnete, will ich hier etwas näher
verfolgen. An einen Schwingungskreis, welcher
aus einem Kondensator (Fig. 2) oder den beiden
ti)\
Fig. 2.
Fig. 3.
Kondensatoren Q und C2 und dem beide ver-
bindenden metallischen Schliessungsbogen (der
Selbstinduktion) AB besteht (Fig. 3), wird
einerseits, etwa bei A der Sender angelegt.
Gute Resultate erzielte man anfangs nur, wenn
ein anderer Punkt, etwa ß (Fig. 2 und 3) an
Erde gelegt wurde, was nach dem Vorgange
Marconis nahe lag. Es ist dies aber nicht
nötig; man kann den zu erfüllenden Bedingun-
gen auch in anderer Weise genügen und diese
werden einfacher und klarer, wenn man an B
einen dem Drahte AA^ elektrisch gleichwertigen,
z. B. gleichlangen Draht Bßi anlegt (Fig. 4).
Nun verhält sich, akustisch gesprochen, der
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
145
/i,
n.
Fig. 4.
Draht AA^ so, als ob man einen am Ende A^
freien Stab am anderen Ende A periodisch be-
wegte. Man kann ihm Schwingungen aufzwin-
gen; diese werden am stärksten, wenn einer
Resonanzbedingung genügt ist. Dann wird A
ein relativer Knoten, A^ ein Schwingungsbauch,
es bildet sich im einfachsten Falle eine stehende
Viertelwelle.
Es lässt sich hier experimentell leicht zeigen,
dass I. reine Wellen da sind und 2. dass diese
nur allmählich, d. h. durch Resonanz zu ihrer
endlichen Höhe anschwellen. Dazu giebt es ver-
schiedene Wege: Um mich kurz zu fassen, führe
ich nur einen Beweis an. Man legt an/i (Fig. 5)
eine Drahtlänge gleich einer Viertelwellenlänge,
an B die dreifache. Fährt man die letztere mit
einem genäherten Leiter ab, so erhält man bei
B kleine Fünkchen aus dem Drahte, dort liegt
ein relativer Knoten; dieselben steigen, erreichen
bei Bi ein Maximum, fallen wieder, werden in
Bi fast gleich Null, um in B,s wieder zum Maxi-
mum anzusteigen. Aus A^ und B^ lassen sich
in dieser Weise Funken, sagen wir von 40 mm
Länge, ziehen; nähert man aber A\ und B-^
einander, so geben sie gegeneinander fast gar
'<.
^
.-' B.
Fig. 5.
keine Funken. Wären die auf den Drähten be-
obachteten Spannungen die Folge eines ersten
Impulses, so würde dieser in A\ früher ankom-
men als in ^j und es müssten Funken daselbst
überschlagen. Der Versuch beweist also, dass
die Ladungen erst allmählich und an beiden
Enden nahezu in gleicher Weise ansteigen.
Ich will Ihnen hier den Beweis in anderer
Art führen. Ich gehe auf meine Aufstellung
(Fig. i) zurück. Von den beiden Drähten AA^
und BB^ , deren Länge zum Schwingungskreise
passend gewählt ist, ist der eine der früher als
Marconisender benutzte; an ihm hängen noch
die dort verwendeten evakuierten Röhren. P>rege
ich nun im Flaschenkreise Schwingungen, so
leuchtet die in der Nähe von A befindliche Röhre
fast gar nicht, die folgende stärker und so fort,
die letzte, vor A^ befindliche, sendet ein so hel-
les Licht aus. dass es dem Auge fast weiss er-
scheint. Dieser Versuch zeigt, dass wir es mit
einer stehenden Welle zu thun haben.
Ich will Ihnen nun 2. zeigen, dass im Drahte
Spannungen entstehen, welche grösser sind
als die erregenden. Die Potentialdifierenz der
Punkte A und B kann höchstens gleich der-
jenigen zwischen den Funkenkugeln « und ß
sein, in meinem Falle etwa 5 mm. Führe ich
dagegen die Enden A^ und B^ den Kugeln eines
Funkenmikrometers zu, so schlagen dort Funken
von über 20 mm, unter besseren Isolationsbe-
dingungen, als ich sie hier realisiert habe, von
nahezu 40 mm über.
Ich will 3. beweisen, dass dies Resonanz-
schwingungen sind und zwar dadurch be-
weisen , dass ich Ihnen zeige , welchen
enormen Einfluss die Dämpfung der Erreger-
schwingungen auf die Erscheinung hat. Zu dem
Ende unterbreche ich den 8 mm dicken
Schliessungsbogen an der Stelle D, schalte dort
auf einer Länge von 5 mm das Metall aus und
ersetze es durch einen mit gesättigter Kochsalz-
lösung getränkten Filzlappen. Die Funken-
strecke A^B\ geht dadurch auf etwa den halben
Wert zurück. Ich nehme eine vefdünntere
Salzlösung, der Funke fällt noch mehr. Die
Entladung bleibt dabei oszillatorisch. Dies
verrät für Auge und Ohr der Charakter des
Funkens — und ein quantitativer Anhalt ergiebt
sich aus der Bemerkung, dass ich einen Wider-
n
A\^
(►
JL
'
R\r
■r
p.
Fig. 6.
stand von nur 5 Ohm einfügte, während der
Widerstand des Kreises, bei welchem die oszil-
lierende Entladung aufhört, sich zu 700 bis 800
Ohm berechnet.
Nimmt man, statt von A und B^ von anderen
Punkten z. B. P und Q ab, so werden die Wel-
len auf den Drähten schwächer. In dieser Weise
lässt sich die Methode benutzen, die Spannungs-
verteilung auf dem Primärkreise zu untersuchen,
den Spannungsabfall insbesondere in der P'unken-
strecke, es lassen sich damit Widerstände für
schnelle Schwingungen, Selbstinduktionen ver-
gleichen etc. Die Methode lässt sich offenbar
auch elektronietrisch (mit Bjerknesschem Elek-
I4Ö
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
X
■J.
Jnductori
'A
-K
Fig. 7.
Funken überspringen und erregt somit auf den
Drähten AA\ und BB^ Oszillationen, so lässt
sich zwischen den zu Kugeln geführten Enden
A\ und Bx keine mit Sicherheit nachweisbare
grössere Funkenlänge als zwischen A und B
konstatieren.
Ich gehe nun zum Empfänger. Seine Auf-
gabe: möglichst intensiv und möglichst nur auf
eine Schwingung anzusprechen, kann auch er
nur erfüllen, wenn der Sender reine, schwach
gedämpfte Wellen ausgiebt. Nur dann ist, wie
bekannt, scharfe Resonanz möglich. Wieweit
man bei günstigen Anordnungen mit den hier
erzeugten Wellen bezüglich Stärke und Schärfe
1 j Diese Anordnung ist wohl richtiger so aufzufassen: Durch
Auflegen und Verschieben der Brücke P\P^ (F^g- 6) sucht man
nicht eine auf den offenen Drähten AA^ und BB^ schon vor-
handene Knotenstelle auf, yielmehr bringt man im Kreise
AP^P^B dadurch eine Schwingung hervor, welche zu den
Strecken PxA^ und P^A^ in dem Verhältnisse steht, dass
X A
P^A^ ■= oder 3 etc. ist. Im Flaschenkreise AP^P^B
4 4
bildet sich eine Schwingung aus, welche ich eine ge-
schlossene nennen will; sie ist dadurch charakterisiert, dass
in ihr die Stromstärke nur eine Funktion der Zeit, keine des
Ortes ist und auf welche daher die Thomsonsche Gleichung
anwendbar ist In einem solchen Schwingungskreisc kann
man daher nicht von Knoten, sondern nur von „Indifferenz-
punkten" des Potentiales reden. Bei der üblichen Lech er-
sehen Anordnung erregt man daher die Drähte in ungünstiger
Weise; man sollte von A und B^ nicht von P^ und P^ ab-
gehen.
Wenn man im Lech ersehen System bisher an den
Bäuchen meines Wissens niemals auch nur die Potential-
amplituden erhalten hat, welche der primären Schlagweite gleich-
wertig sind, so kommen hier drei Umstände zusammen : i. dass
mau von den ungünstigen Punkten P\ und /j ausging; 2. dass
man die Entfernung der Drähte zu klein nahm und 3. dass
die ursprüngliche Schwingung zu stark gedämpft war.
Der „geschlossenen" Schwingung fehlt, soweit ich sehe,
eine analoge Anordnung in der Akustik, vom bekannten hydro-
dynamischen Analoj^on abgesehen. Schematisch würde ihr ein
um eine ideale 'Achse rotierender Punkt entsprechen.
2) Die Felder beider Drähte sollen sich möglichst nicht
beeinflussen. Der Kirchhoffsche Ansatz liefert dann ein-
fache (Gleichungen. Die Endspannungen lassen sich durch Ab-
standsändcrungen vom Zweifachen auf das Achtfache der er-
regenden bringen.
trometer) zu grösserer Feinheit ausbilden. Die \
Lech ersehen Versuche müssten sich in glänzen- '
der Weise damit zeigen lassen'). Bemerken will
ich nur, dass die Wellen sich um so besser
ausbilden, je weiter die Drähte vonein-
ander*^) entfernt sind. I
Dass bei Drähten, welche in Marconischer
Weise erregt werden, keine Welle im Sinne der
eben besprochenen Versuche sich ausbildet, er-
giebt sich aus dem folgenden Analogieversuch '
(Fig. '7). Lässt man zwi.schen den Kugeln AB ^
der Resonanz kommen kann, soll an einem
weiteren Versuch erläutert werden.
Ich verbinde einen Punkt A des Geberkreises I
(Fig. 8) mit einem „Resonanzflaschenkreis" II
KrOr
Fig. 8.
durch den Draht Aa\ von b fiihrt ein Draht weiter
zur Erde. Der Resonanzflaschenkreis ist gebildet
aus zwei Kondensatoren y\ und y<i ; die äusseren
Belegungen sind durch einen metallischen
Schliessungsbogen verbunden, welcher das
Riesssche Thermometer Tk enthält; die Selbst-
induktion des Schliessungsbogens ist veränder-
lich; dies wird erreicht durch die Gleitschienen
ffy und ggx, auf welchen der Draht ee ver-
schiebbar aufliegt. Endlich führen die inneren
Belegungen der Kondensatoren zu zwei Drähten,
welche durch den Querdraht dd verbunden
werden können.
Werden im Kreise I Schwingungen erregt,
so pflanzen sich Potentialschwankungen durch
den Draht Aa zum Resonanzflaschenkreis und
über denselben zur Erde fort. ^ Ich nehme die
Brücke dd weg; die Kondensatoren wirken dann
praktisch noch nicht und ich messe durch das
Thermometer in relativem Masse die zur Erd-
leitung wandernde Energie. Das Thermometer
zeigt einen Ausschlag von i cm. Ich schliesse
jetzt den Resonanzflaschenkreis, indem ich bei
dd überbrücke; sofort steigt das Thermometer
auf den rund 20 fachen Betrag. Der Draht ee
befand sich an der Stelle günstigster Wirkung;
schiebe ich denselben nach rechts oder nach
links, d. h. vergrössere oder verkleinere ich die
Selbstinduktion und damit die eigene Schwin-
gungsdauer des Resonanzkreises, so fallt das
Thermometer sofort sehr erheblich. Die Schärfe
der Resonanz ist durchaus vergleichbar mit der
in akustischen Versuchen erzielbaren.
Ich will jetzt die erregenden Schwingungen
stärker dämpfen. Ich ersetze einen Teil des
Schliessungsbogens des Kreises I durch 2 Ohm
Kupfervitriollösung — (der Grenzwiderstand des
Kreises ist icxx) Ohm) — das Thermometer
zeigt fast keine Resonanzwirkung mehr an.
Gegen die Bewei.skraft dieser Versuche lässt
I ) Diese Anordnung ist der exiierimentellen Einfachheit
halber gewählt, sie ist aber weder die theoretisch einfachste,
noch die praktisch ausgiebigste.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7,
147
sich ein gewichtiges Bedenken erheben. Ändere
ich nicht durch Anschalten eines mit dem Kreise I
unisono schwingenden Kreises II die ganzen
Verhältnisse? Kann nicht der zweite Kreis ge-
wissermassen Energie aus dem ersten ansaugen.?
•" Wäre das letztere der Fall, so müsste ein
in den Verbindungsdraht Aa der beiden Systeme
eingeschaltetes Thermometer grösseren Aus-
schlag zeigen, wenn der Kreis II auf Resonanz
gestellt wird. Der Versuch zeigt das Gegen-
teil. Die Theorie, soweit sie durchführbar ist,
ergiebt, dass fiir Resönanzstellung die Strom-
stärke im Verbindungsdrahte sich auf Null redu-
zieren sollte. Dieses Resultat, welches wohl
immer nur eine Forderung der Theorie sein
wircj, habe ich allerdings nicht erreicht. Aber
doch fiel ein in Aa eingefügtes (empfindlicheres)
Thermometer vom Werte 110, den es bei di-
rekter Erdleitung zeigte, auf 40, wenn der Re-
sonanzflaschenkreis eingefügt war. Wir können
daher sagen: der Resonanzflaschenkreis speichert
die Energie auf, er lokalisiert dieselbe.
Der akustische Analogie versuch lässt sich
mit abgestimmten Luftsäulen und König sehen
Manonieterflammen objektiv zeigen; ich habe
ihn gelegentlich eines Vortrages im letzten Win-
ter vorgeführt.
Es ist auf diese Weise die Aufgabe gelöst,
dass der Empfänger möglichst nur von einer
bestimmten Schwingung affiziert wird und diese
besonders stark aufnimmt. Die angesammelte
Energie muss nun je nach der Natur des Em-
pfangsapparates eventuell umgestaltet und fiir
denselben verwendet werden. Es ist ferner auch
offenbar, dass man durch das Ansammeln der
Schwingung in einem Kreise andere Orte des
Empfängers, wo man sie nicht haben möchte,
davor schützen kann. In dieser Weise lässt sich
der Vorgang gleichzeitig verwerten, um vor nicht
gewünschten Störungen sich zu verwahren.
Ich habe hier nur in grossen Zügen ein Bild
entwerfen können. Es wäre noch vieles hinzu-
zufügen über die Möglichkeiten, die Sender-
wirkungen zu steigern durch Kombination der
geschilderten Anordnungen, durch weitere Aus-
nutzung des Senderdrahtes, indem man eine
grössere Anzahl von Halbwellen darauf erzeugt,
durch gleichzeitige, ungleichmässige »räumliche
Verteilung der ausgestrahlten Energie. Doch
furchte ich, damit meine Zeit zu überschreiten.
Fasst man das hier Vorgetragene zusammen,
so handelt es sich noch um den Ausbau nach
im wesentlichen bekannten Gesetzen: Kompro-
missen z. B. zwischen Selbstinduktion einerseits,
Kapazität andererseits, je nachdem man maxi-
male Stromintensitäten oder nur hohe und
schwachgedämpfte Potentialamplituden wünscht,
Kompromissen zwischen der Grösse der zur
Verfugimg stehenden Gesamtenergie und der
Dämpfung, zwischen Koppelung, Reinheit und
Stärke der Schwingungen. Für alle diese, sich
meist gegenseitig ausschliessenden Grössen liefert
teilweise die Rechnung den Anhalt, und wo die
experimentelle Ermittelung einzugreifen hat,
liegen jetzt — wesentlich unter Anwendung der
hier vorgeführten Hilfsmittel — Methoden vor,
welche teils schon direkt verwendbar sind, teils
für diesen Zweck noch leicht umgestaltet werden
können.
Sieht man von solchen Details ab und über-
blickt nur das grosse Ganze, so muss man
eigentlich sagen — und Sie selber werden den
gleichen Eindruck haben — : es ist jetzt alles
selbstverständlich. Einiges verstehe ich freilich
noch nicht, ich hofie aber, dass auch dies bald
bis zur Selbstverständlichkeit herabsinkt.
Worin liegen dann aber die Schwierigkeiten?
Ich finde, für den Physiker sind es wesentlich
zwei. Die erste ist die Undefiniertheit des Ko-
härers? Wie verhält er sich? Stellt er eine grosse
Kapazität dar? oder eine, welche bisweilen klein
ist, aber durch Annäherung der Körnchen an-
einander enorm steigen kann, oder repräsentiert
er einen grossen Widerstand, welcher jede Re-
sonanz unmöglich macht, während er doch als
grosse Kapazität die freie Welle nicht schädigen
würde? Verhält er sich, je nach seiner momen-
tanen Beschaffenheit, bald so, bald anders? Wo
sind die unzweifelhaft vorhandenen Übergänge?
Die andere Schwierigkeit liegt darin, sich
die Versuchsbedingungen innerhalb des Labora-
toriums herzustellen. Das ist, soweit ich sehen
kann, nicht möglich. Man ist daher in letzter
Instanz immer wieder auf den Versuch im
grossen Laboratorium der Natur angewiesen,
wodurch die Thätigkeit des nach Zeit und Ort
an sein Institut gebundenen Physikers natür-
lich sehr beschränkt wird. —
Lassen Sie mich noch mit ein paar Worten
auf die praktischen Versuche eingehen. Ich
habe sie in Strassburg im Sommer 1898 be-
gonnen; im Frühjahr 1899 wurden sie hierher
an die Eibmündung verlegt. (Es folgt ein Dank
an die Hamburger Behörden.) Seit Ostern dieses
Jahres haben Siemens & Halske die Versuche
weiter geführt. Besonders ist es den Versuchen
von Dr. Köpsel zu danken, dass wir jetzt zu
sicheren und viel versprechenden Resultaten
gelangt sind. Einiges will ich erwähnen. Das
Feuerschiff Elbe i liegt von Cuxhaven in einer
Entfernung von 34 km. Der Lotsendienst dieses
Feuerschiffs Elbe i wird jetzt durch drahtlose
Telegraphie erledigt; das heisst folgendes: Die
dem Leuchtschiff benachbarte Lotsengaleote hat
eine Anzahl Lotsen, die gehen auf Kreuzer
oder Schooner und warten die Dampfer ab. Der
Kommandeur in Cuxhaven weiss nicht, wie
viele unterwegs sind und ob neue hinauskom-
men sollen. Alles dies wird vom Leuchtschifi*
aus drahtlos herüber und hinüber vermittelt.
148
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
Neulich fuhr ein Segelschiff in der Nähe des
Feuerschiffs auf; der Vorfall wurde auch auf
diesem Wege gemeldet. Kürzlich kam folgende
Depesche nach Cuxhaven, die wir in Helgoland,
wo ich mich gerade befand, gleichzeitig erfuhren :
An das Amtsgericht Cuxhaven. Matrose Becker
Vorladung soeben erhalten; kann nicht so rasch
ans Land kommen. Nietmann, Kapitän. Es
waren vor einiger Zeit Herren von der Post in
Cuxhaven, um die Verständigung zu sehen. Es
wurde, als ich gerade auf die Helgoländer Sta-
tion kam, von Cuxhaven angefragt: Ist Professor
Braun da.^ Ich Hess antworten: Jawohl, soeben
gekommen. Es entspann sich nun folgendes
Gespräch: C. Gruss von S. H. Prosit. Braun.
C. Gruss auch von K. unbekannterweise. H.
Danke unbekannterweise. C. Geben Sie uns
ein Telegramm von fünfzehn bis fünfundzwanzig
Worten. H. (fingiert ein Fest im Cuxhavener
Hotel Dolle und sendet): Zum heutigen Feste Der
Wünsche beste. Trinkt nicht zu viel bei Dölle,
sonst werdet Ihr volle. — Es wurden dann lange
und höchst moderne Gedichte herübergesendet.
Es ergab sich eine Telegraphiergeschwindig-
keit, die ungefähr halb so gross ist wie bei
einem geübten Morsetelegraphisten. Die schärfste
Probe war die folgende: Es wurden von Hel-
goland aus eine Anzahl Buchstaben ganz ohne
Sinn, einfachere und kompliziertere Zeichen,
telegraphiert; diese wurden zurückgegeben und
kamen tadelfrei zurück. Wir können also be-
haupten: 65 km sind von Helgoland nach Cux-
haven. Es würden demnach auf eine Entfernung
von 130 km sich Schiffe schon anmelden können
nach Cuxhaven. Das würde einer Fahrzeit von
vier bis zehn Stunden entsprechen. Die Mast-
höhen waren anfangs 40 m, sie wurden ge-
legentlich schon auf 32 m reduziert, und man
wird wohl noch weiter herabgehen können.
Als im Laufe des Sommers Kriegsschiffe auf
der Helgoländer Rhede lagen, hat sich auch
gezeigt, dass eine Abstimmung erfolgt ist. Aus
eigener Erfahrung kann ich über diese Beob-
achtungen nicht berichten. Köpsel hat noch
einen Hörapparat konstruiert, der etwa die zwei-
einhalb- bis dreifache Tragweite eines Schreib-
apparates giebt. Wenn sich diese Proportionali-
tät auch auf grössere Entfernungen fortsetzt, so
würde man heute schon Hamburg mit Helgo-
land überbrücken, und Grüsse übermitteln kön-
nen, wenn auch der Draht gebrochen ist.
Ich darf schliesslich noch eines bemerken.
Dass die hier geschilderten Sendermethoden
Vorteile bieten, ist objektiv dadurch anerkannt,
dass diejenigen, die sich mit ähnlichen Ver-
suchen beschäftigen, mehr oder weniger zu dem
gleichen Sender übergegangen sind. Slaby
hat bei seinem letzten Vortrag in Kiel, in Som-
mer dieses Jahres, die folgende Anordnung an-
gegeben: Kondensator, Spule, Sender und Sen-
derkreis, zweimal an Erde (Fig. 9). Das scheint
mir doch, abgesehen von einer Än-
derung, welche eine schlechtere
Definition herbeiführt, die An-
ordnung von Fig. 2 oder 3 zu
sein. Dagegen hat Marco ni mit
anerkennenswerter Offenheit aus-
gesprochen, dass die .seit Jahres-
frist von ihm erreichten und
Ihnen aus Zeitungsberichten be-
kannt gewordenen Resultate nur
erreicht wurden unter Benutzung
meiner oben erwähnten induk-
tiven Erregung.
Fig. 9.
(Nach einem Stenogramm von B. Borchardt vom Vor-
tragenden bearbeitet.)
(Eingegangen 4. November 1901.)
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen.)
von Oettingen (Leipzig) möchte gern Nä-
heres über den Empfänger auf Helgoland wissen.
Braun: Es wird benutzt ein Resonanzkreis
und zwar mit ziemlich grosser Kapazität, wenn
man scharfe Resonanz haben will. Man kann
aus diesem Resonanzkreis auf einen Kohärer-
kreis transformieren, ähnlich, wie es Marco ni
macht. Oder man kann diese hier vorgeführte
Resonanzwirkung der schwach gedämpften Wel-
len benutzen und damit die Potentialschwan-
kungen, die durch den Kondensatorkreis herab-
gesetzt worden sind, wieder erhöhen. Endlich
lassen sich beide Methoden kombinieren.
Lech er (Prag) fragt, wie es sich bei solchen Wel-
len mit der eventuellen Explosionsgefahr verhält.
Braun: Direkte Erfahrungen liegen da nicht
vor, glücklichenv'eise. Aber ich kann die Ge-
fahr nicht absolut von der Hand weisen. Es ist
einmal von einem Dynamitwerk eine Anfrage
ergangen; da würde ich mich scheuen, eine An-
lage zu machen, ohne vorherige Versuche. Ich
halte es allerdings fiir sehr unwahrscheinlich.
Früher einmal wurden 'Versuche gemacht, nach
Cuxhaven hinüber von dem in Fahrt begriffenen
Dampfer Silvana aus. Wir arbeiteten mit Öl-
transformatoren ; wir hatten kein schwer fluch-
tiges Ol, und so wurde einstweilen einmal Petro-
leum genommen, welches noch dazu die Trans-
formatorspulen nicht hoch genug überdeckte.
Die Silvana schwankte, ein Funke schlug durch
die Mischung von Petroleum dampf) und
Luft, und das Petroleum fing an einer Wand-
fläche des Ölkastens Feuer. Zum Glück schwankte
die Silvana so vernünftig, dass die nächste
Schwankung das Feuer wieder auslöschte. Diese
Gefahr ist jetzt vollständig ausgeschlossen; ob
die Explosionsgefahr auch, das müssen weitere
Versuche zeigen.
l) Liegen die Drähte genügend tief Im Dl, so i>t auch
bei retrulcuni, wie Versuche gezeigt haben, jede Gefahr ver-
mieden. Schwer siedendes C)l ist natürlich besser.
\
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
149
E. Gold st ein (Berlin), Über die durch Strah-
lungen erzeugten Nachfärben.^)
Eine Reihe gewöhnlich farbloser Salze nimmt
nach früheren Arbeiten des Vortragenden in
den Kathodenstrahlen oder im ultravioletten
Lichte lebhafte Färbungen an. Im Tageslicht
oder bei Erhitzung verschwinden diese Färbungen
u*ieder. — In der ersten Arbeit war es nur ge-
lungen, bestimmte Salze aus der Alkaligruppe
zu färben. Der Umstand, dass bald darauf
auch der Flussspat, also ein Calciumsalz, sich
färben Hess, machte es wahrscheinlich, dass
auch andere Salze der alkalischen Erden und
diejenigen Salze der Alkalien, die der Färbung
noch widerstanden hatten, sich würden färben
lassen. Dahin gehören z. B. die Alkalisulfate,
Phosphate, Borate, Silikate etc. Zum Ziel
führte schliesslich das einfache Mittel, die Sub-
stanzen stark zu glühen, bezw. zu schmelzen.
Nach dem Erkalten bestrahlt, färben sie sich
ebenso schnell und lebhaft wie die Alkali-
haloide, auch ihre Lichtempfindlichkeit ist die
analoge. Z. B. wird das reinste im Handel
erhältliche Kaliumsulfat in den Kathodenstrahlen
jjrün, Natriumsulfat wird bläulichgrau, Natrium-
karbonat rosa, Borax hellviolett etc. Die Fär-
bungen lassen sich auch durch Einwirkung von
Radiumstrahlen erzeugen.
Im Frühjahr d. J. regte Vortragender Hrn.
Dr. Giesel an, sich die schöne Färbung
des Kaliumsulfats durch Radiumstrahlen her-
zustellen. Giesel erhielt nicht Grün, son-
dern ein blasses Violett. Jedoch war sein Prä-
parat etwas chlorhaltig. Da nach Hrn. Ab egg
ein kleiner ATCV-Gehalt schon bei ungeschmol-
zenem A'2 SO4 sich durch blasse ÄTZ-Nachfarbe
(Viotett) verrät, schien das Resultat, abgesehen
von der Unterdrückung des Grün, erklärlich.
Zur Kontrolle untersuchte Vortragender noch
K^SO^ mit einem kleinen i\^6'/-Zusatz, in der
Erwartung, die gelbe Nachfarbe des NaC/ zu
erhalten. Statt dessen trat tiefes Violett auf.
Dies gab die Anregung, den Einfluss kleiner
Zusätze auf die Nachfarben näher zu unter-
suchen.
Ein wenig Lithiumchlorid statt Natriumchlorid
zu K2SO4 gesetzt, erzeugt blaugraue Färbung.
Verschiedene Metalle erzeugen also verschiedene
Farben. — Die Färbung hängt aber auch ab
von der Verbindung, in der ein bestimmtes
Metall zugesetzt wird: Die Farben sind ver-
schieden, je nachdem dem Kaliumsulfat Chlor-
kalium, Bromkalium oder Jodkalium zuge-
setzt wird. Schon sehr kleine Zusätze sind
wirksam, ^loooo iVaC/ modifiziert die grüne
Färbung des Kaliumsulfats schon sehr merklich,
und bei ®/ioooo schlägt sie in eine ganz andere
Farbe (Violett) um.
II Abteilung 2, 24. September 1901.
Analoges ergiebt sich bei Zusätzen zu
Natriumsulfat, nur dass jedesmal eine andere
Färbung als bei Kaliumsulfat auftritt. Auch
die Nachfarben der Karbonate werden durch
kleine Zusätze stark beeinflusst. Natrium-
karbonat, das für sich rosa gefärbt wird, färbt
sich, mit ein wenig AViC/ zusammengeschmolzen,
heliotropblau.
Werden die gemischten Salze nur mitein-
ander abgedampft, statt geschmolzen zu werden,
so ist die Wirkung des Zusatzes null oder
minimal. —
Die Alkalihaloide sind nicht die einzigen
Substanzen, die als Zusätze die Nachfarben
alterieren. Sehr kräftig wirken z, B. die Phos-
phate. Kaliumsulfat mit ein wenig Kalium-
phosphat wird fleischfarben. Strontiumchlorid
als Zusatz bringt heliotropblaue Färbung hervor.
Für sich allein nehmen Kaliumphosphat und
Strontiumchlorid gar keine Nachfarbe an.
Sehr stark wirken als Zusätze auch die
Karbonate. Hier ergab sich ein Wendepunkt
der Untersuchung. Ein Zusatz von ein wenig
Kaliumkarbonat hatte erheblichen Einfluss auf
die Nachfarbe zahlreicher Salze, nur nicht auf
die Nachfarbe von Kaliumsulfat. Mit oder ohne
Zusatz von Kaliumkarbonat zeigte das Kalium-
sulfat die nämliche grüne Farbe, nur anschei-
nend ein klein wenig kräftiger mit dem Zu-
satz.
Dies brachte auf die Vermutung, dass die
beim Kaliumsulfat bisher regelmässig beobach-
tete grüne Nachfarbe dem Kaliumsulfat selbst
gar nicht angehört, sondern nur eine Wirkung
derjenigen geringen Spur von Kaliumkarbonat
ist, von der auch die besten Handelspräparate
des Kaliumsulfats nicht frei sind.
Diese Annahme hat sich bestätigt. Es ge-
lang schliesslich, durch Umkrystallisieren Frak-
tionen von Kaliumsulfat zu gewinnen, die in
den Kathodenstrahlen sich nicht mehr färbten.
Auf kleine Zusätze von K2 CO^s trat die
grüne Farbe bei Bestrahlung aber sogleich
wieder kräftig auf.
Eine untere Grenze für die Zusatzmengen,
die sich noch wirksam erweisen, also durch die
Kathodenstrahlen nachgewiesen werden können,
lässt sich noch nicht angeben. Ein Zusatz von
';25 0oo Karbonat erzeugt noch so starke Färbung,
dass wahrscheinlich auch kleinere Zusätze noch
wirksam sein werden.
Die Nachfarben können somit auch für die
analytische Chemie nutzbar gemacht werden.
Sie weisen Verunreinigungen noch bei Präparaten
nach, bei denen die üblichen chemischen Me-
thoden schon völlig versagen.
Statt der Kathodenstrahlen kann man, wenn
es nicht auf Zeit ankommt, mit Vorteil die
Radiumstrahlen benutzen, indem man einfach
ein Radiumpräparat auf das zu prüfende Salz
ISO
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
legt — mit Vorteil, weil die Radiumstrab len
schliesslich tiefere Färbung ergeben, also noch
kleinere Mengen sicher nachweisen, als die
Kathodenstrahlen. Dies beruht darauf, dass die
Kathodenstrahlen die Salzkörner nur in einer
dünnen Oberflächenschicht, die Radiumstrahlen
auch das Innere der Körner färben.
So enthüllen die Radiumstrahlen sich auch
als ein Hilfsmittel für die chemische Analyse.
Auch mehrere gleichzeitige Verunreinigungen
können mittels der Nachfarben nachgewiesen
werden, weil die durch verschiedene Beimen-
gungen erzeugten Nachfarben im Tageslicht
verschiedene Dauer haben. So wird K^SO\,
das durch Ki COj^ verunreinigt ist, bei gleich-
zeitigem Natriumgehalt erst graugrün bis grün-
grau, je nach der Menge des Natriums, Das
von dem Natriumgehalt veranlasste Grau ver-
schwindet im Lichte relativ schnell und hinter-
lässt das vom Karbonat erzeugte Grün.
Ganz wie bei K^ SO^ ergab sich, dass auch
Lii SOi, Nai SOx, Rbi SO^ und Csi SOx in ganz
reinem Zustande die bunten Farben nicht geben,
die den Handelspräparaten eigen sind. Sie
beruhen meist auf Karbonat-, teilweise auch auf
Chloridbeimengungen.
Wie die Sulfate sind auch die Phosphate,
Borate und Silikate in reinem Zustande nicht
zu färben, für die Karbonate Hess sich eine
sichere Entscheidung noch nicht treffen. Die
violette Farbe von Borax beruht auf minimalem
iV^C7-Gehalt. Überhaupt ist ausser durch die
Spektralanalyse ein sehr kleiner Natriumgehalt
wohl auf keine Weise so gut nachzuweisen, wie
durch Kathoden- und Radiumstrahlen.
Auch reines Baryumchlorid gehört zu den
Substanzen, die keine Nachfarbe annehmen.
Radioaktives Baryumchlorid aber färbt sich
nach G i es el, durch Selbstbestrahlung, gelblich.
XaCl würde Grau erzeugen. Man darf daher
mit Sicherheit schliessen, dass das radioaktive
BaCli noch eine fremde Substanz enthält. Ob
diese das problematische Radium ist, oder nur
eine Substanz, welche die Demarcayschen
Spektrallinien, nicht aber die Aktivität veran-
lasst, ist freilich noch nicht zu entscheiden.
Zusammenfassend kann man sagen:
Die beschriebenen Nachfarben - wir
sprechen zunächst von Sulfaten, Phosphaten,
Silikaten und Boraten der Alkalien, sowie von
vielen Haloidsalzen der alkalischen Erden —
treten an reinen Substanzen nicht auf.
Bedingung für ihr Zustandekommen ist ein
kleiner Zusatz einer fremden Substanz. Blosse
Beimischung, auch in flüssiger Lösung, ge-
nü;^ nicht, sondern die Mischung muss ge-
;^!uht oder geschmolzen werden. Nach Ansicht
des Vortragenden bedeutet dies, dass der Zu-
satz in der Grundsubstanz gelöst sein muss.
Auf die ^feste) Lösung muss dann noch eine
geeignete Strahlung wirken.
Vergrössert man die Zusatzmenge, so wird
bald ein Maximum der Färbung erreicht und
die Färbung bei weiterer Vermehrung des Zu-
satzes wieder geschwächt. Daraus folgt, dass
nur ein kleiner Teil der Zusatzsubstanz, also
nur ein sehr kleiner Teil der gesamten Masse
der Mischung, die Färbung veranlasst.
Auf Grund äusserlich sehr verschiedener
Erscheinungen bietet sich hier ein vollständiger
Parallelismus zu den Ergebnissen, zu denen der
Vortragende in seiner Untersuchung über die
Phosphoreszenz anorganischer Präparate gelangt
istJ) Dort hatte sich ergeben, dass nicht die
ganze Masse eines Körpers fluoresziert oder
phosphoresziert, sondern stets nur ein minimaler
Bruchteil. Die intensivsten Phosphoreszenz-
erscheinungen gingen nicht von reinen Sub-
stanzen aus, sondern von kleinen Zusätzen, die
für gewisse Substanzen unter Vi 0000 000 herunter-
gehen konnten. Vielfach waren die Zusätze
Substanzen, die für sich gar nicht oder minimal
leuchteten. Auch dort war Glühen und Schmelzen
förderlich, und Verfasser kam zu dem Schlüsse,
dass in jedem Salze nur der dissoziierte Teil
der festen Lösung fluoresziert oder phosphores-
ziert. Bei dem völligen Parallelismus der Er-
scheinungen wird man daher zu der Vermutung
geführt, dass es auch bei den Nachfarbe-Er-
scheinungen nur die in der festen Lösung
dissoziierten Anteile des Zusatzes sind, die
sich an den Färbungen beteiligen.
Es ist jetzt leicht verständlich, weshalb schon
ein ganz kleiner Zusatz einer fremden Substanz
die gewöhnliche grüne Nachfarbe des Ä2 SO^
so stark modifiziert; ist ja jene Farbe doch
auch nur durch einen ganz minimalen Zusatz
veranlasst.
Bei Sulfaten, Phosphaten etc. ist nach dem
Vorangehenden Ursache der Färbung nur ein
minimaler Teil der Gesamtmasse, der über-
dies eine fremde Beimengung ist. Wie sind
nun die Nachfarben der Alkalihaloide aufzufassen,
bei denen die Färbungen überdies auch schon
ohne vorgängiges Schmelzen auftreten.^ Liegen
auch hier nur die Wirkungen von Verunreini-
gungen vor, hat man bisher kein reines Chlor-
natrium, Bromkalium etc. gekannt? Berück-
sichtigt man, dass die durch geringe Zusätze,
z. B. bei den Sulfaten, erzeugten Nachfarben
vielfach mindestens ebenso intensiv sind, wie
die Nachfarben von NaCl^ KCl etc.. so wird
man für wahrscheinlich halten müssen, dass
auch bei den Alkalihaloiden nicht die ganze
Masse farbig wird, sondern dass die Nachfarbe
auch hier nur durch einen kleinen Bruchteil
I) Gold stein, Sitzungsbcr. d. Ilcrl. AkaU. d. Wisscnsch.
1900, S. 818,
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang No. 7.
iSl
bedingt ist. Ist dieser Bruchteil nun ebenfalls
eine fremde Beimengung? Redner glaubt nicht,
dies annehmen zu sollen. Jedenfalls verhalten
bei XaCl verschiedene Fraktionen sich nicht
verschieden. Der Parallelismus mit den Phos-
phoreszenz-Erscheinungen leitet auf eine viel-
leicht richtige Auffassung. Es giebt unter den
phosphoreszierenden Substanzen eine ganze
Gruppe, die mit kleinen Zusätzen anderer Körper
intensiv leuchten, mildes Licht aber auch schon
in reinem Zustande emittieren können. In diese
Gruppe gehören u. a. auch die Alkalihaloide.
Vortragender hat nun (1, c.) zu zeigen gesucht,
dass bei solchen reinen festen Lösungsmitteln
dann der dissoziierte Anteil leuchtet, der nach
Analogie des Verhaltens reiner flüssiger
Lösungsmittel auch in ihnen anzunehmen ist.
Das Wahrscheinlichste würde danach vorläufig
sein, dass bei den reinen Alkalihaloiden die
Nachfarben durch denjenigen kleinen Teil ihrer
eigenen Masse bedingt sind, der in ihnen disso-
ziiert ist. (Präparate, welche die geschilderten
Wirkungen von Kathodenstrahlen und Radium-
strahlen veranschaulichen, wurden vorgezeigt.)
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 2. November 1901.)
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen.)
Frl. Neumann (Berlin) fragt, ob die
Lösungen dieser gefärbten Salze farbig sind?
Vortragender erwidert, dass diese Lö-
sungen bisher in keiner Beziehung sich von
den Lösungen der farblosen Präparate haben
unterscheiden lassen.
BESPRECHUNGEN.
M. Chassagny, Cours ^l^mentaire de Phy-
sique. 1056 Seiten mit 793 Textfiguren.
Paris, Librairie Hachette 1901.
Ein Vergleich des vorliegenden Lehrbuches
der Physik, das für die „^coles du gouverne-
ment" bestimmt ist, mit der Mehrzahl der in
den letzten Jahren erschienenen deutschen
Lehrbüchern für höhere Lehranstalten würde
nicht zum Vorteile der letzteren ausfallen. —
Eine äusserst klare, sorgfaltige Darstellung
auf stets wissenschaftlicher Basis, ein völliges
Beherrschen des sehr reichen Stoffes, dazu eine
Fülle trefflicher Abbildungen — das sind Vor-
züge, welche sich selten in so hohem Masse
vereinig^ finden, wie in dem Buche von
Chassagny. Nirgends zeigt sich ein nüch-
terner Schematismus, überall ein liebevolles
Eingehen auf das Experiment in streng wissen-
schaftlicher Form, volle Rücksichtnahme auf
die Technik und die Bedürfnisse des modernen
Lebens, natürlich mit Bevorzugung des fran-
zösischen Elementes. Jedes Kapitel bringt
etwas in sich Abgerundetes, verwandte Ideen
Verknüpfendes. Freilich wird zuweilen dadurch
eine oder die andere Erscheinung an eine uns
sonst ungewohnte Stelle gebracht, wie z. B.
schon bei Besprechung der Kompressions- und
Luftpumpen die Erwärmung und Abkühlung
eines Gasquantums durch Kompression resp.
Expansion abgehandelt wird.
Ohne höhere Mathematik zu Hilfe zu nehmen,
wird doch von mathematischer Formulierung
und Beweisführung ausgiebiger Gebrauch ge-
macht und zwar mit einer ungewöhnlichen
Eleganz und eigenartigen Kürze. —
Den Abbildungen hat der Verfasser kurze
Erläuterungen als Unterschriften beigefügt, die
sofort über den Zweck des Bildes orientieren.
Auch werden, wo immer thunlich, durch
graphische Darstellungen die besprochenen
Vorgänge veranschaulicht. — Was dem Buche
aber ganz besonderen Wert verleiht, sind die
sehr zahlreichen Angaben von Messmethoden,
die jedem Versuche, der überhaupt an Mass
und Zahl Anspruch erhebt, beigefügt sind.
Geradezu mustergültig ist neben der Elek-
trizitätslehre die Darstellung der Wärmeer-
scheinungen, insbesondere der Kalorimetrie,
der Ausdehnungsmessungen. Etwas ober-
flächlicher kommen die Wärmeleitung, sowie
einzelne Teile der Optik fort. Dass hier die
Beugung und Polarisation des Lichtes über-
haupt gänzlich fehlt, dürfte wohl auf eine
Eigentümlichkeit der französischen Lehrpläne
zu schieben sein. Behrendsen.
(Eingegangen 21. November 1901.)
ABtronomischer Jahresbericht, Mit Unter-
stützung der Astronomischen Gesellschaft
herausgeg. von W. F. Wislicenus. II. Band,
enthaltend die Litteratur des Jahres 1900.
gr. 8^ XXVI u, 631 S. Berlin, Georg
Reimer. 1900. Preis M. 19. — .
Der vorliegende zweite Band dieses Jahres-
berichtes umfasst die astronomische Litteratur
des Jahres 1901 und darf wohl als ein fast voll-
ständiges Verzeichnis derselben angesehen
werden. Das Unternehmen, welches der Heraus-
geber im vorigen Jahre unter thätiger und
finanzieller Mitwirkung der Astronomischen
Gesellschaft begonnen hat, kann als ein ausser-
ordentlich zweckmässiges bezeichnet werden
152
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 7.
und hat deshalb auch bei den Fachastronomen
den lebhaftesten Beifall gefunden. Wenn auch
die speziell astronomischen Studien ja zunächst
nur ein kleineres Gebiet umfassen, so wächst
die Anzahl der jährlich erscheinenden Publi-
kationen doch schon so stark an, dass eine
. systematische Aufzählung derselben einem
höchst fühlbaren Bedürfnis entgegenkommt,
zumal in den „Astron. Jahresberichten** nicht nur
die Titel der Werke u. s. w. sich angegeben
befinden, sondern ein besonderer Wert auf
kurze, prägnante Inhaltsangaben gelegt ist, wo-
bei es dem Herausgeber in erster Linie auf
völlige Objektivität ankommt. Wie schwierig
dieses lobenswerte Bestreben bei referierenden
Artikeln unter Umständen einzuhalten ist, dürfte
genügend bekannt sein ; aber der Herausgeber
sowohl wie seine Mitarbeiter haben es doch durch-
zuführen verstanden. Der vorliegende 2. Band
des Jahresberichtes ist auch erheblich schneller
nach Schluss des Berichtsjahres erschienen als
der I. Band, bei welchem wegen der umfang-
reicl^en Vorarbeiten die eigentliche referierende
Thätigkeit erst in der zweiten Hälfte des Be-
richtsjahres beginnen konnte. Für die laufenden
Arbeiten der Astronomen und Astrophysiker
ist aber ein schnelles Erscheinen des Jahres-
berichtes von besonderem Werte. Die Ge-
lehrten in vielen anderen Disziplinen würden
recht froh sein, wenn dort die Berichterstattung
ebenso schnell erreicht werden könnte, wie wir
das nunmehr auf dem Gebiete der astronomi-
schen Wissenschaften erwarten dürfen.
Ich möchte aber diesen kurzen Hinweis auf
den „Astronom. Jahresbericht" nicht schliessen,
ohne besonders auf die nach reiflicher Er-
wägung gewählte musterhafte Einteilung des
Stoffes hingewiesen zu haben, welche es auch,
abgesehen von dem ausführlichen Inhaltsver-
zeichnis, möglich macht, leicht die ein spe-
zielles Thema behandelnden Schriften samt den
auf die Grenzgebiete bezüglichen aufzufinden.
L. Ambronn.
(Eingegangen 27. November 1901.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
Qiesel, F., Über radioaktive Substanzen und deren Strahlen.
Mit 4 Abbildungen, gr. S^. 28 S. (Sammlung chemischer
und chemisch-technischer Vorträge VII, i). 1902. Stutt-
gart, Ferdinand Enke. M. 1.20
Jaeger, W., I>ie Nonnalelemente und ihre Anwendung in
der elektrischen Messtechnik. Mit 38 Figuren, gr. 8'*.
Vlll u. 131 S. 1902. Halle a S., Wilhelm Knapp.
M. 6.—.
Konen, H., Geschichte der Gleichung t2 — Du2=i. Mit
2 Figuren im Text. V u. 132 S. 1901. Leipzig, S. Hir/el.
M. 4.—.
Miethe, Adolf, Lehrbuch der ])raktischen Photographic.
2. verbesserte Auflage. Mit 180 Abbildungen, gr. 8«^. VlII
u. 445 S. 1902. Halle ti/S., Wilhelm Knapp. Gebun-
den M. 10. — .
Tagesereignisse.
Die Gründung einer Berliner Mathematischen
Gesellschaft ist neuerdings beschlossen worden. Vorsitzen-
der ist Prof. Dr. Weingarten von der Technischen Hochschnlc,
zu Schriftfllhrem wurden Prof. Dr. Kncser (Bergakademie)
und Oberlehrer Dr. E. Jahnke ( Friedrich- Werdersche Ober-
realschule) gewählt.
In Lyon ist am 15. November unter ausserordentlich
zahlreicher Teilnahme der dritte Wetterschiesskongrcss
eröffnet worden. Bürgermeister Stiger von Windisch-Feistritz
wurde zum Ehrenpräsidenten und G. Suschnig, Prokurist
der Firma Karl Greinitz Neffen in Graz, zum VizeprüsideAten,
der letztere auch in gleicher Eigenschaft als Preisrichter (ur
die Prüfung der Schiessgeräte und Maschinen gewählt
In Heidelberg wurde im Chemischen L'niversitäts-La-
boratorium am 21. November die von Mitarbeitern und Schü-
lern gestiftete Büste Viktor Meyers, an der Stätte seiner
glänzenden Forscher- und Lehrthätigkeit, feierlich enthüllt.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen, der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Der Oberingenieur der Allgemeinen £lektrizitäts-(>esell-
schaft in Berlin, Richard K. Grassmann, wurde zum or-
dentlichen Professor des Maschinenbaues an der Technischen
Hochschule in Karlsruhe, Professor Konrad Zeissig zum
ausserordentlichen Professor (Ür Physik an der Technischen
Hochschule in Darmstadt, Dr. Wilhelm Sonne zum Pro-
fessor für gewerbliche Chemie an derselben Hochschule, der
bekannte Schachmeister £. Lasker zum Professor der Mathe-
matik an dem New College zu Manchester ernannt.
Habilitiert haben sich Dr. Eugen Jahnke, Oberlehrer
der Fried rich-Werd ersehen Oberrealschule, an der Technischen
Hochschule zu Charlottenburg für Mathematik, Dr. W. Schau-
fel berger am Polytechnikum zu Zürich für Physik, Dr. Her-
mann Pauly an der L'niversität Bonn fiir Chemie mit einer
Antrittsrede „Über Beziehungen zwischen chemischer Kon-
stitution und physiologischer Wirkung**,
Professor H. E. J. G. Dubois, von der Berliner Uni-
versität, siedelt nach Amsterdam über.
Der Ordinarius für Physik an der Universität Rostock,
Professor Dr. Ludwig Matthiessen, steht in dem 100. Se-
mester seiner ordentlichen Lehrthätigkeit. Aus diesem An-
lass gestaltete sich seine erste Vorlesung in diesem Semester
zu einer Feier.
Die Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen wählte
Prof. Dr. Abbe in Jena zum Ehrenmitglied.
Am 20. November starb der ordentliche Professor des
Maschinenbaues an der Technischen Hochschule in Wien^ Jo-
hann von Radinger.
Berichtis:ungen.
In Jahrg. 3, S. 82—85, 1901 dieser Zeitschrift sind in dem
Aufsatze: „Durch Kathodenstrahlen erzeugte Farbenringe an
Krystall platten" einige Druckfehler enthalten:
i) S. 82, Spalte 2, Abs. 3 statt: „auf dem Tischchen"
muss es heissen: „auf den Tischchen."
2) S. 82, Spalte 2, Anm. 3 statt: „Berhau- Berlin"
muss es heissen: ,,Bernau-Berlin.'*
3) S. 85, Spalte I, Anm. 6 statt: „Müller-Poscillet"
muss es heissen: „Müller -Pouillet."
4) S. 85, Spalte 2, Anm. 2 statt: „Entladung der Elek-
trizität der Gase" muss es heissen: „Entladung der Elektri-
zität durch Gase.*'
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Göttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
•- *
Physikalische Zeitsc
THE >;EVf .
PUBLIC LllrAKY..
No.8.
OriQinalnitteilungeii :
E. Goldstein, Notiz über Erkennung
von Undichtigkeitsstellen an Entla-
dungsröhren. S. 153.
W. H. Julius, über die Doppel-
linien im Spektrum der Chromo-
sphäre und ihre Erklärung aus der
anomalen Dispersion des Photo-
spbärenlichtes. S. 154.
C. D. Child, Die Geschwindigkeit
der von heissen Drähten ausgehen-
den Ionen. S. 158.
15. Januar 1902.
Redaktionsschluss für No. 9 am 92. Januar 1903.
IKHALT.
I J. Stark, Über die Reflexion der Ka-
I thodenstrahlen. S. 161.
1 J. S t a r k , Bemerkungen zur elektrischen
Strömung durch hohe Vakua. S. 165.
Vorträqe und Diskussionen von der
73. Naturforsoherversammlung zu
Hamburg:
B. Walter, Ein photographischer
Apparat zur genaueren Analyse des
Blitzes. S. 168.
O. Lummer, Die plauparallelen
Platten als Interferenzspektroskop.
S. 172.
3. Jahrgang.
Besprechungen:
J. Classen, Untersuchungen über den
durch Luxferprismenfcnster zu er-
reichenden Heir.gkeitsgewinn nach
im physikalischen Staatslaborato-
rium zu Hamburg ausgeführten Be-
obachtungen. S. 175.
Eingegangene Schriften. S. 176.
Briefkasten. S. 176.
Tagesereignisse. S. 176.
Personalien. S. 176.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Notiz über Erkennung von Undichtigkeits-
stellen an Entladungsrohren.
Von E. Goldstein.
Bei der seit einigen Jahren wieder vermehrten
Beschäftigung mit den Entladungserscheinungen
in Vakuis wird manchem ein einfaches Ver-
fahren zur Ermittelung kleiner Undichtigkeits-
stellen an Entladungsröhren vielleicht angenehm
sein. Eigentliche Sprünge und grössere Löcher
sind bei der Betrachtung der Röhre ohne wei-
teres zu erkennen und durch Verkittung oder
Verschmelzen unschädlich zu machen. Schwierig-
keiten macht es im allgemeinen nur, Löcher oder
Durchschlagsstellen zu erkennen, die so klein
sind, dass sie, wenn überhaupt sichtbar, von
den kleinsten Bläschen und trüben Punkten der
Glaswand ohne weiteres nicht unterschieden
werden können. Versuchsweises Verkitten aller
solcher Stellen fuhrt dann oft zu ausgedehnter
und störender Bepflasterung der Röhre, ohne
dass man die Sicherheit hat, hierbei selbst unter
grossem Zeitaufwand das eigentliche Leck zu
entdecken und zu ver^chliessen. Ein ein-
faches Verfahren, das sicher und schnell
den Ort der Undichtigkeit auffinden lässt, ist
das folgende, seit einigen Jahren von mir er-
probte: Man schaltet in den Schliessungskreis
der an der Pumpe hängenden evakuierten Röhre
eine Funkenstrecke von unten näher zu be-
zeichnender Länge in freier Luft ein und über-
fährt dann mit den Fingern tastend die
Wandung der Röhre, eventuell auch der be-
nachbarten Zuleitungsröhren zur Pumpe. Sobald
man an die Undichtigkeitsstelle gelangt ist,
erfährt man ein kräftig stechendes (aber durch-
aus erträgliches) Gefühl an der betreffenden
Fingerspitze und sieht nun auch zwischen dem
Finger und der Wandung ein kleines Fünkchen
übergehen, das den genauen Ort des Lecks an-
zeigt. Das Leck verkittet man, wenn man den
Gasinhalt von organischen Dämpfen frei halten
will, nicht mit Siegellack oder mit Wachs- Kolo-
phoniumkitt, sondern mit Guttapercha. Nach-
dem man die Leckstelle ganz leicht durch kurzes
Bespülen mit Gas- oder Streichholzflamme an-
gewärmt hat, legt man i oder 2 Lagen Gutta-
perchapapier auf, die sogleich haften. Je nach
Bedarf wärmt man die Guttapercha noch an,
und trägt einige weitere Lagen auf, die man
dann nötigenfalls bis zum Schmelzen anwärmen
kann. Als letzte Lage dient immer ein unge-
schmolzenes Blatt. — In derselben Weise kann
man auch ausgedehnte Sprünge an den Röhren
unschädlich machen, ohne wie bei Anwendung
von Siegellack bei Ingangsetzung der Entladung
kohlehaltige Dämpfe im Innern zu erhalten,
und durch Auftragen einer heissen Masse die
Sprünge oft zu vergrössern.
Was die Grösse der oben erwähnten einzu-
schaltenden Funkenstrecke betrifft, so genügt
bei einem von mir benutzten Induktor, der 25 cm
indizierte Funkenlänge hat, gewöhnlich aber
nur mit einer Spannung für 7 — 8 cm .be-
trieben wird, die Einschaltung einer Funken-
strecke von ca. 12 mm für die kleinsten vor-
kommenden Durchschlagsstellen. Je grösser
das Leck ist, desto kleiner kann die Funken-
strecke sein, ohne dass jedoch die grössere
schadet. Man kann daher ein für allemal die
für sehr kleine Lecke ermittelte Länge an-
wenden. — Bemerkt sei noch, dass kleine bei
der Herstellung der Röhren verbliebene Löcher
am häufigsten an Stellen vorkommen, wo
Röhren im Winkel aneinander gesetzt sind, bis-
weilen auch in der Nähe der Eintrittsstelle der
Elektroden an der Grenze von Röhrenglas und
Einschmelzglas. —
154
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
Wer die oben erwähnte stechende Empfindung
etwa vermeiden möchte, kann auch eine abge-
schmolzene evakuierte Entladungsröhre von
einigen Centimetern Weite verwenden, deren
eine Elektrode an ihrem äussern Zuleitungsring
ein schmiegsames dünnes Metallplättchen oder
einen Stanniolbausch trägt, mit dem man die
Röhren wand absucht, während die Hilfsröhre
mit der Hand umfasst wird. Die Hilfsröhre
bildet dann eine Leydnerflasche von hinreichen-
der Kapazität, um die Fünkchenentladungen an
der Leckstelle aufzunehmen. Sie springen zu
dem Metallplättchen über, das den Knopf der
inneren Belegung darstellt. Der optische Ein-
druck bleibt also, während der Hautreiz fort-
fällt. Doch fuhrt die Verwendung des letzteren
am schnellsten zum Ziel.
(Eingegangen 5. Dezember 1901.)
Über die Doppellinien im Spektrum der
Chromosphäre und ihre Erklärung aus der
anomalen Dispersion des Photosphärenlichtes.
Von W. H. Julius.
Die im Jahre 1900 von mir entwickelte
Theorie'), nach welcher eine grosse Anzahl
Sonnenphänomene als Folgen anomaler Dis-
persion des Lichtes zu betrachten sind, hat
durch ein sehr merkwürdiges Ergebnis der
am 18. Mai 1901 von der holländischen Ex-
pedition in Sumatra angestellten Sonnenfinster-
nisbeobachtungen eine ungemein kräftige Stütze
erhalten.
Ich will im folgenden zeigen, wie sich als
eine notwendige Konsequenz jener Theorie eine
gewisse Eigentümlichkeit der Chromosphären-
linien ergiebt, welche auf den von Professor
A. A.Nyland mit der Prismenkamera erhaltenen
Photographien thatsächlich in grosser Allge-
meinheit zu Tage tritt ) und bisher noch nicht
als allgemeine Eigenschaft -dieser Linien erkannt
wurde.
In der erwähnten Arbeit habe ich Über-
legungen mitgeteilt, welche uns zu der An-
nahme führen, dass das Licht der Chromo-
sphäre ^) zum grossen Teil von Photosphärenlicht
i) Sitzungsberichte der Kon. Akad. v. Wetensch. te
Amsterdam VIII, 510—523 (24. Febr. 1900). Diese Zeitschr.
2, 348—353 und 357—360, 1901.
2) Mit gütiger Erlaubnis der Herren Nyland und Wil-
terdink (der Mitglieder unserer Expedition, welche haupt-
sächlich mit spektroskopischen Untersuchungen beschäftigt
waren) soll nur diese Eigen lilmlichkeit der Photographien
hier besprochen werden. Der Bericht, welcher eine eingehende
Beschreibung aller Beobachtungen enthält, wird demnächst
veröffentlicht werden.
3) Ich werde häufig die Ausdrücke Photosphäre und
Chromosphäre gebrauchen; ich möchte aber ausdrücklich bc-
herrührt, das anomale Dispersion in den ab-
sorbierenden Dämpfen der Sonne erlitten hat.
Die Wellenlänge der hellen Linien im Spektrum
der Protuberanzen, der Chromosphäre und der
sogenannten umkehrenden Schicht können nach
dieser Hypothese nicht genau identisch sein mit
denWellenlängenderkorrespondierendenAbsorp-
tionslinien des gewöhnlichen Sonnenspektrums.
Denn von jeder hellen Linie, welche einer Ab-
sorptionslinie von der Wellenlänge X entspricht,
muss man annehmen, dass sie von zwei Gruppen
von Strahlen herrühre, deren Wellenlängen alle
beziehungsweise kleiner oder grösser als X sind.
Das Licht auf der roten Seite der Absorptions-
linien wird vielleicht in den meisten Fällen ein
klein wenig intensiver sein als das auf der vio-
letten Seite, da, so verschieden, was Ort und
Raum anbetrifft, die Dichte der Sonnengase
sein mag, es immer ein klein wenig wahr-
scheinlicher ist, dass die mittlere Dichte der
Schichten, welche von dem zu uns gelangenden
Lichte durchdrungen werden, nach dem Sonnen-
mittelpunkt zunimmt, als dass das Umgekehrte
der Fall ist.^) Wo starke „Schlieren" auf-
treten, da können aber stellenweise die Wellen-
gruppen auf der violetten Seite die intensiveren
sein.
Ferner leuchtet ein, dass die Strahlen von
jeder Gruppe, deren Wellenlängen sehr von X
abweichen, nur in nächster Nähe des Sonnenrandes
gesehen werden können, denn nur dort genügt
eine kleine Abnormität im Brechungsindex, um
Photosphärenstrahlen nach unserem Auge gelan-
gen zu lassen. Licht, dessen Wellenlänge weniger
von X abweicht, kann zu uns von einem brei-
teren Streifen der Chromosphäre gelangen;
weit vom Sonnenrande werden wir im allge-
meinen nur Strahlen zu sehen bekommen, deren
Wellenlängen nur sehr wenig von X abweichen. ^
Auch von dieser Regel können Abweichungen
dort auftreten, wo gewaltige Protuberanzen uns
das Vorhandensein von grossen Unregelmässig-
keiten in der Verteilung der Dichte der Sonnen-
gase anzeigen.
Wir wollen nun besprechen, wie sich unter
mittleren Verhältnissen die Verteilung des Lichtes
in einer Chromosphärenlinie gestalten muss, und
dabei voraussetzen, dass wir es nur mit ge-
brochenem Photosphärenlicht, ohne bemerkens-
werte, durch das absorbierende Gas hervorge-
rufene Strahlung zu thun haben.
' tonen, dass ich hierunter nur die weisse Scheibe der Sonne
und den mehr oder weuiger gefärbten Rand, wie er unserem
; Auge erscheint, meine. Eine scharf begrenzte Kugel, welche
j weisses Licht aussendet und welche von einer durchsichtigen
Schale, die ihrerseits farbiges Licht aussendet, umgeben ist,
brauche ich mir dabei nicht vorzustellen.
i) Diese Zeitschr. 2, 358, 1901.
2) Diese Zeitschr. 2, 352, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
155
Fig. I.
Fig. I giebt uns die Form der Dispersions-
kurve des absorbierenden Gases in der Nähe
einer Absorptionslinie wieder. Die Linie XX'
ist die Achse der Wellenlängen. In 0 sei die
Wellenlänge gleicht; der OrdinateNuU entspreche
der Brechungsindex i. Wäre keine Absorptions -
linie in diesem Teile des Spektrums vorhanden,
so würde die Dispersionskurve eine fast gerade
Linie XX' sein, welche in geringer Ent-
fernung oberhalb XX' beinahe XX' parallel
läuft. Werden die Strahlen von der Wellen-
länge jL stark absorbiert, so besteht die Kurve
aus zwei Zweigen, welche die in der Figur dar-
gestellte Gestalt besitzen.
Nun kann Licht von der Wellenlänge k nicht im
Spektrum der Chromosphäre vorkommen. Wellen
A -h J, welche im normalen Spektrum zu den
Stellen a und a gehören, werden zu uns von
einem verhältnismässig breiten Ring der Chro-
mosphäre gelangen, aber natürlich mit grösse-
rer Intensität von den inneren Teilen des Rin-
ges als von den äusseren. Strahlen ^ i 2 rf,
entsprechend den Stellen ^ und d\ kommen
nur von einem schmäleren Chromosphärenring
u. s. w. Für alle diese Ringe ist die Photo-
sphäre die innere Grenze. Die Breite der Ringe,
von denen wir Licht von den Wellenlängen
^i^, A-f2rf U.S.W, erhalten können, wird
von den Ordinaten der Dispersionskurve bei
rt, a\ d, d\ u. s. w. abhängen. Wir können in erster
AnnäherungdieseBreitenproportional^i ui^a^ a^^ ,
öy ^2, ö\' b, u. s. w. setzen, d. h. den Längen,
um die diese Ordinaten von den Ordinaten
der normalen Dispersionskurve AW' abweichen.
Bei den neueren Sonnenfinsternisbeobach-
tungen wurden sowohl der Spaltspektrograph
als die Prismenkamera (oder das Objektivgitter)
benutzt; bis jetzt sind die meisten Resultate
mit Apparaten des letzteren Typus erhalten.
Wir wollen daher den Charakter einer mittels
der Prismenkamera unter gewöhnlichen Verhält-
nissen erhaltenen Chromosphärenlinie unter-
suchen.
Die Prismenkamera giebt für jede rein mo-
nochromatische von der Chromosphäre herrüh-
rende Strahlung ein Bild der Sichel, indem
sie diese Bilder nach der Wellenlänge anordnet.
Die Verteilung des Lichtes in solch einem Bilde
zeigt uns an, mit welcher Intensität die betreffende
Strahlung von den verschiedenen Stellen der
Chromosphärensichel zu uns gelangt. Daher
wird ein reines monochromatisches Bild in der
Regel auf der konkaven Seite, wo es durch
den Mondrand begrenzt wird, intensiver sein;
auf der konvexen Seite wird die Intensität all-
mählich abnehmen.
Die von benachbarten Strahlenarten her-
rührenden Bilder werden sich jedoch teilweise
überdecken. Insbesondere gilt dies für die
beiden Gruppen von Strahlen, welche zusammen
eine Chromosphärenlinie bilden. Bei diesem
Zusammenfluss von Sichelbildern wird man
eine ganz andere Verteilung des Lichtes beob-
achten, als man zu sehen bekommen würde,
wenn die Chromosphärenlinie von monochro-
matischem Licht oder von einer einzelnen
Strahlengruppe herrührte, wie es der Fall wäre,
wenn wir es mit der Emission eines mehr oder
weniger verdünnten Gases zu thun hätten.
a
§-xi
Fig. 2.
Sei Z (Fig. 2) ein Teil des Mondrandes im
Augenblick, wo die zweite oder dritte Berüh-
rung der totalen Sonnenfinsternis stattfindet.
Wir wollen nun das zusammengesetzte Licht
verfolgen, das von einer kleinen Säule Za der
Chromosphäre herrührt und das in ein horizon-
tales Spektrum parallel PP' zerlegt wird. Um
leichter eine ungefähre Übersicht über den An-
teil, den die verschiedenen Strahlen zur Licht-
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. K.
Verteilung in der Bande beitragen, zu gewinnen,
wollen wir die verschiedenen Lichtarten von-
einander trennen und auf verschiedenen Linien
PP', Q Q', RR'- . ■ die Teile des Spektrums dar-
stellen, wo Chromosphärenlicht entsprechend
den Wellenlängen A, l+d, / + 2'> u. s. w.
auftritt.
Der Punkt 0 möge die Stelle bezeichnen,
wo der Rand des Mondes sich zeigen würde,
wenn absolut monochromatisches Licht von der
Wellenlänge ^ auf der Unken Seite auftreten
würde.
Die Strahlen von der Wellenlänge >■ werden
jedoch vollkommen absorbiert, so dass nichts
auf der Linie PP' dargestellt zu werden
braucht.
Auf der Linie Ö(/ finden wir zunächst
Licht von der Wellenlänge A— -tJ, welches den
scharfen Rand des Mondes nach a wirft und
von dort mit abnehmender Intensität bis a
reicht und zweitens Licht von der Wellenlänge
^ + '', welches von a bis " reicht.
In der gleichen Weise finden wir auf RR'
Strahlen ^ — 2() und ^ + 2<', welche beziehungs-
weise den Abschnitten dß und d' ff entsprechen;
auf .S^y* die Strahlen A — jd und ^ + 3'' bei
den Abschnitten c/ und c'y' u. s. w.
Da die Abschnitte «", a'a, dß, l! ? die
Breite der Ringe der Chromosphäre darstellen,
welche den verschiedenen Strahlenarten ent-
sprechen, so haben wir sie proportional den
Längen «i rtj, a^' a^ , t>\b%, b\' b-l auf Fig. I ge-
setzt. Daher liegen u.ß..-, "', 0 ... u. s. w.
auf zwei Kurven, deren Form nahe mit der
Di.spersionskurve verwandt i.st. So ergiebt sich
der Anteil, welchen alle zwischenliegenden
Wellenlängen in der Li cht Verteilung beitragen,
wenn wir nur berücksichtigen, dass bei jeder
Art von Licht die Intensität von rechts nach
links abnimmt. Dies wird in Fig. 3 dargestellt.
Um schliesslich die Lichtverteilung in der
ChromosphärenHnie zu erhalten, brauchen wir
uns nur den oberen Teil der Figur in verti-
kaler Richtung zusammengedrückt zu denken,
so dass die Li cht Intensitäten zusammenaddiert
werden. Die auf diese Weise erhaltene resul-
tierende Intensität ist ungefähr so verteilt, wie
es die Schattierung in dem unten gegebenen
Spektrum darstellt. Es wird daher eine Doppel-
linie erhalten, deren Komponenten eine nach
beiden Seiten allmählich abnehmende Intensität
zeigen, so dass noch Licht von beträchtlicher
Intensität in dem Zwischenraum vorhanden ist.
Sind die Strahlen, deren Wellenlängen klei-
ner als X sind, im Durchschnitt ebenso intensiv
als die mit grösseren Wellenlängen (diesen Fall
zeigt die Figur), so erscheint „der Schwerpunkt"
des Lichtes der ChromosphärenHnie ein wenig
nach der konvexen Seite des Bildes im Ver-
I gleich zu der Stelle, welche der Absorptions-
linie von der Wellenlänge i. entspricht, ver-
schoben. Betrachten wir dagegen die innere
Grenze der Sichel als die eigentliche Lage der
Linie,soscheintes,alsobdieLinie nach der anderen
Seite verschoben ist. Dies stürzt uns in Schwierig-
keiten, wenn wir die genaue Wellenlänge einer
; Chromosphärenlinie bestimmen wollen.
j Übrigens können wegen Unregelmässigkeiten
in den Dichte Verhältnissen der Gase alle Arten
I von Abweichungen in der Intensitäts Verteilung
t envartet werden. Die Gruppe von Strahlen, deren
' Wellenlängen grösser als Ä sind, kann inten-
siver sein oder umgekehrt. In solchen Fällen
können die Verschiebungen der Chromosphären-
I linie, sei es dass man die Grenze oder dass man
den Schwerpunkt ins Auge fasst, ganz andere
Werte annehmen. In der That sind solche
I Verschiebungen schon öfters beobachtet worden
! (von Campbell, Frost, Lord u. a.).
Die Figur zeigt uns ferner einen Fall, wo auf
1 der konvexen Seite die Intensität des Systems
schneller abnimmt, als auf der konkaven (also
anders als man es bei einer oberflächlichen Be-
trachtung erwarten würde, weil doch die nicht
! spektroskopisch beobachtete Chromosphären-
sichel auf der konkaven Seite scharf begrenzt
' ist). Diese Eigentümlichkeit ist schon öfters beim
Chromosphärenspektrum beobachtet worden
(conf Frost, Astrophys.Journ. 13, 31 5, Dezember
1900I.
Im allgemeinen können viele von den Un-
regelmässigkeiten in dem Verhatten der Linien
der Chromosphäre und der „Flash", welche
rhysikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
157
vonMascari *), CampbelP), Brown ^), Lord^),
Frost'*) und auch die Haupterscheinungen des
Chromosphärenspektrums, welche noch vor
kurzem von Sir Norman Lockyer^) diskutiert
worden sind, leicht erklärt werden, wenn wir
annehmen, dass die Linien durch anomale Dis-
persion her\'orgerufen worden sind.
Einen zwingenden Beweis für die Richtig-
keit unserer Erklärung würden wir erhalten,
wenn wir nachweisen könnten, dass alle Chromo-
sphärenlinien wirklich Doppellinien von der oben
beschriebenen Art sind.
Ich habe deswegen schon öfters nach dunklen
Kernen in den Chromosphärenlinien auf Photo-
graphien gesucht, die während früherer Sonnen-
finsternisse aufgenommen wurden und habe in
der That verschiedene Anzeichen derselben
gefunden. Eine Platte aber, auf der diese Eigen-
tümlichkeit die Regel war, wo alle Chromo-
sphärenlinien doppelt waren, ist sicherlich noch
nicht erhalten worden, da sonst die Erscheinung
die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hätte.
Die niederländische Expedition hatte
das Glück, die ersten Platten zu er-
halten, welche deutlich zeigen, dass alle
Chromosphärenlinien doppelt sind.
Dies wichtige Resultat verdanken wir zu-
nächst der grossen Sorgfalt, mit der Prof. Ny land
den ganzen Plan zur Beobachtung mit der
schönen Prismenkamera von Cooke entworfen
und ausgearbeitet hat, und ferner der ausserge-
wöhnlichen Exaktheit, mit der alle Handgriffe und
Beobachtungen von ihm ausgeführt wurden. Mög-
licherweise wurde das Resultat ausserdem auch
durch den in jeder anderen Hinsicht so ungüns-
tigen nebligen Himmel günstig beeinflusst. Denn
wäre das Licht nicht geschwächt worden, so
wären auf der Platte breitere und zahlreichere
Linien aufgetreten, und die Verdoppelung wäre
vielleicht nicht ausgeprägter hervorgetreten als
bei den früheren Gelegenheiten.
Kurz nach der zweiten Berührung wurden
5 Aufnahmen auf einer Platte, und zwar eine
jede während ^^ Sekunde gemacht. Eine jede
zeigt nur 9 Linien, aber alle doppelt. Auf
den vier für das Koronaspektrum bestimmten
Platten werden einige der stärkeren Chromo-
sphärenlinien durch oft unterbrochene Bogen dar-
gestellt. Das Licht derselben rührt offenbar von
Protuberanzen her, welche ziemlich weit über
die Photosphäre reichen. Hier ist, wie wir nach
unserer Theorie erwarten durften, die Ver-
i) Mascari, Mcm. Spott r. 27, 83—89; Kcf. Xaturw.
Rundsch. 13, 6r8.
2\ Campbell, As roph. Journ. 11, 226-233.
3) Brown, Astroj h. Journ. 12, 61 — 63.
4) Lord, Aslroph. Journ. 12,66-67.
5) Frost, Astroph. Journ. 12, 307 — 351.
6) Lockycr, Rcccnt and Coming Eclipsos, Chaj)tfr X
and XVIII, London 1900.
doppelung nicht so augenscheinlich; an fast allen
Stellen ist sie aber doch sichtbar.
Auf der sechsten Platte wurde eine andere
Reihe von fünf Aufnahmen von je ^/^ Sekunde
kurze Zeit nach dem dritten Kontakt gemacht.
Auf dem ersten der so erhaltenen Spektra,
welches von l 3880 bis k 5000 reichte, konnten
1 50 Doppellinien zwischen k 3889 und 2. 4600
gezählt werden; diese sind auch auf den anderen
vier Spektren sichtbar, soweit als das zunehmende
zerstreute Licht die Zählung erlaubt,')
In dieser ersten Aufnahme zeigen sich die
Doppellinien am deutlichsten in einiger Ent-
fernung von dem kontinuierlichen Spektrum des
soeben erschienenen Sonnenrandes. Wir finden
dort, parallel zum Spektrum, einen hellen
schmalen Streif, welcher auf den folgenden Auf-
nahmen breiter wird, und welcher wahrschein-
lich von einer kleinen Einbuchtung des Mond-
randes oder einer kleinen Ausbuchtung des
Sonnenrandes herrührt. Auf der fünften Auf-
nahme erscheint unter der so erhaltenen Licht-
bande wiederum ein ähnlicher Streifen. Diese
Banden geben sozusagen Wiederholungen des
„Flash"-Spektrums (ein glücklicher Umstand,
denn die Totalität war früher vorbei, als man
berechnet hatte, und die Aufnahme wurde
daher etwas später gemacht, als ursprüng-
lich beabsichtigt war), so dass wir auf einer
und derselben Aufnahme sowohl das reine
Flash-Spektrum, als auch das kontinuierliche
Spektrum der Sonne erhalten.
Mit Prof Nyland habe ich ausführlich die
Frage diskutiert, ob es möglich sei, den Ursprung
der Doppellinien auf Fehler der Instrumente,
wie ungleichmässige Bewegung des Siderostaten,
Erschütterungen der Prismenkamera, Licht-
reflexe ^) u. s. w zurückzuführen, aber wir ver-
mochten keine solche Fehlerquelle zu entdecken,
und wir müssen daher schlie.ssen, dass wir es
hier mit einer Eigenschaft der chromosphärischen
Linien zu thun haben.
Die Fraunhoferschen Linien sind im
kontinuierlichen Spektrum nur schwach. Dies
mag zum Teil von der Diffusion des Lichtes
an den Wolken herrühren. Denn der gerade
erscheinende Rand der Photosphäre, welcher
bei der Prismenkamera dieselbe Rolle spielt,
wie ein erhellter Spalt bei einem gewöhn-
lichen Spektroskop, war nicht scharf schwarz
begrenzt, sondern von einer Aureole umgeben
(dies kann in einigen unsererKoronaphotographien
beobachtet werden). Die Wolken können jedoch
nicht die einzige Ursache für die Schwäche der
Absorptionslinien in dem ersten Stadium nach der
1) Auf den ursj rünglichen Negativen kann man die Ver-
doppelui g nur mit der Lupe beobachten. Vergrösserungen
werden demnächst veröffentlicht werden.
2) Die Aufstellung der Apparate wird in dem Bericht ein-
gehend besprochen werden.
158
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
Totalität sein, da diese Erscheinung auch bei
klarem Himmel ') beobachtet worden ist. Es
muss daher noch ein anderer Grund für das
teilweise Fehlen der Linien vorliegen. Aus
unserer Theorie folgt der Grund unmittelbar.
Denn das Spektrum der Chromosphäre wird
am Ende der Totalität mehr und mehr wie ein
kontinuierliches Spektrum erscheinen, da immer
mehr helle Linien auftreten, in denen eine
jede nach unserer Hypothese eine doppelte
Bande bildet, in welcher das Fehlen der absor-
bierten Wellen nicht so leicht beobachtet wird.
Sobald aber ein Teil der Photosphäre erscheint,
wird das schon vorhandene, scheinbar kon-
tinuierliche Spektrum beherrscht durch das mehr
wesentlich kontinuierliche Photosphärenspek-
trum, dessen „Spalt** durch zwei beinahe scharfe
Kanten (die der Photosphäre und des Mondes)
begrenzt wird.
In diesem Spektrum muss sich das Fehlen
der absorbierten Wellen in der gewöhnlichen
P'orm als Fraunhofersche Linien zeigen.
Das Licht der Chromosphäre wird natürlich
diese Linien zum Teil verdecken, aber im Ver-
gleich mit dem direkten photosphärischen Licht
ist es schwach genug, um die Linien dunkel
erscheinen zu lassen. Unabhängig von der
Gegenwart der Wolken müssen also die Ab-
sorptionslinien beim Übergang vom „Flash"-
Spektrum zum Fraunhoferschen Spektrum
anfangs schwach sein und abnorme relative
Intensitäten zeigen, dann stärker werden, wobei
die Intensitäten normal werden.
Da die Doppellinien nicht scharf definierte
Objekte sind, so lässt sich die Breite dieser
Systeme nur schwer angeben. Aber wir können
auf die hellsten Teile der Komponenten ein-
stellen und ihre Entfernung mit einem Mikrometer
bestimmen. Dieselbe weicht für die verschiedenen
Doppellinien ab, sie liegt jedoch in dem unter-
suchten Teil des Spektrums zwischen 0,7 und 1,6
Angströms Einheiten. Breitere und schmälere
Systeme folgen aufeinander in unregelmässiger
Reihenfolge, aber im Durchschnitt scheint die
Entfernung zwischen den Komponenten abzu-
nehmen, wenn wir vom Grün zum Violett
weiterschreiten. Vielleicht kann diese That-
sache von Wichtigkeit für die Dispersions-
theorien sein.
Bei einigen Linien ist die intensivere Kom-
ponente diejenige mit der grösseren Wellenlänge,
in anderen die mit der kürzeren. Manchmal
treten sogar in einer Linie beide Fälle dicht bei
einander auf (z. B. bei den Linien //J und ///
auf unserer Platte). Dies bedeutet, dass in be-
nachbarten Stellen der Sonnenatmosphäre die
Dichteverteilung im absorbierenden Gas eine
l^ Campbell, Astrophys, Jouni. 11, 22S; Aj^ril 1900.
verschiedene ist, dass nämlich die mittlere
Dichte längs des Strahlenganges an der einen
Stelle nach dem Sonnencentrum hin zunimmt,
an der anderen Stelle nach dorthin abnimmt.
Campbell') giebt an, dass in manchen
Fällen, wo dunkle und helle Linien zusammen
auftreten, sie voneinander um 0,4 bis 0,5 Ang-
ströms Einheiten entfernt sind. Dies ist unge-
fähr die Hälfte der Entfernung der Kompo-
nenten unserer Doppellinien. Wahrscheinlich
hat es Campbell mit Fällen zu thun gehabt,
wo eine der Komponenten stark markiert war.
Ein ähnlicher Fall tritt auf unserer Photographie
in Ilß auf, wo die Komponente mit der grösseren
Wellenlänge beinahe auf ihrer ganzen Länge
stärker ist, als die mit der kleineren Wellen-
länge, und dies ist der Fall nicht nur bei der
dritten Berührung, sondern auch bei der zweiten
und ebenso auf den 4 Platten, welche für das
Koronaspektrum bestimmt waren und die bez.
5, 20, 190 und 60 Sekunden exponiert wurden.
Ich habe bis jetzt in keiner Chromosphären-
linie eine Eigentümlichkeit entdeckt, die uns
zwingen könnte, auch nur einen Teil des Lichtes
Strahlungen zuzuschreiben, welche von selbst-
leuchtenden Chromosphärengasen herrühren
sollten. Nun können wir freilich kaum annehmen,
dass diese Gase thatsächlich kein Licht aussenden.
Es fragt sich daher nur, in welchen Fällen und
inwieweit die Intensität der wahren chromo-
sphärischen Emission gegen die viel grössere
Intensität des anomal gebrochenen Lichtes der
Photosphäre in Betracht kommt.
Vielleicht sind unsere Photographien nur
zufälligerweise so ausserordentlich geeignet, um
die durch anomale Dispersion bei der Erzeugung
des Lichts der Chromosphäre gespielte Rolle
zu zeigen, dass sie dadurch veranlassen , den
Einfluss der anomalen Dispersion zu über-
schätzen.
Es wäre daher sehr interessant, wenn die
Platten anderer Expeditionen von diesem Ge-
sichtspunkt aus untersucht würden.
i) Campbell, Astrophys. Journ. 11, 229.
(Aus dem Englischen übersetzt von G. C. Schmidt).
t^Eiogegaugen 23. November 190 1.)
Die Geschwindigkeit der von heissen Drähten
ausgehenden Ionen.
Von C. D. Child.
In der Physikalischen Zeitschrift 2, 488, 1901
wurde ein kurzer Bericht über die Geschwindigkeit
der von heissen Platindrähten ausgehenden Ionen
veröffentlicht. Ich hatte zur selben Zeit die
Geschwindigkeiten der positiven und negativen
Ionen verglichen und hatte gefunden, dass die
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
'59
positiven Ionen sich schneller fortbewegten.
Ich habe dann etwas später die von solchen
Drähten ausgehende Entladung studiert und
habe ein oder zwei Thatsachen zu verzeichnen
gehabt, die auf diesen Gegenstand ein Licht
werfen könnten.
Zunächst wurde gefunden, dass der Betrag
der Entladung, die von einem positiv geladenen
Draht auf einen ihn umgebenden Cylinder geht,
ein Maximum hat, je nachdem die Temperatur
des Drahtes erhöht wurde. Bei Rotglut wächst
der Betrag der Entladung mit Zunahme der
Temperatur, bleibt dann eine Zeit lang fast
konstant und wird etwa bei Weissglut etwas
geringer. Rutherford') entdeckte, als er über
die von einem heissen Platinblech ausgehende
Entladung arbeitete, einen ähnlichen Effekt.
Er erklärte diesen durch die Annahme, dass
bei der höheren Temperatur Ionen ausgesendet
werden, welche sich träger bewegen, als die
vorher hervorgerufenen. Versuche mit dem um
einen heissen Draht herrschenden Potential und
Untersuchungen, gemacht an Luft, welche an
solchen Drähten vorbei geblasen wurde, zeigen,
dass die Entladungen von Ionen getragen wird,
die an der Oberfläche des Drahtes hervorge-
rufen werden. Deshalb variiert die Menge des
Stromes wie die durchschnittliche Geschwindig-
keit der Ionen, und diese träger beweglichen
Ionen verursachen, dass die gesamte Strom-
menge eine geringere wird.
Diese Erklärung scheint plausibel, und ich
habe vermehrte Beweise ihrer Korrektheit ge-
funden. Es zeigte sich, dass die erste Abnahme
der Entladung gerade bei der Temperatur be-
ginnt, bei der negative Entladung auftreten
konnte. Demnächst *wurde gefunden, auf eine
ähnliche Methode, wie sie Zeleny ^) anwendete,
als er die durch X-Strahlen hervorgerufenen
Ionen untersuchte, dass eine ganz bestimmte
Veränderung in der Geschwindigkeit der sich
träger bewegenden Ionen gerade bei dieser
Temperatur eintritt. Es zeigte sich also, dass
bei dieser Temperatur die Ionisation aufhört,
der Oberfläche des Metalles anzugehören, und
sich auf das umgebende Gas ausdehnt.
Um diese Methode zu erklären, nehme ich
Bezug auf die Figur CC und DD' sollen zwei
konzentrische Cylinder sein, die bei ee von-
einander isoliert sind. Durch ihr Centrum gebt
ein Draht; AB ist der heiss gemachte Teil des-
selben und besteht aus Platin.
Wenn nun DD' und AB ein verschiedenes
Potential haben, und wenn die Ionen in AB
hervorgerufen werden, so gehen sie nach DD\
Wenn jedoch ein Luft:strom durch den Cylinder
in der Richtung des Pfeiles geschickt wird.
D
V
D'
1) Science 14, 891.
2) Phil. Trans. Rov. Sog. London 195, 193.
werden einige der Ionen nach CC abgelenkt
werden, vorausgesetzt, dass CC das gleiche
Potential wie DD' hat.
Wenn indessen der Potential-Unterschied
zwischen den beiden äusseren Cylindern und
dem Drahte genügend gross ist, und wenn der
Luftstrom nicht zu heftig ist, werden doch alle
Ionen nach DD' gezogen, bevor der Luftstrom
einige von ihnen nach CC' ablenken kann. Es
ist augenscheinlich, je grösser die lonenge-
schwindigkeit für die Einheit des Potentialge-
gefälles ist, desto schwächer treibt notwendiger-
weise die Potentialdiff*erenz alle Ionen nach DD' ,
Die Gegenwart einer Entladung nach CC' kann
durch ein mit CC verbundenes Galvanometer
gezeigt werden. Auf diese Weise wurde
erstrebt, die Geschwindigkeiten der positiven
und negativen Ionen zu vergleichen.
Bei dieser Vergleichung hatte ich jedoch
keinen Erfolg, es wurde aber möglich, den grossen
Wechsel in der Geschwindigkeit der sich träger
bewegenden Ionen sichtbar zu machen, welcher
bei höherer Temperatur eintritt. Es muss be-
merkt werden, dass diese Methode nicht die
durchschnittliche Geschwindigkeit der Ionen
giebt, sondern nur die der sich träger bewegen-
den. Wenn die Ionen nicht alle von derselben
Gattung sind, mögen die Bedingungen so liegen,
dass die sich schnell bewegenden nach DD\
die andern nach CC' gehen. Um also keine
Entladung in diesem Cylinder zu erzeugen, ist
es notwendig, alle Bedingungen einander so an-
zupassen, dass auch die langsamsten Ionen
nach DD' gehen.
Ich werde von der Entladung eines posi-
tiven heissen Drahtes auf einen um ihn befind-
lichen negativen Cylinder als von der positiven
Entladung sprechen. Dies ist ganz entgegen
dem von manchen angenommenen Brauche, aber
da wir jetzt einen Beweis haben für die That-
y
t6o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
Sache, dass diese Entladung von den aus dem
heissen Drahte hervorgehenden Ionen getragen
wird, ist am besten, diese Entladung die positive
und die in entgegengesetzter Richtung erfolgende
die negative zu nennen.
Wenn der Draht so heiss war, eine positive
Entladung aber nicht heiss genug, um eine ne-
gative zu verursachen, war es ganz leicht, die
Bedingungen so einander anzupassen, dass eine
Entladung nach CC' nicht stattfand. Beim
Wachsen der Temperatur war hierzu nur ein
um wenig grösserer Potential-Unterschied nötig.
Dies zeigte, dass sich langsamer bewegende
Ionen bei dieser Temperatur erzeugt wurden.
Dieser Wechsel war gering, bis eine Temperatur
erreicht wurde, welche hoch genug war, eine
negative Entladung zu gestatten. Bei diesem
Punkte fand ein gänzlicher Wechsel statt. Es
war mir nicht länger möglich alle Ionen nach
DD'* bei den mir zur Verfügung stehenden
Potentialen gelangen zu lassen. Thatsächlich,
je grösser der Potential-Unterschied, je grösser
die Entladung nach CC\ Dies war sicher, wie
gross auch immer der Abstand A von der
Ebenem/, oder wie gross die Geschwindigkeit
des Luftstromes war. Wenn ich aber die Be-
dingungen so geordnet hatte, dass eine Ent-
ladung nach CC' bei geringerem Potential-
Unterschied nachgewiesen werden konnte, so
konnte sie es auch bei höheren Potentialen.
Es wurde vermutet, dass vielleicht Kon-
vektionsströme um den heissen Draht dieses
Resultat herbeiführten. Der Apparat wurde
demgemäss umgekehrt, aber der Effekt war
der gleiche wie zuvor. Offenbar bewegten sich
einige Ionen so langsam, dass die Unregel-
mässigkeiten der Konvektionsströme in jedem
Falle genügten, um sie zu hindern, nach DD'
zu gehen, wie gross auch immer die Potential-
differenz sein mochte.
Aber ein noch interessanteres Faktum wurde
entdeckt, wenn man DD' auf das gleiche Poten-
tial mit AB brachte. Unter diesen Bedingungen
war kein Feld vorhanden, welches die Ionen von
AB forttreibt und man konnte annehmen, dass
keine Ionen durch den Luftstrom fortgerissen
wurden und dass keine Entladung nach CC'
ginge, eben weil der Cylinder auf einem von
AB verschiedenen Potential gehalten wurde.
Wenigstens sollte man dieses erwarten, wenn
die ganze Ionisation an der Oberfläche des
Kontaktes stattfindet. Wenn aber die Ionisation
in dem um den Draht befindlichen Gase statt-
findet, so würden einige Ionen fortgetragen werden
und nach CC' gelangen.
Es wurde gefunden, dass, solange als AB
auf einer Temperatur war, einzig hoch genug,
um die positiven Ionen auszutreiben, unter
diesen Umständen eine Entladung nach CC'
nicht stattfand; wenn aber die Temperatur ge-
nügend hoch war, so dass entweder positive oder
negative Entladungen von AB aus erfolgte,
so ging die Entladung unter den beschriebenen
Umständen nach CC\ Dies zeigt, dass die
Ionisation bei niedrigerer Temperatur nur in
in dem Metall oder an der Kontaktoberfläche
erfolgt, dass aber bei höheren Temperaturen die
Ionen ebensowohl in dem umgebenden Gase wie
an der Oberfläche erzeugt werden.
Es wurde daran gedacht, dass möglicher-
weise bei höheren Temperaturen eine Aus-
strömung hervorgerufen würde, wie sie Ruther-
ford beim Thorium studiert hat, aber bei der
Prüfung darauf wurde nicht die Spur eines
• solchen Ausflusses entdeckt.
Wir finden also, dass bei einer ganz be-
stimmten Temperatur die negative Entladung
anfängt und die positive abnimmt, ein Beweis
für das erste Auftreten sich langsamer bewegen-
der Ionen, und dass die Ionisation in grösserer
; als molekularer Entfernung von dem Drahte
auftritt. Es kann hier ein kleiner Zweifel über
den kausalen Zusammenhang dieser Thatsachen
< herrschen. Die Ionisation durch das Gas ver-
anlasst den Beginn der negativen Entladung.
Sehr langsam sich bewegende Ionen werden
hervorgerufen bei dieser Ionisation, welche sich
, zeigen bei den Versuchen mit Luftströmung
und ebenso in der Abnahme des Betrages der
positiven Entladung.
Wenn das Platin, in Bezug auf das um-
gebende Gas, positiv ist, können, wie wir Grund
, haben anzunehmen, die negativen Ionen in dem
Platin oder an der Kontaktstelle nicht ent-
weichen wegen des Fallens des Potentials an
der Oberfläche, während die positiven dies
, können. Positive Entladung ist deshalb mög-
lich, negative nicht.
Wenn zufällig fast die ganze Entladung von
Ionen getragen wird, welche in der Luft erzeugt
wurden, werden die positiven Ionen an der
Oberfläche nur geringen Anteil haben, und da
die negativen Ionen der Luft sich schneller als
die positiven Luftionen bewegen, werden wir
unter diesen Umständen eine negative Ent-
ladung haben, die grösser ist als die positive.
Es wurde bereits in einigen Fällen, besonders
bei lang anhaltendem Erhitzen und bei höherer
Temperatur, bemerkt, dass die negative Ent-
ladung zuweilen grösser ist als die positive.
Dies wird insbesondere dann richtig sein,
wenn das Gas um das Platin anstatt Luft
Wasserstoff ist. Die grössere Geschwindigkeit
der negativen Wasserstoffionen wird verursachen,
dass die negative Entladung in diesem Falle
besonders gross ist, so dass wir in Wasserstoff
bei höheren Temperaturen immer eine grössere
negative als positive Entladung haben.
Man hat angenommen, dass die Entladung
des Platins verursacht werde durch einge-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
161
schlossenen Wasserstoff. *) Wenn wir diese
Annahme etwas einschränken und sagen, dass
die Entladung bei geringerer Temperatur von
eingeschlossenem Wasserstoff" herrührt, so stimmt
es mit den bekannten Thatsachen gut überein.
Ich habe bis jetzt noch keinen Beweis für
solche Erklärung, aber man kann leicht sehen,
dass sie zutrifft für die Thatsache, dass die
positiven Ionen, welche bei niedrigerer Tempe-
ratur aus dem Metall ausgetrieben wurden,
eine grössere Geschwindigkeit haben als die
negativen Ionen, welche bei höherer Temperatur
in dem den Draht umgebenden Gase erzeugt
wurden. Es ist wohl bekannt, dass, wenn die
Ionisation durch andere Mittel, z. B. durch
X-Strahlen, hervorgerufen wurde, die Wasser-
stofTionen sich schneller als die der anderen Gase
bewegen.^ In der That bewegen sich die positiven
Wasserstoff'ionen schneller als die negativen Ionen
anderer Gase. Dies ist ohne Zweifel auch für
die hier hervorgerufene Ionisation richtig. Wenn
also die aus dem Innern des Metalles hervor-
kommenden Ionen durch eingeschlossenen
Wasserstoff* erzeugt werden, so werden sie
natürlich eine grössere Geschwindigkeit haben,
als die negativen Ionen, welche in dem das
Metall umgebenden Gase hervorgerufen werden.
Der Betrag an Wasserstoff*gas, welcher nötig
ist, um die positive Entladung zu ermöglichen,
ist ganz unbedeutend im Vergleich zu der mög-
licherweise eingeschlossenen Menge Wasser-
stoff".
Ich habe auch einige Beobachtungen ge-
macht über den Betrag der Entladung, wenn der
Druck des umgebenden Gases vermindert wurde.
Ähnliche Versuche sind bereits durchgeführt,
haben aber keine genauen Angaben über den
Betrag der Entladung von einem Draht auf
einen umgebenden Cy linder geliefert, woraus
dann die Geschwindigkeit der Ionen hätte
gemessen werden können.
Ich habe gefunden, dass beide, sowohl
positive wie negative Anteile der Entladung
sehr schnell mit abnehmendem Druck des Gases
wachsen. Dies wurde schon von Anderen be-
obachtet. ^) Einmal betrug die Stärke des
Stromes von 5 cm Draht auf einen umgebenden
Cy linder von 4,5 cm innerem Durchmesser
3,2 X 10 Ampere, wenn die Potentialdifferenz
45 Volt und der Luftdruck etwa 5 mm Queck-
silbersäule war. Wenn in diesem Falle die
Ionisation in oder in der Nähe der Oberfläche
des Drahtes stattfand, würde es eine Geschwindig-
keit von 1800 cm pro Sekunde für ein Potential-
gefälle von I Volt pro Centimeter bedeuten.
Ich hoffe, bald mit meinen Untersuchungen
1) Wied. Ann. 88, 289, 1888.
2) Phil. Trans. Roy. Soc. London 195, 231.
3) Wicd. Ann. 88, 320, 1888.
vorgeschritten zu sein und Näheres veröffent-
lichen zu können.
Colgate Universität, 20. November 1901.
(Aus dem Englischen Übersetzt von H. Karstens.)
(Eingegangen 3. Dezember 1901.)
Über die Reflexion der Kathodenstrahlen
Von J. Stark.
I. Prinzip der Erklärung.
Wer in den Kathodenstrahlen freie bewegte
negative Elektronen sieht, der wird von vorn-
herein darauf verzichten, zur Erklärung der
Reflexion der Kathodenstrahlen die Vorstel-
lungen heranzuziehen, die wir von der Reflexion
der Lichtstrahlen haben.
Ein Elektron besitzt im Vergleich zu einem
chemischen Atom oder Molekül eine kleine
Masse. Für ein Elektron ist darum die Ober-
fläche eines festen Körpers nicht etwas stetig
Massives, sondern eine Fläche, auf der unre-
gelmässig mit relativ grossen Zwischenräumen
einzelne Massenteilchen verteilt sind. Treffen die
Teilchen der Kathodenstrahlen auf eine solche
Fläche, so stossen sie in geradliniger Verfolgung
ihrer Bahn nur zu einem kleinen Teile auf
Massenteilchen (Atome und Moleküle); die ge-
radlinige Fortsetzung der Bahn der übrigen
Elektronen dringt in die Lücken zwischen den
Massenteilchen ein.
Wir wollen nun annehmen, dass zwischen
den Massenteilchen der festenOberfläche
und den in ihrer Nähe vorbeifliegenden
Kathodenstrahlteilchen eine Kraft auf-
tritt. Über diese Kraft wollen wir vorderhand
lediglich annehmen, dass sie die Kathodenstrahl-
teilchen nach dem Mittelpunkte der nächsten Mas-
senteilchen hin von ihrer Bahn abzulenken sucht
und mit wachsendem Quadrat des Abstandes
von jenem Mittelpunkt abnimmt. Wir haben
uns die feste Oberfläche gleichsam als eine
Wand von vielen Sonnen mit Zwischenräumen
vorzustellen, die Kathodenstrahlteilchen als
Kometen, welche auf diese Sonnen sich zube-
wegen.
Die Wirkung der Kraft zwischen den Ka-
thodenstrahlteilchen und den Massenteilchen der
festen Oberfläche ist eine zweifache. Ziehen
wir den einfachen Fall in Betracht, dass nur
e i n Massenteilchen auf einKathodenstrahlteilchen
ablenkend mit einer Kraft wirkt. Die Bahn des
Kathodenstrahlteilchens verlässt dann in der
Nähe des Massenteilchens ihre geradlinige Rich-
tung und krümmt sich zu einem Kegelschnitt,
in dessen einem Brennpunkt das Massenteilchen
• V
l62
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
steht. Es sind nun zwei Fälle möglich. Es
kann der Abstand des Kathodenstrahlteilchens
vom Mittelpunkte des Massenteilchens im Perihel
kleiner werden als der Radius des Massenteilchens ;
dann stösst jenes mit diesem zusammen. Und
darin besteht die erste Wirkung der Kraft
zwischen denKathodenstr ah 1-undMassen-
teilchen; sie vermehrt nämlich die Zahl der
Zusammenstösse zwischen ihnen. Ist
zweitens der Abstand im Perihel grösser, so tritt
zwar kein Zusammenstoss ein; aber die Kathoden-
strahlteilchen werden durch jene Kraft ab-
gelenkt auf Kegelschnitte; die Ablenkung, der
Winkel zwischen der geradlinigen Verlängerung
des einfallenden Strahles und dem zurückgeworfe-
nen Strahl, ist um so grösser, je kiemer der Ab-
stand ist zwischen dem ablenkenden Massenteil-
chen und dem einfallenden geradlinigen Katho-
denstrahl. Dadieser Abstand alle möglichen Werte
für die Teilchen eines einfallenden Bündels von
Kathodenstrahlen hat, so werden diese
nach allen möglichen Richtungen von
ihrer Bahn durch jene Kraft abgelenkt
oder zerstreut und zwar nach beiden Seiten
der festen Oberfläche; diese zerstreut die auf
sie fallenden Kathodenstrahlen in den festen
Körper hinein wie rückwärts in den an ihm
liegenden Gasraum. In dieser Zerstreuung der
Kathodenstrahlen an einer festen Oberfläche
nach rückwärts besteht die Reflexion der Ka-
thodenstrahlen.
Wie man ohne weiteres sieht, muss die
Reflexion der Kathodenstrahlen eine difl'use
sein. Es kann ferner grössere oder geringere
Politur der reflektierenden festen Fläche keinen
Einfluss auf die Reflexion haben. Endlich er-
kennt man auch ohne weiteres, dass nicht bloss
die oberste Lage des von Kathodenstrahlen
getroffenen festen Körpers difl*us reflektiert, ;
sondern dass auch die tiefer liegenden Schichten
durch die Lücken der vorhergehenden hindurch
Kathodenstrahlen diffus in den Gasraum zurück-
senden.
Die Bahn der reflektirten Kathodenstrahlen
ist nicht ausnahmslos und streng kegelschnitt-
förmig, da in der reflektierenden Oberfläche im
allgemeinen nicht bloss ein einziges Massenteil-
chen ablenkend auf einen Kathodenstrahl wirkt.
Der Einfachheit wegen seien aber hier in erster
Ijnie kegeis chnittförmige Bahnen ins Auge ge-
fasst. Die Bahnen können also Ellipsen, Pa-
rabeln und Hyperbeln sein. Die Ellipsen aber
kommen für die experimentelle Untersuchung
nicht in Betracht, da sie unmittelbar an der
reflektierenden Oberfläche verlaufen. Zur Be-
obachtung gelangen nur parabolisch und hyper-
bolisch zurückgeworfene Kathodenstrahlen. Jene
sind hierbei weit in der Minderzahl, da sie le-
diglich einen Grenzfall darstellen.
2. Geschwindigkeit der reflektierten
Kathodenstrahlen.
Stossen Kathodenstrahlen auf die Massen-
teilchen einer festen Oberfläche, so geben sie
an diese kinetische Energie ab, wie aus der
von ihnen bewirkten Erwärmung geschlossen
werden kann. Infolge eines Zusammenstosses
nimmt also die Geschwindigkeit eines Kathoden-
strahles ab.
Stösst ein Kathodenstrahlteilchen nicht mit
einem Massenteilchen zusammen, wird es lediglich
auf eine kegelschnittförmige Kurve abgelenkt,
so hat es wohl im Perihel eine grössere Ge-
schwindigkeit als vor der Annäherung an das
Massenteilchen; hat es sich aber von ihm wieder
entfernt, so ist es zwar abgelenkt, besitzt in-
dessen wieder seine ursprüngliche Geschwin-
digkeit.
Die reflektiertenKathodenstrahlen be-
stehen zum Teil aus Strahlen, welche
mit einem Massenteilchen zusammen-
stiessen, zum Teil aus Strahlen, welche
lediglich abgelenkt wurden. Untersucht
man die reflektierten Kathodenstrahlen auf ihre
Geschwindigkeit mittels der elektrischen oder
magnetischen Ablenkung, so findet man einmal
Strahlen, welche dieselbe Geschwindig-
keit besitzen, wie die primären Strahlen
vor der Reflexion, sodann Strahlen von
jeder beliebigen kleineren Geschwindig-
keit. Dies haben in der That Messungen von
Gehrcke') ergeben. Wie sich theoretisch leicht
klar machen lässt, muss im magnetischen
Spektrum der reflektierten Kathoden-
strahlen die Intensität von der Kante
des Spektrums weg um so schneller ab-
nehmen, je grösser die Kraft zwischen
den negativen Eleictronen und den re-
flektierenden Metallteilchen ist. Nach
Gehrcke ist diese Abnahme der Intensität bei
Platin eine raschere als bei Magnesium.
3. Abhängigkeit der Reflexion
der Kathodenstrahlen von der Geschwin-
digkeit.
Bei gegebenem Abstand eines ablenkenden
Massenteilchens der reflektierenden Oberfläche
von der geradlinigen Bahn eines einfallenden
Kathodenstrahlteilchens ist dessen Ablenkung
von seiner ursprünglichen Richtung um so
kleiner, je grösser die Geschwindigkeit des ein-
fallenden Kathodenstrahles ist, oder mit anderen
Worten, je grösser die Spannungsdifferenz ist.
welche dem Kathodenstrahle seine Geschwindig-
keit verlieh. Die Menge der von einer
festen Oberfläche zurückgeworfenen Ka-
thodenstrahlen muss darum abnehmen,
I) K. Gchrcke, Her. d. Herliuer Akad. S. 461, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
«^3
wenn die sie erzeugende Elektroden-
oder Entladespannung zunimmt.
Diese theoretische Folgerung steht allerdings
zu einer Erklärung H. Starkes*) in Gegensatz,
der auf Grund seiner so wertvollen Messungen
behauptet, dass das Reflexionsvermögen eines
Metalles für Kathodenstrahlen unabhängig sei
von der Elektrodenspannung. Bei genauerer
Betrachtung seiner Zahlen und Weglassung
der weniger sicheren Werte bei niedriger
Elektrodenspannung finde ich aber, dass das
Reflexionsvermögen in der That abnimmt mit
wachsender Elektrodenspannung. Zum Belege
diene die Figur i ; sie giebt in drei Messungs-
30 '
^29
1
^26
'«
9
l
\ \
\ \
* \
\ \
\ N
_ V X
\ 9 \
• ^ \ ^.
" ^ \ ^
\ ^ ^
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— 0
\ \
\ 0^,
o\
V^ ^-^
^ •» V.^
-•0 ^-^^
1 1 1 r^—9
1
27
5OO0 7000 ifOOO f/i'ii*
EleitrodcnsparuiuJig in Volt
Fig. I.
reihen Starkes an Aluminium die Beziehung
zwischen Reflexionsvermögen und Elektroden-
spannnung in einem günstigen Massstabe.
Im vorstehenden ist die Wirkung der Kraft
zwischen Massen- und Kathodenstrahlteilchen nur
insofern in Betracht gezogen, als sie die Richtung
der reflektierten Strahlen beeinflusst, nicht
insofern, als sie die Zahl der Zusammen-
stösse vermehrt. Aber auch diese hängt offen-
bar von der Geschwindigkeit der Kathoden-
strahlen ab. Mit wachsender Elektrodenspan-
nung, also mit wachsender Geschwindig-
keit der Kathodenstrahlen nimmt die
Zahl der durch Ablenkung erzwungenen
Zusammenstösse ab; diese Abnahme be-
deutet eine Zunahme der ohne Zusammenstoss
zurückgeworfenen Kathodenstrahlen, also eine
Zunahme der Reflexion. Im Zusammenhalt
mit dem obigen entgegengesetzten Resultat
kommt man zu folgender theoretischer allge-
I H. Starke, Ann. d. Thys. 3, 95, 1900.
meiner Folgerung über den Zusammenhang
zwischen der Reflexion und der Geschwindig-
keit der Kathodenstrahlen. Mit anfänglich
kleiner wachsender Elektrodenspannung
nimmt die Intensität der reflektierten
Kathodenstrahlen von einem kleinen
Wert an erst ziemlich rasch bis zu einem
Maximum zu, dann nimmt sie bei weiter
steigender Elektrodenspannung wieder
ab und strebt einem konstanten Werte
zu; die Elektrodenspannung, welche
maximale Reflexion hervorbringt, ist
bei verschiedenen Metaljen verschieden
gross und zwar um so grösser, je grösser
die Kraft zwischen den negativen Elek-
tronen und den reflektierenden Metall-
teilchen ist.
4. Intensität der reflektierten Kathoden-
strahlen in verschiedenen Emanations-
richtungen.
Auch bei den Kathodenstrahlen heisst Ein-
fallswinkel der W^inkel zwischen der Richtung
des einfallenden Kathodenstrahlenbündels und
der Normalen der reflektierenden Fläche, Ema-
nationswinkel der Winkel zwischen dieser Nor-
malen und einer der verschiedenen Richtungen
der diffus reflektierten Kathodenstrahlen. Für
diff*us reflektierte Lichtstrahlen gilt das Lam-
bert sehe Kosinusgesetz. Es ist von vornherein
zu erwarten, dass dieses für die Reflexion der
Kathodenstrahlen nicht gilt.
Auf Grund unseres Erklärungsprinzipes be-
trachten wir zunächst den Fall der senk-
rechten Incidenz. In diesem wie in jedem
anderen Falle werden nach allen Richtungen
Kathodenstrahlen reflektiert. Für Emanations-
winkel nahe 90*^ muss die Intensität (Menge
der mitgefiihrten negativen Ladung) der reflek-
tierten Strahlen klein sein, weil diejenigen, welche
von tieferen reflektierenden Schichten kommen,
auf ihrem relativ langen Wege in den oberen
Schichten durch Absorption (Zusammenstoss)
geschwächt werden. Mit abnehmendem Emana-
tionswinkel wächst dann die Intensität der
reflektierten Strahlen und strebt einem Maximum
zu. Dieses liegt indessen, wie wir theoretisch
folgern müssen, nicht in der Emanationsrich-
tung o^ sondern nur in deren Nähe. Genau
in der Richtung der einfallenden Strahlen zurück
werden nämlich, abgesehen von den durch Zu-
sammenstoss geschwächten Strahlen, nur wenige
in parabolischer Bahn zurückgeworfen werden.
In der Einfallsrichtung muss darum die Intensität
der reflektierten Strahlen ein kleines relatives
Minimum besitzen; nahe daran muss das
Maximum der Intensität liegen. Der Winkel
zwischen! dem Minimum in der Einfallsrichtung
und dem Maximum ist bei senkrechter Incidenz
164
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
klein. Jenes Minimum ist in den bisherigen
Messungen noch nicht gefunden worden; diese
erstreckten sich nicht auf Emanationswinkel
kleiner als 20®.
Bei schiefer Incidenz ist für die Emana-
tionsrichtung 90® wieder ein absolutes Minimum
vorhanden. Die räumliche Verteilung der In-
tensität der reflektierten Strahlen ist nicht mehr
symmetrisch in Bezug auf das Einfallslot oder
in Bezug auf die Einfallsrichtung. In dieser
muss indes wieder ein relatives Minimum der
Intensität liegen, auf dieses folgt in der Rich-
tung gegen das Einfallslot wieder ein Maximum
der Intensität. Jenes wird mit wachsendem Ein-
fallswinkel verwaschener, dieses dagegen tritt
deutlicher hervor.
Der Winkel zwischen Minimum und
Maximum der reflektierten Intensität
wächst mit dem Einfallswinkel. Dies kann
man sich auf Grund folgender Überlegung klar
machen. A/^ , M2 und J/3 (Fig. 2) seien Massen-
/
//
/ /
© \®y ®
Fig. 2.
teilchen der reflektierenden Fläche. Wir be-
trachten den Fall, dass der Abstand des Mittel-
punktes Ml von der geradlinigen Einfallsbahn
eines Kathodenstrahlteilchens konstant sei, dass
dagegen der Einfallswinkel von kleinen zu
grossen Werten wachse. Bei kleinen Einfalls-
winkeln bleibt das Kathodenstrahlteilchen von
AI2 und M^ entfernt, es unterliegt in der Haupt-
sache nur der Ablenkung durch Mi und wird
fast wieder in die Einfallsrichtung zurück-
geworfen. Bei grösseren Einfallswinkeln kommt
das Kathodenstrahlteilchen auch in die Wirkungs-
sphäre von J/j und J^ ; es wird durch diese in
entgegengesetzter Richtung von seiner Einfalls-
bahn abgelenkt wie durch 3/,. Die gesamte
Ablenkung ist darum nunmehr kleiner als zuvor;
das Maximum der Intensität der reflek-
tierten Kathodenstrahlen muss darum
mit wachsendem Einfallswinkel von der
Einfallsrichtung wegrücken.
Der Winkel zwischen dem Maximum der
reflektierten Intensität und ihrem relativen
Minimum in der Einfallsrichtung muss ferner
um so kleiner sein, je grösser die ablenkende
Kraft ist. Man kann schliessen, dass diese um
so grösser ist, je grösser das Reflexionsver-
mögen ist. Dieses ist beispielsweise bei Alu-
minium kleiner als bei Silber, bei diesem kleiner
als bei Platin. Für einen Incidenzwinkel von 45"
liegt nun nach den Messungen von W. Seitz*)
das Maximum der reflektierten Intensität bef
Aluminium auf der entgegengesetzten Seite des
Einfallslotes wie die primären Strahlen, bei
Silber und Platin auf derselben Seite, bei Platin
näher an der Einfallsrichtung als bei Silber.
Der Schluss, dass die ablenkende Kraft um
so grösser sei, je grösser das Reflexionsver-
mögen ist, wird dadurch unsicher, dass fiir die
reflektierte Intensität der Kathodenstrahlen nicht
bloss die ablenkende Kraft der einzelnen Massen-
teilchen, sondern auch die Dichte ihrer räum-
lichen Verteilung in Betracht kommt. Mehr
Sicherheit hat der Schluss von der Lage des
Maximums der reflektierten Intensität auf die
Grösse der ablenkenden Kraft. Wir erhalten
dann folgendes Resultat: Die Kraft zwi-
schen den negativen Elektronen und den
reflektierenden Teilchen eines Metalles
ist um so grösser, je kleiner der Winkel
zwischen der Einfallsrichtung und der
Richtung maximaler Reflexion ist; so ist
sie bei Aluminium kleiner als bei Silber,
bei diesem kleiner als bei Platin. Dieses
Resultat wird eine weittragende Bedeutung ge-
winnen für die Beurteilung elektromotorischer
Kräfte in Grenzflächen. Im Einklang mit Obi-
gem steht der Befund Gehrckes, dass das
magnetische Spektrum der an Magnesium re-
flektierten Strahlen eine andere Intensitätsver-
teilung zeigt als der an Platin reflektierten.
5. Natur der ablenkenden Kraft.
Zur Erklärung der Erscheinungen der Re-
flexion der Kathodenstrahlen haben wir hypo-
thetisch eine Kraft zwischen den Kathoden-
strahlteilchen und den Massenteilchen eines
reflektierenden Körpers eingefiihrt. Diese Kraft
kann die Gravitation zwischen der Masse hier
und dort sein. Indes dürfte der Anteil der
Gravitationskraft an der Zerstreuung der Ka-
thodenstrahlen nur ein geringer sein. Die Kraft,
die wir in erster Linie fiir die Zerstreuung ver-
antwortlich machen müssen, ist wohl die elek-
trische zwischen den Kathodenstrahl- und den
Massenteilchen des reflektierenden Körpers. Jene
sind ja elektrisch geladen, sie wirken darum
mit einer elektrischen Kraft auf neutrale Teilchen
des reflektierenden Körpers und mit einer noch
grösseren Kraft auf freie positive und negative
Ionen in diesem. 2)
6. Fehlerquelle bei der Untersuchung der
Reflexion der Kathodenstrahlen.
In den meisten bisherigen experimentellen
Untersuchungen über die Reflexion der Ka-
1) W. Scilz. Ann. tl, Thys. 6. lO, I901.
2) Diese Zeitschr. 2, 233, 1900.
^
V
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
165
thodenstrahlen bestand der Käfig, der zum Auf-
fangen der negativen Ladung der reflektierten
Strahlen diente, aus Aluminium; der Reflektor
war ebenfalls Aluminium oder ein anderes
Metall, wie Kupfer, Eisen, Silber, Platin. Auf-
fanger und Reflektor sind hierbei durch ein
Bündel Kathodenstrahlen miteinander verknüpft;
diese aber ionisieren das von ihnen durchlaufene
Gas. Zwischen Auffänger und Reflektor kann
darum ein elektrischer Leitungsstrom sich her-
stellen, sowie zwischen ihnen eine Spannungs-
differenz vorhanden ist. Das Auftreten einer
solchen störenden Spannungsdifferenz glaubte
man bisher dadurch zu verhindern, dass man
den Reflektor und den Auflänger direkt bez.
über ein Galvanometer mit nicht zu grossem
Widerstände zur Erde ableitete.
Indes auf diese Weise beseitigte man ledig-
lich die Spannungsdifierenz, die sich infolge der
Zufuhr negativer Ladung zwischen Reflektor
und Auftänger ausbilden könnte. Bestehen
aber diese aus verschiedenem Metall, so bleibt
ihre Voltasche Spannungsdifferenz zwischen
ihnen zurück. Diese beträgt für Aluminium
und Platin etwas mehr als 1 Volt; sind darum
die beiden Metalle als Auffanger und Reflektor
einerseits durch die Erdleitung, andererseits
durch das ionisierte Gas (reflektierte Kathoden-
strahlenbündel) miteinander verbunden, so fliesst
in diesem Kreis ein Strom und zwar fuhrt dieser
die negativen Ionen vom Platin zum Aluminium
durch das verdünnte Gas. Dieser Leitungs-
strom wirkt darum auf das Galvanometer, das
den Auffänger ableitet, im gleichen Sinne wie
die Reflexion der Kathodenstrahlen. Ein solcher
Leitungsstrom zwischen zwei verschiedenen
Metallen durch ein Gas, das durch Kathoden-
strahlen ionisiert wird, bedingt durch die
Voltasche Spannungsdiflferenz, ist von S. Ar-
rhenius') nachgewiesen worden. Ferner hat
A.A. Campbell Swinton^) bei seiner Unter-
suchung der Reflexion der Kathodenstrahlen
eine ihm sehr merkwürdig erscheinende aus
dem Verschwinden der VoltadiflTerenz im Elek-
trometer sich erklärende scheinbare positive
Ladung des Auffängers bis über i Volt für
den Fall beobachtet, dass nur wenige re-
flektierte Kathodenstrahlen von einem Platin-
reflektor in einen Auffanger aus Messing ge-
langen konnten.
Nun ist man geneigt, den Einfluss einer
Spannungsdifferenz von i Volt zwischen Re-
flektor und Auffänger als klein zu betrachten.
In Wirklichkeit aber ist et nicht sehr klein.
H. Starke*^) fand, dass der Ausschlag des
Galvanometers, welches den Auffänger ableitete
und die Intensität der reflektierenden Strahlen
mass, 18 mm betrug, wenn der Reflektor Erd-
spannung besass, dass er aber auf 26 mm
stieg, wenn der Reflektor auf — 2 Volt geladen
wurde. Durch diese 2 Volt wurde demnach
die Intensität der reflektierten Strahlen um 38 "/o
gefälscht, durch i Volt Spannungsdifferenz wäre
sie um i9"/o vergrössert worden.
Bei Berücksichtigung der im vorstehenden
bezeichneten Fehlerquelle werden sich zwar die
Reflexionsvermögen einiger Metalle kleiner er-
geben, doch dürfte die Stellung der einzelnen
Metalle in der Reihe des Reflexionsvermögens
dadurch nicht geändert werden.
Göttingen, den i. Dezember 1901.
(Kingegangen 22. Dezember 1901.)
1899.
i) S. Arrhcnius, Wied. Ann. 33, 638, 1888.
2} A. A, Campbell Swinton, Proc. Roy. Soc. 04, 393,
3) H. Starke, Wied. Ann. 66, 53, 1898.
Bemerkungen zur elektrischen Strömung durch
hohe Vakua.
Von J. Stark.
1. Der Äther als „Elektrizitätsleiter".
Über die Elektrizitätsleitung im absoluten
Vakuum, d. h. im reinen Äther, bestanden
diametral entgegengesetzte Ansichten. Eine
kleine Partei behauptete, er sei ein vollkommener
Leiter; die grosse Gegenpartei erwiderte, er
sei ein vollkommener Isolator. Im Lichte der
lonentheorie kann man die fraglichen Begriffe
deutlich unterscheiden und beiden Parteien ge-
recht werden.
Die lonentheorie denkt sich die Elektrizität
als ein im Räume existierendes Etwas von kon-
stanter Menge, verteilt sie atomistisch und
sieht in den Ionen frei bewegliche Elektrizitäts-
teilchen, die in dem Äther beweglich einge-
bettet liegen. Der elektrische Strom ist eine
Strömung der Ionen in bestimmter Richtung.
Ein Leiter ist ein Körper, welcher Ionen ent-
hält. Die spezifische Leitfähigkeit k ist eine zu-
sammengesetzte Grösse; ist «/ bez. ttn die posi-
tive bez. negative Ionisation (Zahl der Ionen in
der Volumeneinheit), zf/ bez. Vn die spez. lonen-
geschwindigkeit, 6 die lonenladung, so gilt bei
Zulässigkeit des Ohmschen Gesetzes X = b,
[np ' vp + flu • v^.
Hat man ein absolutes Vakuum oder reinen
Äther, ist also in diesem kein Massenteilchen
vorhanden, so ist offenbar für ihn ;// ^= Hh = o
und darum auch >l = o. Der reine Äther
oder das absolute Vakuum ist in diesem
Sinne kein Leiter, sondern ein voll-
kommener Isolator; es können in ihm wohl
zeitliche und räumliche Variationen der elek-
trischen und magnetischen Kraft, beispielsweise
elektromagnetische Schwingungen erfolgen, aber
es ist in ihm keine elektrische Strömung mög-
lich, eben weil das Wort „rein*' oder „absolut**
\y
Physikalische Zeitsclirifl. 3. Jahrgang. No. 1
das Vorhandensein von Elektrizität oder Jonen
ausschliesst.
Anders ist es, wenn man im Äther Ionen
vorhanden sein lässt und seinen Einfluss auf
deren Bewegung in Zusammenhang mit dem
Worte Leitung bringt. Die astronomischen
Erscheinungen lassen schüessen, dass ein Ion
bei seiner Bewegung durch den Äther, Strah-
lung ausgeschlossen, eine unendlich kleine Rei-
bung erfährt. Würde man darum einen Leiter
herstellen können, der in seinem mit Äther er-
füllten Volumen nur Ionen, nicht auch neutrale
Teilchen enthält, und liesse sich für diesen Leiter
das Ohmsche Gesetz noch anwenden, so würden
T'/ und Vh und auch i einen sehr grossen Wert
haben; man würde den denkbar vollkommensten
Elektrizitätsleitcr besitzen. Insofern der Äther
der Bewegung eines Ions keinen Wider-
standentgegensetzt, könnte man ihn einen
vollkommenen Elektrizitätsleiter nennen.
Aber damit wird der Sinn der Definition des
Leiters verschoben. Man thut gut, an dieser fest-
zuhalten. Die Frage nach der Elektrizitätsleitung
des Äthers hat dann nach dem Vorstehenden
überhaupt keinen Sinn mehr.
2. Verdünnte Gase als Elektrizitätsleiter.
Der kleinste Gasdruck, den wir mit unsern
Mitteln herstellen können, liegt wohl nicht unter
0,00001 mm. Bei 760 mm und o" ist die Zahl
der Gasteilchen in 1 cm ^gleich 2,4- lO'* (Drude,
Planck); bei jenem Druck ist sie darum 3,1-10".
Mit unserer bisherigen Evakuations-
technik bleiben wir demnach von dem
absoluten Vakuum um u Dezimalen ent-
fernt. Selbst bei dem uns möglichen höchsten
Vakuum haben wir es also immer mit Gas-
teilchen zu thun und wir müssen uns die
Strömung durch hohe Vakua ebenfalls durch
Gasionen vermittelt denken.
Von einer Berechnung der spez. Leitfähigkeit
hoch verdünnter Gase nach der obigen Formel
kann deswegen nicht mehr die Rede sein, weil
für sie das Ohmsche Gesetz nicht mehr gilt.')
immerhin aber kann man sich folgendes klar
machen über die zwei Faktoren, von denen in
erster Linie die Stromstärke abhängt,
Ist die Ionisation in einem Gase konstant,
so wächst die .Stärke des durchgehenden Stromes
mit abnehmendem Druck und ist bei sehr kleinen
Drucken sehr gros,-., weil die mittlere freie
Weglänge der Ionen mit abnehmendem Gas-
druck wächst.
Indes nimmt unter sonst gleichen
Umständen die Ionisation eines Gases ab
mit sinkendem Drucke. Es absorbiert
nämlich ein Gas von der Energie, durch
welche es ionisiert wir<l, um so weniger
in der Volumcnuinheit. und wird dann um
Ij Ann. d l'li; s, 6, 90, 797, lyol.
SO weniger ionisiert, je kleiner sein Druck
i st. Die? gilt auch von dem ionisierenden Sto.ss
seiner Ionen. Ist K die Elektrodenspannung des
durchströmten Gases, y^ die Stromstärke, so ist
y^- F die im Gas geleistete elektrische, primär
in kinetische lonenenergie verwandelte Arbeit.
Der Anteil dieser Energie, der auf die Ionisierung
neutraler Teilchen verwandt wird, und damit
auch die durch sie erzeugte Ionisation ist um so
kleiner, je kleiner der Gasdruck ist; gleichzeitig
steigt der Energiebetrag, welcher von den be-
wegten Ionen an die feste Begrenzung des
durchströmten Gases, nämlich an die Elek-
troden und die Gefässwände, abgegeben wird.
Die auf diese Weise bewirkte Abnahme der
Ionisierung ist der Grund, warum bei kleinem
sinkendem Druck und konstanter Elektroden-
spannung die Stromstärke nicht wächst, sondern
abnimmt.
3. Einfluss der Gefässwände auf die
Strömung an der Kathode.
Das Verhalten des negativen Glimmlichtes
wird häufig in folgender Weise beschrieben.
„Das negative Glimmlicht bedeckt bei höheren
Drucken nur einen Teil der Kathodenoberfläche,
Mit abnehmendem Drucke wächst die Dicke
des Kalhodendunkelraumes und gleichzeitig
auch die Basis des negativen Glimmhchtes,
Dieses bedeckt schliesslich die ganze Ober-
fläche der Kathode (Fig, i)," Soweit ist nichts
einzuwenden; man fährt aber in der Regel
folgendermassen weiter. „Bei weiter sinkendem
Drucke zieht sich die Basis des negativen
Glimmlichtes wieder zusammen und bedeckt
schliesslich nur mehr die Mitte der nach der
Anode gewandten Kathodenseite; diese allein
i.st dann der Ausgangspunkt der Kathoden-
.strahlen (Fig, 2)."
Wenn man hiermit das normale Verhalten
des negativen Glimmlichtes bei niedrigen Drucken
kennzeichnen will, so begeht man einen schweren
Fehler. Jenes Verhalten ist nämlich abnormal
und sekundär durch die Nähe der Glaswand
bedingt. Wählt man deren Entfernung
von der Kathode genügend gross, so
bleibt auch bei ilen niedrigsten Drucken
die ganze Kathodenoberfläche mit nega-
tivem Glimmlicht bedeckt und sendet an
allen ihren Funkten Kathodenstrahlen
aus [Fig. 3). J<,-ncs almorniale Verhalten er-
klärt sich in fulL'ender Weise.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang- No. 8.
167
Wie ich in einer demnächst in den Annaien
der Physik erscheinenden Abhandlung ansfiihr-
lich dargelegt habe, ist sowohl die negative
Ghmmschicht, wie die erste Kathodenschicht
eine lonisierungspartie. Hier ionisieren die
positiven Ionen durch ihren Stoss das Gas,
dort die negativen; die eine liefert" der anderen
Ionen zur Aufrechterhaltung der Ionisation.
Schirmt man die von der negativen Glimm-
schicht ausgehenden auf die Kathode zu-
schiessenden positiven Ionen von einem Teil
der Kathode ab, indem man zwischen diese
und den Anfang der negativen Glimmschicht
einen festen Körper stellt, so verschwindet, wie
A. Wehnelt') gezeigt hat, an diesem Teil die
erste Kaihodenschicht und mit ihr die Ioni-
sierung; der Teil kann umgekehrt nicht wieder
negative Ionen in die negative Glimmschicht
zur Ionisierung senden; darum verschwindet
auch der ihm gegenübtrlieyende, von ihm ab-
hängige Teil der negativen Glimmschicht. Das
Resultat ist, dass die freie Kathodenoberfläche
um jenen von dem Körper vor positiven Ionen
geschützten Teil verkleinert erscheint. In
gleicher Weise wie der schattenwerfende Körper
wirkt nun auch die Glaswand, sowie die Dicke
des Kathodendunkelraumes grösser geworden
ist als ihr Abstand von dem zunächst liegen-
den Teil der Kathode, sowie sich also die Wand
zwischen einen Teil der negativen Glimmschicht
und die Kathode schiebt. Die Glaswand nimmt
dann gleichzeitig eine starke negative Ladung
an. Diese kann schwer abfliessen, da ja nun-
mehr die Ionisation im benachbarten Gasraum
sehr klein ist. Aus diesem Grunde muss dann
auch die Aiissendung von Kafhodenstrahlen
auf der Rückseile der Kathode aufhören.
Als Gesetz^) des Kathodenfalls A' habe ich
folgende Formel angegeben:
II A. Wehnell, Wied. Ann. 67, 421, 18.J9.
Hierin ist A'« der normale Kathodenfall,
/' und X eine Konstante, /> der Gasdruck, /die
Grundfläche des negativen Glimmlichtes oder
der ersten Kathoden .Schicht, / die Stromstärke.
Hierbei ist zunächst angenommen, dass sich
der dunkle Kathodenraum, nicht gestört von
der Glaswand, ausbreiten kann. Tritt der Fall
ein, dass durch die Nähe der Glaswand ein
Teil_/i der ganzen Kathodenoberfläche /* seines
Glimmlichtes beraubt wird, so ist f^^fk — fi zu
setzen,
Ist /: die elektromotorische Kraft der Strom-
quelle, /■ der ausserhalb des Stromgefässes
liegende Ohmsche Widerstand und ist der
Spannungsabfall zwischen dem Ende des nega-
tiven Glimmlichtes und der Anode klein, was
in der Regel bei niedrigen Drucken zutrifft,
so kann man mit grosser Annäherung setzen
E — K
oder
= E~K..-
p-f\
/>(/*-/.)i
Aus diesen Gleichungen sind folgende durch
das Experiment leicht zu bestätigende Folge-
rungen abzulesen. Bei niedrigen Gas-
drucken ist die Stromstärke im allge-
meinen klein. Will man auch durch ein
hohes Vakuum einen relativ starken
Stromsenden, so muss man der Kathode
eine grosse Oberfläche und einen grossen
Abstand von der Gefässwand oder an-
deren im Gas befindlichen Körpern geben,
damit/ =<' bleibt. Will man eine Vakuum-
röhre herstellen, die nur eine sehr
schwache elektrische Strömung durch-
lässt, oder will man die Spannungs-
differenz zwischen Anode und Ka-
thode gross machen und so Kathoden-
I strahlen mit sehr grossen Geschwindig-
i keiten erzeugen, so muss man erstens
! einen möglichst niedrigen Gasdruck
I herstellen, zweitens eine kleine Kathode
( verwenden, drittens denAbstand zwischen
I ihr und der Glaswand klein wählen, da-
; mit /* — / nahezu Null wird. Die negativen
■ Ladungen der Glaswand können in engen
Röhren bei niedrigem Drucke so gross werden,
dass sie, nach einem ganz kurzen Übergang
. eines Stromstosses, der verfugbaren elektro-
! motori.schen Kraft es unmöglich machen, die
I elektrische Strömung wieder einzuleiten und
I aufrecht zu erhalten. Dies war in den absoluten
Vakuumröhren Hittorfs der Fall.
Göttingen, den 20. Dezember 1901.
I (Kingegangeii 21. Deiember 1901.}
i68
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
xl
B. Walter (Hamburg), Ein photographischer
Apparat zur genaueren Analyse des Blitzest)
Schon die gewöhnlichen nächtlichen BHtz-
photographien mit feststehender Kamera, die
zuerst vor etwa 20 Jahren gemacht wurden,
Hessen in vereinzelten Fällen erkennen, dass
ein Blitzschlag nicht immer ein einfacher, sich
in einem Augenblicke abspielender Vorgang ist,
sondern unter Umständen aus mehreren, stoss-
weise aufeinander folgenden Entladungen be-
stehen kann, welche in der Regel alle denselben
Weg durch die Luft nehmen. Die erste Aufnahme
dieser Art war diejenige von Prof. Kayser*^) in
Bonn; und die zeitliche Analyse des Blitzes kam
in diesem Falle ohne Zuthun des Photographen
dadurch zu stände, dass ein starker Wind die
Luftteilchen, über welche der Blitz seinen Weg
nahm, so schnell vor sich hertrieb, dass die
einzelnen Entladungen, welche zeitlich nach-
einander durch dieselben hindurchgingen, sich
örtlich neben ein and er auf der Platte abbildeten.
Die Erkenntnis dieser Umstände führte sodann zu
dem Gedanken, diese Analyse auch ohne Bei-
hilfe des Windes einfach dadurch h?rbeizufuhren,
dass man die photographische Kamera während
des Gewitters nicht mehr fest aufstellte, sondern
derselben eine bestimmte Bewegung gab. Auch
dann mussten ja selbst Vorgänge, die genau
an derselben Stelle des Raumes zeitlich nach-
einander stattfanden, auf der Platte räumlich
nebeneinander abgebildet werden. Die ersten
Aufnahmen dieser Art verdanken wir Prof.
Weber^) in Kiel, und zwar hielt derselbe seine
Kamera dabei einfach zwischen den beiden
Händen, um derselben damit eine langsam
schaukelnde Bewegung in der Art zu geben,
dass die optische Achse der Kamera ungefähr
den Mantel eines Kegels beschrieb.
Hiermit war also eine Methode angegeben,
um jeden Blitzschlag zeitlich zu analysieren.
Allerdings halte ich die Art der Bewegung,
welche der letztgenannte Beobachter seiner
Kamera gab, nicht gerade für die günstigste;
denn es können dabei die einzelnen Entladungen
des Blitzschlages leicht durcheinander geraten,
und es kann ferner auch die Bestimmung der
Zeitabschnitte, welche zwischen diesen einzelnen
Entladungen liegen, auf diese Weise höchstens
nur annähernd geschätzt werden. Diesen beiden
Übelständen glaube ich nun in verhältnismässig
einfacher Weise dadurch abgeholfen zu haben,
i) Abteilung 2, 26. September 190 1.
2) H. Kayser, Berichte der KönigL Akad. Berlin 1884,
S. 611.
3) L. Weber, Berichte der Königl. Akad. Berlin 1889,
S. 781.
dass ich die photographische Kamera auf ein
passendes Uhrwerk setzte, um derselben da-
durch eine ganz langsame Drehung um eine
fest im Räume stehende Achse zu geben, wie Sie
es hier an diesem Apparate sehen. Dabei ist
aber die Kamera nicht fest mit dieser Achse ver-
bunden, sondern vielmehr an einen Messing-
cylinder angeschraubt, der längs seiner Achse
eine Durchbohrung von solcher Weite erhalten
hat, dass er sich mit sanfter Reibung über jene
Achse des Uhrwerks schiebt und also von ihr
bei der Drehung mitgenommen wird. Diese
Komplikation hat den Zweck, dass die Kamera
nicht die ganze Drehung um die Achse des Uhr-
werks mitzumachen braucht, sondern dass man
sie, sobald ihr Objektiv das Gewitter aus dem
Gesichtskreis verloren hat, einfach mit der Hand
wieder zurückdrehen kann, worauf sie nur los-
gelassen zu werden braucht, um aufs neue von
dem Uhrwerk mitgenommen zu werden (Vor-
führung). Zur Erleichterung der Handhabung
ist noch ein Anschlag vorgesehen, durch den
man die Drehung der Kamera auf einen be-
stimmten Winkel beschränken kann. Beim Weiter-
ziehen des Gewitters verrückt man dann nur
das Stativ, welches das Uhrwerk mit der Kamera
trägt und zwar natürlich in der Weise, dass
die Mittellinie jenes Winkels immer ungefähr
nach derjenigen Stelle des Himmels hinzeigt,
wo die Blitzschläge am häufigsten stattfinden.
Hat man nun auf diese Weise einen der-
selben eingefangen, und zeigt er sich auf der
fertig entwickelten Platte aus mehreren Einzel-
entladungen bestehend, so kann man den zeit-
lichen Abstand ^/ von zweien derselben aus
ihrem räumlichen Abstand dy auf der Platte
nach der Formel
fi + 1/2
berechnen, worin / die Brennweite des Objek-
tivs, IV die Winkelgeschwindigkeit der Kamera
und y den Abstand der fraglichen Stelle von
der Mitte der Platte bedeutet. Bei meinem
Apparate z. B. dreht sich die die Kamera tra-
gende Achse in 35 Sekunden einmal um sich
selbst, so dass demnach bei Anwendung eines
Objektivs mit 12 cm Brennweite zwei Entla-
dungen, die sich in der Nähe der Mitte der
Platte in einem Abstände von i cm abgebildet
haben, in einer Zeit von 0,465 Sek. aufeinander
gefolgt sind. Natürlich kann man durch An-
Wendung eines anderen Übersetzungsverhält-
nisses der Zahnräder des Uhrwerks diese Ver-
hältnisse in sehr weiten Grenzen ändern.
Was sodann die eigentliche photographische
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No. 8,
169
Ausrüstung anbetrlfift, so enthält meine Kamera
nur eine Plattengrösse von '12 cm und zwar
hauptsächlich deshalb, um dieselbe event. auch
mit auf die Reise nehmen zu können. Ferner
habe ich zu derselben zwei sogenannte Magazin-
kassetten mit je 12 Platten Inhalt ange.schafft,
einmal, um auch während eines iangdauernden
Gewitters nicht neue Platten einlegen zu brau-
chen, und zweitens, um nach erfolgtem Blitz-
schlag möglichst schnell wieder eine neue Platte
in Bereitschaft zu haben.
In Bezug auf das Objektiv ferner scheint
mir eine korrekte Zeichnung bis in die Ecken
der Platte hinein die erste Forderung zu sein,
die ' Lichtstärke aber weniger in Betracht zu
kommen. Erwünscht dagegen ist ein recht
grosser Gesichtskreis, sodass daher die Weit-
winkelobjektive nach dem Doppelanastigmattypus
wohl als die passendsten Gläser zu bezeichnen
sind. Indessen kann man bei gehöriger Ab-
biendung auch schon mit verhältnismässig ein-
fache« Objektiven recht gute Resultate er-
zielen.
Für eine erfolgreiche Anwendung des Ap-
parates ist es ferner in erster Linie erforderlich,
dass man über einen Standort verfügt, von dem
aus man einen möglichst grossen Teil des
Himmels übersehen kann. Da man sich nun
aber zur Nachtzeit meistenteils in seiner Häus-
lichkeit befindet und hier demnach auch den
Apparat bereit halten wird, die städtischen
Wohnungen aber andererseits in der Regel nur
einen sehr beschränkten Rundblick gewähren,
so habe ich mir auf dem Dache des fünfstöckigen
Etagenhauses, in welchem ich wohne, einen
bedeckten Ausbau von etwa i qm Grundfläche
machen lassen, der vier kleine, sich nach allen
Richtungen des Himmels hin Öffnende Fenster
besitzt. Von diesen wird dann natürlich nur
das gerade nötige aufgemacht, so dass ich also
trotz des freien Standortes doch gegen Regen
und Wind ziemlich gut geschützt bin.
Im Anschlüsse hieran möchte ich Ihnen
nun noch einige der vielen bereits mit dem
Apparate erhaltenen Aufnahmen vorführen. Von
denselben scheint mir zunächst die folgende
in Fig. 1 ') abgebildete, die am Abende des
Pfingstsonntags v. j. aufgenommen wurde, in
mehrerlei Hinsicht ein besonderes physikalisches
Interesse zu haben. Wie Sie sehen, besteht
der darin" abgebildete Blitz aus drei in sehr
kurzer Zeit aufeinanderfolgenden Schlägen, die
auf der Platte in allen ihren Teilen genau
parallel .sind und demnach alle denselben Weg
durch die Luft genommen haben. Dabei ist
l( L'm die teilweise sehr larlen ELnjelheilen dei Originale
ia beiden Figuren l und 3 bei der Reiuodoltlion niehl ver-
loren gehen lu lassen, mnasten in den dafilr nngeferliKteii
PofltiTen die hellen und dunklen Teile duieli weisse bcnv.
«chtraiye Tusche etwas KtSrher hervorgehoben nerdcii.
Fig. T.
der in der oben angegebenen Weise berechnete
Zeitunterschied zwischen den beiden ersten Ent-
ladungen 0,042 Sek., und der zwischen den
beiden letzten 0,1 1 Sek,, so dass also der ganze
Schlag 0,15 Sek. gedauert hat. Besonders be-
merkenswert ist nun an diesen Entladungen, dass
nur diejenige, welche der Zeit nach die erste
war, seitliche Verästelungen hat. Auf diese Er-
scheinung, die sich übrigens noch in mehreren
anderen meiner Aufnahmen wiederholt, mache
ich deswegen aufmerksam, weil dieselbe mit
der Art der Entstehung des Blitzes, wie
ich sie vor einiger Zeit in Wiedemanns An-
nalen') nahe gelegt und daselbst auch für die
Funken unserer Induktionsapparate durch eine
ähnliche photographische Analyse derselben
bewiesen habe, in direktem Zusammenhange
steht. Nach dieser Auffassung entsteht näm-
lich ein Blitz in der Regel nicht mit einem
Schlage, sondern vielmehr in der Weise, dass
die positive Elektrizität der Wolke in der Form
mehrerer stossweise aufeinanderfolgender und
von Stoss zu Stoss immer länger werdender
Büschelentladungen allmählich immer weiter zur
Erde hin vordringt, wobei die folgende Ent-
ladung sich stets des ihr von der vorhergehenden
bereits gebahnten Weges bedient, um dann so
weit darüber hinauszuschiessen, als sie es nach
Massgabe der ihr von der Wolke aus nachge-
lieferten elektrischen Energie vermag.
II R Walter, Wicd, Am.. 68. 6j6, iSf)S 11. 68, 776,
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrganjj. No. 8.
Dass diese Theorie für die künstlichen Funken
imserer Laboratoriumsv ersuche zutrifft, habe
ich, wie bereits gesagt, in Wiedemanns An-
nalen nachgewiesen, und werden Sie auch un-
mittelbar zugeben, wenn ich Ihnen hier einige
besonders charakteristische Aufnahmen vor-
führe. Dabei hatte allerdings die photogra-
phische Platte etwa die hundertfache Geschwin-
digkeit von der unserer Blitzkamera, und sie
niusste daher auch die Vorgänge bei der Ent-
stehung des Funkens weit genauer erkennen
lassen, als die mit letzterer erhaltenen Blitz-
aufnahmen.
Wenden wir nun aber diese so gewonnene
Erkenntnis auf die zuerst betrachtete Blitzauf-
nahme an, so werden wir sagen können, dass
die darin enthaltene Thatsache, wonach die seit-
lichen Verästelungen immer nur an der ersten
Entladung eines mehrfachen Blitzschlages vor-
kommen, mit der obigen Theorie der Ent-
stehung desselben im besten Einklang steht,
denn für die späteren Entladungen ist ja der
Weg schon durch die erste gebahnt, und es
können also diese auch der vorbereitenden
Büscbelentladungen entraten.
Sodann möchte ich Ihnen als zweite Auf-
nahme noch die folgende vorlegen, deren, am
2. Juni d. J. morgens zwischen 3 und 4 Uhr auf-
genommener Blitz aus sechs einzelnen Schlägen
bestand [s. Fig. 2I'). Bemerkenswert ist an dieser
Aufnahme besonders, das.s die Abstände zwischen
den einzelnen Entladungen sehr ungleich sind;
sie betrugen nämlich in Zeit umgerechnet resp.
0,131, 0,068, 0,075, 0,1 19 und 0,103 Sekunden,
so dass also an eine regelmässige Schwingung
der Elektrizität zwischen Wolke und Erde, wie
man sie vielfach angenommen hat, in diesem
Falle nicht gedacht werden kann. Es sei
noch bemerkt, dass ich jene Zeitintervalle
zwischen den einzelnen Entladungen bei der
Aufnahme des Blitzes deutlich als ein mehr-
faches Zucken des Lichtes beobachten konnte.
Schliesslich mag noch daraufhingewiesen werden,
dass der zweite und der sechste Schlag dieses
Blitzes die übrigen an Intensität ganz be-
deutend überragen, und dass es auch nur diese
beiden Entladungen waren, durch deren Licht
die auf dem Bilde sichtbare Landschaft mit
zur Abbildung gelangte. Dies ergiebt .sich sehr
einfach daraus, dass sämtliche Einzelheiten
dieser Landschaft doppelt abgebildet sind, und
dass ferner der Zeitabstand i// aller dieser Doppel-
bilder der gleiche ist, wie der jener beiden
Schläge. Der räumliche Abstand dy der ein-
zelnen Doppelbilder dagegen variiert etwas von
der Mitte bis zum Rande der Platte hin, wie
es ja auch nach unserer Formel i) der Fall
sein muss.
Hieraus ergiebt sich nun aber, dass wir
bei dieser Art der Blitzphotographie mit be-
wegter Platte in den meisten Fällen auch
schon aus dem Bilde der von dem Blitze er-
leuchteten Landschaft erkennen können, ob
derselbe aus einem oder mehreren zeitlich auf-
einander folgenden Schlägen bestanden hat.
Dies ist besonders wichtig in solchen Fällen,
wo man dies aus dem Bilde des Blitzes selbst
nicht mit Sicherheit erkennen kann, wie Sie
dies beispielsweise aus folgender Aufnahme
ersehen. Dieselbe scheint nämlich bei der ersten
Betrachtung einen einfachen und ziemlich regel-
losen Flächenblitz darzustellen. Da indessen die
Landschaft in dieser Aufnahme in ihren am
meisten hervortretenden Umrissen deutlich als
doppelt zu erkennen ist, so ist es fraglos, dass
wir es hier mit zwei, in bestimmtem Zeitab-
stand aufeinander folgenden Entladungen zu
thun haben müssen. Bei einer genaueren
Durchsiebt der Platte gewahrt man denn auch,
dass oben in der Ecke die sehr schwache,
wahrscheinlich von der Wolke verdeckte Aus-
gangs.stelle des Blitzes ebenfalls doppelt und
zwar in demselben Abstände, wie die Doppel-
bilder der Landschaft auftritt, so dass es also
keinem Zweifel unterliegen kann, dass der eine
Teil unseres Blitzes, der von der s-päter auf-
tretenden Abbildung dieser Ausgangsstelle aus-
geht auch zeitlich später erfolgte als der übrige
Teil. Somit ergiebt sich also des weiteren
noch aus der Aufnahme, dass in diesem Flächen-
blitze die positive Elektrizität, trotzdem sie in
gar nicht sehr langer Aufeinanderfolge zweimal
von demselben Punkte der Wolke ausgegangen
ist, hich dennoch beide Male nach ganz ver-
schiedenen Kichtungcn des Himmels hin bewegt
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. S.
171
hat, und zwar offenbar deshalb, weil in der
zuerst von ihr aufgesuchten Gegend der Vorrat
an entsprechender negativer ^Elektrizität erschöpft
war. Wenn ein solcher doppelter Blitzschlag
von derselben Stelle einer Wolke aus zur Erde
niedergegangen wäre, so würde ein derartiger
Richtungswechsel in so kurzer Zeit schwerlich
stattgefunden haben.
In der nächsten Aufnahme zeige ich Ihnen
dann noch einen Flächenblitz, der wirklich nur
aus einem momentanen Schlage bestanden hat;
denn das Bild der Landschaft ist, trotzdem die
photographische Platte bei der Aufnahme in
Bewegung begriffen war, dennoch tadellos scharf
geworden. Ja, auf der nunmehr folgenden Platte
sehen Sie sogar ein ebensolches, noch besser
ausgeprägtes Bild dieser Landschaft, das von
einem Blitze herrührt, der nicht einmal selbst
mit auf der Platte abgebildet ist, wahrschein-
lich weil er ziemlich senkrecht über mir in den
Wolken stattfand.
Schliesslich möchte ich noch einer letzten
Aufnahme Erwähnung thun, die mir besonders
in meteorologischer Hinsicht von Bedeutung er-
scheint, die aber leider bei der photographischen
Entwicklung nicht klar genug herausgekommen
ist, als dass ich sie Ihnen hier vorfuhren
könnte. Ich muss Ihnen daher das darin Ent-
haltene durch eine schematische Zeichnung (s.
F^jg- 3) demonstrieren. Es handelt sich dabei
um einen Flächenblitz, der aus zwei, in allen
ihren Teilen parallelen Einzelentladungen i und
Fig. 3.
2 besteht, so dass wir es also zunächst nur mit
zwei in gewohnter Weise zeitlich aufeinander-
folgenden Schlägen zu thun zu haben scheinen,
die beide denselben Weg durch die Luft ge-
nommen haben. Das Bemerkenswerte an dieser
Aufnahme ist nun aber, dass in der linken
Hälfte der Platte die zeitlich zuerst auftretende
Entladung als die stärkere erscheint, während
auf der rechten Seite das Umgekehrte der Fall
ist. Die Erklärung hierfür finden wir, wenn wir
uns die Stelle aufsuchen, wo der Wechsel
zwischen diesen beiden Erscheinungen eintritt
(in der schematischen Zeichnung bei^): denn wir
sehen, dass sich hier von der Seite her eine
neue Entladung mit der zeitlich zuletzt erfolgen-
den vereinigt. Es ist demnach klar, dass diese
Seitenentladung gleichzeitig mit dem zweiten
Schlage des ursprünglichen Blitzes entstanden
und dann in die Stelle a seiner Bahn hineinge-
schlagen sein muss und sich nun von hier aus
der rechten Hälfte seines Weges in der Luft
bedient hat. Dadurch wurden dann die hierin
befindlichen Luftteilchen noch einmal zu neuer
Glut angefacht, so dass es mithin begreiflich ist,
dass diese bei dieser zweiten Entladung stärker
erglühen konnten, als bei der ersten, während
für die Teilchen der linken Hälfte des ursprüng-
lichen Blitzes, die von jener Seitenentladung nicht
berührt wurden, das Umgekehrte der Fall sein
konnte.
Schliesslich möchte ich noch bemerken, dass
bei dem Doppelblitze dieser Aufnahme für die
Verteilung der Elektrizität in den Wolken das
Umgekehrte gilt, wie bei demjenigen des Ihnen
früher vorgeführten Flächenblitzes; denn hier
fällt bei den beiden Einzelentladungen des
Blitzes das elektrisch negative Ende in die-
selbe Gegend der Gewitterwolke, und die ent-
sprechende positive Elektrizität kommt aus zwei
verschiedenen Teilen derselben zugeströmt, wäh-
rend dort umgekehrt die positive Elektrizität
beide Male von derselben Stelle der Wolke aus-
ging und sich die zu ihrer Neutralisierung not-
wendige negative in zwei ganz verschiedenen
Gegenden derselben aufsuchen musste.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen.)
Precht (Hannover): Ich möchte Herrn Weber
fragen, ob und wo er mit seinem Apparat er-
haltene getrennte Blitze publiziert hat.
Weber (Kiel): Ich habe bei meinen 1889 in
den Berliner Akademieberichten publizierten
Blitzaufnahmen eine sehr deutliche Trennung der
Einzelentladungen beobachtet und diese streifen-
förmig nebeneinander liegenden Linien bereits
als Intensitätsanschwellungen im Gegensatz zu
oszillatorischen Entladungen gedeutet. Ich habe
diese hier vorgeführte Trennung durch eine
einfache Handbewegung bekommen. Das In-
strument des Herrn Walter ist gewiss ge-
eignet, genauere Zeitmessungen zu geben. Inter-
essant ist bei den vorgeführten Versuchen
der Nachweis, dass die Blitze nicht oszillato-
rische Entladungen sind, sondern der Mecha-
nismus doch wohl hier ein anderer ist. Es han-
delt sich wohl um Intensitätsanschwellungen,
nicht um Oszillationen.
Mannes mann (Remscheid): Um eine Ver-
grösserung der Geschwindigkeit des Apparates
zu erhalten, wäre es vorteilhaft, einen Rotations-
apparat mit einer so grossen Zahl photographi-
scher Kammern zu verwenden, dass man damit
stets den ganzen Horizont in Sicht hat.
Walter: Daran habe ich auch schon ge-
dacht, wegen der grossen Kosten aber vorläufig
davon Abstand genommen.
172
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
M. Töpler (Dresden): Nach meinen Unter-
suchungen der magnetischen Spuren von Blitz-
schlägen waren Blitze, in denen die Strömungs-
richtung der positiven Elektrizität von der Erde
zur Wolke ging, viel häufiger, als die umge-
kehrten. Hat der Vortragende vielleicht an
seinen Blitzphotographien eine stärkere Veräste-
lung nach dem positiven Ende, als nach dem
negativen Blitzende zu wahrgenommen? Ein
solcher Unterschied Hesse die erwähnte Häu-
figkeitsverschiedenheit erklären.
Walter: Nein; ich habe bisher die Ansicht
vertreten, dass in sämtlichen zur Erde, gehenden
Blitzen die positive Elektrizität nach der Erde
zu fliesst.
Töpler: Das widerspricht dem Befunde der
Spuren.
Walter: Solange wir es mit Büschel-Ent-
ladungen zu thun haben, geht der Prozess jeden-
falls von der Wolke zur Erde vor sich. Erst
wenn der Blitz fertig ist, könnte auch wohl
ein Strömungswechsel stattfinden.
Töpler: Das muss ich bezweifeln; es kann
auch ein negatives Büschel aus der Wolke her-
vorgehen,
Walter: Bei den Induktionsftinken sind es
aber nur die positiven Entladungen, die grössere
Büschel geben.
Töpler: Ich frage eben, ob das bei den
Blitzen auch so ist?
Walter: Das nehme ich allerdings nur an.
Vorsitzender Prof. Braun: Hier scheint
also keine Einigkeit zu erzielen zu sein.
Precht erinnert an getrennte Blitzaufnahmen,
die er 1895*) gemacht hat. Die Frage, ob es
sich dabei um intermittierende oder oszillierende
Entladungen handelt, betrachtet er als eine offene.
Geitel (Wolfenbüttel): Unzweifelhaft kommen
bei negativem Potentialgefälle über der Erd-
oberfläche Blitze vor, bei denen die Wolke
Kathode ist. Es ist sehr wahrscheinlich, nach
den Ausführungen des Herrn Walter, dass, wenn
die Wolke Kathode ist, wir solche Büschel
nicht haben.
Walter: Ich habe allerdings auch eine ganze
Anzahl von einfachen Blitzen ohne Büschel er-
halten, und es wäre ja möglich, dass in solchem
Falle die Strömung der positiven Elektrizität
von der Erde zur Wolke hin stattgefunden hat.
Diese Aufnahmen habe ich nicht vorgeführt, weil
sie mir nichts Besonderes zu bieten schienen.
i) Precht, Himmel und Erde 7, 177— 185, 1S95.
O. L u m m e r (Berlin), Die planparallelen Platten
als Interferenzspektroskop. ')
Fizeau muss als der Begründer der Inter-
ferenzspektroskopie angesehen werden, da er
zuerst aus seinem berühmt gewordenen Ver-
l) Abteilung 2, 23. Spptbr 1901.
such mit dem Newton sehen Farbenglase variabler
Luftdicke auf die Zusammensetzung des be-
nutzten Lichtes wichtige Schlüsse gezogen hat.
Den N e w t o n - F i z e a u seh en „Kurven gleicher
Dicke" haftet jedoch ein Fehler an, auf den
Exner hingewiesen hat'), welcher bewirkt,
dass diese Streifen bei einem genügend hohen
Gangunterschiede verschwinden, auch wenn das
benutzte Licht absolut homogen ist und be-
liebig lange interferenzfähig schwingt.
Frei von diesem störenden Fehler sind die
an einer vollkommen planparallelen Platte
auftretenden „Kurven gleicher Neigung", von
denen ich zeigen konnte*^), dass sie allein be-
rufen sind, die Frage endgültig zu entscheiden,
wie lange ein Ätherteilchen interferenzfähig
schwingt. Ausserdem behandelte ich die „neu-
tralen" Stellen, welche man bei Anwendung
von Natriumlicht beobachtet, wenn man von
senkrechter zu streifender Incidenz übergeht.
Diese Erscheinung bildet das Analogon zu dem
von Fizeau beobachteten Phänomen des perio-
dischen Verschwindens und Wiedererscheinens
der Newtonschen Ringe.
Erst A. A. Michelson^) hat die Interferenz-
spektroskopie zur Disziplin ausgebaut, indem er
die Fizeau sehe Methode der variablen Luft-
schicht auf die Planparallelitätsringe übertrug
und das Aussehen der Ringe bei kontinuierlich
wachsender Dicke einer planparallelen Luft-
platte studierte. In Übereinstimmung mit meiner
Theorie steht die Thatsache, dass Michelson
die Ringe an einer planparallelen Luftplatte von
variabler Dicke noch bei Gangunterschieden von
über 400000 Wellenlängen beobachten konnte.
Seine aus dem Verlauf und dem Aussehen der
Ringe bei wachsendem Gangunterschied in
Bezug auf die Zusammensetzung der benutzten so-
genannten „homogenen" Lichtquellen gezogenen
Schlüsse entbehren jedoch der sicheren Grund-
lage und zwingenden Kraft. Diese wurde der
Michelsonschen Methode erst durch Perot
und Fabry^) gegeben, welche auf Grund der
B o u 1 o u c h sehen Theorie ^) die planparallele
Luftplatte zwischen versilberten, keilförmigen
I --
i) Siehe E. V erdet, „Vorlesungen über die Wellen-
theorie des Lichtes". Deutsche Bearbeitung von K. Exner.
Braunschweig, Vieweg & Sohn, 1881, p. 72 ff.
2) O. Lummer, „über eine neue Interferenzcrscbeinung
an planparallelen Platten und eine Methode, die Planpara-
lilität solcher Gläser zvl prüfen". Inaog.-Diss. 1884. Wied.
Ann. 23, 49—84, 1884.
3) A. A. Michelson, Phil. Mag. (5) 31, 338 — 346,
1891; 34, 280 — 299, 1892 und Joarn. de Phys. (3) 3, 5 — 22,
1894.
4) A. Perot u. Ch. Fabry, Ann. de chim. et phys. (7)
12, 459—501, 1897; Compt. rend. 1897, 1898, 1899 und
19CX); Ann. de chim. et phys. (71 16, 1899 und Balletin
Astioo. Janvier 1899; vgl. auch M. Hamy, Compt. rcnd.
125, 1092—1094, 1827. Näheres siehe in Kaysers Hand-
buch der Spektroskopie, Hand I, S. 482 ff. Siehe auch diese
Zeitschrift 3, 5, 1901.
5) A. Boul oiich, Jouri). de ]>hjs 1S94.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
»73
Glasplatten herstellten und dadurch bei Vor-
handensein zweier homogenen Wellen eine
Verdoppelung der Ringe erzielten, wo bei
Michelson ein vollkommenes Auslöschen der
den beiden Wellen zukommenden Ringsysteme
eintrat.
Das neuerdings von Michelson erdachte
Stufenspektroskop *) bezweckt nach Art eines
Gitters von grossem Abstand der Gitterstreifen
ebenfalls eine direkt sichtbare Auflösung feinster
Spektrallinien.
Veranlasst durch das Studium einer von
mir neu beobachteten Interferenzerscheinung
an planparallelen Luft- oder Glasplatten^), ge-
langte auch ich zu einer Lösung desselben
Problems^), welche ich kurz schildern und ex-
perimentell vorführen möchte.
Theoretisches: Es seien zwei homogene
Wellen gleicher Intensität in der benutzten Licht-
quelle vorhanden, deren Längen wir mit X und
l'[<C,X] bezeichnen wollen. Dann findet „Disso-
nanz" der beiden Ringsysteme statt, d. h. es
fallen die Minima des einen Systems zwischen
diejenigen des anderen, falls
l) 2fi -^ = (2/ + l) -
gilt, wo / den Gangunterschied der inter-
ferierenden Strahlen in ganzen Wellen X aus-
gedrückt, bedeutet. Für zwei Wellen vom
Abstände der /^-Linien ist ^=491; für zwei
Wellen vom hundertsten Teile dieses Abstandes,
welche sich also nur um Vi 00 000 ihres Betrages
voneinander unterscheiden, ist / = 49ioo etc.
Um zu erfahren, wann zwei Wellen in Disso-
nanz treten, muss man also den Gangunter-
schied berechnen. Ist ;/ der Brechungsindex
der Glasplatte, d ihre Dicke und / der Einfalls-
winkel der interferierenden Strahlen, so ist ihr
Gangunterschied :
2) 2dyn'^ — sm'^i
Für senkrechte Incidenz (/ = o) und n= 1,5
findet die erste Dissonanz für die iV^-Linien
schon bei einer Plattendicke von 0,095 mm,
für die hundertmal engeren Linien erst bei
9,5 mm statt. Eine Platte von 9,5 mm Dicke
zeigt übrigens gegen 6000 Ringe, wenn man
von senkrechter zu streifender Incidenz über-
geht, also für Natriumlicht eine grössere Anzahl
von ,, Dissonanzstellen" oder „neutralen Stellen".
Je nach dem Intensitätsabfall vom Maximum
zum Minimum im Ringsystem tritt nun an
den Stellen der Dissonanz ein ganz verschie-
i) A. A. Michelson. Astroph. Journ. 8, 36 — 47, 1898;
Journ. de phys. (3) 8, 305—324» 1S99.
2) (>. Lummer, „Komplementäre Inlerferenzcrschci-
nuDgeo im reflektierten Liebte". Berl. Akad. Ber. 24,
504—513, 1900.
3) O. Lummer, „Eine neue Interferenzmethode zur Auf-
ItJsung feinster Spektrallinien." Vcrhdlgn. d. D. Phys. Ges.
3, 85—98, 1901.
denes Phänomen auf. Ist der Abfall ein sinus-
artiger, so löschen sich beide Systeme aus
und wir erhalten eine „neutrale" Stelle. Ist
der Abfall jedoch ein rapider, so verdoppeln
sich die Ringe durch Übereinanderlagerung
beider Systeme.
Laut der Airyschen Theorie der Farben
dünner Blättchen verläuft die Intensität im Ver-
einigungspunkt aller der untereinander parallelen
Strahlen, welche infolge vielfacher Reflexion
aus dem einfallenden Strahl an einer planparal-
lelen Platte entstehen, sinusartig, solange
der Einfallswinkel so klein ist, dass das Fres-
ne Ische Reflexionsvermögen nur einen geringen
Betrag erreicht. Je grösser beide werden, um
so steiler wird auch der Intensitätsabfall vom
Maximum zum Minimum der Planparallelitäts-
ringe. Wie schon Boulouch ganz richtig er-
kannt hat, lässt sich das hohe Reflexions ver-
mögen und damit dieser rapide Intensitätsabfall
bei senkrechter Incidenz durch Versilberung
erreichen, während er bei einer unbelegten
Platte unter streifender Incidenz von selbst
eintritt.
Will man das hohe Reflexionsvermögen
durch Schrägstellung der Platte erreichen,
so hat man ausserdem dafür zu sorgen, dass
möglichst alle vielfachen Spiegelbilder
auch zum Interferenzphänomen beitragen, d. h.
man muss die Platte entsprechend ihrer Dicke
genügend gross wählen, und zwar um so
grösser, je streifender man die Strahlen ein-
fallen lässt. Dies ist der von mir eingeschlagene
Weg. Er leistet bei geeigneten Platten-
dimensionen in Bezug auf die Auflösungskraft
mehr als der von Perot und Fabry ge-
wählte Weg, die Plattenoberflächen zu ver-
silbern und bei senkrechter Incidenz zu be-
obachten.
Da die Erscheinungen im reflektierten und
durchgehenden Lichte zu einander komple-
mentär sind, so ist der Intensitätsabfall in
beiden Fällen derselbe. Dabei treten im reflek-
tierten Lichte absolute Minima von grosser
Schärfe, im durchgehenden Lichte dagegen
absolute Maxima von prägnanter Definition auf
Eine einfache Überlegung oder Konstruktion
lehrt nun, dass in Bezug auf die Auflösung die
Erscheinung im durchgehenden Lichte be-
deutend günstiger ist. *) Da hier schmale Maxima
mit einem dunklen breiten Zwischenraum
(Minima) abwechseln, so kann sich ausser der
Hauptwelle auch eine relativ lichtschwache
Welle (Trabant) bemerkbar machen, wenn sie
gerade in Dissonanz mit der Hauptwelle ist
und ihre wenn auch lichtschwächeren Maxima
auf den Minimis der Hauptwelle entwickelt.
1) O. Lummer, „Über ein neues Interferenzspektroskop*'.
Arch. Neerl. ser. II, tome VI Jubil.Humsband für Bosch a 1901.
174
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
Anders im reflektierten Lichte. Hier erzeugt
die Hauptwelle schmale Minima und breite
Maxima. Auf diesen lagern sich also bei
Dissonanz die Minima des Trabanten auf und
kommen daher schon aus rein physiologischen
Gründen fast gar nicht zur Geltung.
Experimentelle Anordnung: Die ex-
perimentelle Anordnung bei der von mir
gewählten Interferenzmethode läuft auf die
eines Spektralapparates hinaus, bei welchem
zwischen Prisma und Fernrohrobjektiv die plan-
parallele Glasplatte eingeschaltet ist. Als solche
habe ich zur Verfugung eine 5,4 mm dicke
Platte von 15 cm Durchmesser und eine 10 mm
dicke Platte von 21 cm Durchmesser, welche
beide in vorzüglicher Ausführung von Herrn
Haecke in Berlin geliefert wurden. Hat man
ohne Glasplatte das Spektrometer justiert, so
sieht man bei Anwendung der Arons sehen
Quecksilber-Bogenlampe ') und Benutzung nur
eines Prismas im wesentlichen fünf farbige Spalt-
bilder. Sobald man aber die Glasplatte in den
Strahlengang einfügt und unter Einschaltung
eines engen Diaphragmas vor der Platte die
Strahlen immer steiler und steiler einfallen lässt,
so erscheinen die farbigen Spaltbilder durch-
zogen von vertikalen Interferenzstreifen. Da
das Ringsystem mit der Wellenlänge variiert,
so liegen die Maxima im violetten Spaltbild
enger zusammen als im gelben. Bestünde aber
jede Quecksilberlinie nur aus je einer Welle,
so entwickelte sich auch in jedem einzelnen
Spaltbild nur ein Streifensystem. Statt dessen
sieht man aber im blauen deren zwei, im hell-
grünen sogar deren vier bis fünf und im gelben
Spaltbild eine noch grössere Anzahl von Ring-
systemen.
Das gelbe Spaltbild ist bei genauerem Zu-
sehen ein Doppelbild entsprechend den zwei
gelben Quecksilberlinien, deren Abstand dreimal
so gross ist wie derjenige der Z^-Linien. Die
ihnen zukommenden Spaltbilder decken sich
also bei breitem Spalte und Vorhandensein nur
eines Prismas, während die Interferenzringe,
welche den beiden Hauptwellen zukommen,
beim Drehen der Platte bald in , »Konsonanz**,
bald in „Dissonanz** miteinander treten. Trennt
man die Spaltbilder durch Anwendung mehrerer
Prismen, so erkennt man, dass jede der Linien
wieder mehrere Trabanten besitzt.
Es sei erwähnt, dass Perot und Fabry
nur je einen Trabanten bei jeder der beiden
gelben //^^-Linien beobachtet haben, während
l) Ich wende dit* (^uecksilberUinpe in der von mir kon-
Ktnilerten Form an (siehe Vcrcinsblatt d. Deutsch. Ges. f. M.
u, Opt. 12, 93, 1896 und Zeitschr. f. Instrkde. 1901),
bei der man längs des Bozens blickt, so dass die Lampe
mit WosRerspÜlung verschen werden kann, ohne dass die am
(ilasc hernbroUcnden (>uecksilbrrlropfcn stören.
ich je vier Trabanten deutlich zu erkennen
vermochte.
Nur die dunkelgrüne Linie scheint von allen
^-Linien ziemlich einfach zu sein.
Die hellblaue besitzt einen sehr lichtstarken
Trabanten und eine Andeutung komplizierter
Zusammensetzung; auch eine der beiden vio-
letten Linien ist noch von einem Trabanten
begleitet. (Es werden diese Resultate durch
Demonstrationen erhärtet. Mit Okular sieht
man schon bei Tageslicht bequem die fünf
Spal bilder mit ihren verschiedenartigen Ring-
systemen. Ohne Okular bemerkt man die
grosse Anzahl von Spiegelbildern, welche in-
folge der vielfachen Reflexion von der vor der
Platte stehenden kleinen Öffnung entstehen.)
Planparallele Glasplatte variabler
Dicke: Noch eine andere Methode möchte
ich anfuhren, feinste Spektrallinien aufzulösen,
welche in letzter Instanz auf eine Nachahmung
der Perot- und Fabryschen Methode hinaus-
läuft, nur dass ich statt der Luflplatte eine
Glasplatte variabler Dicke anwende. Schneidet
man einen Glaskeil mit ebenen Oberflächen
senkrecht zur brechenden Kante in zwei Teile,
legt diese umgekehrt aneinander, so bilden sie
eine planparallele Glasplatte von variabler Dicke,
wenigstens innerhalb gewisser Grenzen. Um
die Reflexion der Berührungsflächen zu elimi-
nieren, bringt man einen Tropfen Öl zwischen
dieselben, welches zugleich die beiden auf einer
ebenen Glasfläche gelagerten Keile aneinander
innig haften lässt. Unter Anwendung einer ge-
nügend kleinen Blende zeigt diese Platte bei
senkrechter Incidenz vollkommene Kreise, welche
bei geeigneter Versilberung der Plattenober-
flächen ebenfalls eine recht beträchtliche Schärfe
und Definition annehmen.
Recht gut kann man mit einem solchen
Doppelkeil das Spiel der Konsonanz und Disso-
nanz der beiden gelben /^-Linien beobachten,
wenn man die Keile gegeneinander bewegt.
Aber auch die hellgrüne /^-Linie wird
durch dieses Interferenzspektroskop aufgelöst
und es entstehen zwei Ringsysteme, von denen
das eine lichtstärker ist als das andere. Noch
bei einer Dicke von 3 cm befindet sich ein
Trabant der hellgrünen Linie mit ihr in Disso-
nanz. Dreht man den Doppelkeil auf dem
Spektrometertischchen ein wenig, so dass die
Strahlen geneigt zum Einfallslot verlaufen, so
verschwindet das Ringcentrum und es bleiben
nur Segmente der Kreise sichtbar. Dafür
nehmen die Streifen an Schärfe zu und sie ver-
tragen eine stärkere Vergrösserung.
Erreicht die Platlendicke eine solche Grösse,
dass benachbarte Strahlen etwa 100 000 Wellen-
längen Gangunterschied erreichen, dann hat
der erste gegenüber dem dritten Strahl schon
einen solchen von 200 000 Wellenlängen,
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
»75
gegenüber dem vierten einen solchen von
300 cxx) etc. Sollen also mindestens zehn
Spiegelbilder mitwirken und die durch Airys
Formel gegebene Intensitätsverteilung liefern,
so muss die Lichtquelle so homogen sein,
dass sie auch noch bei einer Million
Wellenlängen Gangunterschied Inter-
ferenzringe liefern würde. Andernfalls
erzeugen die Spiegelbilder höherer Ordnung
höchstens eine allgemeine Helligkeit, auf welcher
sich das Kreissystem eines absolut homogenen
Trabanten nur undeutlich abhebt.
Schluss: Man wird also beim Interferenz-
spektroskop, und zwar ganz besonders bei der
schräggestellten Platte von grosser Dimension
aus dem Einfluss der vielfachen Spiegelbilder
auf die Schärfe und Sichtbarkeit der Haupt-
linien und der Trabanten auch einen Rück-
schluss auf die Homogenität der jeder Linie
zugehörigen Welle und auf die Interferenzfähig-
keit des Lichtes ziehen können.
Und wie ich durch Abbiendung der bei-
den ersten Bilder im reflektierten Lichte zu
einer neuen Komplementärerscheinung gelangte,
welche der Interferenzerscheinung im durch-
gehenden Lichte ähnelt, so kann man durch
geeignete Lichtschwächung mittels Nicoischer
Prismen oder durch Abbiendung gewisser Spie-
gelbilder ganz bestimmte Glieder der Airyschen
Reihe willkürlicherweise verändern oder ganz
unterdrücken und auf diese Weise die Erscheinung
willkürlich modifizieren.
Sehr interessant ist der Einfluss der Pola-
risation des Lichtes auf die Auflösungskraft der
Ringe bei nahe streifender Incidenz. Die Auf-
lösung ist am grössten bei in der Einfallsebene
polarisiertem Lichte und sinkt bei senk-
recht zur Einfallsebene polarisiertem Lichte
auf einen Betrag herab, der mit der Leistung
bei ganz geringer Incidenz der Strahlen zu ver-
gleichen ist. Der Grund liegt in dem verschie-
denen Verlauf des Fresn eischen Reflexions-
koeffizienten mit wachsender Incidenz für die
beiden Arten des polarisierten Lichtes. Nur
bei ganz streifender Incidenz erreicht der
Reflexionskoeffizient fiir beide Lagen der Pola-
risationsebene nahe den gleichen Betrag. Hier
ist also kaum ein Unterschied in der Deutlich-
keit der Interferenzsysteme bei natürlichem und
polarisiertem Lichte zu erwarten. Dagegen treten
bei kleinerem Einfallswinkel der Strahlen (etwa
80'* — 85*^ die Systeme der Trabanten, z. B. in
der hellgrünen /^-Linie bei Anwendung von
in der Einfallsebene polarisierten Lichtes, sehr
deutlich auf, während sie bei natürlichem Lichte
fast ganz verschwinden.
Es dürfte diese erst neuerdings erkannte
Thatsache die Überlegenheit der schräggestellten
Glasplatte grosser Dimension über die versilberte
Luft- oder Glasplatte noch wesentlich erhöhen.
Auch scheint mir meine Methode zur Unter-
suchung des Zeem an sehen Phänomens beson-
ders geeignet zu sein. Diesbezügliche Unter-
suchungen habe ich mit Herrn Dr. Gehrke be-
gonnen, welcher mir auch schon bisher bei
Beobachtung und Berechnung wesentliche Dienste
geleistet hat, wofür ich ihm auch an dieser Stelle
bestens danke.
• (Sclbstreferat des Vortragenden.)
Diskussion.
Planck (Berlin): Die Frage, wie lange ein
Ätherteilchen gleichmässig schwingt, scheint mir
nicht beantwortbar zu sein, ohne dass man weiss,
aus welcher Quelle die Schwingung kommt.
Ist die Quelle ganz homogen, so wird das Äther-
teilchen eben beständig schwingen.
Lummer: Beides geht experimentell Hand
in Hand und erst wenn man die Homogenität
der Lichter studiert hat, wird man die Frage
nach der Dauer interferenzfahiger Schwingung
beantworten können.
Martens (Berlin): Vielleicht ist die Platte
noch für einen praktischen Zweck anzuwenden.
Wenn man eine Röhre mit zwei planparallelen
Platten verschliesst und diese Platte hineinbringt,
so dass man durchblickend schräg auf diese Platte
blickt, so wird man, wenn die Röhre einmal mit
Gas gefüllt und einmal leerist, wohl dieBrechungs-
exponenten sehr genau bestimmen können.
(Eingegangen 23. November 1901.)
BESPRECHUNGEN.
J. Classen, Untersuchungen über den durch
Luxferprismenfester zu erreichenden Hellig-
keitsgewinn nach im physikalischen Staats-
laboratorium zu Hamburg ausgeführten Be-
obachtungen. 15 S. Mit 4 Figuren, 2 Ta-
bellen und 3 Kurventafeln. 8'\ Hamburg,
Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals
J. F. Richter). 1901. M. 1.50.
Das kleine Büchlein giebt zunächst eine sehr
klare, ausfuhrliche Beschreibung der Wirkungs-
weise der Prismenfenster, die darin besteht,
schräg von oben auf ein Fenster auffallende
Lichtstrahlen in dem zu erleuchtenden Räume
fast horizontal zu machen. Der Verfasser hat
umfangreiche photometrische Messungen in
einem grossen Holzkasten vorgenommen, in
den das Licht durch Prismenfenster verschie-
dener Arten und unter verschiedenen Winkeln
einfiel. Die Messungen ergeben bei Prismen-
fenstern einen beträchtlichen Helligkeitsgewinn,
1/6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 8.
so dass nach der Berechnung des Verfassers
sonst dunkle Räume noch ein für viele Arbeiten
ausreichend helles Licht erhalten können.
. M. Reich.
(Eingegangen 20. Dezember 1901.)
Eingegangene Schriften.
(Hingehende Besprechung vorbehalten.)
BaUBOhinger, Julius, Tafeln zur theoretischen Astronomie.
Mit 2 lithographischen Tafeln, gr. 8^. IV u. 148 S. 1901.
Leipzig, Wilhelm lingelmann. Gebunden M. 12.—.
Qrifflths, B. H., The thermal measurement of energy. Lcc-
tures dclivered at the philosophical hall, Leeds. Mit 19
Figuren, kl. 80. VIII u. 135 S. 1901. Cambridge, Uni-
versity Press. Gebunden.
Kopps, K., Geometrie zum Gebrauche an höheren Unter-
richtsanstalten vollständig neu bearbeitet von Jos. Diek-
mann. 19. Auflage. (3. Auflage der neuen Bearbeitung.)
Mit 176 Figuren, 8 Figurentafeln und zahlreichen t^bungen
und Aufgaben. I. Teil: Planimetrie. Ausgabe für Gym-
nasien. 8'*. VI u. 208 S. 1902. Essen, G. D. Baedeker.
Gebunden M. 2.40.
Neumann, C, Über die Maxwell-Hertzsche Theorie. (Des
XXVII. Bandes der Abhandlungen der math.-physischen
Classe der Königl. Sachs. Gesellsch. der Wissenschaften
No. II). Mit 3 Textfiguren, gr. 8". 138 S. 190t. Lei]>zig,
B. G. Teubner. M. 3.50.
Noebels, J., A. Schluckebier, O. Jentsch, Telegraphie
und Telephonie. (Handbuch der Klektrotechnik heraus-
gegeben von C. Heinke. Band XII V Mit 582 Abbildgn.
gr. 8". XVIII u. 793 S. 1901. Leipzig, S. Hirzel. Ge-
bunden M. 30. — .
Pemter, J. M., Meteorologische Optik. Mit zahlreichen
Textfiguren. I. Abschnitt, gr. 8". VIII u. 54 S. 1902.
Wien, Wilhelm Braumüller. M. 1.80.
Briefkasten.
Die Nobel-Komitees der schwedischen Königl. Aka-
demie der Wissenschaften bitten um Veröffentlichung folgender
Bekanntmachung :
Da viele Personen bei den Nobel-Komitees der Königl.
Akademie der Wissenschaften zu Stockholm teils um Nobel-
preise für Physik oder Chemie, teils um Unterstützungen sich
beworben haben, so wird hierdurch mitgeteilt:
1. dass der § 7 der Statuten der Nobel-Stiftung vor-
schreibt: ,,Zur Preisbewerbung zugelassen werden nur die-
jenigen, die von zuständiger Person schriftlich vorgeschlagen
sind. Etwaige persönliche Gesuche um Berücksichtigung bei
der Verteilung der Preise werden nicht beachtet**;
2. dass in den Sondersatzungen, betreffend die von der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu vergebenden Preise
der Nobel-Stiftung u. s. w. zwar in § 20 Spezialfonds erwähnt
werden, von denen Unterstützungen ausgeteilt werden können,
„um zu den vom Testator beabsichtigten Zwecken solche Ar-
beiten auf dem Gebiete der Physik und der Chemie zu för-
dern, die in wissenschaftlicher und praktischer Beziehung be-
deutungsvoll erscheinen," doch können diese Spezialfonds
nicht zu Stande kommen, bevor dfcr Nobel-Preis für Physik
oder Chemie in einem oder mehreren Jahren nicht vergeben
worden ist, und können deshalb auch früher keine Unter-
stützungen ausgeteilt werden.
Stockholm, 26. Oktober 1901.
Tagesereignisse.
Zum 300. Geburtstage Otto V. Guerickcs, dem 20. No-
vember dieses Jahres, soll dem Krfinder der Luftpumpe in
seiner Vaterstadt Magdeburg ein Denkmal gesetzt werden.
Die städtischen Behörden h.ibm rinrn Beitrag von 30000 M.
zur Verfügung ge«;tt:llt. Kin Aii-s<hM.s l»itl«t, dci» Plan durch
Sf)endung von G< Idlcitra^^Mi />i luih r-t -l/eu.
Kin DcTikmal für I f» tW -.oll in <#i lalt eines Turmes im
Sale-I'ark bei M.ifi« )jf ' t'-r yoft (\' u St.idlrri Saleford uiul Mnii-,
ehester gemeinsam errichtet werden. James Prescott Joule
wurde am Weihnachtstagc 1818 in Salcford geboren und starb
im Sale-Park, wo deshalb auch das Denkmal seinen Platz
finden soll.
Für das kommende Jahr ist an der Technischen Hoch-
schule in Wien die Errichtung einer ausserordentlichen
, Lehrkanzel für theoretische Maschinenlehre, einer
dritten Lehrkanzel für Mathematik und eines Lehr-
' Stuhls für physikalische Chemie in Aussicht genommen.
Ausserdem soll nach Fertigstellung des neuen elektrotech-
nischen Instituts eine zweite Lehrkanzel für Elektro-
technik errichtet werden. Die Fertigstellung und Benutzung
des neuen elektrotechnischen Instituts i^ll zu Anfang des
Studienjahres 1903/04 erfolgen.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Pacbgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglicbst bald
Mitteilung zu machen.)
Der ordentliche Professor der kosmischen Physik an der
Universität Innsbruck Dr. P. Czermak wurde zum ordcntl,
Professor der Experimentalphysik ebendort, der Konstrukteur an
der deutschen Technischen Hochschule in Prag Ingenieur A.
Schiebel, Privatdozent für Astronomie und Mathematik an
der Universität Leipzig Dr. Felix Hausdorff, Privatdozent
der Mathematik an der Universität Genf Faguart, Privat-
dozent der Chemie Dr. Rassow in Leipzig, Privatdozent der
Physik Dr. L. Zehnder in München zu ausserordentlichen
Professoren, der Honorarprofessor Do/ent für Eisenbahnsignal -
wesen an der Technischen Hochschule Dresden Dr. Ulbricht
zum Geh. Baurate und Technischen Vortragenden Rate im
Finanzministerium, der Privatdozent Tambor, Assistent am
anorganisch-chemischen Laboratorium in Bern zum Tit.-Pro-
fcssor ernannt
An der Technischen Hochschule zu Karlsruhe habilitierte
sich Deyn- Hamburg für Mathematik, an der Universität Berlin
Dr. Otto Ruff, Oberassistent in dem von Geh. Rat Fischer
geleiteten ersten chemischen Institut für Chemie und Dr. O.
Lummer, Professor an der Physikalisch technischen Rcichs-
anstalt ftlr Physik. Die Antrittsvorlesung des letzteren hatte
das Thema: „^ ber die Ziele der Ökonomie in der Leucht-
technik'*.
Am 28. Dezember starb in Wien der ordentliche Professor
der chemischen Technologie an der technischen Hochschule
Hofrat Hugo Ritter v. Perger, 58 Jahre alt.
Den Privatdozenten Dr. Wolffenstein und Dr. Küh-
ling an der Technischen Hochschule Berlin ist das Prädikat
„Professor" verliehen worden.
Der ordentliche Professor der Chemie an der Universität
Strassburg Fittig tritt mit dem Sommersemester in den
Ruhestand.
Zum Direktor der Hamburger Sternwarte wurde vom
Senate der dortige langjährige Observator Dr. R. Schorr
gewählt. Au zweiter Stelle war von der Oberschulbehörde
Professor A m b r o n n - Göttingen vorgeschlagen.
Am 10. Dezember fand in Stockholm in Gegenwart des
Kronprinzen und der königlichen Familie die Verteilung der
vier grossen Nobel-Preise für Wissenschaft und Litteratur von
je 2c8ooo Francs statt. Sie wurden zuerkannt: ftlr Medizin
Professor Behring-Halle, für Chemie Professor v a n ' t Hoff-
Berlin, für Physik Professor Röntgen- München, für Litteratur
Sully Prudhomme-Paris.
Bei der Preisverteilung der Akademie der Wissenschaften
zu Paris wurde die Lavoisier-MedailW für Verdienste um
die Chemie in Berlin Professor Emil Fischer fBr seine Ar-
beiten und besonders für seine Untersuchungen Über die Syn-
these der Zucker zuerkannt.
Professor Dr. Wilhelm Hittorf zu Münster blickt am
12. Januar auf eine 50jährige Thätigkeit als Professor zurück.
Seit 1897 ist er Ritter des Ordens pour le merlte im Gebiete
der Wissenschaften.
Dem ordentlichen Professor der Physik an der Univer-
sität zu Berlin Dr. Emil VVarburg wurde der Charakter als
Geh. Kegierung«:rat verliehen.
für dir prdaHwm vrraulwoftluh Professor Dr. H. 7h. Simon in Oöllingcii. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zei
No. 9.
Orijiliialnittellungeii :
R^ R. Ramsey, Die Wirkung von
. Schwere und Druck auf die elektro-
ly tischen Vorgänge. . S. 177.
E» R i e c k e , Zur Bewegnng eines elek-
^ trischen Teilchens im elektromag-
'^ fietischen Felde. S. 182.
OForch, Die Änderung des Moleku-
Jarvolums gelöster Sabe mit der
Temperatur. S. 183.
N? Zuntz, Der Mensch als kalorische
- .Maschine und der zweite Hauptsatz.
' S. 184.
I. Februar 1902.
Redaktionsschluss (ur No. xo am 5. Februar 1902.
INHALT.
P. C z e r m a k , Über Elck trüitätszerstreu-
ung bei Föhn. S. 185.
1 . F. Kur Ib au m, Cber eine einfache Me-
' Ihode, die Temperatur leuchtender
Flammen zu bestimmen. S. 187.
{ Vorträge und Diskussionen von der
' 73. Naturforsoberversammlung zu
! Hamburg:
J. Billitzer, Referat über die Vorträge
der Abteilung 4 (Chemie einschliess-
lich. Elektrochemie). S. 188.
H. Haga, Über den Klinkerfuesschen
Versuch.. S. 191.
.ä> Ji Lhrgang.
J. Elster, Luftelektrische Messuigea
auf Capri und Spitzbergen. S. 194.
A. He sckiel, Über neue Photographien
Iiy natürlichen Farben. S. 194.
P.Bachmetjew, Über die überkadtung
der Flüssigkeiten. S. 19$.
Besprechungen:
Eders Jahrbuch für Photographie
und Reproduktionstechnik. S. 196.
Chemische Zeitschrift. S. 196.
J. Hann, Lehrbuch der Meteorologie.
S! 197.
Personalien. S. 200.
y
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Die Wirkung von Schwere und Druck auf die
elektrolytischen Vorgänge.
Von Rolla R. Ramsey.')
Wenn ein elektrischer Strom durch eine
Zersetzungszelle geschickt wird, so löst sich die
Anode auf und das Metall schlägt sich auf der
Kathode nieder. Wenn diese Zelle in Röhren-
forni mit den Elektroden an den beiden Enden
angefertigt und so aufgestellt ist, dass sie sich
um eine horizontale Achse aus der horizontalen
in die vertikale Lage drehen kann, so lässt
uns das Gesetz von der Erhaltung der Energie
einen grösseren Kraftverbrauch erwarten für den
Fall, dass der Strom aufwärts durch die Röhre
geht, als wenn die Röhre um 90^ gedreht ist,
so dass der Strom in einer horizontalen fliesst.
Die Differenz im Betrage an verbrauchter Ener-
gie in der Zeiteinheit wird in diesen beiden
Fällen
mgh
sein, worin ;// die in der Zeiteinheit übertragene
Menge Metall, g die Stärke der Schwere und
h der Abstand der beiden Elektroden ist.
Wenn die Stromstärke auf einem konstanten
Wert von i C. G. S. -Einheit gehalten wird, so
ist der Unterschied in den Potentialen in diesen
beiden Fällen
E =^ m g //,
worin m das zehnfache elektrochemische Äqui-
valent des Kations ist. Obige Gleichung kann
also auch geschrieben werden
E = Kat g q hf
worin Kat das Äquivalentgewicht des Kations
und q das zehnfache elektrochemische Äquiva-
lent des Wasserstoffgases ist. Wie zuerst
1) Ausführlich in Physic. Rcv. 13, i, 1900.
Hittorf ') zeigte, haben wir, wenn die Kat-
ionen sich mit einer ganz bestimmten Ge-
schwindigkeit in Richtung des Stromes , die
Anionen dagegen entgegengesetzt bewegen,
und wenn das Geschwindigkeits Verhältnis durch
die Wanderungskonstante n ausgedrückt wird:
E = [Kat (i — //) — // ÄPt] g q h
oder
E =x \Kat — .V [Kat-An)\ gqk,
worin An das Äquivalentgewicht des Anions ist.
Weil nun /: als eine Gegen-E. M. K. ange-
sehen werden kann, so müsste beim Kurz-
schliessen des Voltameters ein schwacher Strom
durch ein empfindliches Galvanometer angezeigt
werden.
Geschichtliches.
Die Wirkung der Scinverkraft. Maxwell
gebührt der Ruhm, zuerst gezeigt zu haben,
dass solch eine elektromotorische Kraft vor-
handen sein müsse. ^) Im Jahre 1878 ver-
öffentlichte Maxwell in der „Nature**^) einen
Brief von F. J. Pirani an ihn selbst geschrieben,
in welchem Pirani feststellt, dass er solche
elektromotorische Kraft gefunden habe. Im
gleichen Bande der „Nature"^) behauptet R.
CoUey (Moskau), er habe Ergebnisse ver-
öffentlicht"'), welche die Thatsache feststellten,
dass solche E. M. K. existiere, und dass er
ebenfalls deren Grösse berechnet und seine
Ergebnisse durch Experimente sicher gestellt
habe.
Gore hat eine bedeutsame Untersuchung
0 Pogß- Ann. 98, 5.
2) MaxweU, 1, 317; i. Aufl.
31 Nature, 17, 180.
4) Nature, 17, 282.
5) St. Petersburger Phys. Chem. Journ. 1876; Pogg.
Ann. 167, 370 u. O28; l'hil. Mag. s. 5. 1, 419.
178
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
angestellt, welche mehr oder weniger auf diese
Frage Bezug hat. In einem Artikel mit dem Titel :
„Beziehung der E. M. K. der Voltasäule zum
Druck/)" beschrieb er eine lange Reihe von
Experimenten.
Dr. Gores zweiter Artikel hat ein grösseres
Interesse wegen seiner Irrtümer denn wegen
seiner Resultate. Der Artikel ist betitelt:
„Einfluss der Nähe der Substanzen auf die
Vorgänge in der Volta-Säule".'^) Bei seinen
Experimenten wendete er 72 Bleistücke im Ge-
wichte von 8,271 Pfund als influenzierende
Masse an.
In einem Artikel mit dem Titel: ,,Unpolari-
sierbare elektrische Zellen unter dem Einfluss
der Centrifugalkraft" giebt Th. Des Coudres^)
die Ergebnisse, welche er mit zwei Kadmium-
Elementen erhielt, die um eine vertikale Achse
gedreht werden konnten.
Des Coudres hat also die direkte Wirkung
der Schwerkraft auf die lonen^) gemessen. Bei
seinen Untersuchungen brauchte er eine Glas-
röhre mit Kadmium-Amalgam-Elektroden.
Die Wirkung des Druckes. H. Wild^)
hat eine Untersuchung ausgeführt über das
Schwanken der E. M. K. zwischen Metallen und
Flüssigkeiten. Er kam zu dem Schluss, dass
die E. M. K. zwischen amalgamiertem Zink und
Zinksulfat bei Steigern des Druckes um zwei
Dritteile einer Atmosphäre nur Om den Betrag
von 41)^110 Daniell schwankt. Bichat und
Blond lot^) haben eine geringe Zunahme der
E. M. K. bemerkt, wenn Platin-Kupfer- und
Platin-Silber-Paare, in Elektrolyte getaucht, dem
Drucke unterworfen wurden. Die Veränderung
der E. M. K. verschieden gestalteter Zellen
unter Einfluss des Druckes hat weiterhin Henri
Gilb au It^ genau studiert.
Wirkung der Schwere.
Apparate und Arbeitsmet Jioden. Die Unter-
suchung, die jetzt beschrieben werden soll,
wurde mit Zink- und Kadmiumsulfat ausgeführt,
den beiden wichtigsten und sehr oft von den
Physikern angewendeten Elektrolyten. Das
Voltameter war so aufgebaut, dass es mit den
Enden um eine horizontale Achse in dem
Räume für konstante Temperatur des physika-
lischen Laboratoriums rotieren konnte. Dies
ist ein kleiner Innenraum, umgeben von Back-
steinmauern und mit Doppelthüren verschlos-
sen. Das Voltameter wurde gedreht mittels
i) Phil. Mag. 35, 97.
2) Phil. Mag. 43, 440.
3) Wied. Ana. 49, 254.
4) Wied. Ann. 57, 232.
5) Pögß- Ann. 125, 119.
61 |. de Phys. 2, 503.
7) Lum. El. 42, 7, ^3- »7S' 220; C. R. 113, 465. Elec-
liician 27, 711-
einer Messingstange, welche als Rotations-
achse diente und die durch ein kleines Loch
der Mauer in den Beobachtungsraum ging, wo
sie auf einem Ziegelsteinpfeiler auflag. Die Länge
dieser Stange war ungefähr sechs Fuss engl.
Der Pfeiler, welcher sich ins andere Stockwerk
erstreckte, diente auch als Träger für eine
Klammer, an welcher das Galvanometer aufge-
hängt war. Das benutzte Galvanometer hatte
einen Widerstand von 733 Ohm und erreichte
die Empfindlichkeit von 2X io~'^ Volt bei einer
Schwingungsdauer von 18 Set. Die Verbin-
dungsdrähte waren aus isoliertem Kupfer, alle
Verbindungen waren hergestellt durch Klemm-
schrauben, Quecksilber oder Lot. Zum Schutze
gegen einen möglichen Kontakt der Drähte
beim Drehen des Voltameters ging einer
derselben von der Zelle durch eine Gummiröhre.
Kommutatoren aus Quecksilber und Strom-
schlüssel waren eingeschaltet, um sowohl den
Strom umkehren, als auch das Voltameter aus
dem Kreise des Galvanometers ausschliessen
zu können, während dessen Empfindlichkeit
gemessen wurde. Das Voltameter wurde in
Serie geschaltet mit einem Galvanometer und
einem Widerstandskasten. Aus Rücksicht auf
die geringe Grösse des Effektes wurde die
Multiplikationsmethode angewendet. Bei dieser
Methode wird die E. M. K. des Schliessungs-
bogens im Einklang, Übereinstimmung mit den
Schwingungen der Galvanometernadel umge-
kehrt, bis ein Endmaximum der Ablenkung
erreicht ist, welches Maximum abhängig ist
von der E. M. K. und dem Dämpfungsfaktor
des Galvanometers.
Der Dämpfungsfaktor wurde berechnet aus
dem beobachteten Werte des logarithmischen
Dekrements >l, aber es zeigte sich, dass bessere
Bestimmungen desselben erhalten werden konn-
ten durch Einschalten eines Stromwenders in
den Stromkreis, Umkehrung einer bekannten
E. M. K. im Einkjang mit dem Schwingen der
Nadel. Dieser Dämpfungsfaktor änderte sich
mit der Empfindlichkeit des Galvanometers.
Eine Anzahl Ergebnisse bei verschiedener Em-
pfindlichkeit wurde gefunden, und aus den Be-
obachtungen wurde eine Kurve konstruiert mit
der Galvanometer-Empfindlichkeit als Abszissen
und dem Dämpfungsfaktor als Ordinaten. Die
in den späteren Berechnungen gebrauchten
Dämpfungsfaktoren sind von der Kurve ab-
gelesen.
Verschiedene Formen der Voltameter wurden
versucht, aber alle hatten ihre Fehler und ge-
nügten nicht in Bezug auf die Ungleichheit der
Elektroden, Wirbelströme im Elektrolyten und
ähnliche Umstände, bis die Voltameter in nach-
stehend beschriebener Form hergestellt wurden.
Voltameter Nr. V, das beschrieben werden
ma^ als Ikispiel aller später angefertigten, war
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
179
hergestellt aus einer Glasröhre von etwa i cm
lichter Weite.
Die Amalgam-Elektroden waren so gewon-
nen, dass zunächst das Amalgam in den Enden
kurzer Röhrenstücke verdichtet wurde, die dann
an die lange Röhre, welche den Körper des
Voltameters bildete, angeschmolzen wurden.
Seitenröhren mit Glashähnen wurden je eine
an den beiden Enden angeschmolzen. Einige
spätere Röhren hatten nur einen Glashahn, in
den der Elektrolyt durch eine kleine Kapillar-
röhre hineinfloss. Das Amalgam war gemacht
nach der von Kahle') gegebenen Vorschrift.
Folgende Tabelle giebt die Resultate für
eine zehnprozentige Zinksulfatlösung:
Die besondere Lösung für E ist also
£\ = [32.5 — 0,715x80.51 980 X 0,0001035
= [32.5 — 577] X 0,0001013
E^ = — 2,53 C. G. S.
Ex = — 2,53 X io~*'Volt.
Hiervon muss man die Korrektur für den Auf-
trieb der Flüssigkeit abziehen, nämlich
e = I)[Kat V- n V [Kat + An)\ g q k ,
worin
Z> = Dichte des Elektrolyten
F=spez. Volumen der Kathode
V,= „ „ des Lösungssalzes
ist; setzt man
Widerstand
Dat.
Röhre
Länge
in d. i.Kas
>43,7
cm
Röhre ' ten
Dez. 8 '
' VI
4353 1000
*. »»
VIb
1 »44,01
[ 4360 . aooj
M »7
vin
»44
9500 0
«• 27
!♦
«44
! „ 0
.» «9
»»
M4
f. 0
Jan. 3
»/
144
„ 1000
Galvanom.
Empfind-
lichkeit
a,xxio-lo
a,o8
»•5
>,5
3.57
Dämpf-
ungs-
faktor
o.ax
0,5 1
0.23
0.23
o,ai
0.158
E per
Skalenteil
i,a6xio-6
»,45
I 54
I 52 I
»•»4
4,05
Max. Ab-
lenkung
An
34.5 cm
»8,5 »
9 5 „
»3,4» .,
11.16 „
7,5 ,»
beobachtete
E
E per
cm Höhe
K ber.
7»4a
3,88
a.ig
a>86
2'33
nix
9,36x10-«
5.6a
3,37
4,34
5.00
4.5
>,5X«o
-3.9
— »*34
— 3,03
—3*45
—3, »3
».4x10-**
Es muss beachtet werden, dass die Werte
für Röhre VIII geringer sind als die mit den
vorhergehenden Röhren erhaltenen, ebenso, dass
die Werte für Röhre VIII wuchsen, je länger
sie benutzt wurde. Röhre VIII war hergestellt
mit besonderer Vorsicht, die Elektroden ganz
fest in dem Ende der Röhre zu erhalten. Der
Metallbeschlag war gleich nach der Fertigstel-
lung ein vollkommener, aber er verschwand mit
dem Alter.
Im folgenden ist die theoretische Berech-
nung der E. M. K. per Centimeter Höhe ge-
geben. Der Wert der gleichmässigen Wande-
rung, der in dieser Berechnung angewendet
ist, wurde durch Interpolieren aus den drei
für Zinksulfat gegebenen Werten gewonnen,
welche in einer Tabelle von elektrochemischen
Eigenschaften wässriger Lösungen von T. C.
Fitzpatrick^) gegeben sind. Der gebrauchte
Wert ist // = o,7i5 für die zehnprozentige
Lösung.
In der Formel
E= [Kat—n [Kat + An)\ gqh
verzeichnen wir für Zinksulfat folgende Werte:
Ayz/=H65) = 32,5 (Äquivalentgewicht des Zn)
.-!// = ^ (96) = 48 {Äquivalentgewicht von SO^
[] = 980
<7==o,oooi035 (ein Zehntel des elektro-
chem. Äquivalents von //)
/i= I cm
r=
80. a
n
0,715.
i) Wicd. Ann. 51, 203.
2) SieheWhethains Solution and Electrolysis p.215 — 283.
10
so erhalten wif
32.5
L 7
^ = 0,I24X io~^ Volt.
E=E\ — e
E=^ — 2,4 X 10-" Volt.
Das Zeichen — zeigt an, dass der Strom
nach oben durch die Röhre floss, der Schwer-
kraft entgegen. Dies will indessen auf den
ersten Blick als unvereinbar mit dem Gesetz
von der Erhaltung der Kraft erscheinen. Es
muss beachtet werden, dass, wenn 32.5 g Zn
mit dem Strome befördert werden, 57,7 g SO^
sich in entgegengesetzter Richtung bewegen.
Die E. M. K. entspringt dem Überschuss der
Masse 6Ö4 über die Menge Z//. Diese E. M.'K.
wird fortdauern, bis die E. M. K., die aus dem
Unterschied in der Konzentration entspringt,
gross genug ist, ihr das Gegengewicht zu halten.
Im Falle der Betrag der DifTussion genügend
gross ist, um eine merkliche Verschiedenheit in
der Konzentration hervorzubringen, muss die
Quelle der Energie in der bei der Auflösung
absorbierten Wärme liegen.
Mit Kadmiumsulfat sind die Ergebnisse be-
deutend besser übereinstimmend, als mit Zink-
sulfat. Die Voltameter waren nach dem gleichen
Muster gebaut wie beim Zink. Das Kadmium war
hergestellt nach der von Jaeger und Wachs-
muth^ gegebenen Vorschrift.
I) Wicd. Ann. 59, 575.
i8o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
Die Resultate für 10 ,,» Kadmiumsulfat sind in folgender Tabelle gegeben:
Dat.
Röhre
Widerstand
f -änge
_ Galvanom. Dampf-
ig per
Max. Ab-
j . Empfind- ungs- <., , ' . ., lenkune
in der im ,. i , .. c .^ bkalenteil * **
Röhre Kasten ^^^^^^'^ ^^^'^' ^^
A
Eh
E. per cm
Höhe
Jan. 3 (V No. I 128 cm 11240
7 1» »1 »»
16 „ No. ir 130 „ 11300
»I
19
it
»I
t»
O
O
o
o
4,8><rio— «o
3.3
3i06
2,27
0,127 5,82x10-6
0,163 3,96
0,17 3i68
0,202 2,76
2.5
3.51
4
4,5
0.317 1,85x10- 6
0,556,2,20
o,f>8oj2,5i
0,910 2,51
—144x10-8
—1,72
—1,92
— 1,92
Mittel: —1,75
Die Wanderungsgeschwindigkeit für Kad-
miumsulfat scheint nirgends experimentell be-
stimmt worden zu sein. Die Konstante, irgend
einer E. M. K. entsprechend, mag jedoch aus fol-
gender Gleichung bestimmt werden
£•= ^ [Kat — ;/ {Kat + An)\
— D [Kai V—u l ^ {Kat + An)]]g<j h,
worin folgende Werte eingesetzt werden
A71 = 48
I
F=
f =
9,39
I
8,4
Wir haben dann
j5'=5,02 — 9,i7//x 10-^ Volt.
Aufgelöst auf // haben wir
;/ = (i5'+5,02).
Wenn £*=- — 1,75 ist // = 0,738.
Bei einer nahezu gesättigten Lösung von
Kadmiumsulfat ist die E. M. K. positiv, oder der
Strom fliesst in der Röhre von oben nach
unten. Folgende Tabelle giebt die Resultate
für eine 46 ^''„ ige Lösung (46 g Cd So^ in 56 g
Wasser gelöst).
Wirkung des Druckes.
Apparate und Methoden. Die Wirkung
des Druckes in verschiedenen Zellen wurde
dadurch bestimmt, dass man zwei Zellen, deren
E.M.K. nahezu gleich war, gegeneinander schaltete
und die Veränderung im Unterschied der Volt-
angabe mass, wenn die eine Zelle einem Drucke
unterworfen wurde. Bei der ersten Methode
war die Zelle in H-Form angefertigt aus einer
dickwandigen Gla.sröhre mit geringer Weite.
Diese Zelle, ein Kadmiumelement, war zu-
sammengesetzt nach den von Jaeger und
Wachsmuth') gegebenen Vorschriften. Die
Elektroden waren angeordnet mit einem Brei
von Quecksilbersulfat über dem Quecksilber und
Kadmiumsulfat-Krystallen über dem Amalgam.
Ein Arm der Röhre war zugeschmolzen, während
der andere, längere, als Öffnung diente, durch
welche die Kadmiumsulfatlösung mittels einer
Kapillarröhre eingeführt werden konnte. Mit
grosser Geduld und Sorgfalt wurde dann die
Röhre gänzlich mit der Flüssigkeit angefüllt.
Eine lange Kapillarröhre wurde dann ange-
schmolzen, welche die Zelle mit dem Piezo-
meter verband. Druck wurde durch eine Kom-
pressionspumpe erzeugt. Die beiden Zellen waren
nebeneinander in einem Holzblock aufgestellt
Dat.
Jan. 29
„ 29
M 29
Febr. I
Köhre
C/\o. II
n
Länge
Widerstand Galvanom. T>ümpf- ^ ^ Max. Ab-
in "der im Empfind- ^j^f^; ' sUlil'teil ^^"^""^
Röhre ' Kasten lichkeit ^^^^''^' \ An
A,
Eh E per cm Hohe
130 cm 7560
,, ,,
1000 6,04x10-1'^
o 4,3
loooo 4,28
o 4,74
0,11
0,138
0,137
0,127
Die Berechnung giebt folgende Gleichung
für E\
£=4,c)S ' 8,67// X 10- "^ Volt
fiir Ii=- 4,/S, ;/=-o,02.
Die Bedeutung des kleinen Wertes für // ist,
dass sich die Anionen mit ganz geringer Ge-
schwindigkeit in dem Strome entgegengesetzter
Richtung bewegen. In konzentrierter Lösung
haben beide Ionen die Neigung, sich an dem
tiefer liegenden Ende der Röhre festzusetzen
und eine Verschiedenheit der Konzentration
herbeizuführen.
5,48x10-6 9,4 mm 1,36 7,5X10— 5 '5,77x10 8 Volt
347 11,4 „ 1,59 5>5 ,4,25
8,1 5,6 „ 0,77 6,25 '4,S
3,85 II „ 1,40 '5,36 4.12
Mittel 4,78
und durch einen Widerstandskasten mit dem
Galvanometer verbunden.
Die Veränderungen in der E. M. K. wurden
bestimmt aus der Ablenkung und Empfindlich-
keit des Galvanometers und dem Gesamtwider-
stande im Stromkreis. Da die Wandstärke der
Glasröhre den verwendeten Druck einschränkte,
wurden die Zellen so gestaltet, dass sie in einem
l^iezometer mit 2,5 cm innerem Durchmesser
angebracht werden konnten. Die Zellen waren
I) Wicd. Aim. 59, 575.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
181
in einer modifizierten H-Form hergestellt, bei
welcher das Querstück weggelassen und die
beiden senkrechten Röhren aneinander ge-
schmolzen wurden. Dies geschah, wenn man
an der Seite einer jeden Röhre eine kleine
Kugel herausblies, dann eine Öffnung in diese
Kugel machte und an diesen Öffnungen sie
zusammenschmolz. Die Elektroden waren in
die Enden gelegt und Brei und Krystalle über
ihnen. Zunächst wurden nun die Zellen ober-
halb der Verbindungsstelle erhitzt und die zwei
Röhren zu Kapillaren ausgezogen. Die Zelle
wurde nun gefüllt und die Kapillaren an der
engsten Stelle abgebrochen. Dann wurden sie
in das Piezometer gebracht, welches mit Cerosin
gefüllt war. So ist der Druck im Innern der
Röhre der gleiche wie aussen, und eine mög-
liche Lösung des Cerosins in dem Elektrolyten
wird vermieden durch die kleine Kontaktstelle
in den Kapillaren. Die elektrische Verbindung
wurde herbeigeführt durch zwei isolierte Leiter,
die durch den Deckel des Piezometers gingen.
Um Irrtümer zu vermeiden, die einem Wechsel
der Temperatur zuzuschreiben wären, wurde
das Piezometer in ein grosses Wasserbad ein-
getaucht und die Vergleichszelle in ein Cerosin-
bad, welches ebenfalls in das Wasserbad ein-
tauchte. Dieses Wasserbad war von einem
Luftmantel und dieser von einem Mantel aus
Sägespänen umgeben. Der Deckel war von
Baumwollabfall. Auf diese Weise konnte die
Temperatur des Bades, welche ungefähr diejenige
des Raumes war, während einer abgeschlossenen
Beobachtungsreihe konstant gehalten werden.
Auf keinen Fall konnte eine Temperatur-
schwankung mittels eines in Zehntelgrade ge-
teilten Thermometers festgestellt werden.
Anstatt das Schwanken der E. M. K, durch
Galvanometer-Ausschlag zu bestimmen, wurde
die Elektrometermethode angewendet. Je kleiner
der Unterschied in der E, M. K. der beiden
Zellen ist, um so weniger wird durch das
Schwanken der E. M. K. in der Batterie ein Irr-
tum herbeigefiihrt.
Mittels dieser Methode wurde die Änderung
der E. M. K. einer Kadmiumzelle durch Druck
bis zu 300 Atmosphären bestimmt. Sie wurde
als geradlinig befunden. In einer Clarkzelle,
hergestellt nach den von Kahle') gegebenen
Vorschriften, ist die Änderung auch linear,
aber es ist nötig, die Zelle nach jeder Druck-
zunahme fünf Minuten stehen zu lassen, um die
E. M. K. als Konstante zu erhalten. Dies mag er-
klärt werden können durch die Annahme, dass
die Änderung der E. M. K. zu irgend einer Zeit
herrührt von der Übereinanderlagerung zweier
Schwankungen, einer positiven, die von dem
Drucke, und einer negativen, die von dem durch
I) Wied. Ann. 51, 203.
den Druck verursachten Steigen der Temperatur
herrührt.
Nach etwa fiinf Minuten gewinnt die Zelle
ihre ursprüngliche Temperatur wieder und das
Anwachsen der E. M. K. ist dasjenige, welches nur
von dem Drucke herrührt. In einer Carhart-Clark-
zelle, hergestellt in H-Form mit Zinkamalgam
aber sonst gemäss den von Carhart') gegebe-
nen Vorschriften, ist die Zeitverzögerung noch
ausgesprochener als in der Clarkzelle. In der
i-Volt-Calomelzelle, hergestellt in der H-Form,
aber sonst gemäss Carhart), steigt die Kurve
schnell für die ersten 25 Atmosphären, biegt
dann ab und erreicht ein geringes, geradliniges
Wachsen bei 100 Atmosphären. Die gesättigte
Calomelzelle, ebenso hergestellt wie die Zink-
Calomelzelle, nur dass die Zinklösung gesättigt
ist, giebt eine gleiche Art Kurve wie die i-Volt-
Calomelzelle. Das erste Anwachsen ist nicht so
gross und der geradlinige Teil der Kurve ist
etwas steiler als wie bei der i-Volt-Calomelzelle.
Die E. M. K. dieser Zelle war 0,856 Volt. In
der Kupfersulfatzelle war die Veränderung ganz
gering und erfolgt in negativer Richtung. Diese
Zelle war in H-P"orm mit Zinkamalgam und
Kupfer, an einem Platindraht befestigt, als Elek-
troden. Das Zinkamalgam war mit Zinksulfatbrei
bedeckt und die Kupfer-Elektrode war umgeben
von einer gesättigten Kupfersulfatlösung, die
noch einen Überschuss an Krystallen hatte.
Nachdem ein Diaphragma von Löschpapier
über der Kupfersulfatlösung angebracht war,
wurde die Zelle gefiillt mit einer konzentrierten
Zinksulfatlösung. Die E. M. K. dieser Zelle war
1,078 Volt. Die Zeitverzögerung war sehr
gross; es dauerte 15 Minuten, bis ein kon-
stanter Wert erhalten wurde. Dies machte die
Beobachtungen langsam und unsicher. Die
Chlorsilberzelle gemäss Carharts^) Vorschriften
hergestellt, ausser dass Zinkamalgam an Stelle
von Zink benutzt wurde, gab eine Kurve,
welche nahezu geradlinig ist, jedoch langsam
nach rechts abbiegt. Das in dieser Zelle ver-
wendete Chlorsilber war frisch geftillt und um
einen Silberdraht gelegt. Dieselbe Zelle mit
einer alten Chlorsilberelektrode, welche seit
20 oder mehr Jahren in dem Laboratorium vor-
handen und ganz schwarz geworden war, gab
ein äusserst rapides Steigen der E. M. K. für die
ersten 25 Atmosphären, nahm dann aber ab.
Ein Vergleich der Druckwirkung in den
verschiedenen untersuchten Zellen ist in einer
Zusammenstellung der Beobachtungen in fol-
gender Tabelle gegeben.
Die E. M. K. der Zellen wurde bestimmt durch
einen Vergleich mit Kadmium- und Clarkzelle
i) Carh.irt, Priraary Battcrics, 60.
2) Am. J. Soc. 46, 60, 1893.
3) Carhart, Primary Battcrics, 60.
1
l82
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
1
Veränderungen durch Druck gegeben in Volt X lo— ^ per Atmosphäre.
xxT u j 1.^ %ff IT Wachsen im Mittel
,,«,,, j «I, ,,, . Wachsen d.h.M.K. ^^ ,^^ ^^,^ ..
h.M.K. der ZeUe lemperatur ^j A,„,osph. """ '°°-?«' A'"
* mospharen ^
Kadmium ^i. Methode)
Kadmium (2. Methode)
Clark
Carhart-Clark . . .
I Volt-Calomel . . .
Gesättigte Calomel
Kupfersulfat ....
AgCl (weiss) . . .
/4^C7 (schwarz) . . .
1,019
1,019
1,440
1,443
0,996
0,805
1,078
1,076
1,164
unter Zugrundelegen der E. M. K.- und Tempe-
ratur-Koeffizienten, wie sie von der Reichsan-
stalt gegeben sind. (Siehe obenstehende Tabelle.)
Diese Untersuchung wurde ausgeführt an
der Cornell-Universität unter Leitung des Herrn
Professor E. L. Nichols.
(Aus dem Englischen übersetzt von H. Karsleys.)
(Eingegangen 16. November 1901.)
Zur Bewegung eines elektrischen Teilchens
im elektromagnetischen Felde.
Von Eduard Riecke.
Die Gleichungen für die Bewegung eines
elektrischen Teilchens in einem elektromagne-
tischen Felde lassen sich noch in einem Falle
lösen, der ein gewisses Interesse besitzt mit
Bezug auf Versuche, die ich schon vor einem
Jahre angestellt habe, von deren Berechnung
und Veröffentlichung ich aber durch eine andere
dringende Arbeit seither verhindert worden bin.
Es sei eine drahtformige Kathode gegeben,
deren Länge wir als unbegrenzt betrachten
wollen. Die Flächen konstanten elektrostatischen
Potentiales seien Cylinder, welche mit der Ober-
fläche der Kathode konzentrisch sind. Das
Magnetfeld sei ein konstantes, die Kraftlinien
parallel der Cylinderachse, die Intensität C.
Die Achse der Kathode machen wir zu der
-cr-Achse eines rechtwinkligen Koordinaten-
systems. In der zu der xr-Achse senkrechten
;r/-Ebene führen wir Polarkoordinaten ein durch
die Gleichungen:
x=- r cos (f , r ^= r sin (p .
Der Halbmesser des von der Kathode ge-
bildeten Cylinders sei tr^ der Wert des elektro-
statischen Potentiales an der Oberfläche der
Kathode //«. Wir untersuchen die Bewet^ung
eines von der Kathode ausgehenden negativ
elektrischen Teilchens von der ponderablen
Masse ^ und der elektrischen Ladung — f.
In rechtwinkligen Koordinaten sind die Diffe-
rentialgleichungen der Bewegimg:
8//
e dy
v^ dt'
20,40
6,02
I90
7,6
i6,60
11,6
16.3"
13,1
150
3.0
170
2,8
170
—1,0 (
180
25,7
iS'ö«^
—
= ^ ^ +
(?)
7,6
11,6
13.J
0,98
1,63
-1,0 (-)
— 13
dt'
d'^z
= 0.
^ di^
Das Integral der lebendigen Kraft ist:
'A
\dt
+
fö)'} =.(«-«.,,
das Integral des Flächensatzes:
( dx dy\ « / 9 ON
V dt
dti
Zur Zeit / = o befindet sich das Teilchen
an der Oberfläche der Kathode und besitzt
keine Anfangsgeschwindigkeit. Führen wir Polar-
koordinaten ein, so ergiebt sich:
f E)'
+ r
(d<p
\di
)} = « (« — »„).
^ dfp f , „
dt
Ä^.
Hieraus:
dt o.,,. ^^^ .^l]^
d(p
e
dt 2Vfl
('-";)■
dr
rdfp
dr
-' er--'
2v(i \ r
1/ ^ / N ^
]/ 2 (U — Un)— .f ,
-2
r —
a^\i
Wenn das Teilchen sich von der Kathode
so weit entfernt hat, dass
a^ 2v 1/ // ,
= V 2 ^ iu — //n
r er E
)
wird, so verschwindet die radiale Geschwindig-
keit , , und das Teilchen bewegt sich in einem
dt ^
^
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
183
Kreise, dessen Ebene auf der Achse der Ka-
thode senkrecht steht, dessen Mittelpunkt in
dieser Achse liegt. Die Bahn des Teilchens
besteht in einer Spirale, die sich asymptotisch
jenem Kreise nähert. Der Halbmesser des
Grenzkreises ist um so kleiner, je grösser die
Intensität des magnetischen Feldes ist. Es
liegt nahe, dieses Resultat mit der Kontraktion
des Dunkelraumes im Magnetfelde in Beziehung
w - =
zu setzen.
(Hingegangen I. Januar 1902.)
Die Änderung des Molekularvolums gelöster
Salze mit der Temperatur.
Von Carl Forch.
Enthält ein Liter einer Lösung vom spezi-
fischen Gewicht stoi^o A • ;// Gramm eines Salzes,
dessen Äquivalentgewicht gleich A ist, und be-
deutet Qt das spezifische Gewicht des Wassers
bei der Temperatur t^, so ist das „Molekular-
volum" q> — d. h. das Volum eines Gramm-
molekels bezw. bei Salzen zweiwertiger Säuren
die Hälfte dieses Volums — des gelösten Salzes
in bekannter Weise definiert durch die Be-
ziehung:
A
Qt
(pt = ^ — 1000
mQt
Bezeichnet dQ bezw. ds die Änderung der spe-
zifischen Gewichte für i^, so erhält man den
Temperaturkoeffizienten von <f>t
/lOOOS
d<p=[~^^ -A
1000
mQ
wenn dm die Änderung der Konzentration mit
der Temperatur bedeutet, die gleich ist dem
negativen Werte des Volumausdehnungskoeffi-
zienten der Lösung.
Nachstehend sind aus der Litteratur für einige
Salzlösungen die „Molekularvolumina" bezw.
deren Temperaturkoeffizienten berechnet. Unter
* ist das Volum einer Grammmolekel des festen
Köqjers hinzugefügt.
m
3,5»
2,08
0,79
4,22
M2
^18
i3>3
"3.7
13,5
12,1
7,«
0,082
0,094
0.138
0,210
1
Ca CI2 *
0,068
0,082
0,092
0,107
2 Mg C/2 *
0,074 0,048
0,165 0,096
251).
0,051
0,058
0,057
0,039
= 222).
0,029
0,049
d<p'\0^ ä<piO"
0,033
0,045
0,033
-0,003
0,012
0,012
0,026
0,026
0,015
—0,023
0,001
—0,015
Man erkennt, dass der Temperaturkoeffizient
von q) sehr rasch mit wachsender Temperatur
abnimmt, entsprechend der Thatsache, dass die
Volumausdehnung einer Salzlösung bei höheren
Temperaturen geringer ist, als die des Wassers,
w --
/;/
/// ~
^10*
=
2 AJ^)
46,11
KBr^)
37,93
NiUaA
37.2
NII^NOA
46.8
NaHO:,})
30,0
HNO:,^)
26,7
V2 Zn SOA
1,88
\2 Cu SO,^)
4,63
Kon 3)
7.6
^6«
-—
5 ^2^2SO^*)
17,6
1
15.5
0,1
12,0
0.01
7J
=
5 ^I^MgSO,^)
6,0
I
0,9
0,1
2,4
0,01
-3,9
«f 5.5*
—
5 Essigsäure*)
51,0
I
50,2
0,1
49.9
0,01
49.7
—
I Zucker«)
209,9
0,1
208
0,01
207,6
47,62
39.07
37,9
48,0
31,5
27.9
2,87
5,57
«.7
<p 18»
18.5
17,0
14,0
9,3
</> 18»
6,6
1.7
— 1,2
-2,6
9) 18«
52,1
5^3
51.1
50.9
(p 18*
211,5
2:^9,9
209,6
^^(lo*— «)•) 4»
0,15
0,11
0,07
0,12
o»«5
0,12
0,10
0,09
0,11
54
44
35
46
38
40
23
22
27
0,08 27
0,12
0,17
0,13
0,05
0,07
0,10
0,11
0,10
0,10
0.10
0,10
0.13
0,16
0,16
23
57
215
Es ergiebt sich aus dieser Übersicht, dass der
Temperaturkoeffizient von (p so gut wie völlig
unabhängig ist von der Grösse des Molekular-
volums selbst, dass er vielmehr für gleiche Mole-
külzahl und dasselbe Temperaturintervall fast
unabhängig vom gelösten Stoffe und für Werte von
(p innerhalb der Grenzen +210 bis — 3 genähert
gleichgross bei allen in Wasser gelösten Körpern
ist. Eine merkliche Abhängigkeit von dem Disso-
ziationsgrade lässt sich an den gegebenen Zahlen
nicht Wahrnehmen. Selbst bei den Salzen, für
welche <p sich dem Werte von # ziemlich nähert
— NHx Cl, A^y und K Br — , ist der Tempera-
turkoeffizient von <p und * wesentlich verschieden,
denn im festen Zustande beträgt die Volum-
änderung für einen Grad Temperaturzunahme
nur etwa ein Zehntel von der im gelösten Zu-
stande.®) Der „Temperaturkoeffizient des
Molekularvolums" erscheint mithin viel-
mehr durch das Lösungsmittel als durch
die Eigenschaften des gelösten Körpers
bedingt.
i) Bremer, Rec. trav. chim. des Pays-Bas 7, 268, 1888;
nach Beibl. 13, 362, 1889.
2) Bremer, Arch. n^erlaud. (2), 0, 455, 1901. Es sei
bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass die 1. c. an-
gegebenen Konzentrationen teilweise bis zu 0.5 Proz. zu klein
sind, da die beim Mischen von Salzlösung und Wasser auf-
tretende Volumkontraktion gelegentlich der Herstellung der
mit ß, C und D bezeichneten Lösungen nicht berück-
sichtigt ist.
3) Forch, VVied. Ann. 56, 100, 1895.
4) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 56, 199, 1895.
5) G. T h. G e rl a c h , Spezifische Gewichte der Salzlösungen.
Freiberg 1859, S. 97.
6) Fizeau, C. R. 64, 314, 1867.
Darmstadt, Physikal. Institut der Techn.
Hochschule.
(Kingegangen 10. Januar 1902.)
i84
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
Der Mensch als kalorische Maschine und der
zweite Hauptsatz.
Bemerkungen zu dem gleichnamigen Artikel von
K. Schreber dieser Zeitschrift (3, 107, 1901).
Von N. Zuntz (Berlin).
Schreber erörtert die Frage, ob das Wärme-
gefälle zwischen dem Inneren unseres Körpers und
der Umgebung ausreichend sei, um den mensch-
lichen Körper als kalorische Maschine ansehen
zu können. Er legt seiner Rechnung das Tem-
peraturgefälle zwischen Körperinnerem und um-
gebender Luft zu Grunde, für welche letztere
er den willkürlichen Wert von 17** C. einsetzt,
um alsbald zu erkennen, dass infolge unserer
Bekleidung die an die Haut angrenzende Luft-
schicht viel höher temperiert ist, und er also
nur mit einem Wärmegefalle von 2 bis 6^ C.
rechnen darf. Wo bleibt aber dies Wärmege-
falle beim indischen Kuli, der bei einer die
Körperwärme übersteigenden Lufttemperatur
schwerste Arbeit leistet, dabei die Überhitzung
seines Körpers nur durch Verdunstung gewal-
tiger Wassermassen auf Haut- und Lungenober-
fläche verhütend; wo bleibt es beim gegen
reissende Ströme anschwimmenden Fisch, dessen
Körperwärme so wenig die des umgebenden
Wassers überragt, dass es bisher nicht mit
Sicherheit gelungen ist, die Grösse der Differenz
festzustellen? —
Die TemperaturdifTerenz zwischen Körper-
oberfläche und Umgebung kann aber für die
Erklärung der Muskelarbeit überhaupt nicht in
Betracht gezogen werden. Man begeht dabei
einen ähnlichen Fehler, wie wenn man das
Temperaturgefälle in der kalorischen Maschine
aus der Wärmedifferenz zwischen dem Kühl-
wasser derselben und der äusseren Luft bestim-
men wollte. Jede Muskelfaser ist eine Maschine
für sich; aus dem Zusammenhang des Körpers
herausgeschnitten, fährt sie fort, Arbeit zu leisten,
indem sie in ihr angehäufte brennbare Stoffe in
derselben Weise zersetzt, wie vorher als sie sich
noch im Zusammenhange mit dem Gesamtkör-
per befand und für den Verbrauch stetig Er-
satz aus dem Blute empfing. —
Durch gleichzeitige Messung der auf Reizung
vom ausgeschnittenen Muskel geleisteten Arbeit
und seiner Erwärmung, wozu nach dem Vor-
gange von Helmholtz*) die Methoden durch
Heidenhain^), Fick^), Magnus Blix^) und
i) Helmholtz, H., Über die WärmeentwickluDg bei der
Muskelaktion. Müllers Arch. f. Anat. u. Physiol. 1848, S. 144.
2) Heidenhain, Rud., Mechanische Leistung, Wärme-
entwicklung und Stoflumsatz bei der Muskelthätigkeit. Leip-
zig 1864.
3) Fick, Ad., Myothermische Untersuchungen aus den
Laboratorien zu Zürich und Wttrzburg. Wiesbaden 1889.
4) Fick, Ad., Myothermische Untersuchungen aus den
Laboraturien zu Zürich und Würzburg. Wiesbaden 1889.
Bürkner^) ausgearbeitet sind, hat man den
mechanischen Nutzwert der im thätigen Muskel
umgesetzten chemischen Energie zu 20 bis 40
Proz. ermittelt.
Einen Wert gleicher Ordnung haben die
von mir und einer Reihe von Mitarbeitern aus-
geführten Untersuchungen ergeben, welche den
einer bestimmten Arbeit entsprechenden Zu-
wachs des Stoffverbrauchs im menschlichen oder
tierischen Körper aus der gleichzeitigen Steige-
rung des Sauerstoffverbrauchs und der Kohlen-
säureausscheidung bestimmten. Wir fanden
gleichmässig bei Mensch, Pferd und Hund, dass
3 1 bis 34 Proz. des Mehr an chemischer Ener-
gie, welches bei der Arbeit frei wurde, als nutz-
barer mechanischer Effekt auftrat. Wir ermit-
telten gleichzeitig die Vergrösserung der Arbeit
des Herzens und der Atemmuskulatur, welche
während der Arbeit stattfindet. Dieselbe ist
derart, dass sie etwa 6 bis 7 Proz. des ganzen
Mehrverbrauches in Anspruch nimmt.) Berück-
sichtigen wir dies, so erkennen wir, dass die
äussere ArlÄit leistenden Muskeln 39 bis 40
Proz. der in ihnen umgesetzten Energie mecha-
nisch verwerten. —
Das von Schreber gesuchte Wärmegefälle
müsste dem Gesagten zufolge zwischen der ein-
zelnen kontraktilen Faser und ihrer Umgebung,
welche aus lauter gleichbeschaffenen Fasern be-
steht, gesucht werden. Es liegt auf der Hand,
dass hier in Betracht kommende Temperatur-
differenzen nicht existieren können.
Schreber betrachtet nicht, wie wir, nur die
während der Arbeit mehr zersetzte Nährsubstanz,
sondern die ganze im Laufe des Tages umgesetzte
als Kraftquelle für die äussere Arbeit. Er nimmt
an, in unserem Körper sei eine Art Akkumu-
lator vorhanden, welcher die in der Ruhe durch
die Umsetzungen erzeugte Energie aufspeichere
und bei Bedarf zur Arbeit verwende. Auch
dieser Gedanke ist nicht neu. Erhebliche Ener-
gieaufspeicherung kann aber in unserem Körper
nicht stattfinden, das beweisen die kalorime-
trischen Versuche von Rubner, sowie die von
Atwate rund Benedict am ruhenden Menschen.
Diese Versuche, deren Fehlergrösse i Proz. des
Wertes nicht übersteigt, zeigen, dass bei Hun-
den und Menschen die in der Ruhe abgegebene
Wärme der vollen Verbrennungswärme der
gleichzeitig umgesetzten Nährstoffe gleichkommt,
eine Speicherung von Energie also nicht in
nennenswertem Masse stattfindet. Den Gegen-
1) Pflügers Archiv Bd. 80, S. 533; Bd. 81, S. 399.
2) Schreber schätzt die Tagesarbeit des menschlichen
Herzens zu 3 . lo^ mkg, mir ist niemals eine ähnliche Schätz-
ung in der Fachlitteratur begegnet. Meine eigenen Messungen
an Pferden und Hunden führten zur Schätzung der Arbeit des
menschlichen Herzens auf:
2 . 10* mkg bei absoUu^gr Körperruhe,
3.10* „ ,, mittlerer Arbeit.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
i8s
beweis liefern Versuche von At water und
Benedict, in welchen dieselben ihren Versuchs-
menschen im Kalorimeter tagsüber schwer arbeiten
liessen, wobei die ganze mechanische Arbeit im
Innern des Apparates durch Reibung in Wärme
übergeführt wurde. Auch während der Arbeit
entsprach die wirklich abgegebene Wärme der
aus dem Gaswechsel berechneten Verbrennungs-
wärme der umgesetzten Nährstoffe. —
Könnten wir einen Teil der Energie der in
Ruhe umgesetzten Stoffe bei späterer Arbeit
verwerten, so müsste längere Bettruhe unsere
Arbeitsfähigkeit erhöhen. Bekanntlich ist das
Gegenteil wahr. Derjenige, welcher täglich
energisch arbeitet, ist viel höherer Leistungen
fähig als der untrainierte. Offenbar bedeutet
der Stoffwechsel des ruhenden Körpers kein
nutzlos brennendes Feuer. Was wir in der
Ruhe an chemischer Energie umsetzen, brauchen
wir für die stetig sich vollziehende Arbeit
des Herzens, der Atemmuskulatur, des Ver-
dauungsapparates, für die Bewegung der kon-
traktilen Zellen in unserem Körper, für die
chemische und osmotische Arbeit unserer Drüsen,
endlich für die Erhaltung unserer konstanten
Eigenwärme.
Wir können uns schliesslich fragen, wie
^ross müsste das Temperaturgefalle im Muskel
sein, wenn er bei 40 Proz. Nutzwert des um-
Lresetzten Materials als kalorische Maschine
arbeitend gedacht wird. Da die niedrigste Tem-
peratur 37^ C. beträgt giebt die Gleichung
^' • ICK) = 40,
X + 273
x^^ 244*^ C.
Bedenken wir, dass das im Muskel entstehende
Molekül CO , wenn es die ganze bei dem Pro-
zess 6'+ 02= CO'i entstehende Wärme in sich
fiir einen Moment enthielte, eine Temperatur von
loooo" C. haben würde (Pflüger) so widerlegt
unser x = 244" C. keineswegs die Möglichkeit,
dass der Muskel als kalorische Maschine arbeite.
Engelmann') hat eine Theorie der Muskel-
arbeit entwickelt und bis zu einem gewissen
Grade experimentell gestützt, welche den Muskel ,
als eine Art kalorischer Maschine auffasst, in
welcher die Temperaturänderung die Länge und
Spannung kleinster elastischer Teilchen ver- '
ändert. E. Pflüger'^) und A. Fick'') vertreten
die Ansicht, dars bei der Muskelarbeit die che-
mischen Anziehungskräfte im Sinne des Mus-
kelzuges geordnet, unmittelbar mechanisch
zur Wirkung kommen. Bernstein\)endlich zeigte
l) Th. W. Engel mann, Über den Ursprung der Muskel-
kraft Leipzig, Kngclmann 1893
a) E. Pfläger, Sein Arch. 10, 3:9, 344 u. 641.
3) A. Fick, Bemerkungen zu Ki.gelmanns Abhandlungen.
Pflögers Arch. 63, 606 und 64, 313.
41 Hernstein, Pflügers Arch. 85, 271; Naturwissen-
schaftliche Rundschau 1901, No. 33—35.
noch einen anderen Weg, auf welchem die che-
mischen Prozesse im Muskel zu mechanischer
Arbeit verwertet werden könnten, ohne erst die
ungeordnete Bewegungsform der Wärme anzu-
nehmen. Änderung der Oberflächenspannung
zwischen den ausserordentlich dünnen, den
Muskel zusammensetzenden Fibrillen und der
Flüssigkeit, welche dieselben umgiebt, kann
mechanische Wirkungen von der Art und Grösse,
wie wir sie am Muskel wahrnehmen, bewirken.
Ich konnte hier, um nicht allzuviel Raum
zu beanspruchen, nur auf einen Teil der für die
von Herrn Schreber angestellten Betrachtungen
wichtigen physiologischen Arbeiten und Theorien
hinweisen. (Eingegangen 13. Januar 1902.)
Über Elektrizitätszerstrcuung bei Föhn. \^
Von Paul Czermak.*)
Beim Studium der Arbeiten von Linss^),
Elster und GeiteP) sowie Ebprt') über die
Elektrizitätszerstreuung der atmosphärischen Luft,
fielen mir sofort drei Merkmale auf, welche beim
Föhn eine wesentlich grössere Ipnisierung der
Luft erwarten liessen, als bei gewöhnlichen atmo-
sphärischen Verhältnissen. Alle bisherigen Be-
obachtungen ergaben die kleinsten Zenstreuungs-
koeffizienten bei nebliger oder nahe an der
Kondensation liegender Luft, während die gröss-
ten Werte bei klarem, tiefblauem Himmel
und auffallend deutlicher Fernsicht er-
halten wurden, wie Elster und Geitel in der
citierten Arbeit S. 432 sagen. Dadurch ist aber
eines der charakteristischen Merkmale der Föhn-
luft gekennzeichnet. Gerade für diese so auf-
fallende Erscheinung der sogenannten ,, Föhn-
aussicht", welche sich schon deutlich beim ersten
Einstellen der Föhnlage zu erkennen giebt, fehlte
es bisher an einer befriedigenden ph}'sikalischen
Erklärung.
Ferner zeigen die Messungen von labert
bei Ballonfahrten in der auflalligsten Weise eine
grosse Zunahme der Zerstreuungskoeffi-
zienten mit der Höhe. Da nun die Föhn-
luft aus grösseren Höhen in verhältnismässig
kurzer Zeit zu uns herabkommt, so ist schon
deshalb ziemlich sicher ein grösserer lonenge-
halt zu erwarten.
Ein dritter Fingerzeig liegt in den Beob-
achtungen von P. Lenard^) welcher fand, dass
i) Teilweise im Anzeiger der Wiener Akademie.
2 ) „Über einige die Wolken- und Luftelektrizität betreffende
Probleme." Metcurolog. Ztschr. 4, 345, 1887.
31 „Über Elektrizitäts/.erstreuung in der Luft". Ann. der
rhys. 2. 425, 1900.
4) „Cber Klektrizitüts/erstreuung In grösseren Höhen".
Ann. der Phys. 5, 718, 1901.
5) ,,rber die Wirkung des ultravioletten Lichtes auf gas-
förmige Körper". Ann. der Phys. 1, 486, 1900.
i86
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
Luft durch die Wirkung des ultravioletten Lichtes
nicht nur zur Bildung von Nebelkernen veran-
lasst wird, sondern dass auch eine starke
Ozonisierung eintritt. Nachdem nun die
Ionisierung der Luft wohl der ultravioletten und
violetten Sonnenstrahlung zuzuschreiben ist, so
wird auch eine vermehrte Ozonbildung gleich-
zeitig vor sich gehen. Vielen Personen, dar-
unter auch mir selbst, ist nun beim Föhn schon
seit langem oft ein auffallender Geruch be-
merkbar. Er erinnert schwach an Phosphor
oder frische Metallflächen oder etwas Ozon; er
wird als Frühjahrsgeruch bei eintretendem Tau-
wetter bezeichnet.
Da hier in Innsbruck sehr gute Gelegenheit
sich bietet, diese Voraussetzungen zu prüfen, so
wollte ich schon längst einige Zerstreuungs-
messungen ausfuhren. Aber erst Ende Novem-
ber V. J. kam ich durch die Freundlichkeit des
Professor Dr. F. Exner in die Lage, einen dies-
bezüglichen Apparat leihweise zu erhalten, wo-
für ich demselben hier meinen besten Dank
abstatte.
Den ganzen Monat Dezember konnte ich
nun Messungen ausführen und trat nach 14 nor-
malen Tagen ein typischer Föhntag auf. Dann
musste ich die Messungen abbrechen und stud.
phil. V. Preu setzte dieselben an mehreren Föhn-
tagen, die in der letzten Dezemberwoche auf-
traten, fort.
Die erwartete Erscheinung zeigte sich* sehr
auffallig. Bedeuten ^-,-f. so wie bei Ebert,
die bei negativer resp. positiver Ladung am
Zerstreuungskörper in der Zeiteinheit (i 5 Minuten)
neutralisierte Elektrizitätsmenge und ^-,-f. die
durch Division durch 15x0,4343 (i — ;/) er-
haltenen Zerstreuungskoeffizienten, wo // das
das Verhältnis der Kapazitäten von Elektro-
meter zu Elektrometer + Zerstreuungskörper
vorstellt, ferner ist q das Verhältnis von a- zu
^^, so sind die Ergebnisse dieser vorläufigen
Messungen folgende:
Durch diese kurze Messungsreihe ist vor-
läufig sicher gestellt, dass der lonengehalt an
Föhntagen das Vier- bis Zehnfache des an ge-
wöhnlichen Tagen gemessenen beträgt. Es
scheint auch die negative Zerstreuung grösser,
was auf die Erhaltung des Charakters der Höhen-
luft schliessen lässt. Der höchste Wert trat an
einem Tage auf, als der Föhn sehr heftig und
bereits den dritten Tag hindurch geweht hatte.
Wieviel die an Föhntagen viel stärkere Son-
nenstrahlung zur Ionisierung beiträgt, ist noch
nfcht sicher anzugeben, doch steigen die Werte
meist am »Nachmittage.
In der Folge*) sollen solche Messungen in
ausgedehnterem Masse, verbunden mitMessungen
des Potentialgefälles, durch längere Zeit fortge-
setzt werden. Es ist nämlich auch wahrschein-
lich, dass bei länger anhaltenden anticyklonalem
Wetter höherer lonengehalt vorhanden ist, wie
es auch die über dem Bodennebel sichtbare
Transparenz der Bergansicht an solchen Tagen
anzeigt.
Durch diesen Zustand der Föhnluft wäre
aber auch* ein meteorologisches Element ge-
funden, welches einer Prüfung von physiolo-
gischer Seite wert wäre. Die Änderungen aller
anderen meteorologischen Faktoren sind solche,
dass man von keinem einen besonderen Ein-
fluss auf das vegetative Befinden von Lebewesen
erschliessen könnte. Die rasche Erhöhung der'
Elektrizitätszerstreuung muss aber mit einer
Schwankung des normalen Luftpotentiales ver-
bundei^ sein, der höhere lonengehalt und die
vermehrte Chsonisierung sind Momente, welche
wohl geeignet sind subjektive Sensationen im
lebenden Organismus auszulösen. Es ist sogar
vielleicht nicht zu gewagt, die Symptome, welche
1) Einer Zuschrift des Herrn Geheinorates v. Bezold
verdanke ich die Mitteilung, dass derselbe bereits am 17. Sep-
tember 1900 den Wunscl^ nach solchen Messungen in Inns-
bruck ausjjesprochen hat, wovon ich aber erst jetzt Kenntnis
erhielt.
iE"-
2,92
2,44
2.35
5.29
5.31
1,23
5.20
5^85
2,70
2,70
3,21
4.24
3,9^
4,51
4,33
4,76
533
3,20
Mittel: 3,80
2,03
2,60
3-44
2,63
3^94
7,73
319
3,85
5.59
3.33
371
3,22
4.03
3.66
4,85
6,26
6,77
6,S9
323
4,So
ohne
a—
1,12
o,()6
0.93
0,71
1,59
«.59
0.37
1,56
1,76
0,81
o,Si
0,90
1,27
ii5«
1,5s
1,30
1.43
1,60
0,96
1,20
Föhn
078
1,02
1,32
0,80
1,18
2,32
0.96
1,16
1,68
1,00
o,g7
1,21
1,40
1,69
i,S8
2,03
2,07
0.97
1,34
Messungen an Tage»
»,44
0,94
0,70
0,86
^34
0,68
0,3s
1.34
1,05
o,Si
0,73
r,oo
1,10
1.08
0,93
0,69
0,70
OJ7
1,00
0,02
* mit Föhn
/t_
^+
1
^+
Q
946
i',37
2,84
3.41
0,85
10,06
7>3«
3.85
2,80
1.37
12,09
12,16
3.63
3.65
1,00
TI,I9
8,94
3.36
2,68
1,26
.9.50
11,36
2,85
3.41
0,84
^3,67
11,23
4,10
3.37
1,22
8.34
10,31
1 3,19
395
0,81
8,05
5,42
2,81
1.88
1.48
12,87
17.68
4,48
6,16
0,73
7,99
7,61
3,06
2,92
1.05
7>7^
7.75
2,98
2,97
1,00
14,32
10,20
' 5.48
3.91
1,41
11,14
,- V 1
6,36
3.34
1,91
1.75
8,80 1
6,t8
2,64
1.85
1.43
13,50
9.47
4,05
2,84
1.43
8,71
8,69
2,61
2,61
l,CO
18.93
10,64
5.68
3.19
1,78
15,08
11,81
. 4,53
3.54
1,28
28,14
27,09
8,47
8.13
1,04
12,09 ,
10,66
3.89
343
1,20
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
187
die Föhnkranken zeigen, mit jenen der Berg-
kranken in eine Parallele zu bringen. Mattig-
keit, Schwindel, Kopfschmerz, Herzklopfen und
Schlaflosigkeit bilden auch einen Teil der Be-
schwerden der von Bergkrankheit Befallenen
und wenn hier auch noch andere Momente eine
wesentliche Rolle mitspielen, so sollte doch beim
Studium dieser Krankheit der Einfluss der
höheren Ionisierung und Ozonisierung der Höhen-
luft nicht ausser acht gelassen werden. Da
sich diese Symptome auch bei anhaltendem
anticyklonalem Wetter eyistellen, so ist die Ver-
mutung eines höheren lonengehaltes umsomehr
gerechtfertigt. Der Aufenthalt in mit Radium
oder Polonium stark ionisierten Luftkammern,
könnte bei für F'öhn- oder Bergkrankheit be-
sonders sensiblen Personen vielleicht zu erfolg-
reichen Versuchen fiihren.
Innsbruck im Januar 1902.
(Eingegangen 15. Januar 1902.)
sJ
Über eine einfache Methode, die Temperatur
leuchtender Flammen zu bestimmen.
Von ¥, Kurlbaum.
»
In neuester Zeit sind die optischen Methoden
fiir die Temperaturmessungen sehr in den
Vordergnmd getreten, wie sich u. a. durch die
Konstruktion dreier verschiedener optischer
Pyrometer kundgiebt.')
Diese Methoden setzen voraus, dass die
Strahlung eine reine TemperaturstraHung ist;
und dass der betrachtete Körper das theoretisch
mögliche maximale Emissionsvermögen be-
sitzt, also schwarz ist. Für manche Methoden
genügt es, wenn der betreffende Körper ein
Emissionsvermögen besitzt, welches für jede
Wellenlänge dem Emissionsvermögen des
schwarzen Körpers proportional ist, d. h. wenn
es ein grauer Körper ist. Treffen diese Vor-
aussetzungen nicht zu, so können in der
Temperaturbestimmung mehr oder weniger
grosse Fehler gemacht werden.
Es darf als ausgemacht gelten, dass die
Licht aussendenden Bestandteile der zur Be-
leuchtung benutzten Flammen feste Kohlenstoff*-
partikelchen sind. Wären diese in genügender
Menge in der Flamme vorhanden, so würde
die Flamme angenähert wie ein schwarzer
Körper der gleichen Temperatur leuchten. Die
Flamme würde undurchsichtig, und ihre Tem-
peratur leicht bestimmbar sein.
I) L. Holbori» und K. Kurlbaum, t'bcr ein optisches
Pyrometer. Herl. Akad. Her. 30, 7 1 2 — 7 1 9, 1 90 1 . ( ). L u m m c r ,
Ein neues Interferenz- rhdto- uiul Pvrumeter. Verh. der
Deutsch. Physik. Ges. 131 — 147, i«joi. II. Wanne r, l ber
einen Apparat zur ph<»t()metriscjien Messung hoher 'rcm;>cra-
toren. Diese Zeitschr. 3, 112—114, 1901.
Dass Russ in genügend dicker Schicht
schwarz ist, ist allerdings nur für Russ
bei niedrigerer Temperatur erwiesen, als er in
der Flamme besitzt. Da aber Flammen nur
ein höchst geringes Reflexionsvermögen, z. B.
Sonnenlicht gegenüber, besitzen, so darf ange-
nommen werden, dass dieKohlenstoffpartikelchen
auch bei Flammentemperatur in genügend dicker
Schicht schwarz sind. In dünnen Schichten ist
Russ bekanntlich durchlässig und selektiv, dünne
Schichten, z. B. auf Porzellan, erscheinen rot,
d. h. er ist für rotes Licht durchlässiger, als
für die kürzeren sichtbaren Wellenlängen, noch
durchlässiger ist er für längere Wärmewellen.')
Es ist also bekannt, dass sein Absorptionsver-
mögen in dünnen Schichten im allgemeinen mit
kürzeren Wellen zunimmt. Neu dagegen dürfte
sein, dass diese selektiven Eigenschaften des
Russes für bestimmte Temperaturen innerhalb
bestimmter Spektralgebiete stärker entwickelt
sind, als bei vielen undurchsichtigen Körpern,
z. B. bei blankem Platin.
In folgendem möchte ich zeigen, dass einzelne
der bisherigen Methoden zur Bestimmung von
Flammentemperaturen aus diesem Grunde zu
hohe Werte ergeben müssen, indem ich eine
einfache und ziemlich genaue Methode benutze.
Ein schwarzer Körper sei auf eine bestimmte
Temperatur gebracht und leuchte für ein be-
obachtendes Auge mit einer gewissen Hellig-
keit. Wird nun zwischen Auge und schwarzen
Körper eine Flamme geschoben, so wird im
allgemeinen die scheinbare Helligkeit des Körpers
geändert. Hat die Flamme eine höhere Tem-
peratur, so erscheint der Körper heller, hat sie
eine tiefere Temperatur, so erscheint die Hellig-
keit geringer. Nur wenn der Körper und die
Flamme die gleiche Temperatur besitzen, so
bleibt die Helligkeit des Körpers ungeändert.
Man braucht also nur die Temperatur des
Körpers so lange zu variieren, bis die Helligkeit
bei vorgeschobener Flamme die gleiche bleibt.
Diese Methode ist einerseits durch die klassischen
Betrachtungen Kirchhoffs über Emission und
Absorption, andererseits durch die experimen-
tellen Untersuchungen Rossettis^) über Flam-
men nahegelegt. Ferner wird sie durch die selek-
tiven Eigenschaften des Ru.sses nicht beeinflusst.
Für diese Methode ist das oben citierte
optische Pyrometer von Holborn und mir sehr
geeignet. Dasselbe besteht aus einer Objektiv-
linse, welche das Bild des Körpers, dessen
Temperatur gemessen werden soll, an einer
Stelle entwirft, wo sich der Kohlebügel einer
4-Voltlampe befindet. Kohlebügel und Bild
n V. Kurlbaum. .\nderung der Emission und Ab-
sorption von ri.itinschwarz und Russ mit zunehmender Schicht-
dicke. Wicd. Ann. 67, S46— 858, 1899.
2) F. Kossctti, Sur les pouvoirs absorbaut et cmissif
des llammes et sur la tcnii)cTaturc de l'arc vohai«|uc. Ann.
de chim. et de phys. 18, 457—495, »879.
i88
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
werden durch ein Okular und ein rotes Glas
betrachtet, und der Lampenstrom wird so ein-
reguliert, dass der Kohlebügel auf der leuchtenden
Fläche wegen seiner gleichen Helligkeit ver-
schwindet. Am gleichzeitig eingeschalteten
Amperemeter wird direkt die Temperatur des
schwarzen Körpers abgelesen, da das Ampere-
meter mit Hilfe eines schwarzen Körpers von
bekannter Temperatur geaicht ist.
Es sei darauf aufmerksam gemacht, dass in
der geschilderten Situation die Helligkeit des
Bildes einer vor den Körper geschobenen
Flamme nicht von dem Abstand von der
Objeklivlinse oder von der Schärfe des Bildes
abhängt. Die Versuche ergaben, dass die
Helligkeit des schwarzen Körpers durch eine
davor gestellte Kerze nicht geändert wurde,
wenn seine Temperatur ungefähr 1430^ C. be-
trug. Dies ist demnach die Temperatur der
Kerze, welche allerdings erheblichen Schwan-
kungen unterworfen ist, da an der gleichen
Kerze die Temperaturen 1439, 22, 28, 25, 48,
26, im Mittel also 1431** C. gefunden wurde.
Die Herren Lummer und Pringsheim
finden, dass die Kerzentemperatur wahrschein-
lich zwischen den Grenzen 1687 und 1477*^ C.
oder i960 und 1750^ abs. Temp. liegt.*)
Die Temperaturgrenzen waren aus der Lage
des Maximums der bolometrisch gefundenen
Energiekurve erschlossen, für den Fall, dass die
Kohle Strahlungseigenschaften besitze, welche
zwischen denen des Platins und des schwarzen
Körpers liegen. Wie man sieht, gehört der
Kohlertstoft' in so dünnen Schichten, wie er sich
in den gewöhnlichen Kerzen befindet, nicht
zu dieser Gruppe von Körpern. Das Maxi-
mum ist wegen der selektiven Eigenschaften
nach den kurzen Wellen verschoben, und die
Temperatur erscheint deshalb höher.
In neuester Zeit hat in gleicher Weise, wie
die Herren Lummer und Pringsheim, Herr
G. W. Stewart die wahrscheinlichen Tempe-
I) Verh. der Deutsch. Physik. Ges. 1901, 36 — 46.
raturgrenzen für die Acetylenflamme bestimmt. ')
Er findet für eine cylindrische Flamme 2890
bis 2560® C, für eine flache Flamme 30CX) bis
2650" C. Diese Temperaturen dürften viel zu
hoch sein.
Ich möchte auch an dieser Stelle hervor-
heben, dass es ein ausserordentlicher Vorteil
des benutzten Pyrometers ist, dasselbe für der-
artige Zwecke als Photometer benutzen zu können
und statt der mit hohen Potenzen der Tempe-
ratur anwachsenden photometrischen Helligkeit,
die mit der Stromstärke ungefähr linear an-
steigende Temperatur selbst einfuhren zu können.
Gleichzeitig sind damit die für einfache Methoden
unbequemen sehr inten.siven Lichtschwächungen
vermieden, welche z. B. durch rotierende Sek-
toren oder durch Absorptionsplatten oder Nicols
bewirkt werden müssen.
Die von mir benutzte Methode darf nur an-
gewendet werden, wenn erwiesen ist, dass die
leuchtenden Kohlepartikelchen der F*lamme nicht
von irgend welchen Gasen umgeben sind, welche
in dem benutzten Spektralgebiet eine unkontrol-
lierbare Absorption ausüben. Wollte man z. B.
dieselbe Methode bolometrisch für die Gesamt-
strahlung der Flammen anwenden, so könnte
die Absorption der in der Flamme befindlichen
Verbrennungsprodukte eine erhebliche Fehler-
quelle bilden.
Durch die vorhergehenden Erörterungen
glaube ich erwiesen zu haben, dass man aus
der Intensitätskurve der Flamme nicht direkt
die Temperatur der Flamme berechnen kann,
wohl aber kann man umgekehrt, nachdem die
Temperatur der Flamme auf andere Weise be-
stimmt ist, aus der Intensitätskurve die selek-
tiven Eigenschaften der Kohlenstoffpartikelchen
für verschiedene Wellenlängen entnehmen, indem
man diese Kurve mit derjenigen des schwarzen
Körpers von gleicher Temperatur vergleicht.
i) The distribution of enerjjy in the spectrura of the
acetylene flame; Physical review 13, 257 — 282, 1901.
(Eingegangen 22. Januar I902.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 7^. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
J. Billitzcr, Referat über die Vorträge der
Abteilung 4 (Chemie einschliesslich Elektro-
chemie).
Von den Vorträgen der Abteilung für Che-
mie waren für Physiker von Interesse:
Erdmann (Berlin): Über gelbes Arsen,
Beobachtungen, welche auf die Existenz einer
zweiten Modifikation des Arsens deuten, die sich
von der wohlbekannten metallisch-glänzenden,
hexagonal-rhomboedrischen F*orm durch metaU
loide Natur und gelbe Farbe unterscheidet, reichen
bis in die Zeit Berzelius' zurück. Es wurden
aber auch viele widersprechende Meinungen ge-
äussert, so dass die Frage noch offen geblieben war,
bis Vortragender^ die zweite Modifikation darge-
stellt hat. Die Widersprüche finden in der fast
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
189
beispiellosen Lichtempfindlichkeit der neuen Mo-
difikation und in ihrer Unbeständigkeit eine Er-
klärung.
Verfasser gewinnt das gelbe Arsen durch
V^ergasen gewöhnlichen Arsens in einem Alu-
miniumrohre unter langsamemKohlensäurestrome,
plötzliches Abkühlen der Dämpfe und Verdichten
des nun umgewandelten Arsens unter Schwefel-
kohlenstoff, in welchem es eine etwa Sprozen-
tige Lösung liefert. Aus dieser Lösung scheidet
sich, wie Vortragender demonstriert, das gelbe
Arsen bei der Temperatur der flüssigen Luft
aus, färbt sich aber am Licht bald dunkel; vor
Belichtung geschützt, ist es aber bei dieser Tem-
peratur unbegrenzt haltbar, bei der Temperatur
des Kohlensäure-Äther-Kältegemisches bleibt es
längere Zeit unverändert; bei gewöhnlicher Tem-
peratur verwandelt es sich aber selbst bei pein-
lichem . Lichtabschluss rasch in gewöhnliches
Arsen zurück. Diese Lichtempfindlichkeit be-
sitzt die Lösung in Schwefelkohlenstoff nicht.
Redner weist auf eine eventuelle Verwendung
in der Photographie hin.
Dampft man die Schwefelkohlenstofilösung
im Vakuum bei tiefer Temperatur ein, so erhält
man eine feste Masse gelben Arsens. Dieses
ist mit Wasserdämpfen flüchtig und weist einen
stärkeren Geruch nach Knoblauch auf, als ge-
wöhnliches Arsen.
Die Molekulargrösse des gelben Arsens wurde
ghichAs^ gefunden (Molekulargewicht rund 300),
ist also dieselbe wie für Arsendampf.
Es folgten dann einige allgemeinere Betrach-
tungen. Der Vortrag wurde durch Demonstra-
tionen unterstützt.
Hofmann (München): Über die Euxen-
erde. Vortragender hat das Spektrum des Ele-
mentes der Euxenerde beobachtet und sein
Atomgewicht in erster Annäherung =^145 be-
stimmt. Im periodischen Systeme füllt es das
Intervall zwischen Niob(94) und Tantal (182) aus.
Küster (Klausthal): Über Sulfide und Po-
lysulfide. Vortragendemist es gelungen, aufphy-
sikalisch-chemischem Wege, die rein chemisch
nicht zu lösende Frage, ob die Polysulfide Deri-
vate der verschiedenen Schwefelwasserstoffsäuren
sind, zu entscheiden. Systematische Bestim-
mungen der Hydrolyse, der Leitfähigkeit und der
Fähigkeit, Schwefel, zu lösen, ergeben den Schluss,
dass die Polysulfide keine sulfoschwefelwasser-
stoffsauren Salze sind, dass wir vielmehr die
Lösungen der Natriumsulfide als Mischungen des
Natriumsulfides und des verhältnismässig bestän-
digen Tetrasulfides aufzufassen haben.
Otto Ruff (Berlin): Das Eisenoxyd und
seine Hv^drate. Der bekannte rotbraune Nie-
derschlag von Eisenhydroxyd, den man beim
Versetzen von Ferrichloridlösungen mit Ammo-
niak erhält, ist. wie van Bemmelen gezeigt
hat, kein Hydrat, sondern ein echtc?s Kolloid,
dessen Wasserdampftension lediglich von der
Art und dem Fortschritte der Trocknung ab-
hängt.
Andererseits existieren solche Hydrate in
der Natur neben wasserfi*eiem Eisenoxyd in den
Formen :
Hydrohämatit : Fe^O^ • ^iHiO
Goethit: Fe^O^ • H^O
Brauneisenstein: Fe^Oi^ • i^UiH^O
Xanthosiderit: Fe-xO'^ - iH^O
Ihre Bildung ist sehr wahrscheinlich aus dem
Kolloid erfolgt.
Vortragender hat die Bedingungen für die
Bildung und Umwandlung dieser Hydrate unter-
sucht. Die unter gewöhnlichen Umständen sehr
langsame Umwandlung konnte nicht durch Ten-
sionsbestimmungen verfolgt werden. Bei Anwen-
dung eines Druckes von ca. 6000 Atmosph.,
den Vortragender auf das Kolloid unter Wasser
wirken Hess, gelang es aber, die Umwandlungszeit
auf einige Tage zu verkürzen. Folgende Um-
wandlungspunkte (die durch den hohen Druck
etwas zu Ungunsten des Kolloids verschoben
sind) wurden gefunden:
Bis etwa 42 • 5 ^ entstand das gelbe, dem Braun-
eisenstein entßprechende Hydrat
Fe,0;ri'kH^O,
von42-5'^-62-5^ das, dem Goethit entsprechende
ziegelrote Hydrat Fei 0^ .HiO^
über 62 5^, das, dem Hydrohämatit ent-
sprechende ziegelrote Hydrat
Fe^O^'^kH^O.
Die obere Grenze dieses letzteren gegen
wasserfreies Oxyd war in der Nähe von 100"
noch nicht erreicht. Die Erleichterung der Hy-
dratbildung unter Druck weist auf eine Volum-
verringerung bei diesem Vorgange hin.
Bei mittlerer Temperatur und Feuchtigkeit
ist Brauneisenstein das einzig beständige Hydrat.
In den Erzlagern dürfte im Laufe der Jahrhun-
derte eine stete, wenn auch äusserst langsame
Umwandlung der anderen Formen und des
wasserfreien Eisenoxydes in Brauneisenstein er-
folsfen.
Der Versuch einer Erklärung für den Über-
gang des Kolloides in das wasserfreie Produkt
vor der Bildung der Hydrate bildete den Schluss
der Darlegungen.
Hantzsch (Würzburg): Über den Zustand
von Elektrolyten in wässeriger Lösung.
Der Verteilungskoeffizient eines Salzes zwischen
zwei Lösungsmittel ist im allgemeinen wenig
von der Temperatur abhängig, sehr gross wird
jedoch die Abhängigkeit von der Temperatur,
wenn man Stoffe zwischen Lösungsmittel verteilt,
deren eines Wasser, oder eine Verbindung vom
Typus des Wassers ist. Mit zunehmender Tempe-
ratur verschiebt sich dann die Verteilung zu
Gunsten des nichtwässerigen Anteils. Redner
sucht dies durch Bildung von Hydraten zu erklären,
I90
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
die beim Erhitzen zerfallen. Sehr sonderbar ist in
solchen Fällen das Verhalten von Jod. Es giebt
bekanntlich braune und violette Jodlösungen, in
letzteren wird eine Komplexbildung vermutet;
während nun der Verteilungskoeffizient zwischen
braunen und violetten Lösungen mit der Tem-
peraturänderung stark verschoben wird, ist er
zwischen zwei braunen Lösungen von der Tem-
peratur fast unabhängig.
Weigert (Berlin): Über das Calciumsul-
fat und die Umwandlungsbedingungen
von Gips und Anhydrit. Die 3 Systeme:
I. CaS0^'2H^0 {Gips)
II. CaSOi ' 2M 0 :;
III. CaSOi . 2//2 0 :;
(Halbhydrat) + i ^H^ 0
=t CaSO,^ (nat. An-
hydrid) + 2//^ 0
± CaSO^ (lösl. Cal-
ciumsulfat) + 2H1O
wurden auf Grund der Maximalwasserdampften-
sionen des Gipses bei Umwandlung in die
wasserärmeren Salze untersucht. Die Umwand-
lungspunkte waren für die verschiedenen
IQ Wasser in gesält'gter Na Ci Lösung.
0
76*>
I 107-2
Systeme: II ca. 70^ ca. 30'*
III 89^
Der Gips hat demnach 3 Schmelzpunkte,
welche durch die, bei der Entwässerung häufig
auftretenden Verzögerungserscheinungen, alle drei
experimentell nachzuweisen sind. Bei 70^ bildet
sich der natürliche Anhydrit, bei 89" das lös-
liche wasserfreie Calciumsulfat und bei 107 • 2^
das Halbhydrat. Letzteres ist bei allen Tem-
peraturen labil in Bezug auf beide wasserfreie
Modifikationen, bildet sich aber bei schneller
Steigerung der Entwässerungstemperatur stets
zuerst. Selbst bei gewöhnlicher Temperatur zer-
setzt es sich, zwar erst nach Jahren, entsprechend
der Gleichung:
4 CaSO, . 'V/iC^= CaSOx • 2HiO + 3 CaSOx,
Eine Anwendung auf die Bildungsverhältnisse
der marinen Calciumsulfatablagerungen gestattet
nur das stabilste System II. Die Umwandlungs-
temperatur für Gips und Anhydrit in Gegen-
wart gleichzeitig auskrystallisierender Salze ist
durch den Schnittpunkt der entsprechenden Ten-
sionskurven gegeben. Mit iVaO ist sie 30^ mit
leichter löslichen Salzen, wie MgCli, CaCli noch
tiefer, so dass wahrscheinlich das marine Calcium-
sulfat sich primär als Anhydrit absetzte, während
der Gips ein sekundäres Hydratationsprodukt
zu sein scheint.
Rischbieth (Hamburg) demonstriert gasvo-
lumetrische Versuche, welche er durch prak-
tische Verwendung der Bunteschen Bürette
und sinnreiche Vereinfachungen, zu lehrreichen
und eleganten Vorlesungsexperimenten ausge-
arbeitet hat.
Ab egg (Breslau) demonstriert die Ausftihrung
der schon in dieser Zeitschrift (2, 539, 1901)
beschriebenen neuen Methode zur Bestimmung
der lonenbeweglichkeiten.
Billitzer (Göttingen): Studien am Acety-
len. Löslichkeitsversuche haben ergeben, dass
Acetylen in Alkalien der Einwirkung zweier
Faktoren unterworfen ist, die einander entgegen-
wirken und seine Löslichkeit beeinflussen. Der
eine bewirkt eine Löslichkeitsvermehrung und
beruht auf Salzbildung, der andere Löslichkeits-
erniedrigung und wird durch Salzwirkung aus-
geübt. Ihr Zusammenwirken ftihrt in besonderen
Fällen zu einem Löslichkeitsmaximum bei einer
bestimmten Konzentration des Lösungsmittels,
eine Erscheinung, die sich rechnerisch verfolgen
lässt. Durch Löslichkeitsbestimmungen von
Äthylen in den gleichen Lösungsmitteln gelang
es, die zwei Wirkungen zu trennen, da-erstere
in diesem Falle nicht besteht. Aus den Ver-
suchsdaten geht es mit Sicherheit hervor, dass
Acetylen eine Säure ist, deren Stärke etwa 600 mal
kleiner ist, wie die der Kohlensäure, deren
Dissoziation etwa der des Wassers gleichkommt,
sodassmaninAcetylenlösungen Anionen: C CIJ
und C - C anzunehmen hat, wie im Wasser OH
und 0,
Wohlwill (Hamburg): Über das Zerfallen
der Anode. Die bekannte Erscheinung des
Zerfalles der Anode, die bei den verschiedensten
Metallen auftritt, und beim Silbervoltameter
z. B. dadurch unschädlich gemacht wird, dass
man die Anode in Filterpapier hüllt, erklärt-
V^ortragender auf folgende Weise:
An der Anode gehen neben Oxyd-, auch
üxydulsalze in Lösung. Durch Rückzersetzung
der letzteren — indem z. B. CuiSO^ in Cu
und CuSOi zerfällt — wird Metall an der Anode
niedergeschlagen, nicht aber in fester Form,
sondern in Gestalt lose zusammenhängender
Flitter, deren Anwachsen und Herabfallen den
Zerfall der Anode herbeiführt. In Lösungen, wo
die Rückzersetzung ausgeschlossen ist — z. B.
Anoden von.-i^'-in KCX — , findet auch kein Zerfall
statt. Anwendung hoher Stromdichten und sehr
glatter Elektroden erschwert diesen Vorgang.
Coehn (Göttingen): Über kathodische Po-
larisation und Bildung von Legierungen.
(Nach Versuchen von Dannenberg.) Werden
Metallionen an festem Metall abgeschieden, so
erfahren sie eine Erniedrigung des Entladungs-
potentiales, wenn sie befähigt sind, mit letzterem
Legierungen zu bilden; der Grad der Depolari-
sation ist zugleich ein Massstab für ihre Ten-
denz, die Legierungen einzugehen.
Verwendet man Quecksilber als Kathode,
so tritt diese Erscheinung, dank der viel rascheren
Diffusion von der Oberfläche in das Innere, noch
deutlicher zu Tage. Es wurde die Reihenfolge
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
191
Zn
Cd Ag
Cu
Fe
mit den Zahlen: o- 15 o- 12 009 008 002 Volt
für die Depolarisation gefunden. Die beim Zink
erhebliche, beim Eisen verschwindende Tendenz
zijr Amalgambildung tritt hier deutlich hervor.
Ist das Kation Wasserstoff, so ist nur an
Palladiumkathoden eine Depolarisation zu beob-
achten, nur mit diesem Metall ^wird daher eine
Legierung gebildet, an allen anderen Kathoden
tritt eine tJberspannung auf, die für das be-
treffende Kathodenmetall charakteristisch ist.
Arndt (Berlin): Über die Zersetzungs-
geschwindigkeit von Ammoniumnitrit.
Durch Bestimmung der Zersetzungsgeschwin-
digkeit des Ammoniumnitrits in Stickstoff und
Wasser nach:
in Lösungen verschiedener Konzentration, und
des Einflusses, den Fremdkörper auf sie aus-
üben, gelangt Vortragender zu der Ansicht,
dass die Zersetzung durch die Vermittelung
freier salpetriger Säure herbeigeführt wird, welche
durch Hydrolyse geliefert wird.
Wegscheider (Wien): Das Verhältnis
der chemischen Kinetik zur Thermody-
namik. Vortragender findet durch Deduktionen
bei komplizierten simultanen Gleichgewichten
der Form:
it\ ^
u
2 ^
u
:»»
WO H\ mit //, wieder durch:
y
^h -e
Ux
verbunden ist, bei Anwesenheit eines Katalysa-
tors einen Widerspruch zwischen den kinetischen
und thermodynamischen Ableitungen, lässt es
aber dahingestellt sein, ob der betrachtete Fall
realisierbar ist. Eine Übereinstimmung der
Resultate ist zwar herzustellen, wenn man ge-
wisse Beziehungen zwischen den Gleichgewichts-
konstanten aufstellt; doch sind letzere nicht aus
kinetischen Anschauungen abzuleiten.
Der Gang der Deduktionen ist im Auszuge
nicht wiederzugeben, es sei auf die demnächst
in der Wiener Akademie und den Monatsheften
für Chemie erscheinende Arbeit verwiesen.
Meyerhoffer (Berlin): Über einige Ver-
suche von Guldberg und Waage. Vortra-
gender hat die Guldb er g-Waagesche Gleichung
K CO
^ J^ =4 geprüft, und ihre Konstanz durch-
aus nicht erfüllt gefunden, vielmehr nimmt dieselbe
mit Zunahme der Konzentration und der Tem-
peratur ab. Für eine 2 molekulare Lösung vom
Karbonat war sie 4 • 68, stieg die Konzentration
auf 8 • I Mol., so war sie nur mehr 3 • 80, bei
einer^ Verfolgung bis zur Sättigung ändert sie
sich um 500 Prozent. Die Phasentheorie er-
möglicht eine einfache Deutung.
Bringt man in Lösungen von K^iSO^ und
A'^ CO.,BaCOs und BaSO^ als feste Bodenkörper,
so hat man reziproke Salzpaare, von welchen nach
van't Hoff nur eines stabil sein kann. Es wurde
gefunden, dass der stabile Zustand erreicht ist,
wtnnBaCO'^ fester Bodenkörper ist, ä? 5(9 1 wird
daher, freilich langsam, in das Karbonat ver-
wandelt. (EinjTcgangen i8. Oktober 1901.)
H. Haga (Groningen), Über den Klinkerfues-
schen Versuch.')
Während der 70^*^^" Versammlung Deutscher
Naturforscher und Aerzte wurde, veranlasst
durch die Referate der Herren W. Wien und
H. A. Lorentz: ,,L'ber die Fragen, welche die
translatorische Bewegung des Lichtäthers be-
treffen**, der Wunsch ausgesprochen, dass einige
auf diesen Gegenstand sich beziehende Unter-
suchungen wiederholt werden möchten. Infolge-
dessen habe ich es unternommen, denKlinker-
fu es sehen Versuch zu wiederholen.
Klinkerfues' „Versuche über die Be-
wegung der Erde und der Sonne im Äther'*
sind in den Nachrichten der Königlichen Gesell-
schaft der Wissenschaften, Göttingen 1870,
S. 226, publiziert worden: Eine mit Sauerstoff an-
geblasene Petroleumlampe schickte ihre Strahlen
durch einen aus fünf Prismen bestehenden
Spektralapparat mit gerader Durchsicht in der
Richtung Süd-Nord, die Strahlen wurden durch
ein total reflektierendes Prisma je nach dessen
Stand nach Ost oder West abgelenkt und durch
ein von einem Okularmikrometer versehenes
Fernrohr beobachtet. Zwischen Objektiv und
totalreflektierendem Prisma wurde ein mit Plan-
parallelgläsern geschlossenes, mit Bromdampf
gefülltes Gefäss aufgestellt. Da der Docht der
Lampe mit essigsaurem Natron getränkt war,
sah Klinkerfues im Beobachtungsfernrohr die
hellen .V^-Linien und das Absorptionsspektrum
des Bromdampfes. Wegen der Bewegung der
Erde um die Sonne wird um Mittag für das
östliche Fernrohr die Richtung der Lichtstrahlen
im Bromdampfe der Bewegung des Bromes ent-
gegengesetzt, für das westliche Fernrohr gleich-
gerichtet sein. Um Mitternacht sind diese Ver-
hältnisse umgekehrt. Klinkerfues giebt an,
in beiden Fernröhren eine Verschiebung des
Bromspektrums gegen das Natriumspektrum
beobachtet zu haben und zwar beim Absorp-
tionsstreifen ^= 573.4 //// um 0.0455 i^i"-
In zweierlei Hinsicht glaube ich Verbesse-
rungen in den Versuchsanordnungen angebracht
zuhaben: i. habe ich für sämtliche Messungen
dasselbe Fernrohr und dasselbe Mikrometer an-
gewandt, und 2. eine viel stärkere Dispersion,
so dass, statt wie Klinkerfues einen Absorp-
tionsstreifen, der 27 mal weiter von den Av/-
T' Abteilung 2, 26. September 1901.
192
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
Linien entfernt war als die Distanz der beiden
.V<7' Linien beträgt, ich Absorptionslinien
zwischen den /^-Linien wählen konnte.
Meine Versuchsanordnung war folgende: Das
schwach konvergierende Licht einer von einem
Strom von 18 Ampere gespeisten Bogenlampe
durchlief die totalreflektierenden Prismen i, 2
und 3 und wurde durch eine Linse auf den
Spalt eines Spektrometers konzentriert. Zwischen
den Prismen i und 2 (Lage I) oder zwischen 2
-I
-■ —'S
und 3 (Lage II) wurde ein mit Bromdampf ge-
gefiilltes Glasgefäss (30 x 3 x 3 cm) gestellt,
so dass, da die Bogenlampe südlich vom Spektro-
meter stand und das Prisma i das Licht öst-
lich ablenkte, um Mittag in der Lage I die
Richtung der Lichtstrahlen im Bromdampfe der
Erdbewegung entgegengesetzt war, in der Lage II
gleichgerichtet. Um Mitternacht waren diese Ver-
hältnisse umgekehrt.
Zur Erzeugung von /^-Linien berührte ich
während kurzer Zeit die Kohlen der Bogen-
lampe mit einem dünnen Stab blauen Ein-
schmelzglases, wodurch stundenlang die /^-Linien
als äusserst scharfe dunkele Linien sichtbar
blieben.
Das Spektrometer war ein sehr schönes,
von Schmidt & Haensch bezogenes Instru-
ment; der Kollimator und das Fernrohr hatten
Objektive von 55 mm Durchmesser und 420 mm
Fokuslänge; das Okular des Okularmikrometers
vergrösserte 30 mal; die Trommel war in 100
Teile geteilt. Auf dem Tische des Spektro-
meters stand ein Rowlandsches Plangitter
(4"; 14438 Teilstriche per Zoll), welches sich
auszeichnete durch überaus intensive Spektra,
so dass es möglich war, das dritte Spektrum
zu benutzen. Ganz deutlich waren zwischen
den Z>-Linien sämtliche 18 von Hasselberg')
gemessenen und gezeichneten Absorptionslinien
des Bromdampfes zu sehen. Von diesen Linien
wählte ich drei (mit a^ b und c angedeutet),
die sich am besten zur Messung eigneten, und
der Klinkerfuessche Versuch bestand also
aus der mikrometrischen Einstellung auf D\,
i) B. Hasselbcrg, Svensk Ak. Ilandl. 24, Nr. 3, 1891.
Dl und die Bromlinien a, b und r, und zwar
in den Lagen I und II, um Mittag und um
Mitternacht. 0
Aus diesen Messungen ergab sich die Ent-
fernung der drei Bromlinien bis zur Mitte
zwischen den /^-Linien; die folgende Tabelle
enthält das Mittel meiner Bestimmungen in
Trommel teilen mit Angabe der mittleren Fehler:
Mittag
Lage I II
a bis \{Dk + D.i\ m.3 + 0.17 117.7 + 0.18
b bis \ (Z>, + A j 7.3 4- o. 1 5 7.6 + 0.23
\ (A + Dl) bis c 82.5 ± o.1 7 82.3 -h 0.33
Mitternacht
Lage I II
a bis \[Dx -YD) 117.2 + 0.26 117.4 + 0.19
b bis i(/>, + D^ 7.3 4- 0.28 7.3 +0.18
i(A+A)bisr 82.6 4- 0.29 82.6 + 0.25.
Die Entfernung der beiden Z>-Linien war
390.2 ^ 0.22.
Nach Klinkerfues* Betrachtungen und
Beobachtungen sollten die gemessenen Ent-
fernungen in den Lagen I um Mittag und II
um Mitternacht einerseits einen Unterschied
zeigen mit den Entfernungen in den Lagen I
um Mitternacht und II um Mittag; daKlinker-
fues einen Unterschied gefunden hat von
0.045s /'i" "^^ bei meinen Messungen 390.2
Trommelteile mit 0.602 ^/m übereinstimmen
(>l/?, — ^i>i), hätte ich einen Unterschied von
30 Trommelteilen finden müssen.
Vereinigt man aber die Resultate meiner
Beobachtungen in dieser Weise, so bekommt man:
I und II
Tag Nacht
II und I
Tag Nacht
a
b
c
117.45+0.16
7.4 M- 0.18
82.4^4- 0.22.
117.3 > 4- 0.12
7.3 ±0.12
82.5 ± O. I 5
Aus diesem Resultate folgt, dass ich keines-
wegs Klinker fu es' Beobachtungen habe be-
stätigen können, und dass, während Klinker-
fues eine Verschiebung der Absorptionslinien
des Bromdampfes gegen das Natriumspektrum
zum Betrage von ^|:{ der Entfernung der Na-
Linien glaubt konstatiert zu haben, diese nach
meinen Messungen nicht grösser als etwa '/looo
jener Entfernung betragen kann.
Da diese Messungen auch gestatten, aus
den Wellenlängen der /^-Linien diejenigen der
drei Absorptionslinien zu bestimmen, konnte
ich meine Bestimmungen mit den Hassel-
bergschen vergleichen. Nimmt man mit
Hasselberg für die Wellenlänge von
Dy = 5896.25 Angströmsche Einheiten (o.i ////)
A= 5890.23
so bekommt man:
i) Ausführlicher sind die Messungen mitgeteilt inBosschas
Jubelband; Archives Neerlandaises, (2j Bd. 6, S, 765.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
193
Haga Hasselberg
n 5895-05 5895-01
^ 5893-35 5893-37
c 589^97 5891-98.
Der kleine Unterschied bei a könnte aus
dem Umstand erklärt werden, dass bei den
Hass elb er gschen photographischen Aufnahmen
das Maximum der Linie a, die etwas breit ist
und unscharfe Ränder hat, sich an einer anderen
Stelle zeigt, als beim direkten Beobachten.
I Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 15. November 19O1.)
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen.)
Kaufmann (Göttingen). Ich möchte an den
Vortragenden eine Frage in betreff des angeblich
positiven Resultates richten. Giebt Klinker fu es
die Temperatur bei Tage und bei Nacht an.?
Es wäre ja möglich, dass die Temperaturen
nachts geringer wären, und dass das einen
Einfluss auf die Dispersion des Prismas ausübt.
Haga. Nein; KU nkerfu es giebt die Tempe-
raturen nicht an; seine Mitteilung ist sehr kurz
abgefasst.
Kaufmann. Ich bemerke, dass das Prisma
von Klinker fu es in Göttingen noch vorhanden
ist ; es ist aber nach heutigen Begriffen ein sehr
schlechtes Prisma.
C o h n (Strassburg). Die Kenntnis der Tempe-
ratur ist auch nicht nötig. Ein positives Versuchs-
ergebnis am Mittag wäre für sich allein beweisend ;
die Wiederholung um Mitternacht ist nur eine
Kontrolle. Ein Unterschied müsste bei der
Vertauschung von Ost gegen West in einem
Sinne auftreten am Mittag, und im anderen
Sinne um Mitternacht. Aber wir werden die
von Klinker fu es gefundenen Differenzen nicht
mehr als reell zu betrachten haben.
Damit ist wohl jeder experimentell festge-
legte Einfluss der Erdbewegung auf optische
Erscheinungen verschwunden. Es ist mir nichts
erinnerlich, was noch bestehen bliebe, nachdem
Fizeau seine Resultate preisgegeben hat.
Wachsmuth (Rostock). Ich habe auf der
Düsseldorfer Versammlung die Wiederholung des
Mascartschen Versuches übernommen. Es
ist dabei zu prüfen, ob die Drehung der
Polarisationsebene infolge der Rotations -Dis-
persion in messbarer Weise beeinflusst wird
durch die Erdbewegung. Mascart selbst hat
diese Versuche im Jahre 1870 angestellt und
dabei mit einem nach heutigen Begriffen noch
unempfindlichen Polarisationsapparat gearbeitet.
Die Genauigkeit der Resultate suchte er zu
erhöhen, indem er sehr dicke Quarzplatten für
seine Drehungen benutzte.
Mein Versuchsapparat ist seit längerer
Zeit nach gemeinsamen Überlegungen durch
die Firma Schmidt & Haensch in Berlin auf
dem Papier fertig konstruiert. Ich habe mich
aber bisher noch nicht entschlossen, von der
Berliner Akademie der Wissenschaften eine
Summe für die Ausführung zu erbitten, weil
mich Freunde an der Physikalischen Reichs-
anstalt darauf aufmerksam gemacht haben, dass
nach dort vorliegenden Erfahrungen die Empfind-
lichkeit nicht proportional der Dicke der Quarz-
platten zunehme. — Daran würden denn alle
Versuche scheitern. Man sagt mir, es trete
eine so starke Aufhellung im Innern des Quarzes
ein, dass von einer Erhöhung der Genauigkeit
durch Verdickung der Quarzplatte keine Rede
mehr sei.
Wenn das wahr ist, so würde ich unter
Umständen von der Ausführung meines Appa-
rates abstehen müssen. Andererseits scheint
sich daraus für die Mascartschen Versuche
zu ergeben, dass auch deren Resultate ange-
zweifelt werden dürften, weil dann Mascart
gar nicht die beabsichtigte Genauigkeit erreicht
hätte.
Ich werde nun zunächst versuchen, mir die
Beihilfe der Reichsanstalt zu erbitten für die
Frage: Kann ich bei einer 10 cm dicken Quarz-
platte mit derselben Genauigkeit einstellen wie
bei einer i mm dicken Platte? Mit anderen
Worten: Ist im ersteren Falle die Genauigkeit in
Prozenten des Drehungswinkels hundertmal so
gross wie im zweiten, oder nicht?
Lummer (Charlottenburg). Da Herr Prof.
Wachsmuth mich zum Zeugen aufgerufen hat,
so möchte ich bestätigen, dass thatsächlich die
Genauigkeit nicht entfernt mit der Dicke der
Quarzplatte zunimmt. Freilich haben wir nicht
10 cm dicke Quarze untersucht, aber die ge-
nannte Tendenz tritt schon bei Dicken bis zu
2 cm deutlich auf.
Was den interessanten Vortrag von Herrn
Haga anlangt, so ist es nun erwiesen, dass das
Resultat von Klinker fu es auf Täuschung
beruht oder durch Fehler verursacht ist. Ich
habe aber nicht begriffen, wie man den Ab-
stand der /^-Linien auf V,ooo genau hat messen
können. Mit dem besten Spektrum habe ich nur
Auflösungen so geringer Art bekommen, dass
man die eine gelbe Quecksilberlinie gerade noch
als doppelt erkennt. Beim Interferenz-Spektro-
skop sieht man sie vervierfacht, wobei aber die
Wellenlängendifferenz erst dem hundertsten Teil
der /^-Linien entspricht. Ich möchte daher
nur fragen, ob die erreichte grosse Genauig-
keit durch Mittelwerte erzielt worden ist, da-
bei aber betonen, dass auch dann noch das
von Herrn Haga erhaltene Resultat über alle
Zweifel erhaben ist.
Haga. Gewiss, obengenannte Genauigkeits-
grenze ist aus den Beobachtungen abgeleitet;
ich möchte aber bemerken, dass die Trennung
194
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
einer Linie etwas anderes ist, als die Bestimmung
einer Verschiebung, wie dies bei meinen Ver-
suchen geschah.
J. Elster (Wolfenbüttel), Luftelektriflche Mes-
sungen auf Capri und Spitzbergen.')
Die Messungen auf Capri im April 1900
beschränkten sich auf die Bestimmung der
elektrischen Zerstreuungskoeffizienten fiir po-
sitive (rt-f.) und negative Elektrizität (a-). Von
der Ermittlung des Potentialgefälles wurde ab-
gesehen, da die Terrainverhältnisse eine Reduk-
tion auf absolutes Mass ausschlössen. Die Leit-
fähigkeit der über Capri lagernden Luft über-
traf im Mittel die über den kontinentalen Ge-
bieten um das 3- bis 4 fache. Der für a^ ge-
fundene Maximalwert von ca. 6% stellt zugleich
das absolute Maximum aller zwischen dem 35^
und 80*^ n. Br. im Meeresniveau gewonnenen
Werte dar. Auch die Beträge für a- sind sehr
hoch und werden im Mittel nur von den in der
durchsichtigenLuft Spitzbergens beobachteten
überholt. Sobald der Wasserdampf der Atmo-
sphäre zur Kondensation neigte, was in Capri
dadurch zum Ausdruck kam, dass sich bei sonst
wolkenlosem Himmel die Kuppen der Berge in
Nebel hüllten, gingen die Werte der a auf etwa
die Hälfte zurück. Der Standort des Zerstreu-
ungsapparates war stets frei von Nebeln. Polar-
verschiedene Werte der a wurden auf Capri
in Übereinstimmung mit früheren Beobachtungen
von Geitel und mir nur auf dem Kulminations-
punkte der Insel, dem 585 m hohen Monte
Solaro beobachtet, während im August auf
Spitzbergen auch an elektrisch geschützten
Orten der Entladungsvorgang ausnahmslos uni-
polaren Charakter trug und zwar entwich eine
dem Zerstreuungskörper mitgeteilte negative
Ladung 2—3 mal so schnell als eine ent-
sprechende positive. Die Vermutung, dass
dies schnellere Entweichen negativer Ladungen
durch ein abnorm hohes positives Potentialge
fälle bedingt werde, erwies sich als unzutreffend;
es ergab sich vielmehr für diese Grösse ein auf-
fallend geringer Betrag. Spätere, gemeinschaft-
lich mit Geitel in unserem Wohnorte ange-
stellte Versuche lehrten, dass in Luft von solcher
Aktivität, wie sie über Spitzbergen lagert,
ein Potentialijefalle von wenigen ^ - aus
^ Meter
reichend ist, den Entladungsvorgang in einen
polarverschiedenen umzuwandeln.
I) Abteilung 2, 26. September 1901.
(Selbstrefcrat des Vortragenden.)
(Eingegangen 20. Oktober 1901.)
A. Hesekiel (Berlin), Über neue Photogra-
phien in natürlichen Farben J)
Einleitend macht Redner darauf aufmerksam,
dass die Photographie in natürlichen Farben, die
wir solange ohne praktische Erfolge erstrebten,
heutzutage schon mehr oder weniger befrie-
digend auf vier verschiedenen Wegen zu er-
reichen ist. Er erinnert an die direkte (Inter-
ferenz) Methode von Lippmann, bei welcher
man unter Zuhilfenahme einer mit Quecksilber
angefüllten Kassette direkt in der Kamera
farbige Bilder erzielt, die allerdings nicht kopier-
fähig sind und die man nur mit besonders
konstruierten Apparaten projizieren kann. Da
das Betrachten der Lipp mann sehen Bilder in
seitwärts auffallendem Lichte geschehen muss
und man gut thut, jedem einzelnen Bilde ein
Prisma aufzukitten, so dürfte, ganz abgesehen
von allerlei anderen Mängeln, die Methode zu
praktischer Verwendung kaum gelangen.
Als indirekte Methode zur • Erzielung far-
biger Photographien wird dann an die additiven
Methoden von Ives undjoly und an die sub-
traktiven Methoden, die auf dem Prinzip des
Drei -Farben -Druckes beruhen, von Vogel,
Seile, Lumiere erinnert. In übersichtlicher
Weise werden die charakteristischen Merkmale
der einzelnen Verfahren und ganz kurz ihre
Ausführung beschrieben.
Redner erzählt dann, dass die Bilder, die
er hier vorlegen will, durchaus nicht etwa prin-
zipiell neu seien, sondern in unentwegtem Weiter-
streben und zielbewusstem Arbeiten sei es nun
gelungen, einen bisher nur mühsam gangbaren
Weg brauchbar zu machen.
Die Herstellung farbiger Bilder nach dem
neuen Prozess sei für alle Photographen ganz
kinderleicht — kein einziger neuer Prozess, der
in Fachkreisen nicht schon bekannt wäre, sei
erforderlich.
Zur Erzielung befriedigender Resultate ist,
so führt Redner aus, äusserste Sauberkeit und
peinlich genaue Beachtung der Vorschriften er-
forderlich. Ein Abmessen und Dosieren nach
,,Geftihr*, wie es leider in photographischen
Kreisen so oft beliebt werde, führt hier nicht zum
Ziel; gerade weil der einzuschlagende Weg so
einfach ist, müssen die Vorschriften, die auf Grund
langen Ausprobierens gegeben sind, genau be-
folgt werden.
Die Ausführung des Prozesses geschieht, in-
dem man durch drei Filter das Objekt aul
einer Platte nebeneinander dreimal aufnimmt.
Dieses bedeutet gegenüber den früheren Ver-
fahren eine grosse Bequemlichkeit. Das hinter
dem Rotfilter aufgenommene Negativ ^muss dann
blau kopiert werden, das hinter dem Grünfilter
aufgenommene muss rot und das hinter dem
I) Abteilung 2, 24. September 1901
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
195
Blaufilter aufgenommene muss gelb kopiert
werden. Das Blaubild wird vorzug3weise auf
eine Diapositivplatte kopiert, die man nach
dem Entwickeln mit rotem Blutlaugensalz aus-
bleicht und alsdann mit einer abgestimmten
Eisenlösung blau tont. Das Blaubild lässt sich
auch auf Bromsilberpapier machen, wenn man
schliesslich farbige Papierbilder zu erhalten
wünscht. Das Rot- und das Gelbbild werden
nun auf Celluloid kopiert, welche man vorher
chromiert und nachher mit warmem Wasser
entwickelt und schliesslich in besonderen Farb-
lösungen tont.
Die Verwendung von Celluloid bietet gegen-
über deiyenigen von Kollodiumhäutchen (Seile)
und Gelatinehäutchen (Lumi^re, Hoffmann)
ganz ausserordentliche Vorzüge, da das Cellu-
loid nicht Falten wirft und sich nicht dehnt,
wenn es einigermassen sachgemäss behandelt
wird!
Es versteht sich von selbst, dass
Farbenfilter, Aufnahmeplatten und Farb-
lösungen genau aufeinander abgestimmt
sein müssen, denn anderenfalls giebt es
zwar farbige, nicht aber naturwahre Bild er.
Das Aufeinanderlegen der drei Einzelbilder
geschieht, wie Redner an einem Muster de-
monstriert, viel leichter als man glauben sollte.
Das Kriterium für die notwendige richtige
Expositionszeit ist, dass ein neutrales Grau
nach der Entwicklung auf allen drei Negativen
durch einen Silberniederschlag gleicher Inten-
sität wiedergegeben werde. Um einen Anhalt
zu besitzen, braucht man jedesmal nur eine soge-
nannte Grauskala oder ein zusammengeballtes
Stück Fliesspapier mit aufzunehmen, welch
letzteres in den Falten und tiefliegenden Stellen
das gewünschte Grau aufweist.
Der Anhalt für eine richtige Tonung der
einzelnen Bilder wird dadurch gegeben, dass
das Gesamtbild thatsächlich Schwarz und Grau
wiedergiebt. Ist das nicht der Fall, so können die
einzelnen Bilder auch dann, wenn sie fertig ge-
stellt sind, durch Abschwächen in Wasser oder
Verstärken in den Farblösungen bis zur ge-
wünschten Genauigkeit verbessert werden.
Redner betont, dass auch in dieser Möglichkeit
der nachträglichen Verbesserung ein besonderer
Vorteil des Verfahrens liegt, den bisher kein
anderes Verfahren auftveist.
Durch Projektion und in stereoskopischen
Apparaten wurden vorgeführt: hinter Rot-, Grün-,
und Blaufilter aufgenommene Negativaufnahmen,
einzelne blaue, rote und gelbe Teilbilder nach
diesen Auhiahmen, kombinierte Bilder aus 2
und 3 der T iilbilder bestehend. Im besonderem:
Bilder von Landschaften, Blumen, Stillleben,
Tieren (tot), Mikrophotographien in polarisiertem
Licht, einer Hittorfschen Röhre (im Dunkeln
bei ihrem eigenen Lichte aufgenommen), Por-
träts (nach dem Leben), Ölbildern, Aquarellen
und vielem anderen mehr.
(Sclbstreferat des Vortragenden.)
P. Bachmetjew (Sofia), Über die Übcrkal-
tung der Flüssigkeiten J)
In dieser Beziehung wurden Wasser, Benzol,
/-Nitrotoluol und die Insektensäfte in lebenden
Schmetterlings-Puppen und Imagines untersucht.
Sehr ausfuhrlich wurde die Beziehung des
Unterkaltungsgrades der Flüssigkeiten von der
Abkühlungsgeschwindigkeit untersucht. Dabei
stellte es sich heraus, dass bei einer mitt-
leren Abkühlungsgeschwindigkeit der Unter-
kaltungsgrad entweder ein Minimum oder
Maxium, je nach der Natur der Flüssigkeit, er-
reicht.
So z. B. ergaben die Säfte im lebenden
Falter von Deilephila euphorbiae folgenden
Unterkaltungsgrad (Ä'i-iV) bei der Abkühlungs-
geschwindigkeit = K-4 ^):
V^^: 2,7; 2,0; 1,9; 1,6; 1,5; 1,5; 1,4; 1,0; 0,6.
K^-N: 1,6; 2,2; 3,4; 6,0; 9,3; 9,8; 7i8; 5.6; 4A
wobei bei jeder Grösse für l\-.^ ein anderes
Exemplar untersucht wurde. (Im ganzen wurden
über 300 Insekten-Exemplare untersucht.)
Ein Maximum des Unterkaltungsgrades bei
einer mittleren Abkühlungsgeschwindigkeit er-
gaben: Wasser, /-Nitrotoluol , während das
Minimum Benzol besass. Insektensäfte ergaben
bald ein Maximum, bald ein Minimum je nach
der Spezies und Entwickelungsstadium.
Genaueres Studium der erwähnten Ab-
hängigkeit bei Insekten führte zum Resultate,
dass dieselbe durch eine Art wellenförmige
Linie sich ausdrücken lässt, welche wenigstens
drei Extreme zeigt. Diese Versuche mit Insekten
sind im Buche des Redners: ,, Experimentelle
entomologische Studien vom physikalisch-chemi-
schen Standpunkte aus. Mit einem Vorwort von
Professor Dr. August Weismann in Frei-
burg i. Br. Leipzig 1901. X u. 160 S." aus-
fuhrlich beschrieben.
Sehr interessante Resultate ergab /-Nitro-
toluol, welche Substanz in Form kleiner Kügel-
chen untersucht wurde. Kügelchen gleicher
Grösse schwammen in geschmolzenem Zustande
im Inneren der t>rC72-Lösung. Beim Abkühlen
der Lösung erstarrten die genannten Kügelchen
nicht auf einmal, sondern einige früher und
die anderen später. So z. B. von 10 Kügel-
chen, je 0,0328 gr schwer, erstarrten sie bei
folgenden Temperaturen :
1) Abteilung 2, 25. September 1901.
2) /'_4 bedeutet die Anzahl der Temperaturgrade, um
welche die Flüssigkeit sich während einer Minute, nngefaugen
von —4", abgekühlt hat. A'i bedeutet die Tem))eratur, bis
zu welcher die tiefste L'ntcrkaltupg stattfand und A' den
Erstarrungspunkt.
196
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
No.: 12345 6 789 10
t^: 39»9 37,1 354 34.9 3i,3» 30J 3ofi 30,1 27,0 24,8
Der normale Erstarrungspunkt dieser Sub-
stanz beträgt 54^.
Der verschiedene Unterkaltungsgrad (AL/)
konnte durch kleine Dimensionen-Differenzen,
durch verschiedene im Inneren der Lösung
herrschenden Temperaturen, durch Diffusions-
erscheinungen, durch die eventuelle Wechsel-
wirkung zwischen «Kügelchen und durch die
Reihenfolge des Herstellens der Kügelchen nicht
erklärt werden. Auch der Zusatz des Staubes
zur Substanz hatte keinen grossen Einfluss auf
diese „individuelle" Verschiedenheit der Kügel-
chen.
Es blieb nun übrig, diese Erscheinung durch
den Polymorphismus im Sinne von G. Tam-
mann zu erklären.
Interessant sind die Versuche über die Aus-
scheidung von Substanzen verschiedener Eigen-
schaften aus /-Nitrotoluol. Aus mehreren Ver-
suchen wurden die zuerst (I) und dann zuletzt
(X) erstarrten Kügelchen getrennt gesammelt.
Die Kügelchen der Kategorie I wurden wieder
zu einer Masse geschmolzen, aus welcher dann
zehn Kügelchen der früheren Grösse hergestellt
wurden. Sie zeigten dieselbe Unterkaltungs-
erscheinung wie die ursprüngliche Substanz.
Anders verhielten sich die Kügelchen, welche
aus der Substanz der Kategorie X hergestellt
wurden. Das erste Kügelchen erstarrte bei der
Temperatur, bei welcher das zehnte Kügelchen
in vorhergehenden Versuchen erstarrte und das
zehnte erstarrte jetzt um 10 — 12^ tiefer als das
letzte im ersten Versuche. Diese Erscheinung
ist der natürlichen „Auswahl" analog.
Andere Unterkaltungsersch einungen bei
schwimmenden /-Nitrotoluolkügelchen sind aus-
fuhrlich in der Abhandlung des Redners in
Memoires de l'Acad. des Sciences de St. Peters-
bourg, VHP ser. Vol. X, No. 7, 1900 (Leipzig,
Voss' Sort. in Kommission) beschrieben worden.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 20. Oktober 1901.)
BESPRECHUNGEN.
Jahrbuch für Photographie und Reproduktions-
technik für das Jahr 1901. Herausgegeben
von J. M. Eder. 15. Jahrgang. 8^ X. u. 807 S.
mit 350 Abbildungen im Texte und 36 Kunst-
beilagen. Halle a. S., W. Knapp. 1901. 8M.
Etwas später als sonst, in üblicher Aus-
stattung, aber noch etwas umfangreicher, liegt
das Eder sehe Jahrbuch nunmehr vor. Gegen-
über früheren Jahrgängen ist die Reproduktions-
technik mehr zurückgedrängt; bei der Aufnahme
der Originalbeiträge scheint man erfreulicher
weise etwas kritischer vorgegangen zu sein. Im
Hauptteil finden sich auch ausgezeichnete
Sammelreferate, während im eigentlichen Jahres-
bericht wieder so ziemlich alles wichtigere zu-
sammengetragen ist. Man braucht dabei nicht
mit allem einverstanden zu sein und kann
dennoch den Fleiss der Arbeit anerkennen; wo
Einwände zu machen sind, geschähe dies wohl
am besten von den betreffenden Autoren im
nächsten Jahrgang selbst. Immerhin haben
wir hier wieder ein Sammelwerk vor uns, wie
es keine andere Nation auf diesem Gebiete auf-
zuweisen hat. E. Englisch.
(Eingegangen 7. Oktober X901.)
Chemische Zeitschrift, Centralblatt fiir die
Fortschritte der gesamten Chemie, herausge-
geben von Professor Dr. Felix Ahrens in
Breslau, i. Jahrgang 1901/1902 in halbmonat-
lich erscheinenden Heften zu je 2 — 3 Bogen.
Leipzig, S. Hirzel. Jährlicher Bezugspreis
20 M.
Unter dem Titel „Chemische Zeitschrift" er-
scheint seit dem i. Oktober eine neue Zeit-
schrift, welche in einer fortlaufenden Reihe von
kritisch gesichteten Artikeln die Fortschritte
auf allen Gebieten der reinen und angewandten
Chemie in kurzen Zeitabschnitten darzustellen
beabsichtigt. Ferner will sie ihre Leser fort-
laufend über die sie interessierenden wirtschaft-
lich-gewerblichen Verhältnisse, über die Thätig-
keit des Patentamts, über aktuelle Entdeckun-
gen und Erfindungen, über Hochschul- und
Personalnachrichten, über Neuerscheinungen
der Fachlitteratur und dergl. mehr unterrichten.
Das Ziel, welches die „Chemische Zeitschrift"
sich gesteckt hat, entspricht also ungefähr dem
der „Physikalischen Zeitschrift", nur wird weit
mehr Rücksicht auf die Technik genommen.
Da die neue Zeitschrift also den technischen
Chemiker über die neusten Errungenschaften
der Wissenschaft, andererseits aber auch den
Gelehrten eine Übersicht über die Anwendungen
der neusten Forschungen in der Praxis geben
will, so entspricht sie einem wirklichen Bedürf-
nis und wird sich daher sicherlich bald Bahn
brechen, umsomehr als der Herausgeber • sich
als Redakteur schon einen Namen gemacht und
der rührige Verlag sich in allen Kreisen einen
guten Klang erworben hat.
Die erste Nummer beginnt mit einer Ar-
tikelserie, in welcher in kurzen Umrissen ein
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
197
Bild von dem Stande jeder chemischen Dis-
ziplin am Beginne des zwanzigsten Jahrhunderts
gegeben wird — als Einleitung zu den künf-
tigen Fortschrittsberichten. Hierhin gehören
die Artikel: Die theoretischen Bestrebungen
auf organischem Gebiete von A. Werner, die
physikalische Chemie von G. Bodländer, die
Thermochemie von E. Cohen, die chemische und
chemisch-technische Analyse von Th. Pfeiffer,
die chemische Grossindustrie und anorganische
Präparate von G. Rauter.
Was den Inhalt dieser Artikel anbetrifft, so
wird sie wohl jeder Chemiker mit Genuss lesen;
sie stehen alle auf der Höhe, geben eine gute
Übersicht über den augenblicklichen Stand der
einzelnen chemischen Disziplinen und sind im
allgemeinen recht verständlich geschrieben,
so dass selbst der Leser, welcher nicht die
Originalabhandlungen verfolgt hat, sie ohne
Schwierigkeiten verstehen wird. Der Aufsatz
von A. Werner hätte wohl etwas ausführlicher
gehalten werden müssen; denn es wird in dem-
selben mit einer Anzahl von neuen Begriffen
operiert, ohne dass dieselben definiert werden.
Der Verf. würde sicherlich allen, namentlich
den auf abseits liegenden Gebieten arbeitenden
Chemikern und den Physikern einen grossen
Gefallen thun, wenn er in einer Serie von
Artikeln die neueren Theorien der organischen
Chemie behandelte, z.B. die Thielesche Theorie
der Partial Valenzen, die Knorrschen An-
schauungen u. s. w. Doch sind dies, neben dem
vielen Guten, welches die neue Zeitschrift bringt,
nur Kleinigkeiten, welche nicht schwer in die
Wagschale fallen.
Wenn die neue Zeitschrift sich auf derselben
Höhe hält, wie sie begonnen, so wird sie sicher-
lich Erfolg haben. Es wäre dies schon aus
dem Grunde mit Freuden zu begrüssen, weil
sie dazu beitragen wird, dass die Einseitigkeit
in den Anschauungen der Chemiker etwas be-
seitigt werde. G. C. Schmidt.
J. Hann, Lehrbuch der Meteorologie, gr. 8^.
XIV und 805 Seiten mit 1 1 Abbildungen im
Text, 8 Tafeln in Lichtdruck und Autotypie
sowie 15 Karten. Leipzig, Chr. H. Tauchnitz.
1901. 30 M.
Vor wenigen Wochen ist durch Ausgabe
der X. Lieferung das Lehrbuch der Meteo-
rologie von Dr. J. Hann, Professor an der
Universität zu Wien, vollständig erschienen.
Es ist damit ein Werk abgeschlossen, welches
bei dem heutigen Stande der Meteorologie als
vollberechtigte Wissenschaft thatsächlich ein
allseitig empfiindenes Bedürfnis war. Freilich
besitzen wir schon solche Lehrbücher, aber
keines wird allen Gebieten der Meteorologie,
wenn man von dem Spezialgebiet der Wetter-
prognose absieht, in gleicher Weise gerecht.
Das Lehrbuch von E. E. Schmid ist längst
veraltet und trotzdem musste es noch in vielen
Fällen als Kompendium citiert werden. Das
Lehrbuch von Sprung behandelt fast aus-
schliesslich die theoretischen Grundlagen ohne
weiter auf das Gebiet der Beobachtungser-
gebnisse oder auf klimatische Fragen einzugehen,
und andererseits sind die zum Teil umfang-
reichen Werke von v. Bebber, Börnstein
u. a. wieder mit Beiseitehassung der mathe-
matischen und physikalischen Begründungen
abgefasst. Selbst nicht einmal in fremder
Sprache existiert ein dem vorliegenden Werke
ähnliches Lehrbuch. Unter solchen Umständen
muss es wirklich als ein Verdienst angesehen
werden, dass sich der auf diesem Gebiete
autoritative Verfasser dazu verstanden hat, seine
langjährigen Studien und umfangreichen Er-
fahrungen, die er namentlich als Direktor der
k. k. Centralanstalt fiir Meteorologie und Erd-
magnetismus zu Wien zu sammeln Gelegenheit
hatte, in dem uns vorliegenden Lehrbuche
niederzulegen. Prof. Hann war dazu be-
rufen wie kein anderer Meteorologie. Dieser
Thatsache entspricht nun auch der Inhalt des
Werkes.
Hanns Lehrbuch ist ausser der Einleitung
in ftinf Hauptabschnitte eingeteilt, wozu noch
ein Anhang kommt, welcher die mathematische
Formulierung mehrerer meteorologischer Pro-
bleme und deren Diskussion vom mathe-
matisch - physikalischen Standpunkt aus um-
fasst.
Die Einleitung beschäftigt sich mit den
grundlegenden Fragen, sowie mit der Defi-
nition dessen, was man unter „Meteorologie"
versteht, unter welchem Namen Hann alle
Vorgänge zusammenfassen will, welche sich
in der Lufthülle, der Atmosphäre der Erde
abspielen. Von der Behandlung in dem vor-
liegenden Lehrbuche schliesst er aber im all-
gemeinen die Fragen der reinen Klimatologie,
sowie die der speziellen Wetterprognose aus.
Demgemäss werden zunächst die Höhe der
Atmosphäre, sodann die Dichte und weiterhin
ihre Bestandteile, sowie ihre physikalischen
Eigenschaften kurz behandelt, um so die Grund-
lage ftir die spätere Betrachtung der Vorgänge
in der Atmosphäre zu gewinnen. Von Interesse
dürfte besonders sein, was Hann über die
Höhe der Atmosphäre sagt. Er kommt zu
dem Schlüsse, dass dieselbe auf alle Fälle in
200 — 300 km Höhe noch dicht genug ist, um
die sie durchschneidenden Meteore zum Glühen
zu bringen, um das Sonnenlicht in merkbarer Weise
zu absorbieren und elektrische Erscheinungen zu
ermö<i^lichen, während ftir klimatische und rein
meteorologische Erscheinungen so grosse Höhen
198
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
nicht mehr in Betracht kommen dürften, d. h.
dass dahin gehörige Vorgänge, Wolkenbildungen,
bemerkbare auf- und absteigende Luftströme
u. s. w. sich in wesentlich geringeren Höhen
abspielen. In der Höhe von 100 km würde
der Luftdruck nur mehr 0,0012 mm betragen.
Die physikalischen Eigenschaften der Atmo-
sphäre werden eingehender besprochen, nament-
lich das Lichtreflexionsvermögen, die Wärme-
absorption und die selektive Absorption des
Lichtes, welche sich wieder nach dem ver-
schiedenen Gehalt an accessorischen Bestand-
teilen richtet. Der mechanischen Beimengungen,
namentlich des Staubes, thut Hann besonderer
Erwähnung, weil durch denselben die Konden-
sationsvorgänge des Wasserdampfes nach einigen
Meteorologen bedingt sein sollen. Die Unter-
suchungen Aitkens haben gezeigt, dass in
einem Kubikcentimeter Luft selbst nach einem
Regen noch 32000 Staubpartikelchen enthalten
sein können, während in demselben Volumen
in einem Zimmer, in dem zwei Gasflammen
brannten, zwischen 2 und 5 Millionen nachge-
wiesen werden konnten, je nachdem die Probe
in Tischhöhe oder an der Decke genommen
wurde. Auf hohen Bergen und über dem
Meere ist natürlich die Luft viel reiner (a Kubik-
centimeter ca. zwischen 100 — 1000 Staubpar-
tikelchen). Ein drittes Kapitel der Einleitung
befasst sich mit den Wärmequellen für die Erd-
atmosphäre. Als ohne irgend wahrnehmbare
meteorologische Wirkung wird die Sternstrah-
lung und die Strahlung des Mondes kurz be-
sprochen, sodann diejenige, welche das Erd-
innere liefern kann und schliesslich als weitaus
alle anderen überwiegend die Sonnenstrahlung
in ihrer quantitativen Wirkung eingehend be-
handelt. Die besten Bestimmungen der soge-
nannten Solarkonstante lieferten die Werte
Forbes: 2.82, Hagen: 1.90, Violle: 2.54,
Langlay: 3.07, Savelief: 3.47 und Angström:
4.00. Der Verfasser glaubt, dass diese Kon-
stante etwa zu 3.00 anzunehmen sei, welchen
Wert er auch späteren Betrachtungen meist zu
Grunde legt.
Buch I ist den „Temperaturverhältnissen
der festen und flüssigen Erdoberfläche und der
Atmosphäre'' gewidmet. Im ersten Kapitel
wird der tägliche und jährliche Gang der
Sonnenstrahlung untersucht, im zweiten deren
Wirkung auf die Wärmeverhältnisse der Erd-
oberfläche und zwar zunächst die tägliche Varia-
tion derselben, während ein 3 Kapitel den
jährlichen Gang der Temperatur behandelt.
Es mag hier bemerkt werden, dass die täg-
liche Temperaturvariation schon in i m Tiefe
unter dem Erdboden unmerklich wird, während
die jährliche bis etwa 20 — 25 m wahrnehmbar
bleibt, schwankend je nach der Art des Bodens,
der Temperaturamplitude an der Oberfläche
und ihrer Bedeckung durch Wald u. s. w.
Ebenso ist natürlich der Fortpflanzungskoeffizient
für die Wärme im Boden von solchem Unter-
schiede abhängig; in runder Zahl giebt Hann
dafür 0.22. Die Tiefen, bis zu welchen sich
die Wärmeänderungen an der Oberfläche mit
einer bestimmten Amplitude fortpflanzen, sind
proportional den Quadratwurzeln aus den Pro-
dukten der Wärmeleitungsfahigkeit in die Dauer
der Temperaturperiode. Als Temperaturextreme
auf der Erde überhaupt dürften anzunehmen
sein + 50^ (Arabien, Sahara, Inner-Kalifomien,
Inneres von Australien) und — 70^ (die Gegend
von Werchojansk-N.E-Asien).
Die Verteilung der Temperatur nach Tages-
und Jahreszeiten wird durch zahlreiche Kurven
und andere graphische Darstellungen (Isopleten)
vorzüglich zur Anschauung gebracht; überhaupt
möchte Ref. gleich hier bemerken, dass auch
in den anderen Teilen des Buches den gra-
phischen Methoden der Darstellung sowohl
durch eigene Benutzung, als auch durch
stete Erwähnung derselben das Wort geredet
wird. Ein Vorgehen, welches gerade bei der
Bearbeitung meteorologischer Daten noch lange
nicht allgemein genug gewürdigt wird.
Die Frage der Veränderlichkeit der Tempe-
ratur (und damit des Klimas) in längeren Perio-
den wird hier schon berührt und besonders
der jährliche Verlauf der Temperatur, wie er
sich in den Mitteln aus 100 und mehrjährigen
Perioden kundgiebt. Interessant ist dabei, dass
die Kälterückfälle im Mai, die sogenannten
,, Eismänner" weder in Paris, noch in Wien und
Breslau zur Evidenz kommen, vielmehr um die
Mitte des Juni ein viel allgemeinerer Rückschlag
der Temperatur stattzufinden scheint.
Das nächste Kapitel behandelt die unperio-
dischen Temperaturänderungen, und das 5. Ka-
pitel die Temperaturverteilung in der Atmo-
sphäre in vertikaler Richtung. Dieses interessante
Thema ist sehr eingehend behandelt. Es ist
aber im Rahmen dieser Besprechung nicht
möglich, auf Einzelheiten einzugehen, erwähnt
mag hier nur werden, dass die Abnahme der
Temperatur mit der Höhe sich in den ver-
schiedenen Schichten der Atmosphäre zu 0.4^
pro 100 m für Gebiete mit langsamer Zunahme
der Landerhebung, 0.5*^ für gebirgige Gegenden
und 0.7^^ für die freie Atmosphäre bis zu den
Höhen von 8 — 9000 m angenommen werden
kann; in grösseren Höhen nähert sich diese
Zahl aber immer mehr der für die adiabatische
Wärmezunahme gültigen von i® pro 100 m.
Auch der anormalen Wärmeverhältnisse der
Atmosphäre ist natürlich nach lokaler und
klimatologischer Ursache Erwähnung gethan.
Die Beobachtungen auf den erst kurze Zeit
bestehenden Höhenstationen sowohl wie nament-
lich die systematischen Ballonfahrten haben in
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
199
diesen Richtungen reiches und zuverlässiges
Material geliefert. Der Besprechung der der Erde
in den verschiedenen geographischen Breiten
theoretisch und thatsächlich zukommenden
Wärmemenge schliessen sich einige Erörterungen
über die Temperaturverhältnisse der hohen
Luftschichten an, die sich besonders mit den in
der Cirrusregion herrschenden Strömungen und
periodischen Veränderungen beschäftigen.
Das II. Buch ist dem Luftdruck gewidmet
und behandelt in vier einzelnen Kapiteln das,
was man unter Luftdruck überhaupt versteht,
sowie die Instrumente zu seiner Messung. Die
verschiedenen Barometerkonstruktionen werden
beschrieben und in ihrem Gebrauch erläutert.')
Weiterhin wird die Verteilung des Luftdruckes
in vertikaler und horizontaler Richtung unter-
sucht. Die Abnahme desselben mit der Höhe,
die darauf gegründeten Höhenmessungen u. s. w.
werden hier namentlich in ihrem Zusammenhang
mit der Oberflächenkonfiguration und den Tem-
peraturverhältnissen besprochen, und sodann
wird die Verteilung im horizontalen Sinne, die
Isobaren und die Abhängigkeit von der geo-
graphischen Breite erläutert. Auch hier unter-
stützen zahlreiche graphische und tabellarische
Darstellungen das Verständnis des beigebrachten
Materials. Das 3. Kapitel ist den jährlichen und
täglichen Schwankungen und Perioden des Luft-
drucks gewidmet. Von näheren Details des
reichen Inhalts muss auch hier abgesehen
werden, nur die Extreme der beobachteten
Barometerstände (im Meeresniveau) mögen noch
angefiihrt werden ; sie sind 689 mm und 809 mm.
Ersterer wurde bei Gelegenheit eines Cyklons
beobachtet, welcher über „False Point'* 1885 am
22. September hinwegging, letzterer zu „Bernaul"
am 23. Januar 1900. (Direkt 789.2 in 70 m See-
höhe; Meereshorizont 808.7 mm.)
Die absolute Schwankung kann danach etwa
zu 1 20 mm angenommen werden. Diese letzeren
den zufälligen und unperiodischen Luftdruck-
veränderungen angehörigen Daten sind dem
4. Kapitel entnommen, welches diesen Unter-
suchungen gewidmet ist.
Besonders umfangreich ist das III. Buch,
welches den Wasserdampfgehalt der Atmo-
sphäre und die Kondensationsprodukte bespricht.
In ebenfalls vier Kapiteln werden der Reihe
nach der „atmosphärische Wasserdampf in Gas-
form**, „die Erscheinungsformen des konden-
sierten Wasserdampfes'* (die Ursachen der Kon-
densation und die verschiedenen Niederschlags-
formen), „die Wolken nach Form und Häufig-
keit** und schliesslich nochmals in einem be-
sonderen Kapitel „Regen, Schnee, Graupeln und
Hagel** nach Menge, täglichen und jährlichen
1) Der Ausdruck „luft verdünnte Metalldose" dürfte nicht
«.ehr passend gewählt sein.
Perioden u. s. w. behandelt. Als besonders be-
merkenswert dürfte daraus zu entnehmen sein,
dass die Regentropfen jetzt thatsächlich allge-
mein als „Tropfen*' erkannt sind, gegenüber
der früheren Annahme, dass es „Bläschen**
seien. Über die Bestimmungen der Höhe der
Wolken im allgemeinen als auch derjenigen
der einzelnen Formen ist ein umfangreiches
Material beigebracht, aus dem hervorgeht, dass
eine untere Grenze dafür wohl nicht existiert,
dass aber Höhen über 15 km sehr selten sein
dürften. Der Verfasser bringt ausgedehnte
Tabellen für die gesamte räumliche Verteilung
der Wolken nach Orten, Höhen und Formen ge-
ordnet, bei. Ein klimatologisch wichtiges Element
ist die mittlere Dauer des Sonnenscheins für einen
Erdort; auch darüber giebt eine Tabelle ein-
gehend Auskunft (S. 294). Die verschiedenen
Formen des Niederschlags, über deren Be-
nennung noch mannigfache Unsicherheit besteht,
werden genau identifiziert und ihre Entstehung
erklärt, ebenso der Zusammenhang derselben
mit den Temperaturverhältnissen der Luft und
der Erdoberfläche. Besonders mag hier auf
die beiden Lichtdrucktafeln, welche charakte-
ristische Hagelkörner darstellen, sowie auf die
wunderschönen Darstellungen einer Nebeldecke,
gesehen von Mt. Tamalpais bei St. Francisco,
aufmerksam gemacht werden. Interessante
Daten bringt Verfasser über die Verteilung der
Regenmengen bei, die durch die Beigabe der
Sup ansehen Regenkarte der Erde wesentlich
übersichtlicher gestaltet werden. Die grösste
beobachtete Regenmenge innerhalb eines Jahres
scheint an den Westhängen des Himalaya-Ge-
birges zu fallen (Cherapunji, Assam: 1179 cm
als Mittel aus etwa 40 Jahren). Die Erschei-
nungen der Luftbewegung sind im IV. Buche
behandelt ; sie beziehen sich auf die Entstehung,
die Stärke und Geschwindigkeit sowie Ver-
schiedenheit der Windphänomene mit der Höhe
und mit der lokalen Konfiguration der Erd-
oberfläche. Ein zweites Kapitel behandelt die
tägliche und jährliche Periode der Winde für
einen Erdort, ein drittes die wichtigen dyna-
mischen Bedingungen für die Luftströmungen
im allgemeinen, während in einem 4., 5. und
6. Kapitel die gewonnenen Sätze auf die Er-
klärung der verschiedenen Strömungen (Land-
und Seewinde, Monsumwinde) sowie auf den
grossen allgemeinen Austausch der Luftmassen
zwischen Äquator und Polargegenden ange-
wandt werden.
Die Ableitung der barischen Windgesetze,
ihre Verwertung für die Wettervorhersage u. s. w.
finden hier ihren Platz. Besonderes Interesse
dürften hier ausser den beigebrachten physi-
kalischen Daten, welche eine grosse Anzahl
verschiedener Luftströmungen bedingen, die
Bearbeitungsniethoden für die Windverhältnisse
200
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 9.
an einem Orte beanspruchen. Die grössten
Windgeschwindigkeiten werden in den tro-
pischen Wirbelstürmen beobachtet, wobei
bis über 50 m pro Sekunde sogar als Mittel
für die Dauer von 10 — 20 Minuten gemessen
worden sind, was einem Drucke von über 300 km
pio Quadratmeter entspricht.
Das bei weitem umfangreichste Buch V ist
den atmosphärischen Störungen gewidmet.
Es zerfällt in 6 Kapitel, von denen die zwei,
ersten den allgemeinen Witterungserscheinungeni
ihren Ursachen und ganz besonders ihrem Zu-
sammenhang mit den Luftbewegungen und dem
Verlauf der barometrischen Maxima und Minima
gewidmet sind. Auf dieses umfangreiche Gebiet
hier näher einzugehen, ist nicht möglich, es
mag nur bemerkt werden, dass der Verfasser
besonders die klimatologischen Folgen der Be-
w^ungen der grossen Depressions- und Hoch-
druckcentren hervorhebt. Eine grössere An-
zahl typischer Wetterkarten erläutert die im
Text beigebrachten Daten. Besonders erwähnt
werden die Karten der Deutschen Seewarte,
die Hoffmaierschen synoptischen Karten
und des Signal office in Washington. Das
3. Kapitel behandelt die Wirbelstürme und
Tornados spezieller als das früher geschehen
ist und besonders deren Zugstrassen. Eine
sehr hübsche Abbildung einer Wasserhose an
der nordamerikanischen Küste giebt auch von
dieser auffallenden Erscheinung eine vorzüg-
liche typische Vorstellung. Im 5. Kapitel werden
die höchst interessanten Erscheinungen des
„Föhns'*, der „Bora" und des „Mistral" be-
sprochen. Es ist dieses gerade ein Gebiet, auf
welchem der Verfasser als besondere Autorität
gilt, dementsprechend ist natürlich auch der
Inhalt dieses Kapitels beschaffen. Namentlich
der Föhn ist keineswegs an bestimmte Gegenden
der Erde gebunden, sondern nur die Gebirgs-
formation scheint dabei massgebend zu sein.
Auch die Polarregionen besitzen ihre Föhn-
winde, welche dort natürlich unter modifizierten
äusseren Formen, aber dem Wesen nach in
ganz gleicher Weise auftreten, wie Ref. aus
eigener Erfahrung in mehreren Fällen bestätigen
kann. Das 6. Kapitel endlich ist den vielfachen
atmosphärischen Erscheinungen gewidmet, bei
denen die Elektrizität eine Rolle spielt, also den
Gewittern, dem stets vorhandenen elektrischen
Zustand der Atmosphäre und den Verschieden-
heiten der elektrischen Ladung der Luft, je
nach der Höhe derselben und dem Einfluss der
Induktion von Wolken und Erdoberfläche. Das
Wesen des Blitzes, die verschiedenen Formen
desselben (sehr hübsche Blitzphotographien),
l
I
das Zustandekommen des Donners, der St. Elms-
feuer, sowie das Verhalten der übrigen meteo-
rologischen Elemente bei einem Gewitter werden
in einem Abschnitte besprochen. Weiterhin
kommen die Häufigkeit, die periodischen Er-
scheinungen der Gewitter und sodann die Be-
gleiterscheinungen bei einem Gewitter zur
Sprache (Gewitterböen, Hagel u. s. w.).
Den Schluss des, wie man sieht, höchst
umfangreichen Werkes bildet ein Anhangs
welcher wie oben schon bemerkt, die wesent-
lichen mathematischen und physikalischen
Theorien der Meteorologie enthält und die
rechnerischen Grundlagen für den mathematischen
Ausdruck derselben beibringt. Es mag hier
nur kurz noch erwähnt werden, dass in diesem
Anhang die Bearbeitung meteorologischer Be-
obachtungen auf Grund von Reihenentwicklungen,
die Theorien der Wärmeverteilung im Erd-
boden sowohl, als in der Atmosphäre gelehrt
wird. Die barometrische Höhenmessung ist
ausfuhrlich besprochen mit Rücksicht auf die
theoretische und thatsächliche Verteilung der
Temperatur mit der Höhe. (Diskussion der
auf verschiedenen Wegen erhaltenen Ballon-
höhen.)
Die Darstellung des Gebotenen ist durch-
wegs eine vorzügliche, nur wäre vielleicht bei
einer wiederholten Drucklegung auf die Ver-
meidung einiger unangenehmer Druckfehler
besondere Aufmerksamkeit zu richten. Z. B.
befindet sich gleich auf der' Seite mit der
Widmung die Jahreszahl fiir die Dauer des
Direktorates des Verfassers an der k. k. Central-
anstalt falsch angegeben. L. Ambronn.
(Eingegangen 27. November 1901.)
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen, der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung xu machen.)
Professor Karl Heun-Berlin wurde zum ordentlichen
Professor der theoretischen Mechanik an der Hochschule zu
Karlsruhe, der Professor an der Technischen Hochschule Geh.
Regierungsrat Dr. Adolf Slaby zum ordentlichen Honorar-
professor in der philosophischen Fakultät der Friedrich- Wilhelms-
llniversität, Professor E. Meyer von der Technischen Hoch-
schule zu Beriin im Nebenamt zum ausserordentlichen Professor
für technische Physik an der Universität Berlin ernannt.
In Halle a S. habilitierte sich Dr. P. Köthner für
Chehiie.
Professor Dr. O. Knoblauch von der Universität Leipzig
erhielt einen Ruf als ausserordentlicher Professor für technische
l'hysik an die Technische Hochschule München.
Professor Hittorf wurde zum Ehrcn-Dr. Ing. der Tech-
nischen Hochschulen zu Berlin und zu Hannover ernannt.
Geh. Regierungsrat Professor Dr. Weeren von der
Technischen Hochschule zu Berlin feierte seinen 70. Ge-
burtstag-
Für die Redaktion verantwortlich Profcsbor Dr. H. Th. Stnit)n in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von Augt»st Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. lo.
OriginalMfttef langen :
K. Riecke, Zu meiaer Notiz „Schwe-
bungen beicrzwungencrSchwirgung**.
S. 20I.
G. LüdeÜDg, Ergebnisse lo jähriger
magnetischer Beobachtungen in Pots-
dam. S. 203.
J. Kossonogoff, Zur Frage der Di-
elektrika. S. 207.
A. Gockel) Beobachtungen des elek-
trischen Zerstreuungsvermögens der
Atmosphäre und desPotentialgefalles
im südlichen Algier und an der Küste
von Tunis. S. 20S.
15. Februar 1902.
Redaktionsschluts für No. xx am 19. Februar 1907.
INHALT.
E. Rutherford, Übertragung erregter
Radioaktivität. S. 210.
J.J.TaudinChabot, Das rotierende
Magnetfeld, eine verallgemeinerte |
Methode seiner Erzeugung und das
„Drehfeld im Räume**. S. 215.
Vorträqe und Diskussionen von der
73. Naturforscherversammiung zu
Hamburg:
M. Möller, Dreh- und Centralschwiu-
gung in Beziehung zu Magnetismus
und Elektrizität. S. 216.
3. Jahrgang.
L. Grunmach, Experimentelle Be-
stimmung der Oberflächenspannung
flüssiger Luft. S. 217.
O. Lnmmer, Ein Photometer zur
Messung der Helligkeit benachbarter
Teile einer Fläche (Interferenz-Photo-
und Pyrometer). S. 219.
Referate:
R. Neuhauss, Direkte Farbenphoto-
graphie durch Körperfarben. S. 223.
Tagesereigniaae. S. 224.
Peraonalien. S. 224.
Berichtigungen. S. 224.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
J -..
Zu meiner Notiz „Schwebungen bei erzwun-
gener Schwingung**')
Von Eduard Riecke.
Eine Mitteilung, die Herr Max Wien so
freundlich war, mir brieflich zu machen, veran-
lasst mich, auf die angeführte Notiz zurückzu-
kommen. Es lag mir daran, durch einen mög-
lichst einfachen Versuch zu zeigen, dass die
erzwungene Schwingung eines Körpers im all-
gemeinen verbunden ist mit der freien. Wenn
ein Wellenzug auf ein schwingungsfähiges Teil-
chen trifft, so schwingt dieses im allgemeinen
nicht bloss mit der Periode der Wellen, sondern
auch mit der ihm eigentümlichen Periode seiner
freien Schwingung. Das von mir benutzte
Doppelpendel kann zur Erläuterung dieses
Satzes natürlich nur dienen, wenn die Masse des
unteren Pendels verschwindend klein ist gegen-
über der Masse des oberen, ein Verhältnis,
dem ich mich bei der Ausführung des Ver-
suches einigermassen zu nähern suchte. Im
allgemeinen fällt die Schwingung eines Doppel-
pendels unter die Theorie, welche Herr Max
Wien in seiner Abhandlung „Über die Rück-
wirkung eines resonierenden Systems'*^) ent-
wickelt hat. Ich wurde von anderen Über-
legungen aus zu der Ausführung des Versuches
veranlasst, und daher kommt es, dass ich den
Zusammenhang meines Versuches mit der all-
gemeinen Theorie von Wien nicht berück-
sichtigt habe. Es ist aber vielleicht nicht ohne
Interesse, zu zeigen, dass die von mir ge-
gebenen Formeln in der That als ein Grenz-
fall in jener Theorie enthalten sind.
1) Diese Zeitschr. 3, 130, 1902.
2) Wied. Ann. 61, 1$«, 1S97.
Die Massen der beiden Pendel seien in den
Endpunkten der Pendelfäden konzentriert, der
untere Pendelfaden sei an das untere Ende des
oberen angeknüpft. Den Befestig^ngspunkt des
oberen Pendels machen wir zum Anfangspunkt
eines rechtwinkligen Koordinatensystems, dessen
<3r-Achse vertikal nach unten gehe, dessen
;r-Achse horizontal liegen möge. Wir fuhren
dann die folgenden Bezeichnungen ein:
Oberes Pendel Unteres Pendel
Masse des Pendels . . . mi ///^
Koordinaten der Pendelmasse Xi , ^r, X2 s^
Länge des Pendelfadens . . /^ 4
Spannung des Pendelfadens . /| h*
Die Bewegungsgleichungen sind:
'^'-*''=-^':r A-^^ix -x^
;//■
;//•
///2
nh
^2
^1
(t x^ 2 / \
'2
df^
d^z.
2 ^!l / \
Dazu kommen die Bedingungen:
Für den Fall unendlich kleiner Schwingungen
ergiebt sich:
+ g
m
i
dr^ " /o^'^' ^^''^'
I
202
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
Damit sind die Gleichungen auf den Typus
derjenigen reduziert, welche Herr Wien 1. c.
S. 15s aufgestellt und im folgenden ausführlich
untersucht hat. Wir setzen zur Abkürzung:
iT+sfa +;;)}=-
m^ 1
= ^,
g _
c ,
Dann ergiebt sich für X\ wie für x^ die Glei-
chung vierter Ordnung:
dt^^ + (^ + ^) dfr ^+c{a — b)x=o.
Wir machen für x den Ansatz:
x= A sin (« / + a) ,
und erhalten zur Bestimmung von k die Glei-
chung:
n^ — (rt: + ^) «2 + ^ (ä — ^) = O .
Daraus folgt:
<-{[
1 +
W/2
'+!) + !
W5
^ 2 \ ' W|/ V,
/. "•■ 4/
2
KC: - i
;i +1T K ' +
;«2
l *2
Setzt man nun:
x^ = y^i sin («, / -f a, ) + ^, sin (»2 ^ + Ä ) »
^2 = -^2 ^^^ {*^\ ^ + «2) + -^2 -^^'^ (^2 ^ + /^2) •
so ergeben sich zunächst die Beziehungen:
Den Anfangspunkt der Zeitmessung kann
man so wählen, dass a = o wird ; soll (lir die
Zeit Null X2 gleich Null sein, so muss auch
ß = 0 gesetzt werden; damit wird dann für
/ = o auch ;r, = o . Wir nehmen ferner an,
dass das Pendel m^ zu Anfang in Ruhe sei,
dann folgt aus
dx2
dt
= 0 für / = o :
;/o A = — «I A.
'2__
, ^2 ^^
Endlich sei die Anfangsgeschwindigkeit des
Pendels ;//i gleich q, dann ist:
Cy = n^ Ai + «2 -^1 •
Aus diesen Gleichungen ergeben sich die
folgenden Werte dir die Amplituden:
Ao =
g
I
^2 ''! {^h
'g
^i')
B, = ^
Ax=-
— «I
n^{n.
2_
«.
Ö
^. ^1
^*2
Wir gehen nun über zu dem Grenzfall, zu
dessen Erläuterung das in meiner früheren Notiz
erwähnte Experiment dienen sollte ; in diesem ist
m-i
o zu setzen, und damit wird:
;/.^ =
,y 2 g
«2 — 7
'2
Somit:
Das Pendel mi fuhrt eine einfache Pendel-
schwingung aus mit der ihm eigentümlichen
n
Schwingungszahl — , das Pendel Wj führt eine
kombinierte Schwingung aus, eine mit der
Schwing^ngszahl von W| , die andere mit seiner
eigenenSchwingungszahl . Den Fall, dass die
Längen /, und /2 einander genau gleich sind,
schliessen wir aus, er würde eine besondere
Untersuchung erfordern. Sind die Pendellängen
/, und 4 einander nur nahe gleich, so sind
kleine Amplituden des Pendels m^ mit sehr
grossen von m2 verbunden; überdies sind nun
auch die Amplituden der beiden Komponenten
von X2 einander nahezu gleich, d. h. es treten
ausgeprägte Schwebungen auf. Das sind die-
selben Sätze, die ich früher aus der Theorie
der erzwungenen Schwingung abgeleitet hatte.
Auch der Wert für das Amplitudenverhältnis
B2 ^ __ w,
A2 «2
entspricht dem früher für den Fall verschwin-
dender Dämpfung gefundenen
f A2- r
da
Y^ 3t
und F =
Ül
ns
^2 "1
Die allgemeine Diskussion der gefundenen
Gleichungen findet sich in der angeführten Ar-
beit von Herrn Max Wien; fiir den mit dem
Vorstehenden verfolgten Zweck ist sie entbehrlich.
(Eingegangen 22. Januar 1902.)
Physikalische Zeitschrift, 3, Jahrgang. No. 10.
203
Ergebnisse lojähriger magnetischer Beobach-
tungen in Potsdam.')
Von G. Lüdeling.
Die Ergebnisse beziehen sich auf die lojäh-
rige Reihe von 1890 — 99, also auf eine fast
vollständige Sonnenfleckenperiode. Die Werte
dürften daher schon als ziemlich normale anzu-
sehen sein, besonders da das zu Grunde liegende
Material im allgemeinen ein recht zuverlässiges ist.
Nur hinsichtlich der Inklination, und damit natür-
lich auch hinsichtlich der Vertikal- und Total-
intensität bestehen noch allerlei Unsicherheiten,
die in erster Linie darauf zurückzufuhren sind,
dass die Messungen der Inklination sowie die
Registrierungen der Lloydschen Wage an Ge-
nauigkeit noch zu wünschen übrig liessen.
Im nachfolgenden soll nun eine kurze Zu-
sammenfassung der wesentlichsten Resultate ge-
geben werden, und zwar vor allem derjenigen,
die auch für den Physiker von Interesse sind
und vielleicht hier und da benutzt werden können.
Dabei ist vorweg zu bemerken, dass das mag-
netische Observatorium in Potsdam, auf das
sich die Ergebnisse beziehen, die geographischen
Koordinaten i = 0^52" 15,-4 ^'- f'- ^-^ V =
52"22' 56.4"N.hat. DieWerte für Deklination (/?)
und Inklination (y) sind überall in Bogenminuten
gegeben, diejenigen für Horizontalintensität {H),
Vertikalintcnsität (Z), Totalintensität ( 7") sowie
die beiden rechtwinkligen Komponenten in der
horizontalen Ebene (Nordkomponente X und
Westkomponente — V) in y, d. h. Einheiten der
fünften Dezimale C, G. S.
j. Täglicher Gang, Der tägliche Gang
der magnetischen Elemente ist aus den beige-
gebenen Figuren 1 — 5 zu ersehen, und zwar für
die 12 einzelnen Monate, für das Winterhalbjahr
(Oktober — März), das Sommerhalbjahr {April-
September} und das ganze Jahr. Da der täg-
liche Gang der West- und Nordkomponente fast
vollständig mit demjenigen der Deklination und
der Horizontalintensität übereinstimmt, so ge-
nüge hierfür der Hinweis auf Fig. i und 2.
Alles Nähere bezüglich der Extreme, der Ver-
schiebung der Eintrittszeit derselben, des Durch-
ganges durch die Mittetlage u, s. w. kann mit
Leichtigkeit aus den in Fig. i- — 5 gegebenen
Kurven entnommen werden. Hier möge nur
der jährliche Gang der Tagesamplitude
der Elemente in Zahlen folgen (siehe unten-
stehende Tabelle).
Nachdem in der letzten Zeit besonders von
Herrn von Bezold darauf hingewiesen ist,
welche Bedeutung die Darstellung des täglichen
Mn. 6= M. 6p Mn.
TSgl. Ging der Dcklinatiun.
Fig. r.
Ganges der Komponenten in der horizontalen
Ebene durch sogenannte „Vektordiagramme"
besitzt, hat Verfasser solche nach dem vorlie-
genden lojährigen Beobachtungsmaterial für die
einzelnen Monate entworfen. Wenn hier auch
von einer Wiedergabe derselben Abstand ge-
nommen werden muss und nur auf die Original-
abhandlung, Taf. I, verwiesen werden kann, so
möge doch nicht unerwähnt bleiben, dass die
nach lOJährigen Mittelwerten gebildeten Vek-
tordiagramme schon einen recht normalen, regel-
mässigen Verlauf zeigen, in welchem die sonst,
besonders in den Wintermonaten, stark auf-
tretenden Zacken und Schlingen schon fast
' Jauuar IFebruar Man
7 1.00
X .1.3
~¥ 26,8
April
Mai
Jum
Juli
August
IMS i 11.33
,..24!..,..
u,o6 j
39.8 38,9
41,0
4» .8
41.S 1
a.07
1,07
LIO
1/47
*,47
60,0
60,8
61,0
60,2
59.0
29,2
«5.'
14,1
M,5
35.»
39.t>
37."
3S.S
...
August Septbr. Oklbr. | Novbr. Deibr, Winter | bommer Jahr
9-34 7.36 I 5.88 I
6,-(T
10,7a
»,4
39.4
21,8
40.3
.'.7
57,6
0,6
>3.3
s.»
33.9
204
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No, 10.
völlig verschwinden. Auch geht aus einem
Vergleich der einzelnen Monate hervor, dass
eine grosse Ähnlichkeit besteht zwischen: Januar
und Dezember, Februar und November, März
und Oktober, 'April und September, Mai und
August, Juni und Juli. Will man also bei irgend-
welchen Untersuchungen Mittelwerte von zwei
dienten die Monatsmittel, die zuvor für Säkular-
variation korrigiert wurden. Der so erhaltene
jährliche Gang der Komponenten in der hori-
zontalen Ebene zeigt eine doppelte Periode, bei
der das Hauptmaximum zur Zeit des Sommer-
solstitiums, das sekundäre zur Zeit des Wintcr-
solstitiums auftritt. Die beiden wenig vonein-
riio mal -I Uten sit&t.
Monaten bilden, so ist jene, schon von Herrn
Wild vorgeschlagene Kombination entschieden
die beste.
Weiterhin zeigt sich, dass die grössere Zu-
sammenfassung in Winter- und Sommerhalb- ,
Jahr eigentlich wenig empfehlenswert ist, da sie I
Monate von allzu verschiedenem Charakter zu-
sammenbringt. Richtiger ist die Lloydsche
Kombination: Winter(Januar, Februar, Novem-
ber, Dezember), Sommer (Mai, Juni, Juli, Au-
gust), Äquinoktien (März, April, September,
Oktober).
2. Jährlicher Gang und Säkularvaria-
tion. Zur Ableitung des jährlichen Ganges
Tägl. Gang der Inklination,
ander verschiedenen Minima fallen in die
Äquinoktien.
Die Vertikal- und Totalintensität dagegen
zeigen nur eine einfache Periode, deren Maxi-
mum in den Februar und deren Minimum in
den Juni — ^Juli fällt.
Im einzelnen geben die nachstehenden, in
einfacher Weise ausgeglichenen Zahlen die jähr-
lichen Gänge der Elemente. (Siehe untenste-
hende Tabelle.)
Die Säkularvariationen sind aus den
Jahresmitteln berechnet. Die Werte für 1890,91
mussten als unsicher (:) bezeichnet und auch
bei der Mittelbildung ausgeschlossen werden, da
Jan
April
Jan
-0.05
-1-0,09
+o,.6
— ,8
'+'-6
+5,6
+ 7.4
+o,1i
-H>,oi
-1,6
,+',6
i - -5.2
+M
+0,6
+ 2,^
-1-9,')
+6,2
+7,7
+ 5-4
+ 1.0
-6,0
Angusl , Se[)tbr. Okiober
+0,09 +o,xs
»..b.
Deibr.
*s
—021
-021
..,.
-3.6
+o,a6
+0.25
i,oS
+3,3
»3.5
-'r7
+3.7
19,4
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No.
205
die absohlten Mittelwerte fiir das Jahr 1890 nicht '
hinreichend genau waren.
Ferner ist zu beachten, dass die Werte für
y, und damit auch für Z und T recht grosse ,
Verschiedenheiten zeigen. Dieselben dürften I
zu einem Teile auf die bereits erwähnte ge- j
ringere Sicherheit in der absoluten Messung |
6p
120 Jahre vergeben, bis die Deklination o" in
Potsdam erreicht wird.
Für die Horizontalintensität ergiebt sich
ein Mittelwert, der recht gut mit dem gewöhn-
lich angegebenen übereinstimmt.
Die untenstehende Tabelle giebt die genauen
Werte der Säkularvariationen für die einzelnen
Mn, 6" M. 6p Mn,
Tigl. Gang der Vertikal-Iülensität.
Fig. 4.
der Inklination und der Angaben der Lloyd-
schen Wage zurückzuführen sein, zum anderen
auch vielleicht darauf, dass die Inklination ziem-
lich nahe einem Wendepunkte ist und dass da-
her die Säkular Variationen ziemlich schwankend
werden.
Bei der Deklination findet sich eine ziem-
lich regelmässige Abnahme. Auch sie nähert
sich also einem Wendepunkte, und zwar einem
Minimum. Immerhin dürften noch mindestens
Tügl. Gang det Total- Inlensität.
Fig- S-
Elemente und Epochen. In der letzten Hori-
zontalkolumne finden sich ausserdem noch die
absoluten Werte der magnetischen Elemente
für ein Beobachtungsjahr, und zwar für das
Jahr 1899, Damit ist die Möglichkeit gegeben,
alle absoluten Jahresmittel der zehn Beobach-
tungsjahre zu berechnen.
3. Magnetische Störungen. Die Unter-
suchung über die magnetischen Störungen er-
folgte nach der von Eschenhagen gegebenen
Zeit
D
"
7
X
-1-
7.
-84,9:
_L ^
T890/91
-6,48-.
-1.(8,8;
Jl'91
-H0,I
-H>,47
—30,1
+ 39.5
1 +40.1
+ 3'.o
93/94
-S.89
-(-i8,3
-1,67
-l-*3.8
-18,1
-15.8
— 7.3
94/9S
-S.S2
-1-25,7
—1,19
+30,7
-üS,o
95/96 ,
-S.6'
-A^6A
+31,6
96/97
-4,S7
+21,2
-1,98
-•9,8
— S.9
1 + 5.9
97/98
-4,68
+K.,5
-Hl 7,6
+ 9.8
.898/99
-4,3»
+33,6
-«.OS
+^74
-19,2
-16,3
1 -5,6
Mittel ,
~5.'9
-i-M.8
-'.34
-1-27,6
-*3.7
+ 6.3
+ 14,8
AI>so1. Werte l 1899,6
foV,69
o.iSSilio
66''33',i9
0.185315
0,032714
o.4339ao
0,47*968
Physilcalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
Klassifikation der magnetischen Kurven (s. „Er-
gebnisse der magnetischen Beobachtungen in
Potsdam^in den Jahren 1890 und 91").
P >= 5 Störungen
TKgl. Gang der Störungen.
J, F. M. A. M. J. J. A. S. Ü. N. D.
Über den täglichen und Jährlichen Gang der
magnetischen Störungen giebt die graphische
Darstellung in Fig. 6 und 7 nähere Auskunft.
Man ersieht daraus einerseits die sehr deutliche
Zunahme der Störungen in den späten Nach-
mittags- und Abendstunden (worauf auch bei
manchen physikalischen Messungen Rücksicht
zu nehmen wäre] und die Lage des Minimums
um Mittag. Andererseits findet sich das be-
reits von Humboldt, Sabine u. a. erwähnte
doppelte Maximum zur Zeit der Äquinoktien
und ein doppeltes Minimum zur Zeit der Sol-
stitien auch durch die Potsdamer Beobachtungen
bestätigt.
Störungen von grösserer Intensität (Charakter
4 und 5 der Eschenhagenschen Skala) traten
an folgenden Tagen auf:
1890: März 16; Oktober 10; November 8.
1891: Februar 11, 12, 14; März 2, S, 31; April
7, 8, 12, 13; Mai 14, 15, 16; Juni 14;
September 10, 11, 12, 28; Oktober 24;
November 20, 21; Dezember 7.
1892: Januar 4, 5, 6, 17, 39; Februar 2, 4, 7,
13. 14. 'S. 20, 21, 27; März 1,6,7, 11,
12, 13, 25; April 25, 26; Mai I, 18, ig;
Juni 3, 27; Juli 12, 14, i6, 17; August 12;
September 21, 22; Oktober 12, 13, 15,
18; November 4, 5, 17; Dezember 5.
1893: Februar 4, 5; März 26; Juli 16; August
6, 7, 18; November i, 2, 3.
1894: Januar 3, 4; Februar 21, 23, 24, 25
März 30, 31; April 17; Juni 10; Juli 20,
21; August 20, 2!; September 14, 15,
19, 20; November 13, 14, 18, 23; De-
zember 1 5,
1895: Januar 18, 19; Februar 8, 9, 10, 15, 16
März 8, 9, 13, 14; April 11, 12, 23; Ma
10, 29; August 10; September. 30; Ok.
tober 12, 13, 14, 17; November 9, 10
189Ö; Januar 4, 17, 31; Februar 4, 28, 29;
März 4, 26, 28; Mai 2, 3, 17; Septem-
ber 18, 20; Oktober 11, 12; November 7;
Dezember 3, 4,
1897: Januar 2; April 2, 20, 23; Dezember 11,
20, 21.
1898: Januar 16, 17, 18; Februar 11, 14; März
15, 16; Mai 30; August 16; September
3, 9, 10; Oktober 25, 29, 30; November
21, 22.
1899: Januar 18, 28, 29; Februar 12, 23, 28;
März 10, II, 21, 22, 23; April 18, 19;
Mai 4, s; Juni 28, 29, 30; Oktober 30.
Auch in diesen stärkeren Störungen zeigt
sich ein ganz charakteristischer jährlicher Gang,
bei dem das Hauptmaximum auf den Februar,
ein sekundäres auf den November fällt. Das
Hauptminimum erstreckt sich über die Sommer-
monate, ein anderes fällt in den Dezember.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
207
4. Zusammenhang der magnetischen
Erscheinungen mit Polarlicht und Sonnen-
flecken. Der bekannte Parallelismus des täg-
lichen und jährlichen Ganges der magnetischen
Störungen mit dem Auftreten des Nordlichtes
findet auch hier weitere Bestätigung.
Über den Zusammenhang der magnetischen
Erscheinungen mit den Sonnenflecken ist im
einzelnen nichts Bestimmtes nachzuweisen.
Sobald man aber für das volle Jahr das Auf-
treten der Sonnenflecken mit der Amplitude
des täglichen Ganges der magnetischen Elemente
vergleicht, so findet sich eine auffallende Über-
einstimmung: die Amplituden variieren genau
mit der Häufigkeit der Flecken. Das ergiebt
sich auch aus den Vektordiagrammen des
täglichen Ganges, die für die einzelnen Beob-
achtungsjahre gezeichnet wurden. Ihre Grösse
nimmt in demselben Verhältnis zu und ab wie
die Zahl der Sonnenflecken, die Periode ist also
dieselbe. Allein es ändert sich während einer
Sonnenfleckenperiode nicht nur die Grösse
der Vektordiagramme, sondern auch die geo-
metrische Gestalt derselben in regelmässiger
Weise. Etwas Ähnliches scheint auch bei der
Vertikalintensität einzutreten, bei der sich der
Einfluss der Sonnenflecken nicht bloss in der
mehr oder weniger grossen Amplitude zeigt,
sondern auch darin, dass die Durchgänge durch'
die Mittellage bei der täglichen Variation eine
systematische Verschiebung erleiden.
Sollte das hier Ausgesprochene allgemein
bestätigt werden, so würde daraus folgen, dass
die Ströme, welche höchstwahrscheinlich die
tägliche Variation des Erdmagnetismus bedingen,
während einer Sonnenfleckenperiode nicht bloss
in Intensität, sondern auch in ihrem Verlaufe
regelmässigen Änderungen unterworfen sind.
Weitere Untersuchungen in dieser Richtung
dürften zu interessanten Ergebnissen führen, be-
sonders wenn dabei auch auf einen eventuellen
Zusammenhang der magnetischen mit den meteo-
rologischen Erscheinungen Bedacht genommen
würde. (Eingegangen ii. Januar 1902.)
Zur Frage der Dielektrika.
Von J. Kossonogoff. ')
/
Die. angewandte Methode ist kurz fol-
gende. — Zwei parabolische Spiegel (Öffnung
lox 10 qcm, Brennweite 1,5 cm) aus Papp-
bogen sind mit den Öffnungen einer zum anderen
gekehrt und einer über dem anderen befestigt.
Auf den Pappmänteln der Spiegel sind parallel
der Fokallinie Stanniolstreifen einer bestimmten
Grösse (s. u.) geklebt, damit die Spiegel nur
Wellen einer einzigen Länge reflektieren. Als
Erreger der elektrischen Schwingungen dient
ein dem Righi sehen ähnlicher, in der Fokal-
linie des unteren Spiegels angebrachter Vibra-
tor; als Indikator — ein in der Fokallinie
des oberen Spiegels befestigter Kohärer, welcher
mit einem Galvanometer verbunden ist. Der
untere Spiegel giebt beim Funktionieren des
Vibrators einen parallelen Wellenzug, welcher
nach der Reflexion vom oberen Spiegel auf
den Kohärer einwirkt.
Der Verfasser stellt auf den unteren Spiegel
zwei parallelepipedische Glasgefässe, welche die
in Untersuchung genommene Flüssigkeit ent-
halten. Die Trennungsfläche ist der Fokallinie
des Spiegels parallel. Bei einem Unterschiede
der Höhen der Flüssigkeitssäulen in beiden
Gefassen entsteht ein Gangunterschied zwischen
den beiden Hälften des Wellenzuges; diese
interferieren in der Fokallinie des oberen
Spiegels und wirken auf den Kohärer ein.
Nach dem Unterschiede der Höhen der Flüssig-
keitssäulen, welcher dem Minimum der Ein-
wirkung auf den Kohärer entspricht, kann man
den elektrischen Brechungsexponent n und die
dielektrische Konstante Z^ = //^ leicht bestimmen.
Bei dieser Interferenzmethode konnte der
Verfasser Spiegel mit verschiedenen Reso-
natoren (natürlich paarweise) anwenden und auf
diese Weise Brechungsexponenten für verschie-
dene Wellenlängen bestimmen. Die Resultate
sind wie folgt:
i) Habilitationsschrift Kiew, 1901.
Resonatorgrösse in □ cm
Rntsprech. Wellenlänge A^) in
der Luft in cm
1,0x0,3
1,92
1,5x0.3
2,95
Paraffin fiüs.
Pctrol.
{i
Terpentin l
Ol. Naphtae
Benzin
Kicinusöl
{
n
D
1,476
2,179
n
D
1,459
2,129
n
D
1,488
2,214
n '
D ,
1,433
2,053
n
D
1.561
2,437
n
D
1,421
2,019
1,475
.2,176
1,453
2,111
1,490
2,220
1,432
2,050
1,560
2,434
1,385
i,9iS
2,0 X o^
4,30
1.458
2,126
1,443
2,082
1,472
2,161
1,424
2,028
1.525
2,326
1,419
2,014
3,0 X 0,3
6,43
4,0x0,3
9,04
1445
2,088
1,429
2,042
M59
2,132
M15
2,002
1,520
2,310
1,992
3,968
1,433
2,053
1,417
2,008
1.453
2,111
1,393
1,940
1,504
2,262
2,000
4,000
1,4857
1,4582
1,5028
1,4766
1,4010
1,4804
2) Diese Längen sind nach den Bol t/mann sehen und Righi sehen Methoden bestimmt.
208
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
wo die letzte Kolumne die optischen Brechungs-
exponenten für A = 6,io~* cm enthält.
Die Resultate zeigen also eine schwache
normale elektrische Dispersion für die ersten
fünf Flüssigkeiten. Was das Kastoröl betrifft,
so weisen die ihm entsprechenden Zahlen auf
eine anomale Dispersion, doch lässt der Ver-
fasser diese Frage unerledigt, da nach seiner
Meinung diese Erscheinung vielleicht durch
eine im Kastoröl immer enthaltene Wassermenge
verursacht wird.
(Eingegangen 28. Dezember 1901.)
Beobachtungen des elektrischen Zerstreuungs-
vermögens der Atmosphäre und des Potential-
gefalles im südlichen Algier und an der Küste
von Tunis.
Von A. Gockel.
Im Monat August und anfangs September
V. J. habe ich in Biscra, der 200 Kilometer
südlich davon gelegenen Oase Tougourt und
zuletzt an dem Küstenplatz Hammam el Lif bei
Tunis Messungen des Potentialgefälles, der elek-
trischen Zerstreuung und der Sonnenstrahlung
gleichzeitig mit den üblichen meteorologischen
Beobachtungen vorgenommen. Über die Resul-
tate soll an anderer Stelle ausführlich berichtet
werden; bei dem grossen Interesse aber, das
Messungen des elektrischen Zerstreuungsver-
mögens der Atmosphäre zur Zeit erregen, mögen
einige kurze Bemerkungen über die Beziehungen
der genannten Grösse zu den gemessenen Werten
des Potentialgefälles hier Platz finden.
Bezüglich der angewandten Methode will ich
hier nur anfuhren, dass ich die Zerstreuungs-
messungen stets ohne den von den Herren
Elster und G eitel angewandten Schutzcy linder
ausgeführt habe. Wie die genannten Forscher
selbst hervorheben, ist die Anwendung dieses
Cylinders ein Notbehelf, der den Übelstand im
Gefolge hat, dass die Fern Wirkung des Zer-
streuungskörpers beschränkt wird. *) Messungen,
die mit und ohne Anwendung des Schutzcylin-
ders angestellt wurden, sind auch, wenn man
die Änderung der Kapazität in Rechnung zieht,
nicht miteinander vergleichbar, denn die durch
den Schutzcylinder hervorgebrachte Vermin-
derung der Zerstreuungsgeschwindigkeit hängt,
wie ich mich wiederholt überzeugte, in hohem
Masse von der Stärke der Luftbewegung ab.
Ich habe deshalb den Cylinder nur dann auf
das Instrument gesetzt, wenn ein hefliger Wind
dazu nötigte. In diesem Falle kommen ja auch
die Nachteile dieser Schutzvorrichtung am wenig-
sten zur Geltung. In allen anderen Fällen habe
ich mich damit begnügt, den Apparat so auf-
i) Vergl. auch Ebert, Met. Ztschft. 18, 343, 1901.
zustellen, dass er gegen die Influenzwirkung
des äusseren elektrischen Feldes, sowie gegen
die Bestrahlung durch die Sonne möglichst ge-
schützt war. Übrigens hat auch Ebert') ge-
zeigt, dass ein Hallwachs-EfTekt an einem gut
geschwärzten Messingcylinder nicht nachzuweisen
ist. Bei den Beobachtungen in der Wüste
stand das Instrument stets direkt auf dem
Erdboden.
Die an den genannten Orten gefundenen
Zerstreuungskoeffizienten sind im allgemeinen
höher als die hier in Freiburg beobachteten,
sie steigen bis auf 10 Proz. pro Minute und
darüber, während ich hier selten mehr als
5 Proz. gefunden habe. Der starken Zerstreu-
ung entspricht ein schwaches Potentialgefälle,
im Mittel etwa 35 Volt/meter, gegenüber 100
in unseren Breiten. Die Zerstreuung zeigte
in Biscra und Tougourt einen gut ausgeprägten
täglichen Gang. Von geringen Werten, 2 — 4
Proz. per Minute bei Sonnenaufgang stieg sie
an, bis sie im Laufe der ersten Nachmittags-
stunden den oben genannten Wert von etwa
10 Proz. erreichte. Ein auffallendes Sinken des
Zerstreuungskoeffizienten bis auf Werte von
I Proz. pro Minute und darunter trat etwa eine
halbe Stunde vor Sonnenuntergang ein. Diese
Erscheinung war etwas weniger ausgeprägt in
Biscra, wo sie an einigen Tagen ganz ausblieb,
dagegen sehr deutlich in Tougourt; daselbst
war d:is auf der Terrasse des Hauses beobach-
tete Zerstreuungs vermögen an zwei aufeinander-
folgenden Tagen fast Null. Gesichts- und
Geruchssinn wiesen auf starken Dunst- und
Staubgehalt der Atmosphäre als Ursache der
aufgehobenen elektrischen Leitfähigkeit hin. 2)
Ich vermutete, dass hier Rauch, der aus den
um diese Zeit angeheizten Kaminen stamme,
mit im Spiele sei und stellte deshalb an den
folgenden Tagen die Beobachtungen in der
freien Wüste an, an einer Stelle, die durch den
herrschenden Wind gegen den aus dem Ort
stammenden Rauch geschützt war. Hier sank
der Zerstreuungskoeffizient zwar nicht in dem
Masse wie innerhalb der Ortschaft, immerhin
war die Erscheinung, besonders bei positiver
Ladung des Zerstreuungskörpers, ausgeprägt
genug. Ich will gleich hinzufügen, dass ich
eine ähnliche Abnahme der Leitfähigkeit der
Atmosphäre auch hier in Freiburg und zwar
nach Sonnenuntergang beobachtet habe, da-
gegen konnte ich während meines Aufenthalts
am Meere in Hammam el Lif etwas Ähnliches
niemals feststellen. Hand in Hand mit dem
Sinken des Zerstreuungsvermögens ging ein
1} 1. c. 34S.
2) Dieser augenfällige Staub- und Dunstgehalt der Luft
lässt mir die von Herrn Ebert (Met. Ztschft. 18, 295, I901)
gegebene Erklärung desselben Phänomens als nicht ausreichend
erscheinen.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
209
Ansteigen des Potentialgefälles auf etwa 1 50 Volt/
meter, also das Vierfache des mittleren Wertes.
Es ist von verschiedenen Forschern kon-
statiert worden, u. a. auch von mir in Laden-
burg a. N. und hier in Freiburg, dass zur Zeit
des Sonnenaufganges ein rasches Ansteigen des
Potentialgefälles eintritt, es ist mir aber in Algier
sowohl als in Tunis am Meere nicht gelungen,
dieselbe Erscheinung zu beobachten. Ich habe
früher *) die vorübergehenden starken Erhöhun-
gen des Potentialgefälles, von Exner Sprung-
maxima genannt, durch das Heruntersinken von
Luftschichten zu erklären versucht, welche po-
sitiv geladene Massen mit sich fuhren. Man
wird auch nach den neueren Anschauungen da-
ran festhalten müssen, dass diese Sprungmaxima
eine Folge der Vertikalkomponente der Luft-
bewegung sind. In Tougourt folgte die starke
Abnahme des Zerstreuungsvermögens der Atmo-
sphäre auf das gegen 5 Uhr abends eintretende
Barometerminimum. Die Luft musste sich also von
der Seite her gegen den Erdboden in Bewegung
setzen und brachte den unter Tags in die Höhe
gerissenen Staub mit herab. Das gegen Abend
stets eintretende Abflauen des Windes wird
ebenfalls dazu beigetragen haben, dass der
Rauch und Staub sich langsam zu Boden senkte
und die lonenbeweglichkeit hemmte. Hier in
Freiburg ist es natürlich die aus den nämlichen
Ursachen hervorgehende abendliche Dunstbil-
dung, welche dieselbe Erscheinung hervorruft.
Ein Unterschied in der Zerstreuungsgeschwin-
digkeit positiver und negativer Elektrizität wurde
im allgemeinen nicht bemerkt, nur in der eben
besprochenen abendlichen Erscheinung machte
sich, wie schon gesagt, ein solcher Unterschied
manchmal geltend, eine positive Ladung wurde
langsamer zerstreut als eine negative, es waren
also hauptsächlich die negativen Ionen durch
den Dunst und Staub in ihrer Beweglichkeit
gehemmt, was mit unsern Anschauungen über
die Kondensationsfähigkeit der negativen Ionen
gut übereinstimmt. An einem Abend erreichte
das Verhältnis
a-
(/i- die Zerstreuungsgeschwindigkeit einer nega-
tiven, a^ die einer positiven Ladung) den Wert
7,6, an einem anderen sogar 8,9. Abgesehen
aber von diesen nur innerhalb der Zeit von
5** 30 p bis 7** p auftretenden Extremwerten
schwankten die Zahlen ftir g in Biscra zwischen
0,6 und 1,4, in Tougourt zwischen 0,9 und 2,0,
in Hammam el Lif zwischen 0,9 und 1,15.
Was die täglichePeriode desPotential-
gefälles betrifft, so Hess sich ausser dem er-
wähnten Sprungmaximum am Abend und dem
an vielen Punkten der Erde schon beobachteten
i) Met. Ztschft 14, 286, 1897.
vormittägigen Maximum (gegen 9 a eintretend)
eine regelmässige Änderung im Laufe des Tages
nicht nachweisen. Zu einem ähnlichen Resultat
führten auch meine früher in Biscra angestellten
Beobachtungen.') Von den beiden erwähnten
Maximalwerten abgesehen, dürften die beobach-
teten Schwankungen des Potentialgefälles wohl
in erster Linie durch die wechselnde Wind-
geschwindigkeit bedingt sein. Auf jeden Fall
Hess sich ein nachmittägiges Minimum nicht
erkennen, und auch das vormittägige Maximum
war nicht so ausgeprägt wie an andern Orten.
Die tägliche Kurve des Potentialgefälles nimmt
also, von dem abendlichen Sprungmaximum
abgesehen, den Verlauf, den sie nach Chau-
veau an solchen Orten haben soll, an denen
der Einfluss des Bodens ausgeschlossen ist.
Dass die Bildung der Ionen und damit die
Leitfähigkeit der Luft in hohem Masse von der
Durchstrahlung durch Sonnenlicht abhängt, zeigt
deutlich die sowohl in Biscra, als auch in Tou-
gourt beobachtete Zunahme des Zerstreuungs-
koeffizienten im Laufe des Tages. Wenn das
Potentialgefalle trotz seiner unleugbar vorhan-
denen Abhängigkeit vom Zerstreuungsvermögen
der Atmosphäre nicht genau den umgekehrten
Gang einschlägt wie das letztere, so rührt das
daher, dass eben das Potentialgefalle auch noch
von anderen Faktoren abhängig ist, als von
dem Leitvermögen der Atmosphäre am Beobach-
tungsorte. So lassen sich die niedrigen Werte
des Potentialgefälles vor Sonnenaufgang leicht
durch das Herabsinken gutleitender, ionenreicher
Luft erklären. Mit dieser Erklärung steht aber
das zu derselben Zeit beobachtete geringe Zer-
streuungsvermögen im Widerspruch. Nimmt
man aber an, dass nur in den untersten Schich-
ten der Atmosphäre, in denen der Apparat
stand, die Beweglichkeit der Ionen durch Staub
und Dunst gehemmt war, während das Poten-
tialgefälle noch stark beeinflusst war durch den
Zustand der vielleicht nur 100 m höher gelege-
nen reinen Schichten, so fällt der Widerspruch
meines Erachtens weg. Eine ähnliche Erklärung
wird noch zu suchen sein für die Thatsache,
dass in Tougourt das Potentialgefälle an zwei
Mittagen auf den verhältnismässig hohen Wert
von 1 50 V/m. stieg, während der Zerstreuungs-
koeffizient 8,2 Proz. betrug, also ziemlich nahe
dem beobachteten Maximalwerte war.
Am Meeresstrande, in Hammam el Lif,
war, wie die verminderte Sonnenstrahlung und
die grössere relative Feuchtigkeit vermuten
Hess, die Zerstreuung geringer als in der Wüste,
sie betrug im Mittel 6,5 Proz. p. M., dement-
sprechend war auch das Potentialgefälle höher,
nämlich im Mittel 80 V/m. Zur Zeit des Sonnen-
aufganges war das Potentialgefälle sehr niedrig,
i) Met. Ztschft. 16, 483, 1899.
2IO
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
-vV .
stets unter 30 V/m., es stieg gegen 8a sehr
rasch, schwankte dann im Laufe des Tages je
nach der Intensität des Windes ziemlich unregel-
mässig — das beobachtete Maximum war
180 V/m. — , um nach Sonnenuntergang wieder
auf niedrigere Werte, 50 V/m. und darunter, zu
sinken. Ich hatte erwartet, dass mit dem Ein-
treten des Seewindes auch eine Änderung im
Zerstreuungsvermögen der Luft stattfinden werde,
doch liess sich nichts derart nachweisen.
Schliesst man die Fälle aus, in denen die Heftig-
keit des Windes Messungen ohne Schutzcylinder
unmöglich machte, so schwankte der Zerstreu-
ungskoeffizient überhaupt nur zwischen 3,5 und
8,9Proz. p. M. Der Minimalwert 3,5 Proz. wurde
nur einmal und zwar nach Sonnenuntergang
beobachtet.
Während der Fahrt auf dem Mittelländischen
Meere wurden, ca. 200 Kilometer vom Lande
entfernt, vormittags bei wolkenlosem Himmel
und geringer Windstärke Zerstreuungskoeffizien-
ten von 2 — 3,7 Proz. gemessen. Ich ftihre diese
Zahlen deshalb an, weil Hr. Elster ') aus seinen
an verschiedenen Orten angestellten Messungen
den Schluss zieht, dass die Zerstreuung im
Innern der Kontinente geringer sei als an den
Küsten. Meine Beobachtungen bestätigen diese
Folgerung nicht.
Eine auffallende Erscheinung trat in Hammam
el Lif am Nachmittage des 3. September ein.
Während bei starkem SE- Winde das Barometer
rasch fiel, stieg die Temperatur von 28,2" C.
um 12 p auf 34,5 um 3 p. Gleichzeitig sank
die relative Feuchtigkeit von 73 auf 27 Proz.,
es herrschte also offenbar Sirocco. Das Poten-
tialgefälle betrug 10 a noch 179 V,m., 12 a 63
und sank gegen 3 p unter 30 V/m. Die Zer-
streuung, die am Vormittag 7 Proz. betragen
hatte, stieg nach 2 p auf den höchsten in Ham-
mam el Lif beobachteten Wert von 9,4 Proz.,
bei Anwendung des Schutzdaches betrug sie
3,2 Proz. Der gegen 4 p stürmisch werdende Wind
verhinderte die Fortsetzung der Beobachtungen.
Ein direkter Zusammenhang zwischen Zer-
streuungskoeffizient und Intensität der ultra-
violetten Strahlen lässt sich aus meinen Zahlen
nicht erkennen, es wird dies verständlich, wenn
man bedenkt, dass die Intensität der Strahlung
bei gleicher Sonnenhöhe vom Zustande der
gesamten durchstrahlten Atmosphäre, der Zer-
streuungskoeffizient aber u. a. vom Wasser- und
Staubgehalt der untersten Luftschichten ab-
hängt. Untersuchungen in einem möglichst
trockenen und staubfreien Ort werden vielleicht
einen Einblick in den Zusammenhang der beiden
Faktoren gewähren, ich habe deshalb in diesem
Winter Beobachtungen im Gebirge begonnen.
i) Diese Ztschft. 2, 114, 1900.
Frei bürg, Schweiz, Januar 1902.
(Eingegangen am 25. Januar 1902.1
Übertragung erregter Radioaktivität
Von E. RutherfordJ)
V
Eine der interessantesten Eigenschaften der
radioaktiven Substanzen, Thorium und Radium,
ist ihre Fähigkeit, allen Körpern in ihrer Nach-
barschaft zeitweilige „erregte" Radioaktivität mit-
zuteilen. Wenn ein stark negativ geladener
Draht in ein geschlossenes Metallgefäss ge-
bracht wird, welches Thor oder Radium ent-
hält, so ist die erregte Radioaktivität vollständig
auf die negative Elektrode beschränkt. Ist der
Draht positiv geladen, so bleibt er inaktiv, aber
die erregte Radioaktivität tritt an den Wänden
des Gefasses auf.
Wenn kein elektrisches Feld wirksam ist,
so wird erregte Radioaktivität auf allen Sub-
stanzen in der Nachbarschaft des radioaktiven
Materials hervorgerufen. Für eine gegebene
Menge radioaktiver Substanz ist der Gesamt-
betrag der in einer bestimmten Zeit erzeugten
Radioaktivität nicht sehr verschieden, sei es,
dass die erregte Radioaktivität in einem elek-
trischen Felde auf der negativen Elektrode
konzentriert wird, sei es, dass sie durch den
Prozess der Diffusion über die Wände des ein-
schliessenden Gefasses verstreut wird.
In früheren Mitteilungen hat der Verfasser
die durch Thoriumverbindungen hervorgerufene
erregte Radioaktivität untersucht und gezeigt,
dass sie innig verknüpft ist mit der Fähigkeit,
eine radioaktive „Ausströmung" von sich zu
geben.
Curie und Debierne^) haben im einzelnen
die erregte Radioaktivität untersucht, die durch
sehr aktive Proben von Radium hervorgerufen
wird, wenn kein elektrisches Feld angewendet
wird.
Dorn^) fand, dass Proben von Radium
(von P. De Haen in Hannover hergestellt) eine
ähnliche Ausströmung von sich gaben, wie
Thorium. Die erregte Radioaktivität, die von
Thorium und Radium herrührt, verschwindet
mit der Zeit. Für Thoriumverbindungen fallt
die erregte Strahlung in ungefähr 1 1 Stunden
auf ihren halben Wert. Der Abfall der vom
Radium erregten Strahlung erfolgt viel schneller,
befolgt aber kein einfaches Gesetz. Er ist
zuerst schnell und weiterhin viel langsamer.
Der Verfasser hat gefunden, dass verschiedene
Proben von Radium, die er besitzt, eine erregte
Strahlung verursachen, deren Abfall in ganz
verschiedener W^eise erfolgt.
Auf der andern Seite verliert die Ausströmung
die vom Thorium ausgeht, ihr Strahlungs ver-
mögen sehr viel schneller, als diejenige, die vom
I , Der amerikanischen physik. Gesellschaft mitgeteilt
am 29. Dez. 1901.
2) C. R. 132, 548, 768, 1901. Diese Zeitschrift 2,
5C0, 513, 1901.
3) Naturwissenschaftliche Gesellschaft Halle, Juni 1900. (?)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
211
Radium ausgeht. Die erstere fällt in ungefähr einer
Minute auf ihren halben Wert, während die
letztere ihr Strahlungsvermögen einige Wochen
beibehält.
Die Ausströmungen von Thorium und Radium
verhalten sich in jeder Beziehung wie radioaktive
Gase oder Dämpfe. Sie diffundieren sehr schnell
durch Gase, durch poröse Substanzen, wie Papp-
deckel, und, im Gegensatz zu den Gasionen,
die sie auf ihrem Wege erzeugen, dringen sie
durch Wattepfropfe hindurch und wandern durch
Lösungen, ohne Absorption zu erfahren.
Der Verfasser vertritt die Anschauung, dass
diese Ausströmungen in gewisser Weise die
direkte Ursache der erregten Radioaktivität
sind. Zur Stütze derselben seien folgende That-
sachen zusammengestellt:
1 . Nur die Substanzen, welche Ausströmungen
von sich geben, d. h. Thorium- und Radium-
verbindungen, haben die Fähigkeit, erregte
Radioaktivität hervorzurufen.
2. Wenn das Ausströmungs vermögen von
Thorium und Radium durch starkes Erhitzen
teilweise zerstört wird, so nimmt die Fähigkeit,
Radioaktivität zu erregen, in demselben Ver-
hältnisse ab.
3. Erregte Radioaktivität kann in Substanzen
hervorgerufen werden, wenn nur die Ausströmung,
nicht aber auch die radioaktive Substanz zugegen
ist. Andererseits wird die Fähigkeit der radio-
aktiven Substanz selbst, Radioaktivität zu erregen,
durch einen Gasstrom stark vermindert, der
über sie hinwegstreicht und die Ausströmung
mit sich fortträgt. Im Falle von Radium kann
die Ausströmung in einem geschlossenen Ge-
fasse mehrere Tage abgesperrt sein und doch
noch radioaktive Erregtheit erzeugen. Die
Strahlungsfähigkeit der Thoriumausströmungen
lässt zu schnell nach, als dass sie ein solches
Experiment gestattete.
Die charakteristische Eigenschaft der er-
regten Radioaktivität ist die, dass sie in einem
starken elektrischen Felde auf die Kathode be-
schränkt werden kann. Es ist daher wahr-
scheinlich, dass sie von einem Transport irgend-
welcher positiv geladener „Träger'* in dem
elektrischen Felde herrührt.
Die Experimente, die jetzt beschrieben
werden sollen, bestätigen diese Anschauung
vollkommen und zeigen, dass sich die Träger
in einem elektrischen Felde ungefähr mit der-
selben Geschwindigkeit bewegen, wie das posi-
tive Ion.
Prinzip der Methode.
Die Methode, die zur Bestimmung der Ge-
schwindigkeit des Trägers verwendet wurde,
ist eine Abänderung einer schon angewendeten
Methode zur Bestimmung der Geschwindigkeit
des negativen Ions, welches an der Oberfläche
eines Metalles durch ultraviolettes Licht hervor-
gerufen wird.^) Sie bedient sich eines wechseln-
den elektrischen Feldes. Eine gleichgerichtete
E. M. K. wurde durch einen rotierenden Kom-
mutator in eine wechselnde E. M. K. von be-
kannter Frequenz verwandelt. Wenn in dieser
Weise ein wechselndes Feld zwischen zwei
parallelen Platten erzeugt wird, zwischen denen
eine radioaktive Ausströmung gleichmässig ver-
teilt gehalten wird, so werden gleiche Beträge
erregter Radioaktivität in jeder Elektrode er-
zeugt.
Wenn hintereinander mit einer wechselnden
E. M. K. Eq eine Batterie von der E. M. K. E^
[E^ <^o) aufgestellt wird, so bewegt sich der
positive Träger während der einen Hälfte des
Wechsels in einem stärkeren elektrischen Felde
als während der anderen. Ein Träger bewegt
sich folglich während der beiden halben Wechsel
um verschiedene Strecken, falls die Geschwin-
digkeit des Trägers der Stärke des elektrischen
Feldes proportional ist, in dem er sich bewegt.
Hieraus folgt, dass die erregte Radioaktivität
ungleich auf die beiden Elektroden verteilt sein
wird. Wenn die Frequenz des Wechsels gross
genug ist, so werden die positiven Träger nur
innerhalb einer gewissen kleinen Entfernung von
einer Platte zu ihr übergeführt werden, der Rest
wird im Verlaufe einiger folgender Wechsel
zur anderen Platte getragen.
7» -
£MI9M/frf»0t
Ljf---^..-H
I k
Seien A und R (Fig.) zwei parallele Platten,
die radioaktiv gemacht werden sollen. Die
radioaktive Ausströmung zwischen ihnen wird
gleichförmig verteilt gehalten.
Wenn B negativ ist, sei die Potentialdifferenz
zwischen den Platten E^ — ^, , wenn A negativ
ist, E^ + ^1 ; d sei der Plattenabstand, T die
Zeit eines halben Wechsels; C das Verhältnis
des Betrages der auf B erregten Radioaktivität
zu der auf A und B zusammen. K sei die
Geschwindigkeit des positiven Trägers für die
Einheit des Potentialgefälles. Unter der An-
nahme, das Feld zwischen den Platten sei
gleichförmig, und die Geschwindigkeit des
Trägers sei proportional dem elektrischen Felde,
ist dann die Geschwindigkeit des positviven
Trägers nach B hin
I) Proc. Cambr. Phil. Soc. 1898.
212
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
J^ — £\ j^
und wäbrend des nächsten halben Wechsels
nach A hin.
Die grössten von einem positiven Träger
während zweier aufeinander folgender Wechsel
zurückgelegten Entfernungen sind
. X,— ^ Kl , x^— ^ Ay.
Wir wollen annehmen, die positiven Träger
entständen zeitlich gleichförmig mit einem Be-
trage von q in der Sekunde auf die Einheit
des Plattenabstandes. Die Zahl der positiven
Träger, die B während eines vollständigen
Wechsels erreichen, kann in zwei Teile geteilt
werden:
I. Ein Teil, welcher innerhalb der Ent-
fernung x^ von B während der Zeit T des
halben Wechsels erzeugt wurde; er hat den
Betrag von Vi-^i ^ T,
2) Alle diejenigen Träger, welche am Ende
des voraufgegangenen Wechsels innerhalb der
Entfernung :r, von B zurückgeblieben sind.
Ihr Betrag ist
^'.xr^Jg.T,
Nun werden alle diejenigen positiven Träger,
die zwischen A und B erzeugt werden und B
nicht erreichen , während einiger folgenden
Wechsel nach B überfuhrt, vorausgesetzt dass
die Stärke des elektrischen Feldes die Gewiss-
heit giebt, dass keine bemerkenswerte Wieder-
vereinigung der Träger auf dieser Strecke eintritt.
Die Gesamtzahl der Träger, die während eines
ganzen Wechsels erzeugt werden, ist 2dq T.
Das Verhältnis q der Anzahl positiver Träger,
welche B erreichen, zu der Gesamtzahl ergiebt
sich so zu
Wenn man für Xi und X2 die Werte ein-
setzt, erhält man
2 {£, + £,) d^
E,{E,-E,) 7-" ''•
Bei den Experimenten wurden die Werte von
^5*0, £", , d'^ und T variiert, und die allgemeinen
Resultate wurden in Übereinstimmung mit der
Gleichung gefunden.
Angewendeter Apparat.
Für die Experimente mit Thoriumausströmung
wurde eine dicke Schicht von Thorium in eine
flache Kupferschachtel innerhalb eines Hart-
gummikästchens von 1 1 qcm Grundfläche und
3 cm Tiefe gelegt, welches fest auf einen me-
tallischen Untergrund gekittet war. Das Tho-
rium wurde völlig mit Filtrierpapier in zwei
Lagen bedeckt, welches das meiste von der
direkten Strahlung aufflng, der Ausströmung
aber den Durchgang gestattete. Der Apparat
wurde durch einen Metalldeckel luftdicht ge-
macht, der ringsum an dem oberen Rande des
Hartgummikästchens in Quecksilber tauchte.
Beim Beginn des Versuches wurde ein quadra-
tisches Stück Aluminiumfolie auf das Papier
gebracht, welches das Thorium bedeckte, eine
Zinkplatte oben auf das Hartgummikästchen
gelegt und der Deckel in seine Lage gebracht.
Das wurde so schnell als möglich gemacht, und
dann das elektrische Wechselfeld angewendet.
Die Ausströmung difiundierte schnell durch das
Papier und die Aluminiumfolie und verteilte sich
zwischen den Platten in dem elektrischen Felde.
Nach einiger Zeit, die zwischen 20 und 90 Minuten
variierte, wurde das Aluminium und das Zink
weggenommen und ihre Radioaktivität auf dem
gewöhnlichen Wege mit Hilfe eines empfind-
lichen Quadrantenelektrometers geprüft. So
wurde das Verhältnis der erregten Radioaktivität
auf den beiden exponierten Platten bestimmt.
Dieses Verhältnis fand sich unabhängig von
der Zeit, die man bis zur Prüfung vergehen
Hess, so dass die Radioaktivität jeder Platte in
demselben Verhältnis abnimmt.
Die Mengen von Thorium, die bei den Ver-
suchen verwendet wurden, variierten zwischen
25 und 100 g. Der Betrag der erregten Radio-
aktivität in einer bestimmten Zeit schwankte
mit der Menge des verwendeten Thoriums, aber
das Verhältnis auf beiden Platten wurde nicht
davon berührt.
Im Verlaufe der Versuche ergab sich, dass
eine Platte, welche kurze Zeit der Thorium-
ausströmung ausgesetzt wurde, nach dem Weg-
nehmen derselben noch einige Stunden eine
allmähliche Steigerung seiner radioaktiven
Kraft erfuhr. Der Betrag dieses Anwachsens
schwankte mit der Zeitdauer der Ausströmungs-
wirkung, erreichte aber bei kurzen Wirkungs-
zeiten den drei- oder vierfachen Betrag des
Anfangswertes. Für Wirkungszeiten von einigen
Stunden ist die Erscheinung nicht so ausgeprägt,
nach einer Einwirkung von einem Tage ist sie
nur schwer zu beobachten.
Derselbe Apparat und die nämliche Methode
wurden auch bei einigen Radiumexperimenten
angewendet. Das Radium, welches ich besitze,
strömte bei atmosphärischer Temperatur sehr
schwach aus. Deshalb wurde von einer früher
vom Verfasser beobachteten Erscheinung') Ge-
brauch gemacht, dass der Betrag der Radium-
ausströmung mehrere tausendmal wächst, wenn
man das Radium etwa bis zur Rotglut erhitzt.
i) Diese Zeitschrift 2, 429, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
213
Die Ausströmung des erhitzten Radiums
wurde zunächst durch einen Luftstrom in einen
kleinen metallischen Cylinder überftihrt. Dann
wurden dessen Öffnungen geschlossen. Die so ge-
sammelte Ausströmung reichte einige Tage
für die Versuche aus. Beim Beginn des Ver-
suches wurden die beiden Platten in eine Ebonit-
schachtel gebracht und das Wechselfeld ange-
wendet. Durch zwei seitliche Röhren an dem
Ebonitkästchen wurde mit einem schwachen
Luftstrom ein kleiner Betrag der Ausströmung
aus dem Cylinder zwischen die Platten gebracht.
Dann wurden die seitlichen Röhren geschlossen.
Nach einer Exposition von etwa einer halben
Stunde wurde ein Luftstrom durch die Schachtel
getrieben, um sie von der Ausströmung zu
reinigen. Die Platten wurden dann entfernt,
und ihre Radioaktivität geprüft. Mit Rücksicht
auf den anfänglich schnellen Abfall der vom
Radium erregten Radioaktivität war es schwer,
befriedigende Vergleichungen der Platten vor
Ablauf von 15 Minuten zu machen, innerhalb
deren der Abfall langsam genug wurde, um
eine exakte Bestimmung des Verhältnisses zu
gestatten. Alle diese Versuche zeigten, dass
dieses Verhältnis unabhängig ist von der Zeit-
dauer, die man bis zur Untersuchung hat ver-
streichen lassen.
Ziemlich die meisten Experimente wurden
mit der Ausströmung von Thorium gemacht.
Vergleichungen der Geschwindigkeit des Trägers
wurden über ein weites Gebiet der Wechselzahl
und der Spannung ausgedehnt. Die allgemeinen
Ergebnisse waren mit der oben entwickelten
Theorie in Übereinstimmung. Es fand sich,
dass bei konstanter Spannung der Wert von q
mit abnehmender Wechselzahl sich verminderte.
Bei konstanter Wechselzahl nahm er mit der
Spannung zu.
Obwohl genügend hohe Spannungen ange-
wendet wurden, ergab sich, dass die gemessenen
Werte der Geschwindigkeit zu hoch waren.
Dies rührt zum Teil her von der Wiederver-
einigung von Ionen zwischen den Platten.
Wenn eine E. M. K. angewendet wird, die
nicht genügt, die Ionen vor der Wiederver-
einigung an die Elektroden zu führen, so wird
die erregte Radioaktivität sowohl auf die posi-
tive, wie negative Elektrode verteilt. In der
Theorie haben wir das Potentialgefälle zwischen
den Platten als gleichförmig angenommen. In
•Wirklichkeit sind wir davon weit entfernt, be-
sonders, wenn die Ionisation zwischen den
Platten gross ist. Die Versuche von Child
und Zeleny haben nachgewiesen, dass ein
plötzlicher Potentialfall dicht an jeder Elektrode
vorhanden ist, so dass das elektrische Feld in
der Nähe der Platten grösser ist, als in der
Mitte.
Nach dem weiter unten hin entwickelten Ge-
sichtspunkte ist es auch möglich, dass die posi-
tiven Träger bei ihrer Entstehung eine grosse
Anfangsgeschwindigkeit haben, die sie einen
kurzen Weg durch das Gas, unabhängig von
dem äusseren elektrischen Felde, tragen kann.
Aus diesen Gründen erreicht, wenn die
Wechselzahl sehr gross oder das elektrische
Feld klein ist, eine grössere Zahl von positiven
Trägern die Platte B, als man nach der ein-
fachen Theorie erwarten würde. Die berech-
neten Werte der Geschwindigkeit sind folglich
in diesen Fällen zu gross.
Die folgende Tabelle ist ein Beispiel für
einige Resultate, die bei verschiedenen Span-
nungen und Plattenentfernungen erhalten wurden.
Temperatur i8^ die Luft fast trocken.
Plattenabstand 1,30 cm.
Volt
£n — £y
Wechselzahl
in der sec
Q
AT
cm/sec
75
50
57
0,17
1.6
152
lOI
57
0,27
1.25
225
150
57
0,38
1.17
300
200
57
0,44
1,24
Der Wert von K ist in cm sec für ein Po-
tentialgefälle von ein Volt/cm angegeben.
Für das letzte Beispiel, bei dem der Träger
sich während jedes halben Feldwechsels über
eine Entfernung von mehr als 1,3 cm bewegte,
war eine abgeänderte Form der Gleichung not-
wendig, um die Geschwindigkeit zu berechnen.
Der Wert von 1,6 cm/sec bei 50 Volt ist
aus den oben entwickelten Gründen zu hoch.
£o+£i
Plattenabstand 2 cm.
Wechselzahl
in der sec
^0—^1
237 207 44 0,37 1,47
300 2cx> 53 0,286 1,45
Versuche über die Geschwindigkeit des
Trägers der vom Radium erregten Radioaktivität
sind noch nicht vollendet. Indessen sind sie
weit genug vorgeschritten, um zu zeigen, dass
die Wirkungen einer Änderung von Wechsel-
zahl und Spannung den beim Thorium erhal-
tenen durchaus ähnlich sind. Der Wert der
Geschwindigkeit des Trägers ist sicherlich nicht
sehr verschieden von dem beim Thorium be-
obachteten. Die Ergebnisse werden bei Radium
verwickelt durch eine Verteilung der vom
Radium erregten Aktivität, welche immer an
der positiven Elektrode in einem starken elek-
trischen Felde auftritt, sobald die Ausströmung
vollständig von den Platten weggeblasen wird.
Es sind Versuche im Gange, wenn möglich,
die Ursache dieser Wirkung aufzufinden und
sie aus den Experimenten auszuschalten.
In einer kürzlich erschienenen Arbeit fand
Zeleny') die Geschwindigkeit des positiven
i) Phil. Trans. Roy. Soc. 19CX>.
214
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
Ions zu 1,36 cm/sec für ein Potentialgefälle
von I Volt/cm bei atmosphärischem Druck und
Zimmertemperatur. Es scheint, als ob die Ge-
schwindigkeit des positiven Trägers der erregten
Radioaktivität dieselbe oder wenigstens keine
sehr verschiedene ist von derjenigen des posi-
tiven fons, welches durch Röntgen- oder Bec-
querel-Strahlen erzeugt wird.
Bei den vorstehendenVersuchen haben wir die
Übertragung der Radioaktivität in einem elek-
trischen Felde betrachtet. Dieselbe Entwickelung
findet auch ihre Anwendung, wenn kein elektri-
sches Feld wirkt. In diesem Falle entsteht die er-
regte Radioaktivität an den Elektroden durch
Diffusion des Trägers zu ihrer Oberfläche hin.
Der Betrag von erregter Radioaktivität an einem
gegebenen Körpersystem wird also von dem
Betrage der radioaktiven Ausströmung in ihrer
unmittelbaren Nachbarschaft abhängen.
Überlegen wir, in welcher Weise der posi-
tive Träger zum Überführungsmittel der erregten
Strahlung wird, so bieten sich zwei Erklärungen
dar. Die erste ist die in einer früheren Mit-
teilung aufgestellte (1. c), nämlich, dass das
durch die Ausströmung erregte positive Ion die
Fähigkeit hat, radioaktives Material der Aus-
strömung an seiner Oberfläche zu verdichten,
ähnlich wie sich Wasserdampf in einem feuch-
ten Gase an dem negativen Ion kondensiert.
Jeder Träger würde so eine Spur von radio-
aktiver Substanz an die negative Elektrode
tragen. Die andere Erklärung, die mir von
Professor J. J. Thomson nahe gelegt wurde,
ist die, dass die Moleküle der Ausströmung
die Fähigkeit haben, negativ geladene „Korpus-
keln" oder Elektronen auszusenden, ähnlich wie
das Radium im festen Zustande. Jedes Mole-
kül, welches ein negatives Korpuskel ausgesandt
hat, behält eine positive Ladung zurück und wird
darum an die negative Elektrode übergeführt.
Beide Erklärungen würden genügen, um die
Ablagerung radioaktiver Substanz irgend welcher
Art an der negativen Elektrode anschaulich
zu machen. Die Ansicht, dass erregte Radio-
aktivität durch eine strahlende Substanz ver-
ursacht wird, die sich an Körpern ablagert, ist
bis zu einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit
bestätigt. Ich brauche nur zwei der zwingend-
sten Thatsachen zur Bestätigung dieser An-
schauung zu erwähnen. Bei der Untersuchung
der vom Thorium erregten Aktivität habe ich
gezeigt (1. c), dass der Betrag der an Körpern
erregten Radioaktivität von der chemischen
Natur der Substanz völlig unabhängig ist.
Derselbe Betrag wird auf Glimmer, Papier oder
Metallen unter gleichen Bedingungen abgelagert.
Ich habe auch gezeigt, dass die auf einem
Metalle, z. B. Platin, erregte Radioaktivität teil-
weise in Säure gelöst werden kann, und in der
Lösung zurückbleibt. Dampft man die Lösung
trocken ein, so bleibt die Radioaktivität im
Rückstand. Hieraus erhellt, dass die Radio-
aktivität von einem Niederschlag radioaktiver
Substanz herrührt, welche ein bestimmt defi-
niertes chemisches Verhalten zeigt. Dieser An-
sicht steht es nicht im Wege, dass an einem
stark radioaktiven Körper eine Gewichtsänderung
nicht nachgewiesen werden kann; denn aller
Wahrscheinlichkeit nach ist die Strahlungsfahig-
keit dieser Substanz^'für ein gegebenes Gewicht
ungeheuer viel grösser, als bei den aktivsten
Proben von Radium, die man bisher herge-
stellt hat.
Was wir bisher wissen, genügt noch nicht,
um endgültig zwischen den beiden Anschauungen
zu entscheiden, die bestimmt sind, die Ent-
stehungsweise des positiven Trägers zu ^erklären,
der das Überfuhrungsmittel ist.
Die von J. J. Thomson angeregte Elektro-
nenthorie scheint die einfachste "^Erklärung der
Erscheinungen zu sein; aber ehe man sie end-
gültig annimmt, sind noch gewisse Dissonanzen
zwischen Theorie und Experiment aufzulösen.
Ich habe (1. c.) gezeigt, dass bei Drucken von
der Grössenordnung i mm Quecksilber die
erregte Radioaktivität in einem elektrischen
Felde nicht auf die negative Elektrode beschränkt
ist, sondern sich über die ganze Wand des
Gefässes verteilt. Nach der Elektronentheorie
würde die Radioaktivität in einem starken
elektrischen Felde bei allen Drucken völlig auf
die Kathode beschränkt sein. Bei den erwähnten
Versuchen war das elektrische Feld nicht sehr
stark, und es ist möglich, dass der positive
Träger eine hohe Anfangsgeschwindigkeit in
dem Momente erhält, wo das Elektron von
dem Molekül weggeschleudert wird. Wenn
das Elektron eine Anfangsgeschwindigkeit von
10" cm'sec hat, würde dies bestimmt der
Fall sein. Trotzdem das elektrische Feld sehr
gross ist, ist es so möglich, dass einige der
positiven Träger eine genügend grosse Ge-
schwindigkeit haben, um zu entrinnen und an
die Anode zu gelangen. Gewisse Erscheinungen,
die man beobachtet hat, unterstützen diese Auf-
fassung.
Es sind jetzt Versuche im Gange, die Ver-
teilung der Radioaktivität bei den tiefsten
Drucken, die man erhalten kann, im starken
elektrischen Felde zu untersuchen. Ich hoflTe,
dass diese Experimente in die vorgetragenen
Anschauungen noch mehr Licht hineinbringen
werden.
Mc Gill Universität. Montreal, 15. Dez. 1901.
(Aus dem Englischen übersetzt von H. Th. Simon.)
(Eingegangen am 22. Januar 1902.)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
215
Das rotierende Magnetfeld, eine verallge-
meinerte Methode seiner Erzeugung und das
„Drehfeld im Räume".
Von J. J. Taudin Chabot.
Sind drei äquidistante Stellen der Wicklung des
rotierenden Ankers einer Gleichstromdynamo mit
Wechselpolinduktion im einfachen (sogenannten
zweipoligen) Magnetfelde leitend verbunden mit
drei ebenfalls äquidistanten Teilen der Wicklung
eines ruhenden Pacinotti-Grammeschen Ringes,
so resultiert hier ein diametrales, im Kreise
wanderndes Magnetfeld, kurz „Drehfeld" ge-
nannt; seine Winkelgeschwindigkeit, cö, , ist gleich
der Winkelgeschwindigkeit, cö, des Dynamo-
ankers : a}^ ^= CO .
In üblicher Weise graphisch dargestellt,
zeigen die drei Wechselströme, deren Zusam-
menwirken das Drehfeld erzeugt, bei gleichen
Ott
Amplituden, nach dem Zeitintervall — diffe-
rierende Phasen (Abscissen) und eine stets o
bleibende algebraische Summe ihrer Simultan-
werte (Ordinaten).
Die Beziehung co = c», enthält eine Be-
schränkung, welche aber der geschilderten Gene-
ratoranordnung — die, ausser an Demonstrations-
modellen, in der Technik vorkommt beim „Kon-
verter" und bei der „Doppeldynamo" —
notwendig anhaftet. Es soll gezeigt werden,
wie eine geringe Modifikation die Beschränkung
aufhebt.
Nähere Betrachtung lehrt nämlich, dass die
jeweils momentane Lage des Drehfeldes am
ruhenden Ringe, dem „Drehfeldringe", allgemein
bedingt wird, durch die Lage des Systems der
drei äquidistanten Anschlussstellen an die Wick-
lung des rotierenden Ankers relativ zum
„Schenkelfelde" des Generators. Variiert man
demnach die Lage des Systems der Anschluss-
stellen relativ zum Felde und unabhängig von
der Rotation des Ankers, so muss die Be-
wegung des Drehfeldes synchron dieser Varia-
tion erfolgen. Findet einmal dieselbe statt mit
gleicher Winkelgeschwindigkeit wie die Drehung
des Generatorankers, so besteht Synchronismus
für die Bewegungen von Anker und Drehfeld,
tritt mithin der mit ö> = a>, charakterisierte
Vorgang als Spezialfall in die Erscheinung.
Zur Verwirklichung eignet sich in einfachster
Weise eine Anordnung, die an den „Kollektor"
einer zweipoligen magnetelektrischen oder dyna-
moelektrischen Maschine — oder aber eines
Gleichstrommotors, welcher sodann einen auto-
matischen, wellenförmig kontinuierlich arbeiten-
den, verketteten Mehrfachstromwender darstellt,
— neben die erforderlichen zwei „Bürsten"
noch ein System von drei Bürsten im gemein-
samen Halter 120** auseinander liegend, an-
bringt. Der Dreibürstenhalter ist drehbar (dem-
entsprechend fuhren die zugehörigen drei Leiter-
verbindungen über Schleifkontakte), seine Be-
wegung wird bewirkt entweder mit der Hand,
oder durch die Ankerrotation selbst und zwar
vermittelst einer für beliebige Übersetzungsver-
hältnisse einstellbare Vorrichtung. Im letzten
Falle kann man, indem der Generator oder der
automatische Stromwender anhaltend seine nor-
male Geschwindigkeit behält, durch blosses
Handhaben jener Vorrichtung, die sich unschwer
noch als „Reversiersteuerung" durchbilden
lässt, jeden, innerhalb der durch die jeweilige
Konstruktion gegebenen Grenzen, möglichen Ge-
schwindigkeitsgrad des Drehfeldes am ruhenden
Drehfeldring erreichen, während dasselbe in
voller, bezw. in von der Geschwindigkeit un-
abhängig veränderlichen Stärke fortbesteht.
Ausser zu Zwecken der Demonstration aller
Erscheinungen des Drehfeldes — namentlich
der Übersichtlichkeit wegen, mit welcher sie
die Wirkung sowohl des synchronen wie des
asynchronen „Drehstrommotors" darzulegen ge-
stattet — , dürfte die Anordnung auch zu La-
boratoriumsarbeiten, nicht nucr über Drehfeld-
erscheinungen, sondern überall dort wo in weiten
Grenzen leicht regulierbare Geschwindigkeiten
benötigt sind, sich bequem erweisen. Nach
demselben Prinzip technisch brauchbare lang-
sam laufende Elektromotoren kleinster Dimen-
sionen, ohne Kollektor oder Schleifringe, zu
konstruieren, kann wohl nur für besondere Fälle
in Frage kommen, wobei stets zu bedenken
bleibt, dass die als Generatrix funktionierende
Maschine (mit dem rotierenden| Dreibürsten-
halter) grösser sein soll als der Konsumptor
(der Apparat, welcher die elektrische Energie
verbraucht, im Drehfelde mechanische ab-
gebend), um das Eintreten einer mit der Ro-
tation des Dreibürstensystems merklich schwan-
kenden Belastung ^der Antriebsmaschine des
Generators zu vermeiden.
Ferner bietet sich hier die Möglichkeit einer
instruktiven Vorführung der Übertragung von
Zeigerstellungen vermittelst Ströme sinusoidal
schwankender Intensitäten mit unveränderlich
äquidistanten (120^*) Phasen, wozu der sodann
„von Hand bethätigte" Dreibürstenhalter als
,, Sender", ein polarisierter Anker im Drehfeld-
ring in Verbindung mit einem Zeiger als „Em-
pfänger" funktioniert. (Die schon bekannte,
den gleichen Zweck verfolgende Anordnung der
Stromverteilung durch zwei diametrale Kontakte
gefuhrt neben einen kreisförmigen Widerstand,
an welchen in Bogendistanzen von 120" die
drei Leitungen angeschlossen sind, zeigt not-
wendig der hier beschriebenen gegenüber die
Eigentümlichkeit, dass die Phasendifferenzen
nicht konstant sind, sondern variabel, und zwar
als Funktion des Winkels der veränderten
2l6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
Orientierung, infolgedessen die Bewegung am
Empfänger nicht streng synchron derjenigen
am Sender stattfindet, sondern um einen mittleren
Synchronismus pendelnd.
Dass schliesslich, wenn man zwei oder drei
Drehfeldringe rechtwinklig gekreuzt kombiniert,
das Drehfeld nach Baily*) und Ferraris*) aus i
einem Drehfeld in der Ebene sich erweitert zu
einem „Drehfeld im Räume", welches bei ent-
sprechender Senderanordnung in jede denkbare
Raumlage — wie sie eine im Felde Cardanisch
gelagerte Magnetnadel kennbar macht — ge-
bracht werden kann, sei zur Vervollständigung
hervorgehoben. Möglicherweise könnte auf
diesem Wege ein Beitrag gewonnen werden zur
Veranschaulichung gewisser kosmisch-magne-
tischer, erdmagnetischer, vielleicht auch mole-
kular-mechanischer Verhältnisse und Vorgänge.
Ein Modell zum „Drehfeld im Räume" ent-
steht wie folgt: „Sender" und „Empfänger"
sind gleich gestaltet, — eventuell nur jener
grösser als dieser, — und zwar in der Weise,
dass man um eine Kugel aus Holz (passend
unterteilt zum ^äteren Herausnehmen) oder
i) Walter Baily, Phil. Mag. 46, 286, 1879. (Veröffent-
licht durch die Physical Society, nach dem Vortrag in der
Sitzung vom 28. Juni 1879. Communicated by the Physical
Society, havitg beeu read at the meeting on June 28.)
2) Galileo Ferraris, Atti d. R. Ac. d. Sc. d. Torino
28, 360, 1888.
Gips (welcher nachträglich herausgemeisselt
wird) in vorgedrehten Nuten, nach zwei oder
drei sich rechtwinklig schneidenden grössten
Kreisen einige Lagen Eisendraht aufwickelt, ab-
wechselnd zu jedem Ring eine Lage. Das
nach dem Herausnehmen der Kugel sich er-
gebende käfigartige Gebilde wird in seinen
einzelnen Teilen, wie der Pacinotti-Gramme-
sche Ring, mit isoliertem Kupferdraht bewickelt.
Der „Sender" erhält sodann in diesem Kugel-
raum einen konzentrisch und Cardanisch ge-
lagerten entsprechend kräftigen Elektromagnet,
der „Empfanger" einen ebenso allseitig beweg-
lichen (Cardanisch gelagerten oder in Flüssig-
keit schwebenden) leichten Zeiger aus weichem
Eisen, eventuell mit ,, Kurzschlusswicklung".
Wird nun der Elektromagnet am Sender mit
Einphasenwechselstrom erregt, so resultiert, bei
passender Leiterverbindung (5 bis 6 Drähte)
zwischen Sender und Empfänger, am Empfän-
ger ein eben solches, einfaches (zweipoliges)
Wechselfeld: der dortige Zeiger nimmt eine
feste Lage ein und ändert diese nur mehr,
wenn der mit Wechselstrom erregte Elektro-
magnet des Senders — etwa, indem man ihn
mit der Hand bewegt — seine Orientierung
im Räume verändert.
Degerloch (Wttbg.), 13. Januar 1902.
(Eingegangen 23. Januar 1902.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 7^ NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
M. Möller (Braunschweig), Dreh- und Cen-'
tralsch wingung in Beziehung zu Magnetismus
und Elektrizität. *)
Maxwell führte die Fernwirkung elektri-
scher und magnetischer Kräfte auf einen Zwangs-
zustand im Zwischenmittel zurück, die Wirkung
des Magnetismus insbesondere auf Drehung
der Teilchen. Der Vortragende weist nun
auf den Unterschied einer Drehung um den
Schwerpunkt (Rotation) und einer Drehung
um einen anderen Punkt (Drehschwingung) hin.
An einem Gestell mit Pendeln wurden Eigen-
schaften der Drehschwingung gezeigt und ist
dargethan, dass sich Drehschwingungen leicht
in die Ferne leiten lassen, nicht aber Rotationen
von Teilchen. Sodann wurden an Konstruktions-
Zeichnungen und Modellen die bei Ausbreitung
von Drehschwingung im Raum sich ergebenden
statischen und dynamischen Kraftwirkungen er-
läutert, welche sich einstellen müssen, wenn
Drehschwingung von der Oberfläche eines
Leiters, z. B. eines Rohres oder eines Drahtes,
l) Abteilung 2, 25. September 1901.
ausgeht. Anziehende und abstossende Kräfte
folgen dann aus den Spannungsunterschieden
des Zwischenmittels.
Ein Studium dieser Vorgänge setzt Unter-
suchungen über die Wirkung radial zu einem
Centrum gerichteter Schwingungen voraus,
welche der Vortragende Centralschwingungen
nennt. Die von der Oberfläche des das Centrum
bildenden Körpers ausgehenden Wellenberge
wirken wie Kolben, welche Masse vor sich
herschieben und allmählich durch Expansion
ein Vakuum erzeugen, dessen Tiefe in Nähe
der konvexen Oberfläche am grössten ist. Der
statische Druck nimmt dann vom Centrum aus
nach aussen zu. Alsdann verändern sich die
vom Centrum ausgesandten Wellen, welchen
radiale Schwingung zu Grunde lieg^; sie ver-
wandeln sich allmählich in stehende Wellen und
senden dabei keine Energie mehr in den Raum
hinein. Dieser ist für die Energie jener Be-
wegungsform radialer Schwingung dann ge-
sättigt; er wirkt von nun an wie ein Isolator.
Das ist eine Eigenschaft, welche diese stehenden
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
217
Wellen radialer Schwingung mit statischer Elek-
trizität gemein haben.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen lo. Oktober 1901.)
Leo Grunmach (Berlin), Experimentelle Be-
stimmung der Oberflächenspannung flüssiger
Luft. 1)
In einer früheren Abhandlung, welche der Ber-
liner Akademie vorgelegt worden ist ^), habe ich
gezeigt, in welcher Weise man die Oberflächen-
spannung kondensierter Gase bei Anwendung
der Kapillarwellenmethode bequem und sicher
messen kann, und sie auch bereits für einige
kondensierte Gase bestimmt. Inzwischen habe
ich meine Untersuchungen auf andere konden-
sierte Gase ausgedehnt, insbesondere zahlreiche
Messungen an flüssiger Luft ausgeführt, deren
Mitteilung den Gegenstand des vorliegenden
Aufsatzes bilden soll. ^)
Die Versuchsanordnung und Beobachtungs-
methode war dieselbe wie bei meinen früheren
Versuchen. *) Die flüssige Luft wurde unmittel-
bar vor dem Beginn der Messungen aus den
zur Aufbewahrung dienenden doppelwandigen
versilberten DewarschenSammelgefässen durch
Filter in ebensolche halbkugelformigeDe war sehe
Gefasse hineinfiltriert. Diese ruhten möglichst
erschütterungsfrei auf einem Dreifusse, welcher
durch einen in der Grundplatte des Stimmgabel-
stativs befindlichen kreisförmigen Ausschnitt
hindurchragend, also unabhängig vom Stimm-
gabelstativ, fest aufgestellt war. Die Gefässe
sind ebenso wie die Stimmgabelspitzen auf das
sorgfaltigste rein zu halten.
Da die flüssige Luft sich in ihrer chemischen
Zusammensetzung bekanntlich mit der Zeit stark
ändert und zwar bei offenem Stehen wegen des
leichtem und schnellern Verdampfens des Stick-
stoffs immer sauerstofifreicher wird, so wurde,
um einen etwaigen Einfluss des SauerstoflTgehalts
auf die Oberflächenspannung festzustellen, mit
flüssiger Luft von verschiedenem Sauerstoff-
gehalt gearbeitet und letzterer bei jeder Be-
obachtungsreihe auf gasanalytischem Wege be-
stimmt. Diese Bestimmungen geschahen nach
1) Abteilung 2, 25. September 1901 (erschienen in den
Kerl. Ber. 25. Juli 1901, S. 914^.
2) L. Grunmach, Berl. Berichte 1900, S. 829.
3) Diese Versuche sind von mir ausgeführt worden in
der „Centralstelle für wissenschaftliche und technische Unter-
suchungen** zu Neubabelsberg. Ich benutze gern die Gelegen-
heit, dem ersten Direktor derselben, Herrn Prof. Dr. Will,
für das gefallige Entgegenkommen, mit welchem er mir das
Laboratorium dieses Instituts fiir meine Versuche zur Ver-
fügung gestellt hat, auch an dieser Stelle meinen verbind-
lichsten Dank auszusprechen.
4') L. Grunmach, Berl. Berichte 1900, S. 832. Ferner:
Verhandl. der Deutschen Physik. Gesellsch., I. Jahrg., 1, 17,
1899 Ann. d. Phys. 3, 660 f., 1900.
einer von Herrn W. HempeP) ausgebildeten
Absorptionsmethode, welche auf der Thatsache
beruht, dass eine rasche und vollständige Sauer-
stoffabsorption stattfindet, ohne dass nebenbei
irgend welche andere Gasentwickelung erfolgt,
wenn man das SauerstofTgas mit metallischem
Kupfer (in Form von Drahtbündeln oder kleinen
Röllchen von Drahtnetz) und einer Lösung zu-
sammenbringt, welche zu gleichen Teilen aus
einer gesättigten Lösung von kohlensaurem
Ammoniak und einer einfach verdünnten Am-
moniaklösung vom spezifischen Gewicht 0,93
besteht. Eine kleine Probe der zu untersuchen-
den flüssigen Luft wurde mittels eines Löffel-
chens möglichst rasch unter eine in einem
grossen Wasserbehälter befindliche mit Wasser
gefüllte Glasglocke gebracht, wo sie natürlich
sofort verdampfte. Nachdem sie die Tempe-
ratur der umgebenden Wassermasse ange-
nommen, wurde mittels einer Winklerschen
Gasbürette ein genau abgemessenes Volumen
dieser Luft (am bequemsten 100 ccm) in die
das Reagens enthaltende Absorptionspipette
geleitet, wo sie etwa fünf Minuten verblieb.
Nach dieser Zeit ist eine vollständige Absorp-
tion des Sauerstoffs erfolgt, und man bestimmt
den Sauerstoffgehalt aus dem Volumen des
übriggebliebenen in die Gasbürette zurückgelei-
teten Stickstoffs.^)
Bezüglich der Erregung der Kapillarwellen
auf flüssiger Luft möchte ich besonders darauf
aufmerksam machen, dass man, um stets sicher
messbare Kapillarwellen zu erhalten, die Stimm-
gabelspitzen nicht tief, sondern nur eben
in die Flüssigkeit eintauchen lassen und
die Stimmgabel nur durch sanftes Anschlagen
erregen darf; dann, aber auch nur dann, treten
sie mit einer Schärfe und Konstanz auf, wie
man sie schöner kaum bei reinem Quecksilber
erhält. Bei tieferem Eintauchen dagegen treten,
auch ohne besondere Erregung der Stimmgabel,
merkwürdige Bewegungen der Flüssigkeitsober-
fläche auf, welche die Ausbildung feststehender
Interferenzwellen stören, so dass man letztere
wohl durch eine photographische Momentauf-
nahme fixieren, aber nur sehr unsicher mit dem
Mikrometermikroskop messend verfolgen kann.
Es sollen die Ergebnisse von acht Beobach-
tungsreihen, die mit flüssiger Luft von ver-
schiedenem Sauerstoffgehalt angestellt worden
sind, mitgeteilt werden. Während einer jeden
Messungsreihe wurde eine Probe der jeweilig
untersuchten flüssigen Luft entnommen und
deren Sauerstoffgehalt gasanalytisch ermittelt.
1) Walter Hempel, Gasanalytische Methoden, III. Aufl.,
S. 143, 1900.
2) Die Mehrzahl der SauerstoflTbestimraungen war Herr
Dr. Helmuth von öttingen so gefallig auszuführen. Ich
spreche ihm sowie Herrn Dr. Kntipffer für die mir gewährte
Unterstützung meinen besten Dank aus.
2l8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
Vor und nach jeder Beobachtungsreihe der
Wellenlängen wurde mit dem Mikrometermikro-
skop die Entfernung der Stimmgabelspitzen
ausgemessen und diese andererseits mittels des
Horizontalkomparators auf das genaueste zu
2,0402 cm bestimmt. Die Siedetemperatur der
flüssigen Luft wurde mittels des der Physika-
lisch-Technischen Reichsanstalt gehörigen, von
C.Richter in Berlin aus Jenaer Glas 59"^ ver-
fertigten Petroleumäther-Thermometers Nr. 39
gemessen und im Mittel — 190,3^0. gefunden.
Die Oberflächenspannung « berechnet sich aus
der Gleichung
SauerstoflTgehalt Spezifische Oberflächen- Siedetemperatur
Kohäsion Spannung im Mittel
a
2jt
in welcher k die Wellenlänge, 0 die Dichte
und n die Schwingungszahl bedeutet. Für die
benutzte Stimmgabel P. T. R. IL 38 ist nach
der von der Physikalisch-Technischen Reichs-
anstalt ausgeführten Prüfung
^t = 253,13 — 0,02s (/ — 19,1«).
Dichtebestimmungen habe ich an drei Proben
flüssiger Luft mittels der Mohrschen Wage
ausgeführt und gefunden für
1. frisch hergestellte flüssige Luft vom Sauer-
stoffgehalt 49,9 Prozent, die Dichte 0,984,
2. für flüssige Luft, die einige Stunden offen
gestanden, vom SauerstofTgehalt 60,2 Pro-
zent, die Dichte 1,015,
3. für flüssige Luft, durch die i Stunde lang
Druckluft hindurchgejagt worden war, vom
Sauerstoffgehalt 67,6 Prozent, die Dichte
1,042.')
Ich gehe nunmehr zur Mitteilung der Be-
obachtungen der einzelnen Versuchsreihen über:
(siehe die Tabelle auf der nächsten Seite).
Der Barometerstand und die relative Feuch-
tigkeit waren im Mittel bei den Versuchsreihen
I— IV: V— VI:
763,2 mm und 27 Proz. 763,5 mm und 31 Proz.
VII— VIII:
762,4 mm und 40 Proz.
Ordnet man die spezifischen Kohäsionen und
die Oberflächenspannungen nach dem Sauerstoff*-
gehalt der flüssigen Luft, so erhält man folgende
Zusammenstellung :
it Diese Werte stimmen verhältnismässig gut iibcrcin
mit Dichtebestimraungen der Herren A. La den bürg und
(". Krüge 1., (Her. d. deutsch, ehem. Gesellsch. 82, 1,46,
1899 1, welche für
flüssige Luft vom SauerstofTgehalt 53,83 ^ ^ die Dichte 0,095 1
n n n „ 64,2 „ „ „ I,029
>) 11 ji '1 93i^ 11 " " i.iiz
gefunden haben. Für die sauerstoft'reichere (mehr als 67,6 Prozent
Sauerstoff enthaltende) flüssige Luft habe ich diese Zahlen in
Verbindung mit den nieinigen zur Berechnung der Dichte ver-
wertet.
3
49,9 "/o
23,60
1 1,61 d3men/ciD
— I90,3»C.
63,9
23,12
11,89 „
65.3
23,30
12,05 ..
66,8
22,92
11.90 „
67,6
22,86
II. 91 ..
74.4
22,94
12,23 .,
76,45
23,30
12,51 „
7^,7
23.50
1 2,63 „
Demgemäss scheint die spezifische Kohäsion
der flüssigen Luft innerhalb der beobachteten
Grenzen unabhängig von deren SauerstofTgehalt
zu sein und im Mittel den Wert 23,2 zu be-
sitzen, welcher sich als Mittel aus den vor-
stehenden Werten ergiebt; naturgemäss muss
dann die Oberflächenspannung der flüssigen
Luft mit wachsendem SauerstofTgehalt zunehmen,
wie auch aus der Zusammenstellung ersicht-
lich ist.')
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 28. September 1901.).
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen.)
Wachsmuth (Rostock). Wenn man die
Spitze tiefer eintaucht, so kann man nicht
klare Wellenbewegungen erwarten. Denn die
im Innern der Flüssigkeit erregten Bewegungen
pflanzen sich an die Oberfläche fort und stören
dort die reinen Oberflächen-Erscheinungen.
V. Oettingen (Leipzig). Entsteht denn
kein Kochen der Luft in dem Moment, wenn
man die Spitze eintaucht?
Grunmach. Wenn man die Spitzen nur
eben die Oberfläche der flüssigen Luft berühren
lässt, dann tritt kein Kochen ein; wenn man
sie aber tiefer eintaucht, dann sofort. Femer
ist darauf zu achten, dass die Spitzen, ebenso
wie das Dewarsche Gefäss absolut rein sind.
Wenn an einer Stelle des De war sehen Ge-
fässes auch nur ein Stäubchen sich befindet, so
strömen von demselben unaufhörlich Blasen auf,
welche die Beobachtung ausserordentlich stören.
Bei anderen Flüssigkeiten, gewöhnlichen wie
kondensierten (wenigstens den leichter konden-
sierbaren), können die Spitzen mehrere Milli-
meter tief eingetaucht werden, ohne dass die
Kapillarwellen in ihrer Schärfe durch Strö-
mungen aus dem Innern getrübt werden.
i) Während der Drucklegung dieses Aufsatzes finde ich in
der Litteratur, dass Herr james Dewar aus Messungen kapil-
larer Steighöhen ( Nnture, 1653, 243, 4. Juli 1901) für das
Verhältnis der Oberflächenspannungen des Wassers und der
flüssigen Luft den Wert 15,2 : 2 ermittelt, femer, dass Herr
( arl Forch (Physik. Zeitschr. 1, 177, 1900) als vor-
läufigen Wert der Oberflächenspannung flüssiger Luft von
der Dichte l,i (ebenfalls nach Messungen kapillarer Steig-
höhen) 1,2 bis 1,3 mg/mm mitteilt.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
219
Mittlere Temperatur der flüssigen Luft: — 190,3^ C.
Nr. der
Vcr-
snchs-
reihe
SauerstofT- .
in Pro. Dichte o .^«^^^P«'
rentcn |»° ^J^'^"
I meter-
der Aussigen Luft partes
Spitzen- Mittl. halbe
II.
639
66.8
III.
IV.
V.
744
76.7
65.3
VI.
76.45
vn.
VIII.
49-9
67.6
WeUenl. -
2
i. Mikrom.-
partes
1.039
1.066
1.075
1.034
0.984
1.028 1470.9
1471.1
1463.5
1.074 I 1461.7
»4455
1.042 1449- 1
I
Mittlere Schwing- : Spezifische Oberflich.-
Temp. / ungszahl/n/ iKohäsiond. Spannung d.| Bemerkungen über die
d. Stimm- der Stimm- flüssig. Luft flüssig. Luft' Herstellung der flüssigen
gabel in gabel bei d. «U* a^ | Luft
oc. Temperat / ^ '^ ' n ^^ 2 \
37-6
24
"467.45 I 37.4
23
37.5
22
1465.0 I 37.65
37.5
37-45
23.05
20,8
20,6
37.2
36.9
21.7
22.7
253.01
253.03
253.06
253.04
253.09
253.09
253.06
25304
23.12
22.92
22.94
23.50
2330
23.30
23.60
22.86
11.89 Die Luft war Tags vorher
verflüssigt und in einer D e -
war sehen Flasche aufbe-
wahrt worden.
11.90 Die Luft war Tags vorher
verflüssigt und in einer D e -
I war sehen Flasche aufbe-
I wahrt worden.
12.23 I Die Luft war Tags vorher
verflüssigt und in einer D e-
1 wqrschen Flasche aufbe-
wahrt worden.
12.63 Die Luft war Tags vorher
I verflüssigt und in einer D e -
warschen Flasche aufbe-
» wahrt worden.
12.05 I Die Luft war 2 Tage vor
den Beobachtungen ver-
flüssigt und in einer De-
war sehen Flasche mit
engem Hals aufbewahrt
worden.
12.51 I Wie vorher; nur wurde die
flüssige Luft vor den Mess-
ungen in eine weite Por-
zellanschale gegossen und
und blieb in derselben, um
den Stickstoff schneller
fortzuschaffen , etwa eine
halbe Stunde offen stehen.
Vor der Messung wurde sie
natürlich, wie immer, fil-
triert.
11.61 Die flüssige Luft war un-
mittelbar vor Beginn der
Messungen hergestellt wor-
den,
lf.91 Die flüssige Luft war einige
Stunden vor Beginn der
Messungen hergestellt wor-
den. Um sie schneller vom
Stickstofl'zu befreien, wurde
Druckluft etwa eine Stunde
lang durch die flüssige Luft
hindurchgejagt.
O. Lummer (Charlottenburg), Ein Photometer
zur Messung der Helligkeit benachbarter
Teile einer Fläche (Interferenz-Photo- und
Pyrometer). *)
Bei allen mir bekannten Photometern und
den auf photometrischen Prinzipien beruhenden
Pyrometern liegt das photometrische Kriterium
imEndlichen. Durch welche Hilfsmittel man
auch die zu messende Strahlungsquelle zur Er-
leuchtung der Photometerfelder zwingt, ob durch
Anwendung diffus reflektierender Flächen, Matt-
scheiben oder geeigneter Linsenkombinationen,
stets befinden sich die Photometerfelder selbst
in der deutlichen Sehweite bez. bei Benutzung
einer Lupe innerhalb deren Brennweite.
i) Abteilung 2, 23. Septbr. 1901.
Abweichend hiervon verhält sich das neue
Photometer, bei welchem das photometrische
Kriterium theoretisch im Unendlichen,
praktisch auf dem zu messenden Objekte
gelegen ist. Infolge dieser Eigenschaft bietet
das neue Instrument, wie wir sehen werden, die
Möglichkeit, ohne Anwendung irgend welcher
Linsen die Helligkeitsverteilung im Räume
zu bestimmen und auch sehr nahe benach-
barte Teile einer diffus leuchtenden Fläche in
Bezug auf ihre Helligkeit, Intensität oder Tem-
peratur miteinander zu vergleichen. Gleichzeitig
gestattet das neue Prinzip die Messung der
Temperatur kleiner, anvisierter, selbstleuchten-
der fester Körper, gleichtemperierter Hohlräume,
von Hochöfen etc. zu bestimmen und zwar in
220
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. lO.
besonders einfacher Weise unter Benutzung einer
Hefnerlampe, einer Petroleumlampe oder einer
Benzinkerze als Vergleichslichtquelle.
Das photometrische Kriterium. Als
photometrisches Kriterium werden die sogenann-
ten Hers che Ischen Interferenzstreifen an der
Grenze der totalen Reflexion verwendet, welche
entstehen, wenn man zwei rechtwinklige Pris-
men mit ihren Hypotenusenflächen aufeinander-
legt und längs der totalreflektierten Strahlen nach
einer diflus leuchtenden Fläche oder matten
Scheibe blickt. Da diese Interferenzstreifen im
durchgehenden und reflektierten Lichte zu einan-
der komplementär sind, so müssen sie ver-
schwinden, wenn die beiden diffusen Flächen
von gleicher Helligkeit sind. Es stellt daher
der mit Mattscheiben versehene Würfel eine der
vielen, möglichen Formen eines „idealen" Fett-
fleckes dar, welche Brodhun') und ich in un-
serer ersten grösseren photometrischen Arbeit
anführen. Dort haben wir auch erwähnt, dass
diese spezielle Würfelform von Fuchs *^) schon
im Jahre 1880 als pliotometrisches Prinzip vor-
geschlagen worden ist, ohne irgend welche Be-
achtung gefunden zu haben. Durch zahlreiche
Einstellungen überzeugten wir uns jedoch, dass
dieses Interferenzprinzip zwar sehr empfindlich
ist, an Empfindlichkeit aber hinter unserem
Würfel, zumal unter Benutzung des Kontrast-
prinzipes, zurückbleibt und wegen des steti-
gen Ueberganges der Intensität von einem
hellen zum dunkeln Streifen auch stets bleiben
muss. Die geringere Genauigkeit dieses Inter-
ferenzwürfels wird aber reichlich aufgewogen
durch die Vorteile, welche derselbe bei der
neuen und eigenartigen Verwendung mit sich
bringt.
Wie ich schon an anderer Stelle dargethan
habe^), sind die sogenannten Herschelschen
Streifen identisch mit den „Kurven gleicher
Neigung" oder den Ringen, welche an einer
planparallelen Platte auftreten, welche von
parallelen Büscheln gebildet werden und somit
im Unendlichen zu liegen scheinen. Um sie also
in möglichster Vollkommenheit zu erhalten,
muss man vor allem die Luftplatte zwischen
den beiden Prismen möglichst planparallel ge-
stalten und um sie in ihrer ganzen Schärfe
zu beobachten, muss man auf Unendlich
akkommodieren oder sich eines Fernrohres be-
dienen. Erst wenn die Luftschicht sehr dünn
ist, wie bei zwei direkt aufeinander gelegten
Prismen wird man von der Akkommodation un-
abhängig. Nur infolge dieses Umstandes hat
Fuchs diese Streifen überhaupt sehen können,
i) O. Lumin er u. E. Brodhun, Zeitschr. f. lüstni-
menteuk. 9, 41—50, 1889.
2) Fr. Fuchs, Wied. Ann. 11, 465—473, 1&80.
3) O. Lummer, biuuugsber. d. k. Akad. d. Wisseusch.
zu Ikrlia S. 504 — 513, 1900.
da er ausdrücklich vorschreibt, auf die nahe
dem Würfel befindlichen matten Scheiben zu
akkommodieren.
Wendet man aber eine planparallele Luft-
platte an und bedient sich eines Femrohres,
dann kann man die matten Scheiben auch in
beliebige Entfernung bringen oder sie ganz
fortlassen und direkt nach der Licht-
quelle blicken. Stets wird man die Inter-
ferenzringe wahrnehmen. Theoretisch liegen
die Ringe zwar im Unendlichen, thatsächlich
sieht man sie aber bei Beobachtung mit blossem
Auge oder mit einem schwach vergrössemden
Femrohre auf allen Objekten liegen , die man
durch den Würfel anvisiert.
Zwei weitere Vorzüge haften den Plan-
parallelitätsringen in der Nähe der Totalreflexion
an, welche sie gegenüber allen anderen Inter-
ferenzerscheinungen förmlich dazu prädestinieren,
in den Dienst der Photometrie gestellt zu wer-
den. Erstens besitzen diese Streifen infolge
der Mitwirkung aller vielfach in der Luft-
platte hin und her reflektierten Strahlen eine
ausserordentliche Schärfe^), wie sie sonst nur
den Beugungserscheinungen an Gittern eigen
ist und zweitens sind sie an der Stelle der
grössten Schärfe achromatisch.**^)
Anwendung des Photometers.
a) Messung von Lichtstärken. Dieser
hier nur untergeordnete Zweck wird erreicht,
wenn man, wie es schon Fuchs gethan hat,
vor den Würfel im durchgehenden und im re-
flektierten Lichte matte Scheiben bringt. Man
vergleicht dann die von der einen Lichtquelle
am Orte der einen matten Scheibe hervorge-
brachte Beleuchtungsstärke mit der von der
andern Lichtquelle am Orte der andern matten
Scheibe erzeugten Helligkeit. Wir wollen die
Lampe im reflektierten Lichte als die Ver-
gleichslichtquelle bezeichnen.
Als solche kann man entweder eine auf kon-
stantem Strome gehaltene Glühlampe verwen-
den, deren Lichtstärke man in Hefherkerzen
kennt, oder man benutzt direkt die Hefherlampe.
b) Vergleichung der Helligkeitsver-
teilung auf einer leuchtenden Fläche. Für
diesen Zweck nimmt man die matte Scheibe
im durchgehenden Lichte fort, so dass man
durch denWürfel hindurch auf die zu mes-
sende Fläche blickt. Denken wir uns z. B.
als Objekt die Flamme eines Gas-Breitbrenners;
dann entsteht im Fernrohr ein diskontinuierliches
Abbild der Flamme, weil sie da, wo die Mi-
nima liegen, überhaupt nicht sichtbar ist. Die
Maxima aber sind von verschiedener Helligkeit,
1) Vgl. O. Lummer, „Eine neue Interferenimethode
zur Auflösung feinster Spektrallinieu", Verhandl. d. Deutsch.
Physik. Gesellsch. 3, 85 — 98, 1901. Vergl. auch diese
Zeitschr. 3, 172, 1902.
2) Lord Raylelgh, Phil. Mag. (5) 28, 197, 1SS9.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
221
falls die Gasflamme nicht an allen Stellen gleich
intensiv leuchtet. Dies erkennt man sehr deut-
lich, wenn man die Vergleichs-Lichtquelle der
matten Scheibe so weit nähert, bis die Minima
auf dem Bilde der Gasflamme verschwunden
sind. Dies Verschwinden ist nämlich nicht für
alle Minima gleichzeitig zu bewirken, da die
Gasflamme an den verschiedenen Stellen ver-
schieden hell ist.
Statt der Gasflamme kann man jede be-
liebige helle Fläche im Räume anvisieren und
so mit grosser Bequemlichkeit die Hellig-
keitsverteilung im Räume feststellen. Ja,
man kann mit einem Blick oder vermittelst
einer kleinen Drehung des Instrumentes direkt
überschauen, wie die Helligkeit auf einer Lam-
penglocke, auf einer Wolke, längs eines glühen-
den Platinbleches etc. von Stelle zu Stelle
wechselt. Die Streifen verschwinden vollkommen
nur bei gleicher Färbung der zu vergleichenden
Flächen.
Aber auch wenn man mehr oder weniger
gefärbte Objekte, wie die Tische in einem
Zimmer, die Dächer der Häuser, das Grün des
Laubes, anblickt, kann man eine wenn auch
nur ungenaue Einstellung bewirken.' Nähere
Versuche müssen freilich darthun, inwieweit
solche Vergleichungen ungleich gefärbter Ob-
jekte von Wert sind.
c) Messung von Temperaturen. Schon
früher hat man auf photometrischem Wege
Temperaturen zu bestimmen versucht.') Dazu
stellte man sich eine Beziehung her zwischen
der Temperatur eines Körpers und seiner photo-
metrischen Energie für eine bestimmte Wellen-
länge oder einen durch ein rotes Glas begrenz-
ten Spektralbezirk, extrapolierte diese empirische
Kurve, wenn nötig, und trug in dieselbe die
an einem beliebigen, hocherhitzten Körper ge-
messene Helligkeit ein. Daraus ergab sich dann
auch die unbekannte Temperatur dieses Körpers.
Einen Fortschritt bedeutete es, als H. Wan-
ne r^) zur Herstellung der Kurve den schwar-
zen Körper zu Grunde legte. Jedoch erwiesen
sich seine aus Messungen an der Zirkonlampe
gezogenen Schlüsse als unrichtig und die mit
Hilfe der schwarzen Körperkurve bestimmten
Temperaturen erhielten erst den genügenden
Grad von Sicherheit, als den Kurven des
schwarzen Körpers auch diejenigen des blanken
Platins gegenübergestellt waren. ^)
1) Vgl. Le Chatelier und Boudouard „Tempcratures
clevres". Paris 1900. Diese Zeitschr. 1, 226, 1900; 3, 1 12, uoi.
2) H. Wanner, Am. d. Phys. 2 141 — 157, 1900. Vgl.
auch F. Paschen u. H. Wanner, Sit/ungsber. d. k. Akad.
Wisscnscb. zu Berlin S. $ — 11, 1899.
3) O. Lummer u. E. Pringsheim, „Die Temperatur-
bcstimmung hoch erhitzter Körper (Glühlampe etc.) auf bo-
lometriscbem und photometrischem Wege", Verhandl. d.
Dcuuch. Physik. Gesellsch. 3, Nr. 4, 36—46, 1901.
Diese Versuche von Pringsheim und mir
zeigten, dass weissglühendes Platin für jede
Wellenlänge zwar nur halb soviel photometrische
Energie wie der schwarze Körper gleicher
Temperatur aussendet, dass aber beide Energien
einander schon gleich sind, falls Platin eine nur
um etwa icx>® höhere Temperatur besitzt.
Hieraus folgt erstens, dass die photo-
metrische Temperaturbestimmung im we-
sentlichen von der Art des strahlenden
Körpers unabhängig ist, falls er nur zu den
undurchsichtigen Temperaturstrahlern gehört ;
zweitens aber geht daraus hervor, dass die Ge-
nauigkeit der photometrischen Einstellung eine
sehr nebensächliche Rolle spielt. Ein Einstel-
lungsfehler von 10 Proz. bewirkt in der Tempe-
raturbe.stimmung erst einen Fehler von etwa
10^ bei der Temperatur weissglühenden Platins.
Die Bedeutung der „schwarzen" Temperatur-
kurve wird noch beträchtlich erhöht, seitdem man
infolge von Strahlungsmessungen im ultraroten
Gebiet*) die allgemeine Spektralgleichung der
schwarzen Strahlung kenni^)^ wenigstens soweit
es für die vorliegenden Zwecke nötig ist. Da-
nach kann man behaupten, dass die Kurve:
\ogE=/(ilT),
WO E die Helligkeit und T die abs. Tempera-
tur des schwarzen Körpers bedeutet, für jede
Wellenlänge im sichtbaren Spektralge-
biet bis gegen 5000^ eine Gerade ist, wie
es die Wiensche Spektralgleichung^) tälschlich
für alle Temperaturen und auch für die langen
Wellen verlangt, für welche diese logarithmische
„Gerade" schon bei sehr niedrigen Tempera-
turen gekrümmt ist. Von 5<X)0^ an nimmt die
Kurve log B=/(ilT) aber auch im sicht-
baren Gebiete eine Krümmung an.
Die für eine sichtbare Wellenlänge bis zu
den thermo-elektrisch messbaren Temperaturen
von etwa 1600^ C. empirisch gefundene gerade
Linie:
iog^=/{i/r)
darf also ohne Bedenken bis zu 5000^* einfach
verlängert werden, so dass man aus ihr auch
die allerhöchsten Temperaturen mit Hilfe einer
einzigen photometrischen Einstellung erschliessen
kann.
Erst infolge dieser verschiedenen wichtigen
Ergebnisse war die sichere Basis gewonnen,
auf der man zur Benutzung der spektralphoto-
i] Vgl. O. Lummer u. E. Pringsheim, Verhandl. d.
Deutschen Physik, (iesellsch. 1, 23—41 und 215 — 235, 1899;
2, 163—180, 1900: 3, 36—46, 1901. Ferner H. Rubens u.
F. Kurlbaum, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wis&ensch. zu
Perlin 929—941, I900: Ann. d. Phys. 4, 649-666, 1901.
Eine historische und kritische Darstellung der Strahlungs-
messungen bis 1900 vgl. in O. Lummer, Le rayonnement
des Corps noirs, Rapp. Intern. Congres, Paris 1901.
2) M. Planck, Verhandl. d. Deutschen Physik. Gesellsch.
2, 202—204, 1900.
3) W. Wien, Wicd. Ann. 58, 662 — 669, 1896.
222
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
metrischen Methode für die Temperaturbestim-
mung übergehen und zur Konstruktion genauer
„optisch er Pyrometer*' für sehr hohe Tempera-
turen schreiten konnte.
Ein sehr wesentlicher Teil bei einem opti-
schen Pyrometer ist die Vergleichslicht-
quelle, da die gesamte Helligkeit sehr schnell
mit der Temperatur ansteigt. •) Benutzt man als
Vergleichslicht eine Glühlampe, so kann man
sich zur Konstanthaltung ihrer Leuchtkraft ent-
weder der Kompensationsmethode bedienen
oder aber eines empfindlichen Amp^remeters,
um direkt den elektrischen Heizstrom zu messen,
wie es beim optischen Pyrometer von Hol-
born und Kurlbaum^) geschieht.
Besonders einfach gestaltet sich diese Frage
in unserem Falle. Ja, die Eigenart des neuen
Photometers, dass sein Kriterium nicht wie
bei den bisherigen Photometem und Pyro-
metern im Endlichen liegt, sondern auf dem
anvisierten Objekte, kommt erst zu ihrer
vollen Geltung bei der Benutzung des Photo-
meters als optisches Pyrometer, da bei
ihm eine Hefnerlampe, Benzinflamme
oder Petroleumlampe als Vergleichslicht-
quelle vollkommen ausreicht. Nimmt man
nämlich ausser der matten Scheibe im durch-
gehenden Lichte auch noch die matte Scheibe
im reflektierten Lichte fort, so blickt man ver-
mittelst der gespiegelten Strahlen auch direkt in
die Vergleichslichtquelle. Benutzt man als solche
z. B. eine Hefnerlampe, so wird man selbst bei
etwaiger Aenderung der Gesamthelligkeit dieser
Flamme doch noch die gleichen Temperaturbe-
stimmungen erhalten, wenn man auf das Ver-
schwinden der Streifen im hellsten Teile der
Hefnerkerze einstellt, da die Flächenhelligkeit ge-
rade dieser Stelle nur unwesentlich von der Form,
Grösse und Gestalt, d.h. der gesamten Leucht-
kraft der Flamme abhängen dürfte. Dies gilt von
jeder Flamme, da ihre Flächenhelligkeit von der
Menge der in der Flamme suspendierten glühenden
Kohlenstoffteilchen und der Temperatur abhängt,
von denen erstere eine Funktion der Gestalt
und Grösse der Flamme ist, während letztere
durch die Verbrennungs wärme des vergasten
Kohlenwasserstoffes bedingt ist. In anderen
Worten heisst das also, eine Kerze bleibt
immer eine Kerze, ein Hefnerlicht ein Hefner-
licht und eine Amylacetatflamme eine Amyl-
acetatflamme, insofern unabhängig von der
Flammenhöhe die hellste Stelle stets nahezu die-
selbe Temperatur, Farbe und Flächenhelligkeit
habenwird. Bei Einhaltung der Vorschriften*) kann
übrigens auch die gesamte Leuchtkraft der
ganzen Hefnerflamme bis auf einige Prozente kon-
stantgehalten werden. Um auf die hellste Stelle der
Vergleichsflamme einstellen zu können, wird man
natürlich das Bild der ganzen Flamme im Ge-
sichtsfeld abbilden und zu diesem Zwecke die
Lampe in die Brennebene einer Linse setzen.
Als Lichtschwächungsmittel kommen
Rauchglasplatten und Nico Ische Prismen^) in
Betracht, deren gegenseitige Stellung an einem
Teilkreise ablesbar ist; ausserdem ist bei An-
wendung von Mattscheiben auch die direkte
Entfemungsänderung zu benutzen. Der voi^e-
ftihrte, von Fr. Schmidt & Haensch in Berlin
konstruierte Apparat ähnelt im Äusseren einem
L. Web ersehen Photometer. Das Visierrohr ist
zugleich mit dem Würfel, mit dem zur Auf-
nahme der Rauchglasplatten bestimmten Be-
hälter und der Nicolmessvorrichtung um die
Achse des zweiten Rohres mit der Vergleichs-
lichtquelle drehbar. In diesem bewegt sich eine
kleine Glühlanjpe, deren Strom konstant gehal-
ten und deren Entfernung von der matten
Scheibe gemessen werden kann. Diese Matt-
scheibe kann ebenso wie diejenige im durch-
gehenden Lichte zurückgeschlagen werden.
Ausserdem können vor die Mattscheibe ge-
eignet gewählte Rauchglasplatten eingeschoben
werden.
Statt des Rohres mit der Glühlampe kann
man ein zweites Rohr benutzen, welches in ge-
eignetem Behälter die Hefnerlampe trägt, even-
tuell auch eine kleine Petroleunilampe aufneh-
men kann.
1) O. Lummer u. F. Kurlbaum, Verhandl. d. Deutsch.
Phys. Ges. 2, Nr. 8, 89 — 92, 1900 uud Ann. d. Phys. 6, 829
bis S56, 1901.
2) H. Holborn u. F. Kurlbaum, Sitzungsber. d. k.
Akad. d. Wissensch. zu Berlin, S. 712 — 719, 1901.
i) Vgl. die Beglaubigung der Hefberlampe durch die
Physik.-Techn. Reichsanstait ; Schillings Joum. f. Gasbel.
34, 489—492 u. 509--512, 1891; 36, 341-7346. 1893-
2) Anmerkung bei der Korrektur: Inzwischen angestellte
Versuche haben ergeben, dass die Schärfe der Hers ch ei-
schen Streifen wesentlich von der Art des auffallenden
Lichtes abhängt. Licht, welches in der Einfallsebene polari-
siert ist, giebt viel schärfere Streifen als senkrecht zur Ein-
fallsebene polarisiertes Licht. Es bedarf daher erst noch
einer genaueren Diskussion, ob die Messvorrichtung durch
Nico Ische Prismen Überhaupt anwendbar ist. Andererseits
ist diese neue Thatsache von grosser Bedeutung bei meiner
Interferenz - Methode zur Auflösung feinster Spektrallinien
(Verhdlgn. d. Deutsch. Phys. Ges. 8, 85—98, 1901), welche
durch die Anwendung von in der Einfallsebeue polarisierten
Lichtes an Auflösungskraft gewonnen hat (Vergl. Ü. Lummer
uud E. Gehrcke „Über den Bau der Quecksilberlinien'*,
Berl. Akad. Ber. 1902, p. ii — 17).
(Selbstreferat des V^ortragenden.)
(Eingegangen 12. November 1901. j
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
223
REFERATE.
Photochemie.
Besorgt von Privitdozent Dr. K. Schaum.
^^
R. Neuhauss, Direkte Farbenphotographie
durch Körperfarben. Photographische Rund-
schau, Jahrgang 1902, S. i — 11.
Eine direkte Wiedergabe der natürlichen
Farben durch photographische Verfahren ist
bekanntlich auf zwei prinzipiell verschiedenen
Wegen möglich: einmal durch die zuerst von
Zenker diskutierteWirkung stehender Licht-
wellen auf gewisse lichtempfindliche Systeme,
welche durch die klassischen Untersuchungen
von Wiener nachgewiesen, sowie durch die
glän zenden Versuche vonLippmann zur Wieder-
gabe der natürlichen Farben angewendet worden
ist; zweitens durch das Verfahren der Farben-
photographie durch Körperfarben, dessen
sich bereits Seebeck, Becquerel, Poitevin
u. a., sowie auch Zenker bedienten, dessen
Theorie aber erst in einer grundlegende» Arbeit
Wieners entwickelt worden, ist. Der Grund-
gedanke dieser Theorie ist folgender. Wird
ein Gemisch verschiedener farbiger, lichtempfind-
licher Stoffe mit farbigem Lichte beleuchtet, also
beispielsweise unter einem bunten Transparent-
bild belichtet, so reflektiert unter roten Ab-
schnitten des Transparentes der in der Mischung
vorhandene rote Farbstoff das rote Licht und
wird nicht verändert; die übrigen an derselben
Stelle vorhandenen Farbstoffe absorbieren das
rote Licht und werden ausgebleicht; es bleibt
also nur die rote Farbe übrig; ganz entsprechend
verläuft der Vorgang unter den anders gefärbten
Abschnitten des Transparentes.
Auf Wieners Darlegungen und Versuchen
fussend, haben Vallot, Worel u. a. an Stelle
der bisher verwandten, durch Vorbelichtung
gefärbten Subhaloide des Silbers Gemische licht-
empfindlicher organischer Farbstoffe gesetzt. Die
Anwendung derartiger Substanzen Hess es mög-
lich erscheinen, nach einem Vorschlag von N.
Witt, die übrigbleibenden Farbstoffe vor späte-
rer Zerstörung durch das Licht zu schützen,
indem man dieselben durch geeignete Mittel
auf der Unterlage fixierte und lichtbeständig
machte; ebenso war bei der Verwendung aus-
bleichender Farbstoffe die Möglichkeit einer
Wiedergabe von Weiss weit eher zu erwarten,
als Bei den Silbersubhaloiden.
Einen ausserordentlichen Fortschritt auf dem
Gebiet der Fafbenphotographie durch Körper-
farben hat uns die jüngste Zeit gebracht. Dem
durch zahlreiche wertvolle photographische Unter-
suchungen, besonders durch seine Arbeiten über
Lippmanns Methode und durch den mikro-
photographischen Nachweis der Zenker sehen
Blättchen in Li pp mann sehen Photographien
wohlbekannten Forscher R. Neuhau SS ist es ge-
lungen, die bisher sehr geringe Empfindlich-
keit der Farbstoffgemische in hohem Grade zu
steigern, sowie auch die Fixierung der zurück-
bleibenden Farben auf einfachem Wege zu er-
zielen. Neuhauss untersuchte zunächst 30 Farb-
stoffe auf ihre Lichtempfindlichkeit, indem ver-
schiedenartige Papier- und Zeugproben, vor-
nehmlich Filtrierpapier, mit ivässeriger resp.
alkoholischer Lösung der betreffenden Stoffe
gefärbt und sodann dem weissen Lichte ausgesetzt
wurden. Als besonders lichtempfindlich
erwiesen sich: Chinolinrot, Erythrosin, Rose
bengale. Phloxin, Eosin, Uranin, Thiazolgelb,
Cyanin, Krystallviolett. Hierauf untersuchte
Verf. das Verhalten vonFarbstoffmischungen;
die Ausbleichversuche wurden in der Weise
vorgenommen, dass die in der Mischung ge-
badeten Papierstreifen nach dem Trocknen unter
Transparenten, die durch Zusammenkitten von
roten, gelben, grünen und blauen Glasstreifen
gebildet waren, dem Sonnenlicht ausgesetzt
wurden. Rot und Gelb kamen fast durchweg
vorzüglich, dagegen war die Wiedergabe von
Grün und Blau schlecht; doch gelang eine weit
bessere Nachbildung dieser Farben, als Verf.
Chlorophyll der Mischung zusetzte, oder noch
besser, das Filtrierpapier vor dem Baden in der
Anilinfarbenmischung mehrmals in alkoholischer
Chlorophylllösung vorbadete und darauf trock-
nete. Empfehlenswerte Farbstoffgemische für
das zweite Bad sind: Erythrosin Uranin +
Methylenblau; Rose bengale + Thiazolgelb +
Methylenblau (oder Krystallviolett); Eosin +
Uranin + Methylenblau. Diese und ähnliche
Zusammenstellungen geben bei ein- bis drei-
stündiger Belichtung in direkter Sonne die Far-
ben wieder.
Die Thatsache, dass das Bleichen der Farb-
stoffe ein Oxydationsvorgang ist, brachte Verf.
auf den Gedanken, der Mischung oxydierende
Substanzen zuzusetzen. Da sich ferner gezeigt
hatte, dass das Ausbleichen gewisser Farbstoffe
sehr schnell in Gelatine erfolgt, wurde Gelatine
mit Wasserstoffsuperoxyd ') angesetzt und
sodann die Farbstoffe in konzentrierter Lösung
hinzugegeben. Als sehr geeignet erwies sich
das Gemisch: Erythrosin (oder Eosin) -f Uranin
(oder Thiazolgelb) + Methylenblau + Chloro-
phyll. Die Mischung wird auf Milchglasplatten
aufgetragen; die Trocknung muss bei gelinder
Wärme innerhalb einer Stunde erfolgen. Um
ein möglichst gutes Blau zu bekommen, über-
I) Nach D'Arcy (Philos. Mag. [6] 3. 42 — 52. 1902)
wird Wasserstoffsuperoxyd im Licht schneller zersetzt, als
unter sonst gleichen Bedingungen im Dunkeln. (Ref.)
1
224
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 10.
zieht man die Platte mit Kollodium, welches
das Methylenblau löst; man kann dieses auch
direkt dem Kollodium zusetzen. Diese Platten
zeigen nun eine Empfindlichkeit, welche
derjenigen des Albuminpapiers gleich-
kommt. Nach 5 Minuten langem Belichten im
direkten Sonnenlicht unter einem farbigen Trans-
parent erhält man ausexponierte Farben. Ka-
meraaufnahmen werden voraussichtlich bei hohem
Sonnenstand unter Anwendung lichtstarker Ob-
jektive zwei bis drei Stunden erfordern. Werden
die Platten längere Zeit aufbewahrt, so verlieren
sie ihre Empfindlichkeit, erhalten dieselbe jedoch
durch Baden in Wasserstoffsuperoxyd wieder.
Sehr merkwürdig ist die Thatsache, dass die
Platte nur dann eine hohe Empfindlichkeit
besitzt, wenn sie während der Belichtung mit
Glas bedeckt ist; Verf. fuhrt dies darauf zu-
rück, dass der beim Belichten freiwerdende
Sauerstoff durch die aufliegende Glasplatte in
unmittelbarster Nähe der Bildschicht gehalten
wird und hier beim Ausbleichen mitwirkt. Um
die Bildung von Sauerstoffbläschen in der Schicht
möglichst zu vermeiden, badet Verf. die Platten
in Natriumsulfitlösung oder setzt diese der
Mischung von vornherein zu.
Eine „halbe Fixierung" der Platte ist
durch den Umstand, dass die Mischung vor-
nehmlich nur unter einer aufliegenden Glas-
schicht empfindlich ist, gegeben; eine sehr viel
vollständigere Fixierung lässt sich jedoch
erreichen, wenn man das fertige Bild kurze Zeit
in einer Kupfersalzlösung badet und darauf
auswäscht. Allerdings wird durch diese Be-
handlung leicht eine Veränderung der Farben
(Grünstich) herbeigeführt.
Verf. hofft, dass baldmöglichst zahlreiche
Forscher die Arbeit fortsetzen mögen; er ver-
mutet, dass bei der Prüfung anderer künstlicher
und natürlicher Farbstoffe, sowie bei Anwendung
anderer sensibilisierender Oxydationsmittel viel-
leicht Wege gefunden werden, die Empfindlich-
keit der Präparate bis zur Verwendbarkeit zu
kurzen Kameraaufnahmen zu steigern.
Nach Ansicht des Ref erscheint es nicht
ausgeschlossen, dass sich durch Vervollkomm-
nung der Neuhau SS sehen Farbstoff- Gelatine
kopierfähige farbige Photographien werden
herstellen lassen. Karl Schaum.
(Eingegangen 24. Januar 1902.)
Tagesereignisse.
Mit Rücksicht auf die grosse Bedeutung der Technik wird
vom nächsten Sommerhalbjahr ab auch an der Berliner Tni-
versität Unterricht in den technischen Wissenschaften erteilt
werden, wie dies in Göttingen sclion seit längerer Zeit ge-
schieht und sich dort aufs beste bewährt hat. Ks handelt
sich dabei natürlich nicht um Ui.terricht für Techniker und
Ingenieure, deren Ausbildung den technischen Hochschulen
obliegt, sondern lediglich darum, den Studierenden aller Fakul-
täten, insbesoridere den Naturwissenschaftlern, Mathematikern
Physikern und Landwirten, namentlich aber den Juristen und
künftigen Verwaltungsbeamten, die heute unerlässHche Kenntnis
und das Verständnis der technischen Wissenschaften und ihrer
Werke zu vermitteln. Damit hängt die kürzlich bereits mit-
geteilte Ernennung des Geh. Regierungsrats Professor Slaby
von der Technischen Hochschule in Charlottenburg zum
ordentlichen Honorarprofessor an der Berliner Universität zu-
sammen. Derselbe wird in jedem Sommerhalbjahr filr die
Universitätsstudierenden eine kurze Vorlesung über Elektro-
technik halten. Mit Rücksicht auf die dazu erforderlichen GeräUe
u. s. w. werden diese Vorlesungen in seinem Laboratorium
an der Technischen Hochschule stattfinden. Ferner wird der
jet7t zum ausserordentlichen Professor an der Berliner Univer-
sität ernannte Professor der Technischen Hochschule Eugen
Meyer, der vordem in Göttingen Vorlesungen über Maschinen-
lehre und Übungen gehalten hat, über Einführung in die
moderne Maschinentechnik (fiir Studierende aller Fakultäten
und besonders für künftige Verwaltungsbeamte), sowie weiter
über ausgewählte Abschnitte aus der technischen Physik (für
Studierende der angewandten Mathematik und Physik) lesen.
Endlich ist noch eine Vorlesung über Maschinenkunde mit
/eichenübungen für Chemiker in Aussicht genommen.
Auch die Universität Jena schliesst sich durch die unten
mitgeteilten Neueinrichtungen der von Göttiogen eingeleiteten
Bewegung an. In Göttingen selbst ist es laut Fakultät«; -
beschluss von jetzt ab gestattet, als eines der drei bei der
Doktorprüfung anzugebenden Fächer, angewandte Mathematik
oder angewandte Physik zu wählen; nur muss gleichzeitig
auch reine Mathematik bezw. Physik gewählt sein. Die er-
forderlichen Unterrichts- und Forschungseinrichtungen be-
stehen bAanntlich seit längerer Zeit in Göttingen und erfahren
durch diesen Fakultätsbeschluss eine bedeutsame Festigung.
Für Zwecke der Universität Jena hat die Karl Zeiss-
Stiftung wieder reichliche Aufwendungen gemacht. So wird
aus den Mitteln dieser Stiftung eine Professur für chemische
Technologie errichtet. Diese Anstalt wird in dem jetzigen
physikalischen Institute, nach dessen Übersiedlung in das neue
Gebäude am Landgrafen, Unterkunft finden. Endlich wird die
Karl Zei SS- Stiftung für Zwecke der neuerrichteten Professur
für angewandte Mathematik, deren Inhaber seit i. Januar d. J.
Ingenieur Adolf Rau aus Nürnberg ist, ein neues Gebäude
errichten. Für die innere Einrichtung der neuen technischen
Institute hat Dr. Schott, Leiter der Glashütte Dr. Schott
und (Genossen, 50000 M. zur Verfügung gestellt.
Im neuen Kultusetat der Universität Breslau ist die Er-
richtung eines Fixtraordinariats für Mathematik vorgesehen.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen, der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Der ausserordentliche Professor für Chemie an der Mtin-
chcner Universität J. Thiele wurde zum ordentlichen Pro-
fessor in Strassburg an Stelle Fittigs, der Privatdozent der
Physik an der Universität Innsbruck Hammcrl zum ausser-
t>rdentlichen Professor ernannt.
In Leipzig hat sich Dr. M. Henge für Chemie habilitiert.
In Christiania ist am 14. Januar der Professor Cato
Maximilian (.iuldberg im Alter von 66 Jahren gestorben.
Die von uns in Heft 8 gebrachte, auch durch die Tages-
presse verbreitete Notiz von der Kenifung eines Prhratdozenten
F aguart als ausserordentlichen Professor für Mathematik an die
Universität (ieaf ist nach einer offiziellen Genfer Mitteilung
unzutreffend. Danach ist eine derartige Berufung überhaupt
nicht erfolgt, ausserdem der Name F aguart in den dortigen
Hochschulkreisen unbekannt.
_ _ _ - fc —
Berichtigungen.
Der Aufsatz in No. 9 von R. R. Ramsey ist nicht von
H. Karsleys, sondern von H. Karstens übersetzt. (Vgl. 3,
1S2, 1902.) In dem Aufsat/e von N. Zuntz 3, 184, i«>02,
ist aus Versehen d.e Fussnote 4 verdruckt. Sie soll heisscn:
Magnus Blix, Studien über Muskelwärme. Skandin. Arch. f.
Physiol. Bd. 12, 1901, S. 52.
Für die Redaktion vcmnfsrortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Göttinnen — Vcrbg von S. Ifirzel in Leipzig-
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische
THE NEW YOHK
No. II.
Orifinalmitteiliiniien :
E. Rutherford und S. I. Allen,
Erregte Radioaktivität und in der
Atmosphäre hervorgerufene Ionisa-
tion. S. 225.
R. W. Wood, Die anomale Disper-
sion von Natriumdampf. S. 230.
O. Lummer und E. Pringsheim,
Zur Temperaturbestimmung von
Flammen. S. 233.
J. S t ar k , Geschichtliches zur Erklärung
der Zerstreuung der Kathodenstrah-
len. S. 235.
G. Lindner, Zur Kenntnis des Eis.
kalorimeters. S. 237.
I. März 1902.
Redaktionsschlott für No. 12 am 5. März 1909.
PUBLIC UBRÄRY. I
.S(bHRIFT
3. Jab-gang.
DCW FOÜHÄATIOK8.
INHALT.
K. Strehl, Über Luftschlieren und
Zonenfehler. S. 238.
W. Schlüter, Erdbebenwellen. S.238.
Vorträqe und Diskussionen von der
73. Naturforscherversamnluno zu
Hamburg:
B. Walter, Bericht über die auf der
Röntgenausstellung der73.Versamm-
lung deutscher Naturforscher und
Ärzte in Hamburg ausgestellten
Apparate. S. 242.
Referate:
A. Lafay, Experimentaluntersuchun-
gen über die Deformationen bei der
Berührung elastischer Körper;
S tri b eck, Kugellager !Ur beliebige
Belastungen. S. 245.
Besprechungen:
A. v. Hübl, Die Entwicklung der
photographischen Bromsilber-Gela-
tineplatte. S. 247.
O. N.Witt, Die chemische Industrie
auf der Weltausstellung zu Paris 1900.
S. 247-
L. Pilgrim, Einige Aufgaben der
Wellen- und Farbenlehre des Lichts.
S. 248.
Eingegangene Schriften. S. 248.
Personalien. S. 248.
Gesuche. S. 248.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Erregte Radioaktivität und in der Atmosphäre
hervorgerufene Ionisation.
Von E. Rutherford und S. I. Allen.')
Die Versuche von Elster und GeiteP) und
C. T. R. Wilson '*) haben endgültig gezeigt, dass
ein gut isolierter, geladener Leiter innerhalb
eines geschlossenen Gefässes allmählich seine
Ladung verliert, und dass dieser Ladungsverlust
von einer geringen, von selbst auftretenden Ioni-
sation des Gasvolumens im Innern des Gefässes
herrührt. Wilson berechnete aus diesen Ver-
suchen, dass ungefähr 19 Ionen in der Sekunde
auf den cm^ des Gases erzeugt werden.
Ganz kürzlich haben Elster und G eitel
gezeigt^), dass ein negativ geladener Leiter in
offener Luft zeitweilige Radioaktivität erhält.
Diese Radioaktivität entweicht innerhalb weniger
Stunden und ist ganz ähnlich der erregten
Radioaktivität, die unter der Wirkung von Tho-
rium und Radium in Substanzen auftritt. Sie
kann in derselben Weise, wie das der eine von
uns*) ftir die von Thorium erregte Radioaktivität
gezeigt hat, durch Auflösung in Säuren teilweise
entfernt werden. Dampft man die Lösung ein,
so wird die Aktivität auf die Wände des Ge-
fässes übertragen.
Bei den Versuchen von ElsterundGeitel und
Wilson wurde der Betrag der Ionisation der atmo-
sphärischen Luft bestimmt durch Beobachtung der
Zeit, innerhalb deren die Blättchen eines Elektro-
i) Vor der amerikanischen Physikalischen Gesellschaft
vorgetragen am 27. Dez. 1901.
2) Diese Zeitschrift 2, 590, 1901.
3J Proc Roy. Soc. 1901.
4) Diese Zeitschrift 8, 76, 1901.
5) Phil. Mag. Febr. 1900.
skopes besonderer Art zusammenfielen. Diese
Bestimmungsmethode ist im allgemeinen lang-
sam und gestattet in manchen Fällen nicht,
die Versuchsbedingung genügend zu variieren.
Bei den vorliegenden Versuchen benutzten
die Verfasser ein empfindliches Quadranten-
elektrometer zur Untersuchung der Ionisation
der Luft und der durch Luft hervorgerufenen
erregten Radioaktivität.
Das verwendete Elektrometer ist eine Ab-
änderung des von Dolezalek beschriebenen
Instrumentes (Verh. d. D. Physik. Ges. 3, 18 — 72,
1901). Es ist von dem gewöhnlichen Quadranten-
typus mit einer leichten Nadel von Silberpapier,
die an einem feinen Quarzfaden aufgehängt ist.
Der Apparat, wie er von der Firma Georg
Bartels in Göttingen konstruiert wird, ist für die
Bestimmung kleiner Potentialdifferenzen bei elek-
trochemischen Arbeiten bestimmt. Für unsere
Zwecke war es notwendig, die Isolation und
Verbindungsweise der Quadranten vollständig
zu verändern. Bei unseren Versuchen wurde die
Nadel alle zwei Tage durch leichtes Berühren
mit einem an eine Batterie von 200 Volt an-
geschlossenen dünnen Draht geladen. Es fand
sich, dass die Nadel nicht mehr als 10% ihrer
Ladung in 24 Stunden verlor. Die Dämpfung
der Nadel war infolge ihrer Leichtigkeit sehr
gross und es war kein weiterer Dämpfungsflügel
nötig. Die Ablenkung wurde mit Spiegel und
Skala bei einem Abstände von 2 m abgelesen.
Der Nullpunkt blieb sehr konstant, und die
Ablesungen konnten, wenn nötig, auf ^'lo mm
genau gemacht werden. Für die erste Auf-
hängung, die verwendet wurde, gab das Elektro-
meter einen Ausschlag von 2000 mm der Skala
bei einem Volt Potentialdifferenz zwischen den
226
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
Quadranten und einer Ladung der Nadel auf
200 Volt. Diese Aufhängung wurde zufällig im
Laufe der Untersuchungen zerbrochen, und der
neue Quarzfaden gab nur mehr etwa ein Viertel
dieses Ausschlages für dieselbe Spannung. In
Anbetracht des kleinen Betrages der Entladung,
der durch die freiwillige Ionisation der Luft
eintritt, ist es sehr wesentlich, dass jede Vor-
sicht getroffen wurde, um vor äusseren elektro-
statischen Störungen sicher zu sein. Das Elektro-
meter und alle Zufuhrungsdrähte wurden in
Metallcylinder eingeschlossen, die zur Erde ab-
geleitet waren. Der Boden und das Holzwerk
in der Nachbarschaft des Prüfungsapparates
wurden mit Metall bedeckt und an Erde ge-
legt, die Schaltung der Quadranten wurde mit
Hilfe eines besonderen Quecksilberschlüssels
bewirkt, der aus der Entfernung mittels eines
Bindfadens bethätigt wurde.
Die isolierenden Substanzen, die bei der
Anordnung notwendig waren, wurden mit Hilfe
von Flammen vollständig entelektrisiert.
Ionisation der atmosphärischen Luft.
Vorversuche zeigten, dass der mit dem
Elektrometer zwischen Cylindern beobachtete
Strom nur von dem Volumen des zwischen den
beiden Cylindern eingeschlossenen Gases und
nicht von der Natur der Elektroden abhing.
Folgende Versuchsanordnung wurde ge-
troffen, um die Zahl der im cm-* Luft pro Se-
kunde erzeugten Ionen und die Änderung des
lonisationsstromes mit der Potentialdifferenz
zwischen den Elektroden zu bestimmen.
Der lonisationsstrom wurde zwischen zwei
konzentrischen Zinkcylindern von 124 cm Länge,
25,5 und 7,5 cm Durchmesser beobachtet.
Die Cylinder waren senkrecht aufgestellt, und
ihr Boden war geschlossen. Der weite Cylinder
war oben durch eine Zinkplatte geschlossen,
in deren Mitte eine Kreisöffnung von etwas
grösserem Durchmesser angebracht war, als
dem inneren Cylinder entsprach. Ein oben an
dem inneren Cylinder ringsum befestigter Ver-
schlussring grenzte an einen Ebonitring. Zwi-
schen dem Ebonit und der Zinkplatte befand
sich ein dünner Metallring, der an Erde ge-
legt war, und dieser stiess an einen Ring aus
einem Halbleiter, wie Pappe. Der dünne, an
Erde gelegte Metallring diente als Schutz, so
dass bei keiner noch so hohen Potentialdifferenz
zwischen den Cylindern ein Strom über den
Isolator zum inneren Cylmder fliessen konnte.
Der innere Cylinder war in der bekannten
Weise mit dem Elektrometer verbunden. Der
äussere Cylinder war an den einen Pol einer
Batterie angeschlossen, der andere Pol der-
selben lag an Erde.
Die Elektrometernadel zeigte bald eine von
dem lonisationsstrome zwischen den Elektroden
herrührende lebhafte Bewegung, bei einer Po-
tentialdifferenz von wenigen Volt zwischen den
Cylindern.
Der Cylinder wurde ziemlich luftdicht ge-
macht und ohne Störung stehen gelassen. Über
einen Zeitraum von mehr als einem Monat
wurden Beobachtungen des lonisationsstromes
zwischen den Cylindern gemacht. Um Korrek-
tionen wegen der Empfindlichkeitsänderung des
Elektrometers zu vermeiden, wurde zu gleicher
Zeit der lonisationsstrom zwischen zwei isolierten
parallelen Platten gemessen, der von einer Ein-
heitsprobe Uraniumoxyds erzeugt wurde.
Die Kurven der Fig. i zeigen die Beziehung
zwischen dem Strome im Gase und der ver-
wendeten Spannung. Kurve I wurde aufgenon)-
Fig. I.
men, nachdem das Gas einen Monat lang ohne
Störung in dem Cylinder gewesen war, Kurve II
einige Stunden, nachdem gewöhnliche Zimmer-
luft in den Apparat eingeführt war. Der Strom
ist für 50 Volt in beiden Fällen fast derselbe;
die allgemeine Gestalt der lonisationskurven ist
derjenigen sehr ähnlich, die man bei Ionisation
der Luft durch Röntgen- und Becquerel-
strahlen beobachtet hat. Mit Rücksicht auf
den sehr kleinen Betrag der Ionisation in dem
Gase und der infolgedessen langsamen Wieder-
vereinigung wird der maximale Strom bei einer
sehr niedrigen Spannung erreicht. Der Unter-
schied in Kurve I und II rührt wahrscheinlich
von der Anwesenheit von Staubteilchen im
letzteren Falle her. Einige der Ionen geben
bei ihrer langsamen Wanderung zwischen den
Elektroden ihre Ladungen an die Staubwolken
ab, und dadurch wächst offenbar die Schnellig-
keit der Wiedervereinigung der Ionen in dem
Luftvolumen. Es muss beachtet werden, dass
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No. 11.
227
in Kurve I der maximale Strom nahe bei
einer Potentialdifferenz von 5 Volt erreicht wird.
Die Kapazität des Elektrometers, des Cylinders
und der Isolatoren war 150 E. S.-Einheiten,
während i mm Teilstrich am Elektrometer
0,00182 Volt entsprach. Der Durchnittswert
der Elektrometerablenkung während der länger
als einen Monat dauernden Beobachtungen
war 100 Teile in 132 Sekunden, bei 50 Volt
zwischen den Cylindern,
Der lonisationsstrom zwischen den Cylindern
war so 6,9- io~* E. S.-Einheiten oder 2,3 • io~^^
Ampere.
Das Volumen zwischen den Cylindern war
7 1 200 cm^. Nimmt man den Wert von 6,5 • io~^^
E. S.-Einheiten als die Ladung auf einem Ion *),
so ist die Zahl der im cm** pro Sekunde er-
zeugten Ionen 15.
Dieser Wert ist nicht sehr verschieden von
der Zahl 19, die von Wilson mit Hilfe der
elektroskopischen Methode gefunden wurde.
Ein Unterschied in dem lonisationsstrome
zwischen den Cylindern wurde innerhalb eines
Zeitraumes von mehr als einem Monat nicht
beobachtet.
Die Erzeugung von Radioaktivität in der
Luft legte die Anschauung nahe, dass mög-
licherweise eine radioaktive Ausströmung in
der Luft vorhanden war. Wenn das so ist, so
nimmt deren Strahlungstähigkeit sehr viel lang-
samer ab, als die vom Radium herrührende Aus-
strömung.
Um zu prüfen, oV ^^itweilige Ionisation ausser
in Luft auch in anderen Gasen erregt würde,
wurde der grosse Gylinder durch Verdrängung
der Luft mit Kohlensäure geftillt. Die Kohlen-
säure wurde aus einer Bombe mit käuflicher
flüssiger Kohlensäure entnommen. Die Ionisa-
tion war zuerst grösser als die in Luft, aber
nach einigen Stunden ging sie allmählich auf
einen von dem bei Luft gefundenen nicht sehr
verschiedenen Wert herab. Dieses Resultat
scheint zu zeigen, dass in Kohlensäure eine zeit-
weilige Ionisation von etwa derselben Grössen-
ordnung auftritt, wie in Luft. Nach der Natur
dieser Experimente indessen musste ein kleiner
Bruchteil sowohl von Luft wie von anderen
Verunreinigungen zugegen sein, und es ist mög-
lich, dass eine solche Beimengung das Resultat
stark beeinflusst.
Erzeugung von erregter Radioaktivität.
Wie Elster und G eitel zuerst hervorge-
hoben haben, ist die Erscheinung der von Luft
erregten Radioaktivität derjenigen sehr ähnlich,
die von Thorium und Radium hervorgerufen wird.
Die Radioaktivität wird in einem starken elek-
i) J. J. Thomson, Phil. Mag. Decbr. 1898.
trischen Felde in beiden Fällen allein an der
Kathode erzeugt. Noch nie ist Radioaktivität
an einem positiv geladenen und der Luft aus-
gesetzten Drahte beobachtet worden. Eine be-
sondere Reihe von Versuchen wurde gemacht,
um die zeitliche Abnähme der erregten Radio-
aktivität zu ermitteln, die an einer negativ ge-
ladenen Oberfläche entsteht.
Bei einem Versuche wurde eine isolierte,
8 Fuss lange Messingstange, die ausserhalb des
Fensters angebracht war, mit Hilfe einer grossen
Reibungselektrisiermaschine auf einen Potential
von ungefähr 1 00000 Volt gehalten. Nach einer
Exposition von einer Stunde wurde der Stab
weggenommen, innerhalb eines Prüfcylinders
aufgestellt, und die durch die erregte Radio-
aktivität hervorgerufene Ionisierung zwischen
den Cylindern in regelmässigen Zeiträumen ge-
messen. Wenn der Stab positiv geladen war,
würde keine erregte Radioaktivität erzeugt.
Bei einem andern Versuche wurde ein langer
Kupfer- oder Bleidraht in dem grossen Dach-
geschoss des Laboratoriums aufgehängt, wo
keine Gelegenheit war, dass sich die Luft durch
die in dem Laboratorium verwendeten radio-
aktiven Substanzen verunreinigte. Der Draht
wurde einige Stunden mit einer durch einen
Motor getriebenen Wimshurstmaschine auf einen
Potential von 20000 bis 30000 Volt gehalten.
Der Draht wurde dann vollständig auf ein
eisernes Gestell aufgewickelt und in einen Prüf-
cylinder gebracht. Die Abnahme der Radio-
aktivität in der Zeiteinheit fand sich unabhängig
von dem Material des Drahtes oder Stabes,
und, innerhalb der Versuchsgrenzen, nicht sehr
von der Spannung und der Expositionszeit des
Drahtes beeinflusst. Der Grad der erregten
Radioaktivität wächst bei einem gegebenen Drahte
zuerst regelmässig mit der Zeit, aber nach
einigen Stunden sehr viel langsamer.
Currnt des Abfalis für duix^v
Luft crrefßiejiadioacüntät.
1^ Zeit ifv T^iinutinv.
0 W 20 30 kO SO 60~ TO io~$0 i)m ho ho Ä) fio 150 tho m 180 m 200 W 2
Flg. 2.
228
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
In den Kurven der Figur 2 ist die Ab-
nahme der Strahlungsfahigkeit mit der Zeit dar-
gestellt. Die Ordinaten bedeuten Teile der
Elektrometerskala, die in der Sekunde vorüber-
wandern, Kurve I gilt für einen Kupferdraht
vom Durchmesser 0,01 cm, 20 m lang
und 2 Stunden einer Potential diflferenz von
— 29000 Volt ausgesetzt. Um den Draht zu
prüfen, wurde er auf ein Eisengestell von
121 cm Länge aufgewickelt und in einen Cy-
linder von Eisengaze gebracht. Die Potential-
diflferenz zwischen den Cylindem war 50 Volt.
Die natürliche Zerstreuung, die von der zeit-
weiligen Ionisation der Luft herrührte, war 2,5
Teile in der Sekunde. Nachdem die Korrektur
für die natürliche Zerstreuung angebracht ist,
ergiebt sich, dass der lonisationsstrom (welcher
ein Mass für die Intensität der Strahlung ist),
in 52 Minuten auf die Hälfte seines Wertes
sinkt. Kurve II gilt für einen Bleidraht von
10 m Länge und 0,125 Durchmesser, der 190
Minuten auf — 30000 Volt gehalten wurde. Der
Draht wurde in Form einer flachen Schnecken-
linie gewunden, und der zwischen zwei Metall-
platten hervorgerufene lonisationsstrom ge-
messen.
Die natürliche Zerstreuung des Apparates
in diesem Falle war 0,14 Sk. Teile in der
Sekunde. Hier fällt die erregte Radioaktivität
in ungefähr 45 Minuten auf ihren halben Wert.
Diese beiden Beobachtungen liegen um zwei
Monate auseinander und wurden unter sehr
verschiedenen atmosphärischen Bedingungen an-
gestellt.
Der Abfall in der Zeiteinheit der durch
Luft erregten Radioaktivität ist sehr viel schneller
als der durch Thorium, welche innerhalb 1 1 Stun-
den auf die Hälfte ihres Wertes sinkt. End-
gültige Vergleichungen mit der durch Radium
erregten Radioaktivität konnten nicht gemacht
werden, da deren Abfall unregelmässig ist und
von der Besonderheit des gerade verwendeten
Radiums abhängt.
Durchdringungsfähigkeit der
erregten Strahlung.
Frühere Versuche hatten gezeigt, dass die
Durchdringungsfahigkeit der von Thorium und
Radium erregten Strahlungen gleich war. Es
war von Interesse, die von Luft erregte Strah-
lung damit zu vergleichen.
Bei diesen Versuchen wurden Bleidrähte an-
gewendet, um sie leicht in die Form von
flachen Schneckenlinien bringen zu können.
Der Draht wurde durch eine Exposition von
zwei bis drei Stunden bei — 30000 Volt erregt.
Er wurdedann in dieForm von flachen Schnecken-
linien gewunden und in einen Apparat aus
parallelen Platten gebracht. Der lonisations-
strom zwischen diesen Platten wurde beobachtet,
indem verschiedene Lagen dünner Aluminium-
folie aufgelegt wurden. Die durchschnittliche
Dicke der Folie war 0,00034 cm.
Die Resultate sieht man in Kurve I der
Figur 3, wo die Durchdringungsfahigkeit anderer
JQfsorptums-Curtrrv .
f — 5 — X — i — t
bekannter Formen von Strahlung zum Vergleich
beigefügt ist. Der Ladungsverlust in der Zeit-
einheit ist für die unbedeckte radioaktive Ober-
fläche in jedem Falle mit 100 angenommen.
Die durch Luft erregte Strahlung hat ein
grösseres Durchdringungs vermögen wie jede
andere Form der Strahlungen, die nicht in
einem magnetischen Feld^ abgelenkt werden,
also der von den radioaktiven Substanzen
Uranium, Thorium, NatriuJTl und Radium aus-
gehenden; ebenso ist sie durchdringender als
die von Radium und Thorium erregte Strahlung.
Es sind jetzt Versuche im Gange, um die
Änderung der auf i cm^ Luft entfallenden
lonenanzahl zu verschiedenen Zeiten zu be-
stimmen. Hierzu wird /lie Luft von ausserhalb
des Gebäudes her mit Hilfe eines Ventilators
durch einen 30 cm weiten Metallcylinder ge-
leitet. Die Luft passiert bei ihrem Laufe zwei
parallele im Abstand von 2 cm isoliert ange-
brachte Drahtmarken. Der Draht nächst dem
Ende ist mit dem Elektrometer, der andere
mit einer grossen Batterie verbunden.
Für einen bestimmten Luflstrom wächst
der am Elektrometer beobachtete Strom mit
der Spannung, bis ein Punkt erreicht ist, bei
dem eine Zunahme der Spannung keine Strom-
zunahme mehr bewirkt. Wenn die zweite Marke
positiv geladen ist, so wandern die positiven
Ionen dem Luftstrom entgegen. Wenn die
lonengeschwindigkeit in dem elektrischen Felde
wesentlich grösser ist, als die des Lufkstromes,
so erreichen alle positiven Ionen die erste Marke
und der Elektrometerstrom ist ein Maximum.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang-. No. 11.
229
Aus derartigen Beobachtungen, bei denen
die Geschwindigkeit des Luftstromes zwischen
100 und 250 cm/sec verändert wurde, ergab
sich die Geschwindigkeit des positiven Ions zu
ungefähr 1,5 cm/sec für i Volt/cm Potentialgefälle.
Das ist nicht sehr verschieden von dem von
Zeleny^) gefundenen Werte 1,36, der sich auf
Ionen bezieht, die durch Röntgenstrahlen in
Luft von atmosphärischem Drucke und Zimmer-
temperatur erregt werden.
Wegen der fortdauernden Änderungen der
Leitfähigkeit der bei diesen Versuchen durch
den Cylinder gesaugten Luft konnten wir bis-
her die Geschwindigkeit des negativen Ions
noch nicht mit Genauigkeit bestimmen. Die
Ergebnisse zeigen indes jedenfalls soviel, dass
diese Geschwindigkeit wesentlich grösser ist,
wie diejenige des positiven Ions. Wenn man
den maximalen Ladungsverlust zwischen den
Marken für einen bestimmten Luftstrom bestimmt
hat, kann man daraus die Zahl von positiven
und negativen Ionen ermitteln, die in der durch
den Cylinder geführten Luft vorhanden sind.
Die Versuche sind schon im Gange, und die
allgemeinen Ergebnisse zeigen, dass diese Zahl
sich beständig ändert, von Stunde zu Stunde,
von Tag zu Tag. Klare sonnige Tage haben
ziemlich die höchsten Werte ergeben, während
Tage mit Schneefall tiefe Werte liefern.
Bei den meisten dieser Versuche, die wir
während des trockenen kanadischen Winters
machten, wechselte die Aussentemperatur zwi-
schen — 3 und — 18^ C.
Diskussion der Ergebnisse.
Bei diesem Stande unserer Kenntnis über die
Radioaktivität dürfte es nicht überflüssig er-
scheinen, einige Vorstellungen über die mögliche
Ursache der zeitweiligen Ionisation der Luft
und die von Luft erregte Radioaktivität zu ent-
wickeln.
In der vorhergehenden Nummer dieser Zeit-
schrift^) hat der eine von uns nachgewiesen,
dass die von Thorium- und Radiumverbindungen
erregte Radioaktivität direkt von der radioaktiven
Ausströmung herrührt, die von diesen Substanzen
ausgeht. Es wurde gezeigt, dass die erregte
Radioaktivität von der Ablagerung einer strah-
lenden Substanz an der negativen Elektrode
herrührt, vermittelt durch positive „Träger",
welche in einem elektrischen Felde mit Ge
schwindigkeiten wandern, die von derjenigen
des positiven, durch Röntgen- und Becquerel-
strahlen in Luft erregten Ions sehr wenig ver-
schieden sind.
Wenn kein elektrisches Feld vorhanden ist,
so werden diese radioaktiven Träger durch
i) Phil. Trans. Roy. Soc. 1900.
2) Diese Zeitschr. 3, 210, 1902.
Diffusion auf alle Körper in ihrer Nachbarschaft
zerstreut. In einem starken elektrischen Felde
werden sie alle zur Kathode getrieben, auf die
dann die erregte Radioaktivität beschränkt ist.
Zwei mögliche Erklärungen der Entstehungs-
weise dieser positiven Strahlungsträger wurden
vorgebracht, entweder
1. dass die radioaktive Substanz der Aus-
strömung auf dem positiven Ion verdichtet wird,
welches von der Ausströmung durch Strahlung
erzeugt wird (ähnlich, wie sich Wasserdampf
in einem ionisierten Gase auf dem negativen
Ion niederschlägt), oder
2. dass das Molekül der Ausströmung (nach
den Anschauungen J. J. Thomsons) die Fähig-
keit besitzt, ab und zu ein negativ geladenes
Korpuskel oder ein Elektron mit grosser Ge-
schwindigkeit von sich wegzuschleudern. Als
Folge hiervon würde das Molekül eine gleich-
grosse positive I.»adung zurückbehalten und in
einem starken elektrischen Felde zu der Kathode
wandern. Von dieser Anschauung aus würde
die erregte Strahlung von inneren Schwingungen
herrühren, die in dem Molekül infolge der Aus-
stossung des Elektrons erregt würden.
Obschon beide Anschauungen die experi-
mentellen Ergebnisse hinreichend zu erklären
vermögen, scheint doch die zweite die wahr-
scheinlichere zu sein.
Wenn wir die Elektronenhypothese annehmen,
so muss vorausgesetzt werden, dass die Fähig-
keit, Elektronen auszuschleudern, bei bestimmten
Formen der Materie sehr ausgesprochen ist, wie
bei der Ausströmung von Radium- und Thorium-
verbindungen und bei festen Körpern, wie Ura-
nium, Radium und Aktinium. (Siehe die Resul-
tate von Becquerel, Curie, Debierne und
anderen).
Es ist indessen möglich, dass diese Fähig-
keit in viel geringerem Grade auch bei anderen
bekannten Formen der Materie vorhanden ist.
Wenn einer oder mehrere der Gasbestandteile
unserer Atmosphäre die Eigenschaft hätte, ab
und zu ein Elektron abzustossen, so würde die
zeitweilige Ionisation der Luft und die durch
sie erregte Radioaktivität auf einmal erklärt sein.
Die zeitweilige Ionisation der Luft würde
so von den Ionen herrühren, die in dem Gase
durch die Bewegung des weggeschleuderten
Elektron hervorgerufen würden, gerade so, wie
ein Kathodenstrahlträger auf seinem Wege Gas-
ionen erzeugt.
Die positiven Strahlungsträger, die nach der
Ausstossung des Elektrons übrigbleiben, würden
an die Kathode überfuhrt werden und dort zu
den Erscheinungen der erregten Radioaktivität
Anlass geben.
Da es unwahrscheinlich ist, dass innere
Schwingungen von Molekülen verschiedener
chemischer Natur sowohl nach Charakter wie
230
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. n.
nach Dauer dieselben sind, so ist zu erwarten,
dass von verschiedenen Substanzen erregte
Radioaktivität sowohl in Bezug auf die Durch-
dringungsfahigkeit, wie auch den Ladungsabfall
pro Zeiteinheit verschieden sein wird.
Die Versuchsergebnisse dieser Mitteilung
zeigen, dass die erregte Strahlung für Thorium,
Radium und Luft mit sehr verschiedenem Be-
trage abfällt. Ebenso ist die Durchdringungs-
fähigkeit der von Luft erregten Strahlung grösser
als die vom Thorium und Radium.
Vorstehende Anschauung ist früher von dem
einen von uns in einem Briefe an die „Nature"
entwickelt worden, wo auch gezeigt ist, dass
die Ausströmung vom Radium sich wie ein
radioaktives Gas verhält und direkt der er-
regten Radioaktivität entspricht. Elster und
G eitel haben diese Anschauung angenommen
und die Ansicht ausgesprochen, dass die zeit-
weilige Ionisation und erregte Radioaktivität
der Luft von einer radioaktiven Ausströmung
oder einem radioaktiven Gase in unserer Atmo-
sphäre herrühren möchte. Diese Ausströmung
würde zur Ionisation und erregten Radioaktivität
in derselben Weise Anlass geben, wie Thorium-
und Radiumausströmung.
Zwei von uns beobachtete Thatsachen, welche
mit der Elektronhypothese in gutem Einklänge
stehen, sind nicht leicht nach der Ausströmungs-
anschauung zu erklären. Es wurde gezeigt, dass
der Betrag der zeitweiligen Ionisation in einer
begrenzten Luftmasse immer derselbe blieb,
wenn man dieselbe einen Monat unverändert
Hess, und dass die zeitweilige lom'sation in
Kohlensäure von der in Luft nicht sehr ver-
schieden war. Will man diese Ergebnisse aus
der „Ausströmungsanscüauung" erklären , so
müsste man annehmen, dass die Strahlung von
der Ausströmung weg mit äusserster Langsam-
keiterfolge, und dass der Betrag der mit Kohlen-
säuregas vermischten Ausströmung ungetähr der-
selbe wie in Luft wäre. Das letztere erscheint
besonders unwahrscheinlich.
Gegenwärtig sind Versuche im Werke, ob
eine oder mehrere Bestandteile der Atmosphäre,
chemisch dargestellt, eine ausreichende zeit-
weilige Ionisation und erregte Radioaktivität
zeigen, um von der in der Atmosphäre be-
obachteten Wirkung Rechenschaft zu geben.
Mc Gill Universität, Montreal, Physikalisches
Laboratorium, 20. Dez. 1901,
(Aus dem Englischen übersetzt von H. Th. Simon.)
(Eingegangen am 25. Januar 1902.)
Die anomale Dispersion von Natriumdampf.
Von R, W. Wood.
Die anomale Dispersion von Natriumdampf
in unmittelbarer Nähe der /^-Linien ist zum
ersten Male von Kundt beobachtet und seit-
her von Becquerel und Julius untersucht
worden. Doch hat keiner dieser Forscher die
Erscheinung über ein Bereich des Spektrums
verfolgt, das grösser wäre, als der doppelte oder
dreifache Linienabstand.
In einer früheren Arbeit ') habe ich gezeigt,
wie unter gewissen Umständen durch anomale
Brechung weissen Lichtes in einer nichthomo-
genen Atmosphäre von Natriumdampf ein Spek-
trum erzielt werden kann, das die grösste
Ähnlichkeit mit dem Linienspektrum glühenden
Natriums aufweist, — ganz ähnlich, wie es sich
nach Julius' geistreicher Hypothese als die Er-
scheinung des „Blitz-Spektrums" in der inver-
tierenden Schicht der Sonnen-Photosphäre zeigt. '^
In Anbetracht der augenscheinlichen Wichtig-
keit des Gegenstandes in seiner Bedeutung für
die Theorie der Dispersion und seinem eventu-
ellen Zusammenhang mit der Physik der Sonne,
bin ich daran gegangen, zu untersuchen, ob so
genaue quantitative Daten zu erzielen wären,
dass man mit ihrer Hilfe die Dispersionsformel
für den Fall des Natriumdampfes prüfen könnte.
Die absoluten Werte der gefundenen Bre-
chungskoeffizienten lassen zwar zu wünschen
übrig, doch wurden sehr interessante relative
Werte gefunden, und, was von ganz besonderem
Interesse ist, die Dispersion konnte über das
ganze Bereich des sichtbaren Spektrums ver-
folgt und gemessen werden, und zwar war der
Brechungskoeffizient für alle Wellen von
höherer Frequenz als Z?2 kleiner, für alle Wellen
von geringerer Frequenz als Di , hingegen grösser
als die Einheit. Mit anderen Worten: ich habe
mit Hilfe von Natriumdampf ein vollständiges
anomales Spektrum erzielt, in dem alle Farben
vertreten sind vom äussersten Rot bis zum
äussersten Violett, mit alleiniger Ausnahme eines
Bereiches von etwa 20 Angström-Einheiten
an den /^-Linien.
Frühere Untersuchungen sind ausschliesslich
mit Natriumflammen angestellt worden, denen
man die Form eines Prismas gegeben hat. In
Anbetracht der grossen Unsicherheit in Bezug
auf Prismenwinkel, Dampfdichte und Molekular-
zustand des Dampfes, von dem man ja nicht
mit Sicherheit weiss, ob er dissoziiert ist oder
nicht, erschien es ratsam, nichtleuchtenden
Dampf anzuwenden, wie man ihn erhält, wenn
man metallisches Natrium in einem indifferenten
Gase oder im Vakuum erhitzt.
i) Phil. Mag., Mai 1901.
2) Siehe diese Zeitschrift, 2, 348, 357, 1901; 3, 154, 1902
Physikaliscbe Zeitschrift. 3. Jahi^ang. No. 11.
231
Die ersten Versuche wurden mit einem Prisma
aus Gusseisen angestellt, das mit Fenstern aus
Glimmer oder dünnem Spiegelglas versehen
war, und in dem das Metall in einer Wasser-
stoff-Atmosphäre erhitzt wurde. Ich erzielte
zwar sofort sehr schöne Resultate, doch merkte
ich an gewissen Besonderheiten in der Art, wie
der Dampf wirkte, dass die Brechung haupt-
sächlich der Wirkung des nichthomogenen
Mediums zuzuschreiben war, derart, dass die
Flächen konstanter Dichte horizontal lagen.
Viel Mühe hatte ich mit den Fenstern, die sich
sehr bald mit einem weissen Überzug bedeckten,
der fast alles Licht abhielt. Da es jedoch auf
der Hand lag, dass die prismatischen Flächen
nur eine unerhebliche Rolle spielten und die
Erscheinung fast ausschliesslich auf Rechnung
der veränderlichen Dampfdichte zu schreiben
war, erschien es ratsam, diesen Umstand aus-
zunützen. Ich kam denn auch dadurch über
die Verlegenheit hinweg, dass ich die Glas-
platten in solche Entfernung von dem erhitzten
Dampf brachte, dass es zu keinem Niederschlage
mehr kam.
Die schliessliche Anordnung bestand ein-
fach aus einer etwa 30 cm langen Glasröhre,
an deren beiden Enden mit Siegellack kleine
Scheiben Spiegelglas befestigt waren. Ver-
mittelst zweier enger Glasröhren, die in der aus
Figur I ersichtlichen Weise angeordnet waren,
wurde dann Wasserstoff eingelassen, der vor-
her über Calciumchlorid geleitet und so ge-
trocknet worden war.
Der Durchmesser dieser Röhren darf 2 mm
nicht überschreiten; sie müssen dicht an den
Seitenwänden der weiteren Röhre entlang ge-
fuhrt werden, da sie sonst dem Lichte keinen
unbeschränkten Zutritt gewähren. Für die
weite Röhre ist 2 cm der geeignetste Durch-
messer.
Da die hier zu beschreibenden Versuche
sicherlich einen jeden, der sich die Mühe nehmen
sollte, sie zu wiederholen, befriedigen dürften,
und da dieselben sich auch als Vorlesungsversuche
ganz besonders geeignet erweisen dürften, um
anomale Dispersion zu demonstrieren, so will
ich mehr im einzelnen die Herstellungs- und
Benutzungsweise dieser Dispersionsröhren in der
Form beschreiben, die ich am vorteilhaftesten
gefunden habe: Zuerst werden die Röhren-
enden erwärmt und mit Siegellack dick be-
strichen; dann wird das eine Glasröhrchen an
Ort und Stelle angebracht und ein vorher er-
wärmtes kleines Stück Spiegelglas gegen den
Lack gedrückt, so dass alle kleinen Spalten
rund um die Glasröhre mit Lack geschlossen
werden. Darauf wird die Zuleitungsröhre an-
gebracht und ein Stück frisch geschnittenes
Natrium, dessen Dimensionen etwa 5 mm be-
tragen, eingeführt. Sodann wird das andere
Fenster angekittet und so schnell wie möglich
mit der Durchleitung des Wasserstoffstromes
begonnen. Einige Übung ist erforderiich, um
diesen während der Versuche zu regulieren.
Wenn man nämlich anfängt, die Röhre zu er-
hitzen, bildet sich viel weisser Rauch. Doch
wenn man den Strom derart reguliert, dass pro
Sekunde etwa eine Gasblase austritt, klärt sich
der Rauch gewöhnlich nach Verlauf weniger
Minuten auf und stört nicht weiter. Die Röhre
wird am besten mit einem halb nach unten ge-
kehrten Bunsenbrenner erwärmt, derart, dass die
Flammenspitze den Röhrenboden bestreicht.
Wenn man hinter die Röhre eine Natriumflamme
stellt, kann man die Dampfbildung gut be-
obachten; der Dampf hebt sich nämlich gegen
die Flamme fast kohlschwarz ab, während er
in weissem Licht durchaus farblos ist.
Zur Untersuchung der Dispersion des Dampfes
kam ein Apparat zur Anwendung, der im
wesentlichen mit dem Bec quere Ischen iden-
tisch ist:
Das Licht einer Bogenlampe wurde auf den
horizontalen Spalt eines Kollimators konzentriert;
die parallel gemachten Strahlen passierten diesen
und gingen dann durch die ganze Länge der
Dispersionsröhre. Eine zweite Linse konzentrierte
sie sodann nach einem Brennpunkt im Spalte eines
Spektroskops, wenn die Dispersion nach der
Methode der gekreuzten Prismen untersucht
werden sollte, oder nach dem Brennpunkt eines
Okulars, wenn das anomale Spektrum subjektiv
beobachtet werden sollte.
Bei den ersten Versuchen wandte ich die
Methode der gekreuzten Prismen an, und zu
diesem Zwecke war das Spektrometer mit einem
ebenen Rowl and sehen Gitter versehen, das die
Natriumlinien weit getrennt zeigte. Es war so-
...f...^.T:
\"'
Fig. I.
232
Physikali scbe Zeitschrift. 3. Jahrgang. No.
fort ersichtlich, dass meine Dispersions röhren
weit bessere Resultate gaben, als die Methode
der Flammenprismen es je ermöglicht hatte.
Die gekrümmten Äste des Beugungs Spektrums
auf beiden Seiten der Natriumlinien waren
durchaus scharf und fest, und die Dispersion
konnte bis zu einer beträchtlichen Entfernung
über beide Seiten des Spektrums hin verfolgt
werden. Am Spalte des Spektrometers erschien,
an Stelle des weissen Bildes des horizontalen
Spaltes, ein schönes anomales Spektrum, von
gros.sem Glanz und grosser Reinheit, Wenn dann
das Spektrometer entfernt und an seine Stelle ein
Okular gebracht wurde, zeigte sich gleichfalls
ein prachtvolles Spektrum.
Bevor ich Jedoch dieses Spektrum im einzelnen
bespreche, möchte ich noch von den Resul-
taten berichten, die ich mit der Methode der
gekreuzten Prismen erzielt habe. Wenn die
Röhre erhitzt wird, kann man zunächst die
Krümmung des Spektrums sowohl zwischen den
ALinien als rechts und links davon beobachten,
und zwar stellt sich alles so dar, wie von
Becquerel beschrieben; nach Verlauf weniger
Sekunden jedoch wird der Dampf so dicht, dass
Totalabsorption des gesamten Lichtes zwischen
den Linien eintritt. Julius spricht die Ansicht
aus, dass dieses Verschwinden des Lichtes
zwischen den Ü-Linien nur von der starken
Dispersion komme, dass dieses also nicht ab-
sorbiert, sondern nur nach der einen Seite
hin abgelenkt wird, so dass es nicht in das
Instrument treten kann. Nach meiner Meinung
ist dies jedoch nicht zutreffend, da ich dieselbe
Erscheinung unter Bedingungen beobachtet habe,
wo die Möglichkeit einer seitlichen Ablenkung
vollständig ausgeschlossen ist. Wie ich weiter
unten zeige, ist die Breite des Absorptions-
streifens manchmal gleich der zwanzigfachen
Breite des Spektrums zwischen den /J-Linien.
Die entgegengesetzt gekrümmten Äste, die
sich an das Absorptionsgebiet anschliessen,
wachsen schnell an, wenn die Röhre heisser
wird, und schliesslich treten die Enden aus dem
Gesichtsfeld des Instrumentes heraus. Im Rot
und im Grünblau tritt dann schöne Slreifen-
absorption auf, die einen Bereich im Blau
schliesslich fast völlig auswischt. Unterdessen
nimmt die Krümmung des Spektrums in ganz
merkwürdiger Weise zu: der ganze rote Ast
üegt hoch über dem grün-blauen Teil. Wenn
die Dampfdichte zunimmt, verblasst das Rot
allmählich; es bleibt nur Gelb und Grün und
das äusserste Blau und Violett, während die
Krümmung fortdauernd zunimmt. Das Streifen-
oder Rippen Spektrum ist von Roscoe und
Schuster vor etwa 25 Jahren beschrieben
worden, doch ist meines Wissens seitdem nicht
mehr darüber gearbeitet worden. Ich habe
kürzlich mit Hilfe eines konkaven Rowland-
sehen Gitters ausgezeichnete Photographien hier-
von erzielt, die vom äussersten Rot bis zum
Violett gehen; ich finde, dass dasselbe viel aus-
gedehnter ist, als man angenommen hatte, denn
die Streifen gehen direkt bis zum Absorptions-
streifen an den />-Linien, und zwar auf beiden
Seiten, wenn sie auch auf der Seite der kürzeren
Wellenlänge sehr undeutlich sind. Dieses Spek-
trum will ich in einer späteren Arbeit be-
sprechen.
Von dem Dispersionsspektrum des Beugut^rs-
gitters habe ich sehr befriedigende Photo-
graphien erzielt. Nach beendigter Belichtung,
doch vor dem Entfernen der Platte, wurde eine
kleine Natriumflamme vor den Spektrometer-
spalt gebracht: man erhielt so auf der Platte
ein Bild der Natriumlinien an ihrer Stelle im
Spektrum und konnte dieses als Marke benutzen.
Um Photographien von der Dispersion bei
grösserer Dichte des Natriumdampfes zu er-
zielen, war grössere Lichtstärke wünschenswert,
und deswegen wurde das Gitter durch ein
kleines Prisma ersetzt. Dieses Prisma löste auf
den Negativen die Natriumlinien nur gerade auf,
gab aber ausgezeichnete Bilder des Spektrums
mit starker Natriumdispersion. So wurde Fig. 2
hergestellt ; auf derselben sind die Streifen im
Rot und Grün ersichtlich, wenn auch nicht
sehr scharf.
Da bei jeder Wiedergabe von den feinen
Einzelheiten viel verloren geht, habe ich in
Fig. 2 die äussersten Punkte, bis zu denen die
gekrümmten Äste am Absorptionsstreifen auf
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
233
dem Original -Negativ verfolgt werden können,
mit Pfeilen bezeichnet. Bei Beobachtung mit
blossem Auge kann man dieselben jedoch viel
weiter verfolgen, denn die Endspitzen sind
äusserst schwach und das Licht chemisch nicht
sehr wirksam.
Bei der Darstellung des direkten Spektrums,
wie es ein Prisma von Natriumdampf giebt, er-
hält man die besten Resultate mit einer langen
Dispersionsröhre und einem Satz von vier bis
fünf Prismen. Die Natriumstückchen müssen
mindestens etwa 6 bis 8 cm auseinanderliegen,
und für jedes einzelne muss besonders ein kleiner
Bunsenbrenner in Anwendung kommen.
Man kann zwar schon mit einem einzigen
Prisma ein recht schönes anomales Spektrum er-
zielen, doch ist in Anbetracht der prachtvollen
Resultate, welche die Anwendung eines ganzen
Satzes ermöglicht, die kleine weitere Mühe nicht
verloren. Wenn die Lichtquelle der elektrische
Bogen ist, findet man, dass das äusserste Violett
die Stelle des unabgelenkten Spaltbildes einnimmt.
Dann kommt Blau, manchmal in direktem An-
schluss an Violett, manchmal hingegen durch
eine feine dunkle Linie von ihm leicht getrennt,
da ja das violette Licht von der gerippten
Kohlenstoffbande des Bogens kommt, die vom
Blau durch ein verhältnismässig dunkles Be-
reich getrennt ist. Darauf folgt eine breite
Lücke, die dem Lichte entspricht, das im blau-
grünen Bereich (dem gerippten Spektrum) vom
Natriumdampf absorbiert wird, und darüber ein
prächtiger Farbenstreifen, der von Blaugrün in
Grasgrün und schliesslich in Gelb übergeht. Der
rote und orangenfarbige Teil des Spektrums
liegt auf der anderen Seite des unabgelenkten
Bildes, oder unterhalb desselben, und bildet
einen zweiten glänzenden Farben streifen. Vom
Violett ist es, infolge der Absorption bei den
/7-Linien, durch einen breiten dunklen Streifen
geschieden. Wenn die Röhre stärker erwärmt
wird und so die Dichte des Dampfes wächst,
breitet sich der rote Streifen weiter nach unten aus,
wird schwächer und verblasst schliesslich ganz
infolge des Auftretens von gerippten Ab-
sorptionsstreifen im Roten. Grün und Blau
bleiben weiter, wenn sie auch immer weiter von-
einander getrennt sind, bis schliesslich auch
Grün fast vollständig verschwindet. Am besten
bringt man den Gashahn so an, dass man die
Flammenhöhe regulieren kann, ohne sich vom
Okular zu entfernen, da es ganz wunderbar ist,
eine wie geringe Veränderung dazu genügt, den
ganzen Charakter des Spektrums zu verändern.
Die Glasröhre darf man, bevor der Versuch
beendigt ist, nicht abkühlen lassen, da sie sonst
sofort zerspringt, wenn man die Flamme wieder
heranbringt.
Glas ist zwar für Versuche, die nur kurze
Zeit dauern, ein recht geeignetes Material, doch
ist sonst Eisenblech vorzuziehen. Jeder Klempner
kann brauchbare Röhren herstellen: dieselben
müssen aus dünnem Eisenblech verfertigt sein;
der umgewendete Lötsaum wird gehämmert, bis
ein dichter Schluss hergestellt ist. Solche
Röhren können beliebig oft erhitzt und ab-
gekühlt werden, und man kann sie ein bis zwei
Stunden lang hintereinander benutzen. Nach
Ablauf dieser Zeit ist das Natrium gewöhnlich
aufgebraucht, und ein moosartiger Satz von
Oxyd hat allmählich die Röhre angefüllt. Die
Röhren können, ohne Schaden zu nehmen,
immer und immer wieder benutzt werden und
sind in jeder Hinsicht befriedigend. Ihr einziger
Fehler ist ihre Wärmeleitfähigkeit, da der Siegel-
lack weich wird und die Glasplatten abfallen;
doch diesem Übelstand kann abgeholfen werden,
wenn man um beide Enden ein Stück Lein-
wand wickelt und dieses von Zeit zu Zeit an-
feuchtet. Ich habe auch Röhren mit Wasser-
mänteln an beiden Enden anfertigen lassen,
doch erzielt man hiermit anscheinend keinen
besonderen Vorteil und kompliziert nur den
Apparat. Porzellanröhren sind recht brauch-
bar, doch gebe ich im allgemeinen den eisernen
den Vorzug.
(Aus dem Englischen übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen am 31. Januar 1902.)
Zur Temperaturbestimmung von Flammen. \y
Von O. Lummer und E. Pringsheim.
Die Auffindung der Strahlungsgesetze fiir
den schwarzen Körper und das blanke Platin
hat die Grundlage für mehrere Methoden ge-
liefert, um die Temperatur auch nicht schwarzer,
leuchtender Körper mit ziemlicher Genauigkeit
zu bestimmen. Auch die Temperatur leuchtender
Flammen Hess sich angeben unter der Voraussetz-
ung, dass die Strahlungseigenschaften der glühen-
den Kohlepartikelchen zwischen denen des schwar-
zen Körpers und des blanken Platins liegen. ')
Nur die nichtleuchtenden Flammen sind
von diesen Methoden ausgeschlossen, da sie
ein diskontinuierliches, aus einzelnen Banden be-
stehendes Spektrum besitzen. Hier kann man
aus der Emission allein keine direkten Schlüsse
auf die Temperatur ziehen, wohl aber kann
man hoffen, bei gleichzeitiger Messung der Ab-
sorption über die Temperatur Aufschluss zu er-
halten. Die Messung der Absorption strahlen-
I) U. Lummer und E. Pringsheim, Verhandlgn. der
Deutsch. Phys. Ges. 1, 215 — 235, 1899.
234
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. il.
der Flammen bleibt stets misslich. Man um-
geht sie ganz, wenn man genügend dicke strah-
lende Schichten nimmt oder wenn man die be-
kannte Methode der Umkehrung der Spektra
anwendet.
Relativ einfach gestaltet sich die Temperatur-
bestimmung, wenn es gelingt, die schwarze Strah-
lung bei Temperaturen zu verwirklichen, welche
die zu messende Flammentemperatur übersteigen,
mindestens aber erreichen. Mit . dem von uns
konstruierten elektrisch geglühten Kohlekörper •)
hoffen wir Temperaturen bis 3CXX>® zu erreichen.
Alle auf der Strahlung beruhenden Methoden
der Temperaturbestimmung sind nur bei den-
jenigen Flammen brauchbar, bei denen es sich
um reine Temperaturstrahlung handelt. Bei
den Kohlenwasserstoff-Flammen z. B. kommen
die Bandenspektra der Kohlensäure und des
Wasserdampfes in Betracht. Ob diese Emission
der reinen Temperaturstrahlung angehört, oder
ob Luminescenz mitwirkt, ist eine noch un-
entschiedene Frage. ^) Ergiebt sich aus der
Umkehrung der verschiedenen Absorptions-
banden nicht die gleiche Temperatur der Flam-
me, so kann man wohl schliessen, dass die
Emission zum Teil durch Luminescenz hervor-
gebracht wird. Sollten dagegen die CO^- und
H2 0-Banden bei ein und derselben Temperatur
des schwarzen Körpers umgekehrt werden, dann
dürfte diese Temperatur die wahre Flammen-
temperatur sein. Bei den durch Metalldämpfe
(AVz, K etc.) gefärbten Flammen versagt da-
gegen diese Methode ganz. Denn in allen
Fällen, in denen die Emission nur aus homo-
genen Wellen besteht, hängt die Umkehrung
der Spektrallinien nicht allein von der Temperatur
des schwarzen Körpers ab, sondern es können
die Linien durch blosse Änderung der Dispersion
zum Verschwinden oder Wiedererscheinen ge-
bracht werden.
Aber auch bei reiner Temperaturstrahlung
und nichthomogener bezw. kontinuierlicher
Emission liefert diese Methode nur dann rich-
tige Werte der Temperatur, wenn das Reflexions-
vermögen der Flamme gegen ihr Absorptions-
vermögen zu vernachlässigen ist. Ist dies nicht
der Fall, so tritt das Kriterium (Schwelle der
Umkehr bezw. Helligkeitsgleichheit mit und ohne
Flamme) ein, ohne dass die Temperaturen des
schwarzen Körpers und der zu untersuchenden
Flamme ungleich sind. In diesem Falle sei
7", die Temperatur des schwarzen Körpers und
S\ sein Emissionsvermögen für das untersuchte
Wellenlängengebiet. Entsprechend seien 7\
die Temperatur der Flamme, A ihr Emissions-
vermögen, A ihr Absorptionsvermögen, A' ihr
II Diese Zeitschr. 3, 97 — 100, 1901.
2' Vgl. Litteratur bei K. Priugsheira, „Sur l'Emission
'\-i^ Ga/". Congres Intern, de Phys. Paris 1900.
Reflexionsvermögen und D ihr Durchlassungs-
vermögen. Die Gleichgewichtsbedingung ist
dann:
Ist 6*2 das Emissionsvermögen des schwarzen
Körpers für die Temperatur 72, so ist:
also folgt:
02 . 0|
oder d2LR + A + n=i ist:
I)
Ist R also nicht klein gegen A, so wird
S2 > S\ oder 7^2 ^ ^1 » ^' h. die Flammen-
temperatur ist zu klein gemessen. Die Vor-
aussetzung
dürfte wenigstens bei den stärkeren Absorptions-
banden der nichtdurchleuchtenden Flammen
nahe erfüllt sein. Ob dies aber auch bei den
mit kontinuierlichem Spektrum leuchtenden
Flammen der Fall ist, erscheint uns zweifelhaft.
Neuerdings hat Herr Kurl bäum ') gemessen,
bei welcher Temperatur des schwarzen Körpers
die Helligkeit im sichtbaren Gebiet des Spek-
trums (Rot) durch Einschalten der Kerzen-
flamme in den Strahlengang nicht geändert
wird. Indem bei dieser, auf der Umkehrung
der Spektra beruhenden Methode die Flammen-
temperatur gleich derjenigen des schwarzen Kör-
pers gesetzt wird, bleibt der Einfluss der
Reflexion unberücksichtigt. Die so erhaltene
Temperatur der Kerze ist daher notwendig zu
klein. Um wieviel sie zu erhöhen i.st, wäre
nur angebbar, wenn man das Verhältnis von
R und A kennen würde. Da Angaben hierüber
fehlen, so haben wir, um einen Anhaltspunkt
zu gewinnen, vorläufig das Durchlassungsver-
mögen D und damit R + A= i — D bestimmt.
Diese Messungen ergaben fiir den roten Spektral-
bezirk :
/? = o,8, also R + A = o,2.
Je nach den Umständen wird RA verschie-
dene Grösse haben können. Unter der willkür-
lichen Annahme z. B., dass die in der Kerze
glühenden Kohlepartikelchen 5 resp. 10 Proz.
der auffallenden Strahlen durch Reflexion und
Beugung zerstreuen, würde nach Gleichung i
werden:
4
^2 = -zr Si, bezw. ^'2 ^^ 2.S'i,
d. h. es müsste die unter Vernachlässigung der
I) Diese Zeitschr. 3, 187—188, 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
235
Reflexion bestimmte Kerzentemperatur um so-
viele Grade erhöht werden, als man die Tempe-
ratur des schwarzen Körpers erhöhen muss, damit
sein Emissionsvermögen von S] auf ^j-i Si
bezw. 2 6*1 steigt.
Nach unseren isochromatischen Kurven für
den schwarzen Körper ') beträgt dieses Intervall
für Rot etwa 40 " bezw. 1 20 ** , so dass die
Kurlbaumsche Zahl sich unter den gemachten
Annahmen von 1704^ abs. auf 1740^ bezw.
1820^ abs. erhöhen würde, während wir aus
der bolometrisch gemessenen Lage des Energie-
maximums die Temperatur der Kerze zwischen
1780'* abs. und i960 "abs. eingeschlossen hatten.
Übrigens ist eine genaue Übereinstimmung
zwischen dem photometrisch und bolometrisch
gemessenen Werte gar nicht zu erwarten, umso-
weniger als die Temperatur der Kerze sich
jedenfalls mit der Flammenhöhe, der Art der
Kerze etc. ändert. Die gefundene geringe Ab-
weichung kann daher kaum den Schluss recht-
fertigen, dass der in der Kerze glühende Kohlen-
stoff selektiver strahlt als blankes Platin.
1) O. Lummer und E. Pringsheim Verhandlgn. der
Deutsch. Phys. Ges. 3, 36—46, 1901.
(Eingegangen 7. Februar 1902.)
Geschichtliches zur Erklärung der Zerstreuung
der Kathodenstrahlen.
Von J. Stark.
Vor kurzem veröffentlichte ich in dieser
Zeitschrift (3, 161, 1902) eine Mitteilung über
die Reflexion der Kathodenstrahlen. Auf Grund
der Annahme, dass zwischen den Kathodenstrahl-
teilchen und den reflektierenden Massenteilchen
eine von der Entfernung abhängende Kraft
wirke, versuchte ich die bis jetzt über die
Kathodenstrahlreflexion vorliegenden Beobach-
tungen und Messungen systematisch zu ordnen
und auf vorhandene Lücken hinzuweisen.
Wenn man in den Kathodenstrahlen be-
wegte elektrische Teilchen sieht, so ergiebt sich
von selbst die Folgerung, dass Kräfte zwischen
ihnen und anderen Teilchen auftreten können.
In der Einführung jener Annahme liegt darum
kein Verdienst; sie ist schon von verschiedenen
Seiten gemacht und vor allem bereits von W.
Weber klar und deutlich ausgesprochen, ja
sogar zu den grundlegenden Zügen einer
Theorie der Zerstreuung elektrischer Strahlen
verwertet worden.
reits W. Weber') die Zerstreuung elektrischer
Teilchen behandelte, zunächst allerdings in
der Absicht, auf diesem Wege zu einer elektro-
dynamischen Begründung von Max we 11s Gas-
theorie zu gelangen. Bei näherem Nachlesen
war ich erstaunt zu ersehen, dass die Entwicke-
lungen von Weber Wort für Wort auf die
Zerstreuung der Kathodenstrahlen übertragen
werden können, dass er schon im Jahre 1878
auf die bewegten elektrischen Teilchen Bezeich-
nungen und Definitionen angewandt hat, die erst
in den letzten Jahren neu gebildet worden sind.
Es dürfte von allgemeinem Interesse sein,
Webers eigeneWorte kennen zu lernen. Ich citiere
darum aus der Abhandlung „Elektrische Strah-
lung, insbesondere Reflexion und Zerstreuung
der Strahlen" folgende Stellen:
S. 389. ,,Die Bewegungen zweier bloss
durch Wechselwirkung getriebenen elektrischen
Teilchen, die sich in Bewegung gegeneinander
sowohl in der sie verbindenden Geraden, als
auch senkrecht darauf befinden, sind in den
elektrodynamischen Massbestimmungen, Bd. X
dieser Abhandlungen, betrachtet und zu ihrer
Bestimmung folgende Gleichungen gefunden
worden:
u' r—r^ (q , /-+ ro
c^ r — Q ^r^ r
ra = ro «oi
«0
wo r die Entfernung beider Teilchen vonein-
ander, und u und a ihre relativen Geschwindig-
keiten in der Richtung von r und senkrecht
darauf bezeichnen; ferner bezeichnet ro den
Wert von r, für welchen n = o ist, «0 den Wert
von «, für welchen r = ro ist, endlich (> die
von der Natur und den Massen f und ^' der
beiden Teilchen e und / abhängenden Konstante
€ + fi e ' e
() = 2
.2
WO Q positiv oder negativ ist wie das Produkt
e * e ,
S. 390.^ „Es soll nun der Fall betrachtet
werden, dass zwei gleiche elektrische Teilchen
e und / aus grosser Entfernung sich einander
mit grosser Geschwindigkeit // nähern . . . Der
Einfachheit halber soll bei dieser relativen Be-
wegung e als ruhend betrachtet werden. In
derselben Bahn und relativ gegen e mit gleicher
Geschwindigkeit soll dem Teilchen / eine Reihe
gleicher Teilchen e\ e" ... folgen, in solchen
Intervallen, dass die wechselseitigen Störungen
derselben nicht berücksichtigt zu werden
brauchen."
. . . Das System aller dieser Teilchen heisse
Herr Geheimrat Riecke hatte die Güte, : ,, Wilhelm Webers Werke, IV. Hand, Galvanismus
mich darauf aufmerksam zu machen, dass be- ' und Elektrodynamik, Berlin 1894, 389.
236
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No. 11.
ein elektrischer Strahl und die Asymptote,
in der sich die Teilchen befinden, wenn sie sehr
weit von e entfernt sind, diene zur Bestimmung
der Richtung des Strahles."
S. 391. „Von dem Augenblicke an, wo
r =/-() geworden, entfernen sich die beiden Teil-
chen e und / wieder voneinander, und ihre
Verbindungslinie nähert sich einer anderen Ge-
raden, die mit der Richtung, welche ee besass,
als r = ro geworden, ebenfalls einen Winkel
= 9P0 bildet und mit der Richtung des ursprüng-
lichen Strahles den Winkel = 29>o» welcher der
Reflexionswinkel heissen soll. Dieser Re
flexionswinkel ist nun aber für die verschiedenen
Teilchenpaare ee\ ee' . ., welche zu demselben
Strahle gehören, sehr verschieden, nach Ver-
schiedenheit der Werte von «o oder r^\Q, wo-
raus sich ergiebt, dass ein solcher reflektierter
Strahl zugleich auch zerstreut werde. Diese
Zerstreuung elektrischer Strahlen soll nun
nach obigen Gesetzen näher bestimmt werden.'*
Weber hat in erster Linie die Zerstreuung
elektrischer Strahlen an elektrischen Teilchen
im Auge gehabt; dass er auch an eine Zer-
streuung durch ponderable Moleküle gedacht
hat, geht aus folgenden Stellen hervor, deren
Inhalt auch an sich grosses Interesse bean-
spruchen darf.
S. 394. „Nach dieser Mosot tischen Vor-
stellung ponderabler Teilchen ergiebt sich von
selbst, dass, wenn diese Teilchen sich im leeren
Räume in Wurfbewegung befinden, wie nach der
Krönig- Clausius sehen Gastheorie bei den Gasen
angenommen wird, so würden aus den Gesetzen
der elektrischen Wechselwirkung für diese im
leeren Räume in Wurfbewegung befindlichen
ponderablen Teilchen ähnliche Zurückwerfungs-
und Zerstreuungsgesetze sich ergeben, als im
vorigen Artikel für gleichartige in Wurf bewegung
befindliche Teilchen gefunden worden sind."
S. 395. ,,Es lassen sich hiernach die im vorigen
Artikel gefundenen Gesetze der Zurückwerfung
und Zerstreuung fiir Strahlen gleichartig elek-
trischer Teilchen auch auf Strahlen ponderabler,
nach Mosottis Vorstellung zusammengesetzter
Moleküle, übertragen. Und sind nun diese pon-
derablen Moleküle Gasmoleküle, so wird da-
durch ein Aggregatzustand des Gases gebildet,
welcher dem nach der Krönig-Clausiusschen
Theorie den Gasen zugeschriebenem Aggregat-
zustande ganz entspricht, ohne dass es nötig
wäre, diesen ponderablen Gasmolekülen mit
Krönig eine besondere Form und Elastizität,
oder mit Clausius und Maxwell besondere,
einer höheren Potenz der Entfernung umgekehrt
proportionale Abstossungskräfte zuzuschreiben."
Ganz ähnliche Vorstellungen hatE. Riecke ^)
in seiner Theorie des Galvanismus und der
Wärme auf die Wechselwirkung zwischen einem
elektrischen Teilchen und einem ponderablen
Molekül angewendet. Er schreibt a. a. O. S. 357
folgendes: ,, Nehmen wir an, dass . . ., so be-
wegen sich die Teilchen in dem intramolekularen
Raum in gerader Linie solange, bis sie in die
Nachbarschaft eines anderen ponderablen Mole-
küls kommen. Von diesem werden sie aus der
geradlinigen Bahn abgelenkt; sie werden das-
selbe in einem kleineren oder grösseren Bogen
umkreisen, um sich dann wieder zu entfernen
und in gerader Linie bis zu einem dritten
ponderablen Molekül weiter zu gehen."
W. Kaufmann') hat die Annahme einer
Kraft zwischen elektrischen Teilchen (Kathoden-
strahlen) und Molekülen in folgender spezieller
Form benützt. „Ich mache die Annahme, dass
zwischen den Strahlteilchen und den Molekülen
eine Attraktion stattfindet, welche proportional
ist der Masse des Moleküls und irgend einer
Funktion f[r) der Entfernung r zwischen dem
Strahlteilchen und dem Molekül." Kaufmann
bemerkt, dass seine auf diese Annahme ge-
gründeten Betrachtungen über die Zerstreuung
der Kathodenstrahlen in Gasen zu keineswegs
widerspruchsfreien Resultaten führen. Dies darf
uns an der Annahme einer Kraft nicht irre
machen, da die Wechselwirkung zwischen elek-
trischen Teilchen und den materiellen Teil-
chen eines Körpers in erster Linie wohl auf
elektrische Kräfte 2) zurückzuführen sein dürfte.
Wie W. Seitz^), so möchte auch ich die
Frage nach der speziellen Natur der Wechsel-
wirkung zwischen elektrischen, insbesondere
Kathodenstrahlteilchen und Teilchen eines
Körpers zunächst noch offen lassen. Für die Ord-
nung und Kritik des bereits vorliegenden Versuchs-
materials, für die Vorhersage neuer Beziehungen
genügt vorderhand die Annahme einer ablenken-
den Kraft, die mit dem wachsenden Abstand zwi-
schen Kathodenstrahl- und Massenteilchen kleiner
wird. Die Aufgabe meiner früheren Mitteilung
über die Reflexion der Kathodenstrahlen sah ich
darin, die bisherigen Beobachtungen zu syste-
matisieren und der weiteren experimentellen
Forschung Richtpunkte zu geben.
1) W. Kaufmann, Wied. Ann. 69, III, 1899.
2) Diese Zeitschr 1, 399, 1900; 2, 233, 1901.
3) W. Seitz, Ann. d. Physik, 6, I, 1901.
Göttingen, 25. Januar 1902.
(Hingegangen 10. Februar 1902.
1) E. Riecke, Wied. Ann. 66, 357, 1899.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
237
Zur Kenntnis des Eiskalorimeters.
Von G. Lindner.')
Seitdem in den Händen von Bunsen das Eis-
kalorimeter seine klassische Form angenommen
hat, wird dasselbe aus bekannten Gründen zur
Messung von Wärmemengen benutzt.
Auf Anregung von Herrn Prof. Dr. Eilhard
Wiedemann habe ich die Änderungen der
spezifischen Wärmen von festen Körpern mit
der Temperatur untersucht und dabei das Eis-
kalorimeter von Bunsen verwendet. Während
ich noch mit den Vorarbeiten beschäftigt war,
erschien eine Arbeit von Bontschew^), welche
die Grundbedingung für die Verwendbarkeit des
Eiskalorimeters in Frage stellt. Herr Bontschew
findet nämlich, dass man bei aufeinander folgen-
den Versuchen für dasselbe Stück derselben
Substanz verschiedene und zwar abnehmende
Werte für die spezifische Wärme erhält. Daraus
würde eine Veränderlichkeit der Schmelz-
wärme des Eises sich ergeben und dann
die Verwendung des Eiskalorimeters zur
Messung von Wärmemengen ausgeschlos-
sen sein. Einen Anhalt würde diese Ver-
änderung in den Beobachtungen von R. Emd en ^)
finden, nach welchen in der That das Eis im
Eiskalorimeter sich umlagert. Da ich gelegent-
lich auch derartige Resultate wie Herr Bont-
schew erhalten habe, so bin ich den Ursachen
der Erscheinung nachgegangen. Von vorn-
herein sei bemierkt, dass die Abnahme der
spezifischen Wärme nur dann eintritt, wenn
Fehlerquellen nicht vermieden werden. Be-
obachtungen, bei denen mit demselben Eis-
mantel eine Reihe von Versuchen angestellt
war, ergaben nacheinander folgende Werte fiir
die mittlere spezifische Wärme von Kupfer
zwischen o^ und 133
0
1. 0,0944
2. 0,0971
3. 0,09624
4. 0.09662
5. 0,09592
6. 0,09512
7. 0,0847
8. 0,0842
9. 0,0821
10. 0,0868
11. 0,0888
12. 0,0878
Hieraus würden für die Schmelzwärme Unter-
schiede von 3 bis 14 Proz. folgen. Wahrschein-
licher schien mir aber, dass dies von Veränderun-
gen im Eiskalorimeter herrühre. In der That zeigte
sich bei einer Besichtigung desselben, dass der
Eismantel an dem unteren Ende fortgeschmolzen
1) Mitgeteilt von dem Physikal. Institut der Universität
Erlangen.
2) Bontschew, „Die Abhängigkeit der spezifischen
Wärme des festen Albuminiums von der Temperatur'^, Inaugu-
raldissertation, Zürich 1900.
31 Neue Denkschriften der allgem. Schweiz. Gesellschaft
für die Naturwissenschaften 83, i — 44.
war. Dadurch wurde aber der Versuch ungenau,
weil ein Teil der Wärme nicht zum Schmelzen
des Eises verwendet wurde, sondern durch
Strahlung an die Umgebung abgegeben, be-
sonders aber durch absteigende Konvektions-
ströme im Wasser zum Quecksilber geführt
wurde. Hieraus erklärt sich der grosse Unter-
schied zwischen den Resultaten i — 6 und 7 — 12.
Ganz besonders ist bei Beginn von Beobach-
tungen mit einem neuen Eismantel darauf zu
achten, dass das Eis und Wasser im Kalorimeter
nicht unterkühlt sind, da sonst die Resultate
bis zu 6 Proz. zu klein ausfallen.
Versuche mit kleineren Mengen der Substanz
ergaben denn auch durchaus übereinstimmende
Resultate, die weiter unten mitgeteilt werden.
Um aber sicher zu sein, dass das Eis unabhängig
von der Art der Entstehung dieselbe Schmelz-
wärme besitzt, wurde Eis bei verschiedenen
Temperaturen gebildet. Die nun folgenden Ver-
suchsreihen wurden nach der Krystallisationsform
in 3 Gruppen eingeteilt. Innerhalb derselben
wurde sowohl frisch gefrorenes Eis als auch
solches, welches während einiger Tage gestanden
hatte, verwendet. Bestimmt wurde jedesmal die
spezifische Wärme für Kupfer zwischen o^ und
133®. Die Erwärmung geschah in einem elek-
trischen Ofen nach dem Prinzip von L. Holborn
und A. Day. ^)
I. Das Eis, welches zu den Versuchen dieser
Abteilung verwendet wurde, war erzeugt, indem
Äther im Kalorimeter rasch zur Verdampfung
gebracht wurde. Mit je einem frischen Eis-
mantel wurden die Versuche i — 2, 3 — 5, 6 — 10
angestellt. Der 3. Eismantel hatte 3 Tage ge-
standen, bis mit den Versuchen begonnen wurde.
Die Resultate sind folgende:
1. 0,09479 6. 0,09462
2. 0,09472 7. 0,09413
3. 0,09462 8. 0,09462
4. 0,09421 9. 0,09413
5. 0,09462 10. 0,09455
Der grösste Unterschied beträgt 0,7 Proz.,
das arithmetische Mittel: 0,09449. Der nach
der Methode der kleinsten Quadrate berechnete
wahrscheinliche Fehler desselben ist 0,0000472,
also 0,09 Proz.
II. Bei den folgenden Versuchen wurde das
Eis hergestellt, indem in einer Kältemischung
aus Kochsalz und Schnee auf 15^ abge-
kühlter Alkohol in das Kalorimetergetäss ge-
bracht wurde. Die Versuche i — 6 sind mit
einem ersten, die Versuche 7 — 10 mit einem
zweiten Eismantel angestellt. Der letztere hatte
mehrere Tage gestanden, bis mit den Versuchen
begonnen wurde. Die Resultate sind folgende:
I) Wicdem. Ann. 68, 821, 1899.
238
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
1. 0,09416
2. 0,09420
3. 0,09434
4. 0,09416
5. 0,09461
6. 0,09482
7. 0,09420
8. 0,09416
9. 0,09420
10. 0,09443
Der grösste Unterschied beträgt 0,7 Proz.,
der Mittelwert: 0,094328; der wahrscheinliche
Fehler desselben ist: 0,000048, also 0,10 Proz.
III. Das Wasser wurde diesmal zum Ge-
frieren gebracht durch Alkohol, der in einem
Gemische aus Alkohol und fester Kohlensäure
auf — 75^ abgekühlt war. Mit dem Beginn der
Versuche wurde mehrere Tage gewartet. Die
Resultate sind folgende:
1. 0,09420 4. 0,09437
2. 0,09416 5. 0,09443
3. 0,09464 6. 0,09461
Der grösste Unterschied beträgt 0,5 Proz.,
das arithmetische Mittel 0,09440, sein wahr-
scheinlicher Fehler 0,000054, also 0,1 Proz.
Vergleicht man nun die Mittel der einzelnen
Beobachtungen untereinander, so ergiebt sich
ein Unterschied von nur 0,1 Proz. Man kann
also mit Recht schliessen, dass die Schmelz-
wärme des Eises eine konstante Grösse
ist, und dass das Eiskalorimeter auch in
Zukunft trotz der Angaben von Herrn
Bontschew bei richtig angeordneten Ver-
suchen zur Messung von Wärmemengen
dienen kann.
(Eingegangen 15. Februar 1902.')
Über Luftschlieren und Zonenfehler.
Von K. Strehl.
Im Verein mit Herrn cand. math. Hirsch-
mann habe ich folgende Ergebnisse erhalten:
1. Wenn die von einem Sterne gesendete
Wellenfläche vor dem Objektiv wellblechähn-
liche Durchbiegungen von ^/6 Pfeilhöhe und
I dm Sehne zeigt, dann ist die Definitions-
helligkeit im Brennpunkt für symmetrische (s)
bezw. unsymmetrische (//) Lage der Wellen-
fläche zum Objektiv und verschiedene Öffnungen
(in Sechsteln von i dm angegeben) folgende
(in Prozenten):
Öffnung 6 8 10 12 16 24 30 48
Lage j % 96 71 71' 6s 54 57 56 55
Lage u % 66 55 51 52 59 55 55 57
Die Wirkung wächst nicht mit dem Kubus
der Öffnung, sie geht rasch bis zu einem für
grosse Objektive fast konstanten Werte.
2. Wenn die Wellenfläche nach dem Ob-
jektiv eine Rotationsfläche vom 6. Grad statt
eine Kugel ist und die Längenabweichung in
der Achse und am Rande gleich o, in der
Zone 0,707 R gleich '^ ist, dann ist die De-
finitionshelligkeit im günstigsten Punkte (Mittel-
punkt der der Wellenfläche sich möglichst an-
schmiegenden Kugel) für verschiedene Ver-
hältnisse von Öffnung zu Brennweite folgende
(in Prozenten):
Verhältnis
+ (J in cm
+ (J in cm
-I- (J in cm
+ (J in cm
Die Hauptl
die chromatische Aberration und die mechani-
schen Zonenabweichungen, nicht die Wirkung
der Luftschlieren (geringen Grades).
Erlangen, den 6. Februar 1902.
(Hingegangen 8. Febniar 1902 )
: 10
1:14,14
I :20
%
'u
•,'2
1
Ol
/,
1'
8
';4
'/2
45
|/,6
Vs
'/4
82
500
132
iiler
',.6
der Riese
'9
infernrc
95
ihre
sind
Erdbebenwellen. \)
Von Wilh. Schlüter.
I.
Schon gleich um das Jahr 1 880, als man in
Japan unter Führung von J. Milne begann,
die fühlbare Erdbebenbewegung zu registrieren,
und man bemerkte, dass die Bebendiagramme
zu Beginn eine Serie Schwingungen von kleiner
Periode (,,preliminary tremors*' oder „Vorläufer*'),
dann Schwingungen grösserer Periode (,,large
waves", „lange Wellen" oder „Hauptwellen")
zeigen, wurde die Aufmerksamkeit durch diese
Hauptwellen in hohem Grade gefesselt. Das
Interesse wuchs noch bedeutend, als 10 Jahre
später E. v. Rebeur- Paschwitz japanische
Beben in Europa registrierte, als man so darauf
aufmerksam wurde, dass die Erdbebenschwin-
gungen sich weit über die Grenzen des Fühl-
barkeitsbereiches hinaus fortpflanzen und bei
Verwendung empfindlicher Apparate auch zu
registrieren sind. Die so erhaltenen Fernbeben-
diagramme zeigten ebenfalls, sogar in noch schö-
nerer Ausbildung, jene beiden Hauptbeweg^ngs-
gruppen der Vorläufer und langen Wellen.
Welcher Art mochten nun die Bewegungen der
Erdoberfläche sein, die den langen Wellen der
Diagramme zu Grunde liegen.^ Gerade die be-
deutende Grösse der Perioden (bei Fernbeben
i) Vorliegende Arbeit ist ein kur/er Auszug einer in
zwei Teile sich gliedernden Abhandlung aus Gerlands Uc'x-
träjjen zur Geophysik, lid. V, Heft 2 und 3. Darin sind im
(Jöttinger Geophysikalischen Institut angestellte Untersuchungen
besprochen, soweit sie Knde 1900 fertig vorlagen. Der erste
Teil der Abhandlung erschien vor dem Abdruck in Ger-
lands Pici trägen bereits als Innuguraldissertation.
\
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
239
15 bis 30 Sekunden und darübef) mag wohl so
stark den Gedanken aufgedrängt haben, dass
man es mit einem neigenden Wogen des Erd-
bodens zu thun habe. Alle die vielen Hypo-
thesen, welche man aufstellte, sei es nun auf
Grund der Gravitation, der Elastizität oder
dergl., kommen, rein äusserlich, geometrisch
aufgefasst, auf dasselbe hinaus: Über die Erd-
oberfläche sollen Wogen dahineilen wie die
Wellen des bewegten Wasserspiegels über den
Ozean; und die hierbei auftretenden Neigungen
sollen die Seismographen in Bewegung setzen.
Diese Anschauung beherrscht von jeher, seit
nunmehr 20 Jahren, die ganze seismische Litte-
ratur; und wenn neuerdings A. Schmidt
(Stuttgart) nachwies, dass die zweite Möglich-
keit zur Erklärung der langen Wellen auf den
Diagrammen, die Annahme eines horizontalen
Hin- und Herschwingens des Erdbodens, weit
kleinere Bewegungsamplituden erfordere, dass
also diese Möglichkeit die wahrscheinlichere sei,
so konnte dieser Hinweis die herrschende An-
schauung keineswegs erschüttern.
Bei einer Frage von solch weitgehendem
Interesse fehlte es natürlich nicht an Versuchen,
eine Entscheidung herbeizuführen. Wenn sie
jedoch nicht gelang, so lag es an einer schon
früh von Anderen erkannten Eigentümlichkeit
sämtlicher Seismographen: Sie werden durch
Neigungen und durch horizontales Hin- und
Herschwingen des Erdbodens gleicher Weise in
Bewegung gesetzt, man kann also hinterher
nicht entscheiden, welche von beiden Bewegungs-
ursachen vorhanden war. Über die innere Ur-
sache dieser Eigentümlichkeit war man sich je-
doch noch nicht klar geworden.
Indem ich sie darin erkannte, dass alle
Seismographen im Prinzip aus einer starren
Masse bestehen, die bei beliebiger Schwerpunkts-
anordnung um eine feste Achse drehbar ist,
lag für mich die weitere Erkenntnis nicht mehr
fern: Die Trennung beider Bewegungs-
arten lässt sich erreichen, wenn man den
Schwerpunkt in die Drehungsachse ver-
legt. Ein Horizontalschwingen des Erdbodens,
überhaupt alle Parallelverschiebungen wirken
dann nicht mehr ein, es wirken nur noch die
Neigungsän derungen.
Damit war der Weg zur Lösung des Proble-
nies vorgezeichnet, welches ich durch die beiden
folgenden Fragen präzisieren möchte: 1. Werden
die Seismographen durchNeigungen oder
durch ein horizontales Schwingen des
Erdbodens in Bewegunggesetzt? 2. Liegen
den langen Wellen der Diagramme Nei-
gungswellen der Erdoberfläche als Ur-
sache zu Grunde oder was sonst? Beide
Fragen decken sich inhaltlich durchaus nicht,
wie man später erkennen wird. Unter „Nei-
gungswellen" fasse ich alle Bewegungsarten der
Erdoberfläche zusammen, welche ihre Normale
gegen die Schwererichtung periodisch schwanken
machen, welche also ein Dahineilen von Wellen-
berg und -Thal entlang der Erdoberfläche zur
Folge haben.
Ich baute daher einen Apparat, den ich seiner
Bestimmung gemäss ,,Klinograph" nannte.
Er ist in seinem Äusseren nichts anderes als
ein Wagebalken, welcher statt der Schalen-
gehänge auf jeder Seite in starrer Verbindung
ein schweres Gewicht (5 kg) trägt. Das Gerüst
dieses Wagebalkens wird gebildet durch zwei
sich rechtwinklig kreuzende, an den Enden
ringsum durch Drähte verbundene Aluminium-
stangen, von denen die horizontale etwa 2 m,
die vertikale etwa •* , m lang ist. In der Durch-
kreuzungsstelle, dem Symmetriecentrum der
ganzen Anordnung, ist, rechtwinklig orientiert
zur Ebene des Gerüstes, die 5 cm lange Achat-
schneide eingelassen, mit welcher das Gerüst
auf ein Achatlager aufgesetzt wird.
Die Registrierung benutzt das photogra-
phische Prinzip mit Hilfe von Spalt, Spiegel
und Cylinderlinse. Der Hohlspiegel ist auf ein
kleines Stativchen mit zwei Spitzen drehbar
aufgesetzt; mit einer dritten, verschiebbaren
Spitze lehnt er sich leicht auf einen vom
äussersten rechten Armende des Klinographen
herabhängenden Bügel. Dieser ganze, Tür sich
in einen Kasten eingeschlossene Apparat ist
angebracht an der E Jl-Wand des Beobach-
tungsraumes, eines Kellers der Göttinger
Sternwarte.
Die gegenüberliegende Wand trägt das ge-
samte Instrumentarium zur Registrierung, den
durch eine im Vorkeller brennende Glühlicht-
flamme erleuchteten, horizontalen Spalt, den
Registrierapparat und die davor vertikal auf-
gestellte Cylinderlinse, welche das vom Hohl-
spiegel des Apparates entworfene Bild des
Spaltes zum Lichtpünktchen auf dem photo-.
graphischen Papier konzentriert. Die Walze
des Registrierapparates hat einen Umfang von
16 cm und dreht sich um ihre vertikale Achse
einmal in der Stunde. Gleichzeitig senkt sie
sich um 4 mm, so dass vom Lichtpunkt in einem
Tage 24 auf dem ausgebreiteten photogra-
phischen Papier nebeneinanderlaufende Linien
von 36 cm Länge aufgezeichnet werden. —
P>ine später angebrachte Zeitmarkengebung
blendet jede Minute während 2 Sek. und jede
Stunde während 10 Sek. das registrierende
Licht ab.
Einer instrumentellen Schwierigkeit wäre
noch zu gedenken. Der Apparat sollte re-
gistrieren mit dem Schwerpunkt in der Drehungs-
achse, d. h. bei indifferentem Gleichgewicht,
was ohne weiteres natürlich praktisch nicht aus-
führbar ist. Hier leisteten mir die feinen Drähte,
welche den Bügel am äussersten Armende
240
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
tragen, einen wichtigen Dienst: sie wirken als
Federn und verschafften so stabiles Gleich-
gewicht, wenn der Schwerpunkt in der Dre-
hungsachse lag.
Die zu erwartenden Neigungen betrugen
etwa nur 2" bis 3 ; das bedeutet einen Aus-
schlag des äussersten Klinographen-Armendes
von etwa 0,01 bis 0,03 mm, eine mikrosko-
pische Grösse. Wollte ich sie registrieren, so
galt es, eine starke Vergrösserung zu erzielen.
Dazu musste die Hebelübertragung des Spiegels
dienen. Bei passender Wahl der Dimensionen
(Entfernung der verschiebbaren Spiegelspitze
von der Schneide 100 cm, von der Drehachse
des Spiegels 0,7 cm, Spiegel bis photographisches
Papier 230 cm) erreichte ich eine 690-fache
Vergrösserung der vom Armende des Klino-
graphen gemachten Bewegungen. So ergiebt
sich für eine Bogensekunde Drehung des Appa-
rates ein Ausschlag von 3,5 mm auf dem Papier.
Man kann daher noch Neigungen von 0,02 Bogen-
sekunden beobachten, d. h. Bewegungen des
Armendes von nur 0,00007 mm, Bewegungen, die
in ihrer Grösse etwa den 10. Teil der Wellen-
länge des Lichtes in der /?- Linie ausmachen.
Und bei solch kleinen Ausschlägen arbeitete
der Apparat noch mit vollkommener Präzision.
Alle Befürchtungen, die Schneide könne wegen
der starken Belastung bei jenen schwachen
Schwingungen haften oder sie könne auf dem
übrigens stets horizontal gehaltenen Lager
gleiten, erwiesen sich als unbegründet.
Nun erforderte eine wissenschaftlich strenge
Behandlung des vorliegenden Problems nicht
nur eine qualitative, sondern auch eine quanti-
tative Untersuchung. Bis dahin hatte man sich
jedoch bei allen Rechnungen damit begnügt,
einfach anzunehmen, dass die Apparate den
Neigungen der Erde vollkommen folgen, was
natürlich nur für unendlich langsame Neigungen
zutrifft, hatte die Einwirkung der Bodenbewegung
auf die Apparate also statisch behandelt anstatt
dynamisch. Welch ungenügende und falsche
Resultate dabei erhalten wurden, lässt sich
denken. So musste ich zuvor noch die Theorie
der seismischen Apparate für Neigungen
geben, speziell meines Klinographen und des
zum Vergleich notwendigen Horizontalpendels.
Für meinen Apparat nahm ich an, dass er
noch durch eine Federkraft in seiner Gleich-
gewichtslage gehalten würde, und dass der
Schwerpunkt irgendwo unter oder über der
Drehungsachse liege. Die Theorie gestaltet
sich so weit allgemeiner, als hier unbedingt not-
wendig ist; sie wird so gültig für jedes Vertikal-
pendel. Als Differentialgleichung der Bewe-
gung ergiebt sich dann eine Gleichung von
der Form:
I)
dt dt
wo 9) der Drehwinkel des Apparates gegen die
sich neigende Erdoberfläche ist und A, />*, C
Konstanten:
2)
A =
B
4zr
T
4^
2
C=4Jr^r
iv-
I —
5
f\ -I
2Jt
r
dient zur Abkürzung; t ist die
Periode der in Sinusschwingungen tj) = ^F sin st
angenommenen Erdneigung, T die Eigenperiode
des Apparates, T\ seine Eigenperiode bei Fort-
fall der Dämpfung, TL seine Eigenperiode bei
Fortfall von Dämpfung und Federkraft, A das
log. Dämpfungsdekrement, ;// die Masse des
Apparates, M sein Trägheitsmoment, / der
Schwerpunktsabstand von der Drehachse, S' das
Trägheitsmoment eines fingierten Spiegelge-
hänges = l 5, wo d^ und d^ die Abstände
der verschiebbaren Spiegelspitze von der Haupt-
achse des Apparates und der Drehachse des
Spiegels bedeuten und vS' das Trägheitsmoment
des wirklichen Spiegels.
Das allgemeine Integral der Differential-
gleichung wird:
if ^4CcosYB--
A'
r-tf*
-f C sin t
Yb-
A^
\
V [B — s'^)"^ -Y A"^ s"^
As \
C\ C" sind Integrationskonstanten.
Diese Lösung des Bewegungsproblems
giebt jede gewünschte Auskunft betreffs der
Bewegung der Apparate. Den ersten Teil der
rechten Seite kann man ohne weiteres weg-
lassen. Denn, falls keine Dämpfung vorhanden
ist [A = o), giebt er eine Eigenschwingung des
Apparates mit willkürlicher (weil C\ C" , will-
kürlich) Amplitude. Falls Dämpfung vorhanden,
giebt er eine Schwingung angenähert mit der
Eigenperiode und wiederum willkürlicher Ampli-
tude; zudem stellt der Faktor e~ ^ eine mit wach-
sendem / sehr schnell abnehmende Grösse vor,
d. h. diese Schwingung wird sehr schnell ver-
nichtet.
Die weitere Diskussion kann sich also auf
den zweiten Teil beschränken:
4) 'f -- -
C
l^(/>>_/-y2 + ^2^2
sin\st — arct^
As ^
Nehmen wir zunächst Fehlen der Dämpfung
an [A^=o, 7= 7j) und setzen für W, />', C, s
ihre Werte ein:
\
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
241
5)
I +
M
2 fi
X
Durch das Glied . wird allgemein die
Einwirkung des Spiegelgehänges auf die Be-
wegungen des Apparates angegeben. Hrer beim
vorliegenden Klinographen sind die Dimensionen
so gewählt dass das Glied Null gesetzt werden,
die Einwirkung des Spiegels also vernachlässigt
werden kann. Führt man noch statt (p die
Ordinate :: = L(p des Diagrammes und die
durch diese Gleichung definierte „mechanische
Zeigerlänge** L ein, so kommt:
Oj - = — L .r^ ^2 -7^9 ^i^ stn - /.
I (, T^ — r^ X
Diese Formel stellt z dar als Funktion der
Erdneigung ip. z ist Vl> proportional, also eben-
falls eine Sinusschwingung, und zwar gleicher
Periode, gleicher Phase. Die Formel giebt
weiter die Abhängigkeit der Aufzeichnung z von
den Parametern 1\ 7o und, was im einzelnen
besonders interessant ist, von der Periode t der
Erdbodenbewegung.
Ist Dämpfung vorhanden, so kann man nach
Einsetzen der Werte von A, B, C, s und 7]
gemäss
T
die erhaltene komplizierte Formel noch etwas
vereinfachen, wenn man den geringfügigen
Unterschied von T und 7", vernachlässigt:
2Jt
^ = — Z sin (
wo die Amplitude Z:
. 2 Jt T \
7)
Z=
jtLTH ^.,— 1 )Y'
Die Aufzeichnung besteht also wieder aus
Sinusschwingungen von der Periode der Erd-
bebenbewegung. Doch hat, wie man sieht, die
Dämpfung hier einmal bewirkt, dass die Ampli-
tuden kleiner geworden sind, und ferner, dass
eine Phasenverschiebung der aufgezeichneten
Sinusschwingung gegen die Schwingung des
Erdbodens eintritt.
Die Theorie des Horizontalpendels für Nei-
gungen gestaltet sich nicht wesentlich anders.
Als Differentialgleichung der Bewegung erhält
man ebenso eine Gleichung von der Form 1),
wobei A, B^ s dieselbe Bedeutung haben wie
zuvor, während
wo & als Amplitude von d^=ß sin st definiert
ist, und d^ der Winkel der variablen Gleichge-
wichtslage des Pendels mit der ursprünglichen.
C7 stn - - / .
Infolgedessen resultiert auch dieselbe allgemeine
Lösung 3), deren zweiter Teil für die Diskussion
wieder allein von Belang ist. Benutzen wir die
alten Bezeichnungen, so giebt dieser für den
Fall fehlender Dämpfung:
! Für z, als Funktion von {h betrachtet, er-
geben sich hieraus die gleichen Gesetze wie
zuvor und ähnliche Gesetze betreff der Ab-
hängigkeit von den Parametern T/f. Ist Dämpfung
vorhanden, so folgt, indem wieder 7= 7] gesetzt
wird, als Endformel:
z = — Zsin / — arc i£r ,
wo die Amplitude Z\
9) Z =
jt L x'- e
Der Klinograph registrierte, mit dem
Schwerpunkt in der Schneide, vom i. August
bis 21. September 1899. Von den zahlreichen,
zum Teil grossen Erdbeben, welche während
dieser Zeit von dem Horizontalpendel aufge-
zeichnet wurden, gab er zu meiner eigenen grossen
Überraschung nichts an. Eines der grössten
jener Beben untersuchte ich mit Hilfe der be-
sprochenen Theorie rechnerisch genauer. Es
musste dabei unter Annahme reiner Neigungs-
schwingungen auf Grund der vom Horizontal-
pendel gegebenen Ausschläge festgestellt werden,
welche Ausschläge der Klinograph hätte zeigen
müssen. Zu dem Zwecke war die AmpHtude
Zhp des Horizontalpendels in Formel 9 einzu-
führen und mit dem sich so auf Grund von Si^ =^
(/o Neigung der Drehachse dek Horizontalpendels
gegen die Vertikale) ergebenden Wert von
^ in Formel 7 einzugehen, wobei in beiden
Formeln der sin gleich i zu setzen war. Die
nachstehende Tabelle giebt die so berechneten
Ampliduten Zk, welche beim Vorhandensein
reiner Neigungsschwingungen der Klinograph
zeigen müsste, für verschiedene Stellen des
Erdbebendiagramms. Daneben stehen die zu-
gehörigen Perioden r des Erdbebens und die
Ampliduten Zur des Horizontalpendels, ausser-
dem die nach der Theorie berechneten, eventu-
ellen Neigungen ^ der Erdnormalen.
Erdbeben v. 1 1 XI. 1899 r Zur
I. Stadium der Vorläufer
I.
7.
Hauptwellen
yy
»I
»>
4*
8
10
14
38
0,2 mm
0,2
0,8
5,0
15.0
»>
n
11
Zk
1,2 mm
0,36 „
^04 »
6,3
4,2
,»
0.36"
0,10
0,23
0,95
3.»o
Wie man sieht, hätte der Klinograph
stark auffallende, zum Teil beträchtliche
Ausschläge geben müssen. Und doch ist
nichts davon zu sehen.
242
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. il.
Auf unsere Frage: i. Werden die Seismo-
graphen der heutigen Zeit durch Neigungen
oder durch ein horizontales Hin- und Her-
schwingen in Bewegung gesetzt? müssen wir
also das erstere verneinend, das letztere be-
jahend antworten: Weder die Vorläufer noch
dieHauptwellen eines Erdbebendiagram-
mes sind zurückzuführen auf Neigungs-
schwingungen der Erde. Die bisher unter
den Seismologen fast allgemein ver-
breitete Anschauung, dass die Apparate
bei der Aufzeichnung der langen Wellen
durch Neigung in Bewegung gesetzt wer-
den, ist irrig. Es kann die bisher an den
Seismographen beobachtete Bewegung
nur hervorgerufen worden sein durch
,, Translationsschwingungen'* des Erd-
partikelchens, wie man im Gegensatz zu den
Neigungsschwingungen die Schwingungen mit
geradliniger oder elliptischer Bahn bezeichnen
könnte.
Unsere weitere Frage: Liegen den
langen Wellen der Diagramme Neigungs-
wellen der Erdoberfläche als Ursache
zu Grunde? haben wir damit jedoch noch
nicht beantwortet. Denn wir können von
den Neigungsschwingungen nicht etwa
behaupten, dass sie nicht existieren,
sondern nur, dass sie für die modernen
Seismographen unmerklich klein sind.
An zwei Möglichkeiten ist noch zu denken.
Entweder fehlt eine jede Neigung völlig. Dann
haben wir in den Erdbeben reine Translations-
schwingungen vor uns; man denke z. B. an
eine horizontale, rein longitudinale Schwingungs-
bewegung, oder man stelle sich vor, dass alle
Teilchen der Erdoberfläche zugleich in gleicher
Weise gleiche Ellipsen in einer horizontalen,
schrägen oder vertikalen Ebene durchlaufen.
Oder aber es sind Neigungen, dann, wie wir
wissen, von unmerklich geringer Grösse, vor-
handen. In diesem Falle sind die Erdbeben-
bewegungen doch Neigungswellen, allerdings
nicht von der Höhe, wie es den zuvor er-
wähnten, bisherigen Anschauungen der Seis-
mologen entspricht, sondern von sehr viel
geringerer Höhe. Die Wellenhöhe müsste nur
so gering, dagegen die Wellenlänge so gross
sein, dass die dabei auftretenden Neigungen
zu klein sind, um auf die modernen Seismo-
graphen trotz ihrer hohen Empfindlichkeit ein-
wirken zu können, während der translatorische
Teil der Bewegung von den Apparaten ohne
Schwierigkeit angegeben wird.
Die Entscheidung dieser Fragen bringen die
weiteren Untersuchungen.
(Hingegangen 12. Februar 1902.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
B. Walter (Hamburg), Bericht über die auf
derRöntgenausstellung der 73.Versamm-
lung deutscher Naturforscher und Arzte in
Hamburg ausgestellten Apparate.
Die Ausstellung, welche in den Räumen des
physikalischen Staatslaboratoriums stattfand, war
von sämtlichen, für das Röntgenfach in Betracht
kommenden deutschen Firmen auf das reich-
haltigste beschickt, und es lohnte sich der Be-
such derselben besonders deswegen, weil jeder
Apparat auf Wunsch des Besuchers in voll-
gültigem Betriebe vorgeführt wurde. Den Aus-
stellern stand nämlich zu diesem Zwecke so-
wohl Gleich- als Wechselstrom zur Verfügung,
und es waren ferner auch sämtliche von ihnen
eingenommenen Räume zum Verdunkeln ein-
gerichtet, so dass also auch die Wirkungen der
Röntgenstrahlen selbst jeden Augenblick gezeigt
werden konnten.
Vom physikalischen Gesichtspunkte aus
dürfte nun über die ausgestellten Apparate
etwa das Folgende zu bemerken sein.
Die Schlagweite der für bessere Röntgen-
einrichtungen bestimmten Induktoren lag fast
ausnahmslos zwischen 40 und 60 cm; und es hatte
nur die bekannte Baseler Firma Fr. Klingel-
fuss & Co. einige Instrumente ausgestellt, deren
Funkenlänge über die genannte Grenze hinaus-
ging. Von denselben erregte besonders ein
Meterinduktor das Interesse der Besucher;
und es verdient hervorgehoben zu werden, dass
der Apparat diese Schlagweite thatsächlich — und
zwar sowohl mit Quecksilber- als mit Wehnelt-
unterbrecher — gab. Kleinere Induktorien von
20 bis 30 cm Schlagweite waren fast nur für
transportable Röntgeneinrichtungen mit
Akkumulatoren betrieb vorgesehen, wie sie be-
sonders für Kriegszwecke, sowie auch für Auf-
nahmen ausserhalb des Hauses verlangt werden.
Als Unterbrecher diente im letzteren Falle
fast ausschliesslich der Platinfederunterbrecher
weil er sich eben durch einen verhältnismässig
geringen Verbrauch an elektrischer Energie
auszeichnet. Die kompendiöseste dieser Ein-
richtungen war diejenige der Voltohm-Gesell-
schaft, München, etwas grösser diejenige von
S. Zossenheim, Hamburg, noch etwas grösser
diejenige von W. A. Hirschmann, Berlin und
ganz erheblich viel grösser und natürlich auch
leistungsfähiger endlich diejenige von Max
Kohl, Chemnitz. Bei den zuerst genannten
beiden Firmen waren die betreffenden Apparate
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang No. 11.
243
zugleich auch für den Betrieb mit Wehnelt-
unterbrecher eingerichtet, was in dem Falle von
Bedeutung ist, wo dem Besitzer gleichzeitig eine
grössere Betriebsspannung, z. B. diejenige eines
städtischen Leitungsnetzes, zur Verfügung steht.
Dann nämlich lassen sich bei Anwendung des
genannten Unterbrechers auch mit diesen ver-
hältnismässig kleinen Apparaten schon recht
beträchtliche Energiemengen in die Röntgen-
röhre hineinschicken, wenn freilich auch der Be-
trieb damit immer hinter demjenigen mit
grösseren Induktoren zurückstehen wird.
Es war nämlich gerade diese Frage: ob bei
der grossen Leistungsfähigkeit unserer modernen
Unterbrecher nicht die grossen und teueren In-
duktorien im Röntgenbetriebe allmählich durch
kleinere und billigere Instrumente ersetzt werden
könnten, der Gegenstand der Diskussion einer
von der Ausstellungsleitung eigens zu diesem
Zwecke einberufenen Versammlung; und dabei
sprach sich die weitaus überwiegende Zahl der
Teilnehmer hierüber im negativen Sinne aus,
wenn auch die Meinungen über den Grund für
die Notwendigkeit der Beibehaltung der grossen
Instrumente noch sehr auseinandergingen. Nach
der Ansicht des Berichterstatters ist der Vorzug
der grossen Induktorien hauptsächlich darin be-
gründet, dass man damit in der Lage ist, die
Röntgenröhren wesentlich länger auszunutzen, da
nämlich die letzteren, wenn sie älter werden, bei
Anwendung einer grösseren Funkenlänge doch
wesentlich besser arbeiten, als in Verbindung
mit einem kleineren Induktor und zwar selbst
dann, wenn sie eine Vorrichtung zur künstlichen
Erniedrigung des Vakuums besitzen.
Jedenfalls ist es Thatsache, dass ein Röntgen-
praktiker, für den die Kostenfrage keine Rolle
spielt, unbedingt dem grösseren Induktor den Vor-
zug giebt, und so hatten denn auch, wie schon
gesagt, alle für bessere, stationäre Röntgenein-
richtungen bestimmten Induktoren zum min-
desten eine Schlagweite von 40 cm. Auch war
für derartige Instrumentarien in keinem Falle
mehr ein Platinunterbrecher vorgesehen, sondern
es wurde dabei entweder der Quecksilber-
oder der Wehneltunterbrecher verwendet.
Von diesen war der erstere mit einer Ausnahme
nähme nur in seinen beiden bekannten Formen,
dem Motorstift- und dem Strahlunter-
brecher (Turbinenunterbrecher) vertreten, ja
es hatte sogar den Anschein, als ob die erstere
Form allmählich immer mehr durch die letztere
verdrängt wird. Diese Erscheinung ist natür-
lich darauf zurückzuführen, dass man mit dem
Strahlunterbrecher eine ganz erheblich grössere
Zahl von Entladungen erzielen kann, als mit
dem in Quecksilber ein- und austauchenden
Stift.
Die oben erwähnte Ausnahme unter diesen
Unterbrechern ferner wurde von dem Hirsch-
I .
mannschen Turbinenunterbrecher gebildet, bei
welchem das Quecksilber eigentlich nur eine
nebensächliche Rolle spielt, da hier die Schliessung
und Öffnung des primären Stromes dadurch
bewirkt wird, dass eine Messingfeder gegen einen,
um eine vertikale Achse rotierenden Cylinder
aus Isoliermaterial schleift, in welchen Kontakt-
sektoren aus Messing eingelassen sind. Dabei
befinden sich alle diese Metallteile natürlich,
um den Öffnungsfunken zu unterdrücken, inner-
halb einer isolierenden Flüssigkeit, während
andererseits wieder, um hier doch einen guten
Kontakt zu erzielen, der rotierende Cylinder
mit seinem untersten Ende in Quecksilber taucht
und nun von diesem bei seiner Rotation durch
eine passend in demselben angebrachte Rinne
ein genügendes Quantum davon turbinenartig
in die Höhe saugt, so dass also diese Flüssig-
keit hier sozusagen nur als Schmiere für die
Messingkontakte dient. Dieser originelle Ap-
parat giebt denn auch thatsächlich ungefähr
dieselbe Leistung wie die Strahlunterbrecher,
er teilt aber natürlich auch mit ihnen den Nach-
teil, dass er wegen der starken Schlammbildung
eine ziemlich häufige Reinigung erfordert.
Diese Übelstände haften dem Wehneltunter-
brecher nicht an, und es ist daher begreiflich,
dass mehrere Firmen der Ausstellung, nämlich
Siemens & Halske, Berlin und R. Seifert
& Co., Hamburg, sich ausschliesslich auf die
Verwendung dieses neuesten und wirksamsten
aller Unterbrecher beschränkt hatten. Dabei
arbeiteten die Instrumentarien dieser beiden Aus-
steller mit der vom Berichterstatter angegebenen
Schaltung, die im wesentlichen auf dieBenutzung
einer Primärspule mit veränderlicher Selbst-
induktion in Verbindung mit einem Unterbrecher
mit mehreren Platinstiften von verschieden
grosser Oberfläche hinausläuft. Durch die
erstere Einrichtung sind wir nämlich — wegen
der Eigentümlichkeit des Wehnelt, bei Anwen-
dung einer bestimmten primären Selbstinduktion
bei jeder Belastung nahezu dieselbe Funkenlänge
zu geben — zunächst in der Lage, die Länge
der Funken unseres Induktors beliebig abzu-
stufen, während wir ferner durch die Benutzung
verschieden langer Stifte auch die Möglichkeit
haben, die Dicke oder Stromstärke dieser
Funken in weiten Grenzen zu variieren. End-
lich lässt sich aber auch die Zahl der Ent-
ladungen in der Zeiteinheit beim Wehnelt in
sehr einfacher Weise durch Ein- und Ausschalten
von Widerstand beliebig festsetzen, so dass wir
hier also sozusagen drei voneinander abhängige
Reg^lierungsmöglichkeiten in der Hand haben,
während bei den älteren Unterbrechern die
beiden zuerst erwähnten Möglichkeiten voll-
ständig ineinander verschwimmen. In der
Röntgentechnik macht sich dies nun in der
Weise geltend, dass wir bei Anwendung der
244
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
hier in Rede stehenden Schaltung in der Lage
sind, eine jede Röhre — je nach dem Grade
ihrer Härte — mit der fiir sie passenden Funken-
länge und Stromstärke zu betreiben, wobei noch
hinzukommt, dass auch der Wehneltunterbrecher
selbst nur dann gut und sicher unterbricht,
wenn man die Selbstinduktion der mit ihm
zusammenarbeitenden Primärspule des Induktors
um so mehr erhöht, je weicher die in den se-
kundären Stromkreis eingeschaltete Röntgen-
röhre ist. Es liegt dies natürlich daran, dass
ohne diese Massregel die grösseren Stromstärken,
die dann durch die sekundäre Rolle gehen, die
Selbstinduktion der primären unter das not-
wendige Mass herabsetzen würden.
Bis zu einem gewissen Grade der Voll-
kommenheit lässt sich allerdings den Anforde
rungen eines guten und vielseitigen Röntgen-
betriebes in diesem Falle auch schon bei An-
wendung von nur einer einzigen Selbstinduktion
in Verbindung mit nur einer einzigen Grösse
der aktiven Oberfläche des Unterbrechers ge-
nügen, wobei dann allerdings beide Grössen
sehr sorgfaltig zu einander abgestimmt sein
müssen und auch der Induktor nicht zu klein
genommen werden darf. Eine solche „billige
Einrichtung mit elektrolytischem Unterbrecher'*
hatte Dr. Max Levy, Berlin, ausgestellt,
der dazu einen Induktor von 50 cm Schlag-
weite in Verbindung mit einem Simonunter-
brecher in Ruhm er scher Ausfuhrung benutzte
(s. diese Zeitschrift 2, 742, 1901).
Ferner sei hier noch auf die von Siemens
& Halske ausgestellte vollständige Kriegsaus-
rüstung hingewiesen, die ihren Strom völlig
selbständig in einer direkt mit Benzinmotor
gekuppelten Dynamomaschine erzeugte, und
bei der man demnach auch im Gegensatze zu
den oben erwähnten transportablen Einrichtun-
gen nicht mehr auf die Benutzung einer Akku-
mulatorenbatterie angewiesen war. Der Motor
machte sich den Besuchern der Ausstellung
schon durch den Lärm und Dunst, welchen er
entwickelte, in nicht gerade angenehmer Weise
bemerkbar, der Betrieb mit demselben war
aber sonst ein ganz vorzüglicher.
Was sodann die ausgestellten Röntgen-
röhren anbetrifft, so erregten darunter beson-
ders diejenigen fiir starke Belastung ein beson-
deres Interesse, wenn dieselben allerdings auch
ihres verhältnismässig hohen Preises wegen in
der Röntgentechnik meist nur für ganz beson-
dere Zwecke, wie Momentaufnahmen und schwie-
rige Durchleuchtungen, Verwendung finden.
Das charakteristische Merkmal derselben besteht
bekanntlich darin, dass die Antikathode eine
derartige Gestalt besitzt, dass dieselbe von dem
mehr und mehr verstärkten Kathodenstrahlen-
bündel nicht so leicht zusammeniT^eschmolzen
werden kann. Dies erreichen E. (lun delach,
Gehlberg und die Voltohm-Gesellschaft,
München dadurch, dass sie als Antikathode
einen sehr dicken Metallklotz anwenden, wäh-
rend C. H. F. Müller, Hamburg, auf Anregung
des Berichterstatters zuerst die Wasserkühlung
einführte, indem er der Antikathode die Form
eines Gefässes gab, dessen Boden aus einem
kleinen Platintiegel mit cylindrisch aufgebogener
Mantelfläche besteht, deren oberer Rand dann
direkt in einen als Verlängerung dienenden
Glascylinder eingeschmolzen ist. Derartige
Röhren vertragen dauernd etwa die 3 — 4 fache
Belastung der gewöhnlichen, und sind natürlich
den letzteren auch besonders für Momentauf-
nahmen vorzuziehen.
Zur Regulierung des Vakuums ferner
benutzt Gundelach jetzt ausschliesslich die
Villardsche Vorrichtung, bei der ein kleines
an die Röhre angeschmolzenes Platinröhrchen
am besten während des Betriebes mit einer isoliert
brennenden Flamme {Spirituslampe oder dergl.)
erhitzt wird, aus der dann der aus den Verbren-
nungsgasen dissoziierte Wasserstoff durch das
glühende Platin hindurch in die Röhre tritt. Müller,
Hamburg, dagegen hat eine andere Regulier-
methode eingeführt, bei der seitlich an die Haupt-
röhre eine kleine, mit derselben in direkter Ver-
bindung stehende Nebenröhre angeschmolzen ist,
in welcher sich eine Kathode aus Glimmer be-
findet. Diese läuft nach aussen zu in einen,
um ein Scharnier drehbaren Metallhebel aus,
dessen freies Ende sich der Kathode der Haupt-
röhre bis auf einen beliebigen Abstand nähern
lässt. Will man nun die letztere weicher machen,
so fuhrt man jenen Hebel so weit an diese
Kathode heran, bis Funken zwischen beiden
überspringen. Dann geht der Strom durch die
Nebenröhre und entwickelt aus der Glimmer-
kathode derselben etwas Gas, das die Höhe des
I Vakuums herabsetzt. Ja, wenn man den Ab-
' stand zwischen Hebel und Hauptkathode richtig
einstellt, so kann man sogar bewirken, dass
jener Funkenübergang von selbst aufhört, so-
bald die Härte der Röhre den gewünschten
Grad erhalten hat, so dass demnach diese
Reguliervorrichtung bis zu einem gewissen
Grade als eine, auch während des Betriebes
automatisch wirkende bezeichnet werden
kann. Für physikalische Aufnahmen, bei denen
es darauf ankommt, den Härtegrad der Röhre
möglichst lange konstant zu erhalten, ist dies
natürlich von ganz besonderer Bedeutung.
Eine andere Neuheit auf diesem Gebiete wurde
ferner noch von Hirschmann, Berlin, vor-
geführt, der zur Herabsetzung des Vakuums
einer Röntgenröhre direkt von aussen her
Luft in dieselbe einführt. Es war nämHch zu
diesem Zwecke eine sehr enge Kapillare an die
Röhre geschmolzen, geilen deren äusseres Ende
für gewöhnlich eine Gummidichtung presst, die
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
245
aber im Bedarfsfalle durch eine Verschraubung
für einen sehr kurzen Moment abgehoben
werden kann.
Von den sonstigen auf der Ausstellung be-
findlichen Apparaten dürften als Neuheit nur
noch die auf Anregung des Berichterstatters
von A. Krüss, Hamburg angefertigten Rönt-
genstereoskope zu erwähnen sein, mit deren
Hilfe es möglich wird, für die stereoskopische
Betrachtung direkt die zu diesem Zwecke
aufgenommenen Originalröntgenplatten zu be-
nutzen, während man sich bis dahin — in
Deutschland wenigstens — zu diesem Zwecke
stets erst eine für die gewöhnlichen Stereoskope
des Handels passende Verkleinerung machte,
ein Verfahren, das einerseits umständlich war
und andererseits natürlich auch die Feinheiten der
Originale bis zu einem mehr oder minder hohen
Grade verloren gehen Hess. Die neuen Stereo-
skope waren in zwei verschiedenen Ausführungen
vertreten, von denen die eine (Fig. 1) im we-
A
■FiU-1-
B,
\
^
....sy/...
\ !. i /
A 4
/
/
sentlichen aus vier Spiegeln S\\ 6*2; ^1; ^2^ ^^^
andere (Fig. 2) dagegen in der Hauptsache aus
zwei achromatischen Prismen /} und /^ bestand.
Fig,2.
E^
B.
\
\
\
<D 6
A, A^
Von den übrigen Bezeichnungen der beiden
Figuren bedeuten B^ und Bi das zu betrach-
tende Bilderpaar und A^ und A<i die beiden
Augen des Beobachters, während der Gang
der Mittelstrahlen durch punktierte Graden an-
gedeutet ist.
Die Betrachtung derartiger Bilder ist nicht
bloss ausserordentlich lehr- und genussreich,
sondern auch sehr häufig, z. B. bei der Auf-
suchung von Fremdkörpern oder der Feststellung
der Lage der Knochenenden bei Verrenkungen
und Brüchen, von grosser diagnostischer Be-
deutung.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass die
Harburger Gummi-Kamm-Co. (Inhaber Dr.
Heinrich Traun) sich mit einer grossen An-
zahl ihrer, ja auch in der Röntgentechnik eine
so grosse Rolle spielenden Hartgummifabri-
kate, und zwar vor allem mit sehr grossen
Rohren und Platten aus diesem Materiale, an
der Ausstellung beteiligt und die letzteren auch
in der bereitwilligsten Weise für Durch-
schlagsversuche zur Verfügung gestellt hatte.
Für diese Versuche war speziell eine 2 cm
dicke und i m im Quadrat haltende Platte her-
gestellt, auf welche, um auch die i m langen
Funken des Klingelfussschen Induktors nicht
um ihre Ränder herumschlagen zu lassen, beider-
seits in der Mitte zwei etwa 1 5 cm lange Hart-
gummirohre aufvulkanisiert waren. Dieselben
erfüllten ihren Zweck in der vollkommensten
Weise, denn es ging bei diesen Versuchen that-
sächlich nicht ein einziger der meterlangen
Funken jenes Induktors um die Ränder der
Platte herum, während bei anderen Platten der-
selben Grösse, die nicht mit solchen Rohrstutzen
versehen waren, schon die Spannung eines 50 cm
langen Funkens genügte, um sich von den
beiderseits in der Mitte der Platte aufgesetzten
Elektroden her einen Weg um den Rand der-
selben herum zu bahnen.
Bei den Versuchen mit der erstgenannten
Platte gelang es nun nicht, die letztere mit den
meterlangen Einzelfunken des Klingelfussschen
Induktors zu durchschlagen, trotzdem die Elek-
troden, die, nebenbei gesagt, durch sehr dicke
Hartgummirohre isoliert waren, beiderseits un-
mittelbar auf die Oberfläche der Platte aufge-
setzt wurden.
(Eingegangen 24. Oktober 1901.)
REFERATE.
Technische Mechanik.
Besorgt von Professor E. Meyer.
A. Lafay, Expcrimentaluntcrsuchungcn über
die Deformationen bei der Berührung ela-
stischer Körper.
(Annales de Chimie et de Physique. Juni 1901);
S t r i b e c k , Kugellager für beliebige Belastungen
(Zeitschr. d. Vereins D. Ingenieure 1901,
Heft 3 4\
Die vorliegende Arbeit behandelt Versuche
zur Prüfung der Hertzschen Formeln für die
Deformationen zweier sich berührender fester
Körper. Der Verfasser verfolgte den Zweck,
246
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 11.
die Grösse der Fehler festzustellen, welche bei
Endmessungen mit Massstäben, deren Enden
kugelförmig abgerundet sind, durch Deformation
derselben entstehen. Die Versuche erstrecken
sich daher nur auf kleine Drucke und Zu-
sammendrückungen von höchstens o,CK)2 mm. Es
wurden Bolzen aus gehärtetem Stahl und aus
Bronze, mit kugelförmigen Endflächen von
5 mm bis 250 mm bezw. 5 mm bis 160 mm
Krümmungsradius, und solche mit ebenen End-
flächen unter Drucken von 0,1 kg bis 3,5 kg zur
Berührung gebracht, die Zusammendrückungen
mit Hilfe von Nevvtonschen Farbenringen ge-
messen. Bronze zeigte schon innerhalb der
angegebenen Belastungsgrenzen bleibende Defor-
mation, während bei Stahl Erscheinungen von
Hysteresis auftraten. Die Hertz sehe Formel
für die Zusammendrückung a zweier Körper aus
gleichem Material mit den Krümmungsradien
Rx und R^ lautet: a=i,2^y ^\
wenn p die Belastung, E den Elastizitäts-
koeffizienten des Materials bedeutet. Die Werte
von ff, welche bei Versuchen mit R2='^ ge-
funden wurden, stimmen auffallenderweise nur
für kleine Radien ^1 mit der Theorie überein,
bei grösseren Werten von R] waren die ge-
messenen Zusammendrückungen kleiner als die
berechneten. Nach der Formel ist «, bei ge-
gebenem ^1, proportional /f; die Versuchs-
werte von a nähern sich aber mit wachsendem
Ri mehr und mehr der Formel « = r/J, wo
mit c der Faktor
..2V
E^R^
bezeichnet ist.
Da bei der Ableitung der Hertzschen Formel
vorausgesetzt ist, dass a klein ist gegen R, so
sollte man eher eine Abweichung bei Versuchen
mit kleinen Krümmungsradien erwarten, für welche
,, relativ gross ist. Die Abweichungen sind
so gross und ihre Zunahme mit zunehmendem
^1 so stetig, dass man sie nicht in das Gebiet
der Versuchsfehler verweisen kann. Die nahe-
liegende Vermutung, dass Reibung in der Be-
rührungsfläche die Resultate beeinflusste, schien
sich nicht zu bestätigen, da durch Einölen der
Berührungsflächen sich nichts änderte. Dabei
ist aber zu bedenken, dass bei den sehr be-
deutenden Pressungen, welche auftraten, das
Öl wohl vollständig ausgepresst wurde; der
Verfasser führt selber an, dass die Dicke der
Olschicht nicht mehr messbar war.
Der aus Versuchen mit kleinen Krümmungs-
radien ermittelte Wert für den Elastizitäts-
koeffizienten von Stahl stimmte mit dem durch
einen Zugversuch gefundenen Wert überein,
dagegen war der aus a ermittelte Elastizitäts-
koeffizient für Bronze erheblich grösser, als ihn
der Zugversuch gab. Die Versuche wurden
auch auf andere Materialien ausgedehnt. Die
Zusammendrückungen zweier Gelatinekugeln
entsprachen annähernd der Theorie- Bei
Versuchen mit Glaskugeln, die auf Körper
aus Stahl, Silber und Quarz mit ebenen
Endflächen gedrückt wurden, zeigte sich
wieder das überraschende Resultat, dass die
Übereinstimmung der gemessenen Zusammen-
drückungen mit den berechneten zunahm mit
zunehmender Deformation: Der nach der
Theorie konstante Wert - la Radius der kreis-
a
förmigen Berührungsfläche) näherte sich mit
wachsender Belastung mehr und mehr dem
Wert, den die Formel liefert. Die aus den
Versuchsergebnissen zurückgerechneten Elastizi-
tätskoeffizienten der genannten Materialien zeig-
ten aber richtige Verhältnisse, so dass die
Möglichkeit vorliegt, durch vergleichende Ver-
suche dieser Art die Koeffizienten von seltenen
Substanzen an kleinen Stücken derselben zu
bestimmen, mit denen man die sonst zur Be-
stimmung des elastischen Verhaltens üblichen
Versuche nicht anstellen kann.
Über Versuche aus demselben Gebiet, aber
mit bedeutend höheren Belastungen hat Professor
Stribeck, Kugellager für beliebige Belastungen,
Zeitschr. d. Vereins Deutscher Ingenieure 1901
Heft 3 '4 berichtet. Es handelt sich dabei um
die Ermittelung der zulässigen Belastung von
Kugellagern, insbesondere der Abhängigkeit
der zulässigen Belastung vomKu^eldurchmesser.
Die Versuche wurden in der Weise angestellt,
dass entweder drei gleiche, gehärtete Stahl-
kugeln übereinander oder eine gehärtete Stahl-
platte zwischen zwei gleichen Stahlkugeln unter
einer Presse bedeutenden Drucken ausgesetzt
wurden. Mittels eines Martensschen Spiegel-
apparates wurde dann die gegenseitige An-
näherung der beiden äusseren Kugeln gemessen;
die Ablesung im Fernrohr gab dabei die looo-
fache Annäherung zweier benachbarter Körper.
Hinsichtlich der Übereinstimmung mit der
Hertzschen Theorie zeigt sich nun ein merk-
würdiger Unterschied zwischen den Ergebnissen
der Versuche von Lafay und Stribeck. Ob-
gleich bei letzteren die Proportionalitätsgrenze
schon durch die kleinste Last, die aufgebracht
wurde, in der Mitte der Berührungsfläche bei
weitem überschritten wurde, sind die zu Anfang
gemessenen Zusammendrückungen in der Regel
nur um weniger als 1% grösser, als die
Hertzsche Formel angiebt.
Es sollte in erster Linie festgestellt werden,
in welcher Weise das Auftreten merklicher blei-
bender Deformationen vom Kugeldurchmesser (/
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. ii.
247
abhängig ist. Ein konstantes Verhältnis *
zwischen bleibender und gesamter Zusammen-
drückung ergab sich stets für Belastungen P,
P
welche der Bedingung zj = const entsprachen
kg
(z. B. 5 \ bei 84 J. Der Verfasser £chliesst
j /u ^ cm^
daraus, dass auch der Eintritt der Elastizitätsgrenze
P
an die Bedingung 2^^ ^^^st gebunden ist. Das
Resultat ergab sich auf Grund der Erkenntnis,
dass sowohl - als , konstant waren für
d d
P . ö
■ , = const. Dass die Beziehung für -.beiden
d' ^ d
Belastungen, welche angewandt wurden, noch
mit der Theorie übereinstimmt, ist wieder sehr
merkwürdig. Denn der grösste Flächendruck,
der dabei auftritt, beträgt nach der Formel von
Hertz jooooAtm., während nachDruckversuchen,
welche an cylindrischen Körpern aus gleichem
Material angestellt sind, die Proportionalitäts-
grenze bei den vorliegenden Versuchen unter
1 8000 Atm. liegt.
Die zulässige Belastung von Kugellagern
hängt in hohem Masse von der Konstruktion
derselben ab. Der Verfasser fand durch
Dauerversuche die zulässige Last pro Kugel
/== 100 ^„„ wenn die Laufrinne kreisförmig mit
einem Radius /l = | </ vertieft ist, dagegen
P=30d^ bis 50 rf^ wenn die Lauffläche eben
oder mit konischer Rinne versehen ist. Diese
hohen Belastungen werden aber nur dann
dauernd ertragen, wenn Kugeln und Lauffläche
gut poliert sind, so dass man mit blossen Auge
keine Schleifrisse mehr erkennt.
Mittels einer von dem Verfasser zu diesem
Zweck konstruiertn sogenannten Reibungswagen
wurden für verschiedene Lagerkonstruktionen die
Reibungskoeffizienten gemessen. Diese zeigten
sich von der Umdrehungsgeschwindigkeit der
Welle fast unabhängig, dagegen wachsend mit
abnehmender Belastung. Am kleinsten war
das Reibungsmoment bei der Konstruktion mit
kreisförmiger Rinne. Mit Hilfe dieser Kon-
struktion können nach Ansicht des Verfassers
Kugellager mit durchaus brauchbaren Ab-
messungen und Reibungswerten für Lagerbe-
lastungen bis zu loooo kg gebaut werden.
Seit dem Abschluss der beschriebenen Ver-
suche ist man in der Vervollkommnung der
Kugeln und Laufflächen noch bedeutend weiter
gekommen. Neuere, nur kurz erwähnte Ver-
suche des Verfassers haben ergeben, dass man
die verbesserten Kugellager i '/2 nial so hoch
beanspruchen kann, als oben angegeben.
Berlin, 13. Dezember 1901.
P. Roth.
(Eingegangen 22. Dezember 1901.)
BESPRECHUNGEN.
A. Frhr. v. Hübl, Die Entwicklung der photo-
graphischen Bromsilber-Gelatineplatte bei
zweifelhaft richtiger Exposition. 2. Aufl.
gr. S\ V u. 70 S. Mit einer Tafel. Halle,
W. Knapp. 1901. M. 2.40.
Gegen die i. Auflage gänzlich umgestaltet,
versucht diese neue Auflage sich mit physi-
kalisch - chemischen Anschauungen abzufinden
und diese im Anschluss an Bredig und Luther
zu verwerten. Über die Rapiditätsbestimmung
von Andresen wird man wohl geteilter Mei-
nung sein dürfen; die technische Seite des
Buches ist, wie bei Herrn v. Hübl selbstver-
ständlich, von grosser Klarheit, Vollständigkeit
und Korrektheit. Englisch.
(Eingegangen 3. De7ember 1901.)
Otto N. Witt, Die chemische Industrie auf
der Internationalen Weltausstellung zu Paris
1900. gr. 8^ III u. 136 S. Berlin, R. Gärt-
ners Verlagsbuchhandlung. 1902. Gebun-
den Mk. 5. —
Das Buch enthält eine Zusammenstellung
von fortlaufenden Berichten über die chemische
Industrie auf der Pariser Ausstellung, welche zuerst
in der Zeitschrift „Die chemische Industrie'* ver-
öffentlicht wurden. Der Verfasser, welcher
als Mitglied aller drei Instanzen des inter-
nationalen Preisgerichts Gelegenheit hatte, zu
einer solchen Zusammenfassung genügendes
Material zu sammeln, fuhrt die Lei.stungen der
verschiedenen Länder auf dem Gebiete der
chemischen Industrie vor, wie sie sich auf der
Weltausstellung in Paris kundgaben. Der
kosmopolitische Charakter der Ausstellung als
eines Bildes menschlicher Arbeit, wird auch in
den Schilderungen durch Einordnung des
Materials unter allgemeinere Gesichtspunkte
gewahrt. Die Ausstellung Frankreichs musste
in erster Linie aufgeführt und besonders ein-
gehend behandelt werden, da sie natürlich in
weit mehr umfassender Weise als alle anderen
Länder in ihren Schaustellungen ein Bild von
der Leistungsfähigkeit der gesamten chemischen
Industrie ihres Landes gab. Gerade von Frank-
248
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. Ii.
reich macht sich nach der letzten Ausstellung
der Eindruck geltend, dass seine chemische
Industrie in gesunder Fortentwicklung begriffen
ist. Die übrigen Staaten sind bis auf Öster-
reich-Ungarn, Russland und Deutschland, welche
auf etwas grössere Vollständigkeit einigen An-
spruch erheben können, in ihren Ausstellungen
weit weniger vollkommen vertreten und können
darum auch nur eine weniger ausführliche Be-
sprechung erfahren. Bei der Ausstellung Deutsch-
lands wird besonders des eigenartigen Gepräges
gedacht, den diese durch die Einheitlichkeit des
Auftretens der beteiligten Fabriken als Ver-
treter einer deutschen Gesamtindustrie erhielt,
und welches diese Kollektivausstellung zu dem
hervorragendsten Objekte der chemischen Ab-
teilung der Pariser Ausstellung machte.
Die Schilderungen der Ausstellungen der
einzelnen Staaten gewinnen besonderes Interesse
durch die kritische Betrachtung der Umstände,
welche dort für die Entwickelung der Industrie
massgebend waren, ein Gesichtspunkt, unter
dem allein ein Vergleich zwischen den Leistungen
der verschiedenen Nationen auf gleichen Arbeits-
gebieten möglich ist. Das Werk ist deshalb
geeignet im Verein mit dem Kataloge der
Pariser Ausstellung ein Bild von dem Anteil
der einzelnen Kulturstaaten . an der Weltproduk-
tion auf dem Gebiete chemischer Industrie zu
geben. Paradies.
(Eingegangen 8. Dccember 1901.)
L. Pilgrim, Einige Aufgaben der Wellen-
und Farbenlehre des Lichts. (Beilage zum
Programm der Realanstalt in Cannstatt zum
Schlüsse des Schuljahres 1900/01). 4^, 68 S.
mit 15 Figuren und 2 Farbentafeln. Cann-
stadt, J. Mann, Buch- und Steindruckerei.
1901. Mk. 3. —
Ausgehend von den Grundprinzipien der
Wellentheorie des Lichtes — Hu yghens scher
Satz und Youngsches Prinzip der Superposition
oder Interferenz der Lichtwellen, und auf Grund
des Fr esn eischen Verfahrens der geometrischen
Addition von Schwingungen (Parallelogramm
resp. Polygon der Amplituden) fuhrt Verf. die
elementare Berechnung folgender Aufgaben
durch: Beleuchtung einer Ebene durch zwei
Lichtpunkte; Interferenzfarben und zwar a) Be-
stimmung von Mischfarben nach Newton,
b) desgl. nach Maxwell, c) Bestimmung von
Interferenzfarben nach Lommel, d) Berechnung
von Mischfarben im Anschluss an die von
A. König undC. Dieterici bestimmten Grund-
empfindungen; ferner die Farben dünner Blätt-
chen und zwar a) bei reflektiertem Licht, b) bei
durchfallendem Licht; endlich noch Polarisations-
erscheinungen und zwar a) die Farben von
Gipsblättchen , b) Farbenringe einer senkrecht
zur Hauptachse geschliffenen Platte eines optisch
einachsigen Krystalls, c) Farbenringe an zu-
sammengesetzten Platten. Verf. hatte, wie er
in einem Nachwort angiebt, ursprünglich die
Absicht, auch die wichtigeren Beugungser-
scheinungen zu bearbeiten, was jedoch der
Mangel an Raum nicht mehr zuliess. Die Er-
gebnisse sind im Verlauf der Abhandlung in
zahlreichen übersichtlichen Tabellen zusammen-
gestellt, ausserdem sind zwei Farbentafeln mit
vielen Figuren in grossem Massstabe beige-
geben, welche auch für Unterrichtszwecke mit
grossem Vorteil zu verwenden sein dürften und
den Wert der fleissigen Arbeit noch erhöhen.
Boruttau.
(Eingegangen am 12. Deicmber 1901.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
Ruhmer, Srnst, Neuere ei ektro physikalische Erscheinungeu.
Nach zahlreichen EinzelveröfTentlichungen zusammenge-
stellt. Mit 171 Textabbildungen, gr. 8». IV n. 163 S.
1902. Berlin, Administration „Der Mechaniker." M. 4. — .
Blaby, A , Die Funkentelegraphie. Gemeinverständliche Vor-
träge. 2. Auflage. Mit 30 Abbildungen und 2 Tafeln,
gr. 8**. V u. 119 S. 1901. Berlin, Leonhard Simion.
M. 3. — . Gebunden M. 4. — .
Tarpain, Albert, Les applications pratiques des ondes 61ec-
triques — t^l^graphie sans fil — t^l^graphie avec conduc-
teur — ^clairage — commande k distance. Mit 27 1 Figuren,
gr. 80. IV u. 412 S. 1902. Paris, C. Naud. Gebunden
12 Fr.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen, der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
An der Technischen Hochschule zu Berlin hat sich
Dr. Dolezalek fttr Elektrochemie habilitiert.
An der Universität Erlangen hat sich Dr. Alexander
Gutbier für Chemie habilitiert
Der Privatdozent för Chemie der Farbstoffe an der Tech-
nischen Hochschule zu Berlin Professor Dr. Täuber wurde
zum kaiserlichen Regierungsrat und Mitglied des Patentamtes
ernannt
Der Professor der Physik am Polytechnikum in Zürich
J. Pernet ist gestorben.
Dr. Peter Weiss von der Universität Lyon ist zum
Professor der Physik am Polytechnikum in Zürich ernannt
Der Professor der Chemie Dr. J. Piccard an der
Universität Basel tritt mit dem Ablauf des kommenden
Sommersemesters in den Ruhestand.
Vor kurzem starb der auch den Lesern dieser Zeitschrift
bekannte Pfarrer Dr. M. Mai er, Besitzer eines physikalischen
Laboratoriums in Schau fling (Bayern).
Gesuche.
Junger Physiker, Dr. phiL,
der auch ein Jahr lang Elektrochemie getrieben hat, sucht
eine Assisteiltenstelle. Nachrichten erbeten an die Re«laktion
dieser Zeitschrift unter C. V.
Für die Redaktion verantvortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöllingen. — Verlag von S. Hirzel in Leip/i?.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. 12.
Originaimitteilufiflen :
A. Gerschun, Cbcr gleichgerichteten
Wechselstrom. S. 249.
E. Rutherford, Versuche über er-
regte Radioaktivität. S. 254.
J. V. G eitler, Über die durch Ka-
thodenstrahlen bewirkte Ablenkung
der Magnetnadel. S. 257.
K. Angström, Das mechanische
Äquivalent der Lichteinheit. S. 2C7.
A. Schmidt, Über die Doppellinien
im Spektrum der Chromosphäre.
S. 259.
K. Schreber, Der Mensch als kalon-
15. März 1902.
RedaktionsichloM für No. 13 am 36. März 190a.
INHALT.
sehe Maschine und der zweite Haupt»
satz. S. 261.
W. Schwarze, über die Wärme-
leitung des Argons. S. 264.
Vorträge und Diskussionen von der
73. Naturforsoherversammiung zu
Hamburg:
J. V. G e I tl c r , Über Kathodenstrahlen.
S. 265.
Vorträge und Reden.
A. Sommerfeld, Beiträge zum dyna-
mischen Ausbau der Festigkeits-
lehre. S. 266.
Referate:
F. Kohlrausch u. E. Grüueisen,
3. Jahrgang.
Über die durch sehr kleine elastische
Verschiebungen entwickelten Kräfte.
S. 271.
Besprechungen:
E. Aschkinass und VV. C'aspari,
Über den Einfluss dissociierender
Strahlen auf organisierte Substanzen,
insbesondere über die bakterien-
schädigende Wirkung der Becquerel-
strahlen. S. 272.
C. C r a n z , Anwendung der elektrischen
Momentphotographie auf die Unter-
suchung von Schusswaflen. S. 272.
Personaiien. S. 272.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Über gleichgerichteten Wechselstrom.
Von AI. Gerschun.
Bei der Untersuchung der Arbeitsweise eines
Aluminiumstromrichters für Wechselstrom ') be-
merkte W. Mitkiewicz einige interessante
Eigenschaften des gleichgerichteten Wechsel-
stromes. Die Stromkurve, mittels der Braun-
schen Röhre beobachtet, erwies sich, z. B., in
vielen Fällen als eine Wellenlinie, deren untere
Scheitelpunkte die Zeitachse nicht berühren.
Auch frühere Arbeiten^) mit dem Aluminium-
stromrichter ergaben öfters Wellenformen, deren
Entstehungsweise nicht vollständig klar ist. Es
schien mir daher nicht ohne Interesse theoretisch
die Vorgänge in einem, der Einwirkung einer
gleichgerichteten sinusförmigen elektromoto-
rischen Kraft unterworfenen Stromkreise näher
zu untersuchen. Die Resultate dieser Unter-
suchung stehen in vollem Einklang mit den
experimentell beobachteten Daten; einige kleine
Abweichungen finden wohl ihre Erklärung in
der Anwesenheit von Eisenmassen in den Drossel-
spulen und in der Abweichung von der Sinus-
form der primären gleichzurichtenden elektro-
motorischen Kraft.
§ I. Die elektromotorische Kraft habe die
in der Fig. i angegebene Form, und sei das
Resultat der Gleichrichtung einer Sinuskurve,
deren negative (unter der Zeitachse liegende)
Teile einer Drehung von unten nach oben um
180** unterworfen worden sind. Die so ent-
standene Kurve kann analytisch durch keine
endliche Funktion ausgedrückt werden; sie muss
durch eine Fouriersche Reihe dargestellt wer-
den. Da die Kurve zur vertikalen Achse sym-
11 W. Mitkiewicz, diese Zeitschr. 2, 747, igoi.
2^ J. Zenneck, Wied. Ann. 69, ^^59, 1899.
metrisch ist, muss die Zerlegung nach den
Cosinusen der Vielfachen des Arguments fort-
schreiten. Wenn wir nach bekannten Regeln
Kig. I.
diese Zerlegung ausführen, so erhalten wir die
Reihe
c
=." E
n
0
-^2 2'
cos m (o t
a,4. 6
, (1)
wo e den Momentanwert, E^ den Maximalwert
der elektromotorischen Kraft bedeutet; cw =
^ TT
=^2Jtn , wo y^und ;/ die Periode und Wechsel-
zahl des primären gleichgerichteten Wechsel-
stromes ist. Die Summation erstreckt sich nur
auf alle geraden Vielfachen des Arguments,
also auf /// = 2, 4, 6 , da die Koeffizienten
der Fourierschen Reihe für alle ungeraden
;// gleich Null werden.
Der mittlere und effektive Wert der elektro-
motorischen Kraft (i) ist
/:*.
i)
2 so
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
Die elektromotorische Kraft (i) wirke in
einem Stromkreise mit der Selbstinduk-
tion L und dem Ohmschen Widerstand R,
Der Momentanwert / des in dem Stromkreise
entstehenden Stromes wird bestimmt durch die
Gleichung:
e L di
'~ R~ Rdt'
Die Integration dieser Gleichung unter Be-
rücksichtigung von (i) fuhrt zu folgendem Werte
von /
2 Eq
jt R
^2ä^i_ I • (i
[i+mUg-^nV^ (3)
wo
m CO L
R
cos {m(ot Ipm)
= tg^,H, also tgfpm = VI tg(p . (4)
In (3) sind die, schon in den ersten Momenten
des Instandekommens des Stromes schnell ab-
klingenden Glieder vernachlässigt worden.
Die mittlere Stärke im des Stromes / gleicht
(5)
wovon wir uns leicht durch Integration von {3)
überzeugen können. Jetzt können wir (3) auch
in der Form (6) schreiben:
21 I
t = tm
m
2_i • (i+;«2/^2,^y/, (6)
cos [mmt — <)Piw)
Die Untersuchung von (5) und (6) führt zu
folgenden Schlüssen:
1. Die mittlere Stromstärke hängt aus-
schliesslich vom Ohmschen Widerstand
des Stromkreises ab.
2. Wenn der Selbstinduktionskoeffi-
zient des Stromkreises grösser als Null
[L > o), so wird der Momentanwert der
Stromstärke nie gleich Null.
Dieses folgt aus der Betrachtung von (6).
Da bei /// == 2, 4, 6 . . . .
I
2
:2
2
(7)
W — I
ist, und bei Z > o auch tg(p^ o und
I I
m'^ — I (i + ni'^ tg^ ffY'^
cos (;//Cö/ — <jr«,) < V2
ist, so kann / nie gleich Null werden.
3. Die Amplitude der Stromschwan-
kungen um die konstante mittlere Strom-
stärke ist desto kleiner, je grösser die
Zeitkonstante des Stromkreises ist.
Die Amplitude derStromschwankungen hängt
nur von der Grösse der Summe (7) ab, und
CO Z-
dieselbe ist desto kleiner, je grösser /^9) = — 5-
ist. Bei L = o und ^ = ^,h= o erhalten wir
aus (6) /= „ ; die Stromstärke ist in diesem
Falle genau proportional den Momentanwerten
der elektromotorischen Kraft (i). Bei sehr
grossem L und kleinem R werden die Strom-
schwankungen klein, und je grösser ist, desto
R
mehr nähert sich die Stromkurve einer Geraden
— der mittleren Stromstärke
^m
em
R
also einem Gleichstrom.
4. Die Stromkurve ist symmetrisch
um ihre Maxima und Minima.
Es sei / = Ö eine Lösung der Gleichung:
dt-:, ji^,„2_,cos<p^^n(m<ot->r„) = o(7)
es entspreche also O einem Maximum oder Mini-
mum von /. Wenn die Kurve symmetrisch ist, muss
sein. Wenn wir die Summe (8) bilden, so finden
wir, dass sie bei allen © und jedem a gleich
Null ist; es ist also die Stromkurve symmetrisch
um ihre Maxima und Minima.
Gleichung (7) kann nur annähernd gelöst
werden, so dass wir den Verzögerungswinkel der
(
^8
Ol —
Kig. 2.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
251
Stromstärke gegen die Spannung nur annähernd
bestimmen können.
§ 2. Um eine ungefähre Vorstellung vom
Charakter der Stromkurve zu erhalten, wurden
nach Punkten (von 10^ zu lo**) die momentanen
Stromstärken für drei spezielle Fälle berechnet.
In allen drei Fällen gleicht ^^ = 100 Volt, also
Ef^ = 100 -1/^2= 141,4 Volt; r=o,02 Sekunde,
also « = 50, und CO = 2^ «==3 14,2; R=S Ohm.
Es sei zuerst L == 0,002 Henry. Wenn wir
uns in (6) mit drei Gliedern begnügen (Fehler
<1 3,5 Proz.), so erhalten wir die Kurve:
/ «=» 18 [i — 0,65 cos (2 (o t — 14*^2') — 0,12 cos
(4 CO / — 26^41') — 0,05 cos (6 CO / — 37^1')],
die in Fig. 2 dargestellt ist. Aus der Kurve
ist zu ersehen, dass die Stromstärke zwischen
ca. 3,6 und 30 Amp. schwankt; der Verzöger-
ungswinkel ist ca. 9^.
Es sei L = 0,02 Henry, Wenn wir uns mit
zwei Gliedern der Summe begnügen (Fehler <C
3 Proz.), erhalten wir:
/ = 18 [i — 0,25 cos (2 CO / — 68'^i8') -- 0,026
^^^(4Cö/— 78 V)].
Aus der Kurve Fig. 3, die diesem Fall ent-
spricht, ersehen wir, dass die Stromstärke nur
0
o
<?
L- O.Ol
Id
Y'xg, 3.
zwischen 13,3 und 22,3 Amp. schwingt; die
Verzögerung ist ca. 30^.
Es sei zuletzt Z, = 0,2 Henry. Formel (6)
mit nur einem Gliede der Summe (Fehler <
3 Proz.) ergiebt:
/ = 18 [i - 0,265 cos (2 CO / — 87*^43')] .
Aus der Stromkurve (Fig. 4) ersehen wir, dass
die Stromschwankungen nur ungefähr 3 Proz.
der mittleren Stromstärke betragen; der Strom
18
X
Uru^
IS JUnp^
L-0.%.
Z e ut
Fig. 4.
ist nahezu ein Gleichstrom. Die Phasenver-
schiebung beträgt ca. 85^.
Mittels einer Braun sehen Röhre und rotie-
rendem Spiegel ist es leicht, die so erhaltenen
Stromkurven zu beobachten. Wenn der Strom-
kreis eine Drosselspule mit beweglichem Eisen-
kern enthält, so sieht man sehr schön, wie beim
Hineinschieben des Eisenkernes in die Spule
die Stromschwankungen immer kleiner werden
und der Strom immer mehr den Charakter eines
leicht pulsierenden Gleichstromes annimmt.')
§ 3. Ein in den Stromkreis der gleichge-
richteten elektromotorischen Kraft eingeschaltetes
Hitzdrahtamp^remeter zeigt die effektive Strom-
stärke ie , also:
%
Aus (6)
/•» =
/ m
erhalten wir:
I
42
;//
I
+ 42
Vm
cos [m (o t
_ if
m
)
(,«2_- ,)2 • (,«)
cos'^(m<ot — q>m) + (9)
8^,^.
.ä^Lä^
m
,2
I I
cos(m CO/- (p,„) cos [n (ot — <f>n)] ,
^WO (w) = I + tg'^ (p,n ist.
i) Zu diesen und folgenden Versuchen wurde Anordnung
Fig. 4 nach Mitkiewicz (1. c, S. 749) benutzt. Bei der
Ausführung der Versuche war mir Herr W. Mitkiewicz in
liebenswürdigster Weise behilflich, woftlr ich ihm meinen
verbindlichsten Dank ausspreche.
252
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
Beim Integrieren von (9) zwischen o> / = o
und €0 t ^=^ jt werden die Integrale des zweiten
und vierten Gliedes der eingeklammerten Summe
gleich Null. Da ausserdem
0»
/
COS^ {in CDt — (pm) dt=^
Jl
ist, so erhalten wir:
m
+ 22
■)
12
(10)
Ein in den Stromkreis eingeschaltetes elek-
tromagnetisches Gleichstromammeter zeigt un-
gefähr den Wert der mittleren Stromstärke im
an. Aus (10) ersehen wir, dass bei Z <C "^ die
Ablenkungen am Hitzdrahtinstrument
immer grösser sein werden als die Ab-
lesungen am Gleichstromammeter. Da
die Grösse der Glieder unter dem Summen-
zeichen in (10) mit wachsendem ;// sehr schnell
fällt, so können wir uns (Fehler <C i Proz.) mit
nur einem Gliede begnügen und erbalten dann
^2 I ^
9 I /^ ö?
■m
'/2
Den grössten Wert erhält 0 bei Z = o. Da
jt
ist, so erhalten wir bei A == o
i
inojc.
Jt\ 2
4
= i,ii
wie es nach (2) auch zu erwarten war. Je
grösser L wird, desto mehr nähert sich der
Strom einem Gleichstrome und desto mehr
nähert sich 0 der Grösse Eins.
Versuche von W. Mitkiewicz") ergaben
bei Stromkreisen ohne Selbstinduktion 0 bis 1,7.
Dieses grosse 0 dürfte wohl seine Erklärung
finden ebenso in den Abweichungen der elektro-
motorischen Kraft von der Sinusform (siehe
^'*^- 2, 5 der Arbeit von Mitkiewicz) wie über-
haupt in den komplizierten V^erhältnissen, die
der Stromrichter in den Stromkreis hineinbringt;
so hat z. B. der Stromrichter jedenfalls eine
nicht zu vernachlässigende elektrolytische Kapa-
zität, deren Grösse ausserdem kaum als konstant
angenommen werden kann. 2) Um die gleichge-
richteten Ströme experimentell zu untersuchen,
I) 1. c, s. 748.
2) Es bleibt ausserdem dahingestellt, ob ein jedes elektro-
magnetische Ammeter im vorliegenden F.ill wirklich die
mittlere Stromstärke anzeigt.
müsste man überhaupt vom elektrolytischen
Stromrichter mit seinen komplizierten und schwer
übersehbaren Vorgängen absehen und zu der
schönen Des Cou dresschen Methode*) greifen,
welche die Umwandlung von Wechselstrom in
pulsierenden Gleichstrom mittels des Hai Ischen
Phänomens bewerkstelligt.
§ 4. Wenn der Stromkreis ausser der Selbst-
induktion L noch die Kapazität C enthält, so
bestimmt sich / aus der Gleichung:
äU K di i ^\ de 2),
df^ '^ L dt LC L dt
deren Lösung
/ ^-
4 ^0
:jt R
2
m
wo tg f,H
cos (m m t -
~ R '
I (i + tg'H^^y^^ (11)
C Rm oj
ist ,
ergiebt. In (11) sind die beim Instandekommen
des Stromes schnell abklingenden Glieder ver-
nachlässigt worden; diese Glieder scheiden bei
C= ^ einen konstanten Teil ab ; daher ergiebt
auch nicht (11) bei 6 == oc die diesem letzteren
Fall entsprechende Formel (3).
Aus (11) ersehen wir, dass wir in vorliegen-
dem Fall einen Wechselstrom mit mittlerer Strom-
stärke gleich Null erhalten. Eine Kompensierung
der Kapazität durch vorgeschaltete Selbstinduk-
tion, wie solche bei gewöhnlichem Wechsel-
strom bei =;/2Z eintritt, ist unmöglich, da
wir nicht gleichzeitig ip.^ = i/»^ = . . . ip,„ = o
machen können. Bei Z = o erhalten wir wie
bei Wechselstrom ein Voreilen des Stromes gegen
die elektromotorische Kraft.
8 5. Eine Arbeit von J. Zenneck^) bewog
mich noch den Fall eines Transformators, dessen
eine Wickelung die gleichgerichtete sinusförmige
elektromotorische Kraft enthält, zu untersuchen.
Die sekundäre Wickelung muss in diesem Fall
nach der Meinung von J. Zenneck der Sitz
einer induzierten elektromotorischen Kraft sein,
deren Form die Derivierte einer gleichgerichteten
Sinusoide ist, also ungefähr die Form der Fig. 5
hat. Versuche ergaben aber eine ganz andere
Form der Stromkurve, nämlich die der Fig. 6.
J. Zenneck erklärt diese Abweichung von der
erwarteten Stt-omkurve durch die Annahme, dass
die Voraussetzungen über die Sinusförmigkeit
des verwandten Wechselstromes, über die richtige
Ventilwirkung der Aluminiumzellen und über
die Hysteresisfreiheit des Transformators nicht
i) Th. Des Coudres, diese Zeitschr. 2, 586, 1901.
2) Formel (i) entspricht allen Bedingungen, denen eine
Fouri ersehe Kcihe genügen muss, damit \nx das Recht
haben, cMiicn Differentiahiuotienten von ihr zu bilden.
31 J. Zenneck, Wied. ^nn. 69, 859, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
253
genau zutreffen. Die unten angeführten Berech-
nungen erweisen jedoch, dass selbst bei voll-
ständigem Zutreffen der obengenannten Voraus-
Fig. 5.
Setzungen die induzierte elektromotorische Kraft
ungefähr die Form der Fig. 6 haben muss.
Die Untersuchung dieser Frage nach ge-
wöhnlichen Methoden fuhrt zu ziemlich kom-
plizierten Rechnungen. Darum wandte ich mich
zu den von Heaviside und Per ry angegebenen
Methoden der symbolischen Lösung der in
Wechselstromfragen vorkommenden linearen
Differentialgleichungen. Es seien R und Z, ^i
Fig. 6.
und /., die Widerstände und Selbstinduktionen
des primären und sekundären Stromkreises; M
die gegenseitige Induktion der Stromkreise. Es
seien e und / die Momentanwerte der elektro-
motorischen Kraft und Stromstärke im Primär-
kreise, Z| der induzierte Strom. Wir haben dann
im primären Stromkreis:
(12)
/ ^=
{R, + A, &) e
RR^ + (/?/,, + Ry L) e + (LL, - M 2) ©^
— Arße
RRy + {RL, + R, L) Ö+ (A/,, - .)/■') 6t^J
r('3)
Wenn wir die Voraussetzung machen, dass
der Transformator ohne magnetische Streuung
ist, also Z/., = J/- ist, und in (13) den Wert
von e aus (i) hineinsetzen, erhalten wir:
/^o2
I
jt R ~
Ri + L,e
RR,+{RL, + R,L)e
i\ = - E^ 2 — 2
MS
RR^ +(RL,^ R,L)e
m- - I
cos m o) t\
cos m (ot ,
(14)
Formeln (14) ergeben bei Benutzung der allge-
meinen Transformation:
~:j~c^ ^» [nt + f/)) = ^ ^
2 + '^"2 ,^2
c -\' dS
Sn [nt + ^/> + isr-^
bn
a
folgende Ausdrücke für / und /,:
2i5"o
JtR
I -2
2:
I + <f 2 «/v
'/2
m^ l\l+(<f^m+^^9);^)
COS {mcot -\- !/%„ — tg-^ (tg tpnt + tgq>^))
4 Eq Mg)
(15)
üi Rt
R
2-
m
(16)
Sn [m mt — tg-^^ {tg(pm + tg ^>m\)
L\ m CO
L mm
ist.
im sekundären \
wo ^ symbolisch einen Differentialquotienten
darstellt.
Durch Lösung der Gleichungen (12) er-
halten wir:
wo tg^^rn = '^- und tgq)^ =
Der Strom im Primärkreise (15) ist ein
pulsierender Strom (wie ihn die Fig. 2, 3, 4
geben), dessen Momentanwert nie gleich Null
wird und dessen Amplitude desto kleiner ist, je
kleiner der Widerstand des Sekundärkreises
wird. Diese Betrachtung erklärt auch, wie J.
Zenneck es mitteilt, warum der Wirkungsgrad
seiner Anordnung ein so wenig günstiger war.
Man kann aber auch nicht, wie esj. Zenneck
erwartet, von einem besser gebauten Transfor-
mator einen höheren Wirkungsgrad erhalten, da
wir ja immer im Primärkreise mit einem Strom
zu thun haben werden, dessen Momentanwert
nie Null erreicht. Ein Strom der Form Fig. i
ist ja nur in einem Leiter ohne Selbstinduktion
möglich, der andererseits aber nicht als Primär-
kreis eines Transformators dienen kann.
Wenn wir in (15) /^, = -v setzen (Sekundär-
kreis offen) so erhalten wir, wie es auch zu er-
warten war, die Formel (6).
Der Strom (16) im Sekundärkreise des
Transformators ist ein Wechselstrom. Da die
Zeitkonstante des Primärkreises gewöhnlich sehr
gross ist, so können wir (16) annähernd in der
Form schreiben:
/, = ; /fo
M
LRi ! L^R
2
;//--- I
(17)
1
2 54
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
cos m G)
/ = A- /in ^ , tos /fi oj / .
jt '^^ nr — I
Durch Vergleich von (17) mit (i) und (2)
erhalten wir:
/, :=^ A [em — e) ,
wo em die konstante mittlere und e die momentane
elektromotorische Kraft bedeutet, und A eine
Konstante ist. Wir erhalten also die Form der
Stromkurve, wenn wir in Fig. i die Zeitachse um
2
E(s heben und die so erhaltene Kurve einer
Drehung von 1 80^ um die Zeitachse unterwerfen.
Wir bekommen dann die Kurve Fig. 7 die voll-
ständig der experimentell von Zenneck er-
Fig. 7.
haltenen Kurve Fig. 6 gleicht. ') Um den Grad
der Ähnlichkeit beider Kurven zu untersuchen,
mass ich an der Zenneck sehen Kurve (so gut
es ihre kleinen Dimensionen zuliessen) das Ver-
A C
hältnis . _ (siehe F'ig. 7) und fand es gleich
5>5
AB
= 0,64; theoretisch muss es nach unseren
Formeln = 0,637 sein; beide Werte stimmen
Jt
auffallend gut. Wir schliessen daraus, dass die
Form der Zenn eckschen Kurve weder Hyste-
resiserscheinungen noch anderen zuzuschreiben
ist, sondern dass sie eine notwendige Folgerung
der Wirkung einer gleichgerichteten sinusför-
migen elektromotorischen Kraft ist. Eher könnte
die Asymmetrie dieser Kurve (die Kurve steigt
schnell, fällt langsamer) den Abweichungen von
der Sinusform oder der durch Anwesenheit von
Eisen hervorgerufenen Inkonstanz der Induk-
tionskoeffizienten zugeschrieben werden.
Physikalisches Laboratorium der Artillerieschule
für Marineoffiziere in Kronstadt.
l) Fig. 5 und 6 sind den Fig. 5 und 7 in der Zenncck-
Rchen Arbeit nachgezeichnet,
I Fingegangen 17. Januar 1902. 1
Versuche über erregte Radioaktivität.
Von E. Rutherford.
In einer früheren Mitteilung*) habe ich ge-
zeigt, dass die von Thoriumverbindungen er-
regte Radioaktivität in einem starken elektrischen
Felde auf die negative Elektrode konzentriert
werden kann. Der Betrag der erregten Radio-
aktivität, die in einer gewissen Zeit unter glei-
chen Bedingungen hervorgerufen wird, ist unab-
hängig von der chemischen Beschaffenheit der
Elektrode, und ebenso von der Grösse der
Fläche, auf der die erregte Radioaktivität her-
vorgerufen wird. Die Abnahme der erregten
Radioaktivität mit der Zeit ist unabhängig von
der Natur der Substanz, auf der sie hervorge-
rufen worden ist, und von dem Drucke und der
Natur des umgebenden Gases. Es wurde ge-
zeigt, dass die Intensität der erregten Strahlung
mit der Zeit abnimmt und in etwa ii Stunden
auf die Hälfte ihres Anfangswertes sinkt.
Bei diesen Versuchen wurde der radioaktiv
zu machende Körper stets für Zeiten von zwei
Stunden bis zu mehreren Tagen in Gegenwart
von Thorium exponiert. Bei neueren Arbeiten
stellte es sich als notwendig heraus, den Betrag
der Radioaktivität an einem Körper zu unter-
suchen, der nur eine kurze Zeit in Gegenwart
des Thoriums exponiert war. Für diesen Zweck
wurde ein besonders empfindliches Elektrometer
angewandt, um mit Genauigkeit den geringen
Betrag der erregten Strahlung zu messen.
Es fand sich, dass der Betrag der erregten
Strahlung, am Elektrometer gemessen durch
Beobachtungen des lonisationsstromes zwischen
parallelen Platten oder konzentrischen Cylindern,
noch einige Stunden hindurch beständig wuchs,
nachdem das Thorium entfernt war.
Die folgenden Tabellen genügen, um den
allgemeinen Verlauf der Erscheinung zu zeigen.
I. Platindraht als Kathode 15 Minuten in
einem Cylinder exponiert, der Thorium enthielt.
Potentialdifferenz zwischen den Elektroden
iio Volt; dann wurde der Draht entfernt und
die Radioaktivität in bestimmten Intervallen ge-
prüft. Erste Beobachtung 5 Minuten nach der
Entfernung.
y . Bewegung der Eicktroroeternadel
in Skalenteilen pro Sekunde
o 1,9
7i5 2,8
24 4,0
43 Afi
58 5,2
7« SS
99 6,5
In diesem Falle wuchs die Radioaktivität
um das mehr als Dreifache und hatte auch nach
I ) Phil. Mag. Februar 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
255
einer Zeit von 99 Minuten ihren grössten Wert
noch nicht erreicht.
II. Aluminiumblatt als Kathode in einem
Apparat mit parallelen Platten, der Thorium
enthielt. Exposition 41 Minuten. Erste Beob-
achtung 6 Minuten nach der Entfernung.
Zeit
O
21 Minuten
57
70
91
120
160
180
22 Stunden
49
t>
f»
ff
11
»»
;i
Skalenteile pro Sekunde
I
1,6
1,8
2,0
2,2
2,5
2,9
2,9
2,9
1,0
0,21
In diesem Falle wurde, um vergleichen zu
können, der lonisationsstrom beim Beginne der
Beobachtungen als Einheit genommen. Man
bemerkt, dass die Radioaktivität gerade wie in
der ersten Tabelle, mit der Zeit sehr schnell
wächst und nach 2 Stunden ein Maximum von
2,9 erreicht. Dann bleibt sie einige Stunden
lang annähernd konstant, und vermindert sich
schliesslich allmählich im normalen Verhältnis.
Ähnliche Ergebnisse wurden erhalten, wenn
der Körper durch kurzdauernde Exposition in
Gegenwart von Thorium radioaktiv gemacht
wurde, ohne dass ein elektrisches Feld wirk-
sam war.
Dieses Wachsen der Radioaktivität mit der
Zeit ist unabhängig von der Natur der Elek-
trode und von dem Grade der Konzentration
der Radioaktivität.
Wenn die Platte oder der Draht einige
Stunden ausgesetzt wird, ehe man ihn entfernt,
ist die nachfolgende Steigerung der Radioakti-
vität sehr klein; für eine noch längere Expo-
sitionszeit fällt nachher die Radioaktivität be-
ständig. Dieses Fallen nach langen Expositionen
darf man erwarten, wenn die Steigerung des
Strahlungsvermögens der radioaktiven Substanz,
die in den letzten paar Stunden der Exposition
niedergeschlagen wird, mehr als kompensiert
wird durch die Abnahme der Strahlung des
Restes.
Diese Ergebnisse erklären eine auffällige
Anomalie, die früher (loc. cit. S. 178) in dem
Wachsen der von Thorium erregten Radioakti-
vität mit der Expositionszeit beobachtet wor-
den war. Es war dort gezeigt worden,
dass unter der Annahme eines gleichförmigen
Niederschlages von radioaktiver Substanz, die
an der erregten Strahlung schuld ist, und einer
regelmässigen Verminderung der Strahlungs-
intensität mit der Zeit, das Anwachsen der er-
regten Radioaktivität mit der Expositionszeit
dem Anwachsen eines elektrischen Stromes
gleich ist, der in einem Stromkreise von kon-
stanter Selbstinduktion entsteht. Während dies
zu einer Erklärung der experimentellen Ergeb-
nisse im grossen und ganzen ausreichte, wurde
beobachtet, dass der Betrag der erregten Ra-
dioaktivität in den ersten paar Stunden der
Exposition sehr viel kleiner war, als es der
Theorie entsprach. Diese Abweichung erklärt
sich indessen, wenn jeder Anteil der radioak-
tiven Substanz einige Stunden braucht, um
seine grösste Strahlungsfähigkeit zu erreichen.
Wenn wir die Anschauung zu Grunde legen,
dass erregte Radioaktiviät von dem Niederschlag
einer irgendwie beschaffenen radioaktiven Sub-
stanz auf den Körpern herrührt, so hat es den
Anschein, dass entweder i. die Strahlung einer
allmählichen molekularen Umlagerung oder che-
mischen Kombination zugeschrieben werden muss,
welche einige Stunden brauchen, um ihre maxi-
male Intensität zu erreichen, oder das 2. die
niedergeschlagene radioaktive Substanz in dem
Drahte oder der Platte erregte Radioaktivität
veranlasst, die sich zu ihrer eigenen ursprüng-
lichen Radioaktivität hinzu addiert.
Es wurden auch Versuche gemacht, indem
die strahlende Elektrode ungefähr auf Rotglut
erhitzt wurde; indessen war es nicht möglich,
in dieser Weise die Zeit zu verkürzen oder zu
verlängern, die bis zur Erreichung des Maximums
des Strahlungsvermögens notwendig war, noch
auch, das endgültige Maximum merklich zu be-
einflussen.
Von Radium erregte Radioaktivität.
Es wurden einige Versuche gemacht, um zu
erfahren, ob das nachträgliche Wachsen des
Strahlungsvermögens auch für die von Radium-
verbindungen erregte Radioaktivität beobachtet
werden kann. Ein Platindraht wurde in einem
Gefässe mit Radiumausströmung 10 Minuten lang
zur Kathode gemacht. Dann wurde er entfernt
und die Änderung seiner Radioaktivität mit der
Zeit geprüft. Die zwei Proben von Radium,
die von P. de Haen, Hannover stammten, gaben
verschiedene Abfallkurven. Die Abfallkurve
der als „konzentriert" bezeichneten Probe
(Fig. i) war sehr unregelmässig, kann aber in
drei Teile geteilt werden:
1. Ein anfänglich sehr schneller Abfall der
erregten Aktivität für ungefähr 10 Minuten.
2. Eine sehr langsame Änderung für die
nächsten 30 Minuten etwa.
3. Eine schnellere Abnahme, bi die Radio-
aktivität verschwunden ist.
Die Abfallkurve für das als „einfach" be-
zeichnete Radium war nicht so unregelmässig,
aber der allgemeine Verlauf wurde ebenso ge-
funden, nur in einer weniger ausgeprägten Form.
Für die ersten paar Minuten fiel die Radiuakti-
256
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
vität sehr schnell, dann langsamer und schliess-
lich wieder schneller.
Um die Gestalt der in Fig. i wiedergegebenen
Kurve des Abfalles der von Radium erregten
Strahlung zu erklären, scheint es nötig, anzu-
nehmen, dass die radioaktive Substanz, die auf
den erregten Körper übertragen wird, wenigstens
zwei Arten von Strahlungen von sich giebt.
t)ie eine derselben nimmt sehr schnell mit der
Zeit ab. Die Intensität der anderen wächst
einige Zeit, nachdem die radioaktive Substanz
niedergeschlagen ist, ähnlich wie das bei Tho-
rium beobachtet wurde, nachher aber fällt sie
10(k\
00-
in regelmässiger Weise. Eine solche Hypothese
würde die allgemeine Form der Abfallkurve
für die von beiden Proben des Radiums erregte
Radioaktivität erklären. Der relative Betrag der-
jenigen Strahlung, die schnell abnimmt, ver-
glichen mit der anderen, scheint bei verschie-
denen Proben von Radium verschieden zu sein.
Wirkung von Lösungen.
Es war früher gezeigt worden (1. c), dass
Schwefel- und Salzsäure einen Teil der erregten
Radioaktivität wegnehmen, die an einem Thorium
ausgesetzten Platindrahte erregt wurde. Die so
entfernte Radioaktivität bleibt in der Lösung.
Wenn man die Lösung bis zur Trockenheit ein-
dampft, so wird die Radioaktivität auf die Wand
des Gefässes übertragen.
Keine anderen Substanzen haben sich finden
lassen, die so lebhaft die erregte Radioaktivität
auflösten, wie Schwefelsäure, Salzsäure und
Fluorwasserstoffsäure, obwohl eine grosse Zahl
organischer und unorganischer Säuren und Lö-
sungen geprüft worden ist.
Bei einigen der früheren, zwei Jahre zurück-
liegenden Experimente war gefunden worden,
dass '/lo normale reine Schwefelsäure die ge-
samte auf einem Platindrahte erregte Radioakti-
vität bis auf 8 Proz. in wenigen Minuten ent-
fernte. Verdünnte Salzsäure des Handels ent-
fernte sie in wenigen Sekunden bis auf 10 Proz.
Unsere Versuche mit verschiedenen Proben reiner
und käuflicher Säure gaben sehr verschiedene
Ergebnisse. Beispielsweise wurden mit einer
anderen Probe von reiner Schwefelsäure unge-
fähr 50 Proz. sehr schnell entfernt, der Rest
aber wurde äusserst langsam gelöst. Käufliche
Salzsäure vermindert die Radioaktivität bis auf
29 Proz. Die entfernte Menge wurde durch
beträchtliche Verdünnung der Säure nicht wesent-
lich verändert.
Käufliche Salz- und Schwefelsäure findet
sich sehr viel wirksamer, die Radioaktivität zu
entfernen, als die ganz reinen Säuren.
Die Bedingungen, unter denen der Platin-
draht radioaktiv gemacht worden war, hatten
keinen besonderen Einfluss auf das Ergebnis.
Die Expositionszeit, die Gegenwart oder Ab-
wesenheit von Wasserdampf bedingten keinerlei
Unterschied. Die grosse Verschiedenheit der
Fähigkeit, erregte Radioaktivität zu entfernen,
wie sie bei verschiedenen Proben reiner Schwe-
felsäure und bei käuflicher und reiner Säure
auftritt, scheint zu dem Schlüsse zu drängen,
dass die Entfernung der erregten Radioaktivität
von dem Platin von einer geringen Verun-
reinigung herrührt, die in verschiedenen Proben
der Säure mit verschiedenem Betrage vor-
handen ist.
Abnahme der erregten Radioaktivität
in Schwefelsäure.
Es wurden Versuche unternommen, um zu
erkennen, ob die einer verdünnten Lösung von
Schwefelsäure mitgeteilte Radioaktivität mit der-
selben Geschwindigkeit wie in Luft abnimmt.
Ein radioaktiv gemachter Platindraht wurde
für wenige Minuten in '/|o normale Schwefel-
säure Lösung getaucht, die in einer Bürette von
12 cm* enthalten war. Nach der Entfernung
des Platindrahtes wurde die Säure tüchtig ge-
schüttelt und einige Tage sich selbst überlassen.
Zu verschiedener Zeit wurden 2 cm^ derselben
Lösung entfernt und in einer Platinschale ein-
gedampft. Die Radioaktivität in der Schale
wurde in der gewöhnlichen Weise mit Hilfe
eines Elektrometers geprüft. So wurden die
Beträge der Radioaktivität, die in gleichem Vo-
lumen der Lösung zurückblieben, nach verschie-
denen Zeitintervallen bestimmt. Die Ergebnisse
zeigten, dass die Abnahme der erregten Strah-
lung in der Lösung nahezu dieselbe war, als
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
257
wenn sie an dem Platindrahte der Luft ausge-
setzt worden wäre. Dieses Ergebnis in Ver-
bindung mit anderen ähnlicher Art scheint zu
zeigen, dass die Abfallgeschwindigkeit der er-
regten Radioaktivität einem in der radioaktiven
Substanz selbst verlaufenden Vorgange zuzu-
schreiben ist, der von der Substanz, mit der sie
in Berührung ist, nichf beeinflusst wird.
Einfluss der Temperatur.
Die an einem Platindrahte von Thorium er-
regte Strahlung wird durch eine Steigerung der
Temperatur bis zur Rotglut wenig beeinflusst.
Ein grosser Betrag der Radioaktivität aber wird
rasch entfernt, wenn man bis zur Weissglut er-
hitzt. Eine lang andauernde Hitze auf hohe
Temperatur ist notwendig, wenn man auch den
Rest entfernen will. Der Teil, der durch Hitze
schwer entfernt wird, wird auch durch Lösungen
von Salz- oder Schwefelsäure sehr wenig an-
gegriffen.
Keine bemerkenswerte „radioaktive Aus-
strömung" wurde von einem erregten Platin-
drahte erhalten, während er auf Weissglut er-
hitzt wurde, welche ihr radioaktives Strahlungs-
vermögen sehr bald zerstörte.
Es sind Versuche im Gange, um zu zeigen,
ob hierbei die erregte Radioaktivität zerstört
oder nur auf die umgebenden Körper über-
tragen wird,
Mc. Gill Univ., Montreal, den 14. Jan. 1902.
(Aus dem EDglischen übersetzt von H. Th. Simon.)
(Eingegangen 14. Februar 1902.)
Über die durch Kathodenstrahlen bewirkte
Ablenkung der Magnetnadel.^)
Von Josef von Geitler.
Vor einiger Zeit habe ich unter dem obigen
Titel Versuche beschrieben ''), durch welche mir
der Beweis erbracht erschien, dass Kathoden-
strahlen magnetische Wirkungen besitzen. Bei
weiteren Versuchen, welche ich in den letzten
Monaten anstellte, bin ich nun zu der Erkenntnis
gekommen, dass bei meiner Versuchsanordnung
eine Fehlerquelle vorhanden war, welche bei
allen Modifikationen des Versuches dem Sinne
nach stets so wirkte, wie man es von den Ka-
thodenstrahlen selbst erwarten konnte.
Die verschiedenen Messingröhren m näm-
lich^), in welchen behufs elektrostatischen Schutzes
die Magnetnadel bei den verschiedenen Ver-
1) Aus dem Anzeiger 3, der kais. Akad. d. Wiss. in Wien
vom 23. Januar 1902.
2) Wiener Sitzungsberichte, 110, Abt. IIa, S. 358 und
Ann. der Physik, 5, 924, 1901. Siehe auch diese Zeitscbr.,
S, 601, 1901.
3) Vergl. 1. c. Fig. i.^
suchen hing, besassen einen eingelöteten Boden
aus gewalztem Messing. Dort, wo die Kathoden-
strahlen das Metallrohr treffen, wird dasselbe
erwärmt. Zwischen dem erwärmten und nicht
erwärmten Teile der Berührungsfläche von
Messingrohr und Messingboden entsteht dadurch
eine thermoelektrische Potentialdifferenz, welche
bei den besonders günstigen Widerstandsver-
hältnissen hinreichend ist, um einen Strom von
genügender Stärke zu erzeugen, welcher die
Nadel ablenkt. Leider war aber die Richtung
des Stromes stets so, dass die Ablenkung in
dem von den Kathodenstrahlen zu erwartenden
Sinne erfolgte. Die Erwärmung und Abkühlung
des Rohres findet ferner so prompt statt, dass
sich die Fehlerquelle durch den Charakter des
Ausschlages, besonders bei ungedämpfter Nadel,
kaum verrät. Es ist leicht einzusehen, dass bei
Vertauschung der Elektroden aa mit b^ auch
der Thermostrom zugleich mit den Kathoden-
strahlen seinen Sinn verändert, dass er nicht
auftritt, wenn a Anode, « Kathode ist, dass er
nicht wirkt, wenn cy Elektroden sind und in
den Versuchen No. 8 bis 11, welche der Hertz-
schen Anordnung entsprechen, fehlt, sowie dass
er um so stärker ist, je kräftiger die Kathoden-
strahlen sind, die ihn erzeugen. Auch bei den
Versuchen mit der in Fig. 2 (I.e.) abgebildeten Röhre
scheint dieselbe Fehlerquelle im Spiele gewesen
zu sein. Danach ist es klar, dass ein grosser,
und wie ich glaube, der grösste Teil der be-
obachteten Wirkung auf Rechnung der erwähnten
Fehlerquelle zu setzen ist. Ich bin damit be-
schäftigt, die Grösse des Anteils zu suchen,
welchen die Kathodenstrahlen selbst an dem
Phänomene besitzen. Die quantitativen An-
gaben meiner Arbeit lassen sich nach den
jetzigen Erfahrungen nicht aufrecht erhalten.
Die leitende Idee, welche ich seinerzeit aus-
führlich dargelegt habe, scheint mir dagegen
vorläufig unberührt bestehen zu bleiben.
Physik. Inst, der k. k. deutsch. Univ. Prag.
(Eingegangen 24. Februar 1902. 1
Das mechanische Äquivalent der Licht-
einheit.
Von Knut Angström.
Nachdem Julius Thomsen *) schon 1865
einen ersten Versuch zur Bestimmung des
mechanischen Äquivalents einiger Lichtquellen
gemacht hatte, wurde von O. Tumlirz 1889
das mechanische Äquivalent unserer gegen-
wärtigen Lichteinheit näher bestimmt.^) Die
Gesamtstrahlung [Q) wurde mit einer Art von
1) J. Thomsen, Pogg. Ann. 126, 348, 1865.
2) (). Tumlirz, Wied. Ann. 38, 640, 1SS9.
2S8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
Luftthermometer bestimmt, das Verhältnis der
Licht- und der Gesamtstrahlung oder der Licht-
effekt der Strahlung (^/ö) wurde auf dieselbe
Weise, wie es früher Melloni und Julius
Thomsen gemacht hatten, ermittelt, und zwar
dadurch, dass die ultraroten Strahlen durch
eine Wasserschicht absorbiert und so von den
Lichtstrahlen (L) getrennt wurden.
Bei der Bestimmung der Gesamtstrahlung
der H efn ersehen Amylacetatlampe, die ich bei
einer anderen Gelegenheit ausgeführt habe"),
überzeugte ich mich, dass diese Strahlung nicht
unbedeutend grösser war, als Tumlirz sie an-
gegeben hatte. Andererseits ist die Methode,
den Lichteffekt der Strahlung durch Absorption
in Wasser zu bestimmen, aus leicht einzusehen-
den Gründen prinzipiell unrichtig und muss zu
hohe Werte der Lichtstrahlung geben. ^)
Weil eine genaue Kenntnis unserer Licht-
einheit ftir viele physikalische Fragen von hoher
Bedeutung ist, entscbloss ich mich, die Frage
wieder aufzunehmen. Meine Untersuchung der
Hefner-Lampe zerfällt, wie die früheren über
diesen Gegenstand, in zwei Teile: i. die Be-
stimmung der Gesamtstrahlung, 2. die Hestim
mung des Verhältnisses der Licht- und der
Gesamtstrahlung.
Die von mir untersuchte Normallampe mit
Hefnerschem Flammenmass war von Siemens
& Halske bezogen. Zur Bestimmung der
Gesamtstrahlung bediente ich mich des von mir
konstruierten Kompensationspyrheliometers ^)
und zwar eines vorzüglichen Instrumentes mit
Streifen von Manganin (betreffs der Konstruk-
tion des Instrumentes möchte ich hier nur auf
die citierte Abhandlung hinweisen). Die Gleich-
heit der Temperatur der Streifen wurde mit
Hilfe eines hochempfindlichen Spiegelgalvano-
meters, die Stärke des Erwärmungsstromes
durch einen Präzisions-Milliamperemeter von
Siemens & Halske ermittelt. Bestimmungen
der Gesamtstrahlung wurden in zwei verschie-
denen Abständen von der Lampe, und zwar
500 cm und 100 cm davon, ausgeführt und
gaben vollständig übereinstimmende Resultate.
Als Mittel mehrerer Bestimmungen ergab
sich als
Wert der Gesamtstrahlung (0 bei i m Ab-
. 1 gr. - Kai.
stand: 0,00129 ,,. -
Mm.
gr. -Kai.
Sek.
Der Fehler dieser Bestimmung dürfte 3 Proz.
nicht übersteigen.
oder 0,0000215
I' K. Angström, Wied. Ann. 67, 647, 1899.
2) Tumlirz fand die Gesamtstrahlung einer Meterkerze
0,0000148 Grammkalorien pro Sek. und den Lichteffekt
der Strahlung =^ 2,4 Prozent,
ü
3' K. Angström, Wied. Ann. 67, 633, 1S99.
Der Lichteffekt der Strahlung wurde auch
nach einer neuen Methode bestimmt. Die von
Langley benutzte Methode — das Energie-
spektrum auf bolometrischem Wege zu be-
stimmen und den Lichteffekt durch Integrieren
der so erhaltenen Kurven zu ermitteln — ist
wohl prinzipiell richtig, aber doch mit ziemlich
grossen Schwierigkeiten verbunden, besonders
wenn es sich um schwache Lichtquellen handelt.
Ausserdem üben die Prismen, Linsen oder
Spiegel des Spektralapparates eine selektive
Veränderung der Strahlung aus, die besonders
in dem äussersten ultraroten Spektrum stark
hervortritt und deren Einfluss auf das Re-
sultat schwer zu berechnen ist. Die folgende
Methode ist von diesen Fehlerquellen frei.
Die Strahlung der zu untersuchenden Licht-
quelle wird durch ein Spektroskop zerlegt:
durch Schirme werden die nicht sichtbaren
Teile des Spektrums abgeblendet, die leuchten-
den Strahlen dagegen durch eine Cylinderlinse
zu einem weissen Bilde auf einem Photometer-
kopf vereinigt. Ein zweites Exemplar derselben
Lichtquelle wird so aufgestellt, dass die von
dieser auf dem Photometerkopfe direkt fallende
Strahlung photometrisch gleich der erst-
genannten ist. Man hat also zwei Strahlungen
von physiologisch ganz gleicher Stärke
und Zusammensetzung, die erste enthält
aber nur Lichtstrahlen, die zweite ist die
e ntsprechende Gesamtstrahlung. Wenn
der Photometerkopf gegen ein Bolometer oder
eine Thermosäule vertauscht wird, kann man
die Energie der beiden Strahlungen und also
das Verhältnis derselben bestimmen.
Die Anordnung des Versuches wird durch
die Figur näher erläutert.
y
\y-
i
fl s
■o
\
z\
Li und Li sind die Lichtquellen, ABD ein
Spiegelspektroskop, S Schirm, C Cylinderlinse,
/r Wasserkammer, um die Strahlung durch
Erwärmung des Schirmes abzuhalten, /^ Photo-
meterkopf, der gegen eine empfindliche Thermo-
säule vertauscht werden kann. Alle diese
Teile sind auf einer grossen, 2 m langen, op-
tischen Bank befestigt und können also leicht
einjustiert werden. Der Schirm 5 ist durch
eine Mikrometerschraube senkrecht auf der
Längenrichtung der Bank beweglich und wurde
so eingestellt, dass das Spektrum jenseits
^ = 0,76// abgeblendet wurde.
Bei der Untersuchung solcher Lichtquellen,
deren Lichtstrahlung durch das Glühen von
Kohlenpartikeln hervorgebracht wird, kann man
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
259
die Lichtquelle L durch eine Glühlampe er-
setzen und die Stromstärke regulieren, bis die
Farbe des Lichtes dieselbe wird, wie diejenige
der zu untersuchenden Lichtquelle. Dies ist
besonders in denjenigen Fällen vorteilhaft, wo
die Lichtstrahlung schwach ist und wurde des-
wegen bei der Untersuchung des Hefn erlichtes
von mir benutzt.
Als Mittel mehrerer Bestimmungen des
Lichteffekts der Hefnerlampe habe ich er-
halten:
^/Ö = o,90% (+0,04%).
Aus diesen Bestimmungen von Q und L\Q
berechnet sich jetzt die Energie, die unserer
Lichteinheit (= Energie der Lichtstrahlung auf
I cm^ in I cm Entfernung) und Beleuchtungs-
einheit (= Energie der Lichtstrahlung auf i cm^
in 1 m Entfernung) entspricht. Wir finden:
I Lichteinheit = 0,009 . 0,0000215 . loo"^ =
1,94. 10-
-3^:^^ = 8,1.10^^'^^
sec. sec
1 Meterkerze = 0,009. 0,0000215 =
sec, sec.
Das mechanische Äquivalent der Ein-
heit der Beleuchtungsstärke ist also rund
8 erg pro Sekunde.*)
Ich habe bis jetzt nur Gelegenheit gehabt,
den Lichteffekt der Strahlung der Hefnerlampe
und der Acetylenflamme zu untersuchen. Für
die letzterwähnte habe ich als Mittel von 5 Be-
stimmungen erhalten:
^/ö=s.s
0
0
Früher ist der Lichteffekt der Acetylen-
flamme von Stewart und Hoxie^) untersucht
worden. Sie fanden durch eine verbesserte
Absorptionsmethode ^/ö=io,5^'o, ein Resul-
tat, das offenbar, den Fehlerquellen der Unter-
suchungsmethode zufolge, zu gross ist. Später
hat aber Stewart noch eine Bestimmung dieses
Lichteffekts ausgeführt^) und zwar durch das
Integrieren der auf spektrometrischem Wege er-
haltenen Energiekurve, wobei er den früheren
hohen Wert bestätigt findet. Dies erklärt sich
doch aus einem Fehler, den der Verf. bei Be-
handlung seiner Beobachtungsresultate gemacht
hat.^) Bei Vermeidung dieses Fehlers erhält
ij Man vergleiche die Darstellung von Drude: Lehr-
buch der Optik, S. 445, 1900, wo die von Tumlirz ange-
gegebenen Werte als Grundlage der Berechnungen angeführt
sind.
2) E. L. Nichols, The Phys. Review 11, 219, 1900;
diese Zeitschr. 2, 221, 190 1.
3) G. W. Stewart, The Phys. Review 14, 257, 1901.
4) Der Verf. führt seine im prismatischen Spektrum ge-
machten Beobachtungen in ein Normalspektrum ein und
dividiert jede Beobachtung mit dem Quadrate der bezüg-
lichen Spaltbreite ausgedrückt in Wellenlängen
'S. 275 — 276 1. c). Er verwandelt auf diese Weise sein
l»rismatisches Spektrum eigentlich zweimal ins Normalspektrum.
man aus den Beobachtungen des Herrn Stewart
einen Wert des Lichteffektes, welcher in voll-
ständiger Übereinstimmung mit dem oben ge-
fundenen, zwischen 5^/0 und 6^0 li^&t-
Dass der Lichteffekt der Strahlung unserer
gewöhnlichen Beleuchtungsmittel sehr unbe-
deutend ist, war schon längst bekannt. Es
scheint aber, als wären die früheren Bestimm-
ungen dieser Grösse — mit Ausnahme vielleicht
derjenigen von Langley — noch zwei- bis
dreimal zu hoch.
Physikal. Institut der Univ. Upsala. Jan. 1902.
(Eingegangen am 31. Januar 1902.)
Über die Doppellinien im Spektrum der
Chromosphäre.
Von A. Schmidt (Stuttgart.)
Die anomale Dispersion scheint berufen,
den Erklärungsgrund für verschiedene Besonder-
heiten der Refraktionserscheinungen in den
Atmosphären der Himmelskörper, besonders der
Sonne, zu geben. Es wäre ja höchst merk-
würdig, wenn die Eigenschaft des Natrium-
dampfes, dem Lichte, das den Linien seines
Emissionsspektrums benachbart ist, eine beider-
seits weit über die Grenzen des Spektrums
hinausreichende Brechbarkeit zu geben, nur
auf diesen einen oder wenige andere Körper
beschränkt wäre. Vor allem ist zu begrüssen,
dass durch die gesetzmässige Auffassung der
Erscheinung sich ein neuer Erklärungsgrund
für die Linienverschiebungen in dem Spektrum
des Lichtes der Sonnenflecken bietet und man
nicht genötigt ist, nach dem Dopplerschen
Prinzip auf die unwahrscheinlichsten Geschwin-
digkeiten von Massenbewegungen zu schliessen.
Auch für das Phänomen der Chromosphäre
liefert die anomale Dispersion eine neue von
der aufKirchho ff zurückgehenden abweichende
Erklärung. Und diese von Herrn W. H. Julius
in zwei Berichten an die k. Akademie der
Wissenschaften zu Amsterdam, die auch in der
Physikalischen Zeitschrift ') veröffentlicht wurden,
gegebene neue Theorie ist zudem gestützt durch
eine höchst merkwürdige neue Thatsache,
welche den Sonnenphysikern bis jetzt ent-
gangen war. Die hellen Linien der Chromo-
sphäre, besonders ihres dem Sonnenrande
nächsten Teiles, der unmittelbar vor und nach
der Totalität einer Sonnenfinsternis die Er-
scheinung des „Flash" bietet, diese Linien,
welche man seit Kirchhoffs grosser Ent-
deckung als ein Emissionsspektrum der um-
kehrenden Schicht, als die genaue Umkehrung
des Fraunhofer sehen Absorptionsspektrums
i) Jahrg. 2, 34^—531 357— 360, 1901 ; Jalirg- 3, 154-15S,
1902.
26o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
betrachtete, sind nicht einfach, sondern bei
feinster photographischer Aufnahme alle ver-
doppelt.
Herr Julius kann im Chromosphärenspek-
trum keinen Anteil von Eigenlicht der Chromo-
sphäre entdecken, er sieht in diesen Linien
einen Auszug aus dem weissen Lichte der
Photosphäre, abgelenkt als anomal zerstreutes
Licht durch die Schlieren der nur schwach
selbstleuchtenden chromosphärischen Gase.
Nun dürfte es aber nicht ungerechtfertigt
erscheinen, eine Erklärung, welche auf die ver-
hältnismässig kleinen und zufälligen Refraktions-
wirkungen der Schlieren gegründet ist, auf ihre
Verträglichkeit mit der auch in der Sonnenatmo-
sphäre wirksamen allgemeinen Strahlenbrechung
zu prüfen. Wohl berücksichtigt der Autor diese
Strahlenbrechung soweit sie die Wirkung der ein-
zelnen Schliere modifiziert, nicht aber ihre gesetz-
mässige Wirkung im ganzen. Auch bei den
Refraktionserscheinungen in der Erdatmosphäre
müssen wir drei Grössenordnungen unterscheiden,
I. die allgemeine astronomische und terrestri-
sche Strahlenbrechung, 2. die unregelmässigen
und ausserordentlichen Störungen jener, 3. die
häufigsten und kleinsten Störungen, welche
deswegen wieder einen regelmässigen Charakter
annehmen, und die man wegen ihrer Wirkung
auf das Fixsternlicht als Scintillation bezeichnen
kann.
In einer sehr anziehenden Studie^) hat vor
kurzem Herr Julius die anomale Dispersion
mit der Strahlenbrechung im Horizont in Ver-
bindung gebracht und eine Erklärung des
„grünen Strahls", des ersten und letzten Sonnen-
strahls beim Aufgang bezw. Untergang der
Sonne gegeben. Sollte er mit dem ersten und
letzten Strahl der verfinsterten Sonne, dem
Flash, nicht besser ebenso verfahren sein, seine
Erklärung lieber an die Refraktion erster, als an
die dritter Ordnung zu knüpfen?
ow
M K ff L
I I i I
0¥
KifL
Vorstehende , in den Massen ziemlich
willkürlich gezeichnete Teilungen sollen Bilder
des wirklichen und des scheinbaren Sonnen-
radius darstellen. Ein leuchtender Gasball vom
Radius OL sei umgeben von einer unbestimm-
bar hohen Atmosphäre eines sehr leichten
Gases, beispielsweise von 1000 mal kleinerem
Molekulargewicht als Wasserstoff, einer Gas-
hülle, die auch in das unter L befindliche Ge-
biet sich fortsetzt unter allmählich zunehmen-
der Beimischung von Wasserstoff, Helium,
Leichtmetallen, Schwermetallen, bis zu einer
l) Le rayon vert ]>ar W. II. Julius, extrait de«s Archives
Neerlandais etc.
Tiefe M, in welcher die Konzentration der
gasigen Lösung so stark ist, dass ihr Licht
ein kontinuierliches Spektrum weissen Sonnen-
lichtes liefert. Der Brechungsindex n der Gase
wird von M bis H nahe bis zur Einheit ab-
nehmen, über H sich asymptotisch diesem
Werte i des freien Äthers nähern. Seine
Werte in den einzelnen Punkten seien bezeichnet
durch fiL, riff, hm. Nach dem Refraktionsgesetz
bestehen nun für die im Sonnenbilde sich
darstellenden scheinbaren Dimensionen die
Gleichungen:
ÖC^hlOL^ ÖH'^nuOH.
Höchstwahrscheinlich ist es aber, dass
keine entsprechende Gleichung 0 M ^=nj^OM
bestehe, denn ein Strahl, der in il/ senkrecht
zu OM verläuft, kommt nicht wohl zum Aus-
tritt aus der Sonne. Wenn schon an der Erd-
oberfläche der ordentliche Betrag der Refraktion
den horizontalen Strahlen eine Krümmung er-
teilt, deren Radius nur gleich dem 7 fachen
Erdradius ist, so lässt sich für den Ort M des
Sonnenballs zweifellos eine Strahlkrümmung
erwarten, deren Radius kleiner als OAf ist.
Von AT nach aussen sich fortpflanzende Strahlen
müssen mit der Verlängerung von OM einen
Winkel bilden, der unter einem bestimmten
Grenzwert / liegt, /<C90^ Zwischen AI und H
muss es einen Ort K geben, in welchem hori-
zontale Strahlen um 0 im Kreise umlaufen, es
ist O'K* = tikOK und 0' K* = ni^OAfsinit beides
die Konsequenz des Brechungsgesetzes.
Das Bild der „kritischen Sphäre" deckt die
Bilder der darunter liegenden Sphären, O' K'
ist der gemeinsame Radius ihrer Bilder. Wegen
der sich allmählich verlangsamenden Abnahme
der Werte von n gejg;en aussen ist sowohl die
scheinbare Höhe -// ^ <i.HL, als noch vielmehr
K' H' <^KH. Die Chromosphäre mit der schein-
baren Höhe AT' //erscheint als Bild einer wesentlich
höheren Schicht KL und ihr unterer Teil K' H* ,
das Gebiet des Flash, ist das ausserordentlich
verjüngte Bild des oberen Teiles KH der um-
kehrenden Schicht AIH,
Selbstverständlich erfüllt die Natur das all-
gemeine Schema nicht mit mathematischer
Genauigkeit. Die Refraktionen dritter Ordnung
und zeitweise diejenigen zweiter verhindern die
Entstehung von Strahlen, die im Kreise umlaufen,
verhindern die Bildung eines festen Ortes K
und seines Bildes K\ Sowenig wir auf hohem
Meeresufer in nebelgrauer Ferne eine kreisförmige
Horizontlinie finden, während vielmehr die
Scheitel verhältnismässig naher Wellen uns
eine scharf und klar begrenzte Horizontlinie
erzeugen, so wenig wird für uns durch die Re-
fraktion erster Ordnung das Detail des Sonnen-
randes erzeugt. Aber so, wie trotz der Scin-
tillation und trotz der Schwankungen des
Refraktionswertes für das Fixsternlicht doch
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
261
ein Mittelwert der astronomischen Strahlen-
brechung sich erhält, so wird auch das Schema
unserer Sphären sich in der Mannigfaltigkeit
kleiner Schwankungen erhalten und die Schärfe
des Sonnenrandes wird um so deutlicher sich
ausprägen, je kleiner die Bögen sind, welche
die Strahlen der kritischen Sphäre in nahe
horizontaler Richtung zurücklegen.
In dem Gebiete KH müssen wir nun die-
jenigen Schlieren annehmen, welche nach der
Julius sehen Theorie das Nachbarlicht ihrer
eigenen Spektrallinien unter anomaler Disper-
sion, den einen Teil desselben unter ultravio-
letter, den anderen unter infraroter Brechung
ablenken, so dass dieses Licht, obgleich es
von der Sphäre OK ausgeht, bezw. von der
Photosphäre Ö K\ doch zu unserem Auge von
K' H' zu kommen scheint. Die doppelte Art
der Schlierenwirkung erklärt Herr Julius durch
Vergleichung mit der Wirkung von zweierlei
Prismen, deren eine Art ihre brechende Kante
von der Sphäre K ab-, deren andere sie ihr
zuwendet.
Zugegeben nun, was aber immerhin noch
bedeutendem Zweifel begegnet, das Gesetz der
anomalen Dispersion gelte für alle elektiv ab-
sorbierenden Substanzen in ähnlich starkem
Grade wie für den Natriumdampf, so wird auch
die allgemeine ordentliche, nicht bloss die
ausserordentliche Strahlenbrechung von einer
anomalen Dispersion begleitet sein. In dem
ganzen Bezirk zwischen den Sphären M und
// erzeugen die dort gelösten Metalle eine
Gruppe infraroter und eine solche ultravioletter
Strahlen. Streng genommen hat jede andere
Spektralfarbe einen anderen Photosphärenrand
K\ Dass wir die Photosphäre nicht violett
umsäumt sehen, ist nur die Folge des im Ge-
biete K schon ausserordentlich kleinen Brech-
ungsvermögens, für welches die ordentliche
Dispersion verschwindet. Falls aber die ano-
male Dispersion nicht verschwindet, so ist die
Konsequenz des Gesetzes der allgemeinen Re-
fraktion, dass das infrarote Licht im Sonnen-
bilde einen unter K* liegenden Rand erzeugt,
also verborgen bleibt, dagegen das ultravio-
lette einen K' überragenden Rand. Demnach
sollte man erwarten, im Flash-Spektrum nur
dem ultraviolett gebrochenen Lichte zu be-
gegnen. Hätte Herr Julius keine Verdoppel-
ung der Chromosphärenlinien entdeckt, so
könnte, vom Gesichtspunkt der allgemeinen
Refraktion aus, ernstlich in Frage kommen, ob
nicht die Chromosphäre oder wenigstens ihr
unterster Teil K' H das Produkt einer durch
anomal stark zerstreutes Licht bewirkten Ver-
grösscrung des Sonnenbildes sei. Wenn aber
die Chromosphärenlinien doppelt sind, so lässt
das Gesetz der allgemeinen Refraktion für die
Anwesenheit des infrarotgebrochenen Teiles der
Doppellinien keine andere Erklärung zu, als
die, sie seien Eigenlicht der Schicht KH,
Sollte das der Fall sein, dann ist wohl
auch die andere Hälfte der Doppellinien, das
vermeintlich ultraviolett gebrochene Licht, solches
Eigenlicht von KH und wir haben das Licht
des Sonnenrandes K* H' als Emissionslicht von
KH zu betrachten.
Es ist zuzugeben, den ausserordentlichen
Refraktionen kommt in der Sonnenatmosphäre
eine gegenüber der regelmässigen Refraktion
viel grössere Bedeutung zu, als auf der Erde,
diese grössere Bedeutung aber doch vorzugs-
weise in den der Schwere weniger unterworfenen
leichten Gasschichten über H, Soweit man
auch innerhalb KH die Rolle der Schlieren
hoch genug anzuschlagen bereit ist, mag man
die Julius sehe Erklärung teilweise als zutreffend
betrachten. Wer aber aus Gründen der all-
gemeinen Refraktion die verhältnismässig be-
trächtliche Höhe von KH im Vergleich mit
dem Bilde K* H' zugiebt, für den hat es wohl
keine Schwierigkeit, zur Erklärung der Doppel-
linien sich vorzustellen, dass die Schicht KH
eine mit der Höhe abnehmende Dichte und
abnehmende Temperatur besitze. Die tieferen
Schichten erzeugen Eigenlicht mit breiten
hellleuchtenden Spektrallinien. In den oberen
Schichten von AT// bilden sich in diesen breiten
Linien schmale Absorptionslinien. Das Emis-
sionsspektrum des Flash trägt ebenso, wie das
Photosphärenspektrum, den Eindruck derFraun-
hofer sehen Linien.
Was den oberen Teil K' H* der Chromo-
sphäre betrifft, so kann man denselben ähnlich
den Protuberanzen durch ausserordentliche Re-
fraktionen in Schlieren erklären.')
Wir verdanken Herrn Julius durch die Ein-
führung eines neuen Erklärungsprinzips in die
Sonnenphänomene und besonders durch die
wichtige Entdeckung der Verdoppelung der
Chromosphärenlinien den Anstoss zu neuer
gründlicher Prüfung der möglichen Theorien.
Der Verfasser dieser Kritik im besonderen ver-
dankt dem Herrn Autor die Befestigung seiner
bisher noch schwankenden Vorstellungen über
die Natur der Chromosphäre.
i) Vergl. die Abh. d. Verf. „Die Erklärung der Sonnen-
protuberanzcn etc." Zeitschrift Sirius, Mai 1895.
(Eingegangen 25. Februar 1902.}
Der Mensch als kalorische Maschine und der
zweite Hauptsats.*)
Antwort an Herrn N. Zuntz.
Von K. Schreber.
. Die Einwendungen, welche Herr Zuntz
gegen meine, im Anschluss an den von mir
I) Vergl. diese Zeitschrift 3, 107, 190 1, bezw. 3, 184, 1902.
262
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
gefundenen Wert des Wirkungsgrades des
Menschen angestellten Betrachtungen macht,
lassen sich auf zwei Punkte konzentrieren:
I, die Grösse des Wirkungsgrades, 2. das
Temperaturgefälle. Meine Schlussfolgerungen
bleiben durch sie unberührt.
Bei sämtlichen kalorischen Maschinen ist
man gewöhnt, den wirtschaftlichen Wirkungsgrad
in ein Produkt zu zerlegen:
yy* ist der Wirkungsgrad des Kessels, d. h.
das Verhältnis der von der die Wärme über-
tragenden Flüssigkeit aufgenommenen zu der
im Brennstoff enthaltenen Wärmemenge (^>t wird
bei Explosionsmotoren gelegentlich gleich i,
z. B. beim Dieselmotor).
Tj der theoretische Wirkungsgrad des von der
Maschine ausgeführten Prozesses, d. h. das
Verhältnis der in Arbeit umgesetzten zur
aufgenommenen Wärme für den Fall, dass
der Prozess vollkommen nach der Theorie
verläuft.
Vi der indizierte Wirkungsgrad; (i—'fji) giebt
die Verluste, welche dadurch entstehen, dass
der Prozess nicht den Voraussetzungen ent-
sprechend umkehrbar verläuft.
fj„, der mechanische Wirkungsgrad; (i — fjm) giebt
die Verluste, welche entstehen, indem die
vom wirklich ausgeführten Prozess entwickelte
Arbeit nach aussen abgegeben wird.
Analog kann man auch den Wirkungsgrad
des Menschen in vier Faktoren zerlegen: f^k
wäre der Wirkungsgrad der Verdauung; (i — ?yx )
gäbe also die unverdaut abgehende Nahrung u.s.w.
Ich habe nun, als ich vom Wirkungsgrad
sprach, mich an den Gebrauch der Technik
gehalten, welche unter Wirkungsgrad einer
kalorischen Maschine schlechtweg stets das
Produkt ^-ly/ -^y», meint, da der Kessel einer
Dampfmaschinenanlage stets als selbständiger
Teil betrachtet, und bei allen Explosionsmo-
toren 7]k in erster Annäherung gleich i gesetzt
wird.
Auf Grund der neuesten Zusammenstellungen
habe ich angegeben
?y/y /•??//» = 6,2%
Herr Zuntz hat das Produkt 1] • /y, im Auge.
Da die /y definitionsgemäss kleiner als i, so
muss sein Wert grösser als der von mir gegebene
sein. Um /y-?y/ zu erhalten bestimmt er, wenn
ich den Ausdruck aus der Technik übertragen darf,
die Leerlaufsarbeit ; d. h. er bestimmt in einemVer-
such die Energieaufnahme im Ruhezustande des
Menschen, in einem zweiten die Energieaufnahme
während der Arbeit. Die Differenz beider be-
trachtet er als die zur Arbeit verwendete Energie-
menge und das Verhältnis der Arbeit zu dieser
Energie bezeichnet er als Wirkungsgrad.
Gegen dieses Verfahren sind aber zwei
wesentliche Bedenken geltend zu machen.
Das erste besteht darin, dass der mensch-
liche Körper einen grossen Energievorrat re-
präsentiert; wie wäre es sonst möglich, dass
Schiffbrüchige, ohne Nahrungaufzunehmen, tage-
lang die schwersten Arbeiten zu verrichten im
Stande wären.
Ich verglich deshalb den menschlichen
Körper mit einem Elektrizitätswerk, welches
neben der Dampfdynamo eine grosse Akku-
mulatorenbatterie besitzt. Das Beispiel der
Schiffbrüchigen giebt uns das Recht, anzu-
nehmen, dass der Energiegehalt der Batterie
wenigstens 25 mal so gross sein muss, wie die
durchschnittliche Energieaufnahme während
24 Stunden.
Wird in den Versuchen dieser Energie-
vorrat nur bis auf 1% konstant erhalten, so
wird der Fehler im Resultat, da bei der
Differenzbildung sein absoluter Wert ungeändert
bleibt, 25 Proz.
Es müssen also die Versuche bedeutend ge-
nauer sein als bis auf i Proz.
Da ich nun nicht in der Lage bin, die Ver-
suche des Herrn Zuntz nach dieser Hinsicht
zu kontrollieren, so nehme ich an, die Kon-
stanz des Energievorrates sei hinreichend genau
erhalten worden.
Schlimmer erscheint mir das zweite Be-
denken. Jeder Ingenieur weiss, dass (i — fj,„)
durchaus nicht mit der Leerlaufsarbeit zu-
sammenfällt, vielmehr wird eine Beziehung
zwischen beiden erst durch Einführung der
sogenannten Zusatzreibung erreicht: ob beim
Menschen die Beziehungen entsprechend liegen
oder nicht, darüber liegen soweit mir bekannt,
keine Beobachtungen vor. Nun ergiebt sich,
wenn wir den von Herrn Zuntz gegebenen
Wert T] ' 7}i = 40 Proz. in Rechnung stellen,
durch Kombination mit ??•??/• /yw = 6,2 Proz.
der Wert /y«, = 16 Proz. also i — r]m= 84 Proz.
Bei derartig hohen Werten der Reibungsver-
luste würde ein ganz geringer Koeffizient der
Zusatzreibung ganz bedeutende Änderungen
der Rechnung bedingen.
Ich ziehe es deshalb vor, für meine Schluss-
folgerungen den Wirkungsgrad ^ • /y,- • ?y«r beizu-
behalten, gegen den derartige Bedenken nicht
vorgebracht werden können.
Nimmt man übrigens den von Herrn Zuntz
gegebenen W^ert t] • yy, = 40 Proz. als richtig
an, so ist der mechanische Wirkungsgrad,
16 Proz., so niedrig, dass er sogar von dem
des Dieselmotors, der doch von allen kalorischen
Maschinen den niedrigsten hat — nach Beob-
achtungen von E. Meyer 75 Proz. — bei weitem
übertrofifen wird. Danach ist also der mensch-
liche Körper eine für Leistung mechanischer
Arbeit sehr schlecht konstruierte Maschine. Ein
Resultat, welches mit der Entwicklung in der
Industrie übereinstimmt, in welcher der Mensch
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
263
auch immer mehr und mehr alle mechanische
Arbeit den Maschinen überlässt und nur mit
seinen geistigen Fähigkeiten wirkt. —
Gegen meine Annahme der Hauttemperatur
als unterer Grenze hat Herr Zuntz zunächst den
Fisch angeführt, dessen Körperwärme so wenig die
des umgebenden Wassers überragt, dass es bisher
nicht mit Sicherheit gelungen ist, die Grösse der
Differenz festzustellen. Landois giebt in seinem
Lehrbuche der Physiologie 1891 für Amphibien
und Fische die Differenz zwischen Körper- und
Wassertemperatur zu 0,5 bis 3^ C. Das sind recht
merkliche Differenzen; und da diese Tiere in
dem, im Verhältnis zur Luft als guten Wärme-
leiter zu betrachtenden Wasser leben, so darf
man ihre Hauttemperatur ohne weiteres gleich
der des Wassers setzen. Es fällt also das ganze
Temperaturgefälle innerhalb des Körpers.
Anders ist es beim Menschen, welcher in
der, die Wärme schlecht leitenden Luft lebt;
hier ist Hauttemperatur und Lufttemperatur
verschieden. Dass ich der ersten Rechnung die
Lufttemperatur zu Grunde legte, sollte nur die
zufällige Übereinstimmung der Zahlen zeigen.
Ich habe bei der endgültigen Rechnung aus-
drücklich die Hauttemperatur als ausschlaggebend
hingestellt; deshalb verstehe ich nicht recht,
wie mir Herr Zuntz zuschreibt, ich hätte das
Temperaturgefälle einer kalorischen Maschine
aus der Temperaturdifferenz zwischen Kühlwasser
und äusserer Luft bestimmen wollen.
Dass bei dem indischen Kuli, der in einer
die Körpertemperatur übersteigenden Lufttem-
peratur arbeitet die Hauttemperatur niedriger
ist als die des Körperinneren, dafür sorgen die
verdunstenden Wassermengen, welche er zu sich
nimmt. Die untere Grenze des Temperaturge-
fälles wird hier gerade so bestimmt, wie bei
einem Oberflächenkondensator, dessen Röhren-
system nicht durch Kühlwasser, sondern vielleicht
durch verdunstende flüssige Kohlensäure ge-
kühlt wird. Obgleich schliesslich die abgeführte
Wärme von der Luft aufgenommen wird, so
muss doch als unterste Temperatur des Tem-
peraturgefälles die sicherlich unter Lufttempe-
ratur liegende Temperatur der gekühlten Röhren
gesetzt werden. Die Temperatur der Luft ist
hier wie beim indischen Kuli ganz gleichgültig.
Es existiert also auf jeden Fall ein Tem-
peraturgefälle zwischen dem Innern des Körpers
und der Haut; ob dieses die Arbeit bedingt,
lassen wir zunächst noch dahingestellt.
Herr Zuntz setzt als untere Grenze des die
Arbeit bedingenden Temperaturgefälles die Tem-
peratur des Körperinneren, und sucht das Ge-
fälle dann dem von ihm gefundenen Wirkungs-
grad anzupassen, indem «er als obere Temperatur
244^ angiebt. Zunächst ist gegen diese Zahl
rein formal zu bemerken, dass der Wirkungs-
grad des Herrn Zuntz höchstens //•^/ sein kann.
wenn wir von den oben auseinandergesetzten
Bedenken absehen wollen. Nun ist aber ?// <C i
und wir können ruhig, da bei hohen Tempera-
turen die Abweichungen vom theoretischen Pro-
zesse grösser sind, als bei niedrigen, setzen
^/ = 80 Proz. Dadurch wird // = 50 Proz. und
die obere Temperatur ist dann schon 347^.
Ferner, da der theoretische Prozess sicher kein
Car notscher ist, muss die Temperatur noch
höher sein; ich runde sie auf 400'^ ab.
Dass derartige Temperaturen durch chemische
Prozesse erzeugt werden können, zeigen die
Verbrennungsvorgänge der kalorischen Ma-
schinen. Unter den Kesseln der Dampfmaschinen
sowohl, wie im Explosionsraum der Explosions-
maschinen namentlich des Dieselmotors kommen
Temperaturen vor, welche bis an die Dissozia-
tionstemperatur der CO2 d. h. nahezu 2000^
heranreichen.
Entstehen können also derartige Tempera-
turen ; ob aber die Muskeln sie vertragen kön- '
nen, ist eine andere Frage. Herr Zuntz hilft
sich, indem er diese Temperatur nur für einzelne
verstreut im Muskel liegende Molekeln annimmt.
Das ist eine Hypothese, welche experimentell
weder als richtig noch als falsch nachgewie-
sen werden kann. Sämtlichen Instrumenten,
mit denen sie geprüft werden soll, und mö-
gen sie noch so fein sein, kann man den Vor-
wurf machen, dass sie die mittlere Temperatur
einer grossen Zahl nebeneinander liegender
Molekeln während eines grösseren Zeitabschnittes
geben.
Trotzdem aber braucht die Hypothese noch
lange nicht richtig zu sein.
Stellen wir uns auf den Boden der kine-
tischen Gastheorie und nehmen an, die zur Ver-
brennung einer Fettmolekel nötigen Sauerstoff-
molekeln lägen so nebeneinander, dass die
Fettmolekel bei ihrer Bewegung auf sie zu, alle
mit einem Male trifft, so wird jedenfalls die Ge-
schwindigkeit der bewegten Molekeln gross ge-
nug sein, um diese nach der kinetischen Gas-
theorie als 400^ warm erscheinen zu lassen. Bei
diesen heftigen Bewegungen der sich vereinigen-
den Molekeln werden aber jedenfalls die be-
nachbarten sehr in Mitleidenschaft gezogen,
d. h. ein Teil der bei der Verbindung frei
werdenden Wärme wird von vornherein an die
benachbarten Molekeln abgegeben, ohne fiir den
Arbeitsprozess in Frage zu kommen ; diese Wärme
entspricht dem grössten Teil der durch i — ?//
gegebenen Verluste. Bei der immerhin recht
schlechten Wärmeleitfähigkeit der Muskelsub-
stanz ist es unter diesen Umständen sehr
wahrscheinlich, dass die benachbarten Mole-
keln bald eine Temperatur erreichen werden,
bei welcher sie absterben. Wenn man also
auch nicht experimentell die Hypothese als
falsch nachweisen kann, so ist sie doch wie
204
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
— '^
zsc
man sieht, derartig unwahrscheinlich, dass man
mit ihr nicht zu rechnen braucht.
Wenn im menschlichen Körper ein Tem-
peraturgefälle Arbeit liefernd wirksam ist, so
kann es nur das zwischen Innentemperatur und
Hauttemperatur sein; ein anderes giebt es nicht.
Die diesem Temperaturgefälle entsprechende
Arbeit ist aber, mag man den von Herrn
Zuntz vorgezogenen Wirkungsgrad jy • jy/ oder
auch nur den von mir in die Rechnung einge-
setzten f} ' ^i ' ^/,» zu Grunde legen, auf jeden
Fall zu klein, d. h. der menschliche Organismus
darf nicht als kalorische Maschine bezeichnet
werden bezw. es wird nur ein kleiner Teil der
vom Menschen geleisteten Arbeit nach Art der
kalorischen Maschinen gewonnen, während der
andere Teil durch eine von der Wärme ver-
schiedene Zwischenenergie aus der chemischen
Energie der Nahrungsmittel entsteht.
Das ist ein für die Technik höchst wichtiges
Resultat.
Die Technik will die in der Kohle stecken-
den Energie Vorräte möglichst vorteilhaft aus-
nutzen. Wenn nun zwar im Dieselmotor schon
ein wirtschaftlicher Wirkungsgrad t^k-rj* ly, . t}^ =
30 Proz. erreicht ist, so ist doch die Anwen-
dung des Dieselprozesses auf Petroleum be-
schränkt und namentlich für die, die festen
Brennstoffe benutzenden Maschinen ist der Wir-
kungsgrad nur ungefähr halb so gross. Das
Beispiel des menschlichen Körpers zeigt aber,
dass eine Zwischenenergieform existiert, mit
deren Hilfe man vorteilhafter arbeitet, als durch
die W^ärme hindurch; und es wäre nun nach
dieser zu suchen, damit die Technik sich ihrer
bedienen kann.
Ob die Oberflächenenergie, mit welcher
Bernstein die Arbeitsvorgänge im menschlichen
Körper erklären will, für die Technik brauch-
bar ist, bedürfte der Untersuchung; in Anbe-
tracht der geringen Verschiedenheiten in den
Werten der Oberflächenspannung scheint mir
aber die Aussicht darauf recht schwach.
'Eingegangen 23. Februar 1902.)
Über die Wärmeleitung des Argons. <)
Von Walther Schwarze.
Auf Anregung von Herrn Professor Dorn
habe ich die Wärmeleitung von Argon (und
zum Vergleiche auch die von Luft) nach der
Methode von Schleiermacher'^j untersucht.
I) Mitteilung aus dem Physikalischen Institut der L'niver-
sität Halle a. S.
21 Schleiermacher, Wied. Ann. 84, 623, 188S.
Dies Verfahren wurde deswegen gewählt,
weil es gestattet, mit einer relativ kleinen Gas-
menge lange dauernde Beobachtungen auszu-
ftihren, ohne dass man eine Verunreinigung zu
beftirchten hat.
Das Argon war, abgesehen von der geringen
Beimengung von Neon, Krypton und Xenon
rein.
Vorbehaltlich det Berücksichtigung gering-
fiigiger Korrektionen, welche wahrscheinlich das
Resultat ein wenig herabdrücken werden, erhielt
ich bei o^ für
Luft Argon
o,oocx)572 o,(xxx:)392.
Der Wert für Luft ist in guter Übereinstim-
mung mit den Beobachtungen von Winkel-
mann') und E. Müller*'') (0,0,568 bezw. 0,0456).
Die kinetische Gastheorie liefert zwischen
dem Koeffizienten der Wärmeleitung k und dem
der Reibung rj bekanntlich die Beziehung^):
wo Cv die spezifische Wärme bei konstantem
Volum ist und f nach den Rechnungen von
Conrau und Neugebauer den Wert 1,6027
besitzt.
Führt man bei Argon für Cv nach Ditten-
berger*) ein 0,1233/1,667 = 0,0740 (was sicher
nahe zutrifft), ferner nach H. Schnitze^) für o'^
^=0,0002104, so ergiebt die Formel:
k = 0,0000 2496
also erheblich weniger, als die Beobachtung.
Um Übereinstimmung zu erzielen, müsste
sein:
/= 2,516,
und dies Ergebnis steht in nahem Einklang mit
den Rechnungen von Wüllner*^) über den —
ebenso wie Argon — einatomigen Queck-
silberdampf, für welchen der Faktor 3,15 sein
müsste.
Ob durch eine weitere Ausarbeitung der
kinetischen Gastheorie sich der Widerspruch
beseitigen lässt, muss einstweilen dahingestellt
bleiben.
I) Winkelmann, Wied. Ann. 48, 180, 1893.
21 Egon Müller, Wied. Ann. 60, 82, 1897.
3) 0. E. Meyer, Die kinetische Theorie der Gase.
2. Aufl. Math. Zusät/e S. 128, 1899.
4) Dittenberger, Inaujruraldiss. Halle 1897.
5) H. Schultze, Diss. Halle 1901 und Ann. der Physik
5, 140, 1901.
6) Citiert nach O. E. Meyer, 1. c. 295.
Halle a. S., 2. März 1902.
(Eingegangen 4. März 1902.)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
265
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
J.von Geitler(Prag),ÜberKathodenstrahlenJ)
Der Inhalt des Vortrages wurde im wesent-
lichen bereits in dieser Zeitschr. 2, 601, 1901,
unter dem Titel „Über die durch Katho-
denstrahlen bewirkte Ablenkung der Magnet-
nadel" veröffentlicht. Um etwaigen, wie der
Vortragende glaubt, allerdings unberechtigten
Einwänden zu begegnen, hatte er schon seiner
Zeit versucht, die magnetische Wirksamkeit der
durch ein Lenardsches Fenster getretenen
Strahlen nachzuweisen. Die experimentellen
Schwierigkeiten, welche der Herstellung ge-
nügend intensiver Lenard strahlen entgegen-
stehen, konnten bisher nicht überwunden werden.
MitBezugaufeinin denBeibl. zu den Ann. d. Physik
26, 717, 1901, erschienenes Referat über
seine Arbeit bemerkt der Vortragende, mit Be-
dauern wahrgenommen zu haben, dass von der
althergebrachten Art des Referierens in diesem
Journal in allerdings vereinzelten, aber darum
desto auffallenderen Fällen abgewichen werde,
indem zu der reinen Inhaltsangabe der refe-
rierten Abhandlung kritische Randbemerkungen
des Berichterstatters hinzutreten — also Polemik
an einem Orte, wo die Möglichkeit der Erwi-
derung fehlt. Was die Einwände des Referenten
in dem vorliegenden speziellen Falle anlangt,
so bewegen sich dieselben in der, wie oben
gesagt, zwar vorhergesehenen, aber vom Vor-
tragenden nicht als stichhaltig anerkannten
Richtung. Die Begründung der Einwände durch
den Herrn Referenten ist dem Vortragenden
unverständlich geblieben. Der Vortragende be-
dauerte es daher doppelt, dass der Herr Re-
ferent sich bereits während des Vortrages ent-
fernt hatte und daher keine Aufklärung über
diesen Punkt geben konnte.
(Selbstreferat des Vortragenden.)
(Eingegangen 4. Oktober 1901.)
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen.)
König (Greifswald). Ich bedaure auch meiner-
seits, dass Herr Dr. Kaufmann nicht mehr
I ) Abteilung 2, 24. September 1901. Anm. bei der Kor-
rektor: Ich habe inzwischen gefunden, dass bei meinen damali-
gen Versuchen eine Fehlerquelle vorhanden war, und habe
über diesen Punkt im Anzeiger der kais. Akademie in Wien
zugegen ist, um die von ihm angedeutete Auf-
fassung der Versuche ausfuhrlicher darlegen zu
können. Was die von dem Herrn Vortragen-
den getadelte Änderung in der Haltung der
Beiblätter anbetrifft, so entspricht sie dem Wun-
sche einer Anzahl von Referenten, die es ab-
lehnten, die Darstellung einer Arbeit mit ihrem
Namen zu decken, wenn es ihnen nicht ge-
stattet wäre, einer abweichenden Auffassung')
gelegentlich Ausdruck zu geben. In Überein-
stimmung mit dem Herrn Verleger halte ich es
für richtig und zweckmässig, diesem Wunsche
zu entsprechen. Die rein sachliche Äusserung
einer anderen Meinung ist doch kein persön-
licher Angriff. Der nochmaligen Darlegung der
eigenen Ansicht aber seitens des Herrn Ver-
fassers, unter Bezugnahme auf die Bemerkungen
der Beiblätter, dürfte doch im allgemeinen kaum
ein Hindernis im Wege stehen, weder in den
Annalen selbst noch in einer anderen Zeitschrift,
und selbstverständlich würde es alsdann die
Pflicht der Beiblätter sein, auch darüber einen
Bericht zu bringen.
V. Geitler: Die Antwort von Prof. König
beweist gerade meine Behauptung. Die Annalen
sind eben ein anderer Ort, als die Beiblätter.
Es war bisher üblich, dass Bedenken gegen die
Richtigkeit physikalischer Arbeiten in wohlbe-
gründeter Weise in einem der hierzu geeigneten
Journale veröffentlicht wurden, nicht aber in
einem kurz gehaltenen Referate, wo die kriti-
schen Randbemerkungen dann ebensoviel oder
mehr Raum einnehmen als das eigentliche Referat
selbst. Persönlich nehme ich dieSache durchaus
nicht, es handelt sich mir vielmehr um das Prinzip
und ich hätte das Wort wohl auch ergriffen,
wenn es sich um einen anderen, mich selbst nicht
berührenden Fall gehandelt hätte. Ich möchte
nur noch dem sehr geehrten Herrn Redakteur
den Wunsch aussprechen, den Beiblättern ihren
alten Charakter wiederzugeben, und ich glaube,
dass ich mit dieser Forderung nicht allein stehe.
Nr. 111, 23. Januar 1902 berichtet. Die betreffende Notiz
(3, 257, 1902), ist auch auf Seite 257 dieser Zeitschrift ab-
gedruckt. Geitler.
I) Anmerkung bei der Korrektur. Nur um eine solche
handelt es sich und nur in diesem Falle entsteht die von dem
Herrn Vortragenden erwähnte Schwierigkeit. Thatsächliche
Unrichtigkeiten in den Referaten sind die Beiblätter jederzeit
bereit, in einer besonderen Mitteilung richtig zu stellen.
König*
266
Physikalische Zeitschrift. 3.- Jahrgang. No. 12.
VORTRÄGE UND REDEN.
Beiträge zum dynamischen Ausbau der
Festigkeitslehre. M
Von A. Sommerfeld.
Die Resonanzerscheinungen, die in allen Ge-
bieten der Physik eine bekannte wichtige Rolle
spielen, scheinen in den technischen Wissenschaf-
ten noch nicht diejenige Beachtung gefunden zu
haben, die sie zweifellos verdienen. Ausser der
Elektrotechnik kennt und berücksichtigt sie bis-
her nur der jüngste Zweig der deutschen Tech-
nik, der hoffnungsvolle und mächtig aufstrebende
Schiffsbau, dank den tiefgehenden Untersuchun-
gen von O. Schlick und den anschliessenden
Forschungen von H. Lorenz, L. Gümbel
und H. Frahm. ^) An vereinzelten Hinweisen
darauf fehlt es natürlich auch in anderen Ge-
bieten nicht. So führt A. Föppl als einen
möglichen Grund für den Einsturz der Birs-
brücke bei Mönchenstein den Synchronismus
der natürlichen Schwingungen des Ober-
gurtes mit gewissen von der Lokomotive her-
vorgerufenen Erregungen an (nach einer freund-
lichen brieflichen Mitteilung Föppl s dürften
die letzteren denjenigen Kräften entsprechen,
welche die zum Massenausgleich benutzten Zu-
satzgewichte vermöge ihrer Centrifugalkraft in
vertikaler Richtung auf die Schienen übertragen).
Auch die Föpp Ische Theorie der Lavalturbine
hängt aufs Engste mit den Resonanzerscheinungen
zusammen; denn die sogenannte kritische Ge-
schwindigkeit der Turbine, bei welcher ihre
Welle am stärksten schleudert, ist gerade die-
jenige, bei welcher die Wechselzahl der die
Schwingung anregenden Centrifugalkraft über-
einstimmt mit der frpen Schwingungszahl der
Welle.
Dass die Resonanzerscheinungen auch sonst
von ausschlaggebender Bedeutung für die Sicher-
heit der Konstruktionen und ftir die Wirkung
der Maschinenteile sein können, dass, allge-
meiner gesprochen, die Festigkeitsberechnungen
der Ingenieure, die sich in der Regel auf dauernde
Beanspruchungen und auf das Gleichgewicht der
Systeme beziehen^), nach der dynamischen
Seite hin, flir veränderliche Kräfte und bewegte
1) Vortrag, gehalten im Aachener lie/irksvereio deutscher
Ingenieure, Juli 1901.
2) Der Vortrag von H. Frahm auf der Naturforscher-
Versammlung in Hamburg „Neuere Untersuchungen im Schiff-
und Schiffsmaschinenbau" wird in kurzem in dieser Zeit-
schrift erscheinen.
3) Die bekannten Wöhlcrschen Versuche und die aus
ihnen abgeleiteten Regeln, die zumal wegen ihrer ausserordent-
lichen Einfachheit von dem allergrössesten Werte für die aus-
führende Technik sind, wird man doch wohl nur als einen
ersten Schritt in der angegebenen Richtung und als eine rohe
Annäherung an die Mannigfaltigkeit der thatsächlichen Ver-
hältnisse ansehen können.
Systeme, ausgebaut werden müssen, wurde
mir in jüngster Zeit durch zwei Anfragen be-
sonders nahe gelegt, die meine Kollegen, die
Herren Boost und Lynen, im Anschluss an
praktisch vorliegende Fälle an mich richteten.
Im einen Falle handelte es sich um eine Auf-
gabe aus dem Bauingenieurwesen, im anderen
um ein Problem des Maschinenbaues, im einen
Falle um Biegungsschwingungen von Trägem, im
anderen um Torsionsschwingungen von Wellen.
Danach werden sich auch unsere folgenden Be-
trachtungen und Experimente beziehen, i. auf
Biegungs- und 2. auf Torsionsschwingungen.
I. Denken wir uns ein Gebäude, welches
auf Trägern stehen muss, weil darunter die Eisen-
bahn durchgeführt werden soll. In dem Ge-
bäude ist eine Dampfmaschine aufgestellt —
bei dem mir vorgelegten Falle beiläufig bemerkt
in 10 m über dem Erdboden. Während sich
die in der Maschine sonst thätigen Kräfte, Dampf-
druck, Arbeitswiderstände, im ganzen aufheben
und das Gebäude nicht in Mitleidenschaft setzen,
teilen sich die Massen Wirkungen, d.h. die Träg-
heitskräfte der hin- und hergehenden Massen,
dem Gebäude mit. Sie stellen bei einer Zwei-
cylindermaschine mit zwei um 90^ versetzten
Kurbeln eine Kraft dar, die im Tempo der Um-
drehungszahl periodisch wechselt, nach einem
Gesetz, das, wie man sieht (Fig. i), wesentlich
das Gesetz einer einfachen Sinusschwingung ist.
(Die beiden punktierten Zickzacklinien sind die
den beiden Einzelcylindern entsprechenden
M«5S«ndruck
•. A f
\ ■» # /
K " J i ^
' ^ \ f l ' \ ^ ' / 1
\ •'' /' \ -'^^ /'
0«u«r einer
vollan Umdrehung
2eit
Fig. X.
Massendrucke, die ausgezogene Linie das Re-
sultat ihrer Zusammensetzung.)
Wie stark müssen nun — das war die Frage,
vor die wir uns gestellt sahen — die Träger
gewählt werden, damit die Schwankungen des
Gebäudes unterhalb einer gewissen Grenze, sagen
wir etwa unterhalb \ mm bleiben: Es ist leicht,
die „statische" Ausbiegung, rato/, der Träger zu
berechnen unter der Annahme, dass die wirkende
Kraft andauernd etwa mit dem Höchstbetrage,
den der Massendruck während einer Umdrehung
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
267
erreicht, thätig ist.*) Weiter aber muss man
sich fragen, wie weicht die „dynamische Aus-
biegung', d. h. die bei periodisch wechselnder
Kraft thatsächlich eintretende, von der statischen
ab? Zu diesem Zwecke hat man die Biegungs-
schwingungen eines unserer Träger, also eines
Stabes zu untersuchen, der am einen Ende im
Erdboden befestigt, am anderen Ende durch
Verbindung mit der Hauptmasse des Gebäudes
in vertikaler Richtung eingespannt ist, derart,
dass er hier an Richtungsänderungen, aber nicht
an Verschiebungen im horizontalen Sinne be-
hindert ist. Dieses Ende des Stabes wird nun
von einer periodischen Kraft P angegriffen (dem
auf den einzelnen Träger entfallenden Teil des
Massendruckes) und ist überdies mit einem Ge-
wichte Q belastet (dem auf den Träger entfallen-
den Teil des Gebäudegewichtes) vgl. Fig. 2 a.
Fig. 2 a.
Fig. 2 b.
Die Amplitude der wechselnden dynamischen
Ausbiegung dieses Stabes nennen wir ydyn^ Es
zeigt sich nun, dass man das Resultat in fol-
gende übersichtliche Form bringen kann:
7 nenne ich den „dynamischen Koeffizienten".
Ich verzichte darauf, den etwas umständlichen
analytischen Ausdruck dieses Koeffizienten an-
Anmerkungen.
Dieselben sollen hauptsächlich zur Kontrolle der im Vor-
trag gemachten Zahlenangaben dienen. Ich benutze hier wie
dort durchgehends das technische Masssvstem.
i) Die statische Ausbiegung unseres Stabes von
der Länge / durch eine konstante Kraft P (vgl. Fig. 2a)
kann aufgefasst werden als Ausbiegung eines Stabes von der
Länge 2/, der an beiden Endpunkten drehbar befestigt ist
unter dem Einflüsse einer in seiner Mitte angreifenden Kraft
2 P. Diese beträgt bekanntlich
2P (2/)3 /*/»
Umgekehrt ist diejenige Kraft, die eine gegebene Aus-
biegung ystai hervorruft,
2)
P= —.3 ysta/.
Die Grösse des Zusatzgewichtes Q ist für die Frage nach
der statischen Ausbiegung gleichgiiltig.
zugeben; es wird darin das Zusatzgewicht (^,
das Eigengewicht ^ des Stabes, der Elastizitäts-
modul E des Stabmateriales, das Trägheits-
moment y des Stabquerschnittes, die Stablänge /
und namentlich die Periodenzahl // des Kraft-
wechsels eingehen. ^), '•*) Die folgende Fig. 3 giebt
y
n
I'ig- 3-
uns dasselbe wie die Formel in leichter ver-
ständlicher Weise ; sie ist überdies für alle der-
artigen Fragen typisch. Bei kleinem //, d. h.
2) Freie Stabschwingungen, angenäherte Be-
rechnung. Ist das Zusatzgewicht Q gross gegenüber dem
Eigengewichte ^, so wird die Spannungsverteilung im Stabe
dieselbe wie im Gleichgewichtsfalle: der Stab überträgt bei
jeder Ausbiegung y auf das Zusatzgewicht Q eine elastische
Kraft, welche der in (21 berechneten entg^engesetzt gleich
ist. Die Gleichung der freien Schwingung des mit Q be-
lasteten Stabes, d. h. die Bewcgungsgleichung von Q, lautet
daher :
Setzt man y -^ A sin kt, so wird
k bedeutet das 71-fache der Schwingungs^ahl n, d. h. der
Anzahl der halben Pendelungen pro Sekunde. Man findet
also, wie im Text angegeben:
(5
I \fs 3
EJ
IQ
3) Erzwungene Stabschwingungen, angenäherte
Berechnung. Wirkt auf Q überdies die periodische Kraft
^ = /* sin Mty so ist Gl. (3) zu ersetzen durch
Die so entstehende erzwungene Schwingung hat natürlich
die Periode von ^, d. h. die Periode 2nlw. Nennt man die
Amplitude wie im Text geschehen /d>», setzt also y --- ydyn sin mt
so findet man aus (3') leicht
(6)
ystat
ydyn-- - ~,
*2
I —
wobei die Abkürzungen ystat und /i'^ durch (l) und (4) erklärt
sind. Der „dynamische Koeffizient"
aufgetragen, den
ystat V ^^
zeigt als Funktion von <»> oder von n
Verlauf von Fig. 3. Der „kritische Werf nk hat die Bc-
deutung nk ==
n
n
268
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No, 12.
bei geringer Tourenzahl wird y = i und somit
ydyn =^ystat, Dlcs War zu erwarten, da eine lang-
sam veränderliche Beanspruchung von einer
dauernden nicht wesentlich verschieden ist. Die
Sache ändert sich aber sofort, wenn n in die Nähe
einer gewissen kritischen Tourenzahl hk kommt.
Dann steigt 7 rapide an, d. h. die Ausbiegung
bei veränderlicher Kraftwirkung wird erheblich
grösser, wie die statische. Ist die kritische
Tourenzahl einmal überschritten, so flacht sich
die y-Kurve wieder ab und die Ausbiegung sinkt
unter jede Grenze herab. Die punktierte Kurve
zeigt zugleich an, wie diese Verhältnisse durch
energieverzehrende Kräfte (innere und äussere
Reibung, elastische Nachwirkung etc.) geändert
werden: statt des unendlichen Anstieges für
n = nK haben wir hier nur ein mehr oder minder
ausgeprägtes Maximum.
Die kritische Umdrehungszahl fällt natürlich
mit derjenigen Schwingungszahl zusammen, die
der freien Schwingung unseres Trägers ent-
spricht (der freien Schwingung von niedrigster
Frequenz; denn die Oberschwingungen liegen bei
einigermassen beträchtlichem Zusatzgewichte Q
so hoch, dass sie praktisch nicht in Betracht
kommen). Bei dieser Umdrehungszahl folgt das
ganze schwere Gebäude willig der — an sich
nicht grossen — Kraft der Maschinenmassen;
die Ausbiegung der Träger wird bedenklich und
die Schwankungen des Gebäudes fiir dessen In-
sassen höchst unangenehm, wenn nicht gefährlich.
Wir haben aber die Mittel in der Hand, dies
Zusammenfallen zu vermeiden. Wir müssen nur
den Querschnitt der Träger so gross wählen,
dass die freie Trägerschwingung ihrer Frequenz
nach hoch genug über der Frequenz des Kraft-
wechsels liegt. Es wird sich etwa empfehlen
HK = \on z\x machen, damit wir in respekt-
vollem Abstand von dem ansteigenden Teile
der Kurve unseres dynamischen Koeflizienten
bleiben. Es ist ja klar, dass eine Verstärkung
des Trägers seine freie Schwingung erhöht, dass
nämlich ein System um so schneller schwingt,
je steifer es gebaut ist, je mehr elastischen Wider-
stand e^ einer Entfernung aus der Ruhelage ent-
gegensetzt. Im umgekehrten Sinne wird eine
Vermehrung des Zusatzgewichtes Q am Ende,
sowie eine Vermehrung der Stablänge wirken.
Dies zeigt die folgende mit hinreichender An-
näherung geltende theoretische Formel der freien
Schwingungszahl: ^), *)
4) Erzwungene Schwingungen, genaue Berech-
nung. Soll die Trägheit des Stabes berücksichtigt, d. h, das
Eigengewicht q nicht gegen Q vernachlässigt werden, so hat
man die folgenden wohlbekannten Beziehungen zwischen der
in jedem Querschnitte auftretenden grössten Normalspannung
(oder Biegungsspannung) <j, der Schubspannung (oder Tan-
ge utialspannung) T, dem Momente M der Biegungsspanuungen
um die Neutrale (oder dem Biegungsmomente) und dem Ge-
samtschube S im Querschnitte (oder der Scher- oder Quer-
kraft):
in welcher der erste Faktor unter dem Wurzel-
zeichen an die Berechnung der gewöhnlichen
j7) A/=?'/.5=/t
' bx' Vx^" EJ '
b'^y bS
^bt^^bi'
e bedeutet den im Querschnitte vorkommenden grössten
Abstand von der Neutralen, / die Fläche des Querschnitts,
^, die Masse des Stabes pro Längeneinheit, ist <=» — ;
b»y ^^
. - ^ wird als angenäherter Ausdruck fär die augenblickliche
Krümmung der elastischen Linie benutzt. Hieraus ergiebt
sich einerseits durch Elimination von S und M die bekaimte
DifTerentialgleichang fUr die Stabschwingungen :
(8)
V^y
iV
''i/i+^^d:r« = °'
andererseits die Ausdrücke von M und S durch y.
(8'^
'^ — ^yVx^>^--^y
b^y
Die Grenzbedingungen lauten : Das untere Ende des Stabes
(x «= o) wird festgehalten: ^ = o, und es kann wegen der Art
der Lagerung kein Biegungsmoment Übertragen werden: M=^o
oder wegen (8 ) r ^^ = o. Am oberen Ende (x = /) gilt
b y
zunächst -^ =» o; femer halten sich hier die Trägheitskraft
des Zosatzgewichtes Q und die vom Stabe Übertragene Schub-
kraft — 5 =- -f £ 7 V -^ mit der äusseren Kraft ^ das Gleich
gewicht.
Die Grenzbedingungen lauten also:
(9) ftir jf = o: / = ^ :; = o,
(lo) für jc — /:
by
bx
bx^
Q b^y j,yb^y «
■Psin wt.
Das allgemeine Integral von (8), welches einer harmo-
nischen Schwingung von der Periode entspricht, lautet:
y = [a sin hx ■\' b cos hx -{- A 3ln hx -f- ß (£of hx) sin «»>/,
wobei
(•»
EJ glEJ
Wegen der Bedingung ( 9) wird 6 = S = o und wegen
10), wenn man A / «- A setzt:
(12)
a COS X -}- A (lof A = o.
(13) ^ 0)2 (ö sin X+A^'mX) - £7A^{acosk- A (Jof Ai
Die gesuchte Amplitude am oberen Ende ist:
(14) ytfyn >= a sin X -^ A 6ln X.
Um aus (12), (13) und (14) a und A bequem zu eliminieren,
berechne man etwa aus (12) und (14):
gofA
ö ->''<r« ^-„ A Süf A — cos X 8inA'
cos X
^'<»"' 7/i^TCpf X-^s'X ©in A '
Setzt man diese Werte in (13) ein und benutzt die Ab-
kürzung
. _ ofsji 6o[ A
sin X Cof X — cos X (Sin Ä '
Physikalische Zeitschrift. 2. Jahrgang. No. 12.
269
Pendelschwingung erinnert und der zweite Faktor
den besonderen Verhältnissen unseres Stabes
Rechnung trägt. Wir benutzen dieselbe, um
dasjenige Trägheitsmoment y des Stabquer-
schnittes zu berechnen, für das, wie verlangt,
nK= 10 n wird, nämlich:
y= loox^n'
IgE
SO folgt
ydyn^
— P
toi^2Eyh> A
s
Indem wir die frühere Definition des dynamischen Koef-
ßzienten y aufnehmen
ydyn
' ystat
wobei ystat durch Gl. (i) erklärt ist, erhalten wir
3^7
y =
/3 O
2EyX^A — ~^m^
s
Hierfür schreiben wir mit Benutzung des in (4) definierten
Wertes von k^\
(«5)
3 *»
Der erste Term des Nenners wird bei kleinem Werte
von A, wie man durch Reihenent Wickelung der trigonometri-
schen und hyperbolischen Funktionen findet, nahezu gleich i ;
die vorstehende Formel deckt sich dann mit der früheren,
Gl. (6'). Ob jene Gleichung ausreicht, oder ob die genauere
GL (15) anzuwenden ist, hängt demnach von dem Werte von
2
X bez. von — X.^ A ab.
3
5) Freie Stabschwingungen, genaue Berech-
nung. Die vorhergehenden Rechnungen können auch dazu
dienen, die Eigenschwingung des Stabes genau, d. h. unter
Berücksichtigung seiner Eigen-Trägheit zu bestimmen. Da
nämlich diejenige erzwungene Schwingung, fUr welche y ss co
wird, mit der Eigenschwingung der Frequenz nach überein-
stimmt, so hat man zur Auffindung der Eigenschwingung
'oder richtiger der Eigenschwingungen) nur den Nenner von
Y gleich Null zu setzen. Dies g^ebt:
i2 a
>&2
V
cos k (£of A
3 sin A (£of A — cos A Sin A
Da k *= A / nach (11) die Grösse <o enthält, so haben
wir hier eine transzendente Gleichung zur Bestimmung von
0» bez. von n = vor uns. Die Gleichung hat unendlich
7t
Tide Wurzeln, von denen aber nur die kleinste, die Grund-
schwingung, fUr uns in Frage kommt, da die übrigen bei
eioigermaassen überwiegendem Q erheblich höher liegen. Ist
A nicht zu gross, so wird es bequem sein, die rechte Seite
nach Potenzen von A zu entwickeln. Dies giebt:
,_J7a4 + .. = ._J7
210 210 E y g
a>2 4-, . . . ,
also, mit Rücksicht auf den Wert von k*^ in {4)
I _\Eyg I
I <?/3
a>2
+
17 q l^
Qi^
und daher
<i6) n
3 Eyg 210 Eyg
I -f-
17 q
70 Q
'^{
_i7 q
140 Q
>
Dieser Wert von n liegt etwas tiefer, wie der frühere
Näherungswert (5), entsprechend dem Umstände, dass bei
der früheren Berechnung von einem Teile der trägen Masse
^von g) abgesehen wurde. Man entscheidet nach (16) leicht,
wann letzteres zulässig ist.
An sich liegt ja auch die Möglichkeit vor,
einen kleinen Wert von y und somit die Ruhe
des Gebäudes dadurch zu erzwingen, dass
man hk kleiiler als n macht. Dieses Verfahren
würde geringere Trägerquerschnitte erfordern
und die Ausbiegung noch unter deren statischen
Wert herabdrücken. Indessen werden wir kaum
die Verantwortung auf uns nehmen wollen, die
mit dem Überschreiten der kritischen Geschwin-
digkeit verbunden ist.
Ein sehr schönes Modell der besprochenen
Verhältnisse liefert dieser Tisch mit schwerer
eichener Platte von 1x2,5 m Seiten und 3 cm
Dicke auf vier Beinen von Tannenholz (Quer-
schnitt 6,3 X 6,3 cm). Die Füsse sind mit hartem
Wachs am Boden befestigt; sonst würden wir
bei den folgenden Versuchen ein veritables Tisch-
rücken zu gewärtigen haben. Auf dem Tisch
ist ein kleiner Motor (es war ein Haupt-
strommotor) befestigt, dessen Schwungrad durch
ein im Abstände 8 cm von der Achse einseitig
angebrachtes Zusatzgewicht von 363 g excen-
trisch gemacht ist. Bei seiner Umdrehung ent-
wickelt dieses Schwungrad Trägheitskräfte, näm-
lich eine Centrifugalkraft, welche bei der uns
zumeist interessierenden Umdrehungszahl 310
pro Minute die Grösse von 3 kg hat. ^) Wir
können den horizontalen und vertikalen Bestand-
teil dieser Kraft einzeln betrachten. Beide be-
folgen ihrer zeitlichen Veränderlichkeit nach das
einfache Sinusgesetz. Der horizontale Bestand-
teil wird Horizontalverschiebungen der Platte
und damit Verbiegungen der Beine, der verti-
kale Bestandteil wird Transversalschwingungen
der Platte hervorrufen. Die Periode des Kraft-
wechsels habe ich in der Hand, indem ich den
Motor anfangs mit kleinem Strome laufen lasse
und allmählich Widerstand ausschalte.
Die statische Seitenausbiegung der Beine
unter dem Einfluss der geringen Centrifugalkraft
ist offenbar sehr gering. Deshalb sehen Sie an-
fangs (bei geringem Strome und entsprechend
geringer Tourenzahl) überhaupt keine merklichen
Schwingungen. Ich steigere die Umdrehungs-
zahl und komme bald einem kritischen Werte
nahe. Die Schwingungen sind jetzt überraschend
stark, wenn man die solide Konstruktion des
Tisches bedenkt. Beispielsweise war es mir
ganz unmöglich, bei diesem Grade des Wackeins
nur eine einzige Zahl auf dem Tisch zu notieren.
Die Umdrehungszahl des Motors beträgt jetzt
310, wie man durch einen kleinen Tourenzähler
feststellt. Die zugehörige Grösse der Centri-
6) In der That ist /// r w* mit
0,^63 '^10
m ^ - j-=^(kg cm-» sec2), r =» 8 cm, ö> — r . 2 ä
981 ^ 60
jjlcich
0.363.8 /2Ä. 3io\2 ,
"981 l 60 j ^ 3.1 kg.
270
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
fugalkraft ist wie erwähnt 3 kg, die statische
Ausbiegung würde 0,2 mm betragen, ') die that-
sächlich beobachtete dynamische Ausbiegung
aber ist nach jeder Seite ca. 5 mm gross. Unser
dynamischer Koeffizient y erreicht also die
Grösse 25; er liegt, könnte man sagen, dem
theoretischen Werte ^ sehr viel näher, wie dem
statischen Werte 1.
Jetzt schalten wir abermals Widerstand aus,
so dass sich die Tourenzahl des Motors reich-
lich verdoppelt (auf ca. 700 übergeht), dieCentri-
fugalkraft also mehr als vervierfacht. Da die
Schwingungen schon vorher so stark waren,
werden wir nun ganz exorbitante Schwingungen
erwarten. Der Augenschein lehrt indessen das
Gegenteil: der Tisch hat sich plötzlich und voll-
ständig beruhigt. Wir haben eben die kritische
Tourenzahl überstiegen und befinden uns auf
dem flach verlaufenden rechten Teile unserer
/-Kurve (Fig. 3). Wohl meldet sich nun bereits
eine andere Schwingung, die Plattenschwingung.
Von ihrer Verfolgung wollen wir aber zunächst
Abstand nehmen, da wir sie nachher unter gün-
stigeren Bedingungen beobachten werden.
Dass es sich wirklich um eine Biegung der
Beine handelt, können wir auf optischem Wege
zur Anschauung bringen. Ich habe an einem
der Tischbeine mit Wachs drei Spiegel be-
festigt (s. Fig. 2 b). Diese werfen das (durch
eine Linse konzentrierte) Bild einer Projektions-
lampe auf jenen Schirm und geben uns von
den Richtungsänderungen der Tischbeine Kunde
(nur von den Richtungs-, nicht von den Lagen-
änderungen). Leiten wir das Tischwackeln ein,
so giebt der mittlere Spiegel ein stark auf und
ab tanzendes Lichtbild, der unterste ein noch
stärker tanzendes, der oberste ein wesentlich
weniger bewegliches. Dieses entspricht dem
Umstände, dass das obere Ende des Beines
wegen seiner Verbindung mit der horizontal
bleibenden Tischplatte in vertikaler Richtung
nahezu festgehalten wird. Wir haben es also
mit einem Stabe zu thun, der am oberen Ende
an Richtungsänderungen, am unteren Ende an
Lagenänderungen verhindert ist. Fig. 2 b stellt
die beiden äussersten Lagen des Tischbeines
stark übertrieben dar. Auch die plötzliche
Beruhigung des Tisches nach Überschreitung
der Eigenschwingung lässt sich an dem nun-
7) Dieselbe ist nach Gl. (i) zu berechnen. Darin ist P
gleich dem vierten Teile der soeben gefundenen 3,1 kg zu
setzen, da sich die Kraft auf vier Tischbeine verteilt. Für E
wurde als mittlerer Wert bei Holz ip* (kg/cm^) gewählt; J
ist den angegebenen Querschnittsabmessungen der Tischbeine
zufolge i6,3)-» - 133; die Länge der Beine vom Fussboden
bis zur Platte betrug l m. Somit wird
3,1 . loO
mehr fast unbeweglichen Lichtbilde gut nach-
weisen.
Wenn ich die Eigenschwingung der Tisch-
beine auf Grund der Gestalt und Elastizität der-
selben, der Grösse der Zusatzmassen (Motor-
gewicht, Gewicht der Tischplatte und Gewicht
der Klemmen) ®) nach der vorher genannten
Formel berechne, so finde ich die Zahl 400 pro
Minute; die Differenz kann teils von der Nichtbe-
rücksichtigung der Reibung herrühren, teils davon,
dass das spezifische Gewicht des Holzes und
sein Elastizitätsmodul einigermassen willkürlich
angenommen wurden.
Es ist eine allgemeine Regel, dass durch
Vermehrung der Trägheit eines schwingen-
den Systems die Eigenschwingung desselben
heruntergesetzt wird. Daher wird unser Tisch,
wenn ich noch 40 kg in Bleigewichten herauf-
lege, sein stärkstes Schwingen schon bei einer
niedrigeren Umdrehungszahl zeigen. Die Be-
obachtung am Tourenzähler liefert 260 Um-
drehungen, die theoretische Berechnung der
Eigenschwingung 335.
Um schliesslich die schon genannte Platten-
schwingung gut beobachten zu können, ent-
fernen wir den grössten Teil der excentrischen
Schwungradmasse. Die schwingungerregende
Centrifugalkraft wird dadurch allerdings sehr klein ;
dafür können wir nun aber viel höhere Umdrehungs-
zahlen erreichen und der Eigenschwingung der
Platte viel näher kommen, wie vorher, derart,
dass die Verstärkung der Schwingungen durch
Resonanz die Kleinheit der anregenden Kraft
reichlich aufwiegt. Bei dem vorher benutzten
stark excentrischen Schwungrade war nämlich
der Lagerdruck und damit die Lagerreibung
so gross, dass wir über die Umdrehungszahl
750 nicht hinauskamen. Jetzt dagegen haben
wir etwa^die Tourenzahl 970; die ganze Platte
befindet sich im Zustande starker, periodisch
wechselnder Verbiegung. Statt unseres vor-
herigen optischen können wir hier ein akustisches
Reagens benutzen: wir legen einige Schlüssel
Si Iss wog der Motor 9,5 kg, die Klemmen und Klötze,
mit denen der Motor auf dem Tische befestigt war, 6,7 kg,
die Tischplatte, wenn man als spezifisches Gewicht von Eichen-
holz 0,85, von Tannenholz 0,5 annimmt, 72,3, im ganzeo 88,$ ;
der vierte Teil davon ist Q = 22,1. Das Gewicht des ein-
zelnen Tischbeines beträgt nur etwa q -^ 2 kg. Eine Berück-
sichtigung desselben nach Formel (16) hat keinen Zweck, da
die Korrektion nur i ^ 0 betragen würde. Wir können also
nach Formel (5) rechnen. Mit den in der vorigen Anm. an-
gegebenen Werten von A", J und / erhält man für die Zahl
der Schwingungen in der Sekunde:
'-\V
3 . I05 .133 . 981
106 . 22,1 ^ '^''*-
Vi^iiU
4.3. I05 . 133
— 1,05 . 10- 3 cm - ca 0,2 mm.
Die Anzahl der Umdrehungen des Motors in der Sekunde
ist halb so gross und daher die Umdrehungszahl in der Minute
-= 30 • 13.4 7- ca. 400.
Nach Hinzufiigung von 40 kg Bleigewichten ist Q auf
22,1 -f- 10 angewachsen; alsdann wird n= 11,1 und die zu-
gehörige L'mdrehungszahl des Motors 335.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
271
auf den Tisch, welche fortgesetzt in die Höhe
geschnellt werden und dabei ein ganz gewaltiges
Geräusch verursachen. Sie zeigen uns auch,
wie die Knotenpunkte der Schwingung liegen:
es sind dieses die Punkte, wo die Platte auf
den Tischbeinen ruht ; hier bleiben die Schlüssel
ruhig liegen. Die Platte schwingt also etwa
wie ein Tuch, das an seinen vier Ecken fest-
gehalten wird, periodisch auf und ab. Natür-
lich muss die kritische Tourenzahl 970 der
stärksten Plattenschwingung wieder mit der
freien Schwingungszahl der Platte zusammen-
fallen. Eine theoretische Berechnung der
letzteren scheint aber zur Zeit nicht möglich.
Sehr interressante Bemerkungen ergeben
sich noch, wenn wir die Arbeitsverhältnisse im
Motor und im Tisch näher verfolgen. Wir
machen zunächst das Experiment, die Tisch-
schwingung künstlich zu unterbinden, indem
wir den Tisch festhalten. Wir bemerken dann,
dass der Motor plötzlich auf eine höhere Touren-
zahl überspringt, bei der er die kritische Um-
drehungsgeschwindigkeit überwunden hat, und
dass, auch wenn wir den Tisch nun wieder
loslassen, kein Wackeln mehr einsetzt. Der
Strom reichte also aus, um dem Motor eine
höhere Umdrehungszahl wie 310 zu geben; nur
durch die Mitwirkung des Tisches wird er auf
der genannten Umdrehungszahl festgehalten.
(Fortsetzung folgt.)
REFERATE.
Technische Mechanik.
Besorgt von Prof Dr. E, Meytr.
F. Kohlrausch und £. Grüneisen, Über die
durch sehr kleine elastische Verschiebungen
entwickelten Kräfte. Sitzungsberichte derKgl.
Preussischen Akademie der Wissenschaften zu
Berlin 1901, XLVI.
Bisher haben die Physiker, wie in der Ein-
leitung ausgeführt wird, allgemein angenommen,
dass die Kräfte, welche in einem Körper durch
sehr kleine Verschiebungen einer bestimmten
Art entwickelt werden, mit der Grösse der Ver-
schiebung im einfachen Verhältnis wachsen,
selbst dann, wenn grössere Deformationen merk-
liche Abweichungen von dem konstanten Ver-
hältnis mit sich bringen. Wird aber das von
C. Bach') mitgeteilte Dehnungsgesetz b = ao"\
wo a und /// Konstanten bedeuten, zwischen der
Dehnung & und der Spannung 0 auch bei sehr
kleinen Spannungen als gültig angenommen, so
nähert sich nach diesem Gesetze im Grenzfall
beliebig kleiner Dehnungen deren Verhältnis zur
Spannung nicht einer bestimmten endlichen
Grenze, es wird vielmehr je nachdem w ^ i ,
dieses Verhältnis schliesslich ^ o oder unend-
lich gross. Die Verfasser bestätigen nun, dass
die Beziehung e = «0'^ die B achschen Versuche
j^t wiedergiebt und deshalb als Interpolations-
formel sehr brauchbar sein könne. Sie glauben
sich aber dagegen wenden zu müssen, dass
Herr v. Bach diese Beziehung „als das allgemeine
Gesetz der elastischen Dehnungen bezeichne
und der Formel hierdurch eine ganz andere
Tragweite als einer Interpolationsformel zu-
schreibe". Wie demgegenüber der Referent aus-
I) Untersuchungen von Granit. Allgemeines Gesetz der
tUstischcn Dehnungen, Berlin 1897; Elastizität und Festijj-
l^eit, 3. Aufl., S. 71, Berlin 1898.
drücklich hervorheben möchte, ist es durchaus
unrichtig, Herrn v. Bach unter Bezugnahme auf
die angezogenen Veröffentlichungen diese Auf-
fassung unterzuschieben. Vielmehr hat Herr v.
Bach in beiden von den Verfassern angezogenen
Veröffentlichungen betont '), dass die —von seinem
früheren Schüler W. Schule ermittelte Ge-
setzmässigkeit € = aö'^ „beschränkt erscheint:
zunächst auf das Gebiet, welches durch das
vorgelegte Versuchsmaterial gedeckt wird, und
auf solche Verhältnisse, welche Spannungen
liefern, die innerhalb der für die ausübende
Technik in Betracht kommenden Grenzen liegen";
auch dass der von ihm untersuchte Marmor
dieser Gesetzmässigkeit nicht folge und dass sie
ausserdem für Kautschuk nicht zutreffe.
Andererseits ist naturgemäss für den Phy-
siker die Frage von Bedeutung, ob bei den-
jenigen Körpern, deren Verhalten innerhalb des
in der Technik vorkommenden Spannungsbe-
reiches die Beziehung e^ a 0'" gut wiedergiebt,
diese Beziehung auch bei sehr kleinen Verschie-
bungen gültig bleibt. Denn in diesem Falle
müssten z. B. ganz neue Theorien über die
Akustik fester Körper aufgestellt werden. Um
dieser Frage durch den Versuch näher zu treten
und dabei möglichst kleine elastische F'orm-
änderungen noch messen zu können, machen
die Verfasser Durchbiegungsversuche an sehr
dünnen Stäben, wobei sich auf Grund der ge-
wählten Versuchsanordnung mittlere relative
Längenänderungen der Fasern bis zu dem
kleinen Betrage von rund 2 x lO""^ beobachten
lassen. Für Schmiedeeisen, Messing und Schiefer
ergiebt sich bei diesen Versuchen das Verhältnis
^ als konstant; für graues Gusseisen dagegen
o
tritt die von C. Bach gefundene ungewöhnlich
i) Vergl. die Klarstellung von C. Bach zu der hier
referierten Arbeit in Ztschr. d. Ver. Deutsch. Tng. S. 25, 1902.
2/2
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 12.
starke Beschleunigung der Deformation mit
wachsender Belastung auftällig hervor. Indess
deutet nach der Ansicht der Verfasser ihr Ver-
lauf nicht auf eine Reihenentwickelung ohne
lineares Glied hin. Die Beobachtungen für
Gusseisen lassen sich auf Grund der Gesetz-
mässigkeit € = a ö** gut darstellen, doch deutet
die systematische Verteilung des Fehlers dahin,
dass der Exponent m bei kleinen Deformationen
der Eins näher ist als bei grossen. Ungenügend
anwendbar zeigt sich die gewöhnliche quad-
ratische Interpolationsformel. Dagegen liefert
eine vollkommen befriedigende und noch bessere
Übereinstimmung als die Formel 1=^00*" nach
den Angaben der Verfasser eine Beziehung von
der Form
^ =A + BYo-
Sie lässt sich auch auf die Bach sehen Beob-
achtungen an Gusseisen, Marmor, Granit und
selbst an Cement mit gutem Erfolge anwenden.
Endlich stellen die Verfasser noch Schwingungs-
versuche mit den Hochkant in horizonntaler
Lage am einen Ende eingeklemmten Stäben an.
Die Schwingungsdauer, welche nach der B ach-
schen Formel mit m 7 i bei beliebig kleiner
Amplitude beliebig klein werden müsste, hielt
sich bei kleiner Schwingungsweite merklich
isochron. Nach der Ansicht der Verfasser
liegt also fiir die Physik keine Veranlassung
vor, bei sehr kleinen Verschiebungen die alte
Annahme fallen zu lassen.
Eugen Meyer.
(F)iDgegaogen 27. Januar 1902.)
BESPRECHUNGEN.
E. Aschkinass und W. Caspari, Über den
Einfluss dissociierender Strahlen auf orga-
nisierte Substanzen, insbesondere über die
bakterienschädigende Wirkung der Becque-
relstrahlen. Pflügers Archiv 86, 603.
Aus den mit möglichster Sorgfalt und
Vermeidung aller Fehlerquellen angestellten
Versuchen der Verfasser ergiebt sich, dass
Röntgenstrahlen auf Prodigiosuskulturen ohne
jede Wirkung sind; von den durch radioaktive
Baryumpräparate ausgesendeten Becquerelstrah-
len ist die eine Art, welche weitere Luftschichten
und selbst feste Körper durchdringt, gleichfalls
wirkungslos; die zweite Art dagegen, welche
von beliebigen Materien stark absorbiert wird,
hemmt, aus entsprechender Nähe einwirkend,
binnen zwei bis vier Stunden das Wachstum
der Prodigiosuskolonien vollständig. Boruttau.
f Eingegangen 12. Dezember 1901.)
C. Cranz, Anwendung der elektrischen Mo-
mentphotographie auf die Untersuchung von
Schusswaffen. 4». 26 S. mit 24 Taf. Halle,
W. Knapp. 1901. M. 4.—.
In Fortsetzung der gemeinschaftlich mit
K. R. Koch ausgeführten Untersuchungen (Ann.
d. Phys., 3, 247, 1901) über Vibrationen des
Gewehrlaufs und explosionsartige Wirkungen
moderner Infanteriegeschosse hat Cranz nun-
mehr die Maus ersehe Selbstladepistole ein-
gehend untersucht bezüglich der Eintrittszeit
der Entriegelung des Verschlusses und des
Rückwärtsgleitens der Hülse im Patronenlager,
der Gasdichtigkeit des Verschlusses und der
zeitlichen Bewegung des Verschlusskolbens. Die
i Resultate sind in 45 Figuren dargestellt; sie
bieten nebenbei auch physikalisches Interesse.
Englisch.
' (Eingegangen 3. Dezember 1901.)
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Facbgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung xu machen.)
Professor Dr. Hermann Kobold, Observator der Uni-
versitäts-Stemwarte Strassburg i. E., hat cinca Ruf als Obser-
vator an die Sternwarte der Universität Kiel, Professor Dr.
Heckmann, Direktor des Laboratoriums für angewandte
Chemie an der Universität Leipzig einen Ruf an die Uni-
versität Berlin zum i. Oktober, Professor H au ssn er- Giessen
einen Ruf als ordentl. Professor der Mathematik und Vor-
stand der Bibliothek an der Technischen Hochschule in Karls-
ruhe angenommen.
Der Professor an der Technischen Hochschule in Berlin,
Geheimrat O. \. Witt, welcher zum Ordinarius für die durch
den Tod des Hofrats v. Pergcr erledigte Lehrkanzel der
chemischen Technologie an der Technischen Hochschule in Wien
vorgeschlagen worden war, wird dieser Berufung nicht folgen.
Der Dozent für die Elemente der höheren Mathematik
an der Technischen Hochschule in Berlin Haentzschel und
der langjährige Leiter der meteorologischen Arbeiten des
Physikalischen Vereins Dr. J. Ziegler- Frankfurt a.' M. wur-
den zu Tit.-Professoren, der ordentl. Professor der Geodäsie
an der Deutschen Technischen Hochschule in BrUnn Niessl
v. Mayendorf und der ordentl. Professor der Mathematik an
der Böhmischen Technischen Hochschule in Brunn Zahradnik
zu Hofräten ernannt.
Professor Dr. Liebermann von der Technischen Hoch-
schule Berlin feierte seinen 60. Geburtstag.
Die philosophische Fakultät der Universität Jena hat den
dort lebenden Privatgelehrten Winkler, der eine eigene Stern-
warte in Jena besitzt, wegen seiner hervorragenden wissen-
schaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Astronomie zum
Ehrendoktor promoviert.
Der erste Observator der Kieler Sternwarte, Richard
Schumacher, ist im Alter von 76 Jahren gestorben.
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Qöttingcn. — Verlag von S. Hirzelin Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. 13.
Originaimitteilungen :
E. Lecher, Über drahtlose Telegra-
phie. S. 273.
J. S tark, Über die Beziehung zwischen
KathodeDfall uudStromstärkc. S. 274.
H. Davis, Einige vorläufige Versuche
über die Bewegung von Ionen im
veränderlichen Magnctfelde. S. 275.
I. April 1902.
Redaktioosschluss für No. 14 am 9. April 1909.
INHALT.
I Vorträge und Dl8ku88ionen von der
j 73. Naturforooherversammlung zu
Hamburg:
H.Th.SimonundM.Reich, Tönende
Flammen und Flaromeutelephonie.
S. 278.
Vorträge und Reden*.
A. Sommerfeld, Beiträge zumdyna-
3. Jahrgang.
mischen Ausbau der Festigkeits-
lehre. (Schluss.) S. 286.
Vorlesungsverzeichnis für das Sommer-
Semester 1902. S. 292.
Personalien. S. 304.
Gesuche. S. 304.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Über drahtlose Telegraphie.
Von E. Lecher.
Unter dem Titel „Neues vom Hamburger
Naturforschertage'* hielt E. Lecher im Vereine
„Lotos** in Prag am 26. Oktober 1901 einen
Vortrag.
Einen Teil dieses Vortrages bildete eine
Darstellung der neuesten Methoden der draht-
losen Telegraphie und speziell der von Braun
und Siemens & Halske zwischen Cuxhaven und
Helgoland installierten Anlage.
Dabei entwickelt E. Lech er folgenden, wie
er glaubt, neuen Gesichtspunkt.
Bei grösserer Distanz — Marco ni gelangte
bereits bis zu 300 km — sollte man meinen,
dass durch die Schirmwirkung der Erdkrüm-
mung und anderer Hindernisse die Wirkung
der elektrischen Wellen bis zur Unkenntlichkeit
geschwächt würden. Ein linearer Erreger strahlt
zwar in der Richtung der Schwingung keine
Kräfte aus: die Hauptstrahlung erfolgt in der
Äquatorialebene; trotzdem aber wird die Aus-
breitung der Wellen ungefähr eine kugelförmige
sein und das Gesetz der Abnahme der Intensität
dürfte angenähert dem Quadrat der Entfernung
umgekehrt proportional sein. In einer Entfer-
nung von 300 km wäre wohl kaum noch die
Spur eines Effektes, selbst wenn wir von der
Schirmwirkung der Erde u. dgl. absehen. Nach
neuen Versuchen hat die Erdung von Geber
und Sender keinen Einfluss. Man kann also
von einer Erdleitung im gewöhnlichen Sinne
nicht sprechen. Gleichwohl glaubt Vortragender,
dass diese Leitung eine gewisse Rolle spielt und
zwar in folgender Weise.
Wenn man nämlich in der Fortpflanzungs-
richtung einer elektrischen Welle einen leitenden
Draht spannt, so treten ganz merkwürdige Er-
scheinungen auf. Nach diesbezüglichen theo-
retischen Arbeiten (z. B. Sommerfeld) läuft
die Welle längs des Drahtes; die elektrische
Schwingung geschieht senkrecht zur Drahtober-
fläche und ein Teil der Wellenenergie dringt
in die äusserste Oberfläche des Drahtes ein.
Es liegt nun die Idee nahe, dass in ganz ana-
loger Weise die Wellen der drahtlosen Tele-
graphie auf der Erd- oder Wasserfläche weiter
laufen senkrecht zu dieser schwingend, wobei
nur am Fusspunkte etwas in die Erde eindringt.
Die Richtung der hin- und herpendelnden elek-
trischen Kraft giebt die gestrichelte Linie der
nachstehenden Skizze. A sei der Erreger, B der
Empfänger. Die Details dieser Vorstellung
müsste man ganz den Anschauungen über das
. . •. ; \ • 1 ; •■ .• ; . .
Streichen einer elektrischen Welle längs eines
Drahtes nachbilden. Nun scheinen die Ergeb-
nisse der drahtlosen Telegraphie zu zeigen, dass
die Wellen über Wasserflächen besser gehen
als über Landflächen. Wasser ist ein sehr
guter Leiter für solche langsame Schwingungen
(anomale Absorption).
Ist diese Anschauung richtig, so wird —
abgesehen von Joulescher Wärme — die Ab-
nahme der Wirkung der verkehrten ersten Potenz
der Entfernung proportional sein, solange man
nach allen Seiten um den Erreger Wasser oder
Land hat. Ist aber ein breiter (elektrisch besser
leitender) Meerarm zwischen Geber- und Em-
pfangsstation, so leitet dieser Wasserweg die
Wellen längs seiner Oberfläche ähnlich so wie
der leitende Draht in den Sommerfeld sehen
Darstellungen. Dann entfällt die Ausbreitung
nach allen Seiten der Fläche und die That-
sache, dass die Wellenenergie über so weite
Strecken hinweg gelangt, erscheint weniger ver-
wunderlich.
Diese Anschauungen des Vortragenden sind
Vermutungen. Es würde sowohl eine Prüfung
durch Rechnung als auch durch Laboratoriums-
versuche nicht leicht möglich sein. Hingegen
könnten passende Experimente im Freien un-
schwer angestellt werden.
Horizontale Erreger wirken bekanntlich im
274
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
Freien nur auf kleine Strecken. Das müsste
im Luftballon weit weg von der Erd- oder
Wasseroberfläche ganz anders sein. Hier müss-
ten vertikale und horizontale Erreger gleich
schlecht wirken. Will man auf eine vertikale
Wand hinauftelegraphieren, so muss Erreger
und Empfänger horizontal stehen. Das Hinauf-
telegraphieren längs einer leitenden Bergwand
müsste viel leichter gehen als das Hinauftele-
graphieren in einen gleich hohen Luftballon,
wo die leitende Bergwand fehlt. Hätte man
^wei gleich hohe Luftballons mit vertikalem
Geber und Empfänger, so müsste die Wirkung
um so besser werden, je mehr diese Ballons
sich der Erdoberfläche nähern. Solche Ver-
suche Hessen sich in der mannigfaltigsten Weise
zusammenstellen.
Sind diese Vermutungen richtig, so hat man
eigentlich keine „drahtlose" Telegraphie. Auch
ohne jegliche Drahtleitung wirkt Erd- oder noch
besser die Wasseroberfläche als Leiter, der den
längs seiner Oberfläche senkrecht zu derselben
schwingenden Hertzschen Strahl als Leitlinie
dient und denselben zusammenhält.
(Eingegangen 4. März 1902.)
Über die Beziehung zwischen Rathodenfall
und Stromstärke.
Von J. Stark.
I. Einleitung. Über den normalen Ka-
thodenfall des Glimmstromes ist man einig;
nach Hittorfs und Warburgs Messungen
erkennt jedermann an, dass er unabhängig von
Gasdruck und Stromstärke ist. Über das Ge-
setz des abnormalen Kathodenfalls ist man nicht
einig.
Nach G. C. Schmidt*) (Dezember 1899) ist
der abnormale Kathodenfall eine lineare Funk-
tion der Stromstärke. Ich stellte (Oktober 1901)
auf Grund ausgedehnter Messungen folgendes
Kathodenfallgesetz'^) auf:
^= ^'' + #•/,('->•/) -'^
Hierin ist Kh der normale Kathodenfall, k eine
Konstante, / der Gasdruck, f die Grundfläche
des negativen Glimmlichtes, / die Stromstärke,
jn die Stromdichte bei normalem Kathodenfall.
In dem Hefte des Philosophical Magazine ftir
Dezember 1901 behauptet C. A. Skinner^),
dass der abnormale Kathodenfall eine lineare
Funktion der Stromstärke sei; er hatte seine
Abhandlung bereits im August 1901 vor der
American Association for the Advancement of
science gelesen.
i) G. C. Schmidt, Ann. d. Phys. 1, 640, 1900.
2) Diese Zeitschr. 3, 88, 1901.
3j C A. Skinner, Phil. Mag. (6), 2, 616, 1901.
Ob das von mir vorgeschlagene Gesetz noch ge-
naueren Messungen gegenüber standhalten kann,
haben weitere Untersuchungen zu entscheiden.
Aufgabe iler vorliegenden Mitteilung soll sein
zu zeigen, dass die Annahme einer linearen
Abhängigkeit des abnormalen Kathoden-
falls von der Stromstärke sich nicht auf
Grund der bis jetzt vorliegenden Mes-
sungen aufrecht erhalten lässt. Meine über
ein weites Druck- und Stromgebiet ausgedehn-
ten Messungen zeigen in Kurvenform dies auf
einen Blick.
2. Hittorfs Messungen. W. Hittorf^)
hat die ersten Messungen über den abnormalen
Kathodenfall angestellt. Er benützte hierbei
eine scheibenförmige Kathode. Seine Messungen
sind nicht zahlreich; er versuchte nicht, die Be-
ziehung zwischen Kathodenfall und Strom-
stärke mathematisch zu formulieren. Ich
gebe in der Fig. 1 zwei seiner Messungsreihen
in Kurvenform; die Einheit der Stromstärke und
diejenige des Kathodenfalles ist eine willkürliche,
Dass die Beziehung zwischen Stromstärke
und Kathodenfall nicht linear ist, geht schon
aus Hittorfs Messungen unleugbar hervor.
3. G. C. Schmidts Messungen. — G. C.
Schmidt (a. a.,0.) hat an einer Drahtkathode
bei verschiedenen Temperaturen Messungen über
den Kathodenfall angestellt. Er teilt eine Ta-
belle mit, in welcher lediglich für den Gasdruck
von 0,96 mm zu 5-7 Werten der Stromstärke
der zugehörige Kathodenfall angegeben ist. Er
schreibt mit Bezug auf diese Tabelle folgendes.
„Aus der Tabelle X geht hervor: Steigert
man die Stromstärke, nachdem die Kathode
schon ganz bedeckt ist, so nimmt das Kathoden-
potential und zwar geradlinig mit der Strom-
stärke zu. Eine Formel von der Gestalt v =
Vis + bi, wo b eine Konstante bedeutet, stellt alle
Beobachtungen dar."
Man geht in der Annahme wohl nicht fehl,
dass Schmidt die von ihm gegebene Formel
lediglich als Interpolationsformel für seine Mes-
sungen betrachtet wissen wollte. Dass er eine
nahezu lineare Beziehung erhielt, hat zwei Ur-
sachen. Erstens ist das Stromgebiet, in dem
er beobachtete, nicht gross, und von den
Werten für normalen KaÜiodenfall zu weit ent-
fernt. Zweitens scheint er seine Beobachtungen
nur auf höhere Gasdrucke beschränkt zu haben.
Beide Ursachen lassen die Krümmung der K, /-
Kurve nicht deutlich hervortreten.
4. Skinners Messungen. — Skinner
(a. a. O.) benutzte bei seinen Messungen eine
Plattenkathode. Mit Bezug auf die von ihm
vorgenommene graphische Darstellung seiner
Messungen schreibt er folgendes: „In der
Figur stellt für den angegebenen Gasdruck
II W. Hittorf, \V:c(l. Ann. 21, 120, 18S4.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
275
/A7
eine jede Gerade die Beziehung zwischen roo
Katbodenfall in Volt und der Stromstärke
in Milliampere dar. Sie zeigen, dass bei
konstantem Druck der Kathodenfall eine
lineare Funktion der Stromstärke ist. Mit
abnehmendem'Drucke nimmt die Neigung mc
jener Geraden zur Abscissenachse zu. Die
Gerade scheint von einer horizontalen Lage
bei hohem Gasdruck auszugehen, und bei
dessen andauernder Abnahme dreht sie
500
80
V
/
^^^
--"R
J.
■
^ **
n* '
/
/
0'^
V
1
y
/
/
/
/
f
/
/*
/
/
HUtorf, WUdL.
4nrv.27,r9s,7SiW
^
^
300
20
Stromstärke
4(7
60
60
Fig. I.
sich langsaftn um einen festen Punkt in dem
zweiten Quadranten als Centrum gegen eine
vertikale Stellung."^
Nach meinem Dafürhalten hat Skinner
seinen Messungen in der graphischen Inter-
polation Gewalt angethan. In Wirklichkeit liegen
seine Punkte auf gekrümmten, nicht auf geraden
Linien. Damit verliert auch die willkürliche Ex-
trapolation auf einen gemeinsamen Schnittpunkt
ihre Berechtigung. Eine ungezwungene gra-
phische Interpolation, wie sie Fig. 2 zeigt, lässt
die Krümmung der AT, /-Kurven erkennen; als
unsicher weggelassen sind in den drei unteren
Kurven die unterhalb 300 Volt liegenden Werte;
in der Kurve für / =^ 0,3 mm fehlt K = 860
für / = 3. Hätte Skinner seine Messungen
auf noch grössere Stromstärken ausgedehnt, so
wäre die Krümmung seiner Ar,z-Kurven noch
unverkennbarer hervorgetreten, und es hätte
ihm nicht entgehen können, dass der Kathoden-
fall nicht eine lineare Funktion der Strom-
stärke ist.
Göttingen, 23. Februar 1902.
(Eingegangen 25. Februar 1902.)
/
/
/
/
-f'
t
1
1 j
/
f / r
1 ' / y -'^
1 / / y v'-'"
* / / x' y „..-- —
•
^_ 1.
/ / / y i^t^""
/ '' '-' y >'
— }^ — =• j^
\ • ■' — - ■■
Stromstärke in MllUamp.
8
Fig. 2.
Ergebnissen V. Cremieus bei seinen Bemü-
hungen, in einem veränderlichen Magnetfelde
eine Einwirkung auf statische Ladungen nach-
zuweisen.') Die Anordnung dieser Cremieu-
schen Versuche kann kurz charakterisiert werden
durch die Angabe, dass im Felde eines stark
erregten Elektromagneten eine auf hohes Poten-
tial geladene Scheibe aufgehangen war. Wenn
dann der Strom unterbrochen wurde, sollte auf
die Scheibe eine der Max well sehen Gleichung
I)
I dH
curl B = —
e dt
entsprechende Kraft einwirken.
Nun ist die Elektrizitätsmenge, die ein Körper
von beträchtlichen Dimensionen tragen kann,
verhältnismässig klein, so dass bei Cremieus
e
Versuch eine kleine Grösse war.
///
Ich kam deshalb auf den Gedanken, die
negativ geladenen Ionen eines ionisierten Gase*?
als Träger der statischen Ladung zu benutzen;
bei Ionen ist ja recht gross, und zwar etwa
4. io*'E. S. Ein Ion muss sich, infolge seiner
hohen Ladung, in einem veränderlichen Felde
Einige vorläufige Versuche über die Bewegung von massiger Stärke mit beträchtlicher Ge-
von Ionen im veränderlichen Magnetfelde. schwindigkeit bewegen. Um nun den theore-
Von Bergen Davis. tischen Betrag einer derartigen lonenbewegung
Die Anregung zu den im folgenden be- ,^ r,^^;^« a„ 1 ^ r-i • • «.. ^ t>v • - •
, . , ,*^ *=* - r » • 1 • , . ') ^remie«, Annales de Chimie%t de Physniue, 7. sene,
schriebenen Versuchen fand ich in den negativen tome 24.
276
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
in einem solchen Felde zu zeigen, will ich einen
einfachen Fall annehmen:
Ein cylindrisches Gefäss sei innerhalb einer
Spule von nur wenig Windungen angebracht,
durch welche ein oszillierender Strom von hoher
Frequenz geht. Angenommen, es sei ein voll-
ständiges Vakuum hergestellt, und es sei nur
ein einziges negatives Ion vorhanden, das an-
fänglich sich in einer Entfernung r vom Mittel-
punkt der Spule in Ruhe befindet.
Auf das Ion wird dann eine Kraft einwirken,
deren Richtung im Kreisbogen mit dem Radius r
um den magnetischen Mittelpunkt der Spule
liegt. Wenn man nun die Centrifugalkraft und
die Veränderung, die die anscheinende Masse
infolge der Bewegung erfährt, vernachlässigt,
wenn schliesslich die Maximalstärke des Feldes
an der Stelle des Ions 100 c. G. S. -Einheiten
beträgt und die Frequenz gleich 10® ist, kann
man zeigen, dass das Ion eine harmonische
oszillierende Bewegung auf kreisförmiger Bahn
um den Mittelpunkt ausftihren würde, mit einer
Maximalverrückung gleich 20 cm von der Ruhe-
lage und einer Maximalgeschwindigkeit von
13 . 10' cm pro Sekunde.
Da es für den Zweck des Versuches wün-
schenswert ist, Ionen im Überfluss zu haben
und über ein schnell wechselndes Magnetfeld
zu verfugen, habe ich die bekannte elektroden-
lose Entladung im oszillierenden Tesla-Feld
benutzt, da bei dieser Entladungsform das Gas
stark ionisiert und die Frequenz des Feldes
hoch ist. Im vorliegenden Falle ist natürlich
die Amplitude vielmal kleiner als die oben
berechnete. Wahrscheinlich bewegen sich die
Ionen nur über eine kurze Strecke und werden
dann durch den Zusammenprall mit den Mole-
külen aufgehalten; durch den Zusammenprall
erzeugen sie dann zahlreiche andere Ionen,
welche ihrerseits durch Aufprall noch andere
erzeugen, so dass die Wirkung immer stärker
wird und schliesslich ein starker Strom, die
Ringentladung, hervorgebracht wird.
Um nun durch den Versuch darzuthun, dass
eine derartige Bewegung wirklich vorhanden ist,
habe ich ein Miniatur-Anemometer angewandt,
von der Art derer, mit deren Hilfe ich die
oszillierende Bewegung der Luft in stehenden
Schallwellen gezeigt habe. ') Das Anemometer
ist insofern zweckentsprechend, als es immer
nur in einer Richtung rotiert, gleichviel in
welcher Richtung die Teilchen auf dasselbe
einwirken, so dass eine oszillierende Bewegung
der Ionen eine Rotation erzeugen muss, voraus-
gesetzt, dass ihre Schwingungsamplitude minde-
stens gleich dem Radius der Schalen ist.
Die Anordnung war folgende: Vier grosse
Leydener 20-Liter-Flaschen waren zu je zweien
Ij Amer. Jour. Sc. — Febr. 1902.
parallel geschaltet; die inneren Belegungen beider
Paare wurden mit der Funkenstrecke, die äusseren
Belegungen mit Spule B verbunden. Im Inneren
dieser Spule, die aus 18 Windungen starken
Drahtes bestand, war ein cylindrisches Glas-
gefäss g angebracht, das 5 \'.2 cm im Durch-
messer hatte. Dieses Gefass stand fortdauernd
mit einer Quecksilberluftpumpe in Verbindung.
Ein Miniatur-Anemometer, ganz aus Glas, war
auf einer_, Nadelspitze angebracht, so dass es
recht ungehindert rotieren konnte. Dieses Ane-
mometer mass 3 ^2 cm im Durchmesser, die
Schalen, welche halbe Cylinder waren, hatten
je 2 cm Länge und 6 mm Durchmesser. Zwischen
Spule und Gefäss war ein Faraday scher Schirm
angebracht, der in der Weise hergestellt worden
war, dass schmale Streifen Zinnfolie parallel zur
Spule auf einem Glascylinder befestigt wurden.
Es zeigte sich, dass diese Anordnung das Ge-
fäss recht gut gegen äussere elektrostatische
Einflüsse schützte. Die Flaschen wurden mit
einem grossen Induktorium geladen, welches
von einem Wechselstrom mit 40 vollständigen
Perioden pro Sekunde betrieben wurde. Die
Länge der Funkenstrecke betrug 1 1 mm.
Wenn die nöti(^e Luftverdünnung erreicht
war, kam beim Übergang der Funken die
weisse Ringentladung zum Vorschein, und das
Anemometer rotierte in der Richtung der kon-
vexen Seite der Schalen.
Im folgenden gebe ich die Versuche wieder:
Die Worte „Vorwärts-Rotation'* bedeuten Rota-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
277
tion in der Richtung der konvexen Seite der
Schalen.
1. Druck 3,6 cm. Quecksilber: Schwacher
roter Lichtschein im Gefass ; Anemometer rotiert
nicht; Gefass kalt.
2. Druck 1,1 mm: Der rote Lichtschein ist
tiefer und stärker; das Anemometer rotiert
nicht; Gefass kalt.
3. Druck 0,64 mm: Die weisse Ringentladung
erscheint; Anemometer rotiert vorwärts, etwa
2 Umdrehungen pro Sekunde; das Gefass wird
recht heiss.
4. Druck 0,17 mm: Das Anemometer rotiert
vorwärts, doch nicht so schnell wie bei Ver-
such 3; nach Unterbrechung des Teslastromes
rotiert das Anemometer rückwärts; wenn man
den Strom eine Zeit lang gehen lässt, besonders
wenn das Gefass fest m Papier eingehüllt ist,
um die Wärme festzuhalten, werden die Gefass-
wände fast ebenso heiss wie die Flügel des
Anemometers, und dieses rotiert nur langsam,
und zwar rückwärts.
5. Druck 0,058 mm: Unmittelbar nach dem
Auftreten der weissen elektrodenlosen Entladung
rotiert das Anemometer rückwärts. Wenn man
das Gefass in Papier oder Filz hüllt, um die
Wärme festzuhalten, ist folgendes zu beobach-
ten: Wenn der Strom geschlossen wird, rotiert
das Anemometer zunächst rückwärts, nach
kurzer Zeit dreht es sich langsamer, hält still,
und fangt an, vorwärts zu rotieren. Dies kann
jedoch nur kurze Zeit hindurch fortgesetzt
werden, da die Temperatur so hoch steigt,
dass das Anemometer gefährdet wird.
6. Druck 0,024 mm: Das Anemometer rotiert
zunächst rückwärts; wenn man das Gefass jedoch
mit einem Wärmenichtleiter einhüllt, rotiert es
wie bei Versuch 5 vorwärts.
7. Druck 0,0017 mm: Die elektrodenlose
Entladung trat nicht auf und das Anemometer
rotierte nicht; Gefass blieb kalt.
8. Bei Versuch i bis 7 war die Entfernung
zwischen der Aussenkante der Anemometer-
schalen und den Gefässwänden etwa i cm.
Es kam auch ein anderes Gefass zur Anwendung,
bei dem die Schalen den Wänden viel näher
kamen. In diesem Falle war die Rückwärts-
rotation unter allen Umständen viel stärker.
Der Anfangsdruck, bei dem die Rückwärts-»
rotation auftrat, war weit höher als bei den
Versuchen 4 bis 7.
9. Bei diesem Versuch enthielt das Gefass
eine kleine Mühle, die ganz ähnlich konstruiert
war wie das Anemometer, nur dass sie flache
Flügel hatte.
Dieselbe kam bei keinem Grade der Luft-
verdünnung in Rotation, auch nicht bei der
stärksten Entladung, die zu erzielen war.
10. Ein viel grösseres Gefass kam bei diesem
Versuch zur Anwendung. Dasselbe mass 1 2 cm
im Durchmesser, während das Anemometer nur
3 cm im Durchmesser hatte. Die Rotations-
geschwindigkeit war überraschend gross und
erreichte 40 Umdrehungen per Sekunde. Bei
keinerlei Verdünnung rotierte das Anemometer
rückwärts. Dieser Umstand zeigt, dass bei
dieser grossen Entfernung (4V2 cn^) zwischen
Flügeln und Gefässwand keine Radiometer-
wirkung auftritt.
Es ist vielleicht wünschenswert zu erwäh-
nen, dass ich auch ein Gefass konstruiert habe,
das zwei Anemometer übereinander enthielt,
deren konvexe Seiten nach entgegengesetzten
Richtungen gingen. Bei geeigneter Verdünnung
rotierten dieselben auch in entgegengesetzter
Richtung und drehten sich beide nach der
konvexen Seite ihrer Schalen hin.
Die Rückwärtsrotation scheint auf Rechnung
des Wärmeaustausches zwischen der konvexen
Seite der Schalen und den Gefässwänden zu
kommen, und zwar aus folgenden Gründen:
I. Bei Versuch 4 wirkt auf das Anemometer
eine rückwärtstreibende Kraft ein, die noch
eine Zeit lang nach Unterbrechung des Stromes
anhält. Diese Kraft ist viel kleiner, wenn
Schalen und Gefass nahezu dieselbe Temperatur
erreicht haben. 2. Bei Versuch 5 und 6 er-
zielt man die rückläufige Rotation nur dann,
wenn zwischen Schalen und Wänden ein Wärme-
austausch stattfindet. Die Wirkung des Ein-
hüllens des Gefässes mit einem Nichtleiter der
Wärme besteht darin, dass die Innenfläche der
Wände nahezu ebenso heiss wird wie die Flügel
des Anemometers. Wenn diese Bedingung er-
füllt ist, verschwindet die rückläufige Kraft fast
vollständig, und die vorwärts wirkende Kraft,
die von der lonenbewegung herrührt, erhält '
das Übergewicht. Auch der Umstand, dass
die rückläufige Kraft mit wachsendem Vakuum
stärker wird, spricht dafür, dass sie eine reine
Radiometerwirkung darstellt.
Bei Versuch 3 und 4 ist der Abstand zwischen
Schalen und Wänden wahrscheinlich grösser als
die mittlere freie Weglänge der Moleküle, der
Radiometereffekt ist demgemäss auch gering.
Bei Versuch 8 hingegen ist die Radiometer-
wirkung stärker und tritt auch bei höherem
Drucke auf, da die Schalen den Wänden näher
kommen und die für eine Radiometerwirkung
nötige mittlere freie Weglänge kürzer ist.
Wir können das Molekül, von dem das
negative Ion sich losgelöst hat, als den Träger
einer positiven Ladung ansehen, der also auch
von dem wechselnden Magnetfeld eine Einwir-
kung erfahren wird. Seine Geschwindigkeit und
Amplitude sind jedoch viel kleiner als bei dem
negativen Ion. Die Amplituden sind umgekehrt
proportional den Quadratwurzeln ihrer Massen,
da die Energie in beiden Fällen gleich ist.
Wenn ihre Amplituden von derselben Grössen-
278
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
Ordnung sind wie der Schalenradius, wirken
auch die positiven Ionen auf das Anemometer ein.
Es sind also zwei entgegengesetzte Kräfte
vorhanden, die beide auf das Anemometer ein-
wirken, die eine rührt von der lonenbewegung
her und die andere von dem Wärmetransport,
der vom Centrum ausgeht. Die Rotationsrich-
tung hängt davon ab, welche von den beiden
Kräften im Überschuss ist. Bisher habe ich
keinerlei Versuche gemacht, quantitative Messun-
gen vorzunehmen, obwohl derartige Messungen
wahrscheinlich mit einer Torsionsaufhängung
des Anemometers unter Anwendung eines Ge-
fässes von der Grösse des bei Versuch 10 be-
schriebenen möglich wären.
Ich hoffe, binnen kurzem eine etwaige Poten-
tialdifferenz zwischen Wand und Centrum des
Gefasses zu untersuchen und ebenso die Bewegung
von Kathodenstrahlen im Teslafeld einer Unter-
suchung zu unterziehen.
Abgesehen davon, dass diese Versuche eine
direkte Bestätigung der Maxwellschen Glei-
chung liefern, dürften sie von einigem Interesse
sein infolge ihrer Bedeutung ftir die Elektron-
theorie der Elektrizität.
Die elektrodenlose Entladung besteht in
einem schnell alternierenden elektrischen Strom,
ähnlich wie der, der auftreten würde, wenn man
einen Metallring innerhalb der Spule anbrächte.
Es scheint also, dass ein derartiger Strom zum
mindesten von lonenbewegung begleitet wird,
selbst wenn der Strom selbst nicht von der-
artiger Bewegung dargestellt wird.
Göttingen, 17. Februar 1902.
(Aus dem Englischeu übersetzt von A. Grade awit/.)
(Eingegangen 17. Februar 1902.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 7^ NATUR-
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
H. Th. Simon (Frankfurt a/M,) und M. Reich
(Frankfurt a/M.), Tönende Flammen und
Flammentelephonie. Vorgetragen von H. Th.
Simon.*)
Das Gebiet der tönenden Flammen, über
dessen gegenwärtigen Stand Dr. Reich und
ich Ihnen auf Wunsch der Abteilungsleitung
Bericht erstatten, stützt sich auf die von mir im
Jahre 1 898 am Flammenbogen gefundene That-
sache^), dass Stromoszillationen in einem mit
der Atmosphäre kommunizierenden gasförmigen
Leiter momentane und nahezu proportionale
Volumänderungen des stromdurchflossenen Ga-
ses verursachen. —
Lagert man z. B. Mikrophonströme über
einen Gleichstromflammenbogen, so giebt der-
selbe laut und deutlich alles wieder, was man
in das Mikrophon hineinspricht. Das bekannte
Brummen eines Wechselstromflammenbogens ist
ein Spezialfall dieses Erscheinungsgebietes. —
Dass auch jedes andere leitende Gas, z. B.
die Flamme eines Bunsenbrenners, auf geeignete
periodische Stromdurchgänge mit analogen, wenn
auch wesentlich schwächeren Schallwirkungen
reagiert, ist Herrn Ruhmer^), im Gegensatz zu
meinen früheren vergeblichen Versuchen*), zu
zeigen gelungen.
Wegen der überraschend intensiven und
deutlichen Lautwirkung, die sich nach diesem
Prinzip am elektrischen Flammenbogen erzielen
lässt, eine Wirkung, die denselben zu einem
1) Abteilung 3, 24. Scplbr. 190 1.
2) H. Th. Simon, Wied. Ann. 64, 233, i8q8.
3) K. Ruhm er, diese Zeitschr. 2, 325, 1901.
4) 11. Th. bimon, 1. c. S. 23S.
lautsprechenden Telephon bester Art macht,
haben namentlich die Versuche mit der „spre-
chenden Bogenlampe" Interesse erregt. Wir
fuhren dieselben der Vollständigkeit halber vor,
und bitten um Entschuldigung, wenn wir damit
vielen von Ihnen etwas Bekanntes bieten.
Man kann mancherlei Wege einschlagen, um
die Mikrophonströme dem Flammenbogen über-
zulagern:
a) die Schaltung, mit der ich meine ersten
Versuche machte. (Fig. i.)')
b) die Schaltung des Herrn E. Ruhm er.
(Fig. 2.)-')
c) die Schaltung des Herrn W.Duddell.
(Fig. 3.)')
d) die unter Verwendung des Duddell-
schen Kunstgriffes modifizierte Schal-
tung a). (Fig. 4.)
e) eine Art von Kombination der Schal-
tungen b) und c). (Fig. 5.)
f) die Abzweigung des Mikrophonkreises
über einem Teile des Lampenkreises,
der geeigneten Ohm sehen und induk-
tiven Widerstand enthält. (Fig. 6.)^)
Auch diese Schaltung kann mit und
ohne Du dd eil sehen Kunstgriff ver-
wendet werden, wie a).
1) 11. Th. Simon, 1, c.
2) E. Ruhmer, Der Mechaniker 8, 279, 1900.
3) W. Duddell, The Electrician No. 811.9, T)e/.. 1900:
Hin ausführliches Referat steht diese Zeitschr. 2, 425 und
440, IQOI.
4) Schaltunjj ei und f) sind zuerst von uns angewendet
und in einer Sit/unj^ des Elektrotechnischen Vereins zu Frank-
furt a. M. am 23. Eebr. 1901 demonstriert worden.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
279
Grundsätzlich lassen sich alle diese Schal-
tungen in zwei Gruppen ordnen: Gruppe I
charakterisiert durch induktive Übertragung
der Wechselströme eines besonderen Mikro
phonkreises auf den Hauptkreis, Gruppe II
charakterisiert dadurch, dass der Mikrophon-
kreis einen Zweig des Lampenstromkreises
bildet. Bei der letzten Gruppe ist also keine
besondere Mikrophonbatterie notwendig. Ausser
diesem praktischen Vorteil der II. Gruppe er-
hellt ohne weiteres, dass dieselbe auch in Hin-
sieht der Ökonomie und Deutlichkeit der Über-
tragung von vornherein günstiger gestellt ist,
wie die erste.
Denn, wie jedem Telephonelektriker bekannt
ist, und wie ich s. Z. für den vorliegenden Fall
ausführlich diskutiert habe*), sind bei der induk-
tiven Übertragung von Mikrophonströmen Öko-
nomie und Klangreinheit zwei Bedingungen, die
sich gegenseitig begrenzen. Immerhin lassen
sich, wie unsere Versuche ergeben, auch auf
dem ersten Wege Wirkungen erzielen, die sich
dem groben Urteile des Ohres nach von denen
der II. Gruppe nicht unterscheiden.
Technisch am einfachsten ist die Schal-
tung f)» <^i^ wir eben bei der sprechenden
Lampe verwendet haben. Bei Verwendung von
Widasiand/
X
2ßkrüp7umy
Fig. I.
selbstregulierendem Hauptschluss- oder Differen-
tiallampen gestattet sie denkbar einfachsten An-
schluss, indem man den Mikrophonkreis, der
zweckmässig einen Regulierwiderstand enthält,
einfach der Hauptstromregulierspule parallel ab-
zweigt.
Praktisches Interesse hat es vielleicht, dass
es uns gelungen ist, durch die folgende Schal-
tung Mikrophonströme derart auf den Feld-
magneten einer Gleichstromdynamo zu über-
tragen, dass das ganze Netz die entsprechenden
Schwankungen mitmacht, und sämtliche ange-
schlossenen Bogenlampen das wiedergeben, was
man in das Feldmagnetmikrophon hineingiebt.
(Vergl. Fig. 7)
T)er Kunstgriff des Herrn Duddell,
1) H. Th. Simon, diese Zeitschr. 2, 253, 1901.
Selbstinduktion im Stromkreise durch Kapazität
zu überbrücken, um damit den Mikrophonströmen
leicht gangbare Wege über den Flammenbogen
zu sichern, bietet einen Vorteil naturgemäss
nur dann, wenn der Stromkreis induktive Wider-
stände enthält. Das ist in hohem Masse immer
der Fall, wenn man an eine Dynamomaschine
angeschlossen ist. In diesem Falle kommt man
in der That ohne Überbrückung der Maschine
durch eine genügend grosse Kapazität nicht zu
befriedigenden Wirkungen. Bei Akkumulatoren-
betrieb dagegen ist der Kunstgriff völlig über-
flüssig.
Mikraphan
r- ÄftÄTsaSW-fl—
\
^dffsinid
IL
/
/_
\
HWV
Fig. 2.
J>rosse7spuk
Sehr viel wichtiger zur Erzielung grosser
Lautstärke ist die Flammenbogenlänge, wo-
rauf ich bereits bei meinen ersten Versuchen
aufmerksam gemacht habe.^) Herr Duddell
hat hier das Verdienst, zum ersten Male Flam-
menbogen bis zu 10 cm Länge angewendet zu
haben, mit denen man zu überraschend lauten
Wirkungen gelangt. Man erzielt einen so langen
Lichtbogen leicht durch gesteigerte Betriebs-
spannung (bis 200 Volt) zwischen salzgetränkten
Dochtkohlen.
Als Ursache der beschriebenen Volum-
oszillationen eines Gases habe ich früher durch
die übergelagerten Stromschwankungen hervor-
gerufene Temperaturschwankungen angesehen.^)
Da man nach den Messungen am Flammenbogen
Ciipaa/ät
MiJavp?u}n
Fig. 3.
l>wsselspuJe
den Spannungsabfall auf ihm durch einen Aus-
druck E ^a ^r bi angenähert darstellen kann,
so müsste im Sinne obiger Erklärung die Kon-
stante b den Ohmschen Widerstand bedeuten,
i) II. Th. Simon, Wicd. Ann. 64, 233, 1898.
2) H. Th, Simon, 1. c.
28o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
dessen Wert also die Grösse der akustischen
Wirkung unter sonst gleichen Umständen be-
stimmte. Ändert sich / um di^ so würde die
Änderung der entwickelten Jouleschen Wärme
2 hi di betragen, d. h. die Wirkung wäre der
ursprünglichen Stromstärke proportional.*) Das
ist nach unseren bisherigen Beobachtungen an-
nähernd, aber sicher nicht streng erfüllt. Ferner
müsste man unter sonst gleichen Umständen
bei einem Flammenbogen zwischen verschieden-
artigen Materialien eine um so lautere Wirkung
\
\
Hidtrstand
X
Captuäät
Drossdsptde
MifcfvpTuffL
erhalten, je grösser seine Konstante ö ist. Nach
Messungen von Peuckert u. a. hat die Kon-
stante b für Kadmiumelektroden den grösseren
Wert. Für Kadmiumelektroden wäre daher die
beste Wirkung zu erwarten. Unsere Versuche
haben diese Folgerung nicht bestätigt. That-
sächlich kann ja die obengenannte Erklärung
nur den Anspruch einer ersten Annäherung
machen, gerade wie jene Gleichung für die Ab-
hängigkeit von Strom und Spannung am Flam-
menbogen.
Mhvphan
Jhüssdspult
Fig. 5.
Will man zu einer weitergehenden theore-
tischen Deutung der vorliegenden akustischen
Phänomene gelangen, so wird man in das viel
umstrittene Gebiet der Gasentladungen geführt.
Ein Flammenbogen ist eine der einfachsten For-
it F. Braun, Wied. Ann. 66, 358, 1898.
men, in denen sich eine solche Entladung voll-
zieht, jedenfalls die einfachste von denjenigen,
die sich in freier Kommunikation mit der At-
mosphäre, man könnte sagen, unter konstantem
Drucke, abspielen; im Gegensatz zu der anderen
Gruppe, die in abgeschlossenen Räumen (Ent-
ladungsröhren, d. h. bei konstantem Volumen)
beobachtet werden.
Für die Deutung der akustischen Flammen-
bogenvorgänge wird sich aus den modernen
und so fruchtbaren Gasleitungsanschauungen
manches gewinnen lassen; wie umgekehrt die
akustischen Vorgänge, als der Ausdruck der
Änderung einer wichtigen Zustandsgrösse dieser
Entladungsform, des Volumens, für die lonen-
leitungshypothese manchen Wink beibringen
werden. Indessen muss noch viele Arbeit hier
wie dort gethan werden, ehe man mehr als
Spekulationen oder qualitative Andeutungen
geben kann. Denn gerade für die hier ein-
schlägigen Verhältnisse fehlt das Versuchsma-
terial noch vollständig und muss zunächst her-
beigeschafft werden. Während man z. B. die
\
Wiätrstand,
l
Ctxpadtat
Se&stadiüA VL
Fig. 6.
gegenseitige Abhängigkeit von Strom, Spannung,
Bogenlänge, Elektrodenmaterial u. s. w. für prak-
tische Zwecke ziemlich weitgehend untersucht hat,
ist die für uns in Betracht kommende Zustands-
grösse, das Volumen, bisher durchaus ausser acht
gelassen. Wir wissen noch nicht, wie das Flam-
menbogenvolumen tf von dem Werte der Strom-
stärke abhängt. Unsere Versuche mit dem
sprechenden Flammenbogen gestatten — wir
sind dabei, eine exakte Messmethode dafür aus-
zuarbeiten - durch Messung der akustischen
Wirkung, die ein übergelagerter Sinusstrom von
gemessener Stärke im Flammenbogen bewirkt,
für die verschiedensten Verhältnisse des Flam-
menbogens das . . zu vergleichen. Daraus
wird sich die Abhängigkeit des Volumens vom
Strome, bezw. der E. M. K., wenigstens relativ
ermitteln lassen, während gleichzeitig die prak-
tische Frage ihre Erledigung findet, unter wel-
chen Bedingungen des Flammenbogens und mit
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
281
welcher Schaltung die lauteste Wirkung zu er-
zielen ist. Die lauteste Wirkung muss sich
dann zeigen, wenn .-r am grössten ist. Lei-
der sind die praktischen Schwierigkeiten dieser
Versuche keine geringen, und wir können an
Resultaten einstweilen nur das vorlegen, dass
die Wirkung stets im Momente des Abreissens
des Flammenbogens am lautesten ist.
Ich komme jetzt zu dem umgekehrten Phä-
nomen, dass Druckwellen, die über einen Flam-
menbogen hinziehen, analoge Intensitätsschwan-
kungen seiner Stromstärke bewirken, die sich
gegebenen Falles nach ähnlichen Methoden, wie
'mmp-
'"»fUbsokOu
Fig. 7-
beim sprechenden Flammenbogen, in Schall-
wellen verwandeln lassen.*) Man hat dieses
Phänomen treffend den „lauschenden Flam-
menbogen" genannt. Unter Verwendung ge-
eigneter Mittel lässt sich auch diese Wirkung
so laut gestalten, dass man sie an einem guten
lautsprechenden Telephone objektiv demon-
strieren kann, z. B. nach Schaltung Fig. 8. Wir
konzentrieren dazu die Schallwellen durch einen
geeigneten Blechtrichter auf das glühende Gas-
volumen.
Es liegt auf der Hand, dass weiterbin zwei
hintereinander geschaltete Flammenbogen ein
vollständiges telephonisches Wechselgespräch
gestatten werden, indem der eine alles wieder-
giebt, was man gegen den anderen spricht.
Auch diese Erscheinung lässt sich so gestalten,
dass sie in bescheidener Weise objektiv demon-
striert werden kann. Der Geberflammenbogen
ist dann 5 bis 8 mm lang zu machen, der Sende-
bogen dagegen bis 5 cm. Die Schallwellen
werden wieder mit einem Schalltrichter auf
ersteren konzentriert.
Ein sehr interessanter Abkömmling des spre-
1 1 IL Th. Simon, Wicd. Ami. 64, 233, 1898.
chenden Flammenbogens ist der von Herrn W.
DuddelP) gefundene selbsttönende Flam-
menbogen, den wir Ihnen jetzt zeigen möchten.
Herr Duddell legt einem Gleichstromflammen-
bogen zwischen Homogenkohlen parallel einen
Stromzweig von kleinem Widerstände, der eine
Selbstinduktion und nicht zu kleine Kapazität
enthält. Unter geeigneten Betriebsbedingungen des
Flammenbogens fängt derselbe dann an, mit einem
reinen und lauten Tone zu tönen, dessen Ton-
höhe allein von der Grösse der Selbstinduktion L
und Kapazität C abhängt. Und zwar findet sich
die bekannte, für ein schwingendes elektrisches
System gültige Abhängigkeit n = -- .
2 Jr y L C
auch hier bestätigt. Der die Kapazität ent-
haltende Stromzweig wird dabei von reinen
\
Wldamui
/
\
Jfmssdspul^
Telephon.
Fig. 8.
Sinusströmen von beträchtlicher Stromstärke
durchflössen, deren Schwingungszahl sich leicht
bis zur Grenze der Hörbarkeit steigern lässt.
Zunächst beansprucht dieser Versuch ein
hervorragendes praktisches Interesse. Die wissen-
schaftliche und praktische Bearbeitung des Ge-
bietes der elektrischen Schwingungen ist bei
der Erzeugung dieser Schwingungen bisher
ausschliesslich auf dem von Feddersen-
Hertz vorgezeichneten Wege vorgegangen :
Man ladet ein aus Selbstinduktion und Kapa-
zität bestehendes System zu einem möglichst
hohen Potential, bis an der eingeschalteten Fun-
kenstrecke die bekannte, durch die Differential-
gleichung der gedämpften Schwingung beschrie-
bene, stark gedämpfte oszillatorische Entladung
übergeht. Ungedämpfte Schwingungen von der
nötigen Frequenz dauernd zu erzeugen, ist da-
gegen noch nicht gelungen. Um hier eine
treffende Analogie aus der Akustik herauszu-
ziehen, die Herr M. Wien'^) anführt: Man konnte
i) W. Duddell, The Elcctrician No. 8 u. 9. Dez. 1900;.-'
Vcrgl. das Referat dieser Zeitschr. 2, 425, 1901.
2) M. Wien, Ann. der Thysik 4, 425, 1901.
282
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No. 13.
in elektrischer Hinsicht das leisten, was ein alle
24 Stunden geöffnetes Thermometerfutteral aku-
stisch repräsentiert. Welcher Fortschritt darin
läge, das akustische Phänomen eines dauernden
Tones, z. B. einer angeblasenen Orgelpfeife,
elektrisch nachzubilden, darauf brauche ich nicht
weiter hinzuweisen. Es hat denn auch nicht
an Versuchen in dieser Hinsicht gefehlt: Tesla
suchte durch Wechselstrommaschinen hoher
Frequenz zum Ziele zu kommen, M. Wien*)
hat mit seiner Wechselstromsirene unter Ver-
wertung von Resonanzwirkungen abgestimmter
Schwingungssysteme eine Sinusschwingung bis
zur Frequenz 17000 in der Sekunde erzielt. In-
dessen scheint damit die Höchstgrenze des auf
diesem Wege Erreichbaren erreicht zu sein.
Sdenieäe.
Capadtät
J)mssdspule
Tdephaw
Fig. 9.
Hier setzt nun der schöne Duddel Ische
Versuch ein. Wir haben in ihm thatsächlich
eine vollständige elektrische Analogie zu der
angeblasenen Orgelpfeife oder vielleicht noch
besser der chemischen Harmonika, überhaupt
zu jedem der zahlreichen Fälle der Mechanik,
bei denen ein aus Trägheit und Elastizität be-
stehendes, also schwingungsfahiges System durch
eine gleichförmige Strömung zu dauernden
Schwingungen angeregt wird. Dass wir bei ihm
Schwingungen bis zu 30000 und 40000 schon jetzt
erreichen, habe ich erwähnt. Es ist dadurch schon
jetzt zu einer Reihe von schönen und typischen
Hochfrequenzversuchen geeignet, worüber ausser
Herrn Dudde^l Herr Peuckert^) berichtet hat.
Ferner wird er sich vermutlich zu sehr be-
quemen Methoden verarbeiten lassen, Selbst-
induktionskoeffizienten und Kapazitäten zu mes-
sen. Viel höher aber möchte ich seine prinzipielle
Bedeutung für das eben erwähnte Problem
stellen. Seine theoretische Durcharbeitung
scheint nämlich den Weg zu zeigen, zu einer
vollständigen Lösung jenes wichtigen Problems
1) 1. c.
2) Peuckert, E. T. Z., 22, 467, 1901.
vorzudringen. Folgende Bemerkungen sollen
illustrieren, wie wir uns das denken.
Die Theorie, die Herr Duddell von seiner
Erscheinung entwickelt, geht von der Frage aus :
Welche Bedingung muss der Flammenbogen
erfüllen, damit der Gleichstrom des Hauptkreises
den bei jeder Schwingung des Zweigkreises auf-
tretenden Verlust an Energie automatisch und
zur rechten Zeit ersetzt. Seine Entwickelung
dE
zeigt, dass dazu - für den Flammenbogen
kleiner als i und dem absoluten Betrage nach
grösser als der Widerstand des schwingenden
Systems sein muss. Thatsächlich hat der Flam-
menbogen in manchen Verhältnissen die erste
Eigenschaft, die zweite lässt sich realisieren,
wenn man im schwingenden Systeme sehr kleine
Widerstände verwendet.
Zu demselben Resultate fuhren die viel all-
gemeineren Rechnungen, die Herr W. Kauf-
mann') im Verfolge seiner schönen und klas-
sischen elektrodynamischen Theorie der Gas-
entladungen angestellt hat. Das Ergebnis der
Kaufmann sehen Untersuchungen ist, dass die
verschiedenen Formen, in denen sich die Ent-
ladung der Elektrizität durch Gase vollzieht, sich
einheitlich aus ihrem elektrodynamischen Verhal-
ten erklären. Dieses elektrodynamische Verhalten
wird definiert durch die sogenannte Charakteristik
der Gasstrecke, d.h. die Kurve, welche den Span-
nungsabfall als Funktion der Stromstärke darstellt.
Während nun für gewöhnliche Leiter diese Cha-
rakteristik eine steigende ist, haben die Gase
(und wie Kaufmann^) zeigt, auch derNernst-
sche Glühkörper) eine Charakteristik, die erst
steigt, dann aber fällt; d. h. es wird bei ihnen
, mit wachsendem Strome schliesslich negativ.
Nur wenn sich eine Gasstrecke in diesem Aste
der Charakteristik befindet, ist sie imstande, in
einem parallel geschalteten Systeme aus Selbst-
induktion und Kapazität oszillatorische Ströme
stabil zu unterhalten. Der Nernstkörper zeigt,
wie einKaufmann scher Versuch beweist, wegen
seiner analogen Charakteristik thatsächlich auch
das analoge Verhalten wie eine Gasstrecke; er
vermag unter geeigneten Bedingungen solche
Oszillationen zu unterhalten. Leider ist seine
scheinbare Selbstinduktion (Erwärmungsträgheit)
so gross, dass diese Schwingungen sehr grosse
Schwingungsdauer haben und nur unter prak-
tisch schwierigen Versuchsbedingungen zu er-
halten sind.
Stellt sich demnach der D u d d e 1 1 sehe Versuch
rein elektrisch betrachtet als ein Spezialfall einer all-
gemeinen Erscheinung dar, welche immer auftreten
I) \V. Kaufmann, Ann. d. Physik, 2, 158, 1900.
2j W. Kaufmann, Nachr der K. Ges. d. Wissenscb. /u
Göttingen 1901.
Physikalische Zeitschriff. 3. Jahrgang. No. 13.
283
muss, wenn wir einem Leiter mit analoger Cha-
rakteristik ein geeignetes elektrisches System aus
Selbstinduktion und Kapazität parallel schalten,
so werden wir durch dieses Ergebnis zu der
Frage gedrängt, ob wir nicht andere, besser ge-
eignete Leiter mit solcher Charakteristik finden
könnten, die also die elektrische Lösung des
Orgelpfeifenproblems noch vollkommener ge-
statten würden. Wir haben nach dieser Rich-
tung vorläufige Versuche und Rechnungen an-
gestellt, über die wir Einiges mitteilen möchten,
obwohl sie noch wenig Positives ergeben haben.
Ganz allgemein können wir einen Leiter von
der gewünschten Charakteristik immer dann er-
zeugen, wenn die Leitfähigkeit selbst mit der
Stromstärke zunimmt, vorausgesetzt, dass das
in genügendem Grade geschieht und vor allem
genügenden Bereich umfasst.
Am einfachsten kommen wir mechanisch
zum Ziele: die Membrane eines mikrophoni-
schen Leiters wird durch den ihm zugeflihrten
Strom selbst so bethätigt, dass der Kontakt
um so inniger wird, je grösser der Strom
ist. Ein solcher Leiter hat thatsächlich die
verlangte Charakteristik und liefert auch das
entsprechende Phänomen, wie unsere Ver-
suche zeigten: man erhält in einem parallelen
Systeme aus Selbstinduktion L und Kapazität C
Oszillationen, die von L und C abhängig
sind, bei denen aber das scheinbare L der
Membrane (Trägheit) viel zu gross ist, als dass
die elektrische Trägheit über die Eigenschwin-
gungen derselben Herr würde.
Ebensowenig wie diese mechanische Lösung
dürfte die folgende das Ziel erreichen lassen, ob-
wohl sie nach der Überschlagsrechnung prinzipiell
unsere Erscheinung liefert: Die Erwärmung eines
Elektrolyten beim Stromdurchgang kann an einer
Stromeinschnürung so schnell steigen, dass durch
die proportionale Zunahme der Leitfähigkeit
eine Charakteristik der gewünschten Art auftritt.
Die bekannten schönen Untersuchungen von
Richarz') und Richarz und Ziegler^) über
den Widerstand elektrischer Zellen mit sehr
kleinen Elektroden haben das besondere Ver-
halten solcher Zellen quantitativ in dem er-
wähnten Sinne erklären können. Der Wehnelt-
unterbrecher und seine weibliche Abart, der
Lochunterbrecher, beruhen ja bekanntlich gerade
auf dieser lokalisierten Stromwärme, die bei
ihnen bis zur Verdampfung des Elektrolyten
getrieben wird. Unser, an der Hand der
Richarzschen Messungen angestellter Über-
schlag zeigt, dass eine kleine Platinelektrode in ver-
dünnterSchwefelsäure, wie sie R i c h a r z verwandte,
thatächlich eine Charakteristik der gewünsch-
ten Art besitzen dürfte. Analog muss sich eine
1) F. Richarz, Wied. Ann. 39, 67 u. 201, 1890; 47,
567, 1892.
Stromeinschnürungsstelle durch ein Diaphragma
verhalten. Indes werden auch hier nur relativ
langsame Schwingungen zu erwarten sein, wegen
der Trägheit des Erwärmungsvorganges. Wir
konnten den Versuch noch nicht durchführen,
weil uns eine Anzahl dazu nötiger Hilfsmittel
fehlte.
Wir dachten dann an vom Magnetfelde ab-
hängige Vorgänge, die keine bemerkenswerte
Trägheit besitzen *), Widerstandsänderung des
Wismuts im magnetischen Felde, oder Hall-
effekt. Etwa so: durch ein konstantes Hilfsfeld
wird zunächst der Widerstand des Wismuts
so gross als möglich gemacht. Eine in den
Hauptstrom eingeschaltete Magnetspule wirkt
proportional seinem Strome dem Hilfsfeld ent-
gegen, so dass der Widerstand mit dem Strome
abnimmt. Leider zeigt die Rechnung, dass bei
Wismut nach dieser und ähnlichen Schaltungen
nichts zu erhoffen ist. Die Widerstandsände-
rungen sind zu klein und erstrecken sich auf
einen zu kleinen Bereich, z. B. geht der Wider-
stand einer Wismutspirale nur von etwa i auf
1,7, wenn das Feld auf löocxD cgs gesteigert
wird.
Schliesslich haben wir mancherlei Versuche
angestellt, durch gewisse elektrodynamische
Koppelungen des Hauptstromes mit dem parallel
geschalteten System zum Ziele zu kommen: es
sollte durch dieselbe jede Stromänderung im
Hauptkreise eine geeignete Reaktion im Neben-
kreise ausüben und umgekehrt. Ein solches Sy-
stem wäre die vollständige Analogie zu dem
Anblasemechanismus einer Orgelpfeife. Indessen
kamen wir bisher trotz vieler Bemühungen zu
keinem Erfolge, unseres Erachtens wohl deshalb,
weil sicherlich nur quantitativ genau abgestimmte
Verhältnisse zwischen den eingehenden Grössen
in der gewünschten Weise funktionieren können,
zu denen erst eine theoretische Durcharbeitung
den Schlüssel liefern muss.
Nach alledem werden Sie mir zustimmen,
wenn ich dem schönen Duddellschen Experi-
ment eine grundlegende Bedeutung beimesse.
Damit verlassen wir das Gebiet der tönen-
den Flammen und kommen zu den durch die
aufgeprägten Mikrophonströme gleichzeitig be-
wirkten Schwankungen der Lichtstärke, wir
könnten sagen, zu den lichtsprechenden
Flammen. Hier haben unsere Versuche zu
zwei schönen und aussichtsreichen Fortschritten
angeregt, der Flammentelephonie, die wir
Ihnen gestern Abend im grossen Massstabe
zeigen konnten, und dem Photographon des
Herrn Ruhmer.
Der Gedanke, die beim sprechenden Flam-
menbogen naturgemäss auftretenden Strahlungs-
2) F. Richarz u. W. Ziegler, Wied. Ann. 63, 261, 1897. 586, 1901.
1) W. Eichhorn, diese Zeitschr. 1, 81, 1899 und Ann.
der Physik, 3, 20, 1900; Des Coudrcs, diese Zeitschr. 2,
284
Physikalische Zeitschrift. '3. Jahrgang. No. 13.
Oszillationen irgendwie zu registrieren, musste
sich natürlich sofort aufdrängen, wenn man
einmal das Phänomen der sprechenden Flam-
men in Händen hatte. Demnach versuchte
ich einmal, die Lichtschwankungen photogra-
phisch auf bewegtem Bromsilberpapier zu re-
gistrieren, damals leider vergebens.') Zweitens
aber bemühte ich mich um wärmeempfindliche
(radiophonische) Apparate, die auf die Inten-
sitätsschwankungen der strahlenden Wärme des
sprechenden Flammenbogens reagierten und sie
telephonisch zu registrieren gestatteten. Obwohl
ich hier viel Mühe aufwandte, kam ich zu keinem
befriedigenden Ziele. Die schönen Versuche
Graham Beils mit der Selenzelle waren ja
wohl bekannt, indessen hatte man bis vor kurzem
nirgendwo Gelegenheit, in den Laboratorien
eine Selenzelle zu sehen, auch klebte aus irgend
einem Grunde allgemein das Vorurteil grosser
UnvoUkommenheit und Unzuverlässigkeit an
diesen Apparaten. Erst vor etwa i V2 Jahren
hatte ich Gelegenheit, eine Selenzelle vom
Darmstädter Physikalischen Institute zu leihen.
Da alsbald die Versuche gelangen, konnten wir
systematisch in dieser Richtung weiterarbeiten
und hatten die Genugthuung, Ihnen gestern
eine Übertragung auf i km vorführen zu kön-
nen, deren Reinheit und Deutlichkeit sich mit
jederTelephonanlage messen kann. Dass wir schon
jetzt ebensogut auf 3 bis 4 km, wahrscheinlich
sogar viel weiter, nach dieser Methode sprechen
können, ist nach unseren Versuchen nicht mehr
zweifelhaft. Und doch stehen wir eigentlich
erst in den ersten Anfangen, sie auszubauen.
Es ist bei diesen Versuchen einmal die
Sendeanordnung und dann die Empfangsstation
wichtig und entsprechend auszubilden.
Die Sendeanordnung enthält den licht-
sprechenden Flammenbogen und einen Schein-
werferspiegel, der das sprechende Licht in die
Ferne entsendet.
Während nun beim sprechenden Flammen-
bogen alles darauf drängt, zur Erzielung grosser
Wirkungen die Stromstärke möglichst zu stei-
gern, fuhren die Erwägungen hier zu ganz
anderen Resultaten. Nicht die absolute Inten-
sität des entsandten Lichtes, sondern seine
prozentischen Schwankungen sind wirksam. Ja
die konstante Lichtintensität, über die wir
unsere Schwankungen überlagern, ist ein leider
nicht zu umgehendes Übel, denn die Selenzelle
reagiert auf dieselbe absolute Bestrahlungs-
schwankung um so energischer, je weniger sie
schon belichtet ist. Nun können wir mit unseren
Mikrophonen einstweilen die über den Flammen-
bogen gelagerten Stromschwankungen nicht über
ein gewisses Mass steigern. Dieses Mass muss
aber prozentisch um so grössere Schwankungen
i) H. Th. Simon, Wied. Ann. 64, 234, 1898.
bewirken, je kleiner die Gesamtintensität des
Flammenbogens an sich ist. Wir sind demnach
bei diesen Versuchen zu den kleinsten Flammen-
bogen heruntergegangen, die sich noch sicher
erzeugen lassen, zwischen + Kohle von 5 mm
und — Kohle von 3 mm Durchmesser bei einer
Stromstärke von 2 bis 3 Amp. Untersucht
man, wo im Flammenbogen die Quelle der
grössten Lichtschwankungen lokalisiert ist, so
zeigt sich das überraschende Resultat, dass es
der Krater ist, dessen Lichtintensität auf über-
gelagerte Stromschwankungen mit einer wunder-
baren Feinheit reagiert. Der Lichtbogen selbst
ist so gut wie garnicht daran beteiligt. Die
Erfahrung, deren exakte experimentelle und
theoretische Aufklärung eine interessante Auf-
gabe erscheint, ergiebt, dass dieselbe prozen-
tische Stromänderung bei den ganz kleinen
Stromstärken eine wesentlich grössere Intensitäts-
änderung des Kraters zur Folge hat, wie bei
grossen. Vielleicht deutet das darauf hin, dass
bei kleinen Stromstärken bei Steigerung der-
selben noch eine Steigerung der Kratertempe-
ratur erfolgt, während bei starkem Strome eine
Vergrösserung desselben nur mehr die Krater-
fläche vergrössert.
Die Anwendung der kleinen Flammenbogen
bedeutet mit Rücksicht auf die Scheinwerfer-
Übertragung einen weiteren ganz wesentlichen
Vorteil. Die vollendet geschliffenen parabolischen
Scheinwerfer von Schuckert, die uns von der
Firma zur Verfügung gestellt sind, gestatten,
ein um so schärfer begrenztes paralleles Licht-
bündel zu entsenden, je punktförmiger die ver-
wendete Lichtquelle ist. Daher kommt es, dass,
mit 1 50 Amp. nur etwa viermal intensivere Be-
strahlung möglich ist, als mit 4 Amp. Die grös-
sere Stromstärke ergiebt einen so ausgedehnten
Krater, dass wesentlich die Streuung des Strahlen-
bündels zunimmt, nicht aber seine spezifische
Intensität. Darum kommt im allgemeinen die
vorzügliche Optik der Schuckertschen Spiegel
eigentlich garnicht zur Geltung, und es erfüllte
die Herren in Nürnberg mit besonderer Genug-
thuung, dass bei unseren Versuchen diese Exakt-
heit so schöne Früchte trug. Damit ist zugleich
die Frage erledigt, welcher Scheinwerfer für
die lichttelephonischen Versuche am besten ist:
möglichst exakt geschliffene, möglichst grosse
parabolische Spiegel mit möglichst grosser
Brennweite gestatten, das Licht des Kraters in
möglichst wenig gestreutem Bündel zu entsen-
den. Unsere Versuche in Nürnberg wurden mit
einem 90 cm Spiegel von 40 cm Brennweite,
sowie einem 1 50 cm Spiegel von 60 cm Brenn-
weite gemacht. Hier haben wir einen 90 cm
Spiegel von 32 cm Brennweite verwendet.
Der Hauptbestandteil des Empfangsappa-
rates ist die Selenzelle. Unsere ersten Ver-
suche sind mit Selenzellen gemacht, die
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
285
aus dem bekannten Laboratorium von Clausen
& V. Bronk-Berlin stammten. In einem
Vortrage in der Berliner Elektrotechnischen
Gesellschaft') habe ich gesagt, dass nur diese
Herren gute Selenzellen anzufertigen verständen.
Inzwischen hat mir Herr Giltay in Delft mitge-
teilt, dass er schon seit vielen Jahren Selen-
zellen fabriziert. Er hat mir auch in entgegen-
kommendster Weise eine Anzahl seiner Selen-
zellen zur Verfügung gestellt, die sich nicht
nur in der äusseren Ausstattung, sondern
namentlich durch ihre ganz vorzüglichen Wir-
kungen vor den Clausen & v. Bronkschen
Zellen sehr hervorthun. Die Versuche, die wir
Ihnen zeigten, wurden mit einer Zelle gemacht,
die im Dunklen 4000 Ohm hat, bei Belichtung
mit zwei Kerzen in i m auf etwa die Hälfte
heruntergeht. Eine andere, noch bessere Gilt ay-
sche Zelle in meinem Besitze hat SooOhm und
geht bei der genannten Belichtung auf 3 50 her-
unter.
Inzwischen haben wir uns selbst an die Her-
stellung von Selenzellen gemacht und sind zu
sehr guten Resultaten gelangt, durch deren
Ausgestaltung wir noch einen grossen Schritt
weiter zu kommen hoffen. Es ist uns gelungen,
ein ziemlich zuverlässiges Verfahren zu finden,
gleichmässige, den Giltay sehen an Güte gleich-
kommende Zellen herzustellen. Wir werden
später darüber berichten.
Auf die mit guten feindrähtigen Telephonen
und 50 bis 1 20 Volt hintereinander oder nach
Figur 9 geschaltete Zelle konzentrieren wir das
mit einem 90 cm Spiegel oder einer 30 cm
-Linse aufgefangene Licht.
In Nürnberg standen uns 1200 m Experi-
mentierweite zur Verfügung. Dabei gelangen
die Versuche auch noch unter Anwendung der
30 cm Linse glänzend. Da nun nach den
photometrischen Messungen der Herren bei
Schuckert die Intensität des Scheinwerfer-
bündels bei normaler Atmosphäre mit dem
Quadrate der Entfernung abnimmt, so müssen
wu" mit einem 90 cm Spiegel noch eine dreimal
grössere Entfernung, also etwa 3,6 km ebenso
g^t überbrücken können. Wir wollen in nächster
Zeit Versuche mit solchen und eventuell
grösseren Entfernungen machen.^)
Ich glaube, meine Herren, Sie werden uns
zustimmen, dass der schöne Bei Ische Gedanke
der Lichttelephonie durch unsere Versuche aus
dem platonischen Stadium in eine Phase getreten
ist, die eine praktische Verwertung in das Be-
reich der Erwägungen rückt. Dem Ausdruck
unserer Freude, dass wir vor diesem erlesenen
H E. T. Z., aa. 510, 1901.
2) Inzwischen haben wir in Göltingen mit denselben Appa-
raten die Versuche auf 2,5 km mit bestem Erfolge wieder-
holtf ohne damit an der Grenze des mit den jetzigen Mitteln
Erreichbaren angelangt zu sein.
Forum der deutschen Physik den Versuch im
grösseren Massstabe zeigen konnten, . gesellt
sich unser Dank gegen die Abteilungsleitung,
namentlich Herrn Professor Hoppe, sowie vor
allem gegen die Herren von Schuckert, die
durch ihr Entgegenkommen unsere Versuche
und diese Vorführung ermöglicht haben.
(Eingegangen 28. Sejttember 1901.)
Diskussion.
(Von den Beteiligten durchgesehen).
Blochmann (Kiel) fragt, ob die Selenzelle
auch noch in der gewünschten Weise arbeitet,
wenn sie vom Sonnenlicht bestrahlt wird, oder
ob dies zu intensiv ist, im Verhältnis zu den
durch die künstliche Lichtquelle des Projektors
hervorgerufenen Bestrahlungen.
Simon: Mit zunehmender Bestrahlungs-
intensität nimmt die Empfindlichkeit der Selen-
zelle gegen die photophonischen Schwankungen
mehr und mehr ab.
M. Wien (Aachen): Es wird den meisten
Anwesenden bei den ersten Versuchen aufge-
fallen sein, dass die Klangfarbe sehr verändert
wurde. Beim Pfeifen traten die hohen Ober-
töne, beim Sprechen die tiefen, schnarrenden
besonders hervor. Es scheint also, dass gerade
die mittleren wichtigsten Töne am schlechtesten
geliefert werden. Die Schaltung scheint nicht
die Ursache zu sein, es muss also wohl an dem
Flammenbogen liegen. Weiss Herr Simon viel-
leicht eine Erklärung dafür?
Simon: Nein. Am Mikrophon kann auch
ein Teil der Schuld liegen. Wir haben übrigens
einen sehr grossen Elammenbogen genommen,
um die Intensität möglichst zu steigern. Bei
kleineren Bogen sind die Klangfarben viel reiner.
M. Wien: Diese Wirkung des Flammen-
bogens wirkt hinderlich auch bei der Erzeugung
von Sinus-Strömen nach Du dd eil. Haben Sie
darüber Versuche gemacht, ob der Stromverlauf
rein sinusförmig ist?
Simon: Die Ströme sind, wie ich mit der
Braun sehen Röhre überzeugte, Sinus -Ströme,
allerdings nur nach dem Augenmass geschätzt.
Das ist freilich unsicher. Die ganze Frage wird
übrigens daraus hinauskommen, ob der Flammen-
bogen eine Selbstinduktion hat oder nicht.
M. Wien: Jawohl.
L e c h e r (Prag) : Einen der gezeigten schönen
Versuche habe ich in etwas unentwickelter Form
schon vor 14 Jahren gemacht, indem ich einen
Kondensator parallel zu einem Lichtbogen schal-
tete und wohl als Erster die in einem solchen
Nebenschlüsse entstehenden Wechselströme
zeigte (Wied. Ann. 33, S. 693 u. ff., 1888).
Dem „Tönen" des Lichtbogens, an das ich
mich nun nachträglich deutlich erinnere, legte
ich keine Bedeutung bei und Hess es in meiner
Arbeit leider unerwähnt.
286
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No. 13.
Drude (Giessen): Hat Simon auch bemerkt,
dass dieTonhöhe bei der Anordnung von D u d d e 1 1
von der Grösse des Flammenbogens abhängt?
Simon: Ja, ich habe das auch bemerkt.
Der Flammenbogen ist, sei es durch seinen
Widerstand, sei es durch seine Selbstinduktion,
ein wesentlicher Bestandteil des schwingenden
Stromkreises, wirkt also nicht bloss „anregend ,
wie etwa die Flamme bei der chemischen Har-
monika. Die Aufklärung des ziemlich kompli-
zierten Zusammenhanges muss die weitere Unter-
suchung bringen.
Archenhold (Berlin) weist auf Selenzellen
von Uljanin hin.
VORTRÄGE UND REDEN.
310 '"^uren
0.2 A 0.3
0,6 Amp.
Beiträge zum dynamischen Ausbau der
Festigkeitslehre.
Von A. Sommerfeld.
(Scbluss.)
Dem entspricht die fernere Beobachtung,
class beim Ausschalten der Widerstände, also
beim Verstärken des Stromes, die Tourenzahl
in weiten Grenzen konstant bleibt. Fig. 4 zeigt
die Kurve der Tourenzahl (ausgezogen),*) der
Klemmspannung am Motor (punktiert) und die
Kui*ve der Arbeitsleistung (strich = punktiert) ;
als gemeinsame Abszisse ist die Grösse des
Stromes aufgetragen. Tourenzahl n, Strom /
und Spannung e wurden beobachtet, die Arbeits-
leistung aus ^/ berechnet. Die Arbeitskurve zeigt ,
uns nun folgendes: Um die fraglichen 310
750 7«ur«r«
Touren zu erzeugen, genügt die Arbeitsleistung
AB= 10 Watt bei geringer Ausschwingung
des Tisches. Um aber bei maximaler Aus-
schwingung dieselbe Tourenzahl beizubehalten,
wird die Arbeit CD = 30 Watt verbraucht.
* Das vertikale Stück der Tourenkurve ist nicht beobachtet,
sondern interpoliert. Der Übergang von der Tourenzahl 310
zur Tourenzahl 750 war ein so plötzlicher und turbulenter, dass
dazwischen nicht beobachtet werden konnte.
Was wird aus der Mehrarbeit CD — AB =20
Watt? Zum Betriebe des Motors wird sie nicht
erfordert. Sie geht offenbar in den Tisch,
unterhält die Biegungsschwingungen desselben,
d. h. sie überwindet die denselben entgegen-
wirkenden Reibungswiderstände. Also nur ' -i
der Arbeit ist vom Standpunkte des Maschinen-
technikers Betriebsarbeit, % geht verloren!
Wenn es erlaubt wäre, von den Verhält-
nissen im kleinen, die hier vorliegen, auf die
eines Betriebes im grossen zu schliessen, so
möchten wir sagen: Ein Fabrikant lässt eine
schlecht fundamentierte Maschine mit 30 PS
laufen. Er erzielt aber nur einen Wirkungs-
grad ^3, denn nur 10 PS kommen der Maschine
zu gute und verrichten Nutzarbeit, 20 PS gehen
in das Fundament. Der Fabrikant verbrennt
also seine teuren Kohlen, nicht um seine
Maschine zu bewegen, sondern um seinTFunda-
ment zu lockern 1 ®)
Unser Tisch möge schliesslich noch dazu
herhalten, uns — in sehr vagen Umrissen — •
die Idee zu einem neuen Regulatorsystem zu
liefern. Unser Tisch, möchten wir sagen, ab-
sorbiert gierig alle Arbeit, die ihm in einer für
ihn geniessbaren Form, nämlich bei einem
Kraftwechsel von 310 pro Minute, geboten wird.
Solange keinesehr erheblichen Arbeitsüberschüsse
zugeführt werden, ist er stark genug, diese ihm
besonders genehme Tourenzahl festzuhalten.
In entsprechender Weise könnte man daran
denken, der Dampfmaschine ein schwingungs-
fähiges System, etwa in Gestalt starker Federn,
beizugeben, die auf die gewünschte Tourenzahl
eingestimmt sind. Diese werden wie unser
Tisch die überschüssige Arbeit in sich auf-
nehmen und die Tourenzahl — innerhalb
weiterer oder engerer Grenzen — sichern. Wir
hätten damit einen einseitig wirkenden Regu-
lator, ohne Stellzeug u. s. w., der höhere Ge-
schwindigkeiten wie die vorgeschriebene ver-
bietet, niedere zulässt.
9) Dies ist natürlich mm grano salis zu verstehen. Bei
einer Maschine, die im Betriebe erhebliche Arbeitswiderstande
zu überwinden hat, werden die Reibungsverluste vermöge der
Formänderung des Fundamentes verhältnismässig weniger ins
(lewicht fallen, wie bei unserem leerlaufenden Motor.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No, 13.
287
2. Wichtiger noch wie die Biegungs-
schwingungen sind für den Maschineningenieur
die Torsionsschwingungen. Den Ausgangspunkt
meiner diesbezügliche"h Betrachtungen bildeten
häufige Gespräche mit Herrn Lynen über die
Erklärung gewisser auffälliger Unregelmässig-
keiten bei einer in unserem Ingenieurlabora-
torium aufgestellten Versuchsmaschine. Es ist
dies eine kleine, schnell laufende Maschine
(420 Umdrehungen), die durch besondere Vor-
richtungen einen besonders hohen Gleichgang
bekommen sollte. Zu dem Zwecke wurde eine
70 cm lange, 3 cm starke Torsionsfeder mit
der Maschine gekuppelt; sie war am einen
Ende in das Fundament fest eingebaut, am
anderen Ende mit der Maschinenwelle durch
Gelenkhebel derart verbunden, dass sie bei
jeder Wellen-Umdrehung einmal im einen und
im anderen Sinne um einen gewissen Winkel
ausgedreht wurde. Da sie dieser Ausdrehung
widerstrebt, übt sie rückwirkend auf die Welle
ein gewisses periodisch wechselndes Drehmoment
aus, und die Verhältnisse waren so abgepasst,
dass dieses Drehmoment die Schwankungen des
vom Dampfdruck übertragenen Tangential-
druckes gerade ausgleichen sollte. Die Grösse
des Drehmomentes wurde folgendermassen —
auf statischem Wege — festgestellt. Es wurden
am Ende des die Feder führenden Hebels nach-
einander verschiedene Lasten aufgebracht und
die zugehörigen Ausdrehungen der Feder fest-
gestellt. Da jeder Ausdrehung eine gewisse
Kurbelstellung entspricht, so konnte man auf
diese Weise fiir jede Kurbelstellung die Grösse
des Federbeitrages zur tangentialen Drehkraft
ermitteln.
Das Verfahren scheint einwandsfrei; wenn
man aber einmal auf den Unterschied zwischen
statischer und dynamischer Beanspruchung auf-
merksam geworden ist, lässt sich dagegen fol-
gendes geltend machen: Durch den Versuch
wurde das Moment bestimmt, das einer dauern-
den, statischen Ausdrehung der Feder um einen
gewissen Winkel (p entspricht. Wir wollen
dasselbe Mstat nennen. Von Hause aus ist
nichts darüber bekannt, ob das Moment, welches
die Feder bei periodisch wechselnder Aus-
drehung, wie sie einer gewissen Tourenzahl der
Maschine entspricht, im gleichen Stadium der
Ausdrehung ausübt, mit dem statisch er-
mittelten übereinstimmt. Wir können dieses
Moment M^^yn nennen. Es lässt sich zeigen,
dass es im allgemeinen nicht mit Mstat über-
einstimmt, dass vielmehr
wird, wo 7 wieder als „dynamischer Koeffizient**
bezeichnet werden kann. / kann mit hin-
reichender Annäherung durch eine sehr einfache
Formel dargestellt werden, welche so lautet: *®)
I —
TxJ
C9
2
(5^0 = polares Trägheitsmoment des Federquer-
schnittes, / = Länge, G = Schubelastizitätsmodul
der Feder, y, = Trägheitsmoment des Hebel-
werks am Ende der Feder um die Achse der-
selben.)
10) Der dynamische Koeffizient der Torsions-
feder. Für das Innere der Feder gilt die Differential-
gleichung :
wo <p den Ausdrehungswinkel, fi die (räumliche) Dichte des
Federmateriales, G den Schubelastizitätsmodul bedeutet Am
einen Ende (x = o), wo die Feder eingebaut ist, ist ipa = o.
Am anderen Ende (x = /) wird die Feder durch das Hebel-
werk geführt, so dass hier ein jeweiliger Ausdrehungswinkel
^i = c sin ü)t erzwungen wird, ai ist dabei die Winkel-
geschwindigkeit der Maschinenwelle.
Die einzige, diesen Bedingungen entsprechende Lösung
von (17), welche eine harmonische Schwin^ng von der
27r
Periode — darstellt, ist
w
(18)
sm ax ,
^ sm a l
fJL Ü}^
Gesucht wird das Drehmoment, welches die Feder auf
die Maschine überträgt. Allgemein ist bekanntlich das Moment
der Schubspannungen, das „Torsionsmoment", gegeben durch
(19) M^%G^^.
Handelt es sich um eine dauernde oder hinreichend lang-
same Ausdrehung, so wird das „Ausdrehungsgefölle** . längs
u ^
der ganzen Feder konstant und kann daher gleich dem Aus-
drehungswinkel am Ende, geteilt durch die Länge der Feder,
gesetzt werden. Das auf die Welle übertragene „statische"
Drehmoment, welches dem Torsionsmomente entgegengesetzt
gleich ist, würde daher in unserem Falle lauten:
(20) Ätstai = -= — ~— c sm (O t.
Bei wechselnder Ausdrehung dagegen ist der Wert von
. ^ aus Gl. (18) zu entnehmen, indem man dort jc == / setzt.
(\ x
überdies ist zu beachten, dass nur ein Teil des Torsions-
momentes auf die Welle übertragen, ein anderer Teil zur
Überwindung der Trägheit des Hebelwerkes verbraucht wird.
Nennt man den auf die Welle übertragenen Teil Mdyn^ so
erhält man die Gleichung:
Mdyn + 7, *' * ^ - 7o C j ^ ifür :r ^ /),
also mit Rücksicht auf (iS)
(21) Mdyn --- — I 7o ^ « ^^ ** , — ö>' 7l I ^ -f'^ ^* ^•
Der „dynamische Koeffizient" y wird also, wenn mau
ai = X setzt, nach (20) und (21):
(22)
Mit dieser Formel stimmt die im Text angegebene überein,
wenn X sehr klein ist, was im vorliegenden Falle zutrifft. Da
nämlich bei einer Umdrehungszahl 420 in der Minute a> = I47r
ist , da femer bei gehärtetem Stahl (7 = 8,$. 10* und /i =
10 — 5 gesetzt werden kann, so ergiebt sich «zu 1,5 . 10 — ^
9,81
und A === «/ bei / ^^ 70 cm zu 0,01. Dementsprechend kann
in (22) A cif; A ohne merklichen Fehler durch l ersetzt werden.
Wegen der Kleinheit von A wird es ferner in (il. (18)
gestattet sein, sin al durch «/ und um so mehr sin « x durch
288
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 13.
Der Verlauf von 7 in seiner Abhängigkeit
von der Winkelgeschwindigkeit co oder der
damit zusammenhängenden Tourenzahl ;/ ist
durch die Parabel der Fig. 5 gegeben: Bei ge-
n
n « 420
Fig. 5.
ringer Umdrehungsgeschwindigkeit wird y=i,
da es sich in diesem Falle um eine nahezu
statische Beanspruchung handelt. Mit wachsen-
dem n aber nimmt y ab, um bei einem ge-
wissen Werte n = nK zu verschwinden. Was
bedeutet dieser „kritische" Wert «at? Es zeigt
sich, er stimmt mit der Frequenz derjenigen
Federschwingung überein, bei der das eine
Ende festgehalten wird, das andere, mit der
Schwungmasse vom Trägheitsmoment J^ be-
schwerte, frei ausschwingt. Bei der freien
Schwingung ist eben das zur Unterhaltung der
Bewegung erforderliche Drehmoment gleich
Null; daher wird auch umgekehrt die Rück-
wirkung der Feder auf die Welle bei dieser
Tourenzahl verschwinden müssen. Auch hierin
haben wir eine Resonanzwirkung zu erblicken.
Denn es kommt offenbar auf dasselbe heraus,
wenn wir früher sagten, dass bei gegebener
Grösse der Kraft die Ausbiegung unendlich
gross würde, oder wenn wir jetzt sagen, dass
bei gegebener Ausdrehung die zu dieser Aus-
drehung gehörige Kraftwirkung verschwinde.
Im vorliegenden Falle wurde das Trägheits-
moment ^1 durch Beobachtung von Pendel-
schwingungen zu 18 (kg cm sec^) bestimmt.
Femer konnte das Produkt
y^G
direkt aus dem
beobachtetenVerhältnis J/,/a/:^= 10,5. 10*. kg cm
berechnet werden. Da auch a)=\/^jt (ent-
sprechend der Umdrehungszahl // = 420) bekannt
ist, so folgt:
7=1—0,33=0,67.
Der statische Wert des Torsionsmomentes
weicht also um nicht weniger wie 33% von
a X lyx ersetzen. Alsdann stellt sich <p durch eine lineare
Funktion von x dar und das Ausdrehungsgefälle wird ange-
nähert konstant. Dies bedeutet, dass in der Differential-
gleichung (17) die linke Seite merklich durch Null ersetzt
oder dass von der Trägheit der Feder abgeschert werden darf.
Das gleiche gilt für die folgenden Schwingungen einer Ma-
schinenwelle, wo ebenfalls das Diagramm der Ausdrehungcn
als geradlinig behandelt werden darf.
dem für uns in Betracht kommenden dynamischen
ab; es war also wirklich unzulässig, die statische
und die dynamische Federwirkung zu ver-
wechseln. Im Zusammenhange damit zeigt
sich, dass die Umdrehungszahl 420 nicht sehr
weit von der kritischen entfernt ist. Die An-
zahl der freien Federschwingungen pro Minute
beträgt nämlich 730.
Von diesem sehr speziellen Falle gehen wir
schliesslich zu einer sehr allgemeinen und wich-
tigen Frage, den Torsions Schwingungen
der Maschinenwelle als solcher, über.
Die Resultate, zu denen wir gelangen werden,
scheinen eine grundsätzliche Umgestaltung der
durch Radinger in die Wissenschaft eingeflüirten
Schwungradberechnung unter Umständen
nötig zu machen.
Ich werde mich hier wesentlich darauf be-
schränken, ein bestimmtes Beispiel durchzu-
fuhren. Die Welle habe 25 PS bei einer Um-
drehungszahl 60 zu übertragen. Das Tangential-
druckdiagramm (abzüglich der Massenwirkungen)
habe etwa die in Fig. 6 punktiert gezeichnete
Fig. 6.
wenig gesetzmässige Form. Wir können das-
selbe in einen konstanten Teil und eine Reihe
regelmässiger Sinusschwankungen auflösen, wozu
die Mathematik bestimmte Regeln liefert. Prak-
tisch dürfte es nur auf den konstanten Teil
(oder den Mittelwert TU der Tangentialkraft)
und den ersten variabeln Bestandteil (eine Sinus-
schwankung T\ relativ gegen den Mittelwert
Tm von der Periode der halben Wellenum-
drehung) ankommen. Beide sind in Fig. 6
kenntlich gemacht. Dabei ist der Bequemlich-
keit wegen angenommen, dass die Amplitude
des variabeln Teiles gerade gleich dem kon-
stanten Teile Tm sei. In unserem Falle ist,
wie man leicht nachrechnet, 7",« = 3. 10*. **)
Die Arbeitswiderstände W sollen der Einfach-
heit wegen als unveränderlich angesehen werden,
W= ]I w, wobei natürlich Tr«= Tm sein wird.
Man kann die genannten Bestandteile der
11) Tm bedeutet eigentlich das Moment der Tangential-
kraft um die Wellenmittellinie oder die „auf den Abstand i
reduzierte Tangentialkraft". Ihre Grösse folgt daraus, dass
die Arbeitsleistung oder in unserem Falle 25 PS = 25 . 75 .
kc cm
lo2 — gleich T$n (ü ist, woraus mit w =^ 271 folgt
scc
m
25 . 75 . io2
2 TT
= 3 . IO<.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
289
Drehkraft jeden für sich untersuchen. Es ist
allgemein üblich, bei der Behandlung des kon-
stanten Teiles Tm die Formänderungen der
Welle in Rechnung zu setzen und aus der
Grösse der auftretenden Torsionsspannungen
die erforderliche Stärke der Welle zu bestimmen.
Dagegen ist es üblich, wenn man die
Schwankungen des Tangentialdrucks verfolgt,
die Welle als starr anzusehen und unter dieser
Annahme, indem man noch einen gewissen
Gleichfbrmigkeitsgrad des Ganges verlangt, das
erforderliche Trägheitsmoment des Schwung-
rades zu bestimmen. Auch in diesem Falle
scheut man also in der Technik von der An-
wendung der Festigkeitslehren auf dynamische
Fälle zurück, man begnügt sich damit, sie bei
der statischen, dauernden Beanspruchung durch
den konstanten Teil der Drehkraft zur Geltung
zu bringen.
Zu dem ersteren Verfahren haben wir nichts
hinzuzufügen. Es ergiebt sich dabei ein Aus-
drehungswinkel, der von dem Angriffspunkte
der Triebkraft nach dem der Arbeitswiderstände
gleichförmig abfällt. Das Schwungrad mit seinen
Trägheitskräften kommt für diese rein statische
Beanspruchung überhaupt nicht in Frage. Legen
wir als zulässige Torsionsspannung nur 200 aim
zu Grunde, so ergiebt sich in unserem Falle
leicht, dass 10 cm Wellendicke völlig aus-
reichen. *'^) Das polare Trägheitsmoment des
Wellenquerschnittes ^o wird ungefähr 10' (cm^)
und das Trägheitsmoment des Wellenkörpers
für I m Länge y=o,8 (kg sec^).
Dagegen haben wir, was die Behandlung
des variabeln Teiles der Drehkraft betrifft, zu
betonen, dass hier ebenso sehr und noch viel
mehr wie bei dem konstanten Teile die Form-
änderungen zu beachten sind, dass die wech-
selnde Drehkraft eine regelmässige Schwingung
der Welle erzeugt, deren Amplitude an ver-
schiedenen Stellen der Welle verschieden ist,
und dass der Gleichgang wesentlich von der
Grösse dieser Schwingung abhängt.
Verlangen wir als Gleichfbrmigkeitsgrad 40,
d. h. soll die Schwankung der Geschwindigkeit
während einer Umdrehung nicht mehr wie den
40. Teil der mittleren Geschwindigkeit betragen,
so berechnet sich das erforderliche Trägheits-
moment des Schwungrades nach der üblichen
Methode, ohne Rücksicht auf die Formänderung,
zu etwa 5^1 = 3 . 10^ (kg cm sec) oder das
Gewicht desselben bei einem mittleren Schwung-
ringradius von I m zu ungefähr 3 Tonnen. *^)
12) Bekanntlich ist das polare Widerstandsmoment r^
mindestens gleich dem Torsionsmoment geteilt durch die zu-
lässige Spannung zu wählen. Also hat man ;3 ^ ' -
2 --- 200
und r > 4,5 oder nind /* =- 5 cm.
13J Schwungradbcrcchnung im Sinne des iib-
Untersuchen wir nun die wirklich eintreten-
den Geschwindigkeiten 9) an jeder Stelle der Welle
unter dem Einfluss der variabeln Drehkraft
Tj = Tm sin 2 (o t und des Schwungrades vom
Trägheitsmomente ^i. Die Drehkraft möge
am einen Ende der Welle angreifen, das Schwung-
rad am andern Ende befestigt sein. Von der
Trägheit der Maschinenteile (Kurbel etc.), die
ebenfalls eine Art Schwungradwirkung auf jenes
Ende der Welle übertragen wird, wollen wir
hier absehen. Die Länge der Welle werden wir
der Reihe nach zu 50, 100, 200, 300, 400 cm
annehmen. Die Ausdrehungen und ihre Ge-
schwindigkeiten sind ersichtlich selbst perio-
disch wechselnde und erfolgen im Tempo
der Kraftwirkung Z",. Falls sie an allen
Punkten der Welle dieselben wären, würden
wir sie als Bewegungsschwingungen bezeichnen,
insofern sie sich aber ungleichmässig über die
Welle verteilen, sind sie Torsionsschwingungen.
In der folgenden Figur können wir natürlich
nur die Amplitude der Schwingung für jeden
Punkt verzeichnen. Wenn wir praktisch nicht
vorkommende Geschwindigkeiten und ausser-
ordentliche Längen der Welle ausschliessen, so
wird der Geschwindigkeits- Abfall längs der Welle
ein geradliniger (es handelt sich genau genommen
um trigonometrische Funktionen mit kleinen
Argumentv^^erten, welche durch lineare Funk-
tionen ersetzt werden können) ; wenn wir daher
für verschiedene Punkte der Welle die Ampli-
tude w des variabeln Teiles der Winkelge-
schwindigkeit senkrecht zur Wellenachse auf-
lichen Verfahrens. Durch die variable Drehkraft Ty =
Ttn sin 2 wt wird bei vorausgesetzter Starrheit der Welle eine
„Bewegungsschwingung" von derselben Periode wie 71 erzeugt.
Infolgedessen überlagert sich der konstanten oder mittleren
Winkelgeschwindigkeit to eine variable Winkelgeschwindig-
keit tt), die wir in der Form ansetzen:
tt) = — w cos 2 to/,
so dass w die Amplitude der Geschwindigkeit bedeutet. Die
grösste Schwankung beträgt also 2 w und der Ungleichförmig-
keitsgrad 6 berechnet sich aus
j. 2W
0 = -'
CD
Das erforderliche Trägheitsmoment des Schwuiigrades
kann man aus der Bewegungsgleichung des letzteren Hnden:
(«3)
■^' äf - ^' •
Set/t man für \\) und ZI die angegebenen Werte ein, so
ergiebt sich nach Weglassung des Faktors sin 2 o>/:
(24) 2 10 w 7, -- Tw
und, wenn man die Beziehung zwischen w und 6 benutzt:
rf ^"»
Da Tm -^ 3 . 10*, o) = 2n war und ö - — Werden
40
soll, so erhält man y, = ^ * * ^ = 3 . loMkg cm sec^).
4 n*
Das Gewicht G, welches, im Abstände 1 m angebracht, das
erforderliche Trägheitsmoment liefert, beträgt:
G
10* — 3 . io< oder (7 -^ 3 . 9S1 = ca. 3 Tonnen.
290
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
tragen, entsteht die geradHnige Figur 7. Die
Marke o bedeutet dabei den Angriffspunkt der
Tangentialkraft TJ ; die Welle dehnt sich in den
der Reihe nach in Betracht zu ziehenden Fällen
von da bis zu der Marke V2 bez. i, 2, 3, 4 m
aus. Wir erkennen aus der Figur: Am rechten
Fig. 7.
Ende der Welle (d. h. bez. bei den Marken
V2 m, I, 2, 3, 4 m) ist die Amplitude der
Winkelgeschwindigkeit wesentlich dieselbe und
unabhängig von der Länge der Welle; sie
stimmt übrigens hier überein mit der Amplitude
derjenigen Drehung, welche bei vorausgesetzter
Starrheit die Welle als Ganzes unter dem Ein-
fluss der Kraft 71 ausführen würde. Nach links
hin fällt dieselbe ab, in einem Masse, welches
von der Stärke der Kraft T^ und dem elastischen
Widerstandsvermögen der Welle, aber nicht
von deren Länge abhängt. Es ist ja verständ-
lich, dass die Welle am rechten Ende, wo die
Trägheit der schweren Schwungradmassen sitzt,
stärker ausfedern wird, wie in den anstossenden
Teilen. Wie gross die Geschwindigkeit am
linken Ende wird, bestimmt sich nun wesentlich
durch die Länge der Welle. Für /= '/^ m
wird sie gleich ^,4 der Geschwindigkeit am
rechten Ende, für /= i m weniger als die
Hälfte. Bei 2 m Wellenlänge befindet sich das
linke Ende bereits in der entgegengesetzten
Ausschwingung, wie das rechte, da der Schnitt-
punkt K der das Geschwindigkeitsgefälle dar-
stellenden Geraden mit der Wellenachse hier
nicht mehr ausserhalb der Welle zu liegen
kommt. Dasselbe gilt für noch grössere Längen,
wobei die Geschwindigkeit am linken Ende
grösser und bei /=4 m sogar grösser wird,
wie die Geschwindigkeit am rechten Ende.
Der Schnittpunkt K kann als „Schwingungs-
knoten" bezeichnet werden.'^)
141 Der Gleichförmigkeitsgrad bei Hcrücksichti-
gung der Formänderungen. Sieht man von der Trägheit
der Welle selbst ab, was (Anm. lo) zulässig ist, so überträgt
sich das Moment der Tangentialkraft 'J\ ungcäi.dert durch
die Welle hin auf das Schwungrad, Es gilt daher fiir die
Bewegung des Schwungrades auch jetzt Gl. (23). Heisst w^ die
Amplitude der Winkelgeschwindigkeit am Sohwungrade, so
ist nach (24):
' » <o 7,
Andrerseits hält das Torsionsmoment (^das Moment der
Man übersieht von hier aus leicht das Ver-
halten des Gleichfbrmigkeitsgrades der Be-
wegung, der der Amplitude der Winkelge-
schwindigkeit proportional ist. Zunächst erkennt
man, dass jeder Stelle ein anderer Gleich-
fbrmigkeitsgrad zukommen wird. Am rechten
Ende hat man bei beliebiger Länge der Welle
merklich ein und denselben Gleichförmigkeits-
grad, nämlich den, bei der Schwungradbe-
rechnung verlangten (40). Am linken Ende ist
die Gleichförmigkeit bei geringer Länge zunächst
Schubspannungen) in jedem Querschnitte dem Momente der
Tangentialkraft T^ das Gleichgewicht. Nach Gl. (19) wird
daher, wenn man x vom Angriffspunkte der Tangentialkraft
(.r = o) nach dem Ansatzpunkte des Schwungrades (;c = /)
wachsend rechnet:
Da tt) = 3-^ ist, so können wir hierfdr schreiben:
7o^
hx
dt
oder wegen der in der vorigen Anm. angegebenen Ausdrücke
von io und T\\
7m^\ = 2 ö> Tm .
t X
Der Winkel a, unter depi die auf der Abszisse x errichtete
Schaulinie der Geschwindigkeits-Amplitude w gegen die jr- Achse
geneigt ist, beträgt also
, ^ ^2 0) Tm
Der Schnittpunkt dieser Linie mit der jr-Achse, der
„Knoten** A*, hat danach vom Schwungrade den Abstand
(26)
a =
und die Am;ilitude der Geschwindigkeit bei x
o wird
(27)
2 Vli J tu
Die grösste Schwankung der Winkelgeschwindigkeit ist
hier 2 Wq und der Ungleichfbrmigkeitsgrad
(28)
2 Wo 2(a — /) ^T^m, .
+ rf= == ^ .. /^cf = '^ -^ (a — /),
w
üt
wobei das Vorzeichen so zu wählen ist, dass 6 positiv wird.
Hiernach sind die Zahlen des Textes für i/d berechnet. Mit
den angegebenen Werten 7o = '<>*. t? «=» 8,$ . io5, to = 2;r,
7i =-^ 3 . lo*, Tm = 3 . 10* hat man insbesondere:
a = 177 cm, fga = 4,4 . lo-4
Wählt man aber das Schwungrad doppelt so stark, so
wird 7v^ yn^ ^ ij^lb so gross, während die Neigung a der
Schaulinie dieselbe bleibt. Man hat also durch die Mitte
der Strecke w^ eine Parallele zur früheren Schaulinie zu
ziehen; die so entstehende Geschwindigkeitsamplitude wird
für / ^^ 400 cm Ijei .r = o grösser wie sie es vorher war.
Für den Gleich förmigkcitsgrad an dieser Stelle ergiebt sich
nach (28) wegen a =- 88,5, /^ a =» 4,4 . 10—4:
I 1?== 23.
Zur Verhütung von Missverständnissen möchte ich schliess-
lich betonen : Das zuletzt abgeleitete paradoxe Resultat kommt
nicht etwa durch Resonanzwirkung zu stände. Die zu Grunde
gelegte Wechsel/ahl des variablen Teiles der Tangentialkraft
ist weit entfernt von der Eigenschwingungszahl, die der mit
Schwungrad beh:ifteten Welle von 4 m Länge bei Torsions-
schwingungen zukommt. Erstere beträgt nämlich 4, letztere
etwa 400 , wenn man , wie es im vorhergehenden geschah,
die Trägheit der mit der Welle verbundenen Maschinenteile
gegenüber der des Schwungrades vernachlässigt, dagegen
etwa 25 , wenn man das Trägheitsmoment jener Teile gleich
1 joo vom Träghcitsmomchte des Schwungrades schätzt Von
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13,
291
noch günstiger, am grössten (nämlich unendlich
gross) dann, wenn der Knoten K zufällig gerade
auf das linke Wellenende trifft, was in unserem
Falle bei einem etwas weniger wie 2 m be-
tragenden / eintreten würde. Von da ab wird
aber derGleichförmigkeitsgrad um so ungünstiger,
je länger die Welle ist. Das Genauere ergiebt
die folgende Tabelle, die sich auf das linke
Wellenende bezieht, rf bedeutet den Ungleich-
fbrmigkeitsgrad, also i/cf den Gleichförmigkeits-
1= 50 100 , 200 , 300 400 cm
i/d
57
92
310
58
32
Bei /=4 m bleibt also die Gleichförmigkeit
hinter der gewünschten (40) zurück. Was wird
nun nach den gewöhnlichen Anschauungen ge-
schehen? Die Schuld wird dem Schwungrad
gegeben werden; man wird dieses verstärken,
etwa von 3 auf 6 Tonnen Gewicht. Der Erfolg
davon ist, dass die Ausdrehungen in der Nähe
des Schwungrades etwa auf die Hälfte herab-
gesetzt werden (vgl. die punktierte Linie in
Fig- 7)» d^s sie aber am linken Ende nur um
so stärker werden, indem der Schnittpunkt
K dabei mehr nach rechts rückt. Berechnet
man nunmehr den Gleichförmigkeitsgrad am
linken Wellenende, so findet man denselben
rund gleich 23. Der Gleichgang ist also
noch schlechter geworden wie vorher,
die Verstärkung des Schwungrades war
nicht ein Mittel zur Verbesserung, son-
dern zur Verschlechterung der Gleich-
förmigkeit!!
Ich furchte, dass diese neue Funktion des
Schwungrades, den Gleichgang der Maschine
zu beeinträchtigen, zunächst wenig Glauben
finden wird. Wenn man sich aber einmal in
die Notwendigkeit und Gesetzmässigkeit der
Schwing^ngsvorgänge hineingedacht hat, so
wird man die hier besprochene Thatsache
weniger auffällig finden, wie die andere, dass
man bisher diese Vorgänge in der technischen
Mechanik nur nebenbei erwähnt und ihre Be-
deutung für die Praxis kaum beachtet hat.
einer RcsonaozwirkuDg kann hiernach in unserem Falle keine
Rede sein. Dementsprechend ist auch die Geschwindigkeits-
unplitude, wie sie sich aus den obigen Formeln berechnet,
keineswegs besonders gross. Bei der ursprünglich ange-
nommenen Schwungsradstärke und 400 cm Wellen-Länge be-
tragt sie bei jr = 0 nach Gl. (27) ungefähr Vio, d. h. 5,7", wäh-
rend bei vorausgesetzter Starrheit der Welle die Amplitude der
ßewegungsschwingung ungefähr Vi3i <i- b« 4i4°i sein würde.
Daraus, dass beide Grössen in unserem Falle sich merklich
unterscheiden, geht hervor, dass die Formänderung der Welle
nicht vernachlässigt werden darf, wie es bei der üblichen
Schwungradberechnung geschieht.
Ich bin andererseits überzeugt, dass der ge-
wandte Konstrukteur Vorkommnisse, wie die
hier geschilderten auch ohne Hilfe der Theorie
mit sicherem Takte in der Regel vermeiden
wird.
Zum Schlüsse noch die folgenden allge-
meineren Bemerkungen:
1. Wenn wir von dem Gleichgange einer
Maschine sprechen, müssen wir diejenige Stelle
der Welle angeben, auf deren Gleichgang es
uns ankommt, von der wir also die Arbeit
abnehmen wollen. Jede Stelle hat ihren eigenen
Gleichfbrmigkeitsgrad.
2. Es giebt bei nicht zu kurzen Wellen eine
Stelle vorzüglichen Gleichganges, nämlich den
Knoten der hauptsächlichsten Schwingung, der
Schwingung erster Ordnung von der Periode
der halben Wellenumdrehung, Bei der von
uns gewählten Anordnung berechnet sich der
Abstand a dieser Stelle von dem Schwungrade
durch die einfache Formel
3. Die gewöhnliche Schwungradberechnung
ist nur so lange am Platze, als dieser Knoten
ausserhalb der Welle fällt, solange also />ä
ist. Solange / die Strecke a erheblich an Grösse
übertrifft, befinden sich die verschiedenen Teile
der Welle merklich in demselben Schwingungs-
zustande; dann und nur dann ist es gestattet,
die Welle als starr zu behandeln.
Wir haben in unserer Fig. 7 einfachste Ver-
hältnisse vorausgesetzt, indem wir nur die Trägheit
des Schwungrades, nicht auch die Trägheit der
am anderen Wellenende angreifenden Maschinen-
teile berücksichtigten, indem wirferner die Arbeits-
widerstände als zeitlich unveränderlich ansahen
und von der dämpfenden Wirkung der inneren
Reibung etc. absahen. Es ist aber nicht schwer,
auch den kompliziertesten Verhältnissen gerecht
zu werden, z. B. ausser den eben genannten
i Umständen noch etwa auf der Welle auf-
sitzende Riemenscheiben von nicht zu vernach-
lässigender Trägheit zu berücksichtigen. Das
Diagramm der Winkelgeschwindigkeiten wird
dann immer noch, solange wir mit der Um-
drehungsgeschwindigkeit und der Länge der
Welle unterhalb einer gewissen Grenze bleiben,
durch einen geradlinigen Zug dargestellt, derevent.
mehrere Knicke erhält. Unsere die Form-
änderung berücksichtigende Schwungradberech-
nung wird nun daraufhinauskommen, für eine be-
stimmte Stelle diesen Linienzug durch Wahl
des Schwungrades der Abscissenachse so nahe
wie möglich zu bringen.
292
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
Vorlesungsverzeichnis (lir das Sommer-
Semester 1902.
Technische Hochschule Aachen.
Wüllner: Experimentalphysik II: Physik in mathema-
tischer und experimenteller Behandlungsweise ; Ausgewählte
Teile : Übungen im physikalischen Laboratorium, a) für Elek-
trotechniker und Chemiker, b) für Physiker. — Wien:
Experimentalphysik enzyklopädischer Kurs; Theorie der Elek-
trochemie. — Polis: Meteorologie; Meteorologische Technik
und Übungen im meteorologischen Observatorium ; Ausgewählte
Kapitel aus der Meteorologie. — Orotrian: Allgemeine
Elektrotechnik; Theoretische Elektrotechnik; Elektrotech-
nisches Praktikum. — Herrmann : Mechanische Technologie
I und II; Fabrikanlagen und Arbeitsmaschinen. — Junkers:
Arbeiten im maschinentechnischen Laboratorium. — KÖchy:
Lokomotivbau I und II; Eisenbahnmaschinenbau; Maschinen-
elemente; Eisenbahnwagenbau. — Iiüders: Maschinenkunde
(für Berg- und Hüttenleute), 1 und II. — N. N.: Maschinen-
bau ; Maschinenkonstruieren, a) für Maschineningenieure, b) für
Elektrotechniker. — Finzger: Theoretische Maschinenlehre
I und II; Kinematik. — Rasch: Elektrische Starkstrom-
anlagen; Elektrische Konstruktionsübungen, Elektrische Arbeits-
übertragung. — IiUtz: Baumaschinen; Maschinenzeichnen,
Kleinkraftmaschinen. —
Borchers: Hüttenkunde der Metalle (ausser Eisen);
Kleines metallurgisches Praktikum, umfassend Lötrohr- und
hüttenmänn. Probierkunst und elektrische Seh melz verfahren ;
Anleitung zum Entwerfen metallurgischer und elektrometallur-
gischer Apparate ; Grosses metallurgisches und elektrometallur-
gisches Praktikum; Allgemeine Hüttenkunde. — Bredt:
Experimentalchemie : Organischer Teil; Organisches Praktikum ;
Anleitung zu selbständigen Arbeiten auf dem Gebiete der orga-
nischen Chemie. — Classen: Chemie der Metalle; Anorga-
nisches Praktikum, Praktikum für qualitative und quantitati veAna-
lyse, spezielle analytische Methoden, quantitative Analyse durch
Elektrolyse, Mass-, Gas-, Spektralanalyse, Darstellung anorga-
nischer Präparate, AusfUhrung selbständiger wissenschaftlicher
Arbeiten auf dem Gebiet der analytischen und anorganischen
Chemie; Elektrochemisches Praktikum, Darstellung von Che-
mikalien mittels Elektrolyse, Galvanoplastik u. s. w., Ausfüh-
rung selbständiger wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiete
der Elektrochemie. — Btahlschmidt: Technische Chemie;
Entwerfen chemischer Fabrikanlagen; Chemisch-technisches
Praktikum. — Danneel: Elektrochemie II. —
Jürgens: Höhere Mathematik I mit Übungen; Elemente
der analytischen Geometrie, der Differential- und Integralrech-
nung mit Übungen. — Kötter: Darstellende Geometrie;
Elemente der darstellenden Geometrie. — v. Mangoldt:
Höhere Mathematik II mit Übungen; Algebraische Analysis;
Mathematisches Seminar, g, — Sommerfeld: Mechanik I
und II. —
Universität Basel.
Hagenbach-Blsohoff : Experimentalphysik I, 6; Be-
handlung physikalischer Aufgaben, 2 g\ Übungen im physi-
kalischen Laboratorium (mit V ei Hon), 2. — Von derMühll:
Einleitung ir die mathematische Physik, mit Übungen, 4;
Ein Kapitel der mathematischen Physik, 4; Mathematisch-
physikalische Übungen, 2 g. — Veillon: Messmethoden in
der Physik, i. —
Piccard : Unorganische Experimentalchemie, 5 ; Analy-
tische Übungen (mit Fi cht er), 9; Organisches und unorganisches
Vollpraktikum (mit Fi cht er), tägl. — Nietzki: Organisches
Vollpraktikum (mit Rupe), tägl.; Organische Chemie mit
besonderer Berücksichtigung der aromatischen Verbindungen, 3 ;
Chemisches Kränzchen (mit Rupe), \ g. — Kahlbaum:
Ausgewählte Kapitel der allgemeinen physikalischen Chemie I,
mit historischer Einleitung, 2; Kolloquium über theoretische
Chemie, 3 g\ Physikalisch -chemisches Praktikum, tägl. —
Nienhaus: Phaimakognosie, 3; Pharmazeutische Chemie, 2;
Pharmazeutisch -chemisches Praktikum, 6; Mikroskopisches
Praktikum, 2; Pharmazeutisches Kränzchen, g. — Kreis:
Chemie der Nahrungs- und Genussmittel, mit Übungen, 4;
Technisch-analytisches Praktikum, tägl. — Rupe: Stereo-
chemie, 2. — Pichter: Die ungesättigten Säuren, i g\
Organisch-chemisches Kollocjuium, \ g. —
Kinkelin: Algebraische Analysis, 3; Analytische Geo-
metrie des Raumes, 3; Integralrechnung II, 3. — Fl&tt:
Projektivischc Koordination, 2 g. — Ri^genbaoh: Populäre
Astronomie II: Das Planetensystem, 2; Astronomische (Zun-
gen, 2 g.—
Universität Berlin.
E. Warburg: Experimentalphysik II: Licht und Elek-
trizität, 5, mathematische Ergänzungen, i g\ Praktische Übungen
und Arbeiten im Laboratorium, für Geübtere, tägl., für An-
fänger (mit Blasius), 7, fUr Pharmazeuten (mit Starke),
3 '/2. — Weinstein: Naturphilosophische Grundlagen der
Physik und physikalischen Chemie, 2; Physikalische Eigen-
schaften der Erde, \ g. — Fock: Einleitung in die Chemie
und Physik, i. — Neesen: Elementare Mechanik, 1^/2 g- —
Planck: Theoretische Optik, 4; Mathematisch-i)hysikalische
Übungen, i g. — Krigar- Menzel : Theoretische Physik II:
Elastizitätslehre und Hydrodynamik, 4, Übungen, i ^. —
Starke: über die elektrischen Entladungen und die sie be-
gleitenden Erscheinungen (Kathoden-, Röntgenstrahlen etc ), i . —
Pringsheim: Physik der Sonne, mit Experimenten, ig. —
Mcu^ns: Spektralanalyse und Photometrie (mit Experimenten),
lg. — IjUmmer: Ausgewählte Kapitel aus der Licht- und
Wärmestrahlung, i ^. — Aschkinass: Elektrische und mag-
netische Messmethoden (mit Demonstration der Apparate), 2. —
Blaby: Elektrotechnik (mit Demonstrationen), 2. ^- E. Meyer :
Einführung in die Technik, fiir Studierende idler Fakultäten, 2 ;
Technische Exkursionen, g. — Blasius: Übungen im An-
schluss an das physikalische Praktikum, i g; Physikalischer
Kurs für Mediziner, 372- — v. Bezold: Theoretische Meteo-
rologie (Thermodynamik der Atmosphäre) , 2 ; Meteorologische
Übungen, tägl. ; Meteorologisches Kolloquium, ig. — Xiess:
Praktische Witterungskunde, 2. —
Will: Geschichte der Chemie, 2; Ausgewählte Kapitel
der technischen Chemie, i ^. — v. Buchka: Geschichte der
Chemie, 2; Chemie der Nahrungsmittel, Genussmittel und
Gebrauchsgegenstände mit Berücksichtigung der einschlägigen
Gesetzgebung, 4. — Jacobson: Besprechung chemischer
Tagesfragen, i. — van't Hoff: Ausgewählte Kapitel der
physikalischen Chemie, lg. — Meyerhoffer : Elemente der
höheren Mathematik für Chemiker, i. — Jahn: Experimen-
telle und theoretische Elektrochemie, 3. — Marokwald:
Stereochemie, i. — Gabriel: Qualitative und quantitative
chemische Analyse, 2. — Landolt: Anorganische Elxperi-
mentalchemie, 5 ; Praktische Übungen im chemischen Univer-
sitäts-Laboratorium, tägl.; Physikalisch -chemische Arbeiten
(mit Jahn), tägl. — Pinner: Anorganische Experimental-
chemie, 6; Organische Experimentalchemie, 4. — H. Traube:
Mineralchemie, i. — R. J. Meyer: Chemie der selteneren
Elemente mit Experimenten, 2. — Fischer: Organische
Experimentalchemie, 5; Praktische Übungen im chemischen
Laboratorium (mit Gabriel, Harries, Pschorr und Ruff),
tägl. — Ijiebermann: Organische Chemie II: Aromatische
Reihe, Farbstoffe, Alkaloide u. s. w., 5; Leitung experimenteller
organisch- chemischer Arbeiten, tägl. — Büchner: Einführung
in die organische Experimentalchemie, 3 ; Praktische Übungen
im chemischen Laboratorium der landwirtschaftlichen Hoch-
schule, tägl. — Harries: Chemie der hydroaromatischen
Verbindungen und Terpene, i. — Wohl: Chemie der Kohle-
hydrate, I. — W. Traube: Ueber Alkaloide, i. —
Emmerling: Gärungschemie, i. — Thoms: Über die Grand-
züge der Nahrungsmittelchemie mit Einschluss der Harn-
analyse, 2; Pharmazeutische Chemie, organischer Teil, 4;
Praktische Übungen im pharmazeutisch-chemischen Laborato-
rium, tägl. — Wichelhaus: Chemische Technologie I:
Anorganische Stoffe, mit Experimenten und Exkursionen, 4;
Übungen im technologischen Institut, tägl. — Biedermann:
Technische Chemie I: Die anorganischen Stoffe, mit Demon-
strationen, 4 ; Über Steinkohlenteer und Teerfarbstoffe, ig. —
Rosenheiim: Anorganisch-chemisches Praktikum (mit R. J.
Meyer), tägl.; Praktische Übungen in der Gas- und Mass-
analyse, 3. — Ruff: Kolloquium Über anorganische Chemie, 2.
— Pschorr : Kolloquium über organische Chemie. — Schotten :
Kolloquium über ausgewählte Kapitel der physiologischen und
technischen Chemie, 2 g. —
Schwarz: Synthetische Geometrie, 4; Ausgewählte
Kapitel der Theorie der analytischen Funktionen, 2 g\ Theorie
der elliptischen Funktionen, 4; Mathematische Kolloquien,
zweiwöchenllich, 2 g. — Frobenius: Analytische Geometrie,
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
293
4. — Hensel: DiffercDtialrecbnung, 4; Höhere Zahlentheorie
(allgemeine Theorie der idealen Zahlen und der Einheiten), 4;
Über die Axiome der Geometrie und die verschiedenen mög-
lichen Geometrien, zwei wöchentlich , 2 g. — Knoblauch:
Integralrechnung, 4 ; Über angenäherte Berechnung bestimmter
Integrale, i g\ Theoiie und Anwendung der Determinanten,
A. — Landau : Höhere Algebra (Gruppen- und Substitutionen-
theorie), 4, Übungen, zweiwöchentlich, 2 g\ Über die Be-
stimmung der Klassenzahl binärer quadratischer Formen, i ^. —
Fuchs: Einleitung in die Funktionentheorie, 4; Einleitung
in die Theorie der Differentialgleichungen, 4. — Hettner:
über unendliche Reihen, Produkte und Kettenbriiche , 2. —
Lehmann-Filhea: Analytische Mechanik, 4, Übungen, ig. —
Foerster : Grundzüge der naturwissenschaftlichen Erkenntnis-
theorie, I g\ Astrometrie mit abendlichen Übungen auf der
Sternwarte, 4; Übungen in der Berechnung von Messergeb-
ntssen nach den Regeln der Fehlertheorie, x V2 g' — Marouse :
Allgemeine Himmelskunde mit Lichtbildern, für Studierende
aller Fakultäten, i ^/a ; Theorie und Anwendung astronomischer
Instrumente, besonders fvir die Zwecke geographischer Oits-
bestimmungen , t V2 •' Kolloquium über ausgewählte Kapitel
aus der mathematischen Geographie und nautischen Astronomie,
für Mathematiker. Geographen, Navigationslehrer u. s. w., i V2 1
Astronomische Demonstrationen auf der königl. Sternwarte
und Exkursionen in mechanisch -optische Werkstätten zum
Zwecke der Instrumentenkunde. — Bauschinger : Theorie
der Bahnbestimmung der Kometen und Planeten, 3, Übungen
^ *'2 g'* Theorie der astronomischen Refraktion, lg. —
Battermann: Ausgleichungsrechnung nach der Methode der
kleinsten Quadrate, iVj. — Scheiner: Ausgewählte Kapitel
der Astrophysik, i ; Astrophysikalisches Kolloquium , i ^. —
Helmert: Höhenmessung, l; Anwendung der kürzesten Linie
auf die Geodäsie lg. —
Technische Hochschule Berlin.
Paalzow: Experimentalphysik, 4; Physikalische Übungen,
4, für Praktikanten der chemischen Laboratorien, 2; Mathe-
matische Physik, 2. — Qrunmach: Magnetische und elek-
trische Masseinheiten und Messmethoden, 2; Physikalische
Massbestimmungen und Messinstnimente, Übungen, 4. —
QrOBS: Mechanische Wärmetheorie, 4; Thermochemie, 2;
Einleitung in die Potentialtheorie, 2; Theorie des Galvanis-
mus, 2. — Bubens: Experimentalphysik, 4; Übungen im
physikalischen Laboratorium (Physikalische Messungen), 4. —
Weingarten: Ausgewählte Kapitel der analytischen Mechanik,
5; Mathematische Physik, 2. — Kalischer: Die physikalischen
Grundlagen der Elektrotechnik I, 2, Übungen, g\ Elektro-
magnetismus und Induktion mit besonderer Berücksichtigung der
Elektrotechnik, 4; Grundzüge der Elektrochemie, 2. — Bervua:
Einführung in das Studium der Elektrotechnik, 4; Theorie
und Berechnung der Wechselstrom maschinen, 2. — W. Hart-
mann : Ausgewählte Kapitel aus der angewandten Kinematik,
2; Kinematische Geometrie und Kinematik, 2. — Klingen-
berg: Berechnung elektrischer Leitungsnetze, 2; Bau und
Betrieb von Gasmaschinen, Übungen 2; Bau und Betrieb von
Automobilfahrzeugen, 2; Projektierung elektrischer Anlagen,
a, Übungen, 3. — Boessler: Ausgewählte Kapitel der Elektro-
technik) 2; Fernleitung von W^echselströmen, 2; Wärme-
mechanik, Übungen, 18; Elektrische Bahnen, 2. — Blaby:
Elektromechanik, 4; Ausgewählte Kapitel aus der Elektro-
mechanik, 2; Übungen im elektrotechnischen Laboratorium
(mit W. Wedding), 36. — Strecker: Elektrotelegraphie,
2. — W. Wedding: Elektrotelegraphie mit Experimenten,
I; Elektrotechnische Messkunde, 2; Beleuchtungstechnik und
Anlagen, 2. — Kall mann : Betriebstechnik fUr Elektrizitäts-
werke und Verkehrsuntemehmungen, 2 ; Elektrische Sicherheits-
technik für Starkstromanlagen und Bahnen, 2. — Kapp: Bau
der Dynamomaschinen und Transformatoren, 2, Übungen, 3.
— Fp. Vogel: Galvanische Elemente und Akkumulatoren, 2.
— BCeyn: Mechanische Technologie I, 2, II, 2, Übungen, 2;
Die Zustandsänderungen der Metalle und Legierungen bei
ihrer technischen Verarbeitung mit Berücksichtigung der wich-
tigsten Ergebnisse der Metallmikroskopie, 2 g. — Hörmann :
Spezielle mechanische Technologie (Spinnerei, Weberei), 4;
Werkzeugmaschinen, 2; Allgemeine mechanische Technologie,
2. — Josse: Übungen im Maschinenlaboratorium I, i, Übungen,
4, II, 6, III, 10. — Kammerer: Hebemaschinen (Winden,
Krahne), 4; Maschinenbau (mit Riedler), 4, Übungen, 4. —
LeiSt : Technik der Kälteerzeugung, 4. — Ludewig : Wasser-
kraftmaschinen, Übungen, 4; Dampfkessel, 2, Übungen, 4. —
Martens: Materialienkunde mit Übungen in der mechanisch-
technischen Versuchsanstalt (Spezieller Teil, selbständige Aus-
fuhrung von Festigkeitsversuchen), 2, Übungen, 2. — E.Meyer:
Mechanik I, 4, Übungen, 2. — N. N. : Eisenbahnmaschineobau,
insbesondere Lokomotiv- und Wagenbau, 4, Übungen, 4; Ab-
riss der Verkehrsmittel auf Eisenbahnen u. s. w., 2; M-oschinen-
kunde II, 2, Übungen, 3; Maschinenkunde II: Kraft- und
Arbeits-, insbesondere Baumaschinen, 4, Übungen, 4. — N. N".:
Tiefbau-Elemente für maschinentechniscbe Anlagen, 2, Übun-
gen, 4. — Beichel: Maschinenelemente, i, Übungen, 8;
Wasserkraftmaschinen, 4, Übungen, 4. — Biedler: Maschinen-
lehre, 2, Übungen, 6. — Stumpf: Dampfmaschinenbau, 2,
Übungen, 8; Entwerfen von Arbeitsmaschineu, Übungen, 4. —
Wehage: Angewandte Mechanik, 4. — Buhle: Massen-
transport, 2; Eisenbahnmaschinenbau, 4, Übungen, 4; Verkehrs-
mittel auf Eisenbahnen (ausgewählte Kapitel), 2. — Heinel :
Konstruktion der Kühl- und Eismaschinen, 3, Übungen, 3. —
Leist: Mechanik I, 4, Übungen, 2. —
V. Buohka: Chemie der Nahrungsmittel mit Berück-
sichtigung der Nahrungsmittel-Analyse und Bakteriologie, 4;
Geschichte der Chemie, 2. — Herzfeld: Zuckeruntersuchungen,
Übungen, 2; Chemie der Ernährung der Pflanze, 2. —
V. Knorre: Analytische Chemie: Qualitative Analyse, 2;
Praktische Arbeiten im elektrochemischen Laboratorium, tägl. ;
Angewandte Elektrochemie, 4. — Ijiebermann: Organische
Chemie II: Aromatische Reihe, cyklische Verbindungen, Farb-
stoffe, Alkaloide u, s. w., 6; Praktische Arbeiten im organischen
Laboratorium, tägl. — N. N. : Spezielle anorganische Chemie,
4; Praktische Arbeiten im anorganischen Laboratorium, tägl. —
Traube: Thermochemie, 2; Physikalisch-chemische Übungen,
3. — Witt: Chemische Technologie I, 4; Glas, Keramik,
Apparatenkunde, 4; Praktische Arbeiten im technologischen
Laboratorium, tägl. — Holde: Untersuchung der Mineralöle
und übrigen Naphtaprodukte (Benzin, Petroleum, Schmieröl,
Paraffin u. s. w.), 2 ; Praktikum in der Untersuchung der Fette,
Öle und Naphtaprodukte, 2. — Jurisch: Entwerfen von
chemischen Anlagen, Übungen, 4. — Miethe: Spektral-
analyse mit Übungen, 2; Photochemie und photomechanische
Prozesse, 2; Konstruktioustypen photographisch-optischer In-
strumente, x; Praktische Arbeiten im photochemischen Labo-
ratorium, tägl.; Photographische Übungen in den gebräuch-
lichen Prozessen, 16; LichtpausUbungen, 2- oder 4 wöchige
Kurse. — FrentBel: Ausgewählte Kapitel aus der Chemie
der Nahrungs- und Genussmittel, 2. — Junghahn: Techno-
logie der Proteinstoffe: Albumine (Eiweiss, Casein, künstliche
Nahrungsmittel u. s. w.), mit Exkursionen, 2. — KÜhling:
Massanalyse, 2; Stöchiometiie, I. — Btavenhagen: Quanti-
tative Analyse, 2. — Täuber: Färbepraktikum, 2. — V08-
winckel: Ausgewählte Kapitel der organischen Chemie, i. —
Wolffenstein: Alkaloide, 2. —
Dsiobek: Höhere Mathematik: Differential* und Inte-
gralrechnung, Analytische Geometrie, 6, Übungen, 2. —
HaentZBChel: Elemente der Mechanik, 4; Über ein Kapitel
aus der mechanischen Wärmetheorie, i ^. — Hamburger:
Variationsrechnung, 2; Funktionentheorie, 2; Niedere Analysis
und Algebra, 4. — Hauck: Darstellende Geometrie II, 5,
Übungen, 5. — Hertzer: Darstellende Geometrie II, 5,
Übungen, 5. — Hettner: Höhere Mathematik: Differential-
und Integralrechnung, Analytische Geometrie, 6, Übungen, 2 ;
Theorie der Kaumkurven und Flächen, i. — Ijampe: Höhere
Mathematik: Differential- und Integralrechnung, Analytische
Geometrie, 6, Übungen, 2; Bestimmte Integrale und Differen-
tialgleichungen, 2. — HeBSenberg: Darstellende Geometrie I,
5, Übungen, 5; Ausgewählte Kapitel aus der Theorie der
Kegelschnitte, 2. — Jolles: Darstellende Geometrie II, 5,
Übungen, 5. — B. Müller: Differentuü- und Integralrechnung,
4. — Steinita: Synthetische Geometrie I, 2, Übungen, i,
II, 2, Übungen, i; Elemente der darstellenden Geometrie, 2,
Übungen, 4. —
Universität Bern.
Forster: Experimentalphysik I: Allgemeine Physik,
Akustik, Optik, 6; Wärmelehre (Schluss), i g\ Repetitorium
der Physik, 2 ; Theoretisch-praktischer Kurs der Photographie,
4; Physikalisches Praktikum, 4. — Ghruner: Mathematische
Physik, 2; Spektralanalyse, i. —
Friedheim: Spezielle anorganische Chemie, 3; Quali-
tative und quantitative Analyse, 2; Chemische Technologie
294
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
der Brennstoffe und landwirtschaftlichen Gewerbe (mit Exkur-
sionen), 2 ; Anorganisch-chemisches Praktikum ( Halbpraktikum
Hir Anfanger), tägl. ausser Sonnabend; Analytisch-chemisches
Praktikum für Mediziner, 8; Übungen in der technischen Gas-
analyse, 3. — V. KoBtanecki: Organische Chemie, 6; Repe-
titorium der organischen Chemie, i ; Organisch-chemisches
Praktikum, tägl. — BohafTer: Chemie der menschlichen
Nahrungs- und Genussmittel, 2; Die Konservierung der Xah-
rungs- und Genussmittel durch Chemikalien und Nachweis
der letzteren, i ; Übungen im Untersuchen von Nahrungs-
und Genussmitteln. — Tambor: Einführung in die Chemie
der organischen Farbstoffe, 2; Repetitorlum der Chemie der
carbo- und heterocyklischen Verbindungen, für Vorgerücktere,
1. — Mai: Anorganisch-chemische Arbeiten im Privatlabora-
torium; Repetitorium der anorganischen Chemie, 2; Besprechung
anorganischer Laboratoriumsarbeiten, i. —
Qraf: Kugelfunktionen (mit Repetitorium), 4; BesseVsche
Funktionen (m. Repetitorium), 3 ; Funktionentheorie, 2 ; Gamma-
funktionen, 2; Differential- u. Integralrechg., 2; Politische Arith-
metik, 2 ; Mathematisch. Seminar (m. H üb er) , 2 ; Mathematisch-
versicherungswissenschaftliches Seminar (mit Moser), i. —
Q. Huber: Mechanik des Himmels, 2; Raumkurven und
abwickelbare Flächen, 2. — Ott: Differentialrechnung, 2;
Analytische Geometrie I, 2. — Benteli: Elemente der dar-
stellenden Geometrie, 4; Praktische Geometrie, Übungen auf
dem Terrain, 3. — Moser: Das Makeham'sche Gesetz und
seine Bedeutung für die Versicherungsrechnung, 1 — 2. —
Crelier: G^om^trie synth^tique I, 2 ^. —
Universität Bonn.
'KAjser : Experimentalphysik JI : Elektrizität, Optik, 5 ;
Physikalisches Laboratorium für Vorgeschrittene, tägl.; Phy-
sikalisches Kolloquium, 2 g; Physikalisches Laboratorium für
Anfänger (mit Hagenbach), 8. — Hagenbach: Physika-
lische Messungen mit Berücksichtigung des Praktikums, 2. —
Pflüger: Mechanische Warmetheorie, 2. — Buoherer: Die
Elektronentheorie mit Einführung in die Vektoranalysis (Ka-
thodenstrahlen, Zeemansches Phänomen), 2 g. —
Ansohütz: EJcperimentalchemie I: Allgemeine und an-
organische Chemie, 5; Kolloquium über neuere Arbeiten auf
dem Gebiete der Chemie, i g; Chemisches Praktikum für
Anfanger und Geübtere, sowie für Nahrungsmittelchemiker
(mit Partheil und Rimbach), tägl. ausser Sonnabend;
Chemisches Praktikum für Mediziner, 4. — Sohroeter: Cy-
klische Kohlenstoffverbindungen II : Heterocyklische Substanzen,
2; Praktikum über organische Farbstoffe (mit Binz), 3. —
Pauly: über Abkömmlinge der Kohlensäure, i. — Rimbach:
Analytische Chemie II: Quantitative Analyse, 2; Polarimetrie
und Refraktometric und ihre Anwendungen in der Chemie
(mit Übungen), i ; Übungen in der mikrochemischen Analyse,
2 g; Übungen in den wichtigsten physikalisch- chemischen
Untersuchungsmethoden (mit Lob), 3 g. — Partheil : Phar-
mazeutbche Chemie, anorganischer Teil, 4; Nahrungsmittel-
chemie, 2; Galenische Präparate, lg. — Binz: Organische
Farbstoffe mit Berücksichtigung der Patentlitteratur, i. —
liöb: Physikalische Chemie I: Die allgemeinen Eigenschaften
der Stoffe, 2; Grundzüge der Elektrochemie, i g\ Anleitung zu
selbständigen Arbeiten auf dem Gebiete der physikalischen
Chemie und Elektrochemie, tägl., g. — Heusler: Chemische
Technologie für Juristen und Kameralisten (mit Exkursionen
und Demonstrationen in der Düsseldorfer Ausstellung), 2. —
Iiipschitz: Elemente der Differential- und Integralrech-
nung, 4 ; Übungen im mathematischen Seminsu*, 2 g. — Kor- |
tum: Funktionentheorie, 4; Unendliche Reihen, 2; Übungen i
im mathematischen Seminar, 2 g. — Hefiter: Theorie der
linearen Differentialgleichungen, 4; Darstellende Geometrie:
Parallelprojektion, mit Zeichenübungen, 5. — Küstner:
Theorie und Praxis der astronomischen Instrumente, 3; Prak-
tische Übungen im astronomischen Beobachten (mit M ö n n i ch -
meyer), tägl.; Astronomisches Kolloquium, lg. — Deioh-
müller: Theorie des astronomischen Femrohrs, 2; Praktisch-
astronomische Arbeiten, 2 mal wöchentlich, g. — Mönnich- ,
meyer: Chronologie, i. — !
Technische Hochschule Braunschweig.
- Weber: Physikalisches Praktikum (mit Prümm), 2;
Expeifc|ntalphysik, 4; Ausgewählte Kapitel aus der mathe-
matischen Physik, 2; Grundzüge der Tclegraphie und Tcle-
phonie, i. — Peukert: Elektrotechnik, 4; Elektrotechnische
Könstruktionsübungen, 2; Grundzüge der Elektrochemie, 2:
Elektrotechnisches Praktikum (mit Cruse), 6. —
R. Meyer: Technologische Übungen, 2; Organische
Experimentalchemie, 6; Chemische Technologie der Faser-
stoffe, I ; Arbeiten im Laboratorium für analytische und tech-
nische Chemie (mit Biehringer und Mai er). — Bieh-
ringer: Analytische Chemie (für technische Chemiker 1, 2;
Stöchiometrische Rechnungen, i; Chemisch-technische Rech-
nungen, l; Chemie der Metalle, 2. — Bodländer: Elektro-
chemie, 2; Metallurgie, 2; Chemische Technologie I, 5; Ar-
beiten im Laboratorium für physikalische Chemie und Elektro-
chemie. — Reinke: Untersuchungsmethoden auf dem Gebiete
der Zuckertechnik, 2; Die besonderen Methoden der Zucker-
herstellung, 4 ; Betriebsstörungen in der Gärungs-, Stärke- und
Zuckertechnik, 2; Arbeiten im Laboratorium für Gärungs-,
Stärke- und Zuckertechnik (mit Grevel). — Pommer: An-
bau und Pflege der Zuckerrübe, 2. — Schnitze: Agrikultur-
chemie, 2. — Beokurts: Abwässerreinigung, 2 ; Pharmakog-
nosie, 3, Übungen, 2; Pharmazeutische Chemie, 3; Arbeiten
im Laboratorium für pharmazeutische Chemie und Nahrungs-
mittelchemie (mit Troeger und Frerichs). — Troeger:
Analytische Chemie (für Pharmazeuten) in zwei Kursen, 2;
Repetitorium der anorganischen und organischen Chemie für
Pharmazeuten, 2; Gasanalyse, i. — Ijinde: Pharmakogn.
Praktikum, 3. —- Degener: Chemie der Rübe und der
Rübensaftreinigung, 3. —
Frioke: Analytische Geometrie und Algebra, 2; Diffe-
rential- und Integralrechnung I, 4, Übungen, 2; Analytische
Mechanik, 3; Elementarmathematik, 2. — Müller: Dar-
stellende Geometrie, 4, Übungen, 6 ; Geometrie der Bewegung.
3; Stereometrie, i. — Wemioke: Statik starrer und elastisch-
fester Körper (fär Architekten), 5, Übungen, 2. — Schöttler:
Technische Mechanik I, 5, Übungen, 2; Angewandte Wärme-
mechanik, 3; Messungen an Maschinen (mit Schmidt). —
Denecke: Technisch^ Mechanik III, 4, Übungen, i; Betriebs-
mittel für Strassen und Eisenbahnen, 2; Eisenbahnmaschinen-
bau, 2; Maschinenkonstruieren II, Übungen, 4; Maschinen-
zeichnen, Übungen, 4. — Querfurth: Theorie und Konstruk-
tion der hydraulischen Motoren, 2; Berechnung und Bau der
Dampfmaschinen, 3; Theorie und Konstruktion der Pumpen
und Gebläse, 2; Maschinenkonstruieren III, 8. — Friedmann:
Grundzüge des Maschinenbaues, 2; Maschinenelemente, 4;
Theorie der Regulatoren, 3; Maschinenkonstruieren I, 10. —
Iiüdioke: Allgemeine mechanische Technologie, 2; Werk-
zeugmaschinen, 2; Entwerfen von Werkzeugmaschinen, 3;
Spinnerei, 2; Weberei, 2; Mühlenwesen, 3; Technologische
Übungen, 2. —
Universität Breslau.
O. B. Meyer: Experimentalphysik I: Mechanik, Aku-
stik, Optik, 4 ; Lehre von der Wärme, i g; Übungen und Ar-
beiten im physikalischen Laboratorium (mit Neu mann],
3, 6 bezw, tägl. — Neumann : Theoretische Physik II : Hy-
dromechanik, 4, Übungen, ig. —
Ladenburg: Allgemeine Experimentalchemie, 6; Che-
misches Kolloquium, I4tägig, 2 g; Praktisch -chemische Üb-
ungen a) (mit Ab egg), tägl. ausser Sonnabend, b) für Me-
diziner, c) für Landwirte. — Abegg: Physikalisch- chembches
Kolloquium, i; Elektrochemie, 2; Die Molekularverbind-
ungen, 2; Physikalisch-chemisches Praktikum, 3. — Scholti:
Die synthetischen Methoden der organischen Chemie, 2 ; Repe-
titorium der organischen Chemie, 2. — Ahrens: Technologie
der Brennstoffe, Teerprodukte und künstlichen Farbstoffe, 4:
Technologie der Gärungsindustrieen, 2; Technische Gasanalysc,
I g; Chemisch-technisches Praktikum nebst Anleitung zu
selbständigen Arbeiten, tägl. ausser Sonnabend. — Heri:
Chemische Verwandtschaftslehre (ausgewählte Kapitel aus der
physikalischen Chemie), 1 ; Analytische Chemie, 2. — Po-
leck: Anorganische Experimentalchemie, 6; Die Gifte in
chemischer und forensischer Beziehung, 3; Massanalyse, 2;
Ausgewählte Kapitel der pharmazeutischen Chemie, Benzol-
derivate, I g\ Praktisch-chemische Übungen mit besonderer
Berücksichtigung der Pharmazie, der forensischen Chemie und
Hygiene, tägl. ausser Sonnabend. —
Rosanes: Analytische Geometrie der Ebene, 4; Neuere
Methoden der analytischen Geometrie, 2; Übungen des ma-
thematisch-physikalischen Seminars über bestimmte Integrale,
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
295
1 bis 2 g. — Sturm: Elemente der Linieneeometrie, 3;
Geometrische Abschnitte der Mechanik, 3; Übungen des
mathematisch-physikalischen Seminars, 2 g. — London:
Theorie der elliptischen Funktionen, 4. — Franz: Einleitung
in die Geodäsie, X g\ Rotation, Präression, Nutatlon, Libra-
tion, Figur und Flut der Himmelskörper, 2; Astrophysik:
Spektralanalyse, Photometrie und Photographie der Gestirne,
2; Astronomisches und geodätisches Praktikum, 2. —
Technische Hochschule Brunn.
N. N.: Physik, 5; Elektrizitätslehre, 3. — Tuma: Phy-
sik, 3; Physikalisches Praktikum, 4. — Kiesel v. Mayen-
dorf: Meteorologie und Kllmatologie, 3. — Zickler: Allge-
meine Elektrotechnik, 3; Spezielle Elektrotechnik: Elektro-
technische Konstruktionen, 2; Elektrotechnisches Praktikum,
2; Elektrotechnische Arbeiten. —
Habermann: Organische Chemie, 6; Analytische Che-
mie I: Allgemeiner Teil, 2; Chemische Übungen I, 10, II, 20.
— Honig: Chemische Übungen III, 20; Chemie der Nah-
rungs- und Genussmittel, 3; Enzyklopädie der technischen
Chemie, 4; Technische Warenkunde der nichtorganischen
Rohstoffe, 2. — Donath: Chemische Technologie I, 6, II,
6, III, i*2l Übungen im Laboratorium für chemische Tech-
nologie, 20. — Weinreb: Spezielle Färberei und Zeug-
drtickerei, 2. — Frenzel: Elektrochemie II: Anwendungen,
2. — MikOBCb: Technische Mikroskopie, i, Übungen, 2;
Technische Warenkunde der organisierten Rohstoffe, 3, mikro-
skopische Übungen, 4. —
Waelflch: Grundlehren der höheren Mathematik, 5;
Mathematische Übungen, 2. — Biermann : Ausgewählte Ka-
pitel der höheren Mathematik II, 3, Übungen, i ; Mathe-
matische Näherungsmethoden, 2; Über konforme Abbildungen,
I. — Bupp: Darstellende Geometrie und konstruktives
Zeichnen, 4, Übungen, 4; Ausgewählte Partieen aus dem Ge-
biete der darstellenden Geometrie, 2. — Obenrauoh: Ge-
schichte der Geometrie, i. —
Universität Czernowitz.
Handl: Ausgewählte Kapitel der Experimentalphysik, 2;
Praktisch-physikalische Übungen, 6 g, — Tumlirz: Theo-
retische Mechanik, 5; Mathematisch-physikalisches Seminar,
2 g\ Mathematisch-physikalisches Proseminar, 2 g. —
Pribram : Allgemeine Chemie II, 5 ; Pharmazeutische
Cliemie, 5; Chemische Übungen, filr Anfanger, halbtägig,
tiglich ausser Sonnabend; Anleitung zur Ausfuhrung wissen-
schaftlicher Untersuchungen, für Vorgeschrittene, tägl. ausser
Sonnabend, g. —
Paohta: Ausgewählte Kapitel der analytischen Geo-
metrie, 2; Anwendung der Differential- und Integralrechnung
auf die Geometrie, 3; Seminar für Mathematik, 2 g. —
Technische Hochschule Darmstadt
Schering: Experimentalphysik, 5; Physikalisches Prak-
tikum, 4 Nachmittage; Selbständige Arbeiten aus dem Gebiete
der Physik; Theoretische Elektrizitätslehre, 2. — Zeiasig:
Experimentalphysik, 4; Repetitorium der Experimentalphysik
für Pharmazeuten, i. — Budolphi: Einfuhrung in das physi-
kalische Praktikum, i ; Physikalische Chemie, 2 ; Physikalisch-
chemisches Kolloquium ; Physikalisch-chemische Übungen und
Arbeiten. — Meisel: Grundzüge der Kartenprojektionslehre, i,
Übungen 2; Theorie der optischen Instrumente II, 2. —
Porch: Berechnung physikalischer Aufgaben, i. — Blittler:
Allgemeine Elektrotechnik II, 4, Übungen, 2; Übungen im
elektrotechnischen Laboratorium, 6 halbe Tage; Selbständige
Arbeiten aus dem Gebiete der Elektrotechnik. — Wirtz:
Allgemeine Elektrotechnik I, 2; Elemente der Elektrotechnik, 3 ;
Omndzäge der Telegraphie und Telephonic, 2. — Bengel:
Konstruktion elektrischer Maschinen und Apparate, 2, Übun-
gen, 3; Projektieren elektrischer Licht- und Kraftanlagen,
Übungen, 2; Grundzüge der Elektrotechnik, 2. — Qreim:
Mathematische Geographie in elementarer Behandlung, 2;
Ausgewählte Kapitel aus der Meteorologie und Klimatologie. —
liincke: Maschinenelemente, 6; Konstruktions- Übungen zu
Maschinenelementen, 9. — Bemdt: Konstruktions- Übungen
in Maschinenelementen, 3; Allgemeine Maschinenlehre, 3;
Eisenbahn-Maschinenbau I, 3; Eisenbahn-Maschinenbau 11, 2;
Übungen zu Werkzeugmaschinen und zu den Elementen des
Lokomotivbaues, 3 ; Gasmotoren, 2 ; Maschinenbau-Praktikum
I, 3. — Krause: Mechanische Technologie I, 2, 11, 4:
Arbeiterschutz, 2; Hüttenmaschinen, i. — Qutermuth: Dampf-
kessel, 2; Pumpraaschinen, 4; Gebläse und Kompressoren, 2;
KonstruktionsQbungen , 6; Maschinenbau-Praktikum II, 3. —
Ffarr: Regulatoren zu Wasserkraftmaschinen, i ; Maschinen-
bau-Praktikum III; Fabrikanlagen, 2; Konstruktions-Übungen
zu Hebemaschinen, Wasserkraftmaschinen und Fabrikanlagen, 6 ;
Papierfabrikation und deren Maschinen, 2. — Beck: Gewichts-
und Kostenberechnungen der Maschinenfabrikation, i. —
Staedel: Anorganische Experimentalchemie , 6; Chemi-
sches Praktikum, tägl. ausser Sonnabend. — Dieffenbaoh:
Elektrochemie, 2 ; Chemische Technologie, 2 ; Metallurgie, 2 ;
Elektrochemisches Kolloquium, i ; Chemisches Praktikum für
Elektrochemiker, tägl. ausser Sonnabend; Chemisch-technisches
und elektrochemisches Praktikum, täglich ausser Sonnabend. —
Finger: Ausgewählte Kapitel aus der organischen Chemie, 2;
Teerfarbstoffe, 4; Praktikum im Farbstofflaboratorium. —
Kolb: Analytische Chemie I, 2; Methoden der organischen
Analyse, 2; Kolloquium über anorganische Chemie, i. —
Heyl: Elemente der organischen und Agrikultur-Chemie, 3;
Pharmazeutische Chemie, 2; Ausmittelung der Gifte, i. ^
Krausser: Pharmakognosie, i, Übungen, i. — Sonne:
Chemisch-technische Untersuchung der Nahrungsmittel, Genuss-
mittel und Gebrauchsgegenstände, i; Chemisch -technisches
Kolloquium, i. — Weller: Untersuchen von Nahrungsmitteln,
Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen, 8. — Vaubel:
Theoretische Chemie, 2, Übungen, 3; Stöchiometrische Be-
rechnungen, I. — Kenmann : Die Nutzmetalle, i; Hütten-
männische Probierkunst, mit Übungen, 2; Elektroanalyse, i. —
Qundelfinger: Höhere Mathematik I, 5, Übungen 3;
Analytische Übungen; Repetitorium der höheren Mathematik I
und II, I. — Henneberg: Technische Mechanik, 3, Übun-
gen 2; Mechanik I, 5, Übungen i; Repetitorium der Mecha-
nik, i; Reine Kinematik mit Übungen, 2. — Dingeldey:
Höhere Mathematik I, 5, Übungen 3; Ergänzung zu der Vor-
lesung über höhere Mathematik I, 2; Elemente der höheren
Algebra, mit Übungen, 2. — Wiener: Ebene Kurven und
Raumkurven in geometrischer Behandlung mit Anwendungen
auf Technik und Kunst und Technik, 2; Darstellende Geo-
metrie I, 4, Übungen 6 ; Arbeiten im mathematischen Institut. —
Scheffers: Höhere Mathematik für Architekten, Chemiker,
Elektrochemiker und Geometer, 3, Übungen, 2; Darstellende
Geometrie I, 4, Übungen, 6. — Qraefe: Repetitorium der
Elementarmathematik, 3, Übungen, 2; Höhere Mathematik
für Architekten, Chemiker und Elektrochemiker, 3, Übun-
gen, 2; Höhere Mathematik II, 2, Übungen, i. —
Technische Hochschule Dresden.
Hall wachs: Experimentalphysik, 5; Physikalisches Prak-
tikum I, 3, II, 6 oder 9; Praktikum für grössere physikalische
Arbeiten, 20. — Toepler: Einleitung in die Theorie des
Potentials und der stationären elektrischen Strömung, 2. —
Krone : Theorie und Praxis der Photographie und Kolloquium
über wissenschaftliche Photographie, 3; Lichtpausen, kürzerer
Kursus, 2g. — QÖrges : Allgemeine Elektrotechnik II: Dynamo-
maschinen, Transformatoren, Elektromotoren, Kraftverteilung,
2 ; Theorie des Wechselstromes, 3 ; Elektrotechnisches Prakti-
kum für Anfanger, 4; Elektrotechnisches Laboratorium, 30;
Elektrotechnisches Kolloquiimi (mit Kubier), 2 g. — Kubier:
Dynamomaschinen II, 2; Elektrische Arbeitsübertragung, 2;
Entwerfen von Dynamos, 4; Die Starkstromtechnik im Eisen-
bahnwesen und Werkstättenbetrieb I, I. — Ulbricht: Eisen-
bahnsignalwesen und elektrische Eisenbahneinrichtungen, 3 g.
— Scheit: Maschinenelemente für Maschinen- und Elektro-
ingenieure, 5, für Bauingenieure, 3; Maschinenkonstruieren
(Maschinenelemente) für Maschinen- und Elektroingenieure,
IG, für Bauingenieure, 4; Hebemaschinen, 2; Maschinen-
konstruieren (Hebezeuge) für Maschinen- und Elektroingenieure,
10; Untersuchung von Baumaterialien, 3; Festigkeitslehre für
Maschinen- und Elektroingenieure, 3. — FiBOher: Allgemeine
Maschinenlehre (Kraftmaschinen), 4; Technisches Zeichnen
für die mechanische und chemische Abteilung, 4; Skizzieren,
4; Appreturmaschinen, 2. — Ii. Lewioki: I)ampfm.aschinen
(Fortsetzung), 4; Wasserkraftmaschinen, 3; Maschinenkon-
struieren für Maschinen- und Elektroingenieure, 10 ; Arbeiten
im Maschinen-Laboratorium A mit Kollo(|uium (mit E. Le-
296
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
wicki), 3. — MoUier: Technische Thermodynamik U: Gas-
und Kältemaschinen, 4; Kinematik II, 2, Übungen, 3; Arbeiten
im Maschinenlaboratorium B, 3; Grössere Arbeiten im Maschi-
nenlaboratorium B, 24. — Smst Müller: Allgemeine mecha-
nische Technologie I, 3; Papierfabrikation, 3; Praktikum fiir
Faserstofftechnik, halbtägig; Übungen im Aufnehmen und Be-
rechnen von zusammengesetzten Arbeitsmaschinen (für Fabrik-
ingenieure), 3^. — Grübler: Technische Mechanik II, 6,
Übungen, 2; Graphostatische Übungen, 2 g.
Hempel: Experimentalchemie (anorganische), 6; An-
organisch-chemisches Praktikum, qualitative Analyse, 12;
(juantitative Analyse, technische Titriermethoden, Gasanalyse,
ganztägig. — V. Meyer: Organisch-technische Chemie I:
Chemische Technologie der Fette und öle: Fabrikation von
Seife, Kerzen, Glycerin, Sprengstoffe, Lederbereitung, 3; Syn-
thetische Methoden der organischen Chemie, i ; Organisch-
chemisches Praktikum, ganz- und halbtägig. — MÖhlau:
Chemie des Steinkohlenteers: Die Rohmaterialien und Zwischen-
produkte für die Industrie der organischen Farbstoffe, 3;
Chemie und chemische Technologie der organischen Farb-
stoffe I, 2; Praktikum für Farbenchemie und für Färberei-
technik, halbtägig, für grössere Arbeiten auf dem Gebiete
der Farbenchemie, ganztägig. — Bucherer: Einführung in
das allgemeine Patentwesen, i ; Chemisch-technische Tages-
fragen, erörtert an Hand der neueren Patentlitteratur, 1 g.
— F. Foerfiter: Chemische Technologie des Glases, der
'ITionwaren, der Bausteine und des Mörtels, sowie des Cements
(mit Exkursionen), 2; Physikalische Chemie I (zugleich Ein-
führung in die Elektrochemie), 2; Praktikum für Elektro-
chemie, 12, für grössere Arbeiten auf dem Gebiete der Elektro-
chemie und physikalischen Chemie, ganztägig. — IiOttermOBer :
Chemie der CoUoide, i; Anwendung der Titriermethoden in
der Technik, i. — Srich Müller: Reduktion und Oxydation
durch F21ektTolyse, I. — SohlOBSmann : Die Untersuchung
der wichtigsten Körperflössigkeiten (Milch, Harn u. s. w.),
mit Übungen, 2. — V. Walther: Moderne Theorien der
organischen Chemie (Stereo chemie, Benzoltheorie), i ; Metall-
organische und organische Phosphor-Arsen-Antimon-Verbin-
dungen u. s. w., I. —
Fuhrmann: Differential- und Integralrechnung, 5; An-
wendungen der Elementarmathematik, 2; Geodätisches Prak-
tikum, 4: Geodätisches Zeichnen, 2. — Hegar: Raumkurven
III. Ordnung, 1 ^. — Helm: Analytische Geometrie I, 3,
Übungen, 1 ; Elektrodynamik nach ihrer geschichtlichen Ent-
wickelung, 2; Dioptrik, 2; Versicherungstechnisches Seminar,
I g^ Übungen, 2. — Krause: Integralrechnung, 5, Übungen,
2 ; Elemente der Theorie der doppelt periodischen Funktionen,
4; Mathematisches Seminar, i g. ^ Naetsch: Analytische
Theorie der Kurven und krummen Flächen, 3; Sphärische
Trigonometrie, 2. — Fattenhausen : Methode der kleinsten
Quadrate, 2, Cljungen, i; Höhere Geodäsie, 2, Übungen, i;
Sphärische Astronomie, 2; Skiz7ieren geodätischer Instrumente,
Übungen, 2; Triangulierungsübungen, 4; Geodätisches Prakti-
kum I, 4, II, 4; Grössere Terrainaufhahmen, 2 Wochen. —
Rohn: Darstellende Geometrie I, 4, Übungen, 6; Kurven und
Flächen 2. Grades, 2 g. — Btutz: Planzeichnen II, 2; Tech-
nisches Zeichnen für Ingenieure, 6. —
Universität Erlangen.
Wiedemann: Experimentalphysik: Wärme, Akustik,
Optik, 5; Physikalisches Praktikum für Anfanger (Chemiker,
Mediziner u. s. w.), 2; Physikalisches Halbpraktikum, 20;
Physikalisches Vollpraktikum, 44; Physikalisches Kollo(|uium,
2 g. — Schmidt: Theoretische Physik I: Mechanik, Hydro-
dynamik, Wärme und Akustik, 4; Mathematisch-physikalisches
Seminar, 2 g. — Wehnelt: Elektrotechnik, 2. —
Fischer: Organische Experimentalchemie, 5; Praktische
Übungen im chemischen Laboratorium (mit Busch), a) Halb-
praktikum, 20, b) Vollpraktikum, 40. — Paal: Chemie in
ihrer Anwendung auf Pharmazie und Medizin, 3; xXusmittelung
von Giften (einschliesslich der pharmazeutischen Chemie der
Alkaloide), I ; Chemisches Praktikum, a) ganztägig, 44, b)
halbtägig, 24; Praktischer Kurs für Studierende der Pharraayie,
20; Arbeiten auf dem Gebiete der Nahrungs- und Genussmittel,
a^ ganztägig, 44, b) halbtägig, 24 bezw. 20. — Busch: Che-
mische Technologie: Anorganische Grossindustrie, Metallurgie
(mit Exkursionen), 2. — Henrich: Über Arbeits- und For-
schungsmethoden der organischen Chemie, mit Experimenten,
2. — Jordis: Ausgewählte Kapitel der allgemeinen Chemie,
mit Demonstrationen, i ; Einführung in die Elektrochemie,
mit Demonstrationen, i. —
Qordan: Differentialgleichungen, 4; Algebra, 4; Übungen.
^ g. — Nöther: Synthetische Geometrie mit Übungen, 3;
Differentialgeometrie der Kurven und Flächen, 3; Einleitung
in die Theorie der elliptischen Funktionen, 3. —
Universität Freiburg i. B.
Himstedt: Experimentalphysik: Magnetismus, Elektri-
zität, Optik, 5; Übungen aus der theoretischen Physik, i g;
Physikalisches Praktikum, 15; Anleitung zu selbständigen
Arbeiten, tägl. ; Physikalisches Kolloquium, 2 g. — G. Meyer :
Physikalische Chemie, 2; Spektralanalyse, 2; Spektralanaly-
tisches Übungspraktikum, einmal wöchentlich g; Selbständige
physikalisch-chemische Untersuchungen fiir Geübtere, tägl. —
Koenigsberger : Mechanik der festen und flüssigen Körper,
2; Anwendung neuerer physikalischer Theorien in Geologie
und Mineralogie, i. —
Ghtttermann : Organische Experimentalchemie, 5 ; Grund-
züge der Gasanalyse, i g\ Chemisches Seminar, i g; Che-
misches Praktikum (mit Willgerodt), tägl. ausser Sonn-
abend ; Übungen im Experimenti^en und Vortragen fUr Lehrer
der Chemie (mit Kupp), 2 g. — Willgerodt: Anorganische
Experimentalchemie, 4; Organische Technologie, 2; Analyse
der Nahrungs- und Genussmittel, 2. — SSdinger: Chemie
der aliphatischen Verbindungen, 2. — Fromm: Über quali-
tative Analyse, i ; Repetitorium der Chemie fUr Mediziner, 2.
— Müller: Theoretische Chemie (anorganischer Teil), 2;
Qualitative Analyse, 2. «- Rupp: Chemie der Teerfarbstoffe,
I. — Meigen: Geschichte der chemischen Theorien, 2. —
Ijürotb: Integralrechnung, 5, Übungen, g\ Variations-
rechnung, 3. — Btiokelberger : Analytische Geometrie des
Raumes, 4, Übungen; Bestimmte Integrale, 3. — Ijoewy:
Einführung in die höhere Mathematik mit Anwendungen auf
Fragen der Naturwissenschaften, 2; Ausgewählte Fragen der
Gruppentheorie, 2 ; Theorie und Anwendung der Determinanten,
2; Übungen im mathematischen Seminar, i. — Bebmann:
Trigonometrie, 3. —
Universität Giessen.
Drude: Experimentalphysik!: Mechanik, Akustik, Wärme,
4V2; Physikalisches Praktikum, 6; Praktikum fiir Vorge-
schrittene, tägl.; Physiksüisches Kolloquium. — Fromme:
Thermodynamik, 4; Niedere Geodäsie, 2, praktische Übgn.,
I Nachmittag. —
Naumann: Organische Experimentalchemie, 5; Prak-
tische Übungen und Untersuchungen im chemischen Labora-
torium, tägl.; Untersuchung von Nahrungsmitteln und tech-
nischen Erzeugnissen (mit E idmann), tägl.; Chemische Übun-
gen fiir Mediziner, tägk — Schröder: Analytische Chemie
I: Qualitative Analyse, 2. — Eidmann: Pharmazeutisch-
chemische Präparate I, 2 ; Ausgewählte Kapitel aus der tech-
nischen Chemie, mit Exkursionen, 2. — Slbs: Chemisches
Praktikum, tägl.; Elektrochemisches Praktikum, tägl.; Che-
mische Übungen fiir Mediziner, 5; Die synthetischen Dar-
stellungsmethoden der Kohlenstoffverbindungen, 2 ; Chemisches
Kolloquium, I Vj. — Klappert: Chemisches Repetitorium, 2. —
Pasoh: Algebra, 4; Ausgewählte Teile der analytischen
Geometrie, 4; Übungen des mathematischen Seminars, i. —
Netto: Analytische Geometrie der Ebene, 4; Elliptische
Funktionen, 4; Übungen des mathematischen Seminars, i. —
HauBsner: Integralrechnung, 3; Wahrscheinlichkeitsrechnung,
2; Darstellende Geometrie mit Übungen, 5. —
Universität Göttingen.
Rieoke: Experimentalphysik I, 3; Physik. Übungen, S;
Ausgew. Teile d. Elektrizität u. d. Wärme, i g\ WisseuschafÜichc
Arbeiten Vorgeschrltt., 40 g. — Voigt: Allgem. Wärmelehre, 4;
Praktische Übgn., 4; Magnetismus, 2 g\ Wissenschaftliche Unter-
suchungen fiir Vorgeschrittene, 40 g. — Simon: Wechselstrom-
tlieorie und -Technik, 2; Elektrotechnisches Praktikum, 3;
Au!:gc wühlte Kapitel der angewandten Elektrizitätslehre, l g,
Aiileituhg /u selbständigen Arbeiten, 48 g. — Kaufinann:
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
297
r'V
L bungen in der Ilandhabaog und Herstellung einfacher De-
monstrationsapparate, 3 ; Physikalische Grundlagen der Musik,
i ^. — Abraham: Kinetische Gastheorie 2; Übungen zur
höheren Analysis, 2. — Stark: Energetische Grundzüge der
Physik und Chemie, lg. —
Nemst: Elektrochemie, 3; Physiko-chemische Arbeiten
und Übungen, tägl.; Physiko - chemisches Kolloquium, ig;
Lektüre ausgewählter Klassiker der exakten Wissenschaften,
1 ^. — Coehn: Thermochemie, 2. — Böse*. Elektrochemische
Messkunde, 2. —
Wallach: Organische Experimentalchemie, 5; Prak-
tische Übungen im Laboratorium, 20—40; Chemie der
Terpene, lg. — Tollens: Agrikulturchemie (Pflanzener-
nährungslehre), 3; Agrikulturchemisches Praktikum (mit
H u g e r s h o f f ) , 30 ( 1 2 Va)- — Polstorflf : Pharmazeutische
Chemie (anorganischer Teil), 4; Gerichtlich-chemische Ana-
lyse, 2. — Fischer : Chemische Technologie I, 2; Chemisch-
technologische Übungen, i g. — KÖtz: Analytische Chemie,
2; Moderne anorganische Chemie, 2. — Manohot: Stereo-
chemie, i; Moderne anorganische Probleme, i. —
Klein : Höhere Mechanik, 4 ; Mathematisches Seminar, 2 g.
— Hilbert: Differential- und Integralrechnung, 4; Grundlagen
der Geometrie, 2 ; Ausgewählte Kapitel aus der Potentialtheorie,
2 ; Funktionentheoretische Übungen im mathematisch-physika-
lischen Seminar, 2 g. — Brendel: Ausgewählte Kapitel der
höheren Analysis, 3; Übungen zur höheren Analysis (mit Be-
rücksichtigung naturwissenschaftlicher Probleme), 2; Gylden-
sche Störungstheorie, 3 ^. — Schilling: Ansdytische Geo-
metrie, 4; Photogrammetrie und malerische Perspektive, i,
Übungen, 2; Seminarübungen über Geometrie, lg. — Wie-
chert: Einführung in das Vermessungswesen, 4; Geophysika-
lisches Praktikum, g\ Selbständige Arbeiten Vorgeschrittener
im geophysikalischen Institut, g. — Schwarzschild: Theorie
der optischen Instrumente, 2; Populäre Astronomie, i g;
Mathematisches Seminar (mit Klein), 2 g. — Bohlmann:
Soziale Versicherung, 2; Übungen im Versicherungsseminar,
2 g. — Ambronn : Sphärische Astronomie II, 2 ; Praktische
Übungen an den Instrumenten der Sternwarte fiir Anfänger
und für Fortgeschrittene, tägl. — Zermelo: Variationsrech-
nung, 2; Übungen zur Differential- und Integralrechnung, 2;
Übungen zur höheren Analysis, 2. — Blumenthal: Galois-
sche Theorie der algebraischen Gleichungen, 3. — Iiorenz:
Praktikum im Maschinenlaboratorium, 3V2I Ausgewählte Ka-
pitel aus der angewandten Hydromechanik, i g\ Anleitung zu
selbständigen Arbeiten im Maschinenlaboratorium, ^ g. —
Universität Graz.
Pfaundler: Experimentalphysik 11: Akustik, Elektrizität
und Optik, 5; Physikalische Übungen, 12 g. — Wassmuth:
Elektrizität und Magnetismus mit Einschluss der elektro-
magnetischen Lichttheorie, 4; Theorie der Brechung des
Lichtes in Prismen und Linsen, i ; Mathematisch-physikaäische
Seminar-Übungen, ^ g. — Subic: Über Vorhersagung des
Wetters, 2. —
Bkraup: Organische Experimentalchemie, 5; Chemische
Übungen für Anfanger, tägl. ausser Sonnabend; Chemisches
Praktikum ftir Mediziner, 4; Chemische Übungen für Vor-
geschrittene, tägl. — Streintz: Elektrochemie, 2; Die Leit-
fähigkeit fester Körper, ig. — Schrötter: Chemie der carbo-
cyklischen (aromatischen) Verbindungen, 3. —
Frischauf: Differentialgleichungen, 3; Anwendungen der
Kugelfunktionen, 2. — Dänischer V. Kollesberg: Integral-
rechnung (Fortsetzung), 5; Mathematisches Seminar, 2 g. —
Btreissler: Darstellende Geometrie II, 3. —
Technische Hochschule Graz.
V. Ettingshausen : Physik: Mechanik der festen, flüs-
sigen und gasförmigen Körper, Wärme, Magnetismus, Elek-
trizität, Akustik, Optik, 5 ; Ausgewählte Kapitel der Elektrizi-
tätslehre, 3; Elektrotechnische Übungen: Praktische Messungen,
8. — Streintz: Über Leitfähigkeit fester Körper, i; Elektro-
chemie, 2. —
iBmich: Organische Chemie I, 5; Anleitung zu wissen-
schaftlichen Arbeiten im chemischen Laboratorium, für Vor-
geschrittene. — Andreasch: Unterricht und Übungen in der
qualitativen chemischen Analyse im Laboratorium, 18; Agri-
kulturchemie, 2; Chemische Technologie der organischen
Stoffe : Technologie der Fette, 2 ; Laboratoriumsunterricht und
I Übungen in der Darstellung organisch -chemischer Prä-
I parate, 20. — Benj. Reinitzer: Unterricht und Übungen
I in der quantitativen chemischen Analyse im Laboratorium,
20; Chemische Technologie der anorganischen Stoffe: Glas-
und Thonwarenerzeugung, 4 ; Elektrochemie, 2 ; Laboratoriums-
unterricht und Übungen in der Darstellimg anorganisch-che-
mischer Präparate, 20. — V. HemmeUnasrr : Die Ermittelung
der Konstitution organischer Verbindungen, 2. — Kraft:
Mechanische Technologie I: Metalle, Holz und Stein, 2, II:
Metalle und Holz, 2, III: Spinnerei, Weberei, Appretur und
Papierfabrikation, 2 ; Mechanische Schutzmittel gegen Unfälle,
2. — Friedr. Reinitzer: Technische Mykologie : Technisch
wichtige, gärungserregende Bakterien, Hefen- und Schimmel-
pilze, 2; Warenkunde: Chemisch-technische Rohstoffe des
Pflanzen- und Tierreiches, 3. —
Hocevar: Mathematik I, 6, Übungen, 2. — Stelze] :
Elemente der höheren Mathematik II, 4. — Peithner V.
Ijiohtenfels: Mathematik II, 4, Übungen, 2. — Sohüssler:
Darstellende Geometrie, 4, Übungen, 6; Ausgewählte Kapitel
aus darstellender Geometrie, 2. — Wittenbauer : Allgemeine
Mechanik (einschliesslich der Elemente der graphischen Statik)
II, 4, Übungen, 1 ; Technische Mechanik II, 3. — Kllngatsch :
Niedere Geodäsie II, 4; Sphärische Astronomie, 2; Praktische
Messübungen: Niedere Geodäsie (Feldübungen). —
Universität Greifswald.
König: Experimentalphysik: Mechanik, Akustik, Optik,
4; Physikalische Übungen filr Studierende der Naturwissen-
schaften, 6; Leitung selbständiger physikalischer Untersuchgn.,
tägl. ; Elementar-mathematische Ergänzungen zur Experimental-
physik, I g; Besprechungen über neuere physikalische Arbeiten
(mit Mie), 2 g. — Mie: Theoretische Physik: Elektrizitäts-
lehre, 4; Theoretisch-physikalische Übungen, i g\ Physika-
lische Übungen für Mediziner und Pharmazeuten, 2. — HoltZ:
Galvanische Elektrizität, experimentell, • i ; Physik der Erde,
mit Experimenten, i ^. — Schreber: Theorie der Turbinen,
I ; Mathematische Einleitung in die theoretischen Naturwissen-
schaften, 2. —
Auwers: Anorganische Experimentalchemie, 6; Che-
misches Praktikum, ganz- und halbtägig; Chemie der Teer-
farbstoffe, lg. — Schwanert: Pharmazie II, 4; Analytische
Chemie, 2; Besprechungen über pharmazeutisch-chemische
Gegenstände, 4 g\ Über neuere chemische Arzneimittel, i g;
Chemisches Praktikum, a) für Pharmazeuten, 12, b) für Chemiker
und Mediziner, 6. — Semmler: Über Alkaloide, 2; Aus-
gewählte Kapitel der organischen Chemie (Fortsetzung), lg. —
Posner: Chemie der Benzolderivate, 2; Chemie der Nihrungs-
und Genussmittel, 2. —
Thome: Elliptische Funktionen II, 4; Ausgewählte Ka-
pitel aus der Theorie der analytischen Funktionen, 2 g; Übungen
im mathematischen Seminar, 2 g. — Study: Mechanik I, 4;
Ausgewählte Abschnitte der Theorie der Differentialgleichungen,
2 g\ Übungen im Seminar, g. — Kowalewski: Integral-
rechnung, 4, Übungen i g; Einführung in die Theorie der
Kurven und Flächen (Differentialgeometrie), 2; Repetitorium
der analytischen Geometrie (mit Besprechungen), 2 g. —
Universität Halle.
Dom : Experimentalphysik II : Elektrizität, Magnetismus,
Licht, 4; Physikalisches Laboratorium: a) Übungspraktikum,
6, b) Arbeiten von Geübten, tägl. ; Linsentheorie, 2 g. —
Schmidt: Theorie des Magnetismus und der Elektrizität, 4;
Übungen zur theoretischen Physik, g. —
Volhard: Experimentalchemie II: Organische Chemie,
5; Praktische Übungen im chemischen Laboratorium (mit
Doebner und Vorländer), tägl. ausser Sonnabend; Übungen
in Vortrag und Demonstrationen, lg. — Doebner: Pharma-
zeutische Chemie I: Unorganische Chemie, 4; Über neuere
Arzneimittel, i g. — Baumert: Einleitung in das Studium
der Chemie, 2; Chemie der Nahrungs- und Genussmittel, 2;
Praktische Übungen in der Untersuchung und Beurteilung von
Nahrungs- und Genussmitteln, tägl. ausser Sonnabend. —
Vorländer: Analytische Chemie, 2. — Roloff: Die Theorie
der elektrolytischen Dissoziation und ihre Anwendung auf die
chemische Praxis, 2. — Köthner: Über Atomgewichtsbe-
stimmungen, lg. —
Cantor: Ausgewählte Kapitel der Theorie der ellip-
298
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
tischen Funktionen, 2; Höhere Algebra, 4; Übungen des
mathematischen Seminars, 14 tg., 2 g, — Wangerin: Diffe-
rentialrechnung, mit Übungen, 5; Theorie der Raumkurven
und Flächen, 5; Analytische Mechanik II, 2; Übungen des
mathematischen Seminars, 14 tg., 2 g. — £berhard: In-
variantentheorie, 3; Höhere algebraische Kurven, 2 g. —
Grasemann: Analytische Geometrie der Ebene, mit Übungen,
3; Übungen zur technischen Mechanik, lg. — Buchhols:
Jacobis Untersuchungen zur Theorie der Bewegung der
Himmelskörper und über deren Bahn, 3. —
Technische Hochschule Hannover.
Dieterici: Experimentalphysik: Elektrizität und Magne-
tismus, 4; Mechanische Wännetheorie, 2; Arbeiten im Labo-
ratorium der Physik, 4. — Preoht : Photographieren, 2. —
Kohlrausoh : Grundzüge der Elektrotechnik, 3 ; Theoretische
Elektrotechnik, 4 ; Entwerfen von Dynamomaschinen und Trans-
formatoren (mit Heyck und Winkelmann), 2; Elektro-
technisches Laboratorium (mit Beckmann, Heyck, Winkel-
mann und Schtippel), I, 8, II, nach Übereinkunft, für
Maschineningenieure, 8. — Heim: Elektrische Anlagen II:
Centralanlagen, 3, Übungen, 2; Elektrische Bahnen, elektro-
technischer Teil, 2: Grundzüge der technischen Elektrolyse,
2; Elektrolytische Übungen, 4. — Beokmann: Praktische
Elektrotechnik für Anfanger I, i ; Elektrotechnische Messkunde
I, 2. — Tbiermann: Günstigste Anordnung elektrotech-
nischer Messungen und die Einflüsse der Fehler auf das
Resultat, i. — Franke: Wechsclstrommaschinen, 2. —
Frank: Maschinenorgane (mit Wegen er und Ryssel), 4,
Übungen, 7; Eisenbahnmaschinenbau (mit Ryssel), 3, übgn.,
3. — Frese: Ingenieurlaboratorium I (mit Aschof, Eibelt
und Heeri ng), i, Übungen, 8, 11, Übungen, 8; Theoretische
Maschinenlehre: Kinematik (mit Aschof), 4. — Troake:
Grundzüge des Maschinenbaues (mit Burkowitz), 3, Übgn.,
4 ; Grundzüge des Eisenbahnmaschinenbaues, 2 ; Fabrikanlagen
und Eisenbahnwerkstätten, Übungen, 3. — Klein: Allgemeine
Maschinenlehre II (mit Burkowitz), 4; Hebezeuge und
Pumpen(mitBurko witz), Übungen, 4;Wasserhaltungs-Förder-
und Gebläsemaschinen, 3, — v. Roessler: Maschinenzeichnen
(mit Aschof, Burkowitz und Wegen er), 3; Technologie
der Kunstgewerbe, 2; Spezielle Technologie II, 2; Fabrikations-
zweige der Textilindustrie, 3; Technolog. Praktikum, Übungen, 3.
Seubert: Grundzüge der Chemie, 6; Arbeiten im La-
boratorium der anorganischen Chemie (mit Eschweiler,
J anecke und Klapproth), tägl. ausser Sonnabend. —
Esohweiler: Massanalyse, 2. — Behrend: Physikalische
Chemie, 4; Atbeiten im Laboratorium der organischen Che-
mie (mit Keiser), tägl. ausser Sonnabend. — Ost: Chemische
Technologie II, 3 ; Untersuchungsmethoden, i ; Mineralöle und
Fette, 2; Übungen in der F21ektroanalyse (mit Koech), 6;
Arbeiten im Laboratorium der technischen Chemie (mit
Koech), tägl. ausser Sonnabend. — Wehmer: Die Gärungs-
organismen, I g\ Laves: Nahrungsmittelchemic, 2 g» —
Kiepert: Differential- und Integralrechnung II, 6, übgn.,
2; Analytische Geometrie der Ebene und des Raumes, 5,
Übungen, i. — Runge: Differential- und Integralrechnung
1, 3, Übungen, i, III, 5, Übungen, i ; Ausgewählte Kapitel
der Mechanik, 4. — Rodenberg: Darstellende Geometrie
(mit Peters, Ahlf und Weber), 3, Übungen, 6, I, 3, übgn.,
6. — Prandtl: Mechanik I, 4, Übungen, i. — Reüiherts:
Grundzüge der praktischen Geometrie (mit Petzold), Übgn.,
3; Planzeichnen (mit Petzold), 4; Geodäsie I (mit Petzold),
2, Übungen, 6; Grundzüge der astronomischen Ortsbestim-
mung mit Übungen (mit Petzold), 2. —
Universität Heidelberg.
Quincke: Experimentalphysik: Optik, Magnetismus,
Elektrizität, 5 ; Physikalisches Praktikum, 4 ; Praktische Übungen
und Anleitung zu wissenschaftlichen Untersuchungen im physi-
kalischen Laboratorium, tägl. ausser Sonnabend; Übungen
des physikalischen Seminars, lg. — Wolf: Meteorologie,
2 g\ Ausgewählte Kapitel der Geophysik: Ebbe und Flut,
Erdmagnetismus, lg. — Pockels : Einführung in die Mecha-
nik der nichtstarren Körper: Hydrodynamik, Elastizität, Akus-
tik, 3, Übimgen, i g\ Krystallphysik, 2. —
CurtiuB: Allgemeine Chemie II: Organische Experi-
mentalchemie, 5 ; Praktische Übungen und Anleitung zu wissen-
schaftlichen Untersuchungen, tägl. ausser Sonnabend; Chemi-
.sches Anfanger-Praktikum für Medizifier, 3; Einführung der
Mediziner in das praktische Studium der Chemie, i. —
Brühl: Anorganische Chemie mit Experimenten, 3; Prak-
tische Übungen, tägl. ausser Sonnabend; Medizinisch-chemi-
sche Übungen, tägl. ausser Sonnabend. — JannaAch: Ti-
trier-Analyse, 2; Ausmittelung der Gifte, 4; Gasanalytisches
Praktikum, 3. — Knoevenagel: Chemische Technologie
(organische Prozesse) mit Ausflügen, 2. — Bredig: Elektro-
chemie, 2; Kontaktchemie, die Lehre von den katalytischen
Erscheinungen in der wissenschafdichen und technischen
Chemie und in der Biologie, i. — Ejrafift: Anorganische
Chemie, 4; Praktisch- chemische Arbeiten und Übungen, tägl.
ausser Sonnabend. — Dittrloh: Chemie der Metalle, 2;
Chemisches Praktikum, tägl. ausser Sonnabend, a) ganztägig,
b) halbtägig (für Anfanger und Mediziner); Ferienkurse:
al Chemisches Praktikum, ganztägig, in den Osterferien im
März, nach Semesterschluss beginnend, in den Plerbstferien
von Mitte September bis Mitte Oktober, b) Chemisches
Praktikum für Mediziner dreiwöchentlich im März und Okto-
ber. — StoUd: Pharmazeutische Chemie I: Anoi^anischer
Teil, i; Qualitative Analyse, 2; Chemie der heterocyklischen
Verbindungen, 2. — Klages: Chemie der Kohlehydrate, i.
— Mohr: Pyridinderivate und Alkaloide, 2. —
Koenigeberger: DifTerendal- und Integralrechnung, 4;
Theorie der Linien und Flächen, 4; Mathematisches Unter-
und Ober-Seminar, 2. — Valentiner: Sphärische Astronomie,
3; Allgemeine Astronomie, 2; Ausgewählte Kapitel aus der
Stellar-Astronomie II, i. — Cantor: Analytische Geometrie
der Ebene, 4; Arithmetik und Algebra (für Kämeralisten), 3.
— F. £ieenlohr: Wahrscheinlichkeitsrechnung, 3; Mechanik,
4. — Koehler: Sjmthetische Geometrie der Ebene, 3. —
Landsberg: Theorie der Determinanten, 2; Zahlentheorie,
2. — Boehm: Ausgewählte Kapitel der höheren Mechanik:
Kreiselbewegung, verborgene Bew^ung, eventuell rollende
Bewegung, i oder 2. —
Universiät Jena.
Winkelmann : Experimentalphysik I : Allgemeine Physik,
Optik, 5 ; Physikalisches Praktikum, a) für Physiker, 6, b) für
Mediziner, 4, c) für Chemiker, 4; Leitung physikalischer
Spezialuntersuchungen, tägl. — Abbe: Wird nicht lesen. —
Auerbach: Theorie der Elektrizität und des Magnetismus,
4; Absolute Maasse, lg. — Straubel: Geophysik 11, 2. —
Knorr: Allgemeine Experimentalchemie I: Anorganischer
Teil, 5; Chemisches Praktikum (mit Wolff, Duden und
Rabe), a) Vollpraktikum, tägl., b) Halbpraktikum, tägl.,
c) Medizinerpraktikum, 3, d) Anleitung zu wissenschaftlichen
Arbeiten, tägl. ^. — Wolflf: Massanalyse, 2 ; Elektrolyse und
elektrolytisches Praktikum, 2. — Duden: Die modernen
Theorien der Chemie, 1. — Qaenge: Gerichtliche Chemie,
i^ Praktische Übungen in der Verwendung optischer Instru-
mente zu chemischen Untersuchungen, 2 g. — Matthes:
Pharmazeutische Chemie I, 2; Untersuchung und Beurteilung
der Nahrungs- und Genussmittel, tägl. — Habe : Gasanalysc, i . —
Thomae: Elliptische Funktionen, 4; Projektive Geo-
metrie, 2 ; Anwendungen elliptischer Funktionen, lg. — Guts-
mer: Analytische Geometrie der Ebene, 4; Variationsrechnung
3; Die geschichtliche Entwickelung der Analysis, i ^. — Frege
Differential- und Integralrechnung mit Übungen, 5. — Knopf
Zeit- und Ortsbestimmung mit praktischsn Übungen auf der
Sternwarte, 4; Übungen im wissenschaftlichen numerischen
Rechnen, 2 g\ Prinzipien der Himmelsmechanik in gemeinfass-
licher Darstellung, i^. — Rau: Darstellende Geometrie, 4,
Übungen, 2 g. —
Universität Innsbruck.
Csermak : Experimentalphysik : Akustik, Optik, 5; Prak-
tische Übungen für Mediziner, 2, für Vorgeschrittene, tägl. g.
— £ixner: Mathematische Physik: Optik, Magnetismus, Elek-
trizität, 5 ; Seminar für mathematische Physik, lg, — Hada-
koviö: Theorie der dioptrischen Instrumente, 2; Praktische
Übungen im Laboratorium für Anfanger, 6. — Tollinger:
Die physikalischen Eigenschaften der Milch und deren Be-
deutung für die Praxis, 2. — Hammerl: Elektro teclmik II-
über Wechselstrommaschinen, Motoren und
ren, 2. —
Senhofer: Allgemeine Chemie far L<
und Mediziner II: Organische Chemie, 5;
in analytischer und pharmazeutischer Ch(
Anleitung zu analytisch-chemischen Ui
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
299
zincr, 6^; Pharmazeutische Chemie, 5. — Hop^artner:
Chemie einiger wichtiger Metalle, i. — Zehenter: Chemi-
sche Technologie, 2. —
«" Otto Stolz: Reelle Differential- und Integralrechnung,
4; Arithmetik II: Die komplexen Zahlen, und Einleitung in
die allgemeine Funktionentheorie, 3. — WirUnger: Algebra-
ische Funktionen und ihre Integrale, 5 ; Mathematisches Semi-
nar, 2 g. — Zindler: Über Differentialgleichungen, 3; Aus-
gewählte Abschnitte der, Elementarmathematik (auch für
Naturhistoriker), 2; Mathematisches Seminar, lg. — v. Op-
polser: Wahrscheinlichkeitsrechnung und ihre Anwendung,
2; Übungen in der Zeitbestimmung, 2; Theorie der astrono-
mischen Refraktion, i. —
Technische Hochschule Karlsruhe.
Ijehmanii: Experimentalphysik, 4; Physikalisches Semi-
nar, in unmittelbarem Anschluss an die Vorlesung (mit Sieve-
king\ x; Physikalisches Repetitorium (mit Sicveking), i;
Physikalisches Laboratorium, 6; Elektrizität und Licht, i. —
Arnold : Gleichstrom technik, 2 ; Wechselstromtechnik, i ;
Übungen im Konstruieren elektrischer Maschinen und Apparate,
4; Elektrische Licht- und Kraftanlagen, 3; Elektrotechnisches
Laboratorium I (mit Schleiermacher und Teichmüller), 4
Nachm., II, 2 Nachm. — Meidinger: Ältere Anwendungen der
Elektrotechnik (Blitzableiter, Galvanoplastik, Telegraphie, Tele-
phonic), 2; Praktikum für Ventilationsanlagen, i. — Schleier-
macher: Grundlagen der Elektrotechnik und Messkunde, 2;
Theoretische Elektrizitätslehre, 4 ; Photometrie, i. — Teich-
müller: Entwerfen von Leitungsanlagen, Übungen, 2; Theorie
und Messung der Wechselströme, 3; Elektrische Leitungen
(ausgewählte Kapitel), 2. — BragBtad: Elemente der Elektro-
technik, 2. — N. N.: Allgemeine Theorie der Wellen, 2;
Elektromagnetische Lichttheorie. 2. —
Bunte: Chemische Technologie I: Baumaterialien, Glas,
Keramik etc., 2, II: Chemische Grossindustrie, 2; Übungen
in der technischen Analyse (mit Eitner), ftir Chemiker, 4,
fiir Maschineningenieure, 3; Gaschemische Übungen (mit
Haber), 2; Arbeiten im chemisch-technischen Laboratorium,
5 ganze Tage. — Sngler: Organische Experimentalchemic,
4; Chemisches Kolloquium, i; Theoretische Chemie, i; Che-
misches Laboratorium, 5 ganze Tage. — Le Blanc: Thermo-
chemie, 2; Wissenschaftliche Grundlagen der analytischen
Chemie, i ; Physikalisch-chemisches und elektrochemisches
Laboratorium, 5 ganze Tage. — Dieokhoff: Pharmazeutische
Chemie, 2; Gerichtliche Chemie, i; Analytische Chemie, i.
— Sitner: Methoden der technischen Analyse, 2. — Haber:
Spezielle technische Elektrochemie mit Demonstrationen, 3;
Chemische Technologie der Faserstoffe II: Bleicherei, Fär-
berei, Druckerei, 2, Übungen, 2. — Käst: Technologie der
edlen Metalle mit Übungen in der Probierkunst, i, Übungen,
3. — Rupp: Chemische und mikroskopische Untersuchung
der Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände, Übungen, 2.
— Scholl: Chemie der Benzolderivate I und II, 2. —
Haussner: Synthetische Geometrie I und 11,3. — Heun:
Theoretische Mechanik I und II, 5 ; Behandlung von Problemen
der theoretischen Mechanik, 2. — Schröder: Höhere Mathema-
tik II, 2. — Schur: Darstellende Geometrie I und 11,4, Übungen,
4; Übungen in Perspektive, 3. — Wedekind: Höhere Mathe-
matik I: Infinitesimalrechnung (Differential- und Integral-
rechnung). 4, Übungen, 2; Analytische Geometrie, 2. —
IMsteli : Projektionslehre, 2, Übungen, 2 ; Elemente der höhe-
ren Mathematik, 4, Übungen, i. — Orsinger: Repetitorium
der Elementarmathematik, 2, Übungen, 3; Ausgewählte Ka-
pitel der Arithmetik, 2. — Haid: Geodätisches Praktikum
II, für Ingenieure, Forststudierende und Geometer, 2 Nach-
mittage, HI, für Ingenieure, i Nachmittag; Elemente
der praktischen Geometrie und Vermessungsiibungen flir
Maschineningenieure und Architekten, 2, Übungen, i Nach-
mittag; Grössere Vermessungsübung, 2 Wochen. — Kriemler:
Technische Mechanik, 4, Übungen, 2. — Benoit: Pumpen
und Gebläse, 2 ; Elektrische und hydraulische Hebezeuge, 2 ;
Hebemaschinen, 3; Maschinenkonstruieren I und II, für Stu-
dierende des Maschinenwesens, 6, der Elektrotechnik, 3;
Maschinenzeichnen, Übungen, 2. — Brauer: Festigkeitslehre,
5, Übungen, 2; Hydraulik, 3; Mechanisches Laboratorium, i,
Übungen, 3. — Grassmann: Dampfmaschinenbau, 4; Maschi-
nenkonstruieren I und II, für Studierende des Maschinenwesens,
6. fiir Studierende der Elektrotechnik, 3. — Keller: Maschinen-
elcmentc, 3; Maschinenkonstruieren (TrielAverke etc.), für
Studierende des Maschinenwesens, 8, der Elektrotechnik, 6,
des Ingenieurwesens, 4; Lokomotivbau, 3. — Lindner :
Maschinenkunde, 3; Maschinenfabrikation, 2; Mechanische
Technologie, 2 ; Technisches Zeichnen für Chemiker, Übungen,
2; Technologische Exkursionen. —
Universität KieL
Weber: Thermodynamik, 4; Meteorologie, i g\ Physi-
kalische Technologie mit besonderer Berücksichtigung des
Eisenbahnwesens, für Juristen, i ; Ausgewählte physikalische
Messungen und Untersuchungen, tägl. ausser Sonnabend;
Physikalisches Kolloquium, 2. — Lenard: Experimental-
phjrsik: Optik, Elektrizität, Magnetismus, 4; Praktische Übungen
fiir Anfanger, zugleich für Chemiker, Mediziner, Pharmazeuten,
7; Wissenschaftliche Arbeiten Fortgeschrittener, tägl. ausser
Sonnabend; Besprechungen physikalischer Fragen, I ^. —
Claisen: Anorganische Experimentalchemic (die Nicht-
metalle), 5; Chemisches Praktikum, in der anorganischen Ab-
teilung (mit Biltz), tägl. ausser Sonnabend, in der organischen
Abteilung, tägl., fiir Mediziner, 4. — Rügbeimer: Pharmazeu-
tische Chemie (organischer Teil), 3; Einführung der Mediziner in
das praktische Studium der Chemie, 3;, g, — Biltz: Analytische
Chemie, 2; Chemische Untersuchung von Nahrungs- und Ge-
nussmitteln, 2, Exkursionen hierzu,^. — Emmerling: Agri-
kulturchemie, lg. — Berend: Übersicht über die organischen
Farbstoffe, i. — Stoehr: Alkaloide, I. — Feist: Tauto-
merie, i ; Besprechung neuerer Arbeiten auf dem Gebiete der
organischen Chemie (3. Serie), I4tägg., g, —
Fochhammer : Analytische Geometrie des Raumes, 4;
Ausgewählte Kapitel aus den partiellen Differentialgleichungen,
4; Übungen im mathematischen Seminar, i ^. — Harzer:
Ausgewählte Kapitel aus der Mechanik des Himmels, 3; Astro-
nomische Übungen, lg. — Stäokel: Differentialrechnung
und Einleitung in die Analysis, 4; Algebraische Kurven und
Flächen, 4; Abels Leben und Werke, i g\ Übungen im mathe-
matischen Seminar (über Abels algebraische Abhandlungen),
lg. — Kreutz: Sphärische Astronomie II, 3; Fixstemkunde,
lg. — Weinnoldt: Darstellende Geometrie, 6. —
Universität Königsberg.
Pape: Über einige Erscheinungen der elektrischen In-
duktion, I g\ Experimentalphysik I: Allgemeine Physik und
Wärmelehre, 5; Physikalisches Praktikum. — Volkmann:
Einführung in das Studium der theoretischen Physik: Analy-
tische Mechanik, 4, Übungen, i g\ Physikalisch-praktische
Übungen, 6. —
Lossen: Repetitorium der Chemie, i g\ Organische Ex-
perimentalchemic, 5 ; Chemisches Praktikum im Laboratorium,
tägl.; Kleines chemisches Praktikum. — EUinger: Spektral-
analyse, I g\ Organische Chemie, 4; Quantitative Analyse
(ausschliesslich der Massanalyse), 2; Übungen im Laborato-
rium, tägl. ausser Sonnabend. — Blochmann: Analytische
Methoden der Technik, i g\ Einleitung in die Teerfarben-
industrie, 2. — LÖwenherz: Die chemischen Reaktionen
vom Standpunkte des Gesetzes der Massenwirkung, i g\ Ein-
leitung in die anorganische Chemie, für Chemiker und Medi-
ziner, 2 ; Elektrochemische und physikalisch-chemische t'l>ungen
und Arbeiten, g. — Kippenberger: Angewandte Elektro-
chemie, 2 g\ Massanalyse, i ; Repetitorium der analytischen
Chemie, 1. —
Struve: Übungen an den Instrumenten der Sternwarte,
g\ Theorie der speziellen Störungen (für Fortgeschrittene),
I g\ Bahnbestimmuug der Planeten und Kometen, 3. —
Meyer: Differentialrechnung, 3, Übungen, i g\ Höhere Al-
gebra I, 4; Mathematisches Oberseminar, I ^. — Schoen-
flies: Elliptische Funktionen, 4; Übungen im mathemalisch-
physikalischen Seminar, 2 g. — Saalschutz: über die
Bernoullischen Zahlen, hauptsächlich in zahlentheoretischer
Beziehung, 2 g\ Theorie der bestimmten Integrale, 4. —
Cohn: Geodäsie, 3. — Vahlen: Minimalflächen, 2; Geo-
metrische Konstruktionen, i ^. — Müller: Analytische Geo-
metrie der Ebene und des Raumes, 4, Übungen, i g\ Tech-
nische Mechanik: Festigkeitslehre, 2. —
Universität Leipzig.
Wiener: Experimentalphysik!: Mechanik, Wärme, Schall,
5; Selbständige physikalische Arbeiten für Vorgeschrittene,
tägl.; Physikalisches Praktikum, 9; Physikalisches Kolloquium
(mit Bolt/mann), 2 g. — Boltzmann: Gastheoric, 5; Theo-
300
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
retisch-physikalische Übungen, i g. — v. Oettingen: Har-
monielehre auf akustischer Grundlage, i ^. —
Wislicenus: Anorganische Experimentalchemie, 6; Che-
misches Praktikum, für Geübtere (mit Stob be undRassow),
tägl., ftlr Analytiker, tägl. ; Chemisches Halbpraktikum, tägl.
ausser Sonnabend. — Ostwald: Chemisches Praktikum, ganz-
und halbtägig, tägl.; Physikalisch-chemisches Praktikum, ganz-
und halbtägig, tägl. ; Besprechung wissenschaftlicher Arbeiten,
\ g, — Beckmann: Organische Chemie mit besonderer Be-
rücksichtigung ihrer Anwendung, 5; Chemisches Praktikum,
ganz- und halbtägig, tägl.; Arbeiten auf dem Gebiete der
Nahrungsmittel-Chemie, tägl. ; Pharmazeutisch-toxikologisches
Praktikum, halbtäg., tägl. — Weddige: Technische Chemie,
mit Exkursionen, 2. — Stobbe: Organische Experimental-
chemie II: Die aromatischen Verbindungen, 3. — Wagner:
Technik der Experimentalchemie mit Berücksichtigimg von
Schulversuchen, i ; Chemisches Praktikum für Lehrer (Analyse
und Schulversuche), tägl. — Rassow: Chemische Techno-
logie (Brenn- und Leuchtstoffe, ausgewählte anorganische Be-
triebe), mit Exkursionen, 2; Metallurgie mit Exkursionen, 2.
— Luther: Stöchiometrie, 3. — Bodenatein: Chemie der
extremen Temperaturen, 2. — Henze: Qualitative Ana-
lyse, 2. —
Soheibner: Liest nicht. — Neumann: Konstruierende
Geometrie, insbesondere über Kegelschnitte, 4; Mathematisches
Seminar, 2 g. — Bruns: Theorie der astronomischen Instru-
mente, 4; Seminar für wissenschaftliches Rechnen, 2 g\ Prak-
tische Übungen auf der Sternwarte (mit Peter), ^. — Mayer:
Wird noch ankündigen. — Holder: Allgemeine Theorie der
Funktionen einer komplexen Veränderlichen, 4; Zahlentheorie,
2; Mathematisches Seminar: Übungen in Funktionentheorie,
I ^. — Sngel: Anwendung der Differential- und Integral-
rechnung auf Geometrie (Kurven und Flächen), 4, Übungen,
1 g; Einführung in die Theorie der Transformationsgruppen,
mit Übungen, 2; Transformationsgruppen und Invarianten-
theorie, für Fortgeschrittene, i, Übungen, lg. — Peter:
Theoretische Astronomie (Kometen- und Planetenbahnen), 3;
Praktikum in astronomischen Ortsbestimmungen f^ Geogra-
phen, g. — Hausdorff: Gewöhnliche Differentialgleichungen,
4; Nichteuklidische Geometrie (Fortsetzung), 2; Übungen in
gewöhnlichen Differentialgleichungen, i g. — Ijiebmann:
Analytische Geometrie der Ebene, 4, (Zungen 1 g\ Graphi-
sche Statik, 2. —
Universität Marburg.
Rioharz: Experimentalphysik: Mechanik, Akustik, Optik,
5; Physikalisches Kolloquium (mit Feussner\ 2; Physi-
kalisches Praktikum (mit Feussner), 6; Leitung selbständiger
Untersuchungen, tägl. — Feussner: Analytische Mechanik,
4; Ausgewählte Abschnitte der theoretischen Optik, 2. —
Zincke: Allgemeine Chemie I: Anorganische Chemie
für Chemiker und Mediziner, 6; Repttitorium für Mediziner
über organische Chemie, i ; Praktische Übungen in der all-
gemeinen und analytischen Chemie, sowie selbständige chemi-
sche Arbeiten (mit Schenck), tägl. — B. Schmidt: An-
organische Chemie mit besonderer Berücksichtigung der
Pharmazie und Medizin, 6; Über Prüfung der Arzneimittel, i;
Praktische Übungen in der analytischen und forensischen
Chemie, sowie in der Untersuchung der Nahrungs- und Ge-
nussmittel (mit Fritsch und Gadamer). — Fittica: Theo-
retische Chemie, 2; Neuere Geschichte der Chemie, i. —
Fritsch: Qualitative Analyse, i; Pyridinderivate, i. —
Schaum: Physikalisch-chemisches Praktikum, 3; Spektral-
analytisches Praktikum, 2. — Qadamer: Technologie der
Nahrungs- und Genussmittel, 2 ; Prüfung der galenischen Prä-
parate (D. A. B. IV.), lg. — Schenck: Elektrochemie, 2;
Einführung in die ersten Arbeiten im Laboratorium und in
die analytische Chemie, 2. —
Schottky: Theorie der krummen Linien und Flächen,
4; Allgemeine Funktionen-Theorie, 4; Mathematisches Seminar,
2 g. — Hess: Differentialrechnung, 5; Ausgewählte Kapitel
der Geometrie, 3; Übungen des mathematischen Seminars, 3.
— V. Dalwigk: Theorie der Kegelschnitte, 4; Einführung
in die Geodäsie mit praktischen Übungen, i^a.?"- —
Universität München.
Röntgen: Experimentalphysik II, 5; Praktische ('bungen |
mit Graetz und Zehnder), 4; Anleitung zu selbständigen
Arbeiten, tägl. ; Physikalisches Kolloquium, 2 g. — Qraets :
Einleitung in die theoretische Physik, 4 ; Theorie des Lichtes,
3; Physikalisches Praktikum (mit Röntgen), 4. — Zehnder:
Kapitel aus der angewandten Physik, 2. — Erk: Wird später
ankündigen. — Donle: Doppelbrechung und damit zusammen-
hängende Erscheinungen, 2. —
V. Baeyer: Organische Experimentalchemie, 5; Prak-
tische Arbeiten (mit K. Hof mann undPiloty in der unorga-
nischen Abteilung, mit Königs in der organischen Abteilung),
tägl. ausser Sonnabend, ganz- oder halbtägig; Chemisches
Praktikum für Mediziner (mit Piloty), 4. — Hilger: Phar-
mazeutische Chemie II, 4; Forensische Chemie, i^; Die wissen-
schaftlichen Grundlagen der Nahrungsmittelchemie 11: Vege-
tabilische Nahrungsmittel, Gebrauchsgegenstände, Wasser, i ;
Chemisches Praktikum: Arbeiten auf dem Gesamtgebiete der
angewandten Chemie, s|>eziell der Nahrungsmittel — physio-
logische Chemie und elektrochemische Arbeiten (mit Wein-
land), halb- und ganztägig; Spezialkursus fiir Studierende
der Pharmazie, V2 Tag. — Königs: Pyridinderivate, lg. —
K. Hoftnann: Spezielle unorganische Experimentalchemie:
Alkalimetalle, Erdalkalien und Schwermetalle, I, für Anfanger
und Vorgeschrittene, 3; Praktikum für Gasanalyse, 4 ; Prakti-
kum für Spektralanalyse, 2. — Piloty: t^'ber massanalytische
Methoden, 2; Elektrolytisches Praktikum, 4 — 5 wöchentliche
Kurse, ganztägig. — Willstätter: Über die Entwicklung der
organischen Chemie in den letzten Dezennien, i. — IMeck-
mann: Geschichte der Chemie seit Lavoisier, i g. — "Wein-
land: Prüfung und Wertbestini mung der Arzneimittel nach
dem deutschen Arzneibuch I. (Anorganischer) Teil, i g\
Übungen im Labore toriura für angewandte Chemie. —
Ijindemann : Integralrechnung, 5; Theorie der Sub-
stitutionen und der höheren algebraischen Gleichungen, 4;
Mechanik deformierbarer Körj>er, 2; Mathematisches Seminar,
lg. — Seeliger: Theorie der Figur der Himmelskör^^er
(Fortsetzung), 3; Praktisch-astronomische Übungen an den
Instrumenten der Sternwarte, g. — Pringsheim: Aus-
gewählte Kapitel aus der Theorie der analytischen Funktionen,
4; Fouriersche Reihen, 3. — Brunn: Elemente der höhe-
ren Mathematik, für Studierende aller Fakultäten, 4, —
Döhlemann: Darstellende Geometrie II: Axonometrie, Per-
spektive, 2, Übungen, 2; Ausgewählte Kapitel aus der neueren
Geometrie: Räumliche Gebilde, 3. — Anding: Elemente
der Astronomie, 2. — Bd. V.Weber: Analytische Geometrie
des Raumes, mit Übungen, 5; Theorie und Anwendung der
Determinanten, 3. — Kom: Analytische Mechanik, 4 ; Kapil-
laritätstheorie, I g. — Gottler: Allgemeine Theorie der alge-
braischen Kurven, 3; Repetitorium und Übungen für die
Kandidaten des I. mathematischen Examens, 4. —
Technische Hochschule München.
Ebert: Experimentalphysik II: Magnetismus, Elektro-
magnetismus, Induktion, Optik, 4; Physikalisches Praktikum,
4 oder 8; Anleitung zu wissenschaftlichen Untersuchungen auf
dem Gebiete der Physik, 48. — Fischer : Mathematische Behand-
lung der Elektrizität und des Magnetismus, 2 ; Physikalische Mes-
sungen und Messinstrumente (zur Vorbereitung für das physika-
lische Praktikum), i ; Experimentelle Akustik. — Knoblauch :
Thermische Messmethoden mitÜbungen. — FÖppl : Praktikum im
mechanisch-technischenLaboratorium,2 ; TechnischeMechanik I :
Einführung in die Mechanik, 4, IV: Dynamik, 3. — Emden:
Hydrodynamik mit Berücksichtigung der Wirbelbewegungen,
3. — Edelmann: Physikalische und elektrotechnische Übgn.
filr Vorgeschrittene; Photographie mit besonderer Berücksich-
tigung der photographischen Vervielfaltigungs- und Lichtpause-
verfahren. — Voit: Augewandte Physik: Heizung, Ventilation,
Akustik der Gebäude, Blitzableiter, Übungen, 2; Elektrotechnik
fiir Maschineningenieure und Chemiker, 3, Übungen, 2; Theorie
und Konstruktion der Messinstrumente und Elektrizität^rähler,
2. — Heinke: Grundzüge der Elektrotechnik för Elektro-
ingenieure II, 3, Übungen, 2; Elektrotechnische Messkunde II,
2; Elektrotechnisches Praktikum I: Messtechnik und Photo-
metrie, 4 ; Elektrische Arbeitsübertragung und Centralanlagen,
2, Übungen, 4. — Ossanna: Starkstromtechnik, 2; Elektro-
technisches Praktikum II: Messungen an Maschinen, Gleich-
richtern und Transformatoren, 4; Konstruktionslehre der
Gleichstrommaschincn, 2; Entwerfen von Wechsel- und Gleich-
stromkonstruktionon, 4; Theorie des allgemeinen Transforma-
tors mit Anwcnfjung auf den Induktionsmotor und auf den
statischen Transformator. — Qlelchmann: Theorie und
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 13.
301
Konstruktion der Schalt- und Regulierapparate, sowie Kosten-
berechnung von Maschinen und Apparaten, 2; Elektrische
Strassen- und Vollbahnen, i. — UltSCh: Konstruktionslehre
der Maschinenteile IT, 4; Entwerfen von Maschinenteilen II,
filr Maschineningenieure, 8, für Elektroingenieure, 6; Kon-
stniktionslehre der Arbeitsmaschinen II, 2; Entwerfen von
Arbeitsinaschinen II, 6; Allgemeine Maschinenlehre, 4. —
V. IjOBSOW: Entwerfen von Wasserkraftmaschinen, für Ma-
schineningenieure, 8, für Elektroingenieure, 4; Entwerfen von
Dampfkesseln, 2. — Ii3nien: Konstruktionslehre der Dampf-
maschinen, 6 ; Konstruktionslehre der Eisenbahnmaschinen, 2 ;
Entwerfen von Eisenbahnmaschinen, 2. — Schröter: Theo-
retische Maschinenlehre I u. II, 4, Praktikum, 2. — v. Hoyer:
Mechanische Technologie II, 5 ; Ausgewählte Kapitel aus der
mechanischen Technologie: Mühlenanlagen, 2. — Sohmid:
Allgemeine Maschinenlehre IL —
Alutbinann: Allgemeine Experimentalchemie einschliess-
lich der Grundzüge der organischen Chemie, 5; Chemisches
Praktikum im analytischen und elektrochemischen Laboratorium,
10 bis 30; Spezielle Arbeiten auf dem Gebiete der unorga-
nischen Chemie und der Elektrochemie, 30. — Schultz: Or-
ganische Chemie, 5; Chemisches Praktikum im organischen
Laboratorium, 20 bis 30; Chemische Technologie III,
4, Praktikum 20 bis 30. — Sibner: Über Pyridin-
und Chinoliuderivate, i. — Bhode: Ausgewählte Kapitel
aus der organischen Chemie mit Berücksichtigung der
Tageslitteratur, I. — Ijipp: Analytische Chemie der Metalle
und Metalloide nebst Gewichts- und Massanalyse I, 4; Brenn-
materialien und Feuerungsanlagen mit Einschluss der tech-
nischen Gasanalyse II, I ; Übungen in der technischen Gas-
analyse, 3. — Hofer: Elektrochemie 11, 3. — Iiintner:
Chemie der Nahrungs- und Genussmittel, 2 ; Gärungschemisches
Praktikum, 30; Technologie und Warenkunde I: Anorganische
Waren, 2. — Baur: Die chemischen Vorgänge in der Photo-
graphie, —
V. Braunmühl: Algebraische Analysis und Trigonometrie,
4^ Übungen, i ; Anwendung der elliptischen Funktionen auf
geometrische und mechanische Probleme, 2; Mathematisch-
historisches Seminar, i . — v. Dyck : Höhere Mathematik II,
4, Übungen, 2; Anwendungen der Differentialrechnung auf
Raumgeometrie, 4; Mathematisches Seminar (Kolloquium)
(mit Finsterwal der), 2. — Burmester: Darstellende Geo-
metrie, 4, Übungen, 4; Kinematik, 3. — M. Schmidt: Vermes-
sungskunde II, 4, Praktikum, 4 oder 8; Hauptvermessungs-
übungen, I oder 2 Wochen ; Katastermessungen, 3, Praktikum
IV, 10; Kartierungsübungen, 4. — Hohenner: Repetitorium
Über die Lehre von den geodätischen Messinstrumenten, 2. —
Andlng: Elemente der Astronomie, 2. — Finsterwalder :
Vektoranalysis ; Geometrisches Seminar für Anfanger mit
Zeichen- und Modellierübungen für Studierende der Mathe-
matik, 2. —
Akademie Münster.
Hittorf: Liest nicht. — Heydweiller: Experimental-
physik I: Allgemeine Physik, Wärmelehre, 4; Theorie des
Magnetismus und der Elektrizität, 2; Physikalische Übungen,
3 oder 6; Wissenschaftliche Untersuchungen im physikalischen
Institut, tägl. ; Physikalisches und physikalisch- chemisches
Kolloquium, 2 g. —
Salkowski: Organische Chemie I, 4; Die Leichtmetalle,
2 g\ Praktische Übungen und Leitung wissenschaftlicher Ar-
beiten, 30. — Könige : Analytische Chemie: Metalloide, i;
Hygiene, 2 g\ Übungen im agrikulturchemischen Laboratorium ;
39^''. — Kasener: Pharmazeutische Chemie: Anorganischer
Teil, mit Demonstrationen und Experimenten, 4; Ausgewählte
Kapitel der chemischen Technologie mit besonderer Berück-
sichtigung der Glasindustrie und Keramik, i ; Pharmazeutisch-
chemische und toxikologische Übungen im Laboratorium;
Darstellung chemischer Präparate, 35 ; Toxikologie, \ g, —
Reinganum: Grundzüge der physikalischen Chemie, 2. —
Killing : Analytische Geometrie I, 3 , Übungen, ig. —
Analytische Mechanik I, 4; Variationsrechnung, 2; Übungen
des mathematischen Oberseminars, 2 g. — v. Ijilienthal :
Differential- und Integralrechnung I, 4; Einleitung in die
Differentialgeometrie, 4; Übungen des mathematischen Unter-
Seminars, I g. — Dehn: Funktionentheorie, 4; Übungen zur
darstellenden Geometrie, lg. —
Universität Prag.
Leoher: Experimentalphysik II, mit Berücksichtigung
der Mediziner, 5 ; Anleitung zu selbständigen Untersuchungen,
^äg^' S' — V. Oeitler: Physikalisches Praktikum II, a) für
Physiker und Mathematiker, 6, b) für Chemiker und Natur-
historiker, 3; Theorie des Wechselstromes, i. — Lippich:
Gastheorie, 3; Theorie der Kapillarität, 2. — Spitaler: All-
gemeine Meteorologie III: Hydrometeore und Wetterprognose,
2; Kosmische Spektralanalyse, 2. —
Qoldsohmiedt: Organische Chemie fUr Philosophen,
Mediziner und Pharmazeuten, 5; Chemische Übungen, ganz-
tägig (filr Mediziner, halbtägig), tägl. ausser Sonnabend; An-
leitung zu wissenschaftlichen Untersuchungen, tägl. ausser
Sonnabend, g. — Qintl: Anleitung zur Ausführung gericht-
lich-chemischer Untersuchungen mit praktischen Übungen,
für Lebensmittel-Chemiker, 4. — Brunner: Chemie der
menschlichen Nahrungs- und Genussmittel, 3. — v. Garza«
rolli: Massanalyse mit Demonstrationen, 2; Nachweis an-
organischer Gifte. I. — Meyer: Stereochemie, i. — Kirpal:
Chemische Tagesfragen, i. —
Pick: Algebraische Gleichungen, 3; Algebraische Funk-
tionen (Fortsetzung), 2. — Gmeiner: Differential- und Inte-
gralrechnung (Fortsetzung), 4; Einleitung in die Theorie der
Funktionen komplexer Veränderlicher, i. — Weinek: Theorie
der astronomischen Instrumente I, 3; Praktisches Beobachten,
2; Über Finsternisse und Stembedeckungen, i. — Oppenheim:
Elemente der Mondbewegung, 2. —
Technische Hochschule Prag.
V. Qeitler: Physik: Wellentheorie, Akustik, Optik, 5;
Optische Instrumente, Spektralanalyse, Sacharimeter, 2. —
Puluj: Allgemeine Elektrotechnik: Elektromotoren für Gleich-
und Wechselströme, elektrische Bahnen, 2 ; Spezielle Elektro-
technik: Elektrische Centralen fiir Beleuchtung und Kraftüber-
tragung, Berechnung der Leitungsnetze, 2 ; Ausgewählte Kapitel
der Wechselstromelektrotechnik, i. — Pichl: Klimatolo-
gisches Praktikum, I. — Doerfel: Maschinenlehre: Dampf-
maschinen, Dampfkessel, hydraulische Motoren, 5, Konstruk-
tionsübungen, 6; Maschinenlehre: Ausgewählte Kapitel, 2;
Maschinenbau II, 2, Konstruktionsübungen, 4. — Stark:
Materialienlehre, I ; Encyklopädie der Mechanik I, 2 ; Gra-
phische Statik, 2, Konstruktive Übungen, 2; Mechanik 11:
Elastizitäts- und Festigkeitslehre, 4, Repetitorium, i, III:
Hydrostatik und Hydraulik, 3. — Schiebel: Maschinenbau
I und 2, Konstruktive Übungen, 4, II, 2, Konstruktionsübgn.,
7; Allgemeine Maschinenkunde, 3. — Baudiss: Maschinen-
bau II, 4, Konstruktionsübungen, 6 ; Maschinenbau, ausgewählte
Kapitel, 2.
Qintl: Allgemeine Experimentalchemie, spezielle Chemie
der Elemente II, 5; Praktische Übungen in der Ausführung
chemischer Operationen und Darstellung von Präparaten, 6;
Analytische Chemie (qualitative), Repetitorium, 2 ; Analytische
Chemie (qui^ntitative), 2, Übungen, 24; Spezielle Kapitel der
organischen Chemie, l ; Praktische Photographie und Übgu. ;
Anleitung zur Ausführung wissenschaftlicher Untersuchungen
für Geübtere (mit Storch); Chemie der Nahrungs- und Ge-
nussmittel, 3, Übungen, 6. — Storoh: Chemie der Metalle
und technische Metallgewinnung, 2 ; Massanalyse und chemische
Arithmetik, i ; Physikalische Chemie : Elektrochemie, 3 ; Theo-
rie der cyklischen Verbindungen, 2. — Czapek: Agrikultur-
chemie, 3- —
Weiss: Mathematik I, 6, Repetitorium, 2; Elemente der
höheren Mathematik, 2, Repetitorium, i ; Übungen aus der
Integralrechnung, i ; Analytische Mechanik, 2. — Grünwald :
Mathematik II (Fortsetzung), 3, Repetitorium, i ; Differential-
gleichungen und deren Anwendung auf Geometrie und Mecha-
nik, 2. — Janisch: Darstellende Geometrie, 4, Übungen, 8;
Das Nullsystem und der lineare Komplex, i ; Ausgewählte
Kapitel aus der darstellenden Geometrie, i. — Ruth: Ele-
mente der niederen Geodäsie, Übungen, 2; Niedere Geodäsie
I, Übungen, 2, IL 4V21 Übungen, 4; Grundzüge der sphärischen
Astronomie, 3, Übungen, 2; Anwendungen der Geodäsie auf
Kulturtechnik 2, Übungen, 2; Geodätisches Rechnen, Übun-
gen, 2. —
Universität Rostock.
Matthiessen: Experimentalphysik 1: Allgemeine Physik,
Mechanik, Optik, 5 ; Mathematische Geographie und populäre
302
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 13.
Astronomie, 2; Physikalisches Seminar, 2; Kleines physikali- 1
sches Praktikum für Mathematiker, Mediziner, Chemiker und
Pharmazeuten, 12; Grosses physikalisches Praktikum fiir Ge- 1
übtere (mit Wachs muth), tägl. — Waohsmuth: Elektro- |
magnetische Lichttheorie, 3; Einleitung in das physikalische ^
Praktikum mit Demonstrationen, 2 ; Physikalisches Kolloquium |
(mit Kümmel 1), 14 tägg., 2. —
Michaelis: Anorganische Chemie, 5; Chemische Übungen
im Laboratorium: a) Grosses Praktikum, tägl. ausser Sonn-
abend, b) Kleines Praktikum, 9, c) Übungen fUr Mediziner, 4,
für Nahrungsmittelchemiker, 2. — Heinrich: Ausgewählte
Kapitel aus der Agrikulturchemie, 2, Agrikulturchemisches
Praktikum, tägl. — Stoermer : Massanalyse, i ; Aromatische
Verbindungen, 4; Methodik der organischen Synthese, 3. —
Kümmell : Elektrochemie, 2 ; Physikalisch-chemische Übungen
für Anfanger, 3; Elektrochemische Analysen und Präparate, 3;
Arbeiten im elektrochemischen Laboratorium, tägl. — Kunckell:
Massanalytische Bestimmungen des Deutschen Arzneibuches
in Verbindung mit einem Repetitorium der pharmazeutischen
Chemie, 2. —
Staude: Analytische Geometrie der Ebene, 4; Theorie
der analytischen Funktionen, 4; Mathematisches Seminar,
Universität Strassburg.
Braun: Experimentalphysik I: Mechanik, Molekular-
physik, Optik, 5; Physikalische Übungen, 5 oder 10; über-
sichtskursus fiir Mediziner, 3; Wissenschaftliche physikalische
Arbeiten, 35; Physikalisches Kolloquium, 2 g. — Cohn: Elek-
trizität und Magnetismus, 4. — Cantor: Praktische Übungen
in der physikalischen Chemie, 4. — Zenneok: Elektromag-
netische Schwingimgen (experimentell) I: Langsame Schwing-
ungen (Wechsel- und Drehströme), i. — Hergesell: Die
Wärmeverhältnissc des Erdkörpers, 2 ; Meteorologische Übungen
im meteorologischen Institut, g. —
Thiele: Allgemeine Experimentalchemie, organischer
Teil, 5; Chemische Übungen und Untersuchungen im Labo-
ratorium (mit Rose), tägl. ausser Sonnabend. — Rose: Che-
mische Technologie der leichten Metalle, 5; Analytische
Chemie, 4. — Srlenmeyer: Stereochemie, i ; Chemisches
Praktikum filr Anfänger und Geübtere (mit Kreutz), tägl. —
Kohl: Cyklische Verbindungen des Steinkohlenteers II, 2.
— Kreuts: Untersuchungsmethoden der alkoholischen Ge-
tränke, i; Anleitung zur chemischen Untersuchung der Nahrungs-
und Genussmittel, 3. — Schar: Pharmazeutische Chemie, 5;
Übungen und Untersuchungen im Laboratorium des pharma-
zeutischen Instituts, tägl. ausser Sonnabend; Pharmakognos-
tisches Praktikum, 4; Grundzüge der physiologischen Chemie
für Pharmazeuten, 2; Die ätherischen öle und Kampherarten
in pharmazeutisch-chemischer Beziehung, i ^. —
Roth: Differential- und Integralrechnung, 3, Übungen
2 g) Analytische Geometrie der Ebene, 3. — Ejraser: Be-
stimmte Integrale, 3; Einleitung in die Funktionentheorie, 3;
Determinanten, 2; Übungen des mathematischen Seminars
(untere Abteilung), i. — Reye: Einleitung in die synthetische
Geometrie, 2; Technische Mechanik, 4; L'bungen des mathe-
matischen Seminars, 2 g. ~ Weber: Variationsrechnung, 4;
Encyklopädie der Elementarmathematik, 2; Übungen des
mathemalischen Oberseminars (mit Wellst ein), iVa g- —
Timerding: Theorien von Ebbe und Flut, 2. — Wellstein:
Ausgewählte Kapitel der angewandten Mathematik, 2 g\ Arith-
metische Theorie der algebraischen Funktionen, 2. — Becker:
Niedere Geodäsie, 4; Das Meridianinstniment und seine Auf-
gaben in der neueren Astronomie, I : Seminaristische Übungen
{Kollo(]uium), g\ Astronomische Beobachtungen an den In-
strumenten der Sternwarte, nach Verabredung. — Wislicenns:
Theoretische Photometrie, i ; Photogrammelrie, i ; Besprechung
der neuesten litterarischen Erscheinungen auf astronomischem
(iebiete, I ^. —
Technische Hochschule Stuttgart.
Koch : Experimentalphysik, 4; Physikalisches Praktikum I,
halbtägg. ausser Sonnabend, II, tägl. ; Theoretische Physik, 2.
— Englisch: Theoretische Photographie (chemischer Teil),
1 — 2; Anleitung zum Photographieren, i. — v. Weyrauch:
AtTOStatik und Aerodynamik, 2; Einleitung in die mathe-
matische Theorie der Elastizität, mit besonderer Rücksicht
auf die liedtirfnisse der Lehramtsk.nndidaten. 2. — Berg:
Maschinenzeichnen, 12; Pumpen, 2. — Ernst. Maschinen-
elemente, 2; Hebezeuge, 3, Übungen, 6. — Thomann:
Wassermotoreo, 6; Maschinenkonstruktionen, 8; Turbinen-
Regulatoren, i; Maschinenkunde, 4, Übungen. — Bantlin:
Dampfkessel, 3; Maschinenkonstruktionen. 10. — v. Bach:
Materialprttfungsanstalt, Vortrag und Übungen; Ingenieur-
laboratorium, Übungen; Erörterungen fUr Maschineningeoieure,
I. — Ensslin : Kältemaschinen, 2; Aus der angewandten
Elastizitätslehre, 2. — Veeaenmeyer : Die elektrischen Bahnen,
2; Elektrotechnische Konstruktionsübungen, 8; Projektierung
elektrischer Anlagen, 2. — Herrmann: Die Elektrizitätswerke
einschliesslich derLcitungen,2 ; ElektrotechnischeMesskunde 1, 2.
— Dietrich: Elektrische Beleuchtung, 2; Elektrotechnische
Messkunde II, i; Übungen im elektrotechnischen Laborato-
rium: Praktikum I für Anfänger an 4 halben Tagen, Prakti-
kum II (mit Herr mann), tägl. ausser Sonnabend; Elektro-
technisches Seminar (mit Veesenmeyer und Herrmann),
1. — Widmaier: Allgemeine mechanische Technologie (Ver-
arbeitung der Faserstoffe), 5; Werkzeugmaschinen, 3. —
Johannsen: Appretur und Veredelung, ig. —
Hell: Allgemeine Experimentalchemie, 4; Übungen im
Laboratorium für allgemeine Chemie (mit Kehr er), lägt
ausser Sonnabend ; Organische Chemie, 2 ; Theoretische Chemie,
2. — Kehrer: Analytische Chemie, 2. — O. Schmidt:
Chemie der Nahrungsmittel, Genussmittel und Gebrauchs-
gegenstände, 2. — Kauftoiann: Repetitorium der anorga-
nischen Chemie, 2; Physikalische Chemie, i; Kolloquium
über organische Chemie, 2. — J. Schmidt: Ausgewählte
Kapitel der analytischen Chemie, l ; Chemisch- technische
Analyse, 1. — Spindler: Physiologisch-chemische Analyse,
2. — Philip: Technische und Handelsanalysen organischer
Produkte, i. — HaUBsermann: Technische Chemie, 2;
Chemische Technologie der Baumaterialien, 1; Übungen im
Laboratorium ftir chemische Technologie, tägl. ausser Sonn-
abend; Metallurgie, i; Elektrochemie, i — 2. —
N. N.: Trigonometrische Übungen, 2. — Roth: Mathe-
matische Geographie, 2. — Bretschneider : Repetitionen
in niederer Mathematik, 2. — Beuschle: Analytische Geo-
metrie der Ebene, 3, Übungen, i; Differential- und Integral-
rechnung I, 4, Übungen, 2, III, 3, Übungen, i ; Mathematisches
Seminar (mit M e h m k e), I . — Wölffing: Funktionentheorie,
3; Reihen, lg, — Mehmke: Darstellende Geometrie, 4,
Übungen, 6; Reine Mechanik, 3, Übungen, i. — Qöller:
Perspektive, 2. — Autenrieth: Technische Mechanik, 6,
Übungen, 6. — Hammer: Praktische Geometrie II, 4,
Übungen I, 16; II, 5 ; Ausgleichungsrechnung nach der Methode
der kleinsten Quadrate, t^bungen, 2; Astronomische Zeit- und
Ortsbestimmung, 2, Übungen, i. —
Universität Tübingen.
Paschen: Experimentalphysik I: Mechanik und Optik,
5; Physikalische Übungen für Anfanger, 4; Leitung selb-
ständiger Untersuchungen, tägl. — Waitz: Theorie der Elektri-
zität und des Magnetismus, 3, Übungen, 2; Populäre Astro-
nomie, 2. —
V. Huftier: Ausgewählte Kapitel aus der physiologischen
Chemie, 2; Praktisch-chemische Übungen für Mediziner (mit
Küster) I: Qualitative Analyse, 9, II: Quantitative Analyse,
6; Physiologisch- chemische Arbeiten fUr Geübtere, tägL —
V. Fechmann: Allgemeine Chemie 11: Organische Experi-
mentalchemie, 5 ; Praktische Übungen, tägl. ausser Sonnabend,
a) für Anorganiker (mit Paul) mit Kursus für Anfanger,
ganz- und halbtägig, b) für Organiker (mit Bülow), ganz-
tägig; Leitung selbständiger Untersuchungen, tägl. — Paul:
Analytische Chemie II, 3; Pharmazeutische Chemie (anorga-
nischer Teil), 2; Physikalisch-chemisches Praktikum, 3; Elektro-
chemisches Praktikum, 3. — Bülow: Chemie der mdhrkemigcn
und heterocyklischen aromatischen Verbindungen, 2; Die
deutsche chemische Industrie, i. — Küster: Chemie der
Kohlehydrate, i ; Repetitorium der Chemie, 2 ; Praktisch-
chemische Übungen mit medizinisch wichtigen organischen
Stoffen, 2 bis 3. — Wedekind: Beurlaubt. — Dünroth:
Die Chemie der natürlichen organischen Farbstoffe, i. —
V. Brill: Analytische Mechanik, 5; Ausgewählte Ab-
schnitte aus der Theorie der Raumkurven und Flächen, 2;
Übungen im mathematischen Seminar, 2. — Stahl: Niedere
Analysis, 3; Funktionentheorie, 3; Übungen im mathema-
tischen Seminar, 2. — Maurer : Höhere Analysis, 4, Übungen,
2; Invarianlentheorie der ninärformen, 2. —
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No. 13.
303
Universität Wien.
V. Lang: Experimentalphysik für Philosophen und Medi-
ziner 1,4; Mathematische Ergänzungen zur Experimentalphysik,
I ^. — £xner: Physikalisches Praktikum für Lehramtskandi-
daten, 6, für Chemiker und Nalurhistoriker, 5; Physi-
kalische Übungen für Vorgeschrittene, tägl. ; Physikalisches
Konversatorium , i ^' — Jäger: Elemente der theo-
retischen Physik II: Wärme, 3; Elastizitätstheorie, 2. —
Moeer: Experimentalphysik für Hörer der Medizin und der
Philosophie (insbesondere Elektrizität und Optik), 3; Physi-
kalische Bedeutung mathematischer Begri ffe für Hörer der Medizin
und der Philosophie, 2 ; Demonstrationen und t^ungen an und
mit physikalischen Apparaten als Ergänzung der Experimental-
Vorlesung, i. — Lampa: Spezielle Probleme aus der Theorie
der elektromagnetischen Schwingungen, 2. — Benndorf:
Elektrostatik, i ; Übungen im physikalischen Rechnen, 2. —
Meyer: Experimente zur Akustik, i. — Haaenöhrl: Theorie
der Strahlung, 2. — Mache: Fourier'sche Reihen und deren
Anwendung auf physikalische Probleme, 2. — Hann: All-
gemeice Klimatologie II : Übersicht Über die grossen Klima-
gebiete der Erde, 2; Grundztige der Ozeanographie II, 1V2;
Einführung in die Berechnung meteorologischer Beobachtungen,
iV2' — Pernter: Meteorologische Instrumentenkunde und
Übungen an der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und
Erdmagnetismus, 3. — Trabert: Wird nicht lesen. —
V. Schweidler: Wird nicht lesen. —
Lieben: Experimentalchemie II: Organische Chemie
(mit Berücksichtigung auch medizinischer Hörer); 5; Chemi-
sche Übgn. für Anfanger, tägl. ausser Sonnabend, für Mediziner,
4; Arbeiten im chemischen Laboratorium, für Vorgeschrittene,
tägl. — Iiippmann: Organische Chemie II: Chemie der
Benzolderivate, 3; Chemische Übungen für Anfanger, tägl.
ausser Sonnabend; Arbeiten im chemischen Laboratorium, für
Vorgeschrittene, tägl. — Herzig: Pharmazeutische Chemie, 5;
Analytische Chemie (quantitativer Teil), 2 ; über Titriermetho-
den, 1. — WegBCheider: Repelitorium der analytischen
Chemie für Pharmazeuten, i ; Thermodynamik des chemischen
Gleichgewichtes, 2. — Fossek: Ausgewählte Kapitel der
organischen Chemie für Pharmazeuten, i. — Blau: Aus-
gewählte Kapitel der anorganischen und organischen Chemie,
I. — Fomeranz: Theoretische Chemie, 2. — Franke:
Anleitung znr chemischen Analyse (im Anschlüsse an die
chemischen Übungen für Mediziner), i. — Pollak: Chemie
der organischen Farbstoffe II: Natürliche Farbstofle, 2; Che-
mische Technologie der Gespinstfasern, i. — Wenzel:
Anorganische Technologie (Kalk-, Glas- und Thoiiindustrie),
1. — Zeisel, Schacherlu. Vortmann: Werden nicht lesen. —
V. Fscherieh: Funktionentheorie, 5; Proseminar für
Mathematik, i; Seminar für Mathematik, 2; Wahrscheinlich-
keitsrechnung, 3. — Gegenbauer: Elemente der Differen-
tial- und Integralrechnung (unter besonderer Berücksichtigung
der Bedürfnisse der Nalurhistoriker, Physiker, Mediziner und
Versicherungstechniker, II), 5, Übungen, 2 g\ Übungen im
mathematischen Proseminar, 1; Übungen im mathematischen
Seminar, 2. — Hertens: Algebra (Fortsetzung), 5; Übungen
im mathematisrhen Seminar, 2; Übungen im mathematischen
Proseminar, i; Mathematische Statistik, 3. — Kohn: Ana-
lytische Geometrie (Fortsetzung), 4, Übungen, i g\ Ebene
algebraische Kurven, 2. — Tauber: Versicherungsmathematik
(Fortsetzung), 3, übgn., 2 g. — Blaschke: Einführung in die
mathematische Statistik II, 3. — Zsigmondy : Flächen zweiter
Ordnung, I. — Daublebsky v. Stemeck: Zahlenthcorie,
4. — Carda: Anwendungen der Gruppentheorie auf Inte-
grationsprobleme und Infinitesimalgeometrie, i. — Weiss:
Theoretische Astronomie, 4. — v. Hepperger: Bahnbestim-
mung der Kometen und Planeten, 3; Astrophysik, 2. —
Sohram: Zeitrechnung und Jahrform verschiedener Völker
und Umrechnung von Daten (mit besonderer Rücksicht auf
Historiker), 2. — Hillebrand: Mechanik des Himmels (Fort-
setzung), 2. — Hartl: Kartographie mit Koustruktionsübun-
gen, 4, —
Technische Hochschule Wien.
IHtsoheiner : Allgemeine und technische Physik, 5;
Physik fttr Chemiker, 2, Übungen, i. — Hocbenegg: Elek-
trotechnik, 4, praktische Übungen und Untersuchungen, 4. —
Saholka: Theorie der Wechselströme und deren Anwendung
in der Praxis, 3. — JÜUig: Elektrische Telegraphie und
Eisenbahnsignalwesen, 2. — Liznar: Erdm.ignetismus, 2. —
Straohe: Bcleuchtungswesen, 2. — Kobes: Theoretische
Maschinenlehre, 4. — V. Radinger: Maschinenbau I, 5,
Konstruktionsübungen, 13. — v. Hauffe: Maschinenbau II,
5, Konstruktionsübungen, 15. — Snglaender: Allgemeine
Maschinenkunde, 3. — Meter: Feuerungstechnik, Heizung,
Lüftung und sonstige gesundheitstechnische Ausbildung von
Wohn-, Fabriks- und öffentlichen Gebäuden, 3 — v. Sto-
okert: Eisenbahnmaschinendienst, 3. — Kick: Mechanisch j
Technologie II, 5. —
Bauer: Allgemeine Experimentalchemie U: Organisch*
Chemie, 5, Übungen, 20. — Vortmann: Analytische Chemie,
4, Übungen, 20. — Wegsobeider: Chemische Dynamik und
theoretische Elektrochemie, i. — Faweck: Elektrochemie,
3. — Iiippmann: Chemie der heterozyklischen Verbindungen,
2, — Suida: Die wichtigsten Kapitel aus der Chemie der
aromatischen Verbindungen, 2. — Bamberger: Agrikultur-
chemie, 2; Ausgewählte Kapitel der organischen Chemie, i.
— Feitier: Ausgewählte Kapitel aus der physikalischen und
theoretischen Chemie, 1. — Oser: Chemische Technologie
der anorganischen Stoffe, 5, Übungen, 20. — v. Perger:
Chemische Technologie der organischen Stoffe, 5, Übungen,
20. — V. Höhnel: Technische Warenkunde, 2, Übungen,
li/j. — Eder: Photochemie und angewandte Photographie,
i; Photographisches Praktikum, 4. —
A116: Mathematik I, 5, Korrepetitionen, 2. — Cauber:
Mathematik II, 5; Grundlehren der höheren Mathematik, 4,
Korrepetitionen, 2. — Sersawy: Versicherungsmathematik I,
3, II, 4. — Daublebsky v. Stemeok: Kreisteilung, i. —
S". IST.: Darstellende Geometrie und konstruktives Zeichnen,
4, Konstruktives Zeichnen, 6. — Eksbell: Elemente der nie-
deren Geodäsie, praktische Übungen, 5; Praktische Geometrie,
7Vj, praktische Übungen, 5; Situationszeichnen für die Hörei
der Bauingenieurschule, 3, des geodätischen Kurses, 4; Photo-
grammetrie, iVa- — Tinter: Höhere Geodäsie II, 3; Übgn.
im Beobachten und Rechnen, 2V2'. Geodätische Rechenübgn.,
2V2; Das geometrische Präzisionsnivellement, iVa- —
UniversitÄt Würzburg.
W.Wien: Experimentalphysik II: Elektrizität und Optik.
5; Physikalisches Praktikum, 4 resp. 10; Anleitung zu selb-
ständigen Arbeiten, tägl. ; Physikalisches Kolloquium, 2 g. —
Des Coudres: Thermodynamik, 3; Kinetische Theorie der
Gase und Lösungen, 2 g. —
Hantzscb: Organische ^Experimentalchemie, 5; Ana-
lytisch-chemisches Praktikum (mit Wislicenus), ganz- und
halbtägig, tägl. ausser Sonnabend; Chemisches Praktikum fttr
Mediziner (mit Wislicenus), 4; Vollpraktikum für präpara-
tive Arbeiten, tägl. ; Anleitung zu selbständigen Untersuchungen
(mit Wislicenus und Tafel), tägl. — Medicus: Chemische
Technologie, 4; Pharmazeutische Chemie, 5; Praktikum für
Pharmazeuten, halbtägig; Praktikum in allen Richtungen der
angewandten Chemie und Nahrungsmittclanalyse, ganz- und
halbtägig. — Wislicenus : Massanalyse, 2 ; Ergänzende Vor-
träge zum Medizinerpraktikum, i g. — Tafel: Chemische
Theorien, 2. — Reitsenstein : Über organische Farbstoffe,
2. — Ley: Theorie der Lösungen, 2; Über Salze und
Metallverbindungen, i. — Seitz: Elektrizitätsleitung der
Gase, 2. —
Prjnn : Integralrechnung, 6, Übungen, 2 g\ Ausgewählte
Kapitel der Funktionentheorie, 2 g. — VosS: Analytische
und synthetische Geometrie der Kegelschnitte, 4; Theorie der
partiellen Differentialgleichungen, 4; Ausgewählte Kapitel aus
der höheren Mathematik, 2 g. — Selling: Sphärische Astro-
nomie, 2. — Rost: Darstellende Geometrie II, 4; Anwen-
dungen der Infinitesimalanalysis auf Geometrie, 4 g.
Universität Zürich.
Blleiner: Experimentalphysik, 5; Theoretische Optik
(FortseUung), 2; Physikalisches Praktikum fttr Anfänger,
V2 Tag; Physikalisches Praktikum für Vorgerücktere, tägl. —
Schaujfblberger: Elemente der Elektrotechnik, 2; Kapillari-
tät, I. —
Werner: Organische Experimentalchemie, 5; Organische
.Chemie III; Stereochemie, 2; Chemisch-analytisches Prakti-
kum für Chemiker, tägl.; Chemisches Praktikum für Vor-
geschrittene (präparative Arbeiten. Ausführung selbständiger
Arbeiten), tägl.; Elektrochemische Übungen, 2 Nachmittage g;
Technisch-chemisches Praktikum,^; Chemisches Halbpraktikum
304
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No. 13.
(für Studierende der Naturwissenschaften), halbtä)^]. — Abel-
janz: Quantitative chemische Analyse mit Berücksichtigung
der elektrolytischen Methoden, 2 ; Ausgewählte Kapitel aus der
( hemie der Metalle, l g; Anleitung zu medizinisch-chemischen
Arbeiten im Laboratorium, i; Chemie und Untersuchung der
wichtigsten Nahrungs- und Genussmittel, i ; Chemisches Prak-
tikum für Mediziner und Veterinäre, 3 Tage, fiir Anfanger
und Vorgerücktere (Nichtchemiker), tägl., für Lehramtskandi-
daten, 2V2 Tage, für Studierende der Naturwissenschaften,
3 Tage. — Schall: Organische Elektrochemie, i bis 2. —
Pfeiffer: Der Sauerstoff und seine Verbindungen, r. —
Burkhardt: Algebraische AnaJysis, 4; Ausgewählte
Fragen der Differential- und Integralrechnung, 2; Potential-
theorie, 2 ; Mathematisches Seminar, 2 g. — Weiler : Analy-
tische CJeometrie II, 3; Darstellende Geometrie II, 4; Karten-
projektionen, 2. — Kraft: Die Wissenschaft von den extensiven
Grössen, 4. — Qubler : Gammafunktion und hypergeometrische
Reihe, 2; Anleihens- und Versicl)erungsrechnung, 2; Inhalt
und Methode des mathematischen Unterrichtes in der Mittel-
schule I, 2; Elementar-mathematische Übungen, i bis 2. —
Wolfer: Geographische Ortsbestimmung, 3; Übungen im
astronomischen Beobachten, 9; Einleitung in die Physik des
Himmels, 2. —
Technische Hochschule Zürich.
H. F. Weber: Physik, 4, Repetitorium, l; Prinzipien,
Ap]>arate und Messmethoden der Elektrotechnik, 2 ; Einführung
in die Theorie des Wechselstroms, 2; Differentialgleichungen
der Physik, 2; Wissenschaftliche Arbeiten in den physika-
lischen Laboratorien, 8, 12 oder 24; Elektrotechnisches I.abo-
ratorium, 8 oder 16. — Weiss: Physik I, 4, Repetitorium,
I ; Cours d'acoustique th^orique et exp6rimental, 2 ; Physika-
lisches Praktikum für Anfanger, 4; Travaux scientifiques dans
les laboratoires de physique, 24. — Schweltser: Bespre-
chung von neuern physikalischen Arbeiten, i ; Transformatoren
und Umformer, ig. — Denzler: Bau und Betrieb elektrischer
Hahnen I, 2; Anleitung zum Projektieren elektrischer Anlagen
mit ausgewählten Abschnitten über elektrische Technologie
I, 2. — Tobler: Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiete der
Schwachstromtechnik (Fortsetzung), lg. — Wyssling: Elek-
trische Centralanlagen I, 2. — Stodola: Dampfmaschinen II,
4, Repetitorium, i; Maschinenkonstruieren, 12; Gasmotoren
(Fortsetzung), i ; Übungen in der kalorischen Abteilung, ^'j
Tag. — Fr&sil: Hydraulische Motoren und Pumpen I, 2,
Repetitorium, i; Konstruktionsübungen und Demonstrationen
im Laboratorium, 3 ; Fabrikanlagen, 2 ; Übungen in der hydrau-
lischen Abteilung, V2 Tag. — Ssoher: Mechanische Techno-
logie I: Metallurgie, 4, Repetitorium, i, II: Werkzeugmaschinen,
Spinnerei, 3, Repetitorium, i ; Maschinenlehre, 4, Übungen, 4.
— Parny: Bau von Dynamomaschinen I, 2. — Fliegner:
Praktische Hydraulik, 2 ; Theoretische Maschinenlehre I (Ein-
leitung), 2, Übungen, 2, III: Lokomotiven, 3, Übungen, 2. —
Herzog: Mechanik I, i, Repetitorium, 2, Übungen, 2. ^-
Meyer: Maschinenzeichnen, 2, Übungen, 6; Skizzierübungen,
2; Maschinenbau: Transmissionen und Hebezeuge, 4, Repeti-
torium, 1 ; Maschinenkonstruieren und Demonstrationen, 9. —
Schule: Technologie des mat^riaux de construction, 3, Re-
petitorium, i; Materialtechnisches Praktikum, 4; Eisenkon-
struktionen (mit Repetitorium), 3. — A. Weber: Mechanik
und Maschinenlehre, 4, Repetitorium, i, Konstruktionsübgn.,
4; Feuerungsanlagen, 2, Konstruktionsübungen, 2. — Bar-
biert: Photographie II, i; Photographisches Praktikum, 15;
Photogrammetrie, i. —
Bamberger: Organische Chemie, 6, Repetitorium, i;
Organische Chemie II: Benzolderivate, 3, Repetitorium, i;
Analytisch-chemisches Praktikum, 16 und 24, für Vorgerück-
tere, tägl.; Chemisches Praktikum (mit Treadwell), 2 bezw.
4- — Treadwell: Analytische Chemie II, 2; Chemisch-
technische Analyse mit Übungen, 4; Probierkunde mit Übgn.,
2; Analytisch-chemisches Praktikum, 16 und 24, für Vorge-
rücktere, tägl. — BOBShard: Gärungsgewerbe (Brauerei und
Spritfabrikation), i. — Constam: Physikalische Chemie II,
I ; Organische Elektrochemie, i g; Anwendungen physika-
lischer Methoden in der Chemie (mit Lorenz), ^2 Tag;
Physikalisch-chemisches Vollpraktikum (mit Lorenz), tägl.
— Lorenz: Technische Elektrochemie, 2; Elektrometallurgie
I ; Elektrochemisches Praktikum für Anfanger, 4, für Vorge-
rücktere, 15. — Qnehm: Künstliche organische Farbstoffe,
3, Repetitorium, I; Nahrungsgewerbe, 2; Beleuchtungsindu-
strie, I ; Technisch-chemisches Praktikum, 16 und 24, für Vor-
gerücktere, tägl. — Qrete: Agrikulturchemische L'ntersuchungs-
methoden, 2 g. — Hartwich: Pharmazeutische Chemie, 5:
Ätherische öle, i; Pharmazeutisch-chemisches Praktikum, 12;
Technische Botanik II: Untersuchung von Nahrungsmitteln
und Gewürzen, 2; Warenkunde, 2; Mikroskopische Übungen
in der Nahrungsmiltelkunde, 2 halbe Tage; Chemische Unter-
suchung von Nahrungs- und Genussmitteln, tägl.; Pharma -
kognostische Übungen für Vorgerücktere, tägl. — liUnge:
Anorganisch-chemische Technologie, 3, Repetitorium, i ; Che-
mische Technologie der Baumaterialien und Explosivstoffe, 2;
Technisch-chemisches Praktikum, 16 und 24, für Vorgerück-
tere, tägl. — Ekshulze: Organische Chemie, 3, Repetitorium.
i; Agrikulturchemie II: Fütterungslehre, 2; Übungen im agri-
kulturchemischen Laboratorium, 4 und 8; Agrikulturchemisches
Praktikum für Vorgerücktere, 24. — Winterstein : Anleitung
zu den Übungen im agrikulturchemischen Laboratium , i ;
Physiologische Chemie (ausgewählte Kapitel), 2. —
Hurwitz: Integralrechnung, 4, Repetitorium, i, Übgn.,
2. — Becker: Planzeichnen, 2 bezw. 4; Kartenzeichnen, 3;
Topographie, 2; Kroquieren, i; Vermessungsübungen, t Tag;
Vermessungsarbeiten a, Schluss des Sommersemesters, 2 Wochen.
— Beyel: Schattenlchre, 2; Flächen zweiten Grades, 2. —
Decher: Vermessungsübungen, i Tag; Vermessungsarbeiten
am Schluss des Sommersemesters, 2 Wochen; Vermessungs-
kunde, 5, Repetitorium, l. — W. Fiedler: Darstellende
Geometrie, 2, Repetitorium, i, Übungen, 4; Analytische Geo-
metrie der Lage, 2. — Franel: Calcul integral, 4, Rep^tition,
1, Exercices, 2. — Geiser: Invariantentheorie, 4; Infinitesimal-
geometrie, 4. — Hirsch: Theorie der bestimmten Integrale,
2. — Keller: Repetition der darstellenden Geometrie (Axono-
metrie, Kollinkation, Kegel-, Rotations» und Scbraubenflächen },
2; Übungen in Differential- und Integralrechnung, 2. — Blraft:
Die Wissenschaft von den extensiven Grössen, 4. — Iiacombe:
G^om^trie descriptive, 2, Repetition, i, Exercices, 4; Mathe-
matisches Seminar (mit Minkowski), 2. — Minkowski:
Analytische Mechanik, 2; Partielle Differentialgleichungen, 4. —
Rebstein: Ausgleichungsrechnung, 2, Repetitorium, i, Übgn.,
2; Kutastervermessung und Güterzusammenlegung, 2, Repeti-
torium, 2; Die technischen Grundlagen der Invaliditäts-, Un-
fall- und Krankenversicherung, 2; Methode der kleinsten
Quadrate, i. — Rudlo: Anwendungen der höheren Mathe-
matik, 4; Geschichte des Problems von der Qtiadratur des
Zirkels, 2. — Wolfer: Geographische Ortsbestimmung, 3;
Übungen im astronomischen Beobachten, 3 ; Einleitung in die
Physik des Himmels, 2. —
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen, der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
An der Universität München wurde der Dr. phil. J. V.
Kohlschütter als Privatdozent für Chemie, an der Tech-
nischen Hochschule Charlottenburg der ständige Assistent Dr.
Hugo Simonis als Privatdozent für das Lehrfach der or-
ganischen Chemie und Dr. Oskar Fröhlich als Privat-
dozent fUr das Lehrfach der praktischen Elektrometallurgie
und Elektrochemie aufgenommen.
Dem Geh. Hofrat Dr. Richard Dedekind, früher
Professor der höheren Mathematik an der Technischen Hoch-
schule zu BrauQschweig, wurde aus Anlass seines 50jährigen
Doktoijubiläums von der philosophischen Fakultät der Uni-
versität Strassburg zum Dr. honoris causa ernannt
Professor Abbe, Gründer und Leiter der Carl Zeiss-
Stiftung, verlässt Jena und siedelt nach Lugano über.
Der Privatdozent für Physik an der Universität Erlangen
Dr. E. Müller ist am 16. März in München gestorben.
Gesuche.
siker
Phy
mit 9 semestr. Studium an Universität und Techn. Hochschule,
2 V4 jähr, elektrotechnischer Praxis SUOht eine Assiatenten-
Stelle im In- oder Auslande. Nachrichten unter C. 6. 8. be-
fördert die Exped. dieser Zeitschrift.
Für die Redaktion verantwortlich (i. V.) Dr. E. Böse in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries In Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. 14.
15. April 1902.
Redaktionsschluas ftir No. 15 am 23. April 1909.
3. Jahrgang.
INHALT.
Originalmitteilungen :
J. K Ist er und H.G eitel, Beschreibung
des Verfahrens zur Gewinnung vor-
übergehend radioaktiver Stoffe aus
der atmosphärischen Luft. S. 30$.
A. Righi, Nochmals über die Frage
des durch die elektrische Konvek-
tion cr/.eugten Magnetfeldes. S. 310.
Vorträge and Diekusdionen von der
zu
73. Natarforseherversanmlung
Hamburg:
W. Ost wald» ÜberKatalyse. S.313.
Zusammenfassende Bearbeitungen:
H. M e 1 d au, DerSchiffskompass. S. 323.
Besprechungen:
H. W. Bakhuis Roozeboom, Die
heterogenen Gleichgewichte vom
Standpunkte der Phascnlehre. S. 326.
F. Kohlrausch, Lehrbuch der prak-
tischen Physik. S. 326.
K. Koppe, Anfangsgründe der Physik.
S. 327.
The British Optical Journal. S. 327.
Eingegangene Schriften. S. 32S.
Personalien, s. 32S.
Gesuche, s. 328.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Beschreibung des Verfahrens zur
Gewinnung vorübergehend radioaktiver Stoffe
aus der atmosphärischen Luft.
Von J. Elster und H. G e i t e 1.
Die folgende Mitteilung hat den Zweck, das
Verfahren möglichst genau zu beschreiben, durch
das vorübergehend radioaktive Oberflächen-
schichten auf beliebigen der Luft ausgesetzten
Leitern hergestellt werden können.
Man bedarf bei diesen Versuchen zunächst
eines Körpers, dem die induzierte Aktivität
mitgeteilt werden soll und der an gut isolieren-
den Stützen befestigt sein muss, ferner einer
Elektrizitätsquelle, die ihn, auch bei beträcht-
lichem Leitungsverluste an die Luft, andauernd
auf negativem Potential von einigen Tausend
Volt erhält und schliesslich zur Prüfung seines
aktiven Zustandes eines Apparats zur Bestim-
mung der durch ihn bewirkten Ionisierung einer
begrenzten Luftmenge, oder einer photographi-
schen Anordnung zum Nachweis der. von ihm
ausgesandten Becquerelstrahlen.
Die zweckmässigste Form des zu aktivie-
renden Leiters ist die des Drahtes oder Fadens,
. da die elektrische Dichtigkeit auf seiner Ober-
fläche alsdann schon bei niedrigem Potential-
niveau verhältnismässig hoch ist. Hierzu kommt
der weitere Vorteil, dass Drähte sowohl im
Freien wie in geschlossenen Räumen leicht so
ausgespannt werden können, dass der verfiig-
^ bare Raum nach Möglichkeit ausgenutzt, d. h.
von möglichst vielen, von den Drähten aus-
gehenden Kraftlinien erfüllt wird. Schliesslich
lässt sich in gleicher Weise, wie E. Rutherford
bei der durch Thorium induzierten Strahlung
gefunden hat, die aktive Oberflächenschicht
eines Drahtes durch einfaches Abreiben auf
andere Stoffe, wie Leder, Watte u. dergl. über-
tragen und dadurch in konzentrierter Form zu
bestimmten — besonders photographischen —
Versuchen geeignet machen.
Die chemische Natur des Drahtes ist, so-
lange man die Aktivität an ihm selbst unter-
suchen will, wie es scheint, von keinem bestim-
menden Einflüsse, wenigstens haben wir bei
zwei so verschiedenen Materialien, wie Blei
und Aluminium, bei Anwendung gleichlanger
Drähte und gleicher Ladungsbedingungen keinen
Unterschied in der Aktivierung erhalten. Will
man dagegen die an der Oberfläche gebildete
Masse durch Abreiben sammeln, so ist solches
Material vorzuziehen, das durch mechanische
oder bestimmte chemische Mittel leicht ange-
griften wird. So benutzten wir vielfach Kupfer-
drähte, deren wirksame Oberflächenschicht fast
vollständig an einen mit Salzsäure oder Ammo-
niakflüssigkeit getränkten Lederlappen abgegeben
wird. Lästig bei diesem Verfahren war die
Notwendigkeit, die Salzsäure oder das Ammoniak
vor der Anstellung der eigentlichen Versuche
durch Hitze zu verjagen, wir haben deshalb in
letzter Zeit Aluminiumdraht vorgezogen, der
unter kräftigem Drucke mit trocknem, glattem
Leder gerieben, seine äusserste Schicht in Ge-
stalt graphitglänzender Striche auf diesem zurück-
lässt. (Wir hatten indessen noch keine Gelegen-
heit, uns zu vergewissern, ob nicht in hellem
Sonnenscheine die an Aluminium sehr bedeu-
tende photoelektrische Entladung den Akti-
vierungsprozess beeinflusst.)
Je länger der Draht genommen wird, um
so leichter ist im allgemeinen der Nachweis
der von ihm erworbenen Aktivität; in schlecht
leitender Luft, also an Nebeltagen im Freien
und im Bereiche grosser Städte, wo nur eine
geringe Aktivierung zu erwarten ist, verwendet
man daher zweckmässig grosse Längen (bis
etwa 60 m); ist die Luft rein oder macht man
die Versuche in weiten Kellern oder in Höhlen,
in denen die Elektrizitätszerstreuung, d. h. die
Anzahl der pro Zeit und Volumeinbeit ent-
stehenden Ionen abnorm hoch ist, so wird man
mit Drahtlängen von etwa 10 m ausreichen.
Die Dicke des Drahtes wählt man zwischen 0,3
bis 0,5 mm, so dass er einerseits auch in
grossen Längen leicht aufzuwickeln, andrerseits
widerstandsfähig genug ist, um bei dem Ab-
reiben nicht zu zerreissen.
3o6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No. 14.
Da die Aktivierung des Drahtes von dem
durch die Leitfähigkeit der Luft bewirkten
Ladungsverluste abhängt und dieser im Freien
und in grossen Räumen bis zu einem gewissen
Grade mit der Dichtigkeit der Ladung wächst,
so ist, um diese unter den gegebenen Verhält-
nissen möglichst hoch treiben zu können, eine
gute Beschaffenheit der isolierenden Stützen er-
forderlich.
Bei Versuchen im Sommer bei trockenem
Wetter und am Tage hat man keine Schwierigkeit,
es genügen als Isoliervorrichtungen kleine an
den entgegengesetzten Enden von Siegellack-
stückchen eingeschmolzene Metallhaken, die
durch etwa 4 cm Siegellack voneinander ge-
trennt sind. Der eine Haken dient zur Befesti-
gung an Stangen, Mauern etc., der andere zum
Einhängen des zu isolierenden Drahtes. Will
man diesen dagegen auch zur Nachtzeit oder
bei regnerischem Wetter geladen erhalten oder
ihn gar in Höhlen und Kellerräumen exponieren,
so versagen die Siegellackisolatoren sehr bald.
Für diesen Zweck konstruierten wir daher
Lsolierhaken mit Natriumtrocknung, deren Ein-
richtung aus der Figur i hervorgeht. Aß ist
ein mit Schellackfirnis bestrichenes Ebonitstäb-
chen, das durch die kreisförmige Metallplatte
CD geführt ist. Diese wird durch ein Schrauben-
gewinde auf dem Metallcylinder £ befestigt,
aus dessen unterer verengter Öffnung 0 das
Ebonitstäbchen frei hervorragt. Bei A wie B
sind Haken eingelassen; der erstere dient zum
Anhängen an geeignete Gegenstände, der zweite
trägt den zu isolierenden Draht. R ist ein
Seitenrohr, verschliessbar durch den Gummi-
stopfen K mit eingesteckter Nadel A\ Beim
Gebrauche wird bei iV ein kleines Stückchen
metallischen Natriums aufgespiesst und in das
Seitenrohr eingeführt. Dadurch wird auch bei
hoher Luftfeuchtigkeit der Cylinder im Inneren
so ausgetrocknet, dass das Ebonit seine Isola-
tionsfähigkeit behält. Ein an die Platte CD
angesetzter, nach unten kegelförmig sich er-
weiternder Mantel aus Metallblech schützt das
Ganze vor fallenden Tropfen und herabsickernder
Feuchtigkeit.
Das Natrium darf nicht länger als 24 bis
höchstens 48 Stunden in dem Seitentubus
belassen werden, ohne dass die entstandene
Masse von Ätznatron beseitigt wird. Man
zieht, wenn der Versuch noch fortgesetzt werden
soll, den Gummistopfen mit dem Natriumstück-
chen heraus, wischt mit etwas Fliesspapier die
im Tubus angesammelte Lauge heraus, reibt
das Natrium mit demselben Papier ab und
setzt es mittels des Stopfens wieder in seine
alte Lage ein. Auf keinen Fall darf das Natrium
nach Beendigung des Versuches in dem Isolator
verbleiben, die entstehende Natronlauge würde
zu dem Ebonit dringen und die Isolation seiner
Oberfläche zerstören. Mit Hilfe der beschrie-
benen Vorrichtung lässt äich auch unter den
ungünstigsten Umständen der Elektrizitätsverlust
durch die Stützen so klein machen, dass er mit
dem durch die Luft bewirkten vergleichbar
3.^
F»K. 2.
bleibt. — Indessen erfordert in der wärmeren
Jahreszeit die Thätigkeit der Spinnen einige
Aufmerksamkeit, die von dem isolierten Drahte
Fäden nach benachbarten Leitern ziehen. Im
Sonnenschein schaden diese Fäden nicht viel,
des Nachts und bei trübem Wetter werden sie
dagegen merklich leitend. Man kann sich nur
durch sorgfältiges Überwachen des Drahtes und
wiederholtes Absengen mittels einer Alkohol-
flamme dagegen schützen.
Als sehr bequeme Elektrizitätsquelle ver-
wandten wir in vielen Fällen eine Art von Wasser-
influenzmaschine, bestehend aus einer Kombi-
nation zweier Thomsonscher Waterdropper ')
(Fig. 2). Von der Wasserleitung führt ein Schlauch
i) Vor längerer 7 eh von uns beschrieben. Wicd. Ann, 25,
114, 1SS5.
Physikalische Zeitsclirift. 3. Jaht^ang. No. 14,
307
zu einem y-Rohr, dessen einer Schenkel mit
dem SteigerohrÄ in Verbindung sieht, während
der andere in ein zweites 7"-Rohr mit den feinen
Ausflussöffnungen A und B endigt. Die bei A
und B austretenden Strahlen passieren die beiden
Metallringe R, und A'a, innerhalb deren sie sich
in Tropfen auflösen, und fallen in die darunter
stehenden isolierten Gefässe G, und Cj. Der
Ring R^ wird durch eine Trockensäule auf
negativem Potential gehalten (20 — 30 Volt sind
genügend), R^ ist metallisch mit G, verbunden.
In leicht verständlicher Weise wird durch den
Tropfenlall G, positiv, G, daher negativ geladen
und zwar mit stetig wachsender Dichtigkeit,
bis durch elektrostatische Abstossung die fallen-
den Tropfen von den Auffange gelassen soweit
abgelenkt werden, dass sie nicht mehr hinein-
gelangen. Dann ist der Grenzwert der Ladung
erreicht und man kann dem Gefösse G^ in
kleinen Pausen Funken von 2 — 3 mm Länge
entziehen. Wir stellen nun die leitende Ver-
bindung dieses Gefässes mit dem zu aktivieren-
den isoliert ausgespannten Drahte her. Um das
schliessliche Überfliessen der Gefässe (7; und Gi
zu vermeiden, lässt man die beiden Ablasshähne
//, und //i dauernd offen; von Zeit zu Zeit ent-
leert sich aus ihnen die angesammelte Wasser-
werden; auch hier kann durch Anbringen
eines Seitentubus zum Einführen von Natrium
an die die Ebonitträger umgebenden Schutz-
röhren S in der in Fig. 3 dargestellten Weise
Abhilfe geschafft werden.
Mit gleichem Erfolge, wie diese Wasser-
influenzmaschine, lässt sich auch ein kleines In-
duktorium von etwa 2 — 3 cm Funkenlänge mit
sicher funktionierendem Unterbrecher verwenden.
Man leitet den positiven Pol (fiir den Öffnungs-
strom) zur Erde ab und verbindet durch einen
Draht den negativen mit der isoliert aufgestellten
Metallplatte P (Fig. 4). An der Kugel AT einer
■ff
l-'ife'- 3
menge in eine tief darunter gesetzte Abfluss-
rinne. Zweckmässig umgiebt man die Hahn-
öffnungen mit einer cylindrischen Melallhiille ^'/
so, dass die Auflösung des ausfliessenden Strah-
les in Tropfen im Innern dieser Hülle stattfindet,
freie Elektrizität also durch die fallenden Tropfen
nicht mitgefdhrt werden kann (Fig. 3), Diese
Influenzmaschine hat den Vorteil, dass sie ohne
Wartung beliebige lange Zeit im Betriebe ge-
halten werden kann; selbst eine plötzliche Zu-
nahme des Wasserdrucks wird durch das Steige-
rohr unschädlich gemacht, aus dem das Wasser
alsdann in die Abflussrinne hinabfällt. Bei
längerem Gebrauch und hoher Luftfeuchtigkeit
leidet indessen leicht die Isolation der Stützen,
von denen die Gefässe Gi und Gj getragen
^■^
Fl8^ 4.
Leydnerflasche L von solcher Kapazität, dass
sie die Schlagweite des Induktoriums auf etwa
4 mm herabsetzen würde, befestigt man eine
feine metallische Spitze M, die der Platte P bis
auf einige Millimeter gegenübergestellt wird.
Zwischen Spitze und Platte treten während der
Thätigkeit des Induktoriums Büschel und Funken
auf, durch die die Flasche sich ladet. Ein Halb-
leiter i' (feuchte Schnur) stellt die Verbindung
der Flasche mit dem zu exponierenden Drahte
DDi her, dessen Potential mittels eines Elektro-
skops £" kontrolliert wird. Letzteres ist entweder
nach dem Braunschen Prinzip gebaut und für
einen Messbereich von 1000^5000 Volt einge-
richtet _oder die Form ist die von Exner an-
gegebene, und die aus dickerer Aluminiumfolie
geschnittenen Blättchen sind, wie in der Figur
angedeutet, mit Korksc hei beben beschwert, um
die Empfindlichkeit herabzusetzen. Die Strom-
stärke des das Induktorium erregenden Primär-
stromes ist so zu regulieren, dass der Ausschlag
des Elektroskops eine willkürlich gewählte Grösse
(etwa 4000 — 5000 Volt entsprechend) konstant
beibehält.
Die Isolation der Flasche L wird durch fol-
gende Einrichtung vollkommen erhalten. Der
obere Rand ist durch einen Metalldeckel bis
auf die centrale Öffnung verschlossen, durch die
3o8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
der die Kugel K tragende Stab frei (in etwa i cm
Abstand von der Peripherie der Öffnung) hin-
durchgeht. Der so gebildete Innenraum wird
durch Natrium trocken gehalten. Ein kleines
Becherglas X ist in seiner halben Höhe durch
ein Stückchen Drahtnetz quergeteilt. Auf dies
Netz wird ein etwa wallnussgrosses Stück Na-
trium gelegt; die von ihm abtropfende Lauge
sammelt sich in dem Becherglase und kann von
Zeit zu Zeit entfernt werden.
Zum Nachweis des radioaktiven Zustandes
eines auf diese Weise 2 — 3 Stunden lang mit
negativer Ladung der Luft ausgesetzt gewesenen
Drahtes bedient man sich am einfachsten des
von uns konstruierten Apparats zur Messung
der Elektrizitätszerstreuung. ') Zu diesem Zwecke
wird der Schutzcylinder Z (Fig. 5) auch unten
durch eine abnehmbare, mit centraler Öffnung
versehener Metallplatte Di geschlossen, durch
deren Mitte der Stiel des Zerstreuungskörpers K
frei hindurchgeht. In den so entstandenen
kesselartigen Raum lässt sich ein oben und unten
offener Cylinder von gleicher Höhe aus ver-
zinktem Eisendrahtgeflecht so einschieben, dass
er der Innenfläche von Z gut anliegt.
Auf diesen Cylinder aus Drahtgeflecht wird
nun der exponierte Draht aufgewickelt und ohne
Verzug, da die Aktivität schnell vorübergeht,
in den Raum Z eingeführt, der alsdann durch
den Deckel D^ geschlossen wird. Erteilt man
nun dem Cylinder K durch Berührung seines
Stiels mit dem Pole einer Trockensäule eine
dem Empfindlichkeitsbereiche des Elektroskops
angepasste Ladung, so bemerkt man je nach
dem Grade der Aktivierung des Drahtes ein
mehr oder minder schnelles Zusammenfallen der
Blättchen.
Um, besonders bei schwacher Wirkung, den
durch die Einführung des Drahtes herbeige-
führten Elektrizitätsverlust sicher feststellen zu
können, bestimmt man zweckmässig vor dem
l) Vgl. diese Zeitschrift 1, il, 1899, oder Ann. d. Phys. 2,
425, 1900 und Terreslrial Magnetism 4, 213, 1899.
Versuche die (sehr kleine) Abnahme des Po-
tentials in Volt, die durch die normale Ionisie-
rung der Luft im Zerstreuungsraume in einer
gemessenen Zeit bewirkt wird und führt erst
dann den exponierten Draht ein. Es ist not-
wendig, in dieser Reihenfolge zu verfahren, da
bei stärkerer Aktivität des Drahtes die Wände
des Zerstreuungsraumes selbst eine merkliche
sekundäre Strahlung annehmen können, die zwar
schnell vorübergeht, aber wenigstens anfangs
den Spannungsveriust grösser als den normalen
erscheinen lässt.
Da der von der Höhe der Ladung unab-
hängige Betrag, um den das Potential des Elek-
troskops infolge der Aktivierung des Drahtes
in einer bestimmten Zeit abnimmt, der Länge
des Drahtes proportional ist, so dividiert man,
um vergleichbare Zahlen zu gewinnen, den etwa
in 15' gemessenen Spannungsabfall durch die
Drahtlänge. Ein täglich dieselbe Zeit lang bei
gleicher Ladung in freier Luft exponiertes Stück
Platindraht von etwa lo m Länge gab für diese
(}
T^
JE
Cr
Fig. 6.
Aktivierung der Längeneinheit Zahlen, die von
Tag zu Tag sehr erheblich verschieden waren.
Wahrscheinlich wird daher die aktivierende
lugenschaft der Luft durch meteorologische,
vielleicht auch durch andere noch unbekannte
Bedingungen beeinflusst.
In der stagnierenden Luft von Kellern, die
sich durch abnorme Leitfähigkeit auszeichnet,
scheint die Aktivierung mit eben dieser Leit-
fähigkeit, die in bekannter Weise am Zerstreu-
ungsapparat bestimmt werden kann, parallel zu
laufen. Findet man (unter Anwendung des
Schutzcylinders) Zerstreuungen von über 4 Proz.
in solchen Räumen, so kann man Aktivierungs-
zahlen (im obigen Maasse gemessen) von über
1 50 Volt erwarten, während man bei Versuchen im
Freien zuweilen weniger als 13 Volt beobachtet.
Wir möchten neben diesen Versuchen an
Drähten noch ein gänzlich verschiedenes Ver-
fahren erwähnen, das wir anfangs zur Kontrolle
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
309
des soeben beschriebenen anwandten. Der Zer-
streuungsapparat, ohne Schutzcylinder, wurde, wie
es Fig. 6 darstellt, auf eine isolierte Metallplatte /V^
gesetzt, und mit einer Glocke GG aus dünnstem
Aluminium, die oben bei T einen Tubus trägt,
überdeckt. Durch den Tubus kann mittels einer
eingeführten Sonde dem Zerstreuungskörper K
eine elektrische Ladung erteilt werden.
Die Glocke stellten wir her, indem wir auf
einen aus Drahtnetz gearbeiteten und oben bis
auf den Tubus durch gleiches Material geschlos-
senen Cylinder einmal geschlagene Aluminium-
folie mittels eines Klebstoffes auflegten, so dass
ein zwar nicht luftdicht schliessender, aber bis
auf kleine Löcher in sich zusammenhängender
Belag entstand. Durch eines von zwei einander
diametral gegenüberliegenden Glasfensterchen
konnte die Skala des Elektroskops abgelesen
werden, während durch das andere Licht auf
die Blättchen fiel.
Zunächst wurde (bei geschlossenem Tubus)
der Spannungsverlust in 15' bestimmt. Luden
wir nun die Aluminiumglocke mehrere Stunden
lang negativ bis zu einer Funkenschlagweite von
3 — 4 mm, so fand sich während dieser Zeit eine
allmähliche Zunahme der Zerstreuung im Innern
ein, die erst längere Zeit nach Ableitung der
Glocke zur Erde wieder verschwand.
Es sendet demnach der auf der Aussenseite
sich bildende radioaktive Überzug schon während
das elektrische Feld besteht, in dem er erzeugt
wird, Becquerelstrahlen nach der Seite des Metalls
hin aus, die durch dieses in das Innere der
Glocke eindringen.
Die Herstellung photographischer Eindrücke
mittels der aus der Luft gewonnenen radioak-
tiven Substanzen ist wesentlich schwieriger, als
der Nachweis ihrer Wirksamkeit am Elektroskop.
Es liegt dies einerseits in ihrer vergleichsweise
schwachen Strahlung, andererseits in deren rascher
Abnahme in der Zeit begründet. So ist es uns
nicht gelungen, deutliche Wirkungen allein von
den aktivierten Drähten auf der photographischen
Platte zu erhalten. Man muss, um solche zu
erzielen, die strahlenaussendende Masse, die als
äusserst dünne Oberflächenschicht über den
Draht verbreitet ist, zuvor auf kleinem Räume
konzentrieren. Es geschieht dies, wie oben
schon bemerkt, durch Abreiben des Drahtes
mit einem Lederlappen. Benetzt man diesen
mit einigen Tropfen Ammoniakflüssigkeit, so
nimmt er beim Reiben an Kupferdraht eine blau-
schwarze Färbung von Kupferoxydammoniak
an; durch sehr starkes Erhitzen, bis zum Ver-
sengen des Leders, verjagt man so schnell als
mögHch das Ammoniak und die Feuchtigkeit.
Bei Aluminiumdrähten kann man, wie eben-
falls schon gesagt, die Anwendung chemischer
Mittel ersparen. Die so präparierten, mit der
Oberflächenschicht des aktivierten Metalls be-
deckten Lederlappen zeigen nun am Elektroskop
eine sehr lebhafte Aktivität, die vollständig mit
der des Uranpecherzes, auf gleiche Oberfläche
bezogen, vergleichbar ist; sie wirken auch durch
opake Schichten hindurch photographisch.
Wir verfuhren zur Herstellung solcher Radio-
gramme in folgender Weise:
Eine hochempfindliche Schleussnerplatte
wird, die Schichtseite nach oben, in lichtdichter
Papierumhüllung mit einigen Blättern von Alu-
miniumfolie überdeckt. Auf die Aluminium-
schicht legt man eine Bleiplatte von der Grösse
der photographischen, in die eine charakteristi-
sche Figur eingelocht ist. Das Ganze wird durch
zwei starke Gummibänder fest zusammengehalten.
Nun legt man einen aktivierten Lederlappen
mit der Substanz nach unten auf die Löcher
der Bleiplatte, und bedeckt ihn selbst auf der
Rückseite mit einer ferneren Metallplatte der
gleichen Grösse. Diese wird wiederum durx:h
zwei Kautschukbänder mit dem darunter liegen-
den Paket zusammengehalten.
Da das erste Paar von Bändern die Blei-
schablone und die Schleussnerplatte in unver-
rückbarer Lage gegeneinander festhält, so kann
man nach etwa 4 Stunden den inzwischen fast
unwirksam gewordenen Lederlappen entfernen
und durch einen frisch aktivierten ersetzen. Dies
Verfahren lässt sich beliebig lange fortsetzen.
War ein Draht von etwa 20 m Länge in
freier Luft aktiviert worden, so musste man zur
Herstellung einigermassen kontrastreicher Bilder
etwa 6— 8 mal frisch auflegen, während bei Ex-
position des Drahtes in einem Keller eine 3- bis
4 malige Erneuerung des Lederlappens ausreichte.
Der Draht blieb dabei andauernd geladen, nur
während des Abreibens wurde die Influenz-
maschine oder der Rhumkorff* ausgeschaltet.
Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden,
dass die Einschiebung der Aluminiumschicht
zwischen die aktive Substanz und die photo-
graphische Platte allein den Zweck hat, die
letztere vor etwaigen direkten chemischen Ein-
wifkungen zu schützen, die vielleicht von der
Substanz aus durch das lichtdichte Papier hin-
durch erfolgen könnten. Verzichtet man auf
diese Sicherheitsmassregel, so kann man auch
die Bleiplatte entbehren und den aktivierten
Lederlappen direkt auf das lichtdichte Papier
auflegen, das die Platte umhüllt. Man erhält
dann nach einmaligem Auflegen beim Entwickeln
ein vollständiges Abbild aller der Streifen, die
der Draht beim Abreiben auf dem Leder zurück-
gelassen hatte.
Es empfiehlt sich, dem Entwickler reich-
lich Bromkaliumlösung in der üblichen Kon-
zentration 1:10 zuzusetzen, da die Platten um-
somehr zu Schleierbildung neigen, je länger
man das Auflegen frischer Substanz fortgesetzt
3IO
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
J
hat. Es scheinen also selbst Bleiplatten für
diese Strahlengattung nicht durchaus undurch-
lässig zu sein.
Wolfenbüttel im März 1902.
(Eingegangen 13. März 1902.)
Nochmals über die
Frage des durch die elektrische Konvektion
erzeugten Magnetfeldes. ')
Von A. Righi.
I
Der Verfasser giebt zunächst einen Über-
blick über den Gegenstand seines vor der Ver-
sammlung der italienischen Physiker gehaltenen
Vortrages^) und erinnert an die Aufforderung,
die er darin an die Mathematiker gerichtet hatte,
das Problem „des elektromagnetischen Feldes,
welches durch eine in gleichförmiger gerad-
liniger Bewegung begriffene Ladung jenseits
einer unbegrenzten leitenden Ebene erzeugt
wird", zu studieren.
Dieser Spezialfall — so fährt er hierauf
fort — bietet die einfachste und voraussichtlich
am leichtesten zu lösende Aufgabe dar, und
entfernt sich gleichzeitig nicht allzuweit von
den thatsächlichen Versuchsbedingungen , so
dass die Schlüsse, zu welchen man bei Be-
handlung desselben gelangen würde, auch wenn
sie auf die in Rede stehende Frage nicht un-
mittelbar anzuwenden sein würden, doch sicher-
lich zur Klärung derselben beitragen könnten.
Das vorgeschlagene Problem hat nun durch
Prof. Levi-Civita eine vollständige Lösung er-
fahren. Er benützte dazu, nachdem er die
Hertzschen Gleichungen für den beabsichtigten
Zweck als unzureichend erkannt hatte, die Glei-
chungen von Helmhol tz, die, wie er selbst
bereits gezeigt hatte, zu denjenigen von Hertz
führen, falls man die Annahme macht, dass die
Potentiale (elektrisches und Vektorpotential) sich
mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Er erkannte
sodann, dass die Ergebnisse dieselben bleiben,
wenn man das Problem vermittelst der Max-
wel Ischen Gleichungen angreift.
Mein gelehrter Kollege wird seine interes-
sante analytische Untersuchung, von der er mir
schon jetzt freundlichst Mitteilung gemacht hat,
ohne Zweifel selbst publizieren^); was mich be-
trifft, so werde ich seine Endresultate mjtteilen,
um aus denselben die Schlüsse zu ziehen, die
mit der in meiner früheren Arbeit erörterten
Frage im Zusammenhang stehen.
Eine elektrische Ladung bewege sich gleich-
förmig in gerader Linie parallel zu einer un-
i) Aus den Kendiconti deirAcademia di Bologna. 12. Jan.
1902.
2) Derselbe wird demnächst in dieser Zeitschrift erscheinen.
3) In den Annales de la Faculte des Sciences de Toulouse.
begrenzten Ebene von endlicher Leitfähigkeit;
i sei der Widerstand, den ein Quadrat von
I cm Seite in jener Ebene einem Strom, der
dasselbe von einer Seite zur entgegengesetzten
passiert, darbietet. Dieser Widerstand k, den
man als spezifischen Widerstand der Ebene
bezeichnen kann und der gleich dem spezifischen
Widerstand des die Ebene bildenden Materials,
dividiert durch die Dicke derselben, ist, soll zur
Vereinfachung der Formeln nicht in Ohm, son-
dern in einer 3omal grösseren Einheit ausge-
drückt werden, so dass k gleich V:to ^^s in
Ohm ausgedrückten Widerstandes von i qcm
der Ebene ist.
Die Formeln, zu wekhen Levi-Civita ge-
langt und welche selbstverständlich k enthalten,
geben für einen beliebigen Punkt und beliebigen
Augenblick die drei Komponenten der elek-
trischen und diejenigen der magnetischen Kraft.
Für meinen Zweck werde ich mich auf die Be-
trachtung desjenigen beschränken, was mit Bezug
auf den leitenden Schirm jenseits des Raumes
vor sich geht, in dem sich die elektrische Ladung
bewegt.
Das allgemeine Ergebnis ist, dass der leitende
Schirm das Magnetfeld in der Weise verändert,
dass die magnetische Kraft jenseits des Schirmes
geringer ist als diejenige, welche bei Abwesen-
heit des Schirmes daselbst vorhanden sein würde.
Macht man aber die Annahme, dass k bis
zu Null abnehme, oder mit anderen Worten,
dass s, die Leitfähigkeit des Schirmes, immer
mehr steige, so sinkt die magnetische Kraft
und strebt dem Werte Null zu. Damit ist meine
Behauptung bestätigt, dass nur bei unbegrenzter
Leitfähigkeit eine leitende Platte als vollkom-
mener Schirm nicht allein mit Bezug auf die
elektrische, sondern auch mit Bezug auf die
magnetische Kraft (die erstere ist bereits für
einigermassen grosse Werte von ^ merklich
gleich Null) gelten könne.
Um zu erkennen, bis zu welchem Grade der
zwischen der bewegten Ladung und der zur
Messung der magnetischen Kraft bestimmten
Nadel befindliche Schirm die Versuche beein-
flussen kann, müssen wir einige Zahlenanwen-
dungen machen. Nur ist es in diesem Falle
zweckmässig, anstatt zu den allgemeinen For-
meln zu greifen, vereinfachte Formeln zu be-
nützen, indem man dem Umstände Rechnung
trägt, dass die Geschwindigkeit, mit der sich
die Ladung bewegt, auf jeden Fall gering ist
im Vergleich mit der Lichtgeschwindigkeit. Das
Verhältnis a zwischen der ersteren und der
letzteren Geschwindigkeit ist also jedenfalls als
eine sehr kleine Grösse zu betrachten und es
dürfen deshalb Ausdrücke mit höheren Potenzen
von a vernachlässigt werden. Nimmt man z. B,
mit Levi-Civita an, dass die Geschwindigkeit
,^
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
tier beweglichen Ladung 300 m betrage, so
wird n = io~*.
Auch der leitende Schirm bedarf numerischer
Bestimmung. Nehmen wir an, derselbe bestehe
aus Kupfer und sei i mm dick, so findet sich
t^ 0,5 . io~*, also in dem betrachteten
Falle von der GrÖssenordnung von a, was bei
der Vereinfachung der Formeln zu berücksich-
tigen ist. Anstatt nun dieselben mit den von
Levi-Civita gebrauchten Zeichen und mJtBe^ug
auf die von ihm benutzten beweglichen Achsen
wiederzugeben, werde ich zur Erleichterung des
Vei^leichs die Zeichen und das Achsensystem
anwenden, deren ich mich bei der Untersuchung
des von einer gleichförmig in gerader Linie be-
wegten elektrischen Ladung erzeugten Magnet-
feldes an anderer Stelle ') bedient habe.
Wir wollen also annehmen, die Ladung £
bewege sich mit konstanter Geschwindigkeit c
längs einer Geraden, die wir zur ;r-Achse wählen
wollen; Koordinatenanfang sei der Punkt, an
dem sich die Ladung E zur Zeit /^o befunden
hatte. Die leitende Ebene sei parallel zur
j.;-Ebene und um den Betrag 1/ von derselben
entfernt. Endlich seien xyc die Koordinaten
eines beliebigen jenseits des leitenden Schirmes
gelegenen Punktes (d. h. 4: > rf) und es werde
zur Abkürzung gesetzt:
2jta
= _.. r. u.
o = a — ft;
= V^'+j'' + fo';
s(sy'l-\-'/i'^ + /ico + j:)
Unter Vernachlässigung von höheren Poten-
zen von n als der ersten findet man dann, dass
die elektrische Kraft ein Potential
hat und dass für die magnetische Kraft ebenso
ein Potential
besteht.
Mar sieht .sofort, dass bei der Kleinheit von 17
und /■ die elektrische Kraft im Punkte {xys) als
Null gelten darf. Wir schliessen also, dass die
Kupferplatte die Aufgabe, den jenseits derselben
gelegenen Teil des Raumes gegen elektrische
Kräfte zu schützen, wohl erfüllt.
Bezeichnen wir nun mit ÖW3t die Kompo-
nenten der zur Zeit t jn einem beliebigen Punkt
(«l'j) vorhandenen magnetischen Kraft, so ergiebt
.sich durch Ableitung aus dem zweiten der obigen
l'otentiale :
3i = ^"--
J[aj- tp
Wie vorauszusehen gewesen, bleibt für die
Punkte der j-^^-Ebene von diesen drei Kompo-
nenten nur die zweite. In der That ist, wenn
y = o, Ü=o, ^l^ — Ea<p. 9f =0.
Die magnetische Kraft 35i ändert sich natür-
lich mit «>, das heisst mit der Änderung der
relativen Lage der beweglichen Ladung und
des Punktes {xyz), auf welchen sich die Kraft iU(
bezieht; wir können uns jedoch darauf beschrän-
ken,, zu untersuchen, was geschieht, wenn die
bewegliche Ladung sich in den kleinsten Ab-
ständen von dem Punkte {xyj:) befindet, oder
mit anderen Worten, wenn oj sehr klein ist.
In diesem Falle ist angenähert
5W =
-Ea'
M' +/!+/'')
Man sieht also, dass die magneti.sche Kraft
dem absoluten Betrage nach wäch.st und ihr
negatives Vorzeichen behält (das heisst: im
Sinne der negativen /-Achse gerichtet ist), wäh-
rend die bewegliche Ladung, welche eben im
Begriffe ist, an denjenigen Punkt ihrer Bahn zu
gelangen, der vom Punkte (xys) den kleinsten
Abstand hat, sich diesem Punkte nähert, ihn
erreicht und dann überschreitet. Wenn die
bewegliche Ladung sich an dem bezeichneten
Punkte befindet, das heisst wenn 0=^0 ist,
so liegt demnach die Intensität der magnetischen
Kraft zwischen den Werten, die sie vorher hatte
und die sie nachher hat. Von der Wirkung,
weiche die magnetische Kraft mit den auf-
einanderfolgenden Werten ihrer Intensität hervor-
bringt, können wir uns demnach eine passende
Vorstellung machen, indem wir dieselbe für den
Fall 0)^0 betrachten. Unter dieser Voraus-
setzung ist
m = — Ea '- —
Es ist nun zweckmässig, diese magnetische
Kraft mit derjenigen zu vergleichen, welche an
dem betrachteten Punkte herrschen würde, wenn
der leitende Schirm nicht vorhanden wäre. Zu
diesem Zwecke können die Fomieln (20) meiner
oben erwähnten Abhandlung dienen, von wel-
chen die drei letzten ergeben:
Aug, 1901, S. 104.
l'igna, 24, Febr. 190
312
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
Ea
X'
und man hat mithin
m=M - /- , •
Die durch eine bewegliche Ladung jenseits
eines leitenden Schirmes erzeugte magnetische
Kraft SUf ist also, wie bereits gesagt, kleiner
als diejenige, welche an derselben Stelle be-
stehen würde, wenn der Schirm nicht vorhanden
wäre. Hier handelt es sich nun darum, den
Betrag der Verminderung der magnetischen
Kraft genauer festzustellen.
Um von der Grösse der durch den Schirm
hervorgebrachten Wirkung eine bestimmte Vor-
stellung zu bekommen, werde ich zunächst die
von Levi-Civita gewählten Werte benutzen,
nämlich a=\o~^ und ^=J•IO"^ wovon sich
dieser letztere Wert auf einen kupfernen Schirm
von I mm Dicke bezieht. In diesem Falle ist
/r = 4Jr und
9K = 0,08 M.
Die magnetische Kraft wird also in diesem
Falle durch den Schirm um 92 Prozent herab-
gesetzt. Bei weniger grosser Leitfähigkeit des
Schirmes ist jedoch auch die Verminderung
weniger stark; für einen Schirm aus Stanniol
von '5 mm Dicke findet sich z. B.
9)i = o,49 J/;
die magnetische Kraft beträgt also in diesem
Falle beinahe die Hälfte derjenigen, welche
durch die bewegliche Ladung bei Abwesenheit
des Schirmes erzeugt werden würde. Ein der-
artiger Schirm gewährt also nicht allein gegen
die elektrische Kraft vollständigen Schutz, son-
dern beeinträchtigt auch die magnetische Kraft
so wenig, als es überhaupt möglich ist, da in
der That das Verhältnis zwischen 9Ji und M
durch keine ftir den beabsichtigten Zweck gut
genug leitende Platte bis zu dem Wert 0,5
gebracht werden kann.
Auf den ersten Blick muss dieses Resultat
überraschen. Allerdings sind ja die Versuche,
durch die nachgewiesen werden sollte, dass
durch die elektrische Konvektion ein Magnet-
feld entsteht, weit davon entfernt, den hier
betrachteten Fall zu verwirklichen; unter ande-
rem haben wir anstatt einer einzigen in gerad-
liniger Bewegung begriffenen Ladung mehrere
rotierende Leiter; dennoch aber muss das vor-
stehende Resultat auf den Gedanken führen,
dass auch bei diesen Versuchen die magnetische
Kraft durch den metallischen Schirm eine er-
hebliche Verminderung erleiden müsse, die es
nachzuweisen gelte. Wäre dies wirklich so,
dann würde es unbegreiflich, wieso beinahe alle
Experimentatoren, ohne sich irgendwie um die
magnetische Wirkung der zwischen der Magnet-
nadel und den in Bewegung begriffenen ge-
ladenen Körper aufgestellten Leiter zu kümmern,
zu einer bemerkenswerten numerischen Über-
einstimmung zwischen den berechneten und den
beobachteten Werten gelangt sind.
Hierbei ist jedoch ein Umstand zu berück-
sichtigen. In den meisten Fällen war die Ge-
stalt und Anordnung der bewegten Leiter eine
derartige, dass dieselben zusammen einen bei-
nahe kontinuierlichen Leiter bildeten, dessen
Bewegung in der Weise vor sich ging, dass
nur die kleinen trennenden Zwischenräume
zwischen den verschiedenen Teilen ihre Lage
im Räume änderten. So z. B. waren die be-
weglichen Leiter Sektoren einer um ihre Achse
rotierenden Scheibe und voneinander nur durch
sehr schmale radiale Zwischenräume getrennt.
Der magnetische Effekt des Schirmes muss
dann nicht etwa ähnlich ausfallen wie derjenige,
den die obigen Formeln ftir den Fall einer
bewegten Ladung geben, sondern eher wie der,
übrigens leicht zu berechnende, einer gleich-
massig elektrisierten Geraden, die sich in ihrer
eigenen Richtung verschiebt.
Levi-Civita beweist nun, dass in irgend
einem derartigen Falle stationärer Konvektion,
das heisst einer Konvektion, die derart vor sich
geht, dass die elektrische Kraft bei der Be-
wegung sich nicht merklich ändert, die Wirkung
des Schirmes gleich Null ist. In Wirklichkeit
ist ja in dem Falle der in Sektoren geteilten
bewegten Scheibe das elektrische Feld nicht
streng unveränderlich; aber die durch die Unter-
brechungen verursachte Störung kann nur sehr
gering sein. So erklärt es sich, weshalb bei
der Berechnung der in den Versuchen von
Rowland etc. auf die Nadel ausgeübten mag-
netischen Kraft der leitende Schirm nicht be-
rücksichtigt zu werden brauchte.
Die jüngsten Versuche über den hier be-
handelten Gegenstand, nämlich diejenigen von
Adams, von welchen in meiner vorigen Ab-
handlung bereits die Rede gewesen ist, scheinen
sich jedoch viel mehr als die anderen dem Falle
der geradlinig bewegten Ladung zu nähern.
In der That wird in dem Adamsschen Apparat
die elektrische Konvektion nicht durch eine in
Sektoren geteilte leitende Scheibe, sondern
durch eine Anzahl von elektrisierten Metall-
kugeln hervorgebracht, die auf einem Kreis-
umfange angeordnet sind und um dessen Achse
rotieren. Mir scheint es sicher, dass man mit
dieser Anordnung bei Nichtberücksichtigung des
zwischen den Kugeln und dem Magnetometer
befindlichen leitenden Schirmes eine wesentlich
geringere magnetische Kraft als die berechnete
gefunden haben würde, wenn der Autor nicht
den glücklichen Einfall gehabt hätte, den Schirm
in dünne parallele Streifen zu zerlegen, deren
Anordnung eine derartige war, dass in dem
Schirme jene Ströme, denen man die magne-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
313
tische Wirkung desselben zuschreiben kann,
absolut nicht auftreten konnten.
Wie man sieht, klärt die von Levi-Civita
durchgeftihrte Untersuchung die Rolle, welche
die Metallschirme spielen, einigermassen auf.
Im allgemeinen verändert also ein solcher Schirm
das von der elektrischen Konvektion erzeugte
Magnetfeld, wie ich dies in meiner vorigen Ab-
handlung zu beweisen gesucht hatte; diese Ver-
änderung kann aber vernachlässigt werden, wenn
die Konvektion einen stationären Charakter an-
zunehmen strebt, wie dies in der That bei den
meisten auf unseren Gegenstand bezüglichen
Versuchen der Fall ist.
In einer Anmerkung zu dem erwähnten
Vortrage hatte ich, von der Hypothese aus-
gehend, dass der elektrische Strom nichts
anderes sei als ein Transport von Elektronen,
zwei Erklärungsweisen dafür vorgeschlagen,
wieso es denn eigentlich möglich sei, dass ein
Leiter das Magnetfeld eines konstanten Stromes
nicht modifiziere. Man sieht nunmehr, dass
man die zweite von jenen Erklärungen accep-
tieren, oder mit anderen Worten, dass man
annehmen darf, die zu erklärende Thatsache
sei dadurch bedingt, dass die Elektronen in
ungemein kleinen Abständen aufeinanderfolgen,
wodurch der Strom sich von der Verschiebung
einer kontinuierlichen elektrisierten Linie längs
ihrer selbst nur überaus wenig unterscheidet.
Sind aber nunmehr auch gewisse Zweifel
bezüglich der Deutung der mehrfach erwähnten
Versuche beseitigt, so hat sich andererseits
leider die Hoffnung nicht erfüllt, dass es ge-
lingen werde, die Ursache der Nichtüberein-
stimmung zwischen den Versuchen Cremieus
und denjenigen der anderen Experimentatoren
aufzuklären.
(Aus dem Italienischen übersetzt von H. Dessau.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 7s. NATUR
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
W. Ostwald (Leipzig), Über KatalyseJj
Der Begriff und Name der katalytischen
Wirkungen ist im Jahre 1835 von Berzelius
aufgestellt worden, nachdem im vorangegangenen
Jahre Mitscherlich das Ergebnis seiner klas-
sischen Arbeit über die Bildung des Äthers da-
hin ausgesprochen hatte, dass der Zerfall des
Alkohols in Äther und Wasser unter dem Ein-
flüsse der Schwefelsäure weder von der wasser-
entziehenden Wirkung der Säure, noch von der
erhöhten Temperatur, noch endlich von der
Bildung der Äthylschwefelsäure bedingt sei. Er
schliesst: Zersetzungen und Verbindungen,
welche auf diese Weise hervorgebracht
werden, kommen sehr häufig vor; wir
wollen sie Zersetzungen und Verbin-
dungen durch Kontakt nennen.
Während wir Mitscherlich ein erstes sorg-
faltig experimentell durchgearbeitetes Beispiel
derartiger Vorgänge verdanken, ist das Ver-
dienst von Berzelius der Nachweis, dass be-
reits eine grössere Anzahl von Reaktionen be-
kannt war, welche mit jenem Falle bestimmte
Ähnlichkeiten aufwiesen. Die Eigenschaft seines
Geistes, welcher er einen wesentlichen Teil
seiner grossen Wirkung verdankte, seine Fähig-
keit, auseinanderliegende Einzelheiten systema-
tisch zusammenzufassen, bewährte sich auch hier,
und der von ihm geschaffene Begriff der Ka-
talyse hat seitdem, wenn auch anfangs nicht
i) Gemeinschaftliche Sitzung der naturwissenschaftlichen
Haapt^nippe am 26. September 1901.
ohne Widerspruch, aber jetzt endgültig, Ein-
gang in die Wissenschaft gefunden.
Die von Berzelius zusammengefassten Er-
scheinungen sind folgende: die 181 1 von Kirch-
hof entdeckte Umwandlung der Stärke in
Dextrin und Zucker durch Kochen mit ver-
dünnten Säuren; die von demselben 18 13 nach-
gewiesene, gleiche Wirkung des Malzauszuges;
die 1833 durch Payen und Persoz bewirkte
teilweise Isolierung des hierbei wirksamen
Stoffes, der Diastase; die 18 18 von Thenard
untersuchte Zersetzung des Wasserstoffperoxyds
durch Metalle, Oxyde und durch Fibrin; d4e
Wirkung des Platins auf verbrennliche Gas-
gemenge (J. Davy 1817 und Döbereiner 1822)
und endlich zufolge der eben erwähnten Arbeit
von Mitscherlich die Ätherbildung.
Das Gemeinsame in diesen Vorgängen ist,
dass sie durch die Anwesenheit von Stoffen
bewirkt werden, deren Bestandteile nicht in den
Endprodukten erscheinen und daher durch die
Reaktion nicht verbraucht werden. Demgemäss
definiert Berzelius sie folgendermassen: „Die
katalytische Kraft scheint eigentlich
darin zu bestehen, dass Körper durch
ihre blosse Gegenwart und nicht durch
ihre Verwandtschaft die bei dieser Tem-
peratur schlummernden Verwandtschaf-
ten zu erwecken vermögen, so dass
zufolge derselben in einem zusammenge-
setzten Körper die Elemente sich in
solchen anderen Verhältnissen ordnen,
durch welche eine grössere elektro-
3H
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
chemische Neutralisierung hervorge-
bracht wird."
Es ist wichtig, zu bemerken, dass in dieser
Definition Berzelius keinen Versuch irgend
einer Erklärung gemacht hat; vielmehr hat er
in einer darauffolgenden Diskussion mit Lieb ig
sehr ernstlich auf die grosse Gefahr hingewiesen,
unvollkommen bekannte Erscheinungen durch
hypothetische Annahmen erklären zu wollen
und so der experimentellen Forschung vorzu-
greifen und sie zu behindern. Diese Warnung
ist nicht berücksichtigt worden, und die von
Berzelius vorausgesehenen Behinderungen in
der wissenschaftlichen Bearbeitung der Frage
haben bis in unsere Tage ihre schädliche
Wirkung geübt.
Versuchen wir an der Hand der vorstehend
gegebenen Begriffsbestimmung eine Übersicht
der gegenwärtig bekannten Kontaktwirkungen
oder Katalysen zu gewinnen, so werden wir
folgende Einteilung machen können.
1. Auslösungen in übersättigten Gebilden.
2. Katalysen in homogenen Gemischen.
3. Heterogene Katalysen.
4. Enzym Wirkungen.
Die Thatsachen, welche zu dieser Gruppierung
gefuhrt haben, sollen nacheinander erörtert
werden, wobei sich die Angemessenheit der
Ordnung, wie ich hoffe, ergeben wird.
I. Auslösung in übersättigten Ge-
bilden. Ich beginne mit diesen Erscheinungen,
da sie gegenwärtig als grundsätzlich aufgeklärt
gelten können, und uns somit die Beurteilung
der anderen Fälle erleichtern werden. Der be-
kannteste Fall ist hier die Krystallisation einer
übersättigten Lösung, z. B. von Glaubersalz,
durch Zutritt einer sehr kleinen Spur des festen
Stoffes, bezüglich dessen die Lösung übersättigt
ist. Hier liegt zunächst das charakteristische
Missverhältnis zwischen der Menge des wirk-
samen Stoffes und der Menge des durch seinen
Einfluss umgewandelten vor. Mittels eines weit
unterhalb der Grenze der Wägbarkeit liegenden
Stäubchens kann man eine beliebig grosse
Menge der übersättigten oder überkalteten
Flüssigkeit zur Erstarrung bringen. Vor einigen
Jahren habe ich die Grösse des kleinsten Stäub-
chens zu messen versucht, welches noch die
Wirkung zeigt; sie hat sich als sehr klein,
nämlich 10-''* bis lO^'^g, aber nicht un-
messbar klein ergeben, denn noch kleinere
Mengen brachten keine Erstarrung mehr hervor.
Diese Vorgänge sind nicht auf den Fall be-
schränkt, dass eine Flüssigkeit in Bezug auf
einen festen Körper übersättigt ist; sie kann
auch in Bezug auf ein Gas übersättigt sein, und
es wird dann in ihr durch Spuren eines Gases
eine unverhältnismässige Gasentwickelung aus-
gelöst. Auch ist die Übersättigung oder all-
gemeiner die Überschreitung nicht an den
flüssigen Zustand gebunden; auch Dämpfe können
übersättigt in Bezug auf flüssige oder feste
Körper sein, und selbst bei festen Körpern sind
Fälle bekannt, wo sie „übersättigt" in Bezug
auf Flüssigkeiten sind, d. h. sich in Berührung
mit ein wenig der betreffenden Flüssigkeiten in
diese verwandeln. „Übersättigung" seitens fester
Körper in Bezug auf andere feste Körper, die
aus ihnen entstehen können, sind sehr häufig.
Dagegen sind Übersättigungen von Flüssig-
keiten in Bezug auf andere Flüssigkeiten noch
nicht sicher nachgewiesen und jedenfalls nur
schwierig herzustellen.
Die Theorie aller dieser Erscheinungen ist
bekannt. Es handelt sich jedesmal um die
Thatsache, dass Gebilde vorliegen, deren Be-
ständigkeit nicht die grösste unter den vor-
handenen Bedingungen von Druck und Tempe-
ratur ist. Es giebt vielmehr noch andere, be-
ständigere Zustände, die dadurch gekennzeichnet
sind, dass in ihnen eine neue Phase, d. h.
ein physisch verschiedener Anteil mit anderen
Eigenschaften auftritt. Bei der übersättigten
Glaubersalzlösung ist es das feste Salz, bei
dem übersättigten Sodawasser ist es das Kohlen-
dioxyd gas. Nun tritt allgemein eine solche
neue Phase nie von selbst auf, wenn die Ueber-
schreitung nicht zu gross war, und das Gebilde
verhält sich wie ein im Gleichgewicht befind-
liches. Tritt aber eine kleine Menge der feh-
lenden Phase mit diesem „metastabilen" Ge-
bilde in Berührung, so ist die Reaktion ausge-
löst, und die neue Phase vermehrt sich, bis
Gleichgewicht eingetreten ist.
Ist die neue Phase ein fester Stoff, so ist
die auslösende Wirkung, die „Keimwirkung",
daran gebunden, dass der Keim aus dem
gleichen Stoffe besteht wie die ^nögliche, feste
Phase. Ausserdem haben noch isomorphe Stoffe
diese Eigenschaft; fremde feste Körper sind da-
gegen ohne Wirkung. Hier ist allerdings noch
ein weites Feld der Forschung offen, denn da
isomorphe Stoffe wahrscheinlich durch die
Bildung fester Lösungen wirken, so ist zu unter-
suchen, ob auch solche festen Stoffe, die zwar
nicht isomorph sind, wohl aber mit dem be-
treffenden Stoffe feste Lösungen bilden können,
wirksam sind.
Ausserdem giebt es Fälle, wo feste Körper
auslösend wirken, welche weder isomorph sind,
noch feste Lösungen bilden. Solche „künst-
lichen Keime" bilden sich beispielsweise xu-
weilen, wenn man Kieselsäure in Gegenwart der
betreffenden Krystalle unlöslich werden lässt
und dann die Krystalle mittels passender
Lösungsmittel entfernt. Ich habe diese That-
sache zwar konstatiert, aber noch nicht die Zeit
gefunden, eine eingehende Untersuchung aus-
zuführen und insbesondere einen sicheren Weg
zur Gewinnung der künstlichen Keime auszu-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
31S
arbeiten. Doch glaubte ich die Beobachtung
hier erwähnen zu sollen, da sie manche schein-
bare Widersprüche aufklären kann, die man bei
den Untersuchungen in diesem schwierigen Ge-
biete fifefunden hat.
Während die Keime bei Übersättigungen
in Bezug auf feste Phasen spezifischer Natur
sein müssen, wirkt bei Übersättigungen in Be-
zug auf Gase jedes beliebige Gas auslösend.
Dies ist eine Folge davon, dass sich jedes Gas
in jedem anderen unbeschränkt löst, d. h. mit
ihm eine homogene Mischung liefert.
Eine gegebene Flüssigkeit kann gleichzeitig
in Bezug auf verschiedene Phasen übersättigt
sein. So kann man leicht Natriumacetat und
Natriumthiosulfat zu einer Flüssigkeit zusammen-
schmelzen, welche gegen Keime jedes dieser
Salze in besonderer Weise reagiert, indem nur
der betreffendeStoflf ausgeschieden wird, während
der andere im flüssigen Zustande hinterbleibt.
Denkt man sich daher in einer Röhre an einer
Stelle einen Keim des Acetats, an einer anderen
Stelle einen solchen des Thiosulfats angebracht,
so wird beim Durchströmen der Flüssigkeit
durch die Röhre jeder dieser Keime in seiner
eigenen Art wachsen.
Wir haben hier ein Beispiel für die physiko-
chemische Möglichkeit gewisser organischer Vor-
gänge, über welche sich bereits Berzelius bei
Gelegenheit seiner Erörterungen über Katalyse
den Kopf zerbrochen hat. Es ist dies die
Bildung der verschiedenartigsten Stoffe in den
Organen des tierischen Körpers aus einer und
derselben Flüssigkeit, dem Blute. Wenn wir
das Blut als eine in Bezug auf alle diese Stoffe
übersättigte Lösung betrachten dürften, so wäre
es verständlich, dass jedes Organ sich seiner
Substanz nach. auf Kosten einer und derselben
Flüssigkeit vermehren kann.
Es wäre jedenfalls unzulässig, zu behaupten,
dass hiermit wirklich eine allgemeine Theorie
der tierischen Sekretionen gegeben sei. Denn
die Betrachtung hat ja nur Geltung für hetero-
gene Phasen. Auch ist noch die Vorfrage zu
erledigen, ob denn auch Verbindungen, die in
der Flüssigkeit nicht vorgebildet sind, sondern
erst durch chemische Wechselwirkung der darin
enthaltenen Stoffe entstehen müssen, Über-
sättigung gegen berührende andere Phasen zeigen
können.
Diese Frage muss bejaht werden. Es sind
uns beispielsweise Übersättigungserscheinungen
an den Lösungen des Calciumsulfats wohlbe-
kannt, welche so verdünnt sind, dass sie zum
allergrössten Teil dies Salz in Gestalt seiner
Ionen enthalten. Da im festen Salze keine
Ionen enthalten sind, liegt hier eine chemische
Umwandlung vor. Ebenso zeigen verdünnte
Lösungen von Bleisalzen und Thiosulfaten Über-
sättigung in Bezug auf Bleisulfid, das aus ihnen
durch eine weitgehende chemische Zersetzung
entsteht. Endlich gewähren die Methoden der
„physikalischen Entwickelung" in der Photo-
graphie Beispiele solcher Erscheinungen.
Leider ist es nicht ausführbar, an dieser
Stelle die möglichen physiologischen Anwen-
dungen der hier obwaltenden Gesetze klarzu-
legen, und ich muss mich mit dem Ausdrucke
meiner Überzeugung begnügen, dass auf diesem
Wege in der That manche Probleme des orga-
nischen Lebens eine zureichende Lösung finden
können.
Fassen wir die eben geschilderten Verhält-
nisse grundsätzlich zusammen, so sehen wir,
dass die wesentlichste Voraussetzung das Vor-
handensein eines metastabilen Gebildes ist,
welches den stabileren Zustand aus eigenen
Kräften erst aufsucht, nachdem ihm ein Weg
dazu geöffnet ist. Der Keim der anderen Phase
ist nicht die Ursache der Reaktion in dem
Sinne, in welchem Robert Mayer dies Wort
braucht, denn er liefert nicht die für den Vor-
gang erforderliche, freie Energie, sondern er
ist nur die Auslösung eines Vorganges, der
sich aus eigenen Kräften vollendet, nachdem er
einmal in Gang gebracht ist.
Wir können uns schon jetzt darüber klar
werden, dass Ähnliches auch für alle an-
deren Fälle der Kontaktwirkung gelten
muss. Gerade der Mangel an Proportionalität
zwischen der Menge des katalytisch wirkenden
Stoffes und dem Betrage der Umwandlung
macht es zu einer notwendigen Voraussetzung,
dass die katalytisch verursachten Vorgänge
ihren Energieaufwand aus Eigenem bestreiten.
Diese Erkenntnis tritt im Gewände ihrer Zeit
schon bei Berzelius auf, wenn er sagt, dass
durch den Vorgang eine grössere elektro-
chemische Neutralisation bewirkt würde. Er ist
auch gegenwärtig oft genug ausgesprochen
worden, aber meist in einer falschen Gestalt.
So finde ich bei einem hervorragenden Er-
forscher der katalytischen Enzymwirkungen den
Satz, dass durch diese nie eine endother-
mische Reaktion soll bewirkt werden können.
Dies ist ganz unrichtig, denn da endothermische
Reaktionen von selbst, d. h. ohne katalytische
Beeinflussung, ganz wohl stattfinden können, so
ist gar nicht einzusehen, warum solche nicht
auch unter dem Einflüsse von Enzymen statt-
finden sollen. Wohl aber sind unter diesen
Einflüssen keine Reaktionen möglich, bei denen
eine Verminderung der freien (nicht der ge-
samten) Energie stattfindet. Es sind mit
anderen Worten unter dem Einflüsse von Kata-
lysatoren keine Reaktionen möglich, die nicht
auch ohne diesen Einfluss stattfinden könnten,
ohne dass eines der Energiegesetze verletzt
wird. In dieser Gestalt ist der Satz allerdings
den beteiligten Forschern nicht ganz geläufig.
3^6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
denn es finden sich nicht selten Darstellungen,
in denen der auf den zweiten Hauptsatz be-
zügliche Teil dieses Gesetzes missachtet und
verletzt wird.
Dasselbe ist über die Behauptung zu sagen,
dass Katalysatoren nur spaltende, keine syn-
thetische Wirkung haben können. Die orga-
nische Chemie bietet zahlreiche Beispiele des
Gegenteils; ich brauche nur an die Synthesen
unter dem katalytischen Einflüsse des Kalium-
äthylats zu erinnern.
2. Katalysen in homogenen Gemischen.
Die jetzt zu besprechende Abteilung der Kon-
taktwirkungen ist die grösste und theoretisch
wichtigste. Hierher gehören die meisten der
zahllosen inzwischen entdeckten katalytischen
Wirkungen.
Fragen wir, ob sich die im ersten Falle ge-
gebene Erklärung auch hier anwenden lässt,
so muss die Antwort verneinend lauten. Das
Wesentliche im ersten Falle war ja das Auf-
treten der neuen Phase; diese ist aber hier
durch die Definition ausgeschlossen.
Den richtigen Standpunkt dem neuen Pro-
bleme gegenüber finden wir aber, wenn wir an
der allgemeinen Bedingung festhalten, welche
eben für alle Gebilde aufgestellt worden ist, die
einer Kontaktwirkung unterliegen; sie dürfen
nicht einen stabilen Zustand darstellen, denn
ein solcher kann überhaupt keine Änderung
ohne Energiezufuhr erfahren. Wie verhalten
sich aber instabile Gebilde, wenn sie homogen
sind?
Die Antwort ist, dass homogene, instabile
Gebilde überhaupt nicht anders als im Zu-
stande der Umwandlung existieren können.
Eine übersättigte Lösung kann, wenn die Über-
sättigung innerhalb gewisser Grenzen bleibt, bei
passendem Schutz unbegrenzt lange aufbewahrt
werden und in ihr findet keinerlei Veränderung
statt. Eine Flüssigkeit aber, welche ohne Zu-
fuhr freier Energie andere Produkte liefern
kann, die gelöst bleiben, lässt sich nicht
aufbewahren, ohne diese Produkte zu bilden.
Dies kann möglicherweise äusserst langsam ge-
schehen, so langsam, dass ohne besondere auf
den Zweck gerichtete, langwierige Untersuchung
eine Veränderung überhaupt nicht nachgewiesen
werden kann. Aber die sicherste Grundlage
allgemeiner Schlüsse, die wir kennerf, die Ge-
setze der Energetik, verlangen, dass thatsäch-
lich die Umwandlung stattfindet. Sie diktieren
keinen Zahlenwert der Geschwindigkeit,^ie da-
bei eingehalten werden muss; sie verlangen nur,
dass diese Geschwindigkeit nicht streng Null
ist, sondern einen endlichen Wert hat.
Hierdurch gewinnen wir alsbald auch für
diesen Fall die Definition eines Katalysators.
Ein Katalysator ist jeder Stoff, der,
ohne im Endprodukt einer chemischen
Reaktion zu erscheinen, ihre Geschwin-
digkeit verändert.
Es ist bei dieser Definition sachgemäss ver-
mieden, irgend eine Ansicht über die Ursache
eines solchen Einflusses auszusprechen. Ja, wir
müssen uns hüten, auch nur zu behaupten, dass
für alle katalytischen Wirkungen Ursachen der-
selben Art massgebend sind. Diese Fragen
stehen auf einem anderen Blatt; hier soll zu-
nächst nur eine Definition gefunden werden,
welche eine wissenschaftliche Bearbeitung der
Frage ermöglicht.
Dass die gegebene Definition diesen Zweck
erfüllt, werden Sie alsbald erkennen, denn sie
ergiebt sofort die Fragestellung nach dem zahlen-
mässigen Betrage der Beschleunigung bezw.
Verzögerung und deren Abhängigkeit von der
Natur und Konzentration des Katalysators, der
Temperatur, der Gegenwart anderer Stoffe u. s. w.
Es ist selbstverständlich, muss aber dennoch
ausgesprochen werden, dass alle Versuche,
Theorien für die Ursache der katalytischen Er-
scheinungen aufzustellen, wertlos bleiben, bis
derartige messende Feststellungen durchgeführt
sind.
Fasst man die Katalyse in dem eben defi-
nierten Sinne auf, so ist sie eine ungemein ver-
breitete Erscheinung, welche thatsächlich sich
jedesmal geltend macht, wenn überhaupt die
Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion der
Messung zugänglich ist. Ein ausgezeichnetes
Beispiel haben die bekannten Versuche von
Menschutkin ergeben, der für eine Anzahl
verschiedenartiger Reaktionen nachgewiesen hat,
dass ihre Geschwindigkeit je nach dem Lösungs-
mittel zwischen sehr bedeutenden Grenzen ver-
schieden ausfallen kann. Schon diese Wir-
kungen der Lösungsmittel werden wir also als
katalytische zu bezeichnen haben. Feststel-
lungen darüber, ob sich hierbei etwa Verbin-
dungen zwischen dem Lösungsmittel und den
Reagenlien bilden, so dass Änderungen der
Geschwindigkeit auf Änderungen der wirksamen
Mengen zurückzuführen sind, sollen dadurch
natürlich nicht präjudiziert sein.
Zwischen diesen Einflüssen und solchen, bei
denen verschwindend geringe Menge zugesetzter
Stoffe die Geschwindigkeit im allerhöchsten
Masse ändern, lassen sich stetige Übergänge
von allen Graden nachweisen. Bisher sind Wir-
kungen der letzteren Art fast ausschliesslich als
katalytische bezeichnet worden; da es sich in-
dessen nur um quantitative Unterschiede handelt,
so ist es methodisch nicht gerechtfertigt, die
Fälle auszuschliessen, in welchen die Beträge
kleinere Werte haben.
Zur Beobachtung und Messung sind bisher
meist die Fälle gelangt, in denen sehr grosse
Beeinflussungen durch sehr kleine Stoffmengen
vorlagen. Selbst wenn man sich auf solche be-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
317
schränkt, so ist die Anzahl der nachgewiesenen
einzelnen Fälle bereits jetzt ausserordentlich
gross. Insbesondere verdanken wir den Arbeiten
Schönbeins eine fast unabsehbare Liste solcher
Reaktionen. Allerdings fehlt bei Schönbein
noch die Erkenntnis, dass es sich bloss um Be-
schleunigungen an sich stattfindender, nur
langsam verlaufender Vorgänge handelt; er
sieht sie vielmehr als durch den Katalysator
hervorgerufen an. Dadurch stehen wir jetzt
vor der Aufgabe, das von diesem unermüdlichen
und originalen Forscher ausgegrabene Roh-
material einer quantitativen Durcharbeitung zu
unterziehen: eine Arbeit, welche die gemein-
same Bethätigung einer ganzen Reihe von For-
schern beanspruchen wird.
An eine Aufzählung solcher Fälle kann ich hier
nicht gehen. Ich will nur betonen, dass es keine
Art chemischer Reaktionen zu geben scheint,
die nicht katalytisch beeinflusst werden könnte,
und keine Art chemischer Stoffe, sei es Elemente
oder Verbindungen, die nicht katalytisch wirken
könnten. Ebenso beantwortet sich die von
Berzelius bereits gestellte Frage, ob es all-
gemeine oder spezifische Katalysatoren gebe,
dahin, dass beide Fälle nachweisbar sind.
Während beispielsweise die Anwesenheit von
Wasserstoffion die meisten chemischen Reak-
tionen beschleunigt, so dass dieser Stoff als ein
Katalysator von grosser Allgemeinheit bezeichnet
werden muss, giebt es namentlich unter den
Enzymen spezifische Katalysatoren, welche nur
auf ganz bestimmte Stoffe ihre beschleunigende
Wirkung ausüben. Auch die andere Frage
von Berzelius, ob aus einem und demselben
Stoff oder Stoffgemisch durch verschiedene
Katalysatoren verschiedene Produkte hervor-
gebracht werden können, oder in unserem Sinne,
ob verschiedene mögliche Reaktionen an dem-
selben Gebilde durch verschiedene Katalysatoren
in verschiedenem Sinne beschleunigt werden
können, glaube ich bejahend beantworten zu
müssen, wenn ich auch keine besonders auf
diesen Zweck gerichteten Versuche anzuführen
weiss.
Wenden wir uns nun den Versuchen zu,
die katalytische Erscheinung dem wissenschaft-
lichen Verständnis näher zu bringen oder eine
Theorie derselben zu geben, so muss ich an
das eben Gesagte erinnern. Die bisherigen
Theorien, soweit sie überhaupt Anspruch auf
wissenschaftliche Bedeutung erheben können,
schweben zur Zeit noch in der Luft, da ihre
messende Durcharbeitung eben nur in Angriff
genommen ist. Wenn auch die Untersuchungen,
zu deren Verfolgung seit einigen Jahren sich
eine Anzahl tüchtiger, junger Forscher in dem
von mir geleiteten Laboratorium vereinigt hat,
bereits einige Ergebnisse in diesem Sinne haben
zu Tage treten lassen, so möchte ich doch an
dieser Stelle mir voreilige Schlüsse am wenigsten
zu schulden kommen lassen. Vielleicht wird
es nach einigen Jahren möglich sein, allgemeine
Ergebnisse mitzuteilen; heute muss ich mich
damit begnügen, dass der Boden für die ge-
meinsame Arbeit den Fachgenossen frei ge-
macht ist.
Die erste Theorie der katalytischen Erschei-
nungen wurde von Liebig aufgestellt, und zwar
zu dem Zwecke, diesen von Berzelius ge-
schaffenen Begriff als überflüssig erscheinen zu
lassen. Liebig fasste die Katalyse als eine
unmittelbare Folge des mechanischen Trägheits-
gesetzes auf. Seine Äusserung lautet: „Diese
Ursache ist die Fähigkeit, welche ein in
Zersetzung oder Verbindung, d. h. in
chemischer Aktion begriffener Körper
besitzt, in einem anderen ihn berüh-
renden Körper dieselbe chemische Thä-
tigkeit hervorzurufen, oder ihn fähig zu
machen, dieselbe Veränderung zu er-
leiden, die er selber erfährt. Diese Fähig-
keit wird am besten durch einen brennenden
Körper (einen in Aktion begriffenen) versinn-
licht, mit welchem wir in anderen Körpern,
indem wir sie dem brennenden nähern, dieselbe
Thätigkeit hervorrufen.'*
Liebig hat bei dieser Erklärung offenbar
keine glückliche Hand gehabt. Sein eigenes
Beispiel schlägt ihn, denn zum Anzünden braucht
man keinen brennenden Körper, sondern nur
einen heissen; ob er infolge eines chemischen
Vorganges heiss ist oder aus irgend einem an-
deren Grunde (z. B. infolge eines elektrischen
Stromes), ist fiir den Erfolg ganz gleichgültig.
Es sind denn auch alsbald solche Einwände
erhoben worden, und Lieb ig sah sich veran-
lasst, seiner Hypothese eine veränderte Gestalt
zu geben. Er erläuterte seine Ansicht im An-
schluss an die Frage der Zuckergärung durch
folgende Worte:
,, Ähnlich wie die Wärme das statische
Moment in den Elementen sehr vieler
chemischer Verbindungen aufzuheben
fähig ist, geschieht dies durch einen
Körper, dessen Elemente sich selbst im
Zustande eines aufgehobenen Gleich-
gewichts befinden; die Bewegung, in der
sich seine Atome befinden, teilt sich den
Atomen der Elemente des Zuckers mit;
sie hören auf, in dem Zustande zu be-
harren, in welchem sie Zucker bilden,
und ordnen sich nach ihren besonderen
Anziehungen.'*
Diese Hypothese „molekularer Schwingun-
gen" hat sich in der Folge einer grossen Be-
liebtheit erfreut und dürfte noch heute die An-
sicht vieler, insbesondere der nichtbeteiligten
F'achgenossen darstellen. Sie hat den beson-
deren Vorzug, dass sie überhaupt nicht wider-
3i8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
legt werden kann, denn sie ist einer Prüfung nicht
zugänglich. Die wissenschaftliche Anspruchs-
losigkeit, welche in der Anwendung einer sol-
chen „Theorie" liegt, wurde um so weniger
empfunden, als auch die übrige Entwickelung
der Chemie nach einer Richtung standfand, in
welcher die Benutzung molekularer Hypothesen
als ein vollwichtiges, wissenschaftliches Hilfs-
mittel galt. Wenn man aber versucht, aus ihr
auch nur die geringste Anleitung zu experi-
menteller Fragestellung und Forschung zu ent-
nehmen, oder sie zu irgend einer Vermutung
über die möglichen Gesetze der katalytischen
Wirkungen zu verwerten — und dies ist doch
der einzige Zweck solcher Hypothesen — , so
überzeugt man sich allerdings von ihrer voll-
endeten Unfruchtbarkeit.
Dass durch die Hypothese der molekularen
Schwingungen die -ganze Angelegenheit that-
sächlich auf ein totes Geleis gefahren war, lässt
sich daraus erkennen, dass eine stete wissen-
schaftliche Bearbeitung des einst mit so grossem
Eifer behandelten Problems hernach nicht ein-
getreten ist. Lange Zeit hindurch sind es nur
vereinzelte Forscher, welche sich um katalytische
Erscheinungen kümmern, sie beobachten und
beschreiben. Auch hat sich Schönbein, dessen
Forschungen wir soviel von dem verdanken,
was wir an Thatsachen gegenwärtig wissen, an
den theoretischen Streitigkeiten über deren Ur-
sache nicht beteiligt; es machte ihm vielmehr
ein sichtliches Vergnügen, diesen Erscheinungen
nachzugehen, für welche die zeitgenössische
Chemie, der er nur geringe Achtung zollte,
keine Erklärung noch Unterkunft wusste.
Viel Günstigeres lässt sich von einem an-
deren Gedanken sagen, der lange vorher auf-
gestellt, inzwischen aber lange Zeit nicht zur
Geltung gekommen war. Es ist dies die Idee
der Zwischenreaktionen.
Ihren Ausgang hat sie in der ersten wissen-
schaftlichen Bearbeitung genommen, welche die
chemischen Vorgänge in der Bleikammer beim
Schwefelsäureprozess erfuhren. In einer klassisch
gebliebenen Arbeit haben Clement und De-
sormes im Jahre 1806 die noch heute allge-
mein angenommene Erklärung fiir die Wirkung
gegeben, welche die Oxyde des Stickstoffes bei
der Oxydation der schwefligen Säure durch den
Luftsauerstoff ausüben. Wie Sie alle wissen,
beruht sie auf der Annahme, dass die schwef-
lige Säure durch die höheren Oxyde des Stick-
stoffes oxydiert wird, während diese in Stick-
stoff übergehen. Letzterer verbindet sich wieder
mit dem Luftsauerstoff, und der Vorgang kann
von neuem erfolgen. So dient dann eine ge-
ringe Menge von Stickstoffoxyden, um unbe-
grenzte Mengen schwefliger Säure zu oxydieren.
Merkwürdigerweise wurde zu der Zeit des
Streites zwischen Berzelius und Liebig dieser
Fall gar nicht in die Erörterung gezogen, und
erst später finden sich Anwendungen der alten
Betrachtungsweise auf andere Fälle, wo che-
mische Vorgänge durch Stoffe befördert werden,
ohne dass ein stöchiometrisches Verhältnis zu
diesen Hilfsstoffen besteht. Doch hat sich dann
diese Auffassung mehr und mehr verbreitet, und
heute muss man sie als den ältesten und wich
tigsten Versuch bezeichnen, gewisse, wenn auch
vielleicht nicht alle katalytischen Vorgänge zu
erklären.
Allerdings besteht auch dieser Ansicht ge-
genüber meist noch eine gewisse Anspruchs-
losigkeit. Wenn man sich einer katalytischen
Erscheinung gegenüber sieht, so sucht man
nach möglichen Zwischenprodukten, an deren
Bildung der Hilfsstoff oder Katalysator teil-
nehmen könnte, und erachtet die Aufgabe als
im wesentlichen gelöst, wenn man einen solchen
namhaft machen kann. Gelingt es gar, etwas
von dem angenommenen Zwischenprodukt aus
der Reaktionsmasse herauszupräparieren, so gilt
die Auffassung als erwiesen. Ob jener Stoff
wirklich ein Zwischenprodukt und nicht etwa
nur ein Nebenprodukt ist, das ist eine Frage, wel-
che kaum gestellt, geschweige denn erledigt wird.
Prüfen wir nun den Gedanken von unserem
heutigen Standpunkte aus, so wird man zunächst
etwas Widersprechendes in ihm empfinden.
Damit ein Vorgang überhaupt verläuft, muss
er mit einem Abfall der freien Energie
verbunden sein. Dieser Abfall hängt nur vom
Anfangs- und Endpunkte der Reaktion ab,
nicht aber von ihrem Wege. Andererseits ist
die Geschwindigkeit der Reaktion in streng
vergleichbaren Fällen proportional diesem Ab-
falle. Hieraus würde man zu schliessen geneigt
sein, dass die Reaktionsgeschwindigkeit eines
gegebenen Gebildes denselben Wert haben
müsste, ob der Vorgang direkt oder indirekt,
ob er in einem Zuge oder in Stufen stattfindet.
Ein solcher Schluss wäre falsch, denn ausser
dem Abfall der freien Energie sind noch viele
andere Faktoren für die Reaktionsgeschwindig-
keit bestimmend, die man keineswegs alle kennt.
Ein wohlbekanntes Beispiel ist der sehr grosse
Einfluss, den die Temperatur hat und der un-
verhältnismässig viel mehr beträgt als die ent-
sprechende Zunahme der freien Energie. Auch
lehrt die chemische Energetik, dass sich zwar
über die Gleichgewichte gegebener Gebilde
Allgemeines aussagen lässt, nicht aber über die
Zahlenwerte der Geschwindigkeiten, mit denen
dies Gleichgewicht erreicht wird. Es ergiebt
also keinen Widerspruch mit allgemeinen Ge-
setzen, wenn wir annehmen, dass eine gewisse
Reaktionsfolge über einen Zwischenstoff schneller
erfolgt als die unmittelbare Reaktion ohne diesen;
doch spricht auch nichts dafiir, und einiges da-
gegen, dass dies allgemein der Fall ist.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
319
Um also auf unser klassisches Beispiel, das
ja übrigens auch bald der Geschichte angehören
wird, zurückzukommen, so können wir immerhin
annehmen, dass die schweflige Säure durch den
Luftsauerstoff allein viel langsamer oxydiert
wird als die beiden Reaktionen: Oxydation der
schwefligen Säure durch Stickstoffperoxyd und
Oxydation des Stickoxyds durch Luftsauerstoff,
nebeneinander verlaufen, trotzdem die Konzen-
trationen der Zwischenprodukte notwendig ge-
ringer sein müssen als die für die unmittelbare
Reaktion wirksamen Konzentrationen. Aber
damit wir diese Auffassung als wissenschaftlich
begründet erachten, fehlt noch die Hauptsache:
es müssen die in Betracht kommenden Reaktions-
geschwindigkeiten wirklich gemessen sein, und
ehe dies geschehen ist, kann man nur von einer
Vermutung, nicht aber von einer Erklärung
reden. Und was hier gesagt ist, gilt allgemein:
durch die Annahme irgend welcher Zwischen-
reaktionen wird eine katalytische Beschleunigung
durchaus nicht erklärt, wenn nicht bewiesen
wird, dass diese Zwischenreaktionen unter den
vorhandenen Bedingungen thatsächlich schneller
verlaufen als die direkte Reaktion.
Bis heute ist noch kein derartiger Fall ein-
wurfsfrei durchgearbeitet und eine derartige Er-
klärung in keinem einzigen Falle bewiesen.
Allerdings wird, wie ich hoffe, diese Lücke
nicht mehr lange bestehen, denn einige auf
diesen Punkt gerichtete Arbeiten sind ihrem
Abschlüsse nahe.
Es entsteht nun, vorausgesetzt, dass in ein-
zelnen Fällen die Richtigkeit der Theorie der
Zwischenprodukte bewiesen ist (was allem An-
scheine nach eintreten wird), die neue Frage,
ob auf diesem Wege eine Erklärung aller
Katalysen gegeben sei. Ich glaube, dass hier-
auf unbedingt mit Nein geantwortet werden
muss. Ich glaube eine ganze Anzahl Katalysen
zu kennen, bei denen eine derartige Erklärung
nicht durchführbar ist. Insbesondere sehe ich
keine Möglichkeit, die Thatsache der ver-
zögernden katalytischen Beeinflussungen durch
die Annahme von Zwischenprodukten zu erklären.
Denn wenn eine Reaktion über die Zwischen-
produkte langsamer geht als auf direktem Wege,
so wird sie eben auf diesem letzteren stattfinden,
und die Möglichkeit von Zwischenprodukten hat
überhaupt keinen Einfluss auf den Vorgang.
Wohl aber erscheint mir eine Ausdehnung der
Theorie der Zwischenprodukte auf die heteroge-
nen Katalysen möglich; wir kommen auf diese
Frage im nächsten Teile zurück.
Eine andere Theorie der Katalysen ist in
neuerer Zeit von Euler aufgestellt worden. In-
dem er von der bereits früher erwogenen An-
nahme ausgeht, dass alle chemischen Reaktionen
lonenreaktionen sind, und dass ihre Geschwindig-
keiten von der Konzentration der wirklichen
Ionen abhängen, nimmt er an, dass der kataly-
tische Stoff die Eigenschaft hat, die Konzentration
der beteiligten Ionen zu ändern. Gemäss dieser
veränderten Konzentration muss denn auch die
Reaktionsgeschwindigkeit sich ändern.
Soviel ich sehe, ist eine solche Theorie
formal durchfuhrbar, d. h. es wird im allge-
meinen möglich sein, die erforderlichen Annahmen
zu machen, ohne mit den Gesetzen der allge-
meinen Chemie in Widerspruch zu geraten.
Ob sich aber nicht später Widersprüche ein-
stellen werden, wenn man die erforderlichen
Annahmen für eine Anzahl von Stoffen gemacht
und dann deren wechselseitige Reaktionsge-
schwindigkeiten bestimmt hat, lässt sich jetzt
noch nicht absehen. Insbesondere scheint mir
eine wesentliche Schwierigkeit in der mehrfach
konstatierten Thatsache zu liegen, dass zwei
Katalysatoren bei gemeinsamer Wirkung oft
eine ganz unverhältnismässig viel grössere Be-
schleunigung bewirken, als sich aus der Sum-
mierung ihrer Einzelwirkungen berechnet. Hier
lässt sich nicht absehen, wie durch die gleich-
zeitige Wirkung der beiden Katalysatoren (z. B.
Cupriion und Ferriion) so sehr viel grössere
Mengen der reaktionsfähigen Ionen gebildet
werden sollen, als diese einzeln bilden können.
Man wird also auch von dieser Theorie
sagen können, dass sie einige Katalysen, aber
keineswegs alle wird deuten können.
Einen verwickeiteren Fall katalytischer Er-
scheinungen bilden solche Vorgänge, wo die
an der Reaktion beteiligten Stoffe selbst noch
ausserdem katalytisch wirken. Ich will von den
hier vorhandenen Möglichkeiten der Auto-
katalyse nur den Fall erwähnen, dass durch
die Reaktion selbst ein Beschleuniger entsteht.
Dies tritt beispielsweise bei einer der bekann-
testen Reaktionen, der Auflösung der Metalle
in Salpetersäure, ein. Die hierbei entstehende
salpetrige Säure beschleunigt in hohem Grade
die Geschwindigkeit der Einwirkung der Salpeter-
säure, und dadurch kommt folgende Erscheinung
zu Stande.
Wird das Metall in die reine Säure gebracht,
so beginnt die Reaktion äusserst langsam. In
dem Masse, wie sie fortschreitet, wird sie
schneller, und schliesslich stürmisch. Ist diese
Periode vorüber, so verlangsamt sich der Pro-
zess und endet mit einer gegen Null konver-
gierenden Geschwindigkeit.
Dieses steht in auffallendem Widerspruche
mit dem gewöhnlichen Verlauf der Reaktionen,
die mit der grössten Geschwindigkeit beginnen
und wegen des allmählichen Verbrauches der
wirkenden Stoffe immer langsamer werden.
Hier drängen sich die physiologischen Ana-
logien unwiderstehlich auf; es ist eine typische
Fiebererscheinung. Und noch eine andere
wichtige physiologische Thatsache lässt sich
320
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
auf gleichem Wege illustrieren: die Gewöhnung
und das Gedächtnis. Ich habe hier zwei
Proben derselben Salpetersäure, die nur dadurch
verschieden sind, dass ich in der einen vorher
ein Stückchen Kupfer aufgelöst habe. Ich
bringe zwei gleiche Kupferbleche in die beiden
Säuren, die in demselben Wassergefäss stehen,
damit sie die gleiche Temperatur haben. Als-
bald sehen Sie, dass die Säure, welche schon
einmal Kupfer gelöst hatte, sich an diese Arbeit
„gewöhnt" hat und sie sehr geschickt und ge-
schwind auszuführen beginnt, während die un-
geübte Säure mit dem Kupfer nichts anzufangen
weiss und ihre Wirkung so träge und unge-
schickt ausfuhrt, dass wir sie nicht abwarten
können. Dass es sich um eine Katalyse durch
salpetrige Säure handelt, wird ersichtlich, wenn
ich etwas Natriumnitrit zur trägen Säure füge:
alsbald wird auch hier das Kupfer angegriffen
und aufgelöst.
3. Heterogene Katalyse. Der bestbe-
kannte Fall der heterogenen Katalyse ist die
Wirkung des Platins auf verbrennliche Gas-
gemenge. Während früher die Erscheinungen
am Knallgase im Vordergrunde des Interesses
standen, ist gegenwärtig aus praktischen Gründen
die Verbrennung des Schwefeldioxyds zu Trioxyd
die wichtigste von allen geworden.
Auch in allen diesen Fällen handelt es sich
wohl um Beschleunigungen langsamer Reaktionen,
wenn auch zugegeben werden muss, dass bei-
spielsweise beim Knallgase noch keine Wasser-
bildung bei gewöhnlicher Temperatur ohne
Katalysator nachgewiesen worden ist.
Aber die Stetigkeit bei der Änderung der
Geschwindigkeit mit der Temperatur berechtigt
uns hier zu der Vermutung, dass thatsächlich
eine sehr kleine Reaktionsgeschwindigkeit, auch
bei gewöhnlicher Temperatur stattfindet. Dass
sie so besonders klein ist, entspricht der ajlge-
meinen Thatsache, dass alle Gasreaktionen ver-
hältnismässig sehr langsam stattfinden.
Diese wichtige Thatsache tritt z. B. deutlich
bei den Versuchen von Berthelot und Pean
de St. Gilles hervor. Es wurde die Ester-
bildung aus Säure und Alkohol bei geicher
Temperatur in zwei Versuchen verglichen, wo
einerseits die Stoffe flüssig, andererseits dampf-
förmig waren. Wenn auch die Versuche keine
genaue Berechnung gestatten, ob die Verlang-
samung durch die starke Verminderung der
Konzentrationen vollständig erklärbar ist, oder ob
sie (was wahrscheinlicher ist) noch mehr aus-
trägt, kommt nicht in Frage; es genügt zu
wissen, dass durch den Übergang in Dampf-
gehalt die Reaktionsgeschwindigkeit etwa auf
den icxx)sten Teil herabgedrückt wurde.
Hierauf kann man nun eine Theorie der
eben erwähnten Beschleunigungen gründen, deren
Grundlagen mir vonDr. Boden st ein angegeben
worden sind. Denken wir uns, dass aus dem
gasförmigen Gebilde bei der vorhandenen Tem-
peratur ein Teil in den flüssigen Zustand ver-
setzt wird oder eine diesem Zustande ent-
sprechende Dichte annimmt, so wird in diesem
Teile die Reaktion entsprechend schneller statt-
finden, und die flüssigen Anteile der Ausgangs-
stoflTe werden sich in die Endprodukte ver-
wandeln. Ist nun die verflüssigende oder ver-
dichtende Ursache von der Beschaffenheit, dass
sie nach dem Verbrauch des ersten verdichteten
Teils neue Mengen der Ausgangsstoffe ver-
dichtet, so werden auch diese schnell reagieren,
und so fort; das Ergebnis ist eine Beschleuni-
gung der Reaktion. Eine solche Wirkung
seitens des Platins auf die Gase ist ganz wohl
möglich.
Ich möchte auch mit dieser Darlegung nicht
behaupten, dass die Platinkatalysen wirklich
auf solche W^eise erfolgen, sondern nur eine
Möglichkeit betonen, wie sie stattfinden können.
Wir hätten dann hier den einfachsten und
reinsten Fall der beschleunigenden Zwischen-
reaktion, auf den ich bereits früher hingewiesen
habe.
Wie Prof. B red ig mir jüngst mündlich dar-
gelegt hat, lässt sich an einem flüssigen Mittel,
in welchem kleine Massen einer anderen Flüssig-
keit suspendiert sind, der Mechanismus einer
solchen Beschleunigung erläutern. Wenn diese
suspendierte Flüssigkeit die Eigenschaft hat,
dass in ihr die Reaktion der vorhandenen Stoffe
schneller stattfindet als in der Hauptmasse, so
würden zunächst die dort befindlichen Anteile
der Reagentien sich umwandeln. Es würde das
Produkt in die äussere Flüssigkeit hinausdiffun-
dieren, und ebenso würden neue Mengen der
Reagentien hineintreten, da durch die Diffusion
die Konzentrationen der verschiedenen Stoffe
immer wieder ausgeglichen werden. Es würde
hierdurch nacheinander die ganze Menge der
Reagentien den Weg durch die suspendierte
Flüssigkeit nehmen und dort reagieren; das
Ergebnis ist eine Beschleunigung der Reaktion.
Was hier dargelegt wurde, lässt sich nach
Bredig vielleicht auch auf den Fall anwenden,
dass der Katalysator im kolloidalen Zustande
in der Flüssigkeit vorhanden ist. Bekanntlich
hat Prof. Bredig mit seinen Schülern in einer
Reihe ausgezeichneter Arbeiten die mannig-
faltigen und energischen katalytischen Wirkungen
gezeigt und gemessen, welche das von ihm
hergestellte kolloidale Platin und andere kolloidale
Metalle ausüben können. Auch hat er wieder-
holt betont, dass die natürlich vorkommenden,
so überaus wirksamen Katalysatoren, die Enzyme,
sich gleichfalls immer im Zustande kolloidaler
Lösung oder Suspension befinden.
Auch diese Betrachtungen haben keinen
anderen Anspruch, als den, experimentell prüf-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
321
bare Vermutungen zu sein. Ich möchte aber
nicht unterlassen, Ihre Aufmerksamkeit darauf
zu lenken, dass erst die Auffassung der Kata-
lysatoren als Beschleuniger es ermöglicht hat,
überhaupt solche wissenschaftlich prüfbare Ver-
mutungen aufzustellen. Man versuche einmal.
Ähnliches mittels Molekularschwingungen zu
erreichen.
4. Die Enzyme. Dass die Verzuckerung
der Stärke durch Säuren der durch Malzauszug
an die Seite zu stellen ist, war für Berzelius
keinem Zweifel unterworfen. Die gleiche Auf-
fassung hatten Payen und Persoz, welche den
wirksamen Stoff, die Diastase, isolierten, oder
wenigstens in konzentrierter Gestalt herstellten.
Das gleiche gilt für Liebig und Wöhler, die
in einer ausgezeichneten Arbeit die Zersetzung
des Amygdalins unter dem katalytischen Ein-
flüsse des Emulsins studierten.
Auch haben die neueren Untersuchungen
über die Gesetze der Enzymwirkungen meines
Erachtens nicht ergeben, was irgend einen
grundsätzlichen Unterschied zwischen beiden
Arten der Wirkung aufzustellen Veranlassung
gäbe. Im Gegenteil, die bereits erwähnten
Arbeiten Bredigs haben weit eingehendere
Übereinstimmungen erkennen lassen, als sich
vermuten Hess.
Wir werden also in den Enzymen Kataly-
satoren sehen, welche im Organismus während
des Lebens der Zellen entstehen und durch
deren Wirkung das Lebewesen den grössten
Teil seiner chemischen Aufgaben erledigt. Nicht
nur Verdauung und Assimilation wird von An-
fang bis zu Ende durch Enzyme geregelt, auch
die fundamentale Lebensthätigkeit der meisten
Organismen, die Beschaffung der erforderlichen
chemischen Energie durch Verbrennung auf
Kosten des Luftsauerstoffes, erfolgt unter ent-
scheidender Mitwirkung von Enzymen und wäre
ohne diese unmöglich. Denn der freie Sauer-
stoff ist, wie bekannt, ein sehr träger Stoff bei
den Temperaturen der Organismen, und ohne
Beschleunigung seiner Reaktionsgeschwindigkeit
wäre die Erhaltung des Lebens unmöglich.
Schon Berzelius hat auf die entscheidende
Bedeutung hingewiesen, welche den Enzymen
im Haushalte der Lebewesen zukommt. In der
That, stellen wir die grundsätzliche Frage, was
das physiko-chemische Kennzeichen der Lebens-
erscheinungen ist, so wird die Antwort sein:
eine selbstthätig geregelte Beschaffung und Ver-
wendung der chemischen Energie für die Be-
thätigung, Erhaltung und Vermehrung des Lebe-
wesens. Nun haben wir drei verschiedene Mittel,
die chemische Reaktionsgeschwindigkeit zu be-
einflussen: die Temperatur, die Konzentration
und die Katalyse. Von diesen dreien ist die
erste für den Organismus nicht beliebig ein-
stellbar; ja, wir sehen, dass die höheren Tiere,
denen besonders verwickelte und fein geregelte
Leistungen obliegen, sich von diesem Einflüsse
ganz frei machen, indem sie thermostatische
Vorrichtungen ausbilden, mittels deren sie ihre
Körpertemperatur innerhalb enger Grenzen kon-
stant erhalten können. Die Konzentrationen
sind vielfach durch die Löslichkeit der Stoffe
begrenzt; es bleibt als überall anwendbares
Mittel zur Regelung der Reaktionsgeschwindig-
keiten nur noch die Anwendung von Kataly-
satoren übrig, welche allerdings die Aufgabe
mit idealer Vollkommenheit zu lösen gestatten.
Ich darf mich in diese physiologischen Fragen
nicht vertiefen, wollte aber nicht unterlassen,
auf die allgemeine Bedeutung der Katalyse
nach dieser Richtung hinzuweisen. Dies scheint
mir gerade zu unserer Zeit besonders notwendig.
Da die älteren Kenntnisse und Begriffe der
Chemie, die sich wesentlich auf die Herstellung
und die systematischen und genetischen Zu-
sammenhänge der Stoffe bezogen, und die Ge-
setze des Gleichgewichts und der Umwandlung
derselben ausser Betracht Hessen, für die Er-
klärung der physiologischen Erscheinungen sich
vielfach als unzulänglich erwiesen haben, so
macht sich jetzt eine Auffassung geltend, als
sei die Chemie und Physik überhaupt ausser
Stande, zur Lösung des Rätsels vom Leben
etwas Entscheidendes beizutragen. Hiergegen
möchte ich mit allem Nachdruck darauf hin-
weisen, dass die physikalische oder allgemeine
Chemie, in deren Gebiet diese Fragen zum
allergrössten Teüe fallen, eine sehr junge Wissen-
schaft ist. Diejenigen von Ihnen, welche 1892
die Heidelberger Naturforscherversammlung be-
sucht haben, werden sich erinnern, dass sie so-
zusagen damals zum ersten Male als eben er-
wachsenes Fräulein an die Öffentlichkeit trat.
Bisher hat sie noch so viel im eigenen Hause
zu thun gefunden, dass ihre Bethätigung in den
Nachbargebieten nur selten hat erfolgen können ;
auch darf nicht verschwiegen werden, dass
manche unberufene Hand die hier vorhandenen
Früchte hat pflücken wollen, ohne Verständnis,
wie man mit ihnen umzugehen hat. Es ist
meine volle, wiederholt ausgesprochene, wissen-
schaftliche Überzeugung, dass durch die neueren
Fortschritte der Chemie der Physiologie eine
Entwickelung bevorsteht, welche an Bedeutung
der nichts nachgeben wird, welche Liebig
seinerzeit durch die erste systematische An-
wendung der chemischen Wissenschaft be-
wirkt hat.
Was nun die Eigenschaften der Enzyme
anlangt, so sind diese bisher vorwiegend quali-
tativ untersucht worden. Die quantitative Ar-
beit stösst auf grosse Schwierigkeiten, die in
der Veränderlichkeit dieser Stoffe liegen, die
meist mit dem Verluste der katalytischen Wir-
kung verbunden ist. Die bisher untersuchten
322
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang« Kö. 14.
Enzyme zeigen im wesentlichen die chemischen
Eigenschaften der Eiweissstoffe, doch sind über
die Frage nach ihrer chemischen Natur die
Akten noch keineswegs geschlossen. Ich möchte
meine Überzeugung dahin aussprechen, dass
bei eingehenderer Forschungübergänge zwischen
den eiweissartigen Produkten, an denen bisher
Enzymwirkungen nachgewiesen worden sind,
und den einfacher zusammengesetzten Stoffen
der organischen Chemie sich werden finden
lassen. So scheint beispielsweise die katalytische
Beschleunigung gewisser Oxydationswirkungen,
welche dem Hämoglobin eigen ist, auch in
den piweissfreien Abkömmlingen, insbesondere
im Hämatin, noch erhalten zu sein, und eine
Verfolgung dieser Verhältnisse in den Abbau-
produkten des Blutfarbstoffes wäre von nicht
geringem Interesse.
In den wenigen Fällen, in denen der Ge-
schwindigkeitsverlauf einer Enzymwirkung
einigermassen einwandfrei studiert worden ist,
haben sich widersprechende Resultate gezeigt;
während die einen Autoren eine weitgehende
Übereinstimmung mit den einfachen Gesetzen
gefunden haben, die für die anorganischen
Katalysatoren gültig sind, konstatierten die an-
deren Abweichungen. Einer mir voriiegenden,
noch unveröffentlichten Untersuchung, der ich
ein grosses Zutrauen zu schenken geneigt bin,
entnehme ich, dass in der That das Zeitgesetz
der Enzymwirkung von dem einfachsten Schema
der Reaktionsgeschwindigkeit abweicht ; doch
ist auch diese Frage noch keineswegs spruchreif
Die Frage nach dem Umfange der Stoffe,
welche durch ein gegebenes Enzym nach einem
gewissen Schema verändert (z. B. hydrolytisch
gespalten) werden, ist gleichfalls erst in ihren
Anfangsstadien begriffen und es scheinen hier
ähnliche Mannigfaltigkeiten vorzuliegen, wie bei
den anderen Katalysatoren. Die schönen Unter-
suchungen von E. Fischer haben gezeigt, dass
gelegentlich sehr geringe Verschiedenheiten,
welche die heutige Chemie als stereochemische
deutet, Verschiedenheiten in der Wirkung eines
gegebenen Enzyms verursachen können. Ob
dies mit einer etwaigen asymmetrischen Be-
schaffenheit des Enzyms selbst zusammenhängt,
oder auf anderen Gründen beruht, scheint mir
noch nicht unzweideutig entschieden zu sein.
Meine Herren! Ich muss zum Schlüsse eilen.
Ich habe Ihnen nicht einigermassen abgerundete
Ergebnisse eines wohluntersuchten Gebietes vor-
legen können, sondern habe meine Aufgabe
darin suchen müssen, Ihnen weite Gebiete
fruchtbaren Landes zu weisen, das nur hier und
da die ersten Anfänge systematischer Bebauung
zeigt, dessen Fruchtbarkeit und Wichtigkeit
aber bereits ausserhalb jedes Zweifels steht.
Lag dieses Land auch ausserhalb der Gebiete,
in denen die Chemie der Vergangenheit sich
heimisch fühlte, so hat unsere rastlos vorwärts-
strebende W^issenschaft doch jetzt schon be-
gonnen, mit ihren neuen Geräten den neuen
Acker fruchtbar zu machen. Dass es nicht nur
das chemisch - wissenschaftliche Interesse ist,
welches hier die Arbeit dankbar macht, glaube
ich Ihnen am Beispiel der physiologischen An-
wendungen bereits gezeigt zu haben. Dass
aber auch in technischer Beziehung die wissen-
schaftliche Kenntnis und Beherrschung der ka-
talytischen Erscheinungen unabsehbare Folgen
haben muss, tritt schon jetzt bei der mehr zu-
falligen Anwendung dieses Hilfsmittels hervor.
Der letzte grosse Triumph der deutschen tech-
nischen Chemie, die Synthese des Indigos,
welche eben die wirtschaftlichen Verhältnisse
ganzer Länder umgestaltet, enthält als einen
wesentlichen Faktor eine neue Katalyse; die
Oxydation des Naphtalins durch Schwefelsäure
lässt sich nur bei Gegenwart von Quecksilber
genügend schnell und glatt durchführen. Dass
die Schwefelsäure selbst sowohl nach dem alten
wie dem neuen Verfahren auf katalytischem
Wege gewonnen wird, brauche ich nur zu er-
wähnen. Überlegt man, dass die Beschleunigung
der Reaktionen durch katalytische Mittel ohne
Aufwand von Energie, also in solchem Sinne
gratis vor sich geht und dass in aller Technik,
also auch in der chemischen, Zeit Geld ist, so
sehen Sie, dass die systematische Benutzung
katalytischer Hilfsmittel die tiefgehendsten Um-
wandlungen in der Technik erwarten lässt.
Meine Herren! Erlauben Sie mir, mit einer
persönlichen Erinnerung zu schliessen. Als vor
vier Jahren das Leipziger physikalisch-chemische
Institut in sein schönes, neues Heim übersiedelte,
ging ich nicht ohne Sorge der neuen Periode
entgegen. Die eben abgeschlossene war so
fruchtbar gewesen. Grosse Gebiete, wie die
chemische Dynamik und die Elektrochemie,
hatten grundsätzliche Förderungen erfahren, und
es schien, als sollte für das neue Heim an Stelle
der frischfröhlichen Eroberungszüge ins neue
Land nur noch die nüchterne Aufgabe der Durch-
arbeitung des Gewonnenen übrig bleiben. Da
sagte ich mir: ein Stückchen Urwald wenigstens
müssen wir haben, und die Lust des Vor-
dringens ins möglichst Unbekannte wollen wir
um keinen Preis missen. Und von allen Richtun-
gen, die wir zu diesem Zwecke einschlagen
konnten, schien mir keine dankbarer und hoff-
nungsreicher als die Katalyse. Ich hoffe auch
Sie, meine Herren, überzeugt zu haben, dass ich
mich in dieser Wahl nicht getäuscht hatte.
lEingegangeQ 21. Oktober I90i>)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
323
ZUSAMMENFASSENDE BEARBEITUNGEN.
^Der SchifBskompass.
Von H. Meld au in Bremen.
Jahrhunderte lang nach seiner Erfindung ist
der Schiffskompass ein höchst einfaches Instru-
ment geblieben. Sein Hauptbestandteil, die
Kompassrose, wurde aus einer Pappscheibe
verfertigt, die auf ihrei^ Oberfläche mit der
Kompassstrichteilung (Windrose) versehen war,
während sich unter der Scheibe eine einfache
ovale an den Enden zugespitzte Magnetnadel
befand. In einer Durchbohrung im Mittelpunkte
der Scheibe war ein aus Messing verfertigtes
Hütchen eingeschraubt, mit dem die Rose auf
einer Messingspitze, der Pinne, ruhte. Um
die Rose vor Wind und Wetter zu schützen,
war sie in einen hölzernen mit einer Glasplatte
bedeckten Kompasskessel eingeschlossen, der
mitschiffs aufgestellt und durch kardanische
Aufhängung möglichst den schwankenden Be-
wegungen des Schiffes entzogen wurde. Ein
vorn an der inneren Wand des Kompasskessels
angebrachter Steuerstrich zeigte den ge-
steuerten Kurs an der Rosenteilung an.
In dieser einfachen Gestalt hat der Kompass
den Seefahrern Jahrhunderte lang unschätzbare
Dienste geleistet. Erst das neunzehnte Jahr-
hundert hat durchgreifende Verbesserungen an
ihm vorgenommen und hat insbesondere an die
Stelle der alten primitiven Kompassrose ein
physikalisch wohl durchdachtes System mit
sorgfältig gegeneinander abgewogenen mecha-
nischen und magnetischen Eigenschaften ge-
setzt.
Unter den Forderungen, die an einen brauch-
baren Schiffskompass gestellt werden müssen,
stehen das Einstellungsvermögen und die
Ruhe der Rose in erster Linie.
Um die äusseren Bedingungen, denen
die Rose an Bord unterworfen ist, möglichst
günstig zu gestalten, hat man zunächst die kar-
danische Aufhängung zu verbessern gesucht.
Statt cylindrischer Zapfen verwendet man zum i
Aufhängen des Kompasskessels stumpfe Schnei-
den oder Lager mit Friktionsrollen. Erschütte-
rungen des Schiffskörpers, wie sie auf Dampfern
durch das Arbeiten der Maschine, auf Kriegs- '
schiffen auch durch das Abfeuern der Geschütze
entstehen, sucht man nach W. Thomsons Vor- '
schlage dadurch von der Rose fernzuhalten, dass
man den mittleren Ring der Aufhängevorrichtung
aus einem Bündel zusammengedrehter Messing-
drähte herstellt und an diesem elastischen Ringe
den Kessel an kurzen Ketten aufhängt. Der aus
Messing oder Kupfer verfertigte starkvvandige
Kompasskessel ist am Boden beschwert, um
eine sichere Einstellung in die Vertikale zu ver-
bürgen. *) Die Spitze der Pinne wird genau in
den Schnittpunkt der Drehungsachsen der kar-
danischen Aufhängevorrichtung verlegt, so dass
sie trotz etwaiger Pendelschwingungen des Kes-
sels relativ in Ruhe bleibt. Damit die horizon-
tale Lage der Rose selbst in allen magnetischen
Breiten gewahrt bleibt, ist der Schwerpunkt der
Rose hinreichend unter den Aufhängepunkt
versenkt.^)
Das Einstellungsvermögen der Rose ist
proportional ihrer Richtkraft und umgekehrt
proportional der zwischen Hütchen und Pinne
stattfindenden Reibung, die für Trockenkom-
passe proportional dem Gesamtgewicht der Rose
gesetzt werden kann. Bezeichnet M das magne-
tische Moment, X das Verhältnis der mittleren
an Bord nach magnetisch Nord wirkenden
Komponente zur Horizontalintensität // des Erd-
magnetismus und G das Gewicht der Rose, so
ist das Einstellungsvermögen durch den Aus-
druck gegeben:
^=^-— gT •
Da l immer kleiner als i ist^), so muss ge-
fordert werden, dass sich die Rose an einem
eisenfreien Orte bei mittlerem Werte der Hori-
zontalkraft auf 0,1" bis 0,2" genau einstellt.
Um den Faktor/" möglichst klein zu machen,
wendet man als Hütchen polierte Edelsteine,
als Pinnen Iridium- oder gehärtete Stahlspitzen
an. Der Faktor ist natürlich um so kleiner, je
spitzer die Pinne angeschliffen ist. Hierbei ist
aber gehörige Rücksicht auf das Gewicht der
Rose zu nehmen; je grösser dieses ist, um so
stumpfer muss die Pinne gehalten werden, um
bei den Erschütterungen des Schiffes ein Ein-
bohren der Spitze in das Hütchen zu ver-
hindern.
Ein ungenügendes magnetisches Moment
war in früheren Zeiten der Hauptfehler, über
den die Seeleute bei ihren Kompassen zu klagen
hatten. Gegenwärtig macht die Herstellung von
guten Nadeln mit ausserordentlich konstantem
Magnetismus keine Schwierigkeit, so dass der
Erzielung eines fast beliebig grossen magne-
tischen Momentes praktisch nichts im Wege
steht. Allerdings ist bei gegebener Form des
Magnetsystems und gegebener Stahlsorte eine
Vergrösserung des magnetischen Momentes
i) Der Thomson sehe Kompasskessel ist mit einem
Doppelboden versehen, dessen Raum zur Mässigung der Pen-
delbewegungen des Kessels mit Castoröl nahezu ausgefüllt ist.
2) Nur die älteren Rosen haben Laufgewichte.
3) Auf Kauffahrteischiffen hat X gewöhnlich einen Wert
zwischen 0,8 und 0,9; auf Kriegsschiffen sinkt A, zumal in
Panzertürmen, nicht selten bis 0,3.
324
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
immer mit einer Vergrösserung des Gewichtes
verbunden, so dass die Aufgabe ist, nicht so-
M
wohl J/, als vielmehr den Quotienten y, zu einem
Maximum zu machen. Bei der Lösung dieser
Aufgabe ist übrigens im Auge zu behalten, dass
bei grösserem Gewichte eine raschere Abnutzung
von Stein und Pinne stattfindet, so dass bei
schweren Rosen ein weit grösseres ^ vorhanden
sein muss, als bei leichteren. Ferner ist bei der
Auswahl des Magnetsystems auf die Kompen-
sation des Kompasses Rücksicht zu nehmen.
Je kleiner die Nadeln sind, um so weniger ist das
Auftreten sextantaler und oktantaler Deviationen
beim Anbringen von Magneten und weichen
Eisenmassen in der Nähe des Kompasses zu
befürchten.^) Auch werden durch Rosen mit
grossem magnetischen Moment in den zur Kom-
pensation benutzen weichen Eisenmassen leicht
Pole erzeugt, die eine für alle magnetischen
Breiten exakte Beseitigung der quadrantalen De-
viation vereiteln. Endlich ist die Grösse des
magnetischen Momentes von entscheidendem
Plinfluss auf die Ruhe der Rose. Während man
lange Zeit der Meinung gewesen war, dass ein
Kompfiss um so besser arbeiten müsse, ein je
grösseres Moment die Rose besitze, ist erst von
W. Thomson daraufhingewiesen worden, dass
mit der Vergrösserung des magnetischen Mo-
mentes die Schwingungsdauer abnimmt und die
Bewegungen der Rose deshalb lebhafter und
unruhiger werden.
Eine ganze Reihe von Gründen vereinigen
sich demnach, für die Rose eines Schiffskom-
passes keineswegs ein möglichst grosses magne-
tisches Moment wünschenswert erscheinen zu
lassen. Im Gegenteil hat man danach zu stre-
ben, mit einem möglichst geringen Momente
auszukommen unter gleichzeitiger Wahrung eines
genügenden Einstellungsvermögens durch Ver-
ringerung des Gewichtes der Rose. Unter
eine gewisse Grenze darf man allerdings mit
dem magnetischen Momente nicht gehen, auch
wenn man dabei einen günstigen Wert von ^
Cr
erzielen könnte, weil das Einstellungsvermögen
bei Verunreinigung des Hütchens oder der Pinne
durch Staub und dergl. um so leichter leidet,
je geringer das magnetische Moment an und
für sich ist.
Die Ruhe der Kompassrose wird an
Bord durch mechanische und magnetische Ur-
sachen gefährdet. Da der Schwerpunkt der Rose
wegen der Vertikalkomponente der erdmagne-
tischen Kraft im allgemeinen nicht genau unter
l) Über die geometrische Gestalt des Magnetsystems wird
noch weiter unten die Rede sein.
dem Unterstützungspunkte liegt, so erfahrt die
Rose beim Schlingern des Schiffes auf allen
Kursen ausser den Kompasskursen O und W
ein mehr oder minder grosses Drehungsmoment.
Femer ist, wenn bei Erschütterungen des Schiffes
die Rose auf der Pinne tanzt, die Möglichkeit
gegeben, dass excentrische Stösse auf die Rose
von Seiten der Pinne ausgeübt werden. In
vielen Fällen hat man ausserdem mit einem
Krängungsfehler zu rechnen. Ist am Kompass-
orte eine vom Schiflfe herrührende, senkrecht
zum Deck wirkende magnetische Kraft vor-
handen, die beim Schlingern des Fahrzeuges
bald eine Komponente nach der einen, bald eine
solche nach der anderen Seite erzeugt, so ist da-
durch die Ruhe der Rose aufs emstlichste in
Frage gestellt. Endlich kann die Rose bei
schnellen Kursänderungen auch dadurch in
Schwingungen geraten, dass ihre Gleichgewichts-
lage selbst wegen der veränderten Wirkung der
Schiffskräfte eine andere geworden ist.
Die Ruhe der Rose ist Jahrhunderte lang
das grosse Geheimnis der Konstruktion des
Schiffskompasses gewesen. Viele Erfindungen,
besonders um die Mitte des vorigen Jahrhunderts,
beschäftigten sich mit der Lösung dieses Pro-
blems. Man Hess beispielsweise kleine Gewichte
vom Kompassdeckel herabhängen, die bei hef-
tigen Bewegungen auf dem Rosenblatte gleiten
sollten, oder man brachte unterhalb des Hüt-
chens einen Ring an, der gegebenen Falls am
Rosenträger schleifen und so als Bremse wirken
sollte u. a. m. Der biedere Seemann suchte
sich in seiner Not wohl dadurch zu helfen, dass
er die Pinne mit einem Hammer bearbeitete
oder gar das Hütchen mit Ziegelsteinmehl füllte.
Im günstigsten Falle beschränkte man sich dar-
auf, das Gewicht der Rose durch aufgelegte
Bleistücke oder starke Ringe von geringem
Durchmesser zu vergrössern oder man wandte
bei schlechtem Wetter besondere schwere
„Sturmrosen" an: immer war es die Vermeh-
rung der Reibung, wodurch man die allzu leb-
hafte Rose zügeln zu können hoffte.
Erst durch W. Thomson wurde dieser Irr-
tum zerstört; er zeigte, dass durch Vergrösse-
rung der Reibung nicht Ruhe, sondern im Gegen-
teil Unstetigkeit erzeugt wird, und dass für die
Ruhe der Rose durchaus nicht ihr Gewicht, son-
dern ihre Schwingungsdauer massgebend ist.
Es kommt darauf an, die Schwingungsdauer
der Rose erheblich grösser zu machen als die-
jenige des Schiffes, die im allgemeinen 14 bis
18 Sekunden nicht übersteigt.
Ist eine Kompassrose in Schwingungen ge-
raten, so kommt für die Abnahme der Schwin-
gungsbögen ausser der Reibung an der Pinne
fast nur der Luftwiderstand in Frage, eine
Dämpfung durch induzierte Ströme in den
Kesselwandungen ist wohl bei älteren Rosen mit
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
32s
grossem magnetischen Moment bemerkbar, für
die neueren Rosen lässt sie sich jedoch nicht
mehr nachweisen. Wenn trotzdem für diese
Rosen das logarithmische Dekrement grösser
ist als für jene, so liegt der Grund ohne Zweifel
in der im Verhältnis zum magnetischen Mo-
ment viel beträchtlicheren Luftreibung.
Bisher war von den Drehungen der Rose
um ihre Hauptachse die Rede; an Bord ist die
Rose aber auch Impulsen zu Drehungen um
horizontale Achsen ausgesetzt. Um die aus
ihnen resultierenden Bewegungen möglichst zu
beschränken und einfach zu gestalten, ist es
wünschenswert, das Trägheitsmoment um diese
Achsen gleich und möglichst gross zu machen.
Es geschieht dies nach einem schon vor langer
Zeit von Arch. Smith für die Normalrose der
britischen Admiralität gemachten Vorschlage
durch Anwendung mehrerer Magnetnadeln statt
einer einzigen. Die einfachste Anordnung ist
die, dass man zwei Nadeln mit ihren Enden je
30^ vom Nord- und Südpunkte der Rosenteilung
anbringt. In derselben Absicht hat man neuer-
dings auch sogen. Zirkelrosen konstruiert, bei
denen kreisförmig gebogene Nadeln angewendet
werden, deren Enden durch ein kurzes Messing-
stück getrennt sind. Die Inkonstanz der magne-
tischen Achse ist jedoch ein Grund gegen die
Verwendung derartiger Magnetsysteme.
Der Hauptgesichtspunkt für die Bestimmung
der geometrischen Gestalt des Magnet-
systems ergiebt sich daraus, dass sich die Rose
äusseren magnetischen Kräften gegenüber wie
eine unendlich kleine Nadel verhalten soll. Die
Notwendigkeit dieser Rücksichtnahme zeigte sich
in eklatanter Weise im Jahre 1860 bei der
Kompensation der Kompasse des berühmten
„Great Eastern*'. Nach Ausführung der Kom-
pensation blieben Deviationen zurück im Be-
trage von 4** bis 5^, die sich ausserordent-
lich schnell mit dem Kurswinkel änderten und
deshalb sehr lästig waren. Die von Archibald
Smith veranlasste theoretische und experimen-
telle Untersuchung lieferte den Nachweis, dass
der Grund in der im Vergleich zur Entfernung
derKompensationsmittel nicht zu vernachlässigen-
den Nadellänge zu suchen sei. Gleichzeitig
wurde gezeigt, wie man die beobachteten Stör-
ungen des normalen Verlaufes der Deviation
durch Anwendung einer Mehrzahl von Nadeln
vermeiden kann.')
Die mannigfachen an die Kompassrose zu
stellenden Forderungen lassen sich nur durch
sorgfaltigen Ausgleich ihrer physikalischen Eigen-
schaften erfüllen. Es ist bekannt, dass W.Thom-
son nicht nur die wichtigsten theoretischen
Grundsätze für die Konstruktion zuerst aufge-
stellt, sondern auch — nach dreijährigen Ver-
I) Phil. Trans. Roy. Soc. £86i.
suchen im Laboratorium und auf seiner Yacht —
eine vorzügliche Lösung des Problemes gegeben
hat, indem er den Rosenkörper aus Seidenfäden
herstellte und das Trägheitsmoment der nur
13 g schweren Rose durch Verlegung der
Massen an den Rand ausserordentlich gross
machte. Von einer kleinen im Mittelpunkte be-
findlichen Aluminiumscheibe sind in gleich-
massigen Zwischenräumen 32 Seidenfäden nach
einem leichten Aluminiumringe von 25 cm Durch-
messer gespannt. An diesen Ring ist das aus
leichter Pausleinewand verfertigte Rosenblatt ge-
klebt; der ganze mittlere Teil dieses Blattes ist
herausgeschnitten, und es ist nur soviel stehen
geblieben, als für eine deutliche Einteilung nach
Strichen und Graden nötig ist. Die mittlere
Scheibe ist durchbohrt und ruht auf dem Rande
eines Hütchens, das mit einer Edelsteinkuppe
versehen ist und mit dieser auf der fein ange-
schliffenen Pinne ruht. Das Magnetsystem der
Rose besteht aus acht kleinen, vergoldeten, 5 bis
8 cm langen Nadeln, die durch Seidenfäden unter
sich und mit dem Aluminiumringe verbunden
sind. Zum Vergleich der Thomsonschen Rose
mit der Normalrose der britischen Admiralität
mögen hier die folgenden Zahlen als ungefähre
Mittelwerte der für beide Rosenarten gültigen
Daten angeführt werden:
VT 1 Thomson-
Normalrose ^^^^ ^^,^
Durchmesser 200 mm 250 mm
Gewicht 120 g 13 g
Länge der längsten Nadeln 200 mm 80 mm
Magnetisches Moment in
Millionen G. E. . . . 36 2,1
Trägheitsmoment T in
Millionen G. E. ... 500 1 30
^ ....... . 0,3 0,16
G ^'^ ^^
Schwingungsdauer . . . 18 Sek. 38 Sek.
Aus diesen Zahlen geht hervor, wie sehr
die Thomsonsche Rose auch der besten der
früher konstruierten Kompassrosen überlegen
ist. Thatsächlich hat sie denn auch bald nach
ihrer Erfindung (1878) die Rosen älterer Kon-
struktion nicht nur von den Schiffen der Handels-
marine, sondern auch von denen der Kriegs-
marinen aller seefahrenden Völker verdrängt.
Sie ist vorbildlich für alle seit jener Zeit von
verschiedenen Mechanikern konstruierten Rosen-
typen geworden. Unter diesen ist besonders
die von Hechelmann in Hamburg hergestellte
Form bemerkenswert, bei der auch die Magnet-
nadeln zur Vergrösserung des Trägheitmomentes
aus der Mitte fortgenommen und am äusseren
Rande des Rosenblattes mit Seidenfäden parallel
zur Nord-Südlinie aufgehängt sind.
Schon lange vor den grundlegenden Thom-
326
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
sonschen Versuchen hat man die Ruhe der
Rose auf einem anderen Wege mit Erfolg zu
erreichen versucht, nämlich durch die Konstruk-
tion der Fluid- oder Schwimmkompasse.
Bei diesen Kompassen ist der Kessel ganz mit
einer aus verdünntem Alkohol bestehenden
Flüssigkeit angefüllt. Mit der Rose ist ein
Schwimmer verbunden, durch den ihr Gewicht
bis auf wenige Gramme aufgehoben wird. Da
die Rose gezwungen ist, sich in der Flüssigkeit
zu drehen, so erfolgen ihre Bewegungen sehr
ruhig. Ausserdem wird die Rose durch die
Erschütterungen des Schiffskörpers weniger be-
einflusst, da der Kessel, die Flüssigkeit und die
Rose diesen Erschütterungen gegenüber ein Gan-
zes bilden. Der Kompasskessel ist mit einer elas-
tischen Wellblechkapsel oder einer sonstigen Vor-
richtung zu versehen, um der starken Ausdeh-
nung des Alkohols mit der Temperatur Rechnung
zu tragen. Selbstverständlich müssen für die
Rose eines Schwimmkompasses wegen der
inneren Reibung der Flüssigkeit sehr viel
stärkere Magnetsysteme zur Anwendung ge-
bracht werden, als sie für Trockenkompasse
nötig sind; man hat Fluidkompassrosen, deren
magnetisches Moment 70 bis 80 Mill. G. E. be-
trägt. Für solche Kompasse lässt sich die
Kompensation eines grösseren Betrages von
quadrantaler Deviation durch weiche Eisenmassen
nur unter Zuhilfenahme der Nadelinduktion er-
reichen, die Kompensation bleibt dann bei Ver-
änderung der magnetischen Breite nicht exakt.
Bei verschiedenen Kompasssystemen (Peichl-
scher Kompass, Kompensationskompass der
Kaiserlichen Marine u. a.) sind weiche Eisen-
massen zur Verstärkung der Richtkraft und
gleichzeitig zur Kompensation der Quadrantal-
deviation am Kompasskessel selbst, also inner-
halb des Kardanringes angebracht. Die Ein-
stellung dieser Eisenmassen kann an einer Skala
abgelesen und bei Veränderung der magne-
tischen Breite der Änderung der Horizontal-
intensität entsprechend berichtigt werden. Die
Beschreibung dieser Kompasse gehört jedoch
nicht eigentlich zum vorliegenden Thema, son-
dern zum Kapitel der Kompensationsvorrich-
tungen.
(Eingegangen 13. Januar 1902.^
BESPRECHUNGEN.
H. W. Bakhuis Roozeboom; Die hete-
rogenen Gleichgewichte vom Standpunkte
der Phasenlehre. i. Heft: Die Phasen-
lehre. — Systeme aus einer Komponente,
gr. 8^ XIII u. 221 S. mit 54 Abbildungen.
Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn.
1901. Mk. 5.50.
Das vorliegende Buch soll ein Gesamtbild
vom jetzigen Stande unserer Kenntnisse über die
Gleichgewichte in heterogenen Systemen geben.
Als Ausgangspunkt und Führerin dient hierzu
die Phasenlehre, welche der Verf. im Jahre 1887
zum ersten Male für eine Skizze der Klassi-
fikation des chemischen und physikalischen
Gleichgewichts benutzt hat. Über den Gegen-
stand besitzten wir bereits zwei Bücher, das
kleine von Meyerhoffer (Wien 1893) und das
etwas umfangreichere von Bancroft: The
Phase Rule (Ithaca N. Y, 1897). Seitdem
sind eine Reihe von Jahren vergangen, viel
neues Material ist durch die Arbeit der
physikalischen Chemiker zu Tage gefördert,
so dass beide schon als veraltet betrachtet
werden können.
Der Verf , dessen Arbeiten auf dem Gebiete
der Phasenregel allgemein bekannt sein dürften,
war wie kein anderer geeignet, das ganze Ge-
biet neu zu bearbeiten; es ist ihm auch in der
That gelungen, ein in jeder Hinsicht brauch-
bares und gutes Buch zu schaffen. Nach einer
Einleitung wird die Phasenlehre abgeleitet,
wobei die mathematische Behandlung möglichst
einfach gehalten ist. Den weiteren Inhalt des
Buchs bildet die Besprechung der Systeme aus
einer Komponente. Sehr zu loben ist die
streng systematische Einteilung des ganzen Ge-
biets und die scharfe Kennzeichnung der ver-
schiedenen Kategorien. Durch die ausgedehnte
Verwertung der graphischen Darstellung werden
die Verhältnisse auch demjenigen klar gemacht,
dessen mathematische Kenntnisse noch grosse
Lücken zeigen.
Das Buch kann in jeder Hinsicht dem, der
sich eine Übersicht über dies Gebiet verschaffen
will, auf das wärmste empfohlen werden.
G. C. Schmidt.
(Eingegangen 13. Dezember 1901.)
F. Kohlrausch, Lehrbuch der praktischen
Physik (XVII und 610 S., Leipzig und Berlin
1901).
Aus Kohlrauschs Leitfaden der praktischen
Physik ist in der neunten Auflage ein Lehrbuch
der praktischen Physik geworden. Diese kleine
Änderung der Tendenz ist durch die inzwischen
erfolgte Abgliederung des kleinen Leitfadens
gerechtfertigt und gipfelt in dem Ziele, für die
Zwecke des Übungslaboratoriums die wohl-
bedachte Auswahl des kleinen Leitfadens zu
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
1^7
reservieren, mit dem Lehrbuche aber ein syste-
matisches, möglichst vollständiges Spezialwerk
über die physikalischen Messmethoden, Labo-
ratoriumshilfsmittel und die Messpraxis zu
schaffen. In einer deutschen physikalischen
Zeitschrift ein Wort zu verlieren, in wie voll-
endeter Weise auch wieder diese neueste Auf-
lage das geistige Handwerkszeug des experi-
mentierenden Physikers darbietet, hiesse Eulen
nach Athen tragen. Indes sei hervorgehoben,
dass der Verf. mit bewundernswerter Elastizität
und Sorgfalt eine Umarbeitung des Buches auf
einheitlicher moderner Grundlage vorgenommen
und das Material bis in die neuesten und in-
timsten Gebiete hinein reich ergänzt hat. Das
erstere kommt namentlich in dem gegenwärtig
am meisten fluktuierenden Gebiete der Physik,
der Elektrizitätslehi e, zum Ausdruck; als typisch
für das Zweite seien aus vielem anderen heraus
genannt die Kapitel: Über Wärmestrahlung und
schwarze Strahlung, wo man zugleich eine
knappe und klare Übersicht über die Gesetze
der schwarzen Strahlung findet; Beziehungen
der elektrischen Spannung zur Chemie der
Lösungen; Messungen an Wechselströmen;
Wechselstromdynamomaschinen ; Transforma-
toren; elektrische Lampen; Geisslersche Röhren ;
Kathodenstrahlen, wo man ausser praktischen
Winken die Grundlagen der modernen Katho-
denstrahltheorie findet; Hertzsche Wellen (von
Arons bearbeitet). Die Zahl der Tabellen ist
von 39 auf 54 erweitert. Die Gesamtgruppie-
rung des Stoffes ist in einigen Punkten wesent-
lich zweckmässiger gestaltet.
Alles in allem hat man den Eindruck, dass
sich das Buch nachgerade asymptotisch der
Linie nähert, über die hinaus es nicht mehr
vervollkommnet werden kann. An der glanz-
vollen Entwickelung der deutschen Physiker-
schule hat das Kohlrauschsche Buch in allen
seinen Auflagen einen schwerwiegenden Anteil
gehabt. Mit der neuen Auflage und mit dem
veränderten Namen wird es sicherlich dieser
seiner schönen Mission treu bleiben und reichen
Segen zu stiften fortfahren. H. Th. Simon.
(EingegaDgen 6. Januar 1902.)
K. Koppe, Anfangsgründe der Physik. Aus-
gabe B, II. Teil, Hauptlehrgang. Kürzere Aus-
gabe: Grundriss der Physik, bearbeitet von
A. Husmann. gr. 8. VIII und 360 Seiten
mit 252 Holzschnitten und einer Sternkarte.
Essen, G. D. Baedeker. 1902. Mk. 4.60
Das verdienstvolle, altbekannte Koppesche
Lehrbuch hat in Husmann einen treff"lichen
Bearbeiter gefunden, der die gewiss nicht leichte
Aufgabe gelöst hat, das mehr als 50 Jahre alte
Werk für die Anforderungen der Jetztzeit zu-
zustutzen, ohne dessen Charakter ganz zu be-
seitigen. Die vorliegende gekürzte Ausgabe ist
vorwiegend für gymnasiale Anstalten bestimmt.
Dass in ihr kompliziertere Rechnungen aus dem
Gebiete der Mechanik beseitigt wurden, kann
dem Buche nur zum Vorteile gereichen.
Als ein wesentlicher Fortschritt ist die ziem-
lich ausgiebige Verwertung des Energieprinzipes
zu begrüssen; vielleicht könnte bei einer späteren
Ausgabe hier noch mehr geschehen. So ist
z. B. eine Anwendung der Energiegesetze auf
das Pendel zu vermissen. Wie leicht lassen
sich auch die Formeln für das physische Pendel
durch dieselben ableiten! -- Wohl hat H. in
einem Anhange die Wärme als Energieform
eingeführt. Freilich wäre es viel zweckmässi-
ger, die gesamte Wärmelehre von vornherein
auf diese Begriffe aufzubauen; damit würde
er den Unterricht jedenfalls sehr erheblich ver-
tiefen.
Die Darstellung ist gewandt und durchweg
klar; auch hinsichtlich der Anordnung des
Stoffes bedürfte nur noch weniges einer Ände-
rung. Sehr wünschenswert wäre es, wenn der
Bearbeiter mehr Nachdruck auf Benutzung mo-
derner experimenteller Hilfsmittel legte, vor
allem aber speziellere Angaben über messende
Versuche machte. Gerne würde man dagegen
die alte, jetzt völlig gegenstandslos gewordene
Wheatstonesche Messung der Elektrizitäts-
geschwindigkeit in Stromleitern missen.
Auch die Elektrizitätslehre hat H. erfolg-
reich im modernen Sinne zu bearbeiten gewusst.
In der That finden hier die wichtigsten neueren
Entdeckungen ihre Erwähnung. Seltsam ist es
aber, dass das Buch nichts über die Kraftlinien
des elektrischen Stromes, insbesondere des Kreis-
stromes, bringt, die bekanntlich für das Ver-
ständnis der Induktion, der Anziehung von
Strömen und der hierbei in Frage kommenden
Energiegesetze von fundamentaler Bedeutung
sind. Eine Angabe und Ableitung der wich-
tigsten Potenzial- und Kapazitätsformeln dürfte
ebenfalls erwünscht sein. Behrendsen.
(Eingegangeil 16. Januar 1902.)
The British Optical Journal, ed. Arthur C.
Brookes. Monatlich ein Quartheft. Jähr-
lich 5 sh., postfrei.
Vier vorliegende Lieferungen lassen die
Tendenz der Zeitschrift erkennen:* sie will den
Kontakt zwischen Wissenschaft, optischer In-
dustrie, Händler und Publikum herstellen; sie
umfasst vorerst eine populäre Einleitungen die
Optik von Drysdale, astronomische, nautische
und mikroskopische Notizen, praktische Winke,
Monatsberichte, Neuheiten und widmet beson-
dere Aufmerksamkeit der physiologischen Optik
und ihren Hilfsmitteln. Der Standpunkt ist
durchaus populär, ohne darum den Ernst ver-
328
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 14.
missen zu lassen. Ob die Parteinahme für
Gordons Sturm gegen die Theorie Abbes
angezeigt war, ist eine andere Frage; der Streit
kann doch nur streng wissenschaftlich zum Aus-
trag kommen. Wir werden vielleicht Gelegen-
heit haben, auf Gordons Abhandlung zurück-
zukommen, es sei nur erwähnt, dass Gordon
die Grenze der Abbildung nichtselbstleuchten-
der Objekte nicht, wie Abbe, in der Lage der
durch das Objekt verursachten Beugungsmaxima,
welche die Apertur des Objektivs bedingt, sieht,
sondern vielmehr allein in derVerundeutlichung
des Objekts durch das Beugungsscheibchen,
welches die Lichtwelle nach dem Durchgang
durch das Objektiv liefert, was übrigens doch
auch Ab besehe Theorie ist. Das Journal
schliesst sich dem in England erfolgreichen
Zeitschriftentypus an, für welchen wir in Deutsch-
land z. Z. keinen eigentlichen Vertreter haben.
Die Ausstattung ist vornehm und geschmackvoll. '
Englisch.
(Eingegangen II. Januar 1902.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
vanBebber, W. J., Anleitung zur Aufstellung von Wetter-
vorhersagen für alle Berufsklas5cn, insbesondere fUr Schule
und Landwirtschaft gemeinvcrstäudlich bearbeitet. Mit 16
eingedruckten Abbildungen, gr. 8. VI u. 38 S. 1902.
Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn. M. — 60.
Benischke, O., Elektrotechnik in Einzeld.irstellungen.
Heft I. Benischke, Gustav, Die SchuUvorrichtungen der
Starkstromtechnik gegen atmosphärische Entladungen. Mit
43 eingedruckten Abbildungen. 8". VIII u. 42 S.
Heft 2. — — Der Parallclbetrieb von Wechselstrom-
maschinen. Mit 43 eingedruckten Abbildungen. 80. VIII
u. 55 S. 1902. Braunschweig, Friedr. Vieweg & Sohn.
Geheftet k M. 1,20, gebunden ä M. 1,60.
ElbB, Karl, Cbungsbcispiele flir die elektrolytischc Dar-
stellung chemischer Präparate. Zum Gebrauch im Labo-
ratorium für Chemiker und Elektrochemiker. Mit 8 Abb.
im Text. gr. 80. VUl u. 100 S. 1902. Halle a. S.,
Wilhelm Knapp. Gebunden M. 4,—.
Emde, Fritz, Die Arbeitsweise der Wechselstrommaschinen.
Für Physiker, Maschineningenieure und Studenten der Elek-
trotechnik. M:t 32 in den Text gedruckten Figuren. 8.
VIII u. 93 S. 1902. Beriin, Julius Springer. M. 2.40.
Gebunden M. 3. — .
Engelhardt, Viktor, Die Elektrolyse des Wassers, ihre
Durchführung und Anwendung. Monographien über an-
gewandte Elektrochemie. I. Band. Mit 90 Figuren und
15 Tabellen im Text. gr. 8«. XII u. 117 S. 1902. Halle a. S.,
Wilhelm Knapp. M. 5,—.
Friedrich, Otto, Die elektrischen Atome und die spezifische
Ladung der Ionen. Wissenschaftliche Beilage zum Jahres-
bericht des Stadt. Gymnasiums i. E. mit Realschule zu
Solingen. Mit a Tafeln. 40. 32 S. 1902. Solingen,
Druck von B. Boll.
Qerber, Paul, Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gra-
vitation. Programm des städtischen Realgymnasiums (in
Umwandlung zur lateinlosen Realschule) zu Stargard in
Pommern. 4". 25 S. 1902. Stargard, F. Hendess.
Guillaume, Fd. Gh., La Convention du metre et le bureau
international des poids et mesures. Paris, Gauthiers-
Vniais.
Koppe, K. , Geometrie zum Gebrauch an höheren L'nter-
richtsanstalten vollständig neu bearbeitet von Jos. Diek-
mann. 19. Auflage. (3. Auflage der neuen Bearbeitung.)
Mit 176 Figuren, 8 Figurentafeln und zahlreichen Übungen
und Aufgaben. I. Teil: Planimetrie. Ausgabe f^ Gym-
nasien. 80. VI u. 208 S. 1902. Essen, G. D. Baedeker,
Gebunden M. 2.40.
Musmaoher, C, Kurze Biographien berühmter Physiker-
kl. 80. VIII u. 280 S. 1902. Freiburg in Br., Herder-
sche Verlagsbuchhandlung. M. i,8o. Gebunden M. 2,40.
SchefiTer, W., Das Mikroskop, seine Optik, Geschichte und
Anwendung gemeinverständlich dargestellt. (Aus Natur
und Geisteswelt. 35. Bändchen.) Mit 66 Abbildungeai
im Text und i Tafel, kl. 80. V u. II4 S. 1902. Leipzig,
B. G. Teubncr. Gebunden M. 1,25.
Travers, Morris W., The experimental study ofgases, an
account of thc experimental methods invalued in the dcler-
mination of the properties of gases, and of the more im-
portant reseaches connected with the subject. With an
introductory preface by William Rani say. Mit 132 Fig.
gr. 8. XIII u. 323 S. 1901. London, Macmillian and
Co. Gebunden 10 sh.
Triepel, Einführung in die Physikalische Anatomie. I. Teil:
Allgemeine Elastizitäts- und Festigkeitslehre in elementarer
Darstellung. II. Teil: Die Elastizität und Festigkeit der
menschlichen Gewebe und Organe. Mit 23 Figuren im
Text und 3 lithographierten Tafeln, gr. 8^. X u. 232 S.
1902. Wiesbaden, J. F. Bergmann. M. 6, — .
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fschgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung su machen.)
Die Hilfslehrstelle für geodätische Fächer an der Tech-
nischen Hochschule zu Stuttgart ist dem Assistenten und
Privatdozenten Hohenner von der Technischen Hochschule
in München unter Verleihung des Professortitels übertragen
worden.
Der a. o. Professor Dr. Paul am Chemischen Institut
der Universität Tübingen hat einen Ruf nach Berlin als Direk-
tor der chemischen Abteilung im Reichsgesundheitsamt er-
halten.
Der a. o. Professor der darstellenden Geometrie an der
Technischen Hochschule in Graz Dr. R. Schüssler wurde
zum o. Professor, der a. o. Professor Dr. Johannes Thiele
in München zum o. Professor an der Universität Strassburg
und zum Direktor des chemischen Instituts, der bisherige
a. o. Professor der chemischen Technologie Dr. Rose zum
o. Professor ernannt.
Dem Privatdozenten der Chemie an der Friedrich -Wil-
helms-Universität zu Berlin Dr. Wilhelm Traube ist das
Prädikat „Professor" beigelegt worden.
Baudirektor Professor v. Bach (Stuttgart) hat einen Ruf
an die Wiener Technische Hochschule als Nachfolger des
verstorbenen Professor Radiger abgelehnt.
Gesuche.
Physiker
mit 9 semestr. Studium an Universität und Techn, Hochschule,
2 V4 jähr, elektrotechnischer Praxis Bliollt eine AssiBtantMI-
Btelle im In- oder Auslande. Nachrichten unter C. G. S. be-
fördert die Exped. dieser Zeitschrift,
Für die Redaktion verantwortlich (i. V.) Dr. E. Böse in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
PHYSIKALISCHE'TmSCHRIFT
No. 15.
I. Mai'"
Redakttonsschluss für No. 16 am 7. Mai 19027
3. Jahrgang.
Originalmitteilungen :
A. Grade nwitz, Über eine neue Me-
thode zur Bestimmung von Kapillar-
konstanten verdünnter Salzlösungen.
S. 329.
J. J. Taudin Chabot, Reflexion und
Refraktion mittels einer natürlich ge-
krümmten Fläche, zwecks Demon-
stration geometrisch-optischer Grund-
erscheinungen. S. 331.
F. K urlbau m, Über das Reflexious-
vermögen von Flammen. S. 332.
C Heinke, Über gleichgerichteten
Wechselstrom. S. 334.
C. D. Child, Die Geschwindigkeit
der von heissen Drähten ausgehen-
den Ionen. IL S. 336.
II. Ebert, Galvanometrische Messung
des elektrischen Ausgleichs zwischen
den loneuladuDgen der Atmosphäre
und der Ladung der Erdoberfläche,
i^. 338.
INHALT.
Referate:
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und ihre Fabrikation nach dem Kon-
takt verfahren. S. 340.
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S. 341.
C. von Szily, Zugversuche mit auf
inneren Druck beanspruchten Röhren.
S. 343-
A. E. Kcnnelly, Der neue Edison-
Akkumulator. S. 344.
Bespreoliungen :
L 00s er, Versuche aus der Wärme-
lehre und verwandten Gebieten
mit Benutzung des Doppelthermo-
sko]>s. S. 346.
R. Sissingh, Über einige Eigenschaf-
ten der photographischen Linsen-
systeme. S. 346.
E. B. Wilson, Vector Analysis. S. 347.
Die Fortschritte der Physik im Jahre
1899 und 1900. S. 347.
Die Fortschritte der Physik 1902 (Halb-
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K. Zulkowski, Zur Erhärtungs-
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J. Zacharias, Die Akkumulatoren zur
Aufspeicherung des elektrischen
Stromes. S. 350.
R. Etzold, Zeitbestimmung mittels
des Passage -Instruments. S. 351.
F. Giesel, Über radioaktive Sub-
stanzen und deren Strahlen. S. 351.
G.-A. Hemsalech, Experimental-
untersuchungen Über die Funken-
spektren. S. 351.
E. Vogel, Taschenbuch der prak-
tischen Photographie. S. 352.
Tagesereignisse. S. 352.
Personalien, s. 352.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Über eine neue Methode zur Bestimmung von
Kapillarkonstanten verdünnter Salzlösungen.
Von Alfred GradenwitzJ)
Während über die Messungen von Kapillar-
konstanten sonst eine so reiche Litteratur vor-
liegt, ist das Gebiet der Salzlösungen, deren
Konzentration unter 0,5 normal liegt, bisher fast
unerforscht geblieben.
Und doch bieten gerade solche verdünntere
Lösungen ein ganz besonderes Interesse, da
gewisse andere für Lösungen charakteristische
Konstanten, die sonst sich additiv verhalten,
bei zunehmender Verdünnung einen mehr und
mehr anomalen Verlauf zeigen, und man daher
bei den Kapillarkonstanten eine ähnliche Ano-
malie erwarten durfte. Doch die bisher ange-
wandten Methoden waren für eine derartige
Untersuchung kaum geeignet, da die kleinen
Unterschiede zwischen dem Werte dieser Kon-
stanten für Wasser einerseits und für verdünnte
Salzlösungen andererseits von der Grössen-
ordnung der Versuchsfehler sind.
Mein hochverehrter Lehrer, Herr Professor
Heydweiller, legte mir deswegen den Gedan-
ken nahe, eine Lösung dieser Frage in der
Weise zu suchen, dass die klassische Steighöhen-
methode eine Abänderung erführe; und zwar
sollte ein System zweier ganz ähnlicher Röhren
in Anwendung kommen, von denen die eine in
reines Wasser, die andere in die zu untersuchende
Lösung tauchte, und direkt sollten nicht die
Steighöhen .selbst, sondern die sehr kleinen
I ) Ausführlich in der gleichlautenden Inaugural-Dissertation
des Verfassers (Breslau 1902).
Steighöhenunterschiede in beiden Röhren ge-
messen werden.
In Anbetracht der Schwierigkeiten, welche
eine derartige Messung bietet, wenn sie direkt
ausgeführt wird, wurde ich jedoch nach einigem
Experimentieren auf folgendes Verfahren ge-
fuhrt, das eine Genauigkeit ermöglicht, die der
einer direkten Messung überlegen ist.
Die zu untersuchende Flüssigkeit — bei
Beginn jeder Reihe war dies reines Wasser —
wurde auf eine Quecksilberschicht von etwa 2 cm
aufgegossen. Hierauf gab man eine gewisse
Menge Lösung von bekannter Konzentration
hinzu, veränderte so die Kapillarkonstante der
Flüssigkeit und kompensierte dann die ein-
getreten^ Verschiebung des Meniskus in der
Röhre durch Wegnahme oder Hinzufügen von
Quecksilber. Eine Wägung dieser hinzugefugten
oder weggenommenen Quecksilbermenge ergab
dann mit beträchtlicher Genauigkeit be.«^agten
Höhenunterschied: man brauchte nur den Quer-
schnitt des Gefässes zu kennen oder auf empi-
rischem Wege den Reduktionsfaktor zu be-
stimmen. (Es entsprach der Hinzufügung von
27 g Quecksilber eine Niveauveränderung von
etwa I mm.) Von diesem Höhenunterschied
musste man jedoch die durch Zufiigung von
Lösung entstandene Niveauveränderung ab-
ziehen, um den der Veränderung der spezifischen
Kohäsion proportionalen Betrag zu erhalten.
Nach dieser Andeutung der Methode gehe
ich zur Beschreibung des Apparates über:
Das Gefäss V (Fig. i) stellt ein kommuni-
zierendes Röhrensystem dar, dessen weiter Arm
als Versuchsgefäss dient.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
_J
Fig, I.
Auf den Boden desselben ist sorgfaltig ge-
reinigtes Quecksilber aufgegossen, das sowohl
die enge Horizontalröhre als den gleichfalls
engen und kurzen anderen Arm des Systems
völlig erfüllt. Dann wird die zu untersuchende
Flüssigkeit auf das Quecksilber im Hauptarm
aufgegossen. Vermittelst des Kapillarhebers .S"
kann man, durch Hinzufügung oder Wegnahme
von Quecksilber aus dem engen Arm, das
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1"
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ji
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*;
M
l'
\i
Niveau im Versuchsgefäss um winzige Beträge
verändern.
Das weite Rohr M oberhalb von ('ist unten
mit einem Kautschukstopfen geschlossen und
ist voll Wasser; durch dasselbe hindurch gehen
zwei Kapillarröhren, von denen die eine in die
Versuchsflussigkeit taucht, während die andere
in das Wasser des Becherglases B eintaucht
und der Kontrolle dient, indem sie den Einfluss
der schon durch das FlUssigkeitsbad gedämpften
Temperaturscbwankungen auszuschliessen ge-
stattet. Beide Menisken werden durch das
Fensterchen F hindurch mit dem Fernrohr eines
Kathetometers beobachtet, mit dem man auch
den ungefähren Gesamtbetrag der Steighöhe im
Versuch sgefässe misst. Das Thermometer T ist
in Zehntelgrade geteilt und giebt die Temperatur
des Bades dicht an den beiden Menisken an.
Da ich in dieser kurzen Notiz weder die
vollständige Theorie des Apparates mit seinem
Korrektionsfaktor, noch die Einzelheiten der
Versuche selbst wiedergeben kann, muss ich
diejenigen, die sich hiervon ein Bild machen
wollen, auf meine oben citierte Arbeit ver-
weisen. In derselben gebe ich auch eine
historisch-kritische Besprechung der Arbeiten
meiner Vorgänger.
Vorliegende Methode ist auf Lösungen der
Chloride und Nitrate von Natrium, Kalium und
Lithium angewandt worden, deren Konzentration
■ C» H« f:;« d;. ^r^ rCjW»-
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Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
331
von o,T bis 0,5 normal ging. Was die Resul-
tate anbelangt, so gebe ich hier nur die Kurven
für spezifische und wahre Kohäsion wieder.
(Fig. 2 und 3).
Es bezeichnen die Abscissen die Normali-
täten w, die Ordinaten die prozentischen Zu-
nahmen der Kohäsionen, bezogen auf die des
reinen Wassers; die punktierten Linien geben
Art
schliesslich den Verlauf der Quotienten
wieder.
In der Originalarbeit ist ferner ein Ver-
gleich der Resultate hiit denen anderer Experi-
mentatoren, sowie eine eingehende Diskussion
derselben nebst einer Anzahl empirischer Ge-
setzmässigkeiten zu finden.
(eingegangen 16. März 1902.)
Reflexion und Refraktion mittels einer natür-
lich gekrümmten Fläche, zwecks Demonstration
geometrisch- optischer Grunderscheinungen.
Von J. J. Taudin Chabot.
Die Oberfläche plastischer bis tropfbar-
flüssiger, in einem starrwandigen Cylinder-
gefäss um die vertikale Cylinderachse rotie-
render Massen erscheint bekanntlich als Para-
boloidkuppe vertieft: es erstreckt sich jedes
Oberflächenelement normal zur Resultante von
Gewicht, ^J/, und Fliehkraft, rn^M; — M,
Masse; r, Bahnradius; //, Winkelgeschwindigkeit;
— so dass der Durchmesser der Parameter-
ebene der Paraboloidkuppe, / = ^'^ , mithin die
Brennweite, /" = ^ = ^ sowie die maximale
4 2n^
D'i 2
Konkavität (in der Achse), C = x = wenn
D = 2y der Innendurchmesser des Gefässes und
y = Vpx die Parabelgleichung. Tritt an die
Stelle der Winkelgeschwindigkeit, //, dieTouren-
zahl pro Minute, T =^ n, dann schreiben
jt
sich diese Werte:
er
Brennweite, F= ^\ _, ,
jt'-D'^ 7^2
Konkavität, C =
7200^
und, andererseits,
Tourenzahl, r= r -;f »
-TT r H
oder
T
601/
2gC
Steigern der Winkelgeschwindigkeit, nachdem
der Paraboloidscheitel den Boden des in Ruhe
bis zur Höhe //, bei der Rotation bis zur Höhe^^,
(0 '
(2)
(3)
(4)
die Flüssigkeit enthaltenden Cylindergefässes
erreicht hat, lässt hier eine freie Kreisfläche im
Durchmesser D^ entstehen bei einer
Tourenzahl, T^ ^ y ^^^
(5)
Gegenwärtige Erscheinung nunmehr bietet
i passend angeordnet, das Mittel, die grundlegen-
den geometrisch-optischen Demonstrationen zu-
nächst mit natürlich gekrümmten Flächen aus-
zuführen, namentlich auch, um die Änderung
des Strahlenganges mit Änderung der Krüm-
mung in vollkommener Kontinuität sehr einfach
zu zeigen.
Das Cylindergefäss aus Glas, 10 bis 20 cm
im Durchmesser, 30 bis 60 cm in der Höhe,
wird dazu auf die vertikale Achse einer Schwung-
maschine befestigt, während über dem Gefass
in veränderlicher Höhe eine kräftige Lichtquelle,
etwa eine elektrische Lampe, sich befindet und
das Gefass selbst ein deckelartig aufgesetztes
Diaphragma trägt, dessen freie Öffnung kleiner
ist, als der innere Gefässquerschnitt. Die ge-
wollte Flächenkrümmung erzielt man durch Ab-
messen der Tourenzahl. Sodann gestalten sich
die Demonstrationen wie folgt.
Reflexion: Der Glascylinder enthält eine
mehrere Centimeter starke Schicht Quecksilber,
darüber ein trübes Gas, Rauch oder dergl.
a) Man hängt die Lampe so niedrig, dass der
Brennpunkt bei passender Drehungsgeschwin-
digkeit bequem mit der Lichtquelle zusammen-
fällt: das reflektierte Strahlenbündel zeichnet
als Cylinder seine Spur im trüben Medium.
b) Man hängt die Lampe höher, so dass ihre
Strahlen möglichst parallel einfallen: der Reflex
erscheint als Strahlenkonus, dessen Spitze bei
variierender Tourenzahl nach 'Gleichung (i) in
der Vertikale schwingt. (NB. Es lässt sich
dieser Vorgang auch mit dem Kathetometer
verfolgen, und so, bei bekanntem Wert für g,
die Tourenzahl T nach Gleichung (3) durch ein-
fache Längenmessung bestimmen.)
Refraktion: Der Glascylinder enthält, bis
etwa zur halben Höhe, eine beliebige, leicht
getrübte oder auch fluorescenztähige Flüssigkeit.
Das vom Diaphragma durchgelassene Strahlen-
bündel setzt zunächst seinen Weg bei unver-
ändertem Querschnitt in die Flüssigkeit hinein
fort. Man leitet die Rotation ein, beobachtet
eine Divergenz, die bei steigender Rotations-
geschwindigkeit wächst. Das Experiment lässt
sich erweitern durch Übereinanderschichten von
Flüssigkeiten mit verschiedenem Brechungs-
vermögen. — Sind die Verhältnisse so gewählt,
dass den divergierenden Strahlen im Glase der
Gefässwand das Hinaustreten in die umgebende
Luft durch Totalreflexion verhindert wird, so
gelangt man neuerdings zu einem konvergie-
renden Lichtbündel.
332
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
J
Die Beobachtung der freien Kreisfläche im
Durchmesser D\ am Gefässboden bei einer
Tourenzahl T nach Ungleichung (5) geschieht
in der Vertikale und zwar, wenn man durch
Hinauf- oder Hinabbewegen des rotierenden
Gefässes dasselbe zeigen will, wie sonst mit der
Poggendorffschen Fallmaschine; bei unverän-
derter Winkelgeschwindigkeit nimmt Dy dann
zu oder ab.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass im Falle
der Verwendung von Quecksilber im rotieren-
den Gefäss es möglich ist, die konkave Oberfläche
in Siegellack oder auch in sogenannter Verguss-
masse') abzuformen: man erhält daraufhin eine
Paraboloidschale, die besonders, wenn aus dem
letztgenannten Material, eine schön spiegelnde,
konvexe Fläche aufweist.
Versuche, das Quecksilber allein in Rotation
zu bringen, im ruhenden Gefässe, mit Hilfe
von entweder wirbelnden Induktionsströmen im
drehenden, oder radikalem Gleichstrom im kon-
stanten Magnetfelde, führten zu keinem be-
friedigenden Resultat; beide Male nämlich
zeigt sich die Durchbildung des Magnetkreises
schwierig, benötigt man, infolge der verhältnis-
mässig grossen eisenlosen Strecke, einer ganz
bedeutenden magnetisierenden Kraft (sehr hohen
Amperewindungszahl). Ausserdem erhält die
Oberfläche des Quecksilbers infolge elektro-
dynamischer Wechselwirkung der einzelnen
Stromelemente eine vom Parabelprofil ab-
weichende Krümmung, welche im zweiten Falle
noch besonders dadurch auffallend wird, dass
die Winkelgeschwindigkeit der Rotation nach
dem Centrum der Masse zu wächst, — eine
Erscheinung, deren Anblick unwillkürlich an die
Abbildungen gewisser Spiralnebel erinnert, —
insofern die Stromdichte nach der Mitte zu
mehr steigt als die Felddichte abnimmt. Eine
recht gleichmässige Bewegung hingegen lässt
sich erzielen, wenn das Quecksilber mitsamt
dem Gefass von einem Gleichpolrotationsapparat
in Umdrehung versetzt wird, — etwa indem
das Gefäss unmittelbar auf dessen vertikaler
Achse steckt — und zwar aus folgendem Grunde:
diese Art Motor richtet seine Umdrehungsge-
schwindigkeit nach der Belastung, während
andererseits die Quecksilbermasse im rotieren-
den Cylindergefäss ihr Trägheitsmoment mit
der Umdrehungsgeschwindigkeit variiert:- damit
besteht für den Bewegungszustand des Systems
das Streben nach einem stabilen Gleichgewicht.
i) Ich bezog dieses Material von der Firma B. Paege
& Co., Berlin NW. 87.
Degerloch, 13. März 1902.
iKingegangeu 14. März 1902.)
Über das Reflexionsvermögen von Flammen,
Von F. Kurlbaum.
Das Reflexionsvermögen von Flammen ist
sehr gering, daher müssen die intensivsten Licht-
quellen, wie Sonne und Bogenlampe, angewendet
werden, um die Reflexion deutlich sichtbar zu
machen. Die reflektierende Substanz sind die
festen Kohlenstoff"teilchen, denn nichtleuchtende
Flammen, z. B. die Bunsenflamme, reflektieren
nicht, wenigstens nicht für das Auge wahrnehmbar.
Da zahlenmässige Angaben über das Reflexions-
vermögen leuchtender Flammen nicht bekannt
sind, so habe ich die ungefähre Grösse be-
stimmt.
Die Methode besteht in folgendem. Auf
einem Gipsschirm wird mit Hilfe von Heliostat
und photographischem Objektiv ein Sonnenbild
entworfen. Dann wird die „schwarze Tempe-
ratur" des Sonnenbildes für ein bestimmtes
Spektralgebiet gemessen, d. h. diejenige Tem-
peratur, welche ein „schwarzer Körper" haben
müsste, um in dem Spektralgebiet die gleiche
Strahlung auszusenden. Zur Bestimmung dieser
Temperatur dient das von Holborn und mir
konstruierte optische Pyrometer.') Dann wird
die schwarze Temperatur der Flamme durch
direktes Anvisieren der Flamme gemessen, und
drittens die schwarze Temperatur der Flamme,
auf welcher in obiger Weise ein Sonnenbild
entworfen ist.
Die Wiensche Formel:
log S^ — log 60 ^ ^ löge y^ — ^ j ,
welche von Paschen und Wanner, sowie von
Lummer und Pringsheim übereinstimmend
innerhalb des sichtbaren Gebietes und der mit
dem Thermoelement messbaren Temperaturen
gültig gefunden wurde, ergiebt für die schwarzen
Temperaturen 7,, Ti, T^ die zugehörigen rela-
tiven Intensitäten S\, S2, S-;^, indem man c gleich
14500 und A, die mittlere Wellenlänge des be-
nutzten Spektralgebietes, gleich 0,643 einsetzt.
Tq ist gleich 1273^ at»s. und S^^ gleich i gesetzt.
Unter der Annahme, dass der Gipsschirm
das ideale difflise Reflexionsvermögren R = i
und dass die Flamme unter allen Winkeln den
gleichen Bruchteil des Reflexionsvermögens des
Gipsschirmes besitzt, ist das Reflexionsvermögen
R der Flamme gleich 2
S^ — 02
6*.
Der Faktor 2
rührt daher, dass die vom Gipsschirm kommende
Strahlung nur den Raumwinkel 2 jr, die an der
Flamme reflektierte Strahlung den Raumwinkel
4.T füllt.
Nun besitzt aber die Flamme nicht ein in
I) Sit/unjTsbericbt d. Bcrl. Akad. d. Wiss. 30, 712 bis
719, 1901. Vgl. auch diese Zcitschr. 3, 187, 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
333
diesem Sinne gleichmässiges Reflexionsvermögen,
sondern es tritt aus der Flamme ein bevorzugter
Lichtkegel aus, welcher teils aus reflektiertem,
teils aus gebeugtem Lichte besteht. Unter dem
reflektierten Lichte sei hier das gebeugte stets
mit einbegriffen. Die Achse des Lichtkegels
fällt mit den durch die Flamme hindurchge-
gangenen Sonnenstrahlen zusammen, während
die Spitze des Kegels in dem beleuchteten
Flammenpunkt liegt und der entsprechende
Raumwinkel ungefähr gleich jr ist. Es ist daher
bei dieser Reflexion der Faktor 0,5 anzuwenden
und diese Reflexion zu der im übrigen Raum-
winkel gefundenen zu addieren, während an der
letzteren der entsprechende Teil abgezogen wird.
Das mittlere Reflexionsvermögen ist daher:
R
m
^\\ — ^y I »>-^fi — "^'^
1,5 .^ + 0,5 ..
0l 04
Rx =
= o, 1 5 Proz.
Nach dieser Methode wurden zunächst inner-
halb des räumlichen Winkels 4 jtt — jt und zwar
für blaues Licht, mittlere Wellenlänge = 0,47 /i,
folgende schwarzen Temperaturen und nach der
Wienschen Formel die zugehörigen relativen
Strahlungsintensitäten gefunden :
71 = 2293^ abs. 5, = 48000
T-i = 1563^ S^i =90
Ts = 161 1^ 63 = 161
Demnach ist das Reflexionsvermögen innerhalb
dieses Winkels:
161 — 90
48000
Dagegen ist das Reflexionsvermögen ^2 inner-
halb des räumlichen Winkels ji viel grösser. Es
wurde gefunden:
Tx = 2293'^ abs. .V4 = 48000
7; = 1 569^ S:, = 97
7; =1743^' .Vo=689
689 — 97
48000
daher ist das mittlere Reflexionsvermögen:
R"* = ii5 » ^1 + 0,5 , Ri =- 0,8 Proz.
Natürlich findet in Wirklichkeit ein kontinuier-
licher Übergang zwischen beiden Reflexions-
vermögen statt, ich habe aber nur die gefun-
denen Maximalwerte angegeben.
Für rotes Licht ^ = 0,643 war innerhalb des
räumlichen Winkels Jr:
^4 = 1903^ abs. .V, -----350
/; = 1525" ^V> -- 19
^6 = 1547^ ^% =-- 24
Ri =1,2 Proz.
Die Reflexion innerhalb des übrigen räum-
lichen Winkels war dagegen zu schwach, als
dass ich sie hätte messen können. Das mittlere
Reflexionsvermögen Rm für rotes Licht ist da-
i^o =
-— 1,23 Proz.,
her wenig grösser als 0,5 • 1,2 Proz., es wird
ungefähr i Proz. betragen.
P2s liegt in der Natur der Sache, dass die
gefundenen Werte nicht genau sein können.
Zunächst ist das Reflexionsvermögen selbst ein
kleiner Betrag, und da sehr heisse Lichtquellen
angewendet werden müssen, so sind verschiedene
Extrapolationen erforderlich. Erstens muss die
Wien sehe Formel für Temperaturen, bei welchen
sie bis jetzt nicht geprüft ist, angewendet werden,
ebensoweit muss die pyrometrisch zu messende
Temperatur aus dem Glühlampenstrom extra-
poliert werden, da die Glühlampen nur von
700 bis 1500*^ C, also 970 bis 1770^ abs. mit
dem schwarzen Körper verglichen sind.
Ferner sind die durch die farbigen Gläser
hindurchgelassenen Spektralgebiete „rot" und
namentlich ,,blau" wenig definiert, bei spektraler
Zerlegung dürften aber die Schwierigkeiten im
roten Gebiete wegen der Lichtschwäche noch
bedeutend steigen. Der Umstand, dass der
Gipsschirm nicht das ideale Reflexionsvermögen
darstellt, kann das gesuchte Reflexionsvermögen
der Flamme nur zu gross erscheinen lassen.
Ob das auf der Flamme liegende Sonnen-
bild die Temperatur der Kohlenstoff"teilchen
wesentlich erhöht und aus diesem Grunde das
Reflexionsvermögen zu gross gefunden werden
muss, oder ob hierbei noch andere Vorgänge
stattfinden, wird sich erst durch ausfuhrlichere
Versuche bei günstigerem Sonnenstande im Som-
mer durch Einschaltung von absorbierenden
Medien feststellen lassen.
Um von den bei dieser Methode angewandten
Extrapolationen frei zu werden, habe ich auch
die Reflexion roten Lichtes an einer undurch-
sichtigen auf einer Kupferplatte niederge-
schlagenen Russschicht bestimmt und gleich
1,5 Proz, gefunden.
Dieser Wert stimmt mit dem von K. Ang-
ström') gefundenen von 1,7 Proz. gut überein.
Dadurch ist das Reflexionsvermögen der Flamme
für rotes Licht auch relativ zu dem des Russes
ohne Extrapolationen bestimmt und ungefähr
gleich I Proz. gefunden.
Da man envarten durfte, dass Russ in dünner
Schicht nicht mehr reflektiert als in dicker Schicht,
so stimmt dieses Resultat mit den allgemeinen
Anschauungen überein.
In einer kürzlich erschienenen Veröfi*entlichung
haben Lummer und Pringsheim'-) in Bezug
auf die von mir gemessene Temperatur der
Kerze unter der Annahme, dass die in der Kerze
glühenden Kohlenpartikelchen 5 resp. 10 Proz.
der auffallenden Strahlen durch Reflexion und
Beugung zerstreuen, den hierdurch bedingten
P'ehler auf 40 resp. 120" berechnet.
1) Öfversij^t. af K. Vctcnsk. Akad. Förhaiuil. Stockholm.
Arg. 55, 2S3— 295, 1898.
2) Diese Zeitschr. 3, 233 — 235, 1902.
334
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
Setzt man statt dieser willkürlich angenom-
menen Werte den von mir gefundenen Wert
von I Proz. in die Rechnung ein, so ergiebt
sich eine um 7^ zu niedrige Flammentemperatur.
Dies ist ein Fehler, welcher bei der Unbestimmt-
heit der Flammentemperatur selbst keine Rolle
spielt.
Das Reflexionsvermögen von Flammen ist
also, wie ich in meiner Mitteilung „über eine
einfache Methode, die Temperatur leuchtender
Flammen zu bestimmen" gesagt hatte, höchst
gering,') Dagegen ist das Reflexionsvermögen
von Cylindern, welche über eine Flamme ge-
schoben sind, von erheblichem Einfluss, ein
Umstand, der wohl niemandem, welcher der-
artige Flammen untersucht, entgehen kann.
Trotz der in der Flamme vorkommenden
Temperaturschwankungen lässt sich doch deut-
lich zeigen, dass die Temperatur der Kerze die
von Lummer und Pringsheim angegebene
untere Temperaturgrenze nicht erreicht.
Stellt man nämlich den schwarzen Körper
auf diese Temperatur ein, so wird er durch
Vorstellen einer Kerzenflamme verdunkelt, sei
es, dass die Kerze eine gewöhnliche Stearin-
kerze oder die definierte „Vereinskerze'' ist.
Hierbei wurde natürlich durch den leuchtendsten
Teil der Flamme, resp, durch unmittelbar be-
nachbarte Teile mit Hilfe des Pyrometers hin-
durchgesehen.
Meine Schlussfolgerung, dass Russ in dünnen
Schichten für bestimmte Temperaturen innerhalb
bestimmter Spektralgebiete selektiver als Platin
ist, ist vollkommen streng, wenn die Messungen
von Lummer und Pringsheim über die Lage
des Maximums der Energiekurven einerseits,
und meine Messungen der Flammentemperatur
der Kerze andererseits richtig sind. Letzteres
glaube ich gezeigt zu haben.
Es kommt bei meiner Methode sehr zu
statten, dass die Intensität des benutzten Spek-
tralgebietes ungefähr zehnmal so schnell fort-
schreitet als die Temperatur.
I) Diese Zcitschr. 3, 187 — 188, 1902.
(Eingegaugen 26. Miii/ iO'^2 )
Über gleichgerichteten Wechselstrom.
(Br- rkungen ZU dem gleichlautenden Aufsat
AI. (lerschun aufS. 249 dieser Ztschr. [3, ](>.. >];.
Von C. Heinke.
In dem oben bezeichneten Aufsatz wird der
spezielle Fall der Wellenstromverhältnisse ver-
folgt, der sich ergiebt, wenn eine sinusförmige
Wechselspannung durch Kommutierung der un-
teren Sinushälften in eine Wellcnspannung von
doppelter Periode umgewandelt wird. Die ab-
geleiteten Hauptergebnisse lassen sich zwar
vollständiger und unter Einschränkung des ma-
thematischen Apparates auch übersichtlicher und
einfacher durch Zerlegung der Wellenstrom-
grössen in ihre beiden Komponenten erhalten,
wie der Verfasser in früheren Aufsätzen ') ge-
zeigt hat, doch dürfte ein erneuerter Hinweis auf
die interessanten Ausgleichsverhältnisse, welche
der allgemeine, d. h. den Gleichstrom und den
symmetrischen Wechselstrom umfassende Fall des
Wellenstroms darstellt, immerhin nützlich sein,
wenn auch leider die energetische Seite im vor-
liegenden Fall trotz des ausdrücklichen Hin-
weises des Verfassers auf die Wichtigkeit der-
selben bei Wellenstrom wieder zu kurz gekom-
men und dadurch das wichtigste Moment zur
Klärung der Ausgleichsverhältnisse und des Wir-
kungsgrades ausser acht gelassen ist.
Ein Punkt veranlasste aber insonderheit
die vorliegenden Bemerkungen zu dem oben-
genannten Aufsatz: nämlich die Betrachtung der
Wirkung für den Fall, dass mit der so erhaltenen
Wellenspannung ein Transformator beschickt
wird. Die hier besonders schwer zu über-
sehende mathematische Deduktion (vgl. a. a. O.
Seite 253) lässt sich durch eine übersichtlichere
Betrachtung unter Zugrundelegung der Trans-
formatortheorie bezw. der Kraftliniengleichung
ersetzen, um zu zeigen, dass die von Zenneck
(vgl. Wied. Ann. 69, 859, 1899) beobachtete Aus-
gleichserscheinung (Fig. 6 auf Seite 253) mit der
theoretisch sich ergebenden Stromkurve im
wesentlichen übereinstimmt, dass hingegen die
von Zenneck theoretisch abgeleitete Kurve
hierfür (vgl. Fig. 5 auf Seite 253) einer Ver-
wechselung von Feldkurve und Spannungs-
kurve entsprungen ist. Auch ergeben sich bei
dieser Betrachtungsweise noch die unten ange-
führten Nebenresultate.
Schickt man die durch Kommutierung der
Sinuswelle sich ergebende Wellenspannung (vgl.
tv
jfi*, in Fig. i) in die Primärwicklung eines Trans-
formators, so kann man in erster Annäherung von
dem Ohmschen Spannungsabfall in der Primär-
wicklung abstrahieren, wie dies stets für die erste
Annäherung in der Transformatortheorie erfolgt,
um so eher, da die Form der resultierenden
Spannungswelle, welcher durch die magnetischen
Kraftlinien des veränderlichen Feldes das
Gleichgewicht gehalten wird, hierdurch keine
II Vgl. hierzu a, Über WeUeaströme, ETZ. 1899, Heft 29
und 30.
\>) Diese Ztschr. 1, 8, 1899.
0 Cber Weilenstromenerglc, ebenda 1, 197, 1900; ausführ-
lich abgedruckt in den „Vcihandlungen des Vereins zur Be-
! forderuiig de< (lewerbfleisses" 1900, I15.
dl Zur Messung elektrischer Grössen bei periodisch ver-
iindcrlichcn Strömen. Wied. Ann. 69, 61 2, 189%
et Über Wellensiromerreger. Ann. d.Ph. l,326u. 441, 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 1 5.
335
-y- — ,'Jj
ofürX.
mo
380
^12
y.
t
%*
-*-i;
ofürJV.
',*
Änderung erfährt. Nach der Kraftlinienglei-
chung
e=^ -X bezw. N= />• <//
wenn e die Momentanspannung und iV das beiden
Transformatorwicklungen gemeinschaftliche
magnetische Feld bezeichnen, erhält man für dieses
Spannung kompensierende magnetische Feld ein
Wellenfeld, dessen Verlauf durch die Kurve
ttf
A'i,2 in Fig. i gegeben ist und etwa der Kurve
von Zen neck (Fig. 5 auf Seite 253) entspricht.
Diese Kurve giebt abernur den veränderlichen
Teil des magnetischen Feldes, dessen Nullni-
veau im allgemeinen unterhalb des Nullniveau für
w
lü
E^ liegen wird, da von der Wellenspannung E\ die
Gleichspannungs - Komponente E^ = * \^'
Utax
Jl
eine Gleichstromstärke erzeugt, die nur von
dem Ohmschen Widerstand [Ry) des Primär-
kreises abhängt. Da dieser im allgemeinen
kleiner ist als der Wechselstromwiderstand, so
wird das zu der Gleichstromkomponente ge-
hörige magnetische Gleichfeld gleichfalls ein NuU-
w
niveau unterhalb desjenigen von E^ besitzen;
bei Fig. i etwa bei der strichpunktierten Hori-
zontalen zu denken. Praktisch kann dieser Um-
stand zwar wegen der Sättigungserscheinung des
Eisens im magnetischen Kreislauf auf den Ver-
lauf der Magnetibierungsstromstärke von merk-
lichem Einfluss sein. Sehen wir aber für die
Theorie in erster Annäherung zunächst von der
Eisensättigung, ebensowie von dem Einfluss
der magnetischen Hysterese ab, so wird dem
Verlauf des Feldes auch derjenige des (primären)
Magnetisierungsstromes entsprechen.
Für die Wechselinduktion, welche die
Spannung E^ in der Sekundärwicklung des Trans-
formators erzeugt, kommt aber die Lage des
Nullniveau beim magnetischen Felde gar nicht
in Betracht, da die magnetische Gleichfeldkom-
ponente bei dem Wechselinduktionsvorgang un-
beteiligt bleibt und nur die dem ausgezogenen
2
FJg- 3-
Fig. 2.
Gleichfeldniveau (iV,,^) aufgelagerte Wechsel-
feldkomponente iVi,^, welche der Wicklung i
und 2 gemeinschaftlich ist, in Wirkung tritt.
Dieses Wechselfeld A'i, 2 erzeugt wiederum nach
w
der obigen Kraftliniengleichung eineSpannung^j»
n»
welche zu der primären Spannung Ey eine Art
Spiegelbild darstellen muss, wobei das Niveau
des beiden gemeinschaftlichen Wechselfeldes
^^ii2 gleichsam die Funktion der spiegelnden
Fläche übernimmt. Bei dem symmetrischen
(technischen) Wechselstrom ist dies ohne weiteres
an der Lage der (induzierenden) Primärspannung
E\ und der (induzierten) Sekundärspannung E^
gegenüber dem übertragenden (gemeinsamen)
Wechelfeld iV, ,2 im Kreisdiagramm (vgl. Fig. 2)
ersichtlich; ebensowie aus der Darstellung in
rechtwinkligen Koordinaten Fig. 3. So einfach
wie hier liegen nun die Verhältnisse beim Wel-
lenstrom nicht, doch lassen sich diese interes-
santen allgemeinen Verhältnisse an der Hand der
Figur I ohne weiteres an die (speziellen) Wech-
selstromverhältnisse anschliessen. Man braucht
in Fig. 3 sich nur die rechte Hälfte zwischen
T
1 80 bezw. und 360 bezw. T — entsprechend
der Kommutierung der unteren Hälfte der E^ -
Kurve — so um die t?- Achse geklappt, bezw.
um 180^ aus der Papierebene heraus und wieder
hinein gedreht zu denken, dass alle Kurven
dieser Hälfte diese Drehung ausfuhren und man
erhält die Fig. i. Da nach der obigen Be-
trachtung die iV, ,2-Kurve zwangläufig mit der
-ffpKurve verbunden ist und die£ij-Kurve ebenso
mit der iVi,2-Kurve, so ist die Entstehung von
Fig. I aus dem bekannten Transformatordia-
gramm der Fig. 2 bezw. 3 ohne weiteres ein-
leuchtend.
Interessant bleibt nur noch der Umstand,
dass das für alle 3 Kurven gemeinsame Null-
niveau bei dem Spezialfall der Fig. 3 sich bei
336
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
dem allgemeineren Fall der Fig. i in drei ge-
trennte Nullniveaus auflöst und wiederum zwar
so, dass das Nullniveau des Wechselfeldes iVj,2
die Rolle einer spiegelnden Fläche übernimmt
und das Gleichspannungsniveau E-i das Spiegel-
bild von dem Gleichspannungs-Niveau E\ dar-
stellt.
IV
Die sekundäre Wellenspannung E^ wird bei
geschlossenem sekundären Stromkreis einen Aus-
gleichstrom erzeugen, der bei Konstanz der
Ausgleichwiderstände während der Periode und
beim Überwiegen des Ohmschen Widerstandes in
tu
der Form mit der /r2-Kurve übereinstimmt,
andernfalls bezüglich der Phasenverschiebung
jedoch ähnlich wie bei dem gewöhnlichen
Wechselstrom von der Mischung der 3 Arten
von Ausgleichwiderständen im Sekundärkreise,
d. i. Ohmscher Widerstand, elektromagnetischer
Trägheitswiderstand (Selbstinduktion) und ela-
stischer Verschiebungswiderstand (Kapazität),
abhängt.
Dievon Zenneck beobachteteschwacheV er-
drückung der sekundären Sinushalbwellen (vgl.
Fig. 6 auf Seite 253) erklärt sich aus der Per-
meabilitätsänderung des magnetischen Kreislaufes
während jeder Periode (Sinushalbwelle) in Ver-
bindung mit dem Hystereseeinfluss. Beides
bringt eine - - allerdings nicht stark wirkende
— periodische Veränderung der Ausgleich-
widerstands-Verhältnisse ins Spiel, welche die
schwache Deformation der auseinander abge-
leiteten Kurven bedingt. Ohne diese Momente
würde auch diese Deformation in Fortfall kom-
men. Zum Schlüsse sei noch bemerkt, dass diese
Verhältnisse auch insofern ein gewisses techni-
sches Interesse besitzen, als die Spannungserzeu-
gung der Gleichstrommaschinen bekanntlich auf
diese kommutierten und gegeneinander in der
Phase verschobenen Halbwellen als Grundele-
mente zurückgeht.*)
I) Bemerkt sei noch, dass die von (ierschun theore-
tisch behandelten Fälle bereits früher folgende ausführlichen
analytisch-theoretischen Behandlun^^en erfahren haben: Am
allgemeinsten von Ch. P. Steinmetz ETZ 1890, 481 und
1892, 29S; ferner von Puluj: KTZ 189 1, 419, 434, 498 und
1893, 466; endlich von Lohn stein: 1892, 150, 298.
(Eingegangen 27. März 1902.)
Die Geschwindigkeit der von heissen Drähten
ausgehenden Ionen.
(Zweite Mitteilung.)
Von C. D. Child.
Kürzlich ist in dieser Zeitschrift ') eine
Mitteilung erschienen, in der ich über einige
i) Diese Zeitschrift 3, 158, 1902.
Versuche mit elektrischer Entladung an er-
hitzten Platindrähten berichtete. Bei der Fort-
führung meiner Versuche bin ich nun zu der
Überzeugung gelangt, dass manche in dieser
Mitteilung gegebenen Meinungsäusserungen der
Berichtigung bedürfen. An genannter Stelle
habe ich gezeigt, wie bei den niedrigeren
Temperaturen, bei denen noch eine Entladung
erzielt werden kann, die mittlere Geschwindig-
keit der Ionen, die Träger der Entladung sind,
grösser ist als bei höheren. Ich habe nun der
Möglichkeit Ausdruck gegeben, dass die bei
niedrigeren Temperaturen gebildeten Ionen von
okkludiertem Wasserstoff herrühren könnten,
während die langsameren bei höheren Tempe-
raturen gebildeten Ionen von der den Draht
umgebenden Luft wären.
Diese Erklärung reichte für die damals
beobachteten Erscheinungen aus. Doch seither
habe ich Erscheinungen gefunden, die auf
diesem Wege nicht mehr erklärt werden können.
Zunächst habe ich eine solche beobachtet, wenn
ich den Draht, von dem die Entladung aus-
ging, in eine Röhre einschloss. Ich fand näm-
lich, dass die P2ntladung nach dem umgebenden
Cylinder in diesem Falle viel unbedeutender
war, als dies bei demselben Cylinder in freier
Luft der Fall war. Unmittelbar nach dem Er-
hitzen des Drahtes war zwar die Entladung
fast ebenso stark wie in freier Luft, doch nahm
dieselbe schnell ab, bis sie nur noch ''.o ihres
Anfangsbetrages ausmachte. Wenn ich die
Luft auspumpte und durch frisch eingelassene
ersetzte, konnte ich eine ebenso starke Ent-
ladung wie zu Anfang erzielen, ebenso wenn
ich die Luft mehrere Stunden lang sich selbst
überliess.
Augenscheinlich gab der erhitzte Draht
irgend etwas ab, was in der Röhre zurück-
bleiben und die lonengeschwindigkeit herab-
setzen konnte. Wenn der Draht nur soweit
erhitzt wurde, dass eine Entladung gerade
stattfinden konnte, nahm die Entladungs-
geschwindigkeit nur sehr langsam ab. Bei
höheren Temperaturen ging sie hingegen
schneller herunter, und in der Nähe des
Schmelzpunktes brauchte sie nur wenige Sekun-
den, um ihren Minimahvert zu erreichen. Offen-
bar war die Substanz, die eine Verzögerung
der Ionen bewirkte, etwas, was bei sehr heissen
Drähten in grösseren Mengen gebildet wurde.
Es ist seit einiger Zeit bekannt, dass Platin,
das an der Luft erhitzt wird, an Gewicht ver-
liert. Ebenso ist es bekannt, dass in diesem
Falle kleine Teilchen abgegeben werden, die
als Kerne für Bildung von Wolken wirken,
wenn die Luft plötzlich abgekühlt wird. Es
ist denn auch auf die Möglichkeit hingewiesen
worden, dass diese Teilchen bei der Entladung
eine aktive Rolle spielen könnten, doch offen-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
337
bar ist man hiermit von einer Erklärung der
Erscheinung weit entfernt. Denn in einem ge-
schlossenen Räume, wo sie in grösster Zahl
vorhanden sein müssen, ist die lonengeschwin-
digkeit gerade am geringsten; und bei hohen
Temperaturen, wo sie in grösster Anzahl ab-
gegeben werden müssen, finden wir die Ent-
ladungsgeschwindigkeit kleiner als bei nie-
drigeren Temperaturen. Andere Beobachter
haben nun gezeigt, dass kleine Feuchtigkeits-
teilchen die lonenbewegung verzögern. Offen-
bar üben die losgelösten Platinteilchen dieselbe
Wirkung aus.
Die Konvektionsströme, die von erhitztem
Platindraht ausgehen, wurden zwischen eine
Flamme und eine Platte geleitet, zu der von
der Flamme aus die Entladung überging. Diese
Konvektionsströme bewirkten, dass die Ge-
schwindigkeit der Entladung bedeutend abnahm.
Hiermit ist wiederum Beweismaterial für die
die lonengeschwindigkeit herabsetzende Wir-
kung dieser Ionen geliefert. Ich konnte sogar
konstatieren, dass die von negativen Ionen ge-
tragene Entladung in viel grösserem Masse ab-
nahm, als dies bei positiven Ionen der Fall
war. Offenbar besteht zwischen den von Platin-
draht abgestossenen Teilchen und negativen
Ionen stärkere Anziehung als zwischen diesen
Teilchen und positiven Ionen. Dies war denn
auch vorauszusehen, da die negativen Ionen
sich vom Platin nicht so leicht wie die posi-
tiven loslösen, und es leicht zu begreifen ist,
dass, ebenso wie der Platindraht die negativen
Ionen stärker anzieht, so auch die vom Platin
losgelösten Teilchen ■ für diese Ionen dieselbe
Bevorzugung zeigen.
Hierin mag auch der Grund für die grössere
Geschwindigkeit der positiven Ionen im Falle
einer Entladung an Platin zu suchen sein. Wenn
diese Teilchen eine stärkere verzögernde Wir-
kung auf die von der Flamme abgelösten Ionen
ausüben, erscheint der Schluss ganz berechtigt,
dass sie auf die von einem Drahte losgelösten
Ionen dieselbe Wirkung ausüben. Wenn
dies auch vielleicht nicht der einzige Grund für
die langsame Bewegung der negativen Ionen im
vorliegenden Falle sein mag, so dürfte es doch
wohl einen Grund hierfür darstellen.
Die so losgelösten Teilchen sind wahrschein-
lich Platinteilchen und nicht etwa Teilchen eines
Platinoxydes, denn ihre Anwesenheit ist auch,
wenngleich in geringerem Betrage, dann nach-
zuweisen, wenn der Draht in einer Wasserstoff-
atmosphäre erhitzt wird. In einer solchen Atmo-
sphäre ist die Geschwindigkeit sowohl der posi-
tiven als auch der negativen Entladung viel
grösser als in Luft, und die negative Ent-
ladung ist stärker als die positive. Die nega
tive nimmt mit steigender Temperatur zu, bis
der Draht dem Schmelzpunkt nahe ist, um dann
schnell abzunehmen, bis sie nur noch '/s des
Maximalwertes beträgt. Das Verhalten ist also
so, als ob bei höherer Temperatur ebensolche
Teilchen wie in Luft ausgesandt würden. Die
Anwesenheit solcher Teilchen im WasserstofÜ
kann auch durch ihre Wirkung als Kerne für
die Kondensation von Wasserdampf gezeigt
werden.
Trotzdem reicht aber die Annahme derartiger
Teilchen nicht dazu aus, um die in meiner
früheren Mitteilung besprochene Erscheinung
vollständig zu erklären. Ich hatte dort fest-
gestellt, dass, wenn der Draht im Vakuum er-
hitzt wird, die Entladungsgeschwindigkeit zu
Anfang grösser ist als irgendwann später, dass
ferner ein längeres Verbleiben des Drahtes an
der Luft oder ein Erhitzen an der Luft ihn in
keiner Weise beeinflusst, während ein Erhitzen
in der Wasserstoffatmosphäre ihm im vollen
Masse seine Fähigkeit wiedergab, eine Ent-
ladung hervorzurufen. Dies kann nicht mit der
Annahme solcher Teilchen erklärt werden,
während es sehr wohl mit der Annahme er-
klärt werden könnte, dass wenigstens ein Teil
der Entladung zu Trägern die Ionen hat, die
von okkludiertem Wasserstoff herrühren. Der
Umstand, dass bei höheren Temperaturen das
den Draht umgebende Gas ionisiert wird,
während dies bei niedrigeren nicht der Fall ist,
lässt den Vorgang so erscheinen, als ob bei
höheren Temperaturen die Entladung von einer
anderen Art Ionen getragen würde. Ein Teil
der Vorgänge kann also mit der Annahme
okkludierten Wasserstoffes, ein anderer Teil mit
der Annahme erklärt werden, dass sich vom
Drahte Teilchen loslösen. Wahrscheinlich wirken
beide Umstände mit. Möglicherweise wirken
auch die ausgesandten Teilchen in doppelter
Hinsicht, indem sie zunächst direkt durch La-
dung der bereits gebildeten Ionen wirksam sind,
daim aber auch, indem sie in dem den Draht
umgebenden Gase Ionen bilden dürften, die
sich langsamer bewegen als die innerhalb des
Drahtes gebildeten.
Es hat sich mir die Frage aufgedrängt, ob
es nicht möglich sein sollte, ohne eine Abände-
rung gewisser aus Potentialmessungen in der
Umgegend eines heissen Platindrahtes gezogener
Schlussfolgerungen auszukommen. Ich möchte
es nicht bezweifeln, dass zwischen dem Drahte
und dem umgebenden Gase eine Potential-
differenz besteht. Wahrscheinlich ist dies bloss
ein anderer Ausdruck dafür, dass die negativen
Ionen von den Platinteilchen stärker angezogen
werden als die positiven. Aber ist es nicht
auch denkbar, dass die positiven und negativen
Ionen mit verschiedenen Geschwindigkeiten
diffundieren, und dass die gemessene Potential -
differenz zum Teil diesem Umstände zuzu-
schreiben ist, anstatt ganz auf Rechnung
338
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
A
des Potentialabfalles an der Kontaktfläche zu
kommen? Zum Beispiel bewegen sich die nega-
tiven Ionen, die gebildet werden, wenn ein
Platindraht in Wasserstoff erhitzt wird, in einem
Kraftfelde schneller als die positiven. Deswegen
dürften sie auch wahrscheinlich dann, wenn von
vornherein keine Potentialdifierenz besteht,
schneller diffundieren, und das Potential des
den Draht umgebenden Gases dürfte im Ver-
gleich zu dem des Drahtes negativ werden,
nicht etwa infolge irgend einer an den Berüh-
rungsflächen vor sich gehenden Wirkung, sondern
infolge der den beiden lonenarten zukommen-
den verschiedenen Diffusionsgeschwindigkeiten.
Doch bedarf der Gegenstand wohl weiterer
Untersuchung,
Es war mir nicht möglich, eine Bestimmung
der lonengeschwindigkeit im Vakuum vorzu-
nehmen. Eine ausführliche Darstellung meiner
diesbezüglichen Versuche sowie der ganzen
hier kurz zusammengefassten Arbeit erscheint
nächstens in der Physical Review.
(Aus dem Englischen übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen i8. März 1902.)
Galvanometrische Messung des elektrischen
Ausgleichs zv^ischen den lonenladungen der
Atmosphäre und der Ladung der Erdoberfläche.
Von H. Ebert.
Durch den Nachweis freier Ionen in der
Atmosphäre und die Anwendung der durch
Laboratoriumsexperimente gewonnenen Erkennt-
nisse über die Eigenschaften der Gasionen be-
ginnen die bis dahin so rätselhaften Phänomene
der atmosphärischen Elektrizität, des elek-
trischen Erdfeldes und der negativen Eigenladung
des Erdkörpers sich allmählich aufzuhellen.')
Wesentlich ist aber vor allem noch, dass auf
den verschiedenen hier in Betracht kommenden
Gebieten gezeigt werde, dass nicht nur in
qualitativer, sondern auch in quantitativer
Hinsicht der in der Atmosphäre angetroffene
lonengehalt genüge, um die genannten Er-
scheinungen zu erklären. Eine der hier sich
darbietenden Fragen ist die, ob die in der
Atmosphäre von den Ionen mitgeführten Lad-
ungen ausreichen, um die an der Erdober-
fläche beobachteten elektrischen Ausgleiche
zu ermöglichen. Linss^) stellte schon 1887
durch direkte Messungen fest, in welcher Zeit
sich die nie fehlende Ladung der Erdoberflache
erneuere, und fand in einem gegebenen Falle
1) Vergl. in dieser Hinsicht den überaus instruktiven
Vortrag von H. Geitel: Über die Anwendung der Lehre
von den Gasionen auf die Erscheinungen der atmosphärischen
Elektrizität, pp. 27. IJraunschweig. 1901.
2) Linss, Meteorol. Zeitschr. 4, 345, 1887.
mittels eines auf Erdpotential geladenen Metall-
körpers dafür die Dauer von rund 100 Minuten.
Dies würde also einer minutlichen Neutrali-
sationsgeschwindigkeit einer gegebenen Ladung
von I Proz. entsprechen. Auf unserer bay-
rischen Hochebene erhalten wir aber bei
günstigen atmosphärischen Bedingungen, insbe-
sondere bei Föhnlage mitunter den zehnfachen
Betrag dieser Entladungsgeschwindigkeit.
War hiernach schon an einer kleinen Metall-
fläche ein nicht unerheblicher lonenstrom zu
erwarten, so durfte man hofien, bei genügender
Vergrösserung der aufnehmenden Fläche den
der Erde aus der Atmosphäre her zugehenden
elektrischen Strom direkt galvanometrisch
verfolgen zu können. Zu diesem Zwecke wurde
eine zwei Quadratmeter grosse, rechteckige
Weissblechtafel im Freien in horizontaler Lage
auf 6 Pfählen gut isoliert aufgestellt. Als Be-
obachtungsort konnte die obere Kante eines
steil nach der Isar 70 m tief abfallenden Hanges
(der sog. ,, Weissen Wand'*), 25 km südlich von
München (bei Icking), gewählt werden, ein Platz,
der inmitten eines ausgedehnten Waldterrains
gelegen, von vornherein als besonders günstig
erscheinen musste. Die Platte lag bei den
ersten Versuchsreihen i m über dem Boden,
später wurde sie auf einem Lattengerüste 4 m
über der Erdoberfläche von den isolierenden
Trägern frei in der Luft gehalten. Von der
Platte führte ein Draht zu einem Doppel-
schlüssel, mit dessen Hilfe die Platte i. direkt
geerdet, 2. isoliert und 3. durch ein hochem-
pfindliches E d e 1 m a n n sches Spulengalvanometer
hindurch zur Erde abgeleiie! werden konnte.
Die Isolationen wurden wiederholt sorgfältig
geprüft; wurde absichtlich ein Isolationsmangel
und damit ein teilweiser Erdschluss der Luft-
platte herbeigeführt, so riefen die an der
kupfernen Erdplatte, den Berührungsstellen der
metallischen Verbindungen u. s. w. bestehenden
E.-M.-Kräfte einen Strom hervor, der der
Richtung nach jenem entgegengesetzt verlief,
welcher bei den Messungen selbst — dem Aus-
gleich von P>d- und Luftelektrizität entsprechend
— erhalten wurde. Eine derartige Störungs-
quelle hätte also die beobachteten Ausschläge
nur vermindern, aber keineswegs selbst hervor-
rufen können.
Schon bei den ersten Versuchen ergab sich,
dass es zweckmässiger war, statt Dauerstrom
zu beobachten, das Galvanometer ballistisch
zu benutzen. Danach ergab sich folgendes
Beobachtungsschema: i. Die Platte wurde direkt
mit der Erde verbunden und lud sich auf das
Potential der Erdoberfläche, d. h. wurde, da
nur bei klarem Wetter, also bei ,, Schön wetter-
elektrizität'*, und damit bei positivem Gefälle
gearbeitet wurde, negativ in Bezug auf die
umgebenden atmosphärischen Massen. Hierauf
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
339
wurde 2. die Platte von Erde abgeschaltet und
eine hinreichende Zeit lang (s. w. u.) isoliert sich
selbst überlassen. Während dieser Zeit musste
die negative Elektrizität der Platte durch die
herangezogenen + Ionen der Luft neutralisiert
werden. Wurde dann 3. die Platte durch das
Galvanometer hindurch geerdet, so zeigte sich
in der That unter den genannten luftelektrischen
Bedingungen stets ein Ausschlag, der einem
Strome von + Elektrizität entsprach, der von
der Platte zur Erde ging.
Die zum Ausgleiche nötige Zeit wurde da-
durch ermittelt, dass zunächst bei 2. durch
längeres Warten der bei den vorhandenen
Witterungsbedingungen erreichbare Maximal-
effekt festgestellt wurde, und dann die Aus-
gleichszeit so lange verkürzt wurde, bis sich
eine eben merkliche Verminderung der Aus-
schläge zu zeigen begann; das nächstlängere
Zeitintervall wurde dann, als die zum Ausgleich
der Erdladung nötige Zeit, den weiteren Mess-
ungen zu Grunde gelegt. Dabei ergab sich
nun folgendes: Die Platte allein gab nur sehr
langsame Ausgleiche. Dabei war es gleich-
gültig, ob die Platte von direkten Sonnen-
strahlen getroffen wurde oder im (Wolken-)
Schatten lag; ein Hallwachseffekt war also
bei der verzinnten Platte, wenn überhaupt
vorhanden, mit den verwendeten Hilfsmitteln
nicht nachzuweisen. Die Wirkung wurde aber
sofort sehr wesentlich erhöht, wenn die Platte
mit Vegetation bedeckt wurde. Zu dem
Zwecke wurden Rasenstücke abgestochen, und
damit die Platte vollkommen überdeckt; in die
Rasendecke wurden dann frische Buchenzweige
oder bei anderen Versuchen Wedel von Nadel-
bäumen gesteckt; dieselben hielten sich, wenn
gelegentlich angefeuchtet, mehrere Tage lang
frisch. Auf diese Weise war gewissermassen
ein Stück der mit Vegetation bedeckten Erd-
oberfläche herausgehoben und, von den übrigen
Teilen derselben isoliert, einer gesonderten Be-
obachtung der sich vollziehenden elektrischen
Ausgleiche zugänglich gemacht. Bei der in
dieser Weise bedeckten Platte war der Aus-
gleich gewöhnlich schon in 5 Minuten voll-
kommen beendet. Im übrigen hängt sowohl
die Ausgleichszeit wie die zum Ausgleich ge-
langte Elektrizitätsmenge ausserordentlich stark
von den Witterungsbedingungen ab. Bei klarem,
hellem Wetter ist die zwischen Atmosphäre und
Erde pro Zeiteinheit ausgetauschte Elektrizitäts-
menge am grössten; sie wird sofort stark her-
abgesetzt, sowie Trübungen der Luft oder gar
Nebelbildung in den niederen Schichten ein-
treten. Es besteht also in der That ein ganz
bestimmter quantitativer Parallelismus zwischen
der lonenfuhrung und der lonenbeweglichkeit
der Atmosphäre, wie er beim Zerstreuungs-
apparate zum Ausdruck kommt, mit der Ge-
schwindigkeit, mit welcher die Erdladung selbst
neutralisiert wird.
Es ist hier nicht der Ort, Einzelwerte der
verschiedenen über September und Oktober
-■x>rfgen Jahres sich verteilenden Messungsreihen
mitzuteilen. Nur um einen ungefähren Anhalt
über die in Betracht kommende Grössenord-
nung zu geben, sei erwähnt, dass um die Mittags-
zeit an schönen, klaren Herbsttagen am ge-
nannten Orte nach 5 Minuten Ausgleichszeit
ballistische Ausschläge erhalten wurden, welche
entladenen Elektrizitätsmengen von rund io~^
Coulomb entsprechen. Denkt man sich diese
Ladung der 2 x 10^ cm**^ grossen Platte in
gleichförmigem lonenstrome aus der Atmo-
sphäre zufliessend (was natürlich nicht genau
der Fall ist, da der Ausgleich anfangs rasch,
später immer langsamer erfolgt), so erhält man
eine mittlere Stromdichte von io"'^/5.6o.2. 10^
oder 1,7. io~'^ Ampere/cm'^ d.h. von 1,7.
lO"^ Ampere pro km^ oder 300000 elektrosta-
tischen Einheiten in der Minute pro km 2.
Aus den Linssschen Me.ssungen folgen
Werte von 16000 bis 125000 E. S. Mengen-
einheiten pro Minute und km'^, je nach dem
Werte des Potentialgefälles an der Erdober-
fläche.') E. Rutherford und S. J. Allen^)
fanden in einer zwischen zwei konaxialen
Cylindern eingeschlossenen ruhenden Luftmasse
bei 50,'9 Volt/cm Gefälle einen maximalen
lonenstrom von rund 0,42. lO"**^ Amp^re/cm*^,
also Stromdichten von etwa derselben Grössen-
ordnung wie den hier im Freien konstatierten.
Vielfach waren freilich die von mir erhaltenen
lonenstrome auch von grösserer Intensität, so
namentlich bei Föhn, der immer sehr ionen-
reiche Luft und namentlich die einer rascheren
Entladung der negativen Platte günstigen
+ Ionen mit sich führt. Auch dieses stimmt gut
mit den Rutherford-Allenschen Messungen
insofern zusammen, als bei letzteren nur die
in der Luft selbst pro cm in der Zeiteinheit
regenerierten lonenmeTigen den Strom lieferten,
nicht aber, wie bei meinen Beobachtungen von
ausseh her wirkende Ursachen, wie die Föhnbe-
wegung, die neutralisierten Ionen ergänzten.
Die Versuche sollen in diesem Sommer
mit grösseren, im Freien ausgespannten, gut
isolierten dichten Drahtnetzen fortgeführt werden,
bei gleichzeitiger genauerer Bestimmung der
lonenfuhrung der unteren atmosphärischen
Schichten mittels des Aspirationsverfahrens
sowie des Potentialgefälles des Erdfeldes am
Beobachtungspunkte.
i) Vergl. Meteorolog. Zeitschrift 18, 291, 1901.
2) Diese Ztschr, 8, 227, 1902.
München, physikalisches Institut der Techn.
Hochschule, April 1902.
(^Eingegangen 20. April 1902.)
340
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
REFERATE.
Allgemeine Chemie.
Besorgt von Privatdozent Dr. A. Coehn.
2S
R. Knietsch, Über die Schwefelsäure und
ihre Fabrikation nach dem Kontaktverfahren.
Vortrag gehalten vor der Deutsch. Chem. Ges.
am 19. Oktober 1901. Berichte der Deutsch.
Chem. Ges. 34, 4069, 1901.
Wenn auch der bei der Schwefelsäuredar-
stellung stattfindende chemische Prozess,
2 SO2 +0-2 = 2 SOz + 45200 cal,
exothermisch verläuft, so vollzieht sich diese
Reaktion doch sehr langsam, so dass man schon
immer zur Beschleunigung einen Katalysator
hinzusetzen musste. Bei dem Bleikammerver-
fahren spielt die Salpetersäure mit ihren nie-
drigeren Oxydationsstufen diese Rolle, ohne dass
es indessen dabei gelingt, wasserfreie Säure zu
erhalten. Es war deshalb wünschenswert, einen
Katalysator zu finden, der Schwefeldioxyd direkt
und vollkommen mit Sauerstoff zu Schwefel-
trioxyd zu vereinigen vermochte. Schon 1831
fand der Essigsäurefabrikant Phillips aus Bristol
einen solchen in dem fein verteilten Platin, dem
sich nach Angabe Wöhlers und Mahlas(i852)
einige Metalloxyde (besonders ein Gemisch von
Kupferoxyd und Chromoxyd) beigesellten. Nach
vielen vergeblichen Versuchen, das Kontakt-
verfahren in die Praxis einzuführen, schlief das
Interesse daran ein, bis es durch Winklers
Arbeit (1875) wieder geweckt wurde. Besonders
die Badische Anilin- und Soda-Fabrik nahm das
Verfahren auf, und hier gelang es Knietsch,
danach Schwefelsäure und Oleum jeder Konzen-
tration im Grossbetriebe herzustellen. Die an-
gewendeten Gase müssen auf das peinlichste
von den geringsten Spuren Arsen befreit werden,
weil dieses in kurzer Zeit die Kontaktmasse,
Platinasbest, vollständig wirkungslos macht. Das
Platin selbst, das alle übrigen Katalysatoren
übertrifft, vermag bei 450 '^ das Gasgemisch
am raschesten und vollkommensten (98%) zu
vereinigen. Eine Erhöhung der Temperatur
hat eine Zersetzung des gebildeten SO^ zur
Folge, die nun auch wieder bei der Gegen-
wart von Platinasbest ausserordentlich beschleu-
nigt wird. Im Gegensatz zur Annahme Wink-
lers erhöht, wie aus dem Massenwirkungsgesetz
leicht ersichtlich ist, eine Vermehrung des Sauer-
stoffes dem stöchiometrischen Gemisch 2 SO2 + O2
gegenüber den Nutzeffekt bedeutend, weshalb
auch eine Verarbeitung der Röstgase, die ca.
2 S02'3 O2 enthalten, rationell ist. Obgleich
nun die Lösungswärme des Schwefeltrioxyds
in Wasser bedeutender ist wie in Säure jeder
Konzentration, wird dasselbe doch von einer
97 — 98% igen Säure viel rascher und voll-
kommener aufgenommen, so dass in einem
Gefiss vollständige Absorption stattfindet. Wenn
man nun die Eigenschaften der hydratischen
Schwefelsäure und des Oleums von verschie-
dener Konzentration betrachtet, zeigt sich, dass
bei der Säure von diesem Prozentgehalt die
Siedepunktskurve, die stetig ansteigt, eine
scharfe Spitze bildet, um dann nach der reinen
Säure und dem Oleum zu wieder abzufallen
und beim reinen Schwefeltrioxyd den tiefsten
Punkt zu erreichen. Die Dampfspannung zeigt
bei dieser 98^/0 igen Säure ein Minimum und
wächst bei dem geringsten Gehalt an fi-eiem
^^3 rasch an. Das spezifische Gewicht der
hydratischen Schwefelsäure ist hier bekanntlich
am höchsten, nimmt nach der reinen Säure zu
etwas ab, um dann mit steigendem 6"(?3-Gehalt
im Oleum wieder anzusteigen, bis bei einer
rauchenden Säure mit 65% SO^ ein Maximum
erreicht wird. Die elektrische Leitfähigkeit
nimmt hier rapid ab, steigt dann im Oleum
ebenso schnell wieder an, erreicht bei einer
rauchenden Schwefelsäure von 15% SO:^ ein
Maximum und fällt dann bei zunehmendem
5Ö3- Gehalt wieder plötzlich. Hand in Hand
damit steigt und fällt die Angreifbarkeit des
Schmiedeeisens, so dass Gefässe aus solchem
Material zum Aufbewahren der 98% igen Säure
und des hochprozentigen Oleums sich vorzüg-
lich eignen. Die Schmelzpunktskurve nun zeigt
5 Gipfelpunkte, die den Siedetemperaturen des
freien SO^, der Pyroschwefelsäure , der reinen
Schwefelsäure, des Hydrates /I2 SO4 . /^ O und
des reinen Wassers angehören. Die dazwischen
liegenden Minima entsprechen den Schmelz-
punkten ihrer Kryohydrate. Während die Lösungs-
wärme der hydratischen und rauchenden Schwefel-
säure mit steigendem Prozentgehalt stetig an-
steigt, nimmt die spezifische Wärme nur bis zum
Oleum mit 20% freiem SO^ ab, worauf sie
rasch wieder höhere Werte annimmt. Die Vis-
kosität nimmt mit steigendem Säure- bezw.
J>Ö3- Gehalt zu, und erreicht bei dem Oleum
von 50% freiem SO^ ein Maximum. Das
reine SO^ besitzt dann wieder die Viskosität
reinen Wassers. Die Kapillarität nimmt da-
gegen mit steigendem Prozentgehalt ab. Eben-
falls bei einer rauchenden Säure mit 50^0 fi'eiem
SO-s wendet sich ihre Kurve mit scharfem Knick
abwärts. Ferd. Glaser.
(Eingegangen 5. Man 1902.)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
341
^^
Physikalische Chemie.
Besorgt von Prof. Dr. G. C. Schmidt.
^^
A. Finkelstein, Ober passives Eisen. (Ztschr.
physikal. Ch. 39, 91 — iio, 1901).
Seitdem Hittorf vor einigen Jahren nach-
gewiesen, dass das Chrom viel leichter in den
passiven Zustand übergeführt werden kann, als
das Eisen und längere Zeit in diesem Zustande
verharrt, und ferner dass diese Erscheinung
nicht, wie man bis dahin allgemein annahm, auf
eine dünne Oxydhaut, welche die Oberfläche
des Eisens bez. Chroms bedeckt, zurückgeführt
werden darf, haben sich die Chemiker und
Physiker in erhöhtem Masse mit diesem Gegen-
stande beschäftigt. Die von Ostwald gefun-
dene und untersuchte Thatsache, dass ein be-
stimmtes Stück Chrom sich in gut ausgebildeten
Perioden in Säuren löst, rührte von einer Ver-
unreinigung her und konnte an anderen Präpa-
raten bisher nicht wieder aufgefunden werden.
Vor kurzem hat Herr A. Finkelstein auf
Grund einer Reihe von im Nernstschen Insti-
tut ausgeführten Versuchen eine Hypothese ent-
wickelt, wonach passives Eisen dreiwertiges
Eisen im metallischen Zustand ist. Vermag
diese Annahme auch über eine Reihe von Er-
scheinungen keine Rechenschaft zu geben, so
soll über sie doch hier berichtet werden, weil
sie viele Einzelthatsachen dieses Gebietes ein-
heitlich zusammenzufassen erlaubt, und daher
wohl die Hoffnung nicht ganz abzuweisen ist,
dass ein besserer Ausbau der Theorie auch die
bis jetzt noch dunklen Punkte aufklären wird.
Zunächst wurde die Polarisationskapazität
und der Widerstand passiven Eisens nach der
Nernstschen Methode untersucht. Die letztere
besteht darin, die elektrolytische Zelle in der
Wh eatston eschen Brücke mit Wechselströmen
zu untersuchen, indem man ihren Widerstand
mit einem Widerstand, ihre Kapazität mit einem
Kondensator kompensiert. Eine polarisierbare
Elektrode ist einem Kondensator nur dann
gleichwertig, wenn keine irreversiblen Vorgänge
an ihr geschehen. Im vorliegenden Falle waren
nun drei Möglichkeiten vorauszusehen. P^ntweder
ist die Elektrode aus passivem Eisen zu kom-
pensieren durch einen Kondensator mit massiger
Kapazität und nebengeschaltetem Widerstand;
dann ist sie ein wahrer Kondensator mit einem
schwer leitenden Oxyd als Dielektrikum. Oder
sie ist zu kompensieren durch einen Kondensator
mit grosser Kapazität ohne nebengeschalteten
Widerstand, dann verhält sie sich wie eine
Elektrode aus Platin oder anderem Edelmetall.
Oder sie ist überhaupt nicht zu kompensieren,
dann ist zu vermuten, dass nicht umkehrbare
Vorgänge mitspielen.
Der Versuch ergab, dass eine Zelle, gebildet
aus Salpetersäure mit Eisenelektroden, durch
einen Kondensator von grosser Kapazität ohne
nebengeschalteten Widerstand zu kompensieren
ist, dass somit das passive Eisen von keiner
schlecht leitenden Oxydschicht bedeckt ist.
Abhängigkeit der Kapazität vom Elek-
trolyten. Die Kapazität ist vom Elektrolyten
unabhängig. Daraus ist zu schliessen, dass das
elektromotorisch wirksame Ion entweder in allen
untersuchten Lösungen die gleiche Konzentration
hat oder seine Konzentration beim Stromdurch-
gang nicht ändert. Das zweite ist der Fall
beim Sauerstofiion , denn das Wasser bildet
ein Reservoir, das mit praktisch unendlicher
Geschwindigkeit verschwindende Sauerstofifionen
nachliefert und neu entstehende aufnimmt.
Passives Eisen ist also als eine Sauerstoff
und nicht als eine Eisenelektrode anzusehen,
was damit in Übereinstimmung steht, dass
Sauerstoff daraus entwickelt, wird und kein Eisen
in Lösung geht. Ferner ist zu schliessen, dass
der Sauerstoff in veränderlicher Konzentration
darin enthalten ist, denn sonst wäre die Elek-
trode unpolarischer und die Kapazität unendlich.
Abhängigkeit der Kapazität vom Zu-
stande des Eisens. Je stärker das Oxyda-
tionsmittel ist, mit dem Eisen passiviert wird,
desto stärker und beständiger ist die Passivität,
desto konzentrierter also wahrscheinlich die
SauerstofTbeladung. Andererseits sollte die Ka-
pazität der Sauerstoff konzentration in der Elek-
trode direkt proportional sein, also im selben
Sinne wachsen, wie die Stärke der Passivierung.
Die Messungen bestätigten diese Vermutung.
Eisen, das mit Eisenoxyd bezw. Oxydul-
oxyd bedeckt ist, verhält sich in der Brücke
wie eine Elektrode aus unedlem Metall mit
grosser, schwer bestimmender Kapazität.
Elektromotorisches Verhalten des Ei-
sens. Eisen gegen Komplexsalze. Eisen
gegen Mischungen von Ferri- und Ferro-
salze. Wenn passives Eisen eine Sauerstoff-
elektrode ist, so muss seine elektromotorische
Kraft von der Sauerstoffionenkonzentration in
der Lösung abhängig und von der Eisenionen-
konzentration unabhängig sein. Die Konzen-
tration der Sauerstoffionen ist in weiten Grenzen
veränderlich durch Veränderung des Säuretiters,
die der Eisenionen durch Zusatz eines Kom-
plexbildners wie Cyankalium. Die Messungen
zeigten jedoch ein unerwartetes Resultat, näm-
lich dass Cyankalium Eisen passiviert. Eisen
lässt sich in Ferrilösung passivieren und zwar
weiches Eisen schwierig, hartes leichter, beide
gradweise entsprechend dem Mischungsver-
hältnis von Ferro- und Ferrisalz. Der passive
Zustand ist, wie schon Hittorf fand, nirgends
scharf von dem aktiven unterschieden. Er
scheint das Endglied der Zustände zu sein, die
Eisen annimmt, wenn man in der umgebenden
342
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
Fe'*'
Lösung das Konzentrationsverhältnis — -. . stetig
steigert.
Zersetzungskurven des Eisens. Die
kathodische Zersetzungskurve von Ferrisalzen
deutet darauf hin, dass sich Eisen vorübergehend
in edler Form abscheidet. Die anodische Po-
larisationskurve von Eisen lässt den Eintritt der
Passivität scharf erkennen. Das zugehörige Po-
tential ist unabhängig vom Säuregehalt und
sinkt mit dem Eisengehalt der Lösung.
Theorie. Oxydschichttheorie. Aus der
Messung der Polarisationskapazität geht hervor,
dass passives Eisen entweder ein Metall ist,
oder dass die etwa vorhandene Oxydschicht
metallisch leitet und ausserdem noch die Eigen-
schaft besitzt, Sauerstoff zu lösen. Ein Oxyd
mit solchen Eigenschaften erlaubt die Methode
nicht, von einem Edelmetalle zu unterscheiden.
Aus den Messungen der E. M. K. geht jedoch
hervor, dass wenn man die Kurve, welche die
Beziehung zwischen E. M. K. des Eisens zu dem
Fe" '
Verhältnis — . .- auf hohe Werte des Quotienten
extrapoliert, man passives Eisen erhält. Die
Passivität hat also mit einer Oxydschicht nichts
zu thun, was auch daraus hervorgeht, dass das
mittelstarke Reduktionsmittel Cyankalium Eisen
passiviert. Aus den anodischen Polarisations-
kurven in 1/2 SO4 lässt sich ein Beweis bei-
bringen, dass Eisen nicht durch eine Oxydhaut
passiviert wird. Denn in dem Augenblick, wo
Eisen passiv wird, zeigt sich ein scharfer Knick,
der unabhängig von der Konzentration der
Wasserstoffionen ist und sich mit Eisengehalt
der Lösung verschiebt. Daraus folgt, dass
passives Eisen kein Oxyd, sondern eine metal-
lische Modifikation des Eisens ist.
Wertigkeitstheorie. Hittorf hatte die
Passivität auf einen „Zwangszustand" der Mole-
küle zurückgeführt. Über diesen Zustand hat
sich der Verfasser eine spezielle, schon in der
Einleitung erwähnte Vorstellung gebildet, nach
der die Passivität zu stände kommt durch eine
Verschiebung des Verhältnisses der dreiwertigen
zu den zweiwertigen Ionen im Metall.
Die bekannte Nernstsche Formel:
I P
e= - R Tbl ,
n p
wo fc die E. M. K., // die Wertigkeit, P der
Lösungsdruck und / der osmotische Druck
bedeutet, gilt nur solange, als kein Teil der
Stromarbeit auf Umladen verschiedenartiger
Ionen verwandt wird. Für den letzteren Fall
findet Peters für unangreifbare Elektroden:
f = /v y /// - + 6 .
P Ferri
In Eisenelektroden in Eisenlösung haben wir
es mit beiden Vorgängen zu thun. Betrachtet
man nämlich Eisen als eine Legierung von
Ferri- und Ferrometall und bringt es in eine
ferrihaltige Lösung, so wird das unedle Ferro-
metall in Lösung gehen und eine Haut edlen
Ferrimetalles niederschlagen. Letzteres wird
sich in Ferrometall verwandeln, da bei gegebener
Temperatur und gegebenem Drucke nur eine
Verteilung der beiden Bestandteile in Metall
beständig sein kann. Geht die Umwandlung
langsam von statten, so ist die Elektrode un-
angreifbar, geht sie schnell, so wird man über-
haupt keine Passivität beobachten. Die Ge-
schwindigkeit ist nach den Versuchen grösser
im weichen als im harten Eisen, wie beim in-
duzierten Magnetismus. Sie wächst schnell mit
steigender Temperatur und scheint für mittlere
Entfernungen vom Gleichgewicht durch ein
Maximum zu gehen, denn stark passives oder
nahezu reines Ferrieisen hat eine gewisse Be-
ständigkeit, während die Zwischenzustände kaum
zu beobachten sind.
Nach dieser Hypothese lassen sich die meisten
Erscheinungen des passiven Eisens leicht er-
klären. Man versteht, dass passives Eisen als
Elektrode sich genau wie eine Edelmetallelek-
trode verhält, dass die E. M. K. im Cyanka-
lium erniedrigt wird. Die kathodische Zer-
setzungskurve von Ferrilösung lässt sich jetzt so
auffassen, dass sich Ferrieisen in dünner Schicht
oder als Legierung mit dem Elektrodenmetall
abscheidet und schnell in Ferroeisen übergeht.
Das Ferrometall löst sich wieder auf, indem
drei Äquivalente zwei Äquivalente Ferrimetall
niederschlagen; das dritte liefert der Strom
nach. So wandert allmählich das ganze Ferri-
eisen der Lösung in diese Schicht und verlässt
sie als F'erroeisen.
Es erklärt sich auch, dass das Passivierungs-
potential vom Eisengehalt der Lösung abhängig
und vom Säuretiter unabhängig ist. Die ver-
wickelten Verhältnisse in Salpetersäure werden
übersichtlich angesichts der Thatsache, dass
verdünnte Salpetersäure Eisen zu Ferrosalz,
konzentrierte zu Ferrisalz löst. Man versteht,
warum Chrom sich leichter als Eisen und dieses
leichter als Nickel und Kobalt passivieren lässt,
da Chromosalz Wasser zersetzt, von Eisen beide
Oxydationsstufen und von Nickel und Kobalt
nur die niederen beständig sind.
Andererseits bleibt der charakteristische
plötzliche Übergang vom passiven in den ak-
tiven Zustand und die Thatsache, dass Halogen-
ionen den -Eintritt der Passivität durchgängig
erschweren, unaufgeklärt. Diese Punkte müssen
noch neue Untersuchungen aufklären.
G. C. Schmidt.
I Hingegangen i. Febniar 1902.)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
343
^^
Technische Mechanik.
Besorgt von Prof. E. Meyer.
^^
C. von Szily, Zugversuche mit auf inneren
Druck beanspruchten Röhren. Kongress
des Internationalen Verbandes für die Material-
prüfungen der Technik in Budapest 1901.
In jedem Punkte der Wandung eines beider-
seits geschlossenen kreiscylindrischen Rohres,
das einem inneren Flüssigkeitsdruck ausgesetzt
wird, sind 3 Hauptspannungen vorhanden: Die
grösste ist eine Zugspannung, welche in der
Richtung der Tangente an den Rohrquerschnitt
wirkt, die mittlere ist eine Zugspannung in
Richtung der Rohrachse, die kleinste ist eine
radial gerichtete Druckspannung. Vergleicht
man die bei einer derartigen Beanspruchung
beobachteten Deformationen des Rohres mit den-
jenigen, welche auftreten, wenn man das Rohr
einer äusseren in Richtung der Rohrachse wir
kenden Zuglast unterwirft, oder wenn man
beide Belastungsarten kombiniert, so kann man
über eine Anzahl wichtiger Fragen, die für die
Festigkeitslehre von prinzipieller Bedeutung
sind, Aufschluss erhalten. Der Verfasser be-
richtet über derartige Versuche, die er an
Flusseisen ausgeführt hat. Ein einfacher Zug-
versuch ergab zunächst, dass der Elastizitäts-
modul E innerhalb weiter Grenzen für das ver-
wendete Material konstant war. Ein weiterer
Versuch mit innerem Druck, der allmählich ge-
steigert wurde, bis die grösste Hauptspannung
die vorher ermittelte Proportionalitätsgrenze er-
reichte, bewies, dass auch bei dieser Bean-
spruchung die axialen Dehnungen den axialen
Zugspannungen proportional waren. Der Pro-
portionalitätsfaktor ist aber, weil die beiden
anderen Hauptspannungen von Null verschiedene
Werte haben, nicht gleich jE", sondern E
m
m — 2
wo /;/ der Poissonsche Koeffizient ist. Daraus
folgt, dass ;// konstant ist, solange das Hooke-
sche Gesetz gilt. Der so berechnete Wert von
m war 3,5. Drittens wurde festgestellt, dass
(innerhalb der Proportionalitätsgrenze) der Deh-
nungszuwachs, welchen ein bestimmter Zuwachs
an äusserer Zuglast hervorrief, der gleiche war,
wenn die Zuglast allein wirkte und wenn gleich-
zeitig mit ihr ein gewisser, konstanter innerer
Druck vorhanden war; ebenso wurde umgekehrt
für den gleichen Zuwachs an innerem Druck
der gleiche Zuwachs an axialer Dehnung be-
obachtet, wenn der innere Druck allein wirkte
und wenn eine konstant bleibende Zuglast auf-
gebracht war. Dadurch war auch die Gültig-
keit des Superpositionsgesetzes für das Material
erwiesen.
Von grossem Interesse füi die noch nicht
endgültig gelöste Frage, wodurch der Eintritt
bleibender Deformationen und des Bruches be-
dingt ist, sind die Ergebnisse der Zerreissver-
suche. Sie wurden in der Weise ausgeführt,
dass man das Rohr einem beträchtlichen, wäh-
rend des ganzen Versuches konstant gehaltenen,
inneren Druck aussetzte und die aussen auf-
gebrachte Zuglast so lange steigerte, bis das
Rohr zerriss. In einem Parallelversuch wurde
ein Rohr aus gleichem Material und von gleichen
Abmessungen durch eine äussere Zuglast allein
zerrissen. Bei einem einfachen Zugversuch sind
drei besonders charakteristische Punkte zu be-
achten: Die Proportionalitätsgrenze, die Streck-
grenze und der Bruch. Die erstgenannte kann man
bei Flusseisen nach sonstigen Erfahrungen zu-
gleich als Elastizitätsgrenze ansehen, die hier
nicht eigens bestimmt wurde. Nach der heute
in der Technik noch fast allgemein benutzten
Theorie treten bleibende Deformationen dann
auf, wenn die positive oder negative Haupt-
dehnung eine gewisse, dem Material eigentüm-
liche Grenze überschreitet. Bei den beiden
Hauptversuchen mit kombinierter Beanspruchung
war der innere Überdruck so bemessen, dass
die tangentiale Hauptspannung die Proportionali-
tätsgrenze nicht ganz erreichte. Somit war an
der Elastizitätsgrenze die grösste Spannung und
die grösste Dehnung axial gerichtet, wie beim
einfachen Zugversuch. Die Gesamtdehnung be-
trug an der Elastizitätsgrenze bei kombinierter
Beanspruchung 0,52 %o» bei einfachem Zug
0,71 ^„0. Zwei aus dem gleichen Blocke wie die
Rohre herausgearbeitete volle Rundstäbe zeigten
beim einfachen Zugversuch 0,70 %o Dehnung an
der Elastizitätsgrenze. Die Dehnungstheorie ist
also gar nicht bestätigt. Dagegen war in allen
drei Fällen die Grenzspannung in axialer
Richtung beinahe gleich: bei den Rundstäben
im Mittel 1450"^ bei den Rohren mit einfacher
Zugbeanspruchung im Mittel ISOO''^ bei den
Rohren mit innerem Drucke, der einen Beitrag
zur axialen Spannung von 590"' lieferte, die
Gesamtspannung im Mittel 1400 ''^ Nach anderen
sehr zahlreichen Beobachtungen kann man an
der älteren Theorie, dass allgemein eine ge-
wisse Grenze der grössten Hauptspannung für
das Eintreten bleibender Deformationen mass-
gebend sei, nicht festhalten. Mit den hier ge-
fundenen Resultaten stimmt aber die Mohrsche
Theorie ') recht gut überein, welche für Fluss-
eisen annähernd mit der Theorie zusammenfällt,
welche die grösste Schubspannung als Kriterium
heranzieht. Die grösste Schubspannung ist
gleich der halben Differenz zwischen der grössten
und der kleinsten Hauptspannung. Durch
diese Theorie wird daher auch die Abnahme
der grössten Hauptspannung bei gleich-
zeitiger Wirkung des inneren Überdruckes p er-
i) Vergl. diese Zeitschrift, 2, 422, 1901.
344
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
Null
klärt, weil in diesem Fall die kleinste Haupt-
spannung nicht Null ist, sondern einen negativen
Wert hat, der innerhalb der Wandung des
Rohres von ( — p) mit wachsendem Radius auf
steigt. Der Mittelwert [ — \ betrug bei
den Versuchen 100 ''^ Es ist durch diese Ver-
suche von neuem bewiesen, dass die Grösse
der mittleren Hauptspannung gar keinen Einfluss
auf die Elastizitätsgrenze hat, denn sie ist bei
einfachem Zug Null, bei der kombinierten Be-
anspruchung fast gleich der grössten Haupt-
spannung. Bei einem anderen Versuchspaar
überstieg die durch / hervorgerufene tangen-
tiale Spannung die Proportionalitätsgrenze; es
ist bemerkenswert, dass trotzdem im Verlauf
des Versuches auch für die Achsenrichtung, d. i.
die Richtung der mittleren Hauptspannung,
eine Proportionalitätsgrenze deutlich erkenn-
bar war.
^ Wesentlich anders als die Proportionalitäts-
grenze verhält sich scheinbar die Streckgrenze
bei verschiedener Beanspruchung. Die Gesamt-
spannung, bei welcher das Material sich zu
strecken begann, wird für die kombinierte Be-
lastung etwa I S % höher angegeben, als die
entsprechende Spannung bei einfachem Zuge.
Es muss aber hervorgehoben werden, dass
durch Hinzutreten des inneren Druckes das
Spannung-Dehnung-Diagramm eine solche Form
annimmt, dass es fast unmöglich ist, die Streck-
grenze auf einen bestimmten Punkt festzulegen.
Man wird in dieser Ansicht bestärkt, wenn man
zum Vergleich Versuche von J. Guest heran-
zieht, welche mit denselben Belastungsarten an
Rohren aus Stahl ausgeführt wurden. Auch
Guest fand nicht unerhebliche Abweichungen
zwischen beiden Streckgrenz-Spannungen, aber
er fand bei 9 Versuchsreihen ebenso oft wie
diejenige für Zug und Innendruck die für ein-
fachen Zug grösser. Was endlich die Bruch-
grenze betrifft, so zeigte sich folgendes: Die
Grösse der äusseren Zuglast, die den Bruch
herbeiführte, war nahezu unabhängig von dem
Vorhandensein des inneren Druckes /. Die auf
den ursprünglichen Querschnitt bezogene Ge-
samtbruchspannung war also bei kombinierter
Beanspruchung etwa um den von / gelieferten
Beitrag grösser, als beim einfachen Zuge. Diese
Erscheinung hat aber nicht die prinzipielle Be-
deutung, die ihr der Verfasser beilegt, sondern
ist mehr zufällig. Der innere Druck behindert
die Querkontraktion des Rohres, man muss also
die Verschiedenheit der Querschnitte beim Bruche
in Betracht ziehen, wenn man die Bruch-
spannungen vergleichen will. Die Querschnitts-
kontraktion ausserhalb der Einschnürung be-
trug beim einfachen Zugversuch \6\ bezw.
19^/0 und geht bei Rohren mit entsprechend
gleichen Abmessungen durch Mitwirkung von
von / auf 12 \ bezw. 11,2^/0 zurück. Die
wirkliche Bruchspannung war demnach um 5 %
bezw. 10% kleiner beim einfachen Zuge als bei
Zug und Innendruck, während in letzterem
Falle der durch den inneren Druck hervorgerufene
Beitrag 12*^/0 bezw. 19^/0 beträgt. Die Bruch-
dehnungen, ausserhalb der Einschnürung ge-
messen, waren bei der einen Versuchsreihe
gleich für beide Arten von Beanspruchung,
nämlich 16% im Mittel, bei der zweiten Ver-
suchsreihe 21^0 für einfachen Zug, 18 "0 bei
kombinierter Belastung. Der Verfasser erblickt
darin eine Bestätigung der Dehnungstheorie für
den Eintritt des Bruches. Zu einem höchst
überraschenden Resultat gelangt man, wenn
man aus den Angaben über die Bruchdeforma-
tionen die Änderung der Dichte des Materials
berechnet. Danach hat die Dichte bei kom-
binierter Belastung um 2^/0 bezw. 4,8% ab-
genommen, beim einfachen Zug dagegen um
3,4^/0 bezw. 2,0% zugenommen. Die beiden
letzten Resultate namentlich sind im höchsten
Grade befremdlich.
Der Verfasser glaubt, aus den Versuchs-
resultaten den Schluss ziehen zu dürfen, dass
der scheinbare Verlauf des Zugversuches durch
eine äussere Zuglast von dem Vorhandensein
inneren Druckes unabhängig ist, und sieht darin
den Keim zu einem verallgemeinerten Super-
positionsgesetz, das vielleicht seine Gültigkeit
bis zur Zerstörung des Materials behält. Eine
solche Verallgemeinerung auf Grund einiger
weniger Versuche, deren Einzelergebnisse ausser-
dem mit den Erfahrungen anderer Experimen-
tatoren teilweise gamicht übereinstimmen, er-
scheint sehr gewagt. P. Roth.
(Eingegangen 7. Februar 1902.)
Elektrotechnik.
Besorgt von Prof. Dr. H. Th. Simon.
A. E. Kennelly, Der neue Edison-Akkumulator.
Electric. World a. Engin. 37, S. 867 — 869,
1901.)
Seit Entdeckung des Bleiakkumulators durch
Gaston Planta ist man unausgesetzt bemüht
gewesen, das Gewicht desselben im Vergleich
zu seiner Aufspeicherungsfahigkeit nach Mög-
lichkeit zu vermindern, um ihn auch zum Betrieb
von Fahrzeugen aller Art brauchbar zu machen.
Obgleich auf dieses Problem eine ausserordent-
liche Menge von Arbeitskraft und Scharfsinn
verwandt werde, ist es doch nicht gelungen,
den Bleiakkumulator in eine für Traktionszwecke
geeignete Form zu bringen, alle Versuche schei-
terten an dem Umstände, dass durch Verringe-
rung des Gewichtes bei einer gegebenen Kapazität
auch die Lebensdauer in noch höherem Grade
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
345
beeinträchtigt wird. Die Versuche, eine andere
galvanische Kombination zu einem brauchbaren
Akkumulator auszubilden, sind bisher auch aus-
nahmslos gescheitert, und zwar meist (wie z. B.
bei dem Zinkkupfer- Akkumulator) daran, dass
der Depolarisator im Elektrolyten nicht gänzlich
unlöslich gewesen ist.
Edison glaubt nun durch nachstehend be-
schriebene Zelle das Problem des leichten und
doch haltbaren Traktionssammlers gelöst zu
haben. Die bis jetzt vorliegenden Untersuchun-
gen bestätigen in der That auch die meisten
seiner Angaben. Auch vom theoretischen Stand-
punkte aus weist der neue Sammler manche
Vorteile gegenüber dem Bleiakkumulator und
den übrigen in Vorschlag gebrachten Zellen auf.
Die positive Elektrode des neuen Sammlers
besteht in geladenem Zustande aus einem Ge-
misch von fein verteiltem, schwa^nmigen Eisen
und Graphitpulver, die negative Elektrode aus
einem in schwammförmigen Zustand befindlichen
höheren Oxyd des Nickels (wahrscheinlich NiO^i),
welches gleichfalls zur Erhöhung seiner Leitfähig-
keit mit Grapbitpulver durchmischt ist.
Als Elektrolyt wird eine wässrige Lösung
mit 10 — 40 Gewichtsprozent Pottasche und
20 Proz. Ätzkali verwandt. Bei der Ent-
ladung wird der Eisenschwamm durch den
elektrolytisch abgeschiedenen Sauerstoff oxydiert
und gleichzeitig das Nickelsuperoxyd durch den
kathodischen Wasserstoff zu einem niedrigeren
Oxyd reduziert. Falls die bisher noch nicht
erwiesene Zusammensetzung des hier in Frage
kommenden, höheren Nickeloxydes der ver-
muteten Formel Ni O2 entspricht, so lässt sich
der Entladungsvorgang voraussichtlich darstellen
durch die Gleichung:
Nr O2 + Fe+ 2H,0 = Ni[OH), + Fe [OH)^.
Der Ladungsvorgang wird durch dieselbe
Gleichung wiedergegeben, wenn man sie in
umgekehrter Richtung (von rechts nach links)
liest. Der elektrolytische Prozess in der Edison-
zelle besteht also bei der Entladung in einem
Transport des Nickeloxydsauerstoffes zur Eisen-
elektrode und in Zersetzung von zwei Mole-
külen Wasser. Bei der Ladung wird der Sauer-
stoff wieder von der Eisenelektrode zur Nickel-
elektrode zurückgeführt und das verbrauchte
Wasser in Freiheit gesetzt.
Die elektromotorische Kraft der vollgelade-
nen Zelle beträgt 1,5 Volt, die mittlere Entlade-
spannung bei vollständiger Entladung annähernd
1,1 Volt. Die unten näher beschriebenen Elek-
trodentypen können mit einer Stromdichte von
0,93 Amp. pro dm*-^ entladen werden.
Die mechanische Konstruktion der negativen
und positiven Gitter ist die gleiche. Sie be-
stehen beide aus einer 0,61 mm starken Stahl-
platte, in welche 24 rechtwinklige Löcher ein-
gestanzt sind, so dass nur schmale Rippen übrig-
bleiben. In die Gitteröffnungen werden Briquettes
mit aktivem Material eingepresst. Wie erwähnt,
besteht das aktive Material der positiven Platten
aus einem Gemisch von Nickelsuperoxyd und
Graphit, dasjenige der negativen Platten aus
einer Mischung von Eisenschwamm und Graphit.
Um dem aktiven Material hinreichende Festig-
keit zu geben, wird dasselbe mit einem Mantel
von perforiertem Stahlblech (0,075 ^^^^ dick)
umgeben. Die Briquettes fügt man in die Gitter-
öffnungen der Elektroden ein und setzt sie
einem hydraulischen Drucke von 100 Tonnen
aus, wodurch sie mit dem Stahlgitter zu einem
Ganzen verbunden werden.
Angaben über die Herstellung des fein ver-
teilten Eisens und Nickelsuperoxydes sind leider
nicht gemacht.
Die Platten werden entweder in ein Gefass
aus isolierendem Material oder in einen Stahl-
blechbehälter eingebaut mit dazwischen gescho-
benen Streifen aus perforiertem Hartgummi.
Nach längeren Versuchen soll es Edison ge-
lungen sein, eine Stahllötung herzustellen, welche
dem elektrolytischen Angriff und der Kalilauge
dauernd Widerstand leistet. Infolge der Gegen-
wart der Pottasche werden die Eisenplatten selbst
vor der Stromwirkung geschützt, indem sie in
passiven Zustand übergehen, während das fein
verteilte Eisen in den negativen Briquettes
durch eine besondere chemische Behandlung
vor dem Passivwerden geschützt sein soll.
Während der Ladung dehnen sich die posi-
tiven Briquettes aus und ziehen sich die negativen
zusammen, die grosse Elastizität des einhüllenden
Stahlbleches verhindert, dass durch diese Volum-
änderung der Kontakt zwischen aktivem Material
und Träger gefährdet würde.
Bei Entladung finden natürlich die umge-
kehrten Volumänderungen statt.
Nachstehend ist eine Entladung mit kon-
stantem Strome von 15 Amp. wiedergegeben,
und zwar sind als Abscissen die Entladungs-
zeiten in Stunden, als Ordinaten die Klemmen-
Spannungen in Volt eingetragen.
Stunden
Die Kurve gleicht in ihrem Verlauf voll-
kommen der Entladungskurve eines Blei-Akku-
346
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
mulators. Irgendwelche Lokalaktion soll an den
Platten nicht bemerkt worden sein, ausgenommen
nach starker Überladung.
Die Zelle soll bis zur völligen Erschöpfung
entladen werden, ja sogar ohne Schaden zu
nehmen mehrmals in verkehrter Richtung ge-
laden werden können.
Die Nickelelektrode kann sowohl im ge-
ladenen wie im ungeladenen Zustande aus der
Zelle herausgenommen und an der Luft ge-
trocknet werden, ohne irgendwelche Veränderung
zu erleiden, so dass sie nach dem Wiedereinsetzen
nichts von ihrer Ladung eingebüsst hat. Die
Eisenschwammelektrode oxydiert sich dagegen
beim Trocknen unter Wärmeentwicklung und
verliert dadurch ihre Ladung vollständig; jedoch
ohne an ihrer Kapazität nach abermaliger Ladung
Einbusse erlitten zu haben.
Der Hauptvorzug der neuen Zelle gegenüber
dem Blei-Akkumulator besteht, wie erwähnt, in
dem geringen Betrage des auf die Einheit an
aufgespeicherter Energie bezogenen Zellenge-
wichtes. Während die Energiekapazität des
Bleisammlers 9 — 1 3 Wattstunden pro Kilogjamm-
Zellengewicht beträgt, soll sich diejenige des
neuen Akkumulators auf 31 Wattstunden pro
Kilogramm-Zellengewicht belaufen. Das würde
bedeuten, dass sich eine Edisonzelle vermöge
ihres eigenen Energieinhaltes auf eine Höhe von
1 1 000 m würde erheben können, wogegen eine
Bleizelle nur eine Höhe von 3200 — 4800 m er-
reichen würde.
Der Edison-Akkumulator verdankt sein ge-
ringes Gewicht teilweise den niedrigen Äqui-
valentgewichten von Eisen und Nickel, teilweise
jedoch auch dem Umstände, dass entsprechend
obiger Reaktionsgleichung durch den elektro-
lytischen Prozess nicht ein gelöster Stoff (wie
z. B. die Schwefelsäure im Blei-Akk.), sondern das
Lösungsmittel (Wasser) selbst verbraucht wird.
Hierdurch wird die Verwendung eines sehr
geringen Flüssigkeitsvolums ermöglicht. Die
Herstellungskosten des neuen Sammlers sollen
nicht grösser als diejenigen des Bleiakkumulators
sein. F. Dolezalek.
(Eingegangen 14. Februar 1902.)
BESPRECHUNGEN.
Looser, Versuche aus' der Wärmelehre und
verwandten Gebieten mit Benutzung
des Doppelthermoskops. 2. verb. und ver-
mehrte Auflage, gr. 8. VI und 131 S mit
Figuren. Essen, H. G. Geck. 1901. Mk. 3. —
Das L 00s ersehe Doppelthermoskop besteht
bekanntlich aus zwei mit je einem Manometer
verbundenen Luftkapseln von verschiedenster
Form. Es ist ein Demonstrationsapparat von sehr
weitgehender Verwendbarkeit, wie der Verfasser
dies in dem vorliegenden Werkchen darthut.
Er erweist sich in demselben als ein ge-
wandter und erfahrener Experimentator. Zu-
nächst werden 136 Versuche aus der Wärme-
lehre beschrieben, denen noch mehr als 20
Versuche über Joulesche Wärme, sowie eine
weitere Zahl von Experimenten (137 — 158) zu-
gefugt sind, in welchen allein das Manometer
in Verwendung kommt. Zu bemerken ist, dass
keiner der aufgeführten Versuche sich nur allein
mit dem Loos ersehen Instrument ausführen
Hesse. Im Gegenteil hat die Benutzung des-
selben in manchen Versuchen etwas Erzwunge-
nes; so z. B. bei Nr. 13 (65), wo für ein Cle-
ment-Desormessches Gefäss nur das Mano-
meter des Thermoskops verwandt wird, oder bei
Versuch 132, bei welchem ein Riesssches
Luftthermometer an das Manometer angeschlos-
sen wird. Übrigens ist dieses alte Instrument
ein direkter Vorfahr des Thermoskopes.
Solange man sich auf blosse Demonstra-
tionen und höchstens auf eine Ermittelung von
Verhältniszahlen beschränkt, wird das Thermo-
skop gute Dienste thun. Ein Messinstrument,
welches wirkliche Werte von physikalischen
Konstanten auch nur für den Schulunterricht
zu liefern vermag, ist es nicht, und solche kann
man nicht entbehren. Das exakte Thermo-
meter wird die Loosersche Experimentierkunst
nicht ersetzen können. Und ob in Fällen, in
denen man sonst (wie bei Versuchen über strah-
lende Wärme) die Thermosäule zu benutzen
pflegte, nicht der über einer langen Skala spie-
lende Lichtstreif des Galvanometers noch dem
Looserschen Indikator vorzuziehen wäre,
scheint kaum fraglich, ganz abgesehen davon,
dass das Arbeiten stets nur mit einem einzigen
Instrumente doch etwas recht Ermüdendes hat.
O. Behrendsen.
(Eingegangen 16, Januar 1902.)
R. Sissingh, ,Sur quelques propriötös des
systemesde lentilles photographiques'. (Arch.
Neerland. d. Sc. Serie II, Tome VI. 1901.)
Der Verfasser bespricht nach* einer kurzen
Einleitung die Bildhelligkeit und zeigt, dass
diese sich mit der Objektentfernung ändert und
zwar bei verschiedenen Typen in verschiedener
Weise. Des weiteren erörtert er die Vorteile
der Teleobjektive (starke Vergrösserung, geringer
Bildabstand, geringe perspektivische Verzerrung).
Hieran schliesst sich eine Bestimmung optischer
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 1 5.
347
Konstanten (der Öffnung, des Bild- oder Um-
spannungswinkels und des Objektwinkels oder
Gesichtsfeldes). Ferner wird die Orthoskopie
der symmetrischen und hemisymmetrischen Sy-
steme besprochen und bewiesen. Endlich werden
die hyperchromatischen Linsen behandelt, welche
aus zwei Komponenten von gleichem Haupt-
brechungsindex und verschiedenem Zerstreuungs-
vermögen bestehen und gezeigt, dass man hier-
durch entweder achromatische Kombinationen
oder solche von übermässig grossem Gesamt-
zerstreuungsvermögen erhalten kann.
K. Strehl.
(Eingegaagen 8. Februar 1902.)
Edwin Bidwell Wilson, ,Vector Analysis*.
New York und London 1901, 436 Seiten.
J. Williard Gibbs, der durch seine ther-
mochemischen Forschungen berühmte Theore-
tiker, gab vor 20 Jahren eine kleine Schrift
„Elements of vector analysis" heraus; dieselbe
wurde nur in einem engeren Kreise verbreitet,
im Buchhandel ist sie nicht erschienen. Aber
auch derjenige, der jene Schrift kennen lernte,
mochte ber der Originalität der Gibbsschen
Ideen eine ausführlichere Darstellung seines
Systemes der Vektoranalysis für erwünscht
halten. Es ist mit Freude zu begrüssen, dass
Herr E. B. Wilson jetzt, bei Gelegenheit des
200 jährigen Jubiläums der Yale-Universität, eine
solche Darstellung giebt. Wenngleich der Ver-
fasser sich an Vorlesungen von Gibbs anlehnen
konnte, so ist er doch in der Ausarbeitung
durchaus selbständig gewesen; er hat sich be-
müht, durch zahlreiche, der Geometrie, Mecha-
nik und Physik entnommene Beispiele die Be-
deutung der Vektormethoden zu erläutern.
Das Buch zerfällt in sechs Kapitel. Die ersten
beiden behandeln Addition, Subtraktion, innere
(skalare) und äussere (vektorielle) Multiplikation
der Vektoren. Das dritte und vierte Kapitel
überschreibt der Verfasser „Differential-" und
„Integral-Rechnung" der Vektoren. Hier ge-
langt die Theorie der Vektorfelder zur Diskus-
sion, für die bekanntlich der Hamiltonsche
Operator '
A = / - -\j\- + ^-^
OX CJ' o^*
von fundamentaler Bedeutung ist. Wie der
Verfasser uns erzählt, hat man dir dieses um-
gekehrte Delta den Namen „Atled" vorgeschla- ,
gen (Delta von hinten nach vorn gelesen). Er ;
selbst sagt kurzweg „del". Wendet man das
„del" auf einen Skalar an , so ergiebt sich der
negativ genommene „Gradient" des Skalar-
feldes; mit Vektoren nach Art des skalaren
Produktes kombiniert, ergiebt sich ein Skalar,
die „Divergenz", nach Art des vektoriellen
Produkts kombiniert, ein Vektor, den man
„curl" oder „Rotation" des ursprünglichen
Vektors nennt. In der Gibbsschen Symbolik
werden diese verschiedenen Anwendungen des
„del" als p, p-, Px unterschieden. Man er-
reicht offenbar die grösste Kürze, wenn man
diese Symbole verwendet. Allein es entsteht
die Gefahr, dass der «Leser durch den Anblick
aller dieser auf den Kopf gestellter Deltas kopf-
scheu gemacht wird. Der Referent hat daher
in derEncyklopädie der mathematischen Wissen-
schaften (Bd. IV, S. 14) das Symbol p nur in
der erstgenannten Bedeutung gebraucht und für
die letzten beiden Symbole „div" bezw. „curl"
geschrieben. Diese Schreibweise wird auch in
dem vorliegenden Werke, neben der Gibbs-
schen, verwandt. Neuerdings scheint man dazu
zu neigen, an Stelle von -p in der ersten Be-
deutung „grad" zu schreiben, was vielleicht
manches für sich hat.
Die beiden letzten Kapitel beschäftigen sich
mit der Theorie der linearen Vektorfunktionen
und der eng mit diesen verknüpften Theorie
der Deformation kontinuierlicher Körper. Hier
kommen bekanntlich sog. „Tensoren" zur Ver-
wendung, Grössen, deren Komponenten sich
auf wechselnde Koordinatensysteme wie Qua-
drate und Produkte von Vektorkomponenten
transformieren. Gibbs hat eigentümliche sym-
bolische Methoden des Rechnens mit diesen
Grössen ersonnen, Methoden, die mit Quadraten
und Produkten der /, j\ k operieren. Die ein-
gehendere Durcharbeitung dieser Ideen, ihre
Ausdehnung auf geometrische Grössen dritter,
vierter und höherer Ordnung mag in der Hand
geschickter Geometer noch wichtige Ergebnisse
zeitigen.
Wir wünschen dem neuen Werke viele
Leser; mag es dazu beitragen, der Vektorana-
lysis neue Freunde zu gewinnen.
M. Abraham.
(Eingegangen 8. Januar 1902.)
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1899.
Bd. I.Physik der Materie, redigiert von Rieh.
Boernsteln u. K. Scheel. LXXVII u. 693S.
M. 26.—. — Bd. II. Physik des Äthers, redi-
giert von Rieh. Boernstein u. K. Scheel.
LH u. 935 S. M. 34. — . — Bd. III. Kosmische
Physik, redigiert von R. Assmann. XLIII
u. 544 S. M. 20. . Braunschweig, Friedrich
Vieweg & Sohn. 1901.
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1900.
Bd. I. Physik der Materie, redigiert von K.
Scheel. XXXV u. 357 S. M. 15.—. — Bd. II.
Physik des Äthers, redigiert von K. Scheel.
LH u. 794 S. M. 27. — . - - Bd. III. Kosmische
Physik, redigiert von R. Assmann. XLVIII
u. 472 S. M. 18.--. Ebenda.
/
348
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
Was für eine weitverzweigte Verwaltung die
Registratur, das ist für eine Wissenschaft die
Einrichtung des Jahrbuches, in dem die ge-
samte Litteratur des betreffendeii Jahres in wohl-
geordneten und durch systematische Sach- und
Autorenverzeichnisse leicht zugänglichen Refe-
raten zusammengestellt wird.
Von der Zuverlässigkeit und Schnelligkeit
dieser wissenschaftlichen Registratur hängt der
Fortschritt und die Intensität der Forschungs-
arbeit in ganz hervorragender Weise ab, umso-
mehr, je gewaltiger die Masse der Litteratur an-
wächst, an deren Bewältigung ohne solche Hilfs-
mittel der Einzelne schon längst verzagen muss.
Die Erkenntnis von der Wichtigkeit einer
solchen ordnenden und sichtenden Thätigkeit,
die nur von einer opferwilligen Gemeinschaft
vieler Mitarbeiter geleistet werden kann, war
seinerzeit eines der wesentlichsten Motive zur
Gründung der Berliner Physikalischen Gesell-
schaft. Und seit 1845 hat dieselbe das frei-
willig übernommene Amt mit ihren Fortschritten
der Physik zum Segen der Physik verwaltet.
Das Streben nach Vollständigkeit und die
Grösse der gestellten, fast nur auf die selbstlose
Hingabe der Mitarbeiter angewiesenen Aufgabe,
bewirkte, dass allmählich zwischen dem Be-
richtsjahr und dem Ausgabejahr eine beträcht-
liche Phasenverschiebung eintrat, die in unserer
schnellarbeitenden Zeit den Wert des Werkes
in mancher Hinsicht illusorisch machte.
In der That entstand denn auch in den Bei-
blättern zu den Annalen der Physik ein Pa-
rallelunternehmen, welches seit 1876 mit all-
monatlichen Heften den physikalischen Reporter-
dienst versieht.
So wertvoll heute jedem Physiker die Bei-
blätter sind, so machen sie und machten sie doch
die Fortschritte nicht entfernt ehtbehrlich. Sie
müssen stets einen ephemeren und provisori-
schen Charakter tragen, je schneller sie berichten.
Denn mitten in dem Gewoge der litterarischen
Erscheinungen lässt sich kein Ruhepunkt des
Urteils gewinnen, ja es lässt sich bei der grös-
seren oder kleineren Zeit, die jede Zeitschrift
braucht, um in die Hand des Referenten, und
die wieder jedes Referat aus der Hand des
einzelnen Mitarbeiters braucht, um zur Sammel-
stelle zu gelangen, nicht einmal auf eine chro-
nologisch richtige Anordnung des Stoffes rechnen.
Anders mit dem Jahresbericht, der in
Ruhe zusammengestellt wird, wenn das Jahr
vorbei ist. Hier hat man schon die höhere
kritische Warte. Man übersieht, welches die
Hauptwellen waren, die gezogen kamen und die
das mehr nebensächliche verwirrende Gekräusel
längst aufgenommen haben. Kurz, es lässt sich
ausser einer flüchtigen Einordnung in Fächer,
wie sie die Beiblätter leisten, auch eine sorg-
fältige Ordnung innerhalb der Fächer selbst er-
zielen und eine gewisse Wertbezeichnung jedes
Stückes vornehmen, entsprechend der Rolle, die
es in der weiteren Entwicklung gespielt hat
und voraussichtlich zu spielen berufen ist. Das
leisteten die Fortschritte stets über die Bei-
blätter hinaus und das leisten mehr oder weniger
auch die vorliegenden Bände. Ob sie es nicht
noch weitgehender erreichen könnten unji ob
sie nicht gerade ihren Schwerpunkt auf diese
Aufgabe legen sollten, sei zur Diskussion gestellt.
Mir scheint das jedenfalls ein Ziel, welches mit
Rücksicht auf die Beiblätter vielleicht wichtiger
ist, wie das von dem energischen Vorstande und
den geschickten Redakteuren jetzt erzielte Ein-
bringen jener zeitlichen Verschiebung. Dass man
in der That auch nach dieser Richtung hin zu-
arbeiten entschlossen ist, geht aus dem Vor-
worte zum Jahrgang 1900 hervor. ' Man hat an
den Grenzgebieten energisch gekürzt und sich
mehr auf das rein Physikalische beschränkt, obwohl
darin m. E. im dritten Bande noch weiter hätte
gegangen werden können. Ist erst die richtige
Beschränkung gefunden, wird auch der kritischen
Bewertung der Arbeiten durch den Grad ihrer
Berücksichtigung vielleicht noch mehr Aufmerk-
samkeit gewidmet werden können. Es wird
das natürlich davon abhängen, wieweit man
Mitarbeiter gewinnen kann, die ihr Gebiet that-
sächlich beherrschen.
Vorerst darf dem Vorstande der deutschen
physikalischen Gesellschaft und der Aufopferung
der Redakteure und Mitarbeiter die Anerken-
nung fiir die Leistung nicht vorenthalten
werden, die darin liegt, dass schon im Novem-
ber 1900 das Jahr 1899 und im Herbst 1901
das Jahr 1900 fertig vorlag. Auch der Ver-
lagsbuchhandlung, der das Werk sicher keine
Zinsen trägt, ist der Dank der physikalischen
Wissenschaft gewiss. H. Th. Simon.
( Einge^j^angen i Dezember 1901).
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1902.
Dargestellt von der Deutschen Physikalischen
Gesellschaft. Halbmonatliches Litteraturver-
zeichnis, redigiert von Karl Scheel und
Richard Assmann. Braunschweig. Friedrich
Vieweg&Sohn. 1902. Preis für den Jahrgang 4M.
Die unter obigem Titel neu erscheinende
Zeitschrift soll als eine Art Vorläufer zu
den jährlich erscheinenden „Fortschritten der
Physik**, ein halbmonatliches Litteraturverzeich-
niss nach Materien geordnet bieten. Ein
derartiges Unternehmen ist bei dem enormen
Umfang der heutigen Litteratur, der selbst das
blosse Durchlesen eines ungeordneten Litteratur-
verzeichnisses schon zu einer zeitraubenden Ar-
beit macht, durchaus mit Freuden zu begrüssen.
Umsomehr ist es zu bedauern, wenn durch
die Art der Ausfuhrung der Zweck des Unter-
/
i
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
349
nehmens ernstlich in Frage gestellt wird. Zwei
Umstände sind es, die hier störend wirken.
Erstens die gänzlich antiquierte, der heutigen
Systematik nicht ttiAir entsprechende Einteilung
der Kapitel. Die Einteilung, die mit derjenigen
der grossen „Fortschritte** übereinstimmt, ist
seit Jahrzehnten niemals erneuert worden, son-
dern stets nur durch mehr oder weniger ge-
schickte Einschachtelungen erweitert worden;
die Folge davon ist es, dass gewisse zusammen-
gehörige Erscheinungsgruppen in den „Fort-
schritten" gänzlich auseinandergerissen sind,
während andererseits Dinge, die nichts mitein-
ander zu thun haben, in einem Kapitel zu-
sammenstehen. Einige Beispiele mögen dies er-
läutern: Man will sich über die Elektronen-
theorie informieren: hierhergehörige Arbeiten
finden sich in Heft i: i. unter Optik § 14
(Phosphoreszenz und Fluoreszenz) wo man die
Becquerelstrahlen recht unglücklich eingeschach-
telt hat; 2. unter Wärme (I) § 22b (Sieden und
Sublimieren, Kondensation) nämlichdie Arbeit von
W. Leume, Wirkung von Ionen auf den Dampf-
strahl u. s. w.; 3. unter Elektrizitätslehre § 31
(Elektrische Maasse und Messungen), wo ver-
schiedene Arbeiten über leitende Gase stehen,
§ 35 (Elektrisches Leuchten), § 36 (Magnetis-
mus).
Ähnlich geht es mit den Arbeiten über
die Temperaturstrahlung, die man je nach dem
beobachteten Spektralbereich und je nach der
Beobachtungsmethode (ob photometrisch oder
bolometrisch), in § 12 (Spektrum), § 13 (Photo-
metrie) oder aber in § 20 (Thermometrie) und
§ 24b (Wärmestrahlung) zu suchen hat.
Auch für die andere Folge der veralteten
Einteilung, das Zusammenlegen gänzlich ver-
schiedener Dinge in einen Paragraphen Hessen sich
viele krasse Beispiele anfuhren: Was haben z. B.
die rein elektrochemischen Betrachtungen von
G. C. Schmidt über die Färbung von Salzen
durch Kathodenstrahlen mit „elektrischem Leuch-
ten'* (§ 35) zu thun, oder die Arbeit des Re-
ferenten über die scheinbare Masse der Elek-
tronen mit „Phosphoreszenz und Fluoreszenz"?
All dieses würde schon genügen, um den
Leser, wenn er nichts übersehen will, in die Not-
wendigkeit zu versetzen, doch immer das ganze
Heft durchzulesen.
Noch schlimmer wird das Ganze aber da-
durch, dass die Verteilung der Arbeiten in die ein-
zelnen Paragraphen auf Grund der vorhandenen
Einteilung nicht einmal konsequent durchgeführt
ist; es scheint, als ob seitens der Redaktion
im wesentlichen nach Stichworten gearbeitet
wird. Das Wort „Elektromagnetismus" im Titel
einer Arbeit scheint zu genügen, um die Ein-
ordnung in § 37 (Elektromagnetismus etc.) zu
rechtfertigen; was hätte sonst die Arbeit von
E. Cohn „Über die Gleichungen des elektro-
magnetischen Feldes für bewegte Körper*' dort
zu thun? Sie gehört ebenso wie die beiden
andern in Heft i § 37 genannten Arbeiten nach
§ 25.
In Heft 4 findet sich gar eine Arbeit von
O. W. Richardson „On the negative radiation
from hot platinum'*. (Es handelt sich um Ab-
gabe negativer Elektrizität II) unter § 24b
(Wärmestrahlung 1 1)
Zusammenfassend kann nur gesagt werden:
Ein an und für sich nützliches Unternehmen,
das jedoch nur dann gedeihen kann, wenn sich
die Leitung desselben zu einer gründlichen Re-
form der unhaltbar gewordenen Einteilung ent-
schliesst (es wäre das wohl eine dankbare
Aufgabe für den wissenschaftlichen Aüsschuss
der Physikalischen Gesellschaft) und wenn
andererseits die Redaktion mit etwas grösserer
Sorgfalt gehandhabt würde. [Die letzten Hefte
scheinen in dieser Hinsicht übrigens bereits
einen gewissen Fortschritt aufzuweisen.]
W. Kaufmann.
(Eingegangen 25. März 1902.)
K. Zulkowski, Zur Erhärtungstheone der
hydraulischen Bindemittel. (Sonderabdruck
aus „Die chemische Industrie".) S^, 95 S.
Berlin, R. Gärtners Verlag. 1901. M. 2. — .
Das Ziel des Verfassers war die Konstitu-
tion und Eigenschaften des Cementes aufzu-
klären, um dem Cementtechniker eine verläss-
liche wissenschaftliche Grundlage dieses Indu-
striezweiges zu geben. Da die Abhandlung
etwas aus dem Rahmen der Physikalischen
Zeitschrift herausfallt, so kann sie nur kurz be-
sprochen werden.
Um die Zusammensetzung des Cementes zu
ermitteln, wurden die einzelnen Bestandteile,
welche denselben zusammensetzen, unter grossen
Schwierigkeiten einzeln dargestellt, genau unter-
sucht und namentlich die Wassermengen be-
stimmt, welche diese Körper bei ihrer vollstän-
digen Erhärtung binden. Der Verfasser stützt
seine Analysen und Theorien in allen Fällen
dadurch, dass er analoge Verbindungen herstellt,
bei denen ein Element durch ein anderes, nicht
im Cement enthaltenes ersetzt wird z. B. Cal-
cium durch Baryum, Aluminium durch Eisen
u. s. w. und nachweist, dass dieselben sich
ebenso verhalten, wie die einzelnen Bestandteile
des Cementes. Das Verfahren bestand darin,
dass die einzelnen Bestandteile z. B. Ca 0 und
St O2 zusammengeschmolzen wurden; die mehr
oder weniger gelungenen hydraulischen Produkte
wurden fein pulverisiert, mit Wasser zu einer
bildsamen Masse angerührt und daraus kleinere
Ballen geformt, die mindestens i Monat in mit
Wasser gefüllten und verschlossenen Pulver-
3 so
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
gläsern aufbewahrt wurden. Dabei wurde der
Grad der Erwärmung, die Zeit der Bindung und
endlich der erlangte Härtegrad beobachtet.
Nach beendeter Erhärtung wurde die Menge
des aufgenommenen Hydratwassers bestimmt,
in vielen Fällen wurde auch der Gang des Hy-
dratisierungsprozesses bestimmt.
Wenn z. B. Kieselsäure und Calciumoxyd
im Verhältnis i : 2 zusammengeschmolzen wer-
den, so entsteht das Dicalciummetasilikat
Si O2 ' 2 CaO. Gleich nach seiner Darstellung
zerrieselt es und zeigt keine hydraulischen Eigen-
schaften; wird es aber abgeschreckt, so resul-
tiert eine kräftige hydraulische Verbindung.
Dies erklärt sich daraus, dass zwei Modifika-
tionen sich bilden, das inaktive Orthosilikat:
Si
a>ca
0
(T>Ca
und das aktive basische Metasilikat:
wird das letztere mit Wasser zusammengebracht,
so findet folgende Reaktion statt:
Es entsteht also Monocalciummetasilikat, ein
Körper, der ein bedeutendes Quellungsvermögen
besitzt, welches durch Kalkwasser und die
Lösungen von Ätzalkalien und Baryt noch ge-
steigert wird. „Die Erhärtung, welche das Pul-
ver des Dicalciummetasilikates erfährt, ist somit
darauf zurückzuführen, dass bei der Einwirkung
des Wassers das Monocalciummetasilikat ent-
steht, welches im Wasser, besonders im Kalk-
wasser quillt und die Poren der feuchten und
starr gewordenen Masse mit steigendem Drucke
anfüllt. Es darf jedoch nicht übersehen werden,
dass auch das entstehende Kalkhydrat viel zum
Erhärten beiträgt. Es ist also der innere Druck,
welcher die einzelnen Teilchen vereinigt, ge-
radeso wie durch den äusseren Druck einer
hydraulischen Presse feuchte pulverige Sub-
stanzen zu einem kompakten Ganzen vereinigt
werden können. Eine derartige Quellung kann
natürlich nur dann eine Erhärtung herbeifuhren,
wenn die quellende Masse an ihrer weiteren
Volumzunahme gehindert wird. Wenn also die
Quellung einer in Breiform befindlichen hydrau-
lischen Substanz stattfindet, so dehnt der innere
Druck sie nach allen Seiten auseinander und
das Ganze zeigt wenig Zusammenhang.*'
Dies ist im wesentlichen die Theorie der
Erhärtung des Verfassers. Mag man über die-
selbe denken, wie man will — nach Ansicht
des Referenten bedarf sie noch der Klärung
— , jedenfalls kommt dem Verfasser das Ver-
dienst zu, die einzelnen Bestandteile des Ce-
m^nt^s genau untersucht und ihre Eigenschaften
festgestellt zu haben, derart, dass wenn man
einen Cement analysiert, man mit Hilfe der
Formeln des Verfassers genau berechnen kann,
wieviel Wasser derselbe hJindet. Die so be-
rechneten Zahlen stimmen sehr gut mit den
beobachteten überein, so dass die chemischen
Prozesse, welche die Erhärtung begleiten, jeden-
falls aufgeklärt sind. G. C. Schmidt.
(Eingegangen i. Februar 1902. ^
J. Zacharias, Die Akkumulatoren zur Auf-
speicherung des elektrischen Stromes,
deren Anfertigung, Verwendung und Betrieb.
2. vollständig umgearbeitete und beträchtlich
vermehrte Auflage, gr. 8^ XII u. 724 Seiten
mit 294 Illustrationen. Berlin, Hermann
Costenoble. 1901. M. 22. — .
Beginnend mit einer geschichtlichen Über-
sicht über die vor 1881 gemachten Beobach-
tungen über Polarisations-Zellen, die im wesent-
lichen dem Werke von J. Sack entnommen
ist, und einer Einleitung, welche die Verwend-
ungsarten und Grundbedingungen des Akkumu-
lators hervorhebt, ordnet der Verfasser seinen
Stoff in vier grössere Abschnitte:
a) Konstruktion der Akkumulatoren,
b) Materialkunde und Chemie,
c) Herstellung der Akkumiulatoren,
d) Bau von Batterien und Apparaten.
Besonders reichhaltig ist die im ersten Ab-
schnitt gebrachte Zusammenstellung der älteren
und neueren Plattenkonstruktionen mit ausführ-
lichen Abbildungen nebst Angaben über Dimen-
sionen und Leistungsfähigkeit derselben. Ferner
ist in diesem Abschnitt dem Einbau der Blatten
und den verschiedenartigen Konstruktionen der
Zellen ein längeres Kapitel mit zahlreichen,
den Text wirksam ergänzenden Abbildungen
gewidmet. In gleicher Weise befriedigt durch
seine Reichhaltigkeit der mit „Herstellung"
überschriebene dritte Abschnitt. Derselbe
bringt allgemeine Angaben über Fabrik- und
Laboratoriumseinrichtungen, über Formen, Giess-
und Schmiermaschinen, über das Formieren
der einzelnen Plattentypen, endlich eine be-
sonders für den Techniker wertvolle Übersicht
über die bei der Aufstellung von Batterien zu
verrichtenden Arbeiten, wie Isolieren der Ge-
fässe, Löten mit Wasserstoffapparat u. a. Der
gleiche Abschnitt enthält ferner in einem Ka-
pitel, „Untersuchung der Zellen" überschrieben,
eine Zusammenstellung von Untersuchungen
älterer Forscher über einige Sekundärerschein-
ungen beim Elektrolysieren von Schwefelsäure,
und behandelt im vorletzten Kapitel ausfuhrlich
die mit dem Nutzeffekt des Akkumulators zu-
sammenhängenden Fragen, während das letzte
Kapitel Fingerzeige über die Aufstellung von
Preislisten und Daten über die Fabrikationskosten
einiger Typen bringt.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 15.
351
Findet sich schon im dritten Abschnitt
manches, was unter die allgemeine Überschrift
nicht passt und übersichtlicher gesondert be-
handelt worden wäre, so ist dies im vierten
Abschnitt über „Bau von Batterien und Appa-
raten" noch mehr der Fall. Neben Schaltungen,
Schaltapparaten, Einrichtung von Akkumula-
torenräumen behandelt derselbe in einem „Die
Verwendung der Akkumulatoren" überschrie-
benen Kapitel das Zusammenarbeiten von Lade-
maschine und Motor mit Batterie, ferner die
an Akkumulatoren in verschiedenen Betriebs-
arten gemachten Erfahnmgen an Hand von i
der Praxis entnommenen Beispielen, die jedoch j
mit wenigen Ausnahmen der Zeit vor 1892 !
entstammen und daher kaum mehr geeignet
sind, über den heutigen Stand der Akkumula-
torentechnik ein richtiges Bild zu geben.
Was der Verfasser im Vorwort verspricht:
„hauptsächlich der konstruktiven Anordnung ■
und Ausbildung der einzelnen Teile den grössten 1
Raum zu geben, während rein theoretische Er- \
örterungen möglichst eingeschränkt werden ,
sollen," hält das Werk. Fast alle in das Ge- ;
biet der Akkumulatoren schlagenden techni-
schen Fragen werden, wenn auch meistens in
wenig übersichtlicher Anordnung und ohne ge-
nügende Berücksichtigung der letzten Jahre,
gestreift, während die theoretischen Kapitel
eine etwas stiefmütterliche Behandlung deut-
lich erkennen lassen. So wirken die im zweiten
Abschnitt ,, Materialkunde und Chemie" ohne
eigene Kritik von seiten des Verfassers ge-
gebenen Theorien über die Chemie des Akku-
mulators eher verwirrend als aufklärend; insbe-
sondere sind die ebendaselbst gebrachten physi-
kalischen Grundbegriffe mit grosser Vorsicht
zu studieren, indem sie nicht nur mehrere
störende Druckfehler, sondern direkte Unrichtig-
keiten enthalten. C. Deguisne.
(Eingegangen 27. Februar 1902.)
R. Etzold, Zeitbestimmung mittels des Pas-
sage-Instruments. gT.S\ 95 S. mit 37 Figuren.
Leipzig, W. Diebener. 1901. M. 2. — .
Das vorliegende kleine Werkchen wendet
sich nicht an Astronomen vom Fach, son-
dern an alle diejenigen, welche für gewerbliche
Zwecke oder aus Liebe zur Sternenkunde ge-
naue Zeitangaben zu haben wünschen. Beson-
ders ist daher in sehr elementarer Weise das
Problem der Zeitbestimmung mit kleinen Durch-
gangsinstrumenten namentlich solcher, wie sie
die auf diesem Gebiet sehr rühmlichst bekannte
Firma G. Hey de in Dresden herstellt, behan-
delt. Zahlreiche Diagramme und Abbildungen
solch kleiner Instrumente erläutern den Text in ,
zweckmässiger Weise. Dass es in einer solchen,
von einem Laien verfassten Anleitung nicht ,
überall ohne kleine Ungenauigkeiten abgeht, soll
dem Werkchen aber durchaus nicht zum Vor-
wurf gemacht werden. An verschiedenen Stellen
sind Angaben über Preis u. s. w. der speziellen
Heyde sehen Instrumente eingeflochten.
L. Ambronn.
(Eingegangen 16. März. 1902.)
F. Gl e sei. Über radioaktive Substanzen und
deren Strahlen, gr. 8». 28 S. Mit 4 Ab-
bildungen. (Sammlung chemischer und
chemisch-technischer Vorträge VII, I.)
Stuttgart, Ferdinand Enke. 1902. M. 1,20.
Mit historischen Betrachtungen über die
Entdeckung dieser Strahlen beginnend, be-
spricht der Verfasser kurz die verschiedenen
Nachweis- und Messmethoden derselben. Ein-
gehender wird sodann die Radioaktivität des
Uran, Thor und deren Mineralien behandelt, so-
wie der aus Pechblende gewonnenen Substanzen:
einiger Gase, Polonium, Radium, Aktinium, eini-
ger noch nicht mit Sicherheit erkannter Stoffe
und des Radiobleis. Weiterhin spricht der Ver-
fasser über die Schwierigkeit der Darstellung
dieser Stoffe und über die Spektraluntersuchungen,
die als neues Element unter den radioaktiven
Körpern nur das Radium ergeben haben. In
den nächsten Kapiteln werden die Eigenschaften
der Strahlen behandelt: ihre Phosphorescenz-
wirkung, ihre chemischen, physiologischen und
physikalischen Wirkungen, der Einfluss der Tem-
peratur, die Einwirkung des magnetischen Feldes
(durch einige Abbildungen erläutert), des elek-
trischen Feldes und die von P. und M. Curie
nachgewiesene elektrische Ladung der einen
Strahlenart. Das letzte Kapitel bespricht noch
ausführlich die induzierte Radioaktivität, ein
Ausdruck, der vom Verfasser in „eingeführte"
Radioaktivität verdeutscht ist. Die besondere
Eigenschaft der Luft als Träger der Induktion
wird eingehend erörtert. Die Arbeit schliesst
mit einer Betrachtung über die Natur der Bec-
querelstrahlen, deren Energiequelle uns vorläufig
noch ein ungelöstes Rätsel ist.
Was die Litteraturangaben betrifft, so dürften
dieselben nicht in allen Punkten vollständig sein.
In dem Kapitel über chemische Wirkung der
radioaktiven Substanzen wird z. B. über Fär-
bungen von Steinsalz, Bromkalium, Flussspat
u. s. w. durch Radium- und Kathodenstrahlen
gesprochen, ohne dass die einschlägigen wich-
tigen Arbeiten von E. Wiedemann und G. C.
Schmidt erwähnt werden. ' M. Reich.
(Eingegangen 8. März 1902)
G.-A.Hemsalech, Rechcrches expcrimentales
sur les spectres d'ötinccUes. XVI und 138 S.
Paris, Librairiescientifique A.Hermann, 1901.
In einer Reihe von Arbeiten, die der Ver--
fasser teils allein, teils in Gemeinschaft mit
352
Physikalische Zeitschrift. 3 Jahrgang. No. 13.
S c h u s t e r Veröffentlichte, wurden Versuche und
Methoden beschrieben, die in die verwickelten
Verhältnisse im elektrischen Funken eine Ein-
sicht gewähren sollten, und in die Abhängig-
keit des vom Funken gelieferten Spektrums
von den Vorgängen in demselben.
Speziell bearbeitete Verfasser wohl als
Hauptfrage, die Änderung der relativen Inten-
sitäten der Spektrallinien, wie sie durch Ein-
schalten verschiedener Selbstinduktionen in den
Kreis der Funkenstrecke bewirkt wird. Auf
Grund dieser Untersuchungen gelang es dem
Verfasser, die Linien in drei Gruppen mit
charakteristischen Eigenschaften zu teilen; Linien,
die mit Vermehrung der Selbstinduktion rapid
an Intensität verlieren, solche, die kontinuier-
lich, aber langsam schwächer werden, und solche,
die zuerst schwächer werden, ein Minimum er-
reichen, dann wieder bis zu einem Maximum
stärker werden, um dann von neuem abzublassen.
Diese mannigfachen, zum grössten Teile in
den letzten Bänden der Comptes rendus und
des Journal de physique veröffentlichten Ar-
beiten sind im vorliegenden Buche zusammen-
gestellt; die Versuchsanordnungen werden ein-
gehender beschrieben und ein detailliertes
Zahlenmaterial gegeben. Bei den Versuchen
über den Funken selbst sind diejenigen von
Feddersen und J. J. Thomson in den Text
mit eingefügt.
Ein weiterer Teil des Buches enthält die
Funkenspektren von 14 Metallen nach eigenen
Messungen des Verfassers, denen die Zahlen
anderer Forscher über die jeweilig gleichen
Gegenstände gegenüber gestellt sind, mit An-
gabe der Intensitäten im Bogen, gewöhnlichen
und oszillierenden Funken, ferner das Luft-
linienspektrum, wie es sich bei den Aufnahmen
mit den verschiedenen, die Funkenstrecke
bildenden Metallen rtiitphotographiert und das
Stickstoffbandenspektrum des negativen Poles.
C. Fritsch.
(Eingegangen am 24. P'ebruar 1902.)
E.Vogel, Taschenbuch der praktischen Photo-
graphie. 8. und 9. Auflage. 12^. VI u. 319
Seiten mit vielen Abbildungen u. 7 Tafeln.
Berlin, Gustav Schmidt. 1901. M. 2.50.
E. Vogels Taschenbuch der Photographie
hat sich durch seine früheren seit 1891 er-
schienenen Auflagen einen solch grossen Kreis
von Freunden erworben, dass es einer beson-
deren Empfehlung der neuen Bearbeitung kaum
bedarf. Die Anordnung des Stoffes ist, wie
früher, durchaus übersichtlich, die Darstellung
klar und durch instruktive Abbildungen unter-
stützt.
Leider ist der Verfasser vor einigen Mo-
naten seinem Vater H. W. Vogel allzufrüh im
Tode nachgefolgt; möge das vorliegende Werk-
chen dem verdienstvollen Forscher, dem Er-
finder der Celluloid-Films, bei alleu Freunden
der Photographie ein dauerndes Andenken
sichern 1 Karl Schaum.
(Eingegangen am 16. Februar 1902.;
Tagesereignisse.
Wie seit längerer Zeit in Göttingen, sollen auch an der
Berliner Universität in diesem Sommersemester zum
ersten Male Vorlesungen über Maschinenkunde für
Chemiker abgehalten werden. Mit dieser Aufgabe ist rom
preussischen Kultusministerium Regierungsrat v. Ihering be-
traut worden. Die Vorlesungen sollen vier Hauptabschuitte
behandeln. Besonders wird darauf Wert gelegt, dass in
grossen Zügen ein Cberblick über die wichtigsten Ty]>en des
Maschinenwesens geboten werden soll. Im ersten Abschnitte
der Vorlesungen sollen die Kraftmaschinen behandelt werdeo.
Der zweite Abschnitt ist den Arbeitsmaschinen im allge-
meinen gewidmet. Hier sollen die Maschinen zur H<*rbei-
schaflung der Materialien und die Einrichtungen zur Form-
veränderung besprochen werden. Dann sollen die M'sch- und
Trennvorrichtungen sowie die Mittel zur Kälte- und Wärme-
lieferung erörtert werden. . Zum Schlüsse werden muster-
gültige Anlagen geschildert und in Exkursionen besichtigt.
Die Jahresversammlung der Deutschen Elektroche-
mischen Gesellschaft 6ndet am 9. und 10. Mai in
Würzburg statt.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Die Professur für Maschinenbau an der Technischen
Hochschule zu Aachen ist dem Reg erungsbaumeister Ober-
gethmann, die Professur für Hnttenkuitde an der Bergaka-
demie zu Freiberg dem diplom. Hütteningenieur Schiffner
übertragen worden.
An der Universität Graz wurde Ferdinand Heinrich
als Privatdozent fUr Chemie, an der Technischen Hochschiüe
zu München Martin Kutta als Privatdozent für angewandte
und reine Mathematik zugelassen.
Der Professor der Chemie an der Universität St Peters-
burg M e n s c h u t k i n ist in den Ruhestand getreten : der Pro-
fessor der Mathematik an der Universität Leiden van Geer
wird mit Ende des Semesters die Professur niederlegen.
Am 19. April starb der Professor der Chemie und Vor-
steher des Chemischen Instituts an der Universität Tübingen,
Freiherr von Pechmann, am 12. April in Paris der Pro-
fessor der Physik au der 6cole polytechnique, Alfred Cornu.
Die Staatsminister von Weimar, Meiningen, Altenburg
und Gotha haben dem Prof. Abbe ihren Dank ftlr die reiche
Zuwendung der Karl-Zeiss-Stiftung an die Universität aus-
gesprochen und ihm dabei die folgende, durch ihren Inhalt
aussergewöhnliche und charakteristische Adresse überreicht:
„Dem genialen Förderer der Wissenschaften, dem opferfreu-
digen Gründer der Karl-Zeiss-Stiftung, dem wahren Freunde
der Universität lena, Herrn Prof. Dr. Abbe in Jena, sprechen
für seine hochgesinnte Mitwirkung bei Neugestaltung der
akademischen Besoldungsverhältnisse die grossherzoglich und
herzoglich sächsischen Staatsministerien hierdurch Dank und
Anerkennung aus.*'
Den Zwölftausend Mark-Preis der Hamburger
Otto Vahlbruch-Btiftung hat in diesem Jahre Prof. Dr.
Ludwig Boltzmann in Leipzig für seine Theorie der Gase
erhalten.
Die Gesellschaft der Wissenschaften in Christiania wählte
zu auswärtigen Mitgliedern: Prof. van t'Hoff in Berlin, Prof.
Ab egg in Breslau, Prof. Haun in Wien.
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Göttingen. - Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. i6.
15. Mai 1902.
Redaktioasschluss für No. 17 am ax. Mai 1903.
OrioiBalmitteilungen :
J. Schütte, Die Schiffbau technische
Versachsabteilung des Norddeut-
schen Lloyd in Bremerhaven. S. 353.
H. Krttss, Stereoskope für grosse
Bilder. S. 361.
E. Wiechert, Polarhchtbeobach-
tungen in Göttingen. S. 365.
INHALT.
W. B. V. Czudnochowski, Univer-
sal-Vakuumapparate zu Versuchen
über elektrischeEntladungen inGasen.
S. 366.
J. Stark, ÜberKathodenstrahlreflexion
bei schiefer Incidenz. S. 368.
G. di Ciommo, Über die elektrische
Leitungsfähigkeit von isolierenden
3. Jahrgang.
Flüssigkeiten und ihren Mischungen.
s. 373.
Th. Bruger, Wheatstone-BrÜcke mit
Schleifdraht und regelbarem Vor-
schaltwiderstaud. S. 374.
Per8onali0B. S. 376.
BerlohtiguBgen. S. 376.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
V
Die schifFbautechnische Versuchsabteilung des
Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven.
Von Job. Schütte.
Vieles ist bereits über die Versuchsstation
des Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven ge-
schrieben worden, noch mehr geredet. Da nun
manches von dem, was geschrieben und geredet
wurde, nicht ganz mit den Thatsachen in Ein-
klang zu bringen ist, so mag man mir gestatten,
in kurzen Zügen eine Beschreibung der Station
und der Vorgänge, die sich in ihr abspielen,
zu liefern.
Die Theorien, welche sich mit dem Schiffs-
widerstande befassen, sind sehr mannigfaltig,
ebenso mannigfaltig sind die Resultate, welche
sie liefern. Eins haben sie gemein, sie stim-
men alle, sobald nur der passende Koeffizient
gewählt ist, mit dem ihr Ergebnis multipliziert
werden muss, um brauchbar zu werden.
Zweifellos ist die Froudesche Schiffs wider-
standstheorie die beste dieser Theorien, da sie
der Wahrheit am nächsten kommt. Ein Nach-
teil ist der kostspielige Apparat, mit dem
sie arbeitet, ein Apparat, der nicht jedem zur
Verfügung steht, nämlich eine Versuchsstation,
in dem die Schiffe bez. ihre Modelle auf ihren
Widerstand durch Versuche untersucht werden.
Die Versuche selbst sind sehr einfach. Nach-
dem den Funktionen entsprechend, die das pro-
jektierte Schiff erfüllen soll, die Wasserver-
drängung des Schiffskörpers bestimmt ist, werden
für dieses Deplacement mehrere Schiffe ent-
worfen. Nach den gezeichneten Plänen schneidet
eine sinnreich konstruierte Maschine Schiffs-
modelle von 4 — 5 m Länge aus Paraffin, die
den grossen Schiffen geometrisch absolut ähn-
liche Körper sind. Diese schwimmenden Körper
werden durch ein Bassin mit Wasser gezogen.
Den Widerstand gegen ihre Fortbewegung misst
ein Kraflmes.ser oder Dynamometer, dessen
Registriertrommel gleichzeitig Weg und Zeit
aufzeichnet.
Wie man nun einem Gefässe, welches einen Liter
fassen soll, unzählige Formen geben kann, eben-
so sind für ein Schiff von z. B. 1000 cbm Wasser-
verdrängung unzählige Abmessungen der Länge,
Breite und des Tiefganges möglich. Wenn nun
auch durch die erforderliche Stabilität, durch
die Untiefen der Küsten, Flüsse, Hafeneinfahrten
' und durch die Länge und Breite der Docks die
Zahl der Abmessungen von Haus aus wesent-
lich beschränkt wird, so bleiben doch noch
selbst unter Berücksichtigung des soeben Er-
wähnten zahlreiche Schiffsformen übrig, aus
denen es schwer ist, die richtige Wahl zu
treffen. Eine Versuchsstation allein giebt das
sichere Mittel, um von diesen Formen diejenige
zu finden, welche den gestellten Bedingungen
am meisten gerecht wird.
Die Versuchsstation des Norddeutschen Lloyd,
deren Äusseres durch das Bild No. i veranschau-
licht wird,isteinFachwerkbaumitHolzverschalung
von 1 70 m Länge. Sie besteht aus einer langen
Halle von gleicher Länge und 8 m lichter Weite,
die von einem 164 m langem Schleppbassin
durchzogen ist, von 6 m Breite und 3,20 m
Wassertiefe. An den Seiten dieses Bassins läuft
ein sehr starkes Gleis entlang, auf dem der
6,25 m breite und 9,40 m lange Schleppwagen
rollt. Neben dem Nordostende dieser Halle
liegen die zur Herstellung der Modelle erforder-
lichen Räume: die Formerei, Giesserei, Modell-
tischlerei, die mechanische Werkstatt und der
Raum für die Modellschneidemaschine. Ferner
die Bureaux für die zum Betriebe erforderlichen
Ingenieure und Zeichner. Die Gesamtkosten
dieser Anlage von 3124 qm Grundfläche be-
tragen eine Viertelmillion Mark.
Die Modelle werden aus Paraffin von 0,87
spezifischem Gewicht, das einen Schmelzpunkt
von 58" — 63^ G, hat, gegossen, nachdem sie in
Physikaliscbe Zeitschrift. 3. Jahr^ng. No. 16.
3S5
durchgesiebtem Thon geformt sind. Der Form-
kasten ist 6 m lang, l m breit und 0,90 m tief.
Um das Paraffin nicht zu überhitzen, wird es im
Wasserbade in einem von Wasserrohren durch-
zogenen kupfernen Kessel von 300 1 Inhalt ge-
schmolzen. Das Modell ist ein Hohlguss; der
Kern wird aus Spantschablonen und etwa 5 mm
dicken, 30 mm breiten Holzlatten angefertigt,
die mit starkem Leinen überzogen sind, welches
einen dreimaligen Thon an strich erhält. (Vergl. das
Bild N0.2, die Formerei.) Nachdem der Kern in
die Thonform gesetzt ist (vergl. Figur 1 ), wird er mit
Fig. I.
Eisenballast beschwert, um während des Giessens
sein Auftreiben zu verhüten. Die Wandungen
der Modelle sind in der Form 35 — 45 mm dick,
etwa 10 mm stärker als die der fiir den Ver-
such fertigen Modelle. Die Zugabe von 10 mm
ist für das Schneiden auf der Modellschneide-
maschine (vergl. Bild No. 3) erforderlich. Diese
Maschine' besteht im wesentlichen aus einem
da.s Modell tragenden Wagen, mit dem ein
parallel geführter, mit Rollen versehener Zeichen-
tisch verbunden ist, auf welchem die Wasser-
linienzeichnung des Modelles gespannt ist, und
aus zwei in Spindeln rotierenden Messern
(Fig. 2), die horizontal und vertikal verschieb-
Storchschnabels , .so dass also die Wasser-
linien direkt von der Zeichnung auf das Modell
übertragen werden können. Wie erwähnt,
ist die Bewegung des Zeichentisches zum Mo
dellwagen eine zwangläufige, ihr Geschwindig-
keits Verhältnis kann von 1:1 bis 48 : t6o,
entsprechend den Zahnrädern, durch die sie
verbunden sind, verändert werden. Diese Ge-
schwind igkeilsdiffe renz hat folgenden Zweck.
Wird z. B. für einen Schnelldampfer von 200 m
Länge ein Modell im Massstab i : 40 ausgeführt,
so beträgt die Modetllänge 5 m. Würden nun Mo-
dellwagen und Zeichentisch gleichscbnell laufen,
somüsstedieWasserlinienzeichnung für das Modell
ebenfalls 5 m lang sein; die Herstellung dieser
Zeichnung würde demzufolge erstens sehr
schwierig und zweitens, infolge der Länge des
Papiers, wenig genau sein. Sobald es aber
möglich ist, den Modellwagen z. B. doppelt
so schnell laufen zu lassen als den Zeichenlisch,
so braucht die Wasserlinienzeichnung nur 2,5 m
lang zu sein, da ja dann das Modell in derselben
Zeit 5 m fortbewegt wird, in der sich diese
Zeichnung um nur 2,5 m parallel verschiebt. —
Die Konstruktionszeichnungen der Wasserlinien
für die Modellschneidemaschine sind somit in
der Rege] verzerrt, da der Massstab der Breite
nicht mit dem der Länge identisch ist. Wäh-
rend nun bei einem gewöhnlichen Storchschnabel
auf der einen Seite ein Punkt geführt wird und
auf der anderen wiederum ein Punkt, der Zeichen-
stift, die verkleinerte oder vergrösserte Figur
zeichnet, ist die Wiedergabe in dem vorliegen-
den Falle etwas anders, da die rotierenden
Messer (Fig. 2) einen bestimmten Durchmesser
habenmüssen. Der geführte Punkt wird zur Ellipse,
deren eine Hauptachse gleich dem Durchmes.ser
der Messer ist, und deren andere gleich ist
diesem Durchmesser multipliziert mit dem Ver-
hältnis des Massstabes der Breite zu dem der
Länge der Wasserlinienzeichnung.
Nachdem die Modellschneidemaschine ihre
Schuldigkeit gethan, hat ein Querschnitt des
bar sind. Die Horizontalverschiebung, welche 1
durch ein Handrad bewirkt wird, folgt den
Wasserlinien mittels eines Pantographen oder |
35Ö Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No, 16.
gefrästen Modelles folgendes Aussehen (Fig. 3). mittels Ballastsäckchen von bekanntem Gewicht,
Die Paraffinreste, welche schwarz angedeutet leinene Säckchen mit Schrot gefüllt, herbeige-
sind, werden durch Hobel und Schraper mit führt. Um den Widerstand des Modelles im
der Hand entfernt. Die Kontrolle für die Rieh- Wasser für eine Reihe von Geschwindigkeiten zu
tigkeit des Modelles ist sehr einfach. Aus dem messen, fuhrt man dasselbe unter den Schlepp-
Konstruktionsplan des Schiffes ist ein gewisses wagen, Bild N0.4, der sowohl dieMessinstrumente
Itild No. 3. MudellichiieiJemiHchine
Deplacement berechnet, z. B. 2700 cbm. Wenn für den SchifTsmodelJ widerstand als auch die für
nun das Modell im Massstab [30 entworfen ist, so , die Modellschrauben Schub- und Drehkräfte trägt,
muss das für den Versuch fertige Modell, Bild No. 6, | BildNo. 5. Dieser Wagen wird durch zweiGleich-
also das Modell in der richtigen Schwimmlage j strom-Nebenschlussmotore angetrieben, die ihren
2700 : 30^ = 0,1 t, oder 100 kg wiegen, wenn | Strom einer Akkumulatorenbatterie von 120 Volt
das spezifische Gewicht des Schleppbassinwassers 1 mittlerer Spannung und einer Kapazität von 500
gleich I ist. Der vorgeschriebene Tiefgang wird I Ampere.stundeii entnehmen. Durch Schaltung
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No. 16.
der Akkumulatoren, der Widerstände und durch 1
Parallel- und Hintereinanderschaltung der Mo- I
tore sind 430 untereinander verschiedene, sonst !
konstante Geschwindigkeiten von 0,45 m bis
4,75 m per Sekunde in Stufen von 0,01 m mög-
lich. Infolge des bei der Berechnung der Schiffs- :
widerstände aus den Modellwiderständen ange- j
wandten, vonNewton gefundenen mechanischen :
Ähiilichkeitsgesetzes müssen die Modelle mit kor- |
respondierenden Geschwindigkeiten geschleppt
werden, Geschwindigkeiten, die mit der Quadrat-
möglich ist, die Akkumulatoren und Widerstände '
derart zu regulieren, dass der Schleppwagen
genau mit 3600,8 mm Geschwindigkeit läuft, da
es ferner interessant ist zu wissen, wieviel Wider-
stand das Modell bei kleineren bez. grösseren
Geschwindigkeiten hat, so beginnen die Schlepp-
versuche für Torpedoboote mit etwa 1 m und
werden bei 4,5 m beendet. Die Geschwindig-
keitszunahme ist dabei eine willkürliche. Die
geschleppten Geschwindigkeiten in Metern und
die Widerstände in Kilogramm werden aus den
Wurzel aus dem Massstab des Schifies zum Mo- !
dell multipliziert, die Schiffsgeschwindigkeiten
ergeben. Wenn z. B. ermittelt werden soll,
wieviel effektive Pferdestärken ein Torpedoboot
bei 28 Seemeilen braucht, so muss sein Modell,
wenn dieses im Ma-ssstab '/,« hergestellt ist, mit
einer korrespondierenden Geschwindigkeit von
28
0,5144
V'
-- 70,Si44=3,6oo8m'}
geschleppt werden. Da es nun praktisch un-
Diagrammen Fig. 4 ermittelt und graphisch aufge-
tragen, indemdie Geschwindigkeiten die Abszissen
und die zugehörigen Widerstände die Ordinaten
bilden. Die einzelnen Punkte werden unterein-
ander durch eine Kurve verbunden. Diese Kurve
giebt alsdann fiir jede gewünschte Geschwindig-
keit den zugehörigen Widerstand. Vergi. Figur 5.
Figur 6 ist eine schematische Darstellung
des Dynamometers, welcher während der Fahrt
die Widerstände misst.
Das Modell ist mit dem aus einem drei-
seitigen Eisenrahmen a, b, c und einem sehr
leichten Übersetzungsmechanismiis aus Holz be-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
359
Widerstände in gr.
Fig. 4.
Stehenden Dynamometer durch einen Schlepp-
baken verbunden. Zwischen dem Aufhänge-
punkte des Hakens und dem Modelle ist eine
Feder zur Dämpfung der pendelnden Bewegung
des Modelles während der Fahrt eingeschaltet.
Die Arme a, b und c sind untereinander gleich.
Während der Fahrt wirkt der Widerstand
des Modelles als Zug auf den Dynamometer,
der sich um den Punkt 0 dreht und die Feder/"
spannt. Der Ausschlag wird durch das Über-
setzungsverhältnis I : lo des um Ö drehenden
Hebels verzehnfacht und durch einen Zeichen-
stift, der an dem einen Ende einer i m
langen Stange a,us Aluminium befestigt ist, auf
die Registriertrommel übertragen, die gleich-
zeitig die Distanz in Abständen von 5 m und
die Zeit in Viertelsekunden registriert. Wäre
die Wagengeschwindigkeit absolut konstant und
würden während der Fahrt nicht die geringsten
Erschütterungen auftreten, so müsste die Kurve
des Widerstandes (Fig. 4) eine gerade Linie sein.
Sind mehrere Messfahrten gemacht, so wird die
Kraft der Dynamometerfeder, deren Stärke der
Grösse des Modelles und den Geschwindigkeiten
entsprechend gewählt ist, durch das Gewicht p
bestimmt, das also während der Messfahrten nicht
vorhanden ist. Da nun a = b =^ c, so ist die
Wirkung dieses Gewichtes dieselbe wie die des
Modell widerstand es, da beide, Gewicht und Mo-
dellwiderstand, tangential an dem Halbkreis um
0 wirken. Aus der unregelmässigen Kurve des
Widerstandes wird der mittlere Widerstand durch
Planimetrieren erhalten (Fig. 5).
Man kann sich den Widerstand eines im
Wasser bewegten Schiffskörpers gegen die Fort-
bewegung aus einem Reibungswiderstand und
einem wellen- und wirbelbildenden zusammenge-
setzt denken. Ersterer entsteht durch die Reibung
ijlf A^ 4v 4^ a» 0.1 ^ 4> — tfl^~l?f — il ii i^ t.y i^ %7 <» if ip
"Vn 9«««mvm<uv44«it Ä«v /m m>«Q$«c«4^vi^
Fig- 5-
36o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
iMg/tyC/ix^ /mU 0<fc^fcUi> /it»^fc«^»ni
Fig. 6.
der benetzten Oberfläche des Schiffsrumpfes mit
dem Wasser, letzterer durch die Wellenbildung
am Vorschiff und die Wellen- und Wirbelbildung
um das Hinterschiff.
Nach der Froudeschen Theorie wird der Rei-
bungswiderstand empirisch ermittelt. Er hängt
von der Grösse und der Art der benetzten Ober-
fläche, von der Dichtigkeit des Wassers und von
der Geschwindigkeit mit der das Schiff oder
sein Modell durch das Wasser bewegt wird, ab.
Wenn IVr dieser Widerstand ist, so kann man
sagen, dass IVr = y-F- V-Xs ist, wobei 7 das
spezifische Gewicht des Wassers, F die benetzte
Oberfläche, V die Geschwindigkeit und X den
Reibungskoeffizienten für das Schiff bedeuten.
Sind die Reibungskoeffizienten für die verschie-
denen Arten der Oberflächen von Schiff und
Modell bekannt, die sich ausser mit der Art
auch noch mit den Längen der eingetauchten
Flächen ändern, so lassen sich die Reibungs-
widerstände ohne weiteres rechnerisch ermitteln.
Ist der Gesamtwiderstand des Modelles durch
Schleppversuche gefunden, so ergiebt sich der
rechnerisch nicht bestimmbare wellen- und wirbel-
bildende Widerstand durch Subtraktion des Rei-
bungswiderstandes vom Totalwiderstande 7i'»,,=
u/t — Ttv. Das von Newton entdeckte mecha-
nische Ähnlichkeitsgesetz, welches zuerst von
dem bekannten englischen Schiffbauingenieur
Sir W. Froude bei der Berechnung des Schiffs-
widerstandes angewendet wurde und daher auch
von den Engländern „Froude's law" genannt
wird, besagt: ,,wenn zwei geometrisch vollkom-
men ähnliche Schiffskörper sich mit korrespon-
dierenden Geschwindigkeiten im Wasser bewegen,
so verhalten sich die wellen- und wirbelbildenden
Widerstände dieser Körper wie die dritten Po-
tenzen ihrer linearen Abmessungen, oder wie
ihre Deplacements.'*
Sobald der wellen- und wirbelbildende Wider-
stand des Modelles aus den Versuchen berechnet
ist, braucht er nur mit a^ der dritten Potenz
des Massstabes des Schiffes zum Modell, multi-
pliziert werden, um den entsprechenden Wider-
stand des Schiffes zu ergeben. Wird zu diesem
Widerstand der Reibungswiderstand des Schiffes
addiert, so ist der Gesamtwiderstand für das
Schiff, der gesucht wurde, gefunden
fF/ = (a'/ — xtv)-a^+ IFr,
Vereinfacht wird diese Rechnung durch
Froudes Methode der Konstanten, die von
mir ausführlich in dem zweiten Jahrbuch der
Schiffbau-technischen Gesellschaft 1901, unter
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
361
„Hinterschiffsformen" behandelt ist. Sie bietet
den grossen Vorteil, dass wenn einmal das
Modell eines Schiffstypes geschleppt ist, für
sämtliche Schiffe dieses Typs ohne weitere
Schleppversuche die Widerstände und effektiven
Pferdestärken berechnet werden können. Ich
behalte mir vor, die Mängel der Froudeschen
Theorie später einmal zu beleuchten.
Bremerhaven, Schleppversuchsstation des
Norddeutschen Lloyd, Jan. 1902.
(Eingegangen ii. Februar 1902.)
x/
Stereoskope für grosse Bilder.
Von Hugo Krüss (Hamburg).
Die gewöhnlichen Stereoskope sind kon-
struiert für die Betrachtung von Bildern, welche
entweder von zwei um die Augenweite von-
einander entfernten Punkten aufgenommen bezw.
konstruiert sind oder welche doch wenigstens
in diese Entfernung voneinander zum Zwecke
der stereoskopischen Betrachtung gebracht
werden können. Bei ihnen sind also die korre-
spondierenden Punkte auf den beiden unmittel-
bar nebeneinander liegenden Bildern etwa um
7 cm voneinander entfernt, wobei es bekannt-
lich auf eine genaue Übereinstimmung dieser
Entfernung mit der Augenweite des Beobach-
ters nicht ankommt. Es ist also die Breite der
in den gewöhnlichen Stereoskopapparaten zu
benutzenden Bilder auf etwa 7 cm beschränkt.
Nun hat man bekanntlich in der Radio-
graphie die Stereoskopie mit grossem Erfolge
eingeführt. Eine einzelne Röntgenaufnahme ist,
da sie die Projektion des Schattens der lur
Röntgenstrahlen undurchdringlichen Teile auf
eine Ebene, nämlich diejenige der photogra-
phischen Platte, darstellt, nichts weiter als ein
flaches Bild ohne Andeutung von Tiefen-
dimensionen. Für die ärztliche Beurteilung der
Lage eines Fremdkörpers oder einer Deforma-
tion in dem mittels Röntgenstrahlen unter-
suchten Körper ist aber gerade die Tiefenlage
von erheblicher Bedeutung. Um über diese
ein Urteil zu gewinnen, pflegt man vielfach
zwei verschiedene Röntgenaufnahmen zu machen,
bei welchen die Röntgenröhre in verschiedene
Stellungen zu dem zu durchstrahlenden Körper
gebracht wird, so dass auf den beiden so er-
zeugten Radiogrammen zwei um etwas ver-
schiedene Schattenbilder entstehen. Betrachtet
man das eine dieser beiden Bilder mit dem
einen, das andere mit dem anderen Auge, so
gewinnt man einen körperlichen Gesichtsein-
druck, in welchem eine Tiefenwahrnehmung,
eine Beurteilung des Hintereinander der ver-
schiedenen Teile möglich ist.
Sofern die Aufnahmen so klein sind, dass
sie in einem gewöhnlichen Stereoskope Platz
finden, genügt ein solches zur stereoskopischen
Betrachtung vollkommen. Aber meistens sind
die Röntgenaufnahmen bei weitem grösser; bei
Aufnahmen des Beckens oder des Brustkorbes
müssen photographische Platten bis zur Grösse
40x50 cm angewendet werden.
Zunächst hat man sich dadurch geholfen,
dass man von den grossen Aufnahmen Ver-
kleinerungen in der passenden Grösse dar-
stellte. Abgesehen von der dadurch erwach-
senden Arbeit kann die Verkleinerung nicht
den Dienst leisten, wie die grössere Original-
aufnahme, weil in der Verkleinerung alles mehr
zusammengedrängt ist, wodurch eine Lokali-
sierung einzelner Teile erschwert wird. Es
musste deshalb das Bedürfnis nach Stereoskop-
apparaten entstehen, mittels deren die grossen
stereoskopischen Röntgenaufnahmen direkt
stereoskopisch betrachtet werden können. Ich
habe mich nun mit dieser Aufgabe beschäftigt
auf Veranlassung des Herrn Dr. B. Walter vom
hiesigen Physikalischen Staatslaboratorium.
Es giebt schon eine Anzahl von Konstruk-
tionen von Stereoskopapparaten, welche die
Betrachtung von Bildern gestatten, die um mehr
als den Augenabstand voneinander entfernt sind.
Schon 1857 beschrieb J. Du boscq ein solches
Stereoskop.') Er setzte vor jedes Auge ein
achromatisches Prisma mit der brechenden
Kante gegen die Nase und davor noch je eine
verschiebbare Linse, um ein deutliches Bild
von mehr als die Sehweite entfernten Ob-
jekten zu erzielen. Jedes der achromatischen
Prismen bestand aus zwei für sich achroma-
tischen Prismen von je 12 Grad Ablenkung, so
dass man vor jedem Auge entweder ein oder
zwei Prismen benutzen konnte und zwar eins
für eine geringere, zwei fiir eine grössere Kon-
vergenz der Strahlen.
Bei dem ersten überhaupt konstruierten
Stereoskope, demjenigen von Wheatstone,
ist auch die Anwendung grösserer Bilder mög-
lich. Hier sind zwei Spiegel unter je 45 Grad
gegen den Horizont geneigt; in die nach oben
gekehrten spiegelnden Flächen sieht der Beob-
achter von oben hinein und erblickt die beiden
rechts und links aufgestellten Zeichnungen oder
Bilder, welche sich zu einem gemeinsamen Ge-
sichtseindruck vereinigen. Störend ist hier
nur, dass die beiden Bilder sich nicht in der-
selben Elbene befinden, sondern rechts und
links von dem Spiegelapparat aufgestellt werden
müssen, so dass eine gleiche Beleuchtung beider
schwierig ist.
Die verschiedenenStereoskopapparate, welche
die Besichtigung von Stereoskopaufnahmen er-
I) C. R. 44, 148.
362
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
möglichen, die grösser sind als die Augenweite,
zerfallen nun in zwei Gruppen. Die von der
Mitte der beiden Stereoskopbilder in die Augen
des Beobachters geleiteten Strahlen stehen ent-
weder senkrecht auf den Bildern oder unter
einem solchen Winkel, dass sie ungefähr auf
die beiden Augen des Beobachters zielen; zu
beiden Anordnungen können verschiedene op-
tische Hilfsmittel benutzt werden.
Fig. I und 2 zeigen schematisch die beiden
angeführten Fälle. In beiden Figuren sind A\
und A2 die Örter der beiden Augen des Be-
obachters, Ol und O2 die miteinander korre-
spondierenden Mitten der beiden Stereoskop-
bilder, während die punktierten Linien den
Strahlengang veranschaulichen.
Abgesehen von der Verschiedenartigkeit der
optischen Mittel, welche den skizzierten Strahlen-
gang in den beiden Anordnungen zu bewirken
im Stande sind, bestehen zwischen beiden
einige wesentliche, aus der Anordnung hervor-
gehende Unterschiede.
Fig. I.
Bei der Figur i wird das ganze Stereoskop- '
bild so gesehen, als wenn die Augen des Be- 1
obachters sich in der Verlängerung der Linien :
OiS\ und O2S2 befanden. Man sieht also senk- .
recht auf die Mitte des Objektes, die rechte
und die linke Hälfte jedes der beiden Stereo-
skopbilder werden in gleichem Masse verkürzt,
ein Umstand, der bei den gewöhnlichen kleinen
Stereoskopbildern kaum in Betracht gezogen
zu werden braucht, bei Objekten, wie die
grössten Röntgenaufnahmen im Format 40x50cm,
also einen halben Meter Breite, aber wohl in
Betracht kommen kann.
In der Anordnung der Figur 2 dagegen
sind die Richtungen /, 0 und /i 0^ , unter
welchen die Mitten der Stereoskopbilder ge-
sehen werden, gegen die Objektfläche geneigt.
die beiden äusseren Hälften der beiden Stereo-
skopbilder werden also gegen die inneren
wesentlich verkürzt erscheinen, der Winkel,
unter welchem sie gesehen werden, wird kleiner
sein als derjenige, unter welchem die inneren
Hälften erscheinen.
Diese Anordnung der Figur 2 gestattet aber
im Gegensatze zu der Anordnung der Fig. i
ohne weiteres, dass Stereoskopaufnahmen ver-
schiedener Grösse in der entsprechenden Ent-
fernung der beiden Stereoskopbilder vonein-
ander betrachtet werden können, indem die
beiden Bilder auch bei kleinem Format dicht
nebeneinander gelegt oder gestellt werden
können; da in diesem Falle ihre Mittelpunkte
Ox und O2 auch eine kleinere Entfernung von-
einander haben, werden sie nur dem Auge näher
gebracht, um wieder dieselbe Konvergenz der
Strahlen Oi/>i und Ö2/2 herbeizufuhren. Das
entspricht auch der Art, wie man mit unbe-
waffnetem Auge Bilder verschiedenen Formates
oder Objekte verschiedener Grösse zu be-
trachten pflegt. Will man die ganze Gestalt
eines Menschen oder eine Statue mit einem
Blicke überschauen, so muss man sich weiter
davon entfernen und wenn man kurzsichtig
ist, eine Brille dabei benutzen. Will man da-
gegen nur die Gesichtszüge oder gar nur <ien
kleinen Finger betrachten, so tritt man näter
heran.
Bei dem in Fig. i angedeuteten Strahlen-
gange ist das nicht ohne weiteres möglich, da
hier die Entfernung der Mittelpunkte O, und
O2 der beiden Bilder immer die gleiche, näm-
lich diejenige zwischen ^, und .^2 bleiben muss,
es sei denn, dass der Apparat so eingerichtet
ist, dass die Entfernung SiS2 verändert werden
kann.
Es sind nun nach beiden Anwendungen
bereits Stereoskopapparate konstruiert worden.
Der Anordnung der Fig. i entspricht zunächst
das Helm hol tzsche Telestereoskop ohne Ver-
grösserung '), welches die Grundlage zu dem
von ihm selbst beschriebenen'^) Telestereoskop
mit Vergrösserung und den modernen Prismen-
doppelfernrohren bildet. Helmholtz stellte
bekanntlich an den Punkten /i , p2 ^^^ «^i > -^2
Planspiegel auf, welche die Strahlen so ab-
lenken, wie in Fig. i angedeutet, einen der-
selben, etwa den bei ^2, machte er ein wenig
um die vertikale Achse drehbar, um dadurch die
genaue Parallelität der Strahlen S2 O2 und jr, 0\
herstellen zu können. Helmholtz machte
selbst darauf aufmerksam, dass man die äusseren
Spiegel, also diejenigen bei i", und S2, mög-
lichst gross machen muss, um ein grosses Ge-
sichtsfeld zu haben.
i) Physiologische Optik, i. Auflage 1867, S. 648.
2) Ebenda, S. 681.
i
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
363
Aus letzterem Grunde ist der naheliegende
Ersatz"" der Spiegel durch Prismen nicht zu
empfehlen, wo es sich um sehr grosse Sterco-
skopbilder handelt, da hier die Prismen sehr
gross werden miissten, was den Preis der
Apparate ausserordentlich erhöhen würde, ohne
einen entsprechenden Nutzen zu haben. Der-
artige Prismen Stereoskope sind von C. F. Jen-
kins ') und Howard Grubb^) vorgeschlagen
worden, sie gestatten aber nur die Betrachtung
verhältnismässig kleiner Bilder, da sie ein kleines
Gesichtsfeld haben. In dem Spezialstereoskop
von L. Cazes') dagegen sind wie bei Helm-
holtz Spiegel benutzt. Die beiden äusseren
Spiegel bei s, und S2 sind so gross, dass Stcreo-
skopbilder bis zu einem Formate von 13x18 cm
benutzt werden können. Ausserdem sind, um
auch kleinere Bilder unter denselben Verhäit-
ni.ssen besichtigen zu können, die äusseren
Spiegel auf einem Massstabe verschiebbar, so
dass die Entfernung s, Si der beiden Spiegel
und dadurch der Punkt Oi und Oj verringert
werden kann.
Ich habe mich bei Herstellung eines der-
artigen Spiegelstereoskops einfach an dieHelm-
holtzsche Form des Telestereoskops gehalten.
Der Strahlengang ist in Figur 3 dargestellt und
Spiegeln ^i und jr^, sind C^ und O", die kleinen
Spiegel p, und />i erzeugen hiervon das ge-
meinsame Bild 0, in welchem also die Bilder
der beiden stereoskopischen Aufnahmen sich
zu einem einzigen Bilde für die beiden Augen
jj, und Ai vereinigen. Da die beiden Augen-
achsen A[0 und A,0 nach 0 konvertieren
müssen, so dürfen die Spiegel p, und fi-2 nicht
parallel den Spiegeln s, und s^ aufgestellt sein,
sondern sie müssen um denselben Konvergenz-
winke! der Augenachsen von der Parallelität ab-
weichen. ')
Die ganze einfache optische Einrichtung
befindet sich in einem Kasten, dessen Hinter-
seite aus Figur 4 ersichtlich ist. Sie wird ge-
zwar auf der linken Seite ausfuhrlich, auf der
rechten nur in Bezug auf die Mitte des Bildes.
Ai und A2 ist der Ort der Augen, /, und
/i die kleinen, st und s^ die grossen Spiegel,
Oi und 0, die Mittelpunkte der beiden
nebeneinander aufgestellten stereoskopischen
Röntgenaufnahmen, Um diese Aufnahmen in
ihrer ganzen Ausdehnung zu reflektieren, be-
ginnen die beiden grossen Spiegel j- und s^
bereits an den äusseren Enden des Objektes,
gegen welches sie einen Winkel von 45 Grad
bilden. Die Bilder von 0, und 0-^ in den
DPhdogr. tl
(900, S. 51g.
i) Brit. Joorn.
buch 1901, S. 43r.
3) Stcreoscopie de pricisi
Uli. 1899, S. 538. Eders Jahrbuch
PhotogT. (900, S. 381. i:ders Jahr-
Paris iSgS-
fig. 4
bildet durch zwei matte Glasscheiben von der
Grösse der aufzunehmenden Röntgen negative,
die also in durchfallendem Lichte beobachtet
werden. Sie werden von der Seite in den
Kasten hineingeschoben ; zur Aufnahme kleinerer
Formate sind verschiebbare Halter vorhanden,
welche die Befestigung jeden Formates er-
lauben.
Zu den Stereoskopapparaten für grossere
1) Nach Kertif^Iettung des Manuskripts ersehe ich aus
dem MIrtheft der Zeitschrift fUr Inslrurneutenkunde, dass
C. Tulfrich seinem zu Messiwecken konstruierten Stereo-
kornjUTalor auch ein ä|negelslrreoskop nnch Hetmhnlu-
scher Kunslruktion beigiebt. Es dient hier tnr Gewinnung
einer Übersicht über das ganze Bild, vorwiegend ist es flr
die stereosknjiische lledeutung telestercoskopischer l.and-
schslUaurnihmeti von ISedeuluiig. Die FulCrichsche Vor-
ricbtuDg ist nur (Ur Plattent;TÖssen bis 13x18 cm gedacht,
aus der Figur des Slereokomparators ist nicht tu ersehen,
wie die gsn/en Platten beleuchtet werden, wenn man sie im
ganien betrachten will, da die an dem A])]>arat angebrachten
kleinen Spiegel nur die kleine ausiumesscnde Stelle be-
te uchlen.
364
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 16.
Bilder nach dem Schema der Figur 2 gehört
zunächst das bereits erwähnte ältere Stereoskop
von D u b o s c q mit achromatisierten ablenkenden
Prismen.
Hierzu muss auch das von F. Drouin an-
gegebene Stereoscope a double reflexion totale
gerechnet werden '), wenngleich es nur für ein
Auge eine Ablenkung der Strahlen hervor-
bringt. Während die beiden Augen A^ und
Ay (Fig. 5) nach dem Mittelpunkte Oi des
linken Bildes konvergieren und das linke Auge
Ai thatsächlich auf das Bild Oi sieht, erhält
das rechte Auge durch ein davor gelagertes
Prisma die Strahlen von dem rechten Bilde
O2, dessen Gesichtseindruck sich also über
denjenigen des Bildes Ox lagert. Die Flächen
ari und ^c des Prismas sind versilbert, so
dass die Strahlen auf ihrem Wege von At
bis O2 in denselben zweimal reflektiert werden.
Diese Anordnung hat den Nachteil, dass die
Helligkeit, unter welcher O2 gesehen wird,
durch den Lichtverlust im Reflexionsprisma
adcii eine geringere ist, als diejenige, unter der
Ol erscheint. Diese Mängel Hessen sich da-
durch beheben, dass man vor das Auge Ai
ebenfalls ein solches Reflexionsprisma in ent-
gegengesetzter Lage setzte.
Immerhin ist aber das Gesichtsfeld und
damit die Grösse der zu übersehenden Objekte
in ganz bestimmter Weise beschränkt, indem
die Grösse des Reflexionsprismas adcä nicht
eine beliebige sein kann, sondern von dem
Augenabstand Si Si abhängig ist; es darf durch
das Prisma nicht das mit dem Auge y^, direkt
zu betrachtende Bild ö, verdeckt werden.
Ferner wird O2 , weil es weiter entfernt ist,
unter einem kleineren Winkel gesehen als 0,
Ich habe mich deshalb bei Konstruktion
eines solchen Stereoskops wieder der Idee von
Duboscq nach dem Typus der Figur 2 zuge-
wendet und vor jedes Auge ein achromatisiertes
Prisma mit der brechenden Kante nasenwärts
gesetzt. Der Beschreibung dieses einfachen
l) Bull, de TAssociation Beige de Photogr. 1899, S. 117.
Stereoskops muss vorausgeschickt werden,
dass derartige ablenkende Prismen einen nicht
ganz zu beseitigenden Fehler haben, dass
nämlich senkrechte Linien, durch ein solches
Prisma betrachtet, etwas gekrümmt erscheinen,
wie solches ja jedem, welcher die Spektral-
linien in einem Spektroskope beobachtet hat,
bekannt ist. Da die Prismen vor den beiden
Augen sich in zu einander entgegengesetzter
Lage befinden, so wird also die erwähnte
Krümmung in den beiden Bildern eine ent-
gegengesetzte sein. Merkwürdigerweise wird
dieser Umstand bei der stereoskopischen Be-
trachtung, wenn die Krümmung nicht gar zu
gross ist, nicht empfunden. Wohl kann man
sie sehen, wenn man nur mit einem Auge be-
obachtet, bei zweiäugigem Sehen werden die
beiden nicht ganz übereinstimmenden Netz-
hautbilder doch ohne Mühe zu einem einzigen
vereinigt.
Immerhin nötigt dieser Umstand dazu, nicht
allzu stark brechende Prismen zu benutzen und
ich habe mich deshalb damit begnügt, Kron-
glasprismen von 60 Grad anzuwenden,
welche durch auf beide Flächen gekittete
Flintglaskeile achromatisiert werden, so dass
eine Ablenkung von etwa 14' 2 Grad übrig-
bleibt.
^
8 »M III ili illil Im iLi illllil ' r ,,i,i
'U ;'T1|" '' I) ( ' '■I|'l'"|f| rrrrri
»li III ili iliil Im iLi Illllil
Tl I'"1'IM''!^.'.
In Fig. 6 ist dieser Apparat wiederge-
geben. Auf einem Fuss F steht ein Rahmen
Ri R^t dessen Hinterwand eine matte Glas-
scheibe bildet. Vor diese können beiderseits
Glasbilder bis zur Grösse 40x50 cm einge-
schoben werden , bei Anwendung kleinerer
Formate kann der Raum über, unter und seit-
lich der Platten abgeblendet werden, wie die
Figur zeigt. Natürlich können ebensogut wie
Glasnegative oder Positive auch undurchsichtige
Papierbilder eingesetzt werden, welche dann
ihre Beleuchtung von vorne erhalten.
Der Okularteil des Apparates enthält bei
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
365
/, und pi die beiden achromatisierten Prismen,
durch welche die beiden Augen A^ und A^ die
Mittelpunkte 0\ und ö^ der beiden Objekte
in der Mitte des Gesichtsfeldes erscheinen.
Durch eine seitliche Schraube s kann die Ent-
fernung der beiden Prismen voneinander je
nach der Augenweite des Beobachters einge-
stellt werden. Vor den Prismen px und pi be-
findet sich beiderseits eine Schutzhaube. Die
vordere hält fremdes Licht von den Augen des
Beobachters ab, die hintere verhindert, dass
anderes Licht auf die Prismen /, und p^ falle
als dasjenige, welches von den beiden Objekten
0\ und O^ kommt.
Der ganze Okularteil steht auf einer Säule
in gleicher Höhe mit der Mitte der Objekte
ö| und Ö.2- Diese Säule ist befestigt auf einer
Stange T, welche sich ihrerseits unter den
Fuss F hindurchschiebt. Der Okularteil kann
also in verschiedene Entfernungen zu dem Ob-
jekt gebracht werden. Die Vorrichtung zur Auf-
nahme kleinererFormate erlaubt nämlich, dass die
Bilder einseitig, der Mitte zu, zu liegen kommen,
wie das aus der Figur auch ersichtlich ist.
Will man sie unter den günstigsten Verhält-
nissen beobachten, so nähert man das Okular
dem Objekt so weit, dass seine Mitten in die
Mitte des Gesichtsfeldes fallen. Es ist schon
weiter oben dargelegt, dass dieses der Art, wie
man Gegenstände verschiedener Grösse über-
haupt zu betrachten pflegt, entspricht.
Auf Vorschlag des Herrn Dr. Walter sind
die Prismen px und p<i durch nach oben heraus-
ragende Knöpfe um 180 Grad um eine durch
sie hindurchgehende vertikale Achse drehbar.
Die der Mitte des Gesichtsfeldes entsprechen-
den Strahlen haben dann den Verlauf der
gestrichelt gezeichneten Linien, so dass man
mit dem rechten Auge A^ das linke Objekt
Ö, , mit dem linken Auge A^ das rechts be-
findliche Objekt Ol sieht; an Stelle des müh-
samen Vertauschens der Objekte gegeneinander
tritt also nur die einfache Drehung der Prismen
/, und /.j-
Dieselbe Einrichtung hat bereits Drouin
bei seinem in Fig. 5 wiedergegebenen Reflexions-
prisma getroffen, durch dessen Drehung um 180
Grad ebenfalls die beiden Objekte miteinander
vertauscht werden können. Sie soll aber nicht
nur dazu dienen, ein richtiges stereoskopisches
Bild zu erhalten, auch wenn einmal zufällig die
beiden Stereoskopbilder miteinander ver-
wechselt sind. Es soll vielmehr dadurch die
Möglichkeit gegeben werden, das stereoskopische
Relief umzukehren, einen pseudoskopischen
Eflfekt herbeizufuhren (wie bei dem Pseudoskop
von Wheatstone), was in Fällen, wo die Deu-
tung der mit dem Apparat beobachteten
stereoskopischen Röntgenaufnahmen auf Schwie-
rigkeiten stösst, von einem gewissen Vorteil
sein kann.
Zum Schlüsse sei bemerkt, dass die in Vor-
stehendem beschriebenen beiden Stereoskope
bereits auf der bei Gelegenheit der 73. Ver-
sammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte
im September 1901 in Hamburg veranstalteten
Röntgenausstellung vorgeführt wurden. In einem
von B. Walter erstatteten Bericht über diese
Ausstellung') wird hervorgehoben, dass die Be-
trachtung der Originalröntgenplatten mittels
dieser Stereoskope nicht nur ausserordentlich
lehr- und genussreich, sondern auch sehr häufig,
z. B. bei der Aufsuchung von Fremdkörpern
oder der Feststellung der Lage der Knochen-
enden bei Verrenkungen und Brüchen, von
grosser diagnostischer Bedeutung sei.
i) Diese Zeitschrift 3, 245, 1902.
(Eingegangen 15. April 1902.)
Polarlichtbeobachtungen in Göttingen.
Von E. Wiechert. ')
Mit Unterstützung der Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen unternahm ich es schon vor
einigen Jahren, von Göttingen aus das Polarlicht
zu beobachten, bei der Ungunst der äusseren
Verhältnisse leider ohne Erfolg. Der beständig
vorhandene leichte Dunst, welcher teils von dem
Getriebe der Stadt herrührt und teils durch die
Thallage Göttingens bedingt ist, wird von den
Gasglühlichtlampen der Strassen und des Bahn-
hofes so hell erleuchtet, dass zarte Erscheinungen
am nächtlichen Himmel unterdrückt werden. So
musste denn die Hoffnung auf den Neubau der
geophysikalischen Warte auf dem Hainberge
ausserhalb Göttingens gerichtet werden. Das
Hauptgebäude derselben mit der für die Bcr
obachtungen sehr geeigneten Plattform konnte
im Herbst vorigen Jahres bezogen werden.
Ich hegte die Ansicht, dass das Polarlicht
in unseren Breiten eine viel häufigere Erschei-
nung sei, als gewöhnlich angenommen wird,
indem nur die besonders auffälligen Phänomene
bei den mannigfachen Störungen genügend her-
vortreten. So Hess ich zur Erzielung einer ein-
fachen und sicheren Beobachtungsmethode ein
Spektroskop von ungewöhnlicher Lichtstärke
und in geeigneter Montierung durch die hiesige
Firma Voigt & Hochgesang (Inhaber R. Brunnee)
anfertigen. Spaltrohr und Femrohr haben Linsen
(von Steinheil-München) von 27 mm Öffnung
und 108 mm Brennweite; eine Linse vor dem
Spalt ermöglicht es, jede Stelle des Himmels
i) Aus den Nachrichten der K. Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen. Mathematisch-physikalische Klasse.
1902. Heft 2. Sitzung vom 8. März 1902.
366
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
für sich zu untersuchen. Anfänglich wurde ein
einfaches Flintglasprisma mit 60^ brechendem
Winkel, 50 mm Seitenlänge und 35 mm Höhe,
später ein Rutherford -Prisma (von Zeiss-Jena)
mit entsprechender Öffnung benutzt. Die Dis-
persion des ersteren beträgt zwischen Cund F
1^35» <i>c des zweiten in denselben Grenzen
5^ 27', also etwa 3 V2 nial soviel. Für das erstere
erwies sich eine achtfache, für das letztere eine
vierfache Fernrohrvergrösserung als zweckent-
sprechend. Das Rutherford-Prisma löst dann
die /^-Linien noch sehr gut auf und ermöglicht
bei einem Okularkreis von ca. 7 mm eine volle
Ausnutzung der Lichtaufnahmefahigkeit des
Auges.
Beobachtungen im November 1901.
Den ersten sternklaren Abend, an welchem
das Instrument verwendet werden konnte, bot
der I . November vorigen Jahres, und ich hatte
die Freude, mit dem ersten Blick nach dem
Nordhimmel die Polarlichtlinie sehr deutlich zu
sehen. Sie konnte dann auch am Osthimmel
konstatiert werden; nach Westen zu störte das
Licht der Stadt. An allen folgenden klaren
und mondlichtfreien Abenden des November:
am 2., 3., 5., 7., 9., war die Polarlichtlinie stets
in gleicher Weise mehr oder minder deutlich
sichtbar, so dass ich anf die Vermutung kam,
sie sei eine beständige Erscheinung. Dies er-
wies sich aber später als hinfällig, da ich die
Linie einige Male selbst mit dem viel wirkungs-
volleren Rutherford -Prisma nicht entdecken
konnte.
Beobachtungen im Dezember 1901 und
Januar 1902.
Für die letztere Bemerkung boten die fünf
für die Beobachtungen geeigneten Abende des
Dezember und Januar Belege. — Am 3 1 . Januar
wurde das Rutherford-Prisma zum ersten Male
angewendet.
Beobachtungen im Februar und Anfang
März 1902.
Weiterhin hatte ich bis heute noch Beob-
achtungsabende am I., 4., 5., 9., 25., 26., 28.
Februar, sowie am 2. und 3. März. An den
Tagen in der ersten Hälfte des Februar gelang
es mir nicht, die Polarlichtlinie mit einiger
Sicherheit festzustellen, an sämtlichen späteren
Abenden aber trat sie mit grosser Intensität
auf Am Osthimmel erschien sie fast ebenso
hell oder gar heller als am Nordhimmel und
im Süden liess sie sich in einiger Höhe stets
beobachten. Am 28. Februar und am 3. März
war sie mit Ausnahme eines kleinen Bereiches
in dem hellsten Lampenschein über dem mitt-
leren Teile von Göttingen am ganzen Firmament
zu sehen, selbst im Zenith und am Horizont im
Süden.
Am 2. und eine Zeitlang am 3. März war
der Himmel fast völlig bedeckt. Die Polar-
lichtlinie zeigte sich dabei in allen Wolkenlücken
und hin und wieder sogar durch leichte Wolken-
schleier hindurch. Am 3. März konnte sie im
kontinuierlichen Spektrum des hellen Nebels
über dem nördlichen Teile der Stadt bis zum
Horizonte herab beobachtet werden.
Das freie Auge sah in allen den beschrie-
benen Fällen nur eine geringe Erhellung des
Himmels, welche diejenige der Milchstrasse in
der Regel durchaus nicht erreichte und nur ein-
mal, am 3. März, vielleicht in den ersten Abend-
stunden im Norden und Osten etwas übertraf
Die grösste Helligkeit zeigte sich in 15^ bis 18**
Höhe, in 45^ Höhe war sie nur noch sehr ge-
ring. Stets war die Erscheinung ganz diffus,
ohne irgend welche hervortretende Grenzen.
Fasst man alles zusammen, so wird man
schliessen können, dass die Erde in unseren
Breiten an sehr vielen Abenden auf weiten Ge-
bieten mit einer in Polarlicht leuchtenden Schicht
überdeckt ist. Wollte man als deren untere
Grenze eine Höhe von 40 km annehmen, so
würde nach der Beobachtung am Südhorizont
folgen, dass die Schicht sich zuweilen mindestens
bis zu 45" Breite erstreckt und noch in 38*^ Breite,
d. h. noch im Süden Italiens, sichtbar sein müsste.
Über den Zusammenhang mit den magne-
tischen Variationen möchte ich vorläufig spe-
zielle Angaben vermeiden.
Göttingen, den 4. März 1902.
Später ist es mehrfach gelungen, die Polar-
lichtlinie selbst bei Mondlicht zu sehen. — Aus
den Beobachtungen ist zu schliessen, dass ein
merklicher Teil des nächtlichen Himmelslichtes
in unseren Breiten auf Rechnung von elektrischen
Vorgängen in der Atmosphäre zu setzen ist
(Eingegangen ii. April 1902.)
Universal- Vakuumapparate zu Versuchen über
elektrische Entladungen in Gasen. *)
Von W. Biegon von Czudnochowski.
Seitdem die Erscheinungen der elektrischen
Entladungen in verdünnten Gasen nach der
Entdeckung der Röntgenstrahlen durch deren
Verwertung auch für weitere Kreise wesentliche
Bedeutung gewonnen haben, während bis dahin
ihre praktische Verwendung sich im wesent-
lichen auf die Benutzung der bekannten Spek-
I) Vgl. Ztschr. f. d. physik. u. ehem. Unterricht, 16,
124—126, 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^ang. No. 16.
367
tralröhren beschränkte, erscheint auch ihre etwas
eingehendere Betrachtung schon im Unterricht
angezeigt. Dem steht aber die Mannigfaltigkeit
der in Betracht kommenden Erscheinungen so-
wie die Anforderungen, die dieselben bcKügHch
der Form und Einrichtung der zu verwenden-
den Glasapparate stellen, hindernd entgegen,
insofern als fast für jeden Versuch eine beson-
dere Anordnung eines solchen notwendig ist.
Gegenwärtig besitzen nun die Quecksitberluft-
pumpen, zumeist wohl in der Form der selbst-
thätigen, eine so grosse Verbreitung, dass der
vielseitigen Anwendung von Glasapparaten,
welche erst unmittelbar vor dem Versuche aus-
gepumpt werden, nennenswerte Hindernisse
nicht im Wege stehen dürften, und es ist damit
ferner die Möglichkeit geboten, den Apparaten
eine solche Einrichtung zu geben, die sie zu
verschiedenen Versuchen verwendbar macht,
indem man einzelne Teile auswechselbar an-
ordnet.
Zunächst hat sich für den in Rede stehen-
den Zweck der ursprünglich fiir besondere Ver-
suche ') hergestellte Apparat Fig. i — Aus-
führung .-i — mit geringen Zusätzen als recht
brauchbar erwiesen. Er besteht, wie ersicht-
lich, aus einer Kugel von 60 mm Durchmesser
mit zwei Hälsen und einem sich in einiger Ent-
fernung verengenden Ansatzrohr, welches zur
Verbindung mit der Luftpumpe dient und ent-
weder mit Schliff zum unmittelbaren Ansetzen*)
oder Schlauchstück versehen ist. Der seitliche,
mit einem einfachen eingeschliffenen Stopfen
verschlossene Hals dient zum Einbringen von
0 l>iese ZKchi. S, 65, 1900.
2) HUnu ist naiaHich das bctrefTende ätüok iler runi)>c
einiusenden, beiw. ein bcreiU vorhandener [lassender ächlilT
zum ADBChmeUeQ an den Apparat.
Mineralien urid anderen Gegenständen, welche
den Kathodenstrahlen ausgesetzt werden sollen;
der zweite Hals dient zur Aufnahme einer der
dem Apparate beigegebenen Kathoden: einer
ebenen a, einer konkaven d, einer mehreckigen
Hohlkathode nach Gold stein c und einer ent-
sprechenden Drahtkathode rt". ') Die Anode ist
in einem Seitenansatz des erwähnten zur Ver-
bindung mit der Pumpe bestimmten Rohres
eingeschmolzen.
Wegen der bei längerem Gebrauche stören-
den Erwärmung des Kugelbodens durch die
Kathodenstrahlen ist jedoch diese Form nach
einem für andere Zwecke hergestellten Doppel-
apparat^) verändert, wie Fig. 2 zeigt: Ausfüh-
}
i h 1-
r^
Fig. :
rung />', Der Durchmesser des weiten nunmehr
der Kathode gerade gegenüberliegenden Schliffes
ist vergrössert, und der zugehörige Stopfen e
mit einem angeschmolzenen Tischchen mit
ebener Oberfläche versehen, welche zur Auf-
nahme der Versuchsmaterialien bestimmt ist.
Die Befestigung der letzteren geschieht am
besten mit Gips, sie sitzen damit ziemlich fest,
lassen sich jedoch auch ohne Bruchgefahr wieder
entfernen ; ebenso kann man auch Drahtklammern
anwenden. Das zur Pumpe fuhrende Rohr ist,
um das Ganze handlicher zu machen, vom Ano-
denrohr getrennt.
Der letzt beschriebene Apparat lässt noch
r) S. O. Lehmann, Die oleklrisclien Enlladunfen u. s, (
Me 1898, S. 371— 373. und J.J.Thomson.Die Entladu»
r ElektriMlät durch Gase, Leipzig 1900, S. i;i— 1*3.
2] Diese /cscbr. 3, $z, 1901.
368
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
eine weitere Vervollkommnung zu, wenn man
das Tischchen nicht anschmelzen, sondern mit j
einem konischen Zapfen in den Stopfen ein-
setzen lässt — Fig. 2, f. Setzt man dann an 1
seiner Stelle ein mit einer schrägstehenden '
Platinplatte versehenes Glasstäbchen - f — ein,
so kann man die Vorrichtung als Röntgenröhre 1
benutzen, wobei auf Anbringung einer metalli- '
sehen Verbindung der /V-Platte nach aussen
behufs Anschluss an die Kathode als nicht un-
bedingt notwendig verzichtet ist. (Ausführung C)
Die vorbeschriebenen Einrichtungen dürften
wohl als wirkliche Universalapparate allen billigen
Anforderungen genügen, um mit ihnen alle
wichtigeren Erscheinungen der elektrischen Ent-
ladungen in Gasen vorfuhren zu können, ab-
gesehen davon, dass sie auch zu besonderen
Untersuchungen Verwendung finden können. Es
lässt sich an ihnen beobachten, abgesehen von
den bekannten Erscheinungen bei geringer Ver-
dünnung: die geschichtete Entladung, Kathoden-
strahlen, deren Lumineszenzwirkungen, De-
flexionsfiguren, Färbungswirkungen, Röntgen-
strahlen; auch kann die Zahl der Zubehörteile
ev. noch vermehrt werden z. B. fiir den Nach-
weis der von den Kathodenstrahlen mitge-
führten Ladung. Das Auspumpen erfordert
nicht viel Zeit; mit einer einfachen Queck-
silberluftpumpe nach Spiess*) von ca.
400 ccm Stiefelinhalt genügen 20 Minuten,
um eine sehr kräftige Lumineszenz von Fluss-
spat, Kalkspat u. s. w. unter dem Einflüsse
von Kathodenstrahlen zu erzielen und unter
Verwendung automatischer oderGeryk-Pumpen^)
würde eine bedeutende Abkürzung dieser Zeit
sich ergeben. Das von mir meist benutzte In-
duktorium besitzt nur 23 mm Schlagweite, wo-
bei aber die erwähnten Erscheinungen sämtlich
vollkommen scharf und sehr deutlich auftreten.**)
Bei einem Verdünnungsgrade, welcher in dem
weiteren Teile des die Anode enthaltenden zur
Pumpe führenden Ansatzrohres des Apparates
Fig. I nur zwei Schichten von 23 mm Ab-
stand^) zur Ausbildung kommen lässt, ist von
blauem Lichte in der Kugel in der Regel nichts
mehr zu sehen und die Phosphoreszenz von
Glaswand und eingebrachten Mineralien sehr
Die Anfertigung der beschriebenen Apparate
! ) Mit nur von Hand zu bewegendem (^)uecksilbergefäss.
2) Ztschr. f. den physik. und ehem. Unterricht, 14, 285,
1901.
3) Es ist dies ein früher in einem Schnellseher-Automaten
verwendetes Induktorium von Siemens & Halske mit
Platinunterbrecher, welches dauerndes Arbeiten ohne nennens-
werte Erhitzung der Kontakte verträgt. — Ein Induktorium
grösserer Leistung — ich benutzte ein solches von M. Kohl-
Chemnitz^fiir 120 mm Schlagweite — zeigt dieselben Er-
scheinungen, nur bedeutend lichtstärker.
4) Von Helligkeitsmaximum zu Helligkeitsmajcimum ge-
rechnet
hat die Firma Max Stuhl, Berlin N.W., Philipp-
.strasse 22, übernommen.')
\\ Die Apparate werden zu folgenden Preisen geliefert:
Ausführung A (Fig. i) mit 4 Kathoden, wie angegeben,
18,50 Mk.; Ausführung B (Fig. 2), ebenfalls mit 4 Kathoden,
20 Mk.; Ausführung C, ausserdem noch mit abnehmbarem
Tischchen und Einrichtung fiir Röntgenversuche, 25 Mk-
Berlin, April 1902.
(Eingegangen 25. April 1902.)
J
Über Kathodenstrahlreflexion bei schiefer
Incidenz.
Von J. Stark.
I. Einleitung.
VonW. Weber') und E. Riecke^) ist die
Hypothese aufgestellt worden, dass zwischen
einem Teilchen eines Körpers und einem elek-
trischen Teilchen eine Kraft, im besonderen
eine anziehende wirkt, welche das elektrische
Teilchen von seiner Bahn ablenkt. In einer
früheren Mitteilung^) in dieser Zeitschrift wurde
aus jener Ablenkungshypothese eine Reihe
von Folgerungen über die Reflexion der Ka-
thodenstrahlen, speziell an Metallen, gezogen;
diese standen im Einklang mit allen bis dahin
beobachteten Thatsachen. Nun sind letzthin
von L. Austin und H. Starke^) neue Ver-
suche über die Reflexion der Kathodenstrahlen
an Metallen veröffentlicht worden. Diese setzen
sich einerseits zu keiner der bisherigen Fol-
gerungen aus der Ablenkungshypothese in
Gegensatz, andererseits regen sie zu einer Er-
gänzung derselben an.
Die Aufgabe der vorliegenden Mitteilung
ist folgende. Es sollen aus der Ablenkungs-
hypothese neue Folgerungen gezogen und ge-
wisse Eigenschaften der Kathodenstrahlreflexion
vorhergesagt werden; ob die experimentelle
Untersuchung sie bestätigt, modifiziert oder
widerlegt, ist von untergeordneter Bedeutung; die
Hypothese hat ihren Dienst geleistet, wenn sie
die Aufdeckung neuer Seiten der Kathoden-
strahlreflexion veranlasst hat. An einem anderen
Orte soll auf mehrere mögliche Fehlerquellen
aufmerksam gemacht werden, welche bei der
experimentellen Untersuchung auf die Grösse
ihres Einflusses geprüft und eventuell berück-
sichtigt werden müssen.
2. Abhängigkeit der Reflexion von
der Geschwindigkeit bei senkrechter
Incidenz.
In der früheren Mitteilung wurde aus der
1) W. Weber, Ges. Werke, Berlin 1894, Bd. IV, b. 389.
2) E. Kiecke, Wied. Ann. 66, 357, 1899.
3) Diese Zeitschr. 3, 161, 1902.
4) L. Austin und H. Starke, Verb. d. D. phjrsik,
(Jes. 4, 106, 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
369
Ablenkungshypothese folgender Satz abgeleitet.
„Mit anfänglich kleiner wachsender Elektroden-
spannung nimmt die Intensität der reflek-
tierten Kathodenstrahlen von einem
kleinen Wert an erst ziemlich rasch bis zu
einem Maximum zu, dann nimmt sie bei weiter
steigender Elektrodenspannung wieder ab und
strebt einem konstanten Werte zu." Die
messende Untersuchung hat zu entscheiden, bei
welchem Werte der Elektrodenspannung oder
der Kathodenstrahlgeschwindigkeit das Maxi-
mum der Reflexion eintritt und von welchem
Wert an das Reflexionsvermögen eines Metalles
als konstant betrachtet werden kann.
Der obige Satz wurde zunächst für senk-
rechte Incidenz abgeleitet und an H. Starkes
Messungen für diesen Fall geprüft. Es zeigten
diese in der That bei Aluminium in einem
Falle (vergl. Fig. i in der früheren Mitteilung)
zwischen 5000 und 7000 Volt deutlich eine
Abnahme des Reflexionsvermögens mit wach-
sender Geschwindigkeit. Zur Beantwortung
der Frage nach der I^age des theoretisch ge-
forderten Maximums seien ebenfalls Starkes
Versuche herangezogen. Nach diesen liegt
jenes Maximum für Aluminium und Kupfer
jedenfalls unterhalb 5000 Volt; dies entspricht
einer Kathodenstrahlgeschwindigkeit von un-
gefähr 4.10^ cm sec'"^ Die Konstanz des
R eflexions vermögen s beginnt nach
Starkes Messungen für die meisten Me-
talle bereits bei 7CXX) Volt Elektroden-
spannung. Wie auch nachstehende neu mit-
geteilte Tabelle (L. Austin und H. Starke,
a. a. O. S. 122) zeigt, ist die Abnahme des
Reflexionsvermögens des Kupfers von 7000
Volt an nahezu bereits von der Grössen-
ordnung der Beobachtungsfehler.
Elektrodenspannung Reflexionsvermögen
7000 0,50
12000 0,51
1 8 000 0,47
25000 0,49
Der Bereich der Elektrodenspannung von
5000 — 25 000 Volt entspricht einem Geschwindig-
keitsbereich von 4,3-10® bis S.öio^cm.sec""*.
Die Reflexion der Kathodenstrahlen in dem Ge-
schwindigkeitsbereich o 4,3 • I o'cm • sec~" ' lässt
sich schwer experimentell untersuchen. Der
Glimmstrom kann für diesen Bereich zu ihrer
Erzeugung mit Hilfe kleinerer Elektrodenspan-
nungen als 5000 Volt nicht angewendet werden;
mit der Erniedrigung der Elektrodenspannung
geht nämlich die Erhöhung des Gasdruckes Hand
in Hand, bei kleineren Elektrodenspannungen ist
darum der Druck und damit die Zerstreuung der
Kathodenstrahlen im Gase so gross, dass ge-
naue Messungen der Reflexion am Metall allein
unmöglich werden. Man könnte daran denken,
die Kathodenstrahlen nach dem Vorgang
Lenards in einem hohen Vakuum bei niedri-
gerer Kathodenspannung durch ultraviolette
Bestrahlung der Kathode zu erzeugen und dann
diese langsamen Strahlen auf ihre Reflexion
an einem Metall zu untersuchen. Indes dürfte
dieses Verfahren infolge der geringen Intensität
der erzeugten Kathodenstrahlen schwer anzu-
wenden sein.
Infolge der Konstanz des Reflexionsver-
mögens für Kathodenstrahlen ist es möglich,
für die einzelnen Metalle das Reflexions-
vermögen als charakteristische Kon-
stante zu definieren. Aber ausdrücklich
betont sei, dass eine solche Definition
nur für schnelle Kathodenstrahlen und
senkrechte Incidenz Gültigkeit hat. Diese
Bedingungen sind auch bei Starkes Werten
erfüllt.
3. Reflexion bei variabler schiefer In-
cidenz und konstanter Geschwindigkeit.
Definitionen und Prinzip. — In der
früheren Mitteilung wurde die Reflexion der Ka-
thodenstrahlen bei schiefer Incidenz nur hin-
sichtlich der Abhängigkeit von dem Emana-
tionswinkel einer Besprechung unterzogen.
Nunmehr sollen über die Gesamtreflexion bei
schiefer Incidenz die Folgerungen aus der Ab-
lenkungshypothese gezogen werden. Zunächst
aber seien im Interesse der Klarheit einige
Auseinandersetzungen und Definitionen voraus-
geschickt.
Treffen primär einfallende Kathodenstrahlen
auf einen reflektierenden Körper, so dringen
sie mehr oder minder tief in ihn ein; ein Teil
dieser primären Kathodenstrahlteilchen verbleibt
darauf im Körper, wird „absorbiert"; aus diesem
kann man eine negative Elektrizitätsmenge
ableiten, welche gleich ist der elektrischen
Ladung der absorbierten Kathodenstrahlteilchen.
Diese messbare Ladung soll absorbierte In-
tensität Ja heissen. Der übrige vom Reflektor
nicht absorbierte Teil der primären Kathoden-
strahlteilchen begiebt sich durch Reflexion von
dem Reflektor wieder in den angrenzenden
Gasraum und kann aus diesem an einen ge-
eignet angebrachte^ Käfig oder Auffanger seine
elektrische Ladung abgeben. Die von den
reflektierten Teilchen mitgeführte elektrische
Ladung möge reflektierte Intensität Jr
heissen. Die Summe [Ja + 7^ aus gesamter
absorbierter und gesamter reflektierter Intensität
ist gleich der primären einfallenden Intensi-
tät 7/.
Der Strom, welcher aus dem Reflektor
über ein Galvanometer zur Erde fliesst, soll
nach dem Vorgang von Austin und Starke
Reflektorstrom R heissen, der Strom aus
dem Auffanger zur Erde Auffängerstrom A.
In jenem ist die absorbierte Intensität, in diesem
die reflektierte, vollkommenes Auffangen vor-
370
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
ausgesetzt, enthalten. Man darf nun im allge-
meinen nicht R= 7a und A=yr setzen; wie
nämlich bereits jn der ersten Mitteilung betont
wurde, kann sich durch eine Wirkung, welche
nichts mit der Kathodenstrahlreflexion zu thun
hat, noch eine andere Stromstärke über Jr oder
Ja lagern und ßo eine scheinbare Verstärkung
oder Schwächung der Reflexion hervorbringen.
Doch davon sei an einem anderen Orte die
Rede. Wir heben noch einmal ausdrücklich
hervor, dass wir im folgenden unter absorbierter
Intensität nicht den Reflektorstrom, unter re-
flektierter Intenaität nicht den Auffangerstrom
verstehen und gehen jetzt zur Betrachtung der
Reflexion der Kathodenstrahlen bei schiefer
Incidenz über, {ndem wir uns auf den Stand-
punkt der Ablenkungshypothese stellen.
Bewegen sich die Teilchen eines Kathoden-
strahlenbündels in einer bestimmten primären
Richtung zwischen den Teilchen eines Körpers,
z. B. eines Metalls, so werden sie von der
primären nach allen möglichen Richtungen
seitlich abgelenkt, indem sie eine Geschwindig-
keitskomponente senkrecht oder sogar ent-
gegengesetzt zu ihrer primären Richtung an-
nehmen. Dies ist die Erscheinung der Zer-
streuung der Kathodenstrahlen. Treten hierbei
die primären Strahlen von einem Gasraum in
einen festen Körper, speziell ein Metall, den
„Reflektor", so verläuft ein Teil der zerstreuten
Strahlen ausschliesslich im Reflektor (Undurch-
lässigkeit oder grosse Dicke vorausgesetzt), der
übrige Teil begiebt sich in den Gasraum nach
allen Richtungen zurück; als solche diffuse
Zerstreuung der Kathodenstrahlen aus einem
Reflektor in den Gasraum zurück wurde in der
ersten Mitteilung die Kathodenstrahlreflexion
charakterisiert.
Problemstellung. — Dies zur Erinnerung
vorausgeschickt, sei nunmehr unser Problem
scharf und klar gestellt. Gegeben ist ein pa-
ralleles primäres Kathodenstrahlenbündel von
konstanter Geschwindigkeit, sein normaler
Querschnitt sei kreisförmig und konstant, und
ebenfalls konstant die in der Zeiteinheit durch den-
selben von den Strahlen geführte negative Elek-
trizitätsmenge oder mit anderen Worten, es sei
die primäre einfallende Intensität y,- konstant.
Dieses Kathodenstrahlenbündel treffe nun auf
einen ebenen, undurchlässig dicken, ausgedehn-
ten metallischen Reflektor; die primäre Katho-
denstrahlrichtung werde konstant gehalten, ge-
dreht werde zur Gewinnung schiefer Incidenz
der Reflektor um eine Achse, welche in seiner
Vorderfläche liegt, normal zu der Richtung des
primären Kathodenstrahlenbündels steht und
durch dessen Mittellinie geht. Wir stellen nun
folgende Frage: Wie ändert sich mit dem
Einfallswinkel die gesamte reflektierte
Intensität Jr der Kathodenstrahlen unter
den gemachten Voraussetzungen?
Die genaue Antwort auf die vorstehende Frage
ist nicht leicht. Die reflektierte Intensität ist näm-
lich das Ergebnis zweier Wirkungen, die sich
übereinanderlagern.
Wie bereits in der ersten Mitteilung auseinan-
dergesetzt wurde, vollzieht sich die Reflexion
der Kathodenstrahlen als Zerstreuung nicht aus-
schliesslich an oder auf der Oberfläche, sondern
auch im Innern eines Reflektors. Ein Teil der zer-
streuten Strahlen wird von den Metallteilchen,
welche die primären Strahlen auf ihrem Wege zu-
erst antreffen, durch eine einmalige Ablenkung
von Seiten eines Metallteilchens in den Gasraum
reflektiert; dieser Teil soll reflektierte Inten-
sität erster Ordnung ^r heissen. Ein an-
derer Teil wird von den in der primären Ka-
thodenstrahlrichtung nächstfolgenden Metall-
teilchen des Reflektors nach zwei oder mehre-
ren Ablenkungen durch die oberste Teilchen-
schicht hindurch in den Gasraum zurückge-
worfen, dieser Teil soll reflektierte Intensi-
tät zweiter Ordnung j'r heissen. Die
Summe aus reflektierter Intensität erster und
zweiter Ordnung ist gleich der gesamten reflek-
tierten Intensität oder kurz der reflektierten In-
tensität ^r.
Sowohl die reflektierte Intensität erster wie
diejenige zweiter Ordnung ist nun abhängig
vom Einfallswinkel. Wir wollen zunächst jede
für sich betrachten. Absehen können wir von
einer dritten Wirkung. Bei konstanter primärer
Intensität J,- verringert sich nämlich die auf die
Einheit der bestrahlten Fläche des Reflektors
entfallende primäre Intensität /,• mit wachsendem
7-
Einfallswinkel a nach dem Gesetze /V = ' coscl.
q
wo q den Normalschnitt des primären Bündels
bedeutet. Gleichzeitig wächst aber auch die ge-
troffene Fläche / des Reflektors nach dem Ge-
q
setz/= • Wenn darum das Reflexions-
cosa
vermögen bei konstanter Kathodenstrahlge-
schwindigkeit unabhängig ist von der Inten-
sität, so kompensiert sich hinsichtlich der Re-
flexion die Abnahme von /V durch die Zunahme
von f. Diese Voraussetzung ist aber sicherlich
für kleine und mittlere Intensitäten erfüllt, für
grosse allerdings nicht mehr, weil diese durch
Erhitzung den Zustand des Reflektors zu be-
trächtlich verändern.
Reflektierte Intensität erster Ordnung.
— Da, wie gesagt, die Kathodenstrahlreflexion
im Innern des reflektierenden Metalls sich voll-
zieht, so dürfen wir die genäherte Annahme
machen, dass die räumliche Verteilung der zer-
streuten Strahlen erster Ordnung rings um die
Einfallsrichtung der primären Strahlen unab-
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 16.
hängig sei von dem Einfallswinkel, solange dieser '
nicht gros» ist. Die daraus für die Reflexion ,
sich ergebende Folgerung wird am besten zeich-
nerisch klar gemacht.
Flg- 3-
In den Figuren i — 4 bezeichnet der dicke
Strich das primäre einfallende Kathodenstrahlen-
bündel, die fein ausgezogenen Linien bedeuten
die nach allen Richtungen zerstreuten Strahlen;
das mit /^bezw. A/ bezeichnete Rechteck bedeu-
tet die Reflektorplatte. Es verhalten sich die ver-
schiedenen Metalle als Kathodenstrahlreflcktoren
quantitativ sehr stark verschieden; sie ordnen
sich in eine Reihe; an deren einem Ende stehen
die stark, an dem anderen die wenig zerstreu-
enden Metalle. Als Repräsentant des ersten
Extrems mag das Platin, als derjenige des
zweiten Extrems das Aluminium gelten. Figur i
und 3 stellt nun den Typus der Kathodenstrahl-
reflexion an stark, Figur 2 und 4 denjenigen
an wenig zerstreuenden Metallen bei senkrechter
bez. schiefer Incidenz dar. Aus den vorstehen-
den Figuren lassen sich folgende Sätze ablesen.
Das Gesetz der räumlichen Verteilung
oder das Emanationsgesetz der reflek-
tierten Kathodenstrahlen erster Ordnung
ist erstens von Mefall zu Metall, zwei-
tens von Einfallswinkel zu Einfallswinkel
verschieden.
Mit wachsendem Einfallswinkel niannt die
reflektierte Intensität erster Ordnung bei den
stark zerstreuenden Metallen nur wenig zu,
vielleicht sogar etwas ab, bei den schwach
zerstreuenden Metallen nimmt sie beträcht-
lich zu.
Diese Sätze über die Abhängigkeit der re-
flektierten, Intensität erster Ordnung erfahren
indes noch eine Modifikation. Diejenige Inten-
sität eines primären Kathodenstrahlenbündels,
welche von der obersten Tcilchenschicht eines
Reflektors zerstreut bez. in den Gasraum re-
flektiert wird, hängt, wie sich von selbst ver-
steht, von zwei Dingen ab: erstens von der
Grösse der ablenkenden Kraft zwischen einem
Metall- und einem Kathodenstrahlteilchen, be-
zogen auf einen gewissen Abstand zwischen
beiden, zweitens von der Zahl der Metallteil-
chen, welche in dem Schnitt der Reflektor-
fläche mit dem Kathodenstrahlenbündel liegen;
je grösser die ablenkende Kraft und je grösser
die Zahl der Metallteilchen in jenem Schnitt
ist, desto grösser ist die reflektierte Intensität
erster Ordnung. Nun ist zwar die ablenkende
Kraft (bezogen auf einen gewissen Abstand}
unabhängig von dem Einfallswinkel, nur ab-
hängig von der Natur des Reflektors, dagegen
ändert sich die Zahl (;) der reflektierenden
obersten Metallteilchen mit dem Einfallswinkel.
Ist .^0 die Zahl der Metallteilchen, welche in
der Einheit der Oberfläche verteift ist, y der
Normalschnitt des Kathodenstrahlbündels, so
gilt :; =1 * Wie auch diePiguren s (unten) und
6{oben)für den Einfallswinkel a = 0 und 0 = 65"
anschaulich machen (KreiseMetallteilchen, Gerade
Kathodenstrahlen), nimmt, unabhängig von der
Natur des Reflektormetalls, die Zahl der obersten
reflektierenden Metallteilchen erst langsam dann
rasch zu mit wachsendem Einfallswinkel. Ein und
dasselbe Metall als Reflektor verhält sich in
seiner Oberflächenschicht bei senkrechter Inci-
denz anders als bei schiefer; die Vergrösse-
rung des Einfallwinkels wirkt in der be-
trachteten Hinsicht angenähert gerade so,
wie wenn der Einfallswinkel konstant gleich Null,
der Schnitt der Reflektorfläche mit dem Strahlen-
bündel konstant gleich g bliebe, dagegen in
dieser Fläche q die Zahl der Metallteilchen pro-
portional mit grösser, also das reflektie-
rende Metall dichter würde.
372
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
Die Vergrösserung der Zahl z mit wachsen-
dem Einfallswinkel lässt auch ohne weiteres
erkennen, dass die oben gemachte Annahme
einer Unabhängigkeit der räumlichen Verteilung
der zerstreuten Strahlen vom Einfallswinkel
nur eine Annäherung ist und fiir grosse Ein-
fallswinkel nicht mehr zutrifft. Für grosse
Einfallswinkel überwiegt der Einfluss der Ver-
grösserung der Zahl z der reflektierenden Me-
tallteilchen.
Beide Wirkungen, räumliche Verteilung und
Änderung der Zahl ^zusammenfassend, kommen
wir zu folgendem Resultat. Die reflektierte
Intensität erster Ordnung nimmt mit
wachsendem Einfallswinkel für alle Me-
talle zu, erst langsam, dann schnell; für
die wenig zerstreuenden Metalle ist diese
Zunahme grösser als für die stark zer-
streuenden.
Reflektierte Intensität zweiter Ord-
nung. — Die reflektierte Intensität zweiter
Ordnung rührt davon her, dass von den Me-
tallteilchen, welche in der primären Kathoden-
strahlenrichtung auf die von dieser zuerst ge-
troffenenTeilchen folgen, Kathodenstrahlen durch
die oberste Teilchenschicht hindurch in der
Richtung nach dem Gasraum zerstreut werden.
Um in diesen zu gelangen und so die Reflexion
zu vermehren, müssen sie die oberste Metall-
schichtdurchlaufen; in dieser aber erfahren sie eine
Absorption. Je geringer diese ist, desto grösser
wird die reflektierte Intensität zweiter Ordnung.
Jene Absorption ist einmal von Metall zu Me-
tall verschieden, in Platin grösser als in Alu-
minium; sodann hängt sie ab von der Dicke
der durchlaufenen Oberflächenschicht oder von
dem Abstand, welche die an zweiter und
höherer Stelle von der primären Kathoden-
strahlrichtung getroffenen Metallteilchen von
der Oberfläche haben. Dieser Abstand und
somit die absorbierende Dicke wird aber bei
wachsendem Einfallswinkel kleiner und zwar
mit dem Cosinus desselben. Der dadurch be-
dingten Abnahme der Absorption in der Ober-
flächenschicht entspricht eine Zunahme der
reflektierten Intensität zweiter Ordnung. Dem-
nach nimmt mit wachsendem Einfalls-
winkel a die reflektierte Intensität
zweiter Ordnung Jr zu und zwar für
sämtliche Metalle, indes ist die Zunahme
bei einem bestimmten Einfallswinkel für
die stark zerstreuenden kleiner als für die
schwach zerstreuenden. Für Platin ist
beispielsweise der Differentialquotient .
da
kleiner als für Aluminium. Für jene Metalle
ist nämlich von vornherein die in die Tiefe ein-
dringende und dann wieder reflektierte Inten-
sität kleiner und dann ist die Absorption in
der Oberflächenschicht grösser als bei den
schwach zerstreuenden Metallen.
Gesamte reflektierte Intensität. — Nach
den vorstehenden Auseinandersetzungen ist ein
jedes Glied der Summe yr= j' r -\- J^r eine
Funktion des Einfallswinkels a. Wir ziehen aus
ihnen zunächst die Folgerung für das Verhalten
schwach zerstreuender Metalle wie für Alumi-
nium. P'ür diese ist der Differential quotient
^ positiv und beträchtlich für grössere Ein-
fallswinkel und das gleiche gilt von den Diffe-
ly'r
rentialquotienten - . - - • Darum ist auch der Diffe-
ö« öa ^a
beträchtlich für grössere Einfallswinkel. Dem-
nach nimmt für schwach zerstreuende Me-
talle die (gesamte) reflektierte Intensität
mit wachsendem Einfallswinkel beträcht-
lich zu und zwar erst langsam, dann
schneller; dementsprechend nimmt die
absorbierte Intensität Ja mit wachsen-
dem Einfallswinkel ab. Die messende, von
Fehlerquellen freie Beobachtung dürfte dies für
Aluminium bestätigen.
rentialquotient ^l^='\^ + "r^/ positiv und
Für stark zerstreuende Metalle sind
und
da
zwar auch positiv, aber klein,
^ kann im extremsten Falle sogar durch
Null hindurchgehen und negativ werden. Was
für die zwei vorstehenden Differentialquotienten
gilt, trifft auch bei ihrer Summe ^ zu. Für
ca
stark zerstreuende Metalle nimmt darum
mit wachsendem Einfallswinkel die re-
flektierte Intensität ebenfalls zu, aber in
kleinerem Betrage als für schwach zer-
streuende Metalle.
Ohne weiteres ist folgender Satz klar. Für
zwei verschiedene Metalle ist' das Ver-
hältnis der reflektierten Intensitäten
oder das Verhältnis der Reflexionsver-
mögen eine P'unktion des Einfallswinkels.
Für Platin und Aluminium beispielsweise ist
dieses Verhältnis x = ,J^. - für a = o gross,
nimmt aber mit wachsendem Einfallswinkel
auf einen viel kleineren Wert ab.
Einfluss der Politur. —Unser Erklänings-
prinzip lässt erkennen, dass bei senkrechter
Incidenz der Grad der Politur nur einen sehr
geringen Einfluss auf die reflektierte Intensität
haben kann; dies wurde bereits in der ersten
Mitteilung dargelegt. Der geringe Einfluss, der
sich bei grösserer Rauhigkeit zeigen mag, wird
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
373
bei stark zerstreuenden Metallen grösser sein
als bei schwach zerstreuenden.
Bei schiefer Incidenz wird die reflektierte In-
tensität durch den Grad der Politur des Reflektors
beeinflusst; dieZunahme mit der Verbesserung
der Politur ist unter sonst gleichen Um-
ständen um so grösser, je grösser derEin-
fa 11s Winkel ist. Diese Folgerung ergiebt sich
aus den obigen Darlegungen. Die Hervor-
ragungen bei geringer Politur bedeuten nämlich
bei der Kleinheit der Masse eines einfallenden
primären Elektrons an den betreffenden ein-
zelnen Stellen eine Verkleinerung des Einfalls-
winkels, umsomehr, je grösser der Einfallswinkel ß
des ganzen primären Kathodenstrahlenbündels be-
zogen auf die Reflektornormale ist; Verkleinerung
des Einfallswinkels bringt aber eine Verringerung
der reflektierten, eine Vermehrung der absor-
bierten Intensität hervor.
4. Abhängigkeit der Reflexion von der
Geschwindigkeit bei schiefer Incidenz.
Wie bereits in der ersten Mitteilung
auseinandergesetzt wurde , nimmt der Ab-
lenkungswinkel (Winkel zwischen primärer
Strahlenrichtung und Richtung eines zerstreuten
Strahlteilchens) ab, wenn die Geschwindigkeit
der Strahlen zunimmt; demgemäss nimmt mit
wachsender Geschwindigkeit die Zerstreuung
und Absorption durch eine dünne Metallschicht
von bestimmter Dicke ab. Diese Abnahme des
Ablenkungswinkels ist um so grösser, je kleiner
sein anfänglicher Wert bei nicht zu grosser Ge-
schwindigkeit war. Aus diesem Grund nimmt,
als eine Zerstreuung, die Reflexion bei senk-
rechter Incidenz (grosser Ablenkungswinkel)
mit wachsender Geschwindigkeit oberhalb einer
Elektrodenspannung von 70CX) Volt nur mehr
wenig ab. Bei schiefer Incidenz liegt die
Sache jedoch anders. Je grösser der P2in-
fallswinkel ist, desto mehr macht sich in der
reflektierten Intensität der Anteil der wenig
abgelenkten Strahlen geltend, desto deutlicher
muss der Einfluss der Geschwindigkeit auf diese
hervortreten. Bei schiefer Incidenz nimmt
darum die reflektierte Intensität erster
sowohl wie zweiter Ordnung und darum
auch die gesamte reflektierte Intensität
mit wachsender Kathodenstrahlenge-
schwindigkeit oder erzeugender Elek-
trodenspannung ab, und zwar umsomehr,
je grösser der Einfallswinkel ist. Für sehr
grosse Geschwindigkeiten nimmt indessen auch
in diesem Falle die Reflexion einen nahezu
konstanten Wert an. Bei senkrechter Incidenz
liegt diejenige Elektrodenspannung bez. Ge-
schwindigkeit, oberhalb welcher das Reflexions-
vermögen konstant erscheint, bei 7000 Volt
bez. 5.10^ cm .sec~*. Bei schiefer Incidenz
sind diese Werte um so grösser, je grösser der
Einfallswinkel ist. Die Abnahme der reflek-
tierten und somit die Zunahme der absorbierten
Intensität mit wachsender Geschwindigkeit bei
schiefer Incidenz an dickem Reflektor entspricht
der Beobachtung, dass ein dünnes Metallblätt-
chen bei normaler Incidenz umsomehr Ka-
thodenstrahlen durch sich gehen lässt, je grösser
deren Geschwindigkeit ist.
Göttingen, 10. April 1902.
(Eingegangen 16. April 1902.)
Über die elektrische Leitungsfähigkeit von iso-
lierenden Flüssigkeiten und ihren Mischungen.
Von Giuseppe di Ciommo.
In nachfolgendem habe ich die Absicht,
die Widerstände einer gewissen Anzahl von
flüssigen Kohlenwasserstofien einerseits und
ihrer Mischungen andererseits zu bestimmen,
um zu sehen, wie sie voneinander abhängen.
Ich habe zu diesem Zwecke zwei verschiedene
Methoden befolgt, je nachdem die zu untersuch-
ende Flüssigkeit einen ungemein grossen oder
einen sehr viel kleineren, aber immerhin noch
recht beträchtlichen Widerstand hat.
Mittels meiner ersten Methode habe ich
das Benzol, Toluol, Hexan, Äthan, Xylol
(Meta), Kumol, Kohlenstoff"-Tetrachlorür und
ihre Mischungen untersucht. Man verbindet
eine der Elektroden des Widerstandsgefösses,
welches die Flüssigkeit enthält, mit der Nadel
eines Quadranten - Elektrometers Thomson-
Villari; die andere Elektrode wird an den
Pol einer Batterie von 100 Daniel Ischen Ele-
menten angeschlossen, deren entgegengesetzter
Pol nach dem Boden abgeleitet ist; die Qua-
dranten des Elektrometers werden mit einer
100 Voltasche Elemente starken Batterie
geladen.
Bei diesem Verfahren erhält die Nadel des
Elektrometers eine elektrische Ladung« die
durch die zu untersuchende Flüssigkeit durch-
gegangen ist; ihre Ablenkung steigt langsam
bis zu einem Maximum, welches stationär
bleibt.
Wir bezeichnen mit r» das Potential, welches
die Nadel erreicht hat; mit V dasjenige der
Ladungsbatterie; V — v ist die Potentialdifferenz,
die an den beiden Elektroden des Widerstands-
j/ — ^,
gefässes entsteht; ein Strom /= passiert
also die zu untersuchende Flüssigkeit, wenn
wir den Widerstand dieser Flüssigkeit mit K
bezeichnen. Ist das Potential der Nadel stationär,
so gleicht die Elektrizitätsmenge, die sie erhält,
das aus, was sich in der Zeiteinheit frei in der
Atnjosphäre verliert, und man erhält also:
374
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
V—v
R
60'= et ,
c bedeutet die elektrische Kapazität der Nadel
und B die Abnahme ihres Potentials durch
spontane Verluste während einer Minute. Hier-
aus ergiebt sich nun:
R = • 60 .
€ c
Die zweite Methode, welche die Methode
des Ladungsverlustes genannt wird, habe ich
bei dem Schwefelkohlenstoff, dem Carven,
dem Brombenzol, dem Chloroform und ihren
Mischungen, wie auch für Mischungen des
Schwefelkohlenstoffes mit dem Äthan, dem
Hexan und dem Kohlenstoff-Tetrachlorür an-
gewendet. Man bestimmt den Ladungsverlust
eines Kondensators von der Kapazität r, der
bis zu einem Potential V geladen wird, während
seine Belegungen durch die zu untersuchende
Flüssigkeit für eine gewisse Zeit i geschlossen
werden. Wird nun das Potential des Konden-
sators zu F*, so weiss man, dass der Wider-
stand R der Flüssigkeit durch die Beziehung
I c , V
an die anderen gemessenen Grössen ge-
bunden ist.
Ging ich nach obigen Methoden unter Be-
achtung aller Vorsichtsmassregeln vor, so ge-
langte ich zu nachstehenden Folgerungen:
1. Ohne Rücksicht auf den inneren Mechanis-
mus der Leitungsfahigkeit der gewöhnlich als
nicht leitend betrachteten Flüssigkeiten kann man
den Unterschied zwischen ihnen und den als Lei-
tern bekannten in absoluterWeise nicht feststellen,
weil man bei Vervollkommnung der Messungs-
methoden findet, dass alle Flüssigkeiten Spuren
(wenngleich äusserst schwache) von eigener
Leitungsfähigkeit aufweisen.
2. Die elektrischen Widerstände ß(»,t) der
Flüssigkeitsmischungen, die unter dem Namen
der Nichtleitenden gehen, fallen nicht mit
denen zusammen, die wir auf Grundlage der
Widerstände der flüssigen Komponenten und
der Proportionen, in denen sie die Mischung
bilden, berechnet haben (ß{mc)). Unter den von
mir untersuchten Flüssigkeiten machen die mit
Carven gemischten eine Ausnahme; für sie ist
3. Der Unterschied zwischen berechneten
(/^(wr)) und gefundenen [ßi^mf)) Werten verändert
sich mit dem Prozentgehalte der Mischung. Bei
denjenigen Mischungen, deren flüssige Kom-
ponenten annähernd gleiche elektrische Wider-
stände haben, wurden obige Differenzen stets
positiv; sie gehen von Null aus, erreichen ein
Maximum und sinken dann wieder auf Null.
Bei Mischungen, deren flüssige Komponenten
untereinander stark differierende elektrische
Widerstände besitzen, gehen die Unterschiede
[ß{mc) — ß{ntt)) von Null aus, erreichen sehr
rasch ein positives Maximum, sinken dann bis
auf Null, werden hierauf negativ und machen
denselben Gang unter diesem Vorzeichen durch.
Übrigens sind die Widerstände der Mischungen
aus flüssigen Komponenten mit annähernd
gleichen Widerständen immer kleiner als die
Widerstände der flüssigen Komponenten.
4. Die Widerstände ßi^tfäti) und ß^(^,rös£)t die
wir fiir jede von zwei Flüssigkeiten einer
Mischung auf Grund des für die andere Flüssig-
keit gefundenen Widerstandes, der Prozent-
gehalt der Mischung und des (gefundenen)
Widerstandes der Mischung selber berechnet
haben, sind veränderlich mit dem Prozentgehalt,
mit welcher die Flüssigkeit (auf die ß sich be-
zieht) in die Mischung eingeht. In den
Mischungen von Benzol und Toluol steigen
die Werte von ßi^,iöst) sowohl für das Benzol
wie auch für das Toluol im selben Massstabe,
als ihre Prozentualität zunimmt, bis sie mit dem
eigenen Widerstände zusammenfallen. Man
kann diese Resultate folgendermassen zusammen-
fassen: Die Leitungsfähigkeit, welche eine
von den Flüssigkeiten besitzt, wenn sie
in einer anderen von ungefähr gleicher
Leitungsfähigkeit aufgelöst wird, steigt
mit zunehmender Lösung. Ferner hat das
Toluol ein grösseres Vermögen, den Wider-
stand des in ihm gelösten Benzols herab-
zusetzen, als das Benzol dem Toluol gegen-
über aufweist.
Diese und andere Resultate zeigen, welche
und wie tiefgreifende Veränderungen in der-
artigen Flüssigkeiten im Inneren ihrer Lösungen
vor sich gehen.
Neapel, April 1902.
lAus dem Italienischen übersetzt von H. Rhumbler.)
(Eingegangen 19. April 1902.^
Wheatstone - Brücke mit Schleifdraht und
regelbarem Vorschaltwiderstand.
Von Th. Bruger.
Vor längerer Zeit habe ich an dieser Stelle ')
einen Kompensations-Apparat mit Kurbelschal-
tung beschrieben, welcher für alle Fälle infolge
der besonderen Einrichtung der Kurbelrheostaten
eine direkte Ablesung der gesuchten Messgrösse
gestattet.
Das Prinzip, nach welchem die dort zur
Anwendung gebrachten Kurbelschalter kon-
struiert sind, lässt sich auch fiir andere Zwecke
mit Vorteil benutzen: so insbesondere fiir Her-
stellung veränderlicher Vorschaltwid erstände
zum Schleifdraht von Wheatstone-Brücken.
Die Möglichkeit, in einem Kreise angeordnete
I) Diese Zeitschrift 1, 167, 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
375
// Widerstände lediglich durch Drehen einer
Kurbel so in zwei Abteilungen zu zerlegen,
dass die eine a Widerstände und die andere
n-a Widerstände umfasst, wo a von o bis //
variiert werden kann, wird in diesem Falle so
zur Konstruktion einer Schleifdrahtbrücke ver-
wertet, dass der betreffende Kurbelrheostat 9
Widerstände, jeder gleich dem Messdraht, und
einen Leerkontakt enthält und die ganze Schal-
tung der in Fig. i gegebenen schematischen
B.
Fig. I.
Darstellung entspricht. Hier ist D der etwa
auf eine Walze gewundene Schleifdraht, dessen
Enden mit den beiden Einzelfedern /i und f^
der Kurbelschaltung verbunden sind, während
die 9 Doppelfedern der letzteren die Hinter-
einanderschaltung der 9 Einzelwiderstände in
die beiden Gruppen af\ und ef^ besorgen.
Anfang und Ende des ganzen Systems von
Vorschaltwiderständen sind gemäss dem
Wheats ton eschen Schema einerseits an den
Satz von Vergleichswiderständen i, 10, loo,
1000 Ohm und andererseits an den zu messen-
den Widerstand X angeschlossen. Wie man
ohne weiteres erkennt, können durch Drehung
der Kurbel K die 9 Vorschaltwiderstände be-
liebig zu beiden Seiten des Messdrahtes grup-
piert werden, so dass in den beiden extremen
Fällen alle 9 am Anfang oder alle 9 am Ende
desselben liegen. Damit ist dann die Länge
des Messdrahtes gewissermassen verzehnfacht
und auf demselben eine um eine Dezimale ge-
nauere Einstellung des Schleifkontaktes er-
möglicht, so dass man bei Teilung des Drahtes
selbst in 1000 Teile auf '/loooo ^^^ ganzen
Betrages vom Messdraht und Vorschaltwider-
ständen direkt einstellen kann.
Was die bei dieser Anordnung auftretenden
Übergangswiderstände zwischen den Kontakt-
federn und den Schleifklötzen betrifft, so lassen
sich dieselben auf den geringen Betrag, welchen
ein sehr gut passender und gesäuberter Stöpsel
aufweist, wohl nicht ganz herabdrücken. Doch
darf man andererseits auch annehmen, dass der
Übergangswiderstand eines Systems von Schleif-
federn, wie es hier verwendet wird, wesentlich
unveränderlicher bleibt, wie der von Stöpseln,
so dass man denselben bei der Justierung der
betreffenden Vorschaltwiderstände zum grossen
Teil mit berücksichtigen kann und zwar hier
um so eher, als immer die Anzahl der Über-
gangswiderstände derjenigen der für die Messung
in Frage kommenden Hauptwiderstände pro-
portional ist.
Zweckmässig bleibt es trotzdem, den Wider-
stand des Messdrahtes und damit zugleich auch
den der diesem gleichen Vorschaltwiderstände
möglichst gross zu wählen und daher erscheint
der hier beschriebene Vorschaltwiderstand mit
Kurbelschaltung besonders für solche Mess-
brücken geeignet, deren Messdraht eine relativ
grosse Länge hat und etwa, wie auch in Fig. i
angedeutet, in einer Anzahl von Windungen
auf eine isolierende Walze gewickelt ist. Bei
derartigen Brücken lässt sich dann sehr gut
erreichen, dass die Übergangswiderstände in
der Kurbelschaltung nur ungefähr i Zehn-
tausendstel der zugehörigen Hauptwiderstände
ausmachen.
Eine weitere zweckmässige Anwendung findet
diese Kurbelschaltung für Apparate, die zur
Fehlerortsbestimmung an in die Erde verlegten
Kabeln nach der Murray sehen Schleifenme-
thode dienen. Die dieser entsprechende Schal-
tung ist in Fig. 2 dargestellt und man sieht.
Kig 2.
dass der Fehlerort um so genauer gefunden
wird, je genauer das Verhältnis der beiden
Abschnitte, in welche das zu prüfende Kabel
durch den Erdschluss geteilt wird — die Zu-
leitungen zum Kabel sind natürlich auf äquivalente
Kabellängen zu reduzieren — , an dem Mess-
apparat bestimmt und abgelesen werden kann.
Ist also der Schleifdraht an und für sich in
1000 Intervalle geteilt und verbindet man mit
376
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 16.
-O
Fig 3- j
demselben einen regelbaren Vorschaltwider- I
stand vom neunfachen Betrage dieses Mess- |
drahtes, so ist der Fehlerort auf ein Zehn-
tausendstel der ganzen Kabellänge ablesbar. 1
Die äussere Form und Ausführung eines |
Apparates zur Fehlerortsbestimmung zeigt Fig. 3.
Der Schleifdraht ist um eine Hartgummischeibe
{
I
10a
— ^AAAAA/V\A^-
-«-0
Fig. 4-
S| ■ Bl I
'0^ 'iW
gelegt, auf welcher im Kreise die Anschliiss-
klötze für die Vorschaltwid erstände angeordnet
sind. Über denselben liegt das drehbare System
der Schleiffedern, deren jede aus 5 einzelnen
federnden Phosphorbronzelamellen besteht und
die insgesamt auf der Unterseite einer mit Hart-
gummiknauf versehenen Hartgummiplatte mon-
tiert sind. Diese Platte mit den Federn ist
nach Lösen einer einzigen centralen Schraube
ohne weiteres abnehmbar. Der Teilkreis für
den Messdraht ist mit der Kontaktvorrichtung
zugleich drehbar, so dass die Ablesung sowohl
des vorgeschalteten Widerstandes, wie auch der
abgeteilten Schleifdrahtlänge in sehr bequemer
Weise an je einer festen Marke erfolgt. Auf
der Grundplatte des Apparates sind noch ein
Batterie- und ein Galvanometerschlüssel unter-
gebracht, während im Innern derselben ein
Widerstand von 1 o Ohm vorgesehen wurde,
Für die Rcdakiron vtnnhrortlich Pinfessor Dr. H. 1']i, :
....>>_.
Fig. 5.
der als dritter bekannter Brückenzweig dienen
soll, so dass bei Mitbenutzung desselben und
Anschluss des zu messenden Widerstandes an
die mit .\X bezeichneten Klemmen der Apparat
auch zur direkten Widerstandsbestimmung ver-
wendbar ist. Soll dagegen bei einer Fehlerorts-
bestimmung nur die Feststellung eines Wider-
standsverhältnisses erfolgen, so wird das Mess-
objekt an die Klemmen Ki und A'j gelegt.
Die schematische Darstellung der Schaltung
für beide Fälle ist in den Figuren 4 und 5 ge-
geben.
Die hier beschriebenen Apparate werden
von der Firma Hartmann tt Braun A.-G.,
Frankfurt a,M., hergestellt, welche den letzteren
auch noch in vollkommenerer Ausführung mit
eingebautem Drehspulgalvanometer und Mess-
batterie liefert.
fKißgegangen 25. April 19M.)
Personalien.
Der iDgenieur Hnns Dieckhoff in Hamburg wnrde
lum etalsmSssigen FtofesioT an der Technischen HochscIiaU
Der A^istent fllr höhere Mathematik bq der Techoisclien
Hochschule iii München, Ur. Martin Kntta, wurde als
Privatdorent fUr ani;enandte und reine MalheinaCik au der
genannteii Hochschule, der Civiliugenieur Henry Lossier
als Privatdoicnt an der technischen Sektion der raalhe*
mali seh -nalurwissenscha filichen Fakultät der Universität Lau -
Prof. Boltzmann in Leipzig kehrt an die Universität
Wien zurück.
Am i. Mai starb im Alter von 42 Jahren Prof. Dr.
Johannes Freiitzel, Lehrer der Chemie an der Landwirt-
schaftlichen und an der Technischen Hochscbule zu Berlin,
am 2S. April der Professor der Mathematik an der Berbner
Universität Fuchs.
Berichtigungen.
: des Hemi Chabot, 1
Spalte l. Zeile i
heilen.
In den Personalien desselben Heftes, äcite 352, letzte
Zeile soll es statt „Ifaun" Hann heis.scn.
Inder Arbeit von Gradenwitj., Heft 15, p. 331, Spalte I,
Physikalische Zeitschrift
No. 17.
Originalmltteilungen:
P. Lewis, Über die sichtbare Projek-
tion von Konvektions- und Diffu-
siousströmen in Gasen und Flüssig-
keiten. S. 377.
K. Honda u. S. Shimizu, Läugenver-
ändernng feiromagnetischer Drähte
infolge von Magnetisierung bei kon-
stanter Spannung. S. 378.
K. Honda, S. Shimizu u. S. Kusa-
kabe, Veränderung des Hlastizitäts-
koeffizienten ferromagnetischer Sub-
stanzen infolge von Magnetisierung.
S. 380.
K.Honda, S. Shimizu u S. Kusa•
k a b e , Änderung des Torsionsmoduls
ferromagnetischer Substanzen infolge
von Magnetisierung. S. 381.
F. Campanile u. G. di CMommo,
Über eine Eigentümlichkeit, welche
I. Juni 1902.
Redakttonsschlust für No. 18 am 4. Juni 1902.
INHALT.
Dämpfen durch X-Luft mitgeteilt
wird. S. 382.
A. Garbasso, Über die Entladungen
eines Kondensators durch zwei pa-
rallel geschaltete Drähte. S. 384.
E. Rutherford u. S. G. (Jrier, Mag-
netische Ablenkbarkeit der Strahlen
von radioaktiven Substanzen. S. 385.
Zusammenfassende Bearbeitungen:
H. M e 1 d a u , Die Ablenkung des Kom-
passes an Bord der Eisenschi ffe.
S. 391.
Referate:
C. Bach, Weitere Versuche über die
Abhängigkeit der Zugfestigkeit und
Bruchdehnung der Bronze von der
Temperatur. S. 395.
S. Lemström, t ber die Messung
der elektrischen Ströme der Atmo-
sphäre durch Spitzenapparate. S. 396.
3. Jahrgang.
J. M. Eder, System der Sensitometrie
photographischer Platten. S. 397.
Besprechungen:
J. H. van't Hoff, Zinn, Gips und
Stahl vom physikalisch-chemischen
Standpunkte. S. 398.
H. S c h m i d t , Anleitung zur Projektion
photographischer Aufnahmen und
lebender Bilder (Kinematographie).
S. 398.
J.M.Pernter, Meteorologische Optik.
s. 398.
Fr. Ristenpart, Verzeichnis von 336
Sternkatilogen. S. 399.
A. Miethe, Lehrbuch der prakti-
schen Photograj^hie. S. 399.
Morris W. Travers, Das experimen-
telle Studium der Gase. S. 399.
Eingegangene Schriften. S. 400.
Tagesereignisse. S. 400.
Personalien. S. 400.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Über die sichtbare Projektion von Konvek-
tions- und Difiusionsströmen in Gasen und
Flüssigkeiten.
Von Percival Lewis.^)
Von Boys, Mach und Salcher, Wood,
Tufts und anderen ist die Töpl ersehe
Schlieren-Methode mit Erfolg auf die Photo-
graphie von Geschossen, Schallwellen und Gas-
strahlen angewendet worden. Es giebt nun
jedoch manche Fälle, in denen die Original-
methode unvorteilhaft ist, teils aus Mangel an
passenden Linsen, teils, weil die zu beobach-
tenden Vorgänge ein Gesichtsfeld einnehmen,
welches grösser als die Apertur der Linse ist.
Es scheint nicht allgemein bekannt zu sein,
dass eine sehr grosse Vereinfachung der Me-
thode in vielen Fällen sehr befriedigende Re-
sultate giebt, so zum Beispiel fiir die sichtbare
Projektion von Luftspiegelungen, ferner von
Konvektions- und Diffusionsströmen in farb-
losen Gasen und Flüssigkeiten. Der einzige
erforderliche Apparat ist eine gewöhnliche,
einfache Linse. Der Operationsbereich ist prak-
tisch unbegrenzt, und die Vorgänge können auf
einem grossen Schirm so deutlich projiziert werden ,
dass sie in einem weiten Räume sichtbar sind.
Ein horizontaler Strahl von Sonnen- oder
Bogenlicht geht durch die Linse. Von der
l) Herr Lewis schreibt uns nachträglich zu der oben-
stehenden Mitteilung: „Seit ich Ihnen die Notiz über eine
Abänderung von Töplers Schlierenmcthode sandte, habe ich
gefunden, dass dieselbe Methode schon früher von v. Dvorak
(Wied. Ann. 9, 502, 1880) beschrieben wurde und von
R. Emden (Wied. Ann. 69, 264, 1890) angewendet worden
ist. Ich bedaure, dass mir diese Arbeiten entgangen waien
und ebensosehr, dass die so schöne Drmonstrationsmethode
offenbar so wenig Heachtung gefunden hat." Die Herausgeber.
punktförmigen Lichtquelle im Brennpunkte geht
das Licht in einem weiten Kegel bis zum
gegenüberliegenden Schirm. Alle Unterschiede
oder Veränderungen im Brechungsindex des
innerhalb des Strahlenkegels befindlichen Me-
diums werden auf dem Schirm abgebildet. Es
ist keine Linse weiter erforderlich und die Vor-
gänge stellen sich von selbst scharf ein.
Eine Bunsen-Flamme, welche irgendwo
in den Lichtkegel gestellt wird, giebt ein sehr
scharfes Bild. Da die heisseren Teile der Flam-
men und der Luft über ihr das Licht seitlich
nach kälteren Gegenden hin brechen, so proji-
zieren sich solche heisse Stellen als beschattete
Flächen, die von hellen Linien eingefasst
sind. Die Konvektionsströme können über ein
Meter und darüber hinaus verfolgt werden. Die
leuchtende Flamme giebt den Kegel ebenso
deutlich wie die nichtleuchtende.
Wenn der Brenner unter eine grosse hori-
zontale Metallplatte gestellt wird, an der
das Licht mit streifendem Einfall entlang geht,
so sieht man deutlich die Wirbelströme unter
ihr und die Konvektionsströme über ihr. Dank
der Aufwärtsbrechung und Totalreflexion an
der oberen Fläche liegt der scheinbare
Schatten höher als der geometrische und ist
von einer sehr hellen Linie begrenzt. Eine
Metallkugel, welche auf der Platte ruht, giebt
einen stark deformierten Schatten, indem zwei
scharfe Lichtstreifen von unten in sie hinein-
dringen. Die rechtwinkelige Ecke einer Metall-
platte, die die untere Seite der horizontalen
Platte berührt, ist zu einem spitzen Winkel
verzeichnet. Berührt sie die obere Fläche, so
erscheint sie abgeflacht und durch einen
378
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
„schwarzen Tropfen" mit dem Schatten der
heissen Platte verbunden. Einige von diesen
Vorgängen zeigen grosse Ähnlichkeit mit ge-
wissen Luftspiegelungen, die bisweilen zwischen
den Berggipfeln, entlang der Bai von St. Fran-
cisco, gegen den Abend eines heissen ruhigen
Tages gesehen werden, wenn die Erdober-
fläche sich abzukühlen beginnt. Es scheint
möglich, in dieser Weise mancherlei Luftspiegel-
ungen nachzuahmen und zu projizieren.
Wenn Äther über die heisse Platte ausge-
gossen wird, so wird der Schatten gänzlich
ausgelöscht und seine Stelle von hellen, wel-
ligen Lichtfalten, die langsam heruntersinken,
eingenommen. Wird Ätherdampf (nicht die
Flüssigkeit) aus einem Becher ausgegossen, so
ist derselbe deutlich zu sehen.
Ströme von Wasserstoff, Kohlensäure und
anderen Gasen können auf dem Schirm gezeigt
werden, ebenso Leuchtgas, wenn der untere
Teil des Brenners verschlossen ist, um die Luft
auszuschliessen.
Die beigedruckten Figuren stellen einige
dieser Erscheinungen dar. Sie sind angefertigt
nach Photographien des Schirmes, die mit
einer halben Sekunde Expositionsdauer aufge-
Q_
Fig. I.
nommen sind. Fig. i zeigt den Schatten einer
horizontalen Metallplatte, welche von zwei
Fig. 2.
Kugeln und zwei rechteckigen Platten berühr
wird. Unter ihr befindet sich ein Strom von
unangezündetem Leuchtgas, der unter der
Platte eine schwache Wolke bildet. Oberhalb
sieht man den Schatten des Becherglases, von
welchem aus Ätherdampf in einem hellen Strom
hinunterfliesst. In Fig. 2 ist die Bunsen flamme
angezündet. Unter der Platte befindet sich
eine dunkle Wolke heisser Luft, von einer
hellen Linie begrenzt. Oberhalb des Schattens'
der Platte befindet sich eine ähnliche helle
Linie. Die Strömungslinien der heissen Luft sind
deutlich zu sehen, namentlich gerade über
der Flamme. Die Kugeln und die rechtwinke- -
ligen Ecken der Platte sind innerhalb der
heissen Schicht deformiert.
Wenn man eine Schachtel zur Herstellung
von Rauchwirbelringen mit geöffnetem Boden
auf die heisse Platte stellt, können heisse
Luftringe von der Öffnung ausgeschleudert
werden. Auf dem Schirm erscheinen sie als
dunkle Ringe, die zu schwach sind, um photo-
graphiert zu werden.
Die Diffusionsströme, welche sich von einem
farblosen Salz oder einigen Tropfen Alkohol er-
heben, die in ein mit Wasser gefiilltes Glasgefäss
gethan werden, sind ganz deutlich zu sehen. Die
Konvektionsströme in einer erhitzten Flüssigkeit
können in gleicherweise gezeigt werden, undzwar
auf weit befriedigendere Weise als nach der ge-
wöhnlichen Methode mit suspendierten Teilchen.
Diese Abänderung der Schlieren-Methode
scheint daher bei Vorlesungsversuchen und
selbst im Gebiete wissenschaftlicher Unter-
suchungen in weitem Masse anwendbar zu
sein.
Universität von Californien, Berkeley. März 1 902.
(Aus dem Englischen übersetzt von M. Egeb recht.)
(Emgegangen 3. April 1902.)
Langenveränderung ferromagnetischer Drähte
infolge von Magnetisierung bei konstanter
Spannung.
Von K. Honda und S. Shimizu. ')
Die Längenveränderung infolge von Magne-
tisierung bei konstanter Spannung wurde mit
einer Anordnung gemessen, die auf Figur i ab-
gebildet ist.
C war die Magnetisierungsrolle und w der
zu untersuchende Draht, dessen oberes Ende
an das Stativ 6* festgeklemmt war, während das
untere Ende ein Gewicht Q trug. M war ein
Spiegel, der am Rotationscylinder festsass, dessen
Enden in Kegelspitzen ausliefen und leicht auf
Achatschälchen aufgesetzt waren , die ihrerseits
mit Schraubenköpfen auf der Messingnadel BB
i) Vorgetragen am 22. Juni 1901 in der Math.-phys. Ge-
sellschaft zu Tokyo.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
379
s
1:
u:äL:j2/^i///w/////.
M M B
rH>rQ
WVi
^— -.=gO.
I " I
Fig. I.
befestigt waren. K war ein Kollimator, L eine
Linse und E ein Mikrometer mit Okularskala.
Der Kollimatorspalt wurde mit einer Gasflamme
beleuchtet; das Licht verlässt den auf Parallel-
strahlen eingestellten Kollimator, wird vom
Spiegel M reflektiert, und wird durch die Linse L
konvergent gemacht und ins Mikrometerfeld ge-
leitet. In der Mitte des Spaltes war parallel
zum Rande ein sehr feiner Glasfaden gespannt,
dessen Bild im Mikrometer deutlich gesehen
wurde. Ein an das untere Ende des ferro-
magnetischen Drahtes angelöteter Kupferdraht
berührte den Rotationscylinder unter geeignetem
Druck; wenn der Draht eine Verlängerung oder
Verkürzung erfuhr, drehte sich der Spiegel um
einen kleinen Winkel und wurde die entspre-
chende Verrückung des Fadenbildes im Mikro-
meterfelde beobachtet.
Der zu untersuchende Draht war 2 1 cm lang
und 0,15 cm dick; an seine Enden waren sorg-
fältig ausgeglühte weiche Kupferdrähte vom
selben Durchmesser gelötet. Er hing vertikal
in der Axiallinie der Magnetisierungsrolle, die
30 cm lang war, so dass derselbe sich in einem
annähernd gleichförmigen Felde befand. Der
Ständer, an dem der Rotationscylinder befestigt
war, konnte mit Hilfe von Schrauben aufwärts
und abwärts, wie auch vorwärts und rückwärts
bewegt werden. Diese Anordnung gestattete
es, die Achse unter geeignetem Drucke zur Be-
rührung mit dem senkrecht aufgehängten Drahte
zu bringen. Ein Vorversuch zeigte, dass, wenn
der Druck in der Berührungsfläche zwischen
Draht und Cylinder massig war, keine Spur
von Einschneiden am Cylinder zu beobach-
ten war.
Vermittelst unserer Anordnung waren wir
im Stande, an unseren Versuchsobjekten Längen-
veränderungen von dem winzigen Betrage
3 X lO""* pro Centimeter zu messen, wobei der
Durchmesser des Rotationscylinders 0,121 cm
betrug.
Einige von unseren Versuchsergebnissen
sind in nebenstehenden Figuren graphisch dar-
gestellt.
Weiches Eisen
Durchm. = 1.38 mm
— X 10«
I: P
II: P
III: P
= 0
1.486 ^^
mm'
5-441 „
'S
Kn
10 4
00 €i
^
^^^^^^^
JI
m
Fig. 2.
Nickel
Durchm. = 1.40 mm
11:/».
III:/».
•'mm^
2.927 „
= 5.680 „
-20
-4^0
Fig. 3.
Nickelstahl.
(35 W
Durchm. = i.$o mm
I:/*=o
II :/* = 0.723 ^
mm
1.876 „
m.p
IV :P
= 4.757
II
200
4^0
eoo
Fig. 4.
38o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
Wolframstahl (ungeglüht)
Durchm. = 060 mm
1-
./'-=
4.430
kg
mm2
II
II
\P--
15.030
25.630
u
Bei weichem Eisen, Nickel und Nickelstahl
ist also die Wirkung der Spannung auf die
magnetische Längenveränderung sehr beträcht-
lich. Bei Wolframstahl ist die Wirkung nicht
so bedeutend wie bei anderen Metallen. Dieser
Einfluss der Spannung besteht in einer Ver-
ringerung der Längenausdehnung und einer Ver-
grösserung der Kontraktion bei weichem Eisen
und Wolframstahl. Bei Nickel hingegen findet
in schwachem Felde eine Verringerung und in
starkem Felde eine Zunahme der Kontraktion
statt. Bei Nickelstahl ist die Verminderung der
magnetischen Längenausdehnung ganz besonders
stark; eine Spannung von 1,5 kg pro Quadrat-
millimeter vermindert diese Dehnung bereits auf
die Hälfte ihres Wertes ohne Spannung. Bei
einer Spannung von 4,76 kg pro Quadratmilli-
meter findet zunächst eine Kontraktion und dann
eine Dehnung des Drahtes statt, wenn das
Magnetfeld allmählich zunimmt, so dass der
Verlauf der Kurve der Kurve für die magne-
tische Längenveränderung des Kobalts ähnelt.
Kaiserliche Universität zu Tokyo, Japan.
(Aus dem Englischert übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen 30. April 1902.)
Veränderung des Elastizitätskoeffizienten
ferromagnetischcr Substanzen infolge von
Magnetisierung.
Von K. Honda, S.Shimizu u. S.Kusakabe.*)
Man ist allgemein der Ansicht, dass Magne-
tisierung die Elastizität ferromagnetischcr Sub-
stanzen nur in sehr geringem Masse beeinflus.st.
Unsere Versuche -haben jedoch gezeigt, dass
dies nicht immer der Fall ist, vor allem bei
Nickel.
Zur Untersuchung der Elastizitätsverände-
rungen kam die Biegungsmethode zur Anwen-
dung. Der ferromagnetische Stab (64 cm lang
und I cm*-^ im Querschnitt) wurde horizontal
auf zwei 60 cm voneinander entfernte Unter-
lagen aufgelegt. Derselbe war von zwei glei-
chen Magnetisierungsrollen umgeben, deren
Länge 40 cm betrug, derart, dass die Rollen
zum Stabe koaxial und in Bezug auf dessen
Mittelpunkt symmetrisch sassen. Die Rollen
konnten auch unabhängig vom Stabe ver-
schoben werden. Ihr innerer Durchmesser be-
trug 5,8 cm, während die Lücke in der Mitte
2,5 cm ausmachte, so dass dieselbe unsere
Ergebnisse nicht erheblich beeinflussen konnte.
Das Gewicht hing an der Mitte des Stabes,
und die Depressionsveränderungen infolge von
Magnetisierung wurden mit Hilfe einer Anord-
nung gemessen, wie sie ähnlich von Hertz
als Dynamometer benutzt worden ist:
Von der Mitte des Stabes ging ein feiner,
etwa 0,09 mm dicker Kupferdraht aus, der an
den Stäben angelötet und dann mit Hilfe einer
schwachen Feder, die an einem Stativ befestigt
war, senkrecht nach oben gespannt war. Dieser
Kupferdraht wurde einmal um einen Rotations-
cylinder gewickelt, an dem, ganz wie bei den
Versuchen der vorhergehenden Mitteilung, ein
Spiegel befestigt war. Die Rotation des Cylin-
ders wurde vermittelst einer vertikalen Skala
und eines Fernrohres beobachtet. Diese Anord-
nung ermöglichte es uns, eine nur 1,71 x 10"^ cm
betragende Durchbiegung zu messen.
Da der Widerstand beider Rollen zusammen
nicht mehr als 3 Ohm ausmachte, wurde am
Eisenkern keinerlei Erwärmung infolge des
Magnetisierungsstromes beobachtet.
Einige Versuchsergebnisse sind in den fol-
genden Tabellen enthalten:
Weiches Eisen.
I) N'orgetragen am 14. December 1901 in der Math.-
phys. Gesellschaft zu Tokyo.
P HO gr 610 gr
1130 gr
2650 gr
H ^^
6E
6E
ÖE
E
E
E
E
— - _ — —
1
—- — . -^ — -
— ^- — — .;- 1 ^
30 2.80x10-2 1.49x10-
80 3.32 1.91
150 3-39 1-93
250 3.40 1.93
400 3.40 ; 1.95
-s
I.IOXIO— 2
1.46
1.50
1.50
1.50
0,88X10-2
1.27
1.32
1-33
1-33
St.
ahl.
P
1005 gr
1918 gr
2830 gr
H
6E
E
SE
E
^
ÖE
E
50
150
300
500
0.14x10-2
0.2s
0.28
0.31
0
0
0.
0.
15X10-2
30
37
42 1
o.i5x:io-2
0.2S
035
0.40
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
381
Wolframstahl.
//
HO gr
6E
E
549 gr
ÖE
E
1130 gr
6E
E
1928 gr
6E
E
100 2.05x10—2
200 2.55
300 2.93
500. 3-5S
2.02x10
2.28
2.43
2.68
2
1. 80x10 -2
2.00
2.10
2.23
1.64x10-
1.84
I 89
1.97
2
Kobalt.
H
100
250
500
1005 gr
6E
E
2830 gr
0.25x10-2
0-53
0.79
Nickel.
6E
E
0.08x10—2
0.28
043
//
93 gr
6E
E
276 gr
6E
E
549 gr
6E
E
820 gr
fiE
E
40 -2.60x10—2 — i.82x:io— 2 — 1.15x10-2
80 -404 123 —0.55
150 —3.20 -020 +053
300 —0.48 +1.48 +2.05
500+1.67 +2.67 +2.85
--o-95x:io-2
— o 16
+ 1.19
-f-2.52
;+3.62
Hierbei bedeutet P das angehängte Ge-
wicht und // die effektive Feldstärke. E ist
der Elastizitätskoeffizient im unmagnetischen
Zustande und ö E die von Magnetisierung
herrührende Veränderung desselben. Bei der
r. . ^E
Berechnung von ,, wurde das Gewicht des
ferromagnetischen Stabes selbst berücksichtigt
und eine in der Elastizitätslehre von C leb seh
gegebene Näherungsformel benutzt.
Die Elastizität dieser ferromagnetischen Sub-
stanzen wird also durch Magnetisierung stets
gesteigert, mit Ausnahme von Nickel, und zwar
nimmt ihr Betrag mit der Feldstärke analog der
Abhängigkeit der magnetischen Intensität von
der magnetisierenden Kraft zu. Bei Nickel
nimmt die Elastizität in schwachen Feldern ab
und in starken zu. In einem gegebenen Felde
variiert die Elastizitätsänderung beträchtlich mit
dem wirkenden Zuge, besonders wenn derselbe
klein ist. Im allgemeinen ist sie gross bei
kleiner Belastung und nimmt ab, wenn diese
zunimmt, bis sie sich einem asymptotischen
Werte nähert. Diese Elastizitätsveränderungen
sind im übrigen von der Richtung der magneti-
sierenden Kraft unabhängig.
Für weiches Eisen, Wolframstahl und Nickel
ist die Elastizitätsänderung keineswegs unbedeu-
tend; für die beiden anderen Metalle ist sie hin-
gegen verhältnismässig klein.
Kaiserliche Universität zu Tokyo, Japan.
(Aus dem Englischen übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen 30. April 1902.)
Änderung des Torsionsmoduls ferromagne-
tischer Substanzen infolge von Magnetisierung.
Von K. Honda, S.Shimizu u. S.Kusakabe.')
Vor zwei Monaten haben wir in der Monats-
sitzung unserer Gesellschaft das Ergebnis un-
serer Versuche über Veränderungen des Elasti-
zitätsmoduls ferromagnetischer Substanzen im
Magnetfelde vorgetragen.^) Vorliegender Versuch
hat die Änderung des Torsionsmoduls infolge
von Magnetisierung zum Gegenstand. Dieser
Untersuchung kommt insofern besondere Be-
deutung zu, als die Änderungen der Torsions-
elastizität unter dem Einfluss magnetischer
Kräfte zu denen der Magnetisierung infolge von
Torsion im Wechselverhältnis stehen.
Zur Verwendung kam bei vorliegendem
Versuch die gewöhnliche Methode der Torsion
(Drehung) eines Stabes unter der Einwirkung
eines Kräftepaares. In unserem Falle wurde
die Empfindlichkeit des zur Messung des Tor-
sionswinkels dienenden Apparates etwa auf
das 106 fache gesteigert. Dies wurde auf fol-
gendem Wege erzielt.
Wie die beigefugte Figur lehrt, wurde die
Winkelrotation des Versuchsobjektes zunächst
in eine geradlinige Verrückung verwandelt, und
zwar mit Hilfe eines Doppelrades P^ das senk-
recht an den Versuchsstab geklemmt war, und
i) Vorgetragen am 8. Februar 1902 in der Math.-phys.
Gesellschaft zu Tokyo.
2) Vcrgl. die vorangehende Mitteilung.
382
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
eines sehr dünnen Drahtes, der im Punkte A
am äusseren Umfang des Rades befestigt und
vermittelst einer schwachen Feder s senkrecht
nach oben gespannt war. Die geradlinige Ver-
rückung wurde ihrerseits wieder in eine Rotation
verwandelt mit Hilfe eines rotierenden Cylinders
T, wie derselbe in den beiden vorhergehenden
Mitteilungen beschrieben ist. WennR und r bezw.
die Radien von Rad und Cylinder vorstellen, so
wurde die Empfindlichkeit auf das /^/r-fache ge-
steigert. Mit Hilfe dieser Anordnung waren
wir im stände, kleine Torsionsveränderungen im
Betrage von nur 1,9" x 10"^ pro cm an unseren
Versuchsobjekten zu messen.
Die untersuchten Probestücke hatten fol-
gende Dimensionen:
Metalle
Weiches Wolfram-
Eisen I Stahl
Länge
Breite .
Dicke
22.00 cm
0.903
0.901
22.00 cm
0.948
0-953
Nickel
22.00 cm
Durchm.
= 1.117
Kob.Mt
22.00 cm
Durchm
= 1.082
Die Versuchsergebnisse sind in folgender
Tabelle enthalten:
Weiches Eisen.
//
hfc
K
20
60
100 200 t 400 600 800
110.0019 0.0058 0.0076 1 0.0096 o.oiio 0.01 18 0.0122
Wolfram-Stahl.
H 20
60
100 I 200 400 > 600 I 800
K
0.0015 0.0073 0.0085 0.0098 O.OIIO 0,0116 0.0122
Nickel.
H 20
I
K
40 80 100 200 400 800
-0.0096I -0.0168 -0067 0.0012 0.0263 0.0532 0.0748
Kobalt.
H
K
100
200
400
600
800
0.0005 0.0012 I 0.0021 , 0.0028 0.0031
Hierbei bezeichnet H die Effektivstärke des
Feldes und K den Torsionsmodul des Ferro-
magnetismus. Bei Eisen, Stahl und Kobalt
wächst dieser Modul stets mit der Magnetisie-
rung, und zwar entsprechend der Abhängig-
keit der Magnetisierungsintensität von der magne-
ti.sierenden Kraft. Bei Nickel nimmt der Torsions-
modul hingegen fiir schwache Felder ab und
für starke zu, und zwar machen die Verände-
rungen für starke Felder erhebliche Beträge aus.
Diese Veränderungen des Moduls sind im übrigen
unabhängig von der Richtung der magnetisieren-
den Krafl, und ebenso von der Stärke des an
dem Stabe wirkenden Kräflepaares.
Es geht also die Veränderung des Torsions-
moduls parallel mit der für den Elastizitäts-
koeffizienten beobachteten. Auf einen sehr
bemerkenswerten Unterschied möchten wir je-
doch hinweisen, dass nämlich die Änderung
des Torsionsmoduls von dem wirksamen Kräfle-
paar so gut wie unabhängig ist, während die
des Elastizitätskoeffizienten sich in hohem
Grade vom wirkenden Zuge abhängig zeigt,
besonders für kleine Werte desselben.
Bekanntlich nimmt die Magnetisierung des
Eisens infolge von Torsion ab, während man
durch Tordieren von Nickeldraht die Magneti-
sierung in schwachen Feldern verstärkt und
in starken Feldern vermindert. Diese Resultate
stehen zu den unsrigen im Reziprozitätsver-
hältnis.
Kaiserliche Universität zu Tokyo, Japan.
(Aus dem En^li.schen übersetzt von A. Graden witz.)
(Eingegangen 30. April 1902.)
Über eine Eigentümlichkeit, welche Dämpfen
durch X-Luft mitgeteilt wird.
Von F. Campanile und G. di Ciommo.
Es ist unsere Absicht, in folgendem zu
untersuchen, ob die durchstrahlte Luft beim
Streichen über eine flüchtige Flüssigkeit, mit
deren Dämpfen sie sich mischt, irgend welche
Veränderung in ihrem Entladungsvermögen er-
leidet. Zu diesem Zweck erzeugen wir die
X-Strahlen durch eine birnförmigeCrookes sehe
Röhre C, die mit einer Induktionsspule R in
einem Zinkkasten ZZ liegt, welcher mit der
Erde verbunden ist. In einer Wand des Kastens
befindet sich ein rundes, durch ein dünnes
Aluminiumplättchen geschlossenes Loch F. In
der Nähe dieses Plättchens steht das ebenfalls
mit einer Aluminiumplatte verschlossene Fenster o
eines Messingcylinders 00, der mit zwei Röhren-
leitungen, 7" und T^ versehen ist; durch Röhre T
wird die Luft mit einem Blasebalg hindurch ge-
trieben, nachdem sie einen grossen Chlorcalcium-
Trockner und eine Vorlage mit hydrophiler
Watte passiert hat. Eine geringe Quantität der
Flüssigkeit befindet sich in einer Flasche B, in
deren zweimal durchbohrtem Stopfen zwei Glas-
röhren stecken ; die längere ist mit der Röhre T^
verbunden und endigt innerhalb der Flasche
nicht weit von der Flüssigkeit; die kürzere
\i
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
383
0
Röhre endet aussen in geringer Entfernung
von der Kugel eines Goldblatt-Elektroskops.
Um die Dämpfe nicht der direkten Ein-
wirkung der X-Strahlen auszusetzen, hatten wir
die Flasche mit einer dichten Bleiplattenhülle
umgeben; den gleichen Schutz wählten wir für
das Goldblatt-Elektroskop. Um die Messung
bequem und schnell zu ermöglichen, nahmen
wir zwei einander völlig gleiche Flaschen, die
man mit demselben Stopfen, versehen mit den-
selben Röhren — für Eintritt und Austritt
der X - durchstrahlten Luft — , schliessen
kann. In die eine Flasche kommt die nicht-
flüchtige Flüssigkeit (Glycerin) zum Vergleich,
in die andere die zu untersuchende flüchtige
Flüssigkeit.
Um uns zu versichern, dass die Luft in
beiden Fällen dieselbe Reibung und infolge
davon die gleichen Veränderungen ihres Ent-
ladungsvermögens*) erfährt, tauschten wir die
Flaschen und fanden, dass das Entladungsver-
mögen der X-durchstrahlten Luft das gleiche
ist, wenn sich keinerlei Flüssigkeit in den
Flaschen befindet. Bei der hierfür passenden
Anordnung der verschiedenen Versuchsapparate
wird die durch die Röhre T geblasene Luft
in Ö6^ X-durchstrahlt; sie geht nun in die
Flasche und bewirkt die Verdampfung der
Flüssigkeit, indem sie sich mit ihren Dämpfen
mischt; diese Mischung wird nun gegen die
Kugel des Elektroskops getrieben. Die Ent-
ladung wird durch ein Fernrohr mit Mikrometer
beobachtet; man bestimmt die Zeit des Nieder-
sinkens des Goldblatts für eine bestimmte An-
zahl von Teilstrichen des Mikrometers. Bei
diesen Untersuchungen wurden die Entladungs-
dauern, die das Passieren der X-durchstrahlten
Luft über einer flüchtigen Flüssigkeit hervor-
ruft, denjenigen, die es über einer nichtflüch-
tigen erzeugt, zum Vergleich gegenüber gestellt.
Aus den folgenden Resultaten kann man keine
strenge Gegenüberstellung zwischen der Wirk-
1) E. Villari, Come Taria ixata etc. Rend. R. Acc. dei
LiQcei, Roma, 5, 9, i. Sem. 1900.
samkeit der verschiedenen flüchtigen Flüssig-
keiten entnehmen, da die Untersuchungen mit
den betreffenden Flüssigkeiten an verschie''<*nen
Tagen stattgefunden haben und folglich in ver-
schiedener Weise durch die spontane Entladung
beeinflusst worden sind, die sich von einem
zum andern Tag durch die atmosphärischen Be-
dingungen ändert.
Enüadimgszeiten von 3 Teilstrichen
Untersuchte
Flüssigkeiten
Entladung des
Elektroskops
positiv I negativ
Unterschiede für die
Entladungen
positiv i negativ
Glycerin . .
Alkohol . .
Glycerin . .
Wasser . .
Glycerin . .
Benzin . . .
Glycerin , .
Chloroform
Glycerin , .
Schwefel-
kohlenstoff
Glycerin . . .
Terpentin . .
Glycerin . . .
Petroleum . .
121 . 5
88.0
121 . 5
107 .0
90 .0
i85;;.8(?)
loi .0
105". 7
88". 5
132". o
97". o
370''. o
330 o
133^ 5\
97 . 0/
129;^. 7|
112 .0/
109;;. o|
95 of
149;;. 6|
109 .0/
113". o\
92 .0}
iii".5\
81". 0/
33 -5
■»/
ft
14 .5
19 .0
84". s
285
243
17".*
35 o
39". 8
36 . S
•7". 7
14 .0
40". 6
21 .0
30 -5
42 .0
Schlussfolgerungen: Aus obigen Resul-
taten kann man den Schluss ziehen, dass sich
die entladende Wirkung der X-durchstrahlten
Luft steigert, wenn dieselbe über eine flüchtige
Flüssigkeit streicht, deren Verdampfung sie be-
stimmt, und mit deren Dämpfen sie sich mischt.
Die Erscheinung kann nicht auf eine Ladung
zurückgeführt werden, welche die X-durchstrahlte
Luft unter der Einwirkung einer Reibung ') an-
nehmen kann, weil sie mit fast gleicher Inten-
sität auch bei veränderter Ladung des Elektro-
skops besteht.
Der alleinigen Gegenwart des Dampfes darf
man die Erscheinung nicht zuschreiben; bläst
man nämlich gewöhnliche Luft ins Innere der
Flaschen (bei inaktiver Spule), so ist die Ent-
ladung mit verdampfender oder nichtver-
dampfender Flüssigkeit dieselbe.
Schliesslich kann die Erscheinung nicht mit
dem Reibungsunterschied erklärt werden, wel-
chem der Luftstrom begegnet, wenn er auf das
Glycerin stösst; hatten wir in die betreffenden
beiden Flaschen eine kleine Menge Glycerin
resp. Alkohol gegossen, so dass der mittlere
Teil jedes Flaschenbodens freiblieb, so blieben
die Entladungen verschieden, obwohl der Luft-
strom in beiden Gefässen aufs Glas und nicht
1) E. Villari, Come Taria ixata svolge etc.
R. Acc. dei Lincei, Roma, 6, 9, 2. Sem. 1900.
Rehd
384
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
4
auf die Flüssigkeiten stiess, wie man aus fol-
genden Resultaten sieht:
^^' :rin-Entladungszeit von 3 Teilstrichen 149'
Alkohol- „ „ 3 „ 114
Hieraus ergiebt sich, dass die grössere Wirk-
samkeit der X-durchstrahlten Luft, wenn die-
selbe die Verdampfung einer flüchtigen Flüssig-
keit bestimmt und sich mit den erzeugten
Dämpfen mischt, einer Eigentümlichkeit zuzu-
schreiben ist, die sie unter diesen Bedingungen
durch die Dämpfe gewinnt und die sich viel-
leicht folgendermassen erklären lässt:
1. indem man eine höhere Leitungsfähigkeit
in den erzeugten und mit der X-durchstrahlten
Luft gemischten Dämpfen annimmt;
2. indem man annimmt, dass diese Dämpfe,
im Gegensatz zu den von der gewöhnlichen
Luft erzeugten, ionisiert sind.
(Aus dem ItalieDischen übersetzt von H. Rhumbler.)
(Eingegangen 19. April 1902.)
Über die Entladungen eines Kondensators
durch zwei parallel geschaltete Drähte.
Von A. Garbasso.
Eine Kapazität C, deren Ladung q (zur Zeit/)
ist, wird durch zwei Drähte zur Erde abgeleitet.
Es seien /'i, i<i, ]\\, W-i, L\ und L^ die Ströme,
resp. die Widerstände und die Induktionen der
Leiter, dann lauten die Gleichungen des Pro-
blems (bei Vernachlässigung der gegenseitigen
Induktion):
^ — W i -4- / '^'' ,
^, _ 112 /2 -t- ^-2 ^n ^
oder, was dasselbe ist:
/, q = w^ /, +
dt'
du
i^q = rc'2 i-i + ^; ,
wo, der Kürze halber, die Definitionen:
IV, =
ZV., =
_ \\\
'2 ^^l
eingeführt worden sind.
Jetzt wollen wir, symbolisch:
d
dt
= D
setzen, also:
(*)
Es ist aber:
^/='l
q = i.
und folglich, beim Addieren der Gleichungen (*):
,xf, + /y W2 -\- DJ ^
{{) D^q + (u', + zv^) n^q + (/. + /a + it^i u^^)
Dq + {/i n'2 + /j ^i) ^ = o.
Wäre die Entladung durch einen einzigen Draht
geleitet, so hätte man bekanntlich:
i = -Dq.
zu setzen; und hierdurch würde bei Elimination
der Stromintensität: •^
T—r.q -\- I) q = 0,
w + V ^
d. h.:
(2) D^q -\- to D q + / q = 0, folgen.
Es ist also im allgemeinen nicht möglich,
das Zweileitersystem durch einen einzigen Draht
in der Weise zu ersetzen, dass q durch eben-
dieselbe Funktion der Zeit bestimmt werde.
Die Lösung von (i) ist nun:
(3) ^ = ^^«/ I- Bi^'+ Ce'K
liier sind A, B und C aus den Anfangsbedin-
gungen, a, b und c aber als Wurzeln der charak-
teristischen Gleichung:
(4) D^ + {w, -f m.) D'^ + (/, + /2 + ZV, zv^)
D + /, ZV2 + /2zv^ =0
abzuleiten.
Aus dem Werte (3) des elektrischen Quan-
tums bestimmen sich jetzt die Ströme zu:
A , ß
(5)
^'^=''C-
at
+
^ht
+
c + ZV^
^ ^ \a -i- zv.^ b + ZU2
C
- i
C -f- ZV2
B
et
Als Anfangsbedingungen dürfen wir an-
nehmen, dass:
also: A + B -i- C= q^ ,
A , B ^ C
a -\- ZV, o + ZV, c + ZV*
A , B ^ C
(Z -\- zv^ d + zv.j, ^ + ^'2 '
zur Zeit Null sei.
Es sind die letzten drei Gleichungen für A,
B und Cf durch deren Auslösung:
(6)
B = ^^ {a - c) (6 + TV,) {6 + w^) ,
C=^1 {/> - <i) {c + w,) {c + u-^) .
h + '2 = — ^^<1'
zu erhalten ist.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
385
Was die Wurzeln der charakteristischen
Gleichung betrifft, so kann man leicht beweisen,
dass :
1. wenn sie reell sind, sie zugleich negative
Grössen sind;
2. wenn sie imaginär sind, ihr reeller Teil
ebenfalls negativ ist;
3. wenn die Gleichung (4) wirklich dritten
Grades ist, mindestens eine Wurzel (sagen wir c)
eine reelle ist;
4. wenn w^'^, w^^ und w^, w^ kleine Grössen
gegen /| und 4 sind, zwei Wurzeln gewiss ima-
ginär sind (wir wollen sie im folgenden a und
ö nennen). Die Bedingung ist eine hinreichende,
doch keine unentbehrliche.
Indem man von den Eigenschaften i) und
2) Gebrauch macht, werden die elektrischen
Quanta ^, und q^t welche von / = o bis / = ^
die Leiter durchsetzen, leicht bestimmt.
Man findet nämlich:
[- ^ + —^ -
a(a '\- w^ b (b -\- iv^)
C
(7)
^1 = — A
+ -
^2 = — ^2
B
_a {a + w^ b {b + w^)
"^ c {c + w^)\ '
und folglich, bei Benutzung der Gleichungen (6):
<7, /, b c {c — b){a'\- w^) + c a [a — c) (b -\- 7V2)
^2 ^2 ^ ^ (^ — b) (a -^u'^J-i- ca{a — c)(^ + u/J
d. h.:
(8)
+ a 6(b — a){c -{- tv^) /, w^
+ ab{b — a){c + w^)~/2 w^
^I _^2
^2 ^1
Es stehen also immer die Quanta q^ und q^
im umgekehrten Verhältnis der Widerstände.
Sind zwei Wurzeln der Gleichung (4) ima-
ginär, so darf man:
a^ — a + ßi,
b = — a — ßi.
c = — y
setzen, wo a, ß und 7 als positive und reelle
Grössen zu betrachten sind.
Dann wird der Wert von q zu:
(V) q = A e-^^ sin ß t + ß' e-«' cos ß i + Ct-'^y
ebenfalls erhält man:
(5')
/j =/i(^i e-^sinßt+ B^ c-^cosßt
vt
+ - e
h = M (^2 ^" *^ -^''^ i^ ^ + ^h ^~ "' ^'^^ ß ^
Wc
darin sind A, B, ^, , B^^ A2 und B2 leicht
durch ß, ß, 7, Zf, und W2 zu berechnen.
Es folgt aus (5'), dass, im vorliegenden Falle,
jeder Strom als von zwei Gliedern zusammen-
gesetzt betrachtet werden kann, deren das erste
alternativ, das zweite aber kontinuierlich ist.
Nimmt man weiter an, dass xt^2 gross gegen
2t',, und w'2^ gross gegen /2 ist, und schreibt
dabei /j und 4 dieselbe Grössenordnung zu, so
wird Y durch die einfache Gleichung:
7 = te/2 I -
w.
2
bestimmt.
Wenn also aus den Leitern der eine ziem-
lich dick, der andere aber sehr dünn ist, so
hat gerade im letzten der kontinuierliche Strom
den grössten Wert.*)
Ausnahmsweise kann:
d. h.:
U'^ = 2f 2 = tt/ ,
n
/
L,
I sein, dann formt sich die Gleichung (1) um je:
I Diq-YwDq^d, +/2)^ = 0;
diese stimmt aber mit (2) der Form nach über-
ein. In diesem Falle ist also das Leitersystem
durch einen einzigen Draht zu ersetzen.
Die Zahlenergebnisse der vorliegenden Theorie
stimmen mit den experimentellen Ergebnissen
von Cardani vorzüglich überein.
i) Eine experimeDtelle Bestätigung dieser theoretischen
Folgerung findet sich in einer älteren Arbeit von mir:
„Alcune esperienze su la scarica dei condensatori"
(Atti K. Acc. delle Scieoze di Torino, 33, 1898).
(Eingegangen 3. Mai 1902.)
Magnetische Ablenkbarkeit der Strahlen von
radioaktiven Substanzen.
Von E. Rutherford und S. G. Grier. ')
Die Versuche von GieseP), Becquerel,
Curie, Meyer und Schweidler haben er-
geben, dass das Radium Strahlen aussendet,
welche von einem Magneten abgelenkt werden.
Becquerel hat ferner nachgewiesen, dass
Uran und die durch Radiumstrahlung aktivierten
Substanzen ebenfalls magnetisch ablenkbare
Strahlen aussenden. Becquerel benutzte die
photographische Methode, um die Ablenkbar-
keit festzustellen, während Curie, Meyer und
Schweidler die elektrische Methode zu diesem
Zwecke anwandten.
Die Resultate von Becquerel, Dorn und
Curie ergaben, dass die ablenkbaren Strahlen
in jeder Hinsicht Kathodenstrahlen von grosser
I i) Der Amerikanischen Physika). Gesellsch. mitgeteilt
am 21. April 1902.
2) Siehe Bericht über Radioaktivität von Bectjuerel
I und Curie. Cougrcs international de Physi«|ue. 1900.
Tome III.
386
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
Geschwindigkeit ähnlich sind. Sie werden durch
ein Magnet- und elektrisches Feld abgelenkt
und tragen eine negative elektrische Ladung
mit sich. Becquerel fand ferner, dass einige
dieser „Elektronen" von Radium mit einer
Geschwindigkeit sich fortpflanzen, die mehr als
halb so gross als die Lichtgeschwindigkeit ist.
Kaufmann hat sogar für die vom Radium
ausgesandten Elektronen noch grössere Ge-
schwindigkeiten beobachtet.
Die Verf. haben nun gefunden, dass ausser
Radium und Uran auch Thorverbindungen und
die durch Thorverbindungen erregten radio-
aktiven Substanzen magnetisch ablenkbare
Strahlen aussenden.
Der Hauptzweck der vorliegenden Abhand-
lung war, den Zusammenhang zwischen den
ablenkbaren und den nicht ablenkbaren Strahlen
festzustellen.
Bekanntlich erregen Kathodenstrahlen, welche
auf feste Körper treffen, Röntgenstrahlen, die
ihrerseits beim Auftreffen eine sekundäre Strah-
lung hervorrufen, die zum Teil aus den Katbo*
denstrahlen ähnlichen Strahlen be3tehen.
Es erscheint daher nicht ausgeschlossen,
wie Becquerel vermutet hat, dass die nicht
ablenkbaren Strahlen ihre Entstehung der Ein-
wirkung der ablenkbaren Strahlen verdanken.
Eine ähnliche Hypothese ist von einem von
uns ebenfalls ausgesprochen worden (Phil.
Mag. Jan. 1899), um die Verschiedenheit der
zwei Arten von Uranstrahlen zu erklären, von
denen die eine feste Körper viel leichter durch-
dringt, als die andere. Die Beziehung zwischen
beiden ist jedoch viel komplizierter, als man
nach der Analogie erwarten sollte. Die Be-
sprechung dieser Frage mit besonderer Berück-
sichtigung der bei der Zerlegung der Uran-
und Thorpräparate in stark und weniger aktive
Bestandteile erhaltenen Resultate befindet sich
am Ende dieser Abhandlung.
Bei diesen Versuchen wurde die elektrische
Methode ausschliesslich benutzt. Sie besitzt
vor der photographischen viele Vorzüge, be-
sonders deswegen, weil sie quantitative Ergeb-
nisse liefert und rasche Messungen auszuführen
erlaubt.
Fig. I zeigt die Versuchsanordnung,
Die zu untersuchende radioaktive Substanz
wurde gleichmässig auf den Boden des flachen
Papierkästchens ausgebreitet; das letztere passte
in einen Bleikasten (3 cm breit und 2 cm tief).
Das Papierkästchen ruhte auf einem Drahtge-
flecht I cm vom Boden des Bleikastens. Mit-
tels einer Wasserstrahlpumpe wurde ein gleich-
massiger Luftstrom durch den Apparat ge-
saugt. Derselbe riss die vom Thor und Ra-
dium ausgehende radioaktive „Strahlung^^ mit
sich fort. Der Bleikasten befand sich zwischen
den 3,2 cm^ grossen Polen eines Elektromag-
£rfU
^u?^m^^
"^m^m^^
■^EUrt
vjß/yhfiffß}f>fti
S.
/ ^^
Krdä
^l|. 1.|H
Erdt
N,
7
BitußethCs
lurWusserstruhl -l^iunve
Fig. I.
Erde,
neten N. S, welche gewöhnlich 3,2 cm vonein-
ander entfernt waren.
Der zur Messung der Strahlung dienende
Apparat V war ein rechtwinkliges Zinkgefäss,
io,S cm'^ breit und 30 cm hoch. Die Aussen-
seite war mit dem einen Pol einer Batterie von
100 Volt verbunden. Ein Messingstab, welcher
zum Elektrometer führte, bildete die andere
Elektrode. Ein mit der Erde verbundener
Schutzring sicherte die innere Elektrode gegen
mangelhafte Isolation,- so dass keine Elektrizität
von dem geladenen Cylinder nach der inneren
Elektrode überfliessen konnte.
Der Apparat V wurde auf eine isolierte
Metallplatte gestellt, welche in der Mitte ein
3,2 cm^ breites Loch gerade oberhalb des
Papierkästchens enthielt. Das Loch wurde mit
Aluminiumfolie (0,00034 cm dick) bedeckt.
Besondere Vorsichtsmassregeln wurden er-
griffen, um das Elektrometer und die Ver-
bindungen vor elektrostatischen Einflüssen zu
schützen.
Leicht gelingt es, mit diesem Apparate die
magnetische Ablenkbarkeit der Radiumstrahlen
mit einem gewöhnlichen Elektrometer nachzu-
weisen, da die ionisierende Kraft der Radiuni-
strahlen sehr gross ist.
Da die durch Uran und Thor erregte Ioni-
sation sehr klein ist, so musste ein besonders
empfindliches Elektrometer angewandt werden.
Das von dem einen von uns beschriebene Do-
lezalek-Elektrometer^) erwies sich für diesen
Zweck als hinreichend empfindlich.
i) Diese Ztschr. 3, 225, 190a.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
387
Alle radioaktiven Substanzen senden ab-
lenkbare und nichtablenkbare Strahlen aus;
im allgemeinen ist die ionisierende Kraft der
letzteren viel grösser als die der ersteren. Ein
starkes Magnetfeld ändert infolgedessen den
am Elektrometer beobachteten lonenstrom nur
wenig. Die nichtablenkbaren Strahlen können
jedoch völlig durch zwei oder mehr Papier-
schichten absorbiert werden, während die ab-
lenkbaren beinahe, ohne geschwächt zu werden,
hindurchgehen.
Die ablenkbaren Strahlen bestehen aus
schnell sich bewegenden Elektronen, welche die
Luft bei den Zusammenstössen mit den Mole-
külen ionisieren. Sie sind so durchdringend,
dass sie wahrscheinlich mehr als i m Luft durch-
setzen, bevor die ionisierende Kraft auf die
Hälfte fällt.
Wenn ein starkes magnetisches Feld erregt
wird, so ist die Bahn der Strahlen gekrümmt,
so dass nur ein Bruchteil der Strahlen in den
Apparat V eintritt.
Im allgemeinen wurde ein Magnetfeld von
22(X> C. G. S.-Einheiten angewandt. Dasselbe
verminderte den lonisationsstrom im Prüfungs-
apparate V bis auf ungefähr 20 Proz. seines
Anfangswertes, Bei Zunahme des Magnetfeldes
nahm der Strom stetig ab, woraus hervorgeht,
dass wir es hierbei hauptsächlich mit ablenk-
baren Strahlen zu thun haben. Die Differenz
der beiden Ströme, welche einmal mit Magnet-
feld, das andere Mal ohne solches gefunden
wurde, gab den Betrag an ablenkbaren Strahlen.
Änderung des Betrags an ablenkbaren
Strahlen mit der Dicke der radioaktiven
Schicht. Verschiedene Mengen der radio-
aktiven Substanz wurden auf einer Fläche von
ungefähr 9 cm^ ausgebreitet. Vier Papierblätter
absorbierten vollständig die nichtablenkbare
Strahlung.
Die folgende Tabelle enthält die Resultate
für Uran und Radium. Der Betrag an ablenk-
baren Strahlen wird durch Teilstriche der Elek-
trometerskala pro Sekunde angegeben und stellt
die Differenz zwischen dem lonisationsstrome
mit und ohne Magneten dar.
üranoxyd I Radiumchlorid
Gewicht Teilstr. pro Sek. i Gewicht Teilstr. pro Sek.
25 gr 47 ; 25 gr 1,5
50 » 90 S n 2,9
1 M 1,26 I „ 5,5
2 „ 1,70 ii55 ,, 6,7
5 f» 1,96 I
Bei den Versuchen mit Radium wurde eine
Kapazität von 0,005 Mikrofarad parallel zu
denv Elektrometer geschaltet.
Die mit Uran erhaltenen Resultate stehen
in Einklang mit der Anschauung, dass jeder
Teil der Substanz gleichmässig Elektronen aus-
sendet. Die Zahl der entweichenden Elektronen
ist anfangs proportional der Schichtdicke, nä-
hert sich aber einem Maximum, da die aus den
tieferen Schichten stammenden Elektronen ab-
sorbiert werden, bevor sie die Oberfläche er-
reichen.
Das Radium scheint sich ähnlich zu ver-
halten, leider waren wir aber nicht im Besitz
genügender Mengen, um den Einfluss dickerer
Schichten zu untersuchen. Die ablenkbare
Strahlung vom Radium (von P. de Haen in
Hannover) war 250 mal intensiver als die von
Uranoxyd.
5 gr Thoroxyd sandten nur ungefähr '/s ^^s
Betrages an ablenkbaren Strahlen aus im Ver-
gleich mit dem gleichen Gewicht von Uran-
oxyd.
Dur chdringungs vermögen der Strahlen.
Durch Ermittelung der Abnahme der Wirkung
des Magneten, wenn verschieden dicke Schichten
der radioaktiven Substanzen mit dünner Alu-
minium- oder Zinnfolie bedeckt waren, wurde
das Durchdringungsvermögen der ablenkbaren
Strahlen bestimmt.
Nimmt die Wirkung des Magneten in geo-
metrischer Reihe mit der Dicke der Metall-
schichten ab, so kann man annehmen, dass
die Strahlen im grossen und ganzen homogen
sind. Ist die Absorption grösser flir die ersten
Schichten als für die folgenden, so sind die
Strahlen komplex, d. h. die Strahlen bestehen
aus Strömen von Elektronen, die sich vonein-
ander in Bezug auf Geschwindigkeif und infolge-
dessen auch in Bezug auf Durchdringungsver-
mögen unterscheiden.
Es ergab sich:
1. die Uranstrahlen sind nahezu homogen;
dasselbe gilt für die durch Thor erregte Radio-
aktivität.
2. Thor und Radium senden sehr verschie-
denartige Strahlen aus. Dies Ergebnis ist be-
reits von Becquerel nach der photographischen
Methode gefunden worden.
3. Radium und Thor und die durch beide
erregte Radioaktivität senden einige ablenkbare
Strahlen von ungefähr demselben Durchdrin-
gungsvermögen wie die Uranstrahlen aus. Die
Uranstrahlen müssen 0,5 mm dicke Aluminium-
schichten durchdringen, bevor ihre Intensität
auf die Hälfte abnimmt.
Vergleich des Betrages an Ionisation,
welche durch ablenkbare und nichtab-
lenkbare Strahlen hervorgerufen wird.
Im Jahre 1 899 zeigte der eine von uns '), dass
Uran zwei Arten von Strahlen aussendet,
welche der Bequemlichkeit halber als o- und
i^-Strahlen bezeichnet wurden. Die i9-Strahlen
vermochten alle Substanzen weit besser zu
durchdringen als die a-Strahlen. Nach der
1) E. Rutherford, Phil. Mag. Jan. 1899.
388
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
elektrischen Methode konnten wir jetzt nach-
weisen, dass die /9-Strahlung ganz aus ab-
lenkbaren Strahlen von grossem Durch-
dringungsvermögen besteht.
Der Bequemlichkeit halber wollen wir alle
nichtablenkbare Strahlen aller radioaktiven
Substanzen als «Strahlen und die nichtab-
lenkbaren als /^-Strahlen bezeichnen.
Der Apparat Fig. i eignet sich nicht gut
für einen direkten Vergleich der ionisierenden
Kraft der beiden Strahlen. Da jedoch die er-
strahlen in allen Fällen leicht absorbiert werden
und wir weiter geftinden haben, dass der
grössere Teil der Strahlen mit grossem Durch-
dringungsvermögen von Uran, Thor und Ra-
dium magnetisch ablenkbar ist, so kann eine
einfache indirekte Methode angewandt werden.
Es wurde der lonisationsstrom zwischen
zwei grossen parallelen, auf ein hohes Potential
geladenen Metallplatten bestimmt
1 . mit der unbedeckten radioaktiven Substanz,
2. mit einer die radioaktive Substanz be-
deckenden Metallschicht, die ausreichte, um
alle nichtablenkbaren Strahlen zu absorbieren.
Bei I. haben wir die Wirkung der a- und
i^-Strahlen und bei 2. nur die der ^-Strahlen
allein.
Da der Betrag an «-Strahlen sich einem
Maximalwerte bei einer sehr dünnen Schicht
der radioaktiven Substanz nähert, so vergleicht
man am büßten die ionisierenden Wirkungen
der beiden Strahlenarten, indem man eine sehr
dünne Schicht anwendet.
Bei dem benutzten Apparat wurde unge-
fähr ',,0 gr der fein gepulverten radioaktiven
Substanz gleichmässig über eine Fläche von
80 cm^ ausgebreitet. Die Entfernung zwischen
den auf eine Potentialdifferenz von 300 Volt
geladenen Platten betrug 5,7 cm.
Die Ergebnisse früherer Versuche zeigten,
dass die von Uran, Thor und Radium aus-
gehenden «-Strahlen beinahe vollständig beim
Durchgang durch eine 5 cm dicke Luftschicht
absorbiert werden, so dass der mit der unbe-
deckten Substanz erhaltene Strom ein Mass
für die Gesamtzahl der durch die «-Strahlen
erzeugten Ionen gab, denen nur ein geringer
Bruchteil von durch /^-Strahlen hervorgerufenen
Ionen beigemischt war.
0,009 cm dicke Aluminiumfolie absorbierte
die «-Strahlen vollständig. Die folgende Tabelle
stellt die quantitative Beziehung zwischen der
ionisierenden Kraft der «- und /9-Strahlen unter
den erwähnten Versuchsbedingungen dar:
Totale Ionisation Ionisation Verhältnis
«-Strahlen ^-Strahlen ß a
Uran . . . i i 0,0074
Thor ... I 0,27 0,0020
Radium . . 2000 ^35^ 0,0033
In dieser Tabelle ist die durch die «- und
/9-Strahlen des Urans erregte Ionisation gleich
I gesetzt, um den Vergleich durchfuhren zu
können. Die dritte Kolumne enthält das Ver-
hältnis von /? zu « für gleiche Gewichtsmengen.
Die Ergebnisse sind nur angenähert richtig,
• da die ionisierende Kraft der «Strahlen bei
gegebener Substanzmenge von der Verteilung
abhängt.
Das Verhältnis der Ionisation ßa ist am
grössten ftir Uran und am kleinsten fiir Thor,
Die Intensität der «- und /9- Strahlen hängt na-
türlich von der Reinheit des Radiums ab.
Bei zunehmender Dicke der radioaktiven
Schicht nähert sich das Verhältnis ß'« einem
Maximum, da die «-Strahlen stärker von der
radioaktiven Substanz als die i^-Strahlen selbst
absorbiert werden.
Unter der Annahme, dass
i) ebensoviel Energie nötig ist, um ein Ion
durch die «-Strahlen zu erzeugen, wie durch
die /9-Strahlen und
2) dass die ganze in die Luft von einer
radioaktiven Substanz ausgeströmte Energie
zur Erzeugung von Ionen verbraucht wird,
können wir das Verhältnis der durch die «-
und die j^Strahlen ausgeströmten Energie an-
genähert berechnen.
^ sei der Absorptionskoeffizient der ablenk-
baren Strahlen in Luft, die Geschwindigkeit
der Erzeugung der Ionen pro Einheitsvolum in
einer Entfernung x von der Strahlungsquelle,
I ist ge ^"^ , wo g die lonisationsgeschwindigkeit an
j der Strahlungsquelle bedeutet. Die Gesamtzahl
der durch vollständige Absorption erzeugten
Ionen ist
^. '^ q
= q J e dx= ^-
I
; X lässt sich flir Luft nur schwierig bestimmen;
angenähert lässt sich sein Wert aus Lenards
bekannter Untersuchung berechnen, nach der
die Kathodenstrahlen proportional der Dichte
einer Substanz und unabhängig von der che-
mischen Natur der Substanz absorbiert werden.
Nun ist l bei Aluminium für Uran-/3^Strahlen
ungefähr 14 und X, durch die Dichte dividiert,
ist 5,4. Da die Dichte der Luft 0,0012 ist, so
ergiebt sich
X für Luft = 0,0065.
Die Gesamtzahl der in Luft erzeugten Ionen
ist daher 1 54 q, wenn die Strahlen vollständig
absorbiert werden.
Aus der vorhergehenden Tabelle ergiebt sich,
dass die durch die ablenkbaren Strahlen hervor-
gerufene Ionisation sich zu der durch die c-
Strahlen erregten wie 0,0074 zu i verhält, wenn
die Strahlen eine Luftschicht von 5,7 cm durch-
drungen haben.
Wir haben daher angenähert:
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
389
»tO-
Gesamtzahl der durch /^-Strahlen
Gesamtzahl der durch a-Strahlen
0,0074
erzeugten Ionen = x 1 54 = 0,2.
5>7
Es tragen daher ungefähr % der in die Luft
durch eine dünne Uranschicht ausgestrahlten
Energie die Elektronen mit sich. Das Verhält-
nis fiir Thor ist ungefähr V22» "^^ ^^^ Radium
ungefähr Vu, wenn wir annehmen, dass allen
diesen Strahlen ungefähr derselbe Wert fiir X
zukommt.
Ablenkbare Strahlen, die von durch
Thor und Radium erregter Radioaktivi-
tät herrühren. Ein kleiner Teil der Strahlen,
welche von durch Thor und Radium erregten
radioaktiven Substanzen ausgehen, ist magne-
tisch ablenkbar. Da diese erregten Strahlen mit
der Zeit abnehmen, so schien es von Wichtigkeit
zu untersuchen, ob die ablenkbaren Strahlen in
demselben Verhältnis abnehmen.
Ein Bleidraht bildete die Kathode in einem
cyündrischen geschlossenen Gefässe, welches die
Ausstrahlungen des Radiums enthielt. Dieselben
waren durch Leiten von Luft durch eine Lösung
von Radiumchlorid erhalten. Man Hess den
Draht während eines Tages mit der Ausstrahlung
in Berührung, damit die erregte Radioaktivität
einen konstanten Wert annähme. Der Bleidraht
wurde dann zu einer Spirale gebogen, und
zwischen den Polen des Elektromagneten von
F*g- I gebracht.
Es wurde nun in regelmässigen Zwischen-
zeiten der durch die ablenkbaren und die nicht-
ablenkbaren Strahlen hervorgerufene Strom ge-
gemessen. Flg. 2 stellt die Resultate graphisch
Curven fiir dir durch ffa/fiufiL
errey te, Stra hJ u na
.Vt
'^
ItsU irv 'MimtierL.
20
^
Ifö
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Fig. 2.
TOO
tiü
11*0
dar. Die Kurve I zeigt die Abnahme der nicht-
ablenkbaren Strahlen mit der Zeit; Kurve II die
der ablenkbaren. Um den Vergleich durch-
führen zu können, ist der grösste Wert in bei-
den Fällen gleich 100 gesetzt.
Ähnliche Beobachtungen wurden auch mit
der durch Thor erregten radioaktiven Substanz
angestellt.
Eine Ahiminiumplatte von 3 x 2 cm bildete
die Kathode eines geschlossenen Gefässes, wel-
ches ungefähr 200 gr Thor enthielt. Der Appa-
rat wurde während 2 Tagen sich selbst überlassen.
Die folgende Tabelle zeigt die Abnahme der
beiden Strahlenarten mit der Zeit. Der An-
fangswert ist des Vergleichs wegen gleich 1 ge-
setzt.
Zeit Nichtablenkbare Strahlen Ablenkbare Strahlen
O I I
3 Stunden ,jy .83
19 M .38 .33
42 „ .08 .07
Sowohl beim Thor als auch beim Radium nimmt
somit die Intensität der ablenkbaren Strahlen
in ungefähr der gleichen Weise wie die der
nichtablenkbaren ab. Dies Ergebnis zeigt, dass
eine sehr nahe Beziehung zwischen der Ent-
stehung dieser beiden Strahlenarten besteht.
Aktive aus dem Thor und Uran ge-
wonnene Bestandteile. In einer jüngst er-
schienen Abhandlung (Rutherford und Soddy,
Proc. Chem. Soc. Jan. und Trans. Chem. Soc.
April 1902) wurde nachgewiesen, dass ein sehr
aktiver Bestandteil aus Thorverbindungen durch
Fällung von Thornitrat mit Ammoniak ge-
wonnen werden kann. Wird dasFiltrat, welches
kein Thor mehr enthält, zur Trockne eingedampft
und die Ammoniumsalze durch Glühen vertrieben,
so bleibt ein kleiner Rückstand übrig, welcher
ausserordentlich aktiv ist; in einigen Fällen war
das Produkt 1000 mal intensiver als Thor. Dieser
radioaktive Bestandteil wurde Thor X genannt.
Gleichzeitig nimmt die Radioaktivität des ge-
fällten Thors um ungefähr 36^0 seines Anfangs-
wertes ab.
Die Untersuchung der Radioaktivität des
Thors ist von E. Rutherford und F. Soddy fort-
gesetzt worden; zu gleicher Zeit wurden Parallel-
versuche über die fraktionierte Trennung der
aktiven Produkte aus Uran nach der Methode
von Crookes und Becquerel gemacht. Die
Resultate dieser Untersuchung werden bald er-
scheinen. Die Verf sind Herrn Soddy für die
chemische Untersuchung der Thor- und Uran-
präparate zu Dank verpflichtet.
Es ergab sich, dass Thor Ä^ sowohl ablenk-
bare und nichtablenkbare Strahlen, als auch
eine radioaktive Ausstrahlung aussandte. Die
ablenkbaren Strahlen sind nicht einheitlich, und
enthalten einen grossen Bruchteil von leicht ab-
sorbierbaren Strahlen. Thor X verhält sich also
in dieser Hinsicht wie gewöhnliches Thor. Durch
eine grosse Reihe von successiven Fällungen
kann das Thor beinahe ganz von ablenkbaren
Strahlen befreit werden, während ungefähr 30^'
der nichtablenkbaren erhalten bleiben.
u
390
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
Es ergiebt sich somit, dass nicht ablenkbare
Strahlen im Thor erhalten bleiben, selbst wenn
der Bestandteil, dem die ablenkbaren ihre Ent-
stehung verdanken, vollständig entfernt ist. Ähn-
liche Erscheinungen sind für den aktiven Bestand-
teil, welcher nach der Methode von Crookes*)
und Becquerel sich aus Uransalzen isolieren
lässt, beobachtet worden. Crookes erhielt sehr
radioaktive Produkte nach zwei Methoden. Nach
der ersten wurde Urannitrat mit Äther digeriert,
wobei sich ein Teil des Salzes löste. Der un-
lösliche Teil war viel radioaktiver als der lös-
liche. Nach der zweiten Methode wurde das
Nitrat in Wasser gelöst und mit einem Über-
schuss von Ammoniumcarbonat behandelt. Der
geringe Niederschlag war viel aktiver als die
gleiche Menge von Uran. Diesen aktiven Be-
standteil nannte Crookes Uran X,
BecquereP) fand, dass durch wiederholte
Fällung von Baryumsulfat in einem Gemenge von
Uran- und Baryumchlorid das Uran vollständig
seine photographische Wirksamkeit einbüsst,
während das Baryumsulfat einen sehr aktiven Be-
standteil mit niederriss. Im Laufe der Zeit
gewann das Uran seine Radioaktivität wieder,
während das Baryumsulfat inaktiv wurde.
Die Untersuchung des Urans X von Crookes
und des aktiven Baryumsulfats von Becquerel
ergab, dass die Strahlung fast ausschliess-
lich aus ablenkbaren Strahlen bestand.
Die durch die nichtablenkbaren Strahlen her-
vorgerufene Ionisation betrug höchstens % der
durch die Gesamtstrahlung hervorgerufenen,
während beim Ausgangspräparat (Uran) das Ver-
hältnis 0,0074 war.
Das Uran, von dem der aktive Bestandteil
entfernt war, war fast frei von ablenkbaren
Strahlen, während die nichtablenkbaren kaum
geschwächt waren. Keine Spur von ablenkbaren
Strahlen wurden vom Uran nach 12 Fällungen
mit Baryumsulfat erhalten, obwohl W des An-
fangsbetrags hätte ermittelt werden können. Es
ergiebt sich somit, dass durch verschiedene che-
mische Methoden der Bestandteil, welchem die
ablenkbaren Strahlen ihre Entstehung verdanken,
sowohl beim Uran als auch beim Thor von der
Hauptsubstanz getrennt werden kann, während
wenigstens ein Teil der nichtablenkbaren
Strahlung der chemischen Reaktion widersteht.
Weitere Resultate: Keine Spur von ab-
lenkbaren Strahlen konnte beim Polonium ge-
funden werden. Dies Ergebnis stimmt mit dem
von Becquerel nach der photographischen
Methode erhaltenen überein.
Besprechung der Resultate: Die drei
permanent radioaktiven Substanzen Uran, Thor
und Radium senden sowohl ablenkbare, als auch
nichtablcnkbare Strahlen aus und unterscheiden
sich scharf vom Polonium, dessen Strahlen nicht
ablenkbar sind. Wie schon Becquerel betont
hat, darf Polonium (radioaktives Wismut) nicht
als eine permanent radioaktive Substanz aufge-
fasst werden, da seine Strahlung mit der Zeit
abnimmt.
Das Verhältnis von beiden Strahlen ist bei
allen drei radioaktiven Substanzen von der
gleichen Grössenordnung; die Uranstrahlung be-
steht, verglichen mit den Thor- und Radium-
strahlen, verhältnismässig aus mehr ablenkbaren
Strahlen.
Die Frage nach der Beziehung zwischen a-
und /9-Strahlen darf nur nach Berücksichtigung
der chemischen Trennungen beantwortet werden.
Offenbar dürfen wir nicht annehmen, dass die
/9-Strahlen sich zu den a-Strahlen ähnlich ver-
halten, wie die Kathodenstrahlen zu den Rönt-
genstrahlen; denn aus unserer Untersuchung
geht hervor, dass die durch Trennung gewon-
nenen aktiven Produkte von Uran und Thor
die gesamte Substanz enthalten, der die /9-Strahlen
ihre Existenz verdanken.
Das radioaktive Präparat, das so zeitweise von
/^-Strahlen befreit worden ist, behält seine Eigen-
schaft, einen verhältnismässig grossen Bruchteil
(beim Uran und beim Thor 30"o) des ursprüng-
lichen Betrags an a-Strahlen auszusenden.
Die Intensität der a-Strahlung bleibt beim
Uran mehrere Tage und beim Thor mehrere
Stunden erhalten. Verdankten die a-Strahlen
ihre Entstehung der direkten Einwirkung der
/^-Strahlen, so müsste man annehmen, dass die
Strahlung lange nach Entfernung der erregenden
Ursache erhalten bliebe. Diese Annahme vermag
ferner auch nicht zu erklären, warum die Strah-
lung von Uran X keine ähnlichen a-Strahlen in
Uran X selbst erregt.
Ohne in Einzelheiten über den Mechanismus
der Radioaktivität einzugehen, scheint uns die
Hypothese die wahrscheinlichste zu sein, nach
der die von Uran und Thor ausgesandten ab-
lenkbaren Strahlen ihre Entstehung einem durch
Zerfall des Uran- bez. Thormoleküls oder Atoms
entstandenen neuen Körper verdanken. Der
letztere unterscheidet sich von dem ursprüng-
lichen Uran bez. Thor und kann daher mittels
chemischer Methoden von der ursprünglichen
Substanz getrennt werden. Die nichtablenk-
baren Strahlen rühren entweder von einem zweiten
neuen Körper oder von der durch Einwirkung
des ersten auf die ursprüngliche Substanz neu
entstehenden Verbindung her.
Mc. Gill University Montreal, April 1902.
(Aus dem Englischen übersetzt von G. C. Schmidt.)
(Eingeg.angen 9. M.ii 1902.?
1) Crookes, Proc. Roy. Soc, Mai 1900.
2) Becquerel, C. R. Dez. 9. 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
ZUSAMMENFASSENDE BEARBEITUNGEN.
391
Die Ablenkung des Kompasses an Bord der
Eisenschiffe.
Von H. Meldau.
Die Ablenkung des Kompasses durch mag-
netische vom Schiffskörper ausgehende Kräfte
ist ein Problem, dessen Aufstellung und teil-
weise Lösung ganz dem* neunzehnten Jahrhun-
dert angehört. Waren auch schon früTier gelegent-
lich einige Beobachtungen einer „Deviation**
des Kompasses gemacht worden '), so wollten
doch die Seeleute nicht viel davon wissen; ihr
Vertrauen auf das altbewährte geheimnisvolle
Instrument war ein so tief eingewurzeltes, dass
sie lieber eine Meeresströmung über die an-
dere annahmen, um die häufig beobachteten
und mitunter verhängnisvoll verlaufenden Ver-
setzungen ihrer Schiffe zu erklären. Dem
Kapitän der englischen Kriegsmarine Flinders
gebührt das Verdienst, die ersten sorgfältigen
Deviationsbestimmungen angestellt, den Ansatz
zu einer Theorie geliefert und die erste Kompen-
sationsvorrichtung angegeben zu haben. Im
Jahre 1802 leitete Flinders als Kapitän eines
englischen Kriegsschiffes Vermessungsarbeiten
an der Küste Australiens. Das Fahrzeug war,
wie alle Schiffe der damaligen Zeit, aus Holz
gebaut; es hatte aber bereits eine grosse Reihe
eiserner Ausrüstungsgegenstände. Der auf dem
erhöhten Achterdeck aufgestellte Kompass zeigte
auf östlichen Kursen westliche, auf westlichen
Kursen östliche Ablenkung. Flinders schloss
schon damals aus der allgemein bekannten
Regel südlicher Versetzung im englischen Kanal,
dass auf nordmagnetischer Breite die entgegen-
gesetzten Ablenkungen stattfinden würden.^)
Dass er auch die Ursache der beobachteten
Ablenkungen richtig in den Polen erkannte,
die durch die Vertikalkraft in den Eisenmassen
des Schiffes induziert wurden, ergiebt sich aus
seinem Vorschlage, die Deviation durch eine
hinter dem Kompass aufgerichtete Stange aus
weichem Eisen zu beseitigen.
Nachdem durch Flinders ein hoffnungs-
voller Anfang der Deviationslehre gemacht war,
sollte es noch etwa drei Jahrzehnte dauern, ehe
eine für die Sicherheit der Schiffahrt so wich-
tige Sache die ihr gebührende allgemeine Be-
rücksichtigung fand. Da inzwischen die eisernen
Ausrüstungsgegenstände an Bord stetig ver-
mehrt wurden, so musste eine stets wachsende
Unsicherheit der Schiffsführung die Folge sein.
Einer der eifrigsten Warner in dieser Angelegen-
1) V'crgl. Weyer, lielträjjc clc. Ann. der Hydro-
graphie. 1888.
2) Phil. Trans. Roy. Soc. 1805.
heit war in den zwanziger und dreissiger Jahren
Professor P. Barlow. ') Dieser verallgemeinerte
das Induktionsproblem, indem er die Wirkung
der erdmagnetischen Gesamtkraft auf die in
einer Kugel im Schwerpunkte des Schiffes ver-
einigt gedachten Eisenmassen betrachtete und
die durch eine solche Kugel auf den verschie-
denen Kursen erzeugte Deviation untersuchte.
Auch praktische Vorschläge zur Lösung der
Deviationsfrage rühren von Barlow her; die
Barlowsche Kugel oder Platte war unter den
Seeleuten jener Zeit wohlbekannt.
An das Ende dieses ersten Abschnittes der
Geschichte der Deviation fällt die Aufstellung
der Poissonschen Gleichungen, die eine all-
gemeine Lösung des in Frage stehenden Pro-
blems darstellen, und von denen deshalb auch
die Weiterentwicklung der Theorie ausgegangen
ist. Schon 1824 hatte Poisson allgemeine
Ausdrücke für die Kräfte aufgestellt, die von
irgend welchen induzierenden magnetischen
Kräften ausgesetzten Eisenmassen auf eine
Magnetnadel ausgeübt werden. Im Jahre 1838
spezialisierte er das Problem mehr auf die an
Bord vorliegenden Verhältnisse in der Abhand-
lung „Memoire sur les döviations de la boussole
produites par le fer des vaisseaux".^) Das
Interesse Poissons geht übrigens in dieser
Arbeit in erster Linie darauf aus, eine Be-
stimmung der Deklination und Inklination auch
an Bord der Schiffe zu ermöglichen „in den
Punkten des Erdballs, die das Meer bedeckt".
Den Poissonschen Gleichungen liegt die
Hypothese zu Grunde, dass das Schiffseisen
teils als hartes Eisen den einmal aufgenommenen
Magnetismus dauernd festhält, teils als weiches
Eisen beim Aufhören der induzierenden Ursache
ihn sofort wieder aufgiebt.
Indem Poisson ein Koordinatensystem an-
nimmt, dessen Achsen von der Kompassmitte
aus längsschiffs, querschiffs und senkrecht zum
Deck verlaufen und die Annahme macht, dass
der in irgend einer Richtung induzierte Mag-
netismus proportional der induzierenden Ursache
sei, erhält er die (hier in der jetzt üblichen
Bezeichnungsweise aufgeschriebenen) Funda-
mentalgleichungen:
X' = .\'+ aX^ bY^ cZ \ P
r'= y+ dX+ eV + fZ-^ Q
Z ==Z ^ gX -f // F-i kZ-\- R
in denen .V', F', Z' die Komponenten der ge-
samten auf die Nadel wirkenden Kraft, Xy Y, Z
die Komponenten des Erdmagnetismus, P, Q, K
die Komponenten des festen Schiffsmagnetismus
1) Veigl. Phil. Trans. 1831.
2) Memoires de rinstitut*. 1838.
392
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17
und a . . , k neun vom „weichen Eisen" abhän-
gige Konstanten bezeichnen.
Die Komponenten P, Q, R des festen Schifis-
magnetismus erwähnt Poisson nur nebenbei,
indem er hinzufugt: glücklicherweise scheine
die Wirkung, um die es sich hier handele, nicht
sehr bedeutend zu sein.
Inzwischen war aber die Deviationsfrage in
ein ganz neues Stadium eingetreten. Man hatte
angefangen, den ganzen Rumpf der Fahrzeuge
aus Eisen herzustellen, und im Jahre 1835 war
die Entdeckung gemacht, dass man bei einem
solchen Eisenschiff mit einem ganz enormen
Betrag von permanentem Magnetismus zu rechnen
habe.
Um den Feind, der dem Kompass durch
Einführung des neuen Schiffsbaumaterials er-
wachsen war, unschädlich zu machen, empfahl
Airy, die magnetischen Kräfte des Schiffes
durch geeignete in der Nähe des Kompasses
angebrachte feste Magnete und weiche Eisen-
massen zu kompensieren. Gestützt auf eine
Reihe sorgfältiger, im Hafen ausgeführter Be-
obachtungen und eine — in ihren Grundlagen
allerdings anfechtbare — Theorie des Schiffs-
magnetismus, gab er den Kompensationsapparat
an, der noch heute im wesentlichen an Bord
der Schiffe gebraucht wird.') Zwei Jahrzehnte
lang ist ein heftiger Streit um die Kompen-
sation der Kompasse geführt worden. Während
Airys Vorschläge in der englischen Handels-
marine Annahme fanden, wollte man in der
englischen Kriegsmarine lange Zeit von irgend
welchen, in die Nähe des Kompasses gebrachten
Magneten durchaus nichts wissen. Die Kom-
pensation, sagte man, wiege den Schiffsfiihrer
nur in eine trügerische Sicherheit und verführe
dazu, dem Kompass im Vertrauen auf die
Künste des Adjusteurs einen ganz ungeeigneten
Platz anzuweisen. Bis in die sechziger Jahre
ist kein Kompass auf einem englischen Kriegs-
schiff kompensiert worden. Um so grösseren
Wert legte man auf die Wahl eines günstigen
Ortes für die Aufstellung des Normalkompasses,
beobachtete sorgfältig die Ablenkungen und
entwickelte die Theorie weiter.
Der Streit um die. Kompensation ist erst
beigelegt, als die an Bord der Kriegsschiffe
beobachteten Ablenkungen so grosse wurden,
dass sie eine Zurückführung in engere Grenzen
unumgänglich machten und als andererseits von
der Liverpooler Kompasskommission ein
reichhaltiges Beobachtungsmaterial zur Ent-
scheidung der Frage gesammelt war. Es hat
sich herausgestellt, dass weder die Kompen-
sation noch das beobachtende Verfahren für
sich allein genügt; dass vielmehr nur in ihrer
gleichzeitigen Anwendung ein Ausweg aus den
1) PhiL Trans. 1839.
Schwierigkeiten gefunden werden kann. Die
Kompensation ist nötig und nützlich, ihre Auf-
gabe ist jedoch nicht, den Kompass fehlerfrei
zu machen, wie es ursprünglich beabsichtigt
wurde, sondern nur, die Ablenkungen in be-
queme Grenzen einzuschliessen. Für die übrig-
bleibenden Deviationen muss die mit der Theorie
des Schiffsmagnetismus Hand in Hand gehende
stete Beobachtung aufkommen.
Die Ausgestaltung der Deviationstheorie
geschah durch Archibald Smith. Diese
Theorie ') setzt voraus, dass die Kompassnadel
als eine unendlich kleine Nadel gegenüber der
Entfernung der nächsten magnetischen Pole
angesehen werden kann, so dass für ihre Ein-
stellung die für die Kompassmitte berechneten
Kräfte massgebend sind. Bezeichnet //' die
auf die Nadel wirkende Gesamtkraft, ? ^^^
magnetischen, C' den Kompasskurswinkel (ge-
zählt von Nord über Ost von o® bis 360**) und
& die Inklination, so geben die ersten beiden
Poissonschen Gleichungen die Beziehungen:
N* P
jj cos £'= (I + ^) ^c?j S — bsint,'\- ctgS -\- ^
H* O
— ^ sin ^=dcos S — (i + e)sin ^ ^ftgS + ^
[Die dritte Gleichung kommt nicht in Be-
tracht, solange das Schiff gerade liegt, wie es
zunächst vorausgesetzt werden soll.]
Daraus folgt, wenn noch die Deviation
C — S' = rf gesetzt wird, als Komponente nach
magnetisch Ost:
jf sin 6= ~~ +{c tg e + ^spi^
+(/<^' ^ + ^cos^ + ''^'' sin2^ + ^^ C0S2;
und als Komponente nach magnetisch Nord
- COS 2 C sin 2 k
2 *- 2 ^
Von besonderer Bedeutung ist in der De-
der
viationslehre der Ausdruck A = i H
2
die mittlere Richtkraft nach magnetisch
Nord in Einheiten der Horizontalintensität dar-
stellt. Dividiert man in beiden Formeln jeder-
seits durch A und setzt
I t/—/^
= «;
l a — e
1
X
..c tg fi + '.r =33;
H
I ) S. Admiralty Manual for the Deviatious of Ihc
Compass, London 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
393
so erhält man durch Division (I)
?( + » sin g + ^COS^ + ® J//^ 2g + ^€03 2^,
^^ \ -^-Sd cos C, — ^sini, + 'S)cos2C, — ^sin2i;
An Bord ist es wichtig, die Ablenkung als
Funktion des Kompasskurses ^ zu haben.
• f
Setzt man in der Gleichung (I) /^ £ = l
cos 5
und multipliziert mit den Nennern, so erhält man
sin (J = 31 rt?j d + 83 j/« S' + e cos ^
+ 3) sin (25^ + d) + ® cos {2^ + (J).
Statt dieser für beliebige Werte des ö gül-
tigen Gleichung benutzt man in der Praxis den
Ausdruck (II)
6 = A + Bsin ^ + Ccos ^ + Dsin2^+ Ecos2^^
dessen Anwendbarkeit voraussetzt, dass die
Ablenkungen entweder von Natur nicht über
20** betragen oder dass sie durch Kompen-
sation in diesen Bereich zurückgeführt sind.
A wird die konstante, B sin ^ -^ C cos ^
die halbkreisige (semicirkulare) und D sin 2 ^
'\' E cos 2^ die viertelkreisige (quadrantale)
Deviation genannt. Der Zusammenhang der
Koeffizienten der Formeln (I) und (II) ist nähe-
rungsweise durch die Gleichungen gegeben
31 = sin A\ 2) = sin D\ (£ = sin E\
S^^sinB{\^^'^sinD\\ ^= sin c{\—^^sinD\
Die Koeffizienten A, B, C, D und E pflegt
man in Gradmass auszudrücken; sie stehen
nahe in demselben Abhängigkeitsverhältnis zu
den Konstanten des Schiffes und den erd-
magnetischen Elementen wie die ihnen ent-
sprechenden Koeffizienten der exakten Formel (I).
Die Koeffizienten A, D und E haben die
praktisch wichtige Eigenschaft, unabhängig von
der magnetischen Breite zu sein. Sie entstehen
durch die Horizontalinduktion in den weichen
Eisenmassen des Schiffes, und zwar ist bei
mittschiffs aufgestelltem Kompasse die Ursache
von D im symmetrisch zur 'Mittschiffsebene,
die Ursache von A und E im unsymmetrisch
zu dieser Ebene angeordneten Eisen zu suchen.
Da unsymmetrisch verteiltes Eisen im allge-
meinen an Bord nicht vorhanden ist, so sind
A und E meist als verschwindend zu betrachten.
Der Koeffizient A kann auch in nichtmag-
netischen Ursachen, z. B. in einem Kollimations-
fehler der Rose, seinen Grund haben. Für die
Grösse des Hauptkoeffizienten ( ^ =
I a — e"
der Quadrantaldeviation ist der Unterschied
der Längsschiffs- und Querschiffsinduktion mass-
gebend. Man pflegt sich die den Konstanten
a , , , k entsprechenden Wirkungen als von
unendlich dünnen Stangen ausgehend zu denken,
von denen jede nur den ihr entsprechenden
Koeffizienten erzeugt und dessen Grösse durch
ihre Länge veranschaulicht wird. So wird z. B. ein
+ a durch eine vor oder hinter dem Kompass
in Kompasshöhe liegende Längsschiffstange, ein
+ e durch eine ähnliche Querschiffstange dar-
gestellt (s. Fig. i). Die für die Normalkompasse
der Kauffahrteischiffe in der Regel stattfindenden
Verhältnisse werden durch die Figur 2 ange-
deutet.
♦e
- o-
Fig. I,
♦«
^r-^
Fig. 2.
Da die Haupteisenmassen unter dem Kom-
passe durchgehen, so haben a und e negative
Werte. Dabei ist der absolute Betrag des — e
wegen der Nähe der in der Querschiffsrichtung
induzierten Pole erheblich grösser als der des
— ^, so dass ein positiver Wert des T) resul-
tiert. Nur für sehr hoch über Deck angebrachte
Mastkompasse hat man gelegentlich ein Über-
wiegen der Längsschiffsinduktion über die Quer-
schiffsinduktion beobachtet. Die in gewöhn-
licher Höhe über Deck ang,ebrachten Kompasse
haben auf Kauffahrteischiffen durchweg ein D
von 3^ bis 6®, auf Kriegsschiffen nimmt der
Koeffizient nicht selten den doppelten bis drei-
fachen Betrag an.
Im engen Zusammenhange mit 3) steht die
Grösse ^ = i H
2
das Verhältnis der
mittleren Richtkraft nach magnetisch Nord zur
Horizontalintensität. Wegen der negativen
Werte von a und e ist X stets kleiner als i ;
als Mittelwert für die Kompasse der Handels-
schiffe kann 0,8 bis 0,9 gelten, in den Panzer-
türmen der Kriegsschiffe sinkt X nicht selten
unter 0,3 herab.
Die Ursachen der halbkreisigen Ab-
lenkung sind nach den Formeln
die Komponenten P und Q des festen Schiffs-
magnetismus und die Vertikalinduktion.
Die Entstehung des permanenten Schiffs-
magnetismus fallt in die Bauperiode des Schiffes.
Die Lage der magnetischen Hauptachse ist ab-
hängig vom Baukurse; annähernd stimmt sie
mit der Richtung des magnetischen Meridians
beim Bau überein. Da der Induktionsprozess
während des Baues durch unzählige Hammer-
schläge begünstigt wird, so ist der Betrag des
aufgenommenen Magnetismus meist ausser-
ordentlich gross. [Es werden gelegentlich De-
viationen über ICK)^ beobachtet.] Ein erheb-
licher Teil dieses Magnetismus ist allerdings
nur „halbfest''. Das allmähliche Verschwinden
dieses Teiles hat während der ersten Reisen
394
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
stetige Änderungen der Ablenkung zur Folge.
Man beschleunigt den Vorgang der Abschütte-
lung des halbfesten Magnetismus dadurch, dass
man das Schiff nach dem Stapellauf auf den
dem Baukurse entgegengesetzten Kurs legt und
ihm in dieser Lage seine weitere Ausrüstung
giebt. In etwa Jahresfrist bildet sich ein leidlich
stationärer Zustand des permanenten Magnetis-
mus heraus.
Der Hauptkoeffizient c der Vertikalinduktion
ist nach seinem Vorzeichen und seiner Grösse
besonders davon abhängig, ob der Kompass
weit vorn auf einer Kommandobrücke oder auf
dem Achterdeck aufgestellt ist. Für Brücken-
kompas^ ist er immer negativ, was auf den
überwiegenden Einfluss der oberen Enden der
hinter dem Kompass liegenden Eisenmassen
schliessen lässt. Aus dem Beobachtungsmaterial
der Deutschen Seewarte ergiebt sich als Mittel-
wert für die Kompasse der genannten Art auf
c
mittelgrossen Dampfern
0,09.
Der Koeffizient /, der aus unsymmetrischer
Anordnung vertikalen Eisens entstehen würde,
kann in der Regel als verschwindend angesehen
werden.
Beide Bestandteile der halbkreisigen Ab-
lenkung sind mit der magnetischen Breite des
Schiffes veränderlich, am meisten der von der
Vertikalinduktion herrührende Teil. Der soeben
c
angeführte Mittelwert des . bedeutet beispiels-
weise für eine Reise von der Weser nach dem
Kap der guten Hoffnung eine Veränderung des B
von fast 20^ nach der positiven Seite.
Es wäre von ausserordentlichem Nutzen für
die Sicherheit der Schiffsführung, wenn man die
beiden Bestandteile der halbkreisigen Ablenkung
trennen könnte, nachdem Beobachtungen in mög-
lichst verschiedenen magnetischen Breiten vor-
liegen. Leider wird die Lösung dieser Aufgabe
sehr erschwert durch dieV eränderungen, denen
die Deviation stetig durch halbfesten (rema-
nenten) Magnetismus unterworfen ist. Das
Auftreten dieser Art des Magnetismus bedeutet,
dass die Deviation eines Kompasses ausser vom
Kurswinkel nicht nur von dem Orte abhängt,
an dem sich das Schiff augenblicklich befindet,
sondern auch von dem Kurse, auf dem es an
diesen Ort gelangt ist. Der auf irgend einem
Kurse aufgenommene Magnetismus i*it um so
beträchtlicher, je länger das Schiff auf diesem
Kurse lag und je stärkeren Erschütterungen es
ausgesetzt war; er ist ausserdem in hohem
Masse abhängig von der zum Baue des Schiffes
verwendeten Stahl- oder Eisensorte. ') Um dem
i) Die auf ver'^chiedenen Werften herj^estellteii SchiflTe
desselben TypvS zeigen oft erheblich verschiedene iJeträge
von haibfestem Magnetismus.
halbfesten Magnetismus, dessen Auftreten in
den Po isson sehen Gleichungen keinen Aus-
druck findet, Rechnung zu tragen, hat die
Deutsche Seewarte vorgeschlagen, in die Aus-
drücke für 43 und tS noch je ein Glied, nämlich
V
2'
— , sec ^ cos C^ , bez w. + . sec ^ sin ?/
einzuführen, in denen f/ den in den letzten 24
Stunden gesteuerten Gesamtkurs bedeutet und v
und v' zwei durch Beobachtung festzustellende
Konstanten sind. Als Durchschnittswerte für
eine Anzahl mittelgrosser Schiffe wurden 7* =
+ 0,018, 7/ = 0,028 gefunden.
Wenn man auch auf die numerische Berech-
nung der durch halbfesten Magnetismus erzeug-
ten Ablenkung verzichtet, so lässt sich doch in
jedem Falle der Sinn angeben, in welchem diese
Ablenkung erfolgt. Da an der nach Norden ge-
legenen Seite des Schiffes Nordmagnetismus ent-
steht, so hat man nach einer Kursänderung rechts
vom alten Kurse westliche, links vom alten
Kurse östliche Deviation durch den vorher auf-
genommenen Magnetismus. Bei Nichtberück-
sichtigung dieser Deviation wird das Schiff in
der Richtung nach dem alten Kurse hin ver-
setzt.
Wegen des halbfesten Magnetismus ist auch
grosse Vorsicht bei der Kompensation der
Kompasse und der Aufstellung der Deviations-
tabelle erforderlich. Hat das Schiff vor der
Kompensation oder der Deviationsbestimmung
lange Zeit auf demselben Kurse gelegen, so kom-
pensiert man mit den festen leicht halbfeste Pole
oder bekommt die Wirkung solcher Pole in die
Deviationstabelle. Der halbfeste Magnetismus
macht sich auch unmittelbar bei der Devi-
ationsbestimmung in der Weise bemerkbar,
dass man um 1^ bis 2^ verschiedene Werte für A
und E erhält, je nachdem das Schiff rechts oder
links herumgedreht ist. Die Drehung rechts
herum giebt ein — A und — E^ die Drehung
links herum ein + A und + ^, wenn A und E
thatsächlich den Wert Null haben. Ist ein
Schiff nur einseitig herumgedreht, so wird man
deshalb beobachtete Werte der Koeffizienten A
und £ im Betrage von i^ bis 2^, sofern sie
das der Drehungsrichtung entsprechende Vor-
zeichen haben, mit Recht unberücksichtigt
lassen.
Bisher war das Schiff als aufrecht auf ebenem
Kiele liegend vorausgesetzt. Die Änderung, die
in der Deviation beim Überneigen oder Krängen
des Schiffes entsteht, wird Krängungsfehler
genannt. Es bezeichne .VFZ ein Koordinaten-
system, dessen Achsen, bezw. längsschiffs, hori-
zontal nach rechts und vertikal nach unten
gerichtet sind, A7}//f/ ein solches, dessen 1/-
Achse parallel zum Deck nach rechts und dessen
Z/-Achse senkrecht zum Deck nach unten ver-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
395
läuft. Berechnet man die Komponenten der
erdmagnetischen Kraft im zweiten System,
stellt fiir dieses System die Poissonschen
Gleichungen auf und transformiert sie auf das
JCVZ'Sy stein, so erhält man analog wie früher
den Ausdruck für die jetzt stattfindende Devi-
ation. Sind 6 = d =/= o und beschränkt
man sich auf die ersten Potenzen des Krängungs-
winkels /, so wird
d, =6-\--~-^t + y i cos
^-
— - / COS
2l
wo
2C'
Es wird demnach durch die Krängung zu-
nächst eine konstante und in Verbindung damit
eine quadrantale Deviation erzeugt. Der Grund
ist der, dass einerseits die vorher vertikalen
Eisenmassen vom Typus c teilweise der Hori-
zontalinduktion ausgesetzt werden und anderer-
seits die Vertikalkomponente der Längsschiffs-
induktion in Wirksamkeit tritt. Der wichtigste
Bestandteil der Krängungsdeviation ist das
semicirkulare Glied J i cos ^. Der erste der
Ausdrücke, die oben ftir den „Krängungs-
koeffizienten" 7 angegeben sind, lässt die Ur-
sachen desselben erkennen: durch die Krängung
wird den senkrecht zum Deck wirkenden Kom-
ponenten R und i Z des festen Schiffsmagne-
tismus und der Vertikalinduktion Gelegenheit
gegeben, Ablenkung zu erzeugen; ferner werden
die vorher horizontalen Eisenmassen vom ^-Typus
zum Horizont geneigt und dadurch der Induktion
durch die Vertikalkraft ausgesetzt. Da e negativ,
k dagegen positiv ist und R bei Schiffen, die
auf nordmagnetischer Breite gebaut sind, in
der Regel positiv gefunden wird, so hat J auf
nordmagnetischer Breite fast ausnahmslos einen
negativen Wert, entsprechend einer Anziehung
nach der erhöhten Seite des Schiffes oft Im
Betrage von mehreren Graden fiir jeden Grad
der Krängung. Die Abhängigkeit von der
magnetischen Breite tritt besser in dem zweiten
fiir 7 gegebenen Ausdrucke hervor. In höheren
südmagnetischen Breiten kommt es vor, dass
das dort positive Glied {e — k) tang J grösser
ist als R\H, so dass eine Abstossung des Nord-
endes der Nadel von der erhöhten Seite aus-
geübt wird.
Ein Krängungsfehler ist fiir die Schiffs-
fiihrung deshalb besonders störend, weil das
Schiff meist nicht ruhig nach einer Seite über-
liegt, sondern von einer Seite zur andern
,, schlingert", so dass Antriebe bald nach der
einen, bald nach der entgegengesetzten Rich-
tung auf die Rose ausgeübt werden.
Bei der Einfiihrung elektrischer Anlagen an
Bord schien es anfangs, als ob dem Kompass ein
neuer und sehr gefährlicher Feind in den Stark-
stromkabeln entstehen sollte. Nachdem man
aber einige Zeit Erfahrungen gesammelt hat,
sind die meisten Reedereien vernünftig genug,
nicht mehr den Schiffskörper zur Rückleitung
benutzen, sondern die Rückleitung neben die
Hinleitung verlegen zu lassen.
(Eingegangen 4. Februar 1902.)
REFERATE.
^^
Technische Mechanik.
Besorgt von Prof. E. Meyer.
^^
C. Bach, Weitere Versuche über die Ab-
hängigkeit der Zugfestigkeit und Bruchdeh-
nung der Bronze von der Temperatur.
Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure
1901, S. 1477 ff.
Im Anschluss an frühere Zugversuche, welche
der Verfasser mit Bronzestäben aus den Werk-
stätten der Kaiserlichen Werft in Kiel angestellt
hatte, untersuchte C. Bach Stäbe aus Bronze,
die von der Firma Schäffer & Budenberg ge-
liefert worden waren, und im wesentlichen fol-
gende Zusammensetzung hatten: 8 5, 90 bis 87,00%
Kupfer, 8,78 bis 9,75% Zinn, 3,64 bis 4»3o\
Zink. Die Versuche bestätigen unter anderem
die schon häufig gemachte Erfahrung, dass die
Festigkeitseigenschaften vonBronzestäben, welche
anscheinend gleiche Zusammensetzung haben,
die sogar bei demselben Gusse hergestellt sind,
recht stark variieren können, um 30 % und
mehr. Im ganzen betrachtet geben aber die
Versuche ein sehr klares, unzweideutiges Bild
von der Änderung der Festigkeitseigenschaften
mit der Temperatur. Die Stäbe hatten 20 mm
Durchmesser bei 220 mm Länge des cylindri-
schen Teiles, die Messlänge betrug 150 mm.
Zur Erwärmung der Stäbe diente ein Bad von
Palmin, bei Temperaturen über 300 ^ ein Bad
von Kali- und Natron-Salpeter zu etwa gleichen
Teilen. Der Ofen wurde durch 5 im Kreise
angeordnete Gasgebläseflammen geheizt. Es
wurden je 4 oder 5 Stäbe bei Temperaturen
von 20 ^ 100", 200 ^ 250", 300^, 350^ 400",
450 *\ 500 " untersucht. Es zeigte sich, dass
sich die Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Quer-
schnittsverminderung bis zu einer Temperatur
von etwa 200 ** nur ganz unwesentlich ändern.
Von da an nehmen alle drei Werte mit steigen-
der Temperatur beständig ab, aber die Zug-
festigkeit in erheblich geringerem Masse als
die Formveränderungen: Während bei 400^*
396
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
die Festigkeit erst auf etwa die Hälfte ihres
ursprünglichen Wertes gesunken ist, erfährt das
Material bei dieser Temperatur fast gar keine
Formveränderungen mehr unter dem Einfluss
der Belastung, wird also ungemein spröde. Die^e
Eigentümlichkeit prägt sich auch äusserlich in
dem Aussehen der Stäbe nach dem Bruche aus.
Während die Staboberfläche beim Versuch mit
20 ^ 100^ und 200*^ ein runzeliges Aussehen
nach dem Bruch zeigte, blieb sie bei Tempera-
turen über 300^ vollständig glatt und unver-
ändert. Die Zugfestigkeit war bei allen Tem-
peraturen etwas höher als die Zugfestigkeit der
Bronze von der Kaiserlichen Werft. Diese
hatte ungefähr folgende Zusammensetzung:
91,4 \ Kupfer, 5,5% Zinn, 2,8% Zink. Die
folgende Tabelle enthält die hauptsächlichsten
Versuchswerte über das Verhalten der Bronze
von Schäffer & Budenberg.
20'^ ICX)0 200 0 2$0" 300** 350 0 400 '^ 450*^ 500 0
Zugfestig-
keit in kg
pro qcra 2491 2477 2381 203 1 1610 II 58 II 13 831 693
Bruchdeh-
nung in 0/0 17,4 20,1 17,9 12,1 6,8
Quer-
schnittsver-
minderung
21,3 20,0 19,1 14,1 8,8
2,0 1,5 0,5 0,3
in "
/O
1,5 i.o
Der Abfall der Dehnungen war bei der
Kieler Bronze sehr viel rapider, die Dehnungen
selber aber bei Temperaturen unter 300 ^ etwa
doppelt so gross als hier.
Aus den Versuchen ist die Schlussfolgerung
zu ziehen, dass selbst gute Bronze von der
Verwendung in Rohrleitungen für stark über-
hitzten Dampf auszuschliessen ist, weil sie bei
hohen Temperaturen nicht mehr die erforder-
liche Zähigkeit besitzt. P. Roth.
(Eingegangen 7. Februar 1902.)
^^
Geophysik.
Besorgt von Prof. Ur. E. WIechert
^^
S. Lemström, Sur la mesure des courants
^lectriques de Tatmosph^re par des appa-
reils ä pointes (Über die Messung der elek-
trischen Ströme der Atmosphäre durch Spitzen-
apparate). Acta Soc. Scient. Fennicae 29.
Nr. 8. 81 S. m. 2 Tafeln. Helsingfors 1900, 4^.
Als es seinerzeit dem Verfasser vorliegender
Arbeit gelang, künstliche Nordlichter zu er-
zeugen, war damit die Frage nach der elek-
trischen Natur dieses Phänomens in bejahendem
Sinne beantwortet. Die Apparate, welche er
dazu benutzte, sind grosse ebene Drahtwin-
dungen, die in Entfernungen von etwa '/j bis
I V2 ni Spitzen tragen und eine Fläche von
350 qm bedecken. Sie waren auf Bergen im
finnischen Lappland gegen 300 m hoch über
dem Thalniveau von der Unterlage isoliert auf-
gestellt und leitend mit einem Galvanometer
verbunden, das in 4 km Entfernung im Thale
aufgestellt und durch eine Zinkplatte geerdet
war. Über diesen Spitzenapparaten zeigten
sich des öfteren jene künstlichen Nordlichter.
Der Zweck der ganzen Anlage war jedoch mehr
der, die elektrischen Ströme zu messen, welche
von der Erde nach oben resp. umgekehrt
fliessen. Hauptsächlich* geschahen diese Mess-
ungen 1882/83 während des Internationalen
Polarjahrs und sind daher im finnischen Polar-
werk, Band III, Helsingfors 1898, veröffentlicht.
Die vorliegende Arbeit stellt zu diesen
Messungen eine Ergänzung dar, besonders da-
durch, dass ausser der Spannung dieser Erdluft-
ströme jetzt auch die Stromstärke gemessen
wurde. Die Beobachtungen geschahen nunmehr
in Helsingfors selbst. Ein Spitzenapparat war
auf einem hohen Kirchturm 82 m, ein anderer
auf dem Dache des physikalischen Labora-
toriums 42 m über Meer aufgestellt, also in
wesentlich geringeren Höhen als 188283. Ausser-
dem waren die Spitzenflächen nur 6 qm gross.
Die Ströme wurden mit einem empfindlichen
Galvanometer beobachtet und stets durch
Zwischenschaltung eines Batteriestromes in
einem und dem anderen Sinne kontrolliert.
Was nun das Wesen dieses Erdluftstromes
anbetrifft, so ist folgendes zu bemerken: Eine
reine Naturerscheinung ist er nicht, denn es
steht nicht zu erwarten, dass auch ohne metal-
lische Leitung zwischen dem Punkte, wo der
Spitzenapparat sich befindet, und der Erde ein
Strom fliesse. Andererseits aber ist der Erd-
luftstrom in einem engen Zusammenhange mit
der Luftelektrizität und ein anderes Mass für
sie, als das mit dem Kollektor gemessene Po-
tential gegen die Erde. Die Variationen sind zum
Teil Naturvariation (so die des Potentialgefälles),
zum Teil instrumenteller Herkunft (wie namentlich
der Spitzenwirkung, deren Widerstand nach dem
Verfasser wesentlich von meteorologischen Mo-
menten abhängen soll).
Der Verfasser ist der Überzeugung, dass
auch ohne m'etallische Verbindung ein Erdluft-
strom existiere, zum wenigsten in der Nachbar-
schaft des Gürtels maximaler Häufigkeit der
Nordlichter.
Der gemessene Strom ist auch nur zum Teil ein
Naturwert und zum Teil instrumentellen Ein-
flüssen unterworfen, namentlich dem des Spitzen-
widerstandes. Es kommt wohl auch weniger
auf die absolute Höhe des Spitzenapparates an,
als auf die Potentialfläche, in welche er hinein-
ragt. Die Höhenaufstellung kann also nur den
Zweck haben, in Gegenden zu kommen, wo
das Gefälle ein grösseres ist. Es wäre leicht
möglich, grössere Stromstärken und Spannungen
zu erhalten, wenn man die Spitzen sehr lang
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
397
wählt oder mit Spitzen bewehrte Drachen
steigen Hesse, wie dies bekanntlich schon
Franklin that.
Der vom Verfasser gemessene Strom ist
meist positiv, d. h. von oben nach unten fliessend,
jedoch sobald der Regen beginnt, wird er nega-
tiv. Während eines Nordlichtes variiert er
ausserordentlich stark, zeigt jedoch auch für
gewöhnlich stete und zum Teil plötzliche Oscil-
lationen. Die Tafeln geben neben einigen
Spezialkurven für mehrere Tage Ablesungen
von 5 zu 5 Minuten.
Auch wenn man von den Drachen versuchen
Franklins und seiner Nachfolger absieht, hatte
Lemström in der Messung solcher Ströme
Vorgänger: der erste war Colladon (Pogg.
Ann. 8, 336). Im Anschluss an seine Resultate
schlug die Royal Society in London vor, auf
diese Art die Luftelektrizität zu messen, was
auch geschehen sein soll. Auch Quetelet (Sur
le clima de la Belgique, tome 3, p. 26) und
LamontQahresber. Münchener Sternwarte 1852,
S. 82) haben solche Ströme und zwar in Blitz-
ableitern beobachtet. Letzterer findet jedoch
keinen Strom, sobald der Blitzableiter vom
Hause isoliert wird, bestreitet daher die Existenz
solcher Ströme, wenigstens als einer Natur-
erscheinung.
Durch Lemströms Resultate angeregt,
werden seine Versuche augenblicklich von ver-
schiedenen Seite wiederholt, so dass die Klärung
der Fragen zu erwarten steht.
A. Nippoldt.
(Eingegangen 13. März 1902.)
Wissenschaftl. Photographie.
Besorgt von Privatdozent Dr. E. EnglUoh.
J. M. Eder, System der Sensitometrie photo-
graphischer Platten (III). Ber. Wien. Akad.
math. naturw. Kl. CX. IIa. 1103 — 11 24.
1901.
Es wird versucht, die relative Farbenem-
pfindlichkeit orthochromatischer Platten in ein-
facher Weise festzustellen. Zu dem Zweck
wird das Spektrum durch Filter in zwei Teile
zerlegt; das Blaufilter (25 g kryst. Kupfervitriol
+ Ammoniak + W'asser, Gesamt volum 1000 ccm)
lässt wesentlich nur die Strahlen durch, welche
der Eigenempfindlichkeit des Bromsilbers ent-
sprechen; das Gelbfilter (40 g Kaliummono-
chromat zum Volum von i 1 gelöst) schneidet
diese Strahlen ab und lässt nur solche Strahlen
•
durch, welche die Farbensensibilisation um-
schliessen. Die Filter werden in i cm Dicke
angewendet; für Gelbgrün empfindliche Platten
(mit Erythrosin, Eosin) ist bei Hefnerlicht
das Empfindlichkeitsverhältnis Blau zu Gelb
etwa I zu 4 bis 5; für die Scheinersche
Benzinlampe weicht das Verhältnis wenig ab;
dagegen wird fiir das von einem weissen
Schirme reflektierte Bogenlicht das Verhältnis
I : 1,6.
OrthochromatischePlatten können beiH e f n e r-
licht empfindlicher sein, als gewöhnliche unge-
färbte Platten, während bei Tageslicht das Um-
gekehrte statthaft. Eder schlägt zur Messung
der Gesamtempfindlichkeit vor, die Empfind-
lichkeit einer gewöhnlichen Bromsilbergelatine-
platte nach Scheiner zu bestimmen, und die
Empfindlichkeit der orthochromatischen Platte
am Massstab der gewöhnlichen bei weissem
Lichte zu messen.
Die Lage des Empfindlichkeitsmaximums
der reinen Bromsilbergelatine zeigte sich ab-
hängig vom Fabrikat; es rückt mit längerer
Belichtung von 451 — 458//,// nach Violett hin.
War das Empfindlichkeitsmaximum bei Sonnen-
licht bei 451 ^//, so lag es für Auerlicht bei
454, Petroleumlicht bei 457 ^//; die Maxima
sind bei Gitterspektrographen um 5 n(i nach
den kürzeren Wellen zu gegen die- Maxima bei
Glasspektrographen verschoben. Jodsilberkollod
hat ein Maximum bei 425 — 420 //^; Chlorsilber-
gelatine bei 380 lifi und das Band erstreckt
sich von 396 — 320 ^// fast gleichstark; die
Mitte liegt bei 355 fifi. Entsteht die Maximal-
wirkung zwischen // und K bei Glasapparaten,
so giebt dies eine Gewähr dafür, dass der Appa-
rat bezüglich der Lichtdurchlässigkeit des ganzen
sichtbaren Spektrums allen Anforderungen der
Praxis entspricht.
Die Sensibilisationsprüfung verschiedener
Farbstoffe kann hier nicht ausführlich referiert
werden ; Monobromfluorescein-Bromsilberkollod
mit Äthylviolett soll eine ausgezeichnet
gleichmässige Empfindlichkeit über das Spektrum
haben.
Die chemische Helligkeit der Walratkerze
wurde gleich 0,93 Hefner, ihre optische gleich
1,14 Hefner bestimmt; ihre relative Aktinität
ist demnach 0,93 : 1,14=^0,82. Englisch.
' Ki"^e|;aiigen am 20. Februar 1902.)
398
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17,
BESPRECHUNGEN.
J. H. van't Hoff, Zinn, Gips und Stahl vom
physikalisch -chemischen Standpunkt Vor-
trag, gehalten im Verein der deutschen In-
genieure zu Berlin, gr. 8. 35 S. mit Ab-
bildungen. München, R. Oldenbourg. 1901.
M. 2,—.
Dieser Vortrag wurde im Vereine der deut-
schen Ingenieure zu Berlin in der Absicht ge-
halten, an Beispielen darzuthun, wie im che-
mischen Gebiete Erscheinungen auftreten, die
eine grosse Analogie mit den physikalischen
Umwandlungserscheinungen, speziell mit der
gegenseitigen Verwandlungder Aggregatzustände
darbieten. Vermöge dieses Kontaktes gelingt
es, die einfachen physikalischen Gesetze frucht-
bringend auf die komplizierten chemischen Ge-
setze zu übertragen und eine Annäherung der
beiden Disziplinen zu erreichen.
So erinnert die Verwandlung des weissen,
metallischen Zinnes in die graue, bröcklig warzen-
förmige Modifikation insofern an die physika-
lische Erscheinung des Schmelzens und Er-
starrens, als sie an eine bestimmte Temperatur-
grenze gebunden ist, in der Weise, dass oberhalb
20** das gewöhnliche Zinn, unterhalb 20^ das
graue Zinn dem stabilen Zustande entspricht;
wie oberhalb o® Wasser, unterhalb o^ Eis be-
ständig ist. Verzögerungserscheinungen ver-
decken oft diese einfache Beziehung. Die Um-
wandlungstemperatur kann nach der dilatome-
trischen Methode oder mittelst des Umwand-
lungselementes bestimmt werden.
Beim Gips handelt es sich nicht um eine
blosse Modifikationsänderung, sondern um einen
chemischen Zerfall unter Freiwerden von Wasser;
dennoch ist die Analogie mit dem physikalischen
Vorgange des Schmelzens noch grösser, weil
bei einer bestimmten Temperatur durch das
Auftreten flüssigen Wassers eine thatsächliche
teilweise Verflüssigung eintritt. Es schliesst
sich lerner eine zweite Erscheinung an, die mit
der physikalischen Verdampfung vergleichbar
ist, indem der Gips einen Teil seines Wassers
als Dampf abgiebt, ein Vorgang, der wie die
Verdampfung reinen Wassers bei einer bestimmten
Temperatur an eine bestimmte maximale Dampf-
tension gebunden ist.
In ähnlicher Weise wird das Verhältni.s von
Schmiedeeisen, Stahl und Gusseisen erläutert,
in welchen, wie neuere Untersuchungen gelehrt
haben, in erster Linie Kohlenstoß^ (wie Graphit
und Diamant), Eisen ^in zwei Modifikationen
a und ^Ferrit), die Eisenverbindung mit Kohlen-
stoß" {Fe^ ^y Cementit), dessen feste Lösung mit
Kohlenstoß" (Martensit) und schliesslich der so-
genannte Perlit zu berücksichtigen sind, deren
Umwandlung und Entstehung, teils einem
Schmelzprozess, teils dem kryohydratischen Er-
starren u. s. w. gleichen. J. Bi Hitler.
(Eingegangen i8. November 1901.;
Hans Schmidt, Anleitung zur Projektion
photographischer Aufnahmen und lebender
Bilder (Kinematographie), gr. 8*^. VIII und
121 Seiten mit 56 Figuren im Text. Berlin,
Gustav Schmidt. 1901. Geh. 2,50 M.;
geb. 3 M.
Verf. giebt in übersichtlicher Anordnung
eine Anleitung zur Projektion gewöhnlicher
photographischer sowie kinematographischer
Aufnahmen. Die Handhabung der Projektions-
kamera,' insbesondere der verschiedenartigen
Lichtquellen, ist eingehend beschrieben, ebenso
die Aufstellung des Apparates und die Be-
stimmung des zweckmässigen Abstandes zwischen
Apparat und Schirm. Die Methode der kine-
matographischen Aufnahme sowie die Behand-
lung der zugehörigen Apparate wird ausfuhrlich
besprochen, was um so erfreulicher ist, als es
bisher an einer derartigen Anleitung gefehlt
hat. Die Darstellung ist für den Anfänger
berechnet und im allgemeinen klar; einige Un-
ebenheiten, wie auf S. T^ oben die Erklärung
der Wirkung einer Sammellinse, werden bei
einer späteren Auflage zu korrigieren sein. Im
übrigen wird das Büchlein allen denjenigen,
welche aus wissenschaftlichen oder aus künst-
lerischen Interessen sich der Projektion bedienen,
ein nützlicher Führer sein.
Karl Schaum.
(Eingegangen 16. Februar 1902.)
J.M. Pernter, Meteorologische Optik. I. Ab-
schnitt, gr. 8^. VIII u. 54 S. mit Figuren.
Wien, Wilhelm Braumüller. 1902. M. 1,80.
Gewissermassen im Anschluss an das Hand-
buch der Meteorologie von J. Hann beab-
sichtigt der Verf. ein Werk zu schaffen, welches
die Beschreibung und Theorie aller der sehr
mannigfaltigen optischen Erscheinungen geben
soll, die bei dem Durchgange des Lichtes durch
die Atmosphäre der Erde zu stände kommen,
sei es durch die regelmässigen Brechungsvor-
gänge oder durch Veranlassung von Beimischung^en
der Luft oder durch Reflexe an solchen. Das
sehr umfangreiche und z. T. noch recht wenig^
der exakten Forschung unterzogene Gebiet dieser
Phänomene gedenkt der Verf. in einem etwa
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17
399
30 Bogen starken Werke zu behandeln. Das
erste Heft desselben liegt seit einiger Zeit
vor und wurde der Centralanstalt für Meteorol. j
und Erdmagnet, zum 50jährigen Bestehen ge-
widmet. — Dieses Heft behandelt zunächst
die „scheinbare Gestalt des Himmelsgewölbes ;
und einige damit zusammenhängende Erschei-
nungen'*. Wir werden nach dem Erscheinen
weiterer Hefte auf deren interessanten Inhalt
wieder zurückkommen und denselben eingehen-
der zu besprechen haben. L. Ambro nn.
(Eingegangen l6. März 1902.)
Fr. Ristenpart, Verzeichnis von 336 Stern-
katalogen, gr. 8^. 41 Seiten. Breslau, Eduard
Trewendt. 1901. Mk. 2, — .
Das vorliegende Heft ist eine erweiterte
Sonderausgabe aus dem „Handwörterbuch der
Astronomie" und kommt besonders einem leb-
haften Wunsche der Astronomen vom Fach
entgegen, da es in übersichtlicher Anordnung
alle die Sternkataloge zusammenstellt, welche
im Laufe von nahe 2000 Jahren von den Astro-
nomen aller Völker verfasst worden sind.
Das erste einigermassen vollständige Ver-
zeichnis dieser Art wurde von dem Astronomen
K nobel 1880 herausgegeben; dasselbe enthält
aber nur die bis 1875 erschienenen Verzeich-
nisse, seitdem sind aber so viele neue und be-
sonders genaue und wertvolle Kataloge be-
arbeitet worden, dass ein neues Verzeichnis
dringend nötig wurde. Der Verfasser hat seine
Aufgabe, die sich ihm in Verfolg seiner Studien
zur „Geschichte des Himmels" selbst als
wünschenswert erwies, in bester Weise ge-
löst. Das Verzeichnis führt 336 Einzelkataloge
auf, welche zusammen die genauen Orte von
970440 und die genäherten Orte von i 115 384
Sternen enthalten. L. Ambro nn.
(Eingegangen 16. März 1902.)
A. Miethe, Lehrbuch der praktischen Photo-
graphie. IL verbesserte Auflage, gr. 8^.
VIII und 445 S. Mit 180 Abbildungen.
Halle a. S., Wilhelm Knapp. 1902. M. 10,—.
Die zweite Auflage des Mietheschen Lehr-
buches ist, wie die 1895 erschienene erste Auf-
lage, vornehmlich fiir die lernenden und fiir
die fortgeschrittenen berufsmässigen Photogra-
phen berechnet. Das Werk ist in 7 Abschnitte
geteilt, welche folgende Gebiete behandeln:
I. Das Licht in der Photographie; 2. Die Chemie
der photographischen Prozesse; 3. Die photo-
graphischen Apparate; 4. Negativ- und Positiv-
prozesse; 5. Reproduktion und Vergrösserung;
6. Orthochromatische Photographie und Photo-
graphie bei künstlichem Lichte; 7. Die photo-
graphische Ästhetik im Atelier und im Freien.
Da, wie gesagt, das Lehrbuch vornehmlich
ftir den Praktiker bestimmt ist, mussten natur-
gemäss die physikalischen und chemischen Grund-
lagen der photographischen Prozesse möglichst
knapp und elementar gehalten werden, während
die Ausfuhrungen über Eigenschaften, Prüfung
und Behandlung der Linsensysteme, die Be-
schreibung der photographischen Apparate und
der Arbeitsräume, sowie die Schilderungder Tech-
nik der Aufnahme, der Negativ-, Positiv- und
Reproduktionsverfahren ausgiebig gestaltet wur-
den. Die übersichtlichen und klaren Darstellungen
werden ohne Frage nicht nur von dem Berufs-
photographen, sondern von jedermann, der sich
aus wissenschaftlichen oder künstlerischen Inter-
essen eingehender mit der Photographie beschäf-
tigt, mit grossem Nutzen studiert werden. Nament-
lich wird sich Miethes Lehrbuch allen Natur-
wissenschaftern, Medizinern und Philologen, auf
unseren Universitäten, in deren Vorlesungs-
verzeichnissen wissenschaftlich - photographische
Übungen leider kaum zu finden sind, als ein
reichhaltiger und zuverlässiger Ratgeber er-
weisen. K. Schaum.
(Eingegangen 26. April 1902.)
Morris W.Travers, The experimental study
of gases (Das experimentelle Studium der
Gase). VIII und 323 S. London, Macmillan
& Co., Ltd. 1901. IG sh. —
Das vorliegende Buch, dem kein geringerer
als Ramsay einige Worte zur Einfiihrung mit-
gegeben hat, enthält in seinem ersten Teil
(Chap. I — VIII) eine ausführliche Angabe des
beim Experimentieren mit Gasen erforderlichen
Instrumentariums; es bespricht die hierbei not-
wendig werdenden Manipulationen der Rein-
darstellung, Sammlung und Aufbewahrung der
Gase sowie der Volummessung im allgemeinen.
Wenn die Darstellung auch manchmal etwas
in die Breite geht, so sei dabei doch nicht
vergessen, dass vieles, was auf den ersten Blick
als unbedeutende Kleinigkeit erscheint, in Wirk-
lichkeit zum Gelingen des ganzen Versuches
wesentlich erforderlich ist, und man darf dem
Verfasser dankbar sein, dass er gerade auf die
Details ausführlich eingegangen ist.
Nach einem kurzen Abschnitt über Gas-
analyse und über die Zusammensetzung der
atmosphärischen Luft geht der Verfasser zu den
Gasen der Heliumgruppe über und bespricht
eingehend deren Reindarstellung und Trennung.
Als Übergang zur Gasverflüssigung im grossen
werden die Beziehungen von Druck, Temperatur
und Volum eingehend behandelt. Der Abschnitt
über die Gasverflüssigung ist — entsprechend
der ganzen Anlage des Buches — historisch
400
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 17.
gegliedert. Im weiteren folgen Kapitel über
die kritischen Konstanten, Löslichkeit von Gasen
in Flüssigkeiten, spezifische Wärme, Diffusion,
Brechungsvermögen und Spektralanalyse von
Gasen. Als Anhang sind Tabellen der Siede-
punkte bei verschiedenen Drucken für Flüssig-
keiten angegeben, deren Dämpfe sich zur Her-
stellung von Bädern konstanter Temperatur
eignen.
Das Buch, dessen Text durch zahlreiche
Abbildungen gut erläutert wird, erscheint in
hervorragendem Masse geeignet, zur Einführung
in das Experimentalstudium der Gase zu dienen,
gleichzeitig bietet es eine willkommene Übersicht
über die wichtigsten Thatsachen, welche gegen-
wärtig auf dem betr. Gebiet bekannt sind.
Carl Forch.
(Eingegangen 28. April 190a.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
Homemann, M., Ucber Töne an Kontakten. Sep.-Abdr.
aus den Annalen der Physik. IV. Bd. 7. 1902. Mit 8 Fi-
guren. 8. 20 S. Leipzig, Johann Ambrosius Barth.
Kistner, Alfred, Schaltungsarteu und Betriebsvorschriften
elektrischer Licht- und Kraftanlagen unter Verwendung
von Akkumulatoren. Zum Gebrauche für Maschinisten,
Monteure und Besitzer elektrischer Anlagen, sowie fiir
Studierende der Elektrotechnik. Mit 81 in den Text ge-
druckten Figuren. 8. VIII u. 210 S. 1901. Berlin, Julius
Springer. Gebunden M. 4, — .
Ostwalds Klassiker der exacten Wissenschaften, kl. 8. Ge-
bunden. Leipzig, Wilhelm Engelmann.
Xo. 124. Helmholtz, H., Abhandlungen zur Thermo-
dynamik chemischer Vorgänge. Herausgegeben von Max
Planck. 84 S. 1902. M. 1,40.
No. 125. Mayow, John, Untersuchungen über den Sal-
peter und den salpetrigen Luftgeist, das Brennen und das
Athmen. Herausgegeben von F. G. Donnan. Mit einem
Portrait und 6 Figuren. 56 S. 1901. M. i, — .
No. 1 26. F a r a d a y, Michael,Experimental-Untersuchungen
über Electricität. Herausgegeben von A. J. von Oetlingen.
IX. bis XL Reihe (1835). Mit 15 Figuren im Text. 106 S.
1901. M. 1.80.
No. 128. XII. und XIII. Reihe (1838). Mit
2Q Figuren im Text. 133 S. 1901. M. 2, — .
Pp. Rüdorffs Grundriss der Chemie fiir den Unterricht an
höheren Lehranstalten. Völlig neu bearbeitet von
Robert Lüpke, Oberlehrer am Dorotheenstädtischen Real-
gymnasium zu Berlin. Mit 294 Holzschnitten und 2 Tafeln.
Zwölfte Auflage, gr. 8. XIV u. 532 S. 1902. Beriin, H. W.
Müller. M. 5,—.
Wagenmann, Adolf, Künstliches Gold. Entdeckung eines
auf Grund neuerer wissenschaftlicher Anschauungen be-
ruhenden Verfahrens zur Umwandlung der Stofle. Für
jedermann verständlich dargestellt, gr. 8. 72 S. 1902.
Stuttgart, Schwabachersche Verlagsbuchhandlung. M. i.$o.
Tagesereignisse.
Ein Gauss-Archiv, in welchem unter anderem der hand-
schriftliche Nachlass des grossen Gelehrten untergebracht ist,
wurde in den alten Gauss-Zimmern der Göttinger Sternwarte
errichtet. Die Archivräume sind durch die Verlegung des
geophysikalischen Institutes aus der Sternwarte in das neue
Gebäude auf der Höhe des Hainberges gewonnen worden.
Die Akademie der Wissenschaften zuChristiania
feiert im September den auf den 5. August fallenden 100. Ge-
burtstag des Mathematikers Niels Abels. An der Feier
werden zahlreiche gelehrte Körperschaften teilnehmen, ins-
besondere die seit 1900 bestehende Akademien- Assoziation,
zu der auch die norwegische Akademie gehört.
Die John Hopkins-Universität in Baltimore wird sämt-
liche Arbeiten von Prof. Henry A. Rowland gesammelt
herausgeben, mit der Gedächtnisrede von Prof. Mendenh oll
und einem Porträt Rowlands. Der Bezugspreis bei V^oraus-
bestellung beträgt M. 21, — . Die Bestellungen sind an Prof.
Joseph S. Am es, John Hopkins University Baltimore,
Maryland U. S. A. zu senden.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Die Leitung der organischen und anorganischen Ab-
teilung des Tübinger chemischen Laboratoriums wurde für
das Sommer-Semester 1902 dem etatsmässigen Extraordinarius
für Chemie Professor Dr. Karl Bülow Übertragen. Prof.
Bülow wird auch die von dem verstorbeneu früheren Vor-
stande Prof. V. Pechmann angekündigte Vorlesung über
organische ExperinientaTchemie abhalten. Privatdozent Dr.
Dimroth wird die von dem ins Reichsgesundheitsamt be-
rufenen Prof. Paul sonst abgehaltene Vorlesung über ana-
lytische Chemie übernehmen.
Einen Preis von 20000 Francs hat die Pariser Aka-
demie (Institut de France) aus der Desbrousses-Stiftung dem
Gelehrten-Ehepaar Curie zuerkannt. Es ist dabei der be-
sondere Wunsch ausgesprochen worden, dass diese Summe
zur Fortsetzung der für die Wissenschaft so überaus bedeut-
samen Forschungen über das Radium und die anderen strahlen-
aussendenden Mineralien verwandt werden möchte.
In Utrecht starb der Professor der Mathematik und
Naturwissenschaften an der Universität Dr. V. A. Julius im
Alter von 61 Jahren.
Der bisherige Privatdozent filr Mathematik an der Uni-
versität Strassburg , Dr. Emil Timerding aus Strassburg,
wurde als Oberlehrer an der oldeuburgischen Navigations-
schule zu Elsfleth angestellt und hat deshalb auf die venia
legendi verzichtet. Timerding hat der mathematischen Fa-
kultät zu Strassburg seit 1897 angehört.
Der Honorar-Professur der Mathematik an der Universität
Heidelberg, Cantor, wurde zum Geheimen Hofrat, der
ordentliche Professor der Physik an der Universität Frei-
burg, Himstedt, der ordentliche Professor der Astronomie
an der Universität Heidelberg, Valentiner, und der ordent-
liche Professor der Mathematik an der Technischen Hoch-
schule Karlsruhe, Wedekind, zu Hofräten ernannt.
Der Vorstand der Deutschen elektrochemischen
Gesellschaft hat in Verwirklichung einer seit längerer Zeit
bestehenden Absicht bei der diesjährigen Hauptversammlung
in Würzburg beschlossen, einen Sachverständigen zum Stu-
dium des elektrochemischen Unterrichts und der elektro-
chemischen Technik nach den Vereinigten Staaten zu ent-
senden. Der Auftrag ist dem a.-o. Prof. F. Haber erteilt
worden. Die Kosten der Reise werden aus einer Zuwendung
bestritten, die der bisherige Vorsitzende der Gesellschaft,
Prof. J. H. van't Hoff, zu diesem Zwecke gemacht hat.
Der Professor der Experimentalphysik an der Universität
Klauseuburg, Anton Abt, ist im Alter von 74 Jahren ge-
storben, in Freiburg i. Br. am 14. d. M., 60 Jahre alt, der
Chemiker Professor Dr. Ferdinand Wibcl, der von
1878 bis 1893 das von seinem Vater begründete chemische
Staatslaboratorium in Hamburg geleitet hat, in Leipzig Pro-
fessor Dr. Rudolf Arendt, Redakteur des Chem. Ceniral-
blattes.
Der Privatdozent an der Bergakademie in Leoben, H. Frhr.
Jüptner v. Johnstorff, wurde zum ordentlichen Professor
der chemischen Technologie anorganischer Stoffe .in der
Technischen Hochschule in Wien ernannt.
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Göttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. i8.
15. Juni 1902.
Redaktionsschluu fUr No. 19 am 18. Juni 1902.
3. Jahrgang.
Originaimitteilungen :
S. Sano, Über Maguetostriktiou von
Krystallen ohne Hysteresis. S. 401.
J. Stark, lonenenergie gasförmiger
Elemente, metallischer Zustand, Vor-
zeichen der elektrolytischen Disso-
ziation. S. 403.
E. Riecke, Zeemaneifekt und Elek-
tronenladuDg. S. 407.
R. Börnsteiu, Bemerkung über die
Messung der luftelektrischen Zer-
streuung bei Ballonfahrten. S. 40S.
Vorträge und Reden.
A. Righi, Über die Frage des durch
INHALT.
die elektrische Konvektion erzeugten
Magnetfeldes und Über andere ähn-
liche Fragen. I. S. 409.
Referate:
Bericht über die IX. Hauptversammlung
der Deutschen ElektrochemischenGe-
sellschaft in Wtlrzburg. S. 414
M, Rudolphi, Die Molekularrefrak-
tion fester Körper in Lösungen mit
verschiedenen Lösungsmitteln. S. 42 1.
Besprechungen:
W. v. Bezold, Theoretische Betrach-
tungen über die Ergebnisse der
wissenschaftlichen Luftfahrten des
deutschen Vereins zur Förderung
der Luftschiffahrt in Berlin. S. 422.
G. Keppeler, Chemischer Führer
durch die Industrie- und Gewcrbe-
ausstellung. Düsseldorf 1 902. S.423.
M. V. Pettenkofer, Über Ölfarbe
und Konservierung der Gemälde-
Galerien durch das Rcgencrations-
Verfahren. 2. Auflage S. 424.
H. B. de Saussure, Versuch Über
die Hygrometrie. 2. Heft. S. 424.
Eingegangene Schriften. S. 424.
Personallen. S. 424.
Berichtigungen. S. 424.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Über Magnetostriktion von Krystallen ohne
Hysteresis.
Von S. Sano.
Theoretische Diskussionen der Elektro- und
Magnetostriktion allotroper Körper sind von
Hertz'), Heaviside'^) und Pockels^) ange-
stellt worden. Doch diese Diskussionen be-
schränkten sich auf den wichtigsten Fall, dass
nämlich die magnetische Polarisation eine lineare
Funktion der magnetischen Kraft ist. Das Pro-
blem lässt sich leicht auf den Fall ausdehnen,
wo die Beziehungen zwischen den beiden Vek-
torarten verwickelter sind, vorausgesetzt, dass
in dem betrachteten Mittel keine magnetische
Hysteresis vorhanden ist.
Der Hauptgegenstand dieser Arbeit ist die
Aufstellung der Ausdrücke für die vom magne-
tischen Felde herrührende mechanische Kraft pro
Volumeinheit eines derartigen Mediums.
Ich beschränke mich auf die Untersuchung
isothermer Veränderungen und unendlich kleiner
Zugkräfte. Ebenso will ich annehmen, dass
im System keine elektrischen Ströme vorhan-
den sind. *
Betrachten wir ein System, bestehend aus
einem permanenten Magneten, dem magnetischen
Krystall und aus Lufl, die diesen vollständig
umgiebt. Wir können in geeigneter Weise an-
nehmen, dass der Krystall durch kontinuier-
liche Veränderung seiner Eigenschaften durch
eine dünne Übergangsschicht an der Grenze des
festen Körpers hindurch in Lufl übergeht, und
zwar können wir diese Übergangsschicht als
zum festen Körper gehörig ansehen.
1) Hertz, Wied. Ann. 41, 369, § 6, 1890. — Ausbreitung
der elektrischen Kraft, S. 275, 1892.
2) Heaviside, Proc. Roy. Soc, L, 1891. — Phil. Trans.,
A, 1892. — Collected Papers, 2, 521, 189a.
3) Pockels, Arch. d. Math. u. Phys., (2), 12, 57, 1894.
Es sei W die gesamte Arbeit, die von
äusseren Kräften zur Magnetisierung des be-
trachteten Systems ausgeführt wird, und es
mögen x»«» X/, X die Werte des Integrals
/
(ada + ßdö + yäc)
bezw. für den permanenten Magneten, die Lufl
und den Krystall bedeuten. Hier sind a, ß, y
und a, b^ c bezw. die Komponenten der magne-
tischen Kraft und der magnetischen Induktion;
die untere Grenze des Integrals ist so gewählt,
dass es gleichzeitig mit a, /9, 7 verschwindet.
Der feste Körper erfahre eine virtuelle, un-
endlich kleine Verrückung rf//, öv^ öw^ die stetig
von Punkt zu Punkt variiert, während der per-
manente Magnet und die Luft in Ruhe ver-
bleiben.
Dann ist die Variation von W während der
virtuellen Verrückung
WO dx,nt dxi^ dx bezw. die Volumelemente von
Magnet, Luft und Krystall sind.
Wenn wir
4jr
'bda . lob , I6c\
mit dem magnetischen Potential multiplizieren,
das Resultat über den ganzen Raum integrieren
und das schliessliche Ergebnis vom obigen
Ausdruck für d W abziehen, erhalten wir
(JJF= ^ {{6x — {a6a^ßöb^y6c)\dx.
Nun kann man die Variation 6 als aus vier
Teilen bestehend betrachten: erstens, die Varia-
tion, die von der blossen Parallelverschiebung
des Elementarteilchens im Punkte (;r, j, z) her-
402
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
rührt; zweitens, die ausschliesslich von der
Rotation des Elementarteilchens herrührende;
drittens, die Variation, die auf Rechnung der
von der virtuellen Verrückung hervorgebrachten
Torsionsänderung kommt; und schliesslich die
von der Veränderung von «, j?, 7 herrührende
Variation. Diese vier Teile mögen bezw. mit
^i# ^2> ^3> ^4 bezeichnet werden.
Dann kann man obige Gleichung schreiben:
(,) 6w -^f{^iy> + ^,V^ + 6,tl^)äT,
V> =f{ada -\- bdß + c dy),
wobei die untere Grenze wieder so zu wählen
ist, dass das Integral mit a, ß, y gleichzeitig
verschwindet.
Unter vorliegender Annahme können wir
schreiben
■) + V'6(
+
wo %, i/'i , , % von den Zugkomponenten
unabhängige Funktionen von «, ß, y bedeuten.
Setzen wir
^^= ha ' ^"~"öj' ''^~iy'
Da das Teilchen im Punkte {x — <5 //, j/ — öv,
z — ^w) nach der virtuellen Verrückung den Punkt
{x,y, z) einnimmt, ist
wo
öi/>
die Diflferentialkoeffizienten von tp sind, wenn
magnetische Kraft- und Zugkomponenten wäh-
rend der Differenziation konstant erhalten werden.
Angenähert ist jedoch
ö ipo (Itf)
ix
-(t:-i+
«0
ha
ix
hß
ör
+ ^ r:;; + <^o V- •
hx
ixj»+Vx^'^''^+:f/^o''^+
ix
öjfo«)
is
woraus wir erhalten
ö (ao a — V'o) ö
(2) + [^^- U ^) + j^^ {6, ß- fo) + j^„ {Co ß)Uv
Es mögen «^2^» ^2j^> ^^-s^ ^ie Komponenten
der Variation ^2 bedeuten, die den drei Rota-
tionskomponenten Ox^ ßy^ Sz entsprechen,
welche das Elementarteilchen infolge der vir-
-•tuellen Verrückung erfährt. Da laut der ge-
machten Annahme während der virtuellen Ver-
rückung das Magnetfeld als unveränderlich
anzusehen ist mit Bezug auf den absoluten
Raum, wenn wir die Variation ^2 betrachten,
so erfährt das Elementarteilchen durch die
Rotationskomponente Ox um die Jf- Achse
dieselbe Einwirkung von der magnetischen Kraft
wie in dem Falle, wo das Elementarteilchen
keine Rotation ausfuhrt, sondern die x- und
£r - Komponente der magnetischen Kraft sich
bezw. in ß+yBx und y — ßß x verwandeln,
während die ;r-Komponente desselben Vektors
unverändert bleibt. Folglich ist, da ^ eine
Skalarfunktion ist, annähernd
Also
^..-V.(«.r-..^)(f-t-) +
\ ix öj /'
Ebenso
(3)
iöw
ix ' -^ iy +'PȊJ +'P.
(iöw iöv\ . /öd;/ , iötiA
Vr, + i. ) + '^^ U + -ix) + '^'
iöt
V i6u\
ix "^ iy)
(4)
Infolge von (2), (3) und (4) erhält man aus
(i) durch partielle Integration
i\V=
ir/ilsU'^»"-'^«-'^'
+
'/2 («0 ß—ha) — Ve) +^{ '/j (.Co « + <ior) — Vs]}
*' + { e^i('/2 K /? + *o «) + »Pe) + -|-
{bo ß-%- fh )+ j"'-^ \i {l>o 7 + coß) — ftu)\ dv +
{ Vr ( ' '' ^'' " + '^o y) ~ '''*) + g- - ( Vi (^0 y + ro ^
da an der Oberfläche des Krystalls
«0 = «, bo=ß, Co = 7, «fo = 'hi = ... = «>'6 = o.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
403
Aber
wo A, H^ Z die Komponenten der vom Mag-
netfelde herrührenden mechanischen Kraft pro
Volumeinheit sind. Folglich erhalten wir durch
Vergleich der beiden letzten Ausdrücke für 6 IV
(oo /? + ^0 «) — %] + "3 - ( '/i (<^o «+«o7)
(5)
4JC {
Wenn A^, ßa die Zugkom-
ponenten im Äther bedeuten, dann ist
ix öj/ hc *
was in Verbindung mit (5) giebt
4JC
Bz = Cy = j^{-bor — c^ß+2%),
Offenbar ergeben sich die Ausdrücke für
die Komponenten der Oberflächenzüge pro
Flächeneinheit, die vom Magnetfelde herrühren
und an der Grenzfläche zweier verschiedener
Medien wirksam sind, leicht aus (5) und (6).
Da die magnetische Kraft ein Axialvektor
ist, lassen sich die Krystalle je nach den ver-
schiedenen Formen von ti; in elf verschiedene
Gruppen einteilen. Im Falle eines isotropen
Mediums ist
o
H
t/;^ = _ 4 :t^k' HdH— 2 n k" a},
tl'4 = — 2 Jr ^* /S 7,
wo k die Susceptibilität, k' und k'' die Span-
nungskoeffizienten und H die Intensität der
magnetischen Kraft bedeuten. Dieses Resultat
erhält man leicht vermittelst der Erwägung,
dass die Richtung der magnetischen Kraft eine
unendlich vielzählige Symmetrieachse ist.
Phys. Institut zu Tokyo, März 1902.
(Aus dem Englischen übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen 30. April 1902.)
lonenenergie gasförmiger Elemente,
metallischer Zustand, Vorzeichen der elektro-
lytischen Dissoziation.
Von J. Stark.
1. Prinzipien der Theorie der Ionisie-
rung durch lonenstoss. — In mehreren in den
Annalen der Physik veröffentlichten Abhand-
lungen ^) wurde die Theorie der Ionisierung von
Gasen durch lonenstoss entwickelt. Unterdessen
sind von verschiedenen Seiten 2) Versuche ver-
öffentlicht worden, welche einerseits zum Teil
im Einklang stehen mit den entwickelten theo-
retischen Anschauungen, andererseits zum Teil
durch die Theorie erst in das rechte Licht ge-
rückt werden. Jene Versuche und die auf ihnen
ftissenden theoretischen Entwicklungen dürfen
für die experimentelle und theoretische Forschung
eine weittragende Bedeutung beanspruchen.
Die Grundgedanken der Theorie der Ioni-
sierung durch lonenstoss sind folgende. Ein
bewegtes Ion vermag mit seiner kinetischen
Energie durch seinen Stoss ein neutrales Gas-
teilchen in ein freies positives und negatives
Ion zu zerlegen. Nach der Ionisierung besitzen
die zwei Ionen in Bezug aufeinander infolge
der Änderung ihrer Lage eine potentielle Energie
von ganz bestimmtem Betrage, die lonenenergie.
Die Arbeit, welche bei der Ionisierung aufge-
wendet wird, heisst lonisierungsarbeit und wird
geleistet von der kinetischen Energie des stos-
senden Ions; sie muss grösser oder mindestens
gleich sein der lonenenergie. Die zur Ionisie-
rung notwendige kinetische Energie gewinnt
ein Ion, indem es eine Spannungsdifferenz
AV/iva elektrischen Felde frei ohne Zusammen-
stoss durchläuft. Das Minimum dieser Span-
nungsdifferenz A Vnt , das zur Leistung der lonisie-
rungsarbeit gerade ausreicht, heisst lonisierungs-
spannung. Die Ionisierung kann sich vollziehen
im Gasinnern oder in der Grenzschicht des Gases
gegen ein Metall, noch innerhalb der Wirkungs-
sphäre der Metallteilchen; in diesem Fall ist
die lonisierungsspannung und somit auch die
lonenenergie kleiner als in jenem Fall. Die
lonisierungsspannung des negativen Elektronions
ist dank seiner geringen Masse beträchtlich kleiner
als diejenige des positiven Ions.
2. Bedeutung der Ionisierung durch
lonenstoss für die Erforschung der elek-
trischen Selbstentladung und der selb-
ständigen Strömung. — Die Gase nehmen
als Leiter des elektrischen Stromes gegenüber
i) Ann. d. Physik, 4, 402, 1901; 7, 417, 919, 1902;
8, Juliheft 1902.
2) J. S. Townsend, Phil. Mag. (6) 1, 198, 1901; J. S.
Townsend u. P. J. Kirkby, Phil. Mag. (6) 1, 630, 1901 ;
J. A. Mc. Clelland, Proc. Cambridge Soc. 11, 296, 1901 ;
P. J. Kirkby, Phil. Mag. (6) 3, 212, 1902; Ph. Lenard,
Ann. d. Physik, 8, 188, 1902.
1/
404
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
den gewöhnlichen metallischen und elektroly-
tischen Leitern eine Ausnahmestellung ein. Das
Verständnis der elektrischen Strömung in Gasen
hat auszugehen von der Erkenntnis jenes Unter-
schiedes.
Die gewöhnlichen metallischen und elektro-
lytischen Leiter besitzen von vornherein ohne
künstliche Energiezufuhr von aussen Ionisation
(freie Ionen in der Volumeneinheit); bei Gasen
ist die Selbstionisation bei Ausschluss künst-
licher Energiezufuhr von aussen gering, sie ver-
halten sich darum unter gewöhnlichen Umständen
wie Isolatoren. Die Überführung eines Gases
aus dem nichtionisierten in den ionisierten Zu-
stand bedeutet eine Zustandsänderung, speziell
eine Lageänderung positiver und negativer Ele-
mentarquanten; wie jede mit einer Vermehrung
der potentiellen Energie verknüpfte Zustands-
änderung verzehrt die Ionisierung von Gasen
Energie.
Die zur Ionisierung notwendige Energie kann
einem Gase erstens sekundär von aussen zuge-
führt werden. Als sekundäre Ionisatoren von
Gasen sind bis jetzt bekannt hohe Temperatur,
Röntgen-, Becquerel-, ultraviolette Strahlen. Ein
sekundär ionisiertes Gas verhält sich hinsicht-
lich der Stromleitung wie ein gewöhnlicher
Leiter mit Selbstionisation ; bei Ausschluss innerer
elektromotorischer Gegenkräfte ist bei beliebig
kleiner Elektrodenspannung eine elektrische Strö-
mung durch dasselbe möglich.
Die zur Ionisierung notv/endige Energie kann
einem Gase zweitens von einem in ihm liegenden
elektrischen Spannungsfelde zugeführt werden;
dies geschieht dadurch, dass sekundär vorhandene
Ionen eine Spannungsdifferenz frei durchlaufen,
dabei elektrische Energie an sich in kinetischer
Form ansammeln und dann ein neutrales Teil-
chen in freie Ionen durch ihren Stoss zerlegen.
Solange auf der freien Weglänge der wenigen
sekundär vorhandenen Ionen nicht die lonisie-
rungsspannung der betreffenden Ionen liegt, so-
lange ist in der betreffenden Gaspartie keine
Ionisierung durch lonenstoss möglich, solange
verhält sich das Gas wie ein Isolator, indem es
keine beträchtliche Stromleitung ermöglicht.
Der Übergang aus dem nichtionisierten in den
ionisierten Zustand infolge der Wirkung des
lonenstosses ist die elektrische Selbstentladung.
Eine Srömung, welche unabhängig von einem
sekundären Ionisator vermöge der elektrischen
Energie ihres eigenen Feldes durch den Stoss ihrer
Ionen selbst ihre Ionisation sich schafft und auf-
recht erhält, heisst selbständig. Sie ist von der
unselbständigen Strömung in den sekundär ioni-
sierten Gasen und in den gewöhnlichen metal-
lischen und elektrolytischen Leitern prinzipiell
verschieden ; sie ist nämlich nur oberhalb eines
gewissen Minimums der Elektrodenspannung
(Minimalspannung) möglich.
Man versteht, dass die Analyse der elek-
trischen Selbstentladung (Ann. d. Physik 7, 919,
1902), der selbständigen Strömung (Ann. d.
Physik 7, 417, 1902), der gemischt unselbstän-
digen Strömung (Ann. d. Physik, Juliheft 1902)
und des Einflusses der Temperatur auf die
lonisirung (Ann. d. Phys,, Juliheft 1902) nur
auf Grund der lonenstosstheorie möglich sein
wird. Die experimentelle Erforschung der in
Betracht kommenden Erscheinungen gewinnt
durch diese Theorie weitreichende Gesichts-
punkte und dankenswerte Aufgaben.
3. Bedeutung der Ionisierung durch
lonenstoss für das elektrische Leuchten
der Gase. — Gegenwärtig vertritt ein Teil der
Physiker weit auseinandergehende Ansichten
über das Wesen des elektrischen Leuchtens
der Gase, der andere Teil hält eine Erklärung
desselben für verfrüht.
Hat man einerseits erkannt, welche Energie-
mengen die Ionen in Gasen an sich ansammeln,
welch riesige Geschwindigkeit die negativen
Elektronionen gewinnen können, hat man sich
andererseits mit der Vorstellung vertraut ge-
macht, dass durch den Stoss eines mit unge-
ahnter Geschwindigkeit heranschiessenden Ions
ein neutrales Atom so mächtig in seinem Ge-
füge erschüttert wird bis zur Lostrennung eines
negativen Elektrons, so kann man sich der
Frage nicht mehr erwehren, ob nicht bei der
Ionisierung durch lonenstoss an dem zurück-
bleibenden Atomion durch die sehr schnell
verlaufende Änderung der elektromagnetischen
Felder seiner Elektronen elektromagnetische
Ausstrahlung verursacht wird.
An anderer Stelle soll der Zusammenhang
zwischen der Ionisierung durch lonenstoss und
dem elektrischen Leuchten der Gase dargelegt
werden. Hier genüge der Hinweis auf folgende
zwei Thatsachen. In einem elektrisch durch-
strömten Gase tritt an einer Stelle das elek-
trische Leuchten erst dann in merklicher Stärke
auf, wenn dort die Ionisierung durch lonenstoss
beginnt. Ist ein Gemisch von zwei Gasen vom
Glimmstrom durchflössen, so ist bei höherem
Druck nur das Spektrum desjenigen Gases wahr-
zunehmen, für welches die lonisierungsspannung
des negativen Elektronions kleiner ist, wel-
ches also leichter ionisiert wird.
4. Mittlere freie Weglänge der Ionen
und lonisierungsspannung als neues Cha-
rakteristikum für Gase, Kathodenfall als
neues Charakteristikum für Metalle. —
Wir müssen jedes neue Charakteristikum der Ma-
terie willkommen heissen; einerseits bedeutet
es an sich eine Bereicherung der Erkenntnis
der physikalischen Erscheinungswelt, anderer-
seits wirft es^ unter Umständen auf andere
schon bekannte Eigenschaften oder Beziehun-
gen ein aufklärendes Licht. Als neue Eigen-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
405
Schaft der Gase haben wir die mittlere freie
Weglänge der Ionen in ihnen zu betrachten,
sowohl diejenige des positiven, wie diejenige
des negativen Ions; beide sind voneinander
und von derjenigen des Moleküls verschieden.
Untersucht muss werden die Abhängigkeit der
mittleren freien Weglänge von dem Gasdruck,
der Geschwindigkeit und der Temperatur.
Ein ungleich wichtigeres Charakteristikum
stellen die lonisierungsspannungen für ein Gas
dar. Es existieren deren für ein jedes Gas im
ganzen vier; die lonisierungsspanhung des posi-
tiven und des negativen Ions je im Gasinnern
und in der Grenzschicht gegen ein Metall.
Aus den bis jetzt vorliegenden in dieser Hin-
sicht recht kümmerlichen Messungen seien fiir
die lonisierungsspannung des negativen Elek-
tronions im Gasinnern folgende ungefähre Werte
entnommen: Wasserstoff 33, Stickstofif45, Sauer-
stoff 50 Volt; noch kleiner als in Wasserstoff
ist die lonisierungsspannung in Quecksilber-
dampf und wahrscheinlich im Dampf sämtlicher
anderer Metalle.
Die lonisierungsspannung des positiven
Ions für ein Gas gegen ein Metall ist gleich
dem normalen Kathodenfafl. In ihr zeigt sich
ein eigentümlicher Einfluss der Metallteilchen
auf die Ionisierung eines Gases in ihrer Wir-
kungssphäre. Der normale Kathodenfall er-
scheint darum sowohl für ein Gas wie für ein
Metall als ein ganz eigenartiges Charakte-
ristikum.
5. lonenenergie der Elemente im gas-
förmigen Zustand. — Die Untersuchung der
Kathodenstrahlen in verschiedenen Gasen hat
ergeben, dass die negativen Elektronionen in
den verschiedenen Fällen gleichartig sind. Die
Untersuchung der aus einem Metall ') durch
ultraviolette Bestrahlung frei gemachten nega-
tiven Elektronionen hat für diese Übereinstim-
mung mit denjenigen in Gasen ergeben. Dadurch
erscheint die Hypothese motiviert, dass alle
chemischen Elemente wenigstens ein negatives
Elektron in ihrem Gefüge besitzen, das in ihnen
allen die gleiche Masse und elektrische Ladung
besitzt.
Ein Charakteristisches Unterscheidungsmerk-
mal stellt für die verschiedenen chemischen
Elemente das Atomgewicht und das Spektrum
dar. Für die Erforschung und das Verständnis
der physikalischen und chemischen Eigen-
schaften der Elemente wird die Einführung
und das Studium eines dritten charakteristi-
schen Merkmals von einer weittragenden Be-
deutung sein. Dies ist die lonenenergie, d. h.
die Differenz potentieller Energie des allen
I) Vergl. E. R i ecke, Elektronentheorie der Metalle. Wied.
Ann. ee, 357, 1899.
Elementen gemeinsamen negativen Elektrons
im freien und im gebundenen Zustande.
Die lonenenergie des negativen Elektrons
in Bezug auf ein positives Atomion ist, wie an
anderer Stelle bereits dargelegt wurde, ab-
hängig von der Art des Mediums, in dem sich
das Elektron zusammen mit seinem Atomion
befindet. Den grössten Wert besitzt sie im
reinen Äther (Dielektrizitätskonstante Eins).
Da die Dielektrizitätskonstante schwach ioni-
sierter Gase nur wenig von Eins verschieden
ist, so ist die lonenenergie der Elemente im
gasförmigen Zustande nur wenig kleiner als die
auf den reinen Äther bezogene lonenenergie.
Nun besitzen wir zwar bis jetzt noch kein
Mittel, die lonenenergie selbst für die verschie-
denen Elemente im gasförmigen Zustand zu
bestimmen. Indes können wir doch obere
Grenzwerte für dieselbe angeben. Wie schon
oben gesagt wurde, ist die lonisierungsarbeit
grösser oder mindestens gleich der lonenenergie;
die lonisierungsarbeit ist aber gleich der loni-
sierungsspannung. Da die lonisierungsspannung
des negativen Elektronions die kleinste bis jetzt
bekannte lonisierungsarbeit ist, so stellt sie eine
obere Grenze der lonenenergie der verschiede-
nen Elemente im gasförmigen Zustand dar.
Wir dürfen vermuten, dass die lonenenergie
unter sonst gleichen Umständen um so kleiner
ist, je kleiner die lonisierungsspannung des
negativen Elektronions für das betreffende Ele-
ment ist.
Für die lonenenergie der Elemente im gas-
förmigen Zustand kann bis jetzt folgende von
kleinen zu grösseren Werten laufende Reihe
aufgestellt werden: Metalle (Quecksilber), Wasser-
stoff, Stickstoff, Sauerstoff.
In anderem als im gasförmigen, nämlich im
flüssigen oder festen Zustand ist die lonen-
energie der Elemente kleiner; beeinflusst wird
die lonenenergie eines Elementes auch dadurch,
dass es in Mischung (Lösung, chemische Ver-
bindung) mit anderen Elementen gebracht wird.
Indes werden sich auch in diesen Fällen bei
angenähert gleichen Umständen die Elemente
hinsichtlich ihrer lonenenergie in nahezu der-
selben Reihe ordnen wie im gasförmigen Zu-
stande.
6. Selbstionisation der Elemente, me-
tallischer Zustand. — Die Verschiedenheit der
lonenenergie der verschiedenen chemischen Ele-
mente hat wichtige Folgen in deren physikali-
schem und chemischem Verhalten. Wir beschrän-
ken uns hier darauf, einige Folgerungen für die
Ionisierung oder die elektrische (elektrolytische)
Dissoziierung zu ziehen. Folgende Sätze können
wir vorderhand als Regeln, wenn auch nicht
als ausnahmsfreie Gesetze, aufstellen.
Für verschiedene Elemente ist unter sonst
gleichen Umständen die lonisierungsarbeit um
4o6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
so kleiner, je kleiner ihre lonenenergie ist;
oder aus einem Atom wird um so leichter,
bei Aufwand von um so kleinerer Energie ein
negatives freies Elektron (Elektronion) gewonnen,
je kleiner seine lonenenergie ist.
In der Volumeneinheit eines Elementes
(Metalles, elementaren Gases) ist bei gewöhn-
licher Temperatur immer ein Teil der Atome
elektrisch dissoziiert oder ionisiert. Diese Selbst-
ionisation hängt einmal von dem Aggregat-
zustande ab, sie ist im flüssigen und festen
Zustande grösser als im gasförmigen, in diesem
ist sie nur mit besonderen Methoden nach-
weisbar. Sodann hängt die Selbstionisation
von der lonenenergie des betreffenden Ele-
mentes ab; unter sonst gleichen Umständen
ist sie um so grösser, je kleiner die lonen-
energie in dem betreffenden Falle ist. Die
grosse Selbstionisation der Metalle im festen
oder flüssigen Zustand erklärt sich daraus, dass
die lonenenergie der Metalle kleiner ist als
diejenige der elementaren Gase (Stickstoff,
Chlor, Sauerstoff u. s. w.) und der übrigen
Metalloide wie Schwefel, Phosphor und Kohlen-
stoff". Der metallische Zustand ist demgemäss
charakterisiert durch die Selbstionisation und
diese wird ihrerseits bestimmt durch die lonen-
energie.
7. Vorzeichen der elektrolytischen Dis-
soziation. -- Die Selbstionisation eines Ele-
mentes (Metalles, elementaren Gases) beruht dar-
auf, dass eine Anzahl ursprünglich neutraler Teil-
chen in ein freies negatives Elektron und ein
positives Restion (Atomion) zerfallen ist. Hier-
bei kann das freie negative Elektron entweder
für sich allein, unbeladen mit fremder neu-
traler Masse (Elektronion) oder gebunden an
ein oder mehrere neutrale Atome (Molion, von
moles = Masse) auftreten.
Die lonenenergie ist, wie schon mehrmals
betont wurde, abhängig von der Art des Me-
diums, in dem sich das betreffende Element be-
findet. Bringt man beispielsweise neutrale Wasser-
stoff-, Sauerstoff-, Stickstoff- oder Metallatome
für sich oder als Bestandteile einer chemischen
Verbindung in Wasser oder eine andere Flüssig-
keit, so wird ihre lonenenergie kleiner. Dieser
Erscheinungist analog die Erniedrigung derlonen-
energie und lonisierungsarbeit durch ein Metall
in einer an sie grenzenden Gasschicht (kata-
lytische Wirkung eines Metalles bei der Ioni-
sierung von Gasen, Ann. d. Physik 7, 419,
433, 1902).
Die Ionisierung (elektrolytische Dissoziierung)
von chemischen Verbindungen (Säuren, Me-
tallsalzen) in Lösungen beruht wie die Selbst-
ionisierung der Elemente darauf, dass sich von
einem elementaren Bestandteil (Atom) der Ver-
bindung ein negatives Elektron loslöst und
jenen elementaren Bestandteil positiv und frei
zurücklässt. Das positive Ion ist darum auch
in diesem Falle ein Atom oder Atomgruppe
(Atomion); das von ihm freiwerdende negative
Elektron bleibt indes nunmehr nicht unbeladen
mit fremder neutraler Masse, sondern wird zu-
meist von dem anderen, negative Elektronen
stärker anziehenden, metalloidalen Bestandteil
der zerlegten chemischen Verbindung festge-
halten; das negative Ion in den gewöhnlichen
Elektrolyten ist darum ein Molion.
Stellt man sich auf den vorstehenden Stand-
punkt, so kann man folgenden Satz aufstellen.
In einer Lösung verliert derjenige Bestandteil
einer chemischen Verbindung leichter sein ne-
gatives Elektron und wird positiv, für welchen
die lonenenergie kleiner ist. Da die Metall-
ionen in Lösungen in der Regel positiv, die
ein oder mehrere Metalloide enthaltende Radi-
kalionen negativ sind, so müssen wir schliessen,
dass für jene die lonenenergie kleiner ist als für
diese; so werden bei der elektrolytischen Disso-
ziierung von HCl, HNO^f HgCl^ die Ionen
H und Hg positiv, Cl und NO^ negativ. Dies
steht in Übereinstimmung damit, dass im gas-
förmigen Zustand die lonenenergie (lonisierungs-
spannung) der Metalle (//; H^ kleiner ist als
diejenige der Metalloide (C7, iV, 0\
8. Schlussbemerkung. —Der Zweck der
vorliegenden Mitteilung ist nicht und kann nicht
sein, auf so beschränktem Räume eine ausführ-
liche, streng geschlossene Theorie zu geben;
für eine solche fehlt zur Zeit noch eine hin-
reichend breite und sichere experimentelle
Grundlage. Der wesentliche Zweck der vor-
liegenden Mitteilung ist, auf die Bedeutung auf-
merksam zu machen, welche die Ionisierung
der Gase durch lonenstoss besitzt, insbesondere
als Eingangsthor in ein neues Land, in die
Energetik des chemischen Atoms.
Göttingen, den i. Mai 1902.
(Eingegangen lo. Mai 1902.)
ZeemanefTekt und Elektronenladung, f^^
Von Eduard Riecke.')
Loren tz ersetzt in seiner elementaren
Theorie des normalen Zeemaneffektes die
lineare Schwingung eines Elektrons durch drei
Komponenten, eine lineare Komponente /,
parallel mit der Richtung der Kraftlinien, zwei
cirkulare Komponenten Cr und ci in einer zu
den Kraftlinien senkrechten Ebene. Er ersetzt
dann die Wirkung des Magnetfeldes auf die ur-
sprüngliche, beliebig orientierte Schwingung
durch seine Wirkung auf die drei Komponenten
so, als ob diese von drei verschiedenen Elek-
trons ausgeführt würden. Wir betrachten zu-
nächst die rechts cirkulare Schwingung Cr^
I) Vorgetragen in der phys. GescUsch. zu Göttingen.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
407
Solange das Feld nicht erregt ist, besteht
Gleichgewicht zwischen der nach dem Mittel-
punkte des Kreises gerichteten Anziehung fr
und der Centrifugalkraft 4^^«^^//; hier be-
zeichnet r den Halbmesser des Kreises, n die
Schwingungszahl, [i die Masse des Elektrons.
Wir erhalten die Beziehung:
4jr2;/2|ti=/
Wird das Feld erregt, und haben die Kraft-
inien die in der Figur gezeichnete Richtung,
so wirkt nach aussen eine elektromagnetische
Kraft von der Stärke ^f§. Hier ist g die
Bahngeschwindigkeit des Elektrons, « seine Lad-
ung, § die Stärke des Magnetfeldes, v die
Lichtgeschwindigkeit. Die Bahn des Elektrons
wird durch die Wirkung des Magnetfeldes er-
weitert; bezeichnen wir den neuen Bahnhalb-
messer mit ri, die neue Schwingungszahl mit
/fi, so ist
g = 2 ^ « r = 2 :7r ;/, rj .
Die Gleichgewichtsbedingung fiir die er-
weiterte Kreisbahn ist:
Setzen wir hier für /den zuvor angegebenen
Wert, so ergiebt sich die Gleichung:
Wenden wir dieselbe Betrachtung an auf
ein links rotierendes Elektron, so ergiebt sich
fiir seine Schwingungszahl im Magnetfelde:
Die Addition der Gleichungen giebt die be-
kannte Formel für die Schwingungsdifferenz
der äusseren Linien eines Triplets:
I e
;/2 — //,
«>•
2Jt Vfl
Zeeman hat diese Formel angewandt auf
das Triplet des Kadmiums. Hier ist in einem Felde
von 32000 Einheiten //2 — ;/i = 12,62 x 10'^;
daraus folgt:
~ = 743 X lo'^
Der durch die Gleichung für «2 — ^i ge-
gebene Zusammenhang zwischen dem Zeeman-
eflTekte und der Elektronenladung kann aber
noch allgemeiner gefasst werden. Nach den
Messungen von Runge und Paschen') wird
die erste Linie der zweiten Nebenserie des
Quecksilbers im Magnetfelde in 9 Linien zerlegt;
ordnet man diese Linien nach ihren Schwingungs-
zahlen, so haben sie alle untereinander den-
selben Abstand u, und zwar ist in einem Magnet-
felde von der Stärke 24600 die Schwingungsdiflfe-
renz zweier benachbarter Linien « = i ,62 x 10 '^
Will man diese Differenz vergleichen mit der
Schwingungsdiflferenz benachbarter Linien des
Kadmiumtriplets, so muss man die Differenzen
auf gleiche Feldstärken reduzieren. Dieses ge-
schieht durch Division mit der Feldstärke. Die
so erhaltenen Zahlen werden wir reduzierte
Fundamentalabstände nennen. Bei dem
Triplet des Kadmiums werde der reduzierte
Fundamentalabstand mit z(;| bezeichnet; dann ist:
«2 — ^i ^ ^
§ 2jf Vfi
12,62 X 10*^
^^ 32000
Somit
zi/j = 19,69 X lO^
Andererseits ist bei Quecksilber
Paschen und Runge:
1,62 X 10^0
- = 6,58 X 10*,
2 Z£/,
nach
«I
und daher
24600
2 w
6u^,
Daraus folgt, dass je zwei Linien des Queck-
silbers, deren reduzierte Schwingungszahlen sich
um das Sechsfache des Fundamentalabstandes
iix unterscheiden, denselben Wert von geben,
wie die Kadmiumlinien. Man kann eine grosse
Reihe solcher Linienpaare finden, da der Funda-
mentalabstand u\ für die magnetische Zerlegung
aller Linien der zweiten Nebenserie des Queck-
silbers massgebend ist. Der so gefundene Wert
-= 743 X 10*^ weicht erheblich ab von dem
aus der Theori e der Kathodenstrahlen folgenden
£
- = 559 X 10**. Man wird den Grund für
diese Abweichung zunächst darin finden, dass
die elementare Theorie des Zeemaneffektes
auf die komplizierten Zerlegungen der Serien-
linien des Quecksilbers überhaupt nicht an-
wendbar ist. Es fallt aber auf, dass 559 nahe-
3
zu gleich von 743 ist. Die Gleichungen:
3
9
I
6
a/.
«1
«
—
2
2
2X
Vgl
i) über die Strahlung des Quecksilbers im magnetischen
Felde. Abh. d. k. Preuss. Akad. d. Wiss. 1902.
4o8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
müssen also nahezu denselben Wert für geben,
wie die Messungen an Kathodenstrablen.
Nun ist
9
//i
29,61 X 10*.
Man kann hiernach sagen, dass alle Linien-
paare, deren reduzierter Abstand 29,61 x 10^
beträgt, für ~ den Wert der Kathodenstrahlen
geben müssen.
Im Spektrum des Quecksilbers treten nun
neben den Serien noch isolierte Linien auf, die im
Magnetfelde in Triplets zerlegt werden. Der
Abstand der äusseren Linien dieser Triplets ist
nach Paschen und Runge in einem Magnet-
felde von der Stärke 24600 im Mittel gleich
2,43x3x10'^; der reduzierte Abstand gleich
2,43x3x10^^
24600
29,63x10', also sehr nahe
gleich Uj Man kann hieraus schliessen,
dass die Triplets der isolierten Queck-
silberlinien für - nahe denselben Wert
geben müssen wie die Kathodenstrahlen.
In der That ergiebt sich aus der Gleichung:
29,63x10* = -
.7 = 558,5x10
15
also beinahe genau derselbe Wert wie bei den
Kathodenstrahlen.
Es liegt nahe zu vermuten, dass alle wahren
£
Triplets denselben Wert von geben werden,
und dass die bei dem Kadmiumtriplet gefundene
Abweichung daher rührt, dass dieses kein wirk-
liches Triplet ist. Das Kadmium gehört zu der
Gruppe des Quecksilbers; die blaue Kadmium-
linie ist eine Linie der zweiten Nebenserie, und
zwar die zweite Linie des ersten Triplets. Bei
dem Quecksilber wird aber nach den Messungen
von Paschen und Runge die entsprechende
Linie im Magnetfelde in 6 Linien zerlegt, deren
reduzierte Abstände durch das Schema gegeben
werden :
— 4;/! , — 3//1 , — //| , + ;/i , + 3''ii r 4//1.
Nach Analogie muss man schliessen, dass
auch die Kadmiumlinie im Magnetfelde in 6 Linien
zerlegt wird. Aus der Beziehung 2 7t'i =6//i
folgt dann, dass die äusseren Linien des schein-
baren Kadmiumtriplets den Linien — 3 //, und
+ 3«! des Quecksilbers entsprechen.')
l) Die vorstehenden Betrachtungen lassen eine gewisse
Krweiterung zu auf Grund neuerer Ergebnisse, über welche
Herr Runge in einer Sitzung der physikalischen Gesellschalt
zu Göttingen berichtet hat. Herr Runge war so freundlich,
uns einen Auszug aus seinem Vortrage zuzusenden, der in der
nächsten Nummer der Zeitschrift erscheinen wird.
(Eingegangen 31. Mai 1902.;
Bemerkung über die Messung der luftelek-
trischen Zerstreuung bei Ballonfahrten.
Von R. Börnstein.
Gelegentlich der Berliner Tagung der inter-
nationalen Kommission für wissenschaftliche
Luftschiffahrt kam eine Besprechung und Ver-
einbarung zu Stande, laut deren man bei künf-
tigen Fahrten in gleichmässiger Weise Zerstreu-
ungsmessungen mit dem Apparat der Herren
Elster und Geitel anstellen wollte, wie es
durch die Herren Ebert und Linke ja bereits
mehrfach und erfolgreich ausgeführt wurde.
Wenn, wie zu hoffen, es sich dabei um Hoch-
fahrten handelt, so dürfte die gelegentliche
Beobachtung, über die ich nachstehend berichte,
Anlass zur Vermeidung störender lichtelek-
trischer Wirkung geben.
Ein Zerstreuungsapparat der erwähnten Art
war im Zimmer aufgestellt, der mit schwarzem
Papier überzogene Zerstreuungskörper befand
sich an seinem Platz und in leitender Verbindung
mit den Aluminiumblättchen, ihn umgab der aus
geschwärztem Messing bestehende und zur Erde
abgeleitete Schutzcylinder ohne seinen DeckeL
Durch positive Ladung des Zerstreuungskörpers
wurden die Blättchen in starker Divergenz ge-
halten. Als nun zufällig die Strahlen einer
elektrischen Bogenlampe schräg von oben her
auf den Apparat fielen, verschwand die Diver-
genz der Blättchen sogleich. Durch nahe-
liegende Versuche konnte festgestellt werden,
dass es die Innenseite des Schutzcylinders war,
an welcher diese Lichtwirkung ihren Sitz hatte.
Die ultravioletten Strahlen des durch keine
Glasschicht beeinflussten elektrischen Lichtes
verursachten an der erwähnten Stelle das Aus-
strömen negativer Elektrizität, durch welche die
positive Ladung des benachbarten Zerstreuungs-
körpers alsbald neutralisiert wurde. Auch die
Aussenseite des Schutzcylinders konnte, wenn
sie mit der Erde verbunden und neben dem
positiv geladenen Zerstreuungskörper bestrahlt
wurde, die P^ntladung herbeiführen.
Nun enthält allerdings das Sonnenlicht bei
unserer gewöhnlichen, am Boden ausgeführten
Beobachtungsweise viel weniger ultraviolette
Strahlen, als das elektrische Bogenlicht. Und
die Herren I£lster und Geitel haben auch im
Gebirge bis zu 3000 m Meereshöhe ausdrück-
lich festi^estellt, dass die Teile ihres Zerstreu-
ungsapparates „nicht lichtelektrisch" sind, d. L
durch Sonnenlicht nicht zur Abgabe negativer
Elektrizität veranlasst werden. Aber wir wissen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
409
nicht, ob die freie Atmosphäre ebenso auf die
Strahlen wirkt, wie die den Bergen benachbarte
Luft; und wir wissen noch weniger, welchen
Betrag an ultravioletter Strahlung dasjenige
Sonnenlicht enthält, das bei Hochfahrten, also
in 6000 m Höhe und darüber, auf die Apparate
einwirken würde. Und darum dürfte es sich
fiir Hochfahrten empfehlen, denjenigen Apparat-
teilen, welche von Sonnenstrahlen getroffen
werden können, eine Oberfläche zu geben,
welche ganz zweifellos keine merkliche Reaktion
auf ultraviolettes Licht zeigt. Ein einfacher
Weg, der zu diesem Ziele fiihren würde, besteht
in der Bekleidung der betreffenden Flächen mit
einer geeigneten Papiersorte.
(Eingegangen 2. Juni 1902.)
VORTRÄGE UND REDEN.
Über die Frage des durch die elektrische
Konvektion erzeugten Magnetfeldes und über
andere ähnliche Fragen, i)
Von A. Righi.
I. Einleitung.
Es ist bekannt, dass dieMax well sehe Theorie
die Erzeugung eines Magnetfeldes durch bewegte
elektrische Ladungen voraussehen lässt, und dass
diese Annahme durch die von Rowland^) im
Jahre 1876 vorgenommenen und von ihm selbst
und Anderen später wiederholten Versuche voll-
auf bestätigt worden ist.
Es wird zweckmässig sein, wenn wir hier
gleich drei andere Erscheinungen in Betracht
ziehen, deren Existenz sich gleichfalls aus der
Theorie ergiebt, und welche mit der soeben er-
wähnten in einem gewissen Zusammenhange
stehen. Ich werde deshalb meine Betrachtungen
auf die folgenden vier Erscheinungen erstrecken:
I. Eine in Bewegung begriffene elektrische
Ladung muss ein Magnetfeld erzeugen.
IL Beim Entstehen oder Verschwinden, so-
wie bei einer Veränderung eines Magnetfeldes
muss ein elektrisches Feld entstehen.
III. Ein in Bewegung begriffener Magnetpol
muss ein elektrisches Feld erzeugen.
IV. Ein Magnetfeld muss jedesmal entstehen,
wenn ein elektrisches Feld entsteht, verschwindet
oder Veränderungen erleidet.
Von diesen Erscheinungen kann die zweite,
wie Lippmann 1889^) gezeigt hat, als Folge
aus der ersten und dem Prinzip der Erhaltung
der Energie gelten.
Die dritte und vierte, die auf die gleiche
Weise miteinander verknüpft sind, ergeben
sich aus den beiden ersten auf Grund der Re-
ziprozität zwischen den elektrischen und magne-
tischen Kräften, wie sie uns in den Fundamen-
talgleichungen in der Gestalt, die sie durch
i) Vortrag auf der filnften Jahresversammlung der ita-
lienischen physikalischen Gesellschaft in Bologna am 25. Sep-
tember 1901.
2) Pogg. Ann. 168, 487.
3) C. R.
89, 151,
Hertz erhalten haben, am evidentesten ent-
gegentritt.
Für denjenigen, dem die erste Erscheinung
als durch das Experiment erwiesen gilt, kann
das wirkliche Bestehen der drei übrigen keinem
vernünftigen Zweifel unterliegen. Und obgleich
eine durchaus sichere experimentelle Bestätigung
für die zweite Erscheinung noch nicht erreicht,
und fiir die letzten beiden die experimenteUe
Bestätigung meines Wissens noch nicht einmal
versucht worden ist, so muss doch der Nach-
weis der ersten der obigen Erscheinungen not-
wendigerweise auch die Überzeugung von der
Existenz der drei übrigen mit sich bringen.
Neuerdings jedoch haben die Versuche des
Herrn Crömieu den Schatten eines Zweifels
auf das thatsächliche Bestehen des von Row-
land konstatierten Phänomens geworfen; auf
Grund seiner Versuche hat sich der französische
Physiker sogar zu dem Ausspruche berechtigt
geglaubt, dass die elektrische Konvektion kein
Magnetfeld erzeuge.
Wollten wir diese mit solcher Entschieden-
heit vorgetragene Schlussfolgerung ohne weiteres
acceptieren, so müssten wir eine Theorie, die
doch, zumal in den letzten Jahren, so viele glän-
zende Bestätigungen erhalten hat, entweder voll-
ständig aufgeben, oder wir müssten uns zum
mindesten zu einer einschneidenden Abänderung
derselben verstehen. Wir sehen somit, dass
die Frage, ob durch die elektrische Konvektion
ein magnetisches Feld erzeugt wird oder nicht,
gegenwärtig eine g^ndlegende Bedeutung er-
langt, und dass keine Erörterung oder That-
sache, die auch nur im mindesten zu ihrer
Lösung beitragen kann, vernachlässigt werden
darf.
Diese Betrachtung mag die gegenwärtige
Mitteilung rechtfertigen, die vor allem eine kri-
tische Übersicht über die von den verschieflenen
Verfassern angestellten Versuche und die aus
denselben gezogenen Schlussfolgerungen ent-
halten soll.
2. Die Versuche von Rowland, Lecher u.a.
Bei seinen ersten Versuchen Hess Rowland,
nach einer von Helmholtz darüber gemachten
4IO
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
Mitteilung '), auf eine der beiden Nadeln eines
überaus empfindlichen astatischen Systems eine
mit Elektrizität geladene und in rascher Drehung
um ihre Achse begriffene Scheibe wirken. Zu-
meist bestand diese Scheibe aus vergoldetem
Ebonit, wobei manchmal die Vergoldung in
einzelne Sektoren zerlegt war, um die Entstehung
von Strömen in der Metallschicht durch Induk-
tion seitens des magnetischen Feldes der Erde
abzuschwächen.
Auch eine rotierende Glasscheibe, deren
Ladung durch feste, nach Art der Kämme einer
Influenzmaschine angeordnete Kämme erfolgte,
kam zur Anwendung. Die rotierende Scheibe
befand sich stets zwischen zwei festen Scheiben
aus vergoldetem Glas (nur wenn die rotierende
Scheibe aus unbelegtem Glas bestand, so kam,
um für die Kämme Platz zu lassen, nur eine
feste Scheibe zur Verwendung); und diese festen
Scheiben waren, um die Kapazität der rotieren-
den Scheibe und damit bei gleichem Potential
die elektrische Ladung an ihrer Oberfläche zu
steigern, mit der Erde verbunden. Um ferner
zu vermeiden, dass das astatische System gleich
einem beliebigen anderen Leiter durch die elek-
trische Kraft eine Ablenkung erleiden könnte,
war dasselbe von einer messingnen Hülle um-
geben, die zum Erdboden abgeleitet war und
nur eine kleine Öffnung für die optische Be-
stimmung der Ablenkungen hatte. Aus beson-
derer Vorsicht wurde auf diese Öffnung noch
ein metallischer Hohlkegel aufgesetzt.
Die erhaltenen Ablenkungen waren nicht
merklich verschieden von denjenigen, welche
sich aus den Versuchsdaten durch Rechnung
ergeben hatten.
Ähnliche Versuche wie diejenigen Row-
lands wurden später von E. Lecher^) aus-
geführt. Derselbe Hess eine vertikale Scheibe
aus Messing oder aus Pappdeckel mit Graphit-
überzug, die durch eine Holtzsche Maschine
auf ein Potential von bis zu 5000 Volt geladen
wurde, mit einer bis zu 200 Umdrehungen pro
Sekunde betragenden Geschwindigkeit um eine
Achse rotieren. Er hätte auf diese Weise an
einem nahe zum Mittelpunkte der Scheibe auf-
gestellten Magnetometer viel grössere Ablen-
kungen erhalten müssen, als sie Rowland be-
obachtet hatte; thatsächlich jedoch vermochte
er überhaupt keine merkliche Wirkung zu kon-
statieren. Diese Arbeit von Lecher scheint
kaum bekannt geworden zu sein; wenigstens
findet man sie nur sehr selten citiert.
Später unternahm Röntgen ähnliche Ver-
suche, um die magnetische Kraft einer rotieren-
den Scheibe nachzuweisen, die jedoch nicht aus
einem Leiter mit direkt zugeführter Ladung,
0 ^^SS' Ann. 158, 487.
2) Rep. d. Phys. 20, 157, 1884; Beibl. 8, 665, 1884.
sondern aus einem Isolator bestand und sich-
zwischen zwei entgegengesetzt geladenen Metall-
scheiben, also den Armaturen eines Konden-
sators, befand. Eine derartige Scheibe muss
sich so verhalten, wie wenn sie auf ihren beiden
Flächen mit entgegengesetzten Ladungen be-
haftet wäre, und diese müssen also bei ihrer
Bewegung entgegengesetzte Wirkungen auf das
Magnetometer hervorbringen. Die eine Nadel
dieses letzteren muss sich also in sehr geringem
Abstände von der rotierenden Scheibe befinden.
Der Versuch ergab die erwarteten Ablenkungen.
Eine geeignete Abänderung des Versuches ge-
stattete Röntgen ferner nachzuweisen, dass die
in dem erwarteten Sinne beobachteten Ablen-
kungen nicht etwa einer von den Armaturen
aus auf die rotierende Scheibe übertragenen
wirklichen Ladung zuzuschreiben waren.
Nicht unerwähnt darf bleiben, dass auch bei
den Röntgenschen Versuchen ein Schirm aus
leitendem Material den Raum in zwei Teile
trennte, in deren einem sich das Magnetometer,
in deren anderem sich der rotierende Körper
befand.
Die Berechnungen, die Rowland vorge-
nommen hatte, um die Grösse der Ablenkungen
bei seinen Versuchen festzustellen, erfuhren eine
Kritik von seiten F. Himstedts '), der es unter-
nahm, die gleiche Untersuchung mit Hilfsmitteln
zu wiederholen, welche sehr beträchtliche Ab-
lenkungen gestatten sollten. Wegen der Fou-
caultschenStröme,die in ihnen auftreten mussten,
verzichtete Himstedt auf die Benutzung ver-
goldeter Scheiben ; auch der Ebonit wurde, schon
weil sich keiner ausfindig machen liess, der
nicht stark magnetisch war, ausgeschlossen,
und es kamen statt dessen mattgeschliffene Glas-
scheiben mit Graphitüberzug zur Verwendung.
Statt einer einzigen rotierenden Scheibe benutzte
Himstedt zwei einander nahe und parallele,
deren Achsen der gleichen Geraden angehörten.
Der mit Graphit bedeckte und elektrisierte Teil
bildete auf jeder Scheibe einen nahe zum Rande
befindlichen Ring; ferner befand sich von den
beiden Nadeln des astatischen Reflexionsmagneto-
meters die eine auf der Innenseite der Ringe,
die andere dagegen höher und ausserhalb, so
dass sich der Hi ms tedtsche Apparat mit einem
Wiedemann sehen Galvanometer vergleichen
lässt, dessen Spulen durch die rotierenden lei-
tenden Ringe dargestellt werden. Auch bei
dieser Versuchsanordnung war das Magneto-
meter von einer luftdicht schliessenden und nicht
isolierten metallischen Hülle umgeben und be-
fand sich also in einem Teile des Raumes, der
durch einen leitenden Schirm von demjenigen
Teile abgesondert war, in welchem die elek-
trische Konvektion erfolgte. Dazu trugen je-
i) Wied. Ann. 38, 560, 1889.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
411
doch noch andere, nicht isolierte Leiter bei, näm-
lich vier mit Stanniol überzogene und zum Boden
abgeleitete Glasscheiben, die sich in der Nähe
der rotierenden Scheiben parallel zu denselben
befanden, und von welchen die beiden mittleren
die beweglichen Scheiben von dem Magneto-
meter trennten.
Die erhaltenen Ablenkungen waren, den An-
nahmen entsprechend, sehr beträchtlich, und
zeigten die Eigentümlichkeiten, welche man er-
wartet hatte; nur waren die Ablenkungen nicht
immer proportional dem Potential der rotieren-
den Scheiben, was Himstedt zur Aufstellung
der Hypothese veranlasste, dass bei hohen Po-
tentialen nur ein Teil der Ladung von der Be-
wegung mitgetragen werde, während der Rest
im Räume unbeweglich bleibe. Auf alle Fälle
aber hielt er durch seine Versuche die Hervor-
bringung einer magnetischen Kraft durch die
elektrische Konvektion für erwiesen.
Im Jahre 1889 nahm Rowland gemeinsam
mit C. T. Hutchinson') seine Untersuchung
mit einem vollkommeneren Apparat als dem
zuerst benutzten wieder auf. Zwei vergoldete
Scheiben aus Ebonit, deren Vergoldung in Sek-
toren eingeteilt war, wurden mit ihren Ebenen
parallel zum magnetischen Meridian aufgestellt
und zur Verhinderung des Elektrizitätsverlustes
vom Rande der Scheiben mit Schutzringen um-
geben. Ihre Ladung erhielten sie durch eine
Holtzsche Maschine und das Potential wurde
mit einem absoluten Elektrometer gemessen.
Die rotierenden Scheiben waren von dem Ma-
gnetometer mit astatischen Nadeln, welches sich
zwischen ihnen befand und durch ein geschlos-
senes Rohr gegen Luftströmungen geschützt war,
durch zwei vergoldete und zum Boden abge-
leitete Glasscheiben getrennt, welche die Nadeln
gegen elektrische Einwirkungen absonderten und
zugleich die Kapazität der beweglichen Sektoren
erhöhten.
Nach vielen Versuchen und mehrfachen Ver-
besserungen gelang es den beiden Experimen-
tatoren, Ablenkungen zu bekommen, deren Vor-
zeichen mit dem Drehungssinne und dem Vor-
zeichen der elektrischen Ladungen wechselte,
und deren Grösse ziemlich dem vorausberech-
neten Werte entsprach. Freilich waren die-
selben bei Umkehrung der Drehungsrichtung
der Scheiben dem absoluten Betrage nach nicht
genau gleich, wonach zu vermuten sein würde,
dass die zahlreichen Fehlerquellen nicht alle be-
seitigt oder in Rechnung gezogen worden seien.
So wünschenswert es nun auch gewesen wäre,
von der Existenz einer durch die elektrische
Konvektion erzeugten magnetischen Kraft einen
reineren und direkteren Beweis zu haben, so
hatte doch vor Cremieu niemand bezüglich
i) Phil. Mag. Juni 1889, 445.
derselben einen Zweifel ausgedrückt. Wahr-
scheinlich war jedermann geneigt, auch bei
Fehlen jedes experimentellen Beweises das Vor-
handensein dieser Kraft zuzugeben; immerhin
aber empfand man, nachdem Cremieu gerade
die entgegengesetzte Meinung ausgesprochen
hatte, sofort das Bedürfnis, zu prüfen, aufweichen
Grundlagen diese Meinung beruhte.
3. Die Versuche von Cremieu.
Dieser Physiker war zur Anstellung von Ver-
suchen nach Art derjenigen Rowlands durch
den Misserfolg veranlasst worden, dem er be-
gegnet war, als er die zweite der eingangs auf-
geführten Erscheinungen experimentell verwirk-
lichen wollte; offenbar war es dieser Misserfolg,
der auch betreffs der ersten Erscheinung Zweifel
in ihm entstehen Hess..
Anstatt wie Rowland, Himstedt u. a. eine
rotierende mit Elektrizität geladene Scheibe auf
eine Magnetnadel wirken zu lassen, brachte
Cremieu^) in die Nähe der Scheibe einen Lei-
tungskreis, in den ein empfindliches Galvano-
meter eingeschaltet war und beobachtete, ob
dieses Instrument einen induzierten Strom an-
zeigte, wenn die Scheibe, während sie rotierte,
geladen oder entladen, oder wenn ihre Ladung
umgekehrt wurde. Ein rotierender Stromunter-
brecher bewirkte in kurzen Intervallen die Um-
kehrung der Ladung der Scheibe und stellte
zugleich die geeigneten Verbindungen her, durch
welche die Wirkungen auf das Galvanometer
sich summierten. Er verwendete als rotierende
Scheibe nacheinander eine unbedeckte oder mit
einer Kautschukmembran überzogene Scheibe
aus Aluminium, oder endlich eine auf drei von-
einander isolierten Sektoren vergoldete Ebonit-
scheibe. In keinem Falle erhielt er die von der
Theorie geforderte Ablenkung des Galvanometers.
Nach Konstatierung dieses negativen Ergeb-
nisses änderte Cremieu die Versuchsanordnung
so ab, dass sie möglichst getreu derjenigen
Rowlands glich. Er Hess nämlich die rotierende
Scheibe auf eine Magnetnadel einwirken. 2) Die
Scheibe, die aus Ebonit bestand, hatte vergol-
dete Sektoren und rotierte zwischen nicht iso-
lierten Messingplatten, die in geringem Abstand
zu ihr parallel waren. Auf der der rotierenden
Scheibe zugekehrten Seite waren auf den Messing-
platten dünne Platten aus Glimmer befestigt,
welche Stanniolsektoren trugen, die getrennt
voneinander mit dem Erdboden in Verbin-
dung standen. Nach Rowland hätte das
Magnetometer bei seinen verschiedenen Ver-
suchen Ablenkungen von 12 bis 175 Skalenteilen
erfahren müssen,- während in Wirklichkeit über-
haupt keine Ablenkung beobachtet wurde.
1) C. R. 130, 1544.
2) C. R.
181. 797.
412
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
Bei diesen Versuchen befanden sich zwischen
dem Magnetometer und der rotierenden Scheibe
die auf den Glimmer geklebten Stanniolsektoren,
sowie eine der Messingplatten. Wurde dieses
System durch eine einfache Ebonitplatte mit
Stanniolbelag ersetzt, also der Versuch wie bei
Rowland angeordnet, so erhielt Cremieu das
gleiche Resultat wie jener, das heisst er bekam
Ablenkungen, welche sowohl nach dem Sinne
wie nach der Grösse, in welcher sie auftraten,
auf Rechnung einer magnetischen Wirkung der
rotierenden Scheibe gesetzt werden konnten.
Da aber diese Ablenkungen verschwanden, so-
bald zwischen Scheibe und Magnetnadel ein
zweiter Leiter hinzugeftigt wurde, so schrieb
Cremieu dieselben einer Aufeinanderfolge mo-
mentaner Ströme zu, die in dem festen Leiter
durch die Influenz seitens der rotierenden Sek-
toren erzeugt worden seien. Offenbar gründete
sich diese Meinung auf eine Überlegung nach
Art der folgenden. Die Wirkung der rotieren-
den Sektoren sollte in jedem Falle gleich der-
jenigen eines konstanten Stromes sein; die mag-
netische Wirkung dieses letzteren wird aber durch
Zwischenlegung eines nichtisolierten Leiters nicht
verhindert, folglich können die beobachteten Ab-
lenkungen nicht durch die rotierenden Sektoren
veranlasst sein.
Gleichwohl beginnt Cremieu in einer spä-
teren Veröffentlichung') mit der Mitteilung, dass
er einen neuen Versuch angestellt habe, bei
welchem sich keine metallische Schicht zwischen
der Ms^etnadel und der rotierenden Scheibe
befunden habe; sehr bald aber sei er gewahr
geworden, dass die Nadel durch elektrostatische
Einwirkungen abgelenkt wurde, und er habe
sich infolgedessen genötigt gesehen, dagegen
Vorkehrung zu treffen, indem er die Scheibe
von neuem mit einer leitenden Hülle, z. B. mit
0,4 mm dicken Kupferblechen, umgeben habe.
Dennoch war das Ergebnis ein negatives; aber
man brauchte nur die Metallhülle zu entfernen,
um Ablenkungen zu bekommen, welche nach
Cremieu den von Rowland beobachteten ähn-
lich waren, aber nach Cr^mieus Ansicht von
kleinen Fünkchen, von der elektrostatischen Kraft
u. s. w- herrührten.
Die jüngsten Versuche desselben Autors'*)
bringen keine neue Aufklärung, obschon ihre
Form etwas von der gewöhnlichen abweicht und
nach der Ansicht des Verf. die Möglichkeit der
Existenz offener Ströme beweisen dürfte.
Eine Ebonitscheibe mit vergoldeten Sektoren
rotiert zwischen zwei festen Scheiben aus dem-
selben Material, von welchen die eine einen
Stanniolsektor, die andere zwei auf den beweg-
i) C. R. 132, 327.
2) C. R.
182, 1108.
liehen Sektoren schleifendeMetallbürstchen trägt.
Eines derselben befindet sich gegenüber dem
festen Sektor und es werden somit, wenn dieser
z. B. positiv elektrisiert ist, die Sektoren sich
durch Influenz negativ ladei\, indem sie, wie bei
bekannten Influenzmaschinen, die positive La-
dung an das Bürstchen abgeben. Da nun die
beweglichen Sektoren, nachdem sie sich von
dem festen Sektor entfernt haben, mit dem
zweiten Bürstchen in Berührung kommen, so ist
es klar, dass ein Draht, welcher die beiden Bürst-
chen miteinander verbindet, von einem elek-
trischen Strome durchflössen sein wird. Der
Verf. findet, dass dieser Strom das Magneto-
meter ablenkt, während man keine derartige
Wirkung beobachtet, wenn man das Instrument
den beweglichen Sektoren nähert, obschon die-
selben offenbar die gleichen Elektrizitätsmengen
mit sich ftihren, wie sie den die Bürstchen ver-
bindenden Draht durchströmen. Selbstverständ-
lich musste auch bei diesem Versuche das
Magnetometer durch eine leitende Hülle gegen
elektrostatische Einwirkungen geschützt werden.
Der ausdrücklich hervorgehobene Vergleich
zwischen dieser Versuchsanordnung und der-
jenigen der Influenzmaschinen legt jedoch sofort
einen Einwand nahe.
Zweifellos musste bei den von Cremieu be-
nutzten hohen Potentialen diejenige Fläche der
rotierenden Scheibe, welche sich der die Sek-
toren tragenden gegenüber befand, schliesslich
eine der Ladung der Sektoren entgegengesetzte
elektrische Ladung annehmen, und auf diese
Weise die magnetische Wirkung der letzteren
kompensieren. Wie es scheint, hat nun der
französische Physiker diesen Umstand nicht in
Erwägung gezogen; derselbe kann aber bis zu
einem gewissen Grade den Unterschied zwischen
den Wirkungen erklären, die man erhält, wenn
man das Magnetometer einmal dem die Bürst-
chen verbindenden Drahte, einmal den rotieren-
den Sektoren nahe bringt, vorausgesetzt, dass
dieser letztere Versuch einige Zeit nach dem
ersten vorgenommen wird.
Cremieu fasst das Ergebnis seiner Unter-
suchungen dahin zusammen, dass die elek-
trische Konvektion kein magnetisches
Feld erzeugt.*)
4. Neuere Versuche.
Diese entschiedene Behauptung konnte Row-
land nicht gleichgültig lassen; und in der That
Hess er in den letzten Monaten seines Lebens
(er starb am 16. April 1901 im Alter von
53 Jahren) in seinem Laboratorium und unter
seiner eigenen Leitung durch Pen der neue
Versuche vornehmen.^)
1 L. c.
2) John Hopkins üniversity Circulars (20), 162,
78; Phil. Mag. Aug. 1901, 179.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
413
Der hierzu benutzte Apparat unterschied
sich von demjenigen des Jahres 1889 insofern,
als die rotierenden Scheiben ihre Wirkung nicht
auf die Nadel eines Magnetometers, sondern
auf einen mit einem besonders empfindlichen
Galvanometer verbundenen Stromkreis ausübten.
Die Versuchsanordnung ähnelt also derjenigen,
die Cr^mieu bei seinen ersten Versuchen be-
nutzt hatte.
Die Scheiben sind aus Mikanit, auf beiden
Seiten vergoldet und ihre Achsen gehören einer
und derselben Geraden an. Sie werden durch
eine Influenzmaschine mit gleichnamigen oder
mit entgegengesetzten Ladungen versorgt und
können mit einer Geschwindigkeit von 75 — 100
Umdrehungen pro Sekunde im gleichen oder
im entgegengesetzten Sinne rotieren. Jede
Scheibe befindet sich zwischen zwei Ebonit-
platten mit Stanniolbelag, der zur Erde abge-
leitet ist; in dem Zwischenräume zwischen den
beiden mittleren Platten befindet sich eine Spule
von 1 295 Drahtwindungen, deren mittlerer Durch-
messer gleich demjenigen der Scheiben (30 cm)
ist. Sowohl die Spule wie die Stromkreise des
Galvanometers sind von einem nicht isolierten
Metallgehäuse eingeschlossen.
Bei plötzlicher Umkehrung des Vorzeichens
der Ladungen der Scheiben, während dieselben
rotieren, muss sich auch das Vorzeichen des
von ihnen erzeugten Magnetfeldes umkehren
und es muss somit in der Spule ein momentaner
Strom induziert werden; ein Kommutator von be-
sonderer Konstruktion besorgt, während er die
Ladungen der Scheiben 12 — 2 5 mal in der Se-
kunde invertiert, in den Zwischenzeiten auch
die Umkehrung der Verbindungen zwischen
Spule und Galvanometer. Auf diese Weise
summieren sich die Wirkungen der aufeinander-
folgenden Inversionen und man erhält eine
stabile Ablenkung.
Auf Grund der Versuchsdaten, nämlich der
Ladung und Rotationsgeschwindigkeit der Schei-
ben, der Zahl der Umkehrungen u. s. w. hätte
sich die Ablenkung berechnen lassen und das
Resultat dieser Berechnung hätte mit der that-
sächlich beobachteten Ablenkung verglichen
werden können. Statt dessen zog man es vor,
die Erscheinung, um deren Nachweis es sich
handelte, a priori als vorhanden anzunehmen
und, da in der angegebenen Berechnung das
Verhältnis zwischen der elektromagnetischen
und der elektrostatischen Einheit der Elektrizi-
tätsmenge vorkommt, aus dem Betrag der be-
obachteten Ablenkungen den Wert dieses Ver-
hältnisses abzuleiten. Derselbe schwankte zwischen
2,75.10*^ und 3,24.10*^ mit einem Mittelwert
von 3.10'^ der also mit dem allgemein ange-
nommenen Werte übereinstimmt.
Mithin waren durch diese Versuche die
früheren Rowlands bestätigt.
Noch jüngeren Datums als die soeben be-
sprochene ist eine Veröffentlichung von E. P.
Adams'), deren Autor andere Untersuchungen
über unseren Gegenstand mitteilt, die mit einer,
von der früher benutzten abweichenden Ver-
suchsanordnung vorgenommen waren. Eine
Achse, welcher durch einen Motor von 4 Pferde-
stärken eine Geschwindigkeit von 50 oder mehr
Umdrehungen pro Sekunde erteilt wird, ist aus
zwei voneinander isolierten Metallstücken ge-
bildet. Jedes derselben trägt einen Ring, auf
den senkrecht zur Achse 16 Metallstäbchen fest-
geschraubt sind; das Ende eines jeden von
diesen trägt eine kupferne Kugel von 27 mm
Durchmesser. Auf der Achse befinden sich so-
mit zwei Sterne mit je 16 Kugeln, die in zwei
etwa 8 cm voneinander entfernten parallelen
Ebenen angeordnet sind. Die Kugeln eines
jeden Sternes bilden die Ecken eines regulären
Vielecks von 16 Seiten. Zwei Federn, die auf
den beiden Hälften der Achse schleifen und mit
einer Batterie von zehntausend Akkumulatoren
in Verbindung stehen, teilen der einen Reihe
von Kugeln positive, der anderen negative
Ladungen mit. Jedoch nur einer von den beiden
Kugelsternen übt auf das Magnetometer eine
merkliche Wirkung aus, da die Nadel dieses
von einem Mauerstativ getragenen Instruments
sich oberhalb des von dem einen Sterne be-
schriebenen Weges und in unmittelbarer Nähe
desselben befindet. Der andere Stern dient nur
dazu, die störende Einwirkung der durch In-
fluenz auf den umgebenden Leitern entstehenden
elektrischen Ladungen abzuschwächen.
Eine starke Ablenkung der Nadel beobachtet
man auch, wenn die Kugeln nicht elektrisiert
sind, infolge der durch den Erdmagnetismus in
den rotierenden Massen induzierten Fou-
cault sehen Ströme; aber diese Ablenkung be-
hält die gleiche Grösse, solange die Rotations-
geschwindigkeit sich nicht ändert und darum
verhindert sie vielleicht eine genaue Messung,
nicht aber die Konstatierung etwaiger durch
die Ladung hervorgebrachter Ablenkungen.
Dagegen war es notwendig, die Aufstellung des
Magnetometers gegen den von den rotierenden
Sternen erzeugten Wind zu schützen, welcher
Erschütterungen und Schwingungen bewirkt.
Schliesslich stellte es sich auch als notwendig
heraus, in die Verbindungen zwischen den
Kugeln und der Batterie grosse, durch Wasser-
säulen gebildete Widerstände einzuschalten, weil
andernfalls bei der Umkehrung der Ladung der
rotierenden Kugeln infolge der Ladungs- oder
Entladungsströme dieser letzteren Ablenkungen
eintraten.
Nachdem so die nötigen Vorsichtsmassregeln
getroffen waren, wurde bei jeder Umkehrung
i) Phil. Mag. Sept. 1901, S, 285.
414
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
der Ladung der Kugeln eine Ablenkung und
zwar in dem Sinne konstatiert, in welchem sie
eintreten musste, falls sie thatsächlich von der
gesuchten Erscheinung herrührte; das Vorhanden-
sein dieser letzteren war somit nach dem Autor
klar bewiesen.
Adams hat auch Messungen vorgenommen;
diese aber waren keiner grossen Genauigkeit
fähig und dienten ihm nur dazu, die Grössen-
ordnung der Ablenkung zu verifizieren. Unter
Zugrundelegung der nach den theoretischen
Formeln durch die Konvektion erzeugten mag-
netischen Kraft ergab sich aus den Messungen
als Wert des Verhältnisses zwischen den beiden
Elektrizitätseinheiten die Zahl 2,8.10"^, die nicht
viel von dem angenommenen Werte abweicht.
Es wurden mithin nicht allein die Ab-
lenkungen in dem vorausgesetzten Sinne er-
halten, sondern dieselben hatten auch annähernd
die verlangte Grösse; die Versuche von Adams
Hefern also einen neuen Beweis für die Existenz
der ersten Erscheinung. Infolge der gewählten
Versuchsanordnung sind die Experimente des
genannten Autors zudem einigen Unsicherheiten
der Interpretation, die, wie wir sehen werden,
in anderen Fällen bestehen, nicht unterworfen. ^)
i) Ausser den neueren Versuchen von Pender und
Adams wären hier noch diejenigen von Eichenwald ^diese
Ztschr. 2, 703» 1901) zu erwähnen. Der Verf. hatte von diesen
Versuchen, als er seinen Vortrag hielt, noch keine Kenntnis.
(A. R.)
(Schlass folgt.)
REFERATE.
^^
Elektrochemie.
Besorgt von Privatdozent Dr. A. Coehn.
^^
Bericht über die IX. Hauptversammlung der
Deutschen Elektrochemischen Gesellschaft
in Würzburg vom 8. bis 10. Mai 1902. <)
(Bericht von Jean Billitzer,)
Welche Zugkraft der angekündigte Kongress
auch in diesem Jahre ausgeübt hatte, konnte
man bereits an dem Begrüssungsabend (8. Mai)
wahrnehmen, der eine reiche Anzahl von For-
schern der verschiedensten Richtungen, von
Physikern, Chemikern und Technikern ver-
sammelte, deren gemeinsame Arbeit von höch-
stem Interesse zu werden versprach. Und diese
Hoffnung wurde gleich anfangs bestätigt, als
nach den üblichen Begrüssungsreden des Präsi-
denten, des Regierungskommissärs, des Bürger-
meisters der Stadt Würzburg und des Rektors
der Universität die Reihe der wissenschaftlichen
Verhandlungen am Vormittage des 9. Mai durch
den Altmeister der ElektrochemieProf. W.Hit torf
(Münster) in einem Vortrage: „Über das Ver-
halten der Diaphragmen während der
Elektrolyse wässeriger Salzlösungen" er-
öffnet wurde.
Redner hat vor etwa 50 Jahren in seinen
berühmt gewordenen Studien über die Wande-
rungsgeschwindigkeiten der Ionen zuerst Über-
führungszahlen von verschiedenen Anionen und
Kationen gemessen. Jüngere Bestimmungen
derselben haben aber gewisse Abweichungen
von den älteren Zahlen gegeben und es zeigte
sich, dass diese durch eine Fehlerquelle ent-
stellt waren, die in der Verwendung tierischer
Membranen bei der Elektrolyse begründet war.
Während nämlich Thondiaphragmen bei der
I) Bericht über die 8. Hauptversammlung, s.: diese
Zeitschrift 2, 538, 1901.
Elektrolyse diese Lösungen unbeeinflusst lassen,
tritt bei der Verwendung tierischer Membranen
eine auswählende Eigenschaft einer Anzahl Ionen
gegenüber in den Vordergrund: die Konzentra-
tion der Lösung wird beim Durchgange ver-
ändert. Befindet sich ein Elektrolyt zwischen
zwei Membranen, so kompensieren sich die
Fehler und die mittleren Lösungen, welche zu
Kontrollmessungen dienen, zeigen keine Ver-
änderung; hingegen sind die endständigen
Lösungen, deren Konzentrationsänderung zur
Berechnung der Überführungszahlen dient, nur
auf einer Seite von Membranen begrenzt und
dies fuhrt merkbare Fehler herbei, die beson-
ders bei Kadmium- und Zinksalzen das Resultat
entstellen. Oberhalb des Diaphragmas steigt
die verdünntere Lösung auf, unterhalb desselben
sinkt die schwerere zu Boden, dies veranlasst
das Auftreten von Schlieren, die bei passender
Beleuchtung ein empfindliches Phänomen an die
Hand geben, das Verhalten der Membranen zu
prüfen.
Verschiedene vegetabilische Membranen
verhielten sich wie Thondiaphragmen, andere,
z. B. Agar-Agar, Pergament-, Papiermem-
branen etc. verhalten sich wie die tierischen
Membranen, wenn auch in viel weniger aus-
gesprochener Weise. Es scheint ein Zusammen-
hang mit der Quellung vorzuliegen, denn eben
die Membranen, welche die Konzentiation der
durchtretenden Lösungen verändern, sind auch
zur Quellung befähigt.
Als zweiter Redner sprach A. Hantzsch
(Würzburg): „Über Strukturisomerie bei
Salzen.**
DieCyanursäure(CiVÖ//^) ; vermag in zwei tau-
tomerenFormen aufzutreten, die durch dasSchema :
{CNh {OH)
a -k-
{CO), {NM),
versinnlicht werden können; und die mit Queck-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
415
Silber zwei verschiedene, aber wider Erwarten
sehr stabile Salze liefern. Der Unterschied ist
besonders in dem verschiedenen Verhalten
gegen KOH kenntlich; während die Salze der
ersten Form {CN)% {OHg\ sehr leicht mit
demselben in Reaktion treten, indem Hg durch
K ersetzt wird, findet bei Salzen der Form
{CO\x {NHg)'i keine Einwirkung statt.
Es war zu erwarten, dass das Studium der
phosphorigen Säure Gelegenheit geben würde, die
Zahl der Beispiele dieser Art zu vermehren; denn
es war naheliegend, die Knicke ihrer Dissozia-
tionsspannung bei höherer Temperatur mit einer
Atomverschiebung in Zusammenhang zu bringen.
In der That gelingt es, verschiedene Baryum-
salze derselben herzustellen, je nachdem sie
bei höherer oder niedererer Temperatur be-
reitet werden. Erstere sind inaktiv, d. h. sie
reagieren nur sehr langsam oder gar nicht mit
AgNO'x, letztere sind aktiv und setzen sich im
festen Zustande sehr rasch mit AgNO^ um.
Dieser Unterschied besteht jedoch nur bei den
festen Salzen, in Lösung sind sie beide iden-
tisch. Vortr. ist geneigt, das inaktive Salz
— OH
von der Säure P — 0 H abzuleiten, während das
-OH
^OH
aktive einer Säure: 0 = P — OH oder einer
\//
festen Lösung entsprechen dürfte. •
In der sich anschliessenden Diskussion be-
merkt Ostwald, dass Verschiedenheiten der
Reaktionsgeschwindigkeiten oft zu Erscheinungen
der Isomerie und Tautomerie führen können.
Küster ergänzt diesen Hinweis, indem er aus-
fuhrt, dass verschieden grobe Krystallabschei-
dung solche Verschiedenheit der Reaktions-
geschwindigkeit bedingen kann.
Nach einer kurzen Pause beginnt W. Jäger
(Charlottenburg) seinen Vortrag: „Über Nor-
malelemente."
Die Anforderungen, die wir an ein Normal-
element stellen, sind folgende: Es muss chemisch
wohldefiniert sein, damit es ohne grosse Schwie-
rigkeit von jedem nachgebildet werden kann,
es soll mit der Temperatur wenig veränderlich
sein, bei einer Temperaturänderung sich rasch
auf den neuen Wert einstellen, schliesslich soll
es nicht oder nur wenig polarisierbar und wo-
möglich transportfähig sein. Diesen Anforde-
rungen entsprechen nur reversible Elemente,
die mit gesättigten Lösungen beschickt sind.
Die Gefahr, dass beide Elektroden bei plötz-
lichen Temperaturänderungen sich nicht ganz
auf gleicher Temperatur befinden, wird bei der
gebräuchlichen H-Form ziemlich gut vermieden.
Bei der Zusammensetzung des Kadmium-
amalgams fiir ein Kadmiumelement sind be-
sondere Eigentümlichkeiten zu berücksichtigen.
Während Quecksilber, das nur eine Spur Zink
enthält, sich elektromotorisch wie reines Zink
verhält, ist ein Ähnliches beim Zusatz von
Kadmium nicht der Fall. Vielmehr steigt die
Lösungstension des Amalgams bei zunehmenden
Kadmiumgehalt erst allmählich an, um bei einem
Gehalte von etwa 5% Cd konstant zu werden.
Weiterer Kadmiumzusatz bewirkt erst eine wei-
tere Steigung, wenn der Gehalt auf 14^0 ge-
stiegen ist. Nach Cohen wandelt sich I4\iges
Kadmiumamalgam bei o^ um, es empfiehlt sich
daher, am besten in der Nähe, doch etwas
unterhalb 14%, zu bleiben. Sorgfältig herge-
stellte Kadmiumelemente sind auf o . 001 Volt
konstant, für ihre elektromotorische Kraft giebt
die Reichsanstalt den Ausdruck:
Kadmium: 1,0186 — 0.000038 (/ — 20)
— 0,00000063 (/ — 20Y
Clark: 1,4328 — 0,00119 (/— 15)
— 0,000007 (/— 15)-.
Es folgte ein zweiter Vortrag: Über Nor-
malelemente'* von R. Luther (Leipzig).
Für den Chemiker ist es in erster Linie von
Interesse, zu wissen, wie genau die Stoffe im
Normalelemente definiert sein müs3en, welche
Verunreinigungen noch zulässig sind.
Eine einfache thermodynamische Betrach-
tung klärt hierüber auf. Schaltet man zwei
Normalelemente, deren einem man willkürlich
eine Verunreinigung zugesetzt hat, gegeneinan-
der (und zwar Elemente Zn — Zn SO^ , jH^ 0
— ^gi^Oj^ — Hg)^ so wird der durchgehende
Strom einen Transport von festem Körper von
einer Seite zur anderen bewirken, dazu ist keine
Arbeit nötig, ferner müssen aber noch 7 Wasser
hinübergeschafit werden und es ist also:
2JtF+ yRTln^^ =0,
A
wenn /, und p^ die entsprechenden Dampf-
drucke bedeuten. Die Änderung der elektro-
motorischen Kraft ist also eindeutig durch das
Verhältnis der Dampfdrucke bestimmt.
Dies experimentell zu prüfen, wurde ein
Element zu 50 Proz. durch zugesetztes Glycerin
verunreinigt und es wurde die hierdurch ver-
ursachte Dampfdruckdifferenz gemessen ; die
hieraus berechnete Differenz der elektromoto-
rischen Kraft ergab für diese 1,08 Volt, das
Experiment 1,10 Volt. Die ganze Betrachtung
gilt natürlich nur für den Fall, dass wir es mit
einer bestimmten festen Phase zu thun haben,
die nicht qualitativ verändert wird. Unter dieser
Bedingung haben wir hier eine Möglichkeit,
kleine konstante elektromotorische Kräfte her-
zustellen, indem wir etwa durch Zusätze das
Hydrat mit 7 Wasser in das Hexahydrat ver-
wandeln und ein solches Element gegen das
übliche schalten u. s. f.
Krystallisiert ein Salz aber ohne Krystall-
4i6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
wasser, so wird in der Gleichung jr = o, die
elektromotorische Kraft ist hiermit in diesem
Falle unabhängig von der Reinheit der Substanz.
Diese Betrachtungen setzen uns endlich noch
in den Stand, eine Beziehung zwischen der Lös-
lichkeit und der elektromotorischen Kraft der Salze
herzustellen, indem es sich zeigt, dass einAusdruck
' L TCi
L AgCl
L TlBr
-L AgBr-
in dem L die Löslichkeit des als Index bei-
gefiigten Salzes bedeutet, eine Konstante sein
muss, die unabhängig bleibt von der Natur des
Lösungsmittels.
Dann spricht F. W. Küster (Clausthal):
„Über das elektrochemische Verhalten
des Schwefels". Bekanntlich löst sich Schwefel
in Alkalisulfiden in grosser Menge auf, es ent-
stehen Polysulfide, über deren Zusammensetzung
wir wenig Bestimmtes aussagen können, vor
allem ist es uns unbekannt, mit welchen An-
ionen wir es darin zu thun haben. Vortr. hat
nun geftinden, dass an Schwefel gesättigte
Lösungen von Natriumsulfid und verschiedener
Konzentrationen von Na^S der Nernstschen
Formel folgen und dass diese Beziehung nich tbe-
steht, wenn man die Konzentration des Schwefels
ändert und die des Natriumsulfides normal hält.
Für die Änderung der Potentialdifferenz, durch
Zusatz fremder Salze, ist die weitgehende hydro-
lytische Spaltung massgebend. Unter diesem
Gesichtspunkte wurde die Änderung durch Zu-
satz von KOH berechnet und in Obereinstim-
mung mit den experimentellen Daten gefunden.
Hierauf schilderte H. Kellner (Hallein) das
Verhalten von Chlor und Brom unter dem Ein-
flüsse dunkler elektrischer Entladungen.
Es ist oft behauptet worden, dass elektro-
lytisch hergestelltes Chlor ein grösseres Bleich-
vermögen besitzt, wie das auf chemischem Wege
gewonnene. Dieser Unterschied rührt von der
Beimengung von Hypochloriten im ersten Falle
her, das Chlor selbst ist beide Male identisch.
Vortr. hat sich aber die Frage gestellt, ob
durch Einwirkung hochgespannter elektrischer
Wechselströme eine Änderung der Eigenschaften
dieses Elementes, welche etwa der Ozonisierung
von Sauerstoff entspräche, zu beobachten sei.
Es zeigte sich wirklich, dass „ozonisiertes'* Chlor
reaktionsfähiger sei, so z. B. schon im Dunkeln
mit Essigsäure Chloresigsäure bildet, während
gewöhnliches Chlor diese Reaktion nur im Sonnen-
lichte giebt.
Ebenso wurde sorgfältig gereinigtes Brom
in getrockneten evakuierten und zugeschmolze-
nen Röhren behandelt. Gewisse Frequenz-Ver-
hältnisse des einwirkenden Wechselstromes sind
erforderlich, um den Apparat gleichsam an-
sprechen zu lassen, ist dies aber erreicht, so
überzieht sich das Rohr allmählich mit gelben
Krystallen; die im Rohre monatelang unver-
ändert haltbar sind. Das verwendete Glas war
bleifrei und das trockener Brom war nur mit
dem Glase in Berührung gekommen. Versuche
wurden auch in der Weise ausgeführt, dass
Brom während der Destillation aus einem Ge-
fässe in ein anderes der dunkeln elektrischen
Entladung ausgesetzt wurde. Bei der ersten
Destillation war keine Veränderung zu be-
obachten, erst nach und nach bildete sich wieder
ein Rückstand von gelben Krystallen.
Die erste Sitzung schloss ein Vortrag von
H. J. van'tHoff (Rotterdam): „Über Reini-
gung des Trinkwassers durch Ozon."
Sauerstoff wird durch dunkle elektrische
Entladung ozonisiert durch den Sterilisator ge-
trieben, in dem er in Blasen au&teigt, um oben
wieder zu entweichen. 70 — 80 Proz. der im
Wasser enthaltenen organischen Substanzen
werden auf diese Weise zerstört, ohne dass sich
freilich eine feste Beziehung zwischen der Wir-
kung und dem Gehalte an organischen Körpern
hätte aufstellen lassen können. Die Reinigung
ist aber immer eine sehr wirksame und wird
von den besten Sandfiltern nicht erreicht.
Nachmittags fiihrte Haagn (Hanau) neue
elektrische Ofen von Heraus in Hanau vor.
Vielseitig sind die Vorteile der elektrischen
Öfen im Laboratoriumsgebrauche. Zu der leich-
ten Regulierbarkeit gesellt sich das Fehlen von
Verbrennungsgasen, der ökonomische Wärme-
verbrauch etc. und die Verbesserung der be-
kannten Modelle ist fiir die Laboratorien eine
wichtige Frage geworden. Um zunächst den
Platinverbrauch zu vermindern, wurde der Platin-
draht durch eine ganz dünne (0,007 mm) Folie
ersetzt, dadurch wird zugleich eine innige Be-
rührung mit dem Heizrohre erreicht, welche die
Folie vor Überhitzung und vor raschem Durch-
brennen bewahrt. Die Haltbarkeit ist an Por-
zellan grösser wie an Magnesia,
Störend wirkt oft die elektrolytische Zer-
setzung der Magnesia bei den hohen Tempe-
raturen, Öfen, deren Platinbelegung durch-
gebrannt sind, lassen noch ganz erhebliche
Ströme durch, besonders stark wird die Mag-
nesia an der Kathodenseite angegriffen. Weniger
merkbar ist dies an Porzellanröhren, wenn sie
diese Erscheinung auch in einer Rötung der
Masse auf der Kathodenseite zeigen. Die Öfen
können bei 1500" 6 — 8 Stunden ohne Schaden
in Betrieb erhalten bleiben. Vortr. bespricht ihre
Anwendung zuVersuchs-und Vorlesungszwecken.
Sodann zeigt H. Heraus (Hanau) neue Ge-
fässe, die aus Si Oi verfertigt sind. Quarz wird
in Iridiumgefässen mit Hilfe eines Knallgas-
gebläses (man erreicht so Temperaturen von
2200*^) geschmolzen und kann dann wie Glas
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. Nu. 18.
417
geblasen werden; hiermit ist ein Weg eröffnet,
das Glas in vielen Fällen durch ein besseres
Material zu ersetzen.
Es folgte ein Vortrag von K. Elbs (Giessen)
über: „E^^^ Darstellungsverfahren des
Ammonium-Plumbi-Chlorids."
Auf rein chemischem Wege ist die Dar-
stellung von Pb Clx unbequem , unsicher und
unergiebig. Ein elektrochemisches Verfahren
von Förster ist nur zur Darstellung kleinerer
Mengen gut anwendbar. Vortr. ist es gelungen,
die gesuchte Verbindung glatt zu gewinnen,
indem er Salzsäure vom spez. Gewichte 1,05
bis 1,15 elektrolysierte und dabei den Kunst-
griff anwandte, die Anode aus einer Bleiplatte
und einer Kohlenplatte zusammenzusetzen und
V5 des Stromes durch die erste, \ durch die
zweite Anode zu senden. Steht nun die Blei-
elektrode über der Kohlenanode, so senkt sich
kontinuierlich eine an Pb Cli gesättigte Lösung
zu der letzteren und wird daselbst weiter chloriert.
Leider fehlt es an einem Verfahren, Pb Cl^
einfach und rein abzuscheiden; doch sind Doppel-
verbindungen, wie: K<i Fb Cl^ leicht zu erhalten,
die den entsprechenden Platinverbindungen sehr
ähnlich sind. Die beständigste bildet das Ammo-
niumplumbichlorid und wird auch am leichtesten
erhalten, ähnliche Verbindungen bieten Pyridin-
und Chinolinplumbichlorid dar. Ammonium-
plumbichlorid kann lufttrocken auf 220^ ohne
Zersetzung erhitzt werden und hält sich mit
Wasser in einem Glasrohr eingeschmolzen
monatelang ohne Veränderung.
Dann sprach G.Bo dl an der (Braunschweig):
„Über die Chemie der Cuproverbindun-
gen."
Das Verhältnis von Cupri- zu Cupro- Ionen
ist in Chloriden analog wie in Bromiden u. s. f.
und es zeigt sich, dass die Relation:
C«2 _
Cu
const.
erfüllt wird. Hiernach ist das Kupfer als ein-
wertiges Metall aufzufassen. Man wäre geneigt
zu vermuten, dass Ähnliches für das Queck-
silber gilt, doch hat Ogg gezeigt, dass Queck-
silber als Hg — //^, somit als zweiwertig auf-
zufassen ist ; ein Verhältnis, das im periodischen
Systeme zum Ausdrucke kommt, das also hier
eine Bestätigung erfährt, die in den letzten
Jahren recht selten geworden ist.
Den letzten Vortrag hielt dann F. Förster
(Dresden): „Über Elektrolyse an plati-
nierten Elektroden.*'
Nach der Vorschrift von Lummer und
Kurlbaum gelingt es leicht, wohldefinierte
platinierte Elektroden herzustellen, wie sie zu
einer Untersuchung ihrer Wirkungsweise er-
forderlich sind. Der Unterschied in ihrem Ver-
halten im Vergleiche zu glatten Platinelektroden
tritt besonders deutlich zu Tage, wenn man
einen durchgesandten Strom einen Moment nur
unterbricht; während da beim Wiedereinschalten
die Spannung an platinierten Elektroden dieselbe
ist wie im Zeitpunkte der Unterbrechung, kann
es an Platinelektroden oft geraume Zeit dauern,
bis dieselbe wieder erreicht wird. Der Unter-
schied arbeitender platinierter und glatter Platin-
elektroden kann bis auf 0,8 Volt steigen, wenn
Gase an denselben entweichen, ist dies nicht
der Fall, so beträgt sie nur etwa ein Zehntel,
schnellt aber wieder in die Höhe, sobald die
Entwicklung von Gasen einsetzt. Vortr. glaubt,
dass wir es hier mit einem Übergangswiderstande
zu thun haben, der an platinierten Elektroden
wegen der viel grösseren Oberfläche weniger
zur Geltung kommt.
Die Verhandlungen der dritten Sitzung am
Vormittage des 10. Mai wurden durch einen
Vortrag des Präsidenten J. H. van 'tH off
(Charlottenburg): „Über Gips" eröffnet.
Gips kommt in der Natur als CaSO^,
2 H^O vor, daneben auch in wasserfreier Form
CaSO^ als Anhydrit. Technischen Zwecken
dient noch Stuckgips, der etwa 6Proz. Wasser
enthält. Dann kennt man noch totgebrannten
Gips, der seinen ganzen Wassergehalt, zugleich
auch die Fähigkeit verloren hat, wieder Wasser
aufzunehmen und zu erhärten und der dem
Anhydrite sehr nahe stehen dürfte. Endlich
kennt man in der Technik noch eine dritte
sehr merkwürdige Form, den Estrichgips;
er wird erhalten, indem man (durch Erhitzen
über 3CX)®) totgebrannten Gips noch weiter
auf ca. iioo^ erhitzt, dadurch erlangt er wieder
die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu er-
härten; doch ist die Abhärtungserscheinung
dann eine andere wie beim Stuckgips; letzterer
wird schon nach einer halben Stunde fest,
Estrichgips braucht hierzu jedoch mehrere
Tage; ist dann aber viel härter und kann selbst
an Stelle von Mörtel gebraucht werden.
Durch Einwirkung von Salpetersäure erhält
man ein Halbhydrat Ca S 0\, \ H^ 0, das etwa
dem Stuckgips identisch ist. Von anhydrischen
Formen sind im Laboratorium zwei zu erhalten,
deren eine mit totgebranntem Gipse identisch
ist, während die andere die Fähigkeit besitzt,
zu erhärten. Durch die Langsamkeit, mit wel-
cher sich das Gleichgewicht zwischen Dampf
und Hydrat einstellt — mehrere Monate sind
dazu erforderlich — , wird aber die Untersuchung
sehr erschwert, es musste daher eine neue Me-
thode zum Studium dieser Vorgänge heran-
gezogen werden.
Ein Beckmann scher Siedeapparat wurde
mit Wasser und einer bestimmten Menge ge-
wöhnlichen Gipses beschickt und zu einer
Siedepunktsbestimmung verwendet, dann wurde
4l8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
Kochsalz hinzugefügt und der Siedepunkt stieg,
aber nur bis zu einem bestimmten Punkte, um
bei weiterem Chlornatriumzusatze konstant zu
bleiben. Beobachtet man nun mit dem Mikro-
skope, so findet man, dass das Bihydrat sich
in Halbhydrat verwandelt. Ist dies geschehen,
so steigt bei weiterem Salzzusatze die Siede-
temperatur wieder an.
Bei dieser Temperatur hält die Maximalten-
sion des Wassers der des Krystallwassers das
Gleichgewicht, d. h. die Kry stall wassertension
ist gleich dem Barometerdrucke. So werden
bei vermindertem Drucke ähnliche Bestimmun-
gen gemacht. Die erhaltenen Zahlen lassen
sich in eine Formel zusammenfassen, welche
die Wasserdampftensionen / für sämtliche Tem-
peraturen angeben:
568
log p = log Paq + 1 ,49 — y, •
Daraus lässt sich ein Schluss ziehen, der
einer experimentellen Prüfung zugänglich ist
und Licht auf das Verhalten des Gipses beim
Erhitzen wirft. Es ergiebt sich nämlich die
Temperatur, bei welcher die Kry stall wasser-
tension / gleich dem Drucke P wird:
0= 1,49 — 7^ und hieraus /= 107**.
Bei 107^ muss also Gips im geschlossenen
Rohre Wasser abspalten und in Halbhydrat
übergehen, ein Vorgang, der von einer erheb-
lichen Ausdehnung begleitet ist und der dem
„Kochen'* des Gipses entspricht.
Es zeigte sich ferner, dass die Abspaltung
des letzten Wassers nicht, wie erwartet, ober-
halb, sondern unterhalb 107^ stattfindet. Die
Krystallwassertension ist also bei Abgabe des
ganzen Wassers grösser, als wenn nur ein Teil
abgespalten wird! Gips ist der erste Körper,
bei dem es nachgewiesen wurde, dass die
Maximalspannung des Krystallwassers je nach
der Umwandlung, um die es sich handelt, ver-
schieden sein kann.
Ein Differentialtensimeter gelangte hier zur
Verwendung, die Umbildung zu löslichem An-
hydrit findet bei 95^ statt.
Noch eine dritte Tension findet man bei
der Bildung des totgebrannten Gipses, der Um-
wandlungspunkt liegt bei 60".
Stuckgips ist offenbar Halbhydrat. Estrich-
gips aber besitzt einen etwas rätselhaften Cha-
rakter, dieser lässt sich vielleicht dahin deuten,
dass man durch starkes Erhitzen des totge-
brannten Gipses die instabile lösliche Form er-
halten hat, und dass möglicherweise eine feste
Lösung vorliegt. Das Halbhydrat muss meta-
stabil sein, in der That verwandelt sich Stuck-
gips langsam in Anhydrit und Gips.
Nach einem zusammenfassenden Referate
über die letzten Forschungen auf dem Gebiete
der Becquerel- und Radiumstrahlen, deren ein-
gehende Behandlung in früheren Nummern dieser
Zeitschrift eine Wiedergabe an diesem Orte er-
spart, demonstrierte sodann F. Giesel (Braun-
schweig) die Eigenschaften seiner radioaktiven
Präparate.
Hieraufsprach W. Wien (Würzburg): „Über
positive Elektronen".
Nach dem absoluten Masssystem ist das
e
Verhältnis fiir Wasserstoff io\ für Katho-
///
denstrahlen rund 10*. Sieht man sich nun den
positiven Teil an, der in den Kathodenröhren
den Elektrizitätstransport übernimmt, so findet
man, wie bei der Elektrolyse, dass er sich mit
ganz anderer Geschwindigkeit bewegt. Am
besten eignet sich zu solchen Messungen die
Methode, welche Kaufmann zur Bestimmung
der Geschwindigkeit der Becquerelstrahlen an-
gewendet hat: man unterwirft die Strahlen
gleichzeitig magnetischer und elektrostatischer
Ablenkung, die senkrecht zu einander wirken.
Hierbei zeigt sich eine grosse Abweichung von
den negativen Elektrons. Während diese eine
scharfe Verschiebung ergeben, die zur Berech-
' e
nung von — dient, erhält man bei positiven
;;/
Elektronen einen ganz verwaschenen Streifen, der
I kontinuierlich ist, und ein Teil bleibt unabge-
lenkt. Die Geschwindigkeit der einzelnen Teil-
i chen ist wenie verschieden, während stark
wechselt. Selbst bei den reinsten Gasen und
konstanter Spannung erhält man jedesmal etwas
verschiedene Werte. Am besten arbeitet man
mit reiner Wasserstofffullung, es ergiebt sich
da mit ziemlicher Sicherheit für den Grenzstrahl
=^ lO^ Man sollte denken, dass man es
also wirklich mit Wasserstoffteilchen zu thun
hat, da man aber dieselbe Zahl auch im Sauer-
stoff wiederfindet, fragt es sich, ob eine solche
Annahme zulässig ist. Als Ausweg bleibt frei-
I lieh die Behauptung, dass es nicht möglich ist,
Wasserstoff und Wasser völlig zu entfernen; aber
; man findet diese Zahl auch nach wochenlangem
' Durchleiten von trocknem Sauerstoff wieder!
Wenn die Spannung sich in einer Kathoden-
röhre auf alle Teilchen gleich verteilt, muss ein
konstanter Wert für die Geschwindigkeit er-
halten werden. Wenn verschiedene Elektrons
von der gleichen Kraft bewegt werden, muss
c
konstant bleiben, nun zeigt es sich, dass
diese gleichmässige Ablenkung durchaus nicht
eintritt, auch bei dieser Anordnung erhält man
einen verwaschenen Streifen, dessen centraler
Teil gar nicht abgelenkt ist, auch hier zeigt
es sich, dass das Ende des Streifens der be-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
419
rechneten Ablenkung entspricht, während alle
anderen Strahlen zu wenig abgelenkt sind. Es
muss sich das Verhältnis auf dem Wecfe
verändert haben. Eine grössere Spannung kann
gar nicht auf die Teilchen eingewirkt haben,
eine kleinere wäre möglich, würde aber eine
grössere Ablenkung ergeben. Auf dem Wege
muss also ;// grösser oder e kleiner geworden
sein, möglicherweise hat teilweise Neutralisation
durch minus Elektrons stattgefunden.
Das Verhältnis ist also ausserordentlich
m
verschieden und es ist nicht mit Sicherheit aus-
zusagen, ob wir es mit den Gasionen selbst zu
thun haben oder ob die Übereinstimmung eine
zufällige ist, für den ersteren Fall ist die Ladung
wahrscheinlich durch Neutralisation geändert.
Auch die Fluoreszenz der positiven Elek-
tronen ist etwas verschieden, sie ist schwächer,
ihre Farbe hängt von dem Grade der Ablenk-
ung ab. Die stärker abgelenkten Teile erzeugen
grünliche Fluoreszenz, die schwächer abge-
lenkten Teile rufen eine Farbe hervor, die von
der Natur des Gases abhängig ist. Beim Was-
serstoff erhält man grünliche Fluoreszenz, in
verdünntem Sauerstoff" dagegen braune, lachs-
rote mit Quecksilberdampf, in Luft etwas ver-
schieden von Sauerstoff.
Auch Metalloxyde geraten in lebhafte Fluo-
reszenz, besonders wenn sie aus dem Metalle
durch Oxydieren in der Flamme gewonnen
worden sind, nicht aber im feuchten Zustande.
Sie geben zum Entweichen von Gasen (wahr-
scheinlich Sauerstoff) Anlass und erfahren eine
Veränderung der Oberfläche, Zinkoxyd wird
gelb und ebenso Bleioxyd.
Nun spricht A. Coehn (Göttingen): „Über
elektrolytische Darstellung neuer Legie-
rungen.'*
Dank der Überspannung, mit welcher sich
Wasserstoff an verschiedenen Metallen ent-
wickelt, gelingt es, auch wasserzersetzende Me-
talle, sogar in saurer Lösung, abzuscheiden, so
gelangt man bis zum Zink. Will man Metalle
abscheiden, die eine noch grössere Lösungs-
tension besitzen, so gelingt dies nur an Queck-
silberelektroden, wenn sie sich mit Quecksilber
verbinden. Redner hat sich nun die Frage
gestellt, ob nicht andere Metalle die Rolle des
Quecksilbers spielen können; ist dazu flüssiger
Zustand erforderlich, so ist ein ähnlicher Vor-
gang am Wood sehen Metall zu erwarten. Das
Experiment spricht aber dagegen. Während
sich nämlich Ammoniumamalgam in kochend
heisser Chlorammoniumlösung an einer Queck-
silberkathode bildet, ist ein Ahnliches an einer
Elektrode aus geschmolzenem Wood sehen
Metall nicht zu beobachten.
Dagegen wurde die Aufmerksamkeit auf
das Nickel gelenkt. Es besteht nämlich eine
alte Vorschrift, welche aussagt, dass der Lösung
von Nickelsalzen Magnesiumsulfat zugesetzt
werden muss, um gute Niederschläge zu er-
halten. Wenn sich hier Magnesium mit Nickel
abscheidet, kann dies nicht nebeneinander ge-
schehen, sondern es muss eine Art depolari-
sierenden Vorganges dabei eintreten. Benutzt
man die Methode der Bestimmung von Zer-
setzungsspannungen, so muss dann die Nickel-
abscheidung aus reinen Nickelsalzen einer an-
deren Kurve entsprechen, als bei gleichzeitiger
Anwesenheit von Magnesium. Dies ist in der
That beobachtet worden. Im letzteren Falle
läuft die Kurve anfangs wie die von reinem
Nickel, um plötzlich abzubiegen und unterhalb
der ersteren zu bleiben. Es zeigte sich auch,
dass die Menge des im Niederschlag enthalte-
nen Magnesiums von der Zusammensetzung der
Lösung abhängig ist. Eine an Mg SO^ 4 nor-
male Lösung gab im Niederschlage 0,32 Proz.
A/g, wenn sie an Nickelsulfat 2 — normal war,
1,31 Proz. in i normalem, 2,12 Proz. in 0,5
normalem NiSOi, Es wurden Legierungen
bis zu 10 Proz. Mg Gehalt erhalten. Die oben
genannte Vorschrift für die Nickelabscheidung
ist danach gut verstand lieh: man erhält eine guthaf-
tende Legierung, während reines Nickel abblättert.
Das Wort erhält nun J. Tafel (Würzburg)
zu seinem Vortrage: „Über kathodische Po-
larisationen in verdünnter Schwefel-
te
saure .
Die Depolarisation bei schwachen Strömen
hat bereits den Gegenstand vieler Untersuch-
ungen gebildet. Vortragender hat sich nun die
Aufgabe gestellt, die Verhältnisse bei höherer
Stromdichte zu prüfen und fuhrt die Ergebnisse
seiner Messungen an graphischen Darstellun-
gen vor.
Den Schluss der Vormittagssitzung bildete
ein Vortrag von F. Haber (Karlsruhe): „Über
Aluminiumdarst eilung".
Die Gewinnung von Aluminium im elek-
trischen Ofen ist einer der denkbar einfachsten
Prozesse, der immer gute Resultate liefert. Die
Dynamomaschine wird durch den Ofen kurz
geschlossen, der Schmelzmasse wird zur Ver-
minderung der Spannung zweckgemäss Thon-
erde zugesetzt. Nach der Elektrolyse befindet
sich das massive Aluminium auf dem Boden
des Getässes, haftet aber niemals fest an dem-
selben, sondern ist vielmehr immer durch eine
Schmelzkruste von Aluminiumcarbid von dem-
selben getrennt. Ein Kohlestab dient als Anode,
ein Kohletiegel als Kathode. Das gewonnene
Aluminium ist meist etwas siliciumhaltig, doch
lässt sich diese Verunreinigung durch Wahl
guter Anoden auf ganz kleine Werte herabsetzen.
In der vierten und letzten Sitzung am
420
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
Nachmittage des 10. Mai wurde der erste Vor-
trag von C. Liebenow (Berlin): „Über die
Anwendung der Fuchsschen Methode
in der Akkumulatorenpraxis" gehalten.
Erst seitdem man bei den Spannungsmes-
sungen nach Fuchs eine dritte Elektrode ver-
wendet, lässt sich über das Verhalten der ein-
zelnen Elektroden eines Elementes etwas aus-
sagen, während man früher nur die Differenz
erhielt. Vortragender verwendet nach vielen
Versuchen als dritte Elektrode Kadmiumamalgam
in Schwefelsäure, das in einem Diaphragma
eingeschlossen ist und bespricht an der Hand
von Beispielen und graphischen Darstellungen
die Vorzüge dieser Methode und ihre Wichtig-
keit für die Technik.
Hierauf hält J. Billitzer (Wien) einen Vor-
trag über: „Elektrische Doppelschicht
und absolutes Potential".
H. von Helmholtz erklärt die Erschei-
nungen der Elektroendosmose und der Über-
führung schwebender Partikeln zu den Elek-
troden mit Hilfe der Doppelschicht. Vortra-
gender hat untersucht, ob es gelingt, durch
gewisse Zusätze den Sinn der Doppelschicht
und hiermit die Bewegungsrichtung unter dem
Einflüsse des elektrischen Stromes umzukehren;
und als dies gelang, suchte er den Punkt auf,
an welchem eben diese Umkehr stattfindet (in
welchem also die Doppelschicht verschwindet),
um die betreffende Kombination, in welcher ein
fester Körper an eine Flüssigkeit ohne Poten-
tialsprung grenzt, zur Bestimmung „absoluter"
Potentiale (d. h. einzelner Potentialsprünge,
zwischen Elektrode und Lösung) zu benützen.
Drei Methoden gelangten hier zur Anwen-
dung. Nach der ersten wurde die Ablenkung
eines feinen an einem Quarzfaden aufgehängten
Metalldrahtes aus Pt, Ag oder Hg (Amalgame
von Edelmetallen) zwischen zwei Elektroden
in verchiedenen Lösungen beobachtet. Es
zeigte sich, dass Platin sich wie eine Sauerstoff-,
respektive Wasserstoffelektrode verhält, somit
gelingt es, seine Potentialdifferenz zur Lösung
durch Zusatz von Reduktions- oder Oxydations-
mitteln, Erzeugung saurer oder alkalischer Re-
aktion innerhalb 2 Volt beliebig zu variieren.
Das Gleiche erreicht man bei Hg und Ag durch
Änderung der lonenkonzentration in der Lösung.
Bei allen drei Metallen wurde eine Umkehr an
demselben Punkte gefunden.
Die zweite Methode beruhte auf der Beob-
achtung der Wanderung entsprechender kolloi-
daler Metalle in entsprechenden Lösungen im
elektrischen Stromgefalle. Es ergab sich eine
gute Übereinstimmung.
Die dritte Methode bildete endlich eine Um-
kehr der zweiten, indem feine Silber- etc. Par-
tikeln zwischen Silberelektroden in Silbersalz-
lösungen wechselnder W^^-Ionenkonzentrationen
herabfielen und zu dem Auftreten eines Stro-
mes Anlass gaben, dessen Sinn und Grösse
beobachtet wurde. Auch in diesem Falle war
eine Umkehr des Stromes in demselben Punkte
zu bemerken.
Die so bestimmten „absoluten" Potentiale
weichen um 0,74 Volt nach der Seite des Sauer-
stoffes von den früheren ab. Schliesslich be-
spricht Redner eine Modifikation der Vorstel-
lungen über die Doppelschicht, die durch seine
Versuche nahegelegt wird.
Sodann spricht E. Cohen (Amsterdam) über
Normal elemente.
Vortragender hat Kadmiumamalgame vom
Standpunkte der Phasenlehre eingehend unter-
sucht und beschreibt die Bedingungen, die
hiernach für seine Verwendung im Normalele-
mente zu treffen sind.
Hierauf hält R. Luther (Leipzig) einen E.x-
perimentalvortrag über Reduktionen an der
Anode.
Wir sind es gewöhnt, an der Kathode Re-
duktionen, an der Anode Oxydationen zu be-
obachten. Vortragender führt einige Reaktio-
nen vor, in denen das Umgekehrte stattfindet.
So scheidet sich aus Jodkalium in einer
Nitratlösung Jod an der Kathode ab. Der
Grund ist darin zu suchen, dass intermediär ge-
bildetes Nitrit die Abscheidung bewirkt.
Eine ziemlich konzentrierte Lösung von
KMnO^ und HiSO^ reduziert Permangamat an
der Anode. Es bildet sich zunächst Wasser-
stoffsuperoxyd, das KMnO^ entfärbt.
Ebenso wird Permanganat, dem Natriumcar-
bonat beigefugt wurde, an der Anode glatt
entfärbt. Die Wirkung wird in diesem Falle
vom gebildeten Percarbonat ausgeübt.
Eine alkalische Goldlösung, der Alkohol
zugesetzt ist, scheidet Gold an der Anode ab;
intermediär gebildetes Aldehyd giebt hierzu die
Ursache ab. Das Gleiche geschieht beim Zusätze
von Weinsäure über erst gebildete Ameisen-
säure.
Alkalische Bromkaliumlösung, der Ammo-
niak und wenig Kaliumpermanganat zugesetzt
ist, färbt sich an der Anode grün unter Bil-
dung von Kaliummanganat. Das Bromid wird
zu Hypobromit oxydiert, dieses liefert mit Am-
moniak Hydroxylamin, welches das Permanga-
nat reduziert.
Es handelt sich also immer um intermediäre
Bildung von Zwischenstufen, die unter reduzie-
renden Wirkungen an der Anode zerfallen.
Das Wort erhält nun E. Jordis (Erlangen)
zu einem Vortrage: ,,Über Kieselsäure, Al-
kali- und Erdalkalisilikate".
Natriumsilikate reagieren nicht nach der
Gleichung Na^ SiO, + 2 HCl =-2 Na Cl^- H^ Si Ö3
mit Salzsäure, sondern es bleibt Ä^a^O ge-
bunden, etwa 0,6 Proz., d. h. i xVa2 O auf
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
421
etwa 300 SiO^- Vortragender sucht dies durch
Entstehung von Pyrosäuren zu deuten.
Dann spricht R. Zsigmondi (Jena): Über
kolloidale Lösungen'*.
Vortragender hat nach einer nicht näher er-
örterten optischen Methode die Teilchengrösse
der im kolloidalen Golde enthaltenen Partikeln
bestimmt und findet sie 5—10 fifi, während
noch kleinere Teile nach seiner Methode nicht
mehr messbar sind. Er spricht sich gegen die
herrschende Annahme aus, dass es zulässig ist,
aus der Farbe des Kolloides einen Rückschluss
auf die Grösse der Teilchen zu ziehen. Es ge-
lingt ihm , kolloidales Gold in verschiedener
Feinheit und gleicher Farbe herzustellen, da-
gegen aber auch in verschiedener Farbe und
gleicher Grösse.
Als letzter Redner demonstriert Fischer
(Freiburg) feine Metallspäne und Metallwolle,
die auf mechanischem Wege erhalten werden.
Die Feinheit zu demonstrieren, zündet er Zink-
wolle an, die an der Luft ruhig abbrennt. Die
Metallwolle lässt sich zu Platten pressen, was
besonders bei der Bleiwolle wegen der Ver-
wendung im Akkumulator an Interesse gewinnt.
Von den geschäftlichen Verhandlungen ist
zu berichten, dass der Präsident J. H. van't
Hoff auf seinen Wunsch die Stelle niederlegte,
die dem bisherigen zweiten Präsidenten Herrn
Direktor Böttinger(Elberfeld) erteilt wurde. Es
gelangte ferner der Beschluss zur Sprache, eine
Herausgabe der Werke Bunzens zu veranstalten.
Endlich drang der im Vorjahre von Geheim-
rat W. üstwald gestellte Antrag auf Erweite-
rung der Ziele und Namensänderung der Ge-
sellschaft nach längerer Debatte durch, und die
Gesellschaft beschloss dies in ihrem neuen
Namen :
Deutsche Bunsen-Gesellschaft für an-
gewandte physikalische Chemie
kund zu geben. Jean Billitzer.
^^
Physikalische Chemie.
Besorgt von Prof. Dr. G. 0. Schmidt
^^
M. Rudolphi, Die Molekularrefraktion fester
Körper in Lösungen mit verschiedenen
Lösungsmitteln (Habilitationsschrift) gr. 8.
57 S. m. Figuren. Ravensburg, O. Maier. 1 901 .
M. 1.20.
Die Frage, mit welcher Sicherheit, sich die
Molekularrefraktion einer festen Substanz aus
dem Brechungsvermögen einer Lösung der-
selben ableiten lasse, ist schon häufig diskutiert
und experimentell untersucht worden. Gewöhn-
lich hat man, die Lösung als eine Mischung von
festem Körper und Lösungsmittel auffassend,
das spezifische Brechungs vermögen des gelösten
Körpers berechnet unter Zugrundelegung einer
Gleichung der Formel
^_„ 100 100— P
worin R das spezifische Brechungsvermögen des
gelösten Körpers, ^1 dasjenige der Lösung und
R2 <^as des Lösungsmittels und P den Prozent-
gehalt bezeichnen. Die Aufstellung einer solchen
Gleichung setzt die Annahme voraus, dass die
spezifischen Brechungsvermögen der festen Sub-
stanz und des Lösungsmittels sich in dem spezifi-
schen Brechungs vermögen der Lösung einfach
summieren. Die Beantwortung der Frage, ob dies
erlaubt ist, ist aber nicht in einfacher Weise mög-
lich, da man das spezifische Brechungsvermögen
verschieden definiert hat. Die Emissionstheorie
definiert als spezifisches Brechungsvermögen die
Grösse («^ — j)/^^ wo d das spezifische Gewicht
bedeutet; ferner sind noch folgende Formeln
aufgestellt
// — I n^ — I
und
n'^ + 2 d
«2 — I
,2
n' + 2
I
"d
Die Beobachtungen wurden mit Hilfe des
Pulfrich sehen Totalreflektometers für eine
Reihe von Linien am Chloralhydrat in Wasser,
Alkohol und Toluol ausgeführt. Dieser Körper
erwies sich als sehr geeignet, weil er eine
ausserordentlich grosse Löslichkeit besitzt. Es
zeigte sich, dass die Mischungsregel mit keiner
der obenerwähnten Formeln für das spezifische
Brechungsvermögen die Beobachtungen wieder-
zugeben vermochte. Die Grösse /?, welche
nach der obigen Formel konstant sein sollte,
zeigt starke Abweichungen, wie sich besonders
gut an den beigegebenen Figuren erkennen
lässt, welche die Beziehung zwischen R und
Prozentgehalt darstellen.
Keine der drei gebräuchlichen Formeln für
das spezifische Refi*aktionsvermögen scheint be-
züglich der Anwendung auf Lösungen besonders
geeignet zu sein, wie aus der folgenden Ta-
belle ') hervorgeht:
M '
n
H-
D
^>
Wasserlösung \
Alkohollösung / ' ' '
49.36
49,61
50,28
Toluollösung
52,13
52,15
53,io
Flüss. Chloralhydrat
49,93
50,17
50,88
Aus den Atomrefrak-
tionen berechnet
49,27
i) Die Tabelle giebt die Molekularrefraktiouen au, A/ be-
deutet also das Molekulargewicht. Zur Berechnung der
Molekularrefraktion aus den Atomrefraktionen wurden die von
Ostwald tAllgem. ( hemie ), 444) gegebenen Konstanten
benutzt.
422
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
122,21 123,08 135,12
129,18
124,36
129,37
125,08
132,12
127,21
n^ — I
I
d
29.323
30,689
29»S7i
29,666
31,125
29,927
29,191 29,845
M
Wasserlösung \
Alkohollösung / * *
ToluoUösung ....
FIüss. Chloralhydrat
+ 2
Wasserlösung \ oc^o^A
Alkohollösung J * * * ^^'^'^
ToluoUösung 30,587
Flüss. Chloralhydrat 29,450
Aus den Atomrefrak-
tionen 29,093
Diese Tabellen zeigen, dass die aus den
Lösungen in Alkohol und in Wasser erhaltenen
Werte weniger von den aus den Atomrefraktionen
berechneten abweichen, als die aus flüssigem
Chloralhydrat erhaltenen. Dagegen sind die
Werte aus den Toluollösungen beträchtlich
grösser als die übrigen.
Die Unterschiede der Zahlenwerte sind in
den drei Gruppen, wie sie den drei Formeln
entsprechen, fast ganz analog. Keine der
Formeln scheint daher, wie schon erwähnt, die
andere in Bezug auf Tauglichkeit zu übertreffen.
Der so häufig angenommene und zur Er-
klärung abweichender Resultate herangezogene
Einfluss der Dissociation des gelösten Körpers
spielt nach den vorliegenden Messungen keine
Rolle. Wasser ist anerkannt ein Lösungs-
mittel von ausserordentlich starker dissociieren-
der Kraft. Der Dissociationsgrad in Alkohol
ist gering, Toluol wirkt nicht dissociierend und
steht hierin dem Alkohol viel näher, als dieser
dem Wasser. Da die aus den alkoholischen
Lösungen erhaltenen Werte für das Brechongs-
vermögen des Chloralhydrats denen aus den
wässerigen Lösungen sehr nahe stehen, beide
aber sehr stark von den Resultaten aus den
Toluollösungen abweichen, so muss man hier-
aus schliessen, dass der Einfluss der Dissociation
gering ist und nicht die Abweichungen erklären
kann. Die letzteren rühren vielmehr daher,
dass wir noch keine Formel für die spezifische
Refraktion haben, deren Anwendung nahezu
fehlerlose Resultate liefert.
Aus der Tabelle lässt sich schliesslich noch
entnehmen, dass nicht ausnahmslos dasjenige
Medium das geeignetste zur Ermittelung der
wahren Molekularrefraktion und -dispersion eines
Körpers ist, welches dem gelösten Körper
optisch am nächsten steht. Optisch am nächsten
steht dem Chloralhydrat das Toluol, aber ge-
rade aus Lösungen in diesem ergeben sich die
abweichendsten Molekularrefraktionen für das
feste Chloralhydrat.
Aus der Arbeit geht also hervor, dass man
sich nicht, wie das bisher fast ausschliesslich
geschah, bei derartigen Untersuchungen auf
e i n Lösungsmittel beschränken darf, da die
zweckentsprechendste Formel für e i n Lösungs-
mittel eventuell völlig fehlerhafte Resultate bei
einem anderen giebt. Den Einfluss des Lösungs-
mittels zu ergründen, wird sehr schwierig sein,
besonders da man die Faktoren noch nicht ein-
mal der Zahl nach kennt, welche auf das Bre-
chungsvermögen des gelösten Körpers einwirken.
G. C. Schmidt.
(Eingegangen i. Februar 1902.)
BESPRECHUNGEN.
W. V. Bezold, Theoretische Betrachtungen
über die Ergebnisse der wissenschaftlichen
Luftfahrten des deutschen Vereins zur För-
derung der Luftschiffahrt in Berlin. (S. A.
aus dem Band 3 der Wissensch. Luftfahrten,
herausgeg. von Assmann und Berson.
Gesamtpreis 100 M.) 4. 31 S. mit Abbil-
dungen. Braunschweig, Friedrich Vieweg &
Sohn. 1900. M. I. — .
Es dürfte fast unmöglich sein, ein an Inhalt
und Ergebnissen so reiches Werk wie das vor-
liegende hier in wenigen Worten zu referieren,
namentlich auch schon deshalb, weil das Fun-
dament, auf dem es ruht — die Thermodynamik
der Atmosphäre, von dem Verf. erst auf den
Grad der Ausbildung gebracht, den sie heute
aufweist — , leider immer noch nicht allseitig in
ihrer Tragweite und Eigenart bekannt ist.
Das thermodynamisch Eigenartige liegt darin^
dass die Masseneinheit der Luft nur so lange
adiabatische Zustandsänderungen durchläuft, als
eine eventuell eingetretene Kondensation des
Wasserdampfes nicht einen Teil der Materie
herausfallen lässt. Geschieht letzteres, so gehen
von da an ganz andere Zustandsänderungen vor
sich. Verf. spricht daher von „beschränkt um-
kehrbaren*' und ,,pseudoadiabatischen" Zustands-
änderungen. Solche sind es, welche die Er-
scheinungen des Föhn§, den Unterschied der
Witterung in Hoch- und Tiefdruckgebieten,
sowie auch in erster Linie den vertikalen
Temperaturgradienten beherrschen. Letzterem
speziell ist die vorliegende Arbeit gewidmet.
Stellt man die Zustandsänderung auf- oder
absteigender Luftströme direkt als Funktion der
Temperatur und indirekt als solche des Druckes
\
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
423
dar, indem man statt seiner die Meereshöhe
einsetzt, die ihm entspricht, und wählt die Strecke
100 m gleich der für einen Grad, so geht bei
einem aufsteigenden Strome dieZustandsänderung
auf einer Geraden von 45 Grad Neigung vor
sich — überall natürlich adiabatische Vorgänge
betrachtet — ; sobald der Taupunkt erreicht,
tritt ein Knick ein, die Kurve steigt nach oben
konvex an und geht schliesslich in dieselbe
Neigung wie die der Adiabate des Trocken-
stadiums über, sobald die Menge des Wasser-
dampfes Null geworden ist. Im Gegensatz hierzu
verläuft ein absteigender Strom stets im Trocken-
stadium, also stets auf einer Geraden, kommt
also mit höherer Temperatur an, als er sie vor
dem Aufsteigen besass (Föhn).
Die mittlere Verteilung der Temperatur,
im vertikalen Sinne, kann man nun als durch
das stete Wechselspiel auf- und absteigender
Ströme entstanden denken. Man bekommt
daher die Zustandskurve in irgend einer Verti-
kalen als Mittel zwischen der mittleren auf-
steigenden und mittleren absteigenden Zustands-
änderung, und wie das im Wesen der Mittel-
bildung liegt, als eine von der Erde aus zunächst
gerade ansteigende, dann in der Region der
Kondensationshöhen eingedrückte und nun nach
oben schwach konvexe Kurve. Diese theore-
tische Gestalt wird durch die Beobachtung der
Luftfahrten voll bestätigt, nur in den untersten
Luftschichten treten andere Verhältnisse auf, da
hier die Nähe des Erdbodens einwirkt.
Die Art dieser Einwirkung der Erde
ist allerdings eine ganz andere, als man
bisher annahm, sie ist nämlich derart, dass
sie eine relative Abkühlung der unteren Schichten
verursacht. Dass man bisher anderer Ansicht
war, war em Überleg ungsfehler. Allerdings
erwärmt der Erdboden die unteren Luft-
schichten, allein dadurch entsteht ein labiles
Gleichgewicht. Bald wird die erwärmte Schicht
abfliessen, und neue kalte Luft zuströmen. Der
Erdboden erwärmt also die unterste Luftschicht
nicht über eine bestimmte Grenze. Inder Nacht, wo
Ausstrahlung eintritt, bleibt dagegen die kalte Luft
unten und wird in der Folge nur immer kälter, denn
eine Luftsäule ist in stabilem Gleichgewichte wäh-
rend der Ausstrahlung und in labilem während der
Einstrahlung. Diese Dinge sind es, welche die
Temperaturabnahme in den unteren Schichten
bedingen.
Geht man nun von der Zustandsänderung
auf die Zustandskurve selbst über, d. h. auf die
Kurve, welche für jede Höhe und einen gegebenen
Moment den Zustand darstellt, so ergeben sich
folgende Betrachtungen über das Gleichgewicht.
Ändert ein Luftteilchen seine Temperatur, so
wird es spezifisch leichter oder schwerer und
muss daher auf- oder absteigen. Man sieht nun
leicht ein, dass dann ein stabiler Zustand herrscht.
wenn das Teilchen auf einer Adiabate verläuft,
die es wieder auf dieselbe Zustandskurve fiihrt,
von der es ausging. Dies geschieht mit nega-
tiver Beschleunigung. Ist dagegen die Adiabate
weniger geneigt als die Zustandskurve, so steigt
das Teilchen ad infinitum weiter mit stets wach-
sender Beschleunigung resp. sinkt so bis zur
Erde. Der Zustand ist labil.
Betrachtet man statt der Zustandskurven der
Temperatur die der Feuchtigkeit, so ergeben
sich auch hier interessante Schlüsse. So liegt
die Hälfte alles Wasserdampfes unterhalb einer
Schicht von 1600 m.
Die hier besprochenen Fragen finden sich
nach ihrer theoretischen Seite dargestelt in des
Verf. fünfter Mitteilung zur Thermodynamik der
Atmosphäre. Berl. Sitz.-Ber. ao, 356—372, 1900.
Aus beiden Arbeiten seien zum Schluss nach-
stehende Folgerungen mitgeteilt:
„Adiabatische Zustandsänderungen feuchter
Luft lassen die potentielle Temperatur (d. i. durch
rein adiabatische Zurückführung auf Normaldruck
erhaltene) ungeändert; pseudoadiabatische Zu-
standsänderung ist nur bei Expansion denkbar.'*
„Die adiabatische und die pseudoadiabatische
Expansion vermindert durch die sie begleitende
Kondensation die Abkühlung der mittleren
Schichten, die pseudoadiabatische Expansion
mit nachfolgender Kompression erwärmt die
ganze unterhalb gelegene Atmosphäre. Die Ein-
strahlung vom Erdboden bildet zwar die Haupt-
wärmequelle ftir die gesamte Atmosphäre, wird
jedoch, sofern es sich um die relative Tempe-
raturverteilung in der Vertikalen handelt, von
der Ausstrahlung überkompensiert.''
„Die Ungleichartigkeit in den Vorgängen
der Erwärmung und Abkühlung bedingt eine
Erniedrigung der Mitteltemperatur der unteren
Schichten. In den grössten Höhen, wo Absorp-
tion und Emission verschwinden, und beinahe
kein Wasserdampf mehr vorhanden ist, bildet
adiabatisches Aufsteigen und Niedersinken trocke-
ner Luft die einzige Ursache der Temperatur-
änderung mit der Höhe."
Potsdam. A. Nippoldt.
(^Eingegaugen 13. März 1902.)
Gustav Keppeler, Chemischer Führer durch
die Industrie - und Gewerbe - Ausstellung
Düsseldorf 1902. (Auf Veranlassung derChem.
Ztschr., Centralblatt für die Fortschritte der
gesamten Chemie, herausgegeben von Prof.
Dr. Felix Ahrens, veröffentlicht.) 8^. IV u. 46 S.
Leipzig, S. Hirzel. 1902. M. — .60.
Die Chemische Zeitschrift, welche sich be-
kanntlich die Aufgabe gestellt hat, in zusammen-
fassenden, kritisch gesichteten Artikeln die Er-
rungenschaften und Fortschritte auf allen Ge-
bieten der reinen und angewandten Chemie in
424
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 18.
kurzen Zeitabschnitten zu registrieren, bringt
in diesem Hefte eine Übersicht über die che-
mische Industrie auf der Industrie- und Gewerbe-
ausstellung in Düsseldorf. Dadurch, dass sich
die Verlagsbuchhandlung entschlossen hat, die
Abhandlung in Buchform herauszugeben, hat sie
allen Besuchern, namentlich den Teilnehmern
an der Hauptversammlung des Vereins Deut-
scher Chemiker, einen grossen Dienst erwiesen.
Im Gegensatz zu anderen Führern wird hier
auf die wissenschaftliche Seite mehr Rücksicht
genommen, so wird bei den einzelnen Firmen
das Prinzip ihrer Verfahren u. s. w. angegeben,
so dass es dem Besucher leicht wird, die Haupt-
grundsätze der Fabrikation zu verstehen, ohne
sich in Einzelheiten zu verlieren. Dem Besucher
der Ausstellung, welche eine Übersicht über
die vertretene chemische Industrie gewinnen
und als Lernender die Haupterrungenschaften
der chemischen Technik mit ihren mannigfachen
Nebengebieten kennen lernen will, kann der
Führer auf das wärmste empfohlen werden.
G. C. Schmidt.
(Eingegangen 30. Mai .902.)
MaxvonPettenkofer, Ober Ölfarbe und Kon-
servierung der Gemälde-Galerien durch das
Regenerations-Verfahren. 2. Auflage, gr. 8.
VII u. 183 S. Braunschweig, Fr. Vieweg &
Sohn. 1902. M. 3. —
Das vorliegende Buch ist der wörtliche Ab-
druck der im Jahre 1870 erschienenen ersten
Auflage. Damals war nach fünfjährigem Kampfe,
welchen der Verf. eingehend schildert, das neue
Verfahren zur Konservierung der Ölgemälde
fast überall angenommen. Den wesentlichen
Inhalt bildet die Beschreibung des Ver-
fahrens, sowie die wissenschaftliche Begründung
desselben, ferner die Berichte der königlichen
Kommission und ein leicht verständlicher Auf-
satz von Fr. Pecht über das Pettenkofer-
sche Verfahren. Da das Buch hauptsächlich
für Künstler und Chemiker Interesse hat, so
muss dieser Hinweis genügen.
G. C. Schmidt.
(Eingegangen 30. Mai I902.)
H. B. de Saussure, Versuch über die Hygro-
metrie. 2. Heft. Herausgegeben von A. J.
V. Oettingen. (Ostwalds Klassiker der
exakten Wissenschaften. 119). 170 S. mit
2 Figuren. Leipzig, Wilh. Engelmann. 1900.
Mk. 2.40.
Dieses zweite Heft') der O st wald sehen
Ausgabe enthält die Theorie der Ausdünstung,
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Si
Druck von August
d. i. Verdunstung und die Anwendung der
Hygrometrie auf einige Erscheinungen der
Meteorologie. Ersteres dürfte allgemeineres
Interesse beanspruchen, während letztere Unter-
suchungen und Betrachtungen speziell dem
Meteorologen von Wert gewesen sind und es
auch stets bleiben werden.
11 Vgl. auch diese Zeitschr. 2, 298—299, 1901.
Potsdam. A. Nippoldt.
(Eingegangen 13. März 1902.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
Abendroth, William, Leitfaden der Physik mit Eiuschluss
der einfachsten Lehren der mathematischen Geographie
nach der Lehr- und Prüfungsordnung von 1893 für Gym-
nasien. I. Band. Kursus der Unter- und Obersekunda.
Dritte Auflage. Mit 152 Holzschnitten, gr. 8«. IX u.
221 S. 1902. Leipzig, S. Hirzcl. M. 360. Gebunden
M. 4.—.
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren FachgenoBsen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Der Observator der Göttinger Sternwarte, Prof. Dr.
L. Ambronn, wurde zum a. o. Professor, der Direktor der-
selben, a. o. Prof. Dr. C. Schwarzschild, zum o. ö. Pro-
fessor ernannt.
An Stelle des nach Karlsruhe berufenen Dr. Haussner
ist der bisherige Privatdozent in Strassburg Dr. Jos. Well-
st ein als a. o. Professor der Mathematik nach Giessen be-
rufen worden. , .
Der Privatdozent der Chemie an der Universität Halle
Professor Dr. Daniel Vorländer wurde zum a. o. Pro-
fessor ernannt.
Zum Leiter der neuerrichteten Anstalt für chemische
Technologie an der Universität Jena, die die Karl Zeiss-
Stiftung und Dr. Schott eingerichtet haben, ist Dr. v. Ge-
richten, früherer langjähriger Direktor bei den Höchster
Farbwerken, berufen worden.
Dem Privatdozent der Chemie an der Universität Kiel
Dr. Franz Feist wurde das Prädikat Professor beigcl^
In Strassburg habilitierte sich Dr. Kohlschütter mr
Chemie.
Die mathematisch -naturwissenschaftliche Abteilung der
Wiener Akademie der Wissenschaften hat den Lieben-Preis,
der in Höhe von aooo Kronen für die beste VeröfTentlichung
auf dem Gebiete der Chemie alle vier Jahre verteilt wird,
dem a. o. Professor an der Wiener Universität Dr. Josef
Herzig für sein Werk über „natürliche Farbstoffe" zuerkannt,
Dr. phil. Georg Cantor, o. Professor der Mathematik
an der Universität Halle, will in den Ruhestand treten; er
gehört dem Lehrkörper der Universität seit länger als
30 Jahren an.
Berichtigungen.
In der Arbeit von Honda, Shimizu und Kusakabe
Seite 381 erste Spalte ist in der letzten Spalte der Tabelle
für Wolframstahl statt „1928" 1918, statt „1,84" 1,80, in der
zweiten Spalte der Tabelle für Nickel statt „0,48" 0,90, sUtt
„L67" 1.35. in der letzten Spalte statt „3,62" 3,02 zu lesen.
In der folgenden Arbeit der gleichen Verfasser Seite 382
erste Spalte ist in der Tabelle für Nickel 4. Spalte statt
,,—,0067" —0,0067 zu lesen.
mon in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschmf:^
No. 19.
I. Juli 1902.
Redakdonsachluss ftir No. ao am 9. Juli 1909.
3. Jahrgang.
Originalmitteilungeii :
A. Heydweiller, Bemerkungen zu
den Gewichtsänderungen bei che-
mischer und physikalischer Um-
setzung. S. 425.
J. Precht, Photochemische Solari-
sation als Entwicklungsphänomen.
S. 426.
H. Krüss, Die Verwendung des
elektrischen Bogenlichtes in Pro-
INHALT.
jektions- und Vergrösserungsappa-
raten. S. 428.
J. Borgmann, Über die Wirkung
eines Magnetfeldes auf das Leuchten
eines verdünnten Gases rings um
einen Draht, welcher an einen In-
duktorpol angeschlossen ist. S. 433.
W. Wien, Über Fluoreszenzerregung
der Kanalstrahlen an Metalloxyden.
S. 440.
C. Runge, Über den Zeemaneflekt
der Serienlinien. S. 441.
J. Teichmüller, Über die Grenzen
der graphischen Behandlung der
Wechselstromprobleme. S. 442.
Vorträge und Reden:
A. Righi, Über die Frage des durch
die elektrische Konvektion erzeugten
Magnetfeldes und über andere ähn-
liche Fragen. II. S. 449. (Schluss.)
Eingegangene Schriften. S. 456.
Personalien. S. 456.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Bemerkungen zu den Gewichtsänderungen bei
chemischer und physikalischer Umsetzung.
Von Adolf Heydweiller.
Zu meinen Versuchen über Gewichtsände-
rungen bei chemischer und physikalischer Um-
setzung 0 veröffentlichte Lord Rayleigh (Nature
vom 20. Juni 1901 und 15. Mai 1902) einige
dankenswerte kritische Bemerkungen, die ich
im folgenden mit Gegenäusserungen vereint
wiedergebe.
In der ersten Mitteilung weist er darauf hin,
dass man noch die Frage aufwerfen könne, ob
es sich dabei nur um Gewichts- oder auch um
Massenänderung handele. Die Bejahung dieser
Frage würde, obwohl mit keiner sicher fest-
gestellten Thatsache in Widerspruch, jedenfalls
nur mit Widerstreben aufgenommen ; im anderen
Falle wären Masse und Gewicht nicht immer
proportional, und die Länge des Sekunden-
pendels nicht unabhängig von seinem Material.
Die Abweichungen wären allerdings weit klei-
ner, als die von Bessel bei seinen Beobach-
tungen mit Au, Ag, Fe, Zn, Marmor und Quarz
erreichte Genauigkeit (Veoooo), und auch bei
bedeutend weiter getriebener Genauigkeit kaum
festzustellen.
Eine Einwendung gegen meine Versuche
findet Lord Rayleigh in dem Umstände, dass
vor der Umwandlung nicht immer ein Gleich-
gewichtszustand bestanden habe, z. B. nicht bei
der Auflösung von CuSOx ii^ Wasser, wobei
vielmehr fortwährend Wasser zum Kupfersulfat
destillieren musste, und somit Temperaturände-
rungen auftraten, die eine scheinbare Gewichts-
vermehrung bedingen konnten.
Dass diese Fehlerquelle bei meinen Ver-
suchen keine merkliche Rolle gespielt hat,
schliesse ich daraus, dass die Gewichtsvermin-
i) Diese Zeitschr. 1, 527, 1900. Annalen der Physik 5,
394, 1901.
derung bei der Auflösung von möglichst
neutralem G/5O4 in reinem Wasser die Versuchs-
fehler nicht überstieg und erst bei der An-
wesenheit von kleinen- Mengen freier Säure den
3- bis 4fachen Betrag erreichte. Immerhin wird
bei künftigen Versuchen hierauf zu achten sein.
An der zweiten oben erwähnten Stelle fuhrt
Lord Rayleigh an, dass eine Gewichtsänderung
bei der Auflösung eines Salzes in Wasser in
Widerspruch wäre mit dem Energieprinzip. Da
man nämlich die isotherme Auflösung eines
Salzes in umkehrbarer Weise vollziehen könne,
so würde man im Falle einer begleitenden Ge-
wichtsänderung durch die reversible Ausfuhrung
des Vorganges auf einem Schwereniveau und
die Zurückführung auf einem anderen den
Kreisprozess so leiten können, dass Arbeit aus
nichts gewonnen würde.
Die bei der Auflösung von CuSO^ gefun-
denen Gewichtsänderungen sind nicht die
grössten und auffallendsten der bisher beob-
achteten, aber der Einwand würde auch andere
Beobachtungen « treffen und auf alle Fälle das
Vertrauen in die Realität der Gewichtsände-
rungen sehr erschüttern, wenn er zuträfe.
Nun ist aber die Umkehrbarkeit eines Vor-
ganges, wie die Auflösung eines Salzes, ein
idealer Grenzfall, der vollkommen, oder auch
nur mit der hier in Betracht kommenden Ge-
nauigkeit ebensowenig realisierbar ist, wie ein
Perpetuum mobile, weil sekundäre, reibungs-
ähnliche Vorgänge unvermeidlich sind, und der
Arbeitsgewinn auf dem bezeichneten Wege ge-
hört also zu den Unmöglichkeiten.
Meine Versuche haben mich weiter zu der
Ansicht geführt, dass die beobachteten Gewichts-
verminderungen nicht durch die ausgeführten
Umsetzungen selbst, sondern durch sekundäre
Vorgänge, vielleicht noch unbekannter Art be-
dingt sind. Zum Belege berufe ich mich auf
den Umstand, dass kleine Beimengungen frem-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
der Stoffe (Säure z. B.), die mit der Reaktion
anscheinend nichts zu thun haben, die Gewichts-
änderungen in hohem Masse beeinflussen. Auch
der Umstand, dass nur Gewichtsverminde-
rungen beobachtet wurden, ist hier anzu-
führen. —
Mehrfacher Instituts Wechsel und die damit
verbundene Arbeit haben mich bisher an der
Fortführung dieser Versuche verhindert, doch
hoffe ich, sie noch im Laufe dieses Jahres wieder
aufnehmen zu können.
Dagegen hat Herr Landolt nach einer Mit-
teilung an die Berliner Akademie (vgl. Naturw.
Rundschau 17, 2 1 8, 1902) neuerdings sowohl
bei der Auflösung von Chlorammonium in
Wasser, wie bei der schon früher mit zweifel-
haftem Ergebnis untersuchten Reaktion zwischen
Jodsäure und Jodwasserstoff merkliche Gewichts-
verminderungen erhalten. Mit dem letzten
Ergebnis ist nun auch der einzige bisher beob-
achtete Fall einer merklichen Gewichtsvermeh-
rung als sehr wahrscheinlich auf Versuchsfehlern
beruhend beseitigt.
Münster i. W., physikal. Institut, Juni 1902.
(EinEegangeö 6. Juni I902.)
Photochemische Solarisation als Entwicklungs-
phänomen.
Von J. Precht.
Versteht man unter dem Schwärzungsgrad
oder der Dichtigkeit einer entwickelten Brom-
silbergelatineschicht, wie es neuerdings üblich
ist, den Logarithmus des Verhältnisses der anf-
allenden zur durchgehenden Lichtintensität, so
wächst bekanntlich diese Dichte bei steigender
Energiezufuhr zur unentwickelten Platte nicht
unbegrenzt, sondern erreicht schnell einen
Maximalwert, der lange unverändert erhalten
bleibt und von da aus endlich mit fortgesetzter
Belichtung wieder abnimmt (Belichtung = Inten-
sität mal Zeit). Den absteigenden Kurvenast
Gebiet der Solarisation.
t wohl zu den rätsei -
, die man an Bromsilber-
anders seit kürzlich durch
rde, dass sie unter be-
ingungen einen perio-
len kann. Man hat die
irch im Licht abgespal-
erbung der Schicht zu-
und die Beobachtungen
Itspunkt dafür, dass bei
die Diffusion von Ent-
gen in die Schicht hinein
erschwert wird. Im folgenden wird gezeigt,
dass dieSolarisation keine derBromsilber-
gelatine als solcher anhaftende Eigen-
schaft ist, sondern dass sie durch den
Vorgang der Entwicklung entsteht und
durch richtig geleitete Entwicklung auch
vollkommen verschwindet und vermieden
werden kann.
Bei diesen Versuchen handelt es sich nicht
um Entwicklung solarisierter Schichten, die
primär fixiert sind, bei denen also die bei sehr
grosser Energiezufuhr erschwerte Diffusion von
Thiosulfatlösung in die Schicht das stark be-
lichtete Bromsilber noch nicht völlig gelöst hat,
während die weniger belichteten Teile heraus-
gelöst sind, so dass die ersteren nach dem
Auswaschen des Thiosulfats für sich allein in
gewöhnlicher Weise reduziert werden können.')
Das Wesentliche der vorliegenden Versuche be-
steht vielmehr darin, dass normal belichtete
und solarisiert, oder wie man jetzt sagen muss,
solarisierend belichtete nebeneinander ohne vor-
heriges Fixieren normal entwickelbar sind.
Es wird dabei eine bisher unbekannte Eigen-
schaft saurer Sulfite benutzt, insbesondere des
Acctonsulfit-Bayer, das eine saure Sulfitverbin-
dung des Acetons darstellt. Während nämlich
nach den vorliegenden Erfahrungen') saure
Sulfite wohl die Reduktionsgeschwindigkeit ver-
mindern, hat sich bei einer photographi sehen
Untersuchung des Acetonsulfit-Bayer ergeben'),
dass diesem eine beträchtliche Bedeutung zur
Entwicklung überbelichteter Bromsitbergelatine
zukommt, ohne dass dabei andere als die üb-
lichen Entwicklungszeiten notwendig sind. Ich
behandle hier nur die Entwicklung von Schichten,
die bis zur Solarisationsgrenze und stärker be-
lichtet sind, da diese Erscheinungen ein mehr
theoretisches Interesse beanspruchen.
Für die Belichtung kam als Lichtquelle Mag-
nesiiimband in Anwendung, von dem i cm einer
photographisch wirksamen Energiemenge von
rund 1200 Hefner-Meter-Sekunden entsprach.
Die Bromsilbergelatine wurde nicht direkt, son-
dern in einem für diesen Zweck abgeänderten
Pigmentdruckphotometer (Wynncs Kopieruhr}
hinter einer Lochplatte mit 32 kreisförmigen
Löchern abnehmenden Durchmessers belichtet.
Die Durchmesser der Löcher sind so gewählt,
dass die Intensität von einem Loch zum nächsten
um ein Fünftel ihres Wertes abnimmt. Die Be-
urteilung des Resultats wird wesentlich erleichtert
durch ein hinter den Löchern angebrachtes
Diapositiv, das Zahlen i bis 16 und Buchstaben
trägt, die sich auf der Versuchsplatte abbilden.
! Der Beginn der Solarisation entsprach bei
Hervorrufung mit einem Rapidentwickler — ich
i) l^nglUch, DUseZeitschr. 2, 6z, 1900.
31 Eder. Handbuch d. Phot. 1, 117; Halle, Kiui|>p. 1S90.
31 Precht, Phol. Centralbl. Juli 190a.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
427
verwendete meist Edinollösung i : 25 — einer
Lichtmenge, die gleich dem 20- bis 2500ofachen
Betrag der Normalexposition war und für ver-
schieden empfindliche Plattensorten zwischen
32.10^ und 106.10* H.-M.-S. variierte.
Entwickelt man nun eine bis in das Gebiet
der Solarisation belichtete Platte in einer Edinol-
lösung 1:25, der I Proz. festes Acetonsulfit zuge-
setzt wird, so beobachtet man folgendes: die
Zeit bis zum Erscheinen der ersten Bildspuren
wird im Verhältnis i : 8 vergrössert, darauf ent-
steht ein negatives, sehr klares Bild, dieses
kräftigt sich bei fortgesetzter Entwicklung, und
nach einer Dauer von etwa 3 Minuten fangen
die am stärksten belichteten Teile an allmählich
in ihrer Umgebung zu verschwimmen; eine Zahl
verschwindet nach der anderen und nach Ver-
lauf einer weiteren Minute erscheint in dem am
stärksten belichteten Feld ein positives Bild.
Die Umkehrung schreitet allmählich fort bis zu
demjenigen Feld, das bei Hervorrufung im Rapid-
entwickler allein sich wie alle voraufgehenden
unmittelbar positiv entwickelt. Unterbricht
man also den Entwicklungsprozess nach
etwa 3 Minuten, so erhält man ein nor-
males Negativ, das keine Spur von So-
larisation zeigt und durch Behandlung mit
Uranverstärker kopierfähig gemacht werden
kann.
Da das Photometer gleichzeitig Belichtungen
anzeigt, die sich wie 285 : i verhalten, so konnte
der Beginn der Solarisation an eine beliebige
Stelle der Skala verlegt werden. Die geringste
Lichtmenge, bei der noch eben das erste Feld
zum Solarisieren gebracht werden konnte, be-
trug 323000 H.-M.-S. Dann hat das letzte Feld
die Menge 1 133 H.-M.-S. erhalten. Von diesem
Werte aufwärts änderte sich die zugeführte Licht-
energ^e bis zum Maximalwert von 288.10^ oder
rund 3 Millionen H.-M.-S. Das Versuchsgebiet
umfasst damit den Bereich zwischen 1 1 33 H.-M.-S.
und dem Neunfachen des Solarisationsbeg^nns,
oder anders ausgedrückt, zwischen dem 22-
fachen und 54000fachen der Normalexposition
fiir eine bestimmte Plattensorte oder dem 87-
fachen und 180000 fachen der Normalexposition
fiir eine andere Plattensorte. Innerhalb dieses
Gebiets, das sich also vom Anfang der neu-
tralen Zone durch diese hindurch und über den
grössten Umfang des bisher untersuchten Sola-
risationsgebietes erstreckt, ist das oben gegebene
Resultat überall dasselbe. Man kann durch den
Zusatz von Acetonsulfit bei rechtzeitiger Unter-
brechung des Entwicklungsvorgangs stets ein
normales, nicht solarisiertes Negativ erhalten.
Demnach ist die Solarisation ausschliesslich als
ein Entwicklungsphänomen aufzufassen, das mit
der photochemischen Umwandlung der Brom-
silbergelatine keine unmittelbaren Beziehungen
Andere saure Sulfite sind bisher nicht unter-
sucht. Von anderen Entwicklern hat mir insbe-
sondere das Pyrophan, ein von den Farben-
fabriken vorm. Friedr. Bayer & Co., Elberfeld,
hergestelltes Kondensationsprodukt des Pyro-
gallols mit einem Amidokörper, in Verbindung
mit Acetonsulfit zur normalen Entwicklung stark
überexponierter Platten vortreffliche Resultate
ergeben. Die benutzten Plattensorten waren be-
kannte Handelsmarken der üblichen Empfind-
lichkeit, mit und ohne Farbstoffzusatz. Die
empfindlichste derselben erforderte zu einer
mittleren Schwärzung den dritten Teil der Energie,
welche die am wenigsten empfindliche cet. par.
zur gleichen Schwärzung gebrauchte.
Was die Erklärung der Wirkung des sauren
Sulfits betrifft, so liegt sie nicht etwa in einer
Entgerbung der Schicht an den stärker belich-
teten Stellen. Es wird im Gegenteil die Diffusions-
fähigkeit der Gelatine durch Baden in Aceton-
sulfitlösung merklicli vermindert. Es handelt sich
vielmehr um eine Auflösung oder Zersetzung
der Oxydationsprodukte des Entwicklers. Man
kann das leicht nachweisen, wenn man eine
durch Oxydation gebräunte Edinollösung mit
Acetonsulfit versetzt. Sie wird wieder klar und
die Braunfarbung verschwindet. Es liegt daher
nahe, den Vorgang so zu denken, dass an allen
belichteten Stellen die Oxydationsprodukte des
Entwicklers schnell beseitigt werden. Dauert
die Entwicklung lange, so tritt der bekannte
Unterschied hervor, dass an den stark belich-
teten Stellen frischer Entwickler weniger schnell
eindringt als an den schwach belichteten; letztere
werden daher relativ beträchtlich stärker reduziert
und man erhält diese positiv-solarisiert gegen-
über den andern. Die stark verzögernde Wirkung
des Acetonsulfits und die bei langsamer Redukr
tion mögliche Vernichtung der Oxydations-
produkte erlaubt also, den Entwicklungsprozess
in einem Stadium zu unterbrechen, bei welchem
noch das normale Verhältnis der Schwärzungen
zum Ausdruck kommto
Hat man mehrfach das allmähliche Auftreten
der Solarisation bei fortschreitender Entwicklungs -
dauer beobachtet, so kann man auch bei ge-
wöhnlicher Entwicklung mit einem Rapident-
wickler in den ersten Augenblicken seiner Ein-
wirkung das negative Bild erkennen, das aller-
dings dann sehr schnell umschlägt. Ich bemerke
übrigens, dass bei den meisten Aufnahmen mit
der üblichen Entwicklung die Solarisation genau
soweit erfolgte, als die Schicht bei der Be-
lichtung sichtbar gefärbt war und ein Bild
auch ohne Entwicklung schon zeigte.
Noch ein weiterer Punkt scheint mir Interesse
zu beanspruchen. Wird nämlich irgend eine
Schicht soweit belichtet, wie es dem Gebiet der
sogenannten neutralen Zone (Belichtung etwa
lO'^ bis lO"* normal) oder auch der völligen So-
428
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
larisation (Belichtung ) 2. 10^ normal) entspricht
und in der angegebenen Weise als Negativ ent-
wickelt, so zeigt dieses Negativ, aus welchem
Belichtungsgebiet es auch stammen möge, trotz
der ausserordentlichen Energiemengen, die ge-
wirkt haben, ganz klare Intensitätsunterschiede
zwischen Anfang und Ende der Photometer-
skala. Die photographische Schicht ist also an
sich keineswegs blind für Intensitäts-
unterschiede, wenn auch die absoluten
Intensitäten ausserordentlich gross sind
und nur die übliche Art der Entwicklung hat
bisher verhindert, diese Unterschiede wahrnehm-
bar zu machen. Diese Thatsache scheint mir
der rein chemischen Auffassung des photo-
graphischen Vorgangs einige Schwierigkeiten
zu bereiten, denn danach sollte angenommen
werden, dass der Gleichgewichtsdruck des Halo-
gens schliesslich einen Grenzwert erreicht, bei
dem die weitere Lichtwirkung zum Stillstand
kommt.
Nebenbei erwähne ich, dass die maximale
Dichtigkeit des Silbemiederschlags, die bei der
gewöhnlichen Entwicklungsmethode mit dem
25- bis 3 5 fachen Werte der Normalexposition
erreicht wird, durch Entwicklung mit Aceton-
sulfit in einem besonderen Falle auf den 1400-
fachen Wert der Normalexposition verlegt
werden konnte. Hieraus geht deutlich hervor,
wie sehr das Verhältnis zweier photographischer
Schwärzungen von der Entwicklung abhängt.
Die Art der Energiezufuhr ist für das Re-
sultat der Solarisation, wie Englisch 0 gezeigt
hat, nicht ohne Bedeutung. So erhielt ich zum
Beispiel bei meinen Versuchen verschiedene Er-
gebnisse, wenn ich aus 14 cm Abstand mit 3 Streifen
Magnesiumband von je 16 cm Länge belichtete
und wenn bei gleichem Abstand 24 Streifen
von je 2 cm Länge verbrannt wurden. Im letzteren
Falle muss jeder Streifen um ein gemessenes
kleines Stück länger als 20 mm geschnitten
werden, da das Magnesium nicht völlig bis an
die haltende Klammer verbrennt. Trotz dieser
Vorsicht erhält man folgende Unterschiede bei
der üblichen Entwicklungsmethode. Mit 3 Streifen
von je 16 cm Mg solarisiert die Platte bis zur
Photometernummer 13, 14 hebt sich nicht von
der Umgebung ab und ist unsichtbar, 15 ist
deutlich negativ. 24 Streifen von je 2 cm geben
I bis 7 positiv, 8 negativ, 9 unsichtbar, 10 und
I I positiv, 1 2 und alle folgenden negativ. Ent-
wicklungsdauer in beiden Fällen 3 Minuten im
Edinolentwickler i : 25. Die mit vielen kleineren
Lichtmengen belichtete Platte zeigt also einen
deutlich periodischen Charakter. Entwickelt man
zwei ganz entsprechend belichtete Platten mit
Zusatz von Acetonsulfit-Bayer ebenfalls 3 Mi-
nuten, so erhält man zwei ganz gleiche Nega-
i) Engliscb, I. c.
tive. Scheinen danach die Perioden durch
diese Art der Entwicklung völlig zu verschwin-
den, so hebe ich doch ausdrücklich hervor, dass
noch ein Widerspruch insofern besteht, als es
nicht gelang, bei direkter streifenweiser Belich-
tung einer Platte in der mit Centimeterteilung
versehenen Schiebekasette die Perioden durch
die Entwicklung zu beseitigen.
Dass übrigens die Anwendung des Photo-
meters für die vorliegende Untersuchung allen
billigen Anforderungen an Genauigkeit durchaus
entspricht, zeigt zum Beispiel folgender Versuch :
Auf einer unempfindlichen Plattensorte solari-
sierten bei gewöhnlicher Entwicklung mit der
Exposition 54000 normal die Photometerstufen
I bis 6, bei Belichtung mit 36000 normal die
Stufen I bis 4. Berechnet man aus dem Inten-
sitätsverhältnis der Photometernummem die
Lichtmengen, die gerade eben ausreichen, um
das erste Feld bei der Entwicklung zu solari-
sieren, so findet man 20810 und 21690 normal,
also eine Übereinstimmung bis auf 4V4 Proz.
Ich glaube nicht, dass man berechtigt sein
könnte, bei solchen Arbeiten mehr zu erwarten.
Als gesichertes Resultat der beschriebenen
Versuche wird man also ansehen dürfen, dass
die neutrale Zone und die Solarisationserschei-
nungen der Bromsilbergelatine selbst nicht an-
gehören, sondern ihre Ursache in Entwicklungs-
vorgängen haben und durch geänderte Ent-
wicklung vollkommen beseitigt werden können.
Hannover, physikalisches Institut der Tech-
nischen Hochschule, i. Juni 1902.
(Eingegangen ii. Juni 1902.)
Die Verwendung des elektrischen Bogenlichtes
in Projektions- und Vergrösserungsapparaten.
Von Hugo Krüss.
Seit man die Helligkeit der elektrischen
Bogenlampen photometrisch feststellte, wusste
man, dass die Verteilung des Lichtes eine recht
ungleichmässige ist und dass bei den gewöhnlich
üblichen Bogenlampen nach oben und in horizon-
taler Richtung verhältnismässig wenig Licht aus-
gesandt wird, die Hauptmenge des erzeugten
Lichtes dagegen nach unten ausstrahlt, so dass
das Maximum sich zwischen 40 und 60 Grad
unter der Horizontalen befindet. Die Ursache
davon liegt bekanntlich in der Bildung eines
hellleuchtenden Kraters am unteren Ende der
oberen positiven Kohle, welcher seine ganze
Lichtfülle nach unten schickt.
Diese Eigenschaft des elektrischen Bogen-
lichtes ist bei seiner Anwendung zur gewöhn-
lichen Beleuchtung von grossem Vorteil, da ja
die Bogenlampen hoch zu hängen pflegen und
die unter ihnen liegenden Objekte erhellen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
429
sollen, ausserdem aber die grossen Unterschiede
in der Lichtausstrahlung nach verschiedenen
Richtungen durch die den Flammenbogen um-
schliessenden matten Glasglocken ausgeglichen
werden.
Sobald aber das Licht der elektrischen
Bogenlampen durch Linsen gesammelt werden
soll, erfordert die geschilderte Ungleichmässig-
keit in der Lichtausstrahlung eine besondere
Berücksichtigung. Stellt man die elektrische
Bogenlampe hinter den senkrecht stehenden
Linsen senkrecht auf, so wird nach dem Ge-
schilderten der untere Teil der Linse wohl eine
beträchtliche Lichtmenge erhalten, in ihre Mitte
wird aber recht wenig und auf die obere Hälfte
fast gar kein Licht fallen. Dazu kommt noch
ein anderer höchst störender Umstand, nämlich
der, dass sich der elektrische Lichtbogen nicht
iipmer centrisch zwischen den beiden Kohlen-
spitzen befindet, sondern zuweilen, wahrschein-
lich verursacht durch Ungleichmässigkeiten in
der Kohle, auch um die Kohlen herumläuft,
derart, dass zeitweilig nach der Linsenseite nur
ganz wenig Licht ausgestrahlt wird, sondern
fast die ganze Lichtmenge dahin gesandt wird,
wo man sie nicht braucht.
Diese Übelstände sind zuerst bei der Ein-
führung des elektrischen Lichtes auf Leucht-
türmen empfunden worden, in welchen ein aus
Prismen und Linsen zusammengesetzter opti-
scher Apparat das Licht der Lichtquelle in ein
oder mehrere Lichtbüschel sammelt. Es sind
hier zwei Auswege gefunden worden. Der eine
Weg ist der, dass man die elektrische Bogen-
lampe so weit mit dem oberen Ende nach rück-
^värts neigt, dass das Maximum der Lichtaus-
strahlung in die Horizontale, also auf die Mitte
der Linsen fallt. Dabei bleibt natürlich be-
stehen, dass der grösste Teil des erzeugten
Lichtes nach hinten verloren geht oder auch
einmal bei wanderndem Flammenbogen zeit-
weilig gar kein Licht auf die Linsen fällt. Ein
dadurch herbeigeführtes scheinbares Erlöschen
des Leuchtturmfeuers, wenn auch nur auf kür-
zere Zeit, kann ausserordentlich unheilvoll wirken.
Deshalb kam man sehr bald auf den sehr
nützlichen Gedanken, bei senkrechter Stellung
der Bogenlampe die Kohlenspitzen so zu stellen,
dass die Achse der unteren negativen Spitze in
einer Vertikalen mit dem Vorderrande der po-
sitiven oberen Kohlenspitze liegt. Dann bildet
sich kein vertiefter Krater in der oberen Kohle,
sondern sie brennt schräg nach vorne ab ; nach
hinten wird fast gar kein Licht ausgestrahlt,
sondern die grösste Menge des erzeugten
Lichtes nach vorne gebracht, wo man es braucht.
Douglass fand '), dass bei dieser Anord-
fi
>»
»>
nung der Kohlen, wenn man die Lichtstärke
bei Stellung der Achsen der Kohlenspitzen in
dieselbe Vertikale = iCK) setzt,
nach vorne die Helligkeit 287
rechts „ „ 116
links „ „ 116
hinten ,, „ 38
ausgestrahlt wird. Fig. i stellt dieses Resultat
in der ausgezeichneten Kurve dar, in welcher
B den Ort des elektrischen Lichtbogens be-
deutet, während der punktierte Kreis die Licht-
verteilung bei axialer Stellung der unteren
Kohlenspitze zur oberen darstellt. Man sieht
also, dass die nach hinten ausgesandte Licht-
menge thatsächlich sehr gering ist.
Sehr ähnliche Verhältnisse wie bei der
Leuchtturmbeleuchtung finden sich bei Be-
nutzung des elektrischen Bogenlichtes in Pro-
Fig. I.
jektions- und Vergrösserungsapparaten. Auch
hier ist eine Bogenlampe mit gewöhnlicher
Kohlenstellung gar nicht zu gebrauchen, auch
hier wird man also mit Vorteil entweder die
ganze Lampe neigen, oder die Kohlen gegen-
einander verschieben oder auch beides thun,
alle diese Fälle findet man in Projektionsappa-
raten thatsächlich vor und in der Litteratur
empfohlen.
Betrachten wir zunächst die auf Grund der
Douglassschen Angaben gezeichnete Figur i.
Es sei dabei die ungefähr zutreffende Annahme
gemacht, dass der Leuchtwinkel der Lichtquelle,
d. h. der Winkel, unter welchem die der Licht-
quelle nächste Fläche der Beleuchtungslinsen
von der Lichtquelle aus erscheint'), 60 Grad
betrage. Ist dieser Winkel durch die Linien BV
und BW in der Figur angedeutet, so stellen
die Flächen VBW und vBw das Verhältnis der
auf die Beleuchtungslinsen fallenden Lichtmengen
in den beiden Kohlenstellungen dar. Man sieht,
dass weit mehr als die doppelte Lichtmenge
auf die Linsen trifft bei der excentrischen Stel-
lung der unteren Kohle als bei der axialen
Stellung.
Bei diesem grossen, durch einfache Verschie-
bung der unteren Kohle nach vorn zu erreichen-
den Helligkeitszuwachs entsteht die Frage, ob
denn ftir Projektionsapparate ein Neigen der
l) Correspondence and reports on thc subject of com- i) s. II. Krüss, Die Abhängigkeit der Helligkeit von
parative triols of the electric light at South Foreland, London Projektions- und Vergrösserungsapparaten von ihren optischen
1877. Dingl. Journ. 227, 201, 1878. ' Bestandteilen. Phot. Rundschau 15, 133, it,oi.
430
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
Lampe nach rückwärts überhaupt nötig oder
nützlich sei. Zur Entscheidung derselben habe
ich einige Versuche mit einem Handregulator
angestellt, bei welchem sowohl die Neigung der
ganzen Lampe messbar veränderlich war, als
auch die Stellung der Kohlen zu einander. Als
obere Kohle wurde eine Dochtkohle von 13 mm
Durchmesser, als untere eine homogene Kohle
von 10 mm Durchmesser gebrannt und ein
Strom von etwa 8 Ampere benutzt.
Ich habe die Helligkeitsverteilung in drei
verschiedenen Stellungen der Kohlen zu ein-
ander festgestellt, in allen dreien waren die
Achsen der beiden Kohlen einander parallel, in
der ersten standen sie centrisch zu einander, so
dass also die Achse der unteren Kohle in der
«
A
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 4.
Verlängerung der Achse der oberen sich be-
fand, in der zweiten war die untere Kohle so
weit vorgeschoben, dass die vorderen Kanten
der Kohlen in einer Ebene standen, und in der
dritten so weit, dass die Achse der unteren
Kohle sich in der Verlängerung der Vorder-
kante der oberen befand. Diese drei Stellungen
sind in Fig. 2 — 4 dargestellt, aus welchen auch
gleichzeitig die Form erkennbar ist, welche die
Kohlenspitzen infolge des Abbrennens annehmen.
In Fig. 2 ist der in die obere positive Kohle
nach innen eingebrannte Krater, welcher seine
hellleuchtende Fläche nach unten kehrt, nicht
sichtbar, in Fig. 3 sieht man, dass die obere
Kohlenspitze sdiräg nach vorne abgebrannt ist
und in Fig. 4 ist diese schräge Fläche noch
vergrössert.
Da die photometrischen Messungen nur den
Zweck hatten, die Helligkeitsverteilung festzu-
stellen, habe ich in den folgenden Tabellen,
welche die Ergebnisse der Messungen enthalten,
überall das Maximum der Helligkeit, welches
natürlich bei den verschiedenen Kohlenstellungen
in verschiedenen Ausstrahlungsrichtungen liegt,
^-= 10 gesetzt; als positiv ist die Richtung nach
oben, als negativ diejenige nach unten be-
zeichnet.
III
Achse der unter.
Kohle anf
KaDte der ob.
0.0
0.3
0.4
0.7
I.O
1.2
2.3
4-3
6.8
8.3
9.1
lO.O
8.3
6.8
2.2
0.2
O.I
0.0
In Fig. S — 7 sind die Zahlen der vorstehen-
den Tabelle graphisch dargestellt; Fig. 5 stellt
CL
I
II
sstrahlung
s- Kohlen centr.
Kohlen vom
richtuog
zu einander
gleich
+90O
0.0
0.0
+ 80«
0.0
0.0
+ 700
0.2
O.I
-f 600
0.4
O.I
+ 500
0.7
O.I
+400
1.0
O.I
+ 300
I.I
O.I
+ 20O
1.2
0.2
+ 10^
1.2
0.4
0^
1.3
7.3
io<>
4.3
8.6
20O
6.0
lO.O
_3oo
8.4
10.0
— 40^
lO.O
9.0
— 500
lO.O
7.1
—600
7.2
4.2
— 700
47
2.5
— 800
0.2
0.2
—90«
0.0
0.0
.»*
X
.^
Fig. 5.
die Lichtausstrahlung im Falle I der centrischen
Kohlenstellung dar, Fig. 6 diejenige der An-
ordnung II, bei welcher die Kohlen vorne gleich
sind, und Fig. 7 den Fall III, wo die Achse
der unteren Kohle auf die Kante der oberen
gerichtet ist. Das Maximum befindet sich im
Falle I bei —40^ bis —50^ im Falle II bei
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
43«
— 20® bis — 3O0, im Falle UI bei — 20^, je
weiter man also die untere Kohle nach vorne
rückt, in desto weniger nach unten geneigter
Richtung liegt das Maximum.
Ks wird mm bei Projektionsapparaten ein
a^
Fig. 6.
Leuchtwinkel von etwa 60^ ausgenutzt. Denkt
man sich zunächst die Kohlen der Bogenlampe
,'a
^ - — O/
senkrecht stehend, so kommt diejenige Licht-
menge zur Wirkung, welche zwischen den Win-
^keln +30^ und — 30** Hegt. Diese Winkel sind
in den drei Figuren durch punktierte Linien
a06 bezeichnet. Man sieht, dass in den Fällen
I und H ausserordentlich wenig Licht auf den
oberen Teil der Linsen fällt, da oberhalb der
Horizontalen fast kein Licht ausgestrahlt wird.
Ganz bedeutend günstiger liegen die Verhält-
nisse im Falle III und es thut thatsächlich eine
Bogenlampe mit senkrecht stehenden Kohlen,
bei denen die untere so weit vorgeschoben ist,
dass ihre Achse mit der Vorderkante der oberen
zusammenfallt, für Projektionsapparate gute
Dienste und pflegt dort auch in Handregula-
toren angewendet zu werden.
Eine bedeutend grössere Wirkung und zu-
gleich eine bessere, weit gleichmässigere Licht-
verteilung erzielt man aber dadurch, dass man
die elektrische Lampe so weit schräg stellt,
dass der zu benutzende Leuchtwinkel von 60"
die grösstmögliche Lichtmenge enthält. Zu
diesem Zwecke wird man, wie aus den Figuren
leicht ersichtlich ist, im Falle I den Winkel von
— 10^ bis — 70^ benutzen, die Lampe also um
40^ neigen, im Falle II den Winkel von o^ bis
6o^ so dass die Lampe um 30^ geneigt wird,
und im Falle III den Winkel von +10^ bis
— 50®, wobei die Lampe eine Neigung von 20^
einnimmt. In den Figuren 5 — 7 ist die in
diesen Fällen zur Benutzung kommende Licht-
menge in dem mit gestrichelten Linien bezeich-
neten Winkel a 06 eingeschlossen.
Es fallt sofort die ausserordentliche Über-
legenheit der in dem letzteren Winkelraum
enthaltenen Lichtmenge gegenüber dem bei
senkrechter Kohlenstellung in dem Winkelraum
aOd vorhandenen auf, gleichzeitig aber auch,
dass der Fall II, in welchem die Achse der
unteren Kohle auf die Vorderkante der oberen
zielt, der günstigste von den drei betrachteten
Fällen zu sein scheint. Einen genauen Auf-
schluss hierüber würde die Ausmessung der
von den Kurven eingenommenen Flächen geben,
jedoch erhält man einen für den vorliegenden
Zweck vollkommen ausreichenden Anhalt für
die Verhältnisse, wenn man einfach die in den
einzelnen Fällen zur Verwendung kommenden
Helligkeiten, wie sie von 10*^ zu 10^ bestimmt
wurden, addiert. Solches geschieht in den nach-
folgenden Zusammenstellungen.
A. Winkelraum a06, Kohlen senkrecht.
I H III
Achse der unt.
Kohle auf
Ausstrahlungs«
richtung
Kohlen centr. Kohlen vorn
-f2O0
-i-ioo
— lO'>
— 20"
-30«^
Summe
über der Hori-
zontalen
Unter d. Hori-
zontalen
zu einander
i.i
1.2
1.2
1-3
4.3
6.0
8.4
235
3 5
18.7
^ Kante der ob.
0.1 2.3
0.2 4.3
0.4 6.0
7.3 8-3
8.6 9.1
lo.o 10.0
10.0 8.3
36.6 49.1
0-7 134
28.6 27.4
432
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
B, Win
ikelraum d Ol! , Kohlen geneigt.
I
11
III
Kohlen ccntrisch zu
Kohlen vorn
Achse d. unt. Kohle
einander
gleich
auf Kante der oberen
Ausstrah-
lungs-
richtuDg
Licht-
menge
Ausstrah- ^icht-
!""f menge
richtung **
Ausstrah-
lungs-
richtung
Licht-
menge
_ioO
4.3
oo 7.3
+ 10O
6.8
— 20O
6.0
loo 8.6
oO
8.3
_3oO
8.4
— 200 lO.O
— loo
9.1
— 400
10.0
— 300 lO.O
— 20«>
lO.O
— 50O
100
— 400 9.0
— 30O
5-3
—60»
7.2
— 500 7.1
— 40O
6.8
— 70O
4-7
— 60O 4-2
— 50O
2.2
50.6
56.2
51.5
Über d. Hori
-
zontalen
18.7
25.9
24.2
Unter d.Hori
-
zontalen
21.9
20.3
17.3
Durch die so gewonnenen Zahlen tritt voll-
kommen klar hervor, was schon der Anblick
der Kurven lehrte; nämlich zunächst bei der
senkrechten Stellung der Kohlen die sehr ge-
ringe Lichtausbeute in den Fällen I und II im
Verein mit der ungleichmässigen Lichtverteilung,
welche sich aus der Summation der drei über
und der drei unter der Horizontalen gemes-
senen relativen Lichtstärken ergiebt. Sodann
aber zeigt sich die Überlegenheit des Falles III
über die beiden vorhergehenden sowohl in Be-
zug auf die Verteilung des Lichtes als die Ge-
samtlichtmenge. Nimmt man dazu den weiter
oben ausgeführten Vorteil, dass wie die Mes-
sungen von Douglass ergeben, überhaupt mehr
als die doppelte Lichtmenge nach vorn ausge-
strahlt wird durch das Vorrücken der unteren
Kohle in der Art des Falles III wie bei cen-
trischer Kohlenstellung (I), so sieht man, dass
durch die Anordnung III die Linsen über vier-
mal soviel Licht empfangen als im Falle I.
Durch die Neigung der Lampe werden aber
die Lichtverhältnisse bei Verwendung des elek-
trischen Bogenlichtes in Projektionsapparaten
noch bei weitem bessere. Hier überwiegt schon
der Fall I der centrischen Kohlenstellung in
Bezug auf die Gleichmässigkeit der Lichtver-
teilung den bei senkrechter Kohlenstellung
günstigsten Fall III, während, wie eben erst
ausgeführt, die gegen die Linsen gerichtete
Gesamtlichtmenge naturgemäss kleiner ist, da
nach allen Seiten gleichmässig Licht ausgestrahlt
wird und nicht nur nach vorn. Es ist aber
die Lichtmenge oberhalb der Horizontalen bei-
nahe gleichgross wie diejenige unterhalb der-
selben.
Im Falle II ist dieses Verhältnis schon um-
gekehrt, oben ist mehr Licht als unten, im
Falle III wird dieses Verhältnis noch verstärkt.
Es erscheint also Fall II als der günstigste, da
auch die zur Verwendung in dem Leuchtwinkel
von 60 ^ kommende Gesamtlichtmenge die grösste
ist. Vielleicht würde sogar eine noch geringere
Verrückung der unteren Kohle nach vorn noch
etwas vorteilhafter sein, falls dann nicht doch
eine erheblichere Lichtausstrahlung nach hinten
eintreten sollte, welche in dem Falle II, dass
die Kohlen vorne in gerader Linie stehen, fiast
nicht vorhanden ist
Was die Verteilung des Lichtes in horizon-
taler Ebene anbetrifft, so ist die Lichtausstrah-
lung bei der centralen Stellung der Kohlen
(Fall I) theoretisch in allen Richtungen die
gleiche, wenn auch thatsächlich, wie schon her-
vorgehoben, der Lichtbogen häufig seine Stellung
ändert und so die grösste Lichtausstrahlung in
wechselnden Richtungen stattfinden lässt. Die
Verhältnisse für den Fall III lassen sich schon
aus der Fig. i entnehmen, welcher die Douglass-
sehen Versuche zu Grunde liegen; beschränkt
Fig. 8.
man wieder das Interesse auf einen Leucht-
winkel von 60^, der durch die Linien NBW
dargestellt ist, so ergiebt sich in der Richtung
von 30^ nach der Seite eine Lichtmenge von
etwa 70% der nach vorn ausgestrahlten Licht-
menge.
Für den Fall II, in welchem die untere
Kohle nur wenig vorgerückt ist, aber fast kein
Licht nach hinten gesandt wird, habe ich in
dieser Beziehung einige Versuche gemacht und
in der Richtung von 30^ nach der Seite 90%
der nach vorn strahlenden Helligkeit gefunden.
Es ist also auch in dieser Beziehung der Fall II
dem Fall III vorzuziehen; die Bogenlampe giebt
in der That, wie auch Versuche im Projekions-
apparat selbst erwiesen haben, die stärkste und
gleichmässigste Beleuchtung, wenn sie bei ganz
geringer Rückung der unteren Kohle nach vom
um etwa 30^ geneigt wird.
Es ist noch ein kurzes Wort zu sagen über
eine Kohlenstellung, welche man zuweilen in
Handregulatoren angewandt findet; sie ist in
Fig. 8 dargestellt. Die beiden Kohlen bilden
einen Winkel gegeneinander, während bei den
senkrecht dazu stehenden Haltern durch ein auf
beide gleichzeitig wirkendes Rad oder eine
andere Vorrichtung der Winkel, welchen sie zu
einander bilden, verändert und so bei Abbrennen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. ig.
433
der Kohlen deren Spitzen einander wieder ge-
nähert werden können. Das giebt einen ver-
hältnismässig einfachen Regulierungsmecha-
nismus.
Abgesehen davon, dass beim Abbrennen
der Kohlen sich die Entfernung des leuchtenden
Punktes von den Linsen ändert, ist zunächst
zu betonen, dass auch hier der Lichtbogen leicht
nach hinten läuft und infolgedessen nur wenig
Licht nach vorn gestrahlt wird, wenn man
solches nicht durch Vorschieben 'der unteren
Kohle verhindert. Die Abbrenn- und Licbt-
ausstrahlungsverhältnisse können aber hier bei
weitem nicht so günstig sein, wie in der bisher
Fig. 9.
als beste festgestellten Anordnung des Falles II,
da die gegeneinander gekehrten Brandflächen
der beiden Kohlen hauptsächlich nach unten
und nach oben ihr Licht aussenden. Von
einigermassen günstiger Wirkung ist diese An-
ordnung nur unter Verwendung schwächerer
Ströme, da die hierzu benutzten dünneren
Kohlen in ihrer ganzen Masse in Glut versetzt
werden, also auch regelmässig nach vorn Licht
ausstrahlen.
Aus den vorstehend geschilderten Versuchen
ist ein einfacher Handregulator für Projektions-
zwecke (Fig. 9) hervorgegangen, bei welchem
die Kohlen um etwa 30" geneigt sind und die
untere Kohle nur wenig voi^erückt ist, so
dass die Vorderflächen der beiden Kohlen in
einer Geraden liegen. Die untere Kohle ist bei
A isoliert aufgesetzt und direkt mit der Pol-
klemme A'' verbunden, während von der Klemme
P für den positiven Pol der Stroni an das
Lampengestell geführt ist.
Die beiden Koblehalter A und B sind ver-
schiebbar in dem flachen Stücke N und zwar
gleichmässig durch ein Triebrad K, welches
durch den isolierten Knopf C gedreht werden
kann. Hierdurch wird also der Lichtbogen
gebildet, während durch Drehung an dem
ebenfalls isoHerten Knopf D die ganze Lampe
gehoben oder gesenkt, also der leuchtende
Punkt in die optische Achse des Projektions-
apparates gebracht werden kann. Dieser Hand-
regulator lässt sich natürlich für Kohlen ver-
schiedener Dicke, also für verschiedene Strom-
stärken einrichten.
(EiogcgangcD am 3t. Mai 1903.)
Ober die Wirkung eines Magnetfeldes auf das
Leuchten eines verdünnten Gases rings um
einen Draht, welcher an einen Induktorpol
angeschlossen ist.
Von J. Borgmann.
Ich hatte schon Gelegenheit, in dieser Zeit-
schrift 2, 659, igot eine kurze Beschreibung
der äusserst schönen Lichterscheinungen mitzu-
teilen, die man in einer evakuierten Glasröhre
rings um einen in der Richtung der Längs-
achse eingeschmolzenen Draht beobachtet,
wenn ein Ende des Drahtes an einen Induktor-
pol angeschlossen, der andere Induktorpol ge-
erdet ist, und ausserdem den Polen eine Fun-
kenstrecke parallel geschaltet wird. Die in der
erwähnten Mitteilung beschriebenen Erschei-
nungen werden besonders auffallend in Röhren
von grösserem Durchmesser; ich benutze meistens
Röhren von 5 cm Durchmesser und i m Länge.
Die bei der beschriebenen Anordnung ent-
stehenden Lichterscheinungen werden merkbar
durch die Nähe von leitenden Körpern beein-
flusst; um diese Einwirkung möglichst aus-
zuscliliessen, hänge ich die Röhren in horizon-
taler Lage in ziemlicher Entfernung vom Erd-
boden auf und schliesse den Draht in der Röhre
an den Induktorpol mittels eines äusserst dünnen
Drahtes an; dabei wird das Drahtende gewöhn-
lich nicht unmittelbar an den Induktorpol
angeschlossen, sondern zwischen beiden wird
ein Kohlrausch'scher Plattenkondensator ein-
geschaltet Die Anwesenheit des Kondensators
übt keine merkliche Wirkung auf die Erschei-
nungen aus, giebt aber die Möglichkeit, durch
Änderung der Plattendistanz die Intensität des
Leuchlens zu ändern. Auf die äussere Röhren-
wandung klebe ich parallel dem axialen Draht
einen schmalen Stanniolstreifen. Bevor der
Streifen geerdet Ist, übt er keine merk-
liche Wirkung auf das Leuchten in der Röhre
aus. Wenn aber der Streifen zur Erde abge-
434
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
leitet ist, so erieiden die Lichterscheinungen
Änderungen, verhältnismässig schwache bei klei-
neren Verdünnungen, aber sehr wesentliche,
wenn der Gasdruck in der Röhre bis auf kleine
Bruchteile eines Millimeters herabgegangen ist.
§ I.
Wie es schon in meiner oben citierten Arbeit
erwähnt wurde, sind die in der Röhre auftretenden
Lichterscheinungen wesentlich verschieden, je
nachdem i . die Induktorpole durch eine Funken-
strecke verbunden sind, oder 2. eine solche Ver-
bindung nicht vorhanden ist.
In letzterem Falle ist das Leuchten in der
Röhre bei jeder Verdünnung gleich bei beiden
Richtungen des Primärstromes im Induktor; der
Charakter des Leuchtens ändert sich bei Än-
derung der Stromrichtung nicht, es kann nur
eine sehr kleine Änderung in der Intensität des
Leuchtens wahrgenommen werden. Anders ver-
hält sich das Leuchten im ersten Fall, wenn
die Induktorpole durch einen Leiter mit einge-
schalteter Funkenstrecke verbunden sind. Bei
diesen Bedingungen sind die Lichterscheinungen
in der Röhre bei einer Richtung des Primär-
stromes im Induktor vollständig verschieden
von denen, welche bei der anderen Stromrichtung
entstehen. Wie es ja auch von vornherein klar
ist, rufen die elektrischen Prozesse in dem an
den einen Induktorpol angeschlossenen Drahte
das Entstehen von elektrischen Schwingungen
hervor. Eine gewöhnliche Geisslerröhre zwischen
den in die Röhre eingeschlossenen Draht und
den Induktorpol geschaltet, zeigt auch nicht die
mindeste Polarität an ihren Elektroden, wenn
die Induktorpole durch eine» Funkenstrecke nicht
verbunden sind. Beobachtungen über die Wir-
kung eines Elektromagnets auf das Leuchten
einer cylindrischen Geisslerröhre (Länge 1,5 m,
Durchmesser 3,5 cm), wenn eine Elektrode der
Röhre an einen Induktorpol angeschlossen ist,
weisen bei dieser Anordnung gleichfalls auf das
Vorhandensein im Inneren der Röhre von zwei
gleichstarken, aber entgegengesetzt gerichteten
Elektrizitätsströmungen hin. Ganz anders verhält
sich das Leuchten, wenn den Induktorpolen eine
Funkenstrecke parallel geschaltet ist. Aus dea
Erscheinungen an einer gewöhnlichen Geissler-
röhre, ebenso wie aus der Einwirkung eines
Elektromagnets auf das Leuchten der eben er-
wähnten grösseren Geisslerröhre ist zu ersehen,
dass in diesem Fall in dem an einen Induktor-
pol angeschlossenen Leiter eine elektrische
Wechselströmung entsteht, bei der eine Richtung
an Intensität die andere wesentlich überwiegt.
Sehr interessant ist es, dass in dem Zweig,
welcher dem Induktor parallel ist und die Fun-
kenstrecke enthält, auch ein Wechselstrom ent-
steht, in dem jedoch die Stromrichtung wesent-
lich überwiegt, welche der im am Induktor
angeschlossenen Leiter (Draht) überwiegenden
gerade entgegengesetzt ist. Man kann sich
leicht davon überzeugen, wenn man eine Geissler-
röhre zwischen den Induktor und den mit ihm
verbundenen Draht, und die andere in den
Funkenzweig einschaltet. Weiter unten nenne
ich den Induktorpol positiv, wenn in dem mit
ihm verbundenen Leiter bei Vorhandensein des
Funkenzweiges die überwiegende Strömung die
Richtung vom Induktorpol hat. Ich nenne den
Induktorpol negativ, wenn (bei veränderter
Richtung des Primärstromes im Induktor) in
dem an den Pol angeschlossenen Leiter bei Vor-
handensein des Funkenzweiges die überwiegende
Stromrichtung zum Pol gerichtet ist.
§ 2.
In dieser Mitteilung will ich einige Beob-
achtungen über die Wirkung eines Magnetfeldes
auf das Leuchten in obigen Röhren beschreiben.
Nach Beschreibung der merkwürdigen am Draht
regelmässig verteilten Lichtlinsen, welche bei
wenigen Millimetern Druck in der Röhre er-
scheinen, wenn der Draht an den positiven
Induktorpol angeschlossen ist, erwähnte ich in
meiner vorigen Mitteilung, dass ein Magnet keine
Wirkung auf diese Lichtlinsen ausübt. Diese
Angabe ist aber nicht vollständig zutreffend.
Es ist wohl wahr, dass die Lichtlinsen keine
merkbare Änderung erleiden, wenn der Röhre
ein starker Stahlmagnet genähert wird ; sie unter-
liegen aber, wie weitere Beobachtungen zeigten,
der Einwirkung eines stärkeren Elektromagnet-
feldes. Wenn man die Röhre zwischen die
Polflächen eines Plückerschen Elektromagnets
bringt, so dass die Kraftlinien zur Röhrenachse
und zum eingeschmolzenen Draht senkrecht
stehen, so neigen sich bei Erregung des Feldes
die in demselben befindlichen Lichtlinsen zur
Röhrenachse. Der Neigungswinkel wächst mit
der Feldstärke. Bei genügender Feldstärke
(über 1000 Einh.) kommen die im Felde be-
findlichen und zum Draht geneigten Lichtlinsen
längs des Drahtes in ziemlich langsame Be-
wegung in der Richtung, in welcher die oberen
Linsenränder geneigt sind. Nachdem sich jede
Lichtlinse auf eine bestimmte Distanz verschoben
hat, verschwindet sie, doch bildet sich an Stelle
derselben eine neue Linse, genau an dem Ort,
wo die verschwundene Linse vor ihrer Ver-
schiebung gestanden hat. Die neue Linse kommt
gleich nach ihrem Entstehen in dieselbe Be-
wegung, wie die verschwundene. Dieses Spiel
dauert so lange, als der Induktor arbeitet und
das Magnetfeld erregt ist. Wenn die Kraftlinien
des Magnetfeldes zum Beobachter gerichtet sind,
so neigen sich die oberen Linsenränder nach
links hin. Es ist bemerkenswert, dass bei der
Veränderung der Linsen im Magnetfeld gleich-
zeitig die dünne nebelartige Lichtaureole, von
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^fang. No. 19.
43S
der die Linsen umhüllt sind, noch schärfer her-
vortritt und die dunklen Räume zwischen den
Linsen noch dunkler werden. Fig. l ist eine
Autotypie nach einer photographischen Auf-
nahme der beschriebenen Erscheinung, und zeigt
deutlich die Neigung der im Felde des Elektro-
magnets befindlichen Linsen. Fig. 2 stellt die
des Drahtes mit dem negativen Induktorpol,
und bei einem Gasdruck von einigen (3 — 4} Milli-
metern der Draht von einer violettgefärbten
cylinderförmigen Aureole unmittelbar umgeben;
um diese violettgefärbte cy lind erförmige Aureole
herum liegt eine weniger helle nebelige Licht-
hülle, welche ihrerseits von einem etwas inten-
Erscheinungen dar, die bei denselben Bedingungen
wie oben, aber bei geerdeten Stanniolstreifcn und
ohne Magnetfeld in der Röhre auftreten.
Fig. 3 stellt dieselbe Erscheinung dar, jedoch
bei erregtem Magnetfeld, dessen Intensität aber
zu klein ist, um die Linsen in Bewegung zu
setzen. Diese photographischen Aufnahmen
wurden bei einer Exposition von circa 3 Mi-
nuten erhalten.
Wenn die Röhre den Elektromagnetschenkeln
so gegenübergestellt wird, dass
ihre Achse der die Mitten der
Polflächen verbindenden Linie
parallel läuft, dass also der Draht
in einer Vertikalfläche zu liegen
kommt, die den Kraftlinien des
stärksten Feldteils parallel ist,
so erleiden bei Erregung des
Feldes die in demselben befind-
lichen Linsen keine Neigung und
verbleiben senkrecht zum Draht;
aber bei stärkerem Feld (mehr
als 1000 Einh.) werden die
Linsen von den beiden Elektro-
magnetenden längs des Drahtes
zur Mitte des Feldes hin ver-
schoben ; hier liegen also die
Linsen gedrängter als in beiden
anderen Theilen der Röhre. Bei
Unterbrechung des Feldes kehren
die durch das Feld zusammenge-
drängten Linsen an ihre alteo
Stellen zurück.
Wie ich es schon in meiner
obenerwähnten Arbeit mitgeteilt
habe, erscheint bei Verbindung
siveren Leuchten umgeben ist. Die Erregung
eines Magnetfeldes, dessen Linien senkrecht zur
Röhrenachse, also auch zum Drahte stehen, be-
wirkt ein Engerwerden der violettgefärbten den
Draht umgebenden Aureole, zugleich auch eine
Verminderung der Dicke der dunkleren nebeligen
Lichthülle, welche die Aureole umschliesst.
Gleichzeitig erscheint auf den, den Schenkeln
des Rlektromagnets nächstgeiegenen Teilen der
Glaswandung ein gelblich-grünes Leuchten (Phos-
436
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^ang, No. 19,
phoreszenz), das seiner Form nach vollständig
der durch die Einwirkung des Feldes ver-
engten den Draht umgebenden Aureole
entspricht. Fig. 4 ist gefertigt nach einer
photographischen Aufnahme der beschriebenen
Erscheinung, wobei der Stanniolstreifen auf der
Röhre geerdet war; auf der Figur ist leider die
Phosphoreszenz nicht zu bemerken; eine photo-
graphische Aufnahme derselben wollte mir bis
jetzt nicht gelingen. Die Wirkung eines zur
Röhrenachse senkrechten Magnetfeldes auf die
Lichterscheinungen in einer Röhre, deren Draht
an den negativen Induktorpol angeschlossen,
erscheint vollständig gleich bei beiden entgegenge-
setzten Richtungen der Kraftlinien. In diesem Falle
unterliegt der Wirkung des Feldes hauptsäch-
lich ein Teil des kathodischen den Draht um-
gebenden Leuchtens, welches bei Erregung des
Magnetfeldes, wie es schon Hittorf ') beobachtet
hat, die Richtung der KrafUinien annimmt.
Streifens mit dem Finger (selbst wenn der Be-
rührende von der Erde isoliert ist), oder mit
einem Drahte, welcher zu einem Körper von
merklicher Kapazität fuhrt , verengt sich der
Phosphoreszenzstreifen am dem Berührungsoit
gegenüberliegenden Teil, Wenn der Röhre ein
Stahlmagnet genähert wird, krümmt sich der
Phospboreszenzstreifen, wobei die so entstandene
Krümmung des Streifens vollständig denjenigen
Richtungsänderungen entspricht, welche der
Amp^reschen Regel gemäss die Kathoden-
strahlen erleiden, die vom Stanniolstreifen aus-
gehend die Phosphoreszenz der Glaswandung
hervorrufen. Interessant ist auch die Einwirkung
eines hufeisenförmigen Magnets auf das Phos-
phoreszenzlicht, wenn der Magnet so gestellt
ist, dass die Röhre zwischen seinen Polen liegt.
Das Phosphoreszenzlicht wird in diesem Falle
von einer Seite gewissermassen in das Magnet-
feld hineingesogen, von der anderen Seite aus
Bei höherem Verüünnungsgrade werden die
Lichtlinsen, welche auf einem mit dem posi-
tiven Pol verbundenen Drahte erscheinen,
dicker, die Zwischenräume zwischen denselben
werden grösser; gleichzeitig wächst auch die
Neigung der Linsen zum Drahte, wenn in der
Röhre ein Magnetfeld erregt wird, dessen Kraft-
linien senkrecht zur Röhrenachse stehen. Bei
höherem Vakuum, wenn die Gasspannung nur
kleine Bruchteile eines Millimeters beträgt,
verschwinden die Lichtlinsen , und die ganze
Röhre erscheint von einem einförmigen, schwach
violett gefärbten nebeligen Leuchten erfüllt. Bei
diesen Verhältnissen entsteht bei geerdetem
Stanniolstreifen auf der Glaswandung ein dem-
selben gegenüberliegender, die ganze Länge der
Röhre einnehmender, heller gel blich- grüner leuch-
tender Streifen (Phosphoreszenz), dessen Breite
desto grösser wird, je kleiner die Gasspannung
in der Röbre ist. Auf diesem Phosphore.szenz-
streifen zeichnet sich sehr deutlich der Schatten
des Drahtes ab. Bei Berührung des Stanniol-
I] Hitlorf, Pogg. Ann. 138, tüg, 1S69.
demselben auf einige Distanz hinausgestossen.
Eine Einwirkung des Stahlmagnets auf das die
ganze Röhre erfüllende violette Leuchten konnte
nicht bemerkt werden. Ganz andere Erschei-
nungen erhält man, wenn die in der angegebenen
Art leuchtende Röhre der Einwirkung eines
Elektromagnets unterworfen wird, dessen Feld
einige Hunderte von Einheiten beträgt (siehe
unten).
Wie es schon in meiner oben citierten Mit-
teilung erwähnt wurde, erscheinen auf der Glas-
wandung einer hoch evakuierten Röhre bei Ver-
bindung des Drahtes mit dem negativen
Induktorpol ziemlich gleichmässig verteilte
zum Drahtesenkrechte gelblich-grünePhosphores-
zenzringe, deren Breite circa i cm ist. Diese
Ringe verharren nicht in Ruhe, sondern schwin-
gen langst der Röhre hin und her. Wenn man
unter die Röhre parallel ihrer Achse auf einiger
Distanz einen isolierten oder geerdeten Draht
j bringt, so vermehrt sich die Zahl der Ringe,
I wobei die Ringe enger werden und vollständig
zur Ruhe kommen. Nähert man der Röhre einen
Stahlmagnet, so bewirkt derselbe ein Neigen
I der Ringe zur Röhrenachse, Diese Neigung ent-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. ig.
spricht wieder vollkommeii jenen Richtungs-
änderungen, welche nach der Ampdreschen Regel
die von dem Draht ausgehenden Kathoden-
strahlen unter Einwirkung eines Magnets er-
fahren müssen. Wenn
der Stanniolstreifen ge-
erdet wird, verschwinden
die Ringe, doch leuchtet
dann die ganze Wan-
dung der Röhre in Phos-
phoreszenzlicht auf; die-
ses Phosphoreszenzlicht
besitzt ein moir^artiges
Muster, welches jeden-
falls Unregelmässigkeiten
der Drahtoberfläche zu- |
zuschreiben ist. Ein
Stahlmagnet bewirkt
Änderungen im Pho-
sphoreszenzmuster — er
krümmt die Zeichnung.
Ein starkes von einem
Elektromagnet hervorgerufenes Feld übt voll-
ständig anderartige Wirkungen aus. Es bewirkt
(ebenso wie bei Verbindung des Drahtes mit
dem positiven Induktorpol) Änderungen nicht
welche in der Röhre beobachtet werden, wenn
die Röhrenachse senkrecht zu den Kraftlinien
des Elektromagnetfeldes steht, und werde mich
mit der Darlegung nur jener Erscheinungen in
Fig S-
der Röhre begnügen, welche entstehen, wenn
die Röhrenachse parallel der Feldacbse gerichtet
ist. In diesem Falle nimmt ein Teil des LeucMens
die Richtung der Kraftlinien an, und bei Er-
nur im Phosphoreszeozlicht, sondern auch im
Leuchten des Gases in der Röhre. Einen ebenso
wesentlichen (wenn auch anderartigen) Einfluss
auf das Gasleuchten in der Rohre hat ein starkes
Magnetfeld auch in dem Falle, wenn der Draht
mit einem Induktorpol verbunden ist,
aber die Verbindung der Pole
mittels Funkenzweiges aufgehoben
ist. In diesem Falle ist die
Einwirkung des Feldes auf das
Gasleuchten (wie es auch von vorn-
herein erwartet werden konnte) voll-
ständig gleich bei beiden ent-
gegengesetzten Richtungen des
Primärstromes im Induktor.
Ich enthalte mich der Beschreibung
der äusserst schönen Erscheinungen,
fiillung gewisser Bedingungen stellt das Leuchten
unmittelbar den Verlauf der Kraftlinien dar,
wobei Anfang und Ende der einzelnen Kraft-
röhren nicht an den Elektroden liegen, wie es
von Hittorf und später von Pellat beobachtet
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^ang. No. 19.
wurde, sondern unmittelbar aufderGlaswandting
über den Polflächen des Elektromagnets,
§4-
a) Dem Induktor ist keine Funken-
strecke parallel geschaltet. Der Stan-
niolstreifen ist geerdet.
Bei Verbindung des Drahtes mit einem In-
duktorpol entsteht in der Röhre bei beiden
Richtungen des Primärstroms im Induktor ein
nebeiartiges schwach violettes Leuchten, welches
den auch leuchtend erscheinenden Draht um-
giebt, doch von dem letzteren durch einen cy-
linderiormigen dunkeln Zwischenraum abgeteilt
ist. Eine Phosphoreszenz der Glaswandung
konnte nicht bemerkt werden. Bei Erregung
eines starken Magnetfeldes mittels "eines unter
der Röhre befindlichen Elektromagnets {wie es
in § 3 beschrieben ist) erhält das Leuchten in
der Röhre an dem Ort, wo das Feld erregt
wurde, die Form der, Fig. 5. Diese Figur ist
zum Drahte geneigt ist. Wenn man die Rich-
tung der Kraftlinien ändert, neigt sich die
Scheibe zur anderen Seite. Die photographische
Aufnahme giebt leider nicht die bei dieser
Anordnung auftretende Phosphoreszenz eines Tei-
les der Glaswandung wieder. Auf der unteren
Röhren Wandung unmittelbar über den Enden
der Elektromagnetschenkel und auf der oberen
Röhrenwandung über dem ganzen Felde bilden
sich nämlich gelblich-grüne Streifen, die parallel
dem Drahte verlaufen. Wenn die Kraftlinien
von links nach rechts verlaufen, entsteht ausser-
dem auf der vorderen, also dem Beobachter
zugewandten Röhrenwandung ein gelblich-grüner
Fleck genau gegenüber der oben erwähnten
Scheibe. Die Mitte dieses Fleckes phosphores-
ziert viel heller in Form eines Kreisbogenteils.
Vom Fleck ausgehend ziehen sich nach beiden
Magnet sehen kein bogenartjge gelblich - grüne
Zweige. Bei Änderung der Stromrichtung tm
Elektromagnet geht ' die beschriebene Phos-
Fig. 1
eine Autotypie nach einer photographischen
Aufnahme (Exposition 5 Minuten) der Erschei-
nung, Der deutlich auf Fig. 5 sichtbare Bogen
verbindet die gegenüberliegenden Ränder der
Polflächen des Elektromagnets.
b) Die Induktorpole sind durch eine
Funkenstrecke verbunden. Der Stan-
niolstreifen ist nicht geerdet.
1. Der Draht in der Röhre ist mit
dem positiven Indukforpol verbunden.
Bei Erregung des Magnetfeldes eines unter
der Röhre gestellten Elektromagnets erhält das
Leuchten in der Röhre die Form der Fig. 6,
die eine Autotypie nach einer photographischen
Aufnahme der Erscheinung ist.
2. Der Draht in der Röhre ist mit dem
negativen Induktorpol verbunden.
Bei Erregung des Feldes erhält das Leuchten
in der Röhre die Form der Fig. 7 (nach einer
Photographie). In dieser Erscheinung bietet
ein be.'ionderes Interesse die leuchtende violett-
farbige Scheibe, deren Centrum auf dem Drahte
yenau in de/ Feldmitte liegt und die ein wenig
phoreszenzerscbeinung auf die hintere Röhren-
wandung über. Die oben geschilderten schwan-
kenden Phosphoreszenzringe auf der Röhren-
wandung erscheinen bei den angegebenen Be-
dingungen nur in den Teilen der Röhre, welche
ausser dem Bereiche des Magnetfeldes liegen.
c) Dem Induktor ist eine Funken-
strecke parallel geschaltet. Der Stan-
niolstreifen ist geerdet.
1. Der Draht in der Röhre ist mit dem
positiven Induktorpoi verbunden.
Bei Erregung eines von links nach rechts
gerichteten Magnetfeldes erhält das Leuchten
in der Röhre das Aussehen der Fig. 8. Die
Original Photographie giebt die Pbosphoreszenz-
erscheinungen nicht wieder; darum wurden die
phosphoreszierenden Teile der Glaswandung
auf der Photographie mit Farbe gedeckt, und
von dem so erhaltenen Original wurde die
Autotypie gefertigt.
2. Der Draht in der Röhre ist mit dem
negativen Induktorpol verbunden.
Bei Erregung eines von links nach rechts
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
439
gerichteten Magnetfeldes erhält das Leuchten
in der Röhre das Aussehen der Fig. 9. An
den Orten, wo das Feld erregt worden ist, ver-
schwindet das Phosphoreszenzmuster der Glas-
wandung; es bleibt nur
ein Phospboreszenztleck
gegenüber der im Feld-
centrum erscheinenden
Scheibe und ausserdem
Phospho resze nzstreife n
auf der unteren Glas-
wandung — über den
Magnetscbenkeln, auf der
oberen— über dem ganzen
Felde. Wenn der Fieck
auf der vorderen Röhren-
wandung erscheint, so
bildet sich auf der hin-
teren eine scharfe ellip-
tische Grenze zwischen dem phosphoreszierenden
und nichtphosphoreszierendenTeile derWandung.
Bei geänderter Richtung des Magnetfeldes geht
der mittlere Phosphoreszenz fleck auf die hin-
tere Röbrenwandung über, und die-^oben er-
wähnte scharfe Phosphoreszenzgrenze erscheint
auf der vorderenT Wandung.
annehmen. Leider wollte es mir nicht ge-
lingen, eine Photographie dieser Erscheinung
zu erhalten. Auf Fig. 10 sind nur Spuren
dieser facherartig sich ausbreitenden Strahlen
Fig. 9.
sichtbar. Diese ausserordentlich schöne Licht-
erscbeinung giebt eine vollkommene Abbildung
des Verlaufs der Magnetkraftlinien im Felde,
Um diese Erscheinung zu erhalten, muss der
Unterbrecher (nach Deprez) des Funkeninduk-
tors besonders einreguliert werden — er muss
einen schnarrenden Ton geben.
d) Dem Induktor istjClne sehr kurze
Funkenstrecke parallel geschaltet. Der
Stanniolstreifen ist geerdet. Die Platten
des zwischen dem Drahte und dem In-
duktorpol eingeschalteten Kondensators
sind bis zur Berührung genähert. Der
Draht ist mit dem negativen Induktor-
pol verbunden.
Bei Erregung des Feldes erhält das Leuch-
ten das Aussehen der Flg. 10. Ausserdem
entsteht in der Röhre eine merkwürdige hell
rosafarbige Lichterscheinung aus u n u n t er-
brochen aufleuchtenden Strahlen be-
stehend, welche aus den über den Mag-
netschenkeln liegenden Teilen der Glas-
wandung ausgesandt zu werden scheinen
und die Form der Kraftlinien des Feldes
440
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
Zum Schluss bringe ich die Kopie (Fig. 11)
einer längs der Röhrenachse aufgenommenen
Photographie, wobei die Röhre über einem
Elektromagnet senkrecht zur Mittellinie seines
Feldes gelagert wurde. Dem Induktor war
dabei keine Funkenstrecke parallel geschaltet,
der Stanniolstreifen war aber geerdet. Die an-
gewandte Röhre war cylindrisch und an beiden
Enden mit mittels Siegellack angekitteten
Spiegelglasplatten verdeckt. Der Draht war
längs der Röhrenachse zwischen zwei in die
Röhrenwandung eingeschmolzenen Glasröhrchen
gezogen; die Enden des in diese Röhren einge-
schmolzenen Drahtes ragten aus den Rohrenden
heraus. Fig. 11 zeigt deutlich das Leuchten,
welches aus dem Draht ausgesandt wird und
längs der Kraftlinien des Feldes zu den Mag-
netschenkeln strömt.
Physik. Institut der Universität St. Petersburg.
(Eingegangen 22. Mai 1902.)
Über Fluoreszenzerregung der Kanalstrahlen
an Metalloxyden.
Von W. Wien.
Die Fluoreszenzerregung der Kanalstrahlen
hängt, wie ich nachgewiesen habe^), beim Auf-
treffen auf gewöhnliches Röhrenglas von dem
Gase ab, das die Entladung vermittelt. Dabei
hat sich gezeigt, dass die Kanalstrahlen sehr
verschieden elektrostatisch und magnetisch ab-
lenkbar sind, und dass die ablenkbaren unter
Umständen andere Fluoreszenzwirkung haben,
als die weniger ablenkbaren.
Bei diesen Beobachtungen fiel es mir auf,
dass die Kanalstrahlen auch manchmal auf Alu-
minium bräunliche Fluoreszenz erregten. Als ich
ein Aluminiumscheibchen, das diese Erscheinung
zeigte, blank polierte, war die Fluoreszenz-
wirkung verschwunden. Ich hielt es für wahr-
scheinlich, dass eine oberflächliche Oxydation
die wesentliche Ursache sein könnte. Dies hat
zu folgenden Versuchen geftihrt. Aluminium
wurde im Knallgasgebläse verbrannt und das
entstandene Oxyd mit Kanalstrahlen bestrahlt.
Es zeigte sehr lebhafte Fluoreszenz, merkwürdiger-
weise an verschiedenen Stellen in verschiedenen
Farben. Das meiste braun, andere Teile grün,
noch andere blau, ohne dass man eine Ver-
schiedenheit hätte auf andere Weise wahrnehmen
können. Durch Verbrennen von Magnesium
entstandenes Magnesiumoxyd zeigte ausser-
ordentlich lebhafte rote Fluoreszenz, die überall
gleich war, in derselben Weise erzeugtes Kad-
miumoxyd weit geringere grünliche Fluoreszenz.
Ganz besonders intensiv und die an Röhrenglas
l) Ann. d. Phys. 8, 244, 1902.
durch Kathodenstrahlen hervorgerufene Licht-
wirkung noch übertreffend, fluoreszierte in grüner
Farbe Zinkoxyd, das ich der Freundlichkeit
des Herrn Prof. Tafel verdanke, der es durch
Verbrennen von ganz reinem Zink erhielt.
Kupferoxyd und Eisenoxyd zeigten keine Fluores-
zenz. Eine Verschiedenheit der Fluoreszenz
bei Anwendung von Wasserstoff oder Sauer-
stoffliillung, die bei der am Glase erregten
Fluoreszenz sehr auffallend ist, habe ich nicht
bemerkt.
Durch Kathodenstrahlen ergaben sich bei eini-
gen Oxyden ähnliche Wirkungen. Doch wurde bei
den Beobachtungen mit Kanalstrahlen dafür ge-
sorgt, dass keine Kathodenstrahlen sich unter
die Kanalstrahlen mischten. Zinkoxyd fluores-
zierte durch Kathodenstrahlen ebenfalls grün,
dagegen Aluminiumoxyd lebhaft blau.
An allen Oxyden, bei denen die Fhiores-
zenzwirkung auftrat, zeigte sich die gemein-
schaftliche Erscheinung, dass die Leuchterschei-
nung sehr schnell nachliess, wobei eine Ent-
wicklung von Sauerstoff eintrat, die das Vakuum
schnell verschlechterte. Wurde dann das Va-
kuum auf den früheren Grad gebracht, so war
die Fluoreszenz nicht mehr so kräftig wie an-
fangs. Wurden aber durch elektrostatische
Ablenkung die Kanalstrahlen auf bisher nicht
bestrahlte Teile gebracht oder durch Schütteln
frisches Oxyd an die Oberfläche befördert, so
leuchtete der getroffene Teil wieder hell auf,
um bei erneuter Sauerstoffentwicklung wieder
schnell nachzulassen.
Eine bleibende Veränderung erfuhr nur das
Zinkoxyd, das gelblich wurde und diese Farbe
beibehielt, auch als es tagelang an freier Luft lag.
Als die Oxyde derselben Metalle, als
chemisch rein von Kahlbaum in Berlin be-
zogen und wahrscheinlich auf nassem Wege
dargestellt, in die Röhre gebracht wurden,
zeigte sich keine Spur von Fluoreszenz. Es ist
daher wahrscheinlich, dass nicht die gewöhn-
lichen Oxyde als solche unter dem Einfluss
von Kanalstrahlen fluoreszieren, sondern mög-
licherweise höhere Oxyde, die sich bei der
Verbrennung bilden und unter der Bestrahlung
bei Abgabe von Sauerstoff in niedere Oxyde
verwandeln.
Genauere Aufklärung kann nur durch eine
eingehende chemische Untersuchung gebracht
werden.
Die bräunliche Fluoreszenz des Aluminium-
oxyds zeigen auch oxydierte Kathoden, wo sie
von den auf sie zugehenden Kanalstrahlen ge-
troffen worden. In eine Röhre (Fig.) mit
durchlöcherter Aluminiumelektrode a und seit-
lich angebrachter Elektrode d waren gegenüber
der Elektrode a zwei Aluminiumscheiben b, c
eingeschmolzen, von denen c in der Knallgas-
flamme kräftig oxydiert war. Wurde nun a
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
441
ftl
tt
SP.
zur Erde abgeleitet und mit der Kathode eines
, Induktionsapparats verbunden, während d
Anode war, so erregten die nach c hin aus-
tretenden Kanalstrahlen auf der Oxydschicht
braune, an einzelnen Stellen blaue Fluoreszenz.
War dagegen b Kathode, so erregten die auf c
fallenden Kathodenstrahlen dort blaue Fluores-
zenz, die durch Annäherung eines Magneten
aufgehoben wurde, während die von den Kanal-
strahlen hervorgerufene dadurch nicht beein-
flussbar war. War c Kathode, so trat die
braune Fluoreszenz nur in der Mitte der Scheibe
auf, an der Stelle, wo die Kathodenstrahlen
scheinbar ihren Ausgangspunkt haben, was an
der Fluoreszenz des Gases leicht zu beobachten
ist. Allmählich fluoreszierte auch die Elektrode
b, wenn sie Kathode war, in der Mitte bräun-
lich, offenbar, weil auch sie sich mit einer
Oxydschicht überzogen hatte. Dagegen fluores-
zierten weder b noch c in brauner Farbe, wenn
sie von Kathodenstrahlen getroffen wurden,
sondern b überhaupt nicht und c nur in blauer
Farbe.
Würzburg, physikalisches Institut, Mai 1902.
(Eingegangea 3. Juni 1902.)
Über den Zeemaneffekt der Serienlinien.
Von C. Runge.')
Gemeinsam mit Prof. Paschen habe ich
eine Untersuchung darüber unternommen, wie
die Zerlegungen der Spektrallinien im magne-
tischen Felde mit ihrer Verteilung in Serien
zusammenhängen. Schon Thomas Preston
hat diesen Zusammenhang ausgesprochen; aber
es ist nicht bekannt geworden, mit welcher
Genauigkeit und in welchem Umfang er die
Sache untersucht hat.
i) Vortrag gehalten in der physikalischen Gesellschaft
der Universität Göttingen.
Das erste, was einem bei der magnetischen
Zerlegung der Serienlinien auffällt, ist, dass sie
im allgemeinen nicht den einfachen Typus des
normalen Triplets zeigen, sondern dass sie eine
grössere Zahl von Komponenten besitzen. Da-
mit soll aber keineswegs gesagt sein, dass alle
Linien, die nicht zu den Serien gehören, in
normale Triplets zerlegt werden. Die zu der-
selben Serie gehörenden Linien werden im
magnetischen Felde in derselben Weise zerlegt
und zwar so, dass sie in der Skala der Schwin-
gungsdifferenzen gezeichnet dasselbe Bild geben.
Es sind gleichviel Komponenten und sie liegen
in den gleichen Abständen voneinander. Dies
Gesetz ist von Paschen und mir zunächst für
das Quecksilberspektrum mit Genauigkeit kon-
statiert worden. Wir haben es im Spektrum
des Quecksilbers mit zwei Tripletserien, im
ganzen also mit sechs Serien zu thun, drei,
welche die erste, und drei, welche die zweite
Tripletserie bilden. Die erste Tripletserie be-
steht aus sogenannten zusammengesetzten Tri-
plets, deren Hauptlinien noch von Satelliten be-
gleitet sind. Die sechs Serien zeigen sechs
verschiedene Typen und dazu kommen noch
die Typen der Satelliten, die ebenfalls von den
anderen verschieden sind. Jede Serie aber hat
nur einen Typus. Wir konnten bei jeder Serie
mindestens zwei, bei mehreren drei Linien er-
kennen und die Gleichheit ihrer Zerlegung be-
stätigen.
Das zweite Gesetz besteht darin, dass ein-
ander entsprechende Serien verschiedener Ele-
mente denselben Typus zeigen und zwar wieder
so, dass die Komponenten in der Skala der
Schwingungszahlen gezeichnet, bei der gleichen
Feldstärke dasselbe Bild geben, sowohl was
die Zahl der Komponenten, wie was ihre Ab-
stände betrifft. Wir haben dies Gesetz zunächst
an der zweiten Tripletserie bei Mg^ Sr^ Zn^
Cdf Hg geprüft und durchaus bestätigt gefunden.
Auch die Dubletserien haben wir versucht,
zu untersuchen; mussten uns aber auf Cu^ Ag,
AI, TL beschränken. Von den Alkalien konnten
wir nur Natrium und hier auch nur die beiden
Z>-Linien erhalten. Die anderen Linien waren
zu unscharf, um ihre Zerlegung deutlich zu er-
kennen. Es zeigte sich auch bei den Dublet-
serien, dass die Linien derselben Serie im
magnetischen Felde in der gleichen Weise zer-
legt werden und dass die Typen entsprechen-
der Serien die gleichen sind, obwohl wir es
hier keineswegs mit chemisch nahe verwandten
Elementen zu thun haben. So fanden wir, dass
die beiden Dublets der Hauptserie, die bei Kupfer
und Silber beobachtet worden sind, genau die-
selben Zerlegungen zeigen, wie die beiden D-
Linien. Genau dieselben Zerlegungen zeigen
auch die Linien der zweiten Nebenserie, aber
in umgekehrter Reihenfolge, so dass hier die
442
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
kleinere Wellenlänge des Linienpaares den
Typus von D^, die grössere den Typus von
Z?2 zeigt. Diese Umkehrung der Reihenfolge
ist in Übereinstimmung mit dem von Rydberg
entdeckten Zusammenhange der Hauptserie und
der zweiten Nebenserie. Danach entsprechen
sich die Paare in umgekehrter Reihenfolge,
Bisher konnte man die Richtigkeit dieser Zu-
ordnung aber nur durch die Intensität der Linien
bestätigt finden. In der magnetischen Zerlegung
haben wir eine weit überzeugendere Bestätigung
von der Richtigkeit der Rydbergschen Ent-
deckung. Denn die Typen der beiden Z?-Linien
sind vollständig voneinander verschieden.
Die erste Nebenserie weicht im Typus von
der Hauptserie und der zweiten Nebenserie ab;
aber für die verschiedenen Elemente Cu^ Ag^
A/, 77 ist wieder die Zerlegung der ersten
Nebenserie die gleiche.
Die Typen dieser drei Dubletserien werden
nun auch noch bei einer Anzahl von Paaren im
Spektrum von Mg, Ca, Sr, Ba beobachtet, von
denen man bisher nicht nachweisen konnte,
dass sie Serienlinien sind. Nach dieser Beob-
achtung sind also z. B. die beiden d-Linien H
und K genau den beiden Z>-Linien entsprechend.
Dieselben beiden Typen, nur in umgekehrter
Folge, zeigen die beiden tit-Linien 3737,1 und
3706,2. Sie sind daher als ein Glied der zweiten
Nebenserie aufzufassen. Den Typus der ersten
Nebenserie endlich zeigt das Paar 3179,4 und
3159,0 mit dem Satelliten bei 3181,4. Man
hatte bisher wohl bemerkt, dass diese drei
Paare Schwingungszahlen von gleicher Differenz
besitzen, und man vermutete daher wohl, dass
sie Serien angehörten; aber man konnte nicht
angeben, welcher Art diese Serien seien.
Die bei der Hauptserie der Dublets und der
zweiten Nebenserie der Dublets und Triplets
beobachteten Typen zeigen einen merkwürdigen
Zusammenhang untereinander. Die drei Typen
der Tripletserie sind die folgenden:
Fig. I.
Die Abstände der Komponenten von der
Mitte sind in der Skala der Schwingungszahlen
Vielfache derselben Grösse. Wenn man die Mitte
der Linie als Nullpunkt rechnet, so haben die
Komponenten des ersten Typus die Abscissen
—4, —3, —2, —I, o, 4-1, +2, +3, +4, vor-
ausgesetzt, dass man den Abstand zweier be-
nachbarten Komponenten als Längeneinheit
nimmt. Für die zweite Linie des Triplets haben
dann die Komponenten die Abscissen — 4, — 3,
— I, +1, +3, 4-4 und für die dritte Linie:
— 4, o, +4. Es besteht also eine Art Gesetz
der multiplen Proportionen. Eine einzige Kon-
stante drückt die Zerlegung der drei Linien aus.
Dasselbe gilt von den Typen der beiden
Dubletserien. Sie geben das folgende Bild:
Fig. 2.
Der Typus von NaD^ besteht aus sechs
äquidistanten Komponenten. Macht man die
Hälfte des Abstandes benachbarter Komponen-
ten zur Einheit, so sind die Abscissen von der
Mitte aus gerechnet: — 5, — 3, — i, +1, +3,
+ 5. Für den Typus NaDx haben die Kom-
ponenten die Abscissen — 4, — 2, +2, -I-4.
Wieder sind die sämtlichen Abstände durch
eine einzige Konstante ausgedrückt.
Bezeichnet u die Konstante, deren Vielfache
die Abstände der Komponenten der Triplet-
serien ausdrückt und v die Konstante, deren
Vielfache die Abstände der Komponenten der
Dubletserien ausdrückt, so zeigt sich, dass
3 T^ = 2 «.
Diese Beziehung ist mit beträchtlicher Ge-
nauigkeit nachgewiesen. So finden wir z. B.
bei einer gleichzeitigen Aufnahme von Zn
und AI
u = 0,7276 (mittlerer Fehler 0,0015),
V = 0,4809 (mittlerer Fehler 0,0028).
Als Schwingungszahl ist dabei die Zahl der
Schwingungen gerechnet, die das Licht aus-
führt, während es einen Weg von einem Centi-
meter zurücklegt.
(Eingegangen 6. Juni 1902.)
Über die Grenzen der graphischen
Behandlung der Wechsclstromproblemc.
Von J. Teichmüller.
Die bei der Darstellung von Wechselstrom-
grössen benutzten Vektoren sind rotierende
Vektoren von der Eigenschaft, dass ihre Längen
die Amplituden, ihre Projektionen auf eine fest-
stehende Grade die Momentanwerte der be-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
443
treffenden Grösse darstellen; sie rotieren mit
konstanter Winkelgeschwindigkeit um einen
Endpunkt. Solche Vektoren stellen die Grössen
sinusförmiger Wechselströme dar. Häufig
stellt man sich unter ihnen nicht die Ampli-
tuden, sondern die sogenannten effektiven Mittel-
werte vor; dann hat man es natürlich streng
genommen nicht mehr mit rotierenden Vektoren
zu thun. Die Darstellung der Effektivwerte
durch Vektoren ist aber doch gerechtfertigt,
nicht nur, weil man durch Multiplikation mit
einer Konstanten oder durch Veränderung des
Massstabes ohne weiteres auf die rotierenden
Vektoren der Amplituden übergehen kann, son-
dern besonders deshalb, weil die Effektivwerte
(was sich leicht nachweisen lässt) sich nach
dem Gesetze der Vektoraddition zusammen-
setzen.
Anders verhält es sich mit einem anderen
Schritte, den man zu thun pflegt, nämlich mit
der Darstellung von Wechselströmen beliebiger
Kurvenform durch Vektoren. — Unter Vektoren
beliebiger Kurvenform sind natürlich nur Effektiv-
werte zu verstehen. Ob die für Sinusform ab-
geleiteten Gesetze der Vektorenbehandlung auch
für beliebige Kurvenformen gültig sind, muss
zunächst für die an einer Impedanz auftretenden
Grössen nachgewiesen werden; d. h. es ist zu
untersuchen, ob die Zusammenstellung der
Wechselstromgrössen zu Dreiecken (wie wir
sie bei sinusförmigem Wechselstrom kennen)
auch für beliebigen Wechselstrom richtig ist.
Danach ist zu untersuchen, ob das Gesetz von
der Addition der Vektoren auch für mehrere '
Impedanzen in Reihenschaltung oder Parallel-
schaltung für beliebige Kurvenform gilt, und
schliesslich wird die Frage entstehen, ob das
Vorhandensein von Eisen besondere Unter-
suchungen erfordert.
Der Nachweis, dass das Gesetz allgemein
nicht gelten kann, ist schon im Jahre 1898')
von G. Roessler erbracht worden. Ich möchte
in der folgenden Abhandlung versuchen, durch
eine allgemeinere Betrachtung einen Beitrag zur
weiteren Klärung der wichtigen Frage zu liefern.
I.
Die Dreiecke der Wechselstrom-
grössen bei beliebiger Kurvenform für
eine Impedanz.
Ist nur eine Impedanz vorhanden, so ver-
einfacht sich die Aufgabe zu der Frage, ob
sich die einzelnen Wechselstromgrössen zu recht-
winkligen Dreiecken zusammensetzen lassen, in
denen der Cosinus des einen Winkels den Lei-
stungsfaktor darstellt.
i) Eicktrotechn. Zeitschrift 189S, S. 595, vergl. auch
Elclctrotechn. Zeitschrift 1895, S. 681.
Der Effektivwert der Spannung und des
Stromes stellt sich bekanntlich dar als
und
j=v.K^^'^'^ (^^
während der mittlere Effekt sich ergiebt zu:
{^^^S" E,:^.cosq>, (3)
Hierin bedeuten die £, und y. die Amplituden
der einzelnen n Wellen der Fourierschen Reihe,
fpp die Phasenverschiebungen zwischen je einer
Stromwelle und der zugehörigen Spannungs-
welle derart, dass
r I
Der Quotient aus dem mittleren Effekte
und der scheinbaren Leistung in Voltampere
ist nach Definition der Leistungsfaktor, für den
das Symbol cosrp üblich ist, und es fragt sich
nur, ob dieser Quotient also
2^ £^ % cos g)r , X
cos w ^ . -^- ^^r - . . . (5)
die charakteristischen Eigenschaften eines Co-
sinus besitzt, nämlich seinem Betrage nach nur
zwischen o und i variieren kann. Wird dies
bejaht, so ist bewiesen, dass die Zusammen-
stellung der Wechselstromgrössen bei einer
Impedanz auch bei beliebigen Kurvenformen
der Spannung immer möglich ist.
Dieser Beweis lässt sich auf einfache Weise
folgendermassen führen: Quadriert man den
Leistungsfaktor, so gilt für das Quadrat die-
selbe Bedingung, dass es nur zwischen o und i
schwanken darf. Dieses Quadrat lässt sich
schreiben
cos^^ <p =
2- E;^ 7,hos'^(p,+ 221 Ax Exyn Jxcos q>nCOS tpi
i>« _ .(6)
l> M
Die zweite Summe im Zähler sowohl als
im Nenner ist so zu bilden, dass sowohl x
als X von i bis n zu ändern ist, dass aber
stets X von X verschieden sein soll. Die untere
Grenze von cos^fp ist nun offenbar gleich Null,
und sie wird erreicht, wenn sämtliche (p gleich
jr/2 sind, also wenn der Widerstand unendlich
klein gegenüber der Reaktanz jeder der ein-
zelnen Wellen wird. Um die obere Grenze
festzustellen, beachte man zunächst, dass der
grösste Wert der cos^pw oder cosq>n und cos(pi
gleich I ist. Lassen wir die Cosinus diesen
Wert annehmen, so sind die ersten Summanden
im Zähler und Nenner gleich, und es bleiben
nur noch die zweiten miteinander zu ver-
444
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
gleichen. Je einem Gliede des Zählers von
der Form 2 ab lässt sich nun ein Glied des
Nenners von der Form a^ + b*^ zuordnen, und
es ist bekannt, dass bei Veränderung von a
und b stets
2ab<^_a^-\- ^2 (7j
ist. Gleichheit wird erreicht für ^ = ^, also für
E,.y, = Ex' % oder £, : y, = Ä : ^a . (8)
d. h. wenn die Impedanzen aller einzelnen
Wellen einander gleich sind. Das kann aber
nur der Fall sein, wenn die Impedanzen nur
aus Widerständen, dem Widerstände R des
Stromkreises, bestehen. Dann ist aber auch
die erste Bedingung erfüllt, nämlich, dass sämt-
liche cosg>p (oder cosg>K und cosg)x)= i sind.
Die Kurve des Stromes fällt dann mit der
Kurve der Spannung bei passend gewähltem
Massstabe zusammen. Es ist hiermit mathe-
matisch bewiesen, dass
1. der Leistungsfaktor zwischen o und i
variieren kann,
2. dass er den Wert o erreicht, wenn der
Widerstand verschwindend klein gegenüber den
Reaktanzen ist,
3. dass er den maximalen Wert i erreicht,
wenn die Widerstände induktions- und kapazi-
tätsfrei sind. Der Leistungsfaktor besitzt also
nicht nur allgemein die Eigenschaft eines Cosinus,
sondern es werden sogar die Grenzen o und i
unter denselben Bedingungen erreicht, wie bei
sinusförmigen Strömen.
Es sind nunmehr 3 Grössen (also genügend
viele) zur Konstruktion eines rechtwinkligen
Dreieckes, des Dreieckes der Effekte, ge-
geben, nämlich als Hypotenuse der scheinbare
Effekt in Voltampere, als eine Kathete der
wahre Effekt in Watt, und der eingeschlossene
Winkel q> des Leistungsfaktors. Die andere
Kathete, die ebenfalls in Voltampere gemessen
werden kann, stellt keinen Effekt dar. Durch
Division der Längen durch J oder passende
Veränderung des Massstabes erhält man das
Dreieck der Spannungen und durch nochmalige
Division mit J das Dreieck der Widerstände,
in dem die eine Kathete im eisenfreien Strom-
kreise den Ohmschen Widerstand, die Hypo-
tenuse, die als Quotient von E und J definierte
Impedanz, die als resultierende Impedanz
bezeichnet werden kann, und die andere Kathete
schliesslich eine resultierende Reaktanz dar-
stellt. In Analogie hierzu kann g> als die resul-
tierende Phasenverschiebung bezeichnet
werden.
II.
Die Addition der Vektoren
bei beliebiger Kurvenform für mehrere
Impedanzen in Reihenschaltung.
Fasst man die Seiten des oben beschriebenen
Spannungsdreieckes gerade so als Vektoren auf.
wie die Seiten des entsprechenden Dreieckes
der Effektivwerte bei sinusförmigen Spannungen,
so entsteht die Frage, ob die graphische Addi-
tion zweier effektiver Spannungen Ka und Ei
bei beliebigen Kurvenformen, die an den
Klemmen zweier hintereinander geschalteter
Impedanzen herrschen, sich zur Gesamtspan-
nung E, gerade so durch graphische Addition
zusammensetzen, wie bei sinusförmigen Span-
nungen. Ist die Frage für 2 Impedanzen ent-
schieden, so ist sie nach dem Assoziationsgesetz
der Addition auch für beliebig viele entschieden.
Selbstverständlich muss auch die Subtraktion
unter denselben Bedingungen gültig oder ungültig
sein wie die Addition.
Die Antwort auf die Frage erhalten wir
durch folgende, etwas umständliche Betrachtung:
L
>L
^.
— s*'
Fig. I.
Die Werte der einen Impedanz sollen Fig. i
gemäss mit dem Index a, die der anderen mit
dem Index b versehen werden, während die
Summenwerte den Index o tragen sollen.
Es steht zunächst aus der Definition dieser
Grössen fest, dass der mittlere Gesamteffekt gleich
der Summe der mittleren Einzeleffekte, nämlich
So = 6« + e^ (9)
ist. Da aber der Strom in beiden Impedanzen
derselbe ist, so gilt nach der Definition der
Leistungsfaktoren :
Eq cos 9)^, = Etf cos (fa -f E^ cos (ps . (10)
Es steht nach Früherem fest, dass die Leistungs-
faktoren thatsächlich als Cosinus von Winkeln
aufgefasst werden können. Die Gleichung (10)
sagt aus, dass die Summe der Cosinusprojek-
tionen der Einzelspannungen gleich der Cosinus-
projektion der Gesamtspannung ist. Zeichnet
man also in Fig. 2 die Dreiecke der Spannungen
für die einzelnen Impedanzen so, dass die Nutz-
spannungen in dieselbe Richtung fallen, so muss
nach Gleichung (10) der Endpunkt der Gesamt-
spannung £0 auf der Senkrechten durch ^q
liegen, wobei OA^ = OAa + OA/, ist. Das Ge-
setz der Vektoraddition gilt, wenn auch die
Summe der Sinusprojektionen der Einzelspan-
nungen gleich der Sinusprojektion der Gesamt-
spannung ist. Es ist also zu untersuchen, ob
I und unter welchen Bedingungen
(1) Eo sm q^Q = E« sin y« -f E^ sin g)t
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
445
0
n ^6 ^o K
a
o
sm
Fig. 2.
ist. Bei der Untersuchung dieser Frage ist streng
darauf zu achten, dass die sin (p nur durch die
Grössen ausgedrückt werden dürfen, durch die
der Leistungsfaktor gemessen ist. Es ist also
in die Bedingungsgleichung (I) einzusetzen:
Hierdurch wird Gleichung (I) nach Quadrierung
beider Seiten zu:
.11) Eo2j'=Ea2p+E.2j' + eo'~e«'-e3^
Die hierin vorkommenden Effektivwerte der
Ströme und Spannungen lassen sich durch die
Amplituden der Einzelwellen nach Gleichung
(i) und (2) ausdrücken. Stellt man die Span-
nungen E^ als Funktionen von Strom und Im-
pedanz dar, wobei bei den Wellen der Gesamt-
spannungen j^or die vonBedell und Crehore
so genannte äquivalente Impedanz der Hinter-
einanderschaltung einzufuhren ist, so erhält man
folgende Ausdrücke:
(IIC) V,^ = \2^^J^^\(^Ra+R6)^
+ [LaP(0 ^ -\- LbVCO — -7=^ ) [ •
Hierzu tritt
(12) J2=j2;^y.2
In den künftigen Rechnungen soll solange
als möglich gesetzt werden
und
fbp =^ LbPco —
CbV(o
Bildet man die in der Bedingungsgleichung
(II) vorkommenden Produkte, so erhält man
E^^p=y^{R^'^ + Rb'' + 2RaRb)
+ 4J^-^'[5^J(^.+/l+2/"--/i^))
ferner
Durch Einsetzung dieser Werte in Gleichung
(II) ergiebt sich nach einigen Umrechnungen
Durch Ausrechnung der linken Seite und
Quadrierung ergiebt sich nunmehr als Beding^ngs-
gleichung
In dieser Gleichung stehen auf beiden Seiten
zunächst Quadrate von der Form
7> fnv /bv
Diese Glieder heben sich also heraus; alle
übrigen Glieder lassen sich so zusammenfassen,
dass Gleichung (III) übergeht in
(IV) . 2Ty«2<^i-^.(Ax/iA-/*aiAx)2 = 0.
X>K
Diese Summe enthält nur positive Glieder,
kann also nur verschwinden, wenn jedes Glied
für sich gleich Null wird, also, da 7» und 7i be-
liebige Werte annehmen können, wenn der
Klammerausdruck in jedem Gliede für sich ver-
schwindet. Das ist der Fall
i) wenn nur eine Welle vorhanden ist, also
der Strom sinusförmig ist, denn dann ist x = >l
2) wenn
d. h. wenn
(V) (£.xa>--^;^J(z:a«>-^^y=
( LaXcO — ., , - )( LbXiD — 7^—
\ CalG)J\ CbOt
xco
/a^=Lar(D
CaVCO
Rechnet man diese Gleichung aus, so er-
giebt sich
oder allgemein
(VIj .... L'C=^Kons{.
als die gesuchte Bedingung.
In Worten: Das Gesetz der Vektor-
addition gilt bei hintereinandergeschal-
teten Impedanzen für beliebige Kurven-
formen allgemein nur dann, wenn die
446
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
Eigenschwingungen der Impedanzen ein-
ander gleich sind, oder, was dasselbe ist,
wenn die Indüktanzen sich umgekehrt verhalten
wie die Kapazitäten,
Enthalten die Impedanzen ausser Widerstand
nur Selbstinduktion, so folgt, da dann d= Cb= "c
ist, aus Gleichung (V),
(Via). . . La'L6xX(x}'^=Laf6xX(oK
Enthalten sie jedoch ausser Widerstand nur
Kapazität, d. h. ist La = Ls =^ o, so folgt
aus Gleichung (V) die Bedingui.g
(Vlb) . . . CaC6XX(X}^=^ CaOxXo)'^
Die beiden Identitäten Gleichung (Via) und
(Vlb) sagen aus: Das Gesetz cer Vektor-
addition gilt bei hintereinandergeschal-
teten Impedanzen für beliebige Kurven-
formen allgemein, wenn die Impedanzen
alle (also der gesamte Stromkreis) ausser
Widerstand nur Selbstinduktion oder
nur Kapazität enthalten.
Enthält eine Impedanz nur Selbstinduktion,
die andere nur Kapazität, ist also
Z^=o; 0 = 0,
so folgt aus Gl. (V)
(VIc) . . . LaCi,x^ = LaCa\
Diese Gleichung ist bei beliebigen Kurven-
formen ausser für G = ^ (d .h. ausser wenn nur
Selbstinduktion vorhanden ist), nur dann erfüllt,
wenn entweder La =^ o ist, d. h. wenn nur
Kapazität vorhanden ist, oder wenn Ct = o,
d. h. wenn der Stromkreis unterbrochen ist.
Das fuhrt zu dem Satze: Das Gesetz der
Vektoraddition gilt bei hintereinander-
geschalteten Impedanzen nicht, wenn
die Impedanzen ausser Widerstand teil-
weise Selbstinduktion und teilweise Ka-
pazität besitzen.
Fügen wir als letzten den im Hinblick auf
Gleichung (V) und (9) selbstverständlichen Satz
hinzu, nämlich: Das Gesetz der Vektor-
addition gilt bei hintereinandergeschal-
teten induktions- und kapazitätsfreien
Widerständen für beliebige Kurvenfor-
men allgemein, so sind alle Bedingungen
für die Gültigkeit der Vektoraddition für hinter-
einandergeschaltete Impedanzen mit konstanten
L und Cf also in eisenfreien Stromkreisen, bei
beliebigen Kurvenformen festgelegt.
III.
Die Addition der Vektoren bei be-
liebiger Kurvenform für mehrere Impe-
danzen in Parallelschaltung.
Für die Parallelschaltung gilt das Schema
der Fig. 3. Die Überlegungen sind zunächst
ganz analog den oben angestellten: Aus der
Thatsache, dass
e, = e, + e, (9)
und der Definition des Leistungsfaktors folgt
unbedingt, dass
Jo • cos ^Q = Ja cos ifa + ]ö cos <f}b • • (lOa)
Zu untersuchen bleibt nur, ob die Sinusprojek-
wmsAsmm^
cA
J
fwmmmm^
j.
^6. ^
c\
I V
E
tion des Gesamtstromes gleich der Summe der
Sinusprojektionen der Einzelströme ist, also ob
(VII) . Jo sin 9)0 = Ja ^^'^ ^« + J^ sin q>6
Eine der früheren analoge Umformung liefert
hieraus die Bedingpjngsgleichung
.^... E-^ Jo^ = E^ J.2 +E^ j,r+ (f^ i^ e^2 ^ ^,t
l^Aiij ^ 2 V"(E^J.^-Lv.'0 '(E2V_^,2).
Von hier ab muss die Entwicklung etwas
anders als oben werden. Für die Effektiv-
werte der Ströme ergeben sich folgende Gleich-
ungen
]a'= \ 2:- Ja.'^COS'^ifa.+ l 2^ Ja.^ sifl'^ <pa. (13 a)
j,i = I j:. ys;^cosi<p,, ^ j 2:- ys.'^sm"' ^^^ (13b)
Jo 2 = i 2*" (^a^ cos ^a^ + Jöw COS <ps,) ^
+ J 2»' {%, sin ffap + y^r sin q)6rY
von denen die ersten beiden ohne weiteres
klar sind, während die dritte leicht gefunden
wird, wenn man die Beziehung für die Momen-
tanwerte
/O = '« + h = -" Jap sin {P(X}t+ <far)
+ 2" Jtp sin {va}t -\- if^r)
trigonometrisch umformt. — Zu diesen Formeln
tritt
(13c)
oder
^ ~\=]i:'Ri} + \^'yi,^fi,.'^y • ^^^
Nun kann aus Gleichung (13 c) der Ausdruck
gewonnen werden:
+ -S- Jav Jb^ KCOS (par COS (fhv + Stn (far Stn (pSr) •
Es ist dazu nur nötig, die Quadrierung der
Binome unter den Summenzeichen auszuführen
und in passender Weise von neuem zusammen-
zufassen. Setzt man in diesem Ausdruck:
Ka fav
COS ffap = - , ; SUl fta^ = _ "^
Physikalische Zeitschrift. 3 Jahrgang. No. 19.
447
und die entsprechenden Werte für cos^>b^ und
sinifb^f und drückt man ausserdem Jap und Jb,
durch die zugehörigen Spannungen und Impe-
danzen aus, so ergiebt sich
Dieser Wert soll später in die Bedingungs-
gleichung (VIII) eingesetzt \\terden.
In der rechten Seite dieser Gleichung (VIII)
wird ©0^— ^a' — e^ 2 = 2 ßa S> durch Ströme
und Widerstände ausgedrückt als
(16)
Der Ausdruck unter der Wurzel in (VIII) wird
durch die Beziehung Gleichung (14) umgeformt
und erscheint dann als
2Y-
J-^v J av
2'
2
(17)
Nunmehr setzen wir die in den Gleichungen
(15), (16) und ( 1 7) gewonnenen Ausdrücke in
Gleichung (VIII) ein und erhalten als Bedin-
gungsgleichung
2-
E^
{Ka^ +fa,^)
2'
Ey"^
2-
2'
(/e/2 ,-_/i,2)
E,'fo^_
Wir haben nun zu fragen, wann diese
Gleichung befriedigt ist und können dabei
folgendermassen verfahren:
I. Wir nehmen an, dass die Spannungs-
kurve, also alle Ey, gegeben seien, dann wird
die Gleichung durch ein System von Werten
Ra, Rb^fa^.fbp befriedigt, von denen ein Teil
reell, ein Teil imaginär ist. Das würde
heissen: wirkliche, praktisch mögliche Werte
von Rat Rbtfauffbv giebt es nicht. Es kann
aber für eine gewisse Kurvenform der Span
nung vorkommen, dass auch die imaginären
Werte reell werden; dann haben wir einen be-
sonderen Fall, in dem die Gleichung (IX) durch
praktisch mögliche Werte der Widerstände,
Kapazitäten und Induktanzen erfüllt, also die
graphische Addition richtig ist. Einer dieser
Fälle ist der, dass v = i ist, d. h. dass die Span-
nungskurve sinusförmig ist, und es lässt sich
leicht erkennen, dass die Gleichung dann durch
alle beliebigen Werte von Ra, Rb,fa und fb be-
friedigt wird. — Ob und wann ausserdem ein
solcher Fall eintritt, ist nicht leicht zu über-
sehen; es hat aber auch kein allgemeineres Inter-
esse, diese Frage näher zu untersuchen; denn
die Gültigkeit der Vektoraddition würde damit
eben nur für eine bestimmte Kurvenform der
Spannung bewiesen sein. Uns interessiert viel-
mehr die Frage, wann die Vektoraddition all-
gemein, für beliebige Spannungskurven, gilt.
Die Antwort hierauf finden wir folgender-
massen :
2. Lösungen der Gleichung (IX), die für alle
Werte von E^ gelten sollen, müssen bewirken,
dass auf der linken und rechten Seite der Glei-
chung identische Funktionen von Ev'^ stehen.
Das setzt aber voraus, dass die Wurzel auf der
rechten Seite verschwindet oder dass sie sich
wirklich ausziehen lässt, denn eine rationale
Funktion gewisser Grössen kann nicht gleich einer
irrationalen Funktion derselben Grössen sein.
Wenden wir uns zuerst zu der zweiten Mög-
lichkeit, so haben wir zu untersuchen, wann der
Wurzelausdruck in Gleichung (IX), der die Form
besitzt, reell wird.
Die Wurzel aus einem Produkte rationaler
Funktionen lässt sich nur ziehen, wenn je zwei
Faktoren identisch oder nur durch einen Pro-
portionalitätsfaktor verschieden sind. Es muss
also eins der Gleichungspaare
S^=c*Xi und ^3 = ^'.^^,
oder
2;, =-c2:^ und 2^ =r 2:4
-5:, =r^4 und 2:^=cXi
befriedigt sein. Dazu gehört, dass je zwei
Summanden der Summen dieselbe Bedingung
erfüllen. Es lässt sich nun leicht nachweisen,
dass die beiden letzten Gleichungspaare unmög-
lich bestehen können; es ist nämlich nicht mög-
lich, dass
I ^ ^ /. 2
oder
av
und
Ra'^+fa.' RJ+fa.''
Rb' + fs.'' Rs'^+fb.''
ebensowenig ist es möglich, dass
und
U-
2
dass
Rs'+fb.' Ra'+/a.^
Es bleibt also nun die Möglichkeit übrig,
I _ c
Ra'^Vfa.~ Rb'\fb^
1
448
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
und
__fa^ ,_ A2_
Und diese Gleichungen sind nur erfüllt,
wenn
fa^ :ß^ = jRa:R6'= const.,
d. h. wenn
I \ / r I
f Lara} —
(Xa) \ Ca PCD/ \ Cd VCD
Ra:R^ = const.
oder, was dasselbe ist, wenn
(Xb) (pa^s=(pf,^
Setzt man diese Bedingung in Gleichung (IX)
ein, so wird diese Gleichung thatsächlich flir alle
Werte der £p befriedigt.
Die naheliegende Annahme, dass die Be-
dingung (Pap = (psw identisch ist mit der Bedingung,
dass die gemessenen Leistungsfaktoren der
Zweige a und ^, also auch die Winkel der re-
sultierenden Phasenverschiebung <pa und (ps ein-
ander gleich sind, bestätigt sich. Denn setzt
man die beiden Leistungsfaktoren nach Gleichung
(5) zu einander ins Verhältnis, so erhält man
^_ijV^ Ra
cnsqr
COS(pb
+/«
2
E.^
= 1.
E'\K6
und hieraus, wenn man mit
Ra^YRd"^
multipliziert,
COSfpa JSEp'^COS'^q>ap l/i^Ep
cos (p6 2Ep^C0S'^(p6p f ^Ep
Wir erhalten also den Satz: Das Gesetz
der Vektoraddition gilt bei parallel ge-
schalteten Impedanzen für beliebige Kur-
venformen dann allgemein, wenn die
Leistungsfaktoren der Impedanzen ein-
ander gleich sind.
Enthalten die einzelnen Impedanzen ausser
Widerstand nur Selbstinduktion, ist also Ca= Cd
= oc, so wird aus Gleichung (Xa)
(Xc) .... La, Lb = Ra: Rb,
Ist ausser Widerstand nur Kapazität vor-
handen, so ergiebt sich
(Xd) .... Ca.Cb=Rb',Ra,
und der allgemeine Satz nimmt für diese Sonder-
fälle die Form an: Das Gesetz der Vektor-
addition gilt für beliebige Kurvenformen
bei parallel geschalteten Impedanzen, die
nur Widerstand und Selbstinduktion oder
nur Widerstand und Kapazität enthalten,
dann, wenn sich die Induktanzen zu
einander wie die Widerstände, oder wenn
sich die Kapazitäten umgekehrt wie die
Widerstände verhalten.
Schliesslich haben wir noch die Frage zu
beantworten, wann die Wurzel in Gleichung (IX)
verschwindet. Das tritt ein, wenn entweder
alleytfr = o oder alleyir = o sind, denn diese
Grössen erscheinen als Faktoren aller Glieder
der einen der vier Summen unter der Wurzel.
Die Bedingung lautet also: Es muss sein ent-
weder
oder
V(0 —
l^bVG} —
CaVCO
CbVm
= 0,
= 0.
(XI a)
Eine Bedingung dieser Form kann aber unmög-
lich für alle v gleichzeitig erfüllt sein, ausser wenn
La^=o und d = ^]
oder [ . . (Xlb)
Lb = o und 6^^="^)
Es darf also nur eine Impedanz mit Selbst
induktion und Kapazität oder mit einem von
beiden behaftet sein. Ist das der Fall, so wird
Gleichung (IX) thatsächlich für alle Werte von
Ep befriedigt. —
Damit sind alle Möglichkeiten erschöpft. In
dem ersten, durch die Bedingungsgleichungen
(Xa) bis (Xd) ausgedrückten Falle mussten die
Vektoren der effektiven Ströme gegen den ge-
meinsamen Vektor der effektiven Spannung die-
selbe, durften also untereinander überhaupt keine
(resultierende) Phasenverschiebung haben. Das
bedeutet aber nichts anderes, als dass die
graphische Addition nur richtig ist, wenn sie
zur algebraischen geworden ist; d. h. die gra-
phische Addition ist eben nicht richtig.
In Verbindung mit dem zuletzt behandelten
Falle kann man das Ergebnis in dem Satze formu-
lieren: Die graphische Behandlung der
Probleme in Wechselstromkreisen mit
parallel geschalteten Impedanzen ist bei
beliebigen Kurvenformen nur zulässig,
wenn sämtliche Ströme die nicht in Phase
mit der Spannung sind, unter sich keine
Phasenverschiebung haben.
IV.
Die Dreiecke der Wechselstromgrössen
für Eisen enthaltende Impedanzen.
Liegt ein Eisen enthaltender Stromkreis vor,
so ist infolge der veränderlichen Permeabilität
der Selbstinduktionskoeffizient keine Konstante
mehr. Es g^lt dann als Spannungsgleichung die
Gleichung
e^,R + '^ (.8)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
449
Das letzte Glied stellt die Spannung dar, die
den Strom i bei unendlich guter Leitfähigkeit
des Leitungsmetalles durch den Stromkreis
treiben würde. Wir bezeichnen sie mit
</=
dU
dt
(19)
Quadriert man die beidenSeiten derGleichung
( 1 8) und bildet in bekannter Weise die effektiven
Mittelwerte, so erhält man
£2 =yRi + E/2 i 2/e . e, . . (20)
wobei die grossen Buchstaben die effektiven
Mittelwerte und (£ den in Eisen verzehrten mitt-
leren Effekt bedeuten. Diese Gleichung lässt sich
geometrisch darstellen durch Fig. 4, wenn
@=E/J-r^^a . ' . . . . (21)
gesetzt wird. Es ist nachzuweisen, dass dieser
Ausdruck immer richtig ist. Der Nachweis ist
Fig. 4
leicht, denn es ist offenbar, dass der in die wider-
standslos gedachte Wicklung eingeleitete schein-
bare Effekt E/J wegen der im Eisen enthaltenen
Selbstinduktion grösser oder mindestens gleich
dem wahren in Eisen verzehrten Effekte sein
muss und dass der Effekt im anderen Grenzfall
schliesslich gleich Null werden kann; dann ist
nämlich der Fall der eisenfreien Stromkreise er-
reicht. Der ^ a liegt also immer zwischen o und
jr/2 , das Dreieck ßCD ist immer konstruierbar,
und G/J stellt die Nutzspannung für den vom
Ohmschen Widerstände frei gedachten Strom-
kreis dar, die dem Effektverbrauche im Eisen
entspricht. Und diese Nutzspannung muss sich
natürlich zu der Nutzspannung des Ohmschen
Widerstandes algebraisch addieren, was auch
durch die geometrische Darstellung ausgedrückt
ist. Es ist also bewiesen, dass sich die
Wechselstromgrössen durch Dreiecke
darstellen lassen; die Figur gilt natürlich
auch für die Effekte und die Widerstände.
Ohne den Nachweis der Gültigkeit der in
Gleichung (21) dargestellten Beziehung ist der
Beweis, der von Roessler stammt '), wohl nicht
überzeugend.
Nach dem oben eingeschlagenen Gange
müssten nunmehr Untersuchungen darüber
folgen, unter welchen Bedingungen die graphische
Addition bei Eisen enthaltenden in Reihe oder
nebeneinander geschalteten Impedanzen zulässig
sei. Die Antwort wird sich aber auf einem
Wege, wie wir ihn oben eingeschlagen haben,
nicht finden lassen, denn den dortigen Unter-
suchungen liegt die Annahme konstanter Induk-
tanzen zu Grunde. Eine allgemeine Lösung der
Frage in einer Weise, die den praktischen Be-
dürfnissen vollkommen gerecht wird, dürfte
überhaupt wohl nicht leicht zu liefern sein. —
Dass die Verhältnisse bei Eisen enthaltenden
Impedanzen nicht günstiger Hegen werden als
in den oben behandelten Fällen, liegt auf der
Hand, und wir haben allen Grund, an der
Zuverlässigkeit vieler durch graphische
Behau dlung gewönne nen Ergebnisse prak-
tischer Wechselst romproblem ezuz weifein.
Dass die häufige Unzulässigkeit der gra-
phischen Behandlung der Wechselstromprobleme
nicht schon längst durch das Experiment be-
wiesen ist, ist zum Teil wenigstens auf die Unzu-
verlässigkeit unserer technischen Wechselstrom-
Messinstrumente zurückzuführen. Es wäre von
grossem Interesse, die Ergebnisse der vor-
stehenden theoretischen Untersuchungen auch
experimentell weiter zu verfolgen.
I ) Eicktrot. Zeitschrift 1895, S. 681.
(Eingegangen 16. Mai 1902.)
VORTRAGE UND REDEN.
Ober die Frage des durch die elektrische
Konvektion erzeugten Magnetfeldes und über
andere ähnliche Fragen.
(Schluss.)
Von A. Righi.
5. Kritische Betrachtungen.
Beginnen wir damit zu prüfen, auf welche
Grundlage sich der negative Schluss von Cre-
mieu stützt. Um zu diesem Schlüsse zu ge-
langen, stützte sich der Genannte auf die An-
nahme, dass eine leitende Platte von grosser
Ausdehnung zwischen der rotierenden Scheibe
und dem Magnetometer die magnetische Wirkung
der ersteren auf das letztere weder unterdrücken,
noch auch vermindern könne. Das ist aber
keineswegs bewiesen, da, auch wenn man die
magnetischen Wirkungen eines kontinuierlichen
Stromes und einer Konvektion, die in der
gleichen Zeit die gleiche Elektrizitätsmenge wie
jener in Bewegung setzt, als identisch annimmt.
4SO
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
hieraus keineswegs folgt, dass diese Identität
notwendigerweise auch bei Gegenwart eines un-
beweglichen Leiters noch bestehen müsse. Viel-
mehr scheint das Entgegengesetzte zuzutreffen.
In der That würde sich auf dem Leiter, wenn
er sich einem unbeweglichen elektrischen Körper
gegenüber befände, durch Influenz eine Ladung
von entgegengesetzten Vorzeichen bilden. Wenn
nun der elektrisierte Körper sich bewegt, so
muss die Influenzladung sich jedenfalls auf dem
Leiter verschieben; sie mag in einem gegebenen
Augenblick nicht mit derjenigen identisch sein,
die auf dem Leiter vorhanden sein würde, wenn
der elektrisierte Körper an der in dem betreffen-
den Augenblick von ihm eingenommenen Stelle
unbeweglich wäre, aber sie muss jedenfalls
existieren; und infolge ihrer Bewegung, welche
diejenige des elektrisierten Körpers begleitet,
wird sie eine magnetische Wirkung hervor-
bringen, die sich mit der, nach unserer An-
nahme, von dem elektrisierten Körper ausgehen-
den verbindet.
Die Gegenwart jenes Leiters verändert so-
mit das durch die elektrische Konvektion er-
zeugte Magnetfeld, während eine ähnliche
Änderung nicht eintritt, wenn der Leiter sich
in der Nähe eines wirklichen elektrischen Stromes
befindet. ')
Viel weiter ist Potier') gegangen, der be-
hauptete, eine metallische Hülle, welche den
Raum, in dem die elektrische Konvektion statt-
findet, von demjenigen trennt, in dem sich das
Magnetometer befindet, müsse jegliche Wirkung
auf dieses Instrument unterdrücken. Sein Ge-
dankengang ist der folgende: „Die magnetische
Kraft, welche auftritt, wenn ein elektrisierter
Körper, sich bewegt, ist keine Fernwirkung,
sondern kommt dadurch zu stände, dass die
durch die Bewegung des elektrisierten Körpers
bewirkte Störung in der Verteilung der elek-
trischen Kraft sich durch den Raum ausbreitet.
i) Wäre diese Behauptung auch fdr den Fall als richtig
zu erweisen, dass man es, anstatt mit einem einzigen elektri-
sierten Teilchen, mit einer grossen Zahl Yon solchen zu thun
hat, die einander in sehr geringen Abständen auf der gleichen
Bahn folgen, aber keine zusammenhängende elektrisierte Linie
bilden, so Hesse sich daraus ein Einwand gegen die gegen-
wärtig von Yerschiedenen Seiten aufgestellte Hypothese ableiten,
dass ein elektrischer Strom in einem Leiter nichts anderes sei,
als ein Transport elektrisierter Teilchen oder Elektronen. In
der That müsste die Annäherung eines Leiters an den Strom
das von diesem erzeugte Magnetfeld beeinflussen, während
dies, wie die Erfahrung lehrt, nicht der Fall ist.
Dieser Einwand wird indessen jede Bedeutung verlieren,
falls es sich etwa beweisen lässt, dass die durch den Leiter
bewirkte Veränderung des Magnetfeldes um so germger aus-
fällt, je grösser die Geschwindigkeit der elektrisierten Teilchen
ist, und dass der Betrag dieser Veränderung sich der Null
nähert, wenn diese Geschwindigkeit sehr gross, etwa gleich
der Ausbreitungsgeschwißdigkeit der elektromagnetischen Stör-
ungen wird, oder aber, dass der Betrag der Veränderung mit
Abnahme der Entfernung zwischen den aufeinanderfolgenden
Elektronen zu verschwinden strebt.
2) L'^clairage l^lectrique, i. Dez. 1900, S. 352.
Wird also — etwa indem man diesen Körper
in einen hohlen Leiter oder zwischen die Ar-
maturen eines Kondensators einschliesst — der
Raum, innerhalb dessen sich die elektrische
Störung ausbreiten kann, beschränkt, so be-
schränkt man damit gleichzeitig den Raum,
innerhalb dessen das Magnetfeld auftreten kann."
Wie mir scheint, schliesst dieser Gedanken-
gang eine unrichtige oder wenigstens unbe-
wiesene Behauptung in sich. Allerdings loka-
lisiert ein hohler Leiter, der einen elektrisierten
Körper umgiebt, das von diesem erzeugte elektro-
statische Feld, falls der Körper sich nicht be-
wegt, denn das Feld ist ja ausserhalb des
hohlen Leiters gleich Null; aber dasselbe lässt
sich nicht behaupten, wenn sich der elektri-
sierte Körper in Bewegung befindet. In Wirk-
lichkeit erzeugt der elektrisierte Körper ver-
möge seiner Bewegung ein Magnetfeld, und
was sich ringsum mit Lichtgeschwindigkeit aus-
breitet, ist nicht, wie Potier annimmt, ledig-
lich eine elektrische, sondern eine elektromag-
netische Störung; niemand aber hat je bewiesen,
dass die von der Bewegung eines elektrisierten
Körpers erzeugte elektromagnetische Störung
nicht im stände sei, jenseits eines Schirmes von
endlicher Leitfähigkeit ein Magnetfeld hervor-
zubringen.
Mein Einwand lässt sich auch in einer ge-
drängteren, aber übrigens gleichbedeutenden
Form ausdrücken. Ein elektrisierter und in Be-
wegung befindlicher Körper bewirkt nicht ledig-
lich, wie Potier behauptet, eine Störung der
elektrischen Kraft, sondern eine elektromagne-
tische Störung, insofern ein veränderliches elek-
trisches Feld von einem magnetischen Felde
begleitet ist. Nun ist es nicht bewiesen, und
wahrscheinlich trifft es auch garnicht zu, dass
ein Metallschirm von endlicher Leitfähigkeit die
Ausbreitung einer derartigen Störung aufhalten
müsse.
Freilich vermögen wir nicht recht zu ver-
stehen, welche Wirkung in den beschriebenen
Versuchen der Leiter ausübt, der die Magnet-
nadel gegen die elektrostatischen Wirkungen
schützt Dieser Mangel ist es vielleicht, der
uns die Ursache des Gegensatzes zwischen den
Resultaten von Cremieu und denjenigen der
anderen Experimentatoren nicht klar erkennen
lässt. Hier nun könnten die Vertreter der theo-
retischen Physik Abhilfe schaffen durch eine
mathematische Darstellung des elektromagne-
tischen Feldes, das jenseits einer unbegrenzten
leitenden Ebene durch eine mit konstanter Ge-
schwindigkeit in gerader Linie sich bewegende
Ladung ei^zeugt wird.')
1) Herr Prof. Levi-Civita von Padua benachrichtigt
I mich soeben (20. Oktober 190 1), dass es ihm gelungen ist,
, das von mir bezeichnete Problem zu lösen.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
4SI
Es darf ferner nicht übersehen werden, dass,
falls wir uns dem Gedankengange Potiers an-
schliessen, die Versuche Rowlands und der
anderen, welche die magnetische Wirkung der
elektrischen Konvektion beobachtet zu haben
glaubten, völlig unerklärlich werden. In der
That war bei all diesen Experimenten die Mag-
netnadel vollständig von metallischen Leitern
umgeben, welche sie von dem Räume trennten,
in dem die elektrische Konvektion stattfand.
Wilson ')i niit dem ich mich weiterhin noch
zu beschäftigen haben werde, hat die Ver-
schiedenheit der Resultate von Cr^mieu und
Rowland zu erklären gesucht, indem er an-
nahm, bei den Versuchen des ersteren seien
die Sektoren mangelhaft isoliert gewesen und
indem er ferner die durch Influenz in den festen
Leitern erzeugten Ladungen berücksichtigte.
Wenn dem so wäre, so Hesse sich der Sach-
verhalt leicht aufklären.
Nachdem wir nun unsere Bedenken bezüg-
lich der Versuche Cr^mieus dargelegt haben,
müssen wir gerechterweise anerkennen, dass
auch die Versuche Rowlands und der anderen
von einigen Einwänden nicht frei sind.
Vor allem kann man diesen Versuchen die-
jenigen Lechers entgegenstellen, die unter
anscheinend ganz ähnlichen Bedingungen vor-
genommen wurden und kein Anzeichen von
dem Bestehen der gesuchten elektrischen Kraft
ergaben.
Femer ist zu bemerken, dass bei den voll-
ständigsten und genauesten Versuchen, wie es
die von Rowland gemeinsam mit Hutchinson
durchgeführten waren, die beiden Experimen-
tatoren aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ver-
mochten, alle Fehlerquellen zu beseitigen, da bei
Umkehrung des Drehungssinnes der elektrisierten
Scheiben die Ablenkung des Magnetometers
nicht allein, wie es der Fall sein musste, sich
umkehrte, sondern auch, was nicht hätte ein-
treten sollen, ihre Grösse änderte.
Zudem ist, wie Bouty-) in einer Recension
hervorhebt, die vollständige Beseitigung des
Ladungsverlustes der Scheiben beinahe uner-
reichbar. Dieser Verlust, welcher schliesslich
der Hauptsache nach in einem Übergang von
Elektrizität von den rotierenden Scheiben auf
die Metallplatten besteht, welche dieselben von
dem Magnetometer trennen, muss in den Platten
selbst Ströme erzeugen, welche im stände sind,
die Magnetnadel abzulenken. Auf den ersten
Blick kann es scheinen — , und auch Bouty
ist der Ansicht — als ob diese Ströme zugleich
mit dem Vorzeichen der Ladung ihre Richtung
umkehren müssten und von der Richtung der
Rotation unabhängig wären. Bei näherem Nach-
1) Phil. Mag. Juli 1901, S. 144.
2) Journ. de Phys. 1889, S. 530.
denken gelangt man jedoch zu der Erkenntnis,
dass auch die Richtung der Rotation einen
kleinen Einfluss ausüben muss. In der That
besteht ja der Ladungsverlust der rotierenden
Scheibe einerseits in einem beständigen Trans-
port der Ladung der Scheibe von dieser hin-
weg — und dieser Transport muss vorzugs-
weise an gewissen Punkten der Scheibe vor
sich gehen, wo die ihr nahe Metallplatte, jen-
seits deren sich das Magnetometer befindet,
irgend einen Vorsprung, eine Rauhheit oder
eine scharfe Kante darbietet, — sowie gleich-
zeitig in einem Transport der entgegengesetzten
Elelrtrizität von dieser Metallplatte aus, und
zwar namentlich von gewissen Punkten der-
selben, zur beweglichen Scheibe. Aber die
Luftschicht, welche sich zwischen der Scheibe
und der leitenden Platte befindet, muss infolge
der Reibung gleichfalls mehr oder weniger im
Sinne der Drehung der Scheibe in Bewegung
sein und dadurch müssen die Bahnen der Teil-
chen, welche die Elektrizitätsübertragung ver-
mitteln, deformiert werden und die Stellen der
Platte, zu welchen die übertragenen Ladungen
gelangen, müssen sich im Sinne der Rotation
verschieben. Die Verteilung der Ströme inner-
halb der Platte muss sich also mit dem Drehungs-
sinne des elektrisierten Körpers ändern.
Aber auch abgesehen von den Wirkungen
der Elektrizitätszerstreuung giebt es bezüglich
der Interpretation der Versuche von Rowland,
Himstedt etc. noch verschiedene dunkle Punkte;
und ich glaube in der That, dass jedermann
zögern würde, auf Fragen wie die folgende eine
kategorische Antwort zu geben: Ein durch eine
Umdrehungsfläche begrenzter geladener Leiter
werde um seine geometrische Achse in Rotation
versetzt; rotiert dann auch seine Ladung, oder
bleibt dieselbe unbeweglich? Und wenn der
Körper ein Isolator ist, seine Ladung also jeden-
falls bei der Rotation mitgenommen wird, ver-
mag dieselbe dann ein Magnetfeld zu erzeugen,
während das elektrische Feld infolge der Ge-
stalt des rotierenden Körpers unverändert bleibt,
welche Winkelverschiebung der Körper auch
erleiden mag?
Die Antwort auf die erste Frage wird zu-
nächst verschieden ausfallen, je nachdem man
annimmt, dass die Ladung des Leiters in ihm
selbst oder ganz oder teilweise in der ihm an-
haftenden Luftschicht ihren Sitz hat; und der
Misserfolg Lech er s könnte vielleicht von dem
einen oder andern durch die Hypothese erklärt
werden, dass eine nicht in Sektoren geteilte
Scheibe ihre Ladung nicht mit sich fiihre. Auch
die zweite Frage ist heikel; aber es scheint,
dass dieselbe in bejahendem Sinne zu beant-
worten ist. Sie ist analog zu der anderen, so-
viel erörterten Frage, ob die magnetischen
Kraftlinien mitgenommen werden oder nicht,
452
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
wenn ein cylindrischer Magnet mit symmetrisch
um die Achse verteilter Magnetisierung um seine
Achse rotiert.
Endlich lässt sich nach meiner Ansicht
zwar nicht bezweifeln, dass die nichtisolierten
Leiter, welche den Teil des Raumes, in dem
die Konvektion ihren Sitz hat, von demjenigen
trennen, in dem sich das Magnetometer be-
findet, die Äusserung der von jener hervorge-
brachten magnetischen Kraft verhindern, aber
ich halte es ftir nicht minder wahrscheinlich,
dass die Influenzladungen, welche jene Leiter
durchströmen, nicht ohne magnetische Wirkung
sein können. Dann begreift man aber nicht,
wie die Experimentatoren Ablenkungen erhalten
konnten, deren Betrag gleich demjenigen war,
der sich durch Berechnung unter ausschliess-
licher Berücksichtigung der von den Ladungen
der bewegten Leiter ausgeübten Wirkung er-
geben hatte.
Wie man sieht, bieten auch die dem that-
sächlichen Bestehen der vermuteten Erscheinung
günstigen Experimente nicht jene Augenschein-
lichkeit dar, die man in denselben vorzufinden
wünschte. Alles in allem jedoch scheinen sie
die Existenz der ersten von den vier Er-
scheinungen, die ich im Anfang aufgeführt habe,
wirklich zu beweisen.
6. Vergleichende Prüfung der experimen-
tellen Schwierigkeiten, welche voraus-
sichtlich der Konstatierung der vier Er-
scheinungen anhaften.
Falls wirklich die Gegenwart des Leiters,
der das Magnetometer umgiebt, bei den Ver-
suchen zur Konstatierung der ersten von den
im Eingang genannten vier Erscheinungen
Schwierigkeiten mit sich bringt, so lässt sich
leicht einsehen, dass dann die Konstatierung
der dritten Erscheinung, welche das Umge-
kehrte der ersten darstellt, weniger schwierig
ausfallen muss. Um das Vorhandensein dieser
dritten Erscheinung zu konstatieren, muss man
etwa ein Rad, auf dessen Umfang eine Anzahl
gleichnamiger Magnetpole angeordnet ist, in
rasche Umdrehung versetzen und beobachten,
ob ein sehr leicht beweglicher elektrisierter
Körper (z. B. ein Streifen Blattgold) eine Ver-
schiebung erleidet oder ob eine in geeigneter
Weise orientierte drehbare Nadel, die an ihren
Enden gleiche und entgegengesetzte Ladungen
trägt, eine Ablenkung erfährt. Nur müsste man,
wenn es sich um den Nachweis der ersten
Erscheinung handelte, vermeiden, dass die Mag-
netnadel durch eine elektrische Wirkung abge-
lenkt werde; dagegen besteht für den gegen-
wärtigen Fall keine derartige Gefahr, wenn nur
die Nadel aus einer nicht merklich magnetischen
Substanz gefertigt ist. Ist diese Substanz zu-
gleich auch kein Leiter der Elektrizität, so hat
man nicht einmal die Fo u c au It sehen Ströme
zu befürchten. Die elektrisierte Nadel, welche
hier an Stelle der Magnetnadel tritt, braucht
also in keine Hülle eingeschlossen zu sein und
es ist deshalb anzunehmen, dass der experimen-
telle Nachweis der dritten Erscheinung sich
leichter gestalten wird als derjenige der ersten.
Den zur Anstellung des Versuches erforder-
lichen Apparat habe ich bereits projektiert.
Bei der zweiten und vierten Erscheinung,
die zu einander reciprok sind, bestehen die
experimentellen Schwierigkeiten des Nachweises
gleichfalls in verschiedenem Grade, Hier aber
ist diejenige, welche voraussichtlich geringere
Schwierigkeiten darbieten sollte, die zweite
(Erzeugung einer elektrischen Kraft durch ein
veränderliches Magnetfeld), also mit anderen
Worten gerade diejenige, deren Nachweis Lodge
zweifelhaft gefunden und Cremieu für ge-
scheitert erklärt hatte. Bezüglich der vierten
Erscheinung (Erzeugung einer magnetischen
Kraft durch ein veränderliches elektrisches Feld)
besteht obendrein noch, ebenso wie bei der
ersten, die Notwendigkeit, durch eine leitende
Umhüllung die elektrische Einwirkung auf das
Magnetometer zu verhindern.
Ich will nunmehr die erste Erscheinung, mit
der ich mich genügend beschäftigt habe, ebenso
! wie die dritte, deren Nachweis noch nicht ver-
I sucht worden ist, und die vierte, deren experi-
I menteller Nachweis keine Hoffnung auf einen
1 leichten Erfolg darbietet, beiseite lassen, und
wende mich ausschliesslich zur zweiten Er-
scheinung, das heisst, zu der Erzeugung eines
I elektrischen Feldes durch ein veränderliches
! Magnetfeld.
I 7. Über die Versuche zum Nachweis der
zweiten Erscheinung.
' Anscheinend war Lodge*) der erste, der
experimentell den Nachweis zu liefern versuchte,
dass auf einen elektrisierten Körper, wenn er
sich in einem Magnetfeld befindet und dieses
eine Veränderung erleidet, eine elektrische Kraft
einwirkt, die ihn zu bewegen strebt. Nach
einer langen Reihe fruchtloser Versuche erhielt
' er, wie es scheint, ein Anzeichen des gesuchten
Phänomens. Er hatte zuletzt einen geschlossenen
Ring aus Eisendraht benutzt, der mit einem
, kupfernen Leitungsdraht nach Art des Ankers
einer Dynamomaschine umwickelt war und in
dessen Mitte ein elektrisierter Körper sehr leicht
beweglich aufgehängt war.
Während bei geschlossenem konstanten
i Strom in der Umgebung des Ringes kein Mag-
netfeld existiert, kommt bekanntlich während
der veränderlichen Periode des Stromes vor-
i) Phil. Mag. Juni 1889, S. 469,
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
453
übergehend ein Magnetfeld zu stände. Mit
einem elektrisierten Stückchen Blattgold bekam
Lodge, nachdem er auf geschickte Weise viele
bedeutende Schwierigkeiten aus dem Wege ge-
räumt und die Fehlerquellen herabgemindert
hatte, kleine Ablenkungen in dem erwarteten
Sinne. Er stellte dieses Resultat nicht als end-
gültig') hin; es ist uns indessen nicht bekannt,
dass er diese interessanten Versuche später
wieder aufgenommen hätte.
Dagegen erhielt Cr^mieu mit einer Ver-
suchsanordnung, die von der von Lodge be-
nutzten verschieden war, ein negatives Ergebnis;
dieses Ergebnis war es, welches ihn zur Wieder-
aufnahme der Rowland sehen Versuche zum
Nachweis der ersten Erscheinung veranlasste.
Cremieus Apparat") lässt sich mit dem
bekannten elektromagnetischen Rotationsapparat
vergleichen, der aus einem senkrechten Mag-
neten und einem um dessen Achse beweglichen
rechteckigen Stromleiter besteht; der Strom be-
tritt den Leiter durch eine in der Mitte der
oberen horizontalen Seite des Rechtecks ange-
brachte Spitze, die zugleich als Aufhängungs-
vorrichtung dient, und verlässt ihn durch eine
kreisförmige Quecksilberrinne, welche den Äqua-
torialschnitt des Magneten umgiebt. In Cre-
mieus Apparat ist der Magnet durch einen
Elektromagneten ersetzt, und die Quecksilber-
rinne durch eine durchlöcherte Aluminium-
scheibe, die, um die Entstehung der Fou-
caultschen Ströme zu verhindern, längs eines
Durchmessers entzweigeschnitten ist. Ist die
Scheibe mit Elektrizität geladen und wird ver-
mittelst eines besonderen Kommutators die
Stromrichtung in der Spule des Elektromagneten
umgekehrt, so muss durch die vermuteten elek-
trischen Kräfte die Scheibe einen Impuls er-
leiden, welcher sie in Rotation versetzt.
Bei den Versuchen Cremieus bewirkte der
Kommutator in kurzen Zwischenräumen die
Stromumkehrungen und ausserdem wurde
zwischen einer Umkehrung und der anderen
die Ladung der Scheibe gewechselt. Auf .diese
Weise mussten die Wirkungen der aufeinander-
folgenden Stromumkehrungen sich miteinander
verbinden und der Scheibe eine dauernde; Ab-
lenkung erteilen. Nach der auf Grund der
Versuchsdaten vorgenommenen Berechnung
hätte diese Ablenkung gut sichtbar sein müssen.
Statt dessen aber beobachtete Crömieu nicht
die geringste Ablenkung der Scheibe.
Unlängst hat aber Wilson^) an diesem Ver-
suche eine scharfe Kritik geübt; nach ihm ist
gerade die Thatsache, dass keine Verschiebung
beobachtet wurde, geeignet, den sichersten Be-
1) Loc. CiL S. 479.
2) C. R. 131, 578.
3) Phil. Mag. Juli 190 1, S. 144.
weis dafür zu bilden, dass die gesuchte Er-
scheinung existiert.
In der That hat es Cremieu ausser acht
gelassen, gewisse elektromagnetische Kräfte
in Betracht zu ziehen, welche auftreten, nicht
etwa wenn bei geladener Scheibe der Strom
des Elektromagneten, sondern wenn bei gleich-
bleibender Erregung des letzteren die Ladung
der Scheibe umgekehrt wird. Dieser Wechsel
der Ladung ist notwendigerweise von einem
vorübergehenden elektrischen Strom in den
Drähten des beweglichen Rechtecks, an welchem
die Scheibe befestigt ist, begleitet, und das
Magnetfeld muss demnach, ganz wie bei dem
Rotationsapparat, niit dem der Apparat Cre-
mieus so grosse Ähnlichkeit hat, das Recht-
eck in Drehung zu setzen streben.
Den von diesen elektromagnetischen Kräften
hervorgebrachten Effekt hat Wilson berechnet,
und er hat gefunden, dass derselbe genau die
Wirkung der gesuchten Erscheinung aufzuheben
im Stande ist. Und da bezüglich des Vor-
handenseins jener elektromagnetischen Kräfte
kein Zweifel bestehen kann, so bildet das ne-
gative Ergebnis Cremieus den besten in-
direkten Beweis für die Existenz einer durch
die Änderungen des Magnetfeldes erzeugten
elektrischen Kraft.
Cremieu hat auf Wilsons Kritik in einer
kurzen Mitteilung*) erwidert, in welcher er sagt,
er habe zu seinen Versuchen ein geschlossenes
elektromagnetisches Solenoid benutzt, dessen
Magnetfeld gleich Null ist; wenn man aber die
von Cremieu^) publizierte Abbildung seines
Apparates und die beigegebene Beschreibung
betrachtet, so versteht man nicht recht, worauf
sich diese Behauptung gründet; die Gültigkeit
der Wilson sehen Schlussfolgerung scheint
also nicht im mindesten beeinträchtigt-').
Gleichwohl wäre es wünschenswert, dass sich
vermittelst der durch die Änderungen eines
Magnetfeldes erzeugten elektrischen Kraft eine
sichtbare Bewegung erhalten Hesse. Der Nach-
weis der zweiten Erscheinung würde auf solche
Weise viel offenkundiger werden, ganz ebenso
wie die Demonstration des Gewichtes der Luft
durch den Ausschlag einer Wage beim Ein-
lassen von Luft in einen auf derselben ins
Gleichgewicht gebrachten luftleer gepumpten
Ballon viel wirksamer ist, als der Beweis der-
selben Thatsache mit Hilfe der Gleichheit des
Gewichts einer mit Luft gefüllten Blase und
derselben Blase im leeren Zustande.
i) Phil. Mag. Aug. 1901, S. 236.
, 2) C. R. 131, S. 578.
i 3) Nachdem obiges bereits geschrieben war, konnte sich
I der Ver£ davon überzeugen, dass der Cremieu sehe Apparat
I wirklich einen geschlossenen Magnetkreis hatte. Durch die
' Einwände Cremieus sind demnach die Schlüsse Wilsons
! thatsächlich entkräftet. (A. R.)
454
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
In den letzten Monaten habe ich meiner-
seits versucht, den direkten experimentellen
Nachweis der zweiten Erscheinung zu verwirk-
lichen; ich musste jedoch meine Versuche ab-
brechen, ohne sichere Resultate erhalten zu
haben. Gleichwohl will ich in Kürze mitteilen,
wie ich meinen Apparat vorbereitet hatte und
auf welche Weise es mir gelungen war, die
grössten von den überaus zahlreichen Schwierig-
keiten, welchen man bei solchen delikaten Ver-
suchen begegnet, zu überwinden.
Zur Erzeugung des Magnetfeldes benutzte
ich einen gewöhnlichen Ruhm kor ffschen Elek-
tromagneten, der mit vertikaler magnetischer
Achse auf einer mit Niveauschrauben versehenen
Grundplatte montiert wurde. Die Erregung des
Magneten geschah durch einen Strom von
4 — 10 Ampere, der mittels eines Handunter-
brechers geschlossen, unterbrochen und inver-
tiert werden konnte. Die untere Spule trug
einen konischen Polaufsatz, die obere war ohne
einen solchen. Innerhalb der weiten Höhlung
dieser letzteren steckte konzentrisch und isoliert
ein Messingrohr, dessen Durchmesser etwas ge-
ringer als derjenige der Öffnung und dessen
Länge eine derartige war, dass es oben und
unten etwas aus der Spule herausragte. In der
oberen Öffnung der Röhre war ein versilberter
Quarzfaden befestigt, der unten aus der Röhre
heraustrat und hier die mit einem Spiegel ver-
bundene bewegliche Nadel trug, welche eine
elektrische Ladung erhielt und die wir für den
Augenblick als der Nadel eines Quadranten-
elektrometers ähnlich voraussetzen dürfen. Die
Einfügung der Messingröhre in die Konstruktion
des Apparats war von grossem Vorteil, da es
ohne dieselbe oft vorgekommen war, dass der
Quarzfaden von der Wand der Öffnung ange-
zogen wurde und zu oscillieren begann.
Ein anderer und sehr wichtiger Teil des
Apparats war ein cylindrisches Zinkgehäuse,
welches die Nadel umgab und zum Erdboden
abgeleitet war. Durch eine geeignete Öffnung
in der oberen Platte des Gehäuses ragte das
Messingrohr etwas in jenes hinein; die Boden-
platte ruhte auf dem konischen Polaufsatz und
ein wenig über diesem befand sich die Nadel.
In der cylindrischen Wandung des Zinkge-
häuses waren drei Öffnungen angebracht, die
durch Glasplatten und am Rande derselben auf
das Zink festgelötete Drahtnetze verschlossen
waren. Durch die eine konnte die Nadel, wenn
im Verlauf der Versuche ihre Lage konstatiert
werden musste, stark beleuchtet werden, durch
die beiden anderen betrachtete man die Nadel
und durch eine dieser beiden wurden auch
mittels Fernrohr und Skale die Ablenkungen
abgelesen.
Die Ausführung des Versuches geschah in
der Weise, dass man beobachtete, ob die ver-
mittelst einer Zamboni sehen Säule geladene
Nadel bei plötzlicher Umkehrung des Stromes
in dem Elektromagneten eine Ablenkung er-
fuhr. Kleine Ablenkungen bekam ich beinahe
immer, aber dieselben waren nicht konstant
und nicht gross genug, um als Beweis für die
gesuchte Erscheinung gelten zu dürfen; ich
denke deshalb zu geeigneter Zeit die Unter-
suchung wieder aufzunehmen. Gleichwohl
halte ich es für nützlich, schon jetzt die Fehler-
quellen anzudeuten, denen ich begegnet bin,
sowie die Mittel, mit denen ich dieselben zu
beseitigen suchte.
Ein Umstand ist vor allem zu berücksich-
igen: So sorgfältig man auch den Apparat
montieren mag, ist es doch nahezu unmöglich,
die idealen Bedingungen der Symmetrie, die
für sich allein schon die Versuchsbedingungen
ausserordentlich vereinfachen würden, voll-
ständig zu erfüllen. Es ist darum weder er-
laubt anzunehmen, die Nadel sei mit Bezug
auf den Aufhängefaden vollkommen symmetrisch,
noch darf man voraussetzen, die Richtung
dieses letzteren falle genau mit der magneti-
schen Achse beider Spulen zusammen oder
das Magnetfeld habe eine strenge Umdrehungs-
form. Daraus folgt, dass die Nadel, unabhängig
von ihrer elektrischen Ladung, bei Umkehrung
der Stromrichtung in den Spulen durch ver-
schiedene Ursachen eine Ablenkung erfahren
kann.
In der That muss dieselbe abgelenkt werden :
I. wenn sie selbst schwach paramagnetisch
oder diamagnetisch ist; 2. infolge des Auf-
tretens von Induktionsströmen in ihrer eigenen
Masse oder in dem mit ihr fest verbundenen
Spiegelchen.
Diese Ablenkungen sind durch bestimmte
Eigentümlichkeiten gekennzeichnet. So sind
die von der ersten Ursache herrührenden per-
manent und unabhängig sowohl von der Ladung
der Nadel wie von der Richtung des Stromes
im Moment der Umkehrung desselben. Die
von den Foucaultschen Strömen herrühren-
den Ablenkungen dagegen sind momentan,
wenn auch gleichfalls unabhängig von der
Ladung der Nadel und der Richtung des
Stromes.
Diese Ablenkungen würden sicher nicht
eintreten, wenn der Apparat streng symmetrisch
wäre. Je weniger sich der Apparat von der
vollkommenen Erfüllung der idealen Symmetrie-
Bedingungen entfernt, desto geringer werden
sie ausfallen; ihre vollständige Beseitigung wird
aber unter keinen Umständen gelingen. Aller-
dings ist es wahr, dass man diese Ablenkungen
nicht mit jenen verwechseln kann, deren Fest-
stellung Gegenstand der Untersuchung ist,
denn diese letzteren müssen bei Umkehrung
sowohl des Vorzeichens der Ladung der Nadel
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
455
wie der Stromrichtung ihre Richtung ändern
und völlig verschwinden, wenn die Nadel ohne
Ladung ist. Im allgemeinen sind aber auch
diese Ablenkungen ausserordentlich viel kleiner
als die durch die vorhin erwähnten Ursachen
bewirkten und sie können darum nur dann
kenntlich werden, wenn es gelingt, die von
äusseren Ursachen herrührenden Ablenkungen
möglichst klein zu machen.
Nach einer, ich möchte sagen unzähligen
Menge von Versuchen bin ich dahin gelangt,
die störenden Ablenkungen auf ein Minimum
zu reduzieren, indem ich der Nadel die folgende
Konstruktion gab.
Dieselbe besteht aus einem ausserordent-
lich leichten Röhrchen aus Cigarettenpapier,
das durch halbkugelförmige Endflächen aus dem-
selben Material verschlossen ist. Ein winziger
Bügel aus Briefpapier dient dazu, das Röhr-
chen an dem Quarzfaden zu befestigen, wie
auch den Spiegel zu tragen, von welchem der
Silberbelag entfernt wurde. Ich musste viele,
aus Mikroskop-Deckplättchen genommene
Spiegelchen probieren, ehe ich eines fand, das eben
hinreichend war, um in dem Fernrohr von der
zwei bis drei Meter weit davon abstehenden
Skala ein deutliches Bild zu geben. Die Ab-
lesung bedurfte wegen des Fehlens eines
Silberbelags auf dem Spiegel und wegen des
Drahtnetzes vor der Öffnung des Zinkgehäuses
einer besonders intensiven Beleuchtung der
Skala.
Das Zinkgehäuse hat nicht allein die Auf-
gabe, die Nadel gegen Luftströmungen zu
schützen; dasselbe dient auch dazu, eine Fehler-
quelle zu beseitigen, welche ich noch nicht
erwähnt habe, und welche umsomehr zu
furchten ist, als sie der Nadel Ablenkungen
zu erteilen strebt, welche mit den gesuchten
Ablenkungen verschiedene Eigentümlichkeiten
teilen.
Diese Fehlerquelle bestand in der elektro-
statischen Wirkung des Stromkreises des Elek-
tromagneten auf die Nadel. Dieselbe strebte
Ablenkungen hervorzubringen, welche sowohl
mit dem Vorzeichen der Ladung der Nadel
wie auch mit der Richtung des Stromes ihre
Richtung umkehrten, und welche sich somit
von denjenigen, die infolge der zweiten Er-
scheinung hätten auftreten müssen, nur da-
durch unterschieden, dass sie dauernd anstatt
vorübergehend waren. Das Metallgehäuse be-
seitigte diese Fehlerquelle vollständig.
Endlich gab es noch einen Übelstand, der
aber nicht in einem elektrischen Vorgang be-
gründet war, sondern in den durch zufällige
Temperaturunterschiede zwischen den Wänden
des Zinkgehäuses innerhalb des letzteren her-
vorgerufenen Luftströmungen seine Ursache
hatte. Die unregelmässigen Bewegungen der
Nadel, die dadurch entstanden, wurden uner-
träglich, wenn infolge lang fortgesetzten Strom-
durchganges durch die Spulen des Elektro-
magneten dieser sich etwas zu erhitzen anfing.
Dieser Übelstand kann also sehr schwer
ins Gewicht fallen ; man kann ihm jedoch leicht
abhelfen. Man braucht zu diesem Zwecke nur
ausserhalb des Zinkgehäuses und in unmittel-
barer Berührung mit den Endflächen desselben
Scheiben aus Holz oder Pappdeckel anzubringen
und die Cylinderwandung auf gleiche Weise
oder besser mit einer Schicht von Watte zu
bedecken, wobei nur, wie selbstverständlich,
die mit Glas verschlossenen Öffnungen freige-
lassen werden.
Auf diese Weise gelang es mir, der Nadel
eine bedeutende Stabilität zu verschaffen, ab-
gesehen natürlich von den häufigen Erschütter-
ungen durch die Nachbarschaft und durch
Wagen und die Pferdebahn in den Strassen,
an die mein gegenwärtiges, so unglückselig ge-
legenes Institut stösst. Nur in den Nacht-
stunden, die zumal für denjenigen, der nicht
bei seinem Laboratorium wohnt, die unbequem-
sten sind, konnte ich ein paar zuverlässige
Versuche anstellen; offenbar aber ist es nicht
möglich, unter solchen Bedingungen eine lange
und delikate und an sich schon sehr ermüdende
Arbeit durchzuführen.
Wenn ich aber auch das Ergebnis, welches
ich im Auge hatte, noch nicht mit dem nötigen
Grade von Genauigkeit erreicht habe, so kann
ich doch sagen, dass ich mir von den haupt-
sächlichsten Fehlerquellen genau Rechenschaft
abgelegt und dass ich dieselben hinreichend
eingeschränkt habe, damit ich, falls ich die
notgedrungenerweise unterbrochene Untersuch-
ung wieder aufnehmen kann, nur noch für einen
empfindlicheren Apparat und eine geeignete
Aufstellung desselben zu sorgen haben werde.
Schluss.
Aus den mitgeteilten Darlegungen ist meines
Erachtens zu schliessen, dass die Versuche
Cremieus unser Vertrauen in die so vollstän-
dige und an Anregungen so reiche moderne
Theorie der Elektrizität in keiner Weise zu
erschüttern brauchen. Damit aber ist noch
nicht in Abrede gestellt, dass es notwendig
oder wenigstens wünschenswert sei, dass neue
und genaue Untersuchungen uns die unzweifel-
hafteste Bestätigung von dem Vorhandensein
eines der vier im Eingang bezeichneten Phä-
nomene oder anderer Erscheinungen, aufweiche
die Theorie etwa hinweisen könnte, verschaffen
mögen.
Vielleicht kann die Klarlegung der zwischen
jenen vier Phänomenen bestehenden Beziehungen
ein derartiges Ergebnis fördern oder beschleu-
456
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 19.
nigen, nachdem durch jene Beziehungen dem
Experimentator eine reichere Auswahl an Hilfs-
mitteln dargeboten ist, die er zu seinen Unter-
suchungen heranziehen kann.
(Aus dem Italienischen übersetzt von B. Dessau.)
(Eingegangen 12. März 1902.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechiing vorbehalten.)
Böttger, Wilh., Gmndriss der qualitativen Analyse vom
Standpunkte der Lehre von den Ionen. Mit 10 Figuren,
3 Tabellen und einer Spektraltafel, gr. 8. XII u. 249 S.
1902. Leipzig, Wilhelm Engelmann. Gebunden M. 7 — .
Crew, Henry, and Tatuall, Robert B., A laboratory
manual of physics for use in high schools. With 128 fig.
8. Xni u. 234 S. 1902. New York, Macmillan Com-
pany. Gebunden.
Dziobek, O., Lehrbuch der analytischen Geometrie. Erster
Teil: Analytische Geometrie der Ebene. Mit 85 Figuren
im Text. gr. 8. VIII u. 350 S. 1900. Braunschweig,
A. GrafTs Buchhandlung. M. 6—.
Zweiter Teil: Analytische Geometrie des Raumes. Mit
36 Figuren im Text. gr. 8. VIII u. 314 S. 1902. M. 6— .
Eder, Job. Maria, Ausführliches Handbuch der Photographie.
2. Aufl. Neuntes Heft (Bd. III, Heft i). — Die Grund-
läge der Photographie mit Gelatine-Emulsionen. Von
Josef Maria Eder. Mit 30 Abbildungen. Fünfte ver-
mehrte und verbesserte Auflage, gr. 8. IX u. 343 S. 1902.
Halle a. S., Wilhelm Knapp. M. 7 — .
Bnoyklopadie der Photographie. 8. 1902. Halle a. S.,
Wilhelm Knapp.
Heft 13. von Hübl, Arthur Freiherr, Der Platin-
druck. Mit 7 in den Text gedruckten Abbildungen.
Zweite umgearbeitete Auflage. VIII u. 15a S. M 4 — .
Heft 17. StoUc, F., Die Kunst des Vergrössems auf
Papieren und Platten. Mit 95 in den Text gedruckten
Abbildungen und 1 1 Tabellen. Zweite verbesserte Auflage.
VIII u. 194 S. M. 6— .
Heft 39. Reiss, R. A., Die Entwicklung der photo-
graphischen Bromsilbertrockenplatte und die Entwickler.
Mit 8 Tafeln und 4 in den Text gedruckten Abbildungen.
VIII u. 155 S. 1902. M. 4—.
Heft 40. Lüppo-Cramer, Wissenschaftliche Arbeiten
auf dem Gebiete der Photographie. VIII u. 112 S. 1902.
M. 4—.
Heft 41. Scheffler, Hugo, Das photogr.iphische Ob-
jektiv. Eine gemeinverständliche Darstellung. Mit 35 in
den Text gedruckten Abbildungen. VIII u. 88 S. 1902.
M. 2.40,
Qibbs, j. WÜUard, Elementary principles in Statistical
mechanics, developed with «special reference to the national
foundation of thermodynamics. New York, Charles Scribner's
sons. 1902. London WC, 37 Bedford Street, Strand,
Edward Arnold, sh. 17—.
Jahresbericht, ABtronomischer. Mit Unterstützung der
Astronomischen Gesellschaft herausgegeben von Walter
F. Wislicenus. III. Band, enthaltend die Litteratur des
Jahres 1901. gr. 8. XXXII u. 671 S. 1902. Berlin,
Georg Reimer. M. 20 — .
Jahresbericht Elfter der Phsrsikalischen Qesellsohaft
Zürich 1899 und 1900. gr. 8.
Jones, Harry C, The elements of physical chemistry.
With 67 fig. gr. 8. XI u. 565 S. 1902. New York,
Macmillan Company. Gebunden.
Krisch, August, Astronomisches Lexikon. Auf Grundlage
der neuesten Forschungen, besonders der Spectralanalyse
und der Himmclsphotographie, bearbeitet. Das Werk
erscheint in 20 Lieferungen zu SoPfg. Bisher 10 Liefe-
rungen erschienen. Auch in 2 Hälften i 5 M. Wien,.
A. Hartleben's Verlag.
Iianner, Alois, Naturlehre. Mit 377 Figuren, einer Spcc-
traltaifel und 4 meteorologischen Karten in Farbendruck.
Bearbeitet für die oberen Classen der Mittebchulen auf
Grund der mit Erlass des hohen k. k. Ministeriums f^
Cultus und Unterricht vom 23. Februar 1900 veröfient-
lichten 2. Auflage des Lehrplanes und der Instructionen
für Gymnasien, gr. 8, IV u, 378 S. 1902. Wien,
Jos. Roth'sche Verlagsbuchhandlung. Broch. M. 4,50,
geb. M. 5.20.
Lorents, H. A., Sichtbare und unsichtbare Bewegungen.
Vorträge auf Einladung des Vorstandes des Departements
Leiden der Matschaf^ij tot nul van't algemeen im Februar
und März 1901. Unter Mitwirkung des Verfassers aus dem
Holländischen übersetzt von G. Siebert. Mit 40 ein-
gedruckten Abbildungen, gr. 8. IV u. 123 S. 1902.
Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn. M. 3 — .
Mathet, Ii., Trait^ de chimie photographique. Deuxi^me
Edition. Enti^rement refondue et consid^ablement ang-
ment^e. Tome I. Paris, 118 et Ii81>is Rue d'Assas,
Charles Mendel.
Mitteilungen der Physikalischen Gesellschaft in
Zürich 1901. Nr. i. gr. 8. 1901. Zürich, Buch-
druckerei F. Lohbauer.
Ostwald W., Über Katalyse. Vortrag, gehalten auf der 73.
Naturforscherversammlung zu Hamburg am 26. September
1901. kl. 8. 32 S. 1902. Leipzig, S. Hirzel. M. — 60,
Perry, John, Höhere Analysis ftir Ingenieure. Autorisierte
deutsche Bearbeitung von Robert Fricke und Fritz Süchting.
Mit 106 in den Text gedruckten Figuren, gr. 8. IX u.
423 S. 1902. Leipzig und Berlin, B. G. Teubner. Geb.
M. 12 — .
Pettenkofer, Max von. Über Ölfarbe und Konservierung
der Gem^degalerien durch das Regenerationsverfahren.
Zweite Auflage, gr. 8. VII u. 183 S. 1902. Braun-
schweig, Friedrich Vieweg & Sohn. M. 3 — .
Bussner, Johannes, Grundzüge der Telegraphie und Tele-
phonie fiir den Gebrauch an technischen Lehranstalten.
Mit 423 Abbildungen im Text und einer Tafel, gr. 8.
Vm u. 274 S. 1902. Hannover, Gebrüder Jänecke.
M. 4.?o.
van Schaik, W. C. Ii., Wellenlehre und Schall. Autorisierte
deutsche Ausgabe, bearbeitet von Hugo Fenkner. Mit
176 in den Text eingedruckten Abbildungen, gr. 8.
XI u. 358 S- 1902. BrauDschweig, Friedrich Vieweg
& Sohn. M. 8—.
Weiler, W„ Physikbuch mit in den Text eingedruckten
farbigen Abbildungen. Ein Lehrbuch der Physik für
den Schulunterricht und zur Selbstbelehrung, gr. Esslingen,
J. F. Schreiber. Erster Band: Magnetismus und Elec-
tricität Mit 445 in den Text eingedruckten, meist far-
bigen Abbildungen. X u. 290 u. XI S. Geb. M. 4.50.
Zweiter Band: Mechanik. Mit 250 in den Text einge-
druckten, meist farbigen Abbildungen. VII n. 156 u.
VII S. Geb. M. 2.50. Dritter Band: Schwingungen und
Wellen, Akustik: Lehre vom Schall. Mit 80 in den Text
eingedruckten, meist farbigen Abbildungen, III u. 52 u.
II S. Geb. M. 1.20.
— Physikalisches Experimentir- und Lesebuch mit vielen
Freihandversuchen. Filr den Schulunterricht und zur
Selbstbelehrung bearbeitet. Mit 257 in den Text einge-
druckten, meist farbigen Abbildungen, gr. 8. Esslingen,
J. F. Schneider. IV u. 143 u. V S. Geb. M. 3 — .
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Pachgenosaen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
An der Universität Heidelberg hat sich der Assistent am
Physikalischen Institut Dr. R. H. Weber für Physik habilitiert
Der Professor der Chemie an der Universität Greifswald
Dr. Hugo Schwanert tritt mit Ende dieses Halbjahres in
den Ruhestand, ebenso der a, o. Professor der Chemie an
der Universität Leipzig Dr. Anton Wcddige.
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Göttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. 20.
15. Juli 1902.
Redaktionsschluss Hir No. ax am 33. Juli 1902.
3. Jahrgang.
Origlnalmitteilungen:
J. Precht, Lumineszenz bei tiefen
Temperaturen. S. 457.
K. V. Wescndonk, Über durch Beug-
ung und verwandte Ursachen in den
Dänsten der rauchenden Schwefel-
wie Salpetersäure hervorgerufene
Lichterscheinungen. S. 459.
K.v.Wesendonk, Notiz über Spitzen-
entladungen durch Teslaströme.
S. 462.
INHALT.
E. Grimsehl, Eine zerlegbare Tan-
gentenbussole. S. 462.
Mitteilimgen aus dem physikalisch-me-
chanischen Institute von Professor
Dr. M. Th. Edelmann:
No. i: M. Edelmann, Ein neuer
Schulkompensator. S. 465.
E. Ruhm er, Über die Empfindlichkeit
und Trägheit von Selenzellen. S. 468.
G, C. Schmidt, Über die chemischen
Wirkungen der Kathodenstrahlen.
S. 474.
G. C. Schmidt, Über die Emanation
des Phosphors, S. 475.
Vorträge und Di8ka88ioneii von der
73. Naturforeoherverstmnlang zu
Hamburg:
H. Frahm, Neue Untersuchungen im
Schiff- uqd Schiffsmas<;hinenbau auf
der Werft von Blohm & Voss. S. 481.
Eingegangene Sehriften. S. 488.
Tageeereigniese. S. 4^^-
Personalien. S. 488.
j
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Lumineszenz bei tiefen Temperaturen.
Von J. Precht.
I. Aus Beobachtungen von Dewar^) und
Becquerel'^) ist bekannt, dass Urannitrat beim
Eüntauchen in flüssige Luft oder flüssigen Wasser-
stoff zu leuchten beginnt. Der Krystall leuchtet
solange er sich abkühlt, das Leuchten erlischt
dann und zeigt sich später von neuem, wenn
der Krystall herausgenommen wird und sich
dabei wieder erwärmt. Der Versuch lässt sich
mit demselben Krystalle mehrfach wiederholen,
doch zerfällt er bald in kleine Bruchstücke. Der
in flüssiger Luft dunkel gewordene Krystall
leuchtet wieder beim Reiben an der Gefässwand.
Bei ähnlichen Versuchen fand ich, dass man
liier zwei Erscheinungen zu trennen hat, einmal
die Tribolumineszenz (nach E. Wiedemanns
Bezeichnung) des Krystalles beim Zerspringen
infolge der Dichteänderung beim Abkühlen und
ferner die Änderung der Intensität des ausge-
sandten Phosphoreszenzlichtes mit abnehmender
Temperatur. Bekanntlich sendet Urannitrat auch
bei Zimmertemperatur dauernd ein schwaches,
aber deutlich wahrnehmbares Phosphoreszenz-
licht aus, unabhängig von der beim Schütteln
der Krystalle erregten Tribolumineszenz. Beide
Vorgänge bleiben beim Abkühlen nebeneinander
bestehen. Die Dichteänderung hat ein Zerspringen
der Krystalle und begleitende Tribolumineszenz
beim schnellen Abkühlen und Wiedererwärmen
zur Folge. Nicht in unmittelbarem Zusammen-
hange damit steht aber die Änderung der In-
tensität des Phosphoreszenzlichtes mit der Tem-
peratur.
Diese letztere kann man ftir sich beobachten,
wenn man die Substanz ausserordentlich fein
pulverisiert. Dann fehlt die Tribolumineszenz
und man erkennt, wie das Leuchten mit ab-
nehmender Temperatur allmählich anwächst, bis
es etwas oberhalb der Temperatur der flüssigen
i) De war, Nature 64, 243, 1901.
2) Becquerel, C. R. 133, 199, 190T.
Luft ein Maximum erreicht, dann aber völlig
erlischt, sobald die ganze Masse die Temperatur
— 193® erreicht hat. Beim Herausnehmen aus
dem Dewarschen Gefässe — ich benutzte eine
halbkugelige Schale von 10 cm Durchmesser —
wiederholt sich derselbe Gang in umgekehrter
Reihenfolge.
Dass hierbei nicht das Temperaturgefälle,
sondern das Erreichen einer bestimmten sehr
tiefen Temperatur für das Maximum der Licht-
entwicklung bestimmend ist, zeigen folgende
Versuche: Kühlt man in einer Mischung von
fester Kohlensäure und absolutem Alkohol plötz-
lich auf — 79^ ab (Hol bor n), so wächst das
Leuchten nur unbedeutend gegenüber dem bei
+ i8^ so schnell man auch die Abkühlung und
Wiedererwärmung vornehmen mag. Beim Ein-
tauchen in flüssige Luft beginnt das helle Leuchten
erst lange nach dem Ablauf des Leidenfrost-
schen Phänomens. Zu dieser Zeit kann eine
grosse Temperaturdifferenz nicht mehr vorhanden
sein. Wird das Pulver nicht in ein sehr dünn-
wandiges, nur 5 mm weites Probierrohr gebracht,
sondern in ein weiteres, so kann man es leicht
erreichen, dass das Innere des weiteren Rohres
gerade eben die Temperatur des stärksten
Leuchtens annimmt. Dieser Zustand bleibt dann
unbegrenzt lange bestehen.
Das Urannitrat schliesst sich also dem be-
kannten Verhalten anderer Phosphore darin voll-
ständig an, dass seine Strahlung für eine bestimmte
hier sehr tiefe Temperatur ein Maximum hat.
Soweit u nmittelbare Beobachtung ei nen Schluss
zulässt, fällt die stärkste Tribolumineszenz (leb-
haftes Knistern und Funkensprühen, Sprengen
des Krystalls) mit dem hellsten Phosphoreszieren
zusammen. Es wäre möglich, dass an diesem
Punkte auch das Dichtemaximum der Substanz
liegt. — Ähnlich wie Urannitrat verhalten sich
Uransulfat und Uranylfluorid.
2. Von anderen Substanzen, die ich unter-
sucht habe, sind besonders interessant diejenigen,
die bei gewöhnlicher Temperatur kein Eigenlicht
458
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
aussenden, wie es' die Uranverbindungen thun,
und die dennoch ohne jede vorherige Er-
regung durch Lichtstrahlen bei starker Ab-
kühlung lebhaft lumineszieren. Hierhin gehören
Baryumplatincyanür, Calciumplatincyanür und
Pentadecylparatolylketon. Alle drei Substanzen
sind durch Kathodenstrahlen erregbar, die beiden
ersten auch durch Röntgenstrahlen.
Von dem Keton wurden zwei Proben ver-
schiedener Reinheit untersucht, von denen die
weniger reine wohl in Kathodenstrahlen, aber
nicht ia Röntgenstrahlen leuchtete, während die
sorgfältig gereinigte weder in Kathodenstrahlen
noch in Röntgenstrahlen erregt wurde. ^ Alle
vier Körper haben beim Eintauchen in flüssige
Luft eine kurze Periode sehr beller Phosphores-
zenz, die in der Nähe von — 193® liegt. Ist
aber diese Temperatur dauernd vorhanden, so
sind sie dunJ^el^ um erst beim Erwärmen wieder
ftlr kurze Zeit aufauleuchten. Alle vier Körper
leuchten nicht bei — 79^-
Die beiden Ketone zeigen schon bei ge-
wöhnlicher Temperatur lebhafte Tribolumines-
zenz. Das Leuchten beim Abkühlen bleibt auch
hier in fein pulverisiertem Zustande der Körper
bestehen.
Quarze, die beim Schlagen leuchten, und
zwair derbe Rosenquarze und vollkommen aus-
gebildete Krystalle, werden beim Abkühlen nait
Ausser Luft nicht erregt. Sie leuchten dagegen
dann bei schwacher Berührung oder sehr gelinder
Reibung.
Eis ist tribolumineszierend. Zerbricht
man eine dünne Eisplatte von — 20®, so tritt
kein Leuchten au£ Bringt man aber eine Eis-
platte in flüssige Luft, so zerspringt beim Ab-
kühlen die Platte plötzlich unter lebhafter Licht-
entwicklung. Der Versuch wird besonders deutlich,
wenn man die Eisplatte in die Mitte eines halb-
kugeligenDewar-Geßlsseshält. Im Momente des
2^springens leuchtet dann infolge der Reflexion
an der Silberbdegung die ganze Schale.
3. Das Leuchten und Knistern von Uran-
nitratkrystallen bei starker Abkühlung erinnert
so sehr an elektrische Entladungsvorgänge, dass
De war darin eine starke pyroelektrische Er-
regung sah. In der That haftet ein Krystall in-
folge seiner elektrischen Ladung mit sehr grosser
Kraft an der Wand des Dewarschen Gefässes,
wenn er derselben zu nahe gekommen ist. Das
Abkühlen soll nach De war elektrische Ent-
ladungen zwischen den Krystallmolekülen
zu Stande bringen. Da flüssige Luft ausge-
zeichnet isoliert, hätte man hier eine sehr
einfache Form des von Herrn Riecke^) an-
gegebenen pyroelektrischen Fundamentalver-
suches, nach welchem ein Krystall die während
der Erwärmung oder Abkühlung gewonnene
i) Prccht, Wied. Ann. 01, 330, 1897.
a) Riecke, Wied. Ann. 81, 889, 1887.
Ladung im isolierenden Medium dauernd behält.
Auch die Tribolumineszenz des Eises beim Ab-
kühlen kann als eine rein pyroelektrische Ent-
ladung gedeutet werden. Ebensogut können
piezoelektrische Vorgänge infolge der moleku-
laren Veränderungen bei der plötzlichen ener-
gischen Kontraktion und Ausdehnung zur Er-
klärung herangezogen werden.
Auch das geschmolzene Pentadecylparatolyl-
keton, das sich nach dem Abkühlen unter dem
Polarisationsmikroskop krystallinisch erweist,
würde dieser Auffassung kaum prinzipielle
Schwierigkeiten darbieten. Das Keton wird
noch stärker elektrisch als Urannitrat und zeigt
das stärkste Leuchten in dem Augenblicke, in
welchem ein deutliches Krachen plötzliche Ver-
änderungen des molekularen Gefuges verrät
Eine Reihe elektrischer Versuche habe ich
in der Weise angestellt, dass der zu prüfende
Körper in einer isolierten mit einem Exn ersehen
Elektroskope verbundenen kleinen Metalldose in
flüssiger Luft abgekühlt und dann das Dewarscbe
Gefäss entfernt wurde. Bisweilen wurde der Körper
auch direkt mit einem isoliert befestigten Metall-
drahte umwickelt und eingetaucht.
Von Fehlerquellen durch Eisreibung u. s. wr.
wird man frei durch Filtrieren der flüssigen Luft.
Eingetauchte Metalle bekommen dann keine
Ladung. *) Wird ein Stück Keton längere Zeit
abgekühlt und das Dewar-Gefäss endemt, so
eriiält man erst einen momentanen Ausschlag
des Elektroskopes von positiver Elektrizität,
dann bleiben die Blättchen auf Null und nach
etwa 12 bis 20 Sekunden erhält man plötzlich
einen starken Ausschlag von negativer Elektri-
zität. Oft schlagen die Blättchen zweimal unter
Entladung an das Gehäuse. Bringt man das
Keton in die Metallbüchse, so beobachtet man
nur die momentane negative Ladung nach der
gleichen Zeit wie oben. Ist die Erregung schwach,
so wächst eine erteilte negative Ladung momentan
und dann stellt sich der frühere Ausschlag wieder
her. Wichtig ist, dass der Ausschlag von nega-
tiver Elektrizität stets gleichzeitig mit dem hör-
baren Krachen der Substanz erfolgt, und Beob-
achtung im Dunkeln zeigt, dass dieser Augen-
blick auch der maximaler Lichtentwicklung ist.
Die Erscheinungen sind unabhängig von der
Kondensation von Feuchtigkeit und Eisbildung
an der Oberfläche.
Wesentlich anders verhält sich Urannitrat.
Füllt man die Dose mit Krystallen, kühlt ab
und lädt negativ, so bleibt die negative Ladung
beim Entfernen der flüssigen Luft eine Weile
ungestört bestehen. Erst wenn das prasselnde
Knistern der zerspringenden Krystalle zu hören
ist, fallen die Elektroskopblättchen momentan
zusammen. Auch hier ist also das stärkste
i) Vgl. Ebert u. Hofmann, Sitzgsber. Bayr. Ak. 30,
1—13, 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
459
Leuchten mit der elektrischen Störung gleich-
zeitig, aber der Sinn der Elektrisierung ist ent-
gegengesetzt. Mit der Radioaktivität des Uran-
salzes hat die Erscheinung nichts zu thun. Fein
pulverisiertes Urannitrat giebt nach Abkühlung
keine plötzliche Abnahme einer negativen
Ladung, überhaupt keine mit dem Auge un-
mittelbar wahrnehmbare Änderung am-Elektro-
skope.
Durch starke Abkühlung kann man also bei
gewissen Körpern Zersprengen des molekularen
Gefiiges verbunden mit lebhafter Tribo-
iumineszenz und plötzlichen Potential-
änderungen beobachten.
Dass ein Zusammenhang zwischen der Tribo-
lumineszenz und der geschilderten Potential-
änderung besteht, lässt sich, wenn auch in etwas
weniger reiner Form, folgendermassen zeigen:
auf eine grosse isolierte Metallplatte bringt man
eine beträchtliche Menge Urannitratkrystalle und
setzt darauf ein Porzellanpistill mit isolierender
Handhabe. Die Platte wird mit einem Curi eschen
Elektroskope verbunden. Entladungszeit für
55 Volt im Mittel 53,3 Sekunden. Wird das
Pistill bewegt, ohne die Krystalle zu zerdrücken,
so tritt keine Änderung ein. Zerdrückt man die
Krystalle, so erhält man eine mittlere Entladungs-
zeit von 43,9 Sekunden für 55 Volt. Dass durch
das Zerkleinern die strahlende Fläche grösser
wird, ist kein stichhaltiger Einwand, denn man
kann diese Veränderung sehr klein halten gegen
die gesamte Fläche.
Wird ein Urannitratkrystall oder das Keton
in Stanniol eingehüllt, so ist keine Änderung
des Leuchtens beim Abkühlen zu bemerken;
auch zeigen kleine Urannitratkrystalle, mit dem
gleichen Volumen Magnesiumpulver vermischt,
keine Verminderung der Tribolumineszenz.
Die der Voigt sehen Theorie der Pyro- und
Piezoelektrizität zu Grunde liegenden Annahmen
können von manchen der beschriebenen Er-
scheinungen eine ungezwungene Erklärunggeben.
Hannover, Physik. Institut der Techn. Hoch-
schule, 16. Juni 1902.
(EingegaDgen 21. Juni 1902.)
Über durch Beugung und verwandte Ursachen
in den Dünsten der rauchenden Schwefel- wie
Salpetersäure hervorgerufene Lichterschei-
nungen.
Von K. V. Wesendonk.
Bei Gelegenheit einer Untersuchung über
die Einwirkung rauchender Flüssigkeiten auf
die elektrische Aktivität von Flammengasen,
fand Verf. eine merkwürdige Verschiedenheit
in dem Verhalten der Dünste, welche rauchen-
der Salpetersäure und rauchender Schwefelsäure
entstammen. ') Wenn beim Durchleiten der Ver-
i) Naturw, Rundsch. 16, 261, 1900; Beibl. 24, 839, 1900,
brennungsprodukte durch die genannten Sub-
stanzen ein dichter Qualm entstand, so war das
Leitvermögen jener nahezu zerstört, dabei er-
wies sich die rauchende Schwefelsäure noch als
etwas wirksamer als die rauchende Salpeter-
säure.^) Wurden nun die Flammengase, bevor
sie das Acidum nitricum fiimans passierten, durch
gewöhnliche reine Schwefelsäure geleitet, so
entstand kein Qualm mehr, sondern nur ein
mehr oder weniger mit nebligen Dünsten er-
füllter gelbroter Dampf. Dabei blieb ein erheb-
licher Teil des Leitvermögens bestehen. Liess
man erst dichten Qualm sich bilden und leitete
alsdann diesen durch reine Schwefelsäure, so
zeigte sich ebenfalls ein beträchtlicher Teil der
elektrischen Aktivität als noch vorhanden. Nahm
man dagegen entsprechende Manipulationen mit
der rauchenden Schwefelsäure vor, so fand sich,
dass ein durchsichtiger Rauch das Leitvermögen
merklich ebensoweit aufhob, wie ein dichter
opaker Qualm. Verf. hat bisher auf eine Er-
klärung dieser Erscheinung verzichtet, aber be-
reits gelegentlich darauf hingewiesen'^), dass
von den zufällig seiner Zeit wahrgenommenen
Beugungsfarben einige Auskunft eventuell zu er-
warten sei. Der Versuch indessen, in bekannter
Weise angestellt, indem man durch einen mit
dem betreffenden Rauch, Dampf, Qualm etc.
angefüllten Glaskolben oder Flasche nach einem
sehr hellen Lichtpunkte (wie Spiegelbild der
Sonne in einem Uhrglase etc.) blickte, ergab
zunächst nur wenig befriedigende Resultate. Es
erschien daher zur Orientierung auf dem frag-
lichen Gebiete nützlich, zunächst einige der so
schönen Experimente von Herrn Kiessling^)
zu wiederholen, was mit gutem Erfolge ge-
lang. Nunmehr wurden die Dämpfe der
rauchenden Säure, wie sie sich von selbst bil-
deten, oder wie sie infolge eines die betreffenden
Flüssigkeitendurchsetzenden Luft-oderFlammen-
gasstromes*) entstanden, in ganz entsprechender
Weise untersucht. Man blickte durch den erhal-
tenen Nebel resp. Dunst oder Dampf entweder
direkt nach dem in einem Heliostaten sich zeigen-
den Sonnenbilde, oder nach einer sehr hell erleuch-
teten, in einem opaken Schirme passend ange-
brachten mit Pauspapier überzogenen Öffnung,
oder man leitete die mit Hilfe zweier Linsen
nahe parallel gemachten Sonnenstrahlen hin-
durch, oder verwendete endlich den von einer
grossen Linse gelieferten (Sonnen-)Lichtkegel.
- i) Beide Substanzen wurden aus der Fabrik von Schering
bezogen.
2) Diese Z. 2, 517 u. 518, 1901.
3)J. Kiessling, Die Dänunerongserscheinungen etc.«
Hamburg, Leop. Voss, 1885, ferner die grössere Schrift dcs-
selb'Cn Verf.\ Untersuchungen über Dämmerungserscheinungen,
ebenda 1888.
4) Die Flammengase wurden von einem Aspirator ange-
sogen und mit Eis gekühlt, wie Wied. Ann. 06, 123, 1808
angegeben. Der dort gezeichnete Kolben KK^ in dem der Qualm
sich bildete, hatt^ (wie b?i Kiessling) meist 10 Lit^r Inhalt.
460
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
In beiden letzteren Fällen war auch eine ob-
jektive Beobachtung ermöglicht, die bei den
von Herrn Kiessling beschriebenen Versuchen
sehr schön auszuführen waren. Zunächst zeigte sich
deutlich ein ausgeprägter Unterschied zwischen
den Exhalationen der beiden Säuren. Die Dünste,
ebenso wie der fast durchsichtige Rauch, und der
dichte Qualm, welcher rauchender Schwefelsäure
entstammten, sie alle zeigten, von hellen Licht-
strahlen durchsetzt (besonders deutlich natürlich
in einem intensiven Strahlenkegel oder Bündel),
den Charakter eines Nebels, einer Ansammlung
suspendierter feiner Teilchen: man hat stets eine
Erscheinung vor sich, welche an den von
den sogenannten Sonnenstäubchen gewährten
allbekannten Anblick erinnert. Selbst mit Schwefel-
säure getrocknete Luft giebt durch Acidum sul-
fiiricum fumans getrieben noch einen solchen
Dunst. Dieser passiert auch seinerseits wieder
Schwefelsäure, ohne seine Konstitution zu ver-
lieren, er wird höchstens etwas weniger dicht.
Dabei besteht aber dieser über Schwefelsäure
in einem Glaskolben aufgefangene neblige
Dunst nicht etwa lediglich aus an und fiir sich
in der (nicht filtrierten) Luft schwebenden Teil-
chen. Bläst man nämlich gewöhnliche Luft durch
die Schwefelsäure hindurch in den betreffenden
Glaskolben hinein, so verschwindet allmählich
der Sonnenstäubchen-Anblick fast vollständig,
kehrt aber sofort wieder, wenn die Luft (sogar
getrocknet) *) rauchende Schwefelsäure passiert
hat, bevor sie in den Glaskolben eintritt. Die
Exhalationen, um die es sich hier handelt,
scheinen in gewissem Sinne den Salmiaknebeln
und ähnlichen Gebilden in ihrer Konstitution
verwandt zu sein, sie zeigen denn auch sehr
schön die sogenannte rote und blaue Sonne.
Der dichte weissliche Nebel, wie ihn ungetrock-
nete Flammengase aus rauchender Schwefelsäure
reichlich entwickeln, zeigt, wenn noch frisch, das
Sonnenbild deutlich gelbrot, was auch objektiv zu
konstatieren ist. Ein heller Strahlenkegel leuchtet
auch innerhalb des Dunstes bereits rötlich, da-
gegen zeigt sein Eintrittsquerschnitt graublaue
Färbung. Es wird also bläuliches Licht allem
Anscheine nach reflektiert, was ganz den Ray-
1 ei gh sehen Ansichten über die Entstehung des
Abendrotes etc. entspricht. Die frischen Nebelteil-
chen sind eben in unserem Falle von sehr ge-
ringer Ausdehnung, sie geben noch keine eigent-
lichen Beugungsphänomene. Sehr bald ändert
sich aber das Aussehen des Sonnenbildes ins
Bläuliche und erscheint mit der Zeit entschieden
blau. Jetzt wird aber nicht etwa rötliches oder
gelbliches Licht an den Eintrittsstellen der Licht-
strahlen reflektiert, sondern diese sehen auch
noch blau aus; die wohl allmählich grösser ge-
wordenen Partikelchen wirken also nicht mehr
i) Es soll damit nicht behauptet werden, dass nicht
Spuren von Feuchtigkeit dazu doch noch erforderlich sind.
nach der von Rayleigh geschilderten Art auf
das Licht ein. Man hat es vielleicht schon mit
einer Beugungserscheinung oder einem nahe ver-
wandten Phänomen zu thun, denn die blaue
Sonne ^) zeigt sich durchaus nicht nur bei Nebeln
und Staubwolken, die aus besonders kleinen
Teilchen bestehen. Zur Demonstration der
roten und blauen Sonne dürften übrigens die
Nebel der rauchenden Schwefelsäure recht ge-
eignet sein, da sie die betreffenden Erscheinun-
gen sehr schön zeigen und leicht zu erhalten sind.
Mit der Zeit präsentiert sich das centrale
Bild immer weisslicher, aber von einer bläulichen
Scheibe umgeben, die ihrerseits wieder inner-
halb einer sehr ausgedehnten, allerdings nur
schwach leuchtenden grauroten Aureole liegt.
Diese ist nur wenig scharf begrenzt, erscheint
mehr als ein rötlicher Schimmer, der die blaue
Centralerscheinung umgiebt. Dementsprechend
sieht man denn auch in der Umgebung eines
intensiven, den Nebel durchsetzenden Strahlen-
bündels den Nebel graurot leuchten^ welche
Färbung wiederum mit der Zeit in ein gesättig-
teres Rot sich umwandelt. Hand in Hand damit
vergeht die blaue Färbung der mittleren Teile
mehr und mehr, die Aureole erscheint kleiner
und in gesättigterem Rot und schärfer begrenzt,
das Centrum selbst ist dann weiss * oder fast
weiss geworden.
Nach einer von Herrn Hagenbach ^ an-
gegebenen Methode wurde eine ganz rohe Be-
stimmung des Winkeldurchmessers besagter
Aureole ausgeführt, er ergab sich in einem vor-
gerückten Stadium der Entwicklung zu ca. 22^ **)
Das deutet auf relativ recht kleine Partikel hin,
womit das langsame Herabsinken des Nebels
gut harmoniert. Bei diesem Herabsinken sieht
man deutlich, dass die Aureole nur soweit reicht,
als der Nebel noch vorhanden, im oberen Teil
des Glaskolbens erscheint eine diffraktionsfreie
Zone, darunter der rötlich leuchtende Nebel,
dessen Farbe die meiste Sättigung oben auf-
weist, von wo sie dann allmählich weiter nach
unten fortschreitet, bis das ganze Gefäss in ge-
sättigtem Rot leuchtet, soweit es dann überhaupt
noch von Nebel erfüllt ist.
Die grösseren, schneller niedersinkenden
Teilchen sind jedenfalls in diesem Schlussstadium
bereits aus dem Dunste entfernt, das gesättigte
Rot entspricht offenbar einem homogeneren Nebel.
Beugungsringe ausserhalb der Grenze der Aure-
ole wurden nie bemerkt, auch war diese Aureole
1) Vergl. Wesendon k, Naturw. Rundsch. 16, 573, 1901.
2) Müll er -Peters, Kosmische Physik, Braunschweig
1894, 461.
3) Nach Perntcr berechnet sich daraus der Durch-
, , , - -r M V Wi» iio =. 1,22 . 0,00057
messer a der beugenden Teilchen aus -7
zu 0,00364 mm. Dies dürfte ungefähr den kleinsten Teilchen
entsprechen, die im Nebel vorkommen und die im gesittigteo
Rot leuchten. Meteorolog. Zeitschr. 6, 401 — 9, 1889.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
461
mir relativ wenig hell, so dass sie objektiv nur
schwierig zu beobachten war'), während Kiess-
lings DifTraktionsbilder (Aureole und zwei Ringe)
sehr gut objektiv in Erscheinung traten. Allem
Anscheine nach hat man es hier (und ebenso bei
den gleich zm erwähnenden Phänomenen der
rauchenden Salpetersäure) mit einer wegen der
zu grossen Ungleichheit der lichtbeugenden
Teilchen auf die Aureole allein reduzierten
Fraun ho ferschen Ringerscheinung zu thun,
wie dies Pernter und Mc Connel für den
Bishop sehen Ring gezeigt haben. Offenbar hat
man den rauchartigen, nicht homogenen Nebel
Kiesslings vor sich. (1. c. 37 u. 49. Vergl.
Lemme, Naturw. Rundsch. 16, 623, 1901.)
Einigermassen verschieden hiervon ist das
Verhalten der Exhalationen der rauchenden
Salpetersäure. Diese liefert einen gelbroten
Dampf, der durchgehendes weisses Licht ziem-
lich stark färbt, aber an sich durchaus nicht
den Sonnenstäubchen-Anblick gewährt. Leitet
man Flammengase in ungetrocknetem oder gar
angefeuchtetem Zustande hindurch, so entsteht
ein dichter Qualm von gelblich-weissem Aus-
sehen, der aber Schwefelsäure kaum zu passieren
vermag. Treibt man daher solchen Qualm durch
Schwefelsäure oder auch trocknet man die Ver-
brennungsprodukte, bevor sie durch rauchende
Salpetersäure perlen, so erhält man unter Um-
ständen fast reinen gelbroten Dampf. Da es
nun gerade neblige oder rauchartige, aus sus-
pendierten Partikeln bestehende Dünste sind,
welche die Aktivität der Luft aufzuheben so
sehr geeignet erscheinen, so erklärt sich hieraus
die oben erwähnte Verschiedenheit in dem Ver-
halten der beiden rauchenden Säuren. Die Ex-
halationen des Acidum sulfuricum fumans
sind eben auch im durchsichtigen Zu-
stande noch reich genug an darin schwe-
benden (nicht gasförmigen) Teilchen, um
die Leitfähigkeit der Luft fast ganz auf-
zuheben, während der mit Nebel etc. nur wenig
erfüllte Dampf des Acidum nitricum fumans jeden-
falls von viel geringerer Wirkung ist. Die der
herrschenden Anschauung gemäss von dem
Nebel resp. den suspendierten Teilchen festge-
haltenen Ionen resp. Elektronen werden eben
^yieder zum grossen Teile frei, wenn der Qualm
Schwefelsäure durchströmt, in welcher dieser
zwar zerstört wird, nicht aber jene untergehen.
Daher vermögen sie denn die Leitfähigkeit der Luft
mehr oder minder wieder herzustellen. Der
Qualm sinkt ziemlich schnell zu Boden, besteht
also wohl aus relativ grossen Partikeln. Die
rotbraune Sonne ist hierbei nicht zu beobachten,
vielmehr erscheint in dem dichten, durcheinan-
der wirbelnden ganz frisch entwickelten Nebel
i) Allerdings wurden die objektiven Darstellungen nicht
in einer Dunkelkammer yersucbt, sondern nur in einem etwas
verdunkeltem R^iumc,
(unter Umständen sehr schön wahrnehmbar)
gleich die blaue Sonne. Die Erscheinung war
am besten in einem kleineren Glaskolben zu
sehen, der sich mit sehr dichtem, in starker
Strömung befindlichen Qualm leicht erfüllen
Hess, der dann auch von einem hellen Strahlen-
kegel oder -Bündel durchsetzt schon in seinem
Innern blau leuchtete. Sowohl nach dem Sonnen-
bilde im Heliostaten, wie besonders dem inten-
siven Strahlenkegel einer grossen Linse entlang
blickend, gewahrt man sehr deutlich die blaue
Erscheinung, die sich auch objektiv zeigt.
Hinderlich für die gute Ausbildung des
Phänomens ist die gelbliche Färbung des Qual-
mes, die sich bei den Versuchen über rauchende
Salpetersäure stets geltend macht. Hört man
mit dem Entwickeln von Nebel auf, so geht
denn auch die blaue Sonne bald in eine gelb-
liche *) über, um die sich herum ein graurötlicher
Schimmer lagert, der sich bald zu einer roten
Aureole verdichtet, die schnell an Durchmesser
abnimmt, bis er schliesslich etwa 12" 30' be-
trägt.^) Die nächste Umgebung des gelblichen
Centrums erscheint bläulich, besonders bei noch
frischerem Nebel, dann folgt wohl eine Art
Purpur und ein gelblicher Saum, den unter Um-
ständen bei genügender Helligkeit des Phäno-
mens noch ein roter umgiebt. Die Aureole
lässt sich auch objektiv gut beobachten, Beugungs-
ringe dagegen zeigten sich weder subjektiv noch
objektiv. Nur soweit Nebel noch im Glaskolben
vorhanden, erscheint eine Aureole, der blosse,
wenn auch stark gefärbte Dampf giebt keine
solche. Eine Schichtung im Nebel von oben
nach unten tritt ein wie bei der rauchenden
Schwefelsäure und ist besonders daran zu er-
kennen, dass die Aureole, unten hindurchgesehen,
kleiner erscheint als oben, offenbar weil die
grösseren Nebelteilchen schneller zu Boden
sinken. Will man die Wandlungen der Aureole
studieren, so thut man übrigens gut, nicht zu dichten
Nebel zu entwickeln, da er sonst zu opak wird
und es dann leicht zu lange dauert, bis man
die Beugungserscheinungen beobachten kann.
Alsdann ist aber die Umänderung des frischen
Nebels schon zu weit vorgeschritten, um noch
eine ausgedehnte Aureole zu geben. Erwähnt
sei endlich, dass bei beiden rauchenden Säuren
die sogenannte grüne Sonne nicht zur Beob-
achtung kam.
i) Die natürlich mit der rotgelben sonst erwähnten nicht
zu verwechseln ist.
2) Nach Pernter entspricht dem ein Durchmesser der
Teilchen => 0,00638 mm.
Berlin, den 13.* Juni 1902.
(Eingegangen 13. Juni 1902.)
462
Physikalische Zettschrift. 3. Jahi^ang. No. 20.
Notiz über Spitzenentladungen durch Tesla-
ströme.
Von K. V. Wesendonk,
Die interessante Dissertation des Herrn
Möhlmann '), welche mir freundlichst zur Ver-
fügung gestellt wurde, veranlasst mich zu einigen
Bemerkungen, die ich mir hiermit kurz darzu-
legen gestatte.
Bei statischer Ladung ist zwischen einer Spitze
und Platte in Luft cet. par. der negative Strom
besonders bei geringen Entfernungen der beiden
Elektroden erheblich überwiegend. Bei alternieren-
der gleicher Ladung einer Spitze würde man
also ein Überwiegen der entladenen negativen
Elektrizitätsmengen erwarten müssen, gerade,
wenn die aufiangende Platte nahe steht. Es
scheint mir demnach, dass doch in dem
Wechselzustande eine Besonderheit lie-
gen muss, welche in erster Linie die posi-
tiven TeslaaustrÖmungen bedingt.') Zeigen
ja doch auch abgeleitete Drähte, die von negativen
Entladungen durchsetzt werden, positive Seiten-
entladungen *), obwohl also nur eine direkte
negative Elektrisierung stattfand, nicht eine ab-
wechselnd positive und negative wie sonst bei
Teslaversuchen. Bei solchen Seiten ausströmungen
fand ich seiner Zeit mit einem Exnerschen
Elektrometer, dass bei grösserem Abstände
Spitze^Platte an letzterer negative Entladungen
auftraten. Unter anderen Umständen zeigte sich
keine negative Elektrizität mehr '), auch nicht
mit einer ausgeschnittenen Scheibe, wie sie Herr
Knoblauch angewandt. Umgab die auffangende
Elektrode die Spitze völlig, so erhielt man auch
noch positive Ladungen, es konnte also die
negative Ausströmung nicht lediglich an dem
auffangenden Teile vorübergegangen sein. Ich
habe nun ferner mit einem Teslatransformator,
wie ihn einst Herr Himstedt beschrieben ''),
einige Experimente angestellt. Auch hier erhielt
ich Ausstrahlungen, die mit dem Exnerschen
Elektrometer untersucht, nur positive Ladungen
hervorbrachten, soweit überhaupt welche nach-
zuweisen waren. Wenn die Spitze frei in den
Luftraum ausströmte, ergab weder eine seitlich
aufgestellte Platte oder Sonde aus Draht oder
Flammenkollektor noch eine ringförmig ausge-
l) A. Möhlmann, Vbrr Ausslrahliint; huchp;KSiiaiintcr
Wechselströme von hoher Freqneiii aus Si>itien. Iuau(;.-Diss,
Freiburg i. Dr., Speyer Sc Kaerucr, igol. Man vergl. it!>ri(;ens
Nichols, Phil. Mag. 81, 123, 1891.
l) Höhere Spannungen können allcriUn^ fonlemd wirken,
wie 7. II, bei unseren Versuchen !u kleine Funke ns trecken
uiigiliistiB sind, aber der ]>ositive Teslaeffekt tritt auch bei
recht kleinen Potentialen noch ein, wie in Naturw. Kuiidsch, 10,
401 u. f., 1895, geieigt.
3) Wesendonk, Wied. Ann. 66, 341—345. "S98,
4) Mit Kxnerschem Elektromelcr. Ks wntdc äUi kon-
sLilierl bei Gelegenheit der Versuche, welche in dio^cr Z. 2,
5*9 — 3**i IQ"!, beschiicben sind. Die In11uen!nias.chine war
dabei nur mit ihieii eigenen VeiMärkungs Haschen verbunden.
5) Wied. Ann. 68, 476. '894
schnitten« Scheibe negative Elektrizität. Stellte
man aber relativ nahe vor die Spitze eine ab-
geleitete Scheibe, alsdann fand sich an seitlich
angebrachten AufFangeappartten sehr deutliche
negative Ladung, ebenso wie an einer Ring-
scheibe. Hier war also in der That der centrale,
überwiegend positive Strom gleichsam von einer
negativen Hülle umgeben. Führte man aber die
Spitze in ein isoliert aufgestelltes Metallge&ss ein,
so nahm dieses doch wieder eine positive Gesamt-
ladung an. Es wird also auch hier mehr posi-
sive Elektrizität entladen als negative, im Gegen-
satze zu dem Verhalten bei statischen Ladungen.
Berlin, den 18. Juni 1902.
(Eiagegangeo 19. Jaui 1901,)
Eine zerlegbare Tangentenbussole. V
Von E. Grimsehl.
Die im folgenden beschriebene Tangenten-
bus,sole ist aus dem Wunsche entstanden, die
Eichung einer Tangentenbussole ohne Ableitung
des mathematischen Gesetzes vorzunehmen,
daher ist die Bussole in erster Linie für den
Elementar-Unterricht bestimmt, doch glaubt
Verfasser, den Apparat auch weiteren Kreisen
der Physiker bekannt geben zu können, da sich
die beiden bei der Bussole ausgeführten Eichungs-
methoden auch wohl auf mancherlei andere
Apparate anwenden lassen werden.
Beschreibung des Apparates: Als
wesentliches Merkmal ist bei dem Apparate
das anzusehen, dass der kreisförmige Leiter
von dem Gehäuse mit Magnetnadel, also von
der eigentlichen Bussole losgelöst ist. Daher
ist es möglich, den Leiter ohne Bussole und
die Bussole ohne Leiter zu benutzen. Femer
aber kann man den einfachen Krebleiter durch
einen doppelten Kreisleiter von denselben Dimen-
sionen ersetzen.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
463
Demgemäss besteht die Tangentenbussole
aus einem Grundbrett von 18x24 cm Grösse,
in dessen Mitte eine Messingsäule von 12 cm
Höhe unverrückbar befestig^ ist, welche an
ihrem oberen Ende eine Bussole gebräuchlicher
Art mit spiegelnder Grundplatte, kurzer Magnet-
nadel und senkrecht dazu stehenden Aluminium-
zeigem, die über einer in ganze Grade einge-
teilten Gradteilung spielen, trägt. Das Grund-
brett ist an den Längsseiten mit zwei schmalen
Leisten versehen, die als Führung für die auf-
zusetzenden Kreisleiter dienen. In der Mitte der
Leisten sorg^ ein Anschlag dafür, dass die Leiter
genau an einer vorgeschriebenen Stelle stehen.
Von den beiden benutzten Kreisleitem ist
der eine einfach, der andere doppelt. Beide
haben einen Radius von 10 cm. Sie endigen
in zwei Zuleitungsklemmen, die seitlich neben-
einander so angebracht sind, dass die Zufüh-
rungsleitungen möglichst wenig Einfluss auf die
Magnetnadel haben. Jeder der beiden Kreis-
leiter ist auf einem Brette von 10x15 cm
Grösse mittels Fiberstreifen befestigt. Die
Grösse der Bretter ist so bemessen, dass sie
genau zwischen die Führungsleisten des grossen
Grundbrettes passen und dass sie bis zum An-
schlag vorgeschoben, die Leiter in eine Stellung
bringen, wo Mittelpunkt der Magnetnadel und
Mittelpunkt des Kreisleiters zusammenfallen.
Wenn beide Kreisleiter auf dem Grundbrette
stehen, so liegen sie unmittelbar aneinander,
sind aber vor leitender Berührung durch kleine
Fiberstückchen, die auch die beiden Kreise des
Doppelleiters voneinander trennen, voneinander
isoliert. Die ^ Zuleitungsklemmen sind so ange-
bracht, dass liei gleichzeitiger Aufstellung beider
Kreisleiter die Klemmen auf derselben Seite
des Apparates liegen. Die Figur i zeigt die
Tangentenbussole mit dem aufgesetzten einfachen
Leiter, während der Doppelleiter getrennt davon
neben der Bussole steht.
Erste Art der Eichung (Multiplika-
tionsmethode): Fig. 2 zeigt das Schema der
Schaltung. Die beiden Pole einer konstanten
Stromquelle E (eines einzelnen Akkumulators)
sind einerseits mit der einen Zuleitungsklemme
eines Umschalters C/, andererseits mit dem
Rheostaten R verbunden. Die freie Klemme
des Rheostaten ist mit der zweiten Zuleitungs-
klemme des Umschalters verbunden. Zwischen
den beiden Ableitungsklemmen K\ und K^ des
Umschalters sei noch die Verbindungsklemme
ATjj angebracht. Nun wird Ky und K^ durch
eine ungefähr 2 m lange Doppelleitungsschnur
S\ mit den Klemmen des einfachen Kreis-
leiters L\ verbunden, ebenso K% und K-^ durch
eine ebensolche Doppelleitungsschnur ^2 ™t ^^^
Klemmen des doppelten Kreisleiters Z^. Bei
dieser Anordnung fliesst daher ein vom Akku-
mulator E ausgehender und durch R regulierter
Strom hintereinander durch die Leitungen Z.,
und Zr2. Man kann also sicher sagen, dass die
in L\ und Z, fliessenden Stöme absolut genau
gleich sind. Wenn nun der stromdurchflossene
Leiter L^ eine gewisse magnetische Wirkung
hervorruft, so ruft der Leiter Z.2» ^^ dieselbe
Stelle gebracht, eine Wirkung hervor, die von
der doppelten Stromstärke herrührt; bringt man
beide Leiter Z, und Zj an dieselbe Stelle des
Raumes, so entspricht die gemeinsame Wirkung
der beiden Leiter der dreifachen Stromstärke.
Nachdem man die Bussole B nach dem
magnetischen Meridian orientiert hat, stelle man
den einfachen Leiter um die Bussole, schliesse
den Strom und schalte so viel Widerstand ein,
dass die Ablenkung 6^ erzeugt wird. Der
Doppelleiter steht vom selben Strome durch-
flössen seitlich in 3 — 4 m Entfernung, so dass
er keinerlei Wirkung auf die Magnetnadel aus-
übt. Nun nehme man den Leiter L^ fort und
stelle Z2 an dessen Stelle, ohne aber an der
Einstellung von R irgend etwas zu ändern.
Jetzt erfolgt, durch die doppelte Stromwirkung
hervorgerufen, die Ablenkung von 1 1 V2 ^- End-
lich stelle man, wieder ohne an der Stromstärke
etwas zu ändern, L^ und Z^ gleichzeitig an die
Bussole. Die dreifache Stromstärke erzeugt jetzt
die Ablenkung 17^ Tabellarisch zusammen-
gestellt ergiebt sich:
Stromstärke Ableokung
6«
117/
Fig. 2.
I
2 1 * 72
3 17^.
Zur Kontrolle und zum Ausgleich von Be-
obachtungsfehlern kann man dieselbe Versuchs-
reihe mit umgekehrter Stromrichtung noch ein-
mal wiederholen.
Nun mache man eine zweite Versuchsreihe.
464
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^ng. No. 20.
Man stelle den einfachen Stromleiter wieder an
die Bussole und entferne den Doppelleiter. Dar-
auf reguliere man R so, dass der Leiter Ly
allein die Ablenkung iiVa^ hervorruft. Ver-
tauscht man darauf den einfachen Leiter mit
dem Doppelleiter, ohne etwas an der Strom-
stärke zu ändern, so ruft L^ die Ablenkung
22^ und die beiden Leiter L^ und L^ zusammen
die Ablenkung 31® hervor. Offenbar ist bei
der ganzen zweiten Versuchsreihe die Strom-
stärke doppelt so gross gewesen, wie bei der
ersten Versuchsreihe, daher rührt die Ablenkung
iiV2^ 22^ 31^ von den Stromstärken: 2, 4, 6
her. Die Beobachtungsresultate werden der Ta-
belle aus der ersten Versuchsreihe zugefugt.
Eine dritte Versuchsreihe beginnt damit, dass
man den Strom mittels R so einreguliert, dass
der Leiter Z, allein die Ablenkung 17^ erzeugt.
Es herrscht jetzt im ganzen Stromkreise die
Stromstärke 3 (wie sich aus den Beobachtungen
der ersten Versuchsreihe ergiebt). Die von L^
allein, von L^ allein und von Zj und L^ zusammen
erzeugten Ablenkungen werden abgelesen. Die
Resultate sind, dass den Stromstärken 3, 6, 9
die Ablenkungen 17^ 31^, 42^ entsprechen.
Eine vierte Versuchsreihe beginnt mit der Ab-
lenkung 22^ beim einfachen Leiter. Die Versuchs-
resultate sind: die Stromstärken 4, 8, 12 bringen
die Ablenkungen 22^ 38'/2^ 48'// hervor.
In derselben Weise fortfahrend erhält man alle
Stromstärken, die durch solche Zahlen ausge-
drückt werden, die die Faktoren i, 2 und 3 haben.
Folgende Tabelle enthält alle nach diesem
Verfahren messbaren Stromstärken von i bis
64 mit den zugehörigen Ablenkungen:
Stromstärke
Ablenkung
I
6»
2
11'//
3
'K
4
22«
6
31"
8
38 Vi"
9
42»
12
5°1!
16
58»
18
6IO
24
67'/»*
27
69'/
32
73»
36
74'//
48
78»
54
79 V
64
81«.
Diese Beobachtungsresultate benutzt man
dann zur Konstruktion einer Kurve, bei der die
Ablenkungen die Abszissen und die zugehörigen
Stromstärken die Ordinaten sind. Die beob-
achteten Werte ergeben hinreichend nahe
liegende Punkte, um die Kurven mit grösster
Sorgfalt auszeichnen zu können.
Fig. 3 zeigt die nach den Beobachtungen
gezeichnete Kurve. Die beobachteten Punkte
sind durch kleine Kreuze angedeutet. Die Kurve
ist natürlich nichts anderes als die Tangenten-
70
4
60
J
*
/
1
SO
}
f
^
/
i
f
30
/
}
r
*
20
j
/
y
/
10
-^
^
'^
.»-^
^b-"
jk^
_
mr-
•
f%
^%j\
n
^%
'
0
10 20 oO VC/ ou w iu
oc
00
kurve, aber es ist bemerkenswert, wie genau
die auf diesem empirischen Wege gezeichnete
Kurve mit der errechneten Tangentenkurve
übereinstimmt. Die Wahl des Anfangswinkels
von 6^ ist damit begründet, dass 4f 6® nahezu
gleich o, I ist. Natürlich kann man auch jeden
anderen Anfangswert benutzen.
Man kann jetzt die gezeichnete Kurve un-
mittelbar benutzen, um die Stromstärke eines
unbekannten Stromes, der eine beobachtete
Ablenkung erzeugt, direkt abzulesen. Will man
die Stromstärke nicht durch die bei den Eichungs-
versuchen willkürlich gewählte Einheit aus-
drücken, sondern z. B. in Ampere, so braucht
man nur durch eine oder einige Beobachtungen
mit bekannten Stromstärken den Reduktions-
faktor durch den Versuch zu bestimmen, wenn
man ihn nicht mittels der Formel
SrN
berech-
nen will. Im vorliegenden Falle beträgt der
Reduktionsfaktor für //^= 0,2 und r= 10 cm
/f = 3,i8.
Zweite Art der Eichung (Additions-
methode):
Fig. 4 zeigt das Schaltungsschema dieser
Eichungsmethode. Ein wesentlicher Unterschied
derselben gegenüber der ersten besteht darin,
dass man hierzu zweier unabhängiger Strom-
Fig. 4.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
465
kreise bedarf, von denen der eine durch einen
Rheostaten regulierbar den Leiter Z,, der andere
ebenfalls regulierbar den Leiter L^ durchfliesst.
Hierbei stehen beide Kreisleiter gleichzeitig an
der Bussole.
Die Stromquelle E^ steht durch den Rheo-
staten -^1 , den Umschalter C/, und die Doppel-
leitungsschnur ^1 mit dem Leiter L^ in dauern-
der Verbindung. Ebenso fliesst der von E^
ausgehende Strom durch den Rheostaten /?2,
den Umschalter LL^ die Doppelschnur S<i und
den Doppelleiter f^.
Diese zweite Eichungsmethode erinnert ent-
fernt an die von Kolbe angewandte Methode
der Eichung eines Galvanometers, insofern zu
der Wirkung eines Stromkreises immer derselbe
konstante Summand hinzugefügt wird'), weicht
aber darin wesentlich von der Kol besehen
Methode ab, dass kein Hilfsmagnet angewandt
wird, sondern dass die Summierung der Strom-
wirkungen durch elektrische Ströme hervor-
gerufen wird, die genau an der Stelle wirken,
an der beim Gebrauch auch die zu messenden
Ströme die Ablenkungen hervorrufen.
Zur Ausfuhrung der Eichung schliesst man
den Strom / und reguliert den Rheostaten so,
bis der Kreisleiter /,, wieder die Ablenkung
6^ erzeugt. Nun öffnet man Stromkreis / ohne
an der Stellung von R^ irgend etwas zu ändern
und schliesst Strom //. Auch hier reguliert
man R^ so lange, bis L<i die Ablenkung 6^ erzeugt.
Schliesst man jetzt beide Stromkreise, doch
so, dass die beiden Ströme die Kreisleiter im
entgegengesetzten Sinne durchfliessen, so darf
kein Anschlag erfolgen, wenn beide Strom-
wirkungen gleich sind. Durchlaufen aber beide
Ströme die Kreisleiter in derselben Richtung,
so wird die Ablenkung iiV2^ hervorgerufen.
Diese Ablenkung wird also durch die doppelte
Stromwirkung erzeugt, wie die Ablenkung von
6^ Nur erzeugt man die Ablenkung von 1 1 V2^
durch Stromkreis // allein, indem man / öffnet
und den Widerstand von R<i passend ver-
ändert. Darauf schliesst man / auch. Die jetzt
vorhandene dreifache Stromstärke erzeugt 17®
Ablenkung. Dann wird diese Ablenkung wieder
allein durch den Strom // bewirkt und darauf
die Wirkung des immer noch unveränderten
Stromes / hinzugefügt. So fortfahrend kann
man allmählich die Wirkung jeder beliebigen
Stromstärke ablesen. Ist man zu grösseren
Stromstärken gekommen, so würde die stetige
Addition des Stromes „eins" ermüdend werden.
Man kann aber nun unter Benutzung der aus
den ersten Versuchen bekannten Ablenkungen
auch den Strom / auf irgend eine beliebige
andere, früher beobachtete Stärke bringen, und
demnach als willkürlichen Summanden eine
i) Koble, Einführung in die Elektrizitätslehre II, b. 67.
grössere Zahl auswählen. Durch Umschalten
der Stromrichtung von / kann man sogar einen
Subtrahenden einfuhren, hat es also ganz in der
Hand, an irgend einer beliebigen Stelle grosse,
an einer anderen kleine Intervalle einzufügen.
Die Beobachtungsresultate werden dann genau
wie bei der ersten Eichungsmethode tabellarisch
geordnet und zur Konstruktion einer Ablenkungs-
kurve benutzt. Auch diese Additionsmethode
ergiebt Resultate, die genau mit der Abhängig-
keit i = R ' tgd übereinstimmen, solange man
innerhalb der Grenzen bleibt, für welche das
Gesetz noch gilt.
Schlussbemerkung: Die erste Methode
der Eichung mit einem Stromkreise hat den
Vorzug grösserer Genauigkeit, da man mehr
als bei der zweiten Methode von den Schwan-
kungen der Stromquellen unabhängig ist, weil man
nur eine Stromquelle hat. Die zweite Methode
zeichnet sich dadurch aus, dass sie anwendbar
ist auf jedes Galvanometer, das zwei getrennte
Wickelungen besitzt, also z. B. auf ein Diffe-
rentialgalvanometer oder ein Vorlesungs- Wage-
galvanometer mit zwei Wickelungen. Aber
auch wenn nur eine Wickelung vorhanden ist,
kann man leicht auf der vorhandenen Wickelung
eine Hilfswickelung anbringen, die als kon-
stanter Summand benutzt werden kann.
Die Eichung nach der Additionsmethode
hat vor der Kol besehen Eichungsmethode den
Vorzug, dass bei der ganzen Versuchsreihe die
Form des magnetischen Feldes immer unver-
ändert dieselbe bleibt. Bei der Kolbe sehen
Methode kann man zwar erreichen, dass die
Feldstärke, die ein Stromkreis erzeugt, an einem
bestimmten Punkte gleich der Feldstärke ist,
die von einem oder zwei Hilfsmagneten hervor-
gerufen ist. Dann stimmen aber gewiss wegen
der Formverschiedenheit der beiden Felder die
Feldstärken in einem benachbarten Punkte nicht
mehr überein. Deshalb ist der durch die ver-
änderte Stellung der Magnetnadel bei grösserer
oder geringerer Ablenkung bedingte Ortsunter-
schied auch mit einem Unterschied in der F'eld-
intensität verbunden. Diese Verschiedenheit
kommt aber bei den oben ausgeführten Eichungs-
verfahren vollkommen in Wegfall, da die Form
des Feldes stets ungeändert bleibt.')
i) Der Apparat ist von der optisch-mechanischen Firma
A. Krüss-Hamburg, Adolphsbrücke, nach meinen Angaben ge-
baut und auch von dort zu benehen.
(Eingegangen 2. Juni 1902.)
Mitteilungen aus dem physikalisch-mecha-
nischen Institute von Prof. Dr. M. Th. Edel-
mann.
No. 1: M. Edelmann, Ein neuer Sohulkompensator.
Die vielfache Verwendung des Kompensators,
welche derselbe in neuerer Zeit in der Praxis
466
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
findet, Hess es wünschenswert erscheinen, einen
solchen speziell für Schulzwecke zu bauen. Haupt-
momente hierbei sind natürlich Übersichtlichkeit,
BilligkeitunduniverselleAnwendungsmöglichkeit.
Ich möchte zunächst eine kurze Beschreibung
des Apparates, den Fig. i in Ansicht zeigt,
geben. Er besteht im wesentlichen aus 37
Fig. 1.
hintereinander geschalteten Widerstandsrollen,
nämlich 9 x looo, 9 x 100, 9 x 10 und 10 x
1 Ohm, also in Summa loooo Ohm. Jeweils
Anfeng und Ende zweier benachbarter Wider-
stände sind an einen Messingklotz gelegt, über
welche Messingklötze der Schleifkontakt zur Ein-
stellung des benötigten Wertes gleitet, jede
Dekade bezw. Nonade wird von einem eigenen
Schieber, nämlich C, E, /^und G bedient. Hier-
durch wird der flir den Stromkreis der kleineren
E, M. K, zu wählende Widerstand variiert. Die
zwei mittleren Schieber F und E schliessen
je nach Bedarf Teile der Gesamtsumme KOn
toooo Ohm kurz, worauf, wie später ausgeführt
werden soll, wohl zu achten ist. Bei A wird
die grössere E. M. K., bei B die kleinere ein-
geschaltet. ,9 ist ein Stromschlüssel für £*,
welcher bei Lage des Riegels T wie in der
Figur nur durch 10000 Ohm schliesst. Erst
nach Umlegen von T nach links kann man den
Strom durch Null schliessen, wobei der Schlüssel
aber immer gezwungen ist, zuerst den Kontakt
loooo zu berühren. Dadurch wird der Beob-
achter sofort gegebenenfalls aufmerksam ge-
macht, dass die Kompensation noch lange nicht
erreicht ist, während das Galvanometer nicht
unnötig in Unruhe gerät. Das Galvanometer
wird bei D angeschlossen. Auf der Figur un-
sichtbar ist auf der rechten Seite noch ein
Schraubstromschlüssel für die P-. M. K. E ' an-
gebracht. H ist eine Brücke aus Messing, an
deren Stelle ein eventuell erforderlicher Rrgän-
zungswiderstandssatz eingeschaltet werden kann.
Der ganze Apparat ist auf ein Mahagonibrett
von S9 cm Länge und 22 cm Breite mit Hart-
gummifussen montiert. Sämtliche Leitungen sind
offen und übersichtlich nach dem in den Schulen
gebräuchlichen Schaltungsschema angeordnet.
Der Apparat gestattet sämtliche gebräuchlichen
Kompensationsmethoden, sowie Verwendung als
Regulierwiderstand und dürfte nicht nur fiir
Schulen ein äusserst instruktives Hilfsmittel,
sondern auch für das Gebrauchslaboratorium ein
willkommener Messapparat sein.
Bekanntermassen unterscheidet man zwischen
einfacher und doppelter Kompensation, d. h.
man kompensiert eine als Normale gedachte
E. M, K, direkt oder indirekt unter Vermittelung
einer konstanten Hilfebatterie gegen eine unbe-
kannte, also zu bestimmende E. M. K. Von den
Weiterungen, die sich aus diesen Messungen
ei^eben, wie z. B. Eichung von Strom- und
Spannungsmessem, will ich Abstand nehmen.
I. Einfache Kompensation.
Man schaltet die grössere E. M. K. an einen
Gesamtwiderstand, längs dessen man in wider-
standsvariabler Weise die zweite E. M. K. gleich-
falls parallel unter Vorschaltung eines Galvano-
meters legt. F'indet bei Stromschiuss kein
Ausschlag des Galvanometers statt, dann gilt
die Beziehung:
^= Ä,
E^ Äj '
wobei unter Ä, der zu E^ und unter R^ der
zu £"j parallel gelegte Widerstands wert gedacht
ist. Der Apparat wird nach Schaltung Fig. 2
hierbei benützt. Beim numerischen Einsetzen
des Wertes von Ä, ist der von den Schiebern
/; oder F kurzgeschlossene Widerstand von
lOOOO Ohm natürlich in Abzug zu bringen,
während R^ den direkt unter den Schieberaus-
schnitten erscheinenden Wert darstellt Steht
Schieber E und /^auf o, dann sind von lOOoo Ohm
900 bezw. 90 Ohm, bei Stellung 100 oder 10
Soo bezw. 80 Ohm, bei Stellung 200 oder 20
700 bezw. 70 Ohm abzuziehen u. s. w.
Eine ausgeführte Kompensation eines Clark-
ElementesgegenzweiColumbus-Trockenelemente
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
467
ergab unter Anwendung von Interpolation der
Zehntel-Ohm folgende Resultate:
Schieberstellung Ausschlag
4322 22 mm rechts
4323 3 „ links,
woraus sich als Kompensationswert ergiebt:
R2 = 4322,88 Ohm. Ry rechnet sich dann wie
folgt : Schieber G und C schliessen keine Werte
kurz, also verbleiben zunächst 9010 Ohm.
Schieber E stand auf 20, schloss also 70 Ohm
kurz. Schieber F stand auf 300, schloss also
diese wiederum gegen eine unbekannte E. M. K.
(EH) kompensiert. Es ergiebt sich dann:
EJ__R^
E'^a ~ R^
und ^}_ _ R^
EH ~ R^ '
woraus E'^a R^
'EH^ R^
Diese Beziehung gilt aber nur, wenn für beide
Messungen R\ und E * konstant geblieben sind.
Fig. 3.
600 Ohm kurz. Es sind demnach also von
loooo Ohm 670 Ohm in Abzug zu bringen;
mithin ist R^ = 93 30 Ohm. Die Berechnung
von £", ergiebt alsdann (das Clark-Element hatte
17^ C.) ^1 = 3,08 Volt. Mit dieser einfachen
Kompensation wird man den Schüler zwecks
Erklärung der Methoden überhaupt, sowie des
Apparates als solchen beginnen lassen.
II. Doppelte Kompensation.
Diese beruht darauf, dass man eine bekannte
E. M. K. [E'^a) gegen eine Hilfsbatterie [E •) und
Deshalb nimmt man für E ^ Akkumulatoren oder
gute Trockenelemente. R^ wird dadurch kon-
stant erhalten, dass man in einem bei H ein-
zuschaltenden Rheostaten die Werte ergänzend
zuschaltet, welche durch die Schieber E und F
kurz geschlossen werden. Dadurch bleibt dann
^1 immer gleich lOOOO Ohm. Diese Anordnung
erläutert dem Schüler in augenscheinlichster
Weise die Schaltung der Gebrauchskompen-
satoren mit automatischer Konstanthaltung von
^1 durch Doppelkurbel. Was also durch E und
F ab- bezw. kurzgeschaltet wird, muss bei H
%
I gib
-AAV-
yva.
Fig. 4.
468
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
zugeschaltet werden. Schaltungsschema Fig. 3
zeigt die Anwendung des Apparates hierzu. Bei
E*^ schalte man einen Quecksilberkommutator
an, welcher die Vertauschung des Normal-
elementes mit der unbekannten E. M. K. ge-
stattet.
Eine ausgeführte Kompensation von Weston-
Element gegen Clark-Element( 17^) ergab folgende
Resultate;
Element Schieberstcllung Ausschlag Wert
Weston 6562 7 mm links 6561,22
6561 2 „ rechts
Clark 9223 15 „ links 9222,25
9222 S „ rechts
E. M. K. des Clark-Elements =1,432 Volt.
III. Kompensation bei direkter Ablesung.
Für den praktischen Gebrauch eicht man
den Kompensator meist vorher aus, um direkt
an demselben ohne weitere Rechnung die Span-
nungswerte ablesen zu können. Zu diesem
Zwecke dient Schaltungsschema Fig. 4. Man
schaltet vor E^, das hier ca. 10 — 12 Volt be-
tragen muss, einen Regulierwiderstand M, So-
dann stellt man die Schieber auf Werte, die im
direkten dekadischen Verhältnisse unter Aus-
nützung sämtlicher Stellen, z. B. Weston-Element
(= 1,019 Volt) 2i"f \o\^ ein, ergänzt bei //'die
durch F und E etwa kurzgeschlossenen Werte
der Hunderter- oder Zehnemonade und reguliert
nun bei M so lange, bis das Galvanometer bei
Stromschluss mit 5 auf 0 verbleibt. Damit ist
der Apparat ausgeeicht, die Stellung bezw. der
Wert von M darf während der Messungen nicht
mehr verändert werden. Schaltet man nun bei E*^
eine unbekannte E. M.K. ein und kompensiert aus,
wobei man wiederum selbstverständlich die durch
E und F kurzgeschlossenen Widerstandswerte
bei //zu ergänzen hat, dann kann man bei Null-
strom im Galvanometer die unbekannte E. M. K.
direkt an den Schiebern ablesen und zwar unter
Beobachtung des vorher beim Eichen gewählten
dekadischen Verhältnisses.
Eine ausgeführte Kompensation ergab fol-
gende Resultate:
Als Normale wurde das Weston-Element
genommen; es standen beim Eichen also die
Schieber auf 1019, während in H 980 Ohm ein-
geschaltet waren.
Die Kompensation des Clark-Elementes fand
statt bei:
Schieberstellung Ausschlag
1433 80 mm links
1432 35 » rechts.
Somit ergiebt sich für das Clark-Element (17^)
eine E. M. K. von 1,43228 Volt.
Die Verwendung des Apparates als Regulier-
widferstand geschieht unter Benützung der Klem-
men der Schieber C und C Das Instrument,
das sich im Verhältnis zu anderen Kon^^en-
satoren durch Billigkeit und grösste Übersicht-
lichkeit auszeichnet, wird vom physik.-mechan.
Institut von Professor Dr. M. Th. Edelmann-
München ausgeführt.
(Eingegangen 19. Juni 1902.)
Über die Empfindlichkeit und Trägheit von
Selenzellen.
Von Ernst Ruhmer.
Bei der mannigfachen Anwendung, welche
Selenzellen neuerdings im Laboratorium und in
der Praxis finden, macht sich das Fehlen eines
einheitlichen Masses ihrer Lichtempfindlichkeit
recht fühlbar. Wohl wird dafür allgemein die
Widerstandsänderung der Zellen im Dunkeln
und bei Beleuchtung gewählt, allein über die
dabei anzuwendende Lichtintensität giebt es
keine Vereinbarung.
Während ein Experimentator die Prüfung mit
2 Normalkerzen aus i m Entfernung vornimmt *),
bestimmt ein anderer die Widerstandsänderung
im grellen Magnesia- oder Sonnenlicht.
Nun zeigen aber die Selenzellen, wie im
folgenden an einigen Beispielen gezeigt werden
soll, je nach ihrer Herstellungsweise,
gegen Beleuchtung ein ganz verschie-
denes Verhalten.
Die eine Art Zellen, die ich als „harte"
bezeichnen möchte, ändern ihren Widerstand
bei schwacher Beleuchtung relativ in geringerem
Masse als die „weichen" Zellen. Letztere
sind für schwache Lichteindrücke sehr em-
pfindlich, ändern ihren Widerstand aber bei
intensiver Beleuchtung verhältnismässig weniger
als die harten Zellen. Aus der Existenz dieser
beiden verschiedenen Arten von Zellen erklärt
sich auch die verschiedene Beurteilung einer
und derselben Zelle seitens verschiedener Beob-
achter und die Zweckmässigkeit der Anwendung
verschiedener Arten von Zellen für spezielle
Zwecke.
Zu den im folgenden wiedergegebenen Be-
obachtungen wählte ich einige nach dem System
Shelford-Bidwell hergestellte eigne Zellen, sowie
eine mir vom verstorbenen Herrn Clausen vor
circa einem Jahre freundlichst überlassene Zelle
und zwar:
1. Zelle Nr. 69, ca. 2 Jahr alt, 0,2 mm
Kupferdrähte auf ein flaches Schiefertäfelchen
in I mm Abstand gewickelt, Grösse: 43 mm x
26 mm.
2. Zelle Nr. T*], ca. i V2 Jahre alt, 0,2 mm
Kupferdrähte auf ein flaches Schiefertäfelchen
i) vgl. H. Th. Simon und M.Reich, diese Zeitschrift,
8, 285, 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20,
469
Anv
60000
p 0^4i^vO
^»SOit/
^^ ^^^^^^^^^^^^r tt^V^k^
Fig. I.
Flg. 2.
470
PhysikäHsdie Zeftsthrift.. 3. Jahrgang. Nö. 20.
in I faim Abstand gewickelt, Grösse: 30 mm x
25 mni.
3. Zelle Nr. 112, ca. 2 Monate alt, 0,2 mm
Kupferdrähte auf ein flaches Porzellantäfelchen
in ^/4 mm_Abstand gewickelt, Grösse: 52 mm X
28 mm.
4. Clausens Zelle, ca. i Jahre alt, 0,2 mm
Kupferdrähte auf ein flaches Schiefertäfelchen
in I mm Abstand gewickelt, Grösse: 43 mm x
24 mm.
5. Cylinder Zelle Nr. 8, ca. 2 Monate alt,
0,2 mm Kupferdrähte auf einen Porzellancylinder
gewickelt. Grösse: 50 mm lang, 18 mm Durch-
messer; in evakuierter Glasbirne montiert, ver-
sehen mit Edisonfassung.
DieWid erstände dieser Zellen wurden zunächst
im Dunkeln, nachdem dieselben mindestens
24 Stunden vorher kein Licht bekommen hatten,
gemessen. Sodann wurden die Zellen im völlig ver-
dunkelten Laboratorium mittels einer 50 kerzigen
Glühlampe aus verschiedener Entfernung, und zwar
mit 3 ^/j m beginnend, um je V2 ^ sich nähernd,
bis in unmittelbare Nähe, beleuchtet, und der
Widerstand, nachdem derselbe konstant ge-
worden war, abermals bestimmt. Um den Ein-
fluss etwaiger Erwärmung der Selenschicht zu
eliminieren, wurden nur schwache Strom-
stärken verwendet und ausserdem die Wärme-
strahlen der Glühlampe abgeblendet Über den
Einfluss der Temperatur soll später besonders
berichtet werden.
Die Resultate der Widerstandsmessungen
sind in Tabelle I notiert und in Fig. i graphisch
aufgetragen. Fig. 2 zeigt die Abhängigkeit des
Widerstandes von der Beleuchtung (Ohm: Lux).
Daraus ist folgendes zu ersehen:
Der Widerstand aller Zellen nimmt zwar mit
zunehmender Beleuchtung ab, jedoch bei den
verschiedenen Zellen in ungleicher Weise.
Während die harte Zelle Nr. 77 bei 4,6 Lux
erst um 25000 £, d. h. um etwa 25 Proz.
ihres Dunkelwiderstandes gesunken ist, fkllt sie
bei stärkerer Beleuchtung, etwa zwischen 22,2
und 20000 Lux um 54000 — 6000 = 48000 ß,
d. h. um etwa doppelt soviel (48 Proz.).
Ebenso fällt der Widerstand der Clausen-
schen Zelle bei schwacher Beleuchtung lang-
sam; er beträgt bei 4,6 Lux noch 60000 ß,
hat sich also nur um loooo «2 vermindert,
d. h. um etwa 16^/3 Proz. des Dunkelwider-
standes. Hingegen sinkt er zwischen 22,2 und
20000 Lux um 55000 — 19000 = 36000 i2,
d. h. mehr als dreimal so stark (60 Proz.) als
bei der schwachen Beleuchtung vorher. Ks ist
also auch die Clause nsche 2^11e eine harte.
Ganz anders verhalten sich dagegen die
Zellen Nr. 69, 112 und 8, welche bei schwacher
Beleuchtung ungleich stärker und bei intensiver
Beleuchtung in viel geringerem Grade ihren
Widerstand verändern, als die harten Zellen und
die ich deshalb als „weich" bezeichne. Um
nur eine derselben zum Vergleich heranzuziehen,
so fällt der Widerstand der Nr. 69 zwischen
o — 4,6 Lux um 20000 Q, d. h. um 50 Proz.
ihres Dunkelwiderstandes, zwischen 22,2 und
22000 Lux um 12300 — 2300 == lOOOO fi,
d. h. nur halb so viel als vorhin (25 Proz.).
Aus den angeführten Beispielen glaube ich,
das in der Einleitung erwähnte, unter Umständen
ganz verschiedene Verhalten der Zellen bei
schwacher und intensiver Beleuchtung deutlich
gezeigt zu haben. Die verschiedene Beurteilung
der Empflndlichkeit einer und derselben Zelle
je nach der angewendeten Messmethode ist da-
nach sehr erklärlich. Aber es folg^ auch für
die Praxis die Zweckmässigkeit, je nach dem
Beleuchtungsintervall, das in Frage kommt,
verschiedene Arten von Zellen zu benutzen.
Ein jeder, der sich mit photophonischen, resp.
photographophonischen Versuchen beschäftigt
Tabelle I.
Widerstände einiger Selenzellen bei Beleuchtung mittels 50 kz Glühlampe aus
verschiedener Entfernung.
Entferaung
No.
69
No.
77
No.
112
Clausen
No. 8
Lux
in nr
£i
Müli-A.
^
MilU-A.
^
Milli-A.
i2
Müli-A.
£i
Milli-A.
CO
. 4^000
0.25
100 000
O.I
18000
0.55
70000
0.14
35000
0.28
0
3.5
1 20000
0.5
75000
0.13
7000
1-45
60000
0.17
17500
0.57
4.6
3
: iSooo .
0.55
70000
0.14
6100
1.64
58000
0.17
15750
0.63
5.6
2-5
16000
0.63
66000
0.15
5750
»•74
57000
0.17
14000
0.71
8.0
2
14300
0.70
60000
0.17
5050
1.98
56000
0.18
12000
t).83
! 12.5
. «'S
t 12300
0.81
54000
0.18
4300
2.32
55000
0.18
lOOOO
I.OO
22.2
1
t lOOOO
I.O
47000
0.21
3550
2.81
53000
0.19
7750
1.29
50.0
0.5
70QD
145
35000
0.2S
2400
4.16
44000
0.23
5000
2.00
200.0
04
1 5750
r.74
30000
0.33
2150
4.65
42000
0.24
4300
2.32
3«2.5
03
5000
2.0
26000
0.38
1800
5.56
38000
0.26
3850
2.59
555-6
0.25
4700
2.12
23000
0.43
1580
6.33
37000
0.27
3450
2.90
800.0
0.2
4000
2.5
20000
0.50
1390
7.20
36000
0.28
3000
3.33 1
1 250.0
- 0.1
3000
3.33
14000
0.71
1000
10.00
29000
0.34
2300
4.35
5000.0
0.05
2300
4.35
6000
1.67
700
1430
19000
0.53
1600
6.25
20000.0
0.025
1950
513
—
620
16.13
—
—
1 100
9.10
80000.0
Physikalische Zdtscbrift. ■ 3- Jahrgang. No. 20! .
hat, wird derartige ' Beobachtungen gemacht
haben. Besonders deutlich zeigt sich dieser
Umstand aber bei Relaisexperimenten, Bei
durchschnittlich starker Beleuchtung wird man
besser harte Zellen, bei schwacher Beleuchtung
dagegen weiche Zellen anwenden, uni mittels
geringer BeleuchtungsdilTerenzen ein Relais zu
bethätigen.
Ich hofle, später eine ausführliche Darstellung
der elektrotechnischen Anwendungen der Selen-
zellen zu geben, und werde dann auf diesen
Punkt näher eingehoi.
Das soeben beschriebene, voneinander wesent-
lich abweichende Verhalten der Selenzellen bei
matter und greller Beleuchtung hat, wie bereits
oben angedeutet wurde, seinen Grund in der
Herstellungsweise derselben. Um nämlich die
krystallinische Modifikation des Selens zu er-
halten, die allein die stromteitende und unter
gewissen Umständen (wie später anlässlich einer
Erklärung der Lichtwirkung ausführlicher aus-
einandergesetzt werden soll) auch die uns haupt-
sächlich interessierende lichtempfindliche Eigen-
schaft besitzt, kann man auf zweierlei Weise
verfahren. Streicht man ein mit Kupferdraht
bititar bewickeltes Täfelchen , das bis über
100* C. erhitzt wurde, mit dem schwarzen,
siegellackartigen Stangenselen und lässt die
Masse unter Umrühren oder Erschütterungen
rasch bis zum Erstarren abkühlen, so erhält
man eine harte Zelle (Krystallmehl). Wird
dagegen das Täfelchen langsam abgekühlt,
nachträglich aber bis etwa 200° C. erhitzt, so
erhält man eine Zelle, mit den vorher als weich
bezeichneten Eigenschaften, die eine grobkörnig
krystallinische Struktur besitzt.
Hiermit möchte ich auch das ganz sonder-
bare Verhalten der zu obigen Messungen mit-
benutzten Clausenschen Zelle zu erklären ver-
suchen.
Wie man aus dem Verlaufe der Widerstands-
kurve dieser Zelle bei verschiedener Entfernung
der Lichtquelle (Fig. 1} erkennt, hat dieselbe
bei einer Entfernung der Lichtquelle zwischen
3 und I Meter einen Wendepunkt. Welche
Ursache mag dieses un regelmassige Verhalten
dieser Zelle, das ihr gewiss nicht zum Lobe
dienen kann, haben?
Wahrscheinlich wurde die Zelle auf die vor-
hin zuerst beschriebene Weise hergestellt, hatte
also die Eigenschaften der von mir als hart be-
zeichneten Zellen angenommen. Nachträglich
wird sie dann nochmals erhitzt worden sein,
jedoch in unzureichendem Masse, um eine völlige
Krystallumlagerung in die grobkörnige Struktur
herb ei zu fuhren.
Die Zelle enthält daher beide, von mir als
hart, bezw, weich bezeichneten Modifikationen
und beide trachten, den Widerstand bei Be-
leuchtung auf ihre Weise herabzusetzen. Die
Wirkungen superponieren sich wohl im allge-
meinen, allein da die Widerstandskurve der
harten Zellen in " ganz anderer Weise verläuft,
als die Kurve der weichen ZeDea, so kommt
jener unregelmässige Verlauf zu stände.
In Fig. 3 habe ich aus der schematisch,
allerdings übertrieben gezeichneten Widerstands-
Fig. 3-
kurve Je einer harten und einer weichen Zelle,
eine mittlere Widerstandskurve konstruiert, die
in der That einen ähnlichen Verlauf zeigt, wie
die Kurve der Clausenschen Zelle. —
Das Widerstandsverhältnis der fünf gemessenen
Zellen im Dunkeln und bei greller Beleuchtung
stellt sich folgendermassen :
Tabelle II:
Zelle Ni. Form Bezeichnung Widerstände Quotient
69 flach weich 40000:1950 20,5
77 flach hart iooooo;6ooo 16,6
1 12 flach weich 18000:620 29,0
Clausen flach hart 7000a: 191X» 3,7
8 cylindrisch weich 35000:1100 31,8
Die weichen Zellen sind also die bei weitem
empfindlicheren und die cyündrische Zelle in
evakuierter Glasbirne mit fast 32 fachem Wider-
stand squotienten ist die empfindlichste unter
ihnen, sie ist etwa 8 mal empfindlicher als die
Clausensche. Dabei ist noch zu berücksich-
tigen, dass diese cylindrische Zelle bei der an-
gewendeten Beleuchtung nur auf einer Hälfte
und dazu noch in unvorteithafler Weise Licht
bekam, während sich die andere Hälfte natur-
gemäss im Schatten befand, somit nicht nur
keine völlige Ausnutzung der lichtempfindlichen
Schicht, sondern sogar ein schädigender Neben-
schluss stattfand. Die Cylinderzetle ist ihrer
Konstruktion nach bestimmt, in der Brennlinie
eines Reflektors angebracht zu werden und
würde in diesem Falle, bei gleichmässiger Be-
leuchtung, wahrscheinlich noch mehr geleistet
haben.
Ein Vorzug der weichen Zellen ist ferner
ihr im allgemeinen niedriger Widerstand, inso-
fern man zu ihrem Betriebe keine grossen Bat-
terien nötig hat. Die Zelle Nr. 112 ist z. B.
schon mit einem einzigen Trockenelement be-
fähigt, ein empfüidliches , für diese Zwecke
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahr^ng. No. zo.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
473
besonders konstruiertes Relais, über das ge-
legentlich berichtet werden soll, zu bethätigen.
Ich besitze Zellen gleicher Art von noch be-
deutend niedrigerem Widerstand bei gleicher
Empfindlichkeit. Stellt man Selenzellen mit
sehr geringer Dicke der lichtempfind-
lichen Schicht (ca. V20 ^^ ^^^ darunter) her,
so kann man die Lichtempfindlichkeit um ein
Beträchtliches steigern, allerdings auf Kosten
des niedrigen Widerstandes. Herr J. W. Giltay
fertigt derartige Zellen nach einer besonderen Me-
thode. Ich habe neuerdings ebenfalls cylindrische
Zellen mit sehr dünnen (ca. Vi 00 n^n^) Schichten,
allerdings auf andere Art und Weise hergestellt.
Ich möchte mir einige Mitteilungen über solche
Zellen mit sehr dünnen Schichten und ihre auf den
ersten Blick höchst merkwürdigen Eigenschaften
für später aufbewahren, will hier aber wenig-
stens anfuhren, dass eine dieser Zellen bei einem
Widerstände von ca. 900000 i2, bei einer
Beleuchtung von 50 Lux auf ca. 69100 ß,
sinkt ,^ der Widerstandsquotient für diese Be-
leuchtung also nahezu 13 ist, während er bei
gleicher Beleuchtung für die empfindlichste der
in Tabelle I enthaltenen Cylinderzelle Nr. 8 noch
nicht 5 beträgt.
Durch geeignete Konstruktionen der Zellen,
namentlich durch eine grosse Elektrodenober-
fläche, muss man trachten, die aus den dünnen
Schichten sich ergebenden hohen Widerstände
herabzusetzen.
Eine fernere Eigentümlichkeit bei Selenzellen,
auf welche ich bei dieser Gelegenheit eingehen
möchte, besteht in deren Trägheit.
Es ist bekannt, dass eine Selenzelle nach
erfolgter Belichtung nicht sofort wieder ihren
ursprünglichen Widerstand annimmt, sondern
erst nach Verlauf einer gewissen Zeit. Auf
diesen Umstand hat wohl zuerst S. Kalischer')
i) Wied. Ann., 31, S. loi ff.
anlässlich seiner photoelektromotorischen Unter-
suchungen aufmerksam gemacht und ihn als
eine „Nachwirkung des Lichts im Selen" be-
zeichnet. Derselbe beobachtete auch, dass diese
Nachwirkung in Abhängigkeit steht von der
Intensität und Dauer der stattgehabten Be-
leuchtung, doch machte er nur einige Angaben
über die Zeit, innerhalb welcher die schwach
belichtete Zelle zu ihrem Dunkelwiderstand zu-
rückkehrte, ohne auf den zeitlichen Verlauf der
Widerstandsänderung einzugehen.
Beobachtet man die Abnahme des Wider-
standes einer im Dunkeln gehaltenen Zelle
nach plötzlicher starker Belichtung, so zeigt
es sich, dass auch die Abnahme des Wider-
standes keine momentane ist, wenn sie auch
ganz bedeutend schneller erfolgt, also die vor-
hin erwähnte Zunahme nach erfolgter Ver-
dunkelung. Da man füglich nicht gut von einer
„Nachwirkung der Dunkelheit" sprechen kann,
so möchte ich mir gestatten, dies Verhalten der
Selenzellen als Trägheit zu bezeichnen.
Um diese Trägheit in ihrem zeitlichen Ver-
laufe zu charakterisieren, habe ich einige Wider-
standsmessungen gemacht, und zwar, nachdem
die bis dahin im Dunkeln aufbewahrten Zellen
plötzlich eine grelle Beleuchtung erfuhren, anderer-
seits, nachdem sie eine Zeit lang grell beleuchtet
worden waren, plötzlich wieder verdunkelt wur-
den. ^) Zu diesen Beobachtungen wurden die Zellen
zunächst in ihren Behältern belassen, plötzlich
von einer 1 6 kerzigen Glühlampe aus 40 cm
Entfernung belichtet. Die Widerstände wurden
zuerst sekundenweise, dann von 5 zu 5, endlich
von 10 zu 10 Sekunden bis zur Gesamtdauer
einer Belichtung von 5 Minuten notiert. Hierauf
l) Leider konnten wegen Zeitmangels nicht durchgehends
ausgeruhte Zellen verwendet werden. Die Zahlenwerte für
No. 112 und No. 8 sind daher zu niedrig.
Tabelle III.
I. Widerstände nach plötzlicher Beleuchtung.
Zelle
No.
Dunkel-
widerst.
2)
nach nach nach nach nach nach , nach nach nach | nach nach ' nach nach nach
I Sek. 2 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 10 Sek. 15 Sek. 20 Sek. 30 Sek. i Min. 2 Min. , 3 Min. 4 Min. 5 Min.
112
8
9600 i2 4000 1 3300 3000' — ' 280O1 2700 2600 2500 — 22S0 — 2 100 1 2040, 2000
190004^^1120001 8000 7500 6750 6500 6000 5700J — S400 5100 4700 — I — I 4300
77 I ioooooi2 52500 42000 39000
5 16000 i2| 5400 4300 4000 3800, 3600 3500
Clauseu [,70000^158500 56000 — — | — | —
36600,35700 — 133000,30000
3400 3300 3200 3100 3000 2950 — j 2900
— — 54000' 52500 I 51000 I 50700 ' 50400 ' 50200
2. Widerstände nach plötzlicher Verdunkelung.
Zelle
No.
112
8
77
5
Clausen
in Licht-
nach nach nach ' nach nach
nach
nach ' nach ' nach nach nach nach
Widerstand i Sek. 2 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 10 Sek. 15 Sek. , 20 Sek. i 25 Sek. 30 Sek. 40 Sek. 50 Sek.
, _ _,__ ^ __ _j ^
2850
2000 i2 2400
4300 i2 6250
30000 Si —
2 900 i2 ' —
50200 i2 53500 —
2600 2700 2800
7000 — I —
— — — 45000
— I — ! — 3800
3000 3150 3200
4100 4300
— I — 54000 — —
4450
3300 I 3400
— 7640
4600 ■ 4700
— 155000
3500
3600
4800 —
474
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
Zelle
No.
nach
I Min.
nach
2 Min.
nach
3 Min.
4500
9000
5870
57600
nach
4 Min.
4800
5 Min.
60000
6210
58400
nach
9 Min.
5560
12000
loMin.
66000
nach
15 Min.
112
8
77
5
Clausen
3700
. 7950
52500
1 5050
56000
4180
8500
55SOO
5500
57C00
6100
15000
70000
61900
wurden die Zellen wieder verdunkelt und das
Steigen des Widerstandes in gleicher Weise be-
stimmt. Die so ermittelten Zahlen sind in Ta-
belle III eingetragen und in Fig. 4 und 5 gra-
phisch dargestellt.
Man ersieht hieraus, dass sich bei plötz-
licher Beleuchtung der grösste Teil der Ge-
samtwiderstandsänderung bereits in der ersten
Sekunde vollzieht, dann langsamer fällt; indessen
hatte keine einzige von allen beobachteten Zellen
nach 5 Minuten ihren Minimalwert erreicht, alle
würden ihren Widerstand noch weiter vermin-
dert haben, wenn nicht wegen Abkürzung der
Untersuchung das Licht abgeschnitten worden
wäre. Man sieht auch hier wieder den grossen
Unterschied zwischen den weichen und harten
Zellen. Während erstere ihren Widerstand
nach einer Belichtung von mehreren Minuten
nur noch in geringem Masse ändern, ist die
Widerstandsänderung bei den harten Zellen in
dem entsprechenden Teil der Kurve noch ziem-
lich bedeutend.
Viel langsamer erfolgt die Zunahme des
Widerstandes nach erfolgter Verdunkelung, bei
den harten Zellen verhältnismässig schneller als
bei den weichen.
Durchschnittlich aber kann man sagen,
dass sich die weichen Zellen nach einer
Viertelstunde seit der Belichtung erst bis
zur Hälfte ihres ursprünglichen Widerstandes
bequemt haben. Bei schwacher Beleuchtung
oder kürzerer Dauer wird sich dies günstiger,
bei greller Beleuchtung und längerer Dauer
noch ungünstiger stellen, jedenfalls aber geht
auch aus dieser Messung hervor, dass man
keine Zelle auf ihre Empfindlichkeit prüfen
sollte, ohne vorher ihren wirklichen Dunkel-
widerstand durch ca. 24 stündige Aufbewah-
rung im Dunkeln ermittelt zu haben. Die flachen
Zellen haben zu diesem Zweck ein Schiebe-
oder Klappdeckelk'ästchen , die cylindrischen
Zellen ein Lederfutteral. Letzteres kann durch
Abnehmen des Deckels geöffnet werden, um
die Zelle in die Fassung zu schrauben, ohne
dass die Zelle Licht empfängt.
Holzkästchen und Lederfutteral schützen frei-
lich nicht vor Röntgenstrahlen, auf die Selen-
zellen ebenfalls sehr empfindlich reagieren.
Über die Haltbarkeit lichtempfindlicher
Zellen, die für die Praxis eine grosse Rolle spielt
und über die bisher sehr unerfreuliche Resultate
vorliegen, soll in einer weiteren Notiz berichtet
werden.
Berlin, i. Juni 1902.
(Eingegangen 6. Juni 1902.)
Über die chemischen Wirkungen der Kathoden-
strahlen.
Von G. C. Schmidt.
In einer vor kurzem erschienenen Arbeit 0 habe
ich nachgewiesen, dass die Kathodenstrahlen
stark reduzierende Eigenschaften besitzen. So
wurden durch dieselben Eisenchlorid in Eisen-
chlorür, Quecksilberchlorid inQuecksilberchlorür,
Natriumchlorid in Natriumsubchlorid u. s. w. ver-
wandelt Ich erklärte diese Thatsache, indem ich
annahm, dass ein negatives Elektron der Kathoden-
strahlen eine positive Valenzladung des Metalles
im Salze sättigt und dass dieses dadurch aus
dem drei- in den zweiwertigen, bezw. aus dem
zweiwertigen in den einwertigen übergeht. Das
Metall vermag dann nicht mehr drei bezw. zwei
Atome des Halogens zu binden, das eine ent-
weicht, verbindet sich mit einem anderen positiv
geladenen Elektron oder vereinigt sich auf eine
andere Weise zu einem indifferenten Halogen-
moleküle. Es bleibt somit eine Verbindung zu-
rück, die im Vergleiche zum Ausgangsmateriale
weniger Halogen enthält, also reduziert ist.
Dass diese Wirkung nicht entsprechend der
Hypothese von Herrn E. Gold stein*'') davon
herrührt, dass die Kathodenstrahlen beim An-
prallen auf feste Körper an der Treftstelle ultra-
violettes Licht erregen, und dass diesem die
reduzierenden Eigenschaften zuzuschreiben seien,
bewies die Thatsache, dass unter dem Einflüsse
des Bogenlichtes, welches stark ultraviolettes
Licht aussendet, das Eisenchlorid nicht reduziert
wird und ferner, dass Flussspat, welcher für
ultraviolettes Licht durchlässig ist, die Wirkung
der Kathodenstrahlen aufhebt.
Die Frage, ob thatsächlich die Kathoden-
strahlen an der Treffstelle stets ultraviolettes
Licht erregen, also ausser ihren reduzierenden
Eigenschaften alle Körper veranlassen, ultra-
violette Schwingungen auszusenden, blieb damals
eine offene.
Offenbar kann die Golds-teinsche Hypo-
these nicht aufrecht erhalten werden, wenn es
gelingt, nachzuweisen, dass unter dem Einflüsse
des ultravioletten Lichtes fluoreszierende Stoffe
unter den Kathodenstrahlen nicht leuchten. Von
den vielen daraufhin untersuchten Körpern
brachten die Anilinfarbstoffe eine Entscheidung.
1) Diese Z. 3, 114, 1901. Ann. d. Phys. 7, 321, 1902.
2) E. Goldstein, Sitzuugsber. Akad. Wiss. Wien 80,
151, 1879 u. später. Siehe auch G. Holzknecht, Verb. Phys.
Ges. 4, 27, 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
475
Dieselben waren in Gelatine gelöst und durch
längeres Stehenlassen im Exsikkator getrocknet.
Auf die auf diese Weise dargestellten Gelatine-
scheiben wurde in bekannter Weise mittels Fluss-
spat-Quarz-Achromaten und einem Quarzprisma
ein Spektrum geworfen. Die meisten Anilin-
farben leuchteten unter dem Einflüsse des ultra-
violetten Lichtes nicht, nur die festen Lösungen
von Rhodamin, Cyanin, Hoffmanns Violett und
besonders schön von Fluorescein in Gelatine
fluoreszierten unter diesen Umständen. Wie ein
Vergleich mit Uranglas, welches selbst unter
den äussersten ultravioletten Strahlen fluoresziert,
ergab, war das erregte Licht beim Fluorescein
ungefähr ebenso intensiv wie beim Uranglas;
auch wurde es durch ungefähr dieselben Strahlen
hervorgerufen.
Unter den Kathodenstrahlen leuchtete
das Uranglas intensiv, die Anilinfarb-
stoffe zeigten dagegen kaum eine Spur
von Fluoreszenz.*) Es muss daher der Vor-
gang der Erregung in beiden Fällen ein ver-
schiedener sein.
Hiermit dürfte bewiesen sein, dass die
Kathodenstrahlen beim Anprallen auf
fe»te Körper an der Treffstelle im all-
gemeinen kein ultraviolettes Licht er-
zeugen; dass sie unter besonderen Umständen,
z. B. bei solchen Körpern, wie Chinin, bei denen
sich die durch Licht erregte Fluoreszenz bis ins
Ultraviolett erstreckt, die Moleküle veranlassen
können, ultraviolettes Licht auszusenden, bedarf
wohl kaum der Erwähnung.
ij Das äusserst schwache Fluoreszeozlicht wurde durch
ultraviolettes Licht hervorgerufen, welches stets zugleich mit
der positiven Säule und den anderen Gebilden einer Ent-
ladungsröhre auftritt. Keinesfalls wurde es durch Kathoden*
strahlen erregt.
Erlangen,physikal. Institut, den 19. Juni 1902.
(Eingegangen 24. Juni 1902.)
Über die Emanation des Phosphors.
Von G. C. Schmidt.
Im Jahre 1895 fand Ewan^), dass die Oxy-
dationsgeschwindigkeit von Phosphor, Schwefel
und Acetaldehyd der Quadratwurzel aus dem ge-
radeherrschenden Sauerstoffdruckproportional ist.
Um diese Versuchsergebnisse zu erklären, machte
Herr van't Hoff ^ die Annahme, dass im gewöhn-
lichen Sauerstoff schon vor der Oxydation eine
Spaltung in einzelne Atome erfolge, die wahr-
scheinlich entgegengesetzt geladen seien. Der
sich oxydierende Körper ziehe eins der beiden
i) Ztschr. physik. Ch. 16, 321, 1895.
2) Ztschr. physik. Ch. 16, 411, 1895; siehe auch Vcr
Frankf. Naturforschertags II. Teil, I. Hälfte, S. 107, 1897.
Spaltungsstücke des Sauerstoffmoleküls vor, so
dass das andere für andere Oxydationen verfug-
bar sei; dadurch finde das Auftreten von Ozon
bei der langsamen Verbrennung des Phosphors
eine Erklärung.
Eine ähnliche Hypothese hat bereits vor
längerer Zeit R. Clausius*) aufgestellt. Er
glaubt, dass die Sauerstoffmoleküle aus zwei
Atomen bestehen und dass diese durch entgegen-
gesetzte Ladungen ebenso wie die Atome im
Molekül des Chlornatriums zusammengehalten
seien. „Da nun bei der Oxydation des Phos-
phors der Sauerstoff jedenfalls als negativer Be-
standteil in die Verbindung tritt, so kann es
sein, dass von den beiden Sauerstoffatomen,
welche aus einem Molekül entstehen, vorzugs-
weise das negative von dem Phosphor festge-
halten wird und das positive ungehindert oder
doch weniger gehindert fortfliegen kann." Zieht
man nun in Betracht, dass nach Matteuci die
Lufl durch Phosphor leitend gemacht wird, so
scheint hier ein inniger Zusammenhang zu
bestehen, den aufzuklären der Zweck der vor-
liegenden Abhandlung war.
Über die durch Phosphor der Lufit erteilte Leit-
fähigkeit liegen eine Reihe von Untersuchungen
vor, vorallemvonBidwelP),Naccari^), Elster
und GeiteH), Des Coudres^) und vonBarus^),
der in den letzten Jahren eine grosse Anzahl
von Arbeiten über diesen Gegenstand veröffent-
licht hat. Der letztere hat seine Versuchsergeb-
nisse auf Grund der Elektronentheorie zu erklären
gesucht. Auf diese Theorie und die daran sich
anknüpfenden mathematischen Entwickelungen
will ich nicht weiter eingehen und zwar deswegen,
weil, wie sich später ergeben wird, die von den
obigen Verfassern gefundenen Thatsachen anders
erklärt werden müssen.
Versuchsmethode und Apparate. Um
die Beziehung zwischen Leitfähigkeit und Oxy-
dation quantitativ zu verfolgen, galt es zunächst,
die Methode der Leitfähigkeitserregung durch
Phosphor so zu gestalten, dass brauchbare, unter-
einander übereinstimmlnde Resultate erzielt wur-
den. Dies ist mir freilich nicht ganz gelungen,
wie die folgenden Tabellen beweisen werden,
immerhin lassen sich aus den erhaltenen Zahlen
sichere Schlüsse ziehen.
Wie schon Barus fand, erhält man häufig
selbst von einem und demselben Stück Phos-
phor recht verschiedene Werte für die erregte
Leitfähigkeit. Es ergab sich bald, dass dies
davon herrührte, dass der Phosphor an einer
i) Pogg. Ann. 108, 644, 1858; 121, 250, 1864.
2) Nature 1893 Dez., S. 212.
3) Atti di Torino 25, 252, 1890.
4) Wied. Ann. 39, 324, 1890.
5) Wied. Ann. 62, 144, 1897.
6) Barus, Science 11, 201, 1900, 13, 501, 1901; Phys
Rev. 10, 257, 1900; Phil. Nf.ig. 2, 40, 391 und 477, iqoi;
3, 80, 1902.
476
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
Stelle sich stark oxydierte; hierbei wird soviel
Wärme frei, dass eine starke Verdampfung statt-
findet. Durch die Oxydation des Dampfes,
welcher viel leichter erfolgt, als die des
festen Körpers, wird aber eine grosse Leitfähig-
keit der Luft erregt. Nach einiger Zeit verstopft
sich aus zufälligen Ursachen dieser Oxydations-
herd, wodurch die Leitfähigkeit abnimmt, und
an einer anderen Stelle entsteht dafür ein neuer.
Um nun die Oxydation möglichst gleichmässig
zu gestalten, wurde der Phosphor in sehr enge
Röhrchen eingeschmolzen und zwar derart, dass
er sie nicht ganz erfüllte. Jetzt hatte der Sauer-
stoff der Luft nur langsam Zutritt, es konnte
nie eine starke Oxydation und davon be-
dingte starke Verdampfung stattfinden. Selbst
wenn dies zufällig eintrat, so schob der Phos-
phordampf bezw. die Verbrennungsprodukte des-
selben die Luft in erhöhtem Masse heraus, die
Oxydation nahm ab und es stellte sich in
kurzer Zeit wieder der alte Gleichgewichts-
zustand her.
Um die Leitfähigkeit zu messen, wurde
folgendes Verfahren benutzt. Eine Flasche von
30 cm Höhe und 20 cm Durchmesser wurde
Fig. I.
oben durch einen dreifach durchbohrten Gummi-
stopfen geschlossen. Durch die zwei Durch-
bohrungen führten zwei «durch Glas und Siegel-
lack wohlisolierte Eisenstäbe B und C, an denen
unten kleine Eisenteller von 3 cm Durchmesser
angelötet waren. Durch die dritte ging ein
dauernd mit der Erde verbundener Draht D.
Die Flasche wurde nun zunächst mit einer kon-
zentrierten Phosphorsäurelösung ausgespült, die
durch D mit der Erde verbunden wurde. Es
wurde nun C mit dem positiven bezw. negativen
Pol einer vielpaarigen Batterie verbunden, wäh-
rend B mit einem empfindlichen Quadrantelektro-
meter kommuniziert. Dieses ist, während die
oben genannte Verbindung hergestellt wird, zur
Erde abgeleitet. Hebt man nun, nachdem C
durch die Säule auf konstantes Potential geladen
ist, die Erdleitung des Elektrometers auf, so
misst der Ausschlag des letzteren das Quantum
Elektrizität, das in einem gegebenen Zeitintervall
die Luftschicht zwischen C und B durchströmt.
Das beschriebene Verfahren gestattet die
Verwendung beträchtlicher elektrischer Span-
nungen, ohne den Gebrauch eines sehr empfind-
lichen Elektrometers auszuschliessen. Ausserdem
gewährt es noch den nicht zu unterschätzenden
Vorteil, dass durch den Einfluss von Isolations-
fehlern, welche wegen der Feuchtigkeit der Luft
nie ganz ausgeschlossen werden konnten, nie zu
grosse Werte vorgetäuscht werden können. Man
findet vielmehr zu kleine, wenn die Stützen,
welche die Elektrometerdrähte tragen, unge-
nügend isolieren. Entweicht über diese soviel
Elektrizität, wie in den gleichem Zeitraum dem
Elektrometer zugeführt wird, dann erscheint der
Phosphor unwirksam. Es ist ferner unmöglich,
dass ohne Vermittlung der Luftschicht zwischen
B und C Elektrizität von B nach C fliesst, da
die ganze, gut leitende Wandung der Flasche
dauernd mit der Erde verbunden ist.*) Um
den Apparat auf seine Brauchbarkeit zu prüfen,
wurde zunächst auf C eine frisch amalgamierte
Zinkplatte gebracht und die Elektrizitätszer-
streuung bei negativer und positiver Ladung
bei Belichtung gemessen. Da sich keine Fehler-
quellen ergaben, wurde zur Messung der durch
Phosphor bewirkten Leitfähigkeit geschritten.
Bemerkt möge noch werden, dass die Stützen
vor jedem Versuch stark erwärmt wurden, um
die Feuchtigkeit zu entfernen.
Beziehung zwischen Stromstärke und
Oberfläche des Phosphors. Es wurde auf
C anfangs ein, darauf zwei Phosphorgläschen
gelegt und der Strom einmal unmittelbar nach-
dem die Gläschen an Ort und Stelle gebracht
und darauf zwei Stunden später gemessen. Es
waren für die Versuche zwei Gläschen ausge-
sucht, die untereinander übereinstimmende Resul-
tate haben.
Tabelle I.
I Gläschen 2 Gläseben
Ausschlag in
30 Sek.
20 Volt 5 20 Volt 9
40 8 40 17
60 12 60 26
80 15 80 37
100 19 100 47
120 24 120 56
140 27 140 65
160 35 160 74
180 39 180 84
200 45 200 93
240 64 240 120
Die Ausschläge, welche Mittelwerte dar-
i) Die Methode ist der von den Herren Elster und
G eitel bei ihren lichtelektrischen Versuchen angewandten nach-
I gebildet; siehe Wied. Ann. 44, 7^5 — 726, 1891.
E. M. K. Ausschlag in ^ ^
30 oek.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
477
stellen, sind in willkürlichen Einheiten gemessen.
Die Empfindlichkeit des Elektrometers betrug
2 Volt = 88 Skalenteile.
Aus der Tabelle geht hervor, dass die Leit-
fähigkeit proportional derOberfläche des
Phosphors ist. Andere Beobachtungsreihen
ergaben das nämliche, wenn auch die Zahlen
nicht so gut übereinstimmten.
Beziehung zwischen Stromstärke und
Entfernung der Elektroden voneinander.
Die Entfernung der Platten betrug 1 5 mm, der
Ausschlag in 30 Sek. bei 240 Volt 70 Skalen-
teile. Als die Elektroden 40 mm voneinander
entfernt waren, wurde ein Ausschlag von
55 Skalenteilen erhalten. Aus diesen und
anderen Messungen geht hervor, dass der Ein-
fluss der Entfernung der Elektroden von-
einander nur gering ist; mit zunehmender
Entfernung nimmt der Ausschlag des
Elektrometers ab.
Da in dieser Beziehung sich der Phosphor
genau so verhält, wie die aktinoelektrischen
Körper, z. B. amalgamiertes Zink, bei der Be-
lichtung'), so schien es nicht ausgeschlossen,
dass das bei der Oxydation entwickelte violette
und ultraviolette Licht die negative Elektrizität
zerstreue und dadurch die Ausschläge des Elek-
trometers hervorrufe. Um diese Annahme, welche
allerdings nicht sehr wahrscheinlich war, da die
Ausschläge gleichgross waren, gleichgültig ob
die untere Platte positiv oder negativ geladen
war, zu prüfen, wurde das Phosphorgläschen in
Stanniol gehüllt, so dass das Metall weit über den
Rand des Gläschens hervorragte. Es wurde
nun letzteres auf die Platte C gelegt und C
einmal negativ, das andere Mal positiv geladen.
In beiden Fällen waren die Ausschläge gleich-
gross. Da der Phosphor, wie deutlich zu er-
kennen war, nur an der Oberfläche leuchtete,
so konnte kein Licht die obere Platte B treffen.
Hätten wir es bei diesem Vorgang mit der Zer-
streuung der negativen Elektrizität durch Licht
zu thun, so hätte man, wenn C negativ geladen
war, einen starken Ausschlag, bei positivem C,
gar keinen beobachten müssen. Aus der Gleich-
heit folgt, dass das durch Phosphor her-
vorgerufene Leitvermögen der Luft nicht
auf Zerstreuung der negativen Elektrizität
durch das die Oxydation des Phosphors
begleitende violette Licht zurückgeführt
werden kann.
Andere Beobachtungen, bei denen die negative
Elektrode durch undurchsichtige Schirme gegen
das Licht abgeblendet waren, ergaben das näm-
liche.
Beziehung zwischen Stromstärke und
Oxydationsgeschwindigkeit. Zur Mes-
sung dieser Beziehung wurde der folgende
i) Siehe A. G. Stoletow, Physical Rev. 1, 756, 1892.
Apparat benutzt. Ein kleines Gefässchen von
ungefähr 50 ccm Inhalt wurde unten durch
einen Gummistopfen geschlossen. Seitwärts be-
fanden sich die Elektroden, von denen die eine
mit dem einen Pol der Batterie, deren anderer
Pol zur Erde abgeleitet war, verbunden war,
während die andere zum Elektrometer führte.
Mit dem Gefässchen war ein Manometer M ver-
Balt.
M M
Pk
Fig. 7,
bunden. Auf den Stopfen befand sich ein Ge-
fass mit Phosphorsäureanhydrid, um das Gefäss
zu trocknen, und mehrere Phosphor enthaltende
Glasröhrchen. Das Ganze befand sich, um die
Temperatur konstant zu halten, in einem Wasser-
bade. Es wurde nun von Zeit zu Zeit der Aus-
schlag des Elektrometers und der Druck im
Apparat gemessen. Über die erhaltenen Resul-
tate giebt die folgende Tabelle Auskunft, in der
Druck die Differenz des Druckes im Apparat
im Vergleich zu dem ausserhalb und Zeit die
nach Beginn des Versuches verflossene Zeit be-
deuten.
Tab
eile
II.
E. M.
K.
Ausschlag
Druck
Zeit
40 Volt
80
160
0 mm
0
0 Stunde
0
40
80
156
297
8
8
0.5
0,5
40
80
135
282
14
14
1,3
1,3
40
80
133
270
19
«9
2
2
40
80
120
249
25
25
6
6
40
80
III
232
27
27
8
8
40
80
51
106
32
32
17
17
478
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
Aus der Tabelle geht deutlich hervor, dass
mit abnehmendem Druck, also mit abnehmen-
dem Sauerstoff die Leitfähigkeit der Luft
abnimmt.
Viel sicherer als durch diese quantitativen
Messungen kann man sich von dem Zusammen-
hang zwischen Leitfähigkeit und Oxydation
durch qualitative Versuche übei-zeugen. Leitet
man in die Flasche (Fig. i) allmählich Kohlen-
säure ödes Stickstoff, so nimmt der Ausschlag
des Elektrometers ab, um auf Null zu sinken,
sobald aller Sauerstoff verdrängt ist. Gleich-
zeitig hört auch das Glimmen des Phosphors
auf. Verbindet man mit einem Braun sehen
Elektrometer eine metallische Schale und wirft
auf die letztere, nachdem das Ganze auf ein
hohes Potential geladen ist, ein erbsengrosses
Stück Phosphor, so schwindet die Ladung in
ganz kurzer Zeit. Hüllt man den Phosphor in
feuchtes Fliesspapier oder feuchte Leinwand, so
dass der Sauerstoff keinen Zutritt zu dem Phos-
phor hat, so bleibt die Ladung des Elektro-
meters erhalten. Aus diesen Versuchen ist
daher der Schluss zu ziehen: die Oxydation
des Phosphors ist die Bedingung für die
Leitfähigkeit der Luft.
Beziehung zwischen E. M. K. und Aus-
schlag bezw. Stromstärke. Bekanntlich
nimmt bei durch Röntgen- oder Uranstrahlen
ionisierter Luft die Stromstärke mit wachsender
E. M. K. anfangs rasch zu, um bei ungefähr
80 — 100 Volt einen konstanten Wert anzu-
nehmen. Steigert man die E. M. K., so bleibt
die Stromstärke dieselbe; es ist der sogenannte
„Sättigungsstrom" erreicht. Ganz anders ver-
hält sich die durch Phosphor leitend gemachte
Luft. Auf die Schale C (Fig. i) wurde ein
kleines Stückchen Phosphor gelegt und nun
auf- und absteigend die E. M. K. und der dazu
gehörige Ausschlag abgelesen {2 Volt = 30
Skalenteile).
Tabelle
III.
E. M. K.
•
1
80 Volt
40
160
89
240
157
316
201
392
250
470
284
392
261
3'6
201
280
184
2<X)
124
80
34
Es wurde ein Phosphorgläschen auf die Schale
gelegt und das Elektrometer viel unempfind-
licher gemacht.
E. M.
K.
•
240 Volt
10
480
18
1000
34
1480
74
2000
94
1480
70
1000
28
480
12
Trotz der Unregelmässigkeiten zeigen die
Zahlen deutlich, dass ein Sättigungsstrom
nicht vorhanden ist. Es lässt sich dies nicht
durch mangelhafte Isolation erklären, da dieser
Umstand nur bewirkt hätte, dass meine Aus-
schläge besonders bei den hohen E. M. K. zu
klein geworden wären.
Um dieses Ergebnis noch auf andere Weise
zu prüfen, wurde die Flasche (Fig. i) mit Stanniol
innen ausgelegt und ebenso zwischen den Stützen
C und B auf den Kork Stanniol befestigt, welches
zur Erde abgeleitet wurde. Nachdem trockene
Luft in die Flasche geleitet war, wurde auf C
etwas Phosphor gebracht und nun die Strom-
stärke bei verschiedener E. M. K. gemessen.
Tab(
eile IV.
E. M. K.
•
Miti
80 Volt
5
8
240
30
29
500
70
60
1000
80
76
1500
90
85
2000
96
90
1500
80
1000
72
500
49
2000
74
240
28
80
II
Die Fig. 3 giebt die Resultate der Tabellen
T.SIK -^^ ''^' ^'*> /*"" ^<f^ ^^W VtOO 1600 IgOO S0OQ
Fig. 3.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
479
III und IV wieder. Ein Blick auf die Figur
zeigt, dass beide Beobachtungsreihen nicht mit-
einander übereinstimmen. Wenn man aber er-
wägt, dass die Isolationsfehler bewirken, dass
namentlich bei hohen E. M. K. die Stromstärken
zu klein werden, so ergiebt sich aus den Tabellen
mit Sicherheit, dass selbst bei 20CX) Volt der
Sättigungsstrom noch nicht erreicht ist»
Ich verzichte darauf, noch andere Beobach-
tungsreihen mitzuteilen, da sie alle ganz analog
waren ; teils verliefen sie bis 200:) Volt beinahe
geradlinig, teils schwach gekrümmt, so dass die
beiden Kurven als Typen meiner Versuchser-
gebnisse gelten können. Soweit nicht Isolations-
fehler in Betracht kommen, wird sich der Grund
für dieses Verhalten aus dem Folgenden ergeben.
Vergleich der durch Phosphor hervor-
gerufenen Ionisation der Luft mit der
durch Röntgenstrahlen bewirkten. Die
Thatsache, dass kein Sättigungsstrom mit dem
Phosphor erhalten wurde, glaubte ich anfangs
darauf zurückfuhren zu müssen, dass die Anzahl
der gebildeten Ionen bezw. Elektronen sehr
gross sei. Es schien daher von besonderem
Interesse, die Anzahl der Ionen bezw. die Leit-
fähigkeit der durch Phosphor „ionisierten" Luft
mit der durch Röntgenstrahlen ionisierten zu
vergleichen. Zu dem Zweck wurde ein Braun-
sches Elektrometer mit einer wohlisolierten
kupfernen Schale leitend verbunden und darauf
nach der Ladung auf 2000 Volt ein erbsen-
grosses Stück Phosphor fallen gelassen. In
kurzer Zeit sank die Ladung auf Null und zwar
ebenso schnell bei positiver als bei negativer
Ladung. Es wurde darauf nach Entfernung des
Phosphors die Schale mit Röntgenstrahlen be-
strahlt. Es ergab sich, dass die Leitfähigkeit
in beiden Fällen die gleiche war, wenn die
Röntgenröhre in einer Entfernung von 3 m sich
von der Schale befand. Im letzteren Falle wurde
ein Sättigungsstrom bei 80 Volt erhalten, beim
Phosphor war dagegen, wie aus dem vorigen
Abschnitt hervorgeht, selbst bei 200:) Volt
noch kein Anzeichen einer Sättigung zu beob-
achten. Hieraus geht deutlich hervor, dass
beide Vorgänge voneinander verschieden
sind und dass die durch Phosphor der
Luft erteilte Leitfähigkeit nicht auf eine
Ionisation zurückgeführt werden darf.
Phosphornebel. Wenn Phosphor verbrennt
bezw. sich langsam oxydiert, so entstehen:
Phosphoroxyd, Pentoxyd, phosphorige Säure,
Phosphorsäure (vielleicht auch Phosphordioxyd),
alles feste Stoffe, die eine Zeitlang in der Luft
schweben und sich allmählich zu Boden setzen.
Es schien jetzt, da die durch Phosphor
ionisierte Luft sich ganz anders verhält, als die
durch Röntgenstrahlen ionisierte, nicht ausge-
schlossen, dass die Leitfähigkeit der Luft nur
davon herrührte, dass die letztere mitjgutleitenden
Staubteilchen infolge der Oxydation gesättigt
wurde, die das Elektrometer in bekannter Weise
lüden bezw. bei anderen Versuchen entlüden.
Um dies zu prüfen, wurde in einem ver-
dunkelten Zimmer ein Lichtstrahl zwischen BC
(Fig. i) gesandt, während auf der Platte C ein
Stückchen Phosphor sich befand. Solange die
Platte nicht geladen war, stieg ein Nebel von
dem Phosphor in die Höhe, senkte sich gewöhn-
lich, bevor die obere Platte erreicht war, und
fiel zu Boden oder schlug sich an die Wand
nieder. Sobald nun eine E. M. K. angelegt
wurde, sah man ganz deutlich, wie dieser Nebel
sich gerade aufrichtete und an der oberen Platte
endigte. Zu gleicher Zeit wurden auch von der
oberen Platte Teilchen nach der unteren ge-
schleudert. Sobald die Leitung zu C unter-
brochen wurde, senkte sich der Nebel wieder,
um bei plötzlich angelegter E. M. K. wie eine
vulkanische Eruption emporgeschleudert zu wer-
den. Hand in Hand änderten sich hiermit die
Ausschläge des Elektrometers. Ja aus dem
Aussehen des Nebels, der Dicke, ob die Oxyda-
tion von einem oder mehreren Oxydationsherden
ausgeht u. s. w. kann man mit Sicherheit die
Grösse des Ausschlags voraussagen; treffen zwei
Wolken die Platte, so ist der Ausschlag grösser
als bei einer; dasselbe ist der Fall, wenn die
Wolke dick ist u. s. w. Erregt man einen Luft-
zug, so dass die Zahl der von der unteren Platte
auf die obere geschleuderten Teilchen geringer
wird, so nimmt der Ausschlag ab.
Nach dem Vorhergehenden schien es schon
ausserordentlich wahrscheinlich, dass die schein-
bare Leitfähigkeit der Luft nur von kleinen
Staubteilchen herrührte. Gleichwohl glaubte ich,
diese Annahme auch in anderer Weise bestätigen
zu müssen. Der Stopfen wurde nun noch zwei-
mal durchbohrt und zwischen die Teller RC
ein rechtwinklig gebogenes Glasrohr AX, so
wie es die Fig. 4 zeigt, eingeführt. Ein zweite«
Glasrohr wurde mit der Wasserstrahlluftpumpe
^ T.lcctr.
Fig. 4-
48o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
in Verbindung gesetzt, so dass ein langsamer
Luftstrahl durch LK gezogen werden konnte.
Es wurden nun zunächst die Ausschläge ge-
messen, während sich kein Phosphor auf der
Schale befand; die Zahlen stehen in der nach-
folgenden Tabelle unter I; darauf wurde ein
Stückchen Phosphor auf C gelegt und wiederum
die nach 30 Sekunden eingetretenen Ausschläge
gemessen (Reihe II). Darauf wurde der Phos-
phor in die Glasröhre bei K gelegt (Reihe III);
jetzt wurde ein langsamer Luftstrom durch LK
geleitet (Reihe IV), wobei deutlich zu sehen war,
wie der Phosphornebel hin- und herwirbelte;
schliesslich wurde die untere Öffnung von LK
bei K durch einen lose ansitzenden Asbest-
bezw. Glaswollepfropfen verschlossen, welcher alle
feste Teilchen zurückhielt, so dass kein Nebel
zu sehen war (Reihe V).
Tabelle V
•
I
II
III
IV
V
80 Volt
4
180
40
30
2
160
10
240
70
50
2
240
16
340
90
75
3
500
20 a.
d. Gesichtsf.
120
130
3
Aus der Tabelle geht deutlich hervor, dass,
sobald der Nebel verschwunden ist, die
Leitfähigkeit der Luft ebenfalls ver-
schwindet Bei der Reihe II, bei der die
Ausschläge am grössten sind, war deutlich zu
erkennen, wie der Nebel emporgeschleudert
wurde; bei III und IV senkten sich die Teil-
chen auf die Platte C und wurden dann erst
nach B hinübergeführt; ihre Zahl war viel ge-
ringer, als im vorhergehenden Fall, infolgedessen
ist der Ausschlag auch kleiner. Sobald keine
festen Teilchen mehr zu sehen sind, ist der
Ausschlag Null (Reihe V).
Rührt die entladende Wirkung des Phosphors
von den festen Oxydationsprodukten her, so
war vorauszusehen, dass jeder Rauch sich ähn-
lich wie Phosphornebel verhalten würde. Es
wurde jetzt auf die Schale C eine glimmende
Cigarette gebracht; nach Anlegung einer E. M. K.
wurde hier der Rauch emporgeschleudert, wenn
auch nicht in so deutlicher Weise wie beim
Phosphor. Die Flasche füllte sich mit Rauch,
welcher allmählich aus der Flasche entwich. Es
wurden folgende Ausschläge erhalten:
Tabelle VI.
E. M. K. = 500 Volt.
Zeit Ausschlaj;
o 130
nach 2 Minuten') 50
7
15
ff
20
2
i) Nachdem die Cigarette erloschen war.
Aus der Tabelle geht hervor, dass auch
Rauch das Elektrometer zu entladen vermag ),
und ferner, dass die Elektrometerausschlägc
kleiner werden, je mehr der Rauch aus der
Flasche verschwindet.
Sind es die festen Oxydationsprodukte des
Phosphors, welche entladend wirken, so war
vorauszusehen, dass es gelingen müsste, eine
Entladung hervorzurufen, wenn man die Flasche
mit dem Phosphornebel füllte. Dies war in der
That der Fall; denn nachdem man ein erbsen-
grosses Stück Phosphor in der Flasche ver-
brannt hatte, zeigte das Elektrometer einen
grossen Ausschlag, der allmählich zurückging,
während gleichzeitig die festen Teilchen zu Boden
fielen oder sich an den Wänden niederschlugen
(siehe Tabelle VII). Ganz ähnlich wie dieser
Phosphornebel verhält sich Salmiaknebel. Der
letztere wurde erzeugt, indem durch zwei ge-
sonderte Flaschen, von denen die eine konzen-
trierte HCl-, die andere konzentrierte NHj -Lösung
enthielt, ein Luftstrom durchgeblasen wurde.
Die beiden Gase vereinigten sich in einer dritten
Flasche und wurden von dort in die Versuchs-
flasche (Fig. i) übergeführt. Inder nachfolgenden
Tabelle bedeutet Zeit die Zeit nach Füllung
der Versuchsflasche mit Salmiak bezw. Phos-
phornebel.
Tabelle VII.
Phosphor Salmiak
130 80
125 70
87 40
71 33
44 16
Deutlich erkennt man aus der Tabelle, wie mit
dem Verschwinden des Nebels die Ausschläge
kleiner werden.
Aus diesen Versuchen schliesse ich, dass
die entladende Wirkung des Phosphors
nur von den staubförmigen Oxydations-
produkten desselben herrühren. AufGrund
dieser Vorstellung erklären sich die oben er-
haltenen Resultate, sowie die Versuchsergebnisse
von Bar US folgendermassen. Ist die Oberfläche
doppell so gross, so bilden sich doppelt soviel
Staubteilchen und damit wird die entladende Wir-
kung verdoppelt. Bei Zunahme der E. M. K. laden
sich die Teilchen auf ein höheres Potential und
es wird infolgedessen mehr Elektrizität zwischen
den Elektrodenplatten B und C in der Zeitein-
heit übergeführt. Dass es unter besonderen
Umständen möglich ist, einen Sättigungsstrom
zu erbalten, indem man Luft über Phosphor
streichen lässt und dadurch die festen Oxyda-
i) Nach meinen Versuchen scheint der Phosphomebel
stärker entladend zu wirken als gewöhnlicher Rauch. Es
rührt dies wohl sicherlich daher, dass die Oxydationsprodukte
«Ics Phosphors gute Leiter der Elektrizit.ät, die Rauchteilchen
der Cigarette dagegen wohl schlechte Leiter sind.
Zeit
O
2 Min.
22
42
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No. 20.
481
tionsproäukte desselben mit fortreisst, welche
an den Elektroden haften, liegt auf der Hand.
Dass im allgemeinen bei allen Versuchen mit
Phosphor unregelmässige Resultate erhalten wer-
den, versteht sich von selbst, da die Oxydation
und damit die Staubbildung von einer Reihe
von unkontrollierbaren Umständen abhängt.
Man könnte noch annehmen, dass sich ausser
den festen Oxydationsprodukten noch Elek-
tronen bilden, die aber z. B. bei dem letzten
Versuch (S. 480) in der Glaswolle zurückge-
halten werden, so dass sie nicht entladend
wirken können. Hiergegen lässt sich einwenden,
dass nach den Versuchen von Townsend die
aus chemischen Prozessen stammenden Ionen
bezw, Elektronen sogar durch Schwefelsäure
hindurchgeleitet werden können, ohne vernichtet
zu werden. Erwägt man ferner, dass bei keiner
anderen Oxydation, wo gasförmige Oxydations-
produkte entstehen, auch nur eine Spur von
Leitfähigkeit entdeckt worden ist'), erwägt man
ferner, dass die die Luft leitend machenden
Teilchen durch Papier und alle anderen festen
Körper zurückgehalten werden, so liegt der
Schluss nahe, dass auch bei der Oxydation
des Phosphors keine Ionen oder Elek-
tronenentstehen, sondern dass die durch
die Oxydation des Phosphors hervorge-
rufene Leitfähigkeit eine nur scheinbare
ist, welche von der Konvektion der Elek-
trizität durch die festen, nebeiförmigen
Oxydationsprodukte herrührt.
i) Siehe Barus, 1. c.
Erlangen, physikal. Institut, 22. Juni 1902.
(Eingegangen 24. Juni 1902.)
VORTRÄGE UND DISKUSSIONEN VON DER 73. NATUR -
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU HAMBURG.
Hermann Fr ahm (Hamburg), Neue Unter-
suchungen im Schiff- und Schilfsmaschinen-
bau auf der Werft von Blohm & Voss. ')
Das Thema, welches ich heute zu behandeln
habe, lautet nach Programm ganz allgemein: „Neue
UntersuchungenimSchiff-undimSchiffsmaschinen-
bau." Es lag demgemäss in meiner Absicht, Sie
in dem Rahmen dieses Vortrages mit einer Reihe
von Untersuchungen bekannt zu machen, die
in den letzten Jahren auf der hiesigen Werft
resp. auf den hier erbauten Dampfern zur Er-
gründung bisher nicht genügend bekannter Vor-
gänge im Betriebe von Schiffen bezw. von
Schiffsmaschinen zur Durchfuhrung gelangt
sind.
Im Laufe der Bearbeitung des Vortrages kam
ich jedoch zu der Überzeugung, dass es nicht
möglich sein würde, in der für denselben zur
Verfugung stehenden Zeit das vorhandene
Material zu bewältigen und ein auch nur an-
nähernd klares Bild von sämtlichen Untersuch-
ungen zu geben. Ich entschloss mich daher, Be-
schränkung zu üben und nur einen Gegen-
stand, den dafür aber etwas gründlicher zu
behandeln.
Bevor ich mich demselben zuwende, möchte
ich mit Rücksicht auf die hier arrangierte Aus-
stellung von Instrumenten und Apparaten (s.
Fig. i), wenigstens kurz die Untersuchungen
i) Abteilung 3, 25. Sept. 1901.
au&ählen, über welche ich ursprünglich die Ab-
sicht hatte, Ihnen vorzutragen.
Es sind dies: Erstens Messung von Zug und
Scheerspannungen in den am ungünstigsten be-
anspruchten Konstruktionsteilen von Schiffskör-
pern (vornehmlich in den Decksaufbauten), vor-
genommen bei Gelegenheit von Stapelläufen, zu
dem Zwecke, um Schlüsse zu ziehen auf die
Grösse der bei schwerer See in den Schiffs-
körpern auftretenden Beanspruchungen. Die
Apparate, mit denen diese Spannungen gemessen
wurden, finden sie am Ende des Tisches auf-
gestellt, ebenso einen Teil der gewonnenen Dia-
gramme.
Weitere Versuche wurden in grösserem Mass-
stabe ausgeführt zur Bestimmung der Reibungs-
verhältnisse von Propellerwellen in dem hinteren
Sternrohrlager, mit besonderer Berücksichtigung
verschiedener Gleitgeschwindigkeiten und ver-
schiedener Lagermaterialien, als Pockholz, Rot-
guss, Weissmetall, wobei ausserdem die ver-
schiedensten Mischungen von Schmiermaterialien
und zwar vom klaren Seewasser bis zu reinem
Öl zur Erprobung gelangten. Drüben am Tische
finden Sie die Photographie von den Versuchs-
einrichtungen sowie eine Reihe von Tafeln mit
Schaulinien, welche die gewonnenen Ergebnisse
wiedergeben.
Andere Versuche betreffen die Ermittlung
der momentanen Schiffsgeschwindigkeiten auf
Probefahrten, unter Benutzung der sogenannten
Dutchman-log-Methode, welche darin besteht,
dass vom Bug des Schiffes aus treibende Körper
ins Wasser geworfen werden, deren Durchgang
482
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang, No. 20.
Fig.
durch zwei querschiffs, möglichst weit vonein-
ander entfernt angeordnete Visierlinien beob-
achtet wird, um aus der zwischen den Durch-
gängen verfliessenden Zeit und der Entfernilng
der beiden Visierlinien die Schiffsgeschwindig-
keit auf einfache Weise zu berechnen. Das
bisher erlangte Material harrt noch der Durch-
arbeitung. Die benutzten Apparate, bestehend
aus den Visierinstrumenten und dem elektrisch
bethätigten Zeitmesser, sind ebenfalls auf dem
Tische ausgestellt.
Schliesslich seien noch Versuche erwähnt,
die angestellt wurden, um die Eigenschwingungs-
zahl eines Schiffskörpers auf experimentelle
Weise festzustellen.
Sie sehen hier ein senkrecht au^ehängtes
Modeil, welches in einem reduzierten' Massstab
über seine ganze Länge genau denselben Ver-
lauf der Trägheitsmomente sowie der Massen
zeigt, wie das zu untersuchende Schiff Aus
der sorgtältig durch Messung bestimmten
Seh wingungs zahl des Modells wird diejenige
des zugehörigen Schiffes gefunden, einfach durch
Multiplikation mit einer aus den Massstäben des
Modells zu ermittelnden Verhältniszahl.
Die wichtigsten und bei weitem umfang-
reichsten Forschungsarbeiten der letzten Jahre
beziehen sich auf die experimentelle Unter-
suchung der in rotierenden Schiffswellen beim
Betriebe auftretenden dynamischen Kraftwir-
kungen mit besonderer Berücksichtigung der
möglichen Resonanzschwingungen.
Dieses Thema habe ich nun speziell für den
heutigen Vortrag ausgewählt, indem ich von der
Voraussetzung ausging, dass dasselbe den Herren
Teilnehmern von besonderem Interesse sein
würde.
Schon seit langen Jahren hat der Schiffs-
maschinenbau mit rätselhaften Brüchen von
Schrauben- und Tuunelwellen zu kämpfen ge-
I habt, die sich auf Seedampfem zum Teil bei
' vollkommen ruhigem Wetter ereigneten und für
welche eine stichhaltige Erklärung etwa durch
I die Voraussetzung fehlerhaften Materials oder
die Annahme, dass die Schraubenflügel gegen
I treibende Hindernisse geschlagen hätten, nicht
I gefunden werden konnte. Die Bruchflächen der
I gebrochenen Wellen zeigten hin und wieder
I eigenartige Verdrehungsstrukturen, die vermuten
' liessen, dass bei der Zerstörung ungeheuere
Drehkräfte mit im Spiele gewesen sein müssten.
I Woher sollten diese nun kommen?
I Die durch den Dampfdruck erzeugten Dreh-
I kräfte konnten es direkt nicht sein, denn die-
I selben überschreiten selten um mehr wie 50\
den Mittelwert. Es blieb nur übrig, bisher nicht
genügend erkannte Kraftwirkungen dynamischer
Natur als die hauptsächlichste Ursache jener
Zerstörungen anzunehmen.
Von verschiedenen Seiten war schon auf die
Möglichkeit des Auftretens von sogenannten
Resonanzschwingungen in den Wellenleitungen
hingewiesen worden , doch waren dieses nur
Mutmassungen, die zunächst noch jeder positiven
Unterlage entbehrten.
Um diese Unterlage nun zu beschaffen, wurde
von den Herren Blohm & Voss im November
1899 der Entschluss gefasst, auf dem Wege des
Experiments die Vorgänge in den Wellenleitungen
studieren zu lassen und wurde mir die ehren-
volle Aufgabe zu teil, die erforderlichen Ver-
suche vorzunehmen. Von dem angegebenen
Termin an wurden dieselben regelmässig bei
Gelegenheit von Probefahrten durchgeführt.
Bevor ich auf die Beschreibung der Ver-
suchseinrichtungen eingehe, möchte ich kurz die
Punkte berühren, auf deren Klarstellung es an-
kommt.
Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist auf grossen
Seedampfern die EntferanvJBdMfcM^jf^^'i^'
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
483
abgebenden Maschine und denkraftaufhehmenden
Propellern meistens eine recht beträchtliche. Es
ist daher einleuchtend, dass die verbindende
Wellenleitung nicht mehr als ein starres Maschi-
nenelement, sondern gleichsam als eine — je
nach den Abmessungen — mehr oder weniger
elastische Torsionsfeder aufzufassen ist, welche
durch das von der Maschine aus an den Pro-
peller abgegebene Drehmoment unter Spannung
gehalten wird. Würde man es mit einem voll-
kommen gleichmässig laufenden Antriebsmotor
zu thun haben, wie es beispielsweise ein Elek-
tromotor oder eine Dampfturbine ist, so würde
das ganze System (inklusive Propeller) gleich-
massig rotieren, die Übertragungswelle würde
unter konstanter Torsionsspannung stehen und
demgemäss auch eine konstante Verdrehung er-
leiden.
Anders wird die Sachlage sofort, wenn die
in der Maschine wirkende Drehkraft Schwan-
kungen unterworfen ist, wie sie bei Dampf-
maschinen mit hin- und hergehenden Kolben
unvermeidlich sind. In diesem Falle treten in
den Wellenleitungen ebenfalls Schwankungen in
den Torsionsspannungen und demgemäss auch
in den Verdrehungen und weiterhin in den Dreh-
geschwindigkeiten auf, die jedoch keineswegs,
wie man fast allgemein anzunehmen geneigt ist,
den Schwankungen der durch die Kolbendrucke
an die Kurbeln abgegebenen Drehkräfte pro-
portional sind. Sie nehmen vielmehr infolge der
Wechselwirkung zwischen den angreifenden
Drehkräften und den durch die Wellenleitung
von bestimmter Elastizität verbundenen Massen-
anhäufungen in der Maschine und dem Propeller
Werte an, deren rechnerische Vorherbestimmung
recht schwierig und umständlich ist.
Einer korrekten Durchführung dieser Rech-
nung stand bisher, und zwar besonders für die
später zu behandelnden kritischen Tourenzahlen,
die mangelnde Kenntnis des Gesetzes der
Widerstandsänderungen des Propellers bei Ge-
schwindigkeitsschwankungen entgegen. Über
letzteren Punkt, sowie vornehmlich über die
Grösse der Schwankungen in den Torsions-
spannungen der Wellen bei verschiedenen
Tourenzahlen sollten nun die Versuche Klarheit
bringen.
Der Entwurf der für die letzteren zutreffen-
den Einrichtungen geschah nach folgenden Ge-
sichtspunkten.
Zunächst galt es, die Torsionsbeanspruchungen
der Wellenleitungen zu bestimmen und zwar der
Grösse und dem Verlaufe nach. Dieses konnte
dadurch geschehen, dass punktweise für eine
ganze Maschinenumdrehung die momentanen
Wellenverdrehungen, aus denen ja die Torsions-
spannungen sich direkt rechnerisch herleiten
Idssen, in ihrer absoluten Grösse gemessen bezw.
wurden. Zur weiteren Verwertung der
so gewonnenen Daten war es femer erforderlich,
gleichzeitig die zugehörigen Geschwindigkeits-
schwankungen des ganzen Systems und zwar
fiir die Maschine und den Propeller getrennt
aufzunehmen.
Es bedurfte erst langwieriger Vorversuche,
um brauchbare Versuchseinrichtungen zu schaffen.
Das schliesslich als zweckmässig sich ergebende
Versuchsverfahren ist folgendes.
Um zwei möglichst weit voneinander ent-
fernte bequem zugängliche Flanschen der zu
untersuchenden Wellenleitung werden besonders
präparierte, papierdünne Zinkblätter gelegt und
entsprechend befestigt. Gegen jedes dieser Zink-
blätter kann ein feiner Platinstift gedrückt wer-
den, welcher an dem Ende eines zurückklapp-
baren Hebels befestigt ist. Der letztere hat seinen
Drehpunkt auf einer vermittelst festgelagerter
Schraubenspindel parallel zur Welle verschieb-
baren Mutter. An einer passenden Stelle des
Wellentunnels, möglichst in der Nähe eines Mess-
flansches, wird nun ein mit Tourenregelung ver-
sehener kleiner Elektromotor aufgestellt, auf dessen
Achse zwei vollkommen gleiche besonders kon-
struierte Kontaktscheiben angeordnet sind, zu
dem Zwecke zwei getrennte elektrische Strom-
kreise synchron in genau gleichen Zeiträumen
zu unterbrechen bezw. zu schliessen. Diese
Stromkreise führen von der Plusleitung des
Schiffsnetzes unter Vorschaltung entsprechender
Widerstände durch die Unterbrechungsvorrich-
tungen zu den beiden Platinstiften und weiter-
hin, falls die letzteren gegen die Flanschen ge-
legt sind, durch die Zinkstreifen zum Minuspol.
Die Zinkblätter sind auf chemischem Wege mit
einer elektrisch leitenden, schwärzlichen Oxyd-
schicht derart empfindlich überzogen, dass die
Platinstifte bei Durchgang des Stromes bleibend
sichtbare Striche ziehen, welche bei Stromunter-
brechung sofort verschwinden.
Der Hergang bei Vornahme der Versuche
ist nun folgender:
Zunächst wird bei abgestoppter Maschine
und oben stehendem Hochdruckkolben die re-
lative Lage der beiden Platinstifte zu der span-
nungslosen Nulllage der Welle auf den Zink-
streifen genau markiert, wobei besondere Sorg-
falt aufgewendet werden muss, die Welle in
einen von Torsionsspannungen wirklich freien
Zustand zu bringen. Dieses machte bei den
ersten Versuchen wegen der unkontrollierbaren
Reibung in den Wellentraglagern sowie in der
Sternrohrstopfbüchse viele Schwierigkeiten, bis
schliesslich ein Ausweg dadurch gefunden wurde,
dass die Lage der Platinstifte zweimal markiert
wird, und zwar einmal nachdem die Welle ver-
mittelst der Maschinendrehvorrichtung nach vor-
wärts, das andere Mal nachdem sie nach rück-
wärts gedreht ist. Das sich aus den beiden
Marken ergebende Mittel kann mit vollem Rechte
484
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20*
ak für den spannungslosen Zustand der Welle
geltend angesehen werden. Der Vorsicht halber
wird diese Bestimmung der Nulllage mehrere
Male wiederholt.
Nach dieser Vorbereitung wird mit dem
eigentlichen Versuch gewartet, bis die Maschine
längere Zeit bei der zu untersuchenden Touren-
zahl im Beharrungszustand gelaufen hat. Ist
dieses der Fall, so wird zunächst der Unter-
brecher auf Touren gebracht und der Strom für
die beiden Stromkreise eingeschaltet. Dann
legen auf ein gegebenes Zeichen hin die an den
beiden Messflanschen postierten Personen die
Platinstifte gegen die mit den Flanschen ro-
tierenden Zinkblätter und bewirken gleichzeitig
durch Drehen der kleinen Schraubenspindeln
ein Vorschieben der Stifte parallel zur Wellen-
achse. Auf ein zweites Zeichen hin werden
dieselben wieder abgehoben. Die Stifte ziehen
somit auf den Zinkblättern gleichlaufende Spiralr
linien, welche jedoch infolge der Wirkung des
elektrischen Unterbrechers nur als mehr oder
weniger lang gestrichelte Linien sichtbar werden.
Diese gestrichelten Linien beziehungsweise
deren Anfangspunkte ^) geben uns nun alles, was
wir brauchen. Zunächst ermöglichen sie, die
Kurve der Geschwindigkeiten der Welle in den
Ebenen der beiden Messflanschen aufzutragen.
Hierbei ist der leitende Gesichtspunkt der, dass
die Entfernungen zwischen den Strichanfangs-
punkten genau gleichen Zeiten entsprechen.
Die Geschwindigkeitskurven können somit ein-
fach dadurch gefunden werden, dass von einer
den Verlauf der Zeit darstellenden Abszissen-
achse jene Entfernungen zwischen den Anfangs-
punkten als Ordinaten aufgetragen und darauf
durch die Endpunkte derselben Kurven gezogen
werden. Die Massstäbe für dieselben lassen
sich rückwärts aus der mittleren Diagrammhöhe
und der Tourenzahl der Welle leicht berechnen.
Die Kurven für die beiden Messflanschen wer-
den zweckmässig übereinander gezeichnet, wo-
bei darauf zu achten ist, dass die der Zeit nach
zusammengehörigen Ordinaten von den gleichen
Punkten der Abszissenachse aus abgetragen
werden.
Weiterhin ergeben sich die Verdrehungen
der Welle und damit indirekt die Torsions-
spannungen aus den Zinkblattdiagrammen auf
folgende Weise: Die Zinkstreifen werden so
nebeneinander gelegt, dass die für den span-
nungslosen Zustand und obenstehende Hoch-
druckkurbel gezogenen Markieriinien genau über-
einander liegen. Dann stellen die relativen Ver-
schiebungen der zeitlich zugleich entstandenen
Strichanfangspunkte auf beiden Streifen die mo-
i) Die Endpunkte mit zu benutzen empfiehlt sich aus dem
Grunde nicht, weil die Genauigkeit derselben infolge der un-
vermeidlicheD Funkenbildung bei Unterbrechung des elektri-
schen Stromes mehr oder weniger ungünstig beeinflusst wird.
mentanen Verdrehungen der Welle zwischen den
Messflanschen dar. Diese Verdrehungen können
ähnlich wie die Geschwindigkeitskurven graphisch
zu einer Kurve verzeichnet werden, welche die
Schwankungen in dem Verlauf des Drehmomen-
tes klar zum Ausdruck bringt.
Aus der mittleren Höhe dieser Kurve lässt
sich übrigens, sobald als Abszissen die Wege
im Flanschumfang genommen sind, das mittlere
übertragene Drehmoment und weiterhin die an
den Propeller abgegebene Arbeitsleistung leicht
berechnen. Allerdings ist hier Voraussetzung,
dass der in der Formel vorkommende Elastizitäts-
modul für Schub für das in Frage stehende
Wellenmaterial bekannt ist. Um auch hier jeg-
liche willkürliche, nicht genügend belegte Annahme
auszuschliessen, wurden von seiten der Firma
Blohm & Voss bei den drei bedeutenden Werken:
Fried. Krupp, Bochumer Verein und Gewerk-
schaft Witkowitz je drei Probewellen bestellt,
welche in der Königlichen mechanisch-technischen
Versuchsanstalt in Charlottenburg zwecks Be-
stimmung des Schubelastizitätsmoduls Torsions-
versuchen unterworfen wurden. Diese Versuche er-
gaben, dass der Modul bei dem fraglichen Ma-
terial überraschend wenig schwankt und 2uem-
lich scharf den Mittelwert 828000 kg pro qcm
annimmt. Auf Grund dieser Zahl wurde nun
bei einer Reihe von Schiffsmaschinen die effek-
tive Leistung und weiterhin das Verhältnis der-
selben zu der gleichzeitig bestimmten indizierten
Leistung, d. h. der mechanische Wirkungsgrad,
ermittelt
Es ist dies, meines Wissens, das erste
Mal, dass es gelungen ist, bei Maschinen
von mehreren tausend Pferdestärken die soge-
nannten Bremspferdekräfle mit Genauigkeit fest-
zustellen. Das angegebene Verfahren, welches,
kurz gefasst, darin besteht, dass die Übertra-
gungswelle selbst als Törsionsdynamometer be-
nutzt wird, lässt sich nur bei Schiffsmaschinen
mit ihren langen elastischen Wellenleitungen
zur Durchfuhrung bringen. Die bei den ein-
zelnen Maschinen festgestellten Wirkungsgrade
schwanken hauptsächlich zwischen 92 und
88 Proz. Nur in besonderen Fällen und zwar
vornehmlich bei den später behandelten kriti-
schen Tourenzahlen wurden noch niedrigere
Werte, bis zu 82 Proz. herunter, festgestellt.
Den Genauigkeitsgrad dieser Art der Bestim-
mung der effektiven Leistung schätze ich auf
0,5 bis I Proz.
Indem ich mich nunmehr wieder den Ver-
suchen selbst zuwende, möchte ich nochmals
hervorheben, dass der hauptsächliche Zweck
derselben in der Erforschung der Resonanz-
schwingungen bestand. Diese Resonanzschwin-
gungen kommen zu stände, sobald die Perioden-
zahl der Schwankungen im Tangentialdnick-
diagramm gleich oder angenähert gleich ist
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
48s
der Eigenschwtngungszahl der Welle. Die
letztere lässt sich einfach berechnen nach der
Formel
.. = 35J/S
worin y, und y^ die Trägheitsmomente der in
der Maschine bezw. im Propeller rotierenden
Massen, Ja das polare Trägheitsmoment des
Wellenquerschnitts, / die Länge der Welle und
C den Elastizitätsmodul für Schub bezeichnet.
Die Periodenzahl der T angential dm cksch wan-
kungen ergiebt sich direkt aus der jeweiligen
Tourenzahl der Maschine, sie ist entweder gleich
, - oder - etc. der letzteren. Wenn hier
I I I
von Schwankungen schlichtweg gesprochen
wird, so sind in Wirklichkeit damit die harmo-
nischen, d. h. nach dem Sinusgesetz verlaufen-
den Kurven gemeint, in welche sich jedes, auch
das unrege Imässigste Tangen tialdmckdiagramm
nach Massgabe des F o u r i e r sehen Theorems
zerlegen lässt.
Wir nennen diese Kurven in der Folge: har-
monische Grundkurven L, 11. und III. etc. Ord-
nung, je nachdem sie die selbe, die doppelte,
dreifache etc. Periodenzahl haben, wie die Wel-
lenumdrehungen. Weiterhin wollen wir die
Umdrehungszahlen der Maschinen als kritische
I., IL, III. etc. Ordnung bezeichnen, je nach-
dem die Eigenschwingungen erregt werden
durch die harmonischen Grundkurven I., II.,
III. etc. Ordnung,
An einem Beispiel möge dieses näher er-
läutert werden. Die Eigenschwingungszahl der
Welle des Einschraubendampfers „Besoeki" be-
trägt nach Rechnung: 252. Dann ist die kri-
tische Tourenzahl
I. Ordnung = - = 252
II.
126
= 15? ^
2
- 252 ^
3
2(;2
Von diesen kritischen Tourenzahlen liegen nur
diejenigen III. und IV, Ordnung in dem Be-
reiche der möglichen Umdrehungen.
Auf der Probefahrt des betreffenden Dam-
pfers ist es nun gelungen, fast genau bei der
kritischen Tourenzahl III. Ordnung 83 die vor-
hin eingehend beschriebenen Versuche vorzu-
nehmen. Auf derhier aufgestellten Tafel I(Fig. 1)
hat das Versuchsmaterial Verarbeitung gefunden,
und zwar stellt die untere Kurve in vergrösser-
tem Massstabe die Wellenverdrehungen und
Fig a.
zugleich den Verlauf der an den Propeller ab-
gegebenen Torsi onsmomente dar.
Die Geschwindigkeiten der Welle in den
Messflanschebenen sind oben auf der Tafel I
als Kurven a und ö abgetragen und erkennt
man sofort, dass einem Maximum in der vor-
deren Flanschebene genau ein Minimum in der
hinteren entspricht.
Aus den Geschwindigkeitskurven der beiden
Flanschen lassen sich nun diejenigen in einem
beliebigen Wellenquerschnitt einfach durch
Interpolation linden. In Fig. 2 sind nach
dieser Methode die Kurven fiir die mittlere
Maschinen- sowie die Propellerebene ermittelt
und mit punktierten Linien eingetragen. Ferner
ist die Geschwindigkeitskurve für denjenigen
Wellenquerschnitt punktiert eingezeichnet, wel-
cher an den Schwingungen nicht teilnimmt.
Bei vollkommen homogenen Wellen wurde
dieser Querschnitt, wir nennen ihn den indif-
ferenten Querschnitt, mit dem Schwerpunkte der
Propellermasse und der rotierenden Maschinen-
massen zusammenfallen, während seine Lage
bei Wellen mit variablem Durchmesser, wie es
in Wirklichkeit immer der Fall ist, so berech-
net werden muss, dass das von ihm nach vorn
liegende Wellenstück mit den Maschinenmassen
dieselbe Eigenperiode hat, wie das nach hinten
gelegene mit der Propellermasse.
Sie sehen auf den ersten Blick an der
Grösse der Geschwindigkeits- bezw, Verdreh-
ungsschwankungen, dass das ganze System
gewaltige Schwingungen ausführt, die sich
an der im Betriebe befindlichen Maschine
dem Auge des Beschauers entzogen und welche
erst durch die Versuche unter Benutzung der
momentanen Wirkung des elektrischen Stromes
ans Licht gezogen werden konnten. Wie
mächtig die Schwingungen sind, geht am klar-
sten aus dem Verdrehungsdiagramm hervor.
Dasselbe zeigt, dass die Welle während einer
Umdrehung dreimal bis auf circa das Dreifache
des mittleren Wertes angespannt wird, um
486
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
77
78
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80
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F ig. 3-
eben so oft wieder über die spannungslose
Nulllage bis weit ins Negative zurück zu schwin-
gen. Sie sehen also, dass zeitweilig sogar ein
Mitschleppen der Maschine durch den Propeller
erfolgt und dass die Welle wechselnde Bean-
spruchungen erleidet, die weit über das zu-
lässige Mass hinausgehen, und welche bei län-
gerer Dauer sehr wohl die Ursache von Brüchen
werden können.
Eine offene Frage ist nun zunächst die, ob
und wie weit das Auftreten dieser Schwingun-
gen an eine bestimmte Tourenzahl gebunden
ist. Auch hierüber haben uns teils die Ver-
suche, teils theoretische Berechnungen Klar-
heit gebracht. Auf Fig. 3 ist für den Ein-
schraubendampfer „Radames" der Verlauf der
Torsionsmomente für verschiedene Tourenzahlen,
und zwar von ^^ ansteigend bis zu der kriti-
tischen III. Ordnung, welche bei 83 liegt und
darüber hinaus bis zu 89, graphisch aufge-
tragen.
Es geht aus dieser Darstellung hervor, dass
es eine stark ausgeprägte kritische Tourenzahl
gar nicht giebt, indem die Schwingungen schon
bei den nächst niederen bezw. höheren Touren-
zahlen einen bedrohlichen Charakter annehmen.
Die Konsequenzen, welche wir hieraus
ziehen, bestehen vor allen Dingen darin, bei
Neuanlagen die Wellen so zu dimensionieren,
dass die kritischen Tourenzahlen der Maschine
um mindestens 10 Umdrehungen von den nor-
malen entfernt liegen.
Von Interesse dürfte noch eine lediglich auf
dem Wege der Rechnung erfolgte Bestimmung
des Verlaufes der Torsionsschwankung sein,
deren Ergebnisse als Kurve Z in das durch
die Versuche gewonnene Diagramm auf Fig. 2
eingetragen ist. Man sieht aus der leidlich
guten Übereinstimmung der Kurven, dass es
möglich ist, auch auf diesem Wege die Tor-
sionsschwankungen sowohl der Grösse als der
Phase nach mit genügender Genauigkeit zu be-
stimmen. Es sei dabei allerdings bemerkt, dass
die Rechnung ziemlich zeitraubend ist und von
dem sie Ausftihrenden einen nicht geringen
Grad von Vertrautheit mit der Theorie der er-
zwungenen Schwingungen verlangt.
Auch war es nötig, bevor die Rechnung
durchgeftihrt werden konnte, das bereits er-
wähnte Gesetz der Widerstandsänderungen des
Propellers bei Geschwindigkeitsschwankungen
zu bestimmen. Für eine ganze Reihe von Ma-
schinenanlagen wurde zu diesem Zwecke unter
Benutzung des Prinzips von d*Alembert aus
den durch die Versuche gewonnenen Verdre-
hungs- bezw. Geschwindigkeitskurven die Wider-
standskurven des Propellers rückwärts ermittelt
und gefunden, dass die Widerstände nicht, wie
man bisher glaubte annehmen zu müssen, mit
dem Quadrat, sondern durchschnittlich mit der
3,8 Potenz der Geschwindigkeiten schwanken.
Dabei stellte sich in allen Fällen die Not-
wendigkeit heraus, zu den berechneten Massen-
trägheitsmomenten des Propellers Zuschläge in
Höhe von 20 bis 35 Proz. zu machen, um das
Wasser zu berücksichtigen, welches von den
Flügeln bei der Rotation mitgerissen wird.
Der Gang der rein theoretischen Rechnung
ist kurz folgender:
Zunächst wird das Tangentialdruckdiagramm,
welches unter Berücksichtigung der Beschleu-
nigungen der hin- und hergehenden Massen
aufgezeichnet ist, auf dem Wege der sogen,
harmonischen Analyse in die harmonischen
Grundkurven zerlegt, wie es beispielsweise auf
Tafel II für den S. S. „Besoeki" geschehen ist.
Dann wird für jede einzelne dieser Grundkurven,
welche ja harmonisch schwingende Kräfte dar-
stellen, das Bewegungsgesetz der Welle, und
zwar besonders die relativen Verdrehungen der
beiden Endquerschnitte zu einander bestimmt,
wobei die Dämpfungskonstante für den Pro-
peller aus dem oben angedeuteten Widerstands-
gesetze zu ermitteln ist. Aus den auf diese
Weise gefundenen Einzelbewegungen findet
man die wirkliche, indem man jene zu einer
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 20.
Resuhierenden zusammensetzt, welche in dem
vorliegenden Falle durch die vorhin erwähnte
Kurve Z auf Fig. 2 dargestellt wird.
Ich möchte noch hervorheben, dass die eben
skizzierte theoretische Methode tm Prinzipe be-
reits in dem hervorragenden Werke „Dynamik
der Kurbelgetriebe" von Prof. Lorenz-Göttin-
gen zur Anwendung empfohlen worden ist, doch
besteht ein wesentlicher Unterschied darin, dass
von meiner Seite die aus dem Widerstandsge-
setz sich ei^ebende Dämpfung der Propcller-
bewegung, welche besonders in der Gegend
der kritischen Touren von ausschlaggebendem
Einfluss ist, Berücksichtigung findet, während
in dem angezogenen Werke die Dämpfung ver-
nachlässigt ist
Es ist noch meine Absicht, Ihnen den prak-
tischen Gang der Versuche an einem hier
aufgestellten , der Wirklichkeit nachgebildeten
Wellenmodell zu demonstrieren. Vorher möchte
ich jedoch auf zwei Hil&mittel aufmerksam
machen, deren Konstruktion und Herstellung
im Laufe der Versuche nötig wurde.
Es ist dies zunächst ein Apparat zur direkten
Feststellung der kritischen Tourenzahl an einer
im Betriebe befindlichen Maschine. Das Prinzip
desselben besteht kurz darin, dass die rela-
tiven Schwankungen einer kleinen, von der zu
untersuchenden Welle angetriebenen Schnur-
scheibe gegenüber einer gleichmässig rotieren-
den Schwungmasse durch entsprechende Me-
chanismen auf einen Schreibstift übertragen
werden, welcher dieselben auf ein bewegtes
Papierband aufschreibt. Der Apparat leistet
also gewiss ermassen dasselbe für die Schwin-
gungen rotierender Wellen, wie der bekannte
Schlicksche Pallograph für die Vibrationen
von SchiRskörpern, Die praktische Benutzung
geschieht in der Weise, dass man die Maschine
allmählich schneller laufen und von Umdrehung
zu Umdrehung durch den Apparat die Torsions-
schwankungen aufzeichnen lässt. Diejenige Um-
drehungszahl, bei welcher die grössten Schwan-
kungen aufh'eten, ist dann eine kritische.
Auf diese Weise ist es mehrfach gelungen,
die lediglich durch Rechnung bestimmte kritische
Tourenzahl zu kontrollieren, wobei sich immer
eine vorzügliche Übereinstimmung mit der Wirk-
lichkeit ergeben hat.
Fig. 4 zeigt beispielsweise die auf dem
Besoeki mit dem Apparat genommenen Dia-
gramme.
Ein weiteres wichtiges Instrument ist ein
Tourenmesser mit Angabe in die Ferne. Die
Neukonstruktion eines solchen stellte sich als
notwendig heraus, weil die bisher bekannten
Tachometer an einen bestimmten Aufstellungs-
ort gebunden sind, der sich für bequeme, direkte
Ablesung meistens nicht eignet.
Hg. 4.
Die neue Tachometerkonstruktion dürfte
insofern Ihr besonderes Interesse erregen,
als bei derselben die sogenannten Resonanz-
schwingungen, deren schädliche Wirkung in den
Wellen der Schiffsmaschinen wir kennen gelernt
haben, nutzbringende Verwendung gefunden
haben.
Ich habe hier auf dem Tische einen sol-
chen Apparat aufstellen und an eine unserer
mehrere lOO m entfernten Betriebsmaschinen
anschliessen lassen. Sie sehen an dem Apparat
(siehe Figur 5) neben einer
Skala eine Reihe von weis-
sen Quadraten, die sich von
einem dunklen Hinter-
grunde scharf abheben.
Diese Quadrate sind in
Wirklichkeit die Enden von
Stahlfedern verschieden ab-
gestimmter Schwingungs-
zahl, welche auf einer elas-
tisch befestigten Oszilla-
tion s welle montiert sind.
Diese Welle nun wird auf
elektromagnetischem Wege
durch Wechselströme, die
von der Maschine aus er-
zeugt werden, in schwach
oszillierende Bewegungen
versetzt , die sich sämt-
lichen Federn zwar mit-
teilen, aber nur diejenige
zu kräftigem Ausschwingen
bringt, deren Eigenperiode
mit der momentanen Pe-
riode des Wechselstromes
übereinstimmt. Sie können
an dem am meisten in die
Breite gezogenen Quadrat
erkennen, dass die ferne
Betriebsmaschine augen-
blicklich 82 Umdrehungen macht.
Der von der Maschine bethätigte kleine
Wechselstromgenerator besitzt weder Bürsten
noch Schleifringe, er wirkt lediglich durch reine
Induktion. An einem hier aufgestellten gleich-
artigen Motor können sie die Konstruktion
studieren.
Die Zeit erlaubt es mir leider nicht, auf
F'B- S-
488
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^fang. No. 20.
weitere interessante Einzelheiten, die mit diesem
neuartigen Tourenmesser zusammenhängen, ein-
zugehen. Ks sei mir nur gestattet, darauf hin-
zuweisen, dass derselbe allem Anschein nach
nicht nur für wissenschaftliche Untersuchungen,
wie im vorliegenden Fall, sondern vornehmlich
auch für praktische Zwecke sehr geeignet und
eventuell berufen ist, eine bisher sehr empfun-
dene Lücke im Baue von elektrischen Mess-
apparaten auszufüllen.
Nunmehr möchte ich Ihnen die eingangs
erwähnten Versuche vorführen. (Folgt Demon-
stration mit kurzen Erläuterungen.)
Bevor ich schliesse, drängt es mich, meiner
Mitarbeiter zu gedenken und zwar möchte ich
vornehmlich Herrn Regierungsbauführer Dauner
nennen, der mir besonders bei der zeichnerischen
Verarbeitung des Versuchsmaterials, von dem
ich Ihnen leider nur einen winzigen Bruchteil
vorlegen konnte, wacker beistand, sowie Herrn
Lüdders, den praktischen Vorstand unserer
elektrischen Abteilung, dem die Anfertigung der
Apparate und Instrumente oblag.
Sollte es mir nun gelungen sein, Ihnen durch
meine Ausführungen ein auch nur ungefähres
Bild davon gegeben zu haben, wie heutzutage
auf einer modernen Werft auch in wissenschaft-
licher Beziehung gearbeitet wird, so würde ich
den Zweck meines Vortrages als vollkommen
erreicht ansehen.
(Eing^fangen 14. Mai 1902.)
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
Bernstein, Julias, Die Kräfte der Bewegung in der leben-
den Substanz, gr. 8. IV u. 28 S. 1902. Braunschweig,
Friedrich Vieweg & Sohn. M. — .80.
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1901. Dar-
gestdlt yon der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
57. Jahrgang. Erste Abtheilung, enthaltend Physik der
Materie. Kedigirt von Karl Scheel, gr. 8. XXXIX u.
421 S. 1902. Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn.
M. 17.—.
Gleichen, A., Lehrbuch der geometrischen Optik. Mit
251 Figuren im Text. gr. 8. XIV u. 511 S. 1902. Leipzig
und Berlin, B. G. Teubner. Gebunden M. 20. — .
können in deutscher, lateinischer, französischer, englischer und
italienischer Sprache abgefasst sein und sind bis Ende 1904
einzuliefern.
Tagesereignisse.
Die Akademie der Wissenschaften zu Berlin
hat auf ihrem diesjährigen Leibniztage folgende Preisaufgabe,
die neue dieses Jahres um den 5oooM.-Preis gestellt: „Nach den
übereinstimmenden Ergebnissen neuerer Forschung betrachtet
man die Kathodenstrahlen und ebenso dieBecquerel-Strahlen als
Schwärme äusserst schnell bewegter elektrisch geladener Par-
tikel. Es ist wahrscheinlich, dass die nämlichen Partikel auch
bei der gewöholichen Elektrizitätsleitung in Gasen und in
Metallen, ebenso auch bei der Emission und Absorption des
Lichtes die Hauptrolle spielen. Gewünscht werden neue, mit
theoretischer Erläuterung verknüpfte Messungen, wodurch die
Kenntnisse von den Eigenschaften jener Partikel in wesent-
lichen Punkten erweitert werden." Die Bewerbungsschriften
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Facbgenossen , der
Redaktion von eintretenden Andeningen möglichst bald
Mitteilung su machen.)
Der Adjunkt am ersten chemischen La^ Oratorium in Wien
Dr. Rud Wegscheider wurde zum o. Professor der Chemie
an der Universität Wien, der Primtdozent der Meteorologie Dr.
Trabert in Wien zum o Professor der kosmischen Physik
in Innsbruck, der Privatdozent Dr. Hillebrand in Wien zum
a. o. Professor der Astronomie in Graz, die Privatdozenteo
der Chemie Dr. E. Roos- Freiburg i. Br, und Dr. F. Feist-
Kiet zu Professoren, der Betriebschemiker an der Bergakademie
in Freiberg Schiffner von der königl. Muldener Schmelx-
hUtte zum a. o. Professor fcir Hüttenkunde, der Privatdozent
Hir Mathematik an der Freiburger Hochschule Dr. A. H. Löwy
zum a. o. Professor, der a. o. Professor der pharmazentischen
Chemie an der Universität Berlin Dr. Thoms zum Leiter der
pharmazeutisch-chemischen Universititsanstalt in Dahlem er-
nannt.
Professor Dr. H. Minkowski, Dozent für höhere Mathe -
matik am Züricher Polytechnikum, hat einen Ruf an die Uni-
versität Göttingen, der Professor der analytischen Chemie
Wilhelm Wislicenus in Würzburg einen Ruf als o. Pro-
fessor an die Universität Tübingen angenommen.
Der Professor der Chemie Dr. A. Werner-Zürich und der
a. o. Professor für Chemie an der Universität München Dr.
Karl Hofmann erhielten einen Ruf nach BaseL
Der König von England hat aus Anlass der Krönung
einen neuen Verdienstorden gestiftet und zunächst la Mitglieder
desselben ernannt, darunter die Männer der Wissenschaft Lord
Rayleigh und Lord Kelvin.
Das Kuratorium der Jubiläumsstiftung der deutschen
Industrie beschloss, Professor Slaby zur Förderung seiner
Versuche über Funkentelegraphie 20000 M. und Professor
Linde fUr Versuche zum Studium der Ausflusserscheinungen
der Gase 10000 M. zu Überweisen.
Dem Professor der Physik an der technischen Hochschule
in Karlsruhe Dr. Otto Lehmann wurde der Titel Geheimer
Hofrat verliehen.
An der technischen Hochschule in Berlin habiUtierte sich
der Realgymnasial - Oberlehrer Dr. Gleichen für Ph>'sik, an
der technischen Hochschule in Karlsruhe der Ingenieur K.
Kriemler fiir technische Mechanik, an der königl. Berg-
akademie zu Freiberg der Assistent am chemischen Labore-
rorium Hütteningenieur Dr. phil. TheodorDöringfUr Chemie,
an der technischen Hochschule Karlsruhe Dr. Paul Ettner
für chemische Technologie, an der Universität Marburg der
Regierungsrat am Patentamt Professor Dr. A. Reissert für
Chemie, an der Universität Heidelberg Dr. Weber für Physik,
an der technischen Hochschule in Berlin Dr. Arndt für physi-
kalische Chemie.
An Stelle des erkrankten Professor Dr. Leopold Gegen-
bauer an der Universität Wien wird Professor Dr. Tauber
für das Sommersemester über Elemente der Differential- und
Integralrechnung lesen.
Abgelehnt hat der a. o. Professor Dr. Disteli in Karls-
ruhe den Ruf auf den ordentlichen Lehrstuhl der darstellenden
Geometrie an der technischen Hochschule in Wien, der Pro-
fessor der Mathematik an der Universität Göttingen Dr. Hilber t
den an ihn ergangenen Ruf an die Berliner Universität und
Professor Beckmann in Leipzig den Ruf als Leiter der in
Dahlem neu erbauten pharmazeutisch-chemischen Anstalt.
Gestorben sind der frühere Minister Astronom Faye von
der Akademie der Wissenschaften zu Paris, der o. Professor
der Physik Dr. Pier Maria Garibaldi in Genua, der Pro-
fessor der Mathematik an der technischen Hochschule zu Karls-
ruhe Hofrat Dr. Schröder, der Professor der Chemie an
der Universität Edinburgh Iveson Macadam (von einem
Portier der Universität erschossen).
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöttingen. ~ Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Dnick von August Pries in Leipzig.
^
FUBIlLLIrFArvV
Physikalische Zto|QhRiFT
No. 21.
Originalmitteiiangen :
J. J.Taudin Chabot, Eine neue Fall-
maschine. S. 489.
E. Baur und Th. Portius, Über die
photographische Wirkung von Silber
und Halbbromsilber in Bromsilber-
Emulsion. S. 491.
Th, Tommasina, Über Strahlungs-
induktion. S. 495.
Th. Tommasina, über das Vor-
handensein von reflektierbaren Strah-
I. August 1902.
RedAktiontschluss flir No. aa am 6. August 190a.
INHALT.
I len in der von einer Mischung von
I Radium- und Bar3nimchlorid aus-
gesandten Strahlung. S. 497.
P. Lewis, Die Spektren kathodisch
leuchtender Metalldämpfe. S. 498.
A. Wehnelt, Über die freie Elek-
trizität im dunklen Kathodenraume.
S. 501.
J. Stark, Einfluss des Elektroden-
metalles auf die Anfangsspannung.
S. 504.
3. Jahrgang.
J. Stark, Der sogenannte Übergangs-
widerstand der Funkenentladnng.
S. 507.
Be8preohungen:
G. B igourdan. Das metrische System
der Gewichte und Masse. S. 509.
Ch. Ed. Guillaume, Die Meterkon-
vention und das Internationale Ge-
wichts- und Massbureau. S. 511.
Eingegangene Schriften. S. 512.
Personalien. S. 512.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Eine neue Fallmaschine.
Von J. J. Taudin Chabot.
Unter den Einzelheiten, welche sich an der
von Poggendorff eingerichteten Fallmaschine
oder Wage beobachten lassen, nennt derselbe
an erster Stelle '): „Die Zu- oder Abnahme des
Gewichtes eines einzigen Körpers, je nachdem
er gehoben oder gesenkt wird.*' Dieser Satz
ist offenbar in dem Sinne zu deuten, dass die
Gewichtsänderung besteht, solange eine Be-
wegungsvariation vorsieh geht, und zwar als
Funktion des Inkrements der Geschwindigkeit;
erscheint das Inkrement konstant, so erhält
gleichfalls die Gewichtsänderung einen kon-
stanten Wert, unterliegt es auch seinerseits
einem, sei es gleichförmigem oder ungleichför-
migem, positivem oder negativem Wachstum,
so wechselt die Gewichtsänderung ihre Grösse.
Diese Verhältnisse — in den noch immer selte-
nen Fällen, dass sie überhaupt Beachtung finden
— werden erkennbar, wenn man, wie es eben
Poggendorff bekanntlich that, Atwoodsche
Fallmaschine und Wage geeignet kombiniert:
die Schnur zum Anhängen der Fallkörper läuft
über zwei Rollen, befindlich je am Ende und
in der Drehachse eines Wagebalkens, dessen
anderes Ende eine Tariervorrichtung trägt. Ein-
tretender positiver Fall (Abwärtsbewegung) über
die Rolle am Wagearmende verursacht ein
Steigen, eintretender negativer Fall (Aufwärts-
bewegung) ein Sinken dieses Armes — beide
Male als Ausdruck statthabender positiver Ac-
celeration. Führt man die positive in eine nega-
tive Beschleunigung über — , etwa indem man
das am Schnurende über der Mittelrolle hängende
Gewicht in Form einer Aluminiumplatte nach
Zurücklegen einer gewissen Bahnstrecke einen
mehr oder weniger kräftigen Magnetkreis recht-
winklig schneiden lässt — so muss im Augen-
blicke, wo der Wert des Inkrements der Ge-
schwindigkeit durch Null geht, der Wagebalken
zur Ruhe kommen, um, sogleich wenn die Ac-
celeration negativ geworden ist, nach der ent-
gegengesetzten Seite wie vorhin auszuschlagen.
Aus dem engen Wirkungsbereich der Fall-
mascbinen üblicher Konstruktion — im Hin-
blicke zunächst auf den letztbezeichneten Ver-
such, der sich nicht ohne weiteres ausführen
lässt — tritt nun das nachfolgend beschriebene
Instrument heraus: es will die Beobachtung nach
zwei Seiten gleich bequem gestalten und sie
von zeitlicher Beschränkung infolge des Ablaufes
einer Schnur befreien.
Zwei Rotationskörper, einzeln drehbar um
die Achsen m und fn\ , Fig. i , gemeinsam und in un-
i) Pogg. Ann. 92, 181, 1S54, nach den Monatsberichten
der Berl. Akad., Nov. 1853.
Fig. I.
veränderter gegenseitiger Achsenlage um M^
äquidistant zwischen ;;/ und ;;/j , stehen mit einer
dritten Masse, AU , in Schwerkraftwechselwirkung.
Rotieren erstgemeinte beide Ma.ssen, so nähert
.sich kontinuierlich von jeder die eine Hälfte der
dritten Masse, entfernt sich die andere Hälfte
490
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^ng. No. 21.
von ihr: folglich ist Einleiten der Rotation, ]
d. h. Erzeugen einer beschleunigten Beweg- ;
ung, wenn beiderseits gleichsinnig, für das
Doppelsystem m — w,, äquivalent einer Schwer- ;
Punktsverschiebung, die bei jedem Winkel zwi- 1
sehen den Geraden w/jl/»«, und ß/ M, normal |
zu dieser letzten, mithin in einer Niveauflache :
des Schwerkraftfeldes, sich erstreckt. Hieraus |
erhellt, dass bei unverändert er Lage des Drehungs- 1
mittelpunktes J/ relativ zu ui und zu tu, eine
eigene Rotation des Doppelsystems als Ganzes
in die Erscheinung treten miiss: es umkreisen
die Massen /» und w/, einander so lange, wie
die positive oder negative Beschleunigung der
eigenen Achsendrehung einer jeden von ihnen
fortbesteht. Ist diese Beschleunigung gleichförmig
^ wenn negativ, etwa indem die Rotation, ein-
maligem Anstosse entsprungen, durch Reibung
allmählich gedämpft wird — , so resultiert eine
konstante drehende Kraft, welche ihrerseits eine
gleichförmig beschleunigte Rotation des Doppel-
systems bewirkt, d. h. die Dauer eines Um-
laufes seiner Komponenten, »« und Wi, zuneh-
mend verkürzt. Die Umlaufsgeschwindigkeit
erreicht ein Maximum im Augenblicke, wo die
Achsendrehungsgeschwindigkeit der beiden
Massen Null wird, und es hängt lediglich von
der relativen Grösse der /;/ und OT| zusammen-
haltenden Kraft ab, ob diese Massen in dem
Augenblicke auseinanderstreben, d. h. ob das
zweigliedrige System m — i'i, sich dann auflöst,
bezw. das dreigliedrige tn — in,—M, seine Kon-
figuration ändert, oder nicht. — Ungleichsinnige
Acbsendrebung der Koniponenten des Systems
tn — »«1 veriangt einerseits positive Acceleration,
andererseits negative — bezw. allgemein un-
gleiche — Beschleunigungen, damit der Um-
lauf des Systems als Ganzes zu stände kommt.
DerabgebildeteApparatFig,2diirftejetztohne
weiteres verständlich sein: er gestattet die in
Fig. 2.
gleichen Richtungen von Hand bewirkten Rota-
tionen um /« und ;«, positiv oder negativ zu
beschleunigen, folglich, bei Schwerkraftwechsel-
wirkung mit Erde, das Doppelsystem als Ganzes
im einen oder im anderen Sinne in Umdrehung
zu versetzen.
Damit auf diese Drehung nicht die in der
Figur kennbaren schrägen Ubertragungsachsen
durch das Mittel der Lagerreibung Einfluss üben,
haben dieselben entgegengesetzte Drehrichtun-
gen, während einerseits eine kleine Zahnrad-
übersetzung dennoch gleichsinnige Rotation der
beiden Massen, ßleischeiben, gewährleistet. —
Die Entfernung »1 A/= tiij M lässt sich ver-
schieden einstellen; demnach sind die Über-
tragungsachsen ausziehbar und mit je zwei
Cardaniscfaen Gelenken versehen, wobei zu
beachten, dass jedes Gelenkepaar, soll die Be-
wegungsübertragung gleichförmig sein, den
spiegclbtldartigen gegenseitigen Stand seiner
zwei Elemente verlangt (andernfalls, bei ver-
schränktem gegenseitigem Stande, muss eine
gleichförmige Bewegung bei solcher Ubertrag'ung
zu einer ungleichförmigen, wenn auch gesetz-
mässig schwanketiden werden, die Gleichförmig-
keit wird erst wieder nach einer Übersetzung
elliptischer Zahnräder zu erreichen sein).
Den Gesamtkomplex der Erscheinungen
erschöpfend zu zeigen, reicht indessen auch das
beschriebene Modell, bei dem ich Wert auf
einfachen Bau und Antrieb mit der Hand legte,
noch nicht aus; dazu muss wohl die Elektrizität
als Triebkraft gewählt, müssen Elektromotoren
verwendet werden. Vorausgesetzt, dass sodann
nicht der Beobachtenden sich das Empfinden
bemächtigt, irgend eine,, geheimnisvolle" Wirkung
eben der Elektrizität sei im Spiele, werden auf
diesem Wege die Versuche besonders instruktiv
sein.
Das Instrument bestünde aus weiter nichts,
als aus zwei selbstangehenden, eventuell mit
Schwungrädern ausgestatteten Synchronmotoren,
je am Ende eines vollständig im Kreise dreh-
baren Wagebalkens, für jede Neigung genau
äquilibriert und über Schleifkontairte oder Rollen
(etwa die Antifriktionsrollen zur Achsenlagerung
des Wagebalkens) mit den ruhenden Stromkrcis-
teilen kommunizierend. Die zwei Kreise mögen
von einer Glcichstromquelle abgezweigt sein über
drehbare Kommutatormechanismen, welche man
mit gleichen oder ungleichen Beschleunigungen,
in gleichen oder ungleichen Richtungen drehen
kann. Entsprechend der jeweiligen Kombination,
der die rotierenden Massen der Elektromotoren
folgen müssen, wird die Bewegung des Wage-
balkens sich gestalten.
Verbindet man schliesslich mit jedem Kom-
mutator eine Vorrichtung, welche die Um-
drehungsgeschwindigkeit, somit auch die Ge-
schwindigkeit der Achsendrehung einer jeden
von beiden äquilibrierten Massen, als lineare
Grösse zum Ausdrucke bringt '), so wird dem
>) Vgl ,
e MiUeiluDg in dieser Z. 3, 331, 1903^ ,
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
491
Umlaufe dieser Massen umeinander, bezw. der
Rotation des Doppelsystems als Ganzes, stets
eine Variation jener beiden Grössen entsprechen,
und zwar wird bei konstanter Differenz der
beiden Grössen die Achsendrehung der Massen
beiderseits gleiche, bei inkonstanter ungleiche
Richtung haben.
lässt sich . . , ., bei bekanntem Werte für g^ die Touren-
zahl T nach Gleichung (3) durch einfache Längenmessung
bestimmen.**
Degerloch (Wttbg.), den 13. Juni 1902.
(Eingegangen iS. Juni 1902.)
Über die photographische Wirkung von Silber
und Halbbromsilber in Bromsilber-Emulsion.
Von E. Baur und Th. Portius.
§ I . Es ist bekannt, dass eine photographische
Platte an Empfindlichkeit gewinnt, wenn sie
einer geeigneten, schwachen, diffusen Vorbelich-
tung ausgesetzt wird. Auch sind die überreifen
schieiernden Gelatine-Emulsionen überaus hoch-
empfmdlich.
Wird anerkannt, dass das primäre Einwir-
kungsprodukt des Lichtes auf die photographische
Platte in Halbbromsilber besteht, so wird man
auch die Reifung (abgesehen von der notorischen
Kornvergrösserung) als eine beginnende Reduk-
tion zu Halbbromsilber zu betrachten haben.
Es entsteht nun die experimentelle Aufgabe,
nachzuweisen, dass eine Bromsilber-Emulsion,
welche absichtlich mit einer dosierten Menge
Halbbromsilber versetzt wurde, in der That
empfindlicher ist als eine sonst gleiche Platte,
welche bestimmt kein Halbbromsilber enthält.
Zur Lösung dieser Aufgabe haben wir Ver-
suche mit Kollodion-Emulsionen angestellt, über
die wir im folgenden berichten wollen. Wir be-
beschränkten uns auf Kollodion-Emulsion, um
die unkontrollierbare Einwirkung der Gelatine
auf Bromsilber auszuschalten.
§ 2. Es gelingt, kolloides Silber in Kollodion
aufzulösen, wenn man das aus Silbernitrat mit
Natriumeitrat in bekannter Weise gefällte und
mit absolutem Alkohol gewaschene Gel des
Silbers in wenig Wasser aufnimmt, dann soviel
Alkohol und Äther zusetzt, als die Lösung,
ohne gefällt zu werden, verträgt, und schliess-
lich Kollodion zusetzt. Man kann sich so un-
schwer ein Silberkollodion herstellen mit einem
Gehalt von 0,2 Proz. Silber. Diese Lösung ist
purpurrot und vollkommen beständig.
Das Silberkollodion versetzten wir dann mit
einer frisch bereiteten Lösung von Brom in
Alkohol und bemassen dabei die Menge des
Broms so, dass, auf Bromsilber berechnet, i Proz.
Silber im Überschuss blieb. Es entstand dabei
eine kolloide Lösung einer Mischung von Brom-
Silber mit Halbbromsilber, die wir ferner als
Photobromid-KoUodion bezeichnen wollen. Die
Lösung ist von rein violetter Farbe und ebenso
beständig wie das Silberkollodion.
Das chemische Verhalten solcher Photo-
bromidlösungen ist in einigem bemerkenswert.
Setzt man Brom im Überschuss zu, so vergehen
mehrere Stunden, bis (im Dunkeln) die Lösung
durch völlige Überführung des Halbbromids in
Bromsilber weiss geworden ist. Dasselbe kon-
statiert man an wässeriger Photobromidlösung,
welche aus wässerigem Silbersol und Bromwasser
herzustellen ist. Die Bildung des Bromsilbers
aus Agi Br gehört demnach zu den langsamen
Reaktionen. ^) Dieser Umstand scheint von Wich-
tigkeit für die Konservierung des Lichteindruckes
in der photographischen Platte. Das im Licht
abgespaltene Brom findet nach Schluss der Ex-
position genügend Zeit, um wegzudiffundieren,
ehe es vom gebildeten Halbbromid resorbiert
wird. Es ist dies wohl insofern von Wichtigkeit,
als die Bindung des Broms durch Gelatine wohl
auch nicht momentan verläuft, und weil eine
gewisse Zeit nötig ist, um das Brom aus dem
Inneren des Bromsilberkornes nach der um-
gebenden Gelatine gelangen zu lassen.
Versetzt man wässerige Photobromidsol mit
verdünnter Gelatinelösung und bewahrt die
Mischung im Dunkeln, so nimmt man im Ver-
lauf von einigen Wochen eine Entfärbung der
violetten Lösung wahr. Sie geht in ein grau-
stichiges Weiss über, indem offenbar das Halb-
bromsilber durch die Gelatine zu Silber redu-
ziert wird. Die Langsamkeit dieses Vorganges
legt den Schluss nahe, dass eine belichtete
Bromsilber-Gelatineplatte nicht Silber, sondern
Halbbromsilber enthalte, und dass ersteres nur
in Platten anzunehmen sei, welche nach der
Belichtung unentwickelt längere Zeit gelagert
haben.
Zusatz von Eisenvitriol zu Photobromidsol
reduziert dasselbe nicht; dagegen tritt auf Zusatz
von Natriumacetat zum Eisenvitriol in wenigen
Augenblicken eine totale Reduktion des Photo-
bromids zu kolloidem, in der Durchsicht braun-
gelbem, in der Draufsicht absinthgrünem,
Silber ein.
Setzt man etwas Photobromid-KoUodion in
einem Reagensglase so lange dem Tages- oder
Sonnenlichte aus, bis dasselbe genügend erstarrt
ist, um durch geeignetes Schütteln dem Reagens-
glas als Gallertcylinder entnommen werden zu
können und führt einen Querschnitt durch den
letzteren, so sieht man das Photobromid im
Inneren des Cylinders zu Bromsilber oxydiert,
indem im Licht abgespaltenes Brom vom Lichte
weg ins Innere wanderte und dort gebunden
i) V'crgU Luther, Z. f. phys. Chem. 80, 659.
492
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2r.
wurde. Die Erscheinung bildet ein Analogen zu
dem Versuche von ScholP) mit einer Jodsilber-
Silberplatte.
Photochloridlösungen haben eine mehr rot-
violette Farbe und verhalten sich sonst dem
Photobromid entsprechend. — Versetzt man
Silbersol mit wässeriger Jodlösung, so bemerkt
man keinen Farbenumschlag, der auf ein Halb-
jodsilber schliessen Hesse, auch tritt die Ver-
zögerung in der Aufnahme der letzten Prozente
Halogen, wie sie für das Photobromid oben
beschrieben wurde, hier nicht ein.
Photobromid-Kollodion lässt sich durch Ein-
giessen in Wasser ausfällen und, nachdem es
getrocknet ist, in Äther-Alkohol leicht zu der-
jenigen Konzentration auflösen, wie es für den
Guss genügend dichter photographischer Platten
erforderlich ist.
So hergestellte Platten sind natürlich in
photographischen Entwicklern ohne Belichtung
entwickelbar. Unter dem Mikroskope zeigen sie
vor und nach der Entwickelung die gleiche fein-
kömige Textur, wie sie auch bei feinen, unge-
reiften Bromsilber-Emulsionen vorkommt.
§ 3. Es war nun ursprünglich unsere Absicht,
mit dem Gehalt von dergleichen synthetisch her-
gestellten Photobromiden an Agi Br allmählich
soweit herabzusteigen, dass photographisch
brauchbare Platten entstünden. Die Platten
mussten dazu weniger Halbbromid enthalten,
als ihnen durch eine geringe Belichtung zuge-
führt wird.
Von diesem Vorhaben mussten wir indessen
Abstand nehmen, denn es wären dazu Versuche
im grossen nötig geworden, angestellt mit
vielen Litern Silberlösung, da das Brom bis auf
Vi 000 Proz. des angewandten Silbers genau hätte
dosiert werden müssen.
So wenigstens liess sich aus Versuchen
schliessen, die zur Schätzung der Menge Halb-
bromsilber dienen sollten, welche in einem ge-
gebenen Bromsilberkorn durch eine gegebene
Belichtung entsteht, und die wir folgendermassen
anstellten.
Von einem Photobromid-Kollodion, welches
0,03 gr Ag'iBr (und die sofache Menge AgBr)
pro ICX) cc enthielt, stellten wir uns Verdün-
nungen her, die in Zehnerpotenzen fortschritten
bis zu 0,00003 &r Agißf' pro 100 cc Lösung.
Von diesen Verdünnungen wurden dann je i cc
zu 10 cc Albertscher Rohemulsion gesetzt und
mit diesen Mischungen Platten gegossen, welche
dann unter einem Skalenphotometer, bestehend
aus I bis 12 Lagen Seidenpapier, in 2 m Ab-
stand dem Lichte eines, bis auf ein Fenster von
I qcm abgeblendeten, Auer-Glühlichtes exponiert
wurde.
i) Wied. Ann. 68, 149.
Das Ergebnis ') war folgendes:
No.
Sichtbare Photoinetergnide
Plattensorte
30 Sek.
Expos.
10 Sek.
Expos.
I
Rohemulsion -|- 10%
kein
* Äther- Alkohol
12
Schleier
6
2
Rohemulsion -f- 10%
kein
i Photobromido.00003
12
Schleier
4
3
Rohemulsion 4- 10%
leichter
Photobromid 0.0003
II
Schleier
keine
4
Rohemulsion -f- 10% 1
starker
t Photobromid 0.003
keine
Schleier '
keine
Es übertrifft also bereits in Nr. 3 der durch
den Zusatz hervorgerufene Schleier jene Schwär-
zung, welche durch das auf dem Photometer-
abschnitt 1 2 auffallende Licht bewirkt wird und
welche auf Platte Nr. i und Nr. 2 sichtbar ist,
so sehr, dass ein Unterschied zwischen der
Licht- und Schattenpartie sich nicht mehr er-
kennen lässt.
Setzt man den Gehalt der Albertschen
Rohemulsion zu 4gr AgBr pro ICX) cc, so kam
in unserer Platte Nr. 3 auf 4 gr AgBr 0,00003 gr
Ag<iBr^ also nicht ganz Vi 00 000 • Diese Menge
ist bereits grösser, als die durch die Belichtung des
Photometerabschnittes 1 2 erzeugte Menge Ag^ Br,
Die herzustellenden synthetischen Emulsionen
aus Brom und Silber hätten also zur Entscheidung
der eingangs gestellten Frage Gehalte an Halb-
bromsilber von ^/loooo bis Vi 000000 des Brom-
silbers enthalten müssen, was man nur durch
Verarbeitung verhältnismässig bedeutender Men-
gen erreichen kann. Wir schlugen daher einen
anderen Weg ein, allerdings, wie wir gleich
bemerken wollen, ohne entschiedenen Erfolg.
§ 4. Zuvor noch eine Bemerkung zu den
obigen Versuchen. — Der in der vorstehenden
Schätzung enthaltene Schluss von dem Schwär-
zungsgrade einer Platte auf die durch die Belich-
tung entstandene Menge Halbbromsilber ist
nicht streng. Denn dieser, der Schwärzungs-
grad, ist noch abhängig von der Komgrösse
des Bromsilbers. Es wird nämlich von zwei
ungleich grossen Körnern, welche beide die
gleiche Menge Halbbromsilber enthalten, das
grössere auch die grössere Schwärzung im Ent-
wickler geben, wenn nur hinlänglich lange ent-
wickelt wird. Die Hochempfindlichkeit grob-
kömiger Emulsionen ist offenbar, abgesehen
auch von der besseren Lichtabsorption, dadurch
bedingt, dass in ihnen eine kleinere Menge
Halbbromsilber hinreicht, um eine bestimmte
Schwärzung im Entwickler zu erzeugen, als in
feinkörniger Emulsion.
Vorbehaltlich dieser Unbestimmtheit wird
man nun aus dem Vergleich von Nr. 2 und Nr. 3
folgern, dass Vi 000000 Ag^Br (bezogen auf das
i) Entwickelt wurde, hier wie im folgenden, je 5 Minnten
lang mit dem Hydrochinonentwickler fiir Dr. Alberts Kollo-
dion-Emulsion, siehe Schmidts Kompendium, Karlsruhe 1 891.
Physikalische Zeitschrift. 5. Jahrgang. No. 21.
493
Bromsilber) nicht entwickelbar ist, und dass die
Lichtrnenge, die auf den Photometerabschnitt 1 2
fiel, mehr Halbbromsilber entstehen Hess, als
Vi 000000 und weniger als Vjooooo- In den Ab-
teilungen I bis 1 1 auf Nr. 3 ist die im Lichte
gebildete Menge Halbbromsilber bereits gross
gegen die im vorhinein zugesetzte und daher
auch gross gegen die Schwellenmenge, welche
eben hinreicht, um den geringsten photogra-
phischen Effekt zu erzeugen. Darauf werden
wir alsbald nochmals zurückkommen.
Eine Sensibilierung der Platten Nr. 2 bis 4
ist nicht eingetreten, wie am besten aus den
10- Sekunden - Expositionen hervorgeht. Die
Platten Nr. 2 und Nr. 3 hätten sonst mehr Photo-
meterzahlen erscheinen lassen müssen als Nr. i.
Eine derartige Wirkung war auch nicht erwartet
worden. Denn das zugesetzte Halbbromid war
ja in den Platten räumlich getrennt vorhanden
von den Bromsilberkörnern der Emulsion, so
dass eine Beeinflussung der letzteren durch
ersteres nicht wahrscheinlich war.
§ 5. Um nun die in §3 bezifferte, sehr geringe
Menge Halbbromid gleichmässig durch die ganze
Massedes Bromsilbers zu verteilen, bereiteten wir
Emulsionen in der Art, dass zu einem, in Kol-
lodion gelösten, Bromid eine gemessene Menge
Photobromidlösung zugesetzt wurde und dann
durch Silbernitrat die Emulsion erzeugt und wie
üblich weiter behandelt wurde.
Beispiel: Man löst 2,4 gr ZnBr^ in 25 cc
Alkohol und fügt diese Lösung zu 100 cc
2 prozentigem Kollodion. Dazu setzt man 25 cc
Photobromid 0,0003. Dann werden 125 cc Alko-
hol, enthaltend 3,6 gr AgNO-i, unter Rühren
eingetropft. Die so entstandene Emulsion wird
über Nacht stehen gelassen, hierauf durch Ein-
giessen in Wasser von 50^ C. ausgefällt, koliert,
mit Alkohol gewaschen und auf Fliesspapier
getrocknet. Die getrocknete Emulsion wird in
100 bis 200 cc Ätheralkohol gelöst und ist
dann gebrauchsfertig. Sie enthält auf i gr AgBr
^/i 00 000 gr Ag^Br. Das Verfahren gründet sich
auf das Vertrauen, dass das entstehende Brom-
silber sich an das schon vorhandene Photobromid
gleichmässig anlagert, so dass in der schliess-
lichen Emulsion alle Bromsilberkörner gleich-
mässig mit Halbbromsilber versehen sind.
Leider stimmten die Ergebnisse der sensito-
metrischen Prüfung dieser Emulsionen schlecht
untereinander überein. Es ist im kleinen schwer,
Emulsionen von übereinstimmender Beschaffen-
heit zu erzielen. Die mit Zinkbromid hergestellten
Emulsionen schieiern meist an und für sich.
Die Wirkung des Zusatzes äussert sich dann in
einer vermehrten Dichtheil der damit herge-
stellten Negative, ohne deutliche Erhöhung der
Empfindlichkeit. Einmal bekamen wir (vielleicht
per nefas) mit Zinkbromid eine ohne Zusatz
nicht schieiernde und auch entsprechend wenig
empfindliche Emulsion. Der Parallelversuch mit
Photobromid ergab dann die gesuchte Sensibi-
lierung in sehr auffallender Weise. Doch konnten
wir dieses Ergebnis bis jetzt nicht reproduzieren.
Bei Ersetzung des Zinkbromids durch Strontium-
bromid erhält man zwar, wie es scheint, mit
Sicherheit schleierfreie Emulsionen. Doch er-
gaben die Parallelversuche mit Photobromid-
zusatz hier auffallenderweise keine Sensibilierung.
Wir vermuten, dass in den betreffenden Emul-
sionen ein verborgener oxydierender Einfiuss
zur Geltung kam, denn wenn das mit Brom-
strontium versetzte Kollodion mit geringen
Mengen Silberkollodion versetzt wurde, so konnte
man augenblicklich eine Entfärbung eintreten
sehen.
Die sensitometrische Prüfung der vorerwähnten
schleierfreien i mit ZnBr^- erstellten Emulsion
und ihrer Schwesteremulsion mit 25 cc Photo-
bromid 0,0003 ergab bei einer Belichtung mit
einer kleinen, an die elektrische Lichtleitung
angeschlossenen Bogenlampe in i m Abstand
folgendes Resultat:
Anzahl der sichtbaren Photometergrade.
Reine Emulsion Photobromid-Emulsiou
3 Sek. Expos.: Kein Eindruck
5
(die übrigen Numnaern ver-
schwinden im Schleier)
10 Sek. Expos.: 6 | 12
Die Dichtheit des Schleiers, der sich über
die nicht belichteten Stellen der photobromid-
haltigen Platte legt, ist geringer, wenn dieselbe
trocken exponiert wird.
In Fig. I und 2 geben wir zur Illustration
Kopien zweier Kamera-Aufnahmen mit trockenen
Platten der einen und anderen Art, die bei
gleicher Exposition (lO Minuten bei bedecktem
Himmel) unmittelbar hintereinander gemacht
wurden. Sie lassen die Sensibilierung gut er-
kennen.
Zur endgültigen Sicherstellung dieses Effektes
empfehlen wir Versuche in erweitertem Mass-
stabe.
Wie man sich eine Sensibilierung durch
Halbbromsilber überhaupt zu denken hat, ist
eine offene Frage. Zunächst ist ja wohl klar,
dass eine bestimmte Schwellenmenge Halbbrom-
silber nötig ist, um entwickelbar zu sein. Setzt
man der Platte von vornherein diese Schwellen-
menge zu, so wird die Platte sich photographisch
so verhalten, als ob alle Lichtmengen b, von
denen sie bei der Exposition getroffen wird,
um eine kleine Grösse a vermehrt worden seien.
Dann wird die Sensibilierung nur solange be-
trächtliche Werte haben können, als b klein ist
gegen a. Nun scheint aus dem im § 4 durch-
geführten Vergleich aber hervorzugehen, dass
schon durch recht geringfügige Belichtungen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
FiR. I.
b gross wird gegen a, so dass bei dieser Auf-
fassung die eventuelle Sensibilierung durch Halb-
bromsilber in sehr enge Grenzen eingeschränkt
bliebe. Anders wird die Sachlage, wenn man
annimmt, dass das Vorhandensein von Spuren
Halbbromid die Reduktion im Lichte (katalytisch)
beschleunigt '), so dass die Menge des im Lichte
gebildeten Halbbromids in seiner Abhängigkeit
Fie- 3-
von derZeit durch eine Kurve von nebenstehender
Gestalt darzustellen wäre. In diesem Falle käme
die fragliche Sensibilierung auf eine Abkürzung,
beziehungsweise Überspringung der photo-
chemischen InduktionsKeit hinaus. Um eine Ent-
scheidung zu ermöglichen, reichen unsere Ver-
suche freilich nicht hin.-
g 6, Es lag nahe, neben den vorstehend
beschriebenen Versuchen mit Photobromidkollo-
dion die analogen Versuche mit SilberkolJodion
durchzufuhren. Dies haben wir auch gethan.
I) Ahnlich wie salpetrige SSure die Auflösung der Metalle
auri:h Saliiettrsäiire licsehleunigl. Veigl. Ostwald, K.italysc,
I Limburger Nalurforschei Versammlung 1901. (Diese Zcilschiift
3i 3'3. '90*- A"<* Sondetdrucli ; Leipzig, S. Hiiiel, M. — .60.)
Wir erwarteten dabei eine chemische Sensibi-
lierung, wenn nach § 3 verfahren wurde, indem
das in der Platte verteilte, kolloide Silber als
Bromempfänger wirken konnte. Wurde dagegen
der Silberzusatz nach dem Verfahren des § 5
bewirkt, so durfte wohl eine Wirkung im selben
Sinne erwartet werden, wie sie vom Photobromid
ausgeht.
Wir stellten nun zunächst von unserem 0,2-
prozentigen Silberkollodion Verdünnungen her
bis zu 0,00002 gr Silber pro loo cc. Dann
wurden zu Albertscher Rohemulsion je 10 Vol.
Proz. der Silberlösungen zugesetzt und wie früher
dem Lichte einer passend abgeblendeten Auer-
lampe 30 Sekunden lang unter dem Skalen-
photometer exponiert. Es erschienen folgende
Lichteindrücke:
No,
\ PlXteaitft
Sichlbire
Photometetgr.
Schleier
1
Kohemulsion -1- [0%
1 Alher-Alkohol
9
keüier
j KohemuUioD -1- 10%
SilberkoUod. 0.00002
9
3
' Rohemulfion -|- lo^'g
! Silberkollod. 0.0002
9
sehr gering
4
1 KohemulsioQ -|- to%
, SilbetkoUod. 0.00z
S
gering')
s
1 Kohemulsion -f- lo"\
Silberkollod. 0.02
7
stark«)
6
KohemuUi>n-|- io>/„
( Die enlwick.
SilljeikoUud. 02
"'■■•
Pbtle ist un-
\ durchsichtig
**) stärker als die tiefste Schwärze der Rohemulsionspl.itte.
Es ergiebt sich, dass von dem zugesetzten Silber
einegewisse Keimwirkungausgeht.dieschätzungs-
weise proportional mit dessen Konzentration an-
wächst. Ahnlich, wie beim Photobromid, gelangt
man zur Grenze der Entwickelbarkeit, wenn die
Silbermenge etwa '/loouaoo der Bromsilber menge
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
495
ausmacht. *) Übrigens gilt die in § 4 für das
Halbbromid gemachte Einschränkung. Sie er-
fahrt hier die Wendung, dass der photographische
Effekt einer gegebenen Silberkeimmenge noch
abhängt von der Art und Innigkeit ihrer Be-
rührung (bezw. Durchdringung) mit den Brom-
silberkörnern. Man wird sagen müssen, dass
die hier vorliegende Applikation des Silbers auf
die Bromsilberplatte für die Entfaltung ihrer Keim-
wirkung ungünstig ist, da sich anerkanntermassen
die entwickelnde Wirksamkeit eines Silberkeimes
nur gerade auf dasjenige Bromsilberkorn erstreckt,
mit dem derselbe in ganz unmittelbarer Berührung
steht.
Eine Sensibilierung, die sich in der Ver-
mehrung der Kontraste zu bekunden hätte,
konnte bei den Belichtungen unter dem Sensito-
meter nicht sicher konstatiert werden. Dagegen
Hessen Kameraaufhahmen mit den trockenen
Platten Nr. 3 und Nr. 4 eine geringe Sensibilierung
insofern erkennen, als Nr. 4 verglichen mit Nr. 3
mehr durchgearbeitete Negative gab. Bedeutend
ist die Zunahme der Empfindlichkeit indessen
nicht. Wir führen sie, wie eingangs dieses Para-
graphen erwähnt, auf die Brombindung seitens
des kolloiden Silbers zurück.
Die Parallelversuche mit Silberzusatz zu den
Versuchen mit Photobromid nach § 5 verliefen
mit ähnlich schwankendem Resultate wie diese.
Bei Zusatz von 25 cc Silberkollodion 0,02 an
Stelle von Photobromid zu Emulsionen, die
sonst wie die in § 5 beschriebenen zusammen-
gesetzt und hergestellt waren, erhielten wir sehr
stark schieiernde Emulsionen, jedoch mit relativ
geringen Kontrasten.
1) über einen Versuch, betreffend den Zusatz von kolloi-
dem Silber zu Gelatine-Emulsion, vergl. Abegg u. Herzog,
Archiv f. wissenschafü. Photographie!, 115; ferner: Lüppo-
Cramer, Eders Jahrbuch 1901, 160, sowie PhotographiscHe
Correspondenz 1901.
Kgl. techn. Hochschule München, Juni 1902.
(Eingegangen 19. Juni 1902.)
Über Strahlungsinduktion.
Von Thomas Tommasina.')
Eine der Eigenschaften, welche die Strah-
lung der radioaktiven Körper gemeinsam mit
den Kathoden- und Röntgenstrahlen, den sekun-
dären und ultravioletten Strahlen besitzt, ist
die der Entladungsbeschleunigung elektrisierter
Körper. Diese Beschleunigung scheint einer
Verminderung des Widerstandes zuzuschreiben
zu sein, welchen das umgebende Mittel einer
Fortpflanzung der elektrischen Modifikation ent-
gegensetzt. Ich spreche ausdrücklich von dem
i) Ausfuhrlich in Arch. de Genöve März 1902.
„umgebenden Mittel' und nicht von Luft, denn
zwei Paraffinplatten von 1,5 cm Dicke, die ich
ausgeschnitten und zwischen die ich eine zu-
geschmolzene Glasröhre mit einem Gemisch
von Baryum- und Radiumchlorid brachte, zeigten,
nachdem ich sie aneinander gekittet und mit
Gewalt in den Zwischenraum der beiden Platten
eines C uri eschen Elektroskops geschoben hatte,
eine zehnmal so grosse elektrische Leitfähigkeit
wie ohne Becquerelröhre, die ihrerseits dreimal
grösser war als die der atmosphärischen Luft im
Augenblicke der Beobachtungen.
Femer setzte ich auf die untere Platte des
Elektroskops einen cylindrischen Trog aus
dünnem Glase mit flachem Boden auf, füllte
ihn mit Alkohol, tauchte in diesen die obere
Platte und fand, als ich die Strahlungsröhre
hineinführte, eine merkliche Verminderung des
Widerstandes zwischen beiden Platten.
Ausserdem habe ich vermittelst mehrerer Ab-
änderungen des Versuches, wobei immer die
radioaktive Röhre hermetisch geschlossen war,
die Schnelligkeit wahrnehmen können,
mit der diese Leitfähigkeitszunahme ein-
tritt und verschwindet; dieselbe nimmt
während der ganzen Dauer der radio-
aktiven Einwirkung nicht weiter zu, son-
dern scheint sofort ihre obere Grenze zu
erreichen.
Ich habe festgestellt, dass die Strahlungs-
röhre, auch wenn dieselbe von 3 bis 4 cm dicken
Glas- oder Metallhüllen eingeschlossen ist, noch
immer eine sehr merkliche Verminderung der
Ladung des Elektroskops hervorbringt, und dass
ohne eine solche Hülle die Einwirkung noch in
einer Entfernung von mehreren Metern vom
Apparat deutlich zu erkennen ist, dass sie mit
den Dimensionen der strahlenden Fläche zu-
nimmt und durch Anbringung eines konkaven
parabolischen Metallspiegels ^) auf das Doppelte
gesteigert wird.
Gleichfalls habe ich festgestellt, dass, wenn
die Strahlungsröhre in eine doppelte
Dewarsche Glocke mit zwischenliegen,
dem Vakuum eingeschlossen wird, sie
durch dieses (sehr weit getriebene) Va-
kuum hindurch die Entladung elektri-
sierter Körper und auf einem Baryum-
Platincyanürschirm induzierte Fluores-
zenz hervorruft.
Alle diese Umstände scheinen mit einer Er-
klärung der Erscheinung vermittelst der Hypo-
these einer Ionisierung der Luft im Widerspruche
zu stehen, wenigstens dann, wenn die radio-
aktiven Substanzen in einer zugeschmolzenen
Glasröhre eingeschlossen sind. Ebenso ist die
Annahme nicht zulässig, dass der Erscheinung
ein Fluss von elektrisierten, von der Strahlungs-
i) Comptes Rendus 30. Dex. 1901.
496
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
röhre ausgesandten Partikeln zu Grunde liege,
denn dann könnte nur für eine Art Elektrisie-
sung von einer Verminderung die Rede sein,
während für die andere Art eine Vermehrung
die notwendige Folge sein müsste. Daher müss-
ten die ausgesandten Teilchen neutral sein; aber
dann würde ihr Vorhandensein, selbst wenn es
erwiesen wäre, nur eine sekundäre oder Begleit-
erscheinung bedeuten. Deswegen muss man
meiner Meinung nach die Erklärung der Er-
scheinung in der Weise suchen, dass man diese
Strahlung als Fortpflanzung einer Modifizierung
des Äthers ansieht, die sofortige Polarisation
der Molekularatmosphären des umgebenden
Mediums zur Folge hat.
Ich habe eine vergleichende Untersuchung
der Fortpflanzungsart, der gemeinsamen Eigen-
schaften und der anerkanntermassen komplexen
Natur der Strahlungsgattuugen kathodischen und
photochemischen Ursprunges angestellt und bin
so zu der Schlussfolgerung gekommen, dass die
Emission von Kathodenstrahlen nicht eine be-
sondere Form kathodischer Disruptiv-Entladung
darstellt, wie E. Bichat und R. Swyngedaw *)
meinen, sondern vielmehr die Wirkung
einer von der Anode ausgehenden Dis-
ruptiv-Entladung besonderer Form, und
zwar eine Reflexion, welche eine eigen-
tümliche Modifikation erfahren hat.
Der strahlende Teil des Anodenflusses ^), der
von dieser Entladung besonderer Art erzeugt
wird, ist sicherlich von derselben Natur wie
ultraviolette Strahlen, wie daraus hervorgeht,
dass im Crookesschen Vakuum die beider-
seitigen Wirkungen identisch sind. Man kann
sich etwa vorstellen, dass diese Anodenstrahlen
in der Richtung der Kraftröhren des elektro-
magnetischen Feldes fortgezogen werden, wie
dies bei leuchtenden Springbrunnen mit den
Lichtstrahlen der Fall ist, dass aber in der Nähe
der Kathode die Stromlinien zu deren Ober-
fläche senkrecht werden, woselbst die Anoden-
strahlen sämtlich oder zum Teil reflektiert wer-
den müssen. Diese Modifikation würde dann
die verschiedenen Strahlengattungen, welche das
Kathodenbüschel darstellen, erzeugen.
Diese Hypothese ergiebt eine anscheinend
logische Erklärung des Hittorfschen dunklen
Raumes, der dann auf Rechnung einer von der
schnellen Dämpfung begrenzten Interferenz käme,
was damit im Einklang steht, dass dieser Raum
in Vakuumröhren mit zunehmender Verdünnung
anwächst.
Ebenso erklärt diese Hypothese folgende Er-
scheinungen:
Wenn man vor die Kathode, in eine Ent-
1) Rapports au Congres international de Physique de 1900
h Paris, 3, 182.
2) A. Battelli und L. Magri, Über die Anoden- und
Kathodenstrahlen. Diese Zeitschr. 1, 18, 1899.
fernung von 10 bis 15 mm, einen durchlochten
Schirm setzt, so bilden sich die Kathodenstrahlen
der Öffnung gegenüber, vorausgesetzt, dass
der Schirm sich im dunklen Räume be-
findet. ')
Wenn man, wie dies Schuster^) beschrie-
ben hat, in den dunklen Raum einen Gegen-
ständ bringt, so beobachtet man, dass die-
ser auf die Kathode Schatten wirft.
Nach dieser Hypothese wäre der Kathoden-
zufluss P. Villards^) nichts anderes als der
anodische Strablungsfluss.
So bringt der anodische Strablungsfluss die
Emission von Kathodenstrahlen hervor, diese
erzeugen beim Aufprall auf eine Metallplatte
oder das Glas der Röhre Röntgenstrahlen, die
ihrerseits beim Aufprall auf Körper die Emission
von Sekundär-, und diese wieder in derselben
Weise die von Tertiärstrahlen veranlassen u. s.w.
Alle diese Strahlen sind gleichmässig komplex
und bestehen aus vom Magnetfelde ablenkbaren
und nichtablenkbaren Strahlen, aus Strahlen
von geringem und bedeutendem Durchdringungs-
vermögen etc.
Wenn man von den ultravioletten Strahlen
und von der Becque reischen Strahlung aus-
geht, so kommt man in beiden Fällen durch
alle diese Umwandlungsreihen und erhält gleiche
Straklengattungen.
Der Umstand, dass ein Metall, selbst wenn
es unelektrisch ist, beim Aufprall ultravioletter
Strahlen eine Strömung aussendet, die den Cha-
rakter besonders absorbierbarer Kathoden-
strahlen ^) zeigt, scheint auf eine Erscheinungs-
gruppe zu deuten, die eine Verbindung zwischen
den gleichartigen Strahlen kathodischen Ur-
sprunges und denen photochemischen Ursprunges
(Becquerelstrahlen) darstellt. Da man die ato-
mische Anlage oder den atomischen Aufbau,
der zur Bildung der letztgenannten Anlass giebt,
nicht ergründen kann, so bleibt der Mechanis-
mus der Umwandlung unerklärt, aber meiner
Meinung nach kann man in betreff der in beiden
Fällen vektoriellen Äthernatur der Erscheinun-
gen, auf welche die induzierte Phosphoreszenz
und Fluoreszenz hindeuten, nicht im Unklaren
sein.
Diese Phosphoreszenz fuhrt uns zu der An-
nahme einer sekundären oder induzierten Natur
der Becquerelstrahlen, die man als durch die
Einwirkung einer gewissen, bisher noch unbe-
kannten Strahlengattung erzeugt ansehen kann.
Auf Grund dieser Auffassung habe ich auch die
Bezeichnung Strahl ungsinduktion gewählt,
i) P. Villard, Les rayons cathodiques. Paris 1900.
(Scientia), p. 91.
2) Proceed. Roy. Soc. 47, 557, 1890.
3) P. Villard, loc. cit.
4) P. Lenard, Erzeugung von Kathodenstnihlen durch
ultraviolettes Licht. Ann. d. Phys. 2, 359, 370, 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
497
unter der ich all diese Erscheinungen einbe-
greifen will. Die ultravioletten und Kathoden-
strahlen würden eine primäre elektrische Modi-
fikation darstellen, also induzierende Strahlungen
sein, während die anderen induzierte Strahlungen
wären, die auch ihrerseits wieder induzierend
wirken können.
Die Strahlenarten müssen in ihrer Anzahl
unbegrenzt sein, wenn sie nur von den Wellen-
längen, d. h. von der Schwingungsdauer ab-
hängen, und ihre Reflexionsfähigkeit muss mit
der Zunahme ihres Durchdringungsvermögens
allmählich und stufenweise abnehmen.
Da das die interplanetaren Räume erfüllende
Medium mit gewissen Einschränkungen als dem
der Crookes sehen Röhren ähnlich angesehen
werden kann, und da die Planetenatmosphären
verhältnismässig sehr geringe Ausdehnung haben,
so kann man die Sonne als Anode und die
Planeten als Kathoden betrachten, und diese
auf die Eigenschaften der ultravioletten Strahlen
gestützte Hypothese würde sicherlich die Er-
klärung des Nordlichtes und der anderen elek-
trischen Erscheinungen der Erdatmosphäre wie
auch die der Atmosphäre anderer Planeten und
die Deutung der eigentümlichen Natur ihres
Leuchtens erleichtern.
Genf, den 8. Juni 1902.
(Aus dem Französischen übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen lo. Juni 1902.)
Über das Vorhandensein von reflektierbaren
Strahlen in der von einer Mischung von Radium-
und Baryumchlorid ausgesandten Strahlung.
Von Thomas Tommasina.^)
Beobachtungen verschiedener Natur hatten
mir die Möglichkeit des Vorhandenseins reflek-
tierbarer Strahlen in den von gewissen radio-
aktiven Körpern ausgesandten Strahlungen nahe
gelegt. Die einzelnen Versuche, die im folgen-
den beschrieben werden sollen, haben es mir
ermöglicht, dieselben nachzuweisen und von den
anderen teilweise, wenn auch nicht vollständig
zu trennen. Die erste Anordnung war folgende:
Ein parabolischer Konkavspiegel aus ver-
silbertem Kupfer mit 2 5 mm Brennweite und 1 2 cm
Öffnung ist in der Mitte durchbohrt und mit
einer Röhre versehen, deren innerer Durchmesser
1 1 mm beträgt. In diese Röhre passt ein
Schlauch aus etwas starrem Kautschuk, der sich
darin ohne starke Reibung bewegt, und in den
eine kleine zugeschmolzene Glasröhre halb hinein-
i] Ausfuhrlich in C. R. 30. Dezember IQOI,
gepasst ist, indersichRadium- und Baryumchlorid
befinden. Der Kautschukschlauch ist an einem
Stativ mit drehbaren Zangen befestigt, welch
letztere es gestatten, die Richtung des Spiegels
leicht zu verändern, ohne die radioaktiven Sub-
stanzen zu erschüttern. Man kann so den Spiegel
sowohl als die Strahlungsröhre schnell entfernen
und wieder einsetzen, ohne dass der ganze
Apparat irgend eine andere Veränderung er-
leidet.
Dieser Apparat steht auf einem Tischchen
über dem, auf dem sich das Curiesche Elektro-
skop befindet, an dem bei diesem Versuche die
untere Platte entfernt ist.
Der Brennpunkt des Spiegels, woselbst die
Strahlungsröhre angebracht ist, befand sich 60 cm
vom Mittelpunkt der oberen Platte, und 45 cm
über derselben, wobei die Achse des Spiegels
nach diesem selben Mittelpunkt gerichtet war.
Das Elektroskop wurde vermittelst sehr
schwacher Einwirkungen entweder positiv oder
negativ elektrisiert, so dass der Ausschlag des
Goldblättchens etwas mehr als bis zur 200. Teilung
des Massstabes des zum Elektroskop gehörigen
Fernrohres ging, um es zu vermeiden, während
des anfänglich unregelmässigen Ganges Ables-
ungen zu machen, und um das umgebende Mittel
und den Apparat durch den starken Elektrizitäts-
fluss geriebener Harz- oder Glasstäbe nicht allzu-
sehr zu beeinflussen. Diese Versuche sind sehr
minutiös und können infolge dieser letzteren
Einwirkung nicht lange fortgesetzt werden.
Im folgenden gebe ich einige Beobachtungs-
reihen wieder, aus denen sich mit Sicherheit
die Einwirkung des Spiegels auf einen
Teil der Strahlung ergiebt. Die Zahlen der
ersten Kolonne geben die Teilung des Mass-
stabes an, woselbst das Goldblättchen sich nach
einem Zeiträume von stets 60 Sekunden befand.
Die der zweiten Reihe geben die Anzahl von
Teilstrichen an, die zwischen zwei aufeinander-
folgenden Zahlen der ersten Kolonne einbegriffen
sind, und geben so den Ladungsverlust des
Elektroskopes nach jeder Minute wieder.
Reihen
mit negai
tiver
Ladung.
Ohne Spi
egel
Mit Spiegel
Ohi
le Strahlungsröbre
200
200
40
200
2
18S
'5
160
198
169
16
122
38
153
16
89
33
165
■?
136
17
56
33
163
^
119
17
26
30
103
16
90
1,5
89
14
88,5
75
14
62
1
13
24.5
>,5
49
13
23
498
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 2r.
Reihen mit positiver Ladung.
Ohne Spiegel Mit Spiegel Ohne Strahlungsröhre
185
200
40
200
166
19
160
37
198
148
18
123
130
18
89
34
161
•13
17
56
33
159
97
16
80
•7
115
65
15
113
51
14
75
1,5
73,5
1,5
Ich habe auch noch regelmässigere Reihen
erhalten; doch gebe ich hier nur Mittelwerte
wieder, um ein besseres Bild von der Gesamt-
heit dieser Messungen zu geben; aus denselben
geht hervor, dass der Spiegel die Wirkung der
Röhre verdoppelt. Diese starke Zunahme zeigt
deutlich, dass die Wirkung nicht allein auf Rech-
nung der von der Spiegelfläche unter der Ein-
wirkung der direkten Strahlung ausgesandten
Sekundärstrahlen kommen kann, die senkrecht
von deren Einfallspunkten ausgehen; zumal da
diese Strahlen in Anbetracht der parabolischen
Form des Spiegels sich sämtlich längs der
Axiallinie auf der Fortsetzung der Achse der
Strahlungsröhre in der Nähe der letzteren kreuzen
müssten, und zwar in der Richtung der den
Spiegelbrennpunkt mit dem Mittelpunkt der
Elektroskopplatte verbindenden Geraden. Ich
kam auf den Gedanken, sie, ebensowie die
direkten Strahlen, die die Röhre in dieser Rich-
tung aussendet, mit Hilfe folgender Anordnung
zu eliminieren:
Ein 8 cm im Durchmesser und 20 cm in der
Länge messender Eisencylinder wurde der Länge
nach in die Axialrichtung zwischen Elektroskop
und Spiegel, 2 cm von letzterem entfernt, ge-
bracht. Da der Konkavspiegel nur 1 2 cm Öffnung
hatte, war seine wirksame Zone auf einen ring-
förmigen Streifen von 2 cm Breite reduziert. Der
Rand des Spiegels ist nach aussen gekrümmt,
so dass die Punkte, welche sekundäre Strahlen
nach dem Elektroskop hinsenden könnten, den
direkten Strahlen der radioaktiven Substanzen
nicht ausgesetzt sind, die sich in der im Brenn-
punkt des parabolischen Spiegels angebrachten
Röhre befinden.
Vermittelst dieser Anordnung habe ich fest-
stellen können, dass der Cylinder fast zwei
Drittel der Einwirkung der Strahlungsröhre auf
das Elektroskop fortnahm, und dass die wirksame
Zone des Spiegels dazu ausreicht, diesen Ver-
lust auszugleichen. Die Erscheinung der Reflexion
war auf diese Weise mit Sicherheit nachge-
wiesen.
Um die Strahlen grossen Durchdringungs-
vermögens, die nicht reflektierbar sind, von den
reflektierten Strahlen zu trennen, habe ich den
Eisencylinder durch einen dünnen Metallschirm
ersetzt. Eine Messingplatte von derselben Dicke
wie die Spiegelwände (0,5 mm) wurde senkrecht
zur Axiallinie angebracht, 26 cm von der
Strahlungsröhre entfernt, wobei die Entfernung
der letzteren vom Elektrometer 42 cm betrug.
Die Versuchsreihen, die ich mit letzterer An-
ordnung erhalten habe, zeigen, dass die Ein-
schaltung der Metallplatte eine geringe Ver-
minderung der Wirkung der direkten Strahlung
der Röhre hervorruft, während sie die Wirkung
des Spiegels vollständig aufhebt, obwohl letzterer
den grösstenTeil derStrahlung der Röhre sammelt
und reflektiert. Diese Versuche wurden mit
einer mit schwarzem Papier überzogenen Röhre
wiederholt, wobei dieselben Resultate erhalten
wurden, nur dass natürlich die Wirkung schwächer
und etwas unregelmässiger war.
Um das Fluoreszenz-Induktionsvermögen und
die photochemische Wirkung der reflektierten
Strahlen zu untersuchen, habe ich folgende Ver-
suche ausgeführt: )
Während die Strahlungsröhre sich im Brenn-
punkte des parabolischen Spiegels befand, habe
ich an die Öffnung desselben einen Baryum-
platincyanürschirm angelegt und konnte so
vermittelst der Beobachtung der vollkommenen
Gleichheit des induzierten Fluoreszenzfleckes fest-
stellen, dass die Wirkung der vom Spiegelrande
ausgesandten Strahlen keineswegs mit grösserer
Intensität auftrat, ebensowie die der direkten
von der Röhre ausgehenden Strahlen.
Ferner habe ich dann dasselbe vermittelst
der photographischen Wirkung konstatieren kön-
nen. Ich setzte den Spiegel, in dessen Brenn-
punkt die Strahlungsröhre sich befand, auf eine
mit einem Glasnegativ bedeckte lichtempfindliche
Platte auf; nach zehnstündlicher Belichtung zeigte
das Positiv bei der Entwickelung, dass die akti-
nische Wirkung gleichmässig auf der ganzen
Oberfläche stattgefunden hatte. Bei anderen
Versuchen, wo die Röhre über den Brennpunkt
hinausragte und sich näher an den Platten be-
fand, bildete sich im centralen Teile ein dunklerer
Fleck, was ich gleichfalls vermittelst des Fluores-
zenzschirmes beobachtet habe.
i) Arch. Gen^ve, März 1902.
Genf, den 18. Juni 1902.
(Ans dem Französischen übersetzt von A. Graden witz.)
(Eingegangen 20. Juni ig02.)
Die Spektren kathodisch leuchtender Metall-
dämpfe.
Von Percival Lewis.
Neuere Untersuchungen haben im allgemeinen
darauf abgezielt, die von Hittorf ^) ausgespro-
I) VVied. Ann. 7, 587, 1879.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
409
chene und von E. Wiedemann') des weiteren
ausgeführte Ansicht zu bestätigen, dass das
Leuchten von Gasen und Dämpfen, besonders
was die Erscheinungen der Vakuumröhre be-
trifft, von der Natur der Phosphoreszenz ist —
d. h. direkt abhängt, nicht von hoher Tempe-
ratur, sondern von chemischen, elektrischen oder
unbekannten Prozessen. Alle diese Strahlungs-
erscheinungen, auf die das Kirchhoffsche Ge-
setz sich nicht quantitativ anwenden lässt,
können, bis der Stand unserer Kenntnisse eine
weitere Differentiation zulässt, unter die allge-
meine Bezeichnung „Lumineszenz", die von
E. Wiedemann vorgeschlagen worden ist, ein-
gereiht werden.
Da die Fluoreszenz eine der auffallendsten
Lumineszenzerscheinungen ist, war es von Inter-
esse, festzustellen, ob Substanzen, die eine end-
liche Anzahl bestimmter freier Schwingungs-
perioden besitzen, wie Gase und Dämpfe, zur
Fluoreszenz gebracht werden können. Diese
Frage ist von E. Wiedemann und G. Schmidt^)
bejahend beantwortet worden, indem dieselben
zeigten, wie Natrium- und Kaliumdämpfe unter
der Einwirkung des Sonnenlichtes fluoreszieren
und dabei charakteristische Spektren geben,
welche den gewöhnlichen Flammenspektren teil-
weise entsprechen.
Kathodenstrahlen sind weit wirksamer als
Sonnenlicht in betreff der Erregung von Fluo-
reszenz bei festen Körpern, und es erscheint
einleuchtend, bei Dämpfen ähnliche Wirkungen
zu erwarten, unabhängig von der direkten Wir-
kung des sie durchfliessenden Stromes. Einige
Beweisgründe, die für diese Vermutung sprechen,
sind allgemein bekannt. Das negative Büschel,
das von einer ebenen Kathode ausgeht, erstreckt
sich nicht nur in der Richtung der Anode, oder,
was dasselbe ist, in der des Stromes, sondern
breitet sich auch nach der entgegengesetzten
Seite der Kathode aus, selbst wenn alle Vor-
sichtsmassregeln getroffen sind, um einen Strom-
fluss in dieser Richtung zu verhindern; die
Länge dieser negativen Säule nimmt mit ab-
nehmendem Drucke zu, und wenn sie die Wan-
dungen der Röhre erreicht, beginnen diese zu
fluoreszieren. Hertz^) isolierte im Jahre 1883
die Wirkung der Kathodenstrahlen von der des
Stromes, indem er eine Vakuumröhre herstellte,
bei der die Anode mit der Kathode konzen-
trisch war und fast in derselben Ebene lag, so
dass die Stromlinien auf einen kleinen Raum
beschränkt waren, während die Kathodenstrahlen
nach dem 30 cm entfernten Ende der Röhre
geworfen worden. Quecksilberdampf am Ende
ij Phil Mag. 28, 149, 248, 1889; Wied. Ann. 37, 177,
18S9.
2) Wied. Ann. 67, 454, 1896; Astrophysical Journ. 3,
207, 1896.
3) Wied. Ann. 19, 809, 1883.
der Röhre glühte unter der Einwirkung der
Kathodenstrahlen und zeigte die charakte-
ristischen starken Linien des Quecksilberspek-
trums. Lenard') fand, dass Kathodenstrahlen
durch ein dünnes Aluminiumfenster hindurch in
Gase, die sich auf atmosphärischem Druck be-
fanden, übergingen; diese Gase glühten, freilich
zu schwach, als dass sie irgendwelche Spektral-
linien gezeigt hätten. Auch in diesem Falle
konnten elektrische Ströme nur eine sehr unbe-
deutende Rolle gespielt haben, da solche nur
von kleinen statischen Ladungen hätten herrühren
können.
Die Spektra verschiedener Metalle in Vakuum-
röhren sind von E. Wiedemann und G. C.
Schmidt^), sowie von A. C. Jones^) untersucht
worden, doch wurden die Wirkungen der Ka-
thodenstrahlen nicht unabhängig von denen des
elektrischen Stromes erforscht.
Verfasser vorliegender Arbeit hat die Wir-
kungen von Kathodenstrahlen auf die Dämpfe
der ihm zur Verfugung stehenden flüchtigen
Metalle untersucht und dabei in zahlreichen
Fällen charakteristische Leuchterscheinungen
beobachtet. Bei Natrium- und Kaliumdämpfen
schienen diese Wirkungen charakteristische Unter-
schiede gegenüber denen aufzuweisen, die von
Wiedemann und Schmidt an denselben
Dämpfen bei Fluoreszieren unter dem Einfluss
von Sonnenlicht beobachtet worden waren.
Kathodenstrahlen können nun entweder einfach
eine stärkere Fluoreszenz hervorrufen, oder auch
können die Wirkungen durch den mechanischen
Aufprall der Kathodenkörperchen oder durch
ihre elektrischen Ladungen in einer von Fluo-
reszenz gänzlich verschiedenen Weise zu stände
kommen; deswegen ist es wohl besser, den
allgemeineren Ausdruck „Lumineszenz" auf die
beobachteten Erscheinungen anzuwenden. Es
scheint jedoch auf der Hand zu liegen, dass
diese Strahlung weder von hoher Temperatur
noch von einem elektrischen Strom im gewöhn-
lichen Sinne abhängen kann, und es ist zu er-
warten, dass nur die Grundlinien des Spektrums
zu sehen sind.
Die benutzte Vakuumröhre war ziemlich
ähnlich der von Hertz benutzten und ist auf
beigefügter Figur zu sehen. Die zu unter-
1) Wied. Ann. 61, 229, 1894.
2) Wied. Ann. 57, 454, 1896.
3) Wied. Ann. 62, 30, 1897.
5CX)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
suchende Substanz wird in die Hartglasröhre R
gelegt, die dann in die Röhre B eingeschoben
und an dieser mit Siegellack befestigt wird. Von
der scheibenförmigen Kathode K werden die
Kathodenstrahlen nach dem Boden von Röhre
R in eine Entfernung von 25 cm geworfen.
Die ringförmige Anode liegt ausserhalb von
A\ fast in einer Ebene mit AT. Diese
Anordnung liefert ein kompaktes Stromlinien-
system und schützt den Boden von T vor
Kathodenstrahlen, wenn der Strom umgekehrt
wird. Als weitere Vorsichtsmassregel gegen
Seitenströme und elektrostatische Einflüsse wurde
manchmal ein Drahtnetzcylinder oder eine lange
Drahtschlinge über die ganze Länge von R
eingeschaltet, ohne dass hierdurch die beob-
achteten Erscheinungen eine merkliche Ver-
änderung erlitten hätten. Die Röhre wurde
mittels einer Töpler-Hagenschen Pumpe luft-
leer gemacht und mit einem etwa 1 5 cm lange
Funken gebenden Induktorium erregt. Die
leuchtenden Dämpfe wurden mit einem Brow-
ningschen Taschenspektroskop oder mit einem
chemischen Spektroskop mit kalibrierter Skala
zur Identifizierung der Linien beobachtet. Bei
einigen Linien, die zu schwach waren, als dass
sie mit letztgenanntem Instrument sich hätten
beobachten lassen, wurde eine rohe Identifizierung
in der Weise erzielt, dass ein Vergleich mit
der Lage der Kohlenwasserstoffbanden im Spek-
trum der zur Erhitzung der Röhre benutzten
Bunsenflamme angestellt wurde. Diese Schätz-
ungen sind natürlich vor Fehlern nicht sicher,
doch wahrscheinlich entsprechen derartige Linien
bekannten starken Linien des Metalls.
Im folgenden gebe ich kurz die erhaltenen
Ergebnisse wieder. Keines der benutzten Metalle
war chemisch rein. Die Atmosphäre im Inneren
der Röhre war chemisch hergestellter Stickstoff.
Natrium.* Bei einer Temperatur unterhalb
der Rotglut wurde ein orangenfarbiger Schein
beobachtet, der die /^-Linien zeigte; bei Rot-
glut wurde dieser Schein grünlichgelb und traten
die citronengrünen Linien 5683 — 88 auf; ebenso
schwache Linien oder Banden im Rot und
Blaugrün, wahrscheinlich die Paare 6154 — 61
und 4979 — 83. Diese und die in den anderen
Fällen beschriebene Lumineszenz zeigte sich nur
dann, wenn die Evakuierung einen solchen Grad
erreicht hatte, dass die Kathodeifstrahlen den
Boden von T trafen und das Glas zum Fluo-
reszieren brachten. Sie verschwand, wenn die
Kathodenstrahlen mittels eines Magneten abge-
lenkt wurden, wurde jedoch durch Einführen
eines Drahtnetzcylinders oder eines langen Drahtes
nicht beeinflusst. Sie trat nicht auf, wenn der
Strom umgekehrt wurde oder wenn bei Drucken,
die ein wenig über Kathodenstrahlendruck lagen,
ein schwacher Leitungsstrom durch den Dampf
geschickt wurde, indem das Ende von T mit
einem zur Erde abgeleiteten Leiter berührt
wurde. Diese Thatsachen weisen daraufbin,
dass die beobachteten Erscheinungen nur von
den Kathodenstrahlen hervorgerufen waren. Farbe
und Spektrum der Lumineszenz war von der
von Wiedemann und Schmidt beobachteten
Fluoreszenz verschieden, welch letztere grüne
und rote Streifen aufwies.
Kalium. Leichter purpurner Schein. Die
gelben Natriumlinien waren die hellsten des
Spektrums. Ausserdem waren sichtbar die
gelben Kaliumlinien 5783, 5802 und 5812, so-
wie mehrere schwache Linien im Grün, die
nicht hell genug v/aren, um identifiziert werden
zu können. Die roten und violetten Linien
waren nicht sichtbar, was nicht zu verwundem
ist, wenn man bedenkt, wie nahe dieselben den
Grenzen des Spektrums liegen; jedoch Hess die
Farbe der Lumineszenz kaum einen Zweifel
übrig, dass die entsprechenden Strahlungen
wirklich vorhanden waren.
Magnesium. Magnesiumpulver wurde in der
Röhre erhitzt. Dasselbe schmolz nicht, prasselte
jedoch stark und sublimierte. Bei schwacher
Rotglut erfüllte ein hellgrüner Schein das Ende
der Röhre, der das Triplet 5183, 5172, 5167
erkennen Hess.
Quecksilber. Der Schein war blassgrün,
nicht rosa, wie Hertz angiebt. Zur Erklärung
dieses Unterschiedes kann wohl ein Druckunter-
schied von einer Atmosphäre genügen. Die
gelbe, grüne und blaue Linie war heU; die grüne
Linie war am stärksten und beständigsten.
Zink. Gerade unterhalb der Rotglut wurde
ein schwacher Lila-Schein beobachtet, der das
Triplet 481 1, 4722, 4680 zeigte. Diese Linien
sieht man manchmal im Flammenspektrum des
Chlorids. Bei Rotglut trat eine schwachrote
Linie (wahrscheinlich 6383) gleichfaUs auf, und
der Schein nahm eine sattpurpurne Färbung an.
Diese Linien waren die einzigen, die in einem
schwachen Funkenspektrum auftraten, wenn kein
Kondensator eingeschaltet war, und sonst die
längsten Linien des Funkenspektrums. Manchmal
sah man mit dem Taschenspektroskop schwach
die Linie 4912.
Kadmium. Unterhalb der Rotglut war der
Schein blass graublau, bei Rotglut violett. Die
ersten beobachteten Linien waren in der Reihen-
folge ihrer Intensität 5086, 4413, 480x3 und
4678; bei sehr hoher Temperatur trat auch eine
rote Linie auf (wahrscheinHch 6431). Die
Linien 5086, 4800 und 4678 sind im Flammen-
spektrum des Chlorids zu sehen. Es ist auf-
fallend, dass 4413, die bei einfachen Funken fast
unsichtbar und bei Einschalten eines schwachen
Kondensators verhältnismässig schwach ist, hier
der grünen Linie an Intensität am ;iächsten
kommt, während 4678 sehr schwach ist. A. C.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
501
Jones*) bemerkt, dass im Vakuumröhrenspek-
trum des Kadmiums die Farbe ohne Funken-
mikrometer grün, hingegen blau mit einem
solchen ist, und dass ohne Funkenmikroifteter
48CX) und 4678 am stärksten und 4413 schwach
ist. Die längsten Linien im Funkenspektrum
sind 5086, 4800 und 4678. Diese Verschieden-
heiten in Farbe und Spektrum sprechen gleich-
falls dafür, dass die hier beobachteten Erschein-
ungen von denen, die den Durchgang des Stromes
durch den Dampf begleiten, durchaus verschie-
den sind.
Thallium. Bei verhältnismässig niedriger
Temperatur wurde hellgrüne Lumineszenz her-
vorgerufen, worin die grüne Linie 5380 zu
sehen war.
Wismut, Blei, Antimon, Zinn und Aluminium
zeigten keine merkliche Lumineszenz.
Schwefel, Selen und Tellur gaben einen sehr
schwachen blauen Schein, der ein sehr schwaches
im Grün und Blau kontinuierliches Spektrum zeigte.
Meistens waren die beobachteten Linien die-
selben, die in Flammen- oder schwachen Funken-
spektren zu sehen sind, und scheinen daher
Grundschwingungen zu entsprechen.
Ich behalte mir vor, weitere Untersuchungen
über den Gegenstand anzustellen.
Universität California, Berkeley, Mai 1902.
(Aus dem Englischen übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen 24. Juni 1902.)
Über die freie Elektrizität im dunklen Kathoden-
raume.
Von A. Wehnelt.
Eingehende Messungen über den Verlauf des
Potentiales im dunklen Kathodenraume haben
Herrn A. Schuster^ zur Aufstellung der Inter-
polationsformel
geführt, worin Vx die Potentialdifferenz zwischen
dem Punkte x und der Kathode, V^ die ge-
samte Potentialdifferenz zwischen dem Glimm-
licht und der Kathode und K eine Konstante
bedeutet.
Unter Annahme dieser Formel hat dann Herr
A. Schuster des weiteren die gesamte freie
Elektrizität im dunklen Kathodenraume berechnet.
Vorläufige Messungen^) von mir über den-
selben Gegenstand hatten ergeben, dass die
Formel von A. Schuster in grösseren Ab-
ständen von der Kathode sich recht gut den
Messresultaten anschmiegt, in der Nähe der
Kathode jedoch keine Gültigkeit mehr hat.
\
i) Wied. Ann. 62, 30, 1897.
2) A. Schuster, Proc. Roy. Soc. 47, 642, i8qo
3) A. Wehnelt, Diese Z. 2, 518 ff., 1901.
Zur Erlangung genauerer experimenteller
Daten für die Berechnung der freien Elektrizität
im dunklen Kathodenraume habe ich deshalb
die Messungen über den Verlauf des Potentiales
längs des dunklen Kathodenraumes noch ein-
mal mit verbesserten Messeinrichtungen wieder-
holt. Als Kathode diente dabei eine im grossen
Räume befindliche Kugel, um jede Beeinflussung
durch die Wände des Entladungsgefässes zu
vermeiden. Eine ausführlichere Beschreibung
der Versuche folgt in den Annalen der Physik.
An dieser Stelle möchte ich kurz die Ergebnisse
derselben mitteilen.
I. Versuchsanordnung.
Als Kathode diente eine Aluminiumkugel {K)
(Fig. i) von I cm Radius. Dieselbe war messbar
verschiebbar, so
dass ihr Abstand
von einer fest-
stehenden Sonde
(5)bisaufo,oicm
genau abgelesen
werden konnte. /
Diese Kathode
{K) befand sich
in einem grossen
cylindrischen Ge-
fäss von 15 cm
Durchmesser und
30 cm Länge. Als
Anode [A) diente
ein langer Alu-
miniumdraht, der
parallel zur Be-
wegungsrichtung
der Kathode nahe
der Glaswand befestigt war. Es wurde hierdurch
erreicht, dass eine Verschiebung der Kathode auf-
oder abwärts nicht die Entladungsbahn und damit
auch nicht das gesamte Entladungspotential
änderte. Die Kathode war stets durch ein Milli-
amperemeter zur Erde abgeleitet. Die Potential-
diflTerenzen zwischen Sonde und Kathode wurden
mit einem wohl isolierten Warburgschen
Quadrantenelektrometer (in Doppelschaltung) ge-
messen. Als Stromquellen diente bei Versuchen
mit konstanter Stromstärke eine 20plattige In-
fluenzmaschine, bei Versuchen mit variabler
Stromstärke eine Hochspannungsbatterie.
II. Verlauf des Potentiales bei verschie-
denen Drucken, aber konstanter Strom-
stärke.
Aus einer grossen Zahl von Messungsreihen
' seien hier nur 4 aufgeführt, die bei recht ver-
1 schiedenen Drucken erhalten wurden. In der
' Tabelle I bedeutet r den jeweiligen Abstand
- vom Mittelpunkt der Kugelkathode [R = i cm).
Fig. I.
502
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No, 21.
p die Drucke in mm Hg^ V die Potentialdiffe-
renzen zwischen Sonde und Kathode.
Tabe
Ue]
l.
•
/ =
= 0,3 • 10-^
Amp.
Volt)
1
1
K(ia
rt) =
I.I
X.2
1.3 1.5 2.0 ' 2.5 3.0 4.0
1 1
50
6.0
t-\
0.2
0.1
0.06
0.03
1 151
226
322
507
167
235
527
182 206
252 268
,363
545 557
1
244
307
4C5
584
262 26S
327 337 ! 339
434 453 i 472
617 637 671
477
68S
690
III. Verlauf des Potentiales bei konstan-
tem Druck, aber variabler Stromstärke.
Tabelle H.
Die Bezeichnungen sind dieselben wie bei
Tabelle I.
p = 0,09 mm Hg,
y V (in Volt)
I.I ( 1.5
/ ~
0.25 . 10-8 Amp.
i.o . 10-s
2.5 . 10-3
^4.0 . 10-3
II
II
11
252
3^5
496
622
296
446
620
731
2.0 3.0 4.0
339 373 I 382
492 554 : 565
704 768 780
835 I 939 i 960
IV. Erörterung der Versuche und Berech-
nung der freien Elektrizität.
Aus der oben erwähnten Schuster sehen
Formel
berechnete ich für mehrere Versuchsreihen den
Wert der Zahl AT. Folgende kleine Tabelle III
zeigt, dass diese Zahl keineswegs eine
Konstante ist, d.h. die Schustersche For-
mel hat keine Gültigkeit. Für eine Reihe
von Abständen x von der Kathode sind da-
runter die für K berechneten Werte verzeichnet.
Tabelle III.
p = 0,2 mm //g
o.2_ I 03
4.95 376
P = 0,03 mm Hg
.r = 0.1 0.5 1.0 i I.$
0,3 • lO"^ Amp.
Ic.
0.1
"8:2"
^5_
289
1.0
2.36
1.5 2JQ
"2^39 2.85
/ = 0,3- 10"^ Amp.
2.0 30 ! 4.0 5.0 ; 6.0 7.0
Ä'= 12.1 , 3.0 1.64 1.25 1 1.06 0.87 0.75 0.76 0.87 0.84
Da die Schustersche Formel demnach
keine Gültigkeit hat und es mir auch nicht ge-
lungen ist, eine den Verlauf des Potentiales in
beledigender Weise darstellehde Interpolations-
i) Näher als auf o,l cm durfte die Sonde uicht an die
Kathode gebracht werden, da sie alsdann durch elektrostatische
Kräfte in so starke Schwingungen geriet, dass sie gegen die
Kathode stiess.
formel aufzustellen, so habe ich die Berechnung
der freien Elektrizität graphisch ausgeführt, unter
der Annahme, dass die Gleichung für die freie
Elektrizität
auch auf stromdurchflossene Gase anwendbar
ist. ')
Da als Kathode bei den Versuchen eine frei
im Räume befindliche, also unbeeinflusste Kugel
gedient hatte, so muss die Gleichung (i) in Kugel-
koordinaten ausgedrückt werden. Sie lautet als-
dann
Die gesamte freie Elektrizitätsmenge im
dunklen Kathodenraume ist dann:
E = \ ^nQr'^dr 3)
worin (> die Dichte im Abstände r vom Mittel-
punkt der Kugelkathode [R = i cm) und a den
Abstand der Glimmlichtgrenze vom Mittelpunkte
der Kugelkathode bedeutet.
Die Berechnung der Dichten q habe ich aus-
geführt, indem ich aus den nach Tabelle I und
II erhaltenen Kurven für den Potentialverlauf
diejenigen für ^- und \ ^ graphisch ermittelte.
Die folgenden Tabellen IV und V enthalten
die Werte von Q (im elektrostatischen Mass-
system) für einige Abstände r von der Mitte
der Kugelkathode, berechnet aus den in Tabelle I
und II niedergelegten Messungen.
(Siehe Tabelle IV und V auf S. 503.)
Die Tabellen zeigen, dass die Dichte (>
nicht überall dasselbe Vorzeichen hat.
Unmittelbar an der Kathode und nahe
der Grenze des dunklen Kathodenraumes
befindet sich meist freie positive Elek-
trizität. Zwischen diesenpositivenLadun-
gen befindet sich ein grosser negativ ge-
ladener Raum.
Berechnet man aus den Werten von q die
freie Elektrizität in dem Räume zwischen zwei
Kugeln mit den Radien r und r 4 är, so hat
diese natürlich stets dasselbe Vorzeichen wie q,
d. h. die Kathode ist konzentrisch von
elektrischen Ladungen verschiedenen
Vorzeichens umgeben.
Die algebraische Summe der gesamten freien
Elektrizitätsmengen giebt stets einen positiven
Wert. Es ist also stets freie positive Elektrizität
im Überschuss vorhanden. Die folgende Tabelle
Nr. VI giebt die gesamte freie Elektrizität E (in
i) Vergl. J. Stark, Ann. d. Phys. 6, 98 — 100, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
503
Tabelle IV.
i.i
1-3
1-5 i 1-7
'9
fo,2
ai
0.06
10.03
0.084
0.018
—0.032
O.IOO
—0.003
—0.002
0.004
— 0.004
— 0004
— 0.002
—0.020
— 0.018
—0.014
0.055
— 0.004
—0.007
0.006
0001
-0.006
-0.006
2.1
2.3
2.5
2.7
2.9
35
0.009
0.007
0.009
0.009
0.007
0002
0.005
0.007
0.005
0.005
0.003
0.002
— O.OOI
0.000
O.OOI
0.002
0.002
0.005
— 0.002
— 0.004
—0.005
0.0003
—0.0002
4.5
0002
O.OOI
= 0,3 • lO~' Amp.
Tabelle V.
r=^
i.i
1.3
1.5
0.25 . 10—3
i.o . 10-3
(2.5 . IO-3)
4.0 . 10 -3
—0.017
—0.018
—0.020 •
—0.026
— 0.012
—0.018
O.IIO
—0.015
— O.OII
—0.041
0.007
—0.035
1.7
—0.007
—001
0.041
— 0027
1.9
2,1
23
2-5
2.7
29
3.5
— O.OOI
-0.005
0.002
-0023
0.C04 0002
0.007
0.006
— 0002' O.OOI
0.004
0.006
0.009 0.009
0.008
0.007
—0007 0.007
0.027
0.018
0.007
0006
0.007
0.008
0.002
0.005
0005]
0006
/ = 0,09 (bei / = 2,5 • io~^ Amp. war / = 0,1 mm Hg),
Coulombs) im dunklen Kathodenraume bei ver-
schiedenen Drucken und bei verschiedenen Strom-
stärken, berechnet aus den in Tabelle I und II
verzeichneten Messresultaten.
Tabelle VI.
~^ Amp.
006
2 = 0,3 • 10
/= 0.2 o.i ' ooö 0.03
-^ ']= , 0.31 . 10—9 I 0.27 . 10—9 I 0.12 . 10—9 0.05 . 10—9
/ = 0,09 mm Hg (für / = 2,5 • iO~^ Amp. war
/ = 0,1 mm Hg^ daher der weit höhere Wert
für E).
i=, 025.10—3 ' 10. 10-3 (2.5.10—3) 40.10-3
^l)= I 0.14. 10-9 0.21 . 10-9 I (066. IO-9) 0.34. 10-9
Da die graphische Methode nur sehr ange-
näherte Werte giebt, so können die in der
Tabelle gegebenen Zahlen keinerlei Anspruch
auf Genauigkeit erheben. Jedenfalls ist aus den
Zahlen aber zu entnehmen, dass die gesamte
freieEletrizität mit abnehmendemDrucke
geringer wird und mit zunehmender
Stromstärke wächst.
Die gesamte im dunklen Kathodenraume
befindliche freie Elektrizität influenziert auf der
zur Erde abgeleiteten Kathode eine leicht zu
berechnende Elektrizitätsmenge.
Betrachten wir im dunklen Kathodenraume
eine unendlich dünne zur Kugelkathode kon-
zentrische Kugelschale mit den Radien r und
r '\' dr und der konstanten Dichte p, so ist in
derselben eine Elektrizitätsmenge
e = 4Jtr^Q • dr
enthalten.
DasPotentialdieserLadung auf einen Punkt im
l) .£ in Coulombs angegeben.
Inneren ist = — . Die gesamte influenzierte Elek-
trizitätsmenge sei £", dann ist das Potential dieser
auf einen inneren Punkt = „ (wo R = Radius
der Kugelkathode ist). Da die Kathode zur Erde
abgeleitet ist, so muss das Gesamtpotential im
Inneren Null sein, also
- + — = o.
R r
Für die gesamte Ladung im dunklen Kathoden-
raume gilt dann
r = a
WO
2I = /'i.^'-'pA ist
r J r
r = R
[a = Abstand der Grenze des dunklen Kathoden-
raumes vom Mittelpunkt der Kugelkathode).
Hieraus ergiebt sich
r = Ä
K = -RJ^-^'"y-
dr
= R
Die Ausführung der Berechnung ergiebt.
dass auf der Kugel negative Elektrizität influen-
ziert wird. Zahlen anzugeben hat keinen Zweck,
da die graphische Ermittelung zu ungenaue
Werte ergiebt.
Diese negative Influenzelektrizität kann Ver-
anlassung zu Kathodenstrahlen geben, denn die
yom Glimmlicht ausgehenden starken ultravio-
letten Strahlen werden eine ständige Zerstreuung
dieser Ladung bewirken.
P3rlangen, Physik. Instit. d. Univ., Juli 1902.
(Eingegangen 4. Juli 1902.)
S04
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
Einfluss des Elektrodenmetalles auf die An-
fangsspannung.
Von J. Stark.
I. Folgerungen der Theorie,
Zwei Elektroden mögen sich in sekundär
wenigionisiertem Gase gegenüberstehen ;-zwischen
ihnen sei eine elektrische Spannungsdifferenz von
kleinem Betrage vorhanden. Es ist dann zwischen
den Elektroden im Gas ein elektrostatisches
Feld vorhanden, nach Massgabe der Form und
des Abstandes der Elektroden. Dieses statische
Feld bleibt bestehen, wenn die Spannungs-
differenz der Elektroden langsam erhöht wird.
Die Erhöhung kann aber nicht unbegrenzt
fortgesetzt werden; es wird schliesslich ein Wert
der Spannungsdifferenz der Elektroden erreicht,
bei dessen Überschreitung das Gas elektrisch
leitend wird und darum eine starke elektrische
Strömung oder eine Entladung durch sich hin-
durch ermöglicht. Insofern diese Art der Ent-
ladung den ionisierten Zustand des Gases durch
die Energie ihres elektrischen Feldes selbst her-
beiführt, heisst sie Selbstentladung; und der-
jenige Wert der Spannungsdifferenz der Elek-
troden, bei welchem sie eintritt, heisst ihre
Anfangsspannung.
Wie durch zahlreiche Untersuchungen fest-
gestellt wurde, ist die Anfangsspannung der
elektrischen Selbstentladung eine Funktion des
Elektrodenabstandes, des Gasdruckes, der Gas-
art und der Elektrodenform; auch der Einfluss
der Temperatur auf sie lässt sich in einfacher
Weise klarmachen. Nicht einig ist man über
den Einfluss der Art des Elektrodenmetalles
auf die Anfangsspannung; doch scheint eine
grosse Zahl von Physikern der Ansicht zuzu-
neigen, dass die Anfangsspannung vom Elek-
trodenmetall unabhängig sei. Diese Ansicht ist
indes falsch.
Wie an einer anderen Stelle (Ann. d. Physik 7,
919, 1902) ausfuhrlich dargelegt wurde, kommt
die von einer Elektrode ausgehende elektrische
Selbstentladung dadurch zu stände, dass in der
Gasschicht an der Elektrode (Entladeelektrode)
eine zweifache Grenzionisierung erfolgt, dass
also die positiven Ionen und dann natürlich
auch die negativen auf ihrer mittleren freien
Weglänge ihre lonisierungsspannung frei durch-
laufen und am Ende derselben das Gas durch
ihren Stoss ionisieren. Ist die Entladeelektrode
positiv, also Anode, so gehen die positiven
Ionen von ihr weg und wirken ausserhalb des
Wirkungsbereiches des Elektrodenmetalles gegen
das Gasinnere ionisierend ; diese lonisierungs-
spannung der positiven Ionen gegen das
Gasinnere (A Vma) ist darum unabhängig
von dem Metall der Elektrode. Ist dagegen
die Entladeelektrode negativ, also Kathode,
so erfolgt die Ionisierung des Gases durch die
auf sie zuschiessenden positiven Ionen in der
Grenzschicht gegen das Metall; die loni-
sierungsspannung {AVmk) ist nunmehr
abhängig von dem Elektrodenmetall.
Dieses setzt nämlich an den in seinem Wirkungs-
bereich liegenden Gasteilchen die lonenenergie
und damit auch die lonisierungsarbeit (loni-
sierungsspannung) herab. AVmk ist darum
kleiner als A Vma und im allgemeinen
von Metall zu Metall verschieden.
Die Definition der Anfangsspannung (Va)
lässt sich für die von einer Elektrode aus-
gehende Selbstentladung aus der Forderung
gewinnen, dass an der Entladeelektrode auf
der mittleren freien Weglänge (Xp) der positiven
Ionen deren lonisierungsspannung {AVma bez.
A Vmk) zu liegen habe. Ist V die Spannungs-
funktion des elektrostatischen Feldes, Fb • die
Spannung der anderen Elektrode, so ergiebt
sich (Ann. d. Physik 7, 924, 1902)
Va = AVm+ V{Xp)^Vo.
Bleibt die Form und der Abstand der Elektroden
ungeändert, bleibt also das elektrostatische Feld
bei Änderung des Gasdruckes oder der Art des
Elektrodenmetalles sich ähnlich, so lässt sich
die Spannungsfunktion in der Form (p , f[x,y,z)
geben, inder/(:r,/,£r) ausschliesslich eine Funktion
der Koordinaten ist. In diesem Falle lässt sich
die Gleichung der Anfangsspannung so formu-
lieren:
fe-AXp)
Hierin ist fe der Wert von / auf der Entlade-
elektrode, yi? derjenige aufder zweiten Elektrode.
Der Druck und die Art des Gases zwischen den
Elektroden, deren Form und Abstand möge
konstant gehalten werden, geändert werde die
Art des Elektrodenmetalles. Dazu setzen wir vor-
aus, dass die Entladung immer von einer Elek-
trode ausgehe. Es lassen sich dann aus den
Gleichungen der Anfangsspannung folgende Sätze
ableiten.
Ist die Entladeelektrode positiv, so
ist die Anfangsspannung unabhängig von
dem Elektrodenmetall. Ist die Kathode
Entladeelektrode, so hängt der Wert
der Anfangsspannungvon der chemischen
Natur der Kathodenoberfläche ab, ist
indes unabhängig von dem Metall der
Anode.
Sind die Anode und Kathode kon-
gruent in Form, Grösse und Metall und
sind sie entgegengesetzt gleichhoch
geladen, so wird die Kathode Entlade-
elektrode; die Anfangsspannung hängt
darum in diesem Falle ab von dem Elek-
trodenmetall. Die Anode lässt sich da-
durch zur Entladeelektrode machen.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
505
dass man an ihr die Spannung stärker
abfallen lässt als an der Kathode. Dies
geschieht, indem man unsymmetrische
Elektroden wählt, nämlich auf der einen Seite
eine kleine Kugel, einen Kegel, eine Spitze, einen
dünnen Cylinder, auf der anderen Seite eine
grössere Kugel oder eine Platte. Die Elektrode
mit dem grösseren Spannungsabfall wird dann
Entladeelektrode.
Bei unsymmetrischen Elektroden ist
die Anfangsspannung grösser, wenn die
Entladeelektrode positiv, als wenn sie
negativ ist; ihr Verhältnis in den zwei
Fällen ist gleich AVmal/^Vmi. Im ersten
Falle ist die Anfangsspannung unabhän-
gig von dem Metall der Entladeelektrode,
in dem zweiten Fall ändert sie sich mit
demselben.
l^Vmk ist gleich dem normalen Kathoden-
fall an dem Metall der Entladeelektrode. Dem-
gemäss geht die Änderung der Anfangs-
spannung bei negativer Entladeelektrode
Hand in Hand mit der Änderung des
normalen Kathodenfalls; die Anfangs-
spannung ist um so kleiner, je kleiner
der Kathodenfall ah der Entladeelektrode
ist. Da der Kathodenfall fast an allen ober-
flächlich oxydierten Metallen den gleichen Wert
wie ungefähr an Platin hat, so ist auch die An-
fangsspannung nahezu unabhängig von dem
Elektrodenmetall, wenn dieses oberflächlich oxy-
diert ist. Um den Einfluss des Elektroden-
materials auf die Anfangsspannung der
Selbstentladung zu finden, hat man
darum mit reinen Elektroden in Gasen zu
arbeiten, welche deren Oberfläche nicht
chemisch verändern.
2. Beobachtungen über polare Unter-
schiede bei der Selbstentladung.
Es ist bereits eine grosse Zahl von Unter-
suchungen über die Anfangsspannung der Selbst-
entladung zwischen unsymmetrischen Elektroden
angestellt worden. Sie haben weitaus zum
grössten Teile das Resultat ergeben, dass die
Anfangsspannung bei positiver Ladung der Ent-
ladeelektrode grösser ist als bei negativer Ladung.
Der abweichende Befund einer kleinen Zahl von
Beobachtungen erklärt sich daraus, dass bei
ihnen die Genauigkeit der Messung nicht ge-
nügend war oder dass sekundäre Störungen
nicht ausgeschlossen waren.
So erfolgt die Selbstentladung zwischen einer
Spitze einerseits und einer ausgedehnten Elek-
trode (Platte, Kugel, Cylinder) andererseits bei
negativer Ladung der Spitze schon für eine
kleinere Anfangsspannung als bei positiver
Ladung. Diese Thatsache *) ist bereits so häufig
1) Faraday, Exp. Res. Ser. 18; § I493i »^38; Righi.
und mit einer solchen Genauigkeit nachgewiesen
worden, dass sie heute wohl von keiner Seite
mehr angezweifelt wird.
Benützt man als eine Elektrode einen Cylinder
(dünnen Draht), als zweite Elektrode eine parallele
Platte oder allgemeiner einen ausgedehnten Leiter,
so ist die Anfangsspannung ebenfalls grösser,
wenn der Cylinder Anode, als wenn er Kathode
ist. »)
Der polare Unterschied bei der Selbstent-
entladun'g zeigt sich endlich auch, wenn man
als eine Elektrode eine kleine Kugel, einen
Kegel oder das abgerundete Ende eines Cylinders,
als zweite Elektrode eine grössere Kugel oder
eine Platte benützt. '^) Auch in diesem Falle ist
die Anfangsspannung kleiner, wenn die erste
Elektrode Kathode, als wenn sie Anode ist.
3. Beobachtungen über den Einfluss ver-
schiedener Elektrodenmetalle auf die
Anfangsspannung.
In den Versuchen, die im Nachstehenden
besprochen sind, ist der Druck und die Art des
Gases sowie die Form und der Abstand der
Elektroden konstant gehalten; geändert wird
lediglich die Art des Elektrodenmetalles. Die
Beobachtungen über die Abhängigkeit der An-
fangsspannung vom Elektrodenmetall sind noch
nicht zahlreich; indes lassen sie die Richtigkeit
der oben theoretisch gezogenen Folgerimgen
bereits unzweifelhaft erkennen.
Nach Righi^) ist die Anfangsspannung der
Selbstentladung zwischen Platinkugeln grösser als
zwischen Messingkugeln von gleichem Radius
und gleichem Abstand; ist die eine Elektrode
eine Platin-, die andere eine Kupferkugel, so ist
die Anfangsspannung kleiner, wenn die letztere
Kathode ist; ähnliche Resultate ergeben sich für
andere Metalle.
Paschen*) schreibt bezüglich der Anfangs-
spannung der Selbstentladung in Lufl zwischen
Kugelelektroden aus Messing folgendes: „Nach-
dem die Kugeln geputzt waren, wurde der zu
messende Abstand eingestellt und sofort ein
Beobachtungssatz von 4 bis 8 Funken in Zwischen-
Nuov. Cim. (2) 16, 89, 1876; Röntgen, Gott. Nachr. 1878,
396; De la Rue u. Müller, Phil. Trans. 109, 55, 1878;
Macfarlane, PhiL Mag. (5) 10, 402, 1880; Precht, Wied.
Ann. 49, 150, 1893; Warburg, Wied. Ann. 67; 7, 1899;
Ann. d. Phys. 2, 295, 1900; Sievcking, Ann. d. Phys. 1,
299, 1900; Tamm, Ann. d. Phys. 6, 277, 1901.
i) Bichat, Ass. Franc. Nancy, 15, 243, 1886; Borgesius,
Metingen van de potentiaalverschiUen ; Diss., Groningen, 1892,
104; Overbeck, Wied. Ann. 60, 193, 1897.
2) Faraday, Exp. Res. Ser. 18, § 1480, 1838; Belli,
Bibl. Italiana 30, 280; Gaugain, Ann. Chim.et Phys. (4) 8,
108, 1866; G. Wiedemann u. Rühlmann, Pogg. Ann. 146,
235, 364, 1872; Righi, Nuov. Cim. (2) 10, 89. 1876; Holtz,
Wied. Ann. 11, 513, 1880; Macfarlane, Phü. Mag. (5) 10,
402, 1880; Borgesius, a.a.O. S. 66; Heydweiller, Wied.
Ann. 48, 213, 1893.
3j Righi, a. a. O. S. 100, M 7.
4)
Paschen, Wied. Ann. 87. 76, 83, 1889.
5o6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
räumen von ungefiLhr einer Minute gewonnen.
Dabei zeigte sich bald, dass der erste Funke
fast durchgängig ein etwas kleineres, die folgen-
den dasselbe etwas höhere Potential hatten. Als
Grund hierfür mag eine Veränderung der metal-
lischen Oberfläche durch den ersten Funken an-
zusehen sein." Heydweiller *) bestätigte die
Beobachtung Paschens.
Borgesius^ hat die Anfangspannung der
Selbstentladung in Luft zwischen zwei Platten-
elektroden aus verschiedenem Metall bestimmt.
E^ zeigte sich, dass bei mehreren Metallen die
Anfangsspannung fiir den ersten Funken eben-
falls eine andere war als ftir die folgenden,
femer ftir verschiedene Metalle verschiedene
Werte besass. Mehrere Metalle ergaben auch
fiir spätere Funken verschiedene Anfangsspan-
nungen.
Wenn in neuerer Zeit Precht ^) und Orgler ^)
für verschiedene Elektrodenmetalle denselben
Wert der Anfangsspannung erhielten, so hat
dies nach meiner Ansicht den Grund darin,
dass sie nicht mit oxydfreien Oberflächen arbei-
teten.
Bichat*) hat mit einem zu Messzwecken
konstruierten elektrischen Flugrad die Anfangs-
spanhung fiir die Selbstentladung an dünnen
Drähten bestimmt. Er hat hierbei auch den
Einfluss des Elektrodenmetalles untersucht. Ich
habe die wertvolle Arbeit Bicbats erst nach
Veröffentlichung der von mir entwickelten lonen-
stosstheorie der Selbstentladung kennen gelernt.
Es ist überraschend, wie genau sich die zunächst
gewagt erscheinende Vorhersage der Theorie
in Bi Chats Versuchen bestätigt. Da die Arbeit
Bichats wenig bekannt ist und fiir Anstellung
weiterer Versuche in der angegebenen Richtung
sehr lehrreich ist, sei hier ein Teil von ihr über-
setzt wiedergegeben.
„Für den gleichen Platindraht behält die
Anfangsspannung genau denselben Wert bei,
wenn nur der Draht vollkommen rein ist. Für
den Platindraht von dem angegebenen Durch-
messer (0,00501 cm) schwankt der absolute
Wert der Anfangsspannung in den Versuchen
mit mehreren Wochen Zwischenzeit zwischen
68,3 und 69,9. — Wenn das Flugrad negativ
jjrladcn ist, findet man ebenfalls, dass es so-
lang;« in Ruhe bleibt, als die Spannung nicht
rinrn bcHtimmt^n Wert erreicht hat, bei dessen
Olirrnrhrritung es sich zu bewegen beginnt.
th-r rln/i^fc Unterschied beim Platin besteht
/1/irin, <lii*»«*' die Anfangsspannung einen kleineren
Ij M^r'twrlllrr, WIed, Ann. 48, 217, 1893.
ä, h^ff*/' *)•«*, ft. ». o. s. 135.
t, l'f'/li», WIril, Ann. 49. 150, 1893. j
4] fittfit^t, Ahm «1. I'hyi. 1, 174. 1900-
', Mm Kt» ^«»«^ J' tnurnlcjuct electriquc et la deperdition ;
,1, ( '|. ,♦/•,(»/ ).«f M'fiVMtU.ii, Am«. Franc. Nancy, 15, 243 bis ,
Wert hat als bei positiver Ladung des Flug-
rades. So beträgt für den 0,00501 cm dicken
Draht der mittlere Wert der Anfangsspannung
nur 63,2. Wenn der Pladndraht g^t gereinigt
ist, sind die Schwankungen der Anfangsspannung
um den angegebenen Mittelwert ziemlich klein;
indes sind sie merklich grösser als bei positiver
Ladung des Flugrades. Die äussersten Werte
sind 61,4 und 64,8.
Es ist interessant, die Resultate zu ver-
gleichen, welche man mit Drähten von gleicher
Dicke, aber verschiedenem Metall erhält. Ich
habe nacheinander Drähte von Gold, Silber,
Eisen, Nickel und Aluminium untersucht; sie
hatten alle denselben Durchmesser wie der Platin-
draht (0,00501 cm).
Das Gold hat dieselben Resultate wie das
Platin ergeben, sowohl für positive« wie für nega-
tive Ladung des Flugrades.
Das Silber liefert auch die gleichen Resultate
wie das Gold und Platin. Die Anfangsspannung
hat noch genau den gleichen mittleren Wert 69,2
für positive und 63,5 für negative Ladung.
Wenn man den Silberdraht nach Behandlung
mit Schwefelwasserstoff untersucht, so zeiget die
Anfangsspannung noch denselben Wert wie zu-
vor im Falle positiver Ladung; für negative
Ladung ist sie indes unverkennbar kleiner ge-
worden; sie kann bis auf den Wert 53 erniedrigt
werden, auf dem sie übrigens kurze Zeit stehen
bleibt. Wenn man den Versuch fortsetzt, so
nimmt die Anfangsspannung allmählich wieder
zu, um schliesslich den Wert 63 zu erreichen,
welcher nahezu gleich demjenigen ist, den man
bei völliger Reinheit des Drahtes findet.
Im Falle des Eisens ist die Anfangsspannung
bei positiver Ladung noch genau dieselbe wie
für die vorhergehenden Metalle. -— Die negative
Ladung liefert viel unregelmässigere Zahlen. Der
Wert der Anfangsspannungistfur einen sehr reinen
Draht im Anfang ziemlich klein, nämlich unge-
fähr 56; er wächst darauf allmählich mit der
Zeit, um schliesslich die Zahl 63,1 zu erreichen,
die nahezu gleich derjenigen für Platin ist.
Beim Nickel erhält man analoge Resultate
wie beim Eisen; für positive Ladung ist die
Anfangsspannung wenig verschieden von der-
jenigen, welche die vorangehenden Metalle liefern,
ihr mittlerer Wert ist nahezu gleich 69. Aber
im Falle negativer Ladung schwankt die Anfangs-
spannung zwischen viel weiteren Grenzen; sie
geht herab bis zu 35 und kann nach längerer
Benützung des Drahtes einen mittleren Wert von
63 erreichen, der sich ja auch für Gold und Platin
ergiebt.
Das Aluminium endlich zeigt analoge Un-
regelmässigkeiten. Die Anfangsspannung bei
positiver Ladung des Flugrades ist immer nahezu
69. Bei negativer Ladung steigt es dagegen von
51 auf 63. Diese Veränderung kommt aUmählich,
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
50/
der kleinste Wert entspricht immer dem neuen
Draht.
Aus dieser vergleichenden Untersuchung an
Flugrädern mit Drähten von verschiedenem
Metall, aber gleichem Durchmesser folgt, dass
die Anfangsspannung unverkennbar die
gleiche ohne Rücksicht auf das Metall
ist, wenn das Flugrad positive Ladung
besitzt. Bei negativer Ladung ist der Wert
der Anfangsspannung, welcher für Gold und
Platin gleich ist, erst kleiner für Eisen, Nickel,
Silber, Aluminium; er nimmt darauf mit der
Zeit zu, um genau gleich demjenigen zu werden,
welchen man fiir die unter den Versuchsbedin-
gungen schwerer sich ändernden Metalle erhält.
Diese Veränderlichkeit ist wahrscheinlich darauf
zurückzuführen, dass die Metalle in Lufl
sich oberflächlich mit einer Oxydschicht be-
decken. Dass dem wirklich so sei, dafür spricht
folgende Beobachtung. Macht man ein Flug^ad
aus Eisendrähten, die von vornherein in einem
Ozonstrom oxydiert wurden, so erhält man
schon das erste Mal Werte, welche sehr nahe
denen für Platin liegen."
Göttingen, Jnni 1902.
(Eingegangen 24. Juni 1902.)
Der sogenannte Obergangswiderstand der
Funkenentladung.
Von J. Stark.
I. Die Erscheinung und frühere Erklä-
rungsversuche.
Der elektrische Funke oder allgemeiner die
Selbstentladung kann nicht eintreten, bevor
nicht die Spannungsdiflferenz der Elektroden
einen gewissen Wert, die Anfangsspannung, er-
reicht hat. Für kleine Elektrodenabstände (/)
lässt sich in kleinen Variationsintervallen die
Anfangsspannung V als lineare Funktion von /
darstellen: Va^^a + ß-L Die Konstante a be-
trägt mehrere Hundert Volt; sie hat zur Folge,
dass auch bei sehr kleinen Elektrodenabständen
der Eintritt der Selbstentladung eine beträcht-
liche Spannungsdiflferenz beansprucht.
Dies Verhalten der Selbstentladung bei kleinen
Elektrodenabständen ist schon lange bekannt;
Fig. I stellt dahingehende Messungen von
W. Thomson') (Plattelektroden) und Borge-
sius^) (Kugelelektroden) dar.
Zur Erklärung der Erscheinung hat Maxwell
(Treat. Art. 59 u. 369) zwei Hypothesen auf-
gestellt. „Man kann vielleicht annehmen, dass
die Lufl an den Oberflächen der Konduktoren
i) W. Thomson, Proc. Roy. Soc. 10, 326, 1860.
2) Borgesius, Metingen van de potentiaalverschillen,
Diss., Groningen 1892, 47.
fZOO
woo
800
600
200
l'
7
7^
iL.
t
^■'
/
^7^
/
0 o,t 0,2
£lektrodenahstand in, mnv.
Fig. I.
sich verdichtet und so besser isoliert; sind dann
die beiden Konduktoren sehr nahe, so stossen
die kondensierten Luftstrata aneinander. Es ist
aber auch möglich, dass überhaupt das Poten-
tial eines geladenen Konduktors nicht mit dem
in der berührenden Lufbchicht übereinstimmt,
sondern sich von ihm um eine Grösse unter-
scheidet, die gerade vor der Entladung ihren
maximalen Betrag erreicht." ChrystaP) wies
noch auf die zwei folgenden Erklärungsmöglich-
keiten hin. Es kann einmal die Lufl in der
Nähe der Elektroden elektrisch geladen sein;
sodann kann die Dielektrizitätskonstante der
Luft in der Oberflächenschicht eine Funktion
des Abstandes von der Oberfläche sein.
Den meisten Anklang fand die erste Hypo-
these Maxwells. Indes wies Heydweiller
darauf hin, dass zum Ende einer ausreichenden
Erklärung die Verdichtung der Lufl an den
Elektroden eine bis dahin ungekannte Grösse
haben müsste, und Borgesius (a. a. O. 112)
zeigte experimentell auf optischem Wege, dass
eine solche Verdichtung nicht vorhanden ist.
Ebenso lässt sich zeigen, dass auch die drei
anderen Hypothesen unhaltbar sind. Sie sind
vor allem nicht mit der unten näher besprochenen
Beobachtung in Einklang zu bringen, dass die
Dicke der Gasschicht, auf welcher die durch
die Konstante a gegebene Spannungsdiflferenz
liegt, angenähert umgekehrt proportional dem
Gasdruck ist und daher sehr gross werden kann.
In neuerer Zeit hat man zur Erklärung der
fraglichen Erscheinung von einem Übergangs-
widerstand gesprochen, der sich in konstanter
Stärke dem Übergang der Elektrizität zwischen
i) Chrystal, Proc. Edmb. Soc. 1882, 487.
5o8
Physikalische Zeitschrift 3. Jahrgang. No. 21.
Gas und Elektrode entgegensetzen soll. Das
Wort Übergangswiderstand giebt indes keine
Erklärung, sondern ist lediglich eine andere
und noch dazu unklare Ausdrucksweise für die
in Rede stehende Erscheinung. Das Wort ist
überdies unsachgemäss. In elektrischer Hinsicht
ist das Wort Widerstand bereits für einen an-
deren wohldefinierten Begriff, den Ohm sehen
Leitungswiderstand, vergeben; man sollte es
darum nicht auch noch auf eine Erscheinung
anwenden, die mit diesem nicht das ge-
ringste gemeinsam hat. Welcher Art ist die
Schicht, in welcher der rätselhafte „Übergangs-
widerstand" liegen soll? Dass in der Grenze
zwischen Gas und Elektrode nicht ein grosser
Ohm scher Widerstand liegt, geht aus folgender
Thatsache hervor. Wenn man das Gas zwischen
den Elektroden kräftig sekundär ionisiert, so
lässt sich eine starke Strömung zwischen ihnen
herstellen, auch wenn das Gas unmittelbar an
der Oberfläche der Elektroden nicht ionisiert
wird.
2. Folgerungen aus der lonenstosstheorie
und Beobachtungen.
Nach der lonenstosstheorie ^ kommt die
elektrische Selbstentladung dadurch zu stände,
dass an einer Elektrode, der Entladeelektrode,
zweifache Grenzionisierung durch lonenstoss
eintritt. An der einen Seite dieser Grenzioni-
sierung ionisieren die positiven Ionen durch
ihren Stoss das Gas, auf der anderen Seite die
negativen Ionen. Ist beispielsweise die Kathode
Entladeelektrode, so wirken die auf sie zu-
schiessenden positiven Ionen unmittelbar an ihrer
Oberfläche ionisierend, etwas davon entfernt im
Gasinnem die wegffliegenden negativen Ionen.
Die Länge der zweifachen lonisierungspartie ist
gleich der mittleren freien Weglänge der posi-
tiven Ionen, die auf ihr liegende Spannungs-
differenz gleich der lonisierungsspannung der
positiven Ionen. Ist die Kathode Entladeelektrode,
so ist diese Spannungsdifferenz gleich dem nor-
malen Kathodenfall.
Ist Va die Anfangsspannung, ^Vma bezw.
/SVfffk die lonisierungsspannung der positiven
Ionen an der Anode bezw. Kathode, V die
Spannungsfunktion zwischen den Elektroden,
X/ die mittlere freie Weglänge der positiven
Ionen, Vq die Spannung der Elektrode, an
welcher die Entladung nicht einsetzt, so gilt:
Aus der vorstehenden Gleichung ziehen wir
die Folgerungen für kleine Elektrodenabstände.
Bei grosser Nähe der Elektroden ist an beiden
der Spannungsabfall nahezu gleich gross. Da
A Vmk beträchtlich kleiner ist als A Vma, so wird
bei kleinem Elektrodenabstand immer die Kathode
1) Anu. d. Phys. 7, 417, 919, 1902.
zur Entladcelektrode; die Gleichung der An£aings>
Spannung wird darum für diesen Fall:
v, = av^,+ v{x;j-v,.
Die Anfangsspannung hat ihren klein-
sten Wert, ist nämlich gleich dem nor-
malen Kathodenfall, wenn V{X/) — Vq = 0,
wenn also der Elektrodenabstand /gleich
der mittleren freien Weglänge (2/) der
positiven Ionen geworden ist. Bei weiterer
Verkleinerung sind zwei Fälle zu unterscheiden.
Erstens kann, beispielsweise bei parallelen
Plattenelektroden, die Länge sämtlicher Kraft-
linien, welche von der Kathode zur Anode durch
das Gas laufen, kleiner sein als die freie Weg-
länge (X/). In diesem Falle erreichen die meisten
sekundär vorhandenen positiven Ionen die Ka-
thode, ohne zuvor das Gas durch ihren Stoss
zu ionisieren; soll Selbstentladung ein-
treten, so muss die Anfangsspannung
über den normalen Kathodenfall gestei-
gert werden, damit die wenigen innerhalb des
Gases zum Stoss gelangenden positiven Ionen
zur Ionisierung befiLhigt werden. Zweitens
können einige Stellen der Kathode bereits von
der freien Weglänge 2/ (von der Anode aus ge-
messen) erreicht werden, andere dagegen nicht.
In diesem Falle springt die Selbstentladung von
jenen auf diese Stellen über, schlägt also nicht mehr
den kürzesten Weg zwischen den Elektroden
ein; die Anfangsspannung bleibt indessen
auch noch bei weiterer Verkleinerung des
Elektrodenabstandes auf dem normalen
Kathodenfall stehen.
Zur Erzielung des kleinsten Wertes der
Anfangsspannung (normaler Kathoden -
fall) ist eine Verminderung des Gas-
druckes oder Vergrösserung der freien
Weglänge der Ionen äquivalent einer Ver-
kleinerung des Elektrodenabstandes. Die
Dicke der Gasschicht, welche den soge-
nannten Übergangswiderstand in sich
birgt, auf welcher, schärfer gesprochen,
der normale Kathodenfall liegt, ist an-
genähert umgekehrt proportional dem
Gasdruck und ist gleich dem grössten
Elektrodenabstand, welcher den klein-
sten Wert der Anfangsspannung crgiebt
Wie der normale Kathodenfall, so ist
auch die kleinste Anfangsspannung der
Selbstentladung abhängig von der Art
des Gases und des Elektrodenmetalles.
Die vorstehenden Folgerungen sind fast alle
bereits durch das Experiment bestätigt worden.
Strutt') untersuchte die Abhängigkeit der An-
fangsspannung vom Gasdruck für parallele Platten-
elektroden. Er fand als kleinsten Wert der An-
fangsspannung in verschiedenen Gasen den nor-
malen Kathodenfall; mit einer kleineren Span-
i) Strutt, Phil. Traus. 198, 377, 1900.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
509
nungsdiiferenz konnte er keine Funkenentladnng
hervorbringen. Dies Resultat kann nicht er-
schüttert werden durch eine Angabe von Ear-
hart *) Dieser untersuchte die Anfangsspannung
zwischen einer Kugel und einer Ebene bei
kleinen Abstanden. Solange die Anfangsspannung
bei ihm oberhalb des Kathodenfalls lag, reihten
sich seine Werte geradlinig aneinander, für sehr
kleine Abstände giebt er zwar Werte an, welche
kleiner sind als der Kathodenfall, aber ganz
ausser der Reihe der anderen Werte liegen,
offenbar einem anderen Gesetz folgen und einem
anderen Vorgang als der Selbstentladung zuzu-
eignen sind.
Erinnert sei femer daran, dass auf der Länge
des Kathodendunkelraumes der Kathodenfall
liegt und dass dessen normaler Wert unabhängig
vom Gasdruck ist; die Länge des Kathoden-
dunkelraumes ist angenähert umgekehrt propor-
tional dem Gasdruck.
i) Earhart, Phil Mag. (6) 1, 147, 1901.
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SlektrodeTtahstanä^ uv WeHenlän^eiL'.
Fig. 2.
10
Nach Hittorf, Wiedemann, Lehmann
und anderen verschwindet bei Annäherung der
Elektroden von demjenigen Teil der Anode das
Glimmen, welcher in den Kathodendunkelraum
taucht und begiebt sich auf entferntere Teile
der Anode; ein analoger Vorgang hat an der
Kathode statt. Wird die Anode der Kathode
soweit genähert, dass sich alle ihre Punkte im
Dunkelraum befinden, so steigt die Elektroden-
spannung sehr stark an. In Strutts Versuchen
über die Selbstentladung zwischen nahen Platten-
elektroden stieg die Anfangsspannung nach Er-
reichung ihres kleinsten Wertes wieder schnell
an, als der Gasdruck weiter erniedrigt wurde.
Die vorstehende Figur 2 ist nach Angaben
von Earhart gezeichnet; sie bezieht sich auf
Luft, die Wellenlänge ist diejenige der Z?-Linie.
Wie man ersieht, lässt sich die Anfangsspannung
der Selbstentladung in der Nähe ihres Minimums
(etwa 320 Volt) durch eine Gleichung von der
Form F'a = a4-/9-/ darstellen; a und /9 sind
hierbei Funktionen des Druckes. Dies ergiebt
sich auch aus unserer Gleichung der Anfangs-
spannung. Wir dürfen in der Richtung des
grössten Spannungsabfalles das elektrische Feld
nahezu als homogen betrachten imd können (bei
Vertauschung des Vorzeichens von Anode und
Kathode) F=ö — ^-jt setzen, wo a die Spannung
der Kathode ist. Die Gleichung der Anfangs-
spannung wird dann
F«=AF«,*-f ^.(/— ;i^).
Diese Gleichung gilt fiir /> ^> in einem kleinen
Variationsgebiet von /. Für F« = A F,^ ist
Xp = /. Die freie Weglänge der positiven Ionen
lässt sich demnach aus der Figur entnehmen,
sie ist aufsteigend von kleinen zu grossen Drucken
bezw. 40, 15, 8, 4, 2,7 Wellenlängen; für die
Produkte aus Druck und Weglänge ergiebt sich
bez. 6000, 6000, 6080, 6080, 6156.
Göttingen, Juni 1902.
(Eingegangen 3. Juli 1902.]
BESPRECHUNGEN.
G. Bigourdan, Le ssrstime m6trique des
poids et mesures. 8®. VI u. 458 S. Paris
1901.
In einem ziemlich umfangreichen Bande
griebt der Verfasser eine ausfuhrliche Geschichte
der Einführung des metrischen Systems. Wie
wenig andere ist gerade Bigourdan zur Heraus-
gabe eines solchen Werkes befähigt. Lang-
jährige Studien auf dem Gebiete der technischen
Wissenschaften sowohl, wie die ihm im vollen
Umfange zu Gebote stehenden urkundlichen
Schätze des Pariser Observatoriums standen ihm
zur Seite.
Der Inhalt des Buches ist daher auch eine
Sammlung aller auf die Geschichte dieses ein-
heitlichen Mass- und Gewichtssystems bezüg-
lichen Dokumente von seltener Vollständigkeit,
und die dazwischen geschobenen Kapitel er-
läuternden und erzählenden Inhaltes sind von
hohem Interesse. Wohl mag manchem Leser
die Langwierigkeit der Verhandlungen in ihren
einzelnen Stadien, die bis in die Mitte des
18. Jahrhunderts zurückgehen'), etwas ermüden,
i) Den ersten Vorschlag, eine Toise auf Grund der Erd-
messung selbst herziistellen Ltir^ de k nature m^me"), hat
schon Picard im Jahre 1668 gemacht.
Sro
Physikalische Zeitschrift. ^. Jahrgang. No. 21.
aber charakteristisch für die Geschichte des
metrischen Systems sind sie gewiss.
Der erste Abschnitt des Buches ist als Ein-
leitung behandelt, er fuhrt alle die Vorarbeiten
und früheren Vorschläge zu einem einheitlichen,
und wie man beabsichtigte, einem Naturmass
auf. Von dem Zeitpunkt an, in dem als
Grundeinheit die Länge des Quadranten eines
Erdmeridians in Vorschlag gebracht und
gesetzlich sanktioniert war, ist die Geschichte
des metrischen Systems zugleich eine solche
der gesamten Erdmessung. Ihr Verlauf ist
daher auch in diesem Sinne von grossem Inter-
esse; knüpfen doch bis auf den heutigen Tag
eine Anzahl geodätische Untersuchungen an
diese Vorarbeiten an. Erst durch sie gelangten
wir im Laufe der Zeit zu der Kenntnis der
Gestalt der Erde in ausgedehntem Masse.
Nachdem der Verfasser im i. Kapitel noch
die Normalien der alten französischen Masse
und ihre Bewahrung besprochen, giebt er dort
noch eine kurze Uebersicht darüber, inwieweit
sich auch die Regierung mit der einheitiichen
Ordnung von Mass und Gewicht befasste. —
Das zweite Kapitel ist der definitiven Einführung
durch die Assembl^e Constituante gewidmet und
bringt die wichtigsten Aktenstücke meist in
authentischer Form.
Zunächst wurde auf Grund der vorhandenen
Messungen ein vorläufiges Prototyp des Meters
geschaffen (Kap. III) und eine Kommission mit
dessen Verwertung und Aufbewahrung betraut,
bis eine definitive Bestimmung erfolgt sei
(Kap. VI). Die Arbeiten dieser Kommission
wurden aber wegen des langsamen Fortschreitens
der Triangulation unterbrochen und einstweilen
durch Dekret vom i. August 1793 das pro-
visorische Meter als definitiv gültig angenommen.
— Durch das Gesetz vom 18. Germinal des
Jahres III (7. April 1795) wurden die Arbeiten
wieder aufgenommen und feste Bestimmungen
bezügl. des zu schaffenden Normalmeters ge-
troffen; da diese von grosser geschichtlicher
Bedeutung, möchte sich Referent gestatten, die
Artikel dieses Gesetzes hier im Auszug wört-
lich wiederzugeben: II n'y aura qu'un seul etalon
des poids et mesures pour toute la R^publique :
ce sera une r^gle de platine sur laquelle sera
trace le m^tre qui a ete adopte pour l'unite
fondamentale de tout le Systeme des mesures.
Cet Etalon sera ex^cut^ avec la plus grand
pr^cision d'apr^s les exp^riences et les observa-
tions des commissaires charges de sa determi-
nation
In Artikel 5 heisst es dann zur Erläuterung:
„Metre, la mesure de longueur egal ä la dix-
millionieme partie de Tarc de meridien ter-
restre compris entre le pole bor^al et requateur"-
Das Kap. VII beschäftigt sich mit der No-
menklatur des metrischen Systems, während die
nächsten Kapitel rein geodätischen Bestimmungen
gewidmet sind, die sich auf Vorschriften für die
Vermessungsarbeiten beziehen. Aber auch die
Festsetzung des provisorischen Meters ist darin
gegeben, es soll 0,5 1 3 243 Toisen (P^rou) = 3 Fuss
11,44 Linien sein, bei einer Temperatur der
Toise von I3^R. — Die Länge des Sekunden-
pendels wird in Kap. X und das Prototyp der
Gewichte in Kap. XI behandelt.
Die Kapitel XII bis XV entiialten die Be-
richte über die geodätischen Messungen in
Frankreich und deren Fortsetzung bis Barcelona,
während die nächsten Kapitel die Aktenstücke
bringen, welche sich auf die Festsetzung des
„M^tre definitif ' beziehen und die Anweisungen
für dessen Herstellung enthalten. Im Kap. XIX
ist das Gesetz vom 19. Frimaire des Jahres VIII
gegeben, welches die Länge des definitiven
Meters auf 3 Fuss 11,296 Linien der „Toise des
Pörou" festsetzt, und dasjenige, welches die Sorge
der Erhaltung der neugeschaffenen Prototype
dem Observatorium zu Paris überweist^ — Eine
interessante Beigabe ist die Abbildung der auf
dieses denkwürdige Ereignis geprägten Medaille.
Auf der Vorderseite trägt sie die stolze In-
schrift: „A tous les temps, ä tous les peuples";
ein frommer Wunsch, der leider bis heute noch
nicht ganz in Erfüllung gegangen ist.
In den ersten 6 Decennien des vergangenen
Jahrhunderts ist im wesentiichen ein Fortschritt in
der weiteren Verbreitung des Einheitssystems
für Mass und Gewicht nicht zu verzeichnen und
demgemäss beschäftigen sich auch die betr.
Kapitel des Bigourdan sehen Werkes nur mit
der Verwaltung und dem Ausbau dieses Systems
in Frankreich. Erst im Jahre 1869 tritt eine
grössere Anzahl von Staaten der Einführung
des metrischen Systems näher. Im Kap. XXV
bringt der Verfasser die darauf bezüglichen
Aktenstücke bei und berichtet über den Ver-
lauf der Sitzung vom S.August 1870, zu welcher
die Vertreter von 24 Staaten eingeladen waren. *)
Der grösste Teil dieser Staaten nahm das
metrische System für Mass und Gewicht an
und bald darauf wurde in dem heute mit er-
weiterten Vollmachten noch bestehenden „Bureau
international des poids et mesures" eine Be-
hörde geschaffen, welcher die Aufgabe zufällt,
in allen Fragen des genauen Messens und
Wagens die oberste Entscheidung zu. treffen
und alle diejenigen Arbeiten auszuführen, welche
in irgend einer Beziehung zu metrologischen
Fragen stehen. Die Arbeiten dieses Bureaus
bis zum Jahre 1900 erörtert Bigourdan in den
folgenden Kapiteln. Es können vorstehende
Zeilen natürlich nur in kurzen Zügen den reichen
i) Wegen des inzwischen ausgebrochenen Krieges fehlten
die Abgeordneten von Preussen, Bayern und Württemberg in
dieser wenige Tage nach der Schlacht von Wörth statt-
gehabten Versammlung.
Physikalische Zeitschrift. J.Jahrgang. No. 21.
511
Inhalt des Werkes charakterisieren, sie mögen
aber darauf hinweisen, wo man im gegebenen
Falle die einschlägige Litteratiir in vorzüg-
licher Zusammenstellung finden kann. Eine
Reihe von Skizzen und besonders einige
Porträts eifriger und erfolgreicher Förderer der
Bestrebungen, ein einheitliches Mass (wenn auch
nicht das einst erhoffte Naturmass) zu schaffen,
vervollständigt die äussere Ausstattung des
interessanten Werkes. L. Ambronn.
(Eingegangen i6. März 1902.]
Ch. Ed. Guillaume, La Convention dumfetreetle
bureau international des poids et mesures. —
VIIii.238S.4^Paris,Gauthiers-Villars. 1902.
Eine höchst schätzenswerte Ergänzung des
Werkes von Bigourdan (siehe vorstehende Be-
sprechung) bildet der vorliegende starke Quart-
band, in welchem der Verfasser die grundlegenden
Untersuchungen zwecks Schaffung der Prototype
des metrischen Systems eingehend beschreibt.
Tritt bei Bigourdan in erster Linie die ge-
schichtliche Entwicklung des Einheitssystems
in den Vordergrund, so führt uns Guillaume
durch die Räume des „Pavillons von Breteuil",
dem Heim des internationalen Bureaus zur Ver-
waltung des Metersystems, und zeigt mit streng
wissenschaftlicher Darlegung, mit welchem Auf-
wand von feinster Messkunst und physikalischen
Kenntnissen vorgegangen werden muss, um für
alle vorkommenden Fragen die Normalien für
Physik und Geodäsie zu liefern und zu sichern.
Nachdem der Verf. in einer kurzen Einleitung
auf die geschichtlichen Daten Bezug genommen
hat, geht er zu den durch die Konferenzen von
1867, 1870 und 72 festgesetzten Normalsystem
über. Zunächst werden die Studien über die beste
Form und das Material für die Längenmasse
besprochen. Er zeigt, dass ein X-formiger Quer-
schnitt des Normalmasses der zweckmässigste ist.
In dem Kapitel III werden die Einrichtungen
der Laboratorien zu Breteuil kurz beschrieben
und namentlich die Vorkehrungen, die zur
Schaffung von Räumen mit konstanter Tempe-
ratur getroffen wurden.
Das Kapitel IV ist der wichtigsten Frage,
nämlich der der Temperaturmessung, gewidmet.
In ausführlicher Weise werden die verschie-
denen Methoden der Untersuchung der Thermo-
meter besprochen und besonders eingehend
deren einzelne Formen und Füllungen gegen-
seitig erwogen. Der Bestimmung der Funda-
mentalpunkte wird in Breteuil die eingehendste
Sorgfalt gewidmet und es ist sehr interessant,
unterstützt durch gute bildliche Darstellung, diese
Arbeiten genau kennen zu lernen. — Besondere
Diagramme zeigen den Verlauf der Thermometer-
angaben sowohl bei Anwendung verschiedener
Glasarten als auch mit Bezug auf deren Füllung
bezogen auf das WasserstofRhermometer. —
An die Fragen der Thermometrie schliesst sich
die der Schaffung eines Normalbarometers. Es
treten hierbei erhebliche Schwierigkeiten hervor,
sobald es sich um die äusserste Genauigkeit
handelt und nur bei ziemlich komplizierter An-
ordnung der den Luftdruck messenden Teile
kann die wünschenswerte Präzision erlangt wer-
den; die Abbildung des Normalbarometers des
Bureaus (auf Seite 57) giebt ein lebhaftes Bild
des Gesagten.
In Kapitel V beschreibt Verf. die Vorkeh-
rungen, welche zur Massvergleichung nötig sind,
wenn es sich um die Genauigkeit von Bruch-
teilen der Wellenlängen des Lichtes handelt.
Zugleich mit der Beschreibung der verschiede-
nen Komparatoren (Brunner, Soci^t^ genevois.
Starke & Kamerer u. s. w.) werden die Vorzüge
der Massstäbe mit Strichbezeichnung gegen die-
jenigen der sogen. Endmassstäbe erläutert. Es
hatte gewisse Schwierigkeiten geboten, diejenigen
der letzteren Art zu sehr genauen Vergleichungen
zu benutzen; seit aber in der Anwendung der
Phänomene der Interferenz ein vorzügliches Mittel
auch für solche Zwecke gefunden wurde, scheint
dieser Nachteil der Endmassstäbe nicht mehr
zu bestehen, wie namentlich Hartmann gezeigt
hat. — Auch in diesem Kapitel wird der Text
durch höchst instruktive Figuren wirksamst er-
gänzt. Die Resultate der in diesem Kapitel be-
schriebenen Arbeiten bringt sodann der nächste
Abschnitt. Als interessant mag daraus mitge-
teilt werden, dass das an Deutschland abgegebene
Meter-Etalon die folgende „Gleichung ' besitzt
Et, No. 18= i°* — 1 ,0 /t^ +8,642 fi ' t +o,cx) loopifi-,
während das internationale gleich ist:
J/= i°* + 8,65 HL't-\- o,cx) 100 flt^.
Beide bestehen aus einer reinen Legierung von
sehr nahe 9 Teilen Platin auf einen Teil Iridium.
Die auf Grund der Vergleichungen anzu-
nehmende Sicherheit wird für das Längenmass
selbst zu -+■ 0,04 fi und die des Koeff. der Tem-
peratur zu etwa -I- 0,1 angegeben. Für die in
Deutschland vielfach zu geodätischen Messungen
benutzte Toisen von Bessel und No. 9 hat Be-
noit gefunden:
Toise Bessel =1". 949061
Ausdehnungkoef. 0,00001 160
Toise No. 9=1. 949067
Ausdehnungskoef. 0,00001 106
Nachdem der Verf. noch weiter auf die Kon-
struktion und die Vergleichung anderer Basis-
messapparate eingegangen ist, bringt er im fol-
genden Kapitel VII die besonders für die
Physik wichtigen Untersuchungen betreffs der
Massenbestimmung und die dazu nötigen Appa-
rate, der Wagen in ihrer verschiedensten Gestalt.
Einige der feinsten und vollkommensten Wagen
werden durch Darstellungen erläutert (Ruprecht,
Bunge u. s. w.) Alle diese Untersuchungen
512
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 21.
haben die Herstellung eines Kilogrammprototyps
zum Zweck und auch hier dürfte wieder die
Gleichung der deutschen Kopie des Kilogr. In-
ternat, vom Interesse sein, sie lautet:
1889. No. 22 = i*'« + 0,053 mg bei einer Dichte
von 21,5504.
(Eine Neubestimmung im Jahre 1900 weicht da-
von nur um — 0,016 mg ab, was noch in die
Grenze der Unsicherheit fällt).
Innig mit diesen Untersuchungen ist diejenige
der Bestimmung der Ausdehnungskoeff. ver-
schiedener Metalle und deren Legierungen, vor
allem des des Wassers verknüpft. Eine Tabelle
giebt die älteren, sowie auch die neueren Re-
sultate ftir die Dichtigkeit des Wassers bei ver-
schiedenen Temperaturen. Es dürfte von Inter-
esse sein, auch hier einige dieser Reihen an-
zuführen:
1805 183 1 1884 1897 1900
Temp.HallströmStampferMarekChappuisThiesen
o^ 0,999900 887 864 867 868
4 1,000000 000 000 000 000
5 0,999994 989 993 992 992
10 0,999783 716 731 727 727
15 0,999270 104 132 128 126
20 0,998464 189 248 233 230
25 0,997372 009 — 073 071
30 0,995— - - 675 673
35 Oi994 — - — 062 058
40 0,992 — — — 247 241
Eine kurze Studie über den Brechungskoeff. der
Luft beschliesst dieses Kapitel.
Ausser den namhaft gemachten notwendigen
Arbeiten des Bureaus zu Breteuil, sind aber dort
auch noch einige andere Untersuchungen weit-
gehender Bedeutung ausgeführt worden, dahin
gehörte vor allem die Bestimmung der Länge
des einfachen Sekundenpendels resp. des Wertes
von g (gefunden zu ^ = 980,99 1 *^") und dessen
Variation mit der Höhe über dem Meere. In der
Art der Festsetzung des heutigen Meterproto-
types liegt insofern eine prinzipielle Gefahr, als
mit demselben kein Naturmass gewonnen ist,
sondern doch nur eine konventionelle Einheit,
deren Sicherung von der Erhaltung der in Frage
kommenden Normalien abhängt. Dem schon in
den ersten Vorschlägen enthaltenen Wunsch
nach einem Naturmass kann nur dann Rechnung
jjetragen werden, wenn das heutige Meterproto-
typ auf ein solches bezogen wird. Eine Reihe
solcher Arbeiten sind schon angegeben worden
und darunter auch die, welche Michelson in
den letzten Jahren in Breteuil ausgeführt hat,
nämlich die Vergleichung des Meters mit der
Wellenlänge bestimmter Strahlen des Lichtes.
Es kann hier nicht auf die Einzelheiten dieser
Arbeit eingegangen werden, jedenfalls aber sind
die Mitteilungen, welche Verf. darüber macht,
sowohl wissenschaftlich als auch technisch von
grossem Interesse. Zur Messung wurden die
Kadmiumlinien verwandt und als Resultat be-
zogen auf den EtalonNo. IX. erhielt Michelson:
Rote Linie: i "= i 553 163,5 ^* f
Grüne „ =1966249,7,, ,
Blaue „ =2083372,1 „ ,
Zwei weitere Arbeiten beziehen sich auf die
Masse eines Kubikdecimeters Wasser bei 4^ C,
ftir welche gefunden wurde 0,999955 kg, und
auf die Festlegung eines gesetzlichen Normals
fiir das Ohm und die damit im engsten Zu-
sammenhang stehende Widerstandsbestimmung
des Quecksilbers. — Dem Buche hat Verf. noch
einen Anhang angeftigt, in dem die authentischen
Bestimmungen imd Resolutionen der Meterkon-
vention, die Publikationen des internationalen
Bureaus, Notizen über die einzelnen Bestimmungen
von Wellenlängen und solche über die dritte all-
gemeine Konferenz fiir Mass und Gewicht zu Paris
im Oktober 1901 gegeben sind.
L. Ambronn.
(Eing^fangeQ 16. März 1902.)
Eingegangene Schriften.
(Singehende Besprechung vorbehalten.)
Qraetz, Ii., Compendiam der Physik. Dritte Terbesseite und
▼ermehrte Auflage. Mit 275 Abbfldnngeii. gr. 8. DC a.
479 S. 1902. Wien, Franz Deuticke. M. 8. — (Kr. 9.60).
Jahrbuch der Astronomie und Qeophyaik von Her-
maDO D. Klein. XIL Jahrgang. 1901. Leipzig, Eduard
Heinrich Mayer. M. 7. — .
Peraonalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Pachgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung su machen.)
Der Privatdozent Dr. Gadamer in Marburg wnrde an
Stelle des in den Ruhestand tretenden Direktors der pharma-
zeutischen Anstalt der Universitit Breslau zum ordentlichen
Professor» der Gymnasialprofessor Dr. Adolf Schmidt in
Gotha zum Direktor des königl. erdmagnetischen Instituts in
Potsdam, der o. Professor an der bömischen technischen
Hochschule in Brttnn Dr. Franz Kolatschek zum o. Pro-
fessor der mathematischen Physik an der böhmischen Uni-
versität in Prag und der Privatdozent Dr. Michael Rada-
kovic zum a. o. Professor der Physik an der Universitit
Innsbruck ernannt.
In der philosophischen Fakultät der Universität Marburg
habilitierte sich der Assistent am Physikalischen Institut Dr.
F. A. Schulz mit einer Antrittsvorlesung Aber „unsichtbare
Bewegungen kleinster Teilchen zur Elrkläung physikalischer
Erscheinungen**, in der philosophischen Fakultät der Universi-
tät Leipzig Dr. phil. Rothmund Hlr Chemie.
Dem Observator am Astrophysikalischen Observatorium
bei Potsdam Dr. Johannes Hartmann ist das Prädikat ,yPro-
fessor** beigelegt worden.
Der ordenüiche Professor der Mathematik in Halle,
Georg Cantor, zog sein Pensionierungsgesuch zurück.
Der Professor der Chemie an der Bergakademie Frd-
berg Geh. Rat Dr. phiL Q. Winkler tritt Ende August in
den Ruhestand.
Der seit 1894 am Observatorium in Pnlkowa angestellte
Astronom Alexander Kowalski ist im Alter von 44 Jahren
in Petersburg gestorben.
Ffir die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöttingcn. ~ Verlag von S. Hirzel in Ldpaig.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. 22.
Originalmlttellungeii:
J. J. T. Chabot, Über die Antifrik-
tionslagerung und über ein Dyna-
mometer fUr kleine Kräfte. S. 513.
J. P r e c h t , Brenn weitenbestimmung
bei photographischen Systemen.
S. 515.
E. Rutherford, Sehr durchdringende
Strahlen von radioaktiven Substanzen.
s. 517.
Ch. Ries, Elektrizitätserzeugung in
Pflanzen. S. 520.
W. Caspari, Beobachtungen über
Elektrizitätszerstreuung in verschie*
denen Bergeshöhen. S. 521.
15. August 1902.
Redakttonsschluss für No. 23 am ao. August 1909.
INHALT.
Mitteilungen aus dem physikalisch-
mechanischen Institute von Professor
Dr. Edelmann:
No. 2: M. Edelmann, Neukon-
struktionen objektiver Ablesevor-
richtungen. S. 525.
Referate:
E. Ruhm er, Über die auf der Aus-
stellung elektrotechnischer Neuhei-
ten in Berlin ausgestellten Apparate.
S. 528.
G. Marconi, Die Fortschritte der
drahtlosen Telegraphie. S. 532.
3. Jahrgang.
Besprechungen:
H. C. Jones, Die Elemente der phy-
sikalischen Chemie. S. 534.
II. G eitel, Über die Anwendung der
Lehre von den Gasionen auf die Er-
scheinungen der atmosphärischen
Elektrizität. S. 535.
Die französische Industrie der Präzi-
sionsinstrumente. S. 535>
Natur und Schule. S. 535.
L, Dressel, Elementares Lehrbuch
der Physik. S. 536.
Eingegangene Schriften. S. 536.
Personallen. S. 536.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Ober die Antifriktionslagerung und über ein
Dynamometer für kleine Kräfte.
Von J. J. Taudin Chabot.
Jeder physikalische Apparat, der als Behälter
gewissermassen von kinetischer Energie beweg-
liche Organe zeigt, besitzt in den Lagerungen
dieser Organe ebensoviele Lecks, durch welche
ein Teil der cirkulierenden Energie unaufhaltsam
entweicht, schliesslich ganz entweicht, wenn
der „Behälter* keinen äquivalenten Zufluss
hat. Zwar erscheint — um das Bild noch
einen Augenblick weiter zu fuhren — die
ganze Gefasswand permeabel, d. h. es wird
„Reibungswärme" entwickelt, auch ausserhalb
der Lager, nämlich im angrenzenden gasförmig
oder tropfbar flüssigen Medium (das seiner-
seits, nach dem Archimed esschen Prinzip,
ebenfalls noch als Lager wirkt), allein, der Haupt-
verlust geht meistens über jenen erst bezeich-
neten Weg durch die Lager (im engeren, ge-
wöhnlichen Sinne) von statten. Allseitige Über-
legung der Konstruktion darum verlangt, dass
zunächst diese hauptsächlichsten Lecks nach
Möglichkeit gedichtet, die in der Zeiteinheit
zerstreuten Energiemengen möglichst gering
seien; vollkommene Dichtung jedoch giebt es
hier nicht, ebensowenig wie impermeable Wände,
ob in der Molekularwelt, bleibe dahingestellt.
Eine sehr zweckmässige Anordnung bedeutet
nun das sogenannte Antifriktionslager. Bei leich-
teren technisch-mechanischen Konstruktionen, wie
Fahrrad, Schreibmaschine u. s. w. — vielfach in
der Spezialform des Kugellagers — , schon recht
verbreitet, neuerdings auch für schwerere Kon-
struktionen versucht und in Vorschlag gebracht'),
bedient sich seiner der Physiker bisher in, auf-
fallenderweise, nur seltenen, allerdings aber
i) Stribeck, Kugellager für beliebige Belastungen.
Z. d. Vereins deutscher Ii\genieure 46, 73, 118, 1901.
klassischen Fällen. Man findet es an der At-
wo od sehen Fallmaschine, nämlich als Rollen-
lager, sowie bei einem Dispositiv zur Bestim-
mung des mechanischen Wärmeäquivalents, beide
Male zur Acbsenlagerung jener Scheiben, über
welche die mit dem Gewicht belastete Schnur
abläuft.^) Diese Drehachsen erstrecken sich
horizontal.
Bei vertikaler Orientierung trat das Bedürfnis,
der Lagerkonstruktion besondere Aufmerksam-
keit zu widmen, weniger hervor, insofern hier
die sich sozusagen von selbst ergebende Spitzen-
lagerung mit vollem Nutzen verwendet werden
konnte, — ja es scheint fast als ob, wo die verti-
kale oder horizontale Lage der Drehachse ganz
nebensächlich war, man die erste vorgezogen
hat, um dann eben aus dem Grunde, eine
Spitzenlagerung mit geringster Reibungshem-
mung zu ermöglichen. Dass aber auch diese noch
nicht immer den Anforderungen genügt, be-
weisen die Konstruktionen von Ampere'^),
Faraday^), und von Krämer^), welche die
Fusslager der vertikalen Achsen ihrer elektro-
magnetischen Rotationsapparate durch einen
vertikalen Auftrieb in Quecksilber entlasteten^),
nach jenem ebenso im Fluidkompass, — wo das
System der Magnetnadeln in Alkohol schwimmt,
1) Zur Lagerung des in meiner Mitteilung über eine
neue Fallmaschine (vgl. diese Z. 3, 489« 1902] vorkommenden
Systems der zwei Massenscheiben bediente ich mich zweier
Kugellager (vgl. Fig. 2, 1. c).
2) Ampere, Recueil d'Observations, p. 177, Lettre a
M. van Beck 1821.
3) Farad ay, Experimental Researches, Vol. II, p. I27s(i(].
1S21.
4) v. Krämer, Pogg. Ann. 43, 304, 1838.
5) Ampere und Faraday verwendeten zwar das //;;
schon als integrierenden Teil der Gesamtanordnung, indem es
sowohl elektrodynamisch, wie als Übergangskontakt für den
Strom wirksam war, ohne seine Qualität als lagerentlastendes
Mittel zu betonen, immerhin aber gehört diese letzte Funktion
zu den Momenten, welche einen Betrieb von in etwas grösseren
Dimensionen gehaltenen Apparaten wesentlich erleichtern.
514
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
— verwerteten Prinzip, dessen umfangreichste
Anwendung der letzten Zeit die Lagerung eines
Foucault sehen Siderostats (in Verbindung mit
einem festen Horizontalfernrohr) von Gautier')
darstellen dürfte. —
Zweierlei Antifriktionslagerung lässt sich
unterscheiden: Rollen-, bezw. Kugellagerung und
Lagerung nach dem Archimed esschen Prinzip.
Während zum Bau des Antifriktionslagers
nach dem Archimedesschen Prinzip die Aus-
fuhrung eines nach Wahl der Flüssigkeit richtig be-
messenen Schwimmers, — einteilig <ür vertikale,
zweiteilig für horizontale Achsen, — im allge-
meinen genügt, verlangt das Rollenlager, in der
Spezialform des Kugellagers, zu seiner Zusam-
menstellung die Behandlung von etwas kom-
plizierteren Verhältnissen, welche nun hier näher
erörtert sein mögen. Dieselben betreffen die
Bestimmung von Material, Grösse, Anzahl und
Anordnung der Kugeln, dem sich die Gestaltung
der Lagerschalen, bezw. der Laufflächen fiir
die Kugeln anschliesst. Als Material bleibt nur
dort Stahl ausser Betracht, wo magnetische Ein-
flüsse auf das Lager, oder seitens desselben, zu
befurchten und gänzlich abzuschneiden sind;
man wählt dann eine Bronze, vielleicht auch
Glas^). Die weiteren Details, Grösse, Anzahl
und Anordnung der Kugeln festzulegen, gelten
für das Lager eines physikalischen Apparates
diese Bedingungen: Gegen die Masse des zu
lagernden materiellen Systems soll die Gesamt-
masse der Kugeln verschwindend klein sein ; —
innerhalb der so gegebenen Grenze soll der
Durchmesser der einzelnen Kugeln möglichst
gross — der Durchmesser des Kugelkranzes
möglichst klein sein. Erster und zweiter Satz
gemeinsam bedingen, dass je grösser der Durch-
messer (f, desto kleiner, im allgemeinen, die An-
zahl // der Kugeln sein wird; die Berücksich-
tigung des dritten Satzes kann es unter Umständen
günstig erscheinen lassen, die //-Kugeln auf
mehrere Kreise zu verteilen, deren Durchmesser
dann kleiner ausfallen, als der Durchmesser des
einzelnen Kugelkranzes wäre, der innen
und aussen
D = ö
stn
180
+ I
n
betragen muss. Was die Gestaltung der Lager-
schalen betrifft, gilt im Grunde nur der eine
Satz, dass möglichst ausschliesslich rollende,
keine schleifende Reibung der Kugeln statt-
finden soll, — eine Bedingung, der es schwer
ist zu genügen, abgesehen noch davon, dass
zwischen zwei in einem Lager sich berührenden
Kugeln, mögen sie gleicher oder ungleicher
Grösse sein, stets schleifende Reibung bestehen
wird.
Lässt, infolge seiner grösseren Kompliziert-
heit, das Kugellager offenbar mannigfaltige
Variationen der Ausführung zu, so besitzen
doch jeweils nur wenige von diesen einen wirk-
lichen Wert. Die Zweckmässigkeit der An-
wendung überhaupt bei einem physikalischen
Apparat soll immer vor allem erwogen werden,
dann aber auch die Qualität des jeweiligen
Lagers geprüft, damit, wenn man in einem be-
stimmten Falle das verfügbare Drehmoment
kennt bezw. errechnen kann, gleichzeitig be-
kannt sei, ob der fertige Apparat funktionieren,
d. h. in Rotation treten, wird. Hier giebt es
nur einen zuverlässigen Weg: den Anlaufs-
widerstand des zunächst allein konstruierten
Lagers bei einer Belastung gleich der in Aus-
sicht genommenen zu messen, mit einem Instru-
ment, das bei einer Empfindlichkeit, wie sie
den in Frage kommenden kleinen Kräften ent-
spricht, bezw. bei einem leicht zu variierenden
Messbereich, hinlänglich genaue Angaben macht.
Diesen Anforderungen nunmehr genügt in
sehr einfacher Weise die nachfolgend beschrie-
bene, als Dynamometer verwendbare Anordnung:
Ein Pendel, dessen Gesamtmasse in dem
an einem Kokonfaden aufgehängten Gewicht P
konzentriert gedacht werden darf, ist ablenkbar
an einer in Graden geteilten Skala 6. Das
zuvor genau — beispielsweise in horizontaler
d=d
180
— I
SIH
n
1) Vgl. Flammarion, L'astronomie en 1900. Es kamen
60 l Ilg zur Verwendung.
2) Bei Verwendung von Glaskugeln gewinnt man zu-
gleich ein gutes Isolierlager. Es wurden mir solche Kugeln
:inijcboten, doch habe ich sie bisher nicht bezogen, kann
mithin über die Genauigkeit der Form nicht urteilen.
Bei Metallkugeln differieren sowohl die Durchmesser einer
selben Kugel wie die Kugeln einer selben Sorte unter sich
um kleine Beträge. Damit dürfte es zusammenhängen, dass
wenn ein Metallkugellager, in einen elektrischen Stromkreis
eingeschaltet, rotiert, manchmal ein «[uietschendes Geräusch
sich vernehmen lässt: der Übergang kleiner Funken würde es
verursachen.
D
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
S15
Ebene — orientierte Kugellager wird beschwert
und mit einem normal zur — sodann vertikalen
— Drehachse sich (radial) erstreckenden Hebel-
arm versehen, an welchem in der Entfernung r
das Gewicht P lose anliegt. Wird nun der
Aufhängepunkt des Kokonfadens darüber in
horizontaler Bahn tangential fortbewegt, während
das Gewicht hinter dem Hebelarm zurückbleibt,
so erfährt der Aufhängefaden eine Ablenkung,
welche stetig wächst, bis die Drehung der vom
Kugellager getragenen Masse eintritt: einer Ab-
lenkung « des Pendels in diesem Augenblick
entspricht die zum Überwinden des Anlauf-
widerstandes erforderiiche Kraft
rP
F = rP sin a cos a = stti 2 a .
Durch Änderung des Gewichts P variiert man
den Messbereich oder auch die Empfindlich-
keit des Instruments.
BeiVerwendungeines Kugellagers (y= 7,95mm,
;/ = 8 und einem Pendelgewicht ^^ = 20 g fand
ich auf diesem Wege für eine gelagerte Masse
J/= 2750 g bei einem Hebelarm r= 18 cm
den Ablenkungswinkel « = 2^, mithin die Kraft
j. /18 X 20 . \ ^
t =\^ ^ sin 2' 2jg= 12,564 g,
und für eine gelagerte Masse M[ = 9000 g bei
einem Hebelarm ri = 36 cm den Ablenkungs-
winkel «, = 3^30', sonach die Kraft
A =y' ^ stn 2 . 3,5 j g = 43,884 g.
Wäre nun etwa ein erdmagnetischer Rotations-
apparat zu konstruieren, dessen horizontal ge-
lagerter Elektromagnet mit einem runden Kern
von 60 cm Länge und 3 cm Durchmesser
Mf^ = 3300 g Eisengewicht aufweisend, eine
Aluminiumbewicklung J/^/=i500 g^) erfor-
dert, damit das Maximum der Magnetisierung
;// = 212, • • • • j|//> = 7 • lo"^ cm"/« g'« sec~^ ^^) er-
reicht werde, so ergäbe sich, nachdem bei der
Horizontalintensität //cm~''« g!'« sec"* hier ein
Drehmoment Z? = ( j.- « ) Z^^" T^^ ^^ ^ vorhan-
i) Aus Arbeiten von Waltenhofens (Wied. Ann. 27,
630, 1886, und 32, 133. 1887) habe ich eine Formel ab-
geleitet, die für einen Eisencylinder, Länge / cm, Durchmesser
d cm, das Gewicht des auf den Cylinder und in gleicher
Länge wie dieser anzubringenden Solenoids aus rundem
Aluminiumdraht angiebt, welches dem Eisencylinder das
Maximum der temporären Magnetisierung mittels des elek-
trischen Stromes zu erteilen gestattet. Die Formel schreibt
, sich Pai == — 2-Ö2 y^^? V^^ + 106) g, wenn c = , und ^ =
Stromstärke in Ampere pro mm2 Querschnitt des Aluminium-
Iciters. Stellt man, während, wie im vorliegenden Falle,
60
ff = = 20, ^ = 1 ,5, so resultiert Pai - d{\2(id-\- 100) g,
woraus, unter Hinzurechnung eines mittleren Gewichts der
Seideisolation stark 0,025 ™™» ^^^ oben mitgeteilte Gewicht
der Aluminiumbewicklung hervorging.
2) Der spezifische Magnetismus für Eisen (das Maximal -
moment eines Grammes Substanz) beträgt höchstens 212,5.
den wäre, dass, wenn man auf Grund der vor-
genommenen Versuche mit Massen J/= 2750 g
und M\ = 9000 g für die gegenwärtige Masse,
J/; , = (3300 + 1 500) g = 4800 g, getragen vom
selben Kugellager, die höchstens benötigte Dreh-
kraft auf />, = 25 g veranschlagen darf, eine Hori-
zontalintensität //= |j =0,035 cm~''«g''*sec~*
genügt, um die Drehung des normal zur erd-
magnetischen Ortsebene orientierten Elektro-
magnets eben noch einzuleiten, dass mithin
überall dort, wo die Horizontalintensität jenen
Wert übersteigt, eine Rotation des in beschrie-
bener Weise gebauten Apparats mit Sicherheit
zu erwarten steht, wenn kommutierter Gleich-
strom oder Wechselstrom passender Frequenz
das Aluminiumsolenoid durchfliesst.
Zeigt dieses Beispiel, dass Rollenlagerung,
wie sie schon die anfangs erwähnten beiden
Apparate mit horizontalen Drehachsen besitzen,
gleichfalls für vertikale Achsen vorteilhaft an-
gewendet werden kann, so dürfte gegenwärtige
Mitteilung vielleicht dazu beitragen, dieses Ele-
ment bei der Konstruktion von physikalischen
Apparaten künftighin mehr Beachtung finden
zu lassen als bisher, so dass auch Apparate in
grösseren Dimensionen von, unter Umständen,
überzeugenderer Wirkung erstehen werden, wo
sie wünschenswert erscheinen.
Degerloch (Wttbg.), 10. Juli 1902.
(Hingegangen 14. Juli 1902.)
Brennweitenbestimmung bei photog^aphischen
Systemen.
Von J. Precht.
Bei den symmetrischen Doppelobjektiven,
die sich gegenwärtig einer so grossen Verbrei-
tung erfreuen, tritt sehr häufig die Aufgabe auf,
die Brennweite der Kombination und der Einzel-
linse mit einer Genauigkeit von etwa '/a bis
Vi Proz. zu kennen. Verlangt man, dass die
anzuwendende Methode bei dieser für alle prak-
tischen Zwecke ausreichenden Genauigkeit nur
solche Ansprüche stellt, die der Gebrauch des
photographischen Apparats ohnehin mit sich
bringt, so scheiden die am meisten üblichen
Methoden von selbst aus. Abgesehen von dem
sinnreichen Ab besehen Fokometer wird wohl
am häufigsten die Bestimmung der Differenz
der Einstellung auf Unendlich und auf Minimum
des Abstandes von Objekt und Bild benutzt.
Letzteres Verfahren verlangt indessen, selbst
wenn man aut das auf Unendlich eingestellte
Fernrohr und damit auf einen beträchtlichen
Teil der erreichbaren Genauigkeit verzichten
will, eine Kamera, bei der Vorderwand und
5i6
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
Visierrahmen durch Trieb beweglich sind. Der-
artige Apparate stehen meist nicht zur Ver-
fügung, und daher empfiehlt sich das folgende
Verfahren, das ausser dem gewöhnlichen photo-
graphischen Apparat im wesentlichen nur eine
kurze auf Glas geteilte Millimeterskala erfordert.
Aus der bekannten Abbildungsgleichung
y = -^ = Z
in der die Vergrösserung v (Verhältnis der
Bildgrösse zur Objektgrösse), x' den Abstand
des Bildes vom bildseitigen, x den des Objekts
vom objektseitigen Brennpunkt bedeutet, folgt
für zwei durch x^ ' und x^^ bestimmte Bildebenen
die Vergrösserung
(i)
V\
/'
V-i
'2
(2)
oder
/(v'i — r, ) == ^2' — -^'i ' = ^•
Daraus ergiebt sich die Brennweite
y , . . . .
wobei e die Verschiebung der Mattscheibe von
der einen zur anderen Einstellung bedeutet.
Hier wird also die mit dem photographischen
Apparat leicht auszuführende Ermittlung des
Bildortes für zwei Vergrösserungen benutzt.
Die im Prinzip längst bekannte Methode *) hat
für den oben angedeuteten Zweck den Vorteil,
dass die Fehler der Vergrösserungsbestimmung
nicht von grossem Einfluss auf das Resultat
sind. Das allein ermöglicht die Ausführung der
Methode mit einfachen Mitteln. Die aus (i)
ebenso unmittelbar folgende Beziehung
/=^. ''^'^^ .... (3)
[E = Objekt Verschiebung) schliesst dagegen
die Anwendung einfacher Hilfsmittel, wie schon
die Formel erkennen lässt, direkt aus, während
sie in der wohldurchdachten Anordnung des
Fokometers den grossen Vorzug telecentrischen
Strahlenganges und der Unabhängigkeit von
der Auffassung eines Bildortes gewinnt.
Zur Verwirklichung des durch die Formel (2)
gegebenen Verfahrens bedarf man nur einer
Millimeterteilung auf Glas von etwa 10 cm Länge
und einer stark vergrössernden Einstelllupe, wie
sie für photographische Zwecke gebräuchlich
ist. Ich benutze eine aplanatische Lupe des
Steinheil sehen Typus von löfacher Ver-
grösserung. Man stellt bei voller Öffnung des
Systems das Bild des Massstabes auf der Mitte
der Mattscheibe eines photographischen Appa-
rates scharf ein, macht in gewöhnlicher Weise
i) Winkelmanns Handbuch d. Phys. 2, (i) 289, 1899.
eine Aufnahme des Bildes (6x9 Platte genügt)
und bezeichnet die zugehörige Stellung des
Visierscheibenrahmens durch einen in die Gleit-
schiene des Laufbodens eingeritzten feinen
Strich. Ebenso verfahrt man bei einer zweiten
Aufnahme mit anderer Vergrösserung. Der
Unterschied der beiden Marken, welche die
Stellungen des Visierrahmens bei den Auf-
nahmen bezeichnen, wird mit einem guten
Massstab bis auf Zehntel-Millimeter gemessen
= e. Die meist recht gute Teilung der käuf-
lichen Rechenschieber ist hierfür völlig aus-
reichend. Die Bestimmung der Vergrösserungen
z/j und v^ geschieht durch Auflegen des Glas-
massstabes auf die Schichtseite der fertigen
Negative. ,
Aus der Formel (2) ist ersichtlich, dass die
Brennweite um so genauer erhalten wird, je
grösser die Differenz der Vergrösse-
rungen und je grösser der absolute Wert
von Vi ist, doch giebt die praktische Aus-
führung hier sehr schnell die Grenzen. Ist näm-
lich V\ sehr klein, so macht die Ausmessung
des Negativs Schwierigkeiten; ist dagegen v^
sehr gross, so leidet die Genauigkeit der Ein-
stellung beträchtlich, ganz abgesehen von den
dann notwendigen sehr langen Kameraauszügen.
Der offenbare Mangel der Methode, dass sie
die genaue Festlegung des Bildortes verlangt,
bleibt indessen für dfe angestrebte Genauigkeit
praktisch ohne Belang, wenn man in die Matt-
scheibe, am besten etwas ausserhalb der Mitte,
ein etwa 10 mm grosses Loch bohrt und über
dieses aus Kokonfäden oder besser aus 0,02 mm
dickem Draht auf der matten Seite der Scheibe
ein Fadenkreuz spannt. Ein solches Loch ist
bei der genauen Einstellung sehr feiner oder
wenig beleuchteter Objekte ohnehin notwendig.
Man stellt die 16 fach vergrössernde Lupe auf
das Fadenkreuz ein und verschiebt die Matt-
scheibe, bis gleichzeitig das Bild vollkommen
scharf erscheint, was an der Abwesenheit von
Parallaxe noch genauer zu erkennen ist.
Da es sich in der überwiegenden Mehrzahl
der Fälle um die Bestimmung von Brennweiten
zwischen 9 und 35 cm handelt, sind die noch
verbleibenden EinstellungsdifTerenzen zu ver-
nachlässigen, wenn man die Vorsicht gebraucht,
Vi nicht grösser als etwa 1,5 zu wählen. Ande-
rerseits soll vx, um die Sicherheit der Ver-
grösserungsbestimmung nicht zu beeinträchtigen,
etwa zwischen ''4 und V2 liegen.
Werden diese Bedingungen festgehalten, so
übertrifft die Methode für photographische
Systeme an Einfachheit und Bequemlichkeit alle
anderen, vorausgesetzt, dass man sich mit der
angegebenen, für die meisten Zwecke ausreichen-
den Genauigkeit begnügen will. Natürlich
wachsen die Fehler mit der Grösse der Brenn-
weite, besonders wegen der Schwierigkeit der
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
Einstellung des Bildortes für i'j. Für/'= 27 cm
betrug die grösste Abweichung 0,4 Proz., so
dass eine Sicherheit von '/j Proz. gewährleistet
ist. Bei kleinen Brennweiten, bis 1 5 cm etwa,
ist ohne Schwierigkeit '/i Proz. zu erreichen.
Zur Erläuterung gebe ich ein Zahlenbeispiel:
I. CoJiit
/ .
Erste Aufnahme:
Bildmillimeter ^ 10 mm
42
= 20 „
«3
„
-30 „
daraus
", — 0,476.
Zweite
Aufnalime:
12,9
Bildmillimeter = 20 mm
■9.3
— 30 „
20,0
= 31 ..
31.0
„
-48 .,
daraus
"■1 = i.SSi
".555
i,5So
I.5S0
Mittel
"j— i,55iS-
Verschiebung
der Mattsclteibe
«• =
63,4 mm.
Daraus /= ' =151,0 mm.
1.0755 = '^
2. Collinear II, Nr. 3, Hinterlinse.
Erste Aufnahme:
33,2 Bildmillimeter^ lOmm und 3 analoge Werte.
Daraus i-i = 0,31 1.
Zweite Aufnahme:
IG Bildmillimeter = 12,3 mm
■.230
■S „ — 18,4 „
20 „ = 24,6 „
30 „ -36,8 „
40 „ —49,1 ,.
1,227
1,230
1,327
1,228
Mittel 7', =
1,228.
Verschiebung der Mattscheibe
<■ — 244.65 mm.
Daraus /•■_ =«'«5-, 66,8
mm.
0,917
Hannover, physikal. Institut der Techn.
Hochschule, 20. Juli 1902,
(liingegangun II. Juli 1902.1
Sehr durchdringende Strahlen von radioaktiven
Substanzen.
Von E. Rutherford.
Die permanent radioaktiven SubslanKen,
Uran, Thor und Radium senden zwei Arten
von Strahlen aus, von denen die eine leicht ab-
sorbiert und vom Magnetfelde nicht abgelenkt
wird, während die andere Art alle Körper viel
leichter durchdringt und vom Magnetfeld abge-
lenkt wird.
Villard') lenkte zuerst die Aufmerksamkeit
auf vom Radium ausgesandte Strahlen, welche
trotz ihres grossen Durchdringungsvermögens
vom Magnetfelde nicht abgelenkt wurden. Dies
Ergebnis wurde von Becquerel^) bestätigt.
Ich habe kürzlich alle radioaktiven Substanzen
hierauf hin nach der elektrischen Methode unter-
sucht und habe hierbei gefunden, dass Thor und
ebenso die durch Thor und Radium erregte Radio-
aktivität Strahlen von demselben Durchdrin-
gungsvermögen wie Radium aussenden. Uran
sendet im Vergleich zu Thor und Radium nur
wenig von dieser durchdringenden Strahlung aus.
Die Strahlen besitzen ein ausserordentlich
grosses Durchdringungsvermögen und gehen
ebenso leicht durch dicke Körper hindurch, wie
die von einer „harten" Röntgenröhre ausge-
sandten X-Strahlen.
Der lonisationsgrad, welchen diese Strahlen
hervorrufen, beträgt nur ein Bruchteil desjenigen,
welchen die beiden anderen Strahlenarten er-
regen. Ein Versuch ergab, dass die durch
diese durchdringenden Strahlen hervorgerufene
Ionisation sich verhält wie i zu loo der Ioni-
sation, welche durch die ablenkbaren Strahlen
erregt wird, und wie i zu loooo derjenigen,
welche durch die leicht absorbierbaren Strahlen
hervorgerufen wird.
Um die Absorption durch verschiedene Sub-
stan7.en zu prüfen, wurde der Apparat Fig. i
benutzt.
) C. R. 1900, 1154.
518
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
Der cylindrische Prüfungsapparat D ruht
auf einer grösseren isolierten kupfernen Platte B
von 2 mm Dicke. Die radioaktive Substanz
wurde in das Bleigefäss A gebracht und ver-
schieden dicke Körper T wurden zwischen der
radioaktiven Substanz und dem Prüfungsapparat
D befestigt. Die Entfernung zwischen der ra-
dioaktiven Substanz und der Platte B betrug
gewöhnlich ungefähr 10 mm.
Die Platte B wurde mit dem einen Pol einer
Batterie von 100 Volt verbunden; die mittlere
Elektrode C, welche mit einem Schutzring ver-
sehen war, führte zu dem einen Paar Quadranten
eines empfindlichen Dolezalek-Elektrometers.
Bei den Versuchen mit Radium wurden un-
gefähr 0,7 gr Radium*), dessen Aktivität un-
gefähr 1000 mal grösser war, als die des Urans,
in ein Loch des Gefasses A gebracht. Das
Loch war ungefähr i cm tief und der Durch-
messer betrug 2,5 cm. Ein dickes Aluminium-
blatt wurde auf der Öffnung befestigt, um keine
Emanation entweichen zu lassen. Als sich eine
Platte von i cm Dicke auf der aktiven Substanz
befand, gab das Elektrometer einen Ausschlag
von 200 Teilstriche der Elektrometerskala in
20 Sekunden.
Die folgende Tabelle zeigt den Zusammen-
hang zwischen Stromstärke und Dicke des Bleies.
Die Bleiplatten waren viel grösser als der
Durchschnitt des Prüfungsapparats D^ so dass
die beobachteten Ströme nur von Strahlen her-
rühren konnten, welche durch das Blei hindurch-
gedrungen waren.
Tabelle I.
Dicke des Bleies Strom
>>
t}
t>
I
0,60
0,37
0,25
0,16
0,72 cm . . .
0,72 -h 0,62 cm
0,72+ 1,24
0,72 + 1,86
0,72 + 2,50
Der mit der 0,72 cm dicken Bleiplatte er-
haltene Strom ist als Einheit genommen.
Die Stromstärke fällt, wie aus der Tabelle
hervorgeht, mit zunehmender Dicke der Platte
ungefähr nach einer geometrischen Reihe.
Die folgende Tabelle giebt darüber Aus-
kunft, wie dicke Schichten der verschiedenen
Metalle durchdrungen werden müssen, bevor
die Intensität auf die Hälfte fällt.
Tabelle II.
Metall Dicke in cm
Quecksilber .... 0,75 cm
Blei 0,9 „
Zinn 1,8 „
Kupfer 2,2 „
Zink 2,5 „
Eisen 2,5 „
I) Erhalten von der Socictc centrale de produits chimi<|ues
Paris, I gr Radium von P. de Haen, Hannover, gab uiige-
fähr den gleichen Betrag an Strahlung.
Auf Grund dieser Zahlen berechnet sich, dass
die Strahlen durch ca. 7 cm dicke Bleiplatten
und ca. 19 cm dicke Eisenplatten hindurch-
gehen ipüssen, bevor die Intensität auf i % des
ursprünglichen Wertes fällt.
Thorstrahlen.
I kg reines Thornitrat, von Dr. Knöffler,
Berlin, wurde in ein geschlossenes Glasgefäss
von 20 cm Durchmesser gebracht. Der Prüfungs-
apparat war in diesem Falle ein kupfernes Ge-
fäss von 25 mm Durchmesser und 50 cm Höhe.
Dies eine Kilogramm gab von den stark durch-
dringenden Strahlen nur ungefähr V4 soviel als
0,7 gr Radium von der Aktivität 1000.
Dkse Thorstrahlen besassen ungefähr die-
selbe durchdringende Kraft, wie die von Radium
und glichen ihnen in jeder Hinsicht. Nach dem
Durchgang durch 5 cm Eisen war die Inten-
sität auf ungefähr V4 gesunken.
Versuche wurden jetzt angestellt, um zu
sehen, ob die durch Thor und Radium erregte
Radioaktivität, neben ablenkbaren und nicht ab-
lenkbaren Strahlen, auch diese durchdringende
Strahlen aussenden.
Um Messungen anstellen zu können, musste
eine Substanz intensiv erregt werden. Zu diesem
Zwecke wurde eine Zinkplatte als Kathode in
einem geschlossenen Gefäss der Strahlung von
300 gr Thor ausgesetzt. Ein Bleirohr wurde
auch sehr stark aktiviert dadurch, dass es wäh-
rend 6 Stunden in einem Gefäss mit Radium-
emanation in Berührung blieb. Die letztere
wurde durch Hindurchpressen von Luft durch
eine Radiumchloridlösung erhalten.
Die so erregten aktiven Substanzen sandten
Strahlen von ausserordentlich grossem Durch-
dringungsvermögen aus, deren Intensität mit
der Zeit abnahm, und zwar schnell für die durch
Radium und langsam für die durch Thor er-
regte Radioaktivität. Diese Abnahme geht
wahrscheinlich Hand in Hand mit dem Schwächer-
werden der beiden anderen Strahlenarten.
Die Versuche mit Uran waren nicht so bin-
dend, da ich nur 100 gr Uranoxyd besass. Mit
dieser Menge wurde keine nennenswerte Zu-
nahme der Stromstärke im Prüfungsapparat er-
halten. Wir müssen hieraus schliessen, dass
Uran, wenn es überhaupt solche Strahlen von
grossem Durchdringungsvermögen aussendet,
jedenfalls dies in viel geringerem Masse thut, als
die gleiche Menge Thor.
Da diese Strahlen in Thor, Radium und in
der durch diese beiden Körper erregten Radio-
aktivität enthalten sind, so rühren sie wahr-
scheinlich in Thor und Radium von der erregten
Radioaktivität her, welche in der Substanz durch
ihre eigenen Strahlen hervorgerufen sind. Nach
(lieser Ansicht ist der Betrag einer radioaktiven
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
519
Substanz an diesen Strahlen eine Funktion des
Teiles der radioaktiven Materie, welche erregte
Radioaktivität hervorruft.
Beziehung zwischen Absorption und
Dichte.
Es wurden noch einige Versuche angestellt,
um die Beziehung zwischen Absorption und
Dichte zu ermitteln. Der Absorptionskoeffizient
wurde nach der Gleichung
bestimmt, indem das Verhältnis der Intensitäten
der Strahlen vor und nach dem Durchgang
durch X cm dicke Platten gemessen wurde.
Wegen der geringen Absorption in Glas
und Wasser war es schwierig, X in diesen Sub-
stanzen mit Sicherheit zu bestimmen.
Die folgende Tabelle enthält die Resultate.
Substanz
Tabelle III.
Strahlen von grossem Ablenkbare Strahlen
Durchdringnngsverm.
Wasser
Glas .
Eisen
Zink
Kupfer
Zinn .
Blei .
Quecksilber
0,033
0,086
0,28
0,28
0,31
0,38
0,77
0,92
Dichte
0,033
0,03 s
0,036
0,039
0,035
0,052
0,068
0,068
von Uran
Dichte
14.0
44
5,7
5,6
60
7.7
96
13.2
22
10,8
Zum Vergleich sind rechts für die von Uran
ausgesandten ablenkbaren Strahlen die ent-
sprechenden Zahlen mitgeteilt. Wie aus der
Tabelle hervorgeht, ist in 'keinem der beiden
Fälle das Verhältnis aus Absorption und Dichte
eine Konstante, doch sind die Abweichungen
nicht grösser bei den Strahlen von grossem
Durchdringungsvermögen als bei den ablenk-
baren Uranstrahlen. Der Wert von X dividiert
durch die Dichte ist für die beiden Strahlen-
arten zweimal so gross für Blei als für Glas
und Eisen.
Aus der Tabelle lässt sich ferner entnehmen,
dass die Strahlen von grossem Durchdringungs-
vermögen ungefähr 160 mal dickere Glasschichten
durchdringen müssen als die ablenkbaren Uran-
strahlen, damit beide in gleichem Masse ge-
schwächt werden.
Vergleich der Strahlen von grossem
Durchdringungs vermögen mit Röntgen-
und Kathodenstrahlen.
Man kann die Frage aufwerfen, ob die
Strahlen von grossem Durchdringungsvermögen
nicht aus fortgeschleuderten Teilchen bestehen.
wie die Kathoden- und eine Art von Röntgen-
strahlen. Die Thatsache, dass die ersteren von
einem Magnetfelde nicht abgelenkt werden,
scheint gegen die Annahme zu sprechen, dass sie
Kathodenstrahlen sind. Ich habe die Versuche
von Villard wiederholt und habe ebenfalls
keine Spur einer Ablenkung der Strahlen, welche
eine 0,6 cm dicke Bleiplatte durchdrungen
hatten, selbst im starken Magnetfelde gefunden.
Es wurde die photographische Methode benutzt
und vier Tage exponiert.
In anderer Hinsicht gleichen die Strahlen
aber mehr den Kathoden- als den Röntgen-
strahlen. Bekanntlich rufen die letzteren in
manchen Gasen, wie Schwefelwasserstoff und
Chlorwasserstoff, eine viel grössere Ionisation
hervor, als in Luft, trotzdem die Dichten nicht
sehr voneinander verschieden sind. Beispiels-
weise wies J. J. Thomson') nach, dass die
Ionisation in Schwefelwasserstoff 6 mal und in
Chlorwasserstoff 8,9 mal so gross ist als in Luft.
Andrerseits ist die durch Kathodenstrahlen in
diesen beiden Gasen hervorgerufene Leitfähig-
keit nur wenig grösser als in Luft.
Das Prüfungsgefäss D wurde mit Schwefel-
wasserstoff gefüllt. Es ergab sich, dass die
durch Strahlen von grossem Durchdringungs-
vermögen hervorgerufene Ionisation nur wenig
grösser war, als in Luft.
Sowohl dieser Versuch, als auch die bei der
Absorption erhaltenen Resultate zeigen, dass
diese neuen Strahlen mehr den Kathoden- als
den Röntgenstrahlen ähneln.
Es muss jedoch daran erinnert werden, dass
die Beobachtungen über die relative Leitfähig-
keit der Gase und relative Absorption der Me-
talle nur für Strahlen angestellt worden sind,
welche ein weit geringeres Durchdringungsver-
mögen besitzen, als die Radium- oder Thor-
strahlen. Benoist^) hat nachgewiesen, dass
die relative Absorption der Röntgenstrahlen
durch verschiedene Körper in sehr hohem
Masse von der Art der Strahlen abhängt.
„Harte'* Strahlen geben ganz andere Resultate
als „weiche" Strahlen. Die Absorptionsfähig-
keit von Röntgenstrahlen von grossem Durch-
dringungsvermögen ist bei gegebener Menge
der verschiedenen Elemente eine kontinuierliche
und zunehmende Funktion der Atomgewichte.
Nach der in der erwähnten Abhandlung ge-
gebenen Absorptionskurve ändern sich die
Absorptionen mit der Dichte in viel stärkerem
Masse für Röntgenstrahlen als für die von
radioaktiven Substanzen ausgesandten durch-
dringenden Strahlen.
Nach der von J. J. Thomson^) und Heavi-
i) Proc. Cambridge, Phil. Soc. 10, 12.
2) C. K. 545, 1901.
3) Kecents Researches, p. 16.
520
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
side') entwickelten elektromagnetischen Theorie
nimmt die scheinbare Masse eines Elektrons
mit der Geschwindigkeit zu; ist seine Geschwin-
digkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit, so ist
seine scheinbare Masse unendlich. Ein mit
Lichtgeschwindigkeit sich bewegendes Elektron
würde durch ein Magnetfeld nicht beeinflusst
werden.
Es ist nun nicht unwahrscheinlich, dass
einige der von Thor und Radium ausgesandten
Elektronen sich mit Lichtgeschwindigkeit be- I
wegen, denn nach den Versuchen von Kau ff- 1
mann^) ist die Geschwindigkeit der ablenkbaren
Radiumstrahlen von grossem Durchdringungs-
vermögen ungefähr 95% der Lichtgeschwindig-
keit. Das Durchdringungsvermögen der Ka-
thodenstrahlen oder der fortgeschleuderten
Elektronen nimmt mit der Geschwindigkeit
schnell zu, ein Ergebnis, das aus der Theorie
unmittelbar fol^.
Die grosse Ähnlichkeit der in dieser Abhand-
lung untersuchten Strahlen von grossem Durch-
dringungsvermögen mit dem Verhalten von Elek-
tronen von grosser Geschwindigkeit lässt sich
auf Grund der Annahme erklären, dass die er-
steren aus Elektronen bestehen, deren Geschwin-
digkeit nahezu der des Lichtes gleich ist.
1) Electromagnctic theory, 8, 501.
2) Gott, Nachr. 2, 1901.
Mc Gill University Montreal, 24. Juni 1902.
(Aus dem Englischen übersetzt von G. C. Schmidt.)
(Eingegangen 9. Juli 1902.)
Elektrizitätserzeugung in Pflanzen.
Von Ch. Ries.
Waller') breitete ein Pflanzenblatt auf einer
Glasplatte aus, verband es an den Enden durch
Zinkelektroden mit einem elektrischen Mess-
apparat und belichtete die eine Hälfte des Blattes,
während die andere mit schwarzem Papier be-
deckt war. Es entstand ein elektrischer Strom
und zwar war die belichtete Seite elektropositiv,
d. h. es floss ein photoelektrischer Strom von
der belichteten Elektrode durch das Blatt zur
beschatteten. Nach Waller sind die Wärme-
strahlen und die chemischen Strahlen nicht ge-
eignet, die elektrische Erregung des Blattes zu
bewirken; die leuchtenden roten Strahlen er-
weisen sich am geeignetsten, besonders die-
jenigen, welche vom Chlorophyll absorbiert
werden. Waller behauptet, dass die hervor-
gebrachte E. M. K. eine direkte Wirkung des
Lichtes auf das Blatt sei. Bei der genauen
1) Bec(|uerel, Compt. rend. 9, 145 u. 561, 1839; Ann.
d. Physik 130, 18 u. 35, 1841; 131, 588, 1842; Annales de
chimle et de phys. 9, 268, i8^^3; 32, 176, 1851.
Prüfung der Versuche fand ich indes, dass die
Wall ersehen Resultate zwar unter den ange-
gebenen Versuchsbedingungen richtig sind, aber
keine allgemeine Gültigkeit haben ; die Wirkung
kann vielmehr unter anderen Versuchsbeding-
ungen gerade entgegengesetzt sein. Auch die
Ursache der Wirkung ist eine andere. Aus
meinen Versuchen ergiebt sich deutlich, dass
die bei Belichtung entstehenden Ströme photo-
chemische Ströme sind, wie sie z. B. Becquerel,
Hankel, Schmidt, Luggin in elektrischen
Zellen beobachteten. Das Pflanzenblatt mit den
beiden Elektroden stellt ein kleines Element
dar, in welchem die Flüssigkeit durch das
saftige Blatt ersetzt ist. Aus den nachfolgenden
Resultaten wird die photochemische Eigenschaft
der auftretenden Ströme genügend erhellen.
Zu den Versuchen wurde teils ein Dcprez-
d'Arsonval-Galvanometer der Firma Siemens &
Halske, das eine Empfindlichkeit von 8,5 • lO""*® A.
bei I m Skalenabstand hatte, teils ein em-
pfindliches Kapillarelektrometer verwendet. Die
Wirkung der Wärmestrahlen wurde durch
Dazwischenschaltung einer Alaunlösung oder
durch Einschliessen des Blattes in ein Kühlge-
fäss möglichst ausgeschlossen.
Meine hauptsächlichsten Resultate lauten:
1. Die Wirkung ist von der Farbe der
Pflanzen im allgemeinen nicht abhängig; grüne
und andersfarbige Blätter zeigen die gleichen
Eigenschaften.
2. Während bei Verwendung von Zinkelek-
troden die belichtete Seite (wie bei Waller)
elektropositiv wurde, zeigte sich dieselbe bei
Verwendung von Kupfer- und Silberelektroden
stets elektronegativ. Bei Verwendung von Mes-
sing und Zinnelektroden ergab sich im allge-
meinen ein positive^ Ausschlag; in einigen Fällen
konnte man aber erst einen momentanen negativen
Ausschlag beobachten, der sich aber alsbald in
den positiven umkehrte. Die Wirkung hängt
also von der Natur der Elektroden ab, d. h. sie
ist photochemischer Natur.
3. Der Verlauf der Ströme nach der Ab-
dunkelung erinnert ganz an die von Hankel^,
G. C.Schmidt*), Luggin^) an photochemischen
Strömen beobachteten Erscheinungen.
4. Bei Verwendung von blanken resp. gut
gereinigten Elektroden konnte entweder keine
oder nur eine geringe Wirkung beobachtet wer-
den, was mit den photochemischen Versuchen
von Becquerel'), Pellat^), G. C. Schmidt*)
und Allegretti*^) genau übereinstimmt.
5. Belichtet man die eine Hälfte des Blattes,
während die Elektroden selbst bedeckt sind, so
zeigt sich kein photoelektrischer Strom.
2) Hankel, Ann. d. Phys. 287, 402. 1877.
3) Pellat, Compt. rend. 89, 227, 1879.
4) Luggin, Zeitschr. f. physikal. Chemie 28, 577, 1897.
5) Schmidt, Ann. d. Physik 803. 563, X899.
61 Allegretti, Diese Zeitschr. 2, 317, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
S2I
6. Der positive photoelektrische Ausschlag
wird speziell von den roten Strahlen, der nega-
tive Zustand dagegen speziell von den blauen
Strahlen hervorgerufen, was ebenfalls mit den
photochemischen Versuchen von Hankel'^),
Schmidt'^), Luggin*) übereinstimmt.
7. Bringt man die Elektroden in den aus
Pflanzen ausgepressten Saft, so lassen sich im
allgemeinen dieselben photochemischen Vorgänge
beobachten.
8. Die hauptsächlichste Wirkung im Pflanzen-
saft ist den darin enthaltenen Kalium- und Natrium-
verbindungen sowie den Kalksalzen zuzuschreiben.
Da allgemein Farbstoffe den photochemischen
Vorgang begünstigen, so kann Chlorophyll ent-
schieden auch zur Verstärkung des Photostromes
beitragen.
7) Waller, Compt. rend. de la soc. de biol. 52, 342,
und 1903, 1900; Naturw. Rundschau 15, 375, 1900, sowie 16,
144, 1901.
(Eingegangen 8. Juli 1902.)
Beobachtungen über Elektrizitätszerstreuung
in verschiedenen Bergeshöhen.
Von W. Caspari.
Im Sommer vorigen Jahres nahm ich an
einer Expedition teil, welche unter Leitung von
Herrn Professor Zuntz in verschiedenen Höhen-
regionen der Alpen physiologische Unter-
suchungen über die Einwirkung des Hoch-
gebirges auf den menschlichen Organismus
angestellt hat. Bei dieser Gelegenheit wurden
auch Beobachtungen über die Elektrizitäts-
zerstreuung in der Luft nach Elster und G eitel
ausgeführt. Der Grund, diese Beobachtungen
vorzunehmen, war ein zwiefacher. Erstens haben
Aschkinass und ich ') zuerst daraufhingewiesen,
dass in der mit der Erhebung über den Meeres-
spiegel wachsenden Ionisation der Luft ein
Faktor gegeben ist, welcher bei der Einwirkung
des Höhenklimas eventuell mit ins Gewicht fällt.
Zweitens aber durften wir auf jeden Fall hoffen,
fiir den Physiker einiges nicht wertlose Material
zur Beurteilung der einschlägigen Fragen zu
liefern, zumal wir Höhen aufzusuchen beab-
sichtigten, in welchen damals Beobachtungen
nur vom Luftballon aus angestellt waren.
Unsere Standquartiere waren Brienz (560 m),
der Gipfel des Brienzer Rothorn (2300 m), das
Gasthaus auf dem Col d'Olen am Südabhange
des Monte Rosa (2800 m) und die Capanna
Regina Margherita auf der Punta Gnifetti des
Monte Rosa (4560 m). An diesen Orten und
ausserdem an einigen Stellen, welche wir unter-
wegs passierten, wurden Beobachtungen über
die Elektrizilätszerstreuung der Luft angestellt.
i) Aschkinass und Caspari, Pflügers Arch. f. d. ge-
samte Physiol. 86, 1901,605. Vgl. diese Zeitschr. 3, 272, 1902.
Wir führten zwei komplette Apparate nach
Elster und G eitel mit uns, welche von der Firma
Günther &Tegetmeyer, Braunschweig, hergestellt
waren. Diese Apparate wurden im physikalischen
Institut der hiesigen Technischen Hochschule
unter freundlicher Anleitung von Herrn Asch-
kinass geeicht Ich möchte nicht verabsäumen,
diesem Herrn, dem wir die mannigfachsten An-
regungen verdanken, auch an dieser Stelle
unseren herzlichsten Dank abzustatten. Die
Expeditionsmitglieder teilten sich im all-
gemeinen in zwei Gruppen, welche ihren
Aufenthalt in verschiedenen Höhen nahmen.
Beide Gruppen führten je einen Apparat zur
Messung der Zerstreuung mit sich. Während
ich also die Beobachtungen an meinem je-
weiligen Standorte ausführte, waren andere
Teilnehmer der Expedition an anderen Orten
mit gleichen Untersuchungen beschäftigt. Die
Absicht war, gleichzeitig Daten aus verschie-
denen Höhen zu gewinnen und diese dann unter-
einander zu vergleichen. Leider ist dies nicht
gelungen, da das Heft, welches das von den
Herren Professor Löwy, Dr. Müller und
Kolmer auf dem Brienzer Rothorn gesammelte
Material enthielt, auf dem Transport nach Berlin
verloren gegangen ist. Andererseits lassen sich
die Werte, welche ich auf dem Gipfel des
Monte Rosa feststellte, mit denen, welche Herr
Müller gleichzeitig auf dem Col d'Olen fand,
nicht vergleichen, da ich durch die Ungunst
der Verhältnisse genötigt war, die Beobachtungen
im Zimmer vorzunehmen. Ich gebe nunmehr
in Kürze die Daten, über welche ich verfüge:
E ist der von den Herren Elster und Geitel
eingeführte Wert. ') a und q entsprechen den
gleichnamigen Werten von Ebert. *^) Es wurde
stets mit aufgesetztem Schutzcylinder gearbeitet
und der Apparat zur Erde abgeleitet. // wurde
für unsere Apparate zu 0,3 bez. 0,4 ermittelt.
Die Isolation beider Instrumente war eine vor-
zügliche. Niemals betrug die Entladung ohne
Zerstreuungskörper mehr als 0,2 — 0,3 Skalen-
teile in 15 Minuten.
Wo nichts Besonderes bemerkt ist, wurde
die Beobachtungsdauer von 1 5 Minuten gewählt.
i) Elster und Geitel, Diese Zeitschr. 1, 11, 1899.
Terrestrial magnetism and atmosphaeric electricity. 4. Dez.
I 1899, S. 213.
I 10 ^, n 10 Fn'
E '^ — log — - . log — , . / ist die zwischen der
ersten ( V^ und der letzten ( V) Ablesung liegende Versuchs-
zeit, wobei die Beobachtungsdauer von 15 Minuten als Ein-
heit genommen ist. f^'i ^'» '' sind die entsprechenden
Werte für die Kontrolluntersuchung ohne Zerstreuungskörper,
n das Verhältnis der Kapazitäten des Elektroskops allein zu
der Summe der Kapazitäten von Elektroskop und Zerstreuungs-
körper. Die resultierenden Werte sind mit 100 multipliziert.
2) Ebert, Messungen der elektrischen Zerstreuung im
Freiballon. Berichte der Akademie der Wissenschaften zu
München. 1901, S. 519,
E a~ ^
"^ ' 15 • 0.4343 (I— «) ^ "" 'H-
522
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang^. No. 22.
Brienz.
Datum
5. VIII. 1901
7. VIII. 1901
8. VIII. 1901
9. VIII. 1901
10. VIII. 1901
it
n
II. VIII. 1901
12. VIII. I9OI
13. VIII. 1901
14. VIII. 1901
15. VIII. 1901
16. VIII. 1901
17. VIII. 1901
18. VIII. 1901
19. VIIL 1901
20. VIII. 1901
22. VIII. 1901
26. VIII. 1901
27. VIII. 1902
Zeit*)
+ 5^ 10 P-
— 5^3S
-|- ih 24p. m.
— l^ $1
4- i^ 43
-{- ih 40 p.
— 2h
— 6h 40 p.
+ 7^ 53
— 12h 40 p.
4- I** 20
— 2h p
-f- 2h 20
4- 5^ 25 p.
— 6h 50
4- S^ 40 P-
— 6h 5
4- loh 20 a.
— loh 50
4- I** «5 P-
— i^ 35
-\- 6h 20 p.
— 6h 45
4 5*» 50 P-
— 6h 15
4- 6h 35 p.
— 6h 35
4- 6h 50 p.
— 6h 10
4 6h 20 p.
— 6h 51
-l- 7h 10 p.
— 7h 40
abends (genauere
Zeitangabe fehlt)
— 2h 15 p.
4- 2h 35
4- 2h 45 p.
— 3*» 5
412h 50 p.
— ih 10
£-^ * E— «4 rt—
4,27
0,59
6,31
5,66
2,37
2,58
3,37
346
8,63
6,50
2,57
3.61
2,42
3.44
4,73
9,5»
7.54
2,18 0,94
0,94 0,15
4,80 1,38
4.67 ; 1.45
4,79 i 0,61
5 '99 ; 0,66
5,96
0,86
2,77 0,88
10,28 2,21
7.58 i 1,66
2,98 13,51 0,76
2,06 0,49
2,47 0,77
2,51 2,50 0,64
5,34 , 0,88
5,32 1,21
6.92 2,44
I
6.93 , 1,93
7,26 3,66 ' 1,86
6,34 1 4,65 1,62
0.48
0,24
',05
1,20
1,22
».53
^52
0,71
2,63
^94
3,46
0,40
0,63
1,33 1 0,62 t 0,34
0,51
1.58
0,76
0,83
2,02
2,32
1.77
0,80
1,19
M7
4,54
0,80
0,82
0,55
0,64
1,0
1,36 ; 1,55
1,36
1,77
1,12
0,73
».79 I 0,93
Bemerkungen
Dunstig. Bedeckter Himmel. Schwül. Beob-
achtung im Garten unter Bäumen, dicht am See.
Beobachtung im luftigen Zimmer ca. i ^ 3 m vom
geöffneten Fenster. Im Freien sehr bewölkt;
hat stark geregnet. Femsicht, wo frei, auf-
fallend klar. Scharfe Form der nichtbedeckten
Berge. (Föhnwirkung?)
Gleichzeitig mit der Beobachtung im Zimmer,
im Garten unter Bäumen.
Klares, helles Sonnenwetter. Sehr warm. Be-
obachtung im Garten.
Klarer, schöner Abend. Etwas Dunst in der
Feme nach heissem Tage. Beobachtung auf
freier Mole, ca. 25 m in den See hineingebaut
Beobachtung auf der Mole in praller Sonne.
Im Osten ziemlich klar. Blick auf die Glet-
scher frei. Im Süden und Norden Regen-
wolken. Im Westen dunstig.
Beobachtung im schattigen Garten.
Beobachtung im Zimmer während plöt/Iich aus-
gebrochenen Gewitters ca. i m vom Fenster
entfernt.
Um 3h nachm. hatte ein furchtbares Gewitter
mit kolossalem Sturm und Wellenschlag be-
gonnen. Beobachtung sogleich nach Aufhören
des Unwetters in abgeschlossener Laube bei
geringem Regen.
Völlig bewölkt. Windstill.
Himmel rings mit tiefliegenden Wolken be-
deckt. Wolkenschicht jedoch von geringer
Dicke, so dass die Sonne hindurchscheint.
Bei Beobachtung von JE — setzt plötzlich leb-
hafter Südost ein. Vorher fast windstill.
Schöner Abend. Himmel im Zenith klar. An
den Bergen noch Wolken. Versuch im Garten.
Rings hochziehende Wolken. £^ im Garten.
£— in der Laube bei leichtem Hegen. Kurz
vorher plötzlicher Sturm.
Kalter, rauher Nachmittag. Es hat fast den
ganzen Tag geregnet. Auch während des Ver-
suches leichter Regenfall. Daher Versuch in
der Laube. Auf den Höhen bis ca. 2000 m
abwärts überall Neuschnee. Ganzer Himmel
bedeckt. An den Bergen Nebel bis tief hinab.
Fast windstill.
Himmel klar mit vereinzelten Wolken an den
Bergen. Im Osten und Westen dunstig. Be-
obachtung im Garten.
Sonniger Nachmittag. Beobachtung im Boot,
Apparat zum Wasser abgeleitet, ca. 200 m
vom Ufer entfernt
Beobachtung im Garten. Abend nach schönem,
sonnigem Tage. Im Osten und Westen dunstig;
sonst klar.
Klarer Abend.
Schönes, klares Wetter. Starker Wind.
1,28 0,69 Kühl, bewölkt; später Regen.
i
1,19 I 0,73 I Seh Dellziehende Wolken. Windig.
*) Die Vorzeichen bedeuten
den Beginn der Beobachtung für die Zerstreuung der gleichnamigen Elektrizität.
Im Mittel sämtlicher Zahlen ist
E -^ E — (I -{- a— q
4,60 4,99 1,14 1,27 1,26.
Wenn ich die im Zimmer gewonnenen Werte
weglasse, ergiebt sich für
E -\- E — a -\- a — q
4,87 5,31 1,21 1,36 1,26.
Wenn wir die abnormen Daten fiir den 11.
und 13. bei der Mittelung ausschalten, so er-
halten wir für
r
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
523
£ ~\- £ — a -\- a — q
4,76, 4,54 1,18 1,16 1,08.
Im grossen und ganzen entsprechen diese
Werte etwa den von Czermak ') für die gleiche
Höhe in Innsbruck festgestellten Grössen. Die
Zahlen für ^ + und a — sind ziemlich niedrige
Werte, während q bald etwas grösser, bald
geringer ist als i.
Die niedrigen Zahlen während der regne-
rischen Tage (16., 17./VIII.) entsprechen dem ge-
wöhnlichen Verhalten. Bemerkenswert erscheinen
im wesentlichen nur die Daten vom 11. und 13.
Der 1 1 . zeigte starke, durch Föhn bedingte
Erhöhung von a-\- und a — , ohne dass der .
Quotient wesentlich geändert wäre. ,
Die ausgesprochene Unipolarität am 13. I
scheint nicht leicht zu erklären. Auch das
Einsetzen des Abend windes gerade während
der Beobachtung des negativ geladenen Appa-
rates ist wohl zur Erklärung nicht ausreichend.
Die gleichzeitigen Beobachtungen im Zimmer
und im Freien zeigen wiederum, dass die ge-
fundenen Werte selbst bei weiter Öffnung des
Fensters nicht unwesentlich voneinander ab-
weichen.
Rothorn, ca. 23CX) m.
Datum Zeit £-\- £ — a-\- a — q Bemerkungen
24. VIII. -|-ih p 9,72 13,68 2,13 2,99 1,40 AufdcrHotel-
— i^ 35 Veranda voll-
kommen frei.
In SW. undW.
Dunst. Etwas
verschleierte
Aussicht auf
das Hochge-
birge.
26. VIII. -f-ioh 30a 7,89 8,10 1,73 1,77 1,03 Beobachtung
— Iih 10 in einem ganz
kleinen Keller-
verschlag ca.
I m im Geviert
im Hotel Rot-
horn-Kulm.
Draussen
wegen schlech-
ten Wetters Un-
möglichkeit zu
arbeiten.
27. VIII. 4- 5h 50p. 6,84 20,98 1,50 3,22 4,60 Föhnwetter,
— 6h 15 abwechselnd
Schnee und
auffallend
klare Aussicht.
Starker Wind,
sehr kalt.
Der 27. war ein Tag mit typischem Föhn-
wetter; heftige Niederschläge, unterbrochen von
klaren Perioden von auffallender Durchsichtig-
keit der Luft. Die Ionisation derselben war
aber an diesem Tage andersartig als die am
II. VIII. bei ähnlicher Wetterlage im Thale in
Brienz. Auf dem Rothorn tritt eine starke
Unipolarität hervor, während im Thale die
Werte für a + und ^ — in annähernd gleichem
i) Czermak, Über Elektrizitätszerstreuung bei Föhn.
Diese Zeitschr. 3, 185, 1902.
Masse erhöht sind, wie ja auch die Föhn-
messungen Czermaks beweisen. Eine Erklä-
rung für dies verschiedene Verhalten scheint
in folgendem gegeben zu sein:
Wenn das Wesen des Föhns darin zu suchen
ist, dass Luft aus grösseren Höhen schnell herab-
tritt, so ist sehr leicht verständlich, warum sich
dann im Thale eine Luft befindet, die, aus mitt-
leren Höhenlagen stammend, nur eine absolute
Erhöhung der Zerstreuungswerte zeig^, während
auf Bergen, wie das Brienzer Rothorn, in solchen
Fällen bereits die Unipolarität zum Ausdruck
kommt, welche für die Luft der höchsten Berg-
regionen charakteristisch ist. Die Werte, welche
am Mittag desselben Tages von Herrn Kolmer
in Brienz festgestellt wurden, zeigen keine Uni-
polarität. Auch die absoluten Werte sind nicht
ungewöhnlich hoch. Aus den Notizen, welche
Professor Löwy über den Wetterlauf dieses
Tages in Brienz gemacht hat, geht auch hervor,
dass die Wetteränderung erst am frühen Nach-
mittag in Brienz eintrat.
Die am 26. bei der Untersuchung im Keller
erwarteten hohen Zerstreuungswerte zeigten sich
leider nicht, wohl weil ich bei den nötigen Vor-
bereitungen zur Beobachtung in dem überaus
engen und staubigen Raum trotz aller Vorsicht
ziemlich viel Staub aufgewirbelt habe. Auchmusste
ich die Ablesungen beim Scheine einer Küchen-
lampe vornehmen, welchenatürlichVerbrennungs-
gase entwickelt und ausserdem wohl auch durch
Abgabe von Russ die Beweglichkeit der Ionen
gehemmt hat.
Col d'Olen, ca. 3000 m.
Datum Zeit £-\- £ — a'\- a — q Bemerkungen
6. IX. -fio*»42a. 4,69 8,56 1,03 1,88 1,85 Nebel u. Sonne
— Iih I abwechselnd.
8. IX. — iihiSa. 18,86 17,11 4,14 4,02 0,97 Klares, son-
— Ilh34 niges Wetter.
Die Beobachtungen auf Col d'Olen wurden
von Herrn Dr. Müller ausgeführt. Sie zeigen
in besonders schöner Weise den Unterschied
zwischen klarem, sonnigem Wetter und Nebel-
bildung.
Monte Rosa, 4560 m.
Datum Zeit £-^ £— a-\' a — q Bemerkungen
4. IX. — 8»» 55 a. 7,34 2,19 0,94 0,28 0,3 Heftiger
-}-loh45 Schneesturm.
— 2h ip. 11,95 7,67 1,53 0,98 0,64
4- 4^53 6,61 0,85 0,55
— 61» 20
5. IX. — iohi8a. 3,54 8,34 0,4$ 1,07 3,26 Das Wetter
-f- 1 2I» 25 p. bessert sich all-
— 3h 15 p. 4,95 0,63 1,40 mählich, klärt
sich nachmittags
zeitweise auf.
6. IX. 4-1 ih 38 a. 4,36 2,86 0,56 0,37 0,66 Wieder heftiger
— il»20p. Schneesturm.
+ 4*» 25 p. 3,51 0,45 0,82
7. IX. -f 9h 40 a. 2,41 3,77 0,31 0,48 1,57 Das Wetter
— 10^46 klärt sich auf bei
heftigem Winde.
8. IX. -|- S^S^p. 3,03 3,87 0,39 0,49 1,28 Schöner klarer
— 0^30 Tag mit herr-
licher Aussicht.
524
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
Die Beobachtungen auf dem Gipfel des Monte
Rosa sind leider nicht vollwertig, weil ich ge-
nötigt war, dieselben im Zimmer vorzunehmen,
ebenso wie der gleichzeitig mit denselben Ver-
suchen beschäftigte Herr Professor Sella aus
Rom, welcher mich in der liebenswürdigsten
Weise mit Rat und That unterstützte. Wir
arbeiteten im geräumigen oberen Laboratorium
der Hütte. Mein Apparat stand unmittelbar
am Fenster, welches trotz der eisigen Kälte
während der Versuche nach Möglichkeit stets
offen gehalten wurde. Dennoch sind die ge-
fundenen Zahlen so niedrig, dass ich überzeugt
bin, dieselben entsprechen nicht den wirklichen
in dieser Höhe vorliegenden Verhältnissen. Es
ist dies um so wahrscheinlicher, als von den
gleichen Tagen auf dem ca. 1600 m niedriger
gelegenen Col d'Olen wesentlich höhere An-
gaben vorliegen.
Die Beobachtungsdauer bei diesen Versuchen
betrug nicht 15, sondern 30 Minuten, so dass
die Werte von £+ und E — mit den gleich-
bezeichneten der anderen Beobachtungen nicht
unmittelbar vergleichbar sind.
Von grösserer Wichtigkeit als die Unter-
suchungen auf dem Gipfel sind folgende zwei
Beobachtungen, welche ich an der Capanna
Gnifetti in einer Höhe von ca. 3700 m beim
Aufstieg und Abstieg anstellte.
Capanna Gnifetti, 3700 m.
Datum Zeit £-{- E — a-\- a — q Bemerkungen
2. IX. -f 7h 7p. 13,36 40,26 2,05 6,18 3,0 Kalter Abend,
— 17^*30 ziehender Nebel,
wo nebelfrei,
klare Aussicht.
9. IX. ■\- 2h 17p. 1 6,55 21,99*) 4,23 16,88 3,99 Zerrissene Wol-
— 2^ 40 ken, sich teilen-
der Nebel nach
leichtem Schnee-
sturm mit fernen
Donnerschlägen.
*) BeobachtUDgsdauer nur 5 Minuten, wegen erneutem
Beginn des Schneegestöbers.
Die Elektrizitätszerstreuung ist in beiden
Fällen nicht nur an und für sich ausserordent-
lich gross, sondern vor allem kommt hier das
Vorwiegen der positiven Elektronen sehr ekla-
tant zum Ausdruck. Besonders am 9. IX. wur-
den enorme Werte beobachtet, welche selbst
die von den Herren Elster und GeiteP) auf
dem Säntis (2500 m) und Gornergrat (3140 m)
ermittelten Grössen noch übertreffen. Nur Herr
Ebert^) hat in einer Höhe von ca. 3000 m im •
Luftballon eine annähernd ebenso erhebliche
Zerstreuung gefunden, naturgemäss ohne eine \
so ausgeprägte Unipolarität. Allerdings ist der
Versuch vom 9. vielleicht nicht als ein normaler
zu betrachten, da kurz vorher bei leichtem Schnee-
1) Ann. d. Physik 2, 425, 1900.
2) Sitzungsber. der Akademie zu München 1900, S. 511
und 1901, S. 35, 1900.
gestöber mehrere ferne Donner gehört worden
waren. Gewitter aber beeinflussen die Zerstreu-
ungswerte erheblich.^)
Unter demselben Übelstande litt auch ein
Versuch, welcher am selben Tage ca. i '/2 Stunden
früher unterhalb des Lyssjoches in ca. 4000 m
Höhe angestellt wurde. Der Grund, diesen
Platz zur Untersuchung zu wählen, war folgender:
In seinem Buche „Der Mensch auf den Hoch-
alpen" *^) giebt Mosso an^), dass in abgeschlos-
senen Thälern und Schluchten die Gefahr der
Bergkrankheit besonders gross sei. Ähnliches
erwähnt von Schrötter.^) Er citiert, dass „in
geschützten Mulden, engen Couloirs mit nebeliger,
schwüler Luft** häufig die Beschwerden der Berg-
krankheit auftreten. Gleiche Wahrnehmungen
sind von älteren Autoren aus den Anden und
dem Himalaya berichtet. Die absolute Höhe
ist für diese Erkrankungen nicht verantwortlich,
da die Erscheinungen sehr häufig in grösserer
Höhe wieder schwinden. Wenn man einmal
die Idee gefasst hat, dass die Ionisation der Luft
für das Eintreten der Krankheitserscheinungen
mit verantwortlich zu machen sei, so liegt der
Gedanke nahe, die von den* Herren Elster und
Geitel"^) festgestellte, ausserordentlich hohe Ioni-
sation abgeschlossener Luftmassen zur Erklärung
heranzuziehen. Schon beim Aufstiege befragte
ich daher unseren Führer, ob er mir eine Stelle
bezeichnen könne, welche ohne besonders hoch
zu liegen, für das Eintreten der Bergkrankheit
prädisponiere. Derselbe wies mir sogleich den
obenerwähnten Ort. Dieser lag in einer Boden-
senkung unterhalb des Lyssjochs am Rande
einer ungeheuren Eiskluft. Nach Westen frei
gelegen, war er sonst von überragenden Eis-
wänden abgeschlossen. Die Ventilation dieser
Stelle musste zweifellos eine verhältnismässig
geringe sein. Leider war es mir unmöglich,
während meines Aufenthaltes auf dem Monte
Rosa dort mehrere Messungen auszuftihren. Die
ersten Tage brachten uns so schlechtes Wetter,
dass wir die Hütte kaum verlassen konnten.
Nur während dreier Tage war es uns überhaupt
möglich, im Freien thätig zu sein. An diesen
häufte sich naturgemäss die Arbeit derart, dass
an eine Expedition nach dem Lyssjoch, welche
immerhin mindestens 6 Stunden in Anspruch
genommen hätte, nicht gedacht werden konnte.
Ich musste mich daher darauf beschränken, beim
Abstiege dort eine Messung der Elektrizitäts-
zerstreuung vorzunehmen. Es war am 9. Sep-
i) Ebert, Berichte über die in München in den Jahren
1901/02 ausgeführten luftelektrischen Arbeiten. Kgl. Gesellsch.
d. Wissenschaft, in Göttingen 1902.
2I Veit & Co., Leipzig 1899.
3I 1. c, S. 263.
4) Zur Kenntnis der Bergkrankheit. Wien, Wilhelm
Braumüller 1899, S, 72.
5) Geitel, Diese Zeitschr., 2, 116, 1900, und Elster
und Geitel ebenda 2, 560, 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
525
tember um 12 Uhr mittags. Über uns war
klarer Himmel. Im Westen verdeckten jedoch
einzelne Wolken die Aussicht auf die Berge des
Wallis. Die Messung ergab nun Werte, wie sie
bisher meines Wissens noch nirgends beobachtet
worden sind:
£-{- E^ a-\- a — q .
18,16 51,44 ' 4,65 19,74 4,25
Allerdings wurden wir, wie bereits erwähnt,
unmittelbar nach der Messung durch aiia SO
plötzlich heraufkommende Nebel mit leichtem
Schneegestöber überrascht. Beim Absteigen
hörten wir dann einige ferne Donnerschläge.
Als wir an der Gnifettihütte anlangten, war der
Nebel bereits teilweise gewichen und zwischen
den Wolken der klare Himmel sichtbar. Die
Feme war allerdings noch völlig bedeckt. Noch
während der Untersuchung begann es auch
wieder etwas zu schneien. Ich führte dort so-
fort die obenerwähnte Beobachtung aus, die
immerhin noch unter dem Einflüsse des Ge-
witters gestanden haben mag.
Jedenfalls glaube ich, dass zur Würdigung
der Bedeutung dieser atmosphärischen Vorgänge
für das Einsetzen der Bergkrankheit weitere
Untersuchungen an derartigen berüchtigten Stel-
len, wie z. B. der „Corridor" am Mont Blanc in
der Nähe der Grands-Mulets wesentlich beitragen
könnte.
Im übrigen ist hier wohl nicht der Ort,
näher auf die physiologische Bedeutung der
Luftionisation einzugehen, zumal ich in Ge-
meinschaft mit Herrn Aschkinass bemüht bin,
die Frage auf experimentellem Wege der Klärung
näher zu bringen. Kurz erwähnen möchte ich
nur einige Angaben anderer Autoren, welche
in dem Sinne einer Beeinflussung des Organis-
mus durch die Ionisation der Luft zu deuten
sein können. So wurden z. B. Kameraden
MossosO, welche schon lange gesund auf dem
Monte Rosa waren, während eines Gewitters von
der Bergkrankheit befallen, und wir selbst haben
ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Von beson-
derem Interesse ist aber Tschudis Mitteilung
aus den Anden, dass die Bergkrankheit (Puna)
bei reiner Atmosphäre und grosser Kälte viel
heftiger und allgemeiner auftritt, als wenn die
Luft mit wässerigen Dünsten erfüllt ist, und
diejenige Pöppigs, dass selbst akklimatisierte
Fremde dort wohler und arbeitsfähiger sind
bei dicker, regnerischer Luft als bei heiterem
Himmel.'^)
F.
1) 1. c, S. 258.
2) Cit. nach Meyer-Ahrens, Die liergkraükheit. Leipzig,
A. Brockhaus 1854.
Berlin im Juli 1902.
(Eingegangen 17. Juli 1902.)
Mitteilungen aus dem physikalisch - mecha-
nischen Institute von Prof. Dr. M.Th. E d e 1 m a nn.
No. 2»): M. Edelmann, Neukonstruktionen objektiver
Ablesevorriohtungen.
Für Schullaboratorien und solche der Praxis,
ftir Messungen, bei welchen man nicht die
äusserste Genauigkeit der Ablesungen bean-
sprucht, ferner ftir solche Ablesungen, bei
welchen eine gleichzeitige Ablesemöglichkeit für
^ mehrere Personen geboten ist, bat man längst
an Stelle der zwar genaueren, aber auch unbe-
quemeren und für die Augen ermüdenden Fern-
rohre die objektive Ablesevorrichtung gesetzt,
d. h. man projiziert ein Bild (Faden, Spalt, Glüh-
faden etc.) unter Vermittlung eines Konkav-
spiegels im Galvanometer oder noch besser,
weil variabel bezüglich Brennweite, einer vor
den Planspiegel geschalteten Linse auf die Skala.
Dieses Bild wandert dann bei Drehung des
Spiegels auf der Teilung. Solche macht man
auf Holz, Glas, transparentem oder weissem
Celluloid etc. Bisher wurde bei den besseren
Apparaten dieser Art meistens durchsichtiges
Material verwendet. Allein, wenn man mit
solchen Skalen arbeitet, so bemerkt man sehr
bald, dass das Bild, z. B. eines Glühfadens einer
elektrischen Glühlampe, an sehr verschiedenen
Stellen zu stehen scheint, je nachdem man die
Skala links, vor oder rechts von dem projizierten
Bilde besieht. Somit ist aber ein gleichzeitiges
genaues Ablesen seitens mehrerer Beobachter
(wie es z. B. bei Kabelabnahme und in Schul-
laboratorien sehr oft notwendig ist) unmöglich.
Auch erscheint das Bild, von den verschiedenen
Stellen aus beobachtet, zum Teil unscharf. Man
wäre also gezwungen, das Auge immer genau
vor das Bild, d. h. senkrecht zur Spiegelebene
einzustellen, was ja namentlich bei Schwingungs-
versuchen lästig ist. Die seit langer Zeit ge-
bräuchlichen Holz- oder Metall-Massstäbe, welche
von der Spiegelseite aus abgelesen werden,
vermeiden zwar diesen Übelstand, führen aber
einen neuen, nicht minder lästigen ein, indem
man nur zu leicht das Projektionsbildchen mit
dem Kopfe verdeckt. Nachstehende Konstruk-
tionen vermeiden beide Unannehmlichkeiten.
Bevor ich jedoch näher auf dieselben ein-
gehe, möge es mir gestattet sein, einiges
Historische bezgl. dieser Art Ableseeinrichtung
zu bemerken. Angegeben wurde dieselbe von
E. du Bois-Reymond in Poggendorffs
Annalen, Band 95, Seite 607, im Jahre 1855.
Ursprünglich verwendete man zur Projektion
ein Spaltbild, an dessen Stelle dann später ein
rechtwinkliger Ausschnitt trat. In dessen Mitte
spannte man parallel zur Hochkante des Recht-
ecks einen Faden oder dünnen Draht, so dass
man auf der Skala dann ein helles rechteckiges
i) No. i: Diese 2^itschr. 8, 465, 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahi^ang. No, 22.
JL Bild mit dem Schattenstrich des
y*f Tj^ Fadens erhielt. Als Lichtquellen
wurden bereits alle gebräuchlichen
y Lichtarten , direkt oder indirekt,
unter Benutzung eines Reflexions-
spiegels verwendet. Namentlich war
im letzteren Falle bei dem ziem-
lichen Lichtverluste eine Verdunk-
lung des Zimmers notwendig. End-
lich setzte man an Stelle des re-
flektierten Lichtes direkt den Glüh-
faden einer elektrischen Glühlampe,
was sehr bald zu dem Wunsche
nach einer guten Lampe mit linearem
Glühfaden führte. Doch scheiterten
alle diese Versuche lange an der
Zerbrechlichkeit und kurzen Lebens-
dauer der Fäden. Erst kürzlich ist
es der bayerischen Glühlampen-
fabrik, München, Lands bergers tras-
se, gelungen, eine bezüglich Hellig-
keit, Stromverbrauch und Lebens-
dauer vorzügliche Lampe für der-
artige Zwecke herzustellen. Die-
selbe (Fig. 1) besteht aus einem
dünnen und einem dicken Kohle-
>'ig- "■ faden. Der dünne ist konzentrisch
angebracht und leuchtet, während
der dicke nur warm wird, ohne zu leuchten,
also ähnlich wie der Bogen die Sehne den
dünnen Faden anspannt. Die Lampe wird
für alle gebräuchlichen Spannungen hergestellt.
Die direkte Benutzung des Glühfadens zur
Projektion ermöglicht ein Arbeiten in gar nicht
oder doch nur ausserordentlich wenig verdunkel-
tem Räume. Bei sämtlichen nachstehenden Kon-
struktionen findet die oben envähnte Glüh-
lampe Verwendung, jedoch können dieselben
auch mit jeder anderen Beleuchtungsart aus-
gerüstet werden.
Fig. 2 zeigt eine Ablese Vorrichtung, welche
auf den Messtisch oder irgend ein Tellerstativ
zu stellen ist. Auf einem Gusseisen- oder
Zinkfusse steht eine Säule jW", in welcher teleskop-
artig die Stange AT hoch und nieder verstellbar
und bei L fixierbar ist. Diese trägt in einer
Muffe(deutlichersichtbar in Fig. 3) mit Schraubet
festzuklemmen eine Querstange, an deren Enden
die Winkel bei D angebracht sind. Diese sind
oben wiederum durch eine Querstange verbun-
den. Über diese ist ein Rohr geschoben,
welches durch eine Feder an die Schraube N
(I^'E- 3) gedrückt wird. An diesem Rohre hangt
yig- 3-
I an zwei Haken wie / in Fig. 3 die Skala. Die-
selbe wird von Hand auf dem Rohre seitwärts
I verschoben, wodurch die grobe Einstellung er-
I folgt, während sie in jeder Lage durch .V
I mikrometrisch eingestellt werden kann. Der
' von der Lampe ß ausgesandte Lichtstreifen
wird vom Spiegel auf die weisse Celluloidskala
.S" projiziert, während man im Ablesespiegel A
i seine Lage beobachtet. Besagter Spiegel ist
, drehbar um JiC und wird bei N gedreht, bei
C fixiert. Durch denselben ist einerseits ein
' Verdecken des Bildes durch den Kopf vermieden,
andererseits genaue gleichzeitige Ablesung durch
I mehrere Beobachter gegeben. Das Fussbrett
, / trägt ausser der um ihre eigene Achse dreh-
Physikalische Zeitschrift. 3, Jahrgang. No.
baren Lampe E noch einen Stromschlüssel //
für dieselbe und eine Ste c k- A n seh luss dose G.
Die Lampe wird je nach Wunsch entweder
durch einen Blechschirm wie in Fig. 2 oder
durch einen cylindrischen, in Fig. 3 bei 0 auf-
setzbaren Kamin mit Schlitz vom Beobachter
abgeblendet. Im ersteren Falle beleuchtet die
Lampe auch gleichzeitig die Teilung. Die
ganze Vorrichtung zeichnet sich durch Einfach-
heit, Handlichkeit und Billigkeit aus, weshalb
sie sich in .Schul laboratorien und .solchen der
Praxis bereits sehr gut bewährt hat. Fig. 3
gebracht. Vor dem mit Linse ausgestatteten
Galvanometerspiegel sitzt ein total reflektieren-
des Prisma. Die lineare Glühlampe ist drehbar
auf einem Messinggerüste, welches wiederum
an der Wand befestigt ist. Die Skala aus
transparentem Celiuloid ist auf- und abwärts,
vor- und rückwärts, sowie rechts und links
seitwärts verstellbar und auch an die Wand
montiert; abgelesen wird sie gleichfalls durch
einen Spiegel. Über den ganzen unteren Teil
der Einrichtung lässt sich ein Kasten schieben,
der dann Galvanometer, Lampe und Mess-
Kig. 4-
zeigt dieselbe Anordnung auf ein Gauss-Stativ
montiert. Weiteres ist zu diesem Instrumente
wohl nicht zu bemerken.
In vielen Laboratorien spielt der für den
Skalenabstand notwendige Raum schon eine
ziemliche Rolle bezüglich Platzerspamis. Auch
giebt es gewisse Messungen, welche bequemer
im Sitzen auszuführen .sind. Für solche Falle
leistet der in Fig. 4 und 5 abgebildete Mess-
tisch mit Ablesevorrichtung vorzügliche Dienste.
Eines der bekannten Edelmannschen Wand-
Dreh spulengalvanometer ist, wie aus Fig. 5 er-
sichtlich, an der Wand des Laboratoriums an-
FiK- S-
batterie in seinem Innern birgt und auf welchem
man arbeiten kann, ohne Galvanometer oder
Skala nur im geringsten zu erschüttern. Diese
Einrichtung ist in meinen Laboratorien schon
längere Zeit im Gebrauch und hat sich vor-
züglich bewährt. Ein Haupt Vorzug derselben
ist die Möglichkeit, die Ablesevorrichtung voll-
ständig unabhängig vom Kasten einzustellen,
sowie dass das Galvanometer jederzeit bequem
zugänglich ist. Natürlicherweise lässt sich der
Kasten selbst je nach Wunsch bezüglich Form
etc. ausfuhren.
{,Ein|;egangen 24. Juli 190z.)
528
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
REFERATE.
Elektrotechnik.
Besorgt von Prof. Dr. H. Th. Simon.
Über die auf der „Ausstellung elektrotechnischer
Neuheiten, Berlin" ausgestellten Apparate.
Die Ausstellung elektrotechnischer Neuheiten
in Berlin, die anlässlich des Gesellschaftsabends
vom „Elektrotechnischen Verein" veranstaltet
wurde, enthielt recht viel des Sehenswerten.
Messapparate.
Gans und Goldschmidt-Berlin waren
mit einem Universal-Induktionsprüfer für Gleich-
und Wechselstrom, einigen kombinierten Volt- und
Amp^remetern und einem Hitzdrahtvoltmeter mit
geringem Energieverbrauch vertreten.
Die Firma Hartmann & Braun-Frank-
furt a. M. stellte eine Anzahl gänzlich neuer
Konstruktionen von Instrumenten nach Dr.
Bruger, sowie eine Reihe von Apparaten mit
wichtigen Verbesserungen und Vervollkomm-
nungen aus. Hervorgehoben sei ein direkt
zeigender Phasenmesser, welcher die Ablesung
des Verschiebungswinkels direkt gestattet und
zwar unabhängig von Strom und Spannung.
Das Instrument ist im Prinzip ein Doppelwatt-
meter mit gekreuzten Spulen.
Ferner seien genannt: ein astatischer Watt-
meter nach Dr. Bruger mit gebogenen Fiach-
spulen und vollkommen gleichmässiger Skala-
teilung, ein elektro-dynamisches Milii-Amp^re-
meter für Zeiger- und Spiegelablesung mit grosser
Empfindlichkeit, sowie mit gleichmässiger Skala-
teilung, erzielt durch Abstossspulen , die die
Anfangsempfindlichkeit erhöhen, ein Kompen-
sationsapparat mit Kurbelschaltung für besonders
bequeme Handhabung 0 und direkte Ablesung,
eine Präzisionsmessbrücke mit vertauschbaren
Vergleichswiderständen, alle Widerstände einzeln
kontrollierbar, ein Messapparat für Fehlerorts-
bestimmung an Kabeln nach der Schleifenme-
thode; durch einfache Kurbelschaltung kann der
Brückendraht um das Zehnfache verlängert wer-
den; der Apparat gestattet die Ablesung des
Fehlers auf ein Zehntausendstel der Kabellänge.
Als neu seien ferner hervorgehoben das
Ohmmeter der Firma für direkte Ablesung
kleiner Widerstände, unabhängig von der
Spannung der Messbatterie, ein Temperaturfern-
messer bis 400^ direkt zeigend nebst dazu ge-
hörigem Widerstandsthermometer aus Platin,
zwei Drehspul-Milli Voltmeter nebst einem Thermo-
element mit feuerfester und gegen Brüche ge-
sicherter Montierung für Hochtemperaturen bis
l) Vgl. diese Ztschr. 1, 167, 1900.
1600^ und endlich ein transportabler Apparat
ftir Isolationsmessungen in Gleichstromanlagen
während des Betriebes. Durch eine Kompen-
sationsschaltung wird der Fehlerwiderstand der
einen Hauptleitung stromlos gemacht und gleich-
zeitig der der anderen Hauptleitung gemessen.
Dr. Paul Meyer-Berlin führte zahlreiche,
gut gearbeitete Schalttafelinstrumente und einen
sehr empfindlichen Quecksilberkontrollautomaten
vor, der als Maximalausschalter während der
Dauer jeder Überschreitung einer bestimmten
Stromstärke den Stromkreis selbstthätig unter-
bricht. >)
Die Allgemeine Elektrizitätsgesell-
schaft-Berlin hatte einen selbstthätigen Zellen-
schalter mit Selenkontaktvoltmeter ausgestellt.
Der Apparat ist derart konstruiert, dass durch eine
mit dem Voltmeterzeiger verbundene Scheibe das
Licht einer Glühlampe entsprechend der jeweiligen
Stellung des Zeigers resp. der Scheibe auf eine
von zwei Selenzellen geworfen wird, welche ent-
sprechende Hubmagneten zur Bewegung des
Zellenschalters bethätigen. Wer sich mit Selen-
experimenten beschäftigt hat, weiss, mit welchen
Schwierigkeiten die Konstruktion derartiger
brauchbarer Relais verbunden ist. Die bei der
Bewegung des Zellenschalters verursachten Er-
schütterungen erfordern besonders konstruierte
stosssichere Relais, wenn der Apparat zuverlässig
und exakt arbeiten soll.
Endlich sei des Reversierankerzählers der
Deutsch -Russischen Elektrizitätszähler-
Gesellschaft-Berlin Erwähnung gethan, der
im Prinzip aus einem festen Hauptstromfelde
und einer gleichfalls festen Spannungsspule be-
steht, die einen Eisenanker in Gestalt einer
gekröpften Nadel derart polarisiert, dass der-
selbe sich im Hauptstromfelde proportional der
Wattzahl zu drehen vermag, bis er nach Zurück-
legung einer Viertelumdrehung an ein Strom-
schlussstück stösst und durch ein infolgedessen
erregtes Relais plötzlich wieder zurückgeschaltet
wird.
Telegraphie und Telephonie.
Hier ist als neu hervorzuheben das selbst-
thätige Feuermeldesystem der Firma Siemens
& Halske-Berlin. Der wesentlichste Bestand-
teil dieses neuen Systems ist der mit einer
durchlochten Metallschutzkappe versehene Kon-
taktapparat, der eine Glasplatzpatrone enthält.
Die in der einer Thermometerröhre ähnlichen
Patrone enthaltene Flüssigkeit dehnt sich bei
zunehmender Temperatur aus und sprengt die
Kugel bei einer durch die jeweiligen Konstruk-
I) Vgl. E. T. Z. 23, 162 ff., 1902.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
529
tionsverhältnisse bestimmten Temperatur. Beim
Zerplatzen der Kugel wird ein bis dahin ge-
öffneter Alarmstromkreis geschlossen resp. ein
Ruhestromkreis unterbrochen. Ein Zeitschalt-
werk ermöglicht es, die selbstthätige Meldean-
lage während bestimmter Zeiten mit einem öffent-
lichen Feuermelder zu verbinden.
Der Membranwecker der Firma ist bereits
früher ausfuhrlicher beschrieben worden.^)
Mix & Genest-Berlin führte neben einem
Feuermelder eigenen Systems einen Wasser-
standsfemmelder- und Reg^strierapparat vor.
Dieselbe Firma demonstrierte weiter neben
zahlreichen Telephonapparaten ein neues Fern-
sprech-Nebenstellensystem, bei dem jede ein-
zelne Nebenstelle vom Amt aus lediglich durch
ein einmaliges Niederdrücken eines beson-
deren Druckknopfes angerufen werden kann.
(Vgl. hierzu Wests automatischer Umschalter,
diese Ztschr. 2, 156 — 160, 1900.)
Die einzelnen Sprechstellen derselben Linien-
leitung, von denen bis zu zehn angeschlossen
werden können, haben die Möglichkeit, durch
Linienwähler unabhängig vom Amte miteinander
zu verkehren. Sobald eine Nebenstelle eine
Verbindung mit dem Amte herbeiführt, was
ohne Vermittelung einer Centralstelle geschieht,
erscheint auf sämtlichen Sprechstellen derselben
Leitung ein optisches Zeichen, welches das Be-
setztsein der Linie anzeigt. Während des Ge-
sprächs einer Sprechstelle mit der gemeinsamen
Linie werden sämtliche übrigen Sprechstellen
verriegelt, wobei ein Mithören durch Induktions-
wirkung durch geeignete Anordnung von Drossel-
spulen vermieden ist. Das System erfordert
eine metallische Doppelleitung und Erdleitung
bezw. drei metallische Leitungen.
Während dieses vollautomatische System
gerade das Ziel verfolgt, die Verbindung der
Nebenstellen mit dem Amte ohne Mitwirkung
einer Persoa herzustellen, behandelt das eben-
falls von der Firma Mix & Genest eingeführte
Jan US -System das Problem der kontrollsicheren
Verbindung von Nebenstellennetzen mit Privat-
telephonnetzen, wobei die Vermittlung von
Gesprächsverbindungen der Nebenstellen mit
dem Fernsprechamt durch eine Person erfolgt.
Durch das J an us -Nebenstellensystem ist also
die Möglichkeit geschaft'en, die Privatapparate
gleichzeitig als Postapparate zu verwenden und
so die Privatnetze völlig mit den Reichslinien
unter Gewährung ausreichender Kontrolle für
die Verwaltung zu verschmelzen. Näheres
über dieses System: E. T. Z. 23, 151 ff., 1902
und Heinke, Handbuch der Elektrotechnik,
12, 603 ff.
Der schnurlose Klappenschrank der Firma,
I) Vgl. diese Ztschr. 2, 642, 1901.
Pyramidenschrank genannt, ist bereits früher
beschrieben worden. *)
Die Elektrische Bogenlampen- und Apparate-
fabrik-Nümberg hatte einen verbesserten Linien-
wähler, System Cerebotani, für beliebig viele
Fernsprechnebenstellen ausgestellt.
Als Neuheit seien noch die von Dr. Cas-
sirer & Co.-Charlottenburg hergestellten Tele-
phonkabel mit Papierisolation, System West,
genannt, die sich durch eine sehr geringe Kapa-
zität auszeichnen, und das Hackethal-Leitungs-
system der Hackethal-Draht-Gesellschaft,
Hannover. Das System vermeidet durch die
Art seiner Verlegung, indem die beiden Drähte
der Doppelleitung unter Verwendung nur eines
Isolators von besonderer Form für jeden Stütz-
punkt kreuzweise geführt werden und durch
die Isolierung des Leitungsdrahtes mit Mennige
Induktionsstörungen durch in der Nähe befind-
liche Hochspannungsleitungen, sowie Betriebs-
störungen durch Starkstromübergänge, ferner
kann es mit Vorteil an allen solchen Stellen
angewendet werden, wo stark oxydierende Gase
die Lebensdauer blanker Leitungen sehr ver-
kürzen.
Zum Schluss dieses Abschnittes sei endlich
der von der Allgemeinen Elektrizitäts-
Gesellschaft- Berlin ausgestellte Universal-
schalter, System Proett, erwähnt, der für
beliebig viel Telephon-Nebenschlussstellen be-
stimmt ist und sich im wesentlichen dadurch
auszeichnet, dass unter Benutzung einer ein-
fachen Fernleitung das Amt von jeder Sprech-
stelle aus angerufen werden kann, wobei sämt-
liche anderen Sprechstellen automatisch von der
Linie abgetrennt werden. Ein Anruf der Neben-
stellen vom Amte aus ist jedoch nicht möglich.
Dynamomaschinen und Elektromotoren.
Die Allgemeine El ektrizitäts- Gesell-
schaft führte zwei Miniaturbohrmaschinen zum
Bohren kleiner Löcher vor.
Die Berliner Maschinenbau-A.-G., vorm.
L. Schwartzkopff, Berlin, hatte eine 3,5 kw-
Dampfdynamo, die Bismarckwerke Berger-
hof einen Kapselmotor und einen elektrisch
angetriebenen Ventilator mit selbstthätigem
Jalousieverschluss ausgestellt.
Die Elektrizitäts- Gesell Schaft „Hansa'*,
Kammerhoff und Winkelstroeter, Ham-
burg, war mit mehreren kompendiös und kräftig
gebauten elektrischen Handbohrmaschinen, die
Fabrik elektrischer Apparate Dr. Max
Levy, Beriin, mit den bekannten Bandwider-
ständen und mehreren elegant ausgeführten
Kronen, kombiniert mit Ventilatoren, und
l) Vgl. diese Ztschr. 2, 633, 1901. Über das Janussystem
erscheint demnächst ein ausführlicher Bericht in dieser Zeitschrift
530
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
Siemens & Halske, A.-G. Berlin, mit einer
Gesteinsdrehbohrmaschine vertreten.
Beleuchtungstechnik.
Die Allgemeine Elektrizitäts- Gesell-
schaft Berlin führte die neuesten Modelle der
Nernstlampen mit verschiedenen Armaturen,
einfach und verziert, für Frei- und Innenräume,
im Betriebe vor. Die neuen Nernstlampen
unterscheiden sich nur unwesentlich von den
bereits ausfuhrlicher beschriebenen vorjährigen
Modellen. ')
Die Lampen werden jetzt für alle gebräuch-
lichen Spannungen zwischen 100 und 150 Volt,
sowie für Spannungen zwischen 200 und 250 Volt
angefertigt.
Die Lampen setzen sich aus dem Sockel,
Brenner, Widerstand und der Garnitur zu-
sammen, die sämtlich leicht auswechselbar sind.
Nicht direkt zur Ausstellung gehörig, aber
anlässlich seines Vortrages von Herrn Professor
Lummer vorgeführt, wurden mehrere Osmium-
lampen der Deutschen Gasglühlicht-Gesell-
schaft, Berlin, welche sich durch ihr schönes
weisses Licht auszeichneten. Die Schwierigkeit
der Beschaffung genügender Mengen Osmiums,
sowie der Herstellung von Lampen für hohe
Spannungen hat bisher die Einführung dieser
neuen vielversprechenden Lampen in die Praxis
verhindert.
Zahlreich waren Flammenbogenlampen ver-
treten, bei denen durch geeignete Kohlen-
präparation die Flammenbogengase selbst das
Licht ausstrahlen.
Neben gewöhnlichen Differentialbogenlampen
mit übereinander angeordneten metallsalzhal-
tigen Kohlenstiften (von Gebrüder Siemens,
Charlüttenburg), wie sie Siemens & Halske
(Effektbogenlampen) und K. Weinert, Berlin,
vorführten, erregten besonders die von der
Allgemeinen Elektrizitäts -Gesellschaft
und K. Weinert installierten Intensiv- resp.
Flammenbogenlampen mit nach unten ge-
richteten, schrägstehenden Effektkohlen
wegen ihrer Lichtfülle und durch sehr ruhiges
Brennen die allgemeine Aufmerksamkeit der
Besucher.
Diese Lampen ergeben, ähnlich wie die
Bremerlampen, etwa den dreifachen Lichteffekt
bei gleichem Stromverbrauch gegenüber ge-
wöhnlichen Bogenlampen.
Der Mechanismus der ausgestellten Flammen-
bogenlampen weicht von dem gewöhnlicher
Differentiallampen nur unwesentlich ab; jedoch
besitzen die neuen Lampen eine elektromagne-
tische Blaseeinrichtung zur Verlängerung des
Lichtbogens. Trotz verhältnismässig grosser
i) Vgl. diese Ztschr. 2, 643, 1901.
Lichtbogenlänge (20 bi^ 30 mm) ist doch die
Klemmenspannung der Flammenbogenlampen
nur wenig höher als bei gewöhnlichen Bogen-
lampen. Sie beträgt nämlich bei Gleich-
strom ca. 45 Volt, bei Wechselstrom ca. 35 Volt,
so dass die Flammenbogenlampen für Gleich-
strom bei 110 Volt zu zweien, bei 220 Volt
zu vieren hintereinander geschaltet werden.
Durch entsprechende Zusätze zu den Kohlen-
stiften kann man sowohl eine weisse, als auch rosa
oder goldgelbe Färbung des Flammenbogens
erreichen. Bisher hat sich das Licht von gold-
gelber Färbung, die etwas heller ist als bei den
Bremerlampen, als das intensivste erwiesen.
Die Lampen werden zunächst für 6 und
10 Ampere bei Gleichstrom und für 10 Ampere
bei Wechselstrom gebaut und die Brenndauer
beträgt ca. 5 bis 10 Stunden.
K. Weinert hatte ausserdem neben seinen
bekannten Bogenlampentypen, Dreischaltungs-
lampen und Doppelbogenlampen auch Schein-
werfer für Bühnenbeleuchtung und Lichtheil-
zwecke ausgestellt. Besonders hervorgehoben
sei ein grosser, wasserdicht abgeschlossener
Marinescheinwerfer mit Säulenfuss.
Eine besondere Gruppe bildeten die Be-
strahlungsapparate für Lichtheil- und photo-
graphische Zwecke. Neben den Projektions-
lampen mit Hand- resp. automatischer Regulie-
rung erregte besonders eine grosse, iCK) Ampere
Nebenschluss-Bogenlampe für Finsenbestrahlung
wegen ihrer ungewöhnlichen Dimensionen die
Aufmerksamkeit der Besucher.
Zur elektrischen Reklamebeleuchtung gehört
die von der Allgemeinen Elektrizitäts-
Gesellschaft, Berlin, ausgeführte Universal-
Reklame-Druckschrifl. Das Reklameschild ist
aus einzelnen Feldern zusammengesetzt und
können in jedem Felde über 40 verschiedene
Scbriftzeichen mit nur 29 Glühlampen ein-
geschaltet werden. Das Ein- resp. Ausschalten
von Ankündigungen, wie z. B. Zeitungstele-
gramme, Theater- und Konzertprogramme,
Signale für Eisenbahn und Schiffahrt etc. er-
folgt durch gelochte Streifen oder durch einen
einer Schreibmaschine ähnlichen Apparat.
Die Ankündigung auf dem Schild erscheint,
sobald durch Druck auf die entsprechenden
Tasten ein Buchstabe nach dem anderen ein-
geschaltet wird. Jeder Lampenstromkreis hat
ein Relais zwischen Lampenstromkreis und
Schild; das Relais wird bei Tastendruck erregt
und schaltet die Lampen im Schild so lange
ein, bis durch Unterbrechung im Hauptschalter
das ganze Schild verdunkelt wird.
Es lässt sich natürlich auch das Ein- und
Ausschalten einer beschränkten Anzahl von
Wortbildern selbstthätig bewirken.
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahi^ang. No. 22.
Röntgenapparate.
Die Allgemeine Elektrizitäts-GescU-
schaft führte ein neues orthographisches Zeichen-
stativ zur Aufnahme von Röntgenbildern nach
ihrer wahren Form und Grösse vor. Während
eine gewöhnliche Röntgenaufnahme cineCentral-
projektion ist, wird bei dem neuen Zeichen-
stativ eine Parallelprojektion dadurch erzielt,
dass der Röntgenstrahl, welcher die Tangente
an das zu projizierende Objekt darstellt, an
jeder Berührungsstelle des Körpers senkrecht
auf der Schirmebene steht, d. h. dass sich die
Strahlen stets zu einander parallel bewegen.
Erreicht wird dies bei dem vorliegenden Apparat
durch die starre Verbindung der Röntgenröhre
mit dem Zeichenstift. Beide sind parallel mit
sich und zur Schirmebene in Richtung beider
Koordinaten beweglich.
Dr. Max Levy führte ein billiges Röntgen-
instrumentarium mit Plättchenunterbrecher imBe-
triebe vor(vgl.Fig. i). Bei der Zusammenstellung
ist der Plättchen Unterbrecher System Simon-
Ruhmer verwandt, der sich durch den Fortfall
des Platin Verbrauchs, sowie die Möglichkeit be-
quemer Regulierung innerhalb weiter Grenzen
auszeichnet. Der Unterbrecher wurde auf der
vorjährigen Naturforscherversammlung in Ham-
burg zum erstenmal demonstriert und damals
bereits konstatiert, dass man mit demselben
allen in der Röntgenpraxis vorkommenden
Aufgaben bis zu einem hohen Grade der Voll-
kommenheit genügen kann. '}
Die Einrichtung kann unter Verwendung
t) Vgl. Forlschrilte auf dem Gebiete der RöntgenEtrahlen
-'' • 79. 1901
B, Heft
i des gleichen Unterbrechers auch im Anschluss
j an eine Wechselstrom- oder Drehstromcentrale
I betrieben werden. (System Ruhmer, vgl.
I diese Zeitschrift 3, 742, I901.}
I Einen Riesen in duktor von i m Schlagweite
' mit Quecksilberstrahl-Unterbrecherbetrieb führte
> die A.-G, Siemens & Halske vor. Der Strom-
' verbrauch des Induktors soll ca. 30 Ampere
bei 1 10 Volt betragen haben-
Zum Schluss seien noch einige physikalische
, Demonstrationsapparate erwähnt, die im Be-
I triebe vorgeführt wurden. Die Firma Dr. Max
I Levy hatte ein neues, hübsch ausgestattetes
Instrumentarium zur Demonstration des tönenden
Flammenbogens nach Duddell und der damit
anzustellenden Wechselstromversucheausgestellt.
Das in Fig. 2 dargestellte Instrumentarium
besteht zunächst aus dem Hauptapparat, der in
seinem Inneren einen abgestuften Kondensator
enthält, während aussen neben den erforder-
lichen Anschlussklemmen der fiir direkten An-
schluss an in Starkstromnetz erforderliche Vor-
schaltwiderstand, eine Drosselspule und fiinf
Tasten zur Veränderung der Kapazität resp,
Selbstinduktion angebracht sind. Durch Kom-
bination verschiedener Tasten kann die Ton-
höhe des kurzen Flammenbogens der mit
Ho mögen kohlen versehenen HandreguÜerbogen-
lampe in weiten Grenzen variiert werden.
Als Nebenapparate sind dem Instrumen-
tarium eine Induktionsspule mit Eisenkern zur
Demonstration der Elihu-Thomsonschenresp. .
von Induktions- Versuchen und ein Impedanz-
gestell mit Glühlampenüberbrückungen bei-
gegeben.
Physikalische Zeitschrift, 3. Jahrgang. No, 22.
Das Instrumentarium schliesst sieb in seiner
Ausfuhrung eng an das ebenfalls in Zusammen-
hang mit einer automatisch regulierenden Bogen-
lampe demonstrierte Instrumentarium zur S i m on-
schen musikalischen Bogenlampe an.
Die automatische Lampe, System Ruhmer,
die bei 220 Volt mit einem ca. 5 bis 8 cm
langen Flammenbogen brennt, ist mit einer
Schutzglocke versehen, um den Beobachter vor
den grellen Strahlen zu schützen, ohne dass
dadurch die Lautwirkung wesentlich beintrach-
tigt würde.
Ruhmers physikalisches Laborato-
rium, Berlin, endlich führte eine gelungene
photophonische Übertragung mittels undulie-
render Bogenflamme aus. Als Sender diente
ein kleiner Scheinwerfer, dessen Lichtquelle in
bekannter Weise zum Undulieren gebracht
wurde. (Vgl. diese Zeitschr. 3, 278, 1902.}
Die parallel gemachten Strahlen wurden
an der Empfangsstation mittels eines grossen
ca. ',', m Durchmesser besitzenden Parabol-
spiegels auf eine in der Achse des Spiegels
befindliche cy lind erförmige lichtempfindliche
Zelle konzentriert.
Als Gegengewicht zu dem nach allen Rich-
tungen leicht verstellbaren, an einem hohen
ausziehbaren, vernickelten Messingstativ be-
festigten Spiegel dient der an der Rückseite
desselben angebrachte, äusserlich einer gewöhn-
lichen Telephonstation gleichende Telephon-
kasten mit Wecker, Haken Umschalter und zwei
Telephonen. Sobald das Licht des Schein-
werfers auf die Zelle fällt, tritt das Im Innern
des Telephonkastens befindliche Relais in Wirk-
samkeit, welches seinerseits wieder den zum
Anruf dienenden Wecker bethäligt. Nach Ab-
nahme der Hörer vom Haken wird das Relais
ausgeschaltet und die Hörer werden in den
Stromkreis der Zelle eingeschaltet, so dass die
photophonische Übertragung abgehört werden
kann. Die zum Betriebe der Zelle, des Relais
und des Weckers dienende Batterie ist in dem
das Stativ tragenden Mahagonigrund kästen
enthalten, so dass die Empfangs-
station auch als transportable Sta-
tion gut verwendet werden kann.
Zu den trotz der grossen Lichtfülle
mit dem Apparate erhaltenen gün-
stigen Resultaten trug nicht un-
wesentlich die hohe Empfindlichkeit
der neuen Ruhm ersehen Zellen bei.
Während die bisherigen Selen-
zellen eine flache Form hatten, ist
die neue lichtempfindliche Zelle (vgl.
Fig. 3) cylinderfbrmig und zum
Schutze gegen Beschädigung und
Einflüsse der Atmosphäre in eine
evakuierte Glasbirne eingeschlos-
sen. Die Zelle ist mit einer Ge-
windefassung versehen, mittels deren
sie in jeder Glüblampenfassung be-
festigt werden kann.
Die Zellen sind von fast unbe-
grenzter Haltbarkeit, absolut kon-
stant und dank eines ganz neuen
Herstellungsverfahrens bei verhält-
nismässig niederem Widerstand p-
ausserordentlich lichtempfindlich, so
dass .sie auf die geringsten Belichtungsschwan-
kungen reagieren. E. Ruhmer.
(Eingegangen ;, April 1902.)
G. Marconi, Die Fortschritte der drahtlosen
Telegraphie.
In einem sehr interessanten, in der Ver-
sammlung des Royal Institution am 13, Juni d. J.
gehaltenen Vortrage (The Electrician, 49, 388
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
533
u. 520, 1902) berichtete Marco ni über die
neuesten Fortschritte der drahtlosen Tele-
graphie unter besonderer Berücksichtigung seines
neuen magnetischen Detektors.
Nach einer einleitenden Bemerkung, dass die
Telegraphie ohne fortlaufende Leitung eigentlich
nicht so wunderbar sei als jene mit fortlaufender
Leitung, beschreibt er die in den letzten Jahren
erzielten Fortschritte der abgestimmten draht-
losen Telegraphie. Wir haben bereits in No. 48
des vorigen Jahrganges ausführlicher über die
verschiedenen Anordnungen berichtet, die Mar-
coni im Anschluss an das Lodgesche Experi-
ment mit den abgestimmten- Leydener Flaschen
traf, um ein praktisch brauchbares System der
Abstimmung auszubilden. Der syntonische Sen-
der wird aus einer Tesla- Anordnung gebildet,
i-ig. I.
wie solche auch von Braun^) benutzt wird und
in Fig. I schematisch dargestellt ist. Fig. 2
und 3 zeigen die Empfangsstation. Um die Ab-
stimmung mehr auszuprägen, ist bei der in Figur
dargestellten Anordnung ein Kondensator dem
Kohärer parallel geschaltet Dieser Kondensator
verg^össert die Kapazität des sekundären Kreises
des Transformators und bewirkt, dass sich im
Falle einer langen Reihe verhältnismässig
schwacher, aber abgestimmter Wellenimpulse
die Wirkung summiert, bis die elektromotorische
Kraft an den Enden des Kohärers gross genug
ist, um denselben zum Ansprechen zu bringen.
Zur Abstimmung ist es unbedingt erforderlich,
dass sowohl die beiden Stromkreise des Sende-
apparates als auch die beiden Stromkreise des
Empfangsapparates abgestimmt sind, so dass
unter Vernachlässigung des Widerstandes, das
Produkt aus Kapazität und Induktanz in allen
vier Stromkreisen gleichgross sein muss.^)
1) Vgl. F. Braun, diese Zeitschr. 2, 373, 1901.
2) Vgl. F. BrauD, E. T. Z. 22, 258ff., 1901.
^^
E
Fig. 2.
Damit der obenerwähnte, dem Kohärer
parallel geschaltete Kondensator seine günstige
Wirkung entfalten kann, ist es erforderlich,
dass der Kohärer im unbeeinflusstem Zustande
einen fast unendlich grossen Widerstand besitzt,
da sonst der Kondensator und die sekundäre
Wicklung des Transformators teilweise durch
den Kohärer kurz geschlossen sind und sich die
Fig. 3.
einzelnen schwachen Impulse nicht genügend
summieren können, um eine für das Ansprechen
des Kohärers erforderliche Potentialdifferenz zu
erzeugen.
Marconi verwendet daher für syntonische
Versuche Kohärer mit sehr feiner Füllung und
nicht zu schmalem Spalt. Unter anderem wer-
den auch die Kohlen- Auto-Dekohärer von Tom-
masina, Pop off und anderen und endlich auch
der Quecksilber- Auto-Dekohärer der italienischen
Marine erwähnt, die sich wegen ihres niedrigen
534
Physikalische Zeitschrift. J. Jahrgang. No. 22.
und fortwährend verändernden Widerstandes aber
für syntonische Zwecke nicht eignen, dagegen
für vorübergehende Versuche bei nicht abge-
stimmten Systemen wegen ihrer grösseren
Leistungsfähigkeit gegenüber dem gewöhnlichen
Kohärer oft nützlich sind.
Zum Schluss beschreibt Marconi seinen
neuen magnetischen Detektor, der die gewöhn-
lichen Kohärer sowohl an Empfindlichkeit und
Zuverlässigkeit als auch Leistungsfähigkeit über-
treffen soll.
Der neue Detektor beruht auf der Verringer-
ung der magnetischen Hysterisis unter der
Einwirkung von Hochfrequenzströmen auf
magnetisiertes Eisen, wie solche bereits von
Henry, Aloria, Lord Rayleigh, Ruther-
ford beobachtet und studiert wurde. In
seiner einfachsten Form besteht der Marco nische
Empfänger aus einigen hartgezogenen Eisen-
drahtstäbchen (oder Stahlstäbchen), die den Kern
eines Transformators bilden, von denen die aus
ein bis zwei Lagen dünnen isolierten Drahtes
bestehende primäre Wicklung mit dem Empfangs-
draht einerseits und der Erde andererseits, die
in einer schmalen Spule über derselben ange-
ordnete aus einem längeren Drahte bestehende
sekundäre Wicklung mit einem gewöhnlichen
Telephonempfänger verbunden ist.
Wird der Eisenkern in ein langsam ver-
änderliches Magnetfeld gebracht, so machen sich
die durch die primäre Wicklung geleiteten
Wellenimpulse durch ein Knacken im Telephon
bemerkbar.
Zum Gelingen dieses Versuches ist es er-
forderlich, dass sich der magnetische Zustand
des Kernes beständig ändert. Marconi lässt
daher vor dem Kern mittels Uhrwerkes einen
Hufeisenmagneten rotieren, der einen kontinuier-
lichen Wechsel in der Magnetisierung des Eisen-
kernes bewirkt.
Marconi bemerkt, dass die hörbaren Zeichen
im allgemeinen bei der Annäherung der Pole
des rotierenden Magneten am g^össten sind.
Gute Resultate wurden auch mit einer Anord-
nung erhalten, bei der der Magnet fest war und
der aus einigen Eisendrähten bestehende ring-
förmige Kern mittels Uhrwerk auf Rollen rotierte.
Diese Form des Detektors wurde mit Erfolg
bei drahtlosen Übertragungen zwischen St. Ca-
therine 's Point (Insel Weight) und North Haven
(Poole) bei einer Entfernung von 30 Meilen und
zwischen Poldhu in Comwall und Poole in
Dorset bei einer Entfernung von 152 Meilen
(109 über See, 43 über Land) angewendet.
Ohne Zweifel würde man auch den Eisen-
kern direkt auf die Telephonmembran wirken
lassen können und so die Sekundärwicklung
sparen.
Der Kohärer eignet sich auch vorzüglich für
abgestimmte Systeme, bei denen er mit der
Sekundärspule des Empfangstransformators ver-
bunden wird. Da er auf bedeutend schwächere
elektromotorische Kräfte anspricht, so können
die Sekundärspulen der abgestimmten Trans-
formatoren bedeutend induktanzärmer ausfallen
und die Abstimmung durch einen bedeutend
grösseren in Serie geschalteten Kondensator
erzieltwerden, als bei Anwendung eines Kohärers.
Die Stromkreise des Empfängers können daher
auch viel präziser abgestimmt werden. Als An-
ruf dient ein Kohärer mit Relais und Glocke,
wenn es nicht gelingen sollte, die Beeinflussungen
des magnetischen Detektors zu registrieren. Zur
Zeit konnten bereits 30 Worte in der Minute
mittels des neuen Detektors übermittelt werden
und es erscheint nicht ausgeschlossen, mehrere
hundert Worte in der Minute zu übertragen.
Zum Schluss geht Marconi auf die Ent-
wicklung der praktischen Anwendung seines
Systems ein, wobei er auch seine transatlan-
tischen Versuche erwähnt, ohne jedoch hierüber
nähere, als bereits bekannte Angaben mitzu-
teilen. Sollte der neue Detektor die in ihn
gesetzten Erwartungen erfüllen, so bezeichnet
seine Erfindung einen neuen Markstein in der
Entwicklung der drahtlosen Telegraphie.
E. Ruhmer.
(Eingegangen 4. Juli 1902.)
BESPRECHUNGEN.
Harry C. Jones, The elcments of physical
chcmistry. New York 1902. 565 Seiten.
Das Bedürfnis, die Probleme der Chemie
unter den weiteren und allgemeineren Gesichts-
punkten der physikalischen Chemie zu betrachten,
wird auch im Auslande immer fühlbarer und es
vergeht, besonders in England und Amerika, kaum
ein Jahr, ohne dass ein Versuch gemacht wird,
eine oder die andere Lücke der englischen
Litteratur auf diesen Gebieten auszufüllen. Vor-
liegendes Werk soll eine Einführuug für den
Anfänger sein und giebt als solche einen ziem-
lich vollständigen Überblick über die Begriffe
und Theorien der allgemeinen Chemie, ohne
viel auf Einzelheiten einzugehen. Besonders
hervorzuheben ist der enge Anschluss an das
Experiment, welcher hier eingehalten wird, die
Entwickelung der modernen Ansichten auf Grund
der experimentellen Daten. Ein weiterer Vor-
zug dürfte die durchgehende Berücksichtigung
der älteren, grundlegenden Arbeiten sein, welche
einen Einbjick in den historischen Wandel der
Anschauungen gestattet.
Einige kleine Mängel wären freilich bei einer
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
535
zweiten Auflage zu berücksichtigen. So sollte
man es wohl nicht unterlassen, bei der Be-
sprechung von Schmelzpunktsregelmässigkeiten
auf die Erscheinungen der Polymorphie einzu-
gehen und auf die Willkür hinzuweisen, welche
infolge dieser Verhältnisse fiir die Wahl des
Schmelzpunktes besteht. Der Rudolphischen
Formel für die starken Elektrolyte wäre wohl
die bessere van't Hoffsche Formel an die Seite
zu stellen gewesen sein. Bei der Beschreibung
der Wasserstoffentwicklung an reinem Zinke bei
der Berührurig mit Platin und ähnlicher Er-
scheinungen wäre wohl der Begriff und die Er-
scheinungen der Überspannung einzufuhren ge-
wesen, ohne welche die gewählten Beispiele nicht
verstanden werden können und dgl, mehr. Ein
wichtigerer,systematischerFehlerscheintaberdem
Referenten die Behandlung des Massenwirkungs-
gesetzes erst an letzter Stelle (im vorletzten Kapitel)
zu sein ; ein Missgriff, der gewisse Ableitungen,
wie z. B. das Ostwaldsche Verdünnungsgesetz,
als eine Art empirischer Formel erscheinen lässt
und der weder historisch noch logisch be-
gründet ist.
Im übrigen werden die fliessende, leicht fass-
liche Darstellung, die möglichste Vermeidung
unnützer Hypothesen und die zahlreichen Ta-
bellen und Litteraturangaben dem Buche wohl
manche Freunde gewinnen, doch wird es dem-
jenigen, der die deutschen Lehrbücher kennt,
kaum etwas Neues bieten können. J. Billitzer.
(Eingegangen 15. Juui 1902.)
HansGeitel, Über die Anwendung der Lehre
von den Gasionen auf die Erscheinungen der
atmosphänschen Elektrizität 27 S. Braun-
schweig, Friedrich Vieweg & Sohn. 1901.
Mk. — 60.
Die Broschüre ist ein Abdruck des auf der
73. Naturforscher- Versammlung in Hamburg vom
Verfasser gehaltenen Vortrages, ergänzt durch
eine Reihe erläuternder Anmerkungen und
Litteraturnachweise. Eine auszugsweise Wieder-
gabe des Inhaltes scheint kaum angebracht, da
derselbe den Lesern der Zeitschrift grossenteils
aus den Einzel Veröffentlichungen des Verfassers
(meist in Gemeinschaft mit J. Elster) bekannt
sein dürfte. Wer sich mit den Fragen der
atmosphärischen Elektrizität näher zu beschäf-
tigen wünscht, für den dürfte ein genaues Stu-
dium der Broschüre selbst sowieso unentbehrlich
W. Kaufmann.
(Eingegangen 15. Juni 1902.)
sein.
L'industrie fran9aise des instruments de pr6-
cision 1901 — 1902. Paris, Hotel des Societes
savantes. 28, Rue Serpente.
Der glänzende Erfolg der deutschen Prä-
zisionsmechanik auf der Pariser Weltausstel-
lung und die allgemeine Anerkennung ihrer
Überlegenheit hat zu einer Syndikatbildung der
französischen Präzisionsmechaniker geführt, mit
dem Ziele, den ausländischen Fortschritten gegen-
über den alten Ruhm wieder zur Geltung zu
bringen. Der vorliegende, nach dem Muster
des Ausstellungskatalogs der deutschen Mechanik
und Optik gearbeitete Sammelkatalog der Syn-
dikatsfirmen ist ein Schritt zu diesem Ziele.
HerrCornu hat die Einleitung dazu geschrieben :
An glanzvollen Namen fehlt es in der Geschichte
der französischen Präzisionsmechanik wahrlich
nicht. Sie sind eng mit den Namen der ersten
französischen Physiker verbunden« Aus dieser
innigen Fühlung mit der Wissenschaft ist einst
der Ruhm der französischer Mechanik gekommen,
sie soll ihn aufs Neue dadurch zu beleben suchen.
— Trotz dieser und mancher anderen guten
Mahnung sucht Cornu im grossen und ganzen
seinen präzisionsmechanischen Landsleuten da-
durch Mut und Stärke zu geben, dass er den
Mund hübsch voll nimmt, und die Erfolge des
Auslandes als nur sclleinbare hinzustellen sucht.
Ob er ihnen damit nützt, ist eine andere Frage.
Das ganze Buch ist aber jedenfalls eine sehr
erfreuliche und allenthalben wertvolle Heerschau
dessen, was alles in Frankreich an präzisions-
mechanischen und optischen Dingen gemacht
wird. Gerade fiir den Physiker ist es angenehm,
alles das übersichtlich, jeder Apparat mit einer
kurzen Beschreibung, beisammen zu haben und
sofort zu wissen, wo er die eine oder andere
französische Spezialität an der Quelle bekommt.
— Der Katalog ist sachlich und vornehm ge-
halten, gut ausgestattet und nach Firmen ge-
ordnet, deren Geschichte und Erzeugnisse er
frei von Marktschreierei aufzählt.
H. Th. Simon.
(Pliugegangen 13. Mai 1902.)
Natur und Schule, Zeitschrift fiir den gesamten
naturkundlichen Unterricht aller SchuJen, her-
ausgegeben von Landsberg, Schmeil und
Scbmid. Leipzig,B.G.Teubner. 1902. I.Halb-
jabr. Preis 6 M.
Die neubegründete, dem Schulbetriebe sämt-
licher naturwissenschaftlichen Fächer dienende
Zeitschrift dürfte in der That einem wirklichen
Bedürfnisse entgegenkommen. Wir heben fol-
gende Aufsätze der vorliegenden 4 ersten Hefte
aus dem Gebiete der Physik hervor.
Börnstein (Berlin) sucht aus dem besondern
Verhalten der Schallstrahlenbrechung in der
Atmosphäre den Umstand zu erklären, dass
Gewitter so häufig nur als Wetterleuchten wahrge-
nommen werden, und dass andererseits Schall-
signale zuweilen des Nachts weiter hörbar sind
als bei Tage. — Kohl schütter (München) bringt
einen gut geschriebenen Aufsatz über die neuer-
536
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 22.
dings entdeckten Bestandteile der Atmosphäre.
Seine Darstellung schlägt den historischen Weg
ein und schildert in wissenschaftlicher Weise alle
Entdeckungsphasen auf dem Gebiete der Luft-
analyse, berührt auch die modernen Anschau-
ungen über die Herkunft der selteneren Luftbe-
standteile, insbesondere des Heliums.
Sonn (Berlin) und Haselbach (Göding)
bringen Schulversuche aus dem Gebiete der
Mechanik flüssiger und gasförmiger Körper, die
sich mit dem allereinfachsten Mitteln aus-
führen lassen und daher sowohl für Eigenbe-
schäftigung der Schüler wie für Volksschulen
sich besonders eignen dürften. Ebeling (Berlin)
berichtet günstig über seine Erfahrungen mit
Chlor in Stahlflaschen beim Unterricht. — Zieht
man noch in Betracht, dass ein ausgiebiger
Nachweis für physikalische Lehrmittel von
Dressler (Plauen-Dresden) geliefert wird, so kann
wohl zugestanden werden, dass die Bedürfnisse der
Physik in der neuen Zeitschrift in erfreulicher
Weise Berücksichtigung finden.
O. Behrendsen.
(Eingegangen 23. Mai 1902.)
Ludwig Dresse], Elementares Lehrbuch der
Physik, nach den neuesten Anschauungen
für höhere Schulen und zum Selbstunterricht
gr. 8^ 1026 Seiten mit 589 Figuren in
2 Bänden. Freiburg im Breisgau, Herdersche
Verlagsbuchhandlung. 19CX5. M. 15. —
Das Buch soll, wie der Verfasser im Vor-
wort bemerkt, ein getreues Bild des heutigen
Standes der Physik entwerfen. Es ist haupt-
sächlich bestimmt als Führer und Ratgeber in
allen physikalischen Fragen für die, welche mit
der elementaren Vorbildung der Gymnasien und
Realschulen ausgerüstet sind. Diese Aufgabe
erfüllt das Buch vollkommen. Der äusserst
reichhaltige Stoff ist in übersichtlicher Weise
klar und leicht fasslich dargestellt, wobei alle
Gebiete mit möglichster Vollständigkeit bis auf
die neuesten experimentellen und theoretischen
Forschungen behandelt werden. Das Buch
leistet mithin nicht nur als Nachschlagebuch
stets vorzügliche Dienste, sondern ist auch zum
Studium allen, die sich mit Physik beschäftigen,
angelegentlichst zu empfehlen. M. Reich.
(Eingegangen 21. April 1902.]
Eingegangene Schriften.
(Eingehende Besprechung vorbehalten.)
Xj*Annee photographique par Albert Reyner. Un vo-
lume de 320 pages avec nombreuses Hgures et illustrations.
Paris, Charles Mendel, editeur, 118 Rue d'Assas. Prix
3 francs.
Auerbach, Felix, Die VVelthenin und ihr Schatten. Kin
Vortrag über VIncrgle und Entropie, gr. 8. IV u. 56 S.
1902. Jena, Gustav Fischer. M. 1.50.
Pitsgerald, Professor, scientific writings 1902. Dablin, Univer-
sity Press Office.
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1901. Dargestellt
von der Deutschen physikalischen Gesellschaft Siebenund-
fünfzigster Jahrgang. Dritte Abteilung. Enthaltend kos-
mische Physik. Redigiert von Richard Assmann. gr. 8.
LVIII u. 610 S. 1902. Braonschweig, Friedrich Vieweg &
Sohn. M. 24. —
Handbuch der Elektrotechnik, herausgegeben von C.
Heinke. Band I. i. Abteilung. Heinke und Ebert,
Die Elektrophysik und die Theorie des Elektromagnetis-
nios. T. Abteilung: Die Entwickelung der Elektrophysik.
Die Uilfsvorstellungen der Elektrophysik. Elektrische Span-
nungserregung und dielektrische Erscheinungen. Bearbeitet
von C. Heinke. Mit 77 Abbildungen. .4. XIV u. 408 S.
1902. Leipzig, S. Hirzel. Gebunden M. 18. — .
Kayser, H, Handbuch der Spectroscopie. Zweiter Band.
Mit 4 Tafeln und 57 Figuren, kl. 4. XI u. 696 S. 1902.
Leipzig, S. Hirzel. M. 40. — . Gebunden M. 44- — .
Pauli, Wolf^^ang, Der kolloidale Zustand und die Vorgänge
in der lebendigen Substanz. Vorgetragen in der morpho-
logisch-physiologischen Gesellschaft am 13. Mai 1902. kl. 8.
32 S. Braunschweig, Friedr. Vieweg & Sohn. M. — .60.
Roloff, Max, Elektrische Femschnellbahnen. Eine kritische
Skizze. Mit sechzehn Abbildungen, gr. 8. IV u. 67 S.
1902. Halle a. S., Gebauer- Seh wetschke, Druckerei und
Verlag m. b. H. M. 1.35.
— Die Theorie der elektrolytischen Dissociation. gr. 8. IV u
84 S. 1902. Berlin, Julius Springer. M. 2. — .
Stark, Johannes, Die Elektrizität in Gasen. Mit 144 Ab-
bildungen, gr. 8. XXVIII u. 509 S. 1902. Leipzig, Johann
Ambrosius Barth. M. 12. — , gebunden M. 13.—.
Vogel, B., Taschenbuch der praktischen Photographie. Ein
Leitfaden fÄr Anfänger und Fortgeschrittene. Zehnte Auf-
lage. (26. — 30. Tausend.) Bearbeitet von Paul Han necke.
Herausgeber der Photographischen Mitteilungen. Mit 74 Ab-
bildungen und 9 Tafeln. 16. VIII u. 321 S. 1902. Berlin,
Gustav Schmidt. M. 2.50.
Personalien.
(Die Herautgeber bitten die Herren Fachgenossen, der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung su machen.)
Dr. C. H.Wind, Lektor der physikalischen Chemie und
mathematischen Physik an der Universität zu Groningen, der
im Mai d. J. einen Ruf als o. Professor der mathematischen
Physik an der Universität Utrecht an Stelle des verstorbenen
Professors V. A. Julius abgelehnt hatte, wurde zum Haupt-
direktor des KönigL Niederländ. Meteorologischen Instituts
zu De Bilt, der frühere a. o. Professor an der Universität
Berlin Dr. H. E. J. G. du Bois zum o. Professor der mathe-
matischen Physik an der Universität Utrecht, der Privatdozent
an der Technischen Hochschule in Wien Wilhelm Suida
zum o. Professor der chemischen Technologie organischer
Stoffe an der genannten Hochschule, der a. o. Professor Dr.
Max Wolf in Heidelberg zum o. Professor der Astro- und
Geophysik und «um Vorstande der Sternwarte, der Privat-
dozent der Maschinenbaukunde an der Technischen Hochschule
Darmstadt Camer er zum a. o. Professor an der Technischen
Hochschule München ernannt
An der Universität Bonn habilitierte sich Dr. Heinrich
Konen für Physik, bei der philosophischen Fakultät der
Universität Berlin Dr. Leopold Spiegel fUr Chemie, an der
Universität Bonn Dr. Konrad Laar für Chemie, an der Uni-
versität Marburg der Assistent am Physikalischen Institut Dr.
F. A. Schulz für Physik, an der deutschen Technischen Hoch-
schule Prag Dr. W. Gintl für analytische Chemie.
Der a. o. Professor der Chemie an der Universität München
Hofmann lehnte den Ruf als o. Professor an der Universität
Basel ab.
Dem Privatdozenten der Chemie an der Universität zu
Breslau Dr. Max Scholtz ist das Prädikat „Professor" bei-
gelegt worden.
Ffir die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
jT
Physikalische Zeitschrift
No. 23.
Originalmitteilungen :
C. Forch, Über die Wäimetönung
von festem und flüssigem Na])htalin
in verschiedenen Lösungsmitteln.
s. 537.
P. Konen, Spektra der Entladungen
in Flüssigkeiten. S. $37.
Mitteilungen aus dem Physikalischen
Institute der Universität Pisa.
No. 12: A. Battelli und L. Magri,
Cber oszillatorische Entladungen
(1. Teil). S. 539.
I. September 1902.
Redaküonsichluss Hir No. 24 am 3. September 190a.
INHALT.
N. Hehl, Über die Dimensionen der
Gebilde an der Kathode. S. 547.
W. Seitz, Abhängigkeit der Absorp-
tion, welche Kathodenstrahlen in
einem dünnen Blättchen erleiden,
vom Entladungspotential. S. 552.
J. J. T. Chabot, Über den Durchgang
des elektrischen Stromes durch ein
gasförmiges Medium im Felde ro-
tierender Magnete. S. 553.
Zusammenfassende Bearbeitungen:
II. Meld au, Die Kompensation des
SchifTskompasses. S. 554.
3. Jahrgang.
Besprechungen:
Michael Faraday, Experimental-
untersuchungen über Elektrizität.
S. 558.
H. Crew und R. R. Tatuall, Ein
Laboratoriumshandbuch der Physik,
S. 558.
J. H. van't Hoff, Vorlesungen über
theoretische und physikalische Che-
mie. S. 559.
Tagesereignisse. S. 559.
Personalien. S. 560.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
Über die Wärmetönung von festem und
flüssigem Naphtalin in verschiedenen Lösungs-
mitteln.
Von Carl Forch.
Nachdem Vorversuche ergeben hatten, dass
die Lösungs wärme von Naphtalin in Schwefel-
kohlenstoff bei Zimmertemperatur von der Kon-
zentration der entstehenden Lösung in weiten
Grenzen (von \ Proz. bis 14 Proz.) so gut wie
unabhängig ist, und ihr zahlenmässiger Betrag
bis auf die den vorläufigen Versuchen anhaften-
den Beobachtungsfehler mit den von Alluard')
und Pickering^) angegebenen Werten der
Schmelzwärme des Naphtalins übereinstimmt,
entstand von selbst die weitere Frage, ob
beim Vermischen von flüssigem Naphtalin
mit beliebigen organischen Lösungsmitteln noch
eine Wärmetönung auftrete.
Als Kalorimeter diente ein unten geschlos-
senes Stück Messingrohr. In dem doppelt durch-
bohrten Verschlusskork sass neben dem Thermo-
meter ein dünnwandiges unten geschlossenes
Glasröbrchen, welches das Naphtalin enthielt.
Nachdem der Wärmeaustausch zwischen dem
Lösungsmittel und dem Naphtalin eingetreten
war, erfolgte die Mischung, indem das Glasrohr
durch Aufstossen gegen den Boden des Kalori-
meters zertrümmert wurde. Das letztere befand
sich in einem Becherglas, das als Luftmantel
diente. Dieses stand seinerseits wieder in einem
entsprechend temperierten Wasserbad. Es Hess
sich so bei einfachen Hilfsmitteln eine genügende
Temperaturkonstanz leicht erreichen. — Der
Wasserwert des Kalorimeters samt Thermometer
und Glasröhrchen betrug etwa 6,5 bis 7 g Kai.
Als Lösungsmittel wurden wegen ihres relativ
hohen Siedepunktes Toluol und Amylacetat
gewählt.
i) Lieb. Ann. 118, 150, 1860; Fortschr. d. Phys. 1859.
2) Proc. Roy. Sog. 49, 11, 1891; ForUchr. d. Phys. 1891.
Versuche.
Anfangs- End-
Temperatur
Temperatur-
änderung
för je I g
' Naphtalin
Toluol
23.3 g
Amylacetat
2<.3ß
Amylacetat
20,5 g
Naphtalin
2,7 g fest
weitere
3.3g fest
2,5 g fest
weitere
1,9 g fest
74,00
71.5^
73.5''
78,5«
67,5«
63,70
68,o0
74.5°
Toluol
26,9 g
3,2 g flüssig
8i,o0
80,20 1
weitere
1
3,4g flüssig
82,30
81,4»
3»' »» »»
8o,80
79.7»
2,5gTlüssig
81.3°
8i,oO
weitere
34gflüssig
8o,oO
79.8«
3i' »> It
85,20
ss^"
—2,400
—2,360
—2,20
— 2,lO
—0,250
—0,260
-0,35^
— 0,120
— o,o60
4-0,060
Während bei der Lösung von flüssigem
Naphtalin in Amylacetat noch eine merkliche
Wärmetönung auftritt, ist dieselbe für die Lö-
sung in Toluol fast ganz verschwunden. —
Eingehendere, bereits begonnene Versuche
sollen die Frage entscheiden, ob bei verschie-
denen Lösungsmitteln ein Unterschied in der
Wärmetönung fiir Naphtalin, wie er in den
vorstehenden Zahlen angedeutet ist, auftritt.
Darmstadt, phys. Inst. d.Tech. Hochschule.
(Eingegangen 31. Juli 1902.)
Spektra der Entladungen in Flüssigkeiten.
Von P. Konen.
Die Spektra, die auftreten, wenn Entladungen
durch Flüssigkeiten gehen, sind wiederholt 0,
1) Vergl. Kays er, Handbuch der Spektroskopie 1, 172.
538
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
ebenso wie die dabei auftretenden chemischen
Vorgänge*) geprüft worden, ohne dass jedoch
eingehendere oder ins Ultraviolett reichende
Untersuchungen ausgeführt worden waren. Nur
für Funkenentladungen zwischen Metallelektroden
liegen die merkwürdigen Ergebnisse vor, die
von Wilsing^) und in neuester Zeit von
Hale^) und Lockyer^) erzielt wurden. Die
beiden letzten Arbeiten lernte ich erst nach
Beendigung der meinigen kennen.
Untersucht wurden die Spektra, die auf-
treten, entweder wenn man den Bogen zwischen
Metall- oder Kohleelektroden in verschieden-
artigen Flüssigkeiten brennen lässt, oder wenn
Büschelentladungen, oder endlich, wenn Funken-
entladungen in Flüssigkeiten erzeugt werden.
Den Ausgangspunkt bildete die Absicht,
ein bequemes Hilfsmittel zur Erzeugung licht-
starker Bandenspektren ausfindig zu machen
und zu prüfen, ob die Methode der Flüssigkeits-
entladungen in Fragen, die die Herkunft der
Bandenspektren betreffen, verwendbarer sei, als
die bisher benutzten Entladungen in Geissler-
röhren oder in Gasen von Atmosphärendruck.
Nach beiden Richtungen erfüllte die Methode
nur teilweise die Hoffnungen, die man a priori
auf sie setzen könnte.
Die entstehenden Spektren wurden mit
einem kleinen Rowlandschen Konkavgitter
von I m Krümmungsradius auf Films photo-
graphiert.
Als Lichtquelle diente zunächst der Bogen,
den man zwischen Metallelektroden oder reinen-
oder präparierten Kohleelektroden in Flüssig-
keiten hervorrufen kann. Als solche dienten:
destilliertes Wasser, Salzlösungen verschiedener
Konzentration und Zusammensetzung, Ammo-
niak, verdünnte Säuren, Alkohol, Terpentinöl,
Tetrachlorkohlenstoff, AniIin,Petroleum, Glycerin,
Schwefelkohlenstoff, Benzol.
Neue Bandenspektren wurden nicht be-
obachtet. Neben einem kontinuierlichen Spek-
trum, das bei Metallelektroden am schwächsten
war, erschienen regelmässig die beiden Linien
3934 und 3969 des Ca, ausserdem meistens
die Aluminiumlinien 3944 und 3962, sowie
weitere Teile des Ca-Spektrums von ver-
schiedener Ausdehnung, endlich auch die Na-
Linien und zwar die letzteren dunkel auf hellem
Grunde, während die anderen Linien hell resp.
selbst umgekehrt waren.
Von Metallspektren wurden geprüft diejenigen
von Fe, Cu, Zn, St, Ca, Ba, Na, K, Li, Tl.
i) B. Lepsius, Chem. Ber. 23, 141 8, 1642, 1890.
J. Bredig, Zs. Elektrochemie 4. 514, (1898.) W. Lob, ib.
1902. Sep. — Chem. Ber. 34, 915 1901 u. a.
2) J. Wilsing, Berl. Ber. 426, 750. 1899
3) G. E. Haie, Aslrophys. J. 16, 132— »35. ^9^^-
4) J. N. Lockyer, ib. 16, 190—198, 1902. — Proc.
Roy. Soc. 70, 31—37, 190a.
Die Metalle wurden entweder als stabformige
Elektroden oder als Salze verwendet. Im
letzteren Falle wurde eine durchbohrte Kohle
benutzt oder der Bogen in der betreffenden
Salzlösung gebrannt.
Soweit die Dispersion des kleinen Gitters
ein Urteil zulässt, traten keine Linienver-
schiebungen ein. Die Linien der Metalle waren
eben so scharf oder schärfer als in Luft; die
Zahl der Umkehrungen geringer. Dagegen
zeigten sich ähnlich wie in den von Crew*),
Basquin^ und Porter*) am Luftbogen be-
obachteten Fällen erhebliche Intensitätsunter-
schiede gegen den in Luft brennenden Bogen.
Einzelne Linien haben verminderte oder relativ
erhöhte Intensität; andere fehlen gänzlich.
Die Natur der umgebenden Flüssigkeit ist
von geringem Einfluss auf das Spektrum des
Bogens, was die Metalllinien anlangt. Dies gilt
selbst für Salzlösungen. Am empfindlichsten
sind Kohlestäbe. Trotzdem kann man in einer
mehrprozentigen Lithiumlösung das Bogen-
spektrum photographieren, ohne Lithiumlinien
zu erhalten. In konzentrierten Lösungen von
CaCl2 und BaCl2 erschienen zwar die stärksten
Linien des Baryums resp. des Calciums, allein
sie waren verhältnismässig schwach.
Ausschlaggebend ist vor allem die Natur
der Elektroden. Man erhält daher die ge-
wünschten Spektren, wenn man die Kohlen
imprägniert, oder Metallstäbe nimmt.
Im Gegensatz zu den Linienspektren werden
die im Kohlebogen auftretenden Bandenspektren
der Kohle durch die umgebende Flüssigkeit
wesentlich beeinflusst.
In reinem Wasser, Salzlösungen, Alkohol,
Terpentinöl, Glycerin, CCI4 fehlen die „Cyan"-
banden. Kleine Mengen von Luft genügen je-
doch schon, um die Bande 3883 spuren weise er-
scheinen zu lassen. In Ammoniak oder nach
Einblasen von Luft oder Stickstoff entwickelt
sich das Cyanspektrum. Es wird somit die
herrschende Ansicht bestätigt, dass das Cyan-
spektrum einer Stickstoffverbindung der Kohle
zukommt.
Weiterhin wurde dann das Swanspektrum
untersucht, mit besonderer Rücksicht auf die
neuerdings von Stokes, Smithells*) und
Baly und Syers^) verfochtene Ansicht, dass
das Swan-Spektrum einer Sauerstoffverbindung
der Kohle und zwar dem Kohlenoxyd, das bis-
her Kohlenoxyd genannte Spektrum dem
Kohlendioxyd zukomme. Versteht man unter
dem Swan-Spektrum dasjenige Bandenspektrum,
i) H. Crew, Astrophys. J. 12, 167 — 175 1900.
2) O. H. Bas quin, Astrophys. J. 14, i — 16 1901.
3) R. S. Porter, Astrophys. ü. 15, 274—282 (1902.)
4) A. Smithells, Phil. Mag. i (6), 478, 1900.
5) E. C. Baly und H. W. Syers, Phil. Mag. 2 (6),
3S6— 391 1901.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
539
das seine Hauptkanten bei 4382, 4738, 5164,
5633, 6187 besitzt, so zeigte sich das Swan-
spektrum nicht nur, wenn der Kohlebogen in
Wasser, in Alkohol, in Glycerin, in Terpentinöl,
und in Ammoniak brannte, sondern es gelang
auch in Petroleum, in Anilin, in Tetrachlor-
kohlenstoff und in Schwefelkohlenstoff die Banden
des in Rede stehenden Spektrums photographisch
aufzunehmen. Die Elektroden wurden im letzten
Falle im Vakuum geglüht, dann unter Abschluss
der Luft mit der zu prüfenden, möglichst ge-
reinigten Flüssigkeit getränkt und endlich durch
Brennen des Bogens in derselben Flüssigkeit
mit einer festen, graphitähnlichen Schicht über-
zogen, deren Dicke während des Versuches
beständig zunahm.
Da es nun unmöglich ist, irgend eine
Flüssigkeit oder irgend einen Körper so zu
reinigen, dass nicht Spuren von Sauerstoff noch
anwesend sind, so wird man in den genannten
Versuchen kein Hindernis für die Stokes-
Smithellssche Theorie erblicken können,
wofern man annimmt, dass der Kohlebogen
gegen die geringsten Mengen Sauerstoff empfind-
lich ist. Obwohl nun das sonstige Verhalten
des Bogens durchaus nicht zu Gunsten der letz-
teren Meinung spricht, wird man, scheint es mir,
vom Standpunkte einer vorsichtigen Kritik sich
eines bestimmten Schlusses auf den Ursprung
des Swanspektrums enthalten müssen, trotz der
Vorteile, die der Flüssigkeitsbogen vor anderen
Methoden voraus hat. Von demselben Stand-
punkte aus sind dann aber auch alle bis-
herigen Versuche, schon ihrer Methode wegen,
für die die gegen den Flüssigkeitsbogen vor-
gebrachten Gründe in verstärktem Masse gelten,
von vornherein als nicht beweiskräftig ab-
zulehnen und es bleibt nur übrig, zur end-
lichen Entscheidung der alten Streitfrage mehr
indirekte Wege einzuschlagen.
In Übereinstimmung mit den beim Flüssig-
keitsbogen beobachteten Erscheinungen standen
diejenigen, welche die Büschelentladungen boten.
Dieselben wurden mit verschiedenen Induktions-
apparaten bis zu I m Schlagweite in den be-
reits genannten Flüssigkeiten hervorgerufen,
soweit dies gelang. Die Elektroden waren
aus verschiedenen Metallen angefertigt. Meistens
wurden zwei Platinelektroden verwendet, von
denen die eine bis zur Spitze in Glas ein-
geschmolzen war. Die Spektren der Büschel
waren zu lichtschwach, um mit dem Gitter
photographiert werden zu können. Ich musste
mich auf Okularbeobachtungen beschränken.
Linien des Elektrodenmetalls wurden nicht be-
merkt, dagegen war die Zusammensetzung der
Flüssigkeit entscheidend.
In destilliertem und gewöhnlichem Wasser
erschienen die Natrium- und Wasserstofflinien.
In stärkeren Salzlösungen traten keine Büschel
auf. In Alkohol sieht man neben den
D-Linien und den Linien des Wasserstoffs
sehr schön das Swan-Spektrum. Dasselbe
findet man in Äther und in Glycerin.
Benutzt man nunmehr eine nicht konden-
sierte Funkenentladung, so erhält man neben
einem hellen kontinuierlichen Spektrum und den
von der Flüssigkeit herrührenden Bestandteilen
des Spektrums auch Linien des Elektroden-
metalls. In allen kohlenstoffhaltigen Flüssig-
keiten tritt ausserdem das Swan-Spektrum auf.
Geht man endlich zu kondensierten Funken
über, so zeigen sich die schon von Wilsing
beobachteten Erscheinungen und der ganze
Vorgang geht mit explosionsartiger Heftigkeit
vor sich.
Mit Kohleelektroden erhielt ich in ver-
schiedenen Flüssigkeiten nur ein kontinuierliches
Spektrum, keine Banden. Mit Aluminium- und
mit Kupferelektroden zeigen sich neben den
Metalllinien auch die Wasserbanden und zwar
dunkel auf hellem Grunde. Ein Teil der
Metalllinien ist umgekehrt und verschoben, nach
Rot hin. Im Kupferspektrum sind z. B. nur
die Linien 3244 und 3274 umgekehrt, andere
sind einseitig verbreitert, verstärkt oder ge-
schwächt, oder fehlen gar. Der von Haie
unter Verwendung von Wechselstrom nach-
gewiesene umkehrende Effekt von Salzlösungen
und insbesondere von BaCl2 -Lösung, konnte
nicht an den Entladungen des Induktoriums
von I m Schlagweite beobachtet werden, das
mit Gleichstrom und Quecksilberunterbrecher
betrieben wurde. Die kompliziertesten Er-
scheinungen zeigte das Eisenspektrum. Hier
finden sich alle Modifikationen, wieUmkehrungen,
Verschiebungen, einseitige Verbreiterungen und
Intensitätsänderungen gleichzeitig. Ich behalte
mir vor, auf das Detail dieser Änderungen an
anderer Stelle ausfuhrlicher einzugehen.
(Eingegangen 31. Juli 1902.)
Mitteilungen aus dem physikalischen Institute
der Universität Pisa. (Direktor: A. Battelli.)
No. 12: A. Battelli und L. Magrit Über oszilla- \^r
torische Entladungen mf. Teil).
Allgemeine Beschreibung der Methode.
Das Problem der oszillatorischen Entladung
hat durch die bisherigen, teils theoretischen,
teils experimentellen Untersuchungen keine voll-
ständige Lösung gefunden. Denn dieses Pro-
blemwird durch verschiedene Umstände schwierig
gemacht, z. B. durch das Verhalten des Dielek-
trikums, das zwischen die Belegungen des Kon-
densators eingeschoben ist, durch die Gegenwart
des Funkens und die Veränderlichkeit seines
Widerstandes während der verschiedenen Mo-
540
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
mente der Entladung, durch die ungleiche Ver-
teilung der Entladung in dem Querschnitte des
Konduktors u. s. w. Man hat diese Umstände
entweder nicht in Rechnung gezogen, oder man
hat sie sowohl in theoretischen wie auch in
experimentellen Untersuchungen ohne Rücksicht
auf ihren Zusammenhang geprüft. Auch die
Verteilung der vorhandenen Energie in den
verschiedenen Teilen des Entladungsstromkreises
ist noch nicht systematisch und mit Bezug auf
die Oszillationsperiode untersucht worden. Wir
haben deshalb das Phänomen einer allgemeinen
und systematischen Prüfung unterworfen und
haben in ein und dieselbe experimentelle An-
ordnung Apparate eingestellt, die uns gestatten,
die Oszillationsperiode, die bei Beginn der Ent-
ladung vorhandene Energie, die thatsächlich
entladene Elektrizitätsmenge, und die in Gestalt
von Wärme in den verschiedenen Teilen des
Stromkreises zerstreute Energie zu messen.
I. Messung der Oszillationsperiode.
A. Überblick über frühere Untersuch-
ungen. Die Untersuchungen, die man vorge-
nommen hat, um die wohlbekannte W. Thom-
son sehe Formel zu beweisen (für die Oszilla-
tionsperiode T in einem Stromkreis mit der
Kapazität C, der Selbstinduktion L und dem
Widerstand R ist die Grösse von T
T =
2^
f T i
LC 4Z2
sind auf zweierlei Weise geführt worden, einmal
indem man den Funken photographierte, wie
Feddersen zuerst angab, oder indem man die
Kurve bestimmte, welche die Veränderung des
Stromes der Ladung oder der Entladung eines
Kondensators als Funktion der Zeit darstellt.
Nach ersterer Methode wurden ausser den Ver-
suchen von Feddersen*) und Lorenz^) kürz-
lich sehr genaue Messungen von f^^wbridge
und Sabine^) und von Lodge und Glaze-
brook^) mit einem Luftkondensator und von
Miesler^) mit Leydenerflaschen ausgeführt,
durch welche sämtlich die Thomson sehe Formel
hinreichend bewiesen wurde.
Unter den sorgfältigsten Untersuchungen, die
nach der zweiten Methode unternommen worden
sind, müssendie Arbeiten von Hiecke^), Wulf),
Tollquist^), Seiler^) und von Webster**^) ge-
i) Pogg. Ann. 103, 69, 1858; 108, 297, 1859: 113, 437,
1861; 110, 132, 1862.
2) Wied. Ann. 7, l6l, 1879.
3) Phil. Mag. (5) 30, 323, 1890.
4) Canibr. Phil. Trans. 18, 136, 1899.
5) Wien. Ber. 99, IIa, 579, 1890.
6) Wien. Ber. 96, IIa, 134, 1887.
7) Wien. Ber. 106, Ha, 667, 1896.
8i Wied. Ann. 00, 248, 1897.
9) Wied. Ann. 61, 30, 1897.
10) Phys. Rew. 6, 297, 1898.
nannt werden, die sich spezieller Unterbrecher
in Pendelform oder in der Form eines fallenden
Gewichtes bedienten, auch von ihnen wurde die
Thomsonsche Formel als übereinstimmend mit
den experimentellen Ergebnissen anerkannt.
Aber wie genau und wichtig diese Unter-
suchungen auch sind, so muss man doch den
Einwand erheben, dass sie sämtlich — mit Aus-
nahme der Mi es 1 ersehen Arbeit — sich auf
besondere Einzelfälle beziehen, und folglich als
vollständige Beweise der Theorie nicht zu ver-
wenden sind. Die Mi es 1 ersehen Untersuchungen
lassen aber Zweifel aufkommen an der Genauig-
keit der erhaltenen Werte wegen der Unsicher-
heiten, die die Messungen der Zeit und der
Photographien der Funken aufweisen. Sehr
gut sind die Messungen nach der Methode der
Ladungs- und Entladungskurven, aber mit ihnen
hat man keine sehr kurzen Perioden erlangt
Es schien uns also angezeigt, über eine so
wichtige Frage neue und ausgedehntere Unter-
suchungen anzustellen.
Von beiden obengenannten Methoden nähert
sich die zweite, bei der keine Funken in den
Stromkreis eingeführt werden, am meisten den
theoretischen Bedingungen, die dazu dienten,
die zu beweisende Formel aufzustellen; aber
abgesehen von der Schwierigkeit, welche eine
genaue Messung der Zeit verursacht und ihrer
Unanwendbarkeit auf Messungen von sehr kurzen
Perioden, bezieht sie sich nicht auf die Fälle, die
die grössere praktische Bedeutung besitzen, bei
denen sich gerade auch im Stromkreis der
Funken zeigt.
Wir wählten deshalb für unsere Untersuch-
ungen die Methode der Photographie des
Funkens mit einem rotierenden Spiegel; bei
Berücksichtigung aller in Betracht kommender
Umstände führt er zu sehr genauen Messungen
auch kurzer, z. B. weniger Millionstel Sekunden
langer Perioden.
B. Methode und benutzte Apparate bei
unseren Untersuchungen für die experi-
mentelle Messung von T, Bei der von uns
gewählten Methode der Funkenphotographie ver-
wenden wir einen ebenen Spiegel, der durch
eine besondere, eigens zu diesen Zweck vom
Institutsmechaniker konstruierte Turbine be-
wegt wird, von der Fig. i ein Bild giebt; in
ihren wesentlichen Teilen gleicht sie der Fou-
c au It sehen. Um sie in Gang zu setzen, ver-
wendeten wir erst stark überhitzten Wasserdampf;
später fanden wir es bequemer, einen auf
6 Atmosphären komprimierten Luftstrahl der
aus einem grossen Behälter geliefert wird, zu
benutzen. Die komprimierte Luft muss absolut
frei von jedem Staubkörnchen und jedweder
anderen Unreinheit durch Filtration durch mehrere
dichte metallische Netzschichten geworden sein;
sie strömt in die Kammer PP ein, strömt dann
Physikalische Zeitschrift. 3.' Jahi^ng. No. 23.
Fig. 1.
durch zwei Öffnungen aus und trifift dann auf
den Kranz C von kleinen Schaufeln, der zu-
sammen mit dem Stahlspiegel 6* und dem Zahn-
rad R von der Achse A gehalten wird. In dieses
Rad R greift ein anderes, gleiches Rad Ä' ein,
das von der Achse A^ gehalten wird, auf wel-
cher der Spiegel S^ befestigt ist. Die Achsen
werden durch die Regulierschrauben V V, f ' f
gehalten, die in ihrer ganzen Länge durchbohrt
sind und unten gleichfalls durchbohrte Saphir-
scheiben tragen, um eine andauernde Ölung zu
ermöglichen. Von dieser Ölung ist der Gang
der Turbine sehr abhängig; zu wenig öl lässt
die Reibung zu gross werden; kommt zu viel
Öl, so dringt es zwischen die bewegliche Scheibe
und das Verteil ungskästchen.
Das von einem photographischen Objektiv
gegebene Bild des Funkens wird vom ersten
Spiegel auf den zweiten und von diesem auf
die photographische Platte reflektiert, mit dop.
pelter Geschwindigkeit als bei Anwendung eines
einzigen Spiegeis. Doch haben wir bei diesen
Versuchen nur den Spiegel S benutzt.
Die Drehungsgeschwindigkeit der Turbine
wird mittels eines Rosshaares gemessen, welches
auf der Achse A befestigt ist, und bei jeder
Drehung ein Zeichen auf einen mit berusstem
Papier bedeckten Messingcylinder macht; auf
diesen zeichnet auch eine elektromagnetische
Stimmgabel mit genau bekannter Periode ihre
Kurve. Eine geeignete Einstellung des Uhr-
werks lässt den Cylinder im gewünschten Moment
eine einzige Drehung mit ausreichend konstanter
Geschwindigkeit ausfuhren,
Fig. 2 zeigt die Turbine mit dem drehbaren
Cylinder und der Stimmgabel.
An den Säulen der Turbine sind zwei starke
Eisenstützen angebracht, auf denen der Rahmen
befestigt ist, der die photographische Platte
3 X 1 2 cm trägt.
Der Funken, der photographiert werden soll,
entsteht in A im Innern eines Holzkastens
(Pig- 3). der die Ausstrahlung verhindert; das
Licht dieses Funkens geht durch das Loch 0,
Fig. 2.
das durch einen pneumatischen Verschluss ge-
öffnet und geschlossen wird, und gelangt zu
dem Objektiv, Zeiss-Astigmat L. Das durch L
entstandene Bild, wird bei geeigneter Stellung
des rotierenden Spiegels .S auf die photogra-
phischen Platte F reflektiert.
Die Versuche verliefen folgendermassen.
War der Luftdruck im Behälter auf 5 oder 6
Atmosphären gestiegen, so wurde die elektro-
magnetische Stimmgabel erregt und die photo-
graphische Platte auf ihren Rahmen gebracht;
nun beginnt die komprimierte Luft in die Tur-
bine zu strömen, welcher Vorgang durch einen
Hahn reguliert wird, mit dessen Hilfe man die
Geschwindigkeit bis zu der gewünschten Grösse
langsam und regelmässig steigen lassen kann:
der Vergleich zwischen dem Ton, den die Be-
wegung der Achse verursacht und dem der
Stimmgabel gestattet schätzungsweise ein Urteil
darüber, ob die gewünschte Schnelligkeit er-
reicht ist oder nicht. Gewöhnlich war die Ge-
schwindigkeit so gross, dass der der Turbine
eigentümliche Ton schon die Grenze der Wahr-
542
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
nehmbarkeit überschritten hatte, und dass man
nur den Ton der Achse hörte, aus dessen Kon-
stanz (die man durch Vergleich mit dem Ton
der Stimmgabel, mit der sie nahezu unisono
tönt, leicht kontrollieren kann), sich die Gleich-
förmigkeit der Bewegung beurteilen lässt.
Ist diese Gleichförmigkeit erreicht, so lässt
man die Entladungen zwischen den Kugeln des
Funkenmessers vor sich gehen; sowie man auf
der Scheibe F das vom Spiegel reflektierte Bild
eines Funkens bemerkt, schliesst man den Ver-
schluss und setzt den mit geschwärztem Papier
umhüllten Cylinder in Bewegung, auf den die
Achse der Turbine und die Spitze der Stimm-
gabel die betreffenden graphischen Aufzeich-
nungen machen, aus denen man die Geschwin-
digkeit des Spiegels erfährt.
Im allgemeinen machten wir 6 oder 7 Pho-
tographien für jede Oszillationsperiode und für
jede Schlagweite.
Die Bestimmung der Entfernung zwischen
den Bildern der verschiedenen elementaren Fünk-
chen, die die Entladung zusammensetzen, geschah
mittels einesFromentschenKomparators, dessen
Nonius, der mit einem mit Netzwerk versehenen
Okular abgelesen wurde. Vi 00 n^ni zu messen
gestattete. Die Messung wurde viermal auf
jeder Platte gemacht: zweimal indem letztere
in einer Richtung und zweimal indem sie in
der entgegengesetzten bewegt wurde; dann
nahmen wir das Mittel der Messungen für die
Funken, welche die positive Strahlung an der
oberen Elektrode, und für die, welche sie an
der unteren Elektrode zeigen; doch unterliessen
wir es, die letzten Fünkchen zu messen, welche
aus Mangel an Lichtstärke zu unsichere Bilder
gaben.
Aus diesen, auf den Kreisbogen bezogenen
Messungen, und aus der Messung der Drehungs-
geschwindigkeit des Spiegels kann man leicht
die Grösse der Oszillationsperiode T der Ent-
ladung entnehmen. Tabelle I enthält die Re-
sultate der Messungen für je eine der längsten,
eine mittlere, und eine der kürzesten von uns
gemessenen Perioden; aus Raumersparnis geben
wir nur Maximum und Minimum der experi-
mentellen Grössen, aus denen wir das Mittel
berechnet haben.
Aus dieser Tabelle wird ersichtlich, dass
auch bei den grössten Messungsschwierigkeiten
der Irrtum, den man in der Bewertung der
Periode begehen kann, 2 Proz. nicht erreicht,
und dass für nicht sehr kurze Perioden eine
noch grössere Genauigkeit möglich ist.
Wir glauben nicht, dass gegenwärtig grössere
Präzision erreichbar ist, als die uns geglückte,
und werden an passender Stelle unsere Gründe
hierfür aussprechen.
Wollen wir nun die experimentelle Grösse
mit der theoretischen vergleichen, die man für
die Periode aus der Thomson sehen Formel
gewinnt, so muss man die Grösse der Kapazität,
der Selbstinduktion und des Widerstandes des
Stromkreises der Entladung mit der gleichen
Genauigkeit ermitteln. Wir haben sie auf fol-
gende Weise gewonnen.
C. Kapazität, Widerstand und Selbst-
induktion des Stromkreises.
a) Kondensator. Um Störungen zu be-
seitigen, die das Eindringen der Ladung ver-
ursacht, mussten wir einen Luftkondensator
benutzen, den wir für diese Versuche eigens
gebaut haben. Er besteht aus 70 ebenen Platten
aus Spiegelglas, 70 x 35 cm gross, die 0,7 bis
I cm dick und auf beiden Seiten bis 3,5 cm
ringsum vom Rande entfernt, mit Stanniol be-
deckt sind. Die metallischen Belegungen haben
also die Grössen von 63 x28 cm; die auf beiden
Seiten ein und derselben Platte liegenden Stan-
niolblätter sind miteinander verbunden.
Die 70,Scheiben sind in zwei Batterien, jede
von 35 Platten geordnet, und sind durch kleine
Glasprismen voneinander getrennt, die genau
in den gleichen Dimensionen gewählt werden
und sich auf die nicht mit Stanniol bedeckten
Teile stützen. Die mittlere Entfernung zwischen
den Belegen beträgt 0,73 für den ersten und
0,738 cm für den zweiten Kondensator.
b) Messung der Kapazität. Aus den
oben angegebenen Massen würde man nach der
bekannten Formel von Maxwell für die theo-
retische Kapazität unserer Kondensatoren die
Grössen von 6533 resp. 6576 cm erhalten. Aber
aus Versuchen, die Dr. Gragnani in unserem
Institut vorgenommen, aber noch nicht veröffent-
licht hat, geht hervor, dass für Kondensatoren
Tabelle I.
Entladungskreis, seine Selbstinduktion
und gesamte Kapazität
Schlag-
weite
Experimentelle Grössen der Periode Zzh\ der ' Theoretische
' I Messungen Grösse
Grosse, auf Marmor gewickelte Spirale
Z = 4546000 cm, C*= 14175 cm
Kleine, auf Ebonit gewickelte Spirale
^ = 57797 cm, C= 3568 cm
Kup ferkreis
L =^ 9242 cm , C == 3568 cm
T
2
mm
i
»I
5
)>
Maximum
54,44x10-»
3,173x10-0
1,232x10—6
Minimum
Mittel
52,96x10-0
53,76x10-6
2,904X 10—6 3,024x10—6
1,189X10—6 I,?I2XIO-6
12
16
14
53,17X10-«^
3,008X10—«
1,201X10—8
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
543
in den Dimensionen des unsrigen die Formel
nicht stimmt; und da sich andere Unsicherheiten
aus der Dicke des Glases auf dem die Stanniol-
blätter geordnet sind, aus einem möglichen
Mangel an Parallelismus zwischen den Belegungen
und aus dem Einfluss, den die Nähe der Wände
und des Fussbodens des Zimmers ausübt, er-
geben können, so haben wir die Kapazität
unseres Kondensators zuerst durch Vergleich
mit einem Normalmass und dann durch experi-
mentelle Bestimmung der absoluten Grösse ge-
messen.
1 . Der Vergleich ist mit einem Normalmass
No. 1099 der Firma Latimer Clark Muhished & Co.
(Westminster) vorgenommen, für welchen Profes-
sor R oiti *), der ihn uns überlassen hat, die Grösse
von 0,3359 mikrof. angab; das ergiebt, in die
jetzt angenommenen, absoluten Einheiten über-
tragen, 0,3363 mikrof. Dieser Vergleich, der
ausgeführt wurde, indem das Normalmass und
unser Kondensator nacheinander durch ein ballis-
tisches Galvanometer entladen wurden, ergab
für unsere beiden hintereinander geschalteten
Kondensatoren die Grösse von 0,015987 mikrof.
2. Die absolute Messung wurde nach der
von J. J. Thomson^) vorgeschlagenen Brücken-
methode vorgenommen. Die Unterbrechung des
Stromkreises wurde durch eine elektromagne-
tische Stimmgabel ausgeführt, die durch eine
andere Stimmgabel im Unisono erregt wurde;
sie waren ebenso wie die von Professor Roiti
(1. c.) benutzten gebaut. Die Dauer einer voll-
ständigen Oszillation wurde durch Vergleich mit
I Sek.
einem Chronometer der Kgl. Marine auf — ^ J
120,50
mit einer Genauigkeit von 0,2 aufs Tausend
festgestellt.
Die Widerstände der Seiten der Brücke
wurden mit der Brücke Elliott No. 1381 mit
einem Galvanometer vom Typus Du Bois und
Rubens gemessen, mit Spulen von einem Ge-
samtwiderstand von 87 Ohm, in deren Strom-
kreis ein Widerstand von 3000 Ohm hinzu-
kommt.
Nach Vornahme der üblichen Verbesserungen
für die Temperatur und nach Übertragung der
Widerstände der Brücke in internationale Ohm,
haben wir durch diese Messungen folgende
Grössen erhalten, die uns zuverlässiger scheinen
als die theoretischen oder die durch Vergleich
mit dem Normalmass gefundenen.
U. E. (C. G. S.) Mikrofarad
Für den Kondensator No. i . . . 7178 0,007976
Für den Kondensator No. 2 . . . 7096 0,007885
Für die beiden Kondensatoren'parallel
geschaltet UHS 0,01575
Für die beiden Kondensatoren hinter-
einander geschaltet 3568 0,003965
1) N. Cim. (3) 21, 137, 1887.
2) Phil. Traus. of the R. Soc. part. 3, 707, 1883.
Zu diesen Grössen, die wir in unsere Ver-
suche eingesetzt haben, muss man die Kapa-
zität des Entladungsstromkreises hinzufügen ;
aber man braucht diese Kapazität, die 97 cm
gross befunden wurde, nur dann in Rechnung
zu ziehen, wenn der betreffende Stromkreis aus
einem Quadrat aus Kupferdraht besteht, der
0,08 cm dick und zusammen 1 594 cm lang ist.
In allen anderen Fällen kann man sie völlig
unbeachtet lassen.
D.Widerstand des metallischen Strom-
kreises und des Funkens.
a) Prinzip der Methode. In diesen ersten
Untersuchungen durfte die Grösse des Wider-
standes der von uns benutzten Stromkreise für
die Berechnung der Oszillationsperiode nach der
Thomson sehen Formel unbeachtet bleiben;
die Kenntnis des Widerstandes der metallischen
Teile als Vergleichselement ist aber unerlässlich,
um den effektiven Widerstand des Funkens
daraus zu entnehmen.
Wir massen für diesen Vergleich die Wärme-
menge, welche die nämliche Ladung sowohl in
dem metallischen Teil wie auch in dem Funken
entwickelt, und haben uns dabei besonderer
Kalorimeter bedient.
j9) Kalorimeter, i. Kalorimeter mit metal-
lischem Stromkreis. Fig. 4 zeigt einen Kalori-
meter von der Art, wie wir
solche zur Messung der in
den metallischen Teilen des
Stromkreises entwickelten
Energie benutzt haben.
Der geradlinige Draht oder
die Spirale, durch die hin-
durch sich der Kondensator
entladet,endigt in zwei kurzen
Platinfäden, die in den beiden
äussersten Enden einer Glas-
röhre eingeschmolzen sind. An
diese Röhre ist in vertikaler
Lage die kalibrierte Kapillar-
röhre C angebracht, die in
gleiche Teile geteilt und mit
ihrem unteren Ende an eine
weitere Röhre angeschmolzen
ist; diese ist mit einem Hahn R
versehen und mittels Gummi-
röhre mit dem kleinen Queck-
silberbehälter Af verbunden.
Die ganze Röhre T, das Innere
der Röhre, auf die die Spirale
gewickelt ist, und ein Teil
der Kapillare C ist mit To-
luol gefiillt. Lässt man nun
das Quecksilber über den
Hahn R steigen, so kann manr '
die Höhe des Toluols in der
Röhre C regulieren und sein Austreten durch
den Hahn verhindern. Um das Kalorimeter
Fig. 4.
544
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
herum ist eine Glasbülle ge!^, um den Wärme- |
austauscli mit der Umgebung gleichmässig zu I
machen.
In den fünf von uns benutzten Kalorimetern
hatten wir Kupferdraht von 0,078 cm Dicke, in I
dreien hatten wir ihn spiralisch aufgewickelt, in
zweien geradlinig gestreckt. Diese Kalorimeter, |
die wir mit No. 1, 2, 3, 4 und 5 bezeichnen 1
wollen, waren folgendermassen gebaut: '
Kalorimeter mit |
Spiralen . . , i 2 3
Anzahl der Win-
dungen . . . 220,25 423 102
Länge der Spirale
in Centimetern . 36,8 69 15,6
Äusserer D urchmes-
ser der Spirale in
Centimetern . , 1,521 1,78 1,64
Kalorimeter mit geradlinigem
Drahte 4 5
Länge des Fadens in Centimetern . 100 147
2. Funken-Kalorimeter. Derselbe besteht
aus zwei ovoiden Gelassen R und R' (Fig. 5),
Fiß. S-
von denen eines im andern steht; der Raum
zwischen ihnen ist mit Toluol gefüllt, — ebenso
die Kapillarröhre T, die mit dem Quecksilber-
behälter P verbunden ist. Um das äussere Ge-
föss R herum ist eine dicke Lage wollenes Tuch
gewickelt; das Ganze ist von einem Holzkasten C
umgeben, und kann mit Hilfe des Armes NO
an der Messingstange A auf und ab ver-
schoben und verschieden hoch festgestellt
werden. Dank dieser Anordnung kann man
den Fnnken 6" in der Luft überspringen lassen, um
seine Photographie zu nehmen und kann ihn
während der kalorimetrischen Messungen in R^
gelangen lassen. Guten Verschluss derOeffnungen
(T (7 des Kalorimeters erzielt man durch Um-
kleidung der kleinen Stäbe DD des Funken-
messers mit Gummi schlauch. Bei dieser Form
der Kalorimeter vermeidet man die Unannehm-
lichkeiten, die bei den Luft-Kalorimetern den
explosiven und elektrostatischen Wirkungen des
Funkens und jene, die kapillaren Einflüssen
zuzuschreiben sind.
y) Aichung der Kalorimeter. Um in
absolutem Mass die in derartigen Kalorimetern
entwickelte Energie zu erhalten, haben wir
während eines bestimmten Zeitabschnittes einen
kontinuierlichen Strom von bekannter Intensität
sowohl durch das Metalldraht-Kalorimeter mit
bekanntem elektrischen Widerstand, wie auch
durch das Funken-Kalorimeter passieren lassen,
in welchem die äussersten Enden des Funken-
messers durch eine kleine Spirale von Konstanten
mit bekanntem Widerstand verbunden wurde.
Die Ablesung an den Toluolsäulen in den
Kapillarröhren wurde mit dem Fernrohr und
stets nachts vorgenommen. Für jedes Kalori-
meter wurde die Zahl der Kalorien C entspre-
chend einem Teilstrich der Kapillare aus dem
Mittel von 3 Serien von Versuchen gewonnen.
Die derart gefundenen Werte sind folgende:
Kalorimeter
No. 1234
C 0,0668 0,0876 0,0871 0,0399
Funken -Kalorimeter 0,0429.
6) Der Widerstand der metallischen
Teile und seine Unabhängigkeit von der
Natur der Ladung. Man weiss, dass man
bei geradlinig gestreckten Metalldrähten für den
Widerstand R' bei Wechströmen von hoher Fre-
quenz, nach Lord Rayleigh die Grösse
Ä> =
r « Ä [/« ?
einsetzen kann, a bedeutet den Durchmesser,
0 den spezifischen Widerstand, p die magne-
tische Permeabilität , R den Widerstand des
Drahtes fiir kontinuierliche Ströme und n die
Frequenz die Stromes.
Auf einen in Spiralen gewickelten Stromkreis
ist diese Formel jedoch nicht anwendbar; und
da eine theoretische Behandlung der Frage fehlt,
haben wir Versuche angestellt, um den Wider-
stand einer Spirale mit dem zu vergleichen, den
ein geradlinig gestreckter Draht der gleichen
Ladung darbietet. Wir bestimmten die Wärme,
die in zwei aufeinander folgenden Teilen eines
und desselben Stromkreises entwickelt wird, der
aus zwei Kupferdrähten gleichen Durchmessers
besteht, von denen aber der eine geradlinig
gestreckt, der andere spiralisch aufgewunden ist;
zuerst Hessen wir einen kontinuierlichen Strom,
nachher eine oszillierende Entladung durchgehen.
Wir benutzten dabei die oben beschriebenen
Metalldraht-Kalorimeter. Aus den fiir beide
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
545
Fälle beobachteten Verschiedenheiten kann man
durch eine sehr einfache Berechnung die Be-
ziehung P zwischen dem Widerstand C eines
Drahtes in Form einer Spirale und dem eines
ebensolchen, aber geradlinig gestreckten Drahtes
für Entladungen der üblichen Periode aufstellen.
Durch vorhergehende Versuche hatten wir fest-
gestellt, dass die Angaben unserer Kalorimeter
weder durch Einwirkungen einer eventuellen
dielektrischen Viskosität des Toluols, in welchem
die Metalldrähte liegen, noch durch verschie-
dene Geschwindigkeit des Wärmeaustausches
mit der Umgebung bei kontinuierlichen oder
Wechselströmen beeinflusst werden. Wir fanden
nun stets, dass der effektive Widerstand einer
Spirale (Verhältnis zwischen der in derselben
entwickelten wärmegebenden Energie und dem
mittleren Quadrat der Stromintensität) für elek-
trische Entladungen grösser ist als der effektive
Widerstand, den derselbe, aber geradlinig ge-
streckte Draht darbietet. Wir fuhren in folgen-
dem die Abhängigkeit vor, die wir zwischen
diesem Verhältnis ^ und der Oszillationsperiode
T der Entladungen gefunden haben:
Zum Ver-
gleich be-
nutxte
Kalorimeter 2 U, 5 I U. 5 3^-4
T 6,7x10— • 4,3x10— <* 3x10— ® 2,2x10— 6 1,7x10-®
|i ''79
1,96
2.«S
2,17
1,84
Bei anderen Spiralen mit mehr oder weniger
benachbart liegenden Windungen steigt nach
unseren Erfahrungen der Widerstand mit der
Zahl der Windungen und der Verringerung
ihres Abstandes.
Das lässt vermuten, dass die oszillierenden
Ströme sich in den Spiralen in einem an der
Oberfläche liegenden Teil des Leiters loka-
lisieren, der noch enger begrenzt ist, wie bei
den geradlinigen Drähten, was sich übrigens
auch durch die Wirkungen der gegenseitigen
Induktionen zwischen den verschiedenen Win-
dungen vorhersehen lässt.
Eine derartige Lokalisierung beeinflusst auch
die Selbstinduktion; aber — wie uns eigens zum
Zweck unternommene Versuche gezeigt haben
— gegenüber dem Einfluss, den wir für den
Widerstand verzeichnet haben, ist dieser Faktor
unerheblich. Aus allem diesem geht also her-
vor, dass man die wirkliche Grösse des Wider-
standes unserer Spiralen für eine gegebene
Periode T erhält, wenn man die Grösse des
Widerstandes ^V ^^^ ^^^ derselben Periode
der geradlinig gestrecke Draht aufweisen würde,
mit dem Verhältnis -. das wir, wie oben fest-
et
gestellt, experimentell bestimmt haben, multi-
pliziert.
E. Selbstinduktion. Die theoretische Be-
handlung in Bezug auf Wechselströme ist auch
für die Selbstinduktion nur für einige Formen
von ebenen Stromkreisen aufgenommen worden;
es fehlt vollständig an Berechnungen für spira-
lisch aufgerollte Stromkreise, auf welche man
weder die Maxwellsche Methode^) von dfer
mittleren geometrischen Entfernung, noch die
Verfahren von Rayleigh^) und von Stefan^)
anwenden kann.
Will man nun auch diesen Faktor mit der
nötigen Genauigkeit berücksichtigen, so muss
man bei den auf die Messung der Periode bezüg-
lichen Versuchen folgende Stromkreise benutzen,
bei denen die theoretische Grösse der Selbst-
induktion bekannt ist:
a) Quadrat aus Kupferdraht: Radius des
Drahtdurchschnittes 0,04 cm, Länge der Seite
398,6 cm.
b) Kupferkreise, die aus Draht mit
0,226 cm Radius hergestelt sind:
No. I Durchmesser des Kreises 201 cm
Die Drähte, aus denen diese Stromkreise
zusammengestellt sind, werden auf geeignete Holz-
rahmen aufgespannt, und so entfernt wie mög-
lich von den Wänden, dem Fussboden und
jedem anderen leitenden Körper aufgestellt.
Die Formel nun, die Rayleigh (1. c.) fiir die
die Selbstinduktion L^ giebt, welche ein ebener
Stromkreis von der Länge C und vom Wider-
stände R bei Strömen hoher Frequenz besitzt,
kann man auf die Form bringen:
c)
2 \ ^ Jtn/ r
Lq ist die Selbstinduktion, die der nämliche
Stromkreis bei kontinuierlichen Strömen hat.
Für die verschiedenen oben genannten Strom-
kreise ergiebt sich die Grösse von Zo aus den
Formeln in einer Mascartschen*) Abhandlung,
aus denen man, durch einfache algebraische
Operationen folgendes erhält:
fiir ein Quadrat vom Umfange /:
Zft = 2/!/
2)
( ^^^^
1,9103
für einen Kreis mit dem Radius a:
3) LQ=^jta(^Uor.-^ — i,75y,
r bezeichnet den Radius des Drahtes.
Diese Grössen, welche M. Wien^) bis auf
0,1 Proz. übereinstimmend mit denjenigen fand,
die er selbst durch genaue Messungen erhalten
hatte, gestatten uns, wenn wir sie in (i) ein-
setzen, die Selbstinduktion zu berechnen, welche
i) Vgl. M. Wien, Wied. Ann. 63, 928, 1894.
2) Phil. Mag. (5) 21, 381, 1886.
3) Wied. Ann. 41, 400 u. 421, 1890.
4) Elektr. ct. Magn. Vol. 1, 630 u. 633, II. Edit.
5) Wied. Ann. 63, 928, 1894.
546
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
die genannten Stromkreise bei jeder Entladungs-
periode, deren Funken wir photographiert haben,
besitzen.
Auf diese Weise haben wir folgende Grössen
erhalten:
Für das Quadrat aus Kupferdraht:
.-6
T 4,25 X 10-^ 3,03 X 10
Z * 27 390 cm 27 3 29 cm.
Für den Kreis No. i
T 2,35 X 10-^ 1,67 X 10-® 1,20 X 10-^
Z* 7829 cm 7824 cm 7810 cm,
Für den Kreis No. 2
T 0,7 X 10-^
O 1768 cm.
Wir benutzten auch zwei Spiralen; eine, A,
war auf Ebonit gewickelt, hatte 485 Windungen
von 0,08 cm dickem Kupferdraht: die andere,
B, war mit 283 Windungen die auf eine Länge
von 85 cm verteilt waren, auf einen 98 cm
langen, 23,821 cm im Durchmesser dicken Mar-
morcylinder gewickelt. Der Kupferdraht war
1,435 ™ni ^ick. Für diese Spiralen haben wir
nach der Methode von Nernst folgende Grössen
festgestellt:
Spirale A\ Spirale B\
^* = 57230 /.' = 4546000
Zu den obengenannten Grössen muss man
übrigens stets die Grössen der Selbstinduktion
der Stromleiter zwischen Kondensator und Fun-
kenmesser hinzurechnen. Für solche Stromleiter
— die entweder Messingröhren oder Kupfer-
platten sind, erhält man bei Anwendung der
von Wien (1. c.) gegebenen Formeln folgende
Grössen:
bei Messingröhren
I>änge in Centimetern: 90 80 71
^* M „ 762 658 567
bei einer 20 cm langen Kupferplatte, Z. * = 103 cm.
Sowohl bei den obengenannten Spiralen A
und /?, wie auch bei denen der Kalorimeter
No. I, 2, 3 haben wir die Selbstinduktion durch
Vergleich mit der Selbstinduktion von theore-
tisch berechenbaren Stromkreisen festgestellt,
wobei wir uns des Nernstschen*) Differential-
Erregers bedienten, wir änderten denselben
etwas ab, um das Gleichgewicht in der Mitte
zu erhalten, indem wir die beiden Kapazitäten
konstant hielten und eine der beiden Selbst-
induktionen veränderten. Die veränderliche
Selbstinduktion bestand aus einer Spirale aus
Kupferdraht, von der man eine beliebige An-
zahl von Windungen bei den Versuchen ver-
wenden konnte.
Auf Fig. 6 bedeutet L^ die Spirale, Z, den
zum Vergleich benutzten Stromkreis, C, und C^
zwei Kondensatoren, R den Prüfer, der aus
I) Wied. Ann. 60, 600, 1897.
B
einer mit verdünnter Luft gefüllten Röhre mit
äusseren Elektroden besteht.
Verbindet man nun die Punkte C und D
mit den Elektroden eines Funkenmessers und mit
den Polen eines Ruhmkorff, so kann man durch
den Differential-Erreger Ströme hindurchgehen
lassen, die an Frequenz den von uns photo-
graphierten Funken nahekommen. E^ ist be-
kannt, dass die Strahlung im Röhrchen R minimal
ist, wenn L^C^ '=^ L^C^. Ist diese Bedingung
erfüllt, so kann man die Selbstinduktion L^ der
Spirale proportional der Anzahl «0 der be-
nutzten Windungen annehmen, weshalb, wenn
K die Proportionalitätskonstante ist,
Z»! c\ = Kn^ Cj .
Ist dies geschehen, so ersetzt man den Draht
mit der bekannten Selbstinduktion L durch die
Spirale, deren Selbstinduktion x gefunden wer-
den soll; beträgt nun die Anzahl von Win-
dungen, die nötig sind, um ein Minimum von
Strahlung herzustellen, «, so erhält man:
und daher
X C\ ^= K n C^t
n
x= Li.
»0
Da die von uns benutzten Kondensatoren
C| und C2 einander möglichst gleich waren,
und da wir die verschiedenen Teile des Strom-
kreises mit der grössten Sorgfalt vor gegen-
seitigen und vor äusseren elektrostatischen Ein-
flüssen behütet haben, erreichten wir eine
Genauigkeit, bei der wir den aktiven Abschnitt
von L2 (der gewöhnlich aus 70 bis 350 Win-
dungen bestand) nur um eine einzige Windung
zu verändern brauchten, um das Gleichgewicht
wesentlich zu alterieren.
Wir fanden auf diesem Wege für die Selbst-
induktion, welche bei Strömen von hoher Fre-
quenz die von uns benutzten Stromkreise, die
die Kalorimeter darstellen, besitzen, folgende
Grössen :
Spirale No. i 2 3 Draht No. 4
Lern 29470 74140 17460 3669.
(Aus dem Itnlieuischen übersetzt von H. Rhumbler.)
(Gingegaogen 15. Juni 1902.)
Physikalische Zeitschrift.
Ober die Dimensionen der Gebilde an der
Kathode.
Von Nicolaus Hehl. 0
(Aus dem Physikalischen Institute der Universität Erlangen.)
Um die Kathode lagert sich eine Reihe von
Gebilden, die von E. Goldstein als erste,
zweite und dritte Kathodenschicht bezeichnet
worden sind. Sie entsprechen den Kanalstrahlen,
dem Hittorfschen dunklen Räume und der
negativen Glimmlichtschicht. Um die Erschei-
nungen unter recht einfachen Verhältnissen zu
untersuchen, bringt man die Kathoden in eine
sehr grosse Flasche, so dass die Wände des
Entladungsraumes möglichst ohne Einfluss sind,
und benutzt als Stromquelle eine Hochspannungs-
batterie.
Einige, freilich nicht sehr eingehende Mes-
sungen über die Dimensionen der erwähnten
Gebilde hat W. Hittorf^) in seinen klassischen
Arbeiten über Entladungen mitgeteilt. Er fand,
dass mit Zunahme der Stromstärke sich das
Glimmlicht stetig über eine immer grössere
Fläche der Kathode ausdehnt. Solange dies
möglich ist, bleibt seine Dicke, sowie die Span-
nungsdifferenz zwischen ihm und der Kathode
so gut wie konstant. Sobald aber die ganze
Kathode bedeckt ist. flutet es mit wachsender
Stromstärke geradlinig weiter, und gleichzeitig
wächst die Spannungsdiflerenz. Hittorfs An-
gabe, dass in letzterem Falle der dunkle Raum
wächst, konnte nicht bestätigt werden. Bei der
hohen Bedeutung der Vorgänge an der Kathode
für die Entladungserscheinungen habe ich auf
Veranlassung von Herrn Prof. Dr. E. Wiede-
mann eine Reihe von Messungen über die
Dimensionen der Kathodengebilde bei konstanten
Strömen angestellt.
Versuchsanordnung. Als Entladungs-
raum dienten zwei grosse, etwas abgeänderte
Wulffsche Flaschen. Sie haben eine Gesamt-
höhe von 25 cm und einen Durchmesser von
15 cm. Als Kathoden wurden Aluminium-
drähte und -bleche in den folgenden Stärken
verwendet: Drähte von i, 2, 3 und 4mm Durch-
messer, Bleche in den Grössen 0,2x20x120 mm
und 4x:20xi20 mm. Einige Versuche wurden
mit einem Platindraht von 2 mm Durchmesser
und 120 mm Länge und einem Graphitstab
von denselben Dimensionen ausgeführt.
l) Auszug aus einer Erlanger Dissertation, in der die
Einzelheiten der Apparatbeschreibung, die zahlreichen Mes-
sungsreihen, von denen hier nur eine kleine Anzahl gegeben
ist, nachzusehen sind. Die zur Promotion am 24. April 1901
verwandte Dissertation ist im Mai 1901 gedruckt worden, also
längere Zeit vor dem Erscheinen der Arbeit von J. Stark
(diese Zeitschrift 3, 88, 1901), die ähnliche Fragen behandelt.
Einzelne sinnentstellende Druckfehler der Dissertation sind
im vorstehenden Auszuge berichtigt.
2) Poggendorfs Anualen 136, 12, 1860.
3. Jahrgang. No. 23.
547
AlsStromqu eile diente eine Akkumulatoren-
batterie von 1600 Zellen, deren Strom durch
Widerstände von Jodkadmiumlösungen in Amyl-
alkohol reguliert werden konnte. Zu den elek-
trischen Messungen dienten als Strommesser
ein Siemenssches Torsfonsgalvanometer, als
Spannungsmesser verschiedene Braun sehe
Elektrometer und ein Lord Kelvinsches Multi-
cellular- Voltmeter.
Zur Bestimmung der Längen des
Glimmlichtes, der Dimensionen des
dunklen Raumes und der Länge der
Glimmlichtstrahlen war in etwa 2 m Ent-
fernung ein ziemlich stark vergrösserndes Be-
obachtungsfernrohr aufgestellt. Vor seinem
Objektiv war ein gegen seine Achse um 45®
geneigter Spiegel angebracht, der dasselbe zur
Hälfte bedeckte. Dieser warf das von einer
beleuchteten Skala kommende Licht in das
Fernrohr. Da die Skala und die Kathode in
gleichem Abstände vom Fernrohr sich befanden,
so erschienen sie bei der gleichen Einstellung
desselben scharf.
Zur Bestimmung der relativen opti-
schenlntensitäten des Glimmlichtes diente
dessen photochemische Wirkung. Hierzu wurde
eine Schiebekassette benützt, wie sie bei Spek-
tralapparaten angewendet wird. *) Ferner war
die ganze Einrichtung so angeordnet, dass ab-
wechselnd das Glimmlicht an der einen oder
anderen Kathode der beiden Flaschen die
Platte resp. einen Streifen der Platte belich-
tete. Dies hatte den Vorteil, dass die Intensi-
täten des Glimmlichtes an verschieden dicken
Kathoden auf einer Platte fixiert werden
konnten. Die Untersuchung der Schwärzungen
der Platte geschah mittels eines Mar tens sehen
Photometers. 2) Dabei wurden die Schwärzungen
auf den zu vergleichenden Streifen durch pas-
sende Wahl der Expositionszeiten gleich ge-
macht, das heisst: eine geringere Intensität
wurde durch eine längere Exposition kom-
pensiert.
In den im folgenden erhaltenen Tabellen
wurden stets folgende Bezeichnungen ange-
wendet:
V = Potentialdifferenz zwischen Anode und
Kathode in Volt.
/ = Druck in Millimeter-Quecksilber.
de = Länge der Kanalstrahlen in Millimetern.
ää= Dicke des Hittorfschen dunklen
Raumes in Millimetern.
iw = Stromstärke in Milliampere.
/w = Länge des Glimmlichtes in Millimetern.
Die Untersuchungen erstreckten sich auf
folgende Gegenstände:
I. Abhängigkeit der Potentialdiffe-
renzen zwischen Kathode und Anode
i) Vergl. J. S. Acworth, Wicd. Ann. 42, 371, 1891.
2) Vgl. diese Zeitschr. 1, 299, 1900.
548
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
vom Drucke bei nicht ganz bedeckter
Kathode.
Die Stromstärke wurde jeweils so reguliert,
dass nur ein kleiner Theil der Kathode von
Glimmlicht bedeckt war. Es war für verschie-
denen Druck / das Entladungspotential v, das
sehr nahe gleich dem Kathonenfall ist.
p 8,25 5,19 3,30 2,16, 1,33 0,95, 0,60 0,39 0,35 0,24 0.15
V 400 410 370 360 360 360 370 370 380 380 370
bei / = 0,12 reichten die Widerstände nicht
mehr aus, um den Strom so weit zu schwächen,
dass die Kathode nur teilweise bedeckt war.
Das Potential stieg auf 430 Volt.
Die angestellten Messungen ergeben, dass
das Entladungspotential, solange die Ka
thode nur auf einem kleinen Teil bedeckt
ist, so gut wie konstant bleibt. Bei einer
R eihe von Versuchen war in das negative Glimm-
licht eine Sonde eingeführt. Es wurde der
Kathodenfall bei verschiedenen Strom-
stärken, d. h. bei verschieden grosser
Bedeckung der Kathode mit Glimmlicht,
bestimmt. Die Sonde befand sich in der
Nähe des Kathodenendes. Dabei ergab sich,
dass der Kathodenfall von den Längen
des Glimmlichtes, welche die Kathode
bedecken, abhängig war, und zwar war
es um so grösser, je weiter die Bedeckung
sich erstreckte. Bei einem Drucke von
/ = 5,7 mm änderte sich das Gefälle um etwa
100 Volt, wenn das Glimmlicht sich von 2 bis
10 cm ausdehnte. Bei einem niederen Drucke
von / = 2 mm betrug die entsprechende Än-
derung ca. 20 Volt. Der Grund für diese Er-
scheinung liegt darin, dass bei einer zur Erde
abgeleiteten und bis zum Punkte d mit Glimm-
licht bedeckten Kathode das Potential im Punkte/^
im Glimmlicht gleich dem normalen Kathoden-
fall ist, im Punkte a dagegen, der dem Ende
der Kathode gegenüberliegt, ist im Glimmlicht
das Potential gleich der Summe der Potential-
diflferenz in dem von a nach ^ fliessenden
Strome und des Kathodenfalles bei d. Infolge
des höheren Potentials in a ist wahrscheinlich
hier die Intensität des in die Kathode ein-
tretenden Stromes etwas grösserals in 6,
a
2. Abhängigkeit der vom Glimmlichte
bedeckten Elektrodenfläche von der
Stromstärke und Einfluss der Gestalt
der Elektroden hierauf bei konstantem
Drucke.
Zu untersuchen war, ob bei verschieden
gestalteten, nicht ganz mit Glimmlicht bedeckten
Kathoden bei gleichem Drucke die Stromdichte
die gleiche ist, bezw. die vom Glimmlicht be-
deckte Fläche der Stromstärke proportional
ist. Vorausgesetzt ist, dass allein das Glimm-
licht Strom zur Kathode fuhrt. Zu diesen Ver-
suchen waren 2 Flaschen aufgestellt, wie sie
oben beschrieben sind. In der einen war ein
Draht von 2 mm Dicke, in der anderen ein
solcher von i mm als Kathode angebracht.
Die Längen derselben betrugen 100 mm. Als
Gas wurde reiner Stickstoff verwandt. Pumpen
und Flaschen wurden mehrmals damit ausge-
spült. Zur Ablesung der Längen diente die
oben beschriebene Anordnung mittels einer
durch Spiegel reflektierten Skala. Die folgen-
den Tabellen enthalten zunächst Beobachtungen
an verschieden dicken Drähten. Ist der oben
aufgestellte Satz richtig, so müssen die bei
Drähten von dem Radius r gefundenen Werte
von ' den Radien proportional sein, d. h.
»
. - gleich einer Konstanten, und es muss die
die Stromdichte , ebenfalls gleich einer
Konstanten C sein. Ist die Stromdichte eine
Konstante, so geht bei gleichem Drucke stets
durch gleiche Flächen gleichviel Strom. In der
Tabelle ist die Stromdichte ,= C be-
2Jrr./
rechnet, wobei r| und r2 die Radien der be-
deckten Drähte sind, und zwar ist, da die
Intensitäten in Milliampere, die Längen und
Querschnitte in Millimetern gemessen sind, die
Stromdichte gegeben in Milliampere pro Qua-
dratmillimeter.
^2 C
1,0 0,0174
1,5 0,0195
2,0 0,0223
Blech von
2,41 i.o 0,0178 0,2x8 0,0176
1,82 1,0 0,0122 0,2X20 0,0122
1,5 1,0 0,0120 4x4 0,0116
Aus diesen und zahlreichen anderen Ver-
suchen an Drähten und Platten folgt, dass
I. die Länge des Glimmlichtes bei dem-
selben Draht direkt proportional der
Stromstärke ist, daraus folgt aber, dass
bei nicht ganz bedeckter Elektrode die
Stromdichte unabhängig von der Grösse
der Bedeckung ist, 2. dass gleichgültig,
ob man es mit Platten oder Drähten zu
thun hat, bei konstantem Drucke die
Stromdichte die gleiche ist. Es ergiebt
sich daher
',-c.
worin F die mit Glimmlicht bedeckte Fläche ist.
3. Abhängigkeit der vom Glimmlicht
bedeckten Fläche bei konstanter Strom-
stärke vom Drucke.
/
V\
C
2.4
0,5
0,0175
2.7
1,0
0,0190
2,86
1,5
0,0221
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
549
Zu diesen Messungen war eine Flasche auf-
gestellt. Als Kathode diente ein 2 mm dicker
Aluminiumdraht. Die nachfolgenden Tabellen
(S. 190) geben die Werte /, /, und . bei ver-
schiedenem Drucke an, desgleichen die Grösse
i.p
tw
' II.8
22
23
I '^
' 21
15.5
30
'5
24
Sämtliche
ergaben '
7.3
2.86
076
7.5"
41
24
i.i
5-74
370
2.86
tiu
3.9
3.0
0.8
I
/
0.331
0.137
0.035
51
4.0
1.72
i.6_
4.0
4.15
4.3
0.364
0.190
O.III
of533
0.267
0.172
0.138
in
0.0454
0.0477
00460
0.0486
0.0464
0.0462
0.0482
I 0.0464
I 0.0462
I 0.0480
Stickstoff
/ . /
Beobachtungen
V gleich einer Konstanten, d. h.
die Stromdichte ist direkt proportional
dem Drucke. Da der zu den Messungen be-
nutzte Draht die Dicke von 2 mm hatte, so ist
die auf die Flächeneinheit bezogene Konstante
K = -= — = 0,0073 1 Milliampere.
r ' p
Wir können daher den obigen Ausdruck
und die ihm entsprechende Konstante als die-
jenige auffassen, welche die Beziehungen zwischen
Stromstärke, Druck und bedeckter Fläche all-
gemein bei Aluminiumkathoden in Stick-
stoff bestimmt.
Diese Abhängigkeit zwischenDruck und Strom-
dichte ist aber nicht für alle Gase allgemein
gültig, wir werden vielmehr beim Wasserstoff
sehen, dass bei diesem - ., = Kx einer Kon-
stanten ist, oder allgemein, dass bei verschie-
denen Gasen 77-— = Kn ist, worin n und Kn
F-p*"
Konstanten sind, die von der Art des Gases
abhängen.
4. Dicke der Kanalstrahlenschicht, des
dunklen Raumes und der negativen
Glimmlicht Schicht bei verschiedenem
Drucke, solange die Kathode nicht ganz
bedeckt ist.
Die Resultate der Beobachtung sind in den
folgenden Tabellen und Kurven niedergelegt.
/=
3.5
2.19
V >=
400
410
de='
0.3
0.45
dh==
0.8
1.2
dg-^
1-5
2.2
dc.p
1.02
0.99
dh.p
2.80
2.63
dg.p
5-25
4.81
I.I4
380
08
2.1
4.8
0.91
2.39
5-47
0.75
380
I.I
30
6.8
083
2.25
5.10
0.51
400
1.6
4.8
9.6
0.82
245
4.89
0.37
400
2.2
68
13 2
0.82
2.52
4.88
0.25
410
32
9.4
19
0.8
2.35
4.76
Mittel
0.9
2.45
5.00
Da vorläufige Rechnungen ergeben haben, dass
das Produkt /• ^/ für Stickstoff in allen
Fällen gleich einer Konstanten Ä ist,
so sind in den Tabellen stets diese Produkte
beigefugt. Bei höheren Drucken, bei denen über-
haupt nur eine Messung an den Drähten möglich
ist, wurde gefunden, dass die Dimensionen aller
Kathodengebilde von der Form der Kathode
unabhängig sind. Dasselbe wird wahrschein-
lich auch bei tiefem Drucke gelten. Da, wie
aus der Tabelle hervorgeht, d • / gleich einer
Konstanten ist, so ergiebt sich hieraus und aus
anderen nicht mitgeteilten Beobachtungen : Die
Dicken de, dh, dg sind bei Drähten und
Blechen gleichgross, sie sind umgekehrt
proportional dem Drucke. Aus der rela-
tiven Grösse ersieht man, dass dg - p am
grössten ist, d. h. bei abnehmendem
Drucke dehnt sich das Glimmlicht am
schnellsten aus. Aus den Beobachtungs-
reihen geht hervor, dass bei Stickstoff
sowohl die Dimensionen der Kanal-
strahlen, wie des dunklen Raumes und
der negativen Glimmlichtschicht den-
selben Gesetzen gehorchen und umge-
kehrt proportional dem Drucke sind.
d ' p = ^.
Wir werden weiter unten sehen, dass diese
Verhältnisse sich bei Wasserstoff anders ge-
stalten.
5. Abhängigkeit derselben Grössen
vom Drucke, wenn die Kathode ganz be-
deckt ist.
Steigert man durch Verminderung des Wider-
Standes die Stromstärke, so bleibt, wie erwähnt,
die Dicke des Glimmlichtgebildes zunächst kon-
stant. Von dem Augenblicke an, wo die
Kathode ganz bedeckt ist, wächst das Po-
tential. Gleichzeitig zieht sich der innerste
hellste Teil der Glimmlichtschicht etwas zu-
sammen und der dunkle Raum wird kleiner,
während die diffusen Glimmlichtstrahlen an
Grösse zunehmen, jedoch keine scharfe Grenze
zeigen. Die folgende Tabelle enthält die
verschiedenen Dicken de, dh der einzelnen
Glimmlichtgebilde bei konstantem Drucke, die
Stromstärke / und Spannung i\ Hierbei zeigt
sich eine Zusammenpressung des dunklen Hit-
torfschen Raumes mit wachsender Stromstärke
sehr deutlich. Dieselbe mag ihre Ursache in
der Rückwirkung der starken Ausdehnung des
Glimmlichtes auf den dunklen Raum haben.
Die Spannung wächst nahezu propor-
tional mit der Stromstärke, wie dies auch
schon von G. Schmidt gefunden worden ist.
Die Länge der Kanalstrahlen scheint erst
schneller, dann langsamer mit wachsen-
der Stromstärke zu wachsen.
p = 0,25 mm Hg,
550
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
de.
'.5
'.7
t,8
2
2,1
2,2
2,6
dk.
9
7fi
7
6,7
6.3
6
5.7
t.
20
21,5
22,7
24
26,5
30
33.5
V.
320
360
400
440
5CX)
600
700.
Die Dicke des dunklen Raumes sinkt
erst schnell, um sich dann asymptotisch
einem Minimum zu nähern.
6. Abhängigkeit der optischen Inten-
sität des Glimmlichtes von Stromstärke
und Druck bei nicht ganz bedeckter Ka-
thode.
Das Resultat, dass bei Stickstoff und einer
Aluminiumkathode die Stromdichte bei nicht
ganz bedeckten Kathoden konstant und um-
gekehrt proportional dem Drucke ist, und dass
ferner der Kathodenfall proportional der Strom-
stärke bei ganz bedeckter Kathode wächst,
Hessen vermuten, dass zwischen denselben
Grössen und der optischen Intensität des von
dem Glimmlicht ausgehenden Lichtes ein Zu-
sammenhang bestehe. Es wurden daher die
Intensitäten des Glimmlichtes durch ihre photo-
chemischen Wirkungen bestimmt. Die Strom-
stärke wurde konstant erhalten, während der
Druck variiert wurde. Es zeigte sich, dass bei
verschiedenen Drucken, aber gleicher
Stromstärke die Intensität des ganzen
Glimmlichtes konstant war, solange das
Glimmlicht die Kathode nicht ganz be-
deckte.
Die Versuche wurden angestellt bei dem
Drucke
/=5i5; 3»3; 2,1; 1,28; 0,8; 0,54; 0,4.
Die Schwärzungen aller Streifen waren gleich.
Daraus folgt:
Die Intensität des Glimmlichtes pro
Stromeinheit bleibt bei allen Drucken
konstant, solange die Kathode nicht ganz
bedeckt ist.
Um die Abhängigkeit von Stromstärke und
Intensität bei konstantem Drucke zu bestimmen,
wurden die Aufnahmen bei variabler Strom-
stärke gemacht. Die Kathode war in allen
Fällen nicht ganz bedeckt. Photographiert wurde
bei verschiedener Belichtungsdauer, und zwar
so, dass bei doppelter Stromstärke die halbe
Belichtungsdauer angewandt wurde.
/ = 2,4 mm
/ = 51, 52, 54, 58, (>6, 82
sec =^ \(> % 4 21 \.
Die Untersuchungen der Schwärzungen er-
gaben gleiche Schwärzung bei allen Streifen.
Bei einem zweiten Versuche wurden zwei
Flaschen mit verschieden dicken Elektroden
verwendet, und zwar mit einem i mm und
einem 3 mm dicken Aluminiumdraht. Auch
hierbei wurde auf konstante Stromstärke ein-
reguliert und abwechselnd das Glimmlicht der
einen und der anderen nicht ganz bedeckten
Kathode photographiert.
i) 3 mm 2) I mm
/ = 6 „ / = 40 „ sec 6
/ = 3 » / = 40 „ „6
/ = 1,25 „ / = 40 „ „ 6
Die Untersuchung ergab gleiche Schwärzung.
Die Gesamtintensität des ausge-
sandten Lichtes ist bei nicht völlig be-
deckter Kathode bei gleicher Strom-
stärke vom Drucke unabhängig; da aber
die Stromdichte proportional demDrucke
ist, so folgt, dass die Intensitäten des
Glimmlichtes pro Flächeneinheit der Ka-
thode proportional den Strom dichten sind.
Nach allen früheren Beobachtungen ist der
Kathodenfall unabhängig vom Drucke. Bleibt
bei verschiedenem Drucke die Strominten-
sität die gleiche, so ist auch die an der
Kathode geleistete Arbeit dieselbe. Aus den
Versuchen folgt, dass die Intensität des Glimm-
lichtes die gleiche ist. Demnach würde stets
ein gleicher Bruchteil von Arbeit in sicht-
bare Glimmlichtstrahlung umgewandelt werden.
Nach E. Goldstein soll das Glimmlicht von
diffus zerstreuten Kathodenstrahlen herrühren.
Ist das richtig, so würde aus obigen Versuchen
folgen, dass unabhängig vom Drucke pro
Stromeinheit ein gleicher Bruchteil von
Arbeit in Kathodenstrahlenenergie um-
gesetzt wird. Bei höherem Drucke wird der-
selbe in nächster Nähe der Kathode, bei tiefem
Drucke in einem grösseren Volumen des Gases
in Energie der Glimmlichtstrahlen umgesetzt.
7. Untersuchung der Beziehungen
zwischen /, i, p und d bei verschiedenem
Kathodenmaterial.
Um ein Urteil darüber zu erhalten, welchen
quantitativen Einfluss die Natur der Kathoden-
auf die Glimmlichtgebilde hat, wurden einige
Versuche mit Platin- und Graphitkathoden an-
gestellt. ALs Gas diente Luft.
In der i. und 2. Tabelle sind die Längen
des Glimmlichtes an Kathoden aus Aluminium
und Platin und die Abhängigkeit von Strom-
stärke und Druck enthalten. Gleichzeitig ist
i
das Produkt aus . •/ angegeben, in der 3.
und 4. die Dicken de und du abhängig vom
Drucke.
Aluminium
Platin
6.84
4.9
3-7
2.8
2.05
1.56
1.2
0.9
0.182
0.141
0.104
0.078
o.o$6
0.043
0.034
0.024
•
t
1
p
'l.p
'
0.0265
i 6.84
0.0287
1 4.9
0.0282
3-7
0.0279
2.8
1 0.0273
2.05
0.0259
1.56
0.0285
i.a
0.0265
0.9
0.122
0.133
0.082
0.074
0051
0.035
0.022
0.030
0.0179
0.0272
0.0219
0.0265
0.0247
0.0225
0.0178
0.0222
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
55'
Aluminium
Platin
de dh
' V
de
dh
2/
0,5 1,5
400
I
2
430
0,6 1 ,6
405
1,3
2,3
430
1,0 2,1
410
1,4
2,8
425
1,3 l^
400
1,9
3,5
440
2,1 4,0
400
3,2
5,7
435
t
4,6
3,4
2,5
1,6
0,8
Aus den Tabellen ergiebt sich, dass die-
selben Beziehungen zwischen d und / bei Alu-
minium- und Platinkathoden herrschen.
Das Produkt - • / ist auch bei Platin trotz
der Unregelmässigkeit der Erscheinungen eine
Konstante. Doch ist — bei Platin kleiner
als bei Aluminium.
War es schon bei Platin äusserst schwierig,
Beobachtungen anzustellen, so war es bei Gra-
phit unmöglich. Hierbei waren gar keine Be-
grenzungen zu erzielen, da das Glimmlicht an
verschiedenen Stellen in Form keiner blauer
Büschel auftrat. Die Zerstäubung war so stark,
dass kleine hellglühende Graphitpartikelchen
von der Kathode zur Glaswand hingeschleudert
wurden. Das Glimmlicht selbst verteilte sich
auf der ganzen Kathode.
8. Orientierende Beobachtungen über
die Beziehungen zwischen den Grössen
/, /, / und d bei verschiedenen Gasen.
Folgende Beobachtungen wurden angestellt,
um zu sehen, inwieweit die Natur des Gases
einen Einfluss auf die Gebilde an der Kathode
hat. Als Gas wurde neben Stickstoff Wasser-
stoff, der durch Elektrolyse hergestellt war, ver-
wendet.
Aus den Tabellen ergiebt sich, dass auch
bei Wasserstoff bei konstantem Drucke, unab-
hängig von der Stromstärke, die Stromdichte
die gleiche ist.
Druck / = 2,7
i
I
0,06 1 9
0,0625
0,0579
0,0582
i
Mittel = 0,0601.
Stellen wir die für verschiedene Drucke ge-
fundenen Stromdichten - und die aus ihnen be-
b
t '
rechneten Werte _- und
ergiebt sich:
- - una ,_ -„ zusammen, so
yji = ^' ' ^'«o i^ = ^« • /*'•
/
• 1
t
l
•
F.p
•
t
2.7
1.76
1.14
0.76
0.0617
0.0265
0.0122
! 0.00501
0.00362
0.00240
0.00170
0.00103
0.00134
0.00135
0.00148
0.00136
Hieraus folgt, dass bei Wasserstoff die
Stromdichte nicht direkt proportional
dem Drucke, sondern direkt proportional
dem Quadrate des Druckes ist.
Die nächste Tabelle giebt die Dicken der
Kanalstrahlen des Hittorfschen dunklen Raumes
und der negativen Glimmlichtschicht der Metalle
Aluminium und Platin an.
Aluminium
Platin
p
5,6 4,0 2,3
1,36
5,6 4,0 2,3 1,36
de
0,5 0,5
dh
0,8 2,25
1,9 2
d.
2,25 2,8 4,7
7
2,8s 3,7 6.5 10,45
Es bestehen daher nicht für alle Gase gleiche
Beziehungen zwischen den verschiedenen Grössen
/, /, / und rf, sondern es würden sich dieselben
nach der Formel _, pn = Kn ergeben. Der Ex-
r
ponent n von / ist abhängig von der Art des
Gases. Ein ähnliches Gesetz hat H. Ebert für
die Dicken des dunklen Raumes bei ganz be-
deckter Kathode gefunden.
Die Dimensionen der Kathodengebilde sind,
wie auch bereits oben hervorgehoben ist, bei
Wasserstoff wesentlich grösser als bei Stickstoff.
Das Gesetz, nach dem der dunkle Raum bei
nicht vollständig bedeckter Kathode sich aus-
dehnt, ist
dp"" = Ä*.
Resultate.
Im folgenden sollen noch einmal kurz die
für die Dimensionen der Kathodengebilde ge-
fundenen Resultate zusammengefasst werden.
Das Kathodengefälle bleibt, solange die Ka-
thode nur auf einem kleinen Teile bedeckt ist,
konstant. Die Länge des Glimmlichtes ist direkt
proportional der Stromstärke. Bei nicht ganz
bedeckter Kathode ist die Stromdichte unab-
hängig von der Grösse der Bedeckung. Bei
nicht ganz bedeckter Kathode ist die Strom-
dichte bei Drähten wie bei Platten bei kon-
stantem Druck die gleiche. Der Quotient aus
Stromdichte und Druck ist bei Stickstoff eine
Konstante, während bei Wasserstoff der Quotient
aus Stromdichte und dem Quadrate des Druckes
eine Konstante ist. Bei ganz bedeckter Ka-
thode wächst die Spannung proportional der
Zunahme der Stromstärke. Die Länge der
Kanalstrahlen wächst erst schnell, dann lang-
sam, während die Dicke des Hittorfschen
dunklen Raumes erst schnell sinkt, um sich dann
552
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
asymptotisch einem Minimum zu nähern. Die
Intensität des Glimmlichtes pro Stromeinheit
bleibt bei Stickstoff" bei allen Drucken konstant,
solange die Kathode nicht ganz bedeckt ist.
An der Kathode wird wahrscheinlich, unabhängig
vom Drucke, pro Stromeinheit ein gleicher
Bruchteil von Arbeit in Kathodenstrahlenenerg^e
umgewandelt.
Die charakteristischen Grössen für den Strom-
übergang an der Kathode dürften sein: einmal
der Kathodenfall und zweitens die bei nicht
vollständig bedeckter Kathode vorhandene
Stromdichte. Ersteres, der Kathodenfall, ist
nach allen bisherigen Versuchen unter normalen
Verhältnissen eine nur von der Natur des Gases
und der Kathode abhängige Grösse, die aber
unabhängig vom Drucke ist. Die zweite Grösse,
die normale Stromdichte an der Kathode, ist
im allgemeinen abhängig vom Drucke, der Natur
des Gases und der Kathode. Sie ist bei
Wasserstoff" kleiner als bei Stickstoff", bei Platin
und Graphit kleiner als bei Aluminium. Bei
Stickstoff* ist sie nahezu proportional dem Drucke,
während sie bei Wasserstoff" mit dem Quadrate
desselben steigt.
In der folgenden Tabelle sind die Werte für
die normale Stromdichte - zusammengestellt,
wenn die Stromdichte in Milliampere und die
Längen in Millimeter, sowie wenn sie in Am-
pere und in Centimeter gemessen sind.
2.nr
/ mm
I
i Amp.
znr . l cm
iM.-A.
2nr . l mm
i Amp.
2.nr . / cm
7-5
0.0580
5.80-8
4.2
0.0228
41
0.0302
3.02-8 1
2.7
0.0098
2.4
0.0176
1.76-8
1.76
0.0042
i.i
0.0085
0.85-8
0.76
0.0008
' 2.28-8
I 0.98-8
0.42-3
0.08-8
(Eingegangen 31. Mai 1902.)
Abhängigkeit der Absorption, welche Kathoden-
strahlen in einem dünnen Blättchen erleiden,
vom Entladungspotential.
Von W. Seitz.
Bekanntlich nimmt die Absorption von Ka-
thodenstrahlen in Metallblättchen mit wachsen-
dem Entladungspotential, das ist mit wachsen-
der Geschwindigkeit der Elektronen, ab. Zweck
der folgenden Untersuchung ist, eine quantita-
tive Beziehung zwischen Entladungspotential und
Durchdringungsvermögen aufzustellen.
Um dies zu erreichen, mussten gleichzeitig
I. das Entladungspotential, 2. die durch ein
Fenster hindurchgelangende Menge von
Kathodenstrahlen und 3. die vom Fenster ab-
sorbierte Menge bestimmt werden.
Die dabei verwendete Entladungsröhre be-
stand aus drei durch Quecksilberschliffe ver-
bundenen Teilen. K bildete die Kathode,
die dicht an der Glaswand anliegende 2 cm
weite Messingröhre A die Anode, welche stets
geerdet war. Das 0,00032 cm starke Alu-
miniumfenster war nach der Methode von
W. Wien*) auf ein eingeschobenes Platin-
Sehirnv
röhrchen P luftdicht aufgeschraubt. Das Dia-
phragma D hatte den Zweck, nur ein dünnes
Bündel Kathodenstrahlen gerade auf die Mitte
des Fensters fallen zu lassen. Die Elektrode
F fing die durch das Fenster hindurch ge-
gangenen Strahlen auf. Als Stromquelle wurde
eine 4 plattige Influenzmaschine verwendet.
Die Zuleitungen zur Kathode wie zum Voltmeter
war in Paraffin eingegossen, um Spitzenent-
ladung zu verhüten. Das Entladungspotential
wurde an einem statischen Voltmeter von
Siemens & Halske, das mit der Kathode
verbunden war, abgelesen. Zur Bestimmung
der vom Fenster absorbierten Elektrizitäts-
menge war dieses durch ein d'Arsonval - Gal-
vanometer-(von der Empfindlichkeit 3,1.10""'**
Amp. pro mm bei 2 m Skalenabstand und
i) W. Wien, Wied. Ann. 66, 440, 1898.
r
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
553
loooo i2 Widerstand), an welches ein Neben-
schluss von 5000 ^ angebracht war, zur Erde
abgeleitet, während die durch das Fenster
hindurch gelangende Menge Kathodenstrahlen
noch mittels eines empfindlichen Dole-
zalekschen Elektrometers gemessen werden
konnte. Zu diesem Zwecke war F durch einen
sehr grossen Widerstand, nämlich durch ein
etwa 2 cm langes Stäbchen blaues Schmelzglas,
an dessen mit F verbundenem Ende das
Elektrometer angebracht war, zur Erde ab-
geleitet. Der Ausschlag der Elektrometer-
nadel ist dann proportional dem von F ab-
fliessenden Strom. Um F und die Zuleitung
vom Elektrometer vor Influenzwirkungen zu
schützen, befand sich, wie die Zeichnung zeigt,
der obere Teil der Röhre in einem Blechkasten,
welcher an einem mehrere m^ grossen Schirme
angebracht war. Bei Spannung oberhalb
14000 Volt genügte auch das Galvanometer,
um die durch das Fenster gelangenden Strahlen
zu messen und hiervon wurde zur Kontrolle
der elektrometrischen Bestimmungen Gebrauch
gemacht.
Folgende Tabelle enthält das Mittel aus
den Resultaten von sieben, im übrigen nur
wenig voneinander abweichenden Versuchs-
reihen. Unter V stehen die Entladungs-
Ai
Potentiale, ausgedrückt in Volt, unter ~. -
das Verhältnis des Skalenausschlags, welcher
an dem mit F verbundenen Elektrometer ab-
gelesen wurde, zu dem gleichzeitig beobachteten
Skalenausschlag des Galvanometers, welches
die vom Fenster absorbierte Menge angab.
A i
Die Zahlen unter . - sind also proportional dem
to
Verhältnis der durch das Fenster hindurch auf
F gelangenden (d. i. „/**) zu den vom Fenster
absorbierten Kathodenstrahlen ( d. i. „/'o**).
V
^X If
best.
. ber.
io
/o
h
15800
1,19
0,0042 1
0,00428
15600
1,00
0,00354
0,00358
15500
0,90
0,003 1 9
0,00328
15400
0,82
0,00290
0,00297
15200
0,68
0,0024 1
0,00248
15000
0,55
0,00197
0,00203
14800
0,46
0,00163
0,00164
14600
o,37S
0,00132
0,00132
14500
0,335
0,00115
0,001 16
14400
0,30
0,00106
0,00104
14200
0,24
0,00085
0,00082
14000
0,185
0,00065
0,00065
13800
0,14
9,00049
0,00049
13600
0,105
0,00037
0,00037
13500
0,09
0,0003 1
0,00032
13400
0,078
0,00027
0,00027
13200
0,062
0,00021
0,00019
Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen
zeigte sich, dass die experimentellen Daten
— a
durch die Formel . = e i^\ sich darstellen
lassen.
Die Konstanten A und a wurden aus den
für 15800 und 13800 Volt experimentell be-
A i
stimmten Werten von - berechnet zu 282 resp.
17,1 . 10'^; die Reihe . der Tabelle ist ent-
standen aus Reihe 2 durch Division mit
282 und stellt das Verhältnis der hindurch-
gedrungenen Menge Kathodenstrahlen zu der
vom Fenster absorbierten dar, falls wir die
Strahlen, welche durch diffuse Ausbreitung
an der Rückseite des Fensters sowie durch
Reflexion an /''verloren gehen, vernachlässigen,
was aber natürlich nur den absoluten Wert,
nicht den relativen, von beeinflussen
kann.
Die letzte Reihe enthält schliesslich die
i
nach der Formel = ^'N berechneten
to
Werte.
Die geringen Differenzen zwischen den
letzteren und den experimentell bestimmten
Zahlen liegen innerhalb der Grenze der wahr-
scheinlichen Fehler. Es folgt also, dass der
Absorptionsko effizient umgekehrt pro-
portional F*' oder umgekehrt proportio-
nal der 5. Potenz der Geschwindigkeit
der Elektronen ist.
Ich beabsichtige, demnächst die Unter-
suchungen auch auf höhere Entladungspoten-
tiale auszudehnen, wenn mir ein hierfür ge-
eigneter Messaparat zu Gebote steht. Da aber
bis dahin noch einige Zeit vergehen wird,
hielt ich es für angezeigt, einstweilen die Er-
gebnisse der Messungen bei geringeren
Spannungen zu veröffentlichen.
Würzburg, August 1902.
Physikalisches Institut der Universität.
(Eingegangen ii. August 1902.)
über den Durchgang des elektrischen Stromes
durch ein gasförmiges Medium im Felde
rotierender Magnete.
Von J. J. Taudin Chabot.
Zur Behandlung der Frage, ob das Feld
des um seine Achse rotierenden Magnets an
dieser Rotation teil hat 'oder nicht, diskutierte
Lecher') eine Reihe von ihm selbst, wie von
i) Lech er, Wien. Ber. 103, 961, 1894.
554
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
anderen angestellter Versuche. Unter jenen
besteht einer darin, dass der Magnet um dessen
Pol das Faradaysche PendeP) — in der
Amp^reschenForm eines zweiarmigen Bügels^) —
umläuft, in Rotation versetzt wird: Die Um-
laufsgeschwindigkeit des Leiterbügels zeigt sich
unabhängig von der Drehungsgeschwindigkeit
des Magnets, sei diese o oder > o.
Statt durch einen starren Leiter kann der
elektrische Strom auch durch ein Gas seinen
Weg nehmen, um dann ebenfalls bei passender
Annäherung eines Magnetpols die Erscheinung
der Gleichpolrotation ^) zu zeigen. Einen ent-
sprechenden Apparat Hess ich, wie folgt, kon-
struieren: Von einem Glockenmagnet ist der
mittlere Eisenteil in etwa der halben Länge
mit isoliertem Kupferdraht bewickelt, so dass
der Innenraum des Glockenmagnets zur Hälfte
mit jenen Windungen ausgefüllt erscheint, zur
Hälfte frei bleibt. Hier, neben dem freien Ende
des centralen Eisens steckt ein passend eva-
kuiertes Glasgefäss — derart wie das von De la
Rive angegebene*) — welches der zwischen
diesem und dem peripheren Eisen des Glocken-
magnets sich erstreckende Teil des Magnet-
kreises mithin radial durchsetzt. Die Dimensionen
des Apparates sind : Durchmesser des peripheren
Eisens, aussen 8,4 cm, innen 8,2 cm — IDurch-
messer des centralen Eisens 1,2 cm — Länge
20 cm; Solenoid von 2600 Windungen eines
runden Kupferdrahts, dessen Durchmesser
i) Faraday, Quarterly Journ. of Sc, 12, 74, 1821.
2) Ampere, M^m. del* Ac. d. Paris, 6, 219, 1823.
3) Über die Worte „Gleichpolrotation" und „Gleichpol-
induktion'*, statt „Unipolarrotation" und „Unipolarinduktion**,
vgl, meinen Vorschlag, Phil. Mag., ....,...., 1899.
4) De la Rive, Pogg. Ann. 104, 129, 1858.
0,1 cm beträgt, bei einer Seidenisolation in
0,0025 cm Stärke ringsum. Glockenmagnet
und Gefäss lassen sich mittels einer Schwung-
maschine um die vertikal orientierte Achse
drehen, während Schleifkontakte den Anschluss
zweier kleiner Trockenelemente zur Erregung
des Glockenmagnets, sowie eines mittelgrossea
Induktoriums zum Betrieb der Röhre er-
möglichen.
Es vollbringt der Stromfaden zunächst etwa
I Umlauf per Sekunde. Dreht man jetzt aber
das System, so erfahrt die Umlaufsbewegung
des Stromfadens eine sehr merkliche Be-
schleunigung; ist dieselbe, wenn der Magnet
entgegengesetzt gedreht wird, negativ, so kann
selbst ein Richtungswechsel der Umlaufs-
bewegung eintreten. Ändert man die Dreh-
richtung plötzlich, so folgen stets die den
Elektroden näheren Teile des Stromfadens
zuerst, während der mittlere Teil etwas zurück-
bleibt — der Faden mithin seitswärts leicht
gekrümmt wird — das Ganze den Anschein
erweckend, wie wenn der Stromfaden von den
Elektroden aus mechanisch gezwungen würde,
seinen Umlauf positiv oder negativ zu be-
schleunigen. — Gleichpolinduktion anderer-
seits findet (seitens des rotierenden Magnets)
offenbar gleichzeitig nicht statt, leuchtet doch
der umlaufende Stromfaden in einem konstanten
Rötlich-Violett, hingegen übergelagerte Induk-
tionsströme, sollten sie bei den Bewegungsvari-
tationen des Stromfadens mitwirken, äquivalente
Helligkeitsschwankungen verursachen müssten.
Degerloch (Wttbg.), 30. Juli 1902.
(Eingegangen 3. August 1902.)
ZUSAMMENFASSENDE BEARBEITUNGEN.
Die Kompensation des Schiffskompasses.
Von H. Meldau (Bremen).
Selbst bei sorgfältiger Auswahl des Kompass-
ortes ergiebt sich für fast alle Eisenschiffe die
Notwendigkeit, künstliche Mittel zur Reduktion
der natürlichen Ablenkungen des Kompasses
heranzuziehen. Grosse Ablenkungen würden
nicht nur die Anwendung der Näherungsformel
ö = A-\- ßsin^ -{- Ccos^+DsIh2^ -{- Ecos3^,
in der ^ den Kompasskurs bedeutet, zur Be-
rechnung der Deviation verbieten, sie sind auch
für die Navigierung* selbst störend und, zumal
in engen Gewässern, nicht ohne Gefahr. Da
grosse Ablenkungen mit dem Kurswinkel stark
veränderlich sind, so täuschen sie bei Kurs-
änderungen das Urteil des SchifTsfiihrers über
die thatsächliche Winkelbewegung des Schiffes
und geben unter Umständen Anlass zum Un-
ruhigwerden der Rose. Ferner sind grosse
Ablenkungen auch grossen Änderungen bei
Veränderung der magnetischen Breite unter-
worfen. Diese Änderungen verteilen sich auf
die verschiedenen Bestandteile der Deviation
in verschiedenem Masse, und, indem sie sich
zu den Änderungen durch halbfesten Magnetis-
mus addieren, verschleiern sie den Einfluss
des letzteren. Ein Hauptgrund zu Gunsten der
Kompensation liegt in dem durch sie bewirkten
Ausgleich der Richtkräfte auf den ver-
schiedenen Kursen und der gleichzeitig ermög-
lichten Erhöhung der mittleren Richtkraft. Die
Kompensation des Krängungsfehlers endlich ist
unumgänglich mit Rücksicht auf die Ruhe der
Kompassrose.
Als allgemeiner Grundsatz für die Kompen-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
555
sation muss der gelten, dass möglichst jede
magnetische Kraft des Schiflfes durch eine
adäquate, d. h. nicht nur fiir alle Kurse, son-
dern auch fiir alle magnetischen Breiten ihr
entgegengesetzt gleiche Kraft aufgehoben wird.
Die Anwendung dieses Grundsatzes hat auf
die Gleichungen zurückzugehen, welche die
Koeffizienten der obigen oder der exakten 0
Deviationsformel mit den magnetischen Kon-
stanten des Schiflfes verbinden. Im folgenden
sollen die Kompensationseinrichtungen des
SchifTskompasses in der Reihenfolge besprochen
werden, in der sie bei der Ausfiihrung der
Kompensation anzubringen sind.
Unter gewöhnlichen Verhältnissen und bei
Kompassen mit kleinen Nadeln von geringem
magnetischen Moment ist die Kompensation
der Quadrantaldeviation die am exaktesten
ausführbare. Die Koeffizienten D und E der
Quadrantaldeviation lassen sich in einer hier
genügenden Annäherung durch die Formeln
darstellen
/ 2 A 2
wo A = I + die mittlere Richtkraft nach
2
magnetisch Nord in Einheiten der Horizontal-
intensität ausdrückt. Bei der Kompensation
des Hauptkoeffizienten D wird man sich die
Möglichkeit einer Erhöhung der mittleren Richt-
kraft nicht entgehen lassen. Um den Kompass
durch Kompensationsvorrichtungen nicht allzu-
sehr zu belasten, kompensiert man die (nega-
tiven) Werte des a und e nicht einzeln, sondern
führt nur ein positives e' ein, indem man seit-
wärts vom Kompass in der Höhe der Rosen-
magnete Kästen mit eisernen Ketten, Cylinder
oder Kugeln aus weichem Eisen anbringt, die
ein r ' = ö — e erzeugen, wodurch A' = i + rt; und
S)=w - - — =owird.'^) Heute benutzt man
k 2 '
nach W. Thomsons Vorschlage meist stark-
wandige eiserne Hohlkugeln von 1 2 bis 30 cm
Durchmesser. Da die Korrektoren unter der
Annahme, dass die Horizontalkraft für sie ebenso
durch die schiflfsmagnetischen Kräfte modifiziert
wird wie für die Kompassnadeln, dieselben
Deviationen an Bord wie an einem eisenfreien
Orte erzeugen, so kann man die Grösse der
anzubringenden Kugeln und die Entfernungen,
die ihnen von der Rosenmitte zu geben sind,
nach Feststellung des D aus Tabellen ent-
1) Vergl. den früheren Aufsatz „Die Ablenkung des Kom-
passes an Bord der Eisenschi ffe*' (d. Z. 3, 391, 1902), wo
auch die übrigen im folgenden benutzten Bezeichnungen ihre
Erklärung fanden.
2) Streng genommen, wird, besonders beim Gebrauche
von Kugeln, geichzeitig ein negatives a eingeführt; die mitt-
lere Richtkraft ist deshalb auch etwas geringer, als oben
angegeben.
nehmen. Die Anbringung der 77- Korrektoren
hat vor der Kompensation der Semicirkular-
deviation zu geschehen, weil es nicht ausge-
schlossen ist, dass in den Korrektoren von
Natur feste Pole enthalten sind oder dass solche
in ihnen durch die schiffsmagnetischen Kräfte
oder durch die Kompensationsmagnete induziert
werden.
Hat der Koeffizient E, wie es besonders
unter den schwierigeren Umständen an Bord
von Kriegsschiffen vorkommt, einen von Null
verschiedenen Wert, so kann man ihn gleich-
zeitig mit D kompensieren, indem man die
Verbindungslinie der Kugelmittelpunkte um
einen Winkel a aus der Querschiffsrichtung
E
herausdreht, so zwar, dass tg2a= "• Die
Grösse und Entfernung der Kugeln ist in die-
sem Falle mit dem Werte V 7)*^ + E^ auszu-
nehmen. Bei positivem E ist die links befind-
liche, bei negativem E die rechts befindliche
Kugel vorzuschieben.
P2ine Kompensation der konstanten De-
viation geschieht, wo sie überhaupt ausgeführt
wird, nicht durch magnetisch wirkende Vor-
richtungen, sondern durch Verlegen des Steuer-
striches um den Betrag des A nach rechts
oder links.
Nachdem die Quadrantaldeviation ausge-
glichen ist, hat man zunächst die vertikale
Weicheisenstange zur Kompensation der Hori-
zontalkomponente der Vertikalinduktion, die
sogen. Flinderstange, anzubringen. Über diese
soll jedoch nicht hier, -sondern später im Zu-
sammenhange mit der übrigen Kompensation
der Semicirkulardeviation das Nötige gesagt
werden.
Eine ideale Kompensation des Krängungs-
fehlers würde fünf verschiedene Kompensations-
vorrichtungen erheischen. In der That ist die
Krängungsdeviation durch den Ausdruck ge-
geben
2 / 2 a
^=y icos S' + -1 isin ^^^ — ^ i cos '^ C\
eZ
wo y= ;- —
X
kZ-\-R
XH XH
ist. Zur Kompensation des g^ das eine auf
nördlichen und südlichen Kursen mit gleichem
Zeichen behaftete Deviation erzeugt, würde
eine horizontal längsschiffs mit dem einen Ende
über oder unter dem Kompass liegende Stange
einzufuhren sein. Da g jedoch für gut und
nicht zu nahe den Enden des Schiffes aufge-
stellte Kompasse klein ist, so sieht man von
der Anbringung einer solchen Stange ab. Der
Koeffizient c, der eine auf O- und W-Kurs ihr
Maximum erreichende Krängungsdeviation er-
S56
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
= ;i — ;iS)
zeugt, wird mit durch die Flinderstange kom-
pensiert, falls eine solche angebracht ist.
Durch die Flinderstange ist auch Gelegenheit
gegeben, den Koeffizienten k teilweise mit zu
kompensieren, indem man diese Stange ent-
weder über die Stellung erhöht oder unter die
Stellung senkt, in der sie eine rein horizontale
Gesamtwirkung am Rosenorte ausübt.
Sehen wir jedoch von einer solchen Kom-
pensation des k ab, so muss, damit das Haupt-
glied y.i.cosi der Krängungsdeviation ver-
schwinde,
sein. Bezeichnet Z* die gesamte vom Erd-
und vom Schififsmagnetismus am Kompassorte
erzeugte Vertikalkraft, so ist
Es muss also, damit der Krängungskoeffizient
7=0 wird,
Z =^Z-\'eZ oder
Z^ , a-^r e a —
Z 2 2
= A(i— 3))
sein.
Der mit der Breite stark veränderliche Teil
e ,Z
', des Krängungskoeffizienten, der davon her-
rührt, dass vorher horizontale Eisenmassen durch
die Krängung der Vertikalinduktion ausgesetzt
werden, wird in wirksamer, fiir alle magnetischen
Breiten gültiger Weise durch die Anbringung der
/^-Korrektoren fast ganz beseitigt. Durch diese
Korrektoren wird die Querschiffsinduktion gleich
der viel kleineren Längsschiffsinduktion (^ = ^)
gemacht. Die Bedingung für das Verschwinden
des 7 wird demnach, falls /^-Korrektoren an-
gebracht sind,
Z 2 2
wo X und 3) die ursprünglichen Werte dieser
Grössen bedeuten.
Die Kompensation des nach Anbringung
der /^-Korrektoren verbleibenden Restes des
Krängungskoeffizienten geschieht durch An-
bringung eines Vertikalmagneten genau unter
der Kompassmitte. Man führt sie aus, ohne
das Schiff zu krängen, indem man zur
Messung der Vertikalkräfte die Schwingungs-
dauer einer Vertikalnadel oder die Thomson-
sche Vertikalkraftwage benutzt. Diese ist im
wesentlichen eine Inklinationsnadel, die, bei der
Beobachtung im magnetischen Meridian orien-
tiert, durch ein verschiebbares Gewichtchen
zum Gleichgewicht in horizontaler Lage ge-
bracht wird. Der Abstand des Gewichtes von
der Achse giebt unmittelbar die Grösse der zu
messenden Vertikalkraft an. Zunächst be-
obachtet man die Einstellung («) des Gewichtes
an einem eisenfreien Orte am Lande und giebt
dem Gewichte, wenn die Quadrantaldeviation
nicht kompensiert ist, die Einstellung
wenn sie kompensiert ist, die Einstellung
;/ = ;/. 2(1 +3)).
Nachdem dann das Schiff zur Vermeidung
eines Einflusses des Koeffizienten g auf
magnetisch O- oder W-Kurs gelegt ist, bringt
man das Instrument an die Stelle, an der
sich sonst die Kompassnadeln befinden und
verschiebt den Vertikalmagneten unter der
Kompassmitte so lange, bis die horizontale
Lage der Nadel erreicht ist. — Auch auf
See kann die Vertikalkraftwage, wenn die
Einstellung des Krängungsmagneten geändert
werden muss, unter Benutzung einer Karte der
Linien gleicher Vertikalintensität gute Dienste
leisten.
Die Koeffizienten B und C der Semicir-
kulardeviation hängen mit der Längsschiffs-
kraft P und der Querschiffskraft Q des festen
Schiffsmagnetismus, sowie den Konstanten c
und f der Vertikalinduktion durch die Formeln
zusammen
wo ö die Inklination bedeutet.
Der Koeffizient f, dessen Vorhandensein
unsymmetrisch verteiltes Eisen voraussetzen
würde, kann als verschwindend angesehen
werden. Die Kompensation des c geschieht
durch eine vertikale •) in der Mittschiffsebene
vor oder hinter dem Kompasse angebrachte
Weicheisenstange. Diese Stange ist die älteste
Kompensationsvorrichtung ; seitdem F 1 i n d e r s
sie angegeben, ist sie nie ganz in Vergessen-
heit geraten, doch hat erst W. Thomson
ihr unter dem Namen „Flinders bar" zu all-
gemeiner Anwendung verholfen. Am Thom-
sonschen Kompass besteht diese Stange aus
einem 8 cm dicken massiven Eisencylinder,
der in einer Messinghülse untergebracht und
seiner Länge nach in mehrere Stücke zer-
schnitten ist. Indem man die unteren Stücke
fortnimmt und durch Holzklötze ersetzt, vermag
man die Wirkung der Stange zu variieren. Für
einen bekannten Wert des c lässt sich die Länge
der anzuwendenden Flinderstange aus einer
Tabelle entnehmen. Ihre Anbringung auf einem
neuen Schiffe kann, da beobachtete Werte des c
noch nicht vorliegen, nur eine versuchsweise
i) Die Worte „vertikal" und , .horizontal" sollen im
folgenden des bequemeren Ausdrucks wegen im Sinne von
„senkrecht zum Deck" und „parallel zum Deck*' gebraucht
werden.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
557
sein, wobei man die auf Schwesterschiffen oder
ähnlichen Schiffstypen gemachten Erfahrungen
heranziehen wird. Die Berichtigung der Kom-
pensation hat dann durch den Schiffsfiihrer zu
geschehen, nach der Vorschrift: Wenn das
Schiff nach Orten mit geringerer Vertikalkraft
geht, so kompensiere man ein neu auftretendes B
durch Verlegung der Längsschiffsmagnete; im
entgegengesetzten Falle durch Verstärkung oder
Schwächung der Flinderstange. Da c für die
auf der Brücke moderner Schiffe aufgestellten
Kompasse negativ ist, so ist die Flinderstange
fast stets vor dem Kompasse anzubringen. Der
Gebrauch der Flinderstange dehnt sich immer
mehr aus; auf den Schiffen der Handelsmarine
ist sie schon seit längerer Zeit als Bestandteil
des Thomsonschen Kompasses eingefiihrt;
auch die kaiserliche Marine beabsichtigt, nach-
dem genügende Beobachtungen vorliegen, die
getrennte Kompensation der Bestandteile des B
zu versuchen. ')
Nachdem die Flinderstange angebracht ist,
bleibt der Rest der Semicirkulardeviation durch
feste Magnete zu beseitigen. Man bringt ent-
weder einen einzigen Magneten unter dem aus
der Gleichung tga=^ ^^ berechneten sogen.
„Steuerbordswinkel" a zur Kielrichtung an, oder
man kompensiert die beiden Komponenten /'und Q
einzeln. Das letztere Verfahren ist vorzuziehen.
Die Magnete werden an Deck festgeschraubt oder
in besonderen Öffnungen des Kompassständers
untergebracht und zwar so, dass zur Vermeidung
vertikaler Kräfte am Kompassorte die Mitten
der Längsschiffsmagnete sich in einer durch
die Kompassmitte gelegten Querschiffsebene,
die Mitten der Querschiffsmagnete sich in der
Mittschiffsebene befinden. Es gilt als Regel,
dass die Entfernung der Magnete von der
Rosenmitte mindestens gleich der doppelten
Länge des Magneten sein soll.
Die Ausführung der Kompensation erfolgt
empirisch, indem das Schiff mittels einer Peil-
scheibe auf die magnetischen Hauptkurse und
zwar zur Kompensation des B auf den mag-
netischen O- oder W-Kurs gelegt wird. Man
ordnet dann die Längsschiffsmagnete so an,
dass das Schiff auch an der Rose O bezw. W
anliegt. Entsprechend verfährt man auf magne-
tisch N- oder S-Kurs zur Kompensation des C,
Nachdem die Kompensation vollendet ist,
hat man das Schiff nochmals herumzudrehen,
um den etwaigen Rest der Deviationen zu be-
obachten und zu einer „Steuertabelle" zusammen-
zustellen.
Die Ausführung der Kompensation kann
auch ohne jede Richtungsbestimmung, z. B. im
i) I^ehrbuch der Xavij^ation, herausgeg. vom Reichs-
Marine- Amt, Berlin (1901).
Nebel und bei unsichtigem Wetter geschehen,
und zwar dadurch, dass man die Richtkräfte
auf den vier Hauptkursen N, S, O, W aus-
gleicht. Zur Messung der Richtkräfte bedient
man sich der Ablenkungsmethode. Die ver-
schiedenen Formen der Deflektoren, die man
hierbei benutzt, und ihre Anwendung sollen in
einem späteren Referate besprochen werden.
Die erfolgreiche Anwendung der im vor-
stehenden beschriebenen Kompensationsvorrich-
tungen, die im wesentlichen auf Vorschläge von
Airy aus dem Jahre 1839 zurückgehen, ist erst
durch die Einführung der Thomsonschen Kom-
passrose ermöglicht worden, bei deren Konstruk-
tion der grosse Physiker die „vollkommene An-
wendbarkeit der Kompensationsmethode des
Astronomer Royal" als oberstes Ziel im Auge
hatte.
Der Thomsonsche Kompass mit seinen
Kompensationsvorrichtungen reicht allerdings
nicht in allen Fällen aus. In den Panzertürmen
der Kriegsschiffe müssten die Quadrantalkugeln
häufig wegen der Grösse des T> nicht nur über-
mässige Dimensionen annehmen, sie würden
auch in ihrer Wirkungsweise selbst durch die
umgebenden Eisenmassen wesentlich modifiziert
werden. Der Peichlsche Kompass oder der ihm
nachgebildete Kompensationskompass der
Kaiserlichen Marine, die man an solchen
Stellen mit Erfolg verwendet, erreichen die Kom-
pensation der Quadrantaldeviation auf einem ganz
anderen Wege. Während beim Thomson sehen
Kompass eine Induktionswirkung der Nadelpole
auf die Quadrantalkorrektoren sorgfältig ver-
mieden und durch die alleinige Benutzung der
erdmagnetischen Horizontalinduktion eine für
alle magnetischen Breiten korrekte Kompensa-
tion des D erreicht wird, beruht die Wirkung
der Quadrantalkorrektoren der letztgenannten
Kompasse zum grössten Teile auf der Nadelinduk-
tion, sie gilt daher nur für einen bestimmten
Wert der Horizontalintensität. Um die Weich-
eisenmassen nahe genug an die Nadeln heran-
zubringen, sind sie am Kompasskessel selbst
innerhalb der Kardanischen Aufhängung an-
gebracht.
Beim Kompensationskompass unserer Marine,
der hier als Beispiel beschrieben werden soll,
ist der Kessel eines Fluidkompasses in der I löhe
des Magnetsystems der Rose mit 32 gleichmässig
im Kreise verteilten, radial verlaufenden Weich-
eisenstäben umgeben. Durch einen Mechanismus
können diese Eisenstäbe je in ihrer Längsrich-
tung verschoben werden und zwar so, dass ihre
inneren Enden entweder einen Kreis oder eine
Ellipse von grösserer oder geringerer Excen-
trizität bilden. In der Nullstellung sind die
inneren Enden aller Stäbe etwa 20 mm von
der Rose entfernt; die Wirkung des Apparates
besteht dann lediglich in einer beträchtlichen
558
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
Verstärkung der mittleren Richtkraft. Werden
die seitlichen Stäbe aber einwärts verschoben,
so dass die inneren Enden aller Stäbe eine
Ellipse um den Kompass bilden, so wird ausser-
dem eine kräftige negative Quadrantaldeviation
ausgeübt, deren Grösse an einer Skala nach
einer beigegebenen Tabelle bestimmt werden
kann. Zur Kompensation eines etwa vorhan-
denen E lässt sich das ganze System der
Kompensationsstäbe um etwa 25® nach jeder
Seite der Mittschiffslinie verstellen. Eine kon-
stante Deviation kann durch Drehung des inneren
Kompasskessels um den Betrag des A aufge-
hoben werden. Die Kompensation der Krän-
gungsdeviation geschieht in der gewöhnlichen
Weise. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass
die Eisenstäbe, da sie bei der Krängung des
Schiffes horizontal bleiben, nichts zur Beseitigung
des Krängungsfehlers beitragen. Der Kompass
erfordert vielmehr für sich selbst gleichsam eine
Krängungskompensation, da bei Schwankungen
des Kessels die Kompensationsstäbe der Induk-
tion durch die Vertikalkraft ausgesetzt werden.
Unter dem Kompasskessel ist deshalb ein kurzes
Vertikalrohr zur Aufiiahme eines sogen. Be-
ruhigungsmagneten angebracht. Die Einstellung
dieses Magneten ist dem jeweiligen Werte der
Vertikalintensität entsprechend zu ändern.
Die Verhältnisse, unter denen der Kompass
an Bord der Eisenschiffe seinen Dienst thun
soll, sind bis heute stetig ungünstigere ge-
worden, nicht nur auf den Kriegsschiffen, son-
dern auch auf den Fahrzeugen der Handels-
marine. So ist auf den modernsten Schnell-
dampfern der Hauptkompass zwar durch seine
Aufstellung auf der Brücke 10 m über den
Schiffsrumpf erhöht, dafiir ist er aber von allen
Seiten mit eisernen Brückenaufbauten umgeben.')
Da die heutige Kompensation den Veränderungen
mit der magnetischen Breite nur unvollkommen
und den Veränderungen durch halbfesten Mag-
netismus überhaupt nicht Rechnung zu tragen
vermag, so liegt es auf der Hand, dass sie um
so unvollkommener bleiben muss, je grösser
die zu kompensierenden Koeffizienten sind.
Man wird sich kaum dazu entschliessen , die
Anzahl der Kompensationsmittel noch zu er-
höhen, um so mehr aber ist zu wünschen, dass
die grossen Reedereien im Plane ihrer Schiffe
für einen guten Kompassort sorgen, indem sie
nötigenfalls die nächste Umgebung aus Holz
oder einem anderen unmagnetischen Material,
etwa aus Nickelstahl, herstellen lassen.
i) Auf dem Dampfer „Kronprinz Wilhelm" waren z. B.
zur Kompensation des Krängungsfehlers nicht weniger als elf
Magnetstäbe erforderlich. Auf dem in Bau befindlichen
Dami^fer „Kaiser Wilhelm II." lässt der Norddeutsche Lloyd
die in der Nähe des Kompasses stehenden Brückenaufbauten
aus Nickelstahl und Holz herstellen.
(Eingegangen 29. April 1902.)
BESPRECHUNGEN.
Micha elFaraday, Experimentaluntersuchun-
gen über Elektrizität, IX. bis XI. Reihe
(1835). Herausgegeben von A. J. von Oet-
tingen. (OstwaldsKlassiker derexakten
Wissenschaften. 126.) 106S. mit 15 Figuren.
Geb. M. 1,80. XII. und XIII. Reihe (1838).
(Ostwalds Klassiker. 128.) 133 S. mit
29 Figuren. Geb. M. 2, — , Leipzig, W.
Engelmann. 1901.
Es ist ein sehr verdienstliches Werk, die be-
rühmten Experimentaluntersuchungen Faradays
auch weiterhin bequem zugänglich zu machen,
wie es hier nach den Poggendorffschen Über-
setzungen und mit Anmerkungen des Heraus-
gebers geschieht.
Heft 126, Reihe IX bis XI, bringt zunächst
die Entdeckung der Erscheinungen der Selbst-
induktion und deren systematische experimentelle
Erforschung. Reihe X ist mehr der Vollständig-
keit halber abgedruckt und enthält im wesent-
lichen in wenigen Paragraphen die Beschreibung
einer verbesserten Form der Voltaschen Bat-
terie. Von ganz besonderem Interesse aber ist
die berühmte Reihe XI, in welcher Faraday
seine so überaus grundlegenden Anschauungen
über die Wirkung elektrischer Kräfte in die
Ferne entwickelt, welche die scheinbare direkte
Fernwirkung auf die Vorgänge in dem jeweiligen
Medium zurückführt. Daran schliessen sich die
berühmten Versuche mit dem Faradayschen-
Käfig und das Studium der spezifisch dielektri-
schen Eigenschaften der Körper.
Heft 128, Reihe XII und XIII, behandelt
das Studium der verschiedenen Arten von elek-
trischer Entladung, ein Gebiet, das namentlich in
der neuesten Zeit wieder Gegenstand eifrigster
Forschung geworden ist und bei dessen Be-
handlung sich Faradays glänzender Forscher-
geist in der bewunderungswürdigsten Weise be-
thätigt. Es bietet daher gerade die Lektüre
dieses Heftes um ihrer selbst willen und wegen
der mannigfaltigen Beziehungen und Vorahnun-
gen heutiger Anschauungen einen überaus grossen
Genuss für jeden, der an der Entwicklung dieses
Gebietes Anteil nimmt. E. Böse.
(Eingegangen 25. Mai 1902.]
Crew, Henry, and Tatuall, Robert R,
A laboratory m^nual of physics for use in
high schools. (Ein Laboratoriumshandbuch
der Physik [zum Gebrauch in Hochschulen].)
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
559
With 128 flg. 8. XIII u. 234 S. 1902. New
York, Macmillan Company. Gebunden.
Der amerikanische Hochschulunterricht ist
in viel weitgehenderem Masse als der unsrige
auf Übungen aufgebaut; so werden auch die
Anfangsgründe der Physik dort vielfach nicht
in Form eines Kollegs vorgetragen, sondern der
Student wird in den ersten elementaren Übungen
angeleitet, die Grundthatsachen der Physik
durch möglichst einfache Experimente selbst
zu finden; er wird selbst zum Entdeckungs-
reisenden in einem für ihn noch unbekannten
Gebiete, wobei ihm nur hier und da der Weg
schon vom Lehrer geebnet oder mit Wegweisem
versehen ist. Ein solcher Wegweiser ist das
vorliegende Büchlein, aus dem sich sicher auch
für unseren deutschen Universitätsunterricht
manche Anregung schöpfen lässt. Vor allem
aber dürfte für Lehrer an Realgymnasien und
Realschulen, in denen ja vielfach Schülerübungen
abgehalten werden, in diesem Buche mancher
nützliche Wink zu finden sein. Die Hauptge-
sichtspunkte der Verfasser sind folgende:
Der Energieaufwand von Seiten des Lehrers
soll möglichst klein sein.
Die Apparate sollen billig sein — da stets
eine grosse Zahl gleichartiger Apparate vor-
handen sein muss; sie sollen für den Lernenden
leicht begreiflich sein und wenig Erklärung
seitens des Lehrers erfordern.
Wie diese Bedingungen von den Verfassern
erfüllt worden sind, und in welcher Art der
Stoff angeordnet ist, wird am besten aus einem
Beispiel klar:
„Übung 86.-Lichtbrechung.
Litteratur: (Hier sind einige Lehrbücher
angegeben).
Apparate: Glasblock mit parallelen Flächen
etwa 2,5 cm dick — wenn nicht vorhanden, ge-
nügen auch einige aufeinander geschichtete Glas-
platten — ; ebenes Holzbrett, rechtwinkliges
Dreieck, Transporteur, Millimetermassstab, dünne
Nadeln, Papier.
Problem: Es ist die Ablenkung des Lichtes
beim Übergang von einem Medium in ein anderes
zu untersuchen.
Versuche: Ziehe auf dem Papier eine Ge-
rade LLl . Stelle den Glasblock hochkant, die
Vorderseite genau auf Lll\ diese Seite soll die
brechende Fläche sein. Stelle eine Nadel senk-
recht auf einen Punkt A in Berührung mit der
Rückseite des Glases, eine zweite an irgend-
einen Punkt B der Vorderseite in Berührung
mit dieser. Sieh mit einem Auge durch das
Glas, so dass A und B sich zu decken scheinen,
und stelle eine dritte Nadel in dieselbe Richtung
bei C einige Centimeter von B!*
Es folgt dann eine Anleitung, aus dem durch
die Nadeln auf dem Papier markierten Strahlen-
gang mittels einiger Hilfslinien und durch Ab-
messung mit einem Massstab das Brechungs-
gesetz abzuleiten.
Von ähnlicher Einfachheit sind fast sämtliche
Apparate; Ausnahmen bilden nur solche, die sich
ohne Verzicht auf Brauchbarkeit nicht impro-
visieren lassen, wie z. B. Wage und Galvano-
meter. Bei derartigen Apparaten ist jedoch auf
geeignete Bezugsquellen hingewiesen, wo die-
selben in möglichst einfacher und preiswürdiger
Ausführung erhältlich sind.
Auch die richtige Anordnung eines Beob-
achtungsjournals ist an zahlreichen Beispielen
erläutert und dem Rechenschieber, der unter
den deutschen Universitätsstudierenden merk-
würdigerweise noch fast unbekannt ist — an
den technischen Hochschulen ist er längst all-
gemein in Gebrauch — , ist ein ganzes Kapitel
gewidmet. Den Schluss bildet eine Anzahl von
Tabellen physikalischer Konstanten.
W. Kaufmann.
(Eingegangen 15. Juni 1902.)
J. H. van't Hoff, Vorlesungen über theore-
tische und physikalische Chemie, i. Heft:
Die chemische Dynamik. 2. Auflage, gr. 8.
XI und 251 Seiten. Braunschweig, Fr. Vie-
weg & Sohn 1902. M. 6, — .
Der Umstand, dass der 1898 erschienenen
ersten Auflage nunmehr schon eine zweite ge-
folgt ist, bestätigt den tiefen Eindruck, welchen
die eigenartige Behandlungsweise der theoretisch-
und physiko-chemischen Probleme durch den
berühmten Verfa<!ser in weiten Fachkreisen ge-
macht hat.
Dem Umfange des Buches entsprechend kann
und soll keine vollständige Behandlung der Lehre
vom chemischen Gleichgewicht und von der
Reaktionsgeschwindigkeit geboten werden, son-
dern es sollen vielmehr, dem ursprünglichen
Zwecke der Vorlesung entsprechend, die Haupt-
punkte des grossen Gebietes und ihre Zusammen-
hänge derart klar hervorgehoben und behandelt
werden, dass ein eingehendes Studium des Buches
den Schlüssel zum Verständnis auch aller Einzel-
heiten liefert. Der überaus klaren Darstellungs-
weise van't Hoffs zu folgen, erweist sich als ein
ebenso grosser Genuss wie als auserlesenes
Förderungsmittel zum Verständnis des Gegen-
standes und kann deshalb zur Gewinnung eines
grösseren Gesichtskreises und Überblickes wie
auch zum Eindringen in die geheimsten Tiefen
der chemischen Reaktionskinetik nur aufs wärmste
empfohlen werden. E. Böse.
Tagesereignisse.
Der Vorstand der deutschen Physika!. Gesellschaft ver-
sendet folgende Vorschläge fiir eine neue, dem jetzigen
Stande der Wissenschaft besser angepasste Einteilung der Ka-
pitel in den „Fortschritten der Physik**. (Nach dem Entwurf
56o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 23.
der vun dem Vorstände der Deutschen Physikalischen Gesell-
schaft eingesetzten Kommission.)
Etwaige Äusserungen zu diesen Vorschlägen werden für
die Abschnitte I bis VI an Dr. Karl Scheel, Wilmersdorf
bei Berlin, Güntzelstr. 43, für die Abschnitte VII und VIII
an Professor Dr. R. Assmann, Berlin N 65 Seestr. 61, er-
beten.
L .Allgemeine Physik.
1. Lehrbücher. Biographisches. Geschichtliches. All-
gemeines.
2. Unterricht. Apparate für Unterricht und Laboratorium.
3. Mass und Messen.
4. Prinzipien der Mechanik. Massenpunkte und starre
Körper.
5. Mechanik fester Körper. Elastizität. Festigkeit.
6. Hydromechanik.
7. Kapillarität.
8. Äeromechanik.
II. Physikalische Chemie.
1. Allgemeines.
2. Löslichkeit Absorption. Diffusion.
3. Elektrochemie.
4. Photochemie.
5. Thermochemie.
6. Struktur. Krystallographle.
m. Akustik.
1. Physikalische Akustik.
2. Physiologische Akustik.
IV. Elektrizität und Magnetismus.
1. Allgemeines.
2. Quellen der Elektrizität.
3. Elektrostatik.
4. Masse imd Messinstrumente.
5. Apparate.
6. Thermoelektrizität und reversible Wärmewirkuugen des
Stromes.
7. Irreversible Wärmewirkungen des Stromes.
8. Elektrizitätsleitung in festen Körpern und Flüssig-
keiten.
9. Elektrizitätsleitung in Gasen. Elektroluraineszenz.
Gasentladungen.
10. Kathodenstrahlen. Becquerelstrahlen und verwandte
Erscheinungen.
11. Röntgenstrahlen.
12. Magnetismus.
13. Elektromagnetismus. Elektrodynamik. Induktion.
Wechselströme. Halleffekt
14. Elektrische Schwingungen.
Feddersen. Hertz,
1$. Elektro- und Magnetooptik.
V. Optik des gesamten Spektrums.
1. Allgemeines.
2. Optische Apparate.
3. Fortpflanzung. Reflexion. Brechung. Dispersion.
4. Interferenz. Beugung.
5. Polarisation. Doppelbrechung. Krystalluptik. Natür-
liche Drehung der Polarisationsebene.
6. Emission. Absorption. Photometrie.
7. Lumineszenz (ausschl. Elektrolumineszenz.)
8. Photographie.
9. Physiologische Optik.
VI. Wärme.
1. Allgemeines. Thermodynamik. Anwendung auf ther-
mische Vorgänge.
2. Kinetische Theorie der Materie.
3. Thermische Ausdehnung.
4. Temperaturmessung.
5. Zustandsgieichung. Änderung des Aggregatzustandes.
6. Kalorimetrie. Spezifische und latente Wärme.
7. Wärmeleitung.
VII. Astrophysik.
1. Allgemeines und zusammenfassende Arbeiten.
2. Die Sonne.
3. Die Planeten und Monde.
4. Meteore und Meteoriten.
5. Zodiakallicht.
6. Kometen.
7. Fixsterne.
8. Nebelflecken und Sternhaufen.
Vin. Oeophysik.
A. Physik der Lithosphäre.
1. Allgemeines und zusammenfassende Arbeiten.
2. Erdmessung.
3. Schweremessungen und Lotabweichungen.
4. Veränderlichkeit der geographischen Breite.
5. Boden- und Erdtemperatur.
6. Ortsbestimmungen.
7. Höhenmessungen.
8. Niveauveränderungen.
9. Erdbeben.
10. Vulkane.
B. Physik der Hydrosphäre.
1. Physik des Meeres.
2. Quellen and Grundwasser.
3. Seen.
4. Flüsse.
5. Gletscher und Eiszeit
C. Physik der Atmosphäre (Meteorologie).
1. Allgemeines und zusammenfassende Arbeiten.
2. Bestandteile der Luft und Beimengungen.
3. Meteorologische Instrumente.
4. Sonnenstrahlung und Ausstrahlung.
5. Lufttemperatur.
6. Luftdruck.
7. Winde und Stürme.
8. Wasserdampf und Wolken.
9. Niederschläge.
10. Klimatologie und Witterungsgeschichte.
1 1. Praktische Meteorologie.
12. Dynamische Meteorologie.
13. Erforschung der oberen Luftschichten.
14. Meteorologische Optik.
15. Kosmische Einflüsse.
16. Das elektrische Feld der Erde. (Luftelektrizität, Ge-
witter.)
17. Das magnetische Feld der Erde.
18. Zusammenhang des elektrischen und magnetischen
Feldes der Erde. (Erdströme, Polarlichter.)
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Fachgenossen, der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
An Stelle des nach Tübingen berufenen Professors Dr.
W. Wislicenus in Würzburg wurde der Privatdorent Dr.
Tafel zum a. o. Professor ernannt; es wurde ihm als Lehr-
aufgabe die analytische Chemie übertragen.
Der Mathematik-Professor Krazer in Strassburg, früher
in Würzburg, hat einen Ruf an das Polytechnikum in Karls-
ruhe erhalten und angenommen.
Der Privatdozent an der Budapester Universität, Adjunkt
am chemischen Institut, Dr. Ludwig Winkler wurde zum
a. o. Professor der Chemie daselbst ernannt.
Dem Assistenten am chemischen Institut und Privatdo-
zenten für pharmazeutische Chemie an der Technischen Hoch-
schule in Darmstadt Dr. Georg Heyl ist das Prädikat Pro-
fessor verliehen worden.
Der Professor der Chemie, Physik und Pharmakognosie
Geh. Hofrat Dr. O. Schmidt in Stuttgart tritt mit Ende
dieses Semesters in den Ruhestand.
Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
Physikalische Zeitschrift
No. 24.
15. September 1902.
Redaktionuchlutt Air Jahrgang IV. No. i am 24. September 1903.
3. Jahrgang.
Orlglnalmltteilungen:
N. A. Hesehus, Die gemeinsame Di-
mensionalität des elektrischen Po-
tentials und der Oberflächenspann-
ung. S. 561.
Mitteilungen aus dem physikalischen
Institute der Universität St Peters-
burg. Nr. 3: J. Borgmann, Das
Leuchten eines verdünnten Gases in
einer Röhre rings um zwei der
Röhrenachse parallel gezogene und
an einen Induktorpol angeschlossene
Drähte. S. 565.
INHALT.
E. Grimsehl, Ein empfindliches Alu-
miniumblatt-Elektrometer. S. 569.
O. Behrendsen, Über die radioak-
tive, im Uranpecherz vorkommende
„flüchtige Substanz". S. 572,
J. Elster u. H. Geitel, Über die
Radioaktivität der im Erdboden ent-
haltenen Luft. S. 574.
K. Honda u. S. Shimizu, Wiede-
mannscher Eflekt bei ferromagneti-
schen Substanzen. S. 577.
F. Giesel, Über Radiumbromid und
sein Flammenspektrum. S. 578.
Referate:
Das Jaous-System. S. 579.
Besprechungen:
J. W. Gibbs, Elementare Prinzipien
der statistischen Mechanik, mit be-
sonderer Rücksicht auf die rationelle
Begründung der Thermodynamik
entwickelt S. 582.
A. Gleichen, I^hrbuch der geome-
trischen Optik. S. 584.
Personalien. S. 586.
Vorlesungsverzeichnis f&r das Winter-
semester 1902/03. S. 586.
ORIGINALMITTEILUNGEN.
vj
Die gemeinsame Dimensionalität des
elektrischen Potentials und der Oberflächen-
spannung.
Von N. A. Hesehus.
§ I. Allgemeines System der elek-
trischen und magnetischen Einheiten von
Joubin.
Sämtliche elektrischen und magnetischen
Grössen können, wie bekannt, im elektrostatischen
Masssysteme durch vier Fundamentalgrössen
ausgedrückt werden, nämlich durch die drei
mechanischen Grundeinheiten — Länge, Masse,
Zeit [Ly M, T oder c, ^, s) und die sogenannte
Dielektrizitätskonstante, den Koeffizienten
der dielektrischen Induktionsfähigkeit {k). Als
Ausgangspunkt wählt man dabei das Gesetz
von Coulomb (oder Cavendisn) ^==^v • , ~
(man könnte statt dessen auch m = kui'=kur
schreiben, wo m die Elektrizitätsmenge, u das
Potential bedeutet). Im elektromagnetischen
Masssysteme hat man ausser den drei mecha-
nischen Grundeinheiten, noch die magnetische
Permeabilität, den Koeffizienten der magne-
tischen Induktionsfähigkeit (^) einzuführen. (Der-
selbe findet sich nach dem Coulombschen Ge-
setze F=^ • o - oder der Relation m = (i^V
= fi 91r). Diese Abhängigkeit wird für einige
der wichtigeren elektrischen und magnetischen
Grössen durch folgende Dimensionsformeln
wiedergegeben (Näheres über diesen Gegenstand
bei W. Rücker, Ofi the suppressed dimensions
of physical quantities. Phil. Mag. S. 104, 1889
und J. Borgmann, Die Grundlagen der Lehre
von den elektrischen und magnetischen Er-
scheinungen [russ.] II).
Tabelle I.
Elektrostatisches
Masssystem
Elektromagnetisches
Masssystem
Elektrizitätsmenge m K\ Z*!« iW'l, T-\
Stromstärke . . . / . KK^ L\ M' , r-«
Magnetismus-
menge ml AT-*!, V\t M\
Widerstand , , , R
Elektromot. Kraft tf^
(Potential) . . , . uf
Kapazität . . . . c
KL
^'1. L\ M\ r-2
/M-iz-1 r2
Geht man von der Hypothese aus, dass
„die elektrischen undmagnetischenGrös-
sen von derselben Art sein müssen, wie
die mechanischen", so lässt sich, wie Jou-
bin gezeigt hat (Joum. d. phys. 1896, 398
und 1897, 57), die Dimensionalität der Koef-
fizienten k und (i auf Grund einfacher Annahmen
finden; man kann dann auch die elektrischen
und magnetischen Grössen nur mit Hilfe von
Länge, Masse und Zeit ausdrücken.
Führt man nämlich die Bedingung ein, dass
die Exponenten von M und L in den Dimen-
sionsformeln der elektrischen und magnetischen
Grössen ganze Zahlen sein sollen, — wie dies
für die mechanischen Grössen g^lt — und wählt
man von den verschiedenen Kombinationen,
welche dieser Bedingung genügen, diejenige aus,
bei welcher k und [i einen gewissen mecha-
nischen Sinn erhalten, so findet man
[k] = [LM'' T'^] und M = [L-'^Ml
Hier entspricht also k dem reziproken Werte
des Elastizitätskoeffizienten ( , = L"^ M 7^'^^=^
t^MT^^'.U^ ist gleich der auf die Flächenein-
heit wirkenden Kraft) und [i stellt eine gewisse
Dichte dar (Masse der Volumeneinheit).
562
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Setzt man die gefundenen Ausdrücke für k
und {L in die Formeln der Tabelle I ein, so
erhält man an Stelle der beiden Masssysteme,
des elektrostatischen und elektromagnetischen,
ein einziges, nämlich:
Ferner ist auffallend, dass sich für die Elek-
trizitätsmenge dieselbe Dimension ergiebt, wie
fiir eine Oberfläche; man kann sich das folgender-
massen erklären. Die auf einem Körper vor-
handene Elektrizitätsmenge beurteilt man unter
Tabelle IL
ElektrizitätsmcDge m \
Elektromotorische Kraft e\^
«/ !
(Potential)
Kapazitit
Intensität des elektrischen Feldes
Stromstärke
c
H
t
m
t
Stromdichte
Widerstand R
Spezifischer Widerstand . . , . $ = -7-
Magnetismusmenge in
Intensität des magnetischen Feldes . . ^
Magnetisches Potential %
AJ T-'^
z-> M r-«
z« r-»
Z-« M T'^
Z-» M r-i
L r-»
z« r-'
In vorstehender Tabelle fällt zunächst der
Umstand auf, dass in den Dimensionsformeln
für die elektrostatischen Grundeinheiten die
Zeit in der Potenz — 2 vorkommt, während
bei den elektromagnetischen Grössen T den
Exponenten — i hat. Erstere hängen danach
gewissermassen von der Beschleunigung ab,
letztere von der Geschwindigkeit. Die Inten-
sität des elektrischen Feldes stellt nach unserer
Tabelle einen Druck dar, diejenige des magne-
tischen Feldes eine Geschwindigkeit der Wirbel-
bewegung des elektrischen Stromes, dessen
Dichte einer Winkelgeschwindigkeit entspricht.
Es Hessen sich aus den erwähnten Formeln
noch viele andere interessante Schlüsse ziehen;
vergisst man dabei auch nicht, dass sie nur
bedingungsweise erhalten wurden, so muss man
ihnen doch den Vorzug vor anderen kompli-
zierten oder völlig willkürlichen geben (wie denen
mit den Koeffizienten k = i und ^ = i).
Aus den Joubinschen Dimensionsformeln
fiir k und ^ erhält man direkt die bekannte
Max well sehe Relation V k // = — Diese Glei-
_ V
chung ergiebt z/ = lA(i : >t) : ^, ein Analogon zum
Newtonschen Ausdruck für die Ausbreitungs-
geschwindigkeit einer Schwingungsbewegung
[v=ye:d). Hieraus sieht man, dass die
Dimension von r einer Elastizität [e), diejenige
von n — einer Dichte [d) entspricht. (Dieselbe
Beziehung erhält man auch direkt aus Tabelle I,
wenn man beliebige Formeln, welche derselben
elektrischen oder magnetischen Grrösse ent-
sprechen, einander gleichsetzt. Wählt man z. B.
die Formeln für die Kapazität (^), so ist kL =
fi'^L-' T\ also [Jkfi] = Z-2 T'^^[i:v^]. Das-
selbe erhielte man auch aus anderen entsprechen-
den Formeln.)
Oberfläche.
Oberflächenspannung (Energie der Oberflächeneinheit J.
Druck oder Energie der Volumeneinheit
Winkelgeschwindigkeit
Lineare Geschwindigkeit
Energie der Einheit der Magnetismusmenge.
anderem nach dem Potential, welches von dem
Körper im umgebenden Medium in der Einheit
der Entfernung hervorgerufen wird. Ist ein
massiver oder hohler Körper gegeben, so nimmt
man die Elektrizitätsmengen auf ihnen als gleich
an, sobald nur ihre Oberflächen einander gleich
sind und beide Körper auf dasselbe Potential
geladen sind, denn ein Elektroskop zeigt in
beiden Fällen die gleiche Ablenkung an, ent-
sprechend dem Umstände, dass zwei Körper
von gleicher Oberfläche und Temperatur in der
gleichen Entfernung dieselbe Temperatur er-
zeugen.
Sobald man jedoch anstatt einer elektrisierten
Kugel in gleichem Abstände vom Knopfe des
Elektroskops zwei gleiche Kugeln aufstellt, so
zeigt das Elektroskop das doppelte Potential
an, entsprechend der doppelten Ladung. —
Bringt man den gegebenen elektrisierten Körper
aus der Luft in ein anderes Medium, so ändert
sich das Potential in der Einheit der Entfernung;
da man aber annimmt, die Elektrizitätsmenge auf
dem Körper sei die frühere geblieben, so hat
man jenes Potential mit einem gewissen Faktor^
(der Dielektrizitätskonstanten) zu multiplizieren,
um die Relation xa = kui anschreiben zu können.
Die andere Methode zum Nachweise und Mes-
sung der Elektrisierung mittels eines Probe-
scheibchens giebt im Grunde nichts anderes als
das Resultat, dass ausserhalb des Körpers ein
elektrisches Feld existiert und dass im Innern
des Körpers das Potential in allen Punkten das
gleiche ist. Man kommt also durch diese Ver-
suche nur zu einem Schlüsse über die Elektri-
zitätsverteilung auf der äusseren Oberfläche
eines Körpers. Dasselbe würde man beispiels-
weise hinsichtlich der Wärmeverteilung erreichen,
falls man nur mit einem Differentialthermometer
experimentieren wollte (Näheres über die Ana-
loj^e zwischen den elektrischen und kalorischen
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
563
Erscheinungen bietet mein entsprechender Ar-
tikel im Joum. d. russ. phys.-chem. Ges. für
1897). S^ führen also die Methoden, nach
welchen wir die elektrischen Erscheinungen
untersuchen, zu Schlüssen über die oberfläch-
liche Verteilung der Elektrizität. Demgemäss
ist das Resultat, nach welchem die Elektrizitäts-
menge von der gleichen Dimension ist, wie die
Fläche {L^), von gewisser Bedeutung. Hieraus
folgt auch, dass die elektrische Dichte (d) ein
einfacher numerischer Koeffizient ist.
Noch mehr Aufmerksamkeit verdient die
Dimensionalität des Potentials und der elektro-
motorischen Kraft. Aus Tabelle II geht hervor,
dass das Potential von derselben Dimension ist,
wie die Energie der Oberflächeneinheit
oder die Oberflächenspannung. Hieraus
erhält man die Dimensionalität für die Energie
der Gesamtoberfläche eines elektrisierten Kör-
pers, wenn man die Energie der Flächeneinheit
mit der Grösse dieser Oberfläche oder das Po-
tential mit der Elektrizitätsmenge multipliziert
-— j. Hierbei überrascht neben der Bedeutung,
welche das vorliegende Masssystem in mnemo-
nischer Hinsicht hat, das Zusammenfallen des
erhaltenenResultates mit demjenigen der direkten
Versuche und einiger theoretischen Schlüsse,
wie sie in meinem Artikel: Über den Zusammen-
hang zwischen Berührungselektrizität und Ober-
flächenspannung (Joum. d. russ. phys.-chem.
Ges. S. 126, 1899; diese Ztschr. 2, 750, 1901)
angeführt sind. Hier haben wir gesehen, dass
elektromotorische Kraft und Oberflächenspan-
nung von derselben Dimension sind ; im citierten
Artikel habe ich gezeigt, dass man unter der
Annahme, die Ursache für die Elektrisierung
liege in einer Störung des Gleichgewichts zwi-
schen Körper und umgebenden Medium, zum
Schlüsse gelangen könne, zwischen der elek-
trischen Diffierenz und der Oberflächenspannung
der sich berührenden Körper sei ein gewisser
Zusammenhang vorhanden. Dieser vermutete
Zusammenhang wird durch zahlreiche Versuchs-
daten gestützt; bei der gegenseitigen Berührung
zweier Körper wird derjenige von ihnen elektro-
positiv, dessen Oberflächenspannung die grössere
ist, welcher Satz in gleicher Weise für flüssige,
wie für feste Körper gilt. Es sei hier nur als
Beispiel poliertes und mattes Glas erwähnt. —
Auf den Zusammenhang zwischen der Ober-
flächenspannung und Elektrisierung weisen auch
die bekannten Lipp mann sehen Versuche (Journ.
dephys. 1 874) über elektrokapillare Erscheinungen
und die Untersuchungen von Smith (cf. Beibl.
S. 496, 1899) über die elektrokapillaren Er-
scheinungen in Abhängigkeit von der Potential-
differenz bei Lösungen hin. Alles dies zusammen-
genommen erhöht die Bedeutung des neuen
gemeinsamen Systems der elektrischen Einheiten
und verleiht ihm einen gewissen Wahrschein-
lichkeitsgrad.
§ 2. Schrebers kritische Bemerkungen
zum Joubinschen System.
Ungeachtet dieses Wahrscheinlichkeitsgrades,
welchen das Joubinsche System besitzt, kommt
Schreber (Wied. Ann. 68, 606, 1899) zu dem
Schlüsse, dass man auf die Frage, ob die
Einheiten für die magnetischen und elek-
trischen Grössen durch Masse, Länge
und Zeit ausdrückbar seien, nur mit
einem — Nein — antworten könne.
Verweilen wir daher bei der Beweisführung
von Schreber und sehen wir zu, ob diese
Frage wirklich durchaus, zu verneinen ist.
Die elektrischen Grössen gehen thatsächlich
auf die drei erwähnten Fundamentalgrössen der
Mechanik zurück, insofern die elektrischen und
magnetischen Wechselwirkungen mittels der
Wage bestimmt werden können. Auf diese
Weise erhält man vier Ausdrücke für die Krafl
der elektrischen und magnetischen Wechsel-
wirkungen:
I, F^=a — r- (Coulombsches Gesetz der
Wechselwirkung von Magnetpolen),
F^=^ß — s- (Coulombsches Gesetz der
Wechselwirkung von elektrischen Polen),
F=^y — 7 — = 7 — -TT-T. — . da nach der
2.
3.
t^r^
m
Definition die Stromstärke ^ "^ 7 ^st.
(Amp^resches Gesetz der Wechselwirkung
zweier Stromelemente),
4. F=^6
(Gesetz von Biot und Savart
oder von Laplace).
Hieraus ergiebt sich
(a)
und
[ar] = m (b)
Zur Bestimmung der vier Koeffizienten a, ft
7 und ö sind somit im ganzen zwei Gleichungen
(a) und (b) vorhanden.
Da uns in der Elektrizitätslehre keine weiteren
Gleichungen für unsem Zweck dargeboten wer-
den, so hat man zur Lösung der Frage not-
wendigerweise zu zwei willkürlichen Relationen
seine Zuflucht zu nehmen. Man kann sich bei
dieser Auswahl nur durch die Forderung leiten
lassen, die gewählten Beziehungen mögen nach
Möglichkeit zweckentsprechend sein.
§ 3. Verschiedene Umstände, welche
zu Gunsten der Zurückführung der elek-
trischen und magnetischen Einheiten auf
die drei mechanischen Grundeinheiten
sprechen.
564
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Sehen wir nunmehr zu, ob die vor-
liegende Frage in der That so durchaus abzu-
lehnen ist, wie Schreber meint, oder ob es
nicht doch möglich ist, auf Grund der theore-
tischen und praktischen Ergebnisse, zu denen
die Wissenschaft heutigentags gelangt ist, eine
Lösung derselben zu finden.
I. Untersuchen wir zunächst, zu welchen
Resultaten der bekannte Maxwel Ische Aus-
druck k (1=^ 2 ftihrt, den man jedenfalls in
Betracht zu ziehen hat, welchen Sinn man ihm
auch immer beilegen mag. Man kann ihn auch,
wenigstens im Hinblick auf die Dielektrizitäts-
konstante k, als durchs Experiment genügend
sichergestellt betrachten.
Zieht man ihn aber heran, so findet man
noch eine weitere Beziehung zwischen den ge-
suchten Koeffizienten, nämlich zwischen a = -
und ß = -, . Zu den beiden Gleichungen
(a)
und
(b)
ß = 7v^ oder k 7 — -^
7 _
„ y = <J2 oder L = äi
ß
tritt dann noch die dritte Gleichung
(c)
k n=^
V
hinzu. Aus ihnen findet man (i^= y und rf = i.
Ferner kann man auf die Dimensionalität von
k und (i einen Schluss ziehen oder eine Ver-
mutung darüber aussprechen auf Grund des Um-
standes, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit v
der elektromagnetischen Störungen ebenso, wie
diejenige anderer Störungen mit der Elastizität (^)
und der Dichte [d) des Mediums im Zusammen-
hang stehen muss, dass nämlich v ^^yeTd ist.
Dementsprechend kann auch der Maxwel Ische
Ausdruck in der Form z/ = y^i \k (i^=\^(\ :k): (i
oder V = y^(i ifi):^ dargestellt werden.
Welchen dieser beiden Ausdrücke hat man
nun aber zu wählen, soll man die Dimension von
, der Elastizität entsprechen lassen, diejenige
von (i der Dichte oder umgekehrt? — Auf diese
Frage kann eine einfache Probe und eine Ver-
gleichung der erhaltenen Resultate Antwort
geben. Freilich ist dies kein direkter Weg, wie
die einfache Auflösung der Gleichungen und
wie ihn Schreber wünscht, er ist jedoch keines-
wegs willkürlich.
2. Der Weg. welchen Jo üb in einschlug, ist,
wie wir wissen, dem eben bezeichneten ent-
gegengesetzt, (cf. Logde, Modern views etc.)
Joubin ging, wie auch andere, direkt von der
Annahme aus, es sei rf = i zu setzen und er-
hielt demgemäss den Max well sehen Ausdruck
kgi= 2 2ils Folge. Seine Grundannahme ist,
wie erwähnt die, dass die elektrischen und
magnetischen Grössen von derselben Art
sein müssen, wie die mechanischen und
sich daher durch ganzzahlige Potenzen
von Z, Mund /"ausdrücken lassenmüssen.
Durch Aufsuchung der einfachsten Bedin-
gungen, welche seiner Forderung genügen, ge-
langte er zu seinem Masssystem (Tabelle II).
Es fragt sich jetzt, inwieweit begründet die
allbekannten elektrostatischen und elektromagne-
tischen Masssysteme mit zwei unbestimmten
Koeffizienten k und (i (oder ß und a) sind, wo-
bei 6=1 und Y = (i gesetzt sind. Dass der
Koeffizient 6 in der Formel von Laplace fiir
die Wechselwirkung zwischen einem Magnetpol
und einem Stromelement vom Medium und den
in ihm enthaltenen Körpern unabhängig und
immer derselbe ist, wie in der Luft, wird u. a.
direkt von Vaschy (Trait^ d'electricit^ et de
magnetisme, 1, 514, 1890) bewiesen. Auch durch
das Experiment wird die Unabhängigkeit des
Koeffizienten ö von den Eigenschaften des Me-
diums bestätigt. Man sieht somit, dass die An-
nahme, 6 sei eine Konstante, keineswegs will-
kürlich ist. Ist dem aber so, dann darf man
auch die Joubinsche Zurückfiihrung der elek-
trischen oder magnetischen Grössen auf mecha-
nische? nicht als unbegründet gelten lassen.
Vaschy (loc. cit. S. 330) hat auch gezeigt,
dass, wenn man mit Ampere annimmt, die
Kraft der gegenseitigen Einwirkung der Strom-
elemente ds und ds' wirke in ihrer Verbindungs-
geraden, man aus den Grundgesetzen des Elek-
tromagnetismus auch einen Ausdruck fiir diese
Kraft ableiten könne, nämlich d^ F=^ — ,,
k r
(2 cos B — 3 cos B cos 6). Ampere gelangte
durch andere Überlegungen zu der Formel
^> u /.'" ^ ' ^^ ^^ ( 3 Ä öA
d r ^^ k 2 — \^^^ ^ — ~ cos ^ cos ^ j '
Durch Vergleichung dieser beiden Ausdrücke
findet man k' ' = -tt oder k k"= 2 und da k'=
k
ist — ^'"= 7. Es ist also - eine Konstante.
Es müssen folglich 7 und ft von derselben
Dimension sein, was die vorhin erhaltene Gleich-
heit [7] = [//] für rf = I bestätigt. (Von dem
Zusammenhange zwischen den Koeffizienten der
elektrodynamischen und elektromagnetischen
Gleichungen handelt auch P. Duhem, Legons
sur lelectricit^ et le magnetisme 3, 433, 1892).
3. Man kann endlich zu demselben allge-
meinen elektrischen und magnetischen Mass-
systeme noch auf einem anderen Wege gelangen.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
565
Dieser dritte Weg eröffnet sich uns, wenn man
von der offenbaren Thatsache ausgeht, dass
das elektrostatische und elektromagne-
tische Masssystem in eines verschmelzen
müssen, wenn man annimmt, die Koeffi-
zienten k und // seien ausgedrückt durch
dieselben beliebigen Grundeinheiten.
Setzt man also die Ausdrücke für irgend
eine elektrische oder magnetische Grösse ein-
ander gleich, so erhält man einen Zusammen-
hang zwischen k und \i. Wählt man z. B. hierfür
die Ausdrücke für die Kapazität c aus Tabelle I,
so erhält man die Gleichung
und aus dieser
d. h. die Dimension des Produkts k (i wird
hiernach gleich der Dimension des reziproken
Geschwindigkeitsquadrats (-2/ ^" demselben
Resultate würde man bei Wahl jeder anderen
Grösse gelangt sein. Man erhält also den Max-
well sehen Ausdruck k (i =2~2 ^^ unmittelbare
Folge der von uns gemachten dritten Annahme.
Um zu unserem Endziel zu gelangen, haben wir
uns nur noch dafür zu entscheiden, welche von
den Grössen - und ti oder und k wir der
Elastizität und Dichte in der Formel
V =Y7^ = Yi:k(i =;Y^(iTk)T]i = Y(i:fi):k
entsprechen lassen wollen. Wir wissen bereits,
dass die Zusammenstellung der Resultate uns
veranlasst, die erste Annahme gelten zu lassen,
dass also \^=[e]=[LMr'^: L^=[L''^M7^'^]
ist und [(i] = [ML"^]. Als besondere Stütze
für diese Auswahl dient, wie mir scheint, der
von mir gefundene Zusammenhang zwischen der
Elektrisierung (Potentialdifferenz) sich berühren-
der Körper und ihrer Oberflächenspannung*), da
im gemeinsamen Masssystem der elektrischen
und magnetischen Grössen (Tabelle II) das Po-
tential (also auch die Potentialdifferenz) die
Dimension der Oberflächenspannung {MT~^ =
L M 7""^ : Z) oder der Energie der Oberflächen-
einheit {M r-2 = Li M T ^-:L'^) besitzt.
Von unserem Standpunkte aus betrachtet,
aufweichen seinerzeit Buy s-Ballot hingewiesen
hat und welcher unlängst von Majorana (Arch.
des sc. phys. 1899 August) gestützt worden ist,
muss sogar die Elektrisierung durch eine Diffe-
renz der Oberflächenenergie der sich berühren-
den Körper bedingt sein, weil sonst, wenn die
Energie der Flächeneinheit für jeden von ihnen
l) Vergl. diese Zeitschrift 2, 750, 1901.
die gleiche wäre, es keinen Grund fiir den Aus-
gleich des Zustandes der sich berührenden Kör-
per gäbe; es wäre dann auch kein Grund dafür
vorhanden, weshalb der frühere Zustand, wel-
cher einem Gleichgewicht gegenüber dem um-
gebenden Medium entspricht, gestört werden
sollte, — also würde dann auch eine Elektri-
sierung nicht auftreten.
(Nach den „Iswestija" des SL Petersburger Technolog. In-
stituts unter Vornahme vom Autor gewünschter Kürzungen
übersetzt von H. Pflaum.)
(Eingegangen 22. Juli 1902.)
Mitteilungen aus dem physikalischen Institute
der Universität St Petersburg (Direktor: J.
Borgmann.)
No. 8*): J. Borgmann. Das Iieuchten eines ver-
dünnten Qases in einer Röhre rings um swei der
Bohrenaohse parallel gesogene und an einen Liduk-
torpol angeschlossene Drahte.
In vorliegender Mitteilung beabsichtige ich,
eine Beschreibung zu geben von äusserst schönen
Lichterscheinungen derselben Art, wie die von
mir in dieser Zeitschrift ^) schon beschriebenen.
Diese Lichterscheinungen treten in Röhren auf,
in welchen parallel der Achse zwei dünne
Drähte eingeschmolzen sind, wenn beide Drähte
an einen Induktorpol angeschlossen sind, oder
wenn nur einer der Drähte an den Induktorpol
angeschlossen ist, der andere Draht hingegen
mit einer Kapazität verbunden ist. Meine Be-
obachtungen, bei deren Ausfuhrung mir Herr
A. P. Afanassieff in liebenswürdigster Weise
behilflich war, wurden an einer Röhre von 75 cm
Länge und 4,6 cm Durchmesser angestellt. Die
Distanz zwischen den in die Röhre eingeschmol-
zenen Platindrähten war nur ein wenig kleiner
als der Röhrenradius. Auf der äusseren (vom
Beobachter abgewandten) Röhrenwandung war
parallel den Drähten und ungefähr zwischen
denselben ein enger Stanniolstreifen aufgeklebt.
In dieser Röhre, ebenso wie in einer Röhre mit
nur einem Draht, sind die auftretenden Licht-
erscheinungen auffallend verschieden, je nach-
dem die Evakuierung eine massige ist und die
Spannung einige Millimeter beträgt, oder die
Verdünnung so weit getrieben ist, dass die Gas-
spannung nur sehr kleine Bruchteile eines Milli-
meters beträgt.
I. Die Gasspannung in der Röhre be-
trägt einige (4 — 6) Millimeter. Den In-
duktorpolen ist eineFunkenstrecke paral-
lel geschaltet.
a) Beide Drähte sind an den positiven
Induktorpol angeschlossen. Wenn der
Stanniolstreifen nicht geerdet ist, so erscheinen
auf beiden Drähten unbewegliche (bei gleich-
1) No. 2. Siehe 3, 433, 1902.
2) Diese Z 2, 659, 1901, 3, 433, 1902.
L
S66
Physikalische Zeitschrift. 3- Jahrgang. No. 24.
massigem Funktionieren des Unterbrechers)
violettleuchtende Linsen teile, welche von den
Drähten ausgehend zu den gegenüberliegenden
Teilen der Glaswandung fuhren; die Linsenteile
sind ziemlich regelmässig längs der Drähte ver-
teilt, dabei liegen aber die einem Draht ange-
hörenden Linsenteile nicht denen des anderen
Drahtes gegenüber, sondern sind gegen die-
selben verschoben. Der Raum zwischen den
Drähten bleibt dunkel. Fig. i ist eine Auto-
rs, i.
typie nach einer pbotographischen Aufnahme
eines Teiles dieser Erscheinung. Wenn der
Stanniolstreifen geerdet wird, verwandeln sich
diese Linsenteile in helle violettleuchtende
konische Lichtbündel, die von den Drähten aus-
gehend einerseits zum Stanniolstreifen, anderer-
seits zur gegenüberliegenden Glaswandung ge-
richtet sind. Ein kräftiges Magnetfeld, dessen
Kraftlinien senkrecht zur Röhrenachse stehen,
bewirkt ein Neigen der Linsenteile auf beiden
Drähten nach derselben Seite hin, ebenso wie
man es in einer Röhre mit nur einem Draht
beobachten kann. '}
b) Beide Drähte sind an den negativen
Induktorpol angeschlossen. Bei nicht ge-
erdetem Stanniol streifen erscheint der Raum
zwischen jedem seiner ganzen Lange nach leuch-
tenden Draht und den ihm nächsten Teilen der
Glaswandung von einem schwach leuchtenden
Nebel erfüllt; der Raum zwischen den
Drähten bleibt dabei vollständig dunkel
(Fig. 2). Bei geerdetem Stanniolstreifen ver-
wandelt sich das nebelartige Leuchten zwischen
jedem Draht und den nächstliegenden Teilen
t; I)iese[,Z. 3, 435, 1902.
der Glaswandung in eine hellleuchtende Fläche
zwischen jedem Draht und dem Stanniolstretfen.
Es bilden sich also in diesem Falle in der Röhre
zwei leuchtende Flächen, die unter einem Winkel
zusammentreffen.
c) Der eine (obere) Draht ist mit dem
positiven Induktorpol verbunden; an den
unteren Draht ist ein Stück dünnen
Drahtes (Lange circa i m) angeschlossen,
das frei herunterhängt. Der Stanniolstreifen
ist nicht geerdet. Auf dem oberen Drahte bilden
sich leuchtende Linsen, die aber auf diesem
Drahte nicht centrisch stehen, sondern in der
Richtung des unteren Drahtes stärker entwickelt
sind. Diese Linsen schneiden den unteren Draht
und erreichen selbst die untere Glaswandung.
Dort, wo die Linsen den unteren Draht schneiden,
bemerkt man ein helleres Leuchten der letzteren.
Der untere Draht gleicht dabei einem leuchten-
den dicken Faden mit gleichmässig verteilten
dunkleren Einschnürungen, Fig, 3 ist ein Teil
einer photographischen Aufnahme der beschrie-
benen Erscheinung (Exposition 2 Minuten), Auf
der Figur sieht man den Stanniolstreifen, in
welchem sich die Erscheinungen spiegelten. Die
helleren Teile des Streifens sind nur Spiegel-
bilder der Lichtlinsen.
Ein Magnetfeld, dessen Kraftlinien senkrecht
zur Röhrenachse stehen, bewirkt ein Neigen der
Linsen, Fig. 4 giebt einen Teil einer photo-
graphischen Aufnahme der Erscheinung wieder.
Der Elektromagnet stand unter der Röhre; die
Kraftlinien sind vom Beobachter ab gerichtet.
Wenn man den in der Luft frei hängenden
Draht mit einer Platte eines Kohlrauschschen
Kondensators verbindet, dessen andere Platte
geerdet ist, so bemerkt man ein Aufleuchten
der zwischen den Drahten befindlichen Linsen-
teile. Wenn die Kapazität das Kondensators
wächst, also dessen Platten einander genähert
werden, deformieren sich allmählich die auf dem
oberen Draht verteilten Linsen und gehen in
die Form von Büscheln über, welche Vom'oberen
Draht zum unteren verlaufen. Wenn die an den
unteren Draht angeschlossene Kapazität kleiner
gemacht, der angehängte Draht also verkürzt
wird, so werden die auf dem oberen Draht ver-
teilten Linsen immer symmetrischer in Bezug
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
567
Fig. 4.
auf diesen Draht als Achse; bei sehr kurzem
angehängtem Drahtende verwandeln sie sich in
vollständig regelmässige Linsen, wobei ihre
Centra auf den Draht selbst zu liegen kommen.
d) Der eine (obere) Draht ist mit dem
negativen Induktor pol verbunden, an
den unteren Draht ist ein dünnes frei her-
unterhängendes Drahtende angeschlos-
sen. Der Stanniolstreifen ist nicht geerdet. Der
obere Draht ist von einer leuchtenden Hülle
umgeben; zwischen beiden Drähten breitet sich
ein schwaches fläcbenförmiges Leuchten aus;
ausserdem entströmt einem Punkt des oberen
Drahtes ein heller rötlich violett leuchtender
Büschel, der zum unteren Drahte hin gerichtet
ist. Dieser Büschel bildet sich immer an
derselben Stelle des Drahtes. Wenn man
diesem Teil der Röhre einen Leiter, oder auch
einfach den Finger nähert, so springt der Büschel
auf eine andere Stelle über, gewöhnlich zum
anderen Ende der Röhre hin, und bleibt dort
so lange, bis man dieser Stelle nicht den Finger
nähert — dann kehrt der Büschel an seine alte
Stelle zurück. Wenn man den Stellen der beiden
-Büschellagen Finger nähert, so bildet sich der
Büschel an einem neuen, aber ganz bestimmten
Ort zwischen den beiden Fingern. Fig. 5 giebt
die Abbildung eines derartigen Buscheis (Ex-
position 4 Min. 30 Sek.). Auf der Glaswandung
um den leuchtenden Büschel herum bildet sich
ein gelblich grün er Phosphoreszenzring.
Wenn man die an den unteren Draht an-
geschlossene Kapazität vergrössert, so wird der
Büschel heller, aber weniger empfindlich in Be-
zug auf Annäherung eines Leiters, d, h. um den
Büschel überspringen zu lassen, muss man den
Leiter (Finger) naher an die Röhre heranbringen.
e) Sehr interessant sind die Änderungen der
Lichterscheinungen um beide Drähte, wenn man
diese Drähte an einen Induktorpol vermittelst
schwachleitender Flüssigkdtssäulen anschliesst
und die Länge dieser Säulen Änderungen unter-
wirft. Zu diesem Zwecke benutzte ich die in
dieser Zeitschrift ') schon beschriebene, in einen
langen Parafünblock eingeschnittene Rinne, die
ich mit einer schwachleitenden Flüssigkeit füllte,
i) Diese Z. 2, 6$!, 1901.
t"x 5-
Die Drähte in der Röhre waren jeder mit einer
der beiden Endelektroden der Rinne verbunden;
die mittlere längs der Rinne bewegliche Elek-
trode war an den Induktorpol angeschlossen.
Beobachtungen zeigten, dass bei Bewegung
der Mittelelektrode Änderungen in den
Lichterscheinungen um beide Drähte nur
dann eintreten, wenn die Rinne mit einer
sehr schwachieitenden Flüssigkeit ge-
füllt ist. Die besten Resultate erhielt ich mit
einer Flüssigkeit, welche man als ,, vierte ho-
moeopathische Teilung" der bestleitenden
Schwefel Säurelösung (Lösung, welche 30,4 Proz.
Schwefelsäure enthält) bezeichnen kann, also mit
destilliertem Wasser, welchem 0,003 Proz.
Schwefelsäure hin zu gefugt war. Wenn diese
Flüssigkeit die Rinne füllt, bemerkt man, beim
Verschieben der mit dem Induktorpol verbun-
denen Mittelelektrode von der Mitte der Rinne
zum einen oder anderen Ende hin, fortwährende
Änderungen im Leuchten um beide Drähte,
Wenn die bewegliche Elektrode in der Mitte
steht, ist das Leuchten um beide Drähte voll-
ständig gleich. Wenn diese Elektrode bis an
ein Ende der Rinne verschoben ist, so gleicht
das Leuchten um den an die betreffende End-
etektrode angeschlossenen Draht dem Leuchten,
welches um diesen Draht erscheint, wenn der
andere Draht mit einer Kapazität verbunden
ist. Fig. 6 ist eine Autotypie nach einem kleinen
Fig. 6.
Teil einer photographiscben Aufnahme der Er-
scheinung, wobei die mit dem positiven In-
duktorpol verbundene Mittclelektrode einem Ende
der Rinne genähert war (Exposition 3 Minuten).
56§
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Fig- 7.
Fig. 7 giebt einen Teil der photo graphischen
Aufnahme (Exposition 5 Minuten) der Erscheinung
wieder, welche bei den angegebenen Versuchs-
bedingungen, aber ohne parallel dem In-
duktor geschaltete Funkenstrecke ent-
steht. In diesem Falle ändert sich die Erschei-
nung nicht im mindesten bei Änderung der
Richtung des Primärstromes im Induktor. In-
teressant ist die ziemlich regelmässige Verteilung
längs des Drahtes von grosseren hellen Sternen,
zwischen denen kleinere, schwächer leuchtende
Sternchen wie Lichtpunkte erscheinen.
11. Die Gasspannung in der Röhre be-
trägt kleine Bruchteile eines Millimeters.
Denlnduktorpolen ist eine Funkenstrecke
parallel geschaltet.
Der Stanniolstreifen ist nicht geerdet.
a) Die beiden Drähte in der Röhre sind
an den positiven Induktorpol angeschlos-
sen. Beide Drähte sind von nebelartigen violett-
leuchtenden cylindrischen Hüllen umgeben. Das
Innere der Röhre ist von einem schwachen Gas-
leuchten erfüllt.
b) Die beiden Drähte in der Röhre sind
an den negativen Induktorpol angeschlos-
sen. Die ganze Oberfläche der Röhre leuchtet
in Phosphoreszenzlicht. Auf der leuchtenden
Glaswandung bemerkt man dabei ziemlich regel-
mässig verteilte dunklere Stellen, welche das
Ausseben breiter dunkler Ringe haben, und
ausserdem zwei dunklere den Drähten parallele
Streifen, einen über den Drähten, den anderen
unter denselben (Schirmwirkung einer Kathode
auf die von der anderen ausgesandten Kathoden-
strahlen). Im Inneren der Röhre ziehen sich
zwischen den Drähten längs der vorderen und
Fi». S.
hinteren Glaswandung parallel dem Stanniot-
streifen schwach violettleuchtende Büschel, deren
Enden in den Enden der Röhre zusammenstossen.
Der Stanniolstreifen ist geerdet.
a') Beide Drähte sind an den positiven
Induktorpol angeschlossen.
Die Drahte sind von violettleuchtenden cy-
lindrischen Hüllen umgeben. Die vordere Röhren-
wandung strahlt hell in Phosphoreszenzlicht,
zwei dunklere breite Streifen ziehen sich längs
der Wandung parallel den Drähten (Schirm-
wirkung der Drähte auf die Kathodenstrahlen,
welche von dem Teil der Glaswandung aus-
gesandt werden, auf welchem der Stanniolstreifen
aufgeklebt ist).
b) Beide Drähte sind an den negativen In-
duktorpol angeschlossen. Die Lichterscheinungen
sind dieselben wie in b), nur die dunklen Ringe
kommen nicht zum Vorschein.
c) Der eine Draht ist mit einem Induktor-
pol verbunden, an den anderen ist eine Kapa-
zität angeschlossen. Dieser andere Draht hat
in diesem Falle die Bedeutung einer dem ersten
Draht entgegengesetzt geladenen Elektrode,
Zum Schlüsse bringe ich Autotypien nach-
einigen photographischen Aufnahmen der Licht-
erscheinungen, wenn beide Drähte an einen In-
duktorpol angeschlossen sind, und wenn die
Röhre über den Schenkeln eines Plückerschen
Elektromagnets so gelagert ist, dass ihre Achse
parallel der Feldachse des Elektromagnets liegt;
der Stanniolstreifen war dabei geerdet.
Fig. 8 — ohne Funkenstrecke zwischen den
Induktorpolen. Die Erscheinungen sind voll-
ständig gleich bei beiden Richtungen des Primär-
stromes im Induktor.
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
569
Fig. 9 — mit Funken strecke zwischen den In-
duktorpolen, beide Drahte an den positiven
Induktorpol angeschlossen.
Fig. 10 — beide Drähte an den negativen
Induktorpol angeschlossen.
Flg. II.
Fig. II — beide Drähte an den negativen
Pol angeschlossen, Funkenstrecke sehr kurz.
Bei diesen Bedingungen zeichnet sich der Ver-
lauf der Kraftlinien im Felde besonders scharf
ab. Leider giebt die photographische Aufnahme
die Erscheinung nicht deutlich genug wieder.
Physik. Institut der Universität St. Petersburg.
(Eingegangen 2i. Juni I903.I
Ein empfindliches Aluminiumblatt-
Elektrometer.
Von E. Grtmsehl.
Das im folgenden beschriebene Elektrometer
ist nach meinen Angaben von der Firma
A. Krüss in Hamburg gebaut und hat vor den
sonst bekannten Aluminiumblatt -Elektrometern
so mannigfaltige Vorzüge, dass mir die Ver-
öffentlichung nicht unangebracht erscheint.
In Fig. I und 2 sind zwei Seitenansichten
in Konstruktionszeichnung ausgeführt. Der
Apparat hat mit der Kolb eschen Form des
Elektrometers grosse Ähnlichkeit, weicht aber
im einzelnen wesentlich von demselben ab.
DasElektrometer besteht aus einem 5x7« 16 cm
grossen Messinggehäuse, das auf drei Füssen
ruht, von denen der eine als Fussschraubc aus-
gebildet ist. Die breiteren Seitenflächen des
Gehäuses sind in einer Höhe von 9 cm aus
Spiegelglasplatten hergestellt , die oben und
unten durch eine Messingführung festgehalten
werden. Sie werden von der einen Seite ein-
geschoben und dann in ihrer Lage durch je
einen kleinen Messingvorreiber vor dem Her-
ausfallen geschützt. Der obere Deckel des Ge-
häuses ist durchbohrt, und an die Durchbohrung
ist ein Messingrohr von 2$ mm Weite und
15 mm Länge angelötet. Dieses Messingrohr
dient zur Aufnahme eines Ebonitpfropfens £,
durch den der das Aluminiumblättchen tragende
Stab 6" hindurchgefuhrt ist. Der Ebonitpfropfen
ist 15 mm nach der einen schmalen Seite des
Gehäuses zu von der Mitte des oberen Deckels
verschoben. Der Pfropfen ist aus einem später
' anzugebenden Grunde der Länge nach gespalten.
; Eine an der einen Hälfte angebrachte kleine
Nase N bewirkt, dass der Pfropfen nach dem
: Einsetzen in seine Fassung sich nicht drehen
kann. Der durch den Pfropfen gehende Stab
6' besteht aus einem 5 mm dicken und 35 mm
langen Messingrohr. An dem oberen Ende des
Stabes sind zwei kleine seitliche Ansätze an-
gebracht, die die willkürliche Drehung des in
den Pfropfen eingesetzten Stabes verhindern,
indem sie in zwei kleine Ausfräsungen des
Ebonitpfropfens beim Einsetzen in den Pfropfen
eingreifen. Der Stab S schneidet mit seinem
oberen Ende genau mit der oberen Fläche des
Ebonitpfropfens ab. In das untere Ende des
Stabes ist ein 90 mm I" ^üs, 6 mm breites
dünnes Aluminiumblech A (Fig. 1) mit seinem
oberen cylindrisch ausgestalteten Ende einge-
schraubt. Der aus dem Stabe S noch heraus-
ragende cylindrische Teil ist an der einen Seite
eben angefeilt und dient zum Ankleben des
90 mm langen, 2 — 3 mm breiten Streifens dünn-
ster Aluminiumfolie F.
Auf den Boden des Gehäuses ist in einer
passenden Messingfassung ein kreisförmig aus-
geschnittenes Glimmerblättchen G aufgeschraubt,
auf welches eine von o — 30" gehende Kreisteilung
angebracht ist. Der Krümmungsmittelpunkt des
570
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Kreisbogens fällt mit dem Anheftungspunkte der
Aluminiumfolie zusammen, und der Nullpunkt
der Teilung liegt unmittelbar unter dem unteren
Ende des Aluminiumbleches A, so dass also der
Ausschlag der Aluminiumfolie an der Gradein-
teilung ohne Parallaxe direkt abzulesen ist oder
auch bei Projektion mit der Folie gleichzeitig
scharf eingestellt wird.
Die centrischen Durchbohrungen des Ebonit-
pfropfens P bilden das Lager für eine in ihrem
mittleren Teil gekröpfte, durch den Apparat
hindurchgehende messingene Achse M, die an
ihren aus dem Gehäuse heraustretenden Enden
je einen Messingring trägt. Der eine Messing-
ring ist aufgeschnitten und der andere ge-
schlossen, und an diesen ist in der Verlängerung
ii
'1
1 1
y
B
B
E
^
]
Fig. I.
Oberhalb der Spiegelglasplatten ist in den
Breitseiten des Messinggehäuses noch je ein
kurzer massiver Ebonitpfropf P in ein kurzes
in den Seitenwänden des Gehäuses gelötetes
Messingrohr eingesetzt. Eine durch die cen-
trischen Durchbohrungen letzterer Pfropfen hin-
durchgehende Verbindungslinie geht genau
durch den Aufhängepunkt der Aluminiumfolie.
Fig. 2.
der Achse noch ein kleines federnd aufge-
schlitztes Messingröhrchen angelötet. An der
Kröpfung der Achse M ist ein dünnes Alumi-
niumblech angeschraubt, das in seinem kurzen
oberen Teil gebogen, in dem längeren unteren
Teil gerade ist. Bei Drehung der Achse M
legt es sich flach an das feste Aluminiumblech
A an. Dadurch wird die Aluminiumfolie F mit
^
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
571
leichtem Druck zwischen den beiden Aluminium-
blechen festgehalten und hierdurch der Apparat
transportfähig gemacht. Das Blech B hat noch
einen weiteren Zweck, indem es erstens die
selbständige Entladung der Aluminiumfolie bei
zu starkem Ausschlage bewirkt, wenn man die
Achse M leitend mit der Erde oder dem Ge-
häuse verbindet, und indem es ferner dazu dient,
die Empfindlichkeit des Elektrometers durch
passende Annäherung an das Blech A bis zu
einem hohen Grade zu vermehren. Es sei
hier bemerkt, dass man die Potentialdifferenz
von 2 Volt durch einen Ausschlag der Alumi-
niumfolie deutlich nachweisen kann, wenn man
das Blech B bis auf wenige (3 — 4) Grade dem
festen Bleche A nähert. Endlich wird durch
die anziehende Wirkung des Bleches B bewirkt,
dass die Ausschläge der Folie F fast genau
proportional dem Potential der Folie sind. Ist
das Blech B auf 30 Grad gestellt, also so wie
es Fig. I angiebt, so entspricht jeder Grad
Ausschlag fast genau dem Potential von 10 Volt.
Genauere Angaben hier zu machen hat keinen
Zweck, da ja natürlich der Ausschlag mit der
nicht immer konstanten Dicke der Aluminium-
folie wechselt, also demnach von Apparat zu
Apparat etwas verschieden ist. Ein einmal
geeichtes Elektrometer zeigt aber, solange man
dieselbe Aluminiumfolie benutzt, immer dieselbe
Beziehung zwischen Ausschlag und Potential.
Für Demonstrationszwecke ist es völlig aus-
reichend genau , wenn man Ausschlag und
Potential einander proportional setzt.
Auf das Fussblech des Elektrometers ist
noch eine kleine Polklemme K zur Herstellung
irgend welcher Verbindung, z. B. zur sicheren
Verbindung mit der Erde, angebracht.
Ebenfalls ist noch eine kleine Polklemme L
auf die schmale Seitenwand des Gehäuses in
der Höhe der Achse festgeschraubt. Diese
Klemme hat besonders den Zweck, die leitende
Verbindung der Achse M mit dem Gehäuse
durch einen kurzen federnden Draht bequem
zu ermöglichen.
In die obere Bohrung des Stabes 6" können
nun noch verschiedene Aufsätze eingesetzt
werden. Bisher haben sich folgende Aufsätze
als bequem erwiesen: Eine einfache gerade
Messingstange von 35 mm Länge (gemessen
von der oberen Fläche des Ebonitpfropfens
E aus) und 5 mm Dicke; eine ebensolche Stange,
deren oberes Ende zu einer einfachen Polklemme
C ausgestaltet ist; eine Stange D, an die in
20 mm Höhe ein 6 mm weites federnd aufge-
schlitztes horizontales Rohr hart angelötet ist;
eine Stange, die an ihrem oberen Ende einen
cylindrischen Zerstreuungskörper von 90 mm
Länge und 50 mm Dicke trägt.
In die federnd aufgeschlitzten horizontalen
Messingrohre, die sich in der Verlängerung der
Achse ^und an dem oberen Aufeatze D finden,
passen wieder einige kleine Hilfsapparate, und
zwar eine 20 mm lange Polklemme H^ zwei
50 mm lange Polklemmen 0\ zwei 50 mm lange
Messingstäbe R^ an die an ihrem einen Ende
ein oben und unten federnd aufgeschlitztes
Messingröhrchen von 20 mm Länge rechtwinklig
angelötet ist; ein 60 mm langer cylindrischer
Stab; und ein rechtwinklig gebogener, in seinem
horizontalen Teile 50 mm, in seinem vertikalen
Teile 60 mm langer Stab.
Der Kondensator besteht aus zwei eben
geschliffenen und mit einer sehr dünnen gleich-
massigen Lackschicht versehenen Metallplatten,
auf deren Mitte einseitig eine Messingfassung
gelötet ist, die eine centrische Bohrung trägt,
mit welcher sie mit leichter Reibung drehbar
auf die Elektrometerstange gesetzt werden kann.
Aussen ist die Fassung mit einem Gewinde ver-
sehen, das an ein an einem Hartgummigriff sitzen-
des Muttergewinde angeschraubt werden kann. An
das am Hartgummigriff sitzende Muttergewinde
ist wieder ein horizontales, federnd aufgeschlitztes
Messingröhrchen festgelötet, in das auch die
vorhin beschriebenen Hilfsapparate hinein-
passen. Der Hartgummigriff ist in seinem
oberen Teile mit einem Messingrohre umgeben,
um etwaige durch das Anfassen bewirkte La-
dungen zu vermeiden.
Das Elektrometer ist für alle Spannungs-
messungen in hervorragendem Masse geeignet.
Es vermeidet alle sonst bei einem derartigen
Elektrometer vorkommenden unliebsamen Über-
raschungen vollkommen. Dabei ist es hoch-
empfindlich und kann innerhalb gewisser Grenzen
durch Verstellen des drehbaren Aluminium-
bleches B in seiner Empfindlichkeit beliebig
verändert werden.
Es ist zur direkten Ablesung, wie auch zur
Projektion gleich gut zu gebrauchen. Auf die
Ausfuhrung einiger wichtiger Versuche (teils
demonstrativer, teils messender Art) werde ich
noch zurückkommen, doch möchte ich hier noch
hervorheben, worin die wesentlichen Vorteile
dieser Konstruktion vor anderen liegen:
Über die Anwendung des drehbaren Zeigers
B ist schon berichtet. Die Teilung des Ebonit-
pfropfens in zwei Hälften gestattet eine leichte
Auswechselung desselben gegen einen anderen,
ohne die Aluminiumfolie aus dem Apparat zu
entfernen. Man braucht nur den Stab 5 mit
der Folie etwas in die Höhe zu ziehen und
kann dann beide Hälften des Pfropfens einzeln
entfernen und durch andere ersetzen. Bekannt-
lich ist die mangelhafte Isolationsfahigkeit des
Ebonitpfropfens gewöhnlich der Grund, weshalb
ein derartiges Instrument leicht seine Ladung
verliert. Der schönste Ebonitpfropfen wird durch
572
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
den Einfluss von Licht und Staub nach kurzer
Zeit leitend an seiner Oberfläche. Eine gründ-
liche Waschung mit Wasser und Seife unter
Benutzung einer kräftigen Bürste stellt dann die
Isolationsfähigkeit leicht und meist wieder voll-
ständig her. Bei einer solchen Behandlung ist
es aber nicht zu vermeiden, dass der Pfropfen
elektrisch geladen wird. Es gelingt auch kaum,
in wenigen Minuten die Ladung völlig zu ent-
fernen. Daher sind dem Apparat zwei solcher
geteilter Pfropfen beigegeben, von denen der
eine, nicht im Apparat sitzende, früher sorg-
faltig gereinigt war und dann vor Licht und
Staub geschützt in einem besonderen Kästchen
aufbewahrt wird, so dass man also stets einen
tadellos isolierenden Pfropfen zur Verfugung hat.
Da man nun die Auswechselung des Pfropfens vor-
nehmen kann, ohne den Apparat sonst irgendwie
zu verändern, so hat man auch die Möglich-
keit, ein tadellos isolierendes Elektrometer jeder-
zeit herstellen zu können. So wird eine La-
dung auf ca. 100 Volt mehrere Stunden lang
dauernd gehalten. Nur ganz allmählich geht
das Blättchen auf Null zurück. Besonders von
Vorteil ist diese Einrichtung zur Untersuchung
der entladenden Wirkung von Becquerelstrahlen
oder von ultraviolettem Licht, indem man dann auf
die Stange ^ den Zerstreuungskörper aufsetzt.
Die Entladung durch einen genäherten Gas-
glühlichtstrumpf ist gut zu beobachten, da eben
ohne einen solchen die Ladung so ausserordent-
lich konstant bleibt.
Die hohe Empfindlichkeit ist, abgesehen von
der Einwirkung des drehbaren Zeigers B^ da-
durch erreicht, dass eine Aluminiumfolie von
90 mm Länge, der ganzen im Handel vorkom-
menden Länge, angewandt wird.
Die an dem Aufsatze D und an der Fassung
des Hartgummigriffes vom Kondensator ange-
brachten kleinen horizontalen Messingröhrchen
gestatten eine bequeme Verbindung von Kol-
lektor und Kondensatorplatte mit andern Appa-
raten oder mit den Polen einer Stromquelle.
Hierdurch wird einerseits die Eichung, anderer-
seits auch die Messung einer unbekannten
Spannung erleichtert.
Die mit leichter Reibung auszuführende
Drehung der Kollektorplatte auf dem Elektro-
meter ermöglicht die Herstellung eines reibungs-
losen Kontaktes der Kollektor- und Kondensator-
platte. Zu dem Zwecke wird in das an dem
Aufsatze D befindliche Röhrchen der 60 mm
lange Messingstab eingesetzt und in die Fassung
der Kollektorplatte kommt der rechtwinklig ge-
bogene Messingstab. Dreht man dann beide
aufeinanderliegende Platten mittels des Hart-
gummigriffes auf dem Zapfen von D, so geraten
die beiden Ansätze in Berührung, ohne dass
man zu fürchten hätte, dass durch diese Be-
rührung neue elektromotorische Kräfte einge-
führt werden. Aus diesem letzteren Grunde ist
das Elektrometer zur Ausführung des sogenanten
Vo haschen Fundamental Versuchs gut geeignet.
Dieser letzte Versuch lässt sich in höchst
einfacher Weise, und wie mir scheint, einwand-
frei ausfuhren. Deshalb hoffe ich, hierauf dem-
nächst noch zurückkommen zu können.
(Eingegangen am 20. Juli 1902.)
Ober die. radioaktive, im Uranpecherz vor-
kommende „flüchtige Substanz".
Von O. Behrendsen.
Wenn man Uranpecherz (am besten solches
aus Joachimsthal) fein gepulvert in einem
Porzellantiegel glüht, so zeigt sich an dem auf-
gelegten, kühl gehaltenen (z. B. mit Wasser
gefüllten) Deckel ein grauer, oft ins Rote
spielender Anflug, welcher stark radioaktiv
ist.*) Dass man es bei dieser „flüchtigen
Substanz" Giesels^) nicht mit bloss indu-
zierter Radioaktivität 3), sondern mit einer
Ausscheidung eines wirksamen Stoffes zu thun
hat, lehrt schon der Umstand, dass dieselbe
in der Regel sechsmal so radioaktiv ist
als die Pechblende selbst, aus welcher sie
gewonnen wurde. Die durch das wirksamste
Radium induzierten Objekte erreichen dagegen
niemals den Wirkungsgrad der Substanz
selbst. —
Man könnte einwenden, dass die hohe
Temperatur, der die Pechblende beim Glühen
ausgesetzt wird, hier eine besondere Wirkung
hervorbringe; allein wir werden zeigen, dass
auch in diesem Falle ein geglühtes Radium-
präparat nicht den nämlichen Erfolg hat. —
Die Strahlen, welche diese „flüchtige
Substanz" aussendet, sind von denen der
Radiumpräparate verschieden. Dies lehrt ein
einfacher Absorptionsversuch. Ein schwaches
Radiumpräparat und die an einem Platindeckel
niedergeschlagene, aus Pechblende dargestellte
„flüchtige Substanz" wurden mit Aluminium-
folie und auch mit unechtem Blattgold bedeckt
und dann auf ihre Radioaktivität untersucht.
Dazu dienten, wie in allen später erwähnten
Versuchen, zwei in einem Glascylinder ein-
geschlossene Platten, die untere flach schalen-
1) Curie, C. R. 127, 176, 1898 — Behrendsen, Wicd.
Ann. 69, 222, 1899.
2) Radioaktive Substanzen in Ähren s Sammlung u. s. w. 7,
6, 1902.
3) Curie und Dehlern e deuten dies an in C. R. 132,
549, 1901. Vergl. auch diese Zeitschrift 2, 500, 1901.
J
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
573
förmig mit der Erde, die obere mit einem
geladenen Exnerschen Elektroskop ver-
bunden. Es wurde stets die Zeit für das
Zurückgehen der Elektroskop-Blättchen um den-
selben Skalenteil bestimmt.
Nach Bedeckung mit Aluminium folie
hatten die Radiumstrahlen noch 0,85, die der
flüchtigen Substanz nur noch 0,7, nach Be-
deckung mit Blattgold die ersten noch 0,8,
die letzteren nur noch 0,146 ihres ursprünglichen
Wirkungsgrades.
Eine so starke Absorption ist aber be-
kanntlich charakteristisch für Polonium. *) Ebenso
die Flüchtigkeit und baldige Verminderung
ihrer Aktivität im Gegensatz zu Radium.
In der That ist nach 45 Tagen die Aktivi-
tät eines mit der „flüchtigen Substanz" be-
deckten Platinschälchens nur noch '^/;j der
ursprünglichen. Durch Glühen des Schälchens
wurde es sofort wirkungslos, ohne sich wieder
zu erholen.
Es wurde weiter untersucht, ob die flüchtige
Substanz wie Polonium ebenfalls Wismut vor
anderen Metallen bevorzugt. Zwei Gramm
leichtflüssigen Metalles (Zinn, Blei, Weichlot,
Wismut) wurden jedesmal mit derselben
Menge gepulverten Pecherzes in einem Tiegel
bedeckt und dieser dann geglüht. Natürlich
war der Tiegel geschlossen. Nach dem Er-
kalten wurden die wieder erstarrten und dann
gewaschenen Metalle auf ihre nunmehrige
Aktivität untersucht, wobei die veränderliche
Eigenentladung des Apparates berücksichtigt
und durch eine früher angegebene Formel^)
eliminiert wurde, zumal sich die Versuche über
mehrere Tage erstreckten.
Dabei zeigten, im Gegensatz zu Wismut,
Zinn, Blei, Weichlot nur geringe Spuren von
Aktivität, denn es betrugen die Entladungs-
zeiten für Zinn circa 1800 Sek., für Weichlot
2800 Sek., die des Wismuts jedoch 191 Sek.
und nachdem dann mit demselben Metallstücke
und immer frischer Pechblende der Versuch
mehrmals wiederholt wurde, beim zweiten Male
146, beim dritten Male 200 Sek. (hier mag eine
wenig wirkungsreiche Pechblendenprobe den
Prozess rückgängig gemacht haben), beim
vierten Male 138 Sek.
Um dem Einwand zu begegnen, dass bei
dem eben beschriebenen Prozesse Pechblende-
teilchen in das flüssige Metall eingedrungen
seien und hierdurch dessen Radioaktivität ver-
anlasst haben (warum aber nicht bei dem
spezifisch leichteren Zinn oder bei Weichlot?),
wurde der Versuch in der Weise wiederholt,
dass die Pechblende an den Boden des Tiegels
1) Becquerel, C. R. 128, 771, 1899.
2) Behrendsen, Wied. Ann. 69, 225, 1899.
kam, in halbe Höhe ein schalenförmig gebogenes
kreisrundes Drahtnetz gelegt wurde, auf welchem
das Metall ruhte. Der mit Kühldeckel ver-
sehene Tiegel wurde alsdann geglüht. Der
Deckel zeigte sich wieder mit der „flüchtigen
Substanz" überzogen und war stets in demselben
Masse radioaktiv. Darauf wurde der Wirkungs-
grad der Metalle (der diesmal selbstredend
weit geringer als bei dem früheren Versuche
ausfallen musste) untersucht; es war dann die
Aktivität des Wismuts 0,091 von der des
Deckels, bei Blei nur 0,064 und bei Zinn
nur 0,06 (mit Berücksichtigung der Eigenent-
ladung des Apparates wird der Unterschied
noch erheblicher; für Bi 0,05, für Pb 0,024, für
St sogar nur 0,018).
Zur Kontrolle wurden dieselben Versuche
in der gleichen Anordnung mit einem schwachen
Radiumpräparat wiederholt.^) Diesmal wurde
der Kühldeckel nur sehr schwach radioaktiv,
nämlich nur ^/n bis V7 so wirksam wie das
Präparat selbst. Das auf dem Netze liegende,
wieder fest gewordene Metall wurde jedesmal
hinsichtlich seiner Aktivität mit der des Deckels
verglichen und hier ergab sich für Bi: 0,51,
für Pb: 0,54, für St: 0,52. Bei einem Glühen
von Radium hat man es also mit einer wirk-
lichen induzierten Aktivität in Sinne der
französischen Physiker zu thun. Eine Bevor-
zugung des Wismuts findet hier nicht statt.
Es scheint also damit nachgewiesen zu
sein, dass die flüchtigen Substanzen der Pech-
blende mit dem Polonium identisch sind,
dessen Absorption, dessen Flüchtigkeit und
dessen Vorliebe für Wismut sie teilen. Da
wir es ferner bei den flüchtigen Substanzen mit
einem wirklichen Stoffe, nicht bloss mit
induzierter Aktivität zu thun haben, so
dürfte damit das neuerzeit von Giesel und
anderen ausgesprochene Todesurteil über die
Existenz des Poloniums nicht gerechtfertigt
sein.
Nach Abschluss meiner Versuche kam mir
die Arbeit von Marckwald^) über das radio-
aktive Wismut zur Hand, der überaus wirk-
sames Polonium durch Wismut elektrolytisch
ausgeschieden hat. Die oben ausgesprochene
Meinung wird dadurch auf das beste bestätigt.
i) Schwache Präparate lassen die graduellea Unterschiede
weit leichter messend verfolgen.
2) Berichte der Deutschen ehem. Ges., 35, 2285,
1902.
Göttingen, den 29. Juli 1902.
(Eingegangen 31. Juli 1902.)
574
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Ober die Radioaktivität der im Erdboden ent-
haltenen Luft
Von J. Elster und H. Geitel.
Vor kurzem haben wir gezeigt, dass die Er-
scheinung der induzierten Radioaktivität, d. h.
die Fähigkeit, vorübergehend Becquerelstrahlen
auszusenden, auch ohne Vermittlung der sel-
tenen Elemente der radioaktiven Gruppe durch
Kontakt mit der atmosphärischen Luft an be-
liebigen Körpern erhalten werden kann.^) Die
Luft verhält sich dabei gerade so, als ob sie
selbst in geringem Grade radioaktiv oder durch
Berührung mit aktiven Stoffen mit Spuren einer
strahlenden „Emanation" behaftet wäre. In
besonders starkem Masse tritt diese aktivierende
Eigenschaft an der eingeschlossenen Luft ge-
räumiger Keller hervor, hier erscheint sie eng
verknüpft mit ' der abnorm gesteigerten elek-
trischen Leitfähigkeit. So Hessen sich von
Drähten, die mit negativer Ladung solcher
Kellerluft einige Stunden ausgesetzt waren, durch
Abreiben Substanzen gewinnen, die trotz ihrer
ungemein geringen Masse die ionisierende Wir-
kung auf Gase, die Schwärzung der photo-
graphischen Platte wie die Erregung von Phos-
phoreszenz am Baryumplatincyanürschirm in voll-
kommener Deutlichkeit zeigten.
Diese Versuche sind inzwischen von anderer
Seite wiederholt und in ihren Ergebnissen be-
stätigt worden.^)
Die Herkunft der hohen Aktivität der Höhlen-
und Kellerluft, die Bedingungen, unter denen
sie zu Stande kommt, waren durchaus rätselhaft.
Allerdings hatten Versuche an kleineren, unter
einer Glasglocke hermetisch abgeschlossenen
Luftmengen auch hier eine Vermehrung des
elektrischen Leitvermögens in der Zeit erkennen
lassen, und eben diese Erfahrung war die erste
Veranlassung gewesen, die Luft in Höhlen auf
ihr elektrisches Verhalten zu prüfen. Quanti-
tativ blieb aber das Maximum des unter diesen
künstlichen Bedingungen erreichten Leitver-
mögens weit hinter dem in der Höhlenluft ge-
fundenen Betrage zurück.
Es lag deshalb nahe, die beträchtliche Ioni-
sierung und die aktivierende Wirkung der
Höhlen- und Kellerluft auf einen Einfluss der i
Wände zurückzufiihren und etwa dem begren-
zenden Gesteine selbst eine primäre Becquerel-
i) J. Elster u. H. Geitel, diese Zeitschrift 2, 590,
1901. H. Geitel, Verhandl. d. Ges. deutscher Naturforscher
u. Ärzte in Hamburg, S. 72, 1901 u. H. Geitel, diese Zeit-
schrift 3, 76, 1901.
2) Berichte über luftelektrische Arbeiten im Jahre 1901 bis
1902, erstattet von Mitgliedern der luftelektrischen Kommis-
sion. Göttingen 1902. Bericht von H. Ebert, S. 7. (Die-
selben werden demnächst in dieser Zeitschrift abgedruckt.)
Femer: E. Rutherford, diese Zeitschrift 3, 210, 1902.
Strahlung zuzuschreiben. Zwar gab die direkte
Prüfung von Gesteinsproben keinen Anhalt zu
Gunsten dieser Annahme, doch ist nicht zu ver-
gessen, dass vielleicht schon die geringsten, un-
mittelbar kaum nachweisbaren Spuren aktiver
Stoffe in den Wänden die eingeschlossene Luft
im Laufe der Zeit mit ihrer Emanation erfüllen
konnten. Wenn aber trotz jenes negativen Be-
funds die abnorme Aktivität der Luft in unter-
irdischen Räumen aus der Erde selbst stammte,
so musste sie in mindestens derselben Stärke,
wie in der eigentlichen Höhlenluft sich auch an
derjenigen nachweisen lassen, die in den kleinsten
Hohlräumen und kapillaren Spalten des Erd-
reichs eingeschlossen ist.
Andrerseits war es denkbar, dass die nor-
male Aktivität in begrenzten Luftmassen in
noch unbekannter Weise mit dem Volumen sich
steigere, dass also allein der grössere Raum-
inhalt der Höhlen und Keller gegenüber den
geringfügigen Dimensionen bei den Laborato-
riumsversuchen die überwiegende Wirksamkeit
der Lufl bedingte.
Wir haben versucht, nach den beiden an-
gedeuteten Richtungen eine Entscheidung durch
das Experiment herbeizufuhren.
Einerseits prüften wir Lufl, die dh-ekt aus
dem Erdboden entstammte, auf ihre radioaktiven
Eigenschaften, andererseits solche, die in einem
mehrere Kubikmeter enthaltenden, noch unge-
brauchten Dampfkessel drei Wochen lang ein-
geschlossen gehalten war.
Die Versuchsanordnung war im ersten Falle
dieselbe wie bei den anfangs erwähnten Unter-
suchungen (Fig. i). Das Elektroskop C mit
i
Fig. I.
aufgesetztem Zerstreuungskörper Z stand, von
einem weitmaschigen Drahtnetze MM* umgeben,
auf einer eben geschliffenen Eisenplatte AB^ das
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
575
Ganze war mit einer grossen tubulierten Glasglocke
von 27 Liter Inhalt bedeckt, deren unterer Rand
luftdicht auf der Grundplatte anschloss. Durch
den oberen Tubus konnte mittels einer in einer
Stopfbüchse verschiebbaren isolierten Sonde PS
das Elektroskop geladen werden; nach dem
Laden wurde die Sonde stets bis über die
Drahthülle emporgezogen und zur Erde abge-
leitet. Zwei Röhren mit Hähnen (Hu, //'), die
eine am Tubus, die andere in der Grundplatte,
dienten zum Einfiihren der zu prüfenden
Luft.
War der Apparat neu zusammengesetzt, aber
mit Zimmerluft gefüllt, so beobachtete man an
dem geladenen Elektroskop infolge der be-
kannten Selbstionisierung der Luft eine Ab-
nahme der Ladung mit der Zeit, und zwar ver-
schwinden, da der Sättigungsstrom bei den an-
gewandten Spannungen längst erreicht ist, in
gleichen Zeiten gleiche Elektrizitätsmengen, oder,
da die Kapazität des Elektroskops durch die
Lagenänderung der Blättchen sich nur wenig
ändert, so sinkt das Potential einfach der Zeit
proportional. Die Abnahme in einer bestimmten
Zeit, etwa 15', lag zwischen 15 und 20 Volt,
erst im Laufe mehrerer Tage pflegt sich dieser
Betrag, wie auch oben bemerkt, auf etwa das
Doppelte zu erhöhen und bleibt dann stationär;
bei den zu beschreibenden Versuchen wurde
das Eintreten dieses Zustands nicht abge-
wartet.
Um Luftproben aus dem Erdboden zu ent-
nehmen, stiessen wir mit einer dünnen Eisen-
stange ein etwa i V2 wi tiefes Loch in die weiche
Gartenerde und senkten eine Glasröhre von ent-
sprechender Länge hinein, aber so, dass sie
nicht völlig bis zum untern Ende des Kanals
hinabreichte. Die Erde wurde dann an den
Seiten angedrückt, festgetreten und, um bessern
Anschluss an die Röhre zu bewirken, mit
Wasser oberflächlich angegossen. Das heraus-
ragende Ende setzten wir durch einen Gummi-
schlauch mit dem Zuleitungshahne der Grund-
platte des Apparats in Verbindung, von dem
oberen Hahne führte eine Schlauchleitung nach
einer Wasserstrahlsaugpumpe. (Siehe unten-
stehende Tabelle).
Vor Beginn des Versuchs wurde der Be-
trag bestimmt, um den das Potential des ge-
ladenen Elektroskops in 15' sank, solange die
Glocke mit reiner Zimmerluft gefüllt war. Dann
wurde die Saugpumpe in Gang gesetzt und be-
obachtet, in welcher Weise die Elektrizitätszer-
streuung unter der Glocke sich änderte, wäh-
rend mehr und mehr von der Erdbodenluft ein-
drang. (Das Elektroskopgehäuse war durch
Einführung eines Stückes Natrium mit trockner
Luft erfüllt.)
Es fand sich, wie aus dem nachstehenden
Beispiele einer Beobachtungsreihe hervorgeht,
eine sehr beträchtliche Vermehrung der Zer-
streuung, die schliesslich eine so bedeutende
Höhe erreicht, dass das Elektroskop in wenigen
Minuten entladen wurde.
Die Beobachtungszeit musste daher auf etwa
3 Minuten beschränkt und aus dem in dieser
Zeit beobachteten Verluste derjenige in 15 Mi-
nuten berechnet werden. Dabei war es gleich-
gültig, ob bei geöffneten Hähnen, also während
— allerdings sehr schwacher — Bewegung der
Luft, oder bei geschlossenen, d. h. bei Ruhe,
beobachtet wurde. Dass beim Eindringen der
Bodenluft trotz der Natriumtrocknung nicht etwa
die Isolation des Elektroskops gelitten hatte,
davon überzeugten wir uns in bekannter Art
sofort am Schlüsse der Beobachtungsreihe, in-
dem wir die Zerstreuung im Innern des Elek-
troskopgehäuses durch einen besonderen Ver-
such bestimmten. (Siehe untenstehende Ta-
belle.)
Anstatt die Luft aus dem Boden direkt in
die Glocke einzuleiten, kann man auch eine ge-
räumige Flasche mit Bodenluft füllen und diese
dann durch Verdrängen mit Wasser in die
Glocke einführen. So stieg z. B. die Zerstreu-
ung von etwa 1 2 Volt in 1 5' auf 66, nachdem
eine Dreiliterflasche frisch angesogener Boden-
luft eingeleitet war. Wurde die letztere durch
Lüften der Glocke wieder entfernt, so sank die
Zerstreuung auf 19 Volt herab. Dass sie nicht
ganz den niedrigen Anfangswert wieder er-
reichte, liegt in der durch die Bodenluft auf
der Innenfläche der Glocke, dem Elektroskop
selber und seiner Drahthülle induzierten Aktivi-
tät begründet, die erst im Laufe mehrerer Stun-
den allmählich wieder verschwindet. In der
That ist die aus dem Erdboden aspirierte Luft
nicht nur in abnormer Weise leitend, sondern
sie enthält auch, gerade wie die Höhlen- und
Kellerluft, in besonderer Intensität jene radio-
Versuchsreihe vom 25 — 27. August.
Potentialab-
nahme in 15
u. Volt
Vor Einleitung
der Bodenluft
18,0
Bodenluft eingeleitet Hähne geschlossen
nach 5' nach lo' nach 15' nach 30' , nach 60' nach 3h nach 24I» nach 48h
133 , 246 380 480 525 550
Verlust im Elektroskope: in 15' 7,2 Volt.
460
430
576
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
aktive Emanation, durch die sie beliebige Körper
bei blossem Kontakte vorübergehend aktiv
macht. Bekanntlich gelingt diese Aktivierung
am kräftigsten, wenn man den zu dem Ver-
suche verwendeten Körper dabei auf negativem
Potential hält (E. Rutherford). Zum Nach-
weis der durch die Bodenluft induzierten Ak-
tivität benutzten wir den beschriebenen Apparat,
aus dem wir nur das Elektroskop entfernten.
An der Sonde war ein Metalldraht befestigt,
der frei innerhalb der Drahthülle unter der
Glocke herabhing, ohne die Grundplatte zu be-
rühren; durch Anschluss der Sonde an eine
Trockensäule wurde er mehrere Stunden lang
auf 2000 Volt geladen gehalten, während die
Glocke mit Bodenluft geftillt war oder von sol-
cher in sehr langsamem Strome durchflössen
wurde. Die so erregte Aktivierung der Längen-
einheit des Drahtes war trotz der Kleinheit des
angewandten Luftvolumens von etwa derselben
Grösse, wie wir sie in weiten Kellerräumen unter
sonst gleichen Bedingungen erhalten haben. Die
Intensität der aktiven Emanation oder auch ihre
Menge in der Volumeinheit muss daher in der
Bodenluft noch höher sein als in der von Kellern.
Hiermit steht im Einklang, dass das Einleiten
des gleichen Quantums Kellerluft unter die
Glocke, anstatt der aus dem Boden aspirierten,
die Zerstreuung nur unbedeutend (um 2 — 3 Volt)
erhöhte. Zu bemerken ist noch, dass die durch
die Bodenluft induzierte Aktivität in sehr kleinen
Räumen, wie innerhalb von engen Röhren,
durch die die Luft angesaugt wurde, nicht deut-
lich erhalten werden konnte.
Das Verfahren, die Luft aus dem Erdboden
erst in einen besonderen Behälter aufzufangen
und sie dann unter die Glocke zu transportieren,
ermöglicht es, aus verschiedenen Bodenarten
entnommene Proben auf ihre Aktivität zu ver-
gleichen, wenn man voraussetzen darf, dass sie
bei längerer Aufbewahrung ihre Eigenschaft
nicht ändern. Wie der Versuch zeigt, ist im
Laufe von einigen Stunden eine Verminderung
der Aktivität nicht wahrnehmbar, dagegen findet
sich anfangs — wie bei der gewöhnlichen at-
mosphärischen Luft — eine Zunahme des Leit-
vermögens, bis nach Erreichung des Maximums
ein sehr langsames Abklingen erfolgt.
Sollte sich herausstellen, dass die Beschaffen-
heit des Bodens von Einfluss auf die Radio-
aktivität der in ihm eingeschlossenen Luft ist,
so ist wohl die anfangs schon angedeutete Auf-
fassung die natürlichste, welche die Quelle der
Aktivität in einer primären Becquerelstrahlung
der Erdsubstanz selbst sucht. Wird ja doch
ohne Zweifel die Bodenluft in der Nähe natür-
licher Fundstätten von Uran- und Thoriumver-
bindungen sich besonders aktiv erweisen.
Andererseits wäre die Möglichkeit zu er-
wägen, dass jene Aktivität aus bedeutenden
Tiefen herstammt und sich erst durch einen
der Diffusion analogen Prozess bis an die Erd-
oberfläche fortgepflanzt hat. Durch Untersuch-
ung von Luftproben von verschiedenen Orten
und aus verschiedenen Tiefen Hessen sich solche
Fragen wohl entscheiden.
Man wird hiernach behaupten dürfen, dass
die hohe Leitfähigkeit der Luft in Kellern und
Höhlen, sowie ihre Eigenschaft, die induzierte
Radioaktivität in viel stärkerem Masse hervor-
zurufen, als es die der freien Atmosphäre ver-
mag, auf ihrem Gehalt an Bodenluft beruht,
d. h. solcher, die aus den Erdkapillaren stammt
und aus diesen in die unterirdischen Räume ge-
langt ist. Unterschiede in der Wirksamkeit der
Luft in verschiedenen solchen Räumen werden
sowohl auf ungleichmässige Ventilation, wie auch
auf den mehr oder minder leichten Zutritt von
Bodenexhalationen zurückgefiihrt werden können.
Nach dem bisher Mitgeteilten konnte man
den Erfolg des zweiten oben schon erwähnten
Versuches wohl vorhersehen ; es war zu erwarten,
dass ein vor dem Eindringen von Bodenluft
geschützter allseitig hermetisch verschlossener
Behälter auch von grossen Dimensionen keine
wesentliche Steigerung der Aktivität der Innen-
luft im Laufe der Zeit aufweisen würde. Durch
die Freundlichkeit des Direktors einer hiesigen
Maschinenfabrik, Herrn La Baume, dem wir
dadurch zu Dank verpflichtet sind, wurde uns
Gelegenheit geboten, ein Luftvolum von etwa
7 cbm mehrere Wochen lang einzuschliessen
und dann auf seine radioaktive Fähigkeit zu
untersuchen. Durch einen Dampfkessel von
dem angegebenen Volum wurde der Länge nach
ein Metall- (Aluminium) Draht gespannt und in
zwei diametral entgegengesetzten kleinen Öfi"-
nungen der Kesselwand durch fest anliegende
Gummistopfen gehalten. Nachdem der allseitig
verschlossene Kessel 3 Wochen lang unverrückt
gestanden hatte, ersetzten wir die Gummistopfen
durch isolierende Röhrchen aus Ebonit und
luden nun den Draht auf ein Potential von
2000 Volt 2 Stunden lang. Es ergab sich, dass
er dadurch keine sicher nachweisbare Radioakti-
vität erworben hatte. Es war leider unmöglich, die
Leitfähigkeit derinnenluft mittels desZerstreuungs-
apparates direkt zu messen, nach den oben er-
wsUinten Versuchen an kleinen Luftmengen ist
anzunehmen, dass sie etwa das Doppelte der
normalen betragen haben würde, also weit hinter
der von Keller- oder gar Bodenluft zurückge-
blieben wäre.
Wir möchten es nach dem Ergebnis der
beiden geschilderten Versuche ftir wahrschein-
lich halten, dass die Eigenschaft der atmosphä-
rischen Luft, induzierte Radioaktivität hervor-
zurufen, wenigstens zum grossen Teile durch
ihre Berührung mit dem Erdkörper, die ja in
den kapillaren Räumen des Bodens am innigsten
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
577
ist, bedingt wird. Die im Verhältnisse zur Ge-
samtmasse der Atmosphäre nicht unbedeutende
Luftmenge, die unter der sichtbaren Erd-
oberfläche steckt, ist in hervorragender Weise
der Träger der radioaktiven Emanation. Die
Gegenwart einer gewissen Menge solcher
Bodenluft in einem geschlossenen Räume
wirkt wie die von Thorium oder Radium, in-
dem sie durch Erregung induzierter Strahlung
die Ionisierung der Luft bis zu einem Maximum
steigert, dessen Höhe von der Menge und Wirk-
samkeit der vorhandenen Bodenluft abhängt.
So erklärt sich das rätselhafte Ansteigen der
Leittähigkeit begrenzter Luftvolumina.
Das Vorhandensein freier Ionen in der atmo-
sphärischen Luft wird durch den Nachweis
kräftig radioaktiver Substanzen in dem Teile
der Atmosphäre, der unterhalb der Erdober-
fläche liegt und mit ihrer oberirdischen Masse
durch Diffusion in stetigem Austausche steht,
ebenfalls verständlich gemacht. Allerdings kann
bei einem System, das so mannigfaltigen Ein-
flüssen ausgesetzt ist, wie die Lufthülle der Erde,
von einer ausschliesslichen Ursache der Ioni-
sierung nicht wohl gesprochen werden, es ist
zweifellos, dass neben der angegebenen Quelle
noch andere, insbesondere die Sonnenstrahlung
in Betracht kommen werden.
Wolfenbüttel, September 1902.
(EingegaDgen 3. September 1902.)
Wiedemannscher Effekt bei ferromagne-
tischen Substanzen.^)
Von K. Honda und S. Shimizu.
In vorliegendem Versuche haben wir den
Einfluss einer Dehnung auf den Wiedemann-
schen Effekt bei Nickelstahl, ebenso bei ferro-
magnetischen Stäben und die Torque- Wirkung
hierauf untersucht. Wir arbeiteten mit den
acht verschiedenen Proben, die folgende Ta-
belle des näheren angiebt:
Metall Länge Durchmesser
45% Nickelstahl 20,80 „ 0,0956 „
„ „ „ 20,90 „ 0,0516 „
35^/0 Nickelstahl 20,92 „ 0,0939 „
M ,, ,, 20,96 „ 0,0509 „
Weicher Eisenstab 21,03 „ 1,004
Nickelstab 2 1 ,00 „ 1,117
Gusskobaltstab 21,00 „ 1,038
Ausgeglühter Kobalt-
stab 21,00 „ 1,082
tt
ff
tt
1) Am 7. Juni 1902 in der Math.- Physikalischen Gesell-
schaft zu Tokyo vorgetragen.
Die Anordnung für die Untersuchung des
Wiede mann sehen Effekts war dieselbe, wie
die früher von Prof. Nagaoka und einem von
uns benutzte. Sie bestand aus einer vertikalen
Spule und einem in der Axiallinie der Spule
aufgehängten vertikalen Drahte.
Der Draht trug in der Nähe seines unteren
Endes einen leichten Spiegel, der zur Messung
des Torsionswinkels diente; die Torsion wurde
mittels Skala und Fernrohr beobachtet und man
konnte mit letzterem eine Torsion von 0,196"
pro cm unserer Versuchsobjekte mit Leichtigkeit
ablesen. Die Ergebnisse unserer Versuche an
Nickelstahl lassen sich folgendermassen zu-
sammenfassen :
1. Wenn die Richtung des Longitudinal-
feldes zu der des Cirkularfeldes in der von der
rechten Hand angegebenen Beziehung steht,
so wird Nickelstahl in der Richtung des letzteren
tordiert, ganz wie dies mit Eisen der Fall ist;
wenn das Cirkularfeld konstant erhalten wird,
nimmt die Torsion zunächst schnell zu, bis sie
ein Maximum erreicht; dann fangt sie an, ab-
zunehmen. Eine Umkehrung der Torsion ist
jedoch niemals zu beobachten, wenn das Feld
auch 1200 C. G. S.-Einheiten übersteigt. Die
Lage der Maximaltorsion verschiebt sich ein
wenig nach stärkeren Feldern, wenn der Longi-
tudinalstrom zunimmt. Die Torsion ist ' bei
45proz. Nickelstahl grösser als bei 35proz.
Nickelstahl. Die Maximaltorsion belauft sich
bezw. auf etwa 67" und 42" pro cm für
45 und 35proz. Nickelstahl in einem Felde von
15 . 5 C. G. S.-Einheiten, wenn der Longitudinal-
strom in beiden Fällen 3 Amp. pro Quadrat-
millimeter beträgt.
2. Die Wirkung einer Dehnung auf die
Torsion bei Nickelstahl ist nicht so ausgeprägt
wie die einer Dehnung auf die magnetische
Längenveränderung bei derselben Legierung.
Die Dehnung vermindert die Torsion immer
um einen der angewandten Spannung annähernd
proportionalen Betrag.
Um die Wirkung einer sehr starken Be-
lastung festzustellen, wurden die dünnen, etwa
V2 mm dicken Drähte untersucht. Selbst durch
eine Spannung, bei der Kontraktion infolge
Magnetisierung eintritt, wird die Torsionsrichtung
bei Nickelstahlen nicht umgekehrt, obwohl der
Betrag der Torsion auf etwa V5 bis V« des
Wertes ohne Dehnung reduziert wird.
Der Apparat zur Untersuchung des Wiede-
mannschen Effekts bei ferromagnetischen Stäben
war der für den Versuch über die Änderung
der Torsionselastizität infolge von Magnetisierung
benutzte; der Longitudinalstrom wurde nach
dem Stabe mittels Quecksilberkontaktes ge-
leitet, der keinen merklichen Widerstand ver-
ursachte. Die Empfindlichkeit des Apparates
578
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
war derart, das eine nur i .Sß^xiC^ pro cm
betragende Torsion noch leicht abzulesen war.
Die Ergebnisse unseres Versuches an Ferro-
magnetstäben lassen sich in folgenden Worten
zusammenfassen :
1 . Der allgemeine Charakter der Torsion von
Eisen- und Nickelstäben ist der bei Drähten
aus denselben Metallen beobachteten ähnlich.
Bei Eisen nimmt der Torsionswinkel für ein ge-
gebenes Cirkularfeld zuerst langsam und dann
schnell zu, bis er in einem etwa 100 C. G. S.-
Einheiten betragenden Felde ein Maximum er-
reicht; hierauf fängt er an abzunehmen und
ändert schliesslich seine Richtung. Das Feld,
in dem diese Torsion ein Maximum erreicht,
und ebenso das Umkehrfeld sind bedeutend
grösser für den Stab als für den Draht. Die
Maximaltorsion beträgt o . 96" für einen Longi-
tudinalstrom von 8 . 86 Amp. pro Quadrat-
centimeter. In einem gegebenen Felde war
der Torsionsbetrag annähernd proportional dem
Longitudinalstrom.
2. Bei einem Nickelstabe ist die Torsions-
richtung der für Eisen in schwachen Feldern
entgegengesetzt; doch das allgemeine Verhalten
der Torsion ist der beim Eisen beobachteten
ähnlich. In starken Feldern wird jedoch die
Torsionsrichtung nicht umgekehrt. Die Maxi-
maltorsion tritt bei einem Felde von etwa
43 C. G. S.-Einheiten ein und beträgt etwa
1.38" pro cm für einen Strom von 6.55
Amp. pro Quadratcentimeter. •
3. Die Richtung der Torsion ist bei Kobalt
dieselbe wie für Nickel. Bei Gusskobalt nimmt
die Torsion erst langsam und dann schnell zu,
bis sie einen Maximalwert erreicht; hierauf
nimmt sie allmählich ab und ändert schliesslich
ihre Richtung, wenn das Feld vergrössert wird.
Der Charakter der Torsion als Funktion der
magnetischen Kraft ist daher gerade umgekehrt
wie bei Eisen. Die Maximaltorsion entspricht
einem Felde von 35 C. G. S.-Einheiten und be-
trägt I .65" pro cm für einen Strom von
17.22 Amp. pro Quadratcentimeter.
4. Das Verhalten des geglühten Kobalts in
betreff des Wi e dem an n sehen Effekts ist von
dem des Gusskobalts beträchtlich verschieden.
Erstens ist die Torsion sehr klein und beträgt
nur V20 <i^s beim Gusskobalt beobachteten
Wertes. Zweitens ist das Feld, in dem die
Torsion ein Maximum wird, bei geglühtem
Kobalt sehr beträchtlich. Drittens ist die Ab-
nahme der Torsion nach dem Maximalwerte
sehr langsam und ändert sich seine Richtung
nicht, selbst wenn das Feld bis auf 1200
C. G. S-Einheiten gebracht wird. Diese Er-
gebnisse, sowohl für geglühtes Kobalt als für
Gusskobalt, sind durchaus so, wie sie nach der
Magnetostriktion der untersuchten Proben zu
erwarten waren.
5. Der Torque-Effekt wird, wie bei dem
Versuche über die Änderung der Torsions-
elastizität infolge von Magnetisierung, mittels
eines aufgehängten Gewichtes erzeugt. Wenn das
Longitudinalfeld konstant erhalten wurde, fanden
wir, dass in allen Fällen die Torquewirkung
die von dem Longitudinalstrom hervorgerufene
Torsion um einen dem Torque annähernd pro-
portionalen Betrag vermindert.
(Aus dem EDglischen übersetzt von A. Gradenwitz.)
(Eingegangen 3. August 1903.)
Ober Radiumbromid und sein Flammen-
spektrum.
Von F. Giesel.
Das aus Uranerzen abgeschiedene Radium-
rohmaterial besteht hauptsächlich aus Baryum
neben etwas Strontium, eventuell Calcium und
enthält nur sehr geringe Mengen Radium. Ich
habe vor drei Jahren gezeigt, dass eine An-
reicherung des Radiums sehr leicht durch fi-ak-
tionierte Krystallisation der Bromide erfolgt, und
dass das Baryum vollkommen auf diese Weise
vom Radium befreit werden kann. Eine Rein-
darstellung des Radiumsalzes konnte nur wegen
Materialmangel nicht ausgeführt werden. Jetzt
steht mir relativ reichlich Substanz zur Ver-
fügung, sodass zunächst ca. V2 S r^ii^es Radium-
bromid hergestellt werden konnte.
Dasselbe zeigt wasserhaltig bereits eine starke
Eigenphosphoreszenz, die nach dem Entwässern
sich geradezu prachtvoll gestaltet. Das Phos-
phoreszenzlicht ist, wie bei meinen älteren un-
reinen Präparaten bläulich und weist ein kon-
tinuierliches Spektrum auf. Die Wirkung des
Salzes auf den Leuchtschirm und die photo-
graphische Platte ist eine sehr bedeutende und
kann mit der einer kleinen Röntgenröhre ver-
glichen werden.
Beim Krystallisieren bemerkt man mit fort-
schreitender Reinigung, dass sich die Krystalle
nach kurzer Zeit schon in der Flüssigkeit gelb-
lich färben, wie das kürzlich auch von Curies
am Chlorid beobachtet worden ist. Radium-
platincyanür ist dem Baryumsalz sehr ähnlich,
grünlichgelb, aber schon in wenigen Minuten
während des Krystallisierens ändert sich die
Farbe und es wird dichroitisch. Es tritt in der
Umgebung der Krystalle, besonders solange sie
noch etwas feucht sind, starker Ozongeruch
auf; bei sehr reiner Substanz wirkt auch die
Lösung ozonisierend. 10 g eines noch stark
baryumhaltigen Salzes in einer geräumigen
Flasche aufbewahrt, liess beim Öffnen noch längere
Zeit starken Ozongeruch wahrnehmen, der später
durch den Geruch nach Brom verdeckt wurde.
Diese Bromentbindung findet dann ununter-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
579
brochen statt, ohne dass es mir bisher gelungen
ist am Salze eine alkalische Reaktion oder
Bildung von Carbonat nachzuweisen.
Wenn die Reinigung so weit gediehen ist,
dass Krystalle des reinen Salzes anschiessen,
so ist nach i — 2 Tagen deutliche Gasentbin-
dung in Form von Bläschen an denselben zu
bemerken, die aufsteigen und auf der Ober-
fläche einen Schaum bilden. Früher hatte ich
schon beobachtet, dass beim Lösen angereicherter,
gelagerter Salze Gasbläschen unter eigentüm-
lichem Knistern (ähnlich wie beim Lösen von
Ammoniumpersulfat) aufstiegen. Die Natur dieses
Gases ist noch nicht festgestellt.
Das beste Erkennungsmittel der fortschreiten-
den Reinheit des Präparates ist die Färbung
der Bunsen flamme. Während die ange-
reicherten Präparate, wie ich solche vielfach für
Demonstrationen benutzt habe, in der Bunsen-
flamme nur die Grünfärbung des Baryums auf-
weisen und demgemäss im Spektroskop nur
die Baryumlinien hervortreten, geht mit zu-
nehmender Reinigung die Flammenfärbung durch
ein fahles Grünrot in Karminrot über.
Das Flammenspektrum des Radiums, wie es
sich bei der Betrachtung durch ein Taschen-
spektroskop darbietet, besteht aus zwei hell-
leuchtenden Banden im Rot, wovon die nach
Gelb zu gelegene die hellere, einer intensiven
Linie im Blau gegen Grün dicht nach der
äussersten Baryumlinie und zwei verwaschenen
Linien im Violett. Bei stärkerer Dispersion
unter Anwendung zweier Rutherford-Prismen
sieht man, dass die innere Bande scharf be-
grenzt und homogen ist, während die äussere
eine dunkle Trennungslinie, eine helle Linie und
Serien aufweist. Die glänzende Linie im Blau
ist wahrscheinlich identisch mit der Linie jL 4826,3
die zwei violetten mit 4683,2 und 4340,8 des
Funkenspektrums von Demargay. i 3814,7
und jL 3646,9 sind wohl wegen der Absorption
im Prismenkörper nicht sichtbar. Genaueres
wird die demnächst erfolgende Bestimmung der
Linien ergeben. Die Baryumlinien sind mit dem
Taschenspektroskop kaum erkennbar. Die Gegen-
wart von Strontium und Calcium in spektro-
skopisch hervortretenden Mengen ist schon aus
chemischen Gründen ausgeschlossen, in Über-
einstimmung mit dem spektroskopischem Ver-
gleich. Auffällig bleibt nur, dass Demargay
die starken Banden im Rot nicht beobachtet
hat, was ich mir vorläufig nur dadurch erklären
kann, dass das Funkenspektrum des Radiums
vom Flammenspektrum verschieden sein wird.
Die Intensität des Spektrums des Radiums
ist eine derartige, dass wenn man die Bunsen-
flamme durch eine Perle Baryumbromid färbt
und dann gleichzeitig eine Spur Radiumbromid
hineinbringt, das Baryumspektrum besonders im
Rot ganz übertönt wird. Das Radium ist also
auch mit Hilfe der Bunsenflamme zu den spektro-
skopisch leicht erkennbaren Elementen zu zählen,
wie es Demargay schon für das Funkenspek-
trum ausgesprochen hat. —
Anm. Kleine Mengen reinen Radiumbromids können von
der „Chininfabrik Braunschweig, Buchlcr & Co.'* käuflich be-
zogen werden.
(Eingegangen 9. September 1902.)
REFERATE.
^^
Elektrotechnik.
Besorgt von Prof. Dr. H. Tb. Simon.
^^
Das Janus-System.
Das Problem der telephonischen Neben-
stellen steht gegenwärtig in der praktischen
Telephonie im Vordergrund des Interesses.
Während man sich auf der einen Seite be-
müht, automatisch wirkende Apparate zu kon-
struieren, mit deren Hilfe vom Amt aus jede
beliebige von vielen in eine einzige Leitung
eingeschalteten Stationen allein aufgerufen
werden kann, liegt in dem „Janussystem*' eine
Vervollkommnung solcher Nebenstellenbetriebe
vor, bei denen kein Interesse besteht, die Mit-
wirkung einer bedienenden Person zu be-
seitigen. Dies ist immer dann der Fall, wenn
ein grosses privates Telephonnetz (z. B. einer
Fabrik oder Bank) mit einer verkehrsreichen
Umschaltestelle vorhanden ist, welches durch
eine oder mehrere Leitungen an das staatliche
Fernsprechamt angeschlossen werden soll. Bis-
her war es in solchen Fällen notwendig, dass
bei jedem Teilnehmer, ausser dem privaten
Sprechapparat,' noch eine besondere Poststation
installiert wurde, die von dem Privatnetz gänz-
lich unabhängig war. Auch musste der Ver-
kehr zwischen diesen Teilnehmern und dem
staatlichen Amt an besonderen, getrennt auf-
gestellten Schränken der privaten Umschalte-
stelle vermittelt werden. Denn der Staat
musste verhindern, dass Teilnehmer des Privat-
netzes unbefiigterweise an die Postleitung an-
geschlossen werden, da an jede Postleitung im
S8o
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Maximum nur fünf Sprechstellen angeschlossen
werden dürfen.
Durch das Janus-System werden die er-
wähnten beiden Übelstände beseitigt. Der
Sprechapparat eines zur Benutzung der Post-
leitung berechtigten Teilnehmers wird an einen
fest eingebauten Umschalter, gefuhrt, der dem
Teilnehmer bequem zur Hand ist, und ge-
stattet, das Sprechsystem aussch lies send erweise
entweder an die staatliche oder an die pri-
vate Leitung zu legen, die beide zu dem privaten
Vermittelungsamt fuhren. So braucht jeder
Teilnehmer nur einen Sprechapparat, der sowohl
nach aussen (Post) wie nach innen (Privatnetz)
gerichtet werden kann.
In dem privaten Vermittelungsamt wird die
vom Slaatsamt her einmündende Postleitung
durch eine Reihe ähnlicher, fest eingebauter
Schalter geführt, durch welche die Postleitung
mit den zu den einzelnen anschlussberechtigten
Teilnehmern führenden Staatsleitungen ver-
bunden werden kann. Lauft ein Anruf von
der Post her ein, so bringt der private Um-
schaltebeamte den Janusschalter des gewünschten
berechtigten Teilnehmers in Arbeitsstellung und
verständigt den letzteren, dass er seinen eigenen
Janusschalter ebenfalls auf ,,Post" stelle. Als-
dann ist die Verbindung vom postalischen
Amt durch das private Amt hindurch zum be-
rechtigten Teilnehmer nur durch feste Um-
schalter hergestellt, nicht aber durch beweg-
liche Schnurorgane, wie sie sonst auf den Um-
schaltestellen gebräuchlich sind. Darin liegt
die Sicherheit, dass kein unberechtigter Teil-
nehmer des Privatnetzes mit der Staatsleitung ver-
bunden werden kann, es sei denn, dass ein gewalt-
samer Eingriff in die Janusschalter gemacht wird
(was natürlich bei Revisionen als betrügerische
Manipulation entdeckt werden kann), während
sich bei beweglichen Schaltern, wie Klinken
und Schnüren, der Nachweis unbefugter Be-
nutzung nicht führen lässt.
Infolgedessen können nun die Janus-
schalter ohne Bedenken an den privaten Um-
schalteschränken selbst angebracht werden.
Mit der Zahl der Postleitungen zwischen
Staatsamt und Privatnetz wächst die Zahl der
Fig. i.
Janusschalter ausserordentlich. Da für jede
Leitung fünf Teilnehmer anschlussberechtigt
sind, so müssen beispielsweise in einer grossen
Bank, die über 1 2 Postleitungen und somit
60 anschlussberechtigte Sprechstellen verfügt,
12 X 60 = 720 Janusschalter vorhanden sein.
Die einzelnen Schalter werden dann entwedei
in grosse Kurbelschalter mit je 60 Einzel-
schaltern zusammengefasst oder die Janus-
schalter werden nach Art der Klinken in über-
sichtlichen Horizontal- und Vertikalreihen an.
geordnet. Alsdann ist aber auch jedei
berechtigte Teilnehmer befähigt, jede der 12
Postleitungen zu benutzen, und es wird dann
äusserst selten vorkommen , dass überhaupt
keine Leitung zur Verfügung steht. Wie dieses
System bereits für ganz kleine Geschäfts-
betriebe, die mit Linienwählern arbeiten, an-
wendbar ist, so richtet man auch sehr grosse
Privatnetze von einigen Hundert Teilnehmern,
die untereinander auf Vielfachumschaltern ver-
bunden werden, für den Janusbetrieb ein ; als-
I
J
Physikalische Zeitschrift. 3. Jaht^ng. No. 24.
S81
dann fällt dem Janusscbalter noch die Aufgabe zu, 1
sobald er in Arbeitslage gebracht wird, auf I
allen^Arbeitspiätzen des Privatamtes die betr.
Teilnehmerieitung als besetzt zu kennzeichnen. 1
Dies geschieht dadurch, dass ein besonderer I
Arm des Janusschalters ein Potential von 12 ]
Mix & Genest sind nebenstehend dargestellt.
Fig. I zeigt den am Schreibtisch eines Teil-
nehmers anzubringenden Janusknopf, durch den
man momentan sein Telephon von dem Privat-
netz weg und auf das Staatsnetz hinüberschalten
kann. Fig. 2 und 3 zeigen einen Janushebel-
Volt an die Klinkenhülsenleitung des Teil-
nehmers legt. Die Beamten in einem solchen
Privatamt prüfen jede Leitung auf Besetztsein
durch Anlegen der Stöpsel spitze an die
Kltnkenhülse, in derselben Weis« wie es in
den staatlichen Vielfachämtern geschieht.
Einige Januskonstruktionen der A.-G.
Schalter für 1 5 Teilnehmer (die mit 3 Post-
leitungen verbunden werden können), wie er
an den Schränken des Privatamtes angebracht
wird. Die Kurbel wird auf einen bestimmten
Knopf gestellt und dann durch Niederdrücken
des Kurbelgriffs eine Sperrtaste bethätigt. Auf
der Rückansicht Fig. 3 erkennt man diese
582
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24,
einzelnen Sperrtasten, welche nach Art von
Fernsprechklinken aus einer Anzahl von Blatt-
federn zusammengesetzt sind.
Fig. 4 stellt einen Janusschrank für 12
Postleitungen (60 berechtigte Teilnehmer, 720
Janusschalter) dar. Jede Kurbel entspricht
einer Leitung und es können damit je 60
Schalter bestrichen werden. Ausserdem sind
an diesen Schrank noch 30 nicht zum Post-
anschluss berechtigte Teilnehmer angeschlossen.
Die 90 Teilnehmer werden also untereinander
durch Stöpsel, Schnurpaare und Klinken ver-
bunden; die 60 berechtigten aber mit der Post
nur durch die festen, jedem Eingriff entzogenen
Janusschalter. L. Rellstab.
(Eingegaogen 31. Juli 1902.)
BESPRECHUNGEN.
J. Williard Gibbs, Elementary Principles
in Statistical Mechanics, developed with espe-
cial reference to the rational foundation
of Thermodynamics (Elementare Prinzipien
der statistischen Mechanik, mit besonderer
Rücksicht auf die rationelle Begründung der
Thermodynamik entwickelt), gr. 8. 207 S.
New York, Ch.Scribner's sons; London, Edward
Arnold. 1902. £ — 17/net.
Die Anregung zur Ausbildung einer „sta-
tistischen Mechanik" ist von der Gastheorie
ausgegangen. Bei der Berechnung der freien
Weglänge, bei der Aufstellung der Zustands-
gieichung hat man die Methoden der Wahr-
scheinlichkeitsrechnung angewandt. Dabei er-
gab es sich, dass die Gültigkeit gewisser
Resultate, z. B. des Maxwell sehen Gesetzes
der Geschwindigkeitsverteilung, bis zu einem
gewissen Grade von den über die Molekular-
kräfte gemachten Annahmen unabhängig war;
es entstand der Wunsch, die allgemeinen Kon-
sequenzen aus den Prinzipien der Mechanik und
Statistik zu ziehen, ohne von vornherein spe-
zielle Hypothesen über die Moleküle in die Be-
trachtung einzuführen. Jenen allgemeinen Sätzen
der statistischen Mechanik widmet Boltzmann
einen Abschnitt seiner Gastheorie (Bd. II, Ab-
schnitt 3); da aber in dem Boltzmannschen
Werke die Tendenz vorherrscht, anschaulich die
molekularen Vorgänge zu verfolgen, so treten dort
jene allgemeinen Methoden in den Hintergrund.
Gibbs hingegen stellt sich in dem vorlie-
genden Buche die Aufgabe, die allgemeinen
Prinzipien der statistischen Mechanik zu ent-
wickeln und die Analogien zu untersuchen, die
zwischen ihnen und den Sätzen der Thermo-
dynamik bestehen. Auf spezielle Probleme der
Gastheorie geht er nicht ein. Die Darstellung
ist sehr abstrakt, und es ist nicht leicht, die
Schätze zu heben, die in dem Werke enthalten
sind. Wir müssen uns damit begnügen, einige
der wichtigsten Resultate hervorzuheben.
Die momentane Konfiguration und Geschwin-
digkeit eines mechanischen Systems von «-Frei-
heitsgraden sei bestimmt durch 2 n Grössen,
nämlich durch die (verallgemeinerten) Koordi-
naten ^1 • • • qn, und die (verallgemeinerten) Mo-
mente oder Impulskomponenten p{ • • pn. Diese
2n Grössen* bestimmen dann die „Phase**, in
der das System sich gerade befindet; fasst man
dieselben als Koordinaten in einem 2 » - dimen-
sionalen Räume, dem „Phasenraume", auf,
so wird die jeweilige Phase des Systems durch
einen Punkt im Phasenraume repräsentiert. Bei
den Problemen der statistischen Mechanik nun
setzt man zwar die mechanische Natur des
Systems, d. h. die Abhängigkeit der kinetischen
und der potentiellen Energie von den Koordi-
naten und Momenten, als bekannt voraus, über
die Phase des Systems aber weiss man nichts.
Man ist darauf angewiesen, alle möglichen
Phasen gemeinsam zu betrachten; das geschieht
in der Weise, dass eine Menge (ensemble) von
Systemen der gleichen Natur betrachtet wird,
die über den Phasenraum in stetiger Weise ver-
teilt sind. Entfällt dabei auf ein Gebiet des
Phasenraumes, dessen Ausdehnung durch das
2 «-fache Integral
/■ /*■
G{2n)
dq^
gemessen wird, die Zahl von Systemen:
/ • • / Ddpx • • dqn,
so nennt man D die „Dichte" der Verteilung,
und den Quotienten aus Dichte und Gesamt-
zahl fNJ der Individuen der Menge
N
den „Wahrscheinlichkeitskoeffizienten"
(coefficient of probability); dieser letztere be-
sitzt einen bestimmten Wert auch dann, wenn
man die Gesamtzahl N der Systeme unbegrenzt
wachsen lässt. Wie aber der Wert von P von
den Variabein fp,"^J abhängt, darüber sagt die
Wahrscheinlichkeitsrechnung nichts aus. Man
kann für den Wahrscheinlichkeitskoeffizienten P
eine beliebige stetige Funktion des Ortes im
Phasenraume setzen. Ist aber für einen ge-
gebenen Zeitpunkt die Verteilung der System-
menge im Phasenraume, und dadurch der
Koeffizient P gegeben, so folgt aus den Grund-
gleichungen der Dynamik eindeutig die zeit-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
583
liehe Änderung der Verteilung. Denn jene
Grundgleichungen, die man hier in der Ha-
milton sehen kanonischen Form zu verwenden
pflegt, bestimmen die zeitlichen Änderungen,
welche die Koordinaten und Momente erfahren.
Sie ergeben, dass die Ausdehnung eines Ge-
bietes, dessen Begrenzung sich entsprechend
den Gesetzen der Dynamik bewegt, invariant
ist (Satz von Lionville). Da ein derartig be-
wegtes Gebiet stets dieselben Systeme ein-
schliesst, so folgt die Invarianz der Phasendichte
D und des Wahrscheinlichkeitskoeffizienten P
für ein, den Gesetzen der Dynamik gemäss, im
Phasenraume sich bewegendes Elementargebiet.
Wenngleich jedes System der Menge sich
im Phasenraume bewegt, so sind dennoch Ver-
teilungen möglich, die „statistischem Gleich-
gewichte" entsprechen. Statistisches Gleich-
gewicht ist dann vorhanden, wenn in jedes im
Phasenraume festes Elementargebiet stets ebenso-
viele Systeme eintreten, wie austreten. Solche
stationären Verteilungen sind es, in denen wir
die mechanische Analogie des Wärmegleich-
gewichts zu suchen haben. Die statistische
Mechanik ergiebt für den Wahrscheinlichkeits-
koeffizienten P eine ganz bestimmte, das sta-
tistische Gleichgewicht charakterisierende Be-
dingung. Durch dieselbe wird indessen P noch
keineswegs eindeutig als Funktion des Ortes
im Phasenraume bestimmt. Gibbs greift nun
eine ganz bestimmte stationäre Verteilung der
Systemmenge heraus, welche er die „kano-
nische" nennt. Ist e die Energie des Systems,
so ist für die kanonische Verteilung:
P= e ^
der Wahrscheinlichkeitskoeffizient,
der „Wahrscheinlichkeitsexponent" (index
of probability). Die kanonische Verteilung hängt
ab von der Konstante ö, welche der „Modul"
der Verteilung genannt wird, und von gewissen,
in den Ausdruck der Energie t eingehenden
Parametern {a\ , ^2 * ' )• Durch diese Grössen
ist das tp bestimmt; es ist nämlich die Wahr-
scheinlichkeit dafür, dass das System sich über-
haupt im Phasenraume befindet, gleich i, mithin
all
t
0
=11
e e dpx ' ' • dg„.
/Aaset
Es sind die Mittelwerte der Energie fc und
des Exponenten ij, genommen für den ganzen
Phasenraum :
all
all
-ff
^=/-/rr)-
1^ — «
phases
dp^ ' • dq*
phases
Gibbs bemüht sich nun, nachzuweisen, dass
die letztgenannten Grössen in gewisser Weise
den aus der Thermodynamik bekannten ent-
sprechen; die kanonische Verteilung soll dem
Wärmegleichgewicht entsprechen, der Modul Ö
der Temperatur, der Mittelwert der Energie (f ) der
inneren Energie, der negative Mittelwert des
Exponenten ( — rf) der Entropie, endlich V der
freien Energie. Die Analogie mag an drei beson-
ders charakteristischen Sätzen erläutert werden.
Erstens: zwei kanonisch verteilte Mengen von
demselben Modul ergeben, kombiniert, wieder
eine kanonisch verteilte Menge von dem gleichen
Modul. Zweitens: ändert man den Modul der
kanonischen Verteilung, und gleichzeitig die
äusseren Koordinaten aj , ay •, so gilt
dfe = — Qdri — Axdax — A^ dai —etc.,
wo A\ , A^ die Mittelwerte der auf die Koordi-
naten Uit a^ einwirkenden Kräfte sind. Ent-
spricht die kanonische Verteilung dem Wärme-
gleichgewicht, so entspricht eine Folge von
kanonischen Verteilungen einem reversiblen Pro-
zess, mithin der zweite Satz der Definitions-
gleichung der Entropie. Drittens endlich gilt
der Satz : unter allen Verteilungen einer Menge
von Systemen, von der gleichen mittleren
Energie e, besitzt die kanonische Verteilung
den kleinsten Wert des mittleren Exponenten r]
(f] == /n P), Diese letztgenannte Eigenschaft der
kanonischen Verteilung entspricht der Eigen-
schaft des Wärmegleichgewichts, die Entropie,
bei gegebener Energie, zu einem Maximum zu
machen.
In der Definition der kanonischen Verteilung
sind enthalten: das Max well sehe Gesetz
der Geschwindigkeitsverteilung; die Relationen,
welche die Temperatur mit der mittleren kine-
tischen Energie verknüpfen; ferner, insofern als
in € die potentielle Energie der äusseren und
inneren Kräfte eingeht, die Ärostatik und die
für die Aufstellung der Zustandsgieichungen
fundamentalen Wahrscheinlichkeitssätze. Stützt
man sich auf die fiir die kanonische Verteilung
geltenden Beziehungen, so ist man sicher, nie-
mals in Widerspruch mit der Thermodynamik
zu geraten. Auch ist die Temperatur kinetisch
definiert für einen beliebigen Körper, sei es ein
Gas, eine Flüssigkeit, oder ein fester Körper;
gelten doch jene Sätze für ein beliebiges me-
chanisches System mit einer endlichen Zahl von
Freiheitsgraden. Um die kinetisch definierte
Temperatur O mit der thermodynamisch defi-
nierten zu vergleichen, muss man allerdings auf
die idealen Gase rekurrieren; es ergiebt sich
eine, von der Loschmidtschen ZaM abhän-
584
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
gige Proportionalität. Diese aus den Gesetzen
der idealen Gase abgeleitete Beziehung zwischen
der absoluten Temperatur und dem Modul der
kanonischen Verteilung ist ohne weiteres auf
ganz beliebige Körper zu übertragen.
In der Definition der kanonischen Verteilung
liegt eine gewisse Willkür; es giebt, wie Gib bs
zeigt, andere Verteilungen, die sich gleichfalls
im statistischen Gleichgewichte befinden, und
auch gewisse Analogien zum Wärmegleich-
gewichte darbieten. Unter diesen besitzt die-
jenige Verteilung ein besonderes Interesse, die
von Gibbs „mikrokanonische Verteilung"
genannt wird; dieselbe ist mit der „ergodischen"
Verteilung Boltzmanns identisch. Hier hat
die Energie eines Systems der Menge einen
vorgegebenen Wert, während bei der kanoni-
schen Verteilung die Energie für verschiedene
Systeme der Menge verschiedene Werte an-
nehmen konnte. Die mikrokanonische Vertei-
lung giebt ein mechanisches Bild des thermo-
dynamischen Gleichgewichts, welches ein in
eine adiathermane Hülle gebrachter Körper an-
nimmt; die kanonische Verteilung hingegen
entspricht einem Körper, der in einen Ther-
mostaten gebracht ist; die Energie des letzteren
wird fortwährend um ihren Mittelwert schwanken,
da Energieaustausch der Moleküle des Körpers
und derjenigen des Wärmereservoirs stattfindet.
Dass diese Schwankungen in praxi nicht zu
berücksichtigen sind , dass man die innere
Energie eines Körpers der oben definierten
mittleren Energie a gleich setzen darf, ist auf
die enorm grosse Zahl der Freiheitsgrade der
hier betrachteten Systeme zurückzuführen.
Ein Kapitel seines Werkes widmet der
Autor den prinzipiellen Einwänden, die in den
letzten Jahren gegen die mechanische Deutung
irreversibler Prozesse erhoben sind, und die
sich gerade auf die Sätze der statistischen Me-
chanik stützten. Indem er die Tendenz zum
Wärmegleichgewicht an einer hydrodynamischen
Analogie veranschaulicht, macht er es wahr-
scheinlich, dass jene anscheinenden Widersprüche
bei einer sachgemässen Formulierung verschwin-
den. Das wesentliche Resultat des Werkes ist
allerdings zu sehen in der mechanischen Be-
gründung der auf das Wärmegleichgewicht und
auf reversible Prozesse bezüglichen Sätze der
Thermodynamik. M. Abraham.
(Eingegangen am 15. Juli 1902.)
A. Gleichen, Lehrbuch der geometrischen
Optik. (A. u. d. T.: Teubner's Sammlung von
Lehrbüchern auf dem Gebiete der mathe-
matischen Wissenschaften. VIII.) gr. 8. XIV
u. 511 S. mit 251 Figuren im Text. Leipzig,
B. G. Teubner. 1902. Gebunden M. 20. —
Die mir freundlichst übertragene Besprechung
dieses Werkes bietet mir umsomehr Interesse,
als ich vor zwei Jahren nahe daran war, eine
Bearbeitung des gleichen Themas zu veröffent-
lichen. Der Umstand jedoch, dass meine Theorie
des achsennahen Strahlenganges durch beliebig
dicke Linsen mit beliebigen Abständen zur Zeit
im Institut St ein heil auf ihre praktische Ver-
wertbarkeit geprüft wird, trug wesentlich zu
einer Verschiebung auf spätere Zeit bei; ich
bin diese Erklärung nach verschiedenen Seiten
schuldig. Nun liegt das Werk des Verfassers
vor und ich kann dasselbe nur als ein sehr ver-
dienstliches bezeichnen. Bewundernswert ist
der Fleiss, mit dem er eine Fülle teils schwer ver-
ständlichen, teils schwer zugänglichen Materials
zur Verwertung brachte — ich nenne in letzter
Hinsicht die Tabellen, vollständigen Durchrech-
nungen, Konstruktionsangaben von den Firmen
selbst oder aus deren Patentschriften. — Zudem
ist das Werk leicht lesbar, während z. B. die
berühmte Bearbeitung von Czapski für manchen
ein Buch mit sieben Siegeln bleiben wird. Kurz
gesagt, es stellt eines der wenigen wirkUch
praktischen theoretischen Lehrbücher vor, und
selbst der Fachmann wird aus ihm eine Reihe
interessanter Dinge schöpfen. Unbeschadet
dieses Urteils wird man freilich in einer Anzahl
von Punkten anderer Meinung sein können, und
ich werde mir erlauben, an Stichproben eine
wissenschaftliche Auseinandersetzung zu knüpfen.
Zuvor will ich jedoch den Inhalt kurz skizzieren:
Nach einem einleitenden Kapitel (Grundeigen-
schaften, Spiegelung und Brechung) folgen Astig-
matisches Strahlenbündel, Brechung an einer
Ebene, Prismen und Prismensysteme, Spiegelung
an Kugeln, Brechung an Kugeln (achsennahe
Strahlen), Centriertes System von Kugelflächen
(idealer Strahlengang), Linsen, Aberrationen
I. Ordnung, Astigmatismus und Koma, Erwei-
terung des Abbildungsgebietes, Orthoskopie
(idealer und wirklicher Strahlengang), Dispersion,
Krümmung der Bilder, Geometrische Strahlung
und Photometrie, Auge, Fernrohre (Eigenschaften,
Objektiv, Okulare, Geschichte), Lupe und Mikro-
skop, Photographische Objektive, Spektroskop
und Photometer. Im ganzen 20 Kapitel mit
reicher, ein Sachregister einigermassen er-
setzender Untergliederung. 251 Figuren auf
511 Seiten ausfuhrlichen Textes tragen zum
leichten Verständnis bei.
Und nun zum Detail: Die beugungstheo-
retische Optik schliesst der Verfasser grund-
sätzlich aus, wiewohl sie auch in der Praxis
heutzutage nicht mehr umgangen werden kann.
Wenn er aber Seite IV des Vorworts meint,
die physische Bildentstehung sei „wenigstens"
für selbstleuchtende Körper bereits gelöst, so
halte ich diese bei Fernrohr und Mikroskop
auch für beleuchtete Körper in erster Annähe-
rung für gelöst. Die strenge Theorie des Gitter-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
585
Spektroskops allein fuhrt bereits in den ein-
fachsten Fällen zu Integralen Be sseischer
Funktionen mit gebrochenem Index und ist
zudem derart mit praktischen Zufälligkeiten
(Ritzenprofil, Teilungsfehler) verquickt, dass ein
Erfolg fast aussichtslos erscheint. Ungern wird
man die Abbildungstheorie von Th lesen ver-
missen, welcher von der Zeit als Grundprinzip
ausgeht. Dafür nähert sich der Verfasser im
zweiten Kapitel meinem Standpunkt (welcher
die Wellenfläche als Hauptsache ansieht und
unmittelbar zur beugungstheoretischen Behand-
lung überleitet), ohne indessen die Konsequenzen
zu ziehen. Übrigens findet ja der Geltungs-
bereich der Identität „Wellennormale = Licht-
strahl", auf welcher sich gewöhnlich die geo-
metrische Optik aufbaut, bereits am Gebiet der
Krystalloptik seine Grenze, indem hier im all-
gemeinen beide Richtungen nicht mehr zu-
sammenfallen. — Interessant ist mir die Formel
für sphärische Aberration (13) S. 115; hätte sie
nämlich der Verfasser noch weiter verfolgt,
wäre er zu der von mir in der Zeitschr. f. In-
strumentenkde. 1901 (Januar) mitgeteilten Formel
gekommen. — Der Kreis kleinster Aberration
(engster Einschnürung) S. 124 ist ein direkter
Beweis für die Notwendigkeit beugungstheo-
retischer Betrachtung; infolgedessen wird die
aus Czapski übernommene Betrachtung von
Gauss S. 131 hinfällig; der Verfasser hätte
ruhig erwähnen können, dass hier die Beugungs-
theorie im Gegensatz zur geometrischen Optik
steht. — Die Sinusbedingung S. 172 betrifft —
den bisherigen Darstellungsweisen folgend —
nur den einfachen Fall einer Linse, durch deren
optischen Mittelpunkt die abbildenden Haupt-
strahlen gehen. Statt dessen habe ich obigem
Institut ein allgemeines Theorem mitgeteilt
für die Fälle, in welchen komahaltige dünne
Strahlenbündel durch einen beliebigen Blenden-
ort gehen, d. h. zum Beispiel für die Zwecke
der photographischen Optik. Gleichfalls setzte
ich es in Besitz des allgemeinen Theorems für
Orthoskopie in algebraischer Form; die S. 184
gegebene Darstellung ist wie alle früheren nur
trigonometrisch, d. h. hintennach verwendbar,
nicht zum Zweck der Erfindung einer Kon-
struktion; eine Ausnahme machen so einfache
Fälle, wie S. 192. Man kann mithin die bisher
bekannten optischen Theoreme auf den Um-
stand hin prüfen, ob sie zur Erfindung neuer
Typen brauchbar sind, oder lediglich nach
(irgendwie erfolgter) Aufstellung eines Typus
zur Erprobung seiner Tauglichkeit bezw. End-
korrektion bei nachgewiesener Tauglichkeit.
Hier muss meinen Ideen nach der Fortschritt
in der Verbindung von Theorie und Praxis ein-
setzen. — Die vom Verfasser S. 2 1 2 bezweifelte all-
gemeine Bedingung für stabile Achromasie befin-
det sich jetzt in unserem Besitz. S. 222 begegne ich
wieder dem Verfasser auf gleichem Wege. Auch ich
habe anfangs d. J. in der Centralztg. f. Optik u. Mech.
darauf aufmerksam gemacht, dass das Petzval-
Theorem bisher irrtümlich als für dünne Linsen
gültig erachtet wurde. Auch ich halte es nicht
für unwahrscheinlich, dass Petzval auf dem
S. 221 angegebenen Wege sein Theorem ge-
funden hat. Nur erschüttert der Verfasser
S. 223 wieder den Glauben an dasselbe; denn
eine so intensive Strahlenvereinigung an jeder
einzelnen Fläche findet eben niemals statt.
Das strenge, allgemeine Theorem, welches ich
obigem Institut zur Verwertung übergab, verlangt
dies übrigens nicht. — Leider unterdrückt der
Verfasser ebenso, wie Czapski, S. 229 den
Beweis der Formeln für meridionale und sagit-
tale Bildkrümmung; so umständlich finde ich
die Ableitung gar nicht; freilich mit den a. a. O.
gegebenen Fingerzeigen wusste ich wenig an-
zufangen; ich habe es thatsächlich leichter ge-
funden, alle Formeln selbst abzuleiten, und habe
dies nicht zu bereuen. Wo der Verfasser die
gleiche Neigung bekundet, da scheint es mir
nur zum Vorteil ausgefallen zu sein. — Das
Gleichungssystem S. 231 kann ich nicht gut-
heissen. Der Verfasser verwendet gegen seine
eigene Auffassung (S. 223) das Petz val-Theorem,
obwohl der Astigmatismus nicht gehoben ist.
— S. 260 vermisse ich die Erörterung der Be-
deutung des Seh winkeis bezw. ihrer Beschränkung
infolge der Änderung der hinteren Knotenweite
mit der Akkommodation. — S. 293 und 314
geht nicht klar hervor, ob die Fraunhofer-
Objektive mehr den Objektiven gleichen, welche
nach dem Achsensatz (Herschel -Bedingung),
oder denen, welche nach dem Sinussatz kon-
struiert sind. Bisher glaubte ich immer das
letztere. — S. 312 vermisse ich das durch
beugungstheoretische Betrachtungen als richtig
nachgewiesene Scheibner-Prinzip. — Bezüg-
lich der Gauss-Bedingung S. 313 ist deren Nutz-
losigkeit beugungstheoretisch gezeigt worden.
Über „nachträgliches Anschleifen von sphärischen
Zonen" (s. auch S. 334) zur empirischen Ver-
ringerung von Fehlerresten haben Steinheil
und ich unsere eigene Meinung. Diese Fehler-
reste sind nicht rechnerischer, sondern mecha-
nischer Natur. Die vorher schon fehlerhaften
Zonen werden nachträglich ausgebessert. — Bei
den Formeln von Moser S. 315 vermisse ich
die von Charlier; von meinen eigenen will
ich nicht weiter reden. — S. 318 ist die Rede
von Objektiven mit vermindertem sekundärem
Spektrum. Der wahre Einfluss desselben und
die Zurückführung der Achromasie höherer Ord-
nung auf ihren wahren Wert sind jedoch Gegen-
stände beugungstheoretischer Untersuchung. Auf
diesem Gebiet sind viele irrige und über-
triebene Ansichten verbreitet. — S. 342: Die
„monocentrischen Okulare*' stammen aus dem
586
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Institut Steinheil (nicht Zeiss) und heissen
so, weil sämtliche Flächen nur ein Krümmungs-
centrum haben. — Der Abriss über Spiegel-
teleskope S. 348 ist sehr spärlich ausgefallen.
Ich vermisse z. B. den durch das Glas wirkenden
Spiegel von Mangin sowie die von Hugo
Schröder gemachte Bemerkung, dass die Kom-
bination von Gregory eine Verminderung des
Sinusfehlers herbeiführt. — Beim akkommo-
dationslosen Sehen S. 362 ist b (nicht ^) = ^ ;
es würde sich ergeben A^= l\f= ^. — S. 364:
Zum erstenmal finde ich die richtige (strenge)
Formel für die Vergrösserung der Lupe;
Czapski und mit ihm Classen geben sie wohl
auch, ersetzen sie aber gleich wieder durch eine
um nichts einfachere, nur angenäherte Formel.
Eine überraschend kurze und einfache Ableitung
gebe ich zur Zeit in der Zeitschr. f. wiss. Mikro-
skopie 19, 32, 1902). Leider wendet der Verfasser
diese strenge Formel nicht auf Fernrohr sowie
Mikroskop an; es ist fast unbekannt, dass deren
Vergrösserung sich, streng genommen, mit dem
Orte des Auges ändert. — S. 372 vermisse ich
die Kontroverse Abb e-Thi es en bezüglich der
aplanatischen und orthoskopischen Punkte,
welche auf einem Missverständnis beruht. —
Die Helligkeit der mikroskopischen Bilder S. 374
ist nur dann dem Quadrat der Apertur pro-
portional, wenn die Apertur gleichmässig licht-
'erfüllt ist. — Bezüglich der Sehtiefe S. 375
habe ich nachgewiesen, dass sie ein beugungs-
theoretischer Begriff ist. Wenn im mikro-
skopischen Präparat mehrere Schichten über-
einander liegen oder das Bild selbst aus mehreren
Schichten gegensätzlichen Charakters besteht,
dann fangen die Schwierigkeiten der geo-
metrischen Optik an. — S. 391: Auch bei
Mikroskopobjektiven ist nachgewiesenermassen
der Wert der Gauss -Bedingung ein mehr oder
weniger beschränkter. — Die Konstruktionsidee
der Apochromate S. 392 ist nicht genügend
dargelegt; hier wurde auch der Verfasser von
den Firmen im Stich gelassen. Die 12 bis 15-
malige Übervergrösserung S. 393 wurde von
Czapski selbst auf 7 bis 9 mal eingeschränkt.
Auch hier ergeben meine Studien, dass in der
Praxis manches anders ist als in der Theorie.
— Wenn der Verfasser S. 416 meint, es gebe
„im allgemeinen keine Methode mehr, auf ana-
lytischem Wege brauchbare Radien für eine
Kombination zu ermitteln" (es handelt sich um
photographische Systeme), so ist dies zur Zeit
glücklicherweise bereits anders; freilich zur End-
korrektion für grosses Gesichtsfeld bleibt die
trigonometrische Durchrechnung unentbehrlich.
— Bei der Erwähnung der Hartingschen
Formeln zur Berechnung von Aplanathälften
S. 473 vermisse ich die Formeln desselben über
die meridionale und sagittale Bildkrümmung
und deren Zusammenhang mit den Aberrationen.
Bezüglich dieser Formeln erlaube ich mir zu be-
merken, dass sie meines Erachtens nicht völlig
richtig sind. — Bezüglich der Rudolphschen
Sätze S. 482 bezweifle ich, ob sie den Kern des
Problems erreichen; die v. Hoeghsche Betrach-
tungsweise ist mir mehr sympathisch. — Ich kann
mich den Anschauungen des Verfassers über das
Petzval-Theorem S. 485 nicht anschliessen,
weder bezüglich des Blendenortes, noch be-
züglich der Aberrationen S. 486. — Die Hellig-
keit eines Sternes, S. 507 und 277, ist nur dann
der Fläche der Öffnung proportional, wenn die
Vergrösserung des Fernrohrs im gleichen Ver-
hältnis sich ändert, d. h. die Austrittspupille
unverändert bleibt.
Ich bin am Ende meiner Auslese. Meinungs-
verschiedenheiten werden auf einem so schwie-
rigen und grossen Gebiet sobald nicht ver-
schwinden. Den Eindruck vermögen sie gleich-
wohl nicht zu verwischen, dass das Werk von
Gleichen neben den Stand werken eines
Czapski sowie Steinheil und Voit ein nütz-
liches Glied in der Kette der praktisch ver-
wertbaren Lehrbücher zu bilden vermag, wo-
von ich nur wünschen kann, dass sich der hier um
Rat fragende Leser (deren es nach meinen
persönlichen Erfahrungen nicht zu wenig geben
dürfte) selbst überzeugen möge. Karl Strehl,
(Eingegangen 2. Juli 1902.)
Personalien.
(Die Herausgeber bitten die Herren Facbgenossen , der
Redaktion von eintretenden Änderungen möglichst bald
Mitteilung zu machen.)
Dem Tngenieurassistenten fiir Ingenieurwesen an der Tech-
nischen Hochschule Karlsruhe, Liz. derMathematikK.J.Kri em-
ier, wurde unter Zurückziehung des Lehrauftrages für technische
Mechanik ein Lehrauftrag für KonstruktionsUbungen in den Ele-
menten des Ingenieurwesens nebst zugehörigem Vortrag, sowie zur
Abhaltung des Vortrages über Mechanik für Architekten erteilt
An Stelle des im Juli in den Ruhestand getretenen Ge-
heimrats Professors Dr. Wink 1er an der Bergakademie zu
Freiberg i. S. wurde die erledigte Professur der Chemie, so-
wie die Leitung des Chemischen Instituts dem ausserordentl.
Professor, ersten Assistenten an diesem Institut, Dr. phil. O.
Brunck übertragen.
Dr. A. Prey ist als Privatdozent für Astronomie und
Geodäsie an der philosophischen Falkultät der Universität
Wien, der Assistent J. Hanus als Privatdozent an der böh-
mischen technischen Hochschule in Prag zugelassen worden.
Professor W. Wien in Würzburg erhielt einen Ruf als
ordentlicher Professor der theoretischen Physik an die Universität
Leipzig, an die Stelle Prof. Boltzmanns.
Professor E. Meyer von der Technischen Hochschule
zu Charlottenburg ist von der philosophischen Fakultät der
Universität Göttingen zum Ehrendoktor ernannt worden.
Privatdozent Dr. A. Coehn erhielt den Professorentitel.
Vorlesungsverzeichnis für das Winter-
semester 1902^03.
Technische Hochschule Aachen.
Wüllner: Experimentalphysik I: Allgemeine Physik,
Akustik, Magnetismus und Elektrizität, 6; Physik in mathe-
matischer und experimenteller Behandlungsweise : Die Lehre
von den schwingenden Bewegungen, 3; Übungen im physika-
lischen Laboratorium (mit Wien), tkgl. — M.Wien: Mecha-
nische Wännetheorie, 2 ; Physikalische Technik, als Einleitung
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.*
587
ZU den Übungen im physikalischen Laboratoriuni, 2; Experi-
mentalphysik enzyklopädischer Kursus: Mechanik, Elektrizität,
Magnetismus, 2. — Hamacher: Praktische Telegraphie und
Fernsprechwesen, 2. — Polia: Meteorologie I: Allgemeine
Äleteorologie, 2 ; Ausgewählte Kapitel der Meteorologie ftir Stu-
dierende des Wasserbau -Ingenieurfaches I, i ; Meteorologische
Technik, i ; Übungen im meteorologischen Observatorium, —
Qrotrian: Theorie der Elektrizität und des Magnetismus, 5;
Theoretische Elektrotechnik, 2; Elektrotechnisches Praktikum.
— Rasch: Elektrische Bahnen, 2; Entwerfen dynamoelek-
trischer Maschinen und Transformatoren, 3 ; Elektrotechnische
Konstruktionsübungen, 2. — Herrmann: Mechanische Tech-
nologie I, 3 ; Fabrikanlagen und Arbeitsmaschinen, 2, Zeichnen,
2. — Weber: Mechanische Technologie II, 4. — Junkers:
Arbeiten im maschinen-technischen Laboratorium I, i, II, i.
— Köchy: Lokomotivbau II, 2; Eisenbahn-Maschinenbau,
2, Zeichnen, i; Maschinenelemente, 4, Übungen, 5. — Ijüders:
Maschinenkunde I, 3, 11, 6, Entwerfen, 5. — Obergethmann :
Maschinenbau, 6, Übungen, 6; Maschinenkonstruieren, 6. —
Finzger: Theoretische Maschinenlehre II, 6; Kinematik, 2.
— IiUta: Maschinenzeichnen, i, Übungen, 2; Maschine n-
skizzieren, Übungen, 2; Kleinkraftmaschinen, 2; Enzyklopä-
dische Maschinenlehre, 4, Übungen, 2; Heizung und Lüftung
der Gebäude, 2. —
Bredt: Chemie des Benzols und des Pyridins, 3; Orga-
nisches Praktikum (mit Levy). — Classen: Allgemeine und
anorganische Experimentalchemie, 6; Massanalyse, I; Exneri-
mentalchemie, f ir Architekten, Bau- und Maschineningenieure,
2; Anorganisches Praktikum (mit Clören, Fischer, Houben
und Trenzen); Elektrochemisches Praktikum (mit Verwer).
— N. N.: Entwerfen von chemischen Fabrikanlagen, 4; Che-
misch-technisches Praktikum (mit Ho des und Strutz). — Hau:
Technische Chemie, 4; Wärmetechnisches Praktikum, 2. —
Danneel: Physikalische Chemie, 2; Grundlagen der physi-
kalischen Chemie, i. —
Jürgens: Höhere Mathematik 11, 3, Übungen, i; Mathe-
matisches Seminar, 2 g\ Kaufmännisches Rechnen, 2, Übgn. ;
Versicherungsmathematik, 2, Übungen. — Kotier: Darstel-
lende Geometrie, 4, Zeichnen, 4 ; Graphische Statik, 3, Zeich-
nen, 2. — V. Mangoldt: Höhere Mathematik I: Differential-
rechnung und analytische Geometrie der Ebene. 8; Mathe-
matische Einleitung in die Maxwellsche Elektrizitätstheorie,
2. — Sommerfeld: Mechanik I, 4, Übungen, i, II, 3, Übgn.,
I ; Ausgewählte Kapitel aus der technischen Mechanik, für
Vorgeschrittenere, 2 g. — Haassmann: Markscheiden und
Feldmessen, 4; Markscheiderische Zeichen- und Rechenübgn.,
2; Übungen im Mark.scheiden und Feldmessen, i Nachmittag;
Enzyklopädie der Markscheidekunde, 2; Ausgewählte Kapitel
aus der Markscheidekunde, i ; Instrumentenkunde, 2 ; Sphä-
rische Trigonometrie i ; Trigonometrische Übungen, 2. — N-N". :
Praktische Geometrie I, 3, II, 2 ; Geodätisches Praktikum I, 2 ;
Planzeichnen und Geodätisches Praktikum II, 4; Ausgewählte
Kapitel der Geodäsie, i g\ Eisenbahn-Tracieren, 2, Übungen. —
Universität Basel.
Hagenbach-Bischoff: Experimentalphysik II: Lehre
des Lichtes, der Wärme und der Elektrizität, 6; Mathematische
Ergänzungen zur Experimentalphysik, i ^. — VonderMühll :
Analytische Mechanik, mit Übungen, 4; Über ein zu bestim-
mendes Kapitel der mathematischen Physik, 4; Mathematisch-
physikalische Übungen, 2 g. — Velllon: Interferenzerschei-
nungen des unpolarisierten Lichtes, 2 g. —
Piccard : Repetitorium der organischen und unorganischen
Chemie, 2 g. — Nietzki: Organisches Vollpraktikum (mit
Rupe), tägl. ; Ausgewählte Kapitel der organischen Chemie, 3;
Chemisches Kränzchen (mit Rupe), lg. — Kahlbanm: Aus-
gewählte Kapitel der allgemeinen physikalischen Chemie, i'/j;
Kolloquium über theoretische Chemie, 3 g.\ Physikalisch-
chemisches Praktikum, tägl. — Kreis: Chemie der Nahrungs-
und Genussmittel, mit Übungen, 4; Technisch -analytisches
Praktikum, tägl. — Rupe: Die Methoden der organischen
Synthese, 2 g. — Fichter: Einführung in die Elektrochemie,
I g.\ Organisch-chemisches Kolloquium, i ^. —
Kinkelin: Analytische Geometrie der Ebene, 3; Dif-
ferential- und Integralrechnung I, 3; Differentialgleichungen, 3;
Mathematische Übungen im Seminar, i. — Rig^enbach:
Sphärische Trigonometrie und Einleitung in die sphärische
Astronomie, 3; Astronomische Übungen, 2. —
Universität Berlin.
B. "Warburg: Experimentalphysik I : Mechanik, Akustik,
Wärme, 5, mathematische Ergänzungen, i^.; Praktische Übun-
gen und Arbeiten im physikalischen Laboratorium, a) für Ge-
übtere, tägl., b] für Anfanger (mit Blas ins), 7, c) für Pharma-
zeuten (mit Starke"), 3V2. — Aschklnass: Elemente der
höheren Mathematik mit besonderer Berücksichtigung ihrer
Anwendung in den Naturwissenschaften, 2. — Fock: Einleitung
in die Chemie und Physik, i ; Elemente der Krystallphysik, i.
— Weinstein: Allgemeine Physik, 3; Wärme, Elektrizität
und Magnetismus der Erde, lg. — Eorigar-Menzel: Theo-
retische Physik III : Elektrizität und Magnetismus, 4, Übungen, i^.
— Planck : Theorie der Wärme, einschliesslich Thermochemie,
3: Mathematisch-physikalische C-bungen, i .g. — M'eesen:
Geometrische Optik mit Berücksichtigung der photographischen
Objektive, lg. — Martens: Theorie und Anwendung optischer
Instrumente, mit Demonstrationen, ig. — Pringsheim: In-
terferenz und Polarisation des Lichtes (experimentell), i V2 g'
— IjUmmer: Grundlage der Spektralanalyse und Grenzen
ihrer Anwendbarkeit, mit Experimenten, i ^ j ^. — Starke :
Elektrische Wellen (experimentell), i. — v. Wesendonk: Über
elektrische Wellen, ig. — Raps: Die neuesten Anwendungen
der Elektrizität (Schnellteleg^aphie, Telegraphie ohne Draht,
Röntgenstrahlen), mit Demonstrationen, i. — £. Meyer: Ein-
führung in die Technik, 2; Technische Exkursionen, g. —
y. Ihering: Maschinenkunde 2, Übungen 2. — Blasius:
Übungen im Anschluss an das physikalische Praktikum, I g. ;
Physikalischer Kursus für Mediziner, 3V2. — v. Bezold: All-
gemeine Meteorologie, 2; Über Wind und Wetter, i g\ Meteoro-
logische Übungen, tägl. ; Meteorologisches Kolloquium, lg. —
Meineurdus: Meteorologische Instrumente und Beobachtun-
gen, I ; Physik des Meeres mit bes. Berücksichtigung des At-
lantischen Ozeans, 2. — Assmann: Ausgewählte Kapitel aus
der Meteorologie, lg. — Iiess : Über die jeweiligen Wittcrungs-
vorgänge, I g.\ Grundzüge der landwirtschaftlichen Klima-
lehre, lg. —
Landolt: Praktische Übungen im zweiten chemischen
Universitäts-Laboratorium, tägl.; Physikalisch-chemische Ar-
beiten (mit Jahn), tägl. — B. Fischer: Anorganische Ex-
perimentalchemie, 5 ; Praktische Arbeiten im ersten chemischen
Universitäts-Laboratorium fmit Gabriel, Harrics, Pschorr
und Ruff), tägl. — van\ Hoff: Ausgewählte Kapitel der
physikalischen Chemie, i g. — Wichelhaus: Chemische
Technologie ftir Juristen, 2; Chemische Technologie der Kohle
und der Teerfarbstoffe, 2; Übungen im technologischen In-
stitut, tägl. — Pinner: Anorganische Experimentalchemie, 6.
— Ijiebermann : Organische Experimentalchemie I, 5 ; Prak-
tische Übungen im organisch-chemischen Laboratorium, tägl.
— Biedermann: Technische Chemie II: Organische Stoffe,
mit Demonstrationen, 4. — Gabriel: Massanalyse und Gas-
analyse, 2. — Will: Geschichte der Chemie, 2; Ausgewählte
Kapitel der technischen Chemie, i g. — Jahn : Elemente der
Differential- und Integralrechnung fUr Chemiker, i g.\ All-
gemeine theoretische und physikalische Chemie, 4. — Tlioms:
Pharmazeutische Chemie, anorganischer Teil, 4; Toxikologische
Chemie, 2; Praktische Übungen in der chemischen Analyse,
tägl. — Schotten: Die Fabrikation des Zuckers und ihre
wirtschaftliche Bedeutung, 2. — H. Traube: Mikrochemische
Analyse mit Übungen, i. — Marckwald: Analytische (^hemie,
2. — Wohl: Chemie der Kohlehydrate, i. — Rosenheim:
Ausgewählte Kapitel der speziellen anorganischen Chemie, i ;
Anorganisch-chemisches Praktikum (mit R. ]• Meyer), tägl.;
Praktische Übungen in der Gas- und Massanalyse, 3J Kol-
loquium der anorganischen Chemie, iV2- — W. Traube:
Über Alkaloide, i. — v. Buchka: Geschichte der Chemie, 2 ;
Chemie der Nahrungsmittel, Genussmittel und Gebrauchsgegen-
stände, mit Berücksichtigung der einschlägigen Ciesetzgebung, 4.
— Jacobson: Besprechung chemischer Tagesfragen, i. —
Harries: Experimentalchemie der Ben/olderivate, 2. —
Meyerhoffer: Elektrochemie, i. — Emmerlin?: Chemische
und bakteriologische Wasseruntersuchung. — R. J. Meyer:
Qualitative chemische Analyse, I; Die Beziehungen zwischen
physikalischen Eigenschaften und chemischer Zusammensetzung,
I. — Buchner: Anorganische Experimentalchemie, 4; An-
organisch- und organisch-chemisches Praktikum im chemischen
Laboratorium der landwirtschaftlichen Hochschule, ganz- oder
h.ilbtägig. — Pschorr: Kollo« |uiuni über organische Chemie,
I. — Ruff: Kollotjuium über anorganische Chemie, 2. —
588
'Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Schwans : Maxima und Minima in elementargeometrischer
Behandlungsweise, 2 g.\ Differentialrechnung, 4, Übungen 14
tägig, 2; Anwendungen der Theorie der elliptischen Funktio-
nen, 4: Mathematische Kolloquien, I4tägig, 2g. — Frobenius:
Theorie der Determinanten, 4; Algebra, 4. — Hettner : Theorie
der bestimmten Integrale, 2. — Knoblauch: Theorie der
Raumkurven und der krummen Flächen, 4; Analytische Me-
chanik, 4 ; Mathematische Übungen fUr jüngere Semester, i g,
— Ijehmann-Filhes : Analytische Geometrie, 4; Wahrschein-
lichkeitsrechnung, \ g. — Heneel: Integralrechnung, 4, Übun-
gen, I4tägig, 2; Theorie der elliptischen Funktionen, 4. —
Ijandau: Zahlentheorie, 4; Theorie der linearen Differential-
gleichungen, 4; Mengenlehre, i ^. — Foerster: Astrometrie
II: Ausgleichung der fundamentalen Ortsbestimmungen am
Himmel durch Zeitmessung, 4; Die Grundlagen der Fehler-
theorie, I g.\ Die Berechnung von Meteorbeobachtungen,
Wolkenhöhen u.dgl., \^i g. — Hehnert: Über die Bestim-
mung der Figur der Erde, i^.; Schwerkraft und Gestalt der
Erde, i. — Bauschioger: Theorie der Sonnenfinsternisse, i g. ;
Theorie der speziellen Störungen, 3; Interpolationsrechnung
und mechanische Quadratur, \^\ig, — Soheilier: Photometrie
der Gestirne, 2; Astrophysik£disches Kolloquium, lg, —
Battermann: Ausgewählte Kapitel aus der sphärischen Astro-
nomie, iVa- — Mareuse: Physik der Erde und ihre Bezieh-
ungen zur Himmelskunde, mit Lichtbildern, 1V2; Einführung
in die Theorie und Praxis geographisch- und nauti«ich -astro-
nomischer Ortsbestimmungen, einschliesslich der bei Forschungs-
reisen vorkommenden Aufgaben, i Va ; Astronomische Übungen
zur geographischen Ortsbestimmung auf der Königl. Stern-
warte. —
Technische Hochschule Berlin.
Paalzow: Experimentalphysik, 4; Physikalische Übungen'
4, f^r Praktikanten der chemischen Laboratorien, 2; Mathe-
matische Physik, 2. — Qrunmach: Magnetische und elek-
trische Masseinheiten und Messmethoden, 2; Physikalische
Massbestimmungen und Messinstrumente, Übungen, 4. —
Gross: Mechanische Wärmetheorie, 4; Einleitung in die
mathematische Physik, 2; Einleitung in die Potentialtheorie,
2; Theorie des Galvanismus, 2. — Rubens: Experimental-
physik, 4; Übungen im physikalischen Laboratorium (Physi-
kalische Messungen), 4, — Weingarten: Ausgewählte Ka-
pitel der analytischen Mechanik, 5; Mathematische Physik,
2. — Kalisoher: Die physikalischen Grundlagen der Elek-
trotechnik II, 2; Giundzüge der Potentialtheorie und ihre
Anwendung in der Elektrizitätslehre, 2; über elektrische
Schwingungen, i; Elementare Mechanik, 2. — Servus: Ein-
führung in das Studium der Elektrotechnik, 2; Theorie und
Berechnung der Gleichstrommaschinen und Motoren, 2. —
Gleichen: Photographische Optik und Anleitung zur Be-
rechnung photographischer Objektive, 2; Einleitung in die
Theorie der optischen Instrumente, 2 g. — Jahnke: Ein-
führung in die Vektoranalysis mit Anwendung auf Mechanik
und Elektrotechnik, 2 ; Repetitorium über ausgewählte Kapitel
der Elementarmathematik, 2. — W. Hartmann: Maschinen-
getriebe (Anwendungen der Kinematik), 2; Kinematische
Geometrie und theoretische Kinematik, 2. — N. N.: Projek-
tierung elektrischer Anlagen, 2, Übungen, 3. — Roessler:
Wärmemechanik, 4; Wechselstromtechnik, 4; Elektrische
Kraftübertragung, 2. — Slaby: Elektromechanik, 4; Ausge-
wählte Kapitel aus der Elektromechanik, 2; Übungen im
elektrotechnischen Laboratorium (mit W. Wedding), 36. —
Strecker: Elektrotelegraphie, 2. — W. Wedding: Enzyklo-
pädische Elektrotechnik mit Einschluss der Elektrotelegra-
phie mit Experimenten a) Elektrotechnik, 2, b) Elektrotele-
graphie, I ; Elektrotechnische Messkunde, 2. — Kallmsrnn :
Betriebstechnik für Elektrizitätswerke und Verkehrsunter-
nehmungen II, 2; Elektrische Sicherheitstechnik für Stark-
stromanlagen und Bahnen II, 2. — Kapp: Bau der Dynamo-
maschinen und Transformatoren, 2, Übungen, 3. — Pr.
Vogel: Elektrotechnische Berechnungen (Widerstände, Lei-
tungen, Maschinen), 2. — Heyn: Mechanische Technologie
I, 2, II, 2, Übungen, 2; Zustandsänderungen der Metalle,
2 g. — Hörmann: Spezielle mechanische Technologie, 4;
Werkzeugmaschinen, 2. — Josse: Übungen im Maschinen-
laboratorium I, I, Übungen, 4, II, 6, III, 10. — Kämmerer:
Entwerfen von Hebemaschinen, 4. — Ludewig: Wasser-
kraltmaschinen, 2; F'ntwerfen von Wasserkraftmaschinen und
Dampi kesseln,' Übungen, 4. — Marlene : Materialienkuiide
mit Übungen in der mechanisch-technischen Versuchsanstalt
(Allgemeiner Teil, besonders das Materialprüfungswesen), 2,
Übungen, 2. — £!. Meyer: Mechanik I, 6, Übungen, 2, II,
4, Übungen, 2. — Iieist: Mechanik I, 4, Übungen 2, 11, 4i
Übungen, 2. — v. Borries: Eisenbahnmaschinenbau, Loko-
motiven, Wagen, Allgemeines über Oberbau, 4, Übungen. 6;
Eisenbahnbetrieb, Zugförderungsdienst, Allgemeines über Sig-
nalwesen und Sicherungsanlagen für die Abteilung für Maschinen-
ingenieurwesen, 2; Eisenbahnmaschinenwesen (Lokomotiven,
Wagen und mechanische Anlagen) filr die Abteilung für Ban-
ingenieurwesen, 2. — Franz: Hochbau-Elemente für ma-
schinentechnische Anlagen, 2, Übungen, 4; Bau-Anlagen für
industrielle Maschinenbetriebe im Zusammenhange mit wirt-
schaftlichen Berechnungen und mit technischer Verwaltung,
2, Übungen, 4. — Beichel : Maschinenclemente, 4, Übungen,
8; Wasserkraftmaschinen, 2; Entwerfen von Wasserkraftma-
schinen, 4. — Biedler: Einleitung in den Maschinenbau
(zeichnerische Darstellung von Maschinen, Masszahlen, Auf-
nahmen, Skizzen, graphische Darstellungen, Elemente des
Maschinenbaues und des Maschinenbetriebes), 2, Übungen, 6;
Arbeitsmaschinen (Pumpen. Gebläse, Kompressoren), 2,
Übungen, 4. — Stumpf: Dampfmaschinenbau, 4, Übungen,
8. — Wehage: Angewandte Mechanik, 4. — Buhle:
Massentransport, 2; Maschinenkunde I: Abriss der Maschinen-
elemente, 2, Übungen, 3. — Heinel: Theorie, Konstruktion
und Verwendung der Kälteerzeugungsmaschinen, 2. —
V. Buobka: Chemie der Nahrungsmittel mit Berück-
sichtigung der Nahrungsmittelanalyse und Bakteriologie, 4;
Geschichte der Chemie, 2. — Erdmann: Experimcntalche-
mie I: Metalloide, 4; Praktische Arbeiten im anoi^anischen
Laboratorium, tSgl. — Herzfeld: Landwirtschaftliche Ge-
werbe (Zucker, Bier, Branntwein u. s. w.), 2. — v. Knorre:
Analytische Chemie (Quantitative Analyse), 2; Praktische
Arbeiten im elektrochemischen Laboratorium, tägL; Allge-
meine Elektrochemie und Anwendung der Elektrolyse in der
chemischen Industrie, 4; Abriss der technischen Gasanalyse
mit Übungen, 2. — Xiiebermann: Organische Chemie 1:
Die offenen Kohlenstoffketten, 5; Kolloquium über Themata
aus der organischen Chemie, i; Praktische Arbeiten im or-
ganischen Laboratorium, tägL — Traube: Physikalische
Chemie, 2; Physikalisch-chemische Übungen, 3. — Arndt:
Ausgewählte Teile der physikalischen Chemie, i. — Dole-
zalek: Theorie der galvanischen Elemente und Akkumula-
toren, I. — Frolicb: Elektrotechnik für Chemiker II, 2. —
Witt: Chemische Technologie II, 4; Farbstoffe, Bleicherei,
Färberei, Zeugdruck, 2; Praktische Arbeiten im technisch-
chemischen Laboratorium, tägl. — Holde: Untersuchung
der pflanzlichen und tierischen Fette, öle und Wachse, 2;
Chemisch-technische Materialienkunde organischer Stoffe, 2.
— Juriscb: Übungen im Entwerfen von chemischen An-
lagen, 4; Über Luftrecht. — Mietbe: Spektralanal3rse mit
Übungen, 2; Allgemeine Photographie (Apparatenkunde,
Übersicht über die gebräuchlichen photographischen Prozesse),
2; Einführung in die photographische Optik, i; Praktische
Arbeiten im photochemischen Laboratorium, tägl.; Photo-
graphische Übungen in den gebräuchlichen Prozessen, 16;
Lichtpausübungen, 2- oder 4 wöchige Kurse, — Jungbahn:
Technologie der Proteinstoffe: Albuminoide (Lederfabrikation,
Leim, Gelatine u. s. w.), mit Exkursionen, 2. — Kübling:
Repetitorium der organischen Chemie, 2. — Stavenbagen:
Einftlhrung in die Experimentalchemie, 2. — VoBWinckel:
Terpene und Kampher, i. — Wolffenetein : Tagesfragen
aus dem Gebiet der organischen Chemie (Stereochemic,
Molekulargewichtsbestimmungen, organische Elektrosynthesen,
Enzym theorie), i. — Simonis: Organisch-chemische Arbeits-
methoden, I. —
Dziobek: Höhere Mathematik: Differential- und Inte-
gralrechnung, Analytische Geometrie, 6, Übungen, 2. —
HaentZBCbel: Elemente der Differential- und Integralrech-
nung und der analytischen Geometrie, 4. — Hamburger:
Potentialtheorie, 2 ; Funktionentheorie, 2 ; Gewöhnliche Diffe-
rentialgleichungen, 2. — Hauok: Darstellende Geometrie I,
5, Übungen, 5. — Hertzer: Darstellende Geometrie I, 5,
Übungen, 5. — Hettner: Höhere Mathematik: Differential-
und Integralrechnung, Analytische Geometrie, 6, Übungen,
2; Theorie der Raumkurven und Flächen, i. — Iiampe:
Höhere Mathematik: Differential- und Integralrechnung, Ana-
lytische Geometrie, 6, Übungen, 2; Bestimmte Integrale und
Differentialgleichungen, 2. — Hessenberg: Darstellende
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24,
589
Geometrie II, 5, ÜbungCD, 5. — JoUes: Darstellende Geo-
metrie I, J, Cbunjfen , 5 ; Graphische Statik, 2, Übungen, 2.
— R. Müller: Differential- und Integralrechnung, 4. —
Bteisitz: Synthetische Geometrie I, 2, Übungen, i, II, 2,
Übungen, i; Analytische Geometrie, 2, Übungen, i. —
Universität Bern.
Förster: Experimentalphysik 11: Elektrizität und Wärme,
6 ; Repetitorium der Physik, 2 ; Theoretische Optik, i g. ;
Physikalisches Praktikum, 4. — Qruner: Mathematische Phy-
sik, 2; Theorie der einfachen Wechselströme, i. —
Friedheim: Anorganische Experimentalchemie, 6 ; Quali-
tative und quantitative Analyse: Metalle, 2; Anwendung der
Elektrolyse in der chemischen Technik, i g\ Anorganisch-
chemisches Praktikum (Halbpraktikum nur für qualitative Ar-
beiten), tägl. ausser Sonnabend; Analytisch-chemisches Prak-
tikum für Mediziner, 8; Übungen in der technischen Gasanalyse,
3; Chemisches Seminar (mit V. Kostanecki), 2. — v. Kosta-
necki : Chemie der aromatischen Verbindungen, 5 ; Organisch-
chemisches Praktikum, tägl. — Bobaffer: Praktikum im
Laboratorium für Lebensmitteluntersuchung; Technologie der
Nahrungsmittelgewerbe I, 2. — Tambor: Die Chemie der
Alkaloide, 2; Repetitorium der Chemie der Fettkörper (für
Chemiker und Mediziner), i. — Mai: Anorganisch-chemische
Arbeiten; lonentheorie, i; Repetitorium der anorganischen
Chemie für Chemiker, i ; Ausgewählte Kapitel aus der all-
gemeinen Chemie, i ; Stöchiometrische Übungen, i. —
Qraf: Kugelfunktionen mit Repetitorium, 4; Besselsche
Funktionen mit Repetitorium, 3 ; Bernoullische Funktionen, 2 ;
Bestimmte Integrale und Gammafunktionen, 2; Differential-
gleichungen, 2; Differential- und Integralrechnung, 2; Renten-
und Versicherungsrechnung, 2; Mathematisch-versicherungs-
wissenschaftliches Seminar (mit Moser), 2; Mathematisches
Seminar (mit Hub er), 2. — G. Huber: Sphärische Astro-
nomie, 2; Analytische Geometrie des Raumes und Theorie der
Flächen 2. Grades, 2. — Ott: Integralrechnung, 2; Analytische
Geometrie II, 2. — Benteli: Darstellende Geometrie: Kurven
und Strahlenflächen, 2, Übungen und Repetitorium, 2; Prak-
tische Geometrie I, i ; Konstruktive Perspektive, i ; Rotations-
flächen, I. — Moser: Mathematische Grundlagen der Invalidi-
tfits- und Altersversicherung, i — 2. — CreUer: Geometrie
synthetique II, 2^.; Geometrie du triangle, 2 g, —
Universität Bonn.
Kayser: Experimentalphysik I : Mechanik,Wärme, Akustik,
5; Physikalisches Laboratorium für Anfanger (mit Hage nbach),
8, für Vorgeschrittene, tägl. ; Physikalisches Kolloquium, 2 g,
— Hagenbaoh : Über Interferenz und Polarisation des
Lichtes, 2. — Pflüger: Elektromagnetische Lichttheorie, 2.
— Bucherer: Elektrodynamik, 2. —
Ansohütz: Experimentalchemie II: Organische Chemie,
6; Kolloquium über neuere Arbeiten auf dem Gebiete der
Chemie, i g.\ Chemisches Praktikum für Anfanger und Ge-
übtere, sowie für Nahrungsmittelchemiker (mit Partheil und
.Rimbach), tägl. — Bimbach: Spezielle anorganische Chemie
(Metalle und seltenere Elemente), 2; Analytische Chemie I:
Qualitative Analyse, 2 ; Übungen in der technischen Gasanalyse,
3^.; Übungen in den wichtigsten physikalisch-chemischen
Untersuchungsmethoden (mit Lob), 3^. — Pauly: Aus-
gewählte Kapitel der organischen Chemie, i. — Sohroeter:
Aufbau und Abbau von Kohlenstoffverbindungen, 2. — Par-
theil: Pharmazeutische Chemie, organischer Teil, 4; Aus-
mittelung der Gifte, i g,\ Die alkoholischen Genussmittel, i;
Arzneimittelsynthesen, i. — Binz: Chemische Technologie
(anorganischer Teil), 2. — Lob: Physikalische Chemie II:
Verwandtschaftslehre, Thermochemie, Elektrochemie, Photo-
chemie, 2; Physikalisch -chemische Untersuchungsmethoden, i;
Physikalische Chemie für Mediziner, i; Anleitung zu selb-
ständigen Arbeiten auf dem Gebiete der physikalischen Chemie
und Elektrochemie, tägl. g. ; Thermochemische Übungen, g, —
Heffter: Analytische Mechanik, 4; Analytische Geometrie
der Ebene, 4. Übungen, 1^. — Iiipechitz: Integralrechnung
II, 4; Übungen im mathematischen Seminar, 2 g. — Sommer:
Algebra, 2; Geometrische Anwendungen der Funktionentheorie,
2. — Kortum: Elliptische Funktionen, 4; Übungen im mathe-
matischen Seminar, 2 g. — Küstner: Theorie der Bahn-
bestimmung der Kometen und Planeten, 3; Topographie des
Sonnensystems, i g. ; Praktische Übungen im astronomischen
Beobachten (mit Mönnichmeyer), tägl. — Deiohmüller:
Theorie der Ausgleichung der Beobachtungsfehler (Methode
der kleinsten Quadrate), i; Elemente der höheren Geodäsie, 2;
Praktisch-astronomische Arbeiten, zweimal wöchentlich. —
Mönnichmeyer: Geographische Ortsbestimmungen, 2. —
Technische Hochschule Braunschweig.
"Weber: Physikalisches Praktikum (mit Prümm); Ex-
perimentalphysik, 4; Mechanische Wärmetheorie, 2; Mathe-
matische Elektrizitätslehre, 2. — Peukert: Grundzüge der
Elektrotechnik, 2; Elektrotechnik, 4; Elektrotechnische Kon-
struktionsübungen, 2 ; Elektrotechnisches Praktikum (mit C r u s e),
6; Arbeiten im elektrotechnischen Laboratorium (mit Cruse).
— Querfürth: Theorie und Konstruktion der hydraulischen
Motoren, 2; Berechnung und Bau der Dampfmaschinen, 3;
Theorie und Konstruktion der Pumpen und Gebläse, 2 ; Grund-
rüge des Schiff baues, 2 ; Maschinenkonstruieren III (mit Xeu-
gebohrn), 8. — Fiiedmann: Beschreibende Maschinen-
lehre, 3; Maschinenelemente, 4; Maschinenkonstruieren I (mit
Wesemann), 9. — Deneoke: Heizung und Lüftung, 2;
Berechnung und Bau der Hebemaschinen, 3 ; Eisenbahnmaschinen-
bau, 3; Maschinenkonstruieren II, 4; Technische Mechanik I,
3, Übungen,!, Rcpetition, i. — PreuBS: Maschinenzeichnen,
6. — Bohöttler: Kinematik, i; Angewandte Wärmemechanik,
3; Messungen an Maschinen (mit Schmidt); Technische Me-
chanik II, 4, Übungen, i, Repetition, i. — IjÜ dicke: All-
gemeine mechanische Technologie, 2; Fabrikanlagen und Werk-
statteinrichtungen, 2; Werkzeugmaschinen, 2; Entwerfen von
Werkzeugmaschinen, 3; Spinnerei, 2; Weberei, 2; Techno-
logische Übungen, 2. —
Meyer: Unorganische Experimentalchemie, 5; Arbeiten
im Laboratorium flir analytische und technische Chemie
(mit Biehringer und Maier); Chemisches Kolloquium (mit
Bodländer), I4tägig, 2 g. — Biehringer: Analytische
Chemie, Hlr technische Chemiker, 2; Stöchiometrische Rech-
nungen, i; Chemisch-technische Rechnungen, i. — Bod-
länder: Physikalische Chemie, 2; Metallurgie, 2; Grundzüge
der Chemie, 3; Arbeiten im Laboratorium für physikalische
Chemie und Elektrochemie (mit Eber lein). — Reinke:
Chemische Technologie II: Stärke- und Gärungstechnik, 6;
Technisch-chemische Analyse, 2; l'ntersuchungsmcthoden auf
dem Gebiete der Stärke- und Gärungstechnik, 2; Arbeiten
im Laboratorium für chemische Technologie 11 und ftlr Gä-
rungs-, Stärke- und Zuckertechnik; Besprechungen aus dem
Gebiete der chemischen Technologie II, g. —
B. Dedekind: Elemente der Zahlentheorie, i ; Theorie der
Fourierschen Reihen, 2. — Fricke: Analytische Geometrie
und Algebra, 3; Differential- und Integralrechnung I, 5, Übun-
gen, 2; Differential- und Integralrechnung II, 2; Poteutial-
theorie, 2; Elementarmathematik, i, Übungen, i. — Müller:
Darstellende Geometrie, 4, Übungen, 6; Perspektive und
Schattenkonstruktionen, 2; Geometrie der Lage, 2. — Wer-
nieke: Grundzüge der höheren Mathematik, für Architekten
und technische Chemiker, 2, Übungen, i; Statik starrer und
elastisch -fester Körper, für Architekten, 3, Übungen, i. —
Koppe: Geodäsie I, 2, Übungen, 2; Ausgleichungsrechnung
I mit Berechnungen, 2, Übungen, 4; Planzeichnen (mit Bohl an),
2. —
Universität Breslavu
O. B. Meyer : Experimentalphysik II: Elektrizität, Mag-
netismus und Wärme, 4; Praktische Übungen im physikalischen
Beobachten (mit Neumann), 3 oder 6 und tägl. — Neu-
mann: Einleitung in die Potentialtheorie, 4, Übungen, i ^. —
Biesenfeld: Die Photographie und ihre Technik, i g\ Photo-
graphisches Praktikum, 2. —
Iiadenburg: Organische Experimentalchemie, 5; Prak-
tisch-chemische Übungen für Chemiker (mit Ab egg), ganz-
und halbtägig; Praktisch-chemische Kurse a) für Mediziner, 5,
b\ für Landwirte, 6 ; Chemisches Kolloquium, I4tägig, 2 g. —
Abegg: Physikalische Chemie (Theorie der Lösungen, Phasen-
lehre, Thermochemie) mit mathematischen Ergänzungsstunden,
2; Elektrochemisches Praktikum, 3; Physikalisch-chemisches
Kolloquium, \ g. — Scholtz: Chemie der Alkaloide, 2; Re-
petitorium der organischen Chemie, 2. — Ahrens: Tech-
nische Elektrochemie, 3; Technologie der Kohlenhydrate, mit
Exkursionen, 2; Chemisch-technisches Praktikum nebst An-
leitung zu selbständigen Arbeiten, tägl. ausser Sonnabend;
Praktische Kurse in chemisch-technischen und gasanalytischen
590
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Untersuchungsmethoden, Sonnabend; Die Apparatur der che-
mischen Technik, i jf . — Herz : Analytische Chemie, 2 ; Gas-
analyse und Titriermethoden, i. —
Sturm: Zahlentheorie, 3; Geometrische örter höheren
Grades, 3; Geschichte der Mathematik, i g.\ Übungen des ma-
thematisch-physikalischen Seminars, 2 g. — HosanOB : Ein-
führung in die Theorie der Invarianten, 2 ; Differentialrechnung
und Elemente der Integralrechnung, 4; Übungen des mathe-
matisch-physikalischen Seminars, lg. — Ijondon: Einführung
in die Theorie der Differentialgleichungen, 3; Die mathe-
matischen Grundlagen des Versicherungswesens (Lebens-,
Kranken-, Unfall-, Invalidenversicherung) unter Berücksichtigung
der Arbeiterversicherung des Deutschen Reichs, 2. — Franz :
Methode der kleinsten Quadrate , i ; Bahnberechnung der
Planeten, Kometen, Meteore und Doppelsterne, 4, Übungen, 2 g. ;
Höhere Geodäsie, 3. —
Technische Hochschule Brunn.
Jaumann: Physik, 5, Übungen, i. — Tama: Physik
für Kulturtechniker, 3; Physikalisches Praktikum, 3. —
Zickler: Allgemeine Elektrotechnik, 5; Elektrotechnisches
Praktikum II, 8. — Hellmer: Mechanik II: Dynamik und
Hydraulik, 4, Übungen, i; Analytische Mechanik, 3; Enzy-
klopädie der Mechanik, 4. — Neumann: Grundlage der
Elastizitäts- und Festigkeitslehre, 4, Übungen, i ; Baumechanik
I, 6, Übungen, i^'j. — W, K".: Bau elektrischer Maschinen
und Apparate II, 3, Übungen, 6; Elektrische Ar-
beitsübertragung, 3. — Schiel: Allgemeine Maschinenkunde
I, 4. — Musil: Maschinenbauelemente, 4, Konstruktions-
Übungen, 6; Maschinenlehre und Maschinenbau I, ^, Kon-
struktionsübungen, 6 ; Technisches Maschinenzeichnen, Übungen,
6. — Wellner: Maschinenlehre und Maschinenbau II, 7,
Konstruktionsübungen^ 14. —
Habermann: Anorganische Chemie, 6; Analytische
Chemie II: Spezielle analytische Methoden, 2; Chemische
Übungen I, 10, II, 20. — Honig: Chemische Übungen III,
10; Agrikulturchemic, 3; Chemie der Tier- und Pflanzen-
stoffe, 3; Enzyklopädie der technischen Chemie, 3. — Do-
nath: Chemische Technologie 11, 6, III, 1V2; Übungen im
Laboratorium für chemische Technologie, 20. — Weinreb:
Spezielle Färberei und Zeugdruckerei, 2, Übungen. — Ul-
rich: Chemische Technologie der Teerfarbstoffe I, 2, Prak-
tikum. — Frenzel: Elektrochemie I : Theoretischer Teil, 3;
Elektrochemisches Praktikum, 3. — Haussner: Mechanische
Technologie I: Metalle und Holz, 5, II: Spezielle Technologie
der Faserstoffe, 5; Bautechnologie, 5. —
Waelsch: Ausgewählte Kapitel der höheren Mathema-
tik, 3, Übungen, i; Mathematische Näherungsmethoden, 2;
Elemente der kinematischen Geometrie, i. — Biermann:
Grundlehren der höheren Mathematik, 7, Übungen, 2; Ma-
thematische Übungen, 2. — Rupp: Darstellende Geometrie,
6; Konstruktives Zeichnen, 8. — Obenrauoh: Geschichte
der Geometrie, i. — Niessl v. Mayendorf: Niedere Geo-
däsie, 6; Situationszeichnen, 4 resp. 3V2; Sphärische Astro-
nomie, 3. —
Universität Czemowitz.
Handl: Experimentalphysik, 5; Praktisch-physikalische
Übungen, 6 g. — Tumlirz: Theoretische Mechanik II, 5;
Mathematisch-physikalisches Seminar, 2 g. —
Pribram: Allgemeine Chemie I, 5; Chemische Übungen
im Laboratorium für Anfänger, 15; Anleitung zur Ausfiihrung
wissenschaftlicher Untersuchungen für Fortgeschrittene, l^ g. —
Puchta: Differential- und Integralrechnung I: Differen-
tialrechnung, 3; Elliptische Funktionen, 2; Seminar für Mathe-
matik, 2 g\ Proseminar für Mathematik, 2 g. —
Technische Hochschule Darmstadt
Schering: Experimentalphysik, 5; Physikalisches Prak-
tikum (mit Zeissig und 4 Assistenten), 4 Nachmittage; Selb-
ständige Arbeiten aus dem Gebiete der Physik; Mechanische
Wärmetheorie, 2; Physikalisches Kolloquium, i. — Zeissig:
Experimentalphysik, 4; Physikalische Mess- und Instrumenten-
kunde, 2; Repetitorium der Experimentalphysik fiir Pharma-
zeuten, I. — Rudolph!: Einführung in das physikalische
Praktikum, i ; Physikalische Chemie, 2 ; Physikalisch-chemische
Cbungen und Arbeiten. — Meisel: Theorie der optischen
Instrumente I, 2. — Poroh: Meteorologie, i. — Klemm:
Einführung in die Photographie, 2; Photographisches Prak-
tikum, 2. — Kittler: Allgemeine Elektrotechnik II, 4, t^on-
gen, 2 ; Übungen im elektrotechnischen Laboratorium, 6 halbe
Tage (mit Senge 1, Wirtz und den Assistenten des elektro-
technischen Instituts); Selbständige Arbeiten fär vorgeschrit-
tenere Studierende; Elektrotechnisches Seminar. — Wirts:
Allgemeine Elektrotechnik 1, 2 ; Elemente der Elektrotechnik, 3;
Elektrische Leitungsanlagen und Stromverteilungssysteme, 2,
Übungen, 2. — Sengel: Konstruktion elektrischer Maschinen
und Apparate, 2, Übungen, 3; Projektieren elektrischer Licht-
und Kraftanlagen, 2, Übungen, 2. — Fehmer: Elektrische
Strassenbahnen, i. — Ijinoke: Maschinenelemente, 3; Kon-
struktionsübungen zu Maschinenelementen, 9 ; Kinematik I, 2 ;
Kinematik II, i; Maschinenelemente und Kinematik, i. —
Berndt: Allgemeine Maschinenlehre, 3 ; Baumaschinenzeichnen,
3; Ausgewählte Abschnitte aus der Festigkeitslehre, 2; Gas-
motoren, 2. — ElraOBS: Maschinenzeichnen, i, Übungen, 3;
Mechanische Technologie I und II, je 2; Werkzeugmaschinen,
2; Heizung und Lüftung, 2. — Qatermuth: Dampfmaschinen,
6, Konstruktionsübungen, 6. — Pfarr: Hebemaschinen, 2;
Wasserkraftmaschinen, 4; Konstruktionsübungen zu Hebe-
maschinen, Wasserkraftmaschinen und Fabrikanlagen, 6 ; Wasser-
werksbauten, 2. — Beck : Gewichts- und Kostenberechnungen
der Maschinenfabrikation, i. — Foroh: Meteorologie, i. —
Btaedel: Anorganische Experimentalchemie, 4; Che-
misches Praktikum (mit Heyl, Kolb und Keppclcr), tägl.
ausser Sonnabend. — Dieffenbaoh: Elektrochemie, 2; Che-
mische Technologie, 4; Elektrochemisches Kolloquium, i;
Chemisches, chemisch-technisches und elektrochemisches Prak-
tikum (mit Neumann und Winteler), tägl. ausser Sonnabend;
Grundzüge der Eisenhüttenkunde, i. — Finger: Organische
Experimentalchemie, 5; Kolloquium über organische Chemie,
I ; Praktikum iUr organische Chemie, tägl. ausser Sonnabend.
— Kolb : Analytische Chemie II, 2 ; Analytische Chemie der
seltenen Elemente, l ; Kolloquium über organische Chemie, i.
— Heyl : Anorganische Chemie, 2 ; Pharmazeutische Chemie,
2; Ausgewählte .Kapitel aus der pharmazeutischen Chemie, 1.
— Kransser: Anleitung zu den mikroskopischen und bak-
teriologischen Untersuchungen vonNahrungs- und Genussmitteln
(mit Well er), 4; Pharmakognosie, 3, Übungen, 2; Pharma-
zeutische Gesetzeskunde, i; Mikroskopische Untersuchung
vegetabilischer Nahrungs- und Genussmittel, 3, — Bonne:
Chemisch-technische Untersuchung der Nahrungsmittel, Ge-
nussmittel und Gebrauchsgegenstände, i; Geologische und
chemisch-technische Vorarbeiten fUr die Trinkwasserversorgung
(mit Steuer), Vortrag und Übungen, 2, Exkursionen. —
"Weiler: Untersuchen von Nahrungsmitteln, Genussmitteln
und Gebrauchsgegenständen, i, Übungen, 8. — Vaubel:
Theoretische Chemie I, 2 , Übungen, 3 ; Stöchiometrische Be-
rechnungen, I. — Neumann: Gasanalytische Methoden, 2;
Die Nutzmetalle, i. —
Qundelfinger: Höhere Mathematik I, 5, Übungen, 4;
Elemente der höheren Algebra, mit Übungen, i ; Analytische
Übungen, I. — Henneberg: Technische Mechanik, 3, Übun-
gen, 2 ; Mechanik II, 6, Übungen, 3 ; Hydrodynamik, i ; Reine
Kinematik, Vortrag und Übungen, 2. — Dingeldey: Höhere
Mathematik I, 5, Übungen, 4. — Wiener: Darstellende Geo-
metrie I, 4, Übungen, 6, II, I, Übungen, 2; Höhere Mathematik
II, 2, Übungen i ; Arbeiten im mathematischen Institut, 3. —
Boheffers: Höhere Mathematik ftir Architekten, Chemiker und
Geometer, 3, Übungen, 2 ; Darstellende Geometrie I, 4, Übungen,
6. — Fenner: Trigonometrie, 3; Geodäsie, 4; Geodätische
Übungen. 4; Planzeichnen, 4. — Graefe: Repetitorium der
Elementarmathematik, 2, Übungen, 2 ; Höhere Mathematik fiir
Architekten und Chemiker, 3, Übungen, 2; Höhere Mathe-
matik II, 2, Übungen, i ; Geschichte der Mathematik, i. —
Technische Hochschule Dresden.
Hall wachs: Experimentalphysik, 5; Physikalisches Prak-
tikum (mit Toepler), I, 3, II, 6 oder 9; Praktikum für
grössere physikalische Arbeiten, 20; Physikalisches Kolloquium,
Referate über neue Arbeiten (mit Helm), lg. — Toepler:
Physikalische Messkunde I, I ; Elektrische Entladungserschein-
ungen in Gasen (Kathodenstrahlen, Röntgenstrahlen, Licht-
bogen u. s. w. ), I. — Krone: Theorie und Praxis der Photo-
graphie nebst Kolloquium über wissenschaftliche Photographie,
2; Lichtpausen, kürzerer Kursus, 2 g. — QÖrges: Allgemeine
Elektrotechnik I, 2; Elektrotechnische Messkuudc, 2; Elek-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
591
Irische Starkstromanlagen, 2, Übungen, 2; Elektrotechnische
Übungen für Geübtere, 1 2, für Maschineningenieure und Che-
miker, 4; Grössere elektrotechnische Spezialarbeiten, 30; Elek-
trotechnisches Kolloquium (mit Kubier), 2 g. — Kubier:
Dynamomaschinen I, 2; Ent\verfen von Dynamos, Starkstrom-
apparaten und elektrischen Fahrzeugen, Übungen, 6; Elek-
trische Fahrzeuge, 2; Die Starkstromtechnik im Eisenbahn-
wesen und Werkstattsbetrieb II, i. — Ulbricht: Telegraphie
und Telephonie, 2 g. — Fischer: Allgemeine Maschinen-
lehre, 3 ; Eisenbahnmaschinenwesen, 3 ; Skizzieren für die Che-
mische Abteilung, 4, för die Mechanische Abteilung, 4. —
Qrübler: Technische Mechanik I, für Bau-, Maschinen- und
Elektroingenieure, 2, III, 4, Übungen, i. — Ii. liewicki:
Dampfmaschinen I, 4; Dampfkessel, 3; Ausgewählte Kapitel
aus dem Maschinenbau: Lokomotiven, 2; Maschinenkonstruieren
für Maschineningenieure, lo, für Elektroingenieure, 5 ; Arbeiten
im Maschinenlaboratorium A (Dampf- und Wassermaschinen)
mit Kolloquium (mit E. Lewicki), 3; Grössere Arbeiten im
Maschinenlaboratorium A, 20. — B. Lewicki: Einführung
in die Theorie und Konstruktion der Dampfturbinen, 2. —
Mollier: Technische Thermodynamik, 4, Übungen, i; Kine-
matik, 2, Übungen, 3; Übungen im Maschinenlaboratorium,
3; Grössere Arbeiten im Maschinenlaboratorium, 24. — Ernsti
Müller: Allgemeine mechanische Technologie 11,3; Techno-
logisches Praktikum für die Faserstofftechnik, Übungen, 20;
Spinnerei, 3; Die Wartung der Dampfkessel und Dampf-
maschinen im Betriebe, lg. — Scheit: Untersuchung von
Baumaterialien in der mechanisch-technischen Versuchsanstalt,
3. — N. N. : Maschinenelemente, 5 ; Maschinenkonstruieren, 10;
Hebemaschinen, 2. —
Hempel: Metallurgie, 2; Chemische Grossindustrie, 2;
Brennmaterialien, Theorie der rauchfreien Feuer, i ; Anorganisch-
chemisches Praktikum (Qualitative' Analyse), 12; Anorganisch-
chemisches Praktikum (Quantitative Analyse, technische Titrier-
methoden, Gasanalyse), ganztägig. — v. Meyer: Organische
Chemie, 5; Kolloquium (freie Vorträge Über wichtige Pro-
bleme der Chemie) (mit v. Walt her), i ^; Organisch-che-
misches Praktikum, ganztägig und halbtägig. — MÖhlau:
Chemie der Textilindustrie: Gewinnung der Spinnfasern und
ihre Veredelung durch Bleicherei, Färberei, Zeugdruck und
Appretur, 3; Chemie und chemische Technologie der orga-
nischen Farbstoffe II, 2; Praktikum für Farbenchemie, halb-
tägig; Praktikum für Färbereitechnik, halbtägig; Praktikum
für grössere Arbeiten auf dem Gebiete der Farbenchemie,
ganztägig. — Bucherer: Einfuhrung in das allgemeine Patent-
wesen, l; Die organischen Heilmittel mit besonderer Berück-
sichtigung ihrer Synthese und Anwendung, lg. — F. För-
ster: Elektrochemie, ihre Theorie und technische Anwendung,
2; Physikalische (theoretische) Chemie II, 3; Praktikum für
Elektrochemie, 8; Praktikum für grössere Arbeiten auf dem
Gebiete der Elektrochemie und physikalischen Chemie, ganz-
tägig. — IjOttermoser: Titriermethoden, i. — Erich Müller:
Ausgewählte Kapitel aus der physikalischen Chemie, I. —
Renk: Nahrungsmittelchemie, 2 ; Wohnungshygiene, i; Übgn.
im Untersuchen von Nahrungs- und Genussmitteln, ganztägig;
Praktikum für Nahrungsmittelchemiker, halbtägig. — V. Wal-
ther: Chemie der Zuckerarten, 2. —
Rohn: Darstellende Geometrie II, 4, Übungen, 6; Kegel-
schnitte. I ; Ebene Kurven, 2. — Fuhrmann: Anwendungen
der Differential- und Integralrechnung, 2; Vermessungslehre,
2; Geodätisches Zeichnen, 2. — Helm: Analytische Geo-
metrie II, 3, Übungen, i; Analytische Mechanik, 2; Übungen
und Ergänzungen zur Mechanik filr Vermessungsingenieure, i ;
Ausgewählte Kapitel aus der mathematischen Physik, mit
Übungen, 2. — Elrause: Differentialrechnung, 4, Übungen,
I ; Einleitung in die Theorie der unendlichen Prozesse, 3 ;
Anwendungen der elliptischen Funktionen, i ; Mathematisches
Seminar, lg. — ÜTaetsoh: Einleitung in die Theorie der
ganzen Zahlen, 2. —
Universität Erlangen. |
Wiedemann: Experimentalphysik, 5; Physikalisches '
Praktikum für Anfanger, 2; Physikalisches Halbpraktikum, 20; ,
Physikalisches Vollpraktikum, 40; Physikalisches Kolloquium, \
2 g. — Schmidt: Theoretische Physik II : Elektrizität, Optik '
und Akustik, 4; Mathematisch-physikalische Übungen, 2 g. —
"Wehnelt: Physikalische Messmethoden und Messinstrumente,
2. —
Fischer: Anorganische Experimentalchemie, 5; Halb-
praktikum im chemischen Laboratorium (mit Busch\ 20;
Vollpraktikum im chemischen Laboratorium (mit Busch), 40.
— Paal: Chemie in ihrer Anwendung auf Pharmazie und
Medizin (organischer Teil), 3; Untersuchung von Nahrungs-
und Genussmitteln, 2; Chemisches Praktikum: a) Vollprakti-
kum, 44, b) Halbpraktikum, 24 oder 20; Praktischer Kurs
für Studierende der Pharmazie, 20; Arbeiten auf dem Gebiete
der Nahiungs- und Genussmittel: a) Vollpraktikum, 44, b)
Halbpraktikum, 24 oder 20. — BllBCh: Qualitative und quanti-
tative chemische Analyse, 3 ; Chemische Technologie der Ge-
spinnstfasern, i ; Chemisches Praktikum für Mediziner, 4 ; Kol-
loquium über neuere chemische Litteratur (mit Jordis und
Gutbier), lg, — Henrich: Ausgewählte Kapitel aus der
organischen Chemie, 2 ; Elektrochemisches Praktikum (Elektro-
analyse, Darstellung von Präparaten, anorganisch und organisch)
(mit Jordis), 5. — Jordis: Spezielle Chemie der Metalle, i;
Elektrochemie, 2. — Outbier: Gasanalyse, mit Übungen, 2. —
Qordan: Analytische Geometrie, 4; Invarianten, 4; Übun-
gen im Seminar, 3 ;f . — Nöther: Differential- und Integral-
rechnung I, 4 ; Einführung in die Funktionentheorie, 4 ; Mathe-
matische Übungen, g. —
Universität Freiburg i. Br.
Himstedt: Experimentalphysik: Mechanik, Akustik,
Wärme, 5; Übungen aus der theoretischen Physik, i ^; Phy-
sikalisches Praktikum, tägl. ausser Sonnabend; Anleitung zu
selbständigen Arbeiten, tägl.; Physikalisches Kolloquium, 2 g.
— Koenigsberger: Elektrische Wellen, 2; Prinzip der
kleinsten Wirkung und seine physikalischen Anwendungen, i.
— Q.Meyer: Elektrochemie, 2 ; Mechanische Wärmetheorie
und deren Anwendung auf physikalische und chemische Pro-
bleme, 2; Elektroanalyse, i; Physikalisch-chemisches Übuugs-
praktikum, 2; Selbständige physikalisch-chemische Arbeiten,
tägl. —
Gattermann: Anorganische Experimentalchemie, $;
Cheni'sches Praktikum (mit Willgero dt), tägl. ausser Sonn-
abend; Chemisches Seminar, Htägig, 2 g- — Willgerodt:
Organische Experimentalchemie, 4; Chemie der Nahrungs- und
Genussmittel, i; Anorganische Technologie, 2. — Edineer:
Chemie der aromatischen Verbindungen, 2. — Fromm: Über
qualitative Analyse, i ; Repetitorium der Chemie ftir Mediziner
1, 2. — Müller: QualiUtive Analyse. 2; Theoretische Chemie
(organischer Teil), i. — Rnpp: Chemie der Teerfarbstoffe
II, i; Die Konstitution der anorganischen Verbindungen, i ^'.
— Meigen: Über Gewichtsanalyse, 2. —
Iiüroth: Analytische Mechanik, 4; Methode der kleinsten
Quadrate, 2; Mathematisches Seminar. — Stlokelberger :
Analytische Geometrie der Ebene und Differentialrechnung, 5,
Übungen, 2 g, ; Theorie der analytischen Funktionen, 3. —
Iioewy: Theorie der Kurven und Flächen, 4; Versicherungs-
mathematik, 2. — Bebmann: Geschichte der Arithmetik,
2. —
Universität Gicssen.
Drude: Experimentalphysik II: Optik, Elektrizität, 5;
Physikalisches Praktikum. 6; Praktikum für Vorgeschrittenere,
tägl.; Physikalisches Kolloquium, I4tägig, 2. — Fromme:
Elektrodynamik und elektromagnetische Lichttheorie, 4 ; Höhere
Geodäsie und Ausgleichungsrechnung, 3. —
Naumann: Anorganische Experimentalchemie, 5; Prak-
tische Übungen und Untersuchungen im chemischen Labora-
torium, tägl.; Untersuchung von Nahrungsmitteln und tech-
nischen Erzeugnissen (mit Eidmann), tägl.; Chemische Übun-
gen für Mediziner, tägl. — Schröder: Analytische Chemie
II, 2. — Eidmann: Pharmazeutisch chemische Präparate II,
2; Einführung in die organische Chemie, 2; Unteisuchung von
Nahrungs- und Genussmitteln auf Vergiftungen und Verfäl-
schungen, I. — Elba: Chemisches Praktikum, tägl.; Elektro-
chemisches Praktikum, tägl.; Elektrochemie, experimentell und
theoretisch, 2; Chemisches Kollocjuium, 1*2- — Klappert:
Chemisches Repetitorium, 2. —
Pasch: Differentialrechnung und Elemente der Integral-
rechnung, 4; Einleitung in die Funktionentheorie, 2; Übungen
über die Elemente der höheren Mathematik (Algebra, ana-
lytische Geometrie, Differential- und Integralrechnung), 2;
Übungendes mathematischen Seminars, I4tägig, 2. — Netto:
Bestimmte Integrale und ihre Anwendungen, 4; Analytische
Geometrie des Raumes, 4; Übungen des mathematischen Se-
592
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
minarSf I4tägig, 2. — Wellstein: Darstellende Geometrie I,
mit Übungen, 6; Wahrscheinlichkeitsrechnung, 2. —
Universität Göttingen.
Rieoke: Experimentalphysik II, 3; Physikalisches Prak-
tikum (mit Voigt, Simon, Kaufmann und Stark)
8; Ausgewählte Teile der Mechanik, i g.\ Wissenschaftliche
Arbeiten Vorgeschrittener, 40^. — Voigt: Krystallphysik, 4 ;
Physikalisches Praktikum (mit Riecke, Simon, Kaufmann
und Stark), 4; Ausgewählte Kapitel der Wärmelehre, i g.\
Physikalische Beobachtungen für Vorgeschrittene, 40 g. —
Simon: Elektrische Messmethoden und Messinstrumente, 2;
Elektrotechnisches Praktikum, 3; Drahtlose Telegraphie und
Telephonie etc., i g.\ Selbständige Arbeiten auf dem Gebiete
der angewandten Elektrizitätslehre, 48 g. — Kaufinann:
Übungen in der Herstellung und Handhabung einfacher De-
monstrationsapparate, I ; Physikalische Einheiten und Kon-
stanten, I. — Abnüiam: Grundlagen der theoretischen Phy-
sik, 4; Übungen zur Integralrechnung und elementaren Poten-
tialtheorie, 2. — Stark: Die elektrischen Erscheinungen in
der Erdatmosphäre, lg. — Wieohert: Höhere Geodäsie, 4;
Polarlicht, i g. ; Geophysikalisches Praktikum, g. — Iiorenz :
Praktikum im Maschinenlaboratorium, 3V2; Ausgewählte Ka-
pitel aus der technischen Mechanik, i g\ Anleitung zu selb-
ständigen Arbeiten, g, — Nemst: Theoretische Chemie, 3;
Physiko-chemische Arbeiten und Übungen, tägl. ; Neuere Ato-
mistik, I g.; Physiko-chemisches Kolloquium, ig, — Coehn:
Technische Elektrochemie (mit Übungen), 3. — Böse: Phy-
sikalische Methoden der Chemie (mit Demonstrationen), 2. —
Wallach: Anorganische Chemie I, 6; Chemisches Prak-
tikum, 20 — 40; Chemisches Kolloquium ftlr Fortgeschrittenere,
lg. — Tollens: Technische Chemie ftir Landwirte (Zucker,
Gärung, Phosphat), 3; Praktikum im agrikultur-chemischen
Laboratorium, 30. — Polstorff; Pharmazeutische Chemie
(organischer Teil), 4; Untersuchung der Nahrungsmittel, 2;
Chemisches Kolloquium fiir Pharmazeuten, 2 g, — Fischer:
Chemische Technologie, 2; Chemisch-technologische Tages-
fragen, lg. — Kotz : Celloidstoffe, Komplexe, Verbindungen,
Katalyse, Neue Elemente, i; Synthesen organischer Verbin-
dungen, 2; Farbstoffe, i; Chemische Tagesfragen, i. —
Manchot: Ungesättigte Verbindungen, l; Benzolderivate, 2;
Monographie des Sauerstoffes, ig. —
Klein: Enzyklopädie der Mathematik, 4; Seminar (mit
Bohl mann), 2 g. — Hubert: Differentid- und Integral-
rechnung II, 4; Mechanik der Kontinua, 4; Funktionentheo-
retische Übungen im mathematisch-physikalischen Seminar, 2 g.
— Schwarzachild: Mechanik des Himmels, 3, Übungen, 2^;
Astronomisches Kolloquium, lg. — Minkowski: Algebra,
3 ; Analysis situs, 2 ; Seminar. Funktionentheoretische Übungen,
2 g. — Brendel: Einleitung in die theoretische Astronomie,
3; Gauss' Leben und Wirken, lg. — Schilling: Analytische
Theorie der krummen Linien und Flächen, 4; Graphische Übungen
zur Theorie der krummen Linien und Flächen, 2 g, — Bohl-
mann: Wahrscheinlichkeitsrechnungen, 2; Theorie des Risi-
kos, 2; Mathematisches Seminar, 2 g,\ Nf athematische Übungen
im Versicherungsseminar, 2 g. — Ambronn : Sphärische Astro-
nomie, 3 ; Praktische Übungen an den Instrumenten der Stern-
warte, tägl. — Zermelo : Funktionentheorie, 4 ; Übungen zur
Integralrechnung und elementaren Potentialtheorie, 2. — Blu-
menthal: Abelsche Funktionen, 2; Einleitung in die höhere
Mathematik für Naturwissenschaftler (mit Übungen), 3. —
Universität Graz.
Pfaundler: Experimentalphysik, 5; Physikalische Übgn.,
12; Darstellimg physikalischer Ergebnisse, i g. — . WaSB-
muth: Thermodynamik mit besonderer Berücksichtigung der
Thermochemie, 4; Wärmeleitung, i ; Übungen im mathematisch-
physikalischen Seminar, 3 ^. — Streintz: Wärmelehre:
Thermodynamik und Thermochemie, 3. —
Skraup: Allgemeine und anorganische Experimental-
chemie : Chemie für Mediziner, Philosophen und Pharmazeuten,
5 ; Chemisches Konversatorium für Vorgeschrittene, i g\ Che-
mische Übungen fiir Anfänger, 15; Chemisches Praktikum für
Mediziner, 4; Übungen für Vorgeschrittene, 20. — Schrötter:
Pharmazeutische Chemie, anorganischer und organischer Teil,
4 ; Chemie der heterozyklischen Verbindungen, 2. —
Frischauf: Algebraische Analysis, 3; Analytische Geo-
metrie, 2. — Dantscher v. KoUesberg: Analytische und
projektivische Geometrie der Ebene, 5; Übungen im mathe-
matischen Seminar, 2 g. — Streissler: Centrale Projektion,
3. — Hillebrand: Mechanik des Himmels, 5. —
Technische Hochschule Graz.
V. ISttingshausen : Physik: Mechanik der festen, flüs-
sigen und gasförmigen Körper, Wärme, Elemente der mecha-
nischen Wärmetheorie, Elektrizität, Optik, 5; Elektrotechnik,
3; Elektrotechnische Übungen: Praktische Messungen, 8, —
Streintz: Wärmelehre: Thermodynamik und Thermochemie,
3. — Bartl: Theoretische Maschinenlehre IIa, 2Vq, Hb, 3V2;
Allgemeine Maschinenkunde I, 4. — N. N.: Maschinenbau
I a, 3, Übungen, 10, Ib: Lasthebemaschinen, 3, Übungen, 10V2»
IIb: Dampfkessel und Dampfmaschinen, 4, Übungen, 15. —
£mioh: Anorganische Chemie, 7; Anleitung zu wissen-
schaftlichen Arbeiten im chemischen Laboratorium, für Vor-
geschrittene. — Andreasch: Qualitative chemische Analyse,
I ; Unterricht und Übungen in der qualitativen chemischen
Analyse im Laboratorium, 18; Chemische Technologie der
organischen Stoffe: Chemische Fabriksindustrie der organischen
Stoffe, 4; Laboratoriumsunterricht und Übungen in der organisch-
technisch-chemischen Analyse, 20; Anleitung zu wissenschaft-
lichen Arbeiten aus dem Gebiete der organischen Chemie und
der chemischen Technologie organischer Stoffe, für Vorge-
schrittene. — Benj. Reinitzer: Quantitative chemische Ana-
lyse, I ; Unterricht und Übungen in der quantitativen chemischen
Analyse im Laboratorium, 20; Chemische Technologie der
anorganischen Stoffe: Chemische Fabriksindustrie der anorga-
nischen Stoffe, 4; Laboratoriumsunterricht und Übungen in
der anorganisch-technisch-chemischen Analyse, 20; Anleitung
zu wissenschaftlichen Arbeiten aus dem Grebiete der anorga-
nischen Chemie und der chemischen Technologie anorganischer
Stoffe, für Vorgeschrittene; Enzyklopädie der technischen
Chemie, 2. — v. Hemmelmayr: Über ausgewählte Kapitel
zyklischer Verbindungen, 2. — Priedr. Beinitzer: Alkoho-
lismus, I. —
Hoöevar: Mathematik I, 6, Übungen, 2. — Btelsel.
Elemente der höheren Mathematik I, 4. — Peithner v.
liichtenfels : Mathematik II, 4, Übungen, 2. — Schüssler:
Darstellende Geometrie, 4, Übimgen, 6; Theorie der Kegel-
schnitte, 3; Seminarübungen aus darstellender Geometrie, 2.
— Wittenhauer: Theoretische Maschinenlehre I, 2; Allge-
meine Mechanik (einschliesslich der Elemente der graphischen
Statik) I, 4, Übungen, i; Enzyklopädie der Mechanik, 4;
Technische Mechanik I: Theorie der Elastizität, 4. — Klin-
gatsch: Niedere Geodäsie I: Elemente der niederen Geodäsie,
4; Höhere Geodäsie, 4; Praktische Messübungen a) Niedere
Geodäsie (Zimmerübungen), b) Höhere Geodäsie (Übungen
in der Anwendung der Ausgleichungsrechnung). —
Universität Greifswald.
König: Experimentalphysik: Wärme, Magnetismus, Elek-
trizität, 4; Physikalische Übungen für Studierende der Natur-
wissenschaften, 6; Leitung selbständiger physikalischer Unter-
suchungen, tägl. g. ; Elementar-mathematische Ergänzungen zur
Experimentalphysik, i g.\ Besprechungen über neuere physi-
kalische Arbeiten (mit Mie), 2 g.— Mie: Theoretische Optik,
4, Übungen, i g. ; Kleines physikalisches Praktikum für Medi-
ziner und Pharmazeuten, 3. — Holtz: Apparate der Mechanik
und Elektrostatik unter Mitbenutzung einfachster Mittel, ex-
perimentell, i; Physik der Atmosphäre mit Einschluss der
optischen und elektrischen Phänomene, mit Experimenten, i;
Physik der Gestirne bei zeitweiser Beobachtung derselben,
gemeinfasslich, mit Experimenten, 2 g. — Schreber: Tech-
nische Thermodynamik, 2; Der osmotische Druck und seine
Anwendung zur Molekelgewichtsbestimmung, i. —
Auwers: Organische Experimentalchemie, 5; Chemisches
Praktikum, tägl; Chemisches Praktikum fttr Pharmazeuten,
halbtägig, tägl. ; Ausgewählte Kapitel der anorganischen Chemie,
5 ^. ~- N. N. : Pharmazeutische Chemie I, 3 ; Ausmittelung
der Gifte und andere gerichtlich-chemische Untersuchungen, 2 ;
Pharmazeutisches Kolloquium, 2 g. — Semmler: Ätherische
Öle, I : Ausgewählte Kapitel der organischen Chemie, i g. —
Foener: Synthetische Methoden der organischen Chemie, 2:
Chemische Technologie I: Anoiganische Stoffe, 2. —
Thome: Algebra, 4; Theorie der ebenen algebraischen
Kurven, 2 g.\ Mathematisches Seminar, 2 g. — Study: Me-
chanik II, 4; Nichteuklidische Geometrie, i g\ Mathematisches
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
593
Seminar, 2 g, — KowalewBki: Einleitung in die analytische
Geometrie (flir Studierende der Mathematik und der Natur-
wissenschaften), 2 ; Theorie der kontinuierlichen Transformations-
gnippen, 2; über Fouriersche Reihen (mit Anwendungen auf
mathematische Physik), 2 g, —
Universität Halle.
Dom : Experimentalphysik I : Mechanik, Akustik, Wärme-
lehre, 4; Physikalisches Laboratorium: a) Übungspraktikum, 6;
b) Arbeiten von Geübten, tägl.; Undulationstheorie des Lichtes,
2 g, — Schmidt: Einleitung in die theoretische Physik, 4;
Elektrotechnik, 2 g. —
Volhard: Experimentalchemie I: Anorganische Chemie,
5; Praktische Übungen im chemischen Laboratorium (mit
Doebner und Vorländer), tägl. ausser Sonnabend; Übungen
im ExperimentalTortrag, ig, — Doebner: Organische Chemie
II, 4; Praktische Übungen im chemischen Laboratorium, für
Studierende der Medizin, 4; Über Alkaloide, i ^. — Vor-
länder: Besprechung neuerer chemischer Arbeiten, lg. —
Baumert: Chemie der Dünge- und Futtermittel, 2 ; Praktische
Übungen in der Untersuchung und Beurteilung von Nahrungs-
und Genussmitteln, tägl. ausser Sonnabend. — Roloff ; Elektro-
chemie, Theorie und Anwendungen in der Technik, 2. —
Köthner: Stöchiometrie, i. — Erdmann: Technische
Chemie der organischen Farbstoffe und ätherischen Öle, 2;
Praktische Übungen im Laboratorium für angewandte Chemie,
tägl. ausser Sonnabend; Praktikum zur Einführung in die
Farbenindustrie, 6. —
Cantor: Höhere Geometrie, 4; Zahlentheorie, 4 ; Übungen
des mathematischen Seminars, I4tägig, 2 g. — Wang^erin:
Integralrechnung mit Übungen, 5; Variationsrechnung, 2;
Hydrodynamik, 2; Übungen des mathematischen Seminars,
I4*ägig, 2 g. — Eberhard: Elemente der Funktionentheorie,
4, Übungen, lg. — Qrassmann: Analytische Geometrie
des Raumes, 2; Elemente der darstellenden Geometrie, 2,
Übungen, lg. — Buchholz: Die Grundlehren der theo-
retischen Astronomie (Mechanik des Himmels), 2. —
Technische Hochschule Hannover.
Dieterioi: Experimentalphysik: Mechanik, Wärme, Aku-
stik, Optik, 4; Arbeiten im Laboratorium der Physik (mit
P recht), 4. — Precht: Grundzüge der Physik, 3; Praktische
Physik, 2. — Kohlrausoh: Grundzüge der Elektrotechnik, 2;
Theoret. Elektrotechnik, 4; Entwerfen von Dynamomaschinen u.
Transformatoren (mit Winkelmann), Übungen, 2; Elektro-
technisches Laboratorium I (mit Beckmann, Winkelmann
und Schöppel), 8, II, ftir Maschineningenieure, 8. — Heim :
Elektrische Anlagen I (mit Winkelmann), 3, Übungen, 2;
Telegraphie und Telephonie, 2; Elektrische Kraftübertragung,
für Maschineningenieure, 2: Grundzüge der technischen Elek-
trolyse, 2; Elektrolytische Übungen, 4. — Beckmann: Prak-
tische Elektrotechnik für Anfänger II, i ; Elektrotechnische
Messkunde II, 2. — Thiermann : Das Schwingungsgalvano-
meter, I. — Franke: Elektrotechnisches KoUo(]uium, 14 tgg.,
2 g\ Elektrische Kraftübertragung, 2. — Fisoher: Allge-
meine mechanische Technologie (mit v. Ro essler), 4; Spe-
zielle Technologie I, einschliesslich Werkzeugmaschinenkunde
(mit V. Ro essler), 4, Übungen, 2. — Biehn: Hau- und
Theorie der Kraftmaschinen (mit Diedrich und Mees), 6,
Übungen, 8; Übungen im Entwerfen von Kraft- und Hebe-
maschinen (mit Diedrich und Mees), 4; Schiffbau, 3, übgn.,
4. — Frank: Maschinenorgane (mit Ryssel, Wegener
und Pilgram), 5, Übungen, 7; Eisenbahnmaschinenbau (mit
Ryssel und Pilgram), 3, Übungen, 3. — Frese: Ingenieur-
laboratorium I (mit Mestwerdt, Aschof, Ziegler und
Schür mann), i, Übungen, 4, II, i, Übungen, 4; Theore-
tische Maschinenlehre (mit Aschof), 4. — Troske: Grund-
züge des Maschinenbaues (mit Burkowitz), 3, Übungen, 4;
Regulatoren der Kraftmaschinen (mit Hu rkowitz), 2; Fabrik-
anlagen und Eisenbahnwerkstätten (mit Hurkowitz), 2. —
Klein: Allgemeine Maschinenlehre I (mit Hurkowitz und
Schmidt), 4; Grundzüge der Maschinenlehre (mit Burko-
witz), 3; Hebezeuge und Pumpen (mit Burkowitz und
Schmidt), 2. — Prandtl: Mechanik I, 3, Übungen, I, II,
4, Übungen, I; Statik der Baukonstniktionen, 3, Übungen, i.
— Mestwerdt: Heizung, Lüftung und Beleuchtung geschlos-
sener Räume, 3. — v. Roessler: Maschincnzeichncn (mit
Aschof, Burkowitz und Wegener), 4; Bautechnologie,
3; Spezielle Technologie II, 2; Fabrikationszweige der Textil-
industrie, 3; Technologisches Praktikum: Textilindustrie, 3. —
Seubert: Anorganische Chemie, 6; Arbeiten im I>abo-
ratorium der anorganischen Chemie (mit Eschweiler, Jänecke
und Klapproth), tägl. ausser Sonnabend. — Sachweiler.
Analytische Chemie, 2. — Behrend: Organische Chemie,
4; Arbeiten im Laboratorium der organischen Chemie (mit
Keiser), tägl. ausser Sonnabend. — Ost: Grundzüge der
chemischen Technologie, für Nicht fach Chemiker, 3; Chemische
Technologie I, für Chemiker, 4, Übungen, 2; Übungen in der
Elektroanalyse (mit Koech), 6; Arbeiten im Laboratorium
der technischen Chemie (mit Koech), tägl. ausser Sonnabend.
— Xjaves: Grundzüge der Xahrungsmittelchemie I, mit Demon-
strationen, 2 g. —
Kiepert: Differential- und Integralrechnung I, 5, Übgn.,
1, Repetition, i; Geometrie der I.<Age, 3 ; Ausgewählte Kapitel
der höheren Mathematik, mit Übungen, 3. — Runge: Diffe-
rential- und Integralrechnung II, 4, Übungen, i; Analytische
Geometrie der Ebene und des Raumes, 3, Übungen. — Hoden-
berg: Darstellende Geometrie (mit Peters, Fresenius und
Weber), 3, Übungen, 6; Darstellende Geometrie II (mit
Peters, Fresenius und Weber), 3, Übungen, 6. — Petsold:
Algebraische Analysis und Trigonometrie, 3; Übungen in der
Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Qua-
drate, I. — Reinhertz: Gnmdzüge der praktischen Geometrie
(mit Petzold), 2; Geodäsie I (mit Petzold), 4, Übungen,
2, n, 2, Übungen; Höhere Geodäsie, 2. —
Universität Heidelberg.
Quincke: Experimentalphysik: Allgemeine Physik,
Wärme, Akustik, 5 ; Praktische Übungen und Anleitung zu
wissenschaftlichen Untersuchungen im physikalischen Labora-
torium, tägl. ausser Sonnabend; Physikalisches Praktikum, 4.
— Pookels: Wärmetheorie, 3 , Übungen, i ; Kinetische Gas-
theorie, I. — Weber: Die physikalischen Messmethoden, 2;
Wissenschaftlich-photographische Übungen, 2. —
Curtius: Allgemeine Chemie I: Anorganische Experi-
mentalchemie, 6; Praktische Übungen und Anleitung zu wissen-
schaftlichen Untersuchungen im akademischen Laboratorium,
tägl. ausser Sonnabend. — Brühl: Organische Chemie, 3;
Praktische Übungen im chemischen Laboratorium, tägl. ausser
Sonnabend. — Jannasch: Gewichtsanalyse, 2; Chemische
Untersuchung der Xahrungs- und Genussmittcl, i ; Gasana-
lytisches Praktikum, 3; Analytisches Praktikum zur Unter-
suchung der Nahrungs- und Genussmittel, 4 — 12. — Knoeve-
nagel: Chemie der Benzolderivate, 3; Chemie und Techno-
logie der Teerfarbstoffe, 2. — Bredig: Chemische Gleich-
gewichtslehre, 2 ; Einführung in die physikalische Chemie für
Chemiker, Pharmazeuten und Mediziner, i. — Krafft: Orga-
nische Chemie, 3; Praktisch-chemische Übungen und Arbeiten
im Laboratium, tägl. ausser Sonnabend. — Dittrich; Ein-
führung in das chemische Praktikum und qualitative Analyse-
2; Chemisches Praktikum, tägl. ausser Sonnabend, a) ganz,
tägig, b) halbtägig (für Anfanger und Mediziner); Ferienkurse:
a) Chemisches Praktikum, ganztägig, vierwöchentlich, b) Prak-
tikum der Chemie fiir Mediziner, dreiwöchentlich. — Stolle:
Pharmazeutische Chemie II: OrganischeJ Teil, 3; Analytische
Methoden der organischen Chemie, i. — Klages: Hydro-
aromatische Verbindungen (einschliesslich der Kampher und
Terpene), i. — Mohr: Stereochemie, i. —
Koenigsberger: Höhere Algebra: Theorie der algebra-
ischen Gleichungen, 4; Elemente der Theorie der Differential-
gleichungen, 2; Variationsrechnung, i; Elemente der Zahlen-
theorie, I ; Mathematisches Unter- und Oberseminar, 2. —
Cantor: Differential- und Integralrechnung, 4, Übungen, i g\
Politische Arithmetik, 2. — ISisenlohr: Pheorctische Optik,
4; Differential- und Integralrechnung, 5; Über das Potential,
2. — Koehler: Synthetische Geometrie des Raumes, 3. —
Iiandsberg^: Darstellende Geometrie (mit Übungen), 4;
Funktionentheorie, 3. — Boehm: Theorie der partiellen
Differentialgleichungen, i ; Vektoranalysis (mit Anwendungen
auf Geometrie und Physik), i ; Lektüre und Besprechung der
Abhandlung über Dynamik von d'Alembcrt (Ostw. Klass.
Nr. 106), I. — Valentiner: Theorie der Bahnbestimmung
der Planeten und Kometen, 3: Ausgewählte Kapitel aus der
Stellarastronomie, i. — Wolf: Theorie und Geschichte der
594
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Spektralanalyse, 2 g,\ Praktische Übungen auf dem Obser-
vatorium, g, —
Universität Jena.
Win keim ann; Experimentalphysik 11 : Akustik, Wärme,
Magnetismus, Elektrizität, 5; Physikalisches Praktikum: a) fiir
Physiker, 6, b) fiir Chemiker, 4; Physikalische Spe^ialunte^•
suchungen, tägl; Repetitorium der Physik für Mediziner und
Pharmazeuten, i g. — Abbe: Wird nicht lesen. — Auer-
bach: Einleitung in die theoretische Physik, 3; Mechanische
Wärmetheorie, 2; Die wissenschaftlichen Grundlagen der Musik,
1. — Straubel: Krystallphysik, 2. — Bau: Technische
Mechanik 1, einschliesslich graphische Statik, Elastizität und
Festigkeit, 4, Übungen, g. —
Knorr: Allgemeine Experimentalchemie II: Organische
Chemie, 5; Chemisches Praktikum (mit Wol ff), tägl., für
Mediziner, 3; Anleitung zu wissenschaftlichen Arbeiten (mit
Duden und Rabe), tägl., g. — Wolff: Analytische Chemie,
3 ; Elektrolyse und elektrolytisches Praktikum, 2. — Duden :
Fortschritte der anorganischen Chemie, 2. — Immendorff:
Anorganische und organische Chemie für Landwirte, 5 ; Agri-
kulturchemisches Seminar, I4tägig, i*') g.\ Grosses und
kleines chemisches Praktikum für Landwirte (mit Le mm er-
mann). — Vongerichten: Die Anwendung der Chemie in
der Industrie, 2; Praktische Kurse: a) Darstellung und Prüfung
der Farbstoffe, b) Bearbeitung spezieller technischer Aufgaben.
— Qaenge: Gerichtliche Chemie, i; Praktische Übungen in
der Verwendung optischer Instrumente zu chemischen Unter-
suchungen, 2 ; Arzneimittellehre fiir Studierende der Zahnheil-
kunde, 2. — Matthes: Untersuchung der Nahrungs- und
Genussmittel, Vollpraktikum, tägl. ausser Sonnabend; Chemie
der Nahrungs- und Genussmittel, l ; Darstellung und Unter-
suchung chemisch-pharmazeutischer Präparate, Ausmittelung
der Gifte, Halbpraktikum fiir Phatmazeuten, tägl. ausser Sonn-
abend; Pharmazeutische Chemie II: Organische Chemie, 2. —
Thomae : Anwendung der Infinitesimalrechnung auf Geo-
metrie, 4; Bestimmte Integrale und Fouriersche Reihen, 4;
Mathematisches Seminar, 2 g. — Gutzmer: Anal3rtische Geo-
metrie des Raumes, 4; Analytische Mechanik, 4; Mathematisches
Seminar (Mechanik), ig. — Frege : Differential- und Integral-
rechnung mit Übungen II, 5. — Knopf: Bestimmung der
Bahnen der Himmelskörper, 3; Interpolationsrechnung und
mechanische Quadratur, i. —
Universität Innsbruck.
Sxner: Mathematische Physik : Magnetismus, Elektrizität,
Thermodynamik, 5; Seminar für mathematische Physik, i g.
— Czermak: Experimentalphysik: Mechanik, Wärme, Mag-
netismus und Elektrizität, 5; Praktische Übungen für Medi-
ziner, 2 g.^ für Vorgeschrittene, tägl. g. — Badakovic :
Elastizität und Festigkeit, 2; Praktische Übungen im Labora-
torium für Anfanger, 6. — Tolllnger: Instrumente und Pe-
obachtungsmethoden der meteorologischen Beobachtungs-
stationen, 2. — Hammerl: Elektrische Energieverteilung:
Licht und Kraft, 2. — Trabert: Einleitung in die Meteoro-
logie, 2; Die Wärmeverhällnisse der Erde und ihre Verän-
derungen (mit höherer Rechnung), 2; Die Bewegungserschei-
nungen der Atmosphäre, insbesondere die Stürme, i. —
Senhofer: Allgemeine Chemie fiir Lehramtskandidaten
und Mediziner I: Anorganische Chemie, 5; Methoden der
analytischen Chemie, 2 g. ; Praktische Übungen im chemischen
Laboratorium, tägl.; Praktische Anleitung zu analytisch-che-
mischen Untersuchungen für Mediziner, zweimal halbtägig, g.
— Hopfgarlner: Chemie einiger wichtiger Metalle, l. —
Zehenter : Chemische Technologie (anorganische Stoffe), 2. —
Otto Stolz: Theorie der Doppelintegrale, 2; Elemente
der Variationsrechnung, i ; Übungen zu beiden, i ; Theorie
der Funktionen von komplexen Veränderlichen nach Cauchy
und Weicrstrass, mit Übungen, 3. — Wirtinger: Höhere
Algebra, 3; Abelsche Funktionen, 2; Mathematisches Seminar,
2 g. — Zindler: Aialy tische Geometrie der Ebene und des
Raumes, 5; Mathematisches Seminar, I g. — v. Oppolzer:
Astnjmetrische und astrophysikalische Übungen, 4; Mechanik
eines starren Systems, l. —
Technische Hochschule Karlsruhe.
Lehmann: Experimentalphysik, 4; Phj'sikalisches Semi-
nar (mit Sievekingj, i; Physikalisches Repetitorium (mit
Sieveking), i; Physikalisches Laboratorium, 6; Molekular-
physik, I. — Arnold: Gleichstromtechnik, 2 ; Wechselstrom-
technik, 4; Übungen im Konstruieren elektrischer Maschinen
und Apparate, 4: Elektrotechnisches Laboratorium I (mit
Schleiermacher und Teichmüller), 6, II, 8. — Mei-
dinger: Heizung und Ventilation der Wohnräume, mit Ex-
kursionen, 2; Dynamomaschinen mit Rücksicht auf ihre Ver-
wendung, I. — Schlei ermaoh er: Grundlagen der Elektro-
technik und Messkunde, 2; Theoretische Elektrizitätslehre, 3;
Elementarmechanik, 2. — Teichmüller : Elektrotechnische
Messungen (magnetische Messungen, Messungen an Leitungen,
Elektrizitätszähler), 2 ; Elektrische Leitungen, 2; Entwerfen von
Leitungsanlagen, Übungen, 2. — Bragstad : Elektrische Bahnen,
2. — Seltsam: Telegraphie und Femsprechwesen, 2. —
Benoit: Pumpen und Gebläse, 2; Eisenbahnmaschinenwesen,
3; Entwerfen von Hebemaschinen, fUr Studierende des Maschinen-
wesens, 6, der Elektrotechnik, 3 ; Entwerfen von Hebemaschinen,
Pumpen etc., fiir Studierende des Maschinenwesens, 6, der
Elektrotechnik, 3; Maschinenzeichnen, Übungen, 2. — Brauer:
Theoretische Maschinenlehre : Theorie derTurbinen,Mechanische
Wärmetheorie, Getriebelehre, 6, Übungen, 3 ; Festigkeitslehre,
2; Untersuchungen an Dampfmaschinen, Dampfkesseln, Gas-
kraftmaschinen, Wasserkraftmaschinen und Arbeitsmaschinen.
Materialprüfungen auf Elastizität und Festigkeit. Hydraulische
Versuche. 3. — Grassmann: Dampfmaschinen und Kessel
1, 2, II, 2; Entwerfen von Dampfmaschinen und Kesseln, 6.
— Keller: Maschinenelemente, 4; Maschinenkonstruktionen
(Triebwerke etc ) für Studierende des Maschinenwesens, 8, der
Elektrotechnik, 6, des Ingenieurwesens (Triebwerke, Hebe-
zeuge etc.), 4: Bau der hydraulischen Motoren (Konstruktions-
details fiir Wasserkraftanlagen und -Maschinen), 2. — Ijindner :
Maschinenkunde, 3; Maschinenfabrikation, 2; Mechanische
Technologie, 2 ; Technisches Zeichnen fiir Chemiker, Übungen,
2; Technologische Exkursionen. — Bergmann: Doppelte
Buchführung fiir technische Anlagen, i. —
Bunte: Chemische Technologie I: Gärungsgewerbe,
Zuckerfabrikation, Brennerei, Brauerei etc., 2, II: Wasser, Be-
leuchtungstechnik, 2 ; Metallurgie, l ; Industrielle Feuerungen,
i; Übungen in der technischen Analyse (mit Eitner), für
Chemiker, 4, für Maschineningenieure, 3 ; Arbeiten im chemisch-
technischen Laboratorium, 5 Tage; Übungen in der technischen
Analyse für Vorgerücktere, tägl. ; Technologische Exkursionen.
— Engler: Anorganische Experimentalchemie, 4; Chemisches
Kolloquium, I ; Theoretische Chemie, I ; Chemisches Labora-
torium, 5 Tage. — IjeBlano: Überblick über die theoretische
und technische Elektrochemie, 2: Physikalische Chemie I:
Stöchiometrie, 2; Physikalisch-chemisches und elektrochemi-
sches Laboratorium, 5 Tage. — Dieckhoff: Pharmazeutische
Chemie, 2; Gerichtliche Chemie, i; Analytische Chemie, i.
— Eitner: Methoden der technischen Analyse, 2. — Haber:
Chemische Technologie der Faserstoffe I: Faserstoffe, Teer-
farbenfabrikation, 2; Chemie der Gase, 2; Gaschemische (Zun-
gen (mit Bunte), 2; Ausgewählte Kapitel der chemischen
Technologie vom Standpunkte der physikalischen Chemie, 2,
— EZast: Industrie der Fette und Harze einschliesslich Petro-
leumindustrie, 2. — Rupp: Chemische und mikroskopische
rntersuchung der Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände,
Übungen, 2. — SohoU: Chemie der Benzolderivate I und 11,
2. — Wöbler: Analytische Chemie II, 2. —
Hausen er: Elementare und analytische Geometrie der
Ebene und des Raumes, 2, Übungen, i ; Arithmetik und Al-
gebra, 2, Übungen, i. — Heun: Theoretische Mechanik I
und II, 4, Übungen, 2; Behandlung von Problemen der theo-
retischen Mechanik, 2. — N". U.: Höhere Mathematik I, 6,
Übungen, 2. — Schur: Darstellende Geometrie I und II, 4,
ibungen, 4; Graphische Statik, 2, Übungen, 2. — Wede-
kind: Höhere Mathematik II, 3. — Dlsteli: Projektions-
lehre mit Übungen, 2; Elemente der höheren Mathematik mit
Übungen, i. — Haid: Praktische Geometrie, 3; Höhere Geo-
däsie, 3; Geodätisches Praktikum I, für Ingenieure, Forst-
studierende und Geometer, 2, III, ftlr Geometer, 3; Methode
der kleinsten Quadrate, 2. —
Universität Kiel.
Weber: Einleitung in die theoretische Physik, 4; Physi-
kalische Masseinheiten, i g.\ Ausgewählte physikalische Mes-
sungen und Untersuchungen, tägl. ausser Sonnabend; Physi-
kalisches Kollocjuium, 2. — Iienard: Experimentalphysik:
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
595
Allgemeine Physik, Akustik, Wärmelehre, 4; Physikalisches
Praktikum für Anfänger, zugleich fiir Chemiker, Mediziner,
Pharmazeuten, 7; Physikalische Untersuchungen Fortge-
schrittener, tägl. ausser Sonnabend ; Besprechung physikalischer
Fragen, i g, —
Olaisen: Organische Experimentalchemie, 4 ; Chemisches
Praktikum I, in der anorganischen Abteilung (mit Biltz)
a) halbtägig, b) ganztägig, tägl. ausser Sonnabend, II, in der
organischen Abteilung, nur ganztägig, tägl. — Rügheimer:
Über die Alkaloide und deren Ermittelung bei Vergiftungs-
fällen, I ; Über pharmazeutisch wichtige Alkaloide, zur Er-
gänzung der vorhergehenden Vorlesung, I4tägig, i g.\ Ober
chemische Dynamik, 2. — Biltz: Chemie der Metalle (Fort-
setzung des Kollegs über anorganische Experimentalchemie), 3;
Physikalische Chemie der Aggregatzustände, 2. — XSmmer-
ling: Agrikulturchemie (praktischer Teil), lg. — Berend:
Über die Synthesen der organischen Chemie, 2. — Stoehr:
Ausgewählte Kapitel der organischen Chemie, i. — FeiBt:
Chemie der Benzolderivate, 2; Besprechung neuerer Arbeiten
auf dem Gebiete der organischen Chemie (4. Serie), Htägig, g, —
Pochhammer : Elemente der Zahlentheorie, 3 ; Einleitung
in die Funktionentheorie, 3; Übungen im mathematischen
Seminar, lg, — Harzer: Mechanik des Himmels (Schluss). 3;
Übungen im numerischen Rechnen, i g\ Übungen an den In-
strumenten der Sternwarte, g, — Btäokel: Integralrechnung,
3; Differentialgeometrie krummer Flächen, 3; Natürliche Geo-
metrie der Kurven, i g.\ Übungen im mathematischen Seminar,
lg. — Kreutz : Theorie der speziellen Störungen, 2 ; Astro-
nomische Übungen, i ^. — Weinnoldt: Darstellende Geo-
metrie, Parallelprojektion und Perspektive, 4. —
Universität Königsberg.
Pape: Experimentalphysik II: Elektrizität und Magnetis-
mus, Akustik, Optik, 5; Physikalisches Praktikum; Dioptrik,
lg. — Volkmann: Theorie der Wärme, 4; Physikalisch-
praktische Übungen, für Anfänger und Vorgerückte, 6; Phy-
sikalisch-theoretische ÜDungen im mathematisch-physikalischen
Seminar, lg. — Cohn: Potentialtheorie, 3; Ausgewählte
Kapitel der Geodäsie, 2 g. —
liOBSen: Anorganische Experimentalchemie, 6; Chemisches
Praktikum, tägl.; Kleines chemisches Praktikum; Ausgewählte
Kapitel der theoretischen Chemie, lg. — Klinger: An-
organische Chemie, 4; Darstellung und Prüfung offizineller
Arzneimittel, 2 ; Übungen im Laboratorium, tägl. ausser Sonn-
abend ; Besprechung neuerer chemischer Arbeiten (mit Kippen-
berger), lg. — Stutzer: Die Chemie der tierischen Er-
nährung, 4; Grosses chemisches Praktikum, tägl.; Kleines
chemisches Praktikum, lo; Seminaristische Übungen aus dem
Gebiete der Agrikulturchemie,^. — Bloohmann: Technische
Chemie I: Metallurgie, 2; Über die fiir analytische Unter-
suchungen, sowie für die chemisch-technischen Betriebe be-
stehenden Vereinbarungen und gesetzlichen Bestimmungen, i g.
— Kippenberger: Ausgewählte Kapitel der Chemie, 2; Tech-
nik der elektrochemischen Betriebsanlagen, lg. — Xiöwen-
herz: Einleitung in die organische Chemie, i; Die Grund-
lebren der physikalischen Chemie für Mediziner und Chemiker,
I g\ Repetitorium der Physik fürMediziner und Chemiker, ig. —
Struve: Einleitung in die Himmelsmechanik, 3 ; Stönmgs-
theorie für Fortgeschrittene, g.\ Übungen im Beobachten und
Rechnen, zweimal, g. — Meyer; Integralrechnung, 4, Übun-
gen, I g.\ Anwendungen der Differentialrechnung auf Geo-
metrie (Differentialgeometrie), 4, Übungen, lg, — Schoen-
flies: Anwendungen der elliptischen Funktionen auf Geo-
metrie, Mechanik und mathematische Physik, 4; Übungen im
mathematischen Seminar, 2 g. — Saalsohütz : Einleitung in
die algebraische Analysis, 4, Übungen, i g.\ Theorie der Fouricr-
sehen Reihen, 2 g. — Vahlen: Invariantentheorie, 3; Theorie
der geometrischen Konstruktionen (Schluss), lg. —
Universität Lausanne.
Henri Dufour : Experimentalphysik : Wärmelehre, Akus-
tik, geometr. Optik, 5 ; Landwirtschaftliche Meteorologie, 2 g. ;
Praktische Arbeiten im Laboratorium für Anfanger, i Nach-
mittag; Ausgewählte Kapitel der Physik, 3. — Mayor: Me-
chanik, 5, Übungen, l ; Mathematische Physik, 2 ; Graphische
Statik I, 2. — Palaz: Elektrotechnik I: Theoretischer Teil,
3, II: Verteilung der elektrischen Energie, 3, Übungen; Elek-
trische Installationen, 2; Elektromechanische Konstruktionen,
2; Arbeiten im Laboratorium für Elektrotechniker. — Qaillard:
Elektromechanische Konstruktionen, 2. — Mercanton: Aus-
gewählte Kapitel der theoretischen und experimentellen Physik,
l; Elektrische Messungen I, i, III, i. — Bonard: Die Phy-
sik der krystallisierten Materie, l. — P. Dutolt: Physikalische
Chemie, 2, Übungen, 4; Theoretische Elektrochemie, 2; An-
gewandte Elektrochemie, 2; Arbeiten im Laboratorium, tägl.
— Reise: Theoretische Photographie und Praktikum, 2. —
Brunner: Anorganische Chemie, 5; Toxikologie, i;
Aromatische Reihe (Fortsetzung), i g.\ Arbeiten im Labora-
torium, tägl. ausser Sonnabend; Pharmazeutische Chemie, 2.
— Chuard: Volumetrische Analyse, i; Ausgewählte Ka|iitel
der landwirtschaftlichen Chemie, 2; Spezielle Chenüe (Ein-
führung in die technische Chemie), 2. — Brdlaz: Technische
Analyse, i; Technische Chemie II: Spezieller Kurs, 2. —
Pelet: Technische Chemie, Herstellung der chemischen Pro-
dukte I, 2; Die Farbstoffe I, 2; Parfümerien und synthetische
Arzneimittel, 2; Laboratorium der industriellen Chemie, 4 Nach-
mittage. — Bourget: Physiologische Chemie mit Übungen,
I Nachmittag. —
Amstein: Differential- und Integralrechnung I, 6, Übun-
gen, 2, 11,2, Übungen, 2; Funktionentheorie, 3; FUemente der
Differential- und Integralrechnung (fiir die Studierenden der
Physik und Naturwissenschaften), 3. — Joly: Beschreibende
Geometrie I, 5, Übungen, 1 Nachmittag; Analytische Geo-
metrie, 2 ; Geometrie der Lage, 2 ; Flächenkurven, 2. — Mail-
lard: Astronomie: Sphärische Trigonometrie, sphärische Astro-
nomie etc., 3; Mathematische Entwicklung der Elemente der
himmlischen Mechanik, i. —
Universität Leipzig.
Wiener: Experimentalphysik II: Licht, Magnetismus,
Elektrizität, 5; Selbständige physikalische Arbeiten für Vor-
geschrittene, tägl.; Physikalisches Praktikum, 9; Physikalisches
Kolloquium, 2g. — v. Oettingen : Meteorologie, ig. —
Wislioenus; Organische Experimentalchemie, 5; Aus-
gewählte Kapitel aus der Chemie der Metalle, iV'2 S'^ Chemi-
sches Vollpraktikum, für Analytiker, tägl., für Vorgerücktere
(mit Stobbe und Rassow), tägl.; Chemisches Halbpraktikum,
tägl. ausser Sonnabend. — Ostwald; Elemente der allge-
meinen und physikalischen Chemie, 3 ; Chemisches Praktikum,
tägl.; Physik alisch-chemisi;hes Praktikum, tägl.; Besprechung
wissenschaftlicher Arbeiten, lg. — Beckmann; Anorganische
Chemie mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendung, 5 ;
Besprechung pharmazeutisch-chemischer Präparate (organischer
Teil), 2 g.\ Chemisches Praktikum, tägl.; Arbeiten auf dem
Gebiete der Nahrungsmittelchemie, tägl.; Pharmazeutisch-toxi-
kologisches Praktikum, halbtägig; Chemisches Praktikum für
Mediziner. — Stobbe: Organische Experimentalchemie III:
Die heterozyklischen Verbindungen, 2; Chemie der Kohlen-
stoffringe (Verbindungen mit kondensierten Benzolkemen, Poly-
methylene und hydroaromatische Substanzen), i. — Wagner:
Einführung in die Analyse, i; Chemisches Praktikum für
Lehrer (Analyse und Schulversuche), tägl. — Rassow: Che-
mische Technologie, organische Betriebe (Cellulose, landwirt-
schaftliche Gewerbe, Fette, natürliche Farbstoffe), mit Exkur-
sionen, 2 ; Chemische Technologie der Teerfarbstoffe, 2. —
liUther: Besprechung neuerer Arbeiten aus dem Gebiete der
anorganischen Chemie, 2, Seminar, i g, — Bodenstein : An-
gewandte Elektrochemie, 2. — Henze: Ausgewählte Kapitel
der organischen Chemie, 2. — Reinisch: Lötrohrübungen
((jualitativ), 2. — Rothmund: Wird später ankündigen. —
Neumann: Differential^ und Integralrechnung, 4; Mathe-
matisches Seminar, 2 g. — Bruns : Wahrscheinlichkeitsrech-
nung und Kollektivmasslehre, 4 ; Mechanik des Himmels, 2 ;
Praktische Übungen in der Sternwarte (mit Peter), g. —
Mayer: Variationsrechnung, 4. — Holder: Elliptische Funk-
tionen, 4 ; Partielle Differentialgleichungen, 2 ; Mathematisches
Seminar, i ^> — Bngel: Determinanten und algebraische
Gleichungen, 4, Übungen, i g.\ Theorie der Transformations-
gruppen (Fortsetzimg), 2, Übungen, i ^. — Peter: Astrono-
mische Ortsbestimmungen, i ; Übungen im Berechnen von Ephe-
meriden und Bahnen, I. — Hau8dor£f: Analytische Mechanik,
3, Übungen, i ^. — Xiiebmann: Analytische Geometrie des
Raumes, 2 ; Theorie der bestimmten Integrale, 2 ; Darstellende
Geometrie, 2, Übungen, lg, —
596
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
Universität Marburg.
Richars: Experimentalphysik: Lehre von der Wärme,
dem Magnetismus und der Elektrizität, 5 i Physikalisches Prak-
tikum (mit Feussner), 6; Leitung selbständiger Untersuchun-
gen, tägl.; Physikalisches Kolloquium (mit Feussner), 2 g.
— Feussner: Die Lehre von der Wärme, besonders mecha-
nische Wärmetheorie, 4. —
Zincke: Allgemeine Chemie II: Organische Chemie ßr
Chemiker und Mediziner, 5; Repetitorium über anorganische
Chemie f\ir Mediziner, I ; Praktische Übungen in der allge-
meinen und analytischen Chemie, sowie selbständige chemische
Arbeiten (mit Schenck), tägl; Praktisch-chemischer Kursus
für Mediziner (mit Schenck), 4, — B, Schmidt: Organische
Chemie mit besonderer Berücksichtigung der Pharmazie und
Medizin, 6; Über Prüfung der Arzneimittel, i; Praktische
Übungen in der analytischen und forensischen Chemie, sowie
in der Untersuchung der Nahrungs- und Genussmittel, tägl.
— Schaum: Physikalische Chemie, 3; Mathematische Er-
gänzungen zur physikalischen Chemie, i g.; Interferenz und
Polarisation, i. — Fittlca: Analytische Chemie, 4; Altere
Geschichte der Chemie, i. — N". W. : Chemie der mensch-
lichen Nahrungs- und Genussmittel, 2; Ausmittelung der Gifte,
1 ^. — Schenck: Spezielle anorganische Chemie, 3; Elektro-
chemisches Praktikum, 3. — Beissert: Chemie der Benzol-
derivate, 2. —
Schottky: Algebraische Analysis, 3; Elliptische Funk-
tionen, 4 ; Mathematisches Seminar, 2 g, — Hess : Integral-
rechnung, 5; Sphärische Trigonometrie und deren Anwen-
dungen, 2 ; Übungen des mathematischen Seminars : a) für An-
fänger, lV2> l>) ^ Vorgeschrittene, 172» — v. Dalwig^k:
Analytische Geometrie des Raumes (besonders Flächen zweiten
Grades), 4 ; Analytische und graphische Statik mit Übungen, 2 ;
Höhere Kapitel aus der analytischen Geometrie, lg. — Jung:
Algebra, 4; Differential- und Integralrechnung im Anschluss
an Nemsts Differentialrechnung (filr Chemiker), 4, —
Universität München.
Röntgen: Experimentalphysik I, 5; Praktische Übungen
im Laboratorium (mit Graetz und Zehn der), 4; Anleitung
zu selbständigen Arbeiten, tägl.; Physikalisches Kolloquium,
2 g. — Qraetz: Analytische Mechanik, 5; Elektronentheorie,
I. — Zehnder: Über Kathodenstrahlen, X-Strahlen und ver-
wandte Strahlen, mit Demonstrationen, i. — Donle: Ein-
führung in die elektromagnetische Theorie des Lichtes, 2. —
£rk: Allgemeine Meteorologie und Klimatologie, unter be-
sonderer Berücksichtigung der Forst- und Landwirte, 4; An-
leitung zu selbständigen Arbeiten auf dem Gebiete der Meteoro-
logie, tägl. g. —
V. Baeyer : Unorganische Experimentalchemie, 5 ; Prak-
tische Übungen im chemischen Laboratorium (mit K. Hof-
mann und Piloty in der unorganischen, mit Königs und
Willstätter in der organischen Abteilung), tägl. ausser Sonn-
abend. — Hilger: Pharmazeutische Chemie I, 4; Die wissen-
schaftlichen Grundlagen der Nahrungsmittelchemie: Gärungs-
erscheinungen, Gärungsgewerbe, Milch- und Molkereiprodukte,
2 g. ; Grundzflgc der physiologischen Chemie, i g. ; Chemisches
Praktikum: Arbeiten auf dem Gesamtgebiete der angewandten
Chemie, speziell der Nahrungsmittel, physiologische Chemie
und elektrochemische Arbeiten (mit Weinland), halb- und
ganztägig. — Königs: Alkaloide, Jg. — K. Hofmann:
Spezielle unorganische Experimentalchemie: Metalloide und
Schwermetalle, 3 ; Praktikum fUr Gasanalyse, 4 ; Praktikum für
Spektralanalyse, 2. — Piloty ; Analytische Chemie (qualitative
und quantitative Gewichtsanalyse), 3; Elektrolytisches Prak-
tikum, ganztägig. — Willstätter: Benzolderivate, 4; Kon-
versatorium über organische Chemie, i. — Dieckmann:
Chemie der Fettreihe, 2. — H. Weinland: Prüfung und
Wertbestimraung der Arzneimittel nach dem deutschen Arznei-
buch 2. (organischer) Teil, lg. —
Q.Bauer: Vorlesung noch unbestimmt; Mathematisches
Seminar, 2 g. — P. Lindemann : Theorie der Funktionen
einer komplexen Variabein, 4; Anwendungen der Infinitesimal-
rechnung auf die Theorie der Kurven und Flächen im Räume, 4;
Über das Problem der Quadratur des Kreises, 2; Mathematisches
Seminar, iV2^- — Pringshelm: Differentialrechnung, 5;
Zahlentheorie, 3. — Brunn: Einleitimg in die mathematische
Auffassung der Natunvisseuschaften nebst Elementen der me-
chanischen Wärmetheorie, (Ür Chemiker, 4; Probleme der
Analysis situs, 2. — Döhlemsnn: Darstellende Geometrie I,
4, Übungen, 3; Die Transformation durch reziproke Radien
und deren Anwendungen, 2 ; Kinematik (Geometrie der Bewe-
&*"^ß)» I ^' — ^^- V- Weber: Analytische Geometrie der
Ebene, mit Übungen, 5; Differentialgleichungen, 4. — Korn:
Mathematische Vorkenntnisse zum Studium der theoretischen
Physik, 5 ; Das Problem der Eigenschwingungen kompressibler
Systeme, 2^. — Qottler: Algebraische Analysis, 4. — Seeli-
ger: Die Grundlehren der Astronomie in elementarer Dar-
stellung, 4; Astronomisches Kolloquium, ^. — Anding; Bahn-
bestimmung der Planeten und Kometen, 4; Wahrscheinlichkeits-
rechnung und Methode der kleinsten Quadrate, 2. —
Technische Hochschule München.
Ebert: Experimentalphysik: Mechanik, Wärmelehre, Rei-
bungs-, Berührungs- und Thermoelektrizität, 6; Physikalisches
Praktikum, 4 oder 8; Anleitung zu wissenschaftlichen Unter-
suchungen auf dem Gebiete der Physik, 48. — Ejioblauoh:
Technisch-physikalisches Praktikum, 4; Anleitung zur Aus-
führung wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiete der tech-
nischen Physik, 48; Anwendungen der Thermodynamik auf
physikalisch-chemische Erscheinungen, 2. — Fischer: Mecha-
nische Wärmetheorie, 2, Übungen, i. — Schröter: Mecha-
nische Wärnietheorie (Technische Thermodynamik), 2, Übgn., i;
Theoretische Maschinenlehre I, 3, 11,2, Übungen, 2. — Bmden:
Grundzüge der Theorie der Fourier sehen Reihen, Kugelfunk-
tionen und Cylinderfiinktionen und Anwendung derselben auf
physikalische Probleme, 3; Übungen in der Anwendung der
harmonischen Funktionen auf physikalische Probleme, i. —
!Eidelmann: Photographie mit besonderer Berücksichtigung
der Lichtpause- und Vervielfältigungsprozesse, i. — Voit:
Angewandte Physik: Heizung, Ventilation, Akustik der Ge-
bäude, Blitzableiter, 3; Elektrotechnik für Maschineningenieure
und Chemiker, 2; Beleuchtungstechnik und Konstruktion der
Bogenlampen, 2 ; Telegraphie und Telephonie, 2. — Heinke :
Grundzüge der Elektrotechnik, 2 ; Elektrotechnische Messkunde,
2; Elektrotechnisches Praktikum I: Messtechnik und Photo-
metrie, 8, für Vorgeschrittene, 20 bis 32; Elektrische Arbeits
Übertragung und Centralanlagen, 2. — Qleiolunann: Elek-
trische Schalt- und Regulierapparate, i ; Elektrische Bahnen,
2. — Ossanna: Elektrotechnisches Praktikum II: Mes
sungen an Maschinen, Gleichrichtern und Transformatoren,
8; Theorie und Konstruktion der elektrischen Maschinen
I: Gleichstrommaschinen und Umformer, 3, III: Transforma-
toren und Asynchronmotoren, 3; Entwerfen von elektrischen
Maschinen, 4. — v. Lossow: Konstruktionslehre der Ma-
schinenteile I, 6; Entwerfen von Maschinenteilen I, für Ma-
schineningenieure, 8, für Elektroingenieure, 6; Dampfkessel
und deren Feuerungen, 2. — UltSCh: Konstruktionslehre der
Arbeitsmaschinen I, 2, II, 2; Entwerfen von Arbeltsmaschinen
I, 6; Elementare Mechanik als Einleitung in die allgemeine
Maschinenlehre, 2; Allgemeine Maschinenlehre a) Maschinen-
teile, b) Arbeitsmaschinen I, 3. — Camerer: Wasserkraft-
maschinen, 6. — Liynen: Entwerfen von Dampfmaschinen,
8; Konstruktionslehre der Eisenbahnmaschinen, 4. — v. Xiinde:
Theorie der Kältemaschinen, 2. — V. Hoyer: Mechanische
Technologie I, 6. —
Mathmann: Unorganische Experimentalchemie einschl.
der Grundzüge der physikalischen Chemie, 6; Chemisches
Praktikum im analytischen und elektrochemischen Laborato-
rium, 10 bis 30; Spezielle Arbeiten auf dem Gebiete der
unorganischen Chemie und der Elektrochemie, 30. — BchultB:
Chemisches Praktikum im organischen Laboratorium, 20 bis
30; Chemische Technologie I, 2, II, 4; Praktikum im chemisch-
technischen I^aboratorium, 20 bis 30. — SSibner: Chemie der
Benzolderivate I, 2. — Rohde: Ausgewählte Kapitel aus der
organischen Chemie mit Berücksichtigung der Tageslitteratur,
I. — Ijipp: Analytische Chemie der Metalle und Metalloide
nebst Gewichts- imd Massanalyse II, 2; Brennmaterialien und
Feuerungsanlagen mit Einschluss der technischen Gasanalyse
I, 2. — Hofer: Theoretische Elektrochemie, 2. — Baur:
Chemische Kosraographie, i. — Xiintner: Chemische Tech-
nologie des Wassers und der Kohlenhydrate I, 3; Gärungs-
chemisches Praktikum, 30; Technologie imd Warenkunde II,
für Zolldienstaspiranten, 4. —
V. Braunmühl: Algebraische Analysb und Trigono-
metrie, 4, Übungen, i ; Projektivischc Geometrie in synthe-
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
597
tischer Behandlung, 4, Übungen, i ; Mathematisch-historisches
Seminar, 2. — Finsterwalder: Höhere Mathematik I, 6,
Übungen, 3; Theorie der optischen Instrumente, 2. — V. Dyok:
Höhere Mathematik III, 5, Übungen, 3; Mathematisches Seminar
(Kolloquium), (mit Finsterwalder), 2; Einleitung in die
analytische Mechanik, 4. — Anding: Wahrscheinlichkeits-
rechnung und Methode der kleinsten Quadrate, 2. — Bur-
mester: Darstellende Geometrie, 4, Übungen, 4. — Schmidt:
Vermessungskunde I, 4, Praktikum I, 2 oder 4; Höhere Geo-
däsie und Ausgleichungsrechnung, 4; Katastermessungen, 3,
Praktikum lll, 8; Kartierungsfibungen, 4. — Bisohoff: Aus-
gleichungsrechnung (Praktikum), i ; Mechanisches und gra-
phi.sches Rechnen, i. — QUnther: Methodik der mathema-
tischen Geographie, i. — Foppl: Technische Mechanik
einschliesslich der Elemente der graphischen Statik und der
analytischen Mechanik II: Graphische Statik, 3, III: Festig-
keitslehre, 4, Übungen, 2. — Kutta: Einleitung in die Elasti-
zitätstheorie und Hydrodynamik, 3. —
Universität Münster.
Hittorf: Liest nicht. — Heydweiller: Experimental-
physik II: Akustik, Magnetismus, Elektrizität, Optik, 4; Theo-
retische Optik, 2; Physikalische Übungen, 3 oder 6; Wissen-
schaftliche Untersuchungen im physikalischen Institut, tdgl.;
Physikalisches und physikalisch -chemisches Kolloquium, 2 g.
— Reinganum: Hydrodynamik, 2. —
Balkowaki: Organische Chemie II: Die cyklischen (aro-
matischen) Verbindungen, 4; Die Schwermetalle, 2^.; Prak-
tische Übungen und Leitung wissenschaftlicher Arbeiten, 35.
— König: Analytische Chemie I, i; Chemie der mensch-
lichen Nahrungs- und Genussmittel, 2 g.\ Übungen im agri-
kulturchemischen Laboratorium, 39 g. — Kassner: Pharma-
zeutische Chemie (organischer Teil) mit Demonstrationen und
Experimenten, 4 ; Ausgewählte Kapitel der chemischen Techno-
logie mit besonderer Berücksichtigung der Brennstoffe und ihrer
Ausnutzung, i; Pharmazeutisch-chemische und toxikologische
Übungen im Laboratorium. Darstellung chemischer Präparate.
Für Geübtere Bearbeitung wissenschaftlicher oder technischer
Themata, 30; Massanalyse, \ g, —
KiUing: Analytische Mechanik II, 4; Analytische Geo-
metrie II, 3, Übungen, i g. ; Theorie der Transformations-
gruppen, 2; Übungen des mathematischen Unterseminars, 2 g.
— V. liilienthal: Differential- und Integralrechnung II, 4;
Einleitung in die Theorie der Differentialgleichungen, 4; Übun-
gen des mathematischen Oberseminars, \ g, — Dehn : Ellip-
tische Funktionen, 3; Graphische Statik, 2; Übungen zur
Funktionentheorie, \ g. —
Universität Prag.
Iieoher: Experimentalphysik I, 5 ; Anleitung zu selbstän-
digen Untersuchungen, tägl. g. — v. Q^itler: Physikalisches
Praktikum I für Physiker und Mathematiker, 6, für Chemiker
und Naturhistoriker, 3; Physikali.sche Messmethoden, 2; Theorie
der verdünnten Lösungen, 2. — Ijippioh : Theoretische Mechanik,
3; Potentialtheorie, 2; Mathematisches Seminar, z g, — Spi-
taler: Allgemeine Meteorologie I, 3; Ozeanographie, i. —
Qoldsohmiedt: Anorganische Chemie, 5; Chemische
Experimentierübungen, 2; Chemische Übungen, ganz- und halb-
^^S^S» ^^1'» ^ür Mediziner, 10; Übungen in sanitätspolizeilich-
chemischen Untersuchungen, halbtägig, tägl. ausser Sonnabend ;
Anleitung zu wissenschaftlichen Untersuchungen für Vorgeschrit-
tene, tägl. g. — Qintl: Anleitung zur Ausführung gerichtlich-
chemischer Untersuchungen mit praktischen Übungen, 4. —
Brunner: Pharmazeutische Chemie, 5. — V. Oarzarolli:
Analytische Chemie mit Demonstrationen, 3. — Meyer: Übun-
gen in chemischen Berechnungen, i. — Kirpal: Pyridinderi-
vate, I. —
Pick: Differential- u. Integralrechnung, 5; Mathematisches
Seminar, 2 g, — Qmeiner: Analytische Geometrie, 3; Doppel-
integrale, 2 ; Analytisch-geometrische Übungen, \ g. — Weiss :
Elemente der darstellenden Geometrie, 2. — Weinek: Sphä-
rische Astronomie II, 3. — Oppenheim : Elemente der höheren
Geodäsie, 2 ; Geschichte der Astronomie von Newton bis in die
neueste Zeit, i. —
Technische Hochschule Prag.
M". N.: Physik, 5; Ausgewählte Kapitel für Chemiker, 2.
— Pulnj: Allgemeine Elektrotechnik, 4, Repetitorium, 3;
Ausgewählte Kapitel der Wechselstromelektrotechnik, i.
— Fichl: Meteorologie \md Klimatologie, 3. — Doerfel:
Maschinenlehre, 5, Repetitorium, 2; Maschinenbau II, 2, Re-
petitorium, 4. — Baudiss: Maschinenbau II, 4, Repetitorium,
6; Maschinenbau, ausgewählte Kapitel, 2. — Stark: Enzy-
klopädie der Mechanik II, 2; Mechanik I, 6, Repetitorium,
I ; Graphische Statik, 2, Repetitorium, 2 ; Materialienlehre, i ;
Baumechanik I, fUr Hörer des kulturtechnischen Kurses, 2.
— Schieber. Allgemeine Maschinenkunde, 3; Technisches
Zeichnen (Maschineuzeichnen), 4; Maschinenbau I (l. Teil),
2, I (2. Teil), 4, Repetitorium, 8. — Iffikolasohek: Mecha-
nische Technologie I, 5, III, 5. —
Qintl: Allgemeine Experimentalchemie der Mineralstoffe,
5 ; Allgemeine Experimentalchemie der Kohlenstoffverbindungen,
4; Praktische Übungen in der Ausführung chemischer Opera-
tionen und Darstellung von Präparaten, 6; Analytische
Chemie (qualitative), 2; Praktische Übungen in der quali-
tativen Analyse, 19; Analytische Chemie (quantitative),
Repetitorium, 2; Praktische Übungen in der quantitativen
Analyse, 24 ; Anleitung zur Ausfuhrung wissenschaftlicher Unter-
suchungen für Geübtere, 15; Chemie der Nahrungs- und Ge-
nussmittel und über die Methode der chemischen Untersuchung
derselben, 2, Repetitorium, 6. — Storch: Physikalische Me-
thoden der Untersuchung von Nahrungsmitteln, i, Repetitorium,
2; Chemie der Metalle und technischen Metallgewinnung, 2;
Massanalyse und chemische Arithmetik, i ; Physikalische Chemie,
Elektrochemie, 3; Theorie der cyklischen Verbindungen, 2;
Anleitung zur Ausführung wissenschaftlicher Untersuchungen
für Geübtere, 15. — Czapek: Mikroskopierübungen, 3; Tech-
nische Mykologie, 2 ; Warenkunde und technische Mikroskopie,
3. — Zulkowski: Chemische Technologie anorganischer
Stoffe I, 6V2; Übungen im chemisch-technischen Laboratorium,
ao; Übungen über praktische Unterweisung in der chemischen
Untersuchung von Rohstoffen und Gebrauchsartikeln, 4. —
Qintl Jan.: Enzyklopädie der technischen Chemie, 2; Prak-
tische Übungen in der Ausflihrung von Heizgasuntersuchungen,
I ; Elementaranalyse organischer Verbindungen, 2, Repetitorium,
2. —
Weiss: Mathematik I, 6, Repetitorium, 2; Elemente der
höheren Mathematik, 6, Repetitorium, i ; Analytische Mecha-
nik, 2. — Qrünwald: Mathematik II, 5, Repetitorium, 2;
Differentialgleichungen und deren Anwendung auf Geometrie
und Mechanik, 2. — Janisoh: Darstellende Geometrie, 4,
Repetitorium, 8 ; Geometrie der Lage, 3. — Ruth : Elemente
der niederen Geodäsie, 3, Repetitorium, 2 ; Niedere Geodäsie I,
41/21 Repetitorium, 2; Höhere Geodäsie, 3, Repetitorium, 2;
Technisches Zeichnen A: Plan- und Terrainzeichnen, 4; Geo-
dätisches Rechnen, 2. —
Universität Rostock.
Matthiessen: Experimentalphysik II: Wellenlehre, Akustik,
Wärme, Magnetismus, Elektrizität, 5 ; Theorie der Interferenzen,
2; Kleines physikalisches Praktikum für Mediziner, Mathe-
matiker, Chemiker und Pharmazeuten, 12; Grosses physikalisches
Praktikum für Geübtere (mit Wach smuth), tägl. — Wachs-
muth: Mechanische Wärmetheorie, 3; Physikalisches Kollo-
quium (mit Kümmell), I4tägig, 2g, —Kümmell: Thermo-
chemie, 2; Atomtheorie, i; Kleines physikalisch-chemisches
Praktikum, 3; Grosses physikalisch-chemisches Praktikum
(Leitung selbständiger Arbeiten), tägl. ausser Sonnabend. —
Michaelis: Organische Chemie, 5; Chemische Übungen
im Laboratorium: a) Grosses Praktikum, tägl. ausser Sonn-
abend, b) Kleines Praktikum, 9, c) Übungen für Mediziner, 4,
d) f^ Nahrungsmittelchemiker, 4; Pharmazeutische Präparaten-
kunde, 2^. — Heinrich: Grosses agrikulturchemisches Prak-
tikum, tägl. — Stoermer: Analytische Experimentalchemie,
4; Gerichtliche Chemie, 2; Repetitorium der anorganischen
Chemie, 3. — Kunckell: Titriermethoden des Arzneibuches
und Repetitorium der pharmazeutischen Chemie, 2 ; Einführung
in die Nahrungsmittelanalyse für Pharmazeuten, i ^. —
Staude: Analytische Geometrie des Raumes, 4; Ellip-
tische Funktionen, 4; Mathematisches Seminar, \ g, —
Universität Strassburg.
Braun: Experimentalphysik II: Akustik, Wärme, Elek-
trizität, 5; Physikalische Übungen, 5 oder 10; Übersichtskursus
598
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24.
für Mediziner, 3; Wissenschaftliche physikalische Arbeiten,
tägl. ausser Sonnabend; Physikalisches Kollo(|uium, 2 g. —
Cohn: Elektrodynamik mit Einschluss der elektromagnetischen
Theorie des Lichts, 3, Seminaristische Übungen, \ g. —
Zenneck: Elektromagnetische Schwingungen (experimentell)
II: Schnelle Schwingungen und deren praktische Verwendung,
I. — Hergesell: Grundzüge der Meteorologie, 2; Meteoro-
logische Arbeiten im meteorologischen Institut, tägl. g. —
Cantor: Physikalische Chemie, 2, Praktische Übungen, 4. —
Thiele: Experimentalchemie, anorganischer Teil, 5; Che-
mische Übungen und Untersuchungen im Laboratorium, tägl.
ausser Sonnabend. — Rose: Chemische Technologie der
Metalloide, 5. — Erlenmeyer: Repetitorium der organischen
Chemie, 2 ; Chemisches Praktikum (Ür Anfanger und Geübtere
(mit Kreutz), tägl. — KÖhl: Grundzüge der theoretischen
Chemie, 2. — Kreutz: Die Zusammensetzung und Unter-
suchung der menschlichen Nahrungsmittel und der Nachweis
der Verfälschungen, i. — Kohlschütter: Spezielle anorga-
nische Chemie I, 3; Praktikum för Gasanalyse, 3. — Schar:
Pharmakognosie, 4 ; Toxikologie (für Pharmazeuten), 2 ; Phar-
makognostische Demonstrationen, i g.\ Übungen und Unter-
suchungen im Laboratorium des pharmazeutischen Instituts,
tägl. ausser Sonnabend ; Pharmakognostisches Praktikum, 4. —
Roth: Algebraische Analysis und Determinanten, 3 ; Ana-
lytische Geometrie des Raumes, 2; Gewöhnliche Differential-
gleichungen, 2 g. — Krazer : Differential- und Integralrech-
nung, 4; Analytische Geometrie der Ebene, 3; Übungen des
mathematischen Seminars (untere Abteilung), 2. — Reye:
Geometrie der Lage, 3; Analytische Mechanik, 2; Übungen
des mathematischen Seminars, 2 g,— Weber: Die partiellen
Differentialgleichungen der mathematischen Physik, 4; Aus-
gewählte Kapitel der Algebra, 2 ; Mathematisches Oberseminar,
I V2; Mathematisches Kolloquium, I4tägig. — Becker: Theorie
der speziellen Störungen und Einleitung in die Theorie der
allgemeinen Störungen, 3; Die Doppel- und mehrfachen Sterne,
I ; Astronomische Beobachtungen an den Instrumenten der
Sternwarte; Seminaristische Übungen (Kolloquium), g. —
WislicenuB: Photometrie des Himmels, i; Geometrische
Optik, I ; Die Grundlehren der Astronomie in gemeinverständ-
licher Darstellung, i g. ; Besprechung der neuesten litterarischen
Erscheinungen auf astronomischem Gebiete, lg. —
Technische Hochschule Stuttgart.
Koch: Experimentalphysik: Mechanik, Akustik, Wärme,
Elektrostatik, 4; Übungen im physikalischen Laboratorium,
tägl. ; Theoretische Physik : Potentialtheorie in Anwendung auf
Elektrostatik und Magnetismus, elektrische Ströme, 2; Mete-
orologie, I. — Englisch: Theoretische Photographie mit
Demonstrationen, i. — Veesenmeyer: Elektrotechnik, 6 ; Die
Gleichstromerzeuger, 3; Elektrotechnische Konstruktionsübun-
gen, 8. — Herrmann: Grundzüge der Telegraphie und Tele-
phonie, 2; Theorie der Wechselströme, 2. — Dietrich: Elektro-
technische Messkunde, 4 ; Übungen im elektrotechnischen Labora-
torium IT, für Vorgerücktere (mit Herrmann, Heinrich und
Brühn), täglich ausser Sonnabend; Elektrotechnisches Semi-
nar (mit Veesenmeyer und Herrmann), i. — Auten-
rieth: Technische Mechanik, 6, Übungen II für Maschinen-
ingenieure, 2. — V. Weyrauch: Mechanische Wärme-
theorie, 4. — Berg: Maschinenzeichnen, 8; Schattenkonstruk-
tionen und Perspektive für Maschineningenieure, 8; Pumpen,
Übungen, 4. — JSmst: Maschineuelemente (mit Kirner), 6,
Konstruktionsübungen, ii; Hebezeuge (mit Kirn er), 2. —
Thomann: Fabrikanlagen I, i, II mit Übungen, 2; Maschinen-
konstruktionen (mit Dietrich), 10 ; Maschinenkunde mit Übun-
gen, 4. — Bantlin: Dampfmaschinen, 6; Elastizitätslehre, 2,
Übimgen, i; Maschinenkonstruktionen (mit Kloth), 8 oder 6.
— V.Bach: Ingenieurlaboratorium mit Übungen (mit Roser),
4; Erörterungen für Maschineningenieure, i. — NalliDger:
Eisenbahnfahrzeuge, 3. —
Hell: Allgemeine Experimentalchemie, 4; Übungen im
Laboratorium für allgemeineChemie (mitKe hrer, Kau ff mann
und Gansser); Organische Chemie, 5. — Kehrer: Ana-
lytische Chemie, 2. — Schmidt: Ausgewählte Kapitel der
analytischen Chemie, 2; Praktische Arbeitsmethoden der orga-
nischen Chemie, 2; Populäre Vorlesungen über Chemie, 2. —
Kaufßnann: Physikalische Chemie, l; Chemisch-physika-
lisches Kolloquium, I ; Repetitorium der anorganischen Chemie,
2. — Seel: Chemisch-pharmazeutisches Praktikum, 4; Aus-
gewählte Kapitel der pharmazeutischen Chemie, 2; Gewinnung,
Untersuchung und Beurteilung der wichtigsten Nahrungs- und
Genussmittel, lg. — N. N. : Chemie der Nahrungsmittel, Ge-
nussmittel und Gebrauchsgegenstände, 2. — Spindler: Phy-
siologisch-chemische Analyse, 2. — Philip: Massanalyse, i.
— HaUBSermann: Technische Chemie, 2; Chemische Techno-
logie der Brenn- und Leuchtstoffe, 2; Farbenchemie, 3; Übungen
im Laboratorium für chemische Technologie (mit Schmidt). —
Hohenner: Trigonometrie, 2, Übungen, i oder 2; PUm-
und Geländezeichnen II (mit Heer und EoU), 2: Kataster-
messungen mit Übungen, 4; Markscheidekunst, i, Übungen, i.
— Roth: Niedere Analysis, 4. — Bretschneider : Repeti-
tionen in niederer Mathematik, i. — Cranz: Elemente
der Differential- und Integralrechnung mit Übungen, 4. —
Beuschle: Analytische Geometrie der Ebene (mit Roth),
Übungen, l; Analytische Geometrie des Raumes (mit Roth),
2, Übungen, i ; Ausgewählte Kapitel aus der neueren analy-
tischen Geometrie der Ebene und des Raumes einschliesslich
Invariantentheorie, 3; Differential- und Integralrechnung 11
(mit Roth), 2, Übungen, 2, III (mit Roth), 2, Übungen, i;
Mathematisches Seminar (mit Mehmke), i. — Wölffing:
Höhere Algebra, 3; Variationsrechnung, I ^. — Mehmke;
Darstellende Geometrie (mit Roth), 4, Übungen, 6; Synthe-
tische Geometrie (mit Roth), 3, Übungen, I ; Graphisches Rech-
nen, I. — N. N. : Schattenkonstruktionen und Beleuchtungs-
kunde, 4. — Hammer: Praktische Geometrie, 3, Übungen,
10; Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten
Quadrate, 2; Abbildungen der Erdoberfläche auf die Ebene
(Kartenprojektionen), i, Übungen, i; Astronomische Zeit- und
direkte geographische Ortsbestimmung, 2, Übungen. —
Universität Tübingen.
Paschen: Experimentalphysik II: Schall, Wärme, Mag-
netismus, Elektrizität, 5; Physikalische Übungen ftir Anfanger,
8; Physikalisches Kolloquium, i; Selbständige Untersuchungen,
tägl. — Waitz: Einleitung in die theoretische Ph3rsik und
Theorie der Wärme, 3, Übungen, 2; Meteorologie, i. —
V. Hüfner: Organische Chemie, 4; Praktisch-chemische
Übungen für Anfanger (mit Küster), I (qualitativ), 6, U
(quantitativ), 6 ; Leitung physiologisch-chemischer Arbeiten fdr
Geübtere, tägl. — WisUcenuB : Anorganische Experimental-
chemie, 5; Praktische Übungen im chemischen Laboratorium,
für Anorganiker, ganz- und halbtägig, flir Organiker (mit
B ü 1 o w), tägl. ausser Sonnabend ; Leitung selbständiger Arbeiten.
— Bülow: Chemie des Benzols und seiner Derivate, 2 ; Leitung
selbständiger Untersuchungen, tägl.; Ausgewählte Kapitel aus
der organischen Grossindustrie, I. — Küster: Chemie der
Nahrungs- und Genussmittel, 2; Repetitorium der anorganischen
Chemie für Mediziner, 2. — Wedekind: Moderne organische
Probleme, i ; Chemie der Fettreihe mit besonderer Berück-
sichtigung der Kohlensäurederivate und der Cyanverbindungen,
2. — Dimroth: Natürliche organische Farbstoffe, i; Leitung
selbständiger Untersuchungen, tägl. —
V. Brill: Einführung in die höhere Mathematik, 4; Über
nichtstarre Systeme und die Mechanik von Hertz, 3; Übungen
im mathematischen Seminar, 2. — Stahl : Höhere Algebra, 3 ;
Anwendungen der Funktionentheorie, 4; Übungen im mathe-
matischen Seminar, 2. — Maurer: Bestimmte Integrale, 2;
Differentialgleichungen, 2: Einleitung in die Theorie derTemär-
formen, I, Übungen, i; Übungen in der höheren Analj-sis, 2. —
Universität Wien.
V. Lang: Experimentalphysik für Philosophen und Medi-
ziner I, 4. — Boltzmann : Analytische Mechanik, $ ; Mathe-
matisch-physikalisches Seminar , i ; Mathematische Ergänz-
ungen zur Experimentalphysik, i ^. — Sxner: Experi-
mentalphysik, 5; Physikalisches Praktikum für Lehramts-
kandidaten, 6; Physikalisches Praktikum für Chemiker
und Naturhistoriker, 5; Physikalische Übungen für Vorge-
schrittene, tägl.; Physikalisches Konversatorium, lg. —
Jäger: Elemente der theoretischen Physik III: Elektrizität
und Magnetismus, 3; Akustik, 2. — Moser: Experiment.il-
physik für Hörer der ^fedizin und der Philosophie (insbesondere
Elektrizität und Optik), 3; Physikalische Bedeutung mathe-
matischer Begriffe, 2; Demonstrationen und Übungen an und
Physikalische Zeitschrift. 3. Jahrgang. No. 24,
599
mit physikalischen Apparaten als Ergänzung der Experimental-
vorlesung, i. — liSonpa: Physikalisches Praktikum (für Medi-
ziner), 2. — Benndorf : Übungen im physikalischen Rechnen,
2. — V. Schweidler: Die elektrischen Entladungen in Gasen,
2. — Meyer: Elektrochemie, i. — Hasenohrl: Mechanische
Wärmetheorie, 2. — Mache: Elektrodynamik, 2. — Hann:
Allgemeine Meteorologie, 2; Ausgewählte Kapitel aus der
Physik der Atmosphäre, i*/2; Über Meeresströmungen und
Meereswellen, i. — Pernter: Meteorologische Optik, 3. —
liieben: Experimentalchemie I: Anorganische Chemie,
5; Chemische Übungen für Anfänger, 40; Chemische Übungen
für Mediziner, 4; Arbeiten im IL chemischen Laboratorium,
fiir Vorgeschrittene, tägl. — Wegsoheider: Theoretische
und physikalische Chemie I, 5; Chemische Übungen für An-
fänger, 40; Arbeiten im L chemischen Laboratorium ftlr Vor-
geschrittene, tägl. — Iiippmann: Organische Chemie I:
Chemie der Methanderivate, 3; Chemische Übgn. för An-
fänger, 40; Arbeiten Im chemischen Laboratorium, für Vor-
geschrittene, tägl. — Herzig: Analytische Chemie (quali-
tativer Teil), 2; Analytische Chemie (quantitativer Teil), 2; Üb-
ungen aus pharmazeutischer Chemie für Pharmazeuten im IV.
Semester, 40. — Fossek: Liest nicht. — Zeisel: Die Zucker-
arten, 2. — Schacherl: Ausgewählte Kapitel aus der Nahrungs-
mittelkunde, insbesondere für Kandidaten der Nahrungsmittelex-
pertise, 3. — Blau: Terpene und Kampfer,!. — Vortmann:
Liest nicht. — Pomeranz : Theoretische Chemie, 2. — Franke :
Anleitung zur chemischen Analyse, i; Methoden der qualitativen
Analyse, i. — Pollak: Geschichte der Chemie, 2; Orga-
nische Technologie, I. — Wenzel: Anorganische Technologie
(Metallurgie), i; Über die physikalischen Eigenschaften der
chemischen Verbindimgen, i. —
V. Escherich: Elemente der Differential- und Integral-
rechnung (unter besonderer Berücksichtigimg der Bedürfnisse
der Naturhistoriker, Physiker, Chemiker, Mediziner und Ver-
sicherungsmathematiker), 5, Übungen, i; Proseminar fiir
Mathematik, i; Seminar für Mathematik, 2. — Qegen-
bauer: Integral- und Variationsrechnung, 3; Theorie
der Kugel- und Cylinderfunktionen mit Anwendungen
auf Probleme der theoretischen Physik, 2; • Übungen im
mathematischen Proseminar, i ; Übungen im mathematischen
Seminar, 2. — Mertens: Zahlentheorie, 5; Übungen im
mathematischen Seminar, 2 ; Übungen im mathematischen Pro-
seminar, I. — Kohn: Einleitung in die synthetische Geo-
metrie, 4, Übungen, i g\ Invariantentheorie mit geometrischen
Anwendungen, 2. — Tauber: Versicheningsmathematik, 4,
Übungen, 2. — Elaaohke: Einführung in die mathematische
Statistik II, 3. — Zsigmondy: Liest nicht. — Plemelj: Po-
tentialtheorie, 2. — Daublebsky v. Stemeok: Anwendungen
der Differential- und Integralrechnung auf die Geometrie, 2;
Additive Zahlentheorie, I. — Carda: Einführung in die
Theorie der Berührungstransformationen, 3. — Weiss: Theorie
der Sonnenfinsternisse und verwandten Erscheinungen, 2;
Theorie der Feuermeteore, 2. — v. Hepperger: Sphärische
Astronomie, 4: Photometrie, i g. — Schräm: Methode der
kleinsten Quadrate, i. — Biartl: Elemente der darstellenden
Geometrie mit Konstruktionsübungen, 4; Geodätische Koor-
dinaten mit Rechenübungen, 11/2- —
Technische Hochschule Wien.
Ditscheiner: Allgemeine und technische Physik, 5;
Optik für die Hörer des geodätischen Kurses, 2; Physik für
Chemiker, 2. Übungen, I. — Hochenegg: Elektrotechnik, 4,
Praktische Übungen und Unteisuchungen, 4. — Sahulka:
Theorie der Wechselströme und deren Anwendung in der
Praxis, 3. — - Beithoffer: Elektrische Kraftübertragung mittels
Wechselstromes, 2. — JüUig: Elektrische Telegraphie und
Eisenbahnsignalwesen, 2. — Liznar: Meteorologie und die
wichtigsten Lehren der Klimatologie fiir Ingenieure, 2. —
Strache: Beleuchtungswesen, 2. — Kobes: Theoretische
Maschinenlehre, 4. — N. N.: Maschinenbau I, 4V2, Kon-
struktionsübungen, 14 V2, H, 5- — V. Hauffe: Konstruktions-
übungen zum Maschinenbau II, 10. — Slnglaender: Allge-
gemeine Maschinenkunde, 3; Maschinenzeichnen, 6. — Meter:
Feuerungstechnik, Heizung, Lüftung und sonstige gesundheits-
technische Ausbildung von Wohn-, Fabriks- und öffentlichen
Gebäuden, 3; Heizung und Lüftung von Wohnräumen, i. —
V. Stockert: Eisenbahn-Betriebsmittel, 2; Eisenbahnbetrieb,
3. — Kick: Mechanische Technologie I, 5, III, 5. — Haupt-
fleisch: Mechanische Technologie III, 5. —
Bauer: Allgemeine Experimentalchemie I: Anorganische
Chemie, 5, Übungen, 20. — Vortmann: Analytische Chemie,
4, Übungen, 20. — Wegscheider: Theoretische und physi-
kalische Chemie I und II, 5. — Faweck: Technische Elektro-
chemie, 2. — Iiippmann: Chemie der Benzolderivate, 2. —
Suida: Die wichtigsten Kapitel aus der Chemie der aroma-
tischen Verbindungen, 2. — Bamberger: Enzyklopädie der
technischen Chemie, 3; Praktische Übungen in der Ausführung
technischer Proben, 3. — Feitier: Ausgewählte Kapitel aus
der physikalischen und theoretischen Chemie, i. — Ulzer:
Technische Analyse organischer Stoffe, 2. — V. Jüptner:
Chemische Technologie der anorganischen Stoffe, 5, Übungen
20; Technische Feuerungen. — M". N.: Chemische Techno-
logie der organischen Stoffe, 5, Übungen, 20. ~ v. Hohnel:
Warenkunde und technische Mikroskopie, 4, Übungen, 4. —
Eder: Photochemie und angewandte Photographie, i; Photo-
graphisches Praktikum, 4. —
Alle: Mathematik I, 5, Korrepetitionen , 2. — Czu-
ber: Mathematik II, 5; Grundlehren der höheren Mathe-
matik , 4 , Korrepetitionen , 2 ; Wahrscheinlichkeitsrech-
nung, 3. — Sersawy: Versicherungsmathematik, I, 3,
II, 4. — TS, JA,'. Darstellende Geometrie, 4; Konstruk-
tives Zeichnen, 6. — Schmid: Darstellende Geometrie und
konstruktives Zeichnen, 4, Konstruktives Zeichnen, 6; Projek-
tive Geometrie I, 2, Konstruktionsübungen, 2. — Finger:
Elemente der reinen Mechanik in Verbindung mit graphischer
Statik, 5; Enzyklopädie der Mechanik, 4; Analytische Me-
chanik, 2. — Zsigmondy: Elemente der reinen Mechanik in
Verbindung mit graphischer Statik, 5. — Tetmajer: Tech-
nische Mechanik I, 4, Übungen, 2. — Hermanek: Hydro-
mechanik, ausgewählte Kapitel, i oder 2. — Schell: Elemente
der niederen Geodäsie, 4^2» Praktische Übungen; Praktische
Geometrie, 4V2; Praktische Übungen; Situationszeichnen, 4.
— Tinter: Methode der kleinsten Quadrate, iV2» Sphärische
Astronomie, 3 ; Höhere Geodäsie, 3 ; Übungen im Beobachten
und Rechnen, 3; Geodätische Rechenübungen, 272» —
Universität Würzburg.
Wien: Experimentalphysik I: Mechanik, Akustik, Wärme,
Magnetismus, 5; Praktische Übungen im physikalischen In-
stitut, 4 und 10; Anleitung zu selbständigen Arbeiten, tägl. —
Des Coudres: Elektrizität und Magnetismus (Maxwellsche
Theorie), 3 ; Wechselströme, Theorie und Praxis, 2 g. —
Seite: Einführung in die theoretische Behandlung physika-
lischer Fragen an der Hand von Beispielen, i. — '
Hantssch: Anorganische Experimentalchemie, 5; Ana-
lytisch-chemisches Praktikum (mit Tafel), a) ganztägig, b)
halbtägig, c) für Mediziner, 4; Vollpraktikum für präparative
Arbeiten, tägl,; Anleitung zu selbständigen Untersuchungen
(mit Tafel), tägl. — Medicus: Chemische Technologie, 4;
Gerichtliche Chemie, 2; Praktikum für Pharmazeuten, halb-
tägig; Kurs technisch-chemischer Analysen, zwei halbe Tage;
Praktikum in allen Richtungen der angewandten Chemie und
Nahrungsmittelanalyse, — halb- oder ganztägig. — N. N.: Ana-
lytische Chemie (Experimentalvorlesung, zugleich zur Ergänzung
des analytisch-chemischen Praktikums), 3. — Tafel: Iso-
cyklische Verbindungen, 2. — Reitzenstein: Die Entwick-
lung der chemischen Zeichensprache und Nomenklatur, 2. —
liCy: Chemische Statik und Dynamik, 2. —
Prjrm: Differentialrechnung mit Einleitung in die höhere
Analysis, 4, Übungen, 2 g,\ Theorie der Funktionen einer
komplexen Veränderlichen, 4; Ausgewählte Kapitel der Funk-
tionentheorie, 2g. — Voss: Algebra, 4; Analytische Mecha-
nik 1,4; Mathematisches Seminar, 2 g. — Selling: Integration
der gewöhnlichen Differentialgleichungen, 3; Theorie der Pla-
netenbewegungen, 3; Beschreibende Astronomie, lg. — ROBt:
Darstellende Geometrie I, 4; Einleitung in die analytische
Geometrie der Ebene, 3; Elemente der Determinantentheorie,
Universität Zürich.
Kleiner: Experimentalphysik, 5; Theoretische Physik, 2 ,
Physikalische Übungen für Kandidaten des Sekundarlehramts;
2; Physikalisches Praktikum für Anfanger, V2 Tag; Physi-
kalisches Vollpraktikum für Vorgerücktere (mit Schaufel-
6oo
Physikalische Zeitschrift 3. Jahrgang. No. 24.
berger), tägl — Sohaufelberger: Repetitorium der Ex-
perimentalphysik, I ; Elektrotechnik, 2. —
Werner: Anorganische Experimentalchemie, $; Stereo-
chemie II, i; Organische Chemie ü, för Chemiker, 2; Che-
misch-analytisches Praktikum fUr Chemiker, tagl. ; Chemisches
Praktikum fÄr Vorgerücktere (praparative Arbeiten, Ausführung
selbständiger Arbeiten), tägl.; Elektrochemische Übungen, 2
Nachmittage^.; Tech aisch-chemische Übungen, i Nachmittag^.;
Chemisches lialbpraktikum, fiir Studierende der Naturwissen-
schaften, halbtägig. — Abeljans: Qualitative chemische Ana-
lyse, 2 ; Chemisches Kolloquium, i g. ; Chemisches Praktikum
fiir Mediziner und Veterinäre, 3 Tage ; Anleitung lu medizinisch-
chemischen Arbeiten im Laboratorium, i ; Chemisches Prak-
tikum fiir Studierende der Naturwissenschaften, 3 Tage ; Che-
misches Praktikum fiir Anfanger und Vorgerücktere (Nicht-
chemiker), tägl.; Chemisches Praktikum fiir Lehramtskandidaten,
2V2 Tage; Chemische Übungen fftr Lehramtskandidaten, 2. —
Schall: Leitfähigkeit, Lösungsmittel und Lösungstheorie, 2;
Die innere Reibung der Flüssigkeiten und Lösungen, ig, —
Pfeiffer: Terpene und Campher, 1; Ausgewählte Kapitel aus
der Fettchemie, für Chemiker, i. —
Burkhardt: Elemente der Differential- und Integral-
rechnung, 4; Funktionen komplexer Grössen, 3; Potential-
theorie II, I; Mathematisches Seminar, 2 g. — Elraft: All-
gemeine Elektrizitätstheorie, 4; Analytische Theorie der Kurven
und Flächen, 4. — Weiler; Analytische Geometrie I, 3—4;
Darstellende Geometrie I, 3: Synthetische Geometrie I, 3;
Analytische Geometrie mit Übungen, für Lehramtskandidaten,
2. — Qubler: Algebra mit Übungen, für Lehramtskandidaten,
2; Inhalt und Methode des mathematischen Unterrichts an
Mittelschulen, 2 ; Moderne Geometrie des Dreiecks, i ; Ele-
mentar-mathematische Übungen, i. — Wolfer: Einleitung in
die Astronomie, 3, Übungen, 2 ; Theorie der Finsternisse und
verwandten Erscheinungen, 2. —
Technische Hochschule Zürich.
H. F. Weber: Physik, 4, Repetitorium, i; Prinzipien,
Apparate und Messmethoden der Elektrotechnik, 4 ; Wechsel-
stromsysteme und Wechselstrommotoren, 2; Elektromechanik,
2; Elektrotechnisches Laboratorium, 8 oder 16; Wissenschaft-
liche Arbeiten in den physikalischen Laboratorien, 8, 12 oder
24; Experimentelle Untersuchungen in Wechselstrom und an
Wechselstrommotoren, 4. — Weise: Physik, 4, Repetitorium,
I ; Optique th^orique et exp^mentale, 2 ; Physikalisches
Praktikum för Anfanger, 4 und 8 ; Traveaux sdentifiques, 4, 8
oder 24. — Schweitser: Gleichstrommotoren, i ; Physik, 4,
Repetitorium, i. — Deniler: Bau und Betrieb elektrischer
Bahnen II, 2 ; Ausgewählte Abschnitte über angewandte Elektro-
technik, i. — Tobler: Elektrische Signalapparate für Eisen-
bahnen, 2 ; Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiete der Schwach-
stromtechnik, 1^.; Militärtelegraphie und -Telephonie, i. —
Wyssling: Elektrische Centnüanlagen II, 2, Übungen und
Konstruktionen, 3 ; Elektrische Kraftübertragung und Beleuch-
tung, 3. Repetitorium. i. — Weilenmann: Meteorologie und
Klimatologie, 7. — Stodola: Dampfmaschinenbau I: Steue-
rungen, Regulatoren, 4, Übungen, 2 ; Gasmotoren (Einleitung),
I ; Dampfkessel und ausgewählte Kapitel des Dampfmaschinen-
baues, 2; Maschinenkonstruieren und Entwerfen vollständiger
Dampfkraftanlagen, 6; Übungen in der kalorischen Abteilung,
V2 Tag. — Pr&sil: Hydraulische Motoren und Pumpen II, 4,
Repetitorium, i ; Konstruktionsübungen, 12, über Fabrikanlagen,
4; Ausgewählte Kapitel über hydraulische Anlagen aller Art,
2, Übungen, V2 Tag. — £scher: Mechanische Technologie II :
Metallverarbeitung, 2, Repetitorium, i ; Mechanische Technologie
IV: Spinnerei und Weberei (Fortsetzung), 2; Maschinenlehre,
4, Übungen, 4; Müllerei, 2; Technologisches Praktikum, 4.
— Farny: Bau von Dynamomaschinen II, 2; Maschinen-
konstruieren, 6. — Fliegner: Theoretische Maschinenlehre
II: Wärmetheorie und Dampfmaschinen, 4, Übungen, 3. —
Herzog: Mechanik II, 4, Repetitorium, i, Übungen, 2; Aus-
gewählte Kapitel der Mechanik, 2. — Meyer: Maschinen-
zeichnen, I, Übungen, 4; Maschinenbau (Elemente), 5, Re-
petitorium, I , Konstruktionsübungen, 10. — Bohcile: Bau-
statik, 3, Übungen, a; Technologie des materiaux de con-
struction II: fer et acier, 2, Repetitorium, i ; Übungen in Eisen -
konstruktionen, 3. — A. Weber: Mechanik und Maschinen-
lehre, 4, Repetitorium, i; Maschinenlehre, 2, Repetitorium, i,
Konstruktionsübungen, 4 ; Industrielle Einrichtungen und Bauten,
2, Konstruktionsübungen, 2. — Barbleri: Photographie!, 2;
Photographisches Praktikum, 2. —
Bamberger: Anorganische Chemie, 6, Repe^torium, i;
Organische Chemie II : Benzolderivate, 2, Repetitorium, i ;
Analytisch-chemisches Praktikum, 16, 24, filr Vorgerücktere,
tägl. — Bosshard: Beurteilung und Reinigung des Wassers
fUr technische Zwecke, namenüich ftir Dampfkesselspeisung, i.
— Treadwell: Analytische Chemie I, 2; Gasanalyse mit
Übungen, i ; Lebensmittelanaljrse mit Übungen, 2 ; Chemie, 2,
Repetitorium, i ; Analytisch- chemisches Praktikum, 16 und 24,
fftr Vorgerücktere, tägl. — Ck>n8tam: Physikalische Chemie,
2 ; Physikalisch-chemisches Kolloquium, i g, ; Anwendungen phy -
sikalischer Methoden in der Chemie (mit Lorenz), Vs*^^! Phy-
sikalisch-chemisches Vollpraktikum für Vorgerücktere (mit Lo-
renz), tägl. — Iiorens: Allgemeine Elektrochemie, 2; Chemi-
sche Dynamik (Kinetik), I ; Elektrochemisches Praktikum fUr An-
fanger, 4, fUr Vorgerücktere, 15. — Qnehm: Bleicherei, Fär-
berei und Farbstoffe, 4, Repetitorium, i ; Technisch-chemisches
Praktikum, 16 und 24, für Vorgerücktere, tägl. — Hartwich:
Pharmakognosie, 5; Toxikologie, 2; Technische Botanik I:
Fasern und Stärke, 2; Pharmazeutisch-chemisches Praktikum,
1 2 ; Mikroskopische Untersuchung pharmazeutischer Drogen , 2 ;
Pharmakognostische Übungen für Vorgerücktere, tägl.; Che-
mische Untersuchung von Nahrungs- und Genussmitteln, tägl. ;
Mikroskopierübungen in der Nahrungsmittelkunde, 2 halbe
Tage; Gerichtiich-chemisches Praktikum, 4 halbe Tage. —
liUnge : Anorganische chemische Technologie, 4, Repetitorium,
I ; Heizung, 2 ; Metallurgie, 2, Repetitorium, i ; Technisch-
chemisches Praktikum, 16 und 24, für Vorgerücktere, tägl. —
SohulBe: Anorganische Chemie mit Repetitorium, 4; Agri-
kulturchemie I : Pflanzenemährungslehre, 2 ; Landwirtschaftlich-
chemische Technologie (Zucker- und Spiritusfabrikation, Chemie
des Molkereiwesens), 2; Übungen im agrikulturchemischen
Laboratorium, 8; Agrikulturchemisches Praktikum fUr Vor-
gerücktere, tägl. — Winterstein: Chemie der Milch und
Milchprodukte, 2; Untersuchung landwirtschaftlich wichtiger
Produkte, i ; Besprechung physiologisch-chemischer Arbeiten,
2. —
Hurwiti : Differentialrechnung, 4, Repetitorium, i ,
Übungen, 2; Differentialgleichungen, 4, Übungen, i. —
Beyel: Geometrische Einleitung in die graphische Statik,
2 ; Rechenschieber mit Übungen, i ; Darstellende Geometrie,
2. — Deoher: Vermessungskunde, 5, Repetitorium, i, Ver-
messungsübungen, 2; Erdmessung, mit Repetitorium, 2; Geo-
dätisches Praktikum, 2, — W. Fiedler: Darstellende Geo-
metrie, 4, Repetitorium, i, Übungen, 4; Geometrie der Lage,
4. — Franel: Calcul differentiel, 4, R^p^tition, i, Exerdces, 2;
Theorie des ^quations differentielles, 4, R^p^tition, i. —
Qeiser: Analytische Geometrie, 4, Repetitorium, i; Elemente
der Ballistik, i. — Himoh: Theorie der linearen Differential-
gleichungen, 2. — J. Keller: Mathematik, 4; Theorie der
Centralprojektion mit Anwendung auf die praktische Perspek-
tive, 2; Projektivische Reihen und Büschel mit Anwendung
auf die konstruktive Theorie der Kegelschnitte, 2; Auflösung
der allgemeinen Gleichungen III. und IV. Grades, sowie be-
liebiger Gleichungen durch Annäherung, 2. — Kraft: All-
gemeine Elastizitätstheorie, 4. — Ijacombe: G^om^trie de-
scriptive, 2 und 4, Exercices, 4, R^petition, i; G^om6trie de
Position, 2; Mathematisches Seminar, 2. — Hebstein: Ka-
tastervermessuDg, 3, Übungen, 2 ; Kartenprojektionen, i ; An-
wendung der geodätischen Linie auf Geodäsie, 2. — Rudio:
Höhere Mathematik, 5, Übungen, 2. — Wolfer: Einleitung
in die Astronomie, 3, Übungen, 2; Theorie der Finsternisse und
verwandten Erscheinungen, 2. —
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Für die Redaktion verantwortlich Professor Dr. H. Th. Simon in Oöttingen. — Verlag von S. Hirzel in Leipzig.
Druck von August Pries in Leipzig.
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