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Full text of "Physikalische Zeitschrift"

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Physikalische  Zeitschrift 


Unter  ständiger  Mitarbeit  für  den  referierenden  Teil 


von 


Privatdozent  Dr.  M.  Abraham,  Professor  Dr.  L.  Ambroxm,  Professor  Dr.  H.  Boruttau,  Professor  Dr.  M.  Brendel, 

Professor    Dr.  A.  Coehn,    Professor  Dr.  Th.  Des   Coudres,   Privatdozent   Dr.  B.  Englisoh,   Privatdozent 

Dr.  W.  Kaofknann,  Professor  Dr.  B.  Meyer,   Professor  Dr.  L.  Bhumbler,   Privatdozent   Dr.  K.  Sohaum, 

Professor  Dr.  G.  C.  Sohmtdt,  Professor  Dr.  E.  Wieehert,  Privatdozent  Dr.  B.  Zermelo. 


Herausgegeben  von 


Dr.  E.  RIECKE 

o.  ö.  Professor  an  der  Universität  Göttiogen. 


und 


Dr.  H.  TH.  SIMON 

a.  o.  Professor  an  der  Universität  Göttiogen« 


Redaktion:  Professor  Dr.  H.  TH.  SIMON  in  Göttingen. 


DRITTER  JAHRGANG. 


1901  — 1902 


Mit  fünf  Tafeln. 


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Leipzig, 

Verlag  von  S.  Hirzel. 
1902. 


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THE  NEW  YOF:K 

PUBLIC  LIBRARY 

296296 

ASTOR,    LENOX    AMO 
TluOEN    FOJif<pATIOr48 

D  1904  L 


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Autoren-  und  Sachregister. 

Abkürzungen:  (R.)  =  Referat,  (B.)  =  Besprechung,  (N.)  =»  73.  Xaturforscherversammlung. 


Seite 

A. 

;,  B.,  Apparat  zur  Demonstration  und  Bestimmung 
von  lonenbeweglichkeiten 1 10 

—  Eine    neue  Methode    zur   direkten  Bestimmung   von 
lonenbeweglichkeiten  in  wässerigen  Lösungen.     (N.)     124 

—  Demonstration.     (N.) 190 

Abel,  Niels  (Tagesereignisse) 400 

Ablesevorrichtungen:   Neukonstruktionen  objektiver  — , 

V.  M.  Edelmann 525 

Acetylcn:  Studien  am  — ,  v.  J.  Billitzer.     (N.)  .     .     .     190 

Adams,  Sdw.  P.,  Die  elektromagnetische  Wirkung  von 

bewegten  geladenen  Kugeln 41 

Ahlbom,  Fr.,  Über  den  Mechanismus  des  Widerstandes 

flüssiger  Medien.     (N.) 120 

Ahrens,  F.,  Chemische  Zeitschrift  (B.) 196 

Akkumulator:  Die  — ,  v.  K.  Elbs.    (B.) loi 

—  Der  neue  Edison-  — ,  v.  A.  E.  Kenn  eil  y.     (R,)     .     344 

—  Die  —  zur  Aufspeicherung  des  elektrischen  Stromes, 
deren  Anfertigung,  Verwendung  und  Betrieb,  v.  J. 
Zacharias.     (B.) 350 

—  Über  die   Anwendung  der  Fuchsschen  Methode    in 

der  —  praxis,  v.  C.  Liebenow.     (R.) 420 

Aktiengesellschaft    für  Anilinfabrikation:    Handbuch  für 

den  Gebrauch  der  photographischen  Erzeugnisse  der 

-     (B.) 125 

Alkali-  u.  Erdalkalisilikate:  Über  Kieselsäure,  — ,  v.  E. 

Jordis.    (R.) 420 

Allen,  S.  J.  u.  B.  Rutherford,  Erregte  Radioaktivität 

und  in  der  Atmosphäre  hervorgerufene  Ionisation     .     225 
Aluminiumdarstellung:  Über  — ,  v.  F.  Haber.    (R.)      .     419 

Ammoniumnitrit:    Über   die  Zersetzungsgeschwindigkeit 

von  — ,  V.  Arndt.     (N.) 191 

Ammonium-Plumbi-Chlorid:     Ein    Darstellungsverfahren 

des  — ,  V.  K.  Elbs.    (R.) •     ...    417 

An  unsere  Leser i 

Analytische  Chemie:  Die  wissenschaftlichen  Grundlagen 

j,    der  — ,  V.  W.  Ostwald.     (B.) lOi 

±  ngström,  K.,  Das  mechanische  Äquivalent  der  Licht- 
einheit          ,     .     .     257 

Anode:  Über  das  Zerfallen  der—,  v.  Wohlwill.    (N.)     190 
"eduktionen  an  der  — ,  v.  R.  Luther.  (R.)    .     .     .     420 
'"  Dispersion:  Über  die  Doppellinien  im  Spektrum 
'  Chromosphäre    und   ihre  Erklärung   aus  der  — 

des  Photosphärenlichtes,  V.  W.H.  Julius 154 

Antifriktionslagerung:  üeber  die  —  und  über  ein  Dynamo- 
meter filr  kleine  Kräfte,  v.  J.  J.  T.  Chabot  .     .     .     513 

Äquivalent:  Das  mechanische  —  der  Lichteinheit,  v.  K. 
o 

Angström 257 

Argon:  Über  die  Wärmeleitung  des  —,  v.  W.  Schwarze.     264 

Arndt,  Über  die  Zersetzungsgeschwindigkeit  von  Am- 
moniumnitrit    (N.) 191 

Arsen:  über  gelbes  — ,  v.  Erdmann.     (N.)     ....     168 


Seite 

AflohkinaBB,  E.  u.  W.  Caspari,  Über  den  Einfluss 
dissociierender  Strahlen  auf  organisierte  Substanzen, 
insbesondere  über  die  bakterienschädigende  Wirkung 
der  Becquerelstrahlen.     (B.) 272 

Astronomischer  Jahresbericht     (B.) 151 

Atmosphäre:  Galvanometrische  Messung  des  elektrischen 
Ausgleichs  zwischen  den  louenladungen  der  —  und 
der  Ladung  der  Erdoberfläche,  v.  H.  Ebert  .     .     .     338 

—  Über    die  Messung    der  elektrischen  Ströme  der  — 

durch  Spitzenapparate,  v.  S.  Lemström.     (R.)   .     .     396 

Atmosphärische  Elektrizität:  Über  die  Anwendung  der 
Lehre  von  den  Gasionen  auf  die  Erscheinungen  der 
— ,  V.  H.  Geitel.    (B.) 535 

Atome:  Die  Mechanik  der  — ,  v.  G.  Platner.     (B.)     .     127 

Ausstellung  elektrotechnischer  Neuheiten:    Über  die  auf 

der  —  BerUn  ausgestellten  Apparate.    (R)  .     .     .     .     528 


B. 


Bach,  C.  V.,  Das  Ingenieurlaboratorium  der  K.  Tech- 
nischen Hochschule  Stuttgart 23 

Berichtigung  dazu 56 

—  Weitere  Versuche  über  die  Abhängigkeit  der  Zug- 
festigkeit und  Bruchdehnung  der  Bronze  von  der 
Temperatur.     (R.) 395 

Baohmetjew,  F.,  Über  die  Überkaltung  der  Flüssig- 
keiten.    (N.) 195 

Barnes,  H.  T.,  Das  speziflsche  Gewicht  des  Eises .     .      81 

Baryumchlorid :  Über  das  Vorhandensein  von  reflektier- 
baren Strahlen  in  der  von  einer  Mischung  von  Radium- 
und  —  ausgesandten  Strahlung,  v.  T  h.  T  o  m  m  a  s  i  n  a.     497 

Battelli,  A.,  Über  dasBoylesche  Gesetz  bei  sehr  niedrigen 

Drucken 17 

—  u.  L.  Magri,  Über  oszillatorische  Entladungen  (I.  TeiL)     539 

Baur,  B.  u.  Th  Fortlus,  Über  die  photographische 
Wirkung  von  Silber  und  Halbbromsilber  in  Brom- 
silber-Emulsion       491 

Becquerelstrahlen:  Über  den  Einfluss  dissociierender 
Strahlen  auf  organisierte  Substanzen,  insbesondere 
über  die  bakterienschädigende  Wirkung  der  — ,  v. 
E.  Aschkinass  u.  W.  Caspari.     (B.) 272 

Behrendsen,  O.,   Über  die  radioaktive,  im  Uranpech- 
erz vorkommende  „flüchtige  Substanz** 572 

Berichtigimgen 56,  80,  i  $2,  224,  376,    424 

Berthelot,  M.,  Les  Carbures  d'IIydrogene  1851 — 1901. 

(B.) 126 

Beugiingsversuche :    über  die  llaga-  und  Windschen  — 

mit  Röntgenstrahlen,  v.  B.  Walter.     (N.)  .     .     .     .     137 

Besold,  W.  V.,  Theoretische  Betrachtungen  über  die 
Ergebnisse  der  wissenschaftlichen  Luftfahrten  des 
deutschen  Vereins  zur  Förderung  der  Luftschiffahrt 
in  Berlin.     (B.) 422 


IV 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


Seite 

Bigourdan,    G.,   Das  metrische  System  der  Gewichte 

und  Masse.     (B.) 509 

Billitzer,  J.,  Referat  über  die  Vorträge  der  Abteilung  4 
^Chemie  einschliesslich  Elektrochemie)  der  73.  Natur- 
lorscherversammlung  zu  Hamburg  (N.) 188 

—  Studien  am  Acetylen.     (N.) 190 

—  Bericht  über  die  IX.  Hauptversammlung  der  Deutschen 
Elektrochemischen    Gesellschaft   in   Würzburg    vom 

8. — 10.  Mai   1902.     (R.) 414 

—  ElektrischeDoppelschicht  und  absolutes  Potential.  (R.)    420 
Birkeland,  Kr.,  Norwegische  Expedition  von  1899  bis 

1900  zur  Erforschung  der  Nordlichter.     (B.)    .     .     .     10 1 

Blaess,  V.,  Darstellung  der  Meniskusändeningen  ge- 
sättigt-dampfförmiger Substanzen I15 

Blitz :  Ein  photographischer  Apparat  zur  genaueren  Ana- 

lyse  des  — ,  v.  B.  Walter.     (N.) 168 

Blitzableiter:   Zur  —  -frage,  v.  F.  Neesen.     (N.)     .     .     136 

Blitzentladungen :  Weitere  Beobachtungen  über  die  magne- 

tisierende  Wirkung  von  — ,  v.  F.  Po  ekel s     .     .     .       22 

Blohm  &  Voss:  Neue  Untersuchungen  im  Schiff-  und 
Schiffsmaschinenbau  auf  der  Werft  von  — ,  v.  H. 
Frahm.    (N.) 481 

Blücher,  H.,  Die  Luft,  ihre  Zusammensetzung  und 
Untersuchung,  ihr  Einfluss  and  ihre  Wirkungen  sowie 
ihre  technische  Ausnutzung.     (B.) 39 

Bodlander,  G.,  Über  die  Chemie  der  Cuprovcrbindun- 

gen.    (R.) 417 

Bogenlicht:  Die  Verwendung  des  elektrischen  —  in  Pro- 
jektions- und  VergTösserungsapparaten,  v.  H.  Krüss.     428 

Borgmann,  J.,  Über  die  Wirkung  eines  Magnetfeldes 
auf  das  Leuchten  eines  verdünnten  Gases  rings  am 
einen  Draht,  welcher  an  einen  Induktorpol  ange- 
schlossen ist 433 

—  Das  Leuchten  eines  verdünnten  Gsises  in  einer  Röhre 
rings  um  zwei  der  Röhrenachse  parallel  gezogene  und 

an  einen  Induktorpol  angeschlossene  Drähte   .     .     .     565 

Bömstein,  IL,  Bemerkung  über  die  Messung  der  luft- 
elektrischen Zerstreuung  bei  Ballonfahrten  ....     408 

Boylesches  Gesetz:  Über  das bei  sehr  niedrigen 

Drucken,  v.  A.  Battelli 17 

Braun,  F.,  Über  drahtlose  Telegraphie.     (N.)     ...     143 

Brechungsverhältnis :  Über  das  optische  —  einiger  Flüssig- 
keiten bei  tiefen  Temperaturen,  v.  G.  Kucera  u. 
C.  Forch 132 

Brennweitenbestimmung:  —  bei  photo graphischen  Syste- 
men, V.  J.  Precht 515 

Brom:  Das  Verhalten  von  Chlor  und  —  anter  dem  Ein- 
flüsse dunkler  elektrischer  Entladungen,  v.  H.  Kell- 
ner      416 

Bromid:  Über  Radium  —  and  sein   Flammenspektrum, 

V.  F.  Giesel 578 

Bromsilber-Emulsion :  Über  die  photographische  Wirkung 
von  Silber  und  Halbbromsilber  in  — ,  v,  E.  Baur 
u.  Th.  Portius 491 

Bromsilber-Gelatineplatte:  Periodische  Veränderungen  an 

— ,  V.  E.  Englisch i 

—  Die  Entwicklung  der  photographischen  —  bei  zweifel- 
haft richtiger  Exposition,  v.  A.  v.  Hübl.     (B.)   .     .     247 

Bronze:  Weitere  Versuche  über  die  Abhängigkeit  der 
Zugfestigkeit  und  Bruchdehnung  der  —  von  der 
Temperatur,  v.  C.  v.  Bach.     (R.) 395 

Brookes,  A.  C„  The  British  Optical  Journal  (B.)  ,     .     327 

Bruchdehnung:  Weitere  Versuche  über  die  Abhängigkeit 
•  der  Zugfestigkeit  and  —  der  Bronze  von  der  Tem- 
peratur, V.  C.  V.  Bach.     (R.) 395 

Bmger,  Th.,  Wheatstone-Brücke  mit  Schleifdraht  und 

regelbarem  Vorschal twiderstand 374 


c. 

Calciumsulfat :    Über    das  —  und    die  Umwandlungsbe- 
dingungen von  Gips  und  Anhydrit,  v.  Weigert.   (N.)     190 
Campanile,  F.  u.  G.  di  Ciommo,  über  eine  Eigen- 
tümlichkeit, welche  Dämpfen  durch  X-Luft  mitgeteilt 

wird 382 

'res:  Les —  d'Hydrog^ne  1851 — 1901,  v.  M.  Ber- 
elot.     (B.) 126 


Seite 
Caspari,  W.,  Beobachtungen  über  Elektrizitätszerstreu- 
ung in  verschiedenen  Bergeshöhen 521 

—  u.  E.  AaohlrinaBB,  über  den  Einfluss  dissociierender 
Strahlen  auf  organisierte  Substanzen,  insbesondere 
über  die  bakterienschädigende  Wirkung  der  Becquerel- 
strahlen.    (B.) 272 

Centralschwingung:  Dreh-  und  —  in  Beziehung  zu  Magne- 
tismus und  Elektrizität,  v.  M.  Möller.     (N.)  .     .     .     216 

Chabot,  J.  J.  T.,  Das  rotierende  Magnetfeld,  eine  ver- 
allgemeinerte Methode  seiner  Erzeugung  and  das 
„Drchfeld  im  Räume** 215 

—  Reflexion  und  Refraktion  mittels  einer  nattlrlich  ge- 
krümmten Fläche,  zwecks  Demonstration  geometrisch- 
optischer Grunderscheinongen 331 

—  Eine  neue  Fallmaschine 489 

—  Über  die  Antifriktionslagerung  und  Aber  ein  Dynamo- 
meter fUr  kleine  Kräfte 513 

—  Über  den  Durchgang  des  elektrischen  Stromes  durch 
ein  gasförmiges  Medium  im  Felde  rotierender  Mag- 
nete      553 

Chaasaf^ny,  M.,  Cours  ^Umentaire  de  Physique.     (B.)     151 
Chemie:  Über  die  Bedeutung  elektrischer  Methoden  and 

Theorien  fUr  die  — ,  v.  W.  N ernst.     (N.)      ...      63 

—  Die  wissenschaftlichen  Grundlagen  der  analytischen 

— ,  V.  W.  Ostwald.     (B.) loi 

—  and  Physics,  v.  W.  Martin  u.  W.  H.  Rockwell.  (B.)  103 

—  Jahrbuch  der  — .     (B.) 125 

—  Phvsikalische  —  für  Anßlnger,  v.  C.  M.  v  a  n  D  e  v  e  n  t  e  r. 


(B. 


128 


—  Die  Elemente  der  physikalischen  — ,  v,  H.  C.  Jones. 

(B.) 534 

—  Vorlesungen  über  theoretische  a,  physikalische  — , 

I.  Heft,  V.  J.  H.  van't  Hoff.  (B.)    ..*...     559 

Chemischer  Führer:  —  durch  die  Industrie-  u.  Gewerbe- 
Ausstellung  Düsseldorf  1902,  v.  G.  Keppeler.   (B.)     423 

Chemische  Industrie :  Die  —  auf  der  Internationalen  Welt- 
ausstellung zu  Paris  1900,  V.  O.  N.  Witt.     (B.) .     .     247 

Chemische  Kinetik :  Das  Verhältnis  der  —  zur  Thermo- 
dynamik, V.  Wegscheider.     (N.) 191 

Chemische  Zeitschrift,  herausgegeben  v.  F.  Ahrcns.  (B.)     196 

Child,    C.  D.,    Die  Geschwindigkeit   der  von   heissen 

Drähten  ausgehenden  Ionen,   i.  u.  2.  Mitteilung.     158,  336 

Chlor:  Das  Verhalten  von  —  u.  Brom  unter  dem  Ein- 
flüsse dunkler  elektrischer  Entladungen,  v.  H.  Kell- 
ner.   (K.) 


416 


Chromosphärc :  Über  die  Doppellinien  im  Spektrum  der 
—  und  ihre  Erklärung  aus  der  anomalen  Dispersion 
des  Photosphärenlichtes,  v.  W.  H.  Julius .     .     .     .     154 

—  Über  die  Doppellinien  im  Spektrum  der  — ,  v.  A. 
Schmidt 259 

Ciommo,  Q.  di,  Über  die  elektrische  Leitungsfähigkeit 

von  isolierenden  Flüssigkeiten  und  ihren  Mischungen.     373 

—  u.  F.  Campanile,  Über  eine  Eigentümlichkeit,  welche 

Dämpfen  durch  X-Luft  mitgeteilt  wird      ....     382 
Classen,   J.,    Über   ein  Photometer   zur  Messung   der 
Helligkeitsverteilung  in  einem  Räume  ohne   Zuhilfe- 
nahme einer  Zwischenlichtquelle.     (N.) 137 

—  Untersuchungen  über  den  durch  Luxferprismenfenster 

zu  erreichenden  Helligkeitsgewinn.     (B.)      .     .     .     .     175 
Cohen,  B.,  über  Normalelemente.    (R.) 420 

Coehn,  A.,  Über  kathodiscbe  Polarisation  imd  Bildung 

von  Legierungen.     (N.) 190 

—  Über  elektrolytische  Darstellung  neuer  Legierungen. 
R. 


(R.) 


419 


'    Cranz,  C,  Anwendung  der  elektrischen  Momentphoto- 

graphie  auf  die  Untersuchung  von  Schusswaflen.   (B.)     272 

Crew,  H.  u.  B.  R.  Tatuall,  Ein  Laboratoriumshand- 
buch der  Physik,  (B.) 558 

Cuproverbindungen:  Ueber  die  Chemie  der — ,  v.  G.  Bod- 
lander. (R.) 417 

Czermak,    P.,  Über  Elektrizitätszerstreuung  bei  Föhn.     185 

CzudnochowBki,  W.  B.  v.,  Durch  Kathodenstrahlen 

erzeugte  Farbenringe  an  Krystallplatten,  11.      ...       82 

—  Eine  Beobachtung  einer  emp^ndlichen  Entladungsform 
in  Gasen 129 

—  Universal- Vakuumapparate  zu  Versuchen  über  elek- 
trische Entladungen  in  Gasen 366 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


Davis.  B.,  ühn  eine  kflniich  entdeckte  Erscheinung, 
welche  durch  stehende  Schallwellen  herrorgemrcn 
wird 

—  Einige  vorläufige  Versuche  Über  die  Bewegung  von 
Ionen  in  verladerlichen  Magnetfelde 

Deventer.  C.  M.  van,  Physik &1ische  Chemie  fUr  An- 
ßngCT.     (B.) 

Diiphn^rmen :  Ueber  das  Verhalten  der  —  während  der 
Elektrolyie  wässeriger  Salilösuniien,  v.  W.  Hittorf 
(R.) 

Dielektrika:  Zur  Frage  der  — ,  v.  J.  Kossonogoff    . 

Dielektrische  Poluisatioa:  Ein  Messappaiat  fUr  die  Er- 
scheinungeD  der  — ,  v.  F.  Maccarone 

DiflhnoosstTäme :  Über  die  sichtbare  Projektion  von  Kon- 
vektioni-  und  —  in  Gasen   und  Flüssigkeiten,    t,  F. 

Dimeniionaütit:    Die    gemeinsaiue   —   des  elektrischen 

Potentials   nnd    der  Obeiflfichenspannnng,   r.   N.  A. 

Hesehui    

DiipeisioDT  über  die  Doppellinien  im  Spektrum  der 
Cbromo Sphäre  nnd  ihre  Erklärung  aus  der  anomalen 
—  des  Photosphärenlichtes,  v.  W.  H.  Julius      ,     . 

-  Die  anomale  —  von  Nalriuindanipf.  v.  R.  W.  Wood  . 

Doktoringe  nieurdiplom 

Donati,  L:,  Elementare  Einleitung  in  die  Elektrotechnik 

(a) 

Doppel It ni en ;  Über  die  —  im  Spektrum  der  Cbromo- 
sphäre,  V.  A.  Schmidt 

Drehfeld  1  DastotiercndeMagnelfeld,  eineverallgemeinerle 
Methode  seiner  Eizeugnng  nnd  das  „ —  im  Räume" 
V.  J.   J.  T.  Chabot 

Drehschwingnng:  —  und  Ceotralscbwingungin  Beiiehung 
lU  Magnetismus  und  Elektriiilüt,  v.  M.  Möller,    (n!) 

Draaael,  Ii.,  Elementares  Lehrbnch  der  Physik  nach 
den  ncDeslen  Anschauungen  für  habere  Schulen  und 
mm  Selbslunterricht.  (B.) 

DUsieldoift  Chemischer  Fahrer  durch  die  Industrie-  u 
Gewerbe- Aasslellung —  190J,  »,  G.  Keppeler.   (B.) 

Djuamomeler:  Ueber  die  Anlifriktionslageiung  und  Über 
ein  —   für  kleine  Kiiße,  v.  J.  ],  T.  Chabot      .    , 


E. 

Ebert.  H.,  GaWanomelrische  Messung  des  elektrischen 
Ausgleichs   zwischen  den  loncnladungcn   der  Almo- 

sphSie  und  der  Ladung  der  Erdoberfläche  ....  338 

Edelmann,  H..  Ein  neuer  Schulkompensa tor     ...  465 

—  NenkoDsliuktiBtien  objektiver  Ablesevorrichtungen    .  525 
Eder,   J.  M.,  Jahrbuch  der  Photographie  und  Repro- 
duktion stech  nik  fUr   1901.     (B,) 196 

—  System  der  SensilometriepholograpbischerPlatten.fR.i  397 
ELs:  Das  speiifische  Gewicht  des  — ,  ».  H.  T.  Barnes.  81 
Eisen:  Ober  passives  — ,  v.  A.  Finkelstein.  (R.).  .  341 
Eisenoxyd:  Das  —  und  seine  Hydrate,  v.  O,  Ruft  (N,)  189 
Eilkalorimeter;  Zur  Kenntnis  des  — ,  v,  G.  Lindner.  237 
Elastische  Körper:  Eiperimenlal Untersuchungen  Über  die 


Elektrische  Konveklion:    Nochmals  über  die  Frage  des 

durch  die  —  erzeugten  Magnetfeldes,    t.  A.  Righi.     310 

—  über  die  Frage  des  durch  die  —  eneugteu  Magnet- 
feldes und  über  andere  ähnliche  Fragen,  r.  A.  Righi. 
(Vortrag! • 409.   449 

Elektrische  LeitungsfÜhigkeit:  Über  die  —  von  isolie- 
renden Flüssigkeiten  und  ihren  Mischungen,  1.  G. 
diCiommo 373 

Elektrische   Methoden:    über    die   IJedeutung    —    und 

Theorien  für  die  Chemie,  V.  W.  Nernsl.     (N.)  .     .       63 

Elektrische  Ofen:  Neue— von  Heraus,  v.  Haagn.    (R.)    416 

Elektrisches  Potential;  Die  gemeinsame  Dimensionali  tat 
des  —  und  der  Oberflächenspannung,  v,  N.  A.  He- 
"k"    •    •    •    ;, S«l 

Elektrischer  Strom:  VbtT  den  Durchgang  des  —  dnrcb 
ein  gasförmiges  Medium  im  Felde  rotierender  Mag- 
M»,  ..  ].).  T.  Cb.b.l 553 

Elektrische  Strömung:  Bemerkungen  lur  —  durch  hohe 

Vakua,  V.  J.  Stark 165 

Elektrisches  Teilchen;  Zur  Bewegung  eines  — im  elek- 
tromagnetischen Felde,  v.  E.  Riecke 182 

Elektrisches  Zerstreu ungsvermögen:  Beobachtungen  des 
—  der  Atmosphäre  und  des  Potenlialgefälles  im 
südlichen  Algier  und  an  der  KUste  von  Tunis,  v. 
A.  Gockel ao8 

Elektriiität :  Eiperimental Untersuchungen  Über — ,  IX.  bis 

XIII.  Reihe,  v.  M.  Faraday.     (B.) 558 

Elektriiititseneugung:  —  in  Fflanien,  v.  Cb.  Ries.     .     520 

Elektriiitätiterstreuung:  Ober  die  —  in  der  Luft,  v.  W. 

Loevy 106 

—  übet  —  bei  Föhn,  v.  P.  Czermak 185 

—  Beobachtungen  Über  —  in  verschiedenen  Beigeshöhen, 

..  W.   Cp.M S" 

Elektrochemie:  Jahrbuch  der  — .    (B.) 127 

Elektrochemische  Gesellschaft:  Bericht  Uberdie  IX.  Haupt- 
versammlung   der  Deutschen  —   in  WUrzburg   vom 
8.— 10.  Mai  1902,  V.  J.  Billitier.     (R.)     ....     414 
Elektrodenmetall:  Einfluss  des  —  auf  die  Anfangsrr^an- 

nung,  V.  J.  Stark 5Q4 

Elektrodynamische  Konvektion:  V.  Edm.  Hoppe.    (N-l       31 
Elektrolyse:    Die    —    wässriger   MetallsaUlösnngen,    v. 

Ed.  Jordis.     (B.) 101 

—  Ober  —  an  platinierten  Elektroden,  v.F.  Förster.  IR  )     4>7 
Elektrolyte:    über   den  Zustand   von   —  in   wässeriger 

Lösung,  V.   Hantisch.     (N.) 189 

Elektrolyt! sehe  Darstellung:  Über  —  neuer  Legierungen, 

..  A.  Co.hn.     (R.) ,19 

Elektrolytische  Dissoziation:  lonenenergie  gaslärmiger 
Elemente,  metallischer  Zustand,  Vorzeichen  der  — , 
V-  .1.  Stark 403 

Elektrolytische    Vorgänge:   Die  Wirkung   von   Schwere 

und  Druck  auf  die  — ,  v.  R.  R.  Ramsey  ....     177 

Elektromagnetische  Wirkung;  Die  —  von  bewegten  ge- 
ladenen Kugeln,  v.  Edw.  P.  Adams 41 

Elektrometer:  Ein  empfindliches  Aluminiumblalt ,  v. 

E.  Grimsebl 569 

Elektronen:    Die   Entwicklung   des   —  -begrifls,   v.  W. 

Kaufmann.     (N.) 9 

—  Zeemaneflekt  und ladung,  v.  E.  Riecke  .    .     .     406 

—  Über  uositive —.  Y.  W.  Wien.     (R.) 418 

g  in  die  -,    V.  I.. 

1*7 

;en    auf  Capri  nnd 

»94 

Verfahrens  lur  Ge- 
iver  StolTe  aus  der 

,305 

a  Erdboden  enthal- 

S74 

i,v.G. C.Schmidt.     475 
1    Standpunkte   des 

(x.l 70 

„.»Ben    ,.    ll,o,n- 

oiKlensators    durch 
V.  A.  üarbas^o,     18, 
..  V.  Koat.    .     .     S37 


VI 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


\ 


Seite 
Eatladungen :    Über   oszillatorische    — ,    L  Teil,    v.    A, 

Battelli  u.  L.  Magri 539 

Entladungsform :  Eine  Beobachtung  einer  empfindlichen 

—  in  Gasen,  v.  W.  B.  v.  Czudnochowski  .     .     .  129 
Entladungsröhren :  Notiz  über  Erkennung  von  Uudichtig- 

keitsstellen  an  — ,  v.  E.  Goldstein 153 

Erdbebenwellen:  —  I,  v.  W.  Schlüter 238 

Erdmann,  Über  gelbes  Arsen.     (N.) 188 

Erzwungene    Schwingung:    Schwebungen  bei  — ,   v.   E. 

Riecke 130 

Notiz  dazu 201 

Etzold,    IL,    Zeitbestimmung  mittels  des   Passage-In- 

strumentes.     (B.) 351 

Euxenerde:  über  die  — ,  v.  Hofmann.     (N.),     .     .     ,  189 


F. 

Fabry,  Ch.  u.  A.  Ferot,  Ein  neues  Modell  eines  In- 
terferenzapparates             5 

Fallmaschine:  Eine  neue  — ,  v.  J.  J.  T.  Chabot     .     .     489 

Faraday,  M.,  Experimentaluntersuchungen  über  Elek- 
trizität. DC.  bis  XIIL  Reihe.     (B.) 558 

Farbenlehre:    Einige  Aufgaben  der  Wellen-  und  —  des 

Lichts,  V.  L.  Pilgrim.     (B.) 248 

Farbenphotograpbie:  Aufnahmeapparate  für — ,  v.A. Hof- 
mann.    (B.) 126 

—  Direkte  —  durch  Körperfarben,  v.  R.  Neuhauss.  (R.)  223 
Fehrle,  K.,  Über  die  Radioaktivität  des  Thoriumoxyds.  130 
Ferromagnetische    Substanzen:    Wiedemannscher   Effekt 

bei  — ,  V.  K.  Honda  u.  S.  Shimizu 577 

Festigkeitslehre:  Beiträge  zum  dynamischen  Ausbau  der 

— ,  V.  A.  Sommerfeld 266,    286 

Finkelstein,  A.,  Über  passives  Eisen.  (R.)  ....  341 
Flammen:  Über  eine  einfache  Methode,  die  Temperatur 

leuchtender  —  zu  bestimmen,  v.  F.  Kurlbaum.     .     187 

—  Tönende  —    und telephonie,  v.  H.  Th.   Simon 

u.  M.  Reich.     (N.) 278 

—  Über  das  Reflexionsvermögen  von  — ,  v.  F.  Kurl- 
baum       332 

Flammenspektrum:  Über  Radiumbromid  und  sein — ,  v. 

F.  Giesel 578 

Flammentelephonie:    Tönende  Flammen  und  — ,    v.  H. 

Th.  Simon  u.  M.  Reich.     (N.) 278 

Fluoreszenz:    Über  —   -erregung   der  Kanalstrahlen  an 

Metalloxyden,  v.  W.  Wien 440 

Flüssige  Luft:  Experimentelle  Bestimmung  der  Ober- 
flächenspannung — ,  V.  L.  Grün  mach.     (N.).     .     .     217 

Föhn:  Über  Elektrizitätszerstreuung  bei  — ,  v.  P.  Czer- 

roaK ^^5 

Forch,  C,  Die  Änderung  des  Molekularvoluihs  gelöster 

Salze  mit  der  Temperatur 183 

—  Über  die  Wärmetönung  von  festem  und  flüssigem 
Naphtalin  in  verschiedenen  Lösungsmitteln  ....     537 

—  u.  G.  Kucera,  Über  das  optische  Brechungsverhält- 
nis einiger  Flüssigkeiten  bei  tiefen  Temperaturen     .     132 

Förster,  F.,  Über  Elektrolyse  an  platinierten  Elektro- 
den.    (R.) 417 

Frahm,  BL,  Neue  Untersuchungen  im  Schiff-  und  Schiffs- 
maschinenbau auf  der  Werft  v.  Blohm  &  Voss.    (N.)    481 

Funkenentladung:  Der  sogenannte  Übergangswiderstand 

der  — ,  V.  J.  Stark 507 

Funkenspektren:    Experimentaluntersuchungen    über  die 

— ,  V.  G.  A.  Hemsalech.     (B.) 351 


G. 

Garbasso,  A.,  Über  die  Entladungen  eines  Konden- 
sators durch  zwei  parallel  geschaltete  Drähte  .     .     .     384 

Gas:  Über  die  Wirkung  eines  Magnetfeldes  auf  das 
Leuchten  eines  verdünnten  —  rings  um  einen  Draht, 
welcher  an  einen  Induktorpol  angeschlossen  ist,  v. 
J.  Borgmann 433 

—  Das  Leuchten  eines  verdünnten  —  in  einer  Röhre 
rings  um  zwei  der  Röhrenachse  parallel  gezogene  und 


Seite 
an    einen  Induktorpol  angeschlossene  Drahte,    v.  J. 

Borgmann 5^5 

Gase:    Das    experimentelle  Studium    der  — ,    v.  M.  W. 

Travers.     (B.) 399 

Gauss-Archiv 400 

Qeitel,  H.,  Über  die  durch  atmosphärische  Luft  indu- 
zierte Radioaktivität.    (N.) .       76 

—  Über  die  Anwendung  der  Lehre  von  den  Gasionen 
auf  die  Erscheinungen  der  atmosphärischen  Elektrizität. 

(B.) ; 535 

—  u.  J.  Slster,  Beschreibung  des  Verfahrens  zur  Ge- 
winnung vorübergehend  radioaktiver  Stoffe  aus  der 
atmosphärischen  Luft 305 

Über  die  Radioaktivität  der  im  Erdboden  enthal- 
tenen Luft 574 

Qeitler,  J.  v..  Über  die  durch  Kathodenstrahlen  be- 
wirkte Ablenkung  der  Magnetnadel 257 

—  Über  Kathodenstrahlen.     (N.) 265 

Geometrische  Optik:  Lehrbuch  der  — ,  ▼.  A.  Gleichen. 

(B.)     .     .     .     .  , 584 

Qersohun,  AI.,   Über  gleichgerichteten  Wechselstrom.     249 
Bemerkungen  hierzu  v.  C.  Heinke 334 

Gewichtsänderungen:  Bemerkungen  zu  den  —  bei  che- 
mischer und  physikalischer  Umsetzung,  v.  A.  Heyd- 
weiller 425 

Qibbs,  J.  W.,  Elementare  Prinzipien  der  statistischen 
Mechanik,  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  ratio- 
nelle Begründung  der  Thermodynamik  entwickelt.  (B.)     582 

Giesel,   F.,    Über   radioaktive    Substanzen    und   deren 

Strahlen.     (B.) 351 

—  Über  Radiumbromid  und  sein  Flammenspektrum      .     578 
Gips:  Zinn,  —  und  Stahl  vom  physikalisch-chemischen 

Standpunkt,  v.  J.  H.  van't  Hoff.     (B.)     ....     398 

—  Über  — ,  V.  J.  H.  van't  Hoff.     (R.) 417 

Gleichen,  A.,  Lehrbuch  der  geometrischen  Optik.  (B.)     584 

Gleichgewicht:    Die   heterogenen  —  vom    Standpunkte 

der  Phasenlehre,  v.  H.  W.  B.  Roozeboom.     (B.) .     326 

Gockel,  A.,  Beobachtungen  des  elektrischen  Zerstreu- 
ungsvermögens der  Atmosphäre  und  des  Potentialge- 
falles  im  südlichen  Algier  und  an  der  Küste  von 
Tunis 208 

GoldBtein,   E.,  Über  die  durch  Strahlungen  erzeugten 

Nachfarben.     (N.) 149 

—  Notiz  über  Erkennung  von  Undichtigkeitsstellen  an 
Entladungsröhren 153 

Gradenwitz,  A.,  Über  eine  neue  Methode  zur  Bestim- 
mung von  Kapillarkonstanten  verdünnter  Salzlösungen.  329 

Grier,  S.  G.  u.  B.  Butherfbrd,  Magnetische  Ablenk- 

barkeit  der  Strahlen  von  radioaktiven  Substanzen     .  385 

Grimsehl,  S.,  Eine  zerlegbare  Tangentenbussole    .     .  462 

—  Ein  empfindliches  Aluminiumblatt-Elektrometer    .     .  569 

Grüneisen,  E.  u.  F.  Kohlrausch,  Über  die  durch 
sehr  kleine  elastische  Verschiebungen  entwickelten 
Kräfte.  (R.) 271 

Grunmach,  Ij.,  Volumenänderu^g  des  Quecksilbers 
beim  Übergang  aus  dem  starren  in  den  flüssigen  Zu- 
stand und  thermische  Ausdehnung  des  starren  Queck- 
silbers       134 

—  Experimentelle  Bestimmung  der  Oberflächenspannung 
flüssiger  Luft     (N.) 217 

Guillaume,  Ch.  Ed.,    Zu  „Das  Leben  der  Materie". 

(Briefkasten) 80 

—  Die  Meterkonvention  und   das  internationale  Bureau 

der  Gewichte  und  Masse.    (B.) 511 

Guldberg  u.  Waage:    Über  einige  Versuche  von  — ,    v. 

Mey  erhoffer.     (N.) 191 


H. 


416 
419 
191 


Haagn,  Neue  elektrische  Öfen  von  Heraus.     (K.)   .     . 

Haber,  F.,  Über  Aluminiumdarstellung.     (K.)      .     .     . 

Haga,  H.,  Über  den  Klinkerfuesschen  Versuch.     (N.) . 

Haloidsalze:  Über  künstliche  Färbung  von  Krystallen  der 
—  durch  Einwirkung  von  Kalium-  und  Xatrium- 
dampf,  V.  G.  C.  Schmidt I15 

Hazin,  J,,  Lehrbuch  der  Meteorologie.     (B.)  .     .     .     .     197 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


VII 


Seite 
Hantssch,   A.,    Über  den  Zustand  von  Elektrolyten  in 

wässeriger  Lösung.     (N.) 189 

—  Über  Strukturisomerie  bei  Salzen.    (R.) 414 

Hehl,  "N.f   Über  die  Dimensionen   der  Gebilde   an  der 

Kathode 547 

Heinke,  C,  Über  gleichgerichteten  Wechselstrom  .     .     334 
Helmert,  P.  B.,  Der  normale  Teil  der  Schwerkraft  im 

Meeresniveau.     (R.) 15 

Hemsaleoh,    G.  A.,  Experimentaluntersuchungen  über 

die  Funkenspektren.     (B.) 35 1 

Heraus,  H.,  Neue  Gefasse  aus  Quarz.     (R.) .     .     .     .     416 
Hesehus,  N.  A.,  Die  gemeinsame  Dimensionalität  des 

elektrischen  Potentials  und  der  Oberflächenspannung     561 
Heseldel,  A.,  Über  neue  Photographien  in  natürlichen 

Farben.     (N.) 194 

Heydweiller,    A.,    Bemerkungen    zu    den    Gewichts- 

Enderungen    bei  chemischer  und  physikalischer  Um« 

Setzung 425 

Hittorf,    W.,    Über    das    Verhalten    der   Diaphragmen 

während  der  Elektrolyse  wässeriger  Salzlösungen.  (R.)     414 
Hoff,  J.  H  van't.   Über  Reinigung  des  Trinkwassers 

durch  Ozon.    (R.) 416 

—  Zinn,  Gips  und  Stahl  vom  physikalisch-chemischen 
Standpunkt.     (B.) 398 

—  Über  Gips.     (R.) 417 

—  Vorlesungen  über  theoretische  und  physikalische 
Chemie.         i.  Heft.     (B.) 559 

Hoftnann,   A.,    Aufnahmeapparate    für    Farbenphoto- 

graphie.     (B.) 126 

Hofinann,  K.,  Über  die  Euxenerde.     (N.) 189 

Honda,  K.  u.  8.  Shimizu,  Längenveränderung  ferro- 
magnetischer  Drähte  von  infolge  Magnetisierung  bei 
konstanter  Spannung 378 

Wiedemannscher  Effekt  bei  ferromagnetischen  Sub- 
stanzen     577 

XL  8.  Ka8akabe,Vi^nderung  des  Elastizitätskoeffi- 
zienten ferromagnetischer  Substanzen  infolge  von 
Bfagnetisierung 380 

— Änderung  des  Torsionsmoduls  ferromagnetischer 

Substanzen  infolge  von  Magnetisierung 381 

Berichtigung  hierzu 424 

Hoppe,  !EMm.,  Elektrodynamische  Konvcktion.     (X.)  .       31 

—  Naturforschung  und  Technik,     (N.) 51 

Hübl,   A.  V.,    Die  Entwicklimg    der  photographischen 

Bromsilber-Gelatineplatte     bei     zweifelhaft    richtiger 

Exposition.     (B.) 247 

Hydraulische  Bindemittel:  Zur  Erhärtungstheorie  der  — , 

▼.  K.  Zulkowskl     (B.) 349 

Hygrometrie :  Versuch  über  die  — ,  2.  Heft,  v.  H.  B.  de 

Saussure.     (B.) 424 


I. 

Induktorien:  Elektrolytische  Vorschaltzelle  für  den  Be- 
trieb von  —  bei  Wechselstrom,  v.  E.  Knoblauch.       46 

Ingenienrlaboratorium :  Das  —  der  K.  Technischen  Hoch- 
schule Stuttgart,  V.  C.  V.Bach 23 

Berichtigimg  dazu 5^ 

Interferenz:  Ein  neues  Modell  eines apparates,  v.  A. 

Perot  u.  Ch.  Fabry 5 

Interferenz-Photo-  und  Pyrometer:  Ein  Photometer  zur 
Messung  der  Helligkeit  benachbarter  Teile  einer 
Fliehe  — ,  V.  O.  Lummer 219 

Interferenzspektroskop :  Die  planparallelen  Platten  als  — , 
V.  O.  Lummer.     (N.) 172 

^tcrferometer:    Über  die  Formen  der  von  dem  Michel- 
sonschen  —  gelieferten  Kurven,  v,  J.  C.  Shedd      .       47 
Berichtigung  dazu 80 

Internationales    Bureau:    Die    Meterkonvention    und  das 

—  der  Gewichte  und  Masse,  v.  Ch.  Ed.  Guillaume. 

,    (B.) S" 

Ionen:   Die  Geschwindigkeit    der  von   heissen    Drähten 

ausgehenden  — ,  v.  C.  D.  Child 158,    336 

—  Einige  vorläufige  Versuche    über  die  Bewegung  von 

—  im  veränderlichen  Magnetfelde,  v.  B.  Davis   .     .     275 
lonenbeweglichkeiten :    Apparat    zur  Demonstration  und 

Bestimmung  von  — ,  v.  R.  Ab  egg iio 


Seite 
lonenbeweglichkeiten :  Eine  neue  Methode  zur  direkten  Be- 
stimmung von  —  in  wässerigen  Lösungen,  V.R.  Ab  egg. 

(N'O 124 

lonenenergie :  —  gasförmiger  Elemente,  metallischer  Zu- 
stand, Vorzeichen  der  elektrolytischen  Dissoziation, 
V.  J.  Stark 403 

lonengeschwindigkeiten :  Notiz  über  polare  Unterschiede 
bei  Spitzenentladuiigen  und  die  Verhältnisse  der  — , 
V.  K.  V.  Wesendonk 45 

lonenladungen :  Galvanometrische  Messung  des  elek- 
trischen Ausgleichs  zwischen  den  —  der  Atmosphäre 
und  der  Ladung  der  Erdoberfläche,  v.  H.  Ebert     .     338 

Ionen-Theorie:  Die  Bedeutung  der  —  für  die  physiolo- 
gische Chemie,  v.  Th.  Paul.     (N,) 28 

Ionisation :  Erregte  Radioaktivität  und  in  der  Atmosphäre 

hervorgerufene  — ,  v.  E.  Rutherford  u.  S.  J.  Allen.     225 


J. 

Jäger,  W.,  Über  Normalelemente.    (R.) 415 

Jahrbuch  der  Chemie.     (B.) 125 

Jahrbuch  der  Elektrochemie.     (B.) 127 

Jahrbuch    fUr    Photographie    und   Reproduktionstechnik 

für  das  Jahr  1901.     (B.) 196 

Jahresbericht,  Astronomischer.     (B.) 151 

Janus-System,  Das  — .     (R.) 579 

JohaoneBon,  Physikalische  Mechanik.  (B.)  ....  38 
Johnson,  EL  IL,  Einige  Bemericungen  über  den  Wehnelt- 

sehen  Unterbrecher 105 

Jones,  H.  C,  Die  Elemente  der  physikalischen  Chemie. 

(B.) 534 

Jordis,    Ed.,    Die  Elektrolyse  wässnger   Metallsalzlös- 
ungen.    (B.) loi 

—  Über  Kieselsäure.  Alkali- und  Erdalkalisilikate.  (R.)  .     420 
Julius,    W.  H,    über    die  Doppellinien  im  Spektrum 
der  Chromosphäre  und  ihre  Erklärung  aus  der  ano- 
malen Dispersion  des  Photosphären lichtes   ....     154 


Kahlbaum,    G.  W.   A.,    Über  Metalldestillation    und 

über  destillierte  Metalle.     (N.) 32 

Kalorische  Maschine :  Der  Mensch  als  —  und  der  zweite 

Hauptsatz,  v.  K.  Schreber 107 

Bemerkungen  hierzu,  v.  N.  Zuntz 184 

Antwort  hierzu,  v.  K.  Schreber 261 

Kämmerer,  O.,  Die  Erhaltung  der  Energie  vom  Stand- 
punkte des  Ingenieurs.     (N.) 70 

Kanalstrahlen:    Über    Fluoreszenzerregung    der    —     an 

Metalloxyden,  v.  W.  Wien 440 

Kapillarkonstanten:  Über  eine  neue  Methode  zur  Be- 
stimmung von  —  verdünnter  Salzlösungen,  v.  A. 
Gradenwitz 329 

Katalyse:  Über  — ,  v.  W.  Ostwald.     (N.) 313 

Kathode :  Über  die  Dimensionen  der  Gebilde  an  der  — , 

V.  N.  Hehl 547 

Kathodenfall:  Das  Gesetz  des  —,  v.  J.  Stark     .     .     .       88 

—  Über  die  Beziehung  zwischen  —  und  Stromstärke,  v. 

J.  Stark 274 

Kathodenrauro :    Über   die    freie  Elektrizität  im  dunklen 

— ,  V.  A.  Wehnelt 501 

Kathodenstrahlen:    Durch    —    erzeugte  Farbenringe    an 

Krystallplatten,  II,  v.  W.  B.  v.  Czudnochowski  82 

—  Über  die  Phosphoreszenz  unter  dem  Einflüsse  von  — 

und  von  ultraviolettem  Lichte,  v.  A.  Seh  maus s      .       85 

—  Über  die  chemische  Wirkung  der  — ,  v.  G.  C.  S  c  h  m  i  d  t.     114 

—  Über  die  Reflexion  der  — ,  v.  J.  Stark      ....     l6l 

—  Geschichtliches    zur  Erklärung   der  Zerstreuung  der 

— ,  V.  J.  Stark 235 

—  Über  die  durch  —  bewirkte  Ablenkimg  der  Magnet- 
nadel, V.  J.  V.  Geitler 257 

—  Über  — ,  V.  J.  v.  Geitler.     (N.) 265 

—  t^r  —  -reflexion  bei  schiefer  Incidenz,  v.  J.  Stark     368 

—  Über  die  chemischen  Wirkungen  der  — ,  v.  G..C. 
Schmidt 474 

—  Abhängigkeit  der  Absorption,    welche  —   in    einem 


VIII 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


Seite 
dünnen  lUättchen  erleiden,  vom  Eutladungsputential, 
V.   W.  Seitz 552 

Kathodisch  leuchtend:    Die  Spektren   —   Metalldämpfe, 

V.  P.  Lewis , 498 

Kathodische    Polarisationen:     Über    —     in    verdünnter 

Schwefelsäure,  v.  J.  Tafel.    (R.) 419 

Kaufmann,   W.,    Die  Entwicklung  des  Elektronenbe- 
griffs.    (X.) 9 

Kellner,  BL,  Das  Verhalten  von  Chlor  u.  Brom  unter 

dem  Einflüsse  dunkler  elektrischer  Entladungen.    (R.)    416 

Kempf-Hartmann,  B.,  Notiz  über  die  Wärmeabgabe 

eines  dünnen  Drahtes  in  einer  ausgepumpten  Glasröhre.     109 

Kennelly,  A.  S.,  Der  neue  Edison-Akkumulator.  (R.)     344 

Keppeler,  G.,  Chemischer  Führer  durch  die  Industrie- 

und  Gewerbe-Ausstellung  Ddsseldorf  1902.     (B.)       .     423 

Kieselsäure:  Über  — ,  Alkali-  u.  Erdalkalisilikate,  v.  E. 

Jordis.  (R.) 420 

Kleiber,   J.,    I^ehrbuch    der  Physik  fUr  humanistische 

Gymnasien.     (B.) 127 

Klinkerfuesscher  Versuch:    Über  den   — ,  v.  H.  Haga. 

(N.) 191 

Knietsch,  R.,  Über  die  Schwefelsäure  und  ihre  Fabri- 
kation nach  dem  Kontaktverfahren.     (R.)    .     .     .     .     340 

Knoblauch,  E.,  Elektrolytische  Vorschaltzelle  für  den 

Betrieb  von  Induktorien  bei  Wechselstrom  ....       46 

—  Briefkastennotiz  dazu 104 

Kohlenwasserstoffe:    Die    —    1851 — 1901,    v.  M.   Bcr- 

thelot.     (B.) 126 

Kohlrausch,  F.,  Lehrbuch  der  praktischen  Physik.  (B.)     326 

—  u.  E.  Grüneisen,  Über  die  durch  sehr  kleine  elas- 
tische Verschiebungen  entwickelten  Kräfte.     (R.)      .     271 

Kolloidale  Lösungen:  Über  — ,  v.  R.  Zsigmondi.  (R.)  421 
Kompass:  Der  Schiffs-  — ,  v.  H.  Mcldau 323 

—  Die  Ablenkung   des  —  an  Bord  der  Eisenschiffe,  v. 

H.  Meldau 391 

—  Die  Kompensation  des  Schiffs-  — ,  v.  H.  Meldau  .  554 
Kompensator:  Ein  neuer  Schul- — ,  v.  M.  Edelmann.  465 
Kondensator:  Über  die  Entladungen  eiAes  —  durch  zwei 

parallel  geschaltete  Drähte,  v.  A.  Garbasso.  .  .  384 
Konen,  F.,  Spektra  der  Entladungen  in  Flüssigkeiten  537 
Kontaktverfahren:  Über  die  Schwefelsäure  und  ihre  Fa- 
brikation nach  dem  — ,  v.  R.  Knietsch.  (R.)  .  .  340 
Konvektion :  Elektrodynamische  — ,  v.  E  d  ra,  H  o  p  p  e.  (N.)  31 
Konvektionsströme :  Über  die  sichtbare  Projektion  von 
—  und  Diffusionsströmen  in  Gasen  und  Flüssigkeiten, 

V.  P.  Lewis 377 

Koppe,  K.,  Anfangsgründe  der  Physik.  (B.) ....  327 
Körperfarben:  Direkte  Farbenphotographie  durch  — ,  v. 

R.  Neuhauss.     (R.) 223 

KoBSOnogofT,  J.,  Zur  Frage  der  Dielektrika  .  .  .  207 
Krüss,  H.,  Stereoskope  fUr  grosse  Bilder 361 

—  Die  Verwendung    des    elektrischen    Bogenlichtes    in 
Projektions-  und  Vergrösserungsapparaten    ....     428 

Kuoera,  G.  u.  C.  Forch,  Über  das  optische  Brechungs- 
verhältnis einiger  Flüssigkeiten  bei  tiefen  Temperaturen.     1 32 
Kugellager:  —  für  beliebige  Belastungen,  v.  Stribeck. 

(R.)    •    •    •    V 245 

Kurlbaum,  F.,  Über  eine  einfache  Methode,  die  Tem- 
peratur leuchtender  Flammen  zu  bestimmen  .     .     187 

—  Über  das  Reflexions  vermögen  von  Flammen  .  .  .  332 
Kusakabe,  8.,  K.  Honda  u.  B.  Bhlmisu,  Veränderung 

des  Elastizitätskoeffizienten  ferromagnetischer  Substan- 
zen infolge  von  Magnetisierung 380 

—  Aendening  des  Torsionsmoduls  ferromagneti- 
scher Substanzen  infolge  von  Magnetisierung  .     .     .     381 
Berichtigtmg  hierzu 424 

Küster,  F.  W.,  Über  Sulfide  und  Polysulfide.     (X.)    .     189 

—  Über  das  elektrochemische  Verhalten  des  Schwefels. 

(R.) 416 


L. 

Lafay,  A.,  Experimentaluntersuchungen  über  die  Defor- 
mationen bei  der  Berührung  elastischer  Körper.   (R.)     245 

liOCher,  E.,  Über  drahtlose  Telegraphie 273 

Legierungen :  Über  elektrol>'tische  Darstellung  neuer  — , 

V.  A,  Coehn.  (R.) 419 


Seile 
Ijemström,    8.,    Über    die    Messung    der    elektrischen 

Ströme  der  Atmosphäre  durch  Spitzenapparate.  (R.)  396 
Leuchten:    Über   die  Wirkung   eines    Magnetfeldes    auf 

das  —  eines  verdünnten  Gases  rings  um  einen  Draht, 

welcher   an  einen  Induktorpol  angeschlossen  ist,    v. 

J.  Borgmann 433 

—  Das  —  eines  verdünnten  Gases  in  einer  Röhre  rings 
um  zwei  der  Röhrenachse  parallel  gezogene  u.  an 
einen  Induktorpol  angeschlossene  Drähte,  v.  J.  Borg- 
mann      565 

Lewis,  P.,  Über  die  sichtbare  Projektion  von  Konvek- 
tions-  und  Diflusionsströmen  in  Gasen  und  Flüssig- 
keiten           ....     377 

—  Die  Spektren    kathodisch  leuchtender  Metalldämpfe.     498 
Lichteinheit:  Das  mechanische  Äquivalent  der  — ,  v.  K. 

o 

Angström 257 

Lichterscheinungen:  Über  durch  Beugung  und  verwandte 
Ursachen  in  den  Dünsten  der  rauchenden  Schwefel- 
wie  Salpetersäure  hervorgerufene  — ,  v.  K.  v.  Wesen- 
donk 459 

liiebenow,  C,    Über  die  Anwendung  der  Fuchsschen 

Methode  in  der  Akkumulatorenpraxis.     (R.)    .     .     .     420 

Lindner,  G ,  Zur  Kenntnis  des  Eiskalorimeters  .     .     .     237 

Looser,  Versuche  aus  der  Wärmelehre  und  verwandten 

Gebieten  mit  Benutzung  des  Doppelthermoskops.   (B.)     346 

Lösungen:    Die    spezifische  Wärme    von  — ,    die    keine 

Elektrolyte  sind,  II.,  v.  W.  Fr.  Magie 21 

—  Über  die  Zähigkeit  einiger  — ,  welche  sich  aus  or- 
ganischen Substanzen  zusammensetzen,  v.  C.  Schall       62 

—  Die  Elektroljrse  wässriger  Metallsalz-  — ,  v.  E.  J  o  r  - 
dis.   (ß.) loi 

—  Über  eine  neue  Methode  zur  Bestimmung  von  Ka- 
pillarkonstanten verdünnter  Salz-  — ,  v.  A.  Grade n- 
witz 329 

—  Über  das  Verhalten  der  Diaphragmen  während  der 
Elektrolyse  wässeriger  Salz-  — ,  v.  W.Hit torf.  (R.)     414 

—  Über  kolloidale  — ,  v.  R,  Zsigmondi     (R.)      .     .     421 

Loevy,  W.,  Über  die  Elektrizitätszerstreuung  in  der  Luft.     106 

LÜdeling,  Q.,  Ergebnisse  10  jähriger  magnetischer  Be- 
obachtungen in  Potsdam 203 

Luft:  Die  — ,  ihre  Zusammcnsetiung  und  Untersuchung, 
ihr  Einfluss  und  ihre  Wirkungen  sowie  ihre  tech- 
nische Ausnutzung,  v.  H.  Blücher.     (B.)   ....       39 

—  Experimentelle  Bestimmung  der  Oberflächenspannung 
flüssiger  — ,  v.  L.  Grunmach.     (N.) 217 

—  Über  eine  Eigentümlichkeit,  welche  Dämpfen  durch 
X —  mitgeteilt  wird,  v.  F.  Campanile  u.  G.  di 
Ciommo 382 

—  Über  die  Radioaktivität  der  im  Erdboden  enthaltenen 

— ,  V.  J.  Elster  u.  IL  Geitel 574 

Luftelektrische  Messungen:  —  aufCapri  und  Spitzbergen, 

V.  J.  Elster.     (N.) 194 

Luftelektrische  Zerstreuung:  Bemerkung  über  die  Messung 

der  —  bei  Ballonfahrten,  v.  R.  Börnstein     .     ,     .     408 

Luftfahrten:  Theoretische  Betrachtungen  über  die  Er- 
gebnisse der  wissenschaftlichen  —  des  deutschen 
Vereins  zur  Förderung  der  Luftschifl*ahrt  in  Berlin, 
V.  W.  V.  Bezold.     (B.) 422 

Luftfeuchtigkeit:  Zur  Ermittelung  der  —  durch  Psychro- 
meter, V.  J.  Schubert     (N.) 120 

Luftschlieren:  Über  —  und  Zonenfehler,   v.  K.  Strehl.     238 

Lumineszenz:  —  bei  tiefen  Temperaturen,  v.  J.  Precht     457 

Lummer,  O.,  Die  planparallelen  Platten  als  Interferenz- 
spektroskop.    (N.) 172 

—  Ein  Photometer  zur  Messung  der  Helligkeit  benach- 
barter Teile  einer  Fläche  (Interferenz-Photo-  und 
Pyrometer).     (N.) 219 

—  u.  E.  Fringsheim,  Temperaturbestimmung  mit  Hilfe 

der  Strahlungsgesetze.     (N.) 97 

Zur  Temperaturbestimmung  von  Flammen  .     .     .     233 

Luther,  IL,  Ueber  Normalelemente.    (R.) 4^5 

—  Reduktionen  an  der  Anode.     (R.) 420 

Luxferprismenfenster :  Untersuchungen  über  den  durch  — 

zu  erreichenden  Helligkeitsgewinn,  v.  J .  C 1  a  s  s  e  n.  (B.)     1 75 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


IX 


Seite 

M. 

Maccarone,    F.,    Ein  Messapparat    für    die    Erscheiu- 

ungen  der  dielektrischen  Polarisation 57 

Magie,  W.  Pp.,  Die  spezifische  Wärme  von  Lösungen, 

die  keine  Elektrolyte  sind.  IL    .......     .       21 

Magnetfeld:    Das   rotierende    — ,    eine   verallgemeinerte 

Methode   seiner  Erzeugung   und    das  „Drehfeld   im 

Räume",  v.  J.  J.  T.  Chabot 215 

Magnetische  Beobachtungen:    Ei^ebnisse   lO jähriger  — 

in  Potsdam,  v.  G.  Lüdeling 203 

Magnetisierung:     Längenveränderung    ferromagnetischer 

Drähte    infolge  von  —  bei  konstanter  Spannung,   v. 

K.  Honda  u.  S.  Shimizu 378 

—  Veränderung  des  Elastizitätskoeffizienten  ferromagne- 
tischer   Substanzen   infolge  von  — ,    v.  K.  Honda, 

S.  Shimizu  u.  S.  Kusakabe 380 

—  Änderung  des  Torsionsmoduls  ferromagnetischer  Sub- 
stanzen infolge  von  — ,  v.  K,  Honda,  S.  Shimizu 

u.  S.  Kusakabe 381 

Magnetisierungszahlen:  —  seltener  Erden,  v.  St,  Meyer.       87 

Magnetostriktion:  Über  —  von  Krystallen  ohne  Hystercsis, 
V.  S.  Sano 401 

Kagri,    Ii.  u.  A.  Battelli,   Ober   oszillatorische  Ent- 

ladungen.    (L  Teil) 539 

Marooni,    Q.,   Die  Fortschritte   der  -  drahtlosen  Tele- 

graphie.    (R.) 532 

Martin,    W.    u.  W.   H.   Bookwell,   Chemistry   and 

Physics.     (B.) I03 

Mathematik:  Bericht  über  die  Entwicklung  des  Unter- 
richtsbetriebes in  der  angewandten  —  an  den  deut- 
schen Universitäten,  v.  P.  Stäckel.     (N.)  ....      92 

Mechanik:  Physikalische  — ,  v.  Johanneso n.     (B.)      .       38 

—  Elementare  Prinzipien  der  statistischen  — ,  mit  be- 
sonderer   Rücksicht    auf   die    rationelle  Begründung 

der  Thermodynamik  entwickelt,  v.  J.  W.  Gibbs.   (B.)     582 

Mechanisches  Äquivalent:  Das  —  der  Lichteinheit,  v.  K. 
o 
Angström 257 

Moldau,  H.,  Der  Schifiskompass 323 

—  DieAblenkung  des  Kompasses  an  Bord  der  Eisenschiffe.     391 

—  Die  Kompensation  des  Schiffskompasses  .  •  •  >  554 
Meniskusänderungen :  Darstellung  der  —  gesättigt-dampf- 

fbrmiger  Substanzen,  v.  V.   Blaess 115 

Mensch :  Der  —  als  kalorische  Maschine  und  der  zweite 

Hauptsatz,  v.  K.  Schreber 107 

Bemerkimgen  hierzu,  v.  N.  Zuntz 184 

Antwort  an  N.  Zuntz,  v.  K.  Schreber  ....  261 
Metalldämpfe:  Die  Spektren  kathodisch  leuchtender  — , 

V.  P.  Lewis 498 

Metalldestillation:  Über  —  und  über  destillierte  Metalle, 

V.  G.  W.  A.  Kahlbaum.     (N.) 32 

Meteorologie:  Lehrbuch  der  — ,  v.  J.  Hann.  (B.)  .  .  197 
Meteorologische  Optik:  — ,  v.  J.  M.  Pernter,  (B.)  .  .  398 
Meterkonvention:  Die  —  imd  das  internationale  Bureau  der 

Gewichte  und  Masse,  v.  Ch.  Ed.  Guillaume.  (B.)  511 
Metrisches   System:    Das  —  der  Gewichte  und  Masse, 

V.  G.  Bigourdan.    (B.) 509 

Meyer,  St.,  Matfnetisierungszahlen  seltener  Erden  .  .  87 
Meyerhoffer,    Über  einige  Versuche  von  Guldberg  u. 

Waage.    (N.) 191 

Miethe,    A.,   Lehrbuch   der  praktischen  Photographie. 

(B.) 399 

Molekularrefraktion:  Die  —  fester  Körper  in  Lösungen 

mit  verschiedenen  Lösungsmitteln,  v.  M.  Rudolph  i. 

(R) .; 421 

Molekularvolum:    Die   Änderung    des  —   gelöster  Salze 

mit  der  Temperatur,  v.  C.  Forch 183 

Möller,  M.,  Dreh-  und  Centralschwingung  in  Beziehung 

zu  Magnetismus  und  Elektrizität.     (N.) 216 

Momentphotographie :    Anwendung    der  elektrischen  — 

auf  die  Untersuchung  von  Schusswaffen,  v.  C.  C  r  a  n  z. 

(B.) 272 


N. 

Xidl&rben:    Über  die  durch  Strahlungen  erzeugten  — , 

IVSt  GoU^tein.     (N.) 149 


Seite 
Naphtalin:  Über  die  Wärmetönung  von  festem  und  flüs- 
sigem —  in  verschiedenen  Lösungsmitteln,  v.  C.  F  o  r  c  h  537 
Natriumdampf:    Die  anomale  Dispersion  von  — ,    v.  R. 

W.  Wood 230 

Natur  und  Schule.     (B.) 535 

Naturforscher  u.  Ärzte :  Die  73.  Versammlung  Deutscher  — .  39 

—  Die  II.  Versammlung  russischer  — 56 

Naturforschung  und  Technik,  v.  E.  Hoppe.    (N.)     .     .  51 

Navigation:  Lehrbuch  der  — ,  vom  Reichsmarineamt  (B.)  37 

Neeaen,  F.,  Zur  Blitzableiterfrage.    (N.) 136 

Nemst,  W.,  Über  die  Bedeutung  elektrischer  Methoden 

und  Theorien  für  die  Chemie.     (N.) 63 

Neuhauss,  R.,  Direkte  Farbenphotographie  durch  Kör- 
perfarben.   (R.) 223 

Nobel-Komitees 176 

Norddeutscher  Lloyd:  Die  schiffbautechnische  Versuchs- 
abteilung des  —  in  Bremerhaven,  v.  J.  Schütte     .  353 

Nordlichter:    Norwegische    Expedition  von  1899—1900 

zur  Erforschung  der  — ,  v.  Kr.  Birkeland.     (B.)   .  loi 

Normalelemente:  Über  — ,  v.  W.  Jäger.     (R.)     .     .     .  415 

—  Über  — ,  V.  R.  Luther.    (R.) 415 

—  Über  — ,  V.  E.  Cohen.     (R.) 410 


o. 


Oberflächenspannung:  Experimentelle  Bestimmung  der  — 

flüssiger  Luft,  v.  L.  Grunmach.     (N.) 217 

—  Die    gemeinsame    Dimensionalität    des    elektrischen 
Potentials  und  der  — ,  v.  N.  A.  Hesehus      .     .     .     561 

Optical  Journal:  The  British  — ,  v.  A.  C.  Brookes.  (B.)     327 
Optik:  Lehrbuch  der  geometrischen  — ,  v.  A.  Gleichen. 

(B.) 584 

—  Meteorologische  — ,  v.  J.  M.  Pernter.    (B.)      .     .     398 

Ostwald,  W.,    Die  wissenschaftlichen  Grundlagen  der 

analytischen  Chemie.     (B.) lOi 

—  Über  Katalyse.     (N.) 313 

Oszillatorische   Entladungen:    Über   —  (L  Teil),   v.    A. 

Battelli  u.  L.  Magri 539 

Ozon:    Über  Reinigung    des  Trinkwassers  durch  — ,    v. 

H.  J.  van't  Hoff.     (R.) 416 


P. 


Faul,  Th.,   Die  Bedeutung  der  Ionen-Theorie    für  die 

physiologische  Chemie.     (N.) 28 

Pernter,  J.  M.,  Meteorologische  Optik.     (B.)    .     .     .     398 

Perot,    A.    u.  Ch.  Fabry,    Ein    neues    Modell    eines 

Interferenzapparates 5 

St.  Petersburg:  Mitteilungen  aus  dem  physikalischen  In> 
stitute  der  Universität  —  (Direktor:  J.  Borgmann). 
No.  i:  W.  Loevy,  Über  die  Elcktrizitätszerstreuung 

in  der  Luft 106 

No.  2:  J.  Borgmann,  Über  die  Wirkung  eines  Mag- 
netfeldes auf  das  Leuchten  eines  verdünnten  Gases 
rings  um  einen  Draht,  welcher  an  einen  Induktor- 
pol angeschlossen  ist 433 

No.  3:  J. Borgmann,  Das  Leuchten  eines  verdünnten 
Gases  in  einer  Röhre  rings  um  zwei  der  Röhrenachse 
parallel  gezogene  und  an  einen  Induktorpol  ange- 
schlossene Drähte 565 

Pettenkofer,  M.  v.,  Über  Ölfarbe  und  Konservierung 
der  Gemälde-Galerien  durch  das  Regenerationsver- 
fahren.    (B.) 424 

Phasenlehre :  Die  heterogenen  Gleichgewichte  vom  Stand- 
punkte der  — ,  V.  H.  W.  B.  Roozeboom.     (B.)     .     326 

Phosphor:  Über  die  Emanation  des  — ,  v.  G.  C.  S c  h  m  i  d t     475 

Phosphoreszenz:  Über  die  —  unter  dem  Einflüsse  von 
Kathodenstrahlen  und  von  ultraviolettem  Lichte,  v. 
A.  Schmauss 85 

Photochemische  Solarisation:  —  als  Entwicklungsphä- 
nomen, V.  J.  Precht 426 

Photographie:  Aufnahmeapparate  für  Farben-  — ,  v.  A. 

Hofmann.     (B.) 126 


X 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


Seite 

Photographie:  Objektive   und  Hilfsapparate   fiir  — ,  von 

Voigtl&nder  &  Sohn,  A.-G.,  Braunschweig.    (B.)      .     126 

—  Jahrbuch  fiir  —  und  Reproduktionstechnik  für  das 
Jahr  1901.     (B.) 19^ 

—  Direkte  Farben-  —  durch  Körperfarben,  v.  R.  Neu- 
hauss.     (R.) 223 

—  Taschenbuch  der  praktischen  — ,  v.  E.  Vogel.  (B.)     352 

—  Lehrbuch  der  praktischen  — ,  v.  A.  Miethe.    (B.) .     399 
Photographien:  Über  neue  —  in  natürlichen  Farben,  v. 

A.  Hesekiel.     (N.) 194 

Photographische  Linsensysteme :  Über  einige  Eigenschaften 

— ,  V.  R.  Sissingh.     (B.) .     .     34^ 

Photographische  Platten:    System  der  Sensitometric   — , 

V.  J.  M.  Eder.  (R.) .     .     .     :     397 

Photographische    Systeme:    Brennweitenbestimmung  bei 

— ,  V.  J.  Precht.     . 5^5 

Photographische  Wirkung:  Über  die  —  von  Silber  und 

Halbbromsilber  in  Bromsilber-Emulsion,  v.  E.  Baur 

u   Th.  Portius 491 

Photometer:  Über  ein  —  zur  Messung  der  Helligkcits- 

verteilung  in  einem  Räume  ohne  Zuhilfenahme  einer 

Zwischenlichtquelle,  v.  J.  Classen.    (N.)    ....     137 

—  Ein  —  zur  Messung  der  Helligkeit  benachbarter 
Teile  einer  Fläche  (Interferenz-Photo-  und  Pyrometer), 

V.  O.  Lummer.     (N.) 219 

Photosphärenlicht:  Über  die  Doppellinien  im  Spektrum 
der  Chromosphäre  und  ihre  E^rklärung  aus  der  ano- 
malen Dispersion  des  — ,  v.  W.  H.  Julius     .    .     .     154 
Physik:  —  und  Chemie,  v.  W.  Martin  u.  W.  H.  Rock- 
well.   (B.) 103 

—  Lehrbuch  der  —  ftlr  humanistische  Gymnasien,  v.  J, 
Kleiber.     (B.) 127 

—  Cours  ^lenientaire  de  — ,  v.  M.  Chassagny.    (B.)  .     151 

—  Lehrbuch    der   praktischen  — ,  v.  F.  Kohl  raus  eh. 

(B.) 326 

—  Anfangsgründe  der  — ,  v.  K.  Koppe.     (B.)     .     .     .  327 

—  Die  Fortschritte  der  —  im  Jahre  1899.     (B.J  .     .     .  347 

—  Die  Fortschritte  der  —  im  Jahre  1900.     (B.J ...  347 

—  Die  Fortschritte  der  —  im  Jahre  1902.     (B.)  .     .     .  348 

—  Elementares  I^hrbuch  der  — ,  nach  den  neuesten 
Anschauungen  für  höhere  Schulen  und  zum  Selbst- 
unterricht, V.  L.  D  res  sei.    (B.) 536 

—  Ein  Laboratoriumshandbuch  der  — ,  v.  H.  Crew  u. 

R.  R.  Tatuall.     (B.) 558 

Physikalisch-mechanisches  Institut:  Mitteilungen  aus  dem 
—,  V.  Prof.  Dr.  M.  Th.  Edelmann, 

No.  I:  M.  Edelmann,  Ein  neuer  Schulkompensator    465 
No.  2:  M.  Edelmann,  Neukonstruktionen  objektiver 
Ablesevorrichtungcn 525 

Pilgrim,  Ii.,  Einige  Aufgaben  der  Wellen-  und  Farben- 
lehre des  Lichts.     (B.)       248 

Pisa:  Mitteilungen  aus  dem  physikalischen  Institute  der 
Universität  —  (Direktor:  A.  Battelli). 
No.  10:  A.  Battelli,    Über   das   Boylesche  Gesetz 

bei  sehr  niedrigen  Drucken 17 

No.  II:    F.  Maccarone,   Ein  Messapparat  f!lr  die 
Erscheinungen  der  dielektrischen  Polarisation  ...       57 
No.  12:    A,  Battelli  u.  L.  Magri,  Über  oszillato- 
rische Entladungen.     (L  Teil) 539 

Planparallele  Platten:  Die  —  als  Interferenzspektroskop, 

V.  O.  Lummer.     (\.) 172 

Platner,  Q.,  Die  Mechanik  der  Atome.     (B.)      .     .     .     127 

Pockels,  F.,  Weitere  Beobachtungen  Über  die  magne- 

tisierende  Wirkung  von  Blitzentladungen      ....       22 

Polarisation:  Über  kathodische  —  und  Bildung  von  Le- 
gierungen, V,  A.  Coehn.    (N.) 190 

Polarlichtbeobachtungen : — in  Göttingen,  v.  E.  W  i  e  c  h  e  r  t     365 

Portius,  Th.  u.  £.  Baur,  Über  die  photographische 
Wirkung  von  Silber  und  Halbbromsilber  in  Brom- 
silber-Emulsion      491 

Potential:    Elektrische  Doppelschicht  und  absolutes  — , 

V.  J.  Billitzer.     (R.) 420 

Potentialgefalle:  Beobachtungen  des  elektrischen  Zer- 
streuungsvermögens der  Atmosphäre  und  des  —  im 
südlichen  Algier  und  an  der  Küste  von  Tunis,  v.  A, 
Gockel 208 

Präzisionsinstrumente:  Die  französische  Industrie  der  — . 
(B.) 535 


Seite 

Precht,  J.,  Photochemische  Solarisation  als  Entwick- 
lungsphänomen      426 

—  Lumineszenz  bei  tiefen  Temperaturen 457 

—  Brennweitenbestimmung  bei  photographischen  Sy- 
stemen      5 '5 

Pringsheim,  B.  u.  O,  Lummer,  Temperaturbestim- 
mung mit  Hilfe  der  Strahlungsgesetze.     (N.)    ...       97 

Zur  Temperaturbestimmung  von  Flammen  .     .     .     233 

Projektion:  Anleitung  zur  —  photographischer  Aufnahmen 
und  lebender  Bilder  (Kinematographie),  v.  H.  S  c  h  m  i  d  t. 
(B.) , 398 

Projekttons-  und  Vergrösserungsapparate ;  Die  Verwendung 

des  elektrischen  Bogenlichtes  in  — ,  v.  H.  Krüss   .     428 

Psychrometer:  Zur  Ermittelung  der  Luftfeuchtigkeit  durch 

— ,  V.  J.  Schubert.    (N.) .     120 

Pyrometer:  Ein  Photometer  zur  Messung  der  Helligkeit 
benachbarter  Teile  einer  Fläche  (Interferenz-Photo- 
und  — ),  V.  O.  Lummer.     (N.) 219 


Q 

Quarz:  Neue  Gef^e  aus  — ,  v.  H.  Heraus.     (R.) .     .     41Ö 
Quecksilber:    Volumenänderung    des  —  beim  Übergang 
aus  dem  starren  in    den  flüssigen  Zustand  und  ther- 
mische Ausdehnung  des  starren  — ,  v.  L.  Grün  mach.     134 


R. 


Radioaktive  Stoffe:  Beschreibung  des  Verfahrens  zur 
Gewinnung  vorübergehend  —  aus  der  atmosphärischen 
Luft,  V.  J.  Elster  u.  H.  Geitel 305 

Radioaktive  Substanz:  Über  —  und  deren  Strahlen,  v. 

F.  Giesel.     (B.) 351 

—  Magnetische  Ablenkbarkeit  der  Strahlen  von   — ,    v. 

E.  Rutherford  u.  S.  G.  Grier 385 

—  Sehr  durchdringende  Strahlen  von  — ,  v.  E.  Ruther- 
ford   517 

—  Über  die  radioaktive,  im  Uranpecherz  vorkommende 
„flüchtige  Substanz**,  v.  O.  Behrendscn.     .     .     .     572 

Radioaktivität:  Über  die  durch  atmosphärische  Luft  in- 
duzierte — ,  V.  H.  Geitel.     (N.) 76 

—  Über  die  —  des  Thoriumoxyds,  v,  K.  Fehrle    .     .     130 

—  Übertragung  erregter  — ,  v.  E.  Rutherford  .     ,     .     210 

—  Erregte  —  und  in  der  Atmosphäre  hervorgerufene 
Ionisation,  v.  E.  Rutherford  u.  S.  J.  Allen     .     .     225 

—  Versuche  über  erregte  — ,  v.  E.  Rutherford     .     .     254 

—  Über    die  —  der  im  Erdboden  enthaltenen  Luft,   v. 

J.  Elster  u.  H.  Geitel 574 

Radiumbromid :   Über  —  und    sein    Flammenspektmm, 

V.  F.  Giesel 578 

Radiumchlorid:  Über  das  Vorhandensein  von  reflektier- 
baren Strahlen  in  der  von  einer  Mischung  von  — 
und  Baryumchlorid  ausgesandten  Strahlung,  v.  Th. 
Tommasina , 497 

Ramsey,    B.    B.,    Die    Wirkung    von    Schwere    und 

Druck  auf  die  elektrolytischen  Vorgänge     ....     177 

Reflexion :  —  und  Refraktion  mittels  einer  natürlich  ge- 
krümmten Fläche,  zwecks  Demonstration  geometrisch- 
optischer Grunderscheinungen,    v.  J»  J.  T.  Chabot     33 1 

Reflexionsvermögen:    über    das  —  von  Flammen,  v.  F. 

Kurlbaum 332 

Refraktion:  Reflexion  und  —  mitteb  einer  natürlich  ge- 
krümmten Fläche,  zwecks  Demonstration  geometrisch- 
optischer Grunderscheinungen,    v.  J.  J.  T.  Chabot,     331 

Regenerationsverfahren:  über  Ölfarbe  und  Konservierung 
der  Gemälde-Galerien  durch  das  — ,  v.  M.  v.  Petten- 
kofer.     (B.) 424 

Reich,  M.  u.  H.  Th.  Simon,  Tönende  Flammen  und 

Flammentelephonie.     (N.) 278 

Reichsmarineamt,  Lehrbuch  der  Navigation.     (B.)      ,     .       37 

Rieoke,  B.,  Schwebungen  bei  erzwtmgener  Schwingung.     130 
Notiz  dazu 20l 

—  Zur  Bewegung  eines  elektrischen  Teilchens  im  elektro- 
magnetischen Felde 182 


Physikalische  Zeitächrift.     3.  Jahrgang. 


Bt«il)te,  E..  Zeemaneffekt  und  Elektronen lailung  ,  .  406 
Bisa.  Ch,  KlektriiilStseriEugung  in  Pflanien  .  .  .  .  $lo 
Kighl,    A.,    Nochmals   über   die  Fra|p;  des  durch  die 

elektrische  KonTektion  erzeuKlen  Miguetreldes     .     .     310 

—  Cbct  die  FraKe  des  durch  die  elekirische  Konveklioix 
cneugteii  Msigoel Feldes  und  über  aiidiire  ähnliche 
FriKen.      (Vortrag) 409,     44g 

Rtsohbietb,  Demoasitation.    (N.) 190 

Ristanpart,  Fr.,  Veneichnis  von  336  SlerokaUlogen. 

(K-) 399 

Kockwell,    W.    H,    u.  W.  Martin,    Chemistry   and 

Physics.     IB.) 103 

Röntgenausstellung:  Bericht  über  die  auf  der  —  der  73. 
Versammlunj;  deutscher  Naturforscher  und  Ärile  ia 
Hamburg  ausgestellten  Apparate,  T,  B.Walter.   (N.)     241 

Köntgensttahlen;  Über  die  Haga- und  Windscheo  Beug- 
ungsversuche mit  — ,  T.  B,  Walter.     (N.) .     .     .     .      137 

Rooseboom,  H.  W.  B.,  Die  heterogenen  Gleichge- 
wichte vom  Standpunkte  der  Phasenlehre.     (B.)   .     .     316 

Rowland,  A  ,  Herausgabe  seiner  Werke 400 

Budolphl,  HL.,   Die  Molekularrefraklion  fester  Körper 

in   LösuQgen  mit  verschiedenen  Lösungsmitteln.   (R.)     an 

Bnff,  O.,  Das  Eisenoxyd  und  seine  Hydrate.     (N.).      . 

Böhmer,    B.,    t^er  die  Empfindlichkeit  und  Trägheit 

voD  Scleniellen 468 

Bonge,  C,  Über  den  Zeemaneffekt  der  Serienlinien     .     44r 

Rntherford,  £.,  Cbertragung  erregter  Radioaktivität  .     aio 

—  Versuche  über  erregte  R.idioaktivität 254 

—  Sehr  durchdringende  Strahlen  von  radioaktiven  Sub- 
^'"«n 517 

—  u.  B.  J.  Alles,  Enegte  Radioaktivität  utid  in  der 
Atmosphäre  hervorgerufene  Ionisation 115 

—  u.  8.  G.  Orler,  Magnetische  Ablenkbarkeit  der 
Strahlen  von  radioaktiven  Substanien 385 


Salzlösungen:  Die  Elektrolyse  wässriger  Metall-  — ,  v.  E. 
J°'<i"-  (B.) 

—  tTber  eine  neue  Methode  zur  Bestimmung  von  Kapil- 
larkonstanten  verdünnter  ^,  v.  A.  Gradenwiti     .     . 

—  Über  das  Verhallen  der  Diaphragmen  während  der 
Elektrolyse  wässeriger  — ,  v.  W.  Hittorf.     |R.) .     . 

B&no,  8-,  Über  Magnetostriktion  von  Krystalleii  ohne 
"y>."'esis 

BAueanre,  H.  B.  da.  Versuch  über  die  Hygrometrie. 
2.  Heft     IB.) 

Sollall,  O.,  Über  die  Zihigkeit  einiger  Lösungen,  welche 
sich  aus  orKaolschen  Substanzen  zusammensetzen 

Schallwellen:  Ober  eine  kürr.iich  entdeckte  Erscheinung, 
welche  durch  stehende  —  hervorgerufen  wird,  v, 
B.  Davis 

Schiffbau:  Neue  Untersuchungen  im  —  und  Schlffs- 
maschinenbau  auf  der  Werft  von  Blohm  &  Voss,  v, 
H.  Frahm.    (N.) 

Schiffbautechnische  Veriuchsabtcilung:  Die —  des  Nord- 
deutschen  Lloyd  in  Bremerhaven,  v.  J.  Schütte 

Schiffskompiss:  Der  — ,  v.  H.  Meldau 

—  Die  Kompensation  des  — ,  v.  H.  Meldau  .     .     .     .      1 

Bctalüter,  W.,  Erdbeben  wellen.    I : 

BohmauaB,    A.,    Über   die  Phosphoreszenz  unter  dem 

Einflüsse  von  Kathodenstrahlen  und  von  ultraviolettem 

Lichte 

Bohmidt,  A.,  über  die  Do]i]iellinien   im  Spektrum  der 

Bcbmidt,  O,  C.  Über  die  chemische  Wirkung  der 
Kathodenstrahlen 1 

—  Über  künstliche  Färbung  von  Krystallen  der  llaloid- 
salze   durch  Einwirkung   von  Kalium-  und  Nalrium- 


I  Sau 

I    Scbreber,    K.,    Der  Mensch    als    kaloriäche   Maschine 

j  und  der  zweite  Hauptsatz 107 

I  Bemerkung  hierin  v.  N.  Zuntz i^ 

I    — ,  Antwort  an  N.  ZanU I6i 

Schubart,  J.,  Der  Wärmeaustausch  im  festen  Erdboden, 

in  Gewässern  und  in  t'er  Atmos]ihäre.     iS.)    ...     117 
—  Zur  Ermittelung  der  Luftfeuchtigkeit  durch  Psychro- 
meter.    (N.) 120 

SchusswatTen:  Anwendung  der  elektrischen  Moment- 
photographic  auf   die  Untersuchung   von  — .   v.  C. 

Ct>». -7» 

Sobütte,  J.,  Die  schiffbaulechnische  Versuchsableilung 

des  Norddeutschen  Lloyd  in  Bremerhaven  ....  353 
Sohwarse,  W.,  Ober  die  Wärmeleitung  des  Argons  .  164 
Schwebungen:    —    bei  erzwungener  Schwingung,   v.  E. 

Rieeke 130 

Notiz  dazu 301 

Schwefel:  Ober  das  elektrochemische  Verhalten  des  — , 

V.  F.  W.  Küslcr.     (R.) 416 

Schwefelsäure:    über  die  —  und  ihre  Fabrikation  nach 

dem  Kontaktverfahren,  v.  R.  Knietsch.  (R.)  .  .  340 
Schwerkraft:  Der  normale  Teil  der  — im  Meeresniveau, 

V.  F.  R.  Helmert.     (R.) 15 

Seit«,  W,,  Abhängigkeit  der  Absorption,  welcheKathoden- 
strahlen    in   einem    dünnen  BIStIchen  erleiden,   vom 

Entladun^potential $$3 

Selenzellen:   über  die  Empfindlichkeit  und  Trägheit  von 

— ,  v.  E.  Ruhmer 468 

Bbedd,  J.   C,  Über  die  Formen  der  von  dem  Michel- 

sonschen  Interferometer  gelieferten  Kurven  ....       47 

HerichtiguQg  dazu 80 

BhlroiEU,  S.  u.  K.  Honda,  Llngenverändemng  ferro- 
ma^netischer  Drähte  infolge  von  Magnetiaierung  bei 

konstanter  Spannung 378 

Wiedemannscher    Effekt    bei    ferromagnetischen 

Substanzen S77 

u.  8.  Eueakabe,    Veränderung  des  Elastiiitäts- 

koeffitienten     ferromagnetischer    Substanzen    infolge 

von  Magnetisierung 3S0 

— Änderung  des  Torsionsmoduls  ferromagnetischer 

Substanzen  infolge  von  Magnetisierung 3S1 

Berichtigung  hierzu 414 

Blmon,  H.  Th.  u.  M.  Raioli,  Tönende  Flammen  und 

Flammentelephonie      (N.) 178 

BiSBingb.B.,  Über  einige  Eigenscbaftenphotographischer 

Linsensyslemc.     (IS.1 346 

Solarisalion:   Pholocheraische   —  als  Entwicklungsphä- 

nomen,  v.  J,  Brecht 426 

Sommarfeld,    A.,    Beiträge  zum  dynamischen  Ausbau 

der  Festigkeitslehre  (Vortrag) 266,     286 

Spektra:    —   der   Entladungen   in    Flüssigkeiten,    v.   P. 

Konen 537 

Spektren:  Die  —  kathodisch  leuchtender  Metalldämiife, 

V.  P.  Lewis 498 

S]ieiitisches    Gewicht;    Das    —    des    Eises,    v.   H.    T. 

Barnes 81 

Spezifische   Wärme:    Die   —  von  Lösungen,    die   keine 

Elektrolyts  sind,  II.,  v.  W.  Fr,  Magie 11 

Spitzenentla<)uDgen:  Notiz  Über  giolare  unterschiede  bei 
^  und  die  Verhältnisse  der  lonengeschwindigk eilen. 
V.  K.  V.  Wesen  donk 45 

—  Notiz  über  —  durch  Teslastiüme,  v.  K.  v.  Weseu- 
donk 462 

Stachel,  F.,  Bericht  über  die  Entwicklung  des  Unter- 
richlsbetriebes  in  der  angewandten  Mathematik  an 
den  deutschen  Universitäten.     |N.I 92 

Stahl:  Zinn,  Gi]<s  und  —   vom  physikalisch -chemischen 

Standpunkt,  v.  J.  H.  van't  Hoff.     iB.I       .     .     .      .     39S 

Stark,  J..  Da.s  Ge^ieli  des  Kalhodenfalls U 

—  Über  die  Reflexion  der  Kathodensirahlen     ....      161 

—  Hemerkungen  zur  elektrischen  Strömung  durch  hohe 

—  16S 

ir  Erklärung  der  Zerstreuung  der 
»35 

mg  zwischen  Kathoden  fall  und 
274 

ihlreücxion  bei  schiefer  Incideuz  .     368 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


Btark,  J.,  loaenener^e  ga-irörmiger  Elemcnle,  metallischer 

ZustAnd,  Vorieicheo  der  elektrolytUchen  Dissoziation     403 

—  Einflu.ss    des   Eleklrodenmelallcs    auf   die   Anfan^- 
s]>a]iaua^ 504 

—  Der   sogenannte    Übergant^widerstand   der  Funken- 
eatladuQg J07 

Stereoskope:  —  TUr  KTOsse  Kilder,  v.  H.  KrUss  ...  361 
Stemkataloge :    Verieichnis  von  336  — ,   v.  F.  Risten- 

pa"-     (B-1 399 

Strahiungsge^ietie:  Temperalurbestimmung  mit  tlilfe  der 

— ,  V.  O.  Lummer  u.  E.  Pringsheim.  (N.|  .  ,  97 
Strahtungsinduktion :  Cber  — ,  v.  Th.  Tommasina  .  49J 
Strebl,  K.,  BrieUcastenDotii 40 

—  Über  Lu fisch lieren  und  Zonenfehler 238 

Btrtbeok,  Kugellager  ftlr  beliebige  Itelastungen.  (R.)  145 
Strukturisometie:  über  —  bei  Saiten,  v.  A.  Hantisch. 

(R) «14 

Stuttgart:  Das  Ingenieurlaboratorlum  der  K,  Tecllnischen 

Hochschule  — ,  v.  C.  ».  Bach 23 

Berichtigung  daiu 56 

Sulfide:  t'ber  — und  Pol^sulfide,  v.  F.  W.  Küster.    (N.)  1^9 
Ssily.  C.  V.,   Zugversuche   mit  auf  inneren  Druck  be- 
anspruchten Röhren.     (R.) 343 


Tafal,  J..  Über  kathodische  Polarisationen  in  verdünnter 

Schwefelsäure.    (R.) 419 

Tangenten bussole:  Eine  zerlegbare — ,  v.  E.  Grimsehl.    461 
Tatuall,   R.   B.   u.    H.   Crew,    Ein    Laboiatoriums- 

handbach  der  Physik.    (B.) 558 

Technik:  Naturforschung  und — ,  v.  Edm.  Hoppe.  (N.)       Jl 
Taiohmüller,   J.,    Über  die  Gremen   der  graphischen 

liehandlung  der  Wechselstromprobleme 441 

Telegraphie:  Über  drahtlose  — ,  v.  F.  Braun.     (N.)     .      143 

—  Übet  drahtlose  — ,  v.  E.  Lecher 273 

—  Die  Forlschritte  der  drahüoseo  — ,  v.  G.  Marconi. 

(R.) SJa 

Telephonie:  Tönende  Flammen  und  Flammen ,  v.  H. 

Th.  Simon  u.  M.  Reich.    (N,l 278 

Temperatur:   —  .bestiramung  mit  Hilfe  der  Strahlungs- 

gesetze,   v.  O,  Lummer  u.  E.  Pringsheim.     (N.l      97 

—  Über  einen  Apparat  lur  photometrischen  Messung 
hoher  ~,  V.  H.  Wanner 112 

—  Über  das  optische  Brechungsverhällnis  einiger  Flüssig- 
keiten  bei   liefen  — ,    v,  G.  Kucera  u.  C.  Forch.     132 

^  Über    eine    einfache    Methode,    die   —    leuchtender 

Flammen  lu  bestimmen,  v,  F.  Kurlbaum      ...     187 

™  Zur  —  -bcstimmung  von  P'lamnien,  v.  O.  Lummer 

u.  E,  Pringsheim 233 

—  Luminesieni  bei  riefen  — ,  v,  J,  Prechl     ....     457 
Teslaslrömei  Norii  über  Spitienentladungen  durch  ^,  v. 

K.  V.  Wesendonk 462 

Thermodynamik  1   Das  Verhältnis  der  chemischen  Kinetik 

lut  — ,  V.  Wegscheider.     (N.) 191 

—  Elementare  Prinzipien  der  statistischen  Mechanik,  mit 
besonderer  Rflcksicht  auf  die  rationelle   Begrilndung 

der  —  entwickelt,  v.  J.  W.  GJbbs.    (B.)  ....     382 
Thermosko]>:   Versuche   aus    der  Wärmelehre   und  ver- 
wandten   Gebieten    mit   Benutzung   des  Doppel-  — , 

^-  Looser  (li.) 346 

Thonnmoiyd:    Über   die    Radioaktivität   des  — ,   v.  K. 

Fehrle 130 

Tammaalua,  Th.,  Über  Strahlunj^ Induktion  ....    495 

—  Über  das  Vorhandensein  von  reflektierbaren  Strahlen 
in  der  von  einer  Mischung  von  Radium-  und  Barynni- 
chlorid  ausgesandten  Str.thlung 497 

l'orsionsmodul;  Änderung  des  —  ferromagnetischer  Sub- 
stanzen infolge  von  Magnetisierung,  v,  K.  Honda. 
S.  Shimizu  u.  S.  Kusakabe 381 

TraVB«,    M.   W.,    Da,s    experimentelle    Studium    der 

Gase.     (B.l 399 

Trinkwasser:  Über  Reinigung  des  —  durch  Dion,  v.  H. 

J.  van't  Hoff.     (K.j 416 


u. 

Überkaltung:  Über  die  —  der  Flüssigkeiten,  v.  P.Bach - 

metjew.     IN.j  195 

Ultraviolettes  Licht;  tber  die  Phosphoreszenz  unter  dem 

Einflüsse   von  Kathodenstrahlen    und  von   — ,   v.  A. 

Schmauss 85 

Unterbrecher:  Einige  Bemerkungen  flberdcuWebneltschen 

— ,  V.  K.  R.  Johnson 105 

Untertichtsbetrieb:  Bericht  über  die  Entwicklung  des — 

in    der   angewandten  Mathematik    an  den  deutschen 

Universitäten,  V.  P.  Stäckel.     (N.) 92 

L'ianpecberi ;  Ober  die  radioaktive,  im  —  vorkommende 

„flüchtige  Substanz",  v.  O.  Behrendsen  ....     573 


V. 

Vakuumapparate;  Universal zu  Versuchen  über  elek- 
trische Entladungen  in  Gasen,  v.  W.  B.  v.  Ciud- 
nochowski 3« 

Veclor  Analysis:   — ,  v.  E.  B.  Wilson.     (B.|  ....     347 

VergTÖsserungsapparate:  Die  Verwendung  de»  elektrischen 

Bogeobchtes  in  Projeklions-  und  —,  v.  H.  Krüss  ,     428 

Versammlung:   Die   73,  —  deutscher  Naturforscher  und 

Arite ■     ■     ■     ■      39 

—  Die  II.  —  russischer  Naturforscher  und  Arzte     ,     .       56 
Vogel,  E.,  Taschenbuch  der  jiraklischen  Photographie. 

(B.) ^S^ 

Voigtländer  S:  Sohn,  A.-G.,  Braunschweig,  Objektive  und 

Hilfsapparate  für  Photographie,     (lt.] 126 

VorlesungEverreichms Wintersemester  I90l/oz(Nachträee} 

39.  S*.      80 

—  Sommersemester  1902 301 

—  Winteiaemester  1902/03 586 

Votschläge:  —  für  eine  neue  Einteilung   der  Kapitel  in 

den  „Fortscbrillen  der  Phjrsik." 559 


w. 

Waage  und  Galdberg;  Über  einige  Versuche  von  — ,  v. 
Meyerhotfer.     (N.j 

Waobsmuth,  B.,  Die  innere  Wärmeleitung  in  Flüssig- 
keiten. IN.) 

Walter,  B.,  Über  die  Haga-  und  Windschen  Beugungs. 
versuche  mit  Röntgenslrahleo.     (N.) 

—  Ein  photographischer  Apparat  zur  genaueren  Analyse 
des  Blitzes.     (N.) 

—  Bericht  über  die  auf  der  Röntgenausstellung  der  73. 
Versammlung  deutscher  Naturlorscher  und  Arzte  iu 
Hamburg  ausgestellten  .Apparate.     (N.l 

Wtmner,  H.,  Über  einen  Apparat  zur  photo metrischen 
Messung  hoher  Temperaturen 

Wärmeabgabe:  Notiz  über  die  —  eines  dünnen  Drahtes 
in  einer  ausgepumpten  Glasröhre,  v,  R.  Kem  p  f ■ 
Hartmann 

Wärmeaustausch  t  Der  —  im  festen  Erdboden,  in  Ge- 
wässern und  in  der  Atmosphäre,  v.  J.  Schubert. 
(N.) 

Wärmelehre:  Versuche  aus  der  —  und  verwandten  Ge- 
bieten   mit    Benutzung    des    Doppel Ihermoskops,    ». 

Wärmeleitung:  Die  innere  —  in  Flüssigkeiten,  v.  K. 
Wachsmuth.     (N.) 

—  Über  die  —  des  Argons,  v.  W.  Schwane     .     .     . 
Wärmetönung:    Über   die  —  von   festem  und  flüssigem 

Naphtalln    in   verschiedenen   Lösungsmitteln,    v.   C. 

Forch   

Wechselstrom:    Üb"  "i-i^K™^„k..,..„  _    .    Ai    r.-r. 

schun     .     .     . 

Bemerkungen  h 
W  ech  sei  stnimprobl 

Behandlung  dei 
W0KBch«id«r.  D 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


XIII 


Seite 

Welmelt>    A.,    Über  die  freie  Elektrizität  im  dunklen 

Kathodenraume 501 

Wchneltscher  Unterbrecher:    Einige  Bemerkungen    über 

den  — ,  V.  K.  R.  Johnson 105 

Weigert,  Über  das  Calciumsulfat  und  die  Umwand- 
lungsbedingungen von  Gips  und  Anhydrit.     (N.).     .     190 

Wellenlehre:    Einige  Aufgaben  der  —  und  Farbenlehre 

des  Lichts,  v.  L.  Pilgrim.     (B.) 248 

Wesendonk,  K.  V.,  Notiz  über  polare  Unterschiede 
bei  Spitzenentladungen  und  die  Verhältnisse  der 
loncngesch  windigkeiten 45 

—  Über  durch  Beugung  und  verwandte  Ursachen  in  den 
Dünsten  der  rauchenden  Schwefel-  wie  Salpetersäure 
hervorgerufene  Lichterscheinungen 459 

—  Notiz  über  Spitzenentladungen  durch  Teslaströme  .  462 
WTieatstonc-Brücke :  —  mit  Schleif  draht  und  regelbarem 

Vorschaltwidcrstand,  v.  Th.  Bruger 374 

Widerstand:    Über   den    Mechanismus    des   —   flüssiger 

Medien,  v.  Fr.  Ahlborn.     (N.) 120 

Wieohert,  B.,  Polarlichtbeobachtungen  in  Göttingen.  365 
Wiedemannscher  Efl"ekt:  —  bei  ferromagnetischen  Sub- 

stajizen,  v.  K.  Honda  u.  S.  Shimizu 577 

Wien,  W..  Ober  positive  Elektronen,     (R.)     ....  418 

—  Über  Fluoreszenzerregung  der  Kanalstrahlen  an  Metall- 
oxydcn 440 

Wilson,  B.  B.,  Vector  Analysis.     (B.) 347 

Witt,    O.  N.,    Die  chemische  Industrie  auf  der  Inter- 
nationalen Weltausstellung  zu  Paris  1900.    (B.)    .     .  247 
Wohliwrill,  Über  das  Zerfallen  der  Anode.     (N.)     .     .  190 
Wood,  B.  W.,  Die  anomale  Dispersion  von  Natrium- 
dampf       230 


Seite 


X. 


X-Luft:  Über  eine  Eigentümlichkeit,  welche  Dämpfen 
durch  —  mitgeteilt  wird,  v.  F.  Campanile  u.  G. 
di  Ciommo 382 


z. 

Zacbarias,  J.,  Die  Akkumulatoren  zur  Aufspeicherung 
des  elektrischen  Stromes,  deren  Anfertigung,  Ver- 
wendung und  Betrieb.     (B.) 3S^ 

Zeemaneflekt :  —  und  Elektronenladung,  v.  Ed.  Riecke.  406 
—  Über  den  —  der  Serienlinien,  v.  C.  Runge.  .  .  441 
Zeitbestimmung:  —  mittels  des  Passage-Instrumentes,  v. 

R.  Etzold.     (B.) 35' 

Zinn:  — ,  Gips  und  Stahl  vom  physikalisch-chemischen 

Standpunkt,  v.  J.  H.  van't  Hoff.     (B.)      ....     398 
Zonenfehler:  Über  Luftschlieren  und  — ,  v.  K.  Strehl.     238 
Zsigmondi,  B.,  Über  kolloidale  I^sungen.     (R.)    .     .    421 
Zugfestigkeit:   Weitere  Versuche  über  die  Abhängigkeit 
der  —  und  Bruchdehnung  der  Bronze  von  der  Tem- 
peratur, V.  C.  V.  Bach.     (R.) 395 

Zugversuche:    —  mit  auf  inneren  Druck  beanspruchten 

Röhren,  v.  C.  v.  Szily.     (R.) 343 

Zulkoweki,  K.,  Zur  Erhärtungstheorie  der  hydrau- 
lischen Bindemittel.     (B.) 349 

Zuntz,   N.,    Der  Mensch   als  kalorische  Maschine  und 

der  zweite  Hauptsatz 184 

Antwort  hierzu  von  K.  Schreber 261 


Namensverzeichnis  der  „Personalien", 


?v 


Abbe.     152.  304.  352.  ' 
Abegg.     352. 
Abc     400.  I 

Ambronn.    176.  424.     ' 
Arendt.     400. 
Arndt.     488.  { 

Ayrton.     104. 
Bach.     328. 
Beckmann.    272.  488.  | 
Bchn.     56. 

Behring.     176.  1 

Bemtbsen.  56. 
Berthelot  104. 
Berti.     104.  I 

Bohlroann.     104. 
Boltzmann.    352.  376. 
Bosscha.     128. 
Bredig.     16. 
Bninck.    5^^« 
Bülow.    400. 
Camerer.    536. 
Cantor.  104.  400.  424. 

512. 
Cemnka.     104. 
Coehn.     586. 
Conu.    352.  I 

Dttfie.    400. 

176. 

3<H.  I 

.376.  , 


Döring.     488. 
Du  Bois.     152.  536. 
Eigenfeld.     104. 
Erdmann.     56. 
Eschenhagen.     104. 
Ettner.     488. 
Fagnart.     80. 
Faguart.     176.   224. 
Faye.     488. 
Feist.    424.  488. 
Felix.     104. 
Fischer.     176. 
Fittig.     176. 
Franz.     104. 
Frentzcl.     376.  . 
Fröhlich.     304. 
Fuchs.     376. 
Gadamer.     512. 
Galle,     80.   104. 
Garibaldi.     488. 
Geer,  van.     352. 
Gegeubauer.    488. 
Gibbs.     104. 
Gintl    536. 
Gleichen.    488. 
Grassroann.     152. 
Grimm.     104. 
Guldberg.     224. 
Gutbier.     248. 
Haber.     400. 
Haga.     104. 
HaUer.     128. 
Hammerl.     224. 
Haentzschel.     272. 
Kanus.     586. 


Hart     104. 
Hartmann.     512. 
Hasenklever.     104. 
Haun.     3$2. 
Hausdorff.     1 76. 
Haussner.     272.  424. 
Heinrich.     352. 
Henge.    224. 
Herzig.     424. 
Heun.     200. 
Hcyl.     560. 
Hilbert.    488. 
Hillebrand.    488. 
Himstedt.    400. 
Hittorf.     176.  200. 
Hoff,  van't    176.    352, 

400. 
Hofmann.     488.  536. 
Hohenner.     328. 
Jahnke.     152. 
Johnstorff.     400. 
Julius.    400. 
Kammerer.     40. 
Kelvin.     488. 
Knoblauch.     200. 
Kobold.     272. 
Köhler.     104. 
Kohlschütter.  304. 424. 
Kolatschek.     512. 
Kolster.     104. 
Konen.    536. 
König.     80. 
Köthner.     200. 
Kowalewski.    80. 
Kowalski.     512. 


Krazer.    560. 
Kriemler.    488.  586. 
Kühling.     176. 
Kunckell.     104. 
Kutta.     352.  376. 
Laar.     536. 
Landolt     128. 
Lasker.     1 52. 
Lehmann.    488. 
Liebermann.     272. 
Linde,  O.     104. 
Linde,  P.  v.    104.  488. 
Liveing.     104. 
Lossier.     376. 
Löwy.     488. 
Lummer.     176. 
I^utz.     56. 
Macadam.     488. 
Macher.     104. 
Mai  er,     248. 
Marconi.     56. 
Martens.     56. 
Matthiessen.     1 52. 
Mayendorf.     272. 
Meigen.     104. 
Menschutkin.     352. 
Meyer,  E.     200.  586. 
Meyer,    O.    E.     104. 

128. 
Mie.     128. 
Minkowski.    488. 
Moser.     128. 
Müller,  E.     56  304, 
Müller,  R.    104. 
Nagel.     104. 


Nencki.     80. 
Neumann,  B.     56. 
Neumann,  E.    56.  128. 
Obergethmann.     352. 
Oser.     104. 
Pagel.     104. 
Papperitz.     104. 
Paul.     328.  400. 
Pauly.     152. 
Pechmann.     352.  400. 
Perger.     176.  272. 
Pemet    248. 
Peschka.     104. 
Piccard.     248. 
Poincarö.     104. 
Precht     16. 
Prcy.     586. 
Pringsheim.     104. 
Prudhomme.     1 76. 
Puy.     586. 
Radakovic.     512. 
Radiger.    328. 
Radinger.     152. 
Rassow.     176. 
Rau.     128. 
Rayleigh.    488. 
Reichel.     40. 
Reinganum.     80. 
Reissert.    488. 
Reithoffer.     104. 
Röntgen.     176. 
Roos.    488. 
Rose.     328. 
Rost     104. 
Rothmund.     512. 


V 


XIV 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang. 


Rüdorff.     56. 
Ruff.     176. 
Rupp.     104. 
Schaufelberger.     152. 
Schiebel.     176. 
Schiffber.     352.  488. 
Schmidt,  A.     512. 
Schmidt,  O.    560. 
ScholU.    536. 
Schorr.     176. 
Schröder.     488. 
Schulz.     104. 
Schulz,  F.  A.  512.  536. 
Schulze.     80. 


Schumacher.     272. 
Schtissler.     328, 
Schwanert.    456. 
Schwarzschild.  56.424. 
Seares.     128. 
Simonis.     304. 
Slaby.     200.  488. 
Sommer.     56. 
Sonne.     152. 
Spiegel.     536. 
Stahlschmidt.     104. 
Suida.     536. 
Tafel    560. 
Tambor.     176. 


Tapla.     128. 
Tauber.     488. 
Täuber.     248. 
Thiele.     224.  328. 
Thoms.    4^8. 
Timerding.     400. 
Tottoczko.     56. 
Trabert.     128.  488. 
Traifbe.     328. 
Ulbricht.     176. 
Valentiner.    400. 
Vater.     56. 
Veesenmeyer.     80. 
Virag.     80. 


Vongerichten.     424. 
Vorländer.     424. 
Warburg.     176. 
Weber.    456.  488. 
Weddige.    456. 
Wedelund.    400, 
Weeren,     200. 
Wegscheider.    488, 
Weiss.     248. 
Wellstein.    424. 
Werner.     488. 
Wibel.     400. 
Wien,  W.    586. 
Wind.   536. 


Winkler.     272. 
Winkler,  Cl     512. 
Winkler,  L.     560. 
Wislicenus.    488. 
Witt     272. 
Wolf.     16.  104.  536. 
Wolffenstein.     176. 
Wüst.     56. 
Zahradnäc.     272. 
Zehnder.     1 76. 
Zeissig.     152. 
Zieglcr,     272. 


Physikalische  Zeitsch 


No.  I. 


I.  Oktober  1901. 

Redaktionsschluss  fiir  No.  s  am  9.  Oktober  1901. 


Ab  unsere  Leser I 
OrloiMünitteiiiinoen : 

E.  Englisch,  Periodische  Verände- 
rungen an  Bromsilbergelatineplatten. 
S.  I. 

A.  Perot  und  Ch.  Fabry,  Ein  neues 


INHALT. 

Modell    eines    Interferenzapparates. 
S.  5. 

Vorträge  und  Diskussionen  von  der 

73.  Naturforscherversammluno    zu 
Hamburg : 

W.     Kaufmann,     Die    Entwicklung 
des  Elektronenbegrifls.     S.   9. 


Referate: 

F.  R.  Helmert,  Der  normale  Teil 
der  Schwerkraft  im  Meeresniveau. 
S.  15. 

Tagesereignisse.    S.  i6. 
Personalien.    S.  i6. 


An  unsere  Leser! 


Mit  dem  Beginn  des  dritten  Jahrganges  wird 
die  „Physikalische  Zeitschrift'*  unter  sonst  voll- 
ständiger Wahrung  ihres  bisherigen  Programmes 
und  Umfanges  in  I4tägig  erscheinenden  Heften 
ausgegeben  werden. 

Die  Erfahrungen  der  ersten  beiden  Jahr- 
gänge haben  gezeigt,  dass  die  Schnelligkeit  der 
Berichterstattung  nicht  über  eine  gewisse,  durch 
technische  Umstände  bestimmte  Grenze  ge- 
steigert werden  kann,  der  die  I4tägige  Aus- 
gabe der  Hefte  viel  besser  angepasst  ist,  als  die 
8  tägige.  Ausserdem  hat  sich  bei  der  bisherigen 
Krscheinungsweise  der  Umstand  häufig  als  stö- 
rend erwiesen,  grössere  Beiträge  auf  mehrere 
Hefte  verteilen  zu  müssen,  und  es  sind  uns 
auch    aus    den    Kreisen    der   Leser    wiederholt 

E.  Riecke. 


Wünsche  zugekommen,  difesen  Übelstand  zu 
beseitigen.  Wir  haben  uns  daher  zu  der 
I4tägigen  Ausgabe  der  Hefte  um  so  lieber 
entschlossen,  als  mit  der  geänderten  Art  des 
Erscheinens  ftir  den  Verlag  und  nicht  minder 
ftir  die  Redaktion  eine  grosse  Erleichterung 
erzielt  wird. 

Die  „Physikalische  Zeitschrift"  hat  in  den 
zwei  Jahren  ihres  Bestehens  in  stets  wachsendem 
Masse  Freunde  erworben,  und  die  Idee,  die 
ihren  Begründern  vorschwebte,  hat  sich  als 
eine  gesunde  und  lebenskräftige  erwiesen. 

Wir  bitten  die  Fachgenossen,  sie  auch  ferner- 
hin durch  thätiges  Interesse  und  rege  Mitarbeit 
zu  unterstützen. 

H.  Th.  Simon. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Periodische  Veränderungen  an  Bromsilber- 
gelatineplatten. 

Von  Eugen  Englisch. 

I .  Eine  etnpfindliche  Bromsilbergelatineplatte 
erreicht  bei  der  Entwickelung  ihre  grösstmög- 
liche  Dichtigkeit  bei  einer  Belichtung,  welche 
rund  dem  5000  fachen  Schwellenwerte  ent- 
spricht 0.  Die  Dichtigkeit  bleibt  in  einem  je 
nach  Intensität  und  Entwickelungsart^)  mehr 
oder  weniger  breiten  Belichtungsgebiete  —  der 
„neutralen  Zone"^)  —  konstant,  und 
bei  weiterer  Zufuhr  von  Lichtenergie  ab. 

JalkTbuch  1894,  S.  14. 

pdiw&rzungsgesetz    für    Bromsilber- 
S-31.  nSle  a.  S.,  W.  Knapp.  1901. 


Man  hat  seither  angenommen,  dass  diese  Ab- 
nahme kontinuierlich  erfolge;  man  erreicht  bei 
weiterer  Lichtzufuhr  endlich  den  zweiten  neu- 
tralen Zustand,  in  dem  die  Schicht  wenigstens 
für  übliche  Entwickelungszeiten  nicht  mehr  ge- 
schwärzt wird,  sondern  nur  noch  schieiert. 

2.  Betrachtet  man  nun  eine  streifenweise  mit 
intensivem  Lichte  (brennendem  Magnesium)  be- 
lichtete Platte  genauer,  so  sieht  man,  dass  öfters 
mehrere  Streifen  gleiche  Dichtigkeit  haben, 
während  dazwischen  die  Dichtigkeit  von  Streifen 
zu  Streifen  abnimmt.  Anders  ausgedrückt:  be- 
zeichnet D  die  Dichtigke^v,  E  die  Exposition, 
so  liegen  zwischen  Werten  von  D  und  E^  für  die 

.  <  o  ist,  solche,  für  die     .-    =  o  wird. 


dE 


dE 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  i. 


Nun    hatte    ich   früher   gezeigt  0,    dass    man 
solarisierte  Schichten  normal,    d.  h.  in  mit  der 

Belichtung     steigender    Dichtigkeit     l-      >  o 

entwickeln  könne,  wenn  man  sie  eine  für  jede 
Plattensorte  durch  Vorversuch  zu  bestimmende 
Zeit  in  Natriumthiosulfatlösung  badet,  bis  an 
den  nicht  solarisierten  Stellen  das  Bromsilber 
herausgelöst  ist,  und  die  Platten  nach  gründ- 
lichem Abspülen  in  einem  beliebigen  Entwickler 
hervorruft.  Wie  man  sich  schon  an  den  unent- 
wickelten Platten  überzeugt,  wird  durch  das 
Vorbad  umsoweniger  Bromsilber  herausgelöst, 
je  weiter  die  Solarisation  vorgeschritten  ist,  was 
im  Sinne  der  Gerbungstheorie  Luthers*^)  ge- 
deutet werden  kann;  bei  der  Entwickelung  wird 
das  gesamte  AgBr^  das  noch  vorhanden  ist, 
reduziert  und  zeigt  demnach  die  Licht-  und 
Schattenverteilung  eines  Negatives^).  Bei  diesen 
primär  teilweise  fixierten  und  entwickelten  Platten 
fiel  auf,  dass  sich  zwischen  dunkleren  Streifen, 
die  dem  soeben  Gesagten  entsprachen,  hellere 
Streifen  fanden,  die  in  jenen  Bezirken  lagen, 
für  welche  bei  den  direkt  entwickelten  Platten 

dD 

77;  =  o  war. 
dE 

3.  Diese  Beobachtung  gab  Veranlassung,  den 
Verlauf  der  Solarisation  für  erheblichere  Licht- 
mengen als  bisher  näher  zu  studieren.  Schwache 
Lichtquellen  konnten  wegen  zu  geringer  Wirk- 
samkeit nicht  in  Betracht  kommen;  ich  war 
somit  auf  das  Licht  brennenden  Magnesium- 
bandes angewiesen,  i  m  dieses  Bandes  wog 
0,63  g;  für  Stücke  von  i,  2,  3;  4  cm  besteht 
Proportionalität  zwischen  Bandlänge  und  gelie- 
ferter Lichtenergie.  Die  Platten  waren  meist 
in  Stücke  von  2x9  cm  geschnitten;  sie  wur- 
den streifenweise  mit  wachsenden  Lichtmengen 
bestrahlt,  wobei  der  neu  zu  belichtende  Streifen 
genau  die  angegebene  Entfernung  vom  Ende 
des  zu  verbrennenden  Bandstückes  hatte.  Da 
die  Platten  bis  auf  14  cm  der  Lichtquelle  ge- 
nähert wurden,  wird  die  Vergrösserung  des  Ab- 
standes  für  die  zuerst  belichteten  Streifen  wohl 
bemerkbar,  obwohl  die  Intensität  infolge  der 
räijmHchen  Ausdehnung  der  Lichtquelle  weniger 
abnimmt,,  als  der  Abstandsvergrösserung  ent- 
spräche. Eine  Korrektur  ist  aber  ohne  beson- 
dere Versuche  deshalb  nicht  möglich,  und  da 
es  sich  nur  um  eine  qualitative  Darstellung  des 
Solarisationsverlaufes  handeln  kann,  erscheint 
sie  auch  unnötig.  Die  Dichten  [D  =  log  3^1%, 
wo    y   die  Intensität  des  auffallenden,    ^o    die 


des  durchgehenden  Lichtes  bedeutet)  der  ver- 
schiedenen Streifen  wurden  dagegen  photo- 
metrisch so  genau  wie  möglich  bestimmt;  die 
Absorption  des  Glases  und  der  Gelatine  ist 
dabei  nicht  in  Abzug  gebracht  (D  ==  0,15). 
Zum  Lichte  des  Magnesiums  addiert  sich  die 
für  jeden  Streifen  5  Sekunden  dauernde  Ein- 
wirkung der  blauen  Flamme  des  Bunsenbrenners, 
die  zur  Entzündung  des  Magnesiums  diente. 
Ich  gebe  zunächst  einige  Zs^len  wieder  für 
Platten,  die  mit  Metolsoda  normaler  Zusammen- 
setzung bei  18^  im  Dunkeln  entwickelt  und 
10  Minuten  im  saueren  Bade  fixiert  wurden. 


i)  Englisch,  Diese  Ztschr.  2,  62,  1900. 

2)  Luther,  Die  ehem.  Vorginge  in  der  Photographie. 
S.  5$.     Halle  a.  S.,  W.  Knapp.     1899. 

3)  Neuerdings  hat  Nipher  dasselbe  Verfahren  publiziert 
(Nature  68,  No.  1631,  325,  1901),  nur  mit  der  Modifikation, 
dass  er  konzentrierte  Natriumthiosulfatlösung  und  Hydrochinon 
im  Tageslicht  (was  nicht  nötig  ist)  auf  die  Platte  wirken  l.Hsst. 


Schleussnerplatten  Ei 

m.  Nr.  7551. 

Dichte  D' 

=  log 

7 

^0  " 

Abstand   14  cm              1 

Abstand  20 

cm 

^dureh**          Entwickelt 

^t^^             Entwickelt 

cm  Af^       l                2 

3  Min. 

cm  Mg 

I 

3  Mm. 

2 

0,62 

i,47 

2 

0,5         0,84 

1,18 

4 

0,59 

1.25 

6 

0.55 

I.Ol 

4 

0,39      0,68 

0,96 

8 

0,51 

10 

0,44 

0.90 

6 

0,32      0,55 

0,82 

12 

0,37 

0,85 

14 

0,42 

(0,87) 

8 

0,38      0,62 

0,86 

16 

0,44 

0,88 

18 

0,35 

0,77 

10 

0.35       0.56 

0,78 

20 

0,31 

0,71 

22 

0.34 

0,75 

12 

0,26      0,42 

059 

24 

0,30 

0,67 

26 

0.32 

0,71 

14 

0,33      0.50 

0,65 

28 

0,33 

0,77 

30 

0,30 

0.65 

16 

0,27      0.41 

0,55 

32 
34 
36 
38 
40 

42 

44 
46 
48 
50 
52 
S4 
56 
58 
60 

0,32 

0,68 

0,70 
0,62 
0,68 
0,60 

0,66 
0,60 
0,63 

0,62! 

0,64 
0,58 
0,65 
0,56 

Herzka 

plattei 

1  Em, 

.  Nr.   182. 

ä 

Abstand   20 

cm.     E 

)ichte 

D-  log 

7 
70 

Belichtet  durch 

cm  Afg 

Entwickelt  i  Min. 

2 

0,55 

4 

0,51 

6 

0,44 

8 

0,52 

10 

0,48 

12 

0,39 

14 

0,49 

16 

(0^5) 

18 

047 

20 

0,38 

22 

0,44 

24 

(0,43) 

26 

0,42 

28 

0,36 

30 

0,41 

32 

0.39 

Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   i. 


4.  Bei  den  Platten  fällt  sofort  auf,  dass 
sie  streifenweise  heller  und  dunkler  sind; 
die  Schleus-snerplatte,  die  sich  für  die  kleinsten 
Belichtungen  verhaltnissmässig  schnell  noch  zu 
erheblicher  Dichtigkeit  entwickelt,  dann  aber 
gut  graduiert  heller  wird,  hat  (Fig.  i)  zunächst 


Beiirhtet  durch  cm.  Hg^Band. 


Fig.   ,. 

aus  14  ein  Abstand  von  der  Lichtquelle  be- 
lichtet ein  Minimum  der  Dichte  bei  6  cm 
Mg  —  der  Kürze  wegen  sei  diese  Ausdrucks- 
weise gestattet  — ,  ein  Maximum  bei  8  cm 
und  ein  zweites  Minimum  bei  1 2  cm.  Dem 
ersten  Minimum  entspricht  bei  20  cm  Ab- 
stand (Fig.  2)  ein  Minimum  bei  12  cm,  dem 
zweiten  ein  solches  bei  24  cm.  Dagegen  hat 
man  bei  zo  cm  Abstand  ein  weiteres  Minimum 
bei  20  cm  Mg,  dem  bei  14  cm  Abstand  kein 
Minimum  entspricht;  es  kann  dies  wohl  daher 
rühren,  dass  dieses  schwache  Minimum  über- 
deckt wird  durch  die  Wirkung  des  bei  Belich- 
tung  der  Nachbarstreifen   in  der  Schicht  diffus 

.  Srh  Icti  fsnfr-PlaUeji< 
1  cni.  Abstand  !.ii-/i}//ueUe/FlrUte. . 


gewordenen  Lichtes,  das  hier  von  grösserer 
Intensität  als  bei  20  cm  Abstand  entsprechend 
eine  mehr  als  verhältnismässig  grössere  Ver- 
änderung hervorrufen  müsste').  Die  Minima 
bleiben  bei  verlängerter  Entwickelung  erhalten; 
allmählich  werden  aber  die  Unterschiede  zwischen 
den  ersten  Minima  und  den  Nachbarstreifen 
kleiner,  die  Minima  nähern  sich  den  Maxima, 
(  während  sich  die  mehr  belichteten  Streifen  noch 
kontrastreicher  entwickeln.  Man  kann  dies  er- 
klären durch  die  Annahme,  dass  bei  den  ersten 
Minima  die  dem  Minimumszustand  entsprechende 
Veränderung  sich  nur  auf  die  oberflächlichen 
Schichten  erstrecke,  nicht  auch  auf  die  tieferen; 
dasselbe  wird  vom  folgenden  Maximum  gelten, 
das  doch  durch  einen  Minimumzustand  hin- 
durchgegangen ist;  beim  Minimum  kommt  also 
noch  etwas  Dichtigkeit  aus  den  tieferen  Schichten 
hinzu,  das  Maximum  aber  kann  infolge  des 
Minimumzustandes  seiner  tieferen  Schichten 
wenig  mehr  hinzugewinnen,  beide  müssen 
sich  also  gleicher  werden.  Die  Tiefe  der 
Minima  nimmt  ab  mit  der  Intensität  des 
wirkenden  Lichtes,  doch  konnte  ich  An- 
deutungen der  Streifen  noch  bei  1  m  Abstand 
der  Platten  von  der  Lichtquelle  erhatten;  je 
weniger  tief  ein  erstes  Minimum  ist ,  desto 
schneller  verschwindet  es  bei  der  Entwickelung  ■ 
(Fig.  2).  Ganz  anders  verhält  es  sich  mit  spä- 
teren Minima;  während  sie  bei  kurzer  Ent- 
wickelung im  Schleier  der  Platte  verschwinden, 
treten  sie  bei  längerer  Entwickelung  immer 
deutlicher  hervor.  Die  Minima  kehren  in  einer 
eigentüntlichen  Periode  wieder;  bei  Schleussner-' 
platten  folgten  auf  das  erste  Minimum  drei 
dunklere  Streifen,  zweites  Minimum,  zwei  dunk- 
lere Streifen,  drittes  Minimum,  ein  dunklerer 
Streifen,  viertes  Minimum,  woran  sich  dieselbe 
Periode  wieder  anschloss;  jeder  Streifen  ent- 
sprach dabei  2  cm  Mg.  Die  Unterschiede  in 
der  Tiefe  der  Minima  waren  dabei  nicht  derart, 
dass  ich  sie  mit  Sicherheit  feststellen  konnte. 
Die  periodische  Wiederkehr  der  Minima  deutet 
auf  die  Unabhängigkeit  derselben  von  der  spä- 
teren Belichtung;  ich  fand  sie  In  der  That  stets 
an    denselben  Stellen  der  Platte  lokalisiert,    an 

1)  S.  Cital  2. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   i. 


denen  sich  die  ersten  Minima  gezeigt  hatten, 
ganz  unabhängig  von  der  nachfolgenden  Be- 
lichtung. Bis  jetzt  habe  ich  bis  128  cm  Magne- 
siumband 17  deutliche  Minima  zählen  können, 
wenn  ich  den  Kunstgriff  anwandte,  die  mehr 
belichteten  Platten  länger  zu  entwickeln.  Diese 
Minima  aufzuzeichnen  hat  wenig  Interesse;  wie 
aber  aus  Fig.  2  hervorgeht,  tritt  ein  vorher 
unbemerktes,  schwaches  Minimum  auf  bei  52  cm 
Mg,  das  ich  auch  bei  weiterer  Belichtung  nicht 
mehr  gefunden  habe,  und  das  ich  neben  den  drei 
ersten  Minima  für  ein  ursprüngliches  halte, 
während  ich  die  übrigen  nur  als  Wiederholungen 
der  ersten  ansehe. 

Nachbelichtung  erhält  also  die  Minima, 
und  kann  sie  sogar  verstärken.  Während  das 
erste  Minimum  nur  bei  guter  Abpassung  der 
Belichtungsverhältnisse  und  der  Entwickelungs- 
dauer  deutlich  erscheint,  kommen  die  späteren 
Minima  leicht  und  deutlich  heraus.  Versucht 
man  nun  aber  eine  Platte  bis  zur  Nähe  eines 
Minimums  vorzubelichten  und  dann  die  zu 
diesem  nötige  Energiemenge  hinzuzufügen,  so 
werden  die  Unterschiede  zwischen  Maxima  und 
Minima  kleiner;  diese  Unterschiede  entstehen 
also  hauptsächlich  in  den  ersten  Stadien  der 
Belichtung,  d.  h.  die  Platte  ist  unvorbe- 
lichtet  empfindlicher,  als  wenn  sie  be- 
reits solarisiert  ist. 


i) 

Ofir- 

05 


Herzha-PlattcTt.  20 cnuAbstaml  7 JifiTi.  Entw. 


Belichtung  durch  cm.Jf^.-Band. 


lieber  auf  bei  den  Rapidentwicklern,  als  bei 
Hydrochinon  und  Glycin,  die  sie  ihrerseits  auch 
bei  längerer  Entwickelung  erhalten;  bei  Ent- 
wickelung  mit  Eisenoxalat  (30  Sek.)  erhält  man 
sehr  schöne  Streifen. 

Wenn  man  nun  die  streifenweise  belichteten 
Platten  primär  teilweise  fixiert  und  dann  ent- 
wickelt, wie  oben  geschildert  wurde,  so  zeigen 
auch  diese  Platten  bis  zu  24  cm  Mg  aus  20  cm 
Abstand  helle  und  dunkle  Streifen;  die  Ma- 
xima liegen  dann  aber  auf  den  Minima 
der  direkt  entwickelten  und  umgekehrt. 
Besonders  die  ersten  Umkehrungen  treten  hier 
deutlich  hervor;  dagegen  werden  sie  unmerklich 
bei  Belichtungen  durch  mehr  als  24  cm  ^fg, 

Eine  Mitwirkung  des  Bindemittels  bei 
diesen  Erscheinungen  scheint  mir  sicher;  ich 
enthalte  mich  vorerst,  eine  Hypothese  aufzu- 
stellen; ich  will  nur  darauf  hinweisen,  dass  die 
sogenannten  schwarzen  Blitze,  bei  denen  der 
Hauptstrahl  im  Negativ  dunkel,  die  Seitenäste 
aber  hell  erscheinen,  möglicherweise  durch  diese 
Versuche  erklärt  werden  können;  die  Lichtver- 
hältnisse brauchen  nur  dieselben  zu  sein,  wie 
für  ein  Maximum  und  ein  Minimum;  bei  der 
Lichtstärke  der  Blitze  könnten  die  Unterschiede 
zwischen  diesen  sehr  erheblich  werden. 

Die  Reduktion  der  vom  brennenden  Magne- 
sium gelieferten  Lichtmenge  auf  Hefnereinheiten 
ergiebt  sich  aus  E  d  e  r  s ')  Angaben.Demnach 
entspräche  i  cm  meines  J^-Bandes  (photo- 
graphisch) 1200  H.  M.  S.2)  Bei  dem  Ab- 
stände von  20  cm  wirkt  also  i  cm  Mg- 
Band  wie  30000  H.  M.  S.  und  die  erste 
Umkehrung  trat  für  Schleussnerplatten  ein 
bei  360000  H.  M.  S.,  für  Herzkaplatten  für 
180000  H.  M.  S.     Rechnet    man   die    zur 


tO       12       tt      16       1t       SO      22      2U       2B      2B       30 


In  Fig.  3  ist  ein  Teil  der  Solarisationskurve 
für  eine  Herzkaplatte  gezeichnet.  Diese  Platte, 
die  bei  Normalbelichtung  ganz  klar  arbeitet,  ist 
im  Solarisationsgebiete  erheblich  schleieriger 
als  die  Schleussnerplatte;  das  erste,  hier  sehr 
kräftige  Minimum  trat  schon  bei  6  cm  Mg  ein, 
die  Periode  der  Minima  war  kürzer  als  bei  der 
Schleussnerplatte  und  bei  16  cm  lag  ein  schwa- 
ches Minimum,  zwischen  Maxima,  die  von  kräf- 
tigen Minima  eingeschlossen  waren.  Die  Herzka- 
platte ist  gelatinereicher  als  die  Schleussnerplatte; 
sie  fixiert  viel  langsamer,  und  ich  habe  bei  der 
ein  ähnliches  Verhalten  zeigenden  Colbyplatte 
ebenfalls  schon  bei  6  cm  das  erste  Minimum 
beobachtet.  Bei  einer  orthochromatischen  Hauff- 
platte (Em.  235),  die  sehr  dünn  gegossen  ist 
und  sehr  schnell  fixiert,  fand  ich  die  Umkeh- 
nmg  erst  bei  28  cm  Mg, 

Die  Umkehrungen  sind  keineswegs  an  den 
Metolentwickler  gebunden;  sie  treten  zwar  deut- 


•»  Erzielung  mittlerer  Schwärzungen  nötige 
Energiemenge  zu  12  H.  M.  S.  (die  Nor- 
malexposition reicht  von  3  bis  etwa  23 
H.  M.  S.^),  so  erfolgen  die  Umkehrungen 
bei  10^  bezw.  1,5-10*  fachem  Betrage  der  Nor- 
malexposition. Janssen  selbst  hat  bereits  (1.  c.) 
auf  die  Periodizität  der  Solarisation  hingewiesen 
und  bei  stundenlanger  Belichtung,  oder  wie  er 
angiebt,  dem  10^  fachen  Betrage  der  Normal- 
exposition, ein  zweites  Negativ  erhalten,  wobei 
die  Zahl  10^  die  unterste  Grenze  angiebt*). 
Mit  dieser  Janssen  sehen  Umkehrung  sind  die 
von    mir  gefundenen  Umkehrungen  nicht  iden- 


i)  Eder,  Hdbch.  1,  458,  Halle  a.  S.  1892. 

2)  Dieser  Wert  ist  etwas  zu  gross.  Englisch,  Habili- 
tationsschrift, S.  32. 

3)  Eder,  Sitzber.  Wiener  Akad.  108,  IIa,    1899. 

4j  Vergl.  Englisch,  Habilitationsschrift,  S.  37.  Die 
Normalexposition  würde  sich  zu  0,06  Sek.  Belichtung  in  der 
Sonne,  oder  nieder  gerechnet  zu  1000  Kerzen  ergeben;  nach 
meinen  Versuchen  erhielte  man  die  Janssensche  ümkehrang 
erst  bei  der  Energiemenge,  die  von  über  7  m  iW^Band  ge- 
liefert wird,  und  die  Breite  des  Maximums  würde  sich  auf 
etwa  I  m  Mg  erstrecken. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  i. 


5 


tisch;  das  folgt  aus  ihrer  Zahl,  aus  den  Ver- 
hältnissen der  zugeführten  Energie,  aus  den 
gegenüber  Janssens  Umkehrung  sehr  kleinen 
Expositionsgebieten  und  aus  der  Thatsache, 
dass  die  Dichtigkeit  der  Platte  im  ganzen  noch 
immer  abnimmt,  wenn  man  die  Lichtzufuhr  nicht 
so  regelt,  wie  hier  geschehen,  sondern  auf  einmal 
grössere  Lichtmengen  zuführt,  so  dass  die  Unter- 
schiede zwischen  Maxima  und  Minima  verdeckt 
werden.  Meine  Versuche  bewegen  sich  noch 
nicht  auf  dem  Gebiete  des  sogenannten  zweiten 
neutralen  Zustandes,  und  sie  stellen  neben 
der  von  Janssen  gefundenen  Periodizität  der 
Solarisation  periodische  Erscheinungen  im  Be- 
reiche der  Solarisation  erster  Ordnung  fest  und 
sie  bilden  in  gewissem  Sinne  ein  Analogon  zu 
der  von  Herrn  Ostwald  näher  beschriebenen 
Periodizität  des  Auflösungsverlaufs  des  Chroms 
in  Säuren. 

Vielleicht  ist  ein  Wort  über  die  Reproduzier- 
barkeit der  Versuche  am  Platze.  Diese  gelan- 
gen bei  trockenem  Wetter  gleichmässig  sicher; 
die  ersten  Minima  blieben  bei  feuchtem  Wetter 
aus,  die  übrigen  wurden  schwächer;  feuchte 
Platten  solarisieren,  wie  ich  schon  früher  fest- 
gestellt habe,  überhaupt  sehr  schwer.  Bei  be- 
sonders getrockneten  Platten  erhält  man  die 
Erscheinungen  leicht;  ein  bestimmter  Feuchtig- 
keitsgehalt darf  also  nicht  überschritten  werden. 

Stuttgart,   18.  September  1901. 

(Eingegangen  20.  September  1901.) 


s/ 


Ein  neues  Modell  eines  Interferenzapparates. 
Von  A.  Perot  und  Ch.  Fabry.^) 

In  einer  Reihe  von  Abhandlungen,  welche 
wir  in  den  letzten  drei  Jahren  veröffentlichten, 
haben  wir  die  Eigenschaften  und  die  zahlreichen 
Anwendungen  der  Interferenzstreifen  be- 
schrieben, welche  an  versilberten  Platten 
entstehen.  Im  folgenden  soll  eine  kurze  Über- 
sicht dieser  Arbeiten  gegeben  und  der  Apparat 
beschrieben  werden,  der  von  Herrn  Jobin-Paris 
in  hervorragender  Güte  hergestellt  wurde  und 
die  Erzeugung  und  praktische  Verwertung  der 
Interferenzen  leicht  ermöglicht. 

Die  Interferenzerscheinungen,  welche  an  ver- 
silberten Platten  auftreten,  sind  besonders  da- 
durch charakterisiert,  dass  der  einfallende  Strahl 
beim  Verlassen    des  Apparates   nicht  nur  in  2 


Wellen  von  unter  sich  gleicher  Intensität  zer- 
legt ist,  sondern  vielmehr  in  eine  grosse  Anzahl 
von  Wellen,  deren  Intensität  gegenseitig  um  so 
weniger  verschieden  ist,  je  stärker  das  Re- 
flexionsvermögen der  Silberschicht  ist,  und  deren 
Gangunterschied  in  arithmetischer  Reihe  zu- 
nimmt. 

Wenn  man  die  gewöhnlichen  Interferenzen 
etwa  mit  den  Beugungserscheinungen  vergleichen 
darf,  die  an  zwei  parallelen  Spalten  auftreten, 
so  sind  die  Interferenzen,  welche  unser  Apparat 
liefert,  auf  eine  Stufe  zu  stellen  mit  Beugungs- 
erscheinungen, welche  durch  eine  sehr  grosse 
Anzahl  paralleler  äquidistanter  Spalte  hervor- 
gerufen werden,  kurz  mit  der  Wirkung  eines 
Gitters.')  — 

Denken  wir  uns  eine  Luftschicht  von  der 
Dicke  e  mit  schwach  versilberten  Grenzflächen 
(so  schwach  versilbert,  dass  sie  durchsichtig 
sind);  sie  mag  dadurch  entstehen,  dass  man 
eine  Luftschicht  zwischen  2  versilberten  Glas- 
platten einschliesst.  Auf  diese  Schicht  falle 
Licht  einer  Wellenlänge  unter  dem  Einfall- 
winkel /;  dasselbe  wird  sich  zerlegen  in  eine 
Schar  von  Strahlen,  welche  gegen  den  Einfall- 
strahl einen  Gangunterschied  von  2  e  cos  /, 
4  e  cos  /,  6  e  cos  /, haben  und  deren  Inten- 
sitäten, wenn  /  das  Reflexionsvermögen  und  q 
der  Extinktionskoeffizient  ist,  sein  werden 
gleich:  q'^,  qV^*  qY*»  •  •  •  •  Durch  Superposition 
wird  hieraus  eine  Lichtwirkung  entstehen  von 
der  Intensität: 

^=^0    ' 


I  +  r- -'•'-7V2  -^^'^ 


'jt 


i)  Aasführlich  in:    Annales    de    chimie    et    de    physique. 

(7).  16.  115-144.  1899;   (7),  16,  289-338.  1899;    (7),  22, 
564—574,  1901. 


4/ 

wenn  J  =  2ecos /,  gleich  dem  Gangunterschied 
ist.  Nimmt  man  als  Beispiel  /=  0,80  an,  so 
erhält  man: 

^^^«*T  +  8ö~f//72^  ^ 

Damit  die  Intensität  merkliche  Werte  an- 
nimmt, ist  Bedingung,  dass  /i  sehr  nahe  ein 
ganzes  Vielfaches  von  X  ist. 

Die  Beobachtung  kann  nach  zwei  Methoden 
geschehen:  i.in  parallelem  Licht,  Strahlen  zur 
Silberfläche  oder  2.  in  konvergentem  Licht. 
Im  ersten  Falle  kann  die  Schicht  dünn  sein  und 
ihre  Dicke  darf  von  Punkt  zu  Punkt  sich  än- 
dern; man  beobachtet  die  Streifen  in  der  einen 
Oberfläche  der  Schicht.  In  dem  anderen  Falle 
muss  die  Schicht  eben  begrenzt  und  dicker 
sein  (mehrere  Centimeter);  man  beobachtet  mit 
einem  auf  Unendlich  eingestellten  Fernrohr. 

In  beiden  Fällen  sieht  man  glänzende  feine 


l)  Man  gewinnt  bei  unserer  Beobachtungsweise  den  Ein- 
druck, als  beobachte  man  die  Spektren  sehr  hoher  Ordnung 
eines  Gitters  von  geringer  Dispersion. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  i. 


Streifen,  welche  durch  breite  dunkle  Zwischen- 
räume voneinander  getrennt  sind.  Bei  paral- 
lelen Strahlen  tritt  nur  an  jenen  Stellen  Licht 
auf,  für  welche  die  Schichtdicke  der  Bedingung 
2e  ^==  kX  -V  a  genügt,  wobei  t  eine  gegen  X 
kleine  positive  oder  negative  Grösse  und  ^  eine 
ganze  Zahl  ist.  Die  Streifen  folgen  den  Stellen 
gleicher  Dicke  der  Schicht  wie  bei  den  Newton- 
schen  Ringen,  nur  sind  sie  viel  feiner. 

Bei  konvergentem  Licht  ist  die  Bedingung 
der  Helligkeit  gegeben  fiir  Einfallwinkel  /, 
welche  der  Gleichung  2ecost  =  kX'{-t  ge- 
nügen. Die  Streifen  bilden  sich  ab  in  der 
Brennebene  des  Fernrohres  als  Kreise,  deren 
Mittelpunkte  auf  der  Normale  zur  Silberschicht 
liegen. 

Diese  Erscheinungen  gehören  zu  den  im 
Un  endlichen  verlaufenden  Ringen,  die  von  Herrn 
Michelson  so  erfolgreich  verwertet  worden 
sind,  während  die  vorhergehenden  den  an 
dünnen  isotropen  Platten  beobachteten  Inter- 
ferenzstreifen zuzurechnen  sind. 

Die  Vorzüge,  welche  die  so  erzeugten  Inter- 
ferenzstreifen den  in  der  bisher  üblichen  Weise 
erzeugten  Streifen  gegenüber  haben,  sind  fol- 
gende: sie  sind  ausserordentlich  viel  feiner; 
man  kann  auf  sie  viel  schärfer  einstellen;  wird 
der  Apparat  von  verschiedenen  für  sich  mono- 
chromatischen Strahlen  getroffen,  so  liefert  er 
für  jede  Farbe  ein  eigenes  Streifensystem,  die 
sich  gegenseitig  überlagern,  ohne  sich  zu  stören. 
Man  kann  so  leicht,  indem  man  die  benach- 
barten Streifen  berücksichtigt,  die  Ordnung  der 
Interferenz  eines  einzelnen  Streifens  bestimmen 
oder  umgekehrt,  wenn  die  Dicke  der  durch- 
strahlten Schicht  bekannt  ist,  die  Wellenlänge 
der  betreffenden  Lichtgattung  berechnen. 

Ein  Interferometer,  das  zur  Herstellung  und 
Verwertung  dieser  Erscheinungen  dienen  soll, 
muss  aus  zwei  versilberten  Glasplatten  bestehen, 
die  sich  gegeneinander  genau  orientieren  und 
parallel  zu  sich  verschieben  lassen.  Ein  nach 
diesen  Grundsätzen  gebauter  Apparat  gestattet 
spektroskopische  Untersuchungen:  das  Studium 
der  Strahlung  bezüglich  der  Konstitution  der- 
selben und  ihrer  Wellenlänge;  er  ermöglicht  die 
Messung  des  Abstandes  der  beiden  Platten 
mit  Hilfe  der  im  konvergenten  Lichte  beob- 
achteten Erscheinungen  und  z.  B.  die  Messung 
der  Änderung,  welche  der  bei  der  Reflexion 
am  Silber  auftretende  Phasenverlust  mit  der 
Wellenlänge  zeigt,  mit  Hilfe  der  Erscheinungen 
dünner  Blättchen  mit  parallelem  Lichte. 

Die  Verwendbarkeit  der  Methode  ist  schon 
jetzt  eine  vielseitige  und  interessante.  Aber 
gerade  auf  dem  so  wichtigen  Gebiete  der  prak- 
tischen Längen  (bezw.  Dickenj-Messung  findet 
man  gar  bald  eine  Schwierigkeit,  nämlich  die 
Unmöglichkeit  der  direkten  einfachen  Bestim- 
mung der  Ordnung  der  Interferenzen,  die  etwa 


über  5  cm  Schichtdicke  hinausgehen  und  ausser- 
dem bei  Endmassstäben  die  Schwierigkeit,  sie 
zwischen  die  Platten  des  Apparates  einzufuhren. 
Zur  Ausführung  derartiger  Messungen  muss  man 
deshalb  zu  den  Superpositionen-und  den  nach- 
stehend beschriebenen  Interferenzerscheinungen 
übergehen. 

Verschafft  man  sich  zwei  von  versilberten 
parallelen  Flächen  eingeschlossene  Interferenz- 
schichten von  gleicher  Dicke,  ordnet  dieselben 
so  hintereinander  an,  dass  ihre  Begrenzungs- 
flächen einen  sehr  spitzen  Winkel  miteinander 
bilden  und  lässt  ein  konvergentes  Bündel  weisser 
Strahlen  durch  sie  hindurchtreten,  so  sieht  man 
in  einem  auf  Unendlich  eingestellten  Beobach- 
tungsfernrohr ein  System  von  Interferenzstreifen; 
dasselbe  weist  einen  weissen  zentralen  Streifen 
auf,  der  an  jener  Stelle  liegt,  wo  die  Winkel- 
halbierende der  beiden  Platten  normalen  die 
Brennebene  des  Fernrohres  trifft.  Die  gleiche 
Erscheinung  tritt  auf,  wenn  die  Dicke  der  einen 
Schicht  in  einem  einfachen  Verhältnis  zur  Dicke 
der  anderen  Schicht  steht. 

Man  kann  so  die  Messung  der  Dicke  ^  zu- 
rückführen   auf    die    Messung    der    geringeren 

Dicke    -  ^  wo  n  alle  ganzen  Zahlen,  z.  B.  bis  5, 

annehmen  kann.  Man  bringt  hierzu  die  Schicht 
von  der  Dicke  e  vor  den  Apparat  und  die  ver- 
silberten Platten  desselben  in  eine  solche  Stel- 
lung, dass  man  in  dem  Beobachtungsfernrohr 
die  Streifen  sieht,  welche  einer  Dicke  von  z.  B. 


5 


entsprechen.      Man    bestimmt   die    Ordnung 


der   Interferenz    und    dadurch    die   Dicke    der 
beiden  Platten. 

Diese  Messmethode  lässt  sich  den  verschie- 
densten Umständen  anpassen;  so  kann  die  zu 
messende  Schicht  z.  B.  zwischen  Platten  liegen, 
welche  die  Endflächen  eines  Metallmassstabes 
berühren,  man  vermag  so  noch  Längen  zu 
messen,  deren  direkter  Bestimmung  die  Methode 
sonst  nicht  fähig  wäre. 

Man  kann  sogar,  um  sehr  grosse  Längen  zu 
messen,  sich  einen  Satz  von  Schichten  ver- 
schaffen, deren  Dicken  in  geometrischer  Reihe 
fortschreiten    und    beispielsweise    die   Reihe   e, 

,         u.  s.  w.  benutzen. 
3      9 

Wir  nennen  „Platten-Etalon*'    die  von    uns 

bei     den     vorliegenden    Messungen    benutzten 

Platten  (=  Luftschichten)  von  unveränderlicher 

Dicke    und    von   parallelen    Flächen    begrenzt. 

Es  wurden  solche  von  0,25  cm  an  hergestellt. 

Alle,  auch  die  kleinsten,  mussten  natürlich,  um 

die  Ordnung   der  Interferenz   des   betreffenden 

Etalons  zu  erhalten,  mindestens  einmal  mit  dem 

Interferometer  durchgemessen  werden  und  zwar 

mit   einer   ganzen    Serie   von  Streifen    ''^-^-- 


^ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   1. 


denzen);  es  musste  dabei  möglich  sein,  die  Dicke 
der  Schicht  ein  wenig  zu  verändern. 

Bei  jeder  Art  von  Benutzung,  welche  diese 
,,Platten-Etalons"  zulassen,  —  Messung  von 
Längen,  Bestimmung  von  Wellenlängen  oder 
sonst  jede  mögliche  Verwendung  —  niuss  man 
stets,  um  ihre  Dicke  zu  bestimmen,  über  einen 
Apparat  verfugen,  der  eine  veränderliche  Inter- 
ferenzschicht   besitzt,    d.  h.   ein   Interferometer. 

Der  Zweck,  dem  dieser  Apparat  dient,   be- 
stimmt  seine   wesentlichen    Teile.     Er   besteht 
aus  zwei  versilberten  Planßächen,  die  jeder  Art 
von    Einstellung    und    Verschiebung   gegenein- 
ander fähig  sind.   Man  muss  ihre  Flächen  gegen- 
einander beliebig  orientieren,  sowie  —  und  dies 
ist    der  Hauptpunkt  —  sie   absolut  parallel   zu 
einander  einstellen  können.    Ihr  Abstand  muss 
sich  zwischen  o  und  10  cm  variieren  lassen  und 
es    ist    sehr    nützlich,    wenn   hierbei   der  schon 
vorhandene    Parallelismus    der  Oberflächen    er-  ! 
halten  bleibt.     Man  muss  bei  dieser  Verschie- 
bung   an    jeder    beliebigen    Stelle    auf   einige  ; 
Tausendstel  Mikron  feststellen  können  und  an-  ; 
dererseits  darf  eine  Verschiebung  von  mehreren 
Centimetem    auch    keine    zu    lange    Zeit    bean-  | 
spruchen.     Es  sind    deshalb  drei    verschiedene   | 
Geschwindigkeiten   für  die  Verschiebung  mög- 
lich:  I.  eine  rasche  Bewegung,  2.  eine  so  weit   , 
verlangsamte  Bewegung,  dass  man  die  einzelnen 
Streifen  zählen  kann,  3.  eine  Verschiebung  durch 
Biegung  um  einige  Mikron;  diese  lässt  sich  so    I 
langsam  und  so  fein  ausführen,  als  es  nur  ver-   . 
langt  werden  kann. 

In  gleicher  Weise  wird  die  zur  Einjustierung 
nötige  Neigung  durch  zwei  Arten  der  Bewegung 
ermöglicht;  die  eine  zur  groben  Einstellung  geht 
rasch  und  in  weiten  Grenzen  vor  sich,  die  an- 


dere, zur  Feineinstellung,  wird  wieder  durch 
Biegung  bewirkt  und  erlaubt  sehr  feine  Ände- 
rungen in  engen  Grenzen. 

Die  Fein  Verschiebungen  erfolgen  durch  kleine 
Gunimibeutel,  welche  mit  Wasser  gefüllt  sind 
und  gegen  Stahlstücke  drücken.  Diese  Gunimi- 
beutel sind  durch  einen  langen  Schlauch  mit 
Trichtern  verbunden,  deren  Höhe  veränderlich 
ist  und  in  denen  sich  Wasser  befindet. 

Ändert  man  die  Üruckhöhe  des  Wassers, 
so  entsteht  in  den  Beuteln  ein  verschiedener 
Druck;  diese  üben  mithin  auf  die  StahUtücke 
auch  einen  wechselnden  Druck  aus.  Diese  An- 
ordnung hat  folgende  Vorteile:  Da  die  Beutel 
breiter  sind  als  die  Metallstücke,  gegen  welche 
sie  anliegen,  so  kommt  die  Spannung  des 
Gummi  nicht  zur  Geltung  und  der  Druck  ist 
nur  abhängig  von  der  Höhe  der  Wassersäule 
und  da  diese  nur  durch  die  Hohe  des  Wasser- 
gefässes  bedingt  ist,  so  ist  eine  Änderung  im 
Verlaufe  einer  Beobachtungsreihe  nicht  zu  be- 
fürchten. Man  kann  ferner  die  Einregulierung 
so  vorsichtig  vornehmen,  als  es  irgend  nur 
erwünscht  ist  und  so  genau,  als  man  es  über- 
haupt nur  bedarf;  es  ist  überdies  noch  zu  be- 
rücksichtigen, dass  diese  Art  des  Einstellens 
ohne  jede  Erschütterung  des  Systemes  erfolgt, 
was  zur  Vermeidung  von  Störungen  unbedingt 
nötig  ist. 

Dies  sind  die  wesentlichen  Teile  des  In- 
strumentes, Gehen  wir  nun  zu  den  Einzelheiten 
über. 

L  und  Z'  (Fig.  1)  sind  die  beiden  Platten- 
halter, auf  welchen  die  versilberten  Platten  be- 
festigt sind;  ein  jeder  von  ihnen  ist  mit  einem 
Ringe  von  40  mm  Durchmesser  versehen,  der 
am  Rande    eine  Fassung   trägt,    die  ihn   ohne 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang,     No. 


Spannung  auf  dem  Plattenträger  befestigt.  Die 
Oberfläche,  welche  die  Versilberung  trägt,  ist 
so  gut  plan  hergestellt,  als  es  nur  möglich  ist, 
die  andere  braucht  es  nicht  in  diesem  hohen 
Grade  zu  sein.  Die  Vorder-  und  Rückfläche 
einer  jeden  Platte  sind  nicht  parallel,  sondern 
bilden  einen  Winkel  von  etwa  1  miteinander, 
um  Interferenzen  zwischen  ihnen  zu  vermeiden, 
welche  die  Erscheinungen,  die  man  beobachten 
will,  nur  verwirren  würden. 

Die  zum  Einjustieren  nötigen  Verschiebungen 
sind    auf    die    beiden    Plattenträger   folgender-  ' 
1  verteilt:  L  (Fig.  2)  befindet  sich  auf  der  I 


Seite  des  Beobachters  und  erlaubt  die  Grob- 
einstellungen für  die  Neigungen  und  sehr  feine 
parallele  Verschiebungen.  Die  ersteren  lassen 
sich  durch  Drehung  um  zwei  Achsen,  eine 
vertikale,  0,  und  eine  horizontale,  0' ,  wie  bei 
einem  Theodoliten  ausfuhren.  Die  feine  paral- 
lele Verschiebung  erfolgt  durch  die  Deformation 
einer  starken  Stahlfeder  P  (Fig.  i  und  2),  die 
in  der  Mitte  einerseits  an  dem  Plattenträger, 
andererseits  .an  der  Vertikalachse  0  des  Theo- 
doliten befestigt  ist.  Die  Stahlfeder  besteht 
aus  2  Bändern  von  je  16  cm  Länge,  2  cm 
Breite  und  4  mm  Dicke,  die  an  ihren  Enden 
bei  E  und  E  unter  Zwischenlage  von  Keilen 
miteinander  verbunden  sind.  Die  Figuren 
zeigen  den  Gummibeutel,  der  die  Verschiebung 
an  seinem  richtigen  Platze  zwischen  beiden 
Bändern  bewirkt. 

Eine  Änderung  der  Höhe  des  Wasserbe- 
hälters um  I  cm  ruft  eine  Verschiebung  von 
o,  1 5  fi  hervor.  Die  grösste  benutzte  Verschie- 
bung hat  20  (i  nie  überschritten. 

Der  Plattenträger  /,'  (Fig.  ! )  eriaubt  die 
Ausführung    der   Fein  Verschiebungen    zur   Her- 


stellung des  Parallelismus  der  beiden  versil- 
berten Flächen  und  die  grobe  Verschiebung 
parallel  zu  einander;  letztere  kann  rasch  oder 
langsam  erfolgen.  V  sitzt  auf  dem  einen  Ende 
eines  Stahlstabes  T,  auf  dem  ein  Bronze-Vier- 
kant befestigt  ist,  gegen  welches  senkrecht  zu 
einander  2  Gummibeutel  drücken.  Eine  Ver- 
schiebung von  je  I  cm  des  betreffenden  Wasser- 
behälters bewirkt  eine  Neigung  von  0,25".  Die 
Einstellung  des  Faraltelismus  muss  manchmal 
bis  auf  etwa  i  mm  in  der  Höhe  der  Wasser- 
behälter bewirkt  werden. 

Zur  groben  Parallel  Verschiebung  endlich 
dient  ein  auf  einer  Gleitwange  beweglicher 
Schlitten,  beide  aus  Bronze  und  mit  Ober- 
flachen,  die,  soweit  sie  aufeinander  schleifen, 
hervorragend  genau  gearbeitet  sind.     Die  Ver- 


Schiebung  erfolgt  nicht  durch  direkten  Antrieb 
auf  das  Stück  /;  es  ist  vielmehr  zwischen  2 
kürzeren  Schlittenstücken  q  und  q ,  die  mitein- 
ander verbunden  sind,  eingeschlossen,  welche 
es  ntit  Hilfe  der  beiden  Schrauben  v  und  v 
mit  sich  fortbewegen.  Die  Schrauben  lassen 
dem  Mittelstück  ein  wenig  Spiel  und  wirken 
auf  passend  ausgewählte  Punkte.  Es  wird  so 
bewirkt,  dass  p  auf  der  Gleitwange  frei  aufsitzt, 
stets  nur  mit  seinem  eigenen  Gewichte  auf  der- 
selben aufruht  und  dass  auf/  nur  Kräfte  wirken, 
welche  eine  Verschiebung  und  nie  solche, 
welche  eine  Drehung  bewirken  können.  Es  ist 
wohl  gerade  diesem  Kunstgriff  zuzuschreiben, 
dass  man  die  Interferenzstreifen  sogar  während 
der  Verschiebung  verfolgen  kann.  An  den  mit- 
einander vereinigten  Schlittenstücken  q  und  q 
sitzt  eine  Schraube  «,  welche  in  denselben  mit 
einer  kardanischen  Aufhängung  gelagert  ist.  Die 
zugehörige  Mutter  f  (Fig.  i),  die  drehbar  ist, 
wird  ebenfalls  von  einer  kardanischen  Auf- 
hängung getragen.  Seitliche  Kräfte,  welche  aus 
einem  Fehler  in  der  Centrierung  entstehen 
könnten,  werden  so  vermieden.  Es  können 
mithin  auf  das  Hauptschlittenstück  nur  völlig 
in  der  Längsrichtung  wirkende  Kräfte  ausgeübt 
werden.  Die  Mutter  e  kann  zur  raschen  Ver- 
schiebung   mit    einem    geränderten    Kopf,    zur 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  i. 


Feineinstellung  durch  einen  Schneckentrieb  ge- 
dreht werden.  In  dem  letzteren  Falle  ergiebt 
eine  Umdrehung  der  Schraube  eine  Wanderung 
von  ungefähr  15  Streifen,  man  kann  dieselben 
also  zählend  verfolgen. 

Es  ist  sehr  nützlich,  für  jede  Stellung  durch 
eine  einfache  Messung  den  Abstand  der  beiden 
versilberten  Oberflächen  rasch  auf  einige  Mikron 
genau  messen  zu  können.  Hierzu  dient  ein  in 
*  5  mm  geteilter  Massstab,  der  auf  dem  Schlitten- 
stück p  sitzt  und  auf  den  man  ein  auf  dem 
Fussstück  der  Gleitwange  befestigtes  Mikroskop 
mit  Okularmikrometer  einstellen  kann.  Ein 
Teil  des  letzteren  entspricht  einem  Mikron. 
Als  Nullpunkt  benutzt  man  einen  bekannten 
und  leicht  aufzufindenden  Abstand  der  beiden 
Platten,  z.  B.  jenen,  welcher  der  ersten  Zer- 
legung der  beiden  gelben  Linien  des  Queck- 
Silbers  entspricht  (=  40  //). 


Um  den  Apparat  erschütterungsfrei  au&u- 
stellen,  steht  derselbe  auf  einer  Platte,  welche 
an  4  Gummibändern  hängt;  dieselben  haben 
bewegliche  Befestigungspunkte,  so  /dass  sich 
dadurch  der  ganze  Apparat  horizontal  stellen 
lässt. 

So  wie  der  Apparat  jetzt  konstruiert  ist 
(Fig.  3),  ist  seine  Handhabung  eine  sehr  einfache, 
bei  einer  bedeutenden  Festigkeit,  trotz  der  ver- 
schiedenartigen Regulierfähigkeit,  gestattet  er 
ein  rasches  Arbeiten  mit  den  Interferenzerschei- 
nungen, die  wir  hier  kurz  beschrieben  haben 
und  ermöglicht  eine  grosse  Reihe  interessanter 
Anwendungen. 

Marseille,  August  1901. 

(Aus  dem  Französischen  übersetzt  von  Carl  Forcb.) 

(Eingegangen  14.  August  1901.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


W.  Kaufmann  (Göttingen),  Die  Entwicklung 
des  Elektronenbegriffs. 

Meine  Herren!  Es  ist  eine  nicht  ungewöhn- 
liche Erscheinung  in  der  Geschichte  der  Wissen- 
schaft, dass  Anschauungen,  die  längst  für  ver- 
altet und  überwunden  galten,  plötzlich,  wenn 
auch  in  mehr  oder  weniger  modifizierter  Form, 
wieder  zu  Ansehen  gelangen.  Ein  äusserst 
interessantes  Beispiel  für  diese  Erscheinung 
bietet  die  im  Laufe  des  letzten  Jahrzehnts  ein- 
getretene Umwälzung  unserer  Anschauungen 
über  die  elektrischen  Vorgänge,  über  die  zu 
berichten  ich  heute  die  Ehre  habe. 

Die  moderne  Theorie  der  elektrischen  und 
der  damit  eng  verknüpften  optischen  Erschei- 
nungen, die  man  unter  dem  Namen  der  Elek- 
tronentheorie zusammenfassen  kann,  bedeutet 
gewissermassen  eine  Rückkehr  zu  Anschauungen, 
wie  sie  in  den  60er  und  70er  Jahren  des  ver- 
gangenen 19.  Jahrhunderts  von  Wilhelm  Weber 
und  von  Zöllner  ausgesprochen  worden  sind, 
--  modifiziert  durch  die  Ergebnisse  der  Max- 
wellschen  und  Hertzschen  Forschungen. 
.  Weber  fasste  die  elektrischen  Erschei- 
nungen auf  als  die  Wirkung  elementarer 
elektrischer  Teilchen,  sogen,  elektrischer 
Atome  '),  deren  gegenseitige  Einwirkung  ausser 
von  ihrer  Lage  auch  von  ihren  relativen  Ge- 
schwindigkeiten und  Beschleunigimgen  abhinge. 

0  Gesammelte  Werke  4,  279. 


Wenn  es  nun  auch  Weber  gelang,  mittels 
seiner  Annahme  die  damals  bekannten  elektro- 
dynamischen Vorgänge  völlig  zu  beschreiben 
und  sogar  eine  qualitativ  ganz  brauchbare  Er- 
klärung für  die  Proportionalität  zwischen  elek- 
trischer und  Wärmeleitung  in  Metallen,  sowie 
für  die  Ampereschen  Molekularströme  in  Ma- 
gneten zu  geben,  so  war  doch  seine  Theorie 
weit  entfernt  davon,  Gemeingut  der  damaligen 
Physiker  zu  werden.  Der  Grund  für  diesen 
negativen  Erfolg  mag  wohl  in  der  Thatsache 
zu  suchen  sein,  dass  die  meisten  Gesetze  der 
Elektrodynamik  rein  phänomenologisch,  in  Form 
von  Differentialgleichungen  ausgesprochen,  sich 
als  viel  bequemer  und  einfacher  erwiesen,  als 
die  Web  ersehen  Formeln.  Hierzu  kommt 
noch,  dass  Weber  gar  keinen  Versuch  macht, 
die  Grösse  der  von  ihm  supponierten  elektri- 
schen Atome  irgendwie  zu  berechnen  und  das 
Rechnungsergebnis  durch  Anwendung  auf  andere 
molekulare  Vorgänge  zu  prüfen.  Endlich  aber 
kam  hinzu,  dass  man  auf  Grund  der  Arbeiten 
Faradays  undMaxwells  schliesslich  allgemein 
zu  der  Überzeugung  gelangte,  dass  bei  den 
elektrischen  und  magnetischen  Vorgängen  an 
Stelle  der  unmittelbaren  Fernwirkung  eine  zeit- 
liche Fortpflanzung  zu  treten  habe,  eine  Forde- 
rung, die  übrigens  Gauss  schon  1845  ^^  einem 
Briefe  an  Weber  stellte,  die  aber  durch  das 
Web  er  sehe  Gesetz  nicht  erfüllt  wurde.  Die 
bereits  in  den  Jahren  1861—62  entstandenen 
Abhandlungen   Max we  11s,    die 


10 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No.   i. 


in  seinem  berühmten  „Lehrbuch  der  Elek- 
trizität und  des  Magnetismus"  zusammen- 
fasste,  sowie  die  glänzende  experimentelle  Be-  | 
stätigung  der  Maxwellschen  Resultate  durch 
H.  Hertz  vom  Jahre  1887  an,  schienen  geeignet, 
den  Web  ersehen  Anschauungen  auch  den 
letzten  Rest  von  Daseinsberechtigung  zunehmen. 
In  der  That  stellten  die  Maxwellschen 
Formeln,  denen  ja  atomistische  Begriffe  gänz- 
lich fehlen,  die  elektrischen  Fundamentalerschei- 
nungen ebenso  gut  dar,  wie  die  älteren,  auf 
Fernwirkung  aufgebauten,  und  die  neuentdeckten 
Hertzschen  elektrischen  Wellen  konnten  über- 
haupt nur  durch  die  Max  well  sehe  Theorie  dar- 
gestellt werden. 

Es  scheint,  als  ob  dieser  glänzende  Erfolg 
anfangs  die  Forscher  blind  gemacht  habe  gegen 
die  Unzulänglichkeit  der  Maxwellschen  Theorie 
den  feineren  optischen  Erscheinungen  gegenüber. 
Nach  Maxwell  sollten  die  Lichtschwingungen 
ja  nicht  mechanische  Schwingungen  des 
Äthers,  sondern  elektrische  Schwingungen  sein, 
und  die  beiden  Konstanten,  durch  die  Maxwell 
das  elektrische  und  magnetische  Verhalten  jedes 
Körpers  definierte  (die  Dielektrizitätskonstante 
und  die  Magnetisierungskonstante),  mussten  auch 
für  sein  Lichtbrechungsvermögen  massgebend 
sein.  Wenn  nun  auch  die  von  Maxwell  ge- 
forderte Beziehung  —  dass  nämlich  der  optische 
Brechungsexponent  gleich  der  Quadratwurzel 
der  Dielektrizitätskonstante  sein  solle  —  bei 
manchen  Körpern  leidlich  erfüllt  war,  so  zeigten 
doch  andererseits  viele  Körper,  z.  B.  das  Wasser, 
so  ungeheure  Abweichungen,  dass  sich  schon 
daraus  die  Theorie  in  ihrer  ursprünglichen  Ge- 
stalt als  ungenügend  erweisen  musste.  Hierzu 
kam  noch  die  Abhängigkeit  des  Brechungs- 
exponenten von  der  Farbe^  fiir  welche  die  ur- 
sprüngliche Theorie  gar  keine  Erklärung  gab. 
Nun  hatte  nach  einem  ersten  noch  unge- 
nügenden Versuch  Sellmeiers')  im  Jahre  1874 
H.  V.  Helmholtz^)  eine  mechanische  Theorie 
der  Farbenzerstreuung  aufgestellt,  deren  Grund- 
lage darin  besteht,  dass  den  körperlichen 
Molekülen  gewisse  Eigenschwingungen 
zukommen. 

Bereits  im  Jahre  1880,  also  zu  einer  Zeit, 
wo  man  in  Deutschland  noch  kaum  an  die 
Ma  X  w  e  1 1  sehe  elektromagnetische  Lichttheorie 
glaubte,  zeigte  H.  A.  Lorentz^),  dass  man 
die  Grundlagen  zu  einer  elektromagnetischen 
Dispersionstheorie  ganz  analog  der  früheren 
mechanischen  Theorie  erhalten  könne,  wenn 
man  jedes  Molekül  als  Ausgangspunkt  elek- 
trischer Schwingungen  bestimmter  Periode  an- 
sehe.   Es  heisst  dort:  „Es  mögen  sich  in  einem 

0  Poßß-  Ann.  145,  399  u.  520;    147,  386  u.  525,   1872. 

2)  Berl.  Bcr.  1874.    667.    Po  gg.  Ann.  154. 

3)  Verbandl.  -  Akad.  v.  Wetensch.,  Amsterdam,  18. 
Wied.  Ann.  9,  641,  1880. 


jeden  Körperteilchen  mehrere  mit  Elektrizität 
geladene  materielle  Punkte  befinden,  von  denen 
jedoch  nur  einer  mit  der  Ladung  e  und  der 
Masse  {i  beweglich  sei."  Mit  Hilfe  dieser 
Grundannahme  schwingungsfähiger  geladener 
Teilchen  leitet  H.  A.  Lorentz  dann  die  Dis- 
persionsgleichungen ab. 

Die  nächste  Frage  ist  nunmehr:  Wie  kommen 
wir  dazu,  in  einem  jeden  durchsichtigen  Körper 
das  Vorhandensein  elektrischer  Teilchen  ab- 
zunehmen? Die  Antwort  giebt  uns  ein  Erschei- 
nungsgebiet, das  ebenfalls  in  die  Maxwell  sehe 
Theorie  nur  schwer  hineinpassen  wollte  und 
deshalb  fast  stets  nach  der  alten  Anschauungs- 
weise behandelt  wurde.  Ich  meine  die  Vor- 
gänge bei  der  Elektrolyse.  Wenn  der  elek- 
trische Strom  einen  Elektrolyten  durchfliesst, 
so  werden  nach  dem  Farad ay sehen  Gesetz 
von  jeder  Stromeinheit  chemisch  äquivalente 
Mengen  an  den  Elektroden  ausgeschieden;  man 
kann  also  den  Vorgang  so  auffassen,  als  wenn 
jede  chemische  Valenz  eines  jeden  im  Elektro- 
lyten wandernden  Ions  mit  einer  ganz  be- 
stimmten unveränderlichen  positiven  oder  nega- 
tiven Elektrizitätsmenge  verbunden  sei. 

In  einer  zum  Gedächtnis  M.  Faradays  im 
Jahre  1 88 1  gehaltenen  Rede  weist  nun  H.  v.  H  e  1  m  - 
holtz')  darauf  hin,  dass  wir  aus  dem  Fara- 
day sehen  Gesetz  mit  Notwendigkeit  auf  die 
Existenz  elektrischer  Atome  schliessen 
müssen.  Da  nämlich  die  geladenen  chemischen 
Atome,  von  Faraday  als  Ionen  —  d.  h.  die 
Wandernden  —  bezeichnet,  an  den  Elektroden 
als  neutrale  Körper  ausgeschieden  werden,  so 
muss  dort  eine  Abgabe  der  Ladungen  oder  ein 
teilweiser  Austausch  gegen  Ladungen  entgegen- 
gesetzten Vorzeichens  stattfinden.  Während 
dieses  Vorgangs,  der  ja  nicht  momentan  statt- 
finden kann,  müssen  also  die  Ladungen, 
wenigstens  für  eine  kurze  Zeit,  eine  selbständige 
Existenz  fuhren  können;  was  liegt  näher,  als 
diese  stets  gleiche  Ladungseinheit  einer  Valenz 
als  ein  Elementarquantum  der  Elektrizität,  als 
ein  elektrisches  Atom  zu  betrachten.  Und 
wenn  ein  neutrales  Molekül,  etwa  Na  Cl  (Chlor- 
natrium) beim  Auflösen  in  Wasser  in  +  ge- 
ladenes Na  und  —  geladenes  Cl  zerfällt,  so  ist 
das  Wahrscheinlichste,  dass  das  Na-  und  das 
t7-Atom  jedes  seine  Ladung  schon  vorher  hatte, 
und  dass  diese  Ladungen  nach  aussen  bloss 
deshalb  unbemerkbar  blieben,  weil  +  und  — 
Ladung  gleich  gross  waren.  Denkt  man  sich 
nun  aber  einen  Lichtstrahl  einen  ^V^  (TZ-Krystall 
durchsetzend,  so  müssen  die  Ladungen  resp. 
die  mit  ihnen  verbundenen  Atome  in  Schwin- 
gungen geraten  und  die  Lichtbewegung  beein- 
flussen. Die  elektrolytischen  Valenzladun- 
gen   sind    es  also,    die  wir  als  die  in  den 


l)  Journ.  ehem.  Soc.  Jani  i88i.    Vortr.  a.  Reden  2,  275. 


Physikalische  Kdtschrift.    3.  Jahrgang.    No. 


durchsichtigen  Körpern  mitschwingen- 
den elektrischen  Teilchen  zu  betrachten 
haben,  und  deren  Anziehungskräfte,  wie  Helm- 
holtz  nachwies,  jedenfalls  auch  den  weitaus 
grössten  Teil  der  chemischen  Verwandtschafts- 
kräfte ausmachen. 

Wenn  nun  auch,  wie  vorbin  erwähnt,  der 
Grundriss  zu  dem  Gebäude  der  elektromagne- 
tischen Lichttheorie  schon  im  Jahre  1880  von 
H.  A.  Lorentz,  ja  andeutungsweise  noch  viel 
früher  von  W.  Weber  gezeichnet  worden  war, 
so  bedurfte  es  doch  eines  vollen  Jahrzehnts, 
bis  man,  angeregt  durch  die  inzwischen  er- 
folgten Entdeckungen  Heinrich  Hertz',  be- 
gann, die  Bausteine  zusammenzutragen  und  zu 
bearbeiten.  In  den  Jahren  1890— 1893  erschienen 
eine  Reihe  von  Arbeiten  von  F.  Richarz'), 
H.  Ebert^)  und  G.  Johnston  Stoney-'),  welche 
sich  grossenteils  mit  dem  Mechanismus  der  Licht- 
emission leuchtender  Dämpfe  befassen,  und  in 
denen  auf  Grund  der  Ergebnisse  der  kinetischen 
Gastheorie  versucht  wird,  die  Grösse  des  von 
V,  Helmholtz  supponierten  elektrischen  Ele- 
mentarquantums, für  das  Stoney  den  jetzt  all- 
gemein gebräuchlichen  Namen  Elektron  vor- 
schlug, zu  bestimmen. 

Das  Resultat  dieser  Rechnungen  ist  insofern 
von  Wichtigkeit,  als  es  uns  zeigt,  dass  die  er- 
mittelten Zahlen  jedenfalls  keine  Widersprüche 
mit  anderen  Erfahrungen  enthalten. 

So  zeigte  z.  B.  H.  Ebert'),  dass  die 
Schwingungsamplitude  eines  Elektrons  im  leuch- 
tenden Natriumdampf  nur  ein  kleiner  Bruchteil 
des  Molekulardurchmessers  zu  sein  braucht,  um 
eine  Strahlung  von  der  durch  E.  Wiedemann'') 
experimentell  bestimmten  absoluten  Intensität 
zu  erregen. 

Der  Weg   zur  Berechnung  der  im  Elektron 
enthaltenen  El ektrizitäts menge  ist  ein  sehr  ein- 
■•fachcr.     Die   zur  elektrolytischen  Ausscheidung 
von    I    com    irgend    eines    einatomigen    Gases 
nötige  Elektrizitätsmenge    wird   dividiert   durch 
die  Loschmidtsche  Zahl,    d.  h.   die  Zahl   der 
in    I   ccm    enthaltenen    Gasmoleküle.      Bei    der 
Unsicherheit    dieser    letzteren    Zahl    kann    man 
nur   sagen,    dass    ein    Elektron    etwa    io~"* 
[i :  10  Milliarden)  elektrostatische  Einheiten 
enthält.     Der  Wert  dieser 
problematischer,   wenn   nich 
anderer,   von   der  skizzierte) 
dener  Methoden,  auf  die  zu 
einzugehen  sein  wird,  zu  gai 
geführt  hätte. 

[)  SiU.-Ber.  Niedfirh.  Ges.  f. 
48,  iS,  iggi;  Wied.  Ano.  53,  38 

j)  Arch.  de  Geneve  I3)  25, 
«.  651.   »893- 

1)  Tims,  Roy.  Dnl.l.  Soc.  (21 

41  Atch.  6.  Gea.  (31  36,  489. 


Während  so  dargethan  wurde,  dass  die 
beobachteten  Erscheinungen  mit  der  Annahme 
schwingender  lonenladungen  der  Grössenordnung 
nach  verträglich  waren,  erschienen  unabhängig 
voneinander  zwei  Arbeiten,  durch  die  die 
elektromagnetische  Lichttheorie  zum  vollendeten 
Gebäude  wurde.  Von  diesen  Arbeiten  be- 
schäftigt sich  die  eine,  von  H.  v.  Helmholtz  ') 
herrührend,  nur  mit  der  speziellen  Frage  der 
Farbenzerstreuung  in  absorbierenden  Medien; 
die  andere,  deren  Verfasser  H.  A,  Lorentz') 
ist,  geht  bedeutend  weiter.  Hier  wird  gezeigt, 
wie  man  durch  die  Annahme  mitschwingender 
geladener  Teilchen  in  den  lichtdurchlässigen 
Körpern  auch  alle  Schwierigkeiten  aus  dem 
Wege  räumt,  die  sich  einer  genügenden  Er- 
klärung der  Lichtfortpflanzung  in  bewegten 
Körpern,  z.  B.  der  Aberration  des  Sternenlichts, 
entgegenstellten.  Die  Lorentzsche  Theorie 
lässt  die  Maxwellschen  Gleichungen  für  den 
freien  Äther  unverändert  bestehen.  Ejn  mate- 
rieller Körper  beeinflusst  die  optischen  wie  die 
elektrischen  Vorgänge  nur  durch  die  in  ihm 
vorhandenen  beweglichen  Ladungen,  während 
in  dem  die  Zwischenräume  erfüllenden  Äther 
alles  unverändert  bleibt.  Eine  „Dielektrizitäts- 
konstante", wie  bei  Maxwell,  giebt  es  also 
als  Grundbegriff  bei  Lorentz  nicht  mehr.  Sie 
wird  hier  zu  einem  abgeleiteten  Begriff;  und 
man  sieht  auch  unmittelbar,  dass  sie  für  schnelle 
Schwingungen,  bei  denen  die  Trägheit  der 
schwingenden  Ladungen  in  Betracht  kommt, 
gar  keine  Bedeutung  mehr  hat.  Dasselbe  gilt 
mutatis  mutandis  auch  für  die  Magnetisierungs- 
konstante. 

Es  hätte  bei  der  Leichtigkeit,  mit  der  die 
Lorentzsche  Theorie  allein  schon  die  Dis- 
persions- und  Aberrationserscheinungen  erklärt, 
kaum  noch  eines  direkten  Beweises  ihrer  Rich- 
tigkeit bedurft.  Gleichwohl  sollte  auch  dieser 
nicht  ausbleiben. 

Im  Jahre  1896  entdeckte  einSchülerLorentz', 
P.  Zeeman^},  eine  Erscheinung,  deren  Existenz 
schon  Faraday  (1862)  vergeblich  gesucht  hatte: 
Bringt  man  einen  leuchtenden  Dampf,  etwa 
eine  jVrt-Flamme,  in  ein  starkes  Magnetfeld,  so 
zeigen    die    Spektrallinien    des   Dampfes    eigen- 

i:i„i:_u„\f„_;;.,j : '^ -■— '^ehrichtung 

rlung  oder 
;n,  die  sich 
orie   völlig 

rlaubte  es 
Ladungen 
;n;  und  da 
ig  frappant 


ca.  (31  36,  489. 
..  8t   177-  «4B, 


12 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  i. 


ist:  das  schwingende  Elektron  ist  stets 
negativ  geladen,  während  das  positive 
festliegt;  das  Verhältnis  von  Ladung  zu 
Masse  beträgt  17  Millionen  E.  M.  E J)  pro 
Gramm;  da  nun  ein  Gramm  Wasserstoff,  d.  h. 
eine  Grammvalenz  nur  9650  E.  M.  E.  enthält, 
so  folgt  daraus,  dass  die  mit  dem  schwingenden 
Elektron  verbundene  Masse  nur  etwa  den  zwei- 
tausendsten Teil  eines  Wasserstoffatoms  beträgt. 
Die  anfänglich  meist  stillschweigend  ein- 
geführte Annahme,  dass  das  ganze  Ion, 
d.  h.  chemisches  Atom  plus  Valenzladung, 
schwinge,  muss  also  fallen  gelassen  werden;  wir 
müssen  vermuten,  dass  die  Ladung,  ebenso  wie 
bei  der  elektrolytischen  Ausscheidung  an  den 
Elektroden  einer  Zersetzungszelle,  so  auch  im 
Hchtemittierenden  Molekül  eine  selbständige  Be- 
weglichkeit hat,  und  dass  die  beim  Zeeman- 
Phänomen  in  Betracht  kommende  Masse 
eben  die  des  Elektrons  selbst  ist. 

Damit   wären   wir   denn   zu   einer  An- 
schauung   gelangt,    die    sich    nahezu    mit 
der   alten   Weberschen  Annahme   deckt, 
mit    dem    wichtigen   Unterschiede   aller- 
dings,  dass  an  Stelle   der  unmittelbaren 
Fernwirkung  die  vermittelte,    durch  den 
Äther    fortgepflanzte   Wirkung   getreten 
ist  und  dass  wir  jetzt  eine  ganz  bestimmte 
zahlenmässige  Vorstellung  von  derGrösse 
der   elektrischen    Atome    besitzen.      Und 
noch  ein  Unterschied  gegen  Weber  muss  hier 
hervorgehoben  werden.    Weber  nahm  auf  gut 
Glück  hin  in  seinen  theoretischen  Betrachtungen 
stets  die  positiven  Teilchen  als  die  frei  beweg- 
lichen   an.      Wir   haben  jetzt    auf  Grund   des 
Zeeman-Effektes   stets    den  negativen   diese 
Stellung    einzuräumen.      Es   hat   sich   ergeben, 
dass  auch  bei  allen  sonstigen  Phänomenen,  bei 
denen  die  Elektronen  in  Betracht  kommen  und 
von    denen   wir   noch    einige    nachher   werden 
kennen  lernen,  stets  das  negative  Elektron 
als    frei     beweglich    auftritt.      Woher   diese 
merkwürdige  Einseitigkeit  stammt,    ob  es  ge- 
lingen wird,  einmal  auch  das  freie  positive  Elek- 
tron nachzuweisen,    oder   ob  wir  vielleicht  an 
Stelle    der    dualistischen    eine   unitarische  Auf- 
fassung der  Elektrizität  treten  lassen   müssen? 
darüber  müssen  wir   die  Entscheidung  der  Zu- 
kunft überlassen. 

Der  eben  skizzierten  Entwicklung  des  Elek- 
tronenbegriffs auf  dem  Gebiete  der  Lichttheorie 
folgte  sehr  bald  eine  ganz  entsprechende  auf 
einem  rein  elektrischen  Erscheinungsgebiete: 

Die  elektrischen  Entladungen  in  Gasen  hatte 
man  schon  lange  versucht,  als  einen  der  Elek- 
trolyse verwandten  Prozess  zu  betrachten. 
W.   Giese^)   ist    es,    der    zuerst  dieser  Hypo- 

1)  AbkÜr.UAg  fUr:  Elektromagnetische  Einheiteo. 

2)  Wicd.  An->.  17,  i.  236,  519,  1882;  37,  576,  188;; 
88,  403,  1839. 


these  durch  Untersuchung  der  Leitung  in 
Flammengasen  eine  gewichtige  Stütze  verlieh 
und  auch  versuchte,  die  Leitung  in  Metallen 
durch  Wanderung  von  Ionen  zu  erklären. 

Vor  allem  waren  es  aber  die  sogen.  Ka- 
thodenstrahlen, denen  man,  zum  Teil  infolge 
der  zu  Ende  1895  erfolgten  Entdeckung  der 
Röntgenstrahlen,  jetzt  wieder  die  grösste 
Aufmerksamkeit  zuwandte.  —  Plücker')  und 
Hittorf^)  haben  zuerst  die  eigentümliche  grüne 
Fluoreszenz  der  Glaswände  in  sehr  stark  eva- 
kuierten Entladungsröhren  genauer  studiert.  Im 
Laufe  weiterer  Untersuchung^,  bei  denen  sich 
namentlich  E.  Goldstein ^)  sehr  verdient  ge- 
macht hat,  zeigte  sich,  dass  es  sich  hierbei 
um  eine  eigentümliche  Strahlenart  handeln 
müsse,  die  von  der  negativen  Elektrode,  der 
Kathode  der  Röhre,  ausgehe  und  für  die  Gold- 
stein  deshalb  den  Namen  „Kathodenstrah- 
len" vorschlug.  Das  Verhalten  dieser  Strahlen 
im  Magnetfelde,  ihre  Wärmewirkungen,  ihre 
vermeintlichen  mechanischen  Wirkungen  ver- 
suchte Crookes'*)  durch  die  Annahme  zu  er- 
klären, diese  Strahlen  beständen  aus  Gasmole- 
külen, die  an  der  Kathode  negativ  geladen, 
von  dieser  wie  beim  elektrischen  Kugeltanz 
abgestossen  und  in  den  Röhrenraum  hineinge- 
schleudert würden.  Es  Hessen  sich  auch  that- 
sächlich  die  meisten  beobachteten  Erscheinungen 
durch  diese  Hypothese  ganz  leidlich  deuten. 

Genauere  Untersuchungen,  namentlich  zah- 
lenmässige Prüfungen  erwiesen  jedoch  sehr  bald 
dieUnhaltbarkeit  der  Cr ookes sehen  Hypothese, 
wenigstens  in  ihrer  ursprünglichen  Form.  Leider 
hat  man  dabei,  namentlich  in  Deutschland,  das 
Kind  mit  dem  Bade  ausgeschüttet;  man  hat 
die  ganze  Hypothese  verworfen,  weil  die  ganz 
spezielle  Vorstellung,  dass  es  sich  um  durch 
Kontakt  geladene  Moleküle  handele,  sich  als 
falsch  erwies.  Aber  man  war  nicht  im  stände, 
etwas  Besseres  an  die  Stelle  zu  setzen;  je  mehr 
Thatsachenmaterial  angehäuft  wurde,  desto  rät- 
selhafter wurden  die  Kathodenstrahlen,  und 
schliesslich  kam  es  so  weit,  dass  es  fast  als 
eines  anständigen  Physikers  unwürdig  galt,  sich 
mit  diesen  einer  quantitativen  und  theoretischen 
Behandlung  so  unzugänglichen  Erscheinungen 
zu  beschäftigen.  Da  kam  plötzlich,  von  allem 
Rätselhaften  das  Rätselhafteste:  die  Ent- 
deckung der  X-Strahlen  durch  Röntgen 
und  damit  ein  neuer  Sporn,  die  Lösung  der 
vielen  Fragen  in  Angriff  zu  nehmen.  Die  auf- 
gewandte Mühe  sollte  bald  von  Erfolg  gekrönt 
werden: 


1)  Pogg.  Ann.  106,  17,  i8j8. 

2)  Pogg.  Ann.  136,   l,  1869. 

3)  Über  eine  neue  Art  elcktr.  Abstussung.    Berlin  1880. 

4)  Stralilcnde  Materie  oder  der  4.  Ag^egatzustan  * 
zig  1S82. 


X 


Physikalische  Zeltschrift.     3.  Jahrgang.     No. 


Die  Untersuchungen  von  E.  Wiechert,') 
W.  Kaufmann  und  E.  Aschkinass,')  W. 
Kaufmann,»)  J.  J.  Thomson,*)  W.  Wien,^) 
Ph.  Lenard,")  Th.  Des  Coudres')  ergaben 
übereinstimmend,  dass  es  nur  einer  Umände- 
rung der  Crookes  sehen  Hypothese  bedürfe, 
um  zu  einer  widerspruchsfreien  Erklärung  fast 
aller  Erscheinungen  zu  gelangen:  Man  braucht 
die  Kathoden  strahlen  bloss  als  geladene  Massen- 
teilchen zu  betrachten,  die  viel  kleiner  sind, 
als  die  gewöhnlichen  Atome.  Eine  ganze 
Reihe  von  messbaren  Eigenschaften  der  Ka- 
thodenstrahlen  ermöglicht  es  zu  bestimmen, 
wie  gross  bei  diesen  Teilchen  die  Ladung  pro 
Grammmasse  ist.  Das  Resultat  war  zwar  bei 
verschiedenen  Beobachtern  etwas  verschieden,  es 
schwankt  zwischen  7  und  19  Millionen  El.  M. 
Einheiten  pro  Gramm;  jedenfalls  aber  liegen 
diese  Zahlen  den  beim  Z ee  m a n effekt  ge- 
fundenen so  nahe,  dass  man  unbedingt  der  zu- 
erst wohl  von  E,  Wiechert^)  ausgesprochenen 
Hypothese  beistimmen  kann,  dass  wir  es  in  bei- 
den Fällen  mit  denselben  Teilchen,  nämlich 
den  Elektronen,  zu  thun  haben:  Wir  haben 
also  in  den  Kathidenstrahlen  die  Elektronen, 
die  in  den  optischen  Erscheinungen  ein  ziem- 
lich verborgenes  Dasein  führen,  sozusagen  leib- 
haftig vor  uns. 

In  einfacher  Weise  Uessen  sich  jetzt  eine 
Reihe  von  Folgeerscheinungen  erklären.  Ein 
solches  mit  ungeheurer  Geschwindigkeit,  nach 
direkten  Messungen  Wiecherts,^)  je  nach  der 
angewandten  Kraft  mit  '/^  bis  '/.■<  der  Lichtge- 
schwindigkeit, fliegendes  Elektron,  muss,  wenn 
es  auf  einen  festen  Körper  aufprallt,  notwendig 
eine  explosionsartige  elektrische  Welle  in  den 
Raum  hinaussenden,  genau  wie  ein  aufschlagen- 
des Projektil  eine  Schallwelle;  wir  haben  triftige 
Gründe  zu  der  Annahme,  dass  die  Röntgen- 
strahlen solche  Wellen  seien.  Weiter: 
wenn  die  Elektronen  aus  der  Oberfläche 
der  Kathode  herausfliegen,  so  müssen  sie 
auch  schon  in  ihrem  Innern  sich  an  die  Ober- 
flache  heranbewegt  haben;  d.  h.  die  elek- 
trische Leitung  im  Metalle  besteht  wohl 
auch  in  einer  Wanderung  von  Elektro- 
nen. Während  also  im  flüssigen  Elektrolyten 
das  Elektron  stets  an  ein  materielles  Atom  ge- 
bunden als  „Ion"  erscheint,  haben  wir  es  im 
Metall  mit  frei  wandernden  Elektronen  zu  thun. 


1)  Siti.-Bet.  phyi.  öVoD.  G«s«nsch.  Kfioibibetg  1897. 
5.  i;  NmtaiwiiB.  Rundsch.  Mai  1S97;  Gott.  gel.  Nachi.  1S9S. 
S.  260. 


Diese  Elektronen theorie  der  Metalle,  als  deren 
ersten  Urheber  wir  ja  auch  schon  W.  Weber 
zu  betrachten  haben,  ist  neuerdings  durch 
E.  Riecke')  und  P,  Drude'')  mathematisch 
so  weit  durchgearbeitet  worden,  dass  sie  eine 
Prüfung  an  Hand  der  Erfahrung  gestattet;  es 
ergab  sich  namentlich  für  das  Verhältnis  zwi- 
schen elektrischer  und  Wärmeleitung  der  Me- 
talle eine  Zahl,  die  mit  den  Beobachtungen  auf 
wenige  Prozent  genau  übereinstimmt;  auch  das 
optische  Verhalten  der  Metalle  scheint,  soweit 
die  Beobachtungen  reichen,  mit  dieser  Theorie 
in  guter  Übereinstimmung  zu  stehen;  und' von 
Ph.  Lenard'^j  ist  gezeigt  worden,  dass  durch 
Bestrahlung  einer  Metallfläche  mit  ultraviolettem 
Lichte  die  Elektronen  des  Metalles  in  so  starkes 
Mitschwingen  versetzt  werden  können,  dass  sie 
mit  grosser  Geschwindigkeit  von  der  Ober- 
fläche fortfliegen  und  dann  ein  ganz  ähnliches 
Verhalten  zeigen,  wie  die  gewöhnlichen,  durch 
Entladungen  erzeugten  Kathodenstrahlen,*) 

Betrachten  wir  endlich  die  Leitung  in  einem 
beliebigen  Gase,  das  wir  durch  Bestrahlung  mit 
Röntgenstrahlen  oder  ultraviolettem  Licht,  oder 
auch  durch  starke  Erhitzung  leitend  gemacht 
haben,  so  zeigt  sich  auch  hier,  dass  eine  ein- 
wandfreie Erklärung  der  zahlen  massigen  Resul- 
tate, wie  sie  namentlich  von  J.  J.  Thomson 
und  seinen  Schülern  erhalten  worden  sind,  nur 
unter  der  Annahme  wandernder  Teilchen  im 
Gase  möglich  ist;  aus  gewissen  Unterschieden 
im  Verhalten  der  positiven  und  negativen  Teil- 
chen bei  diesen  Vorgängen  scheint  hervorzu- 
gehen, dass  die  negativen  Teilchen  hauptsächlich 
freie  Elektronen  sind,  von  denen  jedoch  die 
meisten  nach  kurzer  Wanderung  von  Gas- 
molektilen  aufgefangen  werden ,  und  durch 
diese  beschwert,  einen  grossen  Teil  ihrer  ur- 
sprünglichen Beweglichkeit  verlieren.  Die  posi- 
tiven Teilchen  bestehen  dann  aus  dem  nach 
Abspaltung  eines  negativen  Elektrons  vom 
Molekül  noch  übrig  bleibenden  Rest.  Die  so- 
eben skizzierte  Anschauungsweise  beseitigt  völlig 
einen  Einwand,  durch  den  man  früher  manch- 
mal die  lonentheorie  der  leitenden  Gase  zu 
widerlegen  glaubte.  Wie  kann,  so  sagte  man, 
ein  einatomiges  Gas,  wie  z.  B.  Quecksilber- 
dampf, sich  in  Ionen  dissoziieren?  In  elektro- 
lyttsche  Ionen  allerdings  nicht,  wohl  aber  in 
ein  positiv  geladenes  Atom  und  ein  negatives 
Elektron.  Beide  zusammen  bilden  erst  das 
neutrale  einatomige  Moleküh  Durch  Be- 
obachtung   leitender    Gase    ist    es    sogar  J.  J, 


Si-  S45,  "99.    «893. 

,  56a.  1900;  3.  369,  1900. 

(lU),  1649,  1899. 

»loges   Phänomen   bei  Beslrahlung 

ntgcDttrablon  tod  E.  Dorn,   Arch. 

..t^,  Jubelbaiid). 


\ 


14 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  i. 


Thomson^)  gelungen,  die  absolute  Grösse  der 
Ladung  eines  einzelnen  Jons  direkt  zu  messen, 
wobei  sich  eine  ganz  gute  Übereinstimmung 
mit  dem  früher  besprochenen  Werte  des  Ele- 
mentarquantums ergab.  Fügen  wir  noch  hin- 
zu, dass  neuerdings  noch  auf  einem  dritten, 
völlig  unabhängigen  Wege,  aus  den  Strah- 
lungsgesetzen des  sogen.  ,, schwarzen  Körpers'* 
von  M.  Planck'^)  ein  nahezu  gleichgrosser 
Wert  des  Elektrons  gefunden  worden  ist. 

Überall  also,  in  sämtlichen  Aggregatzustän- 
den, spielen  die  Elektronen  bei  den  elektrischen 
und  optischen  Vorgängen  ihre  wichtige  Rolle; 
sie  sind  die  kleinsten  bisher  bekannten  Be- 
standteile unserer  sichtbaren  Welt;  ihr  Auf- 
treten auch  bei  Abwesenheit  äusserer  elektri- 
scher oder  optischer  Einwirkungen,  d.  h.  der 
direkte  Nachweis  ihrer  ständigen  Existenz, 
würde  gleichsam  den  Schlussstein  in  dem  logi- 
schen Gebäude  bilden,  dessen  Entstehung  ich 
versucht  habe,  vor  Ihnen  aufzuführen;  auch 
nach  diesem  Schlussstein  brauchen  wir  nicht 
lange  zu  suchen: 

Kurz  nach  der  Entdeckung  der  Röntgen- 
schen  X-Strahlen  fand  Becquerel,^)  dass 
Uranverbindungen  dauernd,  ohne  äussere 
Einwirkung,  eine  Strahlenart  aussenden,  die  mit 
den  Röntgenstrahlen  grosse  Ähnlichkeit  hat, 
und  G.  C.Schmidt  ^)  zeigte  später,  dass  auch  Tho- 
riumverbindungen ähnliche  Strahlen  aussenden. 
Weitere  Untersuchungen,  namentlich  seitens  des 
Physikerpaares  Curie^)  ergaben,  dass  diese 
Strahlen  nicht  von  dem  Uran  selbst  ausgingen, 
sondern  von  gewissen  Beimengungen,  die  durch 
ein  äusserst  mühseliges  Fraktionierungsverfah- 
ren  vom  Uran  getrennt  und  schliesslich  so  kon- 
zentriert werden  können,  dass  sie  etwa  50000 mal 
stärker  strahlen  als  das  Uran.  Es  scheint,  dass 
in  dem  Endprodukt,  das  im  wesentlichen  aus 
einem  Baryumsalze  besteht,  ein  neues  Element 
enthalten  sei,  dem  man  den  Namen  Radium 
—  das  Strahlende  —  gegeben  hat,  womit  frei- 
lich noch  keineswegs  bewiesen  ist,  dass  gerade 
dieses  neue  Element  der  Ausgangspunkt  der 
Strahlung  ist.  Von  diesen  Becquerelstrahlen 
nun,  die  man  anfangs  für  nahe  verwandt  mit 
den  Röntgenstrahlen  hielt,  fand  GieseP)  und 
bald  darauf  ßecquerel,  dass  sie  magnetisch 
ablenkbar  und  somit  viel  eher  mit  den  Ka- 
thodenstrahlen in  Parallele  zu  stellen  seien. 
Nachdem  von  Dorn')  und  Becquerel  auch  die 
elektrische  Ablenkbarkeit  festgestellt  und, 
wenn  auch  nur  roh,  gemessen  war,  konnte  man 


1)  Phil.  Mag.  (5)  46,  528,  1898. 

2)  "      " 


Ann,  der  Physik  4,  564,   1901. 

3)  Compt.  rend.  122,  420,  1896. 

4)  Wied.  Ann.  65,  141.  1898. 

5)  Compt.  rend.  127,  175,  1898;  129,  714,  823,  1899. 
6J  Wied.  Ann.   69,  91,   834,    1899;     Physik.   Ztschr.  1, 

16,  189g. 

7;  Abh.  naturf.  Gcs   Halle  22,  1900. 


für  diese  Strahlen  auch  die  Geschwindigkeit 
und  die  Ladung  pro  Masseneinheit  berechnen, 
wobei  sich  der  Grössenordnung  nach  Überein- 
stimmung mit  den  bei  Kathodenstrahlen  er- 
haltenen Zahlen  ergab.  Aus  neuesten  genaue- 
ren Versuchen  des  Referenten,  scheint  sogar 
eine  völlige  Übereinstimmung  hervorzugehen. 

Wir  haben  somit  in  den  Radiumsalzen  eine 
Körperklasse,  die  im  stände  ist,  von  selbst,  ohne 
jede  äussere  Einwirkung,  Elektronen  auszu- 
schleudern. Wir  stehen  bezüglich  der  Energie- 
quelle sowie  des  ganzen  Mechanismus  dieser 
Erscheinung  noch  vor  einem  völligen  Rätsel, 
zumal  es  sich  hier  um  Geschwindigkeiten  zu 
handeln  scheint,  die  fast  gleich  der  Lichtge- 
schwindigkeit sind,  Geschwindigkeiten,  die  wir 
durch  elektrische  Kräfte,  d.  h.  bei  wirklichen 
Kathodenstrahlen  sicher  nur  nach  Überwindung 
der  enormsten  Schwierigkeiten  erreichen  kön- 
nen.') Gerade  das  Verhalten  der  Elektronen 
bei  solch  ungeheuren  Geschwindigkeiten  scheint 
aber  geeignet,  über  die  tiefgehendsten  Fragen 
nach  der  Konstitution  der  Elektronen  Auf- 
schluss  zu  geben.  Vor  allen  Dingen  lässt  sich 
durch  direkte  Messung  entscheiden,  ob  die 
Masse  der  Elektronen  vielleicht  nur  ,, schein- 
bare'*, durch  elektrodynamische  Wirkungen  vor- 
getäuscht ist.^)  Die  bislang  angestellten  Ver- 
suche sprechen  thatsächlich  für  die  Annahme 
einer  „scheinbaren"  Masse. 

Und  hiermit  kommen  wir  zu  einer  Frage, 
die  tief  hineingreift  in  den  Bau  der  Materie 
überhaupt: 

Wenn  ein  elektrisches  Atom  bloss  vermöge 
seiner  elektrodynamischen  Eigenschaften  sich 
genau  so  verhält,  wie  ein  träges  Massenteil- 
chen, ist  es  dann  nicht  möglich,  überhaupt 
alle  Massen  als  nur  scheinbare  zu  be- 
trachten? Können  wir  nicht  statt  all  der  un- 
fruchtbar gebliebenen  Versuche,  die  elektrischen 
Erscheinungen  mechanisch  zu  erklären,  nun  um- 
gekehrt versuchen,  die  Mechanik  auf  elek- 
trische Vorgänge  zurückzuführen?  Wir  kommen 
hier  wieder  auf  Anschauungen  zurück,  die  schon 
von  Zöllner,  vor  30  Jahren,  kultiviert  wurden 
und  neuerdings  von  H.  A.  Lorentz,  J.J.Thom- 
son und  W.  Wien  wieder  aufgenommen  und 
verbessert  worden  sind:  Wenn  alle  mate- 
riellen Atome  aus  einem  Konglomerat 
von  Elektronen  bestehen,  dann  ergiebt 
sich  ihre  Trägheit  ganz  von  selbst. 

Zur  Erklärung  der  Gravitation  muss  noch 
angenommen  werden,  dass  die  Anziehung  zwi- 
schen ungleichartigen  Ladungen  etwas  grösser 
sei   a^s  die  Abstossung  zwischen  gleichartigen. 


i)  Des  Coudrcs,  Arch.  n^crl.  (Lorentz- 
S.  653). 


2)  Des  Coudres,  Vcrhdl.   phys.  G** 
,  1898. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgfancf.     No.   i. 


15 


Ein  experimentum  crucis  für  diese  An- 
schauung wäre  der  Nachweis  einer  zeit- 
lichen Fortpflanzung  der  Gravitation 
resp.  ihrer  Abhängigkeit  nicht  bloss  von 
der  Lage,  sondern  auch  von  der  Ge- 
schwindigkeit der  gravitierenden  Kör- 
perJ) 

Die  Elektronen  wären  dann  also  die  von 
so  manchem  gesuchten  „Uratome",  durch 
deren  verschiedenartige  Gruppierung  die  chemi- 
schen Elemente  gebildet  werden;  der  alte  Al- 
chimistentraum von  der  Umwandlung  der  Ele- 
mente wäre  dann  der  Wirklichkeit  bedeutend 
näher  gerückt.  Man  könnte  etwa  annehmen, 
dass  unter  den  unzähligen  möglichen 
Gruppierungen  der  Elektronen  nur  eine 
relativ  beschränkte  Anzahl  genügend 
stabil  ist,  um  in  grösseren  Mengen  vor- 
zukommen; dtese  stabilen  Gruppierun- 
gen wären  dann  die  uns  bekannten  che- 
mischen Elemente.  Durch  eine  mathema- 
tische Behandlung  dieser  Fragen  wird  es  viel- 

i)  W.Wien,  Arch.  n^erl.  (Lorcntz-Jubelband  1900,  S.  loi). 


leicht  einmal  gelingen,  die  relative  Häufigkeit 
der  Elemente  als  Funktion  ihres  Atomgewichts 
darzustellen  und  vielleicht  auch  noch  manches 
andere  Rätsel  des  periodischen  Systems  der 
Elemente  zu  lösen. 

Werfen  wir  noch  einen  Blick  von  der  Erde 
fort  in  den  Weltraum  hinaus,  so  sehen  wir 
auch  dort  so  manche  Erscheinung,  auf  die  man 
nicht  ohne  Aussicht  auf  Erfolg  versucht  hat, 
die  Elektronentheorie  anzuwenden ;  die  Sonnen- 
korona, die  Kometenschweife  und  die  Nord- 
lichter gehören  hierher. 

Mag  auch  noch  manches  hierbei  etwas  zu 
hypothetisch  erscheinen,  so  viel  dürfte  wohl 
aus  dem  Gesagten  klar  hervorgehen,  dass  die 
Elektronen,  diese  winzigen  Teilchen,  deren 
Grösse  sich  zu  der  eines  Bazillus  etwa 
verhält,  wie  diejenige  eines  Bazillus  zur 
gesamten  Erdkugel,  und  deren  Eigenschaf- 
ten wir  doch  mit  grösster  Präzision  zu  messen 
vermögen,  dass  diese  Elektronen  eine  der  wich- 
tigsten Grundlagen  unseres  gesamten  Welt- 
gebäudes bilden. 

(Eingegangen  25.  September  1901.) 


REFERATE. 


^^ 

Geophysik. 

Besorgt  von  Prof.  Dr.  E.  Wiechert. 

^^ 

F.  R.  Helme  rt.  Der  normale  Teil  der  Schwer- 
kraft im  Meeresniveau.  Sitzungsbericht  der 
Kgl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Ber- 
lin, math.-phys.  Kl.,   14.  März  1901. 

Auf  der  allgemeinen  Konferenz  der  inter- 
nationalen Erdmessung  zu  Paris  im  September 
1900  legte  Helmert  eine  kritische  Zusammen- 
stellung aller  ihm  zugänglichen  Ergebnisse  der 
Beobachtungen  mit  Pendelapparaten  für  relative 
Schwerebestimmungen  vor.  In  vorliegender  Ab- 
handlung giebt  er  einige  Rechnungsergebnisse 
für  den  normalen  Teil  der  Schwerkraft  im 
Meeresniveau  an;  Ausführlicheres  ist  zu  finden 
in  den  „Verhandlungen  der  allgemeinen  Konfer. 
der  Internat.  Erdmessung  zu  Paris  1900''  und 
wird  bald  zu  finden  sein  in  einer  von  Helmert 
in  Aussicht  genommenen  Zusammenstellung  aller 
Bestimmungen,  verbunden  mit  deren  eingehen- 
den Diskussion. 

Helmert   hat   gegen    1400  Werte    der  Be- 
cdUeuoigung  g  der  Schwerkraft  zu  seinen  Unter- 
Über  die  Grösse  der  Beschleunigung 
^des  Ortes   zusammengefasst.     Be- 
Werte  von  g^    welche  auf  Fest- 
itionen    erlangt  sind,    fort- 
für kleine,  von  tiefem  Was- 


ser umgebene  Inseln.  Alle  Messungen  sind 
nach  dem  Kondensationsverfahren  so  auf  das 
Meeresniveau  reduziert,  als  befänden  sich  aus- 
serhalb des  letzteren  keine  Massenteile  des 
Erdkörpers;  dieses  Verfahren  entspricht  auch 
den  zahlreichen  Messungsergebnissen  von  v. 
Sterneck. 

Nur  auf  hohen  Berggipfeln  angestellte  Mes- 
sungen, welche  systematisch  beeinflusst  sind, 
wurden  fortgelassen.  Der  zusammenfassenden 
Reduktion  aller  Werte  von  g  liegt  das  „Wie- 
ner System"  zu  Grunde,  d.  h.  die  im  Wie- 
ner Militär-Geographischen  Institute  gebräuch- 
liche Annahme  für  g,  die  nach  Massgabe  der 
absoluten  Bestimmung  der  Grösse  der  Schwer- 
kraft durch  V.  Oppolzer  erfolgt  ist.  Es  wurde 
zunächst  für  alle  Stationen  der  normale  Teil 
der  Beschleunigung  der  Schwerkraft  im  Meeres- 
niveau    berechnet    und    zwar  nach  der  Formel: 

7o  =  978,000cm  (i  H    0,005310  sin}  0)  oder 

70  =  980,597  cm  (i  —  0,002648  cos  2  0) 

(CP  =  geogr.  Breite). 

Die  Abweichungen  der  beobachteten  und  auf  das 
Meeresniveau  reduzierten  g  gegen  7©  wurden 
für  Küsten- und  Festlandsstationen  getrennt,  aber 
ohne  Unterschied  der  nördlichen  und  südlichen 
Erdhälfte  für  Zonen  zwischen  den  Parallelkreisen 
von  o^  lo^  20*^  ....  80®  Breite  gemittelt.  Aus 
diesen    Diflferenzen    leitet    Helmert    für   obige 


i6 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No.  i 


Formein  Verbesserungen  der  Konstanten  ab 
und  berücksichtigt  zugleich  noch  eine  Kugel- 
funktion vierten  Ranges  mittels  eines  in  sin^  2  0 
multiplizierten  Gliedes.  Da  sich  aus  der  Rech- 
nung selbst  der  Koeffizient  dieses  Gliedes  ganz 
unsicher  ergiebt,  fuhrt  er  für  diesen  den  bei 
Annahme  hydrostatischer  Schichtung  der  Erd- 
masse von  E.  Wiechert  1897  (und  bei  anderer 
Annahme  über  die  Massenverteilung  auch  von 
G.  H.  Darwin  1899  fast  ebenso  gross)  gefun- 
denen Wert  von  —  0,000007  ein.  Folgende 
Zusammenstellung  für  Festland,  Küstenland  und 
für  beide  gemittelt  zeigt  die  Gestalt  des  Aus- 
druckes mit  selbständig  gefundenem  und  mit 
dem  Wiechertschen  Koeffizienten: 

®  ist  der  Wert  in  45®  Breite,  {vv)  die  Qua- 
dratsumme der  Verbesserungen,  M  der  mittlere 
Fehler  einer  Gleichung. 

P  70  =  978,036(1 +  0,005  296  5/«^  0  +0,000010 

J/W^2  0)  ©  =  980,636,  (z/z;)  =  803,  J/=+  13 

7o  =  978,044  (i  +  0,005 301  sin-  0  —0,000007 
sin^  2  0)®  =  980,629,  {w)  =  1082,  M=  +  1 3 
AT  7o  =  978,049  (i  +  0,005 I02sin^ 0  —0,000013 
sin^  2  0),  ®  =  980,629,  [w)  =  577,  M=^  +  1 1 
7o  =  978,047  (i  +  0,005  300  j/>/^  0  —0,000007 
sin'^2  Q))i  ©  =  980,632,  (z^)  =  620,  M=±  10 
Mittel     7o  =  978,044  (i  +  0,005300  sin'^  0  — 

0,000002  sin'^  2  0),  ®  =  980,634  [ini)  = 

638,  M=±  II 

7o  =  978,046  (i  +  0,005302  sin'^  C[)  — 

0,000007  stn'^2  0)»  ©  =  980,632,  {vv)  = 

689,  M=±  II 

Man  sieht  hieraus,  dass  die  Einführung  der 
Wiechertschen  Konstante  für  die  Verminderung 
der  Unterschiede  zwischen  den  Hauptkonstanten 
in  den  Gleichungen  für  Festland  und  Küste  von 
günstigem  Einfluss  gewesen  ist. 

Helmert  giebt  noch  eine  Relation  an  zwi- 
schen den  Änderungen  dg  der  Zonenwerte  und 
den  entsprechenden  Änderungen  der  Konstanten. 
Es  zeigt  sich  hierbei  ferner,  dass  es  für  den 
Koeffizienten  von  sin'^  0  fast  einerlei  ist,  ob 
man,  wie  es  Helmert  gethan  hat,  den  Zonen- 
werten gleiches  Gewicht  oder  Gewichte  propor- 
tional cos  d)»  ini  Sinne  einer  Entwickelung  von 
g  nach  Kugelfunktionen,  beilegt.  Nach  einer 
Vergleichung  mit  der  aus  Iwanows  Formel 
(1898)  für  die  Länge  des  einfachen  Sekunden- 
pendels abgeleiteten  Gleichung  für  70»  bei  wel- 
cher sich  die  sehr  geringen  Abweichungen 
zwischen  den  Iwanowschen  und  Helmert- 
schen  Konstanten  zum  grössten  Teile  dadurch 
erklären  lassen,  dass  der  erstere  die  Beobach- 
tungen auf  kleinen  ozeanischen  Inseln  mit  be- 
rücksichtigt hat,  giebt  Helmert  noch  die  Ab- 
plattung des  zu  der  normalen  Schwerkraft  ge- 
hörenden Normalsphäroides  an.  Er  findet 
dieselbe  aus  den  3  Gleichungen  für  Festlands-, 
Küsten-     und    gemittelten    Beobachtungen    zu 


=  298,3,  298,1,  298,3,  mit  selbstgefundenem 


a 

Koeffizienten  für  sin'^2  0  und  -  =  298,2,  298,1, 

a 

298,3    mit   dem  Wiechertschen  Koeffizienten. 
Als   Endresultat   ergiebt*  sich   für  den  nor- 
malen   Teil    der   Schwerkraft   im  Meeresniveau 
im  Wiener  System  der  Ausdruck: 

7o  =  978,046  cm  (i  +  0,005  302  sin'^  0  — 
0,000007  .j/« 2  2  0) 
oder 

7o  =  980,632  cm  (i  4-  0,002644  cos2(^  + 
0,000007  cos'^  2  0) 

und  ein  reziproker  Abplattungswert  -  =  298,3 . 

Meyermann. 

(EingegangeQ  17.  September  1901.) 

Tagesereignisse. 

Die  Doktoringenieurdiplome  unterscheiden  sich  sehr 
wesentlich  von  den  Doktordiplomen,  welche  an  den  Universi- 
täten von  den  einzelnen  Fakultäten  verliehen  werden.  Während 
diese  in  der  altgeheiligten  lateinischen  Sprache  abgefasst 
sind,  ist  fiir  das  Diplom  des  modernen  ^oftor-Qngenieur  die 
deutsche  Sprache  gewählt.  An  der  Technischen  Hoch- 
schule zu  Berlin  wird  demnächst,  den  drei  ersten  ^nttor* 
ingenieitren  das  Diplom  ausgehändigt  und  ein  Abdruck 
am  schwarzen  Brett  des  Senates  bekannt  gegeben  werden. 
Es  dürfte  interessant  sein,  das  Formular  dieses  Diploms  kennen 
zu  lernen.     Es  lautet: 

,,Die    Königliche     Technische    Hochschule     zu 

Berlin  unter  dem  Rektorate  des 

verleiht  durch  diese  Urkunde 
dem  Diplom-Ingenieur 

Herrn 

aus 

die  Würde  eines  Doktor-Ingenieurs, 

nachdem  derselbe  bei  der  Abteilung  ftir 

in  ordnungsmässigem  Promotionsverfahren 
unter  Vorsitz  des 


und  unter  Mitwirkung  der  beiden  Referenten 

durch  seine  Dissertation 

„Über '' 

sowie  durch  die  vorgenommene  mündliche  Prüfung 
seine  wissenschaftliche  Befähigung   erwiesen 
und  hierbei  das  Prädikat 

„ bestanden" 

ci->\'orben  hat. 

Berlin-Charlottenburg,  den 1901. 

L.  S. 

Rektor  und  Senat 

der  Königlichen  Technischen  Hochschule  zu  Berlin 

g^^ 


II 


Personalien. 

Der  bisherige  erste  Assistent  am  physikalischen  Institute 
der  Universität  Heidelberg,  Professor  Dr.  Precht,  erhielt 
einen  Ruf  an  die  technische  Hochschule  in  Hannover  und 
hat  denselben  angenommen. 

Der  zum  etatsmässigen  ausserordentlichen  Professor  für 
physikalische  Chemie  an  der  Heidelberger  Universität  ernannte 
bisherige  Privatdozent  in  Leipzig,  Dr.  phiL  Georg  Bredig, 
wird  mit  Beginn  des  Wintersemesters  als  Abteiluugsvorsteher 
die  Leitung  des  physikalisch-chemischen  Unterrichts  im  Heidel- 
berger chemischen  Universitäts-Institute  übernehmen. 

Der  Astronom  Professor  Max  Wolf  in  Heidelberg 
hat  den  an  ihn  ergangenen  Ruf  nach  Göttingen  abgelehnt. 


Ffir  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


\ 


Physikalische  Zeitschri 


No.  2. 


15.  Oktober  1901. 

RedaktioDsschlutt  für  No.  3  am  34.  Oktober  1901. 


OH|lMlnitteilniigeii : 

lutteiluogen   aus   dem  physikalbchen 
Institute  der  Uoirersität  Pisa: 
No.    10:    A.    Battelli,    Über    das 
Bojlesche  Gesetz  bei  se^r  niedrigen 
Dnicken.     S.  17. 

W.  F.  Magie,  Die  spezifische  Wärme 
Ton  Lösungen,  die  keine  Elektro- 
Ijte  sind.   II.     S.  21. 

F.  Pockels,  Weitere  Beobachtungen 
aber  die  magnetisierende  Wirkung 
▼on  Blitzentladungen.     S.  22. 

C.  Bach,  Das  Ingenieurlaboratorium 
der  K.  Technischen  Hochschule  Stutt- 
gart.   S.  23. 


INHALT. 

Vortrfiqe  und  Diskussionen  von  der 
73.   Naturforsoherversamniung    zu 

Hamburg : 

Th.  Paul,  Die  Bedeutung  der  Ionen- 
Theorie  (tir  die  physiologische 
Chemie.     S.  28. 

£.  Hoppe,  Elektrodynamische  Kon- 
vektion.     S.  31. 

G.  W.  A.  Kahlbaum,  Über  MetaU- 
destillation  und  über  destillierte  Me- 
talle.    S.  32. 

Bespreoliungen: 

Lehrbuch  der  Navigation.     S.  37. 


Johanneson,  Physikalische  Mecha- 
nik.   S.  38. 

H.  Blücher ,  Die  Luft,  ihre  Zusammen- 
setzung und  Untersuchung,  ihr  Ein- 
fluss  und  ihre  Wirkungen  sowie  ihre 
technische  Ausnutzung.     S.  39. 

Eingegangene  Sokriften.    S.  39 

Nachtrag  zum  Vorlesungsverzeichnis 
für  das  Wintersemester  1901/02.  S.  39. 

Tagesereignisse: 

73.  Natur forscherversammlung  zu  Ham- 
burg.    S.  39. 

Briefkasten.    S.  40. 
Personalien.    S.  40. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Mitteilungen  aus  dem  physikalischen  Institute 
der  Universität  Pisa.    (Direktor:  A.  Battelli). 

No.  10:1)  A.  Battelli,  Über  das  Boylesohe  Gesetz 
bei  sehr  niedrigen  Drucken. 

In  einer  früheren  Arbeit^)  habe  ich  über  die 
Ergebnisse  von  Versuchen  berichtet,  die  ich 
über  das  Verhalten  der  atmosphärischen  Luft 
bis  zu  ungefähr  ^/loo  nim  Quecksilberdruck 
herab  vorgenommen  habe.  In  vorliegendem 
Aufsätze  gedenke  ich  Rechenschaft  abzulegen 
über  Versuche,  die  mit  demselben  Apparat  und 
unter  Beobachtung  der  nämlichen  Vorsichts- 
massregeln mit  Sauerstoff,  Wasserstoff  und  völlig 
trockenem  und  staubfreiem  Kohlensäure -An- 
hydrid ausgeführt  worden  sind. 

Wie  bei  den  Versuchen  mit  Luft,  so  wurde 
auch  bei  diesen  Gasen  bei  den  Messungen  zu- 
erst vom  grössten  Druck  ausgegangen  und  bis 
zu  niedrigsten  Drucken  heruntergegangen ;  dann 
wurden  die  Versuche  wiederholt,  indem  der 
Druck  in  umgekehrter  Richtung  geändert  wurde. 

Dank  dem  grossen  Bad,  in  dem  sich  der 
ganze  Apparat  befindet,  ist  gewöhnlich  während 
einer  vollständigen  Messung  keine  Temperatur- 
veränderung eingetreten;  in  den  seltenen  Fällen, 
wo  eine  solche  stattfand,  sind  die  nötigen  Kor- 
rektionen (wie  es  s.  Z.  für  die  Luft  angegeben 
wurde)  eingetragen. 

Eine  erste  Thatsache  von  nebensächlicher 
Bedeutung  kann  man  aus  den  Resultaten  vor- 
liegender Versuche  über  den  Sauerstoff  ableiten, 
iriädidi  dass  bei  geringen  Drucken  dieses  Gas 
mAr  zusammenzupressen  scheint,  als  das 
Gesetz  zulässt. 

Erscheinung  jedoch  bei  eisernen 
;er  deutlich  hervortritt  als  bei 
darf  man    das   Phänomen   ohne 


Seitscbrifl  2,  409,   1901. 
"  S,  409,  1901. 


weiteres  der  Absorption  des  Sauerstoffs  durch 
die  Wände  zuschreiben. 

Was  aber  deutlich  aus  den  Versuchen  so- 
wohl mit  dem  einen  wie  mit  dem  andern  Ap- 
parate hervorgeht,  ist,  dass  in  der  Nähe  eines 
Druckes  von  0,7  mm  sich  im  Sauerstoff  eine 
Anomalie  zeigt.  Also  bestätigen  auch  meine 
Versuche  die  Ergebnisse  von  Bohr,  von  Baly 
und  Ramsay  und  von  Campetti. 

Die  Erklärung  der  von  Bohr  entdeckten 
und  jetzt  mit  Sicherheit  bestätigten  Anomalie 
ist  nicht  leicht  klar  zu  legen;  sie  darf  aber  ge- 
wiss nicht  der  Absorption  zugeschoben  werden. 

Die  sich  zunächst  bietende  Erklärung  ist, 
anzunehmen,  dass  sich  bei  Abnahme  des  Druckes 
die  Zahl  der  gasigen  Moleküle  durch  Bildung 
von  Molekülkomplexen  verändert,  deren  Sta- 
bilität von  den  Bedingungen  des  Druckes  und 
der  Temperatur  des  Gases  abhängt.  Eine 
solche  Bildung  von  Molekülkomplexen  erscheint 
wahrscheinlicher  bei  hohen  Drucken  (cfr.  O.  E. 
Meyer ,  Kinetische  Theorie  der  Gase,  S.  75),  doch 
kann  man  nicht  ausschliessen,  dass  sie  sich 
auch  bei  hohen  Verdünnungen  vollziehen  kann. 
Es  ist  schwer,  einen  Grund  zu  bestimmen, 
warum  diese  Komplexe  sich  nur  unter  einem 
bestimmten  Drucke  zu  bilden  beginnen,  der  bei 
dem  Sauerstoff  sehr  niedrig,  nämlich  0,7  mm 
Bg  wäre;  aber  man  könnte  die  von  Bohr  am 
Sauerstoff  entdeckten  Anomalien  erklären,  wenn 
man  mit  Sutherland')  annähme,  dass  die  Gas- 
moleküle auseinanderfallen,  wenn  der  Druck  so 
ist,  dass  die  molekularen  Stösse  dieselbe 
Schwingungsperiode  erwerben,  wie  die  Gas- 
moleküle bei  gleichem  Druck.  Dass  thatsäch- 
lich  im  Sauerstoff  molekulare  Veränderungen 
vor  sich  gehen,  ist  bewiesen  durch  die  Leichtig- 
keit,  mit  der  er  sich  in  Ozon  verwandelt.     Es 

1)  Phil.  Mag.  (5),  43,  201,  1897. 


i8 


rhysikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


ist  jedoch  nicht  in  einwurfsfreier  Weise  be- 
wiesen, dass  eben  durch  die  Ozonbiidung  — 
wie  Sutherland  beweisen  möchte  —  sich  die 
vorgenannten  Anomalien  erklären  lassen. 

Man  kann  leicht  bemerken,  dass  die  nume- 
rischen Werte,  welche  Sutherland  in  die 
Gleichungen  einführt,  aus  denen  er  eine  dies- 
bezügliche Erklärung  ableitet,  und  welche  aus 
Bohr  sehen  Versuchen  stammen,  völlig  will- 
kürliche sind;  man  kann  ebenso  sehen,  dass 
die  Bohr  sehen  Versuche  mit  demselben  Recht 
andere  Werte  ergeben,  die  zu  anderen  Resul- 
taten fuhren  würden;  ebenso  wie  man  völlig 
andere  Resultate  erhalten  könnte,  wenn  man 
in  die  Sutherland  sehen  Gleichungen  die  durch 
meine  Versuche  gelieferten  Werte  einsetzen 
wollte. 

Dass  sich  in  der  That  kein  Ozon  bildet, 
ist  experimentell  übrigens  von  ThrelfalP)  ge- 
zeigt worden.  Während  er  die  Ursache  der 
grössten  Oxydationsenergie  studierte,  welche  der 
Sauerstoff  bei  niederem  Drucke  zu  besitzen 
scheint,  wurde  er  von  Sutherland  selbst  dazu 
bestimmt,  nachzuprüfen,  ob  sich  bei  einem 
Druck  von  0,25  mm  der  Sauerstoff  spontan  in 
Ozon  umwandelt,  wie  aus  der  oben  dargelegten 
Theorie  hervorzugehen  scheint.  Threlf  all  konnte 
die  betreffende  Umwandlung  nicht  feststellen, 
obwohl  das  von  ihm  benutzte  Reagens  —  eine 
Lösung  von  Jodkalium  und  Stärkekleister  in 
Glycerin  auch  eine  äusserst  geringe  Menge  von 
Ozon  ihm  hätte  bemerkbar  machen  können. 
Die  erwähnte  Hypothese  von  der  Bildung  der 
Molekularkomplexe  zeigt  sich,  trotzdem  sie 
mit  den  fundamentalen  Begriffen  der  kinetischen 
Theorie  in  keinerlei  Widerspruch  steht,  doch 
stets  als  eine  etwas  willkürliche  Theorie;  ihre 
Haltbarkeit  durch  den  Versuch  zu  kontrollieren, 
ist  schwierig,  um  nicht  zu  sagen,  unmöglich. 
Es  darf  jedoch  nicht  verschwiegen  werden, 
dass  sie  eine  Stütze  findet  in  der  grossen  Ver- 
änderlichkeit des  Sauerstoffspektrums  bei  Ver- 
änderung des  Druckes  und  der  Temperatur; 
und  ebenso  darf  man  nicht  verschweigen,  dass 
bei  niedrigen  Drucken  ein  gleicher  Grund  auch 
für  die  anderen  Gase  angesprochen  werden 
dürfte;  zumal  Eb er  t^)  bei  seinen  Untersuchungen 
über  das  Wechseln  der  Länge  des  dunklen 
Kathodenraumes  unter  verschiedenem  Drucke 
bei  mehrererlei  Gasarten  fand,  dass  sich  in  der' 
Kurve,  welche  besagte  Länge  als  Funktion  des 
Druckes  darstellt,  bei  allen  von  ihm  unter- 
suchten Gasen  eine  Diskontinuität  zeigt. 

Bemerkenswert  ist,  dass  für  den  Sauerstoff 
die  Diskontinuität  bei    demselben  Drucke    von 


i)  Journ.  of  Proc.  of  the   R.  Soc.  of  New  South  Wales, 
31,  79,  1897. 

2)  Vcrhandl.  d.  Deutschen  Phys.  Gesellsch.  1900. 


0,7  mm  eintritt,  bei  dem  die  Anomalie  zum 
Boy  leschen  Gesetz  erscheint. 

Man  kann  also  sagen,  dass  für  jedes  Gas 
die  Länge  der  mittleren  molekularen  Trajektorie, 
und  folglich  die  Kohäsion,  sich  plötzlich  bei 
einem  bestimmten,  für  jedes  Gas  charakteristi- 
schen Druck  ändert.*) 

Versuche  am  Wasserstoff  mit  beiderlei  Ap- 
paraten haben  gezeigt,  dass  er  bis  zu  Drucken 
von  ^100  nim  ausnahmslos  dem  Boy  leschen 
Gesetze  folgt.  Die  bei  Anwendung  von  Glas- 
cylindern  erhaltenen  Resultate  sind  weniger 
regelmässig,  als  die  beim  Gebrauch  von  Eisen- 
cylindern  festgestellten;  bedenkt  man  jedoch 
die  Kleinheit  der  Drucke,  bei  denen  sich  die 
Unregelmässigkeiten  zeigen,  so  kann  man  sie 
auch  als  in  den  Bereich  der  Beobachtungsfehler 
fallend  betrachten.  Das  Kohlensäure-Anhydrid 
weicht  augenscheinlich  bedeutend  vom  Boy  le- 
schen Gesetz  ab,  denn  es  lässt  sich  weit  mehr 
zusammendrücken  als  das  Gesetz  annimmt; 
man  gewahrt  dies  stärker  bei  Anwendung  des 
Glas-Apparates.  Freilich  muss  die  Erscheinung, 
wie  weiterhin  gezeigt  werden  soll,  wenigstens 
zum  Teil  der  Absorption  durch  die  Gefasswände 
zugeschrieben  werden. 

Im  allgemeinen  mögen  die  bei  der  atmo- 
sphärischen Luft,  beim  Sauerstoff  und  beim 
Kohlensäure-Anhydrid  mehr  oder  weniger  merk- 
lichen Abweichungen  vom  Boy  leschen  Gesetz 
zum  Teil,  besonders  bei  letzterem,  von  der  ver- 
änderlichen Absorption  der  Gefasswände  für 
die  in  ihnen  enthaltenen  Gase  abhängen. 

Van  derVen^),  Baly  und  Ramsay^),  War- 
burg und  Ihmori^)  und  Krause*)  haben  sich 
mit  dieser  Frage  beschäftigt,  ohne  jedoch  zu 
übereinstimmenden  Resultaten  bei  ihren  Ver- 
suchen zu  gelangen.  Auch  Sutherland^)  hat 
in  theoretischer  Weise  untersucht,  ob  an  den 
Gefässwänden  eine  abschätzbare  Gasverdichtung 
stattfindet,  und  kommt  zu  Schlussfolgerungen, 
die  es  annehmbar  machen,  dass  die  Wirkung 
der  oberflächlichen  Kondensation  völlig  unbe- 
achtet bleiben  und  nicht  zur  Erklärung  der 
Anomalien  herangezogen  werden  darf,  welche 
die  Gase  dem  Boy  leschen  Gesetze  gegenüber 
aufweisen. 

Allerdings  scheinen  die  Van  der  Ven  sehen 
Versuche  diese  Schlussfolgerungen  zu  bestätigen, 
aber  andererseits   zeigen  z.  B.  für  das  Kohlen- 


i)  Die  ÜDsicherheit  der  Hypothese,  dass  der  Sauerstoflf 
bei  Drucken  unter  0,7  mm  molekulare  Gruppenbildungen  eiii> 
geht,  wird  unter  anderem    auch  von   Ebert    (Verh,  Deutsch. 

I  Phys.  Gesellsch.  1900)  dargethan,  nach  welchem  bei  geringen 
Drucken,    die   der  Bildung  von  Kathodenstrahlen  entsprechen, 

'    der  Sauerstoff  sich  wie  ein  zwei*atomiges  Gas  verhält 

2)  Arch.  du  Musee  de  Teyler,  (2),  3,   349,   1890. 

3)  PhU.  Mag.  (5).  38,  301,  1894. 

4)  Wied.  Ann.  27,  481,  1886;  31,   1006,   1887. 

5)  Wied.  Ann.  36,  923,   1889. 

6)  Phil.  Mag.  (5),  43,  11,  1897. 


Physikalische  Zeitschrift.    3.  Jahi^ng.    No.  2. 


säurc-Anhydrid  die  Versuche  von  B  a  I  y  und 
Ramsay,  dass  sicherlich  durch  das  Glas  eine 
Gas-Absorption  stattfindet,  und  dasselbe  zeigen 
die  Versuche  von  Warburg  und  Ihmori  und 
von  Krause.  Diese  Absorption  ist  vielleicht 
mehr  chemischer  als  physikalischer  Natur;  es 
wird  eine  Art  von  Gaslösung  im  Glase  sein  — 
was  mit  der  Tbatsache  übeinstimmt,  dass  beim 
Kohlensäure- Anhydrid,   wenn    es    einen    Druck 

von  etwa  ^^  Atmosphären    erreicht   hat,    man 

diesen  Druck  nicht  mehr  schwächer  machen  kann, 
weil  er  dann  gleich  dem  Dissoziationsdruck  für 
die  Kombination  zwischen  Kohlensäure-Anhydrid 
und  Glas  wäre;  —  aber  sei  sie  chemischer  oder 
physikalischer  Natur,  die  Absorption  desKohlen- 
Aiihydnds  wird  stets  von  molekularen  Aktionen 
bestimmt  werden,  und  kann  in  solchen  Mengen 
vor  sich  gehen,  dass  wenigstens  zum  Teil  die 
Abweichungen  vom  Boyleschen  Gesetz  da- 
durch erklärt  werden. 

Es  schien  mir  bei  dieser  Unsicherheit  der 
Vorstellungen  und  diesen  Meinungskontroversen 
nicht  ohne  Interesse,  Versuche  vorzunehmen, 
um  entscheiden  zu  können,  ob  eine  Absorption 
des  Gases  von  den  es  umschliessenden  Gefass- 
wänden  stattfindet,  und  ob  diese  Absorption, 
wenn  sie  vorhanden  ist,  sich  mit  verändertem 
Gasdruck  auch  verändert.  Meine  diesbezüg- 
lichen Versuche  habe  ich  sowohl  mit  Glas-  wie 
auch  mit  eisernen  Gefässen  ausgefiihrt. 


Der  zuerst  von  mir  benutzte  Apparat  be- 
steht hauptsächlich  aus  einer  Glasfiasche  A,  in 
welche  das  zu  untersuchende  Gas  gebracht 
wird;  innerhalb  derselben  sind  mehrere  Glas- 
stabbiindel  angebracht,  um  dem  Gas  eine  recht 
grosse  Oberfläche  zu  schaffen.  Diese  Flasche 
setzt  sich  nach  unten  in  eine  lange  und  dünne. 
U-förm ig  gebogene  Röhre  ßC  fort,  die  an  ihrem 
Ende  J?  an  eine  Quecksilber-Luftpumpe  ange- 
schlossen ist.  An  ihrem  oberen  Ende  ist  die 
Flasche  A  mit  einer  rechtwinklig  gebogenen 
Röhre  verbunden,  die  zu  einem  Hahn  N  mit 
vollkommener  Schliessung  fiihrt;  zur  grösseren 
Sicherung  des  Schlusses  befindet  sich  darüber 
und  darunter  ein  Näpfchen  mit  Quecksilber. 
Jenseits  von  diesem  Hahn  zeigt  die  Röhre  eine 
Ausbauchung  ^  und  dann  einen  zweiten,  dem 
früheren  völlig  gleichen  Hahn  O;  hinter  diesem 
ist  eine  Verbindung  mit  einer  Anzahl  von 
Trockenflaschen  hergestellt,  durch  die  man  das 
schon  gereinigte  Gas  zur  Untersuchung  zufiihrt. 

Ein  umschliessendes  Gefäss  mit  Wasser  HR 
erhält  den  Apparat  auf  stets  gleicher  Temperatur, 
die  auf  einem  in  '/lo  Grade  eingeteilten  Ther- 
mometer abgelesen  wird. 

Der  Apparat  wird  vorher  wiederholt  mit 
Königswasser,  Salpetersäure,  Kalilauge,  destil- 
liertem Wasser  und  absolutem  reinem  Alkohol 
gewaschen,  dann  völlig  ausgetrocknet,  indem 
man  tagelang  sehr  trockene  heisse  Luft  darin 
cirkulieren  lässt,  damit  von  den  Wänden  jede 
Feuchtigkeit  entfernt  wird.  Der  Versuch  ver- 
läuft folgendermassen :  Man  öffnet  zuerst  die 
Hähne  0  und  N  und  lässt  längere  Zeit  einen 
Strom  von  dem  zu  untersuchenden,  trockenen 
Gas  in  den  Ballon  A  einströmen;  hierauf  wird 
0  geschlossen,  die  Luftpumpe  in  Bewegung 
gesetzt  und  eine  Verdünnung  bis  zu  einem 
Drucke  von  10  bis  15  mm  dadurch  erreicht; 
man  liest  diesen  Druck  mit  Genauigkeit  auf  dem 
Manometer  der  Pumpe  ab.  Nun  schliesst  man 
den  Hahn  N  und  fährt  fort,  in  A  zu  verdünnen 
bis  zu  einem  äusserst  geringen  Drucke  (der  von 
Versuch  zu  Versuch  wechselt) ;  sodann  wird 
Hahn  M  geöffnet,  die  mit  Quecksilber  gefüllte 
Kugel  G  ein  wenig  aufgehoben  und  das  Queck- 
silber in  einen  Teil  der  Röhre  BC  steigen  ge- 
lassen. Man  lässt  nun  in  die  Pumpe  wieder 
Luft  hinzutreten  und  indem  man  Kugel  G  auf- 
hebt und  herunterlässt,  lässt  man  das  Queck- 
silberniveau  im  Arme  B  bis  zum  Zeichen  /■' 
steigen  und  misst  mit  dem  Kathetometer  den 
Niveau-Unterschied  in  den  beiden  Armen.  Aus 
diesem  Niveau-Unterschied  und  aus  dem  baro- 
metrischen Drucke  berechnet  man  den  Druck 
des  in  A  enthaltenen  Gases.  Nun  wird  Hahn  0 
geöffnet:  das  in  S  enthaltene  Gas  strömt  nach 
A  und  der  Niveau-Unterschied  in  der  U-formigen 
Röhre  nimmt  ab;  das  Quecksilber  geht  bis  zum 
Zeichen  F  zurück,    und    indem    man    die    Un- 


20 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^^ang.     No.  2. 


gleichheit  des  Niveaus  misst,  berechnet  man 
den  neuen  Druck  des  Gases.  Wir  bezeichnen 
mit  V  das  Volumen  des  Ballons  ^  zwischen 
den  beiden  Hähnen  0  und  N,  und  mit  V  das 
von  Flasche  A  zwischen  Hahn  ^V  und  dem 
Zeichen  F\  diese  beiden  Volumengrössen  sind 
durch  vorhergehende  Versuche  genau  bestimmt 
worden. 

Hat  keine  Absorption  stattgefunden,  so 
müssten  wir  bei  Annahme  des  Boy  leschen 
Gesetzes 

H{v-\-V)=pv+PV 
erhalten;  /  bedeutet    den  Druck  des  zuerst  in 
6^  enthaltenen  Gases;    P  den  Druck  des  Gases 
in  A,  und  H  den  Druck  am  Schlüsse,  d.  h.  nach- 
dem der  Hahn  N  aufgemacht  worden  ist. 

Man  sieht  nun,  ob  diese  Grösse  H  mit  der 
durch  den  Versuch  gegebenen  im  Moment,  wo 
man  den  Hahn  N  geöffnet  hat,  übereinstimmt; 
inzwischen  verfolgt  man  beständig  die  Lage 
des  Quecksilber-Meniskus  in  den  Schenkeln  der 
^/-förmigen  Röhre. 

Im  Falle,  dass  eine  Absorption  stattfindet, 
kann  man  schwerlich  annehmen,  dass  sich  die 
Erscheinung  vollständig  im  ersten  Moment  ab- 
spielt; man  müsste  also  eine  andauernde  Be- 
wegung des  Quecksilber-Meniskus  bemerken. 

Da  es  sich  um  einen  nicht  übermässig 
geringen  Druck  am  Schlüsse  handelt,  und 
folglich  im  Intervall  das  Boylesche  Gesetz  ganz 
sichtlich  anwendbar  wird,  so  muss  sogar  die 
erste  Ablesung  das  erste  Anzeichen  der  Ab- 
sorption geben;  ein  späteres  Zeichen  für  die- 
selbe ist  die  fortlaufende  Bewegung  des  Me- 
niskus. 

Um  diese  Messungen  sehr  viel  empfindlicher 
zu  machen,  habe  ich  mich  absichtlich  zweier 
Apparate  bedient,  die  fürs  Studium  des  Boy  le- 
schen Gesetzes  gebraucht  worden  waren.  Ich 
habe  nämlich  an  jeden  Apparat  einen  Ballon 
angeschlossen,  der  mit  zwei  Hähnen  endigt; 
einen  dieser  Hähne  setzte  ich  mit  den  andern 
Teilen  des  Apparates  selbst,  den  andern  mit 
dem  Gefässe,  aus  dem  das  reine  trockene  Gas 
kommt,  in  Verbindung.  Im  übrigen  bin  ich 
ganz  in  derselben  Weise  verfahren,  wie  es  bei 
der  früheren  Anordnung  beschrieben  ist.  So- 
wohl mit  ersterem  wie  mit  den  beiden  letzt- 
genannten Apparaten  habe  ich  viele  Versuche 
mit  Wasserstoff,  Luft,  Sauerstoff  und  Kohlen- 
säure-Anhydrid gemacht.  Diese  Versuche, 
deren  Resultate  im  einzelnen  zu  beschreiben 
lang  und  nutzlos  wäre,  zeigen,  dass  beim 
Wasserstoff  absolut  keine  Absorption  statt- 
findet, weder  in  gläsernen  noch  in  eisernen 
Gefässen;  bei  Luft  und  Sauerstoff  beginnt 
eine  geringe  Absorption  unterhalb  von  i  mm 
Druck  in  Glasgefässen  bemerklich  zu  werden; 
beim  Kohlensäure-Anhydrid  ist  die  Absorption 
nicht   zu  bezweifeln,  und  es  scheint,  als  ob  die 


Grösse  derselben  im  Vergleich  mit  der  Masse 
des  Gases  mit  der  Verdünnung  zunehme.  Ich 
will  diese  letztere  Frage,  deren  annähernde 
Lösung  ich  hier  vorläufig  gegeben  habe,  noch 
mit  vollkommeneren  Methoden  der  Prüfung 
unterwerfen. 

Allgemeine  Schlussfolgerungen.  Obige 
Versuche  berechtigen  zu  schliessen: 

i)  dass  der  Wasserstoff  dem  Boy  leschen 
Gesetze  bei  Drucken  von  unter  i  Atmosphäre 
bis  ungefähr  0,02  mm  folgt; 

2)  dass  die  Luft  unbedeutend  vom  Gesetze 
zwischen  2  und  5  mm  abweicht; 

3)  dass  der  Sauerstoff  einen  Sprung  in 
seinem    Gang   bei    ungefähr   0,7    mm  aufweist; 

4)  dass  das  Kohlensäure-Anhydrid  sich  bei 
niedrigem  Drucke  mehr  komprimiert,  als  das 
Boylesche  Gesetz  gestattet,  und  dass  diese 
Erscheinung  wahrscheinlich  durch  die  Absorp- 
tion der  Gefässwände  verursacht  wird.  Man 
kann  also  annehmen,  dass,  mit  Ausnahme  des 
Sauerstoffs  und  folglich  auch  der  Luft,  bei  den 
von  mir  geprüften  Gasen  keine  Anomalien 
vorkommen,  die  sich  nicht  durch  die  bei  den 
Versuchen  unvermeidlichen  Umstände  erklären 
Hessen. 

Uebrigens  scheint  mir  die  Sutherlandsche 
Bemerkung  nicht  ohne  weiteres  annehmbar 
zu  sein,  in  der  er  ausspricht,  dass  die  Materie 
von  der  kinetischen  Theorie  unbeachtet  ge- 
lassene Eigenschaften  besitzen  müsste,  wenn 
das  Gesetz  pv  =  consL  nicht  bei  geringen 
Drucken  gälte.  In  der  That  ist  in  der  kineti- 
schen Theorie  die  Formel  pv=^€onst,  aufge- 
stellt, indem  die  Kohäsion  und  das  Molekular- 
Volumen  unberücksichtigt  gelassen  wird;  in 
den  Formeln  von  Van  der  Waals  und  von 
Clausius,  die  vom  Typus 

(/  -\-  a)  {v  —  b)=  const. 

sind,  wird  diesen  beiden  Grössen  Rechnung 
getragen;  während  Bohr,  der  sich  der  Formel 

bedient,  stillschweigend  zugiebt,  dass  die  Ko- 
häsion allein  in  Betracht  kommt.  Da  nun, 
wenn  bei  einem  gegebenen  Drucke  sich  eine 
plötzliche  Diskontinuität  einstellt,  man  sich 
zweier  verschiedener  Grössen  der  Konstante  a 
bedienen  muss,  um  das  Gesetz  der  Kompressi- 
bilität über  und  unter  jenem  Drucke  darzu- 
stellen, kommt  man  dazu,  zu  vermuten,  dass 
die  Kohäsion  des  Gases  eine  plötzliche  Ver- 
änderung erfährt  bei  dem  betreffenden  Drucke. 
Ist  nun  diese  Veränderung  der  Kohäsion  wirk- 
lich eine  augenblickliche  und  ausreichend  grosse, 
so  kann  dies  dem  Sauerstoff  analoge  Verhalten 
weder  durch  die  Formel  Van  der  Waals': 


/+ 


V 


a 

2 


(v  —  b)  =  K 


r 


r 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


21 


noch  durch  die  von  Clausius: 

a 


(. 


y  —  b=K 


ausgedrückt  werden,  weil  in  beiden  die  Wir- 
kung der  Kohäsion  bei  Zunahme  des  Volumens 
immer  kleiner  wird  und  sich  kontinuierlich 
ändert. 

Zeigten  aber  alle  Gase  bei  bestimmten 
Drucken  dieselbe  Erscheinung  wie  der  Sauer- 
stoff, so  müsste  man  den  Schluss  ziehen,  dass 
die  charakteristische  Gleichung  die  Form  haben 
müsste: 

[p+^{a,v,  T)](v  —  b)  =  K. 

Hier  müsste  *  [a,  v,  T)  eine  Funktion  sein,  die 
stetig  wäre  für  die  Grössen  von  v  innerhalb 
gegebener  Grenzen,  aber  eine  Diskontinuität 
für  einen  oder  mehrere  bestimmte  Werte  von 
V  aufwiese. 

Da  die  kinetische  Theorie  nicht  ausschliesst, 
dass  bei  bestimmten  Frequenzen  der  gegen- 
seitigen Stösse  sich  mehr  oder  weniger  kom- 
plizierte Molekülgruppen  bilden  und  auflösen 
können,  so  ist  theoretisch  kein  Hindernis  vor- 
banden, anzunehmen,  dass  die  molekulare  Ko- 
bäsionskraft  —  und  von  ihr  hängt  die  Bildung 
dieser  Gruppierungen  ab  —  Veränderungen 
erfahren  kann,  wie  sie  obengenanntes  <P  [a,  v,  T) 
nach  vorhin  Gesagtem  zeigen  müsste. 

(Aus  dem  Italienischen  übersetzt  von  H.  Rhumbler.) 

(Eingegangen  18.  September  1901.) 


Die  spezifische  Wärme  von  Lösungen,  die 
keine  £lektrol3^e  sind.  IIJ) 

Von  William  Francis  Magie. 

In  dem  ersten  Teile  dieser  Arbeit  wurde  ge- 
zeigt, dass  in  Lösungen  von  verschiedener  Kon- 
zentration, in  denen  der  osmotische  Druck 
direkt  proportional  der  absoluten  Temperatur 
ist,  die  scheinbare  Molekularwärme  des  gelösten 
Stoffes  eine  konstante  ist.  Diese  Beziehung 
konnte  experimentell  bestätigt  werden  in  ver- 
schiedenen Lösungen  von  Nichtelektrolyten. 
In  dem  vorliegenden  zweiten  Abschnitt  ergiebt 
sich,  dass  die  gleiche  Beziehung  auch  noch  für 
einige  andere  Nichtelektrolyte  in  wässerigen 
und  alkoholischen  Lösungen  besteht. 

I.  Die  scheinbare  Molekularwärme  von  iso- 
meren Stoffen,  welche  in  dem  gleichen  Lösungs- 
mittel gelöst  sind,  ist  nicht  immer  dieselbe. 
Um  nach  dieser  Richtung  die  Isomeren  des 
Rohrzuckers  zu  prüfen,  war  es  nötig,  sich  eine 
Anschauung  zu  bilden,  welche  Rolle  das  Krystall- 
wasser   bei    der   Bildung   einer   Lösung   spielt. 

i)  Fortsetzung  der  in  dieser  Zeitschrift  1,  233,  1900,  ver- 
öffentlichteu  Arbeit. 


Es  wurde  zu  diesem  Zwecke  Dextrose  unter- 
sucht, da  man  dieselbe  ja  mit  und  ohne  Krystall- 
wässergehalt  herstellen  kann.  Die  Molekular- 
wärme einer  wässerigen  Lösung  von  Dextrose 
mit  Krystallwasser,  die  unter  der  Annahme  her- 
gestellt war,  dass  das  Krystallwasser  im  Augen- 
blicke der  Lösung  die  Dextrose  verlässt  und 
zu  dem  Lösungsmittel  hinzutritt,  war  die  gleiche, 
welche  eine  Dextrose  ohne  Krystallwasser  er- 
gab. Die  bei  der  Herstellung  der  Lösung  ge- 
machte Annahme  erscheint  hiernach  gerecht- 
fertigt. 

Die  Molekularwärmen  von  verschiedenen 
Gruppen  isomerer  Stoffe  in  wässeriger  Lösung 
sind  nachstehend  zusammengestellt.  Einige  der 
Zahlen  sind  aus  der  früheren  Arbeit  herüber- 
genommen. 


Substanzen 


Molekulargewicht         Molekularwäime 


Rohrzucker  . 
Maltose  .  . 
Milchzucker. 

Dextrose .  . 
Lävulose 

Mannit  .  . 
Dulcit.     .     . 


Resorcin  .  . 
Hydrochinon 
Brenzkatechin 


} 

) 


342 


iSo 


182 


HO 


152,8 
142.7 
144,5 

78,8 
89,6 

108 
97,5 

63,4 
63,4 
75,5 


Die  Molekularwärmen  dieser  Isomeren  weichen 
in  einzelnen  Fällen  recht  bedeutend  voneinander 
ab;  diese  Lösungen  liefern  mithin  einen  offen- 
kundigen Beweis  dafür,  dass  es  unerlaubt  ist, 
die  Molekularwärme  zusammengesetzter  Stoffe 
der  Summe  der  Atomwärmen  der  einzelnen  Kom- 
ponenten gleichzusetzen. 

2.  Löst  man  denselben  Stoff  in  verschie- 
denen Lösungsmitteln,  so  sind  die  scheinbaren 
Molekularwärmen  nicht  gleich.  Es  ergiebt  sich 
dies  aus  folgenden  Zahlen: 


Substanz 

Harnstoff    . 
Resorcin     . 
Hydrochinon  . 
Brenzkatechin , 
Phenol   .     .     , 


Molekularwärme  in 
wässeriger  Lösung  >      alkohol.  Lösung 


21 

63.4 
63,4 
75.5 
71.5 


28,1 

56,7 
56,7 
57,1 
5 ',4 


Es  ergiebt  sich  hieraus,  dass  es  unzulässig 
ist,  den  Vorgang  der  Lösung  einfach  als  den 
Übergang  der  Moleküle  des  gelösten  Körpers 
in  einen  dem  gasförmigen  völlig  äquivalenten 
Zustand  anzusehen.  Man  sieht  sich  vielmehr 
zu  der  Annahme  gedrängt,  dass  das  Lösungs- 
mittel auf  den  gelösten  Körper  einwirkt,  und  zwar 
derart,  dass  es  eine  Veränderung  der  Struktur 
und  der  Zahl  der  Grade  der  Bewegungsfreiheit 
bei  dem  gelösten  Stoffe  verursacht  oder  umge- 
kehrt eine  derartige  Veränderung  der  Struktur 
und  der  Bewegungsfreiheit  selbst  erleidet. 


22 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


3.  Die  spezifische  Wärme  der  elektrolytischen 
Lösungen  bestätigt  die  Annahme,  dass  eine 
Wechselwirkung  zwischen  Lösungsmittel  und 
gelöstem  Stoff  eintritt,  und  zwar  scheint  für  solche 
Lösungen  wenigstens  das  Lösungsmittel  durch 
den  gelösten  StofT  beeinflusst  zu  sein.  Die 
spezifischeWärme  von  wässerigen  elektrolytischen 
Lösungen  ist  im  allgemeinen  kleiner,  als  man 
nach  der  Summe  der  Wärmekapazitäten  der 
Komponenten  erwarten  sollte.  In  den  meisten 
Fällen  müsste  sogar  die  scheinbare  Molekular- 
wärme des  gelösten  Stoffes,  wenn  man  von  der 
Annahme  ausgeht,  dass  die  Molekularwärme 
des  Lösungsmittels  unverändert  bleibt,  mit 
wachsender  Verdünnung  negativ  werden.  Es 
ist  natürlich  völlig  unzulässig,  die  spezifische 
Wärme  des  gelösten  Stoffes  oder  eines  Teiles 
desselben  negativ  anzunehmen  und  es  bleibt 
somit  nur  die  Auffassung  möglich,  dass  die 
spezifische  Wärme  des  Lösungsmittels  oder  doch 
eines  Teiles  von  ihm  durch  die  Gegenwart  des 
gelösten  Körpers  vermindert  werde.  Infolge 
dieser  Anschauung  gelangt  man  zu  einem  Aus- 
druck für  die  Wärmekapazität  C  einer  elektro- 
ly tischen  Lösung  von  der  Form: 

C  =  H  -{-  A—pB. 

worin  H  die  ursprüngliche  Wärmekapazität  des 
Lösungsmittels,  /  der  Dissoziationsgrad  oder 
das  Verhältnis  des  in  der  Lösung  dissoziierten 
Anteiles  des  gelösten  Körpers  zur  gesamten 
gelösten  Menge  und  A  bezw.  B  positive  Kon- 
stanten sind,  die  sich  aus  den  Beobachtungen 
empirisch  ergeben.  Wendet  man  diese  Formel 
auf  die  von  Thomsen  untersuchten  Lösungen 
an,  so  giebt  sie  sehr  genau  die  von  diesem  für 
verschiedene  Konzentrationen  erhaltenen  Werte 
wieder.  Die  Übereinstimmung  ist  zu  gut,  als 
dass  auch  nur  ein  geringer  Zweifel  an  der  Be- 
rechtigung der  Hypothese,  auf  der  die  Formel 
begründet  ist,  bestehen  bleiben  könnte. 

4.  Während  der  Messungen  an  Milchzucker 
beobachtete  man,  dass  die  aufeinander  folgen- 
den Werte  der  Molekularwärme  in  systema- 
tischer Weise  sich  änderten.  Die  Mittel  aus 
drei  Beobachtungsreihen  an  Lösungen,  welche 
jedesmal  ein  Grammmolekel  Milchzucker  in 
200  Grammmolekel  Wasser  enthielten,  ergaben: 
147,  138,  144,  147,  149,  151,  153,  150;.  diese 
Werte  wurden  in  Intervallen  von  je  25  Minuten 
erhalten.  Nach  Verlauf  von  zwei  Tagen  oder 
mehr  war  die  Molekularwärme  konstant  ge- 
worden und  hatte  den  Wert  144,5  ^"^  Mittel 
erreicht.  An  einer  verdünnteren  Lösung  wurde 
der  Mittelwert  155  aus  verschiedenen  Bestim- 
mungen erhalten,  ohne  dass  ein  Gang  in  den 
Beobachtungen  sich  gezeigt  hätte.  Entsprechende 
Lösungen,  welche  mit  siedendem  Wasser  her- 
gestellt wurden,  zeigten  ähnliche  Eigenschaften. 
Der   Endwert    der   Molekulan\^ärme,    der    sich 


nach  Verlauf  einiger  Tage   einstellte,    war  der 
schon  angegebene. 

Diese  Resultate  deuten  in  Verbindung  mit 
der  von  Erdmann  entdeckten  Veränderlichkeit 
des  Drehvermögens  von  Milchzuckerlösungen 
darauf  hin,  dass  in  der  wässerigen  Lösung  von 
Milchzucker  eine  fortschreitende  Änderung  der 
molekularen  Anordnung  erfolgt,  die  einige 
Stunden,  nachdem  die  Lösung  hergestellt  ist, 
andauert. 

Physikalisches  Laboratorium  der  Princeton 
Universität,  U.  S.  A. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  C.  Forch.) 

(Eingegangen  2.  Oktober  1901.) 


Weitere  Beobachtungen  über  die  magneti- 
sierende  Wirkung  von  Blitzentladungen. 

I  Von  F.  Pockels. 

In  dieser  Zeitschrift  2,  306,  1901,  habe  ich 
zwei  Fälle  mitgeteilt,  in  denen  aus  der  rema- 
nenten  Magnetisierung  eines  neben  einem  Blitz- 
ableiter angebrachter  Basaltstäbchens  auf  die 
Maximalstromstärke  von  Blitzschlägen,  welche 
jenen  Blitzableiter  getroffen  hatten,  geschlossen 
werden   konnte.      Diese  Versuche   wurden    an 

'  demselben  Orte  —  dem  Observatorium  des 
Monte  Cimone  —  seitdem  durch  freundliche 
Vermittelung  des  Herrn  C.  Chistoni  in  Mo- 
dena,  dem  ich  auch  an  dieser  Stelle  meinen 
Dank  dafür  aussprechen  möchte,  fortgesetzt. 
Zunächst   erhielt   ich  Anfang  Juni   d.  J.    einen 

I  Stab,    der    am    24.  September    vorigen  Jahres 

'  in  derselben  Weise,  wie  die  früheren  Stäbe, 
ausgelegt  worden  war  und  der  Schneever- 
hältnisse wegen  erst  am  3.  Juni  entfernt 
werden  konnte.  Die  am  i8.  Juni  gemessene 
Magnetisierung  dieses  Stabes  entsprach  einer 
Maximalstromstärke  von  5600  Amp.;  doch  ist 
anzunehmen,  dass  die  Magnetisierung  bereits 
merklich    abgenommen  hatte;    um   wieviel  ent- 

-  zieht  sich,  da  das  Datum  des  Blitzschlages  un- 
bekannt ist,  der  Schätzung,  so  dass  obige  Zahl 
wieder  nur  eine  untere  Grenze  darstellt. 

Da  die  Blitzableiteranlage  des  Observa- 
toriums zwei  Erdleitungen  besitzt*),  und  somit 
die  bisher  mitgeteilten  Zahlen  sich  immer  nur 
auf  einen  Teil  der  Entladung  beziehen,  so 
wurden  in  diesem  Jahre  an  beiden  Erdleitungen 
Stäbe  angebracht  und  zwar  in  10  cm  mittlerem 
Abstand.  Am  18.  September  wurden  mir 
zwei  solche  Paare  von  Stäbchen  zugesandt  mit 

i)  Auf  dem  achteckigen  Gebäude  befinden  sich  vier  unter- 
einander durch  Kupferdräte  verbundene  Auffangstangen,  von 
denen  zwei  diametral  gegenüberstehende  mit  Erdablcitungen 
versehen  sind. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


23 


der  Mitteilung,  dass  das  eine  (A)  einem  Blitz- 
schlage am  13.  August  um  15**  30°*,  das  andere 
(B)  zwei  am  7.  September  um  9**  53"  und  9*"  SS" 
stattgehabten  Blitzschlägen  ausgesetzt  gewesen 
ist.  Die  Stäbe  B  wurden  am  19.  September 
und  2.  Oktober  magnetometrisch  untersucht,  wo- 
bei sich  zeigte,  dass  in  der  Zwischenzelt  nur  eine 
sehr  geringe  (2  bez.  3  */2  Proz.  betragende)  Ab- 
nahme des  Magnetismus  stattgefunden  hatte. 
Setzt  man  eine  gleiche  Abnahme  für  die  Zeit 
von  der  Magnetisierung  bis  zur  ersten  Messung 
voraus,  so  ergiebt  sich  der  Maximalwert  der 
Entladungsstromstärke  fiir  den  einen  Stab  zu 
5000,  für  den  anderen  zu  3600  Ampere.  Der 
Blitz  hatte  sich  also  ungleich  geteilt,  ob  infolge 
ungleichen  Widerstandes  der  Erdleitungen 
(welche  nicht  in  Wasser  endigen),  oder  weil 
vielleicht  der  Schlag  eine  der  direkt  abgeleiteten 
Auflangstangen  getroffen  hat,  ist  zur  Zeit  nicht 
zu  entscheiden.  Die  Maximalstromstärke  des 
ganzen  Blitzschlages  wird  nun  zwar  im  allgemeinen 
bei  unsymmetrischer  Teilung  nicht  gleich  der 
Summe  der  Maxima  der  beiden  Zweigströme 
sein,  sondern  etwas  kleiner;  wenn  aber,  wie  für 
Blitze  anzunehmen  ist,  die  Entladungsstrom- 
stärke sehr  schnell  zu  ihrem  Maximum  ansteigt 
und  relativ  langsam  wieder  abfällt,  so  kann 
die  Abweichung  von  der  Summe  nur  unbe- 
deutend sein.  Dann  hat  also  die  Maximal- 
stromstärke des  magnetisierenden  Blitzes  nahe- 
zu 8600  Ampere  betragen.  Da  unbekannt 
ist,  ob  die  beiden  Entladungen  vom  7.  Sep- 
tember gleich  oder  entgegengesetzt  gerichtet 
waren,  so  bleibt  fraglich,  ob  dieser  Wert  dem 
stärkeren  oder  dem  letzten  von  ihnen  zukommt; 
in  Anbetracht  seiner  im  Vergleich  zu  den 
früheren  Fällen  geringeren  Grösse  möchte 
man  vermuten,  dass  die  zweite  Entladung  ent- 
gegengesetzt gerichtet  und  schwächer  war, 
als  die  erste. 

Die  Stäbe  (A),  welche  während  des  Blitz- 
schlages vom  13.  August  ausgelegen  haben, 
zeigten  auffallenderweise  keine  Spur  von 
Magnetisierung.  Dasselbe  negative  Resultat 
ergab  ein  Stab,  der  am  Blitzableiter  des  Aussichts- 
turmes auf  dem  Melibocus  (Odenwald)  gelegen 
hatte,  als  dieser  nach  Aussage  des  dort  stationier- 
ten Forstwarts  von  einem  Blitzschlage  getroffen 
wurde  (am  i.  Juli  d.  J.).  Vorbehaltlich  der 
Bestätigung  durch  weitere  solche  Erfahrungen 
wird  man  hieraus  schliessen  müssen,  dass 
ausser  operiodischen  auch  oszillierende 
Blitzentladungen  vorkommen.  Es  wäre 
daher  besonders  erwünscht,  dass  künftig  Mag- 
netisierungsversuche an  solchen  Orten  angestellt 
würden,  wo  zugleich  zuverlässige  persönliche 
WahmehmiM^en  über  die  Eigentümlichkeiten 
der  BlitzscHlage  verzeichnet  werden  können. 

(Eingegaogen  7.  Oktober  1901.) 


Das  Ingenieurlaboratorium  der  K.  Technischen 

Hochschule  Stuttgart. 

Von  C.  Bach. 

Dem  mir  von  Herrn  Ri  ecke  ausgesprochenen 
Wunsche,  die  Entstehung  und  die  Einrichtungen 
des  Ingenieurlaboratoriums  derTechnischen  Hoch- 
schule Stuttgart  an  dieser  Stelle  zu  erörtern,  glaube 
ich  insbesondere  deshalb  nachkommen  zu  sollen, 
weil  es  sich  hierbei  um  einlnstitut  handelt,  welches 
nicht  ohne  Interesse  für  den  Physiker  sein 
dürfte. 

Einleitung. 

Als  ich  im  Jahre  1878  aus  der  Industrie  zur 
Lehrthätigkeit  übertrat,  fand  sich  hinsichtlich 
Laboratoriumseinrichtungen  für  Maschineninge- 
nieure an  unserem  Polytechnikum  nicht  das  Ge- 
ringste vor;  es  war  eben  damals  die  Erkenntnis 
von  der  Notwendigkeit  derselben  an  den  Tech- 
nischen Hochschulen  noch  nicht  tief  genug  ein- 
gedrungen, auch  sonst  viel  zu  wenig  verbreitet. 
Nach  Einarbeitung  in  den  neuen  Beruf  betrachtete 
ich  es  als  eine  Hauptaufgabe,  hier  Wandel  zu 
schaffen.  Nach  Massgabe  meines  Lehraufitrages 
(damals:  Maschinenelemente,  Hebezeuge,  Elasti- 
zitätslehre, Dampfmaschinen,  Dampfkessel)  war 
dabei  in  zwei  Richtungen  vorzugehen.  Ks  waren 
zu  beschaffen: 

1 .  Die  Einrichtungen  zur  Untersuchung  des 
Verhaltens  der  Konstruktionsmaterialien, 
zur  Prüfung  des  Genauigkeitsgrades  der  Er- 
gebnisse der  Elastizitäts-  und  Festigkeits- 
lehre, zur  weiteren  Ausbildung  dieses  Lehr- 
gebietes auf  Grundlage  des  thatsächlichen 
Verhaltens  der  Materialien,  und  zur  Ermittelung 
der  Erfahrungskoeffizienten,  deren  der 
Lehrer  sowie  der  Konstrukteur  auf  dem  be- 
zeichneten Gebiete  bedarf. 

2.  Die  Einrichtungen  zur  Untersuchung 
von  Wärmekraftmaschinen,  insbesondere 
Dampfmaschinen  einschliesslich  Dampf- 
kessel, und  der  wichtigsten  in  Betracht  kom- 
menden Arbeitsmaschinen,  zur  Ermitte- 
lung und  Sicherstellung  der  wissenschaft- 
lichen Grundlagen  derLehrgebiete,  welche 
sich  mit  den  genannten  Maschinen,  den  hierzu 
gehörigen  Vorrichtungen  und  den  in  ihnen  sich 
vollziehenden  Vorgängen  zu  befassen  haben,  so- 
wie zur  Ermittelung  der  nötigen  Erfahrungs- 
zahlen. 

Hierher  gehören  auch  die  Aufgaben,  welche 
das  Verhalten  der  Arbeitsflüssigkeiten,  die 
für  Kraft-  und  Arbeitsmaschinen  in  Betracht 
kommen,   betreffen. 

Zu  Ziff.   I. 

Wiederholt  hatten  Verhandlungen  stattge- 
funden, um  Einrichtungen  zur  Prüfung  und  Unter- 


24 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


suchung  des  Verhaltens  der  Konstruktionsma- 
terialien zu  schafTen,  jedoch  ohne  Erfolg.  Es 
gelang  nicht,  das  vorliegende  Bedürfnis  auf  nor- 
malem Wege,  d.  h.  durch  Einrichtung  einer 
Materialprüfungsanstalt  auf  Staatskosten  der  Be- 
friedigung zuzuführen.  Ich  musste  auf  andere 
Weise  zu  helfen  suchen. 

Im  November  1881  stellte  ich  beim  württem- 
bergischen Bezirksverein  deutscher  Ingenieure 
den  Antrag,  derselbe  wolle  an  den  Exekutiv- 
ausschuss  der  damaligen  Landesgewerbe-Aus- 
stellung die  Bitte  richten,  dass  aus  dem  Aus- 
stellungsüberschuss  ein  Betrag  von  15000  bis 
20000  Mark  zur  Errichtung  einer  Material- 
prüfungsanstalt am  Polytechnikum  bewilligt 
werden  möchte.  Dank  der  Unterstützung,  welche 
die  Sache  fand,  hatte  dieser  Antrag  die  Ge- 
währung von  loooo  Mark  zur  Folge,*)  die 
vom  Königl.  Finanzministerium  auf  16000  Mark 
ergänzt  wurden,  womit  nun  die  Errichtung  der 
Anstalt  ihren  Anfang  nehmen  konnte,  und  zwar 
im  Souterrain  der  Technischen  Hochschule,  wo- 
selbst ein  Raum  von  81  Quadratmeter  zur  Ver- 
fugung stand,  der  mit  dem  zu  gleicher  Zeit 
sich  entwickelnden  Laboratorium  für  Elektro- 
technik zu  teilen  war.  Zu  Anfang  des  Jahres 
1884  wurde  die  Anstalt  dem  öffentlichen  Be- 
triebe übergeben.  Rund  6  Jahre  habe  ich  sie 
mit  einem  Arbeiter  allein  geführt ;  1 890  trat  ein 
Assistent  hinzu.  Sie  wurde  unter  Auftvand  von 
nicht  selten  recht  bedeutender  Anstrengung 
allmählich  weiter  entwickelt.  Für  ihre  heutigen 
Einrichtungen  wurden  reichlich  50000  Mark  auf- 
gewendet; an  Raum  sind  zugewachsen  254  qm, 
so  dass  die  Anstalt  jetzt  über  335  qm  Grund- 
fläche verfugt.  Thätig  sind  an  ihr  ausser  mir 
als  Vorstand,  i  Betriebsingenieur,  2  Assistenten 
für  Unterricht  und  2  Arbeiter.  Die  Einrich- 
tungen sind  zerstreut  im  älteren  Flügel  der 
Technischen  Hochschule  untergebracht.  Die 
Errichtung  eines  Neubaues  für  die  Anstalt  ist 
beantragt. 

Im  Laufe  der  Zeit  war  es  auf  dem  be- 
zeichneten Wege  dank  der  Unterstützung, 
welche  sich  schliesslich  von  verschiedenen 
Seiten  einstellte,  möglich  geworden,  die  An- 
stalt, deren  Zweck  zunächst  und  in  der  Haupt- 
sache nur  darin  bestand,  auf  Grund  ein- 
gehender Aufträge  Materialien  zu  prüfen,  auch 
zu  einer  Arbeitsstätte  für  Unterrichts- und 
Forschungszwecke  zu  machen^),  welche aller- 


1)  Vergl.  Wochenschrift  des  Vereines  Deutscher  Ingenieure 
1882,  S.  6  und  151. 

2)  Über  einen  Teil  der  Arbeiten,  welche  aus  der  Anstalt 
hervorgegangen  sind,  geben  die  Veröffentlichungen  des  Ver- 
fassers Auskunft: 

Abhandlungen  und  Berichte,   Stuttgart   1897; 
Elastizität  und  Festigkeit,  3.  Auflage,  Berlin  1S9S; 
Maschinenelemente,  8.  Auflage,  Stuttgart  1901 ; 
Mitteilungen    über    Forschungsarbeiten   auf  dem    (iebiKc 
des  Ingenieurwesens,  Heft  i,  Berlin  1901; 


dings  infolge  ihrer  Gründung  unter  ungünstigen 
Verhältnissen  die  Verpflichtung  hat,  sich  einen 
grossen  Teil  der  für  die  Versuche  nötigen  Gelder 
selbst  zu  verdienen,  indem  sie  auf  Bestellung 
von  auswärts  Untersuchungen  durchfuhrt  und 
hierfür  bezahlt  wird.  Dass  nur  ein  Bruchteil 
der  auf  Grund  auswärtiger  Bestellung  zur  Durch- 
fuhrung gelangenden  Versuche  in  wissenschaft- 
licher Hinsicht  oder  vom  Standpunkte  des 
Unterrichtes  aus  von  erheblichem  Interesse  ist, 
liegt  auf  der  Hand.  Nichtsdestoweniger  halte 
ich  es  doch  für  sehr  nützlich,  dass  die  Anstalt 
solche  Aufträge  entgegenzunehmen  und  auszu- 
führen hat. 

Zu  Ziff.  2. 

Am  drückendsten  empfand  ich  es,  dass  keine 
Dampfmaschinenanlage  für  den  Unterricht  vor- 
handen war.  Da  keine  Aussicht  bestand,  dass 
Mittel  durch  eine  ausserordentliche  Bewilligung 
sich  beschaffen  lassen  würden,  so  begann  i<± 
1880  mit  der  Beschaffung  eines  Dampfcylinders, 
dessen  Kosten  in  der  Höhe  von  1440  Mark  in  den 
Etatsjahren  1880/81  und  1881/82  bezahlt  wur- 
den. Bis  zum  Etatsjahr  1885/86  war  es  durch 
entsprechende  Beschränkung  über  den  verfug- 
baren Lehrmittelfonds  möglich  geworden,  die 
übrigen  zu  einer  Dampfmaschine  gehörigen  Teile, 
d.  h.  unter  Zurückgabe  des  Dampfcylinders  eine 
ganze  Dampfmaschine  zu  erwerben,  so  dass  nun 
an  die  Beschaffung  des  Raumes  für  die  Auf- 
stellung der  Maschine  gegangen  werden  konnte. 
Das  Ergebnis  war  nach  längeren  Bemühungen 
die  Bewilligung  der  Mittel  seitens  des  Königl. 
Finanzministeriums  zur  Erweiterung  des  vorhan- 
denen Kesselhauses  der  Centralheizungsanlage 
des  Polytechnikums.  Diese  Erweiterung  und  das 
Maschinenfundament  wurden  so  ausgeführt,  dass 
die  Eincylindermaschine  später  zur  Zweicylinder- 
maschine  ergänzt  werden  konnte. 

1886  war  die  Dampfmaschine  aufgestellt. 
Zum  Betriebe  mussten  zunächst  die  beiden 
Dampfkessel  der  Centralheizungsanlage,  welche 
nur  bis  3  Atm.  Druck  reichten,  benutzt  werden. 
Damit  begann  1886  die  Unterweisung  der  Stu- 
dierenden an  der  eigenen  Dampfmaschine  der 
Hochschule.  1888  wurde  es  möglich,  einen 
neuen  Dampfkessel   für  9  Atm.  Überdruck    zu 


Versuche  über  die  Widerstandsfähigkeit  von  Kessel* 
Wandungen,  Heft  I  bis  V,  Berlin  1893/ 1900. 

Die  Arbeiten,  welche  auf  Bestdlung  von  auswärts  aus- 
geführt und  auf  Grund  deren  PrQfungszeugnisse  ausgestellt 
wurden,  sind  in  den  Jahresberichten  der  Technischen  Hochschule 
Stuttgart  1S84/1901  enthalten.  Sie  umfassen  bis  zum  l^o.  Juni 
1900: 

21  700  Zugversuche  mit  Köipem  der  verschiedensten  Art, 

3616  Druckversuche  mit  Körpern  der  verschiedensten  Art 
u.  s,  w. 

Über  die  maschinellen  Einrichtungen  (Wirkungsmaschinen 
u.  s.  w.)  finden  sich  Mitteilungen  in  der  Zeitschrift  des  Ver- 
I    eines   deutscher  Ingenieure  1901,  S.   1246  und  1247. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


25 


beschaffen.  Hieran  schloss  sich  die  Erwerbung 
des  Zubehörs:  Dampfpumpe,  Injektor  u.  s.  w. 
sowie  1892  die  Ergänzung  zur  Zweicylinder- 
maschine.  1894  trat  ein  Oberflächenkonden- 
sator hinzu. 

Dazwischen  gelang  es,  die  Vorrichtungen 
zu  Ventilversuchen '),  wie  auch  sonstige  Ein-  | 
richtimgen  dank  der  Unterstützungen  von  ver-  | 
schiedenen  Seiten  zu  beschaffen.  j 

Die  erforderlichen  Messinstrumente  waren 
nach  und  nach  erworben  worden. 

Ein  besonderer  Betriebsfonds  für  alle  diese 
Einrichtungen  wurde  erstmals  für  die  Etats- 
jahre 189596  von  den  Ständen  verlangt  und 
bewilligt. 

Im  Zusammenhange  mit  dem  Zwecke  der  vor- 
stehend besprochenen  Einrichtungen  steht  die 
seit  1892  getroffene  Einrichtung  des  Heizens 
von  Dampfkesseln  durch  Studierende  unter 
Anleitung  eines  Lehrheizers ^)  während  der 
Frühjahrsferien.  Gleichzeitig  heizen  4  oder 
5  Studierende,  von  denen  jeder  einen  grossen 
Kessel  mit  2  Feuerungen  3  Arbeitstage  lang 
zu  bedienen  hat.  Bisher  hat  jedes  Jahr  die 
Stuttgarter  Zuckerfabrik  ihre  Dampfkessel  zu 
den  Heizübungen  in  dankenswerter  Weise  zur 
Verfügung  gestellt.  Die  grösste  Zahl  der  Teil- 
nehmer an  diesem  Heizkurs  hat  bis  jetzt  67  be- 
tragen. 

Ferner  gehört  hierher  die  Heranziehung  der 
Maschinen-  und  Kesselanlagen  von  industriellen 
Anlagen  des  Landes  zu  Versuchszwecken,  die 
jedoch  grossen  Schwierigkeiten  begegnen  musste, 
wenn  es  sich  um  das  Einlernen  noch  ganz  un- 
geübter Studierender  handelt. 

Auch  auf  die  Versicherung  der  Studierenden 
gegen  Unfälle  bei  Versuchen  und  Exkursionen, 
wie  sie  im  Jahr  1889  eingeführt  worden  ist, 
muss  hier  verwiesen  werden.^) 

Auf  die  Dauer  konnte  die  im  Kesselhause 
derCentralheizungsanlage  untergebrachte  Dampf- 
maschine nebst  Zubehör  den  Anforderungen  der 
Unterrichtsinteressen  nicht  genügen.  Es  wurden 
viel  weitergehende  Einrichtungen  erforderlich. 
Dazu  kam,  dass  daselbst  im  Sommer  eine  Tem- 
peratur von  40  bis  45  ^C.  einzutreten  pflegte; 
selbst  im  Winter  erreichte  die  Temperatur  35 
bis  38^  C.  Die  natürliche  Entwicklung  verlangte 
die  Errichtung  eines  eigenen  Institutes.  Die  da- 
hin gehende,  seitens  der  Königlichen  Regierung 
im  Entwürfe  des  Hauptfinanzetats   1897/99  ein- 

i)  Vergl.  C.  Bach,  „Versuche  über  Ventilbelastung  und 
Ventil  widerstand**,  Berlin  1884,  sowie  „Versuche  zur  Klarstellung 
der  Bewegung  selbstthätigcr  Punjpenventile"  in  der  Zeitschrift 
des  Vereines  deutscher  Ingenieure  1886/87  (Abhandlungen  und 
Berichte  S.  15  u.  f.). 

2)  Vergl.  Zeitschrift    des   Vereines    deutscher   Ingenieure 

1893,  s.  697;  1896,  s.  494. 

3)  Die  Technische  Hochschule  in  Stuttgart  war  die  erste 
Hochschule,  welche  eine  solche  Versicherung  einführte.  Vergl. 
Zeitschrift  des  Vereines  deutscher  Ingenieure  1890,  S.  lo$8, 
(Abhandlungen  und  Berichte,  S.  108}. 


gebrachte   Forderung    fand    die    Genehmigung 
der  Stände. 


Plan  für  das  Ingenieurlaboratorium. 

In  der  Hauptsache  sollte  das  Institut  die- 
jenigen Einrichtungen  erhalten,  welche  für  die 
Energie  in  Form  von  Wärme  erforderlich  sind; 
während  beispielsweise  das  elektrotechnische  In- 
stitut diejenigen  Einrichtungen  besitzt,  welche 
für  die  Energie  in  Form  des  elektrischen  Stromes 
nötig  erscheinen.  Der  Energieträger  „Dampf 
sowohl  in  gesättigtem,  als  auch  in  überhitztem 
Zustande  —  sollte  hierbei  in  erster  Linie  stehen. 

Ausserdem  war  für  die  Energieträger  „Druck- 
wasser"  und  „Pressluft"  das  wesentliche  vor- 
zusehen. 

Untersuchungen  über  das  Verhalten  der 
Arbeitsflüssigkeiten,  welche  für  die  Kraft- 
und  Arbeitsmaschinen  in  Betracht  kommen, 
namentlich  Versuche  auf  dem  Gebiete  der  Hy- 
draulik, Versuche  über  Wärmetransmission, 
sollten ,  soweit  es  die  Verhältnisse  gestatten, 
ermöglicht  werden. 

Die  zurUntersuchung  von  Wassermotoren, 
insbesondere  Turbinen  geplanten  Einrichtungen 
mussten  der  Kosten  wegen  einer  späteren  Er- 
weiterung vorbehalten  bleiben.  Doch  ist  das 
Erforderliche  vorgesehen. 

Auf  Grund  der  von  mir  vorgelegten  Ent- 
wurfszeichnungen arbeitete  der  Vorstand  des 
K.BezirksbauamtsStuttgart,  Baurat  Knoblauch, 
die  schliesslichen  Ausführungspläne  für  die  Hoch- 
bauten aus,  auch  besorgte  er  die  Leitung  der 
letzteren.  Der  Entwurf  und  die  Leitung  der 
maschinellen  Bauten  und  aller  hierzu  gehörigen 
Einzelheiten  lagen  mir  ob. 

Bauplatz. 

Als  Bauplatz  für  das  Laboratorium  wurde 
das  in  Berg  am  Neckarkanal  zwischen  der  Post- 
strasse und  der  Einmündung  des  Nesenbaches, 
also  unmittelbar  vor  der  König -Karls -Brücke 
gelegene,  dem  Staate  gehörige  Gnyidstück  ge- 
wählt. Hier  steht  fliessendes  Wasser,  dessen 
das  Laboratorium  zu  Zwecken  der  Kondensation 
von  Dampf,  zu  Untersuchungen  mit  Pumpen  u.  s.w. 
schon  jetzt  in  grossen  Mengen  bedarf,  und  das 
später  —  nach  Erweiterung  des  Instituts  durch 
die  Einrichtungen  zur  Untersuchung  von  Wasser- 
rädern, insbesondere  Turbinen  —  in  noch  weit 
grösserer  Masse  erforderlich  wird,  ausreichend 
zur  Verfügung.  Die  erhebliche  Entfernung  des 
Laboratoriums  vom  Hauptgebäude  der  Tech- 
nischen Hochschule  bildet  kein  Hindernis,  da 
der  Untericht  im  Laboratorium  die  Studierenden 
I  in  der  Regel  einen  halben  oder  ganzen  Tag  in 
Anspruch  nimmt. 


\ 
I 


26 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No,  2. 


Einrichtung  des  Laboratoriums.    (Vgl.  die 

beigegebenen  Tafeln.) 

Dasselbe  weist  zunächst  das  Lehrgebäude 
auf,  in  Blatt  i  der  die  übrigen  Baulichkeiten  über- 
ragende linke  bezw.  rechte  Teil  des  Gebäudes. 

Das  Erdgeschoss  (vergl.  Blatt  4)  enthält  die 
Wohnung  des  Maschinenmeisters,  bestehend  aus 
3  Zimmern  und  einer  Küche,  sowie  einen  Durch- 
gang. Darüber  befindet  sich  der  Vortragssaal 
(vergl.  Blatt  3),  welcher  auch  zum  Zeichnen  und 
nach  Ausräumung  der  Bänke  und  Tische  zu 
Versuchszwecken  benutzt  werden  kann;  da- 
hinter der  Wasch-  und  Umkleideraum  für  die 
Studierenden  mit  den  erforderlichen  Kleider- 
schränken, sowie  links  davon  ein  Zimmer  für 
Sonderuntersuchungen,  in  welchem  ein  Luft- 
kompressor mit  Elektromotor  aufgestellt  ist. 

Das  obere  Geschoss  (vergl.  Blatt  4)  enthält 
ein  Zimmer  fiir  die  Aufbewahrung  von  Instru- 
menten, für  Bücher  und  Zeitschriften  zum  Nach- 
schlagen, ein  Zimmer  für  den  Vorstand,  ein 
solches  für  den  Maschineninspektor  und  ein 
Zimmer  für  weitere  Hilfskräfte. 

Das  Kellergeschoss  kann  zu  Versuchszwecken 
herangezogen  werden  und  ist  demgemäss  ein- 
gerichtet. 

An  das  Lehrgebäude  schliesst  sich  links  die 
Maschinenhalle  an  (vergl.  Blatt  i,  unter  Figur 
3  und  4),  dahinter  das  Kesselhaus,  rechts  da- 
von derKohlenraum,  links  derKraftgas-  und 
der  Gasmotorenraum,  hinter  letzterem  die 
Schmiede,  darüber  die  Werkstatt.  Den 
Aufbau  dieser  Teile  des  Laboratoriums  zeigen: 
der  Längsschnitt  auf  Blatt  4  und  der  Querschnitt 
auf  Blatt  5. 

In  der  Maschinenhalle  oben  befindet  sich 
die  liegend  angeordnete  Hauptdampf- 
maschine mit  dreistufiger  Expansion  in  4 
Cylindern  (vergl.  Blatt  2).  Der  gemeinschaft- 
liche Hub  beträgt  760  mm,  der  Durchmesser 
des  Hochdruckcy linders  250  mm,  derjenige  des 
Mitteldruckcylinders  und  der  beiden  Nieder- 
druckcylinder  4(X)  mm.  Die  minutliche  Um- 
drehungszahl kann  zwischen  20  und  130  be- 
liebig währepd  des  Ganges  gewechselt  werden. 
Bei  12  Atm.  (Überdruck)  Anfangsspannung  (die 
Kessel  sind  für  15  Atm.  höchste  Betriebs- 
spannung genehmigt),  bei  100  Umdrehungen 
in  der  Minute  und  bei  ungefähr  ein  Viertel 
Füllung  des  Hochdruckcylinders  beträgt  die 
Nutzleistung  rund  100  Pferdestärken.  Die 
Steigerung  der  Leistung  auf  etwa  das  Doppelte 
ist  möglich. 

Die  Maschine  wurde  derart  eingerichtet, 
dass  sie  arbeiten  kann:  als  dreistufige  Expansions- 
maschine, als  Maschine  mit  zweistufiger  Ex- 
pansion sowohl  in  Tandem-,  als  auch  in  Ver- 
bundanordnung (Kurbelwinkel  o",  bezw.  90^), 
sowie  als  Eincylindermaschine. 


Die  Maschine  gestattet  nicht  bloss  Betrieb 
mit  gesättigtem  Dampf,  sondern  auch  mit  Dampf 
in  überhitztem  Zustande  bis  etwa  270  <^  C.  An- 
fangstemperatur. 

DieBehältervolumina  können  geändert  werden , 
ebenso  die  schädlichen  Räume. 

Die  Steuerung,  durch  Ventile  und  Corlis- 
Schieber  erfolgend,  ist  verstellbar,  so  dass  die 
Dampfverteilung  innerhalb  weiter  Grenzen  ge- 
ändert werden  kann. 

Die  Maschine  kann  mit  Einspritz-  oder  mit 
Oberflächenkondensation  betrieben  werden. 

Die  Heizung  der  Mäntel  und  Deckel  ist 
abstellbar  eingerichtet. 

Im  ganzen  ist  bei  der  Konstruktion  der 
Maschine  ihr  Sonderzweck  stets  im  Auge  be- 
halten und  sie  demgemäss  mit  den  für  die 
Zwecke  des  Unterrichts  und  der  Forschung 
angezeigten  Einrichtungen  nach  Möglichkeit 
ausgerüstet  worden.  Sie  wurde  von  der  Firma 
G.  Kuhn  in  Berg  geliefert  und  darf  als  ein 
hervorragendes  Erzeugnis  des  deutschen  Ma- 
schinenbaues bezeichnet  werden. 

Die  Dampfmaschine  treibt,  falls  ihre  Leistung 
nicht  abgebremst  wird,  mittels  Riemen  bei 
Scheibendurchmessern  von  4000  mm  und 
5800  mm  (vergl.  Blatt  4)  zwei  im  unteren  Ge- 
schosse liegende,  gekuppelte,  doppeltwirkende 
Pumpen  (vergl.  Blatt  4,  5  und  3)  von  170  mm 
Cylinderdurchmesser  und  760  mm  Hub,  Die 
eine  Seite  dieses  Zwillingspumpwerks  ist  mit 
selbsthätig  spielenden  Ventilen,  die  andere 
Seite  mit  gesteuerten  Ventilen  versehen.  Als 
höchster  Betriebsdruck  sind  100  m  Wassersäule 
vorgesehen.  Stündlich  können  etwa  250  Kubik- 
meter Wasser,  welches  dem  Neckarkanal  ent- 
nommen wird  und  später  wieder  in  denselben 
zurückfliesst,  gefördert  werden. 

Zur  Messung  der  von  dem  Pumpwerk  that- 
sächlich  geforderten  Wassermenge  dienen  die 
im  Grundriss  Blatt  3  gezeichneten  Wasser- 
behälter. 

Die  Pumpen  mit  Zubehör  wurden  gleichfalls  in 
der  Maschinenfabrik  von  G.  Kuhn  in  Berg  gebaut. 

Als  stehende  Dampfmaschine  ist  eine 
Heissdampfmaschine,  geliefert  von  der 
Dingler  sehen  Maschinenfabrik  in  Zweibrücken, 
mit  zwei  liegenden,  einfach  wirkenden  Hoch- 
druckcylindern  (220  mm  Durchmesser)  und 
einem  stehenden,  doppeltwirkenden  Niederdruck- 
cylinder  (400  mm  Durchmesser)  bei  350  mm 
gemeinschaftlichem  Hub  angeordnet  (vergl. 
Blatt  5,  Erdgeschoss  rechts).  Sie  ist  für  über- 
hitzten Dampf  bis  360^  C.  und  für  eine  An- 
fangsspannung von  1 2  Atm.  Überdruck  bestimmt. 
Ihre  Leistung  beträgt  für  170  Umdrehungen  in 
der  Minute  bei  1 1  Atm.  Anfangsspannung, 
320®  C.  Eintrittstemperatur  und  rund  30  Proz. 
Füllung  in  den  Hochdruckcylindern  reichlich 
50  Nutzpferdestärken. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


27 


Die  Maschinenhalle  ist  mit  einem  La ufkrahn 
für  4CXX)  kg  Höchstlast,  geliefert  von  der  Ma- 
schinenfabrik E.  Becker  in  Berlin,  ausgerüstet 
(Blatt  2,  4  und  5).  Im  Erdgeschoss  befindliche 
Teile,  welche  durch  den  oberen  Boden  der 
Maschinenhalle  verdeckt  sind,  können  durch 
herausnehmbare  Platten  in  diesem  Boden  für 
den  Laufkrahn  zugänglich  gemacht  werden. 
Das  4  Meter  hohe  Mittelthor  der  Maschinen- 
halle ermöglicht  in  Verbindung  mit  den  an 
dieser  Stelle  ebenfalls  herausnehmbar  angeord- 
neten Bodenplatten  in  bequemer  Weise  das 
Aus-  und  Einbringen  von  grossen  und  schweren 
Teilen,  wie  z.  B.  der  Hälften  der  grossen 
Schwungradriemscheibe  auf  der  Kurbelwelle 
des  Pumpwerks. 

In  der  Maschinenhalle  finden  sich  weiter 
die  Einrichtungen  zu  Versuchen  mit  Ven- 
tilen, zur  Bestimmung  der  Massstäbe  für 
Indikatorfedern  mit  einem  bis  23  Atm. 
reichenden  Quecksilbermanometer,  eine 
Centrifugal pumpe  u.  s.  w.  Die  letztere 
(vergl.  Blatt  4  und  5,  Kellergeschoss),  welche 
von  der  Transmission,  auf  die  ein  Gasmotor 
wirkt,  betrieben  wird,  hat  bei  eintretendem 
Hochwasser  noch  die  Aufgabe,  das  trotz  des 
Abschlusses  durch  undichte  Stellen  eintretende 
Wasser  foj^zuschafien  und  so  das  zum  grossen 
Teile  unter  dem  Hochwasserspiegel  liegende 
unterste  Geschoss  freizuhalten. 

Das  Kesselhaus  (Blatt  3  und  5)  enthält 
3  Dampfkessel  für  Dampfspannungen  bis  15 
Atm.  und  zwar: 

I  Kessel  mit  rund  100  qm  Heizfläche  nach 
System  Pregardien  mit  Schrägrostfeuerung, 

I  Kessel  mit  15  qm  Heizfläche,  Lokomobil- 
system, 

I  Kessel  mit  8  qm  Heizfläche,  Dampfspritzen- 
system. 

Ferner  enthält  das  Kesselhaus: 

I  Dampfgefäss  (mittelbar  geheizter  Dampf- 
kessel) zur  Erzeugung  von  Dampf  bis  reich- 
lich  12  Atm.  Betriebsdruck, 

I  Dampfuberhitzer  für  Überhitzung  bis  400"  C, 

1  Speisewasserreiniger, 

I  Wägevorrichtung  für  die  Kohlen, 

3  Wägevorrichtungen   für    das    Speisewasser, 

4  Speisepumpen, 
I  Injektor, 

und  zur  Kraftgasanlage  gehörig: 
I  kleinen   Dampfkessel,    den   Generator   und 
den  Vorwärmer. 

Die  beiden  zuerst  angeführten  Kessel  sowie 
das  Dampfgefäss  wurden  von  der  Maschinen- 
fabrik Esslingen  geliefert,  der  dritte  Dampf- 
kessel vonderWagen  bau  ans  t  alt  und  Waggon- 
fabrik vormals  Busch  in  Bautzen,  der  Dampf- 
überhitzer von  A.  Hering  in  Nürnberg,  der 
Speisewasserreiniger  von  Hans  Reisert  in  Köln, 


die   Wagen    von    Haushahn  in  Stuttgart,   die 
Speisepumpen  von  G.  Kuhn  in^Berg. 

An  den  inneren  Umfassungswandungen  des 
Kesselhauses  entlang  ist  ein  Kanal  angeordnet 
(Blatt  3),  in  welchem  die  Rohrleitungen  für 
Dampf  und  Wasser  untergebracht  sind.  Von 
demselben  fuhrt  eine  Kanalabzweigung  nach 
dem  Kellergeschoss  des  Lehrgebäudes,  um  bei 
notwendig  werdender  Heranziehung  desselben 
zu  Versuchszwecken  Dampfund  Wasser  bequem 
nach  dort  leiten  zu  können. 

Der  vom  Kohlenraum  kommende  Kohlen- 
wagen kann  auf  der  beim  Eintritt  in  das  Kessel- 
haus vorhandenen  Brückenwage  (Blatt  3) 'ge- 
wogen werden. 

Der  Schornstein  (vergl.  insbesondere 
Blatt  5)  von  35  m  Höhe  und  i  m  kleinster 
Lichtweite  trägt  aussen  in  einfacher  Weise  durch 
Spannringe  befestigt  eine  Leiter,  damit  in  ver- 
schiedenen Höhen  Temperatur  und  Zug  im 
Innern  bestimmt  werden  können,  zu  welchem 
Zweck  an  den  Stellen,  wo  dies  geschehen  soll, 
Rohrstücke  eingemauert  sind,  durch  die  Thermo- 
meter und  Zugmesser  eingebracht  werden. 
Auch  Gase  zur  Untersuchung  können  an  diesen 
Stellen  entnommen  werden.  Um  das  Abstürzen 
der  Studierenden  oder  anderer  Personen,  welche 
die  Ablesungen  der  Instrumente  oder  sonstige 
Besorgungen  auszufuhren  haben,  zu  verhindern, 
wurde    die  Leiter   mit  Scbutzbügeln   versehen. 

Der  an  das  Kesselhaus  links  sich  anschlies- 
sende Kraftgasraum  (Blatt  3)  enthält  den  Skrub- 
ber  mit  'Wasserrieselung,  den  Wascher,  den 
Gasbehälter  und  einen  Gasmesser. 

In  dem  daneben  liegenden  Gasmotoren- 
raum  sind  eine  8 pferdige  und  eine  25 pferdige 
Gaskraftmaschine  nebst  den  dazu  gehörigen 
und  für  die  Untersuchung  erforderiichen  Ein- 
zelheiten aufgestellt.  Für  gewöhnlich  wird  der 
8  pferdige  Motor  mit  Leuchtgas  betrieben,  doch 
kann  er  ebenso  mit  Kraftgas  gespeist  werden, 
wie  dem  2  5  pferdigen  Kraftgasmotor  Leuchtgas 
zugeführt  werden  kann. 

Die  Kraftgasanlage,  die  Gasmotoren  nebst 
allem  Zubehör  wurden  von  der  Gasmotoren- 
fabrik Deutz  geliefert. 

In  der  über  dem  Gasmotorenraum  liegenden 
Werkstatt  finden  sich:  2  Drehbänke,  i  Bohr- 
maschine, I  Feilmaschine,  i  Schleifstein  u.  s.  w., 
sowie  die  Transmission,  welche  von  den  Gas- 
motoren angetrieben  werden  kann;  ferner  die 
Einrichtungen  zu  Untersuchungen  von  Ge- 
trieben. Ein  Schwenkkrahn  (Blatt  3)  er- 
möglicht den  Transport  schwerer  Gegenstände 
in  die  Werkstatt  und  von  ihr  ins  Freie. 

Die  hinter  dem  Gasmotorenraum  gelegene 
Schmiede  (vergl.  Blatt  3)  ist  durch  eine  ver- 
glaste Wendeltreppe  von  der  Werkstatt  aus 
leicht  zugänglich. 

Der  hinter  dem  Kesselhaus  stehende  Sc  hup- 


28 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


pen  (Blatt  3  und  5)  ist  zur  Hälfte  für  die  Auf- 
bewahrung von  Brennmaterial  bestimmt,  zum 
anderen  Teile  zur  Unterbringung  von  beweglichen 
Einrichtungen  verschiedener  Art,  insbesondere 
von  solchen  zu  hydraulischen  Versuchen; 
ausserdem  ist  in  diesem  Teil  ein  Erdölmotor 
aufgestellt.  Die  vorhandene  Gleisverbindung 
mit  Drehscheibe  (Batt  3)  ermöglicht  den  leichten 
Transport  der  betreffenden  Einrichtungen. 

An  Betriebspersonal  stehen  dem  Labo- 
ratorium ausser  mir  als  Vorstand  zur  Verfü- 
gung: ein  wissenschaftlich  gebildeter  Maschinen- 
ingenieur (Maschineninspektor),  ein  Maschinen- 
meister, 2  Schlosser,   i  Heizer  und  i  Arbeiter. 

Bei  dem  Entwurf  des  ganzen  Baues  und 
seiner  Einzelheiten  bin  ich  —  soweit  es  die 
Verhältnisse  jeweils  gestatteten  —  auf  mög- 
lichste Zugänglichkeit,  auf  thunlichst  viel  Licht 
(vergl.  insbesondere  Bl.  2)  sowie  darauf  be- 
dacht gewesen,  dass  die  Räume,  die  Maschinen 
und  sonstigen  Einrichtungen  sauber  gehalten 
werden  können,  und  zwar  nicht  bloss  im  un- 
mittelbaren Interesse  des  Unterrichts  sowie  zum 
Zwecke,  die  Instandhaltung  zu  sichern,  sondern 
namentlich  auch  deshalb,  damit  die  Studieren- 
den, welche  in  dem  Laboratorium  gearbeitet 
haben  werden,  sich  während  ihrer  späteren 
Thätigkeit  als  entwerfende  und  ausführende  In- 


genieure derselben  Rücksichtnahme  befleissigen 
möchten.  In  den  bezeichneten  Richtungen  wird 
heute  bekanntlich  noch  recht  häufig  gesündigt. 
Dabei  wurde  der  Umstand,  dass  das  Labo- 
ratorium seiner  Natur  nach  nicht  ein  auf  Jahr- 
zehnte hinaus  fertiges  Institut,  sondern  eine  in 
fortgesetzter  Entwicklung  begriffene  Arbeits- 
stätte für  Unterricht  und  Forschung  ist,  stets 
im  Auge  behalten. 

Bauzeit  und  Beginn  des  Betriebs. 

Die  Grabarbeiten  wurden  im  April  1898  be- 
gonnen und  bereits  im  Januar  1900  konnten  die 
ersten  Übungen  mit  Studierenden  an  der  Haupt- 
dampfmaschine aufgenommen  werden.  Um  dies 
zu  erreichen,  war  allerdings  eine  recht  sorgfal- 
tige Vorbereitung,  eine  sehr  eingehende,  viel 
Mühe  und  Zeit  erfordernde  Durcharbeitung  der 
maschinellen  Einrichtungen  und  ihrer  Einzel- 
heiten in  verhältnismässig  kurzer  Zeit  nötig. 
Würde  die  Industrie  weniger  stark  beschäftigt 
gewesen  sein,  so  dass  die  vereinbarten  Liefe- 
rungszeiten eingehalten  worden  wären,  so  hätten 
die  ersten  Übungen  bereits  im  Oktober  1899 
begonnen  werden  können. 

Stuttgart,  den  19.  Juli  1901. 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


Theodor  Paul  (Tübingen),  Die  Bedeutung  der 
Ionen-Theorie  für  die  physiologische  Chemie.  ^) 

Weitaus  die  meisten  biologischen  Vorgänge 
in  Pflanzen  und  Tieren  beruhen  auf  einer  Wechsel- 
wirkung der  Stoffe  in  gelöstem  Zustande,  da 
nicht  nur  die  flüssigen  Bestandteile  der  Orga- 
nismen, sondern  auch  die  festeren  Gewebe  als 
Lösungen  aufzufassen  sind,  seitdem  die  neuere 
Chemie  ausser  den  flüssigen  auch  feste  Lö- 
sungen kennt.  Es  war  deshalb  zu  erwarten,  dass 
die  Fortschritte,  welche  man  in  der  Erkenntnis 
des  Wesens  der  Lösungen  machte,  auch  be- 
fruchtend auf  die  Physiologie  einwirken,  und 
dass  zwei  wissenschaftliche  Errungenschaften 
ersten  Ranges,  die  Theorie  der  Lösungen  von 
van't  Hoff  und  die  Theorie  der  elektrolyti- 
schen Dissoziation  von  Svante  Arrhenius, 
durch  welche  unsere  Anschauungen  vom  Zu- 
stande der  Stofiie  in  Lösungen  in  vollkommen 
neue  Bahnen  gelenkt  worden  sind,  für  gewisse 
Gebiete  der  physiologischen  Chemie  einen 
Wendepunkt    bedeuten    würden.      Obwohl   die 

i)  Vereinigte  Sitzung  der  beiden  Hauptgnippen,  Mittwoch, 
25.  September  1901. 


Zahl  der  Forscher,  welche  diese  Theorien  fiir 
die  Lösung  physiologisch-chemischer  und  all- 
gemein-physiologischer Probleme  nutzbar  zu 
machen  versuchten,  noch  relativ  klein  ist,  und 
wenn  auch  die  Ergebnisse  ihrer  Untersuchungen 
vielfach  noch  sehr  lückenhaft  sind,  so  lässt  sich 
doch  schon  jetzt  mit  Bestimmtheit  sagen,  dass 
viele  der  zahllosen  Widersprüche  und  Unklar- 
heiten, denen  man  in  der  physiologischen  Lit- 
teratur  so  häufig  begegnet,  nur  auf  Grund  dieser 
neueren  Anschauungen  gelöst  werden  können. 
Bisher  nahm  man  an,  dass  in  einer  wässerigen 
Lösung,  z.  B.  in  einer  Kochsalzlösung,  neben 
den  Wassermolekeln  Chlornatrium-Molekeln  ent- 
halten sind.  Da  aber  eine  solche  Lösung  den 
elektrischen  Strom  leitet,  und  da  deren  osmo- 
tischer Druck  grösser  ist,  als  den  molekularen 
Verhältnissen  entspricht,  so  nimmt  man  nach 
der  Theorie  der  elektrolytischen  Dissoziation 
oder  der  „Ionen-Theorie'*  an,  dass  in  einer 
Kochsalzlösung  nicht  sämtliches  Salz  in  der 
Form  von  iV^CT-Molekeln  enthalten  ist,  sondern 
dass  die  Mehrzahl  der  letzteren  in  elektrisch 
geladene  Teilstücke,  die  Natrium-Ionen  (iVa-Ionen) 


I 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


29 


und  die  Chlor-Ionen  (O'-Ionen),  zerfällt,  welche 
den  Transport  der  Elektrizität  beim  Durch- 
gange eines  elektrischen  Stromes  vermitteln, 
und  deren  jedes  den  osmotischen  Druck  der 
Lösung  in  demselben  Grade  beeinflusst,  wie 
eine  intakte  Molekel.  Dieser  Vorgang  der 
Spaltung  der  Kochsalzmolekeln  in  elektrisch 
geladene  Ionen,  welcher  stets  mit  dem  Auf- 
lösen des  Salzes  in  Wasser  verbunden  ist  und 
ohne  jede  Zuführung  der  Elektrizität  von  aussen 
vor  sich  geht,  findet  bei  sämtlichen  Salzen, 
Säuren  und  Basen  statt,  Stoffen,  deren  wässerige 
Lösungen  den  elektrischen  Strom  leiten,  und 
welche  man  deshalb  mit  dem  gemeinsamen 
Namen  „Elektrolyte"  bezeichnet.  So  zerfällt 
das  salpetersaure  Silber  AgNO^  in  das  positive 
Silber-Ion  (4^-Ion)  und  in  das  negative  Sal- 
petersäure-Ion (iV03-Ion),  das  chlorsaure  Kalium 
in  das  positive  Kalium-Ion  (if-Ion)  und  in  das 
negative  Chlorsäure-Ion  (67Öj-Ion).  Die  Säuren 
sind  dadurch  charakterisiert,  dass  sie  sämtlich 
in  wässeriger  Lösung  positive  Wasserstoff-Ionen 
(//-Ionen)  abspalten,  unter  gleichzeitiger  Bildung 
eines  für  jede  Säure  charakteristischen  nega- 
tiven Ions.  Die  Ionen  der  Salzsäure  sind  die 
positiven  Wasserstoff-Ionen  (//-Ionen)  und  die 
negativen  Chlor-Ionen  (C7-Ionen),  diejenigen  der 
Salpetersäure  die  positiven  Wasserstoff-Ionen 
(//-Ionen)  und  die  negativen  Salpetersäure-Ionen 
(zVöj-Ionen),  und  die  der  Essigsäure  die  posi- 
tiven Wasserstoff-Ionen  (^-lonen)  und  die  ne- 
gativen Essigsäure-Ionen  ( CH^ .  CO 0-Ionen).  Die 
Basen  sind  Verbindungen,  welche  in  wässeriger 
Lösung  negative  Hydroxyl-Ionen  (0//-Ionen) 
neben  den  fiir  jede  Base  spezifischen  positiven 
Ionen  abspalten.  So  enthält  die  Kalilauge 
ausser  den  negativen  Hydroxyl-Ionen  (ö//-Ionen) 
positive  Kalium-Ionen  (A"-Ionen),  die  Natron- 
lauge positive  Natrium-Ionen  (A^a-Ionen)  und 
die  wässerige  Ammoniaklösung  positive  Am- 
monium-Ionen (AWj-Ionen).  Die  „Stärke"  der 
Säuren  und  Basen  richtet  sich  nach  dem  Dis- 
soziationsgrade dieser  Verbindungen.  Eine 
Säure  oder  eine  Base  ist  um  so  stärker,  je 
grösser  die  Konzentration  der  positiven  Wasser- 
stoff-Ionen oder  negativen  Hydroxyl-Ionen  in 
ihrer  wässerigen  Lösung  ist,  wenn  gleiche  mole- 
kulare Mengen  dieser  Verbindungen  gelöst 
werden.  So  ist  die  Essigsäure  eine  ungefähr 
hundertmal  schwächere  Säure,  als  die  Salz- 
säure, und  das  Ammoniak  eine  ungefähr  hundert- 
mal schwächere  Base,  als  die  Kalilauge. 

Obgleich  diese  neue  Auffassung  vom  Zu- 
stande der  Stoffe  in  Lösungen,  gegenüber 
unserer  bisherigen  Anschauung,  wegen  der  an- 
genommenen Spaltung  der  Molekeln  und  des 
Heranziehens  neuer  hypothetischer  Hilfsstoffe, 
der  Ionen,  eher  einen  Rückschritt  als  einen 
Fortschritt  zu  bedeuten  scheint,  lässt  sich  doch 
an    einer    Reihe     von     praktischen     Beispielen 


zeigen,  dass  uns  die  Ionen-Theorie  die  Mittel 
und  Wege  an  die  Hand  giebt,  die  Zusammen- 
setzung verschiedener  bisher  ungenügend  er- 
forschter Körperflüssigkeiten  zu  ermitteln,  und 
dass  sie  uns  in  den  Stand  setzt,  komplizierte 
physiologisch-chemische  Vorgänge  auf  einfache 
wohlbekannte  Gesetze  zurückzuführen,  und  für 
die  physiologische  Wirkung  vieler  Stoffe  eine 
einheitliche  und  ungezwungene  Erklärung  zu 
geben.  So  bedeutete  es  einen  prinzipiellen 
Fortschritt,  als  vor  einigen  Jahren  St.  Bu- 
garszky  und  F.  Tan  gl  bei  ihren  Unter- 
suchungen über  die  Zusammensetzung  des  Blut- 
serums durch  die  Bestimmung  der  Gefrier- 
punktserniedrigung, welche  sich  mit  Hilfe  der 
von  Ernst  Beckmann  konstruierten  Apparate 
in  kurzer  Zeit  mit  grosser  Genauigkeit  ausfuhren 
lässt,  die  Gesamtkonzentration  der  gelösten 
nichtdissoziierten  Molekeln  und  der  Ionen  er- 
mittelten ,  und  die  Konzentration  der  letzteren 
durch  elektrische  Leitfähigkeitsversuche  fest- 
stellten. Eine  ähnliche  Untersuchung  hat  fast 
gleichzeitig  HansKoeppe  über  den  Salzgehalt 
der  Frauen-  und  Kuhmilch  ausgeführt.  Seitdem 
Reaumur  als  einer  der  ersten  um  die  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  den  Magensaft  von  Tieren 
auf  seine  Acidität  untersuchte,  ist  die  Zahl  der 
darüber  veröffentlichten  Arbeiten  auf  mehrere 
Hunderte  angewachsen.  Trotzdem  ist  es  bis- 
her nicht  möglich  gewesen,  die  Konzentration 
der  Säure  im  Magensaft  in  absoluten  Zahlen 
anzugeben.  Die  Ursache  dieses  Misserfolges 
liegt  neben  der  Unzulänglichkeit  der  Unter- 
suchungsmethoden vor  allem  in  der  Frage- 
stellung. Nachdem  man  in  Erfahrung  gebracht 
hatte,  dass  der  Mageninhalt  zur  regelrechten 
Verdauung  der  Speisen  sehr  stark  reagieren 
muss,  war  man  vor  allem  darauf  bedacht,  die 
„freie  Salzsäure"  quantitativ  zu  bestimmen. 
Über  den  Begriff  der  „freien  Salzsäure" 
herrschten  indessen  fast  ebensoviele  Ansichten, 
als  es  Untersuchungsmethoden  gab,  und  eine 
Klärung  dieser  verschiedenen  Anschauungen 
wurde  noch  dadurch  um  so  schwieriger,  als 
die  im  Magen  gleichzeitig  anwesenden  Eiweiss- 
stoffe  und  Amidoverbindungen ,  je  nach  dem 
Grade  der  vorhandenen  Acidität,  verschiedene 
Mengen  der  „freien  Säure"  locker  zu  binden 
vermögen,  sie  aber  mehr  oder  weniger  abgeben, 
wenn  die  Konzentration  der  „freien  Säure"  unter 
einen  gewissen  Betrag  sinkt.  Da  also  die 
vorübergehend  an  Eiweissstoffe  und  andere  Sub- 
stanzen gebundene  Säure  ebenfalls  an  der  Ver- 
dauung teilnehmen  kann,  machte  man  den  Vor- 
schlag, nicht  die  ,, freie  Salzsäure",  sondern  die 
„physiologisch  wirksame  Salzsäure"  zu  bestim- 
men. Durch  die  Einfuhrung  dieses  neuen  Be- 
griffes war  wohl  ein  neuer  Gesichtspunkt  'für 
die  Beurteilung  der  nach  den  verschiecj^ren 
Untersuchungsmethoden     erhaltenen    Räis  der 


30 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


geschaffen,  nicht  aber  ein  Weg  gefunden,  die 
Frage  objektiv  zu  lösen.  Die  Ionen-Theorie  setzt 
uns  in  den  Stand,  den  Begriff  der  Acidität  des 
Magensaftes  in  ganz  unzweideutiger  Weise  zu 
präzisieren:  Die  Acidität  ist  identisch  mit  der 
Konzentration  der  darin  enthaltenen  Wasser- 
stoff-Ionen. Die  exakte  Messung  derselben 
lässt  sich  mit  Hilfe  einer  galvanischen  Konzen- 
trations-Kette  bewerkstelligen ,  deren  Theorie 
von  Walter  Nernst  aufgestellt  wurde.  Die 
Titration  lässt  sich  hierzu  nicht  benutzen,  da 
gleiche  molekulare  Mengen  der  starken  Salz- 
säure und  der  schwachen  organischen  Säuren, 
wie  Essigsäure  und  Buttersäure,  gleiche  Volu- 
mina Kalilauge  oder  Natronlauge  zur  Sättigung 
brauchen.  Damit  soll  nicht  in  Abrede  gestellt 
werden,  dass  sich  mit  Hilfe  passend  gewählter 
Indikatoren,  wie  z.  B.  Methylviolett,  Tropäolin 
oder  Kongorot,  welche  erst  auf  eine  grössere 
Wasserstoff-Ionen-Konzentration  reagieren ,  für 
die  ärztliche  Praxis  brauchbare,  vergleichende 
Werte  ermitteln  lassen.  Ja,  es  ist  wünschens- 
wert, dass  diese  Methode  mit  Hilfe  der  Theorie 
der  Indikatoren  weiter  ausgebildet  wird,  welche 
WilhelmOstwald  auf  Grund  der  Ionen-Theorie 
aufgestellt  hat,  und  die  es  ermöglicht,  die  zahl- 
reichen Indikatoren  der  Acidimetrie  und  Alkali- 
metrie  nach  einem  einheitlichen  Gesichtspunkte 
zu  klassifizieren  und  die  für  jeden  Indikator 
charakteristische  Empfindlichkeitsgrenze  festzu- 
stellen. In  neuester  Zeit  hat  Rudolf  Höber 
versucht,  die  Konzentration  der  Hydroxyl-Ionen 
im  Blut,  also  dessen  Alkaleszenz  zu  bestimmen, 
indem  er  defibriniertes  Rinderblut  mit  ver- 
dünnter Natronlauge  bezw.  Salzsäure  von  be- 
stimmtem Gehalt  zu  einer  galvanischen  Kon- 
zentrationskette verband  und  die  elektromoto- 
rische Kraft  des  auftretenden  galvanischen 
Stromes  ermittelte.  Wenn  auch  die  bei  diesen 
ersten  Versuchen  erhaltenen  Zahlen  noch  mit 
recht  grossen  Fehlern  behaftet  sind,  so  zeigen 
sie  doch  die  prinzipielle  Brauchbarkeit  der  Me- 
thode. Die  Eigenschaft  der  Eiweissverbin- 
dungen,  mit  stärkeren  Säuren  lockere,  salzartige 
Verbindungen  zu  bilden,  welche  für  die  Pepsin- 
verdauung sehr  wichtig  sind,  hat  vor  mehreren 
Jahren  John  Sjövist  auf  Grund  der  Ionen- 
Theorie  klar  gelegt  und  mit  Hilfe  von  elektri- 
schen Leitfähigkeitsmessungen  quantitativ  be- 
stimmt. Einige  Jahre  später  (1898)  haben 
Stefan  Bugarsky  und  Leo  Liebermann 
das  Bindungsvermögen  eiweissartiger  Stoffe  für 
Salzsäure,  Natriumhydroxyd  und  Kochsalz  durch 
die  Messung  der  elektromotorischen  Kräfte  in 
galvanischen  ,, Gasketten''  und  durch  die  Be- 
stimmung der  Gefrierpunktserniedrigung  er- 
mittelt. Die  nach  diesen,  voneinander  unab- 
hängigen Methoden  gefundenen  Werte  stimmen 
i)  veJoefriedigend  überein  und  sind  insofern  ein 
25.  Scptemb  für  die  Stichhaltigkeit  und  Zweckmässig- 


keit der  neueren  Anschauungen,  als  die  darauf 
gegründeten  Rechnungen  sich  der  Erfahrung 
anschliessen. 

Paul  Grützner  hatte  gefunden,  dass  die 
Kase'infällung  in  der  Milch,  welche  durch  äqui- 
molekulare Säurelösungen  veranlasst  wird,  je 
nach  der  Stärke  der  betreffenden  Säure  quan- 
titativ ganz  verschieden  ist.  Setzt  man  den 
Säurelösungen  gleichionige  Salze  zu,  wie  z.  B. 
der  Essigsäure  essigsaures  Natrium,  so  wird  die 
Menge  des  ausgefällten  Kaseins  geringer,  ob- 
wohl bekanntlich  die  Salze  die  Ausfallung  von 
Eiweisskörpern  im  allgemeinen  unterstützen. 
Wie  war  diese  merkwürdige  Erscheinung  zu 
erklären  ?  Die  Ionen-Theorie  giebt  auf  diese 
Frage  folgende  Antwort:  die  Konzentration  der 
Wasserstoff-Ionen  in  der  wässerigen  Lösung 
einer  mittelstarken  oder  schwachen  Säure  muss 
nach  dem  Massenwirkungsgesetze  durch  den  Zu- 
satz eines  gleichionigen  Salzes  geringer  werden, 
und  deshalb  wird  die  Fähigkeit  der  Säure,  das 
Kasein  auszufällen,  auch  geringer.  Mit  Rück- 
sicht auf  die  grosse  Bedeutung,  welche  dem 
Verhalten  der  Harnsäure  und  ihrer  Salze  im 
Blute,  im  Harn  und  in  den  Gewebsflüssigkeiten 
zukommt,  da  verschiedene  häufig  auftretende 
und  besonders  schmerzhafte  Krankheiten  auf 
einer  pathologischen  Abscheidung  der  Harn- 
säure und  ihrer  Salze  im  Körper  beruhen,  haben 
Wilhelm  His  d.  J.  und  Theodor  Paul  be- 
gonnen, das  Verhalten  dieser  Stoffe  in  Lösungen 
vom  Standpunkte  der  Ionen-Theorie  einer  syste- 
matischen Untersuchung  zu  unterziehen.  Sie 
fanden  u.  a.  in  Übereinstimmung  mit  den  Lehren 
der  Ionen-Theorie,  dass  die  Abscheidung  eines 
schwerlöslichen  harnsauren  Salzes  aus  einer 
Lösung  nicht  nur  von  der  Löslichkeit  des  be- 
treffenden Salzes  abhängt,  sondern  dass  die 
gleichzeitig  in  der  Lösung  anwesenden  Salze, 
welche  mit  jenem  ein  Ion  gemeinsam  haben, 
eine  beträchtliche  Löslichkeitsverminderung  ver- 
anlassen können.  So  löst  sich  z.  B.  das  saure 
harnsaure  Natrium  in  Wasser  von  Zimmer- 
temperatur im  Verhältnis  von  1:1130,  in  einer 
physiologischen  Kochsalzlösung  dagegen,  welche 
nur  7  g  Chlornatrium  im  Liter  enthält,  erreicht 
die  LösHchkeit  nicht  einmal  das  Verhältnis 
I  :  1 1000,  da  die  Dissoziation  des  Natriummuriats 
durch  die  Natrium-Ionen  des  Kochsalzes  er- 
heblich vermindert  wird.  Eine  weitere  Über- 
legung zeigte ,  dass  die  zur  Zeit  noch  ganz 
allgemeine  Vorstellung  irrig  ist,  wonach  die 
Darreichung  von  Lithium-,  Piperazin-,  Lysidin- 
und  ähnlichen  Präparaten,  deren  harnsaure  Salze 
in  Wasser  leicht  löslich  sind,  im  Organismus 
eine  Umsetzung  mit  den  abgelagerten  schwer 
löslichen  harnsauren  Salzen  und  die  Bildung 
der  leichtlöslichen  Verbindung  veranlassen 
könne. 

Im   innigen  Zusammenhange    mit  der  Kon- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  2. 


31 


sdtution  einer  Lösung  steht  auch  ihre  physio- 
logische Wirkung,  und  da  die  Salze,  Säuren 
und  Basen  in  wässeriger  Lösung  mehr  oder 
weniger  in  Ionen  zerfallen,  muss  sich  auch 
deren  physiologische  Wirkung  aus  derjenigen 
der  nicht  dissoziierten  Molekeln  und  der  Ionen 
zusammensetzen.  Thatsächlich  haben  zahlreiche 
Beobachtungen  diese  Erwartung  bestätigt.  So 
besitzen  nach  den  Versuchen  Wilhelm  Pfeffers 
die  verschiedenen  äpfelsauren  Salze,  deren 
wässerige  Lösungen  sämtlich  das  Äpfelsäure-Ion 
enthalten,  die  gleiche  anlockende  Wirkung  auf 
Schwärmsporen  von  Algen,  während  die  nicht- 
dissoziierenden  Äpfelsäureester  diese  Eigenschaft 
nicht  zeigen.  D  res  er  prüfte  die  Gift  Wirkung  ! 
von  Quecksilbersalzen  auf  Hefezellen,  Frösche 
und  Fische,  und  fand,  dass  das  Kaliumqueck- 
silberhyposulfit  viel  langsamer  und  schwächer 
wirkte,  als  Cyan-,  Succinimid-  und  Rhodan- 
quecksiiber,  obgleich  der  Quecksilbergehalt 
in  allen  Lösungen  gleich  gross  war.  Er 
führte  das  abnorme  pharmakodynamische  Ver- 
halten des  Kaliumquecksilberhyposulfits  auf  die 
geringe  Konzentration  der  Quecksilber-Ionen  in 
dessen  wässeriger  Lösung  zurück.  Bei  Gelegen- 
heit einer  ausgedehnten,  unter  Zugrundelegung 
der  neueren  physikalisch-chemischen  Theorien 
angestellten  Untersuchung  über  das  Verhalten 
der  Bakterien  zu  chemischen  Stoffen  aller  Art 
haben  Bernhard  Krönig  und  Theodor  Paul 
geprüft,  ob  die  Giftwirkung  von  Metallsalzen, 
Säuren  und  Basen  im  Zusammenhange  mit 
deren  elektrolytischer  Dissoziation  stehe.  Diese 
Untersuchung  war  um  so  interessanter,  als 
Behring  den  im  schroffsten  Gegensatz  zu  dieser 
Annahme  stehenden  Satz  aufgestellt  hatte,  dass 
z.  B.  „der  desinfizierende  Wert  der  Queck- 
silberverbindungen im  wesentlichen  nur  von  dem 
Gehalt  an  löslichem  Quecksilber  abhängig  ist, 
die  Verbindung  mag  sonst  heissen  wie  sie 
wolle".  Redner  zeigt  an  der  Hand  zahlreicher 
Tabellen,  dass  diese  Ansicht  Behrings  voll- 
ständig mit  den  Thatsachen  im  Widerspruch 
steht.  So  wurde  die  keimtötende  Kraft  der 
Halogenverbindungen  des  Quecksilbers ,  von 
denen  wir  wissen,  dass  sie  verschieden  stark 
dissoziiert  sind,  sehr  verschieden  gefunden,  und 
zwar  entsprach  sie  ganz  dem  elektrolytischen 
Dissoziationsgrade  dieser  Salze.  Auch  bei  den 
Silber-  und  Goldsalzen  Hess  sich  Ähnliches  be- 
obachten: die  gut  dissoziierenden  Verbindungen 
wirkten  sehr  stark,  die  komplexen  Salze  dagegen, 
in  deren  wässeriger  Lösung  die  Konzentration 
der  Metall-Ionen  nur  gering  ist,  waren  viel 
weniger  giftig.  Die  Giftwirkung  der  Säuren 
und  Basen  entsprach  im  allgemeinen  der  Kon- 
zentration der  Wasserstoff-Ionen  resp.  Hydroxyl- 
lonen.  Auch  die  Änderungen  des  Dissozia- 
tionszustandes von  Metallsalzen ,  welche  der 
Zusatz   eines  gleichionigen   anderen  Salzes  be- 


wirkt, kam  bei  der  Giftwirkung  sehr  schön  zum 
Ausdruck.  Zu  ähnlichen  Ergebnissen  gelangten 
Scheurlen  und  Spiro,  welche  die  Gift  Wirkung 
von  Quecksilber-  und  Eisenverbindungen  auf 
Bakterien  prüften,  und  Louis  Kahlenberg 
und  seine  Mitarbeiter,  welche  Salze,  Säuren 
und  Basen  verschiedenen  Dissoziationsgrades 
auf  Pflanzenkeime  einwirken  Hessen  und  die 
Konzentration  der  Lösungen  bestimmten,  welche 
diese  Keime  innerhalb  einer  gewissen  Zeit  ab- 
tötete. Die  Untersuchungen  von  H.  L.  Stevens, 
J.  F.  Clark  u.  a.,  welche  zum  Teil  zu  anderen 
Ergebnissen  ftihrten ,  stehen  mit  der  Ionen- 
Theorie  nicht  im  Widerspruch,  da  diese  Autoren 
die  entwickelungshemmende  Wirkung  verschie- 
den dissoziierter  Elektrolyte  prüften,  und  hier- 
bei, wie  B.  Krönig  und  Th.  Paul,  nachge- 
wiesen haben,  dass  nur  die  Gesamtkonzentration 
des  in  Lösung  befindlichen  Stoffes  ohne  Rück- 
sicht auf  seine  Dissoziation  massgebend  ist. 

Mit  Rücksicht  auf  diese  letztgenannten  und 
andere  Untersuchungen,  welche  die  Anwendung 
der  Ionen-Theorie  auf  physiologische  Vorgänge 
betreffen,  weist  Redner  darauf  hin,  dass  man 
bei  Deutung  von  Versuchen  an  höher  organi- 
sierten Lebewesen,  und  besonders  beim  Tier- 
experiment mit  grosser  Vorsicht  zu  Werke 
gehen  muss,  da  hierbei  noch  eine  Reihe  an- 
derer Faktoren,  als  lediglich  der  Dissoziations- 
grad der  Stofte  und  die  Eigenschaften  der  Ionen 
massgebend  sind.  Zu  verurteilen  ist  ferner  die 
sich  in  neuerer  Zeit  besonders  in  Deutschland 
geltend  machende  Unsitte,  die  neueren  physi- 
kalisch-chemischen Theorien  fiir  die  Anpreisung 
von  Heilmitteln  und  besonders  für  die  Wirk- 
samkeit der  Heilquellen  zu  verwenden.  Durch 
solche  und  ähnliche  Gepflogenheiten  kann  und 
muss  die  Bedeutung  der  neueren  Anschauungen 
in  Misskredit  gebracht  werden. 

(Selbstrcferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  27.  Oktober  1901.) 


Edm.  Hoppe  (Hamburg),  Elektrodynamische 
Konvektion. 

Die  Versuche  schliessen  sich  an  diejenigen 
an,  welche  in  der  Elektrot.  Zeitschrift  21,  507, 
1900,  veröffentlicht  sind.  Es  handelt  sich  im 
wesentlichen  um  folgende  Experimente.  Eine 
Glasröhre  wird  zu  einer  engen  Spitze  aus- 
gezogen, durch  deren  Öffnung  ein  Platindraht 
eng  anschliessend,  aber  beweglich  eingeführt 
wird.  Füllt  man  diese  Röhre  mit  einem  Elektro- 
lyten oder  Quecksilber,  so  soll,  wenn  dieses 
Rohr  in  der  Luft:  hängt,  aus  der  Öffnung  keiner- 
lei Flüssigkeit  austreten.  Wird  diese  Vorrich- 
tung nun  in  ein  mit  Brunnenwasser  oder  einer 
sehr  schwachen  Lösung  gefülltes  Becherglas 
gethan,  so  wird  der  Elektrolyt  diffundieren  und 
in  ganz  zarten  Fäden  die  bekannten  Schlieren 
bilden,  während  das  Quecksilber  nicht  aus  der 


32 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


Röhre  fliesst.  Sendet  man  nun  einen  Strom 
durch  den  Apparat,  indem  man  ein  Platinblech 
oder  eine  andere  Metallelektrode  in  das  Becher- 
glas hängt,  so  wird,  wenn  die  Röhre  einen 
Elektrolyten  enthält,  die  Diffusion  vermehrt  und 
zwar  entsprechend  der  Stromstärke,  während 
bei  geeigneter  Stromstärke  das  Quecksilber  aus 
der  Röhre  getrieben  wird,  und  zwar  bei  wach- 
sender Stromstärke  mehr,  ohne  jedoch  pro- 
portionale Verhältnisse  zu  zeigen.  Das  Phäno- 
men tritt  nicht  ein,  wenn  man  die  Röhre  mit 
einem  Pole  der  Influenzmaschine  verbindet, 
weder  wenn  der  Becher  isoliert  ist,  noch  wenn 
die  zweite  Elektrode  geerdet  wird.  Höchstens 
erscheint,  wenn  die  Öffnung  der  Glasspitze  etwas 
grösser  ist,  der  bekannte  Meniskus;  aber  zum 
Tropfen  oder  gar  zum  Ausfliessen  kommt  es  nicht. 

Dagegen  erscheint  das  Ausfliessen  des 
Quecksilbers,  einerlei  ob  man  den  Draht  zur 
Anode  oder  Kathode  macht,  aber  im  ersten 
Falle  wird  nach  einiger  Zeit  durch  die  Oxy- 
dation die  Öffnung  der  Röhre  verstopft,  und  die 
Erscheinung  hört  auf,  bis  das  Hindernis  mecha- 
nisch beseitigt  wird.  Ist  der  Platindraht  Ka- 
thode, so  kann  man  bei  geeignetem  Nachfüllen 
der  Flüssigkeit  im  Rohre  dies  Ausfliessen,  wie 
es  scheint,  unbegrenzt  fortdauern  lassen.  Eine 
Unterbrechung  tritt  nur  ein,  wenn  im  unteren 
Ende  der  Röhre  die  Gasentwickelung  selbst 
eintritt  und  dies  Gas  unter  dem  Drucke  des 
Quecksilbers  das  Ausfliessen  verhindert. 

Zur  Erklärung  der  Erscheinung  scheint  die 
Oberflächenspannung  nicht  herangezogen  werden 
zu  dürfen  wegen  der  negativen  Versuche  mit  der 
Influenzmaschine,  und  weil  der  Draht  sowohl 
Anode  als  Kathode  sein  kann.  Dagegen  scheint 
folgender  Versuch  eine  dynamische  Wirkung 
anzuzeigen:  Man  steckt  einen  Kupferdraht  durch 
einen  recht  weichen,  gut  elastischen  Gummi- 
schlauch und  bindet  diesen  am  unteren  Ende 
fest,  so  wird  der  Schlauch,  mit  Quecksilber  ge- 
füllt, eine  Ausbauschung  erfahren;  Sendet  man 
nun  durch  den  Draht  einen  Strom,  so  wird  der 
Querschnitt  des  Schlauches  kleiner.  Diese 
Kontraktion  betrug  z.  B.  bei  einem  Durch- 
messer von  16,25  "^rn  ohne  Strom  eine  Ver- 
minderung auf  16,1  mm  mit  Strom  von  4  Amp. 
bei  108  Volt.  Das  scheint  daher  zu  kommen, 
dass  der  Strom  durch  das  Quecksilber  neben 
dem  Drahte  fliesst  und  die  parallelen  Strom- 
fäden von  dem  Strome  im  Drahte  angezogen 
werden.  Allein  genügt  diese  Anziehung  aber 
nicht  zur  Erklärung  des  ersten  Phänomens,  da  das- 
selbe in  Luft  nicht  eintritt.  Es  ist  also  die 
Gasentwickelung  auch  notwendig  und  glaube 
ich,  dass  diese  mechanische  Erschütterungen 
hervorruft,  so  dass  das  an  die  Oberfläche  ge- 
drückte Quecksilber  erst  hierdurch  zum  Aus- 
fliessen aus  der  Röhre  gebracht  wird. 

(Eingegangen  4.  Oktober  1901.) 


Georg  W.A.  Kahlbaum  (Basel),  Über  Metall- 
destillation und  über  destillierte  Metalle. 

Die  Arbeit,  über  die  ich  Ihnen  berichten 
will,  die  Destillation  der  Metalle  und  die  phy- 
sikalische Untersuchung  derselben,  ist  eine  recht 
umfangreiche,  sie  hat  mich  rund  10  Jahre  — 
allerdings  durchaus  nicht  ausschliesslich  —  be- 
schäftigt. Berichtet  habe  ich  Ihnen  darüber  be- 
reits 1893  in  Nürnberg  und  1899  in  München.  *) 

Die  Ausdehnung  der  Arbeit  bringt  es  mit 
sich,  dass  ich  auf  Einzelheiten  nicht  eintreten 
kann,  und  ganze  grosse  Gebiete,  wie  die  kry- 
stallographische  Untersuchung  der  destillierten 
Metalle,  die  mein  Mitarbeiter,  Herr  Dr.  K.Roth, 
durchgeführt  hat,  vollkommen  übergehen  muss. 
In  der  Zeitschrift  für  anorganische  Chemie,  in 
der  die  Arbeit  erscheint,  wird  sich  das  alles  finden. 

Von  zusammenfassenden  Bemerkungen  über 
die  Flüchtigkeit  der  Elemente  sind  mir  aus  der 
Litteratur  nur  zwei  bekannt,  von  Lothar 
Meyer  und  Horstmann.  Was  da  gesagt 
wird,  ist  nicht  viel,  nicht  immer  ganz  klar,  und 
widerspricht  sich  zum  Teil.  Am  allgemeinsten 
bekannt  ist  der  von  Lothar  Meyer  behauptete 
Zusammenhang  zwischen  Flüchtigkeit  und 
Atomvolumkurve.  Derselbe  wird  folgender- 
massen  ausgedrückt:  „Nur  die  auf  den  auf- 
steigenden Asten  der  Atomvolumkurve  stehen- 
den leicht  schmelzbaren  Elemente  sind  flüchtig." 

Mit  Ausschluss  von  Brom,  Jod,  Schwefel 
u.  s.  w.,  deren  Flüchtigkeit  auch  bei  gewöhn- 
lichem Drucke  längst  bekannt  ist,  habe  ich 
destilliert:  Selen,  Tellur,  Kalium,  Natrium, 
Lithium,  Arsen,  Antimon  und  Wismut, 
Magnesium,  Calcium,  Strontium,  Alu- 
minium und  Thallium,  Zink  und  Kad- 
mium, Kupfer,  Silber  und  Gold,  Nickel, 
Eisen  und  Chrom,  Zirkon  und  Blei,  und 
vielleicht  auch  Zinn. 

Von  diesen  24  Elementen  haben  11:  Alu- 
minium, Magnesium,  Calcium,  Strontium, 
Kupfer,  Silber,  Gold,  Nickel,  Eisen, 
Chrom  und  Zirkon,  ihren  Platz  auf  ab- 
steigendem Aste  oder  in  den  Minimis  der 
Atomvolumkurve ;  womit  der  Nachweis  erbracht 
ist,  dass,  in  Bezug  auf  Flüchtigkeit,  sich  die 
auf  aufsteigendem  Aste  findenden  Elemente 
eines  besonderen  Privilegs  nicht  erfreuen. 

Von  diesen  letztgenannten  Metallen  war 
allein  die  Flüchtigkeit  des  Magnesium  durch 
Schuller,  der  dasselbe,  und  mit  ihm  neun  von 
den  ersterwähnten,  im  Vakuum  destillierte,  be- 
kannt. Was  Stass  für  Destillation  des  Silbers 
gehalten  hatte,  war  —  die  Menge  lässt  sicher 
darauf  schliessen  —  wohl  nur  ein  mechanisches 
Mitfuhren  der  geschmolzenen  Silberteilchen.  — 

Über    den    Destillations-Apparat    habe    ich 

l)  Diese  Zeitscbrift  1,  62.  67,  1899. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


33 


dem  in  München  Gesagten  nichts  hinzuzufügen '), 
nur  dass  ich  die  dort  beklagte  Undurchsichtig- 
keit  der  für  sehr  hochsiedende  Metalle  nun 
einmal  nicht  zu  umgehenden  Porzellanröhren 
dadurch  behoben  habe,  dass  ich  dieselben  mit 
X-Strahlen  durchleuchtete,  und  dadurch  in  der 
Lage  war,  die  Vorgänge  im  Porzellanrohr  zu 
kontrollieren. 

Übrigens  wurde,  je  nach  dem  Schmelzpunkte 
des  Metalls,  den  eigentlichen  Destillierröhren 
eine  mehr  oder  weniger  veränderte  Form  gegeben. 

Da  die  Aufgabe  nicht  war,  die  Temperatur 
zu  bestimmen,  bei  der  ein  Metall  unter  ge- 
j^^ebenem  Drucke  siedete,  sondern  es  darauf  an- 
kam, nicht  unerhebliche  Mengen  zum  mindesten 
zweimal  überzutreiben,  so  wurde  von  einer 
genauen  Temperaturmessung  abgesehen  und 
nur  bestimmt,  wie  hohe  Temperaturen  mit  den 
verschiedenen  Wärmequellen  zu  erreichen  waren ; 
wobei  sich  ergab,  dass  dieselben  das  Intervall 
von  600 — 1450^  C.  umfassten.  1450'*  C.  war 
nicht  die  höchste  erreichbare,  wohl  aber  die 
höchste,  ohne  Gefahrdung  des  Apparates,  prak- 
tisch verwendbare  Temperatur. 

Der  Druck  im  Apparat  ist  von  der  Tem- 
peratur abhängig;  so  wechselt  er,  unter  Be- 
lassung der  gleichen  Wärmequelle,  mit  dem 
steigenden  oder  sinkenden  Gasdruck  der 
städtischen  Leitung;  da  er  aber  zugleich  eine 
Kontrolle  für  das  richtige  Funktionieren  des 
Apparates  und  die  Leistungsfähigkeit  der  Pumpe 
abgiebt,  wurde  er  täglich  vielmal  gemessen. 
Dabei  ergab  sich  z.  B.  bei  der  Destillation  des 
Eisens:  Gesamtdauer  der  Operation  610 
Stunden,  mit  einmaliger  Unterbrechung  des 
Pumpens  —  nicht  der  Destillation  und  der  Evä- 
kuation  —  für  etwa  eine  halbe  Stunde  behufs 
Auffüllen  der  Luftfänge  nach  300  Stunden. 
Mittlere  Temperatur  1250*^  C.  Druck  während 
der  letzten  150  Stunden  im  Mittel  sieben 
Hunderttausendstel  =  0,00007  mm,  nach  600- 
stündiger  Arbeit  beim  langsamen  Erkaltenlassen 
des  Apparates 

um  7  Uhr  0,00008  mm 

„9     „      0,00004 

„II     „      0,00002 

„     I     „      0,00001     ,,  und 
nach  dem  Löschen  der  Flamme 

um  5  Uhr  0,0000018, 
d.  h.  rund  zwei  Millionstel  Millimeter. 

Die  letzte  Zahl  entspricht  den  niedrigsten 
bis  heute  überhaupt  erzielten  Drucken. 

Diese  günstigen  Resultate  wurden  beobachtet 
bei  den  Versuchen,  Baryum  aus  seinen  Le- 
gierungen abzudestillieren.  Das  Baryum  hat 
offenbar  eine  solche  Verwandtschaft  zu  den 
Luftgasen,  dass  es  sie  alsbald  verschluckt,  und 
so  war  denn  auch  bei  den  höchsten  Tempera- 

I]  1.  c. 


n 


n 


turen  kaum  noch  ein  Druck  abzulesen.     Doch 
dies  nur  in  Parenthese. 

Die  gegebenen  Zahlen  zeigen,  dass  der 
Apparat,  was  die  Zeitdauer,  wie  den  Grad  seiner 
Beanspruchung  betrifft,  jeder  Anforderung  genügt. 

Von  den  24  destillierten  Elementen  sind 
neun  bisher  näher  studiert  worden,  die  anderen 
harren  noch  der  Untersuchung.  Von  diesen 
letzteren  seien  nur,  als  besonders  interessant, 
kurz  das  Calcium  und  das  Strontium  er- 
wähnt. Das  Rohmaterial  zu  beiden  Metallen 
verdanke  ich  Herrn  Prof  Dr.  Adalbert  von 
Lengyel,  der  die  grosse  Güte  hatte,  es  mir  zur 
Verfügung  zu  stellen.  Beide  Elemente  wurden 
elektrolytisch  gewonnen. 

Ganz  entsprechend  den  Erfahrungen  am 
Magnesium,  Hessen  sich  beide  alkalische 
Erden,  diese  ureigensten  Vertreter  der  schwer 
schmelzbaren  Elemente  auf  fallendem  Ast  der 
Atomvolumkurve,  entgegen  Lothar  Meyers 
Anschauung,  recht  leicht  verflüchtigen.  Nach 
unserer  Beobachtung  Strontium  wohl  noch 
leichter  als  Calcium.  Dies  jedoch  ohne  Ge- 
währ. Beide  Metalle  reduzieren,  wie  das 
Magnesium,  Silicium  aus  dem  Glase,  re^p. 
Porzellan,  des  Destillierapparates. 

Calcium  setzt  sich  als  prächtig  silber- 
weisser,  einen  Stich  ins  Gelbliche  zeigender, 
deutlich  krystallinischer,  von  den  Wandungen 
unschwer  lösbarer  Beschlag  an.  Das  Strontium 
stellt  wohlausgebildete,  in  ihrem  Habitus  an 
das  destillierte  Kadmium  oder  Silber  er- 
innernde Agglomerate  dar,  stark  metallglänzend, 
doch  ins  Braungelbe  spielend.  Das  von  der 
Färbung  Gesagte  gilt  von  den  einmal  destil- 
lierten Metallen,  es  bleibt  immerhin  möglich, 
dass  bei  wiederholter  Destillation  die  Metalle 
silberweiss  erscheinen. 

Das  Strontium  setzt  sich,  im  Gegensatz 
zum  Calcium,  als  dichter,  zäher  Mantel  an, 
der  die  inneren  Wandungen  des  Destillations- 
gefässes  so  fest  umgiebt,  dass  er  sich  nicht 
lösen,  und  das  Porzellanrohr  sich  auch  mit  dem 
Hammer  nur  schwer  zertrümmern  lässt.  Beide 
Elemente  zersetzen  Wasser,  doch  ohne  sich  zu 
entzünden ;  Strontium  mit  besonderer  HefHgkei  t. 

Calcium  verbrennt  mit  leuchtender  weisser 
Flamme.  Strontium  zu  entzünden,  ist  mir 
nicht  gelungen,  entweder  weil  die  Flamme  nicht 
heiss  genug  war,  oder  weil  ich  es,  wie  gesagt, 
nicht  von  der  Porzellanwand  lösen  konnte.    — 

Die  neun'  untersuchten  Elemente  waren: 
Tellur,  Zink,  Kadmium,  Antimon,  Wis- 
mut, Blei,  Kupfer,  Silber,  Gold. 

Alle  diese  schlugen  sich  deutlich  krystal- 
linisch  nieder,  so  dass  bei  allen  Winkelbestim- 
mungen, bei  der  Mehrzahl  Krystallmessungen, 
vorgenommen  werden  konnten.  Ich  gehe,  wie 
gesagt,  auf  diesen  Teil  der  Arbeit  hier  nicht 
ein.    Nur  die  Mikrophotographie  eines  Tropfens 


34 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


geschmolzenen  Kupfers,  der  ganz  mit  wohl  aus- 
gebildeten orientierten  Oktaedern  besetzt  ist, 
will  ich  vorlegen.  —  Es  war  das  die  erste 
Mikrophotographie,  die  aufgenommen  wurde, 
und  ist  leider  übersehen  worden,  die  Ver- 
grösserung  zu  bestimmen.  — 

Der  Zweck  der  Destillation  ist,  wie  bekannt, 
Reinigung;  sie  ist  allen  chemischen  Methoden, 
die  stets  auf  Wechselwirkung  von  mehreren 
Stoften  beruhen  müssen,  aus  dem  Grunde  über- 
legen, weil  der  Stoff  für  sich  allein  bleibt.  Das 
Ideal  der  Reinigung  durch  Destillation  ist 
Schneefall,  weil  da  das  destillierte  Wasser  fest 
wird,  ohne  mit  einer  Gefässwandung  in  Be- 
rührung zu  kommen,  und  etwa  gelöste  Gase 
ausfrieren.  Ersteres  ist  bei  der  Destillation  im 
Vakuum  natürlich  nicht  ausfuhrbar,  das  letztere 
wird  jedoch  durch  das  Vakuum  auch  erreicht; 
und  das  ist  nicht  unwichtig.  Ich  erinnere  nur 
an  die  Aufnahme  von  Sauerstoff  durch  ge- 
schmolzenes Kupfer. 

Die  Destillation  im  Vakuum  wirkt  durch- 
greifender als  die  unter  gewöhnlichem  Drucke, 
nicht  etwa  weil  bei  Druckabnahme  die  Siede- 
temperaturabstände immer  wüchsen,  dass  dies 
nicht  der  Fall,  habe  ich  genugsam  nachgewiesen, 
sondern,  weil  bei  vermindertem  Drück  und  ver- 
minderter Temperatur  in  einer  Mehrzahl  von 
Fällen  die  Lösungsfähigkeit  der  Stoffe  ab- 
nimmt. Dass  das  in  allen  Fällen  für  alle  Tem- 
peraturen und  alle  Drucke  gilt,  behaupte  ich 
nicht. 

Dass    auch  die   hochsiedenden   Metalle    auf 
diese   Weise    gereinigt   werden,    habe    ich    an 
drastischen     Beispielen     schon     früher     nach- 
gewiesen.    —     Fraktionierte  Destillation  einer 
Nickelmünze.    —    Kennzeichen    der  Reinigung 
ist  vollkommene  Einheitlichkeit  des  Beschlages 
im  Destillierrohr.    Bei  unreinen  Metallen  zeigen 
sich   stets   deutlich  gesonderte,  auch  durch  die 
Farbe  unterschiedene  Schichten,    auch  äusserst 
geringe  Verunreinigungen  verraten   sich  so.  — 
Neben    diesem    mehr   rohen    Hilfsmittel    ist 
das   beste  Prüfungsmittel   das  Spektrum.     Das 
Metall  wird  als  völlig  rein  anzusehen  sein,  dessen 
Spektrum  vor  und  nach  der  Destillation  völlig 
koinzidiert.    Dass  bei  den  von  uns  untersuchten 
Metallen  dieser  Idealzustand  bereits  erreicht  sei, 
wage    ich    nicht    zu    behaupten.      Für    unsere 
Messungen    waren    verhältnismässig   zu    bedeu- 
tende   Mengen    nötig,    um    diese    beliebig   oft 
destillieren  zu  können.     Wir    Hessen    uns    also, 
vom    reinsten  Metall    ausgehend,    an   zwei,    zu- 
weilen drei  Destillationen  genügen,  als  Kriterium 
der  Reinheit   die   erwähnte  Einheitlichkeit    des 
Beschlages  benützend.     Zudem   waren    die  ge- 
ringfügigen verbleibenden  Verunreinigungen  für 
die  von    uns  zunächst    zu   bestimmenden    phy- 
sikalischen Konstanten  wohl  belanglos. 

Der   grossen    Güte   der  Herren  Eder    und 


Valenta  in  Wien  verdanke  ich  eine  photo- 
graphische Aufnahme  des  Tellur- Spektrums. 
Ausgangsmaterial  war  sogenanntes  reinstes 
Tellur.  Nach  einmaliger  Destillation  waren 
25  Linien,  nach  der  zweiten  weitere  21  Linien, 
im  ganzen  also  deren  46,  ausgeschaltet.  Es  ist 
deutlich  ersichtlich,  wie  zuerst  die  stärkeren, 
von  gröberen  Verunreinigungen  herrührenden 
Linien  verschwinden,  oder  abgeschwächt  werden, 
während  durch  die  zweite  Destillation  auch  die 
geringfügigeren  Verunreinigungen  und  feineren 
Linien  betroffen  werden.  Andere  Linien  wer- 
den nur  abgeschwächt,  bleiben  aber  auch  in 
der  letzten  Fraktion  noch  sichtbar.  Aus  dem 
früher,  wie  dem  eben  hier  Gesagten  geht  also 
hervor,  dass  unsere  Metalle  wohl  den  Titel 
„sehr  rein",  noch  nicht  aber  „absolut  rein" 
verdienen. 

Für  die  so  gereinigten  Metalle  sollten  mm 
als  erste  physikalische  Konstanten  die  Dichten 
und  die  spezifischen  Wärmen  bestimmt  werden. 
Dabei  ergab  sich  dann  leider,  dass,  um  zu 
einigermassen  verlässlichen  Zahlen  zu  gelangen, 
sehr  viel  erheblichere  Mengen  Metall  ange- 
wendet, also  auch  destilliert  werden  mussten, 
als  ursprünglich  vorausgesetzt  war.  Denn  für 
Gold  z.  B.  influiert  eine  Gewichtsdifferenz  des 
verdrängten  Wassers  um  nur  0,000 1  g  ein  Zehn- 
tausendstel Gramm,  bei  Anwendung  von  i,S  g 
Metall,  die  Dichte  um  zwei  Einheiten  in  der 
zweiten,  bei  5  g  Metall  immer  noch  um  acht 
Einheiten  in  der  dritten  Dezimale. 

Helfen  konnte  da  zweierlei,  schwerere  Flüs- 
sigkeiten statt  des  verdrängten  Wassers,  oder 
mehr  Metall. 

.  Ich  übergehe  wieder  alle  Einzelheiten  über 
schwere  Flüssigkeiten,  von  denen  wir  mehr 
als  ein  Dutzend  bis  zum  spezifischen  Gewicht  3,5 
(Thalliumäthylat)  dargestellt  haben  —  die 
auch  optisch  untersucht  wurden  — ,  sie  haben 
sich  alle  nicht  bewährt.  Wir  kehrten  also  zum 
Wasser  zurück,  das  aber  involvierte  die 
Anwendung  grösserer  Metallmengen.  Wieder- 
um nach  Versuchen  in  allen  Richtungen  ent- 
schlossen wir  uns  zur  Bestimmung  im  Pykno- 
meter. Damit  war  aber  eine  Grenze  für  die 
anzuwendenden  Metallmassen  durch  die  zu- 
lässige Grösse  der  Pyknometer,  bedingt  durch 
die  mögliche  Beanspruchung  der  Wage,  ge- 
geben. Daraus  resultierte,  dass  Massen  von 
rund  1,5  cm^  der  handlicheren  Form  wegen, 
zu  Cylindern  von  45  mm  Höhe  und  6  mm 
Durchmesser,  im  Vakuum  geschmolzen,  anzu- 
wenden seien.  Das  entspricht  etwa  30  g  Gold, 
18  g  Blei,  16  g  Silber,  die  aber  mindestens 
zweimal  zu  destillieren  waren. 

Auch  dieses  Schmelzen  im  Vakuum  bot 
mancherlei  Schwierigkeiten.  Antimon,  mit 
dem  Schmelzpunkt  430^  C,  schmolz,  trotz  stun- 
denlanger Erwärmung  im  Luftbad  von  650  bis 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


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660^  C,  nicht,  und  konnte  erst  bei  direkter  Er- 
wärmung mit  der  Flamme  eines  grossen  Teklu- 
Brenners,  die  eine  Temperatur  von  etwa  lOOO^C. 
giebt,  geschmolzen  werden.  Wismut  dagegen, 
mit  dem  Schmelzpunkte  270^  C,  schmolz  voll- 
ständig im  Luftbade  von  280 — 300 **  C.  So  war 
einmal  zu  befürchten,  dass  ein  Teil  des  Metalles 
fortsublimiere,  das  andere  Mal,  dass  ein  Teil  noch 
nicht  geschmolzen  sei.  Auch  hier  gaben  die 
X-Strahlen  erwünschte  Auskunft. 

Die  Bestimmung  der  spezifischen  Wärmen,  um 
das  kürzere  Kapitel  vorweg  zu  nehmen,  er- 
folgte im  Eiskalorimeter.  Um  die  Frage  zu 
entscheiden,  ob  das  Bunsensche,  oder  die 
Schuller -Warthasche  Modifikation  empfeh- 
lenswerter sei,  wurden  die  Bestimmungen  in 
beiden  Apparaten  gleichzeitig  vorgenommen; 
und  zwar  mit  der  Vorsicht,  dass  bei  dem 
Bunsen-Kalorimeter  das  ganze  Zeigerrohr  in 
Eis  gekühlt  und  stets  möglichst  an  derselben 
Stelle  der  Skala  abgelesen  wurde.  Da  aber 
eine  Teilung  auf  Glas  nicht  wohl  weiter  als  bis 
auf  einen  Millimeter  ausgeführt  werden  kann, 
wurde  noch  ein  Vernier  aus  Celluloid,  der  in 
0,25  mm  geteilt  war,  zu  Hilfe  genommen,  und 
mit  der  Lupe  abgelesen.  Koinzidenz  der 
ganzen  Teilstriche  schützte  vor  Parallaxe.  Die 
so  gesteigerte  Genauigkeit  der  Ablesung  am 
Zeigerrohr  macht  beide  Apparate  völlig  gleich- 
wertig, und  empfiehlt  damit,  da  alle  Wägungen 
fortfallen,  den  so  montierten  Bunsenschen 
Apparat,  als  den  handlicheren. 

Auf  die  Methode  der  Erwärmung,  genauen 
Temperaturbestimmung  und  die  Art  der  Ein- 
fuhrung der  Metalle  in  die  Kalorimeter  gehe 
ich  wieder  nicht  ein;  nur  das  soll  bemerkt 
werden,  dass  die  Resultate  innerhalb  der 
gleichen  Grenzen  schwankten,  wie  dies  in  der 
schönen  Arbeit  von  U.  Behn  der  Fall  war,  der 
mehr  als  10  mal  so  grosse  Mengen,  stets  etwa 
18  cm^,  anwandte. 

Wie  vorauszusehen,  ergaben  unsere  Beob- 
achtungen der  spezifischen  Wärmen  an  den 
destillierten  Metallen  eine  nennenswerte  Ab- 
weichung von  den  früheren  Bestimmungen 
nicht,  es  ist  deshalb  nicht  nötig,  hier  Zahlen 
zu  geben.  — 

Schon  vor  18  Jahren,  1883,  habe  ich  ein 
modifiziertes  Flaschenpyknometer  beschrieben, 
bei  dem  der  Hauptmangel  aller  solchen  Instru- 
mente, der  Fehler  durch  die  Verdampfung,  so 
gut  wie  ganz  behoben  war.  Das  Instrument 
hat  sich,  soviel  ich  weiss,  gar  nicht  eingeführt, 
und  doch  hat  es  sich  auch  bei  diesen  Unter- 
suchungen wieder  vortrefflich  bewährt,  und 
zwar  derart,  dass  in  demselben  die  Dichten 
der  Metalle  bei  in  Summa  loi  Einzelbestim- 
mungen im  Mittel  bis  auf  0,0016  für  jedes 
besondere  Individuum  übereinstimmend  gefunden 
werden  konnten. 


Im  ganzen  scheint  das  spezifische  Gewicht 
eine  so  abgegriffene  Grösse,  die,  von  neuem  zu 
bestimmen,  kaum  ein  wesentliches  Interesse 
beanspruchen  dürfte.  Diese  Ansicht  ist  grund- 
falsch. 

Hier  ein  Beispiel.  Wir  kennen  z.  B.  die 
Dichte  von  gegossenem,  gehämmertem,  ge- 
zogenem und  elektrolytischem  Kupfer.  Nach 
den  Angaben  schwanken  dieselben  zwischen 
8,30  und  8,96,  also  um  0,66,  oder  rund  8  Proz. 
des  Wertes. 

Welches  ist  nun  da  das  spezifische  Ge- 
wicht des  chemischen  Elementes  Kupfer,  dem 
doch  ein  ganz  bestimmtes,  einziges  und  un- 
wandelbares Gewicht  zukommen  mussr  Das 
wissen  wir  nicht.  Ein  eingehendes  Studium 
war  also  nach  der  Richtung  erwünscht  und 
geboten.  — 

Als  Ausgangsmaterial    für  die  Kupferdestil- 
lation diente  uns  norwegisches  Kronkupfer,  das 
99,92  Proz.  reines  Kupfer  enthält.     Aus  einem 
kleinen  Block  dieses  Kupfers  von  etwa  40  mm 
Breite,  50  mm  Höhe    und  70  mm  Länge,    von 
dem    reichlich    ein    Drittel    schon    anderweitig 
verwandt  war,   wurden  4  Stäbchen  in  den  ge- 
dachten Dimensionen  abgedreht,  und  die  Dichte 
bestimmt.     Es  wurde  gefunden: 
Cu,  =  8,4412 
Cu.^  =  8,6926 
Cuj  s=  später  bestimmt. 
CU4  =  8,4297. 

Bei  einer  Genauigkeit  der  Bestimmung,  die 
etwa  0,001  beträgt,  weichen  also  die  Werte 
um  rund  drei  Einheiten  in  der  ersten  Dezimale, 
oder  3,5  Proz.  des  Wertes  ab,  und  das  bei 
einem  so  kleinen  Block,  der  aus  so  reinem 
Material  besteht.  —  Daraus  erhellt,  dass  das, 
was  wir  als  spezifisches  Gewicht  bestimmen, 
eine  sehr  viel  individuellere  Grösse  ist,  als  im 
allgemeinen  angenommen  wird. 

Sehen  wir  von  etwa  aufgenommenem  Sauer- 
stoff* ab,  der  bei  einem  so  kleinen  Block  wohl 
gleichmässig  verteilt  sein  dürfte,  so  erklärt  sich 
die  Differenz,  um  es  mit  einem  Wort  auszu- 
drücken: aus  Gussfehlern,  die,  ob  ganz 
oder  nur  zum  Teil  bleibt  zu  beobachten,  durch 
Pressung  des  Metalls  behoben  werden  können. 
Rationelles  Pressen,  rationell,  weil  ich  genau 
weiss,  mit  welchem  Druck,  ist  nur  in  Flüssig- 
keiten ausfuhrbar,  in  denen  —  hier  das  Me- 
tall —  von  allen  Seiten  gleichmässig,  nach 
keiner  Seite  ausweichen  könnend,  in  sich  selbst 
hineingepresst  wird.  — 

Ich  übergehe  wieder  alle  Vorversuche.  Ge- 
presst  wurde  in  Rizinusöl,  der  denkbar  zähesten 
Flüssigkeit.  ..Um  die  Metalle  vor  dem  Ein- 
dringen des  Öls  zu  schützen,  wurden  dieselben, 
in  Papier  eingeschlagen,  in  Gummi  eingebunden. 
Das  hat  sich  voll  bewährt.  Vorgenommen 
wurde    die   Pressung    in    einem    Cylinder    aus 


\ 


36 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


bestem  Werkzeugstahl  von  rund  300  mm  Höhe, 
150  mm  Durchmesser,  65  mm  Wandstärke,  in 
den  ohne  jede  Dichtung  ein  glasharter  Stahl- 
stempel, vom  Durchmesser  20.65  ^^»  genau 
passte.  Das  ergiebt  für  die  Stempelbasis 
3.3s  cm^,  so  dass  derselbe  pro  Atmosphäre 
auszuübenden  Drucks  mit  3.35  kg  belastet 
werden  musste.  Ausgeführt  wurden  die  Pres- 
sungen in  der  Eidgenössischen  Materialpriifungs- 
anstalt  am  Polytechnikum  zu  Zürich,  mit  der 
grossen  Presse,  die  einen  Druck  bis  zu  150CXXD 
kg  pro  Quadratcentimeter  zu    geben    gestattet. 

Begonnen  habe  ich  mit  einem  Druck  von 
4CXX)  Atmosphären,  den  ich  15  Minuten  gab, 
und  bin  dann  schrittweise  aufgestiegen  bis  auf 
loooo  Atmosphären  bei  11  stündiger  Dauer, 
und  weiter  zu  20OCX)  Atmosphären  bei  i  stün- 
diger Dauer  der  Pressung;  d.  h.  zuletzt  ruhte 
auf  jedem  Stäbchen  eine  Belastung  von 
180000  kg,  was  18  Eisenbahn -Wagenladungen 
entspricht. 

Es  sind  dies  für  solche  Flüssigkeitspressungen 
ganz  ungewöhnlich  hohe  Werte.  Bei  dem 
Huber'schen  Pressverfahren  zum  Kaltformen 
hohler  Metallkörper  z.  B.  wird  nur  i  Minute 
und  nur  auf  7000  Atmosphären  gepresst. 

Nach  diesen  Pressungen  zeigten  sich  die 
Metallstäbchen  wesentlich  verändert.  Der  Glanz 
der  Politur,  alle  Stäbchen  waren  trocken  poliert, 
war  vernichtet,  und  statt  dessen  die  Ober- 
fläche mit  Narben,  Poren,  ja  tiefen  Löchern 
dicht  besetzt.  Sie  waren  abgeplattet,  ver- 
bogen, gekrümmt;  bald  waren  sie  länger  ge- 
worden, z.  B.  war  das  destillierte  Silber  nach 
II  stündiger  Pressung  auf  lOOOO  Atmosphären 
um  1,8  mm  gewachsen;  bald  verkürzt,  das 
gleiche   Silber   war   nach   Pressung    auf  20000 


Atmosphären  um  2,7  mm  zurückgegangen; 
bald  waren  sie  dicker  geworden,  so  ging  z.  B. 
das  destillierte  Kupfer  nicht  mehr  durch  den 
Hals  des  Pyknometers,  u,  s.  w.  Mit  einem 
Wort,  die  Metalle  werden  unter  diesen  Drucken 
plastisch. 

Für  die  so  gepressten  Metalle  wurden  nun 
die  gleichen  Konstanten  festgelegt.  Neben  den 
spezifischen  Gewichten  auch  die  spezifischen 
Wärmen. 

Es  ist  nicht  gerade  viel,  was  sich  aus  den 
weit  über  100  Bestimmungen  der  spezifischen 
Wärme  ableiten  Hess;  etwa  das  Folgende:  Bei 
dem  gleichen  Stoff  nimmt  mit  wachsendem 
Druck,  dem  er  ausgesetzt  wird,  die  spezifische 
Wärme  ab,  aber  der  Wert  dieser  Abnahme 
liegt,  bei  der  für  uns  erreichbaren  Genauigkeit, 
so  hart  an  der  Fehlergrenze,  dass  er  sich  mehr 
empfinden,  als  mit  Z^len  belegen  lässt. 

Dabei  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass  wir 
Wärmemessungen  nur  an  den  bis  10 000  At- 
mosphären gepressten  Metallen,  nicht  mehr  an 
den  höher  gepressten  vornehmen  konnten.  Im 
Sommer  versagen  die  Eiskalorimeter. 

Und  nun  zu  den  spezifischen  Gewichten. 
Dieselben  ergaben  folgendes. 

Ich  gebe  wiederum  nur  eine  kleine  Auslese 
der  bestimmten  Werte.    (Tabelle  I.) 

Die  Dichten  nehmen  zul  —  Je  geringer  sie 
ursprünglich  sind,  umsomehr  wachsen  sie! 
Cu4,  ursprünglich  leichter  als  Cui,  übertrifft 
nach  II  stündiger  Pressung  auf  10  000  Atmo- 
sphären an  Dichte  Cuj,  und  nimmt  dann  bei 
weiterem  Pressen  bis  auf  20000  Atmosphären 
um  einen  geringeren  Betrag  zu.  Die  Differenz 
zwischen  beiden,   die  ursprünglich  0,0115  aus- 


CU2 


Tabelle  I. 


Vor  der 
Pressung 


8,4412 
8,6926 

84297 


II 


II   Std.  auf 
loooo  Atm. 


8,8962 
8,9122 
8,8693 
8,9088 


d 

I— II 

-f  0,4550 
-f  0,2196 

4-04791 


III 


IV 


I   Std.  auf 
12000  Atm. 


8,9101 
8.8739 


I  Std.  auf 
20000  Atm. 

8,9115 


8,9121 


Mittlerer  Fehler  =  o,ooi6 


J 

I— III 


-f  0,2175 


J 

I— IV 

+  04703 
4-04824 


II— III 


—  0,002 1 
4-0,0048 


J 

II— IV 

+  0,0153 
+  0,0033 


Cd 
Cu 
Zn 

Sb 
Au 
dg 


I 


Vor  der 
Pressung 


",3414 
8,6462 
8,9326 
6,9225 
6,6178 
18,8858 
10,4923 


II 


II  Std.  auf 
lOooo  Atm. 


11,3457 

8,6477 

8,9377 
7,1272 

6,6909 

19,2653 

10,5034 


I— II 


-f  0,0043 
-f  0,0015 
-f- 0,0031 
+  0.2047 
4-0,0731 

-f  0,3795 
4-0,0111 


Tabelle  II. 


III 

I  Std.  auf 
12000  Atm. 


IV 


Mittlerer  F^ehler  =  0,00 1 6 


11,3298 
8,6390 


19,2646 


I   Std.  auf  J 

20000  Atm.  '       I— III 


J 

I— IV 


II— III 


8,9317 


4-  0,3788  I  —  0,0007 

104993  4-0^70 


d 

II— IV 


—  0,0118  — 0,0159  I 

—  0,0072  —  0,0087 

—  0,0009  —  0,0060 


—  0,0041 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


37 


machte,    beträgt    nun    nur   noch   0,0006,    liegt 
innerhalb  der  Fehlergrenze. 

Wesentlich  anders  gestaltet  sich  das  Bild 
bei  den  destillierten  Metallen.     (Tabelle  IL) 

Die  Metalle  zeigen  alle  eine  Zunahme,  dann 
aber  wieder  eine  Abnahme  der  Dichte.  Die 
Differenzen,  die  wir  beobachtet,  liegen  zum 
grossen  Teil  ausserhalb  der  Fehlergrenze,  die, 
wie  wir  schon  sagten,  etwa  0,0016  im  Mittel 
beträgt.  Eintreten  aber  können  Fehler  da- 
durch, dass  die,  die  Metalle  doch  immer  um- 
gebende Luft  in  die  Poren  hineingepresst 
wird,  das  konnte  in  der  That  zum  Teil  auch 
direkt  beobachtet  werden.  Deshalb  wurden 
die  Metalle  vor  der  Bestimmung  erst  eine 
Stunde  lang  im  tiefen  Vakuum  auf  100^  C.  er- 
hitzt. Möglich,  wenn  auch  nicht  wahrscheinlich, 
ist  nun,  dass  dabei  eine  nicht  mehr  zurück- 
stehende Dehnung  stattgefunden  hat.  Eine 
Änderung  des  Gewichtes  der  Metallcylinder 
konnte  nicht  konstatiert  werden. 

Das  sind  die  Thatsachen.  Einer  Erklärung 
enthalte  ich  mich  zunächst.  Um  dem  Ein- 
wand zu  begegnen,  dass  die  ja  augenschein- 
liche und  nicht  zu  vermeidende  Oxydation  von 
Einfluss  sei,  wurde  der  Cylinder  aus  Blei,  der 
die  wahrnehmbarste  Oxydationshaut  zeigte,  von 
neuem  abgedreht  und  poliert.  Das  spezifische 
Gewicht 

wurde  gefunden  zu  =11.3307 
vorher  war  es=  1 1.3298 

Differenz  =  0.0009 

d.   h.    also    voll    innerhalb    der    Fehlergrenze. 


Hierin  scheint  also  eine  Fehlerquelle  nicht  zu 
liegen.  Dagegen  will  ich  bemerken,  dass 
Heinrich  Rose  sowohl,  der  Gold  unter  dem 
grossen  Prägestock  der  Berliner  Münze  presste, 
als  auch  Spring,  dieser  besonders  am  Blei, 
ähnliche,  ich  nenne  es  zunächst  Unregelmässig- 
keiten, wahrnahmen. 

Wie  gesagt,  ich  enthalte  mich  hier  jedes 
Erklärungsversuches,  und*  stelle  nur  das  fest, 
dass  in  der  That,  die  Dichte  der  Stoffe  eine 
Grösse  ist,  die  noch  nicht  genügend  bekannt, 
ein    eingehendes  Studium   sehr   wohl   verdient. 

Meiner  beiden  Arbeitsgenossen,  des  Herrn 
Dr.  Roth,  mit  dem  ich  in  täglicher  Gemein- 
schaft wirkte,  und  des  Herrn  Dr.  Siedler, 
der  die  übergrosse  Mehrzahl  der  Dichtebe- 
stimmungen ausftihrte  —  die  endgültigen 
Messungen  festzulegen,  musste  ja  selbstredend 
den  jüngeren  Kräften,  denen  der  Dienst  noch 
nicht  die  Zeit  stiehlt,  überlassen  bleiben  — , 
sei    auch    an    dieser   Stelle    ausdrücklich    und 

dankbar   gedacht.         t^Silbslrcfcrat  des  Vortragenden.) 

Diskussion. 

W.  N ernst  fragt,  ob  bereits  Versuche  mit 
Kohlenstoff  gemacht  worden  seien.  Nach  den 
Erfahrungen  bei  Glühlampen  u.  s.  w.  sei  vor- 
auszusehen, dass  derselbe  unter  1400^  C.  flüchtig 
sei,  und  sich  als  Graphit  ansehen  werde. 

Kahl  bäum  erwidert,  dass  Versuche  bisher 
nicht  angestellt  seien,  dieselben  aber  keine 
besonderen  Schwierigkeiten  voraussehen  Hessen. 

Basel,  am  21.  September  1901. 

(Eingegangen  26.  September  1901.} 


BESPRECHUNGEN. 


Lehrbuch derNavigation.  Herausg.  vom  Reich s- 
marineamt.  Drei  Bände,  gr.  8.  (I.  Terrestri- 
sche Navigation.  XIII  u.  341  S.  mit  4  Tafeln 
und  142  Textfiguren.  —  II.  Astronomische 
Navigation.  XII  u.  428  S.  mit  2  Tafeln  und 
175  Textfiguren.  —  III.  Anleitung  zu  Küsten- 
vermessungen. IV  u.  108  S.  mit  I  Tafel  und 
29  Textfiguren.)  Berlin,  E.  S.  Mittler  &  Sohn. 
1901.     M.  16. — 

Es  ist  bekannt,  wie  fi-uchtbar  sich  die  engere 
Berührung  der  englischen  Physiker  mit  der  Nau- 
tik für  Physik  und  Geophysik  erwiesen  hat.  Die 
deutsche  Physik  steht  in  ihrer  Allgemeinheit 
den  Problemen  der  Schiffahrtskunst  noch  ferner, 
wenn  auch  im  einzelnen  deutsche  Forscher  Er- 
hebliches geleistet  haben.  Ist  nun  auch  das 
voriiegende  Werk  in  erster  Linie  für  die  Praxis 
zugeschnitten,  so  stellt  die  Nautik  doch  ein  so 
Gebiet  der  praktischen  Verwertung  der 
und  Astronomie  dar,  dass  das  Werk  auch 
p. Vertreter  dieser  beiden  Wissenschaften 
sein  wird. 
350  Seiten  umfassende  Band,  ist 


der  terrestrischen,  der  zweite,  gleich  voluminöse, 
der  nautischen  Navigation  gewidmet,  während 
ein  ungefähr  100  Seiten  umfassendes  drittes 
Bändchen  die  Anleitung  zu  Küstenvermessungen 
enthält. 

Den  grössten  Teil  des  ersten  Bandes  nimmt 
der  Kompass  ein  und  die  Bestimmung  des 
Schiffsmagnetismus,  speziell  wegen  der  Anwen- 
dung auf  eiserne  Kriegsschiffe.  Für  den  Phy- 
siker sind  hier  zwei  Dinge  von  besonderem  In- 
teresse, die  Kompensation  des  Kompasses  und  die 
Deviationslehre.  Der  Seemann  unterscheidet 
beim  Schiffsmagnetismus  sogenannte  „Teilmagne- 
tismen", die  er  als  voneinander  unabhängige 
Einzelerscheinungen  auffasst.  Diese  sind  „der 
permanente  oder  feste  Magnetismus",  der  „sub- 
permanente oder  halbfeste*'  und  der  „induzierte 
oder  flüchtige  Magnetismus".  Die  ersten  beiden 
stellen  zusammen  den  eigentlichen  Schiffsmagne- 
tismus dar  (in  einen  permanenten  und  einen  sich 
ändernden  Teil  zerlegt),  der  letzte  Teil  entspricht 
der  Induktion  durch  den  Erdmagnetismus  und 
iiit  verschieden  nach  Ort,  Zeit,  Kurs  und  Schiffs- 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


neigung.  Bei  der  Behandlung  der  Deviations- 
lehre wird  der  Schiffsmagnetismus  durch  Magnet- 
resp.  Eisenstäbe  ersetzt  gedacht.  Den  TeiU 
magnetismen  entsprechen  Teildeviationen.  So 
erzeugt  der  feste  Magnetismus  eine  Deviation, 
die  bei  der  Hälfte  aller  möglichen  Schiffsazi- 
mute östlich  ist,  bei  der  anderen  westlich;  man 
spricht  daher  von  einer  „semicirkulären  Devia- 
tion". Bei  ihrer  Erzeugung  ist  auch  die  verti- 
kale Komponente  des  flüchtigen  Magnetismus 
beteiligt.  Die  „quadrantale  Deviation"  rührt 
von  der  Horizontalk'omponente  des  flüchtigen 
Magnetismus  her;  sie  hat  zwei  Maxima  und  zwei 
Minima  beim  Durchlaufen  aller  Kurse  und  kann 
einen  unregelmässigen  Anteil  haben,  falls  die 
induzierbaren  Eisenmassen  ungleich  im  Schiffe 
verteilt  sind.  Dazu  kommt  noch  eine  ,, kon- 
stante Deviation",  die  von  unregelmässig  ver- 
teilten magnetischen  Massen  herstammt. 

Ist  6  die  Deviation  und  g  der  magnetische 
Kurs,  so  ist  fiir  jedes  g  sin  6  =  ^lcos6  +  ^  sin 
(?— d)  +  6  cos  (S— d)  +  2)  sin  (2  g— d)  +  e  cos 
(2  £ — d)  %  SB,  ©,  5),  6  sind  die  „wahren  Devia- 
tionskoefiizienten.  Unter  der  Annahme,  es  dürfe 
d  für  sin  6  der  Kleinheit  von  d  wegen  gesetzt 
werden,  schreibt  man  auch 
d  =  A  +  Bsin^+  Ccos ^  +  D sin  2^  +  E cos  2 ^ , 
worin  die  A,  B,  C,  D,  E  nunmehr  die  „genäher- 
ten Deviationskoeffizienten"  heissen.  Die  Reihe 
ist  eine  notwendig  endliche  Bes  sei  sehe  Reihe, 
in  der  A  die  konstante  Deviation,  Bsin^-\-  C 
cos  ^  die  semicirkuläre,  Dsin  2^  -\-  Ecos2^  die 
quadrantale  Deviation  bedeuten.  Mithin  hat 
man  hier  ein  Beispiel  ftir  eine  einfache  physi- 
kalische Bedeutung  der  Koeffizienten.  Zu  diesen 
zufällig  die  Form  von  Gliedern  einer  trigono- 
metrischen Reihe  besitzenden  Deviationen  treten 
noch  drei  andere  Anteile,  wovon  nur  die  „Krän- 
gungsdeviation" erwähnt  sei,  die  den  Einfluss 
der  Schiffsneigung  abgiebt.  Die  verschiedenen 
Deviationskoeffizienten  werden  aus  Azimutbe- 
stimmungen der  Kompassnadel  bei  Fahrten  im 
Kreis,  aus  Schwingungsbeobachtungen  oder  mit 
dem  Deviationsmagnetometer  bestimmt,  und  die 
Abhängigkeit  der  Deviation  vom  Schiffskurs 
durch  harmonische  Analyse  festgelegt. 

Die  Kompasskompensation  kommt  darauf 
hinaus,  die  Teildeviationen  fiir  sich  durch  ge- 
eignete Anbringung  von  Magnetsystemen  zu 
kompensieren. 

Ein  weiterer  Abschnitt  befasst  sich  mit  der 
Bestimmung  des  Schiffsortes  aus  einem,  zweien 
oder  dreien  Objekten  an  Land.  Interessant  ist 
hierbei  der  Begriff  des  „Gefahrwinkels".  Liegt 
vor  einer  Küste  eine  Untiefe,  so  giebt  es  einen 
bestimmten  Winkel,  unter  dem  man  zwei  Land- 
marken stets  erblicken  muss,  falls  man  die  Ge- 
fahr umgehen  will.  Er  findet  sich  als  Peripherie- 
winkel über  der  Verbindungslinie  der  Landmar- 
ken als  Sehne.  Man  hat  also  beim  Segeln  dafür 


zu  sorgen,  dass  der  Winkel  nach  beiden  Marken 
<  dem  vorgegebenen  Gefahrwinkel  bleibt.  Ferner 
werden  in  diesem  Bande  die  Lot-  und  Log- 
vorrichtungen besprochen  und  das  Segeln,  spe- 
ziell das  auf  der  Loxodrome  und  auf  dem  grössten 
Kreise.  Auch  die  verschiedenen  Kartenprojek- 
tionen werden,  soweit  es  den  Zwecken  des  Buches 
entspricht,  vorgebracht. 

Der  zweite  Band,  die  astronomische  Navi- 
gation, ist  zunächst  ein  übersichtliches,  klares 
und  sehr  anschauliches  Lehrbuch  der  Astro- 
nomie, nur  dass  natürlich  die  nautischen  Beob- 
achtungsmethoden im  Vordergrunde  stehen. 
Im  Kapitel  der  geographischen  Ortsbestimmungen 
nehmen  die  Bestecksrechnungen  und  nament- 
lich die  Standlinienmethode,  als  das  für  die  Nau- 
tik wichtigste,  den  breitesten  Raum  ein.  Es  folgen 
die  Konstruktion,  die  Behandlung  und  der  Ge- 
brauch der  Chronometer,  sowie  die  Ermittelung 
der  Uhrstände,  wobei  namentlich  Zeitbestim- 
mungen aus  Monddistanzen  und  Sternbedeckun- 
gen ausfuhrlich  erörtert  werden.  Den  Schluss 
dieses  Bandes  bildet  ein  Kapitel  über  Gezeiten 
und  ihre  harmonische  Analyse. 

Der  dritte  Band  enthält  die  nautische  Geo- 
däsie, besonders  Küstenvermessung  und  Auf- 
nahme von  kleineren  Landstrecken.  Da  hier  eine 
grosse  Genauigkeit  meist  nicht  verlangt  wird, 
hat  dieser  Band  fiir  den  Astronomen  und  Phy- 
siker nicht  das  Interesse ,  das  für  ihn  die 
ersten  beiden  Bände  besitzen. 

Potsdam.  A.  Nippoldt. 

(Eingegangen  22.  August  1901.) 


Johanneson,  Physikalische  Mechanik,  gr.  8. 
S8S.m.  37 Fig.  Berlin,  J.Springer.  1900.   i  M. 

Da  das  Buch  kein  Vorwort  enthält,  so  kön- 
nen wir  nur  vermuten,  dass  es  für  den  Unter- 
richt bestimmt  ist,  ob  auf  der  Unterstufe  oder 
nicht,  lässt  sich  schwer  erraten.  Soll  es  ein 
Schulbuch  sein,  so  ist  nicht  recht  einzusehen, 
was  dem  Schüler  mit  diesem  einzigen  Zweige 
der  Physik  gedient  sein  könnte. 

Augenscheinlich  will  der  Verlasser  die  wesent- 
lichsten Erscheinungen  und  Gesetze  der  Mechanik 
empirisch  und  experimentell  ableiten  und  lässt 
darum  eine  mathematische  Behandlung  sehr  zu- 
rücktreten. Allein  bei  der  recht  spröden  Dar- 
stellung, bei  der  ausgesprochenen  Neigung  für 
das  Abstrakte,  welche  das  Buch  verrät,  bei 
einem  Verzichten  auf  speziellere  Veranschau- 
lichungen und  experimentelle  Angaben  erscheint 
der  Titel  des  Werkes  nicht  recht  einleuchtend. 
Offenbar  haben  den  Verfasser  vorzugsweise 
historische  Momente  geleitet,  wie  er  überhaupt 
häufig  ältere  Litteratur  seinen  Angaben  beifügt. 
Dabei  ist  er  aber  zu  einer  oftmals  wunderlichen 
Stoffanordnung   gekommen,   was  einige  wenige 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


39 


Beispiele  eriäutern  mögen:  So  wird,  ehe  vom 
Hebel  gesprochen  ist,  gleich  am  Anfange  die 
Wage  abgehandelt;  so  werden  die  Stosserschei- 
nungen,  statt  bei  der  Bewegungslehre  besprochen 
zu  werden,  unter  die  „allgemeinsten  Erscheinungen 
fester  Körper"  versetzt;  hier  wird  auch  erst  die 
„Dichte"  besprochen,  nachdem  die  Statik  und 
Dynamik  bereits  abgeschlossen  ist.  Eine  Ab- 
sonderlichkeit des  Buches  ist  ferner,  dass  ge- 
wisse Erscheinungen  (wie  Kapillarität  u.  s.  w.) 
an  zwei  Stellen  unter  dem  Titel  „merkwürdige 
Erscheinungen"  aufgeführt  werden,  den  der 
Verfeisser  anderen,  völlig  gleichwertigen  Erschei- 
nungen nicht  zuspricht.  —  Den  einzelnen  Ab- 
schnitten sind  jedesmal  ganz  brauchbare  Übungs- 
aufgaben beigegeben.  Behrendsen. 


H.  Blücher,  Die  Luft,  ihre  Zusammensetzung 
und    Untersuchung,    ihr   Einfluss    und   ihre 
Wirkungen  sowie  ihre  technische  Ausnutzung. 
8^  322  Seiten.  Leipzig,  O.  Wigand.  1900.  6M. 
Der    Verf.  ist  bestrebt,    seine    Aufgabe    so 
vollkommen  wie   möglich  zu  lösen,    d.  h.   eine 
Beschreibung  der  Eigenschaften  der  atmosphä- 
rischen Luft,    wie    ein  weiteres  Titelblatt  sagt, 
in  geologischer,  biologischer,  meteorologischer 
und  hygienischer  Beziehung  zu  liefern.    Da  der 
Verf.  von  Beruf  Chemiker,  so  sind  alle  mit  sei- 
ner  engeren  Wissenschaft   verwandten    Fragen 
sehr   ausftihrlich   behandelt,    während    die   rein 
physikalischen   und   die  spezielleren  meteorolo- 
gischen   Daten   Quellen    entnommen    sind,    die 
nicht  als  modern  gelten  können,   oder  wie  der 
oft  citierte  Flüggesche  Grundriss  der  Hygiene 
für  die  citierten  Fragen  nicht  die  ursprüngliche 
Quelle  sind.    So  sind  z.  B.  bei  der  Besprechung 
der   mechanischen  Verunreinigungen    der    Luft 
die  hier   epochemachenden  Ait keuschen  Mes- 
sungen nicht  erwähnt.    Die  physikalischen  und 
meteorologischen   Kapitel    sind    rein    beschrei- 
bender Natur  und  bieten  der  vorhandenen  Litte- 
ratur  gegenüber  nichts  wesentlich  Neues.     An- 
ders die  Abschnitte  über  das  Vorkommen  sel- 
tenerer chemischer  Verbindungen  und  von  Orga- 
nismen   in  der  Luft.     In  diesen  Dingen   bildet 
das  besprochene  Buch  eine  wertvolle  Ergänzung 
zu  van   Bebbers  Lehrbuch    über   hygienische 
Meteorologie.  A.  Nipp ol dt. 

(Eiugegangen  22.  August  1901.) 


Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1900.  Darge- 
stellt von  der  Deutschen  Physikalischen  Gesellschaft. 
56.  Jahrg.  Zweite  Abteilung.  Enthaltend  Physik  des  Atheis. 
Redigiert  von  Karl  Scheel,  gr.  8.  LII  u.  794  S.  1901. 
Braunschweig,  Friedrich  Vieweg  &  Sohn.     M.  27. — . 


Hann,  Julias,  Lehrbuch  der  Meteorologie.  Mit  mehreren 
Tafeln  in  Lichtdruck,  verschiedenen  Karten,  sowie  zahl- 
reichen Abbildungen  im  Text.  Lieferung  9,  80  S.,  Liefe- 
rung lo  (Schluss),  85  u.  XIV  S.  gr.  8.  1901,  Leipzig, 
Chr.  Herm.  Tauchnitz.    k  M.  3.—. 

Jahrbuch  der  Elektrochemie.  Berichte  Aber  die  Fort- 
schritte des  Jahres  1900.  Unter  Mitwirkung  von  K.  Elbs, 
G^  W.  Küster  und  H.  Danneel  —  herausgegeben  von  W. 
Kernst  und  W.  Borchers.  VII.  Jahrgang.  Mit  196 
Figuren,  gr.  8.  VIll  u.  596  S.  1901.  Halle  a.  S., 
Wilhelm  Knapp.     M.  24. — . 

Kleiber,  Johann,  Lehrbuch  der  Physik  fllr  humanistische 
Gymnasien.  Nach  dem  ministeriellen  Lehrplane  bearbeitet. 
Mit  zahlreichen  Figuren  und  Übungsaufgaben.  8.  VIII 
u.  240  S.   1901,  München,  R.  Oldenbourg.    Geb.  M.  3. — . 

Kössler,  Karl,  Gustav  Theodor  Fechner.  Gedächtnisrede, 
zur  Säcularfeier  seines  Geburtstages  gehalten  im  Natur- 
wissenschaftlichen Verein  an  der  k.  k.  Universit&t  in  Wien, 
gr.  8      26  S.     1901.     Wien,  Franz  Deuticke.     M.  1. — . 

Müller,  Felix,  Vocabulaire  math^matique.  Frangais-allemand 
et  allemand-frangais.  Contenant  les  termes  techniques 
employ^s  dans  les  math^maliques  pures  et  appliqa^s.  Mathe> 
matisches  Vocabularium.  Französisch-deutsch  und  deutsch- 
französisch.  Enthaltend  die  Kunstausdrücke  aus  der  reinen 
und  angewandten  Mathematik.  Zweite  Hälfte,  gr.  8. 
VIII  u.  316  S.     1901.   Leipzig,  B.  G.  Tcubner.    M.  11.—. 

Schills,  Smst,  Sammlung  von  Beispielen  zur  Berechnung 
elektrischer  Maschinen.  Mit  57  Abbildungen,  gr.  8.  170  S. 
1901.    Leipzig,  S.  Hirzel.    Gebunden  M.  8. — . 

Weinstein,  B.,  Einleitung  in  die  höhere  mathematische 
Physik.  Mit  12  in  den  Text  gedruckten  Figuren,  gr.  8. 
XVI  u.  399  S.  1901.  Berlin,  Ferd.  Dümmler*s  Verlags- 
buchhandlung.    Geb'ondfn  M.  7. — 


Vorlesungsverzeichnis   flir  das  Winter- 
semester 1901/190JJ) 

Universität  Lausanne. 

Henri  Dufour:  Experimentalphysik  I,  5;  Ausgewählte 
Kapitel  der  Physik  3;  Physikalisches  Praktikum  für  Anfänger, 
4;  Laboratorium,  täglich.  —  Mayor:  Theoretische  Physik  2; 
Mechanik  5,  Übungen  i .  —  Palaa :  Elektrotechnik  6 ;  Wechsel- 
strommaschinen und  Transformatoren  2;  Elektrische  Ein> 
richtungen,  2.  —  Dappler:  Technische  Physik  (Beleuchtung 
Heizung,  Verdampfung),  2.  —  P.  Dutoit:  Chemische  Physik 
2 ;  Theoretische  Elektrochemie  2 ;  Praktische  Elektrochemie, 
2.  —  Brunner:  Anorganische  Chemie,  5;  Aromatische  Reihe, 
i;  Laboratorium,  täglich.  —  Chuard:  Analytische  Chemie,  i; 
Agrikulturchemie,  2.  —  Brelaz:  Technische  Chemie,  2.  — 
Pelet:  Chemische  Produkte,  2;  Farbstoffe.  2;  Arzneimittel,  2. 
—  Amstein*.  Differential-  und  Integalrechnung,  6,  Übungen 
2 ;  Elemente  der  Differential-  und  Integralrechnung  für  Natur- 
forscher, 3.  — --  Joly:  Analytische  Geometrie,  2;  Darstellende 
Geometrie,  5,  Übungen,  4.  —  Ch.  Dufoar:  Astronomie,  3.  -r 
Reiss:    Theoretische  Photographie,  1;    Praktikum,  2. 

Vorlesungen  werden  in  der  französischen  Sprache  gehalten ; 
Prüfungen  und  Repetitorium  in  Deutsch  und  Französisch.  Die  in 
der  philosophischen  Fakultät  zu  Lausanne  verbrauchten  Se- 
mester werden  in  der  Berliner  Universität  voll  angerechnet. 

Universität  Göttingen. 

Nachzutragen:  Blumenthal:  Eindeutige  nnalytischc 
Funktionen  (VVeicrstrasz-Hadamardsche  Theorie),  3. 

1)  Nachtrag  zu  2,  825,  1901. 


Tagesereignisse. 

Die  73.  Versammlung  Deutscher  Naturforscher 

und  Ärzte, 

welche  vom  22.   bis  28.   September  in  der  alten  Hansestadt 
Hamburg  tagte,  nahm  auch  äusserlich  einen  sehr  glänzenden  Ver- 


40 


Physikalische  2^itschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2. 


lauf.  Schon  der  Empfang  der  Gäste  am  Sonntag  zeigte,  wie 
zahlreich  dieselben  herbeigeeilt  waren;  die  Eröffnungssitzung 
am  Montag  war  bereits  von  mehreren  Tausend  Teilnehmern 
besucht,  und  in  der  Schlusssitzung  am  Freitag  teilte  der  Ge- 
schäftsfiihrer  Prof.  Voller  mit,  dass  3500  Herren  und  1200 
Damen  an  dem  Kongresse  teilgenommen  hatten;  mit 4700  Teil- 
nehmern übertraf  die  Versammlung  die  vorjährige  in  Aachen, 
wo  sich  iioo  Personen  (800  Herren  und  300  Damen)  zu- 
sammengefunden hatten,  um  mehr  als  das  Vierfache.  Hei  der 
Eröffnung  wies  Prof.  Voller  auf  den  äusseren  Unterschied 
hin,  den  heute  die  Naturforscher-Versammlung  im  Gegensatz 
zu  der  vor  70  Jahren  zeigt,  wo  sie  zum  ersten  Male  in  Ham- 
burg stattgefunden  hatte.  Damals  hatten  sich  im  ganzen  242 
fremde  Teilnehmer  eingefunden,  die  eine  uns  heute  einfach 
erscheinende  Tagesordnung  zu  erledigen  hatten.  Es  war  noch 
nicht  die  Zeit,  Theorien  zu  schaffen,  sondern  das  Material 
musste  auf  allen  Gebieten  erst  sorgsam  zusammengetragen 
werden.  Fara'day,  Robert  Mayer,  Helmholtz,  Virchow, 
Darwin,  und  so  manche  andern  Namen,  welche  fiir  die  natur- 
wissenschaftliche Entwicklung  des  19.  Jahrhunderts  so  be- 
zeichnend sind,  waren  damals  noch  nicht  erklungen;  ihre 
Träger  traten  eben  erst  als  junge  Männer  in  die  wissenschaft- 
liche Laufbahn  ein. 

Weiter  wies  Voller  auf  die  äusseren  Verhältnisse  hin: 
1830  ein  zerrissenes  Deutschland;  1876,  ebenfalls  ein  Jahr 
einer  Naturforscher-Versammlung  in  Hamburg,  ein  geeintes 
Deutschland,  die  Gemüter  jedoch  ängstlich  in  der  sicheren 
Erwartung  eines  neuen  Ausbruchs  des  Krieges  zwischen  zwei 
grossen  Kulturnationen,  und  heute  nach  25  Jahren  der  ge- 
sicherte Frieden  und  in  ihm  die  gemeinsame  Arbeit  aller 
Kulturvölker. 

Der  I.  Vorsitzende  der  Gesellschaft,  Prof,  Hertwig- 
München,  warf  einen  kurzen  Blick  auf  die  Geschichte  der  Ge- 
sellschaft, die  in  gewissem  Sinne  die  Geschichte  der  Wissen- 
schaft im  vergangenen  Jahrhundert  widerspiegelt.  Als  sie 
von  Ohm  ins  Leben  gerufen  wurde,  1821,  erledigte  sie  ihre 
Tagesordnung  in  drei,  später  in  sechs  allgemeinen  Sitzungen, 
an  welchen  alle  Teilnehmer  teilnahmen.  Aber  allmählich 
machte  sich  das  Bedürfnis  nach  engeren  Sitzungen  geltend, 
kann  man  doch  das  vergangene  Jahrhundert  geradezu  als  das 
der  Spezialisierung  der  Wissenschaften  bezeichnen.  So  wurden 
zum  ersten  Male  1828  in  Berlin  7  Sektionen  eingerichtet.  Und 
dann  hat  sich  das  Verhältnis  der  beiden  Teile  der  Versamm- 
lung in  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts  allmählich  voll- 
kommen verändert;  die  Zahl  der  allgemeinen  Sitzungen  wurde 
auf  4)  3,  schliesslich  auf  zwei  herabgesetzt,  und  sie  gewannen 
einen  auf  ein  allgemeineres  Publikum  berechneten  Charakter. 
Das  wissenschaftliche  Leben  dagegen  entfaltete  sich  in  den 
Sektionen,  deren  Zahl  beständig  stieg.  1871  waren  es  bereits 
15,  und  in  den  letzten  Jahren  war  die  Zahl  30  weit  über- 
schritten. Der  Höhepunkt  der  Spezialisierung  der  Wissen- 
schaften scheint  jedoch  jetzt  überschritten  zu  sein,  die  Arbeits- 
gebiete der  einzelnen  Zweige  nähern  sich  wieder  und  treten 
in  Wechselwirkung  miteinander. 

Entsnrechend  dieser  Entwicklung  wurde  diesmal  der 
Versuch  gemacht,  mehrere  Abteilungen  zusammenzulegen  — 
ihre  Zahl  war  dadurch  auf  27  gesunken  —  und  in  den  all- 
gemeinen Sitzungen  Fragen  in  strengerer  wissenschaftlicher 
Weise  zu  besprechen.  Ausserdem  wurde  eine  Gesamtsitzuug 
beider  Hauptgruppen  abgehalten,  die  also  auch  den  Charakter 
einer  allgemeinen  Sitzung  hatte. 

Ob  diese  Änderung  sich  bewähren  wird,  erscheint  einigcr- 
massen  zweifelhaft;  zwar  ernteten  Prof.  N ernst  in  der  zweiten, 
Prof.  Lech  er  in  der  ersten  allgemeinen  Sitzung  reichen  Bei- 
fall, —  ersterer  sprach  über  die  Bedeutung  elektrischer  Me- 
thoden und  Theorien  für  die  Chemie,  der  letztere  über  die 
Hertz  sehe  Entdeckung  elektrischer  Wellen  und  deren  weitere 
Ausgestaltung.  Trotzdem  ist  es  Thatsache,  dass  sie  von  einem 
sehr  grossen  Teile  ihrer  Zuhörer  nicht  verstanden  wurden,  weil 
ihre  Behandlungsweise  der  betreffenden  Themata  nicht  all- 
gemeinverständlich war  und  auch  nicht  sein  konnte. 

Ob  andererseits  Vorträge,  wie  der  von  Curschmann 
(Leipzig)  über  Medizin  und  Seeverkehr,  oder  der  von  Keinke 
(Kiel)  über  die  in  den  Organismen  wirksamen  Naturkräfte, 
beide  in  der  zweiten  allgemeinen  Sitzung,  geeignet  sind,  dem 
wissenschaftlichen  Zwecke  und  Ansehen  dieser  Versammlungen 
Genüge  zu  leisten,  scheint  mindestens  zweifelhaft.  Erging 
^*^h  der  erste  vielfach  in  Alltäglichkeiten,  so  bewegte  sich  der 


zweite  auf  dem  an  sich  schwanken  Boden  seines  Themas  mit 
unzulänglichen  physikalischen  Vorstellungen. 

Von  den  bei  solchem  Massenandrang  unvermeidlichen 
kleinen  Unzulänglichkeiten  abgesehen,  verdient  die  Organi- 
sationsarbeit der  Abteilungsleiter  und  der  Ausschüsse  warme 
Anerkennung. 

Sehr  drangvoll  ging  es  bei  dem  Begrüssungsabend  her, 
ebenso  bei  dem  Festessen  Mittwochs  im  Zoologischen  Garten, 
bei  dem  sich  für  keinen  der  Festredner  die  zum  Durchdringen 
nötige  Ruhe  erreichen  Hess.  Ob  daran  mehr  die  Länge  der 
Reden  oder  die  Ungeduld  der  Hörer  schuld  hatte,  sei  dahin- 
gestellt. In  jeder  Beziehung  würdig  und  glänzend  war  der 
Empfang  im  Rathause  am  Dienstag,  auch  die  gleichzeitig  auf 
den  Schiffen  der  Hamburg- Amerika-Linie  empfangenen  Gäste 
waren  sehr  befriedigt.  Das  Konzert  am  Donnerstag  verdiente 
und  erntete  reichen  Beifall;  der  folgende  Ball  nahm  einen 
fröhlich-belebten  Verlauf.  Dagegen  war  die  Organisation 
der  Elbefahrt  nach  Blankenese  so  unzulänglich,  dass  Hunderte 
von  Teilnehmern  von  der  Rückfahrt  ausgeschlossen  blieben, 
weil  Unbefugte  ihre  Plätze  auf  den  Schiffen  in  Besitz  nehmen 
konnten. 

Ob  sich  nicht  für  die  allgemeinen  Sitzungen  ein  Saal 
mit  besserer  Akustik  hätte  finden  lassen,  als  das  Konzert- 
haus, ist  die  Frage.  Jedenfalls  wurde  die  Mehrzahl  der  Redner 
nur  sehr  schwer  verstanden.  Der  Sitzungssaal  der  physi- 
kalischen Abteilung,  der  Hörsaal  des  Staatslaboratoriums,  war 
entschieden  zu  klein  und  verursachte  namentlich  durch  seine 
mangelhafte  Ventilation  den  Vortragenden  und  Hörern  gleiche 
Pein.  —  Alles  in  allem  herrschte  aber  eine  vortreffliche 
Laune  von  Anfang  bis  zu  Ende,  namentlich  gilt  das  von 
der  physikalischen  Abteilung.  Die  vielfach  sehr  interessanten 
Vorträge  und  angeregten  Diskussionen  der  sehr  gut  besuchten 
Abteilungssitzungen  vereinigten  sich  mit  einem  lebhaften  und 
behaglichen  persönlichen  Gedankenaustausch  in  den  Versamm- 
lungslokalen zu  einer  ebenso  fruchtbaren,  wie  wohlthuenden 
Gesamtstimmung. 

Ob  sich  eine  solche  für  die  physikalischen  Wissen- 
schaften im  nächsten  Jahre  in  Karlsbad  in  gleicher  Weise 
wiederfinden  wird  und  kann,  ist  zweifelhaft.  An  die  Ham- 
burger Versammlung  wird  jedenfalls  jeder  Teilnehmer  mit 
Freude  und  lebhaftem  Danke  zurückdenken. 

B.  Borchardt. 

Die  feierliche  Einweihung  des  neuen  physikalischen 
Institutes  der  Universität  St.  Petersburg  fand  den  21.  Sep- 
tember statt. 

Mit  den  ausserordentlichen  Forderungen  des  neuen  baye- 
rischen Finanzgesetzentwurfs  werden  unter  anderen  auch 
loooo  Mark  für  Ausarbeitung  des  Plans  zur  Errichtung  einer 
technischen  Hochschule  in  Nürnberg  verlangt. 


Briefkasten. 

Indem  ich  mir  vorbehalte,  Ableitung,  Zeichenerklärung 
und  Gebrauchsanweisung  später  mitzuteilen,  beschränke  ich  mich 
für  jetzt  ..if  die  kurze  Bemerkung,  dass  es  mir  gelungen  ist, 
Beugungstheorie  und  geometrische  Optik  zu  verschmelzen  und 
die  gesamte  Fehlertheorie  des  achsennahen  Strahlengangs 
durch  beliebig  dicke  Lin.sen  mit  beliebigen  Abständen  auf 
folgende  wenige  algebraische  Symbole  zurückzuflihren: 
Aberrationen :  —  ä  log  m  •  A^;  '\-  yA!4>'  —  -^  ^3  /  —  VM  —  Uf) ' 


m' 


Gleichungen:  ///An  —  /  =  0/  SJ  ^  —  Jn^o;  \p  —  <(> 
(;^  — <y,)  =  o;  V-\-  sKU—K^R^o. 
Die  neue  Betrachtungsweise  hat  sich  nicht  allein  theore- 
tisch wertvoll,  sondern  auch  praktisch  fruchtbar  erwiesen  (sie 
diente  bereits  zur  Auffindung  und  gegenüber  dem  trigono- 
metrischen \' erfahren  ungleich  rascheren  Errechnung  völlig 
neuer  photographischer  Typen).         •  K.  Strehl. 

Erlangen,  8.  Oktober  1901. 

(Eingegangen  11.  Oktober  1901.) 


Personalien. 

An  der  technischen  Hochschule  zu  Berlin  wird  wegen 
Erkrankung  von  Prof.  Reichel  die  Vorlesung  über  Ma- 
schinen-Grundzüge Prof.  Kämmerer  lesen,  dessen  Vorlesung 
über  Maschinenbau  infolgedessen  ausfallt 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  Ul  UffOdg. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


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C.  Bach. 

Das  logeoieurlab Oratorium  der  kgl.  Techniecheu  Hochschule 

Stuttgart 


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Das  lugeuieurlaboratorium  der  kgl.   Techniscben 
Hochschule  Stuttgart. 


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Physikalische  Zeitschrift 


N0.3. 


OrifiMlnitteiluiigen : 

R.  P.Adams,  Die  elektromaf^netische 
WirkuDg  von  bewegten  geladcuen 
Kugeln.     S.  41. 

K.r.  Wesendonk,  Notiz  über  polare 
Unterschiede  bei  Spitzenentladungen 
und  die  Verbältnisse  der  Ionen- 
geschwindigkeiten.     S.  45. 

E.  Knoblauch,  Elektrolytische  Vor- 


I.  November  1901. 

Redaktioasschlust  für  No.  4.  am  7.  November  1901. 

INHALT. 

schaltzelle  fUr  den  Betrieb  von  In- 
duktorien  bei  Wechselstrom.  S.  46. 
J.  C.  ShedJ,  Über  die  Formen  der 
von  dem  ^iichelsonschen  Interfcro- 
meter  gelieferten  Kurven.     S.  47. 

Vorträge  und  Diskussionen  von  der 
73.  NaturforsolierversaniMlung  zu 
Hamburg: 

E.  H  o  p  p  e ,  Naturforschung  und  Tech- 
nik.    S.  51. 


3.  Jahrgang. 


Eingegangene  Schriften.    S.  55. 

Xi.   Versamnilunci   russisolier   Natur- 
forscher und  Arzte.    S.  56. 

Nachtrag  zun  Vorlesungsverzeichnis 
fiir  das  Wintersemester  noi/02.  s.  56. 

Tagesereignisse.    S.  56. 

Personaiien.    S.  56. 

Berichtigungen.    S.  56. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Die  elektromagnetischeWirkung  von  bewegten 
\y  geladenen  Kugeln,  i) 

Von  Edwin  P.  Adams. 

In  einer  kürzlich  veröffentlichten  Arbeit  über 
die  magnetische  Wirkung  bewegter  elektrischer 
Ladungen  kommt  Herr  Cremieu  zu  dem 
Resultat,  dass  eine  solche  nicht  existiere,  und 
hat  dadurch  die  Frage  nach  der  magnetischen 
Wirkung  bewegter  elektrischer  Ladungen  von 
neuem  zur  Diskussion  gebracht. 

Professor  Rowland,  der  im  Jahre  1876  zu- 
erst mit  Erfolg  die  Frage  in  Angriff  nahm,  und 
jene  Herren,  die  seine  Experimente  wiederholten, 
verwandten  rotierende  Scheiben  als  Träger  der 
elektrischen  Ladungen.  Professor  J.  J.  Thom- 
son'-*)  schlug  im  Jahre  1881  vor,  rotierende  Ku- 
geln anzuwenden  und  berechnete  die  maximale 
magnetische  Kraft,  welche  eine  bis  zum  höchstmög- 
lichen Potential  geladene  Kugel  hervorbringen 
kann.  In  vieler  Beziehung  scheint  diese  Methode  die 
natürlichste  zu  sein  und  sie  wurde  daher  in  den  im 
folgenden  beschriebenen  Experimenten  benützt. 

Eine  hohle  Messingachse  AA  (Fig.  i  und  2) 
ist  durch  einen  Stab  B  aus  hartem  Holz  in  zwei 
isolierte  Hälften  geteilt,  deren  jede  an  Messing- 
stangen eine  Gruppe  von  16  hohlen  Kupfer- 
kugeln trägt.     Die  beiden  Gruppen  von  Kugeln 

i)  Ausfuhrlich  in  Americ.  Journ.  of  Science,  August  1901. 
2)  Phil.  Mag.  11,  236,  1881. 


sind  in  dieser  Weise  elektrisch  gegeneinander 
isoliert.  Zur  Zuführung  der  Elektrizität  dienen 
die  beidenKupferbürsten  CC,  und  da  die  Kugeln 
mit  der  Achse  in  leitender  Verbindung  stehen, 
so  werden  sie  selbst  elektrisch  geladen.  E  ist 
ein  Tourenzähler,  der  mit  dem  einen  Ende  der 
Achse  in  Verbindung  steht. 

Das  magnetische  System,  an  dem  die  direkte 
Wirkung  der  bewegten  geladenen  Kugeln  be- 
obachtet werden  soll,  befindet  sich  in  der  Messing- 
röhre //,  deren  unteres  Ende  durch  eine  Glas- 
platte  verschlossen  ist.     Diese  ist  mit  Stanniol 


Sm. 


9  9 


6  6 


# 


H* 


3  c: 


■CJ«%- 


Fijj.   I. 


42 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.    No.  3. 


überzogen  und  das  Stanniol  in  Streifen  geschnitten, 
um  Leitungsströme  zu  verhindern,  welche  in 
einer  Richtung  fliessen  könnten,  in  welcher  sie 
eine  Ablenkung  auf  die  Nadel  hervorbringen 
können.  Aus  gut  gehärtetem,  magnetisiertem 
Uhrfederstahl  werden  auf  einem  Glimmerscheib- 
chen  einige  Stücke  so  oben  und  unten  befestigt, 
dass  sie  ein  astatisches  System  bilden.  Die 
Nadeln  stehen  senkrecht  zur  Achse.  Der  Spiegel 
ist  gleichfalls  auf  den  Glimmer  aufgeklebt,  etwas 
oberhalb  des  Mittels  und  wird  durch  eine  mit 
dünnem  Glase  bedeckte  Öffnung  .9  der  Messing- 
röhre beobachtet.  Zur  Aufhängung  des  Magnet- 
systems dient  ein  Quarzfaden  von  32  cm  Länge. 

Die  Magnetometerröhre  //ist  in  einerMessing- 
hülse  P  befestigt,  welche  in  die  Messingplatte 
M  eingeschraubt  ist.  Diese  Platte  trägt  Fuss- 
schrauben  und  steht  auf  einer  Holzkonsole  ^V, 
deren  Enden  auf  zwei  Steinträgern  ruhen.  Die 
Empfindlichkeit  des  Magnetsystems  kann  durch 
einen  besonderen  Reguliermagneten,  der  auf  der 
Platte  A"  liegt,  beliebig  geändert  werden.  Alle 
Metallteile  des  Magnetometers  und  der  Träger 
sind  zur  Erde  abgeleitet.  Eine  einzelne  DrjSit- 
windung  K  dient  zur  Bestimmung  der  Konstanten. 
Die  Ablenkungen  werden  mit  Fernrohr  und  Skala 
T  mit  einem  Spiegelabstand  von  3  m  beobachtet. 

Die  Rotation  der  Kugeln  wird  durch  einen 
4  pferdigen  Elektromotor  hervorgebracht,  der 
sich  in  einer  Entfernung  von  7  m  vom  Magne- 
tometer befindet.  Zum  besonderen  Schutze  gegen 
magnetische  Störungen  durch  den  Motor  dient 
ein  grosser  Eisenblock  /,,  der  vor  dem  Motor 
steht.  Der  Motor  treibt  durch  eine  Riemen  Ver- 
bindung eine  Welle  FF  an,  deren  Lager  auf  dem 
Steinboden  befestigt  sind.  Zur  Lagerung  der 
Achse  für  die  Kugeln  dient  ein  starkes  Holzge- 
rüste, welches  auf  dem  Boden  steht.  Die  Stein- 
träger,  auf  welchen  das  Magnetometer  steht, 
sind  vom  Boden  und  vom  Traggerüste  der  ro- 
tierenden Kugeln  vollständig  isoliert.  Zum  Schutze 
gegen  Luftströmungen  mussten  vor  den  rotieren- 
den Kegeln  Holzschirme  angebracht  werden. 

Die  Elektrizitätsquelle  für  die  Ladung  der 
Kugeln  bildete  eine  Batterie  von  10  000  Akku- 
mulatoren, wie  sie  Professor  Trowbridge  bei 
seinen  spektralanalytischen  Untersuchungen  ver- 
wendet hatte.  Um  die  Ladung  der  Kugeln  um- 
zukehren, war  ein  Kommutator  eingeschaltet. 

Solange  der  Motor  allein  lief  oder  nur  der 
Motor  und  die  Welle  am  Boden  in  Bewegung 
waren,  Hess  sich  auch  nicht  die  geringste  Be- 
wegung der  Nadel  wahrnehmen.  Dagegen  war 
das  Schneiden  der  Kraftlinien  des  Erdfeldes  durch 
die  Messingachse  und  Kugeln  genügend  wirk- 
sam, um  einen  Ausschlag  von  mehreren  Centime- 
tern  hervorzurufen.  Es  brachte  dies  keinen  Nachteil, 
solange  die  Rotation  vollständig  konstant  blieb. 
Sobald  diese  dagegen  sich  nur  ein  wenig  änderte, 
hatte  man  grosse  Mühe,   und    es  bildete   diese 


Störung  eine  der  wichtigsten  Fehlerquellen  des 
Versuchs. 

Lud  man  die  ruhenden  Kugeln,  indem  ein 
grosser  Flüssigkeitswiderstand  hinter  die  Batterie 
geschaltet  wurde,  so  konnte  man  keine  Ab- 
lenkung der  Nadel  beobachten.  Ohne  den 
Flüssigkeitswiderstand  jedoch  erfolgte  ein,  wenn 
auch  kleiner,  Ausschlag  bei  der  Ladung  der 
Kugeln  —  ohne  Zweifel  infolge  des  raschen 
Einströmens  der  Elektrizität,  die  zur  Ladung  der 
Kugeln  die  Zufiihrungsdrähte  zu  durchfliessen 
hatte. 

Waren  die  Kugeln  in  Bewegung,  und  man 
kehrte  das  Zeichen  der  elektrischen  Ladung  um, 
so  zeigte  sich  ein  sehr  deutlicher  Ausschlag  der 
Nadel.  Es  war  zwar  nicht  immer  leicht,  diese 
Ablenkung  genügend  gut  zu  bestimmen,  da  die 
Rotationsgeschwindigkeit  und  damit  auch  der 
Nullpunkt  sich  leicht  ein  wenig  änderten,  aber 
die  qualitative  Wirkung  war  durchaus  eindeutig. 
Der  Ausschlag  erfolgte  in  der  zu  erwartenden 
Richtung,  d.  h.  bei  positiver  Ladung  der  Kugeln 
entstand  ein  magnetisches  Feld,  wie  es  auch 
ein  Strom,  der  in  Richtung  der  Bewegung  fliesst, 
hervorbringen  würde. 

Alle  Beobachtungen  mussten  zwischen  i  und 
5  Uhr  morgens  gemacht  werden,  da  es  infolge 
der  Störungen  durch  die  elektrische  Trambahn 
unmöglich  war,  unter  Tags  befriedigende  Be- 
obachtungen zu  machen.  Jede  Beobachtungs- 
reihe wurde  so  vorgenommen,  dass  erst  der 
Motor  in  Bewegung  gesetzt  und  die  für  2500 
Umdrehungen  nötige  Zeit  bestimmt  wurde;  dann 
wurden  die  Kugeln  geladen  und  zwei  Ausschläge 
der  Nadel  auf  einer  Seite  und  einer  auf  der  ent- 
gegengesetzten Seite  beobachtet.  In  gleicher 
Weise  wurde  abgelesen,  nachdem  das  Zeichen 
der  Ladung  umgekehrt  worden  war,  und  zwar 
wurden  jeweil  zehn  Umkehrungen  vorgenommen, 
und  zum  Schlüsse  abermals  die  Rotationsge- 
schwindigkeit bestimmt;  ebenso  wurde  der  Re- 
duktionsfaktor des  magnetischen  Systems  vor 
und  nach  jedem^Beobachtungssatze  bestimmt. 

Die  magnetische  Feldstärke,  die  sich  am 
Orte  des  Magnetsystems  ergiebt,  kann  entweder 
berechnet  werden,  indem  man  die  rotierenden 
geladenen  Kugeln  einem  Gleichstrom  äquivalent 
setzt,  dessen  Intensität  der  pro  Sekunde  jeden 
Querschnitt  passierenden  Elektrizitätsmenge 
gleich  ist,  oder  indem  man  die  Feldstärke  be- 
rechnet, welche  alle  Kugeln  auf  den  nachein- 
ander passierten  Wegen  hervorbringen,  indem 
man  eine  Feldstärkenkurve  aufträgt  und  den 
Mittelwert  aus  dieser  Kurve  bestimmt  Die 
letztere  Methode  ist  im  vorliegenden  Fall  ein- 
facher, da  die  Magnetnadeln  in  der  Nähe  und 
direk-t  oberhalb  des  einen  Satzes  von  Kugeln 
sich  befanden. 

Die   Feldstärke,    welche   eine   mit   der  Ge- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


43 


schwindigkeit  v  sich   bewegende   Elektrizitäts- 
menge q  hervorruft*),  berechnet  sich  zu 

rj q*V'  sin  g 

wobei  Q  den  Radiusvektor  bedeutet,  welcher 
von  der  Ladung  nach  dem  Punkte  gezogen  wird, 
an  welchem  H  gemessen  wird  und  e  den  Winkel 
zwischen  q  und  der  Richtung  der  Bewegung  dar- 
stellt. Diese  Beziehung  gilt  nur,  solange  die 
Geschwindigkeit  v  klein  ist  im  Vergleiche  mit 
der  Lichtgeschwindigkeit  und  kann  auch  als  Aus- 
druck der  magnetischen  Kraft  gelten,  welchen 
eine  bewegte  geladene  Kugel  hervorbringt,  wenn 
man  deren  Ladung  sich  in  ihrem  Mittelpunkte 
vereinigt  denkt.  Die  Richtung  der  Kraft  steht 
senkrecht  zu  q  und  zur  Richtung  der  Bewegung. 
Die  Feldstärke  an  der  Stelle  der  oberen  oder 
unteren  Magnetnadel  wird  in  folgender  Weise  ge- 
funden :  die  Mittelpunkte  der  beiden  Gruppen  von 
Kugeln  bewegen  sich  auf  zwei  paralellen  Kreisen, 
die  den  Abstand  b  voneinander  haben.  Die 
Rotationsebene  stehe  senkrecht  zur  Papierebene 
(Fig.  3). 


Die  Nadeln  liegen  in  einer  der  Rotations- 
ebenen. Gesucht  ist  die  Feldstärke  in  P,  die 
der  Kugel  in  A  entspricht.     Es  sei 

p  =  PA. 
b=  OB. 
d=  PB. 

c  ^=  OC  ^=  OA  =  Rotationsradius. 
c  =  Winkel  zwischen  q  und  Tangente  in  A, 
ß=  Winkel  zwischen  dem  Vertikalradius  und 
dem  Radius  nach  A. 

So  ist  Q^  =  d^  +  b^  +  c^—  2cYd^  +~b^cos (p 

Yä'  +  b' 
Q^  =  d^  +  b^  +  c'^  —  2  de  cos  q> 

d '  sin  ^ 


cose  = 


sin  e 


v. 


Q 

(d  cos  0 


cV  +  b' 


d^  -V  b'^  +  c^  —  2  de  cos  e 

Die  Kraft  wirkt  ineiner  Richtung,  die  senk- 
recht zu  Q  und  der  Tangente  in  A  steht.    Die 

I)  J.  J.  Thomson,    Phil.  Mag.    11,    236,  i83i;     HcaYi- 
side,  äectrical  Papers  8,  505. 


Komponente  dieser  Kraft  in  Richtung  der  Nor- 
malen zur  Rotatipnsebene  ist  zu  berechnen. 
Wenn  «p  den  Winkel  zwischen  der  Richtung  der 
Kraft  und  der  Normalen  zur  Rotationsebene  be- 
deutet, so  gilt 

d  cos  &  —  c 

cos  w  =    r ~~ ^=-  ^=^ 

^       VideosS-cy  +  b^ 

V  =  2  X  e  N, 

wo  -^V  die  Anzahl  von  Umdrehungen  pro  Se- 
kunde bedeutet.     Es  ist  daher 


//  = 


2  jt  N ,  c  ,q  (d  cos  &  —  e) 


V[di  4-  ^2  +  ^2  _  2  de  cos  e\Vt 

A'  ist  dabei  diejenige  Komponente  der  Feld- 
stärke in  P  in  Richtung  der  Achse,  welche  der 
Stellung  der  Kugel  in  A  entspricht.  P  ist  das 
Verhältnis  der  Einheiten.  Die  Kapazität  der 
Kugeln  und  ihre  Potentiale  sind  in  elektrosta- 
tischen Einheiten  gemessen. 


zs 

J      V 

t      A 

2                      C 

T               T 

/ 

jl                SZ 

T                      \ 

r                                "1 

12                    SZ 

T                            \ 

r                                      "^ 

n                                           ^ 

7_                                            ^ 

•J                                                    L 

L                                  ^ 

J                           \ 

/^                                                      ^Vs 

^^                                                                             S^ 

Fig.  4. 

Fig.  4  stellt  diesen  Ausdruck  dar  und  zeigt, 
wie  sich  die  Kraft  mit  der  Lage  der  Kugeln 
ändert.  Die  obere  Kurve  giebt  die  resultierende 
Feldstärke  an  der  Stelle  der  unteren  Nadel,  wie 
sie  dort  durch  die  beiden  Kugelreihen  hervor- 
gebracht wird  und  die  untere  Kurve,  die 
nahezu  eine  gerade  Linie  darstellt,  giebt  die 
Feldstärke  an  der  Stelle  der  oberen  Nadel.  Als 
Mittelwert  der  Feldstärke  an  der  Stelle  der 
unteren  Nadel  ergiebt  sich  durch  Zeitintegration 

2jtN'q      . 

und  als  Mittelwert   der  Kraft  an  der  Stelle  der 

oberen  Nadel 

2  jt  N '  q_    ^ 


M 


44 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


also  ist  die  Wirkung  auf  die  Nadel  dieselbe, 
als  ob  konstante  Kräfte  von  dieser  Grösse  auf 
sie  wirkten. 

Die  Feldstärke  an  Stelle  der  unteren  Nadel, 
wie  sie  durch  die  Aichspule  hervorgebracht 
wird,  ist 

wo  h  den  Radius  der  Windung  und  x  ihren 
Abstand  von  der  Nadelebene  bedeutet.  Die 
Feldstärke,  welche  die  Aichspule  an  der  Stelle 
der  oberen  Nadel  hervorbringt,  beträgt 


2X-  7 


U  (';)■'/'=  (-**)-■  ■ 


{cos  ß)  + 


=  2jl7'D, 


\so  r  den  Abstand  des  Windungsmittelpunktes 
von  der  oberen  Nadel  und  S  den  Winkel 
zwischen  der  Spulenachse  und  r  bedeutet. 

J/sei  das  Moment  der  oberen  Nadel  und  H 
die  Horizontalkomponente  des  Erdmagnetismus 
in  ihrem  Mittelpunkte;  .l/'und  /^/'die  entsprechen- 
den Werte  für  die  obere  Nadel.  S  sei  die 
Winkelablenkung  des  Magnetsystems  infolge 
des  Stromes  in  der  Aichspule,  und  <f>  die 
Winkelablenkung,  welche  infolge  der  Bewegung 
der  geladenen*^  Kugeln  sich  ergiebt.  Setzt  man 
das  Drehmoment,  welches  infolge  des  Erdfeldes 
auf  das  Magnetsystem  ausgeübt  wird,  gleich 
dem  Drehmoment,  welches  der  Strom  in  der 
Aichspule  auf  das  Magnetsystem  ausübt,  und 
setzt  man  M\M'  =  i,  so  ergiebt  sich: 
HM—H'Af  ^  ijcyjC—D) 
M  ^^        tang  S 

In  ähnlicher  Weise  erhält  man 

H_M—ßM'  ^  2xN.q{A  —  B) 
M  Vtang  q)        ' 

wenn  das  Drehmoment,  welches  auf  das  Magnet- 
system infolge  des  Erdfeldes  ausgeübt  wird, 
gleich  dem  Drehmoment  infolge  der  rotierenden 
geladenen  Kugeln  gesetzt  wird.     Somit 

y_A—B     N,q    tang  e 
C  —  D       y       fang  q) 

Sei  nun  6  die  Skalenablenkung,  die  sich 
bei  Umkehr  des  Stromes  J  in  der  Aichspule 
ergiebt  und  A  die  Skalenablenkung,  die  sich 
bei  Umkehrung  der  Ladung  der  Kugeln  ergiebt, 
so  ist 

,.      A—BN.q     6 

1/     ■    — =^  »  —  —      •      • 

C—D       7       A 

Die  Ladung  der  Kugeln  ist  für  die  quantita- 
tive Bestimmung  eine  sehr  unsichere  Grösse, 
und  speziell  aus  diesem  Grunde  ist  die  Methode 
der  rotierenden  Kugeln  fiir  quantitative  Arbeiten 
viel  weniger  geeignet,  als  die  Methode  der  ro- 
tierenden Scheiben,    namentlich,   wenn  man  sie 


wie  Rowland  in  seinem  zweiten  Versuch  an- 
wendet. Wäre  nur  eine  Reihe  von  Kugeln, 
die  alle  zum  selben  Potential  geladen  sind,  ver- 
wendet worden,  so  wäre  eine  gleich  grosse, 
entgegengesetzt  gerichtete  Ladung  auf  den  be- 
nachbarten Konduktoren  induziert  worden  und 
diese  induzierte  Ladung  hätte  sich  mit  den 
Ljadungen  auf  den  Kugeln  bewegt.  In  diesem 
Falle  wäre  es  schwer  gewesen,  die  resultierende 
Wirkung  zu  bestimmen.  Aus  diesem  Grunde 
wurden  zwei  getrennte  Kugelreihen  benützt, 
die  entgegengesetzte  Ladung  trugen  und  immer 
in  der  gleichen  relativen  Lage  zu  einander 
biteben.  Die  Kapazität  der  Kugeln  wurde 
unter  der  Voraussetzung  berechnet,  dass  ausser 
ihnen  keine  Leiter  zugegen  wären.  Die  Ladung 
auf  jeder  Kugel  wurde  mittels  der  Methode 
der  elektrischen  Bilder  berechnet,  indem  die 
Ladungen  auf  allen  übrigen  Kugeln  als  in  ihren 
Mittelpunkten  konzentriert  angenommen  wurde. 
Es  ergiebt  sich  dann  nach  Maxwell  (volume  i, 
section   159): 


a 


Affif  etc.  = 
voneinander. 


Ladung  einer  jeden  Kugel 

Potential  derselben 

Radius  derselben 

Abstände  der  Kugelmittelpunkte 


Dann   ist  die  Ladung   auf  jeder  Kugel  ge- 
geben durch. 


I  I 


P^a^qa  [    .  +  -'    -f 


A  +  q-a 


( 


i^}^ 


wo  sich,  die  ungeraden  Indices  auf  die  Kugeln 
einer  Gruppe  und  die  geraden  Indices  auf  die 
Kugeln  der  anderen  Gruppe  beziehen. 

Das  Potential  der  Akkumulatoren  wurde 
sowohl  mittels  Schutzring  -  Elektrometers  als 
mittels  maximaler  Funkenschlagweite  zwischen 
zwei  metallischen  Kugeln  ermittelt.  Als  Mittel- 
wert  ergab  sich  in   elektrostatischen  Einheiten 

P=63. 

Der  grosse  Vorteil,  den  eine  Akkumulatoren- 
batterie als  Elektrizitätsquelle  bietet,  besteht 
darin,  dass  eine  Messung  zur  Bestimmung  des 
Potentials  ausreicht.  Die  Batterie  wurde  jedes- 
mal vor  ihrer  Verwendung  frisch  geladen  und 
ihre  Spannung  änderte  sich  zwischen  den  ein- 
zelnen Versuchen  nur  ausserordentlich  wenig. 

Die  Kugeln  hatten  einen  mittleren  Radius  von 
1,35  cm;  der  Umdrehungsradius  betrug  20,38cm; 
der  Abstand    der   unteren  Nadel  vom  Achsen- 
mittel betrug    22,91  cm    und    der   der    oberen 
'  Nadel  29,28  cm. 

1         Die  folgende  Tabelle  enthält    die  Resultate 
I  einiger  Beobachtungsreihen: 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


45 


Xo. 

N. 

7. 

6. 

V. 

I 

42 

6,7 

0,00364 

26 

2,6  X  10" 

2 

55 

10,6 

0,00355 

31 

2,6 

3 

55 

9.0 

0,00355 

3« 

3.1 

4 

49 

".3 

0,00298 

29 

2,9 

5 

41 

5.5 

0,00280 

15 

2,7 

6 

48 

7,0 

0,00280 

15 

2,6 

Mittel     2,8  X  10 


10 


Diese  Zahlen  geben  das  Resultat  der  Ver- 
suche ziemlich  gut  wieder.  Die  Übereinstim- 
mung zwischen  Theorie  und  Experiment  ist 
sicher  so  gross,  als  mit  Rücksicht  auf  die 
Fehlerquellen  des  Versuches  erwartet  werden 
kann. 

Nur  schwer  bestimmbar  sind:  i.  Die  that- 
sächlich  von  den  Kugeln  getragenen  Ladungen 
und  der  Einfluss  der  Körper  in  der  Umgebung, 
speziell  der  stanniolbedeckten  Glasplatte,  welche 
die  Magnetometerröhre  unten  abschliesst,  wenn 
auch  dieser  Stanniolbelag  in  Streifen  von  un- 
gefähr I  mm  Breite  zerschnitten  ist  und  daher 
nur  geringe  Wirkung  ausüben  kann.  2.  Die 
ungleichmässige  Verteilung  der  Elektrizität  auf 
den  Kugeln,  so  dass  die  Ladungen,  genau  ge- 
nommen, nicht  im  Mittelpunkte  vereinigt  ange- 
nommen werden  können.  3.  Fehler  in  der 
Bestimmung  der  Nadelablenkungen,  die  von 
äusseren  Störungen  herrühren. 

E^  wurden  auch  Versuche  ausgeführt,  bei 
denen  die  Richtung  der  Bewegung  der  Kugeln 
umgekehrt  wurde.  Die  erhaltenen  Resultate 
entsprachen  in  jeder  Hinsicht  den  oben  ange- 
führten, nur  dass  das*  Vorzeichen  umgekehrt 
war.  Versuche,  bei  denen  nur  ein  Teil  der 
10  000  Zellen  der  Akkumulatorenbatterie  ver- 
wendet war,  lieferten  Resultate,  die  mit  dem 
vorausgegangenen  ziemlich  gut  übereinstimmen ; 
jedoch  waren  die  Ablenkungen  zu  klein,  als 
dass  man  eine  sehr  genaue  Übereinstimmung 
hätte  erwarten  können. 

Jefferson  Physical  Laboratory,  Harvard  Uni- 
versity,  Cambridge  Mass. 

tAus  dem  Englischen  übersetzt  von  K.  T.  Fischer-München.) 

(Eingegangen  2.  Oktober  1901.) 


\^  Notiz  über  polare  Unterschiede  bei  Spitzen- 
entladungen und  die  Verhältnisse  der  lonen- 

geschwindigkeiten. 

Von  K.  V.  Wesendonk. 

Ganz  kurz  sei  hiermit  hingewiesen   auf  die 

Verhältnisse     der    lonengeschwindigkeiten     für 

.  /  V— 

negatives  und  positives  Vorzeichen  I— — ,wenn 

V —  und  F+  die  Geschwindigkeiten  der  nega- 
tiven resp.  positiven  Ionen  bezeichnen),  welche 


in  neuerer  Zeit  für  den  Sauerstoff  und  einige 
andere  Gase  gefunden  worden  sind.  Für  dieses 
Gas  in  trockenem  Zustande  findet  genanntes 
Verhältnis,  nämlich 

Z^leny')=  1,32 
Townsend^)  =  1,58 
Chattock,  Walker  und  Dixon^)  =  1,42, 

während  in  Luft  entsprechend  die  Werte  lauten 

1,375 
1,54 
1,36 
und  in  Wasserstoff: 


,THE  NFW  Yi   r   •  ! 

ipübliclie:;;../ 


1,19 

1,54 
1,38. 


A6TÜR,    LfNCX 
TILDEN  FOUNLa7I;:ns 


Nun  ist  bekannt^),  dass  Sauerstoff  die  Ent- 
ladung der  negativen  Elektrizität  im  Vergleich 
zur  positiven  bei  Spitzenausströmung  keines- 
wegs so  begünstigt,  wie  einige  andere  Gase, 
und    man  könnte    daher  erwarten,    dass  dieser 

Umstand  auch  in  den  oben  erwähnten  Verhall- 
te  

nissen      -^  zur  Geltung  gelange.   Das  ist  aber, 

wie  man  sieht,  selbst  bei  den  von  Chattock, 
Walker  und  Dixon  für  Spitzenentladungen  be- 
stimmten Werten  keineswegs  der  Fall.  Bei  den 
erwähnten  Versuchen  von  Townsend  und 
Zeleny  handelt  es  sich  um  Gase,  die  durcib 
Röntgenstrahlen  aktiviert  worden  sind,  wobei 
meines  Wissens  keine  erhebliche  Ozonbildung 
eintritt,  wie  bei  der  Spitzenentladung  in  Sauer- 
stoff. Hiermit  bringt  nun  aber  Herr  Warburg '^j 
in  seiner  bedeutungsvollen  Arbeit  über  nega- 
tive und  positive  Spitzenentladung  in  reinen 
Gasen  die  relativ  geringe  Leitfähigkeit  des  0 
für  negative  Elektrizität  in  Verbindung.  Man 
sollte  demnach  erwarten,  dass  bei  den  Ver- 
suchen von  Chattock  u.  s.  w.  dieser  Einfluss 
der  Ozonbildung  zur  Geltung  käme,  auch  wenn 
ein  solcher  sich  beim  röntgenisierten  Gase  nicht 
zeigte.  Townsend  giebt  in  der  That  an,  für 
trockene  Lufi  diffundierten  die  Ionen  der  Spitzen- 
entladung®) langsamer,  als  die  durch  Röntgen- 
oder  Radiumstrahlen  wie  durch  ultraviolette 
Strahlen  hervorgerufenen,  welch  letztere  Me- 
thoden fast  identische  Werte  ergeben. 

1)  Diese  Zeitschr.  2,  604,  1901. 

2)  Ebd.  1,  313— 3«6,  1900. 

3)  Chattock  u.  s.  w.  Phil.   Mag.  (6)  1,  79—98,  1901. 

4)  Schon  Faraday*fand  die  polaren  Verschiedenheiten 
der  Lichterscheinungen  in  O  wenig  ausgeprägt.  Herr  War- 
burg  (Wied.  Ann.  40,  16»  18^)  wies  auf  den  Einfluss 
kleiner  Beimengungen  von  O  auf  das  Kathodengefalle  hin. 
Verf.  bemerkte  zu  jener  Zeit,  dass  Sauerstoff,  dem  Stickstoffe 
beigemengt,  der  negativen  Spitzenausströmung  hinderlich  ist. 
Wie  gross  die  Wirkung  kleiner  Mengen  Ö,  zeigte  dann  Herr 
Warburg  1899  und  Ann.  der  Phys.  2^  309  ff.  1900. 

5)  Warburg,  Ann.  der  Phys.  2,  313,  1900. 

(i\  Andererseits  stimmen  aber  die  von  Chattock  aus 
Spitzenentladungen  gefundenen  lonengeschwindigkeiten  gut 
mit  den  von  anderen  Beobachtern  in  röntgenisierten  Gasen 
gefundenen  übereiu. 


46 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  3. 


Einen  Einfluss  konnte  allerdings  die  Span- 
nung haben,  die  bei  Chattock  u.  s.  w.  nicht 
angegeben,  auch  sind  seine  Versuchsanordnungen 
ja  nicht  identisch  mit  denen  anderer  Forscher. 
Doch  ergaben  sich  bei  verschiedenen  Strom- 
stärken   von  3,2,    1,6  und  0,8  Mikroampere    in 

V 

öo  die  nahe  übereinstimmenden  Werte  für  — -- 

y  -T 

von  1,43,  1,40,  1,^2,  also  unter  erheblich  ver- 
schiedenen Entladungsumständen.  Nach  Herrn 
War  bürg  ist  die  Leitfähigkeit  für  negative 
Elektrizität  beim  Spitzenpotential  F=.  5 1 80  Volt 
grösser,  bei  F=  6790  Volt  erheblich  kleiner, 
bei  F=  8450  Volt  nahe  gleich  derjenigen  für 
das  andere  Vorzeichen.  Herr  Sieveking') 
findet  im  Sauerstoff  zwar  stärkere  Ausstrahlung 
der  negativen  Ladung,  aber  doch  weniger  als 
in  anderen  Gasen,  er  spricht  von  einer  deut- 
lichen Bevorzugung  von  +  Elektrizität  in  ö^. 
Eine  solche  von  —  Elektrizität  ist  nach  ihm  in 

Kohlensäure   vorhanden,    was    aber   nach    den 

V 

Werten  von  ,.  ,     für   dieses  Gas    nicht   zu  er- 

werten  gewesen  wäre  2). 
Diese  lauten  nämlich: 

Z^leny 1,07 

Townsend 1,13 

Chattock  u.  s.  w.  .  .  .  1,1 1 
Dass  bei  den  betreffenden  Messungen  übri- 
gens noch  gewisse  Unbestimmtheiten  obwalten, 
zeigt  deutlich  der  Umstand,  dass  Herr  Sieveking 
die  negative  Leitung  in  Stickstoff  kleiner  findet  als 
in  Luft,  während  doch  Verfasser^)  seinerzeit  mitBe- 
stimmtheit  beobachtete,  wie  in  Stickstoff  bei  ziem- 
lich gleicher  Durchlässigkeit  für  positive  Ladungen 
die  negative  Elektrizität  nicht  unbedeutend  be- 
günstigt erscheine  im  Vergleich  zu  Luft,  und 
daher  zu  dem  Schlüsse  kam,  die  Gegenwart 
von  Sauerstoff  in  der  Luft  vermehre  den  Wider- 
stand gegen  negative  Entladungen  nicht  uner- 
heblich. Nach  Herrn  Warburgs^)  Untersu- 
chungen ist  in  ganz  sauerstofffreiem  N  der 
negative  Strom  gar  hunderte  Male  so  stark  als 
der  positive,  ein  allerdings  recht  auffallendes 
Resultat.  Bei  dem  Wasserstoff  ferner  ist  wohl 
kaum  ein  Zweifel  vorhanden  über  die  sehr  er- 
hebliche Begünstigung  der  negativen  Strömung 

im  Vergleich  zu  Sauerstoff,  und  doch  sind  die 
y 

Werte  von  ,,—    darin   sogar   kleiner  als  in  0. 

V  -\- 

i)  Sieveking,  Ann. der Phys.1,310, 1900.  Verfassermöchte 
hierzu  (S.  311  Anm.)  anführen,  dass  der  dort  genannte  Satz  b 
doch  auch  schon  aus  seinen  Beobachtungen  folgt,  und  gilt, 
solange  die  Entfernung  Spitze  —  Platte  nicht  zu  gross.  Aus- 
nahme   scheint    bei    starken    positiven  Büscheln    eintreten    zu 

können. 

2)  Die  Lichterscheinungen  sind  übrigens  nach  Faraday 
in    CO2  polar  nur  wenig  verschieden. 

3)  Wesendonk,  Wied.  Ann.  39,  601  u.  605—606. 
1890.     Naturw.  Rundsch.  4,  441  —  43,  1889. 

4)  Warburg,  Ann.  der  Pbys.  2,  310,  1900. 


Liegen  also  gegen  die  Bestimmungen  der  lonen- 
geschwindigkeite.n  nicht  erhebliche  Bedenken  vor, 
so  müssen  neben  diesen  bei  der  Durchlässig- 
keit der  Gase  für  Spitzenausströmung|  noch 
andere  Momente  von  massgebender  Bedeutung 
sein.  Chattock  weist  nun  auf  den  Einfluss 
des  Zustandes  der  Oberfläche  der  Spitze  hin, 
von  dem  besonders  die  negative  Entladung  ab- 
hängig sei '),  die  denn  auch  bedeutend  schwan- 
kendere Werte  liefere. 

Zur  Annahme  einer  solchen  Oberflächen- 
wirkung resp.  eines  erheblichen  Einflusses  kleiner 
oberflächlicher  Änderungen,  wie  durch  Verstäu- 
bung, Auflockerung,  Okklusionen,  chemischen 
Angriffes  durch  selbst  sehr  kleine  Mengen  einer 
dem  umgebenden  Medium  beigemengten  Sub- 
stanz u.  dgl.  m.,  fuhren  manche  Thatsachen, 
auch  Verfasser  hatte  mehrfach  Gelegenheit,  dar- 
auf hinzuweisen.         (Eingegangen  22.  Oktober  1901.) 

1)  Sonst  nahm  man  wohl  eher  das  Gegenteil  an  (vgl. 
Wiedemann,  Elektrizität  4,  726,  1885),  doch  ist  zu  be- 
achten, dass  man  bei  positiver  leuchtender  Entladung  zwischen 
den  den  Funken  näherstehenden  eigentlichen  Büscheln  und 
dem  (damit  stets  verbundenen)  positiven  Glimmen  zu  unter- 
scheiden hat.  Auf  letzteres  bezöge  sich  denn  wohl  nur 
Chattocks  Bemerkung. 


Elektrolytische  Vorschaltzelle  für  den  Betrieb 
von  Induktorien  bei  Wechselstrom. 

Von  E.  Knoblauch. 

Schon  immer  hat  es  Schwierigkeiten  ge- 
macht, Röntgenapparate  mit  Wechselstrom  zu 
benutzen,  da  der  Wechselstrom  immer  nur  in 
einer  Richtung  durch  die  primäre  Spule  des 
Induktoriums  gelangen  darf,  um  die  sehr  stören- 
den Lichtschwankungen  in  der  Röntgenröhre 
zu  vermeiden. 

Ich  habe  unter  freundlicher  Mitwirkung  des 
Herrn  Ingenieur  Berg  er  hierüber  viele  Ver- 
suche angestellt  und  zwar  in  dem  physikalischen 
Versuchslaboratorium  der  Firma  Reiniger, 
Gebbert  und  Schall  in  Erlangen.  Ein  von 
Herrn  Ruhm  er  in  Berlin  überlassener  Unter- 
brecher, wie  er  in  dieser  Zeitschrift')  beschrie- 
ben ist,  Hess  sich  trotz  vieler  Mühe  leider  bei 
Wechselstrom  von  50  Perioden  und  1 10  Volt 
Betriebsspannung  nicht  in  Thätigkeit  setzen, 
weil  die  Spannung  wahrscheinlich  zu  gering 
war.  Da  es  aber  wichtig  ist,  gerade  bei  1 10 
Volt  den  Wechselstrom  für  Röntgenzwecke  be- 
nutzen zu  können,  kam  ich,  angeregt  durch 
den  Ruhmerunterbrecher,  darauf,  eine  Gleich- 
richtzelle vor  den  Unterbrecher  zu  schalten, 
die  aus  je  einer  Blei-  und  Aluminiumelektrode 

I)  Vgl.  diese  Zeitschrift  2,  742,  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  3. 


47 


besteht,  welche  in  einer  20  prozent.  Seignette- 
lösung  stehen.  Bei  dieser  Versuchsanordnung 
Hessen  sich  Simon-,  Wehnelt-,  ja  sogar  Queck- 
silberstrahlunterbrecher anwenden.  Die  Unter- 
brecher arbeiteten  bei  einer  eingeschalteten 
Röntgenröhre  tadellos,  bei  letzterer  markierte 
sich  eine  scharfe  Trennung  beider  Hälften, 
als  Beweis,  dass  die  elektrolytische  Vorschalt- 
zelle  nur  eine  Stromphase  des  Wechselstromes 
zum  Unterbrecher  gelangen  lässt. 

Die  elektrolytischen  Unterbrecher  brauchen 
bekanntlich  zum  Betrieb  ziemlich  hohe  Strom- 
stärken, wodurch  die  Röntgenröhren  stärker 
beansprucht  werden,  als  oft  notwendig  ist;  des- 
wegen haben  sich  vielfach  die  Quecksilber- 
strahlunterbrecher eingeführt.  Da  diese  nun 
mit  Hilfe  der  vorgeschalteten  Gleichrichtzelle 
auch  *bei  Wechselstrom  benutzt  werden  können, 
scheint  mir  für  viele  Fälle  die  oben  angegebene 
Methode  von  Vorteil  zu  sein. 

Erlangen,  20.  Oktober  1901. 

(Eingegangen  21.  Oktober  1901.1 


r.----::M. 


Ober  die  Formen   der  von  dem  Michelson- 
sehen  Interferometer  gelieferten  Kurven. 

Von  John  C.  Shedd. 

Die  Theorie  der  Interferenzerscheinungen, 
welche  das  M  i  c  h  e  1  s  o  n  sehe  Interferometer  liefert, 
ist  eingehend  von  Professor  A.  A.  Micheison 
(Phil.  Mag.  [5],  13,  236—242,  1882)  diskutiert  wor- 
den. In  der  vorliegenden  Abhandlung  soll  das 
Problem  von  einem  anderen  Gesichtspunkte  aus 
behandelt  werden. 

Fig.    I    zeigt    die   gebräuchliche   Form    des 
Apparates, 
j/,  il/,       stark  versilberte  Spiegel. 

A  Platte  mit  parallelen  Seiten,  welche  zur 
Hälfte  auf  der  M  gegenüberliegenden 
Seite  versilbert  sind. 

C  ~  Platte  von  derselben  Dicke  wie  A  \ind 
parallel  A.  Diese  Platte  heisst  der 
Kompensator. 

.1/2  befindet  sich  auf  einem  beweglichen 
Klotze,  welcher  durch  die  Schraube  S  verstellt 
werden  kann. 

Die  Interferenzerscheinungen  werden  mittels 
des  Auges  oder  des  Teleskopes  bei  T  betrachtet. 

Man  kann  sich  offenbar  vorstellen,  dass  der 
Spiegel  M2  sich  hinter  Mi  dort  befindet,  wo 
die  punktierten  Linien  M^  gezeichnet  sind.  Nimmt 
man  dies  an,  so  braucht  man  nur,  wie  Professor 
Micheison  nachgewiesen  hat,  J/,  und  M2  zu 
berücksichtigen. 

Man  kann  dann  die  ganze  Erscheinung  be- 
handein, als  ob  sich  eine  Lichtquelle  S'  in  der 
Ebene  von   M^    und   seines   Bildes    S*   in  M2 


Z522 


'^«       S 


tzzzn 


II 


Fig.  I. 


(Fig.  2)  befindet.   In  Fig.  2  ist  Winkel  ApB  —  f^ 
und  Winkel  BPC    -i. 

Im  folgenden  sollen  die  folgenden  Bezeich- 
nungen benutzt  werden: 
/o     '  senkrechte  Entfernung  zwischen  J/,   und 
M^n     Am   Apparate   wird   dieselbe   mit 
Hilfe  der  Schraube  5  (Fig.  i)  bestimmt. 
<f)  —  Winkel  zwischen  J/,   und  M^*   Derselbe 
wird  mit  Hilfe  von  Schrauben,   die  sich 
auf  der  Rückseite  von  3/,   befinden,  er- 
mittelt  (physikalisch   ist   der  Winkel   9 
der  Winkel,  um  den  die  Ebenen  von  M\ 
und  M2  von  90^  abweichen). 
P      senkrechte   Entfernung   von  Mx  bis   zur 
Ebene,  welche  die  Interferenzerscheinung 
enthält.   Diese  wird  Brennebene  genannt. 
/,  S      Winkel,  zwischen  der  Lichtquelle  bei  P 
und  der  Brennebene.    Ö  ist  in  der  Ebene 
senkrecht   zur  Ebene  von  qp;   /  liegt  in 
der     zu     9)    parallelen     Ebene.      Diese 
Winkel  können  auch  als  die  Einfallswinkel 
der  interferierenden  Strahlen  auf  die  Brenn- 
ebene definiert  werden,  wobei  S  in  der 
zu  q>  senkrechten  Ebene  liegt.  Die  Brenn- 
ebene  ist   senkrecht   sowohl   zur  Ebene 
von  ©,  als  auch  von  /. 
A       Differenz  der  Weglängen,  welche  durch 
die  zwei  Strahlen,   die  bei  P  Interferenz 
hervorrufen,  zurückgelegt  werden. 

Professor  Micheison  hat  nachgewiesen,  dass 
der  Wert  von  A  durch  die  Gleichung 


Fig.  2. 


48 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


gegeben  ist. 

Im 'allgemeinen  kann  A  alle  möglichen  Werte 
annehmen;  aber  der  Wert,  welcher  die  deut- 
lichsten Fransen  liefert,  ist  durch  die  Bedin- 
gungen gegeben: 


2) 


ÖA  ,  ÖA 

=^0  und  -jr^  =  o. 
öS  ot 


Dies  liefert  für  den  Wert  von  P 


3) 


4) 


Da  die  Brennebene  senkrecht  zur  Richtung  P 
ist,  wird  jeder  Punkt  [x,  y)  auf  ihr  durch  die 
Gleichungen  bestimmt 

\x  =  Ptgi 
\y=.PtgS, 

Die  Form  der  durch  die  Interferenz  hervorge- 
rufenen Kurve  wird  durch  Substitution  der 
Gleichungen  (4)  in  Gleichung  (i)  erhalten.  Dies 
liefert: 

^.     A^y^={4F^tg'^<p^A'^)x^  +  it,P^q>.x 
5^  -^-PHAt^-A^). 

Die  weitere  Behandlung  dieses  Gegenstandes 
läuft  auf  die  Analyse  von  Gleichung  (5)  heraus. 

Gleichung  (5)  ist  die  eines  Kegelschnittes; 
die  verschiedenen  Formen  desselben  können 
leicht  durch  Betrachtung  der  Excentrizitäts- 
gleichung  ermittelt  werden. 

Der  allgemeine  Ausdruck  für  die  Excentri- 
zität  ist  in  diesem  Falle 


6)  ^  =  /i+//5, 

wo  /  der  Koeffizient  von  x^  und  B  von  y^  ist. 
Im  vorliegenden  Falle  geht  sie  in  den  ein- 
fachen Ausdruck  über 


7) 


2  PtgO) 


Substituiert  man  den  Wert  von  P  in  Gleichung 
(3),  so  erhält  man 


8) 


Durch  Einführung  des  Wertes  von  J  in  Glei- 
chung (1)  geht  diese  über  in 

9)  er=  sin  i  cos  i^i  +  tg'^i  -f-  tg'^ O 
oder 

10)  e  =  sm  i'Y\  \-~ig^  S  cos^  / . 

Die  Gleichungen  (7)  bis  (10)  liefern  uns  die 
verschiedenen  Fälle,   welche   auftreten  können. 
Da  Gleichung  (5)  die  Gleichung  eines  Kegel- 
schnittes ist,  so  können  diese  Fälle  in  folgende 
Abteilungen  eingeteilt  werden: 
I.  die  gerade  Linie, 
II.  die  Hyperbel, 
III.  die  Parabel, 


IV.  die  Ellipse, 
V.  der  Kreis. 

I.  Die  gerade  Linie.     Hier  ist 

e^=oc.  11) 

Dieser  Fall  tritt  ein,  wenn  J  =  o  (Gleichung  7 
oder  8)  oder  ©  =  90^  (Gleichung  10). 

Ist  zu  gleicher  Zeit  1^=0^  dann  werden 
die  Gleichungen  (7)  und  (8)  unbestimmt.  Dies 
bedeutet,  dass  J/,  und  J/j  (Fig.  2)  zusammen- 
fallen, und  daher  kann  keine  Interferenz  auf- 
treten. 

Ist  J  =  o ,  dann  wird  Gleichung  {5) 

(/^9);r  +  /o)2  =  0,  12) 

die  Gleichung  zweier,  zusammenfallender  gerader 
Linien.  Der  Wert  von  A  wird  jedoch  nur  Null 
für  die  mittlere  Bande,  während  die  beiden 
Banden  zu  beiden  Seiten  verschiedene  Krüm- 
mung besitzen.  Beim  Experimentieren  lässt 
sich  der  Apparat  leicht  so  einstellen,  dass  das 
Feld  ganz  mit  Banden  bedeckt  ist,  welche  bei- 
nahe gerade  Linien  sind. 

II.  Die  Hyperbel.  ^  >  /  und  <  :3c.  Aus 
den  Gleichungen  (i)  und  {7)  folgt,  dass  die 
Banden  zu  beiden  Seiten  der  mittleren,  Hyper- 
beln sind;  denn  da  Z' klein  ist  (/'verschwindet 
für  die  mittlere  Bande),  so  nehmen  die  Werte 
von  S  und  /  rasch  zu.  Ferner  da  der  Wert 
von  /o  auch  sehr  klein  ist,  so  ist  der  Wert  von 
A  in  Gleichung  (i)  klein  und  daher  wird  der 
Wert  von  e  aus  Gleichung  (11)  gross,  aber  nicht 
unendlich  sein. 

Der  Wert  von  e  hängt  von  Franse  zu  Franse 
sehr  von  dem  Werte  von  9  ab.  Ist  der  Wert 
von  (f>  sehr  klein,  so  nimmt  der  Wert  von  e 
schnell  ab  und  ist  dann  die  Änderung  der 
Krümmung  leicht  mit  dem  Auge  wahrnehmbar. 
Für  grössere  Werte  von  9)  ist  die  Änderung 
von  €  nicht  mehr  so  leicht  zu  beobachten. 

Nimmt  der  Wert  von  /q  zu  (durch  Drehen 
der  Schraube  S)^  so  nimmt  der  Wert  von  A 
schneller  zu,  als  der  Wert  von  A)  und  der  Wert 
von  e  nimmt  ab.  Hieraus  folgt,  dass,  wenn  M-^ 
sich  entfernt,  die  Fransen  immer  mehr  und  mehr 
gekrümmt  werden. 

Die  Gleichung  der  Hyperbel  ist 


x^       y^  

/2  ~~  ß2  —  ^ 


13) 


und 


und 


/2  = 


A'^  --  4  P^  tg  q> 


^2=/^2(J2_4/^2), 

Die  gleichseitige  Hyperbel: 

r=y2. 

Für  diesen  Wert  von  e  wird  Gleichung  (10) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


49 


Die  folgende  Tabelle    zeigt  die  Beziehung  zwi 
sehen  /,  ^  und  P. 


Tabelle  I. 

sin  i 

• 

tanß 

e 

P 

0 

oo 

CX) 

90'^ 

xo=o 
tan  (p 

0,5 

30« 

2.7 

70"- 

/"  X0.5S 

tan  ip           ^ 

OJ07 

45^ 

I.S7 

62»— 

'"       XI 
tan  ip 

0,877 

6o** 

1,58 

580— 

/"      X>.73 
tan  ip 

I 

900 

1,4 

54"4o' 

tan  ip 

Werden  /  und  H  miteinander  vertauscht,  so 
wird  das  konjugierte  System  von  Hyperbeln 
erhalten.  Der  Grenzwert  von  H  ist  54^  40 . 
Offenbar  kann  S  diesen  Wert  nur  haben,  wenn 
die  Brennebene  ganz  nahe  an  J/j  liegt.  Hier- 
aus folgt,  dass  die  gleichseitige  Hyperbel  nur 
mit  kleinen  Werten  von  /q  beobachtet  wird. 
Mit  grossen  Werten  von  <p  wird  man  dasselbe 
Resultat  erhalten,  da  dieselben  kleine  Werte  für 
P  liefern.     Allgemein    muss    bei  der  Hyperbel 

A  <i2  P  ig  if 


oder 
oder 


J  <  2  /o  /^  I 


sin  6^  >     ^ 

y  I  -^  siti^i 

was  6^  =  45*^  und  /  =  90^  giebt. 

III.  Die  Parabel.  Die  Parabel  ist  der 
Grenzwert  für  die  Hyperbel  und  e  =  \.  Die 
notwendigen  Bedingungen  fiir  die  Parabel  sind: 

A  =  2  P  tg  (p  f  aus  Gleichung     (7) 
oder     A=2i^tgi,      „  „  (8) 

oder      ö=    .     .  „  „  (10) 

stn  i 

Die  Grenzwerte  für  /  und  B  sind: 

/  =  ±  9o^        ©  =  +  45 , 

die  Gleichung  für  die  Hyperbel  ist: 


15) 


wo 


1/2  = 


\Pk 


X=X  —  l 


A 


A', 


4/0^ 


IV.  Die  Ellipse  e  <C  ?.    In  diesem  Falle  ist: 

A^  2  P  tg  <p  ,  aus  Gleichung     (7) 
oder     J>2/„/^/,      „  „  (8) 


oder     tg&  <C 


sin  i 


tt 


tt 


(lO) 


Diese  Bedingung  wird  durch  eine  Zunahme 
von  /„  mittels  der  Schraube  ^'  erreicht.  Durch 
Verändern    des  Wertes  von  (f    kann   man  das- 


selbe Resultat  erhalten,  vorausgesetzt,  dass  der 
Wert  von  /o  nicht  zu  klein  ist.  F'ür  solche 
Werte  von  /y,  bei  denen  A  nicht  merklich  von 
2  P  abweicht,  wird  der  Wert  von  e  durch  den 
Wert  von  (p  bestimmt,  und  Gleichung  (7)  kann 
geschrieben  werden: 

f  =  tg(p  16) 

und  Gleichung  (8) 

e=-tgi,  17) 

da  P  und  4  einander  gleich  sind. 

Offenbar  wird  die  vorstehende  Bedingung 
nur  für  grosse  Werte  von  Z,,  realisiert. 

Leicht  gelingt  es,  /q  und  <jp  so  zu  adjustieren, 
dass  das  Gesichtsfeld  mit  elliptischen  Fransen 
bedeckt  ist.  Die  Elliptizität  nimmt  zu,  wenn 
das  Auge  sich  von  der  Mitte  nach  seitwärts 
bewegt. 

Die  Gleichung  der  Ellipse  ist 


X 


i 


/2 


+ 


/2 


J 


18) 


wo 


19) 


>> 


tt 


tt        tt 

90^  „ 


'A^—^P^tg^<P 

V.  Der  Kreis. 

e  =  0 , 

Hier  muss  eine  der  folgenden  Bedingungen 
erfüllt  sein: 

(i)  (p  =  o 
oder  (2)  P=  o,  vorausgesetzt  dass  A  nichtNull  ist 
oder  (3)  /o  =0,  „  „  A 

oder  (4)    /=o,  „  „  ß 

Bedingung  (i),  wo  (p  =  o  ist,  während  alle 
übrigen  Grössen  bestimmte  endliche  Werte  be- 
sitzen, ausser  P,  welches  nach  Gleichung  (3)  ic 
ist,  lässt  sich  am  leichtesten  erfüllen. 

Ist  /*  =  ^>c,  so  nehjnen  offenbar  /  und  ß 
denselben  Grenzwert,  nämlich  o,  an,  und  unter- 
scheiden sich  voneinander  wie  keine  endliche 
Grösse. 

Aus  der  Gleichung 

e  =  /gl 

folgt,  dass  in  Fall  IV  ^  =  o  für  die  mittlere 
Franse  ist,  da  hier  /  =  o.  Offenbar  wird  auch, 
da  /o  zunimmt,  der  grösste  Wert  von  /  für  das 
vom  Instrument  beherrschte  Gesichtsfeld  kleiner. 
Daher  scheinen  die  Fransen  bei  zunehmender 
/o  immer  mehr  und  mehr  kreisförmig  zu  werden. 
Für  Werte  von  /oi  welche  grösser  als  10  mm 
sind,  erscheinen  die  Fransen  kreisförmig,  selbst 
wenn  (f  nicht  Null  ist. 

Es  ist  leicht  zu  entscheiden,  wann  <p  nicht 
Null  ist,  denn  dann  ist  P  nicht  'y^  und  die 
Werte  von  /  und  &  sind  nicht  identisch.  Wird 
das  Auge  jetzt  auf  und  ab  oder  von  links  nach 
rechts  bewegt,    so    bewecfen    sich    die  Fransen, 


so 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


eine  Erscheinung,  welche  man  eine  Art  von 
„Parallaxe"  nennen  könnte,  und  mit  deren  Hilfe 
es  leicht  gelingt,  (p  richtig,  d.  h.  =0,  zu  ad- 
justieren. 

Alle  oben  beschriebenen  Kurven  lassen  sich 
leicht  erhalten,  wenn  man  erst  4  einen  kleinen 
Wert  beilegt  und  'durch  Adjustieren  von  9)  die 
mittlere  gerade  Bande  erhält:  Wird  jetzt  /o 
grösser,  dadurch  dass  Mi  zurückgezogen  wird, 
so  verwandeln  sich  die  Fransen  in  Hyperbeln, 
dann  einen  Augenblick  in  Parabeln,  dann  in 
Ellipsen  und  schliesslich  für  grosse  Werte  von 
/q  in  einen  Kreis. 

VI.  Ausser  den  vorhergehenden  allgemeinen 
Fällen  sind  noch  einige  andere  besondere  von 
Interesse.  Wir  beginnen  mit  der  Beschreibung 
des  Verhaltens  der  Fransen,  wenn  Z^,  durch  den 
Wert  Null  hindurchgeht  und  das  Vorzeichen 
wechselt. 

Befindet  sich  M^  hinter  J/, ,  so  ist  /o  positiv 
und  für  grosse  Werte  von  /,,  haben  fp  und  / 
das  entgegengesetzte  Vorzeichen;  die  Brenn- 
ebene liegt  hinter  M^ .  Unter  diesen  Bedingungen 
sind  /o  und  (p  positiv,  /  und  P  negativ.  Nach 
Gleichung  (i)  ist  A  negativ  und  e  (Gleich.  7) 
natürlich  positiv.  Für  grosse  Werte  von  /o  ist 
der  Wert  von  P  nach  Gleichung  (3)  ebenfalls 
gross  und  /  daher  sehr  klein.  Daher  ist  e  nach 
Gleichung  (8)  klein  und  die  Fransen  sind  that- 
sächlich  Kreise. 

Wird  M^  vorgeschoben  bis  t^  =  o,  dann  ist 
nach  Gleichung  (3)  P=o  und  die  Brennebene 
durchschneidet  die  Ebene  von  Mi  im  Ge- 
sichtsfeld. 

Da  /o  =  o  ^^^  ^  ""^  '  beide  endlich  sind, 
so  ist  der  Wert  von  ^  =  o  (Gleichung  8).  Da 
^0  =  o,  so  können  auch  chromatische  Fransen 
erhalten  werden.  Dieselben  sind  kreisförmig 
und  ausserordentlich  scharf. 

Wird  Ml  vor  M^  gebracht,  so  ändern  /o 
und  <p  ihr  Vorzeichen;  sie  werden  negativ, 
während  /  und  P  positiv  werden;  A  bleibt  ne- 
gativ (das  negative  Vorzeichen  vor  A  bedeutet, 
dass  A  abnimmt,  wenn  /  zunimmt).  Hieraus 
folgt,  dass  die  Brennebene  eine  gekrümmte 
Fläche  wird,  welche  gegen  den  Beobachter  für 
negative  Werte  von  P  konkav  ist.  Dies  kann 
mit  dem  Auge  direkt  beobachtet  werden,  in- 
sofern, als  die  Fransen  auf  einer  konkaven  Fläche 
zu  liegen  scheinen. 

Der  Wert  von  A  wird  jetzt 

und  /,!  ^  P  ig  i  tg  <p ,  so  dass  A  negativ  ist. 
Wird  M^  noch  weiter  vorgeschoben,  so  nimmt 
/  zu  und  ebenso  P,  Eine  Zeit  lang  nimmt 
der  Wert  von  e  (Gleichungen  7  und  8)  zu; 
gleichzeitig  gehen  die  Kurven  aus  Kreisen  [e=o) 
in    Ellipsen    (^  >  o  aber  <  i)    über,    dann   in 


20) 


Parabeln  (^  =  i),  weiter  in  Hyperbeln  (^  >  i) 
und  schUesslich  in  eine  gerade  Linie  {e  =  ^). ') 
Nimmt  der  Wert  von  /ij  zu,  nachdem  der 
Minimumswert  von  A  erreicht  ist,  so  wird  die 
Zunahme  von  P  reichlich  aufgewogen  durch  die 
Abnahme  des  Wertes  von  ^g  i,  so  dass  der 
Wert  P  tg  i  tg  q>  abnimmt.  Der  Wert  von  A 
nimmt  daher  zu  und  der  von  e  nimmt  ab. 
Hieraus  ergiebt  sich,  dass,  wenn  M^  weiter  vor- 
geschoben wird,  die  konjugierten  Hyperbeln 
sichtbar  werden  und  in  umgekehrter  Reihenfolge 
durch  die  oben  erwähnten  Kurvenformen  hin- 
durchgehen und  schliesslich  als  Kreise  sichtbar 
werden. 

Dieser  Fall  giebt  uns  ein  gutes  Mittel,  um 
die  chromatischen  Fransen  des  Instrumentes 
aufzufinden  (die  Nulllage  des  Instrumentes.) 
Man  verfährt  dann  folgendermassen:  Nachdem 
man  Fransen  mit  der  Natriumflamme  hergestellt 
hat,  adjustiert  man  Mi  so,  dass  die  Parallaxe 
ein  Minimum  ist  und  die  Fransen  Kreise  sind. 
Dies  liefert  einen  kleinen  Wert  für  <p.  Nun  wird 
M-i  durch  die  Nulllage  hindurchgeführt,  bis  die 
Kreise  Hyperbeln  werden.  Jetzt  wird  M^  zu- 
rückgeführt, bis  die  Fransen  gerade  anfangen, 
kreisförmig  zu  werden.  Wird  nun  weisses  Licht 
für  die  Natriumflamme  eingeschaltet  und  M^ 
noch  weiter  langsam  mittels  der  Schraube  zu- 
rückgeführt, so  entstehen  chromatische  Fransen. 
Dieselben  sind  so  scharf,  dass  man  sie  leicht 
mit  dem  diffusen  Lichte  des  Zimmers  erhalten 
kann. 

VII.  Der  zweite  ergänzende  Fall  bezieht 
sich  auf  die  Drehung  des  Kompensators, 
welche  die  Weglänge  und  damit  den  Wert  von 
/q  verändert.  Ist  der  Wert  von  t^  schon  gross, 
so  wird  diese  Änderung  weder  den  Wert  von 
P  (Gleichung  3)  oder  den  von  A  (Gleichung  i) 
merklich  beeinflussen  und  daher  bleibt  auch 
der  Wert  von  e  derselbe.  Ist  jedoch  /©  klein, 
so  bewirkt  die  Drehung  eines  Kompensators 
eine  grosse  relative  Veränderung  von  t^  und 
daher  auch  eine  grosse  von  P  und  A\  es  ändert 
sich  dann  auch  der  Wert  von  e  sehr  schnell. 

Ist  beispielsweise  der  Wert  von  t^  klein  und 
der  Kompensator  parallel  der  Platte  A  (Fig.  i), 
so  gehen  die  kreisförmigen  Fransen  bei  einer 
derartigen  Drehung,  dass  die  optische  Weglänge 
durch  das  Glas  kleiner  wird,  in  elliptische  über, 
indem  der  Wert  von  e  bei  der  Drehung  grösser 
wird.  Wird  bei  weiterer  Drehung  4  noch  kleiner, 
so  nimmt  e  weiter  zu  und  die  Fransen  ver- 
wandeln sich  aus  der  parabolischen  Form  in 
die  hyperbolische.  Bald  erscheint  auch  das 
konjugierte  System  der  Hyperbeln  im  Gesichts- 
feld.    Beim  Drehen  des  Kompensators    bis  zur 

i)  Dies  hängt  davon  ab,  ob  d  Null  wird  oder  nur  einen 
Minimumswert  annimmt,  um  dann  zuzunehmen.  Im  Instrument 
kann  der  Wert  von  A  leicht  kontrolliert  werden  und  die 
Fransen  zu  geraden  Linien  gemicht  werden. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  3. 


51 


Parallelität  mit  Afi  verändert  sich  das  Aussehen 
der  Fransen:  Sobald  nämlich  die  parallele  Lage 
überschritten  wird,  ändert  sich  die  Richtung 
der  Bewegung  der  Fransen,  und  jetzt  fängt 
auch  der  Wert  von  /b  an  zuzunehmen.  Die 
Umkehr  der  Bewegung  der  Fransen  ist  eine 
sehr  empfindliche  Probe  für  den  Parallelismus 
der  Platten  C  und  Af  (Fig.  i)  und  dürfte  wohl 
von  grossem  Wert  auch  für  andere  Arbeiten 
sein. 

VIII.  Der  dritte  und  letzte  ergänzende  Fall, 
welcher  berücksichtigt  werden  muss,  tritt  auf, 
wenn  ff=^o  und  4  =  o  ist.  Unter  diesen  Be- 
dingungen ist  P  (Gleichung  3)  unbestimmt.  Da- 
her ist  /)  auch  unbestimmt  (Gleichung  i)  und 
ebenso  e  nach  den  Gleichungen  (7)  und  (8).  Ist 
4  =  o,  so  fallen  JIi  und  JI/2  zusammen  und 
offenbar  sollte  keine  Interferenz  vorhanden  sein. 
Letzteres  hängt  jedoch  davon  ab,  ob  die  zwei 
Lichtstrahlen  genau  dieselbe  Phase  haben.  Da 
nun  der  eine  Strahl  an  der  äusseren  Fläche  von 
A,  der  andere  an  der  inneren  reflektiert  wird, 
so  müsste  Interferenz  auftreten,  ausser  wenn  die 
PhasendifTerenz  gerade  '/-i  ^  beträgt.  Da  J/i  und 
J/2  zusammenfallen,  so  sind  /  und  ^  gleich  Null 
und  der  Wert  von  e  (Gleichung  9) 

e  =  sin  i cos  /)/" i  +  tg^  i  +  tg^  H  =^^17^7 


und  daher  müssten  die  Fransen,  wenn  sie  über- 
haupt vorhanden  sind,  Kreise  sein. 

Zu  diesem  Schlüsse  können  wir  auch  auf 
folgende  Weise  gelangen.  Eine  Phasendifferenz, 
mag  sie  von  irgend  welcher  Ursache  herrühren, 
ist  einem  bestimmten  Werte  von  /^,  äquivalent. 
Da  (p  =  o,  so  muss  e  nach  Gleichung  (i)   sein 

e  =  2  Ptgq>  _ 

Wird  weisses  Licht  benutzt,  so  tritt  zu  der 
von  der  Reflektion  herrührenden  Phasendifferenz 
noch  Dispersion  ein,  welche  durch  den  Kom- 
pensator  hereinkommt  (ausser  wenn  C  genau 
parallel  A  ist,  Fig.  1).  Diese  Dispersion  ist  von 
Cornu  (C.  R.  93,  1881)  und  Michelson  (Phil. 
Mag.  [5]  13,  236,  1882)  untersucht  worden. 

Hieraus  folgt,  dass  sehr  schöne  chromatische 
Fransen,  selbst  dann,  wenn  (p  =  o  und  t^^  =  o, 
auftreten.  Das  Vorhandensein  von  Fransen 
unter  diesen  Bedingungen  liefert  uns  ein  Mittel, 
um  zu  prüfen,  ob  eine  Phasendifferenz  vorhanden 
ist,  welche  von  einer  der  oben  erwähnten  Ur- 
sachen herrührt.  Unter  diesen  Bedingungen  sind 
147  kreisförmige  chromatische  Fransen  gezählt 
worden. 

Colorado  College,  September  1901. 


^\V  YO^W^^"™  Englischen  übersetzt  von  G.  C.  Schmidt.) 


PUBLIC  L.PRARY 


AS^OH,    LENOX 
TILDLN  FÜÜNCATI0N6. 


(Eingegangen  i.  Oktober  190».) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  7^  NATUR 
FORSCHERVERSAMMLUNG  ZU  HAMBURG. 


Edmund  Hoppe  (Hamburg),  Naturforschung 
und  Technik.  *) 

Wenn  man  als  die  Aufgabe  der  Natur- 
forschung die  Erkenntnis  der  Natur  und  der 
in  der  Natur  wirkenden  Kräfte  und  deren  Ge- 
setze bezeichnet  und  die  Technik  als  eine 
ausübende  Kunst  aufifasst,  so  ist  die  Meinung 
scheinbar  berechtigt,  dass  die  Eine  sehr  wohl 
ohne  die  Andere  bestehen  könne,  und  wenn 
auch  beide  die  Natur  als  Objekt  der  Bearbei- 
tung haben,  würden  sie  .doch  nach  Methode 
und  Ziel  wesentlich  voneinander  abweichen. 
Oft  genug  begegnet  man  der  Meinung,  dass 
die  Technik  der  Naturforschung  nicht  bedürfe 
und  hin  und  wieder  scheinen  technische  Er- 
folge, wie  z.  B.  die  amerikanische  Methode  der 
Linsenschleifung,  die  Ansicht  zu  rechtfertigen, 
dass  durch  „Probieren"  mehr  erreicht  werden 
könne  als  durch  wissenschaftliche  Forschung. 
Allein  derartige  Erfolge  sind  vereinzelt  und 
immer   nur   in    engbegrenzten    Gebieten    mög- 


i)  Abteilung  3.,  Eröfinungsvortrag  a.ni  23.  September  1901. 


lieh  und  selbst  da  können  sie  einer  vorgängigen 
Forschung  nicht  entbehren.  Fasst  man  das 
Gesamtgebiet  der  Technik  ins  Auge,  so  kann 
man  dieselbe  nicht  als  eine  Kunst  ansehen, 
sondern  als  die  Wissenschaft  von  der  Nutz- 
barmachung der  Natur  und  der  Naturkräfte. 
Diese  Nutzbarmachung  entspringt  aber  dem 
Bedürfnis  der  Menschheit,  sich  im  Kampfe  ums 
Dasein  Bundesgenossen  zu  suchen,  und  setzt 
voraus  die  Erkenntnis  und  die  Erforschung  der 
Natur  und  ihrer  Kräfte.  Daher  ist  Technik 
und  Naturforschung  so  alt  als  das  Menschen- 
geschlecht selbst  und  die  ersten  Anfange  der 
Technik  sind  nicht  denkbar  ohne  eine  vor- 
gängige Naturforschung,  diese  aber  setzte  nicht 
mit  der  Absicht  ein,  patentierungsfähige  Er- 
findungen  zu  machen,  sondern  sie  beruhte  auf 
Beobachtung  und  Verknüpfung  der  Beobach- 
tungen im  Denkvermögen.  Es  ist  jedoch  nicht 
meine  Absicht,  bei  den  Anfängen  beider 
Wissenschaften  zu  verweilen,  richten  wir  unsem 
Blick  auf  den  gegenwärtigen  Zustand  der  Tech- 
nik und  Forschung. 


52 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


Das  abgelaufene  Jahrhundert  stand  unter 
der  Herrschaft  des  Dampfes  in  Bezug  auf  die 
technische  Entwickelung,  und  gerade  an  der 
Dampfmaschine  illustriert  sich  das  Verhältnis 
von  Wissenschaft  und  Technik  in  hervorragender 
Weise.  Aus  unsern  Lehrjahren  erinnern  wir 
uns,  dass  uns  die  Äolipile  Heros  als  älteste 
Dampfmaschine  gezeigt  wurde,  und  genau  so 
geschieht  es  noch  heute.  In  der  Regel  wird 
die  Sache  so  dargestellt,  als  ob  dieses  Spiel- 
zeug ganz  zufällig  erfunden  sei,  und  damit  ist  dann 
die  Frage  beantwortet,  wie  es  möglich  gewesen 
ist,  dass  von  dieser  ersten  Dampfmaschine  Heros 
bis  zu  James  Watt  mindestens  1700  Jahre 
über  die  Erde  dahingehen  konnten.  Erst  seit 
einem  Jahre  sind  wir  im  Besitz  einer  guten 
Ausgabe  der  Werke  Heros,  soweit  sie  er- 
halten sind,  und  während  man  früher  die  Be- 
schreibung der  kleinen  Maschinen  und  Auto- 
maten, von  denen  noch  manche  in  unseren 
Sammlungen  Heros  Namen  tragen,  als  die 
Hauptsache  betrachtete,  wissen  wir  heute,  dass 
diese  technischen  Konstruktionen  nur  eine  Be- 
thätigung  der  ganz  hervorragenden  wissenschaft- 
lichen Kenntnisse  des  Physikers  Her o  gewesen 
sind.  Aus  der  Einleitung  zu  seiner  Pneumatik 
erfahren  wir  über  seine  Kenntnisse,  dass  er 
wusste,  dass  die  Luft  elastisch  sei;  und  er 
erklärt  diese  Eigenschaft  ziemlich  mit  den 
gleichen  Worten,  wie  wir  es  heutzutage  thun; 
er  lehrt,  dass  man  unterscheiden  müsse  zwi- 
schen luftverdünntem  und  luftleerem 
Räume,  er  kennt  das  Prinzip  der  Sprengei- 
schen Luftpumpe  und  den  Luftdruck. 
Hero  hat  die  Wirkung  der  Wärme  auf  die 
Körper,  speziell  auf  die  Gase,  studiert  und 
giebt  das  Prinzip  der  Heissluftmaschine  an, 
er  lehrt  die  Dampfbildung  durch  Wärme- 
zufuhr in  energetischem  Sinne.  Ja,  was  ganz 
überraschend  ist,  er  kennt  den  Energiever- 
brauch in  der  Bewegung  und  lehrt,  dass 
ein  Körper  dauernd  in  seiner  Bewegung  ver- 
harren müsse,  wenn  diese  Energieverluste  nicht 
wären.  Ein  solcher  Mann  hat  die  Dampf- 
maschine erfunden;  wir  sehen,  das  ist  nicht 
zufällig!  Er  ist,  wie  er  selbst  sagt,  nicht  in 
dem  allen  Original,  sondern  steht  auf  den 
Schultern  seiner  Lehrer  Archimedes  und 
Ktesibius,  aber  wir  kennen  aus  dem  ganzen 
Altertum  keinen,  der  ihm  an  physikalischen 
Kenntnissen  gleichkäme. 

Um  so  mächtiger  drängt  sich  die  Frage 
auf,  wie  konnten  solche  Kenntnisse  der  Mensch- 
heit wieder  verloren  gehen,  so  dass  erst  durch 
Galilei,  Guericke  und  noch  jüngere  Forscher 
diese  Thatsachen  wieder  entdeckt  werden 
mussten.  Zwei  Ursachen  wirkten  zusammen. 
Der  eherne  Schritt  römischer  Barbarei  zertrat 
in  Ägypten,  genau  wie  einst  in  Sizilien  die 
Archimedes  sehe  Kultur,  hier  die  physikalische 


Hochschule  des  Ktesibius  und  seiner  Nach- 
folger. Sodann  aber,  und  das  ist  wohl  der 
Hauptgrund,  waren  Ktesibius  und  sein  grös- 
serer Schüler  Hero  so  sehr  über  den  allgemeinen 
Bildungsstand  des  Volkes  erhaben,  dass  für 
die  aus  jenen  Kenntnissen  ableitbaren  tech- 
nischen Konstruktionen  kein  Bedürfnis  und 
kein  Verständnis  vorhanden  war.  Auch  nach- 
dem das  Römer-Reich  zertrümmert  war  'und 
ein  intelligenteres  Volk  an  seine  Stelle  trat, 
die  Araber,  haben  dieselben  Heros  fünf  mecha- 
nische Potenzen  und  eine  Anzahl  seiner  pneu- 
matischen Maschinen  (Luft-  und  Wasserorgel  etc.) 
wohl  weiter  gebildet,  aber  für  die  physikalischen 
Schätze  seines  Wissens  hatten  sie  nur  so  viel 
Verständnis,  dass  sie  uns  dieselben  über- 
lieferten, aber  Gebrauch  haben  sie  nicht  davon 
gemacht.  So  ist  die  Kenntnis  Heros  durch 
die  Araber  nach  Spanien  gekommen  und  es 
ist  kein  Zufall,  dass  ein  spanischer  Schiffskapi- 
tän 1543  zuerst  versuchte,  mit  Heros  Äolipile 
ein  Schiff  zu  treiben.  Da  man  damals  aber 
noch  nicht  das  Bedürfnis  hatte,  in  5  Tagen  die 
neue  Welt  zu  erreichen,  blieb  auch  dieser  Ver- 
such ohne  Fortbildung,  dagegen  verbreitete 
sich  um  diese  Zeit  die  Kenntnis  der  Hero- 
schen  Schriften  im  Abendlande,  es  erschien 
1575  eine  erste  lateinische  Uebersetzung  seiner 
Pneumatik  und  Porta  wiederholte  1606  einen 
Hero  sehen  Versuch,  um  die  Menge  des  aus 
einem  bestimmten  Wasserquantum  zu  gewin- 
nenden Dampfes  festzustellen.  Als  nun  bei 
den  fortschreitenden  Tiefen  des  Bergbaues  sich 
das  Bedürfnis  herausstellte,  das  Wasser  von 
der  Sohle  des  Schachtes  an  die  Oberfläche  zu 
befördern,  griff  man  zu  der  Heroschen  Wasser- 
hebemaschine, und  deren  Kenntnis  gelangte 
durch  Salomon  de  Caus  zu  Lord  Worcester. 
So  entstand  in  England  die  erste  Wasser- 
fbrderung  durch  Dampf 

Auch  die  Erfindung  des  Kolbens  geht  auf 
eine  rein  wissenschaftliche  Forschung  zurück. 
Gewöhnlich  (so  bei  Poggendorff)  wird  die 
Sache  so  dargestellt,  als  ob  der  Kolben  von 
der  Pumpe  übernommen  sei  und  man  versucht 
habe,  unter  demselben  eine  Luftleere  herzu- 
stellen. Das  ist  aber  ein  Missverständnis. 
Pap  in  hat  die  Ehre,  die  hohe  Spannkraft  über- 
hitzten Wasserdampfes  erkannt  zu  haben. 
Diese  wollte  er  bei  einer  Wasserhebemaschine 
nutzbar  machen  und  trennte  darum  Wasser 
und  Dampf  durch  einen  ausgehöhlten  Deckel, 
welchen  er  mit  glühenden  Kohlen  füllte.  Diesen 
losen  Deckel  übernahm  Newcomen  in  seine 
Maschine.  Aber  die  Idee,  überhitzten  Dampf 
anzuwenden,  ist  erst  in  unseren  Tagen  in  die 
Technik  eingezogen,  wo  es  gilt,  die  Energie 
der  Kohle  nutzbarer  zu  machen,  und  es  ist  in 
der  That  ein  technischer  Fortschritt,  wenn  in 
der  Wolffschen  Lokomobile,  dieser  Pap  in  sehen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


53 


Idee  folgend,  Dampf  mit  ca.  140  Uberhitzung 
einen  Wirkungsgrad  von  75,33  Proz.  für  den 
Kessel  und  einen  kalorischen  Nutzeffekt  von 
17»3  Proz.  liefert.  Aber  mit  dem  blossen  Aus- 
probieren ist  hier  gar  nichts  erreicht  worden. 
Ebensowenig  sind  die  Fortschritte  in  un- 
serer modernen  Eisenkonstruktion  dem  Probieren 
und  der  Erfahrung  zu  danken.  Das  Bedürfnis, 
solche  Spannungen  wie  bei  der  Firth  of  Forth- 
Brücke  oder  bei  der  Kaiser  Wilhelms-Brücke  zu 
überschreiten,  hat  schon  lange  bestanden,  aber 
wie  hätte  ein  Ingenieur  an  solche  Wagnisse 
gehen  können,  wenn  er  nicht  durch  vorherige 
Erforschung  der  Festigkeit  und  der  Elastizität 
des  Eisens  eine  genaue  Grundlage  für  die  Be- 
rechnung gehabt  hätte,  welche  ihm  den  Beweis 
der  Möglichkeit  brachte.  Der  Weg  zu  solchen 
konstruktiven  Wundern  ist  genau  derselbe  ge- 
wesen, wie  bei  jeder  rationellen  Naturforschung: 
von  der  Beobachtung  zur  Messung  und  Be- 
rechnung, von  da  durch  Vergleichung  der  Re- 
sultate in  den  Einzelfällen  zur  mathematischen 
Formel,  zum  Naturgesetz;  dies  erst  giebt  die 
Grundlage  für  die  Konstruktionen. 

Dass  das  Bedürfnis  nicht  die  Technik  schafft, 
zeigt  kein  Zweig  derselben  deutlicher  als  die 
Elektrotechnik.  Das  Bedürfnis  zu  Telegraphieren 
hat  die  Menschheit  mindestens  schon  1000 
Jahre  vor  unserer  Zeitrechnung  gehabt,  aber 
noch  das  zu  Ende  gehende  18.  Jahrhundert 
musste  sich  mit  optischen  Telegraphen  be- 
gnügen. Es  ist  kein  Wunder,  dass  unmittel- 
bar nach  der  Entdeckung  der  grossen  Fort- 
pflanzungsgeschwindigkeit der  Elektrizität  in 
Drähten  durch  Winkler -Leipzig  und  Le 
Monnier-Paris  der  Versuch  1753  gemacht 
wurde,  die  statische  Elektrizität  zum  Tele- 
graphieren zu  benutzen.  Und  man  hat  eifrig 
an  der  Lösung  dieser  Aufgabe  gearbeitet!  Aber 
selbst  die  mit  grossem  Aufwand  in  Szene  ge- 
setzte Methode  von  Lesage  1774  mit  24 
Drähten  und  die  von  Ronald  1816  mit  Funken- 
zeichen eingerichtete  Telegraphie  bewies,  dass 
die  Sicherheit  des  Betriebes  auf  diese  Weise 
nicht  zu  erreichen  sei. 

Ebensowenig  genügten  dieSömmeringsche 
Idee  der  chemischen  Telegraphie  und  die 
Ampcresche  der  Nadeltelegraphie  mit  ihren 
24  Leitungsdrähten  den  Forderungen  der  Ren- 
tabilität. Erst  als  durch  die  Induktion  die 
Möglichkeit  gegeben  war,  mit  einem  Magneten 
und  einer  Schleifenleitung  das  Alphabet  zu 
schreiben,  hatte  die  Geburtsstunde  der  elek- 
trischen Telegraphie  geschlagen.  Das  Be- 
dürfnis treibt  nur  zum  Versuch,  eine  wissen- 
schaftliche Entdeckung  zu  verwerten,  aber  erst 
die  Betriebssicherheit  und  die  Rentabi- 
lität entscheiden  darüber,  ob  eine  Technik  sich 
aus  der  Entdeckung  ableiten  lässt. 

Im  Jahre  183 1  hatte  Faraday  die  Induktion 


entdeckt,  schon  im  folgenden  Jahre  finden 
wir  zwei  Wechselstrommaschinen,  aber  sie  ent- 
sprechen nicht  dem  Bedürfnis,  und  als  Stöhrer 
1844  den  Poggendorffschen  Kommutator  mit 
der  Maschine  verband,  genügte  der  Apparat 
noch  nicht  der  Forderung  der  Rentabilität, 
so  dass  5  Jahre  später  die  erste  praktische 
Verwendung  des  Bogenlichtes  bei  der  ersten 
Aufführung  des  Mey  erbe  ersehen  Propheten 
in  Paris  noch  mit  320  galvanischen  Primär- 
elementen gespeist  wurde,  aber  schon  10  Jahre 
später  erhielt  der  erste  elektrische  Leuchtturm 
seinen  Strom  von  der  Alliance-Maschine. 

Wie  sehr  die  Technik  nicht  nur  von  der 
Entdeckung  der  Thatsachen,  sondern  auch  von 
einer  richtigen  wissenschaftlichen  Theorie  ab- 
hängt, lehrt  uns  die  Entwickelung  der  Elektro- 
chemie. Auf  Grund  seiner  Versuche  über  die 
Wasserzersetzung  hatte  Ritter  in  Jena  bereits 
1799  die  elektrische  Polarität  der  Elemente 
erkannt  und  eine  Theorie  der  galvanischen 
Elemente  und  der  Voltaschen  Säule  geschaffen, 
ehe  Volta  mit  seinem  Spannungsgesetz  her- 
vortrat. Jene  Rittersche  Theorie  entsprach 
den  Thatsachen,  sie  lehrte  ihn  bereits  1800 
aus  Kupfervitriol  das  Kupfer,  aus  Silbernitrat 
das  Silber  niederschlagen,  aber  Voltas  Theorie 
erhielt  den  grossen  Preis  Napoleons  von  der 
Pariser  Akademie  und  Volta  beherrschte  90 Jahre 
lang  mit  seiner  Theorie  die  Wissenschaft, 
während  Ritter  so  sehr  der  Vergessenheit 
mit  seinen  Arbeiten  und  seiner  Theorie  an- 
heimfiel, dass  Sie  noch  heute  in  den  Lehr- 
büchern lesen  können,  die  Wasserzersetzung 
habeNicholson,  die  Metallfällung  habeCruiks- 
hank  entdeckt.  Und  als  ich  1884  zuerst 
und  1888  ausführlich  auf  Ritters  Verdienste 
aufmerksam  machte,  fand  dieser  Nachweis  wohl 
die  Zustimmung  einzelner  Gelehrter,  aber  es 
ist  noch  heute  möglich,  dass  ein  Vortrag,  wie 
derSwans  vor  der  Soc.  of  Chemical  Industry 
mit  seinen  vielen  Unrichtigkeiten  ohne  Korrektur 
in  deutschen  Journalen  abgedruckt  wird.  Nach 
Ritter  entdeckte  wohl  Davy  die  Elektrolyse 
geschmolzener  Salze  und  stellte  die  Metalle 
Kalium,  Natrium,  Baryum,  Strontium  und  Cal- 
cium auf  diese  Weise  1806  her,  und  ein  Jahr 
später ,  erfand  Seebeck  schon  den  Amalgam- 
prozess,  aber  technisch  wurde  aus  diesen  Ent- 
deckungen nichts,  das  Voltasche  Spannungs- 
gesetz mit  der  Kontakttheorie  hemmten  den 
Fortschritt.  Wie  mühsam  haben  Hittorf  und 
F.  Kohlrausch  der  Theorie  der  lonenwan- 
derung  Eingang  verschaffen  können  und  da- 
durch in  Verbindung  mit  Arrhenius'  und 
van't  Hoffs  Lösungstheorie  die  Grundlage 
für  die  Nernstsche  Theorie  des  Stromes  ge- 
schaffen. Mit  diesen  langsamen  wissenschaft- 
lichen Fortschritten  ging  die  Technik  voran, 
so  dass  erst    seit    etwa    10  Jahren    von    einer 


54 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


technischen  Elektrochemie   gesprochen   werden 
kann.  , 

Aber  die  Technik  ist  in  dem  Verhältnis 
zur  wissenschaftlichen  Forschung  durchaus 
nicht  allein  die  Empfangende.  Wie  eine  gute 
Tochter  ist  sie  der  Mutter  hilfreich  zur  Hand 
gegangen.  Ich  denke  da  nicht  nur  an  die 
Feinmechanik,  welche  durch  Ausbildung  wissen- 
schaftlicher Apparate  und  Vervollkommnung  | 
der  Messmethoden  und  Werkzeuge  dem  häus- 
lichen Dienst  der  Wissenschaft  die  Hilfe  bot, 
wodurch  die  Forschung  nicht  nur  erst  möglich 
wurde,  sondern  auch  ganze  Forschungsgebiete 
erst  geschaffen  wurden.  Was  sollte  die  Physik 
wohl  ohne  die  genauen  Wagen,  ohne  die  Dy- 
namometer, ohne  die  Spektralapparate  etc.  heute 
leisten;  welche  Fortschritte  in  der  Astronomie 
verdankt  man  der  Ausbildung  der  photographi- 
schen Teleskope,  und  gäbe  es  wohl  eine  Biologie 
und  Bakteriologie,  wenn  nicht  die  Technik  die 
Mikroskope  geschaffen  hätte,  welche  dieser 
Welt  im  kleinen  erst  die  schützende  Decke 
abzogen.^  Ich  denke  vielmehr  auch  an  die  Tech- 
nik, welche  das  elterliche  Haus  der  Wissen- 
schaft verlassen  hat  und  selbständig  ihr  Ge- 
biet umgrenzt  und  durchforscht. 

Jeder  alte  Schwertfeger  kannte  die  Methode 
des  Härtens  wohl,  aber  erst  die  Entdeckung 
des  Hartgusses,  die  Erkenntnis  von  der  gross- 
artigen Wirkung  der  Beimengung  minimaler 
Massen  anderer  Elemente  zum  Eisen,  wiesen 
die  wissenschaftliche  Forschung  auf  das  Ge- 
biet der  Strukturveränderung  der  Körper,  spe- 
ziell der  Metalle,  und  zeitigten  hier  Unter- 
suchungen über  Elastizität  und  Konstitution, 
deren  Resultate  noch  eine  weitere  Ausbeute 
wissenschaftlicher   Erkenntnis    erwarten    lassen. 

Das  technische  Bedürfnis  der  Gasfabrikation 
im  Konkurrenzkampf  mit  dem  elektrischen  Licht 
trieb  zur  Aufsuchung  besser  leuchtender  Körper, 
als  es  die  glühenden  Kohlepartikeln  des  Leucht- 
gases sind,  welche  ca.  90  Proz.  Wärme  und 
nur  10  Proz.  Lichtstrahlen  aussenden.  Hier- 
durch wurde  man  veranlasst,  die  bis  dahin  fast 
ganz  vernachlässigten  Metalle  Thorium,  Osmium, 
Zirkonium  etc.  und  ihre  Verbindungen  zu  unter- 
suchen. Da  entdeckte  man  die  enorme  Licht- 
emission des  Thoroxydes.  Da  fand  man  die 
abnormale  Leitfähigkeit  der  warmen  Magnesia, 
und  wenn  selbst  die  technische  Ausnutzung 
dieser  Entdeckungen  an  den  Grundforderungen 
der  Technik:  Sicherheit  des  Betriebes  und  Ren- 
tabilität, scheitern  sollten,  würde  der  wissen- 
schaftliche Wert  doch  bestehen  bleiben. 

Zwischen  der  ersten  richtigen  Erklärung 
des  Lichtbogens  durch  Oerstedt  (1818)  und 
der  Lösung  des  Problems  der  , »Teilung  des 
elektrischen  Lichtes**  durch  die  Differential- 
lampe von  Hefner- Altenecks  (1879)  liegt  eine 
lange  wissenschaftliche   und  technische  Arbeit, 


aber  welche  Fülle  von  neuen  Entdeckungen 
lieferte  der  Lichtbogen  für  die  Wissenschaft. 
Neben  der  glänzenden  Entdeckung  der  Flam- 
mentelephonie,  erinnere  ich  nur  an  die  Elektro- 
lyse im  Lichtbogen.  Das  Calciumkarbid  ist 
ja  nicht  der  einzige  Körper,  welcher  dem  elek- 
trischen Ofen  sein  Dasein  verdankt  und  der 
Wissenschaft  neue  Probleme  gestellt  hat.  Die 
Fortschritte  der  letzten  6  Jahre  gerade  auf 
diesem  Gebiete  erwecken  die  Hoffnung,  dass 
der  elektrische  Lichtbogen  uns  noch  viele  Ge- 
heimnisse der  Natur  enthüllen  wird. 

Als  im  Jahre  1877  das  Bellsche  Telephon 
die  Welt  in  Erstaunen  versetzte,  rühmte  man 
besonders  die  hohe  technische  Vollendung,  mit 
welcher  der  Erfinder  es  der  Menschheit  über- 
gab. Wir  wissen  ja  heute,  dass  es  eine  lange 
wissenschaftliche  Vorgeschichte  hatte,  ehe  es 
so  vollendet  erscheinen  konnte,  aber  wie  dank- 
bar hat  sich  hier  die  Technik  auch  für  die 
Wissenschaft  erwiesen.  Nicht  nur  die  Unter- 
suchungen über  die  Periode  der  Schwingungen, 
über  die  Verzögerung  der  Magnetisierung,  die 
Verwendung  des  Telephons  in  der  Brücke  will 
ich  erwähnen,  das  Telephon  und  Mikrophon 
waren  es  auch,  welche  die  grosse  Empfindlich- 
keit des  Stromes  für  geringe  Widerstandsver- 
änderungen enthüllten  und  damit  thermoelek- 
trische  Vorgänge  erklärten,  welche  bis  dahin 
nicht  erkannt  waren. 

Bei  der  Erforschung  des  Erdmagnetismus 
empfanden  Gauss  und  Weber  das  Bedürfnis, 
zwischen  ihren  beiden  etwa  1,5  km  vonein- 
ander entfernten  Beobachtungslokalen  eine 
schnelle  Verständigung  zu  ermöglichen,  deshalb 
zog  Weber  die  beiden  Leitungsdrähte  des  In- 
duktoriums  über  den  St.  Johanniskirchturm. 
Wohl  bemerkte  Gauss  in  seinem  Bericht  an 
die  Hannoversche  Regierung,  dass  die  Tele- 
graphie  für  den  Verkehr  von  ausserordentlicher 
Bedeutung  sei,  aber  beide  lehnten  die  tech- 
nische Weiterbildung  dieser  Entdeckung  ab 
und  übertrugen  dieselben  ihrem  Schüler  Stein- 
heil.  Als  dieser  aber  den  ersten  technisch 
ausgebildeten  Telegraphenbetrieb  einrichtete, 
entdeckte  er  die  Rückleitung  durch  die  Erde 
und  diese  technische  Entdeckung  hat  von  den 
Untersuchungen  Baumgartners  an  durch  die 
Messungen  des  Erdstromes  und  seines  Zu- 
sammenhanges mit  dem  Erdmagnetismus,  der 
Bestimmung  des  Erdpotentials  bis  zu  den 
heutigen  Diskussionen  über  Blitzableiter  und 
vagabondierende  Ströme  die  Wissenschaft  be- 
schäftigt. Ueberschauen  wir  einmal  die  tech- 
nischen Erfolge,  welche  sich  an  jene  3  km 
Leitungsdraht  in  Göttingen  knüpfen.  Das  erste 
Telegramm  Webers  (1833)  lautete:  „Michel- 
mann (der  Institutsdiener)  kommt."  Diese 
zwei  Worte  erforderten  43  Bewegungen  des 
Magneten    und    ca.  2  Minuten   Zeit.   >Im  Jahre 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  3. 


55 


1900  besass  Deutschland  allein  618459  km 
Leitung  und  44558742  Telegramrtie  wurden 
au%egeben,  die  Welt  (ausschliesslich  Italien)  be- 
sass 4314751  km  Leitungen  und  355409133 
Telegramme  wurden  verarbeitet,  ein  einziger 
Pollak- Viräg- Apparat ')  leistete  in  einer  Stunde 
60000  Worte  und  bei  forciertem  Betrieb  in 
Amerika  gar  155000  Worte.  Das  sind  ja  über- 
aus markante  technische  Fortschritte,  aber  ist 
die  wissenschaftliche  Ausbeute  der  Telegraphen- 
technik nicht  eine  mindestens  ebenso  bedeut- 
same.^ Freilich  hatte  man  Kondensatoren  und 
Induktorien  schon  ftüher  wissenschaftlich  unter- 
sucht, ihre  Verbindung  miteinander  wurde  zu- 
nächst in  der  Telegraphie  bedeutsam,  um 
darauf  das  Material  zu  bieten  für  die  epoche- 
machenden Versuche  von  Hertz,  dann  kamen 
die  technischen  Erfahrungen  der  Wechselstrom- 
transformatoren von  Ferraris  und  Tesla  da- 
zu und  förderten  das  Studium  der  elektrischen 
Wellen  und  gegenwärtig  hat  die  aus  dem 
Kugelkontakt-Mikrophon  hervorgegangene  Fritt- 
röhre  die  drahtlose  Telegraphie  zum  Gegen- 
stand allgemeinsten  Studiums  gemacht. 

Die  Gewinnung  reinsten  Kupfers  aus  Kupfer- 
vitriol gelang  schon  Ritter,  aber  die  Erze,  aus 
welchen  wir  das  Kupfer  gewinnen,  sind  nicht 
reines  Kupfersulfat,  sie  enthalten  Eisen,  Blei, 
Silber  etc.  in  grösseren  oder  kleineren  Mengen. 
Freilich  zeigt  die  Untersuchung,  dass  aus  den 
Erzen,  welche  frei  von  Schwefeleisen  sind,  mit 
dem  Siemensschen  Sulfatverfahren  (1888)  ein- 
wandfreies Kupfer  gewonnen  wird,  und  es 
liefert  mit  diesem  Verfahren  der  Energieauf- 
wand von  Vi  kg  Steinkohle  i  kg  Kupfer, 
während  der  frühere  Schmelzprozess  5  kg  Kohle 
erforderte  fiir  die  gleiche  Ausbeute.  Es  be- 
greift sich  demnach,  wie  durch  den  Übergang 
zum  Sulfatverfahren  jährlich  ca.  30  Millionen 
Mark  gespart  werden.  Aber  welche  mühevolle 
Untersuchung  war  es,  um  auch  ein  Verfahren 
zu  finden,  welches  auch  das  eisenhaltige  Erz 
bearbeitbar  machte?  Das  Höpfn ersehe  Chlo- 
rürverfahren  hat  nach  langen  Versuchen  nicht 
nur  dies  geleistet,  sondern  auch  das  immer 
wieder  durch  sekundäre  Zersetzungen  ent- 
schlüpfende Zink,  das  Nickel,  Blei  und  Silber 
an  die  Kathode  gebannt.  Das  Cyanürverfahren 
von  Siemens  zur  Goldgewinnung  ist  doch 
nicht  nur  ein  technischer  Fortschritt,  sondern 
eben  so  sehr  ein  wissenschaftlicher.  Die  me- 
chanischen Methoden,  um  auch  bei  starken 
Strömen  feste  und  homogene  Niederschläge  zu 
erhalten  im  El more- Verfahren  oder  in  der 
Centrifugal-Methode,  scheinen  zunächst  nur  tech- 
nische Bedeutung  zu  haben,  aber  sie  lehren 
auch,  dass  nur  notwendig  ist,  dass  das  Molekül 
in    engem    Kontakt    mit    dem    Nachbarmolekül 

1)  Vgl.  diese  Zeitschr.  1,  4S4,  1900;  2,  201,  1901. 


Stehen  muss,  um  feste  Körper  zu  geben  und 
korrigieren  damit  die  falschen  Anschauungen 
von  der  Konstitution  der  festen  Körper,  wie  sie 
noch  heute  vieler  Orten  gelehrt  werden.  Ebenso 
ist  das  neue  Rh odin- Verfahren  zur  Chlor-  und 
Sodafabrikation  doch  nicht  nur  von  Bedeutung 
wegen  der  dabei  aufgewendeten  1 500  Amp.,  son- 
dern auch  wegen  derdurchdieErwärmung  bewirk- 
ten Zersetzung  der  Amalgame  in  statu  nascendi. 

Noch  vor  15  Jahren  würden  die  meisten 
Dozenten  bezweifelt  haben,  dass  die  Elektrolyse 
auf  organische  Produkte  mit  Erfolg  anwendbar 
sei,  heute  stellt  man  Jodoform,  Vanillin,  Chloral, 
Anilinblau,  Alizarin  etc.  elektrolytisch  dar.  In 
Ludwigshafen  wird  der  schwefligen  Säure  direkt 
aus  der  Luft  Sauerstoff"  zugeführt  und  die 
Schwefelsäure  ist  erzeugt,  und  Mr.  Dougal 
zieht  aus  der  Luft  durch  den  elektrischen  Licht- 
bogen den  Stickstoff,  um  Salpetersäure  zu  er- 
halten. Ist  es  angesichts  der  Erfolge  des  elek- 
trischen Ofens  wirklich  noch  ein  phantastisches 
Traumbild,  wenn  man  die  Hoffnung  ausspricht, 
in  Bälde  auch  das  Eisen  und  besonders  den 
Stahl  auf  diese  Weise  herstellen  zu  können, 
und  damit  der  masslosen  Vergeudung  der  Stein- 
kohlen ein  Ende  zu  machen. 

Alle  diese  Erfolge,  deren  Reihe  ja  leicht  zu 
vermehren  wäre,  sind  nur  gewonnen  durch  eine 
fortgesetzte  innige  Verbindung  von  Technik  und 
wissenschaftlicher  Forschung.  Beide  sind  auf- 
einander angewiesen.  Die  Technik  verkümmert 
ohne  das  wissenschaftliche  Laboratorium  und 
die  Wissenschaft  verliert  sich  in  wüste  Speku- 
lation, wenn  sie  nicht  die  realen  Forderungen 
der  Technik  behandelt.  Die  unbestreitbaren 
Erfolge  deutscher  Technik  beweisen,  was  die 
innige  Verbindung  mit  der  Forschung  wert  ist. 

(Selbstrcfcrat  des  VortragendeD.) 

(Eingegangen  4.  Oktober  1901.) 

Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

BÜSSing,  Adelbert,  Geschichte  der  Metalle.  Vom  Verein 
zur  Beförderung  des  Gewerbfleisses  mit  dem  ersten  Tornow- 
Preise  gekrönte  Preisschrift,  gr.  8».  VIII  u.  274  S.  1901. 
Berlin,  Leonhard  Simion.     M.  6. — . 

van  Deventer,  Ch.  M.,  Physikalische  Chemie  fUr  Anfänger. 
Mit  einem  Vorwort  von  J.  H.  van'tHoff.  Zweite  Auf- 
lage besorgt  von  Ernst  Cohen.  8®.  VIII  u.  172  S.  1901. 
Amsterdam,  S.  L.  van  Looy;  Leipzig,  Wilhelm  Engelmann. 
Geb.  M.  4. — . 

van't  HofT,  J.  H.,  Zinn,  Gips  und  Stahl  vom  physikalisch- 
chemischen Standpunkt.  Vortrag  gehalten  im  Verein  der 
Deutschen  Ingenieure  zu  Berlin.  Mit  10  Figuren.  80. 
35  S.     1901.     München,  R.  Oldenbourg.    M.  2. — . 

Hofmann,  Albert,  Aufnahmeapparate  für  Farbenphoto- 
graphie.  Sonderabdruck  aus  dem  „Photograph.  Central-» 
blalt".  Mit  30  Figuren.  40.  II  u.  30  S.  1901.  München, 
(ieorg  D.  W.  Callwey.     M.  1.50. 

Jahrbuch  der  Chemie.  Bericht  über  die  wichtigsten 
Fortschritte  der  reinen  und  angewandten  Chemie.  Cnter 
Mitwirkung  von  H.  Beckurts,  C.  A.  Bischoff,  E.  F. 
Dürre,  J.  M.  Eder,  P.  Friedländer,  C.  Ilaesser- 
mann,  F.W.Küster,  J.  Lewkowitsch,  M.  Märcker, 
W.  Muthmann,  F.  Röhmann  herausgegeben  von 
Richard  Meyer.     X.  Jahrg.  1900.   gr.  8".     XU  u.  566  S. 


56 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  3. 


1901.     Braunschweig,  Friedr.  Vieweg  &  Sohn.     M.  14. — , 
gebunden  in  Leinen  M.   15. — ,  in  Halbfranz  M.   16. — . 

NeuhaUBS,  R.,  Lehrbuch  der  Projektion.  Mit  66  Abbild, 
kl,  4«.  VIII  u.  124  S.  1901.  Halle  a.  S.,  Wilhelm  Knapp. 
M.  4. — . 

Platner,  Quatav,  Die  Mechanik  der  Atome,  gr.  8^.  IV 
u.  97  S.     I901.     Berlin,  M.  Krayn.     M.  2.50. 

Stallo,  J.  B.,  Die  Begriffe  und  Theorien  der  modernen 
Physik.  Nach  der  3.  Auflage  des  englischen  Originals 
tibersetzt  und  herausgegeben  von  Hans  Kleinpeter. 
Mit  einem  Vorwort  von  Ernst  Mach.  Mit  einem  Portrait 
des  Verfassers,  kl.  S^.  XX  u.  332  S.  190 1.  Leipzig, 
Johann  Ambrosius  Barth.     M.  7. — ,  gebunden  M.  8.50. 

Witt,  Otto  D.,  Die  Chemische  Industrie  auf  der  lot^^rnationalen 
Weltausstellung  zu  Paris  1900.  gr.  8.  IV  u.  136  S.  1900. 
Berlio,  R.  Gacrtner*s  Verlagsbuchhandlung.     Geb.  M.  5. — . 

Zaakula,  T^^^I'^y*  T.,  Gleichstrommessungen.  Handbuch  für 
Studierende  und  Ingenieure.  Für  den  praktischen  Gebrauch 
bearbeitet.  Mit  117  Figuren.  8.  XII  u.  306  S.  1901. 
Berlin,  Louis  Marcus.    Gebunden  M.  8. — . 


XI.  Versammlung   russischer  Natur- 
forscher und  Ärzte. 

In  der  Zeit  vom  2. — 12.  Januar  1902  {20. — 30.  Dezember 
1901  a.  St.)  wird  in  St.  Petersburg  die  XI.  Versammlung 
russischer  Naturforscher  und  Arzte  stattfinden.  Das  leitende 
Komitee  besteht  ausdem  Präsidenten  Prof.  N.A.  Menschutkin, 
Vizepräsidenten  Prof.  A.  A.  In  ostranze  ff  und  den  Schrift- 
führern Prof.  I.  I.  Borgman  und  Prof.  W.  T.  Schewia- 
koff.  Die  Versammlung  wird  in  folgende  Sektionen  geteilt 
werden:  Mathematik  und  Mechanik,  Astronomie  und  Geodäsie. 
Physik,  Physikalische  Geographie,  Chemie,  Geologie  und 
Mineralogie,  Botanik,  Zoologie,  Anatomie  und  Physiologie, 
Geographie  mit  der  Subsekticm  Statistik,  Agronomie,  Wissen- 
schaftliche Medizin  und  Hygiene. 

Die  allgemeinen  Sitzungen  der  Versammlung  werden  statt- 
finden am  2.,  8.  und  12.  Januar;  die  Sektionssitzungen  am  3., 
4m  5m  6.,  9.,  10.  lind  ii.  Januar. 

Teilnehmer  an  der  Versammlung  werden  ersucht,  womög- 
lich vor  dem  15.  Dezember  1901  dem  Komitee  der  Versamm- 
lung russischer  Naturforscher  und  Arzte  (St.  Petersburg,  Uni- 
versität) ihre  genauen  Adressen  und  den  Mitgliedsbeitrag 
(3  Rubel)  einzusenden  und  anzugeben,  welcher  Sektion  sie 
beizutreten  wünschen. 


Vorlesungsverzeichnis   liir   das  Winter- 
semester 1901/0J. 

Universität  Berlin. 

Nachzutragen:  F.  F.  Martens:  Theorie  optischer  In- 
strumente (mit  Demonstrationen),  I  /. 

Universität  Göttingen. 

Nachzutragen:  H.  Th.  Simon:  Grundzüge  der  Elektro- 
technik, 2  /;  Ausgewählte  Kapitel  der  angewandten  Physik 
(drahtlose  Telegraphie  und  -Telephonie,  Prinzipien  einer  ratio- 
nellen Heleuchtung  u.  s.  w.),  i  g\  Elektrotechnisches  Praktikum, 
3/;  Anleitung  zu  selbständigen  Arbeiten,  ^. 


Tagesereis:nis8e. 

Die  Wiener  Akademie  der  Wissenschaften  hat  in  ihrer 
ausserordentlichen  Sitzung  beschlossen,  die  1899  ausgeschriebene 
Preisaufgabe  für  den  von  A.  Freiherrn  v.  Hau  m  gar  tu  er  ge- 
stifteten Preis:  „Beiträge  zur  Erweiterung  unserer  Kenntnisse 
über  die  unsichtbare  Strahlung"  zu  erneuern.  Preis  2000  Kronen. 
—  Termin  31.  Uezember  1903.     Die  Abhandlungen  sind  mit 


Motto  und  versiegelter  Nennung  des  Verfassers  zum  be- 
stimmten Termine  einzusenden  und  dürfen  nicht  von  der  Hand 
des  Verfassers  geschrieben  sein.  Jede  gekrönte  Preisschrift 
bleibt  Eigentum  des  Verfassers;  auf  dessen  Wunsch  >%*ird  die 
Schrift  durch  die  Akademie  als  selbständiges  Werk  veröffent- 
licht und  geht  dann  in  das  Eigentum  derselben  über. 

In  Göttingen  ist  das  auf  dem  Hainberg  neuerbaute  geo- 
physikalische Institut  durch  den  Leiter  Professor  Wiechert 
seiner  Bestimmung  übergeben  worden. 

Mit  Genehmigung  des  Unterrichtsministers  wird  an 
der  Technischen  Hochschule  zu  Berlin  dem  Programm  der 
Abteilung  fiir  Chemie  und  Hüttenkunde  folgender  Vermerk 
angefügt  werden:  „Die  Abteilung  hält  es  für  wünschenswert, 
dass  die  Studierenden  der  Chemie  und  Hüttenkunde  sich  einige 
mechanisch-technische  Handfertigkeit  aneignen,  etwa  durch 
Arbeiten  in  einer  Maschinenfabrik  oder  mechanischen  Werk- 
statt während  eines  Teiles  der  Ferien." 


Personalien. 

Professor  Dr.  Rüdorff,  Vorsteher  des  Laboratoriums 
für  anorganische  Chemie  an  der  Berliner  Technischen  Hoch- 
schule, ist  in  den  Ruhestand  getreten.  Als  sein  Nachfolger 
ist  der  Privatdozent  Dr.  Hugo  Erdmann  in  Halle  berufen 
worden. 

Dem  Privatdozenten,  zugleich  Assistenten  am  chemisch- 
technischen und  elektro-chemlschen  Institut  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  in  Darmstadt,  Dr.  Bernhard  Neumann, 
wurde  von  dem  Verein  zur  Förderung  des  (iewerbeflelsses 
in  Berlin  ein  Preis  von  3000  Mark  fiir  seine  Arbeit  über 
„Die  Geschichte  der  Metalle**  zuerkannt. 

An  der  technischen  Hochschule  in  Krakau  habilitierte 
sich  Dr.  Tottoczko  fiir  physikalische  Chemie. 

Dem  früheren  ausserordentlichen  Professor  an  der  Uni- 
versität Heidelberg,  jetzigen  chemischen  Leiter  der  wissen- 
schaftlichen Abteilung  des  Hauptlaboratoriums  der  badischen 
Anilin-  und  Sodafabrik  in  Mannheim-Ludwigshafen,  Dr.  phil. 
August  Bernthsen,  wurde  vom  Grossherzog  von  Baden  der 
Charakter  als  Hofrat  verliehen. 

Die  goldene  Medaille  der  Italienischen  Gesellschaft  fiir 
Wissenschaft  ist  an  Marco ni,  der  sich  jetzt  in  London  auf- 
hält, für  seine  Verdienste  bei  der  Erfindung  der  drahtlosen 
Telegraphie  verliehen  worden. 

Der  Privatdozent  der  Mathematik  Dr.  E.  Neu  mann  in 
Halle  wurde  zum  ausserordentlichen  Professor  der  theoretischen 
Physik  an  der  Universität  Breslau  ernannt. 

Die  durch  den  Fortgang  des  Dozenten  Vater  erledigte 
Stelle  eines  Dozenten  fiir  Maschinenlehre  an  der  Technischen 
Hochschule  zu  Aachen  ist  dem  königlichen  Regiemngsbau- 
meister  Reinhold  Lutz  in  Charlottenburg  tibertragerinorden. 

An  der  Universität  Berlin  hat  sich  Dr.  F.  F.  Jlartens 
fiir  Physik  habilitiert. 

Der  Dozent  fiir  Geodäsie,  Landmesser  Müller,  wurde 
zum  Professor  der  Landwirtschaftlichen  Akademie  zu  Bonn- 
Poppelsdorf,  Privatdozent  Dr.  O,  Sommer  aus  Göttingen  zum 
Professor    der  Mathematik  ebendaselbst  ernannt. 

Die  etatsmässige  Professur  für  Metallui^e  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  zu  Aachen  wurde  dem  Professor  Dr. 
Wüst  aus  Duisburg  Übertragen. 

Privatdo/ent  Dr.  U.  Behn  zu  Berlin  wurde  zum  Dozenten 
fiir  Physik  bei  dem  Physikalischen  Verein  zu  Frankfurt  a./Main 
berufen. 

Pro  fessor  Dr.  K.  S  c  h  w  a  r  z  s  c  h  i  1  d  von  der  philosophischen 
Fakultät  zu  München  wurde  als  ausserordentlicher  Professor 
und  Direktor  der  Sternwarte  nach  Göttingen  berufen. 


Berichtigungen. 


In  C.  Bach,  Das  Ingenieurlaburatnrium  der  K.  Technischen 
Hochschule  Stuttgart,  2,  24  Spalte  2,  Fussbemerkung  Zeile  3 
V.  u.  soll  es  statt  „Wirkungsmaschincn"  Prüfungsmaschinen 
heisscn. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  üöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzivi. 

Druck  von  Augast  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  4. 


OrigiMlmitteilaniieii: 

MilleiluDgea   aus   dem   phyiikalischen 
iDslilote  der  Uuivetsilät  Pisa: 
No.  in  F.  Maccarooe,  Ein  Mcss- 
apparat   lüt  die   Erscheinungen   der 
dicleklrischen  Polarisation.    S.  $7. 

|{.  Davis,  Über  eine  kürilich  ent- 
deckte Erscheinung,  welche  duich 
stehende  Schallwellen  hctvoi^erufen 
wird.     S.  59. 

C.  Schall,  Über  die  Zähigkeit  einiger 


ISHALT, 

LösungcD,   welche    sich  aus  organi- 
schen   Subslanicn    insammenselicn. 
S.  62. 
Vortriq«  und  Dlakuaaionen   von  der 

73.   NaturforaohvrversanMlung    zu 

Hamburg: 

W.  Nenisl,  Cber  die  Hedcutung  elek- 

Irischer  Methoden  und  Theorien  /Ur 

die  Chemie.     S.  63. 
().  Kammerer,    Die    Erhaltung   der 

Energie    vom   Standpunkte    des   In- 

gemours.     S.  70- 


3.  Jahrgang. 


H.  Geitel,  ( bcr  die  durch  aimo 
bph arische  Luft  induiierte  Radio 
aktivilil.     S,  76. 

R.  Wach 51 


leil 


1  FlUssi 


s.  79. 


Nachtrag   zum  Vorieinngaverzelohnla 
für  daaWintersemaater  1901/02.  S.So. 
Briefkaaten.    S.  So. 
Peraonalien.    S,  80. 
BerichtfOHigea.    S.  3o. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Mitteilungen  aus  dem  physikalischen  Institute 

der  Universität  Pisa.    (Direktor:  A.  Battelli). 

No.  U'j  '  F,  Maocarone,  Bin   ICeeaapparat   für  die 

EracheiDiuKen  der  dielektrischea  Polarisation, 

In  letzter  Zeit  ist  vielfach  über  die  Frage 
der  Hysteresis  und  der  dielektrischen  Visku- 
sität  debattiert  worden. 

Ich  habe  einen  Apparat  herstellen  lassen 
und- benutzt,  mit  dem  ich  in  einer  rasch  zum 
Ziel  fuhrenden  Weise 

1.  die  Polarisation  der  Dielektrika  und 

2.  jene  Art  der  dielektrischen  Viskosität, 
welche  dieselben  daran  verhindert,  der  Ver- 
änderung des  elektrischen  Feldes  ohne  Ver- 
zögerung zu  folgen, 

vorführen  und  messen  konnte. 

Der  Apparat  kann  ferner  zeigen,  dass  Di- 
elektrika, die  aus  dem  elektrischen  Felde  heraus- 
genommen werden,  jede  Spur  von  Polarisation 
verlieren,  oder,  dass  in  ihnen  kein  dem  rema- 
nenten  Magnetismus  analoges  Phänomen  oder 
Hysteresis  im  engeren  Sinne  vorhanden  ist. 

Der  wesentliche  Teil  meines  Apparates,  den 
man  eine  dielektrische  Polarisafionswage  nennen 
kann,  sind  zwei  gleiche,  vollkommen  ebene, 
horizontale  Kreisscheiben  aus  Messing,  die  in 
der  Mitte  ein  einige  Centimeter  grosses  Loch 
haben  (Fig-  i).  Mittels  Glassäulen  werden  sie 
von  zwei  anderen  Kreisscheiben,  einer  unteren 
aus  Zink  und  einer  oberen  aus  Messing  ge- 
halten, die  beinahe  einen  doppelt  so  gro.ssen 
Durchmesser  als  die  ersteren  haben. 

Die  grossen  Kreisscheiben  sind  durch  vier 
Eisenstäbe  miteinander  verbunden;  die  obere 
von  ihnen  ist  durch  vier  Paar  Mutterschrauben 
aus  Messing  beweglich  gemacht  und  man  kann 
also  innerhalb  ausgedehnter  Grenzen  die  Ent- 
fernung der  beiden  mittleren  Kreisscheiben  von- 
einander verändern.  An  der  oberen  von  diesen 
Mittelscheiben    ist    eine    Messingröhre     festge- 


macht, die  von  einem  gradierten  Kopf  abge- 
schlossen wird,  der  sich  um  die  Achse  der 
Röhre  herumdrehen  kann.  Dieser  Kopf  trägt, 
bifilar  aufgehängt,  einen  Glasbalken;  an  seinen 
äussersten  Enden  sind,  in  derselben  Weise,  wie 
ich  sie  zum  Studium  der  dielektrischen  Eigen- 
schaften des  Glases  verwendete,  zwei  gläserne 
Kreisscheiben  (mikroskopische  Deckgläser)  be- 
festigt (Fig.   i),  die  in    der  nämlichen  Vertikal- 


:  DicE 


Schrift  3,  17.  igol- 


ebene,  die  auch  durch  die  Aufhängungsachse 
hindurchgeht,  hängen. 

Indem  man  die  Länge  der  bifilaren  Auf- 
hängung in  passender  Weise  verändert,  stellt 
man  die  Centren  der  Kreisscheiben  stets  in  die 
Ebene,  welche  in  der  Mitte  zwischen  den  beiden 
kleineren  Mes.singsicheiben  sich  befindet. 

In    welcher    Stellung    .sich    besagte    Kreis- 


58 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


Scheiben  nun  auch  immer  befinden  mögen, 
wenn  der  gradierte  Kopf  entsprechend  gedreht 
wird,  stets  bleiben  zwei  andere  gläserne  Kreis- 
scheibchen  fest;  jede  von  diesen  wird  von  einem 
Arm  getragen,  der  aus  zwei  Stücken,  einem 
horizontalen  aus  Glas  und  einem  vertikalen 
aus  Messing  besteht,  und  der  von  der  obersten 
Kreisscheibe  ausgeht.  Die  Stellung  der  beiden 
Armstücke  ist  durch  geeignete  Druckschrauben 
gesichert  und  man  kann  eines  jeden  Länge 
verändern;  dadurch  wird  die  Einstellung  der 
festen  Kreisscheibchen  in  die  gewünschte  Posi- 
tion sehr  leicht  gemacht.  Die  Winkelver- 
schiebungen der  bifilaren  Aufhängung  werden 
mit  Spiegelablesung  beobachtet;  es  dient  dazu 
ein  kleiner  Spiegel,  der  mit  den  beweglichen 
Kreisscheiben  unbeweglich  verbunden  ist  mittels 
eines  vertikalen  Glasstäbchens,  das  durch  das 
Centrum  der  unteren  der  beiden  mittleren  Krets- 
scheiben  mitten  hindurch  geht. 

Für  diese  Art  von  Versuchen  muss  die  Be- 
wegung der  Wage  vollkommen  aperiodisch  sein; 
ich  konnte  dies  in  befriedigendster  Weise  mit 
magnetischer  Dämpfung  erreichen:  an  den 
Balken,  der  den  Spiegel  trägt,  habe  ich  eine 
rechteckige  Scheibe  aus  dünnem  Kupfer  be- 
festigt. Diese  bewegt  sich  im  magnetischen 
Felde  eines  Elektromagneten,  der,  was  die 
Form  anlangt,  eine  Nachahmung  von  dem  von 
Lord  Kelvin  bei  seinem  Siphon  recorder  be- 
nutzten ist.  Reguliert  man  nun  die  Intensität 
des  Stromes,  der  den  Elektromagneten  erregt, 
so  kann  man  die  Bewegung  der  Aufhängung 
aperiodisch  machen,  und  braucht  nicht  zu  be- 
fürchten, dass  der  Apparat  träge  wird,  weil 
man  die  magnetische  Dämpfung  zu  sehr  ver- 
grössert  hat. 

Das  Gewicht  der  ganzen  bifilaren  Auf- 
hängung beträgt  0,608  g.  Der  ganze  Apparat 
ist  mit  einer  Glasglocke  zugedeckt,  unter  der 
zwei  Gläser  mit  konzentriertjer  Schwefelsäure 
zur  Vermeidung  von  Isolationsfehlern  stehen. 
Oben  in  der  Glocke  ist  ein  Loch,  aus  dem  ein 
Teil  der  Messingröhre  und  der  gradierte  Kopf 
herausragt;  eine  seitliche  Öffnung  trägt  eine 
Linse;  diese  sammelt  die  Strahlen  einer  Glüh- 
lichtlampe, kondensiert  sie  auf  den  Spiegel  und 
projiziert  den  Glühfaden  auf  einer  durchsich- 
tigen Skala,  die  sich  in  einer  Entfernung  von 
etwa  8  Dezimeter  befindet.  In  der  nämlichen 
Öffnung  befvidet  sich  eine  Elektrode,  die  in 
eines  der  mit  Schwefelsäure  gefüllten  Gläser 
eintaucht  und  dazu  dient,  die  Verbindung  von 
einer  der  centialen Messingscheiben  nach  aussen 
hin  herzustellen;  die  andere  (obere)  Mittel- 
scheibe und  der  ganze  Apparat  ist  -mit  dem 
Boden  verbunden. 

Ich  verwendete  den  Apparat  vorteilhaft 
folgendermassen :  Ich  bringe  die  erwähnte  Elek- 
trode mit  dem  Hebel  eines  Sab  ineschen  Ent- 


ladungsschlüssels in  Verbindung;  die  beiden 
anderen  Klemmschrauben  des  Schlüssels  sind 
die  eine  mit  dem  Boden,  die  andere  mit  der 
inneren  Belegung  einer  Batterie  von  neun  grossen 
Leydener  Flaschen  in  Verbindung  gebracht; 
letztere  werden  von  einer  Töplermaschine  ge- 
laden. Ein  nach  den  Angaben  von  Lombardi') 
in  sehr  einfacher  Weise  hergestelltes  Elektro- 
meter —  eine  Messingplatte,  die  bifilar  zwischen 
zwei  vertikalen  Metallplatten  aufgehängt  ist  — 
dient  dazu,  mir  zu  zeigen,  wann  die  Ladung 
der  Batterie  die  für  die  Versuche  geeignete 
Stärke  erreicht  hat. 

Ich  lasse  nun  den  Hebel  des  Schlüssels 
herab  und,  nachdem  auf  diese  Weise  ein  aus- 
reichend gleichförmiges  und  konstantes  elek- 
trisches Feld  um  die  kleinen  Glasscheiben  her- 
um hergestellt  ist,  beobachte  ich  eine  stets 
wachsende  Abstossung  derselben,  die  ihr  Maxi- 
mum erst  nach  beträchtlicher  Zeit  erreicht. 

Ich  stelle  nun  die  Verbindung  des  Hebels 
—  und  damit  der  beiden  Mittelscheiben  des 
Apparates  —  mit  dem  Boden  wieder  her,  und 
beobachte  nun,  dass  das  Bild  des  Glühfadens 
nur  ganz  langsam  in  die  Ruhelage  zurückkehrt; 
zuweilen  erreicht  er  sie  erst  nach  einigen  Mi- 
nuten. 

Als  Beispiel  folgen  hier  die  Daten,  die  ich 
bei  einem  von  vielen  mit  demselben  Apparat 
ausgeführten  Versuchen  erhalten  habe.  Er  ist 
ausgeführt  worden, .  nachdem  ich  die  Belegung 
der  Batterie  auf  die  Potentialdifferenz  von  einigen 
zwanzigen  von  elektrostatischen  Einheiten  ge- 
bracht hatte.  Die  Ablesungen  auf  der  Skala 
wurden  von  5  zu  5  Sekunden  gemacht. 
I.  Ablenkungen  nach  Herstellung  des  Feldes: 
Zeit:  o       5     10     15        20     25     30  Sek. 

Ablenkung  o     26     32     35     36,5     37     37 
des  Spiegels: 

IL  Ablenkungen  nach  Abstellung  des  Feldes: 
Zeit:  o    5    10  15  20  25  30  35  40  45  50  S. 

Ablenkung  37  25  18  13    9   6   4  2,5  1,5   i  0,5. 

Am  Schlüsse  aller  Versuche,  nach  längerer 
oder  kürzerer  Zeit,  befindet  sich  der  Spiegel 
stets  in  der  Anfangsstellung,  was  uns  zeigen 
kann,  dass  in  den  Dielektra  kein  dem  rema- 
nenten  Magnetismus  analoges  Phänomen  vor- 
handen ist,  in  anderen  Worten,  dass  keine 
eigentliche  Hysteresis  existiert.  Das  Moment 
der  Abstossung  M  zwischen  jedem  Scheiben- 
paar kann  durch  die  Formel 

dargestellt  werden;  /  ist  das  Mass  der  Polari- 
sation der  Substanz  im  Moment  der  Ablesung, 
und  q>  (d)  eine  geeignete  Funktion  der  Ab- 
lenkung rf,  die  unabhängig  von  den  elektrischen 

I)  Lombardi,  Fenomeni  di  polarizzazione  e  misura  di 
difl'eren/e  di  potenziale.  In :  Mem.  R.  Acc.  delle  Scien/e  di 
Torino.  ser.  2  a,  vol.  45. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No,  4. 


59 


Elementen,  die  in  den  Versuch  hereinspielen, 
beobachtet  wird. 

In  der  That  verhält  sich  ein  polarisiertes 
Dielektrikum  wie  ein  Körper,  auf  dessen  Ober- 
fläche eine  Elektrizitätsschicht  verteilt  ist,  deren 
Dichte  gleich  der  Projektion  der  Polarisation 
auf  die  Normale  der  Oberflächen,    oder   gleich 

0  =  /cos  0, 

hier  bezeichnet  &  den  Winkel,  den  die  Normale 
der  Oberfläche  des  Dielektrikums  mit  der  Rich- 
tung der  Polarisation  bildet. 

Die  gegenseitige  Potentialenergie  von  zwei 
Stücken  eines  Dielektrikums,  von  denen  eins 
auf  das   andere  wirkt,  wird  ausgedrückt  durch 


=  -// 


/i  I^  COS  ö,  cos  ©2  d^\  dS^, 

r 


dS\  und  dS*i  bedeuten  das  Oberflächenelement 
von  jedem  der  beiden  Stücke  des  Dielektri- 
kums und  r  ihre  Entfernung. 

Der  Einfachheit  halber  kann  man  voraus- 
setzen, dass  sowohl  /j  als  Ii  sich  äusserst  wenig 
von  einer  gemeinsamen  Grösse  /  entfernen,  die 
unabhängig  von  dem  in  Betracht  gezogenen 
Oberflächenelement  ist. 

Diese  Hypothese  ist  streng,  wenn  jedes 
Stück  des  Dielektrikums  die  Form  eines  EUi- 
psoids  hat,  in  welchem  Fall  die  Polarisation  im 
Innern  des  Dielektrikums  absolut  gleichmässig 
ist;  in  unserem  Falle  ist  sie  zulässig  mit  der- 
selben Annäherung,  mit  der  man  bei  dieser 
Art  von  Erscheinungen  eine  Kreissscheibe  mit 
einem  stark  abgeplatteten  EUipsoid  zu  ver- 
gleichen pflegt.  Mit  Hilfe  dieser  Hypothese 
erhält  man: 

^cos  0,  cos  00 


»•_-/.//• 


dS^  dS^» 


Das  Integral  des  zweiten  Gliedes  wird  jetzt 
Funktion  nur  von  den  Parametern,  welche  die 
Wechselseitige  Lage  der  beiden  dielektrischen 
Kreisscheiben  feststellen,  oder  Funktion  von  rf. 
Es  folgt  daraus,  wie  oben  festgestellt  ist,   dass 

dlV 
der  Moment  M=    ,y    der  Stossungskraft  zwi- 
schen   jedem    Scheibchenpaar    von    der   Form 
j/  =  /i  *  (J)  ist 

Die  Bestimmung  der  Funktion  *P  [6]  kann 
man  experimentell,  von  einem  konstanten  Faktor 
abgesehen,  ausführen,  indem  man  das  polari- 
sierende elektrische  Feld  unverändert  hält  und 
6  dadurch  verändert,  dass  man  den  gradierten 
Kopf,  der  die  Aufhängung  trägt,  um  kekannte 
Winkel  dreht.  Man  kann  auch  zur  Bestimmung 
des  konstanten  Faktors  vorschreiten;  ich  unter- 
lasse es  jedoch,  die  übrigens  ganz  einfachen 
Operationen  zu  beschreiben,   die  zu  dieser  Be- 


stimmung fuhren,  um  nicht  in  einen  Gegenstand 
herein  zu  geraten,  den  ich  nächstens  ausfuhr- 
lich zu  behandeln  gedenke.  Ich  möchte  nur 
bemerken,  dass  meine  Wage,  da  diese  Be- 
stimmung möglich  ist,  sich  zur  Messung  der* 
dielektrischen  Konstante  jeglicher  Substanz,  von 
der  man  vier  gleiche  Fragmente  haben  kann, 
geeignet  ist. 

lAus  dem  Italienischen  übersetzt  von  H.  Rhumbler.) 

( Kingeganj^en  7.  Oktober  1901.] 


I 

Über    eine    kürzlich    entdeckte    Erscheinung, 
welche  durch  stehende  Schallwellen  hervor- 
gerufen wird.*) 

Von  Bergen  Davis. 
I 

Dieser  Aufsatz  soll  einen  Beitrag  zur  Auf- 
klärung einer  neuen  Erscheinung  liefern,  welche 
zum  ersten  Male  beschrieben  wurde  im  Amerik. 
.  Journ.  of  science  10,  231,  1900,  und  wovon  ein 
Auszug  in  der  Physikalischen  Zeitschrift  2,  348, 
1901  erschienen  ist. 

Wie  früher  mitgeteilt,  hat  der  Verfasser 
gefunden,  dass  ein  kleiner,  an  einem  Ende  ge- 
schlossener Hohlcylinder,  wenn  er  in  eine 
stehende  Schallwelle  eingeführt  wird,  das  Be- 
streben hat,  sich  quer  zur  Welle  senkrecht  zu 
den  Stromlinien  in  der  Richtung  des  geschlos- 
senen Endes  zu  bewegen. 

Eine  lange  Orgelpfeife  wurde  gebaut,  deren 
eine  Seite  von  Glas  war,  und  welche  einen  ver- 
schiebbaren Verschluss  hatte,  durch  den  man 
die  Länge  der  Welle  nach  Belieben  verändern 
konnte.  Die  Pfeife  hatte  6,7  x  5,5  cm  im  Quer- 
schnitt  und  eine  Mundöflfnung  von  3  cm  Höhe. 
Eine  dünne  Gummimembran  war  quer  durch 
die  Pfeife,  16  cm  von  der  Mundöffnung  ent- 
fernt, angebracht.  Die  Pfeife  wurde  so  ange- 
blasen, dass  sie  auf  ihren  ersten  Oberton  an- 
sprach. Der  Verschluss  wurde  in  solche  Lage 
gebracht,  dass  der  Wellenknoten  mit  der  Mem- 
brane zusammenfiel,  so  dass  der  Teil  der  Pfeife 
zwischen  Membran  und  Verschluss  eine  halbe 
stehende  Wellenlänge  umfasste.  In  diesen  ge- 
schlossenen Raum  wurden  nacheinander  andere 
Gase  als  Luft  eingeleitet.  Wenn  ein  anderes 
Gas  als  CO^  oder  Wasserstoff  eingeleitet  war, 
ward  der  Verschluss  so  verschoben,  dass  die 
Tonhöhe  dieselbe  blieb.  Eine  Hilfspfeife  diente 
dazu,  den  Ton  festzuhalten. 

Der  Teil  der  Pfeife  hinter  der  Membran 
enthielt  so  immer  eine  halbe  Wellenlänge, 
während  der  Wellenteil  zwischen  Membran 
und  Mundöffnung  in  seiner  Gestalt  nicht  ver- 
ändert wurde.    Die  Lage  von  Mundöffnung  und 

I)  The  Thysic.  Review  13,  31,   1901. 


6o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


Membran  blieb  konstant,  was  für  ein  Gas  auch 
angewendet  wurde.  Die  Kraft  mit  welcher  die 
Cylinder  sich  zu  bewegen  strebten,  wurde  mit 
Hilfe  einer  Torsionswage  gemessen.  Durch  eine 
geeignete  mechanische  Vorrichtung  konnte 
man  diese  Torsions  wage  in  jeden  gewünschten 
Punkt  der  Schallwelle  einführen.  Die  halbe  Wellen- 
länge in  Luft  war  54  cm,  bei  Anwendung  an- 
derer Gase  ungefähr  umgekehrt  proportional 
der  Quadratwurzel  aus  ihren  Dichten. 

Drei  von  den  angewendeten  vier  kleinen 
Cylindem  waren  hergestellt  aus  Gelatinekapseln, 
wie  sie  zu  medizinischen  Zwecken  verwendet 
werden;  die  vierte,  grösste,  war  aus  Papier  ge- 
macht 

Die  Dimensionen  dieser  Cylinder  sind  in 
Tabelle  I  gegeben. 

Tabelle  I. 

Durchmesser  cm  Quersehnitt     »[cm  Länge  cm 

Nr.  5  0,421  0,14  1,3 

Nr.  2  0,575  0,26  3,1 

Nr.  00  0,794  0,495  3,1 

Papiercylinder     1,15  1,04  3,1 

Diese  Cylinder  wurden  nacheinander  an  dem 
Arm  der  Drehwage  befestigt  mitten  in  dem 
Bauche  der  Schallwelle,  und  dann  wurde  die 
Pfeife  unter  verschiedenem  Drucke  angeblasen, 
welcher  an  einem  Quecksilbermanometer  abge- 
lesen werden  konnte.  Die  gewonnenen  Ab- 
lesungen sind  in  folgender  Tabelle  enthalten, 
nachdem  sie  auf  die  gleiche  Flächeneinheit 
=  I  cm^  umgerechnet  wurden. 

Tabelle  IL 

Grade  der  Ablenkung, 
bei  Druck  von     Cyl.  Xr.5  Cyl.  Xr.  2   Cyl.  Nr.  00  Papiercyliiider 

l'2       20      22       10        86 

2  66  64     89      46 

3  198  215  320  176 

4  362  306  410  354 

5  460  409  550  620 

6  530  500  690  6^0 

7  644  610  750  745 

8  715  714  830  820 

9  811  780  920  969 

10  862  834  loco  1090 

11  898  891  1030  1220 

12  925  907  1055  1318 
ij' 2  928  923  lo^'o  13^30 

15  927    923    1060    1260 

16  Oberton. 

Es  ist  zu  erkennen,  dass  für  niedrige  Drucke 
die  kleinen  Cylinder  am  meisten  erregt  werden. 
Der  Cylinder  Xr,  oo  zeigte  die  grösste  Erregung 
für  mittlere  Drucke,  während  der  Papiercylinder 
bei  den  höchsten  Drucken  am  stärksten  erretJt 
wurde. 

Die  Verschiedenheit  der  KrreijuntT  läntrs  der 
Welle  wurde  folgendermassen  bestimmt.     Zwei 


Cylinder  No.  2  wurden  angewendet  und  die 
Angaben  in  dem  Zwischenräume  von  Knoten 
zu  Knoten  gewonnen.  Die  Abstände  wurden 
auf  einer  längs  der  Pfeife  angebrachten  Centi- 
meterskala  abgelesen,  deren  Nullpunkt  mit  der 
Membrane  zusammenfiel.  Die  Pfeife  wurde  mit 
einem  gleichmässigen  Drucke  von  3  cm  Queck- 
silbersäule angeblasen.  Die  Resultate  giebt  die 
folgende  Tabelle. 

Tabelle  III. 

riau  längs  der  Pfeife.      Ablenkung. 
O  O 

6  36 

II  79 

16  148 

21  185 

25  194 

27  198 

29  190 

32  173 

35  H5 

39  102 

42  73 

48  25 

54  o 

Diese    Tabelle    ist    graphisch    dargestellt  in 
Fig.   I. 


Fig.  r. 

Die  Abszissen  sind  die  Stellungen  längs  der 
Welle  und  die  Ordinaten  sind  die  Quadrat- 
wurzeln aus  den  Ablenkungen.  Die  vollaus- 
gezogene Linie  ist  die  beobachtete  Kurve  und 
die  gestrichelte  Linie  ist  eine  Sinuskur\'e.  Die 
Übereinstimmung  ist  so  genau,  dass  man  sagen 
kann,  die  Quadratwurzeln  der  Ablenkungen 
sind  proportional  den  Schwingungselongationen. 

Die  Verminderung  in  der  Torsionskraft 
mit  dem  Drucke  des  Anblasens  wurde  beob- 
achtet, als  der  geschlossene  Raum  der  Pfeife  mit 
verschiedenen  Gasen  gefüllt  w^urde.  Die  Gase 
wurden  nacheinander  in  die  Pfeife  eingelassen 
und  der  Verschluss  in  jedem  Falle  so  ver- 
schoben, dass  die  Pfeife  im  Einklang  mit  der 
anderen  Pfeife  tönte,  welche  den  Normalton 
angab.  Die  Schallwelle  in  cOi  war  kürzer, 
die  im  Leuchti>as  etwas  länger,  hingegen  die 
im  W'asscrstoff^as  viel  länger  als  die  in  gewöhn- 
licher Luft. 

Hei  den  Versuchen  mit  Wasserstoffgas  wurde 
infoli;e  der  kleinen  Anblasedrucke  ein  Wasser- 
m.vnometer  aufgewendet  und  dessen  Angaben 
hinterher    auf   die  entsprechenden  Werte   eines 


\ 


\ 


Physikalische  Zeitschrift.     3»  Jahrgang.     No.  4. 


61 


Quecksilbermanometers   umgerechnet.     Die    er- 
zielten Daten  sind  in  Tabelle  IV  aufgeführt. 


Tabelle  IV. 

.  ,>,      ,     Grade  der  Ablenkung 

Aogftw.  Druck.  .  ^     , 

Luft,  r.euchtgas.    CO2.  ' 


cm 
I 

2 

15 
16 

22 


^in  Wasserstoff 
Druck, 
cm 


Ablenkung. 


9               5  12 

69             45  90 

195           120  290 
u.  s.  f. 

1 500       Oberton  1 260 

1570  1250  I 

Oberton  1350  j 

u.  s.  f.  I 

Oberton.  | 


1,22  1,3 

1,47  3,8 

1,62  10,9 

u.  s.  f. 
2,50  Oberton. 


Torswn 


Diese  Tabelle    ist  graphisch  wiedergegeben 
in  Fig.  2,  mit  dem  Anblasedruck  als  Ordinaten 


Fig.  3. 


r 


Fig.  2. 

und  den  Quadratwurzeln  der  Ablenkungen 
als  Abszissen.  Weil  nun  die  Amplituden  der 
Schwingungen  direkt  proportional  den  Quadrat- 
wurzeln aus  der  Ablenkung  sind,  stellen  die 
Kurven  die  Beziehungen  zwischen  Anblasedruck 
und  Schwingungsamplituden  in  den  verschie- 
denen Gasen  dar. 

Die  Energie,  mit  welcher  die  Pfeife  angeblasen 
wurde,  war  proportional  dem  Quadrate  des 
Druckes.  Die  Energie  des  Tones  ist  propor- 
tional dem  Quadrate  der  Schwingungamplitude. 

In  Fig.  3  ist  dargestellt  die  Beziehung 
zwischen  dem  Quadrate  des  Anblasedrucks  und 
der  Ablenkung  in  den  verschiedenen  Gasen. 
Dieses  sind  die  Wirkungsgradkurven  der  Orgel- 
pfeife. Die  Ordinaten  stellen  dar  die  Energie, 
welche  in  die  Pfeife  geblasen  wurde,  und 
die  Abszissen  die  Energie,  welche  in  Schall 
verwandelt  wurde.  Der  Druck  des  Maxi- 
mums des  Wirkungsgrades    (der  Druck  an  der 


Berührungsstelle  der  Tangenten)  ist  nahezu  der- 
selbe für  alle  Gase. 

Die  Ablenkungen  bei  diesem  Drucke  des 
Maximums  des  Wirkungsgrades  sind  in  folgen- 
der Tabelle  wiedergegeben,  die  Angaben  für 
Luft  und  ebenso  deren  Dichte  als  Einheit  ge- 
nommen: 

Tabelle  V. 

Ablenkung.  Dichte  dos  Gases. 

Luft  I  l 

CO^  1,53  1,52 

Leuchtgas        0,71  0,75 

Wasserstoff     o,  1 5  3  0,069 

Bei  anderen  Anblasedrucken  war  die  Ab- 
lenkungskraft nicht  proportional  den  spezi- 
fischen Gewichten. 

Die  Kraft,  die  auf  den  Cylinder  wirkt,  hat 
ihren  Ursprung  in  der  Beziehung,  welche 
zwischen  der  Geschwindigkeit,  dem  Drucke  und 
dem  spezifischen  Gewicht  eines  Gases  besteht. 
Bernouillis  Gleichung  bestimmt  fiir  diesen 
Fall 

Q 

R  kann  in  diesem 
werden,  und  durch  Substitution  der  adiabati- 
schen Gasgleichung  und  Integration  wird  fol- 
gende Gleichung  erhalten: 

Q 

I\  und  /i  sind  die  Drucke  innen  und  aussen 
am  geschlossenen  Ende  des  Cylinders.  Die 
Kraft,  welche  durch  die  Drehwage  gemessen 
wurde,  ist  eine  Durchschnittszahl  aller  momen- 
tanen Werte,  welche  aus  der  Geschwindigkeit 
U  resultieren;  daher  wird  die  Kraft  nicht 
den  Durchschnittswert  von  U  direkt  angeben. 
Um  die  Schwingungsamplitude  zu  erhalten,  be- 
zeichnen wir  mit  A  das  Maximum  des  Aus- 
schlags und  mit  x  den  Ausschlag  zur  Zeit  /, 
dann  ist 

x~=  A  cos  ntf   und 


/ 


=  R 


U\ 


Falle     vernachlässigt 


l 


'2  —  ,  Pi  - 

f      —  2 


62 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


dt  " 
A  —  P\ 


C/=  —  An  sin  ni,  also 

A-  sin  nt  •  dt 

dt 


=  r  v.„(L«! 


/'■ 


woraus 


yl 


-W' 


p'l—p\ 


war 
Die 
der 


Die    Maximalkraft,    in    Luft   erhalten, 
68,25  Dymen  auf  den  Quadratcentimeter. 
Schwingungszahl    der    Pfeife   war    338    in 
Sekunde,  also  ^  =  0,216  cm.     Der  Gesamtaus- 
schlag der  Luftteilchen  betrug  2A  =0,432  cm. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  H.  Karstens.) 

(Eingegangen  22.  Oktober  1901.) 


r^ 


Über  die  Zähigkeit  einiger  Lösungen,  welche 
ich  aus  organischen  Substanzen  zusammen- 
setzen. 

Von  C.  Schall. 


Der  Koeffizient  der  inneren  Reibung  der- 
artiger Lösungen  ist  bisher  weit  weniger  als 
derjenige  wässriger  untersucht  worden  und 
meistens  nur  in  Bezug  auf  die  bekannte  Mi- 
schungsregel. 

Bezeichnet  ^  die  Temperatur,  ri  den  Reibungs- 
koeffizienten eines  derartigen  Lösungen  zuge- 
hörigen Lösungsmittels  und  hat  man^=/W(i), 
so  gilt  nach  G.Jäger  (Wien.  akad.  Ben  B  CHI, 
Abt.  IIa,  245),  wenn  j  die  Gefrierdepression 
einer  mittels  des  Lösungsmittels  bereiteten  Lö- 
sung bedeutet,  zunächst  tjj  =^  f  {d-  +  A)  (2). 
Aus  theoretischen  Vorstellungen  heraus  wird 
aus   (i)    und    (2)    die   Ungleichung  tj  —  ?//  = 

< 

/  w  -  f  r  (^)  -  f  /'"  w-  —  (3) 

^  3 

abgeleitet.  Eine  8,4i9%ige  wässrige  Jodkalium- 
lösung mit  A  =  2,000®  ergab  nach  (3)  fiir  letz- 
teres folgende  Werte,  unter  Einsetzung  (hier 
und  weiterhin)  der,  auf  gleiche  Druckwerte  redu- 
zierten Ausflusszeiten  ftir  f]  und  /;/. 

&       50      loo      15Ü      20O      250      300      40'^      500 
Ji)  2,040  1,720    1,290   1,090   1,670    1,500   2,00"  o,56'> 

Ähnlich  verhielten  sich  andere  Salze. 

Lösungen  aus  organischen  Substanzen  (ev. 
mit  Wasser  als  Komponente)  und  mit  hin- 
reichend grossem  Reibungskoeffizienten 
des  Lösungsmittels  gegenüber  dem  Ge- 
lösten ergaben  andere  Resultate.  —  Unter  Ver- 
wendung der  Brodmann'schen  Formel  (Wied. 
Ann.  N.  F.  48,  188)  als  Gl.  (i)  S.  i  für  5,9  =  u% 
Wasser   aufweisendes     Glyzerin^)    und    voraus- 

1)  Früher  gegebene  Werte  fZeitschr.  pbys.  Chem.  23,  330) 
durch  Interpolation  ermittelt. 

2)  So  dass  rj  =-/{»+  du)  ^/  (^,). 


gesetzt,  ^)  dass  für  ein  }^  \  ^mehr  oder  weniger 
Wasser  und  dazu  noch  -f  %  Methyl-  (oder 
Äthylalkohol  oder  Aceton)  enthaltendes  Glyzerin 
gelte  ?]A  =/(^,  ±  ^J'  +  ^^)  =/(^i  ±  As),  fand 
ich  (mit  Van  Rijn)  eine,  im  Vergleich  zu  den 
^-Werten  der  eben  angeführten  Tabelle,  uner- 
wartete Konstanz  der  A:s,^) 

Es  sollten  femer  Lösungen  in  unterkühltem 
Thymol  untersucht  werden,  indem  für  letzteres 
nach  Brodmann  oder  nach  Slotte  gebaute 
Formeln  die  Abhängigkeit  der  betreffenden 
Reibungswerte  von  der  Temperatur  auszudrücken 
erlaubten.  Unter  Verwendung  eines  Ostwald- 
schen  Apparates,  mit  welchem  schon  Guye 
und  Friedrich  (Bull.  soc.  chim.  Paris  (3)19,  164.) 
Werte   von  r\  in    sehr   guter  Übereinstimmung 


«M. 


»ifl. 


«40. 


330. 


MO 


tiO 


U     tS 


mit  den  von  Thorpe  und  Rodger  gefundenen 
Zahlen  erhielten,  wurden  die  auf  gleichen  Druck 
reduzierten  Durchflusszeiten  bestimmt.  Weitere, 
diesbezügliche  Angaben  sind  schon  veröffent- 
lichten Untersuchungen  über  4,06  %ige  Lösung 
von  Äthylvalerat  und  5,58  ^oige  von  Amyl- 
propionat  in  Thymol   zu  entnehmen.^)     Erstere 


ergab : 


15.610 


18,45 
2,50 


21,17 

2,55 


21,23 

2,57 
36,20 

2,4s 


24,50 
2,54 

39,65 

2,50. 


27,50 
2,64 


30,10 
2.59 


32,95 
2,53 


Das  arithmetische  Mittel  der  A  beträgt  2,548'*, 
während  sich  auf  Grund  der,  aus  der  Schmelz- 
wärme zu  85^  ermittelten  und  experimentell  zu 
83 '^gefundenen,  molekularen  Gefrierdepressionen 
für  Thymol^)  2,66*^  bez.  2,59*^  berechnen, 

Amylpropionat,  für  welches  sich  die  Ernie- 
drigung des  Erstarrungspunktes  in  Thymol  über- 

i)  Auf  Gnmd  der  Theorie  der  Lösungen. 

2)  1.  c.  23,  329. 

3)  1.  c.  29,  423;  z.  B.  auch  die  Reinheit  der  benutzten 
Präparate. 

4)  W.  \ ernst,  Theor.  Chem.    IT.  Aufl.,  152;    Eykuan 
1.  c.  4,  497. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


63 


einstimmend  mit  den  soeben  erwähnten,  mole- 
kularen Werten  fand,  zeigte  bezüglich  der 
Reibung  wie  angegeben,  untersucht  für  2,58  — 
5,58  —  11,10  —  17,07  %ige  Lösungen  in  er- 
wähntem Phenol: 


J 

2o,8oo           21,70           22,60 
1,53'^             1,50             1,48 

23.50           24,40 
1,48             1,42 

25,60 
1,42 

26,94 
1,47 

ö 
J 

»5«75®       »8,29        i9,»o       20,91 
3,250         3,17         3,17         3,'2 

23»33       23,50       25.13 
3,15         3i>6        3.15 

2679 
3.»7 

27,26 
3.16 

J 

i4,7S^         16,93         '9,25         21 
6,520           6,53           6,45           ^ 

,70         23,94         26*05 
,40           6,33           6.28 

28,10 
6,22 

30,09 
6,06 

J 

13,720        14,03        15,74       17,64 
10,360        10,38       10,34       10,09 

19,47       21,74       23,63 
10,05         9,89         9,82 

25,48 
9,70 

27,30 
9,57 

Mit  steigender  Temperatur  nehmen  die  J 
deutlich  ab.  Nach  diesen  Versuchen,  denen 
sich  schon  veröffentlichte  mit  5,04  und  9,4%iger 
Amylpropionat-  und  3,70%iger  Äthylacetat- 
iösung  anfügen,  welche  zum  Teil  bis  zu  48,6^ 
gefuhrt  sind,  kann  man  schliessen,  dass  inner- 
halb eines  bestimmten  Temperaturintervalls  für 
Ester  inThymol  mit  einer  gewissen  Annäherung 
Gl.  (2)  —  gelten  wird,  Ungl.  (3)  sich  in  eine 
Gleichung  umwandelt. 

Löst  man  andere  Körper  als  Ester,  von 
gleichfalls  geringer  Reibung  gegenüber  der  des 
Thymols,  in  letzterem,  z.  B.  Toluol  (3,94%)  oder 
ausgefrorenes  Nitrobenzol  (7,74  bez.  15,42%), 
so  erhalt  man  hinsichtlich  des  ersteren  eigen- 
tümlicherweise J  um  etwas  mehr  als  ^3  des 
berechneten  Wertes  grösser,  aber  sehr  konstant 
bez.  &,  so  dass  Gl.  (2)  und  (3)  ungültig  sind. 
Da  Toluol  und  Thymol  jecles  den  Benzol- 
kern und  eine  Methylgruppe  in  der  Molekel 
aufweisen,  so  kann  indessen  hier  an  eine  Ein- 
wirkung   des    Gelösten    auf  das    Lösungsmittel 


gedacht  werden.  Eine  noch  eingehender  aus- 
zuführende Gefrierpunktsbestimmung  deutete  in 
der  That  auf  ein  etwas  unregelmässiges  Ver- 
halten. —  Die  Nitrpbenzollösungen,  in  letzter 
Hinsicht    noch    nicht    untersucht,    zeigten    auf 

Der.  aus  mol.  Gefr.  Depr. 
1,520  und  1,490 

3,290     „     3,220 

6,550    „     6,400 

io,o80    „     9,840 

Grund  der  Durchflusswerte  ein  etwas  zu  kleines 
J  gegenüber  dem  berechneten.  —  Löst  man 
aber  umgekehrt  Thymol  (4,42*^0  und  9,48%) 
in  gereinigtem  Nitrobenzol,  so  ergiebt  sich, 
unter  Zugrundelegung  der  mol.  Depression 
(70,7®  bez.  69,5^  1.  c.)  des  letzteren  wiederum 
eine  ähnliche  Übereinstimmung  zwischen  den 
beiden  A  (der  Gefrierpunktserniedrigung  und 
der  reduzierten  Durchlaufszeit)  wie  bei  den 
Estern.  Da  in  diesem  Falle  die  Zähigkeit  der 
Lösung  Thymol  in  Nitrobenzol  grösser  ist  als 
diejenige  des  Solvens  Nitrobenzol  (also  umge- 
kehrt wie  bei  den  Estern),  so  wurde  in  Gl.  (2) 
das  J  mit  negativem  Vorzeichen  versehen. 

Eine  graphische  Versinnbildlichung  der  mit 
Amylpropionatlösungen  erhaltenen  Resultate 
zeigt  Fig.  I  (^-Werte  als  Abszissen,  die  glei- 
chem Drucke  entsprechenden  Zeiten  als  Ordi- 
naten). 

Zürich,  phys.  ehem.  Laborat.  d.  Universität. 

(Eingegangen  22.  Oktober  1901.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


W.  N ernst  (Göttingen),  Über  die  Bedeutung 
elektrischer  Methoden  und  Theorien  für  die 
Chemie.  *) 

Die  elektromagnetische  Lichttheorie  hat  einen 
in  jeder  Hinsicht  bündigen  Beweis  dafür  gelie- 
fert, dass  die  Erscheinungen  des  Lichtes,  die  man 
ja  bekanntlich  seit  langem  auf  Wellenbewegungen 
zurückfuhrt,  ihrem  Wesen  nach  elektrische  Phä- 
nomene sind,  oder  dass  mit  anderen  Worten 
ein  prinzipieller  Unterschied  zwischen  den  Licht- 
schwingungen und  den  elektrischen  Schwingungen 
nicht  besteht.  Damit  ist  nun  in  der  That  die  Op- 
tik geradeso  ein  Spezialkapitel  der  Elektrizi- 
tätslehre geworden,  wie  es  der  Magnetismus  seit 

l)  Zweite   allgemeine    Sitzung,    Freitag  27.  Septbr.  1901. 


langem  war.  Die  Frage  nach  dem  Wesen  der 
Elektrizität  bleibt  trotzdem  aber  im  grossen  und 
ganzen  dieselbe,  wie  vorher. 

Wenn  in  der  anschaulichen  Sprache  der  Ato- 
mistik die  Chemie  als  die  Wissenschaft  von  der 
Bildung  der  Moleküle  überhaupt  aus  den  Atomen 
und  von  ihrem  Zerfall  in  die  Atome  bezeichnet 
werden  kann,  so  beschäftigt  sich  die  Elektro- 
chemie mit  dem  Werden  und  Vergehen  elek- 
trisch geladener  Moleküle,  die  man  nach  Fara- 
day  kurzweg  als  Ionen  bezeichnet,  da  nun  in 
zahlreichen  chemischen  Reaktionen  die  Ionen  eine 
bereits  klar  erkannte  Rolle  spielen  und  da  in 
vielen  anderen  ihre  Mitwirkung,  wenn  auch  noch 
nicht  sicher,  so  doch  wahrscheinlich  ist,  so  springt 
die    Bedeutung    der    Elektrizitätslehre   auch  für 


64 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4, 


die  reine  Chemie,  nicht  nur  für  die  Elektroche- 
mie in  die  Augen;  alle  elektrischen  experimen- 
mentellen  Methoden  und  alle  theoretischen  Er- 
wägungen aus  der  Elektrizitätslehre,  die  auf  die 
Ionen  Anwendung  finden,  sind  der  Chemie  be- 
reits von  Nutzen  oder  können  es  werden. 

Nun  ist  es  eine  wichtige  Erfahrungsthatsache, 
dass  gerade  das  Wasser  zahlreiche  gelöste  Stoße 
in  Ionen  zu  spalten  vermag;  dadurch  ist  dies 
Lösungsmittel  für  die  Elektrochemie  nicht  nur, 
sondern  für  die  Chemie  überhaupt  von  der  aller- 
grössten  Bedeutung.  Es  ist  übrigens  kaum  daran 
zu  zweifeln,  dass  auch  die  fundamentale  Rolle  des 
Wassers  im  thierischen  und  pflanzlichen  Orga- 
nismus auf  verwandte  Ursachen  zurückzufuhren 
ist.  Wahrscheinlich  hängt  das  eigenartige  Ver- 
halten des  Wassers  mit  seiner  hohen  Dielektri- 
zitätskonstante zusammen,  welche  in  der  That 
diesem  Lösungsmittel  eine  ganz  besondere  Stel- 
lung zuerteilt.  Jedenfalls  ist  es  von  vornherein 
klar,  dass  in  den  experimentellen  Methoden  der 
Elektrochemie  die  wässerigen  Lösungen  die  viel- 
seitigsten und  bequemsten  Versuchsobjekte  sind. 

Wenn  wir  also  nunmehr  dazu  übergehen  wollen, 
die  wichtigsten  elektrischen  Methoden  der  Che- 
mie kurz  zu  charakterisieren,  so  wissen  wir  be- 
reits, dass  es  sich  hierbei  immer  um  Ionen  han- 
deln wird.  Bei  der  Behandlung  dieser  Frage  er- 
gab sich  nun  das  von  vornherein  anschauliche 
Resultat,  dass  bei  der  Untersuchung  der  Ionen 
alle  Methoden  anwendbar  sind,  die  über  den  Bau 
der  gewöhnlichen  elektrisch  neutralen  Moleküle 
uns  zu  unterrichten  sich  eignen;  man  kann  Mo- 
lekulargewichtsbestimmungen und  Konstitutions- 
bestimmungen an  den  Ionen  genau  so  ausfuhren, 
wie  an  den  gewöhnlichen  Molekülen.  Dazu  aber 
treten  als  neu  und  eigenartig  diejenigen  Metho- 
den hinzu,  welche  sich  an  die  elektrische  Ladung 
der  Ionen  wenden,  und  dieses  sind  eben  die 
elektrischen  Methoden  der  Chemie.  Ich  glaube, 
dass  der  vorstehende  einfache  Satz  die  vollstän- 
dige Systematik  der  elektrochemischen  For- 
schungsmethode enthält. 

Wenn  wir  also  z.  B.  ein  Salz  in  wässeriger 
Lösung  untersuchen  wollen,  so  werden  wir  zu- 
nächst durch  Anwendung  der  van't  Hoff-Ava- 
gadroschen  Regel  das  Molekulargewicht  be- 
stimmen können;  hierdurch  allein  werden  wir  in 
vielen  Fällen,  wie  Arrhenius,  der  Begründer 
der  modernen  Anschauung  über  die  elektrolytische 
Dissoziation,  zuerst  gezeigt  hat,  über  Menge  und 
Art  der  Ionen,  in  welche  das  Salz  zerfallen  ist, 
Auskunft  erhalten,  besonders  wenn  wir  damit 
das  Heranziehen  chemischer  Analogien  verbin- 
den; in  den  meisten  Fällen  sind  ja,  wie  Hittorf 
schon  in  seinen  klassischen  Arbeiten  nachwies, 
die  chemischen  Radikale  mit  den  Ionen  identisch, 
und  über  die  Natur  dieser  Radikale  giebt  das 
allgemeine  chemische  Verhalten  des  Salzes  in 
der  Regel  hinreichenden  Aufschluss.  Wie  schon 


bemerkt,  stehen  uns  aber  auch  spezifisch  elek- 
trische Methoden  zur  Verfügung,  und  indem  wir 
einerseits  von  der  Thatsache  Gebrauch  machen, 
dass  die  Ionen  unter  dem  Einfluss  elektrischer 
Kräfte  zu  wandern  vermögen,  und  dass  anderer- 
seits die  elektromotorische  Kraft  zwischen  Me- 
tall und  der  Lösung  durch  Natur  und  Menge 
von  Ionen  bestimmt  wird,  gewinnen  sowohl 
Messungen  der  elektrischen  Leitfähigkeit  wie 
solche  der  elektromotorischen  Kraft  ihre  Bedeu- 
tung auch  für  die  rein  chemische  Forschung, 

Dank  den  Arbeiten  von  Friedrich  Kohl- 
rausch ist  die  Bestimmung  der  Leitfähigkeit 
von  Lösungen  zu  einem  hohen  Grade  von  Ein- 
fachheit und  Sicherheit  gebracht  worden.  Ein 
kleines  Induktorium,  eine  Wheatstonesche 
Brücke,  ein  Widerstandskasten,  ein  Telephon  und 
ein  mit  Elektroden  versehenes  Glasgefass  bilden 
das  ganze  physikalische  Rüstzeug,  dessen  man 
zur  Bestimmung  der  Leitfähigkeit  bedarf.  Einen 
umfassenden  Überblick  über  die  Anwendungen 
dieser  Methode  für  die  Chemie  ist  hier  zu  geben 
nicht  der  Ort;  aber  an  einem  Beispiele,  das  durch 
die  Arbeiten  von  Ostwald  hervorragende  Wich- 
tigkeit gewonnen  hat,  möchte  ich  wenigstens  ihr 
Wesen  veranschaulichen. 

Dass  in  wässeriger  Lösung  die  verschiedenen 
Säuren  sehr  verschiedene  Stärke  besitzen,  ist 
eine  längst  bekannte  chemische  Thatsache;  ihre 
wissenschaftliche  Formulierung  gelang  jedoch  erst 
in  neuerer  Zeit  mit  Hilfe  der  lonentheorie  und 
der  Lehre  von  der  chemischen  Massenwir- 
kung. Alle  Säuren  liefern  nämlich  in  Wasser 
aufgelöst  eine  mehr  oder  minder  grosse  Menge 
der  positiv  geladenen  Wasserstoffionen ;  die  allen 
Säuren  gemeinschaftlichen  und  daher  spezifisch 
sauren  Reaktionen  sind  nun  eben  Reaktionen 
des  WasserstofTions.  Nach  dem  Gesetze  der 
chemischen  Massenwirkung  aber  reagiert  eine 
Molekülgattung,  gleichgültig,  ob  elektrisch  neutral 
oder  geladen,  um  so  energischer,  je  höher  ihre 
Konzentration  ist,  und  somit  ergiebt  sich  einfach, 
dass  eine  Säure  um  so  stärker  spezifisch  sauer 
reagiert,  je  mehr  Wasserstoffionen  sie  enthält. 
Da  man  nun  mit  Hilfe  der  elektrischen  Leitfähig- 
keit am  einfachsten  und  genauesten  die  Menge 
der  Wasserstoffionen  einer  in  Wasser  gelösten 
Säure  ermitteln  kann,  so  erkennen  wir,  wie  die 
Messung  der  elektrischen  Leitfähigkeit  uns  über 
die  Stärke  einer  Säure  und  somit  über  eine  wich- 
tige Seite  ihres  chemischen  Verhaltens  Aufschluss 
giebt. 

In  komplizierteren  Fällen,  besonders  bei  der 
Untersuchung  der  sogenannten  komplexen  Salze, 
tritt  der  Leitfähigkeitsmessung  die  Untersuchung 
der  lonenwanderung  ergänzend  an  die  Seite;  in- 
dem man  die  zu  untersuchende  Lösung  elektro- 
lysiert  und  die  mit  der  Verschiebung  der  Ionen 
verbundenen  Konzentrationsänderungen  an  den 
Elektroden  bestimmt,  lässt  sich  die  Frage  ent- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


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scheiden,  ob  ein  Element  oder  Radikal  mit  dem 
Strome  oder  dem  Strome  entgegen  wandert;  in 
ersterem  Falle  befindet  es  sich  in  einem  posi- 
tiven, im  zweiten  Falle  in  einem  negativen  Ion. 
Bereits  Hittorf  zeigte  bei  seinen  grundlegenden 
Messungen  der  Überfiihrungszahlen,  dass  auf 
diesem  Wege  häufig  die  Frage  leicht  entschieden 
werden  kann,  ob  man  ein  typisches  oder  ein 
sogenanntes  komplexes  Salz  vor  sich  hat. 

Während  die  Leitfähigkeit  einer  Lösung  durch 
die  Summe  der  Leitfähigkeiten  aller  darin  vor- 
handenen Ionen  bedingt  wird,  und  somit,  be- 
sonders in  komplizierten  Fällen,  in  denen  eine 
grössere  Anzahl  verschiedener  lonenin  der  Lösung 
vorhanden  ist,  die  Deutung  der  Versuchsergeb- 
nisse nicht  ganz  einfach  wird,  liefert  die  Be- 
stimmung der  elektromotorischen  Kraft  die  Menge 
von  einer  ganz  bestimmten  lonenart,  weil  die 
Spannung  der  Elektroden  ausser  von  ihrer  eigenen 
Beschaffenheit  in  wässerigen  Lösungen  nur  noch 
von  der  Konzentration  der  lonenart  abhängt, 
welche  die  betreffende  Elektrode  in  die  Lösung 
entsendet.  Der  Apparat,  der  für  die  Ausfuhrung 
dieser  Messungen  erforderlich  ist,  bietet  in  seiner 
Handhabung  ebenfalls,  wie  bei  der  Messung  der 
Leitfähigkeit,  keine  besonderen  Schwierigkeiten; 
ein  empfindliches  Galvanometer  oder  Elektro- 
meter, ein  Normalelement  und  ein  Widerstands- 
kasten sind  in  den  meisten  Fällen  zur  Ausfuh- 
rung der  Messung  vollkommen  ausreichend. 

Bestimmen  wir  also  etwa  die  elektromoto- 
rische Kraft  eines  Silberdrahtes  gegen  eine  Lö- 
sung, so  vermag  diese  Messung  uns  Aufschluss 
zu  geben  über  die  Menge  der  Silberionen,  die 
in  der  Lösung  vorhanden  sind,  und  zwar  liegt 
es  in  der  Natur  der  Formel,  welche  die  elektro- 
motorische Kraft  und  die  Konzentration  der  Sil- 
berionen verbindet,dass  die  prozentische  Genauig- 
keit unabhängig  von  der  Menge  der  in  der  Lö- 
sung vorhandenen  Silberionen  ist.  Man  ist  da- 
her in  der  Lage,  Konzentrationen  von  einer  Klein- 
heit noch  relativ  sicher  zu  bestimmen,  wie  sie 
wohl  auf  keinem  anderen  Wege,  z.  B.  auch  nicht 
durch  die  Hilfsmittel  der  Spektralanalyse  unter 
den  günstigsten  Bedingungen,  gemessen  werden 
können. 

Auch  hier  muss  ich  mich  darauf  beschränken, 
an  einem  Beispiele  die  Anwendbarkeit  dieser 
Methode  zu  erläutern.  Das  Wasser  ist  in  reinem 
Zustande  ein  fast  völliger  Nichtleiter  der  Elek- 
trizität; es  ist  mit  andern  Worten  nur  zu  einem 
äusserst  kleinen  Bruchteile  in  seine  Ionen,  das 
Wasserstofiion  und  das  Hydroxylion,  zerfallen. 
Da  von  diesen  lonenarten  das  eine  für  die  Säuren, 
das  andere  für  die  Basen  typisch  ist,  so  ist  das 
Wasser  gleichzeitig  saurer  und  basischer  Natur, 
d.  h.  es  ist  gleichzeitig  eine  schwache  Säure  und 
eine  schwache  Basis.  Für  zahlreiche  chemische 
Reaktionen  des  Wassers  war  es  nun  von  Wich- 
tigkeit, die  Stärke  der  sauren  und  der  basischen 


Funktionen  des  Wassers  kennen  zu  lernen,  und 
es  mussten  zu  diesem  Zwecke  die  sehr  kleinen 
Mengen  von  Wasserstofllionen  bestimmt  werden, 
die  in  einer  neutralen  oder  besser  alkalischen 
Lösung  vorhanden  sind.  Ostwald  und  Arrhe- 
nius  lösten  gleichzeitig  und  unabhängig  diese 
Aufgabe,  indem  sie  die  elektromotorische  Kraft 
einer  mit  Wasserstoff  beladenen  Platinelektrode, 
die  lediglich  von  der  Konzentration  der  Wasser- 
stoffionen abhängt,  bestimmten  und  daraus  die 
gesuchte  auserordentlich  kleine  Konzentration 
der  Wasserstoffionen  ermittelten.  — 

Die  bisher  besprochenen  elektrischen  Metho- 
den sind  gleichsam  Sonden,  die  der  Forscher 
an  chemische  Verbindungen  anzulegen  und  mit 
Hilfe  deren  er  sie  sozusagen  abzutasten  ver- 
mag. Die  Elektrizität  giebt  aber  auch  Mittel  an 
die  Hand,  durch  die  man,  wie  mit  einem  scharfen 
Werkzeuge,  die  chemischen  Verbindungen  zer- 
schneiden kann;  dieses  Hilfsmittel  ist  das  erste, 
das  die  elektrochemische  Forschung  erbracht  hat, 
nämlich  die  Elektrolyse.  Vermöge  der  elektro- 
lysierenden  Kraft  des  galvanischen  Stromes  ist 
man  ja  imstande,  auch  die  festesten  Verbindungen 
mit  Leichtigkeit  in  ihre  einfacheren  Bestandteile 
aufzulösen. 

Der  Mechanismus  der  Elektrolyse  ist  über- 
aus einfach  und  durchsichtig;  ein  Strom,  der  einen 
Elektrolyten  durchfliesst,  führt  die  positiven  Ionen 
zur  einen,  die  negativen  Ionen  zur  anderen  Elek- 
trode, und  zwar  findet  diese  Wanderung  der 
Ionen,  wie  schon  oben  auseinandergesetzt,  unter 
dem  Einfluss  des  elektrischen  Zuges  statt,  der 
von  den  entgegengesetzt  geladenen  Elektroden 
auf  die  Ionen  ausgeübt  wird.  Bei  hinreichend 
starker  Ladung  der  Elektroden,  d.  h.  bei  hin- 
reichender elektromotorischer  Kraft  des  elektro- 
lysierenden  Stromes  gelangen  die  Ionen  an  beiden 
Elektroden  zur  Abscheidung;  indem  sie  an  die 
Elektroden  ihre  elektrische  Ladung  abgeben, 
gehen  sie  in  gewöhnliche,  d.  h.  elektrisch  neu- 
trale Moleküle  über,  welche  dem  elektrischen 
Zuge  nicht  mehr  unterliegen  und  demgemäss  ent- 
weichen können.  Der  eigentlich  primäre  Vorgang 
in  der  Elektrolyse  ist  also  nichts  anderes,  als 
der  Übergang  elektrisch  geladener  Ionen  in 
elektrisch  neutrale  Molekülarten,  und  die  Ar 
beit,  welche  der  Strom  bei  der  Elektrolyse  zu 
leisten  hat,  besteht  also  in  erster  Linie  darin, 
den  Ionen  ihre  elektrischen  Ladungen  zu  ent- 
reissen,  und  zwar  gleichzeitig  den  positiven  Ionen 
ihre  positive  Elektrizität  an  der  einen,  den  ne- 
gativen Ionen  ihre  negative  Elektrizität  an  der 
anderen  Elektrode.  Diese  Arbeit  ist  nun  aber 
um  so  grösser,  je  höher  die  an  den  Elektroden 
wirkende  elektromotorische  Krafl  ist,  und  da 
wir  letztere  bei  geeigneter  Versuchsanordnung 
beliebig  zu  steigern  im  stände  sind,  so  erkennen 
wir,  dass  kein  Ion  seine  Ladung  so  stark  zu 
binden  vermag,  dass  wir  nicht  durch  hinreichend 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


starken  elektrischen  Zug  sie  den  Ionen  zu  ent- 
ziehen imstande  wären.  Mit  Hilfe  des  Stromes 
können  wir  dementsprechend  die  stärksten  che- 
mischen Kräfte  überwältigen. 

Während  bei  der  Elektrolyse  der  galvanische 
Strom  chemische  Verwandtschaften  löst,  wird  bei 
dem  umgekehrten  Phänomen,  der  galvanischen 
Stromerzeugung,  chemische  Energie  in  elektrische 
umgesetzt.  Auch  der  Mechanismus  dieser  Vor- 
gänge ist  mit  Hilfe  der  lonentheorie  und  der 
Theorie  des  osmotischen  Druckes  in  neuerer 
Zeit,  wie  ich  glaube,  klargestellt  worden.  Die 
Auflösung  des  Zinks  z.  B.  in  einem  galvanischen 
Elemente  ist  im  Prinzip  ähnlich  der  Auflösung 
irgend  einer  beliebigen  Substanz  in  einem  Lö- 
sungsmittel; das  Eigentümliche,  was  bei  der  Auf- 
lösung des  Zinks  noch  hinzukommt,  besteht 
lediglich  darin,  dass  hier,  wie  bei  den  Metallen 
überhaupt,  nicht  elektrisch  neutrale  Moleküle  in 
Lösung  gehen,  sondern  dass  es  sich  dabei  um 
Ionen  handelt.  Dadurch  aber  ist  notwendig  mit 
der  Auflösung  des  Zinks  eine  elektrische  Ver- 
schiebung verbunden,  die  unter  geeigneten  Ver- 
suchsbedingungen als  geschlossener  galvanischer 
Strom  in  Erscheinung  tritt. 

Aber  auch  wenn  man  ohne  besondere  Vor- 
kehrung Zink  oder  ein  anderes  Metall  in  Säuren 
löst,  ist  damit  ein  elektrischer  Vorgang  untrenn- 
bar verbunden ;  von  dem  Zink  werden  Zinkionen 
in  die  Säure  entsandt,  während  gleichzeitig  die 
chemisch  und  somit  auch  elektrisch  äquivalente 
Menge  von  Wasserstoß"ionen  umgekehrt  aus  der 
Lösung  zum  Zink  übertritt,  um  nach  Abgabe 
der  Ladung  als  elektrisch  neutraler  Wasserstofi* 
zu  entweichen.  Genau  so,  wie  für  die  Elektro- 
lyse die  Spannungsdifferenz  an  den  Elektroden 
massgebend  ist,  wird  auch  dieser  chemische 
Prozess,  wie  in  zahlreichen  neueren  Arbeiten  ge- 
zeigt wurde,  ausschliesslich  durch  die  elektrische 
Potentialdifferenz  zwischen  Metall  und  Lösung 
bestimmt. 

Der  primäre  Vorgang  bei  der  Auflösung  eines 
Metalls  unter  Wasserstoffentwicklung  besteht 
also  in  der  Abgabe  der  positiven  Ladung  des 
Wasserstoftions  an  das  betreffende  Metall.  Leiten 
wir  etwa  Chlor  in  die  Lösung  eines  Jodids,  so 
wird  gewöhnliches  Jod  in  Freiheit  gesetzt  und 
das  Chlorion  tritt  an  die  Stelle  des  Jodions;  auch 
hier  besteht  der  chemische  Prozess  also  wesent- 
lich in  einer  Dislokation  einer  elektrischen  La- 
dung, und  zwar  handelt  es  sich  bei  diesem  Bei- 
spiele um  eine  negative  Ladung.  Nach  aussen 
verrät  sich,  wie  es  in  der  Natur  dieser  Er- 
scheinungen liegt,  die  elektrische  Natur  dieser 
Prozesse  nicht  weiter;  elektrostatische  Ladungen 
oder  galvanische  Ströme  treten  dabei  nicht  auf. 
Wohl  aber  lässt  sich  die  Richtung,  in  der  solche 
chemischen  Umsetzungen  stattfinden  müssen,  aus 
den  lonenpotentialen  ableiten. 

Schon  daraus,  dass  das  Phänomen  der  Elek- 


trolyse in  der  Spaltung  selbst  der  festesten  che- 
mischen Verbindungen  besteht,  wird  es  klar, 
dass  bei  chemischen  Verbindungen  elektrische 
Kräfte  eine  wichtige  Rolle  spielen;  im  einzelnen 
haben  wir  überdies  soeben  gesehen,  dass  bei 
manchen  chemischen  Prozessen  der  primäre  Vor- 
gang in  einer  Dislokation  elektrischer  Ladungen 
besteht.  Damit  tritt  denn  zugleich  die  Frage 
an  uns  heran,  ob  nicht  etwa  die  chemischen 
Kräft:e  überhaupt  elektrischer  Natur  sind. 

Ehe  wir  darüber  Betrachtungen  anstellen,  in- 
wieweit die  Forschung  in  das  äusserst  hypo- 
thetische Gebiet  der  Natur  der  chemischen  Affi- 
nität zur  Zeit  vorgedrungen  ist,  möchte  ich  kurz 
noch  darauf  eingehen,  wie  die  chemische  Affi- 
nität gemessen  werden  kann.  Wenn  zwei  Sub- 
stanzen bei  ihrer  Berührung  in  rasche  chemische 
Wechselwirkung  zu  treten  vermögen,  so  sagt 
man  in  der  Regel,  dass  sie  eine  grosse  che- 
mische Affinität  besitzen;  dies  ist  einwandsfrei, 
aber  keineswegs  die  Umkehrung  dieses  Satzes, 
dass  nämlich  Substanzen,  die  sich  auch  bei 
innigster  Berührung  gegeneinander  indifferent 
verhalten,  keine  Affinität  besitzen.  Der  Verlauf 
eines  chemischen  Prozesses  ist  zwar  proportional 
der  wirkenden  chemischen  Kraft,  aber  er  hängt 
ausserdem  auch  noch  von  der  Grösse  der  Wider- 
stände ab,  die  im  betreffenden  Falle  zu  über- 
winden sind.  Auch  bei  sehr  grosser  Affinität 
kann  die  Reaktionsgeschwindigkeit  verschwin- 
dend klein  sein,  wofür  ein  Gemenge  von  Wasser- 
stoff* und  Sauerstoff"  ein  Beispiel  bildet;  trotz  der 
grossen  Affinität  dieser  Elemente  bleiben  sie 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  so  gut  wie  voll- 
kommen passiv,  weil  der  zu  überwindende  che- 
mische Widerstand  sehr  gross  ist.  Genau  wie 
die  Intensität  eines  galvanischen  Stromes  der 
wirkenden  elektromotorischen  Kraft  direkt  und 
dem  entgegenstehenden  elektrischen  Widerstände 
indirekt  proportional  ist,  so  gilt  für  die  rein  che- 
mischen Prozesse  ein  analoges  Gesetz:  die  Re- 
aktionsgeschwindigkeit ist  der  chemischen  Kraft 
oder  der  chemischen  Affinität  direkt  und  dem 
chemischen  Widerstand  indirekt  proportional. 
In  einem  galvanischen  Elemente  werden  beide 
Gesetze,  das  Ohmsche  Grundgesetz  der  elek- 
trischen Ströme  und  das  chemische  Grundgesetz 
des  Reaktionsverlaufs  identisch,  weil  hier  galva- 
nischer und  chemischer  Widerstand  zusammen- 
fallen, die  Reaktionsgeschwindigkeit  nach  Fara- 
da}'s  Gesetz  der  Stromintensität  gleich  wird 
und  die  Kraft  der  chemischen  Affinität  des  strom- 
liefernden Prozesses  in  dem  betrachteten  gal- 
vanischen Elemente  einfach  seine  elektromoto- 
rische Kraft  ist.  Ebenso  aber  wie  das  Ohmsche 
Gesetz  auch  auf  elektrische  Ketten  Anwendung 
findet,  in  denen  keinerlei  chemische  Prozesse 
sich  abspielen,  wie  bei  den  Dynamomaschinen 
oder  den  Thermosäulen,  so  gilt  das  analoge 
chemische    Grundgesetz    auch    bei    Reaktionen, 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


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in  denen  wie  z.B.  bei  Verbrennungserscheinungen 
das  Auftreten  galvanischer  Ströme  nicht  nachge- 
wiesen und,  wenn  es  sich  lediglich  um  die  Ein- 
wirkung zwischen  elektrischen  Isolatoren  handelt, 
geradezu  ausgeschlossen  ist.  Immerhin  weist  die 
grosse  Ähnlichkeit  der  beiden  besprochenen 
Gesetze  bereits  auf  eine  Beziehung  zwischen 
chemischem  Prozess  und  galvanischem  Strome 
oder  besser  galvanischer  Entladung  hin. 

Aus  den  vorstehenden  Überlegungen  er- 
sehen wir  bereits,  dass  die  Bestimmung  der 
elektromotorischen  Kraft  eines  galvanischen  Ele- 
mentes uns  gleichzeitig  die  Grösse  der  Aßinität 
des  betreffenden  stromliefernden  chemischen 
Prozesses  liefert.  Man  kann  letztere  Grösse  aber 
auch  auf  zahlreichen  anderen  Wegen  ermitteln; 
wie  nebenbei  bemerkt  sei,  liefert  jede  Methode, 
die  zur  Kenntnis  der  maximalen  Arbeitsleistung 
einer  chemischen  Umsetzung  oder,  wie  man 
es  auch  ausdrückt,  zur  Bestimmung  der  damit 
verbundenen  Änderung  der  freien  Energie 
führt,  gleichzeitig  die  chemische  Affinität  der 
betreffenden  stofflichen  Umsetzung.  Die  Messung 
der  elektromotorischen  Kraft  ist  aber  die  viel- 
seitigste und  genaueste  Methode,  und  wir  sehen 
also,  wie  auch  hier  wieder,  wo  es  sich  um  die 
Messung  einer  der  wichtigsten  chemischen 
Grössen  handelt,  eine  rein  elektrische  Methode 
an  der  Spitze  steht. 

Historisch  wäre  über  die  Frage  nach  der 
Natur  der  chemischen  Verwandtschaft  etwa 
folgendes  zu  bemerken.  Bei  der  Beschäftigung 
mit  der  anorganischen  Chemie  zeigte  sich  in 
der  Zusammensetzung  zahlreicher  chemischer 
Verbindungen  ein  deutlicher  Dualismus;  man 
konnte  die  Elemente  und  Radikale  in  zwei 
Kategorien  teilen,  die  positiven  und  die  nega- 
tiven, und  man  fand,  dass  die  positiven,  wie 
die  negativen  Radikale  je  untereinander  meistens 
relativ  schwierig  reagieren,  dass  aber  ein  stark 
positives  mit  einem  stark  negativen  Radikale 
sich  stets  glatt  zu  einer  wohl  charakterisierten 
chemischen  Verbindung  vereinigt.  Die  Erkennt- 
nis dieser  Thatsache  ist  der  bleibende  Inhalt 
der  elektrochemischen  Theorie  von  Berzelius; 
dass  der  grosse  Begründer  der  analytischen 
Chemie  dies  Verhalten  der  Elemente  dadurch 
zu  erklären  suchte,  dass  er  die  eine  Kategorie 
als  in  freiem  Zustande  positiv,  die  andere  als 
negativ  geladen  ansah,  eine  Annahme,  die  gegen 
die  Elemente  der  Elektrizitätslehre  verstösst, 
ist  im  Grunde  eine  unwesentliche  Zugabe  zu 
seiner  Theorie.  Thatsächlich  war  es  Berzelius 
auch  wohl  mehr  darum  zu  thun,  den  von  ihm 
so  oft  beobachteten  Dualismus  in  den  chemischen 
Verbindungen  durch  die  Analogie  mit  den 
beiden  Elektrizitäten  anschaulich  zu  machen, 
als  eine  streng  physikalische  Erklärung  der 
Wirksamkeit  chemischer  Kräfte  zu  liefern. 

Nun  entdeckte   die  aufblühende   organische 


Chemie  zahllose  chemische  Verbindungen,  bei 
denen  die  einseitig  dualistische  Auffassungs- 
weise vollkommen  versagte,  und  so  entstand 
die.  wie  man  sich  kurz  ausdrückt,  unitarische 
Theorie  der  Konstitution  organischer  Verbin- 
dungen, d.  h.  eine  Valenztheorie,  die  sich  um 
jenen  Dualismus  nicht  kümmert. 

Gegenwärtig  kann  man  wohl  sagen,  dass 
eine  rein  unitarische  Auffassungsweise  der 
chemischen  Verbindungen  ebenso  einseitig  wäre, 
wie  die  rein  dualistische  Auffassungsweise  von 
Berzelius;  wir  müssen  eben  annehmen,  dass 
bei  der  Bildung  chemischer  Verbindungen  so- 
wohl einheitlich  wirkende  Kräfte  zur  Geltung 
kommen,  wie  es  z.  B.  die  von  Masse  zu  Masse 
wirkenden  New  tonschen  Attraktionskräfte  sind, 
als  auch  Kräfte  polarer  Natur  thätig  sind,  wo- 
für die  elektrischen  Kräfte  das  deutlichste  Bei- 
spiel  liefern. 

Der  von  Berzelius  erkannte  Dualismus  der 
chemischen  Verbindungen  lässt  sich  vom  Stand- 
punkte der  lonentheorie  sehr  einfach  folgender- 
massen  deuten.  Diejenigen  Elemente  oder  Ra- 
dikale, welche  aus  chemischen  Verbindungen  als 
positive  Ionen  abgespalten  werden,  bilden  die 
eine  Kategorie,  diejenigen,  welche  als  negative 
Ionen  auftreten,  bilden  die  andere  Kategorie 
der  Elemente  und  Radikale.  Es  sind  also  nicht 
die  freien  Elemente  oder  Radikale  elektrisch  ge- 
laden, wie  Berzelius  annahm,  sondern  nach  der 
Vereinigung  von  positiven  und  negativen  Ra- 
dikalen untereinander  vermag  das  Molekül  unter 
geeigneten  Bedingimgen  sich  in  Ionen  zu  spalten, 
wobei  dann  die  positiven  Radikale  positiv,  die 
negativen  Radikale  negativ  elektrisch  geladen 
sind.  Diese  elektrische  Spaltung  offenbart  sich 
am  deutlichsten  durch  elektrolytische  Leitfähig- 
keit und  die  damit  verbundene  Fähigkeit,  unter 
dem  Einfluss  eines  hinreichend  starken  elek- 
trischen Zuges  sich  in  die  freien  Radikale  spalten 
zu  lassen,  gleichzeitig  aber  auch,  worauf  Hit torf 
zuerst  hinwies,  in  dem  leichten  chemischen  Aus- 
tausche eines  positiven  gegen  ein  anderes  posi- 
tives und  eines  negativen  gegen  ein  anderes 
negatives  Radikal,  oder,  mit  anderen  Worten, 
in  der  glatten  Bildung  und  gegenseitigen  Um- 
setzung von  Salzen;  Hittorf  drückte  dies  sehr 
prägnant  durch  den  einfachen  Satz  aus:  „Elek- 
trolyte  sind  Salze". 

Berzelius  nahm,  wie  schon  bemerkt,  ferner 
an,  dass  der  Grad  der  Positivität  oder  Nega- 
tivität,  wenn  ich  mich  kurz  so  ausdrücken  darf, 
durch  die  Stärke  der  elektrischen  Ladung  be- 
stimmt sei;  seit  Faraday  weiss  man  im  Gegen- 
teil, dass  die  elektrische  Ladung,  die  ein  ein- 
wertiges Ion  oder  Radikal  mit  sich  fuhrt,  ganz 
unabhängig  von  der  Natur  und  demgemäss  auch 
von  der  Stärke  dieses  Radikales  ist.  Das 
äusserst  stark  positive  Kaliumion  ist  genau  so 
stark  elektrisch  geladen,  wie  das  sehr  schwach 


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positive  Silberion,  und  das  gleiche  gilt  auch 
für  das  äusserst  stark  negative  Fluorion  und 
das  sehr  schwach  negative  Jodion.  Nicht  in 
der  Grösse  der  Ladung  zeigt  sich  der  Grad 
der  Positivität  oder  Negativität,  sondern  in  der 
Festigkeit,  mit  der  diese  Ladung  gebunden 
wird.  Dementsprechend  kann,  um  bei  den 
obigen  Beispielen  zu  bleiben,  Jodsilber  bereits 
durch  sehr  geringe  elektromotorische  Kräfte  in 
die  freien  Elemente  gespalten  werden,  während 
Fluorkalium  umgekehrt  nur  unter  dem  Einfluss 
eines  sehr  starken  elektrischen  Zuges  in  die 
Bestandteile  zerfallen  kann. 

Der  experimentelle  Ausdruck  der  Thatsache, 
dass  die  verschiedensten  einwertigen  positiven 
oder  negativen  Radikale  gleichstark  elektrisch 
geladen  sind,  ist  das  Farad ay sehe  elektro- 
lytische Grundgesetz,  wonach  die  gleiche  Strom- 
menge aus  den  verschiedensten  Elektrolyten 
immer  chemisch  äquivalente  Mengen  in  Frei- 
heit setzt.  Da  nach  allem,  was  wir  darüber 
wissen,  das  erwähnte  Gesetz  mit  grösster  Exakt- 
heit zutrifft,  so  kann  die  Thatsache,  dass  die 
verschiedenartigsten  einwertigen  Ionen  die  gleiche 
Elektrizitätsmenge  binden,  als  sicher  verbürgt 
gelten. 

Was  die  mehrwertigen  Ionen  anlangt,  so 
findet  man,  dass  die  zweiwertigen  Elemente 
oder  Radikale  genau  doppelt  soviel,  die  drei- 
wertigen genau  dreimal  soviel  Elektrizität  binden, 
als  die  einwertigen  u.  s.  w. 

Diese  höchst  merkwürdigen  Thatsachen  lassen 
sich  nun  ungemein  einfach  und  anschaulich 
deuten,  wie  schon  Helmholtz  in  seiner 
Faraday-Rede  (1881)  angedeutet  hat.  Wenn 
wir  an  der  stofflichen  Natur  der  Elektrizität 
festhalten,  wozu  man,  wie  Helmholtz  ebenda 
betonte,  vollkommen  berechtigt  ist  —  und  ich 
glaube  nicht,  dass  sich  seitdem  hieran  etwas 
geändert  hat  — ,  so  sind  die  Ionen  eine  Art 
von  chemischer  Verbindung  zwischen  Elementen 
und  Radikalen  einerseits  und  der  Elektrizität 
andererseits.  Wenn  nun  ferner,  wie  wir  schon 
sahen,  die  verschiedensten  Elemente  oder  Ra- 
dikale immer  sich  nur  mit  einer  ganz  bestimmten 
Quantität  freier  Elektrizität  oder  einem  Multiplum 
davon  verbinden,  so  kann  man  das  am  ein- 
fachsten durch  den  Satz  ausdrücken:  für  die 
Verbindungen  zwischen  gewöhnlicher  Materie 
und  der  Elektrizität  gilt  genau  das  gleiche 
chemische  Grundgesetz,  wie  für  die  Verbin- 
dungen der  gewöhnlichen  chemischen  Sub- 
stanzen untereinander,  nämlich  das  Gesetz  der 
konstanten  und  multiplen  Proportionen, 

Erinnern  wir  uns,  dass  vor  etwa  einem  Jahr- 
hundert die  Entdeckung  jenes  chemischen  Grund- 
gesetzes Anlass  zur  Einführung  der  Atomistik 
in  die  exakte  Naturwissenschaft  gab  und  dass 
bis  auf  den  heutisjen  Tacr  dieses  Gesetz  die 
sicherste  experimentelle  Unterlage   'cder   mole- 


kulartheoretischen Betrachtung  geblieben  ist. 
Ohne  die  atomistische  Naturauffassung  ständen 
wir  diesem  fundamentalen  Naturgesetze  völlig 
ratlos  gegenüber,  während  es  uns  vom  Stand- 
punkte der  Atomistik  aus  geradezu  selbstver- 
ständlich erscheint. 

Genau  so  liegt  die  Sache  offenbar,  wenn  es 
sich  um  die  Auffassung  des  obigen  elektro- 
chemischen Grundgesetzes  handelt;  denken  wir 
uns  die  elektrischen  Fluida  als  kontinuierlich, 
so  bleibt  es  völlig  unerklärlich,  warum  die  ver- 
schiedensten Elemente  und  Radikale  immer  ge- 
rade eine  ganz  bestimmte  Elektrizitätsmenge 
bilden  oder  gerade  ein  Multiplum  davon.  So- 
fort aber  wird  es  zur  notwendigen  Konsequenz, 
wenn  wir  die  Elektrizität  als  in  einzelne  Atome 
von  unveränderlicher  Grösse  uns  geteilt  denken. 

Hierdurch  gelangen  wir  also  sozusagen  zu 
einer  chemischen  Theorie  der  Elektrizität,  die 
wir  zum  Schluss  noch  kurz  betrachten  wollen. 
Ausser  den  bekannten  chemischen  Elementen 
hätten  wir  zwei  neue  anzunehmen,  gebildet  von 
den  positiven  und  negativen  Elektronen,  wie 
man  diese  elektrischen  Atome  bezeichnet;  diese 
Elemente  sind  chemisch  einwertig,  d.  h.  die 
Valenz  eines  einwertigen  Elementes  kann  durch 
ein,  die  eines  zweiwertigen  Elementes  durch 
zwei  Elektronen  gesättigt  werden  u.  s.  w.  Das 
Atomgewicht  dieser  Elektronen  kann  für  die 
Zwecke  der  Chemie  als  verschwindend  klein 
angesehen  werden.  Forschungen  auf  ganz  an- 
deren Gebieten,  die  in  erster  Linie  das  Studium 
der  Kathodenstrahlen  betrafen,  und  worüber 
Herr  Dr.  Kaufmann,  ein  sehr  erfolgreicher 
Bearbeiter  dieses  Gebietes,  am  letzten  Mitt- 
woch von  dieser  Stelle  aus  berichtet  hat,  haben 
es  übrigens  wahrscheinlich  gemacht,  dass  das 
Atomgewicht  der  negativen  Elektronen  etwa 
'  2000  des  Atomgewichtes  des  Wasserstoffes  ist. 
Freilich  ist  die  Frage  noch  offen,  ob  es  sich 
hier  um  eine  wirkliche  Masse  im  gewöhnlichen 
Sinne  handelt.  Jedenfalls  aber  ist  diese  Grösse 
in  der  That  bei  chemischen  Arbeiten  verschwin- 
dend, insofern  als  etwaige  durch  'die  negativen 
Elektronen  bedingte  Gewichtsveränderungen 
innerhalb  der  unvermeidlichen  Fehler  auch  der 
genauesten  bisherigen  chemischen  Analysen 
liegen.  Ob  die  positiven  Elektronen,  wie  nicht 
unwahrscheinlich,  das  gleiche  Atomgewicht 
haben,  wissen  wir  nicht,  weil  man  an  diesen 
die  den  Kathodenstrahlen  entsprechende  Er- 
scheinung noch  nicht  aufgefunden  hat.  Die 
Eigentümlichkeiten,  welche  diesen  beiden  Ele- 
menten zwischen  allen  anderen  eine  ganz  ent- 
schiedene Ausnahmestelle  verleiht,  sind  die  von 
ihnen  ausgehenden  eigenartigen  Kraft  Wirkungen, 
die  von  der  Newtonschen  Attraktion  der  ge- 
wöhnlichen Elemente  und  Verbindungen  so  voll- 
kommen verschieden  sind.  Die  Behandlung 
dieser    Kräfte    bildet    eben    den    physikalischen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


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Teil  der  Elektrizitätslehre,  die  seit  Coulomb 
und  Amp^re'"mit  der  Erforschung  der  Gesetze 
jener  Kräfte  sich  beschäftigt  hat.  Dasjenige, 
was  für  die  Chemie  in  Betracht  kommt,  näm- 
lieh  die  elektrolytische  Leitung,  die  elektro- 
lytische Zersetzung  und  die  galvanische  Strom- 
erzeugung, habe  ich  in  dem  ersten  Teile  meines 
Vortrages  besprochen,  und  wir  haben  dabei 
konstatiert,  dass  sich  diese  Erscheinungen  in 
der  That  aus  den^  elektrischen  Grundgesetzen 
heraus  anschaulich  deuten  lassen. 

Wenn  man  fragt,  warum  denn  diese  beiden 
Elemente  von  polar  entgegengesetztem  Charakter 
eine  solche  Ausnahmestellung  im  Vergleich  zu 
allen  übrigen  einnehmen,  so  kann  man  diese 
Frage  allerdings  mit  gleichem  Recht  aufwerfen, 
aber  ebensowenig  beantworten,  wie  die:  warum 
ist  das  Chlor  gerade  das  Chlor,  warum  hat  das 
Natrium  gerade  die  Eigenschaften  des  Natriums 
u.  s,  w.  Die  Eigenschaften  der  Elemente  können 
wir  zur  Zeit  eben  nicht  ableiten,  wir  müssen 
sie  einfach  nehmen,  wie  sie  sind.  —  Übrigens 
erinnert  das  gegenseitige  Verhältnis  der  posi- 
tiven und  negativen  Elektronen  ein  wenig,  aber 
auch  nur  ein  wenig,  an  das  Verhältnis  zwischen 
zwei  optischen  Isomeren. 

Die  Ionen  sind,  wie  schon  bemerkt,  als 
chemische  Verbindungen  zwischen  gewöhnlichen 
Atomen  und  Radikalen  und  den  Elektronen  auf- 
zufassen, und  zwar  sind  es  gesättigte  chemische 
Verbindungen.  Wenn  wir  nämlich  etwa  im  Chlor- 
natrium das  Natriumatom  durch  ein  negatives 
Elektron  substituieren,  so  bekommen  wir  das 
negative  Chlorion;  wenn  wir  das  Chloratom 
durch  das  positiv  geladene  Elektron  ersetzen, 
so  bekommen  wir  das  positive  Natriumion.  Man 
sieht  also,  dass  die  Ionen  sich  vollständig  in 
das  Schema  der  Substitutionstheorie  einordnen, 
sobald  wir  die  atomistische  Auffassung  der  Elek- 
trizität zu  Hilfe  nehmen.  Gleichzeitig  wird  auch 
der  gewaltige  Unterschied  zwischen  freiem  Chlor 
und^^dem  Chlorion,  zwischen  freiem  Natrium 
und  dem  Natriumion  offenbar;  denn  genau  so, 
wie  das  physikalische  Verhalten  des  freien  Chlors 
und  des  freien  Natriums  ganz  anders  ist,  als 
wenn  diese  Elemente  in  einer  chemischen  Ver- 
bindung, wie  etwa  Chlornatrium,  vorhanden  sind, 
so  wird  ihr  Verhalten  durchgreifend  durch  die 
Verbindung  mit  den  elektrischen  Elementar- 
atomen,  d.  h.  durch  den  Übergang  in  den  lonen- 
zustand,  geändert. 

Dass  sich  übrigens  die  Ionen  in  der  That 
wie  gesättigte  Verbindungen  verhalten,  geht 
unter  anderem  auch  aus  folgender  Thatsache 
hervor.  Ausser  den  chemischen  Verbindungen, 
die  sich  dem  Schema  der  Valenztheorie  unter- 
ordnen, giebt  es  auch  sogenannte  Molekülver- 
bindungen; um  hierfür  ein  Beispiel  zu  nennen, 
so  vermag  das  Platinchlorid  sechs  Ammoniak- 
moleküle   zu    addieren.     Es    ist    nun    sehr    be- 


merkenswert, dass  die  Ammoniakmoleküle 
durch  Ionen  ersetzbar  sind,  wie  die  Forschungen 
von  Werner  gezeigt  haben,  und  dass  also  auch 
die  Ionen  in  der  Art  und  Weise,  Molekülver- 
bindungen zu  bilden,  sich  vollkommen  den  ge- 
wöhnlichen gesättigten  Verbindungen  an  die 
Seite  stellen. 

Es  liegt  nun  die  Frage  nahe,  ob  sich  die 
Substitution  im  Chlomatrium  nicht  noch  einen 
Schritt  weiter  fuhren,  d.  h.  ob  sich  nicht  gleich- 
zeitig das  Natriumatom  und  das  Chloratom 
durch  ein  negatives  und  ein  positives  Elektron 
substituieren  lässt;  das  Resultat  dieser  Sub- 
stitution wäre  also  eine  Verbindung  aus  einem 
positiven  und  einem  negativen  Elektron.  Wir 
hätten  so  ein  elektrisch  neutrales,  masseloses 
oder  wenigstens  so  gut  wie  masseloses  Molekül. 
Über  diese  Verbindung  und  über  die  Rolle,  die 
sie  vielleicht  in  chemischen  und  elektroche- 
mischen Prozessen  spielt,  wissen  wir  noch  nichts 
Bestimmtes.  Sollten  diese  Verbindungen  wirk- 
lich existieren,  und  sollte  es  uns  gelingen,  ein 
Reagens  darauf  zu  finden,  um  mich  der  che- 
mischen Ausdrucksweise  zu  bedienen,  so  würde 
sich  uns  vielleicht  eine  neue  Welt  von  Er- 
scheinungen erschliessen ;  die  Vermutung  scheint 
mir  jetzt  schon  unabweisbar,  dass  im  Verhalten 
des  Lichtäthers,  jenes  bis  heute  noch  völlig 
hypothetischen  Agens,  diese  Molekülgattung  eine 
Rolle  spielt. 

Auf  Grund  dieser  Anschauung  können  wir 
uns  nun  leicht  ein  klares  Bild  über  das  Ver- 
hältnis von  dualistischer  zu  unitarischer  An- 
schauungsweise verschaffen.  Die  verschiedenen 
Elemente  (bez.  Radikale)  besitzen  zu  den  posi- 
tiven und  negativen  Elektronen  verschiedene 
chemische  Affinität;  diejenigen  Elemente,  die 
zum  positiven  Elektron  eine  ausgesprochene 
Verwandtschaft  zeigen,  bilden  die  positive 
Gruppe  von  Elementen;  entsprechend  besitzen 
die  negativen  Elemente  eine  Verwandtschaft 
zum  negativen  Elektron.  Ausserdem  besitzen 
die  verschiedenen  Elemente  untereinander  eine 
chemische  Affinität,  die  nicht  polaren  Charakters 
ist.  Dementsprechend  können,  ohne  dass  die 
Elektronen  eine  Rolle  spielen,  zwei  Atome  eines 
Elementes  eine  feste  chemische  Verbindung  ein- 
gehen; ich  erinnere  nur  an  die  Festigkeit,  mit 
der  sich  zwei  Wasserstoffatome  oder  zwei  Stick- 
stoffatome untereinander  zu  einem  Molekül  ver- 
einigen. Dasselbe  gilt  von  vielen  Verbindungen 
der  Metalloide  untereinander,  wie  Chlorjod, 
Schwefelphosphor  u.  s.  w.  Ebenso  vermögen  die 
Metalle  untereinander  zahlreiche  Verbindungen 
einzugehen,  bei  denen  wir  ebenfalls  gar  keinen 
Anlass  haben,  auf  eine  Beteiligung  von  Elek- 
tronen zu  schliessen.  Der  Kohlenstoff  insbe- 
sondere, der  einen  Übergang  zwischen  den 
ausgesprochen  positiven  und  den  ausgesprochen 
negativen  Elementen  bildet,  vermag  mit  beiden 


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Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.     No.  4. 


Kategorien  von  Elementen  zu  reagieren,  und 
da  auch  hier  die  Elektronen  aus  dem  Spiele 
zu  bleiben  scheinen,  so  wird  die  Möglichkeit 
einer  rein  unitarischen  Auffassungsweise  bei  den 
Kohlenstoflfverbindungen  verständlich. 

Sobald  aber  ein  positives  und  ein  negatives 
Element  miteinander  reagieren,  tritt  die  Fähig- 
keit der  lonenspaltung  auf,  d.  h.  mit  diesem 
chemischen  Prozesse  ist  eine  Addition  oder 
Aufspaltung  eines  masselosen  elektrisch  neutralen 
Moleküls  verbunden;  es  scheint  mir  sehr  be- 
merkenswert, dass  diese  Vorgänge  mit  einer 
viel  durchgreifenderen  Veränderung  des  ge- 
samten Verhaltens  verbunden  sind,  als  die- 
jenigen, bei  denen  eine  Mitwirkung  der  Elek- 
tronen nicht  stattzufinden  scheint;  denn  während 
die  Verbindungen  der  Metalle  untereinander 
deutlich  metallischen  Charakter  bewahren  und 
die  Verbindungen  zwischen  Metalloiden  eben- 
falls deutlich  an  das  Verhalten  ihrer  Bestand- 
teile erinnern,  entsteht  offenbar  etwas  ganz 
Neues  und  Eigenartiges,  wenn  ein  Metall  mit 
einem  Metalloide  reagiert.  Eine  Substanz  wie 
Chlornatrium,  weist  gegen  ihre  Komponenten 
die  denkbar  grössten  Verschiedenheiten  auf,  wie 
auch  bei  der  Bildung  solcher  Verbindungen 
offenbar  ganz  besonders  mächtige  chemische 
Kräfte  mitwirken. 

Natürlich  scheint  es  nicht  unmöglich,  dass 
auch  bei  den  nicht  polaren  Wechselwirkungen 
elektrische  Kräfte  im  Hintergrunde  sich  befinden, 
wie  man  ja  auch  jetzt  schon  vielfach  hofft,  die 
Newtonsche  Attraktion,  ähnlich  wie  es  mit  der 
Optik  gelang,  auf  elektrische  Phänomene  zurück- 
fiihren  zu  können.  Das  ist  aber  doch  lediglich 
Sache  der  Zukunft;  zur  Zeit  wird  man  gut 
daran  thun,  die  Kräfte  polarer  Natur  sorgfältig 
von  den  unitarischen  zu  trennen. 

Das  hier  dargelegte  Schema  lässt  die  Mög- 
lichkeit vorhersehen,  dass  ein  Element  oder 
Radikal  mit  einem  positiven  oder  negativen 
Elektron  zu  reagieren  vermag,  ohne  dass  gleich- 
zeitig ein  anderes  Element  von  damit  entgegen- 
gesetzt polarem  Charakter  sich  des  freigewor- 
denen Elektrons  bemächtigt.  Wenn  dies  ge- 
schähe, so  würde  das  freie  Elektron  in  Analogie 
zu  den  gewöhnlichen  chemischen  Prozessen  mit 
einem  bestimmten  Dissoziationsdruck  in  Freiheit 
gesetzt  werden,  der  sich  in  der  lebendigen  Kraft 
des  fortgeschleuderten  freien  Elektrons  äussern 
würde.  Vielleicht  verdanken  die  Becquerel- 
strahlen  einem  solchen  chemischen  Prozesse 
ihre  Entstehung;  da  man  auch  hier  bisher  nur 
das  Auftreten  freier  negativer  Elektronen  be- 
obachtet hat,  so  gewinnt  es  überhaupt  den  An- 
schein, als  ob  die  positiven  Elektronen  viel 
schwieriger  zu  isolieren,  d.  h.  viel  fester  von 
den    Elementen    metallischer    Natur    gebunden 


seien,   als   die    negativen    Elektronen    von    den 
Metalloiden. 

(Auszug  aus  dem  als  Broschüre  bei  Vaudenhoek  &  Kupprecht, 
Oöttingen,  erschienenen  Vortrage.) 

(Eingegangen  18.  Oktober  1901. 


O.  Kammerer  (Charlottenburg),  Die  Erhaltung 
der  Energie  vom  Standpunkte  des  Ingen ieurs. ' ) 

Das  Grundgesetz  der  Naturwissenschaft  — 
das  Gesetz  von  der  Erhaltung  der  Energie  — 
ist  auch  das  Grundgesetz  der  Ingenieur-Wissen- 
schaft. 

Denn  die  Aufgabe  des  Maschinen-Ingenieurs 
lautet: 

Verwandlung  und  Verteilung  von  Energie 
mit  möglichster  Wirtschaftlichkeit  zu  dem  Zwecke, 
den  Menschen  von  körperlicher  Arbeit  zu  ent- 
lasten und  für  höhere  [Kulturarbeit  frei  zu 
machen. 

Diese  Aufgabe  beginnt  stets  mit  Verwand- 
lung von  Energie  aus  der  in  der  Natur  sich 
bietenden  Form  in  die  mechanische  Energie- 
form in  den  sogenannten  Motoren.  Die  beiden 
Formen  nämlich,  in  welchen  die  Sonnenenergie 
vergangener  und  gegenwärtiger  Zeit  uns  bisher 
in  verwertbarer  Art  zur  Verfügung  steht  —  in 
der  chemischen  Energie  der  Heizstoffe  und  in 
der  hydraulischen  Energie  der  Ströme  —  sind 
nur  sehr  selten  unmittelbar  verwendbar;  not- 
wendig ist  daher  zunächst  Umformung  in  me- 
chanische Energie. 

Der  zweite  Teil  der  Aufgabe  des  Maschinen- 
Ingenieurs  besteht  in  der  Verteilung  der  aus 
der  Naturkraft  geformten  mechanischen  Energie 
zunächst  von  der  Gewinnungsstelle  zu  den  so- 
genannten Arbeitsmaschinen  und  dann  in  den 
letzteren  selbst  von  der  Eintrittsstelle  der  Energie 
bis  zur  Verwendungsstelle. 

Die  Lösung  der  Ingenieuraufgabe  muss  mit 
möglichster  Wirtschaftlichkeit  erfolgen:  d.  h.  mit 
einem  geringsten  Aufwand  von  körperlicher  Mit- 
arbeit des  Menschen,  mit  einem  geringsten  Auf- 
wand der  kraftübertragenden  Mittel  —  Eisen 
und  Kupfer  -  und  mit  einem  geringsten  Auf- 
wand von  mechanischer  Energie.  Die  gleich- 
massige  Berücksichtigung  dieser  drei  häufig 
einander  widersprechenden  Bedingungen  macht 
dieThätigkeit  des  Maschinen-Ingenieurs  zu  einer 
sehr  vielgestaltigen  und  schwierigen.  Im  fol- 
genden soll  nur  der  Einfluss  der  letzten  der 
drei  Bedingungen  —  Erzielung  geringsten 
ICnergieverlustes  --  besprochen  werden,  die 
aber  nie'  allein  den  Ausschlag  ftir  die  Beurtei- 
lung eines  Ingenieurwerkes  bilden  darf. 

Das  Wort  ., Energieverlust'*  klingt  seltsam 
zu  der  Erkenntnis  von  der  Erhaltung  der  Energie. 

l)  Abteilung  3,  26.  Septr.   1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


71 


Die  Energie  an  sich  kann  ja  nicht  verloren 
gehen,  sie  kann  nur  einen  anderen  Weg  gehen, 
als  wir  ihn  ihr  aufzwingen  wollen.  Die  Natur- 
kraft in  einen  ganz  bestimmten  Weg  zu  zwingen, 
ist  aber  gerade  unser  Ziel.  Von  diesem  Stand- 
punkt aus  nennen  wir  „nutzbare  Energie"  nur 
denjenigen  Teil,  der  innerhalb  des  aufgezwun- 
genen Weges  dahineilt,  dagegen  „verlorene 
Energie"  den  Anteil,  der  sich  der  Bändigung 
entzieht  und  in  Seitenpfade  verliert.  Inwieweit 
es  nun  bisher  dem  Ingenieur  gelungen  ist,  die 
Energie  im  genannten  Sinne  zu  „erhalten",  das 
soll  im  folgenden  an  einigen  Beispielen  gezeigt 
werden,  die  aus  dem  Sonderfach  des  Bericht- 
erstatters -  Hebemaschinen  mit  Kraftbetrieb 
—  herausgegriffen  sind. 

Von  diesen  Beispielen  ist  eines  aus  dem 
Bergbau,  ein  zweites  aus  dem  Personenverkehr 
und  eines  aus  dem  Hafenbetrieb  gewählt,  um 
möglichst  verschiedenartige  Betriebsverhältnisse 
einander  gegenüberzustellen.  In  einem  Fall 
soll  die  Energie  in  Form  von  Dampf,  im  zweiten 
von  Druckwasser,  im  dritten  von  elektrischem 
Strome  zugeführt  werden,  um  die  durch  die 
Energieform  bedingten  Eigentümlichkeiten  zur 
Darstellung  zu  bringen. 

Als  erstes  Beispiel  ist  eine  Fördermaschine 
gewählt.  Die  Fördermaschine  ist  eine  der  ein- 
fachsten, aber  auch  für  unsere  Kultur  wichtig- 
sten Maschinen,  denn  sie  bringt  uns  die  beiden 
Stoffe,  welche  die  Grundbedingungen  unserer 
modernen  Kultur  sind:  die  Kohle  als  Energie- 
träger, und  das  Eisen  als  Kraftübertragungs- 
mittel. Ohne  diese  Mittel  wäre  eine  Daseins 
gestaltung  in  der  heutigen  Form  unmöglich, 
da  die  Menschenkraft  gegenwärtig  ein  vielfaches 
desjenigen  kostet,  für  welches  sie  beispielsweise 
in  der  antiken  Kulturzeit  infolge  des  geringen 
Existenzminimums  der  damaligen  Zeit  und  des 
damals  bewohnten  Klimas  verftigbar  war. 

Die  Fördermaschine  entwickelte  sich  aus 
der  ursprünglichen  Kübelförderung  mit  Pferde- 
göpel oder  Wasserrad.  Das  Erz  wurde  im 
Tiefsten  deö  Schachtes  in  einen  am  Hanf-  oder 
Aloeseil  hängenden  Kübel  gefüllt,  dieser  Kübel 
aufgewunden,  am  oberen  Schachtende  —  der 
Hängebank  —  entladen  und  leer  wieder  gesenkt. 
Die  Nutzenergie  wurde  hierbei  dargestellt  durch 
den  Kübelinhalt  und  die  Fördergeschwindigkeit, 
die  aufeuwendende  Gesamtenergie  war  grösser 
um  den  Betrag  des  Kübelgewichtes  und  des 
Seilgewichtes.  Ersteres  war  gering  im  Verhält- 
nis zur  Nutzlast,  daher  war  auch  das  Seilgewicht 
klein,  denn  letzteres  ist  abhängig  von  Nutzlast 
und  Kübelgewicht.  Die  Nutzenergie  war  daher 
gross  im  Verhältnis  zur  Gesamtenergie.  Die 
Förderung  litt  aber  unter  den  grossen  Übel- 
ständen: das  Einfüllen  des  Kübels  erforderte 
grosse  Förderpausen,  der  freigehende  Kübel  durfte 


nur  mit  geringer  Geschwindigkeit,  höchstens 
2  Sekundenmetern  gehoben  werden,  und  der 
leere  Rückhub  brachte  grossen  Zeitverlust.  Die 
Leistungsfähigkeit  einer  solchen  Kübelförderung 
war  daher  sehr  gering.  Heutzutage  kommt 
daher  die  Methode  nur  noch  bei  Abteufen 
kleiner  Schächte  zur  Anwendung,  wenn  mit 
einfachsten  Mitteln  gearbeitet  werden  muss. 

Vergrösserung  der  Leistung  wurde  durch 
folgende  Mittel  erreicht:  Zur  Vermeidung  der 
Einfüllzeit  wurde  die  Hebung  der  Nutzlast  in 
denselben  Gefässen  vorgenommen,  wie  die 
Horizontalförderung,  nämlich  in  Hunten.  An 
Stelle  des  Kübels  musste  nunmehr  ein  Gerippe 
treten,  welches  Gleise  für  die  Hunte  trug.  Diese 
Massnahme  verkürzte  die  Förderpausen  beträcht- 
lich,   brachte   aber  bedeutend  grössere  Totlast. 

Grössere  Fördergeschwindigkeit  bis  zu  1 5  Se- 
kundenmetern wurde  ermöglicht  durch  Einbau 
von  Führungen  in  den  Schacht:  dies  bedingte 
allerdings  einen  Reibungswiderstand,  die  ge- 
steigerte Geschwindigkeit  einen  Luftwiderstand. 
Der  leere  Rücklauf  wurde  schliesslich  vermieden 
durch  Einführung  der  zweitrümigen  Förderung, 
welche  gleichzeitig  den  Vorteil  ausgeglichener 
Eigengewichte  der  Fördergerippe  und  Hunte 
bringt.  Die  infolge  der  gesteigerten  Totgewichte 
vergrösserten  Seilgewichte  werden  hierbei  aller- 
dings nicht  ausgeglichen.  Zu  beachten  sind 
ferner  die  Massenwiderstände,  welche  durch 
die  grosse  Geschwindigkeit  und  durch  die 
grossen  Massen  der  Gerippe,  Hunte,  Seile  und 
Trommeln  hervorgerufen  werden.  Die  gestei- 
gerte Leistung  wird  daher  erkauft  durch  einen 
verhältnismässig  weit  grösseren  Energieverlust. 

Diese  Betriebsverhältnisse  werden  erleuchtet 
durch  Versuche  an  der  Fördermaschine  des 
Salzwerkes  in  Heilbronn,  die  von  Buschmann 
in  Dinglers  Polytechnischem  Journal  veröffent- 
licht sind.  Aus  den  dort  dargestellten  Dampf- 
diagrammen lässt  sich  das  Belastungsdiagramm 
—  Fig.  I  —  konstruieren,  welches  den  Einfluss 
der  einzelnen  Widerstände  auf  den  Energie- 
verlust zur  Darstellung  bringt.  Die  Nutzenergie 
beträgt  rund  200  Pferdestärken  bei  12  Sekunden- 
meter Förderungsgeschwindigkeit,  die  höchste 
Gesamtenergie  rund  400  Pferdestärken. 

Das  Verhältnis  der  Nutzenergie  zur  Gesamt- 
energie ist  bei  dieser  Fördermaschine  noch  ein 
verhältnismässig  günstiges,  da  die  Förderteufe 
nur  200  Meter  beträgt.  Ein  wesentlich  anderes 
Bild  ergiebt  sich  bei  zunehmender  Teufe.  Zum 
Vergleich  mögen  die  Betriebsverhältnisse  bei 
der  grössten  bisher  ausgeführten  Fördermaschine 
betrachtet  werden,  die  seit  Sommer  1899  bei 
der  Tamarack  Mining  Co.  in  Betrieb  und  von 
der  Nordberg  Manufacturing  Co.  in  Milwaukee 
gebaut  ist.  Die  Förderteufe  beträgt  1800  Meter, 
clie  Fördergeschwindigkeit  20  Sekundenmetcr, 
die  Nutzlast  6000  kg,  das  Seilgewicht  1 1  000  kg; 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  4. 


hältnis  zwischen  beiden  wäre  daher  ein  sehr 
ungünstiges,  die  Maschine  daher  nicht  nur  un- 
wirtschaftlich, sondern  auch  sehr  schwer  und 
kostspielig.  Ein  wesentlich  günstigeres  Be- 
lastungsdiagramm —  Fig.  3  —  würde  sich  er- 


diese  Fördermaschine  ist  mit  konischen  Seil- 
trommeln ausgeführt;  es  möge  indessen  zunächst 
angenommen  werden,  dass  cylindrischeT rommein 
verwendet  seien,  um  den  Vergleich  mit  der 
Heilbronner  Fördermaschine  zu  haben.  Das 
Belastungsdiagramm  —  Fig.  2  —  ist  unter  dieser 
Voraussetzung  entworfen.  Die  Nutzenergie  würde 
dann  1600  Pferdestärken,  die  höchste  Gesamt- 
energie 4500  Pferdestärken  betragen;  das  Ver- 


geben, wenn  die  Seilgewichte  durch  Unterseil 
ausgeglichen  wären.  Die  höchste  Gesamtenergie 
würde  dann  bei  gleicher  Nutzenergie  nur  2700 
Pferdestärken  betragen,  die  Maschine  könnte 
beträchtlich  wirtschaftlicher  arbeiten  und  leichter 
und  billiger  ausgeführt  werden.  Wenn  nun 
aber  auch  Unterseile  aus  Holzkohleneisen  mit 
Bandquerschnitt  bei  unmittelbar  centrischer  An- 
hängung an  die  Förderseile  bis  zu  12  Sekunden- 
meter Fördergeschwindigkeit  und  bis  zu  500 
Meter  Teufe  sich  gut  bewährt  haben,  so  würde 
die  Anwendung  eines  Unterseüs  für  20  Sekunden- 
meter und  1800  Meter  jedenfalls  unzulässig  sein, 
wegen     der    gewaltigen    Massen  Wirkung    eines 

,   Unterseils  für  diese  Verhältnisse. 

Um  einerseits  Unterseil  zu  vermeiden,  anderer- 
seits eine  wenigstens  teilweise  Gewichtsaus- 
gleichung zu  ermöglichen,  ist  die  Fördermaschine 
der  Tamarack  Mining  Co.  mit  konischen  Seil- 
trommeln ausgeführt  worden.  Diese  Konstruktion 
würde  theoretisch  nicht  nur  eine  vollkommenere 
Ausgleichung  der  Seilgewichte,  sondern  auch 
der  Gewichte  mit  den  Massen  widerständen 
ermöglichen;  praktisch  ist  aus  Konstruktions- 
rücksichten nicht  einmal  das  erstere  vollständig 
ausführbar.  Im  vorliegenden  Falle  ist  zwischen 
.He  konischen  Trommeln  ein  cylindrisches  Stück 

,  eingeschaltet,   welches  von  beiden  Förderseilen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


71 


abwechselnd    benutzt    wird.      Das    Belastungs- 
diagramm . —  Fig.  4  —    lässt    daher    nur  eine 


(Srsammt  9t 
Widtrttand  kff 


Seii^ervichi 

$ooo\- 


ViagTXunm. 
Fördamaschine 
TamanukMninif  C? 

TeiUi  -  noom 


Fig.  4. 

sehr  unvollkommene  Ausgleichung  der  Seil- 
gewichte erkennen.  Die  höchste  Gesamtenergie 
beträgt  35CX)  Pferdestärken  gegen  1600  Pferde- 
stärken Nutzenergie. 

Die  Gesamtenergie  ist  gemessen  gedacht  am 
Trommelumfang;  die  Widerstände  innerhalb  der 
Maschine  —  im  Kurbeltriebwerk  —  sind  also 
noch  nicht  inbegriffen.  Ebensowenig  sind  die 
thermischen  Energieverluste  in  den  Belastungs- 
diagrammen dargestellt,  die  bei  Fördermaschinen 
infolge  der  Förderpausen  und  infolge  der  Anlauf- 
bedingungen sehr  hohe  Werte  erreichen.  Es 
liegt  nun  nahe,  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  diese 
Energieverluste  vielleicht  verringert  werden 
könnten  durch  Einfuhrung  elektrischen  Betriebs 
von  Fördermaschinen.  Zunächst  wird  die 
Energieübertragung  hierdurch  umständlicher : 
die  Dampfenergie  kann  nicht  unmittelbar  in  die 
Fördermaschine  geleitet  werden,  sondern  muss 
zunächst  in  mechanische,  dann  in  elektrische 
Energie  verwandelt  werden,  um  schliesslich  in 
der  Fördermaschine  selbst  wieder  in  mechanische 
Energie  umgesetzt  zu  werden.  Alle  diese  Um- 
wandlungen sind  mit  Energieverlusten  verbunden. 
Die  thermischen  Verluste  lassen  sich  allerdings 


auf  einen  kleinen  Bruchteil  der  bisherigen  ver- 
mindern infolge  der  günstigen  thermischen 
Verhältnisse  stetig  laufender  Dampfdynamo- 
maschinen. Die  zwischen  Seiltrommel  und 
Gerippe  fallenden  Energieverluste  lassen  sich 
hingegen  nur  dann  vermindern,  wenn  es  gelingt, 
die  im  Belastungsdiagramm  dargestellte  negative 
Arbeit  in  elektrische  Energie  umzusetzen.  Diese 
Aufgabe  ist  mit  normalen  Elektromotoren  nicht 
lösbar:  sie  setzt  vielmehr  einen  Motor  voraus, 
der  nicht  im  Ankerstromkreis,  sondern  aus- 
schliesslich im  Feldstromkreis  geregelt  wird. 
Gleichzeitig  müssen  die  Verluste  im  Anlasser 
vermieden  werden,  die  bei  gewöhnlichen  Elek- 
tromotoren nicht  zu  umgehen  sind.  Nur  unter 
diesen  Voraussetzungen  hat  der  elektrische  Be- 
trieb von  Fördermaschinen  eine  wirtschaftliche 
Zukunft. 

Ein  zweites  Beispiel  ist  gewählt  aus  dem 
Personenverkehr  zwischen  den  einzelnen  Stock- 
werken von  Gebäuden.  Je  nach  Art  der  letz- 
teren wickelt  sich  dieser  Verkehr  in  sehr  ver- 
schiedener Dichte  ab.  Als  unterste  Stufe  können 
die  Aufzüge  in  Miethäusern  angesehen  werden, 
die  meist  für  eine  Zugkraft  entsprechend  drei 
Fahrgästen  und  für  eine  Hubgeschwindigkeit 
von  0,5  Sekundenmetern  gebaut  werden.  Einen 
bedeutend  dichteren  Verkehr  haben  Gasthof- 
aufzüge zu  bewältigen,  die  durchschnittlich  fünf 
Fahrgäste  mit  i,oSekundenmetem  Geschwindig- 
keit fördern  können.  Noch  weiter  werden  die 
Anforderungen  an  Warenhausaufzüge  gesteigert, 
bei  denen  meist  eine  Zugkraft  entsprechend 
zehn  Fahrgästen  bei  1,5  Sekundenmetern  ver- 
langt wird.  Der  stärkste  Vertikal  verkehr  tritt 
bei  Aufzügen  für  Untergrundbahn-Stationen  auf, 
die  für  eine  Zugkraft  von  50  bis  lOO  Fahrgästen 
gebaut  werden  müssen  bei  einer  Hubgeschwin- 
digkeit bis  zu  2,0  Sekundenmetern.  Eine  Stei- 
gerung der  Geschwindigkeit  über  diese  Grenze 
hinaus  hat  keine  Berechtigung,  solange  die 
Hubhöhe  das  übliche  Mass  von  20  bis  30  Metern 
nicht  überschreitet. 

Als  eine  moderne  Ausführung  für  sehr 
dichten  Vertikalverkehr  mögen  in  folgendem 
die  im  Jahre  1899  ausgeführten  neuen  Aufzüge 
des  Eiffelturms  besprochen  werden,  die  als  Er- 
satz für  die  zu  wenig  leistungsfähigen  alten 
Aufzüge  aus  dem  Jahre  1 888  eingebaut  wurden. 
Die  neuen  Aufzüge  sind  konstruiert  und  aus- 
geführt von  der  Compagnie  de  Fives-Lille  und 
verfügen  über  eine  Zugkraft  von  7CXX)  kg  ent- 
sprechend 100  Fahrgästen  bei  2,0  Sekunden- 
metern Hubgeschwindigkeit.  Sie  fördern  vom 
Erdgeschoss  in  das  II.  Stockwerk  mit  Anhalten 
im  I.  Stockwerk  bei  einer  Hubhöhe  von  50  plus 
70  =  120  Metern.  Die  Fahrbahn  ist  geneigt 
und  zwar  im  unteren  Teil  stärker  als  im  oberen ; 
es    war    daher    eine  Rollenführung    erforderlich 


74 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4r 


unter    entsprechender    Beschränkung    der    Ge- 
schwindigkeit. 

Die  Unterbringung  der  Fahrgäste  in  ge- 
schlossenen Fahrzellen  fuhrt  bei  Aufzügen  zu 
beträchtlichen  Werten  der  Totlast.  Im  vor- 
liegenden Falle  ist  es  durch  Verwendung  eines 
St^lgerippes  mit  Aluminiumzellen  gelungen, 
das  Totgewicht  auf  9500  kg  bei  7000  kg  Nutz- 
last herabzudrücken,  während  es  bei  den  alten 
Turmaufzügen  1 1 000  kg  bei  30CK)  kg  Nutzlast 
betrug.  Zur  Ausgleichung  dieser  grossen  Tot- 
lasten waren  bei  den  alten  Aufzügen  Gegen- 
gewichte angeordnet,  die  ebenso  wie  die  Fahr- 
rollen mit  Rollenfuhrungen  auf  schiefer  Bahn 
liefen,  aber  nur  halb  so  grossen  Hub  ausführten. 
Für  die  neuen  Aufzüge  wurde  ebenso  wie  für 
die  alten  hydraulischer  Betrieb  gewählt,  weil 
für  diese  Betriebsart  von  Aufzügen  die  meisten 
Erfahrungen  vorlagen;  im  Gegensatz  zu  der 
geringen  Spannung  von  1 2  Atm.  der  alten  Aufzüge 
mit  Hochbehältern  griff  man  für  die  neuen  Auf- 
züge zu  der  üblichen  Hochspannung  von  50  Atm. 
mit  Gewichtsakkumulatoren.  Die  Wahl  hoher 
Spannung  ermöglichte  die  Vermeidung  der  in 
den  Turmführungen  laufenden,  für  den  Betrieb 
sehr  lästigen  Gegengewichte.  Die  Totlasten 
der  Aufzüge  sind  ausgeglichen  durch  die  Be- 
lastungsgewichte von  besonderen  Akkumulatoren 
mit  18  Atm.  Pressung,  in  welche  das  aus  den 
Triebcylindern  kommende  Wasser  überströmt. 
Die  Presspumpe  hat  nur  den  Druckunterschied 
zwischen  Niederdruck-  und  Hochdruck- Akku- 
mulator =  50  —  18  =  32  Atm.  —  zu  überwinden. 

Zur  Erzielung  von  Betriebssicherheit  ist  eine 
selbstthätige  Regelung  der  Geschwindigkeit  in 
der  Weise  ausgeführt,  dass  die  leere  Fahrzelle 
mit  derselben  Geschwindigkeit  steigt  und  sinkt, 
wie  die  vollbelastete  und  eine  weitere  in  der 
Art,  dass  Anlauf  und  Endlauf  nicht  der  Willkür 
des  Führers  überlassen  sind,  sondern  sich  gesetz- 
mässig  vollziehen.  Diese  Regelungs Vorrichtungen 
setzen  den  überschüssigen  Teil  der  Energie  bei 
leerer  Zelle  durch  Wasserdrosselung  in  Wärme 
um.  Da  eine  anderweitige  Regelung  der  Trieb- 
kraft und  der  Geschwindigkeit  bei  hydraulischem 
Betrieb  in  einfacher  Weise  nicht  möglich  ist, 
so  entstehen  naturgemäss  beträchtliche  Energie- 
verluste jedesmal  dann,  wenn  die  Fahrzelle 
nicht  voll  belastet  ist.  Das  Belastungsdiagramm 
—  FJ&«  5  —  lässt  den  Einfluss  dieser  Energie- 
verluste im  Vergleich  zu  den  durch  Reibungs- 
und Gewichtswiderstände  hervorgerufenen  deut- 
lich erkennen.  Die  nutzbare  Energie  bei  Heben 
der  vollbelasteten  Zelle  beträgt  rund  200  Pferde- 
stärken, die  Gesamtenergie  rund  500  Pferde- 
stärken. 

Als  drittes  Beispiel  ist*  eine  Hebemaschine 
aus  dem  Hafenverkehr  genommen.  Der  Um- 
schlag vom  Seesrhifif  auf  Eisenbahnwagen  und 


MSCÜSSürF 


Fig.  5. 

auf  BinnenschiflT  vollzieht  sich  in  sehr  verschie- 
denartigen Formen,  je  nach  Art  des  Umschlag- 
gutes und  der  Umschlagrichtung.  Einen  Sonder- 
fall bildet  die  Umladung  von  Kohlen.  Für  die 
Entladung  von  Kohle  aus  Seeschiffen  sind  zwei 
Arbeitsmethoden  verwendbar:  Kräne  mit  Selbst- 
greifer und  Becherwerke,  letztere  aber  nur  dann, 
wenn  Nusskohle  entladen  wird.  Für  den  um- 
gekehrten F*all  —  die  Umladung  von  Kohle 
aus  Eisenbahnwagen  in  Seeschiffe  —  sind,  wenn 
nicht  besondere  örtliche  Verhältnisse  vorliegen, 
dieselben  Hebemaschinen  verwendbar.  Hier 
kommt  aber  noch  eine  dritte  Arbeitsmethode 
hinzu,  die  hinsichtlich  der  Anlagekosten  der 
dazu  erforderlichen  Maschinenanlage  die  weit- 
aus ungünstigste,  hinsichtlich  der  Ersparnis  an 
Menschenkraft  und  hinsichtlich  Leistungsfähig- 
keit aber  die  weitaus  günstigste  Methode  ist. 
Sie  besteht  einfach  darin,  dass  der  zu  ent- 
ladende Eisenbahnwagen  neben  dem  Seeschiff 
bis  über  Deck  desselben  gehoben  und  dann 
gekippt  wird,  so  dass  die  Kohle  durch  die  ge- 
öffnete Stirnwand  des  Wagens  in  eine  Schütt- 
rinne gleiten  kann,  welche  die  Kohle  durch  die 
Luken  in  den  Schiffsraum  fallen  lässt.. 

Die    Hebung    des    Eisenbahnwagens    wäre 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


75 


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Fig.  6, 

Diaqramnv    :o  - 
Kohlirnkippcrs 

in. 

RoUerdanv. 


<--*iSeJi  •->< MfjXeJc. *f/ 


äVuizlast  -tsooehf.  4»  - 

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r  -  0,3a Man,    0,2" 

c.i- 


KippmerJi. 


Verluste 
ünJIotor  M.  im  Ththmerk. 


<tSde 


Kig.  6. 


entbehrlich,  wenn  der  Wasserstand  von  Ebbe 
und  Flut  nicht  verändert  würde,  wenn  das 
Schiff  in  beladenem  und  leerem  Zustand  glei- 
chen Tiefgang  hielte,  und  wenn  alle  Schiffe 
gleiche  Freibordhöhe  hätten.  Dieser  Fall  kommt 
aber  nur  bei  Beladung  von  Binnenschiffen  vor, 
dort  genügt  ein  einfaches  Kippwerk.  Die  Not- 
wendigkeit einer  vorherigen  Hebung  mit  nach- 
folgender Kippung  macht  naturgemäss  die 
Maschinenanlage  wesentlicher  verwickelter  und 
umfangreicher. 

Für  die  Untersuchung  der  Energieverteilung 
ist  der  in  Rotterdam  im  Jahre  1901  aufgestellte 
neue  Kohlenkipper  mit  elektrischem  Betrieb  als 
Beispiel  zu  Grunde  gelegt,  der  vom  Eisenwerk 
(vorm.  Nagel  &  Kaemp)  A.-G.  in  Hamburg  er- 
baut worden  ist.  Die  Nutzlast  ist  auf  1 5  Tonnen 
bemessen,  die  Hubhöhe  auf  1 2  Meter  als  Höchst- 
wert und  die  Hubgeschwindigkeit  auf  0,33  Se- 
kundenmeter. 

Bei  dem  Hubwerk  treten  ausser  der  Nutz- 
last als  Widerstände  auf:  das  Eigengewicht  des 


Wagens,  das  Eigengewicht  der  Bühne  und  die 
Reibung  in  den  Führungen  der  Bühne  und  die 
in  den  Seilrollen.  Die  Eigengewichte  werden 
ausgeglichen  durch  Gegengewichte,  während 
sich  die  Massenwiderstände  der  Totlasten  und 
der  Gegengewichte  summieren.  Zur  Verfolgung 
des  gesamten  Weges,  den  die  Energie  von  den 
Eintrittsklemmen  bis  zur  Nutzlast  zurücklegt, 
sind  noch  die  Reibungswiderstände  und  die 
Massenwiderstände  des  Windentriebwerkes  und 
die  Verluste  im  Elektromotor  und  im  Anlasser 
in  das  Belastungsdiagramm  eingetragen.  Die 
Verluste  im  Elektromotor  selbst  sind  gering, 
die  Verluste  im  Anlasser  dagegen  beträchtlich; 
zur  Steigerung  der  letzteren  trägt  hauptsächlich 
die  Ankermasse  bei,  die  den  weitaus  grössten 
Teil  des  gesamten  Massenwiderstandes  hervor- 
ruft. Ein  weiterer  Verlust  im  Anlasser  entsteht 
durch  die  Vorkontakte,  die  den  Zweck  haben, 
den  Spannungssprung  beim  Einschalten  zu  ver- 
mindern; diese  V^orkontakte  haben  zur  Folge, 
(lass    die    Bewegung    der    Maschine    erst    etwa 


76 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


zwei  Sekunden  nach  dem  Einschalten  erfolgt; 
die  gesamte  in  dieser  Zeit  durchgeführte  elek- 
trische Energie  wird  im  Anlasser  in  Wärme 
umgesetzt. 

Aus  dieser  Beobachtung  ist  deutlich  erkenn- 
bar, dass  die  Verluste  im  Anlasser  von  elek- 
trisch betriebenen  Hebemaschinen  beträchtlich 
grösser  sind,  als  sie  zumeist  geschätzt  werden; 
es  wird  daher  elektrischer  Betrieb  von  sehr 
grossen  Hebemaschinen  -—  Fördermaschine  — 
wirtschaftliche  Erfolge  nur  dann  haben,  wenn 
diese  Anlassverluste  vermieden  werden. 

Diese  kleine  Umschau  zeigt,  wieweit  wir 
noch  bei  manchen  Maschinenbetrieben  von  dem 
einen  der  darin  gesteckten  Ziele  —  Erhaltung 
der  nutzbaren  Energie  —  entfernt  sind,  wie 
viele  und  schwierige  Aufgaben  der  Ingenieur 
noch  vor  sich  liegen  sieht.  Bei  Inangriffnahme 
solcher  Angaben  ist  aber  eines  nicht  zu  ver- 
gessen: nicht  einseitige  Lösung  eines  wissen- 
schaftlichen Problems  darf  das  Ziel  des  Tech- 
nikers sein;  denn  die  technische  Wissenschaft 
darf  ebensowenig  wie  die  medizinische  um 
ihrer  selbst  willen  betrieben  werden.  Wie 
letztere  das  Wohl  des  Kranken,  so  muss  erstere 
den  wirtschaftlichen  Erfolg,  d.  h.  die  Verbesse- 
rung der  menschlichen  Daseinsbedingungen, 
als  Endziel  vor  Augen  haben.  In  diesem  Sinne 
betrieben,  ist  die  Ingenieurkunst  wert,  dass  man 
ihr  die  ganze  Lebenskraft  widmet,  eingedenk 
des  Wortes: 

„Wer  immer  strebend  sich  bemüht,  den 
können  wir  erlösen." 

(Selbstrcferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  7,  Oktober  1901.) 


H.  Geitel  (Wolfenbüttel),  Über  die  durch 
atmosphärische  Luft  induzierte  Radioaktivi- 
tät.') 

Die  Erscheinungen,  welche  den  Gegenstand 
der  folgenden  Mitteilung  bilden,  sind  von 
Elster  und  mir  bei  Untersuchungen  über 
Elektrizitätszerstreuung  in  der  Luft  bemerkt 
worden.'^)  Man  kann  diesen  altbekannten  Vor- 
gang, den  allmählichen  Elektrizitätsverlust  eines 
geladenen  Körpers,  der  der  Luft  ausgesetzt 
ist,  wie  wir  glauben,  in  widerspruchsloser  Weise 
nur  dadurch  auffassen,  dass  man  der  natürlichen 
Luft  ein  wahres  —  wenn  auch  sehr  kleines  — 
Leitvermögen  zuschreibt,  d.  h.  einen  gewissen 
Gehalt  an  freien  Elektronen,  die  sich,  wenn 
durch  irgend  welche  Einflüsse  entfernt,  pro  Zeit 
und  Volumeinheit  in  bestimmtem  Masse  regene- 
rieren.    Der   normale    Zustand    der    Luft    wäre 


1)  Abteilung  2,   26.  S«*ptcnibrr  1901. 

2)  Vergl.  thmiber  un«icrc  \'«rüfTcnlliihiinj;tii  in  drr  Phys. 
Zeitschrift  2,   560  und   590.    1901. 


demnach  qualitativ  derselben  Art,  wie  man 
ihn  durch  Bestrahlung  durch  Röntgen-  oder 
Becquerelstrahlen  in  ungleich  stärker  ausge- 
prägter Weise  hervorrufen  kann.  Da  die  Elek- 
trizitätszerstreuung in  grösseren  begrenzten 
Luftmengen  von  dem  Augenblicke  an,  in  dem 
die  Absperrung  erfolgte,  während  mehrerer 
Tage  langsam  einem  maximalen  Grenzwert  zu- 
strebte, und  es  nicht  gelang,  dieses  Anwachsen 
der  Leitfähigkeit  auf  bekannte  Ursachen,  wie 
die  Abnahme  des  Staubgehaltes  der  Luft,  in 
ausreichender  Weise  zurückzufiihren,  so  stellte 
sich  der  Verdacht  ein,  dass  radioaktive  Vor- 
gänge irgend  welcher  Art  im  Spiele  sein 
könnten. 

Eine  Spur  radioaktiver  Substanz  in  dem 
geschlossenen  Räume  hätte  nämlich  gerade  in 
der  beobachteten  Art  wirken  müssen  und  zwar 
infolge  der  von  E.  Rutherford,  Curie  und 
Debierne  sowie  Dorn  untersuchten  soge- 
nannten induzierten  Strahlung.  Zunächst  wird 
die  Luft  durch  Kontakt  mit  der  Substanz 
selbst  radioaktiv  und  überträgt  dann  diese 
Eigenschaft  auf  die  Wände  des  Raumes  bis 
ein  Grenzwert  der  Strahlung  und  daher  auch 
der  Leitfähigkeit  der  Luft  erreicht  wird.  So 
fanden  z.  B.  die  Curies,  dass  in  ihrem  Labo- 
ratorium, in  dem  die  Radiumpräparate  herge- 
stellt und  aufbewahrt  werden,  die  Luft  inner- 
halb jedes  geschlossenen  Gefässes  eine  weit 
höhere  Leitfähigkeit  erhält,  als  die  von  selbst 
sich  erneuernde  Luft  des  Zimmers. 

Ob  der  Prozess  der  Erhöhung  des  Leitver- 
mögens der  Luft  wirklich  in  der  geschilderten 
Weise  verläuft,  ist  allerdings  bei  der  noch 
mangelhaften  Kenntnis  der  radioaktiven  Vor- 
gänge keineswegs  sicher. 

Natürlich  hatten  wir  Uran  oder  Radiumprä- 
parate bei  unseren  Versuchen  peinlichst  fern- 
gehalten, von  den  bekannten  aktiven  Sub- 
stanzen konnte  allein  das  Thorium  in  Frage 
kommen,  das  bei  der  allgemeinen  Verbreitung 
des  Auerschen  Glühlichtes  vielleicht  in  der 
Gestalt  von  minimalen  Spuren  Thorerdestaub 
in  den  Versuchsraum  hineingelangt  sein  konnte. 
So  unwahrscheinlich  die  Annahme  auch  war, 
so  schwierig  erschien  ihre  Widerlegung,  da 
mechanische  und  chemische  Reinigungsmittel 
sicher  nicht  für  ausreichend  erachtet  werden 
konnten.  Die  Entscheidung  war  auf  ganz  un- 
abhängigem Wege  herbeizufuhren. 

Wenn  Luft  allein  dadurch,  dass  sie  abge- 
schlossen von  der  Atmosphäre  sich  selbst 
überlassen  bleibt,  auch  ohne  Gegenwart  der 
bekannten  radioaktiven  Stoffe  ihr  Leitvermögen 
bis  zu  einem  Maximalwerte  allmählich  steigert, 
so  muss  dieser  in  den  fast  gar  nicht  ventilierten 
Räumen  unterirdischer  Höhlen  längst  erreicht 
sein  Bei  einem  Besuche  der  Baumannshöhle  im 
Harze  im  April  d.  J.  konnten   wir  in  der  That 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrg^g.     No.  4. 


77 


die  ganz  abnorme  Leitfähigkeit  der  Höhleiiluft 
feststellen,  die  etwa  das  Zehnfache  der  normalen 
betrug.  Spätere  Messungen  in  Kellerräumen, 
die  lange  Zeit  nicht  gelüftet  waren,  sowie  in 
anderen  natürlichen  Höhlen  haben  diese  Er- 
fahrung durchaus  bestätigt. 

War  hiermit  erwiesen,  dass  stagnierende 
staubfreie  Luftmassen  von  selbst  eine  erhöhte 
Produktivität  an  Ionen  annehmen,  so  ergab 
sich  als  nächstliegender  Gedanke  der  oben  ge- 
nannte, dass  eine  gewisse,  bisher  unbekannte 
Radioaktivität  entweder  in  der  Luft  selbst  oder 
den  einschliessenden  Wänden  vorhanden  sein 
könnte.  Da  es  nicht  angeht,  ein  Gas  ohne 
Anwendung  eines  Gefässes  zu  begrenzen,  so 
lässt  sich  der  Sitz  der  Radioaktivität  nur  in- 
direkt bestimmen.  Versuche  an  kleinen  unter 
einer  Glasglocke  abgeschlossenen  Luftmengen, 
in  die  fremde,  nicht  zu  den  bekannten  aktiven 
zählende  Substanzen  eingebracht  wurden,  haben 
einen  unzweideutigen  Einfluss  ihrer  Gegen- 
wart auf  den  Grenzwert  des  Leitvermögens 
nicht  erkennen  lassen.  Beobachtungen  in 
Kellern,  deren  Wände  aus  verschiedenartigem 
Gestein  (Kalk  oder  Grauwacke)  bestanden,  er- 
gaben das  übereinstimmende  Resultat,  dass  die 
Zerstreuung  in  der  Kellerluft  stets  grösser  als 
in  der  äusseren  ist,  eine  quantitative  Überein- 
stimmung fand  nicht  statt  und  ist  auch  nicht 
zu  erwarten,  da  es  neben  der  Grösse  des 
Raumes  vor  allem  auf  das  Femhalten  der 
Aussenluft  ankommt,  und  hierbei  natürlich  die 
Beschaffenheit  des  Gebäudes  den  Ausschlag 
giebt.  Ohne  den  Wert  dieser  noch  unzuläng- 
lichen Erfahrungen  zu  überschätzen,  durfte  man 
doch  den  Schluss  ziehen,  dass,  wenn  eine  Art 
von  Radioaktivität  bei  der  in  Rede  stehenden 
Erscheinung  beteiligt  sein  sollte,  sie  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  der  Luft  selbst  zuzuschreiben 
wäre. 

Gesetzt  nun,  diese  Annahme  träfe  zu,  so 
müsste  die  natürliche  Luft,  gleich  der  durch 
Radium  oder  Thorium  künstlich  aktivierten,  be- 
liebigen Substanzen  durch  blosse  Berührung 
eine  induzierte  Strahlung  mitteilen.  Bei  dem 
gewaltigen  Abstände  zwischen  der  natürlichen 
Leitfähigkeit  der  Luft  und  der  durch  die  ge- 
nannten Stoffe  künstlich  gesteigerten  wäre  von 
vornherein  nur  eine  unmessbar  kleine  Wirkung 
zu  erwarten  gewesen,  wenn  es  nicht  ein  Mittel 
j*äbe,  dass  wir  Rutherford  verdanken  und 
welches  eine  bedeutende  Vergrösserung  der 
induzierten  Aktivität  herbeifiihrt.  Dies  besteht 
darin,  dass  man  den  Körper,  den  man  der  Ra- 
dium- oder  Thoriumluft  aussetzt,  dabei  auf  ne- 
gativem Potentialniveau  erhält.  Indem  jetzt  die 
positiven  Elektronen  gegen  seine  Oberfläche 
heranfliegen,  lassen  sie  auf  dieser  eine  Schicht 
von  gesteigerter  Radioaktivität  zurück,  die  sich 
durch    ihre    Eigenschaft,     die    Luft   leitend    zu 


machen  und  durch  ihre  photographischen 
Wirkungen  zu  erkennen  giebt;  sie  verschwindet 
nach  einiger  Zeit  von  selbst.  Wir  wendeten 
diese  Methode  auf  die  freie  atmosphärische  Luft 
an.  Bei  den  ersten  Versuchen  wurde  ein 
weiter  Cylinder  aus  engmaschigem  Messing- 
drahtnetz, der  sich  bequem  über  den  von  uns 
konstruierten  Zerstreuungsapparat  setzen  Hess, 
vom  Giebel  des  Hauses  an  einem  isolierenden 
Haken  ins  Freie  hinausgehängt  und  mehrere 
Stunden  lang  mittels  einer  Akkumulatoren- 
batterie auf  etwa  —  4CK)  Volt  geladen  gehalten. 
Wurde  er  dann  hereingeholt  und  unter  einer 
geräumigen  Glasglocke  über  den  Zerstreuungs- 
apparat gesetzt,  so  zeigte  dieser  in  der  That 
eine  kleine  Zunahme  der  Leitfähigkeit  der  Luft 
(um  etwa  '/4  des  Gesamtbetrages)  an,  die  bei 
vorhergegangener  positiver  Ladung  des  Cylin- 
ders  ausblieb.  Das  Ergebnis  ermutigte  zu 
weiteren  Untersuchungen.  Wir  ersetzten  die 
Akkumulatorenbatterie  durch  eine  mit  der 
Wasserleitung  zu  betreibende  Wasserinfluenz- 
maschine, die  eine  Funkenschlagweite  von 
I — 2  mm  gab.  So  erzielten  wir  bei  dreistün- 
diger Exposition  des  Cylinders  mit  negativer 
Ladung  eine  Zunahme  der  Leitfähigkeit  der 
Luft  unter  der  Glasglocke  bis  auf  das  Sechs- 
fache. Die  Erscheinung  erwies  sich  als  im 
wesentlichen  von  der  Natur  des  geladenen 
Körpers  unabhängig,  wir  haben  sie  mit  Drähten 
aus  Kupfer,  Messing,  verzinktem  Eisen,  mit 
Magnesiumband,  Kupferblech,  Papier,  Leinwand, 
Hanfschnüren  und  Pflanzenblättern  gleichmässig 
erhalten.  Ebenso  wie  Rutherford  bei  der 
durch  Thorium  induzierten  Strahlung  fand,  bleibt 
auch  hier  die  Aktivität  einige  Stunden  bestehen. 
Durch  Erhitzen  des  aktivierten  Metalles  un- 
mittelbar nach  der  Exposition  lässt  sie  sich 
merkwürdigerweise,  aber  ebenfalls  in  Über- 
einstimmung mit  Rutherfords  Erfahrung,  nicht 
vernichten,  dagegen  kann  man  von  Kupfer- 
drähten die  wirksame  Oberflächenschicht  mit 
Watte  oder  Leder  abreiben,  die  mit  Salzsäure 
oder  Ammoniakflüssigkeit  befeuchtet  sind.  Das 
Putzmaterial  wird  dann  selbst  aktiv,  es  erträgt 
—  abgesehen  von  der  Abnahme  der  Wirkung 
in  der  Zeit  —  eine  Erhitzung  bis  zur  Ver- 
flüchtigung des  überschüssigen  Ammoniaks 
und  der  Säure,  ja  sogar  eine  völlige  Verkohlung. 
Hierdurch  wird  es  möglich,  die  aktive  Substanz 
auf  kleinem  Räume  zu  konzentrieren  und  auf 
ihre  photographische  Wirksamkeit  zu  prüfen. 
Um  eine  genügende  Menge  zu  sammeln, 
spannten  wir  im  Freien  an  isolierenden  Haken 
etwa  30  m  Kupferdraht  aus,  der  durch  die 
Wasserinfluenzmaschine  —  oder  einen  kleinen 
Rhumkorfi",  unter  Einschaltung  einer  Funken- 
strecke —  dauernd  negativ  geladen  blieb. 
Alle  5  Stunden  wurde  der  Draht  mit  einem 
Stück  Leder    abgerieben,     das   mit    Ammoniak 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.    No,  4. 


benetzt  war.  Hierauf  wurde  das  Leder  zur 
Vertreibung  des  Ammoniaks  scharf  erhitzt  und 
wie  ein  Uranpräparat  zur  Herstellung  von  photo- 
graphischen Bildern  von  Blei-  oder  Kupfer- 
schablonen durch  Aluminiumblech  oder  Folie 
hindurch  verwendet.  Da  nach  etwa  5  Stunden 
die  Aktivität  der  abgeriebenen  Substanz  fast 
erloschen  ist,  so  wurde  ein  neu  präpariertes 
Leder  aufgelegt  und  das  Verfahren  etwa  fünf- 
mal wiederholt.  Auf  diese  Weise  lassen  sich 
photograpbische  Bilder  herstellen,  die  sich  in 
nichts  von  den  mittels  Uranpräparaten  er- 
haltenen unterscheiden.  (An  einem  etwa  60  m 
langen  Kupferdrahte,  der  einige  Stunden  durch 
einen  kleinen  RhumkorfT  auf  dem  Dache  des 
Gebäudes  des  Staatslaboratoriums  negativ  ge- 
laden gewesen  war,  wurde  die  induzierte  Akti- 
vität mittels  des  Zerstreuung.sap parates  demon- 
striert, ferner  wurden  Photographien  vorgeführt, 
die  auf  die  soeben  beschriebene  Weise  erhalten 
waren.     Siehe  Fig.   1   und  2.) 

Es  war  vorauszusehen,  dass  in  Kellerräumen 
bei  der  hohen  Leitfähigkeit  der  abgeschlossenen 
Luft  auch  die  Aktivierung  negativ  geladener 
Drahte  besonders  kräftig  ausfallen  würde.     Die 


Erwartung  hat  sich  bestätigt.  Als  wir  einen 
Kupferdraht  von  etwa  40  m  Länge  eine  Zeit 
von  8  Stunden  lang  in  den  weiten  Kellerräumen 
des  Landesarchives  in  Wolfenbüttel,  die  mehrere 
Monate  geschlossen  gehalten  waren,  mittels 
eines  kleinen  Induktoriums  negativ  geladen 
hatten,  war  die  von  ihm  abgeriebene  Substanz 
so  stark  aktiv,  dass  der  benutzte  Lederlappen 
nach  Verjagung  des  Ammoniaks  anfangs  eine 
Phosphoreszenz  am  Baryumplatincyanürschimi 
gab,  die  dem  völlig  ausgeruhten  Auge  direkt 
wahrnehmbar  war.  Es  kann  hiemach  wohl 
kein  Zweifel  daran  bestehen,  dass  die  ver- 
schiedenartigen mit  negativer  Ladung  der  Luft 
ausgesetzten  Substanzen  eine  wahre  induzierte 
Radioaktivität  annahmen.  Da  die  Erdober- 
fläche ,  abgesehen  von  kurzen  Zeiträumen, 
während  des  Falles  von  Niederschlägen  meist 
negativ  geladen  ist  und  diese  normale  Erd- 
elektrizität sich  in  besonders  grosser  Dichtig- 
keit auf  allen  leitenden  Hervorragungen  an- 
sammelt, so  werden  diese  allein  durch  Kontakt 
mit  der  Luft  eine  gewisse  Radioaktivität  an- 
nehmen und  dauernd  behalten  müssen,  so 
lange  sie  an  ihrem  Platze  bleiben.     Wir  konnten 


rig.  1.  AklWe  Subslanz  von  einei 
Kupftrdiahle  .ihgeriebeii,  tiitifmal  e 
mit  uiitcrj;cli;[;terilrcibcher  .Miimiiii« 


■    .ibj;erieben,    siebenmal   ( 


1  Keller  eipoiiierten 
enert:  Rteischablonc 
,  mmliyclce.    15.  St|>- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  4. 


79 


diese,  allein  durch  die  natürliche  Erdelektri- 
zität bewirkte  Aktivierung  leicht  an  dem  Ende 
einer  Drachenschnur  nachweisen,  die  mehrere 
Stunden  lang  in  die  Luft  emporgetragen  war. 
Dieser  Versuch  ist  insofern  von  Bedeutung, 
als  er  die  aktivierende  Wirkung  der  Luft  in 
einiger  Höhe  über  der  Erdoberfläche  und  fern 
von  der  Nachbarschaft  anderer  Körper  zeigt. 
Bemerkenswerterweise  ist  die  beschriebene 
Erscheinung  bis  jetzt  nur  als  eine  Nachwirkung 
der  Zerstreuung  der  negativen  Elektrizität  er- 
halten worden,  sie  kann,  wie  es  scheint,  nicht 
durch  andere  Entladungsformen,  wie  etwa 
durch  positive  Büschel,  die  eine  Kathode 
treffen,  an  dieser  hervorgerufen  werden. 

Ferner  erfordert  sie  grosse  Luftvolumina 
von  mindestens  einigen  Kubikmetern.  In 
kleineren  Räumen  wird  sie  undeutlich  und  ver- 
schwindet schliesslich  ganz.  Der  Grund  liegt 
wohl  darin,  dass  die  Aktivierung  schon  während 
der  Dauer  der  Exposition  zu  verschwinden 
beginnt,  so  dass  ein  merkliches  Endresultat  nur 
dann  erwartet  werden  kann,  wenn  die  den 
exponierten  Körper  in  der  Zeiteinheit  treffende 
Zahl  von  positiven  Elektronen  —  die  mit  der 
Grösse  des  Luftvolumens  wächst  —  mehr  als 
ausreichend  ist,  um  jenen  Verlust  zu  decken. 

Überblicken  wir  noch  einmal  die  Schlüsse, 
die  sich  aus  der  Art,  wie  die  Aktivität 
zu  Stande  kommt,  auf  ihre  Herkunft  ziehen 
lassen. 

Es  liegen  nach  dem  jetzigen  Stande  unserer 
Erfahrungen  über  Radioaktivität  drei  Möglich- 
keiten vor:  Es  könnten  i.  die  exponierten 
Substanzen  selbst,  2.  solche,  die  sich  in  ihrer 
Nähe  befanden,  3.  die  umgebende  Luft  ursprüng- 
lich radioaktive  Eigenschaften  haben.  Was  die 
erste  Möglichkeit  anlangt,  so  ist  sie  zwar,  wie  be- 
reits bemerkt  wurde,  schon  wegen  der  denk- 
baren Infektion  durch  Thorerde  für  die  Drähte 
und  sonstigen  künstlichen  Produkte  nicht  abso- 
lut zu  verneinen;  bei  den  Pflanzenblättern,  die  im 
Freien,  wo  sie  gewachsen  waren,  auch  sofort 
exponiert  wurden,  kann  eine  Verunreinigung 
durch  Thorerdestaub  wohl  ernstlich  nicht  in  Be- 
tracht gezogen  werden.  Allerdings  mussten  auch 
diese  während  der  Exposition  an  Metalldrähten 
au%ehängt  werden.  Da  ferner  alle  dem  Versuche 
unterworfenen  Substanzen,  gleichgültig  welcher 
Art,  aktiv  werden,  so  müsste  für  alle  unterschieds- 
los eine  gewisse  ursprüngliche  Radioaktivität  an- 
genommen werden,  die  an  sich  nicht  direkt  wahr- 
nehmbar wäre,  sondern  sich  erst  durch  die  von 
ihr  abgeleitete  induzierte  Strahlung  verriete.  Es 
wäre  dann  aber  nicht  verständlich,  wie  die 
Grösse  des  verfügbaren  Luftraumes  von  so 
bedeutendem  Einflüsse  sein  kann  und  warum 
die  Aktivienmg  am  besten  in  der  Kellerluft 
gelingt. 


Ebenso  ist  auch  die  zweite  Möglichkeit, 
die  Aktivierung  durch  benachbarte  Substanzen, 
schon  in  Rücksicht  auf  den  Versuch  mit  der 
Drachenschnur  unhaltbar,  es  müsste  denn  sein, 
dass  man  den  ganzen  Erdkörper  als  Quelle 
der  Strahlen  betrachten  wollte.  Abgesehen 
von  diesem  vorderhand  noch  fernliegenden  Ge- 
danken, der  indess  eine  weitere  Verfolgung  ver- 
dient, bleibt  daher  als  die  vorläufig  wahrschein- 
lichste Annahme  die  einer  gewissen  der  Luft 
selbst  eigentümlichen  Radioaktivität,  die  übri- 
gens aufs  beste  mit  ihrer  Eigenschaft  über- 
einstimmt, ihren  lonengehalt  von  selbst  zu 
regenerieren.  Sehr  erwünscht  wäre  eine 
Wiederholung  dieser  Versuche  unter  ver- 
schiedenen atmosphärischen  Bedingungen ,  es 
scheint  die  induzierte  Radioaktivität  auch  in 
der  Art  mit  der  Elektrizitätszerstreuung  eng 
verbunden  zu  sein,  dass  sie  wie  diese  durch 
Nebel  und  Rauch  stark  beeinträchtigt  wird. 

Leider  ist  es  ein  allerdings  in  der  Natur 
der  Sache  gelegener  Übelstand,  dass  diese 
Untersuchungen  grosse  Räume  erfordern.  Aus 
diesem  Grunde  werden  Versuche  mit  anderen 
chemisch  reinen  Gasen  nicht  geringen  Schwierig- 
keiten begegnen,  während  sie  andererseits  das 
geeignetste  Mittel  zur  Entscheidung  der  Frage 
sein  würden,  ob  die  aktivierende  Wirkung 
allein  der  atmosphärischen  Luft  zukommt. 

( Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

Diskussion. 

Neesen  (Berlin):  Ich  will  nur  fragen,  ob  ein 
Metall,  nachdem  ihm  seine  radioaktive  Eigen- 
schaft genommen  ist,  dieses  Metall  doch  wieder 
in  den  wirksamen  Zustand  versetzt  werden  kann. 
Damit  würde  aber  gesagt  sein,  dass  diese  Ver- 
unreinigung nicht  von  einer  vorherigen  Ver- 
unreinigung durch  Thor  kommen  könnte. 

G eitel:  Ich  fasse  die  Frage  so  auf,  ob  ein 
Metall,  wenn  die  induzierte  radioaktive  Schicht 
abgerieben  ist,  wieder  radioaktiv  werden  kann. 
Dies  ist  in  der  That  der  P'all,  daher  kann  die 
Aktivierung  schwerlich  von  oberflächlich  an- 
haftender Thorerde  herrühren. 

(Eingegangen  8.  Oktober  190 1.) 


R.  Wachsmuth  (Rostock^  Die  innere  Wärmc- 
leitung  in  Flüssigkeiten. 

Es  wird  eine  neue  Bestimmungsmethode  an- 
gegeben, welche  gestattet,  gleichzeitig  die  elek- 
trische Leitfähigkeit  zu  messen. 

Wird  der  Zustand  der  Wärmeströmung 
stationär,  so  fliesst  zwischen  zwei  parallelen 
Kupferplatten  durch  eine  zu  untersuchende 
Flüssigkeitslamelle  ein  konstanter  Wärmestrom 
von  JJ'/  Kalorien.  Ist  der  Querschnitt  ^/,  die 
Dicke    der  Lamelle    d  und    die  Temperatur  an 


8o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    'No.  4. 


den  Grenzen    t\    resp.  ti^    so   ergiebt    sich    der 
Koeffizient  k  der  inneren  Wärmeleitung  als: 


A'  = 


/,  — /2   q 


Nimmt  man  für  die  Erwärmung  der  oberen 
Kupferplatte  einen  Strom  von  warmem  Wasser 
und  stellt  die  untere  Platte  auf  einen  Eisklotz 
(vgl.  Figur),  so  wird  der  Wärmestrom  einen 
Teil  des  Eises  zum  Schmelzen  bringen.  Fängt 
man  also  das  Schmelzwasser  in  einem  Mess- 
cylinder  auf  und  beobachtet  von  Minute  zu 
Minute,  zählt  die  bei  freiem  Schmelzen  ab- 
laufende Menge  ab,  so  hat  man  als  Differenz 
das  Äquivalent  für  den  Wärmestrom. 

Thermo 
ülftnent 


Thermo 
Element 


lüa 


(Ulli;  r 


Das  Plattensystem  wird  au%ehängt,  um  den 
Überdruck  auf  das  Eis  zu  kompensieren. 

Durch  je  einen  Draht  der  zur  Temperatur- 
messung angebrachten  Thermoelemente  erfolgt 
gleichzeitig  die  Widerstandsbestimmung. 

(Eingegangen  27.  September  1901.) 

Vorlesungsverzeichnis   (lir   das  Winter- 
semester 1901/02. 

Akademie  zu  Münster  i/W. 

Nachzutragen: 

M.  Reinganum:  Elektrische  Wellen,  i;  Gnind/iij^e  der 
kinetischen  Theorie  der  Gase,    i. 

Universität  Erlangen. 

Nachzutragen : 

A.  Wehnelt:  Über  optische  Messmethoden  und  Mess- 
instrumente,  I. 


An  die  Redaktion   der  Physikalischen   Zeitschrift. 

Pavillon  de  Hreteuil,  Sevres  le  29.  Oktober  1901. 

In  dem  ursprünglichen  Texte  des  Vortrages  „Über  das 
Leben  der  Materie",  von  dem  Sie  eine  so  vortreffliche  Über- 
setzung in  Ihrer  Zeitschrift  gebracht  haben,  habe  ich  bedauer- 
licherweise bei  Gelegenheit  der  Elektrolyse  des  Glases  den 
\amcn  von  Prof.  Warburg  vergessen.  Ich  hatte  das  schon 
bemerkt  und  mich  beeilt,  das  Versehen  in  einem  Widerdruck, 
der  in  dem  Bulletin  de  la  Socicte  astronomi^iue  de  Erance, 
November  1900  erschienen  ist,  wieder  gut  zu  machen.  Ich 
bedauere  das  Versehen  des  Originaltextes  umsomehr,  als  dieser 

Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Si 

Druck  von  August 


schöne  und  gerade/u  klassische  Versuch  in  den  letzten  Jahren 
oft  erwähnt  worden  ist,  ohne  dass  sein  Autor  genannt  wurde, 
und  weil  sich  geradezu  eine  Legende  gebildet  zu  haben  scheint, 
die  ihn  anderen  Physikern  zuschreibt. 

Das  so  interessante,  von  Herrn  Warburg  im  Jahre  1884 
ethaltene  Resultat  scheint  damals  nicht  die  Beachtung  gefun- 
den zu  haben,  welche  es  verdient  hätte.  Zu  jener  Zeit  war 
die  Anschauung  des  kontinuierlichen  Überganges  zwischen 
dem  flüssigen  und  dem  festen  Zustande  noch  keineswegs  all- 
gemein verbreitet;  aber  sie  hat  seitdem  an  Boden  gewonnen 
und  es  ist  Mcher,  dass  der  Nachweis  der  Elektrolyse  des 
Ghses  mit  den  damit  zusammenhängenden  Erscheinungen  viel 
dazu  beigetragen  hat,  diese  Anschauung  auszugestalten  und 
auszubreiten. 

Ich  würde  mich  sehr  freuen,  wenn  das  V^ ersehen,  wel- 
ches mir,  entgegen  meiner  Absicht,  untergelaufen  ist,  dazu  bei- 
tragen konnte,  den  Ursprung  dieses  schönen  V^ersuchs  durch 
eine  nachträgliche  Berichtigung  ins  Gedächtnis  zurückzurufen. 

Ch.  Ed.  Guillaume. 
(.\us  dem  Eranzösischen  übersetzt  von  H.  Th.  Simon.) 

Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgeno8sen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  xu  machen.) 

Vor  kurzem  starb  in  St.  Petersburg  der  Professor  der 
Chemie  und  Biologie  Dr.  Marcel  Nencki  von  der  Univer- 
sität Bern,  54  Jahre  alt. 

An  der  Universität  Gent  wurde  der  Privatdozent  der  Ma- 
thematik Fagnart  zum  ausserordentlichen  Professor  ernannt. 

An  der  Akademie  zu  Münster  i./W.  hat  sich  Dr.  M.  Rein- 
ganum aus  Frankfurt  a.'M.  für  Physik  habilitiert 

An  der  Technischen  Hochschule  in  Stuttgart  ist  ein  neuer 
Lehrstuhl  für  Elektrotechnik  errichtet  worden,  der  dem  In- 
genieur Emil  Veesenmeyer  in  Berlin  übertragen  worden 
ist.  Der  bisherige  Professor  Oberbaurat  Dr.  W.  Dietrich 
liest  über  elektrische  Beleuchtung,  elektrotechnische  Mess- 
kunde II  und  hä}^  das  elektrotechnische  Laboratorium  ab; 
der  neue  Professor  E.  Veesenmever  liest  über  Elektro- 
technik,  Gleichstromerzeuger  im  Wechsel  mit  Wechsclstrom- 
erzeuger  und  Umformer,  elektrische  Arbeitsübertragung  im 
Wechsel  mit  elektrischen  Bahnen. 

Der  Privatdozent  der  Mathematik  Dr.  G.  Kowalewski 
in  Leipzig  wurde  als  ausserordentlicher  Professor  nach  Greifs- 
wald berufen. 

Am  26.  Oktober  1901  verstarb  der  ausserordentliche  Pro- 
fessor an  der  Berliner  Universität,  der  Physiker  Arthur 
König. 

Der  jetzt  in  Potsdam  lebende  ordentliche  Professor  der 
Astronomie  an  der  Universität  Breslau  und  frühere  —  bis  1897 
—  Direktor  der  dortigen  Sternwarte,  Cieh.  Keg.-Rat  Dr.  Gott- 
fried Galle,  der  Aufrtnder  des  Planeten  Neptun,  hat  sein 
fünfzigjähriges  Jubiläum  als  Breslauer  Universitätsprofessor  ge- 
feiert.    Der  Gelehrte  steht  im  90.  Lebensjahre. 

Der  Assistent  an  der  agrikultur-chemischen  Versuchs- 
station in  Marburg  Dr.  Karl  Schulze  wurde  zum  Lehrer 
fUr  Naturwissenschaften  an  der  Wein-  und  Obstbauschule  in 
(>ppenheim   ernannt. 

Ingenieur  Josef  Virag,  der  Erfinder  des  Viragschen 
Schnelltelegraphen,  ist,  erst  3a  Jahre  alt,  in  Ofen-Pest  im 
grössten  Elend   gestorben. 


Berichtigungen. 

In  der  Arbeit  des  Herrn  C  Shedd,  Über  die  Formen 
der  von  dem  Michelsonschen  Interferometer  gelieferten 
Kurven  3,  47,  1901,  sind  wegen  Ausbleibens  einer  Korrektur 
einige  Druckfehler  stehen  geblieben: 

Seite  47,  Spalte  1,  Zeile  2  v.  u.  ist  statt  „5"*  5  zu  setzen. 
Seite  48,  Sj^alte  I,  Formel  5)  muss  es  im  zweiten  Gliede  der 
rechten  Seite  statt  ,,<^''  f^(f  heissen;  Formel  6)  und  in  der 
folgenden  /eile  statt  ,,/"  A.  Ebenso  ist  in  Formel  13  und 
der  dnrauffolgciKlcn.  sowie  in  Formel  iS  und  der  darauf- 
folgenden ,,/"  »lurch  A  7\\  ersetzen. 

mon  in  Oöltingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 
Pries  in  Leipzig. 


V 


Physikalische  Zeitschrif 


N0.5. 


I.  Dezember  1901. 

Redaktionsschluss  (lir  No.  6  am  5.  Dezember  1901. 


3.  Jahrgan 


OrifiMünitteilungeii : 

H.  T.  Barnes,  Das  spezifische  Ge- 
wicht des  Eises.     S.  81. 

W.  B.  von  Czadnochowski,  Durch 
Kathodenstrahlen  erzeugte  Farben- 
ringe an  Krystallplatten.    11.    S.   82. 

A.  Schmauss,  Über  die  Phosphores- 
zenz unter  dem  Einflüsse  von  Katho- 
denstrahlen und  von  ultraviolettem 
Lichte.    S.  85. 

St.  Meyer,  Magnetisierungszahlen 
seltener  Erden.     S.  87. 

J.  Stark,  Das  Gesetz  des  Kathoden- 
falls.    S.  88. 


INHALT. 

Vortrftqe  und  Diskussionen  von  der 
73.  Naturforscherversammiung  zu 
Hamburg: 

P.  Stäckel,  Bericht  über  die  Ent- 
wicklung des  Untenichtsbetriebes  in 
der  angewandten  Mathematik  an  den 
deutschen  Universitäten.     S.  92. 

O.  Lummer  und  E.  Pringsheim, 
Temperaturbestimmung  mit  Hilfe  der 
Strahlungsgesetze.     S.  97. 

Besprechungen: 

W.  Üstwald,  Die  wissenschaftlichen 
Grundlagen  der  analytischen  Chemie, 
elementar  dargestellt.  3.  Aufl.  S.  loi. 


E.  Jordis,  Die  Elektrolyse  wässri 
Metallsalzlösuigen.     S.   loi. 

K.  Elbs,  Die  Akkumulatoren.  3.  Au 
S.  loi. 

Kr.  Birkeland,  Norwegische  Expe- 
dition von  1899— lyoo  zur  Eifor- 
schung  des  Nordlichtes.     S.  101. 

W.  Martin  und  W.  H.  Rockwell, 
Chemistry  and  Physics.     S.  103. 

Eingegangeae  Schriften.    S.  103. 
Briefliasten.    S.  104. 
Tagesereignisse.    S.  104. 
Personalien.    S.  104. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Das  speziBsche  Gewicht  des  Eises J) 
Von  H.  T.  Barnes. 

Bei  Nichols*^)  äusserst  sorgfältigen  Bestim- 
mungen des  spezifischen  Gewichtes  des  Eises 
wurde  eine  Differenz  von  zwei  Tausendstel  zwi- 
schen den  spezifischen  Gewichten  von  altem  und 
neuem  Eis  beobachtet.  Flusseis,  welches  ge- 
brochen und  ein  Jahr  lang  aufbewahrt  worden  war, 
wurde  weniger  dicht  befunden  als  frischgebro- 
chenes  Eis  und  fast  gleich  dicht  wie  reines,  künst- 
lich erzeugtes  Eis.  Die  Dichte  scheint  Verände- 
rungen zu  unterliegen,  welche  von  der  Art  der 
Bildung  abhängen,  und  in  Übereinstimmung  mit 
Nichols'  Messungen  scheint  die  Geschwindigkeit 
der  Bildung,  wenigstens  temporär,  den  Grad  der 
Dichte  zu  bestimmen.  Die  vielen  und  mannig- 
faltigen Erscheinungen,  die  mit  der  Bildung 
von  Flusseis  im  kanadischen  Klima,  zu  Montreal, 
verbunden  sind,  machen  Untersuchungen,  wie 
vorliegende,  von  vielseitigem  Interesse. 

In  Beziehung  auf  den  Einfluss  des  Alters  auf 
das  spezifische  Gewicht  reinen  Flusseises  stellte 
der  Verfasser  einige  Versuche  an  mit  Stücken  frisch 
während  der  Versuchegebildetausdem  St. Lorenz- 
strom und  Stücken,  welche  zwei  resp.  ein 
Jahr  firüher  gebrochen,  sorgfältig  während  der 
Sommermonate  aufbewahrt  worden  waren. 

Die  zur  Bestimmung  des  spezifischen  Ge- 
wichtes angewendete  Methode  war  das  Wägen  in 
Wasser  von  o"C.  Ein  kupfernes  Gefäss  mit 
einem  Deckel  und  engem  Halse  wurde  herge- 
stellt, so  dass  in  ihm  ein  Stück  Eis  von  200 
bis  300  g  Gewicht  frei  aufgehängt  werden 
konnte.  Dieses  Eis  wurde  in  einer  dreizackigen, 
abgewogenen  Gabel  gehalten,  welche  mittels 
eines  leichten  Kupferdrahtes,  der  durch  den 
engen  Getässhals  hindurchging,  an  dem  einen 
Arm      einer      empfindlichen       Oertlingschen 

i)  Ausföhrlich  in  Phys.  Review,  13,  55,  1901. 
2)  Phys.  Review,  8,  21,  1899. 


Wage  aufgehängt  war.  Dieses  Gefäss  tauchte 
in  einen  grösseren  Kessel  und  war  von  einer 
Mischung  von  Schnee  und  Wasser  umgeben. 
Nachdem  das  Gewicht  eines  Stückes  Eis,  welches 
so  in  einer  Atmosphäre  von  O^  C.  aufgehängt 
war,  erhalten  war,  wurde  ein  Hahnenverschluss 
am  Boden  des  Gefässes  geöffnet,  und  das 
Wasser  in  direkter  Berührung  mit  Schnee  floss 
hinein  und  füllte  dasselbe  vollständig.  Dann 
wurde  der  Gewichtsverlust  bestimmt.  Grosse 
Sorgfalt  wurde  darauf  verwendet,  zum  Gebrauch 
für  die  Mischung  reines  Flusswasser  und  völlig 
sauberen  Schnee  zu  haben.  Die  Eisstücke  für 
die  Versuche  wurden  ausserhalb  des  Labora- 
toriums in  einer  Atmosphäre,  die  nur  wenig 
von  o^  C.  abwich,  aus  den  Blöcken  geschnitten 
und  wurden  sauber  und  trocken  gewischt  mit 
Filtrierpapier  und  einem  sauberen  Leinenlappen. 
Die  folgende  Tabelle  giebt  die  Resultate 
der  Versuche  nach  dieser  Methode  bei  den 
verschiedenen  Stücken. 

Spezifisches  Gewicht  von  Eis  durch  Abwiegen  in 

Wasser  von  o"C. 

Entstehungsjahr.  spez.  (Jew.    Abweichen  v.  Mittel. 


Datum.    E 

ntstehung 

[ärz    9 

I9OI 

»        9 

I9OI 

.,      9 

1900 

„   16 

1900 

„   16 

1899 

„  16 

1899 

n      23 

1900 

0,00023 
0,00004 
0,00000 
0,00019 
0,00011 
0,00013 
0,00017 


0,91684 

0,9 1 665 

0,91661 

0,91642 

0,91650 

0,9 1 648 

0,91678 
Mittel  =  0,9 166 II  +  0,000065. 
Zum  Beweise  für  die  Genauigkeit  dieser 
Methode  wurden  am  16.  März  zwei  Bestim- 
mungen mit  demselben  Eisstück  f  899er  Eis) 
gemacht,  indem  man  dasselbe  nach  dem  ersten 
Versuch  herausholte,  es  trocken  rieb  und  wieder 
in  das  Gefäss  zurückbrachte.  Ein  grundsätz- 
licher Unterschied  zwischen  altem  und  neuem 
Eis  konnte  nicht  entdeckt  werden,  die  kleinen 
Abweichungen  sind  wahrscheinlich  kleinen  Un- 


82 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


gleichheiten  in  der   Struktur    der   angewandten 
Stücke  zuzuschreiben. 

Es  ist  klar,  dass,  übereinstimmend  mit  vor- 
liegenden Messungen,  das  spezifische  Gewicht 
von  altem  und  neuem  Flusseis  das  gleiche  ist  und 
gleich  0,91661  +0,00007  gesetzt  werden  kann, 
welches  bis  auf  zwei  Zehntausendstel  mit  den 
Messungen  Nichols'  an  nicht  kürzlich  gebro- 
chenem Eise  übereinstimmt,  welche  0,91644 
gaben,  und  in  gleicher  Genauigkeit  mit  den 
Bestimmungen  Bunsens. 

Mc.  Gill  Universität. 

(Eingegangen   i.  Oktober  1901.) 


^. 


Durch  Kathodcnstrahlcn  erzeugte  Farbenringe 

an  Krystallplatten. 

Zweite  Mitteilung. 

Von  W.  Biegon  von  Czudnochowski. 

Seit  meiner  früheren  Mitteilung*)  über  die 
an  Platten  von  Flussspat  und  Steinsalz  in- 
folge Einwirkung  von  Kathodenstrahlen  auf- 
tretenden eigentümlichen  Farbenerscheinungen 
ist  es  mir  leider  nicht  möglich  gewesen,  weitere 
Versuche  mit  dem  eigens  dazu  beschafften 
Materiale  in  dem  gewünschten  Umfange  anzu- 
stellen, weshalb  ich  nachstehend  nur  einige 
weitere  Beobachtungen  an  Flussspatplatten  mit- 
teilen will. 

Der  Verlauf  der  Erscheinung,  wie  ich  ihn 
nach  Beobachtungen  an  dem  Crookesschen 
Apparat  Fig.  i  der  vorigen  Mitteilung  in  Fig.  3 
bis  8  derselben  schematisch  dargestellt  hatte,  ist 
aus  nachstehender,  eine  Zusammenstellung  der 
zu  verschiedenen  Zeiten  beobachteten  Farben- 
folgen enthaltenden  Tabelle  I  deutlicher  zu  er- 
kennen. 

Tabelle  I. 

Stück  farblosen  Flussspates  im  Cr 00k es- Apparat. 


A. 

B. 

C. 



~:^ —   - 

'  ~  ~       ~    ' 

— 

a 

TS 

silbergrau 
gelblich 
orange 
bräunlich 

grau 
gelb 
orange 
braungelb 

grau 
1  hellbraun 

1 

0 

• 

bläulich 

violett 

hellblau 

dunkelblau 

rosa 

C 
S 

c 

1 

gelb 
rot 

hellgelb 

naoosgrün 

hellrot 

1 

.  dunkelrot 

0 

• 

1 

1 

violett 

'  hellviolett 
'  dunkelblau 
dunkel  violett 

i)  Diese  Zeitschrift  2,  65-66,  ige».  —  Heiblätter  62,  78, 
1901.  , 


Zu  weiteren  Versuchen  bediente  ich  mich 
statt  des  in  Fig.  2  der  vorigen  Mitteilung  dar- 
gestellten Apparates  {A)  eines  neuen  Doppel- 
apparates {B)y  der  in  vorstehender  Fig.  i  in 
zwei  Ansichten  in  '/ü  n.  Gr.  gezeichnet  ist. ')  Der 
Apparat  ist  vollkommen  symmetrisch;  die  Ka- 
thoden —  eine  eben,  eine  konkav^)  —  haben 
gleichen  Durchmesser  und  gleichen  Abstand 
von  den  gegenüber  befindlichen  Glastischen, 
welche  oben  eben  und  mattgeschliffen  sind  und 
zur  Aufnahme  der  am  besten  mit  Gips  zu  be- 
festigenden Versuchsobjekte  dienen. 

Zum  Auspumpen  diente  die  gleiche  Queck- 
silberluftpumpe wie  bei  den  früheren  Versuchen. 
Als  Elektrizitätsquelle  wurde  ein  kleines  Induk- 
torium  mit  Platinunterbrecher  von  nur  23  mm 
Schlagweite ^)  zwischen  Spitze  und  Platte  be- 
nutzt, gespeist  von  Akkumulatoren  Type  O  von 
W.  A.  Boese,  Berlin,  unter  Verwendung  eines 
achtstufigen  Vorschaltwiderstandes  und  eines 
Amperemeters  der  A.  E.-G.  Berlin. 

Das  Versuchsmaterial  bestand  in  zwei  ganz 
gleichartigen,  klaren,  farblosen  Flussspatplatten 
von  15x15x3  mm^),  welche  in  der  ange- 
gebenen Weise  auf  dem  Tischchen  befestigt 
waren. 

Die  Versuche  wurden  in  der  Weise  ange- 
stellt, dass,  nachdem  jede  Platte  bei  konstantem 
Vakuum  und  konstantem  Primärstrom  eine  be- 
stimmte Zeit  den  Kathodenstrahlen  ausgesetzt 
war,  die  Pumpe  abgesperrt,  der  Apparat  ab- 
genommen und  nach  Herausnahme  des  Tisch- 
chens mit  den  Platten  bei  Tageslicht  die  Farben 
bestimmt  wurden,  worauf  nach  Wiedereinsetzen 
der  Stopfen  in  ihre  vorherige  —  markierte  — 
Stellung  und  Wiederanfiigen  des  Apparates  an 
die  Pumpe  von  neuem  bis  zum  vorherigen 
Vakuum  ausgepumpt  wurde.  Dieses  Verfahren 
wurde  nach  Bedarf  wiederholt. 

Hierbei  lässt  sich  nun  der  Veriäuf  der  Er- 


i)  Der    Apparat     wird     angefertigt     ron      Max     StnM, 
Berlin  NW.,  Philippstrasse  22. 

2)  Krümmungsradius  etwa  35  mm. 

3^  Von  Siemens  und  Halske  A.-G. 

4)  Bezogen  von  C.  A.  Niendorf,  Berhau-Berlin. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


83 


scheinung  genau  verfolgen.  Man  sieht  deutlich 
die  Färbung  sich  von  der  Mitte  nach  dem 
Rande  zu  allmählich  ausbreiten,  wobei  eine  be- 
stimmte Farbenfolge:  gelb — rot — blau,  welche 
ich  als  Ordnung  bezeichnen  will,  sich  immer  von 
neuem  aus  der  Mitte  entwickelt  und  jede  neue 
die  vorher  erschienenen  Ordnungen  nach  aussen 
drängt.  Der  Vorgang  entspricht  vollkommen 
der  vom  Entdecker  selbst  gegebenen  Beschrei- 
bung des  Entstehens  der  sog.  Priestleyschen 
Ringe.')  Die  Beobachtungen  für  die  beiden 
Flussspatplatten  (i  und  2)  sind  in  genau  der 
gleichen  Weise  wie  die  der  Tabelle  I  in  nach- 
stehenden Tabellen  II  und  III  zusammengestellt. 


FfiMe»  N^. 


Tabelle  IL 

i 

f,  ^äiblös«r  Flttssspat.     Hohlkathode. 


lNac3i:3oMiD. !       50  Min.      '       90  Min.      1      130  Min. 


a 
e 

o 


silberweiss 
blassgelb 
dnnkelgelb 
orange 

TOt 

violett 

dunkelblau 

hellblau 


gelblich 
rosa 
dunkel  rot 

dunkelblau 

hellblau 

wasserblau 


:  hellbraun 

I  rot 

,  violett 

!  dunkelblau 

hellblau 
I  wasserblau 


gelblich 


I 


^1  orange 

c 


bräunlich 


hellgelblich    j  grünlich 
I  hellgelb 


indigo 

dunkelblau'-') 

hellblau^) 


orange 
bräunlich 


hellorauge 

dunkelorange 

rotbraun 


dunkelblau     i  seh  wach  violett 

dunkelblau 
hellblau  1  hellblau 


a 

TS 


f*> 


hellgelb 
dunkelorange 


hellgelb 

orange 

rot 

rotviolett 

dukelbltigrio 

hellblau 


grünlich 
gelb 
orange 
bronzefarbig 

d 


t'v 


Fig.  2.     Natürl.  (Grösse, 
b  c 


^'g-  3«    Natürl.  Grösse. 

i)  Jos.  Priestley,  Geschichte  und  gegenwärtiger  Zustand 
der  Elektrizität  nebst  eigentümlichen  Versuchen.  Deutsch  von 
J.  G.  Kränitz.     Berlin  u.  Stralsund  1772.  S.  467-469. 

2)  Beide  Färbungen  hatten  einen  deutlichen  j;riinlichcn 
Schein. 


Tabelle  III. 

Platte:  Nr.  2,  Farbloser  Flussspat.     Ebene  Kathode. 


Nach:  30 Min.  I      50  Min. 


90  Min. 


130  Min. 


-j- 


i  silberweiss 
hellgelb 
tuo    dunkelgelb 
3     orange 

T) 


bronzegelb 

orange 

rotbraun 


^  schwachviolett 
M ,  dunkelblau 

hellblau 

weisslichblau 

hellgelb 
&A,  du  Li  kelgelb 
I     hellgelb 

u 

o 


violett 
dunkelblau 
hellblau 
wasserblau 


blau 


N 


a 
a 

T3 


CO 


gelblich 

bronzegelb 

dunkelbraun 

blau 


gelblich 


bronzegclb 
goldrot 
braunrot 
donkelbraiartt 


dunkelblau 
hellblau 

hellgelb 

orange 

braun 


karminrot 


dnkelbluTiflett 

dunkelblau 

hellblau 


dunkelblau 

hellblau 

giünlichblau 


gelblich 

orange 

dunkelrot 


meerblau 
wasserblau 


gelblich 

orange 

dunkelrot 

griiUekbllilieh 

gelblich 

dunkelorangc 


Man  sieht,  dass  ein  nennenswerter  Unter- 
schied im  Verhalten  der  beiden  Kathoden  nicht 
besteht;  nur  ist  der  Verlauf  bei  der  Hohlkathode 
etwas  regelmässiger,  dagegen  die  Ordnungszahl 
bei  der  ebenen  etwas  grösser. ')  Ein  ungefähres 
Bild  der  Erscheinungen  pebt  bei- 
stehende Fig.  2  a,  b,  c,  d  (entsprechen 
30,  50,  90,  130  Min.)  für  Platte  i 
(Tabelle  II)  und  Fig.  3  a  —  d  fiir 
Platte  2  (Tabelle  III),  ausserdem  ist 
in  Fig.  4  eine  direkte  photographische 
Kopie  von  Fig.  3  d  gegeben,  erhalten  ^'ß-  4. 
bei    2    Minuten    Expositionszeit    in  Natürl.  Grösse. 

direktem  Sonnenlicht  auf  Celloidinpapier.*^)  Die 
Stromstärke  betrug  bei  diesen  Versuchen  stets 
I  Amp.,  das  Vakuum  war  derart,  dass  in  dem 
Verbindungsrohre  zwischen  den  Kugeln  stabile, 
scharf  begrenzte  Schichten  von  8,5  mm  Dicke^) 
bei  *^  7,5  mm  lichter  Rohrweite  sich  zeigten. 
Gleichzeitig  mit  der  Farbenfolge  habe  ich 
nun  bei  jedesmaligem  Herausnehmen  mittels 
Spitzenzirkels  durch  wiederholte  Messung 
zweier  aufeinander  senkrechter  Durchmesser  das 
Wachsen   der  Ringsysteme   mit    der    Zeit   fest- 

i)  Dies  insofern,  als  die  beiden  letzten  Farben  eigentlich 
schon  der  Anfang  einer  viertön  Ordnung  sind. 

2)  Die  excentrische  Lage  der  Erscheinungen  in  Fig.  2,  3 
und  4  rührt  davon  her,  dass  die  benutzten  Platten  nicht 
centrisch  befestigt  waren,  nicht  von  einer  Deflexion  der  Ka- 
thodenstrahlen. Das  Original  der  Fig.  4  lässt  sehr  gut  die 
allmähliche  Zunahme  der  Lichtdurchlässigkeit  nach  dem  Rande 
zu  erkennen. 

3)  Unter  Dicke  ist  der  Abstand  zwischen  den  Helligkeit«- 
maximis  zweier  aufeinanderfolgender  Schichten  gemeint.  Bei 
den  Versuchen  waren  in  jeder  Hälfte  des  Verbindungsrohres 
genau  sieben  scharf  begrenzte   Schichten  sichtbar. 


84 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


zustellen  versucht  und  gebe  die  Ergebnisse  in 
nachstehenden  Tabellen  IV  und  V.*) 


Platte  No.  I. 


Tabelle  IV. 


Zeit 


0 

0,0 

0,0 

10 

30 

8,0 

8.0 

50' 

i4iO 

"2,5 

90" 

i7>o 

17,0 

0,0 


tt 


130 


19,0 


0,0 
19,0     <   11,0 


0,0 
0,0 


0,0 
o 


0,0 


3,0 


5»5 
9,0 


o 
o 

3.0 


o 
o 

2,0 


Platte  No.  2. 


Tabelle  V. 


Zeit 


äi 


a  b 


dz 
a  b 


O    ,       O 


»# 


30    i     9,0  9,0  2,0      ,     2,0 


50      12,0  I  12,0      6,0        5,0    ,     o 


*t 


90' 


#r 


130 


13,2   I  14,2       9,0     I    9,0        4,2 


3»2 


17,0  I  18,0      11,5   '  12,0      7,0        7,5 


2,0       2,0 


Zo 


/^ 


^o       ^o       äo      fffo     fzo 

Fig.  5. 

Unter  Benutzung  der  Mittelwerte  erhält  man 
daraus  für  den  Verlauf  der  Erscheinung  die  in 

l)  Die  ein/eliieu  Zahlen  sind  Mittelwerte  aus  mehreren 
Messunjjen  liir  denselben  Durchmesser;  die  ganz  kleinen  wie 
die  jjrössten  VV^erte  sind  etwas  unsicher,  da  im  ersten  Falle 
das  iiild  nicht  aussei >räj^t,  im  /weiten  nur  Rudimente  der  betr. 
Ordnung  an  den  lükeii  sichtbar  sind.  Immerhin  kann  man 
diese  Werte  aber  zur  Vervollständigung  des  Gesamtbildes 
benutzen. 


FläJ^2^ 


20         W        so         90        ^00       ^ZO       ^^ 

Fig.  6. 

Fig.  5  und  6  dargestellten  Kurven.  Die  hier- 
aus zu  entnehmenden  Differenzen  der  Durch- 
messer zweier  aufeinanderfolgenden  Ordnungen 
zeigen  dann  eine  Veränderung  mit  der  Zeit,  wie 
sie  Fig.  7  für  Platte  2  darstellt  (i.  und  2.  Ordnung). 
Die  beschriebenen  Erscheinungen  sind  an 
die  Oberfläche  der  benutzten  Platten  gebunden, 
welche  der  Kathode  zugewandt  ist.     Im  durch- 


80     40     SO     do     -foo    -rpo    y*o 

Fig.  7. 

fallenden  Lichte  ist  von  Farbenringen  nichts 
zu  erkennen,  die  Platten  erscheinen  braun,  in 
der  Mitte  am  dunkelsten,  nach  dem  Rande  zu 
heller.  Durch  energisches  Wischen  lässt  sich 
die    Oberfläche    wieder   in    den    alten    Zustand 


Physikalische  Zeitschrift     3.  Jahrgang.    No.  5. 


85 


versetzen,  die  Erscheinung  ist  also  an  eine  ab- 
wischbare Schicht  gebunden,  die  sich  unter 
dem  Einflüsse  der  Kathodenstrahlen  gebildet 
hat  und  die  man  wohl  als  Produkt  einer  Zerstäu- 
bung der  Kathode,  also  als  Metallniederschlag 
ansehen  kannJ)  Nun  bestanden  alle  Kathoden 
aus  Aluminium,  welches  nach  ausgedehnten 
Untersuchungen 2)  einer  solchen  Zerstäubung  so 
gut  wie  gar  nicht  unterworfen  ist,  wenn  es 
auch  bei  genügend  hoher  Temperatur  ebenfalls 
Spiegel  an  der  Glaswand  des  Entladungsrohres 
zu  erzeugen  vermag');  eine  derartige  Tempe- 
raturerhöhung ist  aber  bei  dem  verwendeten 
kleinen  Induktorium  wohl  nicht  gut  denkbar. 
Unter  dem  Mikroskop  erscheint  die  Schicht  bei 
,.  33ofacher  Vergrösserung  vollkommen  zusammen- 
;•.  Jjängen^l,  ohne  auch  nur  eine  Spur  einher  körnigen 
^^JStruktut-  erkennen  zu  lassen;  nach,  dem  Ab- 
wischen erscheint  die  vorher  farblose  Platte  in 
der  Durchsicht  kaum  merklich  bläulich.  Bei  bei- 
den Apparaten,  A  und  ß,  zeig|3en  nun\aber  auch 
die  Kathoden  selbst  Farbenringe,  ähnlich  wie  eine 
in  der  Mitte  erhitzte  Stahlplatte;  dieselben  ent- 
wickeln sich  sehr  rasch,  sind  weit  weniger  ausge- 
prägt, und  werden  sehr  bald  stationär.  Bei  dem 
Crookes sehen  Apparat  fehlt  jedoch  diese  Er- 
scheinung, während  der  Flussspat  sehr  intensiv 
gefärbt  ist.  Um  nun  auch  diesen  Gegenstand 
näher  zu  untersuchen,  polierte  ich  die  ebene 
Kathode  des  Apparates  A  möglichst  sorgfältig 
und  setzte  darauf  die  sauber  gereinigte  Platte  i 
den  von  ihr  ausgehenden  Kathodenstrahlen  aus. 
Nach  130  Minuten  langer  Bestrahlung  war  die 
Kathodenoberfläche  unverändert,  die  Fluss- 
spatplatte in  der  Durchsicht  gleich  mässigkräf- 
tig  violett,  die  der  Kathode  zugewandte 
Oberfläche  im  reflektierten  Lichte  dunkel- 
blau. Die  Farbe  ist  auch  hier  an  die  bestrahlte 
Oberfläche  gebunden^),  lässt  sich  aber  nicht 
durch  Wischen  oder  Reiben  entfernen.  Durch 
30  Minuten  langes  Erhitzen  in  heissem  Sande 
von  über  200^  wird  die  Färbung  in  keiner  Weise 
beeinflusst.*)  Bei  ungefähr  350^  ^)  thermolumines- 
ziert  der  Flussspat  sehr'^stark  grün,  die  violette 
Färbung  ist  noch  unverändert.  Bei  etwa  500^ 
beginnt  die  Färbung  langsam  zu  verblassen, 
um  bei  Temperatur  der  Rotglut  vollständig  zu 
verschwinden,   während   gleichzeitig    der  Fluss- 


i)  A.  Kundt»  WiecL  Ann.  27,  59 IT.,  1886.  —  Dessau, 
Wied.  Ann.  29,  375,  1886.  —  Vgl.  auch:  O.  Lehnaann, 
Elcklr.  Lichterscheinungen  od.  Entladungen.  Halle,  W.  Knapp. 
S.  190 -191,   1898. 

2)  Z.  B.  Crookes,  Electrician  27,  197,  1891.  —  Vgl. 
0.  Lehmann,  1.  c,  S.  187. 

3)  Hittorf,  Wied.  Ann.  21,  126,  1884.  —  O.  Lehmann, 
l  c,  S.  187. 

4)  Vgl.  im  Gegensatze  hierzu:  O.  Lehmann,  Elektrische 
Entladungen,  S.  489  Absatz  4  und  Anmerkung  3. 

5)  Vgl.  O.  Lehmann,  1.  c,  S.  489  Anmerkung  4. 

6)  Die  Temperaturen  wurden  kalorimetrisch  bestimmt 
mittels  passender  Probekörper.  Vgl.  Mülle r-Poscillet, 
Physik.  9.  Aufl.,  2,  358  ff. 


Spat  ein  sehr  intensives  blaues  Leuchten 
zeigt.*)  Die  unter  dem  Einfluss  der  Kathoden- 
strahlen schön  blaue  Phosphoreszenz  der  Fluss- 
spatplatten geht  beim  Ausschalten  des  In- 
duktors augenblicklich  in  ein  hell  gelbgrünes 
Nachleuchten  von  etwa  i  Min.  Dauer  und  länger 
über;  bei  nachherigem  Erhitzen  im  Dunkeln 
thermolumineszieren  die  Platten  mit  dem  gleichen 
Lichte  von  neuem.  2) 

Über  weitere  Versuche  mit  anderem  Material 
hoffe  ich  später  berichten  zu  können. 

i)  Elster  und  Geit'el,  Ann.  d.  Phys.  u.  Chemie.  Neue 
Folge,  69,  493i   ^896. 

2)  A.  Miethe,  Sitzung  der  Dtsch.  Physikal.  Gesellsch.  zu 
Berlin  vom  i.  Februar  1901.  —  J.  J.  Thomson,  Entladung 
der  Elektrizität  der  Gase.     Leipzig,  J.  A.  Barth.  S.  97,  1900. 

Berlin,  Oktober  1901. 

(Eingegangen  24.  Oktober  1901.) 


Über  die  Phosphoreszenz  unter  dem  Einflüsse 
von  Kathodenstrahlen  und  von  ultraviolettem 

Lichte. 

Von  Aug.  Schmauss. 

I.  Die  Fähigkeit  verschiedener  Substanzen, 
unter  dem  Einflüsse  von  Kathodenstrahlen  zu 
phosphoreszieren,  zeigt  sich  nach  kurzer  Be- 
strahlung verringert.  Crookes  beobachtete 
diese  Erscheinung  zuerst  an  der  bekannten 
Röhre  mit  dem  umklappbaren  Kreuze. 

Die  Erklärungen  für  diesen  Versuch,  die 
sich  in  der  Litteratur  vorfinden  —  Crookes 
selbst  hatte  für  diese  „Ermüdung"  eine  mehr 
physiologische  als  physikalische  Erklärung  ge- 
geben — ,  sind  im   wesentlichen  dreierlei    Art : 

1.  Erwärmung, 

2.  chemische  Veränderung, 

3.  Niederschlag  von   Metallteilchen,    die 
von  der  Kathode  losgerissen  wurden. 

Während  die  erste  nur  eine  temporäre,  die 
letzte  nur  eine  dauernde  Veränderung  zu  er- 
klären vermag,  könnte  eine  chemische  Um- 
setzung eine  bleibende  oder  wieder  zurück- 
gehende Umwandlung  zur  Folge  haben. 

Für  eine  temporäre  Ermüdung  käme  also 
I.  und  2.,  für  eine  dauernde  2.  und  3.  in  Be- 
tracht, Eine  etwa  durch  Erwärmung  entstehende 
chemische  Veränderung  ist  in  2.  inbegriffen. 

Im  folgenden  möge  über  einige  Versuche 
berichtet  werden,  die  im  Hinblick  auf  die  er- 
wähnten Erklärungen  der  Ermüdung  angestellt 
wurden. 

Die  temporäre  Ermüdung,  die  sich  bei  den 
meisten  Substanzen  beobachten  lässt,  ist  zweifel- 
los der  Erwärmung  unter  dem  Einflüsse  der 
Kathodenstrahlen  zuzuschreiben,  indem  die 
phosphoreszierenden  Substanzen  rasch  über  die 
Temperatur  ihrer  maximalen  Lichtemission  ge- 
bracht werden,  welche,  wie  in  II  gezeigt  werden 


\y 


86 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


soll,  im  allgemeinen  nicht  sehr  hoch  liegt.  In 
der  That  trat  die  temporäre  Ermüdung  nicht 
so  schnell  ein,  wenn  die  phosphoreszierenden 
Substanzen  in  flüssiger  Luft  gekühlt  wurden. 

Die  dauernde  Ermüdung  trat  bei  allen 
hier  untersuchten  Substanzen  ein. 

Dieselben  lassen  sich  dabei  in  zwei  Gruppen 
einteilen. 

In  der  ersten,  in  welche  z.  B.  Balmainsche 
Leuchtfarbe,  andere  phosphoreszierende  Präpa- 
rate und  auch  Kreide  gehören,  ist  die  dauernde 
Ermüdung  bedingt  durch  ^ie  fortwährend  ge- 
steigerte Wärmezufuhr.  Die  Substanzen  bräunen 
sich,  ganz  ebenso,  wie  sie  es  bei  Erwärmung 
über  eine  bestimmte  Temperatur  thun.  Dabei 
zeigt  sich  grosse  Verschiedenheit  in  der 
Zeitdauer,  in  der  das  eintritt.  Während  bei 
Baimai nscher  Leuchtfarbe  schon  eine  Belich- 
tung von  etwa  10  Minuten  hinreicht,  sie  dauernd 
zu  ermüden,  ist  es  zur  Veränderung  der  Kreide, 
die  keine  temporäre  Ermüdung  zeigt'),  not- 
wendig, einige  Stunden  die  Kathodenstrahlen 
darauf  einwirken  zu  lassen.  Dieser  Umstand 
widerlegt  die  Ansicht  Pulujs^),  in  dem  Nieder- 
schlag von  Metallteilchen  die  Ursache  der  Er- 
müdung zu  sehen.  Ein  solcher  müsste  das 
Leuchten  verschiedener  Substanzen  in  gleicher 
Weise  beeinflussen. 

Zur  zweiten  Gruppe  gehört  die  dauernde  Er- 
müdung des  Glases,  die  man  an  jeder  Crookes- 
schen  Röhre  der  oben  erwähnten  Art  sehen 
kann,  mit  der  das  Experiment  schon  öfters 
demonstriert-  worden  ist.^)  Das  Kreuz  erscheint 
stets  hell  auf  dunklem  Grunde,  zum  Zeichen, 
dass  das  Glas  an  den  Stellen,  wo  es  den 
Kathodenstrahlen  exponiert  war,  dauernd  ver- 
ändert wurde.  Diese  Veränderung,  die  mit  dem 
Auge  in  keiner  Weise  wahrzunehmen  ist,  ist 
wahrscheinlich  ebenso  wie  die  Färbung  der 
Alkalihaloidsalze  chemischer  Natur.  Man  kann 
sich  auch  hier  sehr  leicht  davon  überzeugen, 
dass  es  nicht  ein  metallischer  Beschlag  ist, 
der  dem  Glase  die  Fähigkeit,  zu  phosphores- 
zieren, nimmt.  Ein  solcher  müsste  sich  durch 
Behandlung  mit  Säuren  entfernen  lassen,  was 
nicht  der  Fall  ist.  Dagegen  kann  man  das 
Glas  durch  Glühen  in  den  natürlichen  Zustand 
zurückführen,  ganz  ebenso,  wie  man  den  er- 
wähnten Salzen  auf  diese  Weise  ihre  ursprüng- 
liche Farbe  wiedergeben  kann.  Dies  unter- 
scheidet die  Substanzen  der  zweiten  Gruppe 
deutlich  von  denen  der  ersten,  bei  denen  Er- 
wärmung die  Veränderung  erhöhen  würde.  Es 
mag  vielleicht  interessieren,  dass  frisch  aus- 
geglühtes Glas  heller  phosphoresziert,  als  solches, 
das  lange  an  der  Luft  gelegen  hatte. 


1883. 


I)  Goldstein,  Beibl.  4,  221,  1880. 

2}  J.   Puluj,  Strahlende  Elektrodenmatcrie,  S.  25,  Wien 

3^1  J.  Precht,  Wied.  Ann.  61,  343,  1897. 


Diese  Eigenschaft  der  Kathodenstrahlen,  die 
Phosphoreszenzlähigkeit  der  Substanzen  zu  ver- 
ringern, scheinen  die  ultravioletten  Strahlen  nicht 
zu  teilen.  Ich  konnte  in  diesem  Falle  nie  eine 
Verändenmg  bemerken. 

Dagegen  zeigte  das  Glas,  das  von  Kathoden- 
strahlen verändert  war,  auch  im  Phosphoroskop 
geringere  Phosphoreszenzhelligkeit,  also  z.  B.  ein 
helles  Quadrat  auf  dunklem  Grunde,  wenn  vor 
dem  Glase  ein  quadratisches  Blech  einen  Teil 
der  Kathodenstrahlen  aufgefangen  hatte.  Durch 
Ausglühen  konnte  man,  wie  bereits  erwähnt, 
dem  Glase  wieder  eine  gleichmässige  Phos- 
phoreszenz geben. 

Die  dauernde  Veränderung  der  leuchtenden 
Substanzen  unter  dem  Einflüsse  von  Kathoden- 
strahlen  tritt  auch  auf,  wetiti  daö  Verstickiifabt 
durch  flüssige  Luft  gekühlt  wird.  Es  fst  cfailA 
allerdings  nicht  gesagt,  dass  die  chemische  Vef- 
ältdefung  aiKAi  bei  der  tiefen  Temperatur  vor 
sidi  g€iit.  tKf  bestrahlte  Substanz  kann  viel- 
mehr wegen  dfjs  schlechten  Wärmeleitungsver- 
mögens des  Glases  und  der  Leuchtpulver  unter 
dem  Einflüsse  der  Kathodenstrahlen  trotz  der 
äusseren  Kühlung  eine  höhere  Temperatur  an- 
genommen haben. 

Diese  Erwärmung  zeigt  unter  anderem  auch 
folgender  Versuch  an:  Eine  von  Kathoden- 
strahlen getroffene  Probe  Bai  mainscher  Leucht- 
farbe zeigt  nach  Aufhören  der  Bestrahlung  leb- 
haftes Nachleuchten.  Dieses  hört  momentan 
auf,  sobald  man  die  Substanz  mit  Kohlensäure- 
schnee abkühlt.  Eine  wenige  Augenblicke 
dauernde  Entladung  in  der  Röhre  reicht  hin, 
die  Substanz  so  weit  zu  erwärmen,  dass  ein  Nach- 
leuchten wieder  stattfindet,  welches  bald  wieder 
verschwindet,  wenn  das  Rohr  im  Kohlensäure- 
schnee gelassen  wird. 

IL  Es  interessierte  mich,  zu  bestimmen,  bei 
welcher  Temperatur  für  einige  dieser  phos- 
phoreszierenden Substanzen  das  Maximum  der 
Phosphoreszenz  lag.  Die  Substanzen  befanden 
sich  in  einem  Thermostaten,  das  Licht  einer 
Bogenlampe  wurde  mit  Quarzlinsen  in  geeig- 
neter Weise  auf  die  Präparate  konzentriert.  Die 
Messung  der  Helligkeit  des  Nachleuchtens  ge- 
schah unmittelbar  nach  Abbiendung  des  Bogen- 
lampenlichts mit  einem  zu  derartigen  Zwecken 
vorzüglich  geeigneten  Polarisationsphotometer 
von  F.  F.  Martens'),  da  der  Anwendung  eines 
Spektralphotometers  die  grosse  Lichtschwäche 
hinderlich  war.  Durch  Einschaltung  von  Strahlen- 
filtern war  die  Möglichkeit  gegeben,  ftir  ver- 
schiedene Strahlengebiete  die  Intensitätskurve 
zu  ermitteln. 

Auf  diese  Weise  ergab  sich  das  Maximum 
der  Phosphoreszenz  ftir  Balmainsche  Leucht- 
farbe bei  einer  Temperatur  von  ca.  70^ 

1)  F.  F.  Martens,  Verhandl.  der  deutsch.  Physikal.  Ge- 
sellschaft 1  (II),  204,  1899.     Diese  Zeitschrift  1,  299,  1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


87 


Für  ein  Präparat  aus  einer  Sammlung  der- 
artiger leuchtender  Substanzen,  das  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  rosa  leuchtet,  zeigte  sich  das 
Maximum  für  Rot  bei  8o^  Bei  dieser  Tempe- 
ratur wurde  das  Blau  intensiver,  für  welche 
Farbe  das  Maximum  bei  1 20*^  lag,  während  bei 
150®  der  Farbenton  immer  mehr  ins  Grüne 
überging,  um  bei  180^  das  Intensitätsmaximum 
für  Grün  zu  erreichen,  eine  Erscheinung,  die 
sich  mit  einem  gewöhnlichen  Spektroskop  sehr 
schön  verfolgen  liess. 

Die  Substanzen,  wie  z.  B.  Eierschalen,  die 
erst  bei  tiefen  Temperaturen  phosphoreszieren, 
sind  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zu  weit  vom 
Maximum  entfernt,  um  leuchten  zu  können. 
Andere,  wie  z.  B.  Glas,  die  wohl  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  leuchten,  thun  dies  bei 
tiefen  Temperaturen  noch  intensiver,  kommen 
ako  ihrem  Maximum  durch  Abkühlung  näher. 
H.  Starke  *)  hat  bemerkt,  „dass  Glasröhren  in  der 
Nähe  von  lichtdicht  eingeschlossenen  Röntgen- 
röhren deutlich  leuchten,  stärker  noch,  wenn 
sie  in  fester  Kohlensäure  abgekühlt  werden,  da- 
gegen gar  nicht  in  erhitztem  Zustande". 

i)  H.  Starke,  Ann.  d.  Phys.  8,  83,  1900. 

Berlin,  Physikalisches  Institut  der  Universität. 

(Eingegangen  12.  November  1901.) 


Magnetisierungszahlen  seltener  Erden.  ^) 
Von  Stefan  Meyer. 

Im  Anschluss  an  die  Bestimmungen  an  Ele- 
menten und  anorganischen  Verbindungen^)  wur- 
den an  besonders  reinem  Materiale  die  Magne- 
tisierungszahlen seltener  Erden  gemessen  und 
mit  den  besten  bisher  erhaltenen  Angaben  zu- 
sammengestellt. Die  Messung  geschah  an  trocke- 
nen Pulvern.  Die  wichtigsten  Resultate  sind 
aus  der  folgenden  Zusammenstellung  zu  ent- 
nehmen, in  der  k  den  Molekularmagnetismus 
bedeutet.  In  der  dritten  Rubrik  sind  die  Na- 
men derjenigen  Herren,  von  denen  das  Präpa- 
rat stammte,  in  der  vierten,  dort,  wo  die  Be- 
stimmungen von  anderen  Forschern  herrühren, 
deren  Namen  verzeichnet. 

Auf  die  Diskussion  der  einzelnen  Zahlen  kann 
im  Auszuge  nicht  eingegangen  werden.  Es  sei 
bloss  hervorgehoben,  dass  für  das  Yi  Ö3  von  Herrn 
Hai  tinger  durch  diesen  aus  den  Absorptions- 
spektren festgestellt  wurde,  dass  es  noch  min- 


destens 


2-5 

IOCX> 


an  Er^  O-s  enthielt,  womit  der  dia- 


i)  Auszug  aus  der  Abhandlung  in  den  Sitzungsber.  d.  k. 
Akid.  d.  Wis»,  in  Wien.  Bd.  iio,  Abt  IIa.  Juni  1901. 

i)  Wiener  Ber.  108  (IIa)  S.  171  und  861  (1899),  109  (IIa), 
S«  384  und  400  (1900). 


Substanz 

OOj 

OOj 

Pr,0^ 

PrCl^ 

PrCl^ 

Nd{NO^\ 

NdCl^    . 
Nd{NO^\ 
Nd^O^   . 
ÄjjOa    . 

SaCl:^    . 

Gd^O^  . 
Gd^O^  . 
Gd20:i  . 
Gd^  O2  . 
GdC/^i  . 
Gd(NO^)^ 
Er 20^  . 
EfXNO^)^  + 

ErCk 

ydC/3 

>2Ö3 

rc/3 
J2Ö3 

ThO^ 
ThO^ 
ThO^ 


k ,  io<^ 


Herkunft 


diamagnetisch     Nilson   . 
—  2x0.  037     Haitinger 


-|-o.  OII 
14-0.  010 
;  4-4X2-  16 

4-3-36 
-f-  3  •  28 
+  2x4.5 

-f-4-3 
■+-5-25 

4-  5  •  19 

+  2  X  5 .  05 

-|-  2X  10.  I 

-j-  12  .  1 

-f-  II  .6 

4-2x11.2 
4-  2  X  23  .  2 
-f-  2  X  28  .  6 
4-2X27  .  I 
4-  2  X  26  .  3 
4-25.6 

+  19.3 

4-  2  X  39  .  7 

-f-44.5 

■+-36.7 
4-2X50 

4-2X42.5 

4-  2  X  5  .  99 

-HS -43 
4-7.  II 

4-2x0.  5S 

4-0.  21 

4-  2  X  o .  062 

4  2x0.0038 

—  2x0.0155 

—  o .  024 
,  —  0.021 

—  0.024 


Brauner-Prag 
Haitinger  . 
Brauner .  . 
Nilson  .  . 
Scheele .  . 
Brauner .     . 

Haitinger    . 

Schottländer 

Schottländer 

Haitinger    . 

Cleve-Upsala 

Cleve 

Cleve 

Cleve 

Marignac 

Cleve     . 

Haitinger 

Haitinger 

Benedicks 

Marignac 

Cleve 

Cleve 
Cleve     . 
Abraham-Lan 

glet    . 
Haitinger.  ^ 
Nilson    . 
Nilson    . 
Frl.  Cleve 
Brauner 
Cleve     . 
Haitinger 
Muthmann 
Muthmann 
Haitinger 
Haitinger 
Haitinger 


Beobachter 


K.  Angström 


/H.  duBoisund 
\O.Licbknecht. 


(H. 


du  Bois  und 
Liebknecht. 


/H.di 
\O.Li 


du  Bob  und 
Liebknecht. 


/H.  du  Bois  und 
\  O.Liebknecht 


ni.du 
\O.Li< 


IL  du  Bois  und 
.Liebknecht. 


fH.  du  Bois  und 
I  O.Liebknecht. 
|H.  du  Bois  und 
I  O.Liebknecht. 


magnetische  Charakter  von  Yttriumoxyd  präzise 
nachgewiesen  erscheint.  Das  magnetische  Re- 
sultat an  NbiOf^  und  TaiOu  ist  insofern  über- 
raschend, als  ein  zweifellos  viel  minder  reines 
-V^2^5>  das  ich  früher  untersuchte,  sich  dia- 
magnetisch erwies.  Vielleicht  mag  dies  damit 
in  Einklang  stehen,  dass  nach  den  Untersuchun- 
gen der  Funkenspektra  durch  die  Herren  F.  Ex- 
ner  und  E.  Haschek,  ein  grosser  Teil  der  Niob 
und  Tantal  gemeinschaftlichen  Linien,  auf  Grund 
welcher  ein  noch  vorhandenes  gemeinsames  Ele- 
ment angenommen  werden  kann,  bei  den  reinen 
Präparaten  nunmehr  im  Niob  stärker  auftritt. 

In  seinem  Bericht  für  den  Pariser  Kongress 
1900  hat  Herr  du  Bois-)  das  magnetische  Wesen 
von  sieben  Elementen  (Be,  Mg,  Sc,  Ad,  La,  Ta, 
Th),  wozu  y  hinzuzufügen  gewesen  wäre,  noch 
als  zweifelhaft  bezeichnen  müssen.  Nach  den 
vorliegenden  Untersuchungen  ist  für  Verbin- 
dungen von  Y,  L(i,  Ta,  Th  die  Entscheidung 
als  diamagnetische  Körper  erbracht  und  nach 
dem  quantitativen  Verhalten  auch  für  die  Ele- 
mente selbst  wahrscheinlich  gemacht.     Die   an 

i)  Noch  nicht  ganz  rein.         • 

2)  Vergl.  das  Referat  in  dieser  Zeitschrift  2  ,  378, 


88 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  5. 


den  reinsten  bisher  dargestellten  seltenen  Erden 
erhaltenen,  derzeit  wahrscheinlichsten  Zahlen 
des  Atommagnetismus  sind  in  der  Anordnung 
nach  steigendem  Atomgewicht  die  folgenden  für 
Verbindungen  der  nachstehenden  Elemente: 

y  La  Ce 

k  .  lo*^'  ^=       diamagnedsch      —  0,04       -|-  0,01 

Pr        Nd         Sa  Gd        Ho        Er         Yb 

k,\o^=    -f  3,3    -|-S,2    4-11,2   -+-273    +50  -1-38,2    +6 

Die  Analogie  mit  der  Eisengruppe  ist  un- 
verkennbar. 

V  Cr         Mn  Fe  Co       Ni 

k,\o^=     -1-1,3     -}-6,3     4-15     4-12,5     4-10    4-5 

Die  Reihenfolge  der  überhaupt  stärkst  magne- 
tischen bisher  bekannten  Elemente  ist  für  ab- 
nehmenden Molekularmagnetismus  analoger  Ver- 
bindungen: 

Ho,  Er,  Gd,  Mn,  Fe,  Sa,  Co,   Cr,   Yö,  Nd,  Ni,  Pr,   K 

Holmium,  für  das  bisher  überhaupt  noch  keine 
Anjaben  vorlagen,  steht  also  an  erster  Stelle, 
und  da  das  vorliegende  Präparat  nur  mit 
schwächer  magnetischen  Substanzen  verunreinigt 
sein  kann,  ist  der  angegebene  Wert  noch  als 
untere  Grenze  aufzufassen. 

In  welcher  Weise  die  gewonnenen  Zahlen 
zu  analytischen  Zwecken  verwendet  werden 
können,  zeigt  das  folgende  Beispiel.  Es  lag  ein 
Gemisch  von  Erbium-  und  Yttriumoxyd  vor, 
das  keine  merklichen  Beimengungen  anderer 
seltener  Erden  enthielt,  und  es  fragte  sich,  wie- 
viel Prozente  Erbiumoxyd  in  dem  Präparate 
enthalten  seien.  Die  Messung  ergab: 

0,913      870     4-1,65     4-40,2 

[g  =  zur  Verwendung  gelangtes  Substanzge- 
wicht in  Grammen,  a  =  Anzahl  von  Grammen 
in  ICXX)  cm^  p  an  der  Wage  abgelesener  Zug 
in  Grammen,  x  =  Suszeptibilität).  Nun  darf  man 
neben  der  Suszeptibilität  des  Erbiumoxydes,  die- 
jenige von  YiO-^  gleich  Null  setzen,  hat  also  so 
zu  rechnen,  als  ob  die  geringere  Menge  des 
Er^Os  in  minder  dichter  Weise  den  ganzen 
Raum  des  Gemisches  erfüllte.  Setzt  man  die 
molekulare  Suszeptibilität  für  Er^O^u  ^10^  = 
2  X  38,2,  so  ergiebt  dies  23  Proz.  Erbiumoxyd  im 
Gemisch.  Diese  Angabe  ist  weitaus  rascher 
erhältlich  und  erheblich  genauer,  als  sie  nach 
irgend  welcher  anderen  Methode  bisher  gegeben 
werden  kann,  denn  selbst  bei  einer  Unverläss- 
lichkeit  der  Magnetisierungszahl  zwischen  38  und 
40  würde  bloss  eine  Unsicherheit  der  Gehalts- 
angabe um  ein  Prozent  resultieren. 

In  der  Magnetisierungszahl  besitzen  wir  dem- 
nach eine  für  jede  Substanz  gerade  in  der  Gruppe 
der  seltenen  Erden,  deren  chemisches  Verhalten 
einander  so  ähnlich  ist,  wesentlich  verschiedene 
charakteristische  Eigenschaft.  Vielleicht  ist  die- 
selbe berufen,  mehr  als  dies  bisher  geschehen 
ist,   zu  analytischen  Zwecken  herangezogen  zu 

werden.  (EiDgcgangcn  21.  November  1901.) 


Das  Gesetz  des  Kathodenfalls.*) 

Von  J.  Stark.  l 

I.  Darstellung  des  Gesetzes.  —  Die 
Spannungsdifferenz  zwischen  der  Kathode  und 
einem  Punkte  des  negativen  Glimmlichtes  heisst 
Kathodenfall  (Kathodengefälle)  und  zwar 
normal,  wenn  nicht  die  ganze  Kathode  mit 
Glimmlicht  bedeckt  ist,  abnormal,  wenn  die 
ganze  Kathode  bedeckt  ist.  Das  negative 
Glimmlicht  bedeckt  bei  kleiner  Stromstärke 
nur  einen  Teil  der  Kathode;  seine  Grundfläche 
wächst  mit  zunehmender  Stromstärke  und  um- 
fasst  schliesslich  die  ganze  Kathodenoberfläche. 

Man  weiss  bis  jetzt,  dass  der  normale 
Kathodenfall  unabhängig  von  Stromstärke  und 
Gasdruck  ist;  für  den  abnormalen  bei  kon- 
stantem Druck  gab  man  gewöhnlich  das  Gesetz 
K  =  a  -\-  b  '  i  dsi,  -wo  K  den  Kathodenfall,  i  die 
Stromstärke,  a  und  b  Konstanten  bezeichnen. 
Dieses  Gesetz  ist  indes  falsch. 

Ausgehend  von  theoretischen  Überlegungen 
und  übergehend  zu  messenden  Versuchen  habe 
ich  für  den  Kathodenfall  des  Glimmstromes 
folgendes  Gesetz  gefunden: 

Kn  ist  hier  eine  Konstante  und  zwar  der  nor- 
male Kathodenfall,  k  ebenfalls  eine  Konstante, 
p  der  Gasdruck,  j  die  jeweilige  Stromdichte  an 
der  Kathodenoberfläche,  jn  die  Stromdichte  an 
der  Kathode  für  den  normalen  Kathodenfall. 

jn  ist  zwar  unabhängig  von  der  Stromstärke, 
aber  abhängig  vom  Gasdruck.  Nach  den  bis 
jetzt  vorliegenden,  allerdings  nicht  sehr  zuver- 
lässigen Messungen  gilt,  mindestens  in  erster 
Annäherung,  y«  =  x  •  /,  wo  x  eine  Konstante 
ist.  Führt  man  dieses  Gesetz  unter  Vorbehalt 
seiner  Korrektion  in  das  Kathodenfallgesetz  ein, 
so  nimmt  dieses  folgende  Form  an: 

K=Kn  +  ^  (J-x^p)X 

Es  bezeichne  /  die  Grundfläche  des  nega- 
tiven  Glimmlichtes,  fk  die  Kathodenoberfläche. 

i 
Es  ist  dann  j  =    .     Durch    Einfuhrung    dieser 

Beziehung  in  das  Kathodenfallgesetz  erhält  man 
für  dieses  als  dritte  Form: 

Bei  nicht  ganz  mit  Glimmlicht  bedeckter 
Kathode  ist  /</*  und  j  — jn  =7  —  x  -  p  = 

i  —  X  •  />  •/=  o  oder  /*=    -    .     Die    Grund- 

X  '  p 

fläche  des  negativen  Glimmlichtes  ist  demnach, 

I)  Ausführliche  Abhandlung^in  den'AnDalen  der  Physik. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


89 


gleichmässige  Beschaffenheit  der  Kathodenober- 
fläche und  ungehinderte  Entwickelung  des 
negativen  Glimmlichtes  vorausgesetzt,  direkt 
proportional  der  Stromstärke  und  umgekehrt 
proportional  dem  Gasdruck. 

Das  im  vorstehenden  in  drei  Formen  ge- 
gebene Kathodenfallgesetz  habe  ich  für  trockene 
Luft  bei  Verwendung  von  Aluminium-  und 
Platinkathoden  in  einer  grossen  Anzahl  von 
Messungsreihen  bestätigt  gefunden.  Aufgabe 
weiterer  Messungen  wird  es  sein,  für  möglichst 
reine  Gase  und  für  verschiedene  Metalle  die 
Konstanten  Kn^  k  und  x  zu  ermitteln  und  die 
Funktion y»  =  (p (/>)  bez.  f=^x^hp)  festzustellen. 
Ich  betrachte  meine  Untersuchung  darum  nicht 
für  abgeschlossen.  Weitere  Versuche  mit  einer 
Pumpe  ohne  Fettschliffe  haben  vor  allem  auch 
genauere  Messungen  des  Gasdruckes  zu  geben. 
Wegen  der  störenden  Fettdämpfe  in  den 
bisherigen  Versuchen  kann  ich  die  Druck- 
messungen nicht  als  genau  betrachten,  und 
möchte  darum  vorläufig  das  Kathodenfallgesetz 
so  formulieren: 

m  und  ;/  sind  Zahlen,  die  nach  den  vorliegenden 
Messungen  von  i  sehr  wenig  verschieden  sind. 
2.  Versuchsanordnung.  Um  eine  gleich- 
massige  Ausbreitung  des  negativen  Glimm- 
lichtes zu  erzielen,  wurden  drahtformige  Kathoden 
(Aluminiumkathode  12,5  mm  lang,  1,8  mm  dick, 
Platinkathode  11,88  mm  lang,  0,7  mm  dick) 
verwendet.  Als  Stromgefäss  diente  eine  Glas- 
kugel von  6,1  cm  Radius.  Kathode  und  Anode 
standen  sich  in  einem  Durchmesser  gegenüber, 
die  Kathode  symmetrisch  im  Kugelmittelpunkt, 
die  Anode  an  der  Oberfläche  i  cm  tief  in  die 
Kugel  hineinragend.  Senkrecht  zur  Längs- 
richtung der  Kathode  waren  zwei  in  Glas- 
röhrchen steckende  Sonden  eingeführt;  die  eine 
für  kleine  Dunkelräume  trat  bis  auf  1,5  cm  an 
die  Kathode  heran,  die  andere  für  grosse  Dunkel- 
räume bis  auf  3,5  cm. 

Der  Stromkreis  war  folgender:  Hochspan- 
nungsbatterie von  Akkumulatoren,  Jodkadmium- 
Amylalkoholwiderstände,  Unterbrecher,  Stromge- 
läss,  Mikroamperemeter,  Telephon,  Batterie.  Die 
Widerstände  waren  eine  weite  und  vier  enge 
Röhren;  diese  vier  konnten  beliebig  parallel 
und  hintereinander  geschaltet  werden.  Kleine 
Kathodenfälle  (bis  350  Volt)  wurden  mit  einem 
Kelvinschen  multicellularen  Elektrometer  ge- 
messen, grosse  mit  einem  Braun  sehen  Elek- 
trometer. 

ZurEvakuation  diente  eine  Töpler-Hagen- 
Pumpe.  Die  Messung  d^s  Druckes  erfolgte  in 
der  bekannten  Weise  durch  Kompression  des 
verdünnten  Gases  in  das  Vorvakuum  oder  in 
das  Steigrohr;  die  Ablesungen  wurden  mit  dem 
Kathetometer  gemacht. 


3.  Kathodenfall  und  Stromstärke.  Bei 
unvollständiger  Bedeckung  der  Kathode  mit 
Glimmlicht  wird  der  Kathodenfall  K  gleich  Ku, 
da  ja  dann  y — jn^=^j  —  X'p  =  i — x*p'f=o 
ist.  Die  Kurve  [K,  i)  ist  also  für/<;/*  oder 
im  i  <ix  '  p  '  fk  bei  verschiedenen  Drucken  die- 
selbe zur  /-Achse  parallele  Gerade.  Das  ge- 
gebene Kathodenfallgesetz  umfasst  eben  den 
normalen    wie    den    abnormalen    Kathodenfall. 

Hier  sei  folgende  Bemerkung  eingeschaltet. 
Durch  Ermittelung  desjenigen  /-Wertes,  für  den 
gerade  f=/k  geworden  ist  oder  K  grösser  als 
Kh  zu  werden  beginnt,  lässt  sichy«  =^  x  -  p  =  i\fk 
scharf  bestimmen. 

Für  i^  X  ' p  '  fk  setzt  sich  die  Kurve  (Ä',  /) 
bei  einem  bestimmten  Druck  nicht  als  Gerade 
fort,  sie  geht  vielmehr  über  in  den  Ast  einer 
Parabel.  Durch  Umformung  des  Kathodenfall- 
gesetzes  erhält  man  nämlich 

[K-  /^«)^= ^^  (y-  X  ■/)  =  ^ir/i  -^-p  •/), 

oder  da  nunmehr  f=/k  ist, 

(AT  -  K.)''  =  72^/,  {i-^-f  •/*). 
Das  ist  aber  die   Gleichung   einer   Parabel. 
Deren  Parameter  ist  -    .,  -^,  ihr  Scheitel  hat  die 

Abscisse  i^  =  x  -  f>  ^  fk,  die  Ordinate  Kq  =  K„, 
Zeichnet  man  in  das  Achsensystem  [KJ) 
die  zu  verschiedenen  Drucken  gehörigen  (A>')- 
Kurven  (Linien  gleichen  Druckes),  so  erhält  man 
eine  Schar  von  Kurven  von  folgenden  gegen- 
seitigen Beziehungen. 

Sämtliche  (A",z)-Kurven  bestehen  aus  einem 
zur  /-Achse  parallelen  geradlinigen  Teil  und  dem 
Ast  einer  Parabel.  Die  Richtung  der  Haupt- 
achse sämtlicher  Parabeln  fällt  zusammen  und 
zwar  in  den  geradlinigen  Teil  der  (Ä',/)-Kurven. 
Die  Abscisse  [ia^^x-p-fk)  des  Scheitels  einer 
jeden  Parabel  ist  eben  jener  geradlinige  Teil. 
Mit  abnehmendem  Drucke  rückt  der  Scheitel 
des  Parabelastes,  proportional  mit  /,  gegen  die 
A'-Achse.  Gleichzeitig  wächst  umgekehrt  mit 
dem  Quadrat  des  Druckes,  also  sehr  rasch,  der 

Parameter  X=       .,  ^ .  Dieser  ist  ausserdem,  wie 

2p'A 
ersichtlich,  umgekehrt  proportional  der  Kathoden- 
oberfläche. Je  kleiner  diese  ist,  desto  schneller 
steigt  bei  demselben  Drucke  der  zugehörige 
Parabelast  an.  Alle  diese  Verhältnisse  sind 
mit  einem  Blick  in  den  nachstehenden  Figuren 
I   und  2  zu  übersehen. 

Die  Punkte  der  nachstehenden  Kurven  wurden 
durch  einmalige  Messung  gefunden,  an  ihnen 
ist  nichts  korrigiert.  Es  wurden  für  einen  jeden 
Druck  nacheinander  die  Jodkadmiumwider- 
stände, die  einzeln  unverändert  gelassen  wurden, 
in   siebenfach  verschiedener  Weise    zusammen- 


90 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


AhuninUimhafftode' 
I'Uuhe.  fh'Jf,8  rnnv": 


o.oao 


0.106 


J),073 


noo 


ItfOO 


O  200  ttOO  600  800  KHJO 

StramstäJ^ct- 1  in/ Mißeroampere.. 

Fig.  I. 


geschaltet  (weite  Röhre  allein,  die  vier  engen 
Röhren  parallel,  2  enge  Röhren  parallel,  i,  2, 
3,  4  enge  Röhren  hintereinander).  Für  jede  der 
entsprechenden  sieben  verschiedenen  Strom- 
stärken wurde  der  Kathodenfall  bestimmt.  Dieses 
Verfahren  lieferte  eine  Kontrolle  für  die  Ge- 
nauigkeit der  Messungen. 

Bezeichnet  nämlich  E  die  elektromotorische 
Kraft  der  Batterie,  r  den  ausserhalb  des  Strom- 
gefässes  liegenden  Ohm  sehen  Widerstand  (Vor- 
schaltwiderstand,  Widerstand  der  Leitung  und 
der  Batterie),  V  die  Spannungsdifferenz  der 
Elektroden,  so  gilt  nach  dem  Ohm  sehen  Gesetz: 

i.r=E—  i: 
V  kann  eine  beliebige  Funktion  von  /  und  / 
sein;  wenn  r  und  E  konstant  sind,  so  ist  die 
(F,/)- Kurve  nach  der  vorstehenden  Gleichung 
eine  Gerade,  die  durch  den  Punkt  E  auf  der 
F-Achse  geht  und  mit  dieser  den  Winkel  (p  =  aic 
cotang  r  einschliesst.  Lässt  man  E  konstant 
und  ändert  r,  so  erhält  man  ein  Büschel  von 
Geraden  durch  den  Punkt  \\^^  =  E  auf  der 
[^-Achse.  Auf  diese  Beziehung  ist  bereits  von 
E.  Riecke')  aufmerksam  gemacht  worden. 

Nun  gilt  im  allgemeinen  nicht  V^=  K,  es 
ist  vielmehr  immer  V>  K,  Aber  bei  der  ge- 
wählten   Versuchsanordnung    ist    entsprechend 

i)  K.  Riecke,  Ann.  d.  Phys.  4,  597,   190 1. 


Q,0&3 

arw 


1600 


riatinkaihode 


iwo\\\   \ 


JZOO         1¥iO 


0  ZOO  wo  600  800.         1000 

Stromstdrhe^  t  üu  M^^f'oainpitrty. 

Fig.  2. 


dem  kleinen  Abstände  zwischen  Anode  und 
Kathode  der  zwischen  Anode  und  negativem 
Glimmlicht  liegende  Teil  der  Spannung,  be- 
sonders bei  niedrigen  Drucken,  sehr  klein  im 
Verhältnis  zu  A',  in  der  Hauptsache  gleich  dem 
Anodenfall  von  ungeföhr  30  Volt.  Darum  darf 
man  in  dem  vorliegenden  Falle  F=Ä'setzen.  Man 
erhält  demgemäss  für  die  sieben  verschiedenen 
Werte  von  r  nach  der  Gleichung  i  ^  r  -=  E  —  K 
sieben  Gerade  {l\i)  durch  den  Punkt  E  auf 
der  A'-Achse.  E  war  in  der  That  immer  gleich 
der  Spannung  der  offenen  einpolig  geerdeten 
Batterie. 

Erklärt  sei  noch,  wie  man  dazu  kam,  für 
den  Kathodenfall  das  falsche  Gesetz  K^=  a-\-  bi 
zu  konstatieren.  Man  dehnte  offenbar  die 
Messungen  über  einen  zu  kleinen  Bereich  der 
Stromstärke,  vor  allem  nicht  auf  sehr  kleine 
Stromstärken,  aus,  erhielt  darum  einen  wenig 
gekrümmten  Teil  eines  Parabelastes  und  kor- 
rigierte diesen  dann  zu  einer  Geraden. 

4.  Kathodenfall  und  Druck.  Wähltman 
bei  verschiedenen  Gasdrucken  /so,  dassi — jnfk 
---  const,  bleibt,  so  erhält  man  nach  dem 
Kathodenfallgesetz  gemäss  der  Gleichung 
( A'  —  Kh)  '  P  =  k' c  =  const.  als  ( A^,/)-Kurve 
eine  gleichseitige  Hyperbel.  Deren  Mittelpunkt 
liegt  in  Ao  =  Kh  auf  der  A'-Achse. 

Sind  für  die  verschiedenen  Drucke  die  Werte 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahj^ang.     No.  5. 


91 


von  /■  bekannt,  so  lassen  sich  in  den  oben  ge- 
gebenen (Ä',i)-Kurven  diejenigen  Werte  von  ( 
ermitteln,  für  welche  t  — _;-  •  fk^  const.  ist.  Da 
sich  indes  die  /■  ■  fk  aus  jenen  Kurven  nicht 
mit  Sicherheit  entnehmen  lassen,  so  sei  darauf 
verzichtet,  das  Kathodenfallgesetz  bezüglich  des 
Druckes  dadurch  zu  prüfen,  dass  nach  gleich-  1 
seitigen  Hyperbeln  auf  der  (A",/,/)- Fläche  ge-  ' 
sucht  wird. 

Es    seien    die    Kurven    betrachtet,    welche  , 
Ebenen  senkrecht  zur  i-Achse  auf  jener  Fläche 
ausschneiden.     Diese    Kurven    (Linien   gleicher  | 
Stromstärke)  besitzen  nach    dem    Kathodenfall- 
gesetz die  Gleichung 


-K.) 


k  ,. 


->■/)''' 


.fM- 


■■■p-fP 


fh^'     J--J  r — yi 

Diese  Gleichung  stellt  keine  Hyperbel  dar.  Für 
kleine  Werte  von  xpf  und  grosse  Werte  von 
i  kann  indes  x  ■  f  ■  /  neben  /'  vernachlässigt 
werden,  so  dass  dann  als  (Ar,/)-Kurve  ein  Stück 
einer  gleichseitigen  Hyperbel  sich  ergiebt. 
Dieser  Fall  tritt  ein  bei  niedrigen  Drucken  und 
kleiner  Katbodenoberfläche.    Die  nachstehenden 


JlianüUumJtaiAodt' 


Kurven  (Fig.  3  und  4),  die  aus  den  (Ä'.O -Kurven 
erhalten  wurden,  lassen  in  der  Tbat  dies  er- 
kennen. 

Die  Fortsetzung  jenes  hyperbolischen  Stückes 
in  den  Bereich  grösserer  Drucke  deckt  sich  in- 
des nicht  mehr  mit  dem  Zuge  der  wirklichen 
(Ä'^)-Kurve;  vielmehr  sind  ihre  Ordinaten  grösser 
als  die  wirklichen  Ä'-Werte.  Die  (A',/)-Kurve,  oder 
gleich  allgemein  die  verschiedenen  {A',/)-Kurven 
für  verschiedene  /'-Werte  laufen  in  dieselbe  Ge- 
rade aus,  nämlich  parallel  zur  /-Achse  im  Ab- 
stand K=K.. 

5.  Schlussbemerkung.  An  anderer  Stelle') 
habe  ich  bereits  darauf  hingewiesen,  dass  das 
Ohmsche  Dilferentialgesetz  und  darum  auch 
das  Ohmsche  Integralgesetz  für  verdünnte 
durchströmte  Gase,  vor  allem  an  der  Kathode, 
nicht  mehr  gilt.  Bezeichnet  V  die  Spannungs- 
dißerenz,  r  den  Widerstand,  Ej  eine  innere 
elektromotorische  Kraft  zwischen  zwei  Quer- 
schnitten eines  gewöhnlichen  Leiters,  so  gilt 
nach  dem  Ohmschen  Integralgesetz: 

Nach  dem  Kathodenfallgesetz  für  Gase  gilt 


Es  sei  darauf  hingewiesen,  dass  mit  dem 
Kathodenfallgesetz  zum  ersten  Male  ein  Gesetz 
fiir  einen  Teil  des  Glimmstromes  gewonnen  ist, 
das  analog  dem  Ohmschen  umfassend  ist,  in- 
dem es  für  einen  grossen  Bereich  der  Strom- 
stärke und  des  Druckes  gilt.  Ja  es  dürfte  die 
Basis  für  ein  allgemeines  Integralgesetz  des 
Glimmstromes  werden. 

Jetzt  schon  stellt  das  Kathodenfallgesetz  mit 
Annäherung  das  Gesetz  fiir  einen  Glimmstrom 
dar,  dessen  positiver  Teil  so  verkürzt  ist,  wie 
bei  der  hier  gewählten  Versuchsanordnung. 

Die  Spannungsdifferenz  zwischen  den  Elek- 
troden des  Stromgefässes  sei  V,  die  zwischen 
dem  negativen  Glimmlicht  und  der  Anode 
liegende  Spannung  sei/*.  Es  gilt  dann  als  all- 
gemeines  Integr algesetz   für  einen  Glimmstrom 

->.■/)'■  +  /'. 

Behufs  Gewinnung  dieses  Gesetzes  wird  es 
eine  weitere  Aufgabe  sein,  das  Integralgesetz 
des  positiven  Teiles  eines  Glimmstromes  zu  er- 
mitteln, Pals  Funktion  von  Stromstärke,  Druck, 
Querschnitt  und  Länge  des  Stromgefksscs  dar- 
zustellen. 

1)  Ann.  d,  Phys.  6,  793,    1901. 
Göttingen,   19.  Oktober   1901. 

( KinBeganßcn   'S-  NoTcmber   1901.) 


92 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  n.  NATUR 
FORSCHERVERSAMMLUNG  ZU  HAMBURG. 


Paul  Stäckcl  (Kiel),   Bericht  über   die  Ent 
Wicklung    des   Unterrichtsbetriebes    in    der 
angewandten  Mathematik  an  den  deutschen 
Universitäten. ') 
Auf  der  Jahresversammlung  der  Deutschen 
Mathematiker -Vereinigung   in    München    (1899) 
war   in   Aussicht   genommen   worden,    dass    in 
etwa  zwei  Jahren  ein  Bericht  über  die  inzwischen 
getroffenen  Einrichtungen    für  den  Unterrichts- 
betrieb in  der  angewandten  Mathematik  an  den 
einzelnen  Universitäten  erstattet  werden  sollte. 
Der  Aufforderung  des  Vorstandes,  den  Bericht 
zu  übernehmen,    bin   ich   gern    nachgekommen 
und  habe  durch  Anfragen  bei  den  Fachgenossen 
das  erforderliche  Material  gesammelt;  allen  den 
Herren,    die   mir   so    bereitwillig  Auskunft  ge- 
geben haben,  möchte  ich  auch  an  dieser  Stelle 
meinen  besten  Dank  aussprechen. 

Als  ich  daran  ging,  den  so  gewonnenen 
Stoff  zu  verarbeiten,  erkannte  ich  bald,  dass, 
wenn  mehr  als  Zusammenstellungen  statistischer 
Daten  gegeben,  wenn  vielmehr  die  Verände- 
rungen, die  während  der  letzten  Jahre  einge- 
treten sind,  mit  tieferem  Verständnis  betrachtet 
und  dargestellt  werden  sollten,  weitere,  rück- 
wärtsgreifende geschichtliche  Studien  notwendig 
seien.*-')  Da  ich  glaube,  dass  gegenwärtig,  wo 
die  Fragen  des  Unterrichts  wieder  Interesse 
und  Bedeutung  erlangt  haben,  eine  Orientierung 
manchem  willkommen  sein  wird,  erlaube  ich 
mir,  dem  eigentlichen  Bericht  eine  historische 
Einleitung  vorauszuschicken;  ich  werde  mich 
dabei  auf  Deutschland  beschränken,  möchte 
aber  darauf  hinweisen,  dass  auch  in  anderen 
Ländern,  besonders  in  Frankreich,  ähnliche  Ent- 
wicklungen stattgefunden  haben. 

Wenn  man  die  Vorlesungsverzeichnisse  der 
deutschen  Universitäten  aus  dem  Beginn  des 
19.  Jahrhunderts  durchsieht,  so  zeigt  sich,  dass 
das  Niveau  der  mathematischen  Vorlesungen 
recht  niedrig  stand.  Es  wird  regelmässig  „Reine 
Mathematik",  d.  h.  ein  Kursus  der  elementaren 
Mathematik  gelesen,  der  durch  besondere  Vor- 
lesungen über  Stereometrie  und  ebene  und 
sphärische  Trigonometrie  ergänzt  wird.  Der 
höhere  Kursus  besteht  lediglich  aus  einer  häufig 
nur  einsemestrigen  Vorlesung  über  Differential- 
und  Integralrechnung.  Daneben  findet  man  aber 
ebenso  regelmässig  Vorlesungen  über  „Ange- 
wandte Mathematik"  angekündigt.  Darunter  ist 
ein  für  moderne  Begriffe  ziemlich  ausgedehnter 

1)  Abteilung  1,  25.  Septr.  1901. 

2)  Dabei  ist  mir  Faulsens  Geschichte  des  ge- 
lehrten Unterrichts  (2.  Auflage,  Leipzig  1897)  von  Nutzen 
gewesen,  dessen  Ausfühningen  freilich  gerade  nach  der  mathe- 
matisch-naturwissenschafllichcn  Seite  einer  Ergänzung  bedürfen. 


Komplex  von  Disziplinen  zu  verstehen,  unter 
denen  die  Mechanik  am  wichtigsten  ist,  genauer: 
Elemente  der  Mechanik,  vom  Standpunkte  prak- 
tischer Anwendungen  aufgefasst;  einen  deutlichen 
Begriff  von  dem  Inhalte  solcher  Vorlesungen 
giebt  die  1858  erschienene  Einleitung  in  die 
Mechanik  von  Lübsen.  In  Göttingen  scheinen 
sich  Vorlesungen  über  angewandte  Mathematik 
am  längsten  erhalten  zu  haben,  denn  noch  für 
das  Wintersemester  1 856^57  wurden  sie  von 
Ulrich  angezeigt.  Zur  angewandten  Mathe- 
matik gehörten  ebenfalls  die  ständigen  Vor- 
lesungen über  praktische  Geometrie  oder  Feld- 
messung. Auch  beschreibende  Geometrie  wurde 
gelegentlich  gelesen,  besonders  in  Berlin;  so  im 
Sommersemester  18 12  von  dem  Akademiker 
Gruson,  in  den  folgenden  Jahren  wiederholt 
von  dem  Privatdozenten  Lubbe. 

Geht  man  in  den  Vorlesungsverzeichnissen 
weiter,  so  stellt  sich  heraus,  dass  die  elemen- 
tare  und  mit  ihr  die  angewandte  Mathematik 
allmählich  verschwinden  und  an  ihre  Stelle 
Disziplinen  der  höheren  und  höchsten  Mathe- 
matik treten.  Diese  Umwandlung  hat  sich  etwa 
in  den  Jahren  1830  bis  1860  erst  langsam, 
dann  mit  steigender  Geschwindigkeit  vollzogen, 
wobei  die  Universitäten  Königsberg  und  Berlin 
den  Anfang  machten.  Nach  einer  weit  ver- 
breiteten Auffassung  soll  der  Umschwung  da- 
durch hervorgerufen  worden  sein,  dass  Jacob i 
und  Dirichlet  nicht  nur,  den  Fortschritten  der 
Mathematik  entsprechend,  den  Kreis  der  Vor- 
lesungen erheblich  erweiterten,  sondern  es  auch 
wagten,  über  Gegenstände  ihrer  eigenen  For- 
schungen vorzutragen,  und  dass  sie  es  ver- 
standen, die  akademische  Jugend  dafür  zu  be- 
geistern. Nichts  liegt  mir  ferner,  als  die  Ver- 
dienste dieser  grossen  Männer  herabsetzen  zu 
wollen,  allein  mir  scheint,  dass  ein  wesentliches 
Moment  in  der  Schilderung  des  thatsächlichen 
Verlaufes  der  Entwicklung  übersehen  wird, 
wenn  man  jenen  Umschwung  nicht  vom  Stand- 
punkte der  Gesamtgeschichte  des  gelehrten  Unter- 
richts betrachtet. 

Durch  das  Edikt  vom  12.  Juli  18 10  war  in 
Preussen  das  Examen  pro  facultate  docendi 
eingeführt  und  damit  die  Schaffung  eines  selb- 
ständigen Standes  der  Gymnasiallehrer  begonnen 
worden.  Die  erste  Prüfungsordnung  besagte 
einfach,  dass  jeder  Kandidat  in  den  philolo- 
gischen, historischen  und  mathematischen 
Fächern  geprüft  und  ihm  über  seine  Kenntnisse 
ein  Zeugnis  ausgestellt  werden  sollte.  Demnach 
mussten  damals  alle  künftigen  Lehrer  wenig- 
stens die  Elemente  mathematischer  Bildung  sich 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


93 


zu  eigen  machen,  und  dieser  Forderung  ent- 
sprachen die  vorher  geschilderten  Einrichtungen 
des  Unterrichtsbetriebes  an   den  Universitäten. 

Eine  Scheidung  verschiedener  Fächer  findet 
sich  erst  in  der  zweiten  Prüfungsordnung  vom 
20.  April  1831,  die  bestimmt,  dass  die  Prüfung 
sich  auf  folgende  Gegenstände  erstrecken  solle: 
Erstens  alte  Sprachen  und  Deutsch  mit  Ein- 
schluss  von  Hebräisch,  zweitens  Mathematik  und 
Naturwissenschaften,  drittens  Geschichte  und 
Geographie.  Kein  Kandidat  dürfe  die  Prüfung 
in  einem  der  drei  Fächer  ablehnen,  allein  es 
werde  nicht  erwartet,  dass  er  in  jedem  das 
gleiche  leiste,  und  es  genüge  ein  Hauptfach. 
Wer  jedoch  an  einer  Realschule  Mathematik 
und  Naturwissenschaften  zu  lehren  vorhabe,  der 
dürfe  die  Prüfung  im  Griechischen  und  Hebrä- 
ischen gänzlich  ablehnen.  Diese  Bestimmungen 
bedeuteten,  dass  von  jetzt  an  unter  den  Gym- 
nasiallehrern eine  Scheidung  in  fachmässig  ge- 
bildete Philologen,  Mathematiker  und  Historiker 
•eintrat. 

Die  Rückwirkung  auf  die  Universitäten  blieb 
nicht  aus.  Während  vorher  ein  der  philosophi- 
schen Fakultät  angehörender  Student  Vor- 
lesungen über  alle  darin  vertretenen  Disziplinen 
mit  Nutzen  hören  konnte,  wurden  diese  jetzt 
auf  die  künftigen  Fachmänner  berechnet,  und 
das  hat  zur  Folge,  dass  die  Studenten  ihre 
Thätigkeit  mehr  und  mehr  auf  die  Vorlesungen 
ihres  Faches  konzentrieren. 

Die  so  eingetretene  Spezialisierung  der 
Studien  ist  durch  die  dritte  Prüfungsordnung 
vom  Jahre  1 866  legalisiert  worden.  In  ihr  wird 
die  für  jeden  Kandidaten  des  höheren  Schul- 
amts erforderliche  „allgemeine'*  Bildung  auf 
Religion,  Geschichte,  Philosophie  und  Pädagogik 
beschrankt  und  davon  die  Fachbildung  ge- 
schieden, bei  der  mannigfache  Verbindungen 
von  Einzelfachern  zulässig  sind;  auch  bei  den 
folgenden  Prüfiingsordnungen  aus  den  Jahren 
1887  und  1898  ist  dieser  Grundsatz  beibehalten 
worden. 

Die  im  vorhergehenden  angeführten  That- 
sachen  scheinen  mir  zu  beweisen,  dass  die 
Prüfungsordnung  vom  Jahre  1831  an  den  philo- 
sophischen Fakultäten  für  spezifisch  mathe- 
matische Vorlesungen  Raum  geschaffen  hat, 
und  dass  sie,  indem  Männer  wie  Jacobi, 
Dirichlet  und  deren  Nachfolger  Gelegenheit 
zu  einer  fruchtbaren  Lehrthätigkeit  fanden,  für 
die  Weiterentwicklung  der  Mathematik  selbst 
höchst  segensreich  gewirkt  hat.  Dabei  verkenne 
ich  keineswegs,  dass  die  Prüfungsordnung  allein 
dafür  nicht  verantwortlich  gemacht  werden  darf, 
dass  vielmehr  der  treibende  Grund,  warum  eine 
Scheidung  von  Fächern  stattgefunden  hat,  das 
rasche  Wachstum  und  die  immer  stärkere 
Differentiierung  der  verschiedenen  Zweige  der 
mathematisch-naturwissenschaftlichen  und  histo- 


rischen Disziplinen  gewesen  ist.  Das  Haupt- 
gewicht möchte  ich  darauf  legen,  festzustellen, 
dass  die  Aufgabe,  die  den  philosophischen  Fa- 
kultäten seit  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  über- 
tragen worden  war:  den  Lehrern  an  den 
höheren  Schulen  die  wissenschaftliche 
Vorbildung  zu  geben  —  denn  bis  dahin 
waren  die  philosophischen  Fakultäten  nur  die 
allgemein -wissenschaftliche  Vorschule  für  die 
drei  „oberen''  Fakultäten  gewesen  und  die 
Lehrer  waren  aus  den  theologischen  Fakultäten 
hervorgegangen  — ,  dass  diese  neue  Aufgabe 
der  Erfiillung  der  alten:  die  wissenschaft- 
liche Forschung  fortzupflanzen,  nicht  nur 
nicht  hinderlich  gewesen  ist,  sondern  sie  in 
hohem  Grade  gefordert  hat. 

Während  in  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahr- 
hunderts und  noch  etwas  darüber  hinaus  die 
Entwicklung  der  philosophischen  Fakultäten 
sich  in  beständiger  Wechselwirkung  mit  der- 
jenigen der  höheren  Schulen  vollzogen  hat, 
bietet  der  Schlussabschnitt  des  Jahrhunderts 
ein  ganz  anderes  Bild.  Auf  den  ersten  Blick 
fällt  freilich  eine  Analogie  ins  Auge:  der  fort- 
schreitenden Spezialisierung  der  Fächer  an  den 
Universitäten  entspricht  eine  fortschreitende 
Spezialisierung  der  höheren  Schulen.  Neben  die 
Gymnasien  treten  die  Realgymnasien  und  Ober- 
realschulen und  gewinnen  allmählich  immer 
grössere  Bedeutung.  Ausserdem  aber  werden 
Schulen  für  besondere  Bedürfnisse  der  Praxis 
gegründet,  höhere  Fachschulen;  ich  nenne  etwa 
Baugewerkschulen,  Maschinenbauschulen,  See- 
fahrtschulen. Auch  diese  neuen  Triebe  am 
Organismus  des  Unterrichtswesens  haben  sich 
bereits  als  lebens-  und  entwicklungsfähig  er« 
wiesen.  Trotz  dieser  äusseren  Ähnlichkeit  ist 
jedoch  ein  innerer  Gegensatz  vorhanden,  der 
besonders  scharf  bei  der  Mathematik  zum  Aus- 
druck kommt.  Während  die  neuen  Schulen 
der  Praxis  dienen  wollen,  werden  an  den  Uni- 
versitäten gerade  die  abstraktesten  Gebiete  der 
Mathematik  bevorzugt,  und  es  kommt  zu  einer 
häufig  unbewussten,  gelegentlich  aber  auch  mit 
aller  Entschiedenheit  gewollten  Abkehrung  von 
den  Anwendungen. 

Die  Folge  dieses  Verhaltens  der  Universi- 
täten ist  gewesen,  dass  für  die  Vorbildung  der 
Lehrer  an  den  höheren  Schulen  nicht  mehr  in 
ausreichender  Weise  gesorgt  wurde.  Das  zeigt 
sich  vor  allem  bei  der  darstellenden  Geometrie, 
denn  in  die  Lehrpläne  der  Realgymnasien 
und  Oberrealschulen  war  als  Unterrichtsgegen- 
stand für  die  obere  Stufe  Stereometrie  nebst 
den  Grundlagen  der  darstellenden  Geometrie 
aufgenommen  worden,  und  in  den  zugehörigen 
methodischen  Bemerkungen  wurde  gefordert, 
dass  der  stereometrische  Unterricht  das  Ver- 
ständnis projektivischen  Zeichnens  vorbereiten 
und    unterstützen    solle.     In    der  That  ist  eine 


94 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


gründliche  Ausbildung  der  Raumanschauung 
für  die  künftigen  Techniker  von  allergrösstem 
Werte;  welche  Schwierigkeiten  vielen  Huma- 
nisten, die  sich  der  Technik  widmen  wollen, 
aus  dem  Mangel  daraus  erwachsen,  hat  Herr 
Slaby  mit  beredten  Worten  in  dem  Gutachten 
geschildert,  das  er  für  die  Verhandlungen  über 
Fragen  des  höheren  Unterrichts  im  Juni  1900 
erstattet  hat.  Angesichts  einer  solchen  Sach- 
lage ist  es  auf  das  lebhafteste  zu  bedauern, 
dass  —  von  wenigen  Ausnahmen  abgesehen  — 
die  preussischen  Universitäten  der  darstellenden 
Geometrie  keinen  Platz  eingeräumt  haben.  Viele 
Lehrer  der  Mathematik  haben  die  dadurch  ver- 
ursachte Lücke  in  ihrer  Ausbildung  schmerzlich 
empfunden,  besonders  den  Mangel  an  zeich- 
nerischer Fertigkeit,  die  sich  anzueignen  in  den 
späteren  Lebensjahren  sehr  schwer,  ja  manch- 
mal unmöglich  ist. 

Welche  Konsequenzen  man  in  den  Kreisen 
der  Lehrer  aus  diesem  Verhalten  der  Univer- 
versitäten  gezogen  hat,  zeigt  eine  Äusserung 
eines  als  tüchtiger  Mathematiker  anerkannten 
Schulmanns,  die  bald  nach  dem  Erlass  der 
Prüfungsordnung  vom  12.  September  1898  auf 
einer  preussischen  Direktorenkonferenz  gefallen 
ist:  „Die  Fachlehrer  der  Mathematik  werden, 
wie  zu  hoffen  steht,  von  der  neuen  Einrichtung, 
während  eines  Teiles  ihrer  Studienzeit  die  tech- 
nischen Hochschulen  besuchen  zu  dürfen,  in 
Zukunft  ausgiebig  Gebrauch  machen.  Der  tech- 
nischen Hochschule  wird  hauptsächlich  die  Aus- 
bildung der  Mathematiker  in  der  darstellenden 
Geometrie,  im  Zeichnen,  in  der  graphischen 
Statik  und  in  der  Geodäsie  zufallen."  Von  diesem 
Standpunkte  aus  ist  es  nur  ein  Schritt  zu  der 
Forderung,  dass  die  gesamte  Ausbildung  der  Lehr- 
amtskandidaten der  Mathematik  den  technischen 
Hochschulen  übertragen  werde  solle,  wobei  man 
sich  darauf  beruft,  dass  in  Bayern,  Hessen,  Sachsen 
und  in  der  Schweiz  bereits  technische  Hoch- 
schulen als  Lehrerbildungsanstalten  mit  den  phi- 
losophischen Fakultäten  in  Konkurrenz  getreten 
sind.  Freilich  bestehen  dort  im  Anschluss  an 
die  allgemein- wissenschaftlichen  Abteilungen  für 
diesen  Zweck  besondere  Einrichtungen,  an  denen 
es  in  Preussen  bis  jetzt  gänzlich  mangelt. 

Hierin  liegt  der  Grund,  warum  die  Zu- 
lassung eines  teilweisen  Studiums  an  den  tech- 
nischen Hochschulen  in  Preussen  geringen  Er- 
folg haben  wird.  Die  Erfahrung  hat  wiederholt 
gezeigt,  dass  Studenten  der  Mathematik,  die 
sich  an  einer  der  technischen  Hochschulen 
Preussens  die  für  die  Facultas  in  der  ange- 
wandten Mathematik  erforderlichen  Kenntnisse 
und  Fertigkeiten  aneignen  wollten,  enttäuscht 
nach  der  Universität  zurückkehrten,  indem  sich 
bald  herausgestellt  hatte,  dass  sie  bei  dem 
allein  für  die  Bedürfnisse  der  Techniker  be- 
rechneten Unterrichtsbetriebe  ihren  Zweck  nur 


mit  unverhältnismässigem  Aufwände  von  Zeit 
und  Arbeit  hätten  erreichen  können.  Weit  eher 
ist  eine  andere  Wirkung  jener  Bestimmung  zu 
erwarten,  dass  nämlich  in  Zeiten  der  Überfüllung 
des  technischen  Berufs  und  ungünstiger  Kon- 
junkturen der  Industrie  mancher  Techniker  um- 
satteln und  unter  Anrechnung  der  drei  Semester 
zur  Universität  übergehen  wird. 

Dass  an  den  technischen  Hochschulen 
Preussens  für  die  Bedürfnisse  der  Lehramts- 
kandidaten gesorgt  werden  wird,  erscheint  vor- 
läufig wenig  wahrscheinlich.  Einmal  verhalten 
diese  selbst  sich  durchaus  ablehnend,  dann  aber 
ist  im  Laufe  der  letzten  Jahre  in  der  Haltung 
der  Universitäten  eine  wesentliche  Änderung 
vorgegangen.  Den  Anstoss  dazu  hat  Herr  Felix 
Klein  gegeben,  der  schon  während  seiner  Lehr- 
thätigkeit  in  Erlangen  (1872 — 1875)  und  ebenso 
nachher  in  Leipzig  (1881  — 1886)  der  Pflege 
der  angewandten  Mathematik  seine  Aufmerk- 
samkeit zugewandt  hatte,  dann  aber  im  Laufe 
der  letzten  zehn  Jahre  durch  das  Wort  und  dier 
That  mit  aller  Energie  dafür  eingetreten  ist. 
Wenn  sich  jetzt  eine  Universität  nach  der  an- 
dern dem  Vorgehen  von  Göttingen  anschliesst, 
so  betrachte  ich  das  als  ein  Zeichen,  dass  die 
deutschen  Universitäten  gewillt  sind,  um  die 
von  ihnen  beanspruchte  führende  Stellung  in 
dem  geistigen  Leben  der  Nation  zu  behaupten, 
der  Fortbildung  des  höheren  Schulwesens  auch 
ihrerseits  ihr  Recht  zu  teil  werden  zu  lassen, 
und  bin  der  festen  Überzeugung,  dass  dieser 
Entschluss  nicht  weniger  glückliche  Folgen  für 
die  mathematische  Wissenschaft  haben  wird, 
als  zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  die  Über- 
nahme der  Vorbildung  der  Gymnasiallehrer. 
Denn  wenn  auch  der  spezialistischen  Pflege  der 
Mathematik  die  grossen  Fortschritte  zu  ver- 
danken sind,  die  während  der  letzten  70  Jahre 
gemacht  wurden,  so  muss  doch  die  völlige 
Isolierung  und  Abschliessung  von  der  Aussen- 
welt  auf  die  Dauer  zu  Verödung  und  Unfi-ucht- 
barkeit  führen.  Ich  komme  damit  auf  ein  Thema, 
das  in  den  letzten  Jahren  vielfach  behandelt 
worden  ist,  besonders  von  Herrn  F.  Klein, 
von  dessen  Veröffentlichungen  ich  den  Vortrag 
erwähnen  möchte:  Allgemeines  über  ange- 
wandte Mathematik'),  der  in  dem  interessan- 
ten Sammelbande  der  Ostern  1900  bei  Gelegen- 
heit des  Ferienkursus  der  Oberlehrer  für  Ma- 
thematik und  Physik  in  Göttingen  gehaltenen 
Vorträge  abgedruckt  ist.'^) 

Es  war  mein  lebhafter  Wunsch  gewesen, 
den  vorhergehenden  Darlegungen  eine  präzisere 
Form  zu  geben,    sie    nämlich    mit   statistischen 

1)  Vgl.  diese  Zcitschr.  2,  13,  1900. 

2)  Sehr  beachtenswert  sind  auch  die  Ausführungen  von 
Herrn  Paul  Tannery  in  seiner  Besprechung  des  Werkes 
von  Loria  über  die  Geschichte  der  griechischen  Mathematik 
(Bulletin  des  Sciences  math^matiques  (2}  25,    190I,   85 — 90 ). 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  5. 


95 


Angaben  zu  versehen.  Im  besonderen  schien 
es  mir  von  Wichtigkeit,  festzustellen,  an  welchen 
Unterrichtsanstalten  Deutschlands  mathematisch 
vorgebildete  Lehrer  beschäftigt  sind  und  wie- 
viele, und  wie  gross  daher  die  Anzahl  der 
Studenten  der  Mathematik  sein  muss,  damit 
weder  Mangel  noch  Überfüllung  eintritt.  Leider 
hat  sich  herausgestellt,  dass  die  Aufstellung 
einer  solchen  Statistik,  die  schwieriger  ist,  als 
es  beim  ersten  Blick  erscheinen  mag,  wenn  sie 
auf  Zuverlässigkeit  und  Vollständigkeit  Anspruch 
machen  will,  die  Kräfte  des  einzelnen  bei 
weitem  übersteigt.  ^)  Es  wäre  sehr  zu  wünschen, 
dass  der  Verein  zur  Förderung  des  Unterrichts 
in  der  Mathematik  und  den  Naturwissenschaften 
sich  dieser  wichtigen  Angelegenheit  annehmen 
wollte.  '^) 

Bei  dem  Unterrichtsbetrieb  in  der  ange- 
wandten Mathematik  handelt  es  sich  gemäss 
der  Prüfungsordnung  vom  12.  September  1898 
um  drei  Gebiete:  Darstellende  Geometrie,  Geo- 
däsie, technische  Mechanik.  Nach  den  Er- 
fahrungen, die  bis  jetzt  gemacht  sind,  würden  die 
Vorlesungen  etwa  in  der  Weise  zu  verteilen  sein, 
dass  zunächst  in  einem  Wintersemester  eine 
grössere,  mit  Übungen  verbundene  Vorlesung 
über  darstellende  Geometrie  gehalten  wird,  der 
im  Sommersemester  eine  kleinere  ergänzende 
Vorlesung  folgt;  gleichzeitig  damit  könnte  auch 
graphische  Statik  oder  Kinematik  gelesen 
werden,  die  vielfach  in  denselben  Händen  wie 
die  darstellende  Geometrie  liegen.  Im  folgen- 
den Wintersemester  würde  die  technische  Me- 
chanik an  die  Reihe  kommen,  und  den  Schluss 
des  Turnus  im  vierten  Semester  die  niedere 
Geodäsie  bilden,  da  Feldmessungen  nur  wäh- 
rend des  Sommers  vorgenommen  werden  können. 
Dazu  kämen  weitere  Vorlesungen  über  spezielle 
Gebiete  der  technischen  Mechanik,  sowie  über 
Ausgleichungsrechnung  und  höhere  Geodäsie, 
die  an  geeigneter  Stelle  einzuschalten  wären. 
Ungefähr  in  dieser  Art  ist  der  Unterrichtsbetrieb 
in  Göttingen  und  Strassburg  geregelt. 

i)  Auf  die  Wichtigkeit  einer  solchen  Statistik  hat  bereits 
Herr  Schoen flies  in  einem  mit  grosser  Sachkenntnis  ge- 
schriebenen Artikel  aufmerksam  gemacht,  der  in  Bd.  69  der 
Preassischen  Jahrbücher  erschienen  ist.  Eine  nützliche 
Vorarbeit  ist  der  von  Kunze  begründete  und  gegenwärtig 
von  den  Herren  Toeplitz  und  Malberg  herausgegebene 
Kalender  für  das  höhere  Schulwesen  Preussens. 
Er  erstreckt  sich  jedoch  nur  auf  die  Gymnasien,  Realgym- 
nasien und  Obcrrealschulen  Preussens,  es  fehlen  also  die 
anderen  deutschen  Staaten  und  die  höheren  Fachschulen. 

2)  Dabei  müssten  alle  Lebensstellungen,  die  sich  für 
einen  Mathematiker  darbieten,  in  Betracht  gezogen  werden, 
also  nicht  nur  die  Thätigkeit  an  höheren  Schulen  (Universi- 
täten und  technische  Hochschulen  eingeschlossen),  sondern 
auch  ao  anderen  Instituten,  etwa  an  Bergakademien  und  land- 
wirtschaftlichen Hochschulen,  Kriegs-  und  Marineakademien, 
an  der  physikalisch-technischen  Reichsanstalt  und  den  Pots- 
damer geodätisch-astronomischen  Instituten;  dazu  kommt  die 
Verwendung  von  Mathematikern  für  Zwecke  der  Optik,  Elek- 
trotechnik, Ballistik,  des  Versicherungs-  und  Bankwesens  u.s.w. 


Da  für  die  Vorbildung  der  Lehrer  in  Süd- 
deutschland abweichende  Vorschriften  gelten, 
werde  ich  mich  bei  dem  folgenden  ausfuhrlichen 
Berichte  auf  die  zehn  preussischen  Universitäten 
—  Münster  eingerechnet  —  beschranken,  und 
nur  Giessen,  Jena  und  Strassburg  hinzunehmen, 
wo  die  Verhältnisse  ähnlich  liegen;  Leipzig 
kommt  leider  nicht  mehr  in  Betracht,  da  die 
Pflege  der  angewandten  Mathematik  dort  in 
Vergessenheit  geraten  ist. 

Recht  erfreulich  steht  es  mit  der  darstellen- 
den Geometrie,  denn  es  ist  Aussicht  vorhanden, 
dass  sie  von  Ostern  1902  ab  fast  an  allen  Uni- 
versitäten vertreten  sein  wird;  nur  die  Univer- 
sität Berlin  scheint  in  dieser  Beziehung  rück- 
ständig bleiben  zu  wollen.  Die  besten  Einrich- 
tungen für  darstellende  Geometrie  besitzt  Göt- 
tingen. Während  früher  ein  besonderer  Zeichen- 
saal im  Auditoriengebäude  zur  Verfügung  stand, 
ist  jetzt  —  der  starken  Frequenz  der  Vorlesungen 
entsprechend  —  ein  ganzes  Stockwerk  eines 
besonderen  Gebäudes  für  die  Zwecke  der  dar- 
stellenden Geometrie  eingerichtet  worden;  auch 
für  die  Anfertigung  mathematischer  Modelle 
findet  sich  dort  Gelegenheit.  Besondere  Zeichen- 
säle sind  auch  in  Bonn  und  in  Jena  vorhanden ; 
der  in  Bonn  ist  allerdings  nur  im  Sommer  be- 
nutzbar. An  den  anderen  Universitäten  hat 
man  sich  mit  den  Räumen  der  mathematischen 
Seminare  begnügen  müssen,  die  zunächst  auch 
ausreichend  sein  werden.  Übrigens  ist  es  ratsam, 
mit  den  zur  Verfügung  stehenden  Mitteln  — 
auch  wenn  sie  mangelhaft  sind  —  einmal  den 
Anfang  zu  machen.  Später  wird  jedoch  über- 
all die  Einrichtung  besonderer  Zeichensäle  an- 
zustreben sein,  da  den  Studenten  die  Möglich- 
keit gegeben  werden  muss,  auch  ausserhalb  der 
Übungsstunden  nach  freiem  Ermessen  zeichnen 
zu  können. 

Für  die  Beschaffung  der  erforderlichen  Uten- 
silien sind  seitens  der  vorgesetzten  Behörden 
mehrfach  Geldmittel  bewilligt  worden.  Im  all- 
gemeinen waren  Zeichentische  und  -stuhle  an- 
zuschaffen, dazu  kamen  Zeichengeräte  für  die 
Wandtafel,  Reissbretter  und  Reissschienen.  In 
Strassburg  hat  der  Gesamtaufwand  etwa  18  M. 
für  den  Teilnehmer  betragen;  an  anderen  Uni- 
versitäten sind  die  Kosten  höher  gewesen.  In 
Königsberg  ist  man  mit  den  Anschaffungen 
noch  weiter  gegangen,  dort  sind  den  Studenten 
Reisszeuge  und  andere  Zeichenutensilien  zur 
Verfügung  gestellt  worden. 

Während  die  Vorlesungen  über  darstellende 
Geometrie  an  den  Universitäten  Bonn,  Göttingen, 
Halle,  Jena,  Strassburg  lebhaft  besucht  waren, 
wird  an  anderen  Orten  darüber  geklagt,  dass 
die  Studenten  keine  Neigung  dafür  zeigten, 
wahrscheinlich,  weil  sie  von  dem  Zweck  und 
der    Bedeutung    der    darstellenden    Geometrie 


96 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


keine  Ahnung  hatten.  Es  wird  Sache  der 
Professoren  sein,  die  Studenten  der  Mathematik 
auf  die  Wichtigkeit  dieser  Disziplin  aufmerksam 
zu  machen,  indem  sie  ihnen  z.  B.  darlegen,  dass 
jeder  Mathematiker,  im  besonderen  aber  jeder 
Lehrer  der  Mathematik,  die  Fähigkeit  besitzen 
sollte,  nicht  nur  richtig  zu  rechnen,  sondern 
auch  richtig  zu  zeichnen,  und  darauf  hinweisen, 
dass  die  neuen  Lehrpläne  vom  Jahre  1901  für 
die  Prima  des  Gymnasiums  eine  „Anleitung  zum 
perspektivischen  Zeichnen  räumlicher  Gebilde" 
als  Lehraufgabe  vorschreiben,  für  die  Prima 
der  Realgymnasien  aber,  nachdem  in  der  Se- 
kunda eine  solche  Anleitung  vorausgegangen 
ist,  die  „Grundlehren  der  darstellenden  Geo- 
metrie" fordern  und  bei  den  Oberrealschulen 
eine  Weiterführung  der  darstellenden  Geometrie 
zulassen');  auch  könnte  erwähnt  werden,  dass 
die  Aneignung  dieser  Disziplin  die  Aussicht 
auf  Anstellung  an  höheren  Fachschulen  eröffnet. 
Gelegentliche  mündliche  Belehrungen  dieser  Art 
werden  sehr  nützlich  sein;  sie  sollten  jedoch 
durch  gedruckte  Studienpläne  ergänzt  werden. 
Wenn  schon  an  sich  gerade  für  Mathematiker 
behufs  zweckmässigen  Ganges  der  Studien  eine 
Anleitung  bei  der  Wahl  der  Vorlesungen 
wünschenswert  ist,  so  wird  sie  gegenwärtig,  wo 
neue  Disziplinen  hinzutreten,  zur  dringenden 
Notwendigkeit.  Ich  möchte  mich  daher  der 
Aufforderung  anschliessen,  die  Herr  F.  Klein 
in  München  an  die  Fachgenossen  gerichtet  hat, 
dass  in  ähnlicher  Weise,  wie  es  bereits  in  Göt- 
tingen und  Strassburg  geschehen  war  —  und, 
füge  ich  hinzu,  wie  es  inzwischen  in  Greifswald 
und  Jena  geschehen  ist  und  für  Königsberg 
(unter  Benutzung  eines  älteren  Entwurfs)  in 
naher  Aussicht  steht  —  überall  Studienpläne 
ausgearbeitet  würden,  für  deren  Gestaltung 
im  einzelnen  die  individuellen  Verhältnisse  der 
Universitäten  massgebend  sein  müssen.  In  Breslau 
und  Göttingen  hat  man  für  die  angewandte 
Mathematik  etwas  Besonderes  gethan,  dort  sind 
neuerdings  Ratschläge  über  das  Lehramtsexamen 
in  diesem  Fache  an  die  Studenten  der  Mathe- 
matik verteilt  worden,  in  denen  die  Bestimmun- 
gen der  Prüfungsordnung  erläutert  und  die  zu 
hörenden  Vorlesungen  angegeben  werden. 

Die  Gewinnung  von  Lehrkräften  für  die 
darstellende  Geometrie  ist  verhältnismässig  leicht 
gelungen,  da  sich  hier  jüngeren  Mathematikern 
eine  günstige  Gelegenheit  zu  akademischer 
Thätigkeit  bietet.  In  Halle,  Kiel,  Königsberg, 
Marburg   haben   sich  Privätdozenten  habilitiert, 

i)  Wie  der  Unterricht  im  perspektivischea  Zeichßen  uüd 
in  der  darstellenden  Geometrie  gehandhabt  werden  soll,  da- 
rüber sind  die  Ansichten  der  Lehrer  noch  sehr  geteilt.  Das 
zeigen  die  Verhandlungen  des  Vereins  zur  Förderung  des  Un- 
terrichts in  der  Mathematik  und  den  Naturwissenschaften,  die 
im  vorigen  Jahre  in  Hamburg  stattgefunden  haben;  einen  Be- 
richt hierüber  findet  man  in  den  von  dem  Verein  herausgege- 
benen, sehr  lesenswerten  Unterrichtsblättern,  Jahrg.  1900. 


die  für  dieses  Fach  besonders  vorgebildet 
waren.  In  Strassburg  hat  man  den  Privat- 
dozenten die  Möglichkeit  gegeben,  ein  Semester 
an  einer  technischen  Hochschule  zuzubringen 
und  deren  Unterrichtsbetrieb  kennen  zu  lernen. 
Ein  Lehrauftrag  fiir  darstellende  Geometrie  ist 
bis  jetzt  nur  in  Gi essen,  Göttingen  und  Jena 
erteilt  worden;  es  ist  jedoch  nicht  daran  zu 
zweifeln,  dass,  sobald  erst  eine  erfolgreiche 
Lehrthätigkeit  in  der  darstellenden  Geometrie 
nachgewiesen  werden  kann,  auch  an  den  an- 
deren Universitäten  das  gleiche  geschehen  wird. 

Was  den  Inhalt  der  Vorlesungen  angeht,  so 
giebt  die  Forderung  der  Prüfungsordnung: 
Kenntnis  der  darstellenden  Geometrie 
bis  zur  Lehre  von  der  Centralprojektion 
einschliesslich  und  entsprechendeFertig- 
keit  im  Zeichnen  der  Individualität  des  Do- 
zenten freien  Spielraum.  Dementsprechend 
herrscht  grosse  Mannigfaltigkeit.  Der  eine  legt 
besonderen  Wert  auf  die  Ausbildung  der  tech- 
nischen Fertigkeit,  der  andere  bevorzugt  die 
theoretische  Erfassung  der  Methode,  der  dritte 
sucht  die  darstellende  Geometrie  in  möglichst 
enge  .  Beziehung  zu  anderen  mathematischen 
Disziplinen,  besonders  der  projektiven  Geometrie 
und  der  analytischen  Geometrie  des  Raumes 
zu  bringen.  Wenn  erst  mehr  Erfahrungen  ge- 
sammelt sein  werden,  wird  es  Aufgabe  der 
Deutschen  Mathematiker- Vereinigung  sein,  Ge- 
legenheit zu  gegenseitigem  Meinungsaustausch 
zu  geben,  denn  sie  hat  ja  den  Zweck,  die  ver- 
schiedenen Teile  und  zerstreuten  Organe  der 
Wissenschaft  in  lebensvolle  Verbindung  und 
Wechselwirkung  zu  setzen. 

Weniger  Günstiges  ist  über  Geodäsie  zu 
berichten,  deren  Einführung  an  den  Universitäten 
vielfach  auf  Schwierigkeiten  stösst.  Am  besten 
steht  es  mit  den  Vorlesungen  über  höhere 
Geodäsie  und  Ausgleichungsrechnung,  die  nicht 
wenige  Mathematiker  zu  übernehmen  im  stände 
sind  und  fiir  die  Astronomen,  zum  Teil  auch 
Physiker,  helfend  eintreten  können.  Bedenklicher 
wird  es  bei  der  niederen  Geodäsie,  da  die  Aus- 
führung von  Messungen  im  Gelände  einen  ziem- 
lich kostspieligen  Apparat  (Theodoliten  u.  s.  w.) 
erfordert.  In  Göttingen  ist  es  gelungen,  Mittel 
flüssig  zu  machen,  um  die  Sammlung  mathe- 
matischer Apparate  und  Modelle  in  diesem 
Sinne  zu  erweitern;  die  betreffende  Abteilung 
ist  in  demselben  Gebäude,  wie  die  darstellende 
Geometrie  untergebracht.  In  Breslau,  Jena  und 
Strassburg  hat  man  die  geodätischen  Übungen 
an  die  Sternwarte  angliedern  können.  In  Bonn 
und  Halle  bietet  sich  die  Möglichkeit,  landwirt- 
schaftliche Dozenten,  in  Giessen  forstwissen- 
schaftliche heranzuziehen;  in  Kiel  wird,  ent- 
sprechend den  maritimen  Interessen  Nordwest- 
deutschlands, die  nautische  Seite  zu  bevorzugen 
und  Anschluss  an  die  Marine  zu  erstreben  sein. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


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Am  wenigsten  befriedigend  ist  der  Zustand 
des  Unterrichtsbetriebes  in  der  technischen 
Mechanik.  Wenn  man  von  der  graphischen  Statik 
absieht,  für  die  keine  besonderen  Veranstaltungen 
erforderlich  sind,  sobald  für  die  darstellende 
Geometrie  gesorgt  ist,  so  sind  nur  in  Giessen, 
Göttingen,  Halle  und  Strassburg  mit  Übungen 
verbundene  Vorlesungen  über  technische  Me- 
chanik abgehalten  worden.  Diesen  Universitäten 
wird  sich  demnächst  Jena  anreihen,  wo  ein  be- 
sonderes Institut  für  technische  Physik  erbaut 
werden  soll. 

Die  erste  Schwierigkeit,  die  bei  der  tech- 
nischen Mechanik  vorliegt,  besteht  in  der  Be- 
schaffung der  erforderlichen  instrumentellen  Ein- 
richtung. Sie  ist  nicht  so  gross,  als  man  viel- 
fach glaubt.  So  umfangreiche  und  kostspielige 
Institute  wie  in  Göttingen  werden  freilich  für 
andere  Universitäten  nicht  zu  erschwingen  sein, 
sie  sind  aber  auch  für  den  gewöhnlichen  Betrieb 
nicht  notwendig.  Es  genügt,  wenn  seitens  der 
Physiker,  die  freilich  vielfach  der  Pflege  der  ange- 
wandten Mathematik  an  den  Universitäten  noch 
gleichgültig,  wenn  nicht  unfreundlich  gegenüber- 
stehen, die  Benutzung  der  Institute  und  ihrer 
Einrichtungen  gestattet  wird  und  wenn  einige 
Demonstrationsapparate  angeschafft  werden, 
deren  Kosten  —  nach  dem  Urteil  Sachverstän- 
diger —  die  Höhe  von  1000  M.  nicht  über- 
schreiten werden.  An  manchen  Orten  werden 
sich  Erleichterungen  bieten,  z.  B.  wo  landwirt- 
schaftliche Institute  maschinentechnische  Ein- 
richtungen besitzen;  in  Kiel  wird  vielleicht  die 
im  Entstehen  begriffene  höhere  Schiffs-  und 
Maschinenbauschule  von  Nutzen  sein. 

Weit  ernsthafter  ist  die  zweite  Schwierigkeit, 
geeignete  Lehrkräfte  zu  finden.  Die  Dozenten 
der  Mathematik  sind  fast  alle  rein  theoretisch 
ausgebildet,  und  nur  wenigen  wird  es  gelingen, 
sich  nachträglich  in  die  technische  Mechanik 
einzuarbeiten.  Gegen  Ingenieure  ist  in  den 
meisten  Fällen  einzuwenden,  dass  ihnen  die- 
jenige mathematische  Vorbildung  fehlt,  die  bei 
akademischen  Vorlesungen  über  technische  Me- 
chanik notwendig  ist.  Man  wird  sich  daher 
bescheiden  müssen  und  nur  auf  die  allmähliche 
Besserung  rechnen  dürfen,  die  dadurch  herbei- 
geführt werden  wird,  dass  wenigstens  an  einigen 
Universitäten  die  technische  Mechanik,  hier  aber 
zum  Teil  in  ganz  ausgezeichneter  Weise,  vertreten 
ist.  Die  neue  Generation  der  Mathematiker  wird 
dort  Gelegenheit  finden,  sich  in  diesem  Fache 
zweckmässig  auszubilden,  und  es  werden  später 
Privatdozenten  der  Mathematik  die  betreffenden 
Vorlesungen  und  Übungen  übernehmen  können. 

Bis  jetzt  sind  nur  wenige  Kandidaten  für 
die  facultas  docendi  in  der  angewandten  Mathe- 
matik zur  Prüfung  gelangt,  in  Berlin-Charlotten- 
burg zwei,  in  Göttingen  einer,  und  ihre  Zahl 
wird  wahrscheinlich  während  der  nächsten  Jahre 


gering  bleiben.  Die  Frage,  wie  die  ziemlich 
weiten  Bestimmungen  der  Prüfungsordnung  ge- 
handhabt werden  sollen,  ist  daher  gegenwärtig 
noch  nicht  brennend.  Dagegen  werden  einige 
Mitteilungen  über  die  Examinatoren  in  der  an- 
gewandten Mathematik  von  Interesse  sein.  Nur 
für  die  Provinzen  Ost-  und  Westpreussen  und 
Pommern  ist  es  noch  nicht  gelungen,  die  Stellen 
in  der  Prüfungskommission  zu  besetzen.  Bei  den 
übrigen  acht  Kommissionen  giebt  es  neun 
Examinatoren,  da  Schlesien  deren  zwei  aufweist. 
Von  ihnen  gehört  einer  dem  Lehrkörper  eines 
Gymnasiums  an,  einer  dem  einer  technischen 
Hochschule,  zwei  sind  Direktoren  von  Maschinen- 
bauschulen und  fünf  Universitätsprofessoren. 
Auch  in  diesem  Zahlenverhältnis  kommt  der 
gute  Wille  der  Universitäten  zum  Ausdruck, 
den  Unterrichtsbetrieb  in  der  angewandten 
Mathematik  zu  fordern,  für  dessen  weitere  Ent- 
wicklung nunmehr  eine  sichere  Grundlage  ge- 
wonnen ist. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  ii.  Oktober  1901.) 


O.LummerundE.Pring8heim(Berlin),  Tem- 
peraturbestimmung mit' Hilfe  der  Strahlungs- 
gesetze.   (Vorgetragen  von  E.  Pringsheim.) ') 

Auf  der  letzten  Versammlung  in  Aachen 
konnte  ich  der  physikalischen  Abteilung  die 
Resultate  unserer  Versuche  über  die  schwarze 
Strahlung  bei  langen  Wellen,  zwischen  12  fi  und 
iS  fi  vorlegen 2),  durch  welche  der  Nachweis  er- 
bracht war,  dass  die  Wiensche  Spektral- 
gleichung keine  allgemeine  Gültigkeit  hat,  und 
dass  auch  die  auf  dem  Gebiete  der  kürzeren  Wellen 
von  uns  beobachteten  Abweichungen  von  dieser 
Gleichung  real  waren.  Inzwischen  haben  — 
nachdem  auch  die  Herren  Rubens  und  Kurl- 
baum  durch  Versuche  mit  einigen  noch  längeren 
Wellen  zu  analogen  Resultaten  gelangt  waren  — 
alle  diejenigen  Forscher,  welche  früher  auf 
Grund  theoretischer  oder  experimenteller  Unter- 
suchungen für  die  Wiensche  Gleichung  einge- 
treten waren,  diesen  Standpunkt  aufgegeben. 
Herr  Planck  hat  seine  theoretische  Herleitung 
der  Wien  sehen  Gleichung  durch  einen  anderen 
Gedankengang  ersetzt,  welcher  seine  neue 
Spektralgleichung : 

als  theoretisch  wahrscheinlich  erscheinen  lässt, 
und  Herr  Paschen  hat  seine  früheren  Ver- 
suche, welche  die  Richtigkeit  der  Wienschen 
Gleichung  bis  zu  den  höchsten  von  ihm  unter- 
suchten Temperaturen  und  bis  zu  Wellenlängen 
von  9 //bestätigt  hatten,  widerrufen  und  hat  neue 

i)  Abteilung  3,  23.  Sept.   1901. 

2)  Vgl.  diese  Zeitschrift  2,  154,  1900. 


98 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.     No.  5. 


Versuche  veröffentlicht,  welche  mit  grosser 
Genauigkeit  die  Allgemeing^ltigkeit  derPlanck- 
schen  Gleichung  beweisen  sollen.  Wir  haben 
an  einem  andern  Orte')  die  Gründe  ausein- 
andergesetzt, aus  denen  uns  die  Paschenschen 
Versuche  nicht  geeignet  erscheinen,  der  Plan ck- 
schen  Gleichung  als  Stütze  zu  dienen.  Was 
nun  die  Frage  nach  der  Gültigkeit  dieser 
Gleichung  betrifft,  so  gebührt  ihr  der  Vorrang 
vor  allen  anderen  bisher  aufgestellten  Spektral- 
gleichungen und  sie  kommt  der  Wahrheit 
jedenfalls  sehr  nahe.  Aber  auch  sie  zeigt  an 
gewissen  Stellen  zwar  nicht  grosse,  aber  syste- 
matische Abweichungen  sowohl  von  unseren  Ver- 
suchen, als  auch  von  denen  der  Herren  Rubens 
und  Kurlbaum,  so  dass  die  Frage,  ob  sie 
die  schwarze  Strahlung  vollständig  darstellt, 
als  abgeschlossen  noch  nicht  betrachtet  werden 
kann. 

Dennoch  schien  uns  die  Kenntnis  der 
Strahlungsgesetze  so  weit  geklärt  und  fortge- 
schritten zu  sein,  dass  wir  es  an  der  Zeit 
glaubten,  Bestrebungen  wieder  aufzunehmen, 
über  welche  ich  schon  auf  der  Münchener 
Versammlung  berichtet  habe,  nämlich  die  Be- 
strebungen, die  Strahlungsgesetze  der  Tem- 
peraturmessung dienstbar  zu  machen. 

Die  Strahlungsgesetze  sind  nämlich  geeignet, 
als  Grundlage  einer  neuen  Temperaturskala 
zu  dienen,  welche  für  niedere  Temperaturen 
identisch  ist  mit  der  gebräuchlichen  gasthermo- 
metrischen  Skala,  aber  auf  viel  höhere  Tempe- 
raturen ausgedehnt  werden  kann,  als  es  die 
Methode  des  Gasthermometers  zulässt.  Hier 
kommen  zunächst  drei  für  die  schwarze  Strah- 
lung gültige  Gesetze  in  Betracht: 

.  *f  (Stefan-Boltzmannsches 

.)Uv^  =  a7^  Gesetz.) 

2)  XmT=A  \     (enthalten    im    Wienschen 

3)  Em  T^^=^  B    I        Verschiebungsgesetz.) 

Hier  ist  £1  der  zwischen  den  Wellenlängen 
^  und  X  -\-  ä^  enthaltene  Anteil  der  schwarzen 
Strahlung  für  die  absolute  Temperatur  T,  während 
Xm  die  W^ellenlänge  ist,  für  welche  bei  dieser 
Temperatur  die  Energie  £x  im  Normalspektrum 
ihr  Maximum  Em  hat;  0,  A  und  B  sind  ge- 
nügend genau  bestimmte  Konstanten. 

Die  wohlbegründete  theoretische  Herleitung 
und  die  experimentelle  Bestätigung  dieser  Ge- 
setze lässt  wohl  kaum  einen  Zweifel,  dass  ihnen 
die  Bedeutung  wahrer  Naturgesetze  zukommt, 
und  dass  die  mit  Hilfe  eines  jeden  von  ihnen 
(durch  Beobachtung  der  Gesamtstrahlung,  oder 
der  Lage  Xm  oder  der  Grösse  Em  des  Energie- 
maximums) gefundene  Temperatur  eines 
schwarzen  Körpers  für  alle   erreichbaren  Tem- 


i)  Ü.  Lunimer    und  E.  Pringsheim,    Ann.   d.    Physik 
e,   192—210,  1901. 


peraturen  die  gleiche  ist  und  auch  mit  der 
thermodynamisch  definierten  übereinstimmt.  Bei 
der  experimentellen  Bestätigung  dieser  Gesetze 
wurde  die  Temperatur  mit  Hilfe  eines  Le  Cha- 
telierschen  Thermoelementes  gemessen,  welches 
von  den  Herren  Holborn  und  Day  an  das  Gas- 
thermometer angeschlossen  ist.  Dieser  Anschluss 
reicht  nur  bis  1 1 50^  C.  und  dies  ist  die  obere 
Grenze  der  Temperaturen,  welche  bisher  mit  Hilfe 
der  gasthermometrischen  Skala  haben  exakt  ge- 
messen werden  können.  Durch  Extrapolation 
der  empirischen  Formeln  für  die  thermoelektrische 
Kraft  dieser  Elemente  konnten  obige  Gesetze 
bis  über  1400®  C.  bestätigt  werden.  Diese 
Versuche  kann  man  als  eine  Eichung  der 
Thermoelemente  zwischen  11 50  und  1400^0. 
mit  Hilfe  der  neuen  strahlungstheore- 
tischen Temperaturskala  betrachten,  eine 
Eichung,  welche  ergeben  hat,  dass  auf  diesem 
Gebiete  die  thermoelektrische  Kraft  demselben 
Gesetze  folgt,  welches  bei  weniger  hohen  Tem- 
peraturen mit  dem  Gasthermometer  gefunden 
worden  war. 

Um  die  Temperaturskala  über  diese  Grenze 
hinaus  fortzusetzen,  ist  es  nötig,  die  schwarze 
Strahlung  bis  zu  möglichst  hohen  Temperaturen 
dem  Experimente  zugänglich  zu  machen.  Zu 
diesem  Zwecke  haben  wir  einen  schwarzen  Körper 
konstruiert,  bei  welchem  ein  durch  den  elelrtri- 
schen  Strom  geglühtes  dünnwandiges  Kohle- 
rohr  die  Strahlung  aussendet.  Ein  Pfropf  aus 
Kohle,  Nernst masse  oder  dergl.  dient  als  strahlende 
Rückwand,  durch  welche  auch  ein  Thermoelement 
in  den  Hohlraum  eingeführt  werden  kann.  Um 
die  Aussenseite  der  Kohle  vor  dem  Verbrennen 
zu  schützen,  ist  das  Rohr  möglichst  hermetisch 
von  einem  zweiten,  elektrisch  von  ihm  isolierten 
Kohlerohr  umgeben.  Um  den  Eintritt  des  at- 
mosphärischen Sauerstoffs  durch  die  Strahlungs- 
öffnung in  das  Innere  des  Rohres  zu  ver- 
mndern,  ist  der  Öffnung  eine  Metallhülse  vor- 
gelegt, welche  durch  einen  Stickstoffetrom 
langsam  durchflössen  wird.  Auf  diese  Weise  ge- 
lang es,  Kohlerohre  von  1,5  bis  0,75  mm  Wand- 
stärke stundenlang  zu  glühen,  ohne  dass  die 
Wandstärke  sich  merklich  verminderte.  Um  den 
Wärmeabfluss  nach  aussen  möglichst  zu  ver- 
hindern, ist  das  Kohlerohr  durch  mehrfache 
Hüllen  aus  schwer  schmelzbarer  Masse  mit  Luft- 
zwischenräumen umgeben. 

Zur  Messung  der  Temperatur  dieses  schwar- 
zenKörpers  kann  jedes  der  drei  oben  angegebenen 
Gesetze  dienen.  Ist  die  Temperatur  bestimmt, 
so  kann  man  hoffen,  durch  Messung  der  Ener- 
gieverteilung eine  erweiterte  Prüfung  der 
Strahlungsgesetze  und  genaueren  Aufechluss 
über  die  Gültigkeit  der  Planckschen  Gleichung 
zu  gewinnen. 

Zur  Temperaturbestimmung  bietet  sich  aber 
noch    eine    andere  Methode    dar,    welche   be- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


99 


sondere  Vorteile  hat.  Es  ist  dies  die  spektral- 
photometrische  Methode,  welche  nicht  bloss 
fiir  den  schwarzen  Körper,  sondern  auch  zur 
Temperaturbestimmuhg  anderer  Körper  anwend- 
bar ist,  und  unter  Zugrundelegung  des  schwarzen 
Körpers  zuerst  von  Herrn  Wann  er  zur  Bestim- 
mung der  Temperatur  der  Bogenlampe  und  der 
Circonlampe  verwertet  worden  ist.')  Paschen 
und  Wann  er  hatten  die  Intensität  der  Strahlung 
des  schwarzen  Körpers  für  verschiedene  Wellen- 
längen des  sichtbaren  Spektrums  spektralphoto- 
metrisch  gemessen  und  gefunden,  dass  —  wie  es 
die  Wien  sehe  Spektralgleichung  verlangt  —  die 
in  der  Form  log  E'=^f{\\T)  dargestellten  iso- 
chromatischen Kurven  der  spektralen  Hellig- 
keit gerade  Linien  waren.  Da  die  zu  diesen  Ver- 
suchen benutzten  schwarzen  Körper  keineswegs 
einwandfrei  waren,  so  hielten  wir  es  für  geboten, 
diese  photometrischen  Messungen  mit  dem  von 
uns  früher  benutzten  elektrisch  geglühten 
schwarzen  Körper  2)  zu  wiederholen.  In  der 
That  ergaben  sich  in  Übereinstimmung  mit  der 
Wienschen  und  Planckschen  Gleichung  iso- 
chromatische Geraden.  Der  aus  ihnen  berech- 
nete Wert  der  Konstanten  c  der  Planckschen 
Gleichung  ergab  im  Mittel  14580,  während  aus 
der  Beziehung  c  =  4,965  2.^  T  der  Wert  14600 
folgt.  Da  für  Werte  des  Produktes  i.  T,  welche 
unterhalb  3000  liegen,  die  Wiensche  Gleichung 
von  der  Planckschen  um  weniger  als  1%  ab- 
weicht, so  ist  es  für  das  Gebiet  der  sichtbaren 
Wellen  bei  der  Kleinheit  von  X  in  der  That 
erlaubt,  die  isochromatischen  Geraden  bis  zu 
Temperaturen  von  etwa  5000^  durch  ein- 
faches Verlängern  zu  extrapolieren.  Um 
die  Temperatur  eines  schwarzen  Körpers  zu  be- 
stimmen, braucht  man  daher  nur  die  photo- 
metrische Helligkeit^  für  eine  bestimmte  Wellen- 
länge zu  messen  und  diejenige  Stelle  in  der  zuge- 
hörigen, vorher  bestimmten  isochromatischen 
Geraden  aufzusuchen,  bei  welcher  die  Ordinate 
den  Wert  log  E  hat.  Die  zugehörige  Abscisse 
ergiebt  dann  den  Wert  von  i/Zl 

Herr  Wanoer  wendete  dieselbe  Methode 
unmittelbar  auf  andere  Körper  an  und  schloss 
aus  der  Übereinstimmung  der  mit  Hilfe  der 
Isochromaten  für  verschiedene  Wellenlängen 
gefundenen  Temperaturen,  dass  die  untersuchten 
Körper  nahezu  schwarz  seien.  Dieser  Schluss  ist 
nicht  richtig,  vielmehr  besteht  der  Vorzug  dieser 
Methode  gerade  darin,  dass  sie  auch  für  solche 
Körper  brauchbare  Resultate  liefert,  welche 
erbeblich  vom  schwarzen  Körper  abweichen. 
Um   die  Fehlergrenze   der  Methode  kennen  zu 


1)  H.  Wanoer,  Ann.  d.  Physik  2,  141,  1900;  O.Lummer 
und  E.  Pringsheim,  Verhdl.  der  deutsch.  Phys.  Ges.  3, 
36,  1901.     Vgl.  diese  Zeitschrift  1,  226,  1900. 

2)  O.  Lämmer  und  F.  Kurlbaum,  Verhandl.  der 
Phys.  Ges.  zu  Berlin,  17,  106,  1898  und  Ann.  d.  Physik,  6, 
829,  1901. 


lernen,  wendeten  wir  sie  auf  blankes  Platin  an, 
also  einen  Körper,  der  sehr  weit  vom  schwar- 
zen entfernt  ist.  Wir  bestimmten  die  Temperatur 
des  Platins  aus  den  isochromatischen  Geraden 
und  gleichzeitig  direkt  mit  einem  Thermoele- 
ment. Die  Differenzen  waren  verhältnismässig 
gering,  bei  iioo^  ads,  etwa  40^  bei  1880**  ^^^J. 
iio^  Bei  den  meisten  anderen  Körpern,  be- 
sonders dem  fiir  die  Strahlungstechnik  wichtig- 
sten, der  Kohle,  werden  die  Fehler  bedeutend 
kleiner  sein.  Die  Anwendbarkeit  der  Methode 
beruht  auf  dem  ausserordentlich  schnellen  Fort- 
schreiten der  photometrischen  Intensität  mit 
der  Temperatur.  So  tritt  z.B.  fiir  ^==-0,589/^ 
schon  eine  Verdoppelung  der  Helligkeit  des 
schwarzen  Körpers  ein,  wenn  die  Temperatur 
von  1800"  auf  1875"  abs.  steigt.  Dieses  schnelle 
Anwachsen  ergiebt  sich  auch  aus  Versuchen, 
welche  wir,  veranlasst  durch  eine  Anfrage  aus 
dem  N  ernst  sehen  Laboratorium,  angestellt 
haben,  um  die  Gesamtlichtstärke  des  schwarzen 
Körpers  in  Hefherkerzen  auszudrücken.  Wir 
fanden  fiir 

I  mm^  des  schwarzen  Körpers 
bei  1175^  C.  etwa  0,0042  HK 

1325  0,0220 

1435  0,0635 

durch   Extrapolation    würden    sich    daraus    er- 
geben 

bei  1 500®  C.  etwa  o,  i  HK 

1700  0,5 

1800  1,0 

Die  spektralphotometrische  Methode  der 
Temperaturbestimmung  wurde  auf  eine  stark- 
fadige  Glühlampe  bei  verschiedenen  Glühzu- 
ständen angewendet,  fiir  deren  Temperatur  wir 
früher')  aus  der  Beobach  ung  der  spektro- 
bolometrisch  gefiindenen  Lage  des  Energie- 
maximums einen  Maximal-  und  einen  Minimal- 
wert  bestimmt  hatten.  Die  photometrische 
Methode  ergiebt  fiir  einen  nicht  schwarzen 
Körper  stets  einen  zu  kleinen  Wert.  In  der  That 
fallt  die  so  fiir  die  Glühlampe  bei  den  verschie- 
denen, durch  die  Stromstärke  definierten  Glüh- 
zuständen gefundene  Temperatur  zwischen  die 
früher  bestimmten  Werte: 


it 


it 


tt 


99 


n 


tf 


>> 


>9 


absolute  Temperatur  des  Kohlefadens 


Ampfere 


9.46 
12.87 


photometrisch 
T. 

1760 
2040 
2190 


bolometrisch 
T.  max.    I    T.  min. 


1840 
2100 
2300 


1640 
l8:5o 
2050 


Die  Temperaturen  der  Glühlampe  sind  also 
zwischen  die  ziemlich  engen  Grenzen  1760  und 

I)  O.    Lummer    und    E.    Pringsheim,   Verhandl.  der 
deutsch.  Phys.  Ges.  1,  230  ff.,  1899.  • 


lOO 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


1840,  2040  und  21CX),  2190  und  2300^  abs.  ein- 
geschlossen. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

Diskussion. 

Kurlbaum:  Ich  möchte  auf  ein  optisches 
Pyrometer  aufmerksam  machen,  das  im  Juniheft 
( 1 90 1 )  der  Sitzungsberichte  der  Berliner  Akademie 
der  Wissenschaften  von  Holborn  und  mir  be- 
schrieben ist.  In  der  Röntgenausstellung,  die  hier 
untergebracht  ist,  befindet  sich  eines,  das  zu- 
nächst für  technische  Zwecke  eingerichtet  ist, 
aber  wegen  seiner  Empfindlichkeit  auch  für  wis- 
senschaftliche Untersuchungen  geeignet  ist.  Das 
Prinzip  des  Apparates  besteht  darin,  dass  ein 
Fernrohr  auf  den  glühenden  Körper  unbekannter 
Temperatur  gerichtet  und  durch  das  Objektiv 
ein  Bild  des  Körpers  entworfen  wird,  welches 
mit  einem  elektrisch  geglühten  Platin-Iridium- 
draht  zusammenfällt.  Beide  werden  zugleich 
mit  dem  Okular  betrachtet,  vor  welches  noch, 
um  im  homogenen  Lichte  beobachten  zu  können, 
ein  rotes  Glas  geschoben  ist. 

Die  Eichung  des  Instrumentes,  bei  dem  der 
Platin-Iridiumdraht  auch  durch  eine  Glühlampe 
ersetzt  werden  kann,  findet  in  folgender  Weise 
statt:  Die  Temperatur  des  schwarzen  Körpers 
wird  mit  dem  Thermo-Element  gemessen,  und 
zu  gleicher  Zeit  wird  die  durch  den  Draht  flies- 
sende Stromstärke  so  reguliert,  dass  die  heisseste 
Stelle  des  Drahtes  auf  dem  hellen  Hintergrunde 
verschwindet.  Bei  diesem  Kriterium  der  Tem- 
peraturgleichheit wird  am  Amperemeter  die  Strom- 
stärke abgelesen,  und  die  Temperatur  angefugt, 
so  dass  man  ein  Amperemeter  erhält,  welches 
direkt  die  Temperatur  abzulesen  gestattet.  Es 
kommt  zu  statten,  dass  mit  der  Temperatur  eine 
ausserordentliche  Steigerung  der  Helligkeit  statt- 
findet. Macht  man  umgekehrt  aus  der  Hellig- 
keit den  Schluss  auf  die  Höhe  der  Temperatur, 
so  ist  derselbe  sehr  sicher,  weil  die  Temperatur 
mit  der  Helligkeit  sehr  wenig  variiert.  Versuche 
mit  völlig  unbefangenen  Beobachtern  zeigen,  dass 
man  bei  1000^  auf  i^  richtig  einstellt.  Dass 
diese  photometrische  Einstellung  so  empfindlich 
ist,  beruht  wohl  darauf,  dass  dieselben  Netz- 
hautelemente von  der  Grenzkante  des  Platin- 
Iridiums  und  der  als  hell  erscheinenden  Fläche 
getroffen  werden.  Die  Strahlung  im  sichtbaren 
Gebiet  ist  bei  hohen  Temperaturen  von  der 
Natur  des  strahlenden  Körpers  wenig  abhängig, 
wie   schon  Becquerel    gefunden    hat,    und  ge- 


nauer von  LummerundPringsheim  festgestellt 
ist.  Für  so  hohe  Temperaturen,  wie  sie  sich  durch 
den  schwarzen  Körper  noch  nicht  verwirklichen 
lassen,  wird  vor  dem  Objektiv  eine  Licht- 
schwächung angebracht,  und  die  Temperatur 
mit  Hilfe  des  Wien  sehen  Gesetzes  extrapoliert. 
Für  so  hohe  Temperaturen  kommt  es  aber  der 
Technik  weniger  darauf  an,  die  Temperatur  ge- 
nau zu  kennen,  als  vielmehr  die  gleiche  Tem- 
peratur stets  wieder  herstellen  zu  können. 

Planck:  Ich  möchte  die  Frage  stellen,  ob 
die  Voraussetzung,  dass  die  Temperatur  der 
Kohle  zwischen  der  des  Platins  und  des  schwar- 
zen Körpers  liegt,  absolut  sicher  ist,  oder  ob 
darin  nicht  vielleicht  eine  Unsicherheit  liegt. 

Pringsheim:  Ganz  ohne  Voraussetzungen 
kann  man  wohl  nicht  auskommen.  Dass  die 
Strahlung  der  Kohle  derjenigen  des  schwarzen 
Körpers  näher  liegt,  als  die  des  Platins,  ist  wohl 
von  vornherein  sehr  wahrscheinlich.  Weiter 
haben  wir  die  Energieverteilung  zu  Grunde 
gelegt  und  haben  gesehen,  dass  die  Kurve  sich 
zwischen  die  des  schwarzen  Körpers  und  die 
des  Platins  zwischenschmiegt.  Je  höher  übrigens 
die  Temperaturen  werden,  um  so  mehr  nähert 
sich  die  Strahlung  des  Platins  der  des  schwarzen 
Körpers. 

Planck:  Ist  das  eine  allgemeinere  Thatsache, 
dass  die  Strahlung  der  Metalle  sich  mit  hoher 
Temperatur  der  des  schwarzen  Körpers  nähert, 
oder  ist  das  nur  bei  Platin  der  Fall? 

Pringsheim:  Über  andere  Metalle  habe 
ich  keine  Erfahrung;  aber  es  ist  wohl  anzu- 
nehmen, dass  es  sich  allgemein  so  verhält. 

Rubens:  Ich  glaube,  dass  man  aus  den 
übrigen  Eigenschaften  der  Metalle  schliessen 
kann,  dass  bei  hohen  Temperaturen  ihr  Emis- 
sionsvermögen relativ  grösser  ist,  weil  sie 
bei  tiefen  Temperaturen  längere  Wellen  aus- 
senden und  für  •  diese  ihr  Reflexionsvermögen 
einen  grösseren  Wert  hat. 

Kurlbaum:  Bei  Extrapolation  der  Kurven, 
welche  die  Gesamtstrahlung  des  Platins  und  die 
des  schwarzen  Körpers  in  ihrer  Abhängigkeit 
von  der  Temperatur  darstellen,  würden  sich 
dieselben  bei  9000^  abs.  schneiden. 

Lummer:  Vom  Silber  weiss  man  aus  den 
Versuchen  von  Christiansen,  dass  es  bei  tiefer 
Temperatur  nur  den  20.  Teil  der  Energie  des 
schwarzen  Körpers  aussendet,  während  es  bei 
höheren  Temperaturen  sicher  dem  schwarzen 
Körper  viel  näher  liegt. 

(Eingegangen  9.  Oktober  1901.) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


lOI 


BESPRECHUNGEN. 


W.  Ostwald,  Die  wissenschaftlichen  Grund- 
lagen der  analytischen  Chemie,  elementar 
dargestellt.  Dritte  vermehrte  Auflage,  gr.  8. 
XI  u.  221  S.  mit  2  Fig.  Leipzig,  Wilhelm 
Engelmann.     1901.     Gebunden  M.  7. — . 

Wenn  die  Vertreter  der  reinen  Chemie,  die 
dem  Eindringen  der  physikalisch  -  chemischen 
Theorien  in  ihr  Gebiet  solange  hartnäckigen 
Widerstand  entgegengesetzt  haben,  heute  zum 
grossen  Teile  die  Waffen  gestreckt  haben,  so 
ist  das  nicht  zum  wenigsten  dem  kleinen,  in- 
haltreichen Werke  zuzuschreiben,  dessen  dritte 
Auflage  vorliegt.  Die  Reaktionen  der  analy- 
tischen Chemie  sind  fast  ausnahmslos  lonen- 
reaktionen,  so  kommt  es,  dass  das  Lehrgebäude 
der  analytischen  Chemie  auf  der  Grundlage  der 
Dissoziationstheorie  ein  völlig  verändertes  Aus- 
sehen erlangt  hat.  Das  Thatsachenmaterial  ist 
nach  neuen  Gesichtspunkten  geordnet  leichter 
übersehbar  geworden,  empirisch  Gefundenes  ist 
als  notwendig  erkannt  worden,  und  auch  der 
heuristische  Wert  der  veränderten  Anschauungs- 
weise hat  sich  in  einer  Reihe  von  Fällen  ge- 
zeigt, indem  neue  analytische  Reaktionen  auf- 
gefunden wurden. 

Der  Wert  des  Buches  als  einer  Einführung 
in  die  neueren  chemischen  Theorien  ist  in  der 
dritten  Auflage  noch  dadurch  erhöht  worden, 
dass  in  einem  Anhange  eine  Reihe  ausserordent- 
lich instruktiver  Versuche  beschrieben  wird, 
welche  jenem  Zwecke  dienen  sollen.    A.  Coehn. 

(Eiogegangen  i6.  September  1901.) 


Eduard  Jordis,  Die  Elektrolyse  wässriger 
Mctallsalzlösungen.  Mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  in  der  Galvanotechnik  üblichen 
Arbeitsweisen,  gr.  8.  VI  u.  137  S.  mit  11 
Fig.  u.  2  Tafeln.  Halle  a.  S.,  W.  Knapp. 
1901.     M.  4. — . 

Das  Buch  enthält  in  seinem  wertvollsten 
Teile  eine  Zusammenstellung  von  Vorschriften, 
welche  für  die  elektrolytische  Abscheidung  der 
verschiedenen  Metalle  gegeben  worden  sind. 
Der  Verfasser  macht  den  interessanten  Versuch, 
einen  Teil  dieser  lediglich  empirisch  gefundenen 
Vorschriften,  auf  Grundlage  der  neueren  Theo- 
rie der  Lösungen  zu  deuten. 

Die  theoretischen  Ausfuhrungen  müssen  an 
vielen  Stellen  als  nicht  einwandfrei  bezeichnet 
werden.  Beispielsweise  ist  das  von  Nernst 
angegebene  und  von  Glaser  ausgeführte  Ver- 
fahren zur  Messung  von  Zersetzungsspannungen 
missverstanden  (vergl.  S.  100).  Die  Ausfüh- 
rungen über  die  Indigoreduktion  sind  unan- 
nehmbar;   es    soll  dabei  anodisch  —  ob  pri- 


mär oder  sekundär  —  an  einer  Zinkelektrode 
in  Natronlauge  Wasserstoff  entstehen  —  und 
zwar  durch  den  Strom,  nicht  etwa  durch  Lokal- 
aktion. Es  würde  zu  weit  fuhren,  andere  Irr- 
tümer hier  aufzuzählen. 

Immerhin  ist  das  kleine  Werk  als  ein  Ver- 
such zu  begrüssen,  die  so  reichlich  vorhandenen 
Vorschriften  der  galvanotechnischen  Praxis  wis- 
senschaftlicher Durcharbeitung  näher  zu  rücken. 

A.  Coehn. 

(Eingegangen  16.  September  1901.) 


Karl  Elbs,  Die  Akkumulatoren.  Eine  gemein- 
fassliche  Darlegung  ihrer  Wirkungsweise, 
Leistung  und  Behandlung.  Dritte  vermehrte 
und  verbesserte  Auflage,  gr.  8.  48  S.  mit 
3  Fig.  Leipzig,  Johann  Ambrosius  Barth.  1901. 
M.   I. — . 

Die  kleine  zur  ersten  Information  über  Akku- 
mulatoren vortrefflich  geeignete  Schrift  erscheint 
jetzt  in  dritter  Auflage.  Dem  Theoretiker  kann 
sie  als  beste  Einleitung  zu  dem  die  Grundthat- 
sachen  und  Grundbegriffe  bereits  voraussetzen- 
den unlängst  (2,  465,  1901)  hier  besprochenen 
Werke  von  Dolezalek  dienen. 

Für  eine  Neuauflage  wäre  es  vielleicht  an- 
gebracht, zur  Deutung  der  Wasserstoffentwicke- 
lung bei  Berührung  der  Bleischwammplatte  mit 
einem  Platindrahte  (S.  29)  den  Begriff  der 
Überspannung  heranzuziehen.  Eine  momentane 
Stromentstehung  findet  auch  bei  Berührung  mit 
Kupferdraht  statt.  Aber  Wasserstoffentwicke- 
lung findet  hier  nicht  statt,  weil  es  zur  Ent- 
wicklung gasförmigen  Wasserstoffes  am  Kupfer 
einer  höheren  Spannung  bedarf  als  am  Platin. 

A.  Coehn. 

(Eingegangen   16.  September  1901.) 


Kr.  Birkeland,  Norwegische  Expedition  von 
1899 — 1900  zur  Erforschung  der  Nordlichter. 
8^.  80  Seiten  u.  12  Tafeln.  Christiania,  A.  W. 
Brögger.     1901. 

Das  vorliegende  Werk  ist  eines  der  wenigen 
über  erdmagnetische  Variationen,  die  sich  statt 
auf  lange  Reihen  von  Mittelwerten  auf  Unter- 
suchungen über  Einzelerscheinungen  erstrecken; 
es  ist  sein  Zweck,  die  Natur  der  grösseren 
magnetischen  Störungen  zu  erklären  und  in 
Einklang  damit  die  der  Nordlichter.  Die  ein- 
geschlagenen Wege  sind  vollkommen  neue,  das 
Material  ein  ausgezeichnetes  und  es  ist  das 
Experiment  in  einer  Ausdehnung  zu  Hilfe  ge- 
zogen, wie  dies  seither  noch  nie  geschehen. 


-j 


I02 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5. 


_-  -  1^ 


In  der  Hauptsache  wird  nur  derjenige  Teil 
der  täglichen  Variationen  untersucht,  der  die 
grösseren  Störungen  hervorruft.  Die  Beob- 
achtungen bestehen  durchaus  nicht  nur  aus  den 
Registrierungen  der  Expedition,  sondern  da- 
neben noch  aus  denen  von  Potsdam,  Pawlowsk, 
Paris,  Kopenhagen,  Greenwich  und  Toronto; 
auch  werden  die  Beobachtungen  des  Polarjahres 
1882 — 83  in  eingehender  Weise  besprochen. 

Verf.  geht  von  der  Idee  aus,  diese  Störungen 
seien  von  elektrischen  Strömen  in  den  oberen 
Schichten  der  Atmosphäre  venirsacht,  eine  An- 
nahme, die  seit  Schusters  Untersuchungen  als 
wahrscheinlich  allgemein  angenommen  ist.  Für 
bestimmte  Tage  berechnet  er  aus  den  regi- 
strierten Kurven  gestörter  Tage,  die  Grösse  der 
Totalstörung  zu  jeder  Stunde  und  die  Richtung, 
von  woher  die  Störungsursache  zu  wirken 
scheint.  Ist  einmal  die  Annahme  gemacht,  dass 
die  Ströme  in  der  Atmosphäre  zu  suchen  sind, 
so  geben  die  Variationen  der  Vertikalkompo- 
nente die  Stromrichtung  an,  und  es  gelingt 
dem  Verf.,  ein  System  der  Stromlinien  zu  er- 
halten, das  alle  beobachteten  Erscheinungen 
befriedigend  erklärt.  Aus  den  höheren  Breiten 
treten  die  Stromlinien  dichtgedrängt  in  die  mitt- 
leren Breiten  ein  und  divergieren  bald  so  stark, 
dass  in  diesen  Gegenden  die  Intensität  der 
Störungen  rasch  erheblich  sinkt.  Es  entsteht 
ein  östlicher  und  ein  westlicher  Stromzweig, 
deren  jeder  nach  des  Verf.'s  Vermietung  sich  zu 
einem  Stromwirbel  schliesst.  Innerhalb  dieses 
Systems,  das  im  Räume  ruht,  rotiert  die  Erde, 
wie  dies  bei  dem  Schuster-Bezoldschen  Felde 
der  täglichen  Variation ')  ebenfalls  der  Fall  ist. 
Der  Unterschied  besteht  nur  darin,  dass  das 
Störungsfeld  schnellen  Änderungen  unterworfen 
ist.  Nachdem  diese  Anschauungen  aus  den 
Beobachtungen  der  verschiedenen  Stationen  ab- 
geleitet worden  sind,  zeigt  der  Verfasser  am 
Experimente  die  Möglichkeit  solcher  Strom- 
systeme. Er  benutzt  dazu  einen  kugelförmigen 
Elektromagneten,  dessen  Eisenkern  so  gestaltet 
ist,  dass  er  ein  ähnliches  Feld  besitzt,  wie  die 
Erdpole.  Diesen  Magneten  bringt  er  in  einen 
von  Kathodenstrahlen  durchsetzten  Raum.  Bei 
Erregung  des  Magneten  finden  Ablenkungen 
statt,  welche  durch  Platincyanür  sichtbar  ge- 
macht werden  und  es  zeigt  sich,  dass  der  Gang 
der  Strahlen  den  angenommenen  Strömen  ent- 
spricht. 

Er  untersucht  nun  des  weiteren  experimen- 
tell den  Einfluss  eines  magnetischen  Feldes  auf 
den  Gang  der  Kathodenstrahlen.  Als  Ergebnis 
stellt  er  folgende  Ansicht  hin.  In  Gegenwart 
eines  magnetischen  Feldes  verteilt  sich  die  posi- 
tive Strömung  in  Bändern  durch  das  sogenannte 
Vakuum,  die  ihrerseits  Kathodenstrahlen  zweiter 


l)  Diese  Zeitschr.  %  123,  1900. 


Art  aussenden.  Diese  aber  gehen  wie  die  ge- 
wöhnlichen den  magnetischen  Kraftlinien  ent- 
lang. Er  acceptiert  die  Ansicht  Goldsteins, 
wonach  als  Träger  der  positiven  Strömung  die 
Gasteilchen  selbst  aufzufassen  sind,  und  so  auch 
bei  den  Luftteilchen  der  höchsten  Schichten 
unserer  Atmosphäre.  Hier  bilden  ihre  Gesamt- 
heit jene  Ströme,  welche  die  magnetischen 
Störungen  verursachen;  die  von  ihnen  aus- 
gehenden Kathodenstrahlen  zweiter  Art  bilden 
dann  mit  dem  erdmagnetischen  Felde  die  ver- 
schiedenen Formen  des  Nordlichtes.  Ks  ist 
unmöglich,  an  dieser  Stelle  mehr  als  den  Ge- 
dankengang und  die  Resultate  anzugeben,  doch 
sei  bemerlrt,  dass  die  Ableitung  der  letzteren 
mit  den  Thatsachen  der  Beobachtungen  und 
Experimente  in  vollem  Einklang  steht,  wenn 
sie  auch  erst  auf  langwierigem  Wege  erhalten 
werden. 

Zu  Eingang  des  Werkes  befindet  sich  eine 
Untersuchung  über  simultane  magnetische  Va- 
riationen in  Bossekop  beim  Nordkap  und  Pots- 
dam, d.  i.  über  die  von  Eschenhagen')  ent- 
deckten Elementarwellen  des  Erdmagnetismus. 
Als  es  dem  letztgenannten  Erdmagnetiker  ge- 
lungen war,  Intensitätsunifilare  von  hoher  Em- 
pfindlichkeit herzustellen^),  entdeckte  er  bald 
sehr  regelmässige  Sinuswellen  kleiner  Amplitude, 
die  fast  stets  eine  Periode  von  30  Sek.  besassen 
und  die  kleinsten  Änderungen  des  Erdmagnetis- 
mus darstellen.  Da  ein  System  solcher  Apparate 
in  Bossekop,  der  Station  der  norwegischen  Ex- 
pedition aufgestellt  war,  und  während  mehrerer 
Tage  telegraphisch  vereinbarte  simultane  Re- 
gistrierungen mit  Potsdam  stattfanden,  so  ent- 
stand ein  reichhaltiges  Material.  Meist  waren 
die  zu  gleicher  Zeit  erhaltenen  Kurven  durch- 
aus verschieden,  um  so  überraschender  ist  die 
vollkommene  Übereinstimmung  an  ruhigen 
Tagen.  Eine  Verschiedenheit  ist  überhaupt  nur 
in  der  Grösse  der  Schwankungen  vorhanden, 
während  die  Eintrittszeit  bis  auf  die  Ablese- 
genauigkeit von  s'  in  Bossekop  identisch  ist 
mit  der  in  Potsdam.  Während  dieser  ruhigen 
Zeit  waren  die  Elementarwellen  sehr  regelmässig 
ausgebildet.  Verf.  hat  nun  in  Potsdam  das  ge- 
samte hier  erlangte  Material  an  sogenannten  Fein- 
registrierungen verarbeitet  und  zugleich  das  der 
drei  Monate  in  Bossekop  und  dabei  gefunden, 
dass  eine  grosse  Tendenz  vorhanden,  dass  die 
Elementarwellen  zu  einander  harmonisch  sind. 
Dies  fuhrt  zur  Ansicht,  dass  sie  Oszillation  des 
Erdmagnetismus  oder  der  Erdelektrizität  sind, 
ihrerseits  durch  entsprechende  Entladungen  auf 
der  Sonne  verursacht  und  dass  die  möglichen 
Wellenlängen  die  Eigenschwingungen  des  Re- 
sonators Erde  sind.     Es  ist  zu   erwarten,    dass 


i)  Berl.  SiUungsbericht  82,  1897. 

2)  Verh.  d.  Deutsch.  Phys.  Ges.  1,  147.  1899. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahr^fang.     No.  5. 


die  verschiedenen  Südpolexpeditionen,  die  alle 
mit  Eschenhagens  Feinmagnetometern  aus- 
gerüstet sind,  auch  diese  interessante  Frage 
lösen  werden. 


Potsdam. 


A.  Nippoldt  jun. 
(EiagegBigen  7.  Seplembcr  1901.) 


W.  Martin  and  W.  H.  Rockwell.  Chemistry 
andPhysics.  374S.  London,  Henry KJmp- 
ton.  1901. 
Das  vorliegende  Buch  ist  ein  Repetitorium 
der  Chemie  und  Physik,  welches  in  ähnlicher  I 
Weise  abgefasst  ist,  wieviele  in  Deutschland  ! 
existierende  Repeti tonen  fiir  Mediziner  und 
Pharmazeuten.  Auf  ungefähr  iSoSeiten  werden 
zunächst  die  Hauptthatsachen  der  anorganischen 
und  organischen  Chemie  behandelt,  der  zweite 
Teil  enthält  die  Physik,  Zahlreiche  Abbildungen, 
welche  zum  Teil  französischen  Lehrbüchern  ent- 
nommen sind,  dienen  dazu,  das  Verständnis 
der  Gesetze  und  Erscheinungen  zu  erleichtern. 
Da  das  Buch  fiir  Mediziner  bestimmt  ist,  so 
hätte  wohl  mehr  Rücksicht  auf  deren  Bedürf- 
nisse genommen  werden  müssen;  im  chemischen 
Teil  hätten  die  Elemente  der  seltenen  Erden 
mit  ihren  Verbindungen  kurz  behandelt  werden 
können,  die  osmotischen  Erscheinungen  hätten 
ausfuhrlicher  besprochen,  die  X-Strahlen,  welche 
der  Verfasser  in  drei  Teilen  behandelt  und  mit 
Katbodenstrahlen  verwechselt,  verdienten  wegen 
ihres  grossen  medizinischen  Interesses,  sicher- 
lich eine  eingehendere  Behandlung.  Aus-  | 
stattung  und  Druck  des  Buches  sind  vorzüglich.  \ 
G.  C.  Schmidt. 

(Eingegangen   14.  Oklobcr   iflOt.) 


Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprecliung  vorbehalten.) 

Abhandlmigen  ftue  den  Qebieten  dar  Matbem&tik, 
IPhyBik,  Ohsmie  und  beechralbenden  Naturwissen- 
■ob&ft«n.  FESUchrirt  r.ur  Feiei  des  siebzigslen  Geburts- 
tages TOD  Richard  Dedekind.  Mit  Beilrägeo  vud  H. 
Beckarts,  R.  BUsius,  G.  BodUnder.  G.  Frerich^, 
K.  Fricke.  R.  Meyer,  K.  MUUer,  H.  Weber,  A. 
Wernicke.  Mit  TexUbbildungcn  und  einer  Tafel,  gr.  8. 
Vfll  n.   JS4  S.     1901.     Bnunschweig,  Friedrich  Vieweg  & 


GrRns,  C(Vl,  Anwcndupg  der  elektrischen  Moiueatphutii- 
graphie  auf  die  Untersuchung  von  SchussH.ifTcp.  Mil 
7  Figuren  und  24  Tafeln.  4.  36  S.  190I.  Halle  a.  Ü.. 
Wilhelm  Knapp.     M.  4,—, 

Dampf  and  Blektrlsität.  Die  Technik  im  Anfang  des 
XX.  Jahrhunderts,  ij  lerlegbare,  zum  Teil  bewegliche 
Modelle,  Mit  Zeichenerklärungen  und  erUutemdein  Text. 
35  S.  gr.  4  quer.  1901,  Leipiig,  Otto  Maier.  Ge- 
bunden M.   10, — . 

EToavetia  diotiomiailre  des  Bcienoes  et  do  leurs  Rppli- 
cations,  par  Paul  Poir^,  Edmond  Perrier,  Riiay 
Perrier,  Alex.  Joannis,  Avec  la  collaboration  d'unc 
rcunion  de  savanls,  de  professeurs  et  d'ingenieurs.  En  4S 
fascicules  de  64  pagea  abonitamioenl  illustrees.  gr.  8, 
1901— 1902.  Paris,  Ch.  Delagrave.  I.e  fascicule  t  Fr., 
l'uuvrage  coniplet  40  Ft. 

Finger,  Job.,  Elemenle  der  reinen  Mechanik.  Als  Vor- 
studium 1^  die  analytische  und  angewandte  Mechanik  und 
liir  die  mathematische  Physik  an  l'niversicälcn  und  tech- 
nischen Hochschulen  sowie  lum  Selbstunterricht.  Zweite 
verbesserle  und  verroehtte  Auflage.  Mit  jio  Figuren  im 
Tewe.  gr,  8.  XIII  u,  797  S.  1901.  Wien,  Alfred  Holder, 
M.  20.-. 

von  Häbl,  Arthur  Freiherr,  Die  Entwicklung  der  photo- 
graphischen Bromsilber-Gelatine pktle  bei  iweifelhaft  rich- 
tiger Exposition.  Mit  einer  Tafel,  Zweite  gSnilich  um- 
gearbeitete Au flage(Encyklopädie  der  Photographie  Heft  31). 
8.     VU    u.   70  S.     1901.     Halle   a.  S.,    Wilhelm  Knnpp, 

HuntinglOD,   Edward  V,,    Ober  die  Grundoperaiioaen  ui 
absoluleu   und   komplexen   Grässea   in   geometrischer  Be- 
handlang,    gr.  8.     XVII   u.   63  a.     Br*UD»chweig,    Fried- 
rich Vicweg  &  Sohn,     igoi.     Mk.  1.50, 
Kopp'a,  K.,    Anfangsgründe  der  Physik   mil  Eiuschloss  der 
Chemie  und    mathemalischen   Geographie.     Ausgabe  B  in 
3  Lehrgängen.    Für  höhere  Lehranstalten  nach  den  preus- 
sischen    Lehrplänen    von     1901    bearbeitet    von    A.  Hus- 
mann,    IL  Teil,  Hauptlehrgang.    Kuriere  Ausgabe;  Grund- 
riss  der  Physik.   -Mit  25z  in  den  Text  eingedruckten  Holz- 
schnitten  und    einer  farbigen    Sternkarte,     gr.    8.      VIII  u. 
360  S.   1903.   Essen,  G.  D.  Baedecker.   Gebunden  M.  4.60. 
IiBOher,  EntBt,  Ober  die  Entdeckung  der  elektrischen  Wellen 
durch  H.  Herti  und  die  weitere  Entwickelung  dieses  Ge- 
bietes.     Vortrag,    gehalten  in  der  Hauptsitr.ung  der  Ham- 
burger Versammlung    deutscher  Naturforscher    und    Ante, 
am  13.   September    1901.     gr.    8.      31    S,      1901.      Leipzig, 
Johann  Ambrosius  Barth.     M.    I.30. 
Ostirald.   W.,    Gedenkrede   auf  Robert  Bunsen.     Vortrag, 
gehalten  auf  der  VIII.  Hauptversammlung   der  Deutschen 
Elektrochemischen    Gesellschaft     zu    Freibuiv    i.    B.    am 
iS.  April  1901.   Sonderabdruck  aus  „Zeltscbrilt  für  Elektro- 
chemie",     kl.   8.     38    S.      1901.     Halle   a.  S.,    Wilhelm 
Knapp.     M.   l. — . 
Report  ofthe  Chief oftheWeatherBureau,We«bliigtoD, 
dB  SauBBure,  Horaca.  B6nMiota,  Versuch  Über  die  Hy- 
grometrie,     II.   Heft.     3.  Versuch,  Theorie  der   AusdUns- 
lung.  4.  Versuch,  Anwendung  der  vorhergehenden  Theorie 
auf  einige  Phänomen  der  Meteorologie,    Neuchatel,  1783. 
Mil  1  Figuren  herausgegeben  von  A,  J.  von  Oettingen. 
kl.  S.     170  S.     1900.    Leipzig,  Wilhelm  Engelmann.    Ge- 
bunden M.  a.40. 
Bieg.  E.,  Die  Akkumulatoren.   Mit  56  Abbildungen.   (Hand- 
buch der  Elektrotechnik.)    Band  III,  Abteilung  Z.    4.    VIII 
u.  HZ  S.     1901.     Leipzig,  S.  Hinel.     M.  5. — , 
'Vniihal  ^VlltislTn    !)]»■  physikalischen  und  chemischen  Me- 
a  Bestimmung  organischer  Verbin- 
1.     Die    physikalischen   Methoden, 
druckten  Figuren.     XIV  a.  593  S. 
len  Methoden.   Mit  al  in  deo  Text 
X  u.  530  S.     190a,     Berlin,  Julius 
Gebunden   M.  36,40. 
Diagramme    der   elektrischen  und 
und    Bewegungen,     Zugleich    ein 
lg  der  F'ragen:    Was  ist  Etektriii- 
nus.     In  C  bereinstimmung  mit  den 
rimental -Untersuchungen.      Mit   ca. 
auf   10  lithogr.   Quarttafeln,     Als 
8.     64  S.     1901.    Leipiig.  Jobann 
undea  M,  4.50. 


I04 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  5 


Briefkasten* 

Zu  meiner  kurzen  Notiz  in  dieser  Zeitschrift  8,  46,  1902, 
erlaube  ich  mir  mitzuteilen,  dass  mir  nachträglich  eine  Be- 
merkung in  der  Arbeit  des  Herrn  Wehnelt,  Wied.  Ann.  68, 
241,  1899  bekannt  wurde;  dort  hat  bereits  Herr  Wehnelt 
bei  Wechselstrom  die  Vorschaltung  von  Gleichrichtzellen  vor 
seinen  Wehneltunterbrecher  empfohlen. 

Berlin,  10.  November  1901.  E.  Knoblauch. 


Tagesereignisse. 

Herr  Prof.  von  Bezold,  der  Direktor  der  königl.  meteo- 
rologischen Anstalt,  veröffentlicht  im  „Reichsanzeiger*'  folgen- 
des: „In  verschiedenen  Blättern  findet  sich  eine  Notiz,  wonach 
die  Errichtung  einer  elektrischen  Centrale  und  die  Einrichtung 
elektrischen  Betriebes  in  Potsdam  baldigst  erfolgen  werde, 
nachdem  der  Einspruch  des  magnetischen  Observatoriums 
„als  unbegründet  zurückgewiesen"  worden  sei.  Die  Schilderung 
entspricht  den  Thatsacheu  keineswegs,  sondern  das  Observa- 
torium, beziehungsweise  das  kgl.  meteorologische  Institut  hat 
seinen  Einspruch  zurückgezogen,  nachdem  auf  Grund  ein- 
gehender Beratungen  zwischen  dem  Observatorium  und  der 
Strassenbahn  eine  Verständigung  erzielt  worden  war.  Die 
Direktion  der  Strassenbahn  erklärte  sich  auf  Grund  dieser 
Verhandlungen  bereit,  isolierte  Hin-  und  Rückleitungen  aus- 
zuführen und  auch  die  sonstigen  Vorsichtsmassregeln  zu  treffen, 
die  zum  Schutze  der  ungestörten  magnetischen  Beobachtungen 
von  Seiten  des  Observatoriums  verlangt  wurden." 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Facbgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Der  Lehrstuhl  des  verstorbenen  Geh.  Rat  Doergens  an 
der  Technischen  Hochschule  zu  Berlin  bleibt  auch  noch  im 
kommenden  Winterhalbjahr  unbesetzt.  Mit  Genehmigung  des 
Ministers  wird  Privatdozent  Reg.-Baumeister  Schulz  den 
Unterricht  in  der  niederen  Geodäsie,  das  geodätische  Prakti- 
kum und  das  Planzeichnen,  Privatdozent  Dr.  Galle  die  höhere 
Geodäsie  vertretungsweise  übernehmen. 

Der  Privatdozent  der  Mathematik,  Professor  Dr.  G. 
Bohlmann  in  Göttingen  ist  zum  ausserordentlichen  Professor 
ernanht  worden. 

Der  ordentliche  Professor  der  darstellenden  Geometrie  an 
der  Technischen  Hochschule  in  Braunschweig,  Dr.  R.  Müller, 
hat  einen  Ruf  an  die  Technische  Hochschule  in  Wien  abgelehnt. 

Der  Apotheker  Dr.  Otto  Linde  hat  sich  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  in  Braunschweig  als  Privatdozent  für 
Pharmakognosie  habilitiert. 

Prof.  Dr.  E.  Pringsheim,  Privatdozent  fiir  Physik  an 
der  Berliner  Universität,  hat  einen  Ruf  als  ausserordentlicher 
Professor  nach  Greifswald  erhalten,  jedoch  abgelehnt. 

An  der  Universität  Freiburg  i.  Br.  haben  sich  Dr.  Wil- 
helm Meigen  und  Dr.  Erwin  Rupp  als  Privatdozenten  für 
Chemie  habilitiert. 

Der  Assistent  am  chemischen  Laboratorium  der  Rostocker 
Universität,  Dr.  Franz  Kunckell,  hat  sich  dort  als  Privat- 
dozent für  pharmazeutische  Chemie  habilitiert. 

Prof.  Willibald  Nagel  in  Freiburg  erhielt  einen  Ruf 
nach  Berlin  als  Vorsteher  der  physikalischen  Abteilung  des 
physiologischen  Instituts  der  Universität,  an  Stelle  des  jüngst 
verstorbenen  Prof.  Arthur  König. 

An  der  neuerrichteten  tschechischen  Technischen  Hoch- 
schule in  Brunn  wurden  ernannt:  Architekt  Joseph  Berti 
zum  ordentlichen  Prof.  für  Hochbau,  Oberingenieur  Leopold 
Grimm  zum  ordentlichen  Prof.  für  Konstruktionslehre  der 
Maschinenteile  und  Maschinenbau  I.  Kurs,  Ingenieur  Franz 
Haga  zum  ordentl.  Professor  der  mechanischen  Technologie, 
Ingenieur  Zdenko  Elger  v.  Eigenfeld  zum  ordentl.  Pro- 
fessor der  allgemeinen  und  theoretischen  Maschinenlehre,  Bau- 


kommissar Gustav  Cervinka  zum  ausserordentl.  Professor 
für  Strassen-,  Eisenbahn-  und  Tunnelbau,  Privatdozent  Dr. 
Wenzel  Felix  zum  ausserordentl.  Professor  für  allgemeine 
und  technische  Physik. 

In  Helsingfors  starb  am  2SI  Oktober  der  Prof.  fUr  Ma- 
schinenbaukunde am  dortigen  Polytechnikum  RudolfKolster. 
Er  wurde  1837  in  Hamburg  geboren  und  wirkte  seit  1860  in 
Helsingfors  zuerst  als  Lehrer  an  der  technischen  Realschule 
und  später  nach  der  Umwandelung  derselben  in  das  jetzige 
Polytechnikum  an  dieser  Hochschule. 

Die  von  Prof.  O.  E.  Meyer  an  der  Universität  Breslau 
angekündigte  Vorlesung  über  ,,Experimentalphysik,  IL  T.  und 
praktische  Übungen  im  physikalischen  Laboratoriunl*'  fallt 
wegen  Krankheit  des  Dozenten  aus. 

Der  ausserordentl.  Professor  der  Mathematik  und  Physik 
am  Kgl.  Lyceum  in  Freising  Macher- Regensburg  wurde  zum 
ordentlichen  Professor  ernannt. 

Der  ordentl.  Professor  der  Mathematik  an  der  Universität 
Halle  Cantor  wurde  zum  Ehrenmitglied  der  f,Mathematical 
Society  of  London"  ernannt 

Der  ordentl.  Professor  der  Thermodynamik  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  in  München  P.  v*.  Linde  wurde  zum 
korrespondierenden  Mitglied  der  Akademie  der  Wissenschaften 
Wien  ernannt. 

An  der  Universität  Würzburg  habilitierte  sich  Dr.  Rost 
für  Mathematik. 

In  den  Ruhestand  trat  der  ordentl.  Professor  der  che- 
mischen Technologie  an  der  Technischen  Hochschule  in  Wien 
J.  Oser  und  der  ordentl.  Professor  der  darstellenden  Geo- 
metrie an  derselben  Anstalt  G.  A.  Peschka. 

M.  Berthelot   in  Paris  feierte  sein  fünfzigjähriges  Ju- 
biläum wissenschaftlicher  Thätigkeit. 

Der  Stadtbaurat  Franz  in  St.  Johann  a.  d.  Saar  wurde 
zum  etatsmässigen  Professor  des  Maschineningenieurwesens  an 
der  technischen  Hochschule  in  Berlin  und  der  Ingenieur  Pagel 
in  Langfuhr  zum  Dozenten  des  praktischen  Schiffbaues  an 
derselben  Anstalt  ernannt. 

Dem  ausserordentlichen  Professor  der  Astronomie  Dr.  M. 
Wolf  in  Heidelberg  wurde  der  Charakter  als  Hofrat  ver- 
liehen. ^ 

Der  Vorsteher  des  magnetischen  Observatoriums  in  Pots- 
dam, Prof.  Eschenhagen,  ist  am  12.  November  gestorben. 

Der  Privatdozent  der  Elektrotechnik  an  der  technischen 
Hochschule  in  Wien  Dr.  Reithoffer  wurde  zum  ausser- 
ordentlichen Professor  ernannt. 

Dem  etatsmässigen  Professor  der  techn.  Chemie  an  der 
Technischen  Hochschule  Dr.  Stahlschmidt  in  Aachen  wurde 
der  Charakter  als  Geh.  Regierungsrat  verliehen. 

Der  Generaldirektor  der  Aachener  chemischen  Fabrik 
„Rhenania",  Robert  Hasenklever,  wurde  vom  Senat  der 
Technischen  Hochschule  in  Karlsruhe  ehrenhalber  zum  Doktor- 
ingenieur ernannt. 

Die  Stellvertretung  im  Unterricht  für  Dampfmaschinenbau 
an  der  Technischen  Hochschule  in  Karlsruhe  wurde  an  Stelle 
des  in  den  Ruhestand  getretenen  Prof.  Geh.  Rat  Josef  Hart 
dem  Assistenten  der  Maschinenbau-Abteilung  Regierungsbau- 
meister Georg  Köhler  übertragen. 

Der  Professor  der  Mathematik  an  der  Bergakademie  zu  Frei- 
berg, Oberbergrat  Dr.  Papperitz,  der  derzeitige  Rektor  der 
Anstalt,  hat  einen  Ruf  an  die  Technische  Hochschule  zu  Wien 
erhalten,  denselben  jedoch  abgelehnt. 

Die  Medaillen  der  Londoner  Royal  Society  haben  folgende 
Forscher  erhalten:  die  Copley- Medaille  erhielt  Prof. 
Gibbs  für  seine  Beiträge  zur  mathematischen  Physik,  eine 
königliche  Medaille  Prof.  Ayrton  für  seine  Beiträge  zur 
Wissenschaft  der  Elektrizität,  die  Davy- Medaille  Prof. 
Liveing  für  seine  Beiträge  zur  Spektroskopie,  die  Sylvester- 
Medaille  Prof.  Poincare  in  Paris  für  seine  vielen  und 
wichtigen  Beiträge  zur  Mathematik.  Die  Auszeichnungen 
wurden  wie  gewöhnlich  bei  der  allgemeinen  Jahresversamm- 
lung am  St.  Andreastage  (30.  November),  dem  Stiftungstagc 
der  Royal  Society,  ihren  Empfangern  Übergeben, 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Göttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipii;. 

Dmck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.6. 


15.  Dezember  1901. 

Redaktionsschluss  für  No.  7  am  19.  Dezember  1901. 


OrigiMlniitteiiungen: 

K.  R.  Johnson,  Einige  liemerkungen 
über  den  Wehneltschen  Unterbrecher. 
S.  105. 

Mitteilungen  aus  dem  physikalischen 
Institute  d.  Universität  St.  Petersburg, 
No.  I:  W.  Loevy,  Über  die  Elek- 
trizitätszerstreuung in  der  Luft.  S.  106. 

K.  Schrcber,  Der  Mensch  als  kalo- 
rische Maschine  und  der  zweite 
Hauptsatz.     S.  107. 

R.  Kempf-Hartmauu,  Notiz  über 
die  Wärmeabgabe  eines  dünnen 
Drahtes  in  einer  ausgepumpten  Glas- 
röhre.    S.   109. 

R.  Ab  egg,  Ai)parat  zur  Demonstration 
und  Bestimmung  von  lonenbeweglich- 
keiten.     S.  iio. 

II.  Wann  er,  Über  einen  Apparat  zur 
photo  metrischen  Messung  hoher 
Temperaturen.     S.  112. 

G.  C.  Schmidt,  Über  die  chemische 
Wirkung  der  Kathodenstrahlen.  S.  1 14. 


INHALT. 

G.  C.  Schmidt,  Über  künstliche  Fär- 
bung von  Krystallen  der  Haloidsalze 
durch  Einwirkung  von  Kalium-  und 
Natriumdampf.     S.  115. 

V.  Blaess,  Darstellung  der  Meniskus- 
änderungen gesättigt-dampfförmiger 
Substanzen.     S.  II 5. 

Vorträge  und  Diskussionen  von  der 
73.  Naturforsoherversammlung  zu 
Hamburg: 

J.  Schubert,  Der  Wärmeaustausch 
im  festen  Erdboden,  in  Gewässern 
und  in  der  Atmosphäre.     S.  I17. 

J.  Schubert,  Zur  Ermittelung  der 
Luftfeuchtigkeit  durch  Psychrometer. 
S.   120. 

F.  Ahlborn,  Üb?r  den  Mechanismus 
des  Widerstandes  flüssiger  Medien. 
S.  120. 

R.  Ab  egg,  Eine  neue  Methode  zur 
direkten  Bestimmung  von  lonen- 
beweglichkeiten  in  wässerigen  Lö- 
sungen.    S.  124. 


3.  Jahrgang. 


Besprechungen: 

Handbuch  für  den  Gebrauch  der  photo- 
graphischen Erzeugnisse  der  A.- Ges. 
für  Anilin-Fabrikation.  S.  125. 

Jahrbuch  der  Chemie.     S.  125. 

A.  Hof  mann,  Aufnahmeapparate  filr 
Farbenphotographie.     S.  126. 

Voigtländer  &  Sohn,  Objektive 
und  Hilfsapparate  für  Photographie. 
S.  126. 

M.  Berthelot,  Les  Carbures  d'Hy- 
drog^nc.     S,  126. 

G.  P 1  a  t  n  e  r ,  Die  Mechanik  der  Atome. 
S.  127. 

L.  Donati,  Introduzione  elementare 
alla  Elettrotecnica.     S.  127. 

Jahrbuch  der  Elektrochemie.    S.  127. 

J.Kleiber,  Lehrb.  der  Physik.  S.  1 27. 

C.  M.  van  Deventer,  Physikalische 
Chemie.     S.  128. 

Eingegangene  Schriften.    S.  128. 
Tagesereignisse.    S.  128. 
Personalien.    S.  128. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Einige  Bemerkungen  über  den  Wehneltschen 

Unterbrecher. 

Von  K.  R.  Johnson. 

In  einer  früheren  Mitteilung^)  habe  ich  die 
etwaige  Dauer  der  Eigenschwingung  der  dem 
Wehnelt-Unterbrecher  zugehörigen  Drahtspule 
berechnet,  und  es  ergab  sich  dabei  eine  Formel, 
die  annäherungsweise 


T 


'0 


geschrieben  werden  kann,  wenn  T  die  Schwin- 
gungsdauer, l  die  Drahtlänge,  7^0  die  Lichtge- 
schwindigkeit und  ;/  die  Dielektrizitätskonstante 
des  umgebenden  Isolators  bedeutet.-^)  Ich  glaubte 
dabei  eine  Beziehung  dieser  berechneten  Schwin- 
gungsdauer T  zu  der  Periode  Tj  erwarten  zu 
können,  die  durch  die  von  Hrn.  Simon  aufge- 
stellte Formel 


2) 


r         3    ^-     ,        ^1  ^^ 
2   zu         0,24  j£- 


ausgedrückt  wird,  wo  L  den  Selbstinduktions- 
koeffizienten, 2i'  den  Widerstand  und  £  die  Be- 
triebsspannung bedeutet.^)  Um  die  Beziehung 
zwischen  T  und  Zi  darzustellen,  sei  daran 
erinnert,  dass  die  Formel 

3)  Öo  =  4 

tu 

das  Zeitintegral  des  Extrastromes  darstellt,  wenn 

I]  Diese  Zeitschr.  2,  648,  1901. 

2)  Daa  die  Kapazität  ^2  enthaltende  Glied  kann   wegen 
<Ur  Klciiagl^it  von  y^  ganz  vernachlässigt  werden. 
3)B.Th*  8lltton,  Wied.  Ann.  68,  273,  1899. 


io  die  Intensität  des  konstanten  Stromes  be- 
deutet. Unter  der  Voraussetzung,  dass  kein 
Eisenkern  vorhanden  ist,  können  wir  einen 
anderen  Ausdruck  für  dieses  Zeitintegral  finden. 
Der  Quotient  Ijtf  bedeutet  offenbar  die  Zeit, 
welche  eine  kleine  Elektrizitätsmenge  braucht, 
um  die  ganze  Länge  der  Strombahn  zu  durch- 
fliessen,  wenn  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit 

mit  V  bezeichnet   wird.     Demzufolge    ist   /q 

die  Elektrizitätsmenge,  welche  der  Leiter  in 
jedem  Augenblicke  enthält,  wenn  er  von  einem 
konstanten  Strome  durchflössen  wird;  dieselbe 
Menge  wird  mithin  dem  Leiter  von  dem  an- 
steigenden Strome  erteilt  und  sie  muss  ebenfalls 
während  des  Öffnungsstromes  abfliessen.  Diese 
Elektrizitätsmenge  wird  mithin  vom  Zeitintegrale 
dargestellt  und  es  ergiebt  sich 


4) 


weil     die    Fortpflanzungsgeschwindigkeit     nach 

dem  Gesetze  v  =  vo'Vn  von  der  Dielektrizitäts- 
konstante des  umgebenden  Isolators  abhängt. 
Aus  dem  Vergleich  der  beiden  Gleichungen  (3) 
und  (4)  erhält  man 


5) 


^'0 


und  die  Formel  (2)  kann  demgemäss 


_    3   t  /«  CjU-       _   3    ^r     , 

^   0,24  ^•^         4 


2     Vo 
geschrieben  werden. 


0,24^- 


io6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


Für  E  =  cic  ergiebt  sich  somit  die  untere 
Grenze  der  Periode  gleich  ^;i  7\  ein  Wert, 
welcher  jedoch  ein  wenig  überraschend  erscheint, 
weil  man  vielmehr  die  ganze  Dauer  der  Eigen- 
schwingung als  eine  natürliche  untere  Grenze 
der  Periode  für  wahrscheinlich  halten  könnte. 
Beim  Betrachten  der  Gleichung  (5)  findet 
man  sogleich,  dass  sie  keineswegs  als  einwand- 
frei betrachtet  werden  kann,  denn  sie  wurde 
eigentlich  für  einen  geraden  Draht  abgeleitet; 
der  Wert  L  wächst  aber  beim  Aufwinden  des 
Drahtes,  und  für  die  Spule  ergiebt  sich  des- 
wegen L'zl'  y-^  I  vnjvo  und  mithin  ist  ''4  T  im 
rechten  Gliede  der  Gleichung  (6)  zu  klein  und 
muss  vielleicht  durch   T  ersetzt  werden. 

Wir  können  deswegen  die  Gleichung 


als  einigermassen  wahrscheinlich  betrachten  und 
schliessen  daraus,  dass  die  natürliche  Periode 
der  Eigenschwingung  T  durch  den  Aufwand 
von  Arbeit  im  Unterbrecher  zunimmt.  Um  so 
grösser  die  Stromenergie  y/f,  um  so  schneller 
wird  die  zum  Unterbrechen  nötige  Gashülle  um 
die  Anodenspitze  entwickelt  und  um  so  kleiner 
wird  die  Differenz  7^  —  7".  Jedoch  darf  man 
wohl  kaum  den  Verlust  als  Energieverlust  allein 
auffassen,  denn  zum  Teil  geht  Elektrizitäts- 
menge durch  das  Ausströmen  von  der  Anoden- 
spitze in  den  Elektrolyten  verloren,  zum  Teil  wird 
die  Stromesarbeit  zur  Entwickelung  von  Gasen 
und  Wärme  angewandt.  In  der  obigen  Formel 
wird  nur  der  Energieverlust,  von  Hrn.  Wehnelt 
dagegen  nur  der  Verlust  einer  Elektrizitätsmenge 
berücksichtigt,  weil  er  diesen  Verlust  mit  einer 
sog.  Polarisationskapazität  misst.  Die  beiden 
Anschauungen,  die  von  Herren  Simon  und 
Wehnelt  dargelegt  worden  sind,  scheinen  sich 
mithin  gegenseitig  zu  ergänzen  und  zu  vervoll- 
ständigen. 

Obwohl  die  letztere  Anschauung  gegen- 
wärtig als  von  der  ersteren  widerlegt  be- 
trachtet wird,  so  scheint  mir  jedoch  eine  That- 
sache  für  die  Wehnelt  sehe  Anschauung  vor- 
geführt werden  zu  können,  nämlich  das  Variieren 
der  Schwingungsdauer  zwischen  Grenzen,  die 
sich  wie  etwa  i  :  2  verhalten.  Diese  Thatsache 
scheint  mit  dem  Verhalten  der  Schwingungen 
eines  Resonators  einigermassen  übereinzu- 
stimmen, denn  ein  drahtförmiger  Resonator 
besitzt  eine  Wellenlänge  (X  =--  2/),  die  der  dop- 
pelten Drahtlänge  entspricht.  Wenn  eine  Ka- 
pazität an  dem  einen  Ende  des  Resonators  ange- 
bracht wird,  so  nimmt  die  Wellenlänge  zu  und 
erreicht  beim  Unendlichwerden  dieser  Kapazität 
die  Länge  X  =  4/.  Die  Schwingungsdauer  des 
Resonators  variiert  mithin  in  diesem  Falle  im 
Verhältnisse  i  :  2,  wenn  die  Kapazität  von  o 
bis  auf  'yc  wächst,  und  ein  derartiges  Verhalten 


zeigt  ebenfalls  der  Unterbrecher,  wenn  auch  das 
Verhältnis  i  :  2  unbestimmter  ist.  Die  an  den 
Elektrolyten  abgegebene  Elektrizitätsmenge  kann 
nämlich  zwischen  o  und  '^  variieren,  und  dem 
Werte  o  entspricht  eine  sog.  Polarisations- 
kapazität o;  dem  Werte  "^^  eine  unendliche 
Kapazität. 

Eine  weitere  Diskussion  dieses  Gegenstandes 
darf  wohl  als  zwecklos  betrachtet  werden,  denn 
es  bleibt  doch  in  letzter  Linie  den  Versuchen 
vorbehalten,  die  Theorie  des  Unterbrechers  zu 
vervollständigen.  Jedoch  halte  ich  die  vor- 
stehende Betrachtung  nicht  ganz  für  nutzlos,  da 
sie  vielleicht  bei  künftigen  Versuchen  berück- 
sichtigt werden  kann. 

(Eingegangen  i.  November   1901.) 


Mitteilungen  aus  dem  physikalischen  Institute 
der    Universität    St.    Petersburg.       (Direktor: 

J.  Borgmann.) 

No.  1:  W.  Loevy,  Über  die ElektrisitätszerBtreuung 

in  der  Xiuft. 

Im  Sommer  des  Jahres  1901  unternahm  ich 
eine  Reihe  von  Messungen  der  Elektrizitäts- 
zerstreuung in  freier  Atmosphäre,  um  die  Ab- 
hängigkeit des  Zerstreuungskoeffizienten  von 
meteorologischen  Umständen  und  der  elektri- 
schen Ladung  des  Körpers  festzustellen. 

Die  Messungen  wurden  mit  einem  Elektro- 
skop  ausgeführt,  dessen  Anordnung  von  der 
bei  Elster  und  Geitel  beschriebenen')  in 
folgendem  abwich: 

1.  Um  der  direkten  Bestrahlung  und  der 
Luftbewegung  leichten  Zutritt  zum  Zerstreuungs- 
körper zu  verschaffen,  wurde  letzterer  nicht 
mit  einer  Hülle,  sondern  mit  einem  weit- 
maschigen (4  qcm)  Drahtnetz  umgeben.  Wie 
ich  mich  überzeugte,  schützt  ein  solches  Netz  den 
Zerstreuungscylinder  vollständig  vor  den  äusse- 
ren elektrischen  Kräften.  , 

2.  Um  mit  grösseren  Ladungen  operieren 
zu  können,  vergrösserte  ich  entsprechend  alle 
Teile  desElektroskopes.  Seine  Höhe  war  100  mm, 
die  des  Zerstreuungscylinder  auch  100  mm. 

3.  Der  Cylinder  wurde  nicht  geschwärzt, 
sondern  vernickelt. 

Als  Isolator  nahm  ich  ,,Copal  Zanzibar", 
dessen  Isolationsvermögen  mir  erlaubte,  das 
zweite  Glied  der  Formel 

als  o  zu  betrachten. 

Der  Zerstreuungskörper  befand  sich  stets 
zwischen  3CK)  und  600  Volt.  Die  Messungen 
wurden  gewöhnlich  ausserhalb  der  Stadt  bei 
normalen    Wetterverhältnissen    ausgeführt.     Ks 

I)  Diese  Zeitschr.  1,   li,   1899. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  6. 


107 


wurde  im  ganzen  99 mal  gemessen:  5 2 mal  mit 
positiver  Ladung,  47 mal  mit  negativer;  79 
Messungen  wurden  in  Rybinsk  ausgeführt,  16 
in  Archangelsk  und  5  im  Gouvernement  Pleskau. 
Die  Luft  war  immer  möglichst  rein. 

Es  erwies  sich,  dass  die  meteorologischen 
Faktoren  von  grosser  Wirkung  auf  die  Er- 
scheinung sind. 

Der  Zerstreuungskoeffizient  ist  in  starker 
Abhängigkeit  von  der  Geschwindigkeit  des 
Windes;  selbstverständlich  wächst  er  mit  dem 
Winde.  Bei  schwacher  Luftbewegung  (unter 
I  ni  in  I  Sek.)  kann  diese  Wirkung  durch  an- 
dere meteorologische  Elemente  verdrängt  werden. 
Aber  nichts  gleicht  dem  stärkeren  Winde  in 
Bezug  auf  seine  Wirkung  auf  die  Grösse  des 
Zerstreuungskoeffizienten.  Während  meiner  Ex- 
perimente erreichte  der  Wind  die  Kraft  von 
ca.  2,5  m  in  i  Sek.,  und  demgemäss  war  die 
Zerstreuung  am  grössten. 

Ebenso  wirkte  auch  die  Temperatur- 
änderung. Die  Schwankungen  der  Temperatur- 
verhältnisse in  meinen  Messungen  (von  12,2^ 
bis  29,7^  C.)  waren  genügend,  um  die  Zunahme 
des  Zerstreuungskoeffizienten  beim  Steigen  der 
Temperatur  zu  zeigen.  Die  Elektrizitätszer- 
streuung nimmt  mit  Zunahme  der  absoluten 
und  relativen  Feuchtigkeit  ab. 

Sie  nimmt  aber  mit  der  Abnahme  des  Luft- 
druckes zu.  Diese  auffallende  Thatsache,  die 
gewiss  nur  in  freier  Luft  mit  kleinen  Schwan- 
kungen des  Luftdruckes  der  Atmosphäre  statt- 
findet, tritt  in  allen  meinen  Messungen  hervor. 

Ebenso  auffallend  ist  auch  die  Thatsache, 
dass,  wie  deutlich  aus  den  von  mir  erhaltenen 
Resultaten  zu  ersehen  ist,  der  Zerstreuungskoeffi- 
zient abnimmt,  wenn  die  Ladung  des  Körpers 
sehr  gross  ist  (gegen  500  Volt).  Letzteres  weist 
darauf  hin,  dass  hier,  wie  in  geschlossenen 
Räumen,  das  Coulomb  sehe  Gesetz  sich  nicht 
bewährt. 

Es  wurde  noch  bemerkt,  dass  die  Zer- 
streuungsgeschwindigkeit immer  gegen  8  Uhr 
morgens  und  8  Uhr  abends  relativ  gross  ist, 
was  etwa  im  Zusammenhange  mit  der  analogen 
Tagesperiode  der  Luftelektrizität  stehen  mag. 

Die  Wirkung  der  Sonnenstrahlen  ist  eine 
ziemlich  beträchtliche.  Sie  beschleunigt  das 
Zerstreuen  der  negativen  Elektrizität.  Im  Gegen- 
teil habe  ich,  während  des  Regens  eine  positiv- 
unipolare Zerstreuung  wahrgenommen. 

Alle  diese  Thatsachen  können  mit  Hilfe  der 
lonentheorie  erklärt  werden,  wenn  man  in  Be- 
tracht zieht,  dass  die  Erscheinung  bei  meinen 
Messungen  nicht  in  ganz  freier  Luft,  sondern 
in  ,, halbgeschlossenem''  Räume  stattfand. 

(Eingegangen    12.  November  1901.1 


Der  Mensch  als  kalorische  Maschine  und  der 

zweite  Hauptsatz. 

Von  K.  Schreber.    . 

Durch  physiologische  Beobachtungen  ist 
Robert  Mayer,  wie  er  selbst  berichtet,  auf 
die  Entdeckung  des  Satzes  von  der  Erhaltung 
der  Energie  gefiihrt  worden.  Es  ist  deshalb 
selbstverständlich,  dass  man  das  Verhältnis 
der  aufgenommenen  Nahrung  zur  Arbeitsfähig- 
keit des  Menschen  und  der  Tiere  seitdem  stets 
unter  dem  Gesichtspunkt  dieses  Satzes  be- 
trachtet hat.  Weder  Mensch  noch  Tier  kann 
mehr  leisten,  als  dem  in  Arbeitseinheiten  aus- 
gedrückten Heizwerte  der  aufgenommenen  Nah- 
rung entspricht. 

Man  kann  aber  diese  Beziehung  zwischen 
Arbeit  und  Nahrung  noch  mehr  dem  bei  kalo- 
rischen Maschinen  geübten  Verfahren  anzupassen 
suchen  und  fragen,  wie  gross  ist  der  Wirkungs- 
grad des  Menschen,  wenn  er  als  Maschine  be- 
trachtet wird;  d.  h.  wie  gross  ist  das  Verhältnis 
der  vom  Menschen  geleisteten  Arbeit  zum 
Heizwert  der  aufgenommenen  Nahrung. 

Da  die  Innentemperatur  des  gesunden 
Menschen  37^  beträgt  und  man  als  niedrigste 
Temperatur  des  im  Menschen  stattfindenden 
Wärmeüberganges  in  erster  Annäherung  die 
mittlere  Lufttemperatur,  also  17^  setzen  darf, 
so  dürfte  nach  den  Gesetzen  der  Thermodyna- 
mik der  höchste  Wirkungsgrad  des  Menschen 
nur 


377-^7 

37  +  273 


100 


6,5^ 


.0 


betragen;  d.  h.  der  Mensch  könnte  höchstens 
6,5  %  der  aufgenommenen  Nahrung  in  Arbeit 
verwandeln. 

Aus  der  Zusammenstellung  von  Angaben 
über  die  aufgenommene  Nahrung  und  über 
die  geleistete  Arbeit,  welche  Rü  hl  mannO  giebt, 
erhält  man  fiir  den  Wirkungsgrad  im  Mittel 
26^0»  2iJso  eine  vielmal  grössere  Zahl,  als  sie 
die  Wärmetheorie  zulässt. 

Nun  sind  aber  einerseits  die  Beobachtungen 
der  Arbeitsmenge,  welche  von  einem  Menschen 
geleistet  werden  kann,  ebenso  schwierig,  wie 
auf  der  anderen  Seite  die  Beobachtungen  der 
zur  Erhaltung  des  arbeitenden  Menschen  nötigen 
Nahrung.  Der  Grund  hierftir  liegt  einmal 
darin,  dass  der  Mensch  auf  kurze  Augenblicke 
seine  Leistung  ganz  ungeheuer  steigern  kann. 
Während  innerhalb  der  täglichen  Arbeitszeit 
die  normale  Leistung  weniger  als  0,1  PS  be- 
trägt, hat  von  Bach  bei  Menschen  an  Feuer- 
spritzen Leistungen  von  0,5  PS  beobachtet  und 
soll  in  Momenten  der  Lebensgefahr  die  Leistung 
bis    weit  über  i  PS  gesteigert  werden  können. 


l)  Kühl  man  11,  A\\^,  Maschinenlehre  l.   1875,  S.  271. 


io8 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


Dann  ist  aber  auch  die  Schwierigkeit  der  Beob- 
achtung darin  begründet,  dass  die  Änderung 
der  Arbeitsmenge  nicht  sofort  eine  Änderung 
der  Nahrungsmenge  bedingt.  So  hat  Voit  an 
einem  Arbeiter  beobachtet,  dass  an  zwei  aufein- 
ander folgenden  Tagen,  von  denen  der  eine 
der  Ruhe,  der  andere  der  Arbeit  gewidmet 
war,  die  Nahrungsaufnahme  genau  die  gleiche  war. 

Man  müsste  also,  um  trotzdem  sichere  Re- 
sultate zu  erzielen,  die  Versuchsdauer  so  lang 
wählen,  wie  die  Periode  beträgt,  innerhalb 
welcher  der  menschliche  Körper  durch  die  auf- 
genommene Nahrung  vollständig  erneuert  ist, 
also  ungefähr  100  Tage. 

Obgleich  nun  derartig  ausführliche  Versuche 
noch  nicht  angestellt  sind,  so  liegen  doch  seit 
der  Zusammenstellung  von  Rühlmann  Beob- 
achtungen sowohl  auf  dem  technischen  wie  auf 
dem  physiologischen  Gebiete  vor,  welche  es 
angezeigt  erscheinen  lassen,  den  Wirkungsgrad 
des  Menschen  als  kalorische  Maschine  neu  zu 
berechnen. 

Über  die  tägliche  Leistung  eines  Menschen 
hat  von  Rziha^)  Beobachtungen  veröffentlicht, 
welche  allgemein  als  den  Thatsachen  ent- 
sprechend angesehen  werden;  danach  beträgt 
die  gesamte  tägliche  Arbeit  eines  Menschen 
127  X  10*'*  mkg. 

Über  die  Nahrungsaufnahme  des  Menschen 
während  der  24  Stunden  des  Tages  liegen  von 
einer  ganzen  Reihe  von  Physiologen  Beobach- 
tungen vor,  aus  denen  Grasmann ^)  unter 
sachgemässer  Berücksichtigung  der  an  Tieren 
gewonnenen  Resultate  das  Mittel  zieht.  Es 
ergiebt  sich  der  Heizwert  der  aufgenommenen 
Nahrung,  bezogen  auf  100  kg  Lebendgewicht 
des  Menschen  im  Mittel  bei  Ruhe  zu  3400  Kai., 
bei  massiger  Arbeit  5400  und  bei  angestrengter 
Arbeit  7600.  Die  unverdaut  abgehende  Nah- 
rung ist  hierbei  schon  in  Abzug  gebracht. 

Setzen  wir  mit  Grasmann  das  Gewicht 
eines  Menschen  gleich  60  kg  und  vergleichen 
die  daraus  sich  ergebende  Zahl  des  Heizwertes 
der  Nahrung  4560  Kai.  mit  den  von  Rziha  ge- 
gebenem Mittelwert  der  Tagesleistung  des 
Menschen,  so  erhalten  wir 

127-10^  ^     0, 

/ — -^.100  =  6.5%, 
4560-428  ^    "        , 

also  genau  denselben  Wert,  wie  ihn  derCarnot- 
sche  Prozess  zwischen  37^  und   17^  ergiebt. 

Es  erscheint  also  hiernach  der  Mensch  als 
eine  vollkommene  kalorische  Maschine. 

Leider  sind  nun  gegen  diese  Rechnung 
einige  Einwürfe  zu  machen,  von  denen  gerade 
der  wichtigste  dieses  günstige  Ergebnis  nach 
der  unwillkommenen  Richtung  hin  abändert. 

Zunächst    muss    man    wohl    zugeben,    dass 

1)  vonK/iha,  Z.  d.  Wrciiis  rleulschci  luJ,^  1S94,  S.  742. 

2)  Gra^mann,  l'hysioloj^ie  d.  Menschen   1900,  S.   52. 


das  Gewicht  eines  Arbeiters  mit  60  kg  etwas 
niedrig  angesetzt  ist;  man  wird  der  Wirklichkeit 
näher  kommen,  wenn  man  das  Gewicht  auf 
70  kg  schätzt.  Dadurch  wird,  da  in  der  Ta- 
belle von  Grasmann  die  Nahrungsaufnahme 
auf  100  kg  Lebendgewicht  bezogen  ist,  der 
Nenner  des  Wirkungsgrades  5320  Kai.,  und  wir 
erhalten  5,6%,  also,  wie  bei  allen  Wärmekraft- 
maschinen, etwas  kleiner  als  das  theoretische 
Maximum. 

Dann  unterscheidet  Grasmann  zwischen 
Ruhe,  massiger  Arbeit  und  angestrengter  Arbeit, 
während  127-10^  mkg  von  Rziha  als  mittlere 
Arbeitsmenge  angegeben  wird.  Vergleichen 
wir  die  von  Grasmann  für  angestrengte  Arbeit 
gegebene  Zahl  mit  dem  Mittel  der  drei  grössten 
Tagesleistungen  nach  Rziha,  141-10^  nikg,  so 
bekommen  wir  6,2  %.  Auch  diese  Zahl  ent- 
spricht noch  der  Forderung  der  Theorie,  dass 
alle  vom  Carnotschen  abweichenden  Prozesse 
einen  kleineren  Wirkungsgrad  haben  müssen 
als  dieser. 

Aber  der  wichtigste  und  einflussreichste  Ein- 
wand kann  wohl  gegen  die  für  den  Carnotschen 
Prozess  angenommenen  Temperaturen  erhoben 
werden,  deren  Feststellung,  wie  bei  vielen  kalo- 
rischen Maschinen,  auch  hier  die  grössten 
Schwierigkeiten  bereitet. 

Ich  habe  als  höchste  Temperatur  des  Pro- 
zesses die  Innentemperatur  des  Menschen  an- 
genommen; man  kann  aber  auch,  und  vielleicht 
mit  grösserem  Recht,  die  Bluttemperatur  39® 
als  solche  ansehen.  Der  durch  diese  Abände- 
rung bedingte  Unterschied  ist  gering,  weil 
sich  dadurch  Zähler  und  Nenner  des  Wirkungs- 
grades, wenn  auch  in  verschiedenem  Masse, 
vergrössern. 

Wichtiger  ist  die  Feststellung  der  unteren 
Temperaturen,  die  aber  gerade  die  grossen 
Schwierigkeiten  bereitet.  Da  die  Kleidung  die 
Wärmeabgabe  an  die  Luft  erschwert,  ent- 
sprechend der  Beobachtung,  dass  der  Mensch 
im  Zustande  der  Ruhe  weniger  Nahrung  auf- 
zunehmen nötig  hat,  als  das  ruhende  Tier, 
beide  Male  bezogen  auf  dasselbe  Lebendge- 
wicht, so  findet  durch  die  Kleidung  hindurch 
ein  Temperaturgefälle  statt,  welches  man  bei 
der  Feststellung  der  Arbeitsfähigkeit  der  dem 
Menschen  zugeführten  Wärme  nicht  in  Rechnung 
setzen  darf  Man  wird  deshalb  als  untere  Tem- 
peratur des  Prozesses  die  Hauttemperatur  an- 
setzen müssen.  Diese  schwankt  an  den  ver- 
schiedenen bekleideten  Stellen  des  Körpers 
zwischen  32,3**  und  35,8^*  und  beträgt  im  Ge- 
sicht 31''. 

Nehmen  wir,  weil  von  den  unbekleideten 
Körperteilen,  eben  weil  sie  unbekleidet  sind, 
mehr  Wärme  ausstrahlt  und  abgeleitet  wird 
als  von  den  bekleideten,  die  letzte  Zahl  als 
massj^^ebcnd,  so  eriialten  wir  für  den  Wirkungs- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  6. 


109 


grad  des  Ca  r  not  sehen  Prozesses  nur  2,6  ^/o.  Im 
Vergleich  mit  dieser  Zahl  sind  auch  die  aus 
den  Zusammenstellungen  von  Riihaund  Gras- 
mann erhaltenen  Werte  5,6  %  bezw.  6,2  % 
wiederum  zu  gross. 

Und  noch  schlimmer  wird  der  Unterschied 
zwischen  Theorie  uud  Erfahrung,  wenn  man 
versuchen  wollte,  diejenige  Arbeit  mit  in  die 
Rechnung  einzusetzen,  welche  von  den,  dem 
Willen  nicht  unterworfenen  Muskeln  geleistet 
wird.  Da  aber  diese  Arbeiten  kleiner  sind, 
als  die  Abweichungen  der  vonRziha  gegebenen 
täglichen  Leistungen  voneinander,  —  beträgt 
doch  die  Arbeit  des  Herzens,  des  kräftigsten 
der  vom  Willen  unabhängigen  Muskeln,  während 
eines  Tages  nur  3  •  lo*^  mkg  — ,  so  hat  es  noch 
keinen  Zweck,  jetzt  schon  die  Rechnung  damit 
zu  erschweren. 

Würde  man  nun  die  Angaben  von  Rziha 
und  Grasmann  für  richtig  und  miteinander 
vereinbar  ansehen,  so  dürfte  man  den  Menschen 
nicht  als  Wärmekraftmaschine  bezeichnen,  d.  h. 
die  Gesetze  der  Thermodynamik  wären  für  den 
Menschen  und  somit  überhaupt  für  lebende 
Wesen  nicht  gültig. 

Wenn  man  sich  aber  der  oben  angeführten 
Schwierigkeiten  der  Beobachtung  erinnert  und 
gleichzeitig  bedenkt,  dass  sich  durch  die  vor- 
liegende Neuberechnung  des  Wirkungsgrades 
der  Unterschied  zwischen  Theorie  und  Erfahrung 
im  Vergleich  mit  dem  oben  angeführten  Rühl- 
m an  n sehen  Werte  ganz  bedeutend  verringert 
hat,  so  wird  man  zu  dem  Schlüsse  geführt, 
dass  durch  weitere  Beobachtungen  auch  die 
jetzt  noch  vorhandene  Differenz  beseitigt  werden 
dürfte. 

Bei  der  Anstellung  neuer  Versuche  und 
Beobachtungen  wird  man  wesentlich  beachten 
müssen,  dass  der  Mensch  nicht  als  einfache 
kalorische  Maschine  angesehen  werden  darf, 
auf  welche  der  zweite  Hauptsatz  ohne  weiteres 
angewendet  werden  kann.  Vielmehr  wird  man 
den  Menschen  mit  einem  Elektrizitätswerk  ver- 
gleichen können,  welches  eine  grosse  Akkumu- 
latorenanlage besitzt. 

Dem  zweiten  Hauptsatz  unterworfen  ist  nur 
die  die  Anlage  treibende  Dampfmaschine. 
Würde  man  den  Wirkungsgrad  derselben  be- 
stimmen wollen  durch  Vergleich  der  durch  den 
Schornstein  abziehenden  Kohlensäure,  welche  als 
Mass  der  verbrannten  Kohlenmenge  dienen  kann, 
mit  der  in  derselben  Zeit  nach  aussen  abgege- 
benen elektrischen  Energie  zur  Zeit  der  vollsten 
Belastung  des  Werkes ,  wenn  also  die  Akkumula- 
toren auch  voll  in  Anspruch  genommen  sind,  so 
würde  man  sicherlich  zu  einem  viel  zu  grossen 
Wirkungsgrad  gelangen;  während  zu  anderen 
Zeiten,  wo  alle  von  der  Dampfdynamo  Efc- 
lieferte  Energie  zum  Laden  der  /* 


verwendet  wird,  der  Wirkungsgrad  der  Maschine 
scheinbar  Null  wird. 

Zu  einem  Wirkungsgrad,  welcher  mit  dem 
aus  dem  zweiten  Hauptsatz  folgenden  verglichen 
werden  darf,  gelangt  man  nur,  wenn  man  dafür 
sorgt,  dass  der  Zustand  des  Werkes  also  na- 
mentlich der  Energiegehalt  der  Akkumulatoren 
am  Anfang  und  Ende  der  Beobachtung  der- 
selbe ist.  Während  aber  beim  Elektrizitätswerk 
die  Konstatierung  dieses  Zustandes  verhältnis- 
mässig leicht  ist,  ist  diese  Feststellung  beim 
Menschen  mit  grossen  Schwierigkeiten  verknüpft, 
und  die  Versuche  müssen  nicht  nur  auf  eine 
hinreichende  Zeit  ausgedehnt  werden,  sondern 
es  muss  auch  stets  der  Körperzustand  des 
Menschen  einer  genauen  Kontrolle  unter- 
worfen sein. 

Erst  wenn  derartige  genaue  Beobachtungen 
vorliegen,  wird  man  endgültig  entscheiden 
können,  ob  auch  der  Mensch  den  Gesetzen  der 
Thermodynamik  unterworfen  ist,  oder  ob  diese 
Gesetze,  entsprechend  den  bis  jetzt  vorliegenden 
Beobachtungen,  auf  lebende  Wesen  nicht  an- 
gewendet werden  dürfen. 

(Eingegangen  i6.  November  1901.) 


Notiz  über   die  Wärmeabgabe  eines  dünnen 
Drahtes  in  einer  ausgepumpten  Glasröhre. 

Von  Robert  Kempf-Hartmann. 

Die  Durchbiegung  eines  eingespannten 
dünnen  Drahtes,  wie  er  bei  den  Hitzdraht- 
instrumenten zum  Messen  von  Wechselströmen 
Verwendung  findet,  wird  kurze  Zeit  nach  dem 
Einschalten  des  Stromes  konstant;  alsdann  über- 
trägt der  Draht  sämtliche  Wärme  durch  Leitung 
und  Strahlung  an  die  Umgebung.  Um  einen 
Anhalt  über  das  Verhältnis  beider  Arten  von 
Wärmeverlust  zu  gewinnen,  beschloss  ich,  das 
Verhalten  eines  Drahtes  im  ausgepumpten  Glas- 
gefässe  zu  untersuchen. 

An  Stelle  des  gebräuchlichen  Platinsilber- 
drahtes verwandte  ich  des  leichteren  Ein- 
schmelzens halber  einen  Platindraht  von 
ca.  0,06  mm  Durchmesser,  der  auf  eine 
Länge  von  30  cm  unter  massigem  Zuge  in 
eine  (Glasröhre  {(i)  eingeschmolzen  war.  Der 
Zug  wurde  noch  vergrössert  durch  ein  kleines 
Glassenkel  (P),  welches  in  der  Mitte  des 
Drahtes  eingehakt  war  und  frei  in  einen  an- 
geblasenen Glasansatz  [A)  hineinragte.  Es  lief 
in  ein  angeschmolzenes  Kügelchen  aus,  worin 
sich  das  Licht  einer  entfernten  Lampe  spiegelte. 
Die  vertikale  Bewegung  dieses  Spiegelbildes 
wurde  durch  Visieren  an  einer' Millimeterskala  (;//) 
gemessen.  Der  gläserne  Fortsatz  (F)  führte  zu 
einer  OuecksilberUiftpiimi)e  mit  Handbetrieb. 
*-*  Stromzuleitung  zu   dem  Hitzdraht  geschah 


HO 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


^ 


g=ü 


m- 


,c 


H6 


V 


=^ 


G 


mittels  zweier  Quecksilbernäpfe,  wodurch  gleich- 
zeitig der  völlige  Luftabschluss  gesichert  wurde. 

Die  Güte  des  Vakuums  beurteilte  ich  nach 
den  Entladungserscheinungen  eines  Indukto- 
riums,  dessen  Sekundärspule  mit  zwei  Stanniol- 
belegungen {S)  in  Verbindung  stand. 

Eine  Akkumulatorenbatterie  von  vier  Zellen 
war  in  Serie  geschaltet  i.  mit  dem  Versuchs- 
instrument, 2.  mit  einem  Hitzdrahtinstrument 
von  Hartmann  &  Braun,  das  bei  0,3  Amp. 
über  die  Skala  ging,  3.  mit  einem  Galvanometer 
für  Milliamperes  und  4.  einem  Stöpselrheostaten. 

Da  es  sich  vorläufig  nur  um  einen  quanti- 
tativen Anhalt  handelte,  so  verzichtete  ich  auf 
die  Berücksichtigung  der  Fehlerquellen  (Tempe- 
raturkoeffizient des  Platins,  Verzerrung  durch 
die  Glasröhre  etc.).  Genauere  Angaben  hoffe 
ich  in  Bälde  mit  Hilfe  eines  Spiegelinstrumentes 
zu  erhalten. 

In  der  Tabelle  bedeutet  a  die  Senkung 
(Durchbiegung)  des  Drahtes  in  Millimeter,  /  die 
Stromstärke   in   Amperes,    /^   die  Zeit,   welche 

bis  zur  Konstanz  der  Durchbiegung  vergeht 
und  /yy  die  zur  Wiedergewinnung  des  Null- 
punktes notwendige  Zeit  in  Sekunden.  Die 
Grössenangabe  von  /^  und  /^y  entspricht  einer 

ganz  rohen  Schätzung. 


Güte  des  Vakuums 


a 


/2 


u 


I. 


Glimmlicht  völlig  ver- 
schwunden, reines  Ka- 
' :   thodenstrahlenvakuum 


3- 
4- 


Wiederbeginn  des 
Glimmlichtes 


I    Kathodenstrahlen  fast 
5.1    verschwunden,  rotes 
6.    Glimmlicht  mit  Schich- 
tenbildung 


0,014 
0,028 

0,028 
0,040 


0,040 
0,065 


2,3  I  0,000085  60 
5,3  0,000148  50 


3.5 
6,0 


0,000223 
0,000267 


\   2,2  0,000730 
5,0  0,000850 


7- 

8. 


3  mm  Jlg 


0,0650    1,5    0,00282 
0,180      5,0    0,00650 


25 
20 


9 
10 


2 
I 


'// 


75 
80 


30 
40 


12 
13 


3 
3 


9- 
10. 


6  cm  Hg 


0,09        1,5    0,00541       —      — 
0)23       5,0    0,01106      —      — 

Bei  weiterem  Luftzutritt  konnte  eine  merk- 
liche Abnahme  der  Empfindlichkeit  nicht  beob- 
achtet werden. 


Es  lässt  sich  also  durch  Evakuieren  eine 
wesentlich  grössere  Empfindlichkeit  herstellen. 
Im  vorliegenden  Falle  genügt  beim  besten  Va- 
kuum '/|o  des  Stromes,  um  den  gleichen  Aus- 
schlag herbeizuführen  wie  bei  normalen  Luft- 
verhältnissen; dies  entspricht  der  hundertfachen 
Empfindlichkeit. 

Dem  Nachteil  der  verlangsamten  Einstellung 
wird  man  zum  Teil  dadurch  begegnen  können, 
dass  man  Drähte  von  noch  geringerer  Dicke  und 
von  grösserem  spezifischen  Widerstand  wählt, 
etwa  Konstantendraht  von  0,03  mm.  Letztere 
Drahtsorte  verwendet  man  bis  jetzt  nicht  gerne, 
weil  sich  die  Oberflächenbeschaffenheit  beim 
Erhitzen  ändert.  Im  Vakuum  wird  dies  nur 
in  geringem  Masse  stattfinden  können.  Ausser- 
dem bliebe  auch  die  Konstante  des  Instrumentes 
im  Vakuum  vor  Schwankungen  bewahrt,  einem 
Übelstand,  der  sich  bei  Versuchen  der  Firma 
Hartmann  &  Braun,  empfindliche  Spiegel- 
instrumente zu  bauen,  leider  bemerkbar  ge- 
macht hat. 

Würzburg,  Physik.  Institut  der  Universität. 

(Eingegangen  i8.  November  1901.) 


Apparat  zur  Demonstration  und  Bestimmung 
von  lonenbeweglichkeiten.  ^) 

Von  R.  Abegg. 

Der  Apparat  (s.  Figur)  besteht  aus  einem 
Kasten  von  rechteckigem  Querschnitt;  die  bei- 
den sich  gegenüberliegenden  grossen  Wände  sind 
Spiegelglasscheiben.  Auf  dem  Rand  des  Kastens 
befinden  sich,  mittels  Schrauben  an  beliebiger 
Stelle  fixierbar:  i.  eine  federnde  Klemme  zum 
Halten  des  Elektrolysierrohres ;  2.  zwei  federnde 
Halter  für  die  beiden  Elektrodenkammern; 
3.  zwei  Klemmschrauben  für  die  Stromzu- 
leitungen (eine  isoliert),  die  durch  Drahtspiralen 
mit  den  in  Korken  befestigten  Platinelektroden 
ständig  verbunden  sind. 


i^  Siehe  Steel e,  Trans.  Chcm.*  Soc.  London  79. 
414 — 429;  Abegg,  Zeitschr.  f.  Eleklrochem.  7,  61 S;  dic<:c 
Zcilschr.  3,  124,   1901.     t  Nuturf.-Vers.-Bor.). 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


Zur  Vorbereitung  des  Versuches  sind  zu- 
nächst die  beiden  EIektrodenl<ammem  mit  den 
Gelees  der  Indikator-Elektrolyten  zu  füllen. 
Diese  werden  hergestellt,  indem  man  ungefähr 
''3  bis  1  normale  Lösungen  von  Li  C/ {ca.  4.%) 
und  Na-acetat  (ca.  1 2  \  kryst.  Salz)  mit  so  viel 
Gelatine  (in  Tafeln)  auf  dem  Wasserbad  versetzt, 
dass  sie  12  bis  20prozentig  an  dieser  sind. 
Durch  Zufiigung  einiger  Körnchen  von  festem 
Hgy-i  bleiben  sie  steril  und  in  gut  verschlossenen 
Gelassen  dauernd  haltbar.  Zum  Verflüssigen 
benutze  man  nur  das  Wasserbad. 

Die  Elektroden  kam  mern  verschliesst  man 
vor  der  Füllung  mit  den  dazugehörigen 
Schlauchst ücken  und  Korken,  die  beide  mit 
Vaseline  einzufetten  sind,  damit  die  erstarrten 
Gelees  nicht  daran  haften ;  man  schiebt  die 
Korkstopfen  so  weit  ein,  da.'is  sie  die  Rohr- 
enden der  Elektrodenkammern  berühren.  Die 
so  montierten  Elektrodenkammern  setzt  man 
in  ihre  Halterklemmen  ein,  füllt  den  Kasten 
mit  kaltem  Wasser  so  hoch ,  dass  es  die 
Kugeln  der  Elektrodenkammern  kühlend  um- 
giebt,  und  giesst  die  verflüssigten  Gelees  so 
hoch  hinein,  dass  die  Kugeln  etwa  halbvoll 
werden.  Das  Ende  der  Erstarrung  ist  dadurch 
konstatier  bar,  dass  das  Gelee  völlig  elastisch 
wird,  was  man  bei  leichtem  Anschlagen  der 
Elcktrodenkammern  an  den  Fingerknöchel  er- 
kennt. Erst  nach  dem  völligen  Erstarren 
(was  bis  Vi  Stunde  dauern  kann,  bei  LiCl 
leicht  noch  mehr)  füllt  man  die  Kammern  bis 
in  den  halben  Hals  mit  dem  flüssigen  Indi- 
kator-Elektrolyten,  der  aus  /,/  W  oder  zur  Vermei- 
dung der  Chloren twickehmg,  die  die  Elektro- 
den angreift,  noch  besser  i/j  .^TÖ,  {-^  Li^CO-^, 
resp.  Ma-acetat  [+  Essigsäure)  in  beliebig  grosser 
Konzentration  (die  Zusätze  an  Essigsäure  nicht 
zu  hoch  wegen  ihres  Angriffs  auf  das  Gelee) 
besteht,    und    setzt    die    Elektroden    ein.     Die 


/./■-Kammer  ist  mit  dem  -|-  Pol,  die  Aietat- 
Kammer  mit  dem  — Pol  der  Stromquelle  von  60 
bis  70  Volt  zu  verbinden.  Das  Elektrolysierrohr 
besitzt  einen  langen  Halteschenkei,  der  zum 
Eingiessen  des  Elektrolyten  oben  trichterförmig 
ausläuft,  die  beiden  kurzen  Schenke!  tragen 
Schlaiichansätze,  welche  die  ihrer  Verschlüsse 
entledigten  Elektrodenkammern  aufnehmen  und 
festhalten.  Man  zieht  das  Elektrolysierrohr  so 
hoch,  dass  die  Schlauchenden  über  das  Wasser- 
niveau des  Kastens  hervorragen  und  giesst  durch 
das  Halterohr  so  viel  einer  etwa  'i'j  normalen 
.V(767-Lösung  (etwa  3%)  ein,  dass  (zur  Ver- 
hütung des  Ein  seh  Hessens  von  Luftblasen)  kon- 
vexe Flüsigkeitsskuppen  über  den  Schlauchenden 
stehen.  Hierauf  schiebt  man  möglichst  schnell 
und  gleichzeitig  die  beiden  Elektrodenkammern 
in  die  Schläuche  des  Elektrolysierrohrs. 

Es  ist  wichtig,  die  Elektroden  schon  zuvor 
mit  der  Stromquelle  verbunden  zu  haben, 
damit  vor  Beginn  der  Elektrolyse  möglichst 
keine  Vermischung  durch  Diffusion  aus  dem 
und  in  das  Gelee  erfolgen  kann.  Die  wan- 
dernden Grenzen  werden  so  mit  Sicherheit  scharf 
und  deutlich. 

Sofort  nach  dem  Zusammensetzen  taucht 
man  den  Apparat  bis  an  den  halben  Hals  der 
Elektrodenkammern  in  das  Wasser, 

Die  wandernden  Grenzflächen  erscheinen 
etwa  \\  bis  längstens  ','1  Stunde  nach  Beginn 
der  Elektrolyse  unterhalb  der  Schlauchver- 
bindungen und  können  dann  in  der  Projektion 
oder  bei  passender  Beleuchtung')  durch Katbeto- 
meterablesung  messend  verfolgt  werden. 

Man  kann  die  Etektrodenkammem  mit  ihrer 
Gelecfullung  mehrfach  benutzen,  wenn  man  den 
flüssigen  Elektrolyten  darüber  entfernt  und 
durch  luftdichten  Verschluss  das  Austrocknen 
verhütet.  Der  Gummischlauch-Kork  verschluss 
am  unteren  Ende  genügt  dazu  nicht,  sondern 
derselbe  muss  in  Wasser  oder  mit  Feuchtigkeit 
gesättigter  Luft  stehen.  Man  signiere  die  Elek- 
trodenkammern mittels  Fettstifts  mit -f-  resp.--. 

Die  Dimensionen  des  gelieferten  Elektrolysier- 
robres  erfordern  bei  Füllung  mit  Xu  (7/-Lösung 
60  bis  70  Volt  Spannung;  will  man  wesentlich 
andere  Spannungen  benutzen,  so  braucht  man 
derartig  veränderte  Längen  des  Elektrolysier- 
rohres,  dass  der  Potentialfall  per  Centimeter 
der   gleiche,   wie    für    die    gelieferte  Dimension 

i)  Da  die  Sichlbaikcil  der  Grenien  auf  Totaltefleiion  der 
beleuchtenden  Lichlstrahlun  iwischen  den  beiden  verschieden- 
brecbendeii  Losungea  beruhl.  so  benutzt  man  vorteilhaft  bei 
diffuser  Beleuchtung  einen  senkrecht  ver^chiebhiren  schwari- 
weissen  Scbirm  mit  scharfem  horizontalen  Rand,  den  man  hinter 
dem  K^islen  leithl  so  einstellen  kann,  dass  die  Ldsungsgtenze 
einen  scharfen  Reflei  giebt,  ähnlich  wie  man  bei  BUrellen- 
ablesungen  einen  seh wari- weissen  Papiersireiren  benutit.  Durch 
Aufwendung  optischer  Hilfsmittel  liesse  sich  die  Beleuchtung; 
natürlich  noch  echeblich  vervolIIionimDen.  Auch  leistet  eine 
])assend  verstellbare  kleine  elektrische  Doppellampe  gute 
Dienste. 


112 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


bei  60  bis  70  Volt  ist.*)  Bei  Benutzung  einer 
3  prozentigen  Xa  C7-Lösung  liegt  die  bei  rich- 
tigem Potentialgefälle  entstehende  Stromstärke 
zwischen  9  und  14  (im  ersten  Augenblick  bis  17) 
Milliamperes  fiir  die  gelieferte  Rohrweite;  sie 
fällt  in  den  ersten  Minuten  des  Stromschlusses 
schnell,  im  Verlauf  des  Vorrückens  der  Grenzen 
langsam  weiter  ab. 

Der  komplette  Apparat  wird  für  24  M.,  eine 
für  kathetometrische  Messung  zur  Beleuchtung 
bestimmte  elektrische  Doppellampe  (4  Volt)  mit 
Kugelgelenkverstellungen  am  Stativ  für  12  M. 
von  Herrn  Mechaniker  Erwin  Kerker,  Schuh- 
brücke 47,  Breslau,  geliefert. 

I)  Die  abgebildete  und  gelieferte  Form  des  Elektrolysicr- 
rohres  ist  natürlich  nur  fUr  leichtere  Indikator-Elektrolyte 
(von  kleinerem  Dichtemodul)  als  der  zu  messende  Mittelelek- 
trolyt brauchbar.  Für  andere  Fälle  sind  andere  leicht  her- 
stellbare Rohrformen  nötig,  wie  die  Figuren  bei  Stecle 
resp.  Ab  egg  (1.  c.)  zeigen. 

(Eingegangen   19.  November  1901.) 


Über  einen  Apparat  zur  photometrischen  Mes- 
sung hoher  Temperaturen. 

Von  H.  Wanner. 

In  dieser  Zeitschrift  i,  226 — 227,  1900  habe 
ich  gezeigt,  wie  mit  Hilfe  eines  Photometers 
auf  Grund  der  Wien  sehen  Formel  die  Tem- 
peratur lichtausstrahlender  Körper  gemessen 
werden  kann.  Bezeichnet  y  die  Intensität  der 
Strahlung,  k  die  mittlere  Wellenlänge  eines 
schmalen  Spektralbezirkes,  T  die  absolute  Tem- 
peratur und  C[  und  C2  zwei  Konstanten,  so  ist 
nach  Planck 


Cn 


0 


y=r,  X'^'C 


IT 


_..""  IT 


e 


Für  kleine  Wellenlängen  wird  der  letzte  Bruch 
gleich  I  und  die  Planck  sehe  Formel  geht  in 
die  Wiensche  über.  Logarithmiert  man  das 
Verhältnis  zweier  Intensitäten  ^t  und  ^o»  so  wird 


^.  _ 


ro 


log    *    =    \  ^  log  c 


% 


0 


7; 


0 


I 

7: 


2) 

Bezeichnen  2,  ^o  und  7i  bekannte  Grössen,  so 
ergiebt  sich  aus  dieser  Gleichung  die  gesuchte 
Temperatur  7i .  Für  die  Konstante  c^  habe  ich 
14500  angenommen. 

Jetzt  habe  ich  einen  !^  handlichen  Apparat 
konstruiert,  der  geeignet  ist,  auch  in  der  Tech- 
nik als  Pyrometer  zu  dienen.  Da  bei  einiger- 
massen  weiten  Temperaturintervallen  die  Licht- 
intensitäten ausserordentlich  zunehmen,  ist  zur 
Messung  derselben  ein  Polarisationsphotometer 
am  zweckmässigsten.  Ist  nämlich  für  /  =  0,6563  n 
und  1000^  C.  die  Strahlung  gleich  i,  so  ist  sie 
für  1500^  das  I34fache,  für  2000 'Mas  2 134 fache. 
Schmidt  &  Haensch  in  Berlin  haben  für 
den  vorliegenden  Zweck  nach  dem  A.  König- 


schen  ein  Spektralphotometer')  hergestellt  mit 
einem  für  X  =---  0,6563  (i  geradsichtigen  Prisma, 
dessen  Okularblende  nur  das  genannte  Licht 
durchlässt.  Durch  geeignete  Wahl  der  optischen 
Bestandteile  hat  das  Instrument  eine  handliche 
Kürze  (30  cm)  bekommen.  Die  Drehung  des 
Okulamikols  wird  an  einem  in  Grade  geteilten 
Kreise  ohne  Nonius  abgelesen,  da  sich  ein  sol- 
cher für  die  technische  Verwendung  von  selbst 
verbot.  Als  Vergleichslicht  dient  eine  vorn  am 
Instrument  angebrachte  6- Voltglühlampe,  deren 
Licht  durch  ein  rechtwinkliges  Prisma  in  den 
Kollimatorspalt  gelangt.  Da  die  eine  Katheten- 
fläche fein  mattiert  ist,  wird  das  beleuchtete 
Feld  sehr  gleichmässig. 

Wegen  des  starken  Lichtverlustes  durch  die 
polarisierenden  Elemente  des  Instrumentes  und 
durch  das  Zwillingsprisma,  sowie  wegen  der 
geringen  Öffnung  des  Prismas,  die  wiederum 
die  Kürze  des  Instrumentes  bedingte,  ist  die 
mit  diesem  Apparate  erreichbare  untere  Tem- 
peraturgrenze etwa  900".  Die  obere  ist  zum 
Teil  willkürlich  und  hängt  zunächst  von  der 
Intensität  des  Vergleichslichtes  ab.  Mit  der 
6- Voltlampe  kann  bis  etwa  2000^  C.  gemessen 
werden.  Hierdurch  wird  für  die  am  meisten 
vorkommenden  Temperaturen  1200® — 1600^  die 
grösste  Empfindlichkeit  erzielt,  wie  die  weiter 
unten  mitgeteilte  Tabelle  ergiebt.  Indessen  lässt 
sich  die  obere  Grenze  der  Temperatur  ausser 
durch  Veränderung  des  Vergleichslichtes  auch 
durch  Einschieben  von  Rauchglas  in  den  Strahlen- 
gang des  zu  messenden  glühenden  Körpers  nach 
Belieben  ändern  und  so  ein  Instrument  her- 
stellen, dessen  Messungsintervall  höher  lieg^, 
oder  das  für  ein  bestimmtes  Intervall  grössere 
Empfindlichkeit  gewährt. 

Wie  ersichtlich  dient  die  von  der  kleinen 
Glühlampe  beleuchtete  mattierte  Kathetenfläche 
als  die  in  der  Gleichung  (2)  angegebene  Nor- 
male ^0  und  7^).  Da  die  Lampe  von  Akku- 
mulatoren mit  10  Amperestunden  Kapazität 
gespeist  wird,  ist  ihre  Helligkeit  während  einer 
längeren  Zeit  als  konstant  anzusehen.  Um  sie 
indessen  immer  wieder,  wenn  nötig,  auf  die- 
selbe Intensität  einstellen  zu  können,  wird  jedem 
Apparate  eine  Amylacetatlampe  beigegeben, 
die  eine  kleine  fest  angebrachte  Mattscheibe 
beleuchtet,  und  deren  Flammenhöhe  durch 
Marken  auf  dieselbe  Höhe  gebracht  wird.  Diese 
Lampe  wird  durch  ein  besonderes  Stativ,  das 
auch  das  Photometer  aufnimmt,  in  eine  unver- 
änderliche Stellung  zu  letzterem  gebracht.  Die 
Einhaltung  dieser  Stellung  ist  sehr  wichtig,  da 
die  verschiedenen  Stellen  der  Mattscheibe  ver- 
schiedene    scheinbare    Temperaturen     ergeben 

I)  Die  Er/eiigunj^  genügend  homogenen  Lichtes  ist  nicht 
anders,  als  durch  spektrale  Zerlegung  möglich.  Versuche  mit 
einem  Kubinglas  an  Stelle  des  Prismas  haben  mir  gezeigt,  dass 
in  diesem  Falle  die  Wiensche  Formel  nicht  mehr  gültig  ist. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


113 


können.  Bei  der  von  mir  gebrauchten  Lampe 
war  diese  scheinbare  Temperatur  durch  Ver- 
gleich mit  der  Strahlung  eines  schwarzen  Kör- 
pers zu   1162^  C.  gefunden. 

Damit  die  Kontrolle  der  Glühlampe  im  Hin- 
blick auf  die  Verwendung  in  der  Technik  mög- 
lichst einfach  vor  sich  geht,  wird  die  Alhidade 
des  Okulamikols  auf  einen  ein  für  allemal  be- 
stimmten Teilstrich  gestellt  und  die  Glühlampe 
durch  einen  eingeschalteten  kleinen  Widerstand 
reguliert,  bis  die  beiden  Gesichtsfeldhälften  des 
Instrumentes  gleich  hell  erscheinen.  Für  ge- 
nauere Einstellungen  kann  man  nunmehr  durch 
verschiedene  erneute  Einstellungen  die  Richtig- 
keit prüfen  und  einen  etwaigen  kleinen  Fehler 
korrigieren.  Es  bleibt  noch  zu  bemerken,  dass 
die  Flammenhöhe  der  Acetatlampe  vom  Okular- 
ende  des  Apparates  aus  kontrolliert  werden  kann. 

Zur  Besprechung  der  Genauigkeit  nehme  ich 
zunächst  an,  dass  der  strahlende  Körper,  dessen 
Temperatur  gemessen  werden  soll,  schwarz,  sei. 
Es  ist  bekanntlich  möglich,  zwei  Flächen  auf 
gleiche  Helligkeit  mit  einem  Fehler  von  i  Proz. 
einzustellen.  Hat  man  nun  bei  1000^  C.  des 
strahlenden  Körpers  dies  Gesichtsfeld  mit 
+  I  Proz.  Fehler  gleich  hell  gemacht,  so  ist  der 
daraus  entspringende  Temperaturfehler  +  0,75®, 
bei  etwa  1500^  +  i,o^  bei  etwa  1800^+  1,1  ^ 
Hieraus  ist  der  Schluss  gestattet,  dass  der  durch 
diesen  Mangel  des  Auges  hervorgerufene  Fehler 
in  der  Temperatur  zu  vernachlässigen  ist,  ein  Um- 
stand, der  bei  dem  rapiden  Wachstum  der  Intensi- 
tät mit  der  Temperatur  nicht  auffällig  sein  kann. 

Eine  weitere  Frage  ist  die,  ob  die  Ablesung 
ohne  Nonius  am  Okularkreise  diese  Genauigkeit 
gewährleisten  kann.  Am  besten  lässt  sich  das 
an  der  Hand  einer  Tabelle  verfolgen.  Die 
2^ahlen  unter  A  bedeuten  Ablesungen  am  Nikol, 
die  unter  T  die  Temperaturen  in  Celsiusgraden. 

ATA 


104 
lOS 

1003 
1012 

9 

117 

I102 

7 

118 

1109 

132 

1202 

7 

133 

1209 

HS 
146 

1300 
1310     • 

10 

ISS 

156 

1408 
1421 

13 

161 

162 

1502 
1623 

21 

165 

166 

1596 
1526 

30 

170 

171 

1799 
1869 

70 

Nimmt  man  nun  an,  dass  Vio^ 
geschätzt  wird,  —  eine  Grösse, 

am  Kreise  richtig 
die  immer  noch 

oberhalb  des  möglichen  Einstellungsfehlers  bei 
I  Proz.  Helligkeitsunterschied  liegt  —  so  ergiebt 
sich  bei  1800^  ein  Unterschied  von  7^.  Die 
Dezimalen  der  Temperaturangaben  sind  deshalb 
von  vornherein  weggelassen. 

Der  hauptsächlichste  Fehler  liegt  in  dem 
Gebrauch  einer  Amylacetatlampe  als  einer  Kon- 
stanten. Die  Leuchtkraft  derselben  hängt  von 
der  Reinheit  des  Brennmaterials,  von  der  Be- 
schaffenheit der  Luft  und  der  Flammenhöhe  ab. 
Die  beiden  ersten  Punkte  glaube  ich  vernach- 
lässigen zu  dürfen,  da  das  Material  genügend 
homogen  dargestellt  wird  und  die  Luft  des 
Zimmers,  in  welchem  eingestellt  wird,  immer 
rein  genug  hergestellt  werden  kann.  Um  den 
Einfluss  der  Flammenhöhe  zu  prüfen,  habe  ich 
die  Höhe  um  2 — 3  mm  variiert.  Dadurch 
änderte  sich  die  scheinbare  Temperatur  (fiir 
X  =  0,6563  fi)  um  weniger  als   i  Proz. 

Nun  ist  ferner  die  angegebene  Art  der  Ein- 
stellung der  Glühlampe  auf  die  Normallampe 
in  Bezug  auf  die  Fehlergrösse  etwa  einer  ein- 
zigen Einstellung  des  Okularnikols  gleich  zu 
achten.  Daraufhin  habe  ich  meine  sämtlichen 
Beobachtungen  durchgesehen  und  gefiinden,  dass 
der  in  der  Temperatur  hierdurch  hervorgerufene 
Fehler  in  seltenen  Fällen  bis  zu  10^  betrug, 
d.  h.  ungefähr  i  Proz.  Wird  nun  die  Tem- 
peratur der  Normalen  um  diesen  Betrag  zu  hoch 
oder  zu  tief  angenommen,  so  wird  die  Ablesung 
bei  1800^  um  etwas  weniger  als  20^  falsch  sein, 
alsonurumetwa  i  Proz.  Im  allgemeinen  wird  jedoch 
bei    einiger   Sorgfalt    der  Fehler   geringer  sein. 

Fasse  ich  alles  zusammen,  so  erhalte  ich 
folgendes  Resultat:  Die  Unfähigkeit  des  Auges, 
Helligkeitsdifferenzen  unter  i  Proz.  zu  be- 
merken, erzeugt  keinen  merklichen  Fehler,  da 
die  Genauigkeit  der  Ablesung  am  Kreise  an 
und  fiir  sich  grösser  ist.  Hierfür  ist  insgesamt 
unter  Umständen  ein  Fehler  von  i  Proz.  mög- 
lich. Da  durch  die  Amylacetatlampe  ein  Fehler 
von  I  Proz.  im  allerungünstigsten  Falle  hinzu- 
kommen kann,  wird  in  diesem  Falle  der  Fehler 
bis  2  Proz.  wachsen  können.  Im  allgemeinen 
wird  der  Fehler  unter  i  Proz.  bleiben. 

Zum  Beweise  folgen  einige  willkürlich  her- 
ausgegriffene Temperaturbestimmungen  eines 
schwarzen  Körpers,  dessen  Temperatur  vor  und 
nach  der  Photometrierung  durch  ein  von  der 
Reichsanstalt  geeichtes  Thermoelement  gemessen 
wurde.  Die  Bestimmung  der  elektromotorischen 
Kraft  desselben  geschah  durch  Kompensation 
und  durch  Vergleich  mit  einem  geprüften  Nor- 
malelement. Der  benutzte  schwarze  Körper 
bestand  aus  zwei  mit  Luftzwischenraum  inein- 
ander geschachtelten  Porzellantiegeln  in  Asbest- 
packung, deren  innerer  drei  durch  Blenden  ab- 
geteilte Kammern  besass.  Die  letzte  enthielt 
das  Thermoelement.  Um  den  äusseren  Tiegel 
war  Platinblech  gewunden,  das  durch  den  Strom 


114 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


des  städtischen  Elektrizitätswerkes  erhitzt  wurde. 
An  dem  Thermoelement  zeigte  sich,  wenn 
längere  Zeit  erhitzt  war,  ziemliche  Konstanz, 
doch  waren,  auch  bei  Auswahl  der  günstigsten 
Stunden  am  Vormittage  niemals  geringe  Schwan- 
kungen zu  vermeiden.  Die  Beobachtungen  wurden 
gemacht,  sobald  die  Konturen  der  letzten  Blende 
nicht  mehr  wahrgenommen  werden  konnten. 
Th.-El.  Photom.  A 

1269,8  1262  — 7yS 

1297,3  1297  —0,3 

1415.1  1420  +4,9 
1248,8                  1240                 — 8,8 

1508.2  1509  +1,2 
1249,8                  1245                 —4,8 

1205.3  ^210  +4,7 

1364,«  1357  —7,8 

1465,1  1461  —3,9 

1181,0  II 84  +3,0 

Die  verschiedenen  Gruppen  von  Messungen 
verteilen  sich  auf  verschiedene  Tage.  Bezüg- 
lich der  Grösse  der  Differenzen  ist  das  oben 
über  die  Schwankung  der  Temperatur  Gesagte 
zu  berücksichtigen. 

Wenn  der  strahlende  Körper  nicht  schwarz 
ist,  ist  eine  allgemeine  gültige  Angabe  des 
Fehlers  nicht  möglich.  Die  meisten  in  der 
Technik  benutzten  Öfen  sind  aber  hinreichend 
schwarz  und  auch  die  Messung  offen  glühender 
fester  und  flüssiger  Körper  wird  innerhalb  der 
von  der  Technik  verlangten  Grenzen  richtig 
sein.  Selbst  bei  Flammen,  die  genügend  un- 
durchsichtig sind  (für  X  =  0,6563),  lässt  sich 
Steigerung  und  Abfall  der  Temperatur  messend 
verfolgen,  während  die  wahre  Temperatur  im 
allgemeinen  höher  als  die  gemessene  sein  wird. 

An  einem  Hochofen  der  Ilseder  Hütte  er- 
hielt ich  aus  Messungen  in  Gegenwart  des  Herrn 
Professor  Rinne  für  die  abfliessende  Schlacke 
1372^,  dieselbe  Temperatur  für  das  Eisen  beim 
Beginn  des  Abstichs  mit  Schwankungen  bis 
1330^  Ji^  ^cr  Form  als  es  noch  flüssig  war: 
bis  1230^  Erstarrendes  Eisen  gab  etwa  ioi2^ 
Schlacke  am  Abstichloch  1400^.  Im  Düsen- 
stock waren  etwa  i6oo^  im  Schauloch,  als  das 
Gebläse  im  Betriebe  war,  2050^ 

Die  Vorteile  des  neuen  Pyrometers*)  sind 
seine  ausserordentliche  Handlichkeit  und  die 
Schnelligkeit  des  Einsteilens,  gegenüber  dem 
Thermoelement  die  unbegrenzte  Dauerhaftigkeit 
und  die  Ausdehnung  der  Skala  bis  zu  den 
höchsten  Temperaturen,  so  dass  die  Einführung 
in  die  Technik  nicht  lange  auf  sich  warten  lassen 
dürfte.  Auch  der  wissenschaftlichen  Chemie  öffnet 
sich  durch  die  Möglichkeit,  hohe  Temperaturen 
exakt  zu  messen,  ein  noch  unbebautes  Gebiet. 


Ti  Zu  beziehen  von  Dr.  K.  Hase,  Hannover. 

Waldhausen,  den  20.  Nov.   1901. 

(^Eingegangen  22.  November  1901.J 


Ober  die  chemische  Wirkung  der  Kathoden- 
strahlen. 

Von  G.  C.  Schmidt. 

Dass  Kathodenstrahlen  lichtempfindliche 
Stoffe  zersetzen,  ist  eine  schon  seit  längerer  Zeit 
bekannte  Thatsache.  Nach  Herrn  Goldstein ^ 
i.st  die  Ursache  dieser  Erscheinung  das  Auf- 
treten einer  ganz  dünnen  Schicht  von  ultra- 
violettem Licht  an  der  Stelle,  wo  die  Kathoden- 
strahlen den  Körper  treffen.  Hierdurch  erklärt 
sich  zwanglos,  dass  Kathodenstrahlen  auf 
Silberchlorid  u.  s.  w.  photographisch  einwirken 
können. 

Man  kann  sich  von  dieser  Wirkung  noch 
eine  andere  Vorstellung  bilden.  Nach  unserer 
heutigen  Auffassung  bestehen  die  Kathoden- 
strahlen aus  fortgeschleuderten  kleinen,  negativ 
geladenen  Teilchen,  den  sogenannten  Elektronen. 
Treffen  sie  auf  ein  Salz,  z.  B.  Silberchlorid, 
welches  aus  einem  positiv  geladenen  Silber- 
und einem  negativ  geladenen  Chloratom  be- 
steht, :  y4^2  "f  ^^2  f  s^  kann  das  Elektron  nur 
auf  die  Weise  dauernd  festgehalten  werden,  dass 
es  die  eine  Valenzladung  des  Silbers  sättigt.  Das 
letztere  vermag  dann  nicht  mehr  zwei  Atome 
Chlor  zu  binden,  das  eine  entweicht,  verbindet 
sich  mit  einem  positiv  geladenen  Elektron  oder 
vereinigt  sich  auf  andere  Weise  zu  einem  in- 
differenten Chlormolekül.     Es  bleibt  somit  das 

Silbersubchlorid  Ag^  "f  ^^  zurück,  bei  dem 
die  eine  Valenzladung  des  Silbers  durch  ein 
Elektron  gesättigt  ist.  Will  man  annehmen, 
dass  das  Chlor  zweiwertig  ist  —  und  das  ent- 
spricht mehr  unseren  landläufigen  Anschau- 
ungen —  so  muss  man  noch  die  weitere  Hypo- 
these  hinzufügen,    dass    das    negative  Elektron 

zum  Chlor  wandert  :  Ag^  T  Cl  . 

Ist  diese  Anschauung  richtig,  dass  die 
Elektronen  direkt  eine  Valenzladung  sättigen 
können,  und  dass  dann  das  negative  Radikal, 
falls  es  flüchtig  ist,  entweicht,  so  müssen  die 
Kathodenstrahlen  alle  Verbindungen 
mit  flüchtigenSäureradikalen  reduzieren. 
Ich  habe  diese  Annahme  geprüft,  sie  hat  sich 
durchweg  bestätigt. 

Die  Zahl  der  Verbindungen,  welche  zu 
einer  Prüfung  gee*ignet  sind,  ist  eine  sehr  be- 
schränkte. Da  nämlich  die  Kathodenstrahlen 
nur  die  äussersten  Schichten  zersetzen,  so 
müssen  die  chemischen  Reaktionen  äusserst 
scharf  sein.  Gleichwohl  habe  ich  doch  Bei- 
spiele für  die  drei  Hauptklassen  von  Ver- 
bindungen, bei  denen  das  Metall  drei-,  zwei-, 
bez.  einwertig  ist  auffinden  können. 

Eisenchlorid  wird  nach  kurzer  Zeit  in 
Eisenchlorür  verwandelt.      Ultraviolettes    Licht 

1)  Wied.  Ann.  U,  832,   1880. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


115 


spielt  hierbei  keine  Rolle,  da  die  Wirkung  durch 
Flussspat  und  Quarz  aufgehoben  wird. 

Quecksilberchlorid  wird  zu  Quecksilber- 
chlorür  reduziert. 

Silberchlorid  geht  in  Silbersubchlorür 
'ili2  ^l  über.  Dass  die  durch  Kathodenstrahlen 
neu  entstehende  Verbindung  die  Zusammen- 
setzung Ag^Cl  besitzt,  konnte  durch  Messung 
des  Potentials  gegen  '/lo  normal  Salzsäure  be- 
stimmt werden.  Das  Potential  des  durch 
Kathodenstrahlen  J  veränderten  Salzes  unter- 
schied sich  noch  nicht  um  ^  j  000  Volt  von  dem 
des  Silbersubchlorürs. 

Haloidsalze  der  Alkalimetalle.  Dafür 
dass  die  an  den  Haloidsalzen  der  Alkalimetalle 
auftretenden  Färbungen  von  Subchloriden  bez. 
Subbromiden  herrühren,  haben  E.  Wiedemann 
und  ichO  ^ine  grosse  Reihe  von  Gründen  bei- 
bringen können.  Mit  Hilfe  des  sehr  empfind- 
lichen, allerdings  auch  sehr  heiklen  Emich- 
schen*-^)  Verfahrens  habe  ich  jetzt  nachweisen 
können,  dass  schon  nach  einmaliger  Bestrahlung 
mit  Kathodenstrahlen  Chlorkalium  nach  dem 
Lösen  in  Wasser  alkalisch  reagiert,  dass  somit 
die  Färbungen  Subchloriden  zugeschrieben 
werden  müssen. 

1)  Wied.  Ann.  64,  78,  1898. 

2)  Monatshefte  für  Chemie  22,  671,  1901. 

Erlangen,  Physikalisches  Institut. 

(Eingegangen  25.  November  1901.) 


Über  künstliche  Färbung  von  Erystallen  der 
Haloidsalze   durch  Einwirkung    von  Kalium- 

und  Natriumdampf. 

Von  G.  C.  Schmidt. 

Bekanntlich  nehmen  die  Haloidsalze  der 
Alkalimetalle  unter  der  Einwirkung  der  Katho- 
denstrahlen mehr  oder  minder  intensive  Färbung 
an.  Herrn  F.  GieseP)  gelang  es,  ähnliche 
Färbungen  zu  erhalten,  dadurch,  dass  er  die 
betreffenden  Haloidsalze  in  zugeschmolzenen 
Röhren  bis  zur  beginnenden  Rotglut  in  Natrium- 
bez.  Kaliumdampf  erhitzte.  Dabei  beschränken 
sich  diese  Färbungen  nicht,  wie  bei  den  durch 
Kathodenstrahlen  gefärbten  Salzen,  auf  eine 
äusserst  dünne  Oberflächenschicht,  sondern  sie 
durchdringen  die  ganze  Masse,  ohne  den 
Krystall  seiner  Klarheit  zu  berauben. 

Sehr  leicht  lassen  sich  diese  Färbungen  auf 
folgende  Weise  erhalten.  Ein  Rohr  aus  schwer 
schmelzbarem  Glase  von  ungefähr  20  cm 
Länge  wird  an  einem  Ende  zu  einer  kleinen 
Kugel    ausgeblasen.      In    dieselbe    werden    ein 

I)  F.   Giescl,  ehem.  Her.  30,    156-158,1897.     ücibl. 
81  337.  i»97. 


zurlhiiiijic 


oder  zwei  Stückchen  Natriummetall  gebracht, 
und  die  Röhre  bei  A  durch  einen  lose  an- 
liegenden Pfropfen  aus  Glaswolle  oder  Asbest 
verschlossen.  Hierauf  wird  etwas  Salz  vS"  ge- 
schüttet, und  damit  dasselbe  nicht  herabfällt, 
bei  B  wiederum  ein  Pfropfen  aus  Glaswolle 
angebracht.  Das  Rohr  wird  durch  einen 
Gummistopfen,  der  zu  einer  Wasserstrahlluft- 
pumpe führt,  geschlossen.  Nachdem  evakuiert 
worden  ist,  erhitzt  man  das  Natriummetall  stark 
mit  einer  Bunsenflamme.  Dasselbe  schmilzt  und 
es  entweichen  dabei  Petroleumdämpfe,  die  durch 
Erhitzen  und  fortwährendes  Pumpen  entfernt 
werden.  Jetzt  wird  auch  das  Salz  mit  einem 
zweiten  Brenner  erhitzt.  Sobald  die  Dämpfe 
des  siedenden  Natriums  mit  demselben  in  Be- 
rührung kommen,  tritt  die  prachtvoll  blaue 
Farbe  des  Subchlorids  auf. 

Die  Methode  hat  vor  der  Gies eischen  den 
Vorzug,  dass  sie  äusserst  leicht  auszuführen 
ist  —  sie  eignet  sich  sehr  zu  einem  Vorlesungs- 
versuch —  und  dass  man  genau  die  Farbenände- 
rung mit  dem  Auge  verfolgen  kann. 

Ich  habe  nach  dieser  Methode  Chlorkalium, 
Chlornatrium  u.  s.  w.  gefärbt.  Natriumkarbonat 
und  Kaliumkarbonat  blieben  unverändert. 

Erlangen,  Physikalisches  Institut. 

(Eingegangen  25.  November  1901.) 


Darstellung  der  Meniskusänderungen  gesättigt- 
dampfförmiger Substanzen. 

Von  Viktor  Blaess. 

Denkt  man  sich  das  spezifische  Volumen, 
den  spezifischen  Druck  und  die  absolute  Tempe- 
ratur eines  Körpers  in  einem  Raumkoordinaten- 
systeme aufgetragen,  so  erhält  man  bekanntlich 
die  Zustandsfläche  dieses  Körpers. 

Von  hoher  Bedeutung  sowohl  für  die 
Naturerkenntnis  als  für  ihre  Anwendung  auf 
das  praktische  Leben  ist  die  genaue  Kenntnis 
desjenigen  Teiles  der  Fläche,  durch  dessen 
Punkte  alle  dampfförmigen  Zustände  einer  Sub- 
stanz bestimmt  sind.  Wenn  keine  Überhitzung 
und  keine  Übersättigung  besteht,  so  ist  be- 
kanntlich die  Dampflfläche  ein  Cylinder,  für 
dessen  Leitlinie  in  Ermangelung  eines  analy- 
tischen   Gesetzes     schon    eine    grosse    Anzahl 


1 


ii6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


empirischer  Formeln  verschiedentlich  in  Vor- 
schlag kamen. 

Da  man  in  einfachster  Weise .  einen  Körper 
dann  als  gesättigt-dampfförmig  bezeichnet,  wenn 
er  als  Dampf  in  Berührung  mit  seiner  Flüssig- 
keit stehen  kann,  so  erkennt  man  leicht,  dass, 
unter  Voraussetzung  einer  bestimmten  Menge 
Substanz,  bei  Veränderung  der  die  Dampffbrm 
bedingenden  Einflüsse  eine  gewisse  Beziehung 
zwischen  dem  Volumen  der  Flüssigkeit  und 
demjenigen  des  darüberstehenden  Dampfes  be- 
stehen muss. 

Um  nun  die  Art  der  Abhängigkeit  von  den 
Temperatur-,  Druck-  und  Volumänderungen  fest- 
zustellen, möchte  ich  hier  kurz  eine  Methode 
kennzeichnen,  die  es  ermöglicht,  an  Hand  einer 
einfachen  Darstellung  die  Vorgänge  leicht  ver- 
folgen zu  können: 


In  der  Figur  liegt  horizontal  die  z/- Achse; 
zu  ihr  senkrecht  ist  die  /-Achse.  Die  als  be- 
kannt vorausgesetzte  Zustandsfläche  einer  be- 
liebigen Substanz,  z.  B.  Kohlensäure,  werde 
durch  Ebenen  parallel  der  T'-/-Ebene  im  Ab- 
stände der  absoluten  Temperaturen  geschnitten, 
so  dass  man  als  Projektionen  der  Schnitte  die 
Isothermen  T^,  7]  etc.  erhält.  Die  untere  Grenz- 
linie der  Dampfregion  sei  F,  die  obere  sei  G, 
Innerhalb  der  Kurve  /-(i  stellt  jeder  Punkt  die 
Substanz  in   gesättigt-clanipfförmigem  Zustande 


dar,  und  denkt  man  sich  einen  solchen  fixiert, 
so  wird  man  gemäss  obiger  Definition  auf  einer 
durch  ihn  gehenden  Geraden  parallel  zur  z^- Achse 
einen  andern  Punkt  finden  können,  dessen  Ab- 
szisse das  Volumen  der  unter  ihrem  Dampfe 
stehenden  Flüssigkeit  ist. 

Um  in  der  Figur  den  Punkt  ß  zu  finden, 
der  in  obigem  Sinne  dem  Punkt  D  in  der 
Dampfregion  zugeordnet  ist,  beachte  man 
folgendes: 

Nach  bekannter  Bezeichnung  ist,  wenn  die 
Einheit  der  Substanz  zu  Grunde  gelegt  ist  und 
man  unter  x  die  spezifische  Dampfmenge  ver- 
steht: 

AC  =  a 

CE=u. 

Hat  das  Gemisch  das  Volumen  v  =  AI),  so 
ist,  da 

V  =  ux  -^  0 
CD 

Ist  AB  das  Flüssigkeitsvolumen,  so  muss  das 
Volumen  BC  verdampft  sein,  also  ist  auch 

CB 
^^  CA' 

d.  h.  bei  zugeordneten  Punkten  B  und  D  muss  sein : 

CD.  CE=CBi  CA. 
Sucht  man  also  die  „Flüssigkeitslinie",  wie  sie 
kurz  heissen  mag,  welche  einer  Kurve  kon- 
stanter Dampfmenge,  der  „Dampflinie",  zuge- 
ordnet ist,  so  hat  man  nur,  um  deren  Punkte 
zu  finden,  beliebige  Parallelen  zur  zz-Achse  von 
der  Grenzlinie  F  bis  zur  Grenzlinie  G  in  dem- 
selben Verhältnis  zu  teilen,  wie  von  F  bis  zur 
/-Achse;  oder  was  dasselbe  ist:  um  eine  Schar 
zugeordneter  Linien  zu  erhalten,  hat  man  be- 
liebige Parallelen  von  F  bis  G  in  ebensoviele 
gleiche  Teile  zu  teilen,  wie  von  F  bis  zur 
/-Achse.  Flüssigkeitslinien  und  Dampflinien 
sind  also  in  gewissem  Sinne  an  F  gespiegelt: 
F  ist  ihre  eigene  Flüssigkeitslinie,  während  die 
/-Achse  der  Grenzlinie  G  als  Flüssigkeitslinie 
zugeordnet  ist. 

Um  nun  die  Meniskusänderungen  bei  Er- 
hitzung einer  Substanz  zu  bestimmen,  z.  B.  in 
einem  geschlossenen  Glasröhrchen,  beachte  man, 
dass  hierbei  das  Volumen  konstant  ist  (das 
Röhrchen  soll  sich  nicht  ausdehnen).  Eine  solche 
Zustandsänderung  wird  dargestellt  durch  eine 
Parallele  zur  /-Achse.  Wo  nun  diese  Gerade 
eine  Dampflinie  schneidet,  liegt  in  demselben 
Abstand  des  Schnittpunktes  von  der  7'-Achse 
auf  der  Flüssigkeitslinie  der  konjugierte  Meniskus- 
punkt. 

In  der  Figur  sind  einige  solcher  Zustands- 
änderungen  gezeichnet,  und  man  erkennt,  dass 
bei  kleinerem  Röhrenvolumen  v^  die  Flüssigkeit 
bei  Erwärmung  allmählich  den  ganzen  Raum 
gemäss    der    Kurve    L^    ausfüllt,    während    bei 


\ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


117 


grossem  Röhre nvolumen  Vr^  der  Meniskus  nach 
der  Linie  L^  sinkt,  bis  aller  Inhalt  verdampft 
ist.  Von  Interesse  sind  die  beiden  wenig  vonein- 
ander verschiedenen  Röhren volumina  z^2  und  7'3. 

Während  sich  noch  die  Röhre  v^  ganz  mit 
Flüssigkeit  füllt,  verdampft  bei  wenig  grösserem 
Volumen  der  Inhalt  vollständig,  wie  dies  die 
Kurve  Z3  veranschaulicht.  Zustandsänderungen, 
welche  also  zwischen  v^  und  ^'3  stattfinden, 
haben  in  der  Nähe  der  kritischen  Temperatur 
grosse  Meniskusschwankungen  zur  Folge,  wie 
die  schraffierte  Fläche  zeigt. 

Alle  diese  Resultate  lassen  sich  leicht  durch 
das  Experiment  bestätigen. 

Dass  das  Volumen  der  Flüssigkeit  im  kriti- 
schen Punkte  ein  „indifferentes  Volumen*'  ist, 
ergiebt  sich  daraus,  dass  jede  Zustandsänderung, 
als  Kurve  aufgefasst,  im  kritischen  Punkte  alle 
Dampflinien,  da  dieselben  sich  hier  berühren, 
schneidet,  so  dass  jeder  Punkt  der  Geraden  PK 
dem  kritischen  Punkte  zugeordnet  ist. 


Wie  man  natürlich  auf  diese  Weise  zu  jeder 
ganz  beliebigen  Zustandsänderung  die  Änderung 
des  Flüssigkeitsvolumens  bestimmen  kann,  so 
sind  auch  umgekehrt  leicht  die  Zustandsände- 
rungen zu  bestimmen,  bei  welchen  die  Meniskus- 
bewegung gewissen  Bedingungen  unterworfen 
sei:  so  kann  z.  B.  diejenige  Zustandsänderung 
von  Interesse  sein,  bei  welcher  das  Flüssigkeits- 
volumen konstant  ist,  d.  h.  bei  welcher  der 
Meniskus  sich  nicht  ändert,  welche  Kurve  da- 
durch gefunden  wird,  dass  man  zu  einer  Paral- 
lelen zur  /-Achse  in  der  Flüssigkeitsregion  die 
konjugierten  Punkte  in  der  Dampfregion  sucht. 
Beachtenswerth  ist  hierbei,  dass  alle  solche 
Kurven  durch  den  kritischen  Punkt  gehen, 
welcher  alsdann  bei  zunehmender  Erwärmung 
auch  als  äusserster  Punkt  jeder  solcher  Zustands- 
änderung bezeichnet  werden  kann. 

Darmstadt,  im  Oktober  1901. 

(Eingegaogen  25.  November  1901.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


J.  Schubert  (Eberswalde),  Der  Wärmeaus- 
tausch im  festen  Erdboden,  in  Gewässern 
und  in  der  Atmosphäre.^) 

Die  Energie,  welche  der  Erdoberfläche  bei 
Erwärmung  durch  die  Sonnenstrahlung  zugeführt 
wird,  teilt  sich  nach  unten  dem  festen  Erdboden 
und  den  Gewässern,  nach  oben  der  Atmo- 
sphäre mit.  Ebenso  wird  bei  Ausstrahlung 
und  Abkühlung  der  Energieverlust  von  Land, 
Wasser  und  Luft  bestritten.  Es  fragt  sich,  wie 
gross  die  hierbei  im  Laufe  der  täglichen 
oder  jährlichen  Periode  umgesetzten  Energie- 
mengen sind.  Bezeichnet  C  die  Wärmekapazität 
pro  V  olumeneinheit,  d^  die  Temperatur,  //  den 
Abstand  von  der  Erdoberfläche,  H  eine  Tiefe, 
in  welcher  die  täglichen  oder  jährlichen  Tem- 
peraturschwankungen verschwinden,  so  ist 

H 


H 


P* 


CO^dh 


die  Energie-  oder  Wärmemenge,  welche  dem 
Boden  pro  Flächeneinheit  zugeführt  wird,  wäh- 
rend die  Temperatur  von  o  auf  ^  Grad  steigt. 
Wir  bezeichnen  sie  kurz  als  Bodenwärme.  Nimmt 
man  für  Wasser  C=  i,  so  wird  der  Ausdruck 

für  die  Wasser\värme  einfach 

n 


//=  jd^ 


d/i. 


Für  die  Luft  fügen  wir  die  Bedingung  hinzu, 
dass  der  Druck  konstant  bleibe,  und  wenn  dann 
Q  die  Dichte,  c/  die  spezifische  Wärme  bedeutet, 
so  nennen  wir 


m  ' 


(//i 


o 


i)  Abteilung  6,  24.  Srptcniber  1901. 


mit  W.  von  Bezold  den  Wärmegehalt  der 
Atmosphäre  bis  zur  Höhe  H,  berechnet  für  eine 
über  der  Flächeneinheit  sich  erhebende  Luft- 
säule, oder  kurz  die  Luftwärme. 

Der  tägliche  oder  jährliche  Wärmeaustausch 
oder  -Umsatz  wird  als  Differenz  zwischen  dem 
Maximum  und  Minimum  von  u  gefunden.  In 
der  folgenden  Übersicht  wurden  die  Angaben 
für  Finnland  durch  Mittelbildung  aus  den  von 
Homen  gefundenen  Zahlen  erhalten,  der  Wert 
für  die  Ostsee  und  der  für  die  Nordsee  nach 
Petterson  angeführt.  Die  anderen  Werte  sind 
von  mir  berechnet,  für  den  Hintersee  nach  An- 
gaben von  Seligo;  die  Temperaturmittel  der 
fünf  dänischen  Leuchtschiflfstationen  (1880 — 87) 
sind  dem  Segelhandbuch  der  Seewarte  für 
die  Ostsee  entnommen.  Zur  Berechnung  des 
Wärmegehaltes  der  Atmosphäre  habe  ich  die 
Formeln  für  die  Lufttemperatur  in  verschiedenen 
Höhen  benutzt,  durch  welche  Hann  die  Re- 
sultate der  Ballonbeobachtungen  nach  Tes- 
sereinc  de  Bort  darstellt  (Meteorul.  Zeit- 
schrift 1 901.  Jan.).  Dabei  ist  der  TYnichtigkeits- 
'   gchalt   auf  Grund   der  Ergebnisse   der  Berliner 


Ii8 


Physikalische  Zeitschrift.     3-  Jahrgang.     No.  6. 


Luftfahrten  als  Funktion  der  Temperatur  an- 
gesehen worden.  Die  Angaben  beziehen  sich 
auf  Paris. 

Man  hat  immer  im  Auge  zu  behalten,  dass 
es  sich  hier  um  Näherungswerte  handelt,  welche 
zum  Teil  nur  die  Grössenordnung  angeben 
sollen.  Insbesondere  wird  die  Berechnung  des 
Wärmegehaltes  der  Atmosphäre  beim  Fort- 
schreiten der  Beobachtungen  der  Verbesserung 
bedürfen;  der  hier  gefundene  Wert  erscheint 
im  Vergleich  zu  dem  von  W.  von  Bezold  be- 
rechneten (1200  calcm'  bis  4  km  Höhe)  etwas 
hoch.  Es  ist  beachtenswert,  dass  bei  den  ver- 
schiedenen Beobachtungsreihen  für  den  täglichen 
Gang  die  Reihenfolge  die  gleiche  ist.  Auch 
der  Wert  für  die  dänischen  Stationen  erscheint 
recht  gut  verbürgt.  Die  übergeschriebenen  Buch- 
staben haben  folgende  Bedeutung: 

a)  Südliches  Finnland  in  der  Nähe  des 
Lojosees.  4  Tage  und  3  Nächte  im  August  und 
September  1892. 

b)  Ebenda.  6  Tage  und  4  Nächte  im  August 
bis  Oktober  1896. 

c)  Eberswalde,  Wald-  und  Feldstation,  Sand- 
boden, oben  humös,  im  Walde  mit  Untergrund 
von  Lehm.  16.  bis  30.  Juni  1879.  Rechts  da- 
neben stehen  die  Werte  des  jährlichen  Wärme- 
austausches in  Eberswalde  für  die  Periode 
1876 — 1890. 

Der  Wärmeaustausch 

im  festen  Boden,  in  Gewässern  und  in  der  Atmosphäre. 


Sitz  des  Wärmeaustausches,  Bodenart, 
Name  der  Gewässer 


Täglicher       Jährl. 
Wärmeumsatz  cal/cm^ 
a    I    b    •    c 


Land:  1 

Moorboden  ^   mit    Nadelwald    be-      15 
Sandboden  f  standen  21      —     24        1290 

Moorwiese i  43       33     — 

Sandboden !  80      65  |  62        1850 

Granitfelsen |  —     134 1  — 

Luft I     2800 

Wasser:  | 

Hintersee    in    der    Provinz    Westpreussen    (tiefste  j 

Stelle  24  m) I  28cxx> 

Ostsee  (bis  55  m  Tiefe) 45000 

Mittel    aus    5  dänischen    Stationen    (auf  grössere 

Tiefe  ergänzt) 46000 

Nordsee  (bis  200  m  Tiefe) '  70000 

Die  Angaben  sind  durchweg  in  Grammkalorien   pro  Quadrat- 

centimeter  gemacht. 

Die  ausserordentliche  Wichtigkeit  der  zu- 
sammengestellten Thatsachen  ist  nicht  zu  ver- 
kennen. Wir  heben  folgende  Hauptpunkte 
hervor. 

Bewaldeter  Boden  hat  einen  geringeren 
Wärmeumsatz  als  freier.  Nasser  Moorboden 
steht  nicht  in  der  Mitte  zwischen  trockenem 
Boden  und  Wasser,  sondern  hat  eine  wesent- 
lich geringere  Wärmeaufnahmefähigkeit  als  das 
trockene  Land.  In  der  obersten  sich  stark 
erhitzenden    Schicht    des    nassen    Moorbodens 


wird  ein  grosser  Betrag  an  Wärme  zur  Ver- 
dunstung verbraucht,  während  nur  wenig  in  die 
Tiefe  dringt. 

Das  Wasser  nimmt  im  Frühjahr  und  Sommer 
unvergleichlich  mehr  Wärme  auf  als  festes  Land 
und  giebt  sie  während  der  kalten  Jahreszeit 
wieder  ab. 

Es  ist  eine  allgemein  verbreitete  Ansicht, 
dass  beim  Verhalten  des  Meeres  die  grosse 
Wärmekapazität  des  Wassers  und  die  Verdun- 
stung ausschlaggebend  sei.  Hiergegen  spricht 
der  Vergleich  zwischen  Moor-  und  Sandboden. 
Die  Wärmekapazität  des  ersteren  übertrifft  die 
des  Sandbodens  und  kommt  der  des  Wassers 
nahe  und  auch  die  Verdunstung  des  nassen 
Moorbodens  ist  erheblich  stärker  als  die  des 
Sandbodens.  Und  doch  vermag  der  Moor- 
boden nur  weniger  Wärme  aufzunehmen  als 
Sand,  während  die  Wärmemenge,  welche  ein 
tiefes  Land  oder  das  Meer  in  der  warmen 
Jahreszeit  aufspeichert,  die  in  das  feste  Land 
eindringende  erheblich  übertrifft.  Charakte- 
ristisch beim  Wasser  ist  das  tiefe  Eindringen 
der  jährlichen  Temperaturschwankungen,  das  im 
wesentlichen  auf  der  Bewegung  des  Wassers 
und  zum  Teil  auch  auf  der  Durchlässigkeit  für 
Wärmestrahlen  beruht  und  das  durch  folgende 
Beispiele  dargelegt  werden  mag. 

Jährliche  Temperaturschwankung  C^ 


Land 


Wasser 


Tiefe 
m 

Königsberg 
14  Jahre 

Hintersee 
Westpreussen 
I  Jahr 

Schulu 

Grund 

Kattegat 

8  Jahre 

0 

20,3 

19,0 

15.5 

5 

3,9 

18,5 

15,1 

0 

i>7 

H,5 

14.8 

»5 

o,x 

7,5 

11,8 

23 

0,0 

6,5 

8,2 

26 

8,1 

Der  feste  Boden  speichert  in  der  warmen 
Tages-  und  Jahreszeit  wenig  Wärme  in  der 
Tiefe  auf,  erhitzt  sich  stark  an  der  Oberfläche 
und  giebt  viel  Wärme  an  die  Luft  ab,  das  Meer 
speichert  viel  Wärme  in  seinen  Tiefen  auf,  er- 
wärmt sich  wenig  an  der  Oberfläche  und  giebt 
auch  entsprechend  weniger  Wärme  an  die  Luft 
ab:  es  wird  also  im  Vergleich  zum  Lande  im 
Frühjahr  und  Sommer  auf  das  Ansteigen  der 
Lufttemperatur  eine  zurückhaltende  Wirkung 
ausüben.  Umgekehrt  vermag  im  Winter  der 
feste  Boden  wenig  Wärme  aus  der  Tiefe  zu 
entnehmen,  seine  Oberfläche  und  die  über- 
lagernde Luft  kühlt  sich  stark  ab.  Das  Wasser 
dagegen  giebt  viel  Wärme  her  und  verzögert 
so  die  Abkühlung  seiner  Oberfläche  wie  der 
Luft. 

Einen  anschaulichen  Massstab  für  die  Be- 
deutung des  Meeres  bietet  der  Satz,  dass  ein 
Flächenteil  in  der  Ostsee  20  bis  30,  in  der 
Nordsee     30    bis    40  mal     soviel    Wärme 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


119 


ivährend  des  Sommers  aufnimmt  als  eine 
gleichgrosse  Landfläche.  Der  Wärme- 
austausch in  der  Atmosphäre  beträgt  (in 
Westeuropa)  etwa  das  1V2 fache  von  dem 
im  Sandboden,  Vts  von  dem  der  Ostsee 
und   V25  von  dem  der  Nordsee. 

Über  den  jährlichen  Gang  des  Wärmegehaltes 
in  den  verschiedenen  Medien  geben  die  fol- 
genden Zahlen  Aufschluss.  Die  Bodenwärme 
bezieht  sich  auf  Eberswalde,  die  des  Wassers 
auf  die  dänischen  Stationen  und  der  Wärme- 
gehalt der  Luft  wieder  auf  Westeuropa  (Paris). 

Wärmegehalt  cal/cm*^. 

Abweichung  der  Monatsmittel  vom  Jahresdurchschnitt 

Jan.        Febr.      März  April  Mai     Juni 

Boden  — 560     — 800     —  8go        — 720     — 280     220 

Luft  — 1040  — isoo  — 1280        — 820       — 10      870 

Wasser     — 18200  —  ^0^00  — 19900    — 14700   — 5100    8700 

Juli       Aug.        Sept.      Oktbr.  Novbr.     Dezbr. 

Boden  630         880       890  620        210      —230 

Luft  1440      1460       1040  420    — 150      —630 

Wasser        21500  25200     23000       12000  — 1000  — 11400 

Für  den  festen,  nahezu  homogenen  Boden, 
für  den  die  Gesetze  der  Wärmeleitung  annähernd 
gelten,  habe  ich  früher  theoretisch  und  an  der 
Hand  von  Beobachtungen  den  Satz  abgeleitet, 
dass  die  Phasen  der  Bodenwärme  gegenüber 
denen  der  Oberflächentemperatur  um  Vs  der 
Schwingungszeiten,  im  Jahre  also  um  1^/2  Mo- 
nate verzögert  sind.  Demgemäss  tritt  das 
Maximum  der  Bodenwärme  in  der  ersten  Hälfte 
September,  das  Minimum  im  März  ein.  Im 
Wasser  und  in  der  Luft,  wo  die  Verhältnisse 
wesentlich  andere  sind  und  die  Bewegung  beim 
Temperaturausgleich  die  Hauptrolle  spielt,  ist 
die  Verzögerung  gegenüber  der  Temperatur  der 
Erdoberfläche  eine  geringere.  Das  Maximum 
tritt  schon  im  August,  das  Minimum  im  Februar 
ein.      Folgende    Zusammenstellung   enthält    die 

Eintrittszeiten  der  Jahresmittel. 

Erstes         Zweites 
Mittel  Mittel 

Temperatur  der  Erdoberfläche  (i  cm) 

Eberswalde  18.  April  13.  Oktober 
T^ufttemperatur  über  dem  FesUande 

Eberswalde  18.      „      16. 

Paris  17.     „      16. 
Lufttemperatur  über  dem  Meer 

dänische  Stationen  5.  Mai    21. 
Temperatur  d.  Wasseroberfläche(o,7  m) 

dänische  Stationen  14.      „       2.  November 
Wärmcgehalt 

der  Luft  (Paris)  16.     „       7.          „ 

des  Wassers   (dän.  Stat.)  27.      „      13.          „ 

des  Bodens  (Eberswalde)  2.  Juni   30.          „ 

Die  nachstehenden,  im  Laufe  der  einzelnen 
Monate  zu-  und  abgeführten  Wärmemengen 
sind  als  halbe  Differenzen  aus  den  benachbarten 
Monatsmitteln  gebildet. 


Zu-(+)  und  abgeführte  ( — )  Wärmemengen 

cal/cm^. 

Jan.       Febr.      März      April      Mai      Juni 


H 


Boden 
Luft     . 
Wasser 

I^oden 
Luft    . 
Wasser 


— 280    — 170        40 

— 340    — 120      240 

—4400    — 900    2700 

Juli      Aug.      Sept. 

330         130       —130 

300     — 200       — 520 

8300         800     —6600 


310       470        450 

640      840        720 

7400    II 700  13800 

Oktbr.    Novbr.    Dezbr. 

—340    —430    —380 
— 600    — 520     — 440 

— 12000 — II 700  — 8600 


Die  grösste  Wärmeaufnahme  findet  im  Mai 
und  Juni,  die  grösste  Abgabe  im  Oktober  und 
November  statt.  Wir  sehen,  wie  z.  B.  im  Ok- 
tober das  Meer  20  mal  soviel  Wärme  abgiebt 
als  die  Atmosphäre  und  3  5  mal  soviel  als  der 
Sandboden.  Ein  Teil  dieser  bedeutenden,  vom 
Wasser  abgegebenen  Wärmemengen  kommt 
natürlich  der  über  dem  Meere  und  den  benach- 
barten Ländern  befindlichen  Luft  zu  gute  und 
verlangsamt  deren  Abkühlung.  Dieser  Zu- 
sammenhang tritt  besonders  deutlich  hervor, 
wenn  wir  gleichzeitig  den  Unterschied  zwischen 
der  Temperatur  der  Wasseroberfläche  und  der- 
jenigen der  überlagernden  Luftschicht  in  Betracht 
ziehen. 

Uberschuss  der  Temperatur  der  Meeres- 
oberfläche   (0,7   m)    über   die   Lufttempe- 
ratur.   (Dänische  Stationen.) 

Jan.  Febr.  März  April        Mai  Juni 

0,9  0,4  0,3  —0,6  —o^y  —0,5 

Juli  Aug.  Sept.  Oktbr.  Novbr.  Dezbr. 

>,2  0,1  0,6  2,0  1,7  1,7 


Der  jährliche  Gang  entspricht  dem  der  ab- 
und  zugefiihrten  Wärmemengen  und  wir  sehen, 
dass  wieder  im  Oktober  die  Tendenz  zur  Ab- 
gabe der  Meereswärme  an  die  Atmosphäre  am 
stärksten  ist. 

Im  Jahresdurchschnitt  ist  die  Meeresober- 
fläche einen  halben  Grad  wärmer  als  die  über- 
lagernde Luft.  Ein  Grund  hierfür  lieg^  darin, 
dass  erkaltete  schwere  Luft  und  erwärmtes, 
leichtes  Wasser  das  Bestreben  haben,  in  der 
Nähe  der  Oberfläche  zu  bleiben  oder  dorthin 
zu  gelangen,  während  überhitzte  Luft  in  die 
Höhe  steigt  und  abgekühltes  und  dadurch 
schwerer  gewordenes  Wasser  nach  unten  hin 
abfliesst.  —  Durch  das  Aufsteigen  wärmeren 
Wassers  wird  die  Abgabe  der  Meereswärme 
im  Herbst  beschleunigt. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  27.  September  1901.) 


I20 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


J.  Schubert  (Eberswalde),  Zur  Ermittelung  der 
Luftfeuchtigkeit  durch  Psychrometer J) 

1.  Für  das  vom  Vortragenden  früher  be- 
schriebene Schleuderpsychrometer  mit  Strah- 
lungsschutz ist  im  November  1899  durch  etwas 
über  100  Vergleiche  mit  dem  Aspirations- 
psychrometer  folgende  Formel  zur  Berechnung 
der  absoluten  Feuchtigkeit  gefunden,  die  für 
einen  mittleren  Barometerstand  von  755  mm  gilt: 

a  =  s'  —  0,54  (/  —  /'). 

2.  Der  Vortragende  zeigt  ein  nach  seinen 
Angaben  konstruiertes  Registrierinstrument  aus 
einem  trockenen  und  feuchten  Thermometer 
bestehend,  das  dem  von  Richard  nachgebildet 
ist.  Bei  der  Benutzung  sind  die  beiden  Re- 
gistrierthermometer möglichst  richtig  zu  stellen; 
dann  wird  nach  den  unkorrigierten  Ablesungen 
die  absolute  und  relative  Feuchtigkeit  mit  Hilfe 
der  gewöhnlichen  Tafeln  bestimmt.  Durch  Ver- 
gleich mit  einem  Normalpsychrometer  werden 
ferner  zwei-  oder  dreimal  am  Tage  die  nötigen 
Verbesserungen  ermittelt  und  bei  Anwendung 
linearer  Ausgleichung  an  die  vorher  bestimmten 
Werte  der  Temperatur,  absoluten  und  relativen 
Feuchtigkeit  angebracht. 

Beide  Instrumente  werden  von  R.  Fuess 
in  Steglitz  bei  Berlin  geliefert. 

I)  Abteilung  6,  24.  Sept.   1901. 

(Selbstreferat   des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  25.  September  1901.) 


Fr.  Ahlborn  (Hamburg),  Über  den  Mechanis- 
mus des  Widerstandes  flüssiger  Medien J) 

Die  Bestimmung  des  Widerstandes  durch 
die  Kraftmenge,  die  zur  andauernden  Unter- 
haltung einer  Bewegung  innerhalb  eines  Mediums 
aufgewendet  werden  muss,  genügt  nicht  dem 
wissenschaftlichen  Bedürfnis,  da  sie  über  die 
Art  und  das  Wesen  des  Widerstandes  selbst 
nichts  aussagt. 

Bei  der  Bewegung  fester  Körper  in  tropf- 
baren oder  gasförmigen  Flüssigkeiten  spricht 
man  vom  Verdrängungs-  und  Reibungs- 
widerstand, d.  h.  man  stellt  sich  vor,  dass 
ein  Teil  jener  Kraft  verbraucht  wird,  um  das 
Medium  aus  der  Bahn  der  Bewegung  zu  ver- 
drängen, ein  anderer  Teil  zur  Überwindung 
der  Reibung  an  den  Oberflächen  des  bewegten 
Körpers. 

Der  Reibungswiderstand  hängt  natürlich 
von  der  Beschaffenheit  der  Oberfläche  des  ein- 
getauchten Körpers  ab.  Er  ist  nicht  unbe- 
trächtlich, zum  Beispiel  bei  Schiffen,  die  bei 
langer  Tropenfahrt  am  Boden  mit  Meeresorga- 
nismen   bewachsen    sind.      Unsere    aus    China 

i)  Abteilung  2,  26.  Sept.   1901. 


heimkehrenden  Kriegsschiffe  hatten  bei  ihrer 
Ankunft  fast  eine  Meile  Geschwindigkeit  ein- 
gebüsst. 

Da  der  Verdrängungswiderstand  im  allge- 
meinen grösser  wird,  wenn  die  Menge  des  zu 
verdrängenden  Wassers  zunimmt,  so  hat  man 
geglaubt,  dass  er  im  wesentlichen  von  der 
Grösse  des  Querschnitts  des  bewegten  Körpers 
abhänge.  Allein  die  Erfahrung  zeigte,  dass 
dabei  die  Form  des  Körpers  von  grosser  Wich- 
tigkeit ist.  Ein  zugespitzter  Gegenstand  bewegt 
sich  erheblich  leichter  durch  das  Medium,  wie 
ein  stumpfer;  und  es  kommt  offenbar  nicht  nur 
darauf  an,  vieviel  Wasser  oder  Luft  verdrängt 
wird,  sondern  ebenso  sehr  auch,  wie  dies  ge- 
schieht; je  nach  der  Form  des  Werkzeuges, 
also  des  bewegten  Körpers,  wird  eben  der 
gleiche  Zweck  auf  verschiedene  Weise  und  mit 
ungleichem  Kraftaufwand  erreicht.  (Das  breite 
Segel  soll  ein  Maximum  des  Widerstandes  er- 
zielen, der  spitze  Pfeil  ein  Minimum.  Der  Vogel 
mit  seinem  Körper  ein  Minimum,  mit  seinen 
Flügeln  ein  Maximum.) 

Das  Ziel  einer  rationellen  Widerstandsfor- 
schung muss  daher  sein:  Die  Ermittelung  des 
Mechanismus,  durch  den  der  Widerstand  des 
Mediums  überwunden  wird;  die  Feststellung 
aller  damit  zusammenhängenden  Strömungen 
innerhalb  des  Mediums  und  der  sie  bedingenden 
Druckverhältnisse,  im  besonderen  der  Druck- 
verteilung an  der  Oberfläche  des  bewegten 
Körpers,  und  graphische  Darstellung  der  Inten- 
sität des  Widerstandes.  Ich  glaube,  dieses  Ziel 
auf  experimentellem  Wege  wenigstens  zunächst 
für  plattenförmige  Körper  erreicht  zu  haben. 
Ob  eine  Aussicht  vorhanden  ist,  die  kompli- 
zierten Gesetzmässigkeiten  des  Widerstandes 
der  mathematischen  Behandlung  zugänglich  zu 
machen,  werden  Sie  selbst  am  Schlüsse  dieses 
Vortrages  ermessen  können. 

I.  Wenn  man  einen  plattenförmigen  Körper 
in  Wasser  eintaucht  und  nach  einer  Richtung 
fortbewegt,  so  entsteht  vor  der  Platte  eine  Er- 
hebung des  Niveaus,  ein  Druckmaximum,  und 
die  Flüssigkeit  fliesst  mit  grosser  Geschwindigkeit 
um  beide  Ränder  nach  hinten  fort.  Hinter  der 
Platte  ist  ein  Gebiet  der  Depression  des  Flüssig- 
keitsniveaus, des  Minderdrucks,  und  in  dem- 
selben sieht  man  gleich  hinter  den  Rändern 
jederseits  eine  trichterförmige  Vertiefung,  um 
welche  die  Flüssigkeit  daselbst  in  wirbelnder 
Bewegung  begriffen  ist.  Der  linke  Wirbel  dreht 
Hnksläufig,  der  rechte  rechtsläufig. 

Die  Bewegungen  lassen  sich  an  den  schwinl- 
menden  Fetttröpfchen  des  Kaffees,  oder  bei 
Benutzung  von  Wasser  an  aufgestreutem  Bär- 
lappsamen genau  verfolgen.  Verwendet  man 
eichene  Sägespäne  als  Streupulver,  so  sinken 
diese  langsam  in  die  Tiefe  des  Wassers  und 
man    kann   erkennen,    dass   die   beiden    Ober- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


121 


flächenwirbel  in  der  Tiefe  bogenförmig  zusammep- 
hängen,  dass  sie  also  nur  den  frei  liegenden 
Durchschnitt  eines  halben  Wirbelringes  von  der 
Art  der  bekannten  Rauchringe  darstellen. 

Zur  objektiven  Festlegung  der  Strömungen 
wurde  die  Photochronographie  angewandt.  Da- 
zu diente  ein  umfangreicher,  durch  Zeichnung 
näher  erläuterter  Apparat,  durch  welchen  an 
einem  Wagen  die  in  Wasser  eingetauchte  Platte 
zugleich  mit  der  über  ihr  angebrachten  photo- 
graphischen Kammer  fortbewegt  wurde.  Den 
Antrieb  lieferte  ein  kleiner  Elektromotor;  die 
Geschwindigkeit  wurde  durch  ein  Schwungrad, 
sowie  durch  elektrische  und  mechanische  Wider- 
stände nach  dem  Metronom  geregelt.  Die  Be- 
lichtung geschah  automatisch  durch  elektrische 
Zündung   von   Magnesium  -  Salpeter  -  Blitzpulver. 

Bei  dieser  Anordnung  erscheint  im  Photo- 
gramm die  Platte  in  Ruhe  und  die  Flüssigkeit 
bewegt. 

Die  Bärlappsporen  ordnen  sich  auf  dem 
Wasser  zu  kleinen  Flöckchen,  die  sich  auf  dem 
dunklen  Untergrunde  des  geschwärzten  Wasser- 
kastens optisch  wirksam  abheben.  Sie  erzeugen 
auf  der  photographischen  Platte  ein  System 
feiner  Linien,  durch  welche  die  Richtung  der 
Strömungen  in  der  Flüssigkeit  in  allen  Einzel- 
heiten mit  grosser  Schärfe  gezeichnet  wird.  Die 
Länge  der  Linien  ist  das  Mass  für  die  Ge- 
schwindigkeit der  Strömungen  an  jedem 
Punkte  des  Widerstandsfeldes.  Ferner  geben 
die  Stromlinien  auch  noch  über  die  in  der 
Flüssigkeit  herrschenden  Druckverhältnisse  Aus- 
kunft, was  für  die  Analyse  des  Widerstandes 
selbst  von  entscheidender  Bedeutung  ist.  Pa- 
rallele Strömungslinien  bedeuten  gleichförmige 
Geschwindigkeit  ohne  Änderung  des  Druckes; 
alle  Divergenzen  benachbarter  Linien  bedeuten 
eine  Stauung  des  dazwischenliegenden  Wasser- 
&dens,  Abnahme  der  Geschwindigkeit,  Zunahme 
des  Druckes;  alle  Konvergenzen:  Zunahme  der 
Geschwindigkeit,  Abfluss,  Abnahme  der  Druck- 
spannung. 

Diese  Gesetzmässigkeiten  bilden  den  Schlüssel 
für  die  Entzifferung  der  in  den  Photogrammen 
festgelegten  Dokumente  des  Widerstandsmecha- 
nismus. 

Das  vorgeführte  Projektionsbild  der  Wider- 
standsströmungen an  einer  normal  vom  Flüssig- 
keitsstrome getroffenen  rechteckigen  Platte  zeigt 
vorn  die  symmetrische  Teilung  des  Haupt- 
stromes, die  Geschwindigkeitsabnahme  und  Auf- 
stauung zum  Hochdruckgebiet  mit  ruhender 
Flüssigkeit  im  Druckmaximum  vor  der  Tafel- 
mitte. Seitlich  verzeichnet  die  Entwicklung 
und  Konvergenz  der  Stromlinien  eine  schnelle 
Zunahme  der  Geschwindigkeit  und  Abnahme 
des  Druckes  am  Rande  der  Tafel. 

Von  grossem  Interesse  sind  die  Strömungs- 
und Druckverhältnisse  an  der  Hinterseite  der 


eingetauchten  Tafel.  Verfolgt  man  die  inneren 
Strömungslinien  des  Randstromes  über  das  Ge- 
sichtsfeld, so  zeigt  sich,  dass  sie  von  beiden 
Seiten  her  ein  etwa  eiförmiges  Gebiet  der 
Flüssigkeit  umspannen,  das  von  der  Tafel  sau- 
gend nachgeschleppt  wird.  Diese  ganze  Wasser- 
masse, die  Schleppe,  steht  daher  unter  Minder- 
druck. Indem  der  Randstrom  an  dieser  Schleppe 
seitlich  entlang  streift,  erzeugt  er  in  ihr  durch 
Friktion  den  grossen  Wirbelring,  der,  wie  be- 
merkt, schon  bei  direkter  Beobachtung  zu  sehen 
ist.  Durch  seinen  centralen  Hohlraum  mahlt 
nun  der  Wirbel  kontinuierlich  und  mit  der  vom 
Randstrom  unterhaltenen  grossen  Geschwindig- 
keit einen  nach  vorn  gerichteten,  kräftigen 
Wasserstrom,  den  Nachlauf,  gegen  die  Rückseite 
der  Tafel.  Da,  wie  man  sieht,  die  Geschwin- 
digkeit des  Nachlaufes  grösser  ist,  als  die  der 
fortschreitenden  Tafel,  so  drückt  er  im  positiven 
Sinne,  schiebend,  gegen  die  Rückseite  und  hebt 
dadurch  einen  Teil  des  sonst  dort  vorhandenen 
Minderdruckes  auf.  Dabei  teilt  sich  der  Strom 
und  indem  er  seitwärts  umbiegend  die  Wirbel- 
bewegung fortsetzt,  gelangt  er  alsbald  wieder 
in  den  Bereich  der  anziehenden  Wirkung  des 
Randstromes.  Dieser  saugt  das  Wasser  hinter 
den  Rändern  der  Tafel  kräftig  nach  hinten  fort 
und  erzeugt  dadurch  beiderseits  ein  Gebiet 
tiefsten  Minderdruckes,  das  durch  relativ  stagnan- 
tes  Wasser  ausgefüllt  ist. 

So  wird  durch  die  Bewegung  der  Tafel  das 
System  der  Widerstandsströmungen  im  Wasser 
hervorgerufen,  das  seinerseits  die  eigenartige 
Verteilung  des  positiven  und  negativen  Druckes 
an  der  Vorder-  und  Rückseite  der  Tafel  bedingt. 

Sehr  merkwürdig  ist  das  Bild  der  Strömungen 
an  einer  unter  45^  gegen  das  Wasser  bewegten 
Platte.  Auch  hier  teilt  sich  die  Flüssigkeit  vorn 
zunächst  in  zwei  nahezu  symmetrische  Hälften, 
aber  die  Trennungslinie  wendet  sich  alsbald  im 
Bogen  gegen  den  voraufgehenden  Tafelrand  und 
trifft  nahe  demselben  rechtwinklig  auf  die  Tafel. 
Hier,  und  nicht  in  der  Tafelmitte,  lieg^  auch 
das  Maximum  des  positiven  Widerstands- 
druckes*. 

An  der  Rückseite  erscheinen  zwar  auch 
wieder  die  beiden  Durchschnitte  durch  den 
Wirbelring,  aber  der  hinter  dem  voraufgehenden 
Tafelrand  liegende  Wirbelast  ist  weit  stärker 
als  sein  Gegenstück  und  bewirkt  hier  in  Gemein- 
schaft mit  dem  Vorderrandstrom  eine  maximale 
Depression,  die  hinter  dem  anderen  Tafelrande 
nicht  ihresgleichen  hat.  So  ist  denn  bei  dieser 
Stellung  der  Tafel  der  positive  und  der  negative 
Widerstandsdruck  stark  gegen  den  Vorderrand 
verschoben,  was  mit  anderen  Erfahrungen  über- 
einstimmt und  diese  erklärt. 

Die  diesem  Referat  beigefügten  Reproduk- 
tionen zweier  beliebig  ausgewählten  Photo- 
gramme mögen  eine  Vorstellung  geben  von  der 


Physikalische  Zeitschrift.      3.  Jahrgang,     No.  C>. 


Art,  wie  die  Strömungen  im  Bilde  erscheinen. 
Im  übrigen  nius.s  auf  die  in  Vorbereitung  be- 
griffene ausführlichere  Bearbeitung  des  Gegen- 
standes verwiesen  werden. 

II.  Um  die  Frage  zu  beantworten,  ob  die 
Strömungen  unter  Wasser  im  Prinzip  ebenso 
verlaufen,  wie  an  der  Oberfläche,  oder  ob  die 
Oberflächenspannung  in  der  Wasserhaut  einen 
wesentlichen  Einflu,ss  auf  den  Verlauf  derselben 
ausübt,  wurde  eine  zweite  Serie  von  Moment- 
aufnahmen   der  Stromlinien    ausgeführt,    die  an 


l'ig.   l.    WidpistandsstrümuDgtii    an    einem  Piac   schmaler  Platten, 
Ebeoe  schräg  zur  ßEwegungsrichtung  steliea.     Der  scheinbare  Focki 
(Ter  unteren  Plane  isl  Lichlreflex. 


untergetauchten    Platten    auftreten.     Hierzu    er- 
hielt der  Apparat  folgende  Abänderungen.    Im 
Boden  und  an  den  Seitenwänden    des  Wasser- 
kastens  wurde  ein  Fenster  aus  Spiegelglas  an- 
gebracht und  das  untere  mit  einem  verstellbaren 
Lichtspalt  versehen.     Diesem  genau  gegeniiber 
wurde  auf  das  Wasserniveau  eine  schmale  Rinne 
gelegt,    die    durch  einen  Späh  feine  Sägespäne 
aus  Eichenholz  lang.sam  absinken  liess.  so  dass 
dieselben,  wenn  das  Magnesiumlicht  unter  dem 
Kasten    aufblitzte,    intensiv     beleuchtet    waren. 
Die  Kamera  wurde  unter  dem 
auf  Schienen  laufenden  Wagen 
angebracht  und  zog  seitlich  vor 
dem  Fenster  vorüber,  während 
die    mitfahrende    Versuchstafei 
unter   Was.ser    in    der   Schicht 
der  schwebenden  Sägespäne  die 
Strömungen  hervorrief. 

Durch  diese  Anordnung  ist 
es  nach  vielen  Bemühungen  ge- 
glückt, vollkommen  klare  und 
deutliche  Photogramme  der 
Strömungen  unter  Wasser  zu 
erzielen.  Die  vorgeführten  Pro- 
jektion sbilder  zeigen  durchweg 
an  der  Vorderseite  der  Tafeln 
genau  dieselben  Strom  Verhält- 
nisse, wie  die  Photogramme  der 
ersten  Versuchsreihe.  Eben.so 
tritt  der  grosse  Wirbel  hinter 
den  untei^etauchten  Platten  mit 
grosser  Deutlichkeit  hervor,  und 
die  vorgeführten  Projektionen 
j^  der  Original  aufnahmen  veran- 
schaulichen die  prinzipielle 
Übereinstimmung  der  un- 
ter Wasser  erzielten  Strö- 
mungsphotogramme mit 
denen  von  der  Wasserober- 
fläche an  nur  eingetauch- 
ter Tafeln. 

Es  ist  daher  sehr  wohl  statt- 
haft, den  Verlauf  der  Wider- 
standsströme innerhalb  des  Me- 
diums durch  die  an  der  Ober- 
fläche gewonnenen,  schärferen 
Photogramme  festzustellen  und 
die  weit  schwieriger  herzustel- 
lenden Unterwasserbilder  nur 
soweit  es  nötig  erscheint  zur 
Kontrolle  zu  benutzen. 

Für  den  letzteren  Zweck 
waren  von  ganz  besonderem 
Interesse  einige  kleine  Photo- 
gramnie  von  Stromlinien,  die 
Herr  Dr.  Ludwig  Mach  im 
XV.  Jahrg.  der  Z.  f.  Luftschiff- 
.,  fahrt,  S.  1 29,  veröffentlicht  hat, 
gelegentlich     einer     Mitteilung 


l'hysikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


»23 


methodischer   Art    iiber    die    Sichtbarmachung 
der  Luftstromlinien  durch  Schhereiibildung. 

Obgleich  auf  diesen  Bildchen,  deren  Originale 
mir  leider  nicht  zur  Verfiigung  standen,  gerade 
die  wichtigen  Erscheinungen  der  Wirbel  an 
der  Rückseite  der  Körper  nicht  klar  genug  zu 
sehen  sind,  so  zeigen  sie  doch  ganz  zweifellos 
an  der  Vorderseite  die  komplette  Homologie 
der  Strömungen  im  Wasser  und  in  der 
Luft  und  gestatten  somit  die  Übertragung  der 
durch  unsere  hydrodynamischen  Untersuchungen 
gewonnenen  Ergebnisse  auf  äerodynamischeVer- 
hältnisse. 

III.  Stauungsversuche,  Durch  eine  dritte 
Reihe  von  Versuchen  ist  es  gelungen,  die  aus 
den  Strömungserscheinungen  gewonnenen  Er- 
gebnisse vollauf  zu  bestätigen  und  zu  erweitern. 
Die  schon  erwähnte  Aufstauung  der  Flüssigkeit 
an  der  Vorderseite  einer  eingetauchten  und  im 
Wasser  fortbewegten  Platte  sowie  die  Depres- 
sion an  der  Rückseite  sind  der  Ausdruck  des  , 
vorn  herrschenden  Überdrucks,  mit  dem  die 
Flüssigkeit  der  Bewegung  entgegenwirkt,  und  i 
des  in  gleichem  Sinne  saugend  wirkenden  Minder- 
dnjckes  an  der  Rückseite.  Diese  positiven  und 
negativen  Stauungen  sind  stationär,  solange  die 
Bewegung  mit  gleichförmiger  Geschwindigkeit 
anhält;  .sie  vergrössern  sich  bei  zunehmender 
Geschwindigkeit  und  nehmen  ab  bei  verringerter 
Bewegung,  Färbt  man  die  Flüssigkeit  und 
taucht  die  aus  steifem  Karton  hergestellte  Platte 
durch  eine  mechanische  Vorrichtung  während 
der  Bewegung  ein  und  wieder  aus,  so  zeichnet 
der  Farbstoff  die  positive  und  negative  Stau- 
linie mit  grosser  Schärfe  auf  dem  Karton  ab, 
und  man  hat  ein  dauerndes  Bild  des  im  Niveau 
herrschenden  Widerstandsdruckes,  das  sich 
bequem  mit  den  Strömungsphotogrammen  ver- 
gleichen lässt. 

Hei  rechtwinkhg  getrotfener  Platte  beschreibt 
die  Aufstauung  an  der  Vorderseite  eine  plateau- 
artige Erhebung  über  dem  allgemeinen  Null- 
niveau, die  sich  kaum  merklich  gegen  den  Rand 
der  Platte  senkt  und  hier  .steil  abfällt,  ohne 
jedoch  auf  Null  zu  sinken.  (Fig,  3.)  Es  herrscht 
somit  an  der  Vorderseite  ein  nahezu  gleichartiger 
Druck,  der  in  der  Mitte  ein  flaches  Maximum 
hat  und  am  Rande  merklich  geringer  wird,  ent- 
sprechend den  hier  auftretenden  .stark  konver-  I 
genteii  Strömung.sUnien. 

Es  ist  bemerkenswert,  dass  durch  die  ana- 
lyti.schen  Untersuchungen  von  Recknagel  und 
Marey  mit  dem  Differentialmanometer  ein 
solcher  Randverki.st  des  Widerstands  der  Luft 
konstatiert  i.st,  wodurch  wieder  die  Homologie 
der  hydro-  und  ärodynamischen  Widerstands- 
erscheinungen bestätigt  wird. 

An  der  Rückseite  der  Platte  hat  die  ncya- 
tive  .Staulinie  oder  Depressionslinie  die  Form 
einer  Art  Lemniskatc.    Wo  die  N;icbkuifströniung 


durch  das  Innere  des  Wirbelringes  in  der  Mitte 
auf  die  Platte  trifft,  ist  der  Wasserstand  relativ 
am  höchsten;  von  hier  senkt  sich  die  Kurve, 
erreicht  nicht  weit  vom  Rande  jederseits  ihreu 
tiefsten  Stand  und  steigt  dann  schnell  zum 
Rande  empor,  ohne  das  Nullnivea«  zu  er- 
reichen.    Fig.  3   und  4. 


Fi«.  3. 


Fig.  . 


Steht  die  Platte  schräg  zur  Bewegungsrichtung, 
so  ergeben  sich  Staulinien  von  der  Form  der 
Form  der  Fig.  4,  welche  die  Verschiebung  des 
Widerstandes  gegen  den  voraufgehenden  Tafel- 
rand dokumentieren. 

Diese  Formen  der  Stanlinien  stimmen  genau 
überein  mit  der  Verteilung  des  Widerstands- 
druckes, die  aus  der  Anordnung  der  Stromlinien 
gefolgert  werden  konnte.  Nun  erkennen  wir 
die  Übereinstimmung  als  natürlich  und  selbst- 
verständlich, denn  beide,  die  Strömungsbilder 
und  die  Staukurven,  sind  nur  verschiedene  An- 
sichten eines  und  desselben  (icgenstandes.  Die 
Photogramme  zeigten  uns  den  Widerstand.s- 
mechanisnius  gleichsam  en  face,  die  Staukurven 
im  Profil,  Beide  ergänzen  sich  gegenseitig. 
Die  Strömungsbilder  machen  uns  erst  die  Stau- 
kurven verständlich,  und  die.se  wieder  liefern 
uns  die  Masse  für  die  Druckkräfte,  deren  Exi- 
stenz aus  jenen  zu  ersehen  war. 

Da  nämlich  die  Stauung  und  Depression  an 
der  freien  Flüs.sigkeitsoberfläche  durch  die 
Wechselwirkung  der  Druckkräfte  des  Wider- 
standes einerseits  und  der  Schwerkraft  anderer- 
seits zu  Stande  kommt,  .so  können  die  positiven 
und  negativen  Drucke  durch  die  in  <ler  Schwer- 
kraflriclitung  hegenden  Ordinalen  der  beiden 
.Staulinien  /.um  Xnllnivcau  als  Abszisst-nachse 
geuicssen   werden.      Das    Fläche nslück    zwi- 


124 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


sehen  den  beiden  Staulinien  (man  denke 
die  vordere  auf  die  Rückseite  der  Platte  durch- 
gezeichnet) ist  dann  das  graphische  Integral 
der  Intensität  des  gesamtenWiderstands- 
druckes  über  der  Nulllinie. 

Unter  Berücksichtigung  der  Symmetrie-  und 
Strömungsverhältnisse  lässt  sich  hiernach  der 
Druck  über  der  ganzen  Fläche  durch  einen 
Körper  graphisch  darstellen,  welcher  der  Vorder- 
und  Rückseite  aufgesetzt  wird  und  dessen  Profil 
gleich  der  positiven  resp.  negativen  Staufläche 
ist.  Das  Volum  der  so  erhaltenen  kissenfbrmigen 
Vorderhälfte  dieses  Körpers  in  Centimeter  stellt 
dann  den  positiven  Gesamtwiderstand  in  Gram- 
men dar  und  das  der  hinteren  Hälfte  den 
negativen,  saugenden  Gesamtwiderstand;  wäh- 
rend die  zugehörigen  Ordinaten  über  jedem 
Punkte  der  Tafel  die  Masse  für  die  positiven 
und  negativen  Einzeldrucke  oder  Druckinten- 
sitäten sind. 

Um  einige  dementsprechende  Formen  vor- 
führen zu  können,  habe  ich  die  vorliegenden 
Widerstandsreliefs  einer  kreisförmigen  und  einer 
quadratischen  Tafel  modelliert,  die  normal  vom 
Strome  getroffen  werden;  sowie  einer  recht- 
eckigen, die  dem  Strome  unter  einem  Winkel 
von  45"  ausgesetzt  ist. 

Sie  geben  uns  eine  Vorstellung  von  der  Art, 
Grösse  und  Anordnung  des  Widerstandes,  die 
an  Übersichtlichkeit  und  Vollständigkeit  kaum 
etwas  zu  wünschen  übrig  lässt. 

Man  hat  sich  nur  vorzustellen,  dass  in  der 
Natur  die  Druckkräfte,  die  den  Widerstand  aus- 
machen, keine  starren  Grössen  sind,  sondern 
dass  sie,  der  Beweglichkeit  des  Mediums  ent- 
sprechend, wie  die  Strömungen  selbst,  inner- 
halb nicht  gerade  enger  Grenzen  schwanken, 
und  dass  die  Widerstandskörper,  wenn  sie  die 
Druckkräfte  naturgetreu  darstellen  sollten,  wie 
ein  lebendiger  Organismus  zucken  und  pulsieren 
müssten. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

Diskussion. 

(Von  den  Beteiligten  durchgesehen.) 

König  (Greifs wald):  Ich  möchte  fragen,  ob 
und  wieweit  die  Druck  Verteilung  an  der  Vor- 
derfläche mit  der  von  der  Theorie  Rayleighs 
gegebenen    übereinstimmt. 

Ahlborn:  Genaue  Bestimmungen  sind  ja 
nicht  bekannt;  es  sind  immer  Mittelbestimmun- 
gen, wo  also  der  Druck  an  der  hinteren  Fläche 
mit  drin  liegt. 

König:  Ich  meine,  in  der  Formel  Rayleighs 
wäre  auch  die  Lage  des  vorderen  Punktes  an- 
gegeben, oder  sie  ist  doch  daraus  zu  be- 
rechnen. 

Ahlborn:  Rayleighs  Formel  ist  empirisch 
und  giebt  nur  die  Lage  des  Angriffspunktes  der 


Resultante  des  Gesamtwiderstandes  an;  eine 
Trennung  des  positiven  und  negativen  Drucks 
der  Vorder-  resp.  Rückseite  ist  danach  nicht 
möglich. 

Grimsehl  (Hamburg):  Die  Photogramme 
bei  der  schräg  gestellten  Fläche  geben  eine 
sehr  schöne  Illustration  zu  der  Thatsache,  die 
Rayleigh  beobachtet  hat,  dass  eine  schräg 
gestellte  Platte  im  oszillierenden  Luftstrome  das 
Bestreben  hat,  sich  senkrecht  zur  Stromrichtung 
zu  stellen. 

(Eingegangen  27.  September  1901.) 


R.  Ab  egg  (Breslau),  Eine  neue  Methode  zur 
direkten  Bestimmung  von  lonenbeweglich- 
keiten  in  wässerigen  Lösungen.  (Zugleich 
Bericht  über  die  Publikationen  von  Steele, 
Trans.  Chem.  Soc.  79,  414  und  Abegg, 
Ztschr.  f.  Elektrochem.  7,  618.)') 

Bei  der  Elektrolyse  zweier  verschiedener  an- 
einandergrenzender  Lösungen  stellt  sich  unter 
bestimmten  Bedingungen  eine  stabile  Unstetig- 
keitsgrenze  her,  deren  Existenz  theoretisch  von 
Kohl  rausch  (Wied.  Ann.  62,  1897)  ^^^  von 
H.  Weber  (Sitzungsber.  Ak.  Berlin.  1897,  S.  936) 
abgeleitet,  experimentell  von  Mas  so  n  (Phil. 
Trans.  1899)  verwirklicht  und  zur  Ermittelung 
von  lonenbeweglichkeiten  benutzt  wurde.  Zwei 
gleichionige  Elektrolyte  A*B^  und  C*//,  die  an- 
einanderstossen,  repräsentieren  eine  solche  bei 
der  Elektrolyse  unter  gewissen  Bedingungen 
stabile  Grenze.  Die  Stabilität  hängt  offenbar 
nur  von  der  Natur  derverschiedenenlonenab. 

An  der  Grenze  stellt  sich  eine  Unstetigkeit 
des  Potentialgefälles  her,  derart,  dass,  trotz  der 
verschiedenen  Beweglichkeiten  beider  Ionen 
ihre  Geschwindigkeiten  gleich  werden.  Aus 
der  Fortbewegung  einer  Grenze  kann  man  also 
nicht  die  Beweglichkeit  einer  der  lonenarten 
ermitteln,  da  die  Geschwindigkeit  abhängt  von 
Beweglichkeit,  Potentialfall  und  Dissoziationsg^ad. 
Durch  Einschliessen  eines  Elektrolyten  in  zwei 
stabile  Grenzen  erhält  man  in  dem  Geschwin- 
digkeitsverhältnis auch  das  Beweglich- 
keitsverhältnis, da  für  die  beiden  vorderen 
Ionen,  also  die  beiden  des  Mittelelektrolyten, 
Potentialfall  und  Dissoziationsgrad  identisch  ist. 
Masson  hat  diese  Methode  für  gelatinierte 
Elektrolyte  ausgearbeitet,  deren  Grenzen  durch 
den  Kontrast  mit  den  nachfolgenden  farbigen 
Indikatorionen  kenntlich  waren.  Da  die  Indika- 
torionen jedoch  ausser  der  Bedingung  der  Farbig- 
keit noch  die  weitere  erfüllen  müssen,  langsamer 
zu  sein  wie  die  des  Mittel elektrolyten,  und  vor 

1)  Ahteilunj^'  4,  26.  Sept.   H)Ol. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


125 


allem  keine  Fällung  mit  diesem  zu  ergeben,  so  ist 
die  Auswahl  der  untersuchbaren  Mittelelektro- 
lyten äusserst  beschränkt.  Umgekehrt  verfährt  die 
von  Steele  ausgearbeitete  Methode,  die  den 
Mittelelektrolyten  in  gewöhnlicher  Lösung  be- 
nutzt, dagegen  die  Indikator-Elektrolyten  gelati- 
niert, so  dass  die  Wanderung  der  Ionen  in  der 
Mittelzone  in  wässeriger  Lösung,  nicht  in  Gelatine, 
erfolgt.  Als  Indikatoren  eignen  sich  fiir  sehr  viele 
Zwecke  vorzüglich  Lithium-Salze  und  Acetate. 
Die  Bestimmungen  nach  dieser  Methode  sind 
schon  deshalb  genauer,  als  die  analytischen,  weil 

man  nicht  ,  sondern         bestimmt.      Vor 

allem  aber  erfordert  die  Bestimmung  nur  einen 
sehr  geringen  Zeitaufwand,  da  lediglich  Kathe- 
tometer-Ablesungen  erforderlich  sind.  Der  Kon- 
zentrationsbereich, innerhalb  dessen  die  Elektro- 
lyte  untersucht  werden  können,  erstreckt  sich 
von  etwa  2;/  —  o,\n\  die  obere  Grenze  wird 
bestimmt  durch  die  Gelatinierbarkeit  der  Lösung, 
die  untere  Grenze  durch  die  Sichtbarkeit  der 
Trennungsschichten,  die  natürlich  um  so  ge- 
ringer wird,  je  näher  die  aneinanderstossenden 
Lösungen  dem  reinen  Wasser  kommen.  Man 
ist  jedoch  im  stände,  auf  anderem  als  optischem 
Wege  die  Lage  der  Grenzschichten  zu  erkennen, 
z.  B.  durch  Messung  der  Leitfähigkeit  des  Rohr- 
inhaltes. Derartige  Bestimmungen  sind  eben- 
falls bereits  von  Herrn  Steele  mit  Erfolg  aus- 
geführt, und  somit  ist  das  Gebiet  beliebig 
verdünnter  Lösungen  zugänglich  geworden. 
Was  die  Übereinstimmung  der  Resultate  mit 
den  nach  der  alten  Methode  gewonnenen 
anbetrifft,  so  ist  sie  vollkommen  zu  nennen  für 


diejenigen  Salze,  die  wie  die  Alkalihaloide  in 
einfachster  Weise  zusammengesetzt  sind.  Da- 
gegen bestehen  gewisse,  wenn  auch  kleine  Ab- 
weichungen für  die  höherwertigen  Salze,  bei 
denen  man  bereits  aus  anderweitigen  Gründen 
die  Existenz  selbstkomplexer  Ionen  ausser  den 
einfachen  angenommen  hat.  Dieselben  bedingen 
die  Möglichkeit  oder  vielleicht  Notwendigkeit, 
dass  die  Konzentration  des  Mittelelektrolyten 
in  unmittelbarer  Nachbarschaft  der  beiden  Grenz- 
schichten von  den  mittleren  Konzentrationen 
abweicht.  Alsdann  stehen  offenbar  die  beiden 
Grenzen  auf  der  Innenseite  nicht  mehr  unter 
dem  gleichen  Potentialgefälle,  und  somit  ergiebt 
ihr  Geschwindigkeitsverhältnis  nicht  mehr  auch 
das  Beweglichkeitsverhältnis  der  Ionen.  Die 
physikalische  Untersuchung  der  Methode  ergab 
ferner,  dass  für  die  Stabilität  der  Grenzen  ver- 
schiedener Elektrolytpaare  individuelle  Bedin- 
gungen bestehen.  Bei  der  Anwendung  eines  zu 
geringen  Potentialgefälles  verwäscht  die  Diffusion 
die  Grenze,  während  bei  zu  hohem  Potential- 
fall die  Wärmeentwickelung  Strömungen  und 
damit  ebenfalls  eine  Störung  der  Grenzflächen 
bewirkt.  Die  Stabilitätsverhältnisse  der  Grenzen 
ergeben  weitere  interessante  Probleme,  die  auf 
die  Nernstsche  Theorie  der  Flüssigkeitsketten 
zurückzuführen  scheinen.  Auch  in  dieser  Hin- 
sicht sind  bereits  Resultate  vorhanden,  die  dem- 
nächst in  einer  ausführlichen  Abhandlung  der 
Transactions  of  the  Royal  Society  von  Herrn 
Steele  veröffentlicht  werden.  Eine  Reihe  von 
Messungsergebnissen  enthalten  die  oben  ci- 
tierten  Abhandlungen. 

(Selbstrefcrat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  i.  November  1901.) 


BESPRECHUNGEN. 


Handbuch  für  den  Gebrauch  der  photo- 
graphischen Erzeugnisse  der  Aktien-Ges. 
für  Anilin-Fabrikation.  Berlin  SO.   (30  Pf.) 

Die  Anilin-Aktien-Gesellschaft  fertigt  die 
meisten  Entwickler;  Andresens  Verdienste 
brauchen  nicht  mehr  besonders  hervorgehoben  zu 
werden.  Die  vorliegende  Zusammenfassung  der 
Erzeugnisse  umfasst  ausser  Entwicklungs-  und 
Fixierstoffen  Trockenplatten  und  Farbstoffe  für 
photographische  Zwecke.  Die  Rollfilms  sind 
in  kräftige  Konkurrenz  gegen  das  unzuver- 
lässigere fremde  Fabrikat  getreten.  —  Keine 
Theorie,  für  praktische  Zwecke  sehr  brauch- 
bares Heftchen.  Englisch. 


Jahrbuch  der  Chemie.  *  Bericht  über  die 
wichtigsten  Fortschritte  der  reinen  und  an- 
gewandten Chemie.  Unter  Mitwirkung  von 
H.  Beckurts,  C.  A.  Bischoff,  E.  F*.  Dürre, 
J.  M.  Eder,  P.  Friedländer,  C.  Haeusser- 
mann,  V.  W.  Küster,  J.  Lewkowitsch, 
M.  Märcker,  W.  Muthmann,  V,  Röhr- 
mann herausgegeben  von  Richard  Meyer. 
10.  Jahrgang  190c.  gr.  8^  XII  u.  566  S. 
Braunschweig,  FViedrichViewegÄ  Sohn.  1901. 
M.   14.— 

Mit  diesem'  Jahrgange  tritt  das  bekannte 
Jahrbuch  der  Chemie  zum  zehnten  Male  vor 
seine  Leser.  Seit  seinem  Bestehen  ist  an  dem 
Arbeitspläne  unverändert  festgehalten,  eine  zur 
Lektüre  geeignete  Übersicht   über  die  wichtig- 


126 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


sten  Errungenschaften  der  Chemie  zu  geben. 
Auch  der  Umfang  der  einzelnen  Jahrgänge  ist 
trotz  des  auf  allen  Gebieten  anwachsenden  Stoffs 
in  denselben  Grenzen  gehalten  worden. 

Den  Physiker  wird  besonders  das  von 
F.  W.  Küster  geschriebene  Kapitel  „Physi- 
kalische Chemie'*  und  der  von  J.  M.  Eder  und 
E.  Valenta  verfasste  Abschnitt  „Photographie" 
interessieren.  Auf  51  Seiten  giebt  F.  W.  Küster 
eine  gute,  lesenswerte  Übersicht  über  die  im 
Jahre  1900  erschienenen  Abhandlungen  aus 
dem  Gebiete  der  physikalischen  Chemie.  Mit 
den  kritischen  Bemerkungen,  mit  denen  der 
Verf.  die  Besprechung  der  Abhandlungen  be- 
gleitet, wird  man  sich  durchweg  einverstanden 
erklären  können.  Aufgefallen  ist  dem  Referen- 
ten, dass  die  Arbeiten  über  die  Elektronen 
nicht  berücksichtigt  worden  sind;  es  ist  dies 
doch  ein  Gebiet,  welches  den  Chemiker  eben- 
sosehr interessiert  wie  den  Physiker,  und  sicher, 
wie  auch  N ernst  in  seiner  auf  der  Hamburger 
Naturforscherversammlung  gehaltenen  Rede  ge- 
zeigt hat,  von  der  grössten  Bedeutung  für  die 
theoretisch-chemischen  Fragen  sein  wird. 

Die  Chemiker  können  sich  beglückwünschen, 
dass  sie  ein  Jahrbuch,  wie  das  Mey ersehe, 
haben,  in  dem  sie  am  Ende  jedes  Jahres  einen 
zusammenhängenden  Überblick  über  ihr  ganzes 
Gebiet  bekommen.  Schade,  dass  für  uns 
Physiker  nicht  ein  ähnliches  Unternehmen  exis- 
tiert! Könnten  nicht  vielleicht  die  „Fortschritte 
der  Physik",  welche  neben  den  schneller  er- 
scheinenden Beiblättern  doch  stets  nur  die 
zweite  Stelle  einnehmen,  nicht  so  umgestaltet 
werden,  dass  man  am  Ende  des  Jahres  einen 
vollständigen  zusammenhängenden  Über- 
blick über  die  Leistungen  des  Jahres  bekäme.'' 
Dem  Physiker  würde  damit  ein  ausserordent- 
licher Dienst  geleistet,  und  es  würde  sicherlich 
auch  der  Leserkreis  der  Fortschritte  ein  viel 
grösserer  werden,  als  dies  bis  jetzt  der  Fall  ist. 

G.  C.  Schmidt. 

(Eingegangen  25.  November  1901.) 


Albert  Hofmann,  Aufnahmeapparate  für 
Farbenphotographie.  Callwey,  München  1901. 
4^  30  S.  geh. 

Der  Verf.  steht  selbst  als  Erfinder  in  vorderer 
Reihe  der  Farbenphotographen ;  er  giebt  eine 
ausfuhrliche,  reich  illustrierte  Zusammenstellung 
der  typischen  Aufnahmeapparate.  Englisch. 


Voigtländ  er  &  Sohn,  A.-G.,B  raunschweig, 
Objektive  und  Hilfsapparate  für  Photographie. 
1901. 
Dass    die  Kataloge    unserer    ersten    Firmen 

kleine  Prachtwerke  büden,    ist    ein    erfreuliches 


Zeichen  der  Blüte  unserer  optischen  Industrie; 
der  Voigtländ ersehe  Katalog  präsentirt  sich 
ganz  modern.  Neben  dem  alten  Porträtobjektiv 
wird  ein  neueres  vom  Öffnungsverhältnis  i :  2,3 
hergestellt  und  für  astrophotographische  Zwecke 
empfohlen.  In  diesem  Katalog  erscheint  neu 
das  Apochromat-Kollinear  nach  Hartings  Be- 
rechnung; das  Cooke-Miethesche  Porträt- 
Anastigmat  1 14,5  wird  in  kleinen  Nummern  aus- 
geführt; für  Mikrophotographie  sollen  kurzbrenn- 
weitige  Kämpfer-Kollineare  dienen.  Englisch. 


M.  Berthelet,  Les  Carbures  d*Hydrog^ne 
1851 — 1901.  Recherches  experimentales.  Tomel: 
L'Acetylene:  Synthese  totale  des  carbures 
d'Hydrogene.  X  u.  414  S.  —  Tome  II:  Les 
Carbures  pyrogenes.  —  Series  diverses.  IV  u. 
558  S.  —  Tome  III:  Combinaison  des  Car- 
bures d'Hydrogene  avec  l'Hydrogene,  l'Oxy- 
gene,  les  Clements  de  l'eau.  IV  u.  559  S. 
gr.  8.    Paris,  Gauthier- Villars.    1901.     45  frcs. 

Die  vorliegenden  drei  Bände  stellen  einen 
Teil  der  Forschungen  des  bedeutendsten  der 
französischen  Chemiker  dar,  nämüch  die  Ab- 
handlungen, welche  der  Verfasser  in  den  Jahren 
185 1  — 1901  über  die  in  der  Überschrift  er- 
wähnten Gegenstände  teils  in  den  Compt.  rend., 
teils  in  den  Ann.  de  chim.  et  phys.  veröffent- 
licht hat.  Sie  behandeln  hauptsächlich  die 
Synthesen  der  Kohlenwasserstoffe:  Aethvlen, 
Acetylen,  Benzol,  Propylen,  Trimethylen  u.  s.  w. 
und  deren  Derivate  und  Verbindungen  mit 
Stickstoff,  Schwefel,  Sauerstoff  oder  Wasserstoff 
und  Sauerstoff,  Oxydation  der  Kohlenwasser- 
stoffe in  Alkohole,  Aldehyde  und  Säuren,  Re- 
duktion der  Säuren  mittels  der  vom  Verfasser 
gefundenen  reduzierenden  Wirkung  des  Jod- 
wasserstoffes. Von  welcher  Bedeutung  diese  Ab- 
handlungen für  die  Chemie  gewesen  sind,  geht 
schon  daraus  hervor,  dass  Berthelot  die  erste 
organische  Verbindung,  nämlich  das  Acetylen 
synthetisch  aus  den  Elementen  hergestellt  hat. 
Nach  vielen  vergeblichen  Versuchen  bestand 
seine  Methode  darin,  den  Flammenbogen  zwischen 
Kohlespitzen  in  Wasserstoff  übergehen  zu  lassen, 
und  die  sich  bildenden  Produkte  wegzuleiten 
und  zu  isolieren.  Die  einzelnen  Abhandlungen 
enthalten  eine  Fülle  von  neuen  Methoden,  die 
zum  Teil  Gemeingut  jedes  Laboratoriums  ge- 
worden sind. 

Auch  der  Phvsiker  wird  in  den  Bänden  eine 
Menge  ihn  interessierenden  Materials  finden; 
denn  Berthelot  begnügt  sich  fast  niemals  mit 
einer  Analyse,  stets  stellt  er  eine  Reihe  von 
physikalischen  Konstanten  seiner  X'erbindungen 
fest,  z.  B.  die  thermochemischen Daten;  er  unter- 
sucht den  Einfluss  der  Wärme  auf  die  von  ihm 
hergestellten  Verbindungen  und  Gemenge,    um 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6. 


127 


so  Gleichgewichtsverhältnisse  zwischen  den 
einzelnen  Verbindungen  festzustellen,  er  erfoi^cht 
die  explosiven  Eigenschaften  u.  s.  w.  Jeder 
Physiker,  der  mit  diesen  Kohlenwasserstoffen 
und  deren  Derivaten  zu  experimentieren  hat, 
wird  getrost  zu  den  Abhandlungen  Berthelots 
gfreifen  können,  er  wird  dort  die  besten  Reini- 
gungsmethoden finden.  G.  C.  Schmidt. 

( Minjjegangen  14.  01c  tober  1901.) 


G.  Platner,  Die  Mechanik  der  Atome,  gr.  8^. 
IV  u.  97  S.  Berlin,  M.  Krayn.  1901. 
M.  2.50. 

Im  ersten  Kapitel  dieses  Buches  schildert 
der  Verf.  hauptsächlich  die  Gesetze  und  Grund- 
prinzipien der  Mechanik,  im  zweiten  unsere 
Anschauungen  über  die  verschiedenen  Aggregat- 
zustände. Das  dritte  und  vierte  Kapitel  ent- 
halten des  Verf.  Ansichten  über  Lösungen  und 
chemische  Prozesse,  über  das  Wesen,  die  Fort- 
pflanzung, die  Entstehung  und  Wirkungen  der 
elektrischen  Kraft. 

Da  der  Verf.  mit  den  herrschenden  An- 
schauungen fast  überall  in  Widerspruch  steht, 
ohne  auf  Grund  seiner  Ansichten  zu  neuen 
Ergebnissen  zu  gelangen,  ausser  dass  die  kom- 
plizierten Moleküle  „adiabatisch  cyklische  Sys- 
teme" sind,  so  kann  von  einer  längeren  Be- 
sprechung abgesehen  werden.  Nur  ein  paar 
Punkte  mögen  zur  Kennzeichnung  des  Buches 
mitgeteilt  werden.  Nach  Ansicht  des  Verf. 
zerfallen  alle  Elektrolyte  in  wässeriger  Lösung 
in  Säure  und  Basis;  bei  der  Elektrolyse  der  Alkali- 
salze wird  Wasserstoff  primär  abgeschieden  u.s.  w. 

G.  C.  Schmidt. 


L.  Donati,  Introduzione  elementare  alla 
Elettrotecnica  (Elementare  Einleitung  in  die 
Elektrotechnik).  8.  544  S.  Bologna,  Nicola 
Zanichelli.    1902.     Lire  10. — 

Das  vorliegende  Buch  bildet  die  Wieder- 
gabe von  Vorlesungen,  die  der  Verf.  vor 
Artillerietechnikern  gehalten  hat.  Diesem  Ur- 
sprung entspricht  die  elementare  Behandlungs- 
weise  des  Stoffes,  die  Beschränkung  des  mathe- 
matischen Apparates  auf  das  notwendige  Mini- 
mum, der  Verzicht  auf  die  unbedingt  strenge 
Ableitung  der  Formeln  zu  Gunsten  ihrer  Er- 
läuterung mit  Hilfe  mechanischer,  dem  Hörer- 
kreise besser  zugänglicher  Bilder.  Die  Eigen- 
art des  Verf.  tritt  in  der  Behandlung  der  Vektor- 
grössen  hervor.  Inhalt  und  Gliederung  des 
Stoffes  sind  die  üblichen;  die  Absicht  des 
Verf.,  elementare  Darstellung  mit  Klarheit  und 
Gründlichkeit  zu  verbinden,  ist  durchaus  er- 
reicht. B.  Dessau. 


Jahrbuch  der  Elektrochemie.      Berichte     über 
die    P^ortschritte    des   Jahres    1900.     Heraus- 
gegeben von  W.  Nernst  und  W.  Borchers. 
7.  Jahrgang,    gr.  8.    VIII  u.  596  S.  mit  Abbil- 
dungen.   Halle  a.  S.,  Wilhelm  Knapp.     1901. 
M.  24. — 
Das  zum   siebenten  Mal   erscheinende  Jahr- 
buch zeigt  den   dreifachen  Umfang   des   ersten 
Bandes  der  Reihe  und  liefert  so  schon  äusser- 
lich  den  Beweis  für  das  dem  Gebiete  sich  immer 
mehr  zuwendende  Interesse.    Den  wesentlichsten 
Zuwachs  hat  der  wissenschaftliche  Teil  erfahren, 
der,  wie  schon  seit  einer  Reihe  von  Jahren,  in 
mustergültiger  Weise  von  D an  neel  (Aachen)  be- 
sorgt wird.    Über  die  P^ortschritte  der  Elektro- 
analyse  giebt  Küster  Clausthal)  einen  Bericht, 
über     anorganisch  -  elektrochemische    Produkte 
und  Apparate  für  die  elektro-chemische  Tech- 
nik, Borchers   (Aachen)  über    die    Erzeugung 
elektrischer  Energie,  über  organische    Produkte 
referiert   Elbs  (Giessen).    Hervorzuheben  wäre 
noch,  dass  der  Borcherssche  Bericht  ein  ein- 
gehendes Bild   der  elektrochemischen  Technik 
giebt,  wie  es   sich  auf  der  Pariser   Ausstellung 
darbot.  A.  Coehn. 


J.  Kleiber,  Lehrbuch  der  Physik  für  huma- 
nistische Gymnasien,  gr.  8^.  VIII  u.  270 
Seiten  mit  323  Figuren.  München,  R.  Olden- 
bourg.     19OI.    Preis  geb.  3  M. 

Die  nicht  unerhebliche  Stofffülle  sucht  der 
Verfasser  in  einer  möglichst  anschaulichen  Weise 
den  bayrischen  Gymnasiasten  mundgerecht  zu 
machen.  Die  sonst  gewandte  Darstellung  ent- 
behrt einer  bestimmten  Methode  und  verfahrt 
mehr  oder  weniger  dogmatisch.  Doch  zeugen 
die  zahlreichen  und  meist  geschickt  gewählten 
experimentellen  Hinweise  von  pädagogischer 
Erfahrung.  Bedenklich  erscheint  ein  bestän- 
diges Heranziehen  von  „Vergleichen"  und  „Ana- 
logien**, die  oftmals  obenein  unglücklich  aus- 
fallen. Wie  kann  z.  B.  der  Verfasser  die 
Joulesche  Wärme  im  Stromleiter  durch  die 
Analogie  mit  einer  Blitztafel  erklären  wollen 
und  die  Molekeln  des  Stromleiters  geradezu 
mit  den  Stanniolstückchen  derselben  paralle- 
lisieren,  zwischen  welchen  unzählige  Fünkchen 
übersprängen:  —  Auch  verlockt  das  Bestreben, 
allzu  anschaulich  zu  werden,  nicht  selten  zu  ge- 
wagten Behauptungen.  So  wird  Seite  199  das 
Entstehen  der  elektrischen  Ladungen  im  gal- 
vanischen Elemente  durch  Reibung  der  Säure 
am  Zink  erklärt  (!).  Die  zahlreichen  Figuren 
sind  schematisiert,  aber  mit  einigen  Ausnahmen 
klar  und  verständlich.  Für  einen  verhängnis- 
vollen Missgriff  ist  der  Verfasser,  der  nach  dem 
ministeriellen  Lehrplan  des  bayrischen  Staates 
sein  Lehrbuch  ausgearbeitet  hat,  offenbar  nicht 


128 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  6 


verantwortlich.  Es  wird  nämlich  die  Bewegungs- 
lehre (Dynamik)  aus  dem  Rahmen  der  Mechanik 
ganz  herausgerissen  und  erst  am  Ende  des  ge- 
samten physikalischen  Lehrgebäudes  gebracht. 
Wie  soll  der  Schüler  ohne  diese  die  voran- 
gehenden Disziplinen,  Wärme,  Wellenlehre,  Elek- 
trizität u.  s.  w.  verstehen?  Dadurch  muss  eine 
erfolgreiche  Behandlung  des  physikalischen 
Unterrichts  zur  Unmöglichkeit  werden. 

Behrendsen. 


^r.  8.  XI  n.  251  S.  I901.  Hrauiischweig,  Friedrich  Vie- 
weg  &  Sohn.  M.  6. — . 
Wotruba,  B.,  Lehrbücher  der  Elektrotechuik.  Kinführung 
in  die  llauptgebiete  der  Elektrotechnik  zum  Gebrauch  an 
technischen  Lehranstalten,  für  Techniker  und  Industrielle 
und  zum  Selbststudium.  Band  I.  Der  elektrische  Strom, 
seine  Gesetze  und  Wirkungen  in  der  Strombahn.  Nebst 
Anleitung  zur  Durchführung  von  Praktikumsarbeiten.  2.  Ausg. 
Mit  109  Abbildungen.  V  u.  162  S.  Band  II.  Das  magne- 
tische Feld  einer  Strombahn,  Stromerzeugung  durch  In- 
duktion. Nebst  Anleitung  zur  Durchführung  von  Prakti- 
kumsarbeiten. Mit  146  Abbildungen.  V  u.  195  S.  1901. 
Jena,  Hermann  Costenoble.     ä  M.  5. — . 


C.  M.  van  Deventer,  Physikalische  Chemie 
für  Anfänger.     Zweite  Auflage    besorgt   von 
E..  Cohen.    8^.  168  Seiten.    Amsterdam,  van   1 
Looy,    und    Leipzig,    W.    l!Lngelmann.    1901. 
geb.  4  M. 

Das  Werkchen  will  die  bedeutendsten  Resul- 
tate der  physikalischen  Chemie  zusammenfassen 
und  ist  namentlich  für  Mediziner  und  angehende 
Chemiker  bestimmt.  Aus  diesem  Grunde  augen- 
scheinlich enthält  der  Verfasser  sich  jeder  mathe- 
matischen Ableitung  oder  auch  nur  Formulierung 
der  bezüglichen  Gesetze.  Freilich  wäre  es  rich- 
tiger, die  jungen  Mediziner  mehr  an  die  mathe- 
matischen Hilfsmittel  zu  gewöhnen.  Der  Um- 
stand, dass  kein  Geringerer  als  van't  Hoff 
dem  Buche  eine  empfehlende  Vorrede  voran- 
schickt, lässt  vermuten,  dass  dasselbe  seiner 
Aufgabe  entspricht.  In  der  That  versteht  der 
Verfasser  es  trotz  der  sehr  elementaren  Dar- 
stellung seines  Stoffes,  sich  auf  eine  wissen-  | 
schaftliche  Basis  zu  stellen  und  von  den  so  I 
mannigfachen  Erscheinungen  der  physikalischen 
Chemie  mit  kritischer  Gewissenhaftigkeit  ein 
klares  Bild  zu  entwerfen.  Mehr  Gewicht  hätte 
freilich  auf  experimentelle  Begründung  gelegt 
werden  können.  Recht  wertvoll  ist  die  Angabe 
zahlreicher  Tabellen  von  physikalisch-chemischen 
Konstanten.  Auf  die  Thermochemie  hat  der 
Verfasser  besonderen  Nachdruck  gelegt,  während 
die  Elektrochemie  doch  allzu  kurz  (nur  auf  8  Seiten) 
behandelt  wird.  Behrendsen. 

I 
I 

Eingegangene  Schriften. 

(Kingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Perraris.  Qaliero,  Wissenschaftliche  Grundlagen  der  Elek- 
trotechnik. Nach  den  Vorlesungen  über  Elektrotechnik. 
Gehalten  in  dem  R.  Museo  industriale  in  Turin.  Deutsch 
herausgegeben  von  Leo  Finzi.  Mit  161  Figuren  im  Text.  ' 
gr.  8.  XII  u.  358  S.  1901.  Leipzig,  B.  G.  Teubner. 
Gebunden  M.   12. — .  ; 

Stentzel,  Arthur,  Die  Entstehung  der  Materie  und  der 
Materie   und  der  Ncbularsysteme.     F)in   Entwurf.     2.  Aufl. 

Thompson,  Silvanus  P.,  Mehrphasige  elektrische  Ströme 
und  Wechselstrommotoren.  Zweite  Auflage.  Übersetzt  von 
K.  Strecker  und  F.  Vesi)er.  Mit  ^ahl^eichen  in  den  Text 
gedruckten  Abbildungen  und  15  Tafeln.  Heft  i.  gr.  8. 
4S  S.  X902.  Halle  a.  S.,  Wilhelm  Knapp.  Das  Werk 
erscheint  in  ca.  10  Heften  a  2  M. 

van't  Hoflf,  J.  H.,  Vorlesungen  über  theoretische  und  phy- 
sikalische Chemie.  Erstes  Heft.  Die  chemische  Dynamik. 
Mit  in  den  Text  eingedruckten  Abbildungen.   Zweite  Aufl. 


Das  Patentamt  in  Washington  si)rach  die  Priorität  der  Er- 
findung der  Herstellung  flüssiger  Luft  dem  Professor  Linde 
(München)  gegen  Tripler  (New-York)  zu.  Linde  suchte  im 
Jahre  1895  um  ein  Patent  nach  und  veröffentlichte  eine  voll- 
ständige Beschreibung  seiner  Erfindung.  Triplcr  suchte  erst 
im  Jahre  1897  um  Patent  nach,  behauptete  aber,  dass  er  seine 
Erfindung  schon  im  Jahre  1 891  gemacht  habe,  und  erhielt  ein 
Patent,  worauf  eine  Gesellschaft  mit  einem  Kapital  von 
10  Millionen  gegründet  wurde. 

Eine  neue  L-niversItät  wird  im  Laufe  des  nächsten  Jahres 
wieder  in  Amerika  eröffnet  werden,  und  zwar  in  Decatur 
i>taat  Illinois).  Die  neue  Hochschule  ist  schon  jetzt  mit 
einem  Vermögen  von  über  4  Mill.  Mk.  ausgestattet,  wovon 
der  gTüSste  Teil  von  einem  reichen  Bürger  Namens  Milliken 
hergegeben  worden  ist,  nach  dem  die  Universität  dann  auch 
Milliken  Universität  heissen  wird. 

Andrew  Carnegie  hat  sich  unter  gewissen  Bedingungen 
erboten,  für  den  Bau  und  die  Ausstattung  einer  Technischen 
Hochschule  für  den  Süden  Schottlands  2  Mill.  Mk.  zu  geben. 
Diese  soll  in  einer  Grenzstadt,  vielleicht  Galashiels,  errichtet 
werden.  Jetzt  hat  Schottland  nur  eine  Anstalt  dieser  Art,  die 
Technische  Hochschule  in  Glasgow. 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgeno8sen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Professor  Mie  von  der  Technischen  Hochschule  in  Karls- 
ruhe ist  als  ausserordentlicher  Professor  der  Physik  an  die 
Universität  Greifewald,  der  Dozent  F.  H.  Seares  von  der 
Universität  Kalifornien  zum  Professor  der  Astronomie  an  die 
Universität  von  Missouri  berufen  worden. 

Der  Privatdozent  a^  der  philosophischen  Fakultät  der 
Universität  Bern  und  Mathematiker  des  eidgenössischen  In- 
dustriedepartements Dr.  Christian  Moser  ist  zum  ausser- 
ordentlichen Professor  für  mathematische  und  technische  Ver- 
sicherungswissenschaft, der  Privatdozent  der  Meteorologie  an 
der  Universität  Wien  Dr.  Trabert  zum  ausserordenüichen 
Professor,  der  ausserordentliche  Professor  der  darstellenden 
Geometrie  an  der  Hochschule  filr  Bodenkultur  in  Wien  Tapla 
zum  ordentlichen  Professor,  ernannt  worden. 

In  den  Lehrkör])er  der  Universität  Jena  tritt  Ingenieur 
Rau  von  den  Elektrizitätswerken  Schuckert  &  Co.  in  Nürn- 
berg als  ausserordcntl.  Professor  für  angewandte  Mathematik. 

Der  Tit.-Professor  der  Trigonometrie,  Planzeichnen,  Geo- 
däsie an  der  Technischen  Hochschule  Stuttgart  Hall  er  wird 
Mitglied  des  Landesvermessungswesen  und  technischer  Vor- 
steher des  Katasterbureaus  mit  dem  Titel  und  Rang  eines 
Finanzassessors. 

Den  70.  Geburtstag  feierten  der  ordentliche  Professor  für 
anorganische  und  physikalische  Chemie  an  der  Univer- 
sität Berlin  Geh.  Regierungsrat  Professor  Dr.  H.  Landolt, 
und  der  Sekretär  der  Holläudschen  Maatschappy  der  Wcten- 
schnp]>en  und  Mitglied  des  Kuratoriums  der  Rijks-Universit.Ht 
Leiden,  Professor  I)r.  Jan  Bosscha. 

In  Ergänzung  und  Berichtigiing  der  auf  Seite  104  ge- 
brachten Nachricht  aus  Breslau  »st  zu  melden,  dass  Professor 
E  Neu  mann  den  erkrankten  Professor  i).  E.  Meyer  in 
Vorlesungen  und  Übungen  vertritt. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  ProfcSbOr  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oölttngen.  —  Vcrlig  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


N( 


Physikalische  Zeitschrift^ 


i^^^ 


No.  7. 


OrigiRalmitteiiungeii: 

W.  I).  V.  CzudiH)  chowski,  Eine 
Iteobaclitun|(  einer  empfindlichen 
Kntladungsform  in  Gasen.     S.   129. 

E.  Riecke,  Schwebungen  bei  er- 
ywungener  Schwingung.     S.  130. 

K.  Fehrle,  Cber  die  Radioaktivität 
des  Thoriumt)xyds.     S.   130. 

G.  Kucera  und  K.  Forch,  Über  das 
optische  Brechungsverhältnis  einiger 
Flüssigkeiten  bei  tiefen  Tempera- 
turen.    S.   132. 

L.  Grün  mach,  Voluraenänderung  des 


I.  Januar  1902. 

Redakttonsschluss  (lir  No.  8  am  7.  Januar  1902. 

INHALT. 

(Quecksilbers    beim    Cbcrgang    aus 
dem  starren  in  den  flüssigen  Zustand 
und     thermische    Ausdehnung    des 
,  starren  (Quecksilbers.     S.  134. 

Vorträqe  und  Diskussionen  von  der 
73.  Naturforsclierversammiung  zu 
Hamburg: 

F.   Neesen,     Zur     iJlitzableiterfrage. 
S.   136. 

J.  C lassen,  Über  ein  Photometer  zur 
Messung  der  Helligkeitsverteilung 
in  einem  Räume  ohne  Zuhilfenahme 
einer  Zwischenlichtquclle.     S.   137. 

13.    Walter,     Über    die    Ilaga-    und 


3.  Jahrgang. 


Windschen  Beugungsversuche  mit 
Röntgenstrahlen.     S.   137. 

F.  Hraun,  Über  drahtlose Telegraphie. 
S.'i43. 

E.  Goldstein,  Über  die  durch  Strah- 
lungen erzeugten  Xachfarben.  S.  149. 

Besprechungen: 

M.    Chassagny,    Cours    clementaire 

de  Physique.     S.   151. 
W.  F.  Wislicenus,    Astronomischer 

Jahresbericht.     S.  151. 

Eingegangene  Schriften.    S.  152. 
Tagesereignisse.    S.  152. 
Personaiien.    S.  152. 
Berichtigungen.    S.  152. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Eine   Beobachtung   einer   empfindlichen  Ent- 
ladungsform in  Gasen. 

Von  W.  Biegen  von  Czudnochowski. 

Gelegentlich  anderer  Versuche  habe  ich  beim 
Auspumpen  einer  Vakuumröhre  mit  zwei,  sym- 
metrisch zur  Anode  gelegenen,  aber  verschie- 
denen Kathoden  eine  eigentümliche  bei  einem 
bestimmten  Verdünnungsgrade  sich  zeigende 
Empfindlichkeit  der  Entladung  gegen  äussere 
Einflüsse  beobachtet. 

Die  betreffende  Vakuumröhre  bestand  aus 
zwei  Kugeln  von  je  60  mm  Durchmesser,  welche 
durch  ein  120  mm  langes  Rohr  von  10  mm 
Aussendurchmesser  miteinander  in  Verbindung 
.stehen  und  ineinander  parallelen  Ansätzen  die 
beiden  Kathoden  enthalten,  von  welchen  die 
eine  eben,  die  andere  konkav,  aber  von  gleichem 
Durchmesser  wie  erstere  ist.  Die  Anode  be- 
findet sich  in  einem  40  mm  langen,  in  der 
Mitte  des  Verbindungsrohres  zwischen  den  bei- 
den Kugeln  und  senkrecht  zu  diesem  ange- 
schmolzenen Ansatz;  die  Richtung  der  Kathoden- 
strahlung ist  ebenfalls  senkrecht  zur  Mittellinie 
dieses  Verbindungsrohres. 

Lässt  man  nun  während  des  Pumpens  die 
Entladung  in  der  Weise  hindurchgehen,  dass 
die  beiden  Kathoden  als  solche  parallel  ge- 
schaltet sind  und  das  Verbindungsrohr  mit  posi- 
tivem Lichte  erfüllt  erscheint,  so  verzweigt  sich 
die  Entladung  zunächst  gleichmässig,  und  beide 
Seiten  des  Rohres  erscheinen  gleichhell;  bei 
einem  bestimmten  Verdünnungsgrade  wird  aber 
die  eine  Rohrhälfte  vollkommen  dunkel,  die 
Entladung  geht  allein  durch  die  ebene  Kathode. 
Berührt  man  bei  diesem  Zustande  in  der  Nähe 
der  Hohlkathode  das  Glas,  so  hat  dies  ein 
augenblickliches  Überspringen  der  gesamten 
Entladung  in  den  vorher  dunklen  Schenkel  zur 


Folge,  bei  Aufheben  der  Berührung  erfolgt  so- 
fortiges Zurückspringen.  Pumpt  man  etwas 
weiter,  so  genügt  es,  wenn  man  der  Röhre  sich 
nur  nähert  oder  von  ihr  sich  auf  «^  1,5  m  ent- 
fernt, um  das  gleiche  Hin-  und  Herspringen  der 
Entladung  aus  dem  einen  in  den  anderen  Zweig 
zu  veranlassen.  Bei  weiterer  Druckverminderung 
erscheint  auch  in  dem  vorher  dunkeln  Zweig 
des  Rohres  wieder  Licht,  von  genau  gleicher 
Schichtenzahl  und  Schichtdicke,  wie  das  in  dem 
anderen,  aber  weit  geringerer  Helligkeit;  letztere 
nimmt  bei  fernerem  Pumpen  allmählich  zu  (die 
Zahl  der  Schichten  ab),  bis  schliesslich,  wenn 
in  jeder  Hälfte  des  Rohres  acht  Schichten  sicht- 
bar sind,  beide  Seiten  wieder  genau  gleichhell  er- 
scheinen. Bei  Verschlechterung  des  Vakuums 
tritt  mit  Vermehrung  der  Schichtenzahl  auch 
wieder  eine  Helligkeitsdifferenz  in  dem  vorbe- 
schriebenen Sinne  ein. 

Die  letzterwähnten  Veränderungen  der  Ent- 
ladung kann  man  wohl  als  inÜbereinstimmungmit 
den  Versuchsergebnissen  des  Herrn  Wehnelt') 
ansehen:  da  die  beiden  Kathoden  gleichen 
Durchmesser  haben,  so  v/irkt  bei  tiefen  Drucken 
die  Hohlkathode  wie  eine  zweite  der  ersten 
ganz  gleiche  ebene  Kathode,  ^j  Entladungen 
von  weit  grösserer  Empfindlichkeit  hat  Tesla 
beobachtet.^) 

i)  Strom-  und  Spannungsmessungen  an  Kathoden  in 
Entladungsröhren.  Habilitationsschrift.  Leipzig,  S.  Hir/el. 
1901.     Diese  Zeitschr.  2,  334,   1901. 

2)  A.  Wehnelt,  1.  c.  S.  15. 

3)  \ikola  Teslas  Untersuchungen  u.  s.  w.  Zusammen- 
gestellt  von  Martin.  Deutsch  von  Maser.  Halle  a.  S.,  \V. 
Knapp.     S.  226  —  230,   1895. 

Berlin,  Oktober  1901. 

(Eingegangen  22.  November  1901.) 


130 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


Schwebungen   bei   erzwungener   Schwingung. 

Von  Eduard  Riecke. 

Man  hänge  ein  Gewicht  A^on  etwa  2  kg  an 
einem  Drahte  von  etwa  30  cm  Länge  auf;  an 
dem  Gewichte  befestige  man  ein  Fadenpendel 
mit  einer  möglichst  leichten  Kugel,  dessen 
Periode  nahezu  dieselbe  ist,  wie  die  des  von 
dem  2  kg-Gewichte  gebildeten  Pendels.  Man 
gebe  nun  dem  letzteren  Pendel  einen  leichten 
Stoss,  so  dass  es  in  eine  kaum  merkliche 
Bewegung  gerät.  Das  Fadenpendel  kommt 
in  Schwingungen,  die  von  einer  anfangs  ganz 
kleinen  Weite  bis  zu  einem  Maximum  der  Am- 
plitude wachsen,  wieder  bis  zu  verschwindender 
Amplitude  abnehmen,  wieder  anwachsen  und 
so  fort;  man  erhält  so  die  ausgeprägtesten 
Schwebungen,  bei  welchen  die  maximale  Am- 
plitude leicht  über  einen  rechten  Winkel  hinaus- 
gehen kann,  während  das  2  kg-Gewicht  nur 
um  wenige  Millimeter  hin-  und  herschwankt. 

Die  Erklärung  der  Erscheinung  liegt  in 
der  Theorie  der  erzwungenen  Schwingungen. 
Die  von  dem  oberen  Pendel  auf  das  Faden- 
pendel   ausgeübte J periodische  Kraft   sei  durch 

den  Ausdruck  F-sin  2X        gegeben.     Die  Pe- 

riode  der  freien  und  nicht  gedämpften  Schwin- 
gung des  Fadenpendels  sei  T;  der  Grenzwert 
von  T,  für  welchen  die  Bewegung  des  Faden- 
pendels infolge  der  Dämpfung  eine  aperiodische 
wird,  sei  S;  die  Masse  des  Fadenpendels  sei 
;//.  Beim  Beginne  der  Bewegung  sei  das  Faden- 
pendel in  Ruhe,  also  sowohl  sein  Ausschlag  x, 

als  seine  Geschwindigkeit     ,    gleich  Null.  Durch 

die  äussere  Kraft  wird  gleichzeitig  eine  erzwungene 
und  eine  freie  Schwingung  des  Fadenpendels 
erregt.  Der  allgemeine  Ansatz  für  den  Ausschlag 
ist  daher: 

X ^^f  sin  \2üt      —^\j^Ae'~    ^  H 


]  tude  der  erzwungenen  und  der  Amplitude  der 
I   freien  Schwingung  ergiebt  sich  somit: 


X  stn 


Hier  ist: 

/= 


Fe  V 


dx 
Soll    für  /  =  o   sowohl  x   als   auch         ver- 

dt 


schwinden,  so  muss: 


FS  r 


sein.     Für  das  Verhältnis  zwischen  der  Ampli- 


T 


V'-l 


Ist  die  Dämpfung  klein  und  ist  V  nahezu 
gleich  T,  so  ist  auch  /  nahezu  gleich  A,  in 
Übereinstimmung  mit  den  Ergebnissen  der  Be- 
obachtung. 

(Hingegangen  28.  November  1901.) 


Über  die  Radioaktivität  des  Thoriumoxyds. 

Von  Karl  Fehrle. 

Wie  Rutherford')  fand,  sendet  das  Thor- 
oxyd zwei  Arten  von  Strahlung  aus.  Die  eine 
sehr  durchdringende,  von  ihm  „Emanation"  ge- 
nannt, scheint  hauptsächlich  die  von  ihm  ge- 
fundene sekundäre  Radioaktivität  hervorzurufen. 
Die  Erscheinung  der  sekundären  Radioaktivität 
spricht  dafür,  dass  die  Emanation  in  einer  Über- 
führung von  Partikeln  besteht.  Untersuchungen 
hierüber  haben  mir  weitere  Bestätigungen  dieser 
Annahme  geliefert.  Über  diese  Versuche  soll 
nun  berichtet  werden. 

Wurde  ein  Aluminiumstreifen  9,7x5,4  cm 
parallel  der  kürzeren  Seite  durch  Ritzen  in  1 1 
gleiche  Streifen  geteilt,  und  in  der  Weise,  wie 
Fig.  I  zeig^,  dem  Thoroxyd  exponiert,  so  waren 
die  Stärken  der  Radioaktivität  der  einzelnen 
Streifen,  die  des  ersten  mit  i  bezeichnet,  von 
links  nach  rechts  i  1,1  1,9  2,9  4,3  3,5  2,9  1,8 
1,1  0,9  0,5.  Das  Maximum  der  Radioaktivität 
war  hierbei  erreicht.  Aus  den  Zahlen  ist  zu 
schliessen,  dass  die  Partikel  von  dem  positiv 
geladenen  Kasten  nach  der  Mitte  zu  abge- 
stossen  werden,  und  ferner,  wegen  der  kleinen 
Radioaktivität  der  Randstreifen,  dass  keine  Par- 
tikel neben  der  Platte  durchdiffundieren,  diese 
Versuchsanordnung  vorausgesetzt. 

Thatsächlich  zeigt  auch  die  von  dem  Thor- 
oxyd abgewendete  Seite  einer  Platte  nur  ge- 
ringe Radioaktivität  im  Vergleich  mit  der  Radio- 
aktivität auf  der  zugewendeten  Seite,  wenn  sie 
wie  die  des  ersten  Versuchs  aktiviert  wird. 

Wurde  ein  Messingdraht  in  einen  Messing- 
cylinder,  auf  dessen  Boden  sich  das  Thoroxyd 
befand,  luftdicht  eingesetzt,  und  mit  dem  Elektro- 
meter verbunden,  während  der  Cylinder  kon- 
stant auf  100  Volt  geladen  war,  so  betrug  der 
Ausschlag  anfänglich  173  Skalenteile  in  2  Mi- 
nuten und  stieg  in  16  Stunden  auf  206  Sk.  in 
2  Minuten.  Nach  P2ntfernung  des  Thoroxyds 
betrug  er  noch  30  Sk.  Mit  einem  neuen  Drahte 
ergab  sich  überhaupt  kein  Ausschlag.  Daraus 
geht  hervor,  dass  der  ganze  Zuwachs  von 
den    am   Drahte    kondensierten   Partikeln    her- 

I)  Rutherford,  Phil.  Mag.  49,  161   ff.,  1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


131 


"^ooS 


/ShcrturY 


l« 


Fig.    I. 

rührte,     dass    also    ausser    diesen    keine    radio- 
aktiven Partikel  entstanden  waren. 

Rutherford  zeigte,  dass  diese  Partikel  Teile 
einer  neuen,  im  Thoroxyd  enthaltenen  Substanz 
sindJ)  Ich  habe  nun  gezeigt,  dass  diese  Sub- 
stanz vor  dem  Vorgange  der  Emanation  sich 
chemisch  verändert.  Während  nämlich  die  se- 
kundär induzierten  Partikel  von  Salzsäure  gelöst 
werden,  wie  Rutherford  zeigte^),  wird  die  die 
Emanation  bedingende  Substanz  von  Salzsäure 
nicht  angegriffen.  Die  Radioaktivität  derselben 
Menge  Thoroxyd  änderte  sich  nämlich  nicht, 
wenn  sie  mit  Salzsäure  behandelt  und  getrocknet 
wurde.  Immerhin  könnte  eine  kleine  Menge 
der  Substanz  in  Lösung  gegangen  sein,  ohne 
dass  dadurch  die  Radioaktivität  des  Ganzen 
merklich  geschwächt  wurde.  Auch  das  ist  nicht 
der  Fall.  Es  wurden  nämlich  hintereinander 
drei  Auszüge  mit  ein-  und  derselben  Salzmenge 
mit  immer  dem  gleichen  Quantum  HCl  gemacht, 
nachdem  jedesmal  das  Salz  wieder  gewaschen 
und  getrocknet  worden  war.  Die  Rückstände 
der  drei  Salzsäuremengen  zeigten  folgende 
Radioaktivitäten,  wenn  wir  die  erste  mit  loo 
bezeichnen:  lOO  26  5.  Die  Radioaktivität  des 
Salzes  blieb  dieselbe.  Sie  können  also  nur  von 
der  sekundären  Radioaktivität  herrühren,  die 
das  Salz  in  sich  selbst  induziert  hat,  denn  bei 
Annahme  einer  Lösung  der  die  Emanation  be- 
dingenden Substanz  wäre  nicht  einzusehen, 
warum  beim  dritten  Auszuge  nichts  mehr  davon 
gelöst  wird,  wo  doch  die  Radioaktivität  des 
Ganzen  ungeschwächt  fortdauert.  Diese  letzt- 
genannte Substanz  unterscheidet  sich  also  in 
ihrem  chemischen  Verhalten  von  der  sekun- 
där induzierten.  Man  kann  annehmen,  dass  sie 
ein  in  beständiger  Zersetzung  begriffenes  Salz 
ist.  Der  eine  Teil  des  Zersetzungsproduktes 
würde  dann  die  Emanation  und  damit  die 
sekundäre  Radioaktivität  bedingen. 

II  Diese  Zcitschr.  2,  429,  1901. 

2)  Kutbcrfor«!,  l'hü.  Mag.  49,   189,  190a 


Werden  die  Partikel  durch  Erhitzen  ge- 
zwungen, sich  von  dem  aktivierten  Körper 
zu  entfernen,  so  verlieren  sie  damit  nicht  die 
Eigenschaft,  einen  dritten  Körper  radioaktiv  zu 
machen.  Damit  Tst  also  eine  tertiäre  Radio- 
aktivität hergestellt,  deren  Möglichkeit  bereits 
von  Dorn')  konstatiert  wurde.  Wurde  ein 
radioaktiver  Platindraht  luftdicht  und  isoliert 
in  einem  Messingcylinder  ausgespannt,  und 
mit  dem  Elektrometer  verbunden,  während 
der  Cylinder  ein  konstantes  Potential  von 
100  Volt  erhielt,  so  betrug  der  Ausschlag 
anfanglich  237  Sk.  in  2  Minuten.  Wurde  der 
Draht  jetzt  durch  einen  Strom  von  20  Amp. 
2  Minuten  geglüht,  so  blieb  der  Ausschlag  nahe 
derselbe.  Nach  Einsetzen  eines  inaktiven 
Drahtes  in  den  Cylinder  betrug  er  97  Sk.  in 
2  Min.  Der  Cylinder  war  also  etwa  halb  so 
stark  radioaktiv  geworden,  wie  der  Draht  ur- 
sprünglich. 

Dagegen  fand  ich,  dass  die  Temperatur  der 
flüssigen  Luft  auf  die  Ausgabe  der  Partikel 
ohne  Einfluss  ist.  Ein  isoliert  in  einen  Messing- 
cylinder hineinragender  radioaktiver  Draht  wurde 
in  der  Art,    wie  Fig.  2  zeigt,    in   ein  Dewar- 


1-  ' 


00  \/ 


Hc^i-r, 


Fig.  2. 

sches  Gefäss  gestellt,  und  die  Radioaktivität 
gemessen,  wenn  der  Cylinder  mit  gewöhnlicher 
Lufl  und  flüssiger  Luft  gefüllt  war.  Die  Aus- 
schläge in  beiden  Fällen  betrugen  142  und 
2  Sk.  Dass  hier  lediglich  Absorptionswirkung 
in  Betracht  kommt,  geht  daraus  hervor,  dass 
eine  radioaktive  Platinplatte,  die  in  flüssiger 
Luft  lag,  in  der  gesetzmässigen  Zeit  ihre  Radio- 
aktivität verlor. 

Wurde  der  Draht  durch  einen  inaktiven  er- 
setzt, und  Thoroxyd  auf  den  Boden  des  Cy- 
linders  gebracht,  und  dann  flüssige  Luft  in  das 
De  war  sehe  Gefäss  gegossen,  aber  so,  dass  sie 
den  Cylinder  nur  von  aussen  bespülen  konnte, 

i)  Dorn,  Ucibl  24,  1343.  1900- 


132 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahigang.     No.  7*. 


so  blieb  der  Ausschlag  in  den  ersten  3  Minuten 
konstant,  fiel  aber  dann  allmählich  auf  0,3  5  des 
Ganzen,  wo  er  konstant  blieb,  bis  noch  weitere 
Luft  hinzugegossen  wurde,  was  ein  nochmaliges 
Fallen  der  Radiation  zur  Folge  hatte,  so  dass 
der  Ausschlag  '/^  des  Ganzen  wurde.  Aus  diesen 
Daten  geht  hervor,  dass  die  Radiation  mit  der 
nach  und  nach  erfolgenden  Verdichtung  der  Luft 
im  Cylinder  kleiner  wurde,  während  sie  von  der 
Temperatur  unbeeinflusst  blieb. 

(Eingegangen  12.  Dezember.  1901.) 


Über  das  optische  Brechungsverhältnis 
einiger  Flüssigkeiten  bei  tiefen  Tcmt)eraturen. 

Von  Gottlieb  Kucera  und  Carl  Forch. 

Die  Messungen  der  Dielektrizitätskonstante 
von  Flüssigkeiten  bei  sehr  tiefen  Temperaturen 
führten  zu  dem  bemerkenswerten  Resultate,  dass 
bei  der  Temperatur  der  flüssigen  Luft  diese 
Konstante  kleine,  zwischen  2  und  3  liegende 
Werte  annimmt,  so  dass  die  Maxwellsche 
Regel  (Dielektrizitätskonstante  gleich  dem  Qua- 
drate des  Brechungsverhältnisses)  scheinbar  von 
allen  gemessenen  Flüssigkeiten  im  festen  Zu- 
stande erfüllt  wird.  Nun  ist  aber  der  Gang  der 
DK  mit  der  Temperatur  bei  verschiedenen 
Flüssigkeiten  sehr  verschieden,  so  dass  sie  sich 
danach  deutlich  in  zwei  Klassen  scheiden  lassen. 
Bei  den  ersteren,  wie  Schwefelkohlenstoff,  To- 
luol,  Ricinus-  und  Olivenöl,  bei  welchen  die 
DK  auch  bei  gewöhnlichen  Temperaturen 
kleine  Werte  haben,  so  dass  die  Abweichung 
von  der  Maxwellschen  Regel  nicht  allzu  stark 
ist,  fällt  nach  den  Messungen  von  De  war  und 
Fleming^)  die  DK  langsam  mit  abnehmen- 
der Temperatur;  beim  Schwefelkohlenstoff  steigt 
sie  allerdings  vorerst  langsam  zu  einem  schwa- 
chen Maximum  (2,70)  bei  — 116^,  um  dann 
schnell  bis  zum  Endwerte  2,24  zu  fallen. 

Die  andere  Klasse  der  Flüssigkeiten,  zu  der 
Äther,  Aceton,  Äthyl-,  Methyl-,  Propyl-,  Iso- 
butyl-  und  Amylalkohol  gehören,  zeigt  ein 
*A«;^entlich  anderes  Verhalten;  die  DK  steigt 
jiainlich  nach  den  Messungen  von  Ab  egg  und 
htitz^j  stark  mit  abnehmender  Temperatur  (nach 

/ 

dem  empirischen  Gesetze  DK=Konst.e        i9u 

und  fallt  erst  bei  dem  Erstarren  der  Flüssigkeit 
plötzlich  auf  einen  zwischen  2  und  3  liegenden 
Wert.  Diese  merkwürdigen  Thatsachen  veran- 
lassten uns,  das  optische  Brechungsverhält- 
nis einiger  der  genannten  Flüssigkeiten  nach 
den    tieferen    Temperaturen    hin    zu    verfolgen, 

1)  De  war  und  Fleining/  Proc.  Roy.  Soc.  London  61, 

2)  AIm'j;^;,  Wicd.  Ann.  60,  54,  1897.  Abegg  und 
Sfilz,  /citschr.  für  php.  Ch'-in.  29,  242,   1S99. 


um  das  Verhalten  seines  Temperaturkoeffizien- 
ten  festzustellen. 

Die  Messung  des  Brechungs Verhältnisses 
erfolgte  an  einem  Flüssigkeitsprisma  nach  der 
Methode  des  in  sich  zurückkehrenden  Strahles 
(Autokollfination),  und  zwar  wurde  die  brechende 
Kante  des  Prismas  horizontal  gelegt.  Dies  ge- 
schah zu  dem  Zwecke,  um  die  eigene  horizon- 
tale Flüssigkeitsoberfläche  direkt  als  eine  Pris- 
menoberfläche verwenden  zu  können;  auch 
konnte  man  so  die  Kältemischung,  welche  die 
Flüssigkeit  mit  Ausnahme  der  oberen  Fläche 
allseitig  umgab,  bequemer  an  das  Prisma  heran- 
bringen. Die  zu  untersuchende  Flüssigkeit  be- 
fand sich  in  einem  x)fienen  Metallgefässe,  dessen 
Boden  um  etwa  30^  gegen  die  Horizontale  ge- 
neigt war  (Figur  i);    auf  demselben  war  dufch 


I  M  '  '  F  '  '   '  '  t 
iMg.    I. 


zwei  Blattfedern  ein  auf  der  Vorderseite  ver- 
silbertes planes  Glasplättchen  als  reflektierende 
Fläche  befestigt. '  Das  Gefäss  sass  in  einer 
dicken  Ebonitplatte,  die  auf  einem  schweren 
Metallfusse  derart  befestigt  war,  dass  die  in 
einem  weiteren  Troge  befindliche  Kältemischung 
(feste  Kohlensäure  mit  Äther)  bequem  von  unten 
über  das  Gefäss  geschoben  und  durch  Klötze 
fixiert  werden  konnte.  Die  Flüssigkeit  wurde 
stets  nur  so  hoch  eingefüllt,  dass  ihr  Niveau 
unter  der  unteren  Fläche  der  Ebonitplatte  lag, 
sie  selbst  also  immer  ganz  in  die  Kältemischung 
eintauchte.     Als   obere   Begrenzungsfläcbe   des 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


133 


Prismas  wurde,  wie  bereits  erwähnt,  die  natür- 
liche Oberfläche  der  Flüssigkeit  benutzt  und  der 
Apparat  so  eingestellt,  dass  nur  der  horizontale, 
vom  Meniskus  nicht  beeinflusste  Teil  derselben 
von  den  Lichtstrahlen  getroffen  wurde.  Da  aber 
an  der  kalten  Oberfläche  die  Feuchtigkeit  aus 
der  Atmosphäre  sich  kondensierte,  was  bei  mit 
Wasser  nicht  mischbaren  Flüssigkeiten  eine  Trü- 
bung, bei  anderen  eine  merkliche  Konzentrations- 
änderung bewirken  musste,  so  wurde  über  die- 
selbe im  Abstand  von  etwa  8  mm  eine  dünne, 
planparallele  Glasplatte  gelegt  und  auf  diese  ein 
passend  geformtes  U-förmiges  Trockengefasschen 
mit  Phosphorsäureanhydrit  gestellt.  Eine  Papp- 
hülle, welche  nur  für  das  Fernrohr  und  das 
Thermometer  Offnungen  hatte,  sollte  die  so 
ziemlich  getrocknete  Luft  gegen  den  Aussen- 
raum  abschliessen.  Gleichwohl  musste  bei  be- 
sonders hoher  Luftfeuchtigkeit  die  Platte  im 
Laufe  einer  Beobachtungsreihe  zuweilen  von  dem 
kondensierten  Wasser  gereinigt  werden. 

Die  Messung  der  Winkel  erfolgte  an  dem 
Höhenkreis  eines  guten  älteren  astronomischen 
Universalinstrumentes  von  Reichenbach  &  Ertel 
in  München,  dessen  Nonius  4"  ergab.  Auf  der 
horizontalen  Achse  desselben  war  das  Kolli- 
mationsrohr  eines  Ab  besehen  Spektrometers 
seitlich  befestigt.  Die  Beleuchtung  mit  Na-licht 
besorgte  ein  Bunsenbrenner  mit  von  Kochsalz- 
lösung durchtränktem  Asbestpapier. 

Die  Temperaturen  wurden  mit  einem  Platin- 
widerstandsthermometer gemessen.  Der  Durch- 
messer des  von  Heraus,  Hanau,  gelieferten,  dop- 
pelt mit  weisser  Seide  umsponnenen  Drahtes 
betrug  0,033  mm.  Der  Draht  war  auf  ein  U- 
fbrmiges  Glimmerplättchen  aufgewickelt,  an 
dickere  Platinzuführungsdrähte  angeschweisst 
und  in  eine  ähnlich  geformte  Büchse  aus  sehr 
dünnem   Kupferblech    eingeschoben.      (Fig.  2.) 


■• — \ — I 


Fig.  2. 


Die  Messung  des  Widerstandes  geschah  mittels 
einer  Kohlrauschschen  Walzenbrücke  mit 
beiderseitigem  Vorschaltwiderstand ')  und  eines 
Du   Bois-Rubensschen    Galvanometers*^)    mit 

i)  F.  Kohlrausch,  Wied.  Ann.  56,  177,  1895. 
2)  Dtt  Uois  und  Rubens,  Wied.  Ami,  48,  236,  1893. 


sehr  hohem  Widerstand.  In  dem  Stromkreise 
des  Elementes  war  ein  Baiastwiderstand  von 
ca.  1 100  Ohm  eingeschaltet,  um  eine  merkliche 
Erwärmung  des  Thermometers  durch  den  Strom 
unmöglich  zu  machen.  Als  Stromschlüssel  wurde 
der  im  2.  Jahrg.  dieser  Zeitschrift  S.  381  be- 
schriebene Doppelschlüssel  benutzt. 

Um  ein  künstliches  Altern  des  fertiggestellten 
Thermometers  zu  bewirken,  wurde  dasselbe  zu- 
erst lange  Zeit  auf  einer  Temperatur  von  etwa 
+  130^  gehalten  und  hierauf  oft  Änderungen 
im  Intervalle  — 8o^  o*^  und  icx)^  ausgesetzt. 
Nachdem  der  Widerstand  bei  o**  und  der  Tem- 
peraturkoeffizient zwischen  o^  und  +  100*^  kon- 
stant geworden  war,  wurden  die  Konstanten 
des  Thermometers  definitiv  bestimmt,  und  zwar 


^Itilkrtifi. 


i^»g.  3. 

der  Widerstand  bei  — 79,4^  in  fester  Kohlen- 
säure 0,  bei  o^  und  bei  '+icx)^  Es  ergab  sich 
hieraus    der  Temperaturkoeffizient   zwischen  o^ 

und  100^  \     ^—     -^  )  zu  0.002022  und  zur  Um- 

rechnung  der  „Platin-"  auf  „Wasserstofftempe- 
raturen" die  Formel 

/  =  1 ,02738  .  /  —  0,0002738  .  /-. 

Bei  der  Konstruktion  des  Thermometers  wurde 
sehr  dünner  Draht  und  ziemlich  hoher  Wider- 
stand (bei  o^  248,07  Ohm)  gewählt,  da  dies 
einerseits  eine  kleine Wärmekapazitätund  schnelle 
Annahme  der  Temperaturänderungen,  anderer- 
seits einen  sehr  geringen  Einfluss  der  unregel- 

1)  PuBoisuudWills,  Vgrh.a.  d.  i)hys,Gvi».l,  |68,  18(^9. 


134 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No.  7, 


massigen  Temperaturverteilung   in  den  heraus 
ragenden  Zuflihrungsdrähten  zur  Folge  hat. 

Das  Thermometer,  welches  von  den  Wänden 
des  Gefässes  und  dem  Spiegel  überall  etwa 
I  mm  Abstand  hatte,  wurde  so  eingesetzt,  dass 
der  mittlere  Teil  des  Spiegels  zur  Beobachtung 
frei  blieb  und  mit  Draht  an  der  Ebonitplatte 
befestigt.  Alsdann  wurde  die  Flüssigkeit  bei 
Zimmertemperatur  eingefüllt,  und  das  reflektierte 
Bild  im  Fernrohr  eingestellt,  wobei  meistens 
noch  eine  geringe  Änderung  an  der  Einjustie- 
rung der  Fussschrauben  des  Gefassträgers  nötig 
war.  Hierauf  wurde  das  Gefäss  mit  der  Kälte- 
mischung —  feste  Kohlensäure  mit  Äther  — 
untergeschoben  und  entsprechend  befestigt. 
Dasselbe  war,  um  die  störenden  Ätherdämpfe 
abzuhalten  und  dieTemperaturen  länger  konstant 
zu  erhalten,  oben  mit  Watte  abgedeckt. 

Die  Beobachtung  des  Brechungsverhält- 
nisses und  der  Temperatur  erfolgte  völlig  gleich- 
zeitig, indem  der  eine  von  uns  die  Einstellung 
an  der  Walzenbrücke  abwartete  und,  sowie  diese 
erreicht  war,  der  andere  die  Einstellung  am 
Fernrohr  bewirkte.  Es  konnten  so,  während 
die  Temperatur  von  etwa  — 70^  bis  auf  etwa 
o^  langsam  (innerhalb  2  bis  3  Stunden)  anstieg, 
grosse  Reihen  (bis  zu  icx))  zusammengehöriger 
Beobachtungspaare  für  jede  Flüssigkeit  gewon- 
nen werden. 

Es  wurden  gemessen:  Schwefelkohlenstoff, 
Toluol,  Methyl-,  Aethyl-  und  Amylalkohol,  so- 
wie Äthyläther.  Die  Resultate  wurden  nach 
der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  durch  eine 
Gleichung  von  der  Form  ;/  =  ^  +  ^./  Kr./^ 
zunächst  für  Platintemperatur  dargestellt  und 
alsdann  auf  die  gewöhnliche  Temperaturskala 
mittels  der  bereits  angegebenen  Reduktionsformel 
umgerechnet.  Es  ergab  sich  das  Brechungs- 
verhältnis n  für  Natriumlicht  bei  der  Tempe- 
ratur /  für 

Amylalkohol  zwischen  o^  und  — 70^ 
//  =  1,42003  —  0,0.4625  /  +  o,Oß307  t^ 

Methylalkohol  zwischen  o^  und  — 64^ 
;/  =  1,34093  —  0,0a492-/  —  0,00823  /^ 

Äthylalkohol  zwischen   o"  und  — 67^ 
//  =  1,37148  —  o,Oj5io  /  +  0,0^303  t^ 

Äthyläther  zwischen  o^  und  — 46" 
n  =  1,36504  —  o,OjS96  t  —  0,0.5718  .  t^ 

Toluol  zwischen  o^  und  —  44*^ 
//  =  1,50292  —  o,o.t  507  /  +  0,05 1 540  fi  —  0,0.,  8  /•» 

Schwefelkohlenstoff  zwischen  o^  und  —  60^^ 
//  =  1,64362  —  0,0,733  /  +  0,0.900  tK 

Die  mittlere  Abweichung  der  einzelnen  Be- 
obachtung betrug  etwa  1,5  Einheiten  der  vierten 
Dezimale.  Dieselbe  rührt  wohl  hauptsächlich  von 
mangelhaftem  Temperaturausgleich  in  den  vom 
Lichte  durchsetzten  Schichten  und  der  da- 
durch bedingten  geringen  Schärfe  der  Einj>teUung 


bei  den  optischen  Beobachtungen,  nicht  von 
Fehlern  der  Temperaturbestimmung  her.  Bei 
Toluol  und  Äthyläther  wurden  Beobachtungen 
unter  —  44*^  resp.  —-  46^  zur  Berechnung  nicht 
benutzt,  da  bei  beiden  ein  zu  rascher  Tempe- 
raturwechsel die  Beobachtungen  bei  tieferen 
Temperaturen  unsicher  machte. 

Aus  den  Resultaten  geht  hervor,  dass  die 
Alkohole  und  Äther,  welche  in  Hinsicht  auf 
die  DK  sich  so  stark  von  Schwefelkohlenstoff 
unterscheiden,  in  optischer  Hinsicht  ihm  im  unter- 
suchten Temperaturintervall  vollständig  ähnlich 
sind.  Bemerkenswert  ist,  dass  die  Kurve  des 
Brechungsverhältnisses  bei  Schwefelkohlenstoff 
unter  o^  eine  entgegengesetzte  (allerdings  ziem- 
lich schwache)  Krümmung  zeigt,  als  bei  den 
über  o«  liegenden  Temperaturen,  was  mit  den 
Messungen  von  Ketteier*)  übereinstimmt,  der 
den  Wendepunkt  ungefähr  bei  o^  fand.  Ob 
die  übrigen  untersuchten  Substanzen  ein  ähn- 
liches Verhalten  aufweisen,  lässt  sich  an  der 
Hand  des  bis  jetzt  vorhandenen  Beobachtungs- 
materiales  nicht  sicher  entscheiden. 

Von  grossem  theoretischen  Interesse  wäre, 
diese  Verhältnisse  weiter  zu  tieferen  Tempera- 
turen, womöglich  bis  zum  Erstarren  der  Flüssig- 
keiten zu  verfolgen,  was  jedoch  mit  der  ange- 
wandten Methode  kaum  möglich  ist.  Der  An- 
wendung von  anderen  Methoden  steht  entgegen, 
dass  für  das  Brechungs Verhältnis  des  Glases  bei 
sehr  tiefen  Temperaturen  unseres  Wissens  bis- 
her keine  Daten  vorliegen. 

1)  Kctteler,  Wied.  Ann.  85,  662,  1888. 

Darmstadt,  Physikalisches  Institut  der 
Technischen  Hochschule. 

(Eingegangen  16.  Dezember  1901.) 


Volumenänderung  des  Quecksilbers  beim 
Übergang   aus    dem   starren  in  den  flüssigen 
Zustand    und    thermische    Ausdehnung    des  Vi 

starren  Quecksilbers.^) 

Von  L.  Grunmach. 

Die  Methode,  deren  ich  mich  zur  Bestimmung 
der  Volumenänderung  des  Quecksilbers  bei 
Änderung  seines  Aggregatzustandes  bediente, 
war  folgende:  An  ein  cylindrisches  thermo- 
meterartiges Gefäss  aus  schwer  schmelzbarem 
Jenenser  Glase  von  etwa  2,5  ccm  Inhalt  war  eine 
sorgfältig  kalibrierte  und  mit  arbiträrer  Skala 
versehene  Kapillarröhre  angeschmolzen,  welche 
oben  in  eine  kleine  trichterförmige  Erweiterung 
behufs  bequemer  Füllung  des  Thermometers 
endigte.     Es  wurde  zunächst  mit  reinem  abso- 

I)  Vurgetrajjcn   auf   der   Versammlung  deutscher   Xatur- 
forsgh^r  und  ArzU  zu  Hamburg,  Abteilung  2, 25.  Scptbr.  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


U5 


luten  Alkohol  gefüllt,  und  ^war  in  der  Weise, 
dass,  wenn  es,  nachdem  mittels  einer  Wasser- 
strahlluftpumpe unter  Erwärmung  und  vorsich- 
tiger Erschütterung  der  Gefässwandung  alle  Luft- 
bläschen ausgetrieben  waren,  seiner  ganzen  Länge 
nach  in  fein  zerstossenes  schmelzendes  Eis  ein- 
gebettet war  und  darin  etwa  zwei  Stunden  lang 
gestanden,  der  Alkoholmeniskus  mit  dem  An- 
&ngsstrich  (Nullpunkt)  der  Teilung  genau  zu- 
sammenfiel. Nunmehr  wurde  das  Thermometer, 
welches  ich  mit  A  ( \  Alkohol  +  l^  Alkohol)  be- 
zeichnen  will,  oben  zugeschmolzen,  dann  ganz 
allmählich  bis  auf  — 80^  C.  abgekühlt  und  in 
mehreren  Vergleichungsreihen  in  dem  Tempera- 
turintervall von  — 80  bis  — 30^  C,  von  Grad 
zu  Grad  bei  aufsteigender  Temperatur  fort- 
schreitend, mit  einem  von  R.  Fuess  herge- 
stellten, in  halbe  C.-Grade  geteilten  Normal- 
Alkohol-Thermometer  iV,  welches  von  der  Physi- 
kalisch-Technischen Reichsanstalt  geprüft  und 
beglaubigt  war,  verglichen.  Als  Bad  diente  ein 
mit  einem  Gemisch  von  fester  Kohlensäure  und 
abgekühltem  Alkohol    gefülltes  grösseres  Glas- 


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geföss,  welches  konzentrisch  von  einem  mit 
einer  Kältemischung  gefüllten  Gefäss  umgeben 
und  mit  einer  geeigneten  Rührvorrichtung  ver- 
sehen war,  um  während  der  Beobachtungen  eine 
hinreichende  Konstanz  der  Temperatur  herzu- 
stellen. Die  Ablesungen  erfolgten  mittels  zweier 
Ablesemikroskope,  welche  halbe  Zehntelgrade 
mit  Sicherheit  zu  schätzen  gestatteten  in  der 
Weise,  dass  in  dem  Momente,  in  welchem  für 
den  einen  Beobachter ')  der  AlkohoHndex  mit 
einem  vollen  Gradstrich  des  Normalthermome- 
ters N  koinzidierte,  a  tempo  die  Ablesung  des 
Thermometers  A  durch  den  anderen  Beobachter 


i)  Herr  Ingenieur  Seibt  war  so  freundlich,  mich  bei  den 
Versuchen  zu  unte^Utzen,  wofür  ich  ihm  auch  an  dieser  Stelle 
metoen  verbiadli^Ksten  Dank  sage. 


erfolgte.  Auf  diese  Weise  sind  fiinf  Verglei- 
chungsreihen auagefiihrt  worden,  welche  eine 
sehr  gute  innere  Übereinstimmung  zeigten,  und 
deren  Ergebnisse  durch  die  nahezu  geradlinig  verr 
laufende  Kurve  OA  graphisch  dargestellt  werden. 
Die  Abszissen  geben,  von  rechts  nach  links  in 
absteigendem  Sinne,  die  mit  dem  Normal-Alko- 
holthermometer iV  abgelesenen  Temperaturen, 
während  die  Ordinaten  die  durch  das  Alkohol- 
thermometer A  in  Teilen  seiner  arbiträren  Skala 
angegebenen  Temperaturen  darstellen. 

Um  einige  Vergleichungspunkte,  die  wir  nach- 
her gebrauchen  werden,  herauszugreifen,  so  ent- 
sprechen 


den  Angaben 

—78,2  «  C.  von  A' 

-38,5 

—33.7 
o 


»I 


♦I 


die  Angaben 

149,86/.  von  A 

73,11 
64,03 

o 


I» 


tt 


rt 


lOC. 
entsprechen 

1,9321  /.  von  A 

1,9160 
1,8998 


»f 


>f 


Hieraus  ergiebt  sich,  dass 

in  dem  Temperatur- 
intervall  von 

—78,2  bis  —38,5«  C. 

—38,5   M    —33,7 
-33,7   n         o 

Hierauf  wurde  das  Alkoholthermometer  A  oben 
geöffnet,  seines  Alkohols  entleert  und  nach  sorg- 
fältigster Austrocknung  zur  Hälfte  mit  reinem 
destillierten  Quecksilber,  zur  anderen  Hälfte  mit 
dem  Alkohol  derselben  Sorte  gefüllt.  Dies  ge- 
schah in  der  Weise,  dass  das  Instrument  zu- 
nächst wie  ein  Quecksilberthermometer  mit 
reinem  Quecksilber  gefüllt  wurde,  so  dass,  wenn 
es  wieder  seiner  ganzen  Länge  nach  in  klein 
zerstossenem  schmelzenden  Eise  zwei  Stunden 
lang  eingebettet  gestanden,  der  Quecksilber- 
meniskus genau  mit  dem  Nullpunkte  der  Skala 
koinzidierte,  dass  hierauf  die  Gesamtmasse  des 
Füllquecksilbers  durch  Wägung  (zu  31,180  g) 
ermittelt  und  das  Instrument  zur  Hälfte  mit  der 
halben  Masse  (15,590  g)  dieses  Quecksilbers  und 
zur  anderen  Hälfte  wieder  mit  dem  Alkohol  in 
der  vorhin  angegebenen  Weise  gefüllt  wurde, 
so  dass,  wenn  es  seiner  ganzen  Länge  nach  sich 
genügend  lange  in  Eis  befand,  der  Alkohol- 
meniskus wieder  genau  mit  dem  Nullpunkte  der 
Skala  zusammenfieL  Das  auf  diese  Weise  herge- 
stellte Quecksilber- Alkoholthermometer,  welches 
ich  mit  ß  ( '/i  Quecksilber  +  V2  Alkohol)  be- 
zeichnen will,  wurde  nun  genau  so  wie  vorher 
das  Alkoholthermometer  A  mit  dem  Normal- 
Alkoholthermometer  A^in  sechs  unabhängigen  Be- 
obachtungsreihen, die  wieder  eine  gute  innere 
Übereinstimmung  zeigten,  verglichen.  Die  gra- 
phische Darstellung  der  Ergebnisse  dieser  Be- 
obachtungsreihen giebt  im  Mittel  die  Kurve  OB, 
in  welcher  wir  drei  Teile  unterscheiden  können: 
erstens  den  Teil  ßB\  welcher  dem  Temperatur- 
intervall von  -  78,2  bis  —38,5^  C.  entspricht, 
in  welchem  das  Quecksilber  sich  in  starrem  Zu- 


/ 


'36 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  7. 


Stande  befindet,  zweitens  das  Kurvenstück  ///>  , 
welches  dem  Temperaturintervall  von  — 38,5 
bis  — 33,7"  C.  entspricht,  innerhalb  dessen  der 
Schmelzprozess  vor  sich  geht,  und  drittens  das 
Kurvenstück  //'  Ö,  welches  dem  Temperatur- 
intervall von  — 33,7  bis  o*^  C.  entspricht,  in 
welchem  das  Quecksilber  sich  in  flüssigem  Zu- 
stande befindet. 

Den  vorhin  mitgeteilten  Temperaturangaben 

tles  Normal-Alkohol-  eiitsprechen  von  B 

thermometers  N  die  Temperaturangaben 

— 78,2®  C.  118,49/. 

—38,5      „  76,82  „ 

—33,7    M  36,32  „ 

o  o 

Hieraus  ergiebt  sich,  dass 

in  dem  TemperaturintervaJl 

—78,2  bis  —38,5»  C. 


lO  C.  entsprechen 

1,0527 />.  von  B 

8,4375 
1,0777 


— 3<^5    „    "33,7 
—33,7    „   — o 

Um  nun  aus  der  dem  Gange  des  ( \  Quecksilber 
+  Vi  Alkohol)-Thermometers  B  entsprechenden 
Kurve  OB^  welche  ja  die  Volumenänderungen 
von  Quecksilber  und  von  Alkohol  zusammen 
darstellt,  die  Volumenänderungen  des  Queck- 
silbers allein  zu  erhalten,  hat  man  nur  die  un- 
bedingt zulässige  Annahme  zu  machen,  dass  für 
ein  und  dasselbe  Temperaturintervall  die  Vo- 
lumenänderungen des  halben  Alkoholvolumens 
xi\\x  halb  so  gross  sein  werden,  wie  diejenigen 
des  ganzen  Alkoholvolumens.  Die  Volumen- 
änderungen des  halben  Alkoholvolumens  werden 
nun  graphisch  dargestellt  durch  die  ebenfalls 
nahezu  geradlinig  verlaufende  Kurve  OC^  deren 
Ordinaten  in  jedem  Punkte  halb  so  gross  sind, 
wie  die  Ordinaten  der  entsprechenden  Punkte 
der  Kurve  OA,  Durch  Kombination  der  beiden 
Kurven  OB  und  ÖC  ergiebt  sich  demgemäss  die 
Kurve  OD^  welche  die  Volumenänderungen  des 
Quecksilbers  allein  in  dem  Temperaturintervall 
von  — 78,2  bis  o^  C.  graphisch  darstellt.  Man 
kann  wieder  drei  Teile  derselben  unterscheiden, 


den  ersten,  von  — 78,2  bis  — 38,5®  C.  reichend, 
bei  welchem  das  Quecksilber  sich  in  starrem 
Zustande  befindet  und  pro  i"  C.  sich  um 
0,0867  /.  der  arbiträren  Skala  ausdehnt;  zweitens 
den  Teil  der  Kurve,  welcher  dem  Temperatur- 
intervall von  — 38,5  bis  — 33,7^  C,  innerhalb 
dessen  der  Schmelzprozess  vor  sich  geht,  ent- 
spricht, und  in  welchem  -  wenn,  um  einen 
Vergleich  zu  gewinnen,  die  Annahme  einer  pro- 
portionalen Verteilung  zulässig  ist  — ,  i  ^^  C.  eine 
Volumenänderung  von  7,4795  /.  der  arbiträren 
Skala  entsprechen  würde,  und  drittens  den 
dem  Temperaturintervall  von  — 33,7  bis  o"  C. 
entsprechenden  Teil,  in  welchem  das  Queck- 
silber sich  in  flüssigem  Zustande  befindet  und 
pro  i^C.  eine  Volumenändenmg  von  0,1278/. 
der  arbiträren  Skala  erfährt. 

Es  würde  sich  also  das  Quecksilber  allein 
pro  I  ^  C  ausdehnen 

.   im  Temperaturintervall 
von— 78,2  bis    — 38,5*^C.  um  0,0867/. *^^rarbitrann 

„  -38,5  „    -33,7         „    7,4795,, 
„  —33,7  „  o  „    0,1278,, 

Es  folgt  hieraus,  dass  sich  Quecksilber  während 
des  Schmelzprozesses  86,50 mal  stärker  ausdehnt 
als  in  starrem  und  58,68  mal  stärker  als  in 
flüssigem  Zustande,  und  dass  die  Ausdehnung 
des  starren  Quecksilbers  0,6784  oder  abgerundet 
\^  der  Ausdehnung  des  flüssigen  Quecksilbers 
beträgt,    so  dass,  wenn  wir  den  Ausdehnungs- 

I  koeffizienten  des  flüssigen  Quecksilbers  zu 
0,000 1 8 1  annehmen,  derjenige  des  starren  Queck- 

I  Silbers  0,000123  ist. 

I  Eine  starre  Quecksilbermasse,  deren  Volumen 
kurz  vor  dem  Schmelzen  i  ccm  beträgt,  ver- 
grössert  durch  den  Schmelzprozess  ihr  Volumen 
auf  1 ,050982  ccm,  also  um  etwas  mehr  als  5  Proz. ') 

i)  Hcir  J.  W.  Mallet  findet  als  Dichte  des  starren  Queck- 
silbers bei  —38,850  C.  (Proc.  of  the  Roy.  Sog.  26.  77.  1877 1 
den  Wert  14,1932,  was  einer  Volumenzunahme  während  des 
bchmelzprozesses  von  nur  3,7  Proi.  entsprechen  würde. 

(Eingegangen  8.  Dezember   1901.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  7^  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


F.  Necscn  (Berlin),  Zur  Blitzableitcrfrage. ') 
An  der  Hand  von  zwei  Blitzschlägen  wurden 
Einzelheiten  in  Bezug  auf  die  Anordnung  der 
Blitzableiter  für  Gebäude  und  für  elektrische 
Anlagen  besprochen.  Der  eine  Blitzschlag  traf 
ein  mit  Farad ayschem  Käfig  geschütztes  Ge- 
bäude   einer   Sprengstofflfabrik   und   zeigte    die 


I'  Abteil 


eiliW  3.  23.  September  1901. 


Schädlichkeit  von  eisernen  Befestigungen  für 
den  Blitzableiterstrang.  Zu  Seiten  des  ge- 
troffenen Gebäudes  befanden  sich  zwei  andere, 
die  mit  einem  Blitzableiter  nach  Gay- 
Lussac,  also  mit  Fangstange,  und  einer 
Ergänzung  desselben  durch  einen  Faradayschen 
Käfig  versehen  waren.  Ferner  standen  zwei 
hohe  Fangstangen  auf  Schutzwällen  dicht  neben 
dem  getroffenen  Gebäude.    Letzteres  hatte  einen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


137 


Blitzschutz  in  Gestalt  eines  Faradayschen 
Käfigs  ohne  Fangstange.  Der  Blitzschlag  hat 
die  beiden  Fangstangen  auf  den  Wällen  und 
das  eine  Gebäude  getroffen.  An  dem  letzteren 
ist  vermutlich  durch  die  eisernen  Befestigungs- 
nägel für  die  Ableitung  ein  Seitenschlag  zu  der 
ganz  naheliegenden  Wasserleitung  übergegangen, 
welche  unter  der  Erde  mit  dem  Abieiter  verbunden 
war.  In  anderen  Fällen  sind  aber  umgekehrt  gut- 
leitende Befestigungen  nötig,  so  dass  die  Frage 
nach  dem  Material,  aus  welchem  letztere  herzu- 
stellen sind,  nicht  allgemein  gelöst  werden  kann. 
Blitzschläge  in  dasKabelnetzderBerlinerStrassen- 
bahn  beweisen,  dass  für  die  dort  gewählte  An- 
ordnung der  Blitzableiter  zwischen  den  Zu- 
führungsmasten besser  eine  Anordnung  direkt 
an  letzteren  selbst  zu  wählen  ist,  dass  ferner  der 
Blitzableiter,  um  sicher  zu  wirken,  grössere  Ent- 
ladungsflächen haben  muss,  als  wie  gewöhnlich 
genommen  werden.  Eine  derartige  Anordnung 
ist  schon  früher  vpm  Vortragenden  in  seinen 
„Sicherungen"  vorgeschlagen. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  4.  Oktober  1901.) 


J.  Classen  (Hamburg),  Über  ein  Photometer 
zur  Messung  der  Helligkeitsverteilung  in 
einem  Räume  ohne  Zuhilfenahme  einer 
Zwischenlichtquelle. ') 

Während  es  bereits  verschiedene  Mittel  giebt, 
sei  es  an  der  Photometerbank,  sei  es  durch  das 
Weberphotometer,  um  die  Helligkeitsverteilung 
um  eine  mit  Lampenglocke  oder  Reflektor  ver- 
sehene Lichtquelle  herum  zu  messen,  so  ver- 
sagen diese  Mittel  doch  mehr  oder  weniger,  so- 
bald es  sich  darum  handelt,  in  der  Praxis  in 
fertigen,  im  Betriebe  befindlichen  Beleuchtungs- 
anlagen die  Lichtverteilung  mit  der  wünschens- 
werten Sicherheit  zu  messen,  da  das  Beziehen 
aller  Messungen  auf  eine  konstante  Zwischen- 
lichtquelle zur  Voraussetzung  hat,  dass  die  Hel- 
ligkeit der  zu  messenden  Lichtquellen  selbst 
während  der  ganzen  Dauer  der  Untersuchung 
nicht  infolge  veränderter  Stromstärke  oder 
Gasdruckes  merklichen  Schwankungen  unter- 
worfen ist.  Besonders  störend  wird  dies  em- 
pfunden, wenn  es  sich  um  die  Lichtverteilung 
in  vom  Tageslicht  beleuchteten  Räumen,  etwa 
Schulzimmern,  handelt. 

Der  vorgezeigte  Apparat  löst  diese  Auf- 
gabe dadurch,  dass  die  Messung  der  relativen 
Lichtverteilung  von  der  absoluten  Bestimmung 
der  Helligkeit  in  Meterkerzen  völlig  getrennt  ist. 

Auf  einem  soliden  Stativ  sind  zwei  i  m  lange, 
nach  allen  Richtungen  bewegliche  Arme  befes- 

I;  Abteilung  2,  23.  S^'ptember  1901. 


tigt,  welche  zwei  weisse  Schirme  tragen.  Der 
eine  dieser  Schirme  wird  an  eine  solche  Stelle 
gebracht,  wo  die  Helligkeit  möglichst  gross  ist. 
der  andere  weisse  wird  dann  herumgeführt  in  an 
Gradteilungen  ablesbarer  Weise,  und  seine  Hellig- 
keit mit  der  des  festgestellten  Schirmes  verglichen. 
Die  photometrische  Vergleichung  geschieht  da- 
durch, dass  man  durch  ein  Lummer-Brod- 
hunsches  Prisma  in  der  einen  Richtung  durch 
ein  Rauchglas  und  eine  Spiegeleinrichtung  den 
beweglichen  Schirm  sieht,  in  der  anderen  Rich- 
tung durch  zwei  Nicols  nach  dem  festen  Schirm 
sieht.  Durch  Drehung  des  einen  Nicols  wird 
die  Helligkeit  des  festen  Schirmes  messbar  herab- 
gesetzt. Das  Rauchglas  auf  der  anderen  Seite 
dient  dazu,  um  den  Lichtverlust  in  den  Nicols 
zu  kompensieren. 

(Selbstrcferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  14.  Okto%er  1901.) 

Diskussion. 

(Von  den  Beteil. gten  durchgesehen.) 

Lummer:  Ich  halte  das  Prinzip  fiir  sehr 
schön,  weil  man  unabhängig  von  äusseren 
Schwankungen  das  Fortschreiten  der  Helligkeit 
bekommt.  Ich  wollte  nur  fragen,  wie  die  Photo- 
metrie eingerichtet  ist;  das  schien  mir  nicht 
durchsichtig  genug. 

Man  sieht  durch  ein  Lummer-Brodhun- 
sches  Prisma,  so  dass  man  in  dem  einen  Teil 
des  Gesichtsfeldes  die  Helligkeit  der  einen 
weissen  Fläche,  im  andern  Teil  diejenige  der 
anderen  Fläche  hat.  Vermittelst  des  Nicols 
bringt  man  die  grössere  Helligkeit  in  messbarer 
Weise  auf  die  geringere  herab. 

Lummer:  Dann  müssen  die  diffusen  Flächen 
also  recht  gross  sein,  dass  das  Gesichtsfeld  aus- 
gefüllt ist. 

Classen:  Ja,  die  Flächen  müssen  so  gross 
sein,  dass  man  nicht  daran  vorbei  sieht. 


B.Walter  (Hamburg),  Ober  die  Haga-  und 
Windschen  Beugungsversuche  mit  Röntgen- 
strahlen. *) 

Die  älteren  Versuche  von  Kümmel,  Fomm, 
Precht  u.  a.,  durch  welche  eine  Beugung  der 
Röntgenstrahlen  nachgewiesen  sein  sollte,  können 
jetzt  wohl  endgültig  als  erledigt  angesehen  werden ; 
und  ich  möchte  daher  nur  noch  daran  erinnern, 
dass  wohl  der  erste  entschiedene  Einspruch 
gegen  diese  Art  von  Beugungsversuchen  in 
einer  von  Prof.  Voller  und  mir  gemeinschaft- 
lich veröffentlichten  Arbeit^)  erhoben  wurde. 
Die  endgültige  Widerlegung  derselben  ver- 
danken wir  allerdings  erst  Herrn  C.  H.  Wind 
in    Groningen,     da   dieser    zuerst   die   richtige 

1)  Abteilung  2,  24.  September  1901. 

2)  A.  Voller  u.  B.  Walter,  Wied.   Ann.  61,  88,  1897. 


13« 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


Erklärung  für  die  von  jenen  Beobachtern  als 
Beugungsstreifen  angesehenen  Erscheinungen 
gab.  Derselbe  zeigte  nämlich,  dass  wir  es  hier- 
bei trotz  der  oft  ganz  frappanten  Deutlichkeit 
jener  Streifen  doch  nur  mit  einer  optischen 
Täuschung  zu  thun  haben"). 

Schien  somit  die  Frage  nach  der  Beugung 
der  Röntgenstrahlen  vorläufig  in  negativem 
Sinne  abgethan,  so  trat  dieselbe  alsbald  in  ein 
neues  Stadium  durch  die  Versuche,  welche  eben- 
falls von  Herrn  Wind  in  Groningen  in  Verbin- 
dung mit  Herrn  Professor  Haga  daselbst  unter- 
nommen wurden^),  und  durch  welche  nach  An- 
sicht dieser  Beobachter  nun  doch  der  positive 
Nachweis  für  die  Möglichkeit  einer  Beugung 
unserer  Strahlen  erbracht  sein  sollte.  Diese 
Versuche  untersclieiden  sich  von  den  früheren 
dadurch,  dass  dabei  sehr  viel  engere  Spalte  zur 
Verwendung  komrtien,  eine  Massnahme,  die  ja 
vom  theoretischen  Gesichtspunkte  aus  —  mit 
Rücksicht  auf  die  vermeintlich  sehr  kurze  Wellen- 
länge der  Röntgenstrahlen  —  gewiss  als  eine 
sehr  richtige  zu  bezeichnen  ist,  die  aber  anderer- 
seits auch  wieder  die  Schwierigkeiten  der  Be- 
obachtung sowie  auch  die  Zahl  der  möglichen 
Fehlerquellen  in  einem  ganz  ausserordentlich 
hohem  Grade  vermehrt. 

Denn  was  z.  B.  den  ersteren  Punkt  anbe- 
trifllt,  so  erfordert  eine  einzige  derartige  Haga- 
und  Wind  sehe  Aufnahme  einen  Aufwand  von 
X-Strahlung,  der  genügen  würde,  um  etwa  5CX) 
bis  1000  Beckenaufnahmen  zu  machen,  und  mit 
Bezug  auf  den  zweiten  Punkt  muss  ich  leider 
erwähnen,  dass  die  zahlreichen  und  langwierigen 
Versuche,  welche  ich  selbst  in  der  ersten  Hälfte 
d.  J.  im  hiesigen  Laboratorium  nach  der  Gro- 
ninger  Methode  ausgeführt  habe,  nach  meiner 
Ansicht  keinen  Grund  zu  der  Annahme  liefern, 
dass  eine  Beugung  der  X-Strahlen  in  dem 
Masse,  wie  sie  die  genannten  Beobachter  an- 
nehmen, stattfindet. 

Um  Ihnen  nun  aber  den  Unterschied  unserer 
beiderseitigen  Beobachtungsresultate  klar  machen 
zu  können,  muss  ich  kurz  daran  erinnern,  dass 
bei  diesen  Versuchen  im  wesentlichen  nur  zwei 
Spalte  zur  Verwendung  kommen,  von  denen 
der  erste,  der  sogenannte  X-Spalt,  der  in  nächster 
Nähe  der  Röhre  aufgestellt  wird,  eine  Höhe 
von  5 — 10  mm  und  eine  überall  gleiche  Breite 
von  etwa  Vioo  nim  hat.  Derselbe  dient  be- 
kanntlich nur  dazu,  eine  möglichst  punkt-  resp. 
strichfbrmige  Strahlenquelle  zu  schaffen.  Das 
durch  ihn  hindurchtretende  ausserordentlich 
dünne  Strahlenbündel  fällt  dann  in  etwa  75  cm 
Abstand  auf  den  sogenannten  „zweiten"  oder 
„Beugungsspalt",  welcher  eine  Länge  von  etwa 

i)  C.  H.  Wind,  Kon.  Akad.  Amsterdam  Juni  24,  1898  u. 
Wied.  Ann.  68,  884,  1899.     Diese   Zeitschrift,  1,  112,    1899. 

2)  H.  Haga  und  C.  H.  Wind,  Kon.  Akad.  Amsterdam. 
April  25,  1899  u.  Wied.  Ann.  68,  884,  1899. 


2  cm  und  einen  Querschnitt  von  der  Gestalt 
eines  Keiles  hat,  dessen  Breite  oben  etwa  ^50 
und  unten  etwa  V500  ^^  beträgt.  In  weiteren 
75  cm  Abstand  davon  ist  dann  die  photogra- 
phische Platte  aufgestellt,  die  das  in  dieser  Weise 
entworfene  Bild    des   zweiten   Spaltes  aufTängt. 

Sollen  diese  Versuche  genau  sein,  so  muss 
man  natürlich  dafür  sorgen,  dass  die  drei  hier 
in  Frage  kommenden  Objekte,  nämlich  die 
beiden  Spalte  und  die  photographische  Platte, 
sich  während  der  ganzen  Dauer  der  Aufnahme, 
die  unter  Umständen  mehrere  Tage  währen  kann, 
nicht  gegeneinander  verschieben.  In  Gro- 
ningen befestigte  man  zu  diesem  Zwecke  jeden 
dieser  Gegenstände  für  sich  an  einem  schweren 
Stative  und  setzte  dann  alle  drei  gemeinsam 
auf  eine  schwere  Steinplatte.  Bei  meinen  Ver- 
suchen dagegen  habe  ich,  wie  Sie  sehen,  die 
drei  Objekte  gemeinsam  auf  eine  etwa  2  m 
lange  und  etwa  2  cm  dicke  Eisenstange  mit 
quadratischem  Querschnitt  gesetzt  und  diese 
letztere  dann  mit  Schraubzwingen  an  den  Enden 
eines  langen  und  soliden  Eichentisches  be- 
festigt. 

Dass  diese  letztere  Aufstellungsart  in  Bezug 
auf  Standfestigkeit  derjenigen  der  Groninger 
Beobachter  vorzuziehen  ist,  dürfte  aus  dem 
Vergleich  der  beiden  hier  nebeneinander  auf- 
geklebten Spaltbilder  hervorgehen,  von  denen 
das  eine  von  Haga  und  Wind  und  das  andere 
von  mir  herrührt,  welche  beide  die  14  malige 
Vergrösserung  eines  keilförmigen  Spaltes  von 
etwa  o,(X)5  bis  0,01  mm  Breite  darstellen  und  auch 
beide  nahezu  bei  derselben  Entfernung  zwischen 
Spalt  und  photographischer  Platte  aufgenommen 
wurden.  Die  näheren  Ausmessungen  der  Bilder 
ergeben,  dass  das  in  Holland  angefertigte  im 
ganzen  genommen  etwa  3— 4 mal  so  breit  ist, 
als  es  den  geometrischen  Verhältnissen  nach 
hätte  sein  dürfen,  eine  Anomalie,  die  von  den 
Beobachtern  auf  Erschütterungen  zurückgeführt 
wird.  Das  von  mir  erhaltene  dagegen  zeigt 
in  allen  seinen  Teilen  ungefähr  die  von  der 
Theorie  geforderte  Breite,  soweit  die  Genauig- 
keit der  Messungen  eine  Bestimmung  derselben 
zulässt. 

Zum  Teil  mag  diese  grössere  Schärfe  meiner 
Bilder  auch  daher  rühren,  dass  ich  die  Dauer 
der  Aufnahme,  die  in  Groningen  bis  zu  200 
Stunden  betragen  hatte,  durch  Benutzung 
grösserer  elektrischer  Energie  und  vor  allem 
auch  widerstandsfähigerer  Röhren  —  zumeist 
Wasserkühlröhren  —  auf  4 — 6  Stunden  herunter- 
setzen konnte,  trotzdem  die  Breite  meines  ersten 
Spaltes  nur  ungefähr  ^/j  von  derjenigen  der  hol- 
ländischen Beobachter  betrug.  Der  Induktor 
hatte  eine  maximale  Schlagweite  von  etwa 
60  cm  und  wurde  ausschliesslich  mit  Wehnelt- 
Unterbrecher  betrieben. 

Um   Ihnen    ferner  einen  ungefähren    Begriff 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


139 


von  der  bei  einer  solchen  Aufnahme  aufgewandten 
sekundären  elektrischen  Energie  zu  geben,  teile 
ich  mit,  dass  bei  einer  solchen  sechsstündigen 
Aufnahme  z.  B.  in  jeder  Sekunde  im  Mittel 
130  Schläge  jenes  grossen  Induktoriums,  bei 
der  ganzen  Aufnahme  also  nahezu  3  Millionen 
Entladungen  durch  die  Röhre  gingen.  Dabei 
wurden  in  dieser  Z.eit  aus  dem  Antikathoden- 
gefässe  der  letzteren  über  '/2  Liter  Wasser  ver- 
kocht. Um  d^her  das  letztere  nicht  so  oft  er- 
neuern zu  müssen,  habe  ich  mir  für  die^e  Ver- 
.  suchcf  eigens  Röhren  mit  besonders  grossen 
Antikathodengefassen  anfertigen  lassen. 

Die  Röhre  selbst  befand  sich  während  der 
ganzen  Dauer  der  Aufnahme  in  dieser  Bleikiste, 
did  nach  der  Richtung  der  Spalte  zu  eine  kleine, 
-düfch  horizontale  und  vertikale  Bleiblenden 
.genau  abzugrenzende  Öffnung  Hess,  nach  hinten- 
zii  aber*  soweit  als  möglich  mit  bleiüberzogenen 
Hölzbrettern  abgedeckt  war,  um  die  Sekundär- 
strahlung der  Röhre  gleich  von  vornherein  so- 
weit als  möglich  abzufangen.  Nichtsdestoweni- 
ger erwies  es  sich  als  nötig,  auch  noch  den 
ganzen  Raum  zwischen  der  photogr^pjiischen  i 
Platte  und  dem  zweiten  Spalte,  sowie  auch  die 
erstere  von  hinten  her  durch  Bleiplatten  abzu- 
grenzen, da  sich  erst  dann  vollständig  saubere 
Bilder  ergaben. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  erschien  es 
mir  fern'er,  bei  diesen  Versuchen  darauf  zu 
achten;  dass  die  Härte  der  Röhre  möglichst 
während  der  ganzen  Dauer  der  Aufnahme  kon- 
stant blieb,  was  mir  wenigstens  nahezu  durch 
Benutzung  der  neuen  Müll  ersehen  Röhren  mit 
automatischer  Reguliervorrichtung  gelang,  auf 
deren  Beschreibung  ich  hier  natürlich  nicht 
näher  eingehen  kann.  Die  Anwendung  einer 
Röhre  mit  konstanter  Härte  schien  mir  nämlich 
deswegen  notwendig,  weil  doch  nur  unter  diesen 
Umständen  auf  die  möglichste  Homogenität  der 
Strahlung  gerechnet  werden  konnte,  eine  Bedin- 
gung, von  deren  Erfüllung  doch  auch  in  der 
Optik  die  Deutlichkeit  einer  Beugungserschei- 
nung in  hohem  Grade  abhängt.  Aus  diesem 
Grunde  habe  ich  mir  an  der  Bleikiste,  in  der 
die  Röhre  sich  befand,  eine  besondere  Vor- 
richtung zum  Kontrollieren  der  Härte  der  Röhre 
anbringen  lassen  und  die  im  wesentlichen  aus 
einer  dicken  Bleiplatte  mit  einer  Reihe  von 
Löchern  bestand,  auf  welche  verschieden  dicke 
Platinbleche  aufgekittet  waren. 

Auf  die  vielen  Vorsichtsmassregeln,  die  man 
zur  genauen  Einstellung  der  Spalte  anzuwenden 
hat,  will  ich  hier  nicht  eingehen;  trotz  alledem 
zeigten  nun  aber  meine  Aufnahmen,  wie  ja  auch 
die  Ihnen  herumgegebene,  keine  Andeutung 
von  Beugung  in  dem  Haga-  und  Wind  sehen 
Sinne. 

Ich  teilte  dieses  Resultat  den  Herren  mit, 
mit    denen    ich    schon    längere   Zeit    hindurch 


wegen  dieser  Versuche  in  Briefwechsel  stand 
und  die  mir  sogar  in  der  freundschafUichsten 
Weise  dazu  ihre  Spalte  zur  Verfügung  gestellt 
hatten.  Hierdurchsah  sich  sodann  Herr  Wind 
veranlasst,  persönlich  nach  hier  zu  kommen, 
um  mir  die  in  Groningen  erhaltenen  Original- 
negative vorzulegen.  Ich  überzeugte  mich  dann 
allerdings,  dass  bei  diesen  Aufnahmen  in  dem 
Bilde  des  keilförmigen  Spaltes  thatsächlich  ge- 
wisse UnregelYnässigkeiten  vorkommen,  wie  Sie 
sie  ja  auch  wohl  auf  dem  herumgereichten  Bilde 
gesehen  haben  und  die  man  vielleicht  auf  eine 
Beugung  der  Strahlung  zurückfuhren  konnte, 
wenn  jede  andere  Möglichkeit  der  Erklärung 
fehlte.  Auch  Hess  ich  mich  auf  Grund  dieses 
Besuches  herbei,  meine  Versuche  noch  ein- 
mal wieder  aufzunehmen,  ohne  indessen  auch 
diesmal  zu  anderen  Resultaten  als  früher  zu 
gefangen. 

Ich  bin  daher  schliesslich  zu  der  Ansicht 
gekommen,  dass  die  erwähnten  kleinen  Unregel- 
mässigkeiten in  den  Gröninger  Aufnahmen  auf 
photographische  Ursachen  zurückzufuhren 
seien,  uhd  zwar  entweder  darauf,  dass  die 
Schicht  der  dabei  benutzten  Platten  nicht  überall 
die  gleiche  Empfindlichkeit  hatte  oder  auch 
darauf,  dass  durch  die  äusserst  lange  fortgesetzte 
Entwicklung  dieser  Platten  erst  derartige  Un- 
regelmässigkeiten hervorgerufen  wurden.  Ich 
selbst  habe  nämlich  meine  Platten  stets  nur 
so  lange  entwickelt,  bis  in  den  nichtbelichteten 
Teilen  derselben  die  erste  Spur  des  Schleiers 
auftrat,  ein  Verfahren,  welches  ich  zur  Erzielung 
klarer  und  einwandfreier  Bilder  besonders  auch 
in  diesem  Falle  für  notwendig  halte.  Man  muss 
sich  nämlich  vergegenwärtigen,  dass  es  sich 
hier  um  Unregelmässigkeiten  handelt,  die  so 
geringfügiger  Natur  sind,  dass  man  sie  über- 
haupt nur  bei  Anwendung  ganz  besonderer 
Beobachtungsmethoden  sieht. 

Der  hauptsächlichste  Grund  aber,  warum 
ich  auch  heute  noch  diese  meine  Auffassung 
über  die  Haga-  und  Windschen  Versuchs- 
resultate aufrecht  erhalten  muss,  ist  der,  dass 
diese  Bilder  auch  noch  andere  Unregelmässig- 
keiten zeigen,  welche  sich  von  den  von  den  Ver- 
fassern selbst  in  Anspruch  genommenen  nur  durch 
ihre  noch  geringere  Ausdehnung  unterscheiden, 
welche  aber  eben  aus  diesem  Grunde  sicher  nicht 
durch  eine  Beugung  veranlasst  sein  können.  Denn 
eine  hierdurch  hervorgerufene  Verbreiterung  des 
Spaltbildes  ifluss  sich  in  demselben  doch  min- 
destens auf  eine  Grösse  hin  ausdehnen,  die  un- 
gefähr der  Höhe  der  Strahlenquelle,  d.  h.  dem 
Durchmesser  des  strahlenden  Fleckes  auf  der 
Antikathode  gleich  ist,  also  zum  mindesten  auf 
I — 2  mm;  man  findet  nun  aber  in  den  Haga- 
und  Windschen  Bildern  auch  Verbreiterungen, 
deren  Länge  nur  ungefähr  ein  Zehntel  des  obigen 
Betrages  ausmacht,  wie  Sie  sich  durch  Betrachtung 


I40 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


der   Ihnen    hier   unter   dem   Mikroskop    ausge- 
stellten Aufnahme  überzeugen  können. 

Ist  somit  das  Resultat  aller  dieser  langwie- 
rigen Versuche  mit  Rücksicht  auf  den  eigent- 
lich dadurch  erstrebten  Zweck  nach  meinem 
Dafürhalten  bis  jetzt  ein  negatives,  so  habe  ich 
nun  doch  für  meinen  Teil  diese  Versuche  dazu 
benutzt,  einerseits  eine  Methode  zur  möglichst 
genauen  Messung  der  Härte  einer  Röntgen- 
röhre auszuarbeiten,  um  dadurch  womöglich 
auch  auf  diesem  Gebiete  zu  einer  allgemein 
brauchbaren  Härteskala  zu  gelangen,  und  fer- 
ner zweitens  auch  dazu,  diejenige  Form  des 
W eh nelt-Unterb rechers  herauszufinden,  welche 
sich  für  eine  längere  Benutzung  als  die  halt- 
barste erweist. 

Die  Versuche  in  ersterer  Hinsicht  sind  frei- 
lich bisher  noch  nicht  ganz  abgeschlossen,  das 
zweite  Problem  dagegen  glaube  ich  in  der  Ihnen 
hierher  gestellten  Form  des  Unterbrechers  einiger- 
massen  gelöst  zu  haben;  worauf  ich  hier  indessen 
nicht  näher  eingehen  kann. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  28.  September  1901.) 

Diskussion. 

(Von  den  üeteiligten  durchgesehen.) 

Haga  (Groningen):  Ich  habe  mit  Vergnügen 
bemerkt,  dass  Herr  Walter  es  als  eine  Thatsache 
hinstellt,   dass  wir  Verbreiterungen  des  Spaltes 
beobachtet  haben.    Wir  haben  auch  angefangen, 
unsere  Versuche    zu    wiederholen,    haben    aber 
bisher  damit  Pech  gehabt.   Die  letzte  Aufnahme, 
die  wir  in  voriger  Woche  machten,    hat    aller- 
dings die  Verbreiterung    nicht  gezeigt,    ebenso 
wie  die  Aufnahmen,    die  hier   in  Hamburg  ge- 
macht sind.     Da.s    zeigt   aber   nur,    meine  ich, 
dass  wir   noch    zu  wenig    von   den  X-Strahlen 
wissen.      Unter    einigen    Umständen    bekommt 
man  die  Verbreiterung,  unter  anderen  nicht,  wenn 
vielleicht  die   Strahlen    andere   sind.     Herr  Dr. 
Walter   schiebt    die  von   uns    erhaltenen  Ver- 
breiterungen auf  ungleichmässige  Empfindlich- 
keit der  Platte.     Es  ist  doch  aber  sehr  auffällig, 
dass  gerade  dort,  wo  die  Verbreiterung  wegen 
der  Beugung  zu  erwarten  ist,  die  Empfindlich- 
keit    so    unregelmässig    sein    soll.      Dass    die 
lange  Entwicklung  dem  Bilde  schaden   könnte, 
leuchtet  mir  nicht  ein.    Wir  haben  Platten  sehr 
lange  entwickelt,  sogenannte  Standentwicklung 
gemacht;    da    zeigten    sich  zwar  Schleier,  aber 
keine  Unregelmässigkeiten.    Ich  zweifle,  ob  die 
lange  Entwicklung  schadet,  ich  glaube  vielmehr, 
man  muss    lange    entwickeln;    denn  es  handelt 
sich    um    sehr   kleine    Intensitäten,    und    wenn 
man    sehr    bald   mit    der  Entwicklung  aufhört, 
bekommt    man     nichts     im     Bilde.       Das     ist 
keine  Hypothese,  sondern  stützt  sich  auch  auf 
Versuche  von  Herrn  Wind,   über  die  er  wohl 


noch  selbst  ettvas  sagen  wird.  Also  ich  gestehe, 
dass  die  Sache  noch  nicht  ganz  erledigt  ist,  aber 
ich  sehe  nicht  ein,  dass  unsere  Verbreiterung, 
die  wir  veröffentlicht  haben,  anders  erklärt  wer- 
den kann,  als  dadurch,  die  Beugung  der  X-Strahlen 
anzunehmen.  Es  mag  sein,  dass  wir  die  X- 
Strahlen  noch  nicht  genügend  kennen,  und  ge- 
rade deshalb  ist  es  vielleicht  für  Herrn  Walter 
nicht  günstig  gewesen,  dass  er  homogene  Strah- 
lung zu  bekommen  suchte.  Wir  haben  bei  200 
Stunden  Exposition  sicher  nicht  immer  diesel- 
ben Strahlen  gehabt,  weil  die  Röhre  nicht 
immer  denselben  Härtegrad  hatte,  und  gerade 
dadurch  haben  wir  wohl  manchmal  stundenlang 
etwas  bekommen  und  manchmal  stundenlang 
nichts. 

Wind  (Groningen):  Was  wir  Herrn  Walters 
Bedenken  gegen  unsere  Versuchsmethode  und 
unsere  Deutung  der  erhaltenen  Resultate  ent- 
gegenhalten können,  ist  der  Hauptsache  nach 
schon  von  Herrn  Haga  beigebracht  worden.  Ich 
erlaube  mir  aber,  in  einigen  Punkten  noch  etwas 
hinzuzufügen. 

Ich  möchte  dabei  eine  Bemerkung  in  Bezug 
auf  die  Frage    der  Homogenität  der  Strahlung 
vorausschicken.   Herr  Walter  sagt,  sich  bemüht 
zu   haben,    die  Strahlen  möglichst  homogen  zu 
machen,  weil  dies  ja  auch  für  die  gewöhnlichen 
Beugungsversuche    der  Optik   zweckmässig  ist. 
Dass      aber     bei     jedem     einzelnen     Versuch 
die    Homogenität    der  Strahlung,    in  gewöhn- 
lichem Sinne,  durch  den  Gebrauch  nur  einer 
einzigen  Röhre    oder   von  Röhren,  welche  sich 
an  Härte   möglichst  gleich  sind,  bedeutend  er- 
höht wird,  dürfte  wohl  durchaus  illusorisch  sein, 
weil  wahrscheinlich  sogar  in  der  Strahlung  einer 
einzigen  unter  möglichst  gleichbleibenden  Ver- 
hältnissen arbeitenden  Röhre  schon  eine  ausser- 
ordentlich  lange  Reihe    von  Wellenlängen   mit 
unter  sich  vergleichbarer  Intensität  vertreten  ist. 
Eine  massige  Homogenität,  in  gewöhnlichem  Sin- 
ne, könnte  man  ja  auch  nur  erwarten,wenn  es  er- 
laubt wäre,  die  X-Strahlen  aufzufassen  als  durch 
nicht  stark  gedämpfte  Schwingungen  bestimmter 
kleiner  Systeme  verursacht,  was  wohl  nicht  der 
Fall  sein  wird.     Hat  man  hingegen  als  Ursache 
jener  Strahlen   die  impulsartigen  elektromagne- 
tischen Störungen  anzusehen,  welche  sich  beim 
Anprall    der   Elektronen    an    der    Antikathode 
ringsum   in    den  Äther  ausbreiten,  so  hat  man 
—  weil  dieser  Mechanismus  an  sich  nichts  Pe- 
!  riodisches    hat  —  auch  in  der  Strahlung  über- 
I  haupt    nicht    das  Hervortreten    eng   begrenzter 
Wellenlängengebiete ,    sondern     vielmehr     eine 
kontinuierlich   verlaufende  Energiekurve   zu  er- 
warten. 

Eine  Art  Beugungserscheinungen  wird  man 
aber  allerdings  auch  bei  der  zuletzt  erwähnten 
Auffassung  voraussagen  können,  nämlich  eine 
Verbreiterung  im  Bilde  eines  sich  verjüngen- 


rbysikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


den  Spaltes  an  der  Spitze.  Dieses  folgt  aus 
Herrn  Sommerfelds  wie  auch  aus  meinen 
eigenen  theoretischen  Betrachtungen,  welche  der 
vorigen  Naturforscherversammlung  in  Aachen 
vorgelegt  wurden. ')  Und  j  ene  Verbreiterung  wird 
schon  bei  grösserer  oder  erst  bei  kleinerer 
Breite  des  Spaltes  merklich  werden,  je  nachdem 
die  mittlere  Zeitdauer  der  Impulse  länger  oder 
kürzer  ist. 

Daneben  kann  auch  eine  Verbreiterung 
des  Bildes  in  einiger  Entfernung  von  der 
Spitze  zumal  vorkommen,  aber  nur  in  dem 
verhältnismässig  günstigen  Falle,  dass  die  über 
die  ganze  Expositionszeit  erstreckte  mittlere 
Energiekurve  der  Strahlung  bei  irgend  einer 
nicht  zu  geringen  Wellenlänge  zufälligerweise 
ein  etwas  stark  ausgeprägtes  Maximum  aufweist; 
sogar  können  solche  Verbreiterungen  an  ver- 
'schiedenen  Stellen  auftreten,  wenn  sich  in  der 
Energiekurve  mehrere  solche  Maxima  vorfinden. 
Als  solche  nach  der  Theorie  mögliche, 
aber  nicht  immer  zu  erwartende  Ver- 
breiterungen haben  Herr  Haga  und  ich 
die  von  uns  erhaltenen  gedeutet.  Aber 
es  ist  einleuchtend,  dass  man  es  garnicht  in  der 
Hand  hat,  die  zu  diesen  Verbreiterungen  not- 
wendigen Verhältnisse  absichtlich  hervorzurufen, 
da  die  Gestalt  der  mittleren  Energiekurve  für 
jede  Röhre  von  vornherein  nnbekannt  ist  und 
voraussichtlich  sogar  bei  angeblich  gleich- 
bleibenden Eigenschaften  der  Rohre  bedeutende 
Schwankungen  erleiden  kann.  Wenn  es  trotz- 
dem nicht  ausgeschlossen  sein  möge,  dass  man 
durch  das  Anstreben  einer  augenscheinlich 
möglichst  konstanten  Wirkungsweise  der  Rohren 
die  Erscheinung  der  betreffenden  lokalen  Ver- 
breiterungen im  Bilde  im  günstigen  Falle  för- 
dern kann,  so  ist  es  doch  weit  davon  entfernt, 
dass  man  erwarten  könnte,  dass  jene  Verbrei- 
terungen sich  bei  jedem  Versuche  in  gleicher 
Weise,  oder  sogar  überhaupt,  wiederholen  werden; 
vielmehr  sollte  man  sich  zufrieden  geben,  wenn 
einige  Aufnahmen  einer  nicht  allzugrossen  Ver- 
suchsreihe die  betreffende  Erscheinung  zeigen. 
Allerdings  bleibt  es  angebracht,  die  Zahl  der 
Versuche  bedeutend  weiter  auszudehnen,  um  zu 
versuchen,  eine  mehr  befriedigende  Zahl  von 
Dokumenten  dieser  Art  einer  Beugung  der 
X-Strahlen  herzuschaffen. 

Anders  steht  es  um  die  Verbreiterung  des 
Bildes,  welche  beim  Mangel  der  vorigen  Er- 
scheinung jedenfalls  an  der  Spitze  auftreten 
muss,  wenn  die  X-Strahlen  überhaupt  elektro- 
magnetischer Natur  sind.  Wahr  ist  es,  dass 
wir  eine  solche  noch  nicht  unzweideutig  haben 
nachweisen  können,  ebensowenig  wie  Herr 
Walter,  wenn  wir  denn  auch,  auf  Grund  unserer 
jüngsten  Aufnahmen,    eine  weitere  Fortsetzung 

I)  Vagi  diese  Zdbcluift  2,  392,  1900. 


1  unserer  Versuche  noch  nicht  für  ganz  aussichts- 
los  halten.     Soviel    ist  aber  unseres  Erachtens 
'  auch    sicher,    dass    man    sich  alle  Mühe  geben 
muss,    um    auch    die   allerschwächsten   Einwir- 
kungen der  Strahlung  auf  die  photograp bische 
I  Platte  zur  Geltung  kommen  zu  lassen  und  dass 
I   man  dabei  weder  eine  langdauernde  Exposition 
I  noch  eine  langefortgesetzte  Entwickelungscheuen 
darf  —    wie    Herr  Walter    für    nötig  hält    — , 
'  wenn  man  nicht  von  vornherein  verzichten  will 
I  auf   die  Entdeckung   etwaiger  Verbreiterungen 
j  an  der  äussersten  Spitze  des  Bildes.     Ist  doch 
die  seitliche  Ausdehnung   des  Bildes  selbstver- 
ständlich   begleitet    von   einer  bedeutenden  In- 
tensitätsverringerung   über  der   ganzen    Breite. 
!  Ich    gebe   hier   einen  Abdruck  von  Fig.  3  auf 


Fit',  r.  Fi«.  2. 

S.  266  des  2.  Bandes   der  Physikalischen  Zeit- 
:   schrift   herum  ').   wo    die  Inte  nsitäts Verhältnisse 
j   im  Beugungsbilde  eines  sich  verjüngen  den  Spaltes 
I   bei  beliebiger  homogener  Strahlung  zahlenmässig 
I   angegeben  sind.     Sie  sehen  daran,  wie  an  den 
Stellen  i-  =0,1,  wo  die  Verbreiterung  des  Bildes 
■   erst   recht    deutlich  hervortreten  kann,    die  In- 
tensität nur  noch  +       ■  von  der  Maximaünten- 
-  300 
i  sität  beträgt,   welche  sich  an   der  Stelle  v=  2 
vorfindet.      Und    dass   solche    I nte nsitäts unter- 
j   schiede    bei  nicht  genügender  Exposition  oder 

I  1)  Die    Red.    diesci  Zischr.    wu  so   liebe  nawüidig,  tum 

nchtigea  \'crstüadais  die  belielTendeii  Figiuen  au  dies«  Sletlc 
!    DOch  einmal  lU  reprodiuieren. 


142 


Physikalische  Zeitschrift.     3»  Jahrgang.     No.  7. 


Entwickelüng  ganz  gut  die  wirklich  vorhandene 
seitliche  Ausdehnung  des  Bildes  gänzlich  ver- 
wischen können,  scheint  mir  in  durchaus  über- 
zeugender Weise  hervorzugehen  aus  einer  Ver- 
gleichung  der  am  selbigen  Orte  abgedruckten 
Figuren  i  und  2  (hier  als  Fig.  i  und  2  wieder- 
holt), welche  beides  Beugungsbilder  eines  sich 
verjüngenden  Spaltes  mit  gewöhnlichem  Lichte 
sind,      unter     ganz      ähnlichen     Verhältnissen 


negativen  Ergebnisse  der  Versuche  von  Herrn 
Walter  nur  geschlossen  werden  kann,  dass 
bei  jenen  Versuchen  die  Energiekurve  der  X- 
Strahlen  ein  Maximum  nicht  oberhalb  einer  ge- 
wissen Grenze  besessen  hat.  Aber  diese  Ver- 
suche können  unser  positives  Resultat  nicht 
widerlegen,  und  es  ist  immer  noch  zu  hoffen, 
dass  bei  längerer  Entwickelungszeit  sich  auch 
weitere  Beugungserscheinurtgen  ergeben  werden. 


^\'  3- 


aufgenommen,  wobei  aber  das  eine  Bild 
(Fig.  i)  kurz,  das  andere  (Fig.  2)  lange  be- 
lichtet und  entwickelt  wurde.  Bei  diesen 
beiden  Aufnahmen  war  sogar  auf  dem  weissen 
Schirme  eine  sich  noch  viel  weiter  seitlich  er- 
streckende Beleuchtung  an  der  Spitze  des  Bildes 
wahrzunehmen,  welche  es  der  schwachen  In- 
tensität wegen  nicht  gelungen  ist,  photographisch 
zu  reproduzieren.  Alles  zusammengenommen 
glaube  ich  also  mit  Herrn  Haga,  dass  aus  dem 


Die   Versuche   müssen    daher   jedenfalls    weiter 
fortgesetzt  werden. 

Walter:  Gegen  die  Bemerkungen  des  Herrn 
Haga  habe  ich  hauptsächlich  das  zu  erwidern, 
dass  sich  bei  jeder  photographischen  Aufnahme 
die  lange  Entwicklung  der  Platte  durch  eine 
entsprechende  Verlängerung  der  Exposition  mit 
kürzerer  Entwicklung  ersetzen  lässt,  und  so 
lange  die  Herren  die  Verbreiterungen  in  der 
Mi-tte   ihrer  Spaltbilder   nicht  auf  diese  Weise 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


'43 


erreicht  haben,  glaube  ich  daher  meine  Zweifel 
gegen  die  Beweiskraft  derselben  aufrecht  er- 
halten zu  müssen.  Herrn  Wind  gegenüber 
habe  ich  ferner  zunächst  darauf  hinzuweisen, 
dass  sich  in  dem,  was  er  über  meine  Bemü- 
hungen, die  Strahlung  der  Röhre  homogen  zu 
machen,  sagte,  ein  gewisser  Widerspruch  be- 
findet, insofern  er  anfangs  diese  Bemühungen 
für  durchaus  illusorisch  erklärt,  zum  Schlüsse 
aber  doch  die  Möglichkeit,  auf  diese  Weise  das 
Entstehen  lokaler  Verbreiterungen  in  dem  Spalt- 
bilde zu  begünstigen,  nicht  ganz  von  der  Hand 
weisen  kann.  Was  derselbe  sodann  über  die 
an  der  Spitze  des  Beugungsbildes  eines  keil- 
förmigen Spaltes  auftretende  allgemeine  Ver- 
breiterung sagte,  ist  g^nz  in  meinem  Sinne  ge- 
sprochen, und  glaube  ich  deshalb  in  dieser 
Beziehung  nur  noch  einmal  darauf  hinweisen  zu 
müssen,  dass  Herr  Wind  selbst  zugiebt,  dass 
diese  Verbreiterung  weder  durch  die  Groninger 
noch  durch  meine  Versuche  mit  Sicherheit  nach- 
gewiesen ist.  Meines  Erachtens  wäre  es  aber 
gerade  nach  den  Anschauungen  des  Herrn  Wind 
die  nächstliegende  Aufgabe  desselben,  vor  allem 
diese  allgemeine,  nach  der  Spitze  zu  immer 
grösser  werdende  Verbreiterung  des  Bildes 
nachzuweisen,  d.  h.  also  mit  Röntgenstrahlen 
etwa  ein  Bild  zu  erhalten,  wie  er  es  in  seiner 
Fig.  2,  Bd.  2,  S.  265  der  Physik.  Zeitschrift  (in 
der  Fig.  2  hierselbst  reproduziert)  mit  Licht- 
strahlen erzielt  hat,  wobei  ich  natürlich  von 
den  Maximis  und  Minimis  darin  absehe.  Zur 
Erreichung  eines  solchen  Bildes  würde  auch 
ich  eine  lange  Entwicklung  der  Platte  fiir 
durchaus  nicht  unstatthaft  halten. 

Ascbkinass  (Berlin):  Waren  bei  diesen  Ver- 
suchen die  Beugungsspalte  auch  an  den  inneren 
Rändern  zugeschärft? 

Walter:  Nein,  diese  sind  von  vorne  nach 
hinten  zu  überall  gleichbreit. 

Aschkinass:  Sind  da  nicht  Störungen  zu 
befürchten  von  den  sekundären  X-Strahlen,  die 
an  den  Rändern  entstehen? 

Walter:  Diese  würden  dazu  wohl  zu  schwach 
sein. 

Haga:  Zur  Ausmessung  des  zweiten  Spaltes 
mrd  eine  Platte  so  dicht  als  möglich  hinter 
diesem  Spalt  aufgestellt;  unter  diesen  Be- 
dingungen sieht  man  nur  ein  scharfes  Bild. 
Während  dann  gerade  die  sekundären  Strahlen 
am  stärksten  sein  müssten. 


F.  Braun  (Strassburg),  Über  drahtlose  Telc- 
graphie. ') 

Die  Schaltungsweise  Marconis  ist  Ihnen  be- 
kannt. Er  verwendete  entweder  einen  Righi- 
Oszillator,  dessen  eine  Kugel  mit  dem  vertikal 

i)  AbtcIliiDg  3,  24.  September  1901. 


gefiihrten  isolierten  Senderdraht  verbunden  war, 
während  die  andere  Kugel  an  der  Erde  lag;  oder 
er  Hess  später  direkt  vom  unteren  Ende  des 
geladenen  Senders  den  Funken  zu  einem  Erd- 
draht überspringen.  Während  man  bei  Anwen- 
dung des  Righi-Oszillators  über  den  elektrischen 
Anfangszustand  des  Senderdrahtes  in  Zweifel 
sein  kann,  wird  man  bei  der  zweiten  Anord- 
nung unbedenklich  annehmen  können,  dass  zu- 
nächst der  ganze  isolierte  Leiter  auf  konstantes 
Potential  geladen  wird,  wie  dies  Kontrollver- 
suche unter  Anwendung  einer  Influenzmaschine 
statt  eines  Induktors  als  Ladungsapparat  auch 
bestätigten.  Es  handelt  sich  dann  also  um  einen 
Hertzschen  Oszillator  von  grossen  Dimensionen. 
Wenn  nun  bei  der  Entladung  auch  unzweifel- 
haft Oszillationen  entstehen,  so  kommt  es  doch 
infolge  der  starken  Dämpfung  nicht  zur  Bildung 
einer  gut  ausgesprochenen  Welle  auf  dem  Drahte. 
Ich  will  den  Versuch  statt  der  Erwägung 
sprechen  lassen.  Ein  wesentlich  horizontal  gefiihr- 
ter  isolierter  Draht  von  1 5  m  Länge  (Fig.  i)  endet 

Jnductor 


(VW 
k>  o 


Fig.  1. 

am  einen  Ende  in  die  Kugel  eines  Funkenmikro- 
meters von  etwa  3  cm  Durchmesser,  welchem 
eine  gleiche  zur  Erde  gefiihrte  gegenübersteht. 
Der  Draht  wird  vom  Induktor  aus  geladen,  er 
repräsentiert  den  Marconisender  und  die  Auf- 
gabe ist,  die  Verteilung  der  Spannungen,  wie 
sie  bei  dem  Entladungsvorgang,  d.  h.  bei  der 
supponierten  Wellenbildung  auf  dem  Drahte  ent- 
stehen, messbar  oder  sichtbar  zu  machen.  Nach 
den  Bedingungen  des  Versuchs  kann  dies  nicht 
direkt  geschehen;  es  sind  daher  fünf  gleiche 
Geisslersche  Röhren,  in  deren  unteren  Ösen 
isoliert  endende  Drahtstücke  von  etwa  einem 
halben  Meter  Länge  eingehängt  sind,  über  den 
Draht  verteilt.  Beim  Spiel  des  Induktors  leuch- 
ten die  Röhren  auf,  aber  das  Auge  vermag 
keinen  Unterschied  in  der  Helligkeit  zu  •erken- 
nen, majg  die  Röhre  sich  da  befinden,  wo  wir 
einen  Spannungsbauch  oder  da,  wo  wir  einen 
Spannungsknoten  erwarten  sollten. 

Das  gleiche  Resultat  ergiebt  sich,  wenn  der 
Versuch  (was  hier  nicht  gut  möglich  war)  unter 
reineren  Bedingungen  angestellt  wird,  indem 
man  den  Draht  langsam  mit  der  Influenz- 
maschine ladet.  Der  Ladungsvorgang  bewirkt 
dann  nur  eine  sehr  schwache  Lichtentwickelung 
in  den  Röhren,  erst  bei  der  Entladung  leuchten 


ä 

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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgangf.     No.  7. 


die    Röhren    stark    auf,    aber   auch   hier    alle 
gleichhell.  — 

Die  Erdung  des  Marconisenders  ist  wichtig. 
Erst  durch  Auffindung  dieses  Mittels  hat  Mar- 
co ni  weite  Entfernungen  erreicht.  Über  die 
Rolle,  welche  der  Erdung  zjukommt,  ist  viel 
diskutiert  worden,  und  wenn^  man  heute  noch 
derselben  einen  spezifischen  Einfluss  auf  die 
Vorgänge  zuschreiben  will,  so  kann  man  diese 
Behauptung  meiner  Ansicht  nach  nicht  ohne 
weiteres  von  der  Hand  weisen.  Dadurch  wird 
die  theoretische  Deutung  erschwert. 

Aber  es  liegt  auch  ein  praktischer  Übelstand 
darin.  Man  ist  häufig  nicht  in  der  Lage,  eine 
vollkommene  Erdung  vorzunehmen,  sondern  es 
steht  einem  auf  trockenem  Terrain  nur  ein  fast 
isolierendes  Dielektrikum  zur  Verfügung.  End- 
lich ist  Erdung  ein  schlecht  definierter  Begriff. 

Ich  wende  mich  nun  zu  den  eigenen  An- 
ordnungen. Die  Forderungen,  welche  zu  stellen 
sind,  lassen  sich  mit  wenig  Worten  angeben: 
Der  Sender  muss  starke,  reine,  ungedämpfte 
Schwingungen  geben.  Der  Empfänger  soll  aus 
den  Wellen,  welche  ihn  treffen,  möglichst  nur 
die  flir  ihn  bestimmten  herausnehmen,  auf  diese 
aber  möglichst  intensiv  ansprechen.  Mit  diesen 
Forderungen  wollen  wir  uns  begnügen;  von 
weiteren,  sehr  wichtigen,  welche  eigentlich  er- 
füllt werden  sollten  (wie  keine  Streuung  der 
Energie),  sei  hier  abgesehen. 

Zur  Zeit,  als  ich  anfing,  mich  der  Sache  zu- 
zuwenden, konnten  dauernde  Oszillationen  hoher 
Frequenz,  deren  Herstellung  jetzt  durch  die 
auch  vom  Vorredner^)  berührten  Beobachtungen 
am  Flammenbogen  in  das  Bereich  der  Möglich- 
keit gerückt  ist,  überhaupt  nicht  erreicht  werden. 
Man  war  auf  die  beste  Annäherung  angewiesen, 
welche  sich  so  aussprechen  lässt:  Möglichst 
grosse  elektrische  Energie  gewissermassen  in 
einem  Reservoir  anzusammeln  und  mit  ihr  den 
Sender  zu  speisen,  so  dass  in  dem  Masse,  wie 
er  Energie  in  den  Raum  ausstrahlt,  ihm  solche 
nachgeliefert  wird;  Aufnahme-  und  Abgabe- 
fähigkeit des  Senders  muss  dabei  selber  wieder 
ein  Optimum  sein;  er  soll  also  möglichst  stark 
und  möglichst  lange  Energie  ausstrahlen. 

Dies  wurde  erreicht,  indem  man  in  einem 
möglichst  geschlossenen,  aus  Kondensatoren  und 
Selbstinduktion  hergestellten  Schwingungskreise 
elektrische  Oszillationen  erzeugte  und  mit  diesen 
den  Senderkreis  erregte.  Die  Übertragung  auf 
den  Sender  ist  in  zwei  verschiedenen  Arten 
möglich:  entweder  durch  induktive  Erregung 
oder  durch  die  sog.  direkte  Schaltung  —  oder 
endlich   durch    die  Kombination   beider  Mittel. 

Bei  der  induktiven  Erregung  verfährt  man 
ähnlich  wie  bei  einem  Blond  lotschen  Erreger 
oder   bei    einem    Teslatransformator.     Ich    will 

I )  H.Th.  Simon,  Tönende  Flammen  u.  Flammentelephonie. 


hier  auf  dieselbe  nicht  ausfuhrlich  eingehen, 
sondern  nur  bemerken,  dass  es  sich  dabei  nicht 
um  die  gewöhnlichen,  wohlbekannten  Gesetze 
des  technischen  Transformators  (für  praktisch 
unendlich  lange  Wellen)  handelt,  sondern  um 
Resonanzerscheinungen.  Es  macht  z.  B.  einen 
grossen  Unterschied,  ob  Sie  den  ,, Transfor- 
mator" kurz  schliessen  oder  zu  einem  System 
fuhren,  welches  selber  wieder  Schwingungen 
vollzieht.  Sender  mitsamt  der  Sekundärspule 
stellt  ein  System  dar;  dessen  Schwingungszahl 
muss  zu  der  Schwingungszahl  des  erregenden 
(im  allgemeinen  durch  die  Rückwirkung  modi- 
fizierten) Systems  in  bestimmten  Beziehungen 
stehen.  Die  Stärke  der  Koppelung  bedingt, 
wie  aus  den  Untersuchuhgen  von  G eitler  und 
den  allgemeineren  von  M.Wien  bekannt  ist,  In- 
tensität und  Reinheit  der  Resonanzwelle.  Im 
einfachsten  Falle  stellt  der  Sender  eine  reine 
halbe  Welle  dar.  Erdung  ist  hierbei  absolut 
nicht  nötig  (aber  natürlich  bei  passender  Län- 
genänderung herstellbar).  Man  hat  also,  soweit 
überhaupt  möglich,  die  Wirkung  auf  das  Dielek- 
trikum beschränkt. 

Die  zweite,  die  von  mir  als  direkte  Erre- 
gung bezeichnete,  will  ich  hier  etwas  näher 
verfolgen.  An  einen  Schwingungskreis,  welcher 
aus  einem  Kondensator  (Fig.  2)  oder  den  beiden 


ti)\ 


Fig.  2. 


Fig.  3. 


Kondensatoren  Q  und  C2  und  dem  beide  ver- 
bindenden metallischen  Schliessungsbogen  (der 
Selbstinduktion)  AB  besteht  (Fig.  3),  wird 
einerseits,  etwa  bei  A  der  Sender  angelegt. 
Gute  Resultate  erzielte  man  anfangs  nur,  wenn 
ein  anderer  Punkt,  etwa  ß  (Fig.  2  und  3)  an 
Erde  gelegt  wurde,  was  nach  dem  Vorgange 
Marconis  nahe  lag.  Es  ist  dies  aber  nicht 
nötig;  man  kann  den  zu  erfüllenden  Bedingun- 
gen auch  in  anderer  Weise  genügen  und  diese 
werden  einfacher  und  klarer,  wenn  man  an  B 
einen  dem  Drahte  AA^  elektrisch  gleichwertigen, 
z.  B.  gleichlangen  Draht  Bßi  anlegt  (Fig.  4). 
Nun  verhält  sich,  akustisch  gesprochen,  der 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


145 


/i, 


n. 


Fig.  4. 


Draht  AA^  so,  als  ob  man  einen  am  Ende  A^ 
freien  Stab  am  anderen  Ende  A  periodisch  be- 
wegte. Man  kann  ihm  Schwingungen  aufzwin- 
gen; diese  werden  am  stärksten,  wenn  einer 
Resonanzbedingung  genügt  ist.  Dann  wird  A 
ein  relativer  Knoten,  A^  ein  Schwingungsbauch, 
es  bildet  sich  im  einfachsten  Falle  eine  stehende 
Viertelwelle. 

Es  lässt  sich  hier  experimentell  leicht  zeigen, 
dass  I.  reine  Wellen  da  sind  und  2.  dass  diese 
nur  allmählich,  d.  h.  durch  Resonanz  zu  ihrer 
endlichen  Höhe  anschwellen.  Dazu  giebt  es  ver- 
schiedene Wege:  Um  mich  kurz  zu  fassen,  führe 
ich  nur  einen  Beweis  an.  Man  legt  an/i  (Fig.  5) 
eine  Drahtlänge  gleich  einer  Viertelwellenlänge, 
an  B  die  dreifache.  Fährt  man  die  letztere  mit 
einem  genäherten  Leiter  ab,  so  erhält  man  bei 
B  kleine  Fünkchen  aus  dem  Drahte,  dort  liegt 
ein  relativer  Knoten;  dieselben  steigen,  erreichen 
bei  Bi  ein  Maximum,  fallen  wieder,  werden  in 
Bi  fast  gleich  Null,  um  in  B,s  wieder  zum  Maxi- 
mum anzusteigen.  Aus  A^  und  B^  lassen  sich 
in  dieser  Weise  Funken,  sagen  wir  von  40  mm 
Länge,  ziehen;  nähert  man  aber  A\  und  B-^ 
einander,   so  geben  sie  gegeneinander  fast  gar 


'<. 


^ 


.-'  B. 


Fig.  5. 

keine  Funken.  Wären  die  auf  den  Drähten  be- 
obachteten Spannungen  die  Folge  eines  ersten 
Impulses,  so  würde  dieser  in  A\  früher  ankom- 
men als  in  ^j  und  es  müssten  Funken  daselbst 
überschlagen.  Der  Versuch  beweist  also,  dass 
die  Ladungen  erst  allmählich  und  an  beiden 
Enden  nahezu  in  gleicher  Weise  ansteigen. 

Ich  will  Ihnen  hier  den  Beweis  in  anderer 
Art  führen.  Ich  gehe  auf  meine  Aufstellung 
(Fig.  i)  zurück.  Von  den  beiden  Drähten  AA^ 
und  BB^ ,  deren  Länge  zum  Schwingungskreise 
passend  gewählt  ist,  ist  der  eine  der  früher  als 
Marconisender  benutzte;  an  ihm  hängen  noch 
die  dort  verwendeten  evakuierten  Röhren.  P>rege 


ich  nun  im  Flaschenkreise  Schwingungen,  so 
leuchtet  die  in  der  Nähe  von  A  befindliche  Röhre 
fast  gar  nicht,  die  folgende  stärker  und  so  fort, 
die  letzte,  vor  A^  befindliche,  sendet  ein  so  hel- 
les Licht  aus.  dass  es  dem  Auge  fast  weiss  er- 
scheint. Dieser  Versuch  zeigt,  dass  wir  es  mit 
einer  stehenden  Welle  zu  thun  haben. 

Ich  will  Ihnen  nun  2.  zeigen,  dass  im  Drahte 
Spannungen  entstehen,  welche  grösser  sind 
als  die  erregenden.  Die  Potentialdifierenz  der 
Punkte  A  und  B  kann  höchstens  gleich  der- 
jenigen zwischen  den  Funkenkugeln  «  und  ß 
sein,  in  meinem  Falle  etwa  5  mm.  Führe  ich 
dagegen  die  Enden  A^  und  B^  den  Kugeln  eines 
Funkenmikrometers  zu,  so  schlagen  dort  Funken 
von  über  20  mm,  unter  besseren  Isolationsbe- 
dingungen, als  ich  sie  hier  realisiert  habe,  von 
nahezu  40  mm  über. 

Ich  will  3.  beweisen,  dass  dies  Resonanz- 
schwingungen sind  und  zwar  dadurch  be- 
weisen ,  dass  ich  Ihnen  zeige ,  welchen 
enormen  Einfluss  die  Dämpfung  der  Erreger- 
schwingungen auf  die  Erscheinung  hat.  Zu  dem 
Ende  unterbreche  ich  den  8  mm  dicken 
Schliessungsbogen  an  der  Stelle  D,  schalte  dort 
auf  einer  Länge  von  5  mm  das  Metall  aus  und 
ersetze  es  durch  einen  mit  gesättigter  Kochsalz- 
lösung getränkten  Filzlappen.  Die  Funken- 
strecke A^B\  geht  dadurch  auf  etwa  den  halben 
Wert  zurück.  Ich  nehme  eine  vefdünntere 
Salzlösung,  der  Funke  fällt  noch  mehr.  Die 
Entladung  bleibt  dabei  oszillatorisch.  Dies 
verrät  für  Auge  und  Ohr  der  Charakter  des 
Funkens  —  und  ein  quantitativer  Anhalt  ergiebt 
sich  aus  der  Bemerkung,  dass  ich  einen  Wider- 


n 

A\^ 

(► 

JL 

' 

R\r 

■r 

p. 

Fig.  6. 

stand  von  nur  5  Ohm  einfügte,  während  der 
Widerstand  des  Kreises,  bei  welchem  die  oszil- 
lierende Entladung  aufhört,  sich  zu  700  bis  800 
Ohm  berechnet. 

Nimmt  man,  statt  von  A  und  B^  von  anderen 
Punkten  z.  B.  P  und  Q  ab,  so  werden  die  Wel- 
len auf  den  Drähten  schwächer.  In  dieser  Weise 
lässt  sich  die  Methode  benutzen,  die  Spannungs- 
verteilung auf  dem  Primärkreise  zu  untersuchen, 
den  Spannungsabfall  insbesondere  in  der  P'unken- 
strecke,  es  lassen  sich  damit  Widerstände  für 
schnelle  Schwingungen,  Selbstinduktionen  ver- 
gleichen etc.  Die  Methode  lässt  sich  offenbar 
auch  elektronietrisch  (mit  Bjerknesschem  Elek- 


I4Ö 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


X 


■J. 


Jnductori 


'A 


-K 


Fig.  7. 

Funken  überspringen  und  erregt  somit  auf  den 
Drähten  AA\  und  BB^  Oszillationen,  so  lässt 
sich  zwischen  den  zu  Kugeln  geführten  Enden 
A\  und  Bx  keine  mit  Sicherheit  nachweisbare 
grössere  Funkenlänge  als  zwischen  A  und  B 
konstatieren. 

Ich  gehe  nun  zum  Empfänger.  Seine  Auf- 
gabe: möglichst  intensiv  und  möglichst  nur  auf 
eine  Schwingung  anzusprechen,  kann  auch  er 
nur  erfüllen,  wenn  der  Sender  reine,  schwach 
gedämpfte  Wellen  ausgiebt.  Nur  dann  ist,  wie 
bekannt,  scharfe  Resonanz  möglich.  Wieweit 
man  bei  günstigen  Anordnungen  mit  den  hier 
erzeugten  Wellen  bezüglich  Stärke  und  Schärfe 


1  j  Diese  Anordnung  ist  wohl  richtiger  so  aufzufassen:  Durch 
Auflegen  und  Verschieben  der  Brücke  P\P^  (F^g-  6)  sucht  man 
nicht  eine  auf  den  offenen  Drähten  AA^  und  BB^  schon  vor- 
handene Knotenstelle  auf,  yielmehr  bringt  man  im  Kreise 
AP^P^B  dadurch  eine  Schwingung  hervor,  welche  zu  den 
Strecken    PxA^    und    P^A^   in   dem   Verhältnisse    steht,    dass 

X  A 

P^A^  ■=      oder  3        etc.    ist.      Im    Flaschenkreise    AP^P^B 

4  4 

bildet  sich  eine  Schwingung  aus,  welche  ich  eine  ge- 
schlossene nennen  will;  sie  ist  dadurch  charakterisiert,  dass 
in  ihr  die  Stromstärke  nur  eine  Funktion  der  Zeit,  keine  des 
Ortes  ist  und  auf  welche  daher  die  Thomsonsche  Gleichung 
anwendbar  ist  In  einem  solchen  Schwingungskreisc  kann 
man  daher  nicht  von  Knoten,  sondern  nur  von  „Indifferenz- 
punkten"  des  Potentiales  reden.  Bei  der  üblichen  Lech  er- 
sehen Anordnung  erregt  man  daher  die  Drähte  in  ungünstiger 
Weise;  man  sollte  von  A  und  B^  nicht  von  P^  und  P^  ab- 
gehen. 

Wenn  man  im  Lech  ersehen  System  bisher  an  den 
Bäuchen  meines  Wissens  niemals  auch  nur  die  Potential- 
amplituden  erhalten  hat,  welche  der  primären  Schlagweite  gleich- 
wertig sind,  so  kommen  hier  drei  Umstände  zusammen  :  i.  dass 
mau  von  den  ungünstigen  Punkten  P\  und  /j  ausging;  2.  dass 
man  die  Entfernung  der  Drähte  zu  klein  nahm  und  3.  dass 
die  ursprüngliche  Schwingung  zu  stark  gedämpft  war. 

Der  „geschlossenen"  Schwingung  fehlt,  soweit  ich  sehe, 
eine  analoge  Anordnung  in  der  Akustik,  vom  bekannten  hydro- 
dynamischen Analoj^on  abgesehen.  Schematisch  würde  ihr  ein 
um  eine  ideale 'Achse  rotierender  Punkt  entsprechen. 

2)  Die  Felder  beider  Drähte  sollen  sich  möglichst  nicht 
beeinflussen.  Der  Kirchhoffsche  Ansatz  liefert  dann  ein- 
fache (Gleichungen.  Die  Endspannungen  lassen  sich  durch  Ab- 
standsändcrungen  vom  Zweifachen  auf  das  Achtfache  der  er- 
regenden bringen. 


trometer)  zu  grösserer  Feinheit  ausbilden.    Die  \ 
Lech  ersehen  Versuche  müssten  sich  in  glänzen-  ' 
der  Weise  damit  zeigen  lassen').    Bemerken  will 
ich    nur,    dass    die  Wellen    sich   um   so   besser 
ausbilden,    je    weiter    die    Drähte    vonein- 
ander*^) entfernt  sind.  I 

Dass  bei  Drähten,  welche  in  Marconischer 
Weise  erregt  werden,  keine  Welle  im  Sinne  der 
eben  besprochenen  Versuche  sich  ausbildet,  er- 
giebt  sich  aus  dem  folgenden  Analogieversuch  ' 
(Fig. '7).     Lässt  man  zwi.schen  den  Kugeln  AB  ^ 


der   Resonanz    kommen    kann,    soll    an    einem 
weiteren  Versuch  erläutert  werden. 

Ich  verbinde  einen  Punkt  A  des  Geberkreises  I 
(Fig.  8)    mit   einem    „Resonanzflaschenkreis"  II 


KrOr 


Fig.  8. 

durch  den  Draht  Aa\  von  b  fiihrt  ein  Draht  weiter 
zur  Erde.  Der  Resonanzflaschenkreis  ist  gebildet 
aus  zwei  Kondensatoren  y\  und  y<i ;  die  äusseren 
Belegungen  sind  durch  einen  metallischen 
Schliessungsbogen  verbunden,  welcher  das 
Riesssche  Thermometer  Tk  enthält;  die  Selbst- 
induktion des  Schliessungsbogens  ist  veränder- 
lich; dies  wird  erreicht  durch  die  Gleitschienen 
ffy  und  ggx,  auf  welchen  der  Draht  ee  ver- 
schiebbar aufliegt.  Endlich  führen  die  inneren 
Belegungen  der  Kondensatoren  zu  zwei  Drähten, 
welche  durch  den  Querdraht  dd  verbunden 
werden  können. 

Werden  im  Kreise  I  Schwingungen  erregt, 
so  pflanzen  sich  Potentialschwankungen  durch 
den  Draht  Aa  zum  Resonanzflaschenkreis  und 
über  denselben  zur  Erde  fort.  ^  Ich  nehme  die 
Brücke  dd  weg;  die  Kondensatoren  wirken  dann 
praktisch  noch  nicht  und  ich  messe  durch  das 
Thermometer  in  relativem  Masse  die  zur  Erd- 
leitung wandernde  Energie.  Das  Thermometer 
zeigt  einen  Ausschlag  von  i  cm.  Ich  schliesse 
jetzt  den  Resonanzflaschenkreis,  indem  ich  bei 
dd  überbrücke;  sofort  steigt  das  Thermometer 
auf  den  rund  20  fachen  Betrag.  Der  Draht  ee 
befand  sich  an  der  Stelle  günstigster  Wirkung; 
schiebe  ich  denselben  nach  rechts  oder  nach 
links,  d.  h.  vergrössere  oder  verkleinere  ich  die 
Selbstinduktion  und  damit  die  eigene  Schwin- 
gungsdauer des  Resonanzkreises,  so  fallt  das 
Thermometer  sofort  sehr  erheblich.  Die  Schärfe 
der  Resonanz  ist  durchaus  vergleichbar  mit  der 
in  akustischen  Versuchen  erzielbaren. 

Ich  will  jetzt  die  erregenden  Schwingungen 
stärker  dämpfen.  Ich  ersetze  einen  Teil  des 
Schliessungsbogens  des  Kreises  I  durch  2  Ohm 
Kupfervitriollösung  —  (der  Grenzwiderstand  des 
Kreises  ist  icxx)  Ohm)  —  das  Thermometer 
zeigt  fast  keine  Resonanzwirkung  mehr  an. 

Gegen  die  Bewei.skraft  dieser  Versuche  lässt 

I )  Diese  Anordnung  ist  der  exiierimentellen  Einfachheit 
halber  gewählt,  sie  ist  aber  weder  die  theoretisch  einfachste, 
noch  die  praktisch  ausgiebigste. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7, 


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sich  ein  gewichtiges  Bedenken  erheben.  Ändere 
ich  nicht  durch  Anschalten  eines  mit  dem  Kreise  I 
unisono  schwingenden  Kreises  II  die  ganzen 
Verhältnisse?  Kann  nicht  der  zweite  Kreis  ge- 
wissermassen  Energie  aus  dem  ersten  ansaugen.? 
•"  Wäre  das  letztere  der  Fall,  so  müsste  ein 
in  den  Verbindungsdraht  Aa  der  beiden  Systeme 
eingeschaltetes  Thermometer  grösseren  Aus- 
schlag zeigen,  wenn  der  Kreis  II  auf  Resonanz 
gestellt  wird.  Der  Versuch  zeigt  das  Gegen- 
teil. Die  Theorie,  soweit  sie  durchführbar  ist, 
ergiebt,  dass  fiir  Resönanzstellung  die  Strom- 
stärke im  Verbindungsdrahte  sich  auf  Null  redu- 
zieren sollte.  Dieses  Resultat,  welches  wohl 
immer  nur  eine  Forderung  der  Theorie  sein 
wircj,  habe  ich  allerdings  nicht  erreicht.  Aber 
doch  fiel  ein  in  Aa  eingefügtes  (empfindlicheres) 
Thermometer  vom  Werte  110,  den  es  bei  di- 
rekter Erdleitung  zeigte,  auf  40,  wenn  der  Re- 
sonanzflaschenkreis eingefügt  war.  Wir  können 
daher  sagen:  der  Resonanzflaschenkreis  speichert 
die  Energie  auf,  er  lokalisiert  dieselbe. 

Der  akustische  Analogie  versuch  lässt  sich 
mit  abgestimmten  Luftsäulen  und  König  sehen 
Manonieterflammen  objektiv  zeigen;  ich  habe 
ihn  gelegentlich  eines  Vortrages  im  letzten  Win- 
ter vorgeführt. 

Es  ist  auf  diese  Weise  die  Aufgabe  gelöst, 
dass  der  Empfänger  möglichst  nur  von  einer 
bestimmten  Schwingung  affiziert  wird  und  diese 
besonders  stark  aufnimmt.  Die  angesammelte 
Energie  muss  nun  je  nach  der  Natur  des  Em- 
pfangsapparates eventuell  umgestaltet  und  fiir 
denselben  verwendet  werden.  Es  ist  ferner  auch 
offenbar,  dass  man  durch  das  Ansammeln  der 
Schwingung  in  einem  Kreise  andere  Orte  des 
Empfängers,  wo  man  sie  nicht  haben  möchte, 
davor  schützen  kann.  In  dieser  Weise  lässt  sich 
der  Vorgang  gleichzeitig  verwerten,  um  vor  nicht 
gewünschten  Störungen  sich  zu  verwahren. 

Ich  habe  hier  nur  in  grossen  Zügen  ein  Bild 
entwerfen  können.  Es  wäre  noch  vieles  hinzu- 
zufügen über  die  Möglichkeiten,  die  Sender- 
wirkungen zu  steigern  durch  Kombination  der 
geschilderten  Anordnungen,  durch  weitere  Aus- 
nutzung des  Senderdrahtes,  indem  man  eine 
grössere  Anzahl  von  Halbwellen  darauf  erzeugt, 
durch  gleichzeitige,  ungleichmässige »räumliche 
Verteilung  der  ausgestrahlten  Energie.  Doch 
furchte  ich,  damit  meine  Zeit  zu  überschreiten. 
Fasst  man  das  hier  Vorgetragene  zusammen, 
so  handelt  es  sich  noch  um  den  Ausbau  nach 
im  wesentlichen  bekannten  Gesetzen:  Kompro- 
missen z.  B.  zwischen  Selbstinduktion  einerseits, 
Kapazität  andererseits,  je  nachdem  man  maxi- 
male Stromintensitäten  oder  nur  hohe  und 
schwachgedämpfte  Potentialamplituden  wünscht, 
Kompromissen  zwischen  der  Grösse  der  zur 
Verfugimg  stehenden  Gesamtenergie  und  der 
Dämpfung,   zwischen  Koppelung,  Reinheit  und 


Stärke  der  Schwingungen.  Für  alle  diese,  sich 
meist  gegenseitig  ausschliessenden  Grössen  liefert 
teilweise  die  Rechnung  den  Anhalt,  und  wo  die 
experimentelle  Ermittelung  einzugreifen  hat, 
liegen  jetzt  —  wesentlich  unter  Anwendung  der 
hier  vorgeführten  Hilfsmittel  —  Methoden  vor, 
welche  teils  schon  direkt  verwendbar  sind,  teils 
für  diesen  Zweck  noch  leicht  umgestaltet  werden 
können. 

Sieht  man  von  solchen  Details  ab  und  über- 
blickt nur  das  grosse  Ganze,  so  muss  man 
eigentlich  sagen  —  und  Sie  selber  werden  den 
gleichen  Eindruck  haben  — :  es  ist  jetzt  alles 
selbstverständlich.  Einiges  verstehe  ich  freilich 
noch  nicht,  ich  hofie  aber,  dass  auch  dies  bald 
bis  zur  Selbstverständlichkeit  herabsinkt. 

Worin  liegen  dann  aber  die  Schwierigkeiten? 
Ich  finde,  für  den  Physiker  sind  es  wesentlich 
zwei.  Die  erste  ist  die  Undefiniertheit  des  Ko- 
härers?  Wie  verhält  er  sich?  Stellt  er  eine  grosse 
Kapazität  dar?  oder  eine,  welche  bisweilen  klein 
ist,  aber  durch  Annäherung  der  Körnchen  an- 
einander enorm  steigen  kann,  oder  repräsentiert 
er  einen  grossen  Widerstand,  welcher  jede  Re- 
sonanz unmöglich  macht,  während  er  doch  als 
grosse  Kapazität  die  freie  Welle  nicht  schädigen 
würde?  Verhält  er  sich,  je  nach  seiner  momen- 
tanen Beschaffenheit,  bald  so,  bald  anders?  Wo 
sind  die  unzweifelhaft  vorhandenen  Übergänge? 
Die  andere  Schwierigkeit  liegt  darin,  sich 
die  Versuchsbedingungen  innerhalb  des  Labora- 
toriums herzustellen.  Das  ist,  soweit  ich  sehen 
kann,  nicht  möglich.  Man  ist  daher  in  letzter 
Instanz  immer  wieder  auf  den  Versuch  im 
grossen  Laboratorium  der  Natur  angewiesen, 
wodurch  die  Thätigkeit  des  nach  Zeit  und  Ort 
an  sein  Institut  gebundenen  Physikers  natür- 
lich sehr  beschränkt  wird.  — 

Lassen  Sie  mich  noch  mit  ein  paar  Worten 
auf  die  praktischen  Versuche  eingehen.  Ich 
habe  sie  in  Strassburg  im  Sommer  1898  be- 
gonnen; im  Frühjahr  1899  wurden  sie  hierher 
an  die  Eibmündung  verlegt.  (Es  folgt  ein  Dank 
an  die  Hamburger  Behörden.)  Seit  Ostern  dieses 
Jahres  haben  Siemens  &  Halske  die  Versuche 
weiter  geführt.  Besonders  ist  es  den  Versuchen 
von  Dr.  Köpsel  zu  danken,  dass  wir  jetzt  zu 
sicheren  und  viel  versprechenden  Resultaten 
gelangt  sind.  Einiges  will  ich  erwähnen.  Das 
Feuerschiff  Elbe  i  liegt  von  Cuxhaven  in  einer 
Entfernung  von  34  km.  Der  Lotsendienst  dieses 
Feuerschiffs  Elbe  i  wird  jetzt  durch  drahtlose 
Telegraphie  erledigt;  das  heisst  folgendes:  Die 
dem  Leuchtschiff  benachbarte  Lotsengaleote  hat 
eine  Anzahl  Lotsen,  die  gehen  auf  Kreuzer 
oder  Schooner  und  warten  die  Dampfer  ab.  Der 
Kommandeur  in  Cuxhaven  weiss  nicht,  wie 
viele  unterwegs  sind  und  ob  neue  hinauskom- 
men sollen.  Alles  dies  wird  vom  Leuchtschifi* 
aus    drahtlos    herüber   und    hinüber   vermittelt. 


148 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


Neulich  fuhr  ein  Segelschiff  in  der  Nähe  des 
Feuerschiffs  auf;  der  Vorfall  wurde  auch  auf 
diesem  Wege  gemeldet.  Kürzlich  kam  folgende 
Depesche  nach  Cuxhaven,  die  wir  in  Helgoland, 
wo  ich  mich  gerade  befand,  gleichzeitig  erfuhren : 
An  das  Amtsgericht  Cuxhaven.  Matrose  Becker 
Vorladung  soeben  erhalten;  kann  nicht  so  rasch 
ans  Land  kommen.  Nietmann,  Kapitän.  Es 
waren  vor  einiger  Zeit  Herren  von  der  Post  in 
Cuxhaven,  um  die  Verständigung  zu  sehen.  Es 
wurde,  als  ich  gerade  auf  die  Helgoländer  Sta- 
tion kam,  von  Cuxhaven  angefragt:  Ist  Professor 
Braun  da.^  Ich  Hess  antworten:  Jawohl,  soeben 
gekommen.  Es  entspann  sich  nun  folgendes 
Gespräch:  C.  Gruss  von  S.  H.  Prosit.  Braun. 
C.  Gruss  auch  von  K.  unbekannterweise.  H. 
Danke  unbekannterweise.  C.  Geben  Sie  uns 
ein  Telegramm  von  fünfzehn  bis  fünfundzwanzig 
Worten.  H.  (fingiert  ein  Fest  im  Cuxhavener 
Hotel  Dolle  und  sendet):  Zum  heutigen  Feste  Der 
Wünsche  beste.  Trinkt  nicht  zu  viel  bei  Dölle, 
sonst  werdet  Ihr  volle.  —  Es  wurden  dann  lange 
und  höchst  moderne  Gedichte  herübergesendet. 

Es  ergab  sich  eine  Telegraphiergeschwindig- 
keit, die  ungefähr  halb  so  gross  ist  wie  bei 
einem  geübten  Morsetelegraphisten.  Die  schärfste 
Probe  war  die  folgende:  Es  wurden  von  Hel- 
goland aus  eine  Anzahl  Buchstaben  ganz  ohne 
Sinn,  einfachere  und  kompliziertere  Zeichen, 
telegraphiert;  diese  wurden  zurückgegeben  und 
kamen  tadelfrei  zurück.  Wir  können  also  be- 
haupten: 65  km  sind  von  Helgoland  nach  Cux- 
haven. Es  würden  demnach  auf  eine  Entfernung 
von  130  km  sich  Schiffe  schon  anmelden  können 
nach  Cuxhaven.  Das  würde  einer  Fahrzeit  von 
vier  bis  zehn  Stunden  entsprechen.  Die  Mast- 
höhen waren  anfangs  40  m,  sie  wurden  ge- 
legentlich schon  auf  32  m  reduziert,  und  man 
wird  wohl  noch  weiter  herabgehen  können. 
Als  im  Laufe  des  Sommers  Kriegsschiffe  auf 
der  Helgoländer  Rhede  lagen,  hat  sich  auch 
gezeigt,  dass  eine  Abstimmung  erfolgt  ist.  Aus 
eigener  Erfahrung  kann  ich  über  diese  Beob- 
achtungen nicht  berichten.  Köpsel  hat  noch 
einen  Hörapparat  konstruiert,  der  etwa  die  zwei- 
einhalb- bis  dreifache  Tragweite  eines  Schreib- 
apparates giebt.  Wenn  sich  diese  Proportionali- 
tät auch  auf  grössere  Entfernungen  fortsetzt,  so 
würde  man  heute  schon  Hamburg  mit  Helgo- 
land überbrücken,  und  Grüsse  übermitteln  kön- 
nen, wenn  auch  der  Draht  gebrochen  ist. 

Ich  darf  schliesslich  noch  eines  bemerken. 
Dass  die  hier  geschilderten  Sendermethoden 
Vorteile  bieten,  ist  objektiv  dadurch  anerkannt, 
dass  diejenigen,  die  sich  mit  ähnlichen  Ver- 
suchen beschäftigen,  mehr  oder  weniger  zu  dem 
gleichen  Sender  übergegangen  sind.  Slaby 
hat  bei  seinem  letzten  Vortrag  in  Kiel,  in  Som- 
mer dieses  Jahres,  die  folgende  Anordnung  an- 
gegeben: Kondensator,  Spule,  Sender  und  Sen- 


derkreis, zweimal  an  Erde  (Fig.  9).  Das  scheint 
mir  doch,  abgesehen  von  einer  Än- 
derung, welche  eine  schlechtere 
Definition  herbeiführt,  die  An- 
ordnung von  Fig.  2  oder  3  zu 
sein.  Dagegen  hat  Marco ni  mit 
anerkennenswerter  Offenheit  aus- 
gesprochen, dass  die  .seit  Jahres- 
frist von  ihm  erreichten  und 
Ihnen  aus  Zeitungsberichten  be- 
kannt gewordenen  Resultate  nur 
erreicht  wurden  unter  Benutzung 
meiner  oben  erwähnten  induk- 
tiven Erregung. 


Fig.  9. 


(Nach    einem  Stenogramm    von   B.  Borchardt   vom  Vor- 
tragenden bearbeitet.) 

(Eingegangen  4.  November  1901.) 

Diskussion. 

(Von   den  Beteiligten  durchgesehen.) 

von  Oettingen  (Leipzig)  möchte  gern  Nä- 
heres über  den  Empfänger  auf  Helgoland  wissen. 

Braun:  Es  wird  benutzt  ein  Resonanzkreis 
und  zwar  mit  ziemlich  grosser  Kapazität,  wenn 
man  scharfe  Resonanz  haben  will.  Man  kann 
aus  diesem  Resonanzkreis  auf  einen  Kohärer- 
kreis  transformieren,  ähnlich,  wie  es  Marco  ni 
macht.  Oder  man  kann  diese  hier  vorgeführte 
Resonanzwirkung  der  schwach  gedämpften  Wel- 
len benutzen  und  damit  die  Potentialschwan- 
kungen, die  durch  den  Kondensatorkreis  herab- 
gesetzt worden  sind,  wieder  erhöhen.  Endlich 
lassen  sich  beide  Methoden  kombinieren. 

Lech  er  (Prag)  fragt,  wie  es  sich  bei  solchen  Wel- 
len mit  der  eventuellen  Explosionsgefahr  verhält. 

Braun:  Direkte  Erfahrungen  liegen  da  nicht 
vor,  glücklichenv'eise.  Aber  ich  kann  die  Ge- 
fahr nicht  absolut  von  der  Hand  weisen.  Es  ist 
einmal  von  einem  Dynamitwerk  eine  Anfrage 
ergangen;  da  würde  ich  mich  scheuen,  eine  An- 
lage zu  machen,  ohne  vorherige  Versuche.  Ich 
halte  es  allerdings  fiir  sehr  unwahrscheinlich. 
Früher  einmal  wurden 'Versuche  gemacht,  nach 
Cuxhaven  hinüber  von  dem  in  Fahrt  begriffenen 
Dampfer  Silvana  aus.  Wir  arbeiteten  mit  Öl- 
transformatoren ;  wir  hatten  kein  schwer  fluch- 
tiges  Ol,  und  so  wurde  einstweilen  einmal  Petro- 
leum genommen,  welches  noch  dazu  die  Trans- 
formatorspulen nicht  hoch  genug  überdeckte. 
Die  Silvana  schwankte,  ein  Funke  schlug  durch 
die  Mischung  von  Petroleum  dampf)  und 
Luft,  und  das  Petroleum  fing  an  einer  Wand- 
fläche des  Ölkastens  Feuer.  Zum  Glück  schwankte 
die  Silvana  so  vernünftig,  dass  die  nächste 
Schwankung  das  Feuer  wieder  auslöschte.  Diese 
Gefahr  ist  jetzt  vollständig  ausgeschlossen;  ob 
die  Explosionsgefahr  auch,  das  müssen  weitere 
Versuche  zeigen. 

l)  Liegen  die  Drähte  genügend  tief  Im  Dl,  so  i>t  auch 
bei  retrulcuni,  wie  Versuche  gezeigt  haben,  jede  Gefahr  ver- 
mieden. Schwer  siedendes  C)l  ist  natürlich  besser. 


\ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  7. 


149 


E.  Gold  st  ein  (Berlin),  Über  die  durch  Strah- 
lungen erzeugten  Nachfärben.^) 

Eine  Reihe  gewöhnlich  farbloser  Salze  nimmt 
nach  früheren  Arbeiten  des  Vortragenden  in 
den  Kathodenstrahlen  oder  im  ultravioletten 
Lichte  lebhafte  Färbungen  an.  Im  Tageslicht 
oder  bei  Erhitzung  verschwinden  diese  Färbungen 
u*ieder.  —  In  der  ersten  Arbeit  war  es  nur  ge- 
lungen, bestimmte  Salze  aus  der  Alkaligruppe 
zu  färben.  Der  Umstand,  dass  bald  darauf 
auch  der  Flussspat,  also  ein  Calciumsalz,  sich 
färben  Hess,  machte  es  wahrscheinlich,  dass 
auch  andere  Salze  der  alkalischen  Erden  und 
diejenigen  Salze  der  Alkalien,  die  der  Färbung 
noch  widerstanden  hatten,  sich  würden  färben 
lassen.  Dahin  gehören  z.  B.  die  Alkalisulfate, 
Phosphate,  Borate,  Silikate  etc.  Zum  Ziel 
führte  schliesslich  das  einfache  Mittel,  die  Sub- 
stanzen stark  zu  glühen,  bezw.  zu  schmelzen. 
Nach  dem  Erkalten  bestrahlt,  färben  sie  sich 
ebenso  schnell  und  lebhaft  wie  die  Alkali- 
haloide,  auch  ihre  Lichtempfindlichkeit  ist  die 
analoge.  Z.  B.  wird  das  reinste  im  Handel 
erhältliche  Kaliumsulfat  in  den  Kathodenstrahlen 
jjrün,  Natriumsulfat  wird  bläulichgrau,  Natrium- 
karbonat rosa,  Borax  hellviolett  etc.  Die  Fär- 
bungen lassen  sich  auch  durch  Einwirkung  von 
Radiumstrahlen  erzeugen. 

Im  Frühjahr  d.  J.  regte  Vortragender  Hrn. 
Dr.  Giesel  an,  sich  die  schöne  Färbung 
des  Kaliumsulfats  durch  Radiumstrahlen  her- 
zustellen. Giesel  erhielt  nicht  Grün,  son- 
dern ein  blasses  Violett.  Jedoch  war  sein  Prä- 
parat etwas  chlorhaltig.  Da  nach  Hrn.  Ab  egg 
ein  kleiner  ATCV-Gehalt  schon  bei  ungeschmol- 
zenem A'2  SO4  sich  durch  blasse  ÄTZ-Nachfarbe 
(Viotett)  verrät,  schien  das  Resultat,  abgesehen 
von  der  Unterdrückung  des  Grün,  erklärlich. 
Zur  Kontrolle  untersuchte  Vortragender  noch 
K^SO^  mit  einem  kleinen  i\^6'/-Zusatz,  in  der 
Erwartung,  die  gelbe  Nachfarbe  des  NaC/  zu 
erhalten.  Statt  dessen  trat  tiefes  Violett  auf. 
Dies  gab  die  Anregung,  den  Einfluss  kleiner 
Zusätze  auf  die  Nachfarben  näher  zu  unter- 
suchen. 

Ein  wenig  Lithiumchlorid  statt  Natriumchlorid 
zu  K2SO4  gesetzt,  erzeugt  blaugraue  Färbung. 
Verschiedene  Metalle  erzeugen  also  verschiedene 
Farben.  —  Die  Färbung  hängt  aber  auch  ab 
von  der  Verbindung,  in  der  ein  bestimmtes 
Metall  zugesetzt  wird:  Die  Farben  sind  ver- 
schieden, je  nachdem  dem  Kaliumsulfat  Chlor- 
kalium, Bromkalium  oder  Jodkalium  zuge- 
setzt wird.  Schon  sehr  kleine  Zusätze  sind 
wirksam,  ^loooo  iVaC/  modifiziert  die  grüne 
Färbung  des  Kaliumsulfats  schon  sehr  merklich, 
und  bei  ®/ioooo  schlägt  sie  in  eine  ganz  andere 
Farbe  (Violett)  um. 

II  Abteilung  2,  24.  September  1901. 


Analoges  ergiebt  sich  bei  Zusätzen  zu 
Natriumsulfat,  nur  dass  jedesmal  eine  andere 
Färbung  als  bei  Kaliumsulfat  auftritt.  Auch 
die  Nachfarben  der  Karbonate  werden  durch 
kleine  Zusätze  stark  beeinflusst.  Natrium- 
karbonat, das  für  sich  rosa  gefärbt  wird,  färbt 
sich,  mit  ein  wenig  AViC/ zusammengeschmolzen, 
heliotropblau. 

Werden  die  gemischten  Salze  nur  mitein- 
ander abgedampft,  statt  geschmolzen  zu  werden, 
so  ist  die  Wirkung  des  Zusatzes  null  oder 
minimal.  — 

Die  Alkalihaloide  sind  nicht  die  einzigen 
Substanzen,  die  als  Zusätze  die  Nachfarben 
alterieren.  Sehr  kräftig  wirken  z,  B.  die  Phos- 
phate. Kaliumsulfat  mit  ein  wenig  Kalium- 
phosphat wird  fleischfarben.  Strontiumchlorid 
als  Zusatz  bringt  heliotropblaue  Färbung  hervor. 
Für  sich  allein  nehmen  Kaliumphosphat  und 
Strontiumchlorid  gar  keine  Nachfarbe  an. 

Sehr  stark  wirken  als  Zusätze  auch  die 
Karbonate.  Hier  ergab  sich  ein  Wendepunkt 
der  Untersuchung.  Ein  Zusatz  von  ein  wenig 
Kaliumkarbonat  hatte  erheblichen  Einfluss  auf 
die  Nachfarbe  zahlreicher  Salze,  nur  nicht  auf 
die  Nachfarbe  von  Kaliumsulfat.  Mit  oder  ohne 
Zusatz  von  Kaliumkarbonat  zeigte  das  Kalium- 
sulfat die  nämliche  grüne  Farbe,  nur  anschei- 
nend ein  klein  wenig  kräftiger  mit  dem  Zu- 
satz. 

Dies  brachte  auf  die  Vermutung,  dass  die 
beim  Kaliumsulfat  bisher  regelmässig  beobach- 
tete grüne  Nachfarbe  dem  Kaliumsulfat  selbst 
gar  nicht  angehört,  sondern  nur  eine  Wirkung 
derjenigen  geringen  Spur  von  Kaliumkarbonat 
ist,  von  der  auch  die  besten  Handelspräparate 
des  Kaliumsulfats  nicht  frei  sind. 

Diese  Annahme  hat  sich  bestätigt.  Es  ge- 
lang schliesslich,  durch  Umkrystallisieren  Frak- 
tionen von  Kaliumsulfat  zu  gewinnen,  die  in 
den  Kathodenstrahlen  sich  nicht  mehr  färbten. 
Auf  kleine  Zusätze  von  K2  CO^s  trat  die 
grüne  Farbe  bei  Bestrahlung  aber  sogleich 
wieder  kräftig  auf. 

Eine  untere  Grenze  für  die  Zusatzmengen, 
die  sich  noch  wirksam  erweisen,  also  durch  die 
Kathodenstrahlen  nachgewiesen  werden  können, 
lässt  sich  noch  nicht  angeben.  Ein  Zusatz  von 
';25  0oo  Karbonat  erzeugt  noch  so  starke  Färbung, 
dass  wahrscheinlich  auch  kleinere  Zusätze  noch 
wirksam  sein  werden. 

Die  Nachfarben  können  somit  auch  für  die 
analytische  Chemie  nutzbar  gemacht  werden. 
Sie  weisen  Verunreinigungen  noch  bei  Präparaten 
nach,  bei  denen  die  üblichen  chemischen  Me- 
thoden schon  völlig  versagen. 

Statt  der  Kathodenstrahlen  kann  man,  wenn 
es  nicht  auf  Zeit  ankommt,  mit  Vorteil  die 
Radiumstrahlen  benutzen,  indem  man  einfach 
ein  Radiumpräparat   auf  das  zu  prüfende  Salz 


ISO 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


legt  —  mit  Vorteil,  weil  die  Radiumstrab len 
schliesslich  tiefere  Färbung  ergeben,  also  noch 
kleinere  Mengen  sicher  nachweisen,  als  die 
Kathodenstrahlen.  Dies  beruht  darauf,  dass  die 
Kathodenstrahlen  die  Salzkörner  nur  in  einer 
dünnen  Oberflächenschicht,  die  Radiumstrahlen 
auch  das  Innere  der  Körner  färben. 

So  enthüllen  die  Radiumstrahlen  sich  auch 
als  ein  Hilfsmittel    für    die  chemische  Analyse. 

Auch  mehrere  gleichzeitige  Verunreinigungen 
können  mittels  der  Nachfarben  nachgewiesen 
werden,  weil  die  durch  verschiedene  Beimen- 
gungen erzeugten  Nachfarben  im  Tageslicht 
verschiedene  Dauer  haben.  So  wird  K^SO\, 
das  durch  Ki  COj^  verunreinigt  ist,  bei  gleich- 
zeitigem Natriumgehalt  erst  graugrün  bis  grün- 
grau, je  nach  der  Menge  des  Natriums,  Das 
von  dem  Natriumgehalt  veranlasste  Grau  ver- 
schwindet im  Lichte  relativ  schnell  und  hinter- 
lässt  das  vom  Karbonat  erzeugte  Grün. 

Ganz  wie  bei  K^  SO^  ergab  sich,  dass  auch 
Lii  SOi,  Nai  SOx,  Rbi  SO^  und  Csi  SOx  in  ganz 
reinem  Zustande  die  bunten  Farben  nicht  geben, 
die  den  Handelspräparaten  eigen  sind.  Sie 
beruhen  meist  auf  Karbonat-,  teilweise  auch  auf 
Chloridbeimengungen. 

Wie  die  Sulfate  sind  auch  die  Phosphate, 
Borate  und  Silikate  in  reinem  Zustande  nicht 
zu  färben,  für  die  Karbonate  Hess  sich  eine 
sichere  Entscheidung  noch  nicht  treffen.  Die 
violette  Farbe  von  Borax  beruht  auf  minimalem 
iV^C7-Gehalt.  Überhaupt  ist  ausser  durch  die 
Spektralanalyse  ein  sehr  kleiner  Natriumgehalt 
wohl  auf  keine  Weise  so  gut  nachzuweisen,  wie 
durch  Kathoden-  und  Radiumstrahlen. 

Auch  reines  Baryumchlorid  gehört  zu  den 
Substanzen,  die  keine  Nachfarbe  annehmen. 
Radioaktives  Baryumchlorid  aber  färbt  sich 
nach  G i es el,  durch  Selbstbestrahlung,  gelblich. 
XaCl  würde  Grau  erzeugen.  Man  darf  daher 
mit  Sicherheit  schliessen,  dass  das  radioaktive 
BaCli  noch  eine  fremde  Substanz  enthält.  Ob 
diese  das  problematische  Radium  ist,  oder  nur 
eine  Substanz,  welche  die  Demarcayschen 
Spektrallinien,  nicht  aber  die  Aktivität  veran- 
lasst, ist  freilich  noch  nicht  zu  entscheiden. 

Zusammenfassend  kann  man  sagen: 
Die  beschriebenen  Nachfarben  -  wir 
sprechen  zunächst  von  Sulfaten,  Phosphaten, 
Silikaten  und  Boraten  der  Alkalien,  sowie  von 
vielen  Haloidsalzen  der  alkalischen  Erden  — 
treten  an  reinen  Substanzen  nicht  auf. 
Bedingung  für  ihr  Zustandekommen  ist  ein 
kleiner  Zusatz  einer  fremden  Substanz.  Blosse 
Beimischung,  auch  in  flüssiger  Lösung,  ge- 
nü;^  nicht,  sondern  die  Mischung  muss  ge- 
;^!uht  oder  geschmolzen  werden.  Nach  Ansicht 
des  Vortragenden  bedeutet  dies,  dass  der  Zu- 
satz in  der  Grundsubstanz   gelöst   sein    muss. 


Auf  die  ^feste)  Lösung  muss  dann  noch  eine 
geeignete  Strahlung  wirken. 

Vergrössert  man  die  Zusatzmenge,  so  wird 
bald  ein  Maximum  der  Färbung  erreicht  und 
die  Färbung  bei  weiterer  Vermehrung  des  Zu- 
satzes wieder  geschwächt.  Daraus  folgt,  dass 
nur  ein  kleiner  Teil  der  Zusatzsubstanz,  also 
nur  ein  sehr  kleiner  Teil  der  gesamten  Masse 
der  Mischung,  die  Färbung  veranlasst. 

Auf  Grund  äusserlich  sehr  verschiedener 
Erscheinungen  bietet  sich  hier  ein  vollständiger 
Parallelismus  zu  den  Ergebnissen,  zu  denen  der 
Vortragende  in  seiner  Untersuchung  über  die 
Phosphoreszenz  anorganischer  Präparate  gelangt 
istJ)  Dort  hatte  sich  ergeben,  dass  nicht  die 
ganze  Masse  eines  Körpers  fluoresziert  oder 
phosphoresziert,  sondern  stets  nur  ein  minimaler 
Bruchteil.  Die  intensivsten  Phosphoreszenz- 
erscheinungen gingen  nicht  von  reinen  Sub- 
stanzen aus,  sondern  von  kleinen  Zusätzen,  die 
für  gewisse  Substanzen  unter  Vi  0000  000  herunter- 
gehen konnten.  Vielfach  waren  die  Zusätze 
Substanzen,  die  für  sich  gar  nicht  oder  minimal 
leuchteten.  Auch  dort  war  Glühen  und  Schmelzen 
förderlich,  und  Verfasser  kam  zu  dem  Schlüsse, 
dass  in  jedem  Salze  nur  der  dissoziierte  Teil 
der  festen  Lösung  fluoresziert  oder  phosphores- 
ziert. Bei  dem  völligen  Parallelismus  der  Er- 
scheinungen wird  man  daher  zu  der  Vermutung 
geführt,  dass  es  auch  bei  den  Nachfarbe-Er- 
scheinungen nur  die  in  der  festen  Lösung 
dissoziierten  Anteile  des  Zusatzes  sind,  die 
sich  an  den  Färbungen  beteiligen. 

Es  ist  jetzt  leicht  verständlich,  weshalb  schon 
ein  ganz  kleiner  Zusatz  einer  fremden  Substanz 
die  gewöhnliche  grüne  Nachfarbe  des  Ä2  SO^ 
so  stark  modifiziert;  ist  ja  jene  Farbe  doch 
auch  nur  durch  einen  ganz  minimalen  Zusatz 
veranlasst. 

Bei  Sulfaten,  Phosphaten  etc.  ist  nach  dem 
Vorangehenden  Ursache  der  Färbung  nur  ein 
minimaler  Teil  der  Gesamtmasse,  der  über- 
dies eine  fremde  Beimengung  ist.  Wie  sind 
nun  die  Nachfarben  der  Alkalihaloide  aufzufassen, 
bei  denen  die  Färbungen  überdies  auch  schon 
ohne  vorgängiges  Schmelzen  auftreten.^  Liegen 
auch  hier  nur  die  Wirkungen  von  Verunreini- 
gungen vor,  hat  man  bisher  kein  reines  Chlor- 
natrium, Bromkalium  etc.  gekannt?  Berück- 
sichtigt man,  dass  die  durch  geringe  Zusätze, 
z.  B.  bei  den  Sulfaten,  erzeugten  Nachfarben 
vielfach  mindestens  ebenso  intensiv  sind,  wie 
die  Nachfarben  von  NaCl^  KCl  etc..  so  wird 
man  für  wahrscheinlich  halten  müssen,  dass 
auch  bei  den  Alkalihaloiden  nicht  die  ganze 
Masse  farbig  wird,  sondern  dass  die  Nachfarbe 
auch    hier    nur    durch    einen  kleinen  Bruchteil 


I)  Gold  stein,  Sitzungsbcr.  d.  Ilcrl.  AkaU.  d.  Wisscnsch. 
1900,  S.  818, 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang     No.  7. 


iSl 


bedingt  ist.  Ist  dieser  Bruchteil  nun  ebenfalls 
eine  fremde  Beimengung?  Redner  glaubt  nicht, 
dies  annehmen  zu  sollen.  Jedenfalls  verhalten 
bei  XaCl  verschiedene  Fraktionen  sich  nicht 
verschieden.  Der  Parallelismus  mit  den  Phos- 
phoreszenz-Erscheinungen leitet  auf  eine  viel- 
leicht richtige  Auffassung.  Es  giebt  unter  den 
phosphoreszierenden  Substanzen  eine  ganze 
Gruppe,  die  mit  kleinen  Zusätzen  anderer  Körper 
intensiv  leuchten,  mildes  Licht  aber  auch  schon 
in  reinem  Zustande  emittieren  können.  In  diese 
Gruppe  gehören  u.  a.  auch  die  Alkalihaloide. 
Vortragender  hat  nun  (1,  c.)  zu  zeigen  gesucht, 
dass  bei  solchen  reinen  festen  Lösungsmitteln 
dann  der  dissoziierte  Anteil  leuchtet,  der  nach 
Analogie  des  Verhaltens  reiner  flüssiger 
Lösungsmittel  auch  in  ihnen  anzunehmen  ist. 
Das  Wahrscheinlichste   würde  danach  vorläufig 


sein,  dass  bei  den  reinen  Alkalihaloiden  die 
Nachfarben  durch  denjenigen  kleinen  Teil  ihrer 
eigenen  Masse  bedingt  sind,  der  in  ihnen  disso- 
ziiert ist.  (Präparate,  welche  die  geschilderten 
Wirkungen  von  Kathodenstrahlen  und  Radium- 
strahlen   veranschaulichen,    wurden  vorgezeigt.) 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  2.  November  1901.) 

Diskussion. 

(Von  den  Beteiligten  durchgesehen.) 

Frl.  Neumann  (Berlin)  fragt,  ob  die 
Lösungen    dieser   gefärbten  Salze    farbig   sind? 

Vortragender  erwidert,  dass  diese  Lö- 
sungen bisher  in  keiner  Beziehung  sich  von 
den  Lösungen  der  farblosen  Präparate  haben 
unterscheiden  lassen. 


BESPRECHUNGEN. 


M.  Chassagny,  Cours  ^l^mentaire  de  Phy- 
sique.  1056  Seiten  mit  793  Textfiguren. 
Paris,  Librairie  Hachette  1901. 

Ein  Vergleich  des  vorliegenden  Lehrbuches 
der  Physik,  das  für  die  „^coles  du  gouverne- 
ment"  bestimmt  ist,  mit  der  Mehrzahl  der  in 
den  letzten  Jahren  erschienenen  deutschen 
Lehrbüchern  für  höhere  Lehranstalten  würde 
nicht  zum  Vorteile  der  letzteren  ausfallen.  — 
Eine  äusserst  klare,  sorgfaltige  Darstellung 
auf  stets  wissenschaftlicher  Basis,  ein  völliges 
Beherrschen  des  sehr  reichen  Stoffes,  dazu  eine 
Fülle  trefflicher  Abbildungen  —  das  sind  Vor- 
züge, welche  sich  selten  in  so  hohem  Masse 
vereinig^  finden,  wie  in  dem  Buche  von 
Chassagny.  Nirgends  zeigt  sich  ein  nüch- 
terner Schematismus,  überall  ein  liebevolles 
Eingehen  auf  das  Experiment  in  streng  wissen- 
schaftlicher Form,  volle  Rücksichtnahme  auf 
die  Technik  und  die  Bedürfnisse  des  modernen 
Lebens,  natürlich  mit  Bevorzugung  des  fran- 
zösischen Elementes.  Jedes  Kapitel  bringt 
etwas  in  sich  Abgerundetes,  verwandte  Ideen 
Verknüpfendes.  Freilich  wird  zuweilen  dadurch 
eine  oder  die  andere  Erscheinung  an  eine  uns 
sonst  ungewohnte  Stelle  gebracht,  wie  z.  B. 
schon  bei  Besprechung  der  Kompressions-  und 
Luftpumpen  die  Erwärmung  und  Abkühlung 
eines  Gasquantums  durch  Kompression  resp. 
Expansion  abgehandelt  wird. 

Ohne  höhere  Mathematik  zu  Hilfe  zu  nehmen, 
wird  doch  von  mathematischer  Formulierung 
und  Beweisführung  ausgiebiger  Gebrauch  ge- 
macht und  zwar  mit  einer  ungewöhnlichen 
Eleganz  und  eigenartigen  Kürze.  — 

Den  Abbildungen  hat  der  Verfasser  kurze 
Erläuterungen   als  Unterschriften  beigefügt,  die 


sofort  über  den  Zweck  des  Bildes  orientieren. 
Auch  werden,  wo  immer  thunlich,  durch 
graphische  Darstellungen  die  besprochenen 
Vorgänge  veranschaulicht.  —  Was  dem  Buche 
aber  ganz  besonderen  Wert  verleiht,  sind  die 
sehr  zahlreichen  Angaben  von  Messmethoden, 
die  jedem  Versuche,  der  überhaupt  an  Mass 
und  Zahl  Anspruch  erhebt,  beigefügt  sind. 

Geradezu  mustergültig  ist  neben  der  Elek- 
trizitätslehre die  Darstellung  der  Wärmeer- 
scheinungen, insbesondere  der  Kalorimetrie, 
der  Ausdehnungsmessungen.  Etwas  ober- 
flächlicher kommen  die  Wärmeleitung,  sowie 
einzelne  Teile  der  Optik  fort.  Dass  hier  die 
Beugung  und  Polarisation  des  Lichtes  über- 
haupt gänzlich  fehlt,  dürfte  wohl  auf  eine 
Eigentümlichkeit  der  französischen  Lehrpläne 
zu  schieben  sein.  Behrendsen. 

(Eingegangen  21.  November  1901.) 


ABtronomischer    Jahresbericht,      Mit     Unter- 
stützung   der    Astronomischen     Gesellschaft 
herausgeg.  von  W.  F.  Wislicenus.   II.  Band, 
enthaltend    die   Litteratur   des  Jahres    1900. 
gr.    8^     XXVI    u,    631    S.      Berlin,    Georg 
Reimer.     1900.     Preis  M.   19. — . 
Der  vorliegende  zweite  Band  dieses  Jahres- 
berichtes  umfasst   die  astronomische  Litteratur 
des  Jahres  1901  und  darf  wohl  als  ein  fast  voll- 
ständiges    Verzeichnis      derselben     angesehen 
werden.  Das  Unternehmen,  welches  der  Heraus- 
geber   im    vorigen    Jahre    unter    thätiger    und 
finanzieller     Mitwirkung     der     Astronomischen 
Gesellschaft  begonnen  hat,  kann  als  ein  ausser- 
ordentlich    zweckmässiges    bezeichnet    werden 


152 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  7. 


und  hat  deshalb  auch  bei  den  Fachastronomen 
den  lebhaftesten  Beifall  gefunden.  Wenn  auch 
die  speziell  astronomischen  Studien  ja  zunächst 
nur  ein  kleineres  Gebiet  umfassen,  so  wächst 
die  Anzahl  der  jährlich  erscheinenden  Publi- 
kationen doch  schon  so  stark  an,  dass  eine 
.  systematische  Aufzählung  derselben  einem 
höchst  fühlbaren  Bedürfnis  entgegenkommt, 
zumal  in  den  „Astron.  Jahresberichten**  nicht  nur 
die  Titel  der  Werke  u.  s.  w.  sich  angegeben 
befinden,  sondern  ein  besonderer  Wert  auf 
kurze,  prägnante  Inhaltsangaben  gelegt  ist,  wo- 
bei es  dem  Herausgeber  in  erster  Linie  auf 
völlige  Objektivität  ankommt.  Wie  schwierig 
dieses  lobenswerte  Bestreben  bei  referierenden 
Artikeln  unter  Umständen  einzuhalten  ist,  dürfte 
genügend  bekannt  sein ;  aber  der  Herausgeber 
sowohl  wie  seine  Mitarbeiter  haben  es  doch  durch- 
zuführen verstanden.  Der  vorliegende  2.  Band 
des  Jahresberichtes  ist  auch  erheblich  schneller 
nach  Schluss  des  Berichtsjahres  erschienen  als 
der  I.  Band,  bei  welchem  wegen  der  umfang- 
reicl^en  Vorarbeiten  die  eigentliche  referierende 
Thätigkeit  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  Be- 
richtsjahres beginnen  konnte.  Für  die  laufenden 
Arbeiten  der  Astronomen  und  Astrophysiker 
ist  aber  ein  schnelles  Erscheinen  des  Jahres- 
berichtes von  besonderem  Werte.  Die  Ge- 
lehrten in  vielen  anderen  Disziplinen  würden 
recht  froh  sein,  wenn  dort  die  Berichterstattung 
ebenso  schnell  erreicht  werden  könnte,  wie  wir 
das  nunmehr  auf  dem  Gebiete  der  astronomi- 
schen Wissenschaften  erwarten  dürfen. 

Ich  möchte  aber  diesen  kurzen  Hinweis  auf 
den  „Astronom.  Jahresbericht"  nicht  schliessen, 
ohne  besonders  auf  die  nach  reiflicher  Er- 
wägung gewählte  musterhafte  Einteilung  des 
Stoffes  hingewiesen  zu  haben,  welche  es  auch, 
abgesehen  von  dem  ausführlichen  Inhaltsver- 
zeichnis, möglich  macht,  leicht  die  ein  spe- 
zielles Thema  behandelnden  Schriften  samt  den 
auf  die  Grenzgebiete   bezüglichen  aufzufinden. 

L.  Ambronn. 

(Eingegangen  27.  November  1901.) 

Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Qiesel,  F.,  Über  radioaktive  Substanzen  und  deren  Strahlen. 
Mit  4  Abbildungen,  gr.  S^.  28  S.  (Sammlung  chemischer 
und  chemisch-technischer  Vorträge  VII,  i).  1902.  Stutt- 
gart, Ferdinand  Enke.     M.   1.20 

Jaeger,  W.,  I>ie  Nonnalelemente  und  ihre  Anwendung  in 
der  elektrischen  Messtechnik.  Mit  38  Figuren,  gr.  8'*. 
Vlll  u.  131  S.  1902.  Halle  a  S.,  Wilhelm  Knapp. 
M.  6.—. 

Konen,  H.,  Geschichte  der  Gleichung  t2  — Du2=i.  Mit 
2  Figuren  im  Text.  V  u.  132  S.  1901.  Leipzig,  S.  Hir/el. 
M.  4.—. 


Miethe,  Adolf,  Lehrbuch  der  ])raktischen  Photographic. 
2.  verbesserte  Auflage.  Mit  180  Abbildungen,  gr.  8«^.  VlII 
u.  445  S.  1902.  Halle  ti/S.,  Wilhelm  Knapp.  Gebun- 
den M.  10. — . 

Tagesereignisse. 

Die  Gründung  einer  Berliner  Mathematischen 
Gesellschaft  ist  neuerdings  beschlossen  worden.  Vorsitzen- 
der ist  Prof.  Dr.  Weingarten  von  der  Technischen  Hochschnlc, 
zu  Schriftfllhrem  wurden  Prof.  Dr.  Kncser  (Bergakademie) 
und  Oberlehrer  Dr.  E.  Jahnke  ( Friedrich- Werdersche  Ober- 
realschule) gewählt. 

In  Lyon  ist  am  15.  November  unter  ausserordentlich 
zahlreicher  Teilnahme  der  dritte  Wetterschiesskongrcss 
eröffnet  worden.  Bürgermeister  Stiger  von  Windisch-Feistritz 
wurde  zum  Ehrenpräsidenten  und  G.  Suschnig,  Prokurist 
der  Firma  Karl  Greinitz  Neffen  in  Graz,  zum  VizeprüsideAten, 
der  letztere  auch  in  gleicher  Eigenschaft  als  Preisrichter  (ur 
die  Prüfung  der  Schiessgeräte  und  Maschinen  gewählt 

In  Heidelberg  wurde  im  Chemischen  L'niversitäts-La- 
boratorium  am  21.  November  die  von  Mitarbeitern  und  Schü- 
lern gestiftete  Büste  Viktor  Meyers,  an  der  Stätte  seiner 
glänzenden  Forscher-  und  Lehrthätigkeit,  feierlich  enthüllt. 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Der  Oberingenieur  der  Allgemeinen  £lektrizitäts-(>esell- 
schaft  in  Berlin,  Richard  K.  Grassmann,  wurde  zum  or- 
dentlichen Professor  des  Maschinenbaues  an  der  Technischen 
Hochschule  in  Karlsruhe,  Professor  Konrad  Zeissig  zum 
ausserordentlichen  Professor  (Ür  Physik  an  der  Technischen 
Hochschule  in  Darmstadt,  Dr.  Wilhelm  Sonne  zum  Pro- 
fessor für  gewerbliche  Chemie  an  derselben  Hochschule,  der 
bekannte  Schachmeister  £.  Lasker  zum  Professor  der  Mathe- 
matik an  dem   New  College  zu  Manchester  ernannt. 

Habilitiert  haben  sich  Dr.  Eugen  Jahnke,  Oberlehrer 
der  Fried rich-Werd ersehen  Oberrealschule,  an  der  Technischen 
Hochschule  zu  Charlottenburg  für  Mathematik,  Dr.  W.  Schau- 
fel berger  am  Polytechnikum  zu  Zürich  für  Physik,  Dr.  Her- 
mann Pauly  an  der  L'niversität  Bonn  fiir  Chemie  mit  einer 
Antrittsrede  „Über  Beziehungen  zwischen  chemischer  Kon- 
stitution und  physiologischer  Wirkung**, 

Professor  H.  E.  J.  G.  Dubois,  von  der  Berliner  Uni- 
versität, siedelt  nach  Amsterdam  über. 

Der  Ordinarius  für  Physik  an  der  Universität  Rostock, 
Professor  Dr.  Ludwig  Matthiessen,  steht  in  dem  100.  Se- 
mester seiner  ordentlichen  Lehrthätigkeit.  Aus  diesem  An- 
lass  gestaltete  sich  seine  erste  Vorlesung  in  diesem  Semester 
zu  einer  Feier. 

Die  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Göttingen  wählte 
Prof.  Dr.  Abbe  in  Jena  zum  Ehrenmitglied. 

Am  20.  November  starb  der  ordentliche  Professor  des 
Maschinenbaues  an  der  Technischen  Hochschule  in  Wien^  Jo- 
hann von  Radinger. 


Berichtis:ungen. 

In  Jahrg.  3,  S.  82—85,  1901  dieser  Zeitschrift  sind  in  dem 
Aufsatze:  „Durch  Kathodenstrahlen  erzeugte  Farbenringe  an 
Krystall platten"  einige  Druckfehler  enthalten: 

i)  S.  82,  Spalte  2,  Abs.  3  statt:  „auf  dem  Tischchen" 
muss  es  heissen:  „auf  den  Tischchen." 

2)  S.  82,  Spalte  2,  Anm.  3  statt:  „Berhau- Berlin" 
muss  es  heissen:  ,,Bernau-Berlin.'* 

3)  S.  85,  Spalte  I,  Anm.  6  statt:  „Müller-Poscillet" 
muss  es  heissen:  „Müller -Pouillet." 

4)  S.  85,  Spalte  2,  Anm.  2  statt:  „Entladung  der  Elek- 
trizität der  Gase"  muss  es  heissen:  „Entladung  der  Elektri- 
zität durch  Gase.*' 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Göttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


•-  * 


Physikalische  Zeitsc 


THE  >;EVf    . 

PUBLIC  LllrAKY.. 


No.8. 


OriQinalnitteilungeii : 

E.  Goldstein,  Notiz  über  Erkennung 
von  Undichtigkeitsstellen  an  Entla- 
dungsröhren.    S.  153. 

W.  H.  Julius,  über  die  Doppel- 
linien im  Spektrum  der  Chromo- 
sphäre  und  ihre  Erklärung  aus  der 
anomalen  Dispersion  des  Photo- 
spbärenlichtes.     S.  154. 

C.  D.  Child,  Die  Geschwindigkeit 
der  von  heissen  Drähten  ausgehen- 
den Ionen.     S.  158. 


15.  Januar  1902. 

Redaktionsschluss  für  No.  9  am  92.  Januar  1903. 

IKHALT. 

I       J.  Stark,  Über  die  Reflexion  der  Ka- 
I  thodenstrahlen.     S.  161. 

1       J.  S  t  a  r  k ,  Bemerkungen  zur  elektrischen 
Strömung  durch  hohe  Vakua.  S.  165. 

Vorträqe  und  Diskussionen  von  der 
73.  Naturforsoherversammlung  zu 
Hamburg: 

B.    Walter,    Ein     photographischer 

Apparat  zur  genaueren  Analyse  des 

Blitzes.     S.  168. 
O.     Lummer,     Die     plauparallelen 

Platten    als  Interferenzspektroskop. 

S.   172. 


3.  Jahrgang. 


Besprechungen: 

J.  Classen,  Untersuchungen  über  den 
durch  Luxferprismenfcnster  zu  er- 
reichenden Heir.gkeitsgewinn  nach 
im  physikalischen  Staatslaborato- 
rium zu  Hamburg  ausgeführten  Be- 
obachtungen.    S.   175. 

Eingegangene  Schriften.    S.  176. 
Briefkasten.    S.  176. 
Tagesereignisse.    S.  176. 
Personalien.    S.  176. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Notiz  über  Erkennung  von  Undichtigkeits- 
stellen an  Entladungsrohren. 

Von  E.  Goldstein. 

Bei  der  seit  einigen  Jahren  wieder  vermehrten 
Beschäftigung  mit  den  Entladungserscheinungen 
in  Vakuis  wird  manchem  ein  einfaches  Ver- 
fahren zur  Ermittelung  kleiner  Undichtigkeits- 
stellen an  Entladungsröhren  vielleicht  angenehm 
sein.  Eigentliche  Sprünge  und  grössere  Löcher 
sind  bei  der  Betrachtung  der  Röhre  ohne  wei- 
teres zu  erkennen  und  durch  Verkittung  oder 
Verschmelzen  unschädlich  zu  machen.  Schwierig- 
keiten macht  es  im  allgemeinen  nur,  Löcher  oder 
Durchschlagsstellen  zu  erkennen,  die  so  klein 
sind,  dass  sie,  wenn  überhaupt  sichtbar,  von 
den  kleinsten  Bläschen  und  trüben  Punkten  der 
Glaswand  ohne  weiteres  nicht  unterschieden 
werden  können.  Versuchsweises  Verkitten  aller 
solcher  Stellen  fuhrt  dann  oft  zu  ausgedehnter 
und  störender  Bepflasterung  der  Röhre,  ohne 
dass  man  die  Sicherheit  hat,  hierbei  selbst  unter 
grossem  Zeitaufwand  das  eigentliche  Leck  zu 
entdecken  und  zu  ver^chliessen.  Ein  ein- 
faches Verfahren,  das  sicher  und  schnell 
den  Ort  der  Undichtigkeit  auffinden  lässt,  ist 
das  folgende,  seit  einigen  Jahren  von  mir  er- 
probte: Man  schaltet  in  den  Schliessungskreis 
der  an  der  Pumpe  hängenden  evakuierten  Röhre 
eine  Funkenstrecke  von  unten  näher  zu  be- 
zeichnender Länge  in  freier  Luft  ein  und  über- 
fährt dann  mit  den  Fingern  tastend  die 
Wandung  der  Röhre,  eventuell  auch  der  be- 
nachbarten Zuleitungsröhren  zur  Pumpe.  Sobald 
man  an  die  Undichtigkeitsstelle  gelangt  ist, 
erfährt  man  ein  kräftig  stechendes  (aber  durch- 
aus erträgliches)  Gefühl  an  der  betreffenden 
Fingerspitze  und  sieht  nun  auch  zwischen  dem 
Finger  und  der  Wandung  ein  kleines  Fünkchen 


übergehen,  das  den  genauen  Ort  des  Lecks  an- 
zeigt. Das  Leck  verkittet  man,  wenn  man  den 
Gasinhalt  von  organischen  Dämpfen  frei  halten 
will,  nicht  mit  Siegellack  oder  mit  Wachs- Kolo- 
phoniumkitt, sondern  mit  Guttapercha.  Nach- 
dem man  die  Leckstelle  ganz  leicht  durch  kurzes 
Bespülen  mit  Gas-  oder  Streichholzflamme  an- 
gewärmt hat,  legt  man  i  oder  2  Lagen  Gutta- 
perchapapier auf,  die  sogleich  haften.  Je  nach 
Bedarf  wärmt  man  die  Guttapercha  noch  an, 
und  trägt  einige  weitere  Lagen  auf,  die  man 
dann  nötigenfalls  bis  zum  Schmelzen  anwärmen 
kann.  Als  letzte  Lage  dient  immer  ein  unge- 
schmolzenes Blatt.  —  In  derselben  Weise  kann 
man  auch  ausgedehnte  Sprünge  an  den  Röhren 
unschädlich  machen,  ohne  wie  bei  Anwendung 
von  Siegellack  bei  Ingangsetzung  der  Entladung 
kohlehaltige  Dämpfe  im  Innern  zu  erhalten, 
und  durch  Auftragen  einer  heissen  Masse  die 
Sprünge  oft  zu  vergrössern. 

Was  die  Grösse  der  oben  erwähnten  einzu- 
schaltenden Funkenstrecke  betrifft,  so  genügt 
bei  einem  von  mir  benutzten  Induktor,  der  25  cm 
indizierte  Funkenlänge  hat,  gewöhnlich  aber 
nur  mit  einer  Spannung  für  7 — 8  cm  .be- 
trieben wird,  die  Einschaltung  einer  Funken- 
strecke von  ca.  12  mm  für  die  kleinsten  vor- 
kommenden Durchschlagsstellen.  Je  grösser 
das  Leck  ist,  desto  kleiner  kann  die  Funken- 
strecke  sein,  ohne  dass  jedoch  die  grössere 
schadet.  Man  kann  daher  ein  für  allemal  die 
für  sehr  kleine  Lecke  ermittelte  Länge  an- 
wenden. —  Bemerkt  sei  noch,  dass  kleine  bei 
der  Herstellung  der  Röhren  verbliebene  Löcher 
am  häufigsten  an  Stellen  vorkommen,  wo 
Röhren  im  Winkel  aneinander  gesetzt  sind,  bis- 
weilen auch  in  der  Nähe  der  Eintrittsstelle  der 
Elektroden  an  der  Grenze  von  Röhrenglas  und 
Einschmelzglas.  — 


154 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


Wer  die  oben  erwähnte  stechende  Empfindung 
etwa  vermeiden  möchte,  kann  auch  eine  abge- 
schmolzene evakuierte  Entladungsröhre  von 
einigen  Centimetern  Weite  verwenden,  deren 
eine  Elektrode  an  ihrem  äussern  Zuleitungsring 
ein  schmiegsames  dünnes  Metallplättchen  oder 
einen  Stanniolbausch  trägt,  mit  dem  man  die 
Röhren  wand  absucht,  während  die  Hilfsröhre 
mit  der  Hand  umfasst  wird.  Die  Hilfsröhre 
bildet  dann  eine  Leydnerflasche  von  hinreichen- 
der Kapazität,  um  die  Fünkchenentladungen  an 
der  Leckstelle  aufzunehmen.  Sie  springen  zu 
dem  Metallplättchen  über,  das  den  Knopf  der 
inneren  Belegung  darstellt.  Der  optische  Ein- 
druck bleibt  also,  während  der  Hautreiz  fort- 
fällt. Doch  fuhrt  die  Verwendung  des  letzteren 
am  schnellsten  zum  Ziel. 

(Eingegangen  5.  Dezember  1901.) 


Über  die  Doppellinien  im  Spektrum  der 
Chromosphäre  und  ihre  Erklärung  aus  der 
anomalen  Dispersion  des  Photosphärenlichtes. 

Von  W.  H.  Julius. 

Die  im  Jahre  1900  von  mir  entwickelte 
Theorie'),  nach  welcher  eine  grosse  Anzahl 
Sonnenphänomene  als  Folgen  anomaler  Dis- 
persion des  Lichtes  zu  betrachten  sind,  hat 
durch  ein  sehr  merkwürdiges  Ergebnis  der 
am  18.  Mai  1901  von  der  holländischen  Ex- 
pedition in  Sumatra  angestellten  Sonnenfinster- 
nisbeobachtungen eine  ungemein  kräftige  Stütze 
erhalten. 

Ich  will  im  folgenden  zeigen,  wie  sich  als 
eine  notwendige  Konsequenz  jener  Theorie  eine 
gewisse  Eigentümlichkeit  der  Chromosphären- 
linien  ergiebt,  welche  auf  den  von  Professor 
A.  A.Nyland  mit  der  Prismenkamera  erhaltenen 
Photographien  thatsächlich  in  grosser  Allge- 
meinheit zu  Tage  tritt  )  und  bisher  noch  nicht 
als  allgemeine  Eigenschaft  -dieser  Linien  erkannt 
wurde. 

In  der  erwähnten  Arbeit  habe  ich  Über- 
legungen mitgeteilt,  welche  uns  zu  der  An- 
nahme führen,  dass  das  Licht  der  Chromo- 
sphäre ^)  zum  grossen  Teil  von  Photosphärenlicht 


i)  Sitzungsberichte  der  Kon.  Akad.  v.  Wetensch.  te 
Amsterdam  VIII,  510—523  (24.  Febr.  1900).  Diese  Zeitschr. 
2,  348—353  und  357—360,  1901. 

2)  Mit  gütiger  Erlaubnis  der  Herren  Nyland  und  Wil- 
terdink  (der  Mitglieder  unserer  Expedition,  welche  haupt- 
sächlich mit  spektroskopischen  Untersuchungen  beschäftigt 
waren)  soll  nur  diese  Eigen lilmlichkeit  der  Photographien 
hier  besprochen  werden.  Der  Bericht,  welcher  eine  eingehende 
Beschreibung  aller  Beobachtungen  enthält,  wird  demnächst 
veröffentlicht  werden. 

3)  Ich  werde  häufig  die  Ausdrücke  Photosphäre  und 
Chromosphäre  gebrauchen;   ich  möchte  aber  ausdrücklich  bc- 


herrührt,  das  anomale  Dispersion  in  den  ab- 
sorbierenden Dämpfen  der  Sonne  erlitten  hat. 
Die  Wellenlänge  der  hellen  Linien  im  Spektrum 
der  Protuberanzen,  der  Chromosphäre  und  der 
sogenannten  umkehrenden  Schicht  können  nach 
dieser  Hypothese  nicht  genau  identisch  sein  mit 
denWellenlängenderkorrespondierendenAbsorp- 
tionslinien  des  gewöhnlichen  Sonnenspektrums. 
Denn  von  jeder  hellen  Linie,  welche  einer  Ab- 
sorptionslinie von  der  Wellenlänge  X  entspricht, 
muss  man  annehmen,  dass  sie  von  zwei  Gruppen 
von  Strahlen  herrühre,  deren  Wellenlängen  alle 
beziehungsweise  kleiner  oder  grösser  als  X  sind. 
Das  Licht  auf  der  roten  Seite  der  Absorptions- 
linien wird  vielleicht  in  den  meisten  Fällen  ein 
klein  wenig  intensiver  sein  als  das  auf  der  vio- 
letten Seite,  da,  so  verschieden,  was  Ort  und 
Raum  anbetrifft,  die  Dichte  der  Sonnengase 
sein  mag,  es  immer  ein  klein  wenig  wahr- 
scheinlicher ist,  dass  die  mittlere  Dichte  der 
Schichten,  welche  von  dem  zu  uns  gelangenden 
Lichte  durchdrungen  werden,  nach  dem  Sonnen- 
mittelpunkt zunimmt,  als  dass  das  Umgekehrte 
der  Fall  ist.^)  Wo  starke  „Schlieren"  auf- 
treten, da  können  aber  stellenweise  die  Wellen- 
gruppen auf  der  violetten  Seite  die  intensiveren 
sein. 

Ferner  leuchtet  ein,  dass  die  Strahlen  von 
jeder  Gruppe,  deren  Wellenlängen  sehr  von  X 
abweichen,  nur  in  nächster  Nähe  des  Sonnenrandes 
gesehen  werden  können,  denn  nur  dort  genügt 
eine  kleine  Abnormität  im  Brechungsindex,  um 
Photosphärenstrahlen  nach  unserem  Auge  gelan- 
gen zu  lassen.  Licht,  dessen  Wellenlänge  weniger 
von  X  abweicht,  kann  zu  uns  von  einem  brei- 
teren Streifen  der  Chromosphäre  gelangen; 
weit  vom  Sonnenrande  werden  wir  im  allge- 
meinen nur  Strahlen  zu  sehen  bekommen,  deren 
Wellenlängen  nur  sehr  wenig  von  X  abweichen.  ^ 

Auch  von  dieser  Regel  können  Abweichungen 
dort  auftreten,  wo  gewaltige  Protuberanzen  uns 
das  Vorhandensein  von  grossen  Unregelmässig- 
keiten in  der  Verteilung  der  Dichte  der  Sonnen- 
gase anzeigen. 

Wir  wollen  nun  besprechen,  wie  sich  unter 
mittleren  Verhältnissen  die  Verteilung  des  Lichtes 
in  einer  Chromosphärenlinie  gestalten  muss,  und 
dabei  voraussetzen,  dass  wir  es  nur  mit  ge- 
brochenem Photosphärenlicht,  ohne  bemerkens- 
werte, durch  das  absorbierende  Gas  hervorge- 
rufene Strahlung  zu  thun  haben. 


'    tonen,    dass   ich  hierunter  nur  die  weisse  Scheibe    der  Sonne 
und  den  mehr  oder  weuiger  gefärbten  Rand,   wie  er  unserem 
;    Auge  erscheint,  meine.     Eine  scharf  begrenzte  Kugel,  welche 
j    weisses  Licht  aussendet   und  welche  von  einer  durchsichtigen 
Schale,    die   ihrerseits  farbiges  Licht  aussendet,   umgeben  ist, 
brauche  ich  mir  dabei  nicht  vorzustellen. 
i)  Diese  Zeitschr.  2,  358,  1901. 
2)  Diese  Zeitschr.  2,  352,  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


155 


Fig.  I. 

Fig.  I  giebt  uns  die  Form  der  Dispersions- 
kurve des  absorbierenden  Gases  in  der  Nähe 
einer  Absorptionslinie  wieder.  Die  Linie  XX' 
ist  die  Achse  der  Wellenlängen.  In  0  sei  die 
Wellenlänge  gleicht;  der OrdinateNuU entspreche 
der  Brechungsindex  i.  Wäre  keine  Absorptions  - 
linie in  diesem  Teile  des  Spektrums  vorhanden, 
so  würde  die  Dispersionskurve  eine  fast  gerade 
Linie  XX'  sein,  welche  in  geringer  Ent- 
fernung oberhalb  XX'  beinahe  XX'  parallel 
läuft.  Werden  die  Strahlen  von  der  Wellen- 
länge jL  stark  absorbiert,  so  besteht  die  Kurve 
aus  zwei  Zweigen,  welche  die  in  der  Figur  dar- 
gestellte Gestalt  besitzen. 

Nun  kann  Licht  von  der  Wellenlänge  k  nicht  im 
Spektrum  der  Chromosphäre  vorkommen.  Wellen 
A  -h  J,  welche  im  normalen  Spektrum  zu  den 
Stellen  a  und  a  gehören,  werden  zu  uns  von 
einem  verhältnismässig  breiten  Ring  der  Chro- 
mosphäre gelangen,  aber  natürlich  mit  grösse- 
rer Intensität  von  den  inneren  Teilen  des  Rin- 
ges als  von  den  äusseren.  Strahlen  ^  i  2  rf, 
entsprechend  den  Stellen  ^  und  d\  kommen 
nur  von  einem  schmäleren  Chromosphärenring 
u.  s.  w.  Für  alle  diese  Ringe  ist  die  Photo- 
sphäre die  innere  Grenze.  Die  Breite  der  Ringe, 
von  denen  wir  Licht  von  den  Wellenlängen 
^i^,  A-f2rf  U.S.W,  erhalten  können,  wird 
von  den  Ordinaten  der  Dispersionskurve  bei 
rt,  a\  d,  d\  u.  s.  w.  abhängen.  Wir  können  in  erster 
AnnäherungdieseBreitenproportional^i  ui^a^  a^^ , 
öy  ^2,  ö\'  b,  u.  s.  w.  setzen,  d.  h.  den  Längen, 
um  die  diese  Ordinaten  von  den  Ordinaten 
der  normalen  Dispersionskurve  AW'  abweichen. 

Bei  den  neueren  Sonnenfinsternisbeobach- 
tungen wurden  sowohl  der  Spaltspektrograph 
als  die  Prismenkamera  (oder  das  Objektivgitter) 
benutzt;  bis  jetzt  sind  die  meisten  Resultate 
mit  Apparaten  des  letzteren  Typus  erhalten. 
Wir  wollen    daher  den  Charakter  einer    mittels 


der  Prismenkamera  unter  gewöhnlichen  Verhält- 
nissen erhaltenen  Chromosphärenlinie  unter- 
suchen. 

Die  Prismenkamera  giebt  für  jede  rein  mo- 
nochromatische von  der  Chromosphäre  herrüh- 
rende Strahlung  ein  Bild  der  Sichel,  indem 
sie  diese  Bilder  nach  der  Wellenlänge  anordnet. 
Die  Verteilung  des  Lichtes  in  solch  einem  Bilde 
zeigt  uns  an,  mit  welcher  Intensität  die  betreffende 
Strahlung  von  den  verschiedenen  Stellen  der 
Chromosphärensichel  zu  uns  gelangt.  Daher 
wird  ein  reines  monochromatisches  Bild  in  der 
Regel  auf  der  konkaven  Seite,  wo  es  durch 
den  Mondrand  begrenzt  wird,  intensiver  sein; 
auf  der  konvexen  Seite  wird  die  Intensität  all- 
mählich abnehmen. 

Die  von  benachbarten  Strahlenarten  her- 
rührenden Bilder  werden  sich  jedoch  teilweise 
überdecken.  Insbesondere  gilt  dies  für  die 
beiden  Gruppen  von  Strahlen,  welche  zusammen 
eine  Chromosphärenlinie  bilden.  Bei  diesem 
Zusammenfluss  von  Sichelbildern  wird  man 
eine  ganz  andere  Verteilung  des  Lichtes  beob- 
achten, als  man  zu  sehen  bekommen  würde, 
wenn  die  Chromosphärenlinie  von  monochro- 
matischem Licht  oder  von  einer  einzelnen 
Strahlengruppe  herrührte,  wie  es  der  Fall  wäre, 
wenn  wir  es  mit  der  Emission  eines  mehr  oder 
weniger  verdünnten  Gases  zu  thun  hätten. 


a 


§-xi 


Fig.  2. 

Sei  Z  (Fig.  2)  ein  Teil  des  Mondrandes  im 
Augenblick,  wo  die  zweite  oder  dritte  Berüh- 
rung der  totalen  Sonnenfinsternis  stattfindet. 
Wir  wollen  nun  das  zusammengesetzte  Licht 
verfolgen,  das  von  einer  kleinen  Säule  Za  der 
Chromosphäre  herrührt  und  das  in  ein  horizon- 
tales Spektrum  parallel  PP'  zerlegt  wird.  Um 
leichter  eine  ungefähre  Übersicht  über  den  An- 
teil, den  die  verschiedenen  Strahlen  zur  Licht- 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.     No.  K. 


Verteilung  in  der  Bande  beitragen,  zu  gewinnen, 
wollen  wir  die  verschiedenen  Lichtarten  von- 
einander trennen  und  auf  verschiedenen  Linien 
PP',  Q  Q',  RR'- .  ■  die  Teile  des  Spektrums  dar- 
stellen, wo  Chromosphärenlicht  entsprechend 
den  Wellenlängen  A,  l+d,  /  +  2'>  u.  s.  w. 
auftritt. 

Der  Punkt  0  möge  die  Stelle  bezeichnen, 
wo  der  Rand  des  Mondes  sich  zeigen  würde, 
wenn  absolut  monochromatisches  Licht  von  der 
Wellenlänge  ^  auf  der  Unken  Seite  auftreten 
würde. 

Die  Strahlen  von  der  Wellenlänge  >■  werden 
jedoch  vollkommen  absorbiert,  so  dass  nichts 
auf  der  Linie  PP'  dargestellt  zu  werden 
braucht. 

Auf  der  Linie  Ö(/  finden  wir  zunächst 
Licht  von  der  Wellenlänge  A— -tJ,  welches  den 
scharfen  Rand  des  Mondes  nach  a  wirft  und 
von  dort  mit  abnehmender  Intensität  bis  a 
reicht  und  zweitens  Licht  von  der  Wellenlänge 
^  +  '',  welches  von  a    bis  "    reicht. 

In  der  gleichen  Weise  finden  wir  auf  RR' 
Strahlen  ^  —  2()  und  ^  +  2<',  welche  beziehungs- 
weise den  Abschnitten  dß  und  d' ff  entsprechen; 
auf  .S^y*  die  Strahlen  A  — jd  und  ^  +  3''  bei 
den  Abschnitten  c/  und  c'y'  u.  s.  w. 

Da  die  Abschnitte  «",  a'a,  dß,  l! ?  die 
Breite  der  Ringe  der  Chromosphäre  darstellen, 
welche  den  verschiedenen  Strahlenarten  ent- 
sprechen, so  haben  wir  sie  proportional  den 
Längen  «i  rtj,  a^' a^ ,  t>\b%,  b\' b-l  auf  Fig.  I  ge- 
setzt. Daher  liegen  u.ß..-,  "',  0 ...  u.  s.  w. 
auf  zwei  Kurven,  deren  Form  nahe  mit  der 
Di.spersionskurve  verwandt  i.st.   So  ergiebt  sich 


der  Anteil,  welchen  alle  zwischenliegenden 
Wellenlängen  in  der  Li  cht  Verteilung  beitragen, 
wenn  wir  nur  berücksichtigen,  dass  bei  jeder 
Art  von  Licht  die  Intensität  von  rechts  nach 
links  abnimmt.  Dies  wird  in  Fig.  3  dargestellt. 
Um  schliesslich  die  Lichtverteilung  in  der 
ChromosphärenHnie  zu  erhalten,  brauchen  wir 
uns  nur  den  oberen  Teil  der  Figur  in  verti- 
kaler Richtung  zusammengedrückt  zu  denken, 
so  dass  die  Li  cht  Intensitäten  zusammenaddiert 
werden.  Die  auf  diese  Weise  erhaltene  resul- 
tierende Intensität  ist  ungefähr  so  verteilt,  wie 
es  die  Schattierung  in  dem  unten  gegebenen 
Spektrum  darstellt.  Es  wird  daher  eine  Doppel- 
linie erhalten,  deren  Komponenten  eine  nach 
beiden  Seiten  allmählich  abnehmende  Intensität 
zeigen,  so  dass  noch  Licht  von  beträchtlicher 
Intensität  in  dem  Zwischenraum  vorhanden  ist. 
Sind  die  Strahlen,  deren  Wellenlängen  klei- 
ner als  X  sind,  im  Durchschnitt  ebenso  intensiv 
als  die  mit  grösseren  Wellenlängen  (diesen  Fall 
zeigt  die  Figur),  so  erscheint  „der  Schwerpunkt" 
des  Lichtes  der  ChromosphärenHnie  ein  wenig 
nach   der   konvexen  Seite    des  Bildes    im  Ver- 

I  gleich  zu  der  Stelle,  welche  der  Absorptions- 
linie von  der  Wellenlänge  i.  entspricht,  ver- 
schoben. Betrachten  wir  dagegen  die  innere 
Grenze  der  Sichel  als  die  eigentliche  Lage  der 
Linie,soscheintes,alsobdieLinie  nach  der  anderen 
Seite  verschoben  ist.  Dies  stürzt  uns  in  Schwierig- 
keiten, wenn  wir  die  genaue  Wellenlänge  einer 

;   Chromosphärenlinie  bestimmen  wollen. 

j         Übrigens  können  wegen  Unregelmässigkeiten 
in  den  Dichte  Verhältnissen  der  Gase  alle  Arten 
I   von  Abweichungen  in  der  Intensitäts Verteilung 
t  envartet  werden.  Die  Gruppe  von  Strahlen,  deren 
'   Wellenlängen    grösser   als  Ä  sind,  kann    inten- 
siver sein  oder  umgekehrt.     In    solchen  Fällen 
können  die  Verschiebungen  der  Chromosphären- 
I   linie,  sei  es  dass  man  die  Grenze  oder  dass  man 
den    Schwerpunkt  ins  Auge  fasst,  ganz  andere 
Werte   annehmen.      In    der   That    sind    solche 
I   Verschiebungen  schon  öfters  beobachtet  worden 
!   (von  Campbell,  Frost,  Lord  u.  a.). 

Die  Figur  zeigt  uns  ferner  einen  Fall,  wo  auf 
1   der  konvexen  Seite  die  Intensität  des  Systems 
schneller  abnimmt,   als  auf  der  konkaven  (also 
anders  als  man  es  bei  einer  oberflächlichen  Be- 
trachtung erwarten  würde,  weil  doch  die  nicht 
!   spektroskopisch     beobachtete    Chromosphären- 
sichel   auf  der  konkaven  Seite   scharf  begrenzt 
'   ist).  Diese  Eigentümlichkeit  ist  schon  öfters  beim 
Chromosphärenspektrum      beobachtet     worden 
(conf  Frost,  Astrophys.Journ.  13, 31  5,  Dezember 
1900I. 

Im  allgemeinen  können  viele  von  den  Un- 
regelmässigkeiten in  dem  Verhatten  der  Linien 
der   Chromosphäre    und    der    „Flash",    welche 


rhysikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


157 


vonMascari  *),  CampbelP), Brown ^),  Lord^), 
Frost'*)  und  auch  die  Haupterscheinungen  des 
Chromosphärenspektrums,  welche  noch  vor 
kurzem  von  Sir  Norman  Lockyer^)  diskutiert 
worden  sind,  leicht  erklärt  werden,  wenn  wir 
annehmen,  dass  die  Linien  durch  anomale  Dis- 
persion her\'orgerufen  worden  sind. 

Einen  zwingenden  Beweis  für  die  Richtig- 
keit unserer  Erklärung  würden  wir  erhalten, 
wenn  wir  nachweisen  könnten,  dass  alle  Chromo- 
sphärenlinien  wirklich  Doppellinien  von  der  oben 
beschriebenen  Art  sind. 

Ich  habe  deswegen  schon  öfters  nach  dunklen 
Kernen  in  den  Chromosphärenlinien  auf  Photo- 
graphien gesucht,  die  während  früherer  Sonnen- 
finsternisse aufgenommen  wurden  und  habe  in 
der  That  verschiedene  Anzeichen  derselben 
gefunden.  Eine  Platte  aber,  auf  der  diese  Eigen- 
tümlichkeit die  Regel  war,  wo  alle  Chromo- 
sphärenlinien doppelt  waren,  ist  sicherlich  noch 
nicht  erhalten  worden,  da  sonst  die  Erscheinung 
die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gelenkt  hätte. 

Die  niederländische  Expedition  hatte 
das  Glück,  die  ersten  Platten  zu  er- 
halten, welche  deutlich  zeigen,  dass  alle 
Chromosphärenlinien  doppelt  sind. 

Dies  wichtige  Resultat  verdanken  wir  zu- 
nächst der  grossen  Sorgfalt,  mit  der  Prof.  Ny  land 
den  ganzen  Plan  zur  Beobachtung  mit  der 
schönen  Prismenkamera  von  Cooke  entworfen 
und  ausgearbeitet  hat,  und  ferner  der  ausserge- 
wöhnlichen  Exaktheit,  mit  der  alle  Handgriffe  und 
Beobachtungen  von  ihm  ausgeführt  wurden.  Mög- 
licherweise wurde  das  Resultat  ausserdem  auch 
durch  den  in  jeder  anderen  Hinsicht  so  ungüns- 
tigen nebligen  Himmel  günstig  beeinflusst.  Denn 
wäre  das  Licht  nicht  geschwächt  worden,  so 
wären  auf  der  Platte  breitere  und  zahlreichere 
Linien  aufgetreten, und  die  Verdoppelung  wäre 
vielleicht  nicht  ausgeprägter  hervorgetreten  als 
bei    den    früheren  Gelegenheiten. 

Kurz  nach  der  zweiten  Berührung  wurden 
5  Aufnahmen  auf  einer  Platte,  und  zwar  eine 
jede  während  ^^  Sekunde  gemacht.  Eine  jede 
zeigt  nur  9  Linien,  aber  alle  doppelt.  Auf 
den  vier  für  das  Koronaspektrum  bestimmten 
Platten  werden  einige  der  stärkeren  Chromo- 
sphärenlinien durch  oft  unterbrochene  Bogen  dar- 
gestellt. Das  Licht  derselben  rührt  offenbar  von 
Protuberanzen  her,  welche  ziemlich  weit  über 
die  Photosphäre  reichen.  Hier  ist,  wie  wir  nach 
unserer    Theorie    erwarten    durften,    die    Ver- 

i)  Mascari,  Mcm.  Spott r.  27,  83—89;  Kcf.  Xaturw. 
Rundsch.  13,  6r8. 

2\  Campbell,  As  roph.  Journ.  11,  226-233. 

3)  Brown,  Astroj  h.  Journ.  12,  61 — 63. 

4)  Lord,  Aslroph.  Journ.  12,66-67. 

5)  Frost,  Astroph.  Journ.  12,  307 — 351. 

6)  Lockycr,  Rcccnt  and  Coming  Eclipsos,  Chaj)tfr  X 
and  XVIII,  London   1900. 


doppelung  nicht  so  augenscheinlich;  an  fast  allen 
Stellen  ist  sie  aber  doch  sichtbar. 

Auf  der  sechsten  Platte  wurde  eine  andere 
Reihe  von  fünf  Aufnahmen  von  je  ^/^  Sekunde 
kurze  Zeit  nach  dem  dritten  Kontakt  gemacht. 
Auf  dem  ersten  der  so  erhaltenen  Spektra, 
welches  von  l  3880  bis  k  5000  reichte,  konnten 
1 50  Doppellinien  zwischen  k  3889  und  2.  4600 
gezählt  werden;  diese  sind  auch  auf  den  anderen 
vier  Spektren  sichtbar,  soweit  als  das  zunehmende 
zerstreute  Licht  die  Zählung  erlaubt,') 

In  dieser  ersten  Aufnahme  zeigen  sich  die 
Doppellinien  am  deutlichsten  in  einiger  Ent- 
fernung von  dem  kontinuierlichen  Spektrum  des 
soeben  erschienenen  Sonnenrandes.  Wir  finden 
dort,  parallel  zum  Spektrum,  einen  hellen 
schmalen  Streif,  welcher  auf  den  folgenden  Auf- 
nahmen breiter  wird,  und  welcher  wahrschein- 
lich von  einer  kleinen  Einbuchtung  des  Mond- 
randes oder  einer  kleinen  Ausbuchtung  des 
Sonnenrandes  herrührt.  Auf  der  fünften  Auf- 
nahme erscheint  unter  der  so  erhaltenen  Licht- 
bande wiederum  ein  ähnlicher  Streifen.  Diese 
Banden  geben  sozusagen  Wiederholungen  des 
„Flash"-Spektrums  (ein  glücklicher  Umstand, 
denn  die  Totalität  war  früher  vorbei,  als  man 
berechnet  hatte,  und  die  Aufnahme  wurde 
daher  etwas  später  gemacht,  als  ursprüng- 
lich beabsichtigt  war),  so  dass  wir  auf  einer 
und  derselben  Aufnahme  sowohl  das  reine 
Flash-Spektrum,  als  auch  das  kontinuierliche 
Spektrum  der  Sonne  erhalten. 

Mit  Prof  Nyland  habe  ich  ausführlich  die 
Frage  diskutiert,  ob  es  möglich  sei,  den  Ursprung 
der  Doppellinien  auf  Fehler  der  Instrumente, 
wie  ungleichmässige  Bewegung  des  Siderostaten, 
Erschütterungen  der  Prismenkamera,  Licht- 
reflexe ^)  u.  s.  w  zurückzuführen,  aber  wir  ver- 
mochten keine  solche  Fehlerquelle  zu  entdecken, 
und  wir  müssen  daher  schlie.ssen,  dass  wir  es 
hier  mit  einer  Eigenschaft  der  chromosphärischen 
Linien  zu  thun  haben. 

Die  Fraunhoferschen  Linien  sind  im 
kontinuierlichen  Spektrum  nur  schwach.  Dies 
mag  zum  Teil  von  der  Diffusion  des  Lichtes 
an  den  Wolken  herrühren.  Denn  der  gerade 
erscheinende  Rand  der  Photosphäre,  welcher 
bei  der  Prismenkamera  dieselbe  Rolle  spielt, 
wie  ein  erhellter  Spalt  bei  einem  gewöhn- 
lichen Spektroskop,  war  nicht  scharf  schwarz 
begrenzt,  sondern  von  einer  Aureole  umgeben 
(dies  kann  in  einigen  unsererKoronaphotographien 
beobachtet  werden).  Die  Wolken  können  jedoch 
nicht  die  einzige  Ursache  für  die  Schwäche  der 
Absorptionslinien  in  dem  ersten  Stadium  nach  der 

1)  Auf  den  ursj  rünglichen  Negativen  kann  man  die  Ver- 
doppelui  g  nur  mit  der  Lupe  beobachten.  Vergrösserungen 
werden  demnächst  veröffentlicht  werden. 

2)  Die  Aufstellung  der  Apparate  wird  in  dem  Bericht  ein- 
gehend besprochen  werden. 


158 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


Totalität  sein,  da  diese  Erscheinung  auch  bei 
klarem  Himmel ')  beobachtet  worden  ist.  Es 
muss  daher  noch  ein  anderer  Grund  für  das 
teilweise  Fehlen  der  Linien  vorliegen.  Aus 
unserer  Theorie  folgt  der  Grund  unmittelbar. 
Denn  das  Spektrum  der  Chromosphäre  wird 
am  Ende  der  Totalität  mehr  und  mehr  wie  ein 
kontinuierliches  Spektrum  erscheinen,  da  immer 
mehr  helle  Linien  auftreten,  in  denen  eine 
jede  nach  unserer  Hypothese  eine  doppelte 
Bande  bildet,  in  welcher  das  Fehlen  der  absor- 
bierten Wellen  nicht  so  leicht  beobachtet  wird. 
Sobald  aber  ein  Teil  der  Photosphäre  erscheint, 
wird  das  schon  vorhandene,  scheinbar  kon- 
tinuierliche Spektrum  beherrscht  durch  das  mehr 
wesentlich  kontinuierliche  Photosphärenspek- 
trum, dessen  „Spalt**  durch  zwei  beinahe  scharfe 
Kanten  (die  der  Photosphäre  und  des  Mondes) 
begrenzt  wird. 

In  diesem  Spektrum  muss  sich  das  Fehlen 
der  absorbierten  Wellen  in  der  gewöhnlichen 
P'orm  als  Fraunhofersche  Linien  zeigen. 
Das  Licht  der  Chromosphäre  wird  natürlich 
diese  Linien  zum  Teil  verdecken,  aber  im  Ver- 
gleich mit  dem  direkten  photosphärischen  Licht 
ist  es  schwach  genug,  um  die  Linien  dunkel 
erscheinen  zu  lassen.  Unabhängig  von  der 
Gegenwart  der  Wolken  müssen  also  die  Ab- 
sorptionslinien beim  Übergang  vom  „Flash"- 
Spektrum  zum  Fraunhoferschen  Spektrum 
anfangs  schwach  sein  und  abnorme  relative 
Intensitäten  zeigen,  dann  stärker  werden,  wobei 
die  Intensitäten  normal  werden. 

Da  die  Doppellinien  nicht  scharf  definierte 
Objekte  sind,  so  lässt  sich  die  Breite  dieser 
Systeme  nur  schwer  angeben.  Aber  wir  können 
auf  die  hellsten  Teile  der  Komponenten  ein- 
stellen und  ihre  Entfernung  mit  einem  Mikrometer 
bestimmen.  Dieselbe  weicht  für  die  verschiedenen 
Doppellinien  ab,  sie  liegt  jedoch  in  dem  unter- 
suchten Teil  des  Spektrums  zwischen  0,7  und  1,6 

Angströms  Einheiten.  Breitere  und  schmälere 
Systeme  folgen  aufeinander  in  unregelmässiger 
Reihenfolge,  aber  im  Durchschnitt  scheint  die 
Entfernung  zwischen  den  Komponenten  abzu- 
nehmen, wenn  wir  vom  Grün  zum  Violett 
weiterschreiten.  Vielleicht  kann  diese  That- 
sache  von  Wichtigkeit  für  die  Dispersions- 
theorien sein. 

Bei  einigen  Linien  ist  die  intensivere  Kom- 
ponente diejenige  mit  der  grösseren  Wellenlänge, 
in  anderen  die  mit  der  kürzeren.  Manchmal 
treten  sogar  in  einer  Linie  beide  Fälle  dicht  bei 
einander  auf  (z.  B.  bei  den  Linien  //J  und  /// 
auf  unserer  Platte).  Dies  bedeutet,  dass  in  be- 
nachbarten Stellen  der  Sonnenatmosphäre  die 
Dichteverteilung    im    absorbierenden   Gas    eine 

l^  Campbell,    Astrophys,    Jouni.  11,    22S;    Aj^ril   1900. 


verschiedene  ist,  dass  nämlich  die  mittlere 
Dichte  längs  des  Strahlenganges  an  der  einen 
Stelle  nach  dem  Sonnencentrum  hin  zunimmt, 
an  der  anderen  Stelle  nach  dorthin  abnimmt. 
Campbell')  giebt  an,  dass  in  manchen 
Fällen,  wo  dunkle  und   helle  Linien  zusammen 

auftreten,  sie  voneinander  um  0,4  bis  0,5  Ang- 
ströms Einheiten  entfernt  sind.  Dies  ist  unge- 
fähr die  Hälfte  der  Entfernung  der  Kompo- 
nenten unserer  Doppellinien.  Wahrscheinlich 
hat  es  Campbell  mit  Fällen  zu  thun  gehabt, 
wo  eine  der  Komponenten  stark  markiert  war. 
Ein  ähnlicher  Fall  tritt  auf  unserer  Photographie 
in  Ilß  auf,  wo  die  Komponente  mit  der  grösseren 
Wellenlänge  beinahe  auf  ihrer  ganzen  Länge 
stärker  ist,  als  die  mit  der  kleineren  Wellen- 
länge, und  dies  ist  der  Fall  nicht  nur  bei  der 
dritten  Berührung,  sondern  auch  bei  der  zweiten 
und  ebenso  auf  den  4  Platten,  welche  für  das 
Koronaspektrum  bestimmt  waren  und  die  bez. 
5,  20,   190  und  60  Sekunden  exponiert  wurden. 

Ich  habe  bis  jetzt  in  keiner  Chromosphären- 
linie  eine  Eigentümlichkeit  entdeckt,  die  uns 
zwingen  könnte,  auch  nur  einen  Teil  des  Lichtes 
Strahlungen  zuzuschreiben,  welche  von  selbst- 
leuchtenden Chromosphärengasen  herrühren 
sollten.  Nun  können  wir  freilich  kaum  annehmen, 
dass  diese  Gase  thatsächlich  kein  Licht  aussenden. 
Es  fragt  sich  daher  nur,  in  welchen  Fällen  und 
inwieweit  die  Intensität  der  wahren  chromo- 
sphärischen  Emission  gegen  die  viel  grössere 
Intensität  des  anomal  gebrochenen  Lichtes  der 
Photosphäre  in  Betracht  kommt. 

Vielleicht  sind  unsere  Photographien  nur 
zufälligerweise  so  ausserordentlich  geeignet,  um 
die  durch  anomale  Dispersion  bei  der  Erzeugung 
des  Lichts  der  Chromosphäre  gespielte  Rolle 
zu  zeigen,  dass  sie  dadurch  veranlassen ,  den 
Einfluss  der  anomalen  Dispersion  zu  über- 
schätzen. 

Es  wäre  daher  sehr  interessant,  wenn  die 
Platten  anderer  Expeditionen  von  diesem  Ge- 
sichtspunkt aus  untersucht  würden. 

i)  Campbell,  Astrophys.  Journ.  11,  229. 
(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  G.  C.  Schmidt). 

t^Eiogegaugen  23.  November  190 1.) 


Die  Geschwindigkeit  der  von  heissen  Drähten 

ausgehenden  Ionen. 

Von  C.  D.  Child. 

In  der  Physikalischen  Zeitschrift  2,  488,  1901 
wurde  ein  kurzer  Bericht  über  die  Geschwindigkeit 
der  von  heissen  Platindrähten  ausgehenden  Ionen 
veröffentlicht.  Ich  hatte  zur  selben  Zeit  die 
Geschwindigkeiten  der  positiven  und  negativen 
Ionen  verglichen  und  hatte  gefunden,  dass  die 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


'59 


positiven  Ionen  sich  schneller  fortbewegten. 
Ich  habe  dann  etwas  später  die  von  solchen 
Drähten  ausgehende  Entladung  studiert  und 
habe  ein  oder  zwei  Thatsachen  zu  verzeichnen 
gehabt,  die  auf  diesen  Gegenstand  ein  Licht 
werfen  könnten. 

Zunächst  wurde  gefunden,  dass  der  Betrag 
der  Entladung,  die  von  einem  positiv  geladenen 
Draht  auf  einen  ihn  umgebenden  Cylinder  geht, 
ein  Maximum  hat,  je  nachdem  die  Temperatur 
des  Drahtes  erhöht  wurde.  Bei  Rotglut  wächst 
der  Betrag  der  Entladung  mit  Zunahme  der 
Temperatur,  bleibt  dann  eine  Zeit  lang  fast 
konstant  und  wird  etwa  bei  Weissglut  etwas 
geringer.  Rutherford')  entdeckte,  als  er  über 
die  von  einem  heissen  Platinblech  ausgehende 
Entladung  arbeitete,  einen  ähnlichen  Effekt. 
Er  erklärte  diesen  durch  die  Annahme,  dass 
bei  der  höheren  Temperatur  Ionen  ausgesendet 
werden,  welche  sich  träger  bewegen,  als  die 
vorher  hervorgerufenen.  Versuche  mit  dem  um 
einen  heissen  Draht  herrschenden  Potential  und 
Untersuchungen,  gemacht  an  Luft,  welche  an 
solchen  Drähten  vorbei  geblasen  wurde,  zeigen, 
dass  die  Entladungen  von  Ionen  getragen  wird, 
die  an  der  Oberfläche  des  Drahtes  hervorge- 
rufen werden.  Deshalb  variiert  die  Menge  des 
Stromes  wie  die  durchschnittliche  Geschwindig- 
keit der  Ionen,  und  diese  träger  beweglichen 
Ionen  verursachen,  dass  die  gesamte  Strom- 
menge eine  geringere  wird. 

Diese  Erklärung  scheint  plausibel,  und  ich 
habe  vermehrte  Beweise  ihrer  Korrektheit  ge- 
funden. Es  zeigte  sich,  dass  die  erste  Abnahme 
der  Entladung  gerade  bei  der  Temperatur  be- 
ginnt, bei  der  negative  Entladung  auftreten 
konnte.  Demnächst *wurde  gefunden,  auf  eine 
ähnliche  Methode,  wie  sie  Zeleny  ^)  anwendete, 
als  er  die  durch  X-Strahlen  hervorgerufenen 
Ionen  untersuchte,  dass  eine  ganz  bestimmte 
Veränderung  in  der  Geschwindigkeit  der  sich 
träger  bewegenden  Ionen  gerade  bei  dieser 
Temperatur  eintritt.  Es  zeigte  sich  also,  dass 
bei  dieser  Temperatur  die  Ionisation  aufhört, 
der  Oberfläche  des  Metalles  anzugehören,  und 
sich  auf  das  umgebende  Gas  ausdehnt. 

Um  diese  Methode  zu  erklären,  nehme  ich 
Bezug  auf  die  Figur  CC  und  DD'  sollen  zwei 
konzentrische  Cylinder  sein,  die  bei  ee  von- 
einander isoliert  sind.  Durch  ihr  Centrum  gebt 
ein  Draht;  AB  ist  der  heiss  gemachte  Teil  des- 
selben und  besteht  aus  Platin. 

Wenn  nun  DD'  und  AB  ein  verschiedenes 
Potential  haben,  und  wenn  die  Ionen  in  AB 
hervorgerufen  werden,  so  gehen  sie  nach  DD\ 
Wenn  jedoch  ein  Luft:strom  durch  den  Cylinder 
in    der   Richtung    des    Pfeiles    geschickt    wird. 


D 


V 


D' 


1)  Science  14,  891. 

2)  Phil.  Trans.  Rov.  Sog.  London  195,  193. 


werden  einige  der  Ionen  nach  CC  abgelenkt 
werden,  vorausgesetzt,  dass  CC  das  gleiche 
Potential  wie  DD'  hat. 

Wenn  indessen  der  Potential-Unterschied 
zwischen  den  beiden  äusseren  Cylindern  und 
dem  Drahte  genügend  gross  ist,  und  wenn  der 
Luftstrom  nicht  zu  heftig  ist,  werden  doch  alle 
Ionen  nach  DD'  gezogen,  bevor  der  Luftstrom 
einige  von  ihnen  nach  CC'  ablenken  kann.  Es 
ist  augenscheinlich,  je  grösser  die  lonenge- 
schwindigkeit  für  die  Einheit  des  Potentialge- 
gefälles  ist,  desto  schwächer  treibt  notwendiger- 
weise die  Potentialdiff*erenz  alle  Ionen  nach  DD' , 
Die  Gegenwart  einer  Entladung  nach  CC'  kann 
durch  ein  mit  CC  verbundenes  Galvanometer 
gezeigt  werden.  Auf  diese  Weise  wurde 
erstrebt,  die  Geschwindigkeiten  der  positiven 
und  negativen  Ionen  zu  vergleichen. 

Bei  dieser  Vergleichung  hatte  ich  jedoch 
keinen  Erfolg,  es  wurde  aber  möglich,  den  grossen 
Wechsel  in  der  Geschwindigkeit  der  sich  träger 
bewegenden  Ionen  sichtbar  zu  machen,  welcher 
bei  höherer  Temperatur  eintritt.  Es  muss  be- 
merkt werden,  dass  diese  Methode  nicht  die 
durchschnittliche  Geschwindigkeit  der  Ionen 
giebt,  sondern  nur  die  der  sich  träger  bewegen- 
den. Wenn  die  Ionen  nicht  alle  von  derselben 
Gattung  sind,  mögen  die  Bedingungen  so  liegen, 
dass  die  sich  schnell  bewegenden  nach  DD\ 
die  andern  nach  CC'  gehen.  Um  also  keine 
Entladung  in  diesem  Cylinder  zu  erzeugen,  ist 
es  notwendig,  alle  Bedingungen  einander  so  an- 
zupassen, dass  auch  die  langsamsten  Ionen 
nach  DD'  gehen. 

Ich  werde  von  der  Entladung  eines  posi- 
tiven heissen  Drahtes  auf  einen  um  ihn  befind- 
lichen negativen  Cylinder  als  von  der  positiven 
Entladung  sprechen.  Dies  ist  ganz  entgegen 
dem  von  manchen  angenommenen  Brauche,  aber 
da  wir  jetzt  einen  Beweis  haben  für  die  That- 


y 


t6o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


Sache,  dass  diese  Entladung  von  den  aus  dem 
heissen  Drahte  hervorgehenden  Ionen  getragen 
wird,  ist  am  besten,  diese  Entladung  die  positive 
und  die  in  entgegengesetzter  Richtung  erfolgende 
die  negative  zu  nennen. 

Wenn  der  Draht  so  heiss  war,  eine  positive 
Entladung  aber  nicht  heiss  genug,  um  eine  ne- 
gative zu  verursachen,  war  es  ganz  leicht,  die 
Bedingungen  so  einander  anzupassen,  dass  eine 
Entladung  nach  CC'  nicht  stattfand.  Beim 
Wachsen  der  Temperatur  war  hierzu  nur  ein 
um  wenig  grösserer  Potential-Unterschied  nötig. 
Dies  zeigte,  dass  sich  langsamer  bewegende 
Ionen  bei  dieser  Temperatur  erzeugt  wurden. 
Dieser  Wechsel  war  gering,  bis  eine  Temperatur 
erreicht  wurde,  welche  hoch  genug  war,  eine 
negative  Entladung  zu  gestatten.  Bei  diesem 
Punkte  fand  ein  gänzlicher  Wechsel  statt.  Es 
war  mir  nicht  länger  möglich  alle  Ionen  nach 
DD'*  bei  den  mir  zur  Verfügung  stehenden 
Potentialen  gelangen  zu  lassen.  Thatsächlich, 
je  grösser  der  Potential-Unterschied,  je  grösser 
die  Entladung  nach  CC\  Dies  war  sicher,  wie 
gross  auch  immer  der  Abstand  A  von  der 
Ebenem/,  oder  wie  gross  die  Geschwindigkeit 
des  Luftstromes  war.  Wenn  ich  aber  die  Be- 
dingungen so  geordnet  hatte,  dass  eine  Ent- 
ladung nach  CC'  bei  geringerem  Potential- 
Unterschied  nachgewiesen  werden  konnte,  so 
konnte  sie  es  auch  bei  höheren  Potentialen. 

Es  wurde  vermutet,  dass  vielleicht  Kon- 
vektionsströme  um  den  heissen  Draht  dieses 
Resultat  herbeiführten.  Der  Apparat  wurde 
demgemäss  umgekehrt,  aber  der  Effekt  war 
der  gleiche  wie  zuvor.  Offenbar  bewegten  sich 
einige  Ionen  so  langsam,  dass  die  Unregel- 
mässigkeiten der  Konvektionsströme  in  jedem 
Falle  genügten,  um  sie  zu  hindern,  nach  DD' 
zu  gehen,  wie  gross  auch  immer  die  Potential- 
differenz sein  mochte. 

Aber  ein  noch  interessanteres  Faktum  wurde 
entdeckt,  wenn  man  DD'  auf  das  gleiche  Poten- 
tial mit  AB  brachte.  Unter  diesen  Bedingungen 
war  kein  Feld  vorhanden,  welches  die  Ionen  von 
AB  forttreibt  und  man  konnte  annehmen,  dass 
keine  Ionen  durch  den  Luftstrom  fortgerissen 
wurden  und  dass  keine  Entladung  nach  CC' 
ginge,  eben  weil  der  Cylinder  auf  einem  von 
AB  verschiedenen  Potential  gehalten  wurde. 
Wenigstens  sollte  man  dieses  erwarten,  wenn 
die  ganze  Ionisation  an  der  Oberfläche  des 
Kontaktes  stattfindet.  Wenn  aber  die  Ionisation 
in  dem  um  den  Draht  befindlichen  Gase  statt- 
findet, so  würden  einige  Ionen  fortgetragen  werden 
und  nach   CC'  gelangen. 

Es  wurde  gefunden,  dass,  solange  als  AB 
auf  einer  Temperatur  war,  einzig  hoch  genug, 
um  die  positiven  Ionen  auszutreiben,  unter 
diesen  Umständen  eine  Entladung  nach  CC' 
nicht  stattfand;  wenn  aber  die  Temperatur  ge- 


nügend  hoch  war,  so  dass  entweder  positive  oder 
negative  Entladungen  von  AB  aus  erfolgte, 
so  ging  die  Entladung  unter  den  beschriebenen 
Umständen  nach  CC\  Dies  zeigt,  dass  die 
Ionisation  bei  niedrigerer  Temperatur  nur  in 
in  dem  Metall  oder  an  der  Kontaktoberfläche 
erfolgt,  dass  aber  bei  höheren  Temperaturen  die 
Ionen  ebensowohl  in  dem  umgebenden  Gase  wie 
an  der  Oberfläche  erzeugt  werden. 

Es  wurde  daran  gedacht,  dass  möglicher- 
weise bei  höheren  Temperaturen  eine  Aus- 
strömung hervorgerufen  würde,  wie  sie  Ruther- 
ford beim  Thorium  studiert  hat,  aber  bei  der 
Prüfung   darauf    wurde    nicht   die   Spur   eines 

•  solchen  Ausflusses  entdeckt. 

Wir  finden  also,  dass  bei  einer  ganz  be- 
stimmten Temperatur  die  negative  Entladung 
anfängt  und  die  positive  abnimmt,  ein  Beweis 
für  das  erste  Auftreten  sich  langsamer  bewegen- 
der Ionen,  und  dass  die  Ionisation  in  grösserer 

;  als  molekularer  Entfernung  von  dem  Drahte 
auftritt.  Es  kann  hier  ein  kleiner  Zweifel  über 
den  kausalen  Zusammenhang  dieser  Thatsachen 

<  herrschen.  Die  Ionisation  durch  das  Gas  ver- 
anlasst den  Beginn  der  negativen  Entladung. 
Sehr  langsam  sich  bewegende  Ionen  werden 
hervorgerufen  bei  dieser  Ionisation,  welche  sich 

,  zeigen  bei  den  Versuchen  mit  Luftströmung 
und  ebenso  in  der  Abnahme  des  Betrages  der 
positiven  Entladung. 

Wenn  das  Platin,  in  Bezug  auf  das  um- 
gebende Gas,  positiv  ist,  können,  wie  wir  Grund 

,  haben  anzunehmen,  die  negativen  Ionen  in  dem 
Platin  oder  an  der  Kontaktstelle  nicht  ent- 
weichen wegen  des  Fallens  des  Potentials  an 
der    Oberfläche,    während    die    positiven    dies 

,  können.  Positive  Entladung  ist  deshalb  mög- 
lich, negative  nicht. 

Wenn  zufällig  fast  die  ganze  Entladung  von 
Ionen  getragen  wird,  welche  in  der  Luft  erzeugt 
wurden,  werden  die  positiven  Ionen  an  der 
Oberfläche  nur  geringen  Anteil  haben,  und  da 
die  negativen  Ionen  der  Luft  sich  schneller  als 
die  positiven  Luftionen  bewegen,  werden  wir 
unter  diesen  Umständen  eine  negative  Ent- 
ladung haben,  die  grösser  ist  als  die  positive. 
Es  wurde  bereits  in  einigen  Fällen,  besonders 
bei  lang  anhaltendem  Erhitzen  und  bei  höherer 
Temperatur,  bemerkt,  dass  die  negative  Ent- 
ladung zuweilen  grösser  ist  als  die  positive. 

Dies  wird  insbesondere  dann  richtig  sein, 
wenn  das  Gas  um  das  Platin  anstatt  Luft 
Wasserstoff  ist.  Die  grössere  Geschwindigkeit 
der  negativen  Wasserstoffionen  wird  verursachen, 
dass  die  negative  Entladung  in  diesem  Falle 
besonders  gross  ist,  so  dass  wir  in  Wasserstoff 
bei  höheren  Temperaturen  immer  eine  grössere 
negative  als  positive  Entladung  haben. 

Man  hat  angenommen,  dass  die  Entladung 
des     Platins    verursacht     werde    durch     einge- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  8. 


161 


schlossenen  Wasserstoff.  *)  Wenn  wir  diese 
Annahme  etwas  einschränken  und  sagen,  dass 
die  Entladung  bei  geringerer  Temperatur  von 
eingeschlossenem  Wasserstoff"  herrührt,  so  stimmt 
es  mit  den  bekannten  Thatsachen  gut  überein. 
Ich  habe  bis  jetzt  noch  keinen  Beweis  für 
solche  Erklärung,  aber  man  kann  leicht  sehen, 
dass  sie  zutrifft  für  die  Thatsache,  dass  die 
positiven  Ionen,  welche  bei  niedrigerer  Tempe- 
ratur aus  dem  Metall  ausgetrieben  wurden, 
eine  grössere  Geschwindigkeit  haben  als  die 
negativen  Ionen,  welche  bei  höherer  Temperatur 
in  dem  den  Draht  umgebenden  Gase  erzeugt 
wurden.  Es  ist  wohl  bekannt,  dass,  wenn  die 
Ionisation  durch  andere  Mittel,  z.  B.  durch 
X-Strahlen,  hervorgerufen  wurde,  die  Wasser- 
stofTionen  sich  schneller  als  die  der  anderen  Gase 
bewegen.^  In  der  That  bewegen  sich  die  positiven 
Wasserstoff'ionen  schneller  als  die  negativen  Ionen 
anderer  Gase.  Dies  ist  ohne  Zweifel  auch  für 
die  hier  hervorgerufene  Ionisation  richtig.  Wenn 
also  die  aus  dem  Innern  des  Metalles  hervor- 
kommenden Ionen  durch  eingeschlossenen 
Wasserstoff*  erzeugt  werden,  so  werden  sie 
natürlich  eine  grössere  Geschwindigkeit  haben, 
als  die  negativen  Ionen,  welche  in  dem  das 
Metall  umgebenden  Gase  hervorgerufen  werden. 

Der  Betrag  an  Wasserstoff*gas,  welcher  nötig 
ist,  um  die  positive  Entladung  zu  ermöglichen, 
ist  ganz  unbedeutend  im  Vergleich  zu  der  mög- 
licherweise eingeschlossenen  Menge  Wasser- 
stoff". 

Ich  habe  auch  einige  Beobachtungen  ge- 
macht über  den  Betrag  der  Entladung,  wenn  der 
Druck  des  umgebenden  Gases  vermindert  wurde. 
Ähnliche  Versuche  sind  bereits  durchgeführt, 
haben  aber  keine  genauen  Angaben  über  den 
Betrag  der  Entladung  von  einem  Draht  auf 
einen  umgebenden  Cy linder  geliefert,  woraus 
dann  die  Geschwindigkeit  der  Ionen  hätte 
gemessen  werden  können. 

Ich  habe  gefunden,  dass  beide,  sowohl 
positive  wie  negative  Anteile  der  Entladung 
sehr  schnell  mit  abnehmendem  Druck  des  Gases 
wachsen.  Dies  wurde  schon  von  Anderen  be- 
obachtet. ^)  Einmal  betrug  die  Stärke  des 
Stromes  von  5  cm  Draht  auf  einen  umgebenden 
Cy  linder  von  4,5  cm  innerem  Durchmesser 
3,2  X  10  Ampere,  wenn  die  Potentialdifferenz 
45  Volt  und  der  Luftdruck  etwa  5  mm  Queck- 
silbersäule war.  Wenn  in  diesem  Falle  die 
Ionisation  in  oder  in  der  Nähe  der  Oberfläche 
des  Drahtes  stattfand,  würde  es  eine  Geschwindig- 
keit von  1800  cm  pro  Sekunde  für  ein  Potential- 
gefälle   von    I  Volt   pro   Centimeter   bedeuten. 

Ich  hoffe,  bald  mit  meinen  Untersuchungen 

1)  Wied.  Ann.  88,  289,  1888. 

2)  Phil.  Trans.  Roy.  Soc.  London  195,  231. 

3)  Wicd.  Ann.  88,  320,  1888. 


vorgeschritten    zu    sein    und  Näheres  veröffent- 
lichen zu  können. 

Colgate  Universität,  20.  November  1901. 

(Aus  dem  Englischen  Übersetzt  von  H.  Karstens.) 

(Eingegangen  3.  Dezember  1901.) 


Über  die  Reflexion  der  Kathodenstrahlen 

Von  J.  Stark. 

I.  Prinzip  der  Erklärung. 

Wer  in  den  Kathodenstrahlen  freie  bewegte 
negative  Elektronen  sieht,  der  wird  von  vorn- 
herein darauf  verzichten,  zur  Erklärung  der 
Reflexion  der  Kathodenstrahlen  die  Vorstel- 
lungen heranzuziehen,  die  wir  von  der  Reflexion 
der  Lichtstrahlen  haben. 

Ein  Elektron  besitzt  im  Vergleich  zu  einem 
chemischen  Atom  oder  Molekül  eine  kleine 
Masse.  Für  ein  Elektron  ist  darum  die  Ober- 
fläche eines  festen  Körpers  nicht  etwas  stetig 
Massives,  sondern  eine  Fläche,  auf  der  unre- 
gelmässig mit  relativ  grossen  Zwischenräumen 
einzelne  Massenteilchen  verteilt  sind.  Treffen  die 
Teilchen  der  Kathodenstrahlen  auf  eine  solche 
Fläche,  so  stossen  sie  in  geradliniger  Verfolgung 
ihrer  Bahn  nur  zu  einem  kleinen  Teile  auf 
Massenteilchen  (Atome  und  Moleküle);  die  ge- 
radlinige Fortsetzung  der  Bahn  der  übrigen 
Elektronen  dringt  in  die  Lücken  zwischen  den 
Massenteilchen  ein. 

Wir  wollen  nun  annehmen,  dass  zwischen 
den  Massenteilchen  der  festenOberfläche 
und  den  in  ihrer  Nähe  vorbeifliegenden 
Kathodenstrahlteilchen  eine  Kraft  auf- 
tritt. Über  diese  Kraft  wollen  wir  vorderhand 
lediglich  annehmen,  dass  sie  die  Kathodenstrahl- 
teilchen nach  dem  Mittelpunkte  der  nächsten  Mas- 
senteilchen hin  von  ihrer  Bahn  abzulenken  sucht 
und  mit  wachsendem  Quadrat  des  Abstandes 
von  jenem  Mittelpunkt  abnimmt.  Wir  haben 
uns  die  feste  Oberfläche  gleichsam  als  eine 
Wand  von  vielen  Sonnen  mit  Zwischenräumen 
vorzustellen,  die  Kathodenstrahlteilchen  als 
Kometen,  welche  auf  diese  Sonnen  sich  zube- 
wegen. 

Die  Wirkung  der  Kraft  zwischen  den  Ka- 
thodenstrahlteilchen und  den  Massenteilchen  der 
festen  Oberfläche  ist  eine  zweifache.  Ziehen 
wir  den  einfachen  Fall  in  Betracht,  dass  nur 
e i  n  Massenteilchen  auf  einKathodenstrahlteilchen 
ablenkend  mit  einer  Kraft  wirkt.  Die  Bahn  des 
Kathodenstrahlteilchens  verlässt  dann  in  der 
Nähe  des  Massenteilchens  ihre  geradlinige  Rich- 
tung und  krümmt  sich  zu  einem  Kegelschnitt, 
in  dessen  einem  Brennpunkt  das  Massenteilchen 


•  V 


l62 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


steht.  Es  sind  nun  zwei  Fälle  möglich.  Es 
kann  der  Abstand  des  Kathodenstrahlteilchens 
vom  Mittelpunkte  des  Massenteilchens  im  Perihel 
kleiner  werden  als  der  Radius  des  Massenteilchens ; 
dann  stösst  jenes  mit  diesem  zusammen.  Und 
darin  besteht  die  erste  Wirkung  der  Kraft 
zwischen  denKathodenstr ah  1-undMassen- 
teilchen;  sie  vermehrt  nämlich  die  Zahl  der 
Zusammenstösse  zwischen  ihnen.  Ist 
zweitens  der  Abstand  im  Perihel  grösser,  so  tritt 
zwar  kein  Zusammenstoss  ein;  aber  die  Kathoden- 
strahlteilchen  werden  durch  jene  Kraft  ab- 
gelenkt auf  Kegelschnitte;  die  Ablenkung,  der 
Winkel  zwischen  der  geradlinigen  Verlängerung 
des  einfallenden  Strahles  und  dem  zurückgeworfe- 
nen Strahl,  ist  um  so  grösser,  je  kiemer  der  Ab- 
stand ist  zwischen  dem  ablenkenden  Massenteil- 
chen und  dem  einfallenden  geradlinigen  Katho- 
denstrahl. Dadieser  Abstand  alle  möglichen  Werte 
für  die  Teilchen  eines  einfallenden  Bündels  von 
Kathodenstrahlen  hat,  so  werden  diese 
nach  allen  möglichen  Richtungen  von 
ihrer  Bahn  durch  jene  Kraft  abgelenkt 
oder  zerstreut  und  zwar  nach  beiden  Seiten 
der  festen  Oberfläche;  diese  zerstreut  die  auf 
sie  fallenden  Kathodenstrahlen  in  den  festen 
Körper  hinein  wie  rückwärts  in  den  an  ihm 
liegenden  Gasraum.  In  dieser  Zerstreuung  der 
Kathodenstrahlen  an  einer  festen  Oberfläche 
nach  rückwärts  besteht  die  Reflexion  der  Ka- 
thodenstrahlen. 

Wie  man  ohne  weiteres  sieht,  muss  die 
Reflexion  der  Kathodenstrahlen  eine  difl'use 
sein.  Es  kann  ferner  grössere  oder  geringere 
Politur  der  reflektierenden  festen  Fläche  keinen 
Einfluss  auf  die  Reflexion  haben.  Endlich  er- 
kennt man  auch  ohne  weiteres,  dass  nicht  bloss 
die  oberste  Lage  des  von  Kathodenstrahlen 
getroffenen  festen  Körpers  difl*us  reflektiert,  ; 
sondern  dass  auch  die  tiefer  liegenden  Schichten 
durch  die  Lücken  der  vorhergehenden  hindurch 
Kathodenstrahlen  diffus  in  den  Gasraum  zurück- 
senden. 

Die  Bahn  der  reflektirten  Kathodenstrahlen 
ist  nicht  ausnahmslos  und  streng  kegelschnitt- 
förmig,  da  in  der  reflektierenden  Oberfläche  im 
allgemeinen  nicht  bloss  ein  einziges  Massenteil- 
chen ablenkend  auf  einen  Kathodenstrahl  wirkt. 
Der  Einfachheit  wegen  seien  aber  hier  in  erster 
Ijnie  kegeis chnittförmige  Bahnen  ins  Auge  ge- 
fasst.  Die  Bahnen  können  also  Ellipsen,  Pa- 
rabeln und  Hyperbeln  sein.  Die  Ellipsen  aber 
kommen  für  die  experimentelle  Untersuchung 
nicht  in  Betracht,  da  sie  unmittelbar  an  der 
reflektierenden  Oberfläche  verlaufen.  Zur  Be- 
obachtung gelangen  nur  parabolisch  und  hyper- 
bolisch zurückgeworfene  Kathodenstrahlen.  Jene 
sind  hierbei  weit  in  der  Minderzahl,  da  sie  le- 
diglich einen  Grenzfall  darstellen. 


2.  Geschwindigkeit  der  reflektierten 
Kathodenstrahlen. 

Stossen  Kathodenstrahlen  auf  die  Massen- 
teilchen einer  festen  Oberfläche,  so  geben  sie 
an  diese  kinetische  Energie  ab,  wie  aus  der 
von  ihnen  bewirkten  Erwärmung  geschlossen 
werden  kann.  Infolge  eines  Zusammenstosses 
nimmt  also  die  Geschwindigkeit  eines  Kathoden- 
strahles ab. 

Stösst  ein  Kathodenstrahlteilchen  nicht  mit 
einem  Massenteilchen  zusammen,  wird  es  lediglich 
auf  eine  kegelschnittförmige  Kurve  abgelenkt, 
so  hat  es  wohl  im  Perihel  eine  grössere  Ge- 
schwindigkeit als  vor  der  Annäherung  an  das 
Massenteilchen;  hat  es  sich  aber  von  ihm  wieder 
entfernt,  so  ist  es  zwar  abgelenkt,  besitzt  in- 
dessen wieder  seine  ursprüngliche  Geschwin- 
digkeit. 

Die  reflektiertenKathodenstrahlen  be- 
stehen zum  Teil  aus  Strahlen,  welche 
mit  einem  Massenteilchen  zusammen- 
stiessen,  zum  Teil  aus  Strahlen,  welche 
lediglich  abgelenkt  wurden.  Untersucht 
man  die  reflektierten  Kathodenstrahlen  auf  ihre 
Geschwindigkeit  mittels  der  elektrischen  oder 
magnetischen  Ablenkung,  so  findet  man  einmal 
Strahlen,  welche  dieselbe  Geschwindig- 
keit besitzen,  wie  die  primären  Strahlen 
vor  der  Reflexion,  sodann  Strahlen  von 
jeder  beliebigen  kleineren  Geschwindig- 
keit. Dies  haben  in  der  That  Messungen  von 
Gehrcke')  ergeben.  Wie  sich  theoretisch  leicht 
klar  machen  lässt,  muss  im  magnetischen 
Spektrum  der  reflektierten  Kathoden- 
strahlen die  Intensität  von  der  Kante 
des  Spektrums  weg  um  so  schneller  ab- 
nehmen, je  grösser  die  Kraft  zwischen 
den  negativen  Eleictronen  und  den  re- 
flektierenden Metallteilchen  ist.  Nach 
Gehrcke  ist  diese  Abnahme  der  Intensität  bei 
Platin  eine  raschere  als  bei  Magnesium. 

3.  Abhängigkeit  der  Reflexion 
der  Kathodenstrahlen  von  der  Geschwin- 
digkeit. 

Bei  gegebenem  Abstand  eines  ablenkenden 
Massenteilchens  der  reflektierenden  Oberfläche 
von  der  geradlinigen  Bahn  eines  einfallenden 
Kathodenstrahlteilchens  ist  dessen  Ablenkung 
von  seiner  ursprünglichen  Richtung  um  so 
kleiner,  je  grösser  die  Geschwindigkeit  des  ein- 
fallenden Kathodenstrahles  ist,  oder  mit  anderen 
Worten,  je  grösser  die  Spannungsdifferenz  ist. 
welche  dem  Kathodenstrahle  seine  Geschwindig- 
keit verlieh.  Die  Menge  der  von  einer 
festen  Oberfläche  zurückgeworfenen  Ka- 
thodenstrahlen   muss    darum    abnehmen, 

I)  K.  Gchrcke,  Her.  d.  Herliuer  Akad.  S.  461,  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


«^3 


wenn     die     sie    erzeugende    Elektroden- 
oder Entladespannung  zunimmt. 

Diese  theoretische  Folgerung  steht  allerdings 
zu  einer  Erklärung  H.  Starkes*)  in  Gegensatz, 
der  auf  Grund  seiner  so  wertvollen  Messungen 
behauptet,  dass  das  Reflexionsvermögen  eines 
Metalles  für  Kathodenstrahlen  unabhängig  sei 
von  der  Elektrodenspannung.  Bei  genauerer 
Betrachtung  seiner  Zahlen  und  Weglassung 
der  weniger  sicheren  Werte  bei  niedriger 
Elektrodenspannung  finde  ich  aber,  dass  das 
Reflexionsvermögen  in  der  That  abnimmt  mit 
wachsender  Elektrodenspannung.  Zum  Belege 
diene  die  Figur   i ;  sie  giebt  in  drei  Messungs- 


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_      V                                        X 

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•     ^                  \                     ^. 

"              ^                  \                     ^ 

\                 ^                          ^ 

^                  \                           "^ 

— 0 

\                \ 

\           0^, 

o\ 

V^           ^-^ 

^  •»                              V.^ 

-•0                     ^-^^ 

1                1               1                r^—9 

1 

27 

5OO0  7000  ifOOO  f/i'ii* 

EleitrodcnsparuiuJig  in  Volt 

Fig.  I. 

reihen  Starkes  an  Aluminium  die  Beziehung 
zwischen  Reflexionsvermögen  und  Elektroden- 
spannnung  in  einem  günstigen  Massstabe. 

Im  vorstehenden  ist  die  Wirkung  der  Kraft 
zwischen  Massen-  und  Kathodenstrahlteilchen  nur 
insofern  in  Betracht  gezogen,  als  sie  die  Richtung 
der  reflektierten  Strahlen  beeinflusst,  nicht 
insofern,  als  sie  die  Zahl  der  Zusammen- 
stösse  vermehrt.  Aber  auch  diese  hängt  offen- 
bar von  der  Geschwindigkeit  der  Kathoden- 
strahlen ab.  Mit  wachsender  Elektrodenspan- 
nung, also  mit  wachsender  Geschwindig- 
keit der  Kathodenstrahlen  nimmt  die 
Zahl  der  durch  Ablenkung  erzwungenen 
Zusammenstösse  ab;  diese  Abnahme  be- 
deutet eine  Zunahme  der  ohne  Zusammenstoss 
zurückgeworfenen  Kathodenstrahlen,  also  eine 
Zunahme  der  Reflexion.  Im  Zusammenhalt 
mit  dem  obigen  entgegengesetzten  Resultat 
kommt    man    zu    folgender  theoretischer   allge- 

I    H.  Starke,  Ann.  d.  Thys.  3,  95,   1900. 


meiner  Folgerung  über  den  Zusammenhang 
zwischen  der  Reflexion  und  der  Geschwindig- 
keit der  Kathodenstrahlen.  Mit  anfänglich 
kleiner  wachsender  Elektrodenspannung 
nimmt  die  Intensität  der  reflektierten 
Kathodenstrahlen  von  einem  kleinen 
Wert  an  erst  ziemlich  rasch  bis  zu  einem 
Maximum  zu,  dann  nimmt  sie  bei  weiter 
steigender  Elektrodenspannung  wieder 
ab  und  strebt  einem  konstanten  Werte 
zu;  die  Elektrodenspannung,  welche 
maximale  Reflexion  hervorbringt,  ist 
bei  verschiedenen  Metaljen  verschieden 
gross  und  zwar  um  so  grösser,  je  grösser 
die  Kraft  zwischen  den  negativen  Elek- 
tronen und  den  reflektierenden  Metall- 
teilchen ist. 

4.  Intensität  der  reflektierten  Kathoden- 
strahlen   in    verschiedenen    Emanations- 
richtungen. 

Auch  bei  den  Kathodenstrahlen  heisst  Ein- 
fallswinkel der  W^inkel  zwischen  der  Richtung 
des  einfallenden  Kathodenstrahlenbündels  und 
der  Normalen  der  reflektierenden  Fläche,  Ema- 
nationswinkel der  Winkel  zwischen  dieser  Nor- 
malen und  einer  der  verschiedenen  Richtungen 
der  diffus  reflektierten  Kathodenstrahlen.  Für 
diff*us  reflektierte  Lichtstrahlen  gilt  das  Lam- 
bert sehe  Kosinusgesetz.  Es  ist  von  vornherein 
zu  erwarten,  dass  dieses  für  die  Reflexion  der 
Kathodenstrahlen  nicht  gilt. 

Auf  Grund  unseres  Erklärungsprinzipes  be- 
trachten wir  zunächst  den  Fall  der  senk- 
rechten Incidenz.  In  diesem  wie  in  jedem 
anderen  Falle  werden  nach  allen  Richtungen 
Kathodenstrahlen  reflektiert.  Für  Emanations- 
winkel nahe  90*^  muss  die  Intensität  (Menge 
der  mitgefiihrten  negativen  Ladung)  der  reflek- 
tierten Strahlen  klein  sein,  weil  diejenigen,  welche 
von  tieferen  reflektierenden  Schichten  kommen, 
auf  ihrem  relativ  langen  Wege  in  den  oberen 
Schichten  durch  Absorption  (Zusammenstoss) 
geschwächt  werden.  Mit  abnehmendem  Emana- 
tionswinkel wächst  dann  die  Intensität  der 
reflektierten  Strahlen  und  strebt  einem  Maximum 
zu.  Dieses  liegt  indessen,  wie  wir  theoretisch 
folgern  müssen,  nicht  in  der  Emanationsrich- 
tung o^  sondern  nur  in  deren  Nähe.  Genau 
in  der  Richtung  der  einfallenden  Strahlen  zurück 
werden  nämlich,  abgesehen  von  den  durch  Zu- 
sammenstoss geschwächten  Strahlen,  nur  wenige 
in  parabolischer  Bahn  zurückgeworfen  werden. 
In  der  Einfallsrichtung  muss  darum  die  Intensität 
der  reflektierten  Strahlen  ein  kleines  relatives 
Minimum  besitzen;  nahe  daran  muss  das 
Maximum  der  Intensität  liegen.  Der  Winkel 
zwischen!  dem  Minimum  in  der  Einfallsrichtung 
und  dem  Maximum  ist  bei  senkrechter  Incidenz 


164 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


klein.  Jenes  Minimum  ist  in  den  bisherigen 
Messungen  noch  nicht  gefunden  worden;  diese 
erstreckten  sich  nicht  auf  Emanationswinkel 
kleiner  als  20®. 

Bei  schiefer  Incidenz  ist  für  die  Emana- 
tionsrichtung  90®  wieder  ein  absolutes  Minimum 
vorhanden.  Die  räumliche  Verteilung  der  In- 
tensität der  reflektierten  Strahlen  ist  nicht  mehr 
symmetrisch  in  Bezug  auf  das  Einfallslot  oder 
in  Bezug  auf  die  Einfallsrichtung.  In  dieser 
muss  indes  wieder  ein  relatives  Minimum  der 
Intensität  liegen,  auf  dieses  folgt  in  der  Rich- 
tung gegen  das  Einfallslot  wieder  ein  Maximum 
der  Intensität.  Jenes  wird  mit  wachsendem  Ein- 
fallswinkel verwaschener,  dieses  dagegen  tritt 
deutlicher  hervor. 

Der  Winkel  zwischen  Minimum  und 
Maximum  der  reflektierten  Intensität 
wächst  mit  dem  Einfallswinkel.  Dies  kann 
man  sich  auf  Grund  folgender  Überlegung  klar 
machen.    A/^ ,  M2  und  J/3  (Fig.  2)  seien  Massen- 


/ 

// 

/  / 


©  \®y  ® 


Fig.  2. 

teilchen  der  reflektierenden  Fläche.  Wir  be- 
trachten den  Fall,  dass  der  Abstand  des  Mittel- 
punktes Ml  von  der  geradlinigen  Einfallsbahn 
eines  Kathodenstrahlteilchens  konstant  sei,  dass 
dagegen  der  Einfallswinkel  von  kleinen  zu 
grossen  Werten  wachse.  Bei  kleinen  Einfalls- 
winkeln bleibt  das  Kathodenstrahlteilchen  von 
AI2  und  M^  entfernt,  es  unterliegt  in  der  Haupt- 
sache nur  der  Ablenkung  durch  Mi  und  wird 
fast  wieder  in  die  Einfallsrichtung  zurück- 
geworfen. Bei  grösseren  Einfallswinkeln  kommt 
das  Kathodenstrahlteilchen  auch  in  die  Wirkungs- 
sphäre von  J/j  und  J^ ;  es  wird  durch  diese  in 
entgegengesetzter  Richtung  von  seiner  Einfalls- 
bahn abgelenkt  wie  durch  3/,.  Die  gesamte 
Ablenkung  ist  darum  nunmehr  kleiner  als  zuvor; 
das  Maximum  der  Intensität  der  reflek- 
tierten Kathodenstrahlen  muss  darum 
mit  wachsendem  Einfallswinkel  von  der 
Einfallsrichtung  wegrücken. 

Der  Winkel  zwischen  dem  Maximum  der 
reflektierten  Intensität  und  ihrem  relativen 
Minimum  in  der  Einfallsrichtung  muss  ferner 
um  so  kleiner  sein,  je  grösser  die  ablenkende 
Kraft  ist.  Man  kann  schliessen,  dass  diese  um 
so  grösser  ist,  je  grösser  das  Reflexionsver- 
mögen ist.  Dieses  ist  beispielsweise  bei  Alu- 
minium kleiner  als  bei  Silber,  bei  diesem  kleiner 
als  bei  Platin.    Für  einen  Incidenzwinkel  von  45" 


liegt  nun  nach  den  Messungen  von  W.  Seitz*) 
das  Maximum  der  reflektierten  Intensität  bef 
Aluminium  auf  der  entgegengesetzten  Seite  des 
Einfallslotes  wie  die  primären  Strahlen,  bei 
Silber  und  Platin  auf  derselben  Seite,  bei  Platin 
näher  an  der  Einfallsrichtung  als  bei  Silber. 

Der  Schluss,  dass  die  ablenkende  Kraft  um 
so  grösser  sei,  je  grösser  das  Reflexionsver- 
mögen ist,  wird  dadurch  unsicher,  dass  fiir  die 
reflektierte  Intensität  der  Kathodenstrahlen  nicht 
bloss  die  ablenkende  Kraft  der  einzelnen  Massen- 
teilchen, sondern  auch  die  Dichte  ihrer  räum- 
lichen Verteilung  in  Betracht  kommt.  Mehr 
Sicherheit  hat  der  Schluss  von  der  Lage  des 
Maximums  der  reflektierten  Intensität  auf  die 
Grösse  der  ablenkenden  Kraft.  Wir  erhalten 
dann  folgendes  Resultat:  Die  Kraft  zwi- 
schen den  negativen  Elektronen  und  den 
reflektierenden  Teilchen  eines  Metalles 
ist  um  so  grösser,  je  kleiner  der  Winkel 
zwischen  der  Einfallsrichtung  und  der 
Richtung  maximaler  Reflexion  ist;  so  ist 
sie  bei  Aluminium  kleiner  als  bei  Silber, 
bei  diesem  kleiner  als  bei  Platin.  Dieses 
Resultat  wird  eine  weittragende  Bedeutung  ge- 
winnen für  die  Beurteilung  elektromotorischer 
Kräfte  in  Grenzflächen.  Im  Einklang  mit  Obi- 
gem steht  der  Befund  Gehrckes,  dass  das 
magnetische  Spektrum  der  an  Magnesium  re- 
flektierten Strahlen  eine  andere  Intensitätsver- 
teilung zeigt  als  der  an  Platin  reflektierten. 

5.  Natur  der  ablenkenden  Kraft. 

Zur  Erklärung  der  Erscheinungen  der  Re- 
flexion der  Kathodenstrahlen  haben  wir  hypo- 
thetisch eine  Kraft  zwischen  den  Kathoden- 
strahlteilchen und  den  Massenteilchen  eines 
reflektierenden  Körpers  eingefiihrt.  Diese  Kraft 
kann  die  Gravitation  zwischen  der  Masse  hier 
und  dort  sein.  Indes  dürfte  der  Anteil  der 
Gravitationskraft  an  der  Zerstreuung  der  Ka- 
thodenstrahlen nur  ein  geringer  sein.  Die  Kraft, 
die  wir  in  erster  Linie  fiir  die  Zerstreuung  ver- 
antwortlich machen  müssen,  ist  wohl  die  elek- 
trische zwischen  den  Kathodenstrahl-  und  den 
Massenteilchen  des  reflektierenden  Körpers.  Jene 
sind  ja  elektrisch  geladen,  sie  wirken  darum 
mit  einer  elektrischen  Kraft  auf  neutrale  Teilchen 
des  reflektierenden  Körpers  und  mit  einer  noch 
grösseren  Kraft  auf  freie  positive  und  negative 
Ionen  in  diesem.  2) 

6.  Fehlerquelle  bei  der  Untersuchung  der 
Reflexion  der  Kathodenstrahlen. 

In  den  meisten  bisherigen  experimentellen 
Untersuchungen    über    die    Reflexion    der    Ka- 


1)  W.   Scilz.   Ann.   tl,   Thys.  6.   lO,    I901. 

2)  Diese  Zeitschr.  2,  233,   1900. 


^ 

V 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


165 


thodenstrahlen  bestand  der  Käfig,  der  zum  Auf- 
fangen der  negativen  Ladung  der  reflektierten 
Strahlen  diente,  aus  Aluminium;  der  Reflektor 
war  ebenfalls  Aluminium  oder  ein  anderes 
Metall,  wie  Kupfer,  Eisen,  Silber,  Platin.  Auf- 
fanger und  Reflektor  sind  hierbei  durch  ein 
Bündel  Kathodenstrahlen  miteinander  verknüpft; 
diese  aber  ionisieren  das  von  ihnen  durchlaufene 
Gas.  Zwischen  Auffänger  und  Reflektor  kann 
darum  ein  elektrischer  Leitungsstrom  sich  her- 
stellen, sowie  zwischen  ihnen  eine  Spannungs- 
differenz  vorhanden  ist.  Das  Auftreten  einer 
solchen  störenden  Spannungsdifferenz  glaubte 
man  bisher  dadurch  zu  verhindern,  dass  man 
den  Reflektor  und  den  Auflänger  direkt  bez. 
über  ein  Galvanometer  mit  nicht  zu  grossem 
Widerstände  zur  Erde  ableitete. 

Indes  auf  diese  Weise  beseitigte  man  ledig- 
lich die  Spannungsdifierenz,  die  sich  infolge  der 
Zufuhr  negativer  Ladung  zwischen  Reflektor 
und  Auftänger  ausbilden  könnte.  Bestehen 
aber  diese  aus  verschiedenem  Metall,  so  bleibt 
ihre  Voltasche  Spannungsdifferenz  zwischen 
ihnen  zurück.  Diese  beträgt  für  Aluminium 
und  Platin  etwas  mehr  als  1  Volt;  sind  darum 
die  beiden  Metalle  als  Auffanger  und  Reflektor 
einerseits  durch  die  Erdleitung,  andererseits 
durch  das  ionisierte  Gas  (reflektierte  Kathoden- 
strahlenbündel)  miteinander  verbunden,  so  fliesst 
in  diesem  Kreis  ein  Strom  und  zwar  fuhrt  dieser 
die  negativen  Ionen  vom  Platin  zum  Aluminium 
durch  das  verdünnte  Gas.  Dieser  Leitungs- 
strom wirkt  darum  auf  das  Galvanometer,  das 
den  Auffänger  ableitet,  im  gleichen  Sinne  wie 
die  Reflexion  der  Kathodenstrahlen.  Ein  solcher 
Leitungsstrom  zwischen  zwei  verschiedenen 
Metallen  durch  ein  Gas,  das  durch  Kathoden- 
strahlen ionisiert  wird,  bedingt  durch  die 
Voltasche  Spannungsdiflferenz,  ist  von  S.  Ar- 
rhenius')  nachgewiesen  worden.  Ferner  hat 
A.A.  Campbell  Swinton^)  bei  seiner  Unter- 
suchung der  Reflexion  der  Kathodenstrahlen 
eine  ihm  sehr  merkwürdig  erscheinende  aus 
dem  Verschwinden  der  VoltadiflTerenz  im  Elek- 
trometer sich  erklärende  scheinbare  positive 
Ladung  des  Auffängers  bis  über  i  Volt  für 
den  Fall  beobachtet,  dass  nur  wenige  re- 
flektierte Kathodenstrahlen  von  einem  Platin- 
reflektor in  einen  Auffanger  aus  Messing  ge- 
langen konnten. 

Nun  ist  man  geneigt,  den  Einfluss  einer 
Spannungsdifferenz  von  i  Volt  zwischen  Re- 
flektor und  Auffänger  als  klein  zu  betrachten. 
In  Wirklichkeit  aber  ist  et  nicht  sehr  klein. 
H.  Starke*^)  fand,  dass  der  Ausschlag  des 
Galvanometers,  welches  den  Auffänger  ableitete 


und  die  Intensität  der  reflektierenden  Strahlen 
mass,  18  mm  betrug,  wenn  der  Reflektor  Erd- 
spannung besass,  dass  er  aber  auf  26  mm 
stieg,  wenn  der  Reflektor  auf  —  2  Volt  geladen 
wurde.  Durch  diese  2  Volt  wurde  demnach 
die  Intensität  der  reflektierten  Strahlen  um  38  "/o 
gefälscht,  durch  i  Volt  Spannungsdifferenz  wäre 
sie  um  i9"/o  vergrössert  worden. 

Bei  Berücksichtigung  der  im  vorstehenden 
bezeichneten  Fehlerquelle  werden  sich  zwar  die 
Reflexionsvermögen  einiger  Metalle  kleiner  er- 
geben, doch  dürfte  die  Stellung  der  einzelnen 
Metalle  in  der  Reihe  des  Reflexionsvermögens 
dadurch  nicht  geändert  werden. 

Göttingen,  den   i.  Dezember  1901. 

(Kingegangen  22.  Dezember  1901.) 


1899. 


i)  S.  Arrhcnius,  Wied.  Ann.  33,  638,  1888. 

2}  A.  A,  Campbell  Swinton,  Proc.  Roy.  Soc.  04,  393, 


3)  H.  Starke,  Wied.  Ann.  66,  53,  1898. 


Bemerkungen  zur  elektrischen  Strömung  durch 

hohe  Vakua. 

Von  J.  Stark. 

1.  Der  Äther  als  „Elektrizitätsleiter". 

Über  die  Elektrizitätsleitung  im  absoluten 
Vakuum,  d.  h.  im  reinen  Äther,  bestanden 
diametral  entgegengesetzte  Ansichten.  Eine 
kleine  Partei  behauptete,  er  sei  ein  vollkommener 
Leiter;  die  grosse  Gegenpartei  erwiderte,  er 
sei  ein  vollkommener  Isolator.  Im  Lichte  der 
lonentheorie  kann  man  die  fraglichen  Begriffe 
deutlich  unterscheiden  und  beiden  Parteien  ge- 
recht werden. 

Die  lonentheorie  denkt  sich  die  Elektrizität 
als  ein  im  Räume  existierendes  Etwas  von  kon- 
stanter Menge,  verteilt  sie  atomistisch  und 
sieht  in  den  Ionen  frei  bewegliche  Elektrizitäts- 
teilchen, die  in  dem  Äther  beweglich  einge- 
bettet liegen.  Der  elektrische  Strom  ist  eine 
Strömung  der  Ionen  in  bestimmter  Richtung. 
Ein  Leiter  ist  ein  Körper,  welcher  Ionen  ent- 
hält. Die  spezifische  Leitfähigkeit  k  ist  eine  zu- 
sammengesetzte Grösse;  ist  «/  bez.  ttn  die  posi- 
tive bez.  negative  Ionisation  (Zahl  der  Ionen  in 
der  Volumeneinheit),  zf/  bez.  Vn  die  spez.  lonen- 
geschwindigkeit,  6  die  lonenladung,  so  gilt  bei 
Zulässigkeit  des  Ohmschen  Gesetzes  X  =  b, 
[np  '  vp  +  flu  •  v^. 

Hat  man  ein  absolutes  Vakuum  oder  reinen 
Äther,  ist  also  in  diesem  kein  Massenteilchen 
vorhanden,  so  ist  offenbar  für  ihn  ;//  ^=  Hh  =  o 
und  darum  auch  >l  =  o.  Der  reine  Äther 
oder  das  absolute  Vakuum  ist  in  diesem 
Sinne  kein  Leiter,  sondern  ein  voll- 
kommener Isolator;  es  können  in  ihm  wohl 
zeitliche  und  räumliche  Variationen  der  elek- 
trischen und  magnetischen  Kraft,  beispielsweise 
elektromagnetische  Schwingungen  erfolgen,  aber 
es  ist  in  ihm  keine  elektrische  Strömung  mög- 
lich, eben  weil  das  Wort  „rein*'  oder  „absolut** 


\y 


Physikalische  Zeitsclirifl.     3.  Jahrgang.     No.  1 


das  Vorhandensein  von  Elektrizität  oder  Jonen 
ausschliesst. 

Anders  ist  es,  wenn  man  im  Äther  Ionen 
vorhanden  sein  lässt  und  seinen  Einfluss  auf 
deren  Bewegung  in  Zusammenhang  mit  dem 
Worte  Leitung  bringt.  Die  astronomischen 
Erscheinungen  lassen  schüessen,  dass  ein  Ion 
bei  seiner  Bewegung  durch  den  Äther,  Strah- 
lung ausgeschlossen,  eine  unendlich  kleine  Rei- 
bung erfährt.  Würde  man  darum  einen  Leiter 
herstellen  können,  der  in  seinem  mit  Äther  er- 
füllten Volumen  nur  Ionen,  nicht  auch  neutrale 
Teilchen  enthält,  und  liesse  sich  für  diesen  Leiter 
das  Ohmsche Gesetz  noch  anwenden,  so  würden 
T'/  und  Vh  und  auch  i  einen  sehr  grossen  Wert 
haben;  man  würde  den  denkbar  vollkommensten 
Elektrizitätsleitcr  besitzen.  Insofern  der  Äther 
der  Bewegung  eines  Ions  keinen  Wider- 
standentgegensetzt, könnte  man  ihn  einen 
vollkommenen  Elektrizitätsleiter  nennen. 
Aber  damit  wird  der  Sinn  der  Definition  des 
Leiters  verschoben.  Man  thut  gut,  an  dieser  fest- 
zuhalten. Die  Frage  nach  der  Elektrizitätsleitung 
des  Äthers  hat  dann  nach  dem  Vorstehenden 
überhaupt  keinen  Sinn  mehr. 
2.  Verdünnte  Gase  als  Elektrizitätsleiter. 

Der  kleinste  Gasdruck,  den  wir  mit  unsern 
Mitteln  herstellen  können,  liegt  wohl  nicht  unter 
0,00001  mm.  Bei  760  mm  und  o"  ist  die  Zahl 
der  Gasteilchen  in  1  cm  ^gleich  2,4-  lO'*  (Drude, 
Planck);  bei  jenem  Druck  ist  sie  darum  3,1-10". 
Mit  unserer  bisherigen  Evakuations- 
technik  bleiben  wir  demnach  von  dem 
absoluten  Vakuum  um  u  Dezimalen  ent- 
fernt. Selbst  bei  dem  uns  möglichen  höchsten 
Vakuum  haben  wir  es  also  immer  mit  Gas- 
teilchen zu  thun  und  wir  müssen  uns  die 
Strömung  durch  hohe  Vakua  ebenfalls  durch 
Gasionen  vermittelt  denken. 

Von  einer  Berechnung  der  spez.  Leitfähigkeit 
hoch  verdünnter  Gase  nach  der  obigen  Formel 
kann  deswegen  nicht  mehr  die  Rede  sein,  weil 
für  sie  das  Ohmsche  Gesetz  nicht  mehr  gilt.') 
immerhin  aber  kann  man  sich  folgendes  klar 
machen  über  die  zwei  Faktoren,  von  denen  in 
erster  Linie  die  Stromstärke  abhängt, 

Ist  die  Ionisation  in  einem  Gase  konstant, 
so  wächst  die  .Stärke  des  durchgehenden  Stromes 
mit  abnehmendem  Druck  und  ist  bei  sehr  kleinen 
Drucken  sehr  gros,-.,  weil  die  mittlere  freie 
Weglänge  der  Ionen  mit  abnehmendem  Gas- 
druck wächst. 

Indes  nimmt  unter  sonst  gleichen 
Umständen  die  Ionisation  eines  Gases  ab 
mit  sinkendem  Drucke.  Es  absorbiert 
nämlich  ein  Gas  von  der  Energie,  durch 
welche  es  ionisiert  wir<l,  um  so  weniger 
in  der  Volumcnuinheit.   und  wird  dann  um 

Ij  Ann.  d    l'li;  s,  6,  90,  797,   lyol. 


SO  weniger  ionisiert,  je  kleiner  sein  Druck 
i  st.  Die?  gilt  auch  von  dem  ionisierenden  Sto.ss 
seiner  Ionen.  Ist  K  die  Elektrodenspannung  des 
durchströmten  Gases,  y^  die  Stromstärke,  so  ist 
y^-  F  die  im  Gas  geleistete  elektrische,  primär 
in  kinetische  lonenenergie  verwandelte  Arbeit. 
Der  Anteil  dieser  Energie,  der  auf  die  Ionisierung 
neutraler  Teilchen  verwandt  wird,  und  damit 
auch  die  durch  sie  erzeugte  Ionisation  ist  um  so 
kleiner,  je  kleiner  der  Gasdruck  ist;  gleichzeitig 
steigt  der  Energiebetrag,  welcher  von  den  be- 
wegten Ionen  an  die  feste  Begrenzung  des 
durchströmten  Gases,  nämlich  an  die  Elek- 
troden und  die  Gefässwände,  abgegeben  wird. 
Die  auf  diese  Weise  bewirkte  Abnahme  der 
Ionisierung  ist  der  Grund,  warum  bei  kleinem 
sinkendem  Druck  und  konstanter  Elektroden- 
spannung die  Stromstärke  nicht  wächst,  sondern 
abnimmt. 

3.  Einfluss  der  Gefässwände  auf  die 

Strömung  an  der  Kathode. 
Das  Verhalten  des  negativen  Glimmlichtes 
wird  häufig  in  folgender  Weise  beschrieben. 
„Das  negative  Glimmlicht  bedeckt  bei  höheren 
Drucken  nur  einen  Teil  der  Kathodenoberfläche, 
Mit  abnehmendem  Drucke  wächst  die  Dicke 
des  Kalhodendunkelraumes  und  gleichzeitig 
auch  die  Basis  des  negativen  Glimmhchtes, 
Dieses  bedeckt  schliesslich  die  ganze  Ober- 
fläche der  Kathode  (Fig,  i),"     Soweit  ist  nichts 


einzuwenden;  man  fährt  aber  in  der  Regel 
folgendermassen  weiter.  „Bei  weiter  sinkendem 
Drucke  zieht  sich  die  Basis  des  negativen 
Glimmlichtes  wieder  zusammen  und  bedeckt 
schliesslich  nur  mehr  die  Mitte  der  nach  der 
Anode  gewandten  Kathodenseite;  diese  allein 
i.st  dann  der  Ausgangspunkt  der  Kathoden- 
.strahlen  (Fig,  2)." 

Wenn  man  hiermit  das  normale  Verhalten 
des  negativen  Glimmlichtes  bei  niedrigen  Drucken 
kennzeichnen  will,  so  begeht  man  einen  schweren 
Fehler.  Jenes  Verhalten  ist  nämlich  abnormal 
und  sekundär  durch  die  Nähe  der  Glaswand 
bedingt.  Wählt  man  deren  Entfernung 
von  der  Kathode  genügend  gross,  so 
bleibt  auch  bei  ilen  niedrigsten  Drucken 
die  ganze  Kathodenoberfläche  mit  nega- 
tivem Glimmlicht  bedeckt  und  sendet  an 
allen  ihren  Funkten  Kathodenstrahlen 
aus  [Fig.  3).  J<,-ncs  almorniale  Verhalten  er- 
klärt sich  in  fulL'ender  Weise. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang-     No.  8. 


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Wie  ich  in  einer  demnächst  in  den  Annaien 
der  Physik  erscheinenden  Abhandlung  ansfiihr- 
lich  dargelegt  habe,  ist  sowohl  die  negative 
Ghmmschicht,  wie  die  erste  Kathodenschicht 
eine  lonisierungspartie.  Hier  ionisieren  die 
positiven  Ionen  durch  ihren  Stoss  das  Gas, 
dort  die  negativen;  die  eine  liefert"  der  anderen 
Ionen  zur  Aufrechterhaltung  der  Ionisation. 
Schirmt  man  die  von  der  negativen  Glimm- 
schicht ausgehenden  auf  die  Kathode  zu- 
schiessenden  positiven  Ionen  von  einem  Teil 
der  Kathode  ab,  indem  man  zwischen  diese 
und  den  Anfang  der  negativen  Glimmschicht 
einen  festen  Körper  stellt,  so  verschwindet,  wie 
A.  Wehnelt')  gezeigt  hat,  an  diesem  Teil  die 
erste  Kaihodenschicht  und  mit  ihr  die  Ioni- 
sierung; der  Teil  kann  umgekehrt  nicht  wieder 
negative  Ionen  in  die  negative  Glimmschicht 
zur  Ionisierung  senden;  darum  verschwindet 
auch  der  ihm  gegenübtrlieyende,  von  ihm  ab- 
hängige Teil  der  negativen  Glimmschicht.  Das 
Resultat  ist,  dass  die  freie  Kathodenoberfläche 
um  jenen  von  dem  Körper  vor  positiven  Ionen 
geschützten  Teil  verkleinert  erscheint.  In 
gleicher  Weise  wie  der  schattenwerfende  Körper 
wirkt  nun  auch  die  Glaswand,  sowie  die  Dicke 
des  Kathodendunkelraumes  grösser  geworden 
ist  als  ihr  Abstand  von  dem  zunächst  liegen- 
den Teil  der  Kathode,  sowie  sich  also  die  Wand 
zwischen  einen  Teil  der  negativen  Glimmschicht 
und  die  Kathode  schiebt.  Die  Glaswand  nimmt 
dann  gleichzeitig  eine  starke  negative  Ladung 
an.  Diese  kann  schwer  abfliessen,  da  ja  nun- 
mehr die  Ionisation  im  benachbarten  Gasraum 
sehr  klein  ist.  Aus  diesem  Grunde  muss  dann 
auch  die  Aiissendung  von  Kafhodenstrahlen 
auf  der  Rückseile  der  Kathode  aufhören. 

Als  Gesetz^)  des  Kathodenfalls  A' habe  ich 
folgende  Formel  angegeben: 

II  A.  Wehnell,  Wied.  Ann.  67,  421,   18.J9. 


Hierin  ist  A'«  der  normale  Kathodenfall, 
/'  und  X  eine  Konstante,  />  der  Gasdruck,  /die 
Grundfläche  des  negativen  Glimmlichtes  oder 
der  ersten  Kathoden  .Schicht,  /  die  Stromstärke. 
Hierbei  ist  zunächst  angenommen,  dass  sich 
der  dunkle  Kathodenraum,  nicht  gestört  von 
der  Glaswand,  ausbreiten  kann.  Tritt  der  Fall 
ein,  dass  durch  die  Nähe  der  Glaswand  ein 
Teil_/i  der  ganzen  Kathodenoberfläche /*  seines 
Glimmlichtes  beraubt  wird,  so  ist  f^^fk  — fi  zu 
setzen, 

Ist  /:  die  elektromotorische  Kraft  der  Strom- 
quelle, /■  der  ausserhalb  des  Stromgefässes 
liegende  Ohmsche  Widerstand  und  ist  der 
Spannungsabfall  zwischen  dem  Ende  des  nega- 
tiven Glimmlichtes  und  der  Anode  klein,  was 
in  der  Regel  bei  niedrigen  Drucken  zutrifft, 
so  kann  man  mit  grosser  Annäherung  setzen 
E  —  K 


oder 


=  E~K..- 


p-f\ 


/>(/*-/.)i 
Aus  diesen  Gleichungen  sind  folgende  durch 
das  Experiment    leicht  zu    bestätigende  Folge- 
rungen    abzulesen.      Bei      niedrigen      Gas- 
drucken   ist    die  Stromstärke    im    allge- 
meinen klein.     Will   man   auch   durch   ein 
hohes     Vakuum     einen     relativ     starken 
Stromsenden,  so  muss  man  der  Kathode 
eine  grosse  Oberfläche  und  einen  grossen 
Abstand    von    der    Gefässwand    oder    an- 
deren im  Gas  befindlichen  Körpern  geben, 
damit/  =<'  bleibt.    Will  man  eine  Vakuum- 
röhre    herstellen,     die     nur     eine     sehr 
schwache    elektrische    Strömung    durch- 
lässt,     oder     will     man     die     Spannungs- 
differenz     zwischen     Anode      und      Ka- 
thode   gross    machen    und    so   Kathoden- 
I  strahlen   mit  sehr  grossen  Geschwindig- 
i   keiten    erzeugen,    so    muss    man    erstens 
!  einen     möglichst      niedrigen      Gasdruck 
I  herstellen,  zweitens  eine  kleine  Kathode 
(  verwenden, drittens denAbstand zwischen 
I  ihr  und   der  Glaswand   klein   wählen,   da- 
;   mit  /*  — /   nahezu  Null    wird.     Die    negativen 
■   Ladungen     der    Glaswand    können     in     engen 
Röhren  bei  niedrigem  Drucke  so  gross  werden, 
dass   sie,    nach    einem    ganz    kurzen   Übergang 
.   eines   Stromstosses,    der    verfugbaren    elektro- 
!   motori.schen  Kraft   es    unmöglich    machen,    die 
I  elektrische    Strömung    wieder    einzuleiten    und 
I   aufrecht  zu  erhalten.     Dies  war  in  den  absoluten 
Vakuumröhren  Hittorfs  der  Fall. 

Göttingen,  den  20.  Dezember  1901. 
I  (Kingegangeii  21.  Deiember  1901.} 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


xl 


B.  Walter  (Hamburg),  Ein   photographischer 
Apparat  zur  genaueren  Analyse  des  Blitzest) 

Schon  die  gewöhnlichen  nächtlichen  BHtz- 
photographien  mit  feststehender  Kamera,  die 
zuerst  vor  etwa  20  Jahren  gemacht  wurden, 
Hessen  in  vereinzelten  Fällen  erkennen,  dass 
ein  Blitzschlag  nicht  immer  ein  einfacher,  sich 
in  einem  Augenblicke  abspielender  Vorgang  ist, 
sondern  unter  Umständen  aus  mehreren,  stoss- 
weise  aufeinander  folgenden  Entladungen  be- 
stehen kann,  welche  in  der  Regel  alle  denselben 
Weg  durch  die  Luft  nehmen.  Die  erste  Aufnahme 
dieser  Art  war  diejenige  von  Prof.  Kayser*^)  in 
Bonn;  und  die  zeitliche  Analyse  des  Blitzes  kam 
in  diesem  Falle  ohne  Zuthun  des  Photographen 
dadurch  zu  stände,  dass  ein  starker  Wind  die 
Luftteilchen,  über  welche  der  Blitz  seinen  Weg 
nahm,  so  schnell  vor  sich  hertrieb,  dass  die 
einzelnen  Entladungen,  welche  zeitlich  nach- 
einander durch  dieselben  hindurchgingen,  sich 
örtlich  neben  ein  and  er  auf  der  Platte  abbildeten. 
Die  Erkenntnis  dieser  Umstände  führte  sodann  zu 
dem  Gedanken,  diese  Analyse  auch  ohne  Bei- 
hilfe des  Windes  einfach  dadurch  h?rbeizufuhren, 
dass  man  die  photographische  Kamera  während 
des  Gewitters  nicht  mehr  fest  aufstellte,  sondern 
derselben  eine  bestimmte  Bewegung  gab.  Auch 
dann  mussten  ja  selbst  Vorgänge,  die  genau 
an  derselben  Stelle  des  Raumes  zeitlich  nach- 
einander stattfanden,  auf  der  Platte  räumlich 
nebeneinander  abgebildet  werden.  Die  ersten 
Aufnahmen  dieser  Art  verdanken  wir  Prof. 
Weber^)  in  Kiel,  und  zwar  hielt  derselbe  seine 
Kamera  dabei  einfach  zwischen  den  beiden 
Händen,  um  derselben  damit  eine  langsam 
schaukelnde  Bewegung  in  der  Art  zu  geben, 
dass  die  optische  Achse  der  Kamera  ungefähr 
den  Mantel  eines  Kegels  beschrieb. 

Hiermit  war  also  eine  Methode  angegeben, 
um  jeden  Blitzschlag  zeitlich  zu  analysieren. 
Allerdings  halte  ich  die  Art  der  Bewegung, 
welche  der  letztgenannte  Beobachter  seiner 
Kamera  gab,  nicht  gerade  für  die  günstigste; 
denn  es  können  dabei  die  einzelnen  Entladungen 
des  Blitzschlages  leicht  durcheinander  geraten, 
und  es  kann  ferner  auch  die  Bestimmung  der 
Zeitabschnitte,  welche  zwischen  diesen  einzelnen 
Entladungen  liegen,  auf  diese  Weise  höchstens 
nur  annähernd  geschätzt  werden.  Diesen  beiden 
Übelständen  glaube  ich  nun  in  verhältnismässig 
einfacher  Weise  dadurch  abgeholfen  zu  haben, 

i)  Abteilung  2,  26.  September  190 1. 

2)  H.  Kayser,  Berichte  der  KönigL  Akad.  Berlin  1884, 
S.  611. 

3)  L.  Weber,  Berichte  der  Königl.  Akad.  Berlin  1889, 
S.  781. 


dass  ich  die  photographische  Kamera  auf  ein 
passendes  Uhrwerk  setzte,  um  derselben  da- 
durch eine  ganz  langsame  Drehung  um  eine 
fest  im  Räume  stehende  Achse  zu  geben,  wie  Sie 
es  hier  an  diesem  Apparate  sehen.  Dabei  ist 
aber  die  Kamera  nicht  fest  mit  dieser  Achse  ver- 
bunden, sondern  vielmehr  an  einen  Messing- 
cylinder  angeschraubt,  der  längs  seiner  Achse 
eine  Durchbohrung  von  solcher  Weite  erhalten 
hat,  dass  er  sich  mit  sanfter  Reibung  über  jene 
Achse  des  Uhrwerks  schiebt  und  also  von  ihr 
bei  der  Drehung  mitgenommen  wird.  Diese 
Komplikation  hat  den  Zweck,  dass  die  Kamera 
nicht  die  ganze  Drehung  um  die  Achse  des  Uhr- 
werks mitzumachen  braucht,  sondern  dass  man 
sie,  sobald  ihr  Objektiv  das  Gewitter  aus  dem 
Gesichtskreis  verloren  hat,  einfach  mit  der  Hand 
wieder  zurückdrehen  kann,  worauf  sie  nur  los- 
gelassen zu  werden  braucht,  um  aufs  neue  von 
dem  Uhrwerk  mitgenommen  zu  werden  (Vor- 
führung). Zur  Erleichterung  der  Handhabung 
ist  noch  ein  Anschlag  vorgesehen,  durch  den 
man  die  Drehung  der  Kamera  auf  einen  be- 
stimmten Winkel  beschränken  kann.  Beim  Weiter- 
ziehen des  Gewitters  verrückt  man  dann  nur 
das  Stativ,  welches  das  Uhrwerk  mit  der  Kamera 
trägt  und  zwar  natürlich  in  der  Weise,  dass 
die  Mittellinie  jenes  Winkels  immer  ungefähr 
nach  derjenigen  Stelle  des  Himmels  hinzeigt, 
wo  die  Blitzschläge  am  häufigsten  stattfinden. 
Hat  man  nun  auf  diese  Weise  einen  der- 
selben eingefangen,  und  zeigt  er  sich  auf  der 
fertig  entwickelten  Platte  aus  mehreren  Einzel- 
entladungen bestehend,  so  kann  man  den  zeit- 
lichen Abstand  ^/  von  zweien  derselben  aus 
ihrem  räumlichen  Abstand  dy  auf  der  Platte 
nach  der  Formel 

fi  +  1/2 

berechnen,  worin  /  die  Brennweite  des  Objek- 
tivs, IV  die  Winkelgeschwindigkeit  der  Kamera 
und  y  den  Abstand  der  fraglichen  Stelle  von 
der  Mitte  der  Platte  bedeutet.  Bei  meinem 
Apparate  z.  B.  dreht  sich  die  die  Kamera  tra- 
gende Achse  in  35  Sekunden  einmal  um  sich 
selbst,  so  dass  demnach  bei  Anwendung  eines 
Objektivs  mit  12  cm  Brennweite  zwei  Entla- 
dungen, die  sich  in  der  Nähe  der  Mitte  der 
Platte  in  einem  Abstände  von  i  cm  abgebildet 
haben,  in  einer  Zeit  von  0,465  Sek.  aufeinander 
gefolgt  sind.  Natürlich  kann  man  durch  An- 
Wendung  eines  anderen  Übersetzungsverhält- 
nisses der  Zahnräder  des  Uhrwerks  diese  Ver- 
hältnisse in  sehr  weiten  Grenzen  ändern. 

Was  sodann  die  eigentliche  photographische 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No.  8, 


169 


Ausrüstung  anbetrlfift,  so  enthält  meine  Kamera 
nur  eine  Plattengrösse  von  '12  cm  und  zwar 
hauptsächlich  deshalb,  um  dieselbe  event.  auch 
mit  auf  die  Reise  nehmen  zu  können.  Ferner 
habe  ich  zu  derselben  zwei  sogenannte  Magazin- 
kassetten mit  je  12  Platten  Inhalt  ange.schafft, 
einmal,  um  auch  während  eines  iangdauernden 
Gewitters  nicht  neue  Platten  einlegen  zu  brau- 
chen, und  zweitens,  um  nach  erfolgtem  Blitz- 
schlag möglichst  schnell  wieder  eine  neue  Platte 
in  Bereitschaft  zu  haben. 

In  Bezug  auf  das  Objektiv  ferner  scheint 
mir  eine  korrekte  Zeichnung  bis  in  die  Ecken 
der  Platte  hinein  die  erste  Forderung  zu  sein, 
die '  Lichtstärke  aber  weniger  in  Betracht  zu 
kommen.  Erwünscht  dagegen  ist  ein  recht 
grosser  Gesichtskreis,  sodass  daher  die  Weit- 
winkelobjektive nach  dem  Doppelanastigmattypus 
wohl  als  die  passendsten  Gläser  zu  bezeichnen 
sind.  Indessen  kann  man  bei  gehöriger  Ab- 
biendung auch  schon  mit  verhältnismässig  ein- 
fache« Objektiven  recht  gute  Resultate  er- 
zielen. 

Für  eine  erfolgreiche  Anwendung  des  Ap- 
parates ist  es  ferner  in  erster  Linie  erforderlich, 
dass  man  über  einen  Standort  verfügt,  von  dem 
aus  man  einen  möglichst  grossen  Teil  des 
Himmels  übersehen  kann.  Da  man  sich  nun 
aber  zur  Nachtzeit  meistenteils  in  seiner  Häus- 
lichkeit befindet  und  hier  demnach  auch  den 
Apparat  bereit  halten  wird,  die  städtischen 
Wohnungen  aber  andererseits  in  der  Regel  nur 
einen  sehr  beschränkten  Rundblick  gewähren, 
so  habe  ich  mir  auf  dem  Dache  des  fünfstöckigen 
Etagenhauses,  in  welchem  ich  wohne,  einen 
bedeckten  Ausbau  von  etwa  i  qm  Grundfläche 
machen  lassen,  der  vier  kleine,  sich  nach  allen 
Richtungen  des  Himmels  hin  Öffnende  Fenster 
besitzt.  Von  diesen  wird  dann  natürlich  nur 
das  gerade  nötige  aufgemacht,  so  dass  ich  also 
trotz  des  freien  Standortes  doch  gegen  Regen 
und  Wind  ziemlich  gut  geschützt  bin. 

Im  Anschlüsse  hieran  möchte  ich  Ihnen 
nun  noch  einige  der  vielen  bereits  mit  dem 
Apparate  erhaltenen  Aufnahmen  vorführen.  Von 
denselben  scheint  mir  zunächst  die  folgende 
in  Fig.  1 ')  abgebildete,  die  am  Abende  des 
Pfingstsonntags  v.  j.  aufgenommen  wurde,  in 
mehrerlei  Hinsicht  ein  besonderes  physikalisches 
Interesse  zu  haben.  Wie  Sie  sehen,  besteht 
der  darin"  abgebildete  Blitz  aus  drei  in  sehr 
kurzer  Zeit  aufeinanderfolgenden  Schlägen,  die 
auf  der  Platte  in  allen  ihren  Teilen  genau 
parallel  .sind  und  demnach  alle  denselben  Weg 
durch    die  Luft   genommen   haben.     Dabei   ist 

l(  L'm  die  teilweise  sehr  larlen  ELnjelheilen  dei  Originale 
ia  beiden  Figuren  l  und  3  bei  der  Reiuodoltlion  niehl  ver- 
loren gehen  lu  lassen,  mnasten  in  den  dafilr  nngeferliKteii 
PofltiTen  die  hellen  und  dunklen  Teile  duieli  weisse  bcnv. 
«chtraiye  Tusche  etwas  KtSrher  hervorgehoben  nerdcii. 


Fig.    T. 

der  in  der  oben  angegebenen  Weise  berechnete 
Zeitunterschied  zwischen  den  beiden  ersten  Ent- 
ladungen 0,042  Sek.,  und  der  zwischen  den 
beiden  letzten  0,1 1  Sek,,  so  dass  also  der  ganze 
Schlag  0,15  Sek.  gedauert  hat.  Besonders  be- 
merkenswert ist  nun  an  diesen  Entladungen,  dass 
nur  diejenige,  welche  der  Zeit  nach  die  erste 
war,  seitliche  Verästelungen  hat.  Auf  diese  Er- 
scheinung, die  sich  übrigens  noch  in  mehreren 
anderen  meiner  Aufnahmen  wiederholt,  mache 
ich  deswegen  aufmerksam,  weil  dieselbe  mit 
der  Art  der  Entstehung  des  Blitzes,  wie 
ich  sie  vor  einiger  Zeit  in  Wiedemanns  An- 
nalen')  nahe  gelegt  und  daselbst  auch  für  die 
Funken  unserer  Induktionsapparate  durch  eine 
ähnliche  photographische  Analyse  derselben 
bewiesen  habe,  in  direktem  Zusammenhange 
steht.  Nach  dieser  Auffassung  entsteht  näm- 
lich ein  Blitz  in  der  Regel  nicht  mit  einem 
Schlage,  sondern  vielmehr  in  der  Weise,  dass 
die  positive  Elektrizität  der  Wolke  in  der  Form 
mehrerer  stossweise  aufeinanderfolgender  und 
von  Stoss  zu  Stoss  immer  länger  werdender 
Büschelentladungen  allmählich  immer  weiter  zur 
Erde  hin  vordringt,  wobei  die  folgende  Ent- 
ladung sich  stets  des  ihr  von  der  vorhergehenden 
bereits  gebahnten  Weges  bedient,  um  dann  so 
weit  darüber  hinauszuschiessen,  als  sie  es  nach 
Massgabe  der  ihr  von  der  Wolke  aus  nachge- 
lieferten elektrischen  Energie  vermag. 

II  R   Walter,   Wicd,   Am..  68.    6j6,     iSf)S  11.   68,   776, 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrganjj.     No.  8. 


Dass  diese  Theorie  für  die  künstlichen  Funken 
imserer  Laboratoriumsv ersuche  zutrifft,  habe 
ich,  wie  bereits  gesagt,  in  Wiedemanns  An- 
nalen  nachgewiesen,  und  werden  Sie  auch  un- 
mittelbar zugeben,  wenn  ich  Ihnen  hier  einige 
besonders  charakteristische  Aufnahmen  vor- 
führe. Dabei  hatte  allerdings  die  photogra- 
phische Platte  etwa  die  hundertfache  Geschwin- 
digkeit von  der  unserer  Blitzkamera,  und  sie 
niusste  daher  auch  die  Vorgänge  bei  der  Ent- 
stehung des  Funkens  weit  genauer  erkennen 
lassen,  als  die  mit  letzterer  erhaltenen  Blitz- 
aufnahmen. 

Wenden  wir  nun  aber  diese  so  gewonnene 
Erkenntnis  auf  die  zuerst  betrachtete  Blitzauf- 
nahme an,  so  werden  wir  sagen  können,  dass 
die  darin  enthaltene  Thatsache,  wonach  die  seit- 
lichen Verästelungen  immer  nur  an  der  ersten 
Entladung  eines  mehrfachen  Blitzschlages  vor- 
kommen, mit  der  obigen  Theorie  der  Ent- 
stehung desselben  im  besten  Einklang  steht, 
denn  für  die  späteren  Entladungen  ist  ja  der 
Weg  schon  durch  die  erste  gebahnt,  und  es 
können  also  diese  auch  der  vorbereitenden 
Büscbelentladungen  entraten. 

Sodann  möchte  ich  Ihnen  als  zweite  Auf- 
nahme noch  die  folgende  vorlegen,  deren,  am 
2.  Juni  d.  J.  morgens  zwischen  3  und  4  Uhr  auf- 
genommener Blitz  aus  sechs  einzelnen  Schlägen 
bestand  [s.  Fig.  2I').  Bemerkenswert  ist  an  dieser 


Aufnahme  besonders,  das.s  die  Abstände  zwischen 
den  einzelnen  Entladungen  sehr  ungleich  sind; 
sie  betrugen  nämlich  in  Zeit  umgerechnet  resp. 
0,131,  0,068,  0,075,  0,1 19  und  0,103  Sekunden, 
so  dass  also  an   eine  regelmässige  Schwingung 


der  Elektrizität  zwischen  Wolke  und  Erde,  wie 
man  sie  vielfach  angenommen  hat,  in  diesem 
Falle  nicht  gedacht  werden  kann.  Es  sei 
noch  bemerkt,  dass  ich  jene  Zeitintervalle 
zwischen  den  einzelnen  Entladungen  bei  der 
Aufnahme  des  Blitzes  deutlich  als  ein  mehr- 
faches Zucken  des  Lichtes  beobachten  konnte. 
Schliesslich  mag  noch  daraufhingewiesen  werden, 
dass  der  zweite  und  der  sechste  Schlag  dieses 
Blitzes  die  übrigen  an  Intensität  ganz  be- 
deutend überragen,  und  dass  es  auch  nur  diese 
beiden  Entladungen  waren,  durch  deren  Licht 
die  auf  dem  Bilde  sichtbare  Landschaft  mit 
zur  Abbildung  gelangte.  Dies  ergiebt  .sich  sehr 
einfach  daraus,  dass  sämtliche  Einzelheiten 
dieser  Landschaft  doppelt  abgebildet  sind,  und 
dass  ferner  der  Zeitabstand  i// aller  dieser  Doppel- 
bilder der  gleiche  ist,  wie  der  jener  beiden 
Schläge.  Der  räumliche  Abstand  dy  der  ein- 
zelnen Doppelbilder  dagegen  variiert  etwas  von 
der  Mitte  bis  zum  Rande  der  Platte  hin,  wie 
es  ja  auch  nach  unserer  Formel  i)  der  Fall 
sein  muss. 

Hieraus  ergiebt  sich  nun  aber,  dass  wir 
bei  dieser  Art  der  Blitzphotographie  mit  be- 
wegter Platte  in  den  meisten  Fällen  auch 
schon  aus  dem  Bilde  der  von  dem  Blitze  er- 
leuchteten Landschaft  erkennen  können,  ob 
derselbe  aus  einem  oder  mehreren  zeitlich  auf- 
einander folgenden  Schlägen  bestanden  hat. 
Dies  ist  besonders  wichtig  in  solchen  Fällen, 
wo  man  dies  aus  dem  Bilde  des  Blitzes  selbst 
nicht  mit  Sicherheit  erkennen  kann,  wie  Sie 
dies  beispielsweise  aus  folgender  Aufnahme 
ersehen.  Dieselbe  scheint  nämlich  bei  der  ersten 
Betrachtung  einen  einfachen  und  ziemlich  regel- 
losen Flächenblitz  darzustellen.  Da  indessen  die 
Landschaft  in  dieser  Aufnahme  in  ihren  am 
meisten  hervortretenden  Umrissen  deutlich  als 
doppelt  zu  erkennen  ist,  so  ist  es  fraglos,  dass 
wir  es  hier  mit  zwei,  in  bestimmtem  Zeitab- 
stand aufeinander  folgenden  Entladungen  zu 
thun  haben  müssen.  Bei  einer  genaueren 
Durchsiebt  der  Platte  gewahrt  man  denn  auch, 
dass  oben  in  der  Ecke  die  sehr  schwache, 
wahrscheinlich  von  der  Wolke  verdeckte  Aus- 
gangs.stelle  des  Blitzes  ebenfalls  doppelt  und 
zwar  in  demselben  Abstände,  wie  die  Doppel- 
bilder der  Landschaft  auftritt,  so  dass  es  also 
keinem  Zweifel  unterliegen  kann,  dass  der  eine 
Teil  unseres  Blitzes,  der  von  der  s-päter  auf- 
tretenden Abbildung  dieser  Ausgangsstelle  aus- 
geht auch  zeitlich  später  erfolgte  als  der  übrige 
Teil.  Somit  ergiebt  sich  also  des  weiteren 
noch  aus  der  Aufnahme,  dass  in  diesem  Flächen- 
blitze die  positive  Elektrizität,  trotzdem  sie  in 
gar  nicht  sehr  langer  Aufeinanderfolge  zweimal 
von  demselben  Punkte  der  Wolke  ausgegangen 
ist,  hich  dennoch  beide  Male  nach  ganz  ver- 
schiedenen Kichtungcn  des  Himmels  hin  bewegt 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  S. 


171 


hat,  und  zwar  offenbar  deshalb,  weil  in  der 
zuerst  von  ihr  aufgesuchten  Gegend  der  Vorrat 
an  entsprechender  negativer  ^Elektrizität  erschöpft 
war.  Wenn  ein  solcher  doppelter  Blitzschlag 
von  derselben  Stelle  einer  Wolke  aus  zur  Erde 
niedergegangen  wäre,  so  würde  ein  derartiger 
Richtungswechsel  in  so  kurzer  Zeit  schwerlich 
stattgefunden  haben. 

In  der  nächsten  Aufnahme  zeige  ich  Ihnen 
dann  noch  einen  Flächenblitz,  der  wirklich  nur 
aus  einem  momentanen  Schlage  bestanden  hat; 
denn  das  Bild  der  Landschaft  ist,  trotzdem  die 
photographische  Platte  bei  der  Aufnahme  in 
Bewegung  begriffen  war,  dennoch  tadellos  scharf 
geworden.  Ja,  auf  der  nunmehr  folgenden  Platte 
sehen  Sie  sogar  ein  ebensolches,  noch  besser 
ausgeprägtes  Bild  dieser  Landschaft,  das  von 
einem  Blitze  herrührt,  der  nicht  einmal  selbst 
mit  auf  der  Platte  abgebildet  ist,  wahrschein- 
lich weil  er  ziemlich  senkrecht  über  mir  in  den 
Wolken  stattfand. 

Schliesslich  möchte  ich  noch  einer  letzten 
Aufnahme  Erwähnung  thun,  die  mir  besonders 
in  meteorologischer  Hinsicht  von  Bedeutung  er- 
scheint, die  aber  leider  bei  der  photographischen 
Entwicklung  nicht  klar  genug  herausgekommen 
ist,  als  dass  ich  sie  Ihnen  hier  vorfuhren 
könnte.  Ich  muss  Ihnen  daher  das  darin  Ent- 
haltene durch  eine  schematische  Zeichnung  (s. 
F^jg-  3)  demonstrieren.  Es  handelt  sich  dabei 
um  einen  Flächenblitz,  der  aus  zwei,  in  allen 
ihren  Teilen  parallelen  Einzelentladungen  i  und 


Fig.  3. 

2  besteht,  so  dass  wir  es  also  zunächst  nur  mit 
zwei  in  gewohnter  Weise  zeitlich  aufeinander- 
folgenden  Schlägen  zu  thun  zu  haben  scheinen, 
die  beide  denselben  Weg  durch  die  Luft  ge- 
nommen haben.  Das  Bemerkenswerte  an  dieser 
Aufnahme  ist  nun  aber,  dass  in  der  linken 
Hälfte  der  Platte  die  zeitlich  zuerst  auftretende 
Entladung  als  die  stärkere  erscheint,  während 
auf  der  rechten  Seite  das  Umgekehrte  der  Fall 
ist.  Die  Erklärung  hierfür  finden  wir,  wenn  wir 
uns  die  Stelle  aufsuchen,  wo  der  Wechsel 
zwischen  diesen  beiden  Erscheinungen  eintritt 
(in  der  schematischen  Zeichnung  bei^):  denn  wir 
sehen,  dass  sich  hier  von  der  Seite  her  eine 
neue  Entladung  mit  der  zeitlich  zuletzt  erfolgen- 
den vereinigt.  Es  ist  demnach  klar,  dass  diese 
Seitenentladung  gleichzeitig  mit  dem  zweiten 
Schlage  des  ursprünglichen  Blitzes  entstanden 
und  dann  in  die  Stelle  a  seiner  Bahn  hineinge- 


schlagen sein  muss  und  sich  nun  von  hier  aus 
der  rechten  Hälfte  seines  Weges  in  der  Luft 
bedient  hat.  Dadurch  wurden  dann  die  hierin 
befindlichen  Luftteilchen  noch  einmal  zu  neuer 
Glut  angefacht,  so  dass  es  mithin  begreiflich  ist, 
dass  diese  bei  dieser  zweiten  Entladung  stärker 
erglühen  konnten,  als  bei  der  ersten,  während 
für  die  Teilchen  der  linken  Hälfte  des  ursprüng- 
lichen Blitzes,  die  von  jener  Seitenentladung  nicht 
berührt  wurden,  das  Umgekehrte  der  Fall  sein 
konnte. 

Schliesslich  möchte  ich  noch  bemerken,  dass 
bei  dem  Doppelblitze  dieser  Aufnahme  für  die 
Verteilung  der  Elektrizität  in  den  Wolken  das 
Umgekehrte  gilt,  wie  bei  demjenigen  des  Ihnen 
früher  vorgeführten  Flächenblitzes;  denn  hier 
fällt  bei  den  beiden  Einzelentladungen  des 
Blitzes  das  elektrisch  negative  Ende  in  die- 
selbe Gegend  der  Gewitterwolke,  und  die  ent- 
sprechende positive  Elektrizität  kommt  aus  zwei 
verschiedenen  Teilen  derselben  zugeströmt,  wäh- 
rend dort  umgekehrt  die  positive  Elektrizität 
beide  Male  von  derselben  Stelle  der  Wolke  aus- 
ging und  sich  die  zu  ihrer  Neutralisierung  not- 
wendige negative  in  zwei  ganz  verschiedenen 
Gegenden  derselben  aufsuchen  musste. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

Diskussion. 

(Von   den  Beteiligten  durchgesehen.) 

Precht  (Hannover):  Ich  möchte  Herrn  Weber 
fragen,  ob  und  wo  er  mit  seinem  Apparat  er- 
haltene getrennte  Blitze  publiziert  hat. 

Weber  (Kiel):  Ich  habe  bei  meinen  1889  in 
den  Berliner  Akademieberichten  publizierten 
Blitzaufnahmen  eine  sehr  deutliche  Trennung  der 
Einzelentladungen  beobachtet  und  diese  streifen- 
förmig nebeneinander  liegenden  Linien  bereits 
als  Intensitätsanschwellungen  im  Gegensatz  zu 
oszillatorischen  Entladungen  gedeutet.  Ich  habe 
diese  hier  vorgeführte  Trennung  durch  eine 
einfache  Handbewegung  bekommen.  Das  In- 
strument des  Herrn  Walter  ist  gewiss  ge- 
eignet, genauere  Zeitmessungen  zu  geben.  Inter- 
essant ist  bei  den  vorgeführten  Versuchen 
der  Nachweis,  dass  die  Blitze  nicht  oszillato- 
rische Entladungen  sind,  sondern  der  Mecha- 
nismus doch  wohl  hier  ein  anderer  ist.  Es  han- 
delt sich  wohl  um  Intensitätsanschwellungen, 
nicht  um  Oszillationen. 

Mannes  mann  (Remscheid):  Um  eine  Ver- 
grösserung  der  Geschwindigkeit  des  Apparates 
zu  erhalten,  wäre  es  vorteilhaft,  einen  Rotations- 
apparat mit  einer  so  grossen  Zahl  photographi- 
scher Kammern  zu  verwenden,  dass  man  damit 
stets  den  ganzen  Horizont  in  Sicht  hat. 

Walter:  Daran  habe  ich  auch  schon  ge- 
dacht, wegen  der  grossen  Kosten  aber  vorläufig 
davon  Abstand  genommen. 


172 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


M.  Töpler  (Dresden):  Nach  meinen  Unter- 
suchungen der  magnetischen  Spuren  von  Blitz- 
schlägen waren  Blitze,  in  denen  die  Strömungs- 
richtung der  positiven  Elektrizität  von  der  Erde 
zur  Wolke  ging,  viel  häufiger,  als  die  umge- 
kehrten. Hat  der  Vortragende  vielleicht  an 
seinen  Blitzphotographien  eine  stärkere  Veräste- 
lung nach  dem  positiven  Ende,  als  nach  dem 
negativen  Blitzende  zu  wahrgenommen?  Ein 
solcher  Unterschied  Hesse  die  erwähnte  Häu- 
figkeitsverschiedenheit erklären. 

Walter:  Nein;  ich  habe  bisher  die  Ansicht 
vertreten,  dass  in  sämtlichen  zur  Erde,  gehenden 
Blitzen  die  positive  Elektrizität  nach  der  Erde 
zu  fliesst. 

Töpler:  Das  widerspricht  dem  Befunde  der 
Spuren. 

Walter:  Solange  wir  es  mit  Büschel-Ent- 
ladungen zu  thun  haben,  geht  der  Prozess  jeden- 
falls von  der  Wolke  zur  Erde  vor  sich.  Erst 
wenn  der  Blitz  fertig  ist,  könnte  auch  wohl 
ein  Strömungswechsel   stattfinden. 

Töpler:  Das  muss  ich  bezweifeln;  es  kann 
auch  ein  negatives  Büschel  aus  der  Wolke  her- 
vorgehen, 

Walter:  Bei  den  Induktionsftinken  sind  es 
aber  nur  die  positiven  Entladungen,  die  grössere 
Büschel  geben. 

Töpler:  Ich  frage  eben,  ob  das  bei  den 
Blitzen  auch  so  ist? 

Walter:  Das  nehme  ich  allerdings  nur  an. 

Vorsitzender  Prof.  Braun:  Hier  scheint 
also  keine  Einigkeit  zu  erzielen  zu  sein. 

Precht  erinnert  an  getrennte  Blitzaufnahmen, 
die  er  1895*)  gemacht  hat.  Die  Frage,  ob  es 
sich  dabei  um  intermittierende  oder  oszillierende 
Entladungen  handelt,  betrachtet  er  als  eine  offene. 

Geitel  (Wolfenbüttel):  Unzweifelhaft  kommen 
bei  negativem  Potentialgefälle  über  der  Erd- 
oberfläche Blitze  vor,  bei  denen  die  Wolke 
Kathode  ist.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  nach 
den  Ausführungen  des  Herrn  Walter,  dass,  wenn 
die  Wolke  Kathode  ist,  wir  solche  Büschel 
nicht  haben. 

Walter:  Ich  habe  allerdings  auch  eine  ganze 
Anzahl  von  einfachen  Blitzen  ohne  Büschel  er- 
halten, und  es  wäre  ja  möglich,  dass  in  solchem 
Falle  die  Strömung  der  positiven  Elektrizität 
von  der  Erde  zur  Wolke  hin  stattgefunden  hat. 
Diese  Aufnahmen  habe  ich  nicht  vorgeführt,  weil 
sie    mir    nichts  Besonderes   zu  bieten  schienen. 

i)  Precht,  Himmel  und  Erde  7,  177— 185,  1S95. 

O.  L  u  m  m  e  r  (Berlin),  Die  planparallelen  Platten 
als  Interferenzspektroskop. ') 
Fizeau   muss  als  der  Begründer  der  Inter- 
ferenzspektroskopie   angesehen    werden,    da    er 
zuerst    aus    seinem    berühmt    gewordenen  Ver- 

l)  Abteilung  2,  23.  Spptbr    1901. 


such  mit  dem  Newton  sehen  Farbenglase  variabler 
Luftdicke  auf  die  Zusammensetzung  des  be- 
nutzten Lichtes  wichtige  Schlüsse  gezogen  hat. 

Den  N  e  w  t  o  n  -  F  i  z  e  a  u  seh  en  „Kurven  gleicher 
Dicke"  haftet  jedoch  ein  Fehler  an,  auf  den 
Exner  hingewiesen  hat'),  welcher  bewirkt, 
dass  diese  Streifen  bei  einem  genügend  hohen 
Gangunterschiede  verschwinden,  auch  wenn  das 
benutzte  Licht  absolut  homogen  ist  und  be- 
liebig lange  interferenzfähig  schwingt. 

Frei  von  diesem  störenden  Fehler  sind  die 
an  einer  vollkommen  planparallelen  Platte 
auftretenden  „Kurven  gleicher  Neigung",  von 
denen  ich  zeigen  konnte*^),  dass  sie  allein  be- 
rufen sind,  die  Frage  endgültig  zu  entscheiden, 
wie  lange  ein  Ätherteilchen  interferenzfähig 
schwingt.  Ausserdem  behandelte  ich  die  „neu- 
tralen" Stellen,  welche  man  bei  Anwendung 
von  Natriumlicht  beobachtet,  wenn  man  von 
senkrechter  zu  streifender  Incidenz  übergeht. 
Diese  Erscheinung  bildet  das  Analogon  zu  dem 
von  Fizeau  beobachteten  Phänomen  des  perio- 
dischen Verschwindens  und  Wiedererscheinens 
der  Newtonschen  Ringe. 

Erst  A.  A.  Michelson^)  hat  die  Interferenz- 
spektroskopie zur  Disziplin  ausgebaut,  indem  er 
die  Fizeau  sehe  Methode  der  variablen  Luft- 
schicht auf  die  Planparallelitätsringe  übertrug 
und  das  Aussehen  der  Ringe  bei  kontinuierlich 
wachsender  Dicke  einer  planparallelen  Luft- 
platte studierte.  In  Übereinstimmung  mit  meiner 
Theorie  steht  die  Thatsache,  dass  Michelson 
die  Ringe  an  einer  planparallelen  Luftplatte  von 
variabler  Dicke  noch  bei  Gangunterschieden  von 
über  400000  Wellenlängen  beobachten  konnte. 
Seine  aus  dem  Verlauf  und  dem  Aussehen  der 
Ringe  bei  wachsendem  Gangunterschied  in 
Bezug  auf  die  Zusammensetzung  der  benutzten  so- 
genannten „homogenen"  Lichtquellen  gezogenen 
Schlüsse  entbehren  jedoch  der  sicheren  Grund- 
lage und  zwingenden  Kraft.  Diese  wurde  der 
Michelsonschen  Methode  erst  durch  Perot 
und  Fabry^)  gegeben,  welche  auf  Grund  der 
B  o  u  1  o  u  c  h  sehen  Theorie  ^)  die  planparallele 
Luftplatte  zwischen  versilberten,  keilförmigen 


I   -- 


i)  Siehe  E.  V erdet,  „Vorlesungen  über  die  Wellen- 
theorie  des  Lichtes".  Deutsche  Bearbeitung  von  K.  Exner. 
Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn,  1881,  p.  72  ff. 

2)  O.  Lummer,  „über  eine  neue  Interferenzcrscbeinung 
an  planparallelen  Platten  und  eine  Methode,  die  Planpara- 
lilität  solcher  Gläser  zvl  prüfen".  Inaog.-Diss.  1884.  Wied. 
Ann.  23,  49—84,  1884. 

3)  A.  A.  Michelson,  Phil.  Mag.  (5)  31,  338 — 346, 
1891;  34,  280 — 299,  1892  und  Joarn.  de  Phys.  (3)  3,  5 — 22, 
1894. 

4)  A.  Perot  u.  Ch.  Fabry,  Ann.  de  chim.  et  phys.  (7) 
12,  459—501,  1897;  Compt.  rend.  1897,  1898,  1899  und 
19CX);  Ann.  de  chim.  et  phys.  (71  16,  1899  und  Balletin 
Astioo.  Janvier  1899;  vgl.  auch  M.  Hamy,  Compt.  rcnd. 
125,  1092—1094,  1827.  Näheres  siehe  in  Kaysers  Hand- 
buch der  Spektroskopie,  Hand  I,  S.  482  ff.  Siehe  auch  diese 
Zeitschrift  3,  5,  1901. 

5)  A.  Boul  oiich,  Jouri).  de  ]>hjs 1S94. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


»73 


Glasplatten  herstellten  und  dadurch  bei  Vor- 
handensein zweier  homogenen  Wellen  eine 
Verdoppelung  der  Ringe  erzielten,  wo  bei 
Michelson  ein  vollkommenes  Auslöschen  der 
den  beiden  Wellen  zukommenden  Ringsysteme 
eintrat. 

Das  neuerdings  von  Michelson  erdachte 
Stufenspektroskop  *)  bezweckt  nach  Art  eines 
Gitters  von  grossem  Abstand  der  Gitterstreifen 
ebenfalls  eine  direkt  sichtbare  Auflösung  feinster 
Spektrallinien. 

Veranlasst  durch  das  Studium  einer  von 
mir  neu  beobachteten  Interferenzerscheinung 
an  planparallelen  Luft-  oder  Glasplatten^),  ge- 
langte auch  ich  zu  einer  Lösung  desselben 
Problems^),  welche  ich  kurz  schildern  und  ex- 
perimentell vorführen  möchte. 

Theoretisches:  Es  seien  zwei  homogene 
Wellen  gleicher  Intensität  in  der  benutzten  Licht- 
quelle vorhanden,  deren  Längen  wir  mit  X  und 
l'[<C,X]  bezeichnen  wollen.  Dann  findet  „Disso- 
nanz" der  beiden  Ringsysteme  statt,  d.  h.  es 
fallen  die  Minima  des  einen  Systems  zwischen 
diejenigen  des  anderen,  falls 

l)  2fi  -^    =  (2/  +    l)  - 

gilt,  wo  /  den  Gangunterschied  der  inter- 
ferierenden Strahlen  in  ganzen  Wellen  X  aus- 
gedrückt, bedeutet.  Für  zwei  Wellen  vom 
Abstände  der  /^-Linien  ist  ^=491;  für  zwei 
Wellen  vom  hundertsten  Teile  dieses  Abstandes, 
welche  sich  also  nur  um  Vi  00  000  ihres  Betrages 
voneinander  unterscheiden,  ist  /  =  49ioo  etc. 
Um  zu  erfahren,  wann  zwei  Wellen  in  Disso- 
nanz treten,  muss  man  also  den  Gangunter- 
schied berechnen.  Ist  ;/  der  Brechungsindex 
der  Glasplatte,  d  ihre  Dicke  und  /  der  Einfalls- 
winkel der  interferierenden  Strahlen,  so  ist  ihr 
Gangunterschied : 

2)  2dyn'^  —  sm'^i 

Für  senkrechte  Incidenz  (/  =  o)  und  n=  1,5 
findet  die  erste  Dissonanz  für  die  iV^-Linien 
schon  bei  einer  Plattendicke  von  0,095  mm, 
für  die  hundertmal  engeren  Linien  erst  bei 
9,5  mm  statt.  Eine  Platte  von  9,5  mm  Dicke 
zeigt  übrigens  gegen  6000  Ringe,  wenn  man 
von  senkrechter  zu  streifender  Incidenz  über- 
geht, also  für  Natriumlicht  eine  grössere  Anzahl 
von  ,, Dissonanzstellen"  oder  „neutralen  Stellen". 
Je  nach  dem  Intensitätsabfall  vom  Maximum 
zum  Minimum  im  Ringsystem  tritt  nun  an 
den    Stellen    der  Dissonanz    ein   ganz  verschie- 

i)  A.  A.  Michelson.  Astroph.  Journ.  8,  36 — 47,  1898; 
Journ.  de  phys.  (3)  8,  305—324»  1S99. 

2)  (>.  Lummer,  „Komplementäre  Inlerferenzcrschci- 
nuDgeo  im  reflektierten  Liebte".  Berl.  Akad.  Ber.  24, 
504—513,  1900. 

3)  O.  Lummer,  „Eine  neue  Interferenzmethode  zur  Auf- 
ItJsung  feinster  Spektrallinien."  Vcrhdlgn.  d.  D.  Phys.  Ges. 
3,  85—98,  1901. 


denes  Phänomen  auf.  Ist  der  Abfall  ein  sinus- 
artiger, so  löschen  sich  beide  Systeme  aus 
und  wir  erhalten  eine  „neutrale"  Stelle.  Ist 
der  Abfall  jedoch  ein  rapider,  so  verdoppeln 
sich  die  Ringe  durch  Übereinanderlagerung 
beider  Systeme. 

Laut  der  Airyschen  Theorie  der  Farben 
dünner  Blättchen  verläuft  die  Intensität  im  Ver- 
einigungspunkt aller  der  untereinander  parallelen 
Strahlen,  welche  infolge  vielfacher  Reflexion 
aus  dem  einfallenden  Strahl  an  einer  planparal- 
lelen Platte  entstehen,  sinusartig,  solange 
der  Einfallswinkel  so  klein  ist,  dass  das  Fres- 
ne Ische  Reflexionsvermögen  nur  einen  geringen 
Betrag  erreicht.  Je  grösser  beide  werden,  um 
so  steiler  wird  auch  der  Intensitätsabfall  vom 
Maximum  zum  Minimum  der  Planparallelitäts- 
ringe. Wie  schon  Boulouch  ganz  richtig  er- 
kannt hat,  lässt  sich  das  hohe  Reflexions  ver- 
mögen und  damit  dieser  rapide  Intensitätsabfall 
bei  senkrechter  Incidenz  durch  Versilberung 
erreichen,  während  er  bei  einer  unbelegten 
Platte  unter  streifender  Incidenz  von  selbst 
eintritt. 

Will  man  das  hohe  Reflexionsvermögen 
durch  Schrägstellung  der  Platte  erreichen, 
so  hat  man  ausserdem  dafür  zu  sorgen,  dass 
möglichst  alle  vielfachen  Spiegelbilder 
auch  zum  Interferenzphänomen  beitragen,  d.  h. 
man  muss  die  Platte  entsprechend  ihrer  Dicke 
genügend  gross  wählen,  und  zwar  um  so 
grösser,  je  streifender  man  die  Strahlen  ein- 
fallen lässt.  Dies  ist  der  von  mir  eingeschlagene 
Weg.  Er  leistet  bei  geeigneten  Platten- 
dimensionen in  Bezug  auf  die  Auflösungskraft 
mehr  als  der  von  Perot  und  Fabry  ge- 
wählte Weg,  die  Plattenoberflächen  zu  ver- 
silbern und  bei  senkrechter  Incidenz  zu  be- 
obachten. 

Da  die  Erscheinungen  im  reflektierten  und 
durchgehenden  Lichte  zu  einander  komple- 
mentär sind,  so  ist  der  Intensitätsabfall  in 
beiden  Fällen  derselbe.  Dabei  treten  im  reflek- 
tierten Lichte  absolute  Minima  von  grosser 
Schärfe,  im  durchgehenden  Lichte  dagegen 
absolute  Maxima  von  prägnanter  Definition  auf 
Eine  einfache  Überlegung  oder  Konstruktion 
lehrt  nun,  dass  in  Bezug  auf  die  Auflösung  die 
Erscheinung  im  durchgehenden  Lichte  be- 
deutend günstiger  ist.  *)  Da  hier  schmale  Maxima 
mit  einem  dunklen  breiten  Zwischenraum 
(Minima)  abwechseln,  so  kann  sich  ausser  der 
Hauptwelle  auch  eine  relativ  lichtschwache 
Welle  (Trabant)  bemerkbar  machen,  wenn  sie 
gerade  in  Dissonanz  mit  der  Hauptwelle  ist 
und  ihre  wenn  auch  lichtschwächeren  Maxima 
auf    den    Minimis    der  Hauptwelle    entwickelt. 


1)  O.  Lummer,  „Über  ein  neues  Interferenzspektroskop*'. 
Arch.  Neerl.  ser.  II,  tome  VI  Jubil.Humsband  für  Bosch a  1901. 


174 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


Anders  im  reflektierten  Lichte.  Hier  erzeugt 
die  Hauptwelle  schmale  Minima  und  breite 
Maxima.  Auf  diesen  lagern  sich  also  bei 
Dissonanz  die  Minima  des  Trabanten  auf  und 
kommen  daher  schon  aus  rein  physiologischen 
Gründen  fast  gar  nicht  zur  Geltung. 

Experimentelle  Anordnung:  Die  ex- 
perimentelle Anordnung  bei  der  von  mir 
gewählten  Interferenzmethode  läuft  auf  die 
eines  Spektralapparates  hinaus,  bei  welchem 
zwischen  Prisma  und  Fernrohrobjektiv  die  plan- 
parallele Glasplatte  eingeschaltet  ist.  Als  solche 
habe  ich  zur  Verfugung  eine  5,4  mm  dicke 
Platte  von  15  cm  Durchmesser  und  eine  10  mm 
dicke  Platte  von  21  cm  Durchmesser,  welche 
beide  in  vorzüglicher  Ausführung  von  Herrn 
Haecke  in  Berlin  geliefert  wurden.  Hat  man 
ohne  Glasplatte  das  Spektrometer  justiert,  so 
sieht  man  bei  Anwendung  der  Arons sehen 
Quecksilber-Bogenlampe ')  und  Benutzung  nur 
eines  Prismas  im  wesentlichen  fünf  farbige  Spalt- 
bilder. Sobald  man  aber  die  Glasplatte  in  den 
Strahlengang  einfügt  und  unter  Einschaltung 
eines  engen  Diaphragmas  vor  der  Platte  die 
Strahlen  immer  steiler  und  steiler  einfallen  lässt, 
so  erscheinen  die  farbigen  Spaltbilder  durch- 
zogen von  vertikalen  Interferenzstreifen.  Da 
das  Ringsystem  mit  der  Wellenlänge  variiert, 
so  liegen  die  Maxima  im  violetten  Spaltbild 
enger  zusammen  als  im  gelben.  Bestünde  aber 
jede  Quecksilberlinie  nur  aus  je  einer  Welle, 
so  entwickelte  sich  auch  in  jedem  einzelnen 
Spaltbild  nur  ein  Streifensystem.  Statt  dessen 
sieht  man  aber  im  blauen  deren  zwei,  im  hell- 
grünen sogar  deren  vier  bis  fünf  und  im  gelben 
Spaltbild  eine  noch  grössere  Anzahl  von  Ring- 
systemen. 

Das  gelbe  Spaltbild  ist  bei  genauerem  Zu- 
sehen ein  Doppelbild  entsprechend  den  zwei 
gelben  Quecksilberlinien,  deren  Abstand  dreimal 
so  gross  ist  wie  derjenige  der  Z^-Linien.  Die 
ihnen  zukommenden  Spaltbilder  decken  sich 
also  bei  breitem  Spalte  und  Vorhandensein  nur 
eines  Prismas,  während  die  Interferenzringe, 
welche  den  beiden  Hauptwellen  zukommen, 
beim  Drehen  der  Platte  bald  in  , »Konsonanz**, 
bald  in  „Dissonanz**  miteinander  treten.  Trennt 
man  die  Spaltbilder  durch  Anwendung  mehrerer 
Prismen,  so  erkennt  man,  dass  jede  der  Linien 
wieder  mehrere  Trabanten  besitzt. 

Es  sei  erwähnt,  dass  Perot  und  Fabry 
nur  je  einen  Trabanten  bei  jeder  der  beiden 
gelben  //^^-Linien    beobachtet    haben,    während 


l)  Ich  wende  dit*  (^uecksilberUinpe  in  der  von  mir  kon- 
Ktnilerten  Form  an  (siehe  Vcrcinsblatt  d.  Deutsch.  Ges.  f.  M. 
u,  Opt.  12,  93,  1896  und  Zeitschr.  f.  Instrkde.  1901), 
bei  der  man  längs  des  Bozens  blickt,  so  dass  die  Lampe 
mit  WosRerspÜlung  verschen  werden  kann,  ohne  dass  die  am 
(ilasc  hernbroUcnden  (>uecksilbrrlropfcn  stören. 


ich  je    vier   Trabanten    deutlich    zu    erkennen 
vermochte. 

Nur  die  dunkelgrüne  Linie  scheint  von  allen 
^-Linien  ziemlich  einfach  zu  sein. 

Die  hellblaue  besitzt  einen  sehr  lichtstarken 
Trabanten  und  eine  Andeutung  komplizierter 
Zusammensetzung;  auch  eine  der  beiden  vio- 
letten Linien  ist  noch  von  einem  Trabanten 
begleitet.  (Es  werden  diese  Resultate  durch 
Demonstrationen  erhärtet.  Mit  Okular  sieht 
man  schon  bei  Tageslicht  bequem  die  fünf 
Spal  bilder  mit  ihren  verschiedenartigen  Ring- 
systemen. Ohne  Okular  bemerkt  man  die 
grosse  Anzahl  von  Spiegelbildern,  welche  in- 
folge der  vielfachen  Reflexion  von  der  vor  der 
Platte    stehenden    kleinen    Öffnung    entstehen.) 

Planparallele  Glasplatte  variabler 
Dicke:  Noch  eine  andere  Methode  möchte 
ich  anfuhren,  feinste  Spektrallinien  aufzulösen, 
welche  in  letzter  Instanz  auf  eine  Nachahmung 
der  Perot-  und  Fabryschen  Methode  hinaus- 
läuft, nur  dass  ich  statt  der  Luflplatte  eine 
Glasplatte  variabler  Dicke  anwende.  Schneidet 
man  einen  Glaskeil  mit  ebenen  Oberflächen 
senkrecht  zur  brechenden  Kante  in  zwei  Teile, 
legt  diese  umgekehrt  aneinander,  so  bilden  sie 
eine  planparallele  Glasplatte  von  variabler  Dicke, 
wenigstens  innerhalb  gewisser  Grenzen.  Um 
die  Reflexion  der  Berührungsflächen  zu  elimi- 
nieren, bringt  man  einen  Tropfen  Öl  zwischen 
dieselben,  welches  zugleich  die  beiden  auf  einer 
ebenen  Glasfläche  gelagerten  Keile  aneinander 
innig  haften  lässt.  Unter  Anwendung  einer  ge- 
nügend kleinen  Blende  zeigt  diese  Platte  bei 
senkrechter  Incidenz  vollkommene  Kreise,  welche 
bei  geeigneter  Versilberung  der  Plattenober- 
flächen ebenfalls  eine  recht  beträchtliche  Schärfe 
und  Definition  annehmen. 

Recht  gut  kann  man  mit  einem  solchen 
Doppelkeil  das  Spiel  der  Konsonanz  und  Disso- 
nanz der  beiden  gelben  /^-Linien  beobachten, 
wenn  man  die  Keile  gegeneinander  bewegt. 

Aber  auch  die  hellgrüne  /^-Linie  wird 
durch  dieses  Interferenzspektroskop  aufgelöst 
und  es  entstehen  zwei  Ringsysteme,  von  denen 
das  eine  lichtstärker  ist  als  das  andere.  Noch 
bei  einer  Dicke  von  3  cm  befindet  sich  ein 
Trabant  der  hellgrünen  Linie  mit  ihr  in  Disso- 
nanz. Dreht  man  den  Doppelkeil  auf  dem 
Spektrometertischchen  ein  wenig,  so  dass  die 
Strahlen  geneigt  zum  Einfallslot  verlaufen,  so 
verschwindet  das  Ringcentrum  und  es  bleiben 
nur  Segmente  der  Kreise  sichtbar.  Dafür 
nehmen  die  Streifen  an  Schärfe  zu  und  sie  ver- 
tragen eine  stärkere  Vergrösserung. 

Erreicht  die  Platlendicke  eine  solche  Grösse, 
dass  benachbarte  Strahlen  etwa  100  000  Wellen- 
längen Gangunterschied  erreichen,  dann  hat 
der  erste  gegenüber  dem  dritten  Strahl  schon 
einen      solchen      von     200  000     Wellenlängen, 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


»75 


gegenüber  dem  vierten  einen  solchen  von 
300  cxx)  etc.  Sollen  also  mindestens  zehn 
Spiegelbilder  mitwirken  und  die  durch  Airys 
Formel  gegebene  Intensitätsverteilung  liefern, 
so  muss  die  Lichtquelle  so  homogen  sein, 
dass  sie  auch  noch  bei  einer  Million 
Wellenlängen  Gangunterschied  Inter- 
ferenzringe liefern  würde.  Andernfalls 
erzeugen  die  Spiegelbilder  höherer  Ordnung 
höchstens  eine  allgemeine  Helligkeit,  auf  welcher 
sich  das  Kreissystem  eines  absolut  homogenen 
Trabanten  nur  undeutlich  abhebt. 

Schluss:  Man  wird  also  beim  Interferenz- 
spektroskop, und  zwar  ganz  besonders  bei  der 
schräggestellten  Platte  von  grosser  Dimension 
aus  dem  Einfluss  der  vielfachen  Spiegelbilder 
auf  die  Schärfe  und  Sichtbarkeit  der  Haupt- 
linien  und  der  Trabanten  auch  einen  Rück- 
schluss  auf  die  Homogenität  der  jeder  Linie 
zugehörigen  Welle  und  auf  die  Interferenzfähig- 
keit  des  Lichtes  ziehen  können. 

Und  wie  ich  durch  Abbiendung  der  bei- 
den ersten  Bilder  im  reflektierten  Lichte  zu 
einer  neuen  Komplementärerscheinung  gelangte, 
welche  der  Interferenzerscheinung  im  durch- 
gehenden Lichte  ähnelt,  so  kann  man  durch 
geeignete  Lichtschwächung  mittels  Nicoischer 
Prismen  oder  durch  Abbiendung  gewisser  Spie- 
gelbilder ganz  bestimmte  Glieder  der  Airyschen 
Reihe  willkürlicherweise  verändern  oder  ganz 
unterdrücken  und  auf  diese  Weise  die  Erscheinung 
willkürlich  modifizieren. 

Sehr  interessant  ist  der  Einfluss  der  Pola- 
risation des  Lichtes  auf  die  Auflösungskraft  der 
Ringe  bei  nahe  streifender  Incidenz.  Die  Auf- 
lösung ist  am  grössten  bei  in  der  Einfallsebene 
polarisiertem  Lichte  und  sinkt  bei  senk- 
recht zur  Einfallsebene  polarisiertem  Lichte 
auf  einen  Betrag  herab,  der  mit  der  Leistung 
bei  ganz  geringer  Incidenz  der  Strahlen  zu  ver- 
gleichen ist.  Der  Grund  liegt  in  dem  verschie- 
denen Verlauf  des  Fresn eischen  Reflexions- 
koeffizienten mit  wachsender  Incidenz  für  die 
beiden  Arten  des  polarisierten  Lichtes.  Nur 
bei  ganz  streifender  Incidenz  erreicht  der 
Reflexionskoeffizient  fiir  beide  Lagen  der  Pola- 


risationsebene nahe  den  gleichen  Betrag.  Hier 
ist  also  kaum  ein  Unterschied  in  der  Deutlich- 
keit der  Interferenzsysteme  bei  natürlichem  und 
polarisiertem  Lichte  zu  erwarten.  Dagegen  treten 
bei  kleinerem  Einfallswinkel  der  Strahlen  (etwa 
80'* — 85*^  die  Systeme  der  Trabanten,  z.  B.  in 
der  hellgrünen  /^-Linie  bei  Anwendung  von 
in  der  Einfallsebene  polarisierten  Lichtes,  sehr 
deutlich  auf,  während  sie  bei  natürlichem  Lichte 
fast  ganz  verschwinden. 

Es  dürfte  diese  erst  neuerdings  erkannte 
Thatsache  die  Überlegenheit  der  schräggestellten 
Glasplatte  grosser  Dimension  über  die  versilberte 
Luft-  oder  Glasplatte  noch  wesentlich  erhöhen. 
Auch  scheint  mir  meine  Methode  zur  Unter- 
suchung des  Zeem  an  sehen  Phänomens  beson- 
ders geeignet  zu  sein.  Diesbezügliche  Unter- 
suchungen habe  ich  mit  Herrn  Dr.  Gehrke  be- 
gonnen, welcher  mir  auch  schon  bisher  bei 
Beobachtung  und  Berechnung  wesentliche  Dienste 
geleistet  hat,  wofür  ich  ihm  auch  an  dieser  Stelle 
bestens  danke. 

•  (Sclbstreferat  des  Vortragenden.) 

Diskussion. 

Planck  (Berlin):  Die  Frage,  wie  lange  ein 
Ätherteilchen  gleichmässig  schwingt,  scheint  mir 
nicht  beantwortbar  zu  sein,  ohne  dass  man  weiss, 
aus  welcher  Quelle  die  Schwingung  kommt. 
Ist  die  Quelle  ganz  homogen,  so  wird  das  Äther- 
teilchen eben  beständig  schwingen. 

Lummer:  Beides  geht  experimentell  Hand 
in  Hand  und  erst  wenn  man  die  Homogenität 
der  Lichter  studiert  hat,  wird  man  die  Frage 
nach  der  Dauer  interferenzfahiger  Schwingung 
beantworten  können. 

Martens  (Berlin):  Vielleicht  ist  die  Platte 
noch  für  einen  praktischen  Zweck  anzuwenden. 
Wenn  man  eine  Röhre  mit  zwei  planparallelen 
Platten  verschliesst  und  diese  Platte  hineinbringt, 
so  dass  man  durchblickend  schräg  auf  diese  Platte 
blickt,  so  wird  man,  wenn  die  Röhre  einmal  mit 
Gas  gefüllt  und  einmal  leerist,  wohl  dieBrechungs- 
exponenten  sehr  genau  bestimmen  können. 

(Eingegangen  23.  November  1901.) 


BESPRECHUNGEN. 


J.  Classen,  Untersuchungen  über  den  durch 
Luxferprismenfester  zu  erreichenden  Hellig- 
keitsgewinn nach  im  physikalischen  Staats- 
laboratorium zu  Hamburg  ausgeführten  Be- 
obachtungen. 15  S.  Mit  4  Figuren,  2  Ta- 
bellen und  3  Kurventafeln.  8'\  Hamburg, 
Verlagsanstalt  und  Druckerei  A.-G.  (vormals 
J.  F.  Richter).     1901.     M.   1.50. 

Das  kleine  Büchlein  giebt  zunächst  eine  sehr 
klare,  ausfuhrliche  Beschreibung  der  Wirkungs- 


weise der  Prismenfenster,  die  darin  besteht, 
schräg  von  oben  auf  ein  Fenster  auffallende 
Lichtstrahlen  in  dem  zu  erleuchtenden  Räume 
fast  horizontal  zu  machen.  Der  Verfasser  hat 
umfangreiche  photometrische  Messungen  in 
einem  grossen  Holzkasten  vorgenommen,  in 
den  das  Licht  durch  Prismenfenster  verschie- 
dener Arten  und  unter  verschiedenen  Winkeln 
einfiel.  Die  Messungen  ergeben  bei  Prismen- 
fenstern einen  beträchtlichen  Helligkeitsgewinn, 


1/6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  8. 


so  dass  nach  der  Berechnung  des  Verfassers 
sonst  dunkle  Räume  noch  ein  für  viele  Arbeiten 
ausreichend  helles  Licht  erhalten  können. 

.    M.  Reich. 

(Eingegangen  20.  Dezember  1901.) 

Eingegangene  Schriften. 

(Hingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

BaUBOhinger,  Julius,  Tafeln  zur  theoretischen  Astronomie. 
Mit  2  lithographischen  Tafeln,  gr.  8^.  IV  u.  148  S.  1901. 
Leipzig,  Wilhelm  lingelmann.     Gebunden  M.  12.—. 

Qrifflths,  B.  H.,  The  thermal  measurement  of  energy.  Lcc- 
tures  dclivered  at  the  philosophical  hall,  Leeds.  Mit  19 
Figuren,  kl.  80.  VIII  u.  135  S.  1901.  Cambridge,  Uni- 
versity  Press.     Gebunden. 

Kopps,  K.,  Geometrie  zum  Gebrauche  an  höheren  Unter- 
richtsanstalten vollständig  neu  bearbeitet  von  Jos.  Diek- 
mann.  19.  Auflage.  (3.  Auflage  der  neuen  Bearbeitung.) 
Mit  176  Figuren,  8  Figurentafeln  und  zahlreichen  t^bungen 
und  Aufgaben.  I.  Teil:  Planimetrie.  Ausgabe  für  Gym- 
nasien. 8'*.  VI  u.  208  S.  1902.  Essen,  G.  D.  Baedeker. 
Gebunden  M.  2.40. 

Neumann,  C,  Über  die  Maxwell-Hertzsche  Theorie.  (Des 
XXVII.  Bandes  der  Abhandlungen  der  math.-physischen 
Classe  der  Königl.  Sachs.  Gesellsch.  der  Wissenschaften 
No.  II).  Mit  3  Textfiguren,  gr.  8".  138  S.  190t.  Lei]>zig, 
B.  G.  Teubner.     M.  3.50. 

Noebels,  J.,  A.  Schluckebier,  O.  Jentsch,  Telegraphie 
und  Telephonie.  (Handbuch  der  Klektrotechnik  heraus- 
gegeben von  C.  Heinke.  Band  XII V  Mit  582  Abbildgn. 
gr.  8".  XVIII  u.  793  S.  1901.  Leipzig,  S.  Hirzel.  Ge- 
bunden M.  30. — . 

Pemter,  J.  M.,  Meteorologische  Optik.  Mit  zahlreichen 
Textfiguren.  I.  Abschnitt,  gr.  8".  VIII  u.  54  S.  1902. 
Wien,  Wilhelm  Braumüller.     M.   1.80. 

Briefkasten. 

Die  Nobel-Komitees  der  schwedischen  Königl.  Aka- 
demie der  Wissenschaften  bitten  um  Veröffentlichung  folgender 

Bekanntmachung : 

Da  viele  Personen  bei  den  Nobel-Komitees  der  Königl. 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  Stockholm  teils  um  Nobel- 
preise für  Physik  oder  Chemie,  teils  um  Unterstützungen  sich 
beworben  haben,  so  wird  hierdurch  mitgeteilt: 

1.  dass  der  §  7  der  Statuten  der  Nobel-Stiftung  vor- 
schreibt: ,,Zur  Preisbewerbung  zugelassen  werden  nur  die- 
jenigen, die  von  zuständiger  Person  schriftlich  vorgeschlagen 
sind.  Etwaige  persönliche  Gesuche  um  Berücksichtigung  bei 
der  Verteilung  der  Preise  werden  nicht  beachtet**; 

2.  dass  in  den  Sondersatzungen,  betreffend  die  von  der 
Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  vergebenden  Preise 
der  Nobel-Stiftung  u.  s.  w.  zwar  in  §  20  Spezialfonds  erwähnt 
werden,  von  denen  Unterstützungen  ausgeteilt  werden  können, 
„um  zu  den  vom  Testator  beabsichtigten  Zwecken  solche  Ar- 
beiten auf  dem  Gebiete  der  Physik  und  der  Chemie  zu  för- 
dern, die  in  wissenschaftlicher  und  praktischer  Beziehung  be- 
deutungsvoll erscheinen,"  doch  können  diese  Spezialfonds 
nicht  zu  Stande  kommen,  bevor  dfcr  Nobel-Preis  für  Physik 
oder  Chemie  in  einem  oder  mehreren  Jahren  nicht  vergeben 
worden  ist,  und  können  deshalb  auch  früher  keine  Unter- 
stützungen ausgeteilt  werden. 

Stockholm,  26.  Oktober  1901. 

Tagesereignisse. 

Zum  300.  Geburtstage  Otto  V.  Guerickcs,  dem  20.  No- 
vember dieses  Jahres,  soll  dem  Krfinder  der  Luftpumpe  in 
seiner  Vaterstadt  Magdeburg  ein  Denkmal  gesetzt  werden. 
Die  städtischen  Behörden  h.ibm  rinrn  Beitrag  von  30000  M. 
zur  Verfügung  ge«;tt:llt.  Kin  Aii-s<hM.s  l»itl«t,  dci»  Plan  durch 
Sf)endung  von   G<  Idlcitra^^Mi   />i   luih  r-t -l/eu. 

Kin  DcTikmal  für  I  f»  tW  -.oll  in  <#i  lalt  eines  Turmes  im 
Sale-I'ark   bei  M.ifi«  )jf '  t'-r  yoft  (\' u   St.idlrri  Saleford   uiul  Mnii-, 


ehester  gemeinsam  errichtet  werden.  James  Prescott  Joule 
wurde  am  Weihnachtstagc  1818  in  Salcford  geboren  und  starb 
im  Sale-Park,  wo  deshalb  auch  das  Denkmal  seinen  Platz 
finden  soll. 

Für   das   kommende  Jahr  ist  an  der  Technischen  Hoch- 
schule   in  Wien  die  Errichtung   einer  ausserordentlichen 

,  Lehrkanzel  für  theoretische  Maschinenlehre,  einer 
dritten  Lehrkanzel    für  Mathematik    und  eines  Lehr- 

'  Stuhls  für  physikalische  Chemie  in  Aussicht  genommen. 
Ausserdem  soll  nach  Fertigstellung  des  neuen  elektrotech- 
nischen Instituts  eine  zweite  Lehrkanzel  für  Elektro- 
technik errichtet  werden.  Die  Fertigstellung  und  Benutzung 
des  neuen  elektrotechnischen  Instituts  i^ll  zu  Anfang  des 
Studienjahres  1903/04  erfolgen. 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Pacbgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglicbst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Der  ordentliche  Professor  der  kosmischen  Physik  an  der 
Universität  Innsbruck  Dr.  P.  Czermak  wurde  zum  ordcntl, 
Professor  der  Experimentalphysik  ebendort,  der  Konstrukteur  an 
der  deutschen  Technischen  Hochschule  in  Prag  Ingenieur  A. 
Schiebel,  Privatdozent  für  Astronomie  und  Mathematik  an 
der  Universität  Leipzig  Dr.  Felix  Hausdorff,  Privatdozent 
der  Mathematik  an  der  Universität  Genf  Faguart,  Privat- 
dozent der  Chemie  Dr.  Rassow  in  Leipzig,  Privatdozent  der 
Physik  Dr.  L.  Zehnder  in  München  zu  ausserordentlichen 
Professoren,  der  Honorarprofessor  Do/ent  für  Eisenbahnsignal - 
wesen  an  der  Technischen  Hochschule  Dresden  Dr.  Ulbricht 
zum  Geh.  Baurate  und  Technischen  Vortragenden  Rate  im 
Finanzministerium,  der  Privatdozent  Tambor,  Assistent  am 
anorganisch-chemischen  Laboratorium  in  Bern  zum  Tit.-Pro- 
fcssor  ernannt 

An  der  Technischen  Hochschule  zu  Karlsruhe  habilitierte 
sich  Deyn- Hamburg  für  Mathematik,  an  der  Universität  Berlin 
Dr.  Otto  Ruff,  Oberassistent  in  dem  von  Geh.  Rat  Fischer 
geleiteten  ersten  chemischen  Institut  für  Chemie  und  Dr.  O. 
Lummer,  Professor  an  der  Physikalisch  technischen  Rcichs- 
anstalt  ftlr  Physik.  Die  Antrittsvorlesung  des  letzteren  hatte 
das  Thema:  „^  ber  die  Ziele  der  Ökonomie  in  der  Leucht- 
technik'*. 

Am  28.  Dezember  starb  in  Wien  der  ordentliche  Professor 
der  chemischen  Technologie  an  der  technischen  Hochschule 
Hofrat  Hugo  Ritter  v.  Perger,  58  Jahre  alt. 

Den  Privatdozenten  Dr.  Wolffenstein  und  Dr.  Küh- 
ling  an  der  Technischen  Hochschule  Berlin  ist  das  Prädikat 
„Professor"  verliehen  worden. 

Der  ordentliche  Professor  der  Chemie  an  der  Universität 
Strassburg  Fittig  tritt  mit  dem  Sommersemester  in  den 
Ruhestand. 

Zum  Direktor  der  Hamburger  Sternwarte  wurde  vom 
Senate  der  dortige  langjährige  Observator  Dr.  R.  Schorr 
gewählt.  Au  zweiter  Stelle  war  von  der  Oberschulbehörde 
Professor  A  m  b  r  o  n  n  -  Göttingen  vorgeschlagen. 

Am  10.  Dezember  fand  in  Stockholm  in  Gegenwart  des 
Kronprinzen  und  der  königlichen  Familie  die  Verteilung  der 
vier  grossen  Nobel-Preise  für  Wissenschaft  und  Litteratur  von 
je  2c8ooo  Francs  statt.  Sie  wurden  zuerkannt:  ftlr  Medizin 
Professor  Behring-Halle,  für  Chemie  Professor  v a n ' t  Hoff- 
Berlin,  für  Physik  Professor  Röntgen- München,  für  Litteratur 
Sully  Prudhomme-Paris. 

Bei  der  Preisverteilung  der  Akademie  der  Wissenschaften 
zu  Paris  wurde  die  Lavoisier-MedailW  für  Verdienste  um 
die  Chemie  in  Berlin  Professor  Emil  Fischer  fBr  seine  Ar- 
beiten und  besonders  für  seine  Untersuchungen  Über  die  Syn- 
these der  Zucker  zuerkannt. 

Professor  Dr.  Wilhelm  Hittorf  zu  Münster  blickt  am 
12.  Januar  auf  eine  50jährige  Thätigkeit  als  Professor  zurück. 
Seit  1897  ist  er  Ritter  des  Ordens  pour  le  merlte  im  Gebiete 
der  Wissenschaften. 

Dem  ordentlichen  Professor  der  Physik  an  der  Univer- 
sität zu  Berlin  Dr.  Emil  VVarburg  wurde  der  Charakter  als 
Geh.   Kegierung«:rat  verliehen. 


für  dir  prdaHwm  vrraulwoftluh  Professor  Dr.  H.  7h.  Simon  in  Oöllingcii.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zei 


No.  9. 


Orijiliialnittellungeii : 

R^  R.  Ramsey,     Die  Wirkung     von 
.  Schwere  und  Druck  auf  die  elektro- 
ly tischen  Vorgänge.  .  S.  177. 

E»  R  i  e  c  k  e ,  Zur  Bewegnng  eines  elek- 
^  trischen  Teilchens  im  elektromag- 
'^  fietischen  Felde.     S.  182. 

OForch,  Die  Änderung  des  Moleku- 
Jarvolums  gelöster  Sabe  mit  der 
Temperatur.     S.   183. 

N?  Zuntz,  Der  Mensch  als  kalorische 
-  .Maschine  und  der  zweite  Hauptsatz. 
'   S.  184. 


I.  Februar  1902. 

Redaktionsschluss  (ur  No.  xo  am  5.  Februar  1902. 

INHALT. 

P.  C  z  e  r  m  a  k ,  Über  Elck  trüitätszerstreu- 
ung  bei  Föhn.     S.   185. 

1  .  F.  Kur Ib au m,  Cber  eine  einfache Me- 
'  Ihode,    die  Temperatur  leuchtender 

Flammen  zu  bestimmen.    S.  187. 

{  Vorträge  und  Diskussionen  von  der 
'  73.  Naturforsoberversammlung  zu 
!      Hamburg: 

J.  Billitzer,  Referat  über  die  Vorträge 
der  Abteilung  4  (Chemie  einschliess- 
lich. Elektrochemie).     S.  188. 

H.  Haga,  Über  den  Klinkerfuesschen 
Versuch..    S.  191. 


.ä>  Ji  Lhrgang. 


J.  Elster,  Luftelektrische  Messuigea 
auf  Capri  und  Spitzbergen.     S.   194. 

A.  He  sckiel,  Über  neue  Photographien 
Iiy  natürlichen  Farben.     S.  194. 

P.Bachmetjew, Über  die überkadtung 
der  Flüssigkeiten.     S.  19$. 

Besprechungen: 

Eders     Jahrbuch     für    Photographie 
und  Reproduktionstechnik.    S.  196. 
Chemische  Zeitschrift.     S.  196. 

J.  Hann,  Lehrbuch  der  Meteorologie. 
S!  197. 

Personalien.    S.  200. 


y 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Die  Wirkung  von  Schwere  und  Druck  auf  die 
elektrolytischen  Vorgänge. 

Von   Rolla  R.  Ramsey.') 

Wenn  ein  elektrischer  Strom  durch  eine 
Zersetzungszelle  geschickt  wird,  so  löst  sich  die 
Anode  auf  und  das  Metall  schlägt  sich  auf  der 
Kathode  nieder.  Wenn  diese  Zelle  in  Röhren- 
forni  mit  den  Elektroden  an  den  beiden  Enden 
angefertigt  und  so  aufgestellt  ist,  dass  sie  sich 
um  eine  horizontale  Achse  aus  der  horizontalen 
in  die  vertikale  Lage  drehen  kann,  so  lässt 
uns  das  Gesetz  von  der  Erhaltung  der  Energie 
einen  grösseren  Kraftverbrauch  erwarten  für  den 
Fall,  dass  der  Strom  aufwärts  durch  die  Röhre 
geht,  als  wenn  die  Röhre  um  90^  gedreht  ist, 
so  dass  der  Strom  in  einer  horizontalen  fliesst. 
Die  Differenz  im  Betrage  an  verbrauchter  Ener- 
gie in  der  Zeiteinheit  wird  in  diesen  beiden 
Fällen 

mgh 

sein,  worin  ;//  die  in  der  Zeiteinheit  übertragene 
Menge  Metall,  g  die  Stärke  der  Schwere  und 
h  der  Abstand  der  beiden  Elektroden  ist. 

Wenn  die  Stromstärke  auf  einem  konstanten 
Wert  von  i  C.  G.  S. -Einheit  gehalten  wird,  so 
ist  der  Unterschied  in  den  Potentialen  in  diesen 
beiden  Fällen 

E  =^  m  g  //, 

worin  m  das  zehnfache  elektrochemische  Äqui- 
valent des  Kations  ist.  Obige  Gleichung  kann 
also  auch  geschrieben  werden 

E  =  Kat g  q  hf 

worin  Kat  das  Äquivalentgewicht  des  Kations 
und  q  das  zehnfache  elektrochemische  Äquiva- 
lent    des     Wasserstoffgases     ist.       Wie    zuerst 

1)  Ausführlich  in  Physic.  Rcv.  13,   i,   1900. 


Hittorf ')  zeigte,  haben  wir,  wenn  die  Kat- 
ionen sich  mit  einer  ganz  bestimmten  Ge- 
schwindigkeit in  Richtung  des  Stromes ,  die 
Anionen  dagegen  entgegengesetzt  bewegen, 
und  wenn  das  Geschwindigkeits Verhältnis  durch 
die  Wanderungskonstante  n  ausgedrückt    wird: 

E  =  [Kat  (i  —  //)  —  //  ÄPt]  g  q  h 
oder 

E  =x  \Kat  —  .V  [Kat-An)\  gqk, 

worin  An  das  Äquivalentgewicht  des  Anions  ist. 

Weil  nun  /:  als  eine  Gegen-E.  M.  K.  ange- 
sehen werden  kann,  so  müsste  beim  Kurz- 
schliessen  des  Voltameters  ein  schwacher  Strom 
durch  ein  empfindliches  Galvanometer  angezeigt 
werden. 

Geschichtliches. 

Die  Wirkung  der  Scinverkraft.  Maxwell 
gebührt  der  Ruhm,  zuerst  gezeigt  zu  haben, 
dass  solch  eine  elektromotorische  Kraft  vor- 
handen sein  müsse.  ^)  Im  Jahre  1878  ver- 
öffentlichte Maxwell  in  der  „Nature**^)  einen 
Brief  von  F.  J.  Pirani  an  ihn  selbst  geschrieben, 
in  welchem  Pirani  feststellt,  dass  er  solche 
elektromotorische  Kraft  gefunden  habe.  Im 
gleichen  Bande  der  „Nature"^)  behauptet  R. 
CoUey  (Moskau),  er  habe  Ergebnisse  ver- 
öffentlicht"'), welche  die  Thatsache  feststellten, 
dass  solche  E.  M.  K.  existiere,  und  dass  er 
ebenfalls  deren  Grösse  berechnet  und  seine 
Ergebnisse  durch  Experimente  sicher  gestellt 
habe. 

Gore    hat   eine    bedeutsame    Untersuchung 

0  Pogß-  Ann.  98,  5. 

2)  MaxweU,  1,  317;   i.  Aufl. 

31  Nature,  17,   180. 

4)  Nature,  17,  282. 

5)  St.  Petersburger     Phys.    Chem.    Journ.    1876;     Pogg. 
Ann.  167,  370  u.  O28;  l'hil.  Mag.  s.  5.  1,  419. 


178 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


angestellt,  welche  mehr  oder  weniger  auf  diese 
Frage  Bezug  hat.  In  einem  Artikel  mit  dem  Titel : 
„Beziehung  der  E.  M.  K.  der  Voltasäule  zum 
Druck/)"  beschrieb  er  eine  lange  Reihe  von 
Experimenten. 

Dr.  Gores  zweiter  Artikel  hat  ein  grösseres 
Interesse  wegen  seiner  Irrtümer  denn  wegen 
seiner  Resultate.  Der  Artikel  ist  betitelt: 
„Einfluss  der  Nähe  der  Substanzen  auf  die 
Vorgänge  in  der  Volta-Säule".'^)  Bei  seinen 
Experimenten  wendete  er  72  Bleistücke  im  Ge- 
wichte von  8,271  Pfund  als  influenzierende 
Masse  an. 

In  einem  Artikel  mit  dem  Titel:  ,,Unpolari- 
sierbare  elektrische  Zellen  unter  dem  Einfluss 
der  Centrifugalkraft"  giebt  Th.  Des  Coudres^) 
die  Ergebnisse,  welche  er  mit  zwei  Kadmium- 
Elementen  erhielt,  die  um  eine  vertikale  Achse 
gedreht  werden  konnten. 

Des  Coudres  hat  also  die  direkte  Wirkung 
der  Schwerkraft  auf  die  lonen^)  gemessen.  Bei 
seinen  Untersuchungen  brauchte  er  eine  Glas- 
röhre mit  Kadmium-Amalgam-Elektroden. 

Die  Wirkung  des  Druckes.  H.  Wild^) 
hat  eine  Untersuchung  ausgeführt  über  das 
Schwanken  der  E.  M.  K.  zwischen  Metallen  und 
Flüssigkeiten.  Er  kam  zu  dem  Schluss,  dass 
die  E.  M.  K.  zwischen  amalgamiertem  Zink  und 
Zinksulfat  bei  Steigern  des  Druckes  um  zwei 
Dritteile  einer  Atmosphäre  nur  Om  den  Betrag 
von  41)^110  Daniell  schwankt.  Bichat  und 
Blond lot^)  haben  eine  geringe  Zunahme  der 
E.  M.  K.  bemerkt,  wenn  Platin-Kupfer-  und 
Platin-Silber-Paare,  in  Elektrolyte  getaucht,  dem 
Drucke  unterworfen  wurden.  Die  Veränderung 
der  E.  M.  K.  verschieden  gestalteter  Zellen 
unter  Einfluss  des  Druckes  hat  weiterhin  Henri 
Gilb  au It^  genau  studiert. 

Wirkung  der  Schwere. 

Apparate  und  Arbeitsmet Jioden.  Die  Unter- 
suchung, die  jetzt  beschrieben  werden  soll, 
wurde  mit  Zink-  und  Kadmiumsulfat  ausgeführt, 
den  beiden  wichtigsten  und  sehr  oft  von  den 
Physikern  angewendeten  Elektrolyten.  Das 
Voltameter  war  so  aufgebaut,  dass  es  mit  den 
Enden  um  eine  horizontale  Achse  in  dem 
Räume  für  konstante  Temperatur  des  physika- 
lischen Laboratoriums  rotieren  konnte.  Dies 
ist  ein  kleiner  Innenraum,  umgeben  von  Back- 
steinmauern und  mit  Doppelthüren  verschlos- 
sen.     Das    Voltameter    wurde   gedreht    mittels 


i)  Phil.  Mag.  35,  97. 

2)  Phil.  Mag.  43,  440. 

3)  Wied.  Ana.  49,  254. 

4)  Wied.  Ann.  57,  232. 

5)  Pögß-  Ann.  125,   119. 
61   |.  de  Phys.  2,  503. 

7)  Lum.  El.  42,  7,  ^3-   »7S'  220;  C.  R.  113,  465.  Elec- 
liician  27,  711- 


einer  Messingstange,  welche  als  Rotations- 
achse diente  und  die  durch  ein  kleines  Loch 
der  Mauer  in  den  Beobachtungsraum  ging,  wo 
sie  auf  einem  Ziegelsteinpfeiler  auflag.  Die  Länge 
dieser  Stange  war  ungefähr  sechs  Fuss  engl. 
Der  Pfeiler,  welcher  sich  ins  andere  Stockwerk 
erstreckte,  diente  auch  als  Träger  für  eine 
Klammer,  an  welcher  das  Galvanometer  aufge- 
hängt war.  Das  benutzte  Galvanometer  hatte 
einen  Widerstand  von  733  Ohm  und  erreichte 
die  Empfindlichkeit  von  2X  io~'^  Volt  bei  einer 
Schwingungsdauer  von  18  Set.  Die  Verbin- 
dungsdrähte waren  aus  isoliertem  Kupfer,  alle 
Verbindungen  waren  hergestellt  durch  Klemm- 
schrauben, Quecksilber  oder  Lot.  Zum  Schutze 
gegen  einen  möglichen  Kontakt  der  Drähte 
beim  Drehen  des  Voltameters  ging  einer 
derselben  von  der  Zelle  durch  eine  Gummiröhre. 
Kommutatoren  aus  Quecksilber  und  Strom- 
schlüssel waren  eingeschaltet,  um  sowohl  den 
Strom  umkehren,  als  auch  das  Voltameter  aus 
dem  Kreise  des  Galvanometers  ausschliessen 
zu  können,  während  dessen  Empfindlichkeit 
gemessen  wurde.  Das  Voltameter  wurde  in 
Serie  geschaltet  mit  einem  Galvanometer  und 
einem  Widerstandskasten.  Aus  Rücksicht  auf 
die  geringe  Grösse  des  Effektes  wurde  die 
Multiplikationsmethode  angewendet.  Bei  dieser 
Methode  wird  die  E.  M.  K.  des  Schliessungs- 
bogens  im  Einklang,  Übereinstimmung  mit  den 
Schwingungen  der  Galvanometernadel  umge- 
kehrt, bis  ein  Endmaximum  der  Ablenkung 
erreicht  ist,  welches  Maximum  abhängig  ist 
von  der  E.  M.  K.  und  dem  Dämpfungsfaktor 
des  Galvanometers. 

Der  Dämpfungsfaktor  wurde  berechnet  aus 
dem  beobachteten  Werte  des  logarithmischen 
Dekrements  >l,  aber  es  zeigte  sich,  dass  bessere 
Bestimmungen  desselben  erhalten  werden  konn- 
ten durch  Einschalten  eines  Stromwenders  in 
den  Stromkreis,  Umkehrung  einer  bekannten 
E.  M.  K.  im  Einkjang  mit  dem  Schwingen  der 
Nadel.  Dieser  Dämpfungsfaktor  änderte  sich 
mit  der  Empfindlichkeit  des  Galvanometers. 
Eine  Anzahl  Ergebnisse  bei  verschiedener  Em- 
pfindlichkeit wurde  gefunden,  und  aus  den  Be- 
obachtungen wurde  eine  Kurve  konstruiert  mit 
der  Galvanometer-Empfindlichkeit  als  Abszissen 
und  dem  Dämpfungsfaktor  als  Ordinaten.  Die 
in  den  späteren  Berechnungen  gebrauchten 
Dämpfungsfaktoren  sind  von  der  Kurve  ab- 
gelesen. 

Verschiedene  Formen  der  Voltameter  wurden 
versucht,  aber  alle  hatten  ihre  Fehler  und  ge- 
nügten nicht  in  Bezug  auf  die  Ungleichheit  der 
Elektroden,  Wirbelströme  im  Elektrolyten  und 
ähnliche  Umstände,  bis  die  Voltameter  in  nach- 
stehend beschriebener  Form  hergestellt  wurden. 

Voltameter  Nr.  V,  das  beschrieben  werden 
ma^  als  Ikispiel  aller  später  angefertigten,  war 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


179 


hergestellt  aus  einer  Glasröhre  von  etwa  i  cm 
lichter  Weite. 

Die  Amalgam-Elektroden  waren  so  gewon- 
nen, dass  zunächst  das  Amalgam  in  den  Enden 
kurzer  Röhrenstücke  verdichtet  wurde,  die  dann 
an  die  lange  Röhre,  welche  den  Körper  des 
Voltameters  bildete,  angeschmolzen  wurden. 
Seitenröhren  mit  Glashähnen  wurden  je  eine 
an  den  beiden  Enden  angeschmolzen.  Einige 
spätere  Röhren  hatten  nur  einen  Glashahn,  in 
den  der  Elektrolyt  durch  eine  kleine  Kapillar- 
röhre hineinfloss.  Das  Amalgam  war  gemacht 
nach   der   von  Kahle')    gegebenen   Vorschrift. 

Folgende  Tabelle  giebt  die  Resultate  für 
eine  zehnprozentige  Zinksulfatlösung: 


Die  besondere  Lösung  für  E  ist  also 

£\  =  [32.5  —  0,715x80.51 980  X  0,0001035 

=  [32.5  — 577]  X  0,0001013 
E^  =  —  2,53  C.  G.  S. 
Ex  =  —  2,53  X  io~*'Volt. 

Hiervon  muss  man  die  Korrektur  für  den  Auf- 
trieb der  Flüssigkeit  abziehen,  nämlich 

e  =  I)[Kat  V-  n  V  [Kat  +  An)\ g q k , 
worin 

Z>  =  Dichte  des  Elektrolyten 
F=spez.  Volumen  der  Kathode 
V,=     „  „         des  Lösungssalzes 

ist;  setzt  man 


Widerstand 

Dat. 

Röhre 

Länge 

in  d.     i.Kas 

>43,7 

cm 

Röhre  '     ten 

Dez.  8  ' 

'     VI 

4353       1000 

*.    »» 

VIb 

1  »44,01 

[  4360    .  aooj 

M    »7 

vin 

»44 

9500       0 

«•    27 

!♦ 

«44 

!    „      0 

.»    «9 

»» 

M4 

f.      0 

Jan.     3 

»/ 

144 

„      1000 

Galvanom. 
Empfind- 
lichkeit 


a,xxio-lo 

a,o8 

»•5 

>,5 

3.57 


Dämpf- 
ungs- 

faktor 


o.ax 

0,5 1 

0.23 

0.23 
o,ai 

0.158 


E  per 
Skalenteil 


i,a6xio-6 

»,45 

I  54 

I  52  I 

»•»4 

4,05 


Max.  Ab- 
lenkung 
An 


34.5  cm 
»8,5    » 
9  5    „ 
»3,4»  ., 
11.16  „ 

7,5    ,» 


beobachtete 
E 


E  per 
cm  Höhe 


K  ber. 


7»4a 
3,88 
a.ig 
a>86 

2'33 

nix 


9,36x10-« 
5.6a 

3,37 
4,34 
5.00 

4.5 


>,5X«o 

-3.9 
— »*34 
—  3,03 

—3*45 
—3, »3 


».4x10-** 


Es  muss  beachtet  werden,  dass  die  Werte 
für  Röhre  VIII  geringer  sind  als  die  mit  den 
vorhergehenden  Röhren  erhaltenen,  ebenso,  dass 
die  Werte  für  Röhre  VIII  wuchsen,  je  länger 
sie  benutzt  wurde.  Röhre  VIII  war  hergestellt 
mit  besonderer  Vorsicht,  die  Elektroden  ganz 
fest  in  dem  Ende  der  Röhre  zu  erhalten.  Der 
Metallbeschlag  war  gleich  nach  der  Fertigstel- 
lung ein  vollkommener,  aber  er  verschwand  mit 
dem  Alter. 

Im  folgenden  ist  die  theoretische  Berech- 
nung der  E.  M.  K.  per  Centimeter  Höhe  ge- 
geben. Der  Wert  der  gleichmässigen  Wande- 
rung, der  in  dieser  Berechnung  angewendet 
ist,  wurde  durch  Interpolieren  aus  den  drei 
für  Zinksulfat  gegebenen  Werten  gewonnen, 
welche  in  einer  Tabelle  von  elektrochemischen 
Eigenschaften  wässriger  Lösungen  von  T.  C. 
Fitzpatrick^)  gegeben  sind.  Der  gebrauchte 
Wert  ist  //  =  o,7i5  für  die  zehnprozentige 
Lösung. 

In  der  Formel 

E=  [Kat—n  [Kat  +  An)\  gqh 

verzeichnen  wir  für  Zinksulfat  folgende  Werte: 

Ayz/=H65)  =  32,5  (Äquivalentgewicht  des  Zn) 

.-!//  =  ^  (96)  =  48  {Äquivalentgewicht  von  SO^ 

[]  =  980 

<7==o,oooi035  (ein  Zehntel  des  elektro- 
chem.  Äquivalents  von  //) 

/i=  I  cm 


r= 


80.  a 


n 


0,715. 


i)  Wicd.   Ann.  51,  203. 

2)  SieheWhethains  Solution  and  Electrolysis  p.215 — 283. 


10 
so  erhalten  wif 

32.5 

L    7 

^  =  0,I24X  io~^  Volt. 

E=E\  — e 

E=^  —  2,4  X  10-"  Volt. 
Das  Zeichen  —  zeigt  an,  dass  der  Strom 
nach  oben  durch  die  Röhre  floss,  der  Schwer- 
kraft entgegen.  Dies  will  indessen  auf  den 
ersten  Blick  als  unvereinbar  mit  dem  Gesetz 
von  der  Erhaltung  der  Kraft  erscheinen.  Es 
muss  beachtet  werden,  dass,  wenn  32.5  g  Zn 
mit  dem  Strome  befördert  werden,  57,7  g  SO^ 
sich  in  entgegengesetzter  Richtung  bewegen. 
Die  E.  M.  K.  entspringt  dem  Überschuss  der 
Masse  6Ö4  über  die  Menge  Z//.  Diese  E.  M.'K. 
wird  fortdauern,  bis  die  E.  M.  K.,  die  aus  dem 
Unterschied  in  der  Konzentration  entspringt, 
gross  genug  ist,  ihr  das  Gegengewicht  zu  halten. 
Im  Falle  der  Betrag  der  DifTussion  genügend 
gross  ist,  um  eine  merkliche  Verschiedenheit  in 
der  Konzentration  hervorzubringen,  muss  die 
Quelle  der  Energie  in  der  bei  der  Auflösung 
absorbierten  Wärme  liegen. 

Mit  Kadmiumsulfat  sind  die  Ergebnisse  be- 
deutend besser  übereinstimmend,  als  mit  Zink- 
sulfat. Die  Voltameter  waren  nach  dem  gleichen 
Muster  gebaut  wie  beim  Zink.  Das  Kadmium  war 
hergestellt  nach  der  von  Jaeger  und  Wachs- 
muth^  gegebenen  Vorschrift. 

I)  Wicd.  Ann.  59,  575. 


i8o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


Die  Resultate  für  10  ,,»  Kadmiumsulfat  sind  in  folgender  Tabelle  gegeben: 


Dat. 


Röhre 


Widerstand 


f  -änge 


_    Galvanom.   Dampf- 


ig per 


Max.  Ab- 


j  .  Empfind-       ungs-      <.,    , '  .  .,     lenkune 

in  der        im  ,.  i ,    ..        c  .^         bkalenteil  *     ** 

Röhre     Kasten       ^^^^^^'^        ^^^'^'  ^^ 


A 


Eh 


E.  per  cm 
Höhe 


Jan.     3        (V  No.  I      128  cm      11240 

7  1»  »1  »» 

16      „  No.  ir    130  „     11300 


»I 


19 


it 


»I 


t» 


O 
O 

o 
o 


4,8><rio— «o 

3.3 

3i06 
2,27 


0,127  5,82x10-6 

0,163  3,96 

0,17  3i68 

0,202  2,76 


2.5 
3.51 
4 
4,5 


0.317  1,85x10-  6 
0,556,2,20 
o,f>8oj2,5i 
0,910  2,51 


—144x10-8 
—1,72 
—1,92 
—  1,92 


Mittel:  —1,75 


Die  Wanderungsgeschwindigkeit  für  Kad- 
miumsulfat scheint  nirgends  experimentell  be- 
stimmt worden  zu  sein.  Die  Konstante,  irgend 
einer  E.  M.  K.  entsprechend,  mag  jedoch  aus  fol- 
gender Gleichung  bestimmt  werden 

£•=  ^  [Kat  — ;/  {Kat  +  An)\ 

—  D [Kai  V—u l ^  {Kat  +  An)]]g<j h, 

worin  folgende  Werte  eingesetzt  werden 

A71  =  48 

I 


F= 


f  = 


9,39 
I 

8,4 


Wir  haben  dann 

j5'=5,02  —  9,i7//x  10-^  Volt. 
Aufgelöst  auf  //  haben  wir 

;/  =  (i5'+5,02). 

Wenn  £*=- —  1,75  ist  //  =  0,738. 

Bei  einer  nahezu  gesättigten  Lösung  von 
Kadmiumsulfat  ist  die  E.  M.  K.  positiv,  oder  der 
Strom  fliesst  in  der  Röhre  von  oben  nach 
unten.  Folgende  Tabelle  giebt  die  Resultate 
für  eine  46 ^''„  ige  Lösung  (46  g  Cd  So^  in  56  g 
Wasser  gelöst). 


Wirkung  des  Druckes. 

Apparate  und  Methoden.  Die  Wirkung 
des  Druckes  in  verschiedenen  Zellen  wurde 
dadurch  bestimmt,  dass  man  zwei  Zellen,  deren 
E.M.K.  nahezu  gleich  war,  gegeneinander  schaltete 
und  die  Veränderung  im  Unterschied  der  Volt- 
angabe mass,  wenn  die  eine  Zelle  einem  Drucke 
unterworfen  wurde.  Bei  der  ersten  Methode 
war  die  Zelle  in  H-Form  angefertigt  aus  einer 
dickwandigen  Gla.sröhre  mit  geringer  Weite. 
Diese  Zelle,  ein  Kadmiumelement,  war  zu- 
sammengesetzt nach  den  von  Jaeger  und 
Wachsmuth')  gegebenen  Vorschriften.  Die 
Elektroden  waren  angeordnet  mit  einem  Brei 
von  Quecksilbersulfat  über  dem  Quecksilber  und 
Kadmiumsulfat-Krystallen  über  dem  Amalgam. 
Ein  Arm  der  Röhre  war  zugeschmolzen,  während 
der  andere,  längere,  als  Öffnung  diente,  durch 
welche  die  Kadmiumsulfatlösung  mittels  einer 
Kapillarröhre  eingeführt  werden  konnte.  Mit 
grosser  Geduld  und  Sorgfalt  wurde  dann  die 
Röhre  gänzlich  mit  der  Flüssigkeit  angefüllt. 
Eine  lange  Kapillarröhre  wurde  dann  ange- 
schmolzen, welche  die  Zelle  mit  dem  Piezo- 
meter  verband.  Druck  wurde  durch  eine  Kom- 
pressionspumpe erzeugt.  Die  beiden  Zellen  waren 
nebeneinander    in    einem   Holzblock    aufgestellt 


Dat. 


Jan.  29 

„      29 

M      29 

Febr.    I 


Köhre 


C/\o.  II 

n 


Länge 


Widerstand        Galvanom.   T>ümpf-       ^       ^        Max. Ab- 

in  "der        im         Empfind-       ^j^f^;   '  sUlil'teil     ^^"^""^ 
Röhre  '  Kasten       lichkeit       ^^^^''^'  \      An 


A, 


Eh         E  per  cm  Hohe 


130  cm       7560 


,,     ,, 


1000  6,04x10-1'^ 

o  4,3 

loooo  4,28 

o  4,74 


0,11 

0,138 

0,137 
0,127 


Die  Berechnung  giebt  folgende  Gleichung 
für  E\ 

£=4,c)S  '   8,67// X  10- "^  Volt 
fiir  Ii=-  4,/S,  ;/=-o,02. 

Die  Bedeutung  des  kleinen  Wertes  für  //  ist, 
dass  sich  die  Anionen  mit  ganz  geringer  Ge- 
schwindigkeit in  dem  Strome  entgegengesetzter 
Richtung  bewegen.  In  konzentrierter  Lösung 
haben  beide  Ionen  die  Neigung,  sich  an  dem 
tiefer  liegenden  Ende  der  Röhre  festzusetzen 
und  eine  Verschiedenheit  der  Konzentration 
herbeizuführen. 


5,48x10-6     9,4  mm    1,36   7,5X10— 5  '5,77x10    8  Volt 

347  11,4   „     1,59  5>5  ,4,25 

8,1  5,6   „    0,77  6,25  '4,S 

3,85  II       „     1,40 '5,36  4.12 

Mittel  4,78 

und    durch    einen  Widerstandskasten    mit   dem 
Galvanometer  verbunden. 

Die  Veränderungen  in  der  E.  M.  K.  wurden 
bestimmt  aus  der  Ablenkung  und  Empfindlich- 
keit des  Galvanometers  und  dem  Gesamtwider- 
stande im  Stromkreis.  Da  die  Wandstärke  der 
Glasröhre  den  verwendeten  Druck  einschränkte, 
wurden  die  Zellen  so  gestaltet,  dass  sie  in  einem 
l^iezometer  mit  2,5  cm  innerem  Durchmesser 
angebracht  werden  konnten.     Die  Zellen  waren 

I)  Wicd.  Aim.  59,   575. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


181 


in  einer  modifizierten  H-Form  hergestellt,  bei 
welcher  das  Querstück  weggelassen  und  die 
beiden  senkrechten  Röhren  aneinander  ge- 
schmolzen wurden.  Dies  geschah,  wenn  man 
an  der  Seite  einer  jeden  Röhre  eine  kleine 
Kugel  herausblies,  dann  eine  Öffnung  in  diese 
Kugel  machte  und  an  diesen  Öffnungen  sie 
zusammenschmolz.  Die  Elektroden  waren  in 
die  Enden  gelegt  und  Brei  und  Krystalle  über 
ihnen.  Zunächst  wurden  nun  die  Zellen  ober- 
halb der  Verbindungsstelle  erhitzt  und  die  zwei 
Röhren  zu  Kapillaren  ausgezogen.  Die  Zelle 
wurde  nun  gefüllt  und  die  Kapillaren  an  der 
engsten  Stelle  abgebrochen.  Dann  wurden  sie 
in  das  Piezometer  gebracht,  welches  mit  Cerosin 
gefüllt  war.  So  ist  der  Druck  im  Innern  der 
Röhre  der  gleiche  wie  aussen,  und  eine  mög- 
liche Lösung  des  Cerosins  in  dem  Elektrolyten 
wird  vermieden  durch  die  kleine  Kontaktstelle 
in  den  Kapillaren.  Die  elektrische  Verbindung 
wurde  herbeigeführt  durch  zwei  isolierte  Leiter, 
die  durch  den  Deckel  des  Piezometers  gingen. 
Um  Irrtümer  zu  vermeiden,  die  einem  Wechsel 
der  Temperatur  zuzuschreiben  wären,  wurde 
das  Piezometer  in  ein  grosses  Wasserbad  ein- 
getaucht und  die  Vergleichszelle  in  ein  Cerosin- 
bad,  welches  ebenfalls  in  das  Wasserbad  ein- 
tauchte. Dieses  Wasserbad  war  von  einem 
Luftmantel  und  dieser  von  einem  Mantel  aus 
Sägespänen  umgeben.  Der  Deckel  war  von 
Baumwollabfall.  Auf  diese  Weise  konnte  die 
Temperatur  des  Bades,  welche  ungefähr  diejenige 
des  Raumes  war,  während  einer  abgeschlossenen 
Beobachtungsreihe  konstant  gehalten  werden. 
Auf  keinen  Fall  konnte  eine  Temperatur- 
schwankung mittels  eines  in  Zehntelgrade  ge- 
teilten Thermometers  festgestellt  werden. 

Anstatt  das  Schwanken  der  E.  M.  K,  durch 
Galvanometer-Ausschlag  zu  bestimmen,  wurde 
die  Elektrometermethode  angewendet.  Je  kleiner 
der  Unterschied  in  der  E,  M.  K.  der  beiden 
Zellen  ist,  um  so  weniger  wird  durch  das 
Schwanken  der  E.  M.  K.  in  der  Batterie  ein  Irr- 
tum herbeigefiihrt. 

Mittels  dieser  Methode  wurde  die  Änderung 
der  E.  M.  K.  einer  Kadmiumzelle  durch  Druck 
bis  zu  300  Atmosphären  bestimmt.  Sie  wurde 
als  geradlinig  befunden.  In  einer  Clarkzelle, 
hergestellt  nach  den  von  Kahle')  gegebenen 
Vorschriften,  ist  die  Änderung  auch  linear, 
aber  es  ist  nötig,  die  Zelle  nach  jeder  Druck- 
zunahme fünf  Minuten  stehen  zu  lassen,  um  die 
E.  M.  K.  als  Konstante  zu  erhalten.  Dies  mag  er- 
klärt werden  können  durch  die  Annahme,  dass 
die  Änderung  der  E.  M.  K.  zu  irgend  einer  Zeit 
herrührt  von  der  Übereinanderlagerung  zweier 
Schwankungen,  einer  positiven,  die  von  dem 
Drucke,  und  einer  negativen,  die  von  dem  durch 

I)  Wied.  Ann.  51,  203. 


den  Druck  verursachten  Steigen  der  Temperatur 
herrührt. 

Nach  etwa    fiinf  Minuten   gewinnt  die  Zelle 
ihre  ursprüngliche  Temperatur  wieder  und  das 
Anwachsen  der  E.  M.  K.  ist  dasjenige,  welches  nur 
von  dem  Drucke  herrührt.  In  einer  Carhart-Clark- 
zelle,   hergestellt  in  H-Form  mit   Zinkamalgam 
aber  sonst  gemäss  den  von  Carhart')  gegebe- 
nen Vorschriften,  ist  die  Zeitverzögerung   noch 
ausgesprochener  als  in   der  Clarkzelle.     In  der 
i-Volt-Calomelzelle,  hergestellt  in  der  H-Form, 
aber  sonst  gemäss  Carhart),  steigt  die  Kurve 
schnell    für    die    ersten   25  Atmosphären,  biegt 
dann  ab  und  erreicht  ein  geringes,  geradliniges 
Wachsen  bei   100  Atmosphären.     Die  gesättigte 
Calomelzelle,   ebenso  hergestellt   wie   die  Zink- 
Calomelzelle,  nur  dass  die  Zinklösung  gesättigt 
ist,  giebt  eine  gleiche  Art  Kurve  wie  die  i-Volt- 
Calomelzelle.     Das  erste  Anwachsen  ist  nicht  so 
gross  und   der  geradlinige  Teil    der  Kurve    ist 
etwas  steiler  als  wie  bei  der  i-Volt-Calomelzelle. 
Die  E.  M.  K.   dieser  Zelle  war  0,856  Volt.     In 
der  Kupfersulfatzelle  war  die  Veränderung  ganz 
gering  und  erfolgt  in  negativer  Richtung.    Diese 
Zelle    war    in   H-P"orm    mit    Zinkamalgam    und 
Kupfer,  an  einem  Platindraht  befestigt,  als  Elek- 
troden.   Das  Zinkamalgam  war  mit  Zinksulfatbrei 
bedeckt  und  die  Kupfer-Elektrode  war  umgeben 
von    einer   gesättigten    Kupfersulfatlösung,    die 
noch    einen    Überschuss    an    Krystallen    hatte. 
Nachdem    ein    Diaphragma     von    Löschpapier 
über    der   Kupfersulfatlösung    angebracht    war, 
wurde  die  Zelle  gefiillt  mit  einer  konzentrierten 
Zinksulfatlösung.    Die  E.  M.  K.  dieser  Zelle  war 
1,078    Volt.      Die    Zeitverzögerung    war    sehr 
gross;    es    dauerte    15  Minuten,    bis    ein    kon- 
stanter Wert  erhalten  wurde.     Dies  machte  die 
Beobachtungen    langsam    und     unsicher.      Die 
Chlorsilberzelle  gemäss  Carharts^)  Vorschriften 
hergestellt,  ausser  dass  Zinkamalgam  an  Stelle 
von    Zink    benutzt    wurde,    gab    eine    Kurve, 
welche    nahezu  geradlinig    ist,    jedoch  langsam 
nach  rechts  abbiegt.     Das  in   dieser  Zelle  ver- 
wendete Chlorsilber  war  frisch  geftillt  und  um 
einen    Silberdraht   gelegt.      Dieselbe  Zelle    mit 
einer    alten    Chlorsilberelektrode,    welche    seit 
20  oder  mehr  Jahren  in  dem  Laboratorium  vor- 
handen und  ganz   schwarz  geworden  war,   gab 
ein  äusserst  rapides  Steigen  der  E.  M.  K.  für  die 
ersten   25  Atmosphären,    nahm  dann    aber  ab. 
Ein    Vergleich    der   Druckwirkung    in    den 
verschiedenen    untersuchten  Zellen    ist  in  einer 
Zusammenstellung   der   Beobachtungen    in    fol- 
gender Tabelle  gegeben. 

Die  E.  M.  K.  der  Zellen  wurde  bestimmt  durch 
einen  Vergleich    mit  Kadmium-    und  Clarkzelle 


i)  Carh.irt,  Priraary  Battcrics,  60. 

2)  Am.  J.  Soc.  46,  60,  1893. 

3)  Carhart,  Primary  Battcrics,  60. 


1 


l82 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


1 


Veränderungen  durch  Druck  gegeben  in  Volt  X  lo— ^  per  Atmosphäre. 


xxT    u       j  1.^  %ff  IT  Wachsen  im  Mittel 
,,«,,,    j      «I,  ,,,  .  Wachsen d.h.M.K.    ^^  ,^^     ^^,^   .. 

h.M.K.  der  ZeUe         lemperatur       ^j  A,„,osph.  """  '°°-?«'  A'" 

*  mospharen      ^ 


Kadmium  ^i.  Methode) 
Kadmium  (2.  Methode) 

Clark 

Carhart-Clark  .  .  . 
I  Volt-Calomel  .  .  . 
Gesättigte  Calomel 
Kupfersulfat  .... 
AgCl  (weiss)  .  .  . 
/4^C7  (schwarz)  .     .     . 


1,019 
1,019 
1,440 

1,443 
0,996 

0,805 

1,078 

1,076 

1,164 


unter  Zugrundelegen  der  E.  M.  K.-  und  Tempe- 
ratur-Koeffizienten, wie  sie  von  der  Reichsan- 
stalt gegeben  sind.  (Siehe  obenstehende  Tabelle.) 
Diese  Untersuchung  wurde  ausgeführt  an 
der  Cornell-Universität  unter  Leitung  des  Herrn 
Professor  E.  L.  Nichols. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  H.  Karsleys.) 

(Eingegangen   16.  November  1901.) 


Zur   Bewegung   eines   elektrischen   Teilchens 
im  elektromagnetischen  Felde. 

Von  Eduard  Riecke. 

Die  Gleichungen  für  die  Bewegung  eines 
elektrischen  Teilchens  in  einem  elektromagne- 
tischen Felde  lassen  sich  noch  in  einem  Falle 
lösen,  der  ein  gewisses  Interesse  besitzt  mit 
Bezug  auf  Versuche,  die  ich  schon  vor  einem 
Jahre  angestellt  habe,  von  deren  Berechnung 
und  Veröffentlichung  ich  aber  durch  eine  andere 
dringende  Arbeit  seither  verhindert  worden  bin. 

Es  sei  eine  drahtformige  Kathode  gegeben, 
deren  Länge  wir  als  unbegrenzt  betrachten 
wollen.  Die  Flächen  konstanten  elektrostatischen 
Potentiales  seien  Cylinder,  welche  mit  der  Ober- 
fläche der  Kathode  konzentrisch  sind.  Das 
Magnetfeld  sei  ein  konstantes,  die  Kraftlinien 
parallel  der  Cylinderachse,  die  Intensität  C. 
Die  Achse  der  Kathode  machen  wir  zu  der 
-cr-Achse  eines  rechtwinkligen  Koordinaten- 
systems. In  der  zu  der  xr-Achse  senkrechten 
;r/-Ebene  führen  wir  Polarkoordinaten  ein  durch 
die  Gleichungen: 

x=-  r  cos  (f  ,  r  ^=  r  sin  (p  . 

Der  Halbmesser  des  von  der  Kathode  ge- 
bildeten Cylinders  sei  tr^  der  Wert  des  elektro- 
statischen Potentiales  an  der  Oberfläche  der 
Kathode  //«.  Wir  untersuchen  die  Bewet^ung 
eines  von  der  Kathode  ausgehenden  negativ 
elektrischen  Teilchens  von  der  ponderablen 
Masse  ^  und  der  elektrischen  Ladung  —  f. 
In  rechtwinkligen  Koordinaten  sind  die  Diffe- 
rentialgleichungen der  Bewegimg: 

8// 


e      dy 
v^  dt' 


20,40 

6,02 

I90 

7,6 

i6,60 

11,6 

16.3" 

13,1 

150 

3.0 

170 

2,8 

170 

—1,0  ( 

180 

25,7 

iS'ö«^ 

— 

=  ^  ^    + 

(?) 


7,6 

11,6 

13.J 
0,98 
1,63 
-1,0  (-) 

—  13 


dt' 


d'^z 


=  0. 


^  di^ 
Das  Integral  der  lebendigen  Kraft  ist: 


'A 


\dt 


+ 


fö)'} =.(«-«.,, 


das  Integral  des  Flächensatzes: 

(     dx  dy\  «       /    9         ON 


V  dt 


dti 


Zur  Zeit  /  =  o  befindet  sich  das  Teilchen 
an  der  Oberfläche  der  Kathode  und  besitzt 
keine  Anfangsgeschwindigkeit.  Führen  wir  Polar- 
koordinaten ein,  so  ergiebt  sich: 


f  E)' 


+  r 


(d<p 

\di 


)}  =  «  («  —  »„). 


^  dfp         f       ,  „ 


dt 


Ä^. 


Hieraus: 


dt  o.,,.  ^^^  .^l]^ 


d(p 


e 


dt  2Vfl 


('-";)■ 


dr 


rdfp 
dr 


-'    er--' 
2v(i     \  r 


1/       ^     /  N  ^ 

]/    2  (U  —  Un)—  .f     , 


-2 


r  — 


a^\i 


Wenn    das  Teilchen    sich  von  der  Kathode 
so  weit  entfernt  hat,  dass 


a^        2v  1/    //  , 

=         V    2  ^    iu  —  //n 

r  er         E 


) 


wird,  so  verschwindet  die  radiale  Geschwindig- 

keit     ,    ,  und  das  Teilchen  bewegt  sich  in  einem 

dt  ^ 


^ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


183 


Kreise,  dessen  Ebene  auf  der  Achse  der  Ka- 
thode senkrecht  steht,  dessen  Mittelpunkt  in 
dieser  Achse  liegt.  Die  Bahn  des  Teilchens 
besteht  in  einer  Spirale,  die  sich  asymptotisch 
jenem  Kreise  nähert.  Der  Halbmesser  des 
Grenzkreises  ist  um  so  kleiner,  je  grösser  die 
Intensität  des  magnetischen  Feldes  ist.  Es 
liegt  nahe,  dieses  Resultat  mit  der  Kontraktion 
des  Dunkelraumes  im  Magnetfelde  in  Beziehung 


w  -  = 


zu  setzen. 


(Hingegangen  I.  Januar  1902.) 


Die  Änderung   des  Molekularvolums   gelöster 
Salze  mit  der  Temperatur. 

Von  Carl  Forch. 

Enthält  ein  Liter  einer  Lösung  vom  spezi- 
fischen Gewicht  stoi^o  A  • ;//  Gramm  eines  Salzes, 
dessen  Äquivalentgewicht  gleich  A  ist,  und  be- 
deutet Qt  das  spezifische  Gewicht  des  Wassers 
bei  der  Temperatur  t^,  so  ist  das  „Molekular- 
volum" q>  —  d.  h.  das  Volum  eines  Gramm- 
molekels bezw.  bei  Salzen  zweiwertiger  Säuren 
die  Hälfte  dieses  Volums  —  des  gelösten  Salzes 
in  bekannter  Weise  definiert  durch  die  Be- 
ziehung: 


A 
Qt 


(pt  =  ^    —  1000 


mQt 


Bezeichnet  dQ  bezw.  ds  die  Änderung  der  spe- 
zifischen Gewichte  für  i^,  so  erhält  man  den 
Temperaturkoeffizienten  von  <f>t 


/lOOOS 

d<p=[~^^     -A 


1000 

mQ 

wenn  dm  die  Änderung  der  Konzentration  mit 
der  Temperatur  bedeutet,  die  gleich  ist  dem 
negativen  Werte  des  Volumausdehnungskoeffi- 
zienten der  Lösung. 

Nachstehend  sind  aus  der  Litteratur  für  einige 
Salzlösungen  die  „Molekularvolumina"  bezw. 
deren  Temperaturkoeffizienten  berechnet.  Unter 
*  ist  das  Volum  einer  Grammmolekel  des  festen 
Köqjers  hinzugefügt. 


m 

3,5» 
2,08 

0,79 

4,22 

M2 


^18 

i3>3 

"3.7 

13,5 
12,1 

7,« 


0,082 
0,094 
0.138 

0,210 

1 


Ca  CI2  * 


0,068 
0,082 
0,092 
0,107 
2  Mg  C/2  * 
0,074  0,048 
0,165        0,096 


251). 

0,051 
0,058 

0,057 
0,039 

=  222). 
0,029 
0,049 


d<p'\0^         ä<piO" 


0,033 

0,045 

0,033 

-0,003 

0,012 
0,012 


0,026 

0,026 

0,015 

—0,023 

0,001 
—0,015 


Man  erkennt,  dass  der  Temperaturkoeffizient 
von  q)  sehr  rasch  mit  wachsender  Temperatur 
abnimmt,  entsprechend  der  Thatsache,  dass  die 
Volumausdehnung  einer  Salzlösung  bei  höheren 
Temperaturen  geringer  ist,  als  die  des  Wassers, 


w  -- 


/;/ 


///  ~ 


^10* 

= 

2                  AJ^) 

46,11 

KBr^) 

37,93 

NiUaA 

37.2 

NII^NOA 

46.8 

NaHO:,}) 

30,0 

HNO:,^) 

26,7 

V2  Zn  SOA 

1,88 

\2  Cu  SO,^) 

4,63 

Kon  3) 

7.6 

^6« 

-— 

5     ^2^2SO^*) 

17,6 

1 

15.5 

0,1 

12,0 

0.01 

7J 

= 

5  ^I^MgSO,^) 

6,0 

I 

0,9 

0,1 

2,4 

0,01 

-3,9 
«f  5.5* 

— 

5  Essigsäure*) 

51,0 

I 

50,2 

0,1 

49.9 

0,01 

49.7 

— 

I         Zucker«) 

209,9 

0,1 

208 

0,01 

207,6 

47,62 
39.07 

37,9 
48,0 

31,5 
27.9 
2,87 

5,57 
«.7 

<p  18» 

18.5 
17,0 

14,0 

9,3 

</>  18» 
6,6 

1.7 
—  1,2 
-2,6 

9)  18« 
52,1 

5^3 
51.1 
50.9 

(p  18* 

211,5 

2:^9,9 
209,6 


^^(lo*— «)•)   4» 


0,15 
0,11 

0,07 

0,12 

o»«5 
0,12 

0,10 

0,09 

0,11 


54 
44 

35 
46 

38 
40 

23 
22 

27 


0,08  27 

0,12 

0,17 

0,13 


0,05 
0,07 
0,10 
0,11 

0,10 
0,10 
0.10 
0,10 

0.13 
0,16 
0,16 


23 


57 


215 


Es  ergiebt  sich  aus  dieser  Übersicht,  dass  der 
Temperaturkoeffizient  von  (p  so  gut  wie  völlig 
unabhängig  ist  von  der  Grösse  des  Molekular- 
volums selbst,  dass  er  vielmehr  für  gleiche  Mole- 
külzahl und  dasselbe  Temperaturintervall  fast 
unabhängig  vom  gelösten  Stoffe  und  für  Werte  von 
(p  innerhalb  der  Grenzen  +210  bis  — 3  genähert 
gleichgross  bei  allen  in  Wasser  gelösten  Körpern 
ist.  Eine  merkliche  Abhängigkeit  von  dem  Disso- 
ziationsgrade lässt  sich  an  den  gegebenen  Zahlen 
nicht  Wahrnehmen.  Selbst  bei  den  Salzen,  für 
welche  <p  sich  dem  Werte  von  #  ziemlich  nähert 
—  NHx  Cl,  A^y  und  K  Br  — ,  ist  der  Tempera- 
turkoeffizient von  <p  und  *  wesentlich  verschieden, 
denn  im  festen  Zustande  beträgt  die  Volum- 
änderung für  einen  Grad  Temperaturzunahme 
nur  etwa  ein  Zehntel  von  der  im  gelösten  Zu- 
stande.®) Der  „Temperaturkoeffizient  des 
Molekularvolums"  erscheint  mithin  viel- 
mehr durch  das  Lösungsmittel  als  durch 
die  Eigenschaften  des  gelösten  Körpers 
bedingt. 

i)  Bremer,  Rec.  trav.  chim.  des  Pays-Bas  7,  268,  1888; 
nach  Beibl.  13,  362,  1889. 

2)  Bremer,  Arch.  n^erlaud.  (2),  0,  455,  1901.  Es  sei 
bei  dieser  Gelegenheit  darauf  hingewiesen,  dass  die  1.  c.  an- 
gegebenen Konzentrationen  teilweise  bis  zu  0.5  Proz.  zu  klein 
sind,  da  die  beim  Mischen  von  Salzlösung  und  Wasser  auf- 
tretende Volumkontraktion  gelegentlich  der  Herstellung  der 
mit  ß,  C  und  D  bezeichneten  Lösungen  nicht  berück- 
sichtigt ist. 

3)  Forch,  VVied.  Ann.  56,  100,  1895. 

4)  F.  Kohlrausch,  Wied.  Ann.  56,  199,  1895. 

5)  G.  T  h.  G  e  rl  a  c  h ,  Spezifische  Gewichte  der  Salzlösungen. 
Freiberg  1859,  S.  97. 

6)  Fizeau,  C.  R.  64,  314,  1867. 

Darmstadt,  Physikal.  Institut  der  Techn. 

Hochschule. 

(Kingegangen   10.  Januar  1902.) 


i84 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


Der  Mensch  als  kalorische  Maschine  und  der 

zweite  Hauptsatz. 

Bemerkungen  zu  dem  gleichnamigen  Artikel  von 
K.  Schreber  dieser  Zeitschrift  (3,  107,  1901). 

Von  N.  Zuntz  (Berlin). 

Schreber  erörtert  die  Frage,  ob  das  Wärme- 
gefälle zwischen  dem  Inneren  unseres  Körpers  und 
der  Umgebung  ausreichend  sei,  um  den  mensch- 
lichen Körper  als  kalorische  Maschine  ansehen 
zu  können.  Er  legt  seiner  Rechnung  das  Tem- 
peraturgefälle  zwischen  Körperinnerem  und  um- 
gebender Luft  zu  Grunde,  für  welche  letztere 
er  den  willkürlichen  Wert  von  17**  C.  einsetzt, 
um  alsbald  zu  erkennen,  dass  infolge  unserer 
Bekleidung  die  an  die  Haut  angrenzende  Luft- 
schicht viel  höher  temperiert  ist,  und  er  also 
nur  mit  einem  Wärmegefalle  von  2  bis  6^  C. 
rechnen  darf.  Wo  bleibt  aber  dies  Wärmege- 
falle beim  indischen  Kuli,  der  bei  einer  die 
Körperwärme  übersteigenden  Lufttemperatur 
schwerste  Arbeit  leistet,  dabei  die  Überhitzung 
seines  Körpers  nur  durch  Verdunstung  gewal- 
tiger Wassermassen  auf  Haut-  und  Lungenober- 
fläche verhütend;  wo  bleibt  es  beim  gegen 
reissende  Ströme  anschwimmenden  Fisch,  dessen 
Körperwärme  so  wenig  die  des  umgebenden 
Wassers  überragt,  dass  es  bisher  nicht  mit 
Sicherheit  gelungen  ist,  die  Grösse  der  Differenz 
festzustellen?  — 

Die  TemperaturdifTerenz  zwischen  Körper- 
oberfläche und  Umgebung  kann  aber  für  die 
Erklärung  der  Muskelarbeit  überhaupt  nicht  in 
Betracht  gezogen  werden.  Man  begeht  dabei 
einen  ähnlichen  Fehler,  wie  wenn  man  das 
Temperaturgefälle  in  der  kalorischen  Maschine 
aus  der  Wärmedifferenz  zwischen  dem  Kühl- 
wasser derselben  und  der  äusseren  Luft  bestim- 
men wollte.  Jede  Muskelfaser  ist  eine  Maschine 
für  sich;  aus  dem  Zusammenhang  des  Körpers 
herausgeschnitten,  fährt  sie  fort,  Arbeit  zu  leisten, 
indem  sie  in  ihr  angehäufte  brennbare  Stoffe  in 
derselben  Weise  zersetzt,  wie  vorher  als  sie  sich 
noch  im  Zusammenhange  mit  dem  Gesamtkör- 
per befand  und  für  den  Verbrauch  stetig  Er- 
satz aus  dem  Blute  empfing.  — 

Durch  gleichzeitige  Messung  der  auf  Reizung 
vom  ausgeschnittenen  Muskel  geleisteten  Arbeit 
und  seiner  Erwärmung,  wozu  nach  dem  Vor- 
gange von  Helmholtz*)  die  Methoden  durch 
Heidenhain^),    Fick^),    Magnus    Blix^)    und 

i)  Helmholtz,  H.,  Über  die  WärmeentwickluDg  bei  der 
Muskelaktion.   Müllers  Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.   1848,  S.  144. 

2)  Heidenhain,  Rud.,  Mechanische  Leistung,  Wärme- 
entwicklung und  Stoflumsatz  bei  der  Muskelthätigkeit.  Leip- 
zig 1864. 

3)  Fick,  Ad.,  Myothermische  Untersuchungen  aus  den 
Laboratorien  zu  Zürich  und  Wttrzburg.     Wiesbaden  1889. 

4)  Fick,  Ad.,  Myothermische  Untersuchungen  aus  den 
Laboraturien  zu  Zürich  und  Würzburg.     Wiesbaden  1889. 


Bürkner^)  ausgearbeitet  sind,  hat  man  den 
mechanischen  Nutzwert  der  im  thätigen  Muskel 
umgesetzten  chemischen  Energie  zu  20  bis  40 
Proz.  ermittelt. 

Einen  Wert  gleicher  Ordnung  haben  die 
von  mir  und  einer  Reihe  von  Mitarbeitern  aus- 
geführten Untersuchungen  ergeben,  welche  den 
einer  bestimmten  Arbeit  entsprechenden  Zu- 
wachs des  Stoffverbrauchs  im  menschlichen  oder 
tierischen  Körper  aus  der  gleichzeitigen  Steige- 
rung des  Sauerstoffverbrauchs  und  der  Kohlen- 
säureausscheidung bestimmten.  Wir  fanden 
gleichmässig  bei  Mensch,  Pferd  und  Hund,  dass 
3 1  bis  34  Proz.  des  Mehr  an  chemischer  Ener- 
gie, welches  bei  der  Arbeit  frei  wurde,  als  nutz- 
barer mechanischer  Effekt  auftrat.  Wir  ermit- 
telten gleichzeitig  die  Vergrösserung  der  Arbeit 
des  Herzens  und  der  Atemmuskulatur,  welche 
während  der  Arbeit  stattfindet.  Dieselbe  ist 
derart,  dass  sie  etwa  6  bis  7  Proz.  des  ganzen 
Mehrverbrauches  in  Anspruch  nimmt.)  Berück- 
sichtigen wir  dies,  so  erkennen  wir,  dass  die 
äussere  ArlÄit  leistenden  Muskeln  39  bis  40 
Proz.  der  in  ihnen  umgesetzten  Energie  mecha- 
nisch verwerten.  — 

Das  von  Schreber  gesuchte  Wärmegefälle 
müsste  dem  Gesagten  zufolge  zwischen  der  ein- 
zelnen kontraktilen  Faser  und  ihrer  Umgebung, 
welche  aus  lauter  gleichbeschaffenen  Fasern  be- 
steht, gesucht  werden.  Es  liegt  auf  der  Hand, 
dass  hier  in  Betracht  kommende  Temperatur- 
differenzen nicht  existieren  können. 

Schreber  betrachtet  nicht,  wie  wir,  nur  die 
während  der  Arbeit  mehr  zersetzte  Nährsubstanz, 
sondern  die  ganze  im  Laufe  des  Tages  umgesetzte 
als  Kraftquelle  für  die  äussere  Arbeit.  Er  nimmt 
an,  in  unserem  Körper  sei  eine  Art  Akkumu- 
lator vorhanden,  welcher  die  in  der  Ruhe  durch 
die  Umsetzungen  erzeugte  Energie  aufspeichere 
und  bei  Bedarf  zur  Arbeit  verwende.  Auch 
dieser  Gedanke  ist  nicht  neu.  Erhebliche  Ener- 
gieaufspeicherung kann  aber  in  unserem  Körper 
nicht  stattfinden,  das  beweisen  die  kalorime- 
trischen Versuche  von  Rubner,  sowie  die  von 
Atwate  rund  Benedict  am  ruhenden  Menschen. 
Diese  Versuche,  deren  Fehlergrösse  i  Proz.  des 
Wertes  nicht  übersteigt,  zeigen,  dass  bei  Hun- 
den und  Menschen  die  in  der  Ruhe  abgegebene 
Wärme  der  vollen  Verbrennungswärme  der 
gleichzeitig  umgesetzten  Nährstoffe  gleichkommt, 
eine  Speicherung  von  Energie  also  nicht  in 
nennenswertem  Masse  stattfindet.     Den  Gegen- 


1)  Pflügers  Archiv  Bd.  80,  S.  533;  Bd.  81,  S.  399. 

2)  Schreber  schätzt  die  Tagesarbeit  des  menschlichen 
Herzens  zu  3  .  lo^  mkg,  mir  ist  niemals  eine  ähnliche  Schätz- 
ung in  der  Fachlitteratur  begegnet.  Meine  eigenen  Messungen 
an  Pferden  und  Hunden  führten  zur  Schätzung  der  Arbeit  des 
menschlichen  Herzens  auf: 

2  .  10*  mkg  bei  absoUu^gr  Körperruhe, 
3.10*     „       ,,     mittlerer  Arbeit. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


i8s 


beweis  liefern  Versuche  von  At water  und 
Benedict,  in  welchen  dieselben  ihren  Versuchs- 
menschen  im  Kalorimeter  tagsüber  schwer  arbeiten 
liessen,  wobei  die  ganze  mechanische  Arbeit  im 
Innern  des  Apparates  durch  Reibung  in  Wärme 
übergeführt  wurde.  Auch  während  der  Arbeit 
entsprach  die  wirklich  abgegebene  Wärme  der 
aus  dem  Gaswechsel  berechneten  Verbrennungs- 
wärme  der  umgesetzten  Nährstoffe.   — 

Könnten  wir  einen  Teil  der  Energie  der  in 
Ruhe  umgesetzten  Stoffe  bei  späterer  Arbeit 
verwerten,  so  müsste  längere  Bettruhe  unsere 
Arbeitsfähigkeit  erhöhen.  Bekanntlich  ist  das 
Gegenteil  wahr.  Derjenige,  welcher  täglich 
energisch  arbeitet,  ist  viel  höherer  Leistungen 
fähig  als  der  untrainierte.  Offenbar  bedeutet 
der  Stoffwechsel  des  ruhenden  Körpers  kein 
nutzlos  brennendes  Feuer.  Was  wir  in  der 
Ruhe  an  chemischer  Energie  umsetzen,  brauchen 
wir  für  die  stetig  sich  vollziehende  Arbeit 
des  Herzens,  der  Atemmuskulatur,  des  Ver- 
dauungsapparates, für  die  Bewegung  der  kon- 
traktilen Zellen  in  unserem  Körper,  für  die 
chemische  und  osmotische  Arbeit  unserer  Drüsen, 
endlich  für  die  Erhaltung  unserer  konstanten 
Eigenwärme. 

Wir  können  uns  schliesslich  fragen,  wie 
^ross  müsste  das  Temperaturgefalle  im  Muskel 
sein,  wenn  er  bei  40  Proz.  Nutzwert  des  um- 
Lresetzten  Materials  als  kalorische  Maschine 
arbeitend  gedacht  wird.  Da  die  niedrigste  Tem- 
peratur 37^  C.  beträgt  giebt  die  Gleichung 

^'    •  ICK)  =  40, 

X  +  273 

x^^  244*^  C. 

Bedenken  wir,  dass  das  im  Muskel  entstehende 
Molekül  CO  ,  wenn  es  die  ganze  bei  dem  Pro- 
zess  6'+  02=  CO'i  entstehende  Wärme  in  sich 
fiir  einen  Moment  enthielte,  eine  Temperatur  von 
loooo"  C.  haben  würde  (Pflüger)  so  widerlegt 
unser  x  =  244"  C.  keineswegs  die  Möglichkeit, 
dass  der  Muskel  als  kalorische  Maschine  arbeite. 
Engelmann')  hat  eine  Theorie  der  Muskel- 
arbeit entwickelt  und  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  experimentell  gestützt,  welche  den  Muskel  , 
als  eine  Art  kalorischer  Maschine  auffasst,  in 
welcher  die  Temperaturänderung  die  Länge  und 
Spannung  kleinster  elastischer  Teilchen  ver-  ' 
ändert.  E.  Pflüger'^)  und  A.  Fick'')  vertreten 
die  Ansicht,  dars  bei  der  Muskelarbeit  die  che- 
mischen Anziehungskräfte  im  Sinne  des  Mus- 
kelzuges geordnet,  unmittelbar  mechanisch 
zur  Wirkung  kommen.  Bernstein\)endlich  zeigte 

l)  Th.  W.  Engel  mann,  Über  den  Ursprung  der  Muskel- 
kraft    Leipzig,  Kngclmann   1893 

a)  E.  Pfläger,  Sein  Arch.  10,  3:9,  344  u.  641. 

3)  A.  Fick,  Bemerkungen  zu  Ki.gelmanns  Abhandlungen. 
Pflögers  Arch.  63,  606  und  64,  313. 

41  Hernstein,  Pflügers  Arch.  85,  271;  Naturwissen- 
schaftliche Rundschau  1901,  No.  33—35. 


noch  einen  anderen  Weg,  auf  welchem  die  che- 
mischen Prozesse  im  Muskel  zu  mechanischer 
Arbeit  verwertet  werden  könnten,  ohne  erst  die 
ungeordnete  Bewegungsform  der  Wärme  anzu- 
nehmen. Änderung  der  Oberflächenspannung 
zwischen  den  ausserordentlich  dünnen,  den 
Muskel  zusammensetzenden  Fibrillen  und  der 
Flüssigkeit,  welche  dieselben  umgiebt,  kann 
mechanische  Wirkungen  von  der  Art  und  Grösse, 
wie  wir  sie  am  Muskel  wahrnehmen,  bewirken. 
Ich  konnte  hier,  um  nicht  allzuviel  Raum 
zu  beanspruchen,  nur  auf  einen  Teil  der  für  die 
von  Herrn  Schreber  angestellten  Betrachtungen 
wichtigen  physiologischen  Arbeiten  und  Theorien 

hinweisen.  (Eingegangen   13.  Januar  1902.) 


Über  Elektrizitätszerstrcuung  bei  Föhn.       \^ 
Von  Paul  Czermak.*) 

Beim  Studium  der  Arbeiten  von  Linss^), 
Elster  und  GeiteP)  sowie  Ebprt')  über  die 
Elektrizitätszerstreuung  der  atmosphärischen  Luft, 
fielen  mir  sofort  drei  Merkmale  auf,  welche  beim 
Föhn  eine  wesentlich  grössere  Ipnisierung  der 
Luft  erwarten  liessen,  als  bei  gewöhnlichen  atmo- 
sphärischen Verhältnissen.  Alle  bisherigen  Be- 
obachtungen ergaben  die  kleinsten  Zenstreuungs- 
koeffizienten  bei  nebliger  oder  nahe  an  der 
Kondensation  liegender  Luft,  während  die  gröss- 
ten  Werte  bei  klarem,  tiefblauem  Himmel 
und  auffallend  deutlicher  Fernsicht  er- 
halten wurden,  wie  Elster  und  Geitel  in  der 
citierten  Arbeit  S.  432  sagen.  Dadurch  ist  aber 
eines  der  charakteristischen  Merkmale  der  Föhn- 
luft gekennzeichnet.  Gerade  für  diese  so  auf- 
fallende Erscheinung  der  sogenannten  ,, Föhn- 
aussicht", welche  sich  schon  deutlich  beim  ersten 
Einstellen  der  Föhnlage  zu  erkennen  giebt,  fehlte 
es  bisher  an  einer  befriedigenden  ph}'sikalischen 
Erklärung. 

Ferner  zeigen  die  Messungen  von  labert 
bei  Ballonfahrten  in  der  auflalligsten  Weise  eine 
grosse  Zunahme  der  Zerstreuungskoeffi- 
zienten mit  der  Höhe.  Da  nun  die  Föhn- 
luft aus  grösseren  Höhen  in  verhältnismässig 
kurzer  Zeit  zu  uns  herabkommt,  so  ist  schon 
deshalb  ziemlich  sicher  ein  grösserer  lonenge- 
halt  zu  erwarten. 

Ein  dritter  Fingerzeig  liegt  in  den  Beob- 
achtungen von  P.  Lenard^)  welcher  fand,  dass 

i)  Teilweise  im  Anzeiger  der  Wiener  Akademie. 

2 )  „Über  einige  die  Wolken-  und  Luftelektrizität  betreffende 
Probleme."     Metcurolog.  Ztschr.  4,  345,  1887. 

31  „Über  Elektrizitäts/.erstreuung  in  der  Luft".  Ann.  der 
rhys.     2.  425,   1900. 

4)  „Cber  Klektrizitüts/erstreuung  In  grösseren  Höhen". 
Ann.  der  Phys.  5,  718,   1901. 

5)  ,,rber  die  Wirkung  des  ultravioletten  Lichtes  auf  gas- 
förmige Körper".     Ann.  der  Phys.  1,  486,  1900. 


i86 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


Luft  durch  die  Wirkung  des  ultravioletten  Lichtes 
nicht  nur  zur  Bildung  von  Nebelkernen  veran- 
lasst wird,  sondern  dass  auch  eine  starke 
Ozonisierung  eintritt.  Nachdem  nun  die 
Ionisierung  der  Luft  wohl  der  ultravioletten  und 
violetten  Sonnenstrahlung  zuzuschreiben  ist,  so 
wird  auch  eine  vermehrte  Ozonbildung  gleich- 
zeitig vor  sich  gehen.  Vielen  Personen,  dar- 
unter auch  mir  selbst,  ist  nun  beim  Föhn  schon 
seit  langem  oft  ein  auffallender  Geruch  be- 
merkbar. Er  erinnert  schwach  an  Phosphor 
oder  frische  Metallflächen  oder  etwas  Ozon;  er 
wird  als  Frühjahrsgeruch  bei  eintretendem  Tau- 
wetter bezeichnet. 

Da  hier  in  Innsbruck  sehr  gute  Gelegenheit 
sich  bietet,  diese  Voraussetzungen  zu  prüfen,  so 
wollte  ich  schon  längst  einige  Zerstreuungs- 
messungen ausfuhren.  Aber  erst  Ende  Novem- 
ber V.  J.  kam  ich  durch  die  Freundlichkeit  des 
Professor  Dr.  F.  Exner  in  die  Lage,  einen  dies- 
bezüglichen Apparat  leihweise  zu  erhalten,  wo- 
für ich  demselben  hier  meinen  besten  Dank 
abstatte. 

Den  ganzen  Monat  Dezember  konnte  ich 
nun  Messungen  ausführen  und  trat  nach  14  nor- 
malen Tagen  ein  typischer  Föhntag  auf.  Dann 
musste  ich  die  Messungen  abbrechen  und  stud. 
phil.  V.  Preu  setzte  dieselben  an  mehreren  Föhn- 
tagen, die  in  der  letzten  Dezemberwoche  auf- 
traten, fort. 

Die  erwartete  Erscheinung  zeigte  sich*  sehr 
auffallig.  Bedeuten  ^-,-f.  so  wie  bei  Ebert, 
die  bei  negativer  resp.  positiver  Ladung  am 
Zerstreuungskörper  in  der  Zeiteinheit  (i  5  Minuten) 
neutralisierte  Elektrizitätsmenge  und  ^-,-f.  die 
durch  Division  durch  15x0,4343  (i  — ;/)  er- 
haltenen Zerstreuungskoeffizienten,  wo  //  das 
das  Verhältnis  der  Kapazitäten  von  Elektro- 
meter zu  Elektrometer  +  Zerstreuungskörper 
vorstellt,  ferner  ist  q  das  Verhältnis  von  a-  zu 
^^,  so  sind  die  Ergebnisse  dieser  vorläufigen 
Messungen  folgende: 


Durch  diese  kurze  Messungsreihe  ist  vor- 
läufig sicher  gestellt,  dass  der  lonengehalt  an 
Föhntagen  das  Vier-  bis  Zehnfache  des  an  ge- 
wöhnlichen Tagen  gemessenen  beträgt.  Es 
scheint  auch  die  negative  Zerstreuung  grösser, 
was  auf  die  Erhaltung  des  Charakters  der  Höhen- 
luft schliessen  lässt.  Der  höchste  Wert  trat  an 
einem  Tage  auf,  als  der  Föhn  sehr  heftig  und 
bereits  den  dritten  Tag  hindurch  geweht  hatte. 
Wieviel  die  an  Föhntagen  viel  stärkere  Son- 
nenstrahlung zur  Ionisierung  beiträgt,  ist  noch 
nfcht  sicher  anzugeben,  doch  steigen  die  Werte 
meist  am  »Nachmittage. 

In  der  Folge*)  sollen  solche  Messungen  in 
ausgedehnterem  Masse,  verbunden  mitMessungen 
des  Potentialgefälles,  durch  längere  Zeit  fortge- 
setzt werden.  Es  ist  nämlich  auch  wahrschein- 
lich, dass  bei  länger  anhaltenden  anticyklonalem 
Wetter  höherer  lonengehalt  vorhanden  ist,  wie 
es  auch  die  über  dem  Bodennebel  sichtbare 
Transparenz  der  Bergansicht  an  solchen  Tagen 
anzeigt. 

Durch  diesen  Zustand  der  Föhnluft  wäre 
aber  auch*  ein  meteorologisches  Element  ge- 
funden, welches  einer  Prüfung  von  physiolo- 
gischer Seite  wert  wäre.  Die  Änderungen  aller 
anderen  meteorologischen  Faktoren  sind  solche, 
dass  man  von  keinem  einen  besonderen  Ein- 
fluss  auf  das  vegetative  Befinden  von  Lebewesen 
erschliessen  könnte.  Die  rasche  Erhöhung  der' 
Elektrizitätszerstreuung  muss  aber  mit  einer 
Schwankung  des  normalen  Luftpotentiales  ver- 
bundei^  sein,  der  höhere  lonengehalt  und  die 
vermehrte  Chsonisierung  sind  Momente,  welche 
wohl  geeignet  sind  subjektive  Sensationen  im 
lebenden  Organismus  auszulösen.  Es  ist  sogar 
vielleicht  nicht  zu  gewagt,  die  Symptome,  welche 

1)  Einer  Zuschrift  des  Herrn  Geheinorates  v.  Bezold 
verdanke  ich  die  Mitteilung,  dass  derselbe  bereits  am  17.  Sep- 
tember 1900  den  Wunscl^  nach  solchen  Messungen  in  Inns- 
bruck ausjjesprochen  hat,  wovon  ich  aber  erst  jetzt  Kenntnis 
erhielt. 


iE"- 

2,92 

2,44 

2.35 
5.29 

5.31 
1,23 

5.20 

5^85 

2,70 
2,70 

3,21 

4.24 

3,9^ 
4,51 
4,33 
4,76 

533 
3,20 

Mittel:  3,80 


2,03 
2,60 

3-44 
2,63 

3^94 
7,73 
319 
3,85 
5.59 
3.33 

371 
3,22 

4.03 
3.66 

4,85 
6,26 

6,77 
6,S9 

323 
4,So 


ohne 

a— 

1,12 
o,()6 

0.93 
0,71 

1,59 
«.59 
0.37 
1,56 
1,76 
0,81 
o,Si 
0,90 
1,27 

ii5« 

1,5s 

1,30 

1.43 
1,60 

0,96 
1,20 


Föhn 

078 
1,02 

1,32 
0,80 
1,18 

2,32 
0.96 
1,16 
1,68 
1,00 

o,g7 
1,21 
1,40 
1,69 
i,S8 
2,03 
2,07 

0.97 
1,34 


Messungen  an  Tage» 


»,44 
0,94 

0,70 

0,86 

^34 
0,68 

0,3s 

1.34 
1,05 

o,Si 

0,73 

r,oo 
1,10 

1.08 

0,93 
0,69 

0,70 

OJ7 
1,00 

0,02 


*  mit  Föhn 

/t_ 

^+ 

1 

^+ 

Q 

946 

i',37 

2,84 

3.41 

0,85 

10,06 

7>3« 

3.85 

2,80 

1.37 

12,09 

12,16 

3.63 

3.65 

1,00 

TI,I9 

8,94 

3.36 

2,68 

1,26 

.9.50 

11,36 

2,85 

3.41 

0,84 

^3,67 

11,23 

4,10 

3.37 

1,22 

8.34 

10,31 

1        3,19 

395 

0,81 

8,05 

5,42 

2,81 

1.88 

1.48 

12,87 

17.68 

4,48 

6,16 

0,73 

7,99 

7,61 

3,06 

2,92 

1.05 

7>7^ 

7.75 

2,98 

2,97 

1,00 

14,32 

10,20 

'        5.48 

3.91 

1,41 

11,14 

,-                     V                                                              1 

6,36 

3.34 

1,91 

1.75 

8,80    1 

6,t8 

2,64 

1.85 

1.43 

13,50 

9.47 

4,05 

2,84 

1.43 

8,71 

8,69 

2,61 

2,61 

l,CO 

18.93 

10,64 

5.68 

3.19 

1,78 

15,08 

11,81 

.  4,53 

3.54 

1,28 

28,14 

27,09 

8,47 

8.13 

1,04 

12,09     , 

10,66 

3.89 

343 

1,20 

Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.  9. 


187 


die  Föhnkranken  zeigen,  mit  jenen  der  Berg- 
kranken  in  eine  Parallele  zu  bringen.  Mattig- 
keit, Schwindel,  Kopfschmerz,  Herzklopfen  und 
Schlaflosigkeit  bilden  auch  einen  Teil  der  Be- 
schwerden der  von  Bergkrankheit  Befallenen 
und  wenn  hier  auch  noch  andere  Momente  eine 
wesentliche  Rolle  mitspielen,  so  sollte  doch  beim 
Studium  dieser  Krankheit  der  Einfluss  der 
höheren  Ionisierung  und  Ozonisierung  der  Höhen- 
luft nicht  ausser  acht  gelassen  werden.  Da 
sich  diese  Symptome  auch  bei  anhaltendem 
anticyklonalem  Wetter  eyistellen,  so  ist  die  Ver- 
mutung eines  höheren  lonengehaltes  umsomehr 
gerechtfertigt.  Der  Aufenthalt  in  mit  Radium 
oder  Polonium  stark  ionisierten  Luftkammern, 
könnte  bei  für  F'öhn-  oder  Bergkrankheit  be- 
sonders sensiblen  Personen  vielleicht  zu  erfolg- 
reichen Versuchen  fiihren. 

Innsbruck  im  Januar  1902. 

(Eingegangen  15.  Januar  1902.) 


sJ 


Über  eine  einfache  Methode,  die  Temperatur 
leuchtender  Flammen  zu  bestimmen. 

Von  ¥,  Kurlbaum. 

» 

In  neuester  Zeit  sind  die  optischen  Methoden 
fiir  die  Temperaturmessungen  sehr  in  den 
Vordergnmd  getreten,  wie  sich  u.  a.  durch  die 
Konstruktion  dreier  verschiedener  optischer 
Pyrometer  kundgiebt.') 

Diese  Methoden  setzen  voraus,  dass  die 
Strahlung  eine  reine  TemperaturstraHung  ist; 
und  dass  der  betrachtete  Körper  das  theoretisch 
mögliche  maximale  Emissionsvermögen  be- 
sitzt, also  schwarz  ist.  Für  manche  Methoden 
genügt  es,  wenn  der  betreffende  Körper  ein 
Emissionsvermögen  besitzt,  welches  für  jede 
Wellenlänge  dem  Emissionsvermögen  des 
schwarzen  Körpers  proportional  ist,  d.  h.  wenn 
es  ein  grauer  Körper  ist.  Treffen  diese  Vor- 
aussetzungen nicht  zu,  so  können  in  der 
Temperaturbestimmung  mehr  oder  weniger 
grosse  Fehler  gemacht  werden. 

Es  darf  als  ausgemacht  gelten,  dass  die 
Licht  aussendenden  Bestandteile  der  zur  Be- 
leuchtung benutzten  Flammen  feste  Kohlenstoff*- 
partikelchen  sind.  Wären  diese  in  genügender 
Menge  in  der  Flamme  vorhanden,  so  würde 
die  Flamme  angenähert  wie  ein  schwarzer 
Körper  der  gleichen  Temperatur  leuchten.  Die 
Flamme  würde  undurchsichtig,  und  ihre  Tem- 
peratur leicht  bestimmbar  sein. 

I)  L.  Holbori»  und  K.  Kurlbaum,  t'bcr  ein  optisches 
Pyrometer.  Herl.  Akad.  Her.  30,  7 1 2  —  7 1 9,  1 90 1 .  ( ).  L  u  m  m  c  r , 
Ein  neues  Interferenz-  rhdto-  uiul  Pvrumeter.  Verh.  der 
Deutsch.  Physik.  Ges.  131  — 147,  i«joi.  II.  Wanne  r,  l  ber 
einen  Apparat  zur  ph<»t()metriscjien  Messung  hoher  'rcm;>cra- 
toren.     Diese  Zeitschr.  3,  112—114,  1901. 


Dass  Russ  in  genügend  dicker  Schicht 
schwarz  ist,  ist  allerdings  nur  für  Russ 
bei  niedrigerer  Temperatur  erwiesen,  als  er  in 
der  Flamme  besitzt.  Da  aber  Flammen  nur 
ein  höchst  geringes  Reflexionsvermögen,  z.  B. 
Sonnenlicht  gegenüber,  besitzen,  so  darf  ange- 
nommen werden,  dass  dieKohlenstoffpartikelchen 
auch  bei  Flammentemperatur  in  genügend  dicker 
Schicht  schwarz  sind.  In  dünnen  Schichten  ist 
Russ  bekanntlich  durchlässig  und  selektiv,  dünne 
Schichten,  z.  B.  auf  Porzellan,  erscheinen  rot, 
d.  h.  er  ist  für  rotes  Licht  durchlässiger,  als 
für  die  kürzeren  sichtbaren  Wellenlängen,  noch 
durchlässiger  ist  er  für  längere  Wärmewellen.') 
Es  ist  also  bekannt,  dass  sein  Absorptionsver- 
mögen in  dünnen  Schichten  im  allgemeinen  mit 
kürzeren  Wellen  zunimmt.  Neu  dagegen  dürfte 
sein,  dass  diese  selektiven  Eigenschaften  des 
Russes  für  bestimmte  Temperaturen  innerhalb 
bestimmter  Spektralgebiete  stärker  entwickelt 
sind,  als  bei  vielen  undurchsichtigen  Körpern, 
z.  B.  bei  blankem  Platin. 

In  folgendem  möchte  ich  zeigen,  dass  einzelne 
der  bisherigen  Methoden  zur  Bestimmung  von 
Flammentemperaturen  aus  diesem  Grunde  zu 
hohe  Werte  ergeben  müssen,  indem  ich  eine 
einfache  und  ziemlich  genaue  Methode  benutze. 

Ein  schwarzer  Körper  sei  auf  eine  bestimmte 
Temperatur  gebracht  und  leuchte  für  ein  be- 
obachtendes Auge  mit  einer  gewissen  Hellig- 
keit. Wird  nun  zwischen  Auge  und  schwarzen 
Körper  eine  Flamme  geschoben,  so  wird  im 
allgemeinen  die  scheinbare  Helligkeit  des  Körpers 
geändert.  Hat  die  Flamme  eine  höhere  Tem- 
peratur, so  erscheint  der  Körper  heller,  hat  sie 
eine  tiefere  Temperatur,  so  erscheint  die  Hellig- 
keit geringer.  Nur  wenn  der  Körper  und  die 
Flamme  die  gleiche  Temperatur  besitzen,  so 
bleibt  die  Helligkeit  des  Körpers  ungeändert. 
Man  braucht  also  nur  die  Temperatur  des 
Körpers  so  lange  zu  variieren,  bis  die  Helligkeit 
bei  vorgeschobener  Flamme  die  gleiche  bleibt. 
Diese  Methode  ist  einerseits  durch  die  klassischen 
Betrachtungen  Kirchhoffs  über  Emission  und 
Absorption,  andererseits  durch  die  experimen- 
tellen Untersuchungen  Rossettis^)  über  Flam- 
men nahegelegt.  Ferner  wird  sie  durch  die  selek- 
tiven Eigenschaften  des  Ru.sses  nicht  beeinflusst. 

Für  diese  Methode  ist  das  oben  citierte 
optische  Pyrometer  von  Holborn  und  mir  sehr 
geeignet.  Dasselbe  besteht  aus  einer  Objektiv- 
linse, welche  das  Bild  des  Körpers,  dessen 
Temperatur  gemessen  werden  soll,  an  einer 
Stelle  entwirft,  wo  sich  der  Kohlebügel  einer 
4-Voltlampe    befindet.      Kohlebügel    und    Bild 

n  V.  Kurlbaum.  .\nderung  der  Emission  und  Ab- 
sorption von  ri.itinschwarz  und  Russ  mit  zunehmender  Schicht- 
dicke.    Wicd.  Ann.  67,  S46— 858,   1899. 

2)  F.  Kossctti,  Sur  les  pouvoirs  absorbaut  et  cmissif 
des  llammes  et  sur  la  tcnii)cTaturc  de  l'arc  vohai«|uc.  Ann. 
de  chim.  et  de  phys.  18,  457—495,   »879. 


i88 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


werden  durch  ein  Okular  und  ein  rotes  Glas 
betrachtet,  und  der  Lampenstrom  wird  so  ein- 
reguliert, dass  der  Kohlebügel  auf  der  leuchtenden 
Fläche  wegen  seiner  gleichen  Helligkeit  ver- 
schwindet. Am  gleichzeitig  eingeschalteten 
Amperemeter  wird  direkt  die  Temperatur  des 
schwarzen  Körpers  abgelesen,  da  das  Ampere- 
meter mit  Hilfe  eines  schwarzen  Körpers  von 
bekannter  Temperatur  geaicht  ist. 

Es  sei  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  in 
der  geschilderten  Situation  die  Helligkeit  des 
Bildes  einer  vor  den  Körper  geschobenen 
Flamme  nicht  von  dem  Abstand  von  der 
Objeklivlinse  oder  von  der  Schärfe  des  Bildes 
abhängt.  Die  Versuche  ergaben,  dass  die 
Helligkeit  des  schwarzen  Körpers  durch  eine 
davor  gestellte  Kerze  nicht  geändert  wurde, 
wenn  seine  Temperatur  ungefähr  1430^  C.  be- 
trug. Dies  ist  demnach  die  Temperatur  der 
Kerze,  welche  allerdings  erheblichen  Schwan- 
kungen unterworfen  ist,  da  an  der  gleichen 
Kerze  die  Temperaturen  1439,  22,  28,  25,  48, 
26,    im   Mittel   also    1431**  C.  gefunden   wurde. 

Die  Herren  Lummer  und  Pringsheim 
finden,  dass  die  Kerzentemperatur  wahrschein- 
lich zwischen  den  Grenzen  1687  und  1477*^  C. 
oder  i960  und   1750^  abs.  Temp.  liegt.*) 

Die  Temperaturgrenzen  waren  aus  der  Lage 
des  Maximums  der  bolometrisch  gefundenen 
Energiekurve  erschlossen,  für  den  Fall,  dass  die 
Kohle  Strahlungseigenschaften  besitze,  welche 
zwischen  denen  des  Platins  und  des  schwarzen 
Körpers  liegen.  Wie  man  sieht,  gehört  der 
Kohlertstoft' in  so  dünnen  Schichten,  wie  er  sich 
in  den  gewöhnlichen  Kerzen  befindet,  nicht 
zu  dieser  Gruppe  von  Körpern.  Das  Maxi- 
mum ist  wegen  der  selektiven  Eigenschaften 
nach  den  kurzen  Wellen  verschoben,  und  die 
Temperatur  erscheint  deshalb  höher. 

In  neuester  Zeit  hat  in  gleicher  Weise,  wie 
die  Herren  Lummer  und  Pringsheim,  Herr 
G.  W.  Stewart    die    wahrscheinlichen  Tempe- 

I)  Verh.  der  Deutsch.  Physik.  Ges.  1901,  36 — 46. 


raturgrenzen  für  die  Acetylenflamme  bestimmt. ') 
Er  findet  für  eine  cylindrische  Flamme  2890 
bis  2560®  C,  für  eine  flache  Flamme  30CX)  bis 
2650"  C.  Diese  Temperaturen  dürften  viel  zu 
hoch  sein. 

Ich  möchte  auch  an  dieser  Stelle  hervor- 
heben, dass  es  ein  ausserordentlicher  Vorteil 
des  benutzten  Pyrometers  ist,  dasselbe  für  der- 
artige Zwecke  als  Photometer  benutzen  zu  können 
und  statt  der  mit  hohen  Potenzen  der  Tempe- 
ratur anwachsenden  photometrischen  Helligkeit, 
die  mit  der  Stromstärke  ungefähr  linear  an- 
steigende Temperatur  selbst  einfuhren  zu  können. 
Gleichzeitig  sind  damit  die  für  einfache  Methoden 
unbequemen  sehr  inten.siven  Lichtschwächungen 
vermieden,  welche  z.  B.  durch  rotierende  Sek- 
toren oder  durch  Absorptionsplatten  oder  Nicols 
bewirkt  werden  müssen. 

Die  von  mir  benutzte  Methode  darf  nur  an- 
gewendet werden,  wenn  erwiesen  ist,  dass  die 
leuchtenden  Kohlepartikelchen  der  F*lamme  nicht 
von  irgend  welchen  Gasen  umgeben  sind,  welche 
in  dem  benutzten  Spektralgebiet  eine  unkontrol- 
lierbare Absorption  ausüben.  Wollte  man  z.  B. 
dieselbe  Methode  bolometrisch  für  die  Gesamt- 
strahlung der  Flammen  anwenden,  so  könnte 
die  Absorption  der  in  der  Flamme  befindlichen 
Verbrennungsprodukte  eine  erhebliche  Fehler- 
quelle bilden. 

Durch  die  vorhergehenden  Erörterungen 
glaube  ich  erwiesen  zu  haben,  dass  man  aus 
der  Intensitätskurve  der  Flamme  nicht  direkt 
die  Temperatur  der  Flamme  berechnen  kann, 
wohl  aber  kann  man  umgekehrt,  nachdem  die 
Temperatur  der  Flamme  auf  andere  Weise  be- 
stimmt ist,  aus  der  Intensitätskurve  die  selek- 
tiven Eigenschaften  der  Kohlenstoffpartikelchen 
für  verschiedene  Wellenlängen  entnehmen,  indem 
man  diese  Kurve  mit  derjenigen  des  schwarzen 
Körpers  von  gleicher  Temperatur  vergleicht. 


i)   The    distribution    of   enerjjy    in   the  spectrura  of  the 
acetylene  flame;  Physical  review  13,    257 — 282,   1901. 


(Eingegangen  22.  Januar  I902.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  7^.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


J.  Billitzcr,  Referat  über  die  Vorträge  der 
Abteilung  4  (Chemie  einschliesslich  Elektro- 
chemie). 

Von  den  Vorträgen  der  Abteilung  für  Che- 
mie waren  für  Physiker  von  Interesse: 

Erdmann  (Berlin):  Über  gelbes  Arsen, 
Beobachtungen,  welche  auf  die  Existenz  einer 
zweiten  Modifikation  des  Arsens  deuten,  die  sich 


von  der  wohlbekannten  metallisch-glänzenden, 
hexagonal-rhomboedrischen  F*orm  durch  metaU 
loide  Natur  und  gelbe  Farbe  unterscheidet,  reichen 
bis  in  die  Zeit  Berzelius'  zurück.  Es  wurden 
aber  auch  viele  widersprechende  Meinungen  ge- 
äussert, so  dass  die  Frage  noch  offen  geblieben  war, 
bis  Vortragender^  die  zweite  Modifikation  darge- 
stellt hat.     Die  Widersprüche  finden  in  der  fast 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


189 


beispiellosen  Lichtempfindlichkeit  der  neuen  Mo- 
difikation und  in  ihrer  Unbeständigkeit  eine  Er- 
klärung. 

Verfasser  gewinnt  das  gelbe  Arsen  durch 
V^ergasen  gewöhnlichen  Arsens  in  einem  Alu- 
miniumrohre unter  langsamemKohlensäurestrome, 
plötzliches  Abkühlen  der  Dämpfe  und  Verdichten 
des  nun  umgewandelten  Arsens  unter  Schwefel- 
kohlenstoff, in  welchem  es  eine  etwa  Sprozen- 
tige  Lösung  liefert.  Aus  dieser  Lösung  scheidet 
sich,  wie  Vortragender  demonstriert,  das  gelbe 
Arsen  bei  der  Temperatur  der  flüssigen  Luft 
aus,  färbt  sich  aber  am  Licht  bald  dunkel;  vor 
Belichtung  geschützt,  ist  es  aber  bei  dieser  Tem- 
peratur unbegrenzt  haltbar,  bei  der  Temperatur 
des  Kohlensäure-Äther-Kältegemisches  bleibt  es 
längere  Zeit  unverändert;  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur verwandelt  es  sich  aber  selbst  bei  pein- 
lichem .  Lichtabschluss  rasch  in  gewöhnliches 
Arsen  zurück.  Diese  Lichtempfindlichkeit  be- 
sitzt die  Lösung  in  Schwefelkohlenstoff  nicht. 
Redner  weist  auf  eine  eventuelle  Verwendung 
in  der  Photographie  hin. 

Dampft  man  die  Schwefelkohlenstofilösung 
im  Vakuum  bei  tiefer  Temperatur  ein,  so  erhält 
man  eine  feste  Masse  gelben  Arsens.  Dieses 
ist  mit  Wasserdämpfen  flüchtig  und  weist  einen 
stärkeren  Geruch  nach  Knoblauch  auf,  als  ge- 
wöhnliches Arsen. 

Die  Molekulargrösse  des  gelben  Arsens  wurde 
ghichAs^  gefunden  (Molekulargewicht  rund  300), 
ist  also  dieselbe  wie  für  Arsendampf. 

Es  folgten  dann  einige  allgemeinere  Betrach- 
tungen. Der  Vortrag  wurde  durch  Demonstra- 
tionen unterstützt. 

Hofmann  (München):  Über  die  Euxen- 
erde.  Vortragender  hat  das  Spektrum  des  Ele- 
mentes der  Euxenerde  beobachtet  und  sein 
Atomgewicht  in  erster  Annäherung  =^145  be- 
stimmt. Im  periodischen  Systeme  füllt  es  das 
Intervall  zwischen  Niob(94)  und  Tantal  (182)  aus. 

Küster  (Klausthal):  Über  Sulfide  und  Po- 
lysulfide.  Vortragendemist  es  gelungen,  aufphy- 
sikalisch-chemischem Wege,  die  rein  chemisch 
nicht  zu  lösende  Frage,  ob  die  Polysulfide  Deri- 
vate der  verschiedenen  Schwefelwasserstoffsäuren 
sind,  zu  entscheiden.  Systematische  Bestim- 
mungen der  Hydrolyse,  der  Leitfähigkeit  und  der 
Fähigkeit,  Schwefel,  zu  lösen,  ergeben  den  Schluss, 
dass  die  Polysulfide  keine  sulfoschwefelwasser- 
stoffsauren  Salze  sind,  dass  wir  vielmehr  die 
Lösungen  der  Natriumsulfide  als  Mischungen  des 
Natriumsulfides  und  des  verhältnismässig  bestän- 
digen Tetrasulfides  aufzufassen  haben. 

Otto  Ruff  (Berlin):  Das  Eisenoxyd  und 
seine  Hv^drate.  Der  bekannte  rotbraune  Nie- 
derschlag  von  Eisenhydroxyd,  den  man  beim 
Versetzen  von  Ferrichloridlösungen  mit  Ammo- 
niak erhält,  ist.  wie  van  Bemmelen  gezeigt 
hat,   kein  Hydrat,   sondern   ein   echtc?s  Kolloid, 


dessen  Wasserdampftension  lediglich  von  der 
Art  und  dem  Fortschritte  der  Trocknung  ab- 
hängt. 

Andererseits  existieren  solche  Hydrate  in 
der  Natur  neben  wasserfi*eiem  Eisenoxyd  in  den 
Formen : 

Hydrohämatit :     Fe^O^  •  ^iHiO 
Goethit:  Fe^O^  •  H^O 

Brauneisenstein:  Fe^Oi^  •   i^UiH^O 
Xanthosiderit:      Fe-xO'^  -  iH^O 

Ihre  Bildung  ist  sehr  wahrscheinlich  aus  dem 
Kolloid  erfolgt. 

Vortragender  hat  die  Bedingungen  für  die 
Bildung  und  Umwandlung  dieser  Hydrate  unter- 
sucht. Die  unter  gewöhnlichen  Umständen  sehr 
langsame  Umwandlung  konnte  nicht  durch  Ten- 
sionsbestimmungen verfolgt  werden.  Bei  Anwen- 
dung eines  Druckes  von  ca.  6000  Atmosph., 
den  Vortragender  auf  das  Kolloid  unter  Wasser 
wirken  Hess,  gelang  es  aber,  die  Umwandlungszeit 
auf  einige  Tage  zu  verkürzen.  Folgende  Um- 
wandlungspunkte (die  durch  den  hohen  Druck 
etwas  zu  Ungunsten  des  Kolloids  verschoben 
sind)  wurden  gefunden: 

Bis  etwa  42  •  5  ^  entstand  das  gelbe,  dem  Braun- 
eisenstein entßprechende  Hydrat 
Fe,0;ri'kH^O, 
von42-5'^-62-5^  das,  dem  Goethit  entsprechende 

ziegelrote  Hydrat  Fei 0^  .HiO^ 
über  62  5^,  das,    dem    Hydrohämatit    ent- 
sprechende   ziegelrote    Hydrat 
Fe^O^'^kH^O. 

Die  obere  Grenze  dieses  letzteren  gegen 
wasserfreies  Oxyd  war  in  der  Nähe  von  100" 
noch  nicht  erreicht.  Die  Erleichterung  der  Hy- 
dratbildung unter  Druck  weist  auf  eine  Volum- 
verringerung bei  diesem  Vorgange  hin. 

Bei  mittlerer  Temperatur  und  Feuchtigkeit 
ist  Brauneisenstein  das  einzig  beständige  Hydrat. 
In  den  Erzlagern  dürfte  im  Laufe  der  Jahrhun- 
derte eine  stete,  wenn  auch  äusserst  langsame 
Umwandlung  der  anderen  Formen  und  des 
wasserfreien  Eisenoxydes  in  Brauneisenstein  er- 
folsfen. 

Der  Versuch  einer  Erklärung  für  den  Über- 
gang des  Kolloides  in  das  wasserfreie  Produkt 
vor  der  Bildung  der  Hydrate  bildete  den  Schluss 
der  Darlegungen. 

Hantzsch (Würzburg):  Über  den  Zustand 
von  Elektrolyten  in  wässeriger  Lösung. 
Der  Verteilungskoeffizient  eines  Salzes  zwischen 
zwei  Lösungsmittel  ist  im  allgemeinen  wenig 
von  der  Temperatur  abhängig,  sehr  gross  wird 
jedoch  die  Abhängigkeit  von  der  Temperatur, 
wenn  man  Stoffe  zwischen  Lösungsmittel  verteilt, 
deren  eines  Wasser,  oder  eine  Verbindung  vom 
Typus  des  Wassers  ist.  Mit  zunehmender  Tempe- 
ratur verschiebt  sich  dann  die  Verteilung  zu 
Gunsten  des  nichtwässerigen  Anteils.  Redner 
sucht  dies  durch  Bildung  von  Hydraten  zu  erklären, 


I90 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


die  beim  Erhitzen  zerfallen.  Sehr  sonderbar  ist  in 
solchen  Fällen  das  Verhalten  von  Jod.  Es  giebt 
bekanntlich  braune  und  violette  Jodlösungen,  in 
letzteren  wird  eine  Komplexbildung  vermutet; 
während  nun  der  Verteilungskoeffizient  zwischen 
braunen  und  violetten  Lösungen  mit  der  Tem- 
peraturänderung stark  verschoben  wird,  ist  er 
zwischen  zwei  braunen  Lösungen  von  der  Tem- 
peratur fast  unabhängig. 

Weigert  (Berlin):  Über  das  Calciumsul- 
fat  und  die  Umwandlungsbedingungen 
von   Gips   und  Anhydrit.     Die  3   Systeme: 


I.  CaS0^'2H^0 {Gips) 


II.  CaSOi  '  2M  0  :; 


III.  CaSOi  .  2//2  0  :; 


(Halbhydrat)  +  i  ^H^  0 
=t   CaSO,^  (nat.  An- 
hydrid) +  2//^  0 
±   CaSO^  (lösl.  Cal- 


ciumsulfat)  +  2H1O 
wurden  auf  Grund  der  Maximalwasserdampften- 
sionen des  Gipses  bei  Umwandlung  in  die 
wasserärmeren  Salze  untersucht.  Die  Umwand- 
lungspunkte waren  für  die  verschiedenen 

IQ  Wasser  in  gesält'gter  Na  Ci  Lösung. 


0 


76*> 


I  107-2 

Systeme:  II      ca.  70^  ca.  30'* 

III  89^ 

Der  Gips  hat  demnach  3  Schmelzpunkte, 
welche  durch  die,  bei  der  Entwässerung  häufig 
auftretenden  Verzögerungserscheinungen,  alle  drei 
experimentell  nachzuweisen  sind.  Bei  70^  bildet 
sich  der  natürliche  Anhydrit,  bei  89"  das  lös- 
liche wasserfreie  Calciumsulfat  und  bei  107  •  2^ 
das  Halbhydrat.  Letzteres  ist  bei  allen  Tem- 
peraturen labil  in  Bezug  auf  beide  wasserfreie 
Modifikationen,  bildet  sich  aber  bei  schneller 
Steigerung  der  Entwässerungstemperatur  stets 
zuerst.  Selbst  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zer- 
setzt es  sich,  zwar  erst  nach  Jahren,  entsprechend 
der  Gleichung: 

4  CaSO, .  'V/iC^=  CaSOx  •  2HiO  +  3  CaSOx, 
Eine  Anwendung  auf  die  Bildungsverhältnisse 
der  marinen  Calciumsulfatablagerungen  gestattet 
nur  das  stabilste  System  II.  Die  Umwandlungs- 
temperatur für  Gips  und  Anhydrit  in  Gegen- 
wart gleichzeitig  auskrystallisierender  Salze  ist 
durch  den  Schnittpunkt  der  entsprechenden  Ten- 
sionskurven gegeben.  Mit  iVaO  ist  sie  30^  mit 
leichter  löslichen  Salzen,  wie  MgCli,  CaCli  noch 
tiefer,  so  dass  wahrscheinlich  das  marine  Calcium- 
sulfat sich  primär  als  Anhydrit  absetzte,  während 
der  Gips  ein  sekundäres  Hydratationsprodukt 
zu  sein  scheint. 

Rischbieth  (Hamburg)  demonstriert  gasvo- 
lumetrische  Versuche,  welche  er  durch  prak- 
tische Verwendung  der  Bunteschen  Bürette 
und  sinnreiche  Vereinfachungen,  zu  lehrreichen 
und  eleganten  Vorlesungsexperimenten  ausge- 
arbeitet hat. 


Ab  egg  (Breslau)  demonstriert  die  Ausftihrung 
der  schon  in  dieser  Zeitschrift  (2,  539,  1901) 
beschriebenen  neuen  Methode  zur  Bestimmung 
der  lonenbeweglichkeiten. 

Billitzer (Göttingen):  Studien  am  Acety- 
len.  Löslichkeitsversuche  haben  ergeben,  dass 
Acetylen  in  Alkalien  der  Einwirkung  zweier 
Faktoren  unterworfen  ist,  die  einander  entgegen- 
wirken und  seine  Löslichkeit  beeinflussen.  Der 
eine  bewirkt  eine  Löslichkeitsvermehrung  und 
beruht  auf  Salzbildung,  der  andere  Löslichkeits- 
erniedrigung  und  wird  durch  Salzwirkung  aus- 
geübt. Ihr  Zusammenwirken  ftihrt  in  besonderen 
Fällen  zu  einem  Löslichkeitsmaximum  bei  einer 
bestimmten  Konzentration  des  Lösungsmittels, 
eine  Erscheinung,  die  sich  rechnerisch  verfolgen 
lässt.  Durch  Löslichkeitsbestimmungen  von 
Äthylen  in  den  gleichen  Lösungsmitteln  gelang 
es,  die  zwei  Wirkungen  zu  trennen,  da-erstere 
in  diesem  Falle  nicht  besteht.  Aus  den  Ver- 
suchsdaten geht  es  mit  Sicherheit  hervor,  dass 
Acetylen  eine  Säure  ist,  deren  Stärke  etwa  600  mal 
kleiner  ist,  wie  die  der  Kohlensäure,  deren 
Dissoziation  etwa  der  des  Wassers  gleichkommt, 

sodassmaninAcetylenlösungen  Anionen:  C     CIJ 

und  C  -  C  anzunehmen  hat,  wie  im  Wasser  OH 

und  0, 

Wohlwill  (Hamburg):  Über  das  Zerfallen 
der  Anode.  Die  bekannte  Erscheinung  des 
Zerfalles  der  Anode,  die  bei  den  verschiedensten 
Metallen  auftritt,  und  beim  Silbervoltameter 
z.  B.  dadurch  unschädlich  gemacht  wird,  dass 
man  die  Anode  in  Filterpapier  hüllt,  erklärt- 
V^ortragender  auf  folgende  Weise: 

An  der  Anode  gehen  neben  Oxyd-,  auch 
üxydulsalze  in  Lösung.  Durch  Rückzersetzung 
der  letzteren  —  indem  z.  B.  CuiSO^  in  Cu 
und  CuSOi  zerfällt  —  wird  Metall  an  der  Anode 
niedergeschlagen,  nicht  aber  in  fester  Form, 
sondern  in  Gestalt  lose  zusammenhängender 
Flitter,  deren  Anwachsen  und  Herabfallen  den 
Zerfall  der  Anode  herbeiführt.  In  Lösungen,  wo 
die  Rückzersetzung  ausgeschlossen  ist  —  z.  B. 
Anoden  von.-i^'-in  KCX — ,  findet  auch  kein  Zerfall 
statt.  Anwendung  hoher  Stromdichten  und  sehr 
glatter   Elektroden    erschwert    diesen   Vorgang. 

Coehn (Göttingen): Über  kathodische  Po- 
larisation und  Bildung  von  Legierungen. 
(Nach  Versuchen  von  Dannenberg.)  Werden 
Metallionen  an  festem  Metall  abgeschieden,  so 
erfahren  sie  eine  Erniedrigung  des  Entladungs- 
potentiales,  wenn  sie  befähigt  sind,  mit  letzterem 
Legierungen  zu  bilden;  der  Grad  der  Depolari- 
sation  ist  zugleich  ein  Massstab  für  ihre  Ten- 
denz, die  Legierungen  einzugehen. 

Verwendet  man  Quecksilber  als  Kathode, 
so  tritt  diese  Erscheinung,  dank  der  viel  rascheren 
Diffusion  von  der  Oberfläche  in  das  Innere,  noch 
deutlicher  zu  Tage.     Es  wurde  die  Reihenfolge 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


191 


Zn 


Cd        Ag 


Cu 


Fe 


mit  den  Zahlen:  o-  15  o- 12  009  008  002  Volt 
für  die  Depolarisation  gefunden.  Die  beim  Zink 
erhebliche,  beim  Eisen  verschwindende  Tendenz 
zijr  Amalgambildung  tritt  hier  deutlich  hervor. 

Ist  das  Kation  Wasserstoff,  so  ist  nur  an 
Palladiumkathoden  eine  Depolarisation  zu  beob- 
achten, nur  mit  diesem  Metall  ^wird  daher  eine 
Legierung  gebildet,  an  allen  anderen  Kathoden 
tritt  eine  tJberspannung  auf,  die  für  das  be- 
treffende Kathodenmetall  charakteristisch  ist. 

Arndt  (Berlin):  Über  die  Zersetzungs- 
geschwindigkeit von  Ammoniumnitrit. 

Durch  Bestimmung  der  Zersetzungsgeschwin- 
digkeit des  Ammoniumnitrits  in  Stickstoff  und 
Wasser  nach: 

in  Lösungen  verschiedener  Konzentration,  und 
des  Einflusses,  den  Fremdkörper  auf  sie  aus- 
üben, gelangt  Vortragender  zu  der  Ansicht, 
dass  die  Zersetzung  durch  die  Vermittelung 
freier  salpetriger  Säure  herbeigeführt  wird,  welche 
durch  Hydrolyse  geliefert  wird. 

Wegscheider  (Wien):  Das  Verhältnis 
der  chemischen  Kinetik  zur  Thermody- 
namik. Vortragender  findet  durch  Deduktionen 
bei  komplizierten  simultanen  Gleichgewichten 
der  Form: 


it\   ^ 


u 


2  ^ 


u 


:»» 


WO  H\  mit  //,    wieder  durch: 

y 


^h  -e 


Ux 


verbunden  ist,  bei  Anwesenheit  eines  Katalysa- 
tors einen  Widerspruch  zwischen  den  kinetischen 
und  thermodynamischen  Ableitungen,  lässt  es 
aber  dahingestellt  sein,  ob  der  betrachtete  Fall 
realisierbar  ist.  Eine  Übereinstimmung  der 
Resultate  ist  zwar  herzustellen,  wenn  man  ge- 
wisse Beziehungen  zwischen  den  Gleichgewichts- 
konstanten aufstellt;  doch  sind  letzere  nicht  aus 
kinetischen  Anschauungen  abzuleiten. 

Der  Gang  der  Deduktionen  ist  im  Auszuge 
nicht  wiederzugeben,  es  sei  auf  die  demnächst 
in  der  Wiener  Akademie  und  den  Monatsheften 
für  Chemie  erscheinende  Arbeit  verwiesen. 

Meyerhoffer  (Berlin):  Über  einige  Ver- 
suche von  Guldberg  und  Waage.  Vortra- 
gender hat  die  Guldb  er  g-Waagesche  Gleichung 

K  CO 
^     J^  =4  geprüft,  und  ihre  Konstanz  durch- 

aus  nicht  erfüllt  gefunden,  vielmehr  nimmt  dieselbe 
mit  Zunahme  der  Konzentration  und  der  Tem- 
peratur ab.  Für  eine  2  molekulare  Lösung  vom 
Karbonat  war  sie  4  •  68,  stieg  die  Konzentration 
auf  8  •  I  Mol.,  so  war  sie  nur  mehr  3  •  80,  bei 
einer^  Verfolgung  bis  zur  Sättigung  ändert  sie 
sich  um  500  Prozent.  Die  Phasentheorie  er- 
möglicht eine  einfache  Deutung. 

Bringt  man  in  Lösungen  von  K^iSO^  und 
A'^  CO.,BaCOs  und  BaSO^  als  feste  Bodenkörper, 


so  hat  man  reziproke  Salzpaare,  von  welchen  nach 
van't  Hoff  nur  eines  stabil  sein  kann.  Es  wurde 
gefunden,  dass  der  stabile  Zustand  erreicht  ist, 
wtnnBaCO'^  fester  Bodenkörper  ist,  ä? 5(9 1  wird 
daher,  freilich  langsam,  in  das  Karbonat  ver- 
wandelt. (EinjTcgangen  i8.  Oktober  1901.) 


H.  Haga  (Groningen),   Über  den  Klinkerfues- 
schen  Versuch.') 

Während  der  70^*^^"  Versammlung  Deutscher 
Naturforscher  und  Aerzte  wurde,  veranlasst 
durch  die  Referate  der  Herren  W.  Wien  und 
H.  A.  Lorentz:  ,,L'ber  die  Fragen,  welche  die 
translatorische  Bewegung  des  Lichtäthers  be- 
treffen**, der  Wunsch  ausgesprochen,  dass  einige 
auf  diesen  Gegenstand  sich  beziehende  Unter- 
suchungen wiederholt  werden  möchten.  Infolge- 
dessen habe  ich  es  unternommen,  denKlinker- 
fu  es  sehen  Versuch  zu  wiederholen. 

Klinkerfues'  „Versuche  über  die  Be- 
wegung der  Erde  und  der  Sonne  im  Äther'* 
sind  in  den  Nachrichten  der  Königlichen  Gesell- 
schaft der  Wissenschaften,  Göttingen  1870, 
S.  226,  publiziert  worden:  Eine  mit  Sauerstoff  an- 
geblasene Petroleumlampe  schickte  ihre  Strahlen 
durch  einen  aus  fünf  Prismen  bestehenden 
Spektralapparat  mit  gerader  Durchsicht  in  der 
Richtung  Süd-Nord,  die  Strahlen  wurden  durch 
ein  total  reflektierendes  Prisma  je  nach  dessen 
Stand  nach  Ost  oder  West  abgelenkt  und  durch 
ein  von  einem  Okularmikrometer  versehenes 
Fernrohr  beobachtet.  Zwischen  Objektiv  und 
totalreflektierendem  Prisma  wurde  ein  mit  Plan- 
parallelgläsern geschlossenes,  mit  Bromdampf 
gefülltes  Gefäss  aufgestellt.  Da  der  Docht  der 
Lampe  mit  essigsaurem  Natron  getränkt  war, 
sah  Klinkerfues  im  Beobachtungsfernrohr  die 
hellen  .V^-Linien  und  das  Absorptionsspektrum 
des  Bromdampfes.  Wegen  der  Bewegung  der 
Erde  um  die  Sonne  wird  um  Mittag  für  das 
östliche  Fernrohr  die  Richtung  der  Lichtstrahlen 
im  Bromdampfe  der  Bewegung  des  Bromes  ent- 
gegengesetzt, für  das  westliche  Fernrohr  gleich- 
gerichtet sein.  Um  Mitternacht  sind  diese  Ver- 
hältnisse umgekehrt.  Klinkerfues  giebt  an, 
in  beiden  Fernröhren  eine  Verschiebung  des 
Bromspektrums  gegen  das  Natriumspektrum 
beobachtet  zu  haben  und  zwar  beim  Absorp- 
tionsstreifen ^=  573.4  ////  um  0.0455  i^i"- 

In  zweierlei  Hinsicht  glaube  ich  Verbesse- 
rungen in  den  Versuchsanordnungen  angebracht 
zuhaben:  i.  habe  ich  für  sämtliche  Messungen 
dasselbe  Fernrohr  und  dasselbe  Mikrometer  an- 
gewandt, und  2.  eine  viel  stärkere  Dispersion, 
so  dass,  statt  wie  Klinkerfues  einen  Absorp- 
tionsstreifen,   der    27  mal    weiter    von    den  Av/- 

T'  Abteilung  2,  26.  September   1901. 


192 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


Linien  entfernt  war  als  die  Distanz  der  beiden 
.V<7' Linien  beträgt,  ich  Absorptionslinien 
zwischen  den  /^-Linien  wählen  konnte. 

Meine  Versuchsanordnung  war  folgende:  Das 
schwach  konvergierende  Licht  einer  von  einem 
Strom  von  18  Ampere  gespeisten  Bogenlampe 
durchlief  die  totalreflektierenden  Prismen  i,  2 
und  3  und  wurde  durch  eine  Linse  auf  den 
Spalt  eines  Spektrometers  konzentriert.  Zwischen 
den  Prismen  i   und  2  (Lage  I)  oder  zwischen  2 


-I 


-■ —'S 


und  3  (Lage  II)  wurde  ein  mit  Bromdampf  ge- 
gefiilltes  Glasgefäss  (30  x  3  x  3  cm)  gestellt, 
so  dass,  da  die  Bogenlampe  südlich  vom  Spektro- 
meter  stand  und  das  Prisma  i  das  Licht  öst- 
lich ablenkte,  um  Mittag  in  der  Lage  I  die 
Richtung  der  Lichtstrahlen  im  Bromdampfe  der 
Erdbewegung  entgegengesetzt  war,  in  der  Lage  II 
gleichgerichtet.  Um  Mitternacht  waren  diese  Ver- 
hältnisse umgekehrt. 

Zur  Erzeugung  von  /^-Linien  berührte  ich 
während  kurzer  Zeit  die  Kohlen  der  Bogen- 
lampe mit  einem  dünnen  Stab  blauen  Ein- 
schmelzglases, wodurch  stundenlang  die  /^-Linien 
als  äusserst  scharfe  dunkele  Linien  sichtbar 
blieben. 

Das  Spektrometer  war  ein  sehr  schönes, 
von  Schmidt  &  Haensch  bezogenes  Instru- 
ment; der  Kollimator  und  das  Fernrohr  hatten 
Objektive  von  55  mm  Durchmesser  und  420  mm 
Fokuslänge;  das  Okular  des  Okularmikrometers 
vergrösserte  30 mal;  die  Trommel  war  in  100 
Teile  geteilt.  Auf  dem  Tische  des  Spektro- 
meters  stand  ein  Rowlandsches  Plangitter 
(4";  14438  Teilstriche  per  Zoll),  welches  sich 
auszeichnete  durch  überaus  intensive  Spektra, 
so  dass  es  möglich  war,  das  dritte  Spektrum 
zu  benutzen.  Ganz  deutlich  waren  zwischen 
den  Z>-Linien  sämtliche  18  von  Hasselberg') 
gemessenen  und  gezeichneten  Absorptionslinien 
des  Bromdampfes  zu  sehen.  Von  diesen  Linien 
wählte  ich  drei  (mit  a^  b  und  c  angedeutet), 
die  sich  am  besten  zur  Messung  eigneten,  und 
der  Klinkerfuessche  Versuch  bestand  also 
aus    der    mikrometrischen    Einstellung    auf  D\, 

i)  B.  Hasselbcrg,   Svensk  Ak.  Ilandl.  24,  Nr.  3,   1891. 


Dl  und  die  Bromlinien  a,  b  und  r,  und  zwar 
in  den  Lagen  I  und  II,  um  Mittag  und  um 
Mitternacht.  0 

Aus  diesen  Messungen  ergab  sich  die  Ent- 
fernung der  drei  Bromlinien  bis  zur  Mitte 
zwischen  den  /^-Linien;  die  folgende  Tabelle 
enthält  das  Mittel  meiner  Bestimmungen  in 
Trommel  teilen  mit  Angabe  der  mittleren  Fehler: 

Mittag 
Lage  I  II 

a  bis  \{Dk  +  D.i\  m.3  +  0.17  117.7  +  0.18 
b  bis  \  (Z>,  +  A j  7.3  4-  o.  1 5  7.6  +  0.23 
\  (A  +  Dl)  bis  c     82.5  ±  o.1 7     82.3  -h  0.33 

Mitternacht 
Lage  I  II 

a  bis  \[Dx  -YD)  117.2  +  0.26  117.4  +  0.19 
b  bis  i(/>,  +  D^  7.3  4-  0.28  7.3  +0.18 
i(A+A)bisr     82.6  4- 0.29     82.6  +  0.25. 

Die  Entfernung  der  beiden  Z>-Linien  war 
390.2  ^   0.22. 

Nach  Klinkerfues*  Betrachtungen  und 
Beobachtungen  sollten  die  gemessenen  Ent- 
fernungen in  den  Lagen  I  um  Mittag  und  II 
um  Mitternacht  einerseits  einen  Unterschied 
zeigen  mit  den  Entfernungen  in  den  Lagen  I 
um  Mitternacht  und  II  um  Mittag;  daKlinker- 
fues  einen  Unterschied  gefunden  hat  von 
0.045s  /'i"  "^^  bei  meinen  Messungen  390.2 
Trommelteile  mit  0.602  ^/m  übereinstimmen 
(>l/?,  —  ^i>i),  hätte  ich  einen  Unterschied  von 
30  Trommelteilen  finden  müssen. 

Vereinigt  man  aber  die  Resultate  meiner 
Beobachtungen  in  dieser  Weise,  so  bekommt  man: 


I  und  II 
Tag     Nacht 


II  und  I 
Tag     Nacht 


a 
b 
c 


117.45+0.16 

7.4  M- 0.18 

82.4^4-  0.22. 


117.3  >  4-  0.12 

7.3  ±0.12 

82.5   ±  O.  I  5 

Aus  diesem  Resultate  folgt,  dass  ich  keines- 
wegs Klinker fu es'  Beobachtungen  habe  be- 
stätigen können,  und  dass,  während  Klinker- 
fues  eine  Verschiebung  der  Absorptionslinien 
des  Bromdampfes  gegen  das  Natriumspektrum 
zum  Betrage  von  ^|:{  der  Entfernung  der  Na- 
Linien  glaubt  konstatiert  zu  haben,  diese  nach 
meinen  Messungen  nicht  grösser  als  etwa  '/looo 
jener  Entfernung  betragen  kann. 

Da  diese  Messungen  auch  gestatten,  aus 
den  Wellenlängen  der  /^-Linien  diejenigen  der 
drei  Absorptionslinien  zu  bestimmen,  konnte 
ich  meine  Bestimmungen  mit  den  Hassel- 
bergschen  vergleichen.  Nimmt  man  mit 
Hasselberg  für  die  Wellenlänge  von 
Dy  =  5896.25  Angströmsche  Einheiten  (o.i  ////) 

A=  5890.23 

so  bekommt  man: 

i)  Ausführlicher  sind  die  Messungen  mitgeteilt  inBosschas 
Jubelband;  Archives  Neerlandaises,  (2j  Bd.  6,  S,  765. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


193 


Haga  Hasselberg 

n  5895-05  5895-01 

^   5893-35  5893-37 

c   589^97  5891-98. 

Der    kleine    Unterschied    bei  a   könnte    aus 

dem  Umstand  erklärt  werden,  dass  bei  den 
Hass  elb  er  gschen  photographischen  Aufnahmen 
das  Maximum  der  Linie  a,  die  etwas  breit  ist 
und  unscharfe  Ränder  hat,  sich  an  einer  anderen 
Stelle  zeigt,  als  beim  direkten  Beobachten. 

I  Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  15.  November  19O1.) 

Diskussion. 

(Von  den  Beteiligten  durchgesehen.) 

Kaufmann  (Göttingen).  Ich  möchte  an  den 
Vortragenden  eine  Frage  in  betreff  des  angeblich 
positiven  Resultates  richten.  Giebt  Klinker fu es 
die  Temperatur  bei  Tage  und  bei  Nacht  an.? 
Es  wäre  ja  möglich,  dass  die  Temperaturen 
nachts  geringer  wären,  und  dass  das  einen 
Einfluss  auf  die  Dispersion  des  Prismas  ausübt. 

Haga.  Nein;  KU nkerfu es  giebt  die  Tempe- 
raturen nicht  an;  seine  Mitteilung  ist  sehr  kurz 
abgefasst. 

Kaufmann.  Ich  bemerke,  dass  das  Prisma 
von  Klinker  fu  es  in  Göttingen  noch  vorhanden 
ist ;  es  ist  aber  nach  heutigen  Begriffen  ein  sehr 
schlechtes  Prisma. 

C  o  h  n  (Strassburg).  Die  Kenntnis  der  Tempe- 
ratur ist  auch  nicht  nötig.  Ein  positives  Versuchs- 
ergebnis am  Mittag  wäre  für  sich  allein  beweisend ; 
die  Wiederholung  um  Mitternacht  ist  nur  eine 
Kontrolle.  Ein  Unterschied  müsste  bei  der 
Vertauschung  von  Ost  gegen  West  in  einem 
Sinne  auftreten  am  Mittag,  und  im  anderen 
Sinne  um  Mitternacht.  Aber  wir  werden  die 
von  Klinker  fu  es  gefundenen  Differenzen  nicht 
mehr  als  reell  zu  betrachten  haben. 

Damit  ist  wohl  jeder  experimentell  festge- 
legte Einfluss  der  Erdbewegung  auf  optische 
Erscheinungen  verschwunden.  Es  ist  mir  nichts 
erinnerlich,  was  noch  bestehen  bliebe,  nachdem 
Fizeau  seine  Resultate  preisgegeben  hat. 

Wachsmuth  (Rostock).  Ich  habe  auf  der 
Düsseldorfer  Versammlung  die  Wiederholung  des 
Mascartschen  Versuches  übernommen.  Es 
ist  dabei  zu  prüfen,  ob  die  Drehung  der 
Polarisationsebene  infolge  der  Rotations -Dis- 
persion in  messbarer  Weise  beeinflusst  wird 
durch  die  Erdbewegung.  Mascart  selbst  hat 
diese  Versuche  im  Jahre  1870  angestellt  und 
dabei  mit  einem  nach  heutigen  Begriffen  noch 
unempfindlichen  Polarisationsapparat  gearbeitet. 
Die  Genauigkeit  der  Resultate  suchte  er  zu 
erhöhen,  indem  er  sehr  dicke  Quarzplatten  für 
seine  Drehungen  benutzte. 

Mein  Versuchsapparat  ist  seit  längerer 
Zeit    nach    gemeinsamen  Überlegungen    durch 


die  Firma  Schmidt  &  Haensch  in  Berlin  auf 
dem  Papier  fertig  konstruiert.  Ich  habe  mich 
aber  bisher  noch  nicht  entschlossen,  von  der 
Berliner  Akademie  der  Wissenschaften  eine 
Summe  für  die  Ausführung  zu  erbitten,  weil 
mich  Freunde  an  der  Physikalischen  Reichs- 
anstalt darauf  aufmerksam  gemacht  haben,  dass 
nach  dort  vorliegenden  Erfahrungen  die  Empfind- 
lichkeit nicht  proportional  der  Dicke  der  Quarz- 
platten zunehme.  —  Daran  würden  denn  alle 
Versuche  scheitern.  Man  sagt  mir,  es  trete 
eine  so  starke  Aufhellung  im  Innern  des  Quarzes 
ein,  dass  von  einer  Erhöhung  der  Genauigkeit 
durch  Verdickung  der  Quarzplatte  keine  Rede 
mehr  sei. 

Wenn  das  wahr  ist,  so  würde  ich  unter 
Umständen  von  der  Ausführung  meines  Appa- 
rates abstehen  müssen.  Andererseits  scheint 
sich  daraus  für  die  Mascartschen  Versuche 
zu  ergeben,  dass  auch  deren  Resultate  ange- 
zweifelt werden  dürften,  weil  dann  Mascart 
gar  nicht  die  beabsichtigte  Genauigkeit  erreicht 
hätte. 

Ich  werde  nun  zunächst  versuchen,  mir  die 
Beihilfe  der  Reichsanstalt  zu  erbitten  für  die 
Frage:  Kann  ich  bei  einer  10  cm  dicken  Quarz- 
platte mit  derselben  Genauigkeit  einstellen  wie 
bei  einer  i  mm  dicken  Platte?  Mit  anderen 
Worten:  Ist  im  ersteren  Falle  die  Genauigkeit  in 
Prozenten  des  Drehungswinkels  hundertmal  so 
gross  wie  im  zweiten,  oder  nicht? 

Lummer  (Charlottenburg).  Da  Herr  Prof. 
Wachsmuth  mich  zum  Zeugen  aufgerufen  hat, 
so  möchte  ich  bestätigen,  dass  thatsächlich  die 
Genauigkeit  nicht  entfernt  mit  der  Dicke  der 
Quarzplatte  zunimmt.  Freilich  haben  wir  nicht 
10  cm  dicke  Quarze  untersucht,  aber  die  ge- 
nannte Tendenz  tritt  schon  bei  Dicken  bis  zu 
2  cm  deutlich  auf. 

Was  den  interessanten  Vortrag  von  Herrn 
Haga  anlangt,  so  ist  es  nun  erwiesen,  dass  das 
Resultat  von  Klinker  fu  es  auf  Täuschung 
beruht  oder  durch  Fehler  verursacht  ist.  Ich 
habe  aber  nicht  begriffen,  wie  man  den  Ab- 
stand der  /^-Linien  auf  V,ooo  genau  hat  messen 
können.  Mit  dem  besten  Spektrum  habe  ich  nur 
Auflösungen  so  geringer  Art  bekommen,  dass 
man  die  eine  gelbe  Quecksilberlinie  gerade  noch 
als  doppelt  erkennt.  Beim  Interferenz-Spektro- 
skop sieht  man  sie  vervierfacht,  wobei  aber  die 
Wellenlängendifferenz  erst  dem  hundertsten  Teil 
der  /^-Linien  entspricht.  Ich  möchte  daher 
nur  fragen,  ob  die  erreichte  grosse  Genauig- 
keit durch  Mittelwerte  erzielt  worden  ist,  da- 
bei aber  betonen,  dass  auch  dann  noch  das 
von  Herrn  Haga  erhaltene  Resultat  über  alle 
Zweifel  erhaben  ist. 

Haga.  Gewiss,  obengenannte  Genauigkeits- 
grenze ist  aus  den  Beobachtungen  abgeleitet; 
ich  möchte  aber  bemerken,  dass  die  Trennung 


194 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


einer  Linie  etwas  anderes  ist,  als  die  Bestimmung 
einer  Verschiebung,  wie  dies  bei  meinen  Ver- 
suchen geschah. 


J.  Elster  (Wolfenbüttel),  Luftelektriflche  Mes- 
sungen auf  Capri  und  Spitzbergen.') 

Die  Messungen  auf  Capri  im  April  1900 
beschränkten  sich  auf  die  Bestimmung  der 
elektrischen  Zerstreuungskoeffizienten  fiir  po- 
sitive (rt-f.)  und  negative  Elektrizität  (a-).  Von 
der  Ermittlung  des  Potentialgefälles  wurde  ab- 
gesehen, da  die  Terrainverhältnisse  eine  Reduk- 
tion auf  absolutes  Mass  ausschlössen.  Die  Leit- 
fähigkeit der  über  Capri  lagernden  Luft  über- 
traf im  Mittel  die  über  den  kontinentalen  Ge- 
bieten um  das  3-  bis  4 fache.  Der  für  a^  ge- 
fundene Maximalwert  von  ca.  6%  stellt  zugleich 
das  absolute  Maximum  aller  zwischen  dem  35^ 
und  80*^  n.  Br.  im  Meeresniveau  gewonnenen 
Werte  dar.  Auch  die  Beträge  für  a-  sind  sehr 
hoch  und  werden  im  Mittel  nur  von  den  in  der 
durchsichtigenLuft  Spitzbergens  beobachteten 
überholt.  Sobald  der  Wasserdampf  der  Atmo- 
sphäre zur  Kondensation  neigte,  was  in  Capri 
dadurch  zum  Ausdruck  kam,  dass  sich  bei  sonst 
wolkenlosem  Himmel  die  Kuppen  der  Berge  in 
Nebel  hüllten,  gingen  die  Werte  der  a  auf  etwa 
die  Hälfte  zurück.  Der  Standort  des  Zerstreu- 
ungsapparates war  stets  frei  von  Nebeln.  Polar- 
verschiedene Werte  der  a  wurden  auf  Capri 
in  Übereinstimmung  mit  früheren  Beobachtungen 
von  Geitel  und  mir  nur  auf  dem  Kulminations- 
punkte der  Insel,  dem  585  m  hohen  Monte 
Solaro  beobachtet,  während  im  August  auf 
Spitzbergen  auch  an  elektrisch  geschützten 
Orten  der  Entladungsvorgang  ausnahmslos  uni- 
polaren Charakter  trug  und  zwar  entwich  eine 
dem  Zerstreuungskörper  mitgeteilte  negative 
Ladung  2—3  mal  so  schnell  als  eine  ent- 
sprechende positive.  Die  Vermutung,  dass 
dies  schnellere  Entweichen  negativer  Ladungen 
durch  ein  abnorm  hohes  positives  Potentialge 
fälle  bedingt  werde,  erwies  sich  als  unzutreffend; 
es  ergab  sich  vielmehr  für  diese  Grösse  ein  auf- 
fallend geringer  Betrag.  Spätere,  gemeinschaft- 
lich mit  Geitel  in  unserem  Wohnorte  ange- 
stellte Versuche  lehrten,  dass  in  Luft  von  solcher 
Aktivität,   wie    sie    über   Spitzbergen    lagert, 

ein   Potentialijefalle     von     wenigen   ^  -  aus 

^  Meter 

reichend  ist,    den   Entladungsvorgang   in  einen 

polarverschiedenen  umzuwandeln. 

I)  Abteilung  2,  26.  September  1901. 

(Selbstrefcrat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  20.  Oktober   1901.) 


A.  Hesekiel  (Berlin),   Über   neue   Photogra- 
phien in  natürlichen  Farben J) 

Einleitend  macht  Redner  darauf  aufmerksam, 
dass  die  Photographie  in  natürlichen  Farben,  die 
wir  solange  ohne  praktische  Erfolge  erstrebten, 
heutzutage  schon  mehr  oder  weniger  befrie- 
digend auf  vier  verschiedenen  Wegen  zu  er- 
reichen ist.  Er  erinnert  an  die  direkte  (Inter- 
ferenz) Methode  von  Lippmann,  bei  welcher 
man  unter  Zuhilfenahme  einer  mit  Quecksilber 
angefüllten  Kassette  direkt  in  der  Kamera 
farbige  Bilder  erzielt,  die  allerdings  nicht  kopier- 
fähig sind  und  die  man  nur  mit  besonders 
konstruierten  Apparaten  projizieren  kann.  Da 
das  Betrachten  der  Lipp  mann  sehen  Bilder  in 
seitwärts  auffallendem  Lichte  geschehen  muss 
und  man  gut  thut,  jedem  einzelnen  Bilde  ein 
Prisma  aufzukitten,  so  dürfte,  ganz  abgesehen 
von  allerlei  anderen  Mängeln,  die  Methode  zu 
praktischer  Verwendung  kaum  gelangen. 

Als  indirekte  Methode  zur  •  Erzielung  far- 
biger Photographien  wird  dann  an  die  additiven 
Methoden  von  Ives  undjoly  und  an  die  sub- 
traktiven  Methoden,  die  auf  dem  Prinzip  des 
Drei -Farben -Druckes  beruhen,  von  Vogel, 
Seile,  Lumiere  erinnert.  In  übersichtlicher 
Weise  werden  die  charakteristischen  Merkmale 
der  einzelnen  Verfahren  und  ganz  kurz  ihre 
Ausführung  beschrieben. 

Redner  erzählt  dann,  dass  die  Bilder,  die 
er  hier  vorlegen  will,  durchaus  nicht  etwa  prin- 
zipiell neu  seien,  sondern  in  unentwegtem  Weiter- 
streben und  zielbewusstem  Arbeiten  sei  es  nun 
gelungen,  einen  bisher  nur  mühsam  gangbaren 
Weg  brauchbar  zu  machen. 

Die  Herstellung  farbiger  Bilder  nach  dem 
neuen  Prozess  sei  für  alle  Photographen  ganz 
kinderleicht  —  kein  einziger  neuer  Prozess,  der 
in  Fachkreisen  nicht  schon  bekannt  wäre,  sei 
erforderlich. 

Zur  Erzielung  befriedigender  Resultate  ist, 
so  führt  Redner  aus,  äusserste  Sauberkeit  und 
peinlich  genaue  Beachtung  der  Vorschriften  er- 
forderlich. Ein  Abmessen  und  Dosieren  nach 
,,Geftihr*,  wie  es  leider  in  photographischen 
Kreisen  so  oft  beliebt  werde,  führt  hier  nicht  zum 
Ziel;  gerade  weil  der  einzuschlagende  Weg  so 
einfach  ist,  müssen  die  Vorschriften,  die  auf  Grund 
langen  Ausprobierens  gegeben  sind,  genau  be- 
folgt werden. 

Die  Ausführung  des  Prozesses  geschieht,  in- 
dem man  durch  drei  Filter  das  Objekt  aul 
einer  Platte  nebeneinander  dreimal  aufnimmt. 
Dieses  bedeutet  gegenüber  den  früheren  Ver- 
fahren eine  grosse  Bequemlichkeit.  Das  hinter 
dem  Rotfilter  aufgenommene  Negativ  ^muss  dann 
blau  kopiert  werden,  das  hinter  dem  Grünfilter 
aufgenommene    muss    rot   und  das  hinter    dem 


I)  Abteilung  2,  24.  September  1901 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


195 


Blaufilter  aufgenommene  muss  gelb  kopiert 
werden.  Das  Blaubild  wird  vorzug3weise  auf 
eine  Diapositivplatte  kopiert,  die  man  nach 
dem  Entwickeln  mit  rotem  Blutlaugensalz  aus- 
bleicht und  alsdann  mit  einer  abgestimmten 
Eisenlösung  blau  tont.  Das  Blaubild  lässt  sich 
auch  auf  Bromsilberpapier  machen,  wenn  man 
schliesslich  farbige  Papierbilder  zu  erhalten 
wünscht.  Das  Rot-  und  das  Gelbbild  werden 
nun  auf  Celluloid  kopiert,  welche  man  vorher 
chromiert  und  nachher  mit  warmem  Wasser 
entwickelt  und  schliesslich  in  besonderen  Farb- 
lösungen tont. 

Die  Verwendung  von  Celluloid  bietet  gegen- 
über deiyenigen  von  Kollodiumhäutchen  (Seile) 
und  Gelatinehäutchen  (Lumi^re,  Hoffmann) 
ganz  ausserordentliche  Vorzüge,  da  das  Cellu- 
loid nicht  Falten  wirft  und  sich  nicht  dehnt, 
wenn  es  einigermassen  sachgemäss  behandelt 
wird! 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass 
Farbenfilter,  Aufnahmeplatten  und  Farb- 
lösungen genau  aufeinander  abgestimmt 
sein  müssen,  denn  anderenfalls  giebt  es 
zwar  farbige,  nicht  aber  naturwahre  Bild  er. 

Das  Aufeinanderlegen  der  drei  Einzelbilder 
geschieht,  wie  Redner  an  einem  Muster  de- 
monstriert, viel  leichter  als  man  glauben  sollte. 

Das  Kriterium  für  die  notwendige  richtige 
Expositionszeit  ist,  dass  ein  neutrales  Grau 
nach  der  Entwicklung  auf  allen  drei  Negativen 
durch  einen  Silberniederschlag  gleicher  Inten- 
sität wiedergegeben  werde.  Um  einen  Anhalt 
zu  besitzen,  braucht  man  jedesmal  nur  eine  soge- 
nannte Grauskala  oder  ein  zusammengeballtes 
Stück  Fliesspapier  mit  aufzunehmen,  welch 
letzteres  in  den  Falten  und  tiefliegenden  Stellen 
das  gewünschte  Grau  aufweist. 

Der  Anhalt  für  eine  richtige  Tonung  der 
einzelnen  Bilder  wird  dadurch  gegeben,  dass 
das  Gesamtbild  thatsächlich  Schwarz  und  Grau 
wiedergiebt.  Ist  das  nicht  der  Fall,  so  können  die 
einzelnen  Bilder  auch  dann,  wenn  sie  fertig  ge- 
stellt sind,  durch  Abschwächen  in  Wasser  oder 
Verstärken  in  den  Farblösungen  bis  zur  ge- 
wünschten Genauigkeit  verbessert  werden. 
Redner  betont,  dass  auch  in  dieser  Möglichkeit 
der  nachträglichen  Verbesserung  ein  besonderer 
Vorteil  des  Verfahrens  liegt,  den  bisher  kein 
anderes  Verfahren  auftveist. 

Durch  Projektion  und  in  stereoskopischen 
Apparaten  wurden  vorgeführt:  hinter  Rot-,  Grün-, 
und  Blaufilter  aufgenommene  Negativaufnahmen, 
einzelne  blaue,  rote  und  gelbe  Teilbilder  nach 
diesen  Auhiahmen,  kombinierte  Bilder  aus  2 
und  3  der  T  iilbilder  bestehend.  Im  besonderem: 
Bilder  von  Landschaften,  Blumen,  Stillleben, 
Tieren  (tot),  Mikrophotographien  in  polarisiertem 
Licht,  einer  Hittorfschen  Röhre  (im  Dunkeln 
bei    ihrem  eigenen  Lichte   aufgenommen),    Por- 


träts (nach  dem  Leben),  Ölbildern,  Aquarellen 
und  vielem  anderen  mehr. 

(Sclbstreferat  des  Vortragenden.) 


P.  Bachmetjew  (Sofia),    Über  die  Übcrkal- 
tung  der  Flüssigkeiten J) 

In  dieser  Beziehung  wurden  Wasser,  Benzol, 
/-Nitrotoluol  und  die  Insektensäfte  in  lebenden 
Schmetterlings-Puppen  und  Imagines  untersucht. 

Sehr  ausfuhrlich  wurde  die  Beziehung  des 
Unterkaltungsgrades  der  Flüssigkeiten  von  der 
Abkühlungsgeschwindigkeit  untersucht.  Dabei 
stellte  es  sich  heraus,  dass  bei  einer  mitt- 
leren Abkühlungsgeschwindigkeit  der  Unter- 
kaltungsgrad  entweder  ein  Minimum  oder 
Maxium,  je  nach  der  Natur  der  Flüssigkeit,  er- 
reicht. 

So  z.  B.  ergaben  die  Säfte  im  lebenden 
Falter  von  Deilephila  euphorbiae  folgenden 
Unterkaltungsgrad  (Ä'i-iV)  bei  der  Abkühlungs- 
geschwindigkeit =  K-4  ^): 
V^^:  2,7;  2,0;  1,9;  1,6;  1,5;  1,5;  1,4;  1,0;  0,6. 
K^-N:  1,6;  2,2;  3,4;  6,0;  9,3;  9,8;  7i8;  5.6;  4A 
wobei  bei  jeder  Grösse  für  l\-.^  ein  anderes 
Exemplar  untersucht  wurde.  (Im  ganzen  wurden 
über  300  Insekten-Exemplare  untersucht.) 

Ein  Maximum  des  Unterkaltungsgrades  bei 
einer  mittleren  Abkühlungsgeschwindigkeit  er- 
gaben: Wasser,  /-Nitrotoluol ,  während  das 
Minimum  Benzol  besass.  Insektensäfte  ergaben 
bald  ein  Maximum,  bald  ein  Minimum  je  nach 
der  Spezies  und  Entwickelungsstadium. 

Genaueres  Studium  der  erwähnten  Ab- 
hängigkeit bei  Insekten  führte  zum  Resultate, 
dass  dieselbe  durch  eine  Art  wellenförmige 
Linie  sich  ausdrücken  lässt,  welche  wenigstens 
drei  Extreme  zeigt.  Diese  Versuche  mit  Insekten 
sind  im  Buche  des  Redners:  ,, Experimentelle 
entomologische  Studien  vom  physikalisch-chemi- 
schen Standpunkte  aus.  Mit  einem  Vorwort  von 
Professor  Dr.  August  Weismann  in  Frei- 
burg i.  Br.  Leipzig  1901.  X  u.  160  S."  aus- 
fuhrlich beschrieben. 

Sehr  interessante  Resultate  ergab  /-Nitro- 
toluol,  welche  Substanz  in  Form  kleiner  Kügel- 
chen  untersucht  wurde.  Kügelchen  gleicher 
Grösse  schwammen  in  geschmolzenem  Zustande 
im  Inneren  der  t>rC72-Lösung.  Beim  Abkühlen 
der  Lösung  erstarrten  die  genannten  Kügelchen 
nicht  auf  einmal,  sondern  einige  früher  und 
die  anderen  später.  So  z.  B.  von  10  Kügel- 
chen, je  0,0328  gr  schwer,  erstarrten  sie  bei 
folgenden   Temperaturen : 

1)  Abteilung  2,  25.  September   1901. 

2)  /'_4  bedeutet  die  Anzahl  der  Temperaturgrade,  um 
welche  die  Flüssigkeit  sich  während  einer  Minute,  nngefaugen 
von  —4",  abgekühlt  hat.  A'i  bedeutet  die  Tem))eratur,  bis 
zu  welcher  die  tiefste  L'ntcrkaltupg  stattfand  und  A'  den 
Erstarrungspunkt. 


196 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


No.:    12345       6       789     10 
t^:     39»9  37,1  354  34.9  3i,3»  30J  3ofi  30,1  27,0  24,8 

Der  normale  Erstarrungspunkt  dieser  Sub- 
stanz beträgt  54^. 

Der  verschiedene  Unterkaltungsgrad  (AL/) 
konnte  durch  kleine  Dimensionen-Differenzen, 
durch  verschiedene  im  Inneren  der  Lösung 
herrschenden  Temperaturen,  durch  Diffusions- 
erscheinungen, durch  die  eventuelle  Wechsel- 
wirkung zwischen  «Kügelchen  und  durch  die 
Reihenfolge  des  Herstellens  der  Kügelchen  nicht 
erklärt  werden.  Auch  der  Zusatz  des  Staubes 
zur  Substanz  hatte  keinen  grossen  Einfluss  auf 
diese  „individuelle"  Verschiedenheit  der  Kügel- 
chen. 

Es  blieb  nun  übrig,  diese  Erscheinung  durch 
den  Polymorphismus  im  Sinne  von  G.  Tam- 
mann  zu  erklären. 

Interessant  sind  die  Versuche  über  die  Aus- 
scheidung von  Substanzen  verschiedener  Eigen- 
schaften aus  /-Nitrotoluol.  Aus  mehreren  Ver- 
suchen wurden  die  zuerst  (I)  und   dann  zuletzt 


(X)  erstarrten  Kügelchen  getrennt  gesammelt. 
Die  Kügelchen  der  Kategorie  I  wurden  wieder 
zu  einer  Masse  geschmolzen,  aus  welcher  dann 
zehn  Kügelchen  der  früheren  Grösse  hergestellt 
wurden.  Sie  zeigten  dieselbe  Unterkaltungs- 
erscheinung  wie  die  ursprüngliche  Substanz. 
Anders  verhielten  sich  die  Kügelchen,  welche 
aus  der  Substanz  der  Kategorie  X  hergestellt 
wurden.  Das  erste  Kügelchen  erstarrte  bei  der 
Temperatur,  bei  welcher  das  zehnte  Kügelchen 
in  vorhergehenden  Versuchen  erstarrte  und  das 
zehnte  erstarrte  jetzt  um  10 — 12^  tiefer  als  das 
letzte  im  ersten  Versuche.  Diese  Erscheinung 
ist  der  natürlichen  „Auswahl"  analog. 

Andere  Unterkaltungsersch  einungen  bei 
schwimmenden /-Nitrotoluolkügelchen  sind  aus- 
fuhrlich in  der  Abhandlung  des  Redners  in 
Memoires  de  l'Acad.  des  Sciences  de  St.  Peters- 
bourg,  VHP  ser.  Vol.  X,  No.  7,  1900  (Leipzig, 
Voss'  Sort.  in  Kommission)  beschrieben  worden. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  20.  Oktober  1901.) 


BESPRECHUNGEN. 


Jahrbuch  für  Photographie  und  Reproduktions- 
technik  für   das   Jahr  1901.    Herausgegeben 
von  J.  M.  Eder.   15.  Jahrgang.  8^  X.  u.  807  S. 
mit  350  Abbildungen  im  Texte  und  36  Kunst- 
beilagen. Halle  a.  S.,  W.  Knapp.  1901.  8M. 
Etwas    später   als    sonst,    in    üblicher   Aus- 
stattung, aber  noch  etwas  umfangreicher,  liegt 
das  Eder  sehe  Jahrbuch  nunmehr  vor.     Gegen- 
über früheren  Jahrgängen  ist  die  Reproduktions- 
technik mehr  zurückgedrängt;  bei  der  Aufnahme 
der    Originalbeiträge   scheint    man    erfreulicher 
weise  etwas  kritischer  vorgegangen  zu  sein.    Im 
Hauptteil     finden     sich     auch     ausgezeichnete 
Sammelreferate,  während  im  eigentlichen  Jahres- 
bericht wieder  so  ziemlich  alles  wichtigere  zu- 
sammengetragen ist.     Man  braucht  dabei  nicht 
mit    allem   einverstanden    zu    sein    und     kann 
dennoch  den  Fleiss  der  Arbeit  anerkennen;  wo 
Einwände  zu  machen  sind,  geschähe  dies  wohl 
am    besten    von    den    betreffenden  Autoren  im 
nächsten    Jahrgang    selbst.      Immerhin    haben 
wir  hier  wieder  ein  Sammelwerk  vor  uns,  wie 
es  keine  andere  Nation  auf  diesem  Gebiete  auf- 
zuweisen hat.  E.  Englisch. 

(Eingegangen  7.  Oktober  X901.) 


Chemische  Zeitschrift,  Centralblatt  fiir  die 
Fortschritte  der  gesamten  Chemie,  herausge- 
geben von  Professor  Dr.  Felix  Ahrens  in 
Breslau,  i.  Jahrgang  1901/1902  in  halbmonat- 
lich erscheinenden  Heften  zu  je  2 — 3  Bogen. 


Leipzig,    S.   Hirzel.       Jährlicher   Bezugspreis 
20  M. 

Unter  dem  Titel  „Chemische  Zeitschrift"  er- 
scheint seit  dem  i.  Oktober  eine  neue  Zeit- 
schrift, welche  in  einer  fortlaufenden  Reihe  von 
kritisch  gesichteten  Artikeln  die  Fortschritte 
auf  allen  Gebieten  der  reinen  und  angewandten 
Chemie  in  kurzen  Zeitabschnitten  darzustellen 
beabsichtigt.  Ferner  will  sie  ihre  Leser  fort- 
laufend über  die  sie  interessierenden  wirtschaft- 
lich-gewerblichen Verhältnisse,  über  die  Thätig- 
keit  des  Patentamts,  über  aktuelle  Entdeckun- 
gen und  Erfindungen,  über  Hochschul-  und 
Personalnachrichten,  über  Neuerscheinungen 
der  Fachlitteratur  und  dergl.  mehr  unterrichten. 
Das  Ziel,  welches  die  „Chemische  Zeitschrift" 
sich  gesteckt  hat,  entspricht  also  ungefähr  dem 
der  „Physikalischen  Zeitschrift",  nur  wird  weit 
mehr  Rücksicht  auf  die  Technik  genommen. 

Da  die  neue  Zeitschrift  also  den  technischen 
Chemiker  über  die  neusten  Errungenschaften 
der  Wissenschaft,  andererseits  aber  auch  den 
Gelehrten  eine  Übersicht  über  die  Anwendungen 
der  neusten  Forschungen  in  der  Praxis  geben 
will,  so  entspricht  sie  einem  wirklichen  Bedürf- 
nis und  wird  sich  daher  sicherlich  bald  Bahn 
brechen,  umsomehr  als  der  Herausgeber  •  sich 
als  Redakteur  schon  einen  Namen  gemacht  und 
der  rührige  Verlag  sich  in  allen  Kreisen  einen 
guten  Klang  erworben  hat. 

Die  erste  Nummer  beginnt  mit  einer  Ar- 
tikelserie,   in    welcher    in    kurzen  Umrissen  ein 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


197 


Bild  von  dem  Stande  jeder  chemischen  Dis- 
ziplin am  Beginne  des  zwanzigsten  Jahrhunderts 
gegeben  wird  —  als  Einleitung  zu  den  künf- 
tigen Fortschrittsberichten.  Hierhin  gehören 
die  Artikel:  Die  theoretischen  Bestrebungen 
auf  organischem  Gebiete  von  A.  Werner,  die 
physikalische  Chemie  von  G.  Bodländer,  die 
Thermochemie  von  E.  Cohen,  die  chemische  und 
chemisch-technische  Analyse  von  Th.  Pfeiffer, 
die  chemische  Grossindustrie  und  anorganische 
Präparate  von  G.  Rauter. 

Was  den  Inhalt  dieser  Artikel  anbetrifft,  so 
wird  sie  wohl  jeder  Chemiker  mit  Genuss  lesen; 
sie  stehen  alle  auf  der  Höhe,  geben  eine  gute 
Übersicht  über  den  augenblicklichen  Stand  der 
einzelnen  chemischen  Disziplinen  und  sind  im 
allgemeinen  recht  verständlich  geschrieben, 
so  dass  selbst  der  Leser,  welcher  nicht  die 
Originalabhandlungen  verfolgt  hat,  sie  ohne 
Schwierigkeiten  verstehen  wird.  Der  Aufsatz 
von  A.  Werner  hätte  wohl  etwas  ausführlicher 
gehalten  werden  müssen;  denn  es  wird  in  dem- 
selben mit  einer  Anzahl  von  neuen  Begriffen 
operiert,  ohne  dass  dieselben  definiert  werden. 
Der  Verf.  würde  sicherlich  allen,  namentlich 
den  auf  abseits  liegenden  Gebieten  arbeitenden 
Chemikern  und  den  Physikern  einen  grossen 
Gefallen  thun,  wenn  er  in  einer  Serie  von 
Artikeln  die  neueren  Theorien  der  organischen 
Chemie  behandelte,  z.B.  die  Thielesche  Theorie 
der  Partial  Valenzen,  die  Knorrschen  An- 
schauungen u.  s.  w.  Doch  sind  dies,  neben  dem 
vielen  Guten,  welches  die  neue  Zeitschrift  bringt, 
nur  Kleinigkeiten,  welche  nicht  schwer  in  die 
Wagschale  fallen. 

Wenn  die  neue  Zeitschrift  sich  auf  derselben 
Höhe  hält,  wie  sie  begonnen,  so  wird  sie  sicher- 
lich Erfolg  haben.  Es  wäre  dies  schon  aus 
dem  Grunde  mit  Freuden  zu  begrüssen,  weil 
sie  dazu  beitragen  wird,  dass  die  Einseitigkeit 
in  den  Anschauungen  der  Chemiker  etwas  be- 
seitigt werde.  G.  C.  Schmidt. 


J.  Hann,  Lehrbuch  der  Meteorologie,  gr.  8^. 
XIV  und  805  Seiten  mit  1 1  Abbildungen  im 
Text,  8  Tafeln  in  Lichtdruck  und  Autotypie 
sowie  15  Karten.  Leipzig,  Chr.  H.  Tauchnitz. 
1901.     30  M. 

Vor  wenigen  Wochen  ist  durch  Ausgabe 
der  X.  Lieferung  das  Lehrbuch  der  Meteo- 
rologie von  Dr.  J.  Hann,  Professor  an  der 
Universität  zu  Wien,  vollständig  erschienen. 
Es  ist  damit  ein  Werk  abgeschlossen,  welches 
bei  dem  heutigen  Stande  der  Meteorologie  als 
vollberechtigte  Wissenschaft  thatsächlich  ein 
allseitig  empfiindenes  Bedürfnis  war.  Freilich 
besitzen  wir  schon  solche  Lehrbücher,  aber 
keines    wird    allen   Gebieten    der  Meteorologie, 


wenn  man  von  dem  Spezialgebiet  der  Wetter- 
prognose absieht,  in  gleicher  Weise  gerecht. 
Das  Lehrbuch  von  E.  E.  Schmid  ist  längst 
veraltet  und  trotzdem  musste  es  noch  in  vielen 
Fällen  als  Kompendium  citiert  werden.  Das 
Lehrbuch  von  Sprung  behandelt  fast  aus- 
schliesslich die  theoretischen  Grundlagen  ohne 
weiter  auf  das  Gebiet  der  Beobachtungser- 
gebnisse oder  auf  klimatische  Fragen  einzugehen, 
und  andererseits  sind  die  zum  Teil  umfang- 
reichen Werke  von  v.  Bebber,  Börnstein 
u.  a.  wieder  mit  Beiseitehassung  der  mathe- 
matischen und  physikalischen  Begründungen 
abgefasst.  Selbst  nicht  einmal  in  fremder 
Sprache  existiert  ein  dem  vorliegenden  Werke 
ähnliches  Lehrbuch.  Unter  solchen  Umständen 
muss  es  wirklich  als  ein  Verdienst  angesehen 
werden,  dass  sich  der  auf  diesem  Gebiete 
autoritative  Verfasser  dazu  verstanden  hat,  seine 
langjährigen  Studien  und  umfangreichen  Er- 
fahrungen, die  er  namentlich  als  Direktor  der 
k.  k.  Centralanstalt  fiir  Meteorologie  und  Erd- 
magnetismus zu  Wien  zu  sammeln  Gelegenheit 
hatte,  in  dem  uns  vorliegenden  Lehrbuche 
niederzulegen.  Prof.  Hann  war  dazu  be- 
rufen wie  kein  anderer  Meteorologie.  Dieser 
Thatsache  entspricht  nun  auch  der  Inhalt  des 
Werkes. 

Hanns  Lehrbuch  ist  ausser  der  Einleitung 
in  ftinf  Hauptabschnitte  eingeteilt,  wozu  noch 
ein  Anhang  kommt,  welcher  die  mathematische 
Formulierung  mehrerer  meteorologischer  Pro- 
bleme und  deren  Diskussion  vom  mathe- 
matisch -  physikalischen  Standpunkt  aus  um- 
fasst. 

Die  Einleitung  beschäftigt  sich  mit  den 
grundlegenden  Fragen,  sowie  mit  der  Defi- 
nition dessen,  was  man  unter  „Meteorologie" 
versteht,  unter  welchem  Namen  Hann  alle 
Vorgänge  zusammenfassen  will,  welche  sich 
in  der  Lufthülle,  der  Atmosphäre  der  Erde 
abspielen.  Von  der  Behandlung  in  dem  vor- 
liegenden Lehrbuche  schliesst  er  aber  im  all- 
gemeinen die  Fragen  der  reinen  Klimatologie, 
sowie  die  der  speziellen  Wetterprognose  aus. 
Demgemäss  werden  zunächst  die  Höhe  der 
Atmosphäre,  sodann  die  Dichte  und  weiterhin 
ihre  Bestandteile,  sowie  ihre  physikalischen 
Eigenschaften  kurz  behandelt,  um  so  die  Grund- 
lage ftir  die  spätere  Betrachtung  der  Vorgänge 
in  der  Atmosphäre  zu  gewinnen.  Von  Interesse 
dürfte  besonders  sein,  was  Hann  über  die 
Höhe  der  Atmosphäre  sagt.  Er  kommt  zu 
dem  Schlüsse,  dass  dieselbe  auf  alle  Fälle  in 
200 — 300  km  Höhe  noch  dicht  genug  ist,  um 
die  sie  durchschneidenden  Meteore  zum  Glühen 
zu  bringen,  um  das  Sonnenlicht  in  merkbarer  Weise 
zu  absorbieren  und  elektrische  Erscheinungen  zu 
ermö<i^lichen,  während  ftir  klimatische  und  rein 
meteorologische  Erscheinungen  so  grosse  Höhen 


198 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


nicht  mehr  in  Betracht  kommen  dürften,  d.  h. 
dass  dahin  gehörige  Vorgänge,  Wolkenbildungen, 
bemerkbare  auf-  und  absteigende  Luftströme 
u.  s.  w.  sich  in  wesentlich  geringeren  Höhen 
abspielen.  In  der  Höhe  von  100  km  würde 
der  Luftdruck  nur  mehr  0,0012  mm  betragen. 
Die  physikalischen  Eigenschaften  der  Atmo- 
sphäre werden  eingehender  besprochen,  nament- 
lich das  Lichtreflexionsvermögen,  die  Wärme- 
absorption und  die  selektive  Absorption  des 
Lichtes,  welche  sich  wieder  nach  dem  ver- 
schiedenen Gehalt  an  accessorischen  Bestand- 
teilen richtet.  Der  mechanischen  Beimengungen, 
namentlich  des  Staubes,  thut  Hann  besonderer 
Erwähnung,  weil  durch  denselben  die  Konden- 
sationsvorgänge des  Wasserdampfes  nach  einigen 
Meteorologen  bedingt  sein  sollen.  Die  Unter- 
suchungen Aitkens  haben  gezeigt,  dass  in 
einem  Kubikcentimeter  Luft  selbst  nach  einem 
Regen  noch  32000  Staubpartikelchen  enthalten 
sein  können,  während  in  demselben  Volumen 
in  einem  Zimmer,  in  dem  zwei  Gasflammen 
brannten,  zwischen  2  und  5  Millionen  nachge- 
wiesen werden  konnten,  je  nachdem  die  Probe 
in  Tischhöhe  oder  an  der  Decke  genommen 
wurde.  Auf  hohen  Bergen  und  über  dem 
Meere  ist  natürlich  die  Luft  viel  reiner  (a  Kubik- 
centimeter  ca.  zwischen  100 — 1000  Staubpar- 
tikelchen). Ein  drittes  Kapitel  der  Einleitung 
befasst  sich  mit  den  Wärmequellen  für  die  Erd- 
atmosphäre. Als  ohne  irgend  wahrnehmbare 
meteorologische  Wirkung  wird  die  Sternstrah- 
lung und  die  Strahlung  des  Mondes  kurz  be- 
sprochen, sodann  diejenige,  welche  das  Erd- 
innere liefern  kann  und  schliesslich  als  weitaus 
alle  anderen  überwiegend  die  Sonnenstrahlung 
in  ihrer  quantitativen  Wirkung  eingehend  be- 
handelt. Die  besten  Bestimmungen  der  soge- 
nannten Solarkonstante  lieferten  die  Werte 
Forbes:  2.82,  Hagen:  1.90,  Violle:  2.54, 
Langlay:  3.07,  Savelief:  3.47  und  Angström: 
4.00.  Der  Verfasser  glaubt,  dass  diese  Kon- 
stante etwa  zu  3.00  anzunehmen  sei,  welchen 
Wert  er  auch  späteren  Betrachtungen  meist  zu 
Grunde  legt. 

Buch  I  ist  den  „Temperaturverhältnissen 
der  festen  und  flüssigen  Erdoberfläche  und  der 
Atmosphäre''  gewidmet.  Im  ersten  Kapitel 
wird  der  tägliche  und  jährliche  Gang  der 
Sonnenstrahlung  untersucht,  im  zweiten  deren 
Wirkung  auf  die  Wärmeverhältnisse  der  Erd- 
oberfläche und  zwar  zunächst  die  tägliche  Varia- 
tion derselben,  während  ein  3  Kapitel  den 
jährlichen  Gang  der  Temperatur  behandelt. 
Es  mag  hier  bemerkt  werden,  dass  die  täg- 
liche Temperaturvariation  schon  in  i  m  Tiefe 
unter  dem  Erdboden  unmerklich  wird,  während 
die  jährliche  bis  etwa  20 — 25  m  wahrnehmbar 
bleibt,  schwankend  je  nach  der  Art  des  Bodens, 
der    Temperaturamplitude    an    der    Oberfläche 


und  ihrer  Bedeckung  durch  Wald  u.  s.  w. 
Ebenso  ist  natürlich  der  Fortpflanzungskoeffizient 
für  die  Wärme  im  Boden  von  solchem  Unter- 
schiede abhängig;  in  runder  Zahl  giebt  Hann 
dafür  0.22.  Die  Tiefen,  bis  zu  welchen  sich 
die  Wärmeänderungen  an  der  Oberfläche  mit 
einer  bestimmten  Amplitude  fortpflanzen,  sind 
proportional  den  Quadratwurzeln  aus  den  Pro- 
dukten der  Wärmeleitungsfahigkeit  in  die  Dauer 
der  Temperaturperiode.  Als  Temperaturextreme 
auf  der  Erde  überhaupt  dürften  anzunehmen 
sein  +  50^  (Arabien,  Sahara,  Inner-Kalifomien, 
Inneres  von  Australien)  und  —  70^  (die  Gegend 
von  Werchojansk-N.E-Asien). 

Die  Verteilung  der  Temperatur  nach  Tages- 
und Jahreszeiten  wird  durch  zahlreiche  Kurven 
und  andere  graphische  Darstellungen  (Isopleten) 
vorzüglich  zur  Anschauung  gebracht;  überhaupt 
möchte  Ref.  gleich  hier  bemerken,  dass  auch 
in  den  anderen  Teilen  des  Buches  den  gra- 
phischen Methoden  der  Darstellung  sowohl 
durch  eigene  Benutzung,  als  auch  durch 
stete  Erwähnung  derselben  das  Wort  geredet 
wird.  Ein  Vorgehen,  welches  gerade  bei  der 
Bearbeitung  meteorologischer  Daten  noch  lange 
nicht  allgemein  genug  gewürdigt  wird. 

Die  Frage  der  Veränderlichkeit  der  Tempe- 
ratur (und  damit  des  Klimas)  in  längeren  Perio- 
den wird  hier  schon  berührt  und  besonders 
der  jährliche  Verlauf  der  Temperatur,  wie  er 
sich  in  den  Mitteln  aus  100  und  mehrjährigen 
Perioden  kundgiebt.  Interessant  ist  dabei,  dass 
die  Kälterückfälle  im  Mai,  die  sogenannten 
,, Eismänner"  weder  in  Paris,  noch  in  Wien  und 
Breslau  zur  Evidenz  kommen,  vielmehr  um  die 
Mitte  des  Juni  ein  viel  allgemeinerer  Rückschlag 
der  Temperatur  stattzufinden  scheint. 

Das  nächste  Kapitel  behandelt  die  unperio- 
dischen Temperaturänderungen,  und  das  5.  Ka- 
pitel die  Temperaturverteilung  in  der  Atmo- 
sphäre in  vertikaler  Richtung.  Dieses  interessante 
Thema  ist  sehr  eingehend  behandelt.  Es  ist 
aber  im  Rahmen  dieser  Besprechung  nicht 
möglich,  auf  Einzelheiten  einzugehen,  erwähnt 
mag  hier  nur  werden,  dass  die  Abnahme  der 
Temperatur  mit  der  Höhe  sich  in  den  ver- 
schiedenen Schichten  der  Atmosphäre  zu  0.4^ 
pro  100  m  für  Gebiete  mit  langsamer  Zunahme 
der  Landerhebung,  0.5*^  für  gebirgige  Gegenden 
und  0.7^^  für  die  freie  Atmosphäre  bis  zu  den 
Höhen  von  8 — 9000  m  angenommen  werden 
kann;  in  grösseren  Höhen  nähert  sich  diese 
Zahl  aber  immer  mehr  der  für  die  adiabatische 
Wärmezunahme    gültigen    von    i®  pro    100  m. 

Auch  der  anormalen  Wärmeverhältnisse  der 
Atmosphäre  ist  natürlich  nach  lokaler  und 
klimatologischer  Ursache  Erwähnung  gethan. 
Die  Beobachtungen  auf  den  erst  kurze  Zeit 
bestehenden  Höhenstationen  sowohl  wie  nament- 
lich die  systematischen  Ballonfahrten   haben  in 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


199 


diesen  Richtungen  reiches  und  zuverlässiges 
Material  geliefert.  Der  Besprechung  der  der  Erde 
in  den  verschiedenen  geographischen  Breiten 
theoretisch  und  thatsächlich  zukommenden 
Wärmemenge  schliessen  sich  einige  Erörterungen 
über  die  Temperaturverhältnisse  der  hohen 
Luftschichten  an,  die  sich  besonders  mit  den  in 
der  Cirrusregion  herrschenden  Strömungen  und 
periodischen  Veränderungen  beschäftigen. 

Das  II.  Buch  ist  dem  Luftdruck  gewidmet 
und  behandelt  in  vier  einzelnen  Kapiteln  das, 
was  man  unter  Luftdruck  überhaupt  versteht, 
sowie  die  Instrumente  zu  seiner  Messung.  Die 
verschiedenen  Barometerkonstruktionen  werden 
beschrieben  und  in  ihrem  Gebrauch  erläutert.') 
Weiterhin  wird  die  Verteilung  des  Luftdruckes 
in  vertikaler  und  horizontaler  Richtung  unter- 
sucht. Die  Abnahme  desselben  mit  der  Höhe, 
die  darauf  gegründeten  Höhenmessungen  u.  s.  w. 
werden  hier  namentlich  in  ihrem  Zusammenhang 
mit  der  Oberflächenkonfiguration  und  den  Tem- 
peraturverhältnissen besprochen,  und  sodann 
wird  die  Verteilung  im  horizontalen  Sinne,  die 
Isobaren  und  die  Abhängigkeit  von  der  geo- 
graphischen Breite  erläutert.  Auch  hier  unter- 
stützen zahlreiche  graphische  und  tabellarische 
Darstellungen  das  Verständnis  des  beigebrachten 
Materials.  Das  3.  Kapitel  ist  den  jährlichen  und 
täglichen  Schwankungen  und  Perioden  des  Luft- 
drucks gewidmet.  Von  näheren  Details  des 
reichen  Inhalts  muss  auch  hier  abgesehen 
werden,  nur  die  Extreme  der  beobachteten 
Barometerstände  (im  Meeresniveau)  mögen  noch 
angefiihrt  werden ;  sie  sind  689  mm  und  809  mm. 
Ersterer  wurde  bei  Gelegenheit  eines  Cyklons 
beobachtet,  welcher  über  „False  Point'*  1885  am 
22.  September  hinwegging,  letzterer  zu  „Bernaul" 
am  23.  Januar  1900.  (Direkt  789.2  in  70  m  See- 
höhe; Meereshorizont  808.7  mm.) 

Die  absolute  Schwankung  kann  danach  etwa 
zu  1 20  mm  angenommen  werden.  Diese  letzeren 
den  zufälligen  und  unperiodischen  Luftdruck- 
veränderungen angehörigen  Daten  sind  dem 
4.  Kapitel  entnommen,  welches  diesen  Unter- 
suchungen gewidmet  ist. 

Besonders  umfangreich  ist  das  III.  Buch, 
welches  den  Wasserdampfgehalt  der  Atmo- 
sphäre und  die  Kondensationsprodukte  bespricht. 
In  ebenfalls  vier  Kapiteln  werden  der  Reihe 
nach  der  „atmosphärische  Wasserdampf  in  Gas- 
form**, „die  Erscheinungsformen  des  konden- 
sierten Wasserdampfes'*  (die  Ursachen  der  Kon- 
densation und  die  verschiedenen  Niederschlags- 
formen), „die  Wolken  nach  Form  und  Häufig- 
keit** und  schliesslich  nochmals  in  einem  be- 
sonderen Kapitel  „Regen,  Schnee,  Graupeln  und 
Hagel**    nach   Menge,    täglichen   und  jährlichen 

1)  Der  Ausdruck  „luft verdünnte  Metalldose"  dürfte  nicht 
«.ehr  passend  gewählt  sein. 


Perioden  u.  s.  w.  behandelt.  Als  besonders  be- 
merkenswert dürfte  daraus  zu  entnehmen  sein, 
dass  die  Regentropfen  jetzt  thatsächlich  allge- 
mein als  „Tropfen*'  erkannt  sind,  gegenüber 
der  früheren  Annahme,  dass  es  „Bläschen** 
seien.  Über  die  Bestimmungen  der  Höhe  der 
Wolken  im  allgemeinen  als  auch  derjenigen 
der  einzelnen  Formen  ist  ein  umfangreiches 
Material  beigebracht,  aus  dem  hervorgeht,  dass 
eine  untere  Grenze  dafür  wohl  nicht  existiert, 
dass  aber  Höhen  über  15  km  sehr  selten  sein 
dürften.  Der  Verfasser  bringt  ausgedehnte 
Tabellen  für  die  gesamte  räumliche  Verteilung 
der  Wolken  nach  Orten,  Höhen  und  Formen  ge- 
ordnet, bei.  Ein  klimatologisch  wichtiges  Element 
ist  die  mittlere  Dauer  des  Sonnenscheins  für  einen 
Erdort;  auch  darüber  giebt  eine  Tabelle  ein- 
gehend Auskunft  (S.  294).  Die  verschiedenen 
Formen  des  Niederschlags,  über  deren  Be- 
nennung noch  mannigfache  Unsicherheit  besteht, 
werden  genau  identifiziert  und  ihre  Entstehung 
erklärt,  ebenso  der  Zusammenhang  derselben 
mit  den  Temperaturverhältnissen  der  Luft  und 
der  Erdoberfläche.  Besonders  mag  hier  auf 
die  beiden  Lichtdrucktafeln,  welche  charakte- 
ristische Hagelkörner  darstellen,  sowie  auf  die 
wunderschönen  Darstellungen  einer  Nebeldecke, 
gesehen  von  Mt.  Tamalpais  bei  St.  Francisco, 
aufmerksam  gemacht  werden.  Interessante 
Daten  bringt  Verfasser  über  die  Verteilung  der 
Regenmengen  bei,  die  durch  die  Beigabe  der 
Sup ansehen  Regenkarte  der  Erde  wesentlich 
übersichtlicher  gestaltet  werden.  Die  grösste 
beobachtete  Regenmenge  innerhalb  eines  Jahres 
scheint  an  den  Westhängen  des  Himalaya-Ge- 
birges  zu  fallen  (Cherapunji,  Assam:  1179  cm 
als  Mittel  aus  etwa  40  Jahren).  Die  Erschei- 
nungen der  Luftbewegung  sind  im  IV.  Buche 
behandelt ;  sie  beziehen  sich  auf  die  Entstehung, 
die  Stärke  und  Geschwindigkeit  sowie  Ver- 
schiedenheit der  Windphänomene  mit  der  Höhe 
und  mit  der  lokalen  Konfiguration  der  Erd- 
oberfläche. Ein  zweites  Kapitel  behandelt  die 
tägliche  und  jährliche  Periode  der  Winde  für 
einen  Erdort,  ein  drittes  die  wichtigen  dyna- 
mischen Bedingungen  für  die  Luftströmungen 
im  allgemeinen,  während  in  einem  4.,  5.  und 
6.  Kapitel  die  gewonnenen  Sätze  auf  die  Er- 
klärung der  verschiedenen  Strömungen  (Land- 
und  Seewinde,  Monsumwinde)  sowie  auf  den 
grossen  allgemeinen  Austausch  der  Luftmassen 
zwischen  Äquator  und  Polargegenden  ange- 
wandt werden. 

Die  Ableitung  der  barischen  Windgesetze, 
ihre  Verwertung  für  die  Wettervorhersage  u.  s.  w. 
finden  hier  ihren  Platz.  Besonderes  Interesse 
dürften  hier  ausser  den  beigebrachten  physi- 
kalischen Daten,  welche  eine  grosse  Anzahl 
verschiedener  Luftströmungen  bedingen,  die 
Bearbeitungsniethoden  für  die  Windverhältnisse 


200 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  9. 


an  einem  Orte  beanspruchen.  Die  grössten 
Windgeschwindigkeiten  werden  in  den  tro- 
pischen Wirbelstürmen  beobachtet,  wobei 
bis  über  50  m  pro  Sekunde  sogar  als  Mittel 
für  die  Dauer  von  10 — 20  Minuten  gemessen 
worden  sind,  was  einem  Drucke  von  über  300  km 
pio  Quadratmeter  entspricht. 

Das  bei  weitem  umfangreichste  Buch  V  ist 
den  atmosphärischen  Störungen  gewidmet. 
Es  zerfällt  in  6  Kapitel,  von  denen  die  zwei, 
ersten  den  allgemeinen  Witterungserscheinungeni 
ihren  Ursachen  und  ganz  besonders  ihrem  Zu- 
sammenhang mit  den  Luftbewegungen  und  dem 
Verlauf  der  barometrischen  Maxima  und  Minima 
gewidmet  sind.  Auf  dieses  umfangreiche  Gebiet 
hier  näher  einzugehen,  ist  nicht  möglich,  es 
mag  nur  bemerkt  werden,  dass  der  Verfasser 
besonders  die  klimatologischen  Folgen  der  Be- 
w^ungen  der  grossen  Depressions-  und  Hoch- 
druckcentren hervorhebt.  Eine  grössere  An- 
zahl typischer  Wetterkarten  erläutert  die  im 
Text  beigebrachten  Daten.  Besonders  erwähnt 
werden  die  Karten  der  Deutschen  Seewarte, 
die  Hoffmaierschen  synoptischen  Karten 
und  des  Signal  office  in  Washington.  Das 
3.  Kapitel  behandelt  die  Wirbelstürme  und 
Tornados  spezieller  als  das  früher  geschehen 
ist  und  besonders  deren  Zugstrassen.  Eine 
sehr  hübsche  Abbildung  einer  Wasserhose  an 
der  nordamerikanischen  Küste  giebt  auch  von 
dieser  auffallenden  Erscheinung  eine  vorzüg- 
liche typische  Vorstellung.  Im  5.  Kapitel  werden 
die  höchst  interessanten  Erscheinungen  des 
„Föhns'*,  der  „Bora"  und  des  „Mistral"  be- 
sprochen. Es  ist  dieses  gerade  ein  Gebiet,  auf 
welchem  der  Verfasser  als  besondere  Autorität 
gilt,  dementsprechend  ist  natürlich  auch  der 
Inhalt  dieses  Kapitels  beschaffen.  Namentlich 
der  Föhn  ist  keineswegs  an  bestimmte  Gegenden 
der  Erde  gebunden,  sondern  nur  die  Gebirgs- 
formation  scheint  dabei  massgebend  zu  sein. 
Auch  die  Polarregionen  besitzen  ihre  Föhn- 
winde, welche  dort  natürlich  unter  modifizierten 
äusseren  Formen,  aber  dem  Wesen  nach  in 
ganz  gleicher  Weise  auftreten,  wie  Ref.  aus 
eigener  Erfahrung  in  mehreren  Fällen  bestätigen 
kann.  Das  6.  Kapitel  endlich  ist  den  vielfachen 
atmosphärischen  Erscheinungen  gewidmet,  bei 
denen  die  Elektrizität  eine  Rolle  spielt,  also  den 
Gewittern,  dem  stets  vorhandenen  elektrischen 
Zustand  der  Atmosphäre  und  den  Verschieden- 
heiten der  elektrischen  Ladung  der  Luft,  je 
nach  der  Höhe  derselben  und  dem  Einfluss  der 
Induktion  von  Wolken  und  Erdoberfläche.  Das 
Wesen  des  Blitzes,  die  verschiedenen  Formen 
desselben    (sehr     hübsche    Blitzphotographien), 


l 


I 


das  Zustandekommen  des  Donners,  der  St.  Elms- 
feuer, sowie  das  Verhalten  der  übrigen  meteo- 
rologischen Elemente  bei  einem  Gewitter  werden 
in  einem  Abschnitte  besprochen.  Weiterhin 
kommen  die  Häufigkeit,  die  periodischen  Er- 
scheinungen der  Gewitter  und  sodann  die  Be- 
gleiterscheinungen bei  einem  Gewitter  zur 
Sprache  (Gewitterböen,  Hagel  u.  s.  w.). 

Den  Schluss  des,  wie  man  sieht,  höchst 
umfangreichen  Werkes  bildet  ein  Anhangs 
welcher  wie  oben  schon  bemerkt,  die  wesent- 
lichen mathematischen  und  physikalischen 
Theorien  der  Meteorologie  enthält  und  die 
rechnerischen  Grundlagen  für  den  mathematischen 
Ausdruck  derselben  beibringt.  Es  mag  hier 
nur  kurz  noch  erwähnt  werden,  dass  in  diesem 
Anhang  die  Bearbeitung  meteorologischer  Be- 
obachtungen auf  Grund  von  Reihenentwicklungen, 
die  Theorien  der  Wärmeverteilung  im  Erd- 
boden sowohl,  als  in  der  Atmosphäre  gelehrt 
wird.  Die  barometrische  Höhenmessung  ist 
ausfuhrlich  besprochen  mit  Rücksicht  auf  die 
theoretische  und  thatsächliche  Verteilung  der 
Temperatur  mit  der  Höhe.  (Diskussion  der 
auf  verschiedenen  Wegen  erhaltenen  Ballon- 
höhen.) 

Die  Darstellung  des  Gebotenen  ist  durch- 
wegs eine  vorzügliche,  nur  wäre  vielleicht  bei 
einer  wiederholten  Drucklegung  auf  die  Ver- 
meidung einiger  unangenehmer  Druckfehler 
besondere  Aufmerksamkeit  zu  richten.  Z.  B. 
befindet  sich  gleich  auf  der'  Seite  mit  der 
Widmung  die  Jahreszahl  fiir  die  Dauer  des 
Direktorates  des  Verfassers  an  der  k.  k.  Central- 
anstalt  falsch  angegeben.  L.  Ambronn. 

(Eingegangen  27.  November  1901.) 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  xu  machen.) 

Professor  Karl  Heun-Berlin  wurde  zum  ordentlichen 
Professor  der  theoretischen  Mechanik  an  der  Hochschule  zu 
Karlsruhe,  der  Professor  an  der  Technischen  Hochschule  Geh. 
Regierungsrat  Dr.  Adolf  Slaby  zum  ordentlichen  Honorar- 
professor in  der  philosophischen  Fakultät  der  Friedrich- Wilhelms- 
llniversität,  Professor  E.  Meyer  von  der  Technischen  Hoch- 
schule zu  Beriin  im  Nebenamt  zum  ausserordentlichen  Professor 
für  technische  Physik  an  der  Universität  Berlin  ernannt. 

In  Halle  a  S.  habilitierte  sich  Dr.  P.  Köthner  für 
Chehiie. 

Professor  Dr.  O.  Knoblauch  von  der  Universität  Leipzig 
erhielt  einen  Ruf  als  ausserordentlicher  Professor  für  technische 
l'hysik  an  die  Technische  Hochschule  München. 

Professor  Hittorf  wurde  zum  Ehrcn-Dr.  Ing.  der  Tech- 
nischen Hochschulen  zu  Berlin  und  zu  Hannover   ernannt. 

Geh.  Regierungsrat  Professor  Dr.  Weeren  von  der 
Technischen  Hochschule  zu  Berlin  feierte  seinen  70.  Ge- 
burtstag- 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Profcsbor  Dr.  H.  Th.  Stnit)n  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  Augt»st  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  lo. 


OriginalMfttef  langen : 

K.  Riecke,  Zu  meiaer  Notiz  „Schwe- 
bungen beicrzwungencrSchwirgung**. 

S.    20I. 

G.  LüdeÜDg,  Ergebnisse  lo jähriger 
magnetischer  Beobachtungen  in  Pots- 
dam.    S.  203. 

J.  Kossonogoff,  Zur  Frage  der  Di- 
elektrika.    S.  207. 

A.  Gockel)  Beobachtungen  des  elek- 
trischen Zerstreuungsvermögens  der 
Atmosphäre  und  desPotentialgefalles 
im  südlichen  Algier  und  an  der  Küste 
von  Tunis.     S.  20S. 


15.  Februar  1902. 

Redaktionsschluts  für  No.  xx  am  19.  Februar  1907. 

INHALT. 

E.  Rutherford,  Übertragung  erregter 
Radioaktivität.     S.  210. 

J.J.TaudinChabot,  Das  rotierende 
Magnetfeld,     eine    verallgemeinerte   | 
Methode  seiner  Erzeugung  und  das 
„Drehfeld  im  Räume**.     S.  215. 

Vorträqe  und  Diskussionen  von  der 
73.  Naturforscherversammiung  zu 
Hamburg: 

M.  Möller,  Dreh-  und  Centralschwiu- 
gung  in  Beziehung  zu  Magnetismus 
und  Elektrizität.     S.  216. 


3.  Jahrgang. 


L.  Grunmach,  Experimentelle  Be- 
stimmung der  Oberflächenspannung 
flüssiger  Luft.     S.  217. 

O.  Lnmmer,  Ein  Photometer  zur 
Messung  der  Helligkeit  benachbarter 
Teile  einer  Fläche  (Interferenz-Photo- 
und  Pyrometer).     S.  219. 

Referate: 

R.  Neuhauss,  Direkte  Farbenphoto- 
graphie  durch  Körperfarben.  S.  223. 

Tagesereigniaae.    S.  224. 
Peraonalien.    S.  224. 
Berichtigungen.    S.  224. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 

J    -.. 


Zu   meiner  Notiz  „Schwebungen  bei  erzwun- 
gener Schwingung**') 

Von  Eduard  Riecke. 

Eine  Mitteilung,  die  Herr  Max  Wien  so 
freundlich  war,  mir  brieflich  zu  machen,  veran- 
lasst mich,  auf  die  angeführte  Notiz  zurückzu- 
kommen. Es  lag  mir  daran,  durch  einen  mög- 
lichst einfachen  Versuch  zu  zeigen,  dass  die 
erzwungene  Schwingung  eines  Körpers  im  all- 
gemeinen verbunden  ist  mit  der  freien.  Wenn 
ein  Wellenzug  auf  ein  schwingungsfähiges  Teil- 
chen trifft,  so  schwingt  dieses  im  allgemeinen 
nicht  bloss  mit  der  Periode  der  Wellen,  sondern 
auch  mit  der  ihm  eigentümlichen  Periode  seiner 
freien  Schwingung.  Das  von  mir  benutzte 
Doppelpendel  kann  zur  Erläuterung  dieses 
Satzes  natürlich  nur  dienen,  wenn  die  Masse  des 
unteren  Pendels  verschwindend  klein  ist  gegen- 
über der  Masse  des  oberen,  ein  Verhältnis, 
dem  ich  mich  bei  der  Ausführung  des  Ver- 
suches einigermassen  zu  nähern  suchte.  Im 
allgemeinen  fällt  die  Schwingung  eines  Doppel- 
pendels unter  die  Theorie,  welche  Herr  Max 
Wien  in  seiner  Abhandlung  „Über  die  Rück- 
wirkung eines  resonierenden  Systems'*^)  ent- 
wickelt hat.  Ich  wurde  von  anderen  Über- 
legungen aus  zu  der  Ausführung  des  Versuches 
veranlasst,  und  daher  kommt  es,  dass  ich  den 
Zusammenhang  meines  Versuches  mit  der  all- 
gemeinen Theorie  von  Wien  nicht  berück- 
sichtigt habe.  Es  ist  aber  vielleicht  nicht  ohne 
Interesse,  zu  zeigen,  dass  die  von  mir  ge- 
gebenen Formeln  in  der  That  als  ein  Grenz- 
fall in  jener  Theorie  enthalten  sind. 


1)  Diese  Zeitschr.  3,   130,   1902. 

2)  Wied.  Ann.  61,  1$«,   1S97. 


Die  Massen  der  beiden  Pendel  seien  in  den 
Endpunkten  der  Pendelfäden  konzentriert,  der 
untere  Pendelfaden  sei  an  das  untere  Ende  des 
oberen  angeknüpft.  Den  Befestig^ngspunkt  des 
oberen  Pendels  machen  wir  zum  Anfangspunkt 
eines  rechtwinkligen  Koordinatensystems,  dessen 
<3r-Achse  vertikal  nach  unten  gehe,  dessen 
;r-Achse  horizontal  liegen  möge.  Wir  fuhren 
dann  die  folgenden  Bezeichnungen  ein: 

Oberes  Pendel  Unteres  Pendel 

Masse  des  Pendels       .     .     .  mi  ///^ 

Koordinaten  der  Pendelmasse  Xi ,  ^r,  X2  s^ 

Länge  des  Pendelfadens  .     .      /^  4 

Spannung  des  Pendelfadens  .      /|  h* 

Die  Bewegungsgleichungen  sind: 
'^'-*''=-^':r    A-^^ix   -x^ 


;//■ 


;//• 


///2 


nh 


^2 


^1 


(t    x^ 2  /  \ 

'2 


df^ 


d^z. 


2  ^!l       /  \ 


Dazu  kommen  die  Bedingungen: 

Für  den  Fall  unendlich  kleiner  Schwingungen 
ergiebt  sich: 


+  g 


m 


i 


dr^  "  /o^'^'  ^^''^' 


I 


202 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


Damit  sind  die  Gleichungen  auf  den  Typus 
derjenigen  reduziert,  welche  Herr  Wien  1.  c. 
S.  15s  aufgestellt  und  im  folgenden  ausführlich 
untersucht   hat.     Wir   setzen    zur  Abkürzung: 


iT+sfa +;;)}=- 


m^     1 


=  ^, 


g  _ 


c , 


Dann  ergiebt  sich  für  X\  wie  für  x^  die  Glei- 
chung vierter  Ordnung: 

dt^^   +  (^  +  ^)    dfr  ^+c{a  —  b)x=o. 

Wir  machen  für  x  den  Ansatz: 

x=  A  sin  (« /  +  a) , 

und    erhalten  zur  Bestimmung  von  k  die  Glei- 
chung: 

n^  —  (rt:  +  ^)  «2  +  ^  (ä  —  ^)  =  O . 

Daraus  folgt: 


<-{[ 


1  + 


W/2 


'+!)  +  ! 


W5 


^  2   \       '     W|/    V, 


/.  "•■  4/ 


2 


KC:  -  i 


;i  +1T  K ' + 


;«2 


l  *2 

Setzt  man  nun: 
x^  =  y^i  sin  («,  /  -f  a, )  +  ^,  sin  (»2  ^  +  Ä ) » 
^2  =  -^2  ^^^  {*^\  ^  +  «2)  +  -^2  -^^'^  (^2  ^  +  /^2)  • 
so  ergeben  sich  zunächst  die  Beziehungen: 

Den  Anfangspunkt  der  Zeitmessung  kann 
man  so  wählen,  dass  a  =  o  wird ;  soll  (lir  die 
Zeit  Null  X2  gleich  Null  sein,  so  muss  auch 
ß  =  0  gesetzt  werden;  damit  wird  dann  für 
/  =  o  auch  ;r,  =  o .  Wir  nehmen  ferner  an, 
dass  das  Pendel  m^  zu  Anfang  in  Ruhe  sei, 
dann  folgt  aus 


dx2 

dt 


=  0     für     /  =  o : 


;/o  A  =  —  «I  A. 


'2__ 


,  ^2       ^^ 

Endlich  sei  die  Anfangsgeschwindigkeit  des 
Pendels  ;//i   gleich  q,  dann  ist: 

Cy  =  n^  Ai  +  «2  -^1  • 

Aus    diesen  Gleichungen    ergeben    sich   die 
folgenden  Werte  dir  die  Amplituden: 


Ao  = 


g 


I 


^2   ''!  {^h 
'g 


^i') 


B,  =  ^ 


Ax=- 


—  «I 


n^{n. 


2_ 


«. 


Ö 


^. ^1 

^*2 


Wir  gehen  nun  über  zu  dem  Grenzfall,  zu 
dessen  Erläuterung  das  in  meiner  früheren  Notiz 
erwähnte  Experiment  dienen  sollte ;  in  diesem  ist 
m-i 


o  zu  setzen,  und  damit  wird: 


;/.^  = 


,y       2    g 

«2    —  7 

'2 


Somit: 


Das  Pendel  mi    fuhrt  eine  einfache  Pendel- 
schwingung  aus    mit    der    ihm    eigentümlichen 


n 


Schwingungszahl  — ,  das  Pendel  Wj   führt  eine 

kombinierte  Schwingung  aus,  eine  mit  der 
Schwing^ngszahl  von  W| ,  die  andere  mit  seiner 

eigenenSchwingungszahl     .    Den  Fall,  dass  die 

Längen  /,  und  /2  einander  genau  gleich  sind, 
schliessen  wir  aus,  er  würde  eine  besondere 
Untersuchung  erfordern.  Sind  die  Pendellängen 
/,  und  4  einander  nur  nahe  gleich,  so  sind 
kleine  Amplituden  des  Pendels  m^  mit  sehr 
grossen  von  m2  verbunden;  überdies  sind  nun 
auch  die  Amplituden  der  beiden  Komponenten 
von  X2  einander  nahezu  gleich,  d.  h.  es  treten 
ausgeprägte  Schwebungen  auf.  Das  sind  die- 
selben Sätze,  die  ich  früher  aus  der  Theorie 
der  erzwungenen  Schwingung  abgeleitet  hatte. 
Auch  der  Wert  für  das  Amplitudenverhältnis 

B2  ^  __  w, 

A2  «2 

entspricht  dem  früher  für  den  Fall  verschwin- 
dender Dämpfung  gefundenen 

f     A2-  r 


da 


Y^ 3t 


und    F  = 


Ül 


ns 


^2  "1 

Die  allgemeine  Diskussion  der  gefundenen 
Gleichungen  findet  sich  in  der  angeführten  Ar- 
beit von  Herrn  Max  Wien;  fiir  den  mit  dem 
Vorstehenden  verfolgten  Zweck  ist  sie  entbehrlich. 

(Eingegangen  22.  Januar  1902.) 


Physikalische  Zeitschrift,     3,  Jahrgang.     No.   10. 


203 


Ergebnisse  lojähriger  magnetischer  Beobach- 
tungen in  Potsdam.') 

Von  G.  Lüdeling. 

Die  Ergebnisse  beziehen  sich  auf  die  lojäh- 
rige  Reihe  von  1890 — 99,  also  auf  eine  fast 
vollständige  Sonnenfleckenperiode.  Die  Werte 
dürften  daher  schon  als  ziemlich  normale  anzu- 
sehen sein,  besonders  da  das  zu  Grunde  liegende 
Material  im  allgemeinen  ein  recht  zuverlässiges  ist. 
Nur  hinsichtlich  der  Inklination,  und  damit  natür- 
lich auch  hinsichtlich  der  Vertikal-  und  Total- 
intensität bestehen  noch  allerlei  Unsicherheiten, 
die  in  erster  Linie  darauf  zurückzufuhren  sind, 
dass  die  Messungen  der  Inklination  sowie  die 
Registrierungen  der  Lloydschen  Wage  an  Ge- 
nauigkeit noch  zu  wünschen  übrig  liessen. 

Im  nachfolgenden  soll  nun  eine  kurze  Zu- 
sammenfassung der  wesentlichsten  Resultate  ge- 
geben werden,  und  zwar  vor  allem  derjenigen, 
die  auch  für  den  Physiker  von  Interesse  sind 
und  vielleicht  hier  und  da  benutzt  werden  können. 
Dabei  ist  vorweg  zu  bemerken,  dass  das  mag- 
netische Observatorium  in  Potsdam,  auf  das 
sich  die  Ergebnisse  beziehen,  die  geographischen 
Koordinaten  i  =  0^52"  15,-4  ^'-  f'-  ^-^  V  = 
52"22' 56.4"N.hat.  DieWerte  für  Deklination  (/?) 
und  Inklination  (y)  sind  überall  in  Bogenminuten 
gegeben,  diejenigen  für  Horizontalintensität  {H), 
Vertikalintcnsität  (Z),  Totalintensität  ( 7")  sowie 
die  beiden  rechtwinkligen  Komponenten  in  der 
horizontalen  Ebene  (Nordkomponente  X  und 
Westkomponente  —  V)  in  y,  d.  h.  Einheiten  der 
fünften  Dezimale  C,  G.  S. 

j.  Täglicher  Gang,  Der  tägliche  Gang 
der  magnetischen  Elemente  ist  aus  den  beige- 
gebenen Figuren  1 — 5  zu  ersehen,  und  zwar  für 
die  12  einzelnen  Monate,  für  das  Winterhalbjahr 
(Oktober — März),  das  Sommerhalbjahr  {April- 
September}  und  das  ganze  Jahr.  Da  der  täg- 
liche Gang  der  West-  und  Nordkomponente  fast 
vollständig  mit  demjenigen  der  Deklination  und 
der  Horizontalintensität  übereinstimmt,  so  ge- 
nüge hierfür  der  Hinweis  auf  Fig.  i  und  2. 
Alles  Nähere  bezüglich  der  Extreme,  der  Ver- 
schiebung der  Eintrittszeit  derselben,  des  Durch- 
ganges durch  die  Mittetlage  u,  s.  w.  kann  mit 
Leichtigkeit    aus   den   in  Fig.   i- — 5    gegebenen 


Kurven  entnommen  werden.  Hier  möge  nur 
der  jährliche  Gang  der  Tagesamplitude 
der  Elemente  in  Zahlen  folgen  (siehe  unten- 
stehende Tabelle). 

Nachdem  in  der  letzten  Zeit  besonders  von 
Herrn  von  Bezold  darauf  hingewiesen  ist, 
welche  Bedeutung  die  Darstellung  des  täglichen 

Mn.  6=  M.  6p  Mn. 


TSgl.  Ging  der  Dcklinatiun. 
Fig.  r. 

Ganges  der  Komponenten  in  der  horizontalen 
Ebene  durch  sogenannte  „Vektordiagramme" 
besitzt,  hat  Verfasser  solche  nach  dem  vorlie- 
genden lojährigen  Beobachtungsmaterial  für  die 
einzelnen  Monate  entworfen.  Wenn  hier  auch 
von  einer  Wiedergabe  derselben  Abstand  ge- 
nommen werden  muss  und  nur  auf  die  Original- 
abhandlung, Taf.  I,  verwiesen  werden  kann,  so 
möge  doch  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  die 
nach  lOJährigen  Mittelwerten  gebildeten  Vek- 
tordiagramme schon  einen  recht  normalen,  regel- 
mässigen Verlauf  zeigen,  in  welchem  die  sonst, 
besonders  in  den  Wintermonaten,  stark  auf- 
tretenden   Zacken    und    Schlingen    schon    fast 


'  Jauuar  IFebruar    Man 


7    1.00 

X     .1.3 
~¥     26,8 


April 

Mai 

Jum 

Juli 

August 

IMS  i  11.33 

,..24!..,.. 

u,o6    j 

39.8      38,9 

41,0 

4»  .8 

41.S     1 

a.07 

1,07 

LIO 

1/47 

*,47 

60,0 

60,8 

61,0 

60,2 

59.0 

29,2 

«5.' 

14,1 

M,5 

35.» 

39.t> 

37." 

3S.S 

... 

August    Septbr.    Oklbr.  |  Novbr.    Deibr,  Winter  |  bommer    Jahr 


9-34         7.36    I     5.88    I 


6,-(T 

10,7a 

»,4 

39.4 

21,8 

40.3 

.'.7 

57,6 

0,6 

>3.3 

s.» 

33.9 

204 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No,   10. 


völlig  verschwinden.  Auch  geht  aus  einem 
Vergleich  der  einzelnen  Monate  hervor,  dass 
eine  grosse  Ähnlichkeit  besteht  zwischen:  Januar 
und  Dezember,  Februar  und  November,  März 
und  Oktober,  'April  und  September,  Mai  und 
August,  Juni  und  Juli.  Will  man  also  bei  irgend- 
welchen Untersuchungen  Mittelwerte   von   zwei 


dienten  die  Monatsmittel,  die  zuvor  für  Säkular- 
variation korrigiert  wurden.  Der  so  erhaltene 
jährliche  Gang  der  Komponenten  in  der  hori- 
zontalen Ebene  zeigt  eine  doppelte  Periode,  bei 
der  das  Hauptmaximum  zur  Zeit  des  Sommer- 
solstitiums,  das  sekundäre  zur  Zeit  des  Wintcr- 
solstitiums  auftritt.    Die   beiden   wenig    vonein- 


riio  mal -I  Uten  sit&t. 


Monaten  bilden,  so  ist  jene,  schon  von  Herrn 
Wild  vorgeschlagene  Kombination  entschieden 
die  beste. 

Weiterhin  zeigt  sich,  dass  die  grössere  Zu- 
sammenfassung in  Winter-  und  Sommerhalb-  , 
Jahr  eigentlich  wenig  empfehlenswert  ist,  da  sie  I 
Monate  von  allzu  verschiedenem  Charakter  zu- 
sammenbringt. Richtiger  ist  die  Lloydsche 
Kombination:  Winter(Januar,  Februar,  Novem- 
ber, Dezember),  Sommer  (Mai,  Juni,  Juli,  Au- 
gust), Äquinoktien  (März,  April,  September, 
Oktober). 

2.  Jährlicher  Gang    und  Säkularvaria- 
tion.     Zur   Ableitung   des    jährlichen    Ganges 


Tägl.  Gang  der  Inklination, 

ander  verschiedenen  Minima  fallen  in  die 
Äquinoktien. 

Die  Vertikal-  und  Totalintensität  dagegen 
zeigen  nur  eine  einfache  Periode,  deren  Maxi- 
mum in  den  Februar  und  deren  Minimum  in 
den  Juni — ^Juli  fällt. 

Im  einzelnen  geben  die  nachstehenden,  in 
einfacher  Weise  ausgeglichenen  Zahlen  die  jähr- 
lichen Gänge  der  Elemente.  (Siehe  untenste- 
hende Tabelle.) 

Die  Säkularvariationen  sind  aus  den 
Jahresmitteln  berechnet.  Die  Werte  für  1890,91 
mussten  als  unsicher  (:)  bezeichnet  und  auch 
bei  der  Mittelbildung  ausgeschlossen  werden,  da 


Jan 


April 


Jan 


-0.05 

-1-0,09 

+o,.6 

—  ,8 

'+'-6 

+5,6 

+  7.4 

+o,1i 

-H>,oi 

-1,6 

,+',6 

i  -  -5.2 

+M 

+0,6 

+  2,^ 

-1-9,') 

+6,2 

+7,7 

+  5-4 

+  1.0 

-6,0 

Angusl  ,   Se[)tbr.     Okiober 


+0,09      +o,xs 


»..b. 

Deibr. 

*s 

—021 

-021 

..,. 

-3.6 

+o,a6 

+0.25 

i,oS 

+3,3 

»3.5 

-'r7 

+3.7 

19,4 

Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No. 


205 


die  absohlten  Mittelwerte  fiir  das  Jahr  1890  nicht  ' 
hinreichend  genau  waren. 

Ferner  ist  zu  beachten,  dass  die  Werte  für 

y,    und    damit  auch  für  Z  und    T  recht  grosse  , 

Verschiedenheiten    zeigen.      Dieselben    dürften  I 

zu    einem  Teile    auf  die    bereits    erwähnte   ge-  j 

ringere   Sicherheit    in    der   absoluten    Messung  | 


6p 


120  Jahre  vergeben,  bis  die  Deklination  o"  in 
Potsdam  erreicht  wird. 

Für  die  Horizontalintensität  ergiebt  sich 
ein  Mittelwert,  der  recht  gut  mit  dem  gewöhn- 
lich angegebenen  übereinstimmt. 

Die  untenstehende  Tabelle  giebt  die  genauen 
Werte  der  Säkularvariationen  für  die  einzelnen 

Mn,  6"  M.  6p  Mn, 


Tigl.  Gang  der  Vertikal-Iülensität. 
Fig.  4. 

der  Inklination  und  der  Angaben  der  Lloyd- 
schen  Wage  zurückzuführen  sein,  zum  anderen 
auch  vielleicht  darauf,  dass  die  Inklination  ziem- 
lich nahe  einem  Wendepunkte  ist  und  dass  da- 
her die  Säkular  Variationen  ziemlich  schwankend 
werden. 

Bei  der  Deklination  findet  sich  eine  ziem- 
lich regelmässige  Abnahme.  Auch  sie  nähert 
sich  also  einem  Wendepunkte,  und  zwar  einem 
Minimum.     Immerhin   dürften  noch  mindestens 


Tügl.  Gang  det  Total- Inlensität. 
Fig-  S- 

Elemente  und  Epochen.  In  der  letzten  Hori- 
zontalkolumne finden  sich  ausserdem  noch  die 
absoluten  Werte  der  magnetischen  Elemente 
für  ein  Beobachtungsjahr,  und  zwar  für  das 
Jahr  1899,  Damit  ist  die  Möglichkeit  gegeben, 
alle  absoluten  Jahresmittel  der  zehn  Beobach- 
tungsjahre zu  berechnen. 

3.  Magnetische  Störungen.  Die  Unter- 
suchung über  die  magnetischen  Störungen  er- 
folgte nach  der  von  Eschenhagen  gegebenen 


Zeit 

D 

" 

7 

X 

-1- 

7. 

-84,9: 

_L     ^ 

T890/91 

-6,48-. 

-1.(8,8; 

Jl'91 

-H0,I 

-H>,47 

—30,1 

+  39.5 

1            +40.1 

+  3'.o 

93/94 

-S.89 

-(-i8,3 

-1,67 

-l-*3.8 

-18,1 

-15.8 

—    7.3 

94/9S 

-S.S2 

-1-25,7 

—1,19 

+30,7 

-üS,o 

95/96    , 

-S.6' 

-A^6A 

+31,6 

96/97 

-4,S7 

+21,2 

-1,98 

-•9,8 

—  S.9 

1         +   5.9 

97/98 

-4,68 

+K.,5 

-Hl  7,6 

+  9.8 

.898/99 

-4,3» 

+33,6 

-«.OS 

+^74 

-19,2 

-16,3 

1        -5,6 

Mittel    , 

~5.'9 

-i-M.8 

-'.34 

-1-27,6 

-*3.7 

+  6.3 

+  14,8 

AI>so1.  Werte  l  1899,6 

foV,69 

o.iSSilio 

66''33',i9 

0.185315 

0,032714 

o.4339ao 

0,47*968 

Physilcalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


Klassifikation  der  magnetischen  Kurven  (s.  „Er- 
gebnisse der  magnetischen  Beobachtungen  in 
Potsdam^in  den  Jahren   1890  und  91"). 


P  >=  5  Störungen 

TKgl.  Gang  der  Störungen. 


J,    F.  M.  A.  M.    J.    J.    A.   S.  Ü.  N.  D. 


Über  den  täglichen  und  Jährlichen  Gang  der 
magnetischen  Störungen  giebt  die  graphische 
Darstellung  in  Fig.  6  und  7  nähere  Auskunft. 
Man  ersieht  daraus  einerseits  die  sehr  deutliche 
Zunahme  der  Störungen  in  den  späten  Nach- 
mittags- und  Abendstunden  (worauf  auch  bei 
manchen  physikalischen  Messungen  Rücksicht 
zu  nehmen  wäre]  und  die  Lage  des  Minimums 
um  Mittag.  Andererseits  findet  sich  das  be- 
reits von  Humboldt,  Sabine  u.  a.  erwähnte 
doppelte  Maximum  zur  Zeit  der  Äquinoktien 
und  ein  doppeltes  Minimum  zur  Zeit  der  Sol- 
stitien  auch  durch  die  Potsdamer  Beobachtungen 
bestätigt. 

Störungen  von  grösserer  Intensität  (Charakter 
4  und  5  der  Eschenhagenschen  Skala)  traten 
an  folgenden  Tagen  auf: 
1890:    März   16;  Oktober   10;  November  8. 
1891:    Februar  11,   12,  14;  März  2,  S,  31;  April 

7,   8,   12,    13;    Mai   14,   15,   16;   Juni    14; 

September  10,   11,   12,  28;   Oktober  24; 

November  20,  21;  Dezember  7. 
1892:   Januar  4,  5,  6,   17,  39;  Februar  2,  4,  7, 

13.   14.   'S.  20,  21,  27;  März  1,6,7,  11, 

12,   13,  25;  April  25,  26;  Mai  I,   18,  ig; 

Juni  3,  27;  Juli  12,  14,  i6,  17;  August  12; 

September  21,  22;    Oktober  12,   13,   15, 

18;  November  4,   5,   17;  Dezember  5. 
1893:    Februar  4,   5;  März  26;  Juli  16;  August 

6,  7,   18;  November  i,  2,  3. 
1894:   Januar    3,    4;    Februar   21,    23,    24,   25 

März  30,  31;  April   17;  Juni  10;  Juli  20, 

21;    August  20,   2!;    September   14,   15, 

19,  20;    November   13,   14,   18,  23;   De- 
zember  1 5, 

1895:  Januar  18,  19;  Februar  8,  9,  10,  15,  16 
März  8,  9,  13,  14;  April  11,  12,  23;  Ma 
10,  29;  August  10;  September.  30;  Ok. 
tober   12,    13,   14,   17;    November  9,   10 

189Ö;  Januar  4,  17,  31;  Februar  4,  28,  29; 
März  4,  26,  28;  Mai  2,  3,  17;  Septem- 
ber 18,  20;  Oktober  11,  12;  November  7; 
Dezember  3,  4, 

1897:  Januar  2;  April  2,  20,  23;  Dezember  11, 

20,  21. 

1898:  Januar  16,  17,  18;  Februar  11,  14;  März 
15,  16;  Mai  30;  August  16;  September 
3,  9,   10;  Oktober  25,  29,  30;  November 

21,  22. 

1899:   Januar  18,  28,  29;    Februar    12,  23,  28; 

März   10,   II,  21,  22,  23;   April    18,   19; 

Mai  4,  s;  Juni  28,  29,  30;  Oktober  30. 
Auch  in  diesen  stärkeren  Störungen  zeigt 
sich  ein  ganz  charakteristischer  jährlicher  Gang, 
bei  dem  das  Hauptmaximum  auf  den  Februar, 
ein  sekundäres  auf  den  November  fällt.  Das 
Hauptminimum  erstreckt  sich  über  die  Sommer- 
monate, ein  anderes  fällt  in  den  Dezember. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  10. 


207 


4.  Zusammenhang  der  magnetischen 
Erscheinungen  mit  Polarlicht  und  Sonnen- 
flecken. Der  bekannte  Parallelismus  des  täg- 
lichen und  jährlichen  Ganges  der  magnetischen 
Störungen  mit  dem  Auftreten  des  Nordlichtes 
findet  auch  hier  weitere  Bestätigung. 

Über  den  Zusammenhang  der  magnetischen 
Erscheinungen  mit  den  Sonnenflecken  ist  im 
einzelnen  nichts  Bestimmtes  nachzuweisen. 
Sobald  man  aber  für  das  volle  Jahr  das  Auf- 
treten der  Sonnenflecken  mit  der  Amplitude 
des  täglichen  Ganges  der  magnetischen  Elemente 
vergleicht,  so  findet  sich  eine  auffallende  Über- 
einstimmung: die  Amplituden  variieren  genau 
mit  der  Häufigkeit  der  Flecken.  Das  ergiebt 
sich  auch  aus  den  Vektordiagrammen  des 
täglichen  Ganges,  die  für  die  einzelnen  Beob- 
achtungsjahre gezeichnet  wurden.  Ihre  Grösse 
nimmt  in  demselben  Verhältnis  zu  und  ab  wie 
die  Zahl  der  Sonnenflecken,  die  Periode  ist  also 
dieselbe.  Allein  es  ändert  sich  während  einer 
Sonnenfleckenperiode  nicht  nur  die  Grösse 
der  Vektordiagramme,  sondern  auch  die  geo- 
metrische Gestalt  derselben  in  regelmässiger 
Weise.  Etwas  Ähnliches  scheint  auch  bei  der 
Vertikalintensität  einzutreten,  bei  der  sich  der 
Einfluss  der  Sonnenflecken  nicht  bloss  in  der 
mehr  oder  weniger  grossen  Amplitude  zeigt, 
sondern  auch  darin,  dass  die  Durchgänge  durch' 
die  Mittellage  bei  der  täglichen  Variation  eine 
systematische  Verschiebung  erleiden. 

Sollte  das  hier  Ausgesprochene  allgemein 
bestätigt  werden,  so  würde  daraus  folgen,  dass 
die  Ströme,  welche  höchstwahrscheinlich  die 
tägliche  Variation  des  Erdmagnetismus  bedingen, 
während  einer  Sonnenfleckenperiode  nicht  bloss 
in  Intensität,  sondern  auch  in  ihrem  Verlaufe 
regelmässigen  Änderungen  unterworfen  sind. 

Weitere  Untersuchungen  in  dieser  Richtung 
dürften  zu  interessanten  Ergebnissen  führen,  be- 
sonders wenn  dabei  auch  auf  einen  eventuellen 
Zusammenhang  der  magnetischen  mit  den  meteo- 
rologischen Erscheinungen  Bedacht  genommen 

würde.  (Eingegangen  ii.  Januar  1902.) 


Zur  Frage  der  Dielektrika. 

Von  J.  Kossonogoff. ') 


/ 


Die.  angewandte  Methode  ist  kurz  fol- 
gende. —  Zwei  parabolische  Spiegel  (Öffnung 
lox  10  qcm,  Brennweite  1,5  cm)  aus  Papp- 
bogen sind  mit  den  Öffnungen  einer  zum  anderen 
gekehrt  und  einer  über  dem  anderen  befestigt. 
Auf  den  Pappmänteln  der  Spiegel  sind  parallel 
der  Fokallinie  Stanniolstreifen  einer  bestimmten 
Grösse  (s.  u.)  geklebt,  damit  die  Spiegel  nur 
Wellen  einer  einzigen  Länge  reflektieren.  Als 
Erreger  der  elektrischen  Schwingungen  dient 
ein  dem  Righi  sehen  ähnlicher,  in  der  Fokal- 
linie des  unteren  Spiegels  angebrachter  Vibra- 
tor;  als  Indikator  —  ein  in  der  Fokallinie 
des  oberen  Spiegels  befestigter  Kohärer,  welcher 
mit  einem  Galvanometer  verbunden  ist.  Der 
untere  Spiegel  giebt  beim  Funktionieren  des 
Vibrators  einen  parallelen  Wellenzug,  welcher 
nach  der  Reflexion  vom  oberen  Spiegel  auf 
den  Kohärer  einwirkt. 

Der  Verfasser  stellt  auf  den  unteren  Spiegel 
zwei  parallelepipedische  Glasgefässe,  welche  die 
in  Untersuchung  genommene  Flüssigkeit  ent- 
halten. Die  Trennungsfläche  ist  der  Fokallinie 
des  Spiegels  parallel.  Bei  einem  Unterschiede 
der  Höhen  der  Flüssigkeitssäulen  in  beiden 
Gefassen  entsteht  ein  Gangunterschied  zwischen 
den  beiden  Hälften  des  Wellenzuges;  diese 
interferieren  in  der  Fokallinie  des  oberen 
Spiegels  und  wirken  auf  den  Kohärer  ein. 
Nach  dem  Unterschiede  der  Höhen  der  Flüssig- 
keitssäulen, welcher  dem  Minimum  der  Ein- 
wirkung auf  den  Kohärer  entspricht,  kann  man 
den  elektrischen  Brechungsexponent  n  und  die 
dielektrische  Konstante  Z^  =  //^  leicht  bestimmen. 

Bei  dieser  Interferenzmethode  konnte  der 
Verfasser  Spiegel  mit  verschiedenen  Reso- 
natoren (natürlich  paarweise)  anwenden  und  auf 
diese  Weise  Brechungsexponenten  für  verschie- 
dene Wellenlängen  bestimmen.  Die  Resultate 
sind  wie  folgt: 

i)  Habilitationsschrift  Kiew,   1901. 


Resonatorgrösse  in  □  cm 


Rntsprech.  Wellenlänge  A^)  in 
der  Luft  in  cm 


1,0x0,3 
1,92 


1,5x0.3 


2,95 


Paraffin  fiüs. 


Pctrol. 


{i 

Terpentin l 


Ol.  Naphtae 


Benzin 


Kicinusöl 


{ 


n 
D 

1,476 
2,179 

n 
D 

1,459 
2,129 

n 
D 

1,488 
2,214 

n    ' 
D    , 

1,433 
2,053 

n 
D 

1.561 
2,437 

n 
D 

1,421 
2,019 

1,475 
.2,176 

1,453 
2,111 

1,490 
2,220 

1,432 
2,050 

1,560 
2,434 

1,385 
i,9iS 


2,0  X  o^ 

4,30 

1.458 
2,126 

1,443 
2,082 

1,472 
2,161 

1,424 
2,028 

1.525 
2,326 

1,419 
2,014 


3,0  X  0,3 
6,43 


4,0x0,3 


9,04 


1445 
2,088 

1,429 
2,042 

M59 
2,132 

M15 
2,002 

1,520 
2,310 

1,992 
3,968 


1,433 
2,053 

1,417 
2,008 

1.453 
2,111 

1,393 
1,940 

1,504 
2,262 

2,000 
4,000 


1,4857 
1,4582 

1,5028 

1,4766 

1,4010 

1,4804 


2)  Diese  Längen    sind  nach    den  Bol  t/mann  sehen  und  Righi  sehen  Methoden  bestimmt. 


208 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


wo  die  letzte  Kolumne  die  optischen  Brechungs- 
exponenten für  A  =  6,io~*  cm  enthält. 

Die  Resultate  zeigen  also  eine  schwache 
normale  elektrische  Dispersion  für  die  ersten 
fünf  Flüssigkeiten.  Was  das  Kastoröl  betrifft, 
so  weisen  die  ihm  entsprechenden  Zahlen  auf 
eine  anomale  Dispersion,  doch  lässt  der  Ver- 
fasser diese  Frage  unerledigt,  da  nach  seiner 
Meinung  diese  Erscheinung  vielleicht  durch 
eine  im  Kastoröl  immer  enthaltene  Wassermenge 
verursacht  wird. 

(Eingegangen  28.  Dezember  1901.) 


Beobachtungen  des  elektrischen  Zerstreuungs- 
vermögens der  Atmosphäre  und  des  Potential- 
gefalles  im  südlichen  Algier  und  an  der  Küste 

von  Tunis. 

Von  A.  Gockel. 

Im  Monat  August  und  anfangs  September 
V.  J.  habe  ich  in  Biscra,  der  200  Kilometer 
südlich  davon  gelegenen  Oase  Tougourt  und 
zuletzt  an  dem  Küstenplatz  Hammam  el  Lif  bei 
Tunis  Messungen  des  Potentialgefälles,  der  elek- 
trischen Zerstreuung  und  der  Sonnenstrahlung 
gleichzeitig  mit  den  üblichen  meteorologischen 
Beobachtungen  vorgenommen.  Über  die  Resul- 
tate soll  an  anderer  Stelle  ausführlich  berichtet 
werden;  bei  dem  grossen  Interesse  aber,  das 
Messungen  des  elektrischen  Zerstreuungsver- 
mögens der  Atmosphäre  zur  Zeit  erregen,  mögen 
einige  kurze  Bemerkungen  über  die  Beziehungen 
der  genannten  Grösse  zu  den  gemessenen  Werten 
des  Potentialgefälles  hier  Platz  finden. 

Bezüglich  der  angewandten  Methode  will  ich 
hier  nur  anfuhren,  dass  ich  die  Zerstreuungs- 
messungen stets  ohne  den  von  den  Herren 
Elster  und  G eitel  angewandten  Schutzcy linder 
ausgeführt  habe.  Wie  die  genannten  Forscher 
selbst  hervorheben,  ist  die  Anwendung  dieses 
Cylinders  ein  Notbehelf,  der  den  Übelstand  im 
Gefolge  hat,  dass  die  Fern  Wirkung  des  Zer- 
streuungskörpers beschränkt  wird.  *)  Messungen, 
die  mit  und  ohne  Anwendung  des  Schutzcylin- 
ders  angestellt  wurden,  sind  auch,  wenn  man 
die  Änderung  der  Kapazität  in  Rechnung  zieht, 
nicht  miteinander  vergleichbar,  denn  die  durch 
den  Schutzcylinder  hervorgebrachte  Vermin- 
derung der  Zerstreuungsgeschwindigkeit  hängt, 
wie  ich  mich  wiederholt  überzeugte,  in  hohem 
Masse  von  der  Stärke  der  Luftbewegung  ab. 
Ich  habe  deshalb  den  Cylinder  nur  dann  auf 
das  Instrument  gesetzt,  wenn  ein  hefliger  Wind 
dazu  nötigte.  In  diesem  Falle  kommen  ja  auch 
die  Nachteile  dieser  Schutzvorrichtung  am  wenig- 
sten zur  Geltung.  In  allen  anderen  Fällen  habe 
ich  mich  damit  begnügt,    den  Apparat  so  auf- 

i)  Vergl.  auch  Ebert,  Met.  Ztschft.  18,  343,  1901. 


zustellen,  dass  er  gegen  die  Influenzwirkung 
des  äusseren  elektrischen  Feldes,  sowie  gegen 
die  Bestrahlung  durch  die  Sonne  möglichst  ge- 
schützt war.  Übrigens  hat  auch  Ebert')  ge- 
zeigt, dass  ein  Hallwachs-EfTekt  an  einem  gut 
geschwärzten  Messingcylinder nicht  nachzuweisen 
ist.  Bei  den  Beobachtungen  in  der  Wüste 
stand  das  Instrument  stets  direkt  auf  dem 
Erdboden. 

Die  an  den  genannten  Orten  gefundenen 
Zerstreuungskoeffizienten  sind  im  allgemeinen 
höher  als  die  hier  in  Freiburg  beobachteten, 
sie  steigen  bis  auf  10  Proz.  pro  Minute  und 
darüber,  während  ich  hier  selten  mehr  als 
5  Proz.  gefunden  habe.  Der  starken  Zerstreu- 
ung entspricht  ein  schwaches  Potentialgefälle, 
im  Mittel  etwa  35  Volt/meter,  gegenüber  100 
in  unseren  Breiten.  Die  Zerstreuung  zeigte 
in  Biscra  und  Tougourt  einen  gut  ausgeprägten 
täglichen  Gang.  Von  geringen  Werten,  2 — 4 
Proz.  per  Minute  bei  Sonnenaufgang  stieg  sie 
an,  bis  sie  im  Laufe  der  ersten  Nachmittags- 
stunden den  oben  genannten  Wert  von  etwa 
10  Proz.  erreichte.  Ein  auffallendes  Sinken  des 
Zerstreuungskoeffizienten  bis  auf  Werte  von 
I  Proz.  pro  Minute  und  darunter  trat  etwa  eine 
halbe  Stunde  vor  Sonnenuntergang  ein.  Diese 
Erscheinung  war  etwas  weniger  ausgeprägt  in 
Biscra,  wo  sie  an  einigen  Tagen  ganz  ausblieb, 
dagegen  sehr  deutlich  in  Tougourt;  daselbst 
war  d:is  auf  der  Terrasse  des  Hauses  beobach- 
tete Zerstreuungs vermögen  an  zwei  aufeinander- 
folgenden Tagen  fast  Null.  Gesichts-  und 
Geruchssinn  wiesen  auf  starken  Dunst-  und 
Staubgehalt  der  Atmosphäre  als  Ursache  der 
aufgehobenen  elektrischen  Leitfähigkeit  hin.  2) 
Ich  vermutete,  dass  hier  Rauch,  der  aus  den 
um  diese  Zeit  angeheizten  Kaminen  stamme, 
mit  im  Spiele  sei  und  stellte  deshalb  an  den 
folgenden  Tagen  die  Beobachtungen  in  der 
freien  Wüste  an,  an  einer  Stelle,  die  durch  den 
herrschenden  Wind  gegen  den  aus  dem  Ort 
stammenden  Rauch  geschützt  war.  Hier  sank 
der  Zerstreuungskoeffizient  zwar  nicht  in  dem 
Masse  wie  innerhalb  der  Ortschaft,  immerhin 
war  die  Erscheinung,  besonders  bei  positiver 
Ladung  des  Zerstreuungskörpers,  ausgeprägt 
genug.  Ich  will  gleich  hinzufügen,  dass  ich 
eine  ähnliche  Abnahme  der  Leitfähigkeit  der 
Atmosphäre  auch  hier  in  Freiburg  und  zwar 
nach  Sonnenuntergang  beobachtet  habe,  da- 
gegen konnte  ich  während  meines  Aufenthalts 
am  Meere  in  Hammam  el  Lif  etwas  Ähnliches 
niemals  feststellen.  Hand  in  Hand  mit  dem 
Sinken    des    Zerstreuungsvermögens    ging    ein 

1}  1.  c.  34S. 

2)  Dieser  augenfällige  Staub-  und  Dunstgehalt  der  Luft 
lässt  mir  die  von  Herrn  Ebert  (Met.  Ztschft.  18,  295,  I901) 
gegebene  Erklärung  desselben  Phänomens  als  nicht  ausreichend 
erscheinen. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


209 


Ansteigen  des  Potentialgefälles  auf  etwa  1 50  Volt/ 
meter,  also  das  Vierfache  des  mittleren  Wertes. 
Es  ist  von  verschiedenen  Forschern  kon- 
statiert worden,  u.  a.  auch  von  mir  in  Laden- 
burg a.  N.  und  hier  in  Freiburg,  dass  zur  Zeit 
des  Sonnenaufganges  ein  rasches  Ansteigen  des 
Potentialgefälles  eintritt,  es  ist  mir  aber  in  Algier 
sowohl  als  in  Tunis  am  Meere  nicht  gelungen, 
dieselbe  Erscheinung  zu  beobachten.  Ich  habe 
früher  *)  die  vorübergehenden  starken  Erhöhun- 
gen des  Potentialgefälles,  von  Exner  Sprung- 
maxima  genannt,  durch  das  Heruntersinken  von 
Luftschichten  zu  erklären  versucht,  welche  po- 
sitiv geladene  Massen  mit  sich  fuhren.  Man 
wird  auch  nach  den  neueren  Anschauungen  da- 
ran festhalten  müssen,  dass  diese  Sprungmaxima 
eine  Folge  der  Vertikalkomponente  der  Luft- 
bewegung sind.  In  Tougourt  folgte  die  starke 
Abnahme  des  Zerstreuungsvermögens  der  Atmo- 
sphäre auf  das  gegen  5  Uhr  abends  eintretende 
Barometerminimum.  Die  Luft  musste  sich  also  von 
der  Seite  her  gegen  den  Erdboden  in  Bewegung 
setzen  und  brachte  den  unter  Tags  in  die  Höhe 
gerissenen  Staub  mit  herab.  Das  gegen  Abend 
stets  eintretende  Abflauen  des  Windes  wird 
ebenfalls  dazu  beigetragen  haben,  dass  der 
Rauch  und  Staub  sich  langsam  zu  Boden  senkte 
und  die  lonenbeweglichkeit  hemmte.  Hier  in 
Freiburg  ist  es  natürlich  die  aus  den  nämlichen 
Ursachen  hervorgehende  abendliche  Dunstbil- 
dung, welche  dieselbe  Erscheinung  hervorruft. 
Ein  Unterschied  in  der  Zerstreuungsgeschwin- 
digkeit positiver  und  negativer  Elektrizität  wurde 
im  allgemeinen  nicht  bemerkt,  nur  in  der  eben 
besprochenen  abendlichen  Erscheinung  machte 
sich,  wie  schon  gesagt,  ein  solcher  Unterschied 
manchmal  geltend,  eine  positive  Ladung  wurde 
langsamer  zerstreut  als  eine  negative,  es  waren 
also  hauptsächlich  die  negativen  Ionen  durch 
den  Dunst  und  Staub  in  ihrer  Beweglichkeit 
gehemmt,  was  mit  unsern  Anschauungen  über 
die  Kondensationsfähigkeit  der  negativen  Ionen 
gut  übereinstimmt.  An  einem  Abend  erreichte 
das  Verhältnis 

a- 

(/i-  die  Zerstreuungsgeschwindigkeit  einer  nega- 
tiven, a^  die  einer  positiven  Ladung)  den  Wert 
7,6,  an  einem  anderen  sogar  8,9.  Abgesehen 
aber  von  diesen  nur  innerhalb  der  Zeit  von 
5**  30  p  bis  7**  p  auftretenden  Extremwerten 
schwankten  die  Zahlen  ftir  g  in  Biscra  zwischen 
0,6  und  1,4,  in  Tougourt  zwischen  0,9  und  2,0, 
in  Hammam  el  Lif  zwischen  0,9  und   1,15. 

Was  die  täglichePeriode  desPotential- 
gefälles  betrifft,  so  Hess  sich  ausser  dem  er- 
wähnten Sprungmaximum  am  Abend  und  dem 
an  vielen  Punkten  der  Erde  schon  beobachteten 

i)  Met.  Ztschft  14,  286,  1897. 


vormittägigen  Maximum  (gegen  9  a  eintretend) 
eine  regelmässige  Änderung  im  Laufe  des  Tages 
nicht  nachweisen.  Zu  einem  ähnlichen  Resultat 
führten  auch  meine  früher  in  Biscra  angestellten 
Beobachtungen.')  Von  den  beiden  erwähnten 
Maximalwerten  abgesehen,  dürften  die  beobach- 
teten Schwankungen  des  Potentialgefälles  wohl 
in  erster  Linie  durch  die  wechselnde  Wind- 
geschwindigkeit bedingt  sein.  Auf  jeden  Fall 
Hess  sich  ein  nachmittägiges  Minimum  nicht 
erkennen,  und  auch  das  vormittägige  Maximum 
war  nicht  so  ausgeprägt  wie  an  andern  Orten. 
Die  tägliche  Kurve  des  Potentialgefälles  nimmt 
also,  von  dem  abendlichen  Sprungmaximum 
abgesehen,  den  Verlauf,  den  sie  nach  Chau- 
veau  an  solchen  Orten  haben  soll,  an  denen 
der  Einfluss  des  Bodens  ausgeschlossen  ist. 

Dass  die  Bildung  der  Ionen  und  damit  die 
Leitfähigkeit  der  Luft  in  hohem  Masse  von  der 
Durchstrahlung  durch  Sonnenlicht  abhängt,  zeigt 
deutlich  die  sowohl  in  Biscra,  als  auch  in  Tou- 
gourt beobachtete  Zunahme  des  Zerstreuungs- 
koeffizienten im  Laufe  des  Tages.  Wenn  das 
Potentialgefalle  trotz  seiner  unleugbar  vorhan- 
denen Abhängigkeit  vom  Zerstreuungsvermögen 
der  Atmosphäre  nicht  genau  den  umgekehrten 
Gang  einschlägt  wie  das  letztere,  so  rührt  das 
daher,  dass  eben  das  Potentialgefalle  auch  noch 
von  anderen  Faktoren  abhängig  ist,  als  von 
dem  Leitvermögen  der  Atmosphäre  am  Beobach- 
tungsorte. So  lassen  sich  die  niedrigen  Werte 
des  Potentialgefälles  vor  Sonnenaufgang  leicht 
durch  das  Herabsinken  gutleitender,  ionenreicher 
Luft  erklären.  Mit  dieser  Erklärung  steht  aber 
das  zu  derselben  Zeit  beobachtete  geringe  Zer- 
streuungsvermögen im  Widerspruch.  Nimmt 
man  aber  an,  dass  nur  in  den  untersten  Schich- 
ten der  Atmosphäre,  in  denen  der  Apparat 
stand,  die  Beweglichkeit  der  Ionen  durch  Staub 
und  Dunst  gehemmt  war,  während  das  Poten- 
tialgefälle noch  stark  beeinflusst  war  durch  den 
Zustand  der  vielleicht  nur  100  m  höher  gelege- 
nen reinen  Schichten,  so  fällt  der  Widerspruch 
meines  Erachtens  weg.  Eine  ähnliche  Erklärung 
wird  noch  zu  suchen  sein  für  die  Thatsache, 
dass  in  Tougourt  das  Potentialgefälle  an  zwei 
Mittagen  auf  den  verhältnismässig  hohen  Wert 
von  1 50  V/m.  stieg,  während  der  Zerstreuungs- 
koeffizient 8,2  Proz.  betrug,  also  ziemlich  nahe 
dem  beobachteten  Maximalwerte  war. 

Am  Meeresstrande,  in  Hammam  el  Lif, 
war,  wie  die  verminderte  Sonnenstrahlung  und 
die  grössere  relative  Feuchtigkeit  vermuten 
Hess,  die  Zerstreuung  geringer  als  in  der  Wüste, 
sie  betrug  im  Mittel  6,5  Proz.  p.  M.,  dement- 
sprechend war  auch  das  Potentialgefälle  höher, 
nämlich  im  Mittel  80  V/m.  Zur  Zeit  des  Sonnen- 
aufganges war  das  Potentialgefälle  sehr  niedrig, 

i)  Met.  Ztschft.  16,  483,  1899. 


2IO 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  10. 


-vV    . 


stets  unter  30  V/m.,  es  stieg  gegen  8a  sehr 
rasch,  schwankte  dann  im  Laufe  des  Tages  je 
nach  der  Intensität  des  Windes  ziemlich  unregel- 
mässig —  das  beobachtete  Maximum  war 
180  V/m.  — ,  um  nach  Sonnenuntergang  wieder 
auf  niedrigere  Werte,  50  V/m.  und  darunter,  zu 
sinken.  Ich  hatte  erwartet,  dass  mit  dem  Ein- 
treten  des  Seewindes  auch  eine  Änderung  im 
Zerstreuungsvermögen  der  Luft  stattfinden  werde, 
doch  liess  sich  nichts  derart  nachweisen. 
Schliesst  man  die  Fälle  aus,  in  denen  die  Heftig- 
keit des  Windes  Messungen  ohne  Schutzcylinder 
unmöglich  machte,  so  schwankte  der  Zerstreu- 
ungskoeffizient überhaupt  nur  zwischen  3,5  und 
8,9Proz.  p.  M.  Der  Minimalwert  3,5  Proz.  wurde 
nur  einmal  und  zwar  nach  Sonnenuntergang 
beobachtet. 

Während  der  Fahrt  auf  dem  Mittelländischen 
Meere  wurden,  ca.  200  Kilometer  vom  Lande 
entfernt,  vormittags  bei  wolkenlosem  Himmel 
und  geringer  Windstärke  Zerstreuungskoeffizien- 
ten von  2 — 3,7  Proz.  gemessen.  Ich  ftihre  diese 
Zahlen  deshalb  an,  weil  Hr.  Elster ')  aus  seinen 
an  verschiedenen  Orten  angestellten  Messungen 
den  Schluss  zieht,  dass  die  Zerstreuung  im 
Innern  der  Kontinente  geringer  sei  als  an  den 
Küsten.  Meine  Beobachtungen  bestätigen  diese 
Folgerung  nicht. 

Eine  auffallende  Erscheinung  trat  in  Hammam 
el  Lif  am  Nachmittage  des  3.  September  ein. 
Während  bei  starkem  SE- Winde  das  Barometer 
rasch  fiel,  stieg  die  Temperatur  von  28,2"  C. 
um  12  p  auf  34,5  um  3  p.  Gleichzeitig  sank 
die  relative  Feuchtigkeit  von  73  auf  27  Proz., 
es  herrschte  also  offenbar  Sirocco.  Das  Poten- 
tialgefälle  betrug  10  a  noch  179  V,m.,  12  a  63 
und  sank  gegen  3  p  unter  30  V/m.  Die  Zer- 
streuung, die  am  Vormittag  7  Proz.  betragen 
hatte,  stieg  nach  2  p  auf  den  höchsten  in  Ham- 
mam el  Lif  beobachteten  Wert  von  9,4  Proz., 
bei  Anwendung  des  Schutzdaches  betrug  sie 
3,2  Proz.  Der  gegen  4  p  stürmisch  werdende  Wind 
verhinderte  die  Fortsetzung  der  Beobachtungen. 

Ein  direkter  Zusammenhang  zwischen  Zer- 
streuungskoeffizient und  Intensität  der  ultra- 
violetten Strahlen  lässt  sich  aus  meinen  Zahlen 
nicht  erkennen,  es  wird  dies  verständlich,  wenn 
man  bedenkt,  dass  die  Intensität  der  Strahlung 
bei  gleicher  Sonnenhöhe  vom  Zustande  der 
gesamten  durchstrahlten  Atmosphäre,  der  Zer- 
streuungskoeffizient aber  u.  a.  vom  Wasser-  und 
Staubgehalt  der  untersten  Luftschichten  ab- 
hängt. Untersuchungen  in  einem  möglichst 
trockenen  und  staubfreien  Ort  werden  vielleicht 
einen  Einblick  in  den  Zusammenhang  der  beiden 
Faktoren  gewähren,  ich  habe  deshalb  in  diesem 
Winter  Beobachtungen    im   Gebirge    begonnen. 

i)  Diese  Ztschft.  2,  114,   1900. 

Frei  bürg,  Schweiz,  Januar   1902. 

(Eingegangen  am  25.  Januar   1902.1 


Übertragung  erregter  Radioaktivität 

Von  E.  RutherfordJ) 


V 


Eine  der  interessantesten  Eigenschaften  der 
radioaktiven  Substanzen,  Thorium  und  Radium, 
ist  ihre  Fähigkeit,  allen  Körpern  in  ihrer  Nach- 
barschaft zeitweilige  „erregte"  Radioaktivität  mit- 
zuteilen. Wenn  ein  stark  negativ  geladener 
Draht  in  ein  geschlossenes  Metallgefäss  ge- 
bracht wird,  welches  Thor  oder  Radium  ent- 
hält, so  ist  die  erregte  Radioaktivität  vollständig 
auf  die  negative  Elektrode  beschränkt.  Ist  der 
Draht  positiv  geladen,  so  bleibt  er  inaktiv,  aber 
die  erregte  Radioaktivität  tritt  an  den  Wänden 
des  Gefasses  auf. 

Wenn  kein  elektrisches  Feld  wirksam  ist, 
so  wird  erregte  Radioaktivität  auf  allen  Sub- 
stanzen in  der  Nachbarschaft  des  radioaktiven 
Materials  hervorgerufen.  Für  eine  gegebene 
Menge  radioaktiver  Substanz  ist  der  Gesamt- 
betrag der  in  einer  bestimmten  Zeit  erzeugten 
Radioaktivität  nicht  sehr  verschieden,  sei  es, 
dass  die  erregte  Radioaktivität  in  einem  elek- 
trischen Felde  auf  der  negativen  Elektrode 
konzentriert  wird,  sei  es,  dass  sie  durch  den 
Prozess  der  Diffusion  über  die  Wände  des  ein- 
schliessenden  Gefasses  verstreut  wird. 

In  früheren  Mitteilungen  hat  der  Verfasser 
die  durch  Thoriumverbindungen  hervorgerufene 
erregte  Radioaktivität  untersucht  und  gezeigt, 
dass  sie  innig  verknüpft  ist  mit  der  Fähigkeit, 
eine  radioaktive  „Ausströmung"  von  sich  zu 
geben. 

Curie  und  Debierne^)  haben  im  einzelnen 
die  erregte  Radioaktivität  untersucht,  die  durch 
sehr  aktive  Proben  von  Radium  hervorgerufen 
wird,  wenn  kein  elektrisches  Feld  angewendet 
wird. 

Dorn^)  fand,  dass  Proben  von  Radium 
(von  P.  De  Haen  in  Hannover  hergestellt)  eine 
ähnliche  Ausströmung  von  sich  gaben,  wie 
Thorium.  Die  erregte  Radioaktivität,  die  von 
Thorium  und  Radium  herrührt,  verschwindet 
mit  der  Zeit.  Für  Thoriumverbindungen  fallt 
die  erregte  Strahlung  in  ungefähr  1 1  Stunden 
auf  ihren  halben  Wert.  Der  Abfall  der  vom 
Radium  erregten  Strahlung  erfolgt  viel  schneller, 
befolgt  aber  kein  einfaches  Gesetz.  Er  ist 
zuerst  schnell  und  weiterhin  viel  langsamer. 
Der  Verfasser  hat  gefunden,  dass  verschiedene 
Proben  von  Radium,  die  er  besitzt,  eine  erregte 
Strahlung  verursachen,  deren  Abfall  in  ganz 
verschiedener  W^eise  erfolgt. 

Auf  der  andern  Seite  verliert  die  Ausströmung 
die  vom  Thorium  ausgeht,  ihr  Strahlungs ver- 
mögen sehr  viel  schneller,  als  diejenige,  die  vom 

I ,  Der    amerikanischen    physik.    Gesellschaft    mitgeteilt 
am  29.  Dez.   1901. 

2)  C.    R.    132,    548,   768,    1901.     Diese    Zeitschrift  2, 
5C0,  513,   1901. 

3)  Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  Halle,  Juni  1900.  (?) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


211 


Radium  ausgeht.  Die  erstere  fällt  in  ungefähr  einer 
Minute  auf  ihren  halben  Wert,  während  die 
letztere  ihr  Strahlungsvermögen  einige  Wochen 
beibehält. 

Die  Ausströmungen  von  Thorium  und  Radium 
verhalten  sich  in  jeder  Beziehung  wie  radioaktive 
Gase  oder  Dämpfe.  Sie  diffundieren  sehr  schnell 
durch  Gase,  durch  poröse  Substanzen,  wie  Papp- 
deckel, und,  im  Gegensatz  zu  den  Gasionen, 
die  sie  auf  ihrem  Wege  erzeugen,  dringen  sie 
durch  Wattepfropfe  hindurch  und  wandern  durch 
Lösungen,  ohne  Absorption  zu  erfahren. 

Der  Verfasser  vertritt  die  Anschauung,  dass 
diese  Ausströmungen  in  gewisser  Weise  die 
direkte  Ursache  der  erregten  Radioaktivität 
sind.  Zur  Stütze  derselben  seien  folgende  That- 
sachen  zusammengestellt: 

1 .  Nur  die  Substanzen,  welche  Ausströmungen 
von  sich  geben,  d.  h.  Thorium-  und  Radium- 
verbindungen, haben  die  Fähigkeit,  erregte 
Radioaktivität  hervorzurufen. 

2.  Wenn  das  Ausströmungs vermögen  von 
Thorium  und  Radium  durch  starkes  Erhitzen 
teilweise  zerstört  wird,  so  nimmt  die  Fähigkeit, 
Radioaktivität  zu  erregen,  in  demselben  Ver- 
hältnisse ab. 

3.  Erregte  Radioaktivität  kann  in  Substanzen 
hervorgerufen  werden, wenn  nur  die  Ausströmung, 
nicht  aber  auch  die  radioaktive  Substanz  zugegen 
ist.  Andererseits  wird  die  Fähigkeit  der  radio- 
aktiven Substanz  selbst, Radioaktivität  zu  erregen, 
durch  einen  Gasstrom  stark  vermindert,  der 
über  sie  hinwegstreicht  und  die  Ausströmung 
mit  sich  fortträgt.  Im  Falle  von  Radium  kann 
die  Ausströmung  in  einem  geschlossenen  Ge- 
fasse  mehrere  Tage  abgesperrt  sein  und  doch 
noch  radioaktive  Erregtheit  erzeugen.  Die 
Strahlungsfähigkeit  der  Thoriumausströmungen 
lässt  zu  schnell  nach,  als  dass  sie  ein  solches 
Experiment  gestattete. 

Die  charakteristische  Eigenschaft  der  er- 
regten Radioaktivität  ist  die,  dass  sie  in  einem 
starken  elektrischen  Felde  auf  die  Kathode  be- 
schränkt werden  kann.  Es  ist  daher  wahr- 
scheinlich, dass  sie  von  einem  Transport  irgend- 
welcher positiv  geladener  „Träger'*  in  dem 
elektrischen  Felde  herrührt. 

Die  Experimente,  die  jetzt  beschrieben 
werden  sollen,  bestätigen  diese  Anschauung 
vollkommen  und  zeigen,  dass  sich  die  Träger 
in  einem  elektrischen  Felde  ungefähr  mit  der- 
selben Geschwindigkeit  bewegen,  wie  das  posi- 
tive Ion. 

Prinzip  der  Methode. 

Die  Methode,  die  zur  Bestimmung  der  Ge- 
schwindigkeit des  Trägers  verwendet  wurde, 
ist  eine  Abänderung  einer  schon  angewendeten 
Methode  zur  Bestimmung  der  Geschwindigkeit 
des  negativen  Ions,  welches  an  der  Oberfläche 
eines  Metalles  durch  ultraviolettes  Licht  hervor- 


gerufen wird.^)  Sie  bedient  sich  eines  wechseln- 
den elektrischen  Feldes.  Eine  gleichgerichtete 
E.  M.  K.  wurde  durch  einen  rotierenden  Kom- 
mutator in  eine  wechselnde  E.  M.  K.  von  be- 
kannter Frequenz  verwandelt.  Wenn  in  dieser 
Weise  ein  wechselndes  Feld  zwischen  zwei 
parallelen  Platten  erzeugt  wird,  zwischen  denen 
eine  radioaktive  Ausströmung  gleichmässig  ver- 
teilt gehalten  wird,  so  werden  gleiche  Beträge 
erregter  Radioaktivität  in  jeder  Elektrode  er- 
zeugt. 

Wenn  hintereinander  mit  einer  wechselnden 
E.  M.  K.  Eq  eine  Batterie  von  der  E.  M.  K.  E^ 
[E^  <^o)  aufgestellt  wird,  so  bewegt  sich  der 
positive  Träger  während  der  einen  Hälfte  des 
Wechsels  in  einem  stärkeren  elektrischen  Felde 
als  während  der  anderen.  Ein  Träger  bewegt 
sich  folglich  während  der  beiden  halben  Wechsel 
um  verschiedene  Strecken,  falls  die  Geschwin- 
digkeit des  Trägers  der  Stärke  des  elektrischen 
Feldes  proportional  ist,  in  dem  er  sich  bewegt. 
Hieraus  folgt,  dass  die  erregte  Radioaktivität 
ungleich  auf  die  beiden  Elektroden  verteilt  sein 
wird.  Wenn  die  Frequenz  des  Wechsels  gross 
genug  ist,  so  werden  die  positiven  Träger  nur 
innerhalb  einer  gewissen  kleinen  Entfernung  von 
einer  Platte  zu  ihr  übergeführt  werden,  der  Rest 
wird  im  Verlaufe  einiger  folgender  Wechsel 
zur  anderen  Platte  getragen. 


7»  - 


£MI9M/frf»0t 


Ljf---^..-H 


I  k 


Seien  A  und  R  (Fig.)  zwei  parallele  Platten, 
die  radioaktiv  gemacht  werden  sollen.  Die 
radioaktive  Ausströmung  zwischen  ihnen  wird 
gleichförmig  verteilt  gehalten. 

Wenn  B  negativ  ist,  sei  die  Potentialdifferenz 
zwischen  den  Platten  E^  —  ^, ,  wenn  A  negativ 
ist,  E^  +  ^1 ;  d  sei  der  Plattenabstand,  T  die 
Zeit  eines  halben  Wechsels;  C  das  Verhältnis 
des  Betrages  der  auf  B  erregten  Radioaktivität 
zu  der  auf  A  und  B  zusammen.  K  sei  die 
Geschwindigkeit  des  positiven  Trägers  für  die 
Einheit  des  Potentialgefälles.  Unter  der  An- 
nahme, das  Feld  zwischen  den  Platten  sei 
gleichförmig,  und  die  Geschwindigkeit  des 
Trägers  sei  proportional  dem  elektrischen  Felde, 
ist  dann  die  Geschwindigkeit  des  positviven 
Trägers  nach  B  hin 

I)  Proc.  Cambr.  Phil.  Soc.  1898. 


212 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


J^  — £\  j^ 
und   wäbrend    des   nächsten    halben    Wechsels 

nach  A  hin. 

Die  grössten  von  einem  positiven  Träger 
während  zweier  aufeinander  folgender  Wechsel 
zurückgelegten  Entfernungen  sind 

.  X,—        ^        Kl  ,    x^—        ^       Ay. 

Wir  wollen  annehmen,  die  positiven  Träger 
entständen  zeitlich  gleichförmig  mit  einem  Be- 
trage von  q  in  der  Sekunde  auf  die  Einheit 
des  Plattenabstandes.  Die  Zahl  der  positiven 
Träger,  die  B  während  eines  vollständigen 
Wechsels  erreichen,  kann  in  zwei  Teile  geteilt 
werden: 

I.  Ein  Teil,  welcher  innerhalb  der  Ent- 
fernung x^  von  B  während  der  Zeit  T  des 
halben  Wechsels  erzeugt  wurde;  er  hat  den 
Betrag  von   Vi-^i  ^  T, 

2)  Alle  diejenigen  Träger,  welche  am  Ende 
des  voraufgegangenen  Wechsels  innerhalb  der 
Entfernung  :r,  von  B  zurückgeblieben  sind. 
Ihr  Betrag  ist 


^'.xr^Jg.T, 

Nun  werden  alle  diejenigen  positiven  Träger, 
die  zwischen  A  und  B  erzeugt  werden  und  B 
nicht  erreichen ,  während  einiger  folgenden 
Wechsel  nach  B  überfuhrt,  vorausgesetzt  dass 
die  Stärke  des  elektrischen  Feldes  die  Gewiss- 
heit giebt,  dass  keine  bemerkenswerte  Wieder- 
vereinigung der  Träger  auf  dieser  Strecke  eintritt. 

Die  Gesamtzahl  der  Träger,  die  während  eines 
ganzen    Wechsels    erzeugt   werden,   ist  2dq  T. 

Das  Verhältnis  q  der  Anzahl  positiver  Träger, 
welche  B  erreichen,  zu  der  Gesamtzahl  ergiebt 
sich  so  zu 

Wenn  man  für  Xi  und  X2  die  Werte  ein- 
setzt, erhält  man 

2  {£,  +  £,)     d^ 
E,{E,-E,)     7-"  ''• 

Bei  den  Experimenten  wurden  die  Werte  von 
^5*0,  £", ,  d'^  und  T  variiert,  und  die  allgemeinen 
Resultate  wurden  in  Übereinstimmung  mit  der 
Gleichung  gefunden. 

Angewendeter  Apparat. 

Für  die  Experimente  mit  Thoriumausströmung 
wurde  eine  dicke  Schicht  von  Thorium  in  eine 
flache  Kupferschachtel  innerhalb  eines  Hart- 
gummikästchens von  1 1  qcm  Grundfläche  und 
3  cm  Tiefe  gelegt,    welches  fest  auf  einen  me- 


tallischen Untergrund  gekittet  war.  Das  Tho- 
rium wurde  völlig  mit  Filtrierpapier  in  zwei 
Lagen  bedeckt,  welches  das  meiste  von  der 
direkten  Strahlung  aufflng,  der  Ausströmung 
aber  den  Durchgang  gestattete.  Der  Apparat 
wurde  durch  einen  Metalldeckel  luftdicht  ge- 
macht, der  ringsum  an  dem  oberen  Rande  des 
Hartgummikästchens  in  Quecksilber  tauchte. 
Beim  Beginn  des  Versuches  wurde  ein  quadra- 
tisches Stück  Aluminiumfolie  auf  das  Papier 
gebracht,  welches  das  Thorium  bedeckte,  eine 
Zinkplatte  oben  auf  das  Hartgummikästchen 
gelegt  und  der  Deckel  in  seine  Lage  gebracht. 
Das  wurde  so  schnell  als  möglich  gemacht,  und 
dann    das  elektrische  Wechselfeld  angewendet. 

Die  Ausströmung  difiundierte  schnell  durch  das 
Papier  und  die  Aluminiumfolie  und  verteilte  sich 
zwischen  den  Platten  in  dem  elektrischen  Felde. 
Nach  einiger  Zeit,  die  zwischen  20  und  90  Minuten 
variierte,  wurde  das  Aluminium  und  das  Zink 
weggenommen  und  ihre  Radioaktivität  auf  dem 
gewöhnlichen  Wege  mit  Hilfe  eines  empfind- 
lichen Quadrantenelektrometers  geprüft.  So 
wurde  das  Verhältnis  der  erregten  Radioaktivität 
auf  den  beiden  exponierten  Platten  bestimmt. 
Dieses  Verhältnis  fand  sich  unabhängig  von 
der  Zeit,  die  man  bis  zur  Prüfung  vergehen 
Hess,  so  dass  die  Radioaktivität  jeder  Platte  in 
demselben  Verhältnis  abnimmt. 

Die  Mengen  von  Thorium,  die  bei  den  Ver- 
suchen verwendet  wurden,  variierten  zwischen 
25  und  100  g.  Der  Betrag  der  erregten  Radio- 
aktivität in  einer  bestimmten  Zeit  schwankte 
mit  der  Menge  des  verwendeten  Thoriums,  aber 
das  Verhältnis  auf  beiden  Platten  wurde  nicht 
davon  berührt. 

Im  Verlaufe  der  Versuche  ergab  sich,  dass 
eine  Platte,  welche  kurze  Zeit  der  Thorium- 
ausströmung ausgesetzt  wurde,  nach  dem  Weg- 
nehmen derselben  noch  einige  Stunden  eine 
allmähliche  Steigerung  seiner  radioaktiven 
Kraft  erfuhr.  Der  Betrag  dieses  Anwachsens 
schwankte  mit  der  Zeitdauer  der  Ausströmungs- 
wirkung, erreichte  aber  bei  kurzen  Wirkungs- 
zeiten den  drei-  oder  vierfachen  Betrag  des 
Anfangswertes.  Für  Wirkungszeiten  von  einigen 
Stunden  ist  die  Erscheinung  nicht  so  ausgeprägt, 
nach  einer  Einwirkung  von  einem  Tage  ist  sie 
nur  schwer  zu  beobachten. 

Derselbe  Apparat  und  die  nämliche  Methode 
wurden  auch  bei  einigen  Radiumexperimenten 
angewendet.  Das  Radium,  welches  ich  besitze, 
strömte  bei  atmosphärischer  Temperatur  sehr 
schwach  aus.  Deshalb  wurde  von  einer  früher 
vom  Verfasser  beobachteten  Erscheinung')  Ge- 
brauch gemacht,  dass  der  Betrag  der  Radium- 
ausströmung mehrere  tausendmal  wächst,  wenn 
man  das  Radium  etwa   bis  zur  Rotglut  erhitzt. 

i)  Diese  Zeitschrift  2,  429,  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


213 


Die  Ausströmung  des  erhitzten  Radiums 
wurde  zunächst  durch  einen  Luftstrom  in  einen 
kleinen  metallischen  Cylinder  überftihrt.  Dann 
wurden  dessen  Öffnungen  geschlossen.  Die  so  ge- 
sammelte Ausströmung  reichte  einige  Tage 
für  die  Versuche  aus.  Beim  Beginn  des  Ver- 
suches wurden  die  beiden  Platten  in  eine  Ebonit- 
schachtel gebracht  und  das  Wechselfeld  ange- 
wendet. Durch  zwei  seitliche  Röhren  an  dem 
Ebonitkästchen  wurde  mit  einem  schwachen 
Luftstrom  ein  kleiner  Betrag  der  Ausströmung 
aus  dem  Cylinder  zwischen  die  Platten  gebracht. 
Dann  wurden  die  seitlichen  Röhren  geschlossen. 
Nach  einer  Exposition  von  etwa  einer  halben 
Stunde  wurde  ein  Luftstrom  durch  die  Schachtel 
getrieben,  um  sie  von  der  Ausströmung  zu 
reinigen.  Die  Platten  wurden  dann  entfernt, 
und  ihre  Radioaktivität  geprüft.  Mit  Rücksicht 
auf  den  anfänglich  schnellen  Abfall  der  vom 
Radium  erregten  Radioaktivität  war  es  schwer, 
befriedigende  Vergleichungen  der  Platten  vor 
Ablauf  von  15  Minuten  zu  machen,  innerhalb 
deren  der  Abfall  langsam  genug  wurde,  um 
eine  exakte  Bestimmung  des  Verhältnisses  zu 
gestatten.  Alle  diese  Versuche  zeigten,  dass 
dieses  Verhältnis  unabhängig  ist  von  der  Zeit- 
dauer, die  man  bis  zur  Untersuchung  hat  ver- 
streichen lassen. 

Ziemlich  die  meisten  Experimente  wurden 
mit  der  Ausströmung  von  Thorium  gemacht. 
Vergleichungen  der  Geschwindigkeit  des  Trägers 
wurden  über  ein  weites  Gebiet  der  Wechselzahl 
und  der  Spannung  ausgedehnt.  Die  allgemeinen 
Ergebnisse  waren  mit  der  oben  entwickelten 
Theorie  in  Übereinstimmung.  Es  fand  sich, 
dass  bei  konstanter  Spannung  der  Wert  von  q 
mit  abnehmender  Wechselzahl  sich  verminderte. 
Bei  konstanter  Wechselzahl  nahm  er  mit  der 
Spannung  zu. 

Obwohl   genügend  hohe  Spannungen  ange- 
wendet wurden,  ergab  sich,  dass  die  gemessenen 
Werte    der    Geschwindigkeit    zu    hoch    waren. 
Dies    rührt   zum  Teil   her  von   der  Wiederver- 
einigung   von    Ionen     zwischen     den    Platten. 
Wenn    eine    E.  M.  K.    angewendet    wird,    die 
nicht   genügt,    die    Ionen    vor    der    Wiederver- 
einigung an  die  Elektroden  zu  führen,  so  wird 
die  erregte  Radioaktivität  sowohl  auf  die  posi- 
tive,   wie    negative  Elektrode   verteilt.     In    der 
Theorie  haben  wir  das  Potentialgefälle  zwischen 
den  Platten  als  gleichförmig  angenommen.     In 
•Wirklichkeit  sind  wir  davon  weit  entfernt,    be- 
sonders,   wenn    die    Ionisation    zwischen     den 
Platten    gross   ist.     Die   Versuche    von    Child 
und    Zeleny    haben    nachgewiesen,    dass    ein 
plötzlicher  Potentialfall  dicht  an  jeder  Elektrode 
vorhanden  ist,  so  dass  das  elektrische  Feld  in 
der   Nähe    der   Platten    grösser  ist,    als    in  der 
Mitte. 

Nach  dem  weiter  unten  hin  entwickelten  Ge- 


sichtspunkte ist  es  auch  möglich,  dass  die  posi- 
tiven Träger  bei  ihrer  Entstehung  eine  grosse 
Anfangsgeschwindigkeit  haben,  die  sie  einen 
kurzen  Weg  durch  das  Gas,  unabhängig  von 
dem  äusseren  elektrischen  Felde,    tragen  kann. 

Aus  diesen  Gründen  erreicht,  wenn  die 
Wechselzahl  sehr  gross  oder  das  elektrische 
Feld  klein  ist,  eine  grössere  Zahl  von  positiven 
Trägern  die  Platte  B,  als  man  nach  der  ein- 
fachen Theorie  erwarten  würde.  Die  berech- 
neten Werte  der  Geschwindigkeit  sind  folglich 
in  diesen  Fällen  zu  gross. 

Die  folgende  Tabelle  ist  ein  Beispiel  für 
einige  Resultate,  die  bei  verschiedenen  Span- 
nungen und  Plattenentfernungen  erhalten  wurden. 

Temperatur  i8^  die  Luft  fast  trocken. 
Plattenabstand   1,30  cm. 


Volt 

£n  —  £y 

Wechselzahl 
in  der  sec 

Q 

AT 

cm/sec 

75 

50 

57 

0,17 

1.6 

152 

lOI 

57 

0,27 

1.25 

225 

150 

57 

0,38 

1.17 

300 

200 

57 

0,44 

1,24 

Der  Wert  von  K  ist  in  cm  sec  für  ein  Po- 
tentialgefälle von  ein  Volt/cm  angegeben. 

Für  das  letzte  Beispiel,  bei  dem  der  Träger 
sich  während  jedes  halben  Feldwechsels  über 
eine  Entfernung  von  mehr  als  1,3  cm  bewegte, 
war  eine  abgeänderte  Form  der  Gleichung  not- 
wendig, um  die  Geschwindigkeit  zu  berechnen. 
Der  Wert  von  1,6  cm/sec  bei  50  Volt  ist 
aus   den  oben   entwickelten  Gründen   zu  hoch. 


£o+£i 


Plattenabstand  2  cm. 

Wechselzahl 
in  der  sec 


^0—^1 


237  207  44  0,37     1,47 

300  2cx>  53  0,286  1,45 

Versuche  über  die  Geschwindigkeit  des 
Trägers  der  vom  Radium  erregten  Radioaktivität 
sind  noch  nicht  vollendet.  Indessen  sind  sie 
weit  genug  vorgeschritten,  um  zu  zeigen,  dass 
die  Wirkungen  einer  Änderung  von  Wechsel- 
zahl und  Spannung  den  beim  Thorium  erhal- 
tenen durchaus  ähnlich  sind.  Der  Wert  der 
Geschwindigkeit  des  Trägers  ist  sicherlich  nicht 
sehr  verschieden  von  dem  beim  Thorium  be- 
obachteten. Die  Ergebnisse  werden  bei  Radium 
verwickelt  durch  eine  Verteilung  der  vom 
Radium  erregten  Aktivität,  welche  immer  an 
der  positiven  Elektrode  in  einem  starken  elek- 
trischen Felde  auftritt,  sobald  die  Ausströmung 
vollständig  von  den  Platten  weggeblasen  wird. 
Es  sind  Versuche  im  Gange,  wenn  möglich, 
die  Ursache  dieser  Wirkung  aufzufinden  und 
sie  aus  den  Experimenten  auszuschalten. 

In  einer  kürzlich  erschienenen  Arbeit  fand 
Zeleny')    die    Geschwindigkeit    des    positiven 

i)  Phil.  Trans.  Roy.  Soc.  19CX>. 


214 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  10. 


Ions  zu  1,36  cm/sec  für  ein  Potentialgefälle 
von  I  Volt/cm  bei  atmosphärischem  Druck  und 
Zimmertemperatur.  Es  scheint,  als  ob  die  Ge- 
schwindigkeit des  positiven  Trägers  der  erregten 
Radioaktivität  dieselbe  oder  wenigstens  keine 
sehr  verschiedene  ist  von  derjenigen  des  posi- 
tiven fons,  welches  durch  Röntgen-  oder  Bec- 
querel-Strahlen  erzeugt  wird. 

Bei  den  vorstehendenVersuchen  haben  wir  die 
Übertragung  der  Radioaktivität  in  einem  elek- 
trischen Felde  betrachtet.  Dieselbe  Entwickelung 
findet  auch  ihre  Anwendung,  wenn  kein  elektri- 
sches Feld  wirkt.  In  diesem  Falle  entsteht  die  er- 
regte Radioaktivität  an  den  Elektroden  durch 
Diffusion  des  Trägers  zu  ihrer  Oberfläche  hin. 
Der  Betrag  von  erregter  Radioaktivität  an  einem 
gegebenen  Körpersystem  wird  also  von  dem 
Betrage  der  radioaktiven  Ausströmung  in  ihrer 
unmittelbaren  Nachbarschaft  abhängen. 

Überlegen  wir,  in  welcher  Weise  der  posi- 
tive Träger  zum  Überführungsmittel  der  erregten 
Strahlung  wird,  so  bieten  sich  zwei  Erklärungen 
dar.  Die  erste  ist  die  in  einer  früheren  Mit- 
teilung aufgestellte  (1.  c),  nämlich,  dass  das 
durch  die  Ausströmung  erregte  positive  Ion  die 
Fähigkeit  hat,  radioaktives  Material  der  Aus- 
strömung an  seiner  Oberfläche  zu  verdichten, 
ähnlich  wie  sich  Wasserdampf  in  einem  feuch- 
ten Gase  an  dem  negativen  Ion  kondensiert. 
Jeder  Träger  würde  so  eine  Spur  von  radio- 
aktiver Substanz  an  die  negative  Elektrode 
tragen.  Die  andere  Erklärung,  die  mir  von 
Professor  J.  J.  Thomson  nahe  gelegt  wurde, 
ist  die,  dass  die  Moleküle  der  Ausströmung 
die  Fähigkeit  haben,  negativ  geladene  „Korpus- 
keln" oder  Elektronen  auszusenden,  ähnlich  wie 
das  Radium  im  festen  Zustande.  Jedes  Mole- 
kül, welches  ein  negatives  Korpuskel  ausgesandt 
hat,  behält  eine  positive  Ladung  zurück  und  wird 
darum    an   die  negative  Elektrode  übergeführt. 

Beide  Erklärungen  würden  genügen,  um  die 
Ablagerung  radioaktiver  Substanz  irgend  welcher 
Art  an  der  negativen  Elektrode  anschaulich 
zu  machen.  Die  Ansicht,  dass  erregte  Radio- 
aktivität durch  eine  strahlende  Substanz  ver- 
ursacht wird,  die  sich  an  Körpern  ablagert,  ist 
bis  zu  einem  hohen  Grade  von  Wahrscheinlichkeit 
bestätigt.  Ich  brauche  nur  zwei  der  zwingend- 
sten Thatsachen  zur  Bestätigung  dieser  An- 
schauung zu  erwähnen.  Bei  der  Untersuchung 
der  vom  Thorium  erregten  Aktivität  habe  ich 
gezeigt  (1.  c),  dass  der  Betrag  der  an  Körpern 
erregten  Radioaktivität  von  der  chemischen 
Natur  der  Substanz  völlig  unabhängig  ist. 
Derselbe  Betrag  wird  auf  Glimmer,  Papier  oder 
Metallen  unter  gleichen  Bedingungen  abgelagert. 
Ich  habe  auch  gezeigt,  dass  die  auf  einem 
Metalle,  z.  B.  Platin,  erregte  Radioaktivität  teil- 
weise in  Säure  gelöst  werden  kann,  und  in  der 
Lösung  zurückbleibt.     Dampft  man  die  Lösung 


trocken  ein,  so  bleibt  die  Radioaktivität  im 
Rückstand.  Hieraus  erhellt,  dass  die  Radio- 
aktivität von  einem  Niederschlag  radioaktiver 
Substanz  herrührt,  welche  ein  bestimmt  defi- 
niertes chemisches  Verhalten  zeigt.  Dieser  An- 
sicht steht  es  nicht  im  Wege,  dass  an  einem 
stark  radioaktiven  Körper  eine  Gewichtsänderung 
nicht  nachgewiesen  werden  kann;  denn  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  ist  die  Strahlungsfahig- 
keit  dieser  Substanz^'für  ein  gegebenes  Gewicht 
ungeheuer  viel  grösser,  als  bei  den  aktivsten 
Proben  von  Radium,  die  man  bisher  herge- 
stellt hat. 

Was  wir  bisher  wissen,  genügt  noch  nicht, 
um  endgültig  zwischen  den  beiden  Anschauungen 
zu  entscheiden,  die  bestimmt  sind,  die  Ent- 
stehungsweise des  positiven  Trägers  zu  ^erklären, 
der  das  Überfuhrungsmittel  ist. 

Die  von  J.  J.  Thomson  angeregte  Elektro- 
nenthorie  scheint  die  einfachste  "^Erklärung  der 
Erscheinungen  zu  sein;  aber  ehe  man  sie  end- 
gültig annimmt,  sind  noch  gewisse  Dissonanzen 
zwischen  Theorie  und  Experiment  aufzulösen. 
Ich  habe  (1.  c.)  gezeigt,  dass  bei  Drucken  von 
der  Grössenordnung  i  mm  Quecksilber  die 
erregte  Radioaktivität  in  einem  elektrischen 
Felde  nicht  auf  die  negative  Elektrode  beschränkt 
ist,  sondern  sich  über  die  ganze  Wand  des 
Gefässes  verteilt.  Nach  der  Elektronentheorie 
würde  die  Radioaktivität  in  einem  starken 
elektrischen  Felde  bei  allen  Drucken  völlig  auf 
die  Kathode  beschränkt  sein.  Bei  den  erwähnten 
Versuchen  war  das  elektrische  Feld  nicht  sehr 
stark,  und  es  ist  möglich,  dass  der  positive 
Träger  eine  hohe  Anfangsgeschwindigkeit  in 
dem  Momente  erhält,  wo  das  Elektron  von 
dem  Molekül  weggeschleudert  wird.  Wenn 
das  Elektron  eine  Anfangsgeschwindigkeit  von 
10"  cm'sec  hat,  würde  dies  bestimmt  der 
Fall  sein.  Trotzdem  das  elektrische  Feld  sehr 
gross  ist,  ist  es  so  möglich,  dass  einige  der 
positiven  Träger  eine  genügend  grosse  Ge- 
schwindigkeit haben,  um  zu  entrinnen  und  an 
die  Anode  zu  gelangen.  Gewisse  Erscheinungen, 
die  man  beobachtet  hat,  unterstützen  diese  Auf- 
fassung. 

Es  sind  jetzt  Versuche  im  Gange,  die  Ver- 
teilung der  Radioaktivität  bei  den  tiefsten 
Drucken,  die  man  erhalten  kann,  im  starken 
elektrischen  Felde  zu  untersuchen.  Ich  hoflTe, 
dass  diese  Experimente  in  die  vorgetragenen 
Anschauungen  noch  mehr  Licht  hineinbringen 
werden. 

Mc  Gill  Universität.    Montreal,   15.  Dez.  1901. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  H.  Th.  Simon.) 

(Eingegangen  am  22.  Januar  1902.) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  10. 


215 


Das  rotierende  Magnetfeld,  eine  verallge- 
meinerte Methode  seiner  Erzeugung  und  das 

„Drehfeld  im  Räume". 

Von  J.  J.  Taudin  Chabot. 

Sind  drei  äquidistante  Stellen  der  Wicklung  des 
rotierenden  Ankers  einer  Gleichstromdynamo  mit 
Wechselpolinduktion  im  einfachen  (sogenannten 
zweipoligen)  Magnetfelde  leitend  verbunden  mit 
drei  ebenfalls  äquidistanten  Teilen  der  Wicklung 
eines  ruhenden  Pacinotti-Grammeschen  Ringes, 
so  resultiert  hier  ein  diametrales,  im  Kreise 
wanderndes  Magnetfeld,  kurz  „Drehfeld"  ge- 
nannt; seine  Winkelgeschwindigkeit,  cö,  ,  ist  gleich 
der  Winkelgeschwindigkeit,  cö,  des  Dynamo- 
ankers :  a}^  ^=  CO . 

In  üblicher  Weise  graphisch  dargestellt, 
zeigen  die  drei  Wechselströme,  deren  Zusam- 
menwirken   das  Drehfeld  erzeugt,    bei  gleichen 

Ott 

Amplituden,  nach  dem  Zeitintervall  —  diffe- 
rierende Phasen  (Abscissen)  und  eine  stets  o 
bleibende  algebraische  Summe  ihrer  Simultan- 
werte (Ordinaten). 

Die  Beziehung  co  =  c»,  enthält  eine  Be- 
schränkung, welche  aber  der  geschilderten  Gene- 
ratoranordnung —  die,  ausser  an  Demonstrations- 
modellen, in  der  Technik  vorkommt  beim  „Kon- 
verter" und  bei  der  „Doppeldynamo"  — 
notwendig  anhaftet.  Es  soll  gezeigt  werden, 
wie  eine  geringe  Modifikation  die  Beschränkung 
aufhebt. 

Nähere  Betrachtung  lehrt  nämlich,  dass  die 
jeweils  momentane  Lage  des  Drehfeldes  am 
ruhenden  Ringe,  dem  „Drehfeldringe",  allgemein 
bedingt  wird,  durch  die  Lage  des  Systems  der 
drei  äquidistanten  Anschlussstellen  an  die  Wick- 
lung des  rotierenden  Ankers  relativ  zum 
„Schenkelfelde"  des  Generators.  Variiert  man 
demnach  die  Lage  des  Systems  der  Anschluss- 
stellen relativ  zum  Felde  und  unabhängig  von 
der  Rotation  des  Ankers,  so  muss  die  Be- 
wegung des  Drehfeldes  synchron  dieser  Varia- 
tion erfolgen.  Findet  einmal  dieselbe  statt  mit 
gleicher  Winkelgeschwindigkeit  wie  die  Drehung 
des  Generatorankers,  so  besteht  Synchronismus 
für  die  Bewegungen  von  Anker  und  Drehfeld, 
tritt  mithin  der  mit  ö>  =  a>,  charakterisierte 
Vorgang  als  Spezialfall  in  die  Erscheinung. 

Zur  Verwirklichung  eignet  sich  in  einfachster 
Weise  eine  Anordnung,  die  an  den  „Kollektor" 
einer  zweipoligen  magnetelektrischen  oder  dyna- 
moelektrischen Maschine  —  oder  aber  eines 
Gleichstrommotors,  welcher  sodann  einen  auto- 
matischen, wellenförmig  kontinuierlich  arbeiten- 
den, verketteten  Mehrfachstromwender  darstellt, 
—  neben  die  erforderlichen  zwei  „Bürsten" 
noch  ein  System  von  drei  Bürsten  im  gemein- 
samen   Halter    120**    auseinander   liegend,    an- 


bringt. Der  Dreibürstenhalter  ist  drehbar  (dem- 
entsprechend fuhren  die  zugehörigen  drei  Leiter- 
verbindungen über  Schleifkontakte),  seine  Be- 
wegung wird  bewirkt  entweder  mit  der  Hand, 
oder  durch  die  Ankerrotation  selbst  und  zwar 
vermittelst  einer  für  beliebige  Übersetzungsver- 
hältnisse einstellbare  Vorrichtung.  Im  letzten 
Falle  kann  man,  indem  der  Generator  oder  der 
automatische  Stromwender  anhaltend  seine  nor- 
male Geschwindigkeit  behält,  durch  blosses 
Handhaben  jener  Vorrichtung,  die  sich  unschwer 
noch  als  „Reversiersteuerung"  durchbilden 
lässt,  jeden,  innerhalb  der  durch  die  jeweilige 
Konstruktion  gegebenen  Grenzen,  möglichen  Ge- 
schwindigkeitsgrad des  Drehfeldes  am  ruhenden 
Drehfeldring  erreichen,  während  dasselbe  in 
voller,  bezw.  in  von  der  Geschwindigkeit  un- 
abhängig veränderlichen  Stärke  fortbesteht. 

Ausser  zu  Zwecken  der  Demonstration  aller 
Erscheinungen  des  Drehfeldes  —  namentlich 
der  Übersichtlichkeit  wegen,  mit  welcher  sie 
die  Wirkung  sowohl  des  synchronen  wie  des 
asynchronen  „Drehstrommotors"  darzulegen  ge- 
stattet — ,  dürfte  die  Anordnung  auch  zu  La- 
boratoriumsarbeiten, nicht  nucr  über  Drehfeld- 
erscheinungen, sondern  überall  dort  wo  in  weiten 
Grenzen  leicht  regulierbare  Geschwindigkeiten 
benötigt  sind,  sich  bequem  erweisen.  Nach 
demselben  Prinzip  technisch  brauchbare  lang- 
sam laufende  Elektromotoren  kleinster  Dimen- 
sionen, ohne  Kollektor  oder  Schleifringe,  zu 
konstruieren,  kann  wohl  nur  für  besondere  Fälle 
in  Frage  kommen,  wobei  stets  zu  bedenken 
bleibt,  dass  die  als  Generatrix  funktionierende 
Maschine  (mit  dem  rotierenden|  Dreibürsten- 
halter) grösser  sein  soll  als  der  Konsumptor 
(der  Apparat,  welcher  die  elektrische  Energie 
verbraucht,  im  Drehfelde  mechanische  ab- 
gebend), um  das  Eintreten  einer  mit  der  Ro- 
tation des  Dreibürstensystems  merklich  schwan- 
kenden Belastung  ^der  Antriebsmaschine  des 
Generators  zu  vermeiden. 

Ferner  bietet  sich  hier  die  Möglichkeit  einer 
instruktiven  Vorführung  der  Übertragung  von 
Zeigerstellungen  vermittelst  Ströme  sinusoidal 
schwankender  Intensitäten  mit  unveränderlich 
äquidistanten  (120^*)  Phasen,  wozu  der  sodann 
„von  Hand  bethätigte"  Dreibürstenhalter  als 
,, Sender",  ein  polarisierter  Anker  im  Drehfeld- 
ring in  Verbindung  mit  einem  Zeiger  als  „Em- 
pfänger" funktioniert.  (Die  schon  bekannte, 
den  gleichen  Zweck  verfolgende  Anordnung  der 
Stromverteilung  durch  zwei  diametrale  Kontakte 
gefuhrt  neben  einen  kreisförmigen  Widerstand, 
an  welchen  in  Bogendistanzen  von  120"  die 
drei  Leitungen  angeschlossen  sind,  zeigt  not- 
wendig der  hier  beschriebenen  gegenüber  die 
Eigentümlichkeit,  dass  die  Phasendifferenzen 
nicht  konstant  sind,  sondern  variabel,  und  zwar 
als    Funktion     des    Winkels    der    veränderten 


2l6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  10. 


Orientierung,  infolgedessen  die  Bewegung  am 
Empfänger  nicht  streng  synchron  derjenigen 
am  Sender  stattfindet,  sondern  um  einen  mittleren 
Synchronismus  pendelnd. 

Dass  schliesslich,  wenn  man  zwei  oder  drei 
Drehfeldringe  rechtwinklig  gekreuzt  kombiniert, 
das  Drehfeld  nach  Baily*)  und  Ferraris*)  aus  i 
einem  Drehfeld  in  der  Ebene  sich  erweitert  zu 
einem  „Drehfeld  im  Räume",  welches  bei  ent- 
sprechender Senderanordnung  in  jede  denkbare 
Raumlage  —  wie  sie  eine  im  Felde  Cardanisch 
gelagerte  Magnetnadel  kennbar  macht  —  ge- 
bracht werden  kann,  sei  zur  Vervollständigung 
hervorgehoben.  Möglicherweise  könnte  auf 
diesem  Wege  ein  Beitrag  gewonnen  werden  zur 
Veranschaulichung  gewisser  kosmisch-magne- 
tischer, erdmagnetischer,  vielleicht  auch  mole- 
kular-mechanischer Verhältnisse  und  Vorgänge. 

Ein  Modell  zum  „Drehfeld  im  Räume"  ent- 
steht wie  folgt:  „Sender"  und  „Empfänger" 
sind  gleich  gestaltet,  —  eventuell  nur  jener 
grösser  als  dieser,  —  und  zwar  in  der  Weise, 
dass  man  um  eine  Kugel  aus  Holz  (passend 
unterteilt    zum    ^äteren    Herausnehmen)    oder 

i)  Walter  Baily,  Phil.  Mag.  46,  286,  1879.  (Veröffent- 
licht durch  die  Physical  Society,  nach  dem  Vortrag  in  der 
Sitzung  vom  28.  Juni  1879.  Communicated  by  the  Physical 
Society,  havitg  beeu  read  at  the  meeting  on  June  28.) 

2)  Galileo  Ferraris,  Atti  d.  R.  Ac.  d.  Sc.  d.  Torino 
28,  360,  1888. 


Gips  (welcher  nachträglich  herausgemeisselt 
wird)  in  vorgedrehten  Nuten,  nach  zwei  oder 
drei  sich  rechtwinklig  schneidenden  grössten 
Kreisen  einige  Lagen  Eisendraht  aufwickelt,  ab- 
wechselnd zu  jedem  Ring  eine  Lage.  Das 
nach  dem  Herausnehmen  der  Kugel  sich  er- 
gebende käfigartige  Gebilde  wird  in  seinen 
einzelnen  Teilen,  wie  der  Pacinotti-Gramme- 
sche  Ring,  mit  isoliertem  Kupferdraht  bewickelt. 
Der  „Sender"  erhält  sodann  in  diesem  Kugel- 
raum einen  konzentrisch  und  Cardanisch  ge- 
lagerten entsprechend  kräftigen  Elektromagnet, 
der  „Empfanger"  einen  ebenso  allseitig  beweg- 
lichen (Cardanisch  gelagerten  oder  in  Flüssig- 
keit schwebenden)  leichten  Zeiger  aus  weichem 
Eisen,  eventuell  mit  ,, Kurzschlusswicklung". 
Wird  nun  der  Elektromagnet  am  Sender  mit 
Einphasenwechselstrom  erregt,  so  resultiert,  bei 
passender  Leiterverbindung  (5  bis  6  Drähte) 
zwischen  Sender  und  Empfänger,  am  Empfän- 
ger ein  eben  solches,  einfaches  (zweipoliges) 
Wechselfeld:  der  dortige  Zeiger  nimmt  eine 
feste  Lage  ein  und  ändert  diese  nur  mehr, 
wenn  der  mit  Wechselstrom  erregte  Elektro- 
magnet des  Senders  —  etwa,  indem  man  ihn 
mit  der  Hand  bewegt  —  seine  Orientierung 
im  Räume  verändert. 

Degerloch  (Wttbg.),   13.  Januar  1902. 

(Eingegangen  23.  Januar  1902.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  7^  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


M.  Möller  (Braunschweig),  Dreh-  und  Cen-' 
tralsch wingung  in  Beziehung  zu  Magnetismus 
und  Elektrizität.  *) 

Maxwell  führte  die  Fernwirkung  elektri- 
scher und  magnetischer  Kräfte  auf  einen  Zwangs- 
zustand im  Zwischenmittel  zurück,  die  Wirkung 
des  Magnetismus  insbesondere  auf  Drehung 
der  Teilchen.  Der  Vortragende  weist  nun 
auf  den  Unterschied  einer  Drehung  um  den 
Schwerpunkt  (Rotation)  und  einer  Drehung 
um  einen  anderen  Punkt  (Drehschwingung)  hin. 
An  einem  Gestell  mit  Pendeln  wurden  Eigen- 
schaften der  Drehschwingung  gezeigt  und  ist 
dargethan,  dass  sich  Drehschwingungen  leicht 
in  die  Ferne  leiten  lassen,  nicht  aber  Rotationen 
von  Teilchen.  Sodann  wurden  an  Konstruktions- 
Zeichnungen  und  Modellen  die  bei  Ausbreitung 
von  Drehschwingung  im  Raum  sich  ergebenden 
statischen  und  dynamischen  Kraftwirkungen  er- 
läutert, welche  sich  einstellen  müssen,  wenn 
Drehschwingung  von  der  Oberfläche  eines 
Leiters,  z.  B.  eines  Rohres  oder  eines  Drahtes, 

l)  Abteilung  2,  25.  September  1901. 


ausgeht.  Anziehende  und  abstossende  Kräfte 
folgen  dann  aus  den  Spannungsunterschieden 
des  Zwischenmittels. 

Ein  Studium  dieser  Vorgänge  setzt  Unter- 
suchungen über  die  Wirkung  radial  zu  einem 
Centrum  gerichteter  Schwingungen  voraus, 
welche  der  Vortragende  Centralschwingungen 
nennt.  Die  von  der  Oberfläche  des  das  Centrum 
bildenden  Körpers  ausgehenden  Wellenberge 
wirken  wie  Kolben,  welche  Masse  vor  sich 
herschieben  und  allmählich  durch  Expansion 
ein  Vakuum  erzeugen,  dessen  Tiefe  in  Nähe 
der  konvexen  Oberfläche  am  grössten  ist.  Der 
statische  Druck  nimmt  dann  vom  Centrum  aus 
nach  aussen  zu.  Alsdann  verändern  sich  die 
vom  Centrum  ausgesandten  Wellen,  welchen 
radiale  Schwingung  zu  Grunde  lieg^;  sie  ver- 
wandeln sich  allmählich  in  stehende  Wellen  und 
senden  dabei  keine  Energie  mehr  in  den  Raum 
hinein.  Dieser  ist  für  die  Energie  jener  Be- 
wegungsform radialer  Schwingung  dann  ge- 
sättigt; er  wirkt  von  nun  an  wie  ein  Isolator. 
Das  ist  eine  Eigenschaft,  welche  diese  stehenden 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   10. 


217 


Wellen  radialer  Schwingung  mit  statischer  Elek- 
trizität gemein  haben. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  lo.  Oktober  1901.) 


Leo  Grunmach  (Berlin),  Experimentelle  Be- 
stimmung der  Oberflächenspannung  flüssiger 
Luft.  1) 

In  einer  früheren  Abhandlung,  welche  der  Ber- 
liner Akademie  vorgelegt  worden  ist  ^),  habe  ich 
gezeigt,  in  welcher  Weise  man  die  Oberflächen- 
spannung kondensierter  Gase  bei  Anwendung 
der  Kapillarwellenmethode  bequem  und  sicher 
messen  kann,  und  sie  auch  bereits  für  einige 
kondensierte  Gase  bestimmt.  Inzwischen  habe 
ich  meine  Untersuchungen  auf  andere  konden- 
sierte Gase  ausgedehnt,  insbesondere  zahlreiche 
Messungen  an  flüssiger  Luft  ausgeführt,  deren 
Mitteilung  den  Gegenstand  des  vorliegenden 
Aufsatzes  bilden  soll.  ^) 

Die  Versuchsanordnung  und  Beobachtungs- 
methode war  dieselbe  wie  bei  meinen  früheren 
Versuchen.  *)  Die  flüssige  Luft  wurde  unmittel- 
bar vor  dem  Beginn  der  Messungen  aus  den 
zur  Aufbewahrung  dienenden  doppelwandigen 
versilberten  DewarschenSammelgefässen  durch 
Filter  in  ebensolche  halbkugelformigeDe  war  sehe 
Gefasse  hineinfiltriert.  Diese  ruhten  möglichst 
erschütterungsfrei  auf  einem  Dreifusse,  welcher 
durch  einen  in  der  Grundplatte  des  Stimmgabel- 
stativs befindlichen  kreisförmigen  Ausschnitt 
hindurchragend,  also  unabhängig  vom  Stimm- 
gabelstativ, fest  aufgestellt  war.  Die  Gefässe 
sind  ebenso  wie  die  Stimmgabelspitzen  auf  das 
sorgfaltigste  rein  zu  halten. 

Da  die  flüssige  Luft  sich  in  ihrer  chemischen 
Zusammensetzung  bekanntlich  mit  der  Zeit  stark 
ändert  und  zwar  bei  offenem  Stehen  wegen  des 
leichtem  und  schnellern  Verdampfens  des  Stick- 
stoffs immer  sauerstofifreicher  wird,  so  wurde, 
um  einen  etwaigen  Einfluss  des  SauerstoflTgehalts 
auf  die  Oberflächenspannung  festzustellen,  mit 
flüssiger  Luft  von  verschiedenem  Sauerstoff- 
gehalt  gearbeitet  und  letzterer  bei  jeder  Be- 
obachtungsreihe auf  gasanalytischem  Wege  be- 
stimmt.    Diese  Bestimmungen   geschahen   nach 


1)  Abteilung  2,  25.  September  1901  (erschienen  in  den 
Kerl.  Ber.  25.  Juli  1901,  S.  914^. 

2)  L.  Grunmach,  Berl.  Berichte   1900,  S.  829. 

3)  Diese  Versuche  sind  von  mir  ausgeführt  worden  in 
der  „Centralstelle  für  wissenschaftliche  und  technische  Unter- 
suchungen** zu  Neubabelsberg.  Ich  benutze  gern  die  Gelegen- 
heit, dem  ersten  Direktor  derselben,  Herrn  Prof.  Dr.  Will, 
für  das  gefallige  Entgegenkommen,  mit  welchem  er  mir  das 
Laboratorium  dieses  Instituts  fiir  meine  Versuche  zur  Ver- 
fügung gestellt  hat,  auch  an  dieser  Stelle  meinen  verbind- 
lichsten Dank  auszusprechen. 

4')  L.  Grunmach,  Berl.  Berichte  1900,  S.  832.  Ferner: 
Verhandl.  der  Deutschen  Physik.  Gesellsch.,  I.  Jahrg.,  1,  17, 
1899      Ann.  d.  Phys.  3,  660  f.,  1900. 


einer  von  Herrn  W.  HempeP)  ausgebildeten 
Absorptionsmethode,  welche  auf  der  Thatsache 
beruht,  dass  eine  rasche  und  vollständige  Sauer- 
stoffabsorption  stattfindet,  ohne  dass  nebenbei 
irgend  welche  andere  Gasentwickelung  erfolgt, 
wenn  man  das  SauerstofTgas  mit  metallischem 
Kupfer  (in  Form  von  Drahtbündeln  oder  kleinen 
Röllchen  von  Drahtnetz)  und  einer  Lösung  zu- 
sammenbringt, welche  zu  gleichen  Teilen  aus 
einer  gesättigten  Lösung  von  kohlensaurem 
Ammoniak  und  einer  einfach  verdünnten  Am- 
moniaklösung vom  spezifischen  Gewicht  0,93 
besteht.  Eine  kleine  Probe  der  zu  untersuchen- 
den flüssigen  Luft  wurde  mittels  eines  Löffel- 
chens  möglichst  rasch  unter  eine  in  einem 
grossen  Wasserbehälter  befindliche  mit  Wasser 
gefüllte  Glasglocke  gebracht,  wo  sie  natürlich 
sofort  verdampfte.  Nachdem  sie  die  Tempe- 
ratur der  umgebenden  Wassermasse  ange- 
nommen, wurde  mittels  einer  Winklerschen 
Gasbürette  ein  genau  abgemessenes  Volumen 
dieser  Luft  (am  bequemsten  100  ccm)  in  die 
das  Reagens  enthaltende  Absorptionspipette 
geleitet,  wo  sie  etwa  fünf  Minuten  verblieb. 
Nach  dieser  Zeit  ist  eine  vollständige  Absorp- 
tion des  Sauerstoffs  erfolgt,  und  man  bestimmt 
den  Sauerstoffgehalt  aus  dem  Volumen  des 
übriggebliebenen  in  die  Gasbürette  zurückgelei- 
teten Stickstoffs.^) 

Bezüglich  der  Erregung  der  Kapillarwellen 
auf  flüssiger  Luft  möchte  ich  besonders  darauf 
aufmerksam  machen,  dass  man,  um  stets  sicher 
messbare  Kapillarwellen  zu  erhalten,  die  Stimm- 
gabelspitzen nicht  tief,  sondern  nur  eben 
in  die  Flüssigkeit  eintauchen  lassen  und 
die  Stimmgabel  nur  durch  sanftes  Anschlagen 
erregen  darf;  dann,  aber  auch  nur  dann,  treten 
sie  mit  einer  Schärfe  und  Konstanz  auf,  wie 
man  sie  schöner  kaum  bei  reinem  Quecksilber 
erhält.  Bei  tieferem  Eintauchen  dagegen  treten, 
auch  ohne  besondere  Erregung  der  Stimmgabel, 
merkwürdige  Bewegungen  der  Flüssigkeitsober- 
fläche auf,  welche  die  Ausbildung  feststehender 
Interferenzwellen  stören,  so  dass  man  letztere 
wohl  durch  eine  photographische  Momentauf- 
nahme fixieren,  aber  nur  sehr  unsicher  mit  dem 
Mikrometermikroskop   messend  verfolgen  kann. 

Es  sollen  die  Ergebnisse  von  acht  Beobach- 
tungsreihen, die  mit  flüssiger  Luft  von  ver- 
schiedenem Sauerstoffgehalt  angestellt  worden 
sind,  mitgeteilt  werden.  Während  einer  jeden 
Messungsreihe  wurde  eine  Probe  der  jeweilig 
untersuchten  flüssigen  Luft  entnommen  und 
deren    Sauerstoffgehalt   gasanalytisch    ermittelt. 

1)  Walter  Hempel,  Gasanalytische  Methoden, III.  Aufl., 
S.   143,  1900. 

2)  Die  Mehrzahl  der  SauerstoflTbestimraungen  war  Herr 
Dr.  Helmuth  von  öttingen  so  gefallig  auszuführen.  Ich 
spreche  ihm  sowie  Herrn  Dr.  Kntipffer  für  die  mir  gewährte 
Unterstützung  meinen  besten  Dank  aus. 


2l8 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   10. 


Vor  und  nach  jeder  Beobachtungsreihe  der 
Wellenlängen  wurde  mit  dem  Mikrometermikro- 
skop die  Entfernung  der  Stimmgabelspitzen 
ausgemessen  und  diese  andererseits  mittels  des 
Horizontalkomparators  auf  das  genaueste  zu 
2,0402  cm  bestimmt.  Die  Siedetemperatur  der 
flüssigen  Luft  wurde  mittels  des  der  Physika- 
lisch-Technischen Reichsanstalt  gehörigen,  von 
C.Richter  in  Berlin  aus  Jenaer  Glas  59"^  ver- 
fertigten Petroleumäther-Thermometers  Nr.  39 
gemessen  und  im  Mittel  — 190,3^0.  gefunden. 
Die  Oberflächenspannung  «  berechnet  sich  aus 
der  Gleichung 


SauerstoflTgehalt    Spezifische      Oberflächen-      Siedetemperatur 

Kohäsion  Spannung  im  Mittel 


a 


2jt 


in  welcher  k  die  Wellenlänge,  0  die  Dichte 
und  n  die  Schwingungszahl  bedeutet.  Für  die 
benutzte  Stimmgabel  P.  T.  R.  IL  38  ist  nach 
der  von  der  Physikalisch-Technischen  Reichs- 
anstalt ausgeführten  Prüfung 

^t  =  253,13  —  0,02s  (/  —  19,1«). 

Dichtebestimmungen  habe  ich  an  drei  Proben 
flüssiger  Luft  mittels  der  Mohrschen  Wage 
ausgeführt  und  gefunden  für 

1.  frisch  hergestellte  flüssige  Luft  vom  Sauer- 
stoffgehalt  49,9  Prozent,  die  Dichte  0,984, 

2.  für  flüssige  Luft,  die  einige  Stunden  offen 
gestanden,  vom  SauerstofTgehalt  60,2  Pro- 
zent, die  Dichte  1,015, 

3.  für  flüssige  Luft,  durch  die  i  Stunde  lang 
Druckluft  hindurchgejagt  worden  war,  vom 
Sauerstoffgehalt  67,6  Prozent,  die  Dichte 
1,042.') 

Ich  gehe  nunmehr  zur  Mitteilung  der  Be- 
obachtungen der  einzelnen  Versuchsreihen  über: 
(siehe  die  Tabelle  auf  der  nächsten  Seite). 

Der  Barometerstand  und  die  relative  Feuch- 
tigkeit waren  im  Mittel  bei  den  Versuchsreihen 

I— IV:  V— VI: 

763,2  mm  und  27  Proz.     763,5  mm  und  31  Proz. 

VII— VIII: 
762,4  mm  und  40  Proz. 

Ordnet  man  die  spezifischen  Kohäsionen  und 
die  Oberflächenspannungen  nach  dem  Sauerstoff*- 
gehalt  der  flüssigen  Luft,  so  erhält  man  folgende 
Zusammenstellung : 


it    Diese  Werte    stimmen    verhältnismässig    gut    iibcrcin 
mit    Dichtebestimraungen     der   Herren    A.   La  den  bürg    und 
(".  Krüge  1.,     (Her.    d.    deutsch,  ehem.  Gesellsch.   82,  1,46, 
1899 1,  welche  für 
flüssige  Luft  vom  SauerstofTgehalt  53,83  ^  ^  die  Dichte  0,095 1 

n  n  n  „  64,2        „       „  „        I,029 

>)  11        ji  '1  93i^     11     "  "      i.iiz 

gefunden  haben.  Für  die  sauerstoft'reichere  (mehr  als  67,6  Prozent 
Sauerstoff  enthaltende)  flüssige  Luft  habe  ich  diese  Zahlen  in 
Verbindung  mit  den  nieinigen  zur  Berechnung  der  Dichte  ver- 
wertet. 


3 

49,9  "/o 

23,60 

1 1,61  d3men/ciD 

—  I90,3»C. 

63,9 

23,12 

11,89        „ 

65.3 

23,30 

12,05        .. 

66,8 

22,92 

11.90        „ 

67,6 

22,86 

II. 91         .. 

74.4 

22,94 

12,23        ., 

76,45 

23,30 

12,51         „ 

7^,7 

23.50 

1 2,63         „ 

Demgemäss  scheint  die  spezifische  Kohäsion 
der  flüssigen  Luft  innerhalb  der  beobachteten 
Grenzen  unabhängig  von  deren  SauerstofTgehalt 
zu  sein  und  im  Mittel  den  Wert  23,2  zu  be- 
sitzen, welcher  sich  als  Mittel  aus  den  vor- 
stehenden  Werten  ergiebt;  naturgemäss  muss 
dann  die  Oberflächenspannung  der  flüssigen 
Luft  mit  wachsendem  SauerstofTgehalt  zunehmen, 
wie  auch  aus  der  Zusammenstellung  ersicht- 
lich ist.') 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  28.  September  1901.). 

Diskussion. 

(Von  den  Beteiligten  durchgesehen.) 

Wachsmuth  (Rostock).  Wenn  man  die 
Spitze  tiefer  eintaucht,  so  kann  man  nicht 
klare  Wellenbewegungen  erwarten.  Denn  die 
im  Innern  der  Flüssigkeit  erregten  Bewegungen 
pflanzen  sich  an  die  Oberfläche  fort  und  stören 
dort  die  reinen  Oberflächen-Erscheinungen. 

V.  Oettingen  (Leipzig).  Entsteht  denn 
kein  Kochen  der  Luft  in  dem  Moment,  wenn 
man  die  Spitze  eintaucht? 

Grunmach.  Wenn  man  die  Spitzen  nur 
eben  die  Oberfläche  der  flüssigen  Luft  berühren 
lässt,  dann  tritt  kein  Kochen  ein;  wenn  man 
sie  aber  tiefer  eintaucht,  dann  sofort.  Femer 
ist  darauf  zu  achten,  dass  die  Spitzen,  ebenso 
wie  das  Dewarsche  Gefäss  absolut  rein  sind. 
Wenn  an  einer  Stelle  des  De  war  sehen  Ge- 
fässes  auch  nur  ein  Stäubchen  sich  befindet,  so 
strömen  von  demselben  unaufhörlich  Blasen  auf, 
welche  die  Beobachtung  ausserordentlich  stören. 
Bei  anderen  Flüssigkeiten,  gewöhnlichen  wie 
kondensierten  (wenigstens  den  leichter  konden- 
sierbaren), können  die  Spitzen  mehrere  Milli- 
meter tief  eingetaucht  werden,  ohne  dass  die 
Kapillarwellen  in  ihrer  Schärfe  durch  Strö- 
mungen aus  dem  Innern  getrübt  werden. 

i)  Während  der  Drucklegung  dieses  Aufsatzes  finde  ich  in 
der  Litteratur,  dass  Herr  james  Dewar  aus  Messungen  kapil- 
larer Steighöhen  ( Nnture,  1653,  243,  4.  Juli  1901)  für  das 
Verhältnis  der  Oberflächenspannungen  des  Wassers  und  der 
flüssigen  Luft  den  Wert  15,2  :  2  ermittelt,  femer,  dass  Herr 
(  arl  Forch  (Physik.  Zeitschr.  1,  177,  1900)  als  vor- 
läufigen Wert  der  Oberflächenspannung  flüssiger  Luft  von 
der  Dichte  l,i  (ebenfalls  nach  Messungen  kapillarer  Steig- 
höhen) 1,2  bis  1,3  mg/mm  mitteilt. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  10. 


219 


Mittlere  Temperatur  der  flüssigen  Luft:  —  190,3^  C. 


Nr.  der 

Vcr- 

snchs- 

reihe 


SauerstofT-  . 

in  Pro.       Dichte  o    .^«^^^P«' 

rentcn  |»°  ^J^'^" 

I  meter- 

der  Aussigen  Luft         partes 


Spitzen-  Mittl.  halbe 


II. 


639 


66.8 


III. 


IV. 


V. 


744 


76.7 


65.3 


VI. 


76.45 


vn. 


VIII. 


49-9 


67.6 


WeUenl.    - 

2 

i.  Mikrom.- 
partes 


1.039 


1.066 


1.075 


1.034 


0.984 


1.028         1470.9 


1471.1 


1463.5 


1.074      I   1461.7 


»4455 


1.042         1449- 1 


I 


Mittlere     Schwing-   :  Spezifische  Oberflich.- 

Temp.   /  ungszahl/n/ iKohäsiond.  Spannung  d.|      Bemerkungen  über  die 
d.  Stimm-  der  Stimm-  flüssig.  Luft  flüssig.  Luft'    Herstellung  der  flüssigen 
gabel   in  gabel  bei  d.  «U*  a^   |  Luft 

oc.       Temperat  /   ^  '^  ' n        ^^    2     \ 


37-6 


24 


"467.45  I      37.4 


23 


37.5 


22 


1465.0    I      37.65 


37.5 


37-45 


23.05 


20,8 


20,6 


37.2 


36.9 


21.7 


22.7 


253.01 


253.03 


253.06 


253.04 


253.09 


253.09 


253.06 


25304 


23.12 


22.92 


22.94 


23.50 


2330 


23.30 


23.60 


22.86 


11.89  Die  Luft  war  Tags  vorher 
verflüssigt  und  in  einer  D  e  - 
war  sehen  Flasche  aufbe- 
wahrt worden. 

11.90  Die  Luft  war  Tags  vorher 
verflüssigt  und  in  einer  D  e  - 

I  war  sehen  Flasche  aufbe- 
I     wahrt  worden. 

12.23  I  Die  Luft  war  Tags  vorher 
verflüssigt  und  in  einer  D  e- 
1  wqrschen  Flasche  aufbe- 
wahrt worden. 

12.63  Die  Luft  war  Tags  vorher 
I  verflüssigt  und  in  einer  D  e  - 
warschen  Flasche  aufbe- 
»     wahrt  worden. 

12.05  I  Die  Luft  war  2  Tage  vor 
den  Beobachtungen  ver- 
flüssigt und  in  einer  De- 
war  sehen  Flasche  mit 
engem  Hals  aufbewahrt 
worden. 

12.51  I  Wie  vorher;  nur  wurde  die 
flüssige  Luft  vor  den  Mess- 
ungen in  eine  weite  Por- 
zellanschale gegossen  und 
und  blieb  in  derselben,  um 
den  Stickstoff  schneller 
fortzuschaffen ,  etwa  eine 
halbe  Stunde  offen  stehen. 
Vor  der  Messung  wurde  sie 
natürlich,  wie  immer,  fil- 
triert. 

11.61  Die  flüssige  Luft  war  un- 
mittelbar vor  Beginn  der 
Messungen  hergestellt  wor- 
den, 

lf.91  Die  flüssige  Luft  war  einige 
Stunden  vor  Beginn  der 
Messungen  hergestellt  wor- 
den. Um  sie  schneller  vom 
Stickstofl'zu  befreien,  wurde 
Druckluft  etwa  eine  Stunde 
lang  durch  die  flüssige  Luft 
hindurchgejagt. 


O.  Lummer  (Charlottenburg),  Ein  Photometer 
zur    Messung    der    Helligkeit  benachbarter 
Teile  einer  Fläche  (Interferenz-Photo-  und 
Pyrometer).  *) 
Bei    allen   mir  bekannten   Photometern   und 
den  auf  photometrischen  Prinzipien  beruhenden 
Pyrometern  liegt  das  photometrische  Kriterium 
imEndlichen.     Durch  welche  Hilfsmittel  man 
auch  die  zu  messende  Strahlungsquelle  zur  Er- 
leuchtung der  Photometerfelder  zwingt,  ob  durch 
Anwendung  diffus  reflektierender  Flächen,  Matt- 
scheiben oder  geeigneter  Linsenkombinationen, 
stets  befinden  sich  die  Photometerfelder  selbst 
in  der  deutlichen  Sehweite  bez.  bei  Benutzung 
einer  Lupe  innerhalb  deren  Brennweite. 

i)  Abteilung  2,  23.  Septbr.  1901. 


Abweichend  hiervon  verhält  sich  das  neue 
Photometer,  bei  welchem  das  photometrische 
Kriterium  theoretisch  im  Unendlichen, 
praktisch  auf  dem  zu  messenden  Objekte 
gelegen  ist.  Infolge  dieser  Eigenschaft  bietet 
das  neue  Instrument,  wie  wir  sehen  werden,  die 
Möglichkeit,  ohne  Anwendung  irgend  welcher 
Linsen  die  Helligkeitsverteilung  im  Räume 
zu  bestimmen  und  auch  sehr  nahe  benach- 
barte Teile  einer  diffus  leuchtenden  Fläche  in 
Bezug  auf  ihre  Helligkeit,  Intensität  oder  Tem- 
peratur miteinander  zu  vergleichen.  Gleichzeitig 
gestattet  das  neue  Prinzip  die  Messung  der 
Temperatur  kleiner,  anvisierter,  selbstleuchten- 
der fester  Körper,  gleichtemperierter  Hohlräume, 
von  Hochöfen  etc.  zu  bestimmen   und   zwar  in 


220 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   lO. 


besonders  einfacher  Weise  unter  Benutzung  einer 
Hefnerlampe,  einer  Petroleumlampe  oder  einer 
Benzinkerze  als  Vergleichslichtquelle. 

Das  photometrische  Kriterium.  Als 
photometrisches  Kriterium  werden  die  sogenann- 
ten Hers  che  Ischen  Interferenzstreifen  an  der 
Grenze  der  totalen  Reflexion  verwendet,  welche 
entstehen,  wenn  man  zwei  rechtwinklige  Pris- 
men mit  ihren  Hypotenusenflächen  aufeinander- 
legt und  längs  der  totalreflektierten  Strahlen  nach 
einer  diflus  leuchtenden  Fläche  oder  matten 
Scheibe  blickt.  Da  diese  Interferenzstreifen  im 
durchgehenden  und  reflektierten  Lichte  zu  einan- 
der komplementär  sind,  so  müssen  sie  ver- 
schwinden, wenn  die  beiden  diffusen  Flächen 
von  gleicher  Helligkeit  sind.  Es  stellt  daher 
der  mit  Mattscheiben  versehene  Würfel  eine  der 
vielen,  möglichen  Formen  eines  „idealen"  Fett- 
fleckes dar,  welche  Brodhun')  und  ich  in  un- 
serer ersten  grösseren  photometrischen  Arbeit 
anführen.  Dort  haben  wir  auch  erwähnt,  dass 
diese  spezielle  Würfelform  von  Fuchs *^)  schon 
im  Jahre  1880  als  pliotometrisches  Prinzip  vor- 
geschlagen worden  ist,  ohne  irgend  welche  Be- 
achtung gefunden  zu  haben.  Durch  zahlreiche 
Einstellungen  überzeugten  wir  uns  jedoch,  dass 
dieses  Interferenzprinzip  zwar  sehr  empfindlich 
ist,  an  Empfindlichkeit  aber  hinter  unserem 
Würfel,  zumal  unter  Benutzung  des  Kontrast- 
prinzipes,  zurückbleibt  und  wegen  des  steti- 
gen Ueberganges  der  Intensität  von  einem 
hellen  zum  dunkeln  Streifen  auch  stets  bleiben 
muss.  Die  geringere  Genauigkeit  dieses  Inter- 
ferenzwürfels wird  aber  reichlich  aufgewogen 
durch  die  Vorteile,  welche  derselbe  bei  der 
neuen  und  eigenartigen  Verwendung  mit  sich 
bringt. 

Wie  ich  schon  an  anderer  Stelle  dargethan 
habe^),  sind  die  sogenannten  Herschelschen 
Streifen  identisch  mit  den  „Kurven  gleicher 
Neigung"  oder  den  Ringen,  welche  an  einer 
planparallelen  Platte  auftreten,  welche  von 
parallelen  Büscheln  gebildet  werden  und  somit 
im  Unendlichen  zu  liegen  scheinen.  Um  sie  also 
in  möglichster  Vollkommenheit  zu  erhalten, 
muss  man  vor  allem  die  Luftplatte  zwischen 
den  beiden  Prismen  möglichst  planparallel  ge- 
stalten und  um  sie  in  ihrer  ganzen  Schärfe 
zu  beobachten,  muss  man  auf  Unendlich 
akkommodieren  oder  sich  eines  Fernrohres  be- 
dienen. Erst  wenn  die  Luftschicht  sehr  dünn 
ist,  wie  bei  zwei  direkt  aufeinander  gelegten 
Prismen  wird  man  von  der  Akkommodation  un- 
abhängig. Nur  infolge  dieses  Umstandes  hat 
Fuchs  diese  Streifen  überhaupt  sehen  können, 

i)  O.  Lumin  er    u.    E.  Brodhun,    Zeitschr.    f.    lüstni- 
menteuk.  9,  41—50,    1889. 

2)  Fr.  Fuchs,  Wied.  Ann.  11,  465—473,  1&80. 

3)  O.  Lummer,  biuuugsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wisseusch. 
zu  Ikrlia  S.  504 — 513,    1900. 


da  er  ausdrücklich  vorschreibt,  auf  die  nahe 
dem  Würfel  befindlichen  matten  Scheiben  zu 
akkommodieren. 

Wendet  man  aber  eine  planparallele  Luft- 
platte  an  und  bedient  sich  eines  Femrohres, 
dann  kann  man  die  matten  Scheiben  auch  in 
beliebige  Entfernung  bringen  oder  sie  ganz 
fortlassen  und  direkt  nach  der  Licht- 
quelle blicken.  Stets  wird  man  die  Inter- 
ferenzringe wahrnehmen.  Theoretisch  liegen 
die  Ringe  zwar  im  Unendlichen,  thatsächlich 
sieht  man  sie  aber  bei  Beobachtung  mit  blossem 
Auge  oder  mit  einem  schwach  vergrössemden 
Femrohre  auf  allen  Objekten  liegen ,  die  man 
durch  den  Würfel  anvisiert. 

Zwei  weitere  Vorzüge  haften  den  Plan- 
parallelitätsringen in  der  Nähe  der  Totalreflexion 
an,  welche  sie  gegenüber  allen  anderen  Inter- 
ferenzerscheinungen förmlich  dazu  prädestinieren, 
in  den  Dienst  der  Photometrie  gestellt  zu  wer- 
den. Erstens  besitzen  diese  Streifen  infolge 
der  Mitwirkung  aller  vielfach  in  der  Luft- 
platte hin  und  her  reflektierten  Strahlen  eine 
ausserordentliche  Schärfe^),  wie  sie  sonst  nur 
den  Beugungserscheinungen  an  Gittern  eigen 
ist  und  zweitens  sind  sie  an  der  Stelle  der 
grössten  Schärfe  achromatisch.**^) 

Anwendung  des  Photometers. 

a)  Messung  von  Lichtstärken.  Dieser 
hier  nur  untergeordnete  Zweck  wird  erreicht, 
wenn  man,  wie  es  schon  Fuchs  gethan  hat, 
vor  den  Würfel  im  durchgehenden  und  im  re- 
flektierten Lichte  matte  Scheiben  bringt.  Man 
vergleicht  dann  die  von  der  einen  Lichtquelle 
am  Orte  der  einen  matten  Scheibe  hervorge- 
brachte Beleuchtungsstärke  mit  der  von  der 
andern  Lichtquelle  am  Orte  der  andern  matten 
Scheibe  erzeugten  Helligkeit.  Wir  wollen  die 
Lampe  im  reflektierten  Lichte  als  die  Ver- 
gleichslichtquelle bezeichnen. 

Als  solche  kann  man  entweder  eine  auf  kon- 
stantem Strome  gehaltene  Glühlampe  verwen- 
den, deren  Lichtstärke  man  in  Hefherkerzen 
kennt,  oder  man  benutzt  direkt  die  Hefherlampe. 

b)  Vergleichung  der  Helligkeitsver- 
teilung auf  einer  leuchtenden  Fläche.  Für 
diesen  Zweck  nimmt  man  die  matte  Scheibe 
im  durchgehenden  Lichte  fort,  so  dass  man 
durch  denWürfel  hindurch  auf  die  zu  mes- 
sende Fläche  blickt.  Denken  wir  uns  z.  B. 
als  Objekt  die  Flamme  eines  Gas-Breitbrenners; 
dann  entsteht  im  Fernrohr  ein  diskontinuierliches 
Abbild  der  Flamme,  weil  sie  da,  wo  die  Mi- 
nima liegen,  überhaupt  nicht  sichtbar  ist.  Die 
Maxima  aber  sind  von  verschiedener  Helligkeit, 

1)  Vgl.  O.  Lummer,  „Eine  neue  Interferenimethode 
zur  Auflösung  feinster  Spektrallinieu",  Verhandl.  d.  Deutsch. 
Physik.  Gesellsch.  3,  85 — 98,  1901.  Vergl.  auch  diese 
Zeitschr.  3,  172,  1902. 

2)  Lord  Raylelgh,  Phil.  Mag.  (5)  28,  197,  1SS9. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


221 


falls  die  Gasflamme  nicht  an  allen  Stellen  gleich 
intensiv  leuchtet.  Dies  erkennt  man  sehr  deut- 
lich, wenn  man  die  Vergleichs-Lichtquelle  der 
matten  Scheibe  so  weit  nähert,  bis  die  Minima 
auf  dem  Bilde  der  Gasflamme  verschwunden 
sind.  Dies  Verschwinden  ist  nämlich  nicht  für 
alle  Minima  gleichzeitig  zu  bewirken,  da  die 
Gasflamme  an  den  verschiedenen  Stellen  ver- 
schieden hell  ist. 

Statt  der  Gasflamme  kann  man  jede  be- 
liebige helle  Fläche  im  Räume  anvisieren  und 
so  mit  grosser  Bequemlichkeit  die  Hellig- 
keitsverteilung im  Räume  feststellen.  Ja, 
man  kann  mit  einem  Blick  oder  vermittelst 
einer  kleinen  Drehung  des  Instrumentes  direkt 
überschauen,  wie  die  Helligkeit  auf  einer  Lam- 
penglocke, auf  einer  Wolke,  längs  eines  glühen- 
den Platinbleches  etc.  von  Stelle  zu  Stelle 
wechselt.  Die  Streifen  verschwinden  vollkommen 
nur  bei  gleicher  Färbung  der  zu  vergleichenden 
Flächen. 

Aber  auch  wenn  man  mehr  oder  weniger 
gefärbte  Objekte,  wie  die  Tische  in  einem 
Zimmer,  die  Dächer  der  Häuser,  das  Grün  des 
Laubes,  anblickt,  kann  man  eine  wenn  auch 
nur  ungenaue  Einstellung  bewirken.'  Nähere 
Versuche  müssen  freilich  darthun,  inwieweit 
solche  Vergleichungen  ungleich  gefärbter  Ob- 
jekte von  Wert  sind. 

c)  Messung  von  Temperaturen.  Schon 
früher  hat  man  auf  photometrischem  Wege 
Temperaturen  zu  bestimmen  versucht.')  Dazu 
stellte  man  sich  eine  Beziehung  her  zwischen 
der  Temperatur  eines  Körpers  und  seiner  photo- 
metrischen  Energie  für  eine  bestimmte  Wellen- 
länge oder  einen  durch  ein  rotes  Glas  begrenz- 
ten Spektralbezirk,  extrapolierte  diese  empirische 
Kurve,  wenn  nötig,  und  trug  in  dieselbe  die 
an  einem  beliebigen,  hocherhitzten  Körper  ge- 
messene Helligkeit  ein.  Daraus  ergab  sich  dann 
auch  die  unbekannte  Temperatur  dieses  Körpers. 

Einen  Fortschritt  bedeutete  es,  als  H.  Wan- 
ne r^)  zur  Herstellung  der  Kurve  den  schwar- 
zen Körper  zu  Grunde  legte.  Jedoch  erwiesen 
sich  seine  aus  Messungen  an  der  Zirkonlampe 
gezogenen  Schlüsse  als  unrichtig  und  die  mit 
Hilfe  der  schwarzen  Körperkurve  bestimmten 
Temperaturen  erhielten  erst  den  genügenden 
Grad  von  Sicherheit,  als  den  Kurven  des 
schwarzen  Körpers  auch  diejenigen  des  blanken 
Platins  gegenübergestellt  waren.  ^) 

1)  Vgl.  Le  Chatelier  und  Boudouard  „Tempcratures 
clevres".  Paris   1900.  Diese  Zeitschr.  1,  226,  1900;  3,  1 12,  uoi. 

2)  H.  Wanner,  Am.  d.  Phys.  2  141  — 157,  1900.  Vgl. 
auch  F.  Paschen  u.  H.  Wanner,  Sit/ungsber.  d.  k.  Akad. 
Wisscnscb.  zu  Berlin  S.  $ — 11,   1899. 

3)  O.  Lummer  u.  E.  Pringsheim,  „Die  Temperatur- 
bcstimmung  hoch  erhitzter  Körper  (Glühlampe  etc.)  auf  bo- 
lometriscbem  und  photometrischem  Wege",  Verhandl.  d. 
Dcuuch.   Physik.  Gesellsch.  3,  Nr.  4,  36—46,   1901. 


Diese  Versuche  von  Pringsheim  und  mir 
zeigten,  dass  weissglühendes  Platin  für  jede 
Wellenlänge  zwar  nur  halb  soviel  photometrische 
Energie  wie  der  schwarze  Körper  gleicher 
Temperatur  aussendet,  dass  aber  beide  Energien 
einander  schon  gleich  sind,  falls  Platin  eine  nur 
um  etwa  icx>®  höhere  Temperatur  besitzt. 

Hieraus  folgt  erstens,  dass  die  photo- 
metrische Temperaturbestimmung  im  we- 
sentlichen von  der  Art  des  strahlenden 
Körpers  unabhängig  ist,  falls  er  nur  zu  den 
undurchsichtigen  Temperaturstrahlern  gehört ; 
zweitens  aber  geht  daraus  hervor,  dass  die  Ge- 
nauigkeit der  photometrischen  Einstellung  eine 
sehr  nebensächliche  Rolle  spielt.  Ein  Einstel- 
lungsfehler von  10  Proz.  bewirkt  in  der  Tempe- 
raturbe.stimmung  erst  einen  Fehler  von  etwa 
10^  bei  der  Temperatur  weissglühenden  Platins. 

Die  Bedeutung  der  „schwarzen"  Temperatur- 
kurve wird  noch  beträchtlich  erhöht,  seitdem  man 
infolge  von  Strahlungsmessungen  im  ultraroten 
Gebiet*)  die  allgemeine  Spektralgleichung  der 
schwarzen  Strahlung  kenni^)^  wenigstens  soweit 
es  für  die  vorliegenden  Zwecke  nötig  ist.  Da- 
nach kann  man  behaupten,  dass  die  Kurve: 

\ogE=/(ilT), 

WO  E  die  Helligkeit  und  T  die  abs.  Tempera- 
tur des  schwarzen  Körpers  bedeutet,  für  jede 
Wellenlänge  im  sichtbaren  Spektralge- 
biet bis  gegen  5000^  eine  Gerade  ist,  wie 
es  die  Wiensche  Spektralgleichung^)  tälschlich 
für  alle  Temperaturen  und  auch  für  die  langen 
Wellen  verlangt,  für  welche  diese  logarithmische 
„Gerade"  schon  bei  sehr  niedrigen  Tempera- 
turen gekrümmt  ist.  Von  5<X)0^  an  nimmt  die 
Kurve  log  B=/(ilT)  aber  auch  im  sicht- 
baren Gebiete  eine  Krümmung  an. 

Die  für  eine  sichtbare  Wellenlänge  bis  zu 
den  thermo-elektrisch  messbaren  Temperaturen 
von  etwa  1600^  C.  empirisch  gefundene  gerade 
Linie: 

iog^=/{i/r) 

darf  also  ohne  Bedenken  bis  zu  5000^*  einfach 
verlängert  werden,  so  dass  man  aus  ihr  auch 
die  allerhöchsten  Temperaturen  mit  Hilfe  einer 
einzigen  photometrischen  Einstellung  erschliessen 
kann. 

Erst  infolge  dieser  verschiedenen  wichtigen 
Ergebnisse  war  die  sichere  Basis  gewonnen, 
auf  der  man   zur  Benutzung  der  spektralphoto- 

i]  Vgl.  O.  Lummer  u.  E.  Pringsheim,  Verhandl.  d. 
Deutschen  Physik,  (iesellsch.  1,  23—41  und  215 — 235,  1899; 
2,  163—180,  1900:  3,  36—46,  1901.  Ferner  H.  Rubens  u. 
F.  Kurlbaum,  Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wis&ensch.  zu 
Perlin  929—941,  I900:  Ann.  d.  Phys.  4,  649-666,  1901. 
Eine  historische  und  kritische  Darstellung  der  Strahlungs- 
messungen bis  1900  vgl.  in  O.  Lummer,  Le  rayonnement 
des  Corps  noirs,  Rapp.  Intern.  Congres,  Paris  1901. 

2)  M.  Planck,  Verhandl.  d.  Deutschen  Physik.  Gesellsch. 
2,  202—204,  1900. 

3)  W.  Wien,  Wicd.   Ann.  58,  662 — 669,   1896. 


222 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


metrischen  Methode  für  die  Temperaturbestim- 
mung übergehen  und  zur  Konstruktion  genauer 
„optisch er  Pyrometer*'  für  sehr  hohe  Tempera- 
turen schreiten  konnte. 

Ein  sehr  wesentlicher  Teil  bei  einem  opti- 
schen Pyrometer  ist  die  Vergleichslicht- 
quelle, da  die  gesamte  Helligkeit  sehr  schnell 
mit  der  Temperatur  ansteigt.  •)  Benutzt  man  als 
Vergleichslicht  eine  Glühlampe,  so  kann  man 
sich  zur  Konstanthaltung  ihrer  Leuchtkraft  ent- 
weder der  Kompensationsmethode  bedienen 
oder  aber  eines  empfindlichen  Amp^remeters, 
um  direkt  den  elektrischen  Heizstrom  zu  messen, 
wie  es  beim  optischen  Pyrometer  von  Hol- 
born und  Kurlbaum^)  geschieht. 

Besonders  einfach  gestaltet  sich  diese  Frage 
in  unserem  Falle.  Ja,  die  Eigenart  des  neuen 
Photometers,  dass  sein  Kriterium  nicht  wie 
bei  den  bisherigen  Photometem  und  Pyro- 
metern im  Endlichen  liegt,  sondern  auf  dem 
anvisierten  Objekte,  kommt  erst  zu  ihrer 
vollen  Geltung  bei  der  Benutzung  des  Photo- 
meters als  optisches  Pyrometer,  da  bei 
ihm  eine  Hefnerlampe,  Benzinflamme 
oder  Petroleumlampe  als  Vergleichslicht- 
quelle vollkommen  ausreicht.  Nimmt  man 
nämlich  ausser  der  matten  Scheibe  im  durch- 
gehenden Lichte  auch  noch  die  matte  Scheibe 
im  reflektierten  Lichte  fort,  so  blickt  man  ver- 
mittelst der  gespiegelten  Strahlen  auch  direkt  in 
die  Vergleichslichtquelle.  Benutzt  man  als  solche 
z.  B.  eine  Hefnerlampe,  so  wird  man  selbst  bei 
etwaiger  Aenderung  der  Gesamthelligkeit  dieser 
Flamme  doch  noch  die  gleichen  Temperaturbe- 
stimmungen erhalten,  wenn  man  auf  das  Ver- 
schwinden der  Streifen  im  hellsten  Teile  der 
Hefnerkerze  einstellt,  da  die  Flächenhelligkeit  ge- 
rade dieser  Stelle  nur  unwesentlich  von  der  Form, 
Grösse  und  Gestalt,  d.h.  der  gesamten  Leucht- 
kraft der  Flamme  abhängen  dürfte.  Dies  gilt  von 
jeder  Flamme,  da  ihre  Flächenhelligkeit  von  der 
Menge  der  in  der  Flamme  suspendierten  glühenden 
Kohlenstoffteilchen  und  der  Temperatur  abhängt, 
von  denen  erstere  eine  Funktion  der  Gestalt 
und  Grösse  der  Flamme  ist,  während  letztere 
durch  die  Verbrennungs wärme  des  vergasten 
Kohlenwasserstoffes  bedingt  ist.  In  anderen 
Worten  heisst  das  also,  eine  Kerze  bleibt 
immer  eine  Kerze,  ein  Hefnerlicht  ein  Hefner- 
licht  und    eine  Amylacetatflamme    eine   Amyl- 


acetatflamme,  insofern  unabhängig  von  der 
Flammenhöhe  die  hellste  Stelle  stets  nahezu  die- 
selbe Temperatur,  Farbe  und  Flächenhelligkeit 
habenwird.  Bei  Einhaltung  der  Vorschriften*)  kann 
übrigens  auch  die  gesamte  Leuchtkraft  der 
ganzen  Hefnerflamme  bis  auf  einige  Prozente  kon- 
stantgehalten werden.  Um  auf  die  hellste  Stelle  der 
Vergleichsflamme  einstellen  zu  können,  wird  man 
natürlich  das  Bild  der  ganzen  Flamme  im  Ge- 
sichtsfeld abbilden  und  zu  diesem  Zwecke  die 
Lampe  in  die  Brennebene   einer  Linse  setzen. 

Als  Lichtschwächungsmittel  kommen 
Rauchglasplatten  und  Nico  Ische  Prismen^)  in 
Betracht,  deren  gegenseitige  Stellung  an  einem 
Teilkreise  ablesbar  ist;  ausserdem  ist  bei  An- 
wendung von  Mattscheiben  auch  die  direkte 
Entfemungsänderung  zu  benutzen.  Der  voi^e- 
ftihrte,  von  Fr.  Schmidt  &  Haensch  in  Berlin 
konstruierte  Apparat  ähnelt  im  Äusseren  einem 
L.  Web  ersehen  Photometer.  Das  Visierrohr  ist 
zugleich  mit  dem  Würfel,  mit  dem  zur  Auf- 
nahme der  Rauchglasplatten  bestimmten  Be- 
hälter und  der  Nicolmessvorrichtung  um  die 
Achse  des  zweiten  Rohres  mit  der  Vergleichs- 
lichtquelle drehbar.  In  diesem  bewegt  sich  eine 
kleine  Glühlanjpe,  deren  Strom  konstant  gehal- 
ten und  deren  Entfernung  von  der  matten 
Scheibe  gemessen  werden  kann.  Diese  Matt- 
scheibe kann  ebenso  wie  diejenige  im  durch- 
gehenden Lichte  zurückgeschlagen  werden. 
Ausserdem  können  vor  die  Mattscheibe  ge- 
eignet gewählte  Rauchglasplatten  eingeschoben 
werden. 

Statt  des  Rohres  mit  der  Glühlampe  kann 
man  ein  zweites  Rohr  benutzen,  welches  in  ge- 
eignetem Behälter  die  Hefnerlampe  trägt,  even- 
tuell auch  eine  kleine  Petroleunilampe  aufneh- 
men kann. 


1)  O.  Lummer  u.  F.  Kurlbaum,  Verhandl.  d.  Deutsch. 
Phys.  Ges.  2,  Nr.  8,  89 — 92,  1900  uud  Ann.  d.  Phys.  6,  829 
bis  S56,  1901. 

2)  H.  Holborn  u.  F.  Kurlbaum,  Sitzungsber.  d.  k. 
Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin,  S.  712 — 719,  1901. 


i)  Vgl.  die  Beglaubigung  der  Hefberlampe  durch  die 
Physik.-Techn.  Reichsanstait ;  Schillings  Joum.  f.  Gasbel. 
34,  489—492  u.  509--512,  1891;  36,  341-7346.  1893- 

2)  Anmerkung  bei  der  Korrektur:  Inzwischen  angestellte 
Versuche  haben  ergeben,  dass  die  Schärfe  der  Hers ch ei- 
schen Streifen  wesentlich  von  der  Art  des  auffallenden 
Lichtes  abhängt.  Licht,  welches  in  der  Einfallsebene  polari- 
siert ist,  giebt  viel  schärfere  Streifen  als  senkrecht  zur  Ein- 
fallsebene polarisiertes  Licht.  Es  bedarf  daher  erst  noch 
einer  genaueren  Diskussion,  ob  die  Messvorrichtung  durch 
Nico  Ische  Prismen  Überhaupt  anwendbar  ist.  Andererseits 
ist  diese  neue  Thatsache  von  grosser  Bedeutung  bei  meiner 
Interferenz  -  Methode  zur  Auflösung  feinster  Spektrallinien 
(Verhdlgn.  d.  Deutsch.  Phys.  Ges.  8,  85—98,  1901),  welche 
durch  die  Anwendung  von  in  der  Einfallsebeue  polarisierten 
Lichtes  an  Auflösungskraft  gewonnen  hat  (Vergl.  Ü.  Lummer 
uud  E.  Gehrcke  „Über  den  Bau  der  Quecksilberlinien'*, 
Berl.  Akad.  Ber.  1902,  p.  ii — 17). 

(Selbstreferat  des  V^ortragenden.) 

(Eingegangen  12.  November  1901. j 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   10. 


223 


REFERATE. 


Photochemie. 

Besorgt  von  Privitdozent  Dr.  K.  Schaum. 

^^ 

R.  Neuhauss,  Direkte  Farbenphotographie 
durch  Körperfarben.  Photographische  Rund- 
schau, Jahrgang  1902,  S.  i — 11. 
Eine  direkte  Wiedergabe  der  natürlichen 
Farben  durch  photographische  Verfahren  ist 
bekanntlich  auf  zwei  prinzipiell  verschiedenen 
Wegen  möglich:  einmal  durch  die  zuerst  von 
Zenker  diskutierteWirkung  stehender  Licht- 
wellen auf  gewisse  lichtempfindliche  Systeme, 
welche  durch  die  klassischen  Untersuchungen 
von  Wiener  nachgewiesen,  sowie  durch  die 
glän  zenden  Versuche  vonLippmann  zur  Wieder- 
gabe der  natürlichen  Farben  angewendet  worden 
ist;  zweitens  durch  das  Verfahren  der  Farben- 
photographie durch  Körperfarben,  dessen 
sich  bereits  Seebeck,  Becquerel,  Poitevin 
u.  a.,  sowie  auch  Zenker  bedienten,  dessen 
Theorie  aber  erst  in  einer  grundlegende»  Arbeit 
Wieners  entwickelt  worden,  ist.  Der  Grund- 
gedanke dieser  Theorie  ist  folgender.  Wird 
ein  Gemisch  verschiedener  farbiger,  lichtempfind- 
licher Stoffe  mit  farbigem  Lichte  beleuchtet,  also 
beispielsweise  unter  einem  bunten  Transparent- 
bild belichtet,  so  reflektiert  unter  roten  Ab- 
schnitten des  Transparentes  der  in  der  Mischung 
vorhandene  rote  Farbstoff  das  rote  Licht  und 
wird  nicht  verändert;  die  übrigen  an  derselben 
Stelle  vorhandenen  Farbstoffe  absorbieren  das 
rote  Licht  und  werden  ausgebleicht;  es  bleibt 
also  nur  die  rote  Farbe  übrig;  ganz  entsprechend 
verläuft  der  Vorgang  unter  den  anders  gefärbten 
Abschnitten  des  Transparentes. 

Auf  Wieners  Darlegungen  und  Versuchen 
fussend,  haben  Vallot,  Worel  u.  a.  an  Stelle 
der  bisher  verwandten,  durch  Vorbelichtung 
gefärbten  Subhaloide  des  Silbers  Gemische  licht- 
empfindlicher organischer  Farbstoffe  gesetzt.  Die 
Anwendung  derartiger  Substanzen  Hess  es  mög- 
lich erscheinen,  nach  einem  Vorschlag  von  N. 
Witt,  die  übrigbleibenden  Farbstoffe  vor  späte- 
rer Zerstörung  durch  das  Licht  zu  schützen, 
indem  man  dieselben  durch  geeignete  Mittel 
auf  der  Unterlage  fixierte  und  lichtbeständig 
machte;  ebenso  war  bei  der  Verwendung  aus- 
bleichender Farbstoffe  die  Möglichkeit  einer 
Wiedergabe  von  Weiss  weit  eher  zu  erwarten, 
als  Bei  den  Silbersubhaloiden. 

Einen  ausserordentlichen  Fortschritt  auf  dem 
Gebiet  der  Fafbenphotographie  durch  Körper- 
farben hat  uns  die  jüngste  Zeit  gebracht.  Dem 
durch  zahlreiche  wertvolle  photographische  Unter- 
suchungen, besonders  durch  seine  Arbeiten  über 
Lippmanns  Methode  und  durch  den  mikro- 
photographischen    Nachweis    der  Zenker  sehen 


Blättchen  in  Li  pp  mann  sehen  Photographien 
wohlbekannten  Forscher  R.  Neuhau  SS  ist  es  ge- 
lungen, die  bisher  sehr  geringe  Empfindlich- 
keit der  Farbstoffgemische  in  hohem  Grade  zu 
steigern,  sowie  auch  die  Fixierung  der  zurück- 
bleibenden Farben  auf  einfachem  Wege  zu  er- 
zielen. Neuhauss  untersuchte  zunächst  30 Farb- 
stoffe auf  ihre  Lichtempfindlichkeit,  indem  ver- 
schiedenartige Papier-  und  Zeugproben,  vor- 
nehmlich Filtrierpapier,  mit  ivässeriger  resp. 
alkoholischer  Lösung  der  betreffenden  Stoffe 
gefärbt  und  sodann  dem  weissen  Lichte  ausgesetzt 
wurden.  Als  besonders  lichtempfindlich 
erwiesen  sich:  Chinolinrot,  Erythrosin,  Rose 
bengale.  Phloxin,  Eosin,  Uranin,  Thiazolgelb, 
Cyanin,  Krystallviolett.  Hierauf  untersuchte 
Verf.  das  Verhalten  vonFarbstoffmischungen; 
die  Ausbleichversuche  wurden  in  der  Weise 
vorgenommen,  dass  die  in  der  Mischung  ge- 
badeten Papierstreifen  nach  dem  Trocknen  unter 
Transparenten,  die  durch  Zusammenkitten  von 
roten,  gelben,  grünen  und  blauen  Glasstreifen 
gebildet  waren,  dem  Sonnenlicht  ausgesetzt 
wurden.  Rot  und  Gelb  kamen  fast  durchweg 
vorzüglich,  dagegen  war  die  Wiedergabe  von 
Grün  und  Blau  schlecht;  doch  gelang  eine  weit 
bessere  Nachbildung  dieser  Farben,  als  Verf. 
Chlorophyll  der  Mischung  zusetzte,  oder  noch 
besser,  das  Filtrierpapier  vor  dem  Baden  in  der 
Anilinfarbenmischung  mehrmals  in  alkoholischer 
Chlorophylllösung  vorbadete  und  darauf  trock- 
nete. Empfehlenswerte  Farbstoffgemische  für 
das  zweite  Bad  sind:  Erythrosin  Uranin  + 
Methylenblau;  Rose  bengale  +  Thiazolgelb  + 
Methylenblau  (oder  Krystallviolett);  Eosin  + 
Uranin  +  Methylenblau.  Diese  und  ähnliche 
Zusammenstellungen  geben  bei  ein-  bis  drei- 
stündiger Belichtung  in  direkter  Sonne  die  Far- 
ben wieder. 

Die  Thatsache,  dass  das  Bleichen  der  Farb- 
stoffe ein  Oxydationsvorgang  ist,  brachte  Verf. 
auf  den  Gedanken,  der  Mischung  oxydierende 
Substanzen  zuzusetzen.  Da  sich  ferner  gezeigt 
hatte,  dass  das  Ausbleichen  gewisser  Farbstoffe 
sehr  schnell  in  Gelatine  erfolgt,  wurde  Gelatine 
mit  Wasserstoffsuperoxyd  ')  angesetzt  und 
sodann  die  Farbstoffe  in  konzentrierter  Lösung 
hinzugegeben.  Als  sehr  geeignet  erwies  sich 
das  Gemisch:  Erythrosin  (oder  Eosin)  -f  Uranin 
(oder  Thiazolgelb)  +  Methylenblau  +  Chloro- 
phyll. Die  Mischung  wird  auf  Milchglasplatten 
aufgetragen;  die  Trocknung  muss  bei  gelinder 
Wärme  innerhalb  einer  Stunde  erfolgen.  Um 
ein  möglichst  gutes  Blau  zu  bekommen,  über- 

I)  Nach  D'Arcy  (Philos.  Mag.  [6]  3.  42  —  52.  1902) 
wird  Wasserstoffsuperoxyd  im  Licht  schneller  zersetzt,  als 
unter  sonst  gleichen  Bedingungen  im  Dunkeln.     (Ref.) 


1 


224 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  10. 


zieht  man  die  Platte  mit  Kollodium,  welches 
das  Methylenblau  löst;  man  kann  dieses  auch 
direkt  dem  Kollodium  zusetzen.  Diese  Platten 
zeigen  nun  eine  Empfindlichkeit,  welche 
derjenigen  des  Albuminpapiers  gleich- 
kommt. Nach  5  Minuten  langem  Belichten  im 
direkten  Sonnenlicht  unter  einem  farbigen  Trans- 
parent erhält  man  ausexponierte  Farben.  Ka- 
meraaufnahmen werden  voraussichtlich  bei  hohem 
Sonnenstand  unter  Anwendung  lichtstarker  Ob- 
jektive zwei  bis  drei  Stunden  erfordern.  Werden 
die  Platten  längere  Zeit  aufbewahrt,  so  verlieren 
sie  ihre  Empfindlichkeit,  erhalten  dieselbe  jedoch 
durch  Baden    in  Wasserstoffsuperoxyd    wieder. 

Sehr  merkwürdig  ist  die  Thatsache,  dass  die 
Platte  nur  dann  eine  hohe  Empfindlichkeit 
besitzt,  wenn  sie  während  der  Belichtung  mit 
Glas  bedeckt  ist;  Verf.  fuhrt  dies  darauf  zu- 
rück, dass  der  beim  Belichten  freiwerdende 
Sauerstoff  durch  die  aufliegende  Glasplatte  in 
unmittelbarster  Nähe  der  Bildschicht  gehalten 
wird  und  hier  beim  Ausbleichen  mitwirkt.  Um 
die  Bildung  von  Sauerstoffbläschen  in  der  Schicht 
möglichst  zu  vermeiden,  badet  Verf.  die  Platten 
in  Natriumsulfitlösung  oder  setzt  diese  der 
Mischung  von  vornherein  zu. 

Eine  „halbe  Fixierung"  der  Platte  ist 
durch  den  Umstand,  dass  die  Mischung  vor- 
nehmlich nur  unter  einer  aufliegenden  Glas- 
schicht empfindlich  ist,  gegeben;  eine  sehr  viel 
vollständigere  Fixierung  lässt  sich  jedoch 
erreichen,  wenn  man  das  fertige  Bild  kurze  Zeit 
in  einer  Kupfersalzlösung  badet  und  darauf 
auswäscht.  Allerdings  wird  durch  diese  Be- 
handlung leicht  eine  Veränderung  der  Farben 
(Grünstich)  herbeigeführt. 

Verf.  hofft,  dass  baldmöglichst  zahlreiche 
Forscher  die  Arbeit  fortsetzen  mögen;  er  ver- 
mutet, dass  bei  der  Prüfung  anderer  künstlicher 
und  natürlicher  Farbstoffe,  sowie  bei  Anwendung 
anderer  sensibilisierender  Oxydationsmittel  viel- 
leicht Wege  gefunden  werden,  die  Empfindlich- 
keit der  Präparate  bis  zur  Verwendbarkeit  zu 
kurzen  Kameraaufnahmen  zu  steigern. 

Nach  Ansicht  des  Ref  erscheint  es  nicht 
ausgeschlossen,  dass  sich  durch  Vervollkomm- 
nung der  Neuhau  SS  sehen  Farbstoff- Gelatine 
kopierfähige  farbige  Photographien  werden 
herstellen  lassen.  Karl  Schaum. 

(Eingegangen  24.  Januar  1902.) 

Tagesereignisse. 

Mit  Rücksicht  auf  die  grosse  Bedeutung  der  Technik  wird 
vom  nächsten  Sommerhalbjahr  ab  auch  an  der  Berliner  Tni- 
versität  Unterricht  in  den  technischen  Wissenschaften  erteilt 
werden,  wie  dies  in  Göttingen  sclion  seit  längerer  Zeit  ge- 
schieht und  sich  dort  aufs  beste  bewährt  hat.  Ks  handelt 
sich  dabei  natürlich  nicht  um  Ui.terricht  für  Techniker  und 
Ingenieure,  deren  Ausbildung  den  technischen  Hochschulen 
obliegt,  sondern  lediglich  darum,  den  Studierenden  aller  Fakul- 


täten, insbesoridere  den  Naturwissenschaftlern,  Mathematikern 
Physikern  und  Landwirten,  namentlich  aber  den  Juristen  und 
künftigen  Verwaltungsbeamten,  die  heute  unerlässHche  Kenntnis 
und  das  Verständnis  der  technischen  Wissenschaften  und  ihrer 
Werke  zu  vermitteln.  Damit  hängt  die  kürzlich  bereits  mit- 
geteilte Ernennung  des  Geh.  Regierungsrats  Professor  Slaby 
von  der  Technischen  Hochschule  in  Charlottenburg  zum 
ordentlichen  Honorarprofessor  an  der  Berliner  Universität  zu- 
sammen. Derselbe  wird  in  jedem  Sommerhalbjahr  filr  die 
Universitätsstudierenden  eine  kurze  Vorlesung  über  Elektro- 
technik halten.  Mit  Rücksicht  auf  die  dazu  erforderlichen  GeräUe 
u.  s.  w.  werden  diese  Vorlesungen  in  seinem  Laboratorium 
an  der  Technischen  Hochschule  stattfinden.  Ferner  wird  der 
jet7t  zum  ausserordentlichen  Professor  an  der  Berliner  Univer- 
sität ernannte  Professor  der  Technischen  Hochschule  Eugen 
Meyer,  der  vordem  in  Göttingen  Vorlesungen  über  Maschinen- 
lehre und  Übungen  gehalten  hat,  über  Einführung  in  die 
moderne  Maschinentechnik  (fiir  Studierende  aller  Fakultäten 
und  besonders  für  künftige  Verwaltungsbeamte),  sowie  weiter 
über  ausgewählte  Abschnitte  aus  der  technischen  Physik  (für 
Studierende  der  angewandten  Mathematik  und  Physik)  lesen. 
Endlich  ist  noch  eine  Vorlesung  über  Maschinenkunde  mit 
/eichenübungen  für  Chemiker  in  Aussicht  genommen. 

Auch  die  Universität  Jena  schliesst  sich  durch  die  unten 
mitgeteilten  Neueinrichtungen  der  von  Göttiogen  eingeleiteten 
Bewegung  an.  In  Göttingen  selbst  ist  es  laut  Fakultät«; - 
beschluss  von  jetzt  ab  gestattet,  als  eines  der  drei  bei  der 
Doktorprüfung  anzugebenden  Fächer,  angewandte  Mathematik 
oder  angewandte  Physik  zu  wählen;  nur  muss  gleichzeitig 
auch  reine  Mathematik  bezw.  Physik  gewählt  sein.  Die  er- 
forderlichen Unterrichts-  und  Forschungseinrichtungen  be- 
stehen bAanntlich  seit  längerer  Zeit  in  Göttingen  und  erfahren 
durch    diesen  Fakultätsbeschluss    eine  bedeutsame   Festigung. 

Für  Zwecke  der  Universität  Jena  hat  die  Karl  Zeiss- 
Stiftung  wieder  reichliche  Aufwendungen  gemacht.  So  wird 
aus  den  Mitteln  dieser  Stiftung  eine  Professur  für  chemische 
Technologie  errichtet.  Diese  Anstalt  wird  in  dem  jetzigen 
physikalischen  Institute,  nach  dessen  Übersiedlung  in  das  neue 
Gebäude  am  Landgrafen,  Unterkunft  finden.  Endlich  wird  die 
Karl  Zei SS- Stiftung  für  Zwecke  der  neuerrichteten  Professur 
für  angewandte  Mathematik,  deren  Inhaber  seit  i.  Januar  d.  J. 
Ingenieur  Adolf  Rau  aus  Nürnberg  ist,  ein  neues  Gebäude 
errichten.  Für  die  innere  Einrichtung  der  neuen  technischen 
Institute  hat  Dr.  Schott,  Leiter  der  Glashütte  Dr.  Schott 
und  (Genossen,  50000  M.  zur  Verfügung  gestellt. 

Im  neuen  Kultusetat  der  Universität  Breslau  ist  die  Er- 
richtung eines  Fixtraordinariats  für  Mathematik  vorgesehen. 

Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Der  ausserordentliche  Professor  für  Chemie  an  der  Mtin- 
chcner  Universität  J.  Thiele  wurde  zum  ordentlichen  Pro- 
fessor in  Strassburg  an  Stelle  Fittigs,  der  Privatdozent  der 
Physik  an  der  Universität  Innsbruck  Hammcrl  zum  ausser- 
t>rdentlichen  Professor  ernannt. 

In  Leipzig  hat  sich  Dr.  M.  Henge  für  Chemie  habilitiert. 

In  Christiania  ist  am  14.  Januar  der  Professor  Cato 
Maximilian  (.iuldberg  im  Alter  von  66  Jahren  gestorben. 

Die  von  uns  in  Heft  8  gebrachte,  auch  durch  die  Tages- 
presse verbreitete  Notiz  von  der  Kenifung  eines  Prhratdozenten 
F  aguart  als  ausserordentlichen  Professor  für  Mathematik  an  die 
Universität  (ieaf  ist  nach  einer  offiziellen  Genfer  Mitteilung 
unzutreffend.  Danach  ist  eine  derartige  Berufung  überhaupt 
nicht  erfolgt,  ausserdem  der  Name  F aguart  in  den  dortigen 
Hochschulkreisen  unbekannt. 

_  _        _   -  fc  — 

Berichtigungen. 

Der  Aufsatz  in  No.  9  von  R.  R.  Ramsey  ist  nicht  von 
H.  Karsleys,  sondern  von  H.  Karstens  übersetzt.  (Vgl.  3, 
1S2,  1902.)  In  dem  Aufsat/e  von  N.  Zuntz  3,  184,  i«>02, 
ist  aus  Versehen  d.e  Fussnote  4  verdruckt.  Sie  soll  heisscn: 
Magnus  Blix,  Studien  über  Muskelwärme.  Skandin.  Arch.  f. 
Physiol.  Bd.   12,   1901,  S.   52. 


Für  die  Redaktion  vcmnfsrortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Göttinnen    —  Vcrbg  von  S.  Ifirzel  in  Leipzig- 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische 


THE  NEW  YOHK 


No.  II. 


Orifinalmitteiliiniien : 

E.  Rutherford  und  S.  I.  Allen, 
Erregte  Radioaktivität  und  in  der 
Atmosphäre  hervorgerufene  Ionisa- 
tion.    S.  225. 

R.  W.  Wood,  Die  anomale  Disper- 
sion von  Natriumdampf.     S.  230. 

O.  Lummer  und  E.  Pringsheim, 
Zur  Temperaturbestimmung  von 
Flammen.     S.  233. 

J.  S  t  ar  k ,  Geschichtliches  zur  Erklärung 
der  Zerstreuung  der  Kathodenstrah- 
len.    S.  235. 

G.  Lindner,  Zur  Kenntnis  des  Eis. 
kalorimeters.     S.  237. 


I.  März  1902. 

Redaktionsschlott  für  No.  12  am  5.  März  1909. 


PUBLIC  UBRÄRY.  I 

.S(bHRIFT 

3.  Jab-gang. 


DCW  FOÜHÄATIOK8. 


INHALT. 

K.  Strehl,  Über  Luftschlieren  und 
Zonenfehler.     S.  238. 

W. Schlüter, Erdbebenwellen.  S.238. 

Vorträqe  und  Diskussionen  von  der 
73.  Naturforscherversamnluno  zu 
Hamburg: 

B.  Walter,  Bericht  über  die  auf  der 
Röntgenausstellung  der73.Versamm- 
lung  deutscher  Naturforscher  und 
Ärzte  in  Hamburg  ausgestellten 
Apparate.     S.  242. 

Referate: 

A.  Lafay,  Experimentaluntersuchun- 
gen  über  die  Deformationen  bei  der 
Berührung  elastischer  Körper; 


S tri b eck,  Kugellager  !Ur  beliebige 
Belastungen.     S.  245. 

Besprechungen: 

A.  v.  Hübl,  Die  Entwicklung  der 
photographischen  Bromsilber-Gela- 
tineplatte.    S.  247. 

O.  N.Witt,  Die  chemische  Industrie 
auf  der  Weltausstellung  zu  Paris  1900. 

S.  247- 
L.    Pilgrim,    Einige    Aufgaben    der 
Wellen-  und  Farbenlehre  des  Lichts. 
S.  248. 

Eingegangene  Schriften.    S.  248. 
Personalien.    S.  248. 
Gesuche.    S.  248. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Erregte  Radioaktivität  und  in  der  Atmosphäre 
hervorgerufene  Ionisation. 

Von  E.  Rutherford  und  S.  I.  Allen.') 

Die  Versuche  von  Elster  und  GeiteP)  und 
C.  T.  R.  Wilson  '*)  haben  endgültig  gezeigt,  dass 
ein  gut  isolierter,  geladener  Leiter  innerhalb 
eines  geschlossenen  Gefässes  allmählich  seine 
Ladung  verliert,  und  dass  dieser  Ladungsverlust 
von  einer  geringen,  von  selbst  auftretenden  Ioni- 
sation des  Gasvolumens  im  Innern  des  Gefässes 
herrührt.  Wilson  berechnete  aus  diesen  Ver- 
suchen, dass  ungefähr  19  Ionen  in  der  Sekunde 
auf  den  cm^  des  Gases  erzeugt  werden. 

Ganz  kürzlich  haben  Elster  und  G eitel 
gezeigt^),  dass  ein  negativ  geladener  Leiter  in 
offener  Luft  zeitweilige  Radioaktivität  erhält. 
Diese  Radioaktivität  entweicht  innerhalb  weniger 
Stunden  und  ist  ganz  ähnlich  der  erregten 
Radioaktivität,  die  unter  der  Wirkung  von  Tho- 
rium und  Radium  in  Substanzen  auftritt.  Sie 
kann  in  derselben  Weise,  wie  das  der  eine  von 
uns*)  ftir  die  von  Thorium  erregte  Radioaktivität 
gezeigt  hat,  durch  Auflösung  in  Säuren  teilweise 
entfernt  werden.  Dampft  man  die  Lösung  ein, 
so  wird  die  Aktivität  auf  die  Wände  des  Ge- 
fässes übertragen. 

Bei  den  Versuchen  von  ElsterundGeitel  und 
Wilson  wurde  der  Betrag  der  Ionisation  der  atmo- 
sphärischen Luft  bestimmt  durch  Beobachtung  der 
Zeit,  innerhalb  deren  die  Blättchen  eines  Elektro- 


i)  Vor   der  amerikanischen    Physikalischen    Gesellschaft 
vorgetragen  am  27.  Dez.  1901. 

2)  Diese  Zeitschrift  2,  590,  1901. 
3J  Proc  Roy.  Soc.  1901. 

4)  Diese  Zeitschrift  8,  76,  1901. 

5)  Phil.  Mag.  Febr.  1900. 


skopes  besonderer  Art  zusammenfielen.  Diese 
Bestimmungsmethode  ist  im  allgemeinen  lang- 
sam und  gestattet  in  manchen  Fällen  nicht, 
die  Versuchsbedingung  genügend   zu  variieren. 

Bei  den  vorliegenden  Versuchen  benutzten 
die  Verfasser  ein  empfindliches  Quadranten- 
elektrometer zur  Untersuchung  der  Ionisation 
der  Luft  und  der  durch  Luft  hervorgerufenen 
erregten  Radioaktivität. 

Das  verwendete  Elektrometer  ist  eine  Ab- 
änderung des  von  Dolezalek  beschriebenen 
Instrumentes  (Verh.  d.  D.  Physik.  Ges.  3,  18 — 72, 
1901).  Es  ist  von  dem  gewöhnlichen  Quadranten- 
typus mit  einer  leichten  Nadel  von  Silberpapier, 
die  an  einem  feinen  Quarzfaden  aufgehängt  ist. 
Der  Apparat,  wie  er  von  der  Firma  Georg 
Bartels  in  Göttingen  konstruiert  wird,  ist  für  die 
Bestimmung  kleiner  Potentialdifferenzen  bei  elek- 
trochemischen Arbeiten  bestimmt.  Für  unsere 
Zwecke  war  es  notwendig,  die  Isolation  und 
Verbindungsweise  der  Quadranten  vollständig 
zu  verändern.  Bei  unseren  Versuchen  wurde  die 
Nadel  alle  zwei  Tage  durch  leichtes  Berühren 
mit  einem  an  eine  Batterie  von  200  Volt  an- 
geschlossenen dünnen  Draht  geladen.  Es  fand 
sich,  dass  die  Nadel  nicht  mehr  als  10%  ihrer 
Ladung  in  24  Stunden  verlor.  Die  Dämpfung 
der  Nadel  war  infolge  ihrer  Leichtigkeit  sehr 
gross  und  es  war  kein  weiterer  Dämpfungsflügel 
nötig.  Die  Ablenkung  wurde  mit  Spiegel  und 
Skala  bei  einem  Abstände  von  2  m  abgelesen. 
Der  Nullpunkt  blieb  sehr  konstant,  und  die 
Ablesungen  konnten,  wenn  nötig,  auf  ^'lo  mm 
genau  gemacht  werden.  Für  die  erste  Auf- 
hängung, die  verwendet  wurde,  gab  das  Elektro- 
meter einen  Ausschlag  von  2000  mm  der  Skala 
bei  einem  Volt  Potentialdifferenz  zwischen  den 


226 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


Quadranten  und  einer  Ladung  der  Nadel  auf 
200  Volt.  Diese  Aufhängung  wurde  zufällig  im 
Laufe  der  Untersuchungen  zerbrochen,  und  der 
neue  Quarzfaden  gab  nur  mehr  etwa  ein  Viertel 
dieses  Ausschlages  für  dieselbe  Spannung.  In 
Anbetracht  des  kleinen  Betrages  der  Entladung, 
der  durch  die  freiwillige  Ionisation  der  Luft 
eintritt,  ist  es  sehr  wesentlich,  dass  jede  Vor- 
sicht getroffen  wurde,  um  vor  äusseren  elektro- 
statischen Störungen  sicher  zu  sein.  Das  Elektro- 
meter und  alle  Zufuhrungsdrähte  wurden  in 
Metallcylinder  eingeschlossen,  die  zur  Erde  ab- 
geleitet waren.  Der  Boden  und  das  Holzwerk 
in  der  Nachbarschaft  des  Prüfungsapparates 
wurden  mit  Metall  bedeckt  und  an  Erde  ge- 
legt, die  Schaltung  der  Quadranten  wurde  mit 
Hilfe  eines  besonderen  Quecksilberschlüssels 
bewirkt,  der  aus  der  Entfernung  mittels  eines 
Bindfadens  bethätigt  wurde. 

Die  isolierenden  Substanzen,  die  bei  der 
Anordnung  notwendig  waren,  wurden  mit  Hilfe 
von  Flammen  vollständig  entelektrisiert. 

Ionisation  der  atmosphärischen  Luft. 

Vorversuche  zeigten,  dass  der  mit  dem 
Elektrometer  zwischen  Cylindern  beobachtete 
Strom  nur  von  dem  Volumen  des  zwischen  den 
beiden  Cylindern  eingeschlossenen  Gases  und 
nicht  von  der  Natur  der  Elektroden  abhing. 

Folgende  Versuchsanordnung  wurde  ge- 
troffen, um  die  Zahl  der  im  cm-*  Luft  pro  Se- 
kunde erzeugten  Ionen  und  die  Änderung  des 
lonisationsstromes  mit  der  Potentialdifferenz 
zwischen  den  Elektroden  zu  bestimmen. 

Der  lonisationsstrom  wurde  zwischen  zwei 
konzentrischen  Zinkcylindern  von  124  cm  Länge, 
25,5  und  7,5  cm  Durchmesser  beobachtet. 
Die  Cylinder  waren  senkrecht  aufgestellt,  und 
ihr  Boden  war  geschlossen.  Der  weite  Cylinder 
war  oben  durch  eine  Zinkplatte  geschlossen, 
in  deren  Mitte  eine  Kreisöffnung  von  etwas 
grösserem  Durchmesser  angebracht  war,  als 
dem  inneren  Cylinder  entsprach.  Ein  oben  an 
dem  inneren  Cylinder  ringsum  befestigter  Ver- 
schlussring grenzte  an  einen  Ebonitring.  Zwi- 
schen dem  Ebonit  und  der  Zinkplatte  befand 
sich  ein  dünner  Metallring,  der  an  Erde  ge- 
legt war,  und  dieser  stiess  an  einen  Ring  aus 
einem  Halbleiter,  wie  Pappe.  Der  dünne,  an 
Erde  gelegte  Metallring  diente  als  Schutz,  so 
dass  bei  keiner  noch  so  hohen  Potentialdifferenz 
zwischen  den  Cylindern  ein  Strom  über  den 
Isolator  zum  inneren  Cylmder  fliessen  konnte. 
Der  innere  Cylinder  war  in  der  bekannten 
Weise  mit  dem  Elektrometer  verbunden.  Der 
äussere  Cylinder  war  an  den  einen  Pol  einer 
Batterie  angeschlossen,  der  andere  Pol  der- 
selben lag  an  Erde. 


Die  Elektrometernadel  zeigte  bald  eine  von 
dem  lonisationsstrome  zwischen  den  Elektroden 
herrührende  lebhafte  Bewegung,  bei  einer  Po- 
tentialdifferenz von  wenigen  Volt  zwischen  den 
Cylindern. 

Der  Cylinder  wurde  ziemlich  luftdicht  ge- 
macht und  ohne  Störung  stehen  gelassen.  Über 
einen  Zeitraum  von  mehr  als  einem  Monat 
wurden  Beobachtungen  des  lonisationsstromes 
zwischen  den  Cylindern  gemacht.  Um  Korrek- 
tionen wegen  der  Empfindlichkeitsänderung  des 
Elektrometers  zu  vermeiden,  wurde  zu  gleicher 
Zeit  der  lonisationsstrom  zwischen  zwei  isolierten 
parallelen  Platten  gemessen,  der  von  einer  Ein- 
heitsprobe Uraniumoxyds  erzeugt  wurde. 

Die  Kurven  der  Fig.  i  zeigen  die  Beziehung 
zwischen  dem  Strome  im  Gase  und  der  ver- 
wendeten Spannung.   Kurve  I  wurde  aufgenon)- 


Fig.  I. 

men,  nachdem  das  Gas  einen  Monat  lang  ohne 
Störung  in  dem  Cylinder  gewesen  war,  Kurve  II 
einige  Stunden,  nachdem  gewöhnliche  Zimmer- 
luft in  den  Apparat  eingeführt  war.  Der  Strom 
ist  für  50  Volt  in  beiden  Fällen  fast  derselbe; 
die  allgemeine  Gestalt  der  lonisationskurven  ist 
derjenigen  sehr  ähnlich,  die  man  bei  Ionisation 
der  Luft  durch  Röntgen-  und  Becquerel- 
strahlen  beobachtet  hat.  Mit  Rücksicht  auf 
den  sehr  kleinen  Betrag  der  Ionisation  in  dem 
Gase  und  der  infolgedessen  langsamen  Wieder- 
vereinigung wird  der  maximale  Strom  bei  einer 
sehr  niedrigen  Spannung  erreicht.  Der  Unter- 
schied in  Kurve  I  und  II  rührt  wahrscheinlich 
von  der  Anwesenheit  von  Staubteilchen  im 
letzteren  Falle  her.  Einige  der  Ionen  geben 
bei  ihrer  langsamen  Wanderung  zwischen  den 
Elektroden  ihre  Ladungen  an  die  Staubwolken 
ab,  und  dadurch  wächst  offenbar  die  Schnellig- 
keit der  Wiedervereinigung  der  Ionen  in  dem 
Luftvolumen.     Es  muss  beachtet  werden,    dass 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.      No.   11. 


227 


in  Kurve  I  der  maximale  Strom  nahe  bei 
einer  Potentialdifferenz  von  5  Volt  erreicht  wird. 
Die  Kapazität  des  Elektrometers,  des  Cylinders 
und  der  Isolatoren  war  150  E.  S.-Einheiten, 
während  i  mm  Teilstrich  am  Elektrometer 
0,00182  Volt  entsprach.  Der  Durchnittswert 
der  Elektrometerablenkung  während  der  länger 
als  einen  Monat  dauernden  Beobachtungen 
war  100  Teile  in  132  Sekunden,  bei  50  Volt 
zwischen  den  Cylindern, 

Der  lonisationsstrom  zwischen  den  Cylindern 
war  so  6,9-  io~*  E.  S.-Einheiten  oder  2,3  •  io~^^ 
Ampere. 

Das  Volumen  zwischen  den  Cylindern  war 
7 1  200  cm^.  Nimmt  man  den  Wert  von  6,5  •  io~^^ 
E.  S.-Einheiten  als  die  Ladung  auf  einem  Ion  *), 
so  ist  die  Zahl  der  im  cm**  pro  Sekunde  er- 
zeugten Ionen  15. 

Dieser  Wert  ist  nicht  sehr  verschieden  von 
der  Zahl  19,  die  von  Wilson  mit  Hilfe  der 
elektroskopischen  Methode  gefunden  wurde. 

Ein  Unterschied  in  dem  lonisationsstrome 
zwischen  den  Cylindern  wurde  innerhalb  eines 
Zeitraumes  von  mehr  als  einem  Monat  nicht 
beobachtet. 

Die  Erzeugung  von  Radioaktivität  in  der 
Luft  legte  die  Anschauung  nahe,  dass  mög- 
licherweise eine  radioaktive  Ausströmung  in 
der  Luft  vorhanden  war.  Wenn  das  so  ist,  so 
nimmt  deren  Strahlungstähigkeit  sehr  viel  lang- 
samer ab,  als  die  vom  Radium  herrührende  Aus- 
strömung. 

Um  zu  prüfen,  oV  ^^itweilige  Ionisation  ausser 
in  Luft  auch  in  anderen  Gasen  erregt  würde, 
wurde  der  grosse  Gylinder  durch  Verdrängung 
der  Luft  mit  Kohlensäure  geftillt.  Die  Kohlen- 
säure wurde  aus  einer  Bombe  mit  käuflicher 
flüssiger  Kohlensäure  entnommen.  Die  Ionisa- 
tion war  zuerst  grösser  als  die  in  Luft,  aber 
nach  einigen  Stunden  ging  sie  allmählich  auf 
einen  von  dem  bei  Luft  gefundenen  nicht  sehr 
verschiedenen  Wert  herab.  Dieses  Resultat 
scheint  zu  zeigen,  dass  in  Kohlensäure  eine  zeit- 
weilige Ionisation  von  etwa  derselben  Grössen- 
ordnung  auftritt,  wie  in  Luft.  Nach  der  Natur 
dieser  Experimente  indessen  musste  ein  kleiner 
Bruchteil  sowohl  von  Luft  wie  von  anderen 
Verunreinigungen  zugegen  sein,  und  es  ist  mög- 
lich, dass  eine  solche  Beimengung  das  Resultat 
stark  beeinflusst. 

Erzeugung    von   erregter  Radioaktivität. 

Wie  Elster  und  G eitel  zuerst  hervorge- 
hoben haben,  ist  die  Erscheinung  der  von  Luft 
erregten  Radioaktivität  derjenigen  sehr  ähnlich, 
die  von  Thorium  und  Radium  hervorgerufen  wird. 
Die  Radioaktivität  wird  in  einem  starken  elek- 

i)  J.  J.  Thomson,  Phil.  Mag.  Decbr.   1898. 


trischen  Felde  in  beiden  Fällen  allein  an  der 
Kathode  erzeugt.  Noch  nie  ist  Radioaktivität 
an  einem  positiv  geladenen  und  der  Luft  aus- 
gesetzten Drahte  beobachtet  worden.  Eine  be- 
sondere Reihe  von  Versuchen  wurde  gemacht, 
um  die  zeitliche  Abnähme  der  erregten  Radio- 
aktivität zu  ermitteln,  die  an  einer  negativ  ge- 
ladenen Oberfläche  entsteht. 

Bei  einem  Versuche  wurde  eine  isolierte, 
8  Fuss  lange  Messingstange,  die  ausserhalb  des 
Fensters  angebracht  war,  mit  Hilfe  einer  grossen 
Reibungselektrisiermaschine  auf  einen  Potential 
von  ungefähr  1 00000  Volt  gehalten.  Nach  einer 
Exposition  von  einer  Stunde  wurde  der  Stab 
weggenommen,  innerhalb  eines  Prüfcylinders 
aufgestellt,  und  die  durch  die  erregte  Radio- 
aktivität hervorgerufene  Ionisierung  zwischen 
den  Cylindern  in  regelmässigen  Zeiträumen  ge- 
messen. Wenn  der  Stab  positiv  geladen  war, 
würde  keine  erregte  Radioaktivität  erzeugt. 

Bei  einem  andern  Versuche  wurde  ein  langer 
Kupfer-  oder  Bleidraht  in  dem  grossen  Dach- 
geschoss  des  Laboratoriums  aufgehängt,  wo 
keine  Gelegenheit  war,  dass  sich  die  Luft  durch 
die  in  dem  Laboratorium  verwendeten  radio- 
aktiven Substanzen  verunreinigte.  Der  Draht 
wurde  einige  Stunden  mit  einer  durch  einen 
Motor  getriebenen  Wimshurstmaschine  auf  einen 
Potential  von  20000  bis  30000  Volt  gehalten. 
Der  Draht  wurde  dann  vollständig  auf  ein 
eisernes  Gestell  aufgewickelt  und  in  einen  Prüf- 
cylinder  gebracht.  Die  Abnahme  der  Radio- 
aktivität in  der  Zeiteinheit  fand  sich  unabhängig 
von  dem  Material  des  Drahtes  oder  Stabes, 
und,  innerhalb  der  Versuchsgrenzen,  nicht  sehr 
von  der  Spannung  und  der  Expositionszeit  des 
Drahtes  beeinflusst.  Der  Grad  der  erregten 
Radioaktivität  wächst  bei  einem  gegebenen  Drahte 
zuerst  regelmässig  mit  der  Zeit,  aber  nach 
einigen  Stunden  sehr  viel  langsamer. 


Currnt  des  Abfalis  für  duix^v 
Luft  crrefßiejiadioacüntät. 


1^  Zeit  ifv  T^iinutinv. 

0     W   20  30  kO    SO    60~  TO  io~$0   i)m  ho  ho  Ä)  fio  150  tho  m  180  m  200  W  2 

Flg.    2. 


228 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  11. 


In  den  Kurven  der  Figur  2  ist  die  Ab- 
nahme der  Strahlungsfahigkeit  mit  der  Zeit  dar- 
gestellt. Die  Ordinaten  bedeuten  Teile  der 
Elektrometerskala,  die  in  der  Sekunde  vorüber- 
wandern, Kurve  I  gilt  für  einen  Kupferdraht 
vom  Durchmesser  0,01  cm,  20  m  lang 
und  2  Stunden  einer  Potential diflferenz  von 
— 29000  Volt  ausgesetzt.  Um  den  Draht  zu 
prüfen,  wurde  er  auf  ein  Eisengestell  von 
121  cm  Länge  aufgewickelt  und  in  einen  Cy- 
linder  von  Eisengaze  gebracht.  Die  Potential- 
diflferenz  zwischen  den  Cylindem  war  50  Volt. 
Die  natürliche  Zerstreuung,  die  von  der  zeit- 
weiligen Ionisation  der  Luft  herrührte,  war  2,5 
Teile  in  der  Sekunde.  Nachdem  die  Korrektur 
für  die  natürliche  Zerstreuung  angebracht  ist, 
ergiebt  sich,  dass  der  lonisationsstrom  (welcher 
ein  Mass  für  die  Intensität  der  Strahlung  ist), 
in  52  Minuten  auf  die  Hälfte  seines  Wertes 
sinkt.  Kurve  II  gilt  für  einen  Bleidraht  von 
10  m  Länge  und  0,125  Durchmesser,  der  190 
Minuten  auf  — 30000  Volt  gehalten  wurde.  Der 
Draht  wurde  in  Form  einer  flachen  Schnecken- 
linie gewunden,  und  der  zwischen  zwei  Metall- 
platten hervorgerufene  lonisationsstrom  ge- 
messen. 

Die  natürliche  Zerstreuung  des  Apparates 
in  diesem  Falle  war  0,14  Sk.  Teile  in  der 
Sekunde.  Hier  fällt  die  erregte  Radioaktivität 
in  ungefähr  45  Minuten  auf  ihren  halben  Wert. 

Diese  beiden  Beobachtungen  liegen  um  zwei 
Monate  auseinander  und  wurden  unter  sehr 
verschiedenen  atmosphärischen  Bedingungen  an- 
gestellt. 

Der  Abfall  in  der  Zeiteinheit  der  durch 
Luft  erregten  Radioaktivität  ist  sehr  viel  schneller 
als  der  durch  Thorium,  welche  innerhalb  1 1  Stun- 
den auf  die  Hälfte  ihres  Wertes  sinkt.  End- 
gültige Vergleichungen  mit  der  durch  Radium 
erregten  Radioaktivität  konnten  nicht  gemacht 
werden,  da  deren  Abfall  unregelmässig  ist  und 
von  der  Besonderheit  des  gerade  verwendeten 
Radiums  abhängt. 

Durchdringungsfähigkeit  der 
erregten  Strahlung. 

Frühere  Versuche  hatten  gezeigt,  dass  die 
Durchdringungsfahigkeit  der  von  Thorium  und 
Radium  erregten  Strahlungen  gleich  war.  Es 
war  von  Interesse,  die  von  Luft  erregte  Strah- 
lung damit  zu  vergleichen. 

Bei  diesen  Versuchen  wurden  Bleidrähte  an- 
gewendet, um  sie  leicht  in  die  Form  von 
flachen  Schneckenlinien  bringen  zu  können. 
Der  Draht  wurde  durch  eine  Exposition  von 
zwei  bis  drei  Stunden  bei  — 30000  Volt  erregt. 
Er  wurdedann  in  dieForm  von  flachen  Schnecken- 
linien gewunden  und  in  einen  Apparat  aus 
parallelen  Platten  gebracht.  Der  lonisations- 
strom zwischen  diesen  Platten  wurde  beobachtet, 


indem  verschiedene  Lagen  dünner  Aluminium- 
folie aufgelegt  wurden.  Die  durchschnittliche 
Dicke   der  Folie  war  0,00034  cm. 

Die   Resultate   sieht   man   in   Kurve  I    der 
Figur  3,  wo  die  Durchdringungsfahigkeit  anderer 


JQfsorptums-Curtrrv . 


f — 5 — X — i — t 


bekannter  Formen  von  Strahlung  zum  Vergleich 
beigefügt  ist.  Der  Ladungsverlust  in  der  Zeit- 
einheit ist  für  die  unbedeckte  radioaktive  Ober- 
fläche in  jedem  Falle  mit  100  angenommen. 

Die  durch  Luft  erregte  Strahlung  hat  ein 
grösseres  Durchdringungs vermögen  wie  jede 
andere  Form  der  Strahlungen,  die  nicht  in 
einem  magnetischen  Feld^  abgelenkt  werden, 
also  der  von  den  radioaktiven  Substanzen 
Uranium,  Thorium,  NatriuJTl  und  Radium  aus- 
gehenden; ebenso  ist  sie  durchdringender  als 
die  von  Radium  und  Thorium  erregte  Strahlung. 
Es  sind  jetzt  Versuche  im  Gange,  um  die 
Änderung  der  auf  i  cm^  Luft  entfallenden 
lonenanzahl  zu  verschiedenen  Zeiten  zu  be- 
stimmen. Hierzu  wird  /lie  Luft  von  ausserhalb 
des  Gebäudes  her  mit  Hilfe  eines  Ventilators 
durch  einen  30  cm  weiten  Metallcylinder  ge- 
leitet. Die  Luft  passiert  bei  ihrem  Laufe  zwei 
parallele  im  Abstand  von  2  cm  isoliert  ange- 
brachte Drahtmarken.  Der  Draht  nächst  dem 
Ende  ist  mit  dem  Elektrometer,  der  andere 
mit  einer  grossen  Batterie  verbunden. 

Für  einen  bestimmten  Luflstrom  wächst 
der  am  Elektrometer  beobachtete  Strom  mit 
der  Spannung,  bis  ein  Punkt  erreicht  ist,  bei 
dem  eine  Zunahme  der  Spannung  keine  Strom- 
zunahme mehr  bewirkt.  Wenn  die  zweite  Marke 
positiv  geladen  ist,  so  wandern  die  positiven 
Ionen  dem  Luftstrom  entgegen.  Wenn  die 
lonengeschwindigkeit  in  dem  elektrischen  Felde 
wesentlich  grösser  ist,  als  die  des  Lufkstromes, 
so  erreichen  alle  positiven  Ionen  die  erste  Marke 
und  der  Elektrometerstrom   ist   ein  Maximum. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang-.      No.   11. 


229 


Aus  derartigen  Beobachtungen,  bei  denen 
die  Geschwindigkeit  des  Luftstromes  zwischen 
100  und  250  cm/sec  verändert  wurde,  ergab 
sich  die  Geschwindigkeit  des  positiven  Ions  zu 
ungefähr  1,5  cm/sec  für  i  Volt/cm  Potentialgefälle. 
Das  ist  nicht  sehr  verschieden  von  dem  von 
Zeleny^)  gefundenen  Werte  1,36,  der  sich  auf 
Ionen  bezieht,  die  durch  Röntgenstrahlen  in 
Luft  von  atmosphärischem  Drucke  und  Zimmer- 
temperatur erregt  werden. 

Wegen  der  fortdauernden  Änderungen  der 
Leitfähigkeit  der  bei  diesen  Versuchen  durch 
den  Cylinder  gesaugten  Luft  konnten  wir  bis- 
her die  Geschwindigkeit  des  negativen  Ions 
noch  nicht  mit  Genauigkeit  bestimmen.  Die 
Ergebnisse  zeigen  indes  jedenfalls  soviel,  dass 
diese  Geschwindigkeit  wesentlich  grösser  ist, 
wie  diejenige  des  positiven  Ions.  Wenn  man 
den  maximalen  Ladungsverlust  zwischen  den 
Marken  für  einen  bestimmten  Luftstrom  bestimmt 
hat,  kann  man  daraus  die  Zahl  von  positiven 
und  negativen  Ionen  ermitteln,  die  in  der  durch 
den  Cylinder  geführten  Luft  vorhanden  sind. 
Die  Versuche  sind  schon  im  Gange,  und  die 
allgemeinen  Ergebnisse  zeigen,  dass  diese  Zahl 
sich  beständig  ändert,  von  Stunde  zu  Stunde, 
von  Tag  zu  Tag.  Klare  sonnige  Tage  haben 
ziemlich  die  höchsten  Werte  ergeben,  während 
Tage  mit  Schneefall  tiefe  Werte  liefern. 

Bei  den  meisten  dieser  Versuche,  die  wir 
während  des  trockenen  kanadischen  Winters 
machten,  wechselte  die  Aussentemperatur  zwi- 
schen — 3  und  — 18^  C. 

Diskussion  der  Ergebnisse. 

Bei  diesem  Stande  unserer  Kenntnis  über  die 
Radioaktivität  dürfte  es  nicht  überflüssig  er- 
scheinen, einige  Vorstellungen  über  die  mögliche 
Ursache  der  zeitweiligen  Ionisation  der  Luft 
und  die  von  Luft  erregte  Radioaktivität  zu  ent- 
wickeln. 

In  der  vorhergehenden  Nummer  dieser  Zeit- 
schrift^) hat  der  eine  von  uns  nachgewiesen, 
dass  die  von  Thorium-  und  Radiumverbindungen 
erregte  Radioaktivität  direkt  von  der  radioaktiven 
Ausströmung  herrührt,  die  von  diesen  Substanzen 
ausgeht.  Es  wurde  gezeigt,  dass  die  erregte 
Radioaktivität  von  der  Ablagerung  einer  strah- 
lenden Substanz  an  der  negativen  Elektrode 
herrührt,  vermittelt  durch  positive  „Träger", 
welche  in  einem  elektrischen  Felde  mit  Ge 
schwindigkeiten  wandern,  die  von  derjenigen 
des  positiven,  durch  Röntgen-  und  Becquerel- 
strahlen  in  Luft  erregten  Ions  sehr  wenig  ver- 
schieden sind. 

Wenn  kein  elektrisches  Feld  vorhanden  ist, 
so    werden    diese    radioaktiven    Träger    durch 

i)  Phil.  Trans.  Roy.  Soc.  1900. 
2)  Diese  Zeitschr.  3,  210,  1902. 


Diffusion  auf  alle  Körper  in  ihrer  Nachbarschaft 
zerstreut.  In  einem  starken  elektrischen  Felde 
werden  sie  alle  zur  Kathode  getrieben,  auf  die 
dann  die  erregte  Radioaktivität  beschränkt  ist. 
Zwei  mögliche  Erklärungen  der  Entstehungs- 
weise dieser  positiven  Strahlungsträger  wurden 
vorgebracht,  entweder 

1.  dass  die  radioaktive  Substanz  der  Aus- 
strömung auf  dem  positiven  Ion  verdichtet  wird, 
welches  von  der  Ausströmung  durch  Strahlung 
erzeugt  wird  (ähnlich,  wie  sich  Wasserdampf 
in  einem  ionisierten  Gase  auf  dem  negativen 
Ion  niederschlägt),  oder 

2.  dass  das  Molekül  der  Ausströmung  (nach 
den  Anschauungen  J.  J.  Thomsons)  die  Fähig- 
keit besitzt,  ab  und  zu  ein  negativ  geladenes 
Korpuskel  oder  ein  Elektron  mit  grosser  Ge- 
schwindigkeit von  sich  wegzuschleudern.  Als 
Folge  hiervon  würde  das  Molekül  eine  gleich- 
grosse  positive  I.»adung  zurückbehalten  und  in 
einem  starken  elektrischen  Felde  zu  der  Kathode 
wandern.  Von  dieser  Anschauung  aus  würde 
die  erregte  Strahlung  von  inneren  Schwingungen 
herrühren,  die  in  dem  Molekül  infolge  der  Aus- 
stossung  des  Elektrons  erregt  würden. 

Obschon  beide  Anschauungen  die  experi- 
mentellen Ergebnisse  hinreichend  zu  erklären 
vermögen,  scheint  doch  die  zweite  die  wahr- 
scheinlichere zu  sein. 

Wenn  wir  die  Elektronenhypothese  annehmen, 
so  muss  vorausgesetzt  werden,  dass  die  Fähig- 
keit, Elektronen  auszuschleudern,  bei  bestimmten 
Formen  der  Materie  sehr  ausgesprochen  ist,  wie 
bei  der  Ausströmung  von  Radium-  und  Thorium- 
verbindungen und  bei  festen  Körpern,  wie  Ura- 
nium,  Radium  und  Aktinium.  (Siehe  die  Resul- 
tate von  Becquerel,  Curie,  Debierne  und 
anderen). 

Es  ist  indessen  möglich,  dass  diese  Fähig- 
keit in  viel  geringerem  Grade  auch  bei  anderen 
bekannten  Formen  der  Materie  vorhanden  ist. 
Wenn  einer  oder  mehrere  der  Gasbestandteile 
unserer  Atmosphäre  die  Eigenschaft  hätte,  ab 
und  zu  ein  Elektron  abzustossen,  so  würde  die 
zeitweilige  Ionisation  der  Luft  und  die  durch 
sie  erregte  Radioaktivität  auf  einmal  erklärt  sein. 

Die  zeitweilige  Ionisation  der  Luft  würde 
so  von  den  Ionen  herrühren,  die  in  dem  Gase 
durch  die  Bewegung  des  weggeschleuderten 
Elektron  hervorgerufen  würden,  gerade  so,  wie 
ein  Kathodenstrahlträger  auf  seinem  Wege  Gas- 
ionen erzeugt. 

Die  positiven  Strahlungsträger,  die  nach  der 
Ausstossung  des  Elektrons  übrigbleiben,  würden 
an  die  Kathode  überfuhrt  werden  und  dort  zu 
den  Erscheinungen  der  erregten  Radioaktivität 
Anlass  geben. 

Da  es  unwahrscheinlich  ist,  dass  innere 
Schwingungen  von  Molekülen  verschiedener 
chemischer  Natur    sowohl    nach  Charakter  wie 


230 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  n. 


nach  Dauer  dieselben  sind,  so  ist  zu  erwarten, 
dass  von  verschiedenen  Substanzen  erregte 
Radioaktivität  sowohl  in  Bezug  auf  die  Durch- 
dringungsfahigkeit,  wie  auch  den  Ladungsabfall 
pro  Zeiteinheit  verschieden  sein  wird. 

Die  Versuchsergebnisse  dieser  Mitteilung 
zeigen,  dass  die  erregte  Strahlung  für  Thorium, 
Radium  und  Luft  mit  sehr  verschiedenem  Be- 
trage abfällt.  Ebenso  ist  die  Durchdringungs- 
fähigkeit der  von  Luft  erregten  Strahlung  grösser 
als  die  vom  Thorium  und  Radium. 

Vorstehende  Anschauung  ist  früher  von  dem 
einen  von  uns  in  einem  Briefe  an  die  „Nature" 
entwickelt  worden,  wo  auch  gezeigt  ist,  dass 
die  Ausströmung  vom  Radium  sich  wie  ein 
radioaktives  Gas  verhält  und  direkt  der  er- 
regten Radioaktivität  entspricht.  Elster  und 
G eitel  haben  diese  Anschauung  angenommen 
und  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  die  zeit- 
weilige Ionisation  und  erregte  Radioaktivität 
der  Luft  von  einer  radioaktiven  Ausströmung 
oder  einem  radioaktiven  Gase  in  unserer  Atmo- 
sphäre herrühren  möchte.  Diese  Ausströmung 
würde  zur  Ionisation  und  erregten  Radioaktivität 
in  derselben  Weise  Anlass  geben,  wie  Thorium- 
und  Radiumausströmung. 

Zwei  von  uns  beobachtete  Thatsachen,  welche 
mit  der  Elektronhypothese  in  gutem  Einklänge 
stehen,  sind  nicht  leicht  nach  der  Ausströmungs- 
anschauung zu  erklären.  Es  wurde  gezeigt,  dass 
der  Betrag  der  zeitweiligen  Ionisation  in  einer 
begrenzten  Luftmasse  immer  derselbe  blieb, 
wenn  man  dieselbe  einen  Monat  unverändert 
Hess,  und  dass  die  zeitweilige  lom'sation  in 
Kohlensäure  von  der  in  Luft  nicht  sehr  ver- 
schieden war.  Will  man  diese  Ergebnisse  aus 
der  „Ausströmungsanscüauung"  erklären ,  so 
müsste  man  annehmen,  dass  die  Strahlung  von 
der  Ausströmung  weg  mit  äusserster  Langsam- 
keiterfolge, und  dass  der  Betrag  der  mit  Kohlen- 
säuregas vermischten  Ausströmung  ungetähr  der- 
selbe wie  in  Luft  wäre.  Das  letztere  erscheint 
besonders  unwahrscheinlich. 

Gegenwärtig  sind  Versuche  im  Werke,  ob 
eine  oder  mehrere  Bestandteile  der  Atmosphäre, 
chemisch  dargestellt,  eine  ausreichende  zeit- 
weilige Ionisation  und  erregte  Radioaktivität 
zeigen,  um  von  der  in  der  Atmosphäre  be- 
obachteten Wirkung  Rechenschaft  zu  geben. 

Mc  Gill  Universität,  Montreal,  Physikalisches 
Laboratorium,  20.  Dez.  1901, 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  H.  Th.  Simon.) 

(Eingegangen  am  25.  Januar  1902.) 


Die   anomale  Dispersion   von  Natriumdampf. 

Von  R,  W.  Wood. 

Die  anomale  Dispersion  von  Natriumdampf 
in  unmittelbarer  Nähe  der  /^-Linien  ist  zum 
ersten  Male  von  Kundt  beobachtet  und  seit- 
her von  Becquerel  und  Julius  untersucht 
worden.  Doch  hat  keiner  dieser  Forscher  die 
Erscheinung  über  ein  Bereich  des  Spektrums 
verfolgt,  das  grösser  wäre,  als  der  doppelte  oder 
dreifache  Linienabstand. 

In  einer  früheren  Arbeit ')  habe  ich  gezeigt, 
wie  unter  gewissen  Umständen  durch  anomale 
Brechung  weissen  Lichtes  in  einer  nichthomo- 
genen Atmosphäre  von  Natriumdampf  ein  Spek- 
trum erzielt  werden  kann,  das  die  grösste 
Ähnlichkeit  mit  dem  Linienspektrum  glühenden 
Natriums  aufweist,  —  ganz  ähnlich,  wie  es  sich 
nach  Julius'  geistreicher  Hypothese  als  die  Er- 
scheinung des  „Blitz-Spektrums"  in  der  inver- 
tierenden Schicht  der  Sonnen-Photosphäre  zeigt.  '^ 
In  Anbetracht  der  augenscheinlichen  Wichtig- 
keit des  Gegenstandes  in  seiner  Bedeutung  für 
die  Theorie  der  Dispersion  und  seinem  eventu- 
ellen Zusammenhang  mit  der  Physik  der  Sonne, 
bin  ich  daran  gegangen,  zu  untersuchen,  ob  so 
genaue  quantitative  Daten  zu  erzielen  wären, 
dass  man  mit  ihrer  Hilfe  die  Dispersionsformel 
für  den  Fall  des  Natriumdampfes  prüfen  könnte. 

Die  absoluten  Werte  der  gefundenen  Bre- 
chungskoeffizienten lassen  zwar  zu  wünschen 
übrig,  doch  wurden  sehr  interessante  relative 
Werte  gefunden,  und,  was  von  ganz  besonderem 
Interesse  ist,  die  Dispersion  konnte  über  das 
ganze  Bereich  des  sichtbaren  Spektrums  ver- 
folgt und  gemessen  werden,  und  zwar  war  der 
Brechungskoeffizient  für  alle  Wellen  von 
höherer  Frequenz  als  Z?2  kleiner,  für  alle  Wellen 
von  geringerer  Frequenz  als  Di ,  hingegen  grösser 
als  die  Einheit.  Mit  anderen  Worten:  ich  habe 
mit  Hilfe  von  Natriumdampf  ein  vollständiges 
anomales  Spektrum  erzielt,  in  dem  alle  Farben 
vertreten  sind  vom  äussersten  Rot  bis  zum 
äussersten  Violett,  mit  alleiniger  Ausnahme  eines 

Bereiches    von    etwa    20    Angström-Einheiten 
an  den  /^-Linien. 

Frühere  Untersuchungen  sind  ausschliesslich 
mit  Natriumflammen  angestellt  worden,  denen 
man  die  Form  eines  Prismas  gegeben  hat.  In 
Anbetracht  der  grossen  Unsicherheit  in  Bezug 
auf  Prismenwinkel,  Dampfdichte  und  Molekular- 
zustand des  Dampfes,  von  dem  man  ja  nicht 
mit  Sicherheit  weiss,  ob  er  dissoziiert  ist  oder 
nicht,  erschien  es  ratsam,  nichtleuchtenden 
Dampf  anzuwenden,  wie  man  ihn  erhält,  wenn 
man  metallisches  Natrium  in  einem  indifferenten 
Gase  oder  im  Vakuum  erhitzt. 


i)   Phil.  Mag.,  Mai  1901. 

2)  Siehe  diese  Zeitschrift,  2,  348,  357,  1901;  3,  154,  1902 


Physikaliscbe  Zeitschrift.     3.  Jahi^ang.     No.  11. 


231 


Die  ersten  Versuche  wurden  mit  einem  Prisma 
aus  Gusseisen  angestellt,  das  mit  Fenstern  aus 
Glimmer  oder  dünnem  Spiegelglas  versehen 
war,  und  in  dem  das  Metall  in  einer  Wasser- 
stoff-Atmosphäre erhitzt  wurde.  Ich  erzielte 
zwar  sofort  sehr  schöne  Resultate,  doch  merkte 
ich  an  gewissen  Besonderheiten  in  der  Art,  wie 
der  Dampf  wirkte,  dass  die  Brechung  haupt- 
sächlich der  Wirkung  des  nichthomogenen 
Mediums  zuzuschreiben  war,  derart,  dass  die 
Flächen  konstanter  Dichte  horizontal  lagen. 
Viel  Mühe  hatte  ich  mit  den  Fenstern,  die  sich 
sehr  bald  mit  einem  weissen  Überzug  bedeckten, 
der  fast  alles  Licht  abhielt.  Da  es  jedoch  auf 
der  Hand  lag,  dass  die  prismatischen  Flächen 
nur  eine  unerhebliche  Rolle  spielten  und  die 
Erscheinung  fast  ausschliesslich  auf  Rechnung 
der  veränderlichen  Dampfdichte  zu  schreiben 
war,  erschien  es  ratsam,  diesen  Umstand  aus- 
zunützen. Ich  kam  denn  auch  dadurch  über 
die  Verlegenheit  hinweg,  dass  ich  die  Glas- 
platten in  solche  Entfernung  von  dem  erhitzten 
Dampf  brachte,  dass  es  zu  keinem  Niederschlage 
mehr  kam. 

Die  schliessliche  Anordnung  bestand  ein- 
fach aus  einer  etwa  30  cm  langen  Glasröhre, 
an  deren  beiden  Enden  mit  Siegellack  kleine 
Scheiben  Spiegelglas  befestigt  waren.  Ver- 
mittelst zweier  enger  Glasröhren,  die  in  der  aus 
Figur  I  ersichtlichen  Weise  angeordnet  waren, 
wurde  dann  Wasserstoff  eingelassen,  der  vor- 
her über  Calciumchlorid  geleitet  und  so  ge- 
trocknet worden  war. 

Der  Durchmesser  dieser  Röhren  darf  2  mm 
nicht  überschreiten;  sie  müssen  dicht  an  den 
Seitenwänden  der  weiteren  Röhre  entlang  ge- 
fuhrt werden,  da  sie  sonst  dem  Lichte  keinen 
unbeschränkten  Zutritt  gewähren.  Für  die 
weite  Röhre  ist  2  cm  der  geeignetste  Durch- 
messer. 

Da  die  hier  zu  beschreibenden  Versuche 
sicherlich  einen  jeden,  der  sich  die  Mühe  nehmen 
sollte,  sie  zu  wiederholen,  befriedigen  dürften, 
und  da  dieselben  sich  auch  als  Vorlesungsversuche 
ganz  besonders  geeignet  erweisen  dürften,  um 
anomale  Dispersion  zu  demonstrieren,  so  will 
ich  mehr  im  einzelnen  die  Herstellungs-  und 
Benutzungsweise  dieser  Dispersionsröhren  in  der 
Form    beschreiben,    die  ich  am  vorteilhaftesten 


gefunden  habe:  Zuerst  werden  die  Röhren- 
enden erwärmt  und  mit  Siegellack  dick  be- 
strichen; dann  wird  das  eine  Glasröhrchen  an 
Ort  und  Stelle  angebracht  und  ein  vorher  er- 
wärmtes kleines  Stück  Spiegelglas  gegen  den 
Lack  gedrückt,  so  dass  alle  kleinen  Spalten 
rund  um  die  Glasröhre  mit  Lack  geschlossen 
werden.  Darauf  wird  die  Zuleitungsröhre  an- 
gebracht und  ein  Stück  frisch  geschnittenes 
Natrium,  dessen  Dimensionen  etwa  5  mm  be- 
tragen, eingeführt.  Sodann  wird  das  andere 
Fenster  angekittet  und  so  schnell  wie  möglich 
mit  der  Durchleitung  des  Wasserstoffstromes 
begonnen.  Einige  Übung  ist  erforderiich,  um 
diesen  während  der  Versuche  zu  regulieren. 
Wenn  man  nämlich  anfängt,  die  Röhre  zu  er- 
hitzen, bildet  sich  viel  weisser  Rauch.  Doch 
wenn  man  den  Strom  derart  reguliert,  dass  pro 
Sekunde  etwa  eine  Gasblase  austritt,  klärt  sich 
der  Rauch  gewöhnlich  nach  Verlauf  weniger 
Minuten  auf  und  stört  nicht  weiter.  Die  Röhre 
wird  am  besten  mit  einem  halb  nach  unten  ge- 
kehrten Bunsenbrenner  erwärmt,  derart,  dass  die 
Flammenspitze  den  Röhrenboden  bestreicht. 
Wenn  man  hinter  die  Röhre  eine  Natriumflamme 
stellt,  kann  man  die  Dampfbildung  gut  be- 
obachten; der  Dampf  hebt  sich  nämlich  gegen 
die  Flamme  fast  kohlschwarz  ab,  während  er 
in  weissem  Licht  durchaus  farblos  ist. 

Zur  Untersuchung  der  Dispersion  des  Dampfes 
kam  ein  Apparat  zur  Anwendung,  der  im 
wesentlichen  mit  dem  Bec  quere  Ischen  iden- 
tisch ist: 

Das  Licht  einer  Bogenlampe  wurde  auf  den 
horizontalen  Spalt  eines  Kollimators  konzentriert; 
die  parallel  gemachten  Strahlen  passierten  diesen 
und  gingen  dann  durch  die  ganze  Länge  der 
Dispersionsröhre.  Eine  zweite  Linse  konzentrierte 
sie  sodann  nach  einem  Brennpunkt  im  Spalte  eines 
Spektroskops,  wenn  die  Dispersion  nach  der 
Methode  der  gekreuzten  Prismen  untersucht 
werden  sollte,  oder  nach  dem  Brennpunkt  eines 
Okulars,  wenn  das  anomale  Spektrum  subjektiv 
beobachtet  werden  sollte. 

Bei  den  ersten  Versuchen  wandte  ich  die 
Methode  der  gekreuzten  Prismen  an,  und  zu 
diesem  Zwecke  war  das  Spektrometer  mit  einem 
ebenen  Rowl  and  sehen  Gitter  versehen,  das  die 
Natriumlinien  weit  getrennt  zeigte.     Es  war  so- 


...f...^.T: 


\"' 


Fig.  I. 


232 


Physikali scbe  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No. 


fort  ersichtlich,  dass  meine  Dispersions  röhren 
weit  bessere  Resultate  gaben,  als  die  Methode 
der  Flammenprismen  es  je  ermöglicht  hatte. 
Die  gekrümmten  Äste  des  Beugungs Spektrums 
auf  beiden  Seiten  der  Natriumlinien  waren 
durchaus  scharf  und  fest,  und  die  Dispersion 
konnte  bis  zu  einer  beträchtlichen  Entfernung 
über  beide  Seiten  des  Spektrums  hin  verfolgt 
werden.  Am  Spalte  des  Spektrometers  erschien, 
an  Stelle  des  weissen  Bildes  des  horizontalen 
Spaltes,  ein  schönes  anomales  Spektrum,  von 
gros.sem  Glanz  und  grosser  Reinheit,  Wenn  dann 
das  Spektrometer  entfernt  und  an  seine  Stelle  ein 
Okular  gebracht  wurde,  zeigte  sich  gleichfalls 
ein  prachtvolles  Spektrum. 

Bevor  ich  Jedoch  dieses  Spektrum  im  einzelnen 
bespreche,  möchte  ich  noch  von  den  Resul- 
taten berichten,  die  ich  mit  der  Methode  der 
gekreuzten  Prismen  erzielt  habe.  Wenn  die 
Röhre  erhitzt  wird,  kann  man  zunächst  die 
Krümmung  des  Spektrums  sowohl  zwischen  den 
ALinien  als  rechts  und  links  davon  beobachten, 
und  zwar  stellt  sich  alles  so  dar,  wie  von 
Becquerel  beschrieben;  nach  Verlauf  weniger 
Sekunden  jedoch  wird  der  Dampf  so  dicht,  dass 
Totalabsorption  des  gesamten  Lichtes  zwischen 
den  Linien  eintritt.  Julius  spricht  die  Ansicht 
aus,  dass  dieses  Verschwinden  des  Lichtes 
zwischen  den  Ü-Linien  nur  von  der  starken 
Dispersion  komme,  dass  dieses  also  nicht  ab- 
sorbiert, sondern  nur  nach  der  einen  Seite 
hin  abgelenkt  wird,  so  dass  es  nicht  in  das 
Instrument  treten  kann.  Nach  meiner  Meinung 
ist  dies  jedoch  nicht  zutreffend,  da  ich  dieselbe 
Erscheinung  unter  Bedingungen  beobachtet  habe, 
wo  die  Möglichkeit  einer  seitlichen  Ablenkung 
vollständig  ausgeschlossen  ist.  Wie  ich  weiter 
unten  zeige,  ist  die  Breite  des  Absorptions- 
streifens manchmal  gleich  der  zwanzigfachen 
Breite    des  Spektrums    zwischen   den  /J-Linien. 

Die  entgegengesetzt  gekrümmten  Äste,  die 
sich  an  das  Absorptionsgebiet  anschliessen, 
wachsen  schnell  an,  wenn  die  Röhre  heisser 
wird,  und  schliesslich  treten  die  Enden  aus  dem 
Gesichtsfeld  des  Instrumentes  heraus.  Im  Rot 
und  im  Grünblau  tritt  dann  schöne  Slreifen- 
absorption  auf,  die  einen  Bereich  im  Blau 
schliesslich  fast  völlig  auswischt.  Unterdessen 
nimmt  die  Krümmung  des  Spektrums  in  ganz 
merkwürdiger  Weise  zu:  der  ganze  rote  Ast 
üegt  hoch  über  dem  grün-blauen  Teil.  Wenn 
die  Dampfdichte  zunimmt,  verblasst  das  Rot 
allmählich;  es  bleibt  nur  Gelb  und  Grün  und 
das  äusserste  Blau  und  Violett,  während  die 
Krümmung  fortdauernd  zunimmt.  Das  Streifen- 
oder Rippen  Spektrum  ist  von  Roscoe  und 
Schuster  vor  etwa  25  Jahren  beschrieben 
worden,  doch  ist  meines  Wissens  seitdem  nicht 
mehr  darüber  gearbeitet  worden.  Ich  habe 
kürzlich    mit  Hilfe    eines    konkaven  Rowland- 


sehen  Gitters  ausgezeichnete  Photographien  hier- 
von erzielt,  die  vom  äussersten  Rot  bis  zum 
Violett  gehen;  ich  finde,  dass  dasselbe  viel  aus- 
gedehnter ist,  als  man  angenommen  hatte,  denn 
die  Streifen  gehen  direkt  bis  zum  Absorptions- 
streifen  an  den  />-Linien,  und  zwar  auf  beiden 
Seiten,  wenn  sie  auch  auf  der  Seite  der  kürzeren 
Wellenlänge  sehr  undeutlich  sind.  Dieses  Spek- 
trum will  ich  in  einer  späteren  Arbeit  be- 
sprechen. 

Von  dem  Dispersionsspektrum  des  Beugut^rs- 
gitters  habe  ich  sehr  befriedigende  Photo- 
graphien erzielt.  Nach  beendigter  Belichtung, 
doch  vor  dem  Entfernen  der  Platte,  wurde  eine 
kleine    Natriumflamme   vor   den    Spektrometer- 


spalt  gebracht:  man  erhielt  so  auf  der  Platte 
ein  Bild  der  Natriumlinien  an  ihrer  Stelle  im 
Spektrum  und  konnte  dieses  als  Marke  benutzen. 
Um  Photographien  von  der  Dispersion  bei 
grösserer  Dichte  des  Natriumdampfes  zu  er- 
zielen, war  grössere  Lichtstärke  wünschenswert, 
und  deswegen  wurde  das  Gitter  durch  ein 
kleines  Prisma  ersetzt.  Dieses  Prisma  löste  auf 
den  Negativen  die  Natriumlinien  nur  gerade  auf, 
gab  aber  ausgezeichnete  Bilder  des  Spektrums 
mit  starker  Natriumdispersion.  So  wurde  Fig.  2 
hergestellt ;  auf  derselben  sind  die  Streifen  im 
Rot  und  Grün  ersichtlich,  wenn  auch  nicht 
sehr  scharf. 

Da  bei  jeder  Wiedergabe  von  den  feinen 
Einzelheiten  viel  verloren  geht,  habe  ich  in 
Fig.  2  die  äussersten  Punkte,  bis  zu  denen  die 
gekrümmten   Äste    am   Absorptionsstreifen    auf 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


233 


dem  Original -Negativ  verfolgt  werden  können, 
mit  Pfeilen  bezeichnet.  Bei  Beobachtung  mit 
blossem  Auge  kann  man  dieselben  jedoch  viel 
weiter  verfolgen,  denn  die  Endspitzen  sind 
äusserst  schwach  und  das  Licht  chemisch  nicht 
sehr  wirksam. 

Bei  der  Darstellung  des  direkten  Spektrums, 
wie  es  ein  Prisma  von  Natriumdampf  giebt,  er- 
hält man  die  besten  Resultate  mit  einer  langen 
Dispersionsröhre  und  einem  Satz  von  vier  bis 
fünf  Prismen.  Die  Natriumstückchen  müssen 
mindestens  etwa  6  bis  8  cm  auseinanderliegen, 
und  für  jedes  einzelne  muss  besonders  ein  kleiner 
Bunsenbrenner  in  Anwendung  kommen. 

Man  kann  zwar  schon  mit  einem  einzigen 
Prisma  ein  recht  schönes  anomales  Spektrum  er- 
zielen, doch  ist  in  Anbetracht  der  prachtvollen 
Resultate,  welche  die  Anwendung  eines  ganzen 
Satzes  ermöglicht,  die  kleine  weitere  Mühe  nicht 
verloren.  Wenn  die  Lichtquelle  der  elektrische 
Bogen  ist,  findet  man,  dass  das  äusserste  Violett 
die  Stelle  des  unabgelenkten  Spaltbildes  einnimmt. 
Dann  kommt  Blau,  manchmal  in  direktem  An- 
schluss  an  Violett,  manchmal  hingegen  durch 
eine  feine  dunkle  Linie  von  ihm  leicht  getrennt, 
da  ja  das  violette  Licht  von  der  gerippten 
Kohlenstoffbande  des  Bogens  kommt,  die  vom 
Blau  durch  ein  verhältnismässig  dunkles  Be- 
reich getrennt  ist.  Darauf  folgt  eine  breite 
Lücke,  die  dem  Lichte  entspricht,  das  im  blau- 
grünen Bereich  (dem  gerippten  Spektrum)  vom 
Natriumdampf  absorbiert  wird,  und  darüber  ein 
prächtiger  Farbenstreifen,  der  von  Blaugrün  in 
Grasgrün  und  schliesslich  in  Gelb  übergeht.  Der 
rote  und  orangenfarbige  Teil  des  Spektrums 
liegt  auf  der  anderen  Seite  des  unabgelenkten 
Bildes,  oder  unterhalb  desselben,  und  bildet 
einen  zweiten  glänzenden  Farben  streifen.  Vom 
Violett  ist  es,  infolge  der  Absorption  bei  den 
/7-Linien,  durch  einen  breiten  dunklen  Streifen 
geschieden.  Wenn  die  Röhre  stärker  erwärmt 
wird  und  so  die  Dichte  des  Dampfes  wächst, 
breitet  sich  der  rote  Streifen  weiter  nach  unten  aus, 
wird  schwächer  und  verblasst  schliesslich  ganz 
infolge  des  Auftretens  von  gerippten  Ab- 
sorptionsstreifen  im  Roten.  Grün  und  Blau 
bleiben  weiter,  wenn  sie  auch  immer  weiter  von- 
einander getrennt  sind,  bis  schliesslich  auch 
Grün  fast  vollständig  verschwindet.  Am  besten 
bringt  man  den  Gashahn  so  an,  dass  man  die 
Flammenhöhe  regulieren  kann,  ohne  sich  vom 
Okular  zu  entfernen,  da  es  ganz  wunderbar  ist, 
eine  wie  geringe  Veränderung  dazu  genügt,  den 
ganzen  Charakter  des  Spektrums  zu  verändern. 

Die  Glasröhre  darf  man,  bevor  der  Versuch 
beendigt  ist,  nicht  abkühlen  lassen,  da  sie  sonst 
sofort  zerspringt,  wenn  man  die  Flamme  wieder 
heranbringt. 

Glas    ist  zwar  für  Versuche,    die  nur  kurze 


Zeit  dauern,  ein  recht  geeignetes  Material,  doch 
ist  sonst  Eisenblech  vorzuziehen.  Jeder  Klempner 
kann  brauchbare  Röhren  herstellen:  dieselben 
müssen  aus  dünnem  Eisenblech  verfertigt  sein; 
der  umgewendete  Lötsaum  wird  gehämmert,  bis 
ein  dichter  Schluss  hergestellt  ist.  Solche 
Röhren  können  beliebig  oft  erhitzt  und  ab- 
gekühlt werden,  und  man  kann  sie  ein  bis  zwei 
Stunden  lang  hintereinander  benutzen.  Nach 
Ablauf  dieser  Zeit  ist  das  Natrium  gewöhnlich 
aufgebraucht,  und  ein  moosartiger  Satz  von 
Oxyd  hat  allmählich  die  Röhre  angefüllt.  Die 
Röhren  können,  ohne  Schaden  zu  nehmen, 
immer  und  immer  wieder  benutzt  werden  und 
sind  in  jeder  Hinsicht  befriedigend.  Ihr  einziger 
Fehler  ist  ihre  Wärmeleitfähigkeit,  da  der  Siegel- 
lack weich  wird  und  die  Glasplatten  abfallen; 
doch  diesem  Übelstand  kann  abgeholfen  werden, 
wenn  man  um  beide  Enden  ein  Stück  Lein- 
wand wickelt  und  dieses  von  Zeit  zu  Zeit  an- 
feuchtet. Ich  habe  auch  Röhren  mit  Wasser- 
mänteln an  beiden  Enden  anfertigen  lassen, 
doch  erzielt  man  hiermit  anscheinend  keinen 
besonderen  Vorteil  und  kompliziert  nur  den 
Apparat.  Porzellanröhren  sind  recht  brauch- 
bar, doch  gebe  ich  im  allgemeinen  den  eisernen 
den  Vorzug. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen  am  31.  Januar  1902.) 


Zur    Temperaturbestimmung    von    Flammen.      \y 
Von  O.  Lummer  und  E.  Pringsheim. 

Die  Auffindung  der  Strahlungsgesetze  fiir 
den  schwarzen  Körper  und  das  blanke  Platin 
hat  die  Grundlage  für  mehrere  Methoden  ge- 
liefert, um  die  Temperatur  auch  nicht  schwarzer, 
leuchtender  Körper  mit  ziemlicher  Genauigkeit 
zu  bestimmen.  Auch  die  Temperatur  leuchtender 
Flammen  Hess  sich  angeben  unter  der  Voraussetz- 
ung, dass  die  Strahlungseigenschaften  der  glühen- 
den Kohlepartikelchen  zwischen  denen  des  schwar- 
zen Körpers  und  des  blanken   Platins  liegen. ') 

Nur  die  nichtleuchtenden  Flammen  sind 
von  diesen  Methoden  ausgeschlossen,  da  sie 
ein  diskontinuierliches,  aus  einzelnen  Banden  be- 
stehendes Spektrum  besitzen.  Hier  kann  man 
aus  der  Emission  allein  keine  direkten  Schlüsse 
auf  die  Temperatur  ziehen,  wohl  aber  kann 
man  hoffen,  bei  gleichzeitiger  Messung  der  Ab- 
sorption über  die  Temperatur  Aufschluss  zu  er- 
halten.    Die  Messung  der  Absorption  strahlen- 

I)  U.  Lummer  und  E.  Pringsheim,  Verhandlgn.  der 
Deutsch.  Phys.  Ges.  1,  215 — 235,  1899. 


234 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   il. 


der  Flammen  bleibt  stets  misslich.  Man  um- 
geht sie  ganz,  wenn  man  genügend  dicke  strah- 
lende Schichten  nimmt  oder  wenn  man  die  be- 
kannte Methode  der  Umkehrung  der  Spektra 
anwendet. 

Relativ  einfach  gestaltet  sich  die  Temperatur- 
bestimmung, wenn  es  gelingt,  die  schwarze  Strah- 
lung bei  Temperaturen  zu  verwirklichen,  welche 
die  zu  messende  Flammentemperatur  übersteigen, 
mindestens  aber  erreichen.  Mit .  dem  von  uns 
konstruierten  elektrisch  geglühten  Kohlekörper  •) 
hoffen  wir  Temperaturen  bis  3CXX>®  zu  erreichen. 

Alle  auf  der  Strahlung  beruhenden  Methoden 
der  Temperaturbestimmung  sind   nur  bei   den- 
jenigen Flammen  brauchbar,  bei  denen  es  sich 
um    reine    Temperaturstrahlung   handelt.      Bei 
den  Kohlenwasserstoff-Flammen   z.  B.  kommen 
die    Bandenspektra    der    Kohlensäure    und    des 
Wasserdampfes  in  Betracht.    Ob  diese  Emission 
der  reinen  Temperaturstrahlung  angehört,  oder 
ob    Luminescenz    mitwirkt,    ist    eine    noch    un- 
entschiedene   Frage.  ^)     Ergiebt    sich    aus    der 
Umkehrung    der     verschiedenen     Absorptions- 
banden nicht  die  gleiche  Temperatur  der  Flam- 
me,   so    kann    man    wohl   schliessen,    dass    die 
Emission  zum  Teil  durch  Luminescenz  hervor- 
gebracht wird.     Sollten  dagegen  die  CO^-  und 
H2  0-Banden  bei  ein  und  derselben  Temperatur 
des  schwarzen  Körpers  umgekehrt  werden,  dann 
dürfte   diese  Temperatur    die  wahre  Flammen- 
temperatur sein.     Bei   den  durch  Metalldämpfe 
(AVz,  K  etc.)    gefärbten    Flammen    versagt    da- 
gegen   diese    Methode    ganz.     Denn    in    allen 
Fällen,    in    denen   die  Emission  nur  aus  homo- 
genen   Wellen    besteht,    hängt    die  Umkehrung 
der  Spektrallinien  nicht  allein  von  der  Temperatur 
des  schwarzen  Körpers  ab,  sondern  es  können 
die  Linien  durch  blosse  Änderung  der  Dispersion 
zum  Verschwinden    oder  Wiedererscheinen  ge- 
bracht werden. 

Aber  auch  bei  reiner  Temperaturstrahlung 
und  nichthomogener  bezw.  kontinuierlicher 
Emission  liefert  diese  Methode  nur  dann  rich- 
tige Werte  der  Temperatur,  wenn  das  Reflexions- 
vermögen der  Flamme  gegen  ihr  Absorptions- 
vermögen zu  vernachlässigen  ist.  Ist  dies  nicht 
der  Fall,  so  tritt  das  Kriterium  (Schwelle  der 
Umkehr  bezw.  Helligkeitsgleichheit  mit  und  ohne 
Flamme)  ein,  ohne  dass  die  Temperaturen  des 
schwarzen  Körpers  und  der  zu  untersuchenden 
Flamme  ungleich  sind.  In  diesem  Falle  sei 
7",  die  Temperatur  des  schwarzen  Körpers  und 
S\  sein  Emissionsvermögen  für  das  untersuchte 
Wellenlängengebiet.  Entsprechend  seien  7\ 
die  Temperatur  der  Flamme,  A  ihr  Emissions- 
vermögen,   A  ihr  Absorptionsvermögen,    A'  ihr 

II   Diese  Zeitschr.  3,  97  —  100,  1901. 
2'  Vgl.  Litteratur  bei  K.  Priugsheira,  „Sur  l'Emission 
'\-i^    Ga/".     Congres  Intern,  de  Phys.  Paris  1900. 


Reflexionsvermögen  und  D  ihr  Durchlassungs- 
vermögen.  Die  Gleichgewichtsbedingung  ist 
dann: 

Ist  6*2  das  Emissionsvermögen  des  schwarzen 
Körpers  für  die  Temperatur  72,  so  ist: 

also  folgt: 

02  .       0| 


oder  d2LR  +  A  +  n=i  ist: 


I) 


Ist  R  also  nicht  klein  gegen  A,  so  wird 
S2  >  S\  oder  7^2  ^  ^1 »  ^'  h.  die  Flammen- 
temperatur ist  zu  klein  gemessen.  Die  Vor- 
aussetzung 

dürfte  wenigstens  bei  den  stärkeren  Absorptions- 
banden der  nichtdurchleuchtenden  Flammen 
nahe  erfüllt  sein.  Ob  dies  aber  auch  bei  den 
mit  kontinuierlichem  Spektrum  leuchtenden 
Flammen  der  Fall  ist,  erscheint  uns  zweifelhaft. 

Neuerdings  hat  Herr  Kurl bäum  ')  gemessen, 
bei  welcher  Temperatur  des  schwarzen  Körpers 
die  Helligkeit  im  sichtbaren  Gebiet  des  Spek- 
trums (Rot)  durch  Einschalten  der  Kerzen- 
flamme in  den  Strahlengang  nicht  geändert 
wird.  Indem  bei  dieser,  auf  der  Umkehrung 
der  Spektra  beruhenden  Methode  die  Flammen- 
temperatur gleich  derjenigen  des  schwarzen  Kör- 
pers gesetzt  wird,  bleibt  der  Einfluss  der 
Reflexion  unberücksichtigt.  Die  so  erhaltene 
Temperatur  der  Kerze  ist  daher  notwendig  zu 
klein.  Um  wieviel  sie  zu  erhöhen  i.st,  wäre 
nur  angebbar,  wenn  man  das  Verhältnis  von 
R  und  A  kennen  würde.  Da  Angaben  hierüber 
fehlen,  so  haben  wir,  um  einen  Anhaltspunkt 
zu  gewinnen,  vorläufig  das  Durchlassungsver- 
mögen  D  und  damit  R  +  A=  i  —  D  bestimmt. 
Diese  Messungen  ergaben  fiir  den  roten  Spektral- 
bezirk : 

/?  =  o,8,  also  R  +  A  =  o,2. 

Je  nach  den  Umständen  wird  RA  verschie- 
dene Grösse  haben  können.  Unter  der  willkür- 
lichen Annahme  z.  B.,  dass  die  in  der  Kerze 
glühenden  Kohlepartikelchen  5  resp.  10  Proz. 
der  auffallenden  Strahlen  durch  Reflexion  und 
Beugung  zerstreuen,    würde   nach   Gleichung   i 

werden: 

4 
^2  =  -zr  Si,  bezw.  ^'2  ^^  2.S'i, 

d.  h.  es  müsste  die  unter  Vernachlässigung  der 

I)  Diese  Zeitschr.  3,   187—188,  1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


235 


Reflexion  bestimmte  Kerzentemperatur  um  so- 
viele  Grade  erhöht  werden,  als  man  die  Tempe- 
ratur des  schwarzen  Körpers  erhöhen  muss,  damit 
sein  Emissionsvermögen  von  S]  auf  ^j-i  Si 
bezw.  2  6*1   steigt. 

Nach  unseren  isochromatischen  Kurven  für 
den  schwarzen  Körper ')  beträgt  dieses  Intervall 
für  Rot  etwa  40 "  bezw.  1 20  ** ,  so  dass  die 
Kurlbaumsche  Zahl  sich  unter  den  gemachten 
Annahmen  von  1704^  abs.  auf  1740^  bezw. 
1820^  abs.  erhöhen  würde,  während  wir  aus 
der  bolometrisch  gemessenen  Lage  des  Energie- 
maximums die  Temperatur  der  Kerze  zwischen 
1780'*  abs.  und  i960  "abs.  eingeschlossen  hatten. 

Übrigens  ist  eine  genaue  Übereinstimmung 
zwischen  dem  photometrisch  und  bolometrisch 
gemessenen  Werte  gar  nicht  zu  erwarten,  umso- 
weniger  als  die  Temperatur  der  Kerze  sich 
jedenfalls  mit  der  Flammenhöhe,  der  Art  der 
Kerze  etc.  ändert.  Die  gefundene  geringe  Ab- 
weichung kann  daher  kaum  den  Schluss  recht- 
fertigen, dass  der  in  der  Kerze  glühende  Kohlen- 
stoff selektiver  strahlt  als  blankes  Platin. 

1)  O.  Lummer  und  E.  Pringsheim  Verhandlgn.  der 
Deutsch.  Phys.  Ges.  3,  36—46,   1901. 

(Eingegangen  7.  Februar  1902.) 


Geschichtliches  zur  Erklärung  der  Zerstreuung 

der  Kathodenstrahlen. 

Von  J.  Stark. 

Vor  kurzem  veröffentlichte  ich  in  dieser 
Zeitschrift  (3,  161,  1902)  eine  Mitteilung  über 
die  Reflexion  der  Kathodenstrahlen.  Auf  Grund 
der  Annahme,  dass  zwischen  den  Kathodenstrahl- 
teilchen  und  den  reflektierenden  Massenteilchen 
eine  von  der  Entfernung  abhängende  Kraft 
wirke,  versuchte  ich  die  bis  jetzt  über  die 
Kathodenstrahlreflexion  vorliegenden  Beobach- 
tungen und  Messungen  systematisch  zu  ordnen 
und  auf  vorhandene  Lücken  hinzuweisen. 

Wenn  man  in  den  Kathodenstrahlen  be- 
wegte elektrische  Teilchen  sieht,  so  ergiebt  sich 
von  selbst  die  Folgerung,  dass  Kräfte  zwischen 
ihnen  und  anderen  Teilchen  auftreten  können. 
In  der  Einführung  jener  Annahme  liegt  darum 
kein  Verdienst;  sie  ist  schon  von  verschiedenen 
Seiten  gemacht  und  vor  allem  bereits  von  W. 
Weber  klar  und  deutlich  ausgesprochen,  ja 
sogar  zu  den  grundlegenden  Zügen  einer 
Theorie  der  Zerstreuung  elektrischer  Strahlen 
verwertet  worden. 


reits  W.  Weber')  die  Zerstreuung  elektrischer 
Teilchen  behandelte,  zunächst  allerdings  in 
der  Absicht,  auf  diesem  Wege  zu  einer  elektro- 
dynamischen Begründung  von  Max we  11s  Gas- 
theorie zu  gelangen.  Bei  näherem  Nachlesen 
war  ich  erstaunt  zu  ersehen,  dass  die  Entwicke- 
lungen  von  Weber  Wort  für  Wort  auf  die 
Zerstreuung  der  Kathodenstrahlen  übertragen 
werden  können,  dass  er  schon  im  Jahre  1878 
auf  die  bewegten  elektrischen  Teilchen  Bezeich- 
nungen und  Definitionen  angewandt  hat,  die  erst 
in  den  letzten  Jahren  neu  gebildet  worden  sind. 
Es  dürfte  von  allgemeinem  Interesse  sein, 
Webers  eigeneWorte  kennen  zu  lernen.  Ich  citiere 
darum  aus  der  Abhandlung  „Elektrische  Strah- 
lung, insbesondere  Reflexion  und  Zerstreuung 
der  Strahlen"  folgende  Stellen: 

S.  389.  ,,Die  Bewegungen  zweier  bloss 
durch  Wechselwirkung  getriebenen  elektrischen 
Teilchen,  die  sich  in  Bewegung  gegeneinander 
sowohl  in  der  sie  verbindenden  Geraden,  als 
auch  senkrecht  darauf  befinden,  sind  in  den 
elektrodynamischen  Massbestimmungen,  Bd.  X 
dieser  Abhandlungen,  betrachtet  und  zu  ihrer 
Bestimmung  folgende  Gleichungen  gefunden 
worden: 


u'       r—r^  (q    ,    /-+  ro 
c^        r — Q  ^r^  r 

ra  =  ro  «oi 


«0 


wo  r  die  Entfernung  beider  Teilchen  vonein- 
ander, und  u  und  a  ihre  relativen  Geschwindig- 
keiten in  der  Richtung  von  r  und  senkrecht 
darauf  bezeichnen;  ferner  bezeichnet  ro  den 
Wert  von  r,  für  welchen  n  =  o  ist,  «0  den  Wert 
von  «,  für  welchen  r  =  ro  ist,  endlich  (>  die 
von  der  Natur  und  den  Massen  f  und  ^'  der 
beiden  Teilchen  e  und  /  abhängenden  Konstante 

€  +   fi       e  '  e 


()  =  2 


.2 


WO  Q  positiv  oder  negativ  ist  wie  das  Produkt 


e  *  e , 


S.  390.^  „Es  soll  nun  der  Fall  betrachtet 
werden,  dass  zwei  gleiche  elektrische  Teilchen 
e  und  /  aus  grosser  Entfernung  sich  einander 
mit  grosser  Geschwindigkeit  //  nähern  .  .  .  Der 
Einfachheit  halber  soll  bei  dieser  relativen  Be- 
wegung e  als  ruhend  betrachtet  werden.  In 
derselben  Bahn  und  relativ  gegen  e  mit  gleicher 
Geschwindigkeit  soll  dem  Teilchen  /  eine  Reihe 
gleicher  Teilchen  e\  e"  ...  folgen,  in  solchen 
Intervallen,  dass  die  wechselseitigen  Störungen 
derselben  nicht  berücksichtigt  zu  werden 
brauchen." 

.  .  .    Das  System  aller  dieser  Teilchen  heisse 


Herr     Geheimrat     Riecke     hatte     die    Güte,    :  ,,  Wilhelm    Webers  Werke,    IV.  Hand,    Galvanismus 

mich  darauf  aufmerksam  zu  machen,    dass  be-  '  und  Elektrodynamik,  Berlin  1894,  389. 


236 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang,     No.   11. 


ein  elektrischer  Strahl  und  die  Asymptote, 
in  der  sich  die  Teilchen  befinden,  wenn  sie  sehr 
weit  von  e  entfernt  sind,  diene  zur  Bestimmung 
der  Richtung  des  Strahles." 

S.  391.  „Von  dem  Augenblicke  an,  wo 
r  =/-()  geworden,  entfernen  sich  die  beiden  Teil- 
chen e  und  /  wieder  voneinander,  und  ihre 
Verbindungslinie  nähert  sich  einer  anderen  Ge- 
raden, die  mit  der  Richtung,  welche  ee  besass, 
als  r  =  ro  geworden,  ebenfalls  einen  Winkel 
=  9P0  bildet  und  mit  der  Richtung  des  ursprüng- 
lichen Strahles  den  Winkel  =  29>o»  welcher  der 
Reflexionswinkel  heissen  soll.  Dieser  Re 
flexionswinkel  ist  nun  aber  für  die  verschiedenen 
Teilchenpaare  ee\  ee'  .  .,  welche  zu  demselben 
Strahle  gehören,  sehr  verschieden,  nach  Ver- 
schiedenheit der  Werte  von  «o  oder  r^\Q,  wo- 
raus sich  ergiebt,  dass  ein  solcher  reflektierter 
Strahl  zugleich  auch  zerstreut  werde.  Diese 
Zerstreuung  elektrischer  Strahlen  soll  nun 
nach  obigen  Gesetzen  näher  bestimmt  werden.'* 

Weber  hat  in  erster  Linie  die  Zerstreuung 
elektrischer  Strahlen  an  elektrischen  Teilchen 
im  Auge  gehabt;  dass  er  auch  an  eine  Zer- 
streuung durch  ponderable  Moleküle  gedacht 
hat,  geht  aus  folgenden  Stellen  hervor,  deren 
Inhalt  auch  an  sich  grosses  Interesse  bean- 
spruchen darf. 

S.  394.  „Nach  dieser  Mosot tischen  Vor- 
stellung ponderabler  Teilchen  ergiebt  sich  von 
selbst,  dass,  wenn  diese  Teilchen  sich  im  leeren 
Räume  in  Wurfbewegung  befinden,  wie  nach  der 
Krönig- Clausius  sehen  Gastheorie  bei  den  Gasen 
angenommen  wird,  so  würden  aus  den  Gesetzen 
der  elektrischen  Wechselwirkung  für  diese  im 
leeren  Räume  in  Wurfbewegung  befindlichen 
ponderablen  Teilchen  ähnliche  Zurückwerfungs- 
und Zerstreuungsgesetze  sich  ergeben,  als  im 
vorigen  Artikel  für  gleichartige  in  Wurf  bewegung 
befindliche  Teilchen  gefunden  worden  sind." 
S.  395.  ,,Es  lassen  sich  hiernach  die  im  vorigen 
Artikel  gefundenen  Gesetze  der  Zurückwerfung 
und  Zerstreuung  fiir  Strahlen  gleichartig  elek- 
trischer Teilchen  auch  auf  Strahlen  ponderabler, 
nach  Mosottis  Vorstellung  zusammengesetzter 
Moleküle,  übertragen.  Und  sind  nun  diese  pon- 
derablen Moleküle  Gasmoleküle,  so  wird  da- 
durch ein  Aggregatzustand  des  Gases  gebildet, 
welcher  dem  nach  der  Krönig-Clausiusschen 
Theorie  den  Gasen  zugeschriebenem  Aggregat- 
zustande ganz  entspricht,  ohne  dass  es  nötig 
wäre,  diesen  ponderablen  Gasmolekülen  mit 
Krönig  eine  besondere  Form  und  Elastizität, 
oder  mit  Clausius  und  Maxwell  besondere, 
einer  höheren  Potenz  der  Entfernung  umgekehrt 
proportionale  Abstossungskräfte  zuzuschreiben." 

Ganz  ähnliche  Vorstellungen  hatE.  Riecke  ^) 


in  seiner  Theorie  des  Galvanismus  und  der 
Wärme  auf  die  Wechselwirkung  zwischen  einem 
elektrischen  Teilchen  und  einem  ponderablen 
Molekül  angewendet.  Er  schreibt  a.  a.  O.  S.  357 
folgendes:  ,, Nehmen  wir  an,  dass  .  .  .,  so  be- 
wegen sich  die  Teilchen  in  dem  intramolekularen 
Raum  in  gerader  Linie  solange,  bis  sie  in  die 
Nachbarschaft  eines  anderen  ponderablen  Mole- 
küls kommen.  Von  diesem  werden  sie  aus  der 
geradlinigen  Bahn  abgelenkt;  sie  werden  das- 
selbe in  einem  kleineren  oder  grösseren  Bogen 
umkreisen,  um  sich  dann  wieder  zu  entfernen 
und  in  gerader  Linie  bis  zu  einem  dritten 
ponderablen  Molekül  weiter  zu  gehen." 

W.  Kaufmann')  hat  die  Annahme  einer 
Kraft  zwischen  elektrischen  Teilchen  (Kathoden- 
strahlen) und  Molekülen  in  folgender  spezieller 
Form  benützt.  „Ich  mache  die  Annahme,  dass 
zwischen  den  Strahlteilchen  und  den  Molekülen 
eine  Attraktion  stattfindet,  welche  proportional 
ist  der  Masse  des  Moleküls  und  irgend  einer 
Funktion  f[r)  der  Entfernung  r  zwischen  dem 
Strahlteilchen  und  dem  Molekül."  Kaufmann 
bemerkt,  dass  seine  auf  diese  Annahme  ge- 
gründeten Betrachtungen  über  die  Zerstreuung 
der  Kathodenstrahlen  in  Gasen  zu  keineswegs 
widerspruchsfreien  Resultaten  führen.  Dies  darf 
uns  an  der  Annahme  einer  Kraft  nicht  irre 
machen,  da  die  Wechselwirkung  zwischen  elek- 
trischen Teilchen  und  den  materiellen  Teil- 
chen eines  Körpers  in  erster  Linie  wohl  auf 
elektrische  Kräfte  2)   zurückzuführen  sein  dürfte. 

Wie  W.  Seitz^),  so  möchte  auch  ich  die 
Frage  nach  der  speziellen  Natur  der  Wechsel- 
wirkung zwischen  elektrischen,  insbesondere 
Kathodenstrahlteilchen  und  Teilchen  eines 
Körpers  zunächst  noch  offen  lassen.  Für  die  Ord- 
nung und  Kritik  des  bereits  vorliegenden  Versuchs- 
materials, für  die  Vorhersage  neuer  Beziehungen 
genügt  vorderhand  die  Annahme  einer  ablenken- 
den Kraft,  die  mit  dem  wachsenden  Abstand  zwi- 
schen Kathodenstrahl-  und  Massenteilchen  kleiner 
wird.  Die  Aufgabe  meiner  früheren  Mitteilung 
über  die  Reflexion  der  Kathodenstrahlen  sah  ich 
darin,  die  bisherigen  Beobachtungen  zu  syste- 
matisieren und  der  weiteren  experimentellen 
Forschung  Richtpunkte  zu  geben. 


1)  W.  Kaufmann,  Wied.  Ann.  69,   III,   1899. 

2)  Diese  Zeitschr   1,  399,  1900;  2,  233,  1901. 

3)  W.  Seitz,  Ann.  d.  Physik,  6,   I,  1901. 


Göttingen,  25.  Januar  1902. 


(Hingegangen   10.  Februar  1902. 


1)  E.  Riecke,  Wied.  Ann.  66,  357,   1899. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  11. 


237 


Zur  Kenntnis  des  Eiskalorimeters. 

Von  G.  Lindner.') 

Seitdem  in  den  Händen  von  Bunsen  das  Eis- 
kalorimeter seine  klassische  Form  angenommen 
hat,  wird  dasselbe  aus  bekannten  Gründen  zur 
Messung  von  Wärmemengen  benutzt. 

Auf  Anregung  von  Herrn  Prof.  Dr.  Eilhard 
Wiedemann  habe  ich  die  Änderungen  der 
spezifischen  Wärmen  von  festen  Körpern  mit 
der  Temperatur  untersucht  und  dabei  das  Eis- 
kalorimeter von  Bunsen  verwendet.  Während 
ich  noch  mit  den  Vorarbeiten  beschäftigt  war, 
erschien  eine  Arbeit  von  Bontschew^),  welche 
die  Grundbedingung  für  die  Verwendbarkeit  des 
Eiskalorimeters  in  Frage  stellt.  Herr  Bontschew 
findet  nämlich,  dass  man  bei  aufeinander  folgen- 
den Versuchen  für  dasselbe  Stück  derselben 
Substanz  verschiedene  und  zwar  abnehmende 
Werte  für  die  spezifische  Wärme  erhält.  Daraus 
würde  eine  Veränderlichkeit  der  Schmelz- 
wärme des  Eises  sich  ergeben  und  dann 
die  Verwendung  des  Eiskalorimeters  zur 
Messung  von  Wärmemengen  ausgeschlos- 
sen sein.  Einen  Anhalt  würde  diese  Ver- 
änderung in  den  Beobachtungen  von  R.  Emd  en  ^) 
finden,  nach  welchen  in  der  That  das  Eis  im 
Eiskalorimeter  sich  umlagert.  Da  ich  gelegent- 
lich auch  derartige  Resultate  wie  Herr  Bont- 
schew erhalten  habe,  so  bin  ich  den  Ursachen 
der  Erscheinung  nachgegangen.  Von  vorn- 
herein sei  bemierkt,  dass  die  Abnahme  der 
spezifischen  Wärme  nur  dann  eintritt,  wenn 
Fehlerquellen  nicht  vermieden  werden.  Be- 
obachtungen, bei  denen  mit  demselben  Eis- 
mantel eine  Reihe  von  Versuchen  angestellt 
war,  ergaben  nacheinander  folgende  Werte  fiir 
die  mittlere  spezifische  Wärme  von  Kupfer 
zwischen  o^  und   133 


0 


1.  0,0944 

2.  0,0971 

3.  0,09624 

4.  0.09662 

5.  0,09592 

6.  0,09512 


7.  0,0847 

8.  0,0842 

9.  0,0821 

10.  0,0868 

11.  0,0888 

12.  0,0878 


Hieraus  würden  für  die  Schmelzwärme  Unter- 
schiede von  3  bis  14  Proz.  folgen.  Wahrschein- 
licher schien  mir  aber,  dass  dies  von  Veränderun- 
gen im  Eiskalorimeter  herrühre.  In  der  That  zeigte 
sich  bei  einer  Besichtigung  desselben,  dass  der 
Eismantel  an  dem  unteren  Ende  fortgeschmolzen 


1)  Mitgeteilt  von  dem  Physikal.  Institut  der  Universität 
Erlangen. 

2)  Bontschew,  „Die  Abhängigkeit  der  spezifischen 
Wärme  des  festen  Albuminiums  von  der  Temperatur'^,  Inaugu- 
raldissertation, Zürich  1900. 

31  Neue  Denkschriften  der  allgem.  Schweiz.  Gesellschaft 
für  die  Naturwissenschaften  83,  i — 44. 


war.  Dadurch  wurde  aber  der  Versuch  ungenau, 
weil  ein  Teil  der  Wärme  nicht  zum  Schmelzen 
des  Eises  verwendet  wurde,  sondern  durch 
Strahlung  an  die  Umgebung  abgegeben,  be- 
sonders aber  durch  absteigende  Konvektions- 
ströme  im  Wasser  zum  Quecksilber  geführt 
wurde.  Hieraus  erklärt  sich  der  grosse  Unter- 
schied zwischen  den  Resultaten  i — 6  und  7 — 12. 
Ganz  besonders  ist  bei  Beginn  von  Beobach- 
tungen mit  einem  neuen  Eismantel  darauf  zu 
achten,  dass  das  Eis  und  Wasser  im  Kalorimeter 
nicht  unterkühlt  sind,  da  sonst  die  Resultate 
bis  zu  6  Proz.  zu  klein  ausfallen. 

Versuche  mit  kleineren  Mengen  der  Substanz 
ergaben  denn  auch  durchaus  übereinstimmende 
Resultate,  die  weiter  unten  mitgeteilt  werden. 
Um  aber  sicher  zu  sein,  dass  das  Eis  unabhängig 
von  der  Art  der  Entstehung  dieselbe  Schmelz- 
wärme besitzt,  wurde  Eis  bei  verschiedenen 
Temperaturen  gebildet.  Die  nun  folgenden  Ver- 
suchsreihen wurden  nach  der  Krystallisationsform 
in  3  Gruppen  eingeteilt.  Innerhalb  derselben 
wurde  sowohl  frisch  gefrorenes  Eis  als  auch 
solches,  welches  während  einiger  Tage  gestanden 
hatte,  verwendet.  Bestimmt  wurde  jedesmal  die 
spezifische  Wärme  für  Kupfer  zwischen  o^  und 
133®.  Die  Erwärmung  geschah  in  einem  elek- 
trischen Ofen  nach  dem  Prinzip  von L. Holborn 
und  A.  Day.  ^) 

I.  Das  Eis,  welches  zu  den  Versuchen  dieser 
Abteilung  verwendet  wurde,  war  erzeugt,  indem 
Äther  im  Kalorimeter  rasch  zur  Verdampfung 
gebracht  wurde.  Mit  je  einem  frischen  Eis- 
mantel wurden  die  Versuche  i — 2,  3 — 5,  6 — 10 
angestellt.  Der  3.  Eismantel  hatte  3  Tage  ge- 
standen, bis  mit  den  Versuchen  begonnen  wurde. 
Die  Resultate  sind  folgende: 

1.  0,09479  6.  0,09462 

2.  0,09472  7.  0,09413 

3.  0,09462  8.  0,09462 

4.  0,09421  9.  0,09413 

5.  0,09462  10.  0,09455 

Der  grösste  Unterschied  beträgt  0,7  Proz., 
das  arithmetische  Mittel:  0,09449.  Der  nach 
der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  berechnete 
wahrscheinliche  Fehler  desselben  ist  0,0000472, 
also  0,09  Proz. 

II.  Bei  den  folgenden  Versuchen  wurde  das 
Eis  hergestellt,  indem  in  einer  Kältemischung 
aus  Kochsalz  und  Schnee  auf  15^  abge- 
kühlter Alkohol  in  das  Kalorimetergetäss  ge- 
bracht wurde.  Die  Versuche  i — 6  sind  mit 
einem  ersten,  die  Versuche  7 — 10  mit  einem 
zweiten  Eismantel  angestellt.  Der  letztere  hatte 
mehrere  Tage  gestanden,  bis  mit  den  Versuchen 
begonnen  wurde.    Die  Resultate  sind  folgende: 

I)  Wicdem.  Ann.  68,  821,  1899. 


238 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  11. 


1.  0,09416 

2.  0,09420 

3.  0,09434 

4.  0,09416 

5.  0,09461 


6.  0,09482 

7.  0,09420 

8.  0,09416 

9.  0,09420 
10.  0,09443 


Der  grösste  Unterschied  beträgt  0,7  Proz., 
der  Mittelwert:  0,094328;  der  wahrscheinliche 
Fehler  desselben  ist:  0,000048,  also  0,10  Proz. 

III.  Das  Wasser  wurde  diesmal  zum  Ge- 
frieren gebracht  durch  Alkohol,  der  in  einem 
Gemische  aus  Alkohol  und  fester  Kohlensäure 
auf  — 75^  abgekühlt  war.  Mit  dem  Beginn  der 
Versuche  wurde  mehrere  Tage  gewartet.  Die 
Resultate  sind  folgende: 

1.  0,09420      4.  0,09437 

2.  0,09416       5.  0,09443 

3.  0,09464      6.  0,09461 

Der  grösste  Unterschied  beträgt  0,5  Proz., 
das  arithmetische  Mittel  0,09440,  sein  wahr- 
scheinlicher Fehler  0,000054,  also  0,1   Proz. 

Vergleicht  man  nun  die  Mittel  der  einzelnen 
Beobachtungen  untereinander,  so  ergiebt  sich 
ein  Unterschied  von  nur  0,1  Proz.  Man  kann 
also  mit  Recht  schliessen,  dass  die  Schmelz- 
wärme des  Eises  eine  konstante  Grösse 
ist,  und  dass  das  Eiskalorimeter  auch  in 
Zukunft  trotz  der  Angaben  von  Herrn 
Bontschew  bei  richtig  angeordneten  Ver- 
suchen zur  Messung  von  Wärmemengen 
dienen  kann. 

(Eingegangen  15.  Februar  1902.') 


Über  Luftschlieren  und  Zonenfehler. 
Von  K.  Strehl. 

Im  Verein  mit  Herrn  cand.  math.  Hirsch- 
mann   habe    ich  folgende  Ergebnisse  erhalten: 

1.  Wenn  die  von  einem  Sterne  gesendete 
Wellenfläche  vor  dem  Objektiv  wellblechähn- 
liche Durchbiegungen  von  ^/6  Pfeilhöhe  und 
I  dm  Sehne  zeigt,  dann  ist  die  Definitions- 
helligkeit im  Brennpunkt  für  symmetrische  (s) 
bezw.  unsymmetrische  (//)  Lage  der  Wellen- 
fläche zum  Objektiv  und  verschiedene  Öffnungen 
(in  Sechsteln  von  i  dm  angegeben)  folgende 
(in  Prozenten): 

Öffnung  6       8     10     12     16     24     30     48 

Lage  j  %     96     71     71'    6s     54     57     56     55 
Lage  u  %     66     55     51      52     59     55     55      57 

Die  Wirkung  wächst  nicht  mit  dem  Kubus 
der  Öffnung,  sie  geht  rasch  bis  zu  einem  für 
grosse  Objektive  fast  konstanten  Werte. 

2.  Wenn  die  Wellenfläche  nach  dem  Ob- 
jektiv eine  Rotationsfläche  vom  6.  Grad  statt 
eine  Kugel    ist    und    die  Längenabweichung  in 


der  Achse  und  am  Rande  gleich  o,  in  der 
Zone  0,707  R  gleich  '^  ist,  dann  ist  die  De- 
finitionshelligkeit im  günstigsten  Punkte  (Mittel- 
punkt der  der  Wellenfläche  sich  möglichst  an- 
schmiegenden Kugel)  für  verschiedene  Ver- 
hältnisse von  Öffnung  zu  Brennweite  folgende 
(in  Prozenten): 

Verhältnis 
+  (J  in  cm 
+  (J  in  cm 
-I-  (J  in  cm 
+  (J  in  cm 

Die   Hauptl 

die  chromatische  Aberration  und  die  mechani- 
schen Zonenabweichungen,  nicht  die  Wirkung 
der  Luftschlieren  (geringen  Grades). 

Erlangen,  den  6.  Februar  1902. 

(Hingegangen  8.  Febniar  1902  ) 


:  10 

1:14,14 

I  :20 

% 

'u 

•,'2 

1 

Ol 

/, 

1' 

8 

';4 

'/2 

45 

|/,6 

Vs 

'/4 

82 

500 

132 

iiler 

',.6 

der   Riese 

'9 

infernrc 

95 
ihre 

sind 

Erdbebenwellen.  \) 
Von  Wilh.  Schlüter. 

I. 

Schon  gleich  um  das  Jahr  1 880,  als  man  in 
Japan  unter  Führung  von  J.  Milne  begann, 
die  fühlbare  Erdbebenbewegung  zu  registrieren, 
und  man  bemerkte,  dass  die  Bebendiagramme 
zu  Beginn  eine  Serie  Schwingungen  von  kleiner 
Periode  (,,preliminary  tremors*'  oder  „Vorläufer*'), 
dann  Schwingungen  grösserer  Periode  (,,large 
waves",  „lange  Wellen"  oder  „Hauptwellen") 
zeigen,  wurde  die  Aufmerksamkeit  durch  diese 
Hauptwellen  in  hohem  Grade  gefesselt.  Das 
Interesse  wuchs  noch  bedeutend,  als  10  Jahre 
später  E.  v.  Rebeur- Paschwitz  japanische 
Beben  in  Europa  registrierte,  als  man  so  darauf 
aufmerksam  wurde,  dass  die  Erdbebenschwin- 
gungen sich  weit  über  die  Grenzen  des  Fühl- 
barkeitsbereiches hinaus  fortpflanzen  und  bei 
Verwendung  empfindlicher  Apparate  auch  zu 
registrieren  sind.  Die  so  erhaltenen  Fernbeben- 
diagramme zeigten  ebenfalls,  sogar  in  noch  schö- 
nerer Ausbildung,  jene  beiden  Hauptbeweg^ngs- 
gruppen  der  Vorläufer  und  langen  Wellen. 
Welcher  Art  mochten  nun  die  Bewegungen  der 
Erdoberfläche  sein,  die  den  langen  Wellen  der 
Diagramme  zu  Grunde  liegen.^  Gerade  die  be- 
deutende Grösse  der  Perioden   (bei  Fernbeben 


i)  Vorliegende  Arbeit  ist  ein  kur/er  Auszug  einer  in 
zwei  Teile  sich  gliedernden  Abhandlung  aus  Gerlands  Uc'x- 
träjjen  zur  Geophysik,  lid.  V,  Heft  2  und  3.  Darin  sind  im 
(Jöttinger  Geophysikalischen  Institut  angestellte  Untersuchungen 
besprochen,  soweit  sie  Knde  1900  fertig  vorlagen.  Der  erste 
Teil  der  Abhandlung  erschien  vor  dem  Abdruck  in  Ger- 
lands Pici trägen  bereits  als  Innuguraldissertation. 


\ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


239 


15  bis  30  Sekunden  und  darübef)  mag  wohl  so 
stark  den  Gedanken  aufgedrängt  haben,  dass 
man  es  mit  einem  neigenden  Wogen  des  Erd- 
bodens zu  thun  habe.  Alle  die  vielen  Hypo- 
thesen, welche  man  aufstellte,  sei  es  nun  auf 
Grund  der  Gravitation,  der  Elastizität  oder 
dergl.,  kommen,  rein  äusserlich,  geometrisch 
aufgefasst,  auf  dasselbe  hinaus:  Über  die  Erd- 
oberfläche sollen  Wogen  dahineilen  wie  die 
Wellen  des  bewegten  Wasserspiegels  über  den 
Ozean;  und  die  hierbei  auftretenden  Neigungen 
sollen  die  Seismographen  in  Bewegung  setzen. 
Diese  Anschauung  beherrscht  von  jeher,  seit 
nunmehr  20  Jahren,  die  ganze  seismische  Litte- 
ratur;  und  wenn  neuerdings  A.  Schmidt 
(Stuttgart)  nachwies,  dass  die  zweite  Möglich- 
keit zur  Erklärung  der  langen  Wellen  auf  den 
Diagrammen,  die  Annahme  eines  horizontalen 
Hin-  und  Herschwingens  des  Erdbodens,  weit 
kleinere  Bewegungsamplituden  erfordere,  dass 
also  diese  Möglichkeit  die  wahrscheinlichere  sei, 
so  konnte  dieser  Hinweis  die  herrschende  An- 
schauung keineswegs  erschüttern. 

Bei  einer  Frage  von  solch  weitgehendem 
Interesse  fehlte  es  natürlich  nicht  an  Versuchen, 
eine  Entscheidung  herbeizuführen.  Wenn  sie 
jedoch  nicht  gelang,  so  lag  es  an  einer  schon 
früh  von  Anderen  erkannten  Eigentümlichkeit 
sämtlicher  Seismographen:  Sie  werden  durch 
Neigungen  und  durch  horizontales  Hin-  und 
Herschwingen  des  Erdbodens  gleicher  Weise  in 
Bewegung  gesetzt,  man  kann  also  hinterher 
nicht  entscheiden,  welche  von  beiden  Bewegungs- 
ursachen vorhanden  war.  Über  die  innere  Ur- 
sache dieser  Eigentümlichkeit  war  man  sich  je- 
doch noch  nicht  klar  geworden. 

Indem  ich  sie  darin  erkannte,  dass  alle 
Seismographen  im  Prinzip  aus  einer  starren 
Masse  bestehen,  die  bei  beliebiger  Schwerpunkts- 
anordnung um  eine  feste  Achse  drehbar  ist, 
lag  für  mich  die  weitere  Erkenntnis  nicht  mehr 
fern:  Die  Trennung  beider  Bewegungs- 
arten lässt  sich  erreichen,  wenn  man  den 
Schwerpunkt  in  die  Drehungsachse  ver- 
legt. Ein  Horizontalschwingen  des  Erdbodens, 
überhaupt  alle  Parallelverschiebungen  wirken 
dann  nicht  mehr  ein,  es  wirken  nur  noch  die 
Neigungsän  derungen. 

Damit  war  der  Weg  zur  Lösung  des  Proble- 
nies  vorgezeichnet,  welches  ich  durch  die  beiden 
folgenden  Fragen  präzisieren  möchte:  1.  Werden 
die  Seismographen  durchNeigungen  oder 
durch  ein  horizontales  Schwingen  des 
Erdbodens  in  Bewegunggesetzt?  2.  Liegen 
den  langen  Wellen  der  Diagramme  Nei- 
gungswellen der  Erdoberfläche  als  Ur- 
sache zu  Grunde  oder  was  sonst?  Beide 
Fragen  decken  sich  inhaltlich  durchaus  nicht, 
wie  man  später  erkennen  wird.  Unter  „Nei- 
gungswellen" fasse  ich  alle  Bewegungsarten  der 


Erdoberfläche  zusammen,  welche  ihre  Normale 
gegen  die  Schwererichtung  periodisch  schwanken 
machen,  welche  also  ein  Dahineilen  von  Wellen- 
berg und  -Thal  entlang  der  Erdoberfläche  zur 
Folge  haben. 

Ich  baute  daher  einen  Apparat,  den  ich  seiner 
Bestimmung  gemäss  ,,Klinograph"  nannte. 
Er  ist  in  seinem  Äusseren  nichts  anderes  als 
ein  Wagebalken,  welcher  statt  der  Schalen- 
gehänge auf  jeder  Seite  in  starrer  Verbindung 
ein  schweres  Gewicht  (5  kg)  trägt.  Das  Gerüst 
dieses  Wagebalkens  wird  gebildet  durch  zwei 
sich  rechtwinklig  kreuzende,  an  den  Enden 
ringsum  durch  Drähte  verbundene  Aluminium- 
stangen, von  denen  die  horizontale  etwa  2  m, 
die  vertikale  etwa  •* ,  m  lang  ist.  In  der  Durch- 
kreuzungsstelle, dem  Symmetriecentrum  der 
ganzen  Anordnung,  ist,  rechtwinklig  orientiert 
zur  Ebene  des  Gerüstes,  die  5  cm  lange  Achat- 
schneide eingelassen,  mit  welcher  das  Gerüst 
auf  ein  Achatlager  aufgesetzt  wird. 

Die  Registrierung  benutzt  das  photogra- 
phische Prinzip  mit  Hilfe  von  Spalt,  Spiegel 
und  Cylinderlinse.  Der  Hohlspiegel  ist  auf  ein 
kleines  Stativchen  mit  zwei  Spitzen  drehbar 
aufgesetzt;  mit  einer  dritten,  verschiebbaren 
Spitze  lehnt  er  sich  leicht  auf  einen  vom 
äussersten  rechten  Armende  des  Klinographen 
herabhängenden  Bügel.  Dieser  ganze,  Tür  sich 
in  einen  Kasten  eingeschlossene  Apparat  ist 
angebracht  an  der  E  Jl-Wand  des  Beobach- 
tungsraumes, eines  Kellers  der  Göttinger 
Sternwarte. 

Die  gegenüberliegende  Wand  trägt  das  ge- 
samte Instrumentarium  zur  Registrierung,  den 
durch  eine  im  Vorkeller  brennende  Glühlicht- 
flamme erleuchteten,  horizontalen  Spalt,  den 
Registrierapparat  und  die  davor  vertikal  auf- 
gestellte Cylinderlinse,  welche  das  vom  Hohl- 
spiegel des  Apparates  entworfene  Bild  des 
Spaltes  zum  Lichtpünktchen  auf  dem  photo-. 
graphischen  Papier  konzentriert.  Die  Walze 
des  Registrierapparates  hat  einen  Umfang  von 
16  cm  und  dreht  sich  um  ihre  vertikale  Achse 
einmal  in  der  Stunde.  Gleichzeitig  senkt  sie 
sich  um  4  mm,  so  dass  vom  Lichtpunkt  in  einem 
Tage  24  auf  dem  ausgebreiteten  photogra- 
phischen Papier  nebeneinanderlaufende  Linien 
von  36  cm  Länge  aufgezeichnet  werden.  — 
P>ine  später  angebrachte  Zeitmarkengebung 
blendet  jede  Minute  während  2  Sek.  und  jede 
Stunde  während  10  Sek.  das  registrierende 
Licht  ab. 

Einer  instrumentellen  Schwierigkeit  wäre 
noch  zu  gedenken.  Der  Apparat  sollte  re- 
gistrieren mit  dem  Schwerpunkt  in  der  Drehungs- 
achse, d.  h.  bei  indifferentem  Gleichgewicht, 
was  ohne  weiteres  natürlich  praktisch  nicht  aus- 
führbar ist.  Hier  leisteten  mir  die  feinen  Drähte, 
welche     den    Bügel     am    äussersten    Armende 


240 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


tragen,  einen  wichtigen  Dienst:  sie  wirken  als 
Federn  und  verschafften  so  stabiles  Gleich- 
gewicht, wenn  der  Schwerpunkt  in  der  Dre- 
hungsachse lag. 

Die  zu  erwartenden  Neigungen  betrugen 
etwa  nur  2"  bis  3  ;  das  bedeutet  einen  Aus- 
schlag des  äussersten  Klinographen-Armendes 
von  etwa  0,01  bis  0,03  mm,  eine  mikrosko- 
pische Grösse.  Wollte  ich  sie  registrieren,  so 
galt  es,  eine  starke  Vergrösserung  zu  erzielen. 
Dazu  musste  die  Hebelübertragung  des  Spiegels 
dienen.  Bei  passender  Wahl  der  Dimensionen 
(Entfernung  der  verschiebbaren  Spiegelspitze 
von  der  Schneide  100  cm,  von  der  Drehachse 
des  Spiegels  0,7  cm,  Spiegel  bis  photographisches 
Papier  230  cm)  erreichte  ich  eine  690-fache 
Vergrösserung  der  vom  Armende  des  Klino- 
graphen  gemachten  Bewegungen.  So  ergiebt 
sich  für  eine  Bogensekunde  Drehung  des  Appa- 
rates ein  Ausschlag  von  3,5  mm  auf  dem  Papier. 
Man  kann  daher  noch  Neigungen  von  0,02  Bogen- 
sekunden  beobachten,  d.  h.  Bewegungen  des 
Armendes  von  nur  0,00007  mm,  Bewegungen,  die 
in  ihrer  Grösse  etwa  den  10.  Teil  der  Wellen- 
länge des  Lichtes  in    der  /?- Linie    ausmachen. 

Und  bei  solch  kleinen  Ausschlägen  arbeitete 
der  Apparat  noch  mit  vollkommener  Präzision. 
Alle  Befürchtungen,  die  Schneide  könne  wegen 
der  starken  Belastung  bei  jenen  schwachen 
Schwingungen  haften  oder  sie  könne  auf  dem 
übrigens  stets  horizontal  gehaltenen  Lager 
gleiten,  erwiesen  sich  als  unbegründet. 

Nun  erforderte  eine  wissenschaftlich  strenge 
Behandlung  des  vorliegenden  Problems  nicht 
nur  eine  qualitative,  sondern  auch  eine  quanti- 
tative Untersuchung.  Bis  dahin  hatte  man  sich 
jedoch  bei  allen  Rechnungen  damit  begnügt, 
einfach  anzunehmen,  dass  die  Apparate  den 
Neigungen  der  Erde  vollkommen  folgen,  was 
natürlich  nur  für  unendlich  langsame  Neigungen 
zutrifft,  hatte  die  Einwirkung  der  Bodenbewegung 
auf  die  Apparate  also  statisch  behandelt  anstatt 
dynamisch.  Welch  ungenügende  und  falsche 
Resultate  dabei  erhalten  wurden,  lässt  sich 
denken.  So  musste  ich  zuvor  noch  die  Theorie 
der  seismischen  Apparate  für  Neigungen 
geben,  speziell  meines  Klinographen  und  des 
zum  Vergleich    notwendigen  Horizontalpendels. 

Für  meinen  Apparat  nahm  ich  an,  dass  er 
noch  durch  eine  Federkraft  in  seiner  Gleich- 
gewichtslage gehalten  würde,  und  dass  der 
Schwerpunkt  irgendwo  unter  oder  über  der 
Drehungsachse  liege.  Die  Theorie  gestaltet 
sich  so  weit  allgemeiner,  als  hier  unbedingt  not- 
wendig ist;  sie  wird  so  gültig  für  jedes  Vertikal- 
pendel. Als  Differentialgleichung  der  Bewe- 
gung ergiebt  sich  dann  eine  Gleichung  von 
der  Form: 


I) 


dt  dt 


wo  9)  der  Drehwinkel  des  Apparates  gegen  die 
sich  neigende  Erdoberfläche  ist  und  A,  />*,  C 
Konstanten: 


2) 


A  = 


B 


4zr 

T 


4^ 


2 


C=4Jr^r 


iv- 


I  — 


5 


f\  -I 


2Jt 

r 


dient    zur    Abkürzung;    t    ist    die 


Periode  der  in  Sinusschwingungen  tj)  =  ^F  sin  st 
angenommenen  Erdneigung,  T  die  Eigenperiode 
des  Apparates,  T\  seine  Eigenperiode  bei  Fort- 
fall der  Dämpfung,  TL  seine  Eigenperiode  bei 
Fortfall  von  Dämpfung  und  Federkraft,  A  das 
log.  Dämpfungsdekrement,  ;//  die  Masse  des 
Apparates,  M  sein  Trägheitsmoment,  /  der 
Schwerpunktsabstand  von  der  Drehachse,  S'  das 
Trägheitsmoment     eines     fingierten    Spiegelge- 

hänges  =    l  5,    wo    d^    und  d^    die  Abstände 

der  verschiebbaren  Spiegelspitze  von  der  Haupt- 
achse des  Apparates  und  der  Drehachse  des 
Spiegels  bedeuten  und  vS'  das  Trägheitsmoment 
des  wirklichen  Spiegels. 

Das    allgemeine    Integral     der    Differential- 
gleichung wird: 


if  ^4CcosYB-- 


A' 


r-tf* 


-f  C   sin  t 


Yb- 


A^ 


\ 


V  [B  —  s'^)"^ -Y  A"^ s"^ 


As     \ 


C\   C"  sind  Integrationskonstanten. 

Diese  Lösung  des  Bewegungsproblems 
giebt  jede  gewünschte  Auskunft  betreffs  der 
Bewegung  der  Apparate.  Den  ersten  Teil  der 
rechten  Seite  kann  man  ohne  weiteres  weg- 
lassen. Denn,  falls  keine  Dämpfung  vorhanden 
ist  [A  =  o),  giebt  er  eine  Eigenschwingung  des 
Apparates  mit  willkürlicher  (weil  C\  C" ,  will- 
kürlich) Amplitude.  Falls  Dämpfung  vorhanden, 
giebt  er  eine  Schwingung  angenähert  mit  der 
Eigenperiode  und  wiederum  willkürlicher  Ampli- 
tude; zudem  stellt  der  Faktor  e~  ^  eine  mit  wach- 
sendem /  sehr  schnell  abnehmende  Grösse  vor, 
d.  h.  diese  Schwingung  wird  sehr  schnell  ver- 
nichtet. 

Die    weitere  Diskussion    kann    sich  also  auf 
den  zweiten  Teil  beschränken: 


4)  'f  --   - 


C 


l^(/>>_/-y2  +  ^2^2 


sin\st — arct^ 


As   ^ 


Nehmen  wir  zunächst  Fehlen  der  Dämpfung 
an  [A^=o,  7=  7j)  und  setzen  für  W,  />',  C,  s 
ihre  Werte  ein: 


\ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


241 


5) 


I  + 


M 


2 fi 


X 


Durch    das   Glied     .     wird     allgemein     die 

Einwirkung  des  Spiegelgehänges  auf  die  Be- 
wegungen des  Apparates  angegeben.  Hrer  beim 
vorliegenden  Klinographen  sind  die  Dimensionen 
so  gewählt  dass  das  Glied  Null  gesetzt  werden, 
die  Einwirkung  des  Spiegels  also  vernachlässigt 
werden  kann.  Führt  man  noch  statt  (p  die 
Ordinate  ::  =  L(p  des  Diagrammes  und  die 
durch  diese  Gleichung  definierte  „mechanische 
Zeigerlänge**  L  ein,  so  kommt: 

Oj  -  =  —  L  .r^    ^2    -7^9  ^i^  stn  -     /. 

I (,  T^  —  r^  X 

Diese  Formel  stellt  z  dar  als  Funktion  der 
Erdneigung  ip.  z  ist  Vl>  proportional,  also  eben- 
falls eine  Sinusschwingung,  und  zwar  gleicher 
Periode,  gleicher  Phase.  Die  Formel  giebt 
weiter  die  Abhängigkeit  der  Aufzeichnung  z  von 
den  Parametern  1\  7o  und,  was  im  einzelnen 
besonders  interessant  ist,  von  der  Periode  t  der 
Erdbodenbewegung. 

Ist  Dämpfung  vorhanden,  so  kann  man  nach 
Einsetzen  der  Werte  von  A,  B,  C,  s  und  7] 
gemäss 


T 


die  erhaltene  komplizierte  Formel  noch  etwas 
vereinfachen,  wenn  man  den  geringfügigen 
Unterschied  von    T  und    7",   vernachlässigt: 


2Jt 


^  =  —  Z  sin  ( 
wo  die  Amplitude  Z: 


.       2  Jt  T    \ 


7) 


Z= 


jtLTH  ^.,—  1   )Y' 


Die  Aufzeichnung  besteht  also  wieder  aus 
Sinusschwingungen  von  der  Periode  der  Erd- 
bebenbewegung. Doch  hat,  wie  man  sieht,  die 
Dämpfung  hier  einmal  bewirkt,  dass  die  Ampli- 
tuden kleiner  geworden  sind,  und  ferner,  dass 
eine  Phasenverschiebung  der  aufgezeichneten 
Sinusschwingung  gegen  die  Schwingung  des 
Erdbodens  eintritt. 

Die  Theorie  des  Horizontalpendels  für  Nei- 
gungen gestaltet  sich  nicht  wesentlich  anders. 
Als  Differentialgleichung  der  Bewegung  erhält 
man  ebenso  eine  Gleichung  von  der  Form  1), 
wobei  A,  B^  s  dieselbe  Bedeutung  haben  wie 
zuvor,  während 

wo  &  als  Amplitude  von  d^=ß  sin  st  definiert 
ist,  und  d^  der  Winkel  der  variablen  Gleichge- 
wichtslage des  Pendels  mit  der  ursprünglichen. 


C7  stn  -  -  / . 


Infolgedessen  resultiert  auch  dieselbe  allgemeine 
Lösung  3),  deren  zweiter  Teil  für  die  Diskussion 
wieder  allein  von  Belang  ist.  Benutzen  wir  die 
alten  Bezeichnungen,  so  giebt  dieser  für  den 
Fall  fehlender  Dämpfung: 

!  Für  z,    als  Funktion    von   {h   betrachtet,   er- 

geben sich  hieraus  die  gleichen  Gesetze  wie 
zuvor  und  ähnliche  Gesetze  betreff  der  Ab- 
hängigkeit von  den  Parametern  T/f.  Ist  Dämpfung 
vorhanden,  so  folgt,  indem  wieder  7=  7]  gesetzt 
wird,  als  Endformel: 

z  =  —  Zsin  /  —  arc  i£r     , 

wo  die  Amplitude  Z\ 

9)  Z  = 


jt  L  x'-  e 


Der  Klinograph  registrierte,  mit  dem 
Schwerpunkt  in  der  Schneide,  vom  i.  August 
bis  21.  September  1899.  Von  den  zahlreichen, 
zum  Teil  grossen  Erdbeben,  welche  während 
dieser  Zeit  von  dem  Horizontalpendel  aufge- 
zeichnet wurden,  gab  er  zu  meiner  eigenen  grossen 
Überraschung  nichts  an.  Eines  der  grössten 
jener  Beben  untersuchte  ich  mit  Hilfe  der  be- 
sprochenen Theorie  rechnerisch  genauer.  Es 
musste  dabei  unter  Annahme  reiner  Neigungs- 
schwingungen auf  Grund  der  vom  Horizontal- 
pendel gegebenen  Ausschläge  festgestellt  werden, 
welche  Ausschläge  der  Klinograph  hätte  zeigen 
müssen.  Zu  dem  Zwecke  war  die  AmpHtude 
Zhp  des  Horizontalpendels  in  Formel  9  einzu- 
führen und  mit  dem  sich  so  auf  Grund  von  Si^  =^ 
(/o  Neigung  der  Drehachse  dek  Horizontalpendels 
gegen  die  Vertikale)  ergebenden  Wert  von 
^  in  Formel  7  einzugehen,  wobei  in  beiden 
Formeln  der  sin  gleich  i  zu  setzen  war.  Die 
nachstehende  Tabelle  giebt  die  so  berechneten 
Ampliduten  Zk,  welche  beim  Vorhandensein 
reiner  Neigungsschwingungen  der  Klinograph 
zeigen  müsste,  für  verschiedene  Stellen  des 
Erdbebendiagramms.  Daneben  stehen  die  zu- 
gehörigen Perioden  r  des  Erdbebens  und  die 
Ampliduten  Zur  des  Horizontalpendels,  ausser- 
dem die  nach  der  Theorie  berechneten,  eventu- 
ellen Neigungen    ^  der  Erdnormalen. 


Erdbeben  v.  1 1   XI.  1899      r  Zur 


I.  Stadium  der  Vorläufer 
I. 

7. 

Hauptwellen 


yy 


»I 
»> 


4* 
8 

10 

14 

38 


0,2  mm 
0,2 
0,8 
5,0 

15.0 


»> 

n 


11 


Zk 

1,2     mm 
0,36     „ 
^04     » 
6,3 
4,2 


,» 


0.36" 

0,10 

0,23 

0,95 
3.»o 


Wie  man  sieht,  hätte  der  Klinograph 
stark  auffallende,  zum  Teil  beträchtliche 
Ausschläge  geben  müssen.  Und  doch  ist 
nichts  davon  zu  sehen. 


242 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   il. 


Auf  unsere  Frage:  i.  Werden  die  Seismo- 
graphen der  heutigen  Zeit  durch  Neigungen 
oder  durch  ein  horizontales  Hin-  und  Her- 
schwingen in  Bewegung  gesetzt?  müssen  wir 
also  das  erstere  verneinend,  das  letztere  be- 
jahend antworten:  Weder  die  Vorläufer  noch 
dieHauptwellen  eines  Erdbebendiagram- 
mes  sind  zurückzuführen  auf  Neigungs- 
schwingungen der  Erde.  Die  bisher  unter 
den  Seismologen  fast  allgemein  ver- 
breitete Anschauung,  dass  die  Apparate 
bei  der  Aufzeichnung  der  langen  Wellen 
durch  Neigung  in  Bewegung  gesetzt  wer- 
den, ist  irrig.  Es  kann  die  bisher  an  den 
Seismographen  beobachtete  Bewegung 
nur  hervorgerufen  worden  sein  durch 
,, Translationsschwingungen'*  des  Erd- 
partikelchens,  wie  man  im  Gegensatz  zu  den 
Neigungsschwingungen  die  Schwingungen  mit 
geradliniger  oder  elliptischer  Bahn  bezeichnen 
könnte. 

Unsere  weitere  Frage:  Liegen  den 
langen  Wellen  der  Diagramme  Neigungs- 
wellen der  Erdoberfläche  als  Ursache 
zu  Grunde?  haben  wir  damit  jedoch  noch 
nicht  beantwortet.  Denn  wir  können  von 
den  Neigungsschwingungen  nicht  etwa 
behaupten,     dass     sie     nicht    existieren, 


sondern  nur,  dass  sie  für  die  modernen 
Seismographen  unmerklich  klein  sind. 
An  zwei  Möglichkeiten  ist  noch  zu  denken. 
Entweder  fehlt  eine  jede  Neigung  völlig.  Dann 
haben  wir  in  den  Erdbeben  reine  Translations- 
schwingungen vor  uns;  man  denke  z.  B.  an 
eine  horizontale,  rein  longitudinale  Schwingungs- 
bewegung, oder  man  stelle  sich  vor,  dass  alle 
Teilchen  der  Erdoberfläche  zugleich  in  gleicher 
Weise  gleiche  Ellipsen  in  einer  horizontalen, 
schrägen  oder  vertikalen  Ebene  durchlaufen. 
Oder  aber  es  sind  Neigungen,  dann,  wie  wir 
wissen,  von  unmerklich  geringer  Grösse,  vor- 
handen. In  diesem  Falle  sind  die  Erdbeben- 
bewegungen doch  Neigungswellen,  allerdings 
nicht  von  der  Höhe,  wie  es  den  zuvor  er- 
wähnten, bisherigen  Anschauungen  der  Seis- 
mologen entspricht,  sondern  von  sehr  viel 
geringerer  Höhe.  Die  Wellenhöhe  müsste  nur 
so  gering,  dagegen  die  Wellenlänge  so  gross 
sein,  dass  die  dabei  auftretenden  Neigungen 
zu  klein  sind,  um  auf  die  modernen  Seismo- 
graphen trotz  ihrer  hohen  Empfindlichkeit  ein- 
wirken zu  können,  während  der  translatorische 
Teil  der  Bewegung  von  den  Apparaten  ohne 
Schwierigkeit  angegeben  wird. 

Die  Entscheidung  dieser  Fragen  bringen  die 
weiteren  Untersuchungen. 

(Hingegangen  12.  Februar  1902.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


B.  Walter  (Hamburg),    Bericht  über   die  auf 
derRöntgenausstellung  der  73.Versamm- 

lung  deutscher  Naturforscher   und  Arzte  in 
Hamburg  ausgestellten  Apparate. 

Die  Ausstellung,  welche  in  den  Räumen  des 
physikalischen  Staatslaboratoriums  stattfand,  war 
von  sämtlichen,  für  das  Röntgenfach  in  Betracht 
kommenden  deutschen  Firmen  auf  das  reich- 
haltigste beschickt,  und  es  lohnte  sich  der  Be- 
such derselben  besonders  deswegen,  weil  jeder 
Apparat  auf  Wunsch  des  Besuchers  in  voll- 
gültigem Betriebe  vorgeführt  wurde.  Den  Aus- 
stellern stand  nämlich  zu  diesem  Zwecke  so- 
wohl Gleich-  als  Wechselstrom  zur  Verfügung, 
und  es  waren  ferner  auch  sämtliche  von  ihnen 
eingenommenen  Räume  zum  Verdunkeln  ein- 
gerichtet, so  dass  also  auch  die  Wirkungen  der 
Röntgenstrahlen  selbst  jeden  Augenblick  gezeigt 
werden  konnten. 

Vom  physikalischen  Gesichtspunkte  aus 
dürfte  nun  über  die  ausgestellten  Apparate 
etwa  das  Folgende  zu  bemerken  sein. 

Die  Schlagweite  der  für  bessere  Röntgen- 
einrichtungen bestimmten  Induktoren  lag  fast 
ausnahmslos  zwischen  40  und  60  cm;  und  es  hatte 
nur  die  bekannte  Baseler  Firma  Fr.  Klingel- 


fuss  &  Co.  einige  Instrumente  ausgestellt,  deren 
Funkenlänge  über  die  genannte  Grenze  hinaus- 
ging.     Von    denselben    erregte    besonders    ein 
Meterinduktor    das    Interesse    der  Besucher; 
und  es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass 
der  Apparat  diese  Schlagweite  thatsächlich  —  und 
zwar  sowohl  mit  Quecksilber-  als  mit  Wehnelt- 
unterbrecher  —  gab.    Kleinere  Induktorien  von 
20  bis  30  cm  Schlagweite    waren    fast    nur  für 
transportable   Röntgeneinrichtungen    mit 
Akkumulatoren  betrieb   vorgesehen,    wie  sie  be- 
sonders für  Kriegszwecke,  sowie  auch  für  Auf- 
nahmen ausserhalb  des  Hauses  verlangt  werden. 
Als  Unterbrecher    diente    im    letzteren  Falle 
fast  ausschliesslich   der  Platinfederunterbrecher 
weil  er  sich  eben  durch  einen  verhältnismässig 
geringen    Verbrauch     an    elektrischer    Energie 
auszeichnet.     Die    kompendiöseste    dieser   Ein- 
richtungen war  diejenige  der  Voltohm-Gesell- 
schaft, München,  etwas  grösser  diejenige  von 
S.  Zossenheim,  Hamburg,  noch  etwas  grösser 
diejenige  von  W.  A.  Hirschmann,  Berlin  und 
ganz  erheblich  viel  grösser  und  natürlich  auch 
leistungsfähiger     endlich     diejenige    von    Max 
Kohl,    Chemnitz.     Bei    den  zuerst  genannten 
beiden  Firmen  waren  die  betreffenden  Apparate 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang     No.  11. 


243 


zugleich  auch  für  den  Betrieb  mit  Wehnelt- 
unterbrecher  eingerichtet,  was  in  dem  Falle  von 
Bedeutung  ist,  wo  dem  Besitzer  gleichzeitig  eine 
grössere  Betriebsspannung,  z.  B.  diejenige  eines 
städtischen  Leitungsnetzes,  zur  Verfügung  steht. 
Dann  nämlich  lassen  sich  bei  Anwendung  des 
genannten  Unterbrechers  auch  mit  diesen  ver- 
hältnismässig kleinen  Apparaten  schon  recht 
beträchtliche  Energiemengen  in  die  Röntgen- 
röhre hineinschicken,  wenn  freilich  auch  der  Be- 
trieb damit  immer  hinter  demjenigen  mit 
grösseren  Induktoren  zurückstehen  wird. 

Es  war  nämlich  gerade  diese  Frage:  ob  bei 
der  grossen  Leistungsfähigkeit  unserer  modernen 
Unterbrecher  nicht  die  grossen  und  teueren  In- 
duktorien  im  Röntgenbetriebe  allmählich  durch 
kleinere  und  billigere  Instrumente  ersetzt  werden 
könnten,  der  Gegenstand  der  Diskussion  einer 
von  der  Ausstellungsleitung  eigens  zu  diesem 
Zwecke  einberufenen  Versammlung;  und  dabei 
sprach  sich  die  weitaus  überwiegende  Zahl  der 
Teilnehmer  hierüber  im  negativen  Sinne  aus, 
wenn  auch  die  Meinungen  über  den  Grund  für 
die  Notwendigkeit  der  Beibehaltung  der  grossen 
Instrumente  noch  sehr  auseinandergingen.  Nach 
der  Ansicht  des  Berichterstatters  ist  der  Vorzug 
der  grossen  Induktorien  hauptsächlich  darin  be- 
gründet, dass  man  damit  in  der  Lage  ist,  die 
Röntgenröhren  wesentlich  länger  auszunutzen,  da 
nämlich  die  letzteren,  wenn  sie  älter  werden,  bei 
Anwendung  einer  grösseren  Funkenlänge  doch 
wesentlich  besser  arbeiten,  als  in  Verbindung 
mit  einem  kleineren  Induktor  und  zwar  selbst 
dann,  wenn  sie  eine  Vorrichtung  zur  künstlichen 
Erniedrigung  des  Vakuums  besitzen. 

Jedenfalls  ist  es  Thatsache,  dass  ein  Röntgen- 
praktiker,  für  den  die  Kostenfrage  keine  Rolle 
spielt,  unbedingt  dem  grösseren  Induktor  den  Vor- 
zug giebt,  und  so  hatten  denn  auch,  wie  schon 
gesagt,  alle  für  bessere,  stationäre  Röntgenein- 
richtungen bestimmten  Induktoren  zum  min- 
desten eine  Schlagweite  von  40  cm.  Auch  war 
für  derartige  Instrumentarien  in  keinem  Falle 
mehr  ein  Platinunterbrecher  vorgesehen,  sondern 
es  wurde  dabei  entweder  der  Quecksilber- 
oder der  Wehneltunterbrecher  verwendet. 
Von  diesen  war  der  erstere  mit  einer  Ausnahme 
nähme  nur  in  seinen  beiden  bekannten  Formen, 
dem  Motorstift-  und  dem  Strahlunter- 
brecher (Turbinenunterbrecher)  vertreten,  ja 
es  hatte  sogar  den  Anschein,  als  ob  die  erstere 
Form  allmählich  immer  mehr  durch  die  letztere 
verdrängt  wird.  Diese  Erscheinung  ist  natür- 
lich darauf  zurückzuführen,  dass  man  mit  dem 
Strahlunterbrecher  eine  ganz  erheblich  grössere 
Zahl  von  Entladungen  erzielen  kann,  als  mit 
dem  in  Quecksilber  ein-  und  austauchenden 
Stift. 

Die  oben  erwähnte  Ausnahme  unter  diesen 
Unterbrechern    ferner   wurde    von  dem  Hirsch- 


I . 


mannschen  Turbinenunterbrecher  gebildet,  bei 
welchem  das  Quecksilber  eigentlich  nur  eine 
nebensächliche  Rolle  spielt,  da  hier  die  Schliessung 
und  Öffnung  des  primären  Stromes  dadurch 
bewirkt  wird,  dass  eine  Messingfeder  gegen  einen, 
um  eine  vertikale  Achse  rotierenden  Cylinder 
aus  Isoliermaterial  schleift,  in  welchen  Kontakt- 
sektoren aus  Messing  eingelassen  sind.  Dabei 
befinden  sich  alle  diese  Metallteile  natürlich, 
um  den  Öffnungsfunken  zu  unterdrücken,  inner- 
halb einer  isolierenden  Flüssigkeit,  während 
andererseits  wieder,  um  hier  doch  einen  guten 
Kontakt  zu  erzielen,  der  rotierende  Cylinder 
mit  seinem  untersten  Ende  in  Quecksilber  taucht 
und  nun  von  diesem  bei  seiner  Rotation  durch 
eine  passend  in  demselben  angebrachte  Rinne 
ein  genügendes  Quantum  davon  turbinenartig 
in  die  Höhe  saugt,  so  dass  also  diese  Flüssig- 
keit hier  sozusagen  nur  als  Schmiere  für  die 
Messingkontakte  dient.  Dieser  originelle  Ap- 
parat giebt  denn  auch  thatsächlich  ungefähr 
dieselbe  Leistung  wie  die  Strahlunterbrecher, 
er  teilt  aber  natürlich  auch  mit  ihnen  den  Nach- 
teil, dass  er  wegen  der  starken  Schlammbildung 
eine  ziemlich  häufige  Reinigung  erfordert. 

Diese  Übelstände  haften  dem  Wehneltunter- 
brecher nicht  an,  und  es  ist  daher  begreiflich, 
dass  mehrere  Firmen  der  Ausstellung,  nämlich 
Siemens  &  Halske,  Berlin  und  R.  Seifert 
&  Co.,  Hamburg,  sich  ausschliesslich  auf  die 
Verwendung  dieses  neuesten  und  wirksamsten 
aller  Unterbrecher  beschränkt  hatten.  Dabei 
arbeiteten  die  Instrumentarien  dieser  beiden  Aus- 
steller mit  der  vom  Berichterstatter  angegebenen 
Schaltung,  die  im  wesentlichen  auf  dieBenutzung 
einer  Primärspule  mit  veränderlicher  Selbst- 
induktion in  Verbindung  mit  einem  Unterbrecher 
mit  mehreren  Platinstiften  von  verschieden 
grosser  Oberfläche  hinausläuft.  Durch  die 
erstere  Einrichtung  sind  wir  nämlich  —  wegen 
der  Eigentümlichkeit  des  Wehnelt,  bei  Anwen- 
dung einer  bestimmten  primären  Selbstinduktion 
bei  jeder  Belastung  nahezu  dieselbe  Funkenlänge 
zu  geben  —  zunächst  in  der  Lage,  die  Länge 
der  Funken  unseres  Induktors  beliebig  abzu- 
stufen, während  wir  ferner  durch  die  Benutzung 
verschieden  langer  Stifte  auch  die  Möglichkeit 
haben,  die  Dicke  oder  Stromstärke  dieser 
Funken  in  weiten  Grenzen  zu  variieren.  End- 
lich lässt  sich  aber  auch  die  Zahl  der  Ent- 
ladungen in  der  Zeiteinheit  beim  Wehnelt  in 
sehr  einfacher  Weise  durch  Ein-  und  Ausschalten 
von  Widerstand  beliebig  festsetzen,  so  dass  wir 
hier  also  sozusagen  drei  voneinander  abhängige 
Reg^lierungsmöglichkeiten  in  der  Hand  haben, 
während  bei  den  älteren  Unterbrechern  die 
beiden  zuerst  erwähnten  Möglichkeiten  voll- 
ständig ineinander  verschwimmen.  In  der 
Röntgentechnik  macht  sich  dies  nun  in  der 
Weise    geltend,    dass    wir    bei  Anwendung  der 


244 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


hier  in  Rede  stehenden  Schaltung  in  der  Lage 
sind,  eine  jede  Röhre  —  je  nach  dem  Grade 
ihrer  Härte  —  mit  der  fiir  sie  passenden  Funken- 
länge und  Stromstärke  zu  betreiben,  wobei  noch 
hinzukommt,  dass  auch  der  Wehneltunterbrecher 
selbst  nur  dann  gut  und  sicher  unterbricht, 
wenn  man  die  Selbstinduktion  der  mit  ihm 
zusammenarbeitenden  Primärspule  des  Induktors 
um  so  mehr  erhöht,  je  weicher  die  in  den  se- 
kundären Stromkreis  eingeschaltete  Röntgen- 
röhre ist.  Es  liegt  dies  natürlich  daran,  dass 
ohne  diese  Massregel  die  grösseren  Stromstärken, 
die  dann  durch  die  sekundäre  Rolle  gehen,  die 
Selbstinduktion  der  primären  unter  das  not- 
wendige Mass  herabsetzen  würden. 

Bis  zu  einem  gewissen  Grade  der  Voll- 
kommenheit lässt  sich  allerdings  den  Anforde 
rungen  eines  guten  und  vielseitigen  Röntgen- 
betriebes  in  diesem  Falle  auch  schon  bei  An- 
wendung von  nur  einer  einzigen  Selbstinduktion 
in  Verbindung  mit  nur  einer  einzigen  Grösse 
der  aktiven  Oberfläche  des  Unterbrechers  ge- 
nügen, wobei  dann  allerdings  beide  Grössen 
sehr  sorgfaltig  zu  einander  abgestimmt  sein 
müssen  und  auch  der  Induktor  nicht  zu  klein 
genommen  werden  darf.  Eine  solche  „billige 
Einrichtung  mit  elektrolytischem  Unterbrecher'* 
hatte  Dr.  Max  Levy,  Berlin,  ausgestellt, 
der  dazu  einen  Induktor  von  50  cm  Schlag- 
weite in  Verbindung  mit  einem  Simonunter- 
brecher in  Ruhm  er  scher  Ausfuhrung  benutzte 
(s.  diese  Zeitschrift  2,  742,   1901). 

Ferner  sei  hier  noch  auf  die  von  Siemens 
&  Halske  ausgestellte  vollständige  Kriegsaus- 
rüstung hingewiesen,  die  ihren  Strom  völlig 
selbständig  in  einer  direkt  mit  Benzinmotor 
gekuppelten  Dynamomaschine  erzeugte,  und 
bei  der  man  demnach  auch  im  Gegensatze  zu 
den  oben  erwähnten  transportablen  Einrichtun- 
gen nicht  mehr  auf  die  Benutzung  einer  Akku- 
mulatorenbatterie angewiesen  war.  Der  Motor 
machte  sich  den  Besuchern  der  Ausstellung 
schon  durch  den  Lärm  und  Dunst,  welchen  er 
entwickelte,  in  nicht  gerade  angenehmer  Weise 
bemerkbar,  der  Betrieb  mit  demselben  war 
aber  sonst  ein  ganz  vorzüglicher. 

Was  sodann  die  ausgestellten  Röntgen- 
röhren anbetrifft,  so  erregten  darunter  beson- 
ders diejenigen  fiir  starke  Belastung  ein  beson- 
deres Interesse,  wenn  dieselben  allerdings  auch 
ihres  verhältnismässig  hohen  Preises  wegen  in 
der  Röntgentechnik  meist  nur  für  ganz  beson- 
dere Zwecke,  wie  Momentaufnahmen  und  schwie- 
rige Durchleuchtungen,  Verwendung  finden. 
Das  charakteristische  Merkmal  derselben  besteht 
bekanntlich  darin,  dass  die  Antikathode  eine 
derartige  Gestalt  besitzt,  dass  dieselbe  von  dem 
mehr  und  mehr  verstärkten  Kathodenstrahlen- 
bündel  nicht  so  leicht  zusammeniT^eschmolzen 
werden  kann.     Dies  erreichen  E.   (lun delach, 


Gehlberg  und  die  Voltohm-Gesellschaft, 
München  dadurch,  dass  sie  als  Antikathode 
einen  sehr  dicken  Metallklotz  anwenden,  wäh- 
rend C.  H.  F.  Müller,  Hamburg,  auf  Anregung 
des  Berichterstatters  zuerst  die  Wasserkühlung 
einführte,  indem  er  der  Antikathode  die  Form 
eines  Gefässes  gab,  dessen  Boden  aus  einem 
kleinen  Platintiegel  mit  cylindrisch  aufgebogener 
Mantelfläche  besteht,  deren  oberer  Rand  dann 
direkt  in  einen  als  Verlängerung  dienenden 
Glascylinder  eingeschmolzen  ist.  Derartige 
Röhren  vertragen  dauernd  etwa  die  3 — 4 fache 
Belastung  der  gewöhnlichen,  und  sind  natürlich 
den  letzteren  auch  besonders  für  Momentauf- 
nahmen vorzuziehen. 

Zur    Regulierung    des    Vakuums    ferner 
benutzt     Gundelach     jetzt     ausschliesslich     die 
Villardsche  Vorrichtung,    bei    der   ein  kleines 
an    die  Röhre    angeschmolzenes  Platinröhrchen 
am  besten  während  des  Betriebes  mit  einer  isoliert 
brennenden  Flamme  {Spirituslampe  oder  dergl.) 
erhitzt  wird,  aus  der  dann  der  aus  den  Verbren- 
nungsgasen   dissoziierte  Wasserstoff  durch   das 
glühende  Platin  hindurch  in  die  Röhre  tritt.  Müller, 
Hamburg,    dagegen    hat    eine  andere  Regulier- 
methode eingeführt,  bei  der  seitlich  an  die  Haupt- 
röhre eine  kleine,  mit  derselben  in  direkter  Ver- 
bindung stehende  Nebenröhre  angeschmolzen  ist, 
in  welcher  sich  eine  Kathode  aus  Glimmer  be- 
findet.    Diese    läuft    nach    aussen    zu  in  einen, 
um    ein  Scharnier  drehbaren    Metallhebel    aus, 
dessen  freies  Ende  sich  der  Kathode  der  Haupt- 
röhre bis  auf  einen  beliebigen  Abstand   nähern 
lässt.  Will  man  nun  die  letztere  weicher  machen, 
so  fuhrt    man   jenen    Hebel    so    weit    an    diese 
Kathode    heran,    bis    Funken    zwischen    beiden 
überspringen.    Dann  geht  der  Strom  durch  die 
Nebenröhre    und    entwickelt    aus  der  Glimmer- 
kathode derselben  etwas  Gas,  das  die  Höhe  des 
I   Vakuums    herabsetzt.    Ja,    wenn  man  den  Ab- 
'   stand  zwischen  Hebel  und  Hauptkathode  richtig 
einstellt,    so    kann   man    sogar   bewirken,    dass 
jener  Funkenübergang  von   selbst  aufhört,    so- 
bald   die    Härte    der    Röhre    den    gewünschten 
Grad    erhalten    hat,    so    dass    demnach    diese 
Reguliervorrichtung     bis     zu     einem     gewissen 
Grade    als   eine,    auch    während    des    Betriebes 
automatisch     wirkende     bezeichnet     werden 
kann.    Für  physikalische  Aufnahmen,  bei  denen 
es  darauf  ankommt,    den  Härtegrad  der  Röhre 
möglichst  lange  konstant    zu    erhalten,    ist  dies 
natürlich  von  ganz  besonderer  Bedeutung. 

Eine  andere  Neuheit  auf  diesem  Gebiete  wurde 
ferner  noch  von  Hirschmann,  Berlin,  vor- 
geführt, der  zur  Herabsetzung  des  Vakuums 
einer  Röntgenröhre  direkt  von  aussen  her 
Luft  in  dieselbe  einführt.  Es  war  nämHch  zu 
diesem  Zwecke  eine  sehr  enge  Kapillare  an  die 
Röhre  geschmolzen,  geilen  deren  äusseres  Ende 
für  gewöhnlich  eine  Gummidichtung  presst,  die 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


245 


aber  im  Bedarfsfalle  durch  eine  Verschraubung 
für  einen  sehr  kurzen  Moment  abgehoben 
werden  kann. 

Von  den  sonstigen  auf  der  Ausstellung  be- 
findlichen Apparaten  dürften  als  Neuheit  nur 
noch  die  auf  Anregung  des  Berichterstatters 
von  A.  Krüss,  Hamburg  angefertigten  Rönt- 
genstereoskope  zu  erwähnen  sein,  mit  deren 
Hilfe  es  möglich  wird,  für  die  stereoskopische 
Betrachtung  direkt  die  zu  diesem  Zwecke 
aufgenommenen  Originalröntgenplatten  zu  be- 
nutzen, während  man  sich  bis  dahin  —  in 
Deutschland  wenigstens  —  zu  diesem  Zwecke 
stets  erst  eine  für  die  gewöhnlichen  Stereoskope 
des  Handels  passende  Verkleinerung  machte, 
ein  Verfahren,  das  einerseits  umständlich  war 
und  andererseits  natürlich  auch  die  Feinheiten  der 
Originale  bis  zu  einem  mehr  oder  minder  hohen 
Grade  verloren  gehen  Hess.  Die  neuen  Stereo- 
skope waren  in  zwei  verschiedenen  Ausführungen 
vertreten,    von   denen  die  eine  (Fig.   1)  im  we- 


A 

■FiU-1- 

B, 

\ 

^ 

....sy/... 

\     !.    i     / 

A  4 

/ 

/ 

sentlichen  aus  vier  Spiegeln  S\\  6*2;  ^1;  ^2^  ^^^ 
andere  (Fig.  2)  dagegen  in  der  Hauptsache  aus 
zwei  achromatischen  Prismen  /}  und  /^  bestand. 


Fig,2. 


E^ 


B. 


\ 
\ 


\ 


<D    6 
A,  A^ 


Von  den  übrigen  Bezeichnungen  der  beiden 
Figuren  bedeuten  B^  und  Bi  das  zu  betrach- 
tende Bilderpaar  und  A^  und  A<i  die  beiden 
Augen  des  Beobachters,  während  der  Gang 
der  Mittelstrahlen  durch  punktierte  Graden  an- 
gedeutet ist. 

Die  Betrachtung  derartiger  Bilder  ist  nicht 
bloss  ausserordentlich  lehr-  und  genussreich, 
sondern  auch  sehr  häufig,  z.  B.  bei  der  Auf- 
suchung von  Fremdkörpern  oder  der  Feststellung 
der  Lage  der  Knochenenden  bei  Verrenkungen 
und  Brüchen,  von  grosser  diagnostischer  Be- 
deutung. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  die 
Harburger  Gummi-Kamm-Co.  (Inhaber  Dr. 
Heinrich  Traun)  sich  mit  einer  grossen  An- 
zahl ihrer,  ja  auch  in  der  Röntgentechnik  eine 
so  grosse  Rolle  spielenden  Hartgummifabri- 
kate, und  zwar  vor  allem  mit  sehr  grossen 
Rohren  und  Platten  aus  diesem  Materiale,  an 
der  Ausstellung  beteiligt  und  die  letzteren  auch 
in  der  bereitwilligsten  Weise  für  Durch- 
schlagsversuche zur  Verfügung  gestellt  hatte. 
Für  diese  Versuche  war  speziell  eine  2  cm 
dicke  und  i  m  im  Quadrat  haltende  Platte  her- 
gestellt, auf  welche,  um  auch  die  i  m  langen 
Funken  des  Klingelfussschen  Induktors  nicht 
um  ihre  Ränder  herumschlagen  zu  lassen,  beider- 
seits in  der  Mitte  zwei  etwa  1 5  cm  lange  Hart- 
gummirohre aufvulkanisiert  waren.  Dieselben 
erfüllten  ihren  Zweck  in  der  vollkommensten 
Weise,  denn  es  ging  bei  diesen  Versuchen  that- 
sächlich  nicht  ein  einziger  der  meterlangen 
Funken  jenes  Induktors  um  die  Ränder  der 
Platte  herum,  während  bei  anderen  Platten  der- 
selben Grösse,  die  nicht  mit  solchen  Rohrstutzen 
versehen  waren,  schon  die  Spannung  eines  50  cm 
langen  Funkens  genügte,  um  sich  von  den 
beiderseits  in  der  Mitte  der  Platte  aufgesetzten 
Elektroden  her  einen  Weg  um  den  Rand  der- 
selben herum  zu  bahnen. 

Bei  den  Versuchen  mit  der  erstgenannten 
Platte  gelang  es  nun  nicht,  die  letztere  mit  den 
meterlangen  Einzelfunken  des  Klingelfussschen 
Induktors  zu  durchschlagen,  trotzdem  die  Elek- 
troden, die,  nebenbei  gesagt,  durch  sehr  dicke 
Hartgummirohre  isoliert  waren,  beiderseits  un- 
mittelbar auf  die  Oberfläche  der  Platte  aufge- 
setzt wurden. 

(Eingegangen  24.  Oktober  1901.) 


REFERATE. 


Technische  Mechanik. 

Besorgt  von  Professor  E.  Meyer. 


A.  Lafay,  Expcrimentaluntcrsuchungcn  über 
die  Deformationen  bei  der  Berührung  ela- 
stischer Körper. 

(Annales  de  Chimie  et  de  Physique.  Juni  1901); 


S  t  r  i  b  e  c  k ,  Kugellager  für  beliebige  Belastungen 

(Zeitschr.    d.    Vereins    D.    Ingenieure     1901, 

Heft  3  4\ 

Die  vorliegende  Arbeit  behandelt  Versuche 

zur  Prüfung    der  Hertzschen  Formeln    für    die 

Deformationen    zweier    sich    berührender    fester 

Körper.      Der  Verfasser    verfolgte    den  Zweck, 


246 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   11. 


die  Grösse  der  Fehler  festzustellen,  welche  bei 
Endmessungen  mit  Massstäben,  deren  Enden 
kugelförmig  abgerundet  sind,  durch  Deformation 
derselben  entstehen.  Die  Versuche  erstrecken 
sich  daher  nur  auf  kleine  Drucke  und  Zu- 
sammendrückungen von  höchstens  o,CK)2  mm.  Es 
wurden  Bolzen  aus  gehärtetem  Stahl  und  aus 
Bronze,  mit  kugelförmigen  Endflächen  von 
5  mm  bis  250  mm  bezw.  5  mm  bis  160  mm 
Krümmungsradius,  und  solche  mit  ebenen  End- 
flächen unter  Drucken  von  0,1  kg  bis  3,5  kg  zur 
Berührung  gebracht,  die  Zusammendrückungen 
mit  Hilfe  von  Nevvtonschen  Farbenringen  ge- 
messen. Bronze  zeigte  schon  innerhalb  der 
angegebenen  Belastungsgrenzen  bleibende  Defor- 
mation, während  bei  Stahl  Erscheinungen  von 
Hysteresis  auftraten.  Die  Hertz  sehe  Formel 
für  die  Zusammendrückung  a  zweier  Körper  aus 
gleichem   Material    mit    den    Krümmungsradien 


Rx    und    R^    lautet:    a=i,2^y  ^\ 


wenn  p  die  Belastung,  E  den  Elastizitäts- 
koeffizienten des  Materials  bedeutet.  Die  Werte 
von  ff,  welche  bei  Versuchen  mit  R2='^  ge- 
funden wurden,  stimmen  auffallenderweise  nur 
für  kleine  Radien  ^1  mit  der  Theorie  überein, 
bei  grösseren  Werten  von  R]  waren  die  ge- 
messenen Zusammendrückungen  kleiner  als  die 
berechneten.  Nach  der  Formel  ist  «,  bei  ge- 
gebenem ^1,  proportional  /f;  die  Versuchs- 
werte von  a  nähern  sich  aber  mit  wachsendem 
Ri   mehr   und  mehr  der  Formel   «  =  r/J,  wo 


mit  c  der  Faktor 


..2V 


E^R^ 


bezeichnet    ist. 


Da  bei  der  Ableitung  der  Hertzschen  Formel 
vorausgesetzt  ist,  dass  a  klein  ist  gegen  R,  so 
sollte  man  eher  eine  Abweichung  bei  Versuchen 
mit  kleinen  Krümmungsradien  erwarten,  für  welche 

,,  relativ    gross    ist.      Die  Abweichungen    sind 

so  gross  und  ihre  Zunahme  mit  zunehmendem 
^1  so  stetig,  dass  man  sie  nicht  in  das  Gebiet 
der  Versuchsfehler  verweisen  kann.  Die  nahe- 
liegende Vermutung,  dass  Reibung  in  der  Be- 
rührungsfläche die  Resultate  beeinflusste,  schien 
sich  nicht  zu  bestätigen,  da  durch  Einölen  der 
Berührungsflächen  sich  nichts  änderte.  Dabei 
ist  aber  zu  bedenken,  dass  bei  den  sehr  be- 
deutenden Pressungen,  welche  auftraten,  das 
Öl  wohl  vollständig  ausgepresst  wurde;  der 
Verfasser  führt  selber  an,  dass  die  Dicke  der 
Olschicht  nicht  mehr  messbar  war. 

Der  aus  Versuchen  mit  kleinen  Krümmungs- 
radien ermittelte  Wert  für  den  Elastizitäts- 
koeffizienten von  Stahl  stimmte  mit  dem  durch 
einen  Zugversuch  gefundenen  Wert  überein, 
dagegen    war  der  aus    a  ermittelte  Elastizitäts- 


koeffizient für  Bronze  erheblich  grösser,  als  ihn 
der  Zugversuch  gab.  Die  Versuche  wurden 
auch  auf  andere  Materialien  ausgedehnt.  Die 
Zusammendrückungen  zweier  Gelatinekugeln 
entsprachen  annähernd  der  Theorie-  Bei 
Versuchen  mit  Glaskugeln,  die  auf  Körper 
aus  Stahl,  Silber  und  Quarz  mit  ebenen 
Endflächen  gedrückt  wurden,  zeigte  sich 
wieder  das  überraschende  Resultat,  dass  die 
Übereinstimmung  der  gemessenen  Zusammen- 
drückungen mit  den  berechneten  zunahm  mit 
zunehmender    Deformation:     Der    nach    der 

Theorie  konstante  Wert    -    la  Radius  der  kreis- 

a 

förmigen  Berührungsfläche)  näherte  sich  mit 
wachsender  Belastung  mehr  und  mehr  dem 
Wert,  den  die  Formel  liefert.  Die  aus  den 
Versuchsergebnissen  zurückgerechneten  Elastizi- 
tätskoeffizienten der  genannten  Materialien  zeig- 
ten aber  richtige  Verhältnisse,  so  dass  die 
Möglichkeit  vorliegt,  durch  vergleichende  Ver- 
suche dieser  Art  die  Koeffizienten  von  seltenen 
Substanzen  an  kleinen  Stücken  derselben  zu 
bestimmen,  mit  denen  man  die  sonst  zur  Be- 
stimmung des  elastischen  Verhaltens  üblichen 
Versuche  nicht  anstellen  kann. 

Über  Versuche  aus  demselben  Gebiet,  aber 
mit  bedeutend  höheren  Belastungen  hat  Professor 
Stribeck,  Kugellager  für  beliebige  Belastungen, 
Zeitschr.  d.  Vereins  Deutscher  Ingenieure  1901 
Heft  3 '4  berichtet.  Es  handelt  sich  dabei  um 
die  Ermittelung  der  zulässigen  Belastung  von 
Kugellagern,  insbesondere  der  Abhängigkeit 
der  zulässigen  Belastung  vomKu^eldurchmesser. 
Die  Versuche  wurden  in  der  Weise  angestellt, 
dass  entweder  drei  gleiche,  gehärtete  Stahl- 
kugeln übereinander  oder  eine  gehärtete  Stahl- 
platte zwischen  zwei  gleichen  Stahlkugeln  unter 
einer  Presse  bedeutenden  Drucken  ausgesetzt 
wurden.  Mittels  eines  Martensschen  Spiegel- 
apparates wurde  dann  die  gegenseitige  An- 
näherung der  beiden  äusseren  Kugeln  gemessen; 
die  Ablesung  im  Fernrohr  gab  dabei  die  looo- 
fache  Annäherung  zweier  benachbarter  Körper. 
Hinsichtlich  der  Übereinstimmung  mit  der 
Hertzschen  Theorie  zeigt  sich  nun  ein  merk- 
würdiger Unterschied  zwischen  den  Ergebnissen 
der  Versuche  von  Lafay  und  Stribeck.  Ob- 
gleich bei  letzteren  die  Proportionalitätsgrenze 
schon  durch  die  kleinste  Last,  die  aufgebracht 
wurde,  in  der  Mitte  der  Berührungsfläche  bei 
weitem  überschritten  wurde,  sind  die  zu  Anfang 
gemessenen  Zusammendrückungen  in  der  Regel 
nur  um  weniger  als  1%  grösser,  als  die 
Hertzsche  Formel  angiebt. 

Es  sollte  in  erster  Linie  festgestellt  werden, 
in  welcher  Weise  das  Auftreten  merklicher  blei- 
bender Deformationen  vom  Kugeldurchmesser  (/ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  ii. 


247 


abhängig    ist.      Ein    konstantes    Verhältnis     * 

zwischen  bleibender  und  gesamter  Zusammen- 
drückung   ergab    sich  stets    für  Belastungen  P, 

P 
welche  der  Bedingung    zj  =  const  entsprachen 

kg 

(z.  B.  5  \   bei   84         J.  Der  Verfasser  £chliesst 
j   /u  ^  cm^ 

daraus,  dass  auch  der  Eintritt  der  Elastizitätsgrenze 

P 
an  die  Bedingung    2^^  ^^^st  gebunden   ist.    Das 

Resultat  ergab  sich  auf  Grund  der  Erkenntnis, 

dass    sowohl    -   als     ,     konstant     waren      für 

d  d 

P  .  ö 

■  ,  =  const.     Dass  die  Beziehung  für  -.beiden 

d'  ^         d 

Belastungen,  welche  angewandt  wurden,  noch 
mit  der  Theorie  übereinstimmt,  ist  wieder  sehr 
merkwürdig.  Denn  der  grösste  Flächendruck, 
der  dabei  auftritt,  beträgt  nach  der  Formel  von 
Hertz  jooooAtm.,  während  nachDruckversuchen, 
welche  an  cylindrischen  Körpern  aus  gleichem 
Material  angestellt  sind,  die  Proportionalitäts- 
grenze bei  den  vorliegenden  Versuchen  unter 
1 8000  Atm.  liegt. 

Die  zulässige  Belastung  von  Kugellagern 
hängt  in  hohem  Masse  von  der  Konstruktion 
derselben  ab.  Der  Verfasser  fand  durch 
Dauerversuche  die  zulässige  Last  pro  Kugel 
/==  100  ^„„  wenn  die  Laufrinne  kreisförmig  mit 


einem  Radius /l  =  |  </  vertieft  ist,  dagegen 
P=30d^  bis  50  rf^  wenn  die  Lauffläche  eben 
oder  mit  konischer  Rinne  versehen  ist.  Diese 
hohen  Belastungen  werden  aber  nur  dann 
dauernd  ertragen,  wenn  Kugeln  und  Lauffläche 
gut  poliert  sind,  so  dass  man  mit  blossen  Auge 
keine  Schleifrisse  mehr  erkennt. 

Mittels  einer  von  dem  Verfasser  zu  diesem 
Zweck  konstruiertn  sogenannten  Reibungswagen 
wurden  für  verschiedene  Lagerkonstruktionen  die 
Reibungskoeffizienten  gemessen.  Diese  zeigten 
sich  von  der  Umdrehungsgeschwindigkeit  der 
Welle  fast  unabhängig,  dagegen  wachsend  mit 
abnehmender  Belastung.  Am  kleinsten  war 
das  Reibungsmoment  bei  der  Konstruktion  mit 
kreisförmiger  Rinne.  Mit  Hilfe  dieser  Kon- 
struktion können  nach  Ansicht  des  Verfassers 
Kugellager  mit  durchaus  brauchbaren  Ab- 
messungen und  Reibungswerten  für  Lagerbe- 
lastungen bis  zu   loooo  kg  gebaut  werden. 

Seit  dem  Abschluss  der  beschriebenen  Ver- 
suche ist  man  in  der  Vervollkommnung  der 
Kugeln  und  Laufflächen  noch  bedeutend  weiter 
gekommen.  Neuere,  nur  kurz  erwähnte  Ver- 
suche des  Verfassers  haben  ergeben,  dass  man 
die  verbesserten  Kugellager  i  '/2  nial  so  hoch 
beanspruchen  kann,  als  oben  angegeben. 
Berlin,   13.  Dezember  1901. 

P.  Roth. 

(Eingegangen  22.  Dezember  1901.) 


BESPRECHUNGEN. 


A.  Frhr.  v.  Hübl,  Die  Entwicklung  der  photo- 
graphischen Bromsilber-Gelatineplatte  bei 
zweifelhaft    richtiger    Exposition.      2.   Aufl. 

gr.  S\    V  u.  70  S.     Mit  einer  Tafel.    Halle, 

W.  Knapp.  1901.  M.  2.40. 
Gegen  die  i.  Auflage  gänzlich  umgestaltet, 
versucht  diese  neue  Auflage  sich  mit  physi- 
kalisch -  chemischen  Anschauungen  abzufinden 
und  diese  im  Anschluss  an  Bredig  und  Luther 
zu  verwerten.  Über  die  Rapiditätsbestimmung 
von  Andresen  wird  man  wohl  geteilter  Mei- 
nung sein  dürfen;  die  technische  Seite  des 
Buches  ist,  wie  bei  Herrn  v.  Hübl  selbstver- 
ständlich, von  grosser  Klarheit,  Vollständigkeit 
und  Korrektheit.  Englisch. 

(Eingegangen  3.  De7ember  1901.) 


Otto  N.  Witt,  Die  chemische  Industrie  auf 
der  Internationalen  Weltausstellung  zu  Paris 
1900.  gr.  8^  III  u.  136  S.  Berlin,  R.  Gärt- 
ners Verlagsbuchhandlung.  1902.  Gebun- 
den Mk.  5. — 


Das  Buch  enthält  eine  Zusammenstellung 
von  fortlaufenden  Berichten  über  die  chemische 
Industrie  auf  der  Pariser  Ausstellung,  welche  zuerst 
in  der  Zeitschrift  „Die  chemische  Industrie'*  ver- 
öffentlicht wurden.  Der  Verfasser,  welcher 
als  Mitglied  aller  drei  Instanzen  des  inter- 
nationalen Preisgerichts  Gelegenheit  hatte,  zu 
einer  solchen  Zusammenfassung  genügendes 
Material  zu  sammeln,  fuhrt  die  Lei.stungen  der 
verschiedenen  Länder  auf  dem  Gebiete  der 
chemischen  Industrie  vor,  wie  sie  sich  auf  der 
Weltausstellung  in  Paris  kundgaben.  Der 
kosmopolitische  Charakter  der  Ausstellung  als 
eines  Bildes  menschlicher  Arbeit,  wird  auch  in 
den  Schilderungen  durch  Einordnung  des 
Materials  unter  allgemeinere  Gesichtspunkte 
gewahrt.  Die  Ausstellung  Frankreichs  musste 
in  erster  Linie  aufgeführt  und  besonders  ein- 
gehend behandelt  werden,  da  sie  natürlich  in 
weit  mehr  umfassender  Weise  als  alle  anderen 
Länder  in  ihren  Schaustellungen  ein  Bild  von 
der  Leistungsfähigkeit  der  gesamten  chemischen 
Industrie  ihres  Landes  gab.    Gerade  von  Frank- 


248 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   Ii. 


reich  macht  sich  nach  der  letzten  Ausstellung 
der  Eindruck  geltend,  dass  seine  chemische 
Industrie  in  gesunder  Fortentwicklung  begriffen 
ist.  Die  übrigen  Staaten  sind  bis  auf  Öster- 
reich-Ungarn, Russland  und  Deutschland,  welche 
auf  etwas  grössere  Vollständigkeit  einigen  An- 
spruch erheben  können,  in  ihren  Ausstellungen 
weit  weniger  vollkommen  vertreten  und  können 
darum  auch  nur  eine  weniger  ausführliche  Be- 
sprechung erfahren.  Bei  der  Ausstellung  Deutsch- 
lands wird  besonders  des  eigenartigen  Gepräges 
gedacht,  den  diese  durch  die  Einheitlichkeit  des 
Auftretens  der  beteiligten  Fabriken  als  Ver- 
treter einer  deutschen  Gesamtindustrie  erhielt, 
und  welches  diese  Kollektivausstellung  zu  dem 
hervorragendsten  Objekte  der  chemischen  Ab- 
teilung der  Pariser  Ausstellung  machte. 

Die  Schilderungen  der  Ausstellungen  der 
einzelnen  Staaten  gewinnen  besonderes  Interesse 
durch  die  kritische  Betrachtung  der  Umstände, 
welche  dort  für  die  Entwickelung  der  Industrie 
massgebend  waren,  ein  Gesichtspunkt,  unter 
dem  allein  ein  Vergleich  zwischen  den  Leistungen 
der  verschiedenen  Nationen  auf  gleichen  Arbeits- 
gebieten möglich  ist.  Das  Werk  ist  deshalb 
geeignet  im  Verein  mit  dem  Kataloge  der 
Pariser  Ausstellung  ein  Bild  von  dem  Anteil 
der  einzelnen  Kulturstaaten .  an  der  Weltproduk- 
tion auf  dem  Gebiete  chemischer  Industrie  zu 
geben.  Paradies. 

(Eingegangen  8.  Dccember  1901.) 


L.  Pilgrim,  Einige  Aufgaben  der  Wellen- 
und  Farbenlehre  des  Lichts.  (Beilage  zum 
Programm  der  Realanstalt  in  Cannstatt  zum 
Schlüsse  des  Schuljahres  1900/01).  4^,  68  S. 
mit  15  Figuren  und  2  Farbentafeln.  Cann- 
stadt,  J.  Mann,  Buch-  und  Steindruckerei. 
1901.     Mk.  3. — 

Ausgehend  von  den  Grundprinzipien  der 
Wellentheorie  des  Lichtes  —  Hu yghens scher 
Satz  und  Youngsches  Prinzip  der  Superposition 
oder  Interferenz  der  Lichtwellen,  und  auf  Grund 
des  Fr esn eischen  Verfahrens  der  geometrischen 
Addition  von  Schwingungen  (Parallelogramm 
resp.  Polygon  der  Amplituden)  fuhrt  Verf.  die 
elementare  Berechnung  folgender  Aufgaben 
durch:  Beleuchtung  einer  Ebene  durch  zwei 
Lichtpunkte;  Interferenzfarben  und  zwar  a)  Be- 
stimmung von  Mischfarben  nach  Newton, 
b)  desgl.  nach  Maxwell,  c)  Bestimmung  von 
Interferenzfarben  nach  Lommel,  d)  Berechnung 
von  Mischfarben  im  Anschluss  an  die  von 
A.  König  undC.  Dieterici  bestimmten  Grund- 
empfindungen; ferner  die  Farben  dünner  Blätt- 
chen und  zwar  a)  bei  reflektiertem  Licht,  b)  bei 
durchfallendem  Licht;  endlich  noch  Polarisations- 


erscheinungen und  zwar  a)  die  Farben  von 
Gipsblättchen ,  b)  Farbenringe  einer  senkrecht 
zur  Hauptachse  geschliffenen  Platte  eines  optisch 
einachsigen  Krystalls,  c)  Farbenringe  an  zu- 
sammengesetzten Platten.  Verf.  hatte,  wie  er 
in  einem  Nachwort  angiebt,  ursprünglich  die 
Absicht,  auch  die  wichtigeren  Beugungser- 
scheinungen zu  bearbeiten,  was  jedoch  der 
Mangel  an  Raum  nicht  mehr  zuliess.  Die  Er- 
gebnisse sind  im  Verlauf  der  Abhandlung  in 
zahlreichen  übersichtlichen  Tabellen  zusammen- 
gestellt, ausserdem  sind  zwei  Farbentafeln  mit 
vielen  Figuren  in  grossem  Massstabe  beige- 
geben, welche  auch  für  Unterrichtszwecke  mit 
grossem  Vorteil  zu  verwenden  sein  dürften  und 
den  Wert  der   fleissigen  Arbeit  noch  erhöhen. 

Boruttau. 

(Eingegangen  am  12.  Deicmber  1901.) 


Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Ruhmer,  Srnst,  Neuere  ei ektro physikalische  Erscheinungeu. 
Nach  zahlreichen  EinzelveröfTentlichungen  zusammenge- 
stellt. Mit  171  Textabbildungen,  gr.  8».  IV  n.  163  S. 
1902.   Berlin,  Administration  „Der  Mechaniker."    M.  4. — . 

Blaby,  A  ,  Die  Funkentelegraphie.  Gemeinverständliche  Vor- 
träge. 2.  Auflage.  Mit  30  Abbildungen  und  2  Tafeln, 
gr.  8**.  V  u.  119  S.  1901.  Berlin,  Leonhard  Simion. 
M.  3. — .     Gebunden  M.  4. — . 

Tarpain,  Albert,  Les  applications  pratiques  des  ondes  61ec- 
triques  —  t^l^graphie  sans  fil  —  t^l^graphie  avec  conduc- 
teur  —  ^clairage  —  commande  k  distance.  Mit  27 1  Figuren, 
gr.  80.  IV  u.  412  S.  1902.  Paris,  C.  Naud.  Gebunden 
12  Fr. 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

An  der  Technischen  Hochschule  zu  Berlin  hat  sich 
Dr.  Dolezalek  fttr  Elektrochemie  habilitiert. 

An  der  Universität  Erlangen  hat  sich  Dr.  Alexander 
Gutbier  für  Chemie  habilitiert 

Der  Privatdozent  för  Chemie  der  Farbstoffe  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  zu  Berlin  Professor  Dr.  Täuber  wurde 
zum  kaiserlichen  Regierungsrat  und  Mitglied  des  Patentamtes 
ernannt 

Der  Professor  der  Physik  am  Polytechnikum  in  Zürich 
J.  Pernet  ist  gestorben. 

Dr.  Peter  Weiss  von  der  Universität  Lyon  ist  zum 
Professor  der  Physik  am  Polytechnikum   in  Zürich    ernannt 

Der  Professor  der  Chemie  Dr.  J.  Piccard  an  der 
Universität  Basel  tritt  mit  dem  Ablauf  des  kommenden 
Sommersemesters  in  den  Ruhestand. 

Vor  kurzem  starb  der  auch  den  Lesern  dieser  Zeitschrift 
bekannte  Pfarrer  Dr.  M.  Mai  er,  Besitzer  eines  physikalischen 
Laboratoriums  in  Schau fling  (Bayern). 


Gesuche. 

Junger  Physiker,  Dr.  phiL, 

der  auch  ein  Jahr  lang  Elektrochemie  getrieben  hat,  sucht 
eine  Assisteiltenstelle.  Nachrichten  erbeten  an  die  Re«laktion 
dieser  Zeitschrift  unter  C.  V. 


Für  die  Redaktion  verantvortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöllingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leip/i?. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  12. 


Originaimitteilufiflen : 

A.  Gerschun,  Cbcr  gleichgerichteten 
Wechselstrom.     S.  249. 

E.  Rutherford,  Versuche  über  er- 
regte  Radioaktivität.     S.  254. 

J.  V.  G eitler,  Über  die  durch  Ka- 
thodenstrahlen bewirkte  Ablenkung 
der  Magnetnadel.     S.  257. 

K.  Angström,  Das  mechanische 
Äquivalent  der  Lichteinheit.   S.  2C7. 

A.  Schmidt,  Über  die  Doppellinien 
im  Spektrum  der  Chromosphäre. 
S.  259. 

K.  Schreber,  Der  Mensch  als  kalon- 


15.  März  1902. 

RedaktionsichloM  für  No.  13  am  36.  März  190a. 

INHALT. 

sehe  Maschine  und  der  zweite  Haupt» 
satz.     S.  261. 
W.    Schwarze,    über   die    Wärme- 
leitung des  Argons.     S.  264. 

Vorträge  und  Diskussionen  von  der 
73.  Naturforsoherversammiung  zu 
Hamburg: 

J.  V.  G  e  I  tl  c  r ,  Über  Kathodenstrahlen. 
S.  265. 

Vorträge  und  Reden. 

A.  Sommerfeld,  Beiträge  zum  dyna- 
mischen Ausbau  der  Festigkeits- 
lehre.    S.  266. 

Referate: 

F.  Kohlrausch   u.    E.  Grüueisen, 


3.  Jahrgang. 


Über  die  durch  sehr  kleine  elastische 
Verschiebungen  entwickelten  Kräfte. 
S.  271. 

Besprechungen: 

E.  Aschkinass  und  VV.  C'aspari, 
Über  den  Einfluss  dissociierender 
Strahlen  auf  organisierte  Substanzen, 
insbesondere  über  die  bakterien- 
schädigende Wirkung  der  Becquerel- 
strahlen.     S.  272. 

C.  C  r  a  n  z ,  Anwendung  der  elektrischen 
Momentphotographie  auf  die  Unter- 
suchung von  Schusswaflen.    S.  272. 

Personaiien.    S.  272. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Über  gleichgerichteten  Wechselstrom. 

Von  AI.  Gerschun. 

Bei  der  Untersuchung  der  Arbeitsweise  eines 
Aluminiumstromrichters  für  Wechselstrom ')  be- 
merkte W.  Mitkiewicz  einige  interessante 
Eigenschaften  des  gleichgerichteten  Wechsel- 
stromes. Die  Stromkurve,  mittels  der  Braun- 
schen  Röhre  beobachtet,  erwies  sich,  z.  B.,  in 
vielen  Fällen  als  eine  Wellenlinie,  deren  untere 
Scheitelpunkte  die  Zeitachse  nicht  berühren. 
Auch  frühere  Arbeiten^)  mit  dem  Aluminium- 
stromrichter ergaben  öfters  Wellenformen,  deren 
Entstehungsweise  nicht  vollständig  klar  ist.  Es 
schien  mir  daher  nicht  ohne  Interesse  theoretisch 
die  Vorgänge  in  einem,  der  Einwirkung  einer 
gleichgerichteten  sinusförmigen  elektromoto- 
rischen Kraft  unterworfenen  Stromkreise  näher 
zu  untersuchen.  Die  Resultate  dieser  Unter- 
suchung stehen  in  vollem  Einklang  mit  den 
experimentell  beobachteten  Daten;  einige  kleine 
Abweichungen  finden  wohl  ihre  Erklärung  in 
der  Anwesenheit  von  Eisenmassen  in  den  Drossel- 
spulen und  in  der  Abweichung  von  der  Sinus- 
form der  primären  gleichzurichtenden  elektro- 
motorischen Kraft. 

§  I.  Die  elektromotorische  Kraft  habe  die 
in  der  Fig.  i  angegebene  Form,  und  sei  das 
Resultat  der  Gleichrichtung  einer  Sinuskurve, 
deren  negative  (unter  der  Zeitachse  liegende) 
Teile  einer  Drehung  von  unten  nach  oben  um 
180**  unterworfen  worden  sind.  Die  so  ent- 
standene Kurve  kann  analytisch  durch  keine 
endliche  Funktion  ausgedrückt  werden;  sie  muss 
durch  eine  Fouriersche  Reihe  dargestellt  wer- 
den.    Da  die  Kurve  zur  vertikalen  Achse  sym- 

11  W.  Mitkiewicz,  diese  Zeitschr.  2,  747,   igoi. 
2^  J.  Zenneck,  Wied.   Ann.  69,  ^^59,  1899. 


metrisch  ist,  muss  die  Zerlegung  nach  den 
Cosinusen  der  Vielfachen  des  Arguments  fort- 
schreiten.    Wenn    wir    nach   bekannten  Regeln 


Kig.  I. 

diese  Zerlegung  ausführen,    so  erhalten  wir  die 
Reihe 


c 


=."  E 


n 


0 


-^2   2' 


cos  m  (o  t 


a,4.  6 


,    (1) 


wo  e  den  Momentanwert,  E^  den  Maximalwert 
der    elektromotorischen    Kraft    bedeutet;    cw  = 


^  TT 

=^2Jtn  ,  wo  y^und  ;/  die  Periode  und  Wechsel- 
zahl des  primären  gleichgerichteten  Wechsel- 
stromes ist.  Die  Summation  erstreckt  sich  nur 
auf  alle   geraden  Vielfachen    des    Arguments, 

also  auf  ///  =  2,  4,  6 ,   da  die  Koeffizienten 

der  Fourierschen  Reihe  für  alle  ungeraden 
;//  gleich  Null  werden. 

Der  mittlere  und  effektive  Wert  der  elektro- 
motorischen Kraft  (i)  ist 


/:*. 


i) 


2  so 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


Die  elektromotorische  Kraft  (i)  wirke  in 
einem  Stromkreise  mit  der  Selbstinduk- 
tion L  und  dem  Ohmschen  Widerstand  R, 
Der  Momentanwert  /  des  in  dem  Stromkreise 
entstehenden  Stromes  wird  bestimmt  durch  die 

Gleichung: 

e         L  di 

'~  R~  Rdt' 

Die  Integration  dieser  Gleichung  unter  Be- 
rücksichtigung von  (i)  fuhrt  zu  folgendem  Werte 
von  / 


2  Eq 
jt  R 


^2ä^i_  I  •  (i 


[i+mUg-^nV^    (3) 


wo 


m  CO  L 
R 


cos  {m(ot Ipm) 


=  tg^,H,   also  tgfpm  =  VI tg(p .    (4) 


In  (3)  sind  die,  schon  in  den  ersten  Momenten 
des  Instandekommens  des  Stromes  schnell  ab- 
klingenden Glieder  vernachlässigt  worden. 

Die  mittlere  Stärke  im  des  Stromes  /  gleicht 


(5) 


wovon  wir  uns  leicht  durch  Integration  von  {3) 
überzeugen  können.  Jetzt  können  wir  (3)  auch 
in  der  Form  (6)  schreiben: 

21  I 


t  =  tm 


m 


2_i   •   (i+;«2/^2,^y/,      (6) 


cos  [mmt  —  <)Piw) 


Die  Untersuchung  von  (5)  und  (6)  führt  zu 
folgenden  Schlüssen: 

1.  Die  mittlere  Stromstärke  hängt  aus- 
schliesslich vom  Ohmschen  Widerstand 
des  Stromkreises  ab. 

2.  Wenn  der  Selbstinduktionskoeffi- 
zient des  Stromkreises  grösser  als  Null 
[L  >  o),  so  wird  der  Momentanwert  der 
Stromstärke  nie  gleich  Null. 

Dieses  folgt  aus  der  Betrachtung  von  (6). 
Da  bei  ///  ==  2,  4,  6 . . . . 

I 


2 


:2 


2 


(7) 


W —  I 

ist,  und  bei  Z  >  o  auch  tg(p^  o  und 

I  I 

m'^  —  I     (i  +  ni'^  tg^  ffY'^ 
cos  (;//Cö/ — <jr«,)  <  V2 

ist,  so  kann  /  nie  gleich  Null  werden. 

3.  Die  Amplitude  der  Stromschwan- 
kungen um  die  konstante  mittlere  Strom- 
stärke ist  desto  kleiner,  je  grösser  die 
Zeitkonstante  des  Stromkreises  ist. 

Die  Amplitude  derStromschwankungen  hängt 
nur   von    der  Grösse    der  Summe  (7)    ab,    und 


CO  Z- 

dieselbe  ist  desto  kleiner,  je  grösser  /^9)  =  — 5- 

ist.  Bei  L  =  o  und  ^  =  ^,h=  o  erhalten  wir 
aus   (6)  /=  „ ;    die  Stromstärke   ist  in  diesem 

Falle  genau  proportional  den  Momentanwerten 
der  elektromotorischen  Kraft  (i).  Bei  sehr 
grossem  L  und  kleinem  R  werden  die  Strom- 
schwankungen klein,  und  je  grösser       ist,  desto 

R 

mehr  nähert  sich  die  Stromkurve  einer  Geraden 
—  der  mittleren  Stromstärke 


^m 


em 

R 


also  einem  Gleichstrom. 

4.    Die    Stromkurve    ist    symmetrisch 
um  ihre  Maxima  und  Minima. 

Es   sei    /  =  Ö  eine  Lösung  der  Gleichung: 

dt-:,  ji^,„2_,cos<p^^n(m<ot->r„)  =  o(7) 

es  entspreche  also  O  einem  Maximum  oder  Mini- 
mum von  /.  Wenn  die  Kurve  symmetrisch  ist,  muss 

sein.  Wenn  wir  die  Summe  (8)  bilden,  so  finden 
wir,  dass  sie  bei  allen  ©  und  jedem  a  gleich 
Null  ist;  es  ist  also  die  Stromkurve  symmetrisch 
um  ihre  Maxima  und  Minima. 

Gleichung   (7)    kann    nur   annähernd    gelöst 
werden,  so  dass  wir  den  Verzögerungswinkel  der 


( 


^8 


Ol — 


Kig.  2. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


251 


Stromstärke  gegen  die  Spannung  nur  annähernd 
bestimmen  können. 

§  2.  Um  eine  ungefähre  Vorstellung  vom 
Charakter  der  Stromkurve  zu  erhalten,  wurden 
nach  Punkten  (von  10^  zu  lo**)  die  momentanen 
Stromstärken  für  drei  spezielle  Fälle  berechnet. 
In  allen  drei  Fällen  gleicht  ^^  =  100  Volt,  also 

Ef^  =  100 -1/^2=  141,4  Volt;  r=o,02  Sekunde, 
also  «  =  50,  und  CO  =  2^  «==3 14,2;  R=S  Ohm. 
Es  sei  zuerst  L  ==  0,002  Henry.  Wenn  wir 
uns  in  (6)  mit  drei  Gliedern  begnügen  (Fehler 
<1  3,5  Proz.),  so  erhalten  wir  die  Kurve: 

/  «=»  18  [i  —  0,65  cos  (2  (o  t  —  14*^2')  —  0,12  cos 
(4  CO  /  —  26^41')  —  0,05  cos  (6  CO  /  —  37^1')], 

die  in  Fig.  2  dargestellt  ist.  Aus  der  Kurve 
ist  zu  ersehen,  dass  die  Stromstärke  zwischen 
ca.  3,6  und  30  Amp.  schwankt;  der  Verzöger- 
ungswinkel ist  ca.  9^. 

Es  sei  L  =  0,02  Henry,  Wenn  wir  uns  mit 
zwei  Gliedern  der  Summe  begnügen  (Fehler  <C 
3  Proz.),  erhalten  wir: 

/  =  18  [i  —  0,25  cos  (2  CO  /  —  68'^i8')  --  0,026 

^^^(4Cö/—  78  V)]. 
Aus    der   Kurve  Fig.  3,    die    diesem  Fall    ent- 
spricht, ersehen  wir,  dass    die  Stromstärke  nur 


0 


o 

<? 


L-  O.Ol 


Id 


Y'xg,  3. 


zwischen  13,3  und  22,3  Amp.  schwingt;  die 
Verzögerung  ist  ca.  30^. 

Es  sei  zuletzt  Z,  =  0,2  Henry.  Formel  (6) 
mit  nur  einem  Gliede  der  Summe  (Fehler  < 
3  Proz.)  ergiebt: 

/  =  18  [i  -   0,265  cos  (2  CO  /  —  87*^43')] . 


Aus  der  Stromkurve  (Fig.  4)  ersehen  wir,  dass 
die  Stromschwankungen  nur  ungefähr  3  Proz. 
der  mittleren  Stromstärke  betragen;  der  Strom 


18 


X 


Uru^ 


IS  JUnp^ 


L-0.%. 


Z  e  ut 


Fig.  4. 

ist  nahezu  ein  Gleichstrom.  Die  Phasenver- 
schiebung beträgt  ca.  85^. 

Mittels  einer  Braun  sehen  Röhre  und  rotie- 
rendem Spiegel  ist  es  leicht,  die  so  erhaltenen 
Stromkurven  zu  beobachten.  Wenn  der  Strom- 
kreis eine  Drosselspule  mit  beweglichem  Eisen- 
kern enthält,  so  sieht  man  sehr  schön,  wie  beim 
Hineinschieben  des  Eisenkernes  in  die  Spule 
die  Stromschwankungen  immer  kleiner  werden 
und  der  Strom  immer  mehr  den  Charakter  eines 
leicht  pulsierenden  Gleichstromes  annimmt.') 

§  3.  Ein  in  den  Stromkreis  der  gleichge- 
richteten elektromotorischen  Kraft  eingeschaltetes 
Hitzdrahtamp^remeter  zeigt  die  effektive  Strom- 
stärke ie  ,  also: 


% 


Aus  (6) 


/•»  = 


/    m 


erhalten  wir: 
I 


42 


;// 


I 


+  42 


Vm 


cos  [m  (o  t 


_  if 


m 


) 


(,«2_-  ,)2  •   (,«) 


cos'^(m<ot — q>m)  +      (9) 


8^,^. 


.ä^Lä^ 


m 


,2 


I  I 

cos(m  CO/-  (p,„)  cos  [n  (ot —  <f>n)] , 

^WO    (w)  =    I    +   tg'^  (p,n  ist. 

i)  Zu  diesen  und  folgenden  Versuchen  wurde  Anordnung 
Fig.  4  nach  Mitkiewicz  (1.  c,  S.  749)  benutzt.  Bei  der 
Ausführung  der  Versuche  war  mir  Herr  W.  Mitkiewicz  in 
liebenswürdigster  Weise  behilflich,  woftlr  ich  ihm  meinen 
verbindlichsten  Dank  ausspreche. 


252 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


Beim  Integrieren  von  (9)  zwischen  o>  /  =  o 
und  €0  t  ^=^  jt  werden  die  Integrale  des  zweiten 
und  vierten  Gliedes  der  eingeklammerten  Summe 
gleich  Null.     Da  ausserdem 


0» 


/ 


COS^  {in  CDt  —  (pm)  dt=^ 


Jl 


ist,  so  erhalten  wir: 


m 


+  22 


■) 


12 
(10) 


Ein  in  den  Stromkreis  eingeschaltetes  elek- 
tromagnetisches Gleichstromammeter  zeigt  un- 
gefähr den  Wert  der  mittleren  Stromstärke  im 
an.  Aus  (10)  ersehen  wir,  dass  bei  Z  <C  "^  die 
Ablenkungen  am  Hitzdrahtinstrument 
immer  grösser  sein  werden  als  die  Ab- 
lesungen am  Gleichstromammeter.  Da 
die  Grösse  der  Glieder  unter  dem  Summen- 
zeichen in  (10)  mit  wachsendem  ;//  sehr  schnell 
fällt,  so  können  wir  uns  (Fehler  <C  i  Proz.)  mit 
nur  einem  Gliede  begnügen  und  erbalten  dann 

^2  I  ^ 

9  I       /^  ö? 


■m 


'/2 


Den  grössten  Wert  erhält  0  bei  Z  =  o.    Da 


jt 


ist,  so  erhalten  wir  bei  A  ==  o 


i 


inojc. 


Jt\    2 

4 


=  i,ii 


wie  es  nach  (2)  auch  zu  erwarten  war.  Je 
grösser  L  wird,  desto  mehr  nähert  sich  der 
Strom  einem  Gleichstrome  und  desto  mehr 
nähert  sich  0  der  Grösse  Eins. 

Versuche  von  W.  Mitkiewicz")  ergaben 
bei  Stromkreisen  ohne  Selbstinduktion  0  bis  1,7. 
Dieses  grosse  0  dürfte  wohl  seine  Erklärung 
finden  ebenso  in  den  Abweichungen  der  elektro- 
motorischen Kraft  von  der  Sinusform  (siehe 
^'*^-  2,  5  der  Arbeit  von  Mitkiewicz)  wie  über- 
haupt in  den  komplizierten  V^erhältnissen,  die 
der  Stromrichter  in  den  Stromkreis  hineinbringt; 
so  hat  z.  B.  der  Stromrichter  jedenfalls  eine 
nicht  zu  vernachlässigende  elektrolytische  Kapa- 
zität, deren  Grösse  ausserdem  kaum  als  konstant 
angenommen  werden  kann.  2)  Um  die  gleichge- 
richteten Ströme    experimentell  zu  untersuchen, 


I)  1.  c,  s.  748. 

2)  Es  bleibt  ausserdem  dahingestellt,  ob  ein  jedes  elektro- 
magnetische Ammeter  im  vorliegenden  F.ill  wirklich  die 
mittlere  Stromstärke  anzeigt. 


müsste  man  überhaupt  vom  elektrolytischen 
Stromrichter  mit  seinen  komplizierten  und  schwer 
übersehbaren  Vorgängen  absehen  und  zu  der 
schönen  Des  Cou dresschen  Methode*)  greifen, 
welche  die  Umwandlung  von  Wechselstrom  in 
pulsierenden  Gleichstrom  mittels  des  Hai  Ischen 
Phänomens  bewerkstelligt. 

§  4.  Wenn  der  Stromkreis  ausser  der  Selbst- 
induktion L  noch  die  Kapazität  C  enthält,  so 
bestimmt  sich  /  aus  der  Gleichung: 

äU      K  di     i    ^\  de   2), 
df^  '^  L  dt  LC      L  dt 


deren  Lösung 


/  ^- 


4  ^0 
:jt   R 


2 


m 


wo     tg    f,H 


cos  (m  m  t  - 
~      R        ' 


I  (i  +  tg'H^^y^^  (11) 


C Rm  oj 


ist , 


ergiebt.  In  (11)  sind  die  beim  Instandekommen 
des  Stromes  schnell  abklingenden  Glieder  ver- 
nachlässigt worden;  diese  Glieder  scheiden  bei 
C=  ^  einen  konstanten  Teil  ab ;  daher  ergiebt 
auch  nicht  (11)  bei  6  ==  oc  die  diesem  letzteren 
Fall  entsprechende  Formel  (3). 

Aus  (11)  ersehen  wir,  dass  wir  in  vorliegen- 
dem Fall  einen  Wechselstrom  mit  mittlerer  Strom- 
stärke gleich  Null  erhalten.  Eine  Kompensierung 
der  Kapazität  durch  vorgeschaltete  Selbstinduk- 
tion, wie  solche  bei  gewöhnlichem  Wechsel- 
strom  bei        =;/2Z  eintritt,  ist    unmöglich,  da 

wir  nicht  gleichzeitig  ip.^  =  i/»^  =  .  .  .  ip,„  =  o 
machen  können.  Bei  Z  =  o  erhalten  wir  wie 
bei  Wechselstrom  ein  Voreilen  des  Stromes  gegen 
die  elektromotorische  Kraft. 

8  5.  Eine  Arbeit  von  J.  Zenneck^)  bewog 
mich  noch  den  Fall  eines  Transformators,  dessen 
eine  Wickelung  die  gleichgerichtete  sinusförmige 
elektromotorische  Kraft  enthält,  zu  untersuchen. 
Die  sekundäre  Wickelung  muss  in  diesem  Fall 
nach  der  Meinung  von  J.  Zenneck  der  Sitz 
einer  induzierten  elektromotorischen  Kraft  sein, 
deren  Form  die  Derivierte  einer  gleichgerichteten 
Sinusoide  ist,  also  ungefähr  die  Form  der  Fig.  5 
hat.  Versuche  ergaben  aber  eine  ganz  andere 
Form  der  Stromkurve,  nämlich  die  der  Fig.  6. 
J.  Zenneck  erklärt  diese  Abweichung  von  der 
erwarteten  Stt-omkurve  durch  die  Annahme,  dass 
die  Voraussetzungen  über  die  Sinusförmigkeit 
des  verwandten  Wechselstromes,  über  die  richtige 
Ventilwirkung  der  Aluminiumzellen  und  über 
die  Hysteresisfreiheit   des  Transformators  nicht 


i)  Th.  Des  Coudres,  diese  Zeitschr.  2,  586,   1901. 

2)  Formel  (i)  entspricht  allen  Bedingungen,  denen  eine 
Fouri ersehe  Kcihe  genügen  muss,  damit  \nx  das  Recht 
haben,  cMiicn  Differentiahiuotienten  von  ihr  zu  bilden. 

31  J.  Zenneck,  Wied.  ^nn.  69,  859,   1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


253 


genau  zutreffen.  Die  unten  angeführten  Berech- 
nungen erweisen  jedoch,  dass  selbst  bei  voll- 
ständigem Zutreffen  der  obengenannten  Voraus- 


Fig.  5. 

Setzungen  die  induzierte  elektromotorische  Kraft 
ungefähr  die  Form  der  Fig.  6  haben  muss. 

Die  Untersuchung  dieser  Frage  nach  ge- 
wöhnlichen Methoden  fuhrt  zu  ziemlich  kom- 
plizierten Rechnungen.  Darum  wandte  ich  mich 
zu  den  von  Heaviside  und  Per ry  angegebenen 
Methoden  der  symbolischen  Lösung  der  in 
Wechselstromfragen  vorkommenden  linearen 
Differentialgleichungen.    Es  seien  R  und  Z,  ^i 


Fig.  6. 

und  /.,  die  Widerstände  und  Selbstinduktionen 
des  primären  und  sekundären  Stromkreises;  M 
die  gegenseitige  Induktion  der  Stromkreise.  Es 
seien  e  und  /  die  Momentanwerte  der  elektro- 
motorischen Kraft  und  Stromstärke  im  Primär- 
kreise, Z|  der  induzierte  Strom.  Wir  haben  dann 
im  primären  Stromkreis: 


(12) 


/  ^= 


{R,  +  A,  &)  e 


RR^  +  (/?/,,  +  Ry  L)  e  +  (LL,  -   M 2)  ©^ 

—  Arße 
RRy  +  {RL,  +  R,  L)  Ö+  (A/,,  -  .)/■')  6t^J 


r('3) 


Wenn  wir  die  Voraussetzung  machen,  dass 
der  Transformator  ohne  magnetische  Streuung 
ist,  also  Z/.,  =  J/-  ist,  und  in  (13)  den  Wert 
von  e  aus  (i)  hineinsetzen,  erhalten  wir: 


/^o2 


I 


jt  R  ~ 

Ri  +  L,e 

RR,+{RL,  +  R,L)e 

i\  =    -  E^  2  — 2 

MS         

RR^  +(RL,^  R,L)e 


m-  -   I 
cos  m  o)  t\ 


cos  m  (ot , 


(14) 


Formeln  (14)  ergeben  bei  Benutzung  der  allge- 
meinen Transformation: 


~:j~c^   ^»  [nt  +  f/))  =  ^  ^ 


2  +  '^"2  ,^2 


c  -\'  dS 
Sn  [nt  +  ^/>  +  isr-^ 


bn 


a 


folgende  Ausdrücke  für  /  und  /,: 


2i5"o 

JtR 


I    -2 


2: 


I  +  <f  2  «/v 


'/2 


m^  l\l+(<f^m+^^9);^) 


COS  {mcot  -\-  !/%„  —  tg-^  (tg  tpnt  +  tgq>^)) 

4  Eq      Mg) 


(15) 


üi  Rt 


R 


2- 


m 


(16) 


Sn  [m mt  —  tg-^^  {tg(pm  +  tg  ^>m\) 


L\  m  CO 


L  mm 


ist. 


im  sekundären  \ 

wo    ^    symbolisch    einen    Differentialquotienten 
darstellt. 

Durch    Lösung    der    Gleichungen    (12)    er- 
halten wir: 


wo  tg^^rn  =     '^-       und   tgq)^  = 

Der  Strom  im  Primärkreise  (15)  ist  ein 
pulsierender  Strom  (wie  ihn  die  Fig.  2,  3,  4 
geben),  dessen  Momentanwert  nie  gleich  Null 
wird  und  dessen  Amplitude  desto  kleiner  ist,  je 
kleiner  der  Widerstand  des  Sekundärkreises 
wird.  Diese  Betrachtung  erklärt  auch,  wie  J. 
Zenneck  es  mitteilt,  warum  der  Wirkungsgrad 
seiner  Anordnung  ein  so  wenig  günstiger  war. 
Man  kann  aber  auch  nicht,  wie  esj.  Zenneck 
erwartet,  von  einem  besser  gebauten  Transfor- 
mator einen  höheren  Wirkungsgrad  erhalten,  da 
wir  ja  immer  im  Primärkreise  mit  einem  Strom 
zu  thun  haben  werden,  dessen  Momentanwert 
nie  Null  erreicht.  Ein  Strom  der  Form  Fig.  i 
ist  ja  nur  in  einem  Leiter  ohne  Selbstinduktion 
möglich,  der  andererseits  aber  nicht  als  Primär- 
kreis eines  Transformators  dienen  kann. 

Wenn  wir  in  (15)  /^,  =  -v  setzen  (Sekundär- 
kreis offen)  so  erhalten  wir,  wie  es  auch  zu  er- 
warten war,  die  Formel  (6). 

Der  Strom  (16)  im  Sekundärkreise  des 
Transformators  ist  ein  Wechselstrom.  Da  die 
Zeitkonstante  des  Primärkreises  gewöhnlich  sehr 
gross  ist,  so  können  wir  (16)  annähernd  in  der 
Form  schreiben: 


/,  =  ;  /fo 


M 
LRi    !   L^R 


2 


;//---  I 


(17) 


1 


2  54 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


cos  m  G) 


/  =  A-      /in  ^      ,  tos  /fi  oj  / . 

jt         '^^  nr  —  I 


Durch  Vergleich  von  (17)    mit   (i)    und    (2) 
erhalten  wir: 

/,  :=^  A  [em  —  e) , 

wo  em  die  konstante  mittlere  und  e  die  momentane 
elektromotorische  Kraft  bedeutet,  und  A  eine 
Konstante  ist.  Wir  erhalten  also  die  Form  der 
Stromkurve,  wenn  wir  in  Fig.  i  die  Zeitachse  um 

2 

E(s  heben  und  die  so  erhaltene  Kurve  einer 

Drehung  von  1 80^  um  die  Zeitachse  unterwerfen. 
Wir  bekommen  dann  die  Kurve  Fig.  7  die  voll- 
ständig  der   experimentell    von    Zenneck    er- 


Fig.  7. 

haltenen  Kurve  Fig.  6  gleicht. ')   Um  den  Grad 

der  Ähnlichkeit  beider  Kurven  zu  untersuchen, 

mass  ich  an  der  Zenneck  sehen  Kurve  (so  gut 

es  ihre  kleinen  Dimensionen  zuliessen)  das  Ver- 

A  C 
hältnis     .  _   (siehe  F'ig.  7)    und    fand  es   gleich 


5>5 


AB 


=  0,64;    theoretisch  muss  es  nach  unseren 


Formeln       =  0,637  sein;  beide  Werte  stimmen 

Jt 

auffallend  gut.  Wir  schliessen  daraus,  dass  die 
Form  der  Zenn eckschen  Kurve  weder  Hyste- 
resiserscheinungen  noch  anderen  zuzuschreiben 
ist,  sondern  dass  sie  eine  notwendige  Folgerung 
der  Wirkung  einer  gleichgerichteten  sinusför- 
migen elektromotorischen  Kraft  ist.  Eher  könnte 
die  Asymmetrie  dieser  Kurve  (die  Kurve  steigt 
schnell,  fällt  langsamer)  den  Abweichungen  von 
der  Sinusform  oder  der  durch  Anwesenheit  von 
Eisen  hervorgerufenen  Inkonstanz  der  Induk- 
tionskoeffizienten zugeschrieben  werden. 
Physikalisches  Laboratorium  der  Artillerieschule 
für  Marineoffiziere  in  Kronstadt. 

l)  Fig.  5  und  6  sind  den   Fig.  5  und  7  in  der  Zenncck- 
Rchen  Arbeit  nachgezeichnet, 

I  Fingegangen    17.  Januar  1902. 1 


Versuche  über  erregte  Radioaktivität. 

Von  E.  Rutherford. 

In  einer  früheren  Mitteilung*)  habe  ich  ge- 
zeigt, dass  die  von  Thoriumverbindungen  er- 
regte Radioaktivität  in  einem  starken  elektrischen 
Felde  auf  die  negative  Elektrode  konzentriert 
werden  kann.  Der  Betrag  der  erregten  Radio- 
aktivität, die  in  einer  gewissen  Zeit  unter  glei- 
chen Bedingungen  hervorgerufen  wird,  ist  unab- 
hängig von  der  chemischen  Beschaffenheit  der 
Elektrode,  und  ebenso  von  der  Grösse  der 
Fläche,  auf  der  die  erregte  Radioaktivität  her- 
vorgerufen wird.  Die  Abnahme  der  erregten 
Radioaktivität  mit  der  Zeit  ist  unabhängig  von 
der  Natur  der  Substanz,  auf  der  sie  hervorge- 
rufen worden  ist,  und  von  dem  Drucke  und  der 
Natur  des  umgebenden  Gases.  Es  wurde  ge- 
zeigt, dass  die  Intensität  der  erregten  Strahlung 
mit  der  Zeit  abnimmt  und  in  etwa  ii  Stunden 
auf  die  Hälfte  ihres  Anfangswertes  sinkt. 

Bei  diesen  Versuchen  wurde  der  radioaktiv 
zu  machende  Körper  stets  für  Zeiten  von  zwei 
Stunden  bis  zu  mehreren  Tagen  in  Gegenwart 
von  Thorium  exponiert.  Bei  neueren  Arbeiten 
stellte  es  sich  als  notwendig  heraus,  den  Betrag 
der  Radioaktivität  an  einem  Körper  zu  unter- 
suchen, der  nur  eine  kurze  Zeit  in  Gegenwart 
des  Thoriums  exponiert  war.  Für  diesen  Zweck 
wurde  ein  besonders  empfindliches  Elektrometer 
angewandt,  um  mit  Genauigkeit  den  geringen 
Betrag  der  erregten  Strahlung  zu  messen. 

Es  fand  sich,  dass  der  Betrag  der  erregten 
Strahlung,  am  Elektrometer  gemessen  durch 
Beobachtungen  des  lonisationsstromes  zwischen 
parallelen  Platten  oder  konzentrischen  Cylindern, 
noch  einige  Stunden  hindurch  beständig  wuchs, 
nachdem  das  Thorium  entfernt  war. 

Die  folgenden  Tabellen  genügen,  um  den 
allgemeinen  Verlauf  der  Erscheinung  zu  zeigen. 

I.  Platindraht  als  Kathode  15  Minuten  in 
einem  Cylinder  exponiert,  der  Thorium  enthielt. 

Potentialdifferenz  zwischen  den  Elektroden 
iio  Volt;  dann  wurde  der  Draht  entfernt  und 
die  Radioaktivität  in  bestimmten  Intervallen  ge- 
prüft. Erste  Beobachtung  5  Minuten  nach  der 
Entfernung. 

y  .  Bewegung   der  Eicktroroeternadel 

in   Skalenteilen   pro  Sekunde 

o  1,9 

7i5  2,8 

24  4,0 

43  Afi 

58  5,2 

7«  SS 

99  6,5 

In  diesem  Falle  wuchs  die  Radioaktivität 
um  das  mehr  als  Dreifache  und  hatte  auch  nach 

I )  Phil.  Mag.  Februar  1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   12. 


255 


einer  Zeit  von  99  Minuten  ihren  grössten  Wert 
noch  nicht  erreicht. 

II.  Aluminiumblatt  als  Kathode  in  einem 
Apparat  mit  parallelen  Platten,  der  Thorium 
enthielt.  Exposition  41  Minuten.  Erste  Beob- 
achtung 6  Minuten  nach  der  Entfernung. 


Zeit 
O 

21  Minuten 

57 
70 

91 
120 

160 

180 

22  Stunden 

49 


t> 


f» 


ff 


11 


»» 


;i 


Skalenteile  pro  Sekunde 
I 

1,6 

1,8 
2,0 

2,2 

2,5 

2,9 

2,9 

2,9 
1,0 

0,21 


In  diesem  Falle  wurde,  um  vergleichen  zu 
können,  der  lonisationsstrom  beim  Beginne  der 
Beobachtungen  als  Einheit  genommen.  Man 
bemerkt,  dass  die  Radioaktivität  gerade  wie  in 
der  ersten  Tabelle,  mit  der  Zeit  sehr  schnell 
wächst  und  nach  2  Stunden  ein  Maximum  von 
2,9  erreicht.  Dann  bleibt  sie  einige  Stunden 
lang  annähernd  konstant,  und  vermindert  sich 
schliesslich    allmählich  im  normalen  Verhältnis. 

Ähnliche  Ergebnisse  wurden  erhalten,  wenn 
der  Körper  durch  kurzdauernde  Exposition  in 
Gegenwart  von  Thorium  radioaktiv  gemacht 
wurde,  ohne  dass  ein  elektrisches  Feld  wirk- 
sam war. 

Dieses  Wachsen  der  Radioaktivität  mit  der 
Zeit  ist  unabhängig  von  der  Natur  der  Elek- 
trode und  von  dem  Grade  der  Konzentration 
der  Radioaktivität. 

Wenn  die  Platte  oder  der  Draht  einige 
Stunden  ausgesetzt  wird,  ehe  man  ihn  entfernt, 
ist  die  nachfolgende  Steigerung  der  Radioakti- 
vität sehr  klein;  für  eine  noch  längere  Expo- 
sitionszeit fällt  nachher  die  Radioaktivität  be- 
ständig. Dieses  Fallen  nach  langen  Expositionen 
darf  man  erwarten,  wenn  die  Steigerung  des 
Strahlungsvermögens  der  radioaktiven  Substanz, 
die  in  den  letzten  paar  Stunden  der  Exposition 
niedergeschlagen  wird,  mehr  als  kompensiert 
wird  durch  die  Abnahme  der  Strahlung  des 
Restes. 

Diese  Ergebnisse  erklären  eine  auffällige 
Anomalie,  die  früher  (loc.  cit.  S.  178)  in  dem 
Wachsen  der  von  Thorium  erregten  Radioakti- 
vität mit  der  Expositionszeit  beobachtet  wor- 
den war.  Es  war  dort  gezeigt  worden, 
dass  unter  der  Annahme  eines  gleichförmigen 
Niederschlages  von  radioaktiver  Substanz,  die 
an  der  erregten  Strahlung  schuld  ist,  und  einer 
regelmässigen  Verminderung  der  Strahlungs- 
intensität mit  der  Zeit,  das  Anwachsen  der  er- 
regten Radioaktivität  mit  der  Expositionszeit 
dem    Anwachsen    eines    elektrischen     Stromes 


gleich  ist,  der  in  einem  Stromkreise  von  kon- 
stanter Selbstinduktion  entsteht.  Während  dies 
zu  einer  Erklärung  der  experimentellen  Ergeb- 
nisse im  grossen  und  ganzen  ausreichte,  wurde 
beobachtet,  dass  der  Betrag  der  erregten  Ra- 
dioaktivität in  den  ersten  paar  Stunden  der 
Exposition  sehr  viel  kleiner  war,  als  es  der 
Theorie  entsprach.  Diese  Abweichung  erklärt 
sich  indessen,  wenn  jeder  Anteil  der  radioak- 
tiven Substanz  einige  Stunden  braucht,  um 
seine    grösste  Strahlungsfähigkeit   zu  erreichen. 

Wenn  wir  die  Anschauung  zu  Grunde  legen, 
dass  erregte  Radioaktiviät  von  dem  Niederschlag 
einer  irgendwie  beschaffenen  radioaktiven  Sub- 
stanz auf  den  Körpern  herrührt,  so  hat  es  den 
Anschein,  dass  entweder  i.  die  Strahlung  einer 
allmählichen  molekularen  Umlagerung  oder  che- 
mischen Kombination  zugeschrieben  werden  muss, 
welche  einige  Stunden  brauchen,  um  ihre  maxi- 
male Intensität  zu  erreichen,  oder  das  2.  die 
niedergeschlagene  radioaktive  Substanz  in  dem 
Drahte  oder  der  Platte  erregte  Radioaktivität 
veranlasst,  die  sich  zu  ihrer  eigenen  ursprüng- 
lichen Radioaktivität  hinzu  addiert. 

Es  wurden  auch  Versuche  gemacht,  indem 
die  strahlende  Elektrode  ungefähr  auf  Rotglut 
erhitzt  wurde;  indessen  war  es  nicht  möglich, 
in  dieser  Weise  die  Zeit  zu  verkürzen  oder  zu 
verlängern,  die  bis  zur  Erreichung  des  Maximums 
des  Strahlungsvermögens  notwendig  war,  noch 
auch,  das  endgültige  Maximum  merklich  zu  be- 
einflussen. 

Von  Radium  erregte  Radioaktivität. 

Es  wurden  einige  Versuche  gemacht,  um  zu 
erfahren,  ob  das  nachträgliche  Wachsen  des 
Strahlungsvermögens  auch  für  die  von  Radium- 
verbindungen erregte  Radioaktivität  beobachtet 
werden  kann.  Ein  Platindraht  wurde  in  einem 
Gefässe  mit  Radiumausströmung  10  Minuten  lang 
zur  Kathode  gemacht.  Dann  wurde  er  entfernt 
und  die  Änderung  seiner  Radioaktivität  mit  der 
Zeit  geprüft.  Die  zwei  Proben  von  Radium, 
die  von  P.  de  Haen,  Hannover  stammten,  gaben 
verschiedene  Abfallkurven.  Die  Abfallkurve 
der  als  „konzentriert"  bezeichneten  Probe 
(Fig.  i)  war  sehr  unregelmässig,  kann  aber  in 
drei  Teile  geteilt  werden: 

1.  Ein  anfänglich  sehr  schneller  Abfall  der 
erregten  Aktivität  für  ungefähr  10 Minuten. 

2.  Eine    sehr   langsame    Änderung   für    die 
nächsten  30  Minuten  etwa. 

3.  Eine  schnellere  Abnahme,  bi    die  Radio- 
aktivität verschwunden  ist. 

Die  Abfallkurve  für  das  als  „einfach"  be- 
zeichnete Radium  war  nicht  so  unregelmässig, 
aber  der  allgemeine  Verlauf  wurde  ebenso  ge- 
funden, nur  in  einer  weniger  ausgeprägten  Form. 
Für  die  ersten  paar  Minuten  fiel  die  Radiuakti- 


256 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


vität  sehr  schnell,  dann  langsamer  und  schliess- 
lich wieder  schneller. 

Um  die  Gestalt  der  in  Fig.  i  wiedergegebenen 
Kurve  des  Abfalles  der  von  Radium  erregten 
Strahlung  zu  erklären,  scheint  es  nötig,  anzu- 
nehmen, dass  die  radioaktive  Substanz,  die  auf 
den  erregten  Körper  übertragen  wird,  wenigstens 
zwei  Arten  von  Strahlungen  von  sich  giebt. 
t)ie  eine  derselben  nimmt  sehr  schnell  mit  der 
Zeit  ab.  Die  Intensität  der  anderen  wächst 
einige  Zeit,  nachdem  die  radioaktive  Substanz 
niedergeschlagen  ist,  ähnlich  wie  das  bei  Tho- 
rium   beobachtet  wurde,    nachher  aber  fällt  sie 


10(k\ 


00- 


in  regelmässiger  Weise.  Eine  solche  Hypothese 
würde  die  allgemeine  Form  der  Abfallkurve 
für  die  von  beiden  Proben  des  Radiums  erregte 
Radioaktivität  erklären.  Der  relative  Betrag  der- 
jenigen Strahlung,  die  schnell  abnimmt,  ver- 
glichen mit  der  anderen,  scheint  bei  verschie- 
denen Proben  von  Radium  verschieden  zu  sein. 

Wirkung  von  Lösungen. 

Es  war  früher  gezeigt  worden  (1.  c),  dass 
Schwefel-  und  Salzsäure  einen  Teil  der  erregten 
Radioaktivität  wegnehmen,  die  an  einem  Thorium 
ausgesetzten  Platindrahte  erregt  wurde.  Die  so 
entfernte  Radioaktivität  bleibt  in  der  Lösung. 
Wenn  man  die  Lösung  bis  zur  Trockenheit  ein- 
dampft, so  wird  die  Radioaktivität  auf  die  Wand 
des  Gefässes  übertragen. 

Keine  anderen  Substanzen  haben  sich  finden 
lassen,  die  so  lebhaft  die  erregte  Radioaktivität 
auflösten,  wie  Schwefelsäure,  Salzsäure  und 
Fluorwasserstoffsäure,    obwohl  eine  grosse  Zahl 


organischer  und  unorganischer  Säuren  und  Lö- 
sungen geprüft  worden  ist. 

Bei  einigen  der  früheren,  zwei  Jahre  zurück- 
liegenden Experimente  war  gefunden  worden, 
dass  '/lo  normale  reine  Schwefelsäure  die  ge- 
samte auf  einem  Platindrahte  erregte  Radioakti- 
vität bis  auf  8  Proz.  in  wenigen  Minuten  ent- 
fernte. Verdünnte  Salzsäure  des  Handels  ent- 
fernte sie  in  wenigen  Sekunden  bis  auf  10  Proz. 
Unsere  Versuche  mit  verschiedenen  Proben  reiner 
und  käuflicher  Säure  gaben  sehr  verschiedene 
Ergebnisse.  Beispielsweise  wurden  mit  einer 
anderen  Probe  von  reiner  Schwefelsäure  unge- 
fähr 50  Proz.  sehr  schnell  entfernt,  der  Rest 
aber  wurde  äusserst  langsam  gelöst.  Käufliche 
Salzsäure  vermindert  die  Radioaktivität  bis  auf 
29  Proz.  Die  entfernte  Menge  wurde  durch 
beträchtliche  Verdünnung  der  Säure  nicht  wesent- 
lich verändert. 

Käufliche  Salz-  und  Schwefelsäure  findet 
sich  sehr  viel  wirksamer,  die  Radioaktivität  zu 
entfernen,  als  die  ganz  reinen  Säuren. 

Die  Bedingungen,  unter  denen  der  Platin- 
draht radioaktiv  gemacht  worden  war,  hatten 
keinen  besonderen  Einfluss  auf  das  Ergebnis. 
Die  Expositionszeit,  die  Gegenwart  oder  Ab- 
wesenheit von  Wasserdampf  bedingten  keinerlei 
Unterschied.  Die  grosse  Verschiedenheit  der 
Fähigkeit,  erregte  Radioaktivität  zu  entfernen, 
wie  sie  bei  verschiedenen  Proben  reiner  Schwe- 
felsäure und  bei  käuflicher  und  reiner  Säure 
auftritt,  scheint  zu  dem  Schlüsse  zu  drängen, 
dass  die  Entfernung  der  erregten  Radioaktivität 
von  dem  Platin  von  einer  geringen  Verun- 
reinigung herrührt,  die  in  verschiedenen  Proben 
der  Säure  mit  verschiedenem  Betrage  vor- 
handen ist. 

Abnahme  der  erregten  Radioaktivität 

in  Schwefelsäure. 

Es  wurden  Versuche  unternommen,  um  zu 
erkennen,  ob  die  einer  verdünnten  Lösung  von 
Schwefelsäure  mitgeteilte  Radioaktivität  mit  der- 
selben   Geschwindigkeit    wie    in  Luft  abnimmt. 

Ein  radioaktiv  gemachter  Platindraht  wurde 
für  wenige  Minuten  in  '/|o  normale  Schwefel- 
säure Lösung  getaucht,  die  in  einer  Bürette  von 
12  cm*  enthalten  war.  Nach  der  Entfernung 
des  Platindrahtes  wurde  die  Säure  tüchtig  ge- 
schüttelt und  einige  Tage  sich  selbst  überlassen. 
Zu  verschiedener  Zeit  wurden  2  cm^  derselben 
Lösung  entfernt  und  in  einer  Platinschale  ein- 
gedampft. Die  Radioaktivität  in  der  Schale 
wurde  in  der  gewöhnlichen  Weise  mit  Hilfe 
eines  Elektrometers  geprüft.  So  wurden  die 
Beträge  der  Radioaktivität,  die  in  gleichem  Vo- 
lumen der  Lösung  zurückblieben,  nach  verschie- 
denen Zeitintervallen  bestimmt.  Die  Ergebnisse 
zeigten,  dass  die  Abnahme  der  erregten  Strah- 
lung   in    der  Lösung    nahezu  dieselbe  war,    als 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   12. 


257 


wenn  sie  an  dem  Platindrahte  der  Luft  ausge- 
setzt worden  wäre.  Dieses  Ergebnis  in  Ver- 
bindung mit  anderen  ähnlicher  Art  scheint  zu 
zeigen,  dass  die  Abfallgeschwindigkeit  der  er- 
regten Radioaktivität  einem  in  der  radioaktiven 
Substanz  selbst  verlaufenden  Vorgange  zuzu- 
schreiben ist,  der  von  der  Substanz,  mit  der  sie 
in  Berührung  ist,  nichf  beeinflusst  wird. 

Einfluss  der  Temperatur. 

Die  an  einem  Platindrahte  von  Thorium  er- 
regte Strahlung  wird  durch  eine  Steigerung  der 
Temperatur  bis  zur  Rotglut  wenig  beeinflusst. 
Ein  grosser  Betrag  der  Radioaktivität  aber  wird 
rasch  entfernt,  wenn  man  bis  zur  Weissglut  er- 
hitzt. Eine  lang  andauernde  Hitze  auf  hohe 
Temperatur  ist  notwendig,  wenn  man  auch  den 
Rest  entfernen  will.  Der  Teil,  der  durch  Hitze 
schwer  entfernt  wird,  wird  auch  durch  Lösungen 
von  Salz-  oder  Schwefelsäure  sehr  wenig  an- 
gegriffen. 

Keine  bemerkenswerte  „radioaktive  Aus- 
strömung" wurde  von  einem  erregten  Platin- 
drahte erhalten,  während  er  auf  Weissglut  er- 
hitzt wurde,  welche  ihr  radioaktives  Strahlungs- 
vermögen sehr  bald  zerstörte. 

Es  sind  Versuche  im  Gange,  um  zu  zeigen, 
ob  hierbei  die  erregte  Radioaktivität  zerstört 
oder  nur  auf  die  umgebenden  Körper  über- 
tragen wird, 

Mc.  Gill  Univ.,  Montreal,  den  14.  Jan.  1902. 

(Aus  dem  EDglischen  übersetzt  von  H.  Th.  Simon.) 

(Eingegangen  14.  Februar  1902.) 


Über  die  durch  Kathodenstrahlen  bewirkte 
Ablenkung  der  Magnetnadel.^) 

Von  Josef  von  Geitler. 

Vor  einiger  Zeit  habe  ich  unter  dem  obigen 
Titel  Versuche  beschrieben ''),  durch  welche  mir 
der  Beweis  erbracht  erschien,  dass  Kathoden- 
strahlen magnetische  Wirkungen  besitzen.  Bei 
weiteren  Versuchen,  welche  ich  in  den  letzten 
Monaten  anstellte,  bin  ich  nun  zu  der  Erkenntnis 
gekommen,  dass  bei  meiner  Versuchsanordnung 
eine  Fehlerquelle  vorhanden  war,  welche  bei 
allen  Modifikationen  des  Versuches  dem  Sinne 
nach  stets  so  wirkte,  wie  man  es  von  den  Ka- 
thodenstrahlen selbst  erwarten  konnte. 

Die  verschiedenen  Messingröhren  m  näm- 
lich^), in  welchen  behufs  elektrostatischen  Schutzes 
die    Magnetnadel    bei    den    verschiedenen  Ver- 


1)  Aus  dem  Anzeiger  3,  der  kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien 
vom  23.  Januar  1902. 

2)  Wiener  Sitzungsberichte,  110,  Abt.  IIa,  S.  358  und 
Ann.  der  Physik,  5,  924,  1901.  Siehe  auch  diese  Zeitscbr., 
S,  601,  1901. 

3)  Vergl.  1.  c.  Fig.  i.^ 


suchen  hing,  besassen  einen  eingelöteten  Boden 
aus  gewalztem  Messing.  Dort,  wo  die  Kathoden- 
strahlen das  Metallrohr  treffen,  wird  dasselbe 
erwärmt.  Zwischen  dem  erwärmten  und  nicht 
erwärmten  Teile  der  Berührungsfläche  von 
Messingrohr  und  Messingboden  entsteht  dadurch 
eine  thermoelektrische  Potentialdifferenz,  welche 
bei  den  besonders  günstigen  Widerstandsver- 
hältnissen hinreichend  ist,  um  einen  Strom  von 
genügender  Stärke  zu  erzeugen,  welcher  die 
Nadel  ablenkt.  Leider  war  aber  die  Richtung 
des  Stromes  stets  so,  dass  die  Ablenkung  in 
dem  von  den  Kathodenstrahlen  zu  erwartenden 
Sinne  erfolgte.  Die  Erwärmung  und  Abkühlung 
des  Rohres  findet  ferner  so  prompt  statt,  dass 
sich  die  Fehlerquelle  durch  den  Charakter  des 
Ausschlages,  besonders  bei  ungedämpfter  Nadel, 
kaum  verrät.  Es  ist  leicht  einzusehen,  dass  bei 
Vertauschung  der  Elektroden  aa  mit  b^  auch 
der  Thermostrom  zugleich  mit  den  Kathoden- 
strahlen seinen  Sinn  verändert,  dass  er  nicht 
auftritt,  wenn  a  Anode,  «  Kathode  ist,  dass  er 
nicht  wirkt,  wenn  cy  Elektroden  sind  und  in 
den  Versuchen  No.  8  bis  11,  welche  der  Hertz- 
schen  Anordnung  entsprechen,  fehlt,  sowie  dass 
er  um  so  stärker  ist,  je  kräftiger  die  Kathoden- 
strahlen sind,  die  ihn  erzeugen.  Auch  bei  den 
Versuchen  mit  der  in  Fig.  2  (I.e.)  abgebildeten  Röhre 
scheint  dieselbe  Fehlerquelle  im  Spiele  gewesen 
zu  sein.  Danach  ist  es  klar,  dass  ein  grosser, 
und  wie  ich  glaube,  der  grösste  Teil  der  be- 
obachteten Wirkung  auf  Rechnung  der  erwähnten 
Fehlerquelle  zu  setzen  ist.  Ich  bin  damit  be- 
schäftigt, die  Grösse  des  Anteils  zu  suchen, 
welchen  die  Kathodenstrahlen  selbst  an  dem 
Phänomene  besitzen.  Die  quantitativen  An- 
gaben meiner  Arbeit  lassen  sich  nach  den 
jetzigen  Erfahrungen  nicht  aufrecht  erhalten. 
Die  leitende  Idee,  welche  ich  seinerzeit  aus- 
führlich dargelegt  habe,  scheint  mir  dagegen 
vorläufig  unberührt  bestehen  zu  bleiben. 

Physik.  Inst,  der  k.  k.  deutsch.  Univ.  Prag. 

(Eingegangen  24.  Februar  1902. 1 


Das  mechanische  Äquivalent  der  Licht- 
einheit. 

Von  Knut  Angström. 

Nachdem  Julius  Thomsen  *)  schon  1865 
einen  ersten  Versuch  zur  Bestimmung  des 
mechanischen  Äquivalents  einiger  Lichtquellen 
gemacht  hatte,  wurde  von  O.  Tumlirz  1889 
das  mechanische  Äquivalent  unserer  gegen- 
wärtigen Lichteinheit  näher  bestimmt.^)  Die 
Gesamtstrahlung  [Q)  wurde    mit  einer  Art  von 

1)  J.  Thomsen,  Pogg.  Ann.  126,  348,  1865. 

2)  ().  Tumlirz,  Wied.  Ann.  38,  640,   1SS9. 


2S8 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


Luftthermometer  bestimmt,  das  Verhältnis  der 
Licht-  und  der  Gesamtstrahlung  oder  der  Licht- 
effekt der  Strahlung  (^/ö)  wurde  auf  dieselbe 
Weise,  wie  es  früher  Melloni  und  Julius 
Thomsen  gemacht  hatten,  ermittelt,  und  zwar 
dadurch,  dass  die  ultraroten  Strahlen  durch 
eine  Wasserschicht  absorbiert  und  so  von  den 
Lichtstrahlen  (L)  getrennt  wurden. 

Bei  der  Bestimmung  der  Gesamtstrahlung 
der  H efn ersehen  Amylacetatlampe,  die  ich  bei 
einer  anderen  Gelegenheit  ausgeführt  habe"), 
überzeugte  ich  mich,  dass  diese  Strahlung  nicht 
unbedeutend  grösser  war,  als  Tumlirz  sie  an- 
gegeben hatte.  Andererseits  ist  die  Methode, 
den  Lichteffekt  der  Strahlung  durch  Absorption 
in  Wasser  zu  bestimmen,  aus  leicht  einzusehen- 
den Gründen  prinzipiell  unrichtig  und  muss  zu 
hohe  Werte  der  Lichtstrahlung  geben.  ^) 

Weil  eine  genaue  Kenntnis  unserer  Licht- 
einheit ftir  viele  physikalische  Fragen  von  hoher 
Bedeutung  ist,  entscbloss  ich  mich,  die  Frage 
wieder  aufzunehmen.  Meine  Untersuchung  der 
Hefner-Lampe  zerfällt,  wie  die  früheren  über 
diesen  Gegenstand,  in  zwei  Teile:  i.  die  Be- 
stimmung der  Gesamtstrahlung,  2.  die  Hestim 
mung  des  Verhältnisses  der  Licht-  und  der 
Gesamtstrahlung. 

Die  von  mir  untersuchte  Normallampe  mit 
Hefnerschem  Flammenmass  war  von  Siemens 
&  Halske  bezogen.  Zur  Bestimmung  der 
Gesamtstrahlung  bediente  ich  mich  des  von  mir 
konstruierten  Kompensationspyrheliometers  ^) 
und  zwar  eines  vorzüglichen  Instrumentes  mit 
Streifen  von  Manganin  (betreffs  der  Konstruk- 
tion des  Instrumentes  möchte  ich  hier  nur  auf 
die  citierte  Abhandlung  hinweisen).  Die  Gleich- 
heit der  Temperatur  der  Streifen  wurde  mit 
Hilfe  eines  hochempfindlichen  Spiegelgalvano- 
meters, die  Stärke  des  Erwärmungsstromes 
durch  einen  Präzisions-Milliamperemeter  von 
Siemens  &  Halske  ermittelt.  Bestimmungen 
der  Gesamtstrahlung  wurden  in  zwei  verschie- 
denen Abständen  von  der  Lampe,  und  zwar 
500  cm  und  100  cm  davon,  ausgeführt  und 
gaben  vollständig  übereinstimmende  Resultate. 
Als  Mittel  mehrerer  Bestimmungen  ergab 
sich  als 

Wert    der    Gesamtstrahlung    (0    bei   i   m    Ab- 

.       1  gr.  -  Kai. 

stand:  0,00129      ,,.    - 

Mm. 

gr.  -Kai. 

Sek. 

Der  Fehler  dieser  Bestimmung  dürfte  3  Proz. 
nicht  übersteigen. 


oder  0,0000215 


I'  K.  Angström,  Wied.  Ann.  67,  647,  1899. 

2)  Tumlirz    fand  die  Gesamtstrahlung  einer  Meterkerze 

0,0000148    Grammkalorien    pro  Sek.  und    den  Lichteffekt 

der  Strahlung  =^  2,4  Prozent, 
ü 
3'  K.  Angström,  Wied.  Ann.  67,  633,   1S99. 


Der  Lichteffekt  der  Strahlung  wurde  auch 
nach  einer  neuen  Methode  bestimmt.  Die  von 
Langley  benutzte  Methode  —  das  Energie- 
spektrum auf  bolometrischem  Wege  zu  be- 
stimmen und  den  Lichteffekt  durch  Integrieren 
der  so  erhaltenen  Kurven  zu  ermitteln  —  ist 
wohl  prinzipiell  richtig,  aber  doch  mit  ziemlich 
grossen  Schwierigkeiten  verbunden,  besonders 
wenn  es  sich  um  schwache  Lichtquellen  handelt. 
Ausserdem  üben  die  Prismen,  Linsen  oder 
Spiegel  des  Spektralapparates  eine  selektive 
Veränderung  der  Strahlung  aus,  die  besonders 
in  dem  äussersten  ultraroten  Spektrum  stark 
hervortritt  und  deren  Einfluss  auf  das  Re- 
sultat schwer  zu  berechnen  ist.  Die  folgende 
Methode  ist  von  diesen  Fehlerquellen  frei. 

Die  Strahlung  der  zu  untersuchenden  Licht- 
quelle wird  durch  ein  Spektroskop  zerlegt: 
durch  Schirme  werden  die  nicht  sichtbaren 
Teile  des  Spektrums  abgeblendet,  die  leuchten- 
den Strahlen  dagegen  durch  eine  Cylinderlinse 
zu  einem  weissen  Bilde  auf  einem  Photometer- 
kopf vereinigt.  Ein  zweites  Exemplar  derselben 
Lichtquelle  wird  so  aufgestellt,  dass  die  von 
dieser  auf  dem  Photometerkopfe  direkt  fallende 
Strahlung  photometrisch  gleich  der  erst- 
genannten ist.  Man  hat  also  zwei  Strahlungen 
von  physiologisch  ganz  gleicher  Stärke 
und  Zusammensetzung,  die  erste  enthält 
aber  nur  Lichtstrahlen,  die  zweite  ist  die 
e  ntsprechende  Gesamtstrahlung.  Wenn 
der  Photometerkopf  gegen  ein  Bolometer  oder 
eine  Thermosäule  vertauscht  wird,  kann  man 
die  Energie  der  beiden  Strahlungen  und  also 
das  Verhältnis  derselben  bestimmen. 

Die  Anordnung  des  Versuches  wird  durch 
die  Figur  näher  erläutert. 


y 


\y- 


i 


fl s 


■o 


\ 

z\ 


Li  und  Li  sind  die  Lichtquellen,  ABD  ein 
Spiegelspektroskop,  S  Schirm,  C  Cylinderlinse, 
/r  Wasserkammer,  um  die  Strahlung  durch 
Erwärmung  des  Schirmes  abzuhalten,  /^  Photo- 
meterkopf, der  gegen  eine  empfindliche  Thermo- 
säule vertauscht  werden  kann.  Alle  diese 
Teile  sind  auf  einer  grossen,  2  m  langen,  op- 
tischen Bank  befestigt  und  können  also  leicht 
einjustiert  werden.  Der  Schirm  5  ist  durch 
eine  Mikrometerschraube  senkrecht  auf  der 
Längenrichtung  der  Bank  beweglich  und  wurde 
so  eingestellt,  dass  das  Spektrum  jenseits 
^  =  0,76//  abgeblendet  wurde. 

Bei  der  Untersuchung  solcher  Lichtquellen, 
deren  Lichtstrahlung  durch  das  Glühen  von 
Kohlenpartikeln  hervorgebracht  wird,  kann  man 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


259 


die  Lichtquelle  L  durch  eine  Glühlampe  er- 
setzen und  die  Stromstärke  regulieren,  bis  die 
Farbe  des  Lichtes  dieselbe  wird,  wie  diejenige 
der  zu  untersuchenden  Lichtquelle.  Dies  ist 
besonders  in  denjenigen  Fällen  vorteilhaft,  wo 
die  Lichtstrahlung  schwach  ist  und  wurde  des- 
wegen bei  der  Untersuchung  des  Hefn erlichtes 
von  mir  benutzt. 

Als  Mittel  mehrerer  Bestimmungen  des 
Lichteffekts  der  Hefnerlampe  habe  ich  er- 
halten: 

^/Ö  =  o,90%  (+0,04%). 

Aus  diesen  Bestimmungen  von  Q  und  L\Q 
berechnet  sich  jetzt  die  Energie,  die  unserer 
Lichteinheit  (=  Energie  der  Lichtstrahlung  auf 
I  cm^  in  I  cm  Entfernung)  und  Beleuchtungs- 
einheit (=  Energie  der  Lichtstrahlung  auf  i  cm^ 
in   1   m  Entfernung)  entspricht.     Wir  finden: 

I   Lichteinheit  =  0,009  .  0,0000215  .  loo"^  = 


1,94.  10- 


-3^:^^  =  8,1.10^^'^^ 


sec.  sec 

1  Meterkerze  =  0,009. 0,0000215  = 

sec,  sec. 

Das  mechanische  Äquivalent  der  Ein- 
heit der  Beleuchtungsstärke  ist  also  rund 
8  erg  pro  Sekunde.*) 

Ich  habe  bis  jetzt  nur  Gelegenheit  gehabt, 
den  Lichteffekt  der  Strahlung  der  Hefnerlampe 
und  der  Acetylenflamme  zu  untersuchen.  Für 
die  letzterwähnte  habe  ich  als  Mittel  von  5  Be- 
stimmungen erhalten: 


^/ö=s.s 


0 


0 


Früher  ist  der  Lichteffekt  der  Acetylen- 
flamme von  Stewart  und  Hoxie^)  untersucht 
worden.  Sie  fanden  durch  eine  verbesserte 
Absorptionsmethode  ^/ö=io,5^'o,  ein  Resul- 
tat, das  offenbar,  den  Fehlerquellen  der  Unter- 
suchungsmethode zufolge,  zu  gross  ist.  Später 
hat  aber  Stewart  noch  eine  Bestimmung  dieses 
Lichteffekts  ausgeführt^)  und  zwar  durch  das 
Integrieren  der  auf  spektrometrischem  Wege  er- 
haltenen Energiekurve,  wobei  er  den  früheren 
hohen  Wert  bestätigt  findet.  Dies  erklärt  sich 
doch  aus  einem  Fehler,  den  der  Verf.  bei  Be- 
handlung seiner  Beobachtungsresultate  gemacht 
hat.^)      Bei  Vermeidung    dieses    Fehlers    erhält 

ij  Man  vergleiche  die  Darstellung  von  Drude:  Lehr- 
buch der  Optik,  S.  445,  1900,  wo  die  von  Tumlirz  ange- 
gegebenen Werte  als  Grundlage  der  Berechnungen  angeführt 
sind. 

2)  E.  L.  Nichols,  The  Phys.  Review  11,  219,  1900; 
diese  Zeitschr.  2,  221,  190 1. 

3)  G.  W.  Stewart,     The   Phys.   Review  14,  257,  1901. 

4)  Der  Verf.  führt  seine  im  prismatischen  Spektrum  ge- 
machten Beobachtungen  in  ein  Normalspektrum  ein  und 
dividiert  jede  Beobachtung  mit  dem  Quadrate  der  bezüg- 
lichen Spaltbreite  ausgedrückt  in  Wellenlängen 
'S.  275 — 276  1.  c).  Er  verwandelt  auf  diese  Weise  sein 
l»rismatisches  Spektrum  eigentlich  zweimal  ins  Normalspektrum. 


man  aus  den  Beobachtungen  des  Herrn  Stewart 
einen  Wert  des  Lichteffektes,  welcher  in  voll- 
ständiger Übereinstimmung  mit  dem  oben  ge- 
fundenen, zwischen  5^/0  und  6^0  li^&t- 

Dass  der  Lichteffekt  der  Strahlung  unserer 
gewöhnlichen  Beleuchtungsmittel  sehr  unbe- 
deutend ist,  war  schon  längst  bekannt.  Es 
scheint  aber,  als  wären  die  früheren  Bestimm- 
ungen dieser  Grösse  —  mit  Ausnahme  vielleicht 
derjenigen  von  Langley  —  noch  zwei-  bis 
dreimal  zu  hoch. 
Physikal.  Institut  der  Univ.  Upsala.    Jan.  1902. 

(Eingegangen  am  31.  Januar  1902.) 


Über  die  Doppellinien  im  Spektrum  der 

Chromosphäre. 

Von  A.  Schmidt  (Stuttgart.) 

Die  anomale  Dispersion  scheint  berufen, 
den  Erklärungsgrund  für  verschiedene  Besonder- 
heiten der  Refraktionserscheinungen  in  den 
Atmosphären  der  Himmelskörper,  besonders  der 
Sonne,  zu  geben.  Es  wäre  ja  höchst  merk- 
würdig, wenn  die  Eigenschaft  des  Natrium- 
dampfes, dem  Lichte,  das  den  Linien  seines 
Emissionsspektrums  benachbart  ist,  eine  beider- 
seits weit  über  die  Grenzen  des  Spektrums 
hinausreichende  Brechbarkeit  zu  geben,  nur 
auf  diesen  einen  oder  wenige  andere  Körper 
beschränkt  wäre.  Vor  allem  ist  zu  begrüssen, 
dass  durch  die  gesetzmässige  Auffassung  der 
Erscheinung  sich  ein  neuer  Erklärungsgrund 
für  die  Linienverschiebungen  in  dem  Spektrum 
des  Lichtes  der  Sonnenflecken  bietet  und  man 
nicht  genötigt  ist,  nach  dem  Dopplerschen 
Prinzip  auf  die  unwahrscheinlichsten  Geschwin- 
digkeiten von  Massenbewegungen  zu  schliessen. 

Auch  für  das  Phänomen  der  Chromosphäre 
liefert  die  anomale  Dispersion  eine  neue  von 
der  aufKirchho ff  zurückgehenden  abweichende 
Erklärung.  Und  diese  von  Herrn  W.  H.  Julius 
in  zwei  Berichten  an  die  k.  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  Amsterdam,  die  auch  in  der 
Physikalischen  Zeitschrift ')  veröffentlicht  wurden, 
gegebene  neue  Theorie  ist  zudem  gestützt  durch 
eine  höchst  merkwürdige  neue  Thatsache, 
welche  den  Sonnenphysikern  bis  jetzt  ent- 
gangen war.  Die  hellen  Linien  der  Chromo- 
sphäre, besonders  ihres  dem  Sonnenrande 
nächsten  Teiles,  der  unmittelbar  vor  und  nach 
der  Totalität  einer  Sonnenfinsternis  die  Er- 
scheinung des  „Flash"  bietet,  diese  Linien, 
welche  man  seit  Kirchhoffs  grosser  Ent- 
deckung als  ein  Emissionsspektrum  der  um- 
kehrenden Schicht,  als  die  genaue  Umkehrung 
des    Fraunhofer  sehen    Absorptionsspektrums 


i)  Jahrg.  2,  34^—531  357— 360,  1901 ;  Jalirg-  3,  154-15S, 


1902. 


26o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  12. 


betrachtete,  sind  nicht  einfach,  sondern  bei 
feinster  photographischer  Aufnahme  alle  ver- 
doppelt. 

Herr  Julius  kann  im  Chromosphärenspek- 
trum  keinen  Anteil  von  Eigenlicht  der  Chromo- 
sphäre  entdecken,  er  sieht  in  diesen  Linien 
einen  Auszug  aus  dem  weissen  Lichte  der 
Photosphäre,  abgelenkt  als  anomal  zerstreutes 
Licht  durch  die  Schlieren  der  nur  schwach 
selbstleuchtenden  chromosphärischen  Gase. 

Nun  dürfte  es  aber  nicht  ungerechtfertigt 
erscheinen,  eine  Erklärung,  welche  auf  die  ver- 
hältnismässig kleinen  und  zufälligen  Refraktions- 
wirkungen der  Schlieren  gegründet  ist,  auf  ihre 
Verträglichkeit  mit  der  auch  in  der  Sonnenatmo- 
sphäre wirksamen  allgemeinen  Strahlenbrechung 
zu  prüfen.  Wohl  berücksichtigt  der  Autor  diese 
Strahlenbrechung  soweit  sie  die  Wirkung  der  ein- 
zelnen Schliere  modifiziert,  nicht  aber  ihre  gesetz- 
mässige  Wirkung  im  ganzen.  Auch  bei  den 
Refraktionserscheinungen  in  der  Erdatmosphäre 
müssen  wir  drei  Grössenordnungen  unterscheiden, 
I.  die  allgemeine  astronomische  und  terrestri- 
sche Strahlenbrechung,  2.  die  unregelmässigen 
und  ausserordentlichen  Störungen  jener,  3.  die 
häufigsten  und  kleinsten  Störungen,  welche 
deswegen  wieder  einen  regelmässigen  Charakter 
annehmen,  und  die  man  wegen  ihrer  Wirkung 
auf  das  Fixsternlicht  als  Scintillation  bezeichnen 
kann. 

In  einer  sehr  anziehenden  Studie^)  hat  vor 
kurzem  Herr  Julius  die  anomale  Dispersion 
mit  der  Strahlenbrechung  im  Horizont  in  Ver- 
bindung gebracht  und  eine  Erklärung  des 
„grünen  Strahls",  des  ersten  und  letzten  Sonnen- 
strahls beim  Aufgang  bezw.  Untergang  der 
Sonne  gegeben.  Sollte  er  mit  dem  ersten  und 
letzten  Strahl  der  verfinsterten  Sonne,  dem 
Flash,  nicht  besser  ebenso  verfahren  sein,  seine 
Erklärung  lieber  an  die  Refraktion  erster,  als  an 
die  dritter  Ordnung  zu  knüpfen? 


ow 


M  K  ff      L 

I     I     i         I 


0¥ 


KifL 


Vorstehende ,  in  den  Massen  ziemlich 
willkürlich  gezeichnete  Teilungen  sollen  Bilder 
des  wirklichen  und  des  scheinbaren  Sonnen- 
radius darstellen.  Ein  leuchtender  Gasball  vom 
Radius  OL  sei  umgeben  von  einer  unbestimm- 
bar hohen  Atmosphäre  eines  sehr  leichten 
Gases,  beispielsweise  von  1000  mal  kleinerem 
Molekulargewicht  als  Wasserstoff,  einer  Gas- 
hülle, die  auch  in  das  unter  L  befindliche  Ge- 
biet sich  fortsetzt  unter  allmählich  zunehmen- 
der Beimischung  von  Wasserstoff,  Helium, 
Leichtmetallen,    Schwermetallen,    bis    zu    einer 


l)  Le  rayon  vert  ]>ar  W.  II.  Julius,  extrait  de«s  Archives 
Neerlandais  etc. 


Tiefe  M,  in  welcher  die  Konzentration  der 
gasigen  Lösung  so  stark  ist,  dass  ihr  Licht 
ein  kontinuierliches  Spektrum  weissen  Sonnen- 
lichtes liefert.  Der  Brechungsindex  n  der  Gase 
wird  von  M  bis  H  nahe  bis  zur  Einheit  ab- 
nehmen, über  H  sich  asymptotisch  diesem 
Werte  i  des  freien  Äthers  nähern.  Seine 
Werte  in  den  einzelnen  Punkten  seien  bezeichnet 
durch  fiL,  riff,  hm.  Nach  dem  Refraktionsgesetz 
bestehen  nun  für  die  im  Sonnenbilde  sich 
darstellenden  scheinbaren  Dimensionen  die 
Gleichungen: 

ÖC^hlOL^   ÖH'^nuOH. 

Höchstwahrscheinlich  ist  es  aber,  dass 
keine  entsprechende  Gleichung  0  M  ^=nj^OM 
bestehe,  denn  ein  Strahl,  der  in  il/ senkrecht 
zu  OM  verläuft,  kommt  nicht  wohl  zum  Aus- 
tritt aus  der  Sonne.  Wenn  schon  an  der  Erd- 
oberfläche der  ordentliche  Betrag  der  Refraktion 
den  horizontalen  Strahlen  eine  Krümmung  er- 
teilt, deren  Radius  nur  gleich  dem  7  fachen 
Erdradius  ist,  so  lässt  sich  für  den  Ort  M  des 
Sonnenballs  zweifellos  eine  Strahlkrümmung 
erwarten,  deren  Radius  kleiner  als  OAf  ist. 
Von  AT  nach  aussen  sich  fortpflanzende  Strahlen 
müssen  mit  der  Verlängerung  von  OM  einen 
Winkel  bilden,  der  unter  einem  bestimmten 
Grenzwert  /  liegt,  /<C90^  Zwischen  AI  und  H 
muss  es  einen  Ort  K  geben,  in  welchem  hori- 
zontale Strahlen  um  0  im  Kreise  umlaufen,  es 
ist  O'K*  =  tikOK  und  0' K*  =  ni^OAfsinit  beides 
die  Konsequenz  des  Brechungsgesetzes. 

Das  Bild  der  „kritischen  Sphäre"  deckt  die 
Bilder  der  darunter  liegenden  Sphären,  O' K' 
ist  der  gemeinsame  Radius  ihrer  Bilder.  Wegen 
der  sich  allmählich  verlangsamenden  Abnahme 
der  Werte  von  n  gejg;en  aussen  ist  sowohl  die 
scheinbare  Höhe -// ^  <i.HL,  als  noch  vielmehr 
K' H'  <^KH.  Die  Chromosphäre  mit  der  schein- 
baren Höhe  AT' //erscheint  als  Bild  einer  wesentlich 
höheren  Schicht  KL  und  ihr  unterer  Teil  K' H* , 
das  Gebiet  des  Flash,  ist  das  ausserordentlich 
verjüngte  Bild  des  oberen  Teiles  KH  der  um- 
kehrenden Schicht  AIH, 

Selbstverständlich  erfüllt  die  Natur  das  all- 
gemeine Schema  nicht  mit  mathematischer 
Genauigkeit.  Die  Refraktionen  dritter  Ordnung 
und  zeitweise  diejenigen  zweiter  verhindern  die 
Entstehung  von  Strahlen,  die  im  Kreise  umlaufen, 
verhindern  die  Bildung  eines  festen  Ortes  K 
und  seines  Bildes  K\  Sowenig  wir  auf  hohem 
Meeresufer  in  nebelgrauer  Ferne  eine  kreisförmige 
Horizontlinie  finden,  während  vielmehr  die 
Scheitel  verhältnismässig  naher  Wellen  uns 
eine  scharf  und  klar  begrenzte  Horizontlinie 
erzeugen,  so  wenig  wird  für  uns  durch  die  Re- 
fraktion erster  Ordnung  das  Detail  des  Sonnen- 
randes erzeugt.  Aber  so,  wie  trotz  der  Scin- 
tillation und  trotz  der  Schwankungen  des 
Refraktionswertes    für    das    Fixsternlicht    doch 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


261 


ein  Mittelwert  der  astronomischen  Strahlen- 
brechung sich  erhält,  so  wird  auch  das  Schema 
unserer  Sphären  sich  in  der  Mannigfaltigkeit 
kleiner  Schwankungen  erhalten  und  die  Schärfe 
des  Sonnenrandes  wird  um  so  deutlicher  sich 
ausprägen,  je  kleiner  die  Bögen  sind,  welche 
die  Strahlen  der  kritischen  Sphäre  in  nahe 
horizontaler  Richtung  zurücklegen. 

In  dem  Gebiete  KH  müssen  wir  nun  die- 
jenigen Schlieren  annehmen,  welche  nach  der 
Julius  sehen  Theorie  das  Nachbarlicht  ihrer 
eigenen  Spektrallinien  unter  anomaler  Disper- 
sion, den  einen  Teil  desselben  unter  ultravio- 
letter, den  anderen  unter  infraroter  Brechung 
ablenken,  so  dass  dieses  Licht,  obgleich  es 
von  der  Sphäre  OK  ausgeht,  bezw.  von  der 
Photosphäre  Ö K\  doch  zu  unserem  Auge  von 
K' H'  zu  kommen  scheint.  Die  doppelte  Art 
der  Schlierenwirkung  erklärt  Herr  Julius  durch 
Vergleichung  mit  der  Wirkung  von  zweierlei 
Prismen,  deren  eine  Art  ihre  brechende  Kante 
von  der  Sphäre  K  ab-,  deren  andere  sie  ihr 
zuwendet. 

Zugegeben  nun,  was  aber  immerhin  noch 
bedeutendem  Zweifel  begegnet,  das  Gesetz  der 
anomalen  Dispersion  gelte  für  alle  elektiv  ab- 
sorbierenden Substanzen  in  ähnlich  starkem 
Grade  wie  für  den  Natriumdampf,  so  wird  auch 
die  allgemeine  ordentliche,  nicht  bloss  die 
ausserordentliche  Strahlenbrechung  von  einer 
anomalen  Dispersion  begleitet  sein.  In  dem 
ganzen  Bezirk  zwischen  den  Sphären  M  und 
//  erzeugen  die  dort  gelösten  Metalle  eine 
Gruppe  infraroter  und  eine  solche  ultravioletter 
Strahlen.  Streng  genommen  hat  jede  andere 
Spektralfarbe  einen  anderen  Photosphärenrand 
K\  Dass  wir  die  Photosphäre  nicht  violett 
umsäumt  sehen,  ist  nur  die  Folge  des  im  Ge- 
biete K  schon  ausserordentlich  kleinen  Brech- 
ungsvermögens, für  welches  die  ordentliche 
Dispersion  verschwindet.  Falls  aber  die  ano- 
male Dispersion  nicht  verschwindet,  so  ist  die 
Konsequenz  des  Gesetzes  der  allgemeinen  Re- 
fraktion, dass  das  infrarote  Licht  im  Sonnen- 
bilde einen  unter  K*  liegenden  Rand  erzeugt, 
also  verborgen  bleibt,  dagegen  das  ultravio- 
lette einen  K'  überragenden  Rand.  Demnach 
sollte  man  erwarten,  im  Flash-Spektrum  nur 
dem  ultraviolett  gebrochenen  Lichte  zu  be- 
gegnen. Hätte  Herr  Julius  keine  Verdoppel- 
ung der  Chromosphärenlinien  entdeckt,  so 
könnte,  vom  Gesichtspunkt  der  allgemeinen 
Refraktion  aus,  ernstlich  in  Frage  kommen,  ob 
nicht  die  Chromosphäre  oder  wenigstens  ihr 
unterster  Teil  K' H  das  Produkt  einer  durch 
anomal  stark  zerstreutes  Licht  bewirkten  Ver- 
grösscrung  des  Sonnenbildes  sei.  Wenn  aber 
die  Chromosphärenlinien  doppelt  sind,  so  lässt 
das  Gesetz  der  allgemeinen  Refraktion  für  die 
Anwesenheit  des  infrarotgebrochenen  Teiles  der 


Doppellinien  keine  andere  Erklärung  zu,  als 
die,  sie  seien  Eigenlicht  der  Schicht  KH, 

Sollte  das  der  Fall  sein,  dann  ist  wohl 
auch  die  andere  Hälfte  der  Doppellinien,  das 
vermeintlich  ultraviolett  gebrochene  Licht,  solches 
Eigenlicht  von  KH  und  wir  haben  das  Licht 
des  Sonnenrandes  K* H'  als  Emissionslicht  von 
KH  zu  betrachten. 

Es  ist  zuzugeben,  den  ausserordentlichen 
Refraktionen  kommt  in  der  Sonnenatmosphäre 
eine  gegenüber  der  regelmässigen  Refraktion 
viel  grössere  Bedeutung  zu,  als  auf  der  Erde, 
diese  grössere  Bedeutung  aber  doch  vorzugs- 
weise in  den  der  Schwere  weniger  unterworfenen 
leichten  Gasschichten  über  H,  Soweit  man 
auch  innerhalb  KH  die  Rolle  der  Schlieren 
hoch  genug  anzuschlagen  bereit  ist,  mag  man 
die  Julius  sehe  Erklärung  teilweise  als  zutreffend 
betrachten.  Wer  aber  aus  Gründen  der  all- 
gemeinen Refraktion  die  verhältnismässig  be- 
trächtliche Höhe  von  KH  im  Vergleich  mit 
dem  Bilde  K* H'  zugiebt,  für  den  hat  es  wohl 
keine  Schwierigkeit,  zur  Erklärung  der  Doppel- 
linien sich  vorzustellen,  dass  die  Schicht  KH 
eine  mit  der  Höhe  abnehmende  Dichte  und 
abnehmende  Temperatur  besitze.  Die  tieferen 
Schichten  erzeugen  Eigenlicht  mit  breiten 
hellleuchtenden  Spektrallinien.  In  den  oberen 
Schichten  von  AT// bilden  sich  in  diesen  breiten 
Linien  schmale  Absorptionslinien.  Das  Emis- 
sionsspektrum des  Flash  trägt  ebenso,  wie  das 
Photosphärenspektrum,  den  Eindruck  derFraun- 
hofer sehen  Linien. 

Was  den  oberen  Teil  K' H*  der  Chromo- 
sphäre betrifft,  so  kann  man  denselben  ähnlich 
den  Protuberanzen  durch  ausserordentliche  Re- 
fraktionen in  Schlieren  erklären.') 

Wir  verdanken  Herrn  Julius  durch  die  Ein- 
führung eines  neuen  Erklärungsprinzips  in  die 
Sonnenphänomene  und  besonders  durch  die 
wichtige  Entdeckung  der  Verdoppelung  der 
Chromosphärenlinien  den  Anstoss  zu  neuer 
gründlicher  Prüfung  der  möglichen  Theorien. 
Der  Verfasser  dieser  Kritik  im  besonderen  ver- 
dankt dem  Herrn  Autor  die  Befestigung  seiner 
bisher  noch  schwankenden  Vorstellungen  über 
die  Natur  der  Chromosphäre. 

i)  Vergl.  die  Abh.  d.  Verf.  „Die  Erklärung  der  Sonnen- 
protuberanzcn  etc."  Zeitschrift  Sirius,  Mai  1895. 

(Eingegangen  25.  Februar  1902.} 


Der  Mensch  als  kalorische  Maschine  und  der 

zweite  Hauptsats.*) 

Antwort  an  Herrn  N.  Zuntz. 

Von  K.  Schreber. 

.  Die    Einwendungen,     welche    Herr   Zuntz 
gegen    meine,    im  Anschluss    an    den   von   mir 

I)  Vergl.  diese  Zeitschrift  3,  107,  190 1,  bezw.  3,  184,  1902. 


262 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


gefundenen  Wert  des  Wirkungsgrades  des 
Menschen  angestellten  Betrachtungen  macht, 
lassen  sich  auf  zwei  Punkte  konzentrieren: 
I,  die  Grösse  des  Wirkungsgrades,  2.  das 
Temperaturgefälle.  Meine  Schlussfolgerungen 
bleiben  durch  sie  unberührt. 

Bei  sämtlichen  kalorischen  Maschinen  ist 
man  gewöhnt,  den  wirtschaftlichen  Wirkungsgrad 
in  ein  Produkt  zu  zerlegen: 

yy*  ist  der  Wirkungsgrad  des  Kessels,  d.  h. 
das  Verhältnis  der  von  der  die  Wärme  über- 
tragenden Flüssigkeit  aufgenommenen  zu  der 
im  Brennstoff  enthaltenen  Wärmemenge  (^>t  wird 
bei  Explosionsmotoren  gelegentlich  gleich  i, 
z.  B.  beim  Dieselmotor). 

Tj  der  theoretische  Wirkungsgrad  des  von    der 
Maschine  ausgeführten    Prozesses,    d.  h.    das 
Verhältnis    der    in    Arbeit    umgesetzten    zur 
aufgenommenen  Wärme    für   den    Fall,    dass 
der  Prozess    vollkommen    nach    der   Theorie 
verläuft. 
Vi  der  indizierte  Wirkungsgrad;    (i—'fji)  giebt 
die  Verluste,  welche  dadurch  entstehen,  dass 
der  Prozess   nicht  den  Voraussetzungen  ent- 
sprechend umkehrbar  verläuft. 
fj„,  der  mechanische  Wirkungsgrad;  (i — fjm)  giebt 
die    Verluste,    welche    entstehen,    indem    die 
vom  wirklich  ausgeführten  Prozess  entwickelte 
Arbeit  nach  aussen  abgegeben  wird. 
Analog   kann  man  auch  den  Wirkungsgrad 
des  Menschen    in    vier  Faktoren    zerlegen:    f^k 
wäre  der  Wirkungsgrad  der  Verdauung;  (i — ?yx  ) 
gäbe  also  die  unverdaut  abgehende  Nahrung  u.s.w. 
Ich    habe    nun,    als   ich  vom  Wirkungsgrad 
sprach,    mich    an    den    Gebrauch    der   Technik 
gehalten,    welche     unter    Wirkungsgrad    einer 
kalorischen    Maschine     schlechtweg    stets    das 
Produkt    ^-ly/  -^y»,    meint,    da  der  Kessel  einer 
Dampfmaschinenanlage    stets    als   selbständiger 
Teil    betrachtet,    und    bei    allen  Explosionsmo- 
toren 7]k  in  erster  Annäherung  gleich   i   gesetzt 
wird. 

Auf  Grund  der  neuesten  Zusammenstellungen 
habe  ich  angegeben 

?y/y /•??//»  =  6,2% 

Herr  Zuntz  hat  das  Produkt  1]  •  /y,  im  Auge. 
Da  die  /y  definitionsgemäss  kleiner  als  i,  so 
muss  sein  Wert  grösser  als  der  von  mir  gegebene 
sein.  Um  /y-?y/  zu  erhalten  bestimmt  er,  wenn 
ich  den  Ausdruck  aus  der  Technik  übertragen  darf, 
die  Leerlaufsarbeit ;  d.  h.  er  bestimmt  in  einemVer- 
such  die  Energieaufnahme  im  Ruhezustande  des 
Menschen,  in  einem  zweiten  die  Energieaufnahme 
während  der  Arbeit.  Die  Differenz  beider  be- 
trachtet er  als  die  zur  Arbeit  verwendete  Energie- 
menge und  das  Verhältnis  der  Arbeit  zu  dieser 
Energie  bezeichnet  er  als  Wirkungsgrad. 

Gegen  dieses  Verfahren  sind  aber  zwei 
wesentliche  Bedenken  geltend  zu  machen. 


Das  erste  besteht  darin,  dass  der  mensch- 
liche Körper  einen  grossen  Energievorrat  re- 
präsentiert; wie  wäre  es  sonst  möglich,  dass 
Schiffbrüchige,  ohne  Nahrungaufzunehmen,  tage- 
lang die  schwersten  Arbeiten  zu  verrichten  im 
Stande  wären. 

Ich  verglich  deshalb  den  menschlichen 
Körper  mit  einem  Elektrizitätswerk,  welches 
neben  der  Dampfdynamo  eine  grosse  Akku- 
mulatorenbatterie besitzt.  Das  Beispiel  der 
Schiffbrüchigen  giebt  uns  das  Recht,  anzu- 
nehmen, dass  der  Energiegehalt  der  Batterie 
wenigstens  25  mal  so  gross  sein  muss,  wie  die 
durchschnittliche  Energieaufnahme  während 
24  Stunden. 

Wird  in  den  Versuchen  dieser  Energie- 
vorrat nur  bis  auf  1%  konstant  erhalten,  so 
wird  der  Fehler  im  Resultat,  da  bei  der 
Differenzbildung  sein  absoluter  Wert  ungeändert 
bleibt,  25  Proz. 

Es  müssen  also  die  Versuche  bedeutend  ge- 
nauer sein  als  bis  auf  i  Proz. 

Da  ich  nun  nicht  in  der  Lage  bin,  die  Ver- 
suche des  Herrn  Zuntz  nach  dieser  Hinsicht 
zu  kontrollieren,  so  nehme  ich  an,  die  Kon- 
stanz des  Energievorrates  sei  hinreichend  genau 
erhalten  worden. 

Schlimmer  erscheint  mir  das  zweite  Be- 
denken. Jeder  Ingenieur  weiss,  dass  (i — fj,„) 
durchaus  nicht  mit  der  Leerlaufsarbeit  zu- 
sammenfällt, vielmehr  wird  eine  Beziehung 
zwischen  beiden  erst  durch  Einführung  der 
sogenannten  Zusatzreibung  erreicht:  ob  beim 
Menschen  die  Beziehungen  entsprechend  liegen 
oder  nicht,  darüber  liegen  soweit  mir  bekannt, 
keine  Beobachtungen  vor.  Nun  ergiebt  sich, 
wenn  wir  den  von  Herrn  Zuntz  gegebenen 
Wert  T]  '  7}i  =  40  Proz.  in  Rechnung  stellen, 
durch  Kombination  mit  ??•??/•  /yw  =  6,2  Proz. 
der  Wert  /y«,  =  16  Proz.  also  i  —  r]m=  84  Proz. 
Bei  derartig  hohen  Werten  der  Reibungsver- 
luste würde  ein  ganz  geringer  Koeffizient  der 
Zusatzreibung  ganz  bedeutende  Änderungen 
der  Rechnung  bedingen. 

Ich  ziehe  es  deshalb  vor,  für  meine  Schluss- 
folgerungen  den  Wirkungsgrad  ^  •  /y,-  •  ?y«r  beizu- 
behalten, gegen  den  derartige  Bedenken  nicht 
vorgebracht  werden  können. 

Nimmt  man  übrigens  den  von  Herrn  Zuntz 
gegebenen  W^ert  t]  •  yy,  =  40  Proz.  als  richtig 
an,  so  ist  der  mechanische  Wirkungsgrad, 
16  Proz.,  so  niedrig,  dass  er  sogar  von  dem 
des  Dieselmotors,  der  doch  von  allen  kalorischen 
Maschinen  den  niedrigsten  hat  —  nach  Beob- 
achtungen von  E.  Meyer  75  Proz.  —  bei  weitem 
übertrofifen  wird.  Danach  ist  also  der  mensch- 
liche Körper  eine  für  Leistung  mechanischer 
Arbeit  sehr  schlecht  konstruierte  Maschine.  Ein 
Resultat,  welches  mit  der  Entwicklung  in  der 
Industrie  übereinstimmt,  in  welcher  der  Mensch 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  12. 


263 


auch  immer  mehr  und  mehr  alle  mechanische 
Arbeit  den  Maschinen  überlässt  und  nur  mit 
seinen  geistigen  Fähigkeiten  wirkt.  — 

Gegen  meine  Annahme  der  Hauttemperatur 
als  unterer  Grenze  hat  Herr  Zuntz  zunächst  den 
Fisch  angeführt,  dessen  Körperwärme  so  wenig  die 
des  umgebenden  Wassers  überragt,  dass  es  bisher 
nicht  mit  Sicherheit  gelungen  ist,  die  Grösse  der 
Differenz  festzustellen.  Landois  giebt  in  seinem 
Lehrbuche  der  Physiologie  1891  für  Amphibien 
und  Fische  die  Differenz  zwischen  Körper-  und 
Wassertemperatur  zu  0,5  bis  3^  C.  Das  sind  recht 
merkliche  Differenzen;  und  da  diese  Tiere  in 
dem,  im  Verhältnis  zur  Luft  als  guten  Wärme- 
leiter zu  betrachtenden  Wasser  leben,  so  darf 
man  ihre  Hauttemperatur  ohne  weiteres  gleich 
der  des  Wassers  setzen.  Es  fällt  also  das  ganze 
Temperaturgefälle  innerhalb  des  Körpers. 

Anders  ist  es  beim  Menschen,  welcher  in 
der,  die  Wärme  schlecht  leitenden  Luft  lebt; 
hier  ist  Hauttemperatur  und  Lufttemperatur 
verschieden.  Dass  ich  der  ersten  Rechnung  die 
Lufttemperatur  zu  Grunde  legte,  sollte  nur  die 
zufällige  Übereinstimmung  der  Zahlen  zeigen. 
Ich  habe  bei  der  endgültigen  Rechnung  aus- 
drücklich die  Hauttemperatur  als  ausschlaggebend 
hingestellt;  deshalb  verstehe  ich  nicht  recht, 
wie  mir  Herr  Zuntz  zuschreibt,  ich  hätte  das 
Temperaturgefälle  einer  kalorischen  Maschine 
aus  der  Temperaturdifferenz  zwischen  Kühlwasser 
und  äusserer  Luft  bestimmen  wollen. 

Dass  bei  dem  indischen  Kuli,  der  in  einer 
die  Körpertemperatur  übersteigenden  Lufttem- 
peratur arbeitet  die  Hauttemperatur  niedriger 
ist  als  die  des  Körperinneren,  dafür  sorgen  die 
verdunstenden  Wassermengen,  welche  er  zu  sich 
nimmt.  Die  untere  Grenze  des  Temperaturge- 
fälles wird  hier  gerade  so  bestimmt,  wie  bei 
einem  Oberflächenkondensator,  dessen  Röhren- 
system nicht  durch  Kühlwasser,  sondern  vielleicht 
durch  verdunstende  flüssige  Kohlensäure  ge- 
kühlt wird.  Obgleich  schliesslich  die  abgeführte 
Wärme  von  der  Luft  aufgenommen  wird,  so 
muss  doch  als  unterste  Temperatur  des  Tem- 
peraturgefälles die  sicherlich  unter  Lufttempe- 
ratur liegende  Temperatur  der  gekühlten  Röhren 
gesetzt  werden.  Die  Temperatur  der  Luft  ist 
hier  wie  beim  indischen  Kuli  ganz  gleichgültig. 

Es  existiert  also  auf  jeden  Fall  ein  Tem- 
peraturgefälle zwischen  dem  Innern  des  Körpers 
und  der  Haut;  ob  dieses  die  Arbeit  bedingt, 
lassen  wir  zunächst  noch  dahingestellt. 

Herr  Zuntz  setzt  als  untere  Grenze  des  die 
Arbeit  bedingenden  Temperaturgefälles  die  Tem- 
peratur des  Körperinneren,  und  sucht  das  Ge- 
fälle dann  dem  von  ihm  gefundenen  Wirkungs- 
grad anzupassen,  indem  «er  als  obere  Temperatur 
244^  angiebt.  Zunächst  ist  gegen  diese  Zahl 
rein  formal  zu  bemerken,  dass  der  Wirkungs- 
grad des  Herrn  Zuntz  höchstens  //•^/  sein  kann. 


wenn  wir  von  den  oben  auseinandergesetzten 
Bedenken  absehen  wollen.  Nun  ist  aber  ?//  <C  i 
und  wir  können  ruhig,  da  bei  hohen  Tempera- 
turen die  Abweichungen  vom  theoretischen  Pro- 
zesse grösser  sind,  als  bei  niedrigen,  setzen 
^/  =  80  Proz.  Dadurch  wird  //  =  50  Proz.  und 
die  obere  Temperatur  ist  dann  schon  347^. 
Ferner,  da  der  theoretische  Prozess  sicher  kein 
Car notscher  ist,  muss  die  Temperatur  noch 
höher  sein;  ich  runde  sie  auf  400'^  ab. 

Dass  derartige  Temperaturen  durch  chemische 
Prozesse  erzeugt  werden  können,  zeigen  die 
Verbrennungsvorgänge  der  kalorischen  Ma- 
schinen. Unter  den  Kesseln  der  Dampfmaschinen 
sowohl,  wie  im  Explosionsraum  der  Explosions- 
maschinen namentlich  des  Dieselmotors  kommen 
Temperaturen  vor,  welche  bis  an  die  Dissozia- 
tionstemperatur der  CO2  d.  h.  nahezu  2000^ 
heranreichen. 

Entstehen  können  also  derartige  Tempera- 
turen ;  ob  aber  die  Muskeln  sie  vertragen  kön- ' 
nen,  ist  eine  andere  Frage.  Herr  Zuntz  hilft 
sich,  indem  er  diese  Temperatur  nur  für  einzelne 
verstreut  im  Muskel  liegende  Molekeln  annimmt. 
Das  ist  eine  Hypothese,  welche  experimentell 
weder  als  richtig  noch  als  falsch  nachgewie- 
sen werden  kann.  Sämtlichen  Instrumenten, 
mit  denen  sie  geprüft  werden  soll,  und  mö- 
gen sie  noch  so  fein  sein,  kann  man  den  Vor- 
wurf machen,  dass  sie  die  mittlere  Temperatur 
einer  grossen  Zahl  nebeneinander  liegender 
Molekeln  während  eines  grösseren  Zeitabschnittes 
geben. 

Trotzdem  aber  braucht  die  Hypothese  noch 
lange  nicht  richtig  zu  sein. 

Stellen  wir  uns  auf  den  Boden  der  kine- 
tischen Gastheorie  und  nehmen  an,  die  zur  Ver- 
brennung einer  Fettmolekel  nötigen  Sauerstoff- 
molekeln lägen  so  nebeneinander,  dass  die 
Fettmolekel  bei  ihrer  Bewegung  auf  sie  zu,  alle 
mit  einem  Male  trifft,  so  wird  jedenfalls  die  Ge- 
schwindigkeit der  bewegten  Molekeln  gross  ge- 
nug sein,  um  diese  nach  der  kinetischen  Gas- 
theorie als  400^  warm  erscheinen  zu  lassen.  Bei 
diesen  heftigen  Bewegungen  der  sich  vereinigen- 
den Molekeln  werden  aber  jedenfalls  die  be- 
nachbarten sehr  in  Mitleidenschaft  gezogen, 
d.  h.  ein  Teil  der  bei  der  Verbindung  frei 
werdenden  Wärme  wird  von  vornherein  an  die 
benachbarten  Molekeln  abgegeben,  ohne  fiir  den 
Arbeitsprozess  in  Frage  zu  kommen ;  diese  Wärme 
entspricht  dem  grössten  Teil  der  durch  i — ?// 
gegebenen  Verluste.  Bei  der  immerhin  recht 
schlechten  Wärmeleitfähigkeit  der  Muskelsub- 
stanz ist  es  unter  diesen  Umständen  sehr 
wahrscheinlich,  dass  die  benachbarten  Mole- 
keln bald  eine  Temperatur  erreichen  werden, 
bei  welcher  sie  absterben.  Wenn  man  also 
auch  nicht  experimentell  die  Hypothese  als 
falsch    nachweisen    kann,    so    ist    sie    doch  wie 


204 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  12. 


—  '^ 


zsc 


man  sieht,  derartig  unwahrscheinlich,  dass  man 
mit  ihr  nicht  zu  rechnen  braucht. 

Wenn  im  menschlichen  Körper  ein  Tem- 
peraturgefälle Arbeit  liefernd  wirksam  ist,  so 
kann  es  nur  das  zwischen  Innentemperatur  und 
Hauttemperatur  sein;  ein  anderes  giebt  es  nicht. 

Die  diesem  Temperaturgefälle  entsprechende 
Arbeit  ist  aber,  mag  man  den  von  Herrn 
Zuntz  vorgezogenen  Wirkungsgrad  jy  •  jy/  oder 
auch  nur  den  von  mir  in  die  Rechnung  einge- 
setzten f} '  ^i  '  ^/,»  zu  Grunde  legen,  auf  jeden 
Fall  zu  klein,  d.  h.  der  menschliche  Organismus 
darf  nicht  als  kalorische  Maschine  bezeichnet 
werden  bezw.  es  wird  nur  ein  kleiner  Teil  der 
vom  Menschen  geleisteten  Arbeit  nach  Art  der 
kalorischen  Maschinen  gewonnen,  während  der 
andere  Teil  durch  eine  von  der  Wärme  ver- 
schiedene Zwischenenergie  aus  der  chemischen 
Energie  der  Nahrungsmittel  entsteht. 

Das  ist  ein  für  die  Technik  höchst  wichtiges 
Resultat. 

Die  Technik  will  die  in  der  Kohle  stecken- 
den Energie  Vorräte  möglichst  vorteilhaft  aus- 
nutzen. Wenn  nun  zwar  im  Dieselmotor  schon 
ein  wirtschaftlicher  Wirkungsgrad  t^k-rj*  ly,  .  t}^  = 
30  Proz.  erreicht  ist,  so  ist  doch  die  Anwen- 
dung des  Dieselprozesses  auf  Petroleum  be- 
schränkt und  namentlich  für  die,  die  festen 
Brennstoffe  benutzenden  Maschinen  ist  der  Wir- 
kungsgrad nur  ungefähr  halb  so  gross.  Das 
Beispiel  des  menschlichen  Körpers  zeigt  aber, 
dass  eine  Zwischenenergieform  existiert,  mit 
deren  Hilfe  man  vorteilhafter  arbeitet,  als  durch 
die  W^ärme  hindurch;  und  es  wäre  nun  nach 
dieser  zu  suchen,  damit  die  Technik  sich  ihrer 
bedienen  kann. 

Ob  die  Oberflächenenergie,  mit  welcher 
Bernstein  die  Arbeitsvorgänge  im  menschlichen 
Körper  erklären  will,  für  die  Technik  brauch- 
bar ist,  bedürfte  der  Untersuchung;  in  Anbe- 
tracht der  geringen  Verschiedenheiten  in  den 
Werten  der  Oberflächenspannung  scheint  mir 
aber  die  Aussicht  darauf  recht  schwach. 

'Eingegangen  23.  Februar  1902.) 


Über  die  Wärmeleitung  des  Argons.  <) 
Von  Walther  Schwarze. 

Auf  Anregung  von  Herrn  Professor  Dorn 
habe  ich  die  Wärmeleitung  von  Argon  (und 
zum  Vergleiche  auch  die  von  Luft)  nach  der 
Methode  von  Schleiermacher'^j  untersucht. 

I)  Mitteilung  aus  dem  Physikalischen  Institut  der  L'niver- 
sität  Halle  a.  S. 

21  Schleiermacher,  Wied.  Ann.  84,  623,  188S. 


Dies  Verfahren  wurde  deswegen  gewählt, 
weil  es  gestattet,  mit  einer  relativ  kleinen  Gas- 
menge lange  dauernde  Beobachtungen  auszu- 
ftihren,  ohne  dass  man  eine  Verunreinigung  zu 
beftirchten  hat. 

Das  Argon  war,  abgesehen  von  der  geringen 
Beimengung  von  Neon,  Krypton  und  Xenon 
rein. 

Vorbehaltlich  det  Berücksichtigung  gering- 
fiigiger  Korrektionen,  welche  wahrscheinlich  das 
Resultat  ein  wenig  herabdrücken  werden,  erhielt 
ich  bei  o^  für 

Luft  Argon 

o,oocx)572  o,(xxx:)392. 

Der  Wert  für  Luft  ist  in  guter  Übereinstim- 
mung mit  den  Beobachtungen  von  Winkel- 
mann') und  E.  Müller*'')  (0,0,568  bezw.  0,0456). 

Die  kinetische  Gastheorie  liefert  zwischen 
dem  Koeffizienten  der  Wärmeleitung  k  und  dem 
der  Reibung  rj  bekanntlich  die  Beziehung^): 

wo  Cv  die  spezifische  Wärme  bei  konstantem 
Volum  ist  und  f  nach  den  Rechnungen  von 
Conrau  und  Neugebauer  den  Wert  1,6027 
besitzt. 

Führt  man  bei  Argon  für  Cv  nach  Ditten- 
berger*)  ein  0,1233/1,667  =  0,0740  (was  sicher 
nahe  zutrifft),  ferner  nach  H.  Schnitze^)  für  o'^ 
^=0,0002104,  so  ergiebt  die  Formel: 

k  =  0,0000  2496 

also  erheblich  weniger,  als  die  Beobachtung. 

Um  Übereinstimmung  zu  erzielen,  müsste 
sein: 

/=  2,516, 

und  dies  Ergebnis  steht  in  nahem  Einklang  mit 
den  Rechnungen  von  Wüllner*^)  über  den  — 
ebenso  wie  Argon  —  einatomigen  Queck- 
silberdampf, für  welchen  der  Faktor  3,15  sein 
müsste. 

Ob  durch  eine  weitere  Ausarbeitung  der 
kinetischen  Gastheorie  sich  der  Widerspruch 
beseitigen  lässt,  muss  einstweilen  dahingestellt 
bleiben. 


I)  Winkelmann,  Wied.  Ann.  48,   180,  1893. 
21  Egon  Müller,  Wied.  Ann.  60,  82,  1897. 

3)  0.    E.    Meyer,    Die    kinetische    Theorie    der    Gase. 
2.  Aufl.     Math.  Zusät/e  S.   128,   1899. 

4)  Dittenberger,  Inaujruraldiss.  Halle   1897. 

5)  H.  Schultze,    Diss.  Halle  1901  und  Ann.  der  Physik 
5,  140,  1901. 

6)  Citiert  nach  O.  E.  Meyer,  1.  c.  295. 

Halle  a.  S.,   2.  März  1902. 

(Eingegangen  4.  März   1902.) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  12. 


265 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


J.von  Geitler(Prag),ÜberKathodenstrahlenJ) 

Der  Inhalt  des  Vortrages  wurde  im  wesent- 
lichen  bereits   in  dieser  Zeitschr.  2,  601,  1901, 
unter     dem    Titel    „Über     die    durch    Katho- 
denstrahlen  bewirkte  Ablenkung   der   Magnet- 
nadel"  veröffentlicht.     Um   etwaigen,   wie   der 
Vortragende   glaubt,    allerdings   unberechtigten 
Einwänden  zu  begegnen,  hatte  er  schon  seiner 
Zeit  versucht,  die  magnetische  Wirksamkeit  der 
durch    ein    Lenardsches    Fenster    getretenen 
Strahlen    nachzuweisen.      Die    experimentellen 
Schwierigkeiten,    welche    der    Herstellung    ge- 
nügend   intensiver  Lenard strahlen    entgegen- 
stehen, konnten  bisher  nicht  überwunden  werden. 
MitBezugaufeinin  denBeibl.  zu  den  Ann.  d.  Physik 
26,    717,     1901,     erschienenes     Referat     über 
seine  Arbeit  bemerkt  der  Vortragende,  mit  Be- 
dauern wahrgenommen  zu  haben,  dass  von  der 
althergebrachten  Art  des  Referierens  in  diesem 
Journal  in  allerdings  vereinzelten,    aber   darum 
desto  auffallenderen  Fällen   abgewichen  werde, 
indem    zu   der   reinen    Inhaltsangabe  der  refe- 
rierten Abhandlung  kritische  Randbemerkungen 
des  Berichterstatters  hinzutreten  —  also  Polemik 
an  einem  Orte,    wo  die  Möglichkeit  der  Erwi- 
derung fehlt.   Was  die  Einwände  des  Referenten 
in   dem    vorliegenden   speziellen  Falle  anlangt, 
so  bewegen    sich    dieselben   in    der,    wie  oben 
gesagt,   zwar  vorhergesehenen,    aber  vom  Vor- 
tragenden    nicht     als    stichhaltig    anerkannten 
Richtung.    Die  Begründung  der  Einwände  durch 
den    Herrn   Referenten   ist   dem  Vortragenden 
unverständlich  geblieben.    Der  Vortragende  be- 
dauerte   es   daher  doppelt,    dass  der  Herr  Re- 
ferent sich  bereits  während  des  Vortrages  ent- 
fernt  hatte   und    daher   keine  Aufklärung  über 
diesen  Punkt  geben  konnte. 

(Selbstreferat  des  Vortragenden.) 

(Eingegangen  4.  Oktober  1901.) 

Diskussion. 

(Von  den  Beteiligten  durchgesehen.) 

König  (Greifswald).  Ich  bedaure  auch  meiner- 
seits,   dass   Herr   Dr.  Kaufmann    nicht   mehr 

I )  Abteilung  2,  24.  September  1901.  Anm.  bei  der  Kor- 
rektor: Ich  habe  inzwischen  gefunden,  dass  bei  meinen  damali- 
gen Versuchen  eine  Fehlerquelle  vorhanden  war,  und  habe 
über  diesen  Punkt  im  Anzeiger  der  kais.   Akademie   in  Wien 


zugegen  ist,  um  die  von  ihm  angedeutete  Auf- 
fassung der  Versuche  ausfuhrlicher  darlegen  zu 
können.  Was  die  von  dem  Herrn  Vortragen- 
den getadelte  Änderung  in  der  Haltung  der 
Beiblätter  anbetrifft,  so  entspricht  sie  dem  Wun- 
sche einer  Anzahl  von  Referenten,  die  es  ab- 
lehnten, die  Darstellung  einer  Arbeit  mit  ihrem 
Namen  zu  decken,  wenn  es  ihnen  nicht  ge- 
stattet wäre,  einer  abweichenden  Auffassung') 
gelegentlich  Ausdruck  zu  geben.  In  Überein- 
stimmung mit  dem  Herrn  Verleger  halte  ich  es 
für  richtig  und  zweckmässig,  diesem  Wunsche 
zu  entsprechen.  Die  rein  sachliche  Äusserung 
einer  anderen  Meinung  ist  doch  kein  persön- 
licher Angriff.  Der  nochmaligen  Darlegung  der 
eigenen  Ansicht  aber  seitens  des  Herrn  Ver- 
fassers, unter  Bezugnahme  auf  die  Bemerkungen 
der  Beiblätter,  dürfte  doch  im  allgemeinen  kaum 
ein  Hindernis  im  Wege  stehen,  weder  in  den 
Annalen  selbst  noch  in  einer  anderen  Zeitschrift, 
und  selbstverständlich  würde  es  alsdann  die 
Pflicht  der  Beiblätter  sein,  auch  darüber  einen 
Bericht  zu  bringen. 

V.  Geitler:  Die  Antwort  von  Prof.  König 
beweist  gerade  meine  Behauptung.  Die  Annalen 
sind  eben  ein  anderer  Ort,  als  die  Beiblätter. 
Es  war  bisher  üblich,  dass  Bedenken  gegen  die 
Richtigkeit  physikalischer  Arbeiten  in  wohlbe- 
gründeter Weise  in  einem  der  hierzu  geeigneten 
Journale  veröffentlicht  wurden,  nicht  aber  in 
einem  kurz  gehaltenen  Referate,  wo  die  kriti- 
schen Randbemerkungen  dann  ebensoviel  oder 
mehr  Raum  einnehmen  als  das  eigentliche  Referat 
selbst.  Persönlich  nehme  ich  dieSache  durchaus 
nicht,  es  handelt  sich  mir  vielmehr  um  das  Prinzip 
und  ich  hätte  das  Wort  wohl  auch  ergriffen, 
wenn  es  sich  um  einen  anderen,  mich  selbst  nicht 
berührenden  Fall  gehandelt  hätte.  Ich  möchte 
nur  noch  dem  sehr  geehrten  Herrn  Redakteur 
den  Wunsch  aussprechen,  den  Beiblättern  ihren 
alten  Charakter  wiederzugeben,  und  ich  glaube, 
dass  ich  mit  dieser  Forderung  nicht  allein  stehe. 


Nr.  111,  23.  Januar  1902  berichtet.  Die  betreffende  Notiz 
(3,  257,  1902),  ist  auch  auf  Seite  257  dieser  Zeitschrift  ab- 
gedruckt. Geitler. 

I)  Anmerkung  bei  der  Korrektur.  Nur  um  eine  solche 
handelt  es  sich  und  nur  in  diesem  Falle  entsteht  die  von  dem 
Herrn  Vortragenden  erwähnte  Schwierigkeit.  Thatsächliche 
Unrichtigkeiten  in  den  Referaten  sind  die  Beiblätter  jederzeit 
bereit,  in  einer  besonderen  Mitteilung  richtig  zu  stellen. 

König* 


266 


Physikalische  Zeitschrift.     3.- Jahrgang.     No.  12. 


VORTRÄGE  UND  REDEN. 


Beiträge  zum  dynamischen  Ausbau  der 
Festigkeitslehre.  M 

Von  A.  Sommerfeld. 

Die  Resonanzerscheinungen,  die  in  allen  Ge- 
bieten der  Physik  eine  bekannte  wichtige  Rolle 
spielen,  scheinen  in  den  technischen  Wissenschaf- 
ten noch  nicht  diejenige  Beachtung  gefunden  zu 
haben,  die  sie  zweifellos  verdienen.  Ausser  der 
Elektrotechnik  kennt  und  berücksichtigt  sie  bis- 
her nur  der  jüngste  Zweig  der  deutschen  Tech- 
nik, der  hoffnungsvolle  und  mächtig  aufstrebende 
Schiffsbau,  dank  den  tiefgehenden  Untersuchun- 
gen von  O.  Schlick  und  den  anschliessenden 
Forschungen  von  H.  Lorenz,  L.  Gümbel 
und  H.  Frahm.  ^)  An  vereinzelten  Hinweisen 
darauf  fehlt  es  natürlich  auch  in  anderen  Ge- 
bieten nicht.  So  führt  A.  Föppl  als  einen 
möglichen  Grund  für  den  Einsturz  der  Birs- 
brücke  bei  Mönchenstein  den  Synchronismus 
der  natürlichen  Schwingungen  des  Ober- 
gurtes mit  gewissen  von  der  Lokomotive  her- 
vorgerufenen Erregungen  an  (nach  einer  freund- 
lichen brieflichen  Mitteilung  Föppl s  dürften 
die  letzteren  denjenigen  Kräften  entsprechen, 
welche  die  zum  Massenausgleich  benutzten  Zu- 
satzgewichte vermöge  ihrer  Centrifugalkraft  in 
vertikaler  Richtung  auf  die  Schienen  übertragen). 
Auch  die  Föpp Ische  Theorie  der  Lavalturbine 
hängt  aufs  Engste  mit  den  Resonanzerscheinungen 
zusammen;  denn  die  sogenannte  kritische  Ge- 
schwindigkeit der  Turbine,  bei  welcher  ihre 
Welle  am  stärksten  schleudert,  ist  gerade  die- 
jenige, bei  welcher  die  Wechselzahl  der  die 
Schwingung  anregenden  Centrifugalkraft  über- 
einstimmt mit  der  frpen  Schwingungszahl  der 
Welle. 

Dass  die  Resonanzerscheinungen  auch  sonst 
von  ausschlaggebender  Bedeutung  für  die  Sicher- 
heit der  Konstruktionen  und  ftir  die  Wirkung 
der  Maschinenteile  sein  können,  dass,  allge- 
meiner gesprochen,  die  Festigkeitsberechnungen 
der  Ingenieure,  die  sich  in  der  Regel  auf  dauernde 
Beanspruchungen  und  auf  das  Gleichgewicht  der 
Systeme  beziehen^),  nach  der  dynamischen 
Seite  hin,  flir  veränderliche  Kräfte  und  bewegte 

1)  Vortrag,  gehalten  im  Aachener  lie/irksvereio  deutscher 
Ingenieure,  Juli  1901. 

2)  Der  Vortrag  von  H.  Frahm  auf  der  Naturforscher- 
Versammlung  in  Hamburg  „Neuere  Untersuchungen  im  Schiff- 
und  Schiffsmaschinenbau"  wird  in  kurzem  in  dieser  Zeit- 
schrift erscheinen. 

3)  Die  bekannten  Wöhlcrschen  Versuche  und  die  aus 
ihnen  abgeleiteten  Regeln,  die  zumal  wegen  ihrer  ausserordent- 
lichen Einfachheit  von  dem  allergrössesten  Werte  für  die  aus- 
führende Technik  sind,  wird  man  doch  wohl  nur  als  einen 
ersten  Schritt  in  der  angegebenen  Richtung  und  als  eine  rohe 
Annäherung  an  die  Mannigfaltigkeit  der  thatsächlichen  Ver- 
hältnisse ansehen  können. 


Systeme,  ausgebaut  werden  müssen,  wurde 
mir  in  jüngster  Zeit  durch  zwei  Anfragen  be- 
sonders nahe  gelegt,  die  meine  Kollegen,  die 
Herren  Boost  und  Lynen,  im  Anschluss  an 
praktisch  vorliegende  Fälle  an  mich  richteten. 
Im  einen  Falle  handelte  es  sich  um  eine  Auf- 
gabe aus  dem  Bauingenieurwesen,  im  anderen 
um  ein  Problem  des  Maschinenbaues,  im  einen 
Falle  um  Biegungsschwingungen  von  Trägem,  im 
anderen  um  Torsionsschwingungen  von  Wellen. 
Danach  werden  sich  auch  unsere  folgenden  Be- 
trachtungen und  Experimente  beziehen,  i.  auf 
Biegungs-  und  2.  auf  Torsionsschwingungen. 

I.  Denken  wir  uns  ein  Gebäude,  welches 
auf  Trägern  stehen  muss,  weil  darunter  die  Eisen- 
bahn durchgeführt  werden  soll.  In  dem  Ge- 
bäude ist  eine  Dampfmaschine  aufgestellt  — 
bei  dem  mir  vorgelegten  Falle  beiläufig  bemerkt 
in  10  m  über  dem  Erdboden.  Während  sich 
die  in  der  Maschine  sonst  thätigen  Kräfte,  Dampf- 
druck, Arbeitswiderstände,  im  ganzen  aufheben 
und  das  Gebäude  nicht  in  Mitleidenschaft  setzen, 
teilen  sich  die  Massen  Wirkungen,  d.h.  die  Träg- 
heitskräfte der  hin-  und  hergehenden  Massen, 
dem  Gebäude  mit.  Sie  stellen  bei  einer  Zwei- 
cylindermaschine  mit  zwei  um  90^  versetzten 
Kurbeln  eine  Kraft  dar,  die  im  Tempo  der  Um- 
drehungszahl periodisch  wechselt,  nach  einem 
Gesetz,  das,  wie  man  sieht  (Fig.  i),  wesentlich 
das  Gesetz  einer  einfachen  Sinusschwingung  ist. 
(Die  beiden  punktierten  Zickzacklinien  sind  die 
den     beiden     Einzelcylindern     entsprechenden 


M«5S«ndruck 

•.  A            f 

\   ■»           #  / 

K       "              J      i      ^ 

'        ^     \                 f     l     '               \    ^              '    /             1 

\  •''  /'            \  -'^^  /' 

0«u«r    einer 
vollan     Umdrehung 

2eit 


Fig.   X. 

Massendrucke,    die   ausgezogene  Linie  das  Re- 
sultat ihrer  Zusammensetzung.) 

Wie  stark  müssen  nun  —  das  war  die  Frage, 
vor  die  wir  uns  gestellt  sahen  —  die  Träger 
gewählt  werden,  damit  die  Schwankungen  des 
Gebäudes  unterhalb  einer  gewissen  Grenze,  sagen 
wir  etwa  unterhalb  \  mm  bleiben:  Es  ist  leicht, 
die  „statische"  Ausbiegung,  rato/,  der  Träger  zu 
berechnen  unter  der  Annahme,  dass  die  wirkende 
Kraft  andauernd  etwa  mit  dem  Höchstbetrage, 
den  der  Massendruck  während  einer  Umdrehung 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


267 


erreicht,  thätig  ist.*)  Weiter  aber  muss  man 
sich  fragen,  wie  weicht  die  „dynamische  Aus- 
biegung', d.  h.  die  bei  periodisch  wechselnder 
Kraft  thatsächlich  eintretende,  von  der  statischen 
ab?  Zu  diesem  Zwecke  hat  man  die  Biegungs- 
schwingungen eines  unserer  Träger,  also  eines 
Stabes  zu  untersuchen,  der  am  einen  Ende  im 
Erdboden  befestigt,  am  anderen  Ende  durch 
Verbindung  mit  der  Hauptmasse  des  Gebäudes 
in  vertikaler  Richtung  eingespannt  ist,  derart, 
dass  er  hier  an  Richtungsänderungen,  aber  nicht 
an  Verschiebungen  im  horizontalen  Sinne  be- 
hindert ist.  Dieses  Ende  des  Stabes  wird  nun 
von  einer  periodischen  Kraft  P  angegriffen  (dem 
auf  den  einzelnen  Träger  entfallenden  Teil  des 
Massendruckes)  und  ist  überdies  mit  einem  Ge- 
wichte Q  belastet  (dem  auf  den  Träger  entfallen- 
den Teil    des  Gebäudegewichtes)    vgl.  Fig.  2  a. 


Fig.  2  a. 


Fig.  2  b. 


Die  Amplitude  der  wechselnden  dynamischen 
Ausbiegung  dieses  Stabes  nennen  wir  ydyn^  Es 
zeigt  sich  nun,  dass  man  das  Resultat  in  fol- 
gende übersichtliche  Form  bringen  kann: 

7  nenne  ich  den  „dynamischen  Koeffizienten". 
Ich  verzichte  darauf,    den  etwas  umständlichen 
analytischen  Ausdruck  dieses  Koeffizienten  an- 
Anmerkungen. 

Dieselben  sollen  hauptsächlich  zur  Kontrolle  der  im  Vor- 
trag gemachten  Zahlenangaben  dienen.  Ich  benutze  hier  wie 
dort  durchgehends  das  technische  Masssvstem. 

i)  Die  statische  Ausbiegung  unseres  Stabes  von 
der  Länge  /  durch  eine  konstante  Kraft  P  (vgl.  Fig.  2a) 
kann  aufgefasst  werden  als  Ausbiegung  eines  Stabes  von  der 
Länge  2/,  der  an  beiden  Endpunkten  drehbar  befestigt  ist 
unter  dem  Einflüsse  einer  in  seiner  Mitte  angreifenden  Kraft 
2  P.    Diese  beträgt  bekanntlich 

2P  (2/)3         /*/» 

Umgekehrt  ist  diejenige  Kraft,  die  eine  gegebene  Aus- 
biegung ystai  hervorruft, 


2) 


P=   —.3      ysta/. 


Die  Grösse  des  Zusatzgewichtes  Q  ist  für  die  Frage  nach 
der  statischen  Ausbiegung  gleichgiiltig. 


zugeben;  es  wird  darin  das  Zusatzgewicht  (^, 
das  Eigengewicht  ^  des  Stabes,  der  Elastizitäts- 
modul E  des  Stabmateriales,  das  Trägheits- 
moment y  des  Stabquerschnittes,  die  Stablänge  / 
und  namentlich  die  Periodenzahl  //  des  Kraft- 
wechsels eingehen.  ^),  '•*)   Die  folgende  Fig.  3  giebt 


y 


n 


I'ig-  3- 

uns  dasselbe  wie  die  Formel  in  leichter  ver- 
ständlicher Weise ;  sie  ist  überdies  für  alle  der- 
artigen Fragen    typisch.      Bei   kleinem  //,  d.  h. 

2)  Freie  Stabschwingungen,  angenäherte  Be- 
rechnung. Ist  das  Zusatzgewicht  Q  gross  gegenüber  dem 
Eigengewichte  ^,  so  wird  die  Spannungsverteilung  im  Stabe 
dieselbe  wie  im  Gleichgewichtsfalle:  der  Stab  überträgt  bei 
jeder  Ausbiegung  y  auf  das  Zusatzgewicht  Q  eine  elastische 
Kraft,  welche  der  in  (21  berechneten  entg^engesetzt  gleich 
ist.  Die  Gleichung  der  freien  Schwingung  des  mit  Q  be- 
lasteten Stabes,  d.  h.  die  Bewcgungsgleichung  von  Q,  lautet 
daher : 

Setzt  man  y  -^  A  sin  kt,  so  wird 

k  bedeutet  das  71-fache  der  Schwingungs^ahl  n,  d.  h.  der 
Anzahl  der  halben  Pendelungen  pro  Sekunde.  Man  findet 
also,  wie  im  Text  angegeben: 


(5 


I   \fs  3 


EJ 
IQ 


3)  Erzwungene  Stabschwingungen,  angenäherte 
Berechnung.  Wirkt  auf  Q  überdies  die  periodische  Kraft 
^  =  /*  sin  Mty  so  ist  Gl.  (3)  zu  ersetzen  durch 

Die  so  entstehende  erzwungene  Schwingung  hat  natürlich 
die  Periode  von  ^,  d.  h.  die  Periode  2nlw.  Nennt  man  die 
Amplitude  wie  im  Text  geschehen /d>»,  setzt  also  y  ---  ydyn  sin  mt 
so  findet  man  aus  (3')  leicht 


(6) 


ystat 
ydyn--      -    ~, 

*2 


I  — 


wobei  die  Abkürzungen  ystat  und  /i'^  durch  (l)  und  (4)  erklärt 
sind.     Der  „dynamische  Koeffizient" 

aufgetragen,  den 


ystat         V  ^^ 

zeigt  als  Funktion   von   <»>   oder  von  n 
Verlauf  von  Fig.  3.     Der    „kritische  Werf    nk   hat   die   Bc- 

deutung  nk  == 

n 


n 


268 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No,  12. 


bei  geringer  Tourenzahl  wird  y  =  i  und  somit 
ydyn  =^ystat,  Dlcs  War  zu  erwarten,  da  eine  lang- 
sam veränderliche  Beanspruchung  von  einer 
dauernden  nicht  wesentlich  verschieden  ist.  Die 
Sache  ändert  sich  aber  sofort,  wenn  n  in  die  Nähe 
einer  gewissen  kritischen  Tourenzahl  hk  kommt. 
Dann  steigt  7  rapide  an,  d.  h.  die  Ausbiegung 
bei  veränderlicher  Kraftwirkung  wird  erheblich 
grösser,  wie  die  statische.  Ist  die  kritische 
Tourenzahl  einmal  überschritten,  so  flacht  sich 
die  y-Kurve  wieder  ab  und  die  Ausbiegung  sinkt 
unter  jede  Grenze  herab.  Die  punktierte  Kurve 
zeigt  zugleich  an,  wie  diese  Verhältnisse  durch 
energieverzehrende  Kräfte  (innere  und  äussere 
Reibung,  elastische  Nachwirkung  etc.)  geändert 
werden:  statt  des  unendlichen  Anstieges  für 
n  =  nK  haben  wir  hier  nur  ein  mehr  oder  minder 
ausgeprägtes  Maximum. 

Die  kritische  Umdrehungszahl  fällt  natürlich 
mit  derjenigen  Schwingungszahl  zusammen,  die 
der  freien  Schwingung  unseres  Trägers  ent- 
spricht (der  freien  Schwingung  von  niedrigster 
Frequenz;  denn  die  Oberschwingungen  liegen  bei 
einigermassen  beträchtlichem  Zusatzgewichte  Q 
so  hoch,  dass  sie  praktisch  nicht  in  Betracht 
kommen).  Bei  dieser  Umdrehungszahl  folgt  das 
ganze  schwere  Gebäude  willig  der  —  an  sich 
nicht  grossen  —  Kraft  der  Maschinenmassen; 
die  Ausbiegung  der  Träger  wird  bedenklich  und 
die  Schwankungen  des  Gebäudes  fiir  dessen  In- 
sassen höchst  unangenehm,  wenn  nicht  gefährlich. 

Wir  haben  aber  die  Mittel  in  der  Hand,  dies 
Zusammenfallen  zu  vermeiden.  Wir  müssen  nur 
den  Querschnitt  der  Träger  so  gross  wählen, 
dass  die  freie  Trägerschwingung  ihrer  Frequenz 
nach  hoch  genug  über  der  Frequenz  des  Kraft- 
wechsels liegt.  Es  wird  sich  etwa  empfehlen 
HK  =  \on  z\x  machen,  damit  wir  in  respekt- 
vollem Abstand  von  dem  ansteigenden  Teile 
der  Kurve  unseres  dynamischen  Koeflizienten 
bleiben.  Es  ist  ja  klar,  dass  eine  Verstärkung 
des  Trägers  seine  freie  Schwingung  erhöht,  dass 
nämlich  ein  System  um  so  schneller  schwingt, 
je  steifer  es  gebaut  ist,  je  mehr  elastischen  Wider- 
stand e^  einer  Entfernung  aus  der  Ruhelage  ent- 
gegensetzt. Im  umgekehrten  Sinne  wird  eine 
Vermehrung  des  Zusatzgewichtes  Q  am  Ende, 
sowie  eine  Vermehrung  der  Stablänge  wirken. 
Dies  zeigt  die  folgende  mit  hinreichender  An- 
näherung geltende  theoretische  Formel  der  freien 
Schwingungszahl:  ^),  *) 

4)  Erzwungene  Schwingungen,  genaue  Berech- 
nung. Soll  die  Trägheit  des  Stabes  berücksichtigt,  d.  h,  das 
Eigengewicht  q  nicht  gegen  Q  vernachlässigt  werden,  so  hat 
man  die  folgenden  wohlbekannten  Beziehungen  zwischen  der 
in  jedem  Querschnitte  auftretenden  grössten  Normalspannung 
(oder  Biegungsspannung)  <j,  der  Schubspannung  (oder  Tan- 
ge utialspannung)  T,  dem  Momente  M  der  Biegungsspanuungen 
um  die  Neutrale  (oder  dem  Biegungsmomente)  und  dem  Ge- 
samtschube  S  im  Querschnitte  (oder  der  Scher-  oder  Quer- 
kraft): 


in  welcher  der  erste  Faktor  unter  dem  Wurzel- 
zeichen an  die  Berechnung   der   gewöhnlichen 


j7)  A/=?'/.5=/t 


'   bx'  Vx^"  EJ  ' 

b'^y       bS 
^bt^^bi' 


e  bedeutet  den  im  Querschnitte  vorkommenden  grössten 
Abstand    von   der  Neutralen,  /  die  Fläche  des  Querschnitts, 

^,    die    Masse    des    Stabes    pro    Längeneinheit,   ist  <=»  —  ; 

b»y  ^^ 

.  -  ^  wird  als  angenäherter  Ausdruck  fär  die  augenblickliche 

Krümmung  der  elastischen  Linie  benutzt.  Hieraus  ergiebt 
sich  einerseits  durch  Elimination  von  S  und  M  die  bekaimte 
DifTerentialgleichang  fUr  die  Stabschwingungen : 


(8) 


V^y 


iV 


''i/i+^^d:r«  =  °' 


andererseits  die  Ausdrücke  von  M  und  S  durch  y. 


(8'^ 


'^ — ^yVx^>^--^y 


b^y 


Die  Grenzbedingungen  lauten :  Das  untere  Ende  des  Stabes 
(x  «=  o)  wird  festgehalten:  ^  =  o,  und  es  kann  wegen  der  Art 
der  Lagerung  kein  Biegungsmoment  Übertragen  werden:  M=^o 

oder  wegen  (8  )  r  ^^  =  o.     Am    oberen    Ende    (x  =  /)    gilt 

b  y 
zunächst     -^   =»  o;   femer  halten  sich  hier  die  Trägheitskraft 

des  Zosatzgewichtes  Q  und  die  vom  Stabe  Übertragene  Schub- 
kraft —  5  =-  -f  £  7  V   -^  mit  der  äusseren  Kraft  ^  das  Gleich 

gewicht. 

Die  Grenzbedingungen  lauten  also: 

(9)  ftir  jf  =  o:  /  =  ^  :;  =  o, 


(lo)    für  jc  —  /: 


by 
bx 


bx^ 
Q  b^y       j,yb^y      « 


■Psin  wt. 


Das  allgemeine  Integral  von  (8),    welches    einer   harmo- 
nischen Schwingung  von  der  Periode         entspricht,  lautet: 

y  =  [a  sin  hx  ■\'  b  cos  hx  -{-  A  3ln  hx  -f-  ß  (£of  hx)  sin  «»>/, 
wobei 


(•» 


EJ       glEJ 


Wegen  der  Bedingung  ( 9)  wird  6  =  S  =  o  und  wegen 
10),  wenn  man  A  /  «-  A  setzt: 


(12) 


a  COS  X  -}-  A  (lof  A  =  o. 


(13)  ^  0)2  (ö  sin  X+A^'mX)  -  £7A^{acosk-  A  (Jof  Ai 

Die  gesuchte  Amplitude  am  oberen  Ende  ist: 

(14)  ytfyn  >=  a  sin  X  -^  A  6ln  X. 

Um  aus  (12),  (13)  und  (14)  a  und  A  bequem  zu  eliminieren, 
berechne  man  etwa  aus  (12)  und  (14): 

gofA       

ö  ->''<r«  ^-„  A  Süf  A  —  cos  X  8inA' 

cos  X 
^'<»"'  7/i^TCpf  X-^s'X  ©in  A  ' 

Setzt  man  diese  Werte  in  (13)  ein  und  benutzt   die  Ab- 
kürzung 

.  _  ofsji  6o[  A    

sin  X  Cof  X  —  cos  X  (Sin  Ä  ' 


Physikalische  Zeitschrift.     2.  Jahrgang.     No.   12. 


269 


Pendelschwingung  erinnert  und  der  zweite  Faktor 
den  besonderen  Verhältnissen  unseres  Stabes 
Rechnung  trägt.  Wir  benutzen  dieselbe,  um 
dasjenige  Trägheitsmoment  y  des  Stabquer- 
schnittes zu  berechnen,  für  das,  wie  verlangt, 
nK=  10  n  wird,  nämlich: 


y=  loox^n' 


IgE 


SO  folgt 


ydyn^ 


—  P 


toi^2Eyh>  A 


s 


Indem  wir  die  frühere  Definition  des  dynamischen  Koef- 
ßzienten  y  aufnehmen 

ydyn 

'  ystat 

wobei  ystat  durch  Gl.  (i)  erklärt  ist,  erhalten  wir 

3^7 


y  = 


/3  O 

2EyX^A  —  ~^m^ 

s 


Hierfür  schreiben  wir  mit  Benutzung  des  in  (4)  definierten 
Wertes  von  k^\ 


(«5) 


3  *» 


Der  erste  Term  des  Nenners  wird  bei  kleinem  Werte 
von  A,  wie  man  durch  Reihenent Wickelung  der  trigonometri- 
schen und  hyperbolischen  Funktionen  findet,  nahezu  gleich  i ; 
die  vorstehende  Formel  deckt  sich  dann  mit  der  früheren, 
Gl.  (6').  Ob  jene  Gleichung  ausreicht,  oder  ob  die  genauere 
GL  (15)  anzuwenden  ist,  hängt  demnach  von  dem  Werte  von 

2 
X  bez.  von  —  X.^  A  ab. 

3 
5)  Freie  Stabschwingungen,  genaue  Berech- 
nung. Die  vorhergehenden  Rechnungen  können  auch  dazu 
dienen,  die  Eigenschwingung  des  Stabes  genau,  d.  h.  unter 
Berücksichtigung  seiner  Eigen-Trägheit  zu  bestimmen.  Da 
nämlich  diejenige  erzwungene  Schwingung,  fUr  welche  y  ss  co 
wird,  mit  der  Eigenschwingung  der  Frequenz  nach  überein- 
stimmt, so  hat  man  zur  Auffindung  der  Eigenschwingung 
'oder  richtiger  der  Eigenschwingungen)  nur  den  Nenner  von 
Y  gleich  Null  zu  setzen.     Dies  g^ebt: 

i2  a 


>&2 


V 


cos  k  (£of  A 


3        sin  A  (£of  A  —  cos  A  Sin  A 

Da  k  *=  A  /  nach  (11)   die  Grösse  <o  enthält,    so    haben 
wir  hier   eine  transzendente  Gleichung   zur  Bestimmung   von 

0»  bez.  von  n  =       vor  uns.      Die    Gleichung   hat    unendlich 

7t 

Tide  Wurzeln,  von  denen  aber  nur  die  kleinste,  die  Grund- 
schwingung, fUr  uns  in  Frage  kommt,  da  die  übrigen  bei 
eioigermaassen  überwiegendem  Q  erheblich  höher  liegen.  Ist 
A  nicht  zu  gross,  so  wird  es  bequem  sein,  die  rechte  Seite 
nach  Potenzen  von  A  zu  entwickeln.     Dies  giebt: 


,_J7a4  +  ..  =  ._J7 
210  210  E  y  g 


a>2  4-,  .  .  .  , 


also,  mit  Rücksicht  auf  den  Wert  von  k*^  in  {4) 

I _\Eyg         I 

I     <?/3 


a>2 


+ 


17       q  l^ 


Qi^ 


und  daher 
<i6)  n 


3  Eyg     210  Eyg 


I  -f- 


17  q 

70  Q 


'^{ 


_i7    q 
140  Q 


> 


Dieser  Wert  von  n  liegt  etwas  tiefer,  wie  der  frühere 
Näherungswert  (5),  entsprechend  dem  Umstände,  dass  bei 
der  früheren  Berechnung  von  einem  Teile  der  trägen  Masse 
^von  g)  abgesehen  wurde.  Man  entscheidet  nach  (16)  leicht, 
wann  letzteres  zulässig  ist. 


An  sich  liegt  ja  auch  die  Möglichkeit  vor, 
einen  kleinen  Wert  von  y  und  somit  die  Ruhe 
des  Gebäudes  dadurch  zu  erzwingen,  dass 
man  hk  kleiiler  als  n  macht.  Dieses  Verfahren 
würde  geringere  Trägerquerschnitte  erfordern 
und  die  Ausbiegung  noch  unter  deren  statischen 
Wert  herabdrücken.  Indessen  werden  wir  kaum 
die  Verantwortung  auf  uns  nehmen  wollen,  die 
mit  dem  Überschreiten  der  kritischen  Geschwin- 
digkeit verbunden  ist. 

Ein  sehr  schönes  Modell  der  besprochenen 
Verhältnisse  liefert  dieser  Tisch  mit  schwerer 
eichener  Platte  von  1x2,5  m  Seiten  und  3  cm 
Dicke  auf  vier  Beinen  von  Tannenholz  (Quer- 
schnitt 6,3  X  6,3  cm).  Die  Füsse  sind  mit  hartem 
Wachs  am  Boden  befestigt;  sonst  würden  wir 
bei  den  folgenden  Versuchen  ein  veritables  Tisch- 
rücken zu  gewärtigen  haben.  Auf  dem  Tisch 
ist  ein  kleiner  Motor  (es  war  ein  Haupt- 
strommotor) befestigt,  dessen  Schwungrad  durch 
ein  im  Abstände  8  cm  von  der  Achse  einseitig 
angebrachtes  Zusatzgewicht  von  363  g  excen- 
trisch  gemacht  ist.  Bei  seiner  Umdrehung  ent- 
wickelt dieses  Schwungrad  Trägheitskräfte,  näm- 
lich eine  Centrifugalkraft,  welche  bei  der  uns 
zumeist  interessierenden  Umdrehungszahl  310 
pro  Minute  die  Grösse  von  3  kg  hat.  ^)  Wir 
können  den  horizontalen  und  vertikalen  Bestand- 
teil dieser  Kraft  einzeln  betrachten.  Beide  be- 
folgen ihrer  zeitlichen  Veränderlichkeit  nach  das 
einfache  Sinusgesetz.  Der  horizontale  Bestand- 
teil wird  Horizontalverschiebungen  der  Platte 
und  damit  Verbiegungen  der  Beine,  der  verti- 
kale Bestandteil  wird  Transversalschwingungen 
der  Platte  hervorrufen.  Die  Periode  des  Kraft- 
wechsels habe  ich  in  der  Hand,  indem  ich  den 
Motor  anfangs  mit  kleinem  Strome  laufen  lasse 
und  allmählich  Widerstand  ausschalte. 

Die  statische  Seitenausbiegung  der  Beine 
unter  dem  Einfluss  der  geringen  Centrifugalkraft 
ist  offenbar  sehr  gering.  Deshalb  sehen  Sie  an- 
fangs (bei  geringem  Strome  und  entsprechend 
geringer  Tourenzahl)  überhaupt  keine  merklichen 
Schwingungen.  Ich  steigere  die  Umdrehungs- 
zahl und  komme  bald  einem  kritischen  Werte 
nahe.  Die  Schwingungen  sind  jetzt  überraschend 
stark,  wenn  man  die  solide  Konstruktion  des 
Tisches  bedenkt.  Beispielsweise  war  es  mir 
ganz  unmöglich,  bei  diesem  Grade  des  Wackeins 
nur  eine  einzige  Zahl  auf  dem  Tisch  zu  notieren. 
Die  Umdrehungszahl  des  Motors  beträgt  jetzt 
310,  wie  man  durch  einen  kleinen  Tourenzähler 
feststellt.      Die    zugehörige  Grösse   der  Centri- 

6)  In  der  That  ist  ///  r  w*  mit 

0,^63  '^10 

m  ^  -  j-=^(kg  cm-»  sec2),  r  =»  8  cm,  ö>  —   r     .  2  ä 

981   ^  60 


jjlcich 


0.363.8  /2Ä.  3io\2  , 

"981       l      60      j    ^  3.1  kg. 


270 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   12. 


fugalkraft  ist  wie  erwähnt  3  kg,  die  statische 
Ausbiegung  würde  0,2  mm  betragen, ')  die  that- 
sächlich  beobachtete  dynamische  Ausbiegung 
aber  ist  nach  jeder  Seite  ca.  5  mm  gross.  Unser 
dynamischer  Koeffizient  y  erreicht  also  die 
Grösse  25;  er  liegt,  könnte  man  sagen,  dem 
theoretischen  Werte  ^  sehr  viel  näher,  wie  dem 
statischen  Werte  1. 

Jetzt  schalten  wir  abermals  Widerstand  aus, 
so  dass  sich  die  Tourenzahl  des  Motors  reich- 
lich verdoppelt  (auf  ca.  700  übergeht),  dieCentri- 
fugalkraft  also  mehr  als  vervierfacht.  Da  die 
Schwingungen  schon  vorher  so  stark  waren, 
werden  wir  nun  ganz  exorbitante  Schwingungen 
erwarten.  Der  Augenschein  lehrt  indessen  das 
Gegenteil:  der  Tisch  hat  sich  plötzlich  und  voll- 
ständig beruhigt.  Wir  haben  eben  die  kritische 
Tourenzahl  überstiegen  und  befinden  uns  auf 
dem  flach  verlaufenden  rechten  Teile  unserer 
/-Kurve  (Fig.  3).  Wohl  meldet  sich  nun  bereits 
eine  andere  Schwingung,  die  Plattenschwingung. 
Von  ihrer  Verfolgung  wollen  wir  aber  zunächst 
Abstand  nehmen,  da  wir  sie  nachher  unter  gün- 
stigeren Bedingungen  beobachten  werden. 

Dass  es  sich  wirklich  um  eine  Biegung  der 
Beine  handelt,  können  wir  auf  optischem  Wege 
zur  Anschauung  bringen.  Ich  habe  an  einem 
der  Tischbeine  mit  Wachs  drei  Spiegel  be- 
festigt (s.  Fig.  2  b).  Diese  werfen  das  (durch 
eine  Linse  konzentrierte)  Bild  einer  Projektions- 
lampe auf  jenen  Schirm  und  geben  uns  von 
den  Richtungsänderungen  der  Tischbeine  Kunde 
(nur  von  den  Richtungs-,  nicht  von  den  Lagen- 
änderungen). Leiten  wir  das  Tischwackeln  ein, 
so  giebt  der  mittlere  Spiegel  ein  stark  auf  und 
ab  tanzendes  Lichtbild,  der  unterste  ein  noch 
stärker  tanzendes,  der  oberste  ein  wesentlich 
weniger  bewegliches.  Dieses  entspricht  dem 
Umstände,  dass  das  obere  Ende  des  Beines 
wegen  seiner  Verbindung  mit  der  horizontal 
bleibenden  Tischplatte  in  vertikaler  Richtung 
nahezu  festgehalten  wird.  Wir  haben  es  also 
mit  einem  Stabe  zu  thun,  der  am  oberen  Ende 
an  Richtungsänderungen,  am  unteren  Ende  an 
Lagenänderungen  verhindert  ist.  Fig.  2  b  stellt 
die  beiden  äussersten  Lagen  des  Tischbeines 
stark  übertrieben  dar.  Auch  die  plötzliche 
Beruhigung  des  Tisches  nach  Überschreitung 
der  Eigenschwingung   lässt    sich  an    dem  nun- 


7)  Dieselbe  ist  nach  Gl.  (i)  zu  berechnen.  Darin  ist  P 
gleich  dem  vierten  Teile  der  soeben  gefundenen  3,1  kg  zu 
setzen,  da  sich  die  Kraft  auf  vier  Tischbeine  verteilt.  Für  E 
wurde  als  mittlerer  Wert  bei  Holz  ip*  (kg/cm^)  gewählt;  J 
ist  den  angegebenen  Querschnittsabmessungen  der  Tischbeine 

zufolge         i6,3)-»     -  133;  die  Länge  der  Beine  vom  Fussboden 

bis  zur  Platte  betrug  l  m.     Somit  wird 

3,1  .  loO 


mehr  fast  unbeweglichen  Lichtbilde  gut  nach- 
weisen. 

Wenn  ich  die  Eigenschwingung  der  Tisch- 
beine auf  Grund  der  Gestalt  und  Elastizität  der- 
selben, der  Grösse  der  Zusatzmassen  (Motor- 
gewicht, Gewicht  der  Tischplatte  und  Gewicht 
der  Klemmen)  ®)  nach  der  vorher  genannten 
Formel  berechne,  so  finde  ich  die  Zahl  400  pro 
Minute;  die  Differenz  kann  teils  von  der  Nichtbe- 
rücksichtigung der  Reibung  herrühren,  teils  davon, 
dass  das  spezifische  Gewicht  des  Holzes  und 
sein  Elastizitätsmodul  einigermassen  willkürlich 
angenommen  wurden. 

Es  ist  eine  allgemeine  Regel,  dass  durch 
Vermehrung  der  Trägheit  eines  schwingen- 
den Systems  die  Eigenschwingung  desselben 
heruntergesetzt  wird.  Daher  wird  unser  Tisch, 
wenn  ich  noch  40  kg  in  Bleigewichten  herauf- 
lege, sein  stärkstes  Schwingen  schon  bei  einer 
niedrigeren  Umdrehungszahl  zeigen.  Die  Be- 
obachtung am  Tourenzähler  liefert  260  Um- 
drehungen, die  theoretische  Berechnung  der 
Eigenschwingung  335. 

Um  schliesslich  die  schon  genannte  Platten- 
schwingung gut  beobachten  zu  können,  ent- 
fernen wir  den  grössten  Teil  der  excentrischen 
Schwungradmasse.  Die  schwingungerregende 
Centrifugalkraft  wird  dadurch  allerdings  sehr  klein ; 
dafür  können  wir  nun  aber  viel  höhere  Umdrehungs- 
zahlen erreichen  und  der  Eigenschwingung  der 
Platte  viel  näher  kommen,  wie  vorher,  derart, 
dass  die  Verstärkung  der  Schwingungen  durch 
Resonanz  die  Kleinheit  der  anregenden  Kraft 
reichlich  aufwiegt.  Bei  dem  vorher  benutzten 
stark  excentrischen  Schwungrade  war  nämlich 
der  Lagerdruck  und  damit  die  Lagerreibung 
so  gross,  dass  wir  über  die  Umdrehungszahl 
750  nicht  hinauskamen.  Jetzt  dagegen  haben 
wir  etwa^die  Tourenzahl  970;  die  ganze  Platte 
befindet  sich  im  Zustande  starker,  periodisch 
wechselnder  Verbiegung.  Statt  unseres  vor- 
herigen optischen  können  wir  hier  ein  akustisches 
Reagens   benutzen:    wir  legen   einige  Schlüssel 

Si  Iss  wog  der  Motor  9,5  kg,  die  Klemmen  und  Klötze, 
mit  denen  der  Motor  auf  dem  Tische  befestigt  war,  6,7  kg, 
die  Tischplatte,  wenn  man  als  spezifisches  Gewicht  von  Eichen- 
holz 0,85,  von  Tannenholz  0,5  annimmt,  72,3,  im  ganzeo  88,$ ; 
der  vierte  Teil  davon  ist  Q  =  22,1.  Das  Gewicht  des  ein- 
zelnen Tischbeines  beträgt  nur  etwa  q  -^  2  kg.  Eine  Berück- 
sichtigung desselben  nach  Formel  (16)  hat  keinen  Zweck,  da 
die  Korrektion  nur  i  ^  0  betragen  würde.  Wir  können  also 
nach  Formel  (5)  rechnen.  Mit  den  in  der  vorigen  Anm.  an- 
gegebenen Werten  von  A",  J  und  /  erhält  man  für  die  Zahl 
der  Schwingungen  in  der  Sekunde: 


'-\V 


3  .   I05  .133  .  981 

106  .  22,1  ^    '^''*- 


Vi^iiU 


4.3.    I05   .    133 


—  1,05  .  10- 3  cm  -     ca  0,2  mm. 


Die  Anzahl  der  Umdrehungen  des  Motors  in  der  Sekunde 
ist  halb  so  gross  und  daher  die  Umdrehungszahl  in  der  Minute 
-=  30  •  13.4  7-  ca.  400. 

Nach  Hinzufiigung  von  40  kg  Bleigewichten  ist  Q  auf 
22,1  -f-  10  angewachsen;  alsdann  wird  n=  11,1  und  die  zu- 
gehörige L'mdrehungszahl  des  Motors  335. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.   12. 


271 


auf  den  Tisch,  welche  fortgesetzt  in  die  Höhe 
geschnellt  werden  und  dabei  ein  ganz  gewaltiges 
Geräusch  verursachen.  Sie  zeigen  uns  auch, 
wie  die  Knotenpunkte  der  Schwingung  liegen: 
es  sind  dieses  die  Punkte,  wo  die  Platte  auf 
den  Tischbeinen  ruht ;  hier  bleiben  die  Schlüssel 
ruhig  liegen.  Die  Platte  schwingt  also  etwa 
wie  ein  Tuch,  das  an  seinen  vier  Ecken  fest- 
gehalten wird,  periodisch  auf  und  ab.  Natür- 
lich muss  die  kritische  Tourenzahl  970  der 
stärksten  Plattenschwingung  wieder  mit  der 
freien  Schwingungszahl  der  Platte  zusammen- 
fallen. Eine  theoretische  Berechnung  der 
letzteren  scheint  aber  zur  Zeit  nicht  möglich. 
Sehr     interressante    Bemerkungen     ergeben 


sich  noch,  wenn  wir  die  Arbeitsverhältnisse  im 
Motor  und  im  Tisch  näher  verfolgen.  Wir 
machen  zunächst  das  Experiment,  die  Tisch- 
schwingung künstlich  zu  unterbinden,  indem 
wir  den  Tisch  festhalten.  Wir  bemerken  dann, 
dass  der  Motor  plötzlich  auf  eine  höhere  Touren- 
zahl überspringt,  bei  der  er  die  kritische  Um- 
drehungsgeschwindigkeit überwunden  hat,  und 
dass,  auch  wenn  wir  den  Tisch  nun  wieder 
loslassen,  kein  Wackeln  mehr  einsetzt.  Der 
Strom  reichte  also  aus,  um  dem  Motor  eine 
höhere  Umdrehungszahl  wie  310  zu  geben;  nur 
durch  die  Mitwirkung  des  Tisches  wird  er  auf 
der  genannten  Umdrehungszahl  festgehalten. 

(Fortsetzung  folgt.) 


REFERATE. 


Technische  Mechanik. 

Besorgt  von  Prof   Dr.  E,  Meytr. 


F.  Kohlrausch  und  £.  Grüneisen,  Über  die 

durch  sehr  kleine  elastische  Verschiebungen 

entwickelten  Kräfte.  Sitzungsberichte  derKgl. 

Preussischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu 

Berlin  1901,  XLVI. 

Bisher  haben  die  Physiker,  wie  in  der  Ein- 
leitung ausgeführt  wird,  allgemein  angenommen, 
dass  die  Kräfte,  welche  in  einem  Körper  durch 
sehr  kleine  Verschiebungen  einer  bestimmten 
Art  entwickelt  werden,  mit  der  Grösse  der  Ver- 
schiebung im  einfachen  Verhältnis  wachsen, 
selbst  dann,  wenn  grössere  Deformationen  merk- 
liche Abweichungen  von  dem  konstanten  Ver- 
hältnis mit  sich  bringen.  Wird  aber  das  von 
C.  Bach')  mitgeteilte  Dehnungsgesetz  b  =  ao"\ 
wo  a  und  ///  Konstanten  bedeuten,  zwischen  der 
Dehnung  &  und  der  Spannung  0  auch  bei  sehr 
kleinen  Spannungen  als  gültig  angenommen,  so 
nähert  sich  nach  diesem  Gesetze  im  Grenzfall 
beliebig  kleiner  Dehnungen  deren  Verhältnis  zur 
Spannung    nicht    einer    bestimmten    endlichen 

Grenze,  es  wird  vielmehr  je  nachdem  w  ^  i  , 

dieses  Verhältnis  schliesslich  ^  o  oder  unend- 
lich gross.  Die  Verfasser  bestätigen  nun,  dass 
die  Beziehung  e  =  «0'^  die  B achschen  Versuche 
j^t  wiedergiebt  und  deshalb  als  Interpolations- 
formel sehr  brauchbar  sein  könne.  Sie  glauben 
sich  aber  dagegen  wenden  zu  müssen,  dass 
Herr  v.  Bach  diese  Beziehung  „als  das  allgemeine 
Gesetz  der  elastischen  Dehnungen  bezeichne 
und  der  Formel  hierdurch  eine  ganz  andere 
Tragweite  als  einer  Interpolationsformel  zu- 
schreibe". Wie  demgegenüber  der  Referent  aus- 

I)  Untersuchungen  von  Granit.  Allgemeines  Gesetz  der 
tUstischcn  Dehnungen,  Berlin  1897;  Elastizität  und  Festijj- 
l^eit,  3.  Aufl.,  S.  71,  Berlin  1898. 


drücklich  hervorheben  möchte,  ist  es  durchaus 
unrichtig,  Herrn  v.  Bach  unter  Bezugnahme  auf 
die  angezogenen  Veröffentlichungen  diese  Auf- 
fassung unterzuschieben.  Vielmehr  hat  Herr  v. 
Bach  in  beiden  von  den  Verfassern  angezogenen 
Veröffentlichungen  betont '),  dass  die  —von  seinem 
früheren  Schüler  W.  Schule  ermittelte  Ge- 
setzmässigkeit €  =  aö'^  „beschränkt  erscheint: 
zunächst  auf  das  Gebiet,  welches  durch  das 
vorgelegte  Versuchsmaterial  gedeckt  wird,  und 
auf  solche  Verhältnisse,  welche  Spannungen 
liefern,  die  innerhalb  der  für  die  ausübende 
Technik  in  Betracht  kommenden  Grenzen  liegen"; 
auch  dass  der  von  ihm  untersuchte  Marmor 
dieser  Gesetzmässigkeit  nicht  folge  und  dass  sie 
ausserdem  für  Kautschuk  nicht  zutreffe. 

Andererseits  ist  naturgemäss  für  den  Phy- 
siker die  Frage  von  Bedeutung,  ob  bei  den- 
jenigen Körpern,  deren  Verhalten  innerhalb  des 
in  der  Technik  vorkommenden  Spannungsbe- 
reiches die  Beziehung  e^  a 0'"  gut  wiedergiebt, 
diese  Beziehung  auch  bei  sehr  kleinen  Verschie- 
bungen gültig  bleibt.  Denn  in  diesem  Falle 
müssten  z.  B.  ganz  neue  Theorien  über  die 
Akustik  fester  Körper  aufgestellt  werden.  Um 
dieser  Frage  durch  den  Versuch  näher  zu  treten 
und  dabei  möglichst  kleine  elastische  F'orm- 
änderungen  noch  messen  zu  können,  machen 
die  Verfasser  Durchbiegungsversuche  an  sehr 
dünnen  Stäben,  wobei  sich  auf  Grund  der  ge- 
wählten Versuchsanordnung  mittlere  relative 
Längenänderungen  der  Fasern  bis  zu  dem 
kleinen  Betrage  von  rund  2  x  lO""^  beobachten 
lassen.  Für  Schmiedeeisen,  Messing  und  Schiefer 
ergiebt  sich  bei  diesen  Versuchen  das  Verhältnis 

^    als  konstant;  für  graues  Gusseisen  dagegen 
o 

tritt  die  von  C.  Bach  gefundene  ungewöhnlich 

i)    Vergl.    die  Klarstellung    von    C.    Bach    zu    der   hier 
referierten  Arbeit  in  Ztschr.  d.  Ver.  Deutsch.  Tng.  S.  25,  1902. 


2/2 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  12. 


starke  Beschleunigung  der  Deformation  mit 
wachsender  Belastung  auftällig  hervor.  Indess 
deutet  nach  der  Ansicht  der  Verfasser  ihr  Ver- 
lauf nicht  auf  eine  Reihenentwickelung  ohne 
lineares  Glied  hin.  Die  Beobachtungen  für 
Gusseisen  lassen  sich  auf  Grund  der  Gesetz- 
mässigkeit €  =  a  ö**  gut  darstellen,  doch  deutet 
die  systematische  Verteilung  des  Fehlers  dahin, 
dass  der  Exponent  m  bei  kleinen  Deformationen 
der  Eins  näher  ist  als  bei  grossen.  Ungenügend 
anwendbar  zeigt  sich  die  gewöhnliche  quad- 
ratische Interpolationsformel.  Dagegen  liefert 
eine  vollkommen  befriedigende  und  noch  bessere 
Übereinstimmung  als  die  Formel  1=^00*"  nach 
den  Angaben  der  Verfasser  eine  Beziehung  von 
der  Form 

^  =A  +  BYo- 


Sie  lässt  sich  auch  auf  die  Bach  sehen  Beob- 
achtungen an  Gusseisen,  Marmor,  Granit  und 
selbst  an  Cement  mit  gutem  Erfolge  anwenden. 
Endlich  stellen  die  Verfasser  noch  Schwingungs- 
versuche mit  den  Hochkant  in  horizonntaler 
Lage  am  einen  Ende  eingeklemmten  Stäben  an. 
Die  Schwingungsdauer,  welche  nach  der  B ach- 
schen Formel  mit  m  7  i  bei  beliebig  kleiner 
Amplitude  beliebig  klein  werden  müsste,  hielt 
sich  bei  kleiner  Schwingungsweite  merklich 
isochron.  Nach  der  Ansicht  der  Verfasser 
liegt  also  fiir  die  Physik  keine  Veranlassung 
vor,  bei  sehr  kleinen  Verschiebungen  die  alte 
Annahme  fallen  zu  lassen. 

Eugen  Meyer. 

(F)iDgegaogen  27.  Januar  1902.) 


BESPRECHUNGEN. 


E.  Aschkinass  und  W.  Caspari,  Über  den 
Einfluss   dissociierender  Strahlen   auf  orga- 
nisierte Substanzen,  insbesondere  über  die 
bakterienschädigende  Wirkung  der  Becque- 
relstrahlen.    Pflügers  Archiv  86,  603. 
Aus     den     mit     möglichster    Sorgfalt    und 
Vermeidung     aller     Fehlerquellen    angestellten 
Versuchen    der    Verfasser    ergiebt    sich,    dass 
Röntgenstrahlen    auf  Prodigiosuskulturen   ohne 
jede  Wirkung  sind;  von  den  durch  radioaktive 
Baryumpräparate  ausgesendeten  Becquerelstrah- 
len  ist  die  eine  Art,  welche  weitere  Luftschichten 
und  selbst  feste  Körper  durchdringt,  gleichfalls 
wirkungslos;    die    zweite   Art  dagegen,    welche 
von    beliebigen  Materien  stark  absorbiert  wird, 
hemmt,    aus    entsprechender  Nähe   einwirkend, 
binnen    zwei    bis    vier  Stunden  das  Wachstum 
der  Prodigiosuskolonien  vollständig.     Boruttau. 

f  Eingegangen  12.  Dezember  1901.) 

C.  Cranz,  Anwendung  der  elektrischen  Mo- 
mentphotographie  auf  die  Untersuchung  von 
Schusswaffen.    4».    26  S.  mit  24  Taf.    Halle, 
W.  Knapp.     1901.     M.  4.—. 
In    Fortsetzung    der    gemeinschaftlich    mit 
K.  R.  Koch  ausgeführten  Untersuchungen  (Ann. 
d.  Phys.,  3,  247,    1901)    über  Vibrationen    des 
Gewehrlaufs    und    explosionsartige    Wirkungen 
moderner   Infanteriegeschosse   hat  Cranz  nun- 
mehr   die    Maus  ersehe    Selbstladepistole    ein- 
gehend   untersucht    bezüglich    der    Eintrittszeit 
der    Entriegelung    des    Verschlusses    und    des 
Rückwärtsgleitens  der  Hülse  im  Patronenlager, 
der    Gasdichtigkeit   des    Verschlusses    und   der 
zeitlichen  Bewegung  des  Verschlusskolbens.  Die 


i  Resultate   sind    in   45  Figuren    dargestellt;    sie 
bieten    nebenbei  auch  physikalisches  Interesse. 

Englisch. 

'  (Eingegangen  3.  Dezember  1901.) 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Facbgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  xu  machen.) 

Professor  Dr.  Hermann  Kobold,  Observator  der  Uni- 
versitäts-Stemwarte  Strassburg  i.  E.,  hat  cinca  Ruf  als  Obser- 
vator an  die  Sternwarte  der  Universität  Kiel,  Professor  Dr. 
Heckmann,  Direktor  des  Laboratoriums  für  angewandte 
Chemie  an  der  Universität  Leipzig  einen  Ruf  an  die  Uni- 
versität Berlin  zum  i.  Oktober,  Professor  H au ssn er- Giessen 
einen  Ruf  als  ordentl.  Professor  der  Mathematik  und  Vor- 
stand der  Bibliothek  an  der  Technischen  Hochschule  in  Karls- 
ruhe  angenommen. 

Der  Professor  an  der  Technischen  Hochschule  in  Berlin, 
Geheimrat  O.  \.  Witt,  welcher  zum  Ordinarius  für  die  durch 
den  Tod  des  Hofrats  v.  Pergcr  erledigte  Lehrkanzel  der 
chemischen  Technologie  an  der  Technischen  Hochschule  in  Wien 
vorgeschlagen  worden  war,  wird  dieser  Berufung  nicht  folgen. 

Der  Dozent  für  die  Elemente  der  höheren  Mathematik 
an  der  Technischen  Hochschule  in  Berlin  Haentzschel  und 
der  langjährige  Leiter  der  meteorologischen  Arbeiten  des 
Physikalischen  Vereins  Dr.  J.  Ziegler- Frankfurt  a.'  M.  wur- 
den zu  Tit.-Professoren,  der  ordentl.  Professor  der  Geodäsie 
an  der  Deutschen  Technischen  Hochschule  in  BrUnn  Niessl 
v.  Mayendorf  und  der  ordentl.  Professor  der  Mathematik  an 
der  Böhmischen  Technischen  Hochschule  in  Brunn  Zahradnik 
zu  Hofräten  ernannt. 

Professor  Dr.  Liebermann  von  der  Technischen  Hoch- 
schule Berlin  feierte  seinen  60.  Geburtstag. 

Die  philosophische  Fakultät  der  Universität  Jena  hat  den 
dort  lebenden  Privatgelehrten  Winkler,  der  eine  eigene  Stern- 
warte in  Jena  besitzt,  wegen  seiner  hervorragenden  wissen- 
schaftlichen Leistungen  auf  dem  Gebiet  der  Astronomie  zum 
Ehrendoktor  promoviert. 

Der  erste  Observator  der  Kieler  Sternwarte,  Richard 
Schumacher,  ist  im  Alter  von  76  Jahren  gestorben. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Qöttingcn.  —  Verlag  von  S.  Hirzelin  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  13. 


Originaimitteilungen : 

E.  Lecher,   Über  drahtlose  Telegra- 

phie.     S.  273. 
J.  S  tark,  Über  die  Beziehung  zwischen 

KathodeDfall  uudStromstärkc.  S.  274. 
H.  Davis,  Einige  vorläufige  Versuche 

über  die  Bewegung  von   Ionen   im 

veränderlichen  Magnctfelde.    S.  275. 


I.  April  1902. 

Redaktioosschluss  für  No.  14  am  9.  April  1909. 

INHALT. 

I  Vorträge  und  Dl8ku88ionen  von  der 
j     73.   Naturforooherversammlung    zu 
Hamburg: 

H.Th.SimonundM.Reich,  Tönende 
Flammen  und  Flaromeutelephonie. 
S.  278. 

Vorträge  und  Reden*. 

A.  Sommerfeld,  Beiträge  zumdyna- 


3.  Jahrgang. 


mischen    Ausbau     der    Festigkeits- 
lehre.    (Schluss.)     S.  286. 

Vorlesungsverzeichnis  für  das  Sommer- 
Semester  1902.    S.  292. 

Personalien.    S.  304. 

Gesuche.    S.  304. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Über  drahtlose  Telegraphie. 
Von  E.  Lecher. 

Unter  dem  Titel  „Neues  vom  Hamburger 
Naturforschertage'*  hielt  E.  Lecher  im  Vereine 
„Lotos**  in  Prag  am  26.  Oktober  1901  einen 
Vortrag. 

Einen  Teil  dieses  Vortrages  bildete  eine 
Darstellung  der  neuesten  Methoden  der  draht- 
losen Telegraphie  und  speziell  der  von  Braun 
und  Siemens  &  Halske  zwischen  Cuxhaven  und 
Helgoland  installierten  Anlage. 

Dabei  entwickelt  E.  Lech  er  folgenden,  wie 
er  glaubt,  neuen  Gesichtspunkt. 

Bei  grösserer  Distanz  —  Marco ni  gelangte 
bereits  bis  zu  300  km  —  sollte  man  meinen, 
dass  durch  die  Schirmwirkung  der  Erdkrüm- 
mung und  anderer  Hindernisse  die  Wirkung 
der  elektrischen  Wellen  bis  zur  Unkenntlichkeit 
geschwächt  würden.  Ein  linearer  Erreger  strahlt 
zwar  in  der  Richtung  der  Schwingung  keine 
Kräfte  aus:  die  Hauptstrahlung  erfolgt  in  der 
Äquatorialebene;  trotzdem  aber  wird  die  Aus- 
breitung der  Wellen  ungefähr  eine  kugelförmige 
sein  und  das  Gesetz  der  Abnahme  der  Intensität 
dürfte  angenähert  dem  Quadrat  der  Entfernung 
umgekehrt  proportional  sein.  In  einer  Entfer- 
nung von  300  km  wäre  wohl  kaum  noch  die 
Spur  eines  Effektes,  selbst  wenn  wir  von  der 
Schirmwirkung  der  Erde  u.  dgl.  absehen.  Nach 
neuen  Versuchen  hat  die  Erdung  von  Geber 
und  Sender  keinen  Einfluss.  Man  kann  also 
von  einer  Erdleitung  im  gewöhnlichen  Sinne 
nicht  sprechen.  Gleichwohl  glaubt  Vortragender, 
dass  diese  Leitung  eine  gewisse  Rolle  spielt  und 
zwar  in  folgender  Weise. 

Wenn  man  nämlich  in  der  Fortpflanzungs- 
richtung einer  elektrischen  Welle  einen  leitenden 
Draht  spannt,  so  treten  ganz  merkwürdige  Er- 
scheinungen auf.  Nach  diesbezüglichen  theo- 
retischen Arbeiten  (z.  B.  Sommerfeld)  läuft 
die  Welle  längs  des  Drahtes;  die  elektrische 
Schwingung  geschieht  senkrecht  zur  Drahtober- 
fläche und  ein  Teil  der  Wellenenergie  dringt 
in    die    äusserste    Oberfläche    des  Drahtes  ein. 


Es  liegt  nun  die  Idee  nahe,  dass  in  ganz  ana- 
loger Weise  die  Wellen  der  drahtlosen  Tele- 
graphie auf  der  Erd-  oder  Wasserfläche  weiter 
laufen  senkrecht  zu  dieser  schwingend,  wobei 
nur  am  Fusspunkte  etwas  in  die  Erde  eindringt. 
Die  Richtung  der  hin-  und  herpendelnden  elek- 
trischen Kraft  giebt  die  gestrichelte  Linie  der 
nachstehenden  Skizze.  A  sei  der  Erreger,  B  der 
Empfänger.  Die  Details  dieser  Vorstellung 
müsste  man  ganz  den  Anschauungen  über  das 


.  .  •. ;  \  •  1  ;  •■  .• ; . . 


Streichen  einer  elektrischen  Welle  längs  eines 
Drahtes  nachbilden.  Nun  scheinen  die  Ergeb- 
nisse der  drahtlosen  Telegraphie  zu  zeigen,  dass 
die  Wellen  über  Wasserflächen  besser  gehen 
als  über  Landflächen.  Wasser  ist  ein  sehr 
guter  Leiter  für  solche  langsame  Schwingungen 
(anomale  Absorption). 

Ist  diese  Anschauung  richtig,  so  wird  — 
abgesehen  von  Joulescher  Wärme  —  die  Ab- 
nahme der  Wirkung  der  verkehrten  ersten  Potenz 
der  Entfernung  proportional  sein,  solange  man 
nach  allen  Seiten  um  den  Erreger  Wasser  oder 
Land  hat.  Ist  aber  ein  breiter  (elektrisch  besser 
leitender)  Meerarm  zwischen  Geber-  und  Em- 
pfangsstation,  so  leitet  dieser  Wasserweg  die 
Wellen  längs  seiner  Oberfläche  ähnlich  so  wie 
der  leitende  Draht  in  den  Sommerfeld  sehen 
Darstellungen.  Dann  entfällt  die  Ausbreitung 
nach  allen  Seiten  der  Fläche  und  die  That- 
sache,  dass  die  Wellenenergie  über  so  weite 
Strecken  hinweg  gelangt,  erscheint  weniger  ver- 
wunderlich. 

Diese  Anschauungen  des  Vortragenden  sind 
Vermutungen.  Es  würde  sowohl  eine  Prüfung 
durch  Rechnung  als  auch  durch  Laboratoriums- 
versuche nicht  leicht  möglich  sein.  Hingegen 
könnten  passende  Experimente  im  Freien  un- 
schwer angestellt  werden. 

Horizontale  Erreger  wirken  bekanntlich   im 


274 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


Freien  nur  auf  kleine  Strecken.  Das  müsste 
im  Luftballon  weit  weg  von  der  Erd-  oder 
Wasseroberfläche  ganz  anders  sein.  Hier  müss- 
ten  vertikale  und  horizontale  Erreger  gleich 
schlecht  wirken.  Will  man  auf  eine  vertikale 
Wand  hinauftelegraphieren,  so  muss  Erreger 
und  Empfänger  horizontal  stehen.  Das  Hinauf- 
telegraphieren längs  einer  leitenden  Bergwand 
müsste  viel  leichter  gehen  als  das  Hinauftele- 
graphieren in  einen  gleich  hohen  Luftballon, 
wo  die  leitende  Bergwand  fehlt.  Hätte  man 
^wei  gleich  hohe  Luftballons  mit  vertikalem 
Geber  und  Empfänger,  so  müsste  die  Wirkung 
um  so  besser  werden,  je  mehr  diese  Ballons 
sich  der  Erdoberfläche  nähern.  Solche  Ver- 
suche Hessen  sich  in  der  mannigfaltigsten  Weise 
zusammenstellen. 

Sind  diese  Vermutungen  richtig,  so  hat  man 
eigentlich  keine  „drahtlose"  Telegraphie.  Auch 
ohne  jegliche  Drahtleitung  wirkt  Erd-  oder  noch 
besser  die  Wasseroberfläche  als  Leiter,  der  den 
längs  seiner  Oberfläche  senkrecht  zu  derselben 
schwingenden  Hertzschen  Strahl  als  Leitlinie 
dient  und  denselben  zusammenhält. 

(Eingegangen  4.  März   1902.) 


Über    die    Beziehung   zwischen   Rathodenfall 

und  Stromstärke. 

Von  J.  Stark. 

I.  Einleitung.  Über  den  normalen  Ka- 
thodenfall des  Glimmstromes  ist  man  einig; 
nach  Hittorfs  und  Warburgs  Messungen 
erkennt  jedermann  an,  dass  er  unabhängig  von 
Gasdruck  und  Stromstärke  ist.  Über  das  Ge- 
setz des  abnormalen  Kathodenfalls  ist  man  nicht 
einig. 

Nach  G.  C.  Schmidt*)  (Dezember  1899)  ist 
der  abnormale  Kathodenfall  eine  lineare  Funk- 
tion der  Stromstärke.  Ich  stellte  (Oktober  1901) 
auf  Grund  ausgedehnter  Messungen  folgendes 
Kathodenfallgesetz'^)  auf: 

^= ^'' +  #•/,('->•/) -'^ 

Hierin  ist  Kh  der  normale  Kathodenfall,  k  eine 
Konstante,  /  der  Gasdruck,  f  die  Grundfläche 
des  negativen  Glimmlichtes,  /  die  Stromstärke, 
jn  die  Stromdichte  bei  normalem  Kathodenfall. 
In  dem  Hefte  des  Philosophical  Magazine  ftir 
Dezember  1901  behauptet  C.  A.  Skinner^), 
dass  der  abnormale  Kathodenfall  eine  lineare 
Funktion  der  Stromstärke  sei;  er  hatte  seine 
Abhandlung  bereits  im  August  1901  vor  der 
American  Association  for  the  Advancement  of 
science  gelesen. 

i)  G.  C.  Schmidt,  Ann.  d.  Phys.  1,  640,   1900. 

2)  Diese  Zeitschr.  3,  88,    1901. 

3j  C  A.  Skinner,  Phil.  Mag.  (6),  2,  616,   1901. 


Ob  das  von  mir  vorgeschlagene  Gesetz  noch  ge- 
naueren Messungen  gegenüber  standhalten  kann, 
haben  weitere  Untersuchungen  zu  entscheiden. 
Aufgabe  iler  vorliegenden  Mitteilung  soll  sein 
zu  zeigen,  dass  die  Annahme  einer  linearen 
Abhängigkeit  des  abnormalen  Kathoden- 
falls von  der  Stromstärke  sich  nicht  auf 
Grund  der  bis  jetzt  vorliegenden  Mes- 
sungen aufrecht  erhalten  lässt.  Meine  über 
ein  weites  Druck-  und  Stromgebiet  ausgedehn- 
ten Messungen  zeigen  in  Kurvenform  dies  auf 
einen  Blick. 

2.  Hittorfs  Messungen.  W.  Hittorf^) 
hat  die  ersten  Messungen  über  den  abnormalen 
Kathodenfall  angestellt.  Er  benützte  hierbei 
eine  scheibenförmige  Kathode.  Seine  Messungen 
sind  nicht  zahlreich;  er  versuchte  nicht,  die  Be- 
ziehung zwischen  Kathodenfall  und  Strom- 
stärke mathematisch  zu  formulieren.  Ich 
gebe  in  der  Fig.  1  zwei  seiner  Messungsreihen 
in  Kurvenform;  die  Einheit  der  Stromstärke  und 
diejenige  des  Kathodenfalles  ist  eine  willkürliche, 

Dass  die  Beziehung  zwischen  Stromstärke 
und  Kathodenfall  nicht  linear  ist,  geht  schon 
aus  Hittorfs  Messungen  unleugbar  hervor. 

3.  G.  C.  Schmidts  Messungen.  —  G.  C. 
Schmidt  (a.  a.,0.)  hat  an  einer  Drahtkathode 
bei  verschiedenen  Temperaturen  Messungen  über 
den  Kathodenfall  angestellt.  Er  teilt  eine  Ta- 
belle mit,  in  welcher  lediglich  für  den  Gasdruck 
von  0,96  mm  zu  5-7  Werten  der  Stromstärke 
der  zugehörige  Kathodenfall  angegeben  ist.  Er 
schreibt  mit  Bezug  auf  diese  Tabelle  folgendes. 
„Aus  der  Tabelle  X  geht  hervor:  Steigert 
man  die  Stromstärke,  nachdem  die  Kathode 
schon  ganz  bedeckt  ist,  so  nimmt  das  Kathoden- 
potential und  zwar  geradlinig  mit  der  Strom- 
stärke zu.  Eine  Formel  von  der  Gestalt  v  = 
Vis  +  bi,  wo  b  eine  Konstante  bedeutet,  stellt  alle 
Beobachtungen  dar." 

Man  geht  in  der  Annahme  wohl  nicht  fehl, 
dass  Schmidt  die  von  ihm  gegebene  Formel 
lediglich  als  Interpolationsformel  für  seine  Mes- 
sungen betrachtet  wissen  wollte.  Dass  er  eine 
nahezu  lineare  Beziehung  erhielt,  hat  zwei  Ur- 
sachen. Erstens  ist  das  Stromgebiet,  in  dem 
er  beobachtete,  nicht  gross,  und  von  den 
Werten  für  normalen  KaÜiodenfall  zu  weit  ent- 
fernt. Zweitens  scheint  er  seine  Beobachtungen 
nur  auf  höhere  Gasdrucke  beschränkt  zu  haben. 
Beide  Ursachen  lassen  die  Krümmung  der  K,  /- 
Kurve  nicht  deutlich  hervortreten. 

4.  Skinners  Messungen.  —  Skinner 
(a.  a.  O.)  benutzte  bei  seinen  Messungen  eine 
Plattenkathode.  Mit  Bezug  auf  die  von  ihm 
vorgenommene  graphische  Darstellung  seiner 
Messungen  schreibt  er  folgendes:  „In  der 
Figur    stellt    für    den    angegebenen    Gasdruck 

II  W.  Hittorf,  \V:c(l.  Ann.  21,   120,   18S4. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.   13. 


275 


/A7 


eine  jede  Gerade  die  Beziehung  zwischen  roo 
Katbodenfall  in  Volt  und  der  Stromstärke 
in  Milliampere  dar.  Sie  zeigen,  dass  bei 
konstantem  Druck  der  Kathodenfall  eine 
lineare  Funktion  der  Stromstärke  ist.  Mit 
abnehmendem'Drucke  nimmt  die  Neigung  mc 
jener  Geraden  zur  Abscissenachse  zu.  Die 
Gerade  scheint  von  einer  horizontalen  Lage 
bei  hohem  Gasdruck  auszugehen,  und  bei 
dessen    andauernder  Abnahme    dreht   sie 


500 


80 


V 


/ 

^^^ 

--"R 

J. 

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^  ** 

n*   ' 

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/ 

0'^ 

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1 

y 

/ 

/ 

/ 

/ 

f 

/ 

/* 

/ 
/ 

HUtorf,  WUdL. 

4nrv.27,r9s,7SiW 

^ 

^ 


300 


20 
Stromstärke 


4(7 


60 


60 


Fig.    I. 


sich  langsaftn  um  einen  festen  Punkt  in  dem 
zweiten  Quadranten  als  Centrum  gegen  eine 
vertikale  Stellung."^ 

Nach  meinem  Dafürhalten  hat  Skinner 
seinen  Messungen  in  der  graphischen  Inter- 
polation Gewalt  angethan.  In  Wirklichkeit  liegen 
seine  Punkte  auf  gekrümmten,  nicht  auf  geraden 
Linien.  Damit  verliert  auch  die  willkürliche  Ex- 
trapolation auf  einen  gemeinsamen  Schnittpunkt 
ihre  Berechtigung.  Eine  ungezwungene  gra- 
phische Interpolation,  wie  sie  Fig.  2  zeigt,  lässt 
die  Krümmung  der  AT,  /-Kurven  erkennen;  als 
unsicher  weggelassen  sind  in  den  drei  unteren 
Kurven  die  unterhalb  300  Volt  liegenden  Werte; 
in  der  Kurve  für  /  =^  0,3  mm  fehlt  K  =  860 
für  /  =  3.  Hätte  Skinner  seine  Messungen 
auf  noch  grössere  Stromstärken  ausgedehnt,  so 
wäre  die  Krümmung  seiner  Ar,z-Kurven  noch 
unverkennbarer  hervorgetreten,  und  es  hätte 
ihm  nicht  entgehen  können,  dass  der  Kathoden- 
fall nicht  eine  lineare  Funktion  der  Strom- 
stärke ist. 

Göttingen,  23.  Februar  1902. 

(Eingegangen  25.  Februar  1902.) 


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-f' 

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1   /     /      y     v'-'" 

*  /    /     x'    y         „..-- — 

• 
^_ 1. 

/    /    /   y     i^t^"" 
/   ''    '-'  y      >' 

— }^ — =• j^ 

\  •  ■' —     -  ■■ 

Stromstärke  in  MllUamp. 


8 


Fig.  2. 

Ergebnissen  V.  Cremieus  bei  seinen  Bemü- 
hungen, in  einem  veränderlichen  Magnetfelde 
eine  Einwirkung  auf  statische  Ladungen  nach- 
zuweisen.')  Die  Anordnung  dieser  Cremieu- 
schen  Versuche  kann  kurz  charakterisiert  werden 
durch  die  Angabe,  dass  im  Felde  eines  stark 
erregten  Elektromagneten  eine  auf  hohes  Poten- 
tial geladene  Scheibe  aufgehangen  war.  Wenn 
dann  der  Strom  unterbrochen  wurde,  sollte  auf 
die  Scheibe  eine  der  Max  well  sehen  Gleichung 


I) 


I     dH 
curl  B  = — 

e      dt 


entsprechende  Kraft  einwirken. 

Nun  ist  die  Elektrizitätsmenge,  die  ein  Körper 
von  beträchtlichen  Dimensionen  tragen  kann, 
verhältnismässig  klein,   so  dass  bei  Cremieus 

e 

Versuch        eine  kleine  Grösse  war. 
/// 

Ich  kam  deshalb  auf  den  Gedanken,  die 
negativ  geladenen  Ionen  eines  ionisierten  Gase*? 
als  Träger  der  statischen  Ladung  zu  benutzen; 

bei  Ionen  ist  ja        recht  gross,  und  zwar  etwa 

4.  io*'E.  S.    Ein  Ion  muss  sich,  infolge  seiner 

hohen  Ladung,  in  einem  veränderlichen  Felde 

Einige  vorläufige  Versuche  über  die  Bewegung      von    massiger    Stärke    mit    beträchtlicher    Ge- 

von  Ionen  im  veränderlichen  Magnetfelde.         schwindigkeit  bewegen.     Um   nun   den   theore- 

Von  Bergen  Davis.  tischen  Betrag  einer  derartigen  lonenbewegung 

Die    Anregung    zu    den    im    folgenden    be-  ,^  r,^^;^«    a„    1     ^    r-i  •   •  «..  ^  t>v    •        -      • 

,    .   ,  ,*^      *=*  -         r       »  •   1    •       ,  .  ')  ^remie«,  Annales  de  Chimie%t  de  Physniue,  7.  sene, 

schriebenen  Versuchen  fand  ich  in  den  negativen      tome  24. 


276 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


in  einem  solchen  Felde  zu  zeigen,  will  ich  einen 
einfachen  Fall  annehmen: 

Ein  cylindrisches  Gefäss  sei  innerhalb  einer 
Spule  von  nur  wenig  Windungen  angebracht, 
durch  welche  ein  oszillierender  Strom  von  hoher 
Frequenz  geht.  Angenommen,  es  sei  ein  voll- 
ständiges Vakuum  hergestellt,  und  es  sei  nur 
ein  einziges  negatives  Ion  vorhanden,  das  an- 
fänglich sich  in  einer  Entfernung  r  vom  Mittel- 
punkt der  Spule  in  Ruhe  befindet. 

Auf  das  Ion  wird  dann  eine  Kraft  einwirken, 
deren  Richtung  im  Kreisbogen  mit  dem  Radius  r 
um  den  magnetischen  Mittelpunkt  der  Spule 
liegt.  Wenn  man  nun  die  Centrifugalkraft  und 
die  Veränderung,  die  die  anscheinende  Masse 
infolge  der  Bewegung  erfährt,  vernachlässigt, 
wenn  schliesslich  die  Maximalstärke  des  Feldes 
an  der  Stelle  des  Ions  100  c.  G.  S. -Einheiten 
beträgt  und  die  Frequenz  gleich  10®  ist,  kann 
man  zeigen,  dass  das  Ion  eine  harmonische 
oszillierende  Bewegung  auf  kreisförmiger  Bahn 
um  den  Mittelpunkt  ausftihren  würde,  mit  einer 
Maximalverrückung  gleich  20  cm  von  der  Ruhe- 
lage und  einer  Maximalgeschwindigkeit  von 
13  .  10'  cm  pro  Sekunde. 

Da  es  für  den  Zweck  des  Versuches  wün- 
schenswert ist,  Ionen  im  Überfluss  zu  haben 
und  über  ein  schnell  wechselndes  Magnetfeld 
zu  verfugen,  habe  ich  die  bekannte  elektroden- 
lose Entladung  im  oszillierenden  Tesla-Feld 
benutzt,  da  bei  dieser  Entladungsform  das  Gas 
stark  ionisiert  und  die  Frequenz  des  Feldes 
hoch  ist.  Im  vorliegenden  Falle  ist  natürlich 
die  Amplitude  vielmal  kleiner  als  die  oben 
berechnete.  Wahrscheinlich  bewegen  sich  die 
Ionen  nur  über  eine  kurze  Strecke  und  werden 
dann  durch  den  Zusammenprall  mit  den  Mole- 
külen aufgehalten;  durch  den  Zusammenprall 
erzeugen  sie  dann  zahlreiche  andere  Ionen, 
welche  ihrerseits  durch  Aufprall  noch  andere 
erzeugen,  so  dass  die  Wirkung  immer  stärker 
wird  und  schliesslich  ein  starker  Strom,  die 
Ringentladung,  hervorgebracht  wird. 

Um  nun  durch  den  Versuch  darzuthun,  dass 
eine  derartige  Bewegung  wirklich  vorhanden  ist, 
habe  ich  ein  Miniatur-Anemometer  angewandt, 
von  der  Art  derer,  mit  deren  Hilfe  ich  die 
oszillierende  Bewegung  der  Luft  in  stehenden 
Schallwellen  gezeigt  habe.  ')  Das  Anemometer 
ist  insofern  zweckentsprechend,  als  es  immer 
nur  in  einer  Richtung  rotiert,  gleichviel  in 
welcher  Richtung  die  Teilchen  auf  dasselbe 
einwirken,  so  dass  eine  oszillierende  Bewegung 
der  Ionen  eine  Rotation  erzeugen  muss,  voraus- 
gesetzt, dass  ihre  Schwingungsamplitude  minde- 
stens gleich  dem  Radius  der  Schalen  ist. 

Die  Anordnung  war  folgende:  Vier  grosse 
Leydener  20-Liter-Flaschen  waren  zu  je  zweien 

Ij  Amer.  Jour.  Sc.  —  Febr.  1902. 


parallel  geschaltet;  die  inneren  Belegungen  beider 
Paare  wurden  mit  der  Funkenstrecke,  die  äusseren 
Belegungen  mit  Spule  B  verbunden.  Im  Inneren 
dieser  Spule,  die  aus  18  Windungen  starken 
Drahtes  bestand,  war  ein  cylindrisches  Glas- 
gefäss  g  angebracht,  das  5  \'.2  cm  im  Durch- 
messer hatte.  Dieses  Gefass  stand  fortdauernd 
mit  einer  Quecksilberluftpumpe  in  Verbindung. 
Ein  Miniatur-Anemometer,  ganz  aus  Glas,  war 
auf  einer_, Nadelspitze  angebracht,  so  dass  es 
recht  ungehindert  rotieren  konnte.  Dieses  Ane- 
mometer mass  3  ^2  cm  im  Durchmesser,  die 
Schalen,  welche  halbe  Cylinder  waren,  hatten 
je  2  cm  Länge  und  6  mm  Durchmesser.  Zwischen 


Spule  und  Gefäss  war  ein  Faraday  scher  Schirm 
angebracht,  der  in  der  Weise  hergestellt  worden 
war,  dass  schmale  Streifen  Zinnfolie  parallel  zur 
Spule  auf  einem  Glascylinder  befestigt  wurden. 
Es  zeigte  sich,  dass  diese  Anordnung  das  Ge- 
fäss recht  gut  gegen  äussere  elektrostatische 
Einflüsse  schützte.  Die  Flaschen  wurden  mit 
einem  grossen  Induktorium  geladen,  welches 
von  einem  Wechselstrom  mit  40  vollständigen 
Perioden  pro  Sekunde  betrieben  wurde.  Die 
Länge  der  Funkenstrecke  betrug  1 1   mm. 

Wenn  die  nöti(^e  Luftverdünnung  erreicht 
war,  kam  beim  Übergang  der  Funken  die 
weisse  Ringentladung  zum  Vorschein,  und  das 
Anemometer  rotierte  in  der  Richtung  der  kon- 
vexen Seite  der  Schalen. 

Im  folgenden  gebe  ich  die  Versuche  wieder: 
Die  Worte  „Vorwärts-Rotation'*  bedeuten  Rota- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


277 


tion    in    der  Richtung  der  konvexen  Seite  der 
Schalen. 

1.  Druck  3,6  cm.  Quecksilber:  Schwacher 
roter  Lichtschein  im  Gefass ;  Anemometer  rotiert 
nicht;  Gefass  kalt. 

2.  Druck  1,1  mm:  Der  rote  Lichtschein  ist 
tiefer  und  stärker;  das  Anemometer  rotiert 
nicht;  Gefass  kalt. 

3.  Druck  0,64  mm:  Die  weisse  Ringentladung 
erscheint;  Anemometer  rotiert  vorwärts,  etwa 
2  Umdrehungen  pro  Sekunde;  das  Gefass  wird 
recht  heiss. 

4.  Druck  0,17  mm:  Das  Anemometer  rotiert 
vorwärts,  doch  nicht  so  schnell  wie  bei  Ver- 
such 3;  nach  Unterbrechung  des  Teslastromes 
rotiert  das  Anemometer  rückwärts;  wenn  man 
den  Strom  eine  Zeit  lang  gehen  lässt,  besonders 
wenn  das  Gefass  fest  m  Papier  eingehüllt  ist, 
um  die  Wärme  festzuhalten,  werden  die  Gefass- 
wände  fast  ebenso  heiss  wie  die  Flügel  des 
Anemometers,  und  dieses  rotiert  nur  langsam, 
und  zwar  rückwärts. 

5.  Druck  0,058  mm:  Unmittelbar  nach  dem 
Auftreten  der  weissen  elektrodenlosen  Entladung 
rotiert  das  Anemometer  rückwärts.  Wenn  man 
das  Gefass  in  Papier  oder  Filz  hüllt,  um  die 
Wärme  festzuhalten,  ist  folgendes  zu  beobach- 
ten: Wenn  der  Strom  geschlossen  wird,  rotiert 
das  Anemometer  zunächst  rückwärts,  nach 
kurzer  Zeit  dreht  es  sich  langsamer,  hält  still, 
und  fangt  an,  vorwärts  zu  rotieren.  Dies  kann 
jedoch  nur  kurze  Zeit  hindurch  fortgesetzt 
werden,  da  die  Temperatur  so  hoch  steigt, 
dass  das  Anemometer  gefährdet  wird. 

6.  Druck  0,024  mm:  Das  Anemometer  rotiert 
zunächst  rückwärts;  wenn  man  das  Gefass  jedoch 
mit  einem  Wärmenichtleiter  einhüllt,  rotiert  es 
wie  bei  Versuch  5  vorwärts. 

7.  Druck  0,0017  mm:  Die  elektrodenlose 
Entladung  trat  nicht  auf  und  das  Anemometer 
rotierte  nicht;  Gefass  blieb  kalt. 

8.  Bei  Versuch  i  bis  7  war  die  Entfernung 
zwischen  der  Aussenkante  der  Anemometer- 
schalen und  den  Gefässwänden  etwa  i  cm. 
Es  kam  auch  ein  anderes  Gefass  zur  Anwendung, 
bei  dem  die  Schalen  den  Wänden  viel  näher 
kamen.  In  diesem  Falle  war  die  Rückwärts- 
rotation unter  allen  Umständen  viel  stärker. 
Der  Anfangsdruck,  bei  dem  die  Rückwärts-» 
rotation  auftrat,  war  weit  höher  als  bei  den 
Versuchen  4  bis  7. 

9.  Bei  diesem  Versuch  enthielt  das  Gefass 
eine  kleine  Mühle,  die  ganz  ähnlich  konstruiert 
war  wie  das  Anemometer,  nur  dass  sie  flache 
Flügel  hatte. 

Dieselbe  kam  bei  keinem  Grade  der  Luft- 
verdünnung in  Rotation,  auch  nicht  bei  der 
stärksten  Entladung,  die  zu  erzielen  war. 

10.  Ein  viel  grösseres  Gefass  kam  bei  diesem 
Versuch  zur  Anwendung.    Dasselbe  mass  1 2  cm 


im  Durchmesser,  während  das  Anemometer  nur 
3  cm  im  Durchmesser  hatte.  Die  Rotations- 
geschwindigkeit war  überraschend  gross  und 
erreichte  40  Umdrehungen  per  Sekunde.  Bei 
keinerlei  Verdünnung  rotierte  das  Anemometer 
rückwärts.  Dieser  Umstand  zeigt,  dass  bei 
dieser  grossen  Entfernung  (4V2  cn^)  zwischen 
Flügeln  und  Gefässwand  keine  Radiometer- 
wirkung auftritt. 

Es  ist  vielleicht  wünschenswert  zu  erwäh- 
nen, dass  ich  auch  ein  Gefass  konstruiert  habe, 
das  zwei  Anemometer  übereinander  enthielt, 
deren  konvexe  Seiten  nach  entgegengesetzten 
Richtungen  gingen.  Bei  geeigneter  Verdünnung 
rotierten  dieselben  auch  in  entgegengesetzter 
Richtung  und  drehten  sich  beide  nach  der 
konvexen  Seite  ihrer  Schalen  hin. 

Die  Rückwärtsrotation  scheint  auf  Rechnung 
des  Wärmeaustausches  zwischen  der  konvexen 
Seite  der  Schalen  und  den  Gefässwänden  zu 
kommen,  und  zwar  aus  folgenden  Gründen: 
I.  Bei  Versuch  4  wirkt  auf  das  Anemometer 
eine  rückwärtstreibende  Kraft  ein,  die  noch 
eine  Zeit  lang  nach  Unterbrechung  des  Stromes 
anhält.  Diese  Kraft  ist  viel  kleiner,  wenn 
Schalen  und  Gefass  nahezu  dieselbe  Temperatur 
erreicht  haben.  2.  Bei  Versuch  5  und  6  er- 
zielt man  die  rückläufige  Rotation  nur  dann, 
wenn  zwischen  Schalen  und  Wänden  ein  Wärme- 
austausch stattfindet.  Die  Wirkung  des  Ein- 
hüllens  des  Gefässes  mit  einem  Nichtleiter  der 
Wärme  besteht  darin,  dass  die  Innenfläche  der 
Wände  nahezu  ebenso  heiss  wird  wie  die  Flügel 
des  Anemometers.  Wenn  diese  Bedingung  er- 
füllt ist,  verschwindet  die  rückläufige  Kraft  fast 
vollständig,  und  die  vorwärts  wirkende  Kraft, 
die  von  der  lonenbewegung  herrührt,  erhält  ' 
das  Übergewicht.  Auch  der  Umstand,  dass 
die  rückläufige  Kraft  mit  wachsendem  Vakuum 
stärker  wird,  spricht  dafür,  dass  sie  eine  reine 
Radiometerwirkung  darstellt. 

Bei  Versuch  3  und  4  ist  der  Abstand  zwischen 
Schalen  und  Wänden  wahrscheinlich  grösser  als 
die  mittlere  freie  Weglänge  der  Moleküle,  der 
Radiometereffekt  ist  demgemäss  auch  gering. 
Bei  Versuch  8  hingegen  ist  die  Radiometer- 
wirkung stärker  und  tritt  auch  bei  höherem 
Drucke  auf,  da  die  Schalen  den  Wänden  näher 
kommen  und  die  für  eine  Radiometerwirkung 
nötige  mittlere  freie  Weglänge  kürzer  ist. 

Wir  können  das  Molekül,  von  dem  das 
negative  Ion  sich  losgelöst  hat,  als  den  Träger 
einer  positiven  Ladung  ansehen,  der  also  auch 
von  dem  wechselnden  Magnetfeld  eine  Einwir- 
kung erfahren  wird.  Seine  Geschwindigkeit  und 
Amplitude  sind  jedoch  viel  kleiner  als  bei  dem 
negativen  Ion.  Die  Amplituden  sind  umgekehrt 
proportional  den  Quadratwurzeln  ihrer  Massen, 
da  die  Energie  in  beiden  Fällen  gleich  ist. 
Wenn  ihre  Amplituden  von  derselben  Grössen- 


278 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


Ordnung  sind  wie  der  Schalenradius,  wirken 
auch  die  positiven  Ionen  auf  das  Anemometer  ein. 

Es  sind  also  zwei  entgegengesetzte  Kräfte 
vorhanden,  die  beide  auf  das  Anemometer  ein- 
wirken, die  eine  rührt  von  der  lonenbewegung 
her  und  die  andere  von  dem  Wärmetransport, 
der  vom  Centrum  ausgeht.  Die  Rotationsrich- 
tung hängt  davon  ab,  welche  von  den  beiden 
Kräften  im  Überschuss  ist.  Bisher  habe  ich 
keinerlei  Versuche  gemacht,  quantitative  Messun- 
gen vorzunehmen,  obwohl  derartige  Messungen 
wahrscheinlich  mit  einer  Torsionsaufhängung 
des  Anemometers  unter  Anwendung  eines  Ge- 
fässes  von  der  Grösse  des  bei  Versuch  10  be- 
schriebenen möglich  wären. 

Ich  hoffe,  binnen  kurzem  eine  etwaige  Poten- 
tialdifferenz zwischen  Wand  und  Centrum  des 
Gefasses  zu  untersuchen  und  ebenso  die  Bewegung 


von  Kathodenstrahlen  im  Teslafeld  einer  Unter- 
suchung zu  unterziehen. 

Abgesehen  davon,  dass  diese  Versuche  eine 
direkte  Bestätigung  der  Maxwellschen  Glei- 
chung liefern,  dürften  sie  von  einigem  Interesse 
sein  infolge  ihrer  Bedeutung  ftir  die  Elektron- 
theorie der  Elektrizität. 

Die  elektrodenlose  Entladung  besteht  in 
einem  schnell  alternierenden  elektrischen  Strom, 
ähnlich  wie  der,  der  auftreten  würde,  wenn  man 
einen  Metallring  innerhalb  der  Spule  anbrächte. 
Es  scheint  also,  dass  ein  derartiger  Strom  zum 
mindesten  von  lonenbewegung  begleitet  wird, 
selbst  wenn  der  Strom  selbst  nicht  von  der- 
artiger Bewegung  dargestellt  wird. 

Göttingen,  17.  Februar  1902. 

(Aus  dem  Englischeu  übersetzt  von  A.  Grade  awit/.) 

(Eingegangen  17.  Februar  1902.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  7^  NATUR- 
FORSCHERVERSAMMLUNG ZU  HAMBURG. 


H.  Th.  Simon  (Frankfurt  a/M,)  und  M.  Reich 
(Frankfurt  a/M.),  Tönende  Flammen  und 
Flammentelephonie.  Vorgetragen  von  H.  Th. 
Simon.*) 

Das  Gebiet  der  tönenden  Flammen,  über 
dessen  gegenwärtigen  Stand  Dr.  Reich  und 
ich  Ihnen  auf  Wunsch  der  Abteilungsleitung 
Bericht  erstatten,  stützt  sich  auf  die  von  mir  im 
Jahre  1 898  am  Flammenbogen  gefundene  That- 
sache^),  dass  Stromoszillationen  in  einem  mit 
der  Atmosphäre  kommunizierenden  gasförmigen 
Leiter  momentane  und  nahezu  proportionale 
Volumänderungen  des  stromdurchflossenen  Ga- 
ses verursachen.  — 

Lagert  man  z.  B.  Mikrophonströme  über 
einen  Gleichstromflammenbogen,  so  giebt  der- 
selbe laut  und  deutlich  alles  wieder,  was  man 
in  das  Mikrophon  hineinspricht.  Das  bekannte 
Brummen  eines  Wechselstromflammenbogens  ist 
ein  Spezialfall    dieses   Erscheinungsgebietes.  — 

Dass  auch  jedes  andere  leitende  Gas,  z.  B. 
die  Flamme  eines  Bunsenbrenners,  auf  geeignete 
periodische  Stromdurchgänge  mit  analogen,  wenn 
auch  wesentlich  schwächeren  Schallwirkungen 
reagiert,  ist  Herrn  Ruhmer^),  im  Gegensatz  zu 
meinen  früheren  vergeblichen  Versuchen*),  zu 
zeigen  gelungen. 

Wegen  der  überraschend  intensiven  und 
deutlichen  Lautwirkung,  die  sich  nach  diesem 
Prinzip  am  elektrischen  Flammenbogen  erzielen 
lässt,    eine  Wirkung,    die    denselben    zu    einem 

1)  Abteilung  3,    24.  Scplbr.    190 1. 

2)  H.  Th.  Simon,  Wied.  Ann.  64,  233,   i8q8. 

3)  K.   Ruhm  er,  diese  Zeitschr.  2,  325,    1901. 

4)  11.  Th.  bimon,  1.  c.  S.  23S. 


lautsprechenden  Telephon  bester  Art  macht, 
haben  namentlich  die  Versuche  mit  der  „spre- 
chenden Bogenlampe"  Interesse  erregt.  Wir 
fuhren  dieselben  der  Vollständigkeit  halber  vor, 
und  bitten  um  Entschuldigung,  wenn  wir  damit 
vielen  von  Ihnen  etwas  Bekanntes  bieten. 

Man  kann  mancherlei  Wege  einschlagen,  um 
die  Mikrophonströme  dem  Flammenbogen  über- 
zulagern: 

a)  die  Schaltung,  mit  der  ich  meine  ersten 
Versuche  machte.     (Fig.  i.)') 

b)  die  Schaltung  des  Herrn  E.  Ruhm  er. 
(Fig.  2.)-') 

c)  die  Schaltung  des  Herrn  W.Duddell. 
(Fig.  3.)') 

d)  die  unter  Verwendung  des  Duddell- 
schen  Kunstgriffes  modifizierte  Schal- 
tung a).     (Fig.  4.) 

e)  eine  Art  von  Kombination  der  Schal- 
tungen b)  und  c).    (Fig.  5.) 

f)  die  Abzweigung  des  Mikrophonkreises 
über  einem  Teile  des  Lampenkreises, 
der  geeigneten  Ohm  sehen  und  induk- 
tiven Widerstand  enthält.  (Fig.  6.)^) 
Auch  diese  Schaltung  kann  mit  und 
ohne  Du  dd  eil  sehen  Kunstgriff  ver- 
wendet werden,  wie  a). 


1)  11.  Th.  Simon,  1,  c. 

2)  E.  Ruhmer,  Der  Mechaniker  8,  279,   1900. 

3)  W.  Duddell,  The  Electrician  No.  811.9,  T)e/..  1900: 
Hin    ausführliches    Referat    steht    diese  Zeitschr.  2,    425  und 

440,    IQOI. 

4)  Schaltunjj  ei  und  f)  sind  zuerst  von  uns  angewendet 
und  in  einer  Sit/unj^  des  Elektrotechnischen  Vereins  zu  Frank- 
furt a.  M.  am  23.   Eebr.  1901   demonstriert  worden. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


279 


Grundsätzlich  lassen  sich  alle  diese  Schal- 
tungen in  zwei  Gruppen  ordnen:  Gruppe  I 
charakterisiert  durch  induktive  Übertragung 
der  Wechselströme  eines  besonderen  Mikro 
phonkreises  auf  den  Hauptkreis,  Gruppe  II 
charakterisiert  dadurch,  dass  der  Mikrophon- 
kreis einen  Zweig  des  Lampenstromkreises 
bildet.  Bei  der  letzten  Gruppe  ist  also  keine 
besondere  Mikrophonbatterie  notwendig.  Ausser 
diesem  praktischen  Vorteil  der  II.  Gruppe  er- 
hellt ohne  weiteres,  dass  dieselbe  auch  in  Hin- 
sieht  der  Ökonomie  und  Deutlichkeit  der  Über- 
tragung von  vornherein  günstiger  gestellt  ist, 
wie  die  erste. 

Denn,  wie  jedem  Telephonelektriker  bekannt 
ist,  und  wie  ich  s.  Z.  für  den  vorliegenden  Fall 
ausführlich  diskutiert  habe*),  sind  bei  der  induk- 
tiven Übertragung  von  Mikrophonströmen  Öko- 
nomie und  Klangreinheit  zwei  Bedingungen,  die 
sich  gegenseitig  begrenzen.  Immerhin  lassen 
sich,  wie  unsere  Versuche  ergeben,  auch  auf 
dem  ersten  Wege  Wirkungen  erzielen,  die  sich 
dem  groben  Urteile  des  Ohres  nach  von  denen 
der  II.  Gruppe  nicht  unterscheiden. 

Technisch  am  einfachsten  ist  die  Schal- 
tung f)»  <^i^  wir  eben  bei  der  sprechenden 
Lampe  verwendet  haben.    Bei  Verwendung  von 


Widasiand/ 


X 


2ßkrüp7umy 

Fig.  I. 

selbstregulierendem  Hauptschluss-  oder  Differen- 
tiallampen gestattet  sie  denkbar  einfachsten  An- 
schluss,  indem  man  den  Mikrophonkreis,  der 
zweckmässig  einen  Regulierwiderstand  enthält, 
einfach  der  Hauptstromregulierspule  parallel  ab- 
zweigt. 

Praktisches  Interesse  hat  es  vielleicht,  dass 
es  uns  gelungen  ist,  durch  die  folgende  Schal- 
tung Mikrophonströme  derart  auf  den  Feld- 
magneten einer  Gleichstromdynamo  zu  über- 
tragen, dass  das  ganze  Netz  die  entsprechenden 
Schwankungen  mitmacht,  und  sämtliche  ange- 
schlossenen Bogenlampen  das  wiedergeben,  was 
man  in  das  Feldmagnetmikrophon  hineingiebt. 
(Vergl.  Fig.  7) 

T)er    Kunstgriff    des    Herrn    Duddell, 

1)  H.  Th.  Simon,  diese  Zeitschr.  2,  253,  1901. 


Selbstinduktion  im  Stromkreise  durch  Kapazität 
zu  überbrücken,  um  damit  den  Mikrophonströmen 
leicht  gangbare  Wege  über  den  Flammenbogen 
zu  sichern,  bietet  einen  Vorteil  naturgemäss 
nur  dann,  wenn  der  Stromkreis  induktive  Wider- 
stände enthält.  Das  ist  in  hohem  Masse  immer 
der  Fall,  wenn  man  an  eine  Dynamomaschine 
angeschlossen  ist.  In  diesem  Falle  kommt  man 
in  der  That  ohne  Überbrückung  der  Maschine 
durch  eine  genügend  grosse  Kapazität  nicht  zu 
befriedigenden  Wirkungen.  Bei  Akkumulatoren- 
betrieb dagegen  ist  der  Kunstgriff  völlig  über- 
flüssig. 


Mikraphan 


r-  ÄftÄTsaSW-fl— 


\ 


^dffsinid 


IL 


/ 


/_ 

\ 


HWV 


Fig.  2. 


J>rosse7spuk 


Sehr  viel  wichtiger  zur  Erzielung  grosser 
Lautstärke  ist  die  Flammenbogenlänge,  wo- 
rauf ich  bereits  bei  meinen  ersten  Versuchen 
aufmerksam  gemacht  habe.^)  Herr  Duddell 
hat  hier  das  Verdienst,  zum  ersten  Male  Flam- 
menbogen bis  zu  10  cm  Länge  angewendet  zu 
haben,  mit  denen  man  zu  überraschend  lauten 
Wirkungen  gelangt.  Man  erzielt  einen  so  langen 
Lichtbogen  leicht  durch  gesteigerte  Betriebs- 
spannung (bis  200  Volt)  zwischen  salzgetränkten 
Dochtkohlen. 

Als  Ursache  der  beschriebenen  Volum- 
oszillationen eines  Gases  habe  ich  früher  durch 
die  übergelagerten  Stromschwankungen  hervor- 
gerufene  Temperaturschwankungen  angesehen.^) 
Da  man  nach  den  Messungen  am  Flammenbogen 

Ciipaa/ät 


MiJavp?u}n 


Fig.  3. 


l>wsselspuJe 


den  Spannungsabfall  auf  ihm  durch  einen  Aus- 
druck E  ^a  ^r  bi  angenähert  darstellen  kann, 
so  müsste  im  Sinne  obiger  Erklärung  die  Kon- 
stante b  den  Ohmschen  Widerstand  bedeuten, 

i)  II.  Th.  Simon,  Wicd.  Ann.  64,  233,   1898. 
2)  H.  Th,  Simon,  1.  c. 


28o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


dessen  Wert  also  die  Grösse  der  akustischen 
Wirkung  unter  sonst  gleichen  Umständen  be- 
stimmte. Ändert  sich  /  um  di^  so  würde  die 
Änderung  der  entwickelten  Jouleschen  Wärme 
2  hi  di  betragen,  d.  h.  die  Wirkung  wäre  der 
ursprünglichen  Stromstärke  proportional.*)  Das 
ist  nach  unseren  bisherigen  Beobachtungen  an- 
nähernd, aber  sicher  nicht  streng  erfüllt.  Ferner 
müsste  man  unter  sonst  gleichen  Umständen 
bei  einem  Flammenbogen  zwischen  verschieden- 
artigen Materialien  eine  um  so  lautere  Wirkung 


\ 


\ 


Hidtrstand 


X 


Captuäät 


Drossdsptde 


MifcfvpTuffL 

erhalten,  je  grösser  seine  Konstante  ö  ist.  Nach 
Messungen  von  Peuckert  u.  a.  hat  die  Kon- 
stante b  für  Kadmiumelektroden  den  grösseren 
Wert.  Für  Kadmiumelektroden  wäre  daher  die 
beste  Wirkung  zu  erwarten.  Unsere  Versuche 
haben  diese  Folgerung  nicht  bestätigt.  That- 
sächlich  kann  ja  die  obengenannte  Erklärung 
nur  den  Anspruch  einer  ersten  Annäherung 
machen,  gerade  wie  jene  Gleichung  für  die  Ab- 
hängigkeit von  Strom  und  Spannung  am  Flam- 
menbogen. 


Mhvphan 


Jhüssdspult 
Fig.  5. 

Will  man  zu  einer  weitergehenden  theore- 
tischen Deutung  der  vorliegenden  akustischen 
Phänomene  gelangen,  so  wird  man  in  das  viel 
umstrittene  Gebiet  der  Gasentladungen  geführt. 
Ein  Flammenbogen  ist  eine  der  einfachsten  For- 

it  F.  Braun,   Wied.  Ann.  66,  358,  1898. 


men,  in  denen  sich  eine  solche  Entladung  voll- 
zieht, jedenfalls  die  einfachste  von  denjenigen, 
die  sich  in  freier  Kommunikation  mit  der  At- 
mosphäre, man  könnte  sagen,  unter  konstantem 
Drucke,  abspielen;  im  Gegensatz  zu  der  anderen 
Gruppe,  die  in  abgeschlossenen  Räumen  (Ent- 
ladungsröhren, d.  h.  bei  konstantem  Volumen) 
beobachtet  werden. 

Für  die  Deutung  der  akustischen  Flammen- 
bogenvorgänge  wird  sich  aus  den  modernen 
und  so  fruchtbaren  Gasleitungsanschauungen 
manches  gewinnen  lassen;  wie  umgekehrt  die 
akustischen  Vorgänge,  als  der  Ausdruck  der 
Änderung  einer  wichtigen  Zustandsgrösse  dieser 
Entladungsform,  des  Volumens,  für  die  lonen- 
leitungshypothese  manchen  Wink  beibringen 
werden.  Indessen  muss  noch  viele  Arbeit  hier 
wie  dort  gethan  werden,  ehe  man  mehr  als 
Spekulationen  oder  qualitative  Andeutungen 
geben  kann.  Denn  gerade  für  die  hier  ein- 
schlägigen Verhältnisse  fehlt  das  Versuchsma- 
terial noch  vollständig  und  muss  zunächst  her- 
beigeschafft werden.     Während    man  z.  B.    die 


\ 


Wiätrstand, 


l 


Ctxpadtat 


Se&stadiüA  VL 


Fig.  6. 

gegenseitige  Abhängigkeit  von  Strom,  Spannung, 
Bogenlänge,  Elektrodenmaterial  u.  s.  w.  für  prak- 
tische Zwecke  ziemlich  weitgehend  untersucht  hat, 
ist  die  für  uns  in  Betracht  kommende  Zustands- 
grösse, das  Volumen,  bisher  durchaus  ausser  acht 
gelassen.  Wir  wissen  noch  nicht,  wie  das  Flam- 
menbogenvolumen  tf  von  dem  Werte  der  Strom- 
stärke abhängt.  Unsere  Versuche  mit  dem 
sprechenden  Flammenbogen  gestatten  —  wir 
sind  dabei,  eine  exakte  Messmethode  dafür  aus- 
zuarbeiten -  durch  Messung  der  akustischen 
Wirkung,  die  ein  übergelagerter  Sinusstrom  von 
gemessener  Stärke  im  Flammenbogen  bewirkt, 
für  die  verschiedensten  Verhältnisse  des  Flam- 

menbogens    das     .  .     zu   vergleichen.     Daraus 

wird  sich  die  Abhängigkeit  des  Volumens  vom 
Strome,  bezw.  der  E.  M.  K.,  wenigstens  relativ 
ermitteln  lassen,  während  gleichzeitig  die  prak- 
tische Frage  ihre  Erledigung  findet,  unter  wel- 
chen Bedingungen  des  Flammenbogens  und  mit 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   13. 


281 


welcher  Schaltung  die  lauteste  Wirkung  zu  er- 
zielen   ist.      Die    lauteste  Wirkung    muss    sich 

dann  zeigen,  wenn  .-r  am  grössten  ist.  Lei- 
der sind  die  praktischen  Schwierigkeiten  dieser 
Versuche  keine  geringen,  und  wir  können  an 
Resultaten  einstweilen  nur  das  vorlegen,  dass 
die  Wirkung  stets  im  Momente  des  Abreissens 
des  Flammenbogens  am  lautesten  ist. 

Ich  komme  jetzt  zu  dem  umgekehrten  Phä- 
nomen, dass  Druckwellen,  die  über  einen  Flam- 
menbogen hinziehen,  analoge  Intensitätsschwan- 
kungen seiner  Stromstärke  bewirken,  die  sich 
gegebenen  Falles  nach  ähnlichen  Methoden,  wie 


'mmp- 


'"»fUbsokOu 


Fig.  7- 

beim  sprechenden  Flammenbogen,  in  Schall- 
wellen verwandeln  lassen.*)  Man  hat  dieses 
Phänomen  treffend  den  „lauschenden  Flam- 
menbogen" genannt.  Unter  Verwendung  ge- 
eigneter Mittel  lässt  sich  auch  diese  Wirkung 
so  laut  gestalten,  dass  man  sie  an  einem  guten 
lautsprechenden  Telephone  objektiv  demon- 
strieren kann,  z.  B.  nach  Schaltung  Fig.  8.  Wir 
konzentrieren  dazu  die  Schallwellen  durch  einen 
geeigneten  Blechtrichter  auf  das  glühende  Gas- 
volumen. 

Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  weiterbin  zwei 
hintereinander  geschaltete  Flammenbogen  ein 
vollständiges  telephonisches  Wechselgespräch 
gestatten  werden,  indem  der  eine  alles  wieder- 
giebt,  was  man  gegen  den  anderen  spricht. 
Auch  diese  Erscheinung  lässt  sich  so  gestalten, 
dass  sie  in  bescheidener  Weise  objektiv  demon- 
striert werden  kann.  Der  Geberflammenbogen 
ist  dann  5  bis  8  mm  lang  zu  machen,  der  Sende- 
bogen  dagegen  bis  5  cm.  Die  Schallwellen 
werden  wieder  mit  einem  Schalltrichter  auf 
ersteren  konzentriert. 

Ein  sehr  interessanter  Abkömmling  des  spre- 

1 1  IL  Th.  Simon,  Wicd.  Ami.  64,   233,   1898. 


chenden  Flammenbogens  ist  der  von  Herrn  W. 
DuddelP)  gefundene  selbsttönende  Flam- 
menbogen, den  wir  Ihnen  jetzt  zeigen  möchten. 
Herr  Duddell  legt  einem  Gleichstromflammen- 
bogen  zwischen  Homogenkohlen  parallel  einen 
Stromzweig  von  kleinem  Widerstände,  der  eine 
Selbstinduktion  und  nicht  zu  kleine  Kapazität 
enthält.  Unter  geeigneten  Betriebsbedingungen  des 
Flammenbogens  fängt  derselbe  dann  an,  mit  einem 
reinen  und  lauten  Tone  zu  tönen,  dessen  Ton- 
höhe allein  von  der  Grösse  der  Selbstinduktion  L 
und  Kapazität  C  abhängt.  Und  zwar  findet  sich 
die  bekannte,  für  ein  schwingendes  elektrisches 

System    gültige    Abhängigkeit    n  =  --     . 

2  Jr  y  L  C 

auch  hier  bestätigt.  Der  die  Kapazität  ent- 
haltende   Stromzweig   wird     dabei    von    reinen 


\ 


Wldamui 


/ 


\ 


Jfmssdspul^ 


Telephon. 


Fig.  8. 


Sinusströmen  von  beträchtlicher  Stromstärke 
durchflössen,  deren  Schwingungszahl  sich  leicht 
bis  zur  Grenze  der  Hörbarkeit  steigern  lässt. 

Zunächst  beansprucht  dieser  Versuch  ein 
hervorragendes  praktisches  Interesse.  Die  wissen- 
schaftliche und  praktische  Bearbeitung  des  Ge- 
bietes der  elektrischen  Schwingungen  ist  bei 
der  Erzeugung  dieser  Schwingungen  bisher 
ausschliesslich  auf  dem  von  Feddersen- 
Hertz  vorgezeichneten  Wege  vorgegangen : 
Man  ladet  ein  aus  Selbstinduktion  und  Kapa- 
zität bestehendes  System  zu  einem  möglichst 
hohen  Potential,  bis  an  der  eingeschalteten  Fun- 
kenstrecke die  bekannte,  durch  die  Differential- 
gleichung der  gedämpften  Schwingung  beschrie- 
bene, stark  gedämpfte  oszillatorische  Entladung 
übergeht.  Ungedämpfte  Schwingungen  von  der 
nötigen  Frequenz  dauernd  zu  erzeugen,  ist  da- 
gegen noch  nicht  gelungen.  Um  hier  eine 
treffende  Analogie  aus  der  Akustik  herauszu- 
ziehen, die  Herr  M.  Wien'^)  anführt:  Man  konnte 


i)  W.  Duddell,  The  Elcctrician  No.  8  u.  9.  Dez.  1900;.-' 
Vcrgl.  das  Referat  dieser  Zeitschr.  2,  425,  1901. 
2)  M.  Wien,  Ann.  der  Thysik  4,  425,  1901. 


282 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No.   13. 


in  elektrischer  Hinsicht  das  leisten,  was  ein  alle 
24  Stunden  geöffnetes  Thermometerfutteral  aku- 
stisch repräsentiert.  Welcher  Fortschritt  darin 
läge,  das  akustische  Phänomen  eines  dauernden 
Tones,  z.  B.  einer  angeblasenen  Orgelpfeife, 
elektrisch  nachzubilden,  darauf  brauche  ich  nicht 
weiter  hinzuweisen.  Es  hat  denn  auch  nicht 
an  Versuchen  in  dieser  Hinsicht  gefehlt:  Tesla 
suchte  durch  Wechselstrommaschinen  hoher 
Frequenz  zum  Ziele  zu  kommen,  M.  Wien*) 
hat  mit  seiner  Wechselstromsirene  unter  Ver- 
wertung von  Resonanzwirkungen  abgestimmter 
Schwingungssysteme  eine  Sinusschwingung  bis 
zur  Frequenz  17000  in  der  Sekunde  erzielt.  In- 
dessen scheint  damit  die  Höchstgrenze  des  auf 
diesem  Wege  Erreichbaren  erreicht  zu  sein. 


Sdenieäe. 


Capadtät 


J)mssdspule 


Tdephaw 

Fig.  9. 

Hier  setzt  nun  der  schöne  Duddel Ische 
Versuch  ein.  Wir  haben  in  ihm  thatsächlich 
eine  vollständige  elektrische  Analogie  zu  der 
angeblasenen  Orgelpfeife  oder  vielleicht  noch 
besser  der  chemischen  Harmonika,  überhaupt 
zu  jedem  der  zahlreichen  Fälle  der  Mechanik, 
bei  denen  ein  aus  Trägheit  und  Elastizität  be- 
stehendes, also  schwingungsfahiges  System  durch 
eine  gleichförmige  Strömung  zu  dauernden 
Schwingungen  angeregt  wird.  Dass  wir  bei  ihm 
Schwingungen  bis  zu  30000  und  40000  schon  jetzt 
erreichen,  habe  ich  erwähnt.  Es  ist  dadurch  schon 
jetzt  zu  einer  Reihe  von  schönen  und  typischen 
Hochfrequenzversuchen  geeignet,  worüber  ausser 
Herrn  Dudde^l  Herr  Peuckert^)  berichtet  hat. 
Ferner  wird  er  sich  vermutlich  zu  sehr  be- 
quemen Methoden  verarbeiten  lassen,  Selbst- 
induktionskoeffizienten und  Kapazitäten  zu  mes- 
sen. Viel  höher  aber  möchte  ich  seine  prinzipielle 
Bedeutung  für  das  eben  erwähnte  Problem 
stellen.  Seine  theoretische  Durcharbeitung 
scheint  nämlich  den  Weg  zu  zeigen,  zu  einer 
vollständigen  Lösung  jenes  wichtigen  Problems 


1)  1.  c. 

2)  Peuckert,  E.  T.  Z.,  22,  467,   1901. 


vorzudringen.  Folgende  Bemerkungen  sollen 
illustrieren,  wie  wir  uns  das  denken. 

Die  Theorie,  die  Herr  Duddell  von  seiner 
Erscheinung  entwickelt,  geht  von  der  Frage  aus : 
Welche  Bedingung  muss  der  Flammenbogen 
erfüllen,  damit  der  Gleichstrom  des  Hauptkreises 
den  bei  jeder  Schwingung  des  Zweigkreises  auf- 
tretenden Verlust  an  Energie  automatisch  und 
zur   rechten  Zeit   ersetzt.     Seine  Entwickelung 

dE 
zeigt,    dass    dazu    -      für   den  Flammenbogen 

kleiner  als  i  und  dem  absoluten  Betrage  nach 
grösser  als  der  Widerstand  des  schwingenden 
Systems  sein  muss.  Thatsächlich  hat  der  Flam- 
menbogen in  manchen  Verhältnissen  die  erste 
Eigenschaft,  die  zweite  lässt  sich  realisieren, 
wenn  man  im  schwingenden  Systeme  sehr  kleine 
Widerstände  verwendet. 

Zu  demselben  Resultate  fuhren  die  viel  all- 
gemeineren Rechnungen,  die  Herr  W.  Kauf- 
mann') im  Verfolge  seiner  schönen  und  klas- 
sischen elektrodynamischen  Theorie  der  Gas- 
entladungen angestellt  hat.  Das  Ergebnis  der 
Kaufmann  sehen  Untersuchungen  ist,  dass  die 
verschiedenen  Formen,  in  denen  sich  die  Ent- 
ladung der  Elektrizität  durch  Gase  vollzieht,  sich 
einheitlich  aus  ihrem  elektrodynamischen  Verhal- 
ten erklären.  Dieses  elektrodynamische  Verhalten 
wird  definiert  durch  die  sogenannte  Charakteristik 
der  Gasstrecke,  d.h.  die  Kurve,  welche  den  Span- 
nungsabfall als  Funktion  der  Stromstärke  darstellt. 
Während  nun  für  gewöhnliche  Leiter  diese  Cha- 
rakteristik eine  steigende  ist,  haben  die  Gase 
(und  wie  Kaufmann^)  zeigt,  auch  derNernst- 
sche  Glühkörper)  eine  Charakteristik,  die  erst 
steigt,  dann  aber  fällt;  d.  h.  es  wird  bei  ihnen 

,     mit  wachsendem  Strome  schliesslich  negativ. 

Nur  wenn  sich  eine  Gasstrecke  in  diesem  Aste 
der  Charakteristik  befindet,  ist  sie  imstande,  in 
einem  parallel  geschalteten  Systeme  aus  Selbst- 
induktion und  Kapazität  oszillatorische  Ströme 
stabil  zu  unterhalten.  Der  Nernstkörper  zeigt, 
wie  einKaufmann  scher  Versuch  beweist,  wegen 
seiner  analogen  Charakteristik  thatsächlich  auch 
das  analoge  Verhalten  wie  eine  Gasstrecke;  er 
vermag  unter  geeigneten  Bedingungen  solche 
Oszillationen  zu  unterhalten.  Leider  ist  seine 
scheinbare  Selbstinduktion  (Erwärmungsträgheit) 
so  gross,  dass  diese  Schwingungen  sehr  grosse 
Schwingungsdauer  haben  und  nur  unter  prak- 
tisch schwierigen  Versuchsbedingungen  zu  er- 
halten sind. 

Stellt  sich  demnach  der  D  u  d  d  e  1 1  sehe  Versuch 
rein  elektrisch  betrachtet  als  ein  Spezialfall  einer  all- 
gemeinen Erscheinung  dar,  welche  immer  auftreten 

I)  \V.   Kaufmann,  Ann.  d.  Physik,  2,   158,   1900. 
2j  W.    Kaufmann,  Nachr    der  K.  Ges.  d.  Wissenscb.  /u 
Göttingen   1901. 


Physikalische  Zeitschriff.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


283 


muss,  wenn  wir  einem  Leiter  mit  analoger  Cha- 
rakteristik ein  geeignetes  elektrisches  System  aus 
Selbstinduktion  und  Kapazität  parallel  schalten, 
so  werden  wir  durch  dieses  Ergebnis  zu  der 
Frage  gedrängt,  ob  wir  nicht  andere,  besser  ge- 
eignete Leiter  mit  solcher  Charakteristik  finden 
könnten,  die  also  die  elektrische  Lösung  des 
Orgelpfeifenproblems  noch  vollkommener  ge- 
statten würden.  Wir  haben  nach  dieser  Rich- 
tung vorläufige  Versuche  und  Rechnungen  an- 
gestellt, über  die  wir  Einiges  mitteilen  möchten, 
obwohl  sie  noch  wenig  Positives  ergeben  haben. 

Ganz  allgemein  können  wir  einen  Leiter  von 
der  gewünschten  Charakteristik  immer  dann  er- 
zeugen, wenn  die  Leitfähigkeit  selbst  mit  der 
Stromstärke  zunimmt,  vorausgesetzt,  dass  das 
in  genügendem  Grade  geschieht  und  vor  allem 
genügenden  Bereich  umfasst. 

Am  einfachsten  kommen  wir  mechanisch 
zum  Ziele:  die  Membrane  eines  mikrophoni- 
schen Leiters  wird  durch  den  ihm  zugeflihrten 
Strom  selbst  so  bethätigt,  dass  der  Kontakt 
um  so  inniger  wird,  je  grösser  der  Strom 
ist.  Ein  solcher  Leiter  hat  thatsächlich  die 
verlangte  Charakteristik  und  liefert  auch  das 
entsprechende  Phänomen,  wie  unsere  Ver- 
suche zeigten:  man  erhält  in  einem  parallelen 
Systeme  aus  Selbstinduktion  L  und  Kapazität  C 
Oszillationen,  die  von  L  und  C  abhängig 
sind,  bei  denen  aber  das  scheinbare  L  der 
Membrane  (Trägheit)  viel  zu  gross  ist,  als  dass 
die  elektrische  Trägheit  über  die  Eigenschwin- 
gungen derselben  Herr  würde. 

Ebensowenig  wie  diese  mechanische  Lösung 
dürfte  die  folgende  das  Ziel  erreichen  lassen,  ob- 
wohl sie  nach  der  Überschlagsrechnung  prinzipiell 
unsere  Erscheinung  liefert:  Die  Erwärmung  eines 
Elektrolyten  beim  Stromdurchgang  kann  an  einer 
Stromeinschnürung  so  schnell  steigen,  dass  durch 
die  proportionale  Zunahme  der  Leitfähigkeit 
eine  Charakteristik  der  gewünschten  Art  auftritt. 
Die  bekannten  schönen  Untersuchungen  von 
Richarz')  und  Richarz  und  Ziegler^)  über 
den  Widerstand  elektrischer  Zellen  mit  sehr 
kleinen  Elektroden  haben  das  besondere  Ver- 
halten solcher  Zellen  quantitativ  in  dem  er- 
wähnten Sinne  erklären  können.  Der  Wehnelt- 
unterbrecher  und  seine  weibliche  Abart,  der 
Lochunterbrecher,  beruhen  ja  bekanntlich  gerade 
auf  dieser  lokalisierten  Stromwärme,  die  bei 
ihnen  bis  zur  Verdampfung  des  Elektrolyten 
getrieben  wird.  Unser,  an  der  Hand  der 
Richarzschen  Messungen  angestellter  Über- 
schlag zeigt,  dass  eine  kleine  Platinelektrode  in  ver- 
dünnterSchwefelsäure,  wie  sie  R  i  c  h  a  r  z  verwandte, 
thatächlich  eine  Charakteristik  der  gewünsch- 
ten Art  besitzen  dürfte.    Analog  muss  sich  eine 

1)  F.  Richarz,  Wied.  Ann.  39,  67  u.  201,  1890;  47, 
567,  1892. 


Stromeinschnürungsstelle  durch  ein  Diaphragma 
verhalten.  Indes  werden  auch  hier  nur  relativ 
langsame  Schwingungen  zu  erwarten  sein,  wegen 
der  Trägheit  des  Erwärmungsvorganges.  Wir 
konnten  den  Versuch  noch  nicht  durchführen, 
weil  uns  eine  Anzahl  dazu  nötiger  Hilfsmittel 
fehlte. 

Wir  dachten  dann  an  vom  Magnetfelde  ab- 
hängige Vorgänge,  die  keine  bemerkenswerte 
Trägheit  besitzen  *),  Widerstandsänderung  des 
Wismuts  im  magnetischen  Felde,  oder  Hall- 
effekt. Etwa  so:  durch  ein  konstantes  Hilfsfeld 
wird  zunächst  der  Widerstand  des  Wismuts 
so  gross  als  möglich  gemacht.  Eine  in  den 
Hauptstrom  eingeschaltete  Magnetspule  wirkt 
proportional  seinem  Strome  dem  Hilfsfeld  ent- 
gegen, so  dass  der  Widerstand  mit  dem  Strome 
abnimmt.  Leider  zeigt  die  Rechnung,  dass  bei 
Wismut  nach  dieser  und  ähnlichen  Schaltungen 
nichts  zu  erhoffen  ist.  Die  Widerstandsände- 
rungen sind  zu  klein  und  erstrecken  sich  auf 
einen  zu  kleinen  Bereich,  z.  B.  geht  der  Wider- 
stand einer  Wismutspirale  nur  von  etwa  i  auf 
1,7,  wenn  das  Feld  auf  löocxD  cgs  gesteigert 
wird. 

Schliesslich  haben  wir  mancherlei  Versuche 
angestellt,  durch  gewisse  elektrodynamische 
Koppelungen  des  Hauptstromes  mit  dem  parallel 
geschalteten  System  zum  Ziele  zu  kommen:  es 
sollte  durch  dieselbe  jede  Stromänderung  im 
Hauptkreise  eine  geeignete  Reaktion  im  Neben- 
kreise ausüben  und  umgekehrt.  Ein  solches  Sy- 
stem wäre  die  vollständige  Analogie  zu  dem 
Anblasemechanismus  einer  Orgelpfeife.  Indessen 
kamen  wir  bisher  trotz  vieler  Bemühungen  zu 
keinem  Erfolge,  unseres  Erachtens  wohl  deshalb, 
weil  sicherlich  nur  quantitativ  genau  abgestimmte 
Verhältnisse  zwischen  den  eingehenden  Grössen 
in  der  gewünschten  Weise  funktionieren  können, 
zu  denen  erst  eine  theoretische  Durcharbeitung 
den  Schlüssel  liefern  muss. 

Nach  alledem  werden  Sie  mir  zustimmen, 
wenn  ich  dem  schönen  Duddellschen  Experi- 
ment   eine  grundlegende  Bedeutung   beimesse. 

Damit  verlassen  wir  das  Gebiet  der  tönen- 
den Flammen  und  kommen  zu  den  durch  die 
aufgeprägten  Mikrophonströme  gleichzeitig  be- 
wirkten Schwankungen  der  Lichtstärke,  wir 
könnten  sagen,  zu  den  lichtsprechenden 
Flammen.  Hier  haben  unsere  Versuche  zu 
zwei  schönen  und  aussichtsreichen  Fortschritten 
angeregt,  der  Flammentelephonie,  die  wir 
Ihnen  gestern  Abend  im  grossen  Massstabe 
zeigen  konnten,  und  dem  Photographon  des 
Herrn  Ruhmer. 

Der  Gedanke,  die  beim  sprechenden  Flam- 
menbogen naturgemäss  auftretenden  Strahlungs- 


2)  F.  Richarz  u.  W.  Ziegler,  Wied.  Ann.  63,  261,  1897.        586,  1901. 


1)  W.  Eichhorn,    diese  Zeitschr.  1,  81,  1899  und  Ann. 
der  Physik,  3,  20,  1900;     Des  Coudrcs,   diese  Zeitschr.  2, 


284 


Physikalische  Zeitschrift.   '3.  Jahrgang.     No.   13. 


Oszillationen  irgendwie  zu  registrieren,  musste 
sich  natürlich  sofort  aufdrängen,  wenn  man 
einmal  das  Phänomen  der  sprechenden  Flam- 
men in  Händen  hatte.  Demnach  versuchte 
ich  einmal,  die  Lichtschwankungen  photogra- 
phisch auf  bewegtem  Bromsilberpapier  zu  re- 
gistrieren, damals  leider  vergebens.')  Zweitens 
aber  bemühte  ich  mich  um  wärmeempfindliche 
(radiophonische)  Apparate,  die  auf  die  Inten- 
sitätsschwankungen der  strahlenden  Wärme  des 
sprechenden  Flammenbogens  reagierten  und  sie 
telephonisch  zu  registrieren  gestatteten.  Obwohl 
ich  hier  viel  Mühe  aufwandte,  kam  ich  zu  keinem 
befriedigenden  Ziele.  Die  schönen  Versuche 
Graham  Beils  mit  der  Selenzelle  waren  ja 
wohl  bekannt,  indessen  hatte  man  bis  vor  kurzem 
nirgendwo  Gelegenheit,  in  den  Laboratorien 
eine  Selenzelle  zu  sehen,  auch  klebte  aus  irgend 
einem  Grunde  allgemein  das  Vorurteil  grosser 
UnvoUkommenheit  und  Unzuverlässigkeit  an 
diesen  Apparaten.  Erst  vor  etwa  i  V2  Jahren 
hatte  ich  Gelegenheit,  eine  Selenzelle  vom 
Darmstädter  Physikalischen  Institute  zu  leihen. 
Da  alsbald  die  Versuche  gelangen,  konnten  wir 
systematisch  in  dieser  Richtung  weiterarbeiten 
und  hatten  die  Genugthuung,  Ihnen  gestern 
eine  Übertragung  auf  i  km  vorführen  zu  kön- 
nen, deren  Reinheit  und  Deutlichkeit  sich  mit 
jederTelephonanlage  messen  kann.  Dass  wir  schon 
jetzt  ebensogut  auf  3  bis  4  km,  wahrscheinlich 
sogar  viel  weiter,  nach  dieser  Methode  sprechen 
können,  ist  nach  unseren  Versuchen  nicht  mehr 
zweifelhaft.  Und  doch  stehen  wir  eigentlich 
erst   in    den  ersten  Anfangen,    sie   auszubauen. 

Es  ist  bei  diesen  Versuchen  einmal  die 
Sendeanordnung  und  dann  die  Empfangsstation 
wichtig  und  entsprechend  auszubilden. 

Die  Sendeanordnung  enthält  den  licht- 
sprechenden Flammenbogen  und  einen  Schein- 
werferspiegel, der  das  sprechende  Licht  in  die 
Ferne  entsendet. 

Während  nun  beim  sprechenden  Flammen- 
bogen alles  darauf  drängt,  zur  Erzielung  grosser 
Wirkungen  die  Stromstärke  möglichst  zu  stei- 
gern, fuhren  die  Erwägungen  hier  zu  ganz 
anderen  Resultaten.  Nicht  die  absolute  Inten- 
sität des  entsandten  Lichtes,  sondern  seine 
prozentischen  Schwankungen  sind  wirksam.  Ja 
die  konstante  Lichtintensität,  über  die  wir 
unsere  Schwankungen  überlagern,  ist  ein  leider 
nicht  zu  umgehendes  Übel,  denn  die  Selenzelle 
reagiert  auf  dieselbe  absolute  Bestrahlungs- 
schwankung um  so  energischer,  je  weniger  sie 
schon  belichtet  ist.  Nun  können  wir  mit  unseren 
Mikrophonen  einstweilen  die  über  den  Flammen- 
bogen gelagerten  Stromschwankungen  nicht  über 
ein  gewisses  Mass  steigern.  Dieses  Mass  muss 
aber  prozentisch  um  so  grössere  Schwankungen 

i)  H.  Th.  Simon,  Wied.  Ann.  64,  234,  1898. 


bewirken,  je  kleiner  die  Gesamtintensität  des 
Flammenbogens  an  sich  ist.  Wir  sind  demnach 
bei  diesen  Versuchen  zu  den  kleinsten  Flammen- 
bogen heruntergegangen,  die  sich  noch  sicher 
erzeugen  lassen,  zwischen  +  Kohle  von  5  mm 
und  —  Kohle  von  3  mm  Durchmesser  bei  einer 
Stromstärke  von  2  bis  3  Amp.  Untersucht 
man,  wo  im  Flammenbogen  die  Quelle  der 
grössten  Lichtschwankungen  lokalisiert  ist,  so 
zeigt  sich  das  überraschende  Resultat,  dass  es 
der  Krater  ist,  dessen  Lichtintensität  auf  über- 
gelagerte Stromschwankungen  mit  einer  wunder- 
baren Feinheit  reagiert.  Der  Lichtbogen  selbst 
ist  so  gut  wie  garnicht  daran  beteiligt.  Die 
Erfahrung,  deren  exakte  experimentelle  und 
theoretische  Aufklärung  eine  interessante  Auf- 
gabe erscheint,  ergiebt,  dass  dieselbe  prozen- 
tische Stromänderung  bei  den  ganz  kleinen 
Stromstärken  eine  wesentlich  grössere  Intensitäts- 
änderung des  Kraters  zur  Folge  hat,  wie  bei 
grossen.  Vielleicht  deutet  das  darauf  hin,  dass 
bei  kleinen  Stromstärken  bei  Steigerung  der- 
selben noch  eine  Steigerung  der  Kratertempe- 
ratur erfolgt,  während  bei  starkem  Strome  eine 
Vergrösserung  desselben  nur  mehr  die  Krater- 
fläche vergrössert. 

Die  Anwendung  der  kleinen  Flammenbogen 
bedeutet  mit  Rücksicht  auf  die  Scheinwerfer- 
Übertragung  einen  weiteren  ganz  wesentlichen 
Vorteil.  Die  vollendet  geschliffenen  parabolischen 
Scheinwerfer  von  Schuckert,  die  uns  von  der 
Firma  zur  Verfügung  gestellt  sind,  gestatten, 
ein  um  so  schärfer  begrenztes  paralleles  Licht- 
bündel zu  entsenden,  je  punktförmiger  die  ver- 
wendete Lichtquelle  ist.  Daher  kommt  es,  dass, 
mit  1 50  Amp.  nur  etwa  viermal  intensivere  Be- 
strahlung möglich  ist,  als  mit  4  Amp.  Die  grös- 
sere Stromstärke  ergiebt  einen  so  ausgedehnten 
Krater,  dass  wesentlich  die  Streuung  des  Strahlen- 
bündels zunimmt,  nicht  aber  seine  spezifische 
Intensität.  Darum  kommt  im  allgemeinen  die 
vorzügliche  Optik  der  Schuckertschen  Spiegel 
eigentlich  garnicht  zur  Geltung,  und  es  erfüllte 
die  Herren  in  Nürnberg  mit  besonderer  Genug- 
thuung, dass  bei  unseren  Versuchen  diese  Exakt- 
heit so  schöne  Früchte  trug.  Damit  ist  zugleich 
die  Frage  erledigt,  welcher  Scheinwerfer  für 
die  lichttelephonischen  Versuche  am  besten  ist: 
möglichst  exakt  geschliffene,  möglichst  grosse 
parabolische  Spiegel  mit  möglichst  grosser 
Brennweite  gestatten,  das  Licht  des  Kraters  in 
möglichst  wenig  gestreutem  Bündel  zu  entsen- 
den. Unsere  Versuche  in  Nürnberg  wurden  mit 
einem  90  cm  Spiegel  von  40  cm  Brennweite, 
sowie  einem  1 50  cm  Spiegel  von  60  cm  Brenn- 
weite gemacht.  Hier  haben  wir  einen  90  cm 
Spiegel  von  32  cm  Brennweite  verwendet. 

Der  Hauptbestandteil  des  Empfangsappa- 
rates ist  die  Selenzelle.  Unsere  ersten  Ver- 
suche    sind     mit     Selenzellen      gemacht,      die 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


285 


aus  dem  bekannten  Laboratorium  von  Clausen 
&  V.  Bronk-Berlin  stammten.  In  einem 
Vortrage  in  der  Berliner  Elektrotechnischen 
Gesellschaft')  habe  ich  gesagt,  dass  nur  diese 
Herren  gute  Selenzellen  anzufertigen  verständen. 
Inzwischen  hat  mir  Herr  Giltay  in  Delft  mitge- 
teilt, dass  er  schon  seit  vielen  Jahren  Selen- 
zellen fabriziert.  Er  hat  mir  auch  in  entgegen- 
kommendster Weise  eine  Anzahl  seiner  Selen- 
zellen zur  Verfügung  gestellt,  die  sich  nicht 
nur  in  der  äusseren  Ausstattung,  sondern 
namentlich  durch  ihre  ganz  vorzüglichen  Wir- 
kungen vor  den  Clausen  &  v.  Bronkschen 
Zellen  sehr  hervorthun.  Die  Versuche,  die  wir 
Ihnen  zeigten,  wurden  mit  einer  Zelle  gemacht, 
die  im  Dunklen  4000  Ohm  hat,  bei  Belichtung 
mit  zwei  Kerzen  in  i  m  auf  etwa  die  Hälfte 
heruntergeht.  Eine  andere,  noch  bessere  Gilt ay- 
sche  Zelle  in  meinem  Besitze  hat  SooOhm  und 
geht  bei  der  genannten  Belichtung  auf  3  50  her- 
unter. 

Inzwischen  haben  wir  uns  selbst  an  die  Her- 
stellung von  Selenzellen  gemacht  und  sind  zu 
sehr  guten  Resultaten  gelangt,  durch  deren 
Ausgestaltung  wir  noch  einen  grossen  Schritt 
weiter  zu  kommen  hoffen.  Es  ist  uns  gelungen, 
ein  ziemlich  zuverlässiges  Verfahren  zu  finden, 
gleichmässige,  den  Giltay  sehen  an  Güte  gleich- 
kommende Zellen  herzustellen.  Wir  werden 
später  darüber  berichten. 

Auf  die  mit  guten  feindrähtigen  Telephonen 

und  50  bis  1 20  Volt   hintereinander  oder  nach 

Figur  9  geschaltete  Zelle  konzentrieren  wir  das 

mit    einem   90  cm   Spiegel    oder   einer    30  cm 

-Linse   aufgefangene  Licht. 

In  Nürnberg  standen  uns  1200  m  Experi- 
mentierweite zur  Verfügung.  Dabei  gelangen 
die  Versuche  auch  noch  unter  Anwendung  der 
30  cm  Linse  glänzend.  Da  nun  nach  den 
photometrischen  Messungen  der  Herren  bei 
Schuckert  die  Intensität  des  Scheinwerfer- 
bündels bei  normaler  Atmosphäre  mit  dem 
Quadrate  der  Entfernung  abnimmt,  so  müssen 
wu"  mit  einem  90  cm  Spiegel  noch  eine  dreimal 
grössere  Entfernung,  also  etwa  3,6  km  ebenso 
g^t  überbrücken  können.  Wir  wollen  in  nächster 
Zeit  Versuche  mit  solchen  und  eventuell 
grösseren  Entfernungen  machen.^) 

Ich  glaube,  meine  Herren,  Sie  werden  uns 
zustimmen,  dass  der  schöne  Bei  Ische  Gedanke 
der  Lichttelephonie  durch  unsere  Versuche  aus 
dem  platonischen  Stadium  in  eine  Phase  getreten 
ist,  die  eine  praktische  Verwertung  in  das  Be- 
reich der  Erwägungen  rückt.  Dem  Ausdruck 
unserer  Freude,  dass  wir  vor  diesem  erlesenen 


H  E.  T.  Z.,  aa.  510,  1901. 

2)  Inzwischen  haben  wir  in  Göltingen  mit  denselben  Appa- 
raten die  Versuche  auf  2,5  km  mit  bestem  Erfolge  wieder- 
holtf  ohne  damit  an  der  Grenze  des  mit  den  jetzigen  Mitteln 
Erreichbaren  angelangt  zu  sein. 


Forum  der  deutschen  Physik  den  Versuch  im 
grösseren  Massstabe  zeigen  konnten,  .  gesellt 
sich  unser  Dank  gegen  die  Abteilungsleitung, 
namentlich  Herrn  Professor  Hoppe,  sowie  vor 
allem  gegen  die  Herren  von  Schuckert,  die 
durch  ihr  Entgegenkommen  unsere  Versuche 
und  diese  Vorführung  ermöglicht  haben. 

(Eingegangen  28.  Sejttember  1901.) 

Diskussion. 

(Von  den  Beteiligten  durchgesehen). 

Blochmann  (Kiel)  fragt,  ob  die  Selenzelle 
auch  noch  in  der  gewünschten  Weise  arbeitet, 
wenn  sie  vom  Sonnenlicht  bestrahlt  wird,  oder 
ob  dies  zu  intensiv  ist,  im  Verhältnis  zu  den 
durch  die  künstliche  Lichtquelle  des  Projektors 
hervorgerufenen  Bestrahlungen. 

Simon:  Mit  zunehmender  Bestrahlungs- 
intensität  nimmt  die  Empfindlichkeit  der  Selen- 
zelle gegen  die  photophonischen  Schwankungen 
mehr  und  mehr  ab. 

M.  Wien  (Aachen):  Es  wird  den  meisten 
Anwesenden  bei  den  ersten  Versuchen  aufge- 
fallen sein,  dass  die  Klangfarbe  sehr  verändert 
wurde.  Beim  Pfeifen  traten  die  hohen  Ober- 
töne, beim  Sprechen  die  tiefen,  schnarrenden 
besonders  hervor.  Es  scheint  also,  dass  gerade 
die  mittleren  wichtigsten  Töne  am  schlechtesten 
geliefert  werden.  Die  Schaltung  scheint  nicht 
die  Ursache  zu  sein,  es  muss  also  wohl  an  dem 
Flammenbogen  liegen.  Weiss  Herr  Simon  viel- 
leicht eine  Erklärung  dafür? 

Simon:  Nein.  Am  Mikrophon  kann  auch 
ein  Teil  der  Schuld  liegen.  Wir  haben  übrigens 
einen  sehr  grossen  Elammenbogen  genommen, 
um  die  Intensität  möglichst  zu  steigern.  Bei 
kleineren  Bogen  sind  die  Klangfarben  viel  reiner. 

M.  Wien:  Diese  Wirkung  des  Flammen- 
bogens  wirkt  hinderlich  auch  bei  der  Erzeugung 
von  Sinus-Strömen  nach  Du dd eil.  Haben  Sie 
darüber  Versuche  gemacht,  ob  der  Stromverlauf 
rein  sinusförmig  ist? 

Simon:  Die  Ströme  sind,  wie  ich  mit  der 
Braun  sehen  Röhre  überzeugte,  Sinus -Ströme, 
allerdings  nur  nach  dem  Augenmass  geschätzt. 
Das  ist  freilich  unsicher.  Die  ganze  Frage  wird 
übrigens  daraus  hinauskommen,  ob  der  Flammen- 
bogen eine  Selbstinduktion  hat  oder  nicht. 

M.  Wien:    Jawohl. 

L  e  c  h  e  r  (Prag) :  Einen  der  gezeigten  schönen 
Versuche  habe  ich  in  etwas  unentwickelter  Form 
schon  vor  14  Jahren  gemacht,  indem  ich  einen 
Kondensator  parallel  zu  einem  Lichtbogen  schal- 
tete und  wohl  als  Erster  die  in  einem  solchen 
Nebenschlüsse  entstehenden  Wechselströme 
zeigte  (Wied.  Ann.  33,  S.  693  u.  ff.,  1888). 
Dem  „Tönen"  des  Lichtbogens,  an  das  ich 
mich  nun  nachträglich  deutlich  erinnere,  legte 
ich  keine  Bedeutung  bei  und  Hess  es  in  meiner 
Arbeit  leider  unerwähnt. 


286 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang,     No.  13. 


Drude  (Giessen):  Hat  Simon  auch  bemerkt, 
dass  dieTonhöhe  bei  der  Anordnung  von  D  u  d  d  e  1 1 
von  der  Grösse  des  Flammenbogens  abhängt? 

Simon:  Ja,  ich  habe  das  auch  bemerkt. 
Der  Flammenbogen  ist,  sei  es  durch  seinen 
Widerstand,  sei  es  durch  seine  Selbstinduktion, 
ein  wesentlicher  Bestandteil  des  schwingenden 


Stromkreises,  wirkt  also  nicht  bloss  „anregend  , 
wie  etwa  die  Flamme  bei  der  chemischen  Har- 
monika. Die  Aufklärung  des  ziemlich  kompli- 
zierten Zusammenhanges  muss  die  weitere  Unter- 
suchung bringen. 

Archenhold  (Berlin)  weist  auf  Selenzellen 
von  Uljanin  hin. 


VORTRÄGE  UND  REDEN. 


310 '"^uren 


0.2  A     0.3 


0,6      Amp. 


Beiträge  zum  dynamischen  Ausbau  der 

Festigkeitslehre. 

Von  A.  Sommerfeld. 

(Scbluss.) 

Dem  entspricht  die  fernere  Beobachtung, 
class  beim  Ausschalten  der  Widerstände,  also 
beim  Verstärken  des  Stromes,  die  Tourenzahl 
in  weiten  Grenzen  konstant  bleibt.  Fig.  4  zeigt 
die  Kurve  der  Tourenzahl  (ausgezogen),*)  der 
Klemmspannung  am  Motor  (punktiert)  und  die 
Kui*ve  der  Arbeitsleistung  (strich  =  punktiert) ; 
als  gemeinsame  Abszisse  ist  die  Grösse  des 
Stromes  aufgetragen.  Tourenzahl  n,  Strom  / 
und  Spannung  e  wurden  beobachtet,  die  Arbeits- 
leistung aus  ^/ berechnet.  Die  Arbeitskurve  zeigt  , 
uns    nun    folgendes:    Um    die    fraglichen    310 


750  7«ur«r« 


Touren  zu  erzeugen,  genügt  die  Arbeitsleistung 
AB=  10  Watt  bei  geringer  Ausschwingung 
des  Tisches.  Um  aber  bei  maximaler  Aus- 
schwingung dieselbe  Tourenzahl  beizubehalten, 
wird    die    Arbeit    CD  =  30   Watt    verbraucht. 

*  Das  vertikale  Stück  der  Tourenkurve  ist  nicht  beobachtet, 
sondern  interpoliert.  Der  Übergang  von  der  Tourenzahl  310 
zur  Tourenzahl  750  war  ein  so  plötzlicher  und  turbulenter,  dass 
dazwischen  nicht  beobachtet  werden  konnte. 


Was  wird  aus  der  Mehrarbeit  CD  —  AB  =20 
Watt?  Zum  Betriebe  des  Motors  wird  sie  nicht 
erfordert.  Sie  geht  offenbar  in  den  Tisch, 
unterhält  die  Biegungsschwingungen  desselben, 
d.  h.  sie  überwindet  die  denselben  entgegen- 
wirkenden Reibungswiderstände.  Also  nur  ' -i 
der  Arbeit  ist  vom  Standpunkte  des  Maschinen- 
technikers Betriebsarbeit,  %  geht  verloren! 

Wenn  es  erlaubt  wäre,  von  den  Verhält- 
nissen im  kleinen,  die  hier  vorliegen,  auf  die 
eines  Betriebes  im  grossen  zu  schliessen,  so 
möchten  wir  sagen:  Ein  Fabrikant  lässt  eine 
schlecht  fundamentierte  Maschine  mit  30  PS 
laufen.  Er  erzielt  aber  nur  einen  Wirkungs- 
grad ^3,  denn  nur  10  PS  kommen  der  Maschine 
zu  gute  und  verrichten  Nutzarbeit,  20  PS  gehen 
in  das  Fundament.  Der  Fabrikant  verbrennt 
also  seine  teuren  Kohlen,  nicht  um  seine 
Maschine  zu  bewegen,  sondern  um  seinTFunda- 
ment  zu  lockern  1  ®) 

Unser  Tisch  möge  schliesslich  noch  dazu 
herhalten,  uns  —  in  sehr  vagen  Umrissen  — • 
die  Idee  zu  einem  neuen  Regulatorsystem  zu 
liefern.  Unser  Tisch,  möchten  wir  sagen,  ab- 
sorbiert gierig  alle  Arbeit,  die  ihm  in  einer  für 
ihn  geniessbaren  Form,  nämlich  bei  einem 
Kraftwechsel  von  310  pro  Minute,  geboten  wird. 
Solange  keinesehr  erheblichen  Arbeitsüberschüsse 
zugeführt  werden,  ist  er  stark  genug,  diese  ihm 
besonders  genehme  Tourenzahl  festzuhalten. 
In  entsprechender  Weise  könnte  man  daran 
denken,  der  Dampfmaschine  ein  schwingungs- 
fähiges System,  etwa  in  Gestalt  starker  Federn, 
beizugeben,  die  auf  die  gewünschte  Tourenzahl 
eingestimmt  sind.  Diese  werden  wie  unser 
Tisch  die  überschüssige  Arbeit  in  sich  auf- 
nehmen und  die  Tourenzahl  —  innerhalb 
weiterer  oder  engerer  Grenzen  —  sichern.  Wir 
hätten  damit  einen  einseitig  wirkenden  Regu- 
lator, ohne  Stellzeug  u.  s.  w.,  der  höhere  Ge- 
schwindigkeiten wie  die  vorgeschriebene  ver- 
bietet, niedere  zulässt. 

9)  Dies  ist  natürlich  mm  grano  salis  zu  verstehen.  Bei 
einer  Maschine,  die  im  Betriebe  erhebliche  Arbeitswiderstande 
zu  überwinden  hat,  werden  die  Reibungsverluste  vermöge  der 
Formänderung  des  Fundamentes  verhältnismässig  weniger  ins 
(lewicht  fallen,  wie  bei  unserem  leerlaufenden  Motor. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No,  13. 


287 


2.  Wichtiger  noch  wie  die  Biegungs- 
schwingungen sind  für  den  Maschineningenieur 
die  Torsionsschwingungen.  Den  Ausgangspunkt 
meiner  diesbezügliche"h  Betrachtungen  bildeten 
häufige  Gespräche  mit  Herrn  Lynen  über  die 
Erklärung  gewisser  auffälliger  Unregelmässig- 
keiten bei  einer  in  unserem  Ingenieurlabora- 
torium aufgestellten  Versuchsmaschine.  Es  ist 
dies  eine  kleine,  schnell  laufende  Maschine 
(420  Umdrehungen),  die  durch  besondere  Vor- 
richtungen einen  besonders  hohen  Gleichgang 
bekommen  sollte.  Zu  dem  Zwecke  wurde  eine 
70  cm  lange,  3  cm  starke  Torsionsfeder  mit 
der  Maschine  gekuppelt;  sie  war  am  einen 
Ende  in  das  Fundament  fest  eingebaut,  am 
anderen  Ende  mit  der  Maschinenwelle  durch 
Gelenkhebel  derart  verbunden,  dass  sie  bei 
jeder  Wellen-Umdrehung  einmal  im  einen  und 
im  anderen  Sinne  um  einen  gewissen  Winkel 
ausgedreht  wurde.  Da  sie  dieser  Ausdrehung 
widerstrebt,  übt  sie  rückwirkend  auf  die  Welle 
ein  gewisses  periodisch  wechselndes  Drehmoment 
aus,  und  die  Verhältnisse  waren  so  abgepasst, 
dass  dieses  Drehmoment  die  Schwankungen  des 
vom  Dampfdruck  übertragenen  Tangential- 
druckes  gerade  ausgleichen  sollte.  Die  Grösse 
des  Drehmomentes  wurde  folgendermassen  — 
auf  statischem  Wege  —  festgestellt.  Es  wurden 
am  Ende  des  die  Feder  führenden  Hebels  nach- 
einander verschiedene  Lasten  aufgebracht  und 
die  zugehörigen  Ausdrehungen  der  Feder  fest- 
gestellt. Da  jeder  Ausdrehung  eine  gewisse 
Kurbelstellung  entspricht,  so  konnte  man  auf 
diese  Weise  fiir  jede  Kurbelstellung  die  Grösse 
des  Federbeitrages  zur  tangentialen  Drehkraft 
ermitteln. 

Das  Verfahren  scheint  einwandsfrei;  wenn 
man  aber  einmal  auf  den  Unterschied  zwischen 
statischer  und  dynamischer  Beanspruchung  auf- 
merksam geworden  ist,  lässt  sich  dagegen  fol- 
gendes geltend  machen:  Durch  den  Versuch 
wurde  das  Moment  bestimmt,  das  einer  dauern- 
den, statischen  Ausdrehung  der  Feder  um  einen 
gewissen  Winkel  (p  entspricht.  Wir  wollen 
dasselbe  Mstat  nennen.  Von  Hause  aus  ist 
nichts  darüber  bekannt,  ob  das  Moment,  welches 
die  Feder  bei  periodisch  wechselnder  Aus- 
drehung, wie  sie  einer  gewissen  Tourenzahl  der 
Maschine  entspricht,  im  gleichen  Stadium  der 
Ausdrehung  ausübt,  mit  dem  statisch  er- 
mittelten übereinstimmt.  Wir  können  dieses 
Moment  M^^yn  nennen.  Es  lässt  sich  zeigen, 
dass  es  im  allgemeinen  nicht  mit  Mstat  über- 
einstimmt, dass  vielmehr 

wird,  wo  7  wieder  als  „dynamischer  Koeffizient** 
bezeichnet  werden  kann.  /  kann  mit  hin- 
reichender Annäherung  durch  eine  sehr  einfache 


Formel  dargestellt  werden,  welche  so  lautet:   *®) 


I  — 


TxJ 


C9 


2 


(5^0  =  polares  Trägheitsmoment  des  Federquer- 
schnittes, /  =  Länge,  G  =  Schubelastizitätsmodul 
der  Feder,  y,  =  Trägheitsmoment  des  Hebel- 
werks am  Ende  der  Feder  um  die  Achse  der- 
selben.) 

10)  Der  dynamische  Koeffizient  der  Torsions- 
feder. Für  das  Innere  der  Feder  gilt  die  Differential- 
gleichung : 

wo  <p  den  Ausdrehungswinkel,  fi  die  (räumliche)  Dichte  des 
Federmateriales,  G  den  Schubelastizitätsmodul  bedeutet  Am 
einen  Ende  (x  =  o),  wo  die  Feder  eingebaut  ist,  ist  ipa  =  o. 
Am  anderen  Ende  (x  =  /)  wird  die  Feder  durch  das  Hebel- 
werk geführt,    so  dass  hier  ein  jeweiliger  Ausdrehungswinkel 

^i  =  c  sin  ü)t  erzwungen  wird,  ai  ist  dabei  die  Winkel- 
geschwindigkeit der  Maschinenwelle. 

Die  einzige,  diesen  Bedingungen  entsprechende  Lösung 
von    (17),    welche    eine    harmonische    Schwin^ng   von    der 


27r 


Periode  —  darstellt,  ist 


w 


(18) 


sm  ax       , 
^  sm  a  l 


fJL  Ü}^ 


Gesucht  wird  das  Drehmoment,  welches  die  Feder  auf 
die  Maschine  überträgt.  Allgemein  ist  bekanntlich  das  Moment 
der  Schubspannungen,  das  „Torsionsmoment",  gegeben  durch 

(19)  M^%G^^. 

Handelt  es  sich  um  eine  dauernde  oder  hinreichend  lang- 
same Ausdrehung,  so  wird  das  „Ausdrehungsgefölle** .        längs 

u     ^ 

der  ganzen  Feder  konstant  und  kann  daher  gleich  dem  Aus- 
drehungswinkel am  Ende,  geteilt  durch  die  Länge  der  Feder, 
gesetzt  werden.  Das  auf  die  Welle  übertragene  „statische" 
Drehmoment,  welches  dem  Torsionsmomente  entgegengesetzt 
gleich  ist,  würde  daher  in  unserem  Falle  lauten: 

(20)  Ätstai  = -=  —  ~—  c  sm  (O  t. 

Bei  wechselnder  Ausdrehung    dagegen   ist  der  Wert  von 

.  ^  aus  Gl.  (18)  zu  entnehmen,  indem  man  dort  jc  ==  /  setzt. 
(\  x 

überdies  ist  zu  beachten,  dass  nur  ein  Teil  des  Torsions- 
momentes auf  die  Welle  übertragen,  ein  anderer  Teil  zur 
Überwindung  der  Trägheit  des  Hebelwerkes  verbraucht  wird. 
Nennt  man  den  auf  die  Welle  übertragenen  Teil  Mdyn^  so 
erhält  man  die  Gleichung: 

Mdyn  +  7,  *' *  ^  -  7o  C  j  ^  ifür  :r  ^  /), 

also  mit  Rücksicht  auf  (iS) 

(21)  Mdyn  ---  —  I  7o  ^  «   ^^    **   ,   —  ö>'  7l  I   ^  -f'^  ^*  ^• 

Der  „dynamische  Koeffizient"  y  wird  also,  wenn  mau 
ai  =  X  setzt,  nach  (20)  und  (21): 


(22) 


Mit  dieser  Formel  stimmt  die  im  Text  angegebene  überein, 
wenn  X  sehr  klein  ist,  was  im  vorliegenden  Falle  zutrifft.  Da 
nämlich  bei  einer  Umdrehungszahl  420  in  der  Minute  a>  =  I47r 
ist ,   da   femer  bei  gehärtetem  Stahl  (7  =  8,$.  10*  und  /i  = 

10  —  5  gesetzt  werden  kann,  so  ergiebt  sich  «zu  1,5  .  10  —  ^ 
9,81 

und  A  ===  «/  bei  /  ^^  70  cm  zu  0,01.    Dementsprechend  kann 

in  (22)  A  cif;  A  ohne  merklichen  Fehler  durch  l  ersetzt  werden. 

Wegen  der  Kleinheit  von  A   wird    es    ferner    in  (il.  (18) 

gestattet  sein,  sin  al  durch  «/  und  um  so  mehr  sin  «  x  durch 


288 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.     No.   13. 


Der  Verlauf  von  7  in  seiner  Abhängigkeit 
von  der  Winkelgeschwindigkeit  co  oder  der 
damit  zusammenhängenden  Tourenzahl  ;/  ist 
durch  die  Parabel  der  Fig.  5  gegeben:  Bei  ge- 


n 


n  «  420 

Fig.  5. 

ringer  Umdrehungsgeschwindigkeit  wird  y=i, 
da  es  sich  in  diesem  Falle  um  eine  nahezu 
statische  Beanspruchung  handelt.  Mit  wachsen- 
dem n  aber  nimmt  y  ab,  um  bei  einem  ge- 
wissen Werte  n  =  nK  zu  verschwinden.  Was 
bedeutet  dieser  „kritische"  Wert  «at?  Es  zeigt 
sich,  er  stimmt  mit  der  Frequenz  derjenigen 
Federschwingung  überein,  bei  der  das  eine 
Ende  festgehalten  wird,  das  andere,  mit  der 
Schwungmasse  vom  Trägheitsmoment  J^  be- 
schwerte, frei  ausschwingt.  Bei  der  freien 
Schwingung  ist  eben  das  zur  Unterhaltung  der 
Bewegung  erforderliche  Drehmoment  gleich 
Null;  daher  wird  auch  umgekehrt  die  Rück- 
wirkung der  Feder  auf  die  Welle  bei  dieser 
Tourenzahl  verschwinden  müssen.  Auch  hierin 
haben  wir  eine  Resonanzwirkung  zu  erblicken. 
Denn  es  kommt  offenbar  auf  dasselbe  heraus, 
wenn  wir  früher  sagten,  dass  bei  gegebener 
Grösse  der  Kraft  die  Ausbiegung  unendlich 
gross  würde,  oder  wenn  wir  jetzt  sagen,  dass 
bei  gegebener  Ausdrehung  die  zu  dieser  Aus- 
drehung gehörige  Kraftwirkung  verschwinde. 

Im  vorliegenden  Falle  wurde  das  Trägheits- 
moment ^1  durch  Beobachtung  von  Pendel- 
schwingungen   zu    18    (kg    cm  sec^)    bestimmt. 


Femer  konnte  das  Produkt 


y^G 


direkt  aus  dem 


beobachtetenVerhältnis  J/,/a/:^=  10,5. 10*. kg  cm 
berechnet  werden.  Da  auch  a)=\/^jt  (ent- 
sprechend der  Umdrehungszahl  //  =  420)  bekannt 
ist,  so  folgt: 

7=1—0,33=0,67. 

Der    statische  Wert    des  Torsionsmomentes 
weicht    also    um    nicht    weniger   wie  33%  von 

a  X  lyx  ersetzen.  Alsdann  stellt  sich  <p  durch  eine  lineare 
Funktion  von  x  dar  und  das  Ausdrehungsgefälle  wird  ange- 
nähert konstant.  Dies  bedeutet,  dass  in  der  Differential- 
gleichung (17)  die  linke  Seite  merklich  durch  Null  ersetzt 
oder  dass  von  der  Trägheit  der  Feder  abgeschert  werden  darf. 
Das  gleiche  gilt  für  die  folgenden  Schwingungen  einer  Ma- 
schinenwelle, wo  ebenfalls  das  Diagramm  der  Ausdrehungcn 
als  geradlinig  behandelt  werden  darf. 


dem  für  uns  in  Betracht  kommenden  dynamischen 
ab;  es  war  also  wirklich  unzulässig,  die  statische 
und  die  dynamische  Federwirkung  zu  ver- 
wechseln. Im  Zusammenhange  damit  zeigt 
sich,  dass  die  Umdrehungszahl  420  nicht  sehr 
weit  von  der  kritischen  entfernt  ist.  Die  An- 
zahl der  freien  Federschwingungen  pro  Minute 
beträgt  nämlich  730. 

Von  diesem  sehr  speziellen  Falle  gehen  wir 
schliesslich  zu  einer  sehr  allgemeinen  und  wich- 
tigen Frage,  den  Torsions  Schwingungen 
der  Maschinenwelle  als  solcher,  über. 
Die  Resultate,  zu  denen  wir  gelangen  werden, 
scheinen  eine  grundsätzliche  Umgestaltung  der 
durch  Radinger  in  die  Wissenschaft  eingeflüirten 
Schwungradberechnung  unter  Umständen 
nötig  zu  machen. 

Ich  werde  mich  hier  wesentlich  darauf  be- 
schränken, ein  bestimmtes  Beispiel  durchzu- 
fuhren. Die  Welle  habe  25  PS  bei  einer  Um- 
drehungszahl 60  zu  übertragen.  Das  Tangential- 
druckdiagramm  (abzüglich  der  Massenwirkungen) 
habe  etwa  die  in  Fig.  6  punktiert  gezeichnete 


Fig.  6. 

wenig  gesetzmässige  Form.  Wir  können  das- 
selbe in  einen  konstanten  Teil  und  eine  Reihe 
regelmässiger  Sinusschwankungen  auflösen,  wozu 
die  Mathematik  bestimmte  Regeln  liefert.  Prak- 
tisch dürfte  es  nur  auf  den  konstanten  Teil 
(oder  den  Mittelwert  TU  der  Tangentialkraft) 
und  den  ersten  variabeln  Bestandteil  (eine  Sinus- 
schwankung T\  relativ  gegen  den  Mittelwert 
Tm  von  der  Periode  der  halben  Wellenum- 
drehung) ankommen.  Beide  sind  in  Fig.  6 
kenntlich  gemacht.  Dabei  ist  der  Bequemlich- 
keit wegen  angenommen,  dass  die  Amplitude 
des  variabeln  Teiles  gerade  gleich  dem  kon- 
stanten Teile  Tm  sei.  In  unserem  Falle  ist, 
wie  man  leicht  nachrechnet,  7",«  =  3.  10*.  **) 
Die  Arbeitswiderstände  W  sollen  der  Einfach- 
heit  wegen  als  unveränderlich  angesehen  werden, 
W=  ]I  w,  wobei  natürlich  Tr«=  Tm  sein  wird. 
Man    kann    die   genannten  Bestandteile  der 

11)  Tm  bedeutet  eigentlich  das  Moment  der  Tangential- 
kraft um  die  Wellenmittellinie  oder  die  „auf  den  Abstand  i 
reduzierte  Tangentialkraft".  Ihre  Grösse  folgt  daraus,  dass 
die  Arbeitsleistung  oder  in   unserem   Falle  25  PS  =  25  .  75  . 

kc  cm 
lo2  —         gleich   T$n  (ü  ist,  woraus  mit  w  =^  271  folgt 


scc 


m 


25 . 75  .  io2 


2  TT 


=  3  .   IO<. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


289 


Drehkraft  jeden  für  sich  untersuchen.  Es  ist 
allgemein  üblich,  bei  der  Behandlung  des  kon- 
stanten Teiles  Tm  die  Formänderungen  der 
Welle  in  Rechnung  zu  setzen  und  aus  der 
Grösse  der  auftretenden  Torsionsspannungen 
die  erforderliche  Stärke  der  Welle  zu  bestimmen. 
Dagegen  ist  es  üblich,  wenn  man  die 
Schwankungen  des  Tangentialdrucks  verfolgt, 
die  Welle  als  starr  anzusehen  und  unter  dieser 
Annahme,  indem  man  noch  einen  gewissen 
Gleichfbrmigkeitsgrad  des  Ganges  verlangt,  das 
erforderliche  Trägheitsmoment  des  Schwung- 
rades zu  bestimmen.  Auch  in  diesem  Falle 
scheut  man  also  in  der  Technik  von  der  An- 
wendung der  Festigkeitslehren  auf  dynamische 
Fälle  zurück,  man  begnügt  sich  damit,  sie  bei 
der  statischen,  dauernden  Beanspruchung  durch 
den  konstanten  Teil  der  Drehkraft  zur  Geltung 
zu  bringen. 

Zu  dem  ersteren  Verfahren  haben  wir  nichts 
hinzuzufügen.  Es  ergiebt  sich  dabei  ein  Aus- 
drehungswinkel, der  von  dem  Angriffspunkte 
der  Triebkraft  nach  dem  der  Arbeitswiderstände 
gleichförmig  abfällt.  Das  Schwungrad  mit  seinen 
Trägheitskräften  kommt  für  diese  rein  statische 
Beanspruchung  überhaupt  nicht  in  Frage.  Legen 
wir  als  zulässige  Torsionsspannung  nur  200  aim 
zu  Grunde,  so  ergiebt  sich  in  unserem  Falle 
leicht,  dass  10  cm  Wellendicke  völlig  aus- 
reichen. *'^)  Das  polare  Trägheitsmoment  des 
Wellenquerschnittes  ^o  wird  ungefähr  10'  (cm^) 
und  das  Trägheitsmoment  des  Wellenkörpers 
für  I   m  Länge  y=o,8  (kg  sec^). 

Dagegen  haben  wir,  was  die  Behandlung 
des  variabeln  Teiles  der  Drehkraft  betrifft,  zu 
betonen,  dass  hier  ebenso  sehr  und  noch  viel 
mehr  wie  bei  dem  konstanten  Teile  die  Form- 
änderungen zu  beachten  sind,  dass  die  wech- 
selnde Drehkraft  eine  regelmässige  Schwingung 
der  Welle  erzeugt,  deren  Amplitude  an  ver- 
schiedenen Stellen  der  Welle  verschieden  ist, 
und  dass  der  Gleichgang  wesentlich  von  der 
Grösse  dieser  Schwingung  abhängt. 

Verlangen  wir  als  Gleichfbrmigkeitsgrad  40, 
d.  h.  soll  die  Schwankung  der  Geschwindigkeit 
während  einer  Umdrehung  nicht  mehr  wie  den 
40.  Teil  der  mittleren  Geschwindigkeit  betragen, 
so  berechnet  sich  das  erforderliche  Trägheits- 
moment des  Schwungrades  nach  der  üblichen 
Methode,  ohne  Rücksicht  auf  die  Formänderung, 
zu  etwa  5^1  =  3  .  10^  (kg  cm  sec)  oder  das 
Gewicht  desselben  bei  einem  mittleren  Schwung- 
ringradius von   I  m  zu  ungefähr  3  Tonnen.   *^) 


12)  Bekanntlich  ist  das  polare  Widerstandsmoment        r^ 
mindestens  gleich  dem  Torsionsmoment  geteilt  durch  die  zu- 

lässige  Spannung  zu  wählen.     Also  hat  man       ;3  ^     '   - 

2         ---      200 

und  r  >  4,5  oder  nind  /*  =-  5  cm. 

13J    Schwungradbcrcchnung    im    Sinne    des    iib- 


Untersuchen  wir  nun  die  wirklich  eintreten- 
den Geschwindigkeiten  9)  an  jeder  Stelle  der  Welle 
unter  dem  Einfluss  der  variabeln  Drehkraft 
Tj  =  Tm  sin  2  (o  t  und  des  Schwungrades  vom 
Trägheitsmomente  ^i.  Die  Drehkraft  möge 
am  einen  Ende  der  Welle  angreifen,  das  Schwung- 
rad am  andern  Ende  befestigt  sein.  Von  der 
Trägheit  der  Maschinenteile  (Kurbel  etc.),  die 
ebenfalls  eine  Art  Schwungradwirkung  auf  jenes 
Ende  der  Welle  übertragen  wird,  wollen  wir 
hier  absehen.  Die  Länge  der  Welle  werden  wir 
der  Reihe  nach  zu  50,  100,  200,  300,  400  cm 
annehmen.  Die  Ausdrehungen  und  ihre  Ge- 
schwindigkeiten sind  ersichtlich  selbst  perio- 
disch wechselnde  und  erfolgen  im  Tempo 
der  Kraftwirkung  Z",.  Falls  sie  an  allen 
Punkten  der  Welle  dieselben  wären,  würden 
wir  sie  als  Bewegungsschwingungen  bezeichnen, 
insofern  sie  sich  aber  ungleichmässig  über  die 
Welle  verteilen,  sind  sie  Torsionsschwingungen. 
In  der  folgenden  Figur  können  wir  natürlich 
nur  die  Amplitude  der  Schwingung  für  jeden 
Punkt  verzeichnen.  Wenn  wir  praktisch  nicht 
vorkommende  Geschwindigkeiten  und  ausser- 
ordentliche Längen  der  Welle  ausschliessen,  so 
wird  der  Geschwindigkeits- Abfall  längs  der  Welle 
ein  geradliniger  (es  handelt  sich  genau  genommen 
um  trigonometrische  Funktionen  mit  kleinen 
Argumentv^^erten,  welche  durch  lineare  Funk- 
tionen ersetzt  werden  können) ;  wenn  wir  daher 
für  verschiedene  Punkte  der  Welle  die  Ampli- 
tude w  des  variabeln  Teiles  der  Winkelge- 
schwindigkeit senkrecht  zur  Wellenachse  auf- 
lichen Verfahrens.  Durch  die  variable  Drehkraft  Ty  = 
Ttn  sin  2  wt  wird  bei  vorausgesetzter  Starrheit  der  Welle  eine 
„Bewegungsschwingung"  von  derselben  Periode  wie  71  erzeugt. 
Infolgedessen  überlagert  sich  der  konstanten  oder  mittleren 
Winkelgeschwindigkeit  to  eine  variable  Winkelgeschwindig- 
keit tt),  die  wir  in  der  Form  ansetzen: 

tt)  =  —  w  cos  2  to/, 

so  dass  w  die  Amplitude  der  Geschwindigkeit  bedeutet.  Die 
grösste  Schwankung  beträgt  also  2  w  und  der  Ungleichförmig- 
keitsgrad  6  berechnet  sich  aus 

j.       2W 

0  =     -' 

CD 

Das    erforderliche    Trägheitsmoment    des    Schwuiigrades 
kann    man    aus  der  Bewegungsgleichung  des  letzteren  Hnden: 


(«3) 


■^'  äf  -  ^'  • 


Set/t  man  für  \\)  und   ZI   die  angegebenen  Werte  ein,  so 
ergiebt  sich  nach  Weglassung  des  Faktors  sin  2  o>/: 

(24)  2  10  w  7,  --  Tw 

und,  wenn  man  die  Beziehung  zwischen  w  und  6  benutzt: 

rf  ^"» 

Da   Tm  -^  3  .  10*,  o)  =  2n  war  und  ö      -     —   Werden 

40 

soll,  so  erhält  man  y,  =  ^  *  *  ^     =  3  .  loMkg  cm  sec^). 

4  n* 
Das  Gewicht  G,    welches,   im  Abstände  1  m  angebracht,  das 
erforderliche  Trägheitsmoment  liefert,  beträgt: 
G 

10*  —  3  .  io<  oder  (7  -^  3  .  9S1  =  ca.  3  Tonnen. 


290 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13. 


tragen,  entsteht  die  geradHnige  Figur  7.  Die 
Marke  o  bedeutet  dabei  den  Angriffspunkt  der 
Tangentialkraft  TJ ;  die  Welle  dehnt  sich  in  den 
der  Reihe  nach  in  Betracht  zu  ziehenden  Fällen 
von  da  bis  zu  der  Marke  V2  bez.  i,  2,  3,  4  m 
aus.     Wir  erkennen  aus  der  Figur:  Am  rechten 


Fig.  7. 

Ende    der  Welle    (d.  h.    bez.    bei    den  Marken 
V2  m,    I,    2,    3,    4  m)    ist   die   Amplitude    der 
Winkelgeschwindigkeit  wesentlich  dieselbe  und 
unabhängig    von    der    Länge    der    Welle;    sie 
stimmt  übrigens  hier  überein  mit  der  Amplitude 
derjenigen  Drehung,  welche  bei  vorausgesetzter 
Starrheit  die  Welle  als  Ganzes  unter  dem  Ein- 
fluss  der  Kraft  71  ausführen  würde.     Nach  links 
hin  fällt  dieselbe  ab,  in  einem  Masse,  welches 
von  der  Stärke  der  Kraft  T^  und  dem  elastischen 
Widerstandsvermögen    der   Welle,    aber   nicht 
von  deren  Länge  abhängt.     Es  ist  ja  verständ- 
lich, dass  die  Welle  am  rechten  Ende,  wo  die 
Trägheit  der  schweren  Schwungradmassen  sitzt, 
stärker  ausfedern  wird,  wie  in  den  anstossenden 
Teilen.      Wie    gross    die    Geschwindigkeit    am 
linken  Ende  wird,  bestimmt  sich  nun  wesentlich 
durch    die   Länge    der   Welle.      Für   /=  '/^  m 
wird    sie    gleich    ^,4    der    Geschwindigkeit    am 
rechten    Ende,    für   /=  i    m   weniger    als    die 
Hälfte.     Bei  2  m  Wellenlänge  befindet  sich  das 
linke   Ende   bereits    in    der    entgegengesetzten 
Ausschwingung,  wie  das  rechte,  da  der  Schnitt- 
punkt K  der  das   Geschwindigkeitsgefälle  dar- 
stellenden  Geraden    mit    der  Wellenachse   hier 
nicht    mehr   ausserhalb    der   Welle    zu    liegen 
kommt.    Dasselbe  gilt  für  noch  grössere  Längen, 
wobei    die    Geschwindigkeit    am    linken    Ende 
grösser   und    bei  /=4  m    sogar    grösser  wird, 
wie    die    Geschwindigkeit    am    rechten    Ende. 
Der    Schnittpunkt  K  kann    als    „Schwingungs- 
knoten" bezeichnet  werden.'^) 


141  Der  Gleichförmigkeitsgrad  bei  Hcrücksichti- 
gung  der  Formänderungen.  Sieht  man  von  der  Trägheit 
der  Welle  selbst  ab,  was  (Anm.  lo)  zulässig  ist,  so  überträgt 
sich  das  Moment  der  Tangentialkraft  'J\  ungcäi.dert  durch 
die  Welle  hin  auf  das  Schwungrad,  Es  gilt  daher  fiir  die 
Bewegung  des  Schwungrades  auch  jetzt  Gl.  (23).    Heisst  w^  die 

Amplitude  der  Winkelgeschwindigkeit    am    Sohwungrade,    so 
ist  nach  (24): 

'       » <o  7, 

Andrerseits    hält  das   Torsionsmoment    (^das  Moment  der 


Man  übersieht  von  hier  aus  leicht  das  Ver- 
halten des  Gleichfbrmigkeitsgrades  der  Be- 
wegung, der  der  Amplitude  der  Winkelge- 
schwindigkeit proportional  ist.  Zunächst  erkennt 
man,  dass  jeder  Stelle  ein  anderer  Gleich- 
fbrmigkeitsgrad  zukommen  wird.  Am  rechten 
Ende  hat  man  bei  beliebiger  Länge  der  Welle 
merklich  ein  und  denselben  Gleichförmigkeits- 
grad, nämlich  den,  bei  der  Schwungradbe- 
rechnung verlangten  (40).  Am  linken  Ende  ist 
die  Gleichförmigkeit  bei  geringer  Länge  zunächst 


Schubspannungen)  in  jedem  Querschnitte  dem  Momente  der 
Tangentialkraft  T^  das  Gleichgewicht.  Nach  Gl.  (19)  wird 
daher,  wenn  man  x  vom  Angriffspunkte  der  Tangentialkraft 
(.r  =  o)  nach  dem  Ansatzpunkte  des  Schwungrades  (;c  =  /) 
wachsend  rechnet: 

Da  tt)  =  3-^  ist,  so  können  wir  hierfdr  schreiben: 


7o^ 


hx 


dt 


oder  wegen  der  in  der  vorigen  Anm.  angegebenen  Ausdrücke 
von  io  und   T\\ 

7m^\        =   2  ö>  Tm . 
t  X 

Der  Winkel  a,  unter  depi  die  auf  der  Abszisse  x  errichtete 
Schaulinie  der  Geschwindigkeits-Amplitude  w  gegen  die  jr- Achse 
geneigt  ist,  beträgt  also 
,   ^  ^2  0)  Tm 

Der    Schnittpunkt    dieser    Linie    mit    der    jr-Achse,    der 
„Knoten**  A*,  hat  danach  vom  Schwungrade  den  Abstand 


(26) 


a  = 


und  die  Am;ilitude  der  Geschwindigkeit  bei  x 


o  wird 


(27) 


2    Vli     J  tu 


Die  grösste  Schwankung  der  Winkelgeschwindigkeit  ist 
hier  2  Wq  und  der  Ungleichfbrmigkeitsgrad 


(28) 


2  Wo  2(a  —  /)  ^T^m,  . 

+  rf=  ==    ^  ..  /^cf  =  '^  -^  (a  — /), 


w 


üt 


wobei   das  Vorzeichen  so  zu  wählen  ist,  dass  6  positiv  wird. 
Hiernach  sind  die  Zahlen  des  Textes  für  i/d  berechnet.     Mit 
den  angegebenen  Werten  7o  =  '<>*.  t?  «=»  8,$  .  io5,  to  =  2;r, 
7i  =-^  3  .  lo*,   Tm  =  3  .  10*  hat  man  insbesondere: 
a  =  177  cm,  fga  =  4,4  .  lo-4 

Wählt  man  aber  das  Schwungrad  doppelt  so  stark,  so 
wird  7v^  yn^  ^  ij^lb  so  gross,  während  die  Neigung  a  der 
Schaulinie  dieselbe  bleibt.  Man  hat  also  durch  die  Mitte 
der  Strecke  w^   eine    Parallele    zur    früheren    Schaulinie    zu 

ziehen;  die  so  entstehende  Geschwindigkeitsamplitude  wird 
für  /  ^^  400  cm  Ijei  .r  =  o  grösser  wie  sie  es  vorher  war. 
Für  den  Gleich förmigkcitsgrad  an  dieser  Stelle  ergiebt  sich 
nach  (28)  wegen  a  =-  88,5,  /^  a  =»  4,4  .  10—4: 

I  1?==  23. 
Zur  Verhütung  von  Missverständnissen  möchte  ich  schliess- 
lich betonen :  Das  zuletzt  abgeleitete  paradoxe  Resultat  kommt 
nicht  etwa  durch  Resonanzwirkung  zu  stände.  Die  zu  Grunde 
gelegte  Wechsel/ahl  des  variablen  Teiles  der  Tangentialkraft 
ist  weit  entfernt  von  der  Eigenschwingungszahl,  die  der  mit 
Schwungrad  beh:ifteten  Welle  von  4  m  Länge  bei  Torsions- 
schwingungen zukommt.  Erstere  beträgt  nämlich  4,  letztere 
etwa  400 ,  wenn  man ,  wie  es  im  vorhergehenden  geschah, 
die  Trägheit  der  mit  der  Welle  verbundenen  Maschinenteile 
gegenüber  der  des  Schwungrades  vernachlässigt,  dagegen 
etwa  25 ,  wenn  man  das  Trägheitsmoment  jener  Teile  gleich 
1  joo  vom    Träghcitsmomchte  des  Schwungrades  schätzt    Von 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13, 


291 


noch  günstiger,  am  grössten  (nämlich  unendlich 
gross)  dann,  wenn  der  Knoten  K  zufällig  gerade 
auf  das  linke  Wellenende  trifft,  was  in  unserem 
Falle  bei  einem  etwas  weniger  wie  2  m  be- 
tragenden /  eintreten  würde.  Von  da  ab  wird 
aber  derGleichförmigkeitsgrad  um  so  ungünstiger, 
je  länger  die  Welle  ist.  Das  Genauere  ergiebt 
die  folgende  Tabelle,  die  sich  auf  das  linke 
Wellenende  bezieht,  rf  bedeutet  den  Ungleich- 
fbrmigkeitsgrad,  also  i/cf  den  Gleichförmigkeits- 

1=   50    100  ,  200  ,  300    400  cm 


i/d 


57 


92 


310 


58 


32 


Bei  /=4  m  bleibt  also  die  Gleichförmigkeit 
hinter  der  gewünschten  (40)  zurück.  Was  wird 
nun  nach  den  gewöhnlichen  Anschauungen  ge- 
schehen? Die  Schuld  wird  dem  Schwungrad 
gegeben  werden;  man  wird  dieses  verstärken, 
etwa  von  3  auf  6  Tonnen  Gewicht.  Der  Erfolg 
davon  ist,  dass  die  Ausdrehungen  in  der  Nähe 
des  Schwungrades  etwa  auf  die  Hälfte  herab- 
gesetzt werden  (vgl.  die  punktierte  Linie  in 
Fig-  7)»  d^s  sie  aber  am  linken  Ende  nur  um 
so  stärker  werden,  indem  der  Schnittpunkt 
K  dabei  mehr  nach  rechts  rückt.  Berechnet 
man  nunmehr  den  Gleichförmigkeitsgrad  am 
linken  Wellenende,  so  findet  man  denselben 
rund  gleich  23.  Der  Gleichgang  ist  also 
noch  schlechter  geworden  wie  vorher, 
die  Verstärkung  des  Schwungrades  war 
nicht  ein  Mittel  zur  Verbesserung,  son- 
dern zur  Verschlechterung  der  Gleich- 
förmigkeit!! 

Ich  furchte,  dass  diese  neue  Funktion  des 
Schwungrades,  den  Gleichgang  der  Maschine 
zu  beeinträchtigen,  zunächst  wenig  Glauben 
finden  wird.  Wenn  man  sich  aber  einmal  in 
die  Notwendigkeit  und  Gesetzmässigkeit  der 
Schwing^ngsvorgänge  hineingedacht  hat,  so 
wird  man  die  hier  besprochene  Thatsache 
weniger  auffällig  finden,  wie  die  andere,  dass 
man  bisher  diese  Vorgänge  in  der  technischen 
Mechanik  nur  nebenbei  erwähnt  und  ihre  Be- 
deutung   für    die    Praxis   kaum    beachtet    hat. 


einer  RcsonaozwirkuDg  kann  hiernach  in  unserem  Falle  keine 
Rede  sein.  Dementsprechend  ist  auch  die  Geschwindigkeits- 
unplitude,  wie  sie  sich  aus  den  obigen  Formeln  berechnet, 
keineswegs  besonders  gross.  Bei  der  ursprünglich  ange- 
nommenen Schwungsradstärke  und  400  cm  Wellen-Länge  be- 
tragt sie  bei  jr  =  0  nach  Gl.  (27)  ungefähr  Vio,  d.  h.  5,7",  wäh- 
rend bei  vorausgesetzter  Starrheit  der  Welle  die  Amplitude  der 
ßewegungsschwingung  ungefähr  Vi3i  <i-  b«  4i4°i  sein  würde. 
Daraus,  dass  beide  Grössen  in  unserem  Falle  sich  merklich 
unterscheiden,  geht  hervor,  dass  die  Formänderung  der  Welle 
nicht  vernachlässigt  werden  darf,  wie  es  bei  der  üblichen 
Schwungradberechnung  geschieht. 


Ich  bin  andererseits  überzeugt,  dass  der  ge- 
wandte Konstrukteur  Vorkommnisse,  wie  die 
hier  geschilderten  auch  ohne  Hilfe  der  Theorie 
mit  sicherem  Takte  in  der  Regel  vermeiden 
wird. 

Zum  Schlüsse  noch  die  folgenden  allge- 
meineren Bemerkungen: 

1.  Wenn  wir  von  dem  Gleichgange  einer 
Maschine  sprechen,  müssen  wir  diejenige  Stelle 
der  Welle  angeben,  auf  deren  Gleichgang  es 
uns  ankommt,  von  der  wir  also  die  Arbeit 
abnehmen  wollen.  Jede  Stelle  hat  ihren  eigenen 
Gleichfbrmigkeitsgrad. 

2.  Es  giebt  bei  nicht  zu  kurzen  Wellen  eine 
Stelle  vorzüglichen  Gleichganges,  nämlich  den 
Knoten  der  hauptsächlichsten  Schwingung,  der 
Schwingung  erster  Ordnung  von  der  Periode 
der  halben  Wellenumdrehung,  Bei  der  von 
uns  gewählten  Anordnung  berechnet  sich  der 
Abstand  a  dieser  Stelle  von  dem  Schwungrade 
durch  die  einfache  Formel 

3.  Die  gewöhnliche  Schwungradberechnung 
ist  nur  so  lange  am  Platze,  als  dieser  Knoten 
ausserhalb  der  Welle  fällt,  solange  also  />ä 
ist.  Solange  /  die  Strecke  a  erheblich  an  Grösse 
übertrifft,  befinden  sich  die  verschiedenen  Teile 
der  Welle  merklich  in  demselben  Schwingungs- 
zustande; dann  und  nur  dann  ist  es  gestattet, 
die  Welle  als  starr  zu  behandeln. 

Wir  haben  in  unserer  Fig.  7  einfachste  Ver- 
hältnisse vorausgesetzt,  indem  wir  nur  die  Trägheit 
des  Schwungrades,  nicht  auch  die  Trägheit  der 
am  anderen  Wellenende  angreifenden  Maschinen- 
teile berücksichtigten,  indem  wirferner  die  Arbeits- 
widerstände als  zeitlich  unveränderlich  ansahen 
und  von  der  dämpfenden  Wirkung  der  inneren 
Reibung  etc.  absahen.  Es  ist  aber  nicht  schwer, 
auch  den  kompliziertesten  Verhältnissen  gerecht 
zu  werden,  z.  B.  ausser  den  eben  genannten 
i  Umständen  noch  etwa  auf  der  Welle  auf- 
sitzende Riemenscheiben  von  nicht  zu  vernach- 
lässigender Trägheit  zu  berücksichtigen.  Das 
Diagramm  der  Winkelgeschwindigkeiten  wird 
dann  immer  noch,  solange  wir  mit  der  Um- 
drehungsgeschwindigkeit und  der  Länge  der 
Welle  unterhalb  einer  gewissen  Grenze  bleiben, 
durch  einen  geradlinigen  Zug  dargestellt,  derevent. 
mehrere  Knicke  erhält.  Unsere  die  Form- 
änderung berücksichtigende  Schwungradberech- 
nung wird  nun  daraufhinauskommen,  für  eine  be- 
stimmte Stelle  diesen  Linienzug  durch  Wahl 
des  Schwungrades  der  Abscissenachse  so  nahe 
wie  möglich  zu  bringen. 


292 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13. 


Vorlesungsverzeichnis  (lir  das  Sommer- 
Semester  1902. 

Technische  Hochschule  Aachen. 

Wüllner:  Experimentalphysik  II:  Physik  in  mathema- 
tischer und  experimenteller  Behandlungsweise ;  Ausgewählte 
Teile :  Übungen  im  physikalischen  Laboratorium,  a)  für  Elek- 
trotechniker und  Chemiker,  b)  für  Physiker.  —  Wien: 
Experimentalphysik  enzyklopädischer  Kurs;  Theorie  der  Elek- 
trochemie. —  Polis:  Meteorologie;  Meteorologische  Technik 
und  Übungen  im  meteorologischen  Observatorium ;  Ausgewählte 
Kapitel  aus  der  Meteorologie.  —  Orotrian:  Allgemeine 
Elektrotechnik;  Theoretische  Elektrotechnik;  Elektrotech- 
nisches Praktikum.  —  Herrmann :  Mechanische  Technologie 
I  und  II;  Fabrikanlagen  und  Arbeitsmaschinen.  —  Junkers: 
Arbeiten  im  maschinentechnischen  Laboratorium.  —  KÖchy: 
Lokomotivbau  I  und  II;  Eisenbahnmaschinenbau;  Maschinen- 
elemente; Eisenbahnwagenbau.  —  Iiüders:  Maschinenkunde 
(für  Berg-  und  Hüttenleute),  1  und  II.  —  N.  N.:  Maschinen- 
bau ;  Maschinenkonstruieren,  a)  für  Maschineningenieure,  b)  für 
Elektrotechniker.  —  Finzger:  Theoretische  Maschinenlehre 
I  und  II;  Kinematik.  —  Rasch:  Elektrische  Starkstrom- 
anlagen; Elektrische  Konstruktionsübungen,  Elektrische  Arbeits- 
übertragung. —  IiUtz:  Baumaschinen;  Maschinenzeichnen, 
Kleinkraftmaschinen.  — 

Borchers:  Hüttenkunde  der  Metalle  (ausser  Eisen); 
Kleines  metallurgisches  Praktikum,  umfassend  Lötrohr-  und 
hüttenmänn.  Probierkunst  und  elektrische  Seh melz verfahren ; 
Anleitung  zum  Entwerfen  metallurgischer  und  elektrometallur- 
gischer  Apparate ;  Grosses  metallurgisches  und  elektrometallur- 
gisches  Praktikum;  Allgemeine  Hüttenkunde.  —  Bredt: 
Experimentalchemie :  Organischer  Teil;  Organisches  Praktikum ; 
Anleitung  zu  selbständigen  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  orga- 
nischen Chemie.  —  Classen:  Chemie  der  Metalle;  Anorga- 
nisches Praktikum,  Praktikum  für  qualitative  und  quantitati  veAna- 
lyse,  spezielle  analytische  Methoden,  quantitative  Analyse  durch 
Elektrolyse,  Mass-,  Gas-,  Spektralanalyse,  Darstellung  anorga- 
nischer Präparate,  AusfUhrung  selbständiger  wissenschaftlicher 
Arbeiten  auf  dem  Gebiet  der  analytischen  und  anorganischen 
Chemie;  Elektrochemisches  Praktikum,  Darstellung  von  Che- 
mikalien mittels  Elektrolyse,  Galvanoplastik  u.  s.  w.,  Ausfüh- 
rung selbständiger  wissenschaftlicher  Arbeiten  auf  dem  Gebiete 
der  Elektrochemie.  —  Btahlschmidt:  Technische  Chemie; 
Entwerfen  chemischer  Fabrikanlagen;  Chemisch-technisches 
Praktikum.  —  Danneel:  Elektrochemie  II.  — 

Jürgens:  Höhere  Mathematik  I  mit  Übungen;  Elemente 
der  analytischen  Geometrie,  der  Differential-  und  Integralrech- 
nung mit  Übungen.  —  Kötter:  Darstellende  Geometrie; 
Elemente  der  darstellenden  Geometrie.  —  v.  Mangoldt: 
Höhere  Mathematik  II  mit  Übungen;  Algebraische  Analysis; 
Mathematisches  Seminar,  g,  —  Sommerfeld:  Mechanik  I 
und  II.  — 

Universität  Basel. 

Hagenbach-Blsohoff :  Experimentalphysik  I,  6;  Be- 
handlung physikalischer  Aufgaben,  2  g\  Übungen  im  physi- 
kalischen Laboratorium  (mit  V  ei  Hon),  2.  —  Von  derMühll: 
Einleitung  ir  die  mathematische  Physik,  mit  Übungen,  4; 
Ein  Kapitel  der  mathematischen  Physik,  4;  Mathematisch- 
physikalische Übungen,  2  g.  —  Veillon:  Messmethoden  in 
der  Physik,  i.  — 

Piccard :  Unorganische  Experimentalchemie,  5  ;  Analy- 
tische Übungen  (mit  Fi  cht  er),  9;  Organisches  und  unorganisches 
Vollpraktikum  (mit  Fi  cht  er),  tägl.  —  Nietzki:  Organisches 
Vollpraktikum  (mit  Rupe),  tägl.;  Organische  Chemie  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  aromatischen  Verbindungen,  3 ; 
Chemisches  Kränzchen  (mit  Rupe),  \  g.  —  Kahlbaum: 
Ausgewählte  Kapitel  der  allgemeinen  physikalischen  Chemie  I, 
mit  historischer  Einleitung,  2;  Kolloquium  über  theoretische 
Chemie,  3  g\  Physikalisch -chemisches  Praktikum,  tägl.  — 
Nienhaus:  Phaimakognosie,  3;  Pharmazeutische  Chemie,  2; 
Pharmazeutisch -chemisches  Praktikum,  6;  Mikroskopisches 
Praktikum,  2;  Pharmazeutisches  Kränzchen,  g.  —  Kreis: 
Chemie  der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  mit  Übungen,  4; 
Technisch-analytisches  Praktikum,  tägl.  —  Rupe:  Stereo- 
chemie, 2.  —  Pichter:  Die  ungesättigten  Säuren,  i  g\ 
Organisch-chemisches  Kollocjuium,  \  g.  — 


Kinkelin:  Algebraische  Analysis,  3;  Analytische  Geo- 
metrie des  Raumes,  3;  Integralrechnung  II,  3.  —  Fl&tt: 
Projektivischc  Koordination,  2  g.  —  Ri^genbaoh:  Populäre 
Astronomie  II:  Das  Planetensystem,  2;  Astronomische  (Zun- 
gen, 2  g.— 

Universität  Berlin. 

E.  Warburg:  Experimentalphysik  II:  Licht  und  Elek- 
trizität, 5,  mathematische  Ergänzungen,  i  g\  Praktische  Übungen 
und  Arbeiten  im  Laboratorium,  für  Geübtere,  tägl.,  für  An- 
fänger (mit  Blasius),  7,  fUr  Pharmazeuten  (mit  Starke), 
3 '/2.  —  Weinstein:  Naturphilosophische  Grundlagen  der 
Physik  und  physikalischen  Chemie,  2;  Physikalische  Eigen- 
schaften der  Erde,  \  g.  —  Fock:  Einleitung  in  die  Chemie 
und  Physik,  i.  —  Neesen:  Elementare  Mechanik,  1^/2  g-  — 
Planck:  Theoretische  Optik,  4;  Mathematisch-i)hysikalische 
Übungen,  i  g.  —  Krigar- Menzel :  Theoretische  Physik  II: 
Elastizitätslehre  und  Hydrodynamik,  4,  Übungen,  i  ^.  — 
Starke:  über  die  elektrischen  Entladungen  und  die  sie  be- 
gleitenden Erscheinungen  (Kathoden-,  Röntgenstrahlen  etc  ),  i .  — 
Pringsheim:  Physik  der  Sonne,  mit  Experimenten,  ig.  — 
Mcu^ns:  Spektralanalyse  und  Photometrie  (mit  Experimenten), 
lg.  —  IjUmmer:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Licht-  und 
Wärmestrahlung,  i  ^.  —  Aschkinass:  Elektrische  und  mag- 
netische Messmethoden  (mit  Demonstration  der  Apparate),  2.  — 
Blaby:  Elektrotechnik  (mit Demonstrationen),  2.  ^-  E.  Meyer : 
Einführung  in  die  Technik,  fiir  Studierende  idler  Fakultäten,  2 ; 
Technische  Exkursionen,  g.  —  Blasius:  Übungen  im  An- 
schluss  an  das  physikalische  Praktikum,  i  g;  Physikalischer 
Kurs  für  Mediziner,  372-  —  v.  Bezold:  Theoretische  Meteo- 
rologie (Thermodynamik  der  Atmosphäre) ,  2 ;  Meteorologische 
Übungen,  tägl. ;  Meteorologisches  Kolloquium,  ig.  —  Xiess: 
Praktische  Witterungskunde,  2.  — 

Will:  Geschichte  der  Chemie,  2;  Ausgewählte  Kapitel 
der  technischen  Chemie,  i  ^.  —  v.  Buchka:  Geschichte  der 
Chemie,  2;  Chemie  der  Nahrungsmittel,  Genussmittel  und 
Gebrauchsgegenstände  mit  Berücksichtigung  der  einschlägigen 
Gesetzgebung,  4.  —  Jacobson:  Besprechung  chemischer 
Tagesfragen,  i.  —  van't  Hoff:  Ausgewählte  Kapitel  der 
physikalischen  Chemie,  lg.  —  Meyerhoffer :  Elemente  der 
höheren  Mathematik  für  Chemiker,  i.  —  Jahn:  Experimen- 
telle und  theoretische  Elektrochemie,  3.  —  Marokwald: 
Stereochemie,  i.  —  Gabriel:  Qualitative  und  quantitative 
chemische  Analyse,  2.  —  Landolt:  Anorganische  Elxperi- 
mentalchemie,  5 ;  Praktische  Übungen  im  chemischen  Univer- 
sitäts-Laboratorium,  tägl.;  Physikalisch -chemische  Arbeiten 
(mit  Jahn),  tägl.  —  Pinner:  Anorganische  Experimental- 
chemie, 6;  Organische  Experimentalchemie,  4.  —  H.  Traube: 
Mineralchemie,  i.  —  R.  J.  Meyer:  Chemie  der  selteneren 
Elemente  mit  Experimenten,  2.  —  Fischer:  Organische 
Experimentalchemie,  5;  Praktische  Übungen  im  chemischen 
Laboratorium  (mit  Gabriel,  Harries,  Pschorr  und  Ruff), 
tägl.  —  Ijiebermann:  Organische  Chemie  II:  Aromatische 
Reihe,  Farbstoffe,  Alkaloide  u.  s.  w.,  5;  Leitung  experimenteller 
organisch- chemischer  Arbeiten,  tägl.  —  Büchner:  Einführung 
in  die  organische  Experimentalchemie,  3 ;  Praktische  Übungen 
im  chemischen  Laboratorium  der  landwirtschaftlichen  Hoch- 
schule, tägl.  —  Harries:  Chemie  der  hydroaromatischen 
Verbindungen  und  Terpene,  i.  —  Wohl:  Chemie  der  Kohle- 
hydrate, I.  —  W.  Traube:  Ueber  Alkaloide,  i.  — 
Emmerling:  Gärungschemie,  i.  —  Thoms:  Über  die  Grand- 
züge der  Nahrungsmittelchemie  mit  Einschluss  der  Harn- 
analyse, 2;  Pharmazeutische  Chemie,  organischer  Teil,  4; 
Praktische  Übungen  im  pharmazeutisch-chemischen  Laborato- 
rium, tägl.  —  Wichelhaus:  Chemische  Technologie  I: 
Anorganische  Stoffe,  mit  Experimenten  und  Exkursionen,  4; 
Übungen  im  technologischen  Institut,  tägl.  —  Biedermann: 
Technische  Chemie  I:  Die  anorganischen  Stoffe,  mit  Demon- 
strationen, 4 ;  Über  Steinkohlenteer  und  Teerfarbstoffe,  ig.  — 
Rosenheiim:  Anorganisch-chemisches  Praktikum  (mit  R.  J. 
Meyer),  tägl.;  Praktische  Übungen  in  der  Gas-  und  Mass- 
analyse, 3.  —  Ruff:  Kolloquium  Über  anorganische  Chemie,  2. 
—  Pschorr :  Kolloquium  über  organische  Chemie.  —  Schotten : 
Kolloquium  über  ausgewählte  Kapitel  der  physiologischen  und 
technischen  Chemie,  2  g.  — 

Schwarz:  Synthetische  Geometrie,  4;  Ausgewählte 
Kapitel  der  Theorie  der  analytischen  Funktionen,  2  g\  Theorie 
der  elliptischen  Funktionen,  4;  Mathematische  Kolloquien, 
zweiwöchenllich,  2  g.  —  Frobenius:  Analytische  Geometrie, 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13. 


293 


4.  —  Hensel:  DiffercDtialrecbnung,  4;  Höhere  Zahlentheorie 
(allgemeine  Theorie  der  idealen  Zahlen  und  der  Einheiten),  4; 
Über  die  Axiome  der  Geometrie  und  die  verschiedenen  mög- 
lichen Geometrien,  zwei  wöchentlich ,  2  g.  —  Knoblauch: 
Integralrechnung,  4 ;  Über  angenäherte  Berechnung  bestimmter 
Integrale,  i  g\  Theoiie  und  Anwendung  der  Determinanten, 
A.  —  Landau :  Höhere  Algebra  (Gruppen-  und  Substitutionen- 
theorie), 4,  Übungen,  zweiwöchentlich,  2  g\  Über  die  Be- 
stimmung der  Klassenzahl  binärer  quadratischer  Formen,  i  ^.  — 
Fuchs:  Einleitung  in  die  Funktionentheorie,  4;  Einleitung 
in  die  Theorie  der  Differentialgleichungen,  4.  —  Hettner: 
über  unendliche  Reihen,  Produkte  und  Kettenbriiche ,  2.  — 
Lehmann-Filhea:  Analytische  Mechanik,  4,  Übungen,  ig.  — 
Foerster :  Grundzüge  der  naturwissenschaftlichen  Erkenntnis- 
theorie, I  g\  Astrometrie  mit  abendlichen  Übungen  auf  der 
Sternwarte,  4;  Übungen  in  der  Berechnung  von  Messergeb- 
ntssen  nach  den  Regeln  der  Fehlertheorie,  x  V2  g'  —  Marouse : 
Allgemeine  Himmelskunde  mit  Lichtbildern,  für  Studierende 
aller  Fakultäten,  i  ^/a ;  Theorie  und  Anwendung  astronomischer 
Instrumente,  besonders  fvir  die  Zwecke  geographischer  Oits- 
bestimmungen ,  t  V2  •'  Kolloquium  über  ausgewählte  Kapitel 
aus  der  mathematischen  Geographie  und  nautischen  Astronomie, 
für  Mathematiker.  Geographen,  Navigationslehrer  u.  s.  w.,  i  V2 1 
Astronomische  Demonstrationen  auf  der  königl.  Sternwarte 
und  Exkursionen  in  mechanisch -optische  Werkstätten  zum 
Zwecke  der  Instrumentenkunde.  —  Bauschinger :  Theorie 
der  Bahnbestimmung  der  Kometen  und  Planeten,  3,  Übungen 
^  *'2  g'*  Theorie  der  astronomischen  Refraktion,  lg.  — 
Battermann:  Ausgleichungsrechnung  nach  der  Methode  der 
kleinsten  Quadrate,  iVj.  —  Scheiner:  Ausgewählte  Kapitel 
der  Astrophysik,  i ;  Astrophysikalisches  Kolloquium ,  i  ^.  — 
Helmert:  Höhenmessung,  l;  Anwendung  der  kürzesten  Linie 
auf  die  Geodäsie  lg.  — 

Technische  Hochschule  Berlin. 

Paalzow:  Experimentalphysik,  4;  Physikalische  Übungen, 
4,  für  Praktikanten  der  chemischen  Laboratorien,  2;  Mathe- 
matische Physik,  2.  —  Qrunmach:  Magnetische  und  elek- 
trische Masseinheiten  und  Messmethoden,  2;  Physikalische 
Massbestimmungen  und  Messinstnimente,  Übungen,  4.  — 
QrOBS:  Mechanische  Wärmetheorie,  4;  Thermochemie,  2; 
Einleitung  in  die  Potentialtheorie,  2;  Theorie  des  Galvanis- 
mus,  2.  —  Bubens:  Experimentalphysik,  4;  Übungen  im 
physikalischen  Laboratorium  (Physikalische  Messungen),  4.  — 
Weingarten:  Ausgewählte  Kapitel  der  analytischen  Mechanik, 
5;  Mathematische  Physik,  2.  — Kalischer:  Die  physikalischen 
Grundlagen  der  Elektrotechnik  I,  2,  Übungen,  g\  Elektro- 
magnetismus und  Induktion  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
Elektrotechnik,  4;  Grundzüge  der  Elektrochemie,  2.  —  Bervua: 
Einführung  in  das  Studium  der  Elektrotechnik,  4;  Theorie 
und  Berechnung  der  Wechselstrom maschinen,  2.  —  W.  Hart- 
mann :  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  angewandten  Kinematik, 
2;  Kinematische  Geometrie  und  Kinematik,  2.  —  Klingen- 
berg: Berechnung  elektrischer  Leitungsnetze,  2;  Bau  und 
Betrieb  von  Gasmaschinen,  Übungen  2;  Bau  und  Betrieb  von 
Automobilfahrzeugen,  2;  Projektierung  elektrischer  Anlagen, 
a,  Übungen,  3.  —  Boessler:  Ausgewählte  Kapitel  der  Elektro- 
technik) 2;  Fernleitung  von  W^echselströmen,  2;  Wärme- 
mechanik, Übungen,  18;  Elektrische  Bahnen,  2.  —  Blaby: 
Elektromechanik,  4;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Elektro- 
mechanik,  2;  Übungen  im  elektrotechnischen  Laboratorium 
(mit  W.  Wedding),  36.  —  Strecker:  Elektrotelegraphie, 
2.  —  W.  Wedding:  Elektrotelegraphie  mit  Experimenten, 
I;  Elektrotechnische  Messkunde,  2;  Beleuchtungstechnik  und 
Anlagen,  2.  —  Kall  mann :  Betriebstechnik  fUr  Elektrizitäts- 
werke und  Verkehrsuntemehmungen,  2 ;  Elektrische  Sicherheits- 
technik für  Starkstromanlagen  und  Bahnen,  2.  —  Kapp:  Bau 
der  Dynamomaschinen    und  Transformatoren,  2,    Übungen,  3. 

—  Fp.  Vogel:  Galvanische  Elemente  und  Akkumulatoren,  2. 

—  BCeyn:  Mechanische  Technologie  I,  2,  II,  2,  Übungen,  2; 
Die  Zustandsänderungen  der  Metalle  und  Legierungen  bei 
ihrer  technischen  Verarbeitung  mit  Berücksichtigung  der  wich- 
tigsten Ergebnisse  der  Metallmikroskopie,  2  g.  —  Hörmann : 
Spezielle  mechanische  Technologie  (Spinnerei,  Weberei),  4; 
Werkzeugmaschinen,  2;  Allgemeine  mechanische  Technologie, 
2.  —  Josse:  Übungen  im  Maschinenlaboratorium  I,  i,  Übungen, 
4,  II,  6,  III,  10.  —  Kammerer:  Hebemaschinen  (Winden, 
Krahne),  4;  Maschinenbau  (mit  Riedler),  4,  Übungen,  4.  — 
LeiSt :  Technik  der  Kälteerzeugung,  4.  —  Ludewig :  Wasser- 


kraftmaschinen,  Übungen,  4;  Dampfkessel,  2,  Übungen,  4.  — 
Martens:  Materialienkunde  mit  Übungen  in  der  mechanisch- 
technischen Versuchsanstalt  (Spezieller  Teil,  selbständige  Aus- 
fuhrung von  Festigkeitsversuchen),  2,  Übungen,  2. —  E.Meyer: 
Mechanik  I,  4,  Übungen,  2.  —  N.  N. :  Eisenbahnmaschineobau, 
insbesondere  Lokomotiv-  und  Wagenbau,  4,  Übungen,  4;  Ab- 
riss  der  Verkehrsmittel  auf  Eisenbahnen  u.  s.  w.,  2;  M-oschinen- 
kunde  II,  2,  Übungen,  3;  Maschinenkunde  II:  Kraft-  und 
Arbeits-,  insbesondere  Baumaschinen,  4,  Übungen,  4.  —  N.  N".: 
Tiefbau-Elemente  für  maschinentechniscbe  Anlagen,  2,  Übun- 
gen, 4.  —  Beichel:  Maschinenelemente,  i,  Übungen,  8; 
Wasserkraftmaschinen,  4,  Übungen,  4.  —  Biedler:  Maschinen- 
lehre, 2,  Übungen,  6.  —  Stumpf:  Dampfmaschinenbau,  2, 
Übungen,  8;  Entwerfen  von  Arbeitsmaschineu,  Übungen,  4. — 
Wehage:  Angewandte  Mechanik,  4.  —  Buhle:  Massen- 
transport, 2;  Eisenbahnmaschinenbau,  4,  Übungen,  4;  Verkehrs- 
mittel auf  Eisenbahnen  (ausgewählte  Kapitel),  2.  —  Heinel : 
Konstruktion  der  Kühl-  und  Eismaschinen,  3,  Übungen,  3.  — 
Leist:  Mechanik  I,  4,  Übungen,  2.  — 

V.  Buohka:  Chemie  der  Nahrungsmittel  mit  Berück- 
sichtigung der  Nahrungsmittel-Analyse  und  Bakteriologie,  4; 
Geschichte  der  Chemie, 2.  —  Herzfeld:  Zuckeruntersuchungen, 
Übungen,  2;  Chemie  der  Ernährung  der  Pflanze,  2.  — 
V.  Knorre:  Analytische  Chemie:  Qualitative  Analyse,  2; 
Praktische  Arbeiten  im  elektrochemischen  Laboratorium,  tägl. ; 
Angewandte  Elektrochemie,  4.  —  Ijiebermann:  Organische 
Chemie  II:  Aromatische  Reihe,  cyklische  Verbindungen,  Farb- 
stoffe, Alkaloide  u,  s.  w.,  6;  Praktische  Arbeiten  im  organischen 
Laboratorium,  tägl.  —  N.  N. :  Spezielle  anorganische  Chemie, 
4;  Praktische  Arbeiten  im  anorganischen  Laboratorium,  tägl.  — 
Traube:  Thermochemie,  2;  Physikalisch-chemische  Übungen, 

3.  —  Witt:  Chemische  Technologie  I,  4;  Glas,  Keramik, 
Apparatenkunde,  4;  Praktische  Arbeiten  im  technologischen 
Laboratorium,  tägl.  —  Holde:  Untersuchung  der  Mineralöle 
und  übrigen  Naphtaprodukte  (Benzin,  Petroleum,  Schmieröl, 
Paraffin  u.  s.  w.),  2 ;  Praktikum  in  der  Untersuchung  der  Fette, 
Öle  und  Naphtaprodukte,  2.  —  Jurisch:  Entwerfen  von 
chemischen  Anlagen,  Übungen,  4.  —  Miethe:  Spektral- 
analyse mit  Übungen,  2;  Photochemie  und  photomechanische 
Prozesse,  2;  Konstruktioustypen  photographisch-optischer  In- 
strumente, x;  Praktische  Arbeiten  im  photochemischen  Labo- 
ratorium, tägl.;  Photographische  Übungen  in  den  gebräuch- 
lichen Prozessen,  16;  LichtpausUbungen,  2-  oder  4  wöchige 
Kurse.  —  FrentBel:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Chemie 
der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  2.  —  Junghahn:  Techno- 
logie der  Proteinstoffe:  Albumine  (Eiweiss,  Casein,  künstliche 
Nahrungsmittel  u.  s.  w.),  mit  Exkursionen,  2.  —  KÜhling: 
Massanalyse,  2;  Stöchiometiie,  I.  —  Btavenhagen:  Quanti- 
tative Analyse,  2.  —  Täuber:  Färbepraktikum,  2.  —  V08- 
winckel:  Ausgewählte  Kapitel  der  organischen  Chemie,  i. — 
Wolffenstein:  Alkaloide,  2.  — 

Dsiobek:  Höhere  Mathematik:  Differential*  und  Inte- 
gralrechnung, Analytische  Geometrie,  6,  Übungen,  2.  — 
HaentZBChel:  Elemente  der  Mechanik,  4;  Über  ein  Kapitel 
aus  der  mechanischen  Wärmetheorie,  i  ^.  —  Hamburger: 
Variationsrechnung,  2;  Funktionentheorie,  2;  Niedere  Analysis 
und  Algebra,  4.  —  Hauck:  Darstellende  Geometrie  II,  5, 
Übungen,  5.  —  Hertzer:  Darstellende  Geometrie  II,  5, 
Übungen,  5.  —  Hettner:  Höhere  Mathematik:  Differential- 
und  Integralrechnung,  Analytische  Geometrie,  6,  Übungen,  2 ; 
Theorie  der  Kaumkurven  und  Flächen,  i.  —  Ijampe:  Höhere 
Mathematik:  Differential-  und  Integralrechnung,  Analytische 
Geometrie,  6,  Übungen,  2;  Bestimmte  Integrale  und  Differen- 
tialgleichungen, 2.  —  HeBSenberg:  Darstellende  Geometrie  I, 
5,  Übungen,  5;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Theorie  der 
Kegelschnitte,  2.  —  Jolles:  Darstellende  Geometrie  II,  5, 
Übungen,  5.  —  B.  Müller:  Differentuü- und  Integralrechnung, 

4.  —  Steinita:  Synthetische  Geometrie  I,  2,  Übungen,  i, 
II,  2,  Übungen,  i;  Elemente  der  darstellenden  Geometrie,  2, 
Übungen,  4.  — 

Universität  Bern. 

Forster:  Experimentalphysik  I:  Allgemeine  Physik, 
Akustik,  Optik,  6;  Wärmelehre  (Schluss),  i  g\  Repetitorium 
der  Physik,  2 ;  Theoretisch-praktischer  Kurs  der  Photographie, 
4;  Physikalisches  Praktikum,  4.  —  Ghruner:  Mathematische 
Physik,  2;  Spektralanalyse,  i.  — 

Friedheim:  Spezielle  anorganische  Chemie,  3;  Quali- 
tative   und    quantitative  Analyse,    2;    Chemische  Technologie 


294 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13. 


der  Brennstoffe  und  landwirtschaftlichen  Gewerbe  (mit  Exkur- 
sionen), 2 ;  Anorganisch-chemisches  Praktikum  ( Halbpraktikum 
Hir  Anfanger),  tägl.  ausser  Sonnabend;  Analytisch-chemisches 
Praktikum  für  Mediziner,  8;  Übungen  in  der  technischen  Gas- 
analyse, 3.  — V.  KoBtanecki:  Organische  Chemie,  6;  Repe- 
titorium  der  organischen  Chemie,  i ;  Organisch-chemisches 
Praktikum,  tägl.  —  BohafTer:  Chemie  der  menschlichen 
Nahrungs-  und  Genussmittel,  2;  Die  Konservierung  der  Xah- 
rungs-  und  Genussmittel  durch  Chemikalien  und  Nachweis 
der  letzteren,  i ;  Übungen  im  Untersuchen  von  Nahrungs- 
und Genussmitteln.  —  Tambor:  Einführung  in  die  Chemie 
der  organischen  Farbstoffe,  2;  Repetitorlum  der  Chemie  der 
carbo-  und  heterocyklischen  Verbindungen,  für  Vorgerücktere, 
1.  —  Mai:  Anorganisch-chemische  Arbeiten  im  Privatlabora- 
torium; Repetitorium  der  anorganischen  Chemie,  2;  Besprechung 
anorganischer  Laboratoriumsarbeiten,  i.  — 

Qraf:  Kugelfunktionen  (mit  Repetitorium),  4;  BesseVsche 
Funktionen  (m.  Repetitorium),  3 ;  Funktionentheorie,  2 ;  Gamma- 
funktionen,  2;  Differential-  u.  Integralrechg.,  2;  Politische  Arith- 
metik, 2 ;  Mathematisch.  Seminar  (m.  H  üb  er) ,  2 ;  Mathematisch- 
versicherungswissenschaftliches  Seminar  (mit  Moser),  i.  — 
Q.  Huber:  Mechanik  des  Himmels,  2;  Raumkurven  und 
abwickelbare  Flächen,  2.  —  Ott:  Differentialrechnung,  2; 
Analytische  Geometrie  I,  2.  —  Benteli:  Elemente  der  dar- 
stellenden Geometrie,  4;  Praktische  Geometrie,  Übungen  auf 
dem  Terrain,  3.  —  Moser:  Das  Makeham'sche  Gesetz  und 
seine  Bedeutung  für  die  Versicherungsrechnung,  1  —  2.  — 
Crelier:  G^om^trie  synth^tique  I,  2  ^.  — 

Universität  Bonn. 

'KAjser :  Experimentalphysik  JI :  Elektrizität,  Optik,  5 ; 
Physikalisches  Laboratorium  für  Vorgeschrittene,  tägl.;  Phy- 
sikalisches Kolloquium,  2  g;  Physikalisches  Laboratorium  für 
Anfänger  (mit  Hagenbach),  8.  —  Hagenbach:  Physika- 
lische Messungen  mit  Berücksichtigung  des  Praktikums,  2.  — 
Pflüger:  Mechanische  Warmetheorie,  2.  —  Buoherer:  Die 
Elektronentheorie  mit  Einführung  in  die  Vektoranalysis  (Ka- 
thodenstrahlen, Zeemansches  Phänomen),  2  g.  — 

Ansohütz:  EJcperimentalchemie  I:  Allgemeine  und  an- 
organische Chemie,  5;  Kolloquium  über  neuere  Arbeiten  auf 
dem  Gebiete  der  Chemie,  i  g;  Chemisches  Praktikum  für 
Anfanger  und  Geübtere,  sowie  für  Nahrungsmittelchemiker 
(mit  Partheil  und  Rimbach),  tägl.  ausser  Sonnabend; 
Chemisches  Praktikum  für  Mediziner,  4.  —  Sohroeter:  Cy- 
klische  Kohlenstoffverbindungen  II :  Heterocyklische  Substanzen, 
2;  Praktikum  über  organische  Farbstoffe  (mit  Binz),  3.  — 
Pauly:  über  Abkömmlinge  der  Kohlensäure,  i.  —  Rimbach: 
Analytische  Chemie  II:  Quantitative  Analyse,  2;  Polarimetrie 
und  Refraktometric  und  ihre  Anwendungen  in  der  Chemie 
(mit  Übungen),  i ;  Übungen  in  der  mikrochemischen  Analyse, 
2  g;  Übungen  in  den  wichtigsten  physikalisch- chemischen 
Untersuchungsmethoden  (mit  Lob),  3  g.  —  Partheil :  Phar- 
mazeutbche  Chemie,  anorganischer  Teil,  4;  Nahrungsmittel- 
chemie, 2;  Galenische  Präparate,  lg.  —  Binz:  Organische 
Farbstoffe  mit  Berücksichtigung  der  Patentlitteratur,  i.  — 
liöb:  Physikalische  Chemie  I:  Die  allgemeinen  Eigenschaften 
der  Stoffe,  2;  Grundzüge  der  Elektrochemie,  i  g\  Anleitung  zu 
selbständigen  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  physikalischen 
Chemie  und  Elektrochemie,  tägl.,  g.  —  Heusler:  Chemische 
Technologie  für  Juristen  und  Kameralisten  (mit  Exkursionen 
und  Demonstrationen  in  der  Düsseldorfer  Ausstellung),   2.  — 

Iiipschitz:  Elemente  der  Differential-  und  Integralrech- 
nung, 4 ;  Übungen  im  mathematischen  Seminsu*,  2  g.  —  Kor-    | 
tum:  Funktionentheorie,  4;    Unendliche  Reihen,  2;  Übungen    i 
im  mathematischen  Seminar,    2  g.  —  Hefiter:    Theorie  der 
linearen    Differentialgleichungen,   4;    Darstellende  Geometrie: 
Parallelprojektion,     mit    Zeichenübungen,     5.    —    Küstner: 
Theorie  und  Praxis  der  astronomischen  Instrumente,  3;  Prak- 
tische Übungen  im  astronomischen  Beobachten  (mit  M  ö  n n  i  ch  - 
meyer),  tägl.;  Astronomisches  Kolloquium,  lg.  —  Deioh- 
müller:  Theorie  des  astronomischen  Femrohrs,  2;  Praktisch- 
astronomische Arbeiten,  2  mal  wöchentlich,  g.  —  Mönnich-    , 
meyer:  Chronologie,  i.  —  ! 

Technische  Hochschule  Braunschweig. 

-    Weber:    Physikalisches    Praktikum    (mit    Prümm),    2; 
Expeifc|ntalphysik,    4;   Ausgewählte  Kapitel  aus  der  mathe- 


matischen Physik,  2;  Grundzüge  der  Tclegraphie  und  Tcle- 
phonie,  i.  —  Peukert:  Elektrotechnik,  4;  Elektrotechnische 
Könstruktionsübungen,  2;  Grundzüge  der  Elektrochemie,  2: 
Elektrotechnisches  Praktikum  (mit  Cruse),  6.  — 

R.  Meyer:  Technologische  Übungen,  2;  Organische 
Experimentalchemie,  6;  Chemische  Technologie  der  Faser- 
stoffe, I ;  Arbeiten  im  Laboratorium  für  analytische  und  tech- 
nische Chemie  (mit  Biehringer  und  Mai  er).  —  Bieh- 
ringer:  Analytische  Chemie  (für  technische  Chemiker  1,  2; 
Stöchiometrische  Rechnungen,  i;  Chemisch-technische  Rech- 
nungen, l;  Chemie  der  Metalle,  2.  —  Bodländer:  Elektro- 
chemie, 2;  Metallurgie,  2;  Chemische  Technologie  I,  5;  Ar- 
beiten im  Laboratorium  für  physikalische  Chemie  und  Elektro- 
chemie. —  Reinke:  Untersuchungsmethoden  auf  dem  Gebiete 
der  Zuckertechnik,  2;  Die  besonderen  Methoden  der  Zucker- 
herstellung,  4 ;  Betriebsstörungen  in  der  Gärungs-,  Stärke-  und 
Zuckertechnik,  2;  Arbeiten  im  Laboratorium  für  Gärungs-, 
Stärke-  und  Zuckertechnik  (mit  Grevel).  —  Pommer:  An- 
bau  und  Pflege  der  Zuckerrübe,  2.  —  Schnitze:  Agrikultur- 
chemie, 2.  —  Beokurts:  Abwässerreinigung,  2 ;  Pharmakog- 
nosie, 3,  Übungen,  2;  Pharmazeutische  Chemie,  3;  Arbeiten 
im  Laboratorium  für  pharmazeutische  Chemie  und  Nahrungs- 
mittelchemie  (mit  Troeger  und  Frerichs).  —  Troeger: 
Analytische  Chemie  (für  Pharmazeuten)  in  zwei  Kursen,  2; 
Repetitorium  der  anorganischen  und  organischen  Chemie  für 
Pharmazeuten,  2;  Gasanalyse,  i.  —  Ijinde:  Pharmakogn. 
Praktikum,  3.  —-  Degener:  Chemie  der  Rübe  und  der 
Rübensaftreinigung,  3.  — 

Frioke:  Analytische  Geometrie  und  Algebra,  2;  Diffe- 
rential- und  Integralrechnung  I,  4,  Übungen,  2;  Analytische 
Mechanik,  3;  Elementarmathematik,  2.  —  Müller:  Dar- 
stellende Geometrie,  4,  Übungen,  6 ;  Geometrie  der  Bewegung. 
3;  Stereometrie,  i.  —  Wemioke:  Statik  starrer  und  elastisch- 
fester Körper  (fär  Architekten),  5,  Übungen,  2.  —  Schöttler: 
Technische  Mechanik  I,  5,  Übungen,  2;  Angewandte  Wärme- 
mechanik, 3;  Messungen  an  Maschinen  (mit  Schmidt).  — 
Denecke:  Technisch^  Mechanik  III,  4,  Übungen,  i;  Betriebs- 
mittel für  Strassen  und  Eisenbahnen,  2;  Eisenbahnmaschinen- 
bau, 2;  Maschinenkonstruieren  II,  Übungen,  4;  Maschinen- 
zeichnen, Übungen,  4.  —  Querfurth:  Theorie  und  Konstruk- 
tion der  hydraulischen  Motoren,  2;  Berechnung  und  Bau  der 
Dampfmaschinen,  3;  Theorie  und  Konstruktion  der  Pumpen 
und  Gebläse,  2;  Maschinenkonstruieren  III,  8.  —  Friedmann: 
Grundzüge  des  Maschinenbaues,  2;  Maschinenelemente,  4; 
Theorie  der  Regulatoren,  3;  Maschinenkonstruieren  I,  10.  — 
Iiüdioke:  Allgemeine  mechanische  Technologie,  2;  Werk- 
zeugmaschinen, 2;  Entwerfen  von  Werkzeugmaschinen,  3; 
Spinnerei,  2;  Weberei,  2;  Mühlenwesen,  3;  Technologische 
Übungen,  2.  — 

Universität  Breslau. 

O.  B.  Meyer:  Experimentalphysik  I:  Mechanik,  Aku- 
stik, Optik,  4 ;  Lehre  von  der  Wärme,  i  g;  Übungen  und  Ar- 
beiten im  physikalischen  Laboratorium  (mit  Neu  mann], 
3,  6  bezw,  tägl.  —  Neumann :  Theoretische  Physik  II :  Hy- 
dromechanik, 4,  Übungen,  ig.  — 

Ladenburg:  Allgemeine  Experimentalchemie,  6;  Che- 
misches Kolloquium,  I4tägig,  2  g;  Praktisch -chemische  Üb- 
ungen a)  (mit  Ab  egg),  tägl.  ausser  Sonnabend,  b)  für  Me- 
diziner, c)  für  Landwirte.  —  Abegg:  Physikalisch- chembches 
Kolloquium,  i;  Elektrochemie,  2;  Die  Molekularverbind- 
ungen, 2;  Physikalisch-chemisches  Praktikum,  3.  —  Scholti: 
Die  synthetischen  Methoden  der  organischen  Chemie,  2 ;  Repe- 
titorium der  organischen  Chemie,  2.  —  Ahrens:  Technologie 
der  Brennstoffe,  Teerprodukte  und  künstlichen  Farbstoffe,  4: 
Technologie  der  Gärungsindustrieen,  2;  Technische  Gasanalysc, 
I  g;  Chemisch-technisches  Praktikum  nebst  Anleitung  zu 
selbständigen  Arbeiten,  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Heri: 
Chemische  Verwandtschaftslehre  (ausgewählte  Kapitel  aus  der 
physikalischen  Chemie),  1 ;  Analytische  Chemie,  2.  —  Po- 
leck: Anorganische  Experimentalchemie,  6;  Die  Gifte  in 
chemischer  und  forensischer  Beziehung,  3;  Massanalyse,  2; 
Ausgewählte  Kapitel  der  pharmazeutischen  Chemie,  Benzol- 
derivate, I  g\  Praktisch-chemische  Übungen  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Pharmazie,  der  forensischen  Chemie  und 
Hygiene,  tägl.  ausser  Sonnabend.  — 

Rosanes:  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  4;  Neuere 
Methoden  der  analytischen  Geometrie,  2;  Übungen  des  ma- 
thematisch-physikalischen Seminars  über  bestimmte  Integrale, 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13. 


295 


1  bis  2  g.  —  Sturm:  Elemente  der  Linieneeometrie,  3; 
Geometrische  Abschnitte  der  Mechanik,  3;  Übungen  des 
mathematisch-physikalischen  Seminars,  2  g.  —  London: 
Theorie  der  elliptischen  Funktionen,  4.  —  Franz:  Einleitung 
in  die  Geodäsie,  X  g\  Rotation,  Präression,  Nutatlon,  Libra- 
tion,  Figur  und  Flut  der  Himmelskörper,  2;  Astrophysik: 
Spektralanalyse,  Photometrie  und  Photographie  der  Gestirne, 
2;  Astronomisches  und  geodätisches  Praktikum,  2.  — 

Technische  Hochschule  Brunn. 

N.  N.:  Physik,  5;  Elektrizitätslehre,  3.  —  Tuma:  Phy- 
sik, 3;  Physikalisches  Praktikum,  4.  —  Kiesel  v.  Mayen- 
dorf:  Meteorologie  und  Kllmatologie,  3.  —  Zickler:  Allge- 
meine Elektrotechnik,  3;  Spezielle  Elektrotechnik:  Elektro- 
technische Konstruktionen,  2;  Elektrotechnisches  Praktikum, 
2;  Elektrotechnische  Arbeiten.  — 

Habermann:  Organische  Chemie,  6;  Analytische  Che- 
mie I:  Allgemeiner  Teil,  2;  Chemische  Übungen  I,  10,  II,  20. 
—  Honig:  Chemische  Übungen  III,  20;  Chemie  der  Nah- 
rungs-  und  Genussmittel,  3;  Enzyklopädie  der  technischen 
Chemie,  4;  Technische  Warenkunde  der  nichtorganischen 
Rohstoffe,  2.  —  Donath:  Chemische  Technologie  I,  6,  II, 
6,  III,  i*2l  Übungen  im  Laboratorium  für  chemische  Tech- 
nologie, 20.  —  Weinreb:  Spezielle  Färberei  und  Zeug- 
drtickerei,  2.  —  Frenzel:  Elektrochemie  II:  Anwendungen, 
2.  —  MikOBCb:  Technische  Mikroskopie,  i,  Übungen,  2; 
Technische  Warenkunde  der  organisierten  Rohstoffe,  3,  mikro- 
skopische Übungen,  4.  — 

Waelflch:  Grundlehren  der  höheren  Mathematik,  5; 
Mathematische  Übungen,  2.  —  Biermann :  Ausgewählte  Ka- 
pitel der  höheren  Mathematik  II,  3,  Übungen,  i ;  Mathe- 
matische Näherungsmethoden,  2;  Über  konforme  Abbildungen, 
I.  —  Bupp:  Darstellende  Geometrie  und  konstruktives 
Zeichnen,  4,  Übungen,  4;  Ausgewählte  Partieen  aus  dem  Ge- 
biete der  darstellenden  Geometrie,  2.  —  Obenrauoh:  Ge- 
schichte der  Geometrie,  i.  — 

Universität  Czernowitz. 

Handl:  Ausgewählte  Kapitel  der  Experimentalphysik,  2; 
Praktisch-physikalische  Übungen,  6  g,  —  Tumlirz:  Theo- 
retische  Mechanik,  5;    Mathematisch-physikalisches  Seminar, 

2  g\  Mathematisch-physikalisches  Proseminar,  2  g.  — 

Pribram :  Allgemeine  Chemie  II,  5 ;  Pharmazeutische 
Cliemie,  5;  Chemische  Übungen,  filr  Anfanger,  halbtägig, 
tiglich  ausser  Sonnabend;  Anleitung  zur  Ausfuhrung  wissen- 
schaftlicher Untersuchungen,  für  Vorgeschrittene,  tägl.  ausser 
Sonnabend,  g.  — 

Paohta:  Ausgewählte  Kapitel  der  analytischen  Geo- 
metrie, 2;  Anwendung  der  Differential-  und  Integralrechnung 
auf  die  Geometrie,  3;  Seminar  für  Mathematik,  2  g.  — 

Technische  Hochschule  Darmstadt 

Schering:  Experimentalphysik,  5;  Physikalisches  Prak- 
tikum, 4  Nachmittage;  Selbständige  Arbeiten  aus  dem  Gebiete 
der  Physik;  Theoretische  Elektrizitätslehre,  2.  —  Zeiasig: 
Experimentalphysik,  4;  Repetitorium  der  Experimentalphysik 
für  Pharmazeuten,  i.  —  Budolphi:  Einfuhrung  in  das  physi- 
kalische Praktikum,  i ;  Physikalische  Chemie,  2 ;  Physikalisch- 
chemisches Kolloquium ;  Physikalisch-chemische  Übungen  und 
Arbeiten.  —  Meisel:  Grundzüge  der  Kartenprojektionslehre,  i, 
Übungen  2;  Theorie  der  optischen  Instrumente  II,  2.  — 
Porch:  Berechnung  physikalischer  Aufgaben,  i.  — Blittler: 
Allgemeine  Elektrotechnik  II,  4,  Übungen,  2;  Übungen  im 
elektrotechnischen  Laboratorium,  6  halbe  Tage;  Selbständige 
Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der  Elektrotechnik.  —  Wirtz: 
Allgemeine  Elektrotechnik  I,  2;  Elemente  der  Elektrotechnik,  3 ; 
Omndzäge  der  Telegraphie  und  Telephonic,  2.  —  Bengel: 
Konstruktion  elektrischer  Maschinen  und  Apparate,  2,  Übun- 
gen, 3;  Projektieren  elektrischer  Licht-  und  Kraftanlagen, 
Übungen,  2;  Grundzüge  der  Elektrotechnik,  2.  —  Qreim: 
Mathematische  Geographie  in  elementarer  Behandlung,  2; 
Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Meteorologie  und  Klimatologie.  — 
liincke:  Maschinenelemente,  6;  Konstruktions- Übungen  zu 
Maschinenelementen,  9.  —  Bemdt:  Konstruktions- Übungen 
in  Maschinenelementen,  3;  Allgemeine  Maschinenlehre,  3; 
Eisenbahn-Maschinenbau  I,  3;  Eisenbahn-Maschinenbau  11,  2; 


Übungen  zu  Werkzeugmaschinen  und  zu  den  Elementen  des 
Lokomotivbaues,  3 ;  Gasmotoren,  2 ;  Maschinenbau-Praktikum 
I,  3.  —  Krause:  Mechanische  Technologie  I,  2,  11,  4: 
Arbeiterschutz,  2;  Hüttenmaschinen,  i.  —  Qutermuth:  Dampf- 
kessel, 2;  Pumpraaschinen,  4;  Gebläse  und  Kompressoren,  2; 
KonstruktionsQbungen ,  6;  Maschinenbau-Praktikum  II,  3.  — 
Ffarr:  Regulatoren  zu  Wasserkraftmaschinen,  i ;  Maschinen- 
bau-Praktikum III;  Fabrikanlagen,  2;  Konstruktions-Übungen 
zu  Hebemaschinen,  Wasserkraftmaschinen  und  Fabrikanlagen,  6 ; 
Papierfabrikation  und  deren  Maschinen,  2.  —  Beck:  Gewichts- 
und Kostenberechnungen  der  Maschinenfabrikation,  i.   — 

Staedel:  Anorganische  Experimentalchemie ,  6;  Chemi- 
sches Praktikum,  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Dieffenbaoh: 
Elektrochemie,  2 ;  Chemische  Technologie,  2 ;  Metallurgie,  2 ; 
Elektrochemisches  Kolloquium,  i ;  Chemisches  Praktikum  für 
Elektrochemiker,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Chemisch-technisches 
und  elektrochemisches  Praktikum,  täglich  ausser  Sonnabend.  — 
Finger:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  organischen  Chemie,  2; 
Teerfarbstoffe,  4;  Praktikum  im  Farbstofflaboratorium.  — 
Kolb:  Analytische  Chemie  I,  2;  Methoden  der  organischen 
Analyse,  2;  Kolloquium  über  anorganische  Chemie,  i.  — 
Heyl:  Elemente  der  organischen  und  Agrikultur-Chemie,  3; 
Pharmazeutische  Chemie,  2;  Ausmittelung  der  Gifte,  i.  ^ 
Krausser:  Pharmakognosie,  i,  Übungen,  i.  —  Sonne: 
Chemisch-technische  Untersuchung  der  Nahrungsmittel,  Genuss- 
mittel und  Gebrauchsgegenstände,  i;  Chemisch -technisches 
Kolloquium,  i.  —  Weller:  Untersuchen  von  Nahrungsmitteln, 
Genussmitteln  und  Gebrauchsgegenständen,  8.  —  Vaubel: 
Theoretische  Chemie,  2,  Übungen,  3;  Stöchiometrische  Be- 
rechnungen, I.  —  Kenmann :  Die  Nutzmetalle,  i;  Hütten- 
männische Probierkunst,  mit  Übungen,  2;  Elektroanalyse,  i.  — 

Qundelfinger:  Höhere  Mathematik  I,  5,  Übungen  3; 
Analytische  Übungen;  Repetitorium  der  höheren  Mathematik  I 
und  II,  I.  —  Henneberg:  Technische  Mechanik,  3,  Übun- 
gen 2;  Mechanik  I,  5,  Übungen  i;  Repetitorium  der  Mecha- 
nik, i;  Reine  Kinematik  mit  Übungen,  2.  —  Dingeldey: 
Höhere  Mathematik  I,  5,  Übungen  3;  Ergänzung  zu  der  Vor- 
lesung über  höhere  Mathematik  I,  2;  Elemente  der  höheren 
Algebra,  mit  Übungen,  2.  —  Wiener:  Ebene  Kurven  und 
Raumkurven  in  geometrischer  Behandlung  mit  Anwendungen 
auf  Technik  und  Kunst  und  Technik,  2;  Darstellende  Geo- 
metrie I,  4,  Übungen  6 ;  Arbeiten  im  mathematischen  Institut.  — 
Scheffers:  Höhere  Mathematik  für  Architekten,  Chemiker, 
Elektrochemiker  und  Geometer,  3,  Übungen,  2;  Darstellende 
Geometrie  I,  4,  Übungen,  6.  —  Qraefe:  Repetitorium  der 
Elementarmathematik,  3,  Übungen,  2;  Höhere  Mathematik 
für  Architekten,  Chemiker  und  Elektrochemiker,  3,  Übun- 
gen, 2;  Höhere  Mathematik  II,  2,  Übungen,  i.  — 

Technische  Hochschule  Dresden. 

Hall  wachs:  Experimentalphysik,  5;  Physikalisches  Prak- 
tikum I,  3,  II,  6  oder  9;  Praktikum  für  grössere  physikalische 
Arbeiten,  20.  —  Toepler:  Einleitung  in  die  Theorie  des 
Potentials  und  der  stationären  elektrischen  Strömung,  2.  — 
Krone :  Theorie  und  Praxis  der  Photographie  und  Kolloquium 
über  wissenschaftliche  Photographie,  3;  Lichtpausen,  kürzerer 
Kursus,  2g.  —  QÖrges :  Allgemeine  Elektrotechnik II:  Dynamo- 
maschinen,  Transformatoren,  Elektromotoren,  Kraftverteilung, 
2 ;  Theorie  des  Wechselstromes,  3 ;  Elektrotechnisches  Prakti- 
kum für  Anfanger,  4;  Elektrotechnisches  Laboratorium,  30; 
Elektrotechnisches  Kolloquiimi  (mit  Kubier),  2  g.  —  Kubier: 
Dynamomaschinen  II,  2;  Elektrische  Arbeitsübertragung,  2; 
Entwerfen  von  Dynamos,  4;  Die  Starkstromtechnik  im  Eisen- 
bahnwesen und  Werkstättenbetrieb  I,  I.  —  Ulbricht:  Eisen- 
bahnsignalwesen und  elektrische  Eisenbahneinrichtungen,  3  g. 
—  Scheit:  Maschinenelemente  für  Maschinen-  und  Elektro- 
ingenieure, 5,  für  Bauingenieure,  3;  Maschinenkonstruieren 
(Maschinenelemente)  für  Maschinen-  und  Elektroingenieure, 
IG,  für  Bauingenieure,  4;  Hebemaschinen,  2;  Maschinen- 
konstruieren (Hebezeuge)  für  Maschinen-  und  Elektroingenieure, 
10;  Untersuchung  von  Baumaterialien,  3;  Festigkeitslehre  für 
Maschinen-  und  Elektroingenieure,  3.  —  FiBOher:  Allgemeine 
Maschinenlehre  (Kraftmaschinen),  4;  Technisches  Zeichnen 
für  die  mechanische  und  chemische  Abteilung,  4;  Skizzieren, 
4;  Appreturmaschinen,  2.  —  Ii.  Lewioki:  I)ampfm.aschinen 
(Fortsetzung),  4;  Wasserkraftmaschinen,  3;  Maschinenkon- 
struieren für  Maschinen-  und  Elektroingenieure,  10 ;  Arbeiten 
im  Maschinen-Laboratorium  A    mit  Kollo(|uium    (mit  E.  Le- 


296 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13. 


wicki),  3.  —  MoUier:  Technische  Thermodynamik  U:  Gas- 
und  Kältemaschinen,  4;  Kinematik  II,  2,  Übungen,  3;  Arbeiten 
im  Maschinenlaboratorium  B,  3;  Grössere  Arbeiten  im  Maschi- 
nenlaboratorium B,  24.  —  Smst  Müller:  Allgemeine  mecha- 
nische Technologie  I,  3;  Papierfabrikation,  3;  Praktikum  fiir 
Faserstofftechnik,  halbtägig;  Übungen  im  Aufnehmen  und  Be- 
rechnen von  zusammengesetzten  Arbeitsmaschinen  (für  Fabrik- 
ingenieure),  3^.  —  Grübler:  Technische  Mechanik  II,  6, 
Übungen,  2;  Graphostatische  Übungen,  2  g. 

Hempel:  Experimentalchemie  (anorganische),  6;  An- 
organisch-chemisches Praktikum,  qualitative  Analyse,  12; 
(juantitative  Analyse,  technische  Titriermethoden,  Gasanalyse, 
ganztägig.  —  V.  Meyer:  Organisch-technische  Chemie  I: 
Chemische  Technologie  der  Fette  und  öle:  Fabrikation  von 
Seife,  Kerzen,  Glycerin,  Sprengstoffe,  Lederbereitung,  3;  Syn- 
thetische Methoden  der  organischen  Chemie,  i ;  Organisch- 
chemisches  Praktikum,  ganz-  und  halbtägig.  —  MÖhlau: 
Chemie  des  Steinkohlenteers:  Die  Rohmaterialien  und  Zwischen- 
produkte für  die  Industrie  der  organischen  Farbstoffe,  3; 
Chemie  und  chemische  Technologie  der  organischen  Farb- 
stoffe I,  2;  Praktikum  für  Farbenchemie  und  für  Färberei- 
technik, halbtägig,  für  grössere  Arbeiten  auf  dem  Gebiete 
der  Farbenchemie,  ganztägig.  —  Bucherer:  Einführung  in 
das  allgemeine  Patentwesen,  i ;  Chemisch-technische  Tages- 
fragen, erörtert  an  Hand  der  neueren  Patentlitteratur,  1  g. 
—  F.  Foerfiter:  Chemische  Technologie  des  Glases,  der 
'ITionwaren,  der  Bausteine  und  des  Mörtels,  sowie  des  Cements 
(mit  Exkursionen),  2;  Physikalische  Chemie  I  (zugleich  Ein- 
führung in  die  Elektrochemie),  2;  Praktikum  für  Elektro- 
chemie, 12,  für  grössere  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Elektro- 
chemie und  physikalischen  Chemie,  ganztägig. — IiOttermOBer : 
Chemie  der  CoUoide,  i;  Anwendung  der  Titriermethoden  in 
der  Technik,  i.  —  Srich  Müller:  Reduktion  und  Oxydation 
durch  F21ektTolyse,  I.  —  SohlOBSmann :  Die  Untersuchung 
der  wichtigsten  Körperflössigkeiten  (Milch,  Harn  u.  s.  w.), 
mit  Übungen,  2.  —  V.  Walther:  Moderne  Theorien  der 
organischen  Chemie  (Stereo chemie,  Benzoltheorie),  i ;  Metall- 
organische und  organische  Phosphor-Arsen-Antimon-Verbin- 
dungen u.  s.  w.,  I.  — 

Fuhrmann:  Differential-  und  Integralrechnung,  5;  An- 
wendungen der  Elementarmathematik,  2;  Geodätisches  Prak- 
tikum, 4:  Geodätisches  Zeichnen,  2.  —  Hegar:  Raumkurven 
III.  Ordnung,  1  ^.  —  Helm:  Analytische  Geometrie  I,  3, 
Übungen,  1 ;  Elektrodynamik  nach  ihrer  geschichtlichen  Ent- 
wickelung,  2;  Dioptrik,  2;  Versicherungstechnisches  Seminar, 
I  g^  Übungen,  2.  —  Krause:  Integralrechnung,  5,  Übungen, 
2 ;  Elemente  der  Theorie  der  doppelt  periodischen  Funktionen, 
4;  Mathematisches  Seminar,  i  g.  ^  Naetsch:  Analytische 
Theorie  der  Kurven  und  krummen  Flächen,  3;  Sphärische 
Trigonometrie,  2.  —  Fattenhausen :  Methode  der  kleinsten 
Quadrate,  2,  Cljungen,  i;  Höhere  Geodäsie,  2,  Übungen,  i; 
Sphärische  Astronomie,  2;  Skiz7ieren  geodätischer  Instrumente, 
Übungen,  2;  Triangulierungsübungen,  4;  Geodätisches  Prakti- 
kum I,  4,  II,  4;  Grössere  Terrainaufhahmen,  2  Wochen.  — 
Rohn:  Darstellende  Geometrie  I,  4,  Übungen,  6;  Kurven  und 
Flächen  2.  Grades,  2  g.  —  Btutz:  Planzeichnen  II,  2;  Tech- 
nisches Zeichnen  für  Ingenieure,  6.    — 


Universität  Erlangen. 

Wiedemann:  Experimentalphysik:  Wärme,  Akustik, 
Optik,  5;  Physikalisches  Praktikum  für  Anfanger  (Chemiker, 
Mediziner  u.  s.  w.),  2;  Physikalisches  Halbpraktikum,  20; 
Physikalisches  Vollpraktikum,  44;  Physikalisches  Kollo(|uium, 
2  g.  —  Schmidt:  Theoretische  Physik  I:  Mechanik,  Hydro- 
dynamik, Wärme  und  Akustik,  4;  Mathematisch-physikalisches 
Seminar,  2  g.  —  Wehnelt:  Elektrotechnik,  2.  — 

Fischer:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Praktische 
Übungen  im  chemischen  Laboratorium  (mit  Busch),  a)  Halb- 
praktikum, 20,  b)  Vollpraktikum,  40.  —  Paal:  Chemie  in 
ihrer  Anwendung  auf  Pharmazie  und  Medizin,  3;  xXusmittelung 
von  Giften  (einschliesslich  der  pharmazeutischen  Chemie  der 
Alkaloide),  I ;  Chemisches  Praktikum,  a)  ganztägig,  44,  b) 
halbtägig,  24;  Praktischer  Kurs  für  Studierende  der  Pharraayie, 
20;  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Nahrungs-  und  Genussmittel, 
a^  ganztägig,  44,  b)  halbtägig,  24  bezw.  20.  —  Busch:  Che- 
mische Technologie:  Anorganische  Grossindustrie,  Metallurgie 
(mit  Exkursionen),   2.  —  Henrich:    Über  Arbeits-  und  For- 


schungsmethoden der  organischen  Chemie,  mit  Experimenten, 
2.  —  Jordis:  Ausgewählte  Kapitel  der  allgemeinen  Chemie, 
mit  Demonstrationen,  i ;  Einführung  in  die  Elektrochemie, 
mit  Demonstrationen,  i.  — 

Qordan:  Differentialgleichungen,  4;  Algebra,  4;  Übungen. 
^  g.  —  Nöther:  Synthetische  Geometrie  mit  Übungen,  3; 
Differentialgeometrie  der  Kurven  und  Flächen,  3;  Einleitung 
in  die  Theorie  der  elliptischen  Funktionen,  3.  — 


Universität  Freiburg  i.  B. 

Himstedt:  Experimentalphysik:  Magnetismus,  Elektri- 
zität, Optik,  5;  Übungen  aus  der  theoretischen  Physik,  i  g; 
Physikalisches  Praktikum,  15;  Anleitung  zu  selbständigen 
Arbeiten,  tägl. ;  Physikalisches  Kolloquium,  2  g.  —  G.  Meyer : 
Physikalische  Chemie,  2;  Spektralanalyse,  2;  Spektralanaly- 
tisches Übungspraktikum,  einmal  wöchentlich  g;  Selbständige 
physikalisch-chemische  Untersuchungen  fiir  Geübtere,  tägl.  — 
Koenigsberger :  Mechanik  der  festen  und  flüssigen  Körper, 
2;  Anwendung  neuerer  physikalischer  Theorien  in  Geologie 
und  Mineralogie,  i.  — 

Ghtttermann :  Organische  Experimentalchemie,  5 ;  Grund- 
züge  der  Gasanalyse,  i  g\  Chemisches  Seminar,  i  g;  Che- 
misches Praktikum  (mit  Willgerodt),  tägl.  ausser  Sonn- 
abend ;  Übungen  im  Experimenti^en  und  Vortragen  fUr  Lehrer 
der  Chemie  (mit  Kupp),  2  g.  —  Willgerodt:  Anorganische 
Experimentalchemie,  4;  Organische  Technologie,  2;  Analyse 
der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  2.  —  SSdinger:  Chemie 
der  aliphatischen  Verbindungen,  2.  —  Fromm:  Über  quali- 
tative Analyse,  i ;  Repetitorium  der  Chemie  fUr  Mediziner,  2. 
—  Müller:  Theoretische  Chemie  (anorganischer  Teil),  2; 
Qualitative  Analyse,  2.  «- Rupp:  Chemie  der  Teerfarbstoffe, 
I.  —  Meigen:    Geschichte  der  chemischen  Theorien,  2.  — 

Ijürotb:  Integralrechnung,  5,  Übungen,  g\  Variations- 
rechnung, 3.  —  Btiokelberger :  Analytische  Geometrie  des 
Raumes,  4,  Übungen;  Bestimmte  Integrale,  3.  —  Ijoewy: 
Einführung  in  die  höhere  Mathematik  mit  Anwendungen  auf 
Fragen  der  Naturwissenschaften,  2;  Ausgewählte  Fragen  der 
Gruppentheorie,  2 ;  Theorie  und  Anwendung  der  Determinanten, 
2;  Übungen  im  mathematischen  Seminar,  i.  —  Bebmann: 
Trigonometrie,  3.  — 

Universität  Giessen. 

Drude:  Experimentalphysik!:  Mechanik,  Akustik,  Wärme, 
4V2;  Physikalisches  Praktikum,  6;  Praktikum  fiir  Vorge- 
schrittene, tägl.;  Physiksüisches  Kolloquium.  —  Fromme: 
Thermodynamik,  4;  Niedere  Geodäsie,  2,  praktische  Übgn., 
I  Nachmittag.  — 

Naumann:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Prak- 
tische Übungen  und  Untersuchungen  im  chemischen  Labora- 
torium, tägl.;  Untersuchung  von  Nahrungsmitteln  und  tech- 
nischen Erzeugnissen  (mit  E  idmann),  tägl.;  Chemische  Übun- 
gen fiir  Mediziner,  tägk  —  Schröder:  Analytische  Chemie 
I:  Qualitative  Analyse,  2.  —  Eidmann:  Pharmazeutisch- 
chemische Präparate  I,  2 ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  tech- 
nischen Chemie,  mit  Exkursionen,  2.  —  Slbs:  Chemisches 
Praktikum,  tägl.;  Elektrochemisches  Praktikum,  tägl.;  Che- 
mische Übungen  fiir  Mediziner,  5;  Die  synthetischen  Dar- 
stellungsmethoden der  Kohlenstoffverbindungen,  2 ;  Chemisches 
Kolloquium,  I  Vj.  —  Klappert:  Chemisches  Repetitorium, 2. — 

Pasoh:  Algebra,  4;  Ausgewählte  Teile  der  analytischen 
Geometrie,  4;  Übungen  des  mathematischen  Seminars,  i.  — 
Netto:  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  4;  Elliptische 
Funktionen,  4;  Übungen  des  mathematischen  Seminars,  i.  — 
HauBsner:  Integralrechnung,  3;  Wahrscheinlichkeitsrechnung, 
2;  Darstellende  Geometrie  mit  Übungen,  5.  — 


Universität  Göttingen. 

Rieoke:  Experimentalphysik  I,  3;  Physik.  Übungen,  S; 
Ausgew.  Teile  d.  Elektrizität  u.  d.  Wärme,  i  g\  WisseuschafÜichc 
Arbeiten  Vorgeschrltt.,  40  g.  —  Voigt:  Allgem.  Wärmelehre,  4; 
Praktische  Übgn.,  4;  Magnetismus,  2  g\  Wissenschaftliche  Unter- 
suchungen fiir  Vorgeschrittene,  40  g.  —  Simon:  Wechselstrom- 
tlieorie  und  -Technik,  2;  Elektrotechnisches  Praktikum,  3; 
Au!:gc wühlte  Kapitel  der  angewandten  Elektrizitätslehre,  l  g, 
Aiileituhg    /u  selbständigen  Arbeiten,    48  g.  —  Kaufinann: 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  13. 


297 


r'V 


L  bungen  in  der  Ilandhabaog  und  Herstellung  einfacher  De- 
monstrationsapparate, 3 ;  Physikalische  Grundlagen  der  Musik, 
i  ^.  —  Abraham:  Kinetische  Gastheorie  2;  Übungen  zur 
höheren  Analysis,  2.  —  Stark:  Energetische  Grundzüge  der 
Physik  und  Chemie,  lg.  — 

Nemst:  Elektrochemie,  3;  Physiko-chemische  Arbeiten 
und  Übungen,  tägl.;  Physiko  -  chemisches  Kolloquium,  ig; 
Lektüre    ausgewählter  Klassiker    der  exakten  Wissenschaften, 

1  ^.  —  Coehn:  Thermochemie,  2.  —  Böse*.  Elektrochemische 
Messkunde,  2.  — 

Wallach:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Prak- 
tische Übungen  im  Laboratorium,  20—40;  Chemie  der 
Terpene,  lg.  —  Tollens:  Agrikulturchemie  (Pflanzener- 
nährungslehre), 3;  Agrikulturchemisches  Praktikum  (mit 
H  u  g  e  r  s  h  o  f  f ) ,  30  ( 1 2  Va)-  —  Polstorflf :  Pharmazeutische 
Chemie  (anorganischer  Teil),  4;  Gerichtlich-chemische  Ana- 
lyse, 2.  —  Fischer :  Chemische  Technologie  I,  2;  Chemisch- 
technologische Übungen,  i  g.  —  KÖtz:  Analytische  Chemie, 
2;  Moderne  anorganische  Chemie,  2.  —  Manohot:  Stereo- 
chemie, i;  Moderne  anorganische  Probleme,  i.  — 

Klein :  Höhere  Mechanik,  4 ;  Mathematisches  Seminar,  2  g. 
—  Hilbert:  Differential-  und  Integralrechnung,  4;  Grundlagen 
der  Geometrie,  2 ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Potentialtheorie, 
2 ;  Funktionentheoretische  Übungen  im  mathematisch-physika- 
lischen Seminar,  2  g.  —  Brendel:  Ausgewählte  Kapitel  der 
höheren  Analysis,  3;  Übungen  zur  höheren  Analysis  (mit  Be- 
rücksichtigung naturwissenschaftlicher  Probleme),  2;  Gylden- 
sche  Störungstheorie,  3  ^.  —  Schilling:  Ansdytische  Geo- 
metrie, 4;  Photogrammetrie  und  malerische  Perspektive,  i, 
Übungen,  2;  Seminarübungen  über  Geometrie,  lg.  —  Wie- 
chert:  Einführung  in  das  Vermessungswesen,  4;  Geophysika- 
lisches Praktikum,  g\  Selbständige  Arbeiten  Vorgeschrittener 
im  geophysikalischen  Institut,  g.  —  Schwarzschild:  Theorie 
der  optischen  Instrumente,  2;  Populäre  Astronomie,  i  g; 
Mathematisches  Seminar  (mit  Klein),  2  g.  —  Bohlmann: 
Soziale  Versicherung,    2;    Übungen  im  Versicherungsseminar, 

2  g.  —  Ambronn :  Sphärische  Astronomie  II,  2 ;  Praktische 
Übungen  an  den  Instrumenten  der  Sternwarte  fiir  Anfänger 
und  für  Fortgeschrittene,  tägl.  —  Zermelo:  Variationsrech- 
nung, 2;  Übungen  zur  Differential-  und  Integralrechnung,  2; 
Übungen  zur  höheren  Analysis,  2.  —  Blumenthal:  Galois- 
sche  Theorie  der  algebraischen  Gleichungen,  3.  —  Iiorenz: 
Praktikum  im  Maschinenlaboratorium,  3V2I  Ausgewählte  Ka- 
pitel aus  der  angewandten  Hydromechanik,  i  g\  Anleitung  zu 
selbständigen  Arbeiten  im  Maschinenlaboratorium,  ^  g.  — 

Universität  Graz. 

Pfaundler:  Experimentalphysik  11:  Akustik,  Elektrizität 
und  Optik,  5;  Physikalische  Übungen,  12  g.  —  Wassmuth: 
Elektrizität  und  Magnetismus  mit  Einschluss  der  elektro- 
magnetischen Lichttheorie,  4;  Theorie  der  Brechung  des 
Lichtes  in  Prismen  und  Linsen,  i ;  Mathematisch-physikaäische 
Seminar-Übungen,  ^  g.  —  Subic:  Über  Vorhersagung  des 
Wetters,  2.  — 

Bkraup:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Chemische 
Übungen  für  Anfanger,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Chemisches 
Praktikum  ftir  Mediziner,  4;  Chemische  Übungen  für  Vor- 
geschrittene, tägl.  —  Streintz:  Elektrochemie,  2;  Die  Leit- 
fähigkeit fester  Körper,  ig.  —  Schrötter:  Chemie  der  carbo- 
cyklischen  (aromatischen)  Verbindungen,  3.  — 

Frischauf:  Differentialgleichungen,  3;  Anwendungen  der 
Kugelfunktionen,  2.  —  Dänischer  V.  Kollesberg:  Integral- 
rechnung (Fortsetzung),  5;  Mathematisches  Seminar,  2  g.  — 
Btreissler:  Darstellende  Geometrie  II,  3.  — 

Technische  Hochschule  Graz. 

V.  Ettingshausen :  Physik:  Mechanik  der  festen,  flüs- 
sigen und  gasförmigen  Körper,  Wärme,  Magnetismus,  Elek- 
trizität, Akustik,  Optik,  5 ;  Ausgewählte  Kapitel  der  Elektrizi- 
tätslehre, 3;  Elektrotechnische  Übungen:  Praktische  Messungen, 
8.  —  Streintz:  Über  Leitfähigkeit  fester  Körper,  i;  Elektro- 
chemie, 2.  — 

iBmich:  Organische  Chemie  I,  5;  Anleitung  zu  wissen- 
schaftlichen Arbeiten  im  chemischen  Laboratorium,  für  Vor- 
geschrittene. —  Andreasch:  Unterricht  und  Übungen  in  der 
qualitativen  chemischen  Analyse  im  Laboratorium,  18;  Agri- 
kulturchemie, 2;  Chemische  Technologie  der  organischen 
Stoffe :  Technologie  der  Fette,  2 ;  Laboratoriumsunterricht  und 


I  Übungen  in  der  Darstellung  organisch -chemischer  Prä- 
I  parate,  20.  —  Benj.  Reinitzer:  Unterricht  und  Übungen 
I  in  der  quantitativen  chemischen  Analyse  im  Laboratorium, 
20;  Chemische  Technologie  der  anorganischen  Stoffe:  Glas- 
und  Thonwarenerzeugung,  4 ;  Elektrochemie,  2 ;  Laboratoriums- 
unterricht und  Übungen  in  der  Darstellimg  anorganisch-che- 
mischer Präparate,  20.  —  V.  HemmeUnasrr :  Die  Ermittelung 
der  Konstitution  organischer  Verbindungen,  2.  —  Kraft: 
Mechanische  Technologie  I:  Metalle,  Holz  und  Stein,  2,  II: 
Metalle  und  Holz,  2,  III:  Spinnerei,  Weberei,  Appretur  und 
Papierfabrikation,  2 ;  Mechanische  Schutzmittel  gegen  Unfälle, 
2.  —  Friedr.  Reinitzer:  Technische  Mykologie :  Technisch 
wichtige,  gärungserregende  Bakterien,  Hefen-  und  Schimmel- 
pilze, 2;  Warenkunde:  Chemisch-technische  Rohstoffe  des 
Pflanzen-  und  Tierreiches,  3.  — 

Hocevar:  Mathematik  I,  6,  Übungen,  2.  —  Stelze] : 
Elemente  der  höheren  Mathematik  II,  4.  —  Peithner  V. 
Ijiohtenfels:  Mathematik  II,  4,  Übungen,  2.  —  Sohüssler: 
Darstellende  Geometrie,  4,  Übungen,  6;  Ausgewählte  Kapitel 
aus  darstellender  Geometrie,  2.  —  Wittenbauer :  Allgemeine 
Mechanik  (einschliesslich  der  Elemente  der  graphischen  Statik) 
II,  4,  Übungen,  1 ;  Technische  Mechanik  II,  3.  —  Kllngatsch : 
Niedere  Geodäsie  II,  4;  Sphärische  Astronomie,  2;  Praktische 
Messübungen:  Niedere  Geodäsie  (Feldübungen).  — 

Universität  Greifswald. 

König:  Experimentalphysik:  Mechanik,  Akustik,  Optik, 
4;  Physikalische  Übungen  filr  Studierende  der  Naturwissen- 
schaften, 6;  Leitung  selbständiger  physikalischer  Untersuchgn., 
tägl. ;  Elementar-mathematische  Ergänzungen  zur  Experimental- 
physik, I  g;  Besprechungen  über  neuere  physikalische  Arbeiten 
(mit  Mie),  2  g.  —  Mie:  Theoretische  Physik:  Elektrizitäts- 
lehre, 4;  Theoretisch-physikalische  Übungen,  i  g\  Physika- 
lische Übungen  für  Mediziner  und  Pharmazeuten,  2.  —  HoltZ: 
Galvanische  Elektrizität,  experimentell,  •  i ;  Physik  der  Erde, 
mit  Experimenten,  i  ^.  —  Schreber:  Theorie  der  Turbinen, 
I ;  Mathematische  Einleitung  in  die  theoretischen  Naturwissen- 
schaften, 2.  — 

Auwers:  Anorganische  Experimentalchemie,  6;  Che- 
misches Praktikum,  ganz-  und  halbtägig;  Chemie  der  Teer- 
farbstoffe, lg.  —  Schwanert:  Pharmazie  II,  4;  Analytische 
Chemie,  2;  Besprechungen  über  pharmazeutisch-chemische 
Gegenstände,  4  g\  Über  neuere  chemische  Arzneimittel,  i  g; 
Chemisches  Praktikum,  a)  für  Pharmazeuten,  12,  b)  für  Chemiker 
und  Mediziner,  6.  —  Semmler:  Über  Alkaloide,  2;  Aus- 
gewählte Kapitel  der  organischen  Chemie  (Fortsetzung),  lg.  — 
Posner:  Chemie  der  Benzolderivate,  2;  Chemie  der  Nihrungs- 
und  Genussmittel,  2.  — 

Thome:  Elliptische  Funktionen  II,  4;  Ausgewählte  Ka- 
pitel aus  der  Theorie  der  analytischen  Funktionen,  2  g;  Übungen 
im  mathematischen  Seminar,  2  g.  —  Study:  Mechanik  I,  4; 
Ausgewählte  Abschnitte  der  Theorie  der  Differentialgleichungen, 
2  g\  Übungen  im  Seminar,  g.  —  Kowalewski:  Integral- 
rechnung, 4,  Übungen  i  g;  Einführung  in  die  Theorie  der 
Kurven  und  Flächen  (Differentialgeometrie),  2;  Repetitorium 
der  analytischen  Geometrie  (mit  Besprechungen),  2  g.  — 

Universität  Halle. 

Dom :  Experimentalphysik  II :  Elektrizität,  Magnetismus, 
Licht,  4;  Physikalisches  Laboratorium:  a)  Übungspraktikum, 
6,  b)  Arbeiten  von  Geübten,  tägl. ;  Linsentheorie,  2  g.  — 
Schmidt:  Theorie  des  Magnetismus  und  der  Elektrizität,  4; 
Übungen  zur  theoretischen  Physik,  g.  — 

Volhard:  Experimentalchemie  II:  Organische  Chemie, 
5;  Praktische  Übungen  im  chemischen  Laboratorium  (mit 
Doebner  und  Vorländer),  tägl.  ausser  Sonnabend;  Übungen 
in  Vortrag  und  Demonstrationen,  lg.  —  Doebner:  Pharma- 
zeutische Chemie  I:  Unorganische  Chemie,  4;  Über  neuere 
Arzneimittel,  i  g.  —  Baumert:  Einleitung  in  das  Studium 
der  Chemie,  2;  Chemie  der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  2; 
Praktische  Übungen  in  der  Untersuchung  und  Beurteilung  von 
Nahrungs-  und  Genussmitteln,  tägl.  ausser  Sonnabend.  — 
Vorländer:  Analytische  Chemie,  2.  —  Roloff:  Die  Theorie 
der  elektrolytischen  Dissoziation  und  ihre  Anwendung  auf  die 
chemische  Praxis,  2.  —  Köthner:  Über  Atomgewichtsbe- 
stimmungen, lg.  — 

Cantor:    Ausgewählte    Kapitel    der  Theorie    der   ellip- 


298 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


tischen  Funktionen,  2;  Höhere  Algebra,  4;  Übungen  des 
mathematischen  Seminars,  14  tg.,  2  g,  —  Wangerin:  Diffe- 
rentialrechnung, mit  Übungen,  5;  Theorie  der  Raumkurven 
und  Flächen,  5;  Analytische  Mechanik  II,  2;  Übungen  des 
mathematischen  Seminars,  14  tg.,  2  g.  —  £berhard:  In- 
variantentheorie, 3;  Höhere  algebraische  Kurven,  2  g.  — 
Grasemann:  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  mit  Übungen, 
3;  Übungen  zur  technischen  Mechanik,  lg.  —  Buchhols: 
Jacobis  Untersuchungen  zur  Theorie  der  Bewegung  der 
Himmelskörper  und  über  deren  Bahn,  3.  — 

Technische  Hochschule  Hannover. 

Dieterici:  Experimentalphysik:  Elektrizität  und  Magne- 
tismus, 4;  Mechanische  Wännetheorie,  2;  Arbeiten  im  Labo- 
ratorium der  Physik,  4.  —  Preoht :  Photographieren,  2.  — 
Kohlrausoh :  Grundzüge  der  Elektrotechnik,  3 ;  Theoretische 
Elektrotechnik,  4 ;  Entwerfen  von  Dynamomaschinen  und  Trans- 
formatoren (mit  Heyck  und  Winkelmann),  2;  Elektro- 
technisches Laboratorium  (mit Beckmann,  Heyck,  Winkel- 
mann und  Schtippel),  I,  8,  II,  nach  Übereinkunft,  für 
Maschineningenieure,  8.  —  Heim:  Elektrische  Anlagen  II: 
Centralanlagen,  3,  Übungen,  2;  Elektrische  Bahnen,  elektro- 
technischer Teil,  2:  Grundzüge  der  technischen  Elektrolyse, 
2;  Elektrolytische  Übungen,  4.  —  Beokmann:  Praktische 
Elektrotechnik  für  Anfanger  I,  i ;  Elektrotechnische  Messkunde 
I,  2.  —  Tbiermann:  Günstigste  Anordnung  elektrotech- 
nischer Messungen  und  die  Einflüsse  der  Fehler  auf  das 
Resultat,  i.  —  Franke:  Wechsclstrommaschinen,  2.  — 
Frank:  Maschinenorgane  (mit  Wegen  er  und  Ryssel),  4, 
Übungen,  7;  Eisenbahnmaschinenbau  (mit  Ryssel),  3,  übgn., 
3.  —  Frese:  Ingenieurlaboratorium  I  (mit  Aschof,  Eibelt 
und  Heeri ng),  i,  Übungen,  8,  11,  Übungen,  8;  Theoretische 
Maschinenlehre:  Kinematik  (mit  Aschof),  4.  —  Troake: 
Grundzüge  des  Maschinenbaues  (mit  Burkowitz),  3,  Übgn., 
4 ;  Grundzüge  des  Eisenbahnmaschinenbaues,  2 ;  Fabrikanlagen 
und  Eisenbahnwerkstätten,  Übungen,  3.  —  Klein:  Allgemeine 
Maschinenlehre  II  (mit  Burkowitz),  4;  Hebezeuge  und 
Pumpen(mitBurko  witz),  Übungen,  4;Wasserhaltungs-Förder- 
und  Gebläsemaschinen,  3,  —  v.  Roessler:  Maschinenzeichnen 
(mit  Aschof,  Burkowitz  und  Wegen  er),  3;  Technologie 
der  Kunstgewerbe,  2;  Spezielle  Technologie  II,  2;  Fabrikations- 
zweige der  Textilindustrie,  3;  Technolog.  Praktikum,  Übungen,  3. 

Seubert:  Grundzüge  der  Chemie,  6;  Arbeiten  im  La- 
boratorium der  anorganischen  Chemie  (mit  Eschweiler, 
J anecke  und  Klapproth),  tägl.  ausser  Sonnabend.  — 
Esohweiler:  Massanalyse,  2.  —  Behrend:  Physikalische 
Chemie,  4;  Atbeiten  im  Laboratorium  der  organischen  Che- 
mie (mit  Keiser),  tägl.  ausser  Sonnabend. —  Ost:  Chemische 
Technologie  II,  3 ;  Untersuchungsmethoden,  i ;  Mineralöle  und 
Fette,  2;  Übungen  in  der  F21ektroanalyse  (mit  Koech),  6; 
Arbeiten  im  Laboratorium  der  technischen  Chemie  (mit 
Koech),  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Wehmer:  Die  Gärungs- 
organismen, I  g\  Laves:  Nahrungsmittelchemic,  2  g»  — 

Kiepert:  Differential-  und  Integralrechnung  II,  6,  übgn., 
2;  Analytische  Geometrie  der  Ebene  und  des  Raumes,  5, 
Übungen,    i.  —  Runge:    Differential-   und  Integralrechnung 

1,  3,  Übungen,  i,  III,  5,  Übungen,  i ;  Ausgewählte  Kapitel 
der  Mechanik,  4.  —  Rodenberg:  Darstellende  Geometrie 
(mit  Peters,  Ahlf  und  Weber),  3,  Übungen,  6,  I,  3,  übgn., 
6.  —  Prandtl:  Mechanik  I,  4,  Übungen,  i.  —  Reüiherts: 
Grundzüge  der  praktischen  Geometrie  (mit  Petzold),  Übgn., 
3;  Planzeichnen  (mit  Petzold),  4;  Geodäsie  I  (mit  Petzold), 

2,  Übungen,  6;  Grundzüge  der  astronomischen  Ortsbestim- 
mung mit  Übungen  (mit  Petzold),  2.  — 

Universität  Heidelberg. 

Quincke:  Experimentalphysik:  Optik,  Magnetismus, 
Elektrizität,  5 ;  Physikalisches  Praktikum,  4 ;  Praktische  Übungen 
und  Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Untersuchungen  im  physi- 
kalischen Laboratorium,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Übungen 
des  physikalischen  Seminars,  lg.  —  Wolf:  Meteorologie, 
2  g\  Ausgewählte  Kapitel  der  Geophysik:  Ebbe  und  Flut, 
Erdmagnetismus,  lg.  —  Pockels :  Einführung  in  die  Mecha- 
nik der  nichtstarren  Körper:  Hydrodynamik,  Elastizität,  Akus- 
tik, 3,  Übimgen,  i  g\  Krystallphysik,  2.  — 

CurtiuB:  Allgemeine  Chemie  II:  Organische  Experi- 
mentalchemie,  5 ;  Praktische  Übungen  und  Anleitung  zu  wissen- 
schaftlichen Untersuchungen,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Chemi- 
.sches  Anfanger-Praktikum    für  Medizifier,  3;    Einführung  der 


Mediziner  in  das  praktische  Studium  der  Chemie,  i.  — 
Brühl:  Anorganische  Chemie  mit  Experimenten,  3;  Prak- 
tische Übungen,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Medizinisch-chemi- 
sche Übungen,  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  JannaAch:  Ti- 
trier-Analyse,  2;  Ausmittelung  der  Gifte,  4;  Gasanalytisches 
Praktikum,  3.  —  Knoevenagel:  Chemische  Technologie 
(organische  Prozesse)  mit  Ausflügen,  2.  —  Bredig:  Elektro- 
chemie, 2;  Kontaktchemie,  die  Lehre  von  den  katalytischen 
Erscheinungen  in  der  wissenschafdichen  und  technischen 
Chemie  und  in  der  Biologie,  i.  —  Ejrafift:  Anorganische 
Chemie,  4;  Praktisch- chemische  Arbeiten  und  Übungen,  tägl. 
ausser  Sonnabend.  —  Dittrloh:  Chemie  der  Metalle,  2; 
Chemisches  Praktikum,  tägl.  ausser  Sonnabend,  a)  ganztägig, 

b)  halbtägig  (für  Anfanger  und  Mediziner);  Ferienkurse: 
al  Chemisches  Praktikum,  ganztägig,  in  den  Osterferien  im 
März,  nach  Semesterschluss  beginnend,  in  den  Plerbstferien 
von  Mitte  September  bis  Mitte  Oktober,  b)  Chemisches 
Praktikum  für  Mediziner  dreiwöchentlich  im  März  und  Okto- 
ber. —  StoUd:  Pharmazeutische  Chemie  I:  Anoi^anischer 
Teil,  i;  Qualitative  Analyse,  2;  Chemie  der  heterocyklischen 
Verbindungen,  2.  —  Klages:    Chemie   der  Kohlehydrate,  i. 

—  Mohr:  Pyridinderivate  und  Alkaloide,  2.  — 

Koenigeberger:  DifTerendal-  und  Integralrechnung,  4; 
Theorie  der  Linien  und  Flächen,  4;  Mathematisches  Unter- 
und  Ober-Seminar,  2.  — Valentiner:  Sphärische  Astronomie, 
3;  Allgemeine  Astronomie,  2;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der 
Stellar-Astronomie  II,  i.  —  Cantor:  Analytische  Geometrie 
der  Ebene,  4;    Arithmetik  und  Algebra  (für  Kämeralisten),  3. 

—  F.  £ieenlohr:  Wahrscheinlichkeitsrechnung,  3;  Mechanik, 
4.  —  Koehler:  Sjmthetische  Geometrie  der  Ebene,  3.  — 
Landsberg:  Theorie  der  Determinanten,  2;  Zahlentheorie, 
2.  —  Boehm:  Ausgewählte  Kapitel  der  höheren  Mechanik: 
Kreiselbewegung,  verborgene  Bew^ung,  eventuell  rollende 
Bewegung,  i  oder  2.  — 

Universiät  Jena. 

Winkelmann :  Experimentalphysik  I :  Allgemeine  Physik, 
Optik,  5 ;  Physikalisches  Praktikum,  a)  für  Physiker,  6,  b)  für 
Mediziner,  4,  c)  für  Chemiker,  4;  Leitung  physikalischer 
Spezialuntersuchungen,  tägl.  —  Abbe:  Wird  nicht  lesen.  — 
Auerbach:  Theorie  der  Elektrizität  und  des  Magnetismus, 
4;  Absolute  Maasse,  lg.  —  Straubel:    Geophysik  11,  2.  — 

Knorr:  Allgemeine  Experimentalchemie  I:  Anorganischer 
Teil,  5;  Chemisches  Praktikum  (mit  Wolff,  Duden  und 
Rabe),    a)    Vollpraktikum,    tägl.,    b)    Halbpraktikum,    tägl., 

c)  Medizinerpraktikum,  3,  d)  Anleitung  zu  wissenschaftlichen 
Arbeiten,  tägl.  ^.  —  Wolflf:  Massanalyse,  2 ;  Elektrolyse  und 
elektrolytisches  Praktikum,  2.  —  Duden:  Die  modernen 
Theorien  der  Chemie,  1.  —  Qaenge:  Gerichtliche  Chemie, 
i^  Praktische  Übungen  in  der  Verwendung  optischer  Instru- 
mente zu  chemischen  Untersuchungen,  2  g.  —  Matthes: 
Pharmazeutische  Chemie  I,  2;  Untersuchung  und  Beurteilung 
der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  tägl.  —  Habe :  Gasanalysc,  i .  — 

Thomae:  Elliptische  Funktionen,  4;  Projektive  Geo- 
metrie, 2 ;  Anwendungen  elliptischer  Funktionen,  lg.  —  Guts- 
mer:  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  4;  Variationsrechnung 
3;  Die  geschichtliche  Entwickelung  der  Analysis,  i  ^.  —  Frege 
Differential-  und  Integralrechnung  mit  Übungen,  5.  —  Knopf 
Zeit-  und  Ortsbestimmung  mit  praktischsn  Übungen  auf  der 
Sternwarte,  4;  Übungen  im  wissenschaftlichen  numerischen 
Rechnen,  2  g\  Prinzipien  der  Himmelsmechanik  in  gemeinfass- 
licher  Darstellung,  i^.  —  Rau:  Darstellende  Geometrie,  4, 
Übungen,  2  g.  — 

Universität  Innsbruck. 

Csermak :  Experimentalphysik  :  Akustik,  Optik,  5;  Prak- 
tische Übungen  für  Mediziner,  2,  für  Vorgeschrittene,  tägl.  g. 

—  £ixner:  Mathematische  Physik:  Optik,  Magnetismus,  Elek- 
trizität, 5 ;  Seminar  für  mathematische  Physik,  lg,  —  Hada- 
koviö:  Theorie  der  dioptrischen  Instrumente,  2;  Praktische 
Übungen  im  Laboratorium  für  Anfanger,  6.  —  Tollinger: 
Die  physikalischen  Eigenschaften  der  Milch  und  deren  Be- 
deutung für  die  Praxis,  2.  —  Hammerl:  Elektro teclmik  II- 
über  Wechselstrommaschinen,  Motoren  und 
ren,  2.  — 

Senhofer:   Allgemeine  Chemie  far  L< 
und  Mediziner  II:  Organische  Chemie,  5; 
in  analytischer  und  pharmazeutischer  Ch( 
Anleitung  zu  analytisch-chemischen  Ui 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


299 


zincr,  6^;  Pharmazeutische  Chemie,  5.  —  Hop^artner: 
Chemie  einiger  wichtiger  Metalle,  i.  —  Zehenter:  Chemi- 
sche Technologie,  2.  — 

«"  Otto  Stolz:  Reelle  Differential-  und  Integralrechnung, 
4;  Arithmetik  II:  Die  komplexen  Zahlen,  und  Einleitung  in 
die  allgemeine  Funktionentheorie,  3.  —  WirUnger:  Algebra- 
ische Funktionen  und  ihre  Integrale,  5 ;  Mathematisches  Semi- 
nar, 2  g.  —  Zindler:  Über  Differentialgleichungen,  3;  Aus- 
gewählte Abschnitte  der,  Elementarmathematik  (auch  für 
Naturhistoriker),  2;  Mathematisches  Seminar,  lg.  —  v.  Op- 
polser:  Wahrscheinlichkeitsrechnung  und  ihre  Anwendung, 
2;  Übungen  in  der  Zeitbestimmung,  2;  Theorie  der  astrono- 
mischen Refraktion,  i.  — 

Technische  Hochschule  Karlsruhe. 

Ijehmanii:  Experimentalphysik,  4;  Physikalisches  Semi- 
nar, in  unmittelbarem  Anschluss  an  die  Vorlesung  (mit  Sieve- 
king\  x;  Physikalisches  Repetitorium  (mit  Sicveking),  i; 
Physikalisches  Laboratorium,  6;  Elektrizität  und  Licht,  i.  — 
Arnold :  Gleichstrom technik,  2 ;  Wechselstromtechnik,  i ; 
Übungen  im  Konstruieren  elektrischer  Maschinen  und  Apparate, 
4;  Elektrische  Licht-  und  Kraftanlagen,  3;  Elektrotechnisches 
Laboratorium  I  (mit  Schleiermacher  und  Teichmüller),  4 
Nachm.,  II,  2  Nachm.  —  Meidinger:  Ältere  Anwendungen  der 
Elektrotechnik  (Blitzableiter,  Galvanoplastik,  Telegraphie,  Tele- 
phonic),  2;  Praktikum  für  Ventilationsanlagen,  i.  —  Schleier- 
macher:  Grundlagen  der  Elektrotechnik  und  Messkunde,  2; 
Theoretische  Elektrizitätslehre,  4 ;  Photometrie,  i.  —  Teich- 
müller:  Entwerfen  von  Leitungsanlagen,  Übungen,  2;  Theorie 
und  Messung  der  Wechselströme,  3;  Elektrische  Leitungen 
(ausgewählte  Kapitel),  2.  —  BragBtad:  Elemente  der  Elektro- 
technik, 2.  —  N.  N.:  Allgemeine  Theorie  der  Wellen,  2; 
Elektromagnetische  Lichttheorie.  2.  — 

Bunte:  Chemische  Technologie  I:  Baumaterialien,  Glas, 
Keramik  etc.,  2,  II:  Chemische  Grossindustrie,  2;  Übungen 
in  der  technischen  Analyse  (mit  Eitner),  ftir  Chemiker,  4, 
fiir  Maschineningenieure,  3;  Gaschemische  Übungen  (mit 
Haber),  2;  Arbeiten  im  chemisch-technischen  Laboratorium, 
5  ganze  Tage.  —  Sngler:  Organische  Experimentalchemic, 
4;  Chemisches  Kolloquium,  i;  Theoretische  Chemie,  i;  Che- 
misches Laboratorium,  5  ganze  Tage.  —  Le  Blanc:  Thermo- 
chemie, 2;  Wissenschaftliche  Grundlagen  der  analytischen 
Chemie,  i ;  Physikalisch-chemisches  und  elektrochemisches 
Laboratorium,  5  ganze  Tage.  —  Dieokhoff:  Pharmazeutische 
Chemie,  2;    Gerichtliche  Chemie,  i;    Analytische  Chemie,  i. 

—  Sitner:  Methoden  der  technischen  Analyse,  2.  — Haber: 
Spezielle  technische  Elektrochemie  mit  Demonstrationen,  3; 
Chemische  Technologie  der  Faserstoffe  II:  Bleicherei,  Fär- 
berei, Druckerei,  2,  Übungen,  2.  —  Käst:  Technologie  der 
edlen  Metalle  mit  Übungen  in  der  Probierkunst,  i,  Übungen, 
3.  —  Rupp:  Chemische  und  mikroskopische  Untersuchung 
der  Nahrungsmittel    und    Gebrauchsgegenstände,  Übungen,  2. 

—  Scholl:  Chemie  der  Benzolderivate  I  und  II,  2.  — 

Haussner:  Synthetische  Geometrie  I  und  11,3.  —  Heun: 
Theoretische  Mechanik  I  und  II,  5 ;  Behandlung  von  Problemen 
der  theoretischen  Mechanik,  2.  —  Schröder:  Höhere  Mathema- 
tik II,  2.  —  Schur:  Darstellende  Geometrie I  und  11,4,  Übungen, 
4;  Übungen  in  Perspektive,  3.  — Wedekind:  Höhere  Mathe- 
matik I:  Infinitesimalrechnung  (Differential-  und  Integral- 
rechnung). 4,  Übungen,  2;  Analytische  Geometrie,  2.  — 
IMsteli :  Projektionslehre,  2,  Übungen,  2 ;  Elemente  der  höhe- 
ren Mathematik,  4,  Übungen,  i.  —  Orsinger:  Repetitorium 
der  Elementarmathematik,  2,  Übungen,  3;  Ausgewählte  Ka- 
pitel der  Arithmetik,  2.  —  Haid:  Geodätisches  Praktikum 
II,  für  Ingenieure,  Forststudierende  und  Geometer,  2  Nach- 
mittage, HI,  für  Ingenieure,  i  Nachmittag;  Elemente 
der  praktischen  Geometrie  und  Vermessungsiibungen  flir 
Maschineningenieure  und  Architekten,  2,  Übungen,  i  Nach- 
mittag; Grössere  Vermessungsübung,  2  Wochen.  —  Kriemler: 
Technische  Mechanik,  4,  Übungen,  2.  —  Benoit:  Pumpen 
und  Gebläse,  2 ;  Elektrische  und  hydraulische  Hebezeuge,  2 ; 
Hebemaschinen,  3;  Maschinenkonstruieren  I  und  II,  für  Stu- 
dierende des  Maschinenwesens,  6,  der  Elektrotechnik,  3; 
Maschinenzeichnen,  Übungen,  2.  —  Brauer:  Festigkeitslehre, 

5,  Übungen,  2;  Hydraulik,  3;  Mechanisches  Laboratorium,  i, 
Übungen,  3.  —  Grassmann:  Dampfmaschinenbau,  4;  Maschi- 
nenkonstruieren I  und  II,  für  Studierende  des  Maschinenwesens, 

6.  fiir  Studierende  der  Elektrotechnik,  3.  —  Keller:  Maschinen- 
elcmentc,    3;     Maschinenkonstruieren    (TrielAverke    etc.),    für 


Studierende  des  Maschinenwesens,  8,  der  Elektrotechnik,  6, 
des  Ingenieurwesens,  4;  Lokomotivbau,  3.  —  Lindner : 
Maschinenkunde,  3;  Maschinenfabrikation,  2;  Mechanische 
Technologie,  2 ;  Technisches  Zeichnen  für  Chemiker,  Übungen, 
2;  Technologische  Exkursionen.  — 

Universität  KieL 

Weber:  Thermodynamik,  4;  Meteorologie,  i  g\  Physi- 
kalische Technologie  mit  besonderer  Berücksichtigung  des 
Eisenbahnwesens,  für  Juristen,  i ;  Ausgewählte  physikalische 
Messungen  und  Untersuchungen,  tägl.  ausser  Sonnabend; 
Physikalisches  Kolloquium,  2.  —  Lenard:  Experimental- 
phjrsik:  Optik,  Elektrizität,  Magnetismus,  4;  Praktische  Übungen 
fiir  Anfanger,  zugleich  für  Chemiker,  Mediziner,  Pharmazeuten, 
7;  Wissenschaftliche  Arbeiten  Fortgeschrittener,  tägl.  ausser 
Sonnabend;  Besprechungen  physikalischer  Fragen,  I  ^.  — 

Claisen:  Anorganische  Experimentalchemic  (die  Nicht- 
metalle), 5;  Chemisches  Praktikum,  in  der  anorganischen  Ab- 
teilung (mit  Biltz),  tägl.  ausser  Sonnabend,  in  der  organischen 
Abteilung,  tägl.,  fiir  Mediziner,  4.  —  Rügbeimer:  Pharmazeu- 
tische Chemie  (organischer  Teil),  3;  Einführung  der  Mediziner  in 
das  praktische  Studium  der  Chemie,  3;,  g,  —  Biltz:  Analytische 
Chemie,  2;  Chemische  Untersuchung  von  Nahrungs-  und  Ge- 
nussmitteln, 2,  Exkursionen  hierzu,^.  —  Emmerling:  Agri- 
kulturchemie, lg.  —  Berend:  Übersicht  über  die  organischen 
Farbstoffe,  i.  —  Stoehr:  Alkaloide,  I.  —  Feist:  Tauto- 
merie,  i ;  Besprechung  neuerer  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der 
organischen  Chemie  (3.  Serie),  I4tägg.,  g,  — 

Fochhammer :  Analytische  Geometrie  des  Raumes,  4; 
Ausgewählte  Kapitel  aus  den  partiellen  Differentialgleichungen, 
4;  Übungen  im  mathematischen  Seminar,  i  ^.  —  Harzer: 
Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Mechanik  des  Himmels,  3;  Astro- 
nomische Übungen,  lg.  —  Stäokel:  Differentialrechnung 
und  Einleitung  in  die  Analysis,  4;  Algebraische  Kurven  und 
Flächen,  4;  Abels  Leben  und  Werke,  i  g\  Übungen  im  mathe- 
matischen Seminar  (über  Abels  algebraische  Abhandlungen), 
lg.  —  Kreutz:  Sphärische  Astronomie  II,  3;  Fixstemkunde, 
lg.  —  Weinnoldt:  Darstellende  Geometrie,  6.  — 

Universität  Königsberg. 

Pape:  Über  einige  Erscheinungen  der  elektrischen  In- 
duktion, I  g\  Experimentalphysik  I:  Allgemeine  Physik  und 
Wärmelehre,  5;  Physikalisches  Praktikum.  —  Volkmann: 
Einführung  in  das  Studium  der  theoretischen  Physik:  Analy- 
tische Mechanik,  4,  Übungen,  i  g\  Physikalisch-praktische 
Übungen,  6.  — 

Lossen:  Repetitorium  der  Chemie,  i  g\  Organische  Ex- 
perimentalchemic, 5 ;  Chemisches  Praktikum  im  Laboratorium, 
tägl.;  Kleines  chemisches  Praktikum.  —  EUinger:  Spektral- 
analyse, I  g\  Organische  Chemie,  4;  Quantitative  Analyse 
(ausschliesslich  der  Massanalyse),  2;  Übungen  im  Laborato- 
rium, tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Blochmann:  Analytische 
Methoden  der  Technik,  i  g\  Einleitung  in  die  Teerfarben- 
industrie, 2.  —  LÖwenherz:  Die  chemischen  Reaktionen 
vom  Standpunkte  des  Gesetzes  der  Massenwirkung,  i  g\  Ein- 
leitung in  die  anorganische  Chemie,  für  Chemiker  und  Medi- 
ziner, 2 ;  Elektrochemische  und  physikalisch-chemische  t'l>ungen 
und  Arbeiten,  g.  —  Kippenberger:  Angewandte  Elektro- 
chemie, 2  g\  Massanalyse,  i ;  Repetitorium  der  analytischen 
Chemie,   1.  — 

Struve:  Übungen  an  den  Instrumenten  der  Sternwarte, 
g\  Theorie  der  speziellen  Störungen  (für  Fortgeschrittene), 
I  g\  Bahnbestimmuug  der  Planeten  und  Kometen,  3.  — 
Meyer:  Differentialrechnung,  3,  Übungen,  i  g\  Höhere  Al- 
gebra I,  4;  Mathematisches  Oberseminar,  I  ^.  —  Schoen- 
flies:  Elliptische  Funktionen,  4;  Übungen  im  mathemalisch- 
physikalischen  Seminar,  2  g.  —  Saalschutz:  über  die 
Bernoullischen  Zahlen,  hauptsächlich  in  zahlentheoretischer 
Beziehung,  2  g\  Theorie  der  bestimmten  Integrale,  4.  — 
Cohn:  Geodäsie,  3.  —  Vahlen:  Minimalflächen,  2;  Geo- 
metrische Konstruktionen,  i  ^.  —  Müller:  Analytische  Geo- 
metrie der  Ebene  und  des  Raumes,  4,  Übungen,  i  g\  Tech- 
nische Mechanik:  Festigkeitslehre,  2.  — 

Universität  Leipzig. 

Wiener:  Experimentalphysik!:  Mechanik,  Wärme,  Schall, 
5;  Selbständige  physikalische  Arbeiten  für  Vorgeschrittene, 
tägl.;  Physikalisches  Praktikum,  9;  Physikalisches  Kolloquium 
(mit  Bolt/mann),  2  g.  —  Boltzmann:  Gastheoric,  5;  Theo- 


300 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   13. 


retisch-physikalische  Übungen,  i  g.  —  v.  Oettingen:  Har- 
monielehre auf  akustischer  Grundlage,  i  ^.  — 

Wislicenus:  Anorganische  Experimentalchemie,  6;  Che- 
misches Praktikum,  für  Geübtere  (mit  Stob be  undRassow), 
tägl.,  ftlr  Analytiker,  tägl. ;  Chemisches  Halbpraktikum,  tägl. 
ausser  Sonnabend.  —  Ostwald:  Chemisches  Praktikum,  ganz- 
und  halbtägig,  tägl.;  Physikalisch-chemisches  Praktikum,  ganz- 
und  halbtägig,  tägl. ;  Besprechung  wissenschaftlicher  Arbeiten, 
\  g,  —  Beckmann:  Organische  Chemie  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung ihrer  Anwendung,  5;  Chemisches  Praktikum, 
ganz-  und  halbtägig,  tägl.;  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der 
Nahrungsmittel-Chemie,  tägl. ;  Pharmazeutisch-toxikologisches 
Praktikum,  halbtäg.,  tägl.  —  Weddige:  Technische  Chemie, 
mit  Exkursionen,  2.  —  Stobbe:  Organische  Experimental- 
chemie II:  Die  aromatischen  Verbindungen,  3.  —  Wagner: 
Technik  der  Experimentalchemie  mit  Berücksichtigimg  von 
Schulversuchen,  i ;  Chemisches  Praktikum  für  Lehrer  (Analyse 
und  Schulversuche),  tägl.  —  Rassow:  Chemische  Techno- 
logie (Brenn-  und  Leuchtstoffe,  ausgewählte  anorganische  Be- 
triebe), mit  Exkursionen,  2;    Metallurgie   mit  Exkursionen,  2. 

—  Luther:  Stöchiometrie,  3.  —  Bodenatein:  Chemie  der 
extremen  Temperaturen,  2.  —  Henze:  Qualitative  Ana- 
lyse, 2.  — 

Soheibner:  Liest  nicht.  —  Neumann:  Konstruierende 
Geometrie,  insbesondere  über  Kegelschnitte,  4;  Mathematisches 
Seminar,  2  g.  —  Bruns:  Theorie  der  astronomischen  Instru- 
mente, 4;  Seminar  für  wissenschaftliches  Rechnen,  2  g\  Prak- 
tische Übungen  auf  der  Sternwarte  (mit  Peter),  ^.  —  Mayer: 
Wird  noch  ankündigen.  —  Holder:  Allgemeine  Theorie  der 
Funktionen  einer  komplexen  Veränderlichen,  4;  Zahlentheorie, 
2;  Mathematisches  Seminar:  Übungen  in  Funktionentheorie, 
I  ^.  —  Sngel:  Anwendung  der  Differential-  und  Integral- 
rechnung  auf  Geometrie  (Kurven  und  Flächen),  4,  Übungen, 

1  g;  Einführung  in  die  Theorie  der  Transformationsgruppen, 
mit  Übungen,  2;  Transformationsgruppen  und  Invarianten- 
theorie, für  Fortgeschrittene,  i,  Übungen,  lg.  —  Peter: 
Theoretische  Astronomie  (Kometen-  und  Planetenbahnen),  3; 
Praktikum  in  astronomischen  Ortsbestimmungen  f^  Geogra- 
phen, g.  —  Hausdorff:  Gewöhnliche  Differentialgleichungen, 
4;  Nichteuklidische  Geometrie  (Fortsetzung),  2;  Übungen  in 
gewöhnlichen  Differentialgleichungen,  i  g.  —  Ijiebmann: 
Analytische  Geometrie  der  Ebene,  4,  (Zungen  1  g\  Graphi- 
sche Statik,  2.  — 

Universität  Marburg. 

Rioharz:  Experimentalphysik:  Mechanik,  Akustik,  Optik, 
5;  Physikalisches  Kolloquium  (mit  Feussner\  2;  Physi- 
kalisches Praktikum  (mit  Feussner),  6;  Leitung  selbständiger 
Untersuchungen,  tägl.  —  Feussner:  Analytische  Mechanik, 
4;  Ausgewählte  Abschnitte  der  theoretischen  Optik,  2.  — 

Zincke:  Allgemeine  Chemie  I:  Anorganische  Chemie 
für  Chemiker  und  Mediziner,  6;  Repttitorium  für  Mediziner 
über  organische  Chemie,  i ;  Praktische  Übungen  in  der  all- 
gemeinen und  analytischen  Chemie,  sowie  selbständige  chemi- 
sche Arbeiten  (mit  Schenck),  tägl.  —  B.  Schmidt:  An- 
organische Chemie  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
Pharmazie  und  Medizin,  6;  Über  Prüfung  der  Arzneimittel,  i; 
Praktische  Übungen  in  der  analytischen  und  forensischen 
Chemie,  sowie  in  der  Untersuchung  der  Nahrungs-  und  Ge- 
nussmittel (mit  Fritsch  und  Gadamer).  —  Fittica:  Theo- 
retische Chemie,  2;  Neuere  Geschichte  der  Chemie,  i.  — 
Fritsch:  Qualitative  Analyse,  i;  Pyridinderivate,  i.  — 
Schaum:  Physikalisch-chemisches  Praktikum,  3;  Spektral- 
analytisches Praktikum,  2.  —  Qadamer:  Technologie  der 
Nahrungs-  und  Genussmittel,  2 ;  Prüfung  der  galenischen  Prä- 
parate (D.  A.  B.  IV.),  lg.  —  Schenck:  Elektrochemie,  2; 
Einführung  in  die  ersten  Arbeiten  im  Laboratorium  und  in 
die  analytische  Chemie,  2.  — 

Schottky:  Theorie  der  krummen  Linien  und  Flächen, 
4;  Allgemeine  Funktionen-Theorie,  4;  Mathematisches  Seminar, 

2  g.  —  Hess:  Differentialrechnung,  5;  Ausgewählte  Kapitel 
der  Geometrie,  3;  Übungen  des  mathematischen  Seminars,  3. 

—  V.  Dalwigk:  Theorie  der  Kegelschnitte,  4;  Einführung 
in  die  Geodäsie  mit  praktischen  Übungen,  i^a.?"-  — 


Universität  München. 

Röntgen:  Experimentalphysik  II,  5;  Praktische  ('bungen    | 
mit  Graetz  und  Zehnder),  4;    Anleitung  zu  selbständigen 


Arbeiten,  tägl. ;  Physikalisches  Kolloquium,  2  g.  —  Qraets : 
Einleitung  in  die  theoretische  Physik,  4 ;  Theorie  des  Lichtes, 
3;  Physikalisches  Praktikum  (mit  Röntgen),  4.  —  Zehnder: 
Kapitel  aus  der  angewandten  Physik,  2.  —  Erk:  Wird  später 
ankündigen.  —  Donle:  Doppelbrechung  und  damit  zusammen- 
hängende Erscheinungen,  2.  — 

V.  Baeyer:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Prak- 
tische Arbeiten  (mit  K.  Hof  mann  undPiloty  in  der  unorga- 
nischen Abteilung,  mit  Königs  in  der  organischen  Abteilung), 
tägl.  ausser  Sonnabend,  ganz-  oder  halbtägig;  Chemisches 
Praktikum  für  Mediziner  (mit  Piloty),  4.  —  Hilger:  Phar- 
mazeutische Chemie  II,  4;  Forensische  Chemie,  i^;  Die  wissen- 
schaftlichen Grundlagen  der  Nahrungsmittelchemie  11:  Vege- 
tabilische Nahrungsmittel,  Gebrauchsgegenstände,  Wasser,  i ; 
Chemisches  Praktikum:  Arbeiten  auf  dem  Gesamtgebiete  der 
angewandten  Chemie,  s|>eziell  der  Nahrungsmittel  —  physio- 
logische Chemie  und  elektrochemische  Arbeiten  (mit  Wein- 
land), halb-  und  ganztägig;  Spezialkursus  fiir  Studierende 
der  Pharmazie,  V2  Tag.  —  Königs:  Pyridinderivate,  lg.  — 
K.  Hoftnann:  Spezielle  unorganische  Experimentalchemie: 
Alkalimetalle,  Erdalkalien  und  Schwermetalle,  I,  für  Anfanger 
und  Vorgeschrittene,  3;  Praktikum  für  Gasanalyse,  4 ;  Prakti- 
kum für  Spektralanalyse,  2.  —  Piloty:  t^'ber  massanalytische 
Methoden,  2;  Elektrolytisches  Praktikum,  4 — 5  wöchentliche 
Kurse,  ganztägig.  —  Willstätter:  Über  die  Entwicklung  der 
organischen  Chemie  in  den  letzten  Dezennien,  i.  —  IMeck- 
mann:  Geschichte  der  Chemie  seit  Lavoisier,  i  g.  —  "Wein- 
land:  Prüfung  und  Wertbestini mung  der  Arzneimittel  nach 
dem  deutschen  Arzneibuch  I.  (Anorganischer)  Teil,  i  g\ 
Übungen  im  Labore toriura  für  angewandte  Chemie.  — 

Ijindemann :  Integralrechnung,  5;  Theorie  der  Sub- 
stitutionen und  der  höheren  algebraischen  Gleichungen,  4; 
Mechanik  deformierbarer  Körj>er,  2;  Mathematisches  Seminar, 
lg.  —  Seeliger:  Theorie  der  Figur  der  Himmelskör^^er 
(Fortsetzung),  3;  Praktisch-astronomische  Übungen  an  den 
Instrumenten  der  Sternwarte,  g.  —  Pringsheim:  Aus- 
gewählte Kapitel  aus  der  Theorie  der  analytischen  Funktionen, 
4;  Fouriersche  Reihen,  3.  —  Brunn:  Elemente  der  höhe- 
ren Mathematik,  für  Studierende  aller  Fakultäten,  4,  — 
Döhlemann:  Darstellende  Geometrie  II:  Axonometrie,  Per- 
spektive, 2,  Übungen,  2;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  neueren 
Geometrie:  Räumliche  Gebilde,  3.  —  Anding:  Elemente 
der  Astronomie,  2.  —  Bd.  V.Weber:  Analytische  Geometrie 
des  Raumes,  mit  Übungen,  5;  Theorie  und  Anwendung  der 
Determinanten,  3.  —  Kom:  Analytische  Mechanik,  4 ;  Kapil- 
laritätstheorie, I  g.  —  Gottler:  Allgemeine  Theorie  der  alge- 
braischen Kurven,  3;  Repetitorium  und  Übungen  für  die 
Kandidaten  des  I.  mathematischen  Examens,  4.  — 

Technische  Hochschule  München. 

Ebert:  Experimentalphysik  II:  Magnetismus,  Elektro- 
magnetismus, Induktion,  Optik,  4;  Physikalisches  Praktikum, 
4  oder  8;  Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Untersuchungen  auf 
dem  Gebiete  der  Physik,  48. — Fischer :  Mathematische  Behand- 
lung der  Elektrizität  und  des  Magnetismus,  2 ;  Physikalische  Mes- 
sungen und  Messinstrumente  (zur  Vorbereitung  für  das  physika- 
lische Praktikum),  i ;  Experimentelle  Akustik.  —  Knoblauch  : 
Thermische  Messmethoden  mitÜbungen. — FÖppl :  Praktikum  im 
mechanisch-technischenLaboratorium,2 ;  TechnischeMechanik  I : 
Einführung  in  die  Mechanik,  4,  IV:  Dynamik,  3.  —  Emden: 
Hydrodynamik  mit  Berücksichtigung  der  Wirbelbewegungen, 
3.  —  Edelmann:  Physikalische  und  elektrotechnische  Übgn. 
filr  Vorgeschrittene;  Photographie  mit  besonderer  Berücksich- 
tigung der  photographischen  Vervielfaltigungs-  und  Lichtpause- 
verfahren.  —  Voit:  Augewandte  Physik:  Heizung,  Ventilation, 
Akustik  der  Gebäude,  Blitzableiter,  Übungen,  2;  Elektrotechnik 
fiir  Maschineningenieure  und  Chemiker,  3,  Übungen,  2;  Theorie 
und  Konstruktion  der  Messinstrumente  und  Elektrizität^rähler, 
2.  —  Heinke:  Grundzüge  der  Elektrotechnik  för  Elektro- 
ingenieure II,  3,  Übungen,  2;  Elektrotechnische  Messkunde  II, 
2;  Elektrotechnisches  Praktikum  I:  Messtechnik  und  Photo- 
metrie, 4 ;  Elektrische  Arbeitsübertragung  und  Centralanlagen, 
2,  Übungen,  4.  —  Ossanna:  Starkstromtechnik,  2;  Elektro- 
technisches  Praktikum  II:  Messungen  an  Maschinen,  Gleich- 
richtern und  Transformatoren,  4;  Konstruktionslehre  der 
Gleichstrommaschincn,  2;  Entwerfen  von  Wechsel-  und  Gleich- 
stromkonstruktionon,  4;  Theorie  des  allgemeinen  Transforma- 
tors mit  Anwcnfjung  auf  den  Induktionsmotor  und  auf  den 
statischen    Transformator.    —    Qlelchmann:    Theorie    und 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  13. 


301 


Konstruktion  der  Schalt-  und  Regulierapparate,  sowie  Kosten- 
berechnung von  Maschinen  und  Apparaten,  2;  Elektrische 
Strassen-  und  Vollbahnen,  i.  —  UltSCh:  Konstruktionslehre 
der  Maschinenteile  IT,  4;  Entwerfen  von  Maschinenteilen  II, 
filr  Maschineningenieure,  8,  für  Elektroingenieure,  6;  Kon- 
stniktionslehre  der  Arbeitsmaschinen  II,  2;  Entwerfen  von 
Arbeitsinaschinen  II,  6;  Allgemeine  Maschinenlehre,  4.  — 
V.  IjOBSOW:  Entwerfen  von  Wasserkraftmaschinen,  für  Ma- 
schineningenieure, 8,  für  Elektroingenieure,  4;  Entwerfen  von 
Dampfkesseln,  2.  — Ii3nien:  Konstruktionslehre  der  Dampf- 
maschinen, 6 ;  Konstruktionslehre  der  Eisenbahnmaschinen,  2 ; 
Entwerfen  von  Eisenbahnmaschinen,  2.  —  Schröter:  Theo- 
retische Maschinenlehre  I  u.  II,  4,  Praktikum,  2.  —  v.  Hoyer: 
Mechanische  Technologie  II,  5 ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der 
mechanischen  Technologie:  Mühlenanlagen,  2.  —  Sohmid: 
Allgemeine  Maschinenlehre  IL   — 

Alutbinann:  Allgemeine  Experimentalchemie  einschliess- 
lich der  Grundzüge  der  organischen  Chemie,  5;  Chemisches 
Praktikum  im  analytischen  und  elektrochemischen  Laboratorium, 
10  bis  30;  Spezielle  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  unorga- 
nischen Chemie  und  der  Elektrochemie,  30.  —  Schultz:  Or- 
ganische Chemie,  5;  Chemisches  Praktikum  im  organischen 
Laboratorium,  20  bis  30;  Chemische  Technologie  III, 
4,  Praktikum  20  bis  30.  —  Sibner:  Über  Pyridin- 
und  Chinoliuderivate,  i.  —  Bhode:  Ausgewählte  Kapitel 
aus  der  organischen  Chemie  mit  Berücksichtigung  der 
Tageslitteratur,  I.  —  Ijipp:  Analytische  Chemie  der  Metalle 
und  Metalloide  nebst  Gewichts-  und  Massanalyse  I,  4;  Brenn- 
materialien und  Feuerungsanlagen  mit  Einschluss  der  tech- 
nischen Gasanalyse  II,  I ;  Übungen  in  der  technischen  Gas- 
analyse, 3.  —  Hofer:  Elektrochemie  11,  3.  —  Iiintner: 
Chemie  der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  2 ;  Gärungschemisches 
Praktikum,  30;  Technologie  und  Warenkunde  I:  Anorganische 
Waren,  2.  —  Baur:  Die  chemischen  Vorgänge  in  der  Photo- 
graphie, — 

V.  Braunmühl:  Algebraische  Analysis  und  Trigonometrie, 
4^  Übungen,  i ;  Anwendung  der  elliptischen  Funktionen  auf 
geometrische  und  mechanische  Probleme,  2;  Mathematisch- 
historisches Seminar,  i .  —  v.  Dyck :  Höhere  Mathematik  II, 
4,  Übungen,  2;  Anwendungen  der  Differentialrechnung  auf 
Raumgeometrie,  4;  Mathematisches  Seminar  (Kolloquium) 
(mit  Finsterwal  der),  2.  —  Burmester:  Darstellende  Geo- 
metrie, 4,  Übungen,  4;  Kinematik,  3.  —  M.  Schmidt:  Vermes- 
sungskunde II,  4,  Praktikum,  4  oder  8;  Hauptvermessungs- 
übungen, I  oder  2  Wochen ;  Katastermessungen,  3,  Praktikum 
IV,  10;  Kartierungsübungen,  4.  —  Hohenner:  Repetitorium 
Über  die  Lehre  von  den  geodätischen  Messinstrumenten,  2.  — 
Andlng:  Elemente  der  Astronomie,  2.  —  Finsterwalder : 
Vektoranalysis ;  Geometrisches  Seminar  für  Anfanger  mit 
Zeichen-  und  Modellierübungen  für  Studierende  der  Mathe- 
matik, 2.  — 

Akademie  Münster. 

Hittorf:  Liest  nicht.  —  Heydweiller:  Experimental- 
physik I:  Allgemeine  Physik,  Wärmelehre,  4;  Theorie  des 
Magnetismus  und  der  Elektrizität,  2;  Physikalische  Übungen, 
3  oder  6;  Wissenschaftliche  Untersuchungen  im  physikalischen 
Institut,  tägl. ;  Physikalisches  und  physikalisch- chemisches 
Kolloquium,  2  g.  — 

Salkowski:  Organische  Chemie  I,  4;  Die  Leichtmetalle, 
2  g\  Praktische  Übungen  und  Leitung  wissenschaftlicher  Ar- 
beiten, 30.  —  Könige :  Analytische  Chemie:  Metalloide,  i; 
Hygiene,  2  g\  Übungen  im  agrikulturchemischen  Laboratorium ; 
39^''.  —  Kasener:  Pharmazeutische  Chemie:  Anorganischer 
Teil,  mit  Demonstrationen  und  Experimenten,  4;  Ausgewählte 
Kapitel  der  chemischen  Technologie  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  Glasindustrie  und  Keramik,  i ;  Pharmazeutisch- 
chemische und  toxikologische  Übungen  im  Laboratorium; 
Darstellung  chemischer  Präparate,  35 ;  Toxikologie,  \  g,  — 
Reinganum:    Grundzüge  der  physikalischen  Chemie,  2.   — 

Killing :  Analytische  Geometrie  I,  3 ,  Übungen,  ig.  — 
Analytische  Mechanik  I,  4;  Variationsrechnung,  2;  Übungen 
des  mathematischen  Oberseminars,  2  g.  —  v.  Ijilienthal : 
Differential-  und  Integralrechnung  I,  4;  Einleitung  in  die 
Differentialgeometrie,  4;  Übungen  des  mathematischen  Unter- 
Seminars,  I  g.  —  Dehn:  Funktionentheorie,  4;  Übungen  zur 
darstellenden  Geometrie,  lg.  — 


Universität  Prag. 

Leoher:  Experimentalphysik  II,  mit  Berücksichtigung 
der  Mediziner,  5 ;  Anleitung  zu  selbständigen  Untersuchungen, 
^äg^'  S'  —  V.  Oeitler:  Physikalisches  Praktikum  II,  a)  für 
Physiker  und  Mathematiker,  6,  b)  für  Chemiker  und  Natur- 
historiker, 3;  Theorie  des  Wechselstromes,  i.  —  Lippich: 
Gastheorie,  3;  Theorie  der  Kapillarität,  2.  —  Spitaler:  All- 
gemeine Meteorologie  III:  Hydrometeore  und  Wetterprognose, 
2;  Kosmische  Spektralanalyse,  2.  — 

Qoldsohmiedt:  Organische  Chemie  fUr  Philosophen, 
Mediziner  und  Pharmazeuten,  5;  Chemische  Übungen,  ganz- 
tägig (filr  Mediziner,  halbtägig),  tägl.  ausser  Sonnabend;  An- 
leitung zu  wissenschaftlichen  Untersuchungen,  tägl.  ausser 
Sonnabend,  g.  —  Qintl:  Anleitung  zur  Ausführung  gericht- 
lich-chemischer Untersuchungen  mit  praktischen  Übungen, 
für  Lebensmittel-Chemiker,  4.  —  Brunner:  Chemie  der 
menschlichen  Nahrungs-  und  Genussmittel,  3.  —  v.  Garza« 
rolli:  Massanalyse  mit  Demonstrationen,  2;  Nachweis  an- 
organischer Gifte.  I.  —  Meyer:  Stereochemie,  i.  —  Kirpal: 
Chemische  Tagesfragen,  i.  — 

Pick:  Algebraische  Gleichungen,  3;  Algebraische  Funk- 
tionen (Fortsetzung),  2.  —  Gmeiner:  Differential-  und  Inte- 
gralrechnung (Fortsetzung),  4;  Einleitung  in  die  Theorie  der 
Funktionen  komplexer  Veränderlicher,  i.  — Weinek:  Theorie 
der  astronomischen  Instrumente  I,  3;  Praktisches  Beobachten, 
2;  Über  Finsternisse  und  Stembedeckungen,  i.  —  Oppenheim: 
Elemente  der  Mondbewegung,  2.  — 

Technische  Hochschule  Prag. 

V.  Qeitler:  Physik:  Wellentheorie,  Akustik,  Optik,  5; 
Optische  Instrumente,  Spektralanalyse,  Sacharimeter,  2.  — 
Puluj:  Allgemeine  Elektrotechnik:  Elektromotoren  für  Gleich- 
und  Wechselströme,  elektrische  Bahnen,  2 ;  Spezielle  Elektro- 
technik: Elektrische  Centralen  fiir  Beleuchtung  und  Kraftüber- 
tragung, Berechnung  der  Leitungsnetze,  2 ;  Ausgewählte  Kapitel 
der  Wechselstromelektrotechnik,  i.  —  Pichl:  Klimatolo- 
gisches  Praktikum,  I.  —  Doerfel:  Maschinenlehre:  Dampf- 
maschinen, Dampfkessel,  hydraulische  Motoren,  5,  Konstruk- 
tionsübungen, 6;  Maschinenlehre:  Ausgewählte  Kapitel,  2; 
Maschinenbau  II,  2,  Konstruktionsübungen,  4.  —  Stark: 
Materialienlehre,  I ;  Encyklopädie  der  Mechanik  I,  2 ;  Gra- 
phische Statik,  2,  Konstruktive  Übungen,  2;  Mechanik  11: 
Elastizitäts-  und  Festigkeitslehre,  4,  Repetitorium,  i,  III: 
Hydrostatik  und  Hydraulik,  3.  —  Schiebel:  Maschinenbau 
I  und  2,  Konstruktive  Übungen,  4,  II,  2,  Konstruktionsübgn., 
7;  Allgemeine  Maschinenkunde,  3.  —  Baudiss:  Maschinen- 
bau II,  4,  Konstruktionsübungen,  6 ;  Maschinenbau,  ausgewählte 
Kapitel,  2. 

Qintl:  Allgemeine  Experimentalchemie,  spezielle  Chemie 
der  Elemente  II,  5;  Praktische  Übungen  in  der  Ausführung 
chemischer  Operationen  und  Darstellung  von  Präparaten,  6; 
Analytische  Chemie  (qualitative),  Repetitorium,  2 ;  Analytische 
Chemie  (qui^ntitative),  2,  Übungen,  24;  Spezielle  Kapitel  der 
organischen  Chemie,  l ;  Praktische  Photographie  und  Übgu. ; 
Anleitung  zur  Ausführung  wissenschaftlicher  Untersuchungen 
für  Geübtere  (mit  Storch);  Chemie  der  Nahrungs-  und  Ge- 
nussmittel, 3,  Übungen,  6.  —  Storoh:  Chemie  der  Metalle 
und  technische  Metallgewinnung,  2 ;  Massanalyse  und  chemische 
Arithmetik,  i ;  Physikalische  Chemie :  Elektrochemie,  3 ;  Theo- 
rie der  cyklischen  Verbindungen,  2.  —  Czapek:  Agrikultur- 
chemie, 3-  — 

Weiss:  Mathematik  I,  6,  Repetitorium,  2;  Elemente  der 
höheren  Mathematik,  2,  Repetitorium,  i ;  Übungen  aus  der 
Integralrechnung,  i ;  Analytische  Mechanik,  2.  —  Grünwald : 
Mathematik  II  (Fortsetzung),  3,  Repetitorium,  i ;  Differential- 
gleichungen und  deren  Anwendung  auf  Geometrie  und  Mecha- 
nik, 2.  —  Janisch:  Darstellende  Geometrie,  4,  Übungen,  8; 
Das  Nullsystem  und  der  lineare  Komplex,  i ;  Ausgewählte 
Kapitel  aus  der  darstellenden  Geometrie,  i.  —  Ruth:  Ele- 
mente der  niederen  Geodäsie,  Übungen,  2;  Niedere  Geodäsie 
I,  Übungen,  2,  IL  4V21  Übungen,  4;  Grundzüge  der  sphärischen 
Astronomie,  3,  Übungen,  2;  Anwendungen  der  Geodäsie  auf 
Kulturtechnik  2,  Übungen,  2;  Geodätisches  Rechnen,  Übun- 
gen, 2.  — 

Universität  Rostock. 

Matthiessen:  Experimentalphysik  1:  Allgemeine  Physik, 
Mechanik,  Optik,  5 ;  Mathematische  Geographie  und  populäre 


302 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.     No.  13. 


Astronomie,  2;  Physikalisches  Seminar,  2;  Kleines  physikali-  1 
sches  Praktikum  für  Mathematiker,  Mediziner,  Chemiker  und 
Pharmazeuten,  12;  Grosses  physikalisches  Praktikum  fiir  Ge-  1 
übtere  (mit  Wachs muth),  tägl.  —  Waohsmuth:  Elektro-  | 
magnetische  Lichttheorie,  3;  Einleitung  in  das  physikalische  ^ 
Praktikum  mit  Demonstrationen,  2 ;  Physikalisches  Kolloquium  | 
(mit  Kümmel  1),  14  tägg.,  2.  — 

Michaelis:  Anorganische  Chemie,  5;  Chemische  Übungen 
im  Laboratorium:  a)  Grosses  Praktikum,  tägl.  ausser  Sonn- 
abend, b)  Kleines  Praktikum,  9,  c)  Übungen  fUr  Mediziner,  4, 
für  Nahrungsmittelchemiker,  2.  —  Heinrich:  Ausgewählte 
Kapitel  aus  der  Agrikulturchemie,  2,  Agrikulturchemisches 
Praktikum,  tägl.  —  Stoermer :  Massanalyse,  i ;  Aromatische 
Verbindungen,  4;  Methodik  der  organischen  Synthese,  3.  — 
Kümmell :  Elektrochemie,  2 ;  Physikalisch-chemische  Übungen 
für  Anfanger,  3;  Elektrochemische  Analysen  und  Präparate,  3; 
Arbeiten  im  elektrochemischen  Laboratorium,  tägl. — Kunckell: 
Massanalytische  Bestimmungen  des  Deutschen  Arzneibuches 
in  Verbindung  mit  einem  Repetitorium  der  pharmazeutischen 
Chemie,  2.  — 

Staude:  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  4;  Theorie 
der    analytischen    Funktionen,    4;    Mathematisches    Seminar, 

Universität  Strassburg. 

Braun:  Experimentalphysik  I:  Mechanik,  Molekular- 
physik, Optik,  5;  Physikalische  Übungen,  5  oder  10;  über- 
sichtskursus  fiir  Mediziner,  3;  Wissenschaftliche  physikalische 
Arbeiten,  35;  Physikalisches  Kolloquium,  2  g.  —  Cohn:  Elek- 
trizität und  Magnetismus,  4.  —  Cantor:  Praktische  Übungen 
in  der  physikalischen  Chemie,  4.  —  Zenneok:  Elektromag- 
netische Schwingimgen  (experimentell)  I:  Langsame  Schwing- 
ungen (Wechsel-  und  Drehströme),  i.  —  Hergesell:  Die 
Wärmeverhältnissc  des  Erdkörpers,  2 ;  Meteorologische  Übungen 
im  meteorologischen  Institut,  g.  — 

Thiele:  Allgemeine  Experimentalchemie,  organischer 
Teil,  5;  Chemische  Übungen  und  Untersuchungen  im  Labo- 
ratorium (mit  Rose),  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Rose:  Che- 
mische Technologie  der  leichten  Metalle,  5;  Analytische 
Chemie,  4.  —  Srlenmeyer:  Stereochemie,  i ;  Chemisches 
Praktikum  filr  Anfänger  und  Geübtere  (mit  Kreutz),  tägl.  — 
Kohl:    Cyklische   Verbindungen    des    Steinkohlenteers  II,  2. 

—  Kreuts:  Untersuchungsmethoden  der  alkoholischen  Ge- 
tränke, i;  Anleitung  zur  chemischen  Untersuchung  der  Nahrungs- 
und Genussmittel,  3.  —  Schar:  Pharmazeutische  Chemie,  5; 
Übungen  und  Untersuchungen  im  Laboratorium  des  pharma- 
zeutischen Instituts,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Pharmakognos- 
tisches  Praktikum,  4;  Grundzüge  der  physiologischen  Chemie 
für  Pharmazeuten,  2;  Die  ätherischen  öle  und  Kampherarten 
in  pharmazeutisch-chemischer  Beziehung,  i  ^.  — 

Roth:  Differential-  und  Integralrechnung,  3,  Übungen 
2  g)  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  3.  —  Ejraser:  Be- 
stimmte Integrale,  3;  Einleitung  in  die  Funktionentheorie,  3; 
Determinanten,  2;  Übungen  des  mathematischen  Seminars 
(untere  Abteilung),  i.  —  Reye:  Einleitung  in  die  synthetische 
Geometrie,  2;  Technische  Mechanik,  4;  L'bungen  des  mathe- 
matischen Seminars,  2  g.  ~  Weber:  Variationsrechnung,  4; 
Encyklopädie  der  Elementarmathematik,  2;  Übungen  des 
mathemalischen  Oberseminars  (mit  Wellst  ein),  iVa  g-  — 
Timerding:  Theorien  von  Ebbe  und  Flut,  2.  —  Wellstein: 
Ausgewählte  Kapitel  der  angewandten  Mathematik,  2  g\  Arith- 
metische Theorie  der  algebraischen  Funktionen,  2.  —  Becker: 
Niedere  Geodäsie,  4;  Das  Meridianinstniment  und  seine  Auf- 
gaben in  der  neueren  Astronomie,  I :  Seminaristische  Übungen 
{Kollo(]uium),  g\  Astronomische  Beobachtungen  an  den  In- 
strumenten der  Sternwarte,  nach  Verabredung.  —  Wislicenns: 
Theoretische  Photometrie,  i ;  Photogrammelrie,  i ;  Besprechung 
der  neuesten  litterarischen  Erscheinungen  auf  astronomischem 
(iebiete,  I  ^.  — 

Technische  Hochschule  Stuttgart. 

Koch :  Experimentalphysik,  4;  Physikalisches  Praktikum  I, 
halbtägg.  ausser  Sonnabend,  II,  tägl. ;  Theoretische  Physik,  2. 

—  Englisch:  Theoretische  Photographie  (chemischer  Teil), 
1  —  2;  Anleitung  zum  Photographieren,  i.  —  v.  Weyrauch: 
AtTOStatik  und  Aerodynamik,  2;  Einleitung  in  die  mathe- 
matische Theorie  der  Elastizität,  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  die  liedtirfnisse  der  Lehramtsk.nndidaten.  2.  —  Berg: 
Maschinenzeichnen,  12;    Pumpen,  2.  —    Ernst.    Maschinen- 


elemente, 2;  Hebezeuge,  3,  Übungen,  6.  —  Thomann: 
Wassermotoreo,  6;  Maschinenkonstruktionen,  8;  Turbinen- 
Regulatoren,  i;  Maschinenkunde,  4,  Übungen.  —  Bantlin: 
Dampfkessel,  3;  Maschinenkonstruktionen.  10.  —  v.  Bach: 
Materialprttfungsanstalt,  Vortrag  und  Übungen;  Ingenieur- 
laboratorium,  Übungen;  Erörterungen  fUr  Maschineningeoieure, 
I.  —  Ensslin :  Kältemaschinen,  2;  Aus  der  angewandten 
Elastizitätslehre,  2.  —  Veeaenmeyer :  Die  elektrischen  Bahnen, 
2;  Elektrotechnische  Konstruktionsübungen,  8;  Projektierung 
elektrischer  Anlagen,  2.  —  Herrmann:  Die  Elektrizitätswerke 
einschliesslich  derLcitungen,2 ;  ElektrotechnischeMesskunde  1, 2. 
—  Dietrich:  Elektrische  Beleuchtung,  2;  Elektrotechnische 
Messkunde  II,  i;  Übungen  im  elektrotechnischen  Laborato- 
rium: Praktikum  I  für  Anfänger  an  4  halben  Tagen,  Prakti- 
kum II  (mit  Herr  mann),  tägl.  ausser  Sonnabend;  Elektro- 
technisches Seminar   (mit  Veesenmeyer   und  Herrmann), 

1.  —  Widmaier:  Allgemeine  mechanische  Technologie  (Ver- 
arbeitung der  Faserstoffe),  5;  Werkzeugmaschinen,  3.  — 
Johannsen:  Appretur  und  Veredelung,  ig.  — 

Hell:  Allgemeine  Experimentalchemie,  4;  Übungen  im 
Laboratorium  für  allgemeine  Chemie  (mit  Kehr  er),  lägt 
ausser  Sonnabend ;  Organische  Chemie,  2 ;  Theoretische  Chemie, 

2.  —  Kehrer:  Analytische  Chemie,  2.  —  O.  Schmidt: 
Chemie  der  Nahrungsmittel,  Genussmittel  und  Gebrauchs- 
gegenstände, 2.  —  Kauftoiann:  Repetitorium  der  anorga- 
nischen Chemie,  2;  Physikalische  Chemie,  i;  Kolloquium 
über  organische  Chemie,  2.  —  J.  Schmidt:  Ausgewählte 
Kapitel  der  analytischen  Chemie,  l ;  Chemisch- technische 
Analyse,  1.  —  Spindler:  Physiologisch-chemische  Analyse, 
2.  —  Philip:  Technische  und  Handelsanalysen  organischer 
Produkte,  i.  —  HaUBsermann:  Technische  Chemie,  2; 
Chemische  Technologie  der  Baumaterialien,  1;  Übungen  im 
Laboratorium  ftir  chemische  Technologie,  tägl.  ausser  Sonn- 
abend; Metallurgie,  i;  Elektrochemie,  i — 2.  — 

N.  N.:  Trigonometrische  Übungen,  2.  —  Roth:  Mathe- 
matische Geographie,  2.  —  Bretschneider :  Repetitionen 
in  niederer  Mathematik,  2.  —  Beuschle:  Analytische  Geo- 
metrie der  Ebene,  3,  Übungen,  i;  Differential-  und  Integral- 
rechnung I,  4,  Übungen,  2,  III,  3,  Übungen,  i ;  Mathematisches 
Seminar  (mit  M  e  h  m  k  e),  I .  —  Wölffing:  Funktionentheorie, 
3;  Reihen,  lg,  —  Mehmke:  Darstellende  Geometrie,  4, 
Übungen,  6;  Reine  Mechanik,  3,  Übungen,  i.  —  Qöller: 
Perspektive,  2.  —  Autenrieth:  Technische  Mechanik,  6, 
Übungen,  6.  —  Hammer:  Praktische  Geometrie  II,  4, 
Übungen  I,  16;  II,  5 ;  Ausgleichungsrechnung  nach  der  Methode 
der  kleinsten  Quadrate,  t^bungen,  2;  Astronomische  Zeit-  und 
Ortsbestimmung,  2,  Übungen,  i.  — 

Universität  Tübingen. 

Paschen:  Experimentalphysik  I:  Mechanik  und  Optik, 
5;  Physikalische  Übungen  für  Anfanger,  4;  Leitung  selb- 
ständiger Untersuchungen,  tägl.  —  Waitz:  Theorie  der  Elektri- 
zität und  des  Magnetismus,  3,  Übungen,  2;  Populäre  Astro- 
nomie, 2.  — 

V.  Huftier:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  physiologischen 
Chemie,  2;  Praktisch-chemische  Übungen  für  Mediziner  (mit 
Küster)  I:  Qualitative  Analyse,  9,  II:  Quantitative  Analyse, 
6;  Physiologisch- chemische  Arbeiten  fUr  Geübtere,  tägL  — 
V.  Fechmann:  Allgemeine  Chemie  11:  Organische  Experi- 
mentalchemie, 5 ;  Praktische  Übungen,  tägl.  ausser  Sonnabend, 
a)  für  Anorganiker  (mit  Paul)  mit  Kursus  für  Anfanger, 
ganz-  und  halbtägig,  b)  für  Organiker  (mit  Bülow),  ganz- 
tägig; Leitung  selbständiger  Untersuchungen,  tägl.  —  Paul: 
Analytische  Chemie  II,  3;  Pharmazeutische  Chemie  (anorga- 
nischer Teil),  2;  Physikalisch-chemisches  Praktikum,  3;  Elektro- 
chemisches Praktikum,  3.  —  Bülow:  Chemie  der  mdhrkemigcn 
und  heterocyklischen  aromatischen  Verbindungen,  2;  Die 
deutsche  chemische  Industrie,  i.  —  Küster:  Chemie  der 
Kohlehydrate,  i ;  Repetitorium  der  Chemie,  2 ;  Praktisch- 
chemische Übungen  mit  medizinisch  wichtigen  organischen 
Stoffen,  2  bis  3.  —  Wedekind:  Beurlaubt.  —  Dünroth: 
Die  Chemie  der  natürlichen  organischen  Farbstoffe,  i.  — 

V.  Brill:  Analytische  Mechanik,  5;  Ausgewählte  Ab- 
schnitte aus  der  Theorie  der  Raumkurven  und  Flächen,  2; 
Übungen  im  mathematischen  Seminar,  2.  —  Stahl:  Niedere 
Analysis,  3;  Funktionentheorie,  3;  Übungen  im  mathema- 
tischen Seminar,  2.  —  Maurer :  Höhere  Analysis,  4,  Übungen, 
2;  Invarianlentheorie  der  ninärformen,  2.  — 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang,     No.   13. 


303 


Universität  Wien. 

V.  Lang:  Experimentalphysik  für  Philosophen  und  Medi- 
ziner 1,4;  Mathematische  Ergänzungen  zur  Experimentalphysik, 
I  ^.  —  £xner:  Physikalisches  Praktikum  für  Lehramtskandi- 
daten, 6,  für  Chemiker  und  Nalurhistoriker,  5;  Physi- 
kalische Übungen  für  Vorgeschrittene,  tägl. ;  Physikalisches 
Konversatorium ,  i  ^'  —  Jäger:  Elemente  der  theo- 
retischen Physik  II:  Wärme,  3;  Elastizitätstheorie,  2.  — 
Moeer:  Experimentalphysik  für  Hörer  der  Medizin  und  der 
Philosophie  (insbesondere  Elektrizität  und  Optik),  3;  Physi- 
kalische Bedeutung  mathematischer  Begri  ffe  für  Hörer  der  Medizin 
und  der  Philosophie,  2 ;  Demonstrationen  und  t^ungen  an  und 
mit  physikalischen  Apparaten  als  Ergänzung  der  Experimental- 
Vorlesung,  i.  —  Lampa:  Spezielle  Probleme  aus  der  Theorie 
der  elektromagnetischen  Schwingungen,  2.  —  Benndorf: 
Elektrostatik,  i ;  Übungen  im  physikalischen  Rechnen,  2.  — 
Meyer:  Experimente  zur  Akustik,  i.  —  Haaenöhrl:  Theorie 
der  Strahlung,  2.  —  Mache:  Fourier'sche  Reihen  und  deren 
Anwendung  auf  physikalische  Probleme,  2.  —  Hann:  All- 
gemeice  Klimatologie  II :  Übersicht  Über  die  grossen  Klima- 
gebiete der  Erde,  2;  Grundztige  der  Ozeanographie  II,  1V2; 
Einführung  in  die  Berechnung  meteorologischer  Beobachtungen, 
iV2'  —  Pernter:  Meteorologische  Instrumentenkunde  und 
Übungen  an  der  k.  k.  Centralanstalt  für  Meteorologie  und 
Erdmagnetismus,  3.  —  Trabert:  Wird  nicht  lesen.  — 
V.  Schweidler:  Wird  nicht  lesen.  — 

Lieben:  Experimentalchemie  II:  Organische  Chemie 
(mit  Berücksichtigung  auch  medizinischer  Hörer);  5;  Chemi- 
sche Übgn.  für  Anfanger,  tägl.  ausser  Sonnabend,  für  Mediziner, 
4;  Arbeiten  im  chemischen  Laboratorium,  für  Vorgeschrittene, 
tägl.  —  Iiippmann:  Organische  Chemie  II:  Chemie  der 
Benzolderivate,  3;  Chemische  Übungen  für  Anfanger,  tägl. 
ausser  Sonnabend;  Arbeiten  im  chemischen  Laboratorium,  für 
Vorgeschrittene,  tägl.  —  Herzig:  Pharmazeutische  Chemie,  5; 
Analytische  Chemie  (quantitativer  Teil),  2 ;  über  Titriermetho- 
den, 1.  —  WegBCheider:  Repelitorium  der  analytischen 
Chemie  für  Pharmazeuten,  i ;  Thermodynamik  des  chemischen 
Gleichgewichtes,  2.  —  Fossek:  Ausgewählte  Kapitel  der 
organischen  Chemie  für  Pharmazeuten,  i.  —  Blau:  Aus- 
gewählte Kapitel  der  anorganischen  und  organischen  Chemie, 
I.  —  Fomeranz:  Theoretische  Chemie,  2.  —  Franke: 
Anleitung  znr  chemischen  Analyse  (im  Anschlüsse  an  die 
chemischen  Übungen  für  Mediziner),  i.  —  Pollak:  Chemie 
der  organischen  Farbstoffe  II:  Natürliche  Farbstofle,  2;  Che- 
mische Technologie  der  Gespinstfasern,  i.  —  Wenzel: 
Anorganische  Technologie  (Kalk-,  Glas-  und  Thoiiindustrie), 
1.  —  Zeisel,  Schacherlu.  Vortmann:  Werden  nicht  lesen.  — 

V.  Fscherieh:  Funktionentheorie,  5;  Proseminar  für 
Mathematik,  i;  Seminar  für  Mathematik,  2;  Wahrscheinlich- 
keitsrechnung, 3.  —  Gegenbauer:  Elemente  der  Differen- 
tial- und  Integralrechnung  (unter  besonderer  Berücksichtigung 
der  Bedürfnisse  der  Nalurhistoriker,  Physiker,  Mediziner  und 
Versicherungstechniker,  II),  5,  Übungen,  2  g\  Übungen  im 
mathematischen  Proseminar,  1;  Übungen  im  mathematischen 
Seminar,  2.  —  Hertens:  Algebra  (Fortsetzung),  5;  Übungen 
im  mathematisrhen  Seminar,  2;  Übungen  im  mathematischen 
Proseminar,  i;  Mathematische  Statistik,  3.  —  Kohn:  Ana- 
lytische Geometrie  (Fortsetzung),  4,  Übungen,  i  g\  Ebene 
algebraische  Kurven,  2.  —  Tauber:  Versicherungsmathematik 
(Fortsetzung),  3,  übgn.,  2  g.  —  Blaschke:  Einführung  in  die 
mathematische  Statistik  II,  3.  —  Zsigmondy :  Flächen  zweiter 
Ordnung,  I.  —  Daublebsky  v.  Stemeck:  Zahlenthcorie, 
4.  —  Carda:  Anwendungen  der  Gruppentheorie  auf  Inte- 
grationsprobleme und  Infinitesimalgeometrie,  i.  —  Weiss: 
Theoretische  Astronomie,  4.  —  v.  Hepperger:  Bahnbestim- 
mung der  Kometen  und  Planeten,  3;  Astrophysik,  2.  — 
Sohram:  Zeitrechnung  und  Jahrform  verschiedener  Völker 
und  Umrechnung  von  Daten  (mit  besonderer  Rücksicht  auf 
Historiker),  2.  —  Hillebrand:  Mechanik  des  Himmels  (Fort- 
setzung), 2.  —  Hartl:  Kartographie  mit  Koustruktionsübun- 
gen,  4,  — 

Technische  Hochschule  Wien. 

IHtsoheiner :  Allgemeine  und  technische  Physik,  5; 
Physik  fttr  Chemiker,  2,  Übungen,  i.  —  Hocbenegg:  Elek- 
trotechnik, 4,  praktische  Übungen  und  Untersuchungen,  4.  — 
Saholka:  Theorie  der  Wechselströme  und  deren  Anwendung 
in  der  Praxis,  3.  —  JÜUig:  Elektrische  Telegraphie  und 
Eisenbahnsignalwesen,  2.  —  Liznar:  Erdm.ignetismus,  2.  — 


Straohe:  Bcleuchtungswesen,  2.  —  Kobes:  Theoretische 
Maschinenlehre,  4.  —  V.  Radinger:  Maschinenbau  I,  5, 
Konstruktionsübungen,  13.  —  v.  Hauffe:  Maschinenbau  II, 
5,  Konstruktionsübungen,  15.  —  Snglaender:  Allgemeine 
Maschinenkunde,  3.  —  Meter:  Feuerungstechnik,  Heizung, 
Lüftung  und  sonstige  gesundheitstechnische  Ausbildung  von 
Wohn-,  Fabriks-  und  öffentlichen  Gebäuden,  3  —  v.  Sto- 
okert:  Eisenbahnmaschinendienst,  3.  —  Kick:  Mechanisch j 
Technologie  II,  5.  — 

Bauer:  Allgemeine  Experimentalchemie  U:  Organisch* 
Chemie,  5,  Übungen,  20.  —  Vortmann:  Analytische  Chemie, 
4,  Übungen,  20.  —  Wegsobeider:  Chemische  Dynamik  und 
theoretische  Elektrochemie,  i.  —  Faweck:  Elektrochemie, 
3.  —  Iiippmann:  Chemie  der  heterozyklischen  Verbindungen, 

2,  —  Suida:  Die  wichtigsten  Kapitel  aus  der  Chemie  der 
aromatischen  Verbindungen,  2.  —  Bamberger:  Agrikultur- 
chemie, 2;  Ausgewählte  Kapitel  der  organischen  Chemie,  i. 
—  Feitier:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  physikalischen  und 
theoretischen  Chemie,  1.  —  Oser:  Chemische  Technologie 
der  anorganischen  Stoffe,  5,  Übungen,  20.  —  v.  Perger: 
Chemische  Technologie  der  organischen  Stoffe,  5,  Übungen, 
20.  —  V.  Höhnel:  Technische  Warenkunde,  2,  Übungen, 
li/j.  —  Eder:  Photochemie  und  angewandte  Photographie, 
i;  Photographisches  Praktikum,  4.  — 

A116:  Mathematik  I,  5,  Korrepetitionen,  2.  —  Cauber: 
Mathematik  II,  5;  Grundlehren  der  höheren  Mathematik,  4, 
Korrepetitionen,  2.  —  Sersawy:  Versicherungsmathematik  I, 

3,  II,  4.  —  Daublebsky  v.  Stemeok:  Kreisteilung,  i.  — 
S".  IST.:    Darstellende  Geometrie  und  konstruktives  Zeichnen, 

4,  Konstruktives  Zeichnen,  6.  —  Eksbell:  Elemente  der  nie- 
deren Geodäsie,  praktische  Übungen,  5;  Praktische  Geometrie, 
7Vj,  praktische  Übungen,  5;  Situationszeichnen  für  die  Hörei 
der  Bauingenieurschule,  3,  des  geodätischen  Kurses,  4;  Photo- 
grammetrie,  iVa-  —  Tinter:  Höhere  Geodäsie  II,  3;  Übgn. 
im  Beobachten  und  Rechnen,  2V2'.  Geodätische  Rechenübgn., 
2V2;  Das  geometrische  Präzisionsnivellement,   iVa-  — 

UniversitÄt  Würzburg. 

W.Wien:  Experimentalphysik  II:  Elektrizität  und  Optik. 
5;  Physikalisches  Praktikum,  4  resp.  10;  Anleitung  zu  selb- 
ständigen Arbeiten,  tägl. ;  Physikalisches  Kolloquium,  2  g.  — 
Des  Coudres:  Thermodynamik,  3;  Kinetische  Theorie  der 
Gase  und  Lösungen,  2  g.  — 

Hantzscb:  Organische  ^Experimentalchemie,  5;  Ana- 
lytisch-chemisches Praktikum  (mit  Wislicenus),  ganz-  und 
halbtägig,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Chemisches  Praktikum  fttr 
Mediziner  (mit  Wislicenus),  4;  Vollpraktikum  für  präpara- 
tive  Arbeiten,  tägl. ;  Anleitung  zu  selbständigen  Untersuchungen 
(mit  Wislicenus  und  Tafel),  tägl.  —  Medicus:  Chemische 
Technologie,  4;  Pharmazeutische  Chemie,  5;  Praktikum  für 
Pharmazeuten,  halbtägig;  Praktikum  in  allen  Richtungen  der 
angewandten  Chemie  und  Nahrungsmittclanalyse,  ganz-  und 
halbtägig.  —  Wislicenus :  Massanalyse,  2 ;  Ergänzende  Vor- 
träge zum  Medizinerpraktikum,  i  g.  —  Tafel:  Chemische 
Theorien,  2.  —  Reitsenstein :  Über  organische  Farbstoffe, 
2.  —  Ley:  Theorie  der  Lösungen,  2;  Über  Salze  und 
Metallverbindungen,  i.  —  Seitz:  Elektrizitätsleitung  der 
Gase,  2.  — 

Prjnn :  Integralrechnung,  6,  Übungen,  2  g\  Ausgewählte 
Kapitel  der  Funktionentheorie,  2  g.  —  VosS:  Analytische 
und  synthetische  Geometrie  der  Kegelschnitte,  4;  Theorie  der 
partiellen  Differentialgleichungen,  4;  Ausgewählte  Kapitel  aus 
der  höheren  Mathematik,  2  g.  —  Selling:  Sphärische  Astro- 
nomie, 2.  —  Rost:  Darstellende  Geometrie  II,  4;  Anwen- 
dungen der  Infinitesimalanalysis  auf  Geometrie,  4  g. 

Universität  Zürich. 

Blleiner:  Experimentalphysik,  5;  Theoretische  Optik 
(FortseUung),  2;  Physikalisches  Praktikum  fttr  Anfänger, 
V2  Tag;  Physikalisches  Praktikum  für  Vorgerücktere,  tägl.  — 
Schaujfblberger:  Elemente  der  Elektrotechnik,  2;  Kapillari- 
tät, I.  — 

Werner:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Organische 
.Chemie  III;  Stereochemie,  2;  Chemisch-analytisches  Prakti- 
kum für  Chemiker,  tägl.;  Chemisches  Praktikum  für  Vor- 
geschrittene (präparative  Arbeiten.  Ausführung  selbständiger 
Arbeiten),  tägl.;  Elektrochemische  Übungen,  2  Nachmittage  g; 
Technisch-chemisches  Praktikum,^;  Chemisches  Halbpraktikum 


304 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No.  13. 


(für  Studierende  der  Naturwissenschaften),  halbtä)^].  —  Abel- 
janz:  Quantitative  chemische  Analyse  mit  Berücksichtigung 
der  elektrolytischen  Methoden,  2 ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der 
(  hemie  der  Metalle,  l  g;  Anleitung  zu  medizinisch-chemischen 
Arbeiten  im  Laboratorium,  i;  Chemie  und  Untersuchung  der 
wichtigsten  Nahrungs-  und  Genussmittel,  i ;  Chemisches  Prak- 
tikum für  Mediziner  und  Veterinäre,  3  Tage,  fiir  Anfanger 
und  Vorgerücktere  (Nichtchemiker),  tägl.,  für  Lehramtskandi- 
daten, 2V2  Tage,  für  Studierende  der  Naturwissenschaften, 
3  Tage.  —  Schall:  Organische  Elektrochemie,  i  bis  2.  — 
Pfeiffer:  Der  Sauerstoff  und  seine  Verbindungen,  r.  — 

Burkhardt:  Algebraische  AnaJysis,  4;  Ausgewählte 
Fragen  der  Differential-  und  Integralrechnung,  2;  Potential- 
theorie, 2 ;  Mathematisches  Seminar,  2  g.  —  Weiler :  Analy- 
tische CJeometrie  II,  3;  Darstellende  Geometrie  II,  4;  Karten- 
projektionen, 2.  —  Kraft:  Die  Wissenschaft  von  den  extensiven 
Grössen,  4.  —  Qubler :  Gammafunktion  und  hypergeometrische 
Reihe,  2;  Anleihens-  und  Versicl)erungsrechnung,  2;  Inhalt 
und  Methode  des  mathematischen  Unterrichtes  in  der  Mittel- 
schule I,  2;  Elementar-mathematische  Übungen,  i  bis  2.  — 
Wolfer:  Geographische  Ortsbestimmung,  3;  Übungen  im 
astronomischen  Beobachten,  9;  Einleitung  in  die  Physik  des 
Himmels,  2.  — 

Technische  Hochschule  Zürich. 

H.  F.  Weber:  Physik,  4,  Repetitorium,  l;  Prinzipien, 
Ap]>arate  und  Messmethoden  der  Elektrotechnik,  2 ;  Einführung 
in  die  Theorie  des  Wechselstroms,  2;  Differentialgleichungen 
der  Physik,  2;  Wissenschaftliche  Arbeiten  in  den  physika- 
lischen Laboratorien,  8,  12  oder  24;  Elektrotechnisches  I.abo- 
ratorium,  8  oder  16.  —  Weiss:  Physik  I,  4,  Repetitorium, 
I ;  Cours  d'acoustique  th^orique  et  exp6rimental,  2 ;  Physika- 
lisches Praktikum  für  Anfanger,  4;  Travaux  scientifiques  dans 
les  laboratoires  de  physique,  24.  —  Schweltser:  Bespre- 
chung von  neuern  physikalischen  Arbeiten,  i ;  Transformatoren 
und  Umformer,  ig.  —  Denzler:  Bau  und  Betrieb  elektrischer 
Hahnen  I,  2;  Anleitung  zum  Projektieren  elektrischer  Anlagen 
mit  ausgewählten  Abschnitten  über  elektrische  Technologie 
I,  2.  —  Tobler:  Ausgewählte  Kapitel  aus  dem  Gebiete  der 
Schwachstromtechnik  (Fortsetzung),  lg.  —  Wyssling:  Elek- 
trische Centralanlagen  I,  2.  —  Stodola:  Dampfmaschinen  II, 
4,  Repetitorium,  i;  Maschinenkonstruieren,  12;  Gasmotoren 
(Fortsetzung),  i ;  Übungen  in  der  kalorischen  Abteilung,  ^'j 
Tag.  —  Fr&sil:  Hydraulische  Motoren  und  Pumpen  I,  2, 
Repetitorium,  i;  Konstruktionsübungen  und  Demonstrationen 
im  Laboratorium,  3 ;  Fabrikanlagen,  2 ;  Übungen  in  der  hydrau- 
lischen Abteilung,  V2  Tag.  —  Ssoher:  Mechanische  Techno- 
logie I:  Metallurgie,  4,  Repetitorium,  i,  II:  Werkzeugmaschinen, 
Spinnerei,  3,  Repetitorium,  i ;  Maschinenlehre,  4,  Übungen,  4. 

—  Parny:  Bau  von  Dynamomaschinen  I,  2.  —  Fliegner: 
Praktische  Hydraulik,  2 ;  Theoretische  Maschinenlehre  I  (Ein- 
leitung), 2,  Übungen,  2,  III:  Lokomotiven,  3,  Übungen,  2.  — 
Herzog:  Mechanik  I,  i,  Repetitorium,  2,  Übungen,  2.  ^- 
Meyer:  Maschinenzeichnen,  2,  Übungen,  6;  Skizzierübungen, 
2;  Maschinenbau:  Transmissionen  und  Hebezeuge,  4,  Repeti- 
torium, 1 ;  Maschinenkonstruieren  und  Demonstrationen,  9.  — 
Schule:  Technologie  des  mat^riaux  de  construction,  3,  Re- 
petitorium, i;  Materialtechnisches  Praktikum,  4;  Eisenkon- 
struktionen (mit  Repetitorium),  3.  —  A.  Weber:  Mechanik 
und  Maschinenlehre,  4,  Repetitorium,  i,  Konstruktionsübgn., 
4;  Feuerungsanlagen,  2,  Konstruktionsübungen,  2.  —  Bar- 
biert: Photographie  II,  i;  Photographisches  Praktikum,  15; 
Photogrammetrie,    i.  — 

Bamberger:  Organische  Chemie,  6,  Repetitorium,  i; 
Organische  Chemie  II:  Benzolderivate,  3,  Repetitorium,  i; 
Analytisch-chemisches  Praktikum,  16  und  24,  für  Vorgerück- 
tere, tägl.;  Chemisches  Praktikum  (mit  Treadwell),  2  bezw. 
4-  —  Treadwell:  Analytische  Chemie  II,  2;  Chemisch- 
technische  Analyse  mit  Übungen,  4;  Probierkunde  mit  Übgn., 
2;  Analytisch-chemisches  Praktikum,  16  und  24,  für  Vorge- 
rücktere, tägl.  —  BOBShard:  Gärungsgewerbe  (Brauerei  und 
Spritfabrikation),  i.  —  Constam:  Physikalische  Chemie  II, 
I ;  Organische  Elektrochemie,  i  g;  Anwendungen  physika- 
lischer Methoden  in  der  Chemie  (mit  Lorenz),  ^2  Tag; 
Physikalisch-chemisches  Vollpraktikum    (mit   Lorenz),    tägl. 

—  Lorenz:  Technische  Elektrochemie,  2;  Elektrometallurgie 
I ;  Elektrochemisches  Praktikum  für  Anfanger,  4,  für  Vorge- 
rücktere, 15.  —  Qnehm:    Künstliche   organische  Farbstoffe, 


3,  Repetitorium,  I;  Nahrungsgewerbe,  2;  Beleuchtungsindu- 
strie, I ;  Technisch-chemisches  Praktikum,  16  und  24,  für  Vor- 
gerücktere, tägl.  — Qrete:  Agrikulturchemische  L'ntersuchungs- 
methoden,  2  g.  —  Hartwich:  Pharmazeutische  Chemie,  5: 
Ätherische  öle,  i;  Pharmazeutisch-chemisches  Praktikum,  12; 
Technische  Botanik  II:  Untersuchung  von  Nahrungsmitteln 
und  Gewürzen,  2;  Warenkunde,  2;  Mikroskopische  Übungen 
in  der  Nahrungsmiltelkunde,  2  halbe  Tage;  Chemische  Unter- 
suchung von  Nahrungs-  und  Genussmitteln,  tägl.;  Pharma - 
kognostische  Übungen  für  Vorgerücktere,  tägl.  —  liUnge: 
Anorganisch-chemische  Technologie,  3,  Repetitorium,  i ;  Che- 
mische Technologie  der  Baumaterialien  und  Explosivstoffe,  2; 
Technisch-chemisches  Praktikum,  16  und  24,  für  Vorgerück- 
tere, tägl.  —  Ekshulze:  Organische  Chemie,  3,  Repetitorium. 
i;  Agrikulturchemie  II:  Fütterungslehre,  2;  Übungen  im  agri- 
kulturchemischen Laboratorium,  4  und  8;  Agrikulturchemisches 
Praktikum  für  Vorgerücktere,  24.  —  Winterstein :  Anleitung 
zu  den  Übungen  im  agrikulturchemischen  Laboratium ,  i ; 
Physiologische  Chemie  (ausgewählte  Kapitel),  2.  — 

Hurwitz:  Integralrechnung,  4,  Repetitorium,  i,  Übgn., 
2.  —  Becker:  Planzeichnen,  2  bezw.  4;  Kartenzeichnen,  3; 
Topographie,  2;  Kroquieren,  i;  Vermessungsübungen,  t  Tag; 
Vermessungsarbeiten  a,  Schluss  des  Sommersemesters,  2  Wochen. 
—  Beyel:  Schattenlchre,  2;  Flächen  zweiten  Grades,  2.  — 
Decher:  Vermessungsübungen,  i  Tag;  Vermessungsarbeiten 
am  Schluss  des  Sommersemesters,  2  Wochen;  Vermessungs- 
kunde, 5,  Repetitorium,  l.  —  W.  Fiedler:  Darstellende 
Geometrie,  2,  Repetitorium,  i,  Übungen,  4;  Analytische  Geo- 
metrie der  Lage,  2.  —  Franel:  Calcul  integral,  4,  Rep^tition, 

1,  Exercices,  2.  —  Geiser:  Invariantentheorie,  4;  Infinitesimal- 
geometrie,  4.  —  Hirsch:  Theorie  der  bestimmten  Integrale, 

2.  —  Keller:  Repetition  der  darstellenden  Geometrie  (Axono- 
metrie, Kollinkation,  Kegel-,  Rotations»  und  Scbraubenflächen }, 
2;  Übungen  in  Differential-  und  Integralrechnung,  2.  —  Blraft: 
Die  Wissenschaft  von  den  extensiven  Grössen,  4.  —  Iiacombe: 
G^om^trie  descriptive,  2,  Repetition,  i,  Exercices,  4;  Mathe- 
matisches Seminar  (mit  Minkowski),  2.  —  Minkowski: 
Analytische  Mechanik,  2;  Partielle  Differentialgleichungen,  4.  — 
Rebstein:  Ausgleichungsrechnung,  2,  Repetitorium,  i,  Übgn., 
2;  Kutastervermessung  und  Güterzusammenlegung,  2,  Repeti- 
torium, 2;  Die  technischen  Grundlagen  der  Invaliditäts-,  Un- 
fall- und  Krankenversicherung,  2;  Methode  der  kleinsten 
Quadrate,  i.  —  Rudlo:  Anwendungen  der  höheren  Mathe- 
matik, 4;  Geschichte  des  Problems  von  der  Qtiadratur  des 
Zirkels,  2.  —  Wolfer:  Geographische  Ortsbestimmung,  3; 
Übungen  im  astronomischen  Beobachten,  3 ;  Einleitung  in  die 
Physik  des  Himmels,  2.  — 

Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

An  der  Universität  München  wurde  der  Dr.  phil.  J.  V. 
Kohlschütter  als  Privatdozent  für  Chemie,  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  Charlottenburg  der  ständige  Assistent  Dr. 
Hugo  Simonis  als  Privatdozent  für  das  Lehrfach  der  or- 
ganischen Chemie  und  Dr.  Oskar  Fröhlich  als  Privat- 
dozent fUr  das  Lehrfach  der  praktischen  Elektrometallurgie 
und  Elektrochemie  aufgenommen. 

Dem  Geh.  Hofrat  Dr.  Richard  Dedekind,  früher 
Professor  der  höheren  Mathematik  an  der  Technischen  Hoch- 
schule zu  BrauQschweig,  wurde  aus  Anlass  seines  50jährigen 
Doktoijubiläums  von  der  philosophischen  Fakultät  der  Uni- 
versität Strassburg  zum  Dr.  honoris  causa  ernannt 

Professor  Abbe,  Gründer  und  Leiter  der  Carl  Zeiss- 
Stiftung,  verlässt  Jena  und  siedelt  nach  Lugano  über. 

Der  Privatdozent  für  Physik  an  der  Universität  Erlangen 
Dr.  E.  Müller  ist  am  16.  März  in  München  gestorben. 

Gesuche. 

siker 


Phy 


mit  9  semestr.  Studium  an  Universität  und  Techn.  Hochschule, 
2  V4  jähr,  elektrotechnischer  Praxis  SUOht  eine  Assiatenten- 
Stelle  im  In-  oder  Auslande.  Nachrichten  unter  C.  6.  8.  be- 
fördert die  Exped.  dieser  Zeitschrift. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  (i.  V.)  Dr.  E.  Böse  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  In  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  14. 


15.  April  1902. 

Redaktionsschluas  ftir  No.  15  am  23.  April  1909. 


3.  Jahrgang. 


INHALT. 


Originalmitteilungen : 

J.  K  Ist  er  und  H.G  eitel,  Beschreibung 
des  Verfahrens  zur  Gewinnung  vor- 
übergehend radioaktiver  Stoffe  aus 
der  atmosphärischen  Luft.    S.  30$. 

A.  Righi,  Nochmals  über  die  Frage 
des  durch  die  elektrische  Konvek- 
tion  cr/.eugten  Magnetfeldes.  S.  310. 

Vorträge  and  Diekusdionen  von  der 


zu 


73.   Natarforseherversanmlung 
Hamburg: 

W. Ost wald»  ÜberKatalyse.  S.313. 

Zusammenfassende  Bearbeitungen: 

H.  M  e  1  d  au,  DerSchiffskompass.  S.  323. 

Besprechungen: 

H.  W.  Bakhuis  Roozeboom,  Die 
heterogenen  Gleichgewichte  vom 
Standpunkte  der  Phascnlehre.  S.  326. 


F.  Kohlrausch,  Lehrbuch  der  prak- 
tischen Physik.     S.  326. 

K.  Koppe,  Anfangsgründe  der  Physik. 
S.  327. 

The   British  Optical  Journal.     S.  327. 

Eingegangene  Schriften.    S.  32S. 
Personalien,    s.  32S. 
Gesuche,    s.  328. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Beschreibung  des  Verfahrens  zur 

Gewinnung  vorübergehend  radioaktiver  Stoffe 

aus  der  atmosphärischen  Luft. 

Von  J.  Elster  und   H.  G  e  i  t  e  1. 

Die  folgende  Mitteilung  hat  den  Zweck,  das 
Verfahren  möglichst  genau  zu  beschreiben,  durch 
das  vorübergehend  radioaktive  Oberflächen- 
schichten auf  beliebigen  der  Luft  ausgesetzten 
Leitern  hergestellt  werden  können. 

Man  bedarf  bei  diesen  Versuchen  zunächst 
eines  Körpers,  dem  die  induzierte  Aktivität 
mitgeteilt  werden  soll  und  der  an  gut  isolieren- 
den Stützen  befestigt  sein  muss,  ferner  einer 
Elektrizitätsquelle,  die  ihn,  auch  bei  beträcht- 
lichem Leitungsverluste  an  die  Luft,  andauernd 
auf  negativem  Potential  von  einigen  Tausend 
Volt  erhält  und  schliesslich  zur  Prüfung  seines 
aktiven  Zustandes  eines  Apparats  zur  Bestim- 
mung der  durch  ihn  bewirkten  Ionisierung  einer 
begrenzten  Luftmenge,  oder  einer  photographi- 
schen Anordnung  zum  Nachweis  der.  von  ihm 
ausgesandten  Becquerelstrahlen. 

Die  zweckmässigste  Form  des  zu  aktivie- 
renden Leiters  ist  die  des  Drahtes  oder  Fadens, 

.  da  die  elektrische  Dichtigkeit  auf  seiner  Ober- 
fläche alsdann  schon  bei  niedrigem  Potential- 
niveau verhältnismässig  hoch  ist.  Hierzu  kommt 
der  weitere  Vorteil,  dass  Drähte  sowohl  im 
Freien  wie  in  geschlossenen  Räumen  leicht  so 
ausgespannt  werden  können,    dass  der  verfiig- 

^  bare  Raum  nach  Möglichkeit  ausgenutzt,  d.  h. 
von  möglichst  vielen,  von  den  Drähten  aus- 
gehenden Kraftlinien  erfüllt  wird.  Schliesslich 
lässt  sich  in  gleicher  Weise,  wie  E.  Rutherford 
bei  der  durch  Thorium  induzierten  Strahlung 
gefunden  hat,  die  aktive  Oberflächenschicht 
eines  Drahtes  durch  einfaches  Abreiben  auf 
andere  Stoffe,  wie  Leder,  Watte  u.  dergl.  über- 
tragen und  dadurch  in  konzentrierter  Form  zu 
bestimmten  —  besonders  photographischen  — 
Versuchen  geeignet  machen. 

Die   chemische  Natur   des  Drahtes  ist,    so- 
lange   man    die  Aktivität  an  ihm  selbst  unter- 


suchen will,  wie  es  scheint,  von  keinem  bestim- 
menden Einflüsse,  wenigstens  haben  wir  bei 
zwei  so  verschiedenen  Materialien,  wie  Blei 
und  Aluminium,  bei  Anwendung  gleichlanger 
Drähte  und  gleicher  Ladungsbedingungen  keinen 
Unterschied  in  der  Aktivierung  erhalten.  Will 
man  dagegen  die  an  der  Oberfläche  gebildete 
Masse  durch  Abreiben  sammeln,  so  ist  solches 
Material  vorzuziehen,  das  durch  mechanische 
oder  bestimmte  chemische  Mittel  leicht  ange- 
griften  wird.  So  benutzten  wir  vielfach  Kupfer- 
drähte, deren  wirksame  Oberflächenschicht  fast 
vollständig  an  einen  mit  Salzsäure  oder  Ammo- 
niakflüssigkeit getränkten  Lederlappen  abgegeben 
wird.  Lästig  bei  diesem  Verfahren  war  die 
Notwendigkeit,  die  Salzsäure  oder  das  Ammoniak 
vor  der  Anstellung  der  eigentlichen  Versuche 
durch  Hitze  zu  verjagen,  wir  haben  deshalb  in 
letzter  Zeit  Aluminiumdraht  vorgezogen,  der 
unter  kräftigem  Drucke  mit  trocknem,  glattem 
Leder  gerieben,  seine  äusserste  Schicht  in  Ge- 
stalt graphitglänzender  Striche  auf  diesem  zurück- 
lässt.  (Wir  hatten  indessen  noch  keine  Gelegen- 
heit, uns  zu  vergewissern,  ob  nicht  in  hellem 
Sonnenscheine  die  an  Aluminium  sehr  bedeu- 
tende photoelektrische  Entladung  den  Akti- 
vierungsprozess  beeinflusst.) 

Je  länger  der  Draht  genommen  wird,  um 
so  leichter  ist  im  allgemeinen  der  Nachweis 
der  von  ihm  erworbenen  Aktivität;  in  schlecht 
leitender  Luft,  also  an  Nebeltagen  im  Freien 
und  im  Bereiche  grosser  Städte,  wo  nur  eine 
geringe  Aktivierung  zu  erwarten  ist,  verwendet 
man  daher  zweckmässig  grosse  Längen  (bis 
etwa  60  m);  ist  die  Luft  rein  oder  macht  man 
die  Versuche  in  weiten  Kellern  oder  in  Höhlen, 
in  denen  die  Elektrizitätszerstreuung,  d.  h.  die 
Anzahl  der  pro  Zeit  und  Volumeinbeit  ent- 
stehenden Ionen  abnorm  hoch  ist,  so  wird  man 
mit  Drahtlängen  von  etwa  10  m  ausreichen. 
Die  Dicke  des  Drahtes  wählt  man  zwischen  0,3 
bis  0,5  mm,  so  dass  er  einerseits  auch  in 
grossen  Längen  leicht  aufzuwickeln,  andrerseits 
widerstandsfähig  genug  ist,  um  bei  dem  Ab- 
reiben nicht  zu  zerreissen. 


3o6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang,     No.   14. 


Da  die  Aktivierung  des  Drahtes  von  dem 
durch  die  Leitfähigkeit  der  Luft  bewirkten 
Ladungsverluste  abhängt  und  dieser  im  Freien 
und  in  grossen  Räumen  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  mit  der  Dichtigkeit  der  Ladung  wächst, 
so  ist,  um  diese  unter  den  gegebenen  Verhält- 
nissen möglichst  hoch  treiben  zu  können,  eine 
gute  Beschaffenheit  der  isolierenden  Stützen  er- 
forderlich. 

Bei  Versuchen  im  Sommer  bei  trockenem 
Wetter  und  am  Tage  hat  man  keine  Schwierigkeit, 
es  genügen  als  Isoliervorrichtungen  kleine  an 
den  entgegengesetzten  Enden  von  Siegellack- 
stückchen eingeschmolzene  Metallhaken,  die 
durch  etwa  4  cm  Siegellack  voneinander  ge- 
trennt sind.  Der  eine  Haken  dient  zur  Befesti- 
gung an  Stangen,  Mauern  etc.,  der  andere  zum 
Einhängen  des  zu  isolierenden  Drahtes.  Will 
man  diesen  dagegen  auch  zur  Nachtzeit  oder 
bei  regnerischem  Wetter  geladen  erhalten  oder 
ihn  gar  in  Höhlen  und  Kellerräumen  exponieren, 
so  versagen  die  Siegellackisolatoren  sehr  bald. 

Für  diesen  Zweck  konstruierten  wir  daher 
Lsolierhaken  mit  Natriumtrocknung,  deren  Ein- 
richtung aus   der  Figur  i    hervorgeht.     Aß  ist 


ein  mit  Schellackfirnis  bestrichenes  Ebonitstäb- 
chen, das  durch  die  kreisförmige  Metallplatte 
CD  geführt  ist.  Diese  wird  durch  ein  Schrauben- 
gewinde auf  dem  Metallcylinder  £  befestigt, 
aus  dessen  unterer  verengter  Öffnung  0  das 
Ebonitstäbchen  frei  hervorragt.  Bei  A  wie  B 
sind  Haken  eingelassen;  der  erstere  dient  zum 
Anhängen  an  geeignete  Gegenstände,  der  zweite 
trägt  den  zu  isolierenden  Draht.  R  ist  ein 
Seitenrohr,  verschliessbar  durch  den  Gummi- 
stopfen K  mit  eingesteckter  Nadel  A\  Beim 
Gebrauche  wird  bei  iV  ein  kleines  Stückchen 
metallischen  Natriums  aufgespiesst  und  in  das 
Seitenrohr  eingeführt.  Dadurch  wird  auch  bei 
hoher  Luftfeuchtigkeit  der  Cylinder  im  Inneren 


so  ausgetrocknet,  dass  das  Ebonit  seine  Isola- 
tionsfähigkeit behält.  Ein  an  die  Platte  CD 
angesetzter,  nach  unten  kegelförmig  sich  er- 
weiternder Mantel  aus  Metallblech  schützt  das 
Ganze  vor  fallenden  Tropfen  und  herabsickernder 
Feuchtigkeit. 

Das  Natrium  darf  nicht  länger  als  24  bis 
höchstens  48  Stunden  in  dem  Seitentubus 
belassen  werden,  ohne  dass  die  entstandene 
Masse  von  Ätznatron  beseitigt  wird.  Man 
zieht,  wenn  der  Versuch  noch  fortgesetzt  werden 
soll,  den  Gummistopfen  mit  dem  Natriumstück- 
chen heraus,  wischt  mit  etwas  Fliesspapier  die 
im  Tubus  angesammelte  Lauge  heraus,  reibt 
das  Natrium  mit  demselben  Papier  ab  und 
setzt  es  mittels  des  Stopfens  wieder  in  seine 
alte  Lage  ein.  Auf  keinen  Fall  darf  das  Natrium 
nach  Beendigung  des  Versuches  in  dem  Isolator 
verbleiben,  die  entstehende  Natronlauge  würde 
zu  dem  Ebonit  dringen  und  die  Isolation  seiner 
Oberfläche  zerstören.  Mit  Hilfe  der  beschrie- 
benen Vorrichtung  lässt  äich  auch  unter  den 
ungünstigsten  Umständen  der  Elektrizitätsverlust 
durch  die  Stützen  so  klein  machen,  dass  er  mit 
dem    durch    die    Luft    bewirkten    vergleichbar 


3.^ 


F»K.  2. 


bleibt.  —  Indessen  erfordert  in  der  wärmeren 
Jahreszeit  die  Thätigkeit  der  Spinnen  einige 
Aufmerksamkeit,  die  von  dem  isolierten  Drahte 
Fäden  nach  benachbarten  Leitern  ziehen.  Im 
Sonnenschein  schaden  diese  Fäden  nicht  viel, 
des  Nachts  und  bei  trübem  Wetter  werden  sie 
dagegen  merklich  leitend.  Man  kann  sich  nur 
durch  sorgfältiges  Überwachen  des  Drahtes  und 
wiederholtes  Absengen  mittels  einer  Alkohol- 
flamme dagegen  schützen. 

Als  sehr  bequeme  Elektrizitätsquelle  ver- 
wandten wir  in  vielen  Fällen  eine  Art  von  Wasser- 
influenzmaschine, bestehend  aus  einer  Kombi- 
nation zweier  Thomsonscher  Waterdropper ') 
(Fig.  2).  Von  der  Wasserleitung  führt  ein  Schlauch 

i)  Vor  längerer  7 eh  von  uns  beschrieben.  Wicd.  Ann,  25, 
114,  1SS5. 


Physikalische  Zeitsclirift.     3.  Jaht^ang.     No.   14, 


307 


zu  einem  y-Rohr,  dessen  einer  Schenkel  mit 
dem  SteigerohrÄ  in  Verbindung  sieht,  während 
der  andere  in  ein  zweites  7"-Rohr  mit  den  feinen 
Ausflussöffnungen  A  und  B  endigt.  Die  bei  A 
und  B  austretenden  Strahlen  passieren  die  beiden 
Metallringe  R,  und  A'a,  innerhalb  deren  sie  sich 
in  Tropfen  auflösen,  und  fallen  in  die  darunter 
stehenden  isolierten  Gefässe  G,  und  Cj.  Der 
Ring  R^  wird  durch  eine  Trockensäule  auf 
negativem  Potential  gehalten  (20 — 30  Volt  sind 
genügend),  R^  ist  metallisch  mit  G,  verbunden. 
In  leicht  verständlicher  Weise  wird  durch  den 
Tropfenlall  G,  positiv,  G,  daher  negativ  geladen 
und  zwar  mit  stetig  wachsender  Dichtigkeit, 
bis  durch  elektrostatische  Abstossung  die  fallen- 
den Tropfen  von  den  Auffange  gelassen  soweit 
abgelenkt  werden,  dass  sie  nicht  mehr  hinein- 
gelangen. Dann  ist  der  Grenzwert  der  Ladung 
erreicht  und  man  kann  dem  Gefösse  G^  in 
kleinen  Pausen  Funken  von  2 — 3  mm  Länge 
entziehen.  Wir  stellen  nun  die  leitende  Ver- 
bindung dieses  Gefässes  mit  dem  zu  aktivieren- 
den isoliert  ausgespannten  Drahte  her.  Um  das 
schliessliche  Überfliessen  der  Gefässe  (7;  und  Gi 
zu  vermeiden,  lässt  man  die  beiden  Ablasshähne 
//,  und  //i  dauernd  offen;  von  Zeit  zu  Zeit  ent- 
leert sich  aus  ihnen  die  angesammelte  Wasser- 


werden; auch  hier  kann  durch  Anbringen 
eines  Seitentubus  zum  Einführen  von  Natrium 
an  die  die  Ebonitträger  umgebenden  Schutz- 
röhren S  in  der  in  Fig.  3  dargestellten  Weise 
Abhilfe  geschafft  werden. 

Mit  gleichem  Erfolge,  wie  diese  Wasser- 
influenzmaschine, lässt  sich  auch  ein  kleines  In- 
duktorium  von  etwa  2 — 3  cm  Funkenlänge  mit 
sicher  funktionierendem  Unterbrecher  verwenden. 
Man  leitet  den  positiven  Pol  (fiir  den  Öffnungs- 
strom) zur  Erde  ab  und  verbindet  durch  einen 
Draht  den  negativen  mit  der  isoliert  aufgestellten 
Metallplatte  P  (Fig.  4).     An  der  Kugel  AT  einer 


■ff 


l-'ife'-  3 

menge  in  eine  tief  darunter  gesetzte  Abfluss- 
rinne. Zweckmässig  umgiebt  man  die  Hahn- 
öffnungen mit  einer  cylindrischen  Melallhiille  ^'/ 
so,  dass  die  Auflösung  des  ausfliessenden  Strah- 
les in  Tropfen  im  Innern  dieser  Hülle  stattfindet, 
freie  Elektrizität  also  durch  die  fallenden  Tropfen 
nicht  mitgefdhrt  werden  kann  (Fig.  3),  Diese 
Influenzmaschine  hat  den  Vorteil,  dass  sie  ohne 
Wartung  beliebige  lange  Zeit  im  Betriebe  ge- 
halten werden  kann;  selbst  eine  plötzliche  Zu- 
nahme des  Wasserdrucks  wird  durch  das  Steige- 
rohr unschädlich  gemacht,  aus  dem  das  Wasser 
alsdann  in  die  Abflussrinne  hinabfällt.  Bei 
längerem  Gebrauch  und  hoher  Luftfeuchtigkeit 
leidet  indessen  leicht  die  Isolation  der  Stützen, 
von    denen    die    Gefässe    Gi    und  Gj   getragen 


^■^ 


Fl8^  4. 

Leydnerflasche  L  von  solcher  Kapazität,  dass 
sie  die  Schlagweite  des  Induktoriums  auf  etwa 
4  mm  herabsetzen  würde,  befestigt  man  eine 
feine  metallische  Spitze  M,  die  der  Platte  P  bis 
auf  einige  Millimeter  gegenübergestellt  wird. 
Zwischen  Spitze  und  Platte  treten  während  der 
Thätigkeit  des  Induktoriums  Büschel  und  Funken 
auf,  durch  die  die  Flasche  sich  ladet.  Ein  Halb- 
leiter i'  (feuchte  Schnur)  stellt  die  Verbindung 
der  Flasche  mit  dem  zu  exponierenden  Drahte 
DDi  her,  dessen  Potential  mittels  eines  Elektro- 
skops  £"  kontrolliert  wird.  Letzteres  ist  entweder 
nach  dem  Braunschen  Prinzip  gebaut  und  für 
einen  Messbereich  von  1000^5000  Volt  einge- 
richtet _oder  die  Form  ist  die  von  Exner  an- 
gegebene, und  die  aus  dickerer  Aluminiumfolie 
geschnittenen  Blättchen  sind,  wie  in  der  Figur 
angedeutet,  mit  Korksc  hei  beben  beschwert,  um 
die  Empfindlichkeit  herabzusetzen.  Die  Strom- 
stärke des  das  Induktorium  erregenden  Primär- 
stromes ist  so  zu  regulieren,  dass  der  Ausschlag 
des  Elektroskops  eine  willkürlich  gewählte  Grösse 
(etwa  4000 — 5000  Volt  entsprechend)  konstant 
beibehält. 

Die  Isolation  der  Flasche  L  wird  durch  fol- 
gende Einrichtung  vollkommen  erhalten.  Der 
obere  Rand  ist  durch  einen  Metalldeckel  bis 
auf  die  centrale  Öffnung  verschlossen,  durch  die 


3o8 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


der  die  Kugel  K  tragende  Stab  frei  (in  etwa  i  cm 
Abstand  von  der  Peripherie  der  Öffnung)  hin- 
durchgeht. Der  so  gebildete  Innenraum  wird 
durch  Natrium  trocken  gehalten.  Ein  kleines 
Becherglas  X  ist  in  seiner  halben  Höhe  durch 
ein  Stückchen  Drahtnetz  quergeteilt.  Auf  dies 
Netz  wird  ein  etwa  wallnussgrosses  Stück  Na- 
trium gelegt;  die  von  ihm  abtropfende  Lauge 
sammelt  sich  in  dem  Becherglase  und  kann  von 
Zeit  zu  Zeit  entfernt  werden. 

Zum  Nachweis  des  radioaktiven  Zustandes 
eines  auf  diese  Weise  2 — 3  Stunden  lang  mit 
negativer  Ladung  der  Luft  ausgesetzt  gewesenen 
Drahtes  bedient  man  sich  am  einfachsten  des 
von  uns  konstruierten  Apparats  zur  Messung 
der  Elektrizitätszerstreuung. ')  Zu  diesem  Zwecke 
wird  der  Schutzcylinder  Z  (Fig.  5)  auch  unten 
durch  eine  abnehmbare,  mit  centraler  Öffnung 
versehener  Metallplatte  Di  geschlossen,  durch 
deren  Mitte  der  Stiel  des  Zerstreuungskörpers  K 
frei  hindurchgeht.  In  den  so  entstandenen 
kesselartigen  Raum  lässt  sich  ein  oben  und  unten 
offener  Cylinder  von  gleicher  Höhe  aus  ver- 
zinktem Eisendrahtgeflecht  so  einschieben,  dass 
er  der  Innenfläche  von  Z  gut  anliegt. 


Auf  diesen  Cylinder  aus  Drahtgeflecht  wird 
nun  der  exponierte  Draht  aufgewickelt  und  ohne 
Verzug,  da  die  Aktivität  schnell  vorübergeht, 
in  den  Raum  Z  eingeführt,  der  alsdann  durch 
den  Deckel  D^  geschlossen  wird.  Erteilt  man 
nun  dem  Cylinder  K  durch  Berührung  seines 
Stiels  mit  dem  Pole  einer  Trockensäule  eine 
dem  Empfindlichkeitsbereiche  des  Elektroskops 
angepasste  Ladung,  so  bemerkt  man  je  nach 
dem  Grade  der  Aktivierung  des  Drahtes  ein 
mehr  oder  minder  schnelles  Zusammenfallen  der 
Blättchen. 

Um,  besonders  bei  schwacher  Wirkung,  den 
durch  die  Einführung  des  Drahtes  herbeige- 
führten Elektrizitätsverlust  sicher  feststellen  zu 
können,    bestimmt    man  zweckmässig  vor  dem 

l)  Vgl.  diese  Zeitschrift  1,  il,  1899,  oder  Ann.  d.  Phys.  2, 
425,  1900  und  Terreslrial  Magnetism  4,  213,  1899. 


Versuche  die  (sehr  kleine)  Abnahme  des  Po- 
tentials in  Volt,  die  durch  die  normale  Ionisie- 
rung der  Luft  im  Zerstreuungsraume  in  einer 
gemessenen  Zeit  bewirkt  wird  und  führt  erst 
dann  den  exponierten  Draht  ein.  Es  ist  not- 
wendig, in  dieser  Reihenfolge  zu  verfahren,  da 
bei  stärkerer  Aktivität  des  Drahtes  die  Wände 
des  Zerstreuungsraumes  selbst  eine  merkliche 
sekundäre  Strahlung  annehmen  können,  die  zwar 
schnell  vorübergeht,  aber  wenigstens  anfangs 
den  Spannungsveriust  grösser  als  den  normalen 
erscheinen  lässt. 

Da  der  von  der  Höhe  der  Ladung  unab- 
hängige Betrag,  um  den  das  Potential  des  Elek- 
troskops infolge  der  Aktivierung  des  Drahtes 
in  einer  bestimmten  Zeit  abnimmt,  der  Länge 
des  Drahtes  proportional  ist,  so  dividiert  man, 
um  vergleichbare  Zahlen  zu  gewinnen,  den  etwa 
in  15'  gemessenen  Spannungsabfall  durch  die 
Drahtlänge.  Ein  täglich  dieselbe  Zeit  lang  bei 
gleicher  Ladung  in  freier  Luft  exponiertes  Stück 
Platindraht  von  etwa  lo  m  Länge  gab  für  diese 


(} 


T^ 


JE 


Cr 


Fig.  6. 

Aktivierung  der  Längeneinheit  Zahlen,  die  von 
Tag  zu  Tag  sehr  erheblich  verschieden  waren. 
Wahrscheinlich  wird  daher  die  aktivierende 
lugenschaft  der  Luft  durch  meteorologische, 
vielleicht  auch  durch  andere  noch  unbekannte 
Bedingungen  beeinflusst. 

In  der  stagnierenden  Luft  von  Kellern,  die 
sich  durch  abnorme  Leitfähigkeit  auszeichnet, 
scheint  die  Aktivierung  mit  eben  dieser  Leit- 
fähigkeit, die  in  bekannter  Weise  am  Zerstreu- 
ungsapparat bestimmt  werden  kann,  parallel  zu 
laufen.  Findet  man  (unter  Anwendung  des 
Schutzcylinders)  Zerstreuungen  von  über  4  Proz. 
in  solchen  Räumen,  so  kann  man  Aktivierungs- 
zahlen (im  obigen  Maasse  gemessen)  von  über 
1 50  Volt  erwarten,  während  man  bei  Versuchen  im 
Freien  zuweilen  weniger  als  13  Volt  beobachtet. 

Wir  möchten  neben  diesen  Versuchen  an 
Drähten  noch  ein  gänzlich  verschiedenes  Ver- 
fahren erwähnen,  das  wir  anfangs  zur  Kontrolle 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.   14. 


309 


des  soeben  beschriebenen  anwandten.  Der  Zer- 
streuungsapparat, ohne  Schutzcylinder,  wurde,  wie 
es  Fig.  6  darstellt,  auf  eine  isolierte  Metallplatte /V^ 
gesetzt,  und  mit  einer  Glocke  GG  aus  dünnstem 
Aluminium,  die  oben  bei  T  einen  Tubus  trägt, 
überdeckt.  Durch  den  Tubus  kann  mittels  einer 
eingeführten  Sonde  dem  Zerstreuungskörper  K 
eine  elektrische  Ladung  erteilt  werden. 

Die  Glocke  stellten  wir  her,  indem  wir  auf 
einen  aus  Drahtnetz  gearbeiteten  und  oben  bis 
auf  den  Tubus  durch  gleiches  Material  geschlos- 
senen Cylinder  einmal  geschlagene  Aluminium- 
folie mittels  eines  Klebstoffes  auflegten,  so  dass 
ein  zwar  nicht  luftdicht  schliessender,  aber  bis 
auf  kleine  Löcher  in  sich  zusammenhängender 
Belag  entstand.  Durch  eines  von  zwei  einander 
diametral  gegenüberliegenden  Glasfensterchen 
konnte  die  Skala  des  Elektroskops  abgelesen 
werden,  während  durch  das  andere  Licht  auf 
die  Blättchen  fiel. 

Zunächst  wurde  (bei  geschlossenem  Tubus) 
der  Spannungsverlust  in  15'  bestimmt.  Luden 
wir  nun  die  Aluminiumglocke  mehrere  Stunden 
lang  negativ  bis  zu  einer  Funkenschlagweite  von 
3 — 4  mm,  so  fand  sich  während  dieser  Zeit  eine 
allmähliche  Zunahme  der  Zerstreuung  im  Innern 
ein,  die  erst  längere  Zeit  nach  Ableitung  der 
Glocke   zur  Erde  wieder  verschwand. 

Es  sendet  demnach  der  auf  der  Aussenseite 
sich  bildende  radioaktive  Überzug  schon  während 
das  elektrische  Feld  besteht,  in  dem  er  erzeugt 
wird,  Becquerelstrahlen  nach  der  Seite  des  Metalls 
hin  aus,  die  durch  dieses  in  das  Innere  der 
Glocke  eindringen. 

Die  Herstellung  photographischer  Eindrücke 
mittels  der  aus  der  Luft  gewonnenen  radioak- 
tiven Substanzen  ist  wesentlich  schwieriger,  als 
der  Nachweis  ihrer  Wirksamkeit  am  Elektroskop. 
Es  liegt  dies  einerseits  in  ihrer  vergleichsweise 
schwachen  Strahlung,  andererseits  in  deren  rascher 
Abnahme  in  der  Zeit  begründet.  So  ist  es  uns 
nicht  gelungen,  deutliche  Wirkungen  allein  von 
den  aktivierten  Drähten  auf  der  photographischen 
Platte  zu  erhalten.  Man  muss,  um  solche  zu 
erzielen,  die  strahlenaussendende  Masse,  die  als 
äusserst  dünne  Oberflächenschicht  über  den 
Draht  verbreitet  ist,  zuvor  auf  kleinem  Räume 
konzentrieren.  Es  geschieht  dies,  wie  oben 
schon  bemerkt,  durch  Abreiben  des  Drahtes 
mit  einem  Lederlappen.  Benetzt  man  diesen 
mit  einigen  Tropfen  Ammoniakflüssigkeit,  so 
nimmt  er  beim  Reiben  an  Kupferdraht  eine  blau- 
schwarze Färbung  von  Kupferoxydammoniak 
an;  durch  sehr  starkes  Erhitzen,  bis  zum  Ver- 
sengen des  Leders,  verjagt  man  so  schnell  als 
mögHch    das  Ammoniak    und  die  Feuchtigkeit. 

Bei  Aluminiumdrähten  kann  man,  wie  eben- 
falls schon  gesagt,  die  Anwendung  chemischer 
Mittel  ersparen.      Die  so  präparierten,  mit  der 


Oberflächenschicht  des  aktivierten  Metalls  be- 
deckten Lederlappen  zeigen  nun  am  Elektroskop 
eine  sehr  lebhafte  Aktivität,  die  vollständig  mit 
der  des  Uranpecherzes,  auf  gleiche  Oberfläche 
bezogen,  vergleichbar  ist;  sie  wirken  auch  durch 
opake  Schichten  hindurch  photographisch. 

Wir  verfuhren  zur  Herstellung  solcher  Radio- 
gramme in  folgender  Weise: 

Eine  hochempfindliche  Schleussnerplatte 
wird,  die  Schichtseite  nach  oben,  in  lichtdichter 
Papierumhüllung  mit  einigen  Blättern  von  Alu- 
miniumfolie überdeckt.  Auf  die  Aluminium- 
schicht legt  man  eine  Bleiplatte  von  der  Grösse 
der  photographischen,  in  die  eine  charakteristi- 
sche Figur  eingelocht  ist.  Das  Ganze  wird  durch 
zwei  starke  Gummibänder  fest  zusammengehalten. 

Nun  legt  man  einen  aktivierten  Lederlappen 
mit  der  Substanz  nach  unten  auf  die  Löcher 
der  Bleiplatte,  und  bedeckt  ihn  selbst  auf  der 
Rückseite  mit  einer  ferneren  Metallplatte  der 
gleichen  Grösse.  Diese  wird  wiederum  durx:h 
zwei  Kautschukbänder  mit  dem  darunter  liegen- 
den Paket  zusammengehalten. 

Da  das  erste  Paar  von  Bändern  die  Blei- 
schablone und  die  Schleussnerplatte  in  unver- 
rückbarer Lage  gegeneinander  festhält,  so  kann 
man  nach  etwa  4  Stunden  den  inzwischen  fast 
unwirksam  gewordenen  Lederlappen  entfernen 
und  durch  einen  frisch  aktivierten  ersetzen.  Dies 
Verfahren   lässt   sich   beliebig  lange  fortsetzen. 

War  ein  Draht  von  etwa  20  m  Länge  in 
freier  Luft  aktiviert  worden,  so  musste  man  zur 
Herstellung  einigermassen  kontrastreicher  Bilder 
etwa  6— 8  mal  frisch  auflegen,  während  bei  Ex- 
position des  Drahtes  in  einem  Keller  eine  3-  bis 
4  malige  Erneuerung  des  Lederlappens  ausreichte. 
Der  Draht  blieb  dabei  andauernd  geladen,  nur 
während  des  Abreibens  wurde  die  Influenz- 
maschine oder  der  Rhumkorff*  ausgeschaltet. 

Es  braucht  wohl  kaum  erwähnt  zu  werden, 
dass  die  Einschiebung  der  Aluminiumschicht 
zwischen  die  aktive  Substanz  und  die  photo- 
graphische Platte  allein  den  Zweck  hat,  die 
letztere  vor  etwaigen  direkten  chemischen  Ein- 
wifkungen  zu  schützen,  die  vielleicht  von  der 
Substanz  aus  durch  das  lichtdichte  Papier  hin- 
durch erfolgen  könnten.  Verzichtet  man  auf 
diese  Sicherheitsmassregel,  so  kann  man  auch 
die  Bleiplatte  entbehren  und  den  aktivierten 
Lederlappen  direkt  auf  das  lichtdichte  Papier 
auflegen,  das  die  Platte  umhüllt.  Man  erhält 
dann  nach  einmaligem  Auflegen  beim  Entwickeln 
ein  vollständiges  Abbild  aller  der  Streifen,  die 
der  Draht  beim  Abreiben  auf  dem  Leder  zurück- 
gelassen hatte. 

Es  empfiehlt  sich,  dem  Entwickler  reich- 
lich Bromkaliumlösung  in  der  üblichen  Kon- 
zentration 1:10  zuzusetzen,  da  die  Platten  um- 
somehr  zu  Schleierbildung  neigen,  je  länger 
man  das  Auflegen  frischer  Substanz  fortgesetzt 


3IO 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  14. 


J 


hat.  Es  scheinen  also  selbst  Bleiplatten  für 
diese  Strahlengattung  nicht  durchaus  undurch- 
lässig zu  sein. 

Wolfenbüttel  im  März   1902. 

(Eingegangen  13.  März  1902.) 


Nochmals  über  die 

Frage  des  durch  die  elektrische  Konvektion 

erzeugten  Magnetfeldes. ') 

Von  A.  Righi. 

I 

Der  Verfasser  giebt  zunächst  einen  Über- 
blick über  den  Gegenstand  seines  vor  der  Ver- 
sammlung der  italienischen  Physiker  gehaltenen 
Vortrages^)  und  erinnert  an  die  Aufforderung, 
die  er  darin  an  die  Mathematiker  gerichtet  hatte, 
das  Problem  „des  elektromagnetischen  Feldes, 
welches  durch  eine  in  gleichförmiger  gerad- 
liniger Bewegung  begriffene  Ladung  jenseits 
einer  unbegrenzten  leitenden  Ebene  erzeugt 
wird",  zu  studieren. 

Dieser  Spezialfall  —  so  fährt  er  hierauf 
fort  —  bietet  die  einfachste  und  voraussichtlich 
am  leichtesten  zu  lösende  Aufgabe  dar,  und 
entfernt  sich  gleichzeitig  nicht  allzuweit  von 
den  thatsächlichen  Versuchsbedingungen ,  so 
dass  die  Schlüsse,  zu  welchen  man  bei  Be- 
handlung desselben  gelangen  würde,  auch  wenn 
sie  auf  die  in  Rede  stehende  Frage  nicht  un- 
mittelbar anzuwenden  sein  würden,  doch  sicher- 
lich zur  Klärung  derselben   beitragen  könnten. 

Das  vorgeschlagene  Problem  hat  nun  durch 
Prof.  Levi-Civita  eine  vollständige  Lösung  er- 
fahren. Er  benützte  dazu,  nachdem  er  die 
Hertzschen  Gleichungen  für  den  beabsichtigten 
Zweck  als  unzureichend  erkannt  hatte,  die  Glei- 
chungen von  Helmhol tz,  die,  wie  er  selbst 
bereits  gezeigt  hatte,  zu  denjenigen  von  Hertz 
führen,  falls  man  die  Annahme  macht,  dass  die 
Potentiale  (elektrisches  und  Vektorpotential)  sich 
mit  Lichtgeschwindigkeit  ausbreiten.  Er  erkannte 
sodann,  dass  die  Ergebnisse  dieselben  bleiben, 
wenn  man  das  Problem  vermittelst  der  Max- 
wel Ischen  Gleichungen  angreift. 

Mein  gelehrter  Kollege  wird  seine  interes- 
sante analytische  Untersuchung,  von  der  er  mir 
schon  jetzt  freundlichst  Mitteilung  gemacht  hat, 
ohne  Zweifel  selbst  publizieren^);  was  mich  be- 
trifft, so  werde  ich  seine  Endresultate  mjtteilen, 
um  aus  denselben  die  Schlüsse  zu  ziehen,  die 
mit  der  in  meiner  früheren  Arbeit  erörterten 
Frage  im  Zusammenhang  stehen. 

Eine  elektrische  Ladung  bewege  sich  gleich- 
förmig  in   gerader  Linie  parallel  zu    einer    un- 


i)  Aus  den  Kendiconti  deirAcademia  di  Bologna.   12.  Jan. 


1902. 


2)  Derselbe  wird  demnächst  in  dieser  Zeitschrift  erscheinen. 

3)  In  den  Annales  de  la  Faculte  des  Sciences  de  Toulouse. 


begrenzten  Ebene  von  endlicher  Leitfähigkeit; 
i  sei  der  Widerstand,  den  ein  Quadrat  von 
I  cm  Seite  in  jener  Ebene  einem  Strom,  der 
dasselbe  von  einer  Seite  zur  entgegengesetzten 
passiert,  darbietet.  Dieser  Widerstand  k,  den 
man  als  spezifischen  Widerstand  der  Ebene 
bezeichnen  kann  und  der  gleich  dem  spezifischen 
Widerstand  des  die  Ebene  bildenden  Materials, 
dividiert  durch  die  Dicke  derselben,  ist,  soll  zur 
Vereinfachung  der  Formeln  nicht  in  Ohm,  son- 
dern in  einer  3omal  grösseren  Einheit  ausge- 
drückt werden,  so  dass  k  gleich  V:to  ^^s  in 
Ohm  ausgedrückten  Widerstandes  von  i  qcm 
der  Ebene  ist. 

Die  Formeln,  zu  wekhen  Levi-Civita  ge- 
langt und  welche  selbstverständlich  k  enthalten, 
geben  für  einen  beliebigen  Punkt  und  beliebigen 
Augenblick  die  drei  Komponenten  der  elek- 
trischen und  diejenigen  der  magnetischen  Kraft. 
Für  meinen  Zweck  werde  ich  mich  auf  die  Be- 
trachtung desjenigen  beschränken,  was  mit  Bezug 
auf  den  leitenden  Schirm  jenseits  des  Raumes 
vor  sich  geht,  in  dem  sich  die  elektrische  Ladung 
bewegt. 

Das  allgemeine  Ergebnis  ist,  dass  der  leitende 
Schirm  das  Magnetfeld  in  der  Weise  verändert, 
dass  die  magnetische  Kraft  jenseits  des  Schirmes 
geringer  ist  als  diejenige,  welche  bei  Abwesen- 
heit des  Schirmes  daselbst  vorhanden  sein  würde. 

Macht  man  aber  die  Annahme,  dass  k  bis 
zu  Null  abnehme,  oder  mit  anderen  Worten, 
dass  s,  die  Leitfähigkeit  des  Schirmes,  immer 
mehr  steige,  so  sinkt  die  magnetische  Kraft 
und  strebt  dem  Werte  Null  zu.  Damit  ist  meine 
Behauptung  bestätigt,  dass  nur  bei  unbegrenzter 
Leitfähigkeit  eine  leitende  Platte  als  vollkom- 
mener Schirm  nicht  allein  mit  Bezug  auf  die 
elektrische,  sondern  auch  mit  Bezug  auf  die 
magnetische  Kraft  (die  erstere  ist  bereits  für 
einigermassen  grosse  Werte  von  ^  merklich 
gleich  Null)  gelten  könne. 

Um  zu  erkennen,  bis  zu  welchem  Grade  der 
zwischen  der  bewegten  Ladung  und  der  zur 
Messung  der  magnetischen  Kraft  bestimmten 
Nadel  befindliche  Schirm  die  Versuche  beein- 
flussen kann,  müssen  wir  einige  Zahlenanwen- 
dungen machen.  Nur  ist  es  in  diesem  Falle 
zweckmässig,  anstatt  zu  den  allgemeinen  For- 
meln zu  greifen,  vereinfachte  Formeln  zu  be- 
nützen, indem  man  dem  Umstände  Rechnung 
trägt,  dass  die  Geschwindigkeit,  mit  der  sich 
die  Ladung  bewegt,  auf  jeden  Fall  gering  ist 
im  Vergleich  mit  der  Lichtgeschwindigkeit.  Das 
Verhältnis  a  zwischen  der  ersteren  und  der 
letzteren  Geschwindigkeit  ist  also  jedenfalls  als 
eine  sehr  kleine  Grösse  zu  betrachten  und  es 
dürfen  deshalb  Ausdrücke  mit  höheren  Potenzen 
von  a  vernachlässigt  werden.  Nimmt  man  z.  B, 
mit  Levi-Civita  an,   dass  die  Geschwindigkeit 


,^ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


tier    beweglichen    Ladung    300  m    betrage,    so 
wird  n  =  io~*. 

Auch  der  leitende  Schirm  bedarf  numerischer 
Bestimmung.  Nehmen  wir  an,  derselbe  bestehe 
aus  Kupfer  und  sei  i  mm  dick,  so  findet  sich 
t^  0,5  .  io~*,  also  in  dem  betrachteten 
Falle  von  der  GrÖssenordnung  von  a,  was  bei 
der  Vereinfachung  der  Formeln  zu  berücksich- 
tigen ist.  Anstatt  nun  dieselben  mit  den  von 
Levi-Civita  gebrauchten  Zeichen  und  mJtBe^ug 
auf  die  von  ihm  benutzten  beweglichen  Achsen 
wiederzugeben,  werde  ich  zur  Erleichterung  des 
Vei^leichs  die  Zeichen  und  das  Achsensystem 
anwenden,  deren  ich  mich  bei  der  Untersuchung 
des  von  einer  gleichförmig  in  gerader  Linie  be- 
wegten elektrischen  Ladung  erzeugten  Magnet- 
feldes an  anderer  Stelle ')  bedient  habe. 

Wir  wollen  also  annehmen,  die  Ladung  £ 
bewege  sich  mit  konstanter  Geschwindigkeit  c 
längs  einer  Geraden,  die  wir  zur  ;r-Achse  wählen 
wollen;  Koordinatenanfang  sei  der  Punkt,  an 
dem  sich  die  Ladung  E  zur  Zeit  /^o  befunden 
hatte.  Die  leitende  Ebene  sei  parallel  zur 
j.;-Ebene  und  um  den  Betrag  1/  von  derselben 
entfernt.  Endlich  seien  xyc  die  Koordinaten 
eines  beliebigen  jenseits  des  leitenden  Schirmes 
gelegenen  Punktes  (d.  h.  4:  >  rf)  und  es  werde 
zur  Abkürzung  gesetzt: 

2jta 


=  _..  r.  u. 


o  =  a  —  ft; 


=  V^'+j''  +  fo'; 


s(sy'l-\-'/i'^  +  /ico  +  j:) 


Unter  Vernachlässigung  von  höheren  Poten- 
zen von  n  als  der  ersten  findet  man  dann,  dass 
die  elektrische  Kraft  ein  Potential 

hat  und  dass  für  die  magnetische  Kraft  ebenso 
ein  Potential 

besteht. 

Mar  sieht  .sofort,  dass  bei  der  Kleinheit  von  17 
und  /■  die  elektrische  Kraft  im  Punkte  {xys)  als 
Null  gelten  darf.  Wir  schliessen  also,  dass  die 
Kupferplatte  die  Aufgabe,  den  jenseits  derselben 
gelegenen  Teil  des  Raumes  gegen  elektrische 
Kräfte  zu  schützen,  wohl  erfüllt. 

Bezeichnen  wir  nun  mit  ÖW3t  die  Kompo- 
nenten der  zur  Zeit  t  jn  einem  beliebigen  Punkt 
(«l'j)  vorhandenen  magnetischen  Kraft,  so  ergiebt 
.sich  durch  Ableitung  aus  dem  zweiten  der  obigen 
l'otentiale : 


3i  =  ^"-- 


J[aj-  tp 


Wie  vorauszusehen  gewesen,  bleibt  für  die 
Punkte  der  j-^^-Ebene  von  diesen  drei  Kompo- 
nenten nur  die  zweite.  In  der  That  ist,  wenn 
y  =  o,  Ü=o,  ^l^  —  Ea<p.  9f  =0. 

Die  magnetische  Kraft  35i  ändert  sich  natür- 
lich mit  «>,  das  heisst  mit  der  Änderung  der 
relativen  Lage  der  beweglichen  Ladung  und 
des  Punktes  {xyz),  auf  welchen  sich  die  Kraft  iU( 
bezieht;  wir  können  uns  jedoch  darauf  beschrän- 
ken,, zu  untersuchen,  was  geschieht,  wenn  die 
bewegliche  Ladung  sich  in  den  kleinsten  Ab- 
ständen von  dem  Punkte  {xyj:)  befindet,  oder 
mit  anderen  Worten,  wenn  oj  sehr  klein  ist. 

In  diesem  Falle  ist  angenähert 


5W  = 


-Ea' 


M' +/!+/'') 


Man  sieht  also,  dass  die  magneti.sche  Kraft 
dem  absoluten  Betrage  nach  wäch.st  und  ihr 
negatives  Vorzeichen  behält  (das  heisst:  im 
Sinne  der  negativen /-Achse  gerichtet  ist),  wäh- 
rend die  bewegliche  Ladung,  welche  eben  im 
Begriffe  ist,  an  denjenigen  Punkt  ihrer  Bahn  zu 
gelangen,  der  vom  Punkte  (xys)  den  kleinsten 
Abstand  hat,  sich  diesem  Punkte  nähert,  ihn 
erreicht  und  dann  überschreitet.  Wenn  die 
bewegliche  Ladung  sich  an  dem  bezeichneten 
Punkte  befindet,  das  heisst  wenn  0=^0  ist, 
so  liegt  demnach  die  Intensität  der  magnetischen 
Kraft  zwischen  den  Werten,  die  sie  vorher  hatte 
und  die  sie  nachher  hat.  Von  der  Wirkung, 
weiche  die  magnetische  Kraft  mit  den  auf- 
einanderfolgenden Werten  ihrer  Intensität  hervor- 
bringt, können  wir  uns  demnach  eine  passende 
Vorstellung  machen,  indem  wir  dieselbe  für  den 
Fall  0)^0  betrachten.  Unter  dieser  Voraus- 
setzung ist 

m  =  —  Ea '- — 

Es  ist  nun  zweckmässig,  diese  magnetische 
Kraft  mit  derjenigen  zu  vergleichen,  welche  an 
dem  betrachteten  Punkte  herrschen  würde,  wenn 
der  leitende  Schirm  nicht  vorhanden  wäre.  Zu 
diesem  Zwecke  können  die  Fomieln  (20)  meiner 
oben  erwähnten  Abhandlung  dienen,  von  wel- 
chen die  drei  letzten  ergeben: 


Aug,  1901,  S.   104. 


l'igna,  24,   Febr.    190 


312 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  14. 


Ea 

X' 

und  man  hat  mithin 

m=M    -  /-  ,  • 

Die  durch  eine  bewegliche  Ladung  jenseits 
eines  leitenden  Schirmes  erzeugte  magnetische 
Kraft  SUf  ist  also,  wie  bereits  gesagt,  kleiner 
als  diejenige,  welche  an  derselben  Stelle  be- 
stehen würde,  wenn  der  Schirm  nicht  vorhanden 
wäre.  Hier  handelt  es  sich  nun  darum,  den 
Betrag  der  Verminderung  der  magnetischen 
Kraft  genauer  festzustellen. 

Um  von  der  Grösse  der  durch  den  Schirm 
hervorgebrachten  Wirkung  eine  bestimmte  Vor- 
stellung zu  bekommen,  werde  ich  zunächst  die 
von  Levi-Civita  gewählten  Werte  benutzen, 
nämlich  a=\o~^  und  ^=J•IO"^  wovon  sich 
dieser  letztere  Wert  auf  einen  kupfernen  Schirm 
von  I  mm  Dicke  bezieht.  In  diesem  Falle  ist 
/r  =  4Jr  und 

9K  =  0,08  M. 

Die  magnetische  Kraft  wird  also  in  diesem 
Falle  durch  den  Schirm  um  92  Prozent  herab- 
gesetzt. Bei  weniger  grosser  Leitfähigkeit  des 
Schirmes  ist  jedoch  auch  die  Verminderung 
weniger  stark;  für  einen  Schirm  aus  Stanniol 
von   '5  mm  Dicke  findet  sich  z.  B. 

9)i  =  o,49  J/; 
die  magnetische  Kraft  beträgt  also  in  diesem 
Falle  beinahe  die  Hälfte  derjenigen,  welche 
durch  die  bewegliche  Ladung  bei  Abwesenheit 
des  Schirmes  erzeugt  werden  würde.  Ein  der- 
artiger Schirm  gewährt  also  nicht  allein  gegen 
die  elektrische  Kraft  vollständigen  Schutz,  son- 
dern beeinträchtigt  auch  die  magnetische  Kraft 
so  wenig,  als  es  überhaupt  möglich  ist,  da  in 
der  That  das  Verhältnis  zwischen  9Ji  und  M 
durch  keine  ftir  den  beabsichtigten  Zweck  gut 
genug  leitende  Platte  bis  zu  dem  Wert  0,5 
gebracht  werden  kann. 

Auf  den  ersten  Blick  muss  dieses  Resultat 
überraschen.  Allerdings  sind  ja  die  Versuche, 
durch  die  nachgewiesen  werden  sollte,  dass 
durch  die  elektrische  Konvektion  ein  Magnet- 
feld entsteht,  weit  davon  entfernt,  den  hier 
betrachteten  Fall  zu  verwirklichen;  unter  ande- 
rem haben  wir  anstatt  einer  einzigen  in  gerad- 
liniger Bewegung  begriffenen  Ladung  mehrere 
rotierende  Leiter;  dennoch  aber  muss  das  vor- 
stehende Resultat  auf  den  Gedanken  führen, 
dass  auch  bei  diesen  Versuchen  die  magnetische 
Kraft  durch  den  metallischen  Schirm  eine  er- 
hebliche Verminderung  erleiden  müsse,  die  es 
nachzuweisen  gelte.  Wäre  dies  wirklich  so, 
dann  würde  es  unbegreiflich,  wieso  beinahe  alle 
Experimentatoren,  ohne  sich  irgendwie  um  die 
magnetische  Wirkung  der  zwischen  der  Magnet- 
nadel   und    den    in    Bewegung    begriffenen   ge- 


ladenen Körper  aufgestellten  Leiter  zu  kümmern, 
zu  einer  bemerkenswerten  numerischen  Über- 
einstimmung zwischen  den  berechneten  und  den 
beobachteten  Werten  gelangt  sind. 

Hierbei  ist  jedoch  ein  Umstand  zu  berück- 
sichtigen. In  den  meisten  Fällen  war  die  Ge- 
stalt und  Anordnung  der  bewegten  Leiter  eine 
derartige,  dass  dieselben  zusammen  einen  bei- 
nahe kontinuierlichen  Leiter  bildeten,  dessen 
Bewegung  in  der  Weise  vor  sich  ging,  dass 
nur  die  kleinen  trennenden  Zwischenräume 
zwischen  den  verschiedenen  Teilen  ihre  Lage 
im  Räume  änderten.  So  z.  B.  waren  die  be- 
weglichen Leiter  Sektoren  einer  um  ihre  Achse 
rotierenden  Scheibe  und  voneinander  nur  durch 
sehr  schmale  radiale  Zwischenräume  getrennt. 
Der  magnetische  Effekt  des  Schirmes  muss 
dann  nicht  etwa  ähnlich  ausfallen  wie  derjenige, 
den  die  obigen  Formeln  ftir  den  Fall  einer 
bewegten  Ladung  geben,  sondern  eher  wie  der, 
übrigens  leicht  zu  berechnende,  einer  gleich- 
massig  elektrisierten  Geraden,  die  sich  in  ihrer 
eigenen  Richtung  verschiebt. 

Levi-Civita  beweist  nun,  dass  in  irgend 
einem  derartigen  Falle  stationärer  Konvektion, 
das  heisst  einer  Konvektion,  die  derart  vor  sich 
geht,  dass  die  elektrische  Kraft  bei  der  Be- 
wegung sich  nicht  merklich  ändert,  die  Wirkung 
des  Schirmes  gleich  Null  ist.  In  Wirklichkeit 
ist  ja  in  dem  Falle  der  in  Sektoren  geteilten 
bewegten  Scheibe  das  elektrische  Feld  nicht 
streng  unveränderlich;  aber  die  durch  die  Unter- 
brechungen verursachte  Störung  kann  nur  sehr 
gering  sein.  So  erklärt  es  sich,  weshalb  bei 
der  Berechnung  der  in  den  Versuchen  von 
Rowland  etc.  auf  die  Nadel  ausgeübten  mag- 
netischen Kraft  der  leitende  Schirm  nicht  be- 
rücksichtigt zu  werden  brauchte. 

Die  jüngsten  Versuche  über  den  hier  be- 
handelten Gegenstand,  nämlich  diejenigen  von 
Adams,  von  welchen  in  meiner  vorigen  Ab- 
handlung bereits  die  Rede  gewesen  ist,  scheinen 
sich  jedoch  viel  mehr  als  die  anderen  dem  Falle 
der  geradlinig  bewegten  Ladung  zu  nähern. 
In  der  That  wird  in  dem  Adamsschen  Apparat 
die  elektrische  Konvektion  nicht  durch  eine  in 
Sektoren  geteilte  leitende  Scheibe,  sondern 
durch  eine  Anzahl  von  elektrisierten  Metall- 
kugeln  hervorgebracht,  die  auf  einem  Kreis- 
umfange angeordnet  sind  und  um  dessen  Achse 
rotieren.  Mir  scheint  es  sicher,  dass  man  mit 
dieser  Anordnung  bei  Nichtberücksichtigung  des 
zwischen  den  Kugeln  und  dem  Magnetometer 
befindlichen  leitenden  Schirmes  eine  wesentlich 
geringere  magnetische  Kraft  als  die  berechnete 
gefunden  haben  würde,  wenn  der  Autor  nicht 
den  glücklichen  Einfall  gehabt  hätte,  den  Schirm 
in  dünne  parallele  Streifen  zu  zerlegen,  deren 
Anordnung  eine  derartige  war,  dass  in  dem 
Schirme  jene  Ströme,    denen  man  die  magne- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   14. 


313 


tische  Wirkung  desselben  zuschreiben  kann, 
absolut  nicht  auftreten  konnten. 

Wie  man  sieht,  klärt  die  von  Levi-Civita 
durchgeftihrte  Untersuchung  die  Rolle,  welche 
die  Metallschirme  spielen,  einigermassen  auf. 
Im  allgemeinen  verändert  also  ein  solcher  Schirm 
das  von  der  elektrischen  Konvektion  erzeugte 
Magnetfeld,  wie  ich  dies  in  meiner  vorigen  Ab- 
handlung zu  beweisen  gesucht  hatte;  diese  Ver- 
änderung kann  aber  vernachlässigt  werden,  wenn 
die  Konvektion  einen  stationären  Charakter  an- 
zunehmen strebt,  wie  dies  in  der  That  bei  den 
meisten  auf  unseren  Gegenstand  bezüglichen 
Versuchen  der  Fall  ist. 

In  einer  Anmerkung  zu  dem  erwähnten 
Vortrage  hatte  ich,  von  der  Hypothese  aus- 
gehend, dass  der  elektrische  Strom  nichts 
anderes  sei  als  ein  Transport  von  Elektronen, 
zwei  Erklärungsweisen  dafür  vorgeschlagen, 
wieso  es  denn  eigentlich  möglich  sei,  dass  ein 


Leiter  das  Magnetfeld  eines  konstanten  Stromes 
nicht  modifiziere.  Man  sieht  nunmehr,  dass 
man  die  zweite  von  jenen  Erklärungen  accep- 
tieren,  oder  mit  anderen  Worten,  dass  man 
annehmen  darf,  die  zu  erklärende  Thatsache 
sei  dadurch  bedingt,  dass  die  Elektronen  in 
ungemein  kleinen  Abständen  aufeinanderfolgen, 
wodurch  der  Strom  sich  von  der  Verschiebung 
einer  kontinuierlichen  elektrisierten  Linie  längs 
ihrer  selbst  nur  überaus  wenig  unterscheidet. 
Sind  aber  nunmehr  auch  gewisse  Zweifel 
bezüglich  der  Deutung  der  mehrfach  erwähnten 
Versuche  beseitigt,  so  hat  sich  andererseits 
leider  die  Hoffnung  nicht  erfüllt,  dass  es  ge- 
lingen werde,  die  Ursache  der  Nichtüberein- 
stimmung zwischen  den  Versuchen  Cremieus 
und  denjenigen  der  anderen  Experimentatoren 
aufzuklären. 

(Aus  dem  Italienischen  übersetzt  von  H.  Dessau.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  7s.  NATUR 
FORSCHERVERSAMMLUNG  ZU  HAMBURG. 


W.  Ostwald  (Leipzig),  Über  KatalyseJj 

Der  Begriff  und  Name  der  katalytischen 
Wirkungen  ist  im  Jahre  1835  von  Berzelius 
aufgestellt  worden,  nachdem  im  vorangegangenen 
Jahre  Mitscherlich  das  Ergebnis  seiner  klas- 
sischen Arbeit  über  die  Bildung  des  Äthers  da- 
hin ausgesprochen  hatte,  dass  der  Zerfall  des 
Alkohols  in  Äther  und  Wasser  unter  dem  Ein- 
flüsse der  Schwefelsäure  weder  von  der  wasser- 
entziehenden Wirkung  der  Säure,  noch  von  der 
erhöhten  Temperatur,  noch  endlich  von  der 
Bildung  der  Äthylschwefelsäure  bedingt  sei.  Er 
schliesst:  Zersetzungen  und  Verbindungen, 
welche  auf  diese  Weise  hervorgebracht 
werden,  kommen  sehr  häufig  vor;  wir 
wollen  sie  Zersetzungen  und  Verbin- 
dungen durch  Kontakt  nennen. 

Während  wir  Mitscherlich  ein  erstes  sorg- 
faltig experimentell  durchgearbeitetes  Beispiel 
derartiger  Vorgänge  verdanken,  ist  das  Ver- 
dienst von  Berzelius  der  Nachweis,  dass  be- 
reits eine  grössere  Anzahl  von  Reaktionen  be- 
kannt war,  welche  mit  jenem  Falle  bestimmte 
Ähnlichkeiten  aufwiesen.  Die  Eigenschaft  seines 
Geistes,  welcher  er  einen  wesentlichen  Teil 
seiner  grossen  Wirkung  verdankte,  seine  Fähig- 
keit, auseinanderliegende  Einzelheiten  systema- 
tisch zusammenzufassen,  bewährte  sich  auch  hier, 
und  der  von  ihm  geschaffene  Begriff  der  Ka- 
talyse hat  seitdem,    wenn  auch  anfangs  nicht 

i)  Gemeinschaftliche  Sitzung  der  naturwissenschaftlichen 
Haapt^nippe  am  26.  September  1901. 


ohne  Widerspruch,  aber  jetzt  endgültig,  Ein- 
gang in  die  Wissenschaft  gefunden. 

Die  von  Berzelius  zusammengefassten  Er- 
scheinungen sind  folgende:  die  181 1  von  Kirch- 
hof entdeckte  Umwandlung  der  Stärke  in 
Dextrin  und  Zucker  durch  Kochen  mit  ver- 
dünnten Säuren;  die  von  demselben  18 13  nach- 
gewiesene,  gleiche  Wirkung  des  Malzauszuges; 
die  1833  durch  Payen  und  Persoz  bewirkte 
teilweise  Isolierung  des  hierbei  wirksamen 
Stoffes,  der  Diastase;  die  18 18  von  Thenard 
untersuchte  Zersetzung  des  Wasserstoffperoxyds 
durch  Metalle,  Oxyde  und  durch  Fibrin;  d4e 
Wirkung  des  Platins  auf  verbrennliche  Gas- 
gemenge (J.  Davy  1817  und  Döbereiner  1822) 
und  endlich  zufolge  der  eben  erwähnten  Arbeit 
von  Mitscherlich  die  Ätherbildung. 

Das  Gemeinsame  in  diesen  Vorgängen  ist, 
dass  sie  durch  die  Anwesenheit  von  Stoffen 
bewirkt  werden,  deren  Bestandteile  nicht  in  den 
Endprodukten  erscheinen  und  daher  durch  die 
Reaktion  nicht  verbraucht  werden.  Demgemäss 
definiert  Berzelius  sie  folgendermassen:  „Die 
katalytische  Kraft  scheint  eigentlich 
darin  zu  bestehen,  dass  Körper  durch 
ihre  blosse  Gegenwart  und  nicht  durch 
ihre  Verwandtschaft  die  bei  dieser  Tem- 
peratur schlummernden  Verwandtschaf- 
ten zu  erwecken  vermögen,  so  dass 
zufolge  derselben  in  einem  zusammenge- 
setzten Körper  die  Elemente  sich  in 
solchen  anderen  Verhältnissen  ordnen, 
durch     welche      eine     grössere     elektro- 


3H 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


chemische  Neutralisierung  hervorge- 
bracht wird." 

Es  ist  wichtig,  zu  bemerken,  dass  in  dieser 
Definition  Berzelius  keinen  Versuch  irgend 
einer  Erklärung  gemacht  hat;  vielmehr  hat  er 
in  einer  darauffolgenden  Diskussion  mit  Lieb  ig 
sehr  ernstlich  auf  die  grosse  Gefahr  hingewiesen, 
unvollkommen  bekannte  Erscheinungen  durch 
hypothetische  Annahmen  erklären  zu  wollen 
und  so  der  experimentellen  Forschung  vorzu- 
greifen und  sie  zu  behindern.  Diese  Warnung 
ist  nicht  berücksichtigt  worden,  und  die  von 
Berzelius  vorausgesehenen  Behinderungen  in 
der  wissenschaftlichen  Bearbeitung  der  Frage 
haben  bis  in  unsere  Tage  ihre  schädliche 
Wirkung  geübt. 

Versuchen  wir  an  der  Hand  der  vorstehend 
gegebenen  Begriffsbestimmung  eine  Übersicht 
der  gegenwärtig  bekannten  Kontaktwirkungen 
oder  Katalysen  zu  gewinnen,  so  werden  wir 
folgende  Einteilung  machen  können. 

1.  Auslösungen    in    übersättigten    Gebilden. 

2.  Katalysen  in  homogenen  Gemischen. 

3.  Heterogene  Katalysen. 

4.  Enzym  Wirkungen. 

Die  Thatsachen,  welche  zu  dieser  Gruppierung 
gefuhrt  haben,  sollen  nacheinander  erörtert 
werden,  wobei  sich  die  Angemessenheit  der 
Ordnung,  wie  ich  hoffe,  ergeben  wird. 

I.  Auslösung  in  übersättigten  Ge- 
bilden. Ich  beginne  mit  diesen  Erscheinungen, 
da  sie  gegenwärtig  als  grundsätzlich  aufgeklärt 
gelten  können,  und  uns  somit  die  Beurteilung 
der  anderen  Fälle  erleichtern  werden.  Der  be- 
kannteste Fall  ist  hier  die  Krystallisation  einer 
übersättigten  Lösung,  z.  B.  von  Glaubersalz, 
durch  Zutritt  einer  sehr  kleinen  Spur  des  festen 
Stoffes,  bezüglich  dessen  die  Lösung  übersättigt 
ist.  Hier  liegt  zunächst  das  charakteristische 
Missverhältnis  zwischen  der  Menge  des  wirk- 
samen Stoffes  und  der  Menge  des  durch  seinen 
Einfluss  umgewandelten  vor.  Mittels  eines  weit 
unterhalb  der  Grenze  der  Wägbarkeit  liegenden 
Stäubchens  kann  man  eine  beliebig  grosse 
Menge  der  übersättigten  oder  überkalteten 
Flüssigkeit  zur  Erstarrung  bringen.  Vor  einigen 
Jahren  habe  ich  die  Grösse  des  kleinsten  Stäub- 
chens zu  messen  versucht,  welches  noch  die 
Wirkung  zeigt;  sie  hat  sich  als  sehr  klein, 
nämlich  10-''*  bis  lO^'^g,  aber  nicht  un- 
messbar  klein  ergeben,  denn  noch  kleinere 
Mengen  brachten  keine  Erstarrung  mehr  hervor. 

Diese  Vorgänge  sind  nicht  auf  den  Fall  be- 
schränkt, dass  eine  Flüssigkeit  in  Bezug  auf 
einen  festen  Körper  übersättigt  ist;  sie  kann 
auch  in  Bezug  auf  ein  Gas  übersättigt  sein,  und 
es  wird  dann  in  ihr  durch  Spuren  eines  Gases 
eine  unverhältnismässige  Gasentwickelung  aus- 
gelöst. Auch  ist  die  Übersättigung  oder  all- 
gemeiner   die    Überschreitung     nicht    an     den 


flüssigen  Zustand  gebunden;  auch  Dämpfe  können 
übersättigt  in  Bezug  auf  flüssige  oder  feste 
Körper  sein,  und  selbst  bei  festen  Körpern  sind 
Fälle  bekannt,  wo  sie  „übersättigt"  in  Bezug 
auf  Flüssigkeiten  sind,  d.  h.  sich  in  Berührung 
mit  ein  wenig  der  betreffenden  Flüssigkeiten  in 
diese  verwandeln.  „Übersättigung"  seitens  fester 
Körper  in  Bezug  auf  andere  feste  Körper,  die 
aus  ihnen  entstehen  können,  sind  sehr  häufig. 
Dagegen  sind  Übersättigungen  von  Flüssig- 
keiten in  Bezug  auf  andere  Flüssigkeiten  noch 
nicht  sicher  nachgewiesen  und  jedenfalls  nur 
schwierig  herzustellen. 

Die  Theorie  aller  dieser  Erscheinungen  ist 
bekannt.  Es  handelt  sich  jedesmal  um  die 
Thatsache,  dass  Gebilde  vorliegen,  deren  Be- 
ständigkeit nicht  die  grösste  unter  den  vor- 
handenen Bedingungen  von  Druck  und  Tempe- 
ratur ist.  Es  giebt  vielmehr  noch  andere,  be- 
ständigere Zustände,  die  dadurch  gekennzeichnet 
sind,  dass  in  ihnen  eine  neue  Phase,  d.  h. 
ein  physisch  verschiedener  Anteil  mit  anderen 
Eigenschaften  auftritt.  Bei  der  übersättigten 
Glaubersalzlösung  ist  es  das  feste  Salz,  bei 
dem  übersättigten  Sodawasser  ist  es  das  Kohlen- 
dioxyd gas.  Nun  tritt  allgemein  eine  solche 
neue  Phase  nie  von  selbst  auf,  wenn  die  Ueber- 
schreitung  nicht  zu  gross  war,  und  das  Gebilde 
verhält  sich  wie  ein  im  Gleichgewicht  befind- 
liches. Tritt  aber  eine  kleine  Menge  der  feh- 
lenden Phase  mit  diesem  „metastabilen"  Ge- 
bilde in  Berührung,  so  ist  die  Reaktion  ausge- 
löst, und  die  neue  Phase  vermehrt  sich,  bis 
Gleichgewicht  eingetreten  ist. 

Ist  die  neue  Phase  ein  fester  Stoff,  so  ist 
die  auslösende  Wirkung,  die  „Keimwirkung", 
daran  gebunden,  dass  der  Keim  aus  dem 
gleichen  Stoffe  besteht  wie  die  ^nögliche,  feste 
Phase.  Ausserdem  haben  noch  isomorphe  Stoffe 
diese  Eigenschaft;  fremde  feste  Körper  sind  da- 
gegen ohne  Wirkung.  Hier  ist  allerdings  noch 
ein  weites  Feld  der  Forschung  offen,  denn  da 
isomorphe  Stoffe  wahrscheinlich  durch  die 
Bildung  fester  Lösungen  wirken,  so  ist  zu  unter- 
suchen, ob  auch  solche  festen  Stoffe,  die  zwar 
nicht  isomorph  sind,  wohl  aber  mit  dem  be- 
treffenden Stoffe  feste  Lösungen  bilden  können, 
wirksam  sind. 

Ausserdem  giebt  es  Fälle,  wo  feste  Körper 
auslösend  wirken,  welche  weder  isomorph  sind, 
noch  feste  Lösungen  bilden.  Solche  „künst- 
lichen Keime"  bilden  sich  beispielsweise  xu- 
weilen,  wenn  man  Kieselsäure  in  Gegenwart  der 
betreffenden  Krystalle  unlöslich  werden  lässt 
und  dann  die  Krystalle  mittels  passender 
Lösungsmittel  entfernt.  Ich  habe  diese  That- 
sache zwar  konstatiert,  aber  noch  nicht  die  Zeit 
gefunden,  eine  eingehende  Untersuchung  aus- 
zuführen und  insbesondere  einen  sicheren  Weg 
zur  Gewinnung  der  künstlichen  Keime    auszu- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


31S 


arbeiten.  Doch  glaubte  ich  die  Beobachtung 
hier  erwähnen  zu  sollen,  da  sie  manche  schein- 
bare Widersprüche  aufklären  kann,  die  man  bei 
den  Untersuchungen  in  diesem  schwierigen  Ge- 
biete fifefunden  hat. 

Während  die  Keime  bei  Übersättigungen 
in  Bezug  auf  feste  Phasen  spezifischer  Natur 
sein  müssen,  wirkt  bei  Übersättigungen  in  Be- 
zug auf  Gase  jedes  beliebige  Gas  auslösend. 
Dies  ist  eine  Folge  davon,  dass  sich  jedes  Gas 
in  jedem  anderen  unbeschränkt  löst,  d.  h.  mit 
ihm  eine  homogene  Mischung  liefert. 

Eine  gegebene  Flüssigkeit  kann  gleichzeitig 
in  Bezug  auf  verschiedene  Phasen  übersättigt 
sein.  So  kann  man  leicht  Natriumacetat  und 
Natriumthiosulfat  zu  einer  Flüssigkeit  zusammen- 
schmelzen, welche  gegen  Keime  jedes  dieser 
Salze  in  besonderer  Weise  reagiert,  indem  nur 
der betreffendeStoflf  ausgeschieden  wird,  während 
der  andere  im  flüssigen  Zustande  hinterbleibt. 
Denkt  man  sich  daher  in  einer  Röhre  an  einer 
Stelle  einen  Keim  des  Acetats,  an  einer  anderen 
Stelle  einen  solchen  des  Thiosulfats  angebracht, 
so  wird  beim  Durchströmen  der  Flüssigkeit 
durch  die  Röhre  jeder  dieser  Keime  in  seiner 
eigenen  Art  wachsen. 

Wir  haben  hier  ein  Beispiel  für  die  physiko- 
chemische Möglichkeit  gewisser  organischer  Vor- 
gänge, über  welche  sich  bereits  Berzelius  bei 
Gelegenheit  seiner  Erörterungen  über  Katalyse 
den  Kopf  zerbrochen  hat.  Es  ist  dies  die 
Bildung  der  verschiedenartigsten  Stoffe  in  den 
Organen  des  tierischen  Körpers  aus  einer  und 
derselben  Flüssigkeit,  dem  Blute.  Wenn  wir 
das  Blut  als  eine  in  Bezug  auf  alle  diese  Stoffe 
übersättigte  Lösung  betrachten  dürften,  so  wäre 
es  verständlich,  dass  jedes  Organ  sich  seiner 
Substanz  nach. auf  Kosten  einer  und  derselben 
Flüssigkeit  vermehren  kann. 

Es  wäre  jedenfalls  unzulässig,  zu  behaupten, 
dass  hiermit  wirklich  eine  allgemeine  Theorie 
der  tierischen  Sekretionen  gegeben  sei.  Denn 
die  Betrachtung  hat  ja  nur  Geltung  für  hetero- 
gene Phasen.  Auch  ist  noch  die  Vorfrage  zu 
erledigen,  ob  denn  auch  Verbindungen,  die  in 
der  Flüssigkeit  nicht  vorgebildet  sind,  sondern 
erst  durch  chemische  Wechselwirkung  der  darin 
enthaltenen  Stoffe  entstehen  müssen,  Über- 
sättigung gegen  berührende  andere  Phasen  zeigen 
können. 

Diese  Frage  muss  bejaht  werden.  Es  sind 
uns  beispielsweise  Übersättigungserscheinungen 
an  den  Lösungen  des  Calciumsulfats  wohlbe- 
kannt, welche  so  verdünnt  sind,  dass  sie  zum 
allergrössten  Teil  dies  Salz  in  Gestalt  seiner 
Ionen  enthalten.  Da  im  festen  Salze  keine 
Ionen  enthalten  sind,  liegt  hier  eine  chemische 
Umwandlung  vor.  Ebenso  zeigen  verdünnte 
Lösungen  von  Bleisalzen  und  Thiosulfaten  Über- 
sättigung in  Bezug  auf  Bleisulfid,  das  aus  ihnen 


durch  eine  weitgehende  chemische  Zersetzung 
entsteht.  Endlich  gewähren  die  Methoden  der 
„physikalischen  Entwickelung"  in  der  Photo- 
graphie Beispiele  solcher  Erscheinungen. 

Leider  ist  es  nicht  ausführbar,  an  dieser 
Stelle  die  möglichen  physiologischen  Anwen- 
dungen der  hier  obwaltenden  Gesetze  klarzu- 
legen, und  ich  muss  mich  mit  dem  Ausdrucke 
meiner  Überzeugung  begnügen,  dass  auf  diesem 
Wege  in  der  That  manche  Probleme  des  orga- 
nischen Lebens  eine  zureichende  Lösung  finden 
können. 

Fassen  wir  die  eben  geschilderten  Verhält- 
nisse grundsätzlich  zusammen,  so  sehen  wir, 
dass  die  wesentlichste  Voraussetzung  das  Vor- 
handensein eines  metastabilen  Gebildes  ist, 
welches  den  stabileren  Zustand  aus  eigenen 
Kräften  erst  aufsucht,  nachdem  ihm  ein  Weg 
dazu  geöffnet  ist.  Der  Keim  der  anderen  Phase 
ist  nicht  die  Ursache  der  Reaktion  in  dem 
Sinne,  in  welchem  Robert  Mayer  dies  Wort 
braucht,  denn  er  liefert  nicht  die  für  den  Vor- 
gang erforderliche,  freie  Energie,  sondern  er 
ist  nur  die  Auslösung  eines  Vorganges,  der 
sich  aus  eigenen  Kräften  vollendet,  nachdem  er 
einmal  in  Gang  gebracht  ist. 

Wir  können  uns  schon  jetzt  darüber  klar 
werden,  dass  Ähnliches  auch  für  alle  an- 
deren Fälle  der  Kontaktwirkung  gelten 
muss.  Gerade  der  Mangel  an  Proportionalität 
zwischen  der  Menge  des  katalytisch  wirkenden 
Stoffes  und  dem  Betrage  der  Umwandlung 
macht  es  zu  einer  notwendigen  Voraussetzung, 
dass  die  katalytisch  verursachten  Vorgänge 
ihren  Energieaufwand  aus  Eigenem  bestreiten. 
Diese  Erkenntnis  tritt  im  Gewände  ihrer  Zeit 
schon  bei  Berzelius  auf,  wenn  er  sagt,  dass 
durch  den  Vorgang  eine  grössere  elektro- 
chemische Neutralisation  bewirkt  würde.  Er  ist 
auch  gegenwärtig  oft  genug  ausgesprochen 
worden,  aber  meist  in  einer  falschen  Gestalt. 
So  finde  ich  bei  einem  hervorragenden  Er- 
forscher der  katalytischen  Enzymwirkungen  den 
Satz,  dass  durch  diese  nie  eine  endother- 
mische  Reaktion  soll  bewirkt  werden  können. 
Dies  ist  ganz  unrichtig,  denn  da  endothermische 
Reaktionen  von  selbst,  d.  h.  ohne  katalytische 
Beeinflussung,  ganz  wohl  stattfinden  können,  so 
ist  gar  nicht  einzusehen,  warum  solche  nicht 
auch  unter  dem  Einflüsse  von  Enzymen  statt- 
finden sollen.  Wohl  aber  sind  unter  diesen 
Einflüssen  keine  Reaktionen  möglich,  bei  denen 
eine  Verminderung  der  freien  (nicht  der  ge- 
samten)  Energie  stattfindet.  Es  sind  mit 
anderen  Worten  unter  dem  Einflüsse  von  Kata- 
lysatoren keine  Reaktionen  möglich,  die  nicht 
auch  ohne  diesen  Einfluss  stattfinden  könnten, 
ohne  dass  eines  der  Energiegesetze  verletzt 
wird.  In  dieser  Gestalt  ist  der  Satz  allerdings 
den  beteiligten  Forschern   nicht  ganz  geläufig. 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   14. 


denn  es  finden  sich  nicht  selten  Darstellungen, 
in  denen  der  auf  den  zweiten  Hauptsatz  be- 
zügliche Teil  dieses  Gesetzes  missachtet  und 
verletzt  wird. 

Dasselbe  ist  über  die  Behauptung  zu  sagen, 
dass  Katalysatoren  nur  spaltende,  keine  syn- 
thetische Wirkung  haben  können.  Die  orga- 
nische Chemie  bietet  zahlreiche  Beispiele  des 
Gegenteils;  ich  brauche  nur  an  die  Synthesen 
unter  dem  katalytischen  Einflüsse  des  Kalium- 
äthylats  zu  erinnern. 

2.  Katalysen  in  homogenen  Gemischen. 
Die  jetzt  zu  besprechende  Abteilung  der  Kon- 
taktwirkungen ist  die  grösste  und  theoretisch 
wichtigste.  Hierher  gehören  die  meisten  der 
zahllosen  inzwischen  entdeckten  katalytischen 
Wirkungen. 

Fragen  wir,  ob  sich  die  im  ersten  Falle  ge- 
gebene Erklärung  auch  hier  anwenden  lässt, 
so  muss  die  Antwort  verneinend  lauten.  Das 
Wesentliche  im  ersten  Falle  war  ja  das  Auf- 
treten der  neuen  Phase;  diese  ist  aber  hier 
durch  die  Definition  ausgeschlossen. 

Den  richtigen  Standpunkt  dem  neuen  Pro- 
bleme gegenüber  finden  wir  aber,  wenn  wir  an 
der  allgemeinen  Bedingung  festhalten,  welche 
eben  für  alle  Gebilde  aufgestellt  worden  ist,  die 
einer  Kontaktwirkung  unterliegen;  sie  dürfen 
nicht  einen  stabilen  Zustand  darstellen,  denn 
ein  solcher  kann  überhaupt  keine  Änderung 
ohne  Energiezufuhr  erfahren.  Wie  verhalten 
sich  aber  instabile  Gebilde,  wenn  sie  homogen 
sind? 

Die  Antwort  ist,  dass  homogene,  instabile 
Gebilde  überhaupt  nicht  anders  als  im  Zu- 
stande der  Umwandlung  existieren  können. 
Eine  übersättigte  Lösung  kann,  wenn  die  Über- 
sättigung innerhalb  gewisser  Grenzen  bleibt,  bei 
passendem  Schutz  unbegrenzt  lange  aufbewahrt 
werden  und  in  ihr  findet  keinerlei  Veränderung 
statt.  Eine  Flüssigkeit  aber,  welche  ohne  Zu- 
fuhr freier  Energie  andere  Produkte  liefern 
kann,  die  gelöst  bleiben,  lässt  sich  nicht 
aufbewahren,  ohne  diese  Produkte  zu  bilden. 
Dies  kann  möglicherweise  äusserst  langsam  ge- 
schehen, so  langsam,  dass  ohne  besondere  auf 
den  Zweck  gerichtete,  langwierige  Untersuchung 
eine  Veränderung  überhaupt  nicht  nachgewiesen 
werden  kann.  Aber  die  sicherste  Grundlage 
allgemeiner  Schlüsse,  die  wir  kennerf,  die  Ge- 
setze der  Energetik,  verlangen,  dass  thatsäch- 
lich  die  Umwandlung  stattfindet.  Sie  diktieren 
keinen  Zahlenwert  der  Geschwindigkeit,^ie  da- 
bei eingehalten  werden  muss;  sie  verlangen  nur, 
dass  diese  Geschwindigkeit  nicht  streng  Null 
ist,  sondern  einen  endlichen  Wert  hat. 

Hierdurch  gewinnen  wir  alsbald  auch  für 
diesen  Fall  die  Definition  eines  Katalysators. 

Ein  Katalysator  ist  jeder  Stoff,  der, 
ohne    im    Endprodukt    einer   chemischen 


Reaktion  zu  erscheinen,   ihre   Geschwin- 
digkeit verändert. 

Es  ist  bei  dieser  Definition  sachgemäss  ver- 
mieden, irgend  eine  Ansicht  über  die  Ursache 
eines  solchen  Einflusses  auszusprechen.  Ja,  wir 
müssen  uns  hüten,  auch  nur  zu  behaupten,  dass 
für  alle  katalytischen  Wirkungen  Ursachen  der- 
selben Art  massgebend  sind.  Diese  Fragen 
stehen  auf  einem  anderen  Blatt;  hier  soll  zu- 
nächst nur  eine  Definition  gefunden  werden, 
welche  eine  wissenschaftliche  Bearbeitung  der 
Frage  ermöglicht. 

Dass  die  gegebene  Definition  diesen  Zweck 
erfüllt,  werden  Sie  alsbald  erkennen,  denn  sie 
ergiebt  sofort  die  Fragestellung  nach  dem  zahlen- 
mässigen  Betrage  der  Beschleunigung  bezw. 
Verzögerung  und  deren  Abhängigkeit  von  der 
Natur  und  Konzentration  des  Katalysators,  der 
Temperatur,  der  Gegenwart  anderer  Stoffe  u.  s.  w. 
Es  ist  selbstverständlich,  muss  aber  dennoch 
ausgesprochen  werden,  dass  alle  Versuche, 
Theorien  für  die  Ursache  der  katalytischen  Er- 
scheinungen aufzustellen,  wertlos  bleiben,  bis 
derartige  messende  Feststellungen  durchgeführt 
sind. 

Fasst  man  die  Katalyse  in  dem  eben  defi- 
nierten Sinne  auf,  so  ist  sie  eine  ungemein  ver- 
breitete Erscheinung,  welche  thatsächlich  sich 
jedesmal  geltend  macht,  wenn  überhaupt  die 
Geschwindigkeit  einer  chemischen  Reaktion  der 
Messung  zugänglich  ist.  Ein  ausgezeichnetes 
Beispiel  haben  die  bekannten  Versuche  von 
Menschutkin  ergeben,  der  für  eine  Anzahl 
verschiedenartiger  Reaktionen  nachgewiesen  hat, 
dass  ihre  Geschwindigkeit  je  nach  dem  Lösungs- 
mittel zwischen  sehr  bedeutenden  Grenzen  ver- 
schieden ausfallen  kann.  Schon  diese  Wir- 
kungen der  Lösungsmittel  werden  wir  also  als 
katalytische  zu  bezeichnen  haben.  Feststel- 
lungen darüber,  ob  sich  hierbei  etwa  Verbin- 
dungen zwischen  dem  Lösungsmittel  und  den 
Reagenlien  bilden,  so  dass  Änderungen  der 
Geschwindigkeit  auf  Änderungen  der  wirksamen 
Mengen  zurückzuführen  sind,  sollen  dadurch 
natürlich  nicht  präjudiziert  sein. 

Zwischen  diesen  Einflüssen  und  solchen,  bei 
denen  verschwindend  geringe  Menge  zugesetzter 
Stoffe  die  Geschwindigkeit  im  allerhöchsten 
Masse  ändern,  lassen  sich  stetige  Übergänge 
von  allen  Graden  nachweisen.  Bisher  sind  Wir- 
kungen der  letzteren  Art  fast  ausschliesslich  als 
katalytische  bezeichnet  worden;  da  es  sich  in- 
dessen nur  um  quantitative  Unterschiede  handelt, 
so  ist  es  methodisch  nicht  gerechtfertigt,  die 
Fälle  auszuschliessen,  in  welchen  die  Beträge 
kleinere  Werte  haben. 

Zur  Beobachtung  und  Messung  sind  bisher 
meist  die  Fälle  gelangt,  in  denen  sehr  grosse 
Beeinflussungen  durch  sehr  kleine  Stoffmengen 
vorlagen.    Selbst  wenn  man  sich  auf  solche  be- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


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schränkt,  so  ist  die  Anzahl  der  nachgewiesenen 
einzelnen  Fälle  bereits  jetzt  ausserordentlich 
gross.  Insbesondere  verdanken  wir  den  Arbeiten 
Schönbeins  eine  fast  unabsehbare  Liste  solcher 
Reaktionen.  Allerdings  fehlt  bei  Schönbein 
noch  die  Erkenntnis,  dass  es  sich  bloss  um  Be- 
schleunigungen  an  sich  stattfindender,  nur 
langsam  verlaufender  Vorgänge  handelt;  er 
sieht  sie  vielmehr  als  durch  den  Katalysator 
hervorgerufen  an.  Dadurch  stehen  wir  jetzt 
vor  der  Aufgabe,  das  von  diesem  unermüdlichen 
und  originalen  Forscher  ausgegrabene  Roh- 
material einer  quantitativen  Durcharbeitung  zu 
unterziehen:  eine  Arbeit,  welche  die  gemein- 
same Bethätigung  einer  ganzen  Reihe  von  For- 
schern beanspruchen  wird. 

An  eine  Aufzählung  solcher  Fälle  kann  ich  hier 
nicht  gehen.  Ich  will  nur  betonen,  dass  es  keine 
Art  chemischer  Reaktionen  zu  geben  scheint, 
die  nicht  katalytisch  beeinflusst  werden  könnte, 
und  keine  Art  chemischer  Stoffe,  sei  es  Elemente 
oder  Verbindungen,  die  nicht  katalytisch  wirken 
könnten.  Ebenso  beantwortet  sich  die  von 
Berzelius  bereits  gestellte  Frage,  ob  es  all- 
gemeine oder  spezifische  Katalysatoren  gebe, 
dahin,  dass  beide  Fälle  nachweisbar  sind. 
Während  beispielsweise  die  Anwesenheit  von 
Wasserstoffion  die  meisten  chemischen  Reak- 
tionen beschleunigt,  so  dass  dieser  Stoff  als  ein 
Katalysator  von  grosser  Allgemeinheit  bezeichnet 
werden  muss,  giebt  es  namentlich  unter  den 
Enzymen  spezifische  Katalysatoren,  welche  nur 
auf  ganz  bestimmte  Stoffe  ihre  beschleunigende 
Wirkung  ausüben.  Auch  die  andere  Frage 
von  Berzelius,  ob  aus  einem  und  demselben 
Stoff  oder  Stoffgemisch  durch  verschiedene 
Katalysatoren  verschiedene  Produkte  hervor- 
gebracht werden  können,  oder  in  unserem  Sinne, 
ob  verschiedene  mögliche  Reaktionen  an  dem- 
selben Gebilde  durch  verschiedene  Katalysatoren 
in  verschiedenem  Sinne  beschleunigt  werden 
können,  glaube  ich  bejahend  beantworten  zu 
müssen,  wenn  ich  auch  keine  besonders  auf 
diesen  Zweck  gerichteten  Versuche  anzuführen 
weiss. 

Wenden  wir  uns  nun  den  Versuchen  zu, 
die  katalytische  Erscheinung  dem  wissenschaft- 
lichen Verständnis  näher  zu  bringen  oder  eine 
Theorie  derselben  zu  geben,  so  muss  ich  an 
das  eben  Gesagte  erinnern.  Die  bisherigen 
Theorien,  soweit  sie  überhaupt  Anspruch  auf 
wissenschaftliche  Bedeutung  erheben  können, 
schweben  zur  Zeit  noch  in  der  Luft,  da  ihre 
messende  Durcharbeitung  eben  nur  in  Angriff 
genommen  ist.  Wenn  auch  die  Untersuchungen, 
zu  deren  Verfolgung  seit  einigen  Jahren  sich 
eine  Anzahl  tüchtiger,  junger  Forscher  in  dem 
von  mir  geleiteten  Laboratorium  vereinigt  hat, 
bereits  einige  Ergebnisse  in  diesem  Sinne  haben 
zu  Tage  treten  lassen,  so  möchte  ich  doch  an 


dieser  Stelle  mir  voreilige  Schlüsse  am  wenigsten 
zu  schulden  kommen  lassen.  Vielleicht  wird 
es  nach  einigen  Jahren  möglich  sein,  allgemeine 
Ergebnisse  mitzuteilen;  heute  muss  ich  mich 
damit  begnügen,  dass  der  Boden  für  die  ge- 
meinsame Arbeit  den  Fachgenossen  frei  ge- 
macht ist. 

Die  erste  Theorie  der  katalytischen  Erschei- 
nungen wurde  von  Liebig  aufgestellt,  und  zwar 
zu  dem  Zwecke,  diesen  von  Berzelius  ge- 
schaffenen Begriff  als  überflüssig  erscheinen  zu 
lassen.  Liebig  fasste  die  Katalyse  als  eine 
unmittelbare  Folge  des  mechanischen  Trägheits- 
gesetzes auf.  Seine  Äusserung  lautet:  „Diese 
Ursache  ist  die  Fähigkeit,  welche  ein  in 
Zersetzung  oder  Verbindung,  d.  h.  in 
chemischer  Aktion  begriffener  Körper 
besitzt,  in  einem  anderen  ihn  berüh- 
renden Körper  dieselbe  chemische  Thä- 
tigkeit  hervorzurufen,  oder  ihn  fähig  zu 
machen,  dieselbe  Veränderung  zu  er- 
leiden, die  er  selber  erfährt.  Diese  Fähig- 
keit wird  am  besten  durch  einen  brennenden 
Körper  (einen  in  Aktion  begriffenen)  versinn- 
licht,  mit  welchem  wir  in  anderen  Körpern, 
indem  wir  sie  dem  brennenden  nähern,  dieselbe 
Thätigkeit  hervorrufen.'* 

Liebig  hat  bei  dieser  Erklärung  offenbar 
keine  glückliche  Hand  gehabt.  Sein  eigenes 
Beispiel  schlägt  ihn,  denn  zum  Anzünden  braucht 
man  keinen  brennenden  Körper,  sondern  nur 
einen  heissen;  ob  er  infolge  eines  chemischen 
Vorganges  heiss  ist  oder  aus  irgend  einem  an- 
deren Grunde  (z.  B.  infolge  eines  elektrischen 
Stromes),  ist  fiir  den  Erfolg  ganz  gleichgültig. 
Es  sind  denn  auch  alsbald  solche  Einwände 
erhoben  worden,  und  Lieb  ig  sah  sich  veran- 
lasst, seiner  Hypothese  eine  veränderte  Gestalt 
zu  geben.  Er  erläuterte  seine  Ansicht  im  An- 
schluss  an  die  Frage  der  Zuckergärung  durch 
folgende  Worte: 

,, Ähnlich  wie  die  Wärme  das  statische 
Moment  in  den  Elementen  sehr  vieler 
chemischer  Verbindungen  aufzuheben 
fähig  ist,  geschieht  dies  durch  einen 
Körper,  dessen  Elemente  sich  selbst  im 
Zustande  eines  aufgehobenen  Gleich- 
gewichts befinden;  die  Bewegung,  in  der 
sich  seine  Atome  befinden,  teilt  sich  den 
Atomen  der  Elemente  des  Zuckers  mit; 
sie  hören  auf,  in  dem  Zustande  zu  be- 
harren, in  welchem  sie  Zucker  bilden, 
und  ordnen  sich  nach  ihren  besonderen 
Anziehungen.'* 

Diese  Hypothese  „molekularer  Schwingun- 
gen" hat  sich  in  der  Folge  einer  grossen  Be- 
liebtheit erfreut  und  dürfte  noch  heute  die  An- 
sicht vieler,  insbesondere  der  nichtbeteiligten 
F'achgenossen  darstellen.  Sie  hat  den  beson- 
deren Vorzug,   dass  sie  überhaupt  nicht  wider- 


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legt  werden  kann,  denn  sie  ist  einer  Prüfung  nicht 
zugänglich.  Die  wissenschaftliche  Anspruchs- 
losigkeit, welche  in  der  Anwendung  einer  sol- 
chen „Theorie"  liegt,  wurde  um  so  weniger 
empfunden,  als  auch  die  übrige  Entwickelung 
der  Chemie  nach  einer  Richtung  standfand,  in 
welcher  die  Benutzung  molekularer  Hypothesen 
als  ein  vollwichtiges,  wissenschaftliches  Hilfs- 
mittel galt.  Wenn  man  aber  versucht,  aus  ihr 
auch  nur  die  geringste  Anleitung  zu  experi- 
menteller Fragestellung  und  Forschung  zu  ent- 
nehmen, oder  sie  zu  irgend  einer  Vermutung 
über  die  möglichen  Gesetze  der  katalytischen 
Wirkungen  zu  verwerten  —  und  dies  ist  doch 
der  einzige  Zweck  solcher  Hypothesen  — ,  so 
überzeugt  man  sich  allerdings  von  ihrer  voll- 
endeten Unfruchtbarkeit. 

Dass  durch  die  Hypothese  der  molekularen 
Schwingungen  die -ganze  Angelegenheit  that- 
sächlich  auf  ein  totes  Geleis  gefahren  war,  lässt 
sich  daraus  erkennen,  dass  eine  stete  wissen- 
schaftliche Bearbeitung  des  einst  mit  so  grossem 
Eifer  behandelten  Problems  hernach  nicht  ein- 
getreten ist.  Lange  Zeit  hindurch  sind  es  nur 
vereinzelte  Forscher,  welche  sich  um  katalytische 
Erscheinungen  kümmern,  sie  beobachten  und 
beschreiben.  Auch  hat  sich  Schönbein,  dessen 
Forschungen  wir  soviel  von  dem  verdanken, 
was  wir  an  Thatsachen  gegenwärtig  wissen,  an 
den  theoretischen  Streitigkeiten  über  deren  Ur- 
sache nicht  beteiligt;  es  machte  ihm  vielmehr 
ein  sichtliches  Vergnügen,  diesen  Erscheinungen 
nachzugehen,  für  welche  die  zeitgenössische 
Chemie,  der  er  nur  geringe  Achtung  zollte, 
keine  Erklärung  noch  Unterkunft  wusste. 

Viel  Günstigeres  lässt  sich  von  einem  an- 
deren  Gedanken  sagen,  der  lange  vorher  auf- 
gestellt, inzwischen  aber  lange  Zeit  nicht  zur 
Geltung  gekommen  war.  Es  ist  dies  die  Idee 
der  Zwischenreaktionen. 

Ihren  Ausgang  hat  sie  in  der  ersten  wissen- 
schaftlichen Bearbeitung  genommen,  welche  die 
chemischen  Vorgänge  in  der  Bleikammer  beim 
Schwefelsäureprozess  erfuhren.  In  einer  klassisch 
gebliebenen  Arbeit  haben  Clement  und  De- 
sormes  im  Jahre  1806  die  noch  heute  allge- 
mein angenommene  Erklärung  fiir  die  Wirkung 
gegeben,  welche  die  Oxyde  des  Stickstoffes  bei 
der  Oxydation  der  schwefligen  Säure  durch  den 
Luftsauerstoff  ausüben.  Wie  Sie  alle  wissen, 
beruht  sie  auf  der  Annahme,  dass  die  schwef- 
lige Säure  durch  die  höheren  Oxyde  des  Stick- 
stoffes oxydiert  wird,  während  diese  in  Stick- 
stoff übergehen.  Letzterer  verbindet  sich  wieder 
mit  dem  Luftsauerstoff,  und  der  Vorgang  kann 
von  neuem  erfolgen.  So  dient  dann  eine  ge- 
ringe Menge  von  Stickstoffoxyden,  um  unbe- 
grenzte Mengen  schwefliger  Säure  zu  oxydieren. 

Merkwürdigerweise  wurde  zu  der  Zeit  des 
Streites  zwischen  Berzelius  und  Liebig  dieser 


Fall  gar  nicht  in  die  Erörterung  gezogen,  und 
erst  später  finden  sich  Anwendungen  der  alten 
Betrachtungsweise  auf  andere  Fälle,  wo  che- 
mische Vorgänge  durch  Stoffe  befördert  werden, 
ohne  dass  ein  stöchiometrisches  Verhältnis  zu 
diesen  Hilfsstoffen  besteht.  Doch  hat  sich  dann 
diese  Auffassung  mehr  und  mehr  verbreitet,  und 
heute  muss  man  sie  als  den  ältesten  und  wich 
tigsten  Versuch  bezeichnen,  gewisse,  wenn  auch 
vielleicht  nicht  alle  katalytischen  Vorgänge  zu 
erklären. 

Allerdings  besteht  auch  dieser  Ansicht  ge- 
genüber meist  noch  eine  gewisse  Anspruchs- 
losigkeit. Wenn  man  sich  einer  katalytischen 
Erscheinung  gegenüber  sieht,  so  sucht  man 
nach  möglichen  Zwischenprodukten,  an  deren 
Bildung  der  Hilfsstoff  oder  Katalysator  teil- 
nehmen könnte,  und  erachtet  die  Aufgabe  als 
im  wesentlichen  gelöst,  wenn  man  einen  solchen 
namhaft  machen  kann.  Gelingt  es  gar,  etwas 
von  dem  angenommenen  Zwischenprodukt  aus 
der  Reaktionsmasse  herauszupräparieren,  so  gilt 
die  Auffassung  als  erwiesen.  Ob  jener  Stoff 
wirklich  ein  Zwischenprodukt  und  nicht  etwa 
nur  ein  Nebenprodukt  ist,  das  ist  eine  Frage,  wel- 
che kaum  gestellt,  geschweige  denn  erledigt  wird. 

Prüfen  wir  nun  den  Gedanken  von  unserem 
heutigen  Standpunkte  aus,  so  wird  man  zunächst 
etwas  Widersprechendes  in  ihm  empfinden. 
Damit  ein  Vorgang  überhaupt  verläuft,  muss 
er  mit  einem  Abfall  der  freien  Energie 
verbunden  sein.  Dieser  Abfall  hängt  nur  vom 
Anfangs-  und  Endpunkte  der  Reaktion  ab, 
nicht  aber  von  ihrem  Wege.  Andererseits  ist 
die  Geschwindigkeit  der  Reaktion  in  streng 
vergleichbaren  Fällen  proportional  diesem  Ab- 
falle. Hieraus  würde  man  zu  schliessen  geneigt 
sein,  dass  die  Reaktionsgeschwindigkeit  eines 
gegebenen  Gebildes  denselben  Wert  haben 
müsste,  ob  der  Vorgang  direkt  oder  indirekt, 
ob  er  in  einem  Zuge  oder  in  Stufen  stattfindet. 

Ein  solcher  Schluss  wäre  falsch,  denn  ausser 
dem  Abfall  der  freien  Energie  sind  noch  viele 
andere  Faktoren  für  die  Reaktionsgeschwindig- 
keit bestimmend,  die  man  keineswegs  alle  kennt. 
Ein  wohlbekanntes  Beispiel  ist  der  sehr  grosse 
Einfluss,  den  die  Temperatur  hat  und  der  un- 
verhältnismässig viel  mehr  beträgt  als  die  ent- 
sprechende Zunahme  der  freien  Energie.  Auch 
lehrt  die  chemische  Energetik,  dass  sich  zwar 
über  die  Gleichgewichte  gegebener  Gebilde 
Allgemeines  aussagen  lässt,  nicht  aber  über  die 
Zahlenwerte  der  Geschwindigkeiten,  mit  denen 
dies  Gleichgewicht  erreicht  wird.  Es  ergiebt 
also  keinen  Widerspruch  mit  allgemeinen  Ge- 
setzen, wenn  wir  annehmen,  dass  eine  gewisse 
Reaktionsfolge  über  einen  Zwischenstoff  schneller 
erfolgt  als  die  unmittelbare  Reaktion  ohne  diesen; 
doch  spricht  auch  nichts  dafiir,  und  einiges  da- 
gegen, dass  dies  allgemein  der  Fall  ist. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


319 


Um  also  auf  unser  klassisches  Beispiel,  das 
ja  übrigens  auch  bald  der  Geschichte  angehören 
wird,  zurückzukommen,  so  können  wir  immerhin 
annehmen,  dass  die  schweflige  Säure  durch  den 
Luftsauerstoff  allein  viel  langsamer  oxydiert 
wird  als  die  beiden  Reaktionen:  Oxydation  der 
schwefligen  Säure  durch  Stickstoffperoxyd  und 
Oxydation  des  Stickoxyds  durch  Luftsauerstoff, 
nebeneinander  verlaufen,  trotzdem  die  Konzen- 
trationen der  Zwischenprodukte  notwendig  ge- 
ringer sein  müssen  als  die  für  die  unmittelbare 
Reaktion  wirksamen  Konzentrationen.  Aber 
damit  wir  diese  Auffassung  als  wissenschaftlich 
begründet  erachten,  fehlt  noch  die  Hauptsache: 
es  müssen  die  in  Betracht  kommenden  Reaktions- 
geschwindigkeiten wirklich  gemessen  sein,  und 
ehe  dies  geschehen  ist,  kann  man  nur  von  einer 
Vermutung,  nicht  aber  von  einer  Erklärung 
reden.  Und  was  hier  gesagt  ist,  gilt  allgemein: 
durch  die  Annahme  irgend  welcher  Zwischen- 
reaktionen wird  eine  katalytische  Beschleunigung 
durchaus  nicht  erklärt,  wenn  nicht  bewiesen 
wird,  dass  diese  Zwischenreaktionen  unter  den 
vorhandenen  Bedingungen  thatsächlich  schneller 
verlaufen  als  die  direkte  Reaktion. 

Bis  heute  ist  noch  kein  derartiger  Fall  ein- 
wurfsfrei durchgearbeitet  und  eine  derartige  Er- 
klärung in  keinem  einzigen  Falle  bewiesen. 
Allerdings  wird,  wie  ich  hoffe,  diese  Lücke 
nicht  mehr  lange  bestehen,  denn  einige  auf 
diesen  Punkt  gerichtete  Arbeiten  sind  ihrem 
Abschlüsse  nahe. 

Es  entsteht  nun,  vorausgesetzt,  dass  in  ein- 
zelnen Fällen  die  Richtigkeit  der  Theorie  der 
Zwischenprodukte  bewiesen  ist  (was  allem  An- 
scheine nach  eintreten  wird),  die  neue  Frage, 
ob  auf  diesem  Wege  eine  Erklärung  aller 
Katalysen  gegeben  sei.  Ich  glaube,  dass  hier- 
auf unbedingt  mit  Nein  geantwortet  werden 
muss.  Ich  glaube  eine  ganze  Anzahl  Katalysen 
zu  kennen,  bei  denen  eine  derartige  Erklärung 
nicht  durchführbar  ist.  Insbesondere  sehe  ich 
keine  Möglichkeit,  die  Thatsache  der  ver- 
zögernden katalytischen  Beeinflussungen  durch 
die  Annahme  von  Zwischenprodukten  zu  erklären. 
Denn  wenn  eine  Reaktion  über  die  Zwischen- 
produkte langsamer  geht  als  auf  direktem  Wege, 
so  wird  sie  eben  auf  diesem  letzteren  stattfinden, 
und  die  Möglichkeit  von  Zwischenprodukten  hat 
überhaupt  keinen  Einfluss  auf  den  Vorgang. 

Wohl  aber  erscheint  mir  eine  Ausdehnung  der 
Theorie  der  Zwischenprodukte  auf  die  heteroge- 
nen Katalysen  möglich;  wir  kommen  auf  diese 
Frage  im  nächsten  Teile  zurück. 

Eine  andere  Theorie  der  Katalysen  ist  in 
neuerer  Zeit  von  Euler  aufgestellt  worden.  In- 
dem er  von  der  bereits  früher  erwogenen  An- 
nahme ausgeht,  dass  alle  chemischen  Reaktionen 
lonenreaktionen  sind,  und  dass  ihre  Geschwindig- 
keiten   von    der   Konzentration    der    wirklichen 


Ionen  abhängen,  nimmt  er  an,  dass  der  kataly- 
tische Stoff  die  Eigenschaft  hat,  die  Konzentration 
der  beteiligten  Ionen  zu  ändern.  Gemäss  dieser 
veränderten  Konzentration  muss  denn  auch  die 
Reaktionsgeschwindigkeit  sich  ändern. 

Soviel  ich  sehe,  ist  eine  solche  Theorie 
formal  durchfuhrbar,  d.  h.  es  wird  im  allge- 
meinen möglich  sein,  die  erforderlichen  Annahmen 
zu  machen,  ohne  mit  den  Gesetzen  der  allge- 
meinen Chemie  in  Widerspruch  zu  geraten. 
Ob  sich  aber  nicht  später  Widersprüche  ein- 
stellen werden,  wenn  man  die  erforderlichen 
Annahmen  für  eine  Anzahl  von  Stoffen  gemacht 
und  dann  deren  wechselseitige  Reaktionsge- 
schwindigkeiten bestimmt  hat,  lässt  sich  jetzt 
noch  nicht  absehen.  Insbesondere  scheint  mir 
eine  wesentliche  Schwierigkeit  in  der  mehrfach 
konstatierten  Thatsache  zu  liegen,  dass  zwei 
Katalysatoren  bei  gemeinsamer  Wirkung  oft 
eine  ganz  unverhältnismässig  viel  grössere  Be- 
schleunigung bewirken,  als  sich  aus  der  Sum- 
mierung ihrer  Einzelwirkungen  berechnet.  Hier 
lässt  sich  nicht  absehen,  wie  durch  die  gleich- 
zeitige Wirkung  der  beiden  Katalysatoren  (z.  B. 
Cupriion  und  Ferriion)  so  sehr  viel  grössere 
Mengen  der  reaktionsfähigen  Ionen  gebildet 
werden  sollen,  als  diese  einzeln  bilden  können. 

Man  wird  also  auch  von  dieser  Theorie 
sagen  können,  dass  sie  einige  Katalysen,  aber 
keineswegs  alle  wird  deuten  können. 

Einen  verwickeiteren  Fall  katalytischer  Er- 
scheinungen bilden  solche  Vorgänge,  wo  die 
an  der  Reaktion  beteiligten  Stoffe  selbst  noch 
ausserdem  katalytisch  wirken.  Ich  will  von  den 
hier  vorhandenen  Möglichkeiten  der  Auto- 
katalyse nur  den  Fall  erwähnen,  dass  durch 
die  Reaktion  selbst  ein  Beschleuniger  entsteht. 
Dies  tritt  beispielsweise  bei  einer  der  bekann- 
testen Reaktionen,  der  Auflösung  der  Metalle 
in  Salpetersäure,  ein.  Die  hierbei  entstehende 
salpetrige  Säure  beschleunigt  in  hohem  Grade 
die  Geschwindigkeit  der  Einwirkung  der  Salpeter- 
säure, und  dadurch  kommt  folgende  Erscheinung 
zu  Stande. 

Wird  das  Metall  in  die  reine  Säure  gebracht, 
so  beginnt  die  Reaktion  äusserst  langsam.  In 
dem  Masse,  wie  sie  fortschreitet,  wird  sie 
schneller,  und  schliesslich  stürmisch.  Ist  diese 
Periode  vorüber,  so  verlangsamt  sich  der  Pro- 
zess  und  endet  mit  einer  gegen  Null  konver- 
gierenden Geschwindigkeit. 

Dieses  steht  in  auffallendem  Widerspruche 
mit  dem  gewöhnlichen  Verlauf  der  Reaktionen, 
die  mit  der  grössten  Geschwindigkeit  beginnen 
und  wegen  des  allmählichen  Verbrauches  der 
wirkenden  Stoffe  immer  langsamer  werden. 

Hier  drängen  sich  die  physiologischen  Ana- 
logien unwiderstehlich  auf;  es  ist  eine  typische 
Fiebererscheinung.  Und  noch  eine  andere 
wichtige    physiologische    Thatsache    lässt    sich 


320 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


auf  gleichem  Wege  illustrieren:  die  Gewöhnung 
und  das  Gedächtnis.  Ich  habe  hier  zwei 
Proben  derselben  Salpetersäure,  die  nur  dadurch 
verschieden  sind,  dass  ich  in  der  einen  vorher 
ein  Stückchen  Kupfer  aufgelöst  habe.  Ich 
bringe  zwei  gleiche  Kupferbleche  in  die  beiden 
Säuren,  die  in  demselben  Wassergefäss  stehen, 
damit  sie  die  gleiche  Temperatur  haben.  Als- 
bald sehen  Sie,  dass  die  Säure,  welche  schon 
einmal  Kupfer  gelöst  hatte,  sich  an  diese  Arbeit 
„gewöhnt"  hat  und  sie  sehr  geschickt  und  ge- 
schwind auszuführen  beginnt,  während  die  un- 
geübte Säure  mit  dem  Kupfer  nichts  anzufangen 
weiss  und  ihre  Wirkung  so  träge  und  unge- 
schickt ausfuhrt,  dass  wir  sie  nicht  abwarten 
können.  Dass  es  sich  um  eine  Katalyse  durch 
salpetrige  Säure  handelt,  wird  ersichtlich,  wenn 
ich  etwas  Natriumnitrit  zur  trägen  Säure  füge: 
alsbald  wird  auch  hier  das  Kupfer  angegriffen 
und  aufgelöst. 

3.  Heterogene  Katalyse.  Der  bestbe- 
kannte Fall  der  heterogenen  Katalyse  ist  die 
Wirkung  des  Platins  auf  verbrennliche  Gas- 
gemenge. Während  früher  die  Erscheinungen 
am  Knallgase  im  Vordergrunde  des  Interesses 
standen,  ist  gegenwärtig  aus  praktischen  Gründen 
die  Verbrennung  des  Schwefeldioxyds  zu  Trioxyd 
die  wichtigste  von  allen  geworden. 

Auch  in  allen  diesen  Fällen  handelt  es  sich 
wohl  um  Beschleunigungen  langsamer  Reaktionen, 
wenn  auch  zugegeben  werden  muss,  dass  bei- 
spielsweise beim  Knallgase  noch  keine  Wasser- 
bildung bei  gewöhnlicher  Temperatur  ohne 
Katalysator  nachgewiesen  worden  ist. 

Aber  die  Stetigkeit  bei  der  Änderung  der 
Geschwindigkeit  mit  der  Temperatur  berechtigt 
uns  hier  zu  der  Vermutung,  dass  thatsächlich 
eine  sehr  kleine  Reaktionsgeschwindigkeit,  auch 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  stattfindet.  Dass 
sie  so  besonders  klein  ist,  entspricht  der  ajlge- 
meinen  Thatsache,  dass  alle  Gasreaktionen  ver- 
hältnismässig sehr  langsam  stattfinden. 

Diese  wichtige  Thatsache  tritt  z.  B.  deutlich 
bei  den  Versuchen  von  Berthelot  und  Pean 
de  St.  Gilles  hervor.  Es  wurde  die  Ester- 
bildung aus  Säure  und  Alkohol  bei  geicher 
Temperatur  in  zwei  Versuchen  verglichen,  wo 
einerseits  die  Stoffe  flüssig,  andererseits  dampf- 
förmig waren.  Wenn  auch  die  Versuche  keine 
genaue  Berechnung  gestatten,  ob  die  Verlang- 
samung durch  die  starke  Verminderung  der 
Konzentrationen  vollständig  erklärbar  ist,  oder  ob 
sie  (was  wahrscheinlicher  ist)  noch  mehr  aus- 
trägt, kommt  nicht  in  Frage;  es  genügt  zu 
wissen,  dass  durch  den  Übergang  in  Dampf- 
gehalt die  Reaktionsgeschwindigkeit  etwa  auf 
den   icxx)sten  Teil  herabgedrückt  wurde. 

Hierauf  kann  man  nun  eine  Theorie  der 
eben  erwähnten  Beschleunigungen  gründen,  deren 
Grundlagen  mir  vonDr.  Boden  st  ein  angegeben 


worden  sind.  Denken  wir  uns,  dass  aus  dem 
gasförmigen  Gebilde  bei  der  vorhandenen  Tem- 
peratur ein  Teil  in  den  flüssigen  Zustand  ver- 
setzt wird  oder  eine  diesem  Zustande  ent- 
sprechende Dichte  annimmt,  so  wird  in  diesem 
Teile  die  Reaktion  entsprechend  schneller  statt- 
finden, und  die  flüssigen  Anteile  der  Ausgangs- 
stoflTe  werden  sich  in  die  Endprodukte  ver- 
wandeln. Ist  nun  die  verflüssigende  oder  ver- 
dichtende Ursache  von  der  Beschaffenheit,  dass 
sie  nach  dem  Verbrauch  des  ersten  verdichteten 
Teils  neue  Mengen  der  Ausgangsstoffe  ver- 
dichtet, so  werden  auch  diese  schnell  reagieren, 
und  so  fort;  das  Ergebnis  ist  eine  Beschleuni- 
gung der  Reaktion.  Eine  solche  Wirkung 
seitens  des  Platins  auf  die  Gase  ist  ganz  wohl 
möglich. 

Ich  möchte  auch  mit  dieser  Darlegung  nicht 
behaupten,  dass  die  Platinkatalysen  wirklich 
auf  solche  W^eise  erfolgen,  sondern  nur  eine 
Möglichkeit  betonen,  wie  sie  stattfinden  können. 
Wir  hätten  dann  hier  den  einfachsten  und 
reinsten  Fall  der  beschleunigenden  Zwischen- 
reaktion, auf  den  ich  bereits  früher  hingewiesen 
habe. 

Wie  Prof.  B  red  ig  mir  jüngst  mündlich  dar- 
gelegt hat,  lässt  sich  an  einem  flüssigen  Mittel, 
in  welchem  kleine  Massen  einer  anderen  Flüssig- 
keit suspendiert  sind,  der  Mechanismus  einer 
solchen  Beschleunigung  erläutern.  Wenn  diese 
suspendierte  Flüssigkeit  die  Eigenschaft  hat, 
dass  in  ihr  die  Reaktion  der  vorhandenen  Stoffe 
schneller  stattfindet  als  in  der  Hauptmasse,  so 
würden  zunächst  die  dort  befindlichen  Anteile 
der  Reagentien  sich  umwandeln.  Es  würde  das 
Produkt  in  die  äussere  Flüssigkeit  hinausdiffun- 
dieren,  und  ebenso  würden  neue  Mengen  der 
Reagentien  hineintreten,  da  durch  die  Diffusion 
die  Konzentrationen  der  verschiedenen  Stoffe 
immer  wieder  ausgeglichen  werden.  Es  würde 
hierdurch  nacheinander  die  ganze  Menge  der 
Reagentien  den  Weg  durch  die  suspendierte 
Flüssigkeit  nehmen  und  dort  reagieren;  das 
Ergebnis  ist  eine  Beschleunigung  der  Reaktion. 

Was  hier  dargelegt  wurde,  lässt  sich  nach 
Bredig  vielleicht  auch  auf  den  Fall  anwenden, 
dass  der  Katalysator  im  kolloidalen  Zustande 
in  der  Flüssigkeit  vorhanden  ist.  Bekanntlich 
hat  Prof.  Bredig  mit  seinen  Schülern  in  einer 
Reihe  ausgezeichneter  Arbeiten  die  mannig- 
faltigen und  energischen  katalytischen  Wirkungen 
gezeigt  und  gemessen,  welche  das  von  ihm 
hergestellte  kolloidale  Platin  und  andere  kolloidale 
Metalle  ausüben  können.  Auch  hat  er  wieder- 
holt betont,  dass  die  natürlich  vorkommenden, 
so  überaus  wirksamen  Katalysatoren,  die  Enzyme, 
sich  gleichfalls  immer  im  Zustande  kolloidaler 
Lösung  oder  Suspension  befinden. 

Auch  diese  Betrachtungen  haben  keinen 
anderen  Anspruch,  als  den,  experimentell  prüf- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


321 


bare  Vermutungen  zu  sein.  Ich  möchte  aber 
nicht  unterlassen,  Ihre  Aufmerksamkeit  darauf 
zu  lenken,  dass  erst  die  Auffassung  der  Kata- 
lysatoren als  Beschleuniger  es  ermöglicht  hat, 
überhaupt  solche  wissenschaftlich  prüfbare  Ver- 
mutungen aufzustellen.  Man  versuche  einmal. 
Ähnliches  mittels  Molekularschwingungen  zu 
erreichen. 

4.  Die  Enzyme.  Dass  die  Verzuckerung 
der  Stärke  durch  Säuren  der  durch  Malzauszug 
an  die  Seite  zu  stellen  ist,  war  für  Berzelius 
keinem  Zweifel  unterworfen.  Die  gleiche  Auf- 
fassung hatten  Payen  und  Persoz,  welche  den 
wirksamen  Stoff,  die  Diastase,  isolierten,  oder 
wenigstens  in  konzentrierter  Gestalt  herstellten. 
Das  gleiche  gilt  für  Liebig  und  Wöhler,  die 
in  einer  ausgezeichneten  Arbeit  die  Zersetzung 
des  Amygdalins  unter  dem  katalytischen  Ein- 
flüsse des  Emulsins  studierten. 

Auch  haben  die  neueren  Untersuchungen 
über  die  Gesetze  der  Enzymwirkungen  meines 
Erachtens  nicht  ergeben,  was  irgend  einen 
grundsätzlichen  Unterschied  zwischen  beiden 
Arten  der  Wirkung  aufzustellen  Veranlassung 
gäbe.  Im  Gegenteil,  die  bereits  erwähnten 
Arbeiten  Bredigs  haben  weit  eingehendere 
Übereinstimmungen  erkennen  lassen,  als  sich 
vermuten  Hess. 

Wir  werden  also  in  den  Enzymen  Kataly- 
satoren sehen,  welche  im  Organismus  während 
des  Lebens  der  Zellen  entstehen  und  durch 
deren  Wirkung  das  Lebewesen  den  grössten 
Teil  seiner  chemischen  Aufgaben  erledigt.  Nicht 
nur  Verdauung  und  Assimilation  wird  von  An- 
fang bis  zu  Ende  durch  Enzyme  geregelt,  auch 
die  fundamentale  Lebensthätigkeit  der  meisten 
Organismen,  die  Beschaffung  der  erforderlichen 
chemischen  Energie  durch  Verbrennung  auf 
Kosten  des  Luftsauerstoffes,  erfolgt  unter  ent- 
scheidender Mitwirkung  von  Enzymen  und  wäre 
ohne  diese  unmöglich.  Denn  der  freie  Sauer- 
stoff ist,  wie  bekannt,  ein  sehr  träger  Stoff  bei 
den  Temperaturen  der  Organismen,  und  ohne 
Beschleunigung  seiner  Reaktionsgeschwindigkeit 
wäre  die  Erhaltung  des  Lebens  unmöglich. 

Schon  Berzelius  hat  auf  die  entscheidende 
Bedeutung  hingewiesen,  welche  den  Enzymen 
im  Haushalte  der  Lebewesen  zukommt.  In  der 
That,  stellen  wir  die  grundsätzliche  Frage,  was 
das  physiko-chemische  Kennzeichen  der  Lebens- 
erscheinungen ist,  so  wird  die  Antwort  sein: 
eine  selbstthätig  geregelte  Beschaffung  und  Ver- 
wendung der  chemischen  Energie  für  die  Be- 
thätigung,  Erhaltung  und  Vermehrung  des  Lebe- 
wesens. Nun  haben  wir  drei  verschiedene  Mittel, 
die  chemische  Reaktionsgeschwindigkeit  zu  be- 
einflussen: die  Temperatur,  die  Konzentration 
und  die  Katalyse.  Von  diesen  dreien  ist  die 
erste  für  den  Organismus  nicht  beliebig  ein- 
stellbar; ja,  wir  sehen,  dass  die  höheren  Tiere, 


denen  besonders  verwickelte  und  fein  geregelte 
Leistungen  obliegen,  sich  von  diesem  Einflüsse 
ganz  frei  machen,  indem  sie  thermostatische 
Vorrichtungen  ausbilden,  mittels  deren  sie  ihre 
Körpertemperatur  innerhalb  enger  Grenzen  kon- 
stant erhalten  können.  Die  Konzentrationen 
sind  vielfach  durch  die  Löslichkeit  der  Stoffe 
begrenzt;  es  bleibt  als  überall  anwendbares 
Mittel  zur  Regelung  der  Reaktionsgeschwindig- 
keiten nur  noch  die  Anwendung  von  Kataly- 
satoren übrig,  welche  allerdings  die  Aufgabe 
mit  idealer  Vollkommenheit  zu  lösen  gestatten. 

Ich  darf  mich  in  diese  physiologischen  Fragen 
nicht  vertiefen,  wollte  aber  nicht  unterlassen, 
auf  die  allgemeine  Bedeutung  der  Katalyse 
nach  dieser  Richtung  hinzuweisen.  Dies  scheint 
mir  gerade  zu  unserer  Zeit  besonders  notwendig. 
Da  die  älteren  Kenntnisse  und  Begriffe  der 
Chemie,  die  sich  wesentlich  auf  die  Herstellung 
und  die  systematischen  und  genetischen  Zu- 
sammenhänge der  Stoffe  bezogen,  und  die  Ge- 
setze des  Gleichgewichts  und  der  Umwandlung 
derselben  ausser  Betracht  Hessen,  für  die  Er- 
klärung der  physiologischen  Erscheinungen  sich 
vielfach  als  unzulänglich  erwiesen  haben,  so 
macht  sich  jetzt  eine  Auffassung  geltend,  als 
sei  die  Chemie  und  Physik  überhaupt  ausser 
Stande,  zur  Lösung  des  Rätsels  vom  Leben 
etwas  Entscheidendes  beizutragen.  Hiergegen 
möchte  ich  mit  allem  Nachdruck  darauf  hin- 
weisen, dass  die  physikalische  oder  allgemeine 
Chemie,  in  deren  Gebiet  diese  Fragen  zum 
allergrössten  Teüe  fallen,  eine  sehr  junge  Wissen- 
schaft ist.  Diejenigen  von  Ihnen,  welche  1892 
die  Heidelberger  Naturforscherversammlung  be- 
sucht haben,  werden  sich  erinnern,  dass  sie  so- 
zusagen damals  zum  ersten  Male  als  eben  er- 
wachsenes Fräulein  an  die  Öffentlichkeit  trat. 
Bisher  hat  sie  noch  so  viel  im  eigenen  Hause 
zu  thun  gefunden,  dass  ihre  Bethätigung  in  den 
Nachbargebieten  nur  selten  hat  erfolgen  können ; 
auch  darf  nicht  verschwiegen  werden,  dass 
manche  unberufene  Hand  die  hier  vorhandenen 
Früchte  hat  pflücken  wollen,  ohne  Verständnis, 
wie  man  mit  ihnen  umzugehen  hat.  Es  ist 
meine  volle,  wiederholt  ausgesprochene,  wissen- 
schaftliche Überzeugung,  dass  durch  die  neueren 
Fortschritte  der  Chemie  der  Physiologie  eine 
Entwickelung  bevorsteht,  welche  an  Bedeutung 
der  nichts  nachgeben  wird,  welche  Liebig 
seinerzeit  durch  die  erste  systematische  An- 
wendung der  chemischen  Wissenschaft  be- 
wirkt hat. 

Was  nun  die  Eigenschaften  der  Enzyme 
anlangt,  so  sind  diese  bisher  vorwiegend  quali- 
tativ untersucht  worden.  Die  quantitative  Ar- 
beit stösst  auf  grosse  Schwierigkeiten,  die  in 
der  Veränderlichkeit  dieser  Stoffe  liegen,  die 
meist  mit  dem  Verluste  der  katalytischen  Wir- 
kung verbunden   ist.     Die    bisher   untersuchten 


322 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang«     Kö.  14. 


Enzyme  zeigen  im  wesentlichen  die  chemischen 
Eigenschaften  der  Eiweissstoffe,  doch  sind  über 
die  Frage  nach  ihrer  chemischen  Natur  die 
Akten  noch  keineswegs  geschlossen.  Ich  möchte 
meine  Überzeugung  dahin  aussprechen,  dass 
bei  eingehenderer  Forschungübergänge  zwischen 
den  eiweissartigen  Produkten,  an  denen  bisher 
Enzymwirkungen  nachgewiesen  worden  sind, 
und  den  einfacher  zusammengesetzten  Stoffen 
der  organischen  Chemie  sich  werden  finden 
lassen.  So  scheint  beispielsweise  die  katalytische 
Beschleunigung  gewisser  Oxydationswirkungen, 
welche  dem  Hämoglobin  eigen  ist,  auch  in 
den  piweissfreien  Abkömmlingen,  insbesondere 
im  Hämatin,  noch  erhalten  zu  sein,  und  eine 
Verfolgung  dieser  Verhältnisse  in  den  Abbau- 
produkten des  Blutfarbstoffes  wäre  von  nicht 
geringem  Interesse. 

In  den  wenigen  Fällen,  in  denen  der  Ge- 
schwindigkeitsverlauf einer  Enzymwirkung 
einigermassen  einwandfrei  studiert  worden  ist, 
haben  sich  widersprechende  Resultate  gezeigt; 
während  die  einen  Autoren  eine  weitgehende 
Übereinstimmung  mit  den  einfachen  Gesetzen 
gefunden  haben,  die  für  die  anorganischen 
Katalysatoren  gültig  sind,  konstatierten  die  an- 
deren Abweichungen.  Einer  mir  voriiegenden, 
noch  unveröffentlichten  Untersuchung,  der  ich 
ein  grosses  Zutrauen  zu  schenken  geneigt  bin, 
entnehme  ich,  dass  in  der  That  das  Zeitgesetz 
der  Enzymwirkung  von  dem  einfachsten  Schema 
der  Reaktionsgeschwindigkeit  abweicht ;  doch 
ist  auch  diese  Frage  noch  keineswegs  spruchreif 

Die  Frage  nach  dem  Umfange  der  Stoffe, 
welche  durch  ein  gegebenes  Enzym  nach  einem 
gewissen  Schema  verändert  (z.  B.  hydrolytisch 
gespalten)  werden,  ist  gleichfalls  erst  in  ihren 
Anfangsstadien  begriffen  und  es  scheinen  hier 
ähnliche  Mannigfaltigkeiten  vorzuliegen,  wie  bei 
den  anderen  Katalysatoren.  Die  schönen  Unter- 
suchungen von  E.  Fischer  haben  gezeigt,  dass 
gelegentlich  sehr  geringe  Verschiedenheiten, 
welche  die  heutige  Chemie  als  stereochemische 
deutet,  Verschiedenheiten  in  der  Wirkung  eines 
gegebenen  Enzyms  verursachen  können.  Ob 
dies  mit  einer  etwaigen  asymmetrischen  Be- 
schaffenheit des  Enzyms  selbst  zusammenhängt, 
oder  auf  anderen  Gründen  beruht,  scheint  mir 
noch  nicht  unzweideutig  entschieden  zu  sein. 

Meine  Herren!  Ich  muss  zum  Schlüsse  eilen. 
Ich  habe  Ihnen  nicht  einigermassen  abgerundete 
Ergebnisse  eines  wohluntersuchten  Gebietes  vor- 
legen können,  sondern  habe  meine  Aufgabe 
darin  suchen  müssen,  Ihnen  weite  Gebiete 
fruchtbaren  Landes  zu  weisen,  das  nur  hier  und 
da  die  ersten  Anfänge  systematischer  Bebauung 
zeigt,  dessen  Fruchtbarkeit  und  Wichtigkeit 
aber   bereits    ausserhalb    jedes    Zweifels    steht. 


Lag  dieses  Land  auch  ausserhalb  der  Gebiete, 
in  denen  die  Chemie  der  Vergangenheit  sich 
heimisch  fühlte,  so  hat  unsere  rastlos  vorwärts- 
strebende W^issenschaft  doch  jetzt  schon  be- 
gonnen, mit  ihren  neuen  Geräten  den  neuen 
Acker  fruchtbar  zu  machen.  Dass  es  nicht  nur 
das  chemisch  -  wissenschaftliche  Interesse  ist, 
welches  hier  die  Arbeit  dankbar  macht,  glaube 
ich  Ihnen  am  Beispiel  der  physiologischen  An- 
wendungen bereits  gezeigt  zu  haben.  Dass 
aber  auch  in  technischer  Beziehung  die  wissen- 
schaftliche Kenntnis  und  Beherrschung  der  ka- 
talytischen  Erscheinungen  unabsehbare  Folgen 
haben  muss,  tritt  schon  jetzt  bei  der  mehr  zu- 
falligen Anwendung  dieses  Hilfsmittels  hervor. 
Der  letzte  grosse  Triumph  der  deutschen  tech- 
nischen Chemie,  die  Synthese  des  Indigos, 
welche  eben  die  wirtschaftlichen  Verhältnisse 
ganzer  Länder  umgestaltet,  enthält  als  einen 
wesentlichen  Faktor  eine  neue  Katalyse;  die 
Oxydation  des  Naphtalins  durch  Schwefelsäure 
lässt  sich  nur  bei  Gegenwart  von  Quecksilber 
genügend  schnell  und  glatt  durchführen.  Dass 
die  Schwefelsäure  selbst  sowohl  nach  dem  alten 
wie  dem  neuen  Verfahren  auf  katalytischem 
Wege  gewonnen  wird,  brauche  ich  nur  zu  er- 
wähnen. Überlegt  man,  dass  die  Beschleunigung 
der  Reaktionen  durch  katalytische  Mittel  ohne 
Aufwand  von  Energie,  also  in  solchem  Sinne 
gratis  vor  sich  geht  und  dass  in  aller  Technik, 
also  auch  in  der  chemischen,  Zeit  Geld  ist,  so 
sehen  Sie,  dass  die  systematische  Benutzung 
katalytischer  Hilfsmittel  die  tiefgehendsten  Um- 
wandlungen in  der  Technik  erwarten  lässt. 

Meine  Herren!  Erlauben  Sie  mir,  mit  einer 
persönlichen  Erinnerung  zu  schliessen.  Als  vor 
vier  Jahren  das  Leipziger  physikalisch-chemische 
Institut  in  sein  schönes,  neues  Heim  übersiedelte, 
ging  ich  nicht  ohne  Sorge  der  neuen  Periode 
entgegen.  Die  eben  abgeschlossene  war  so 
fruchtbar  gewesen.  Grosse  Gebiete,  wie  die 
chemische  Dynamik  und  die  Elektrochemie, 
hatten  grundsätzliche  Förderungen  erfahren,  und 
es  schien,  als  sollte  für  das  neue  Heim  an  Stelle 
der  frischfröhlichen  Eroberungszüge  ins  neue 
Land  nur  noch  die  nüchterne  Aufgabe  der  Durch- 
arbeitung des  Gewonnenen  übrig  bleiben.  Da 
sagte  ich  mir:  ein  Stückchen  Urwald  wenigstens 
müssen  wir  haben,  und  die  Lust  des  Vor- 
dringens ins  möglichst  Unbekannte  wollen  wir 
um  keinen  Preis  missen.  Und  von  allen  Richtun- 
gen, die  wir  zu  diesem  Zwecke  einschlagen 
konnten,  schien  mir  keine  dankbarer  und  hoff- 
nungsreicher als  die  Katalyse.  Ich  hoffe  auch 
Sie,  meine  Herren,  überzeugt  zu  haben,  dass  ich 
mich  in  dieser  Wahl  nicht  getäuscht  hatte. 

lEingegangeQ  21.  Oktober  I90i>) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


323 


ZUSAMMENFASSENDE  BEARBEITUNGEN. 


^Der  SchifBskompass. 
Von  H.  Meld  au  in  Bremen. 

Jahrhunderte  lang  nach  seiner  Erfindung  ist 
der  Schiffskompass  ein  höchst  einfaches  Instru- 
ment geblieben.  Sein  Hauptbestandteil,  die 
Kompassrose,  wurde  aus  einer  Pappscheibe 
verfertigt,  die  auf  ihrei^  Oberfläche  mit  der 
Kompassstrichteilung  (Windrose)  versehen  war, 
während  sich  unter  der  Scheibe  eine  einfache 
ovale  an  den  Enden  zugespitzte  Magnetnadel 
befand.  In  einer  Durchbohrung  im  Mittelpunkte 
der  Scheibe  war  ein  aus  Messing  verfertigtes 
Hütchen  eingeschraubt,  mit  dem  die  Rose  auf 
einer  Messingspitze,  der  Pinne,  ruhte.  Um 
die  Rose  vor  Wind  und  Wetter  zu  schützen, 
war  sie  in  einen  hölzernen  mit  einer  Glasplatte 
bedeckten  Kompasskessel  eingeschlossen,  der 
mitschiffs  aufgestellt  und  durch  kardanische 
Aufhängung  möglichst  den  schwankenden  Be- 
wegungen des  Schiffes  entzogen  wurde.  Ein 
vorn  an  der  inneren  Wand  des  Kompasskessels 
angebrachter  Steuerstrich  zeigte  den  ge- 
steuerten Kurs  an  der  Rosenteilung  an. 

In  dieser  einfachen  Gestalt  hat  der  Kompass 
den  Seefahrern  Jahrhunderte  lang  unschätzbare 
Dienste  geleistet.  Erst  das  neunzehnte  Jahr- 
hundert hat  durchgreifende  Verbesserungen  an 
ihm  vorgenommen  und  hat  insbesondere  an  die 
Stelle  der  alten  primitiven  Kompassrose  ein 
physikalisch  wohl  durchdachtes  System  mit 
sorgfältig  gegeneinander  abgewogenen  mecha- 
nischen und  magnetischen  Eigenschaften  ge- 
setzt. 

Unter  den  Forderungen,  die  an  einen  brauch- 
baren Schiffskompass  gestellt  werden  müssen, 
stehen  das  Einstellungsvermögen  und  die 
Ruhe  der  Rose  in  erster  Linie. 

Um  die  äusseren  Bedingungen,  denen 
die  Rose  an  Bord  unterworfen  ist,  möglichst 
günstig  zu  gestalten,  hat  man  zunächst  die  kar- 
danische Aufhängung  zu  verbessern  gesucht. 
Statt  cylindrischer  Zapfen  verwendet  man  zum  i 
Aufhängen  des  Kompasskessels  stumpfe  Schnei- 
den oder  Lager  mit  Friktionsrollen.  Erschütte- 
rungen des  Schiffskörpers,  wie  sie  auf  Dampfern 
durch  das  Arbeiten  der  Maschine,  auf  Kriegs-  ' 
schiffen  auch  durch  das  Abfeuern  der  Geschütze 
entstehen,  sucht  man  nach  W.  Thomsons  Vor-  ' 
schlage  dadurch  von  der  Rose  fernzuhalten,  dass 
man  den  mittleren  Ring  der  Aufhängevorrichtung 
aus  einem  Bündel  zusammengedrehter  Messing- 
drähte herstellt  und  an  diesem  elastischen  Ringe 
den  Kessel  an  kurzen  Ketten  aufhängt.  Der  aus 
Messing  oder  Kupfer  verfertigte  starkvvandige 
Kompasskessel    ist    am    Boden    beschwert,    um 


eine  sichere  Einstellung  in  die  Vertikale  zu  ver- 
bürgen. *)  Die  Spitze  der  Pinne  wird  genau  in 
den  Schnittpunkt  der  Drehungsachsen  der  kar- 
danischen  Aufhängevorrichtung  verlegt,  so  dass 
sie  trotz  etwaiger  Pendelschwingungen  des  Kes- 
sels relativ  in  Ruhe  bleibt.  Damit  die  horizon- 
tale Lage  der  Rose  selbst  in  allen  magnetischen 
Breiten  gewahrt  bleibt,  ist  der  Schwerpunkt  der 
Rose  hinreichend  unter  den  Aufhängepunkt 
versenkt.^) 

Das  Einstellungsvermögen  der  Rose  ist 
proportional  ihrer  Richtkraft  und  umgekehrt 
proportional  der  zwischen  Hütchen  und  Pinne 
stattfindenden  Reibung,  die  für  Trockenkom- 
passe proportional  dem  Gesamtgewicht  der  Rose 
gesetzt  werden  kann.  Bezeichnet  M  das  magne- 
tische Moment,  X  das  Verhältnis  der  mittleren 
an  Bord  nach  magnetisch  Nord  wirkenden 
Komponente  zur  Horizontalintensität  //  des  Erd- 
magnetismus und  G  das  Gewicht  der  Rose,  so 
ist  das  Einstellungsvermögen  durch  den  Aus- 
druck gegeben: 

^=^-— gT    • 

Da  l  immer  kleiner  als  i  ist^),  so  muss  ge- 
fordert werden,  dass  sich  die  Rose  an  einem 
eisenfreien  Orte  bei  mittlerem  Werte  der  Hori- 
zontalkraft auf  0,1"  bis  0,2"  genau  einstellt. 

Um  den  Faktor/" möglichst  klein  zu  machen, 
wendet  man  als  Hütchen  polierte  Edelsteine, 
als  Pinnen  Iridium-  oder  gehärtete  Stahlspitzen 
an.  Der  Faktor  ist  natürlich  um  so  kleiner,  je 
spitzer  die  Pinne  angeschliffen  ist.  Hierbei  ist 
aber  gehörige  Rücksicht  auf  das  Gewicht  der 
Rose  zu  nehmen;  je  grösser  dieses  ist,  um  so 
stumpfer  muss  die  Pinne  gehalten  werden,  um 
bei  den  Erschütterungen  des  Schiffes  ein  Ein- 
bohren der  Spitze  in  das  Hütchen  zu  ver- 
hindern. 

Ein  ungenügendes  magnetisches  Moment 
war  in  früheren  Zeiten  der  Hauptfehler,  über 
den  die  Seeleute  bei  ihren  Kompassen  zu  klagen 
hatten.  Gegenwärtig  macht  die  Herstellung  von 
guten  Nadeln  mit  ausserordentlich  konstantem 
Magnetismus  keine  Schwierigkeit,  so  dass  der 
Erzielung  eines  fast  beliebig  grossen  magne- 
tischen Momentes  praktisch  nichts  im  Wege 
steht.  Allerdings  ist  bei  gegebener  Form  des 
Magnetsystems  und  gegebener  Stahlsorte  eine 
Vergrösserung     des     magnetischen     Momentes 

i)  Der  Thomson  sehe  Kompasskessel  ist  mit  einem 
Doppelboden  versehen,  dessen  Raum  zur  Mässigung  der  Pen- 
delbewegungen des  Kessels  mit  Castoröl  nahezu  ausgefüllt  ist. 

2)  Nur  die  älteren  Rosen  haben  Laufgewichte. 

3)  Auf  Kauffahrteischiffen  hat  X  gewöhnlich  einen  Wert 
zwischen  0,8  und  0,9;  auf  Kriegsschiffen  sinkt  A,  zumal  in 
Panzertürmen,  nicht  selten  bis  0,3. 


324 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


immer  mit  einer  Vergrösserung   des  Gewichtes 

verbunden,   so  dass  die  Aufgabe  ist,    nicht  so- 

M 
wohl  J/,  als  vielmehr  den  Quotienten  y,  zu  einem 

Maximum  zu  machen.  Bei  der  Lösung  dieser 
Aufgabe  ist  übrigens  im  Auge  zu  behalten,  dass 
bei  grösserem  Gewichte  eine  raschere  Abnutzung 
von  Stein    und    Pinne    stattfindet,    so   dass  bei 

schweren  Rosen  ein  weit  grösseres  ^     vorhanden 

sein  muss,  als  bei  leichteren.  Ferner  ist  bei  der 
Auswahl  des  Magnetsystems  auf  die  Kompen- 
sation des  Kompasses  Rücksicht  zu  nehmen. 
Je  kleiner  die  Nadeln  sind,  um  so  weniger  ist  das 
Auftreten  sextantaler  und  oktantaler  Deviationen 
beim  Anbringen  von  Magneten  und  weichen 
Eisenmassen  in  der  Nähe  des  Kompasses  zu 
befürchten.^)  Auch  werden  durch  Rosen  mit 
grossem  magnetischen  Moment  in  den  zur  Kom- 
pensation benutzen  weichen  Eisenmassen  leicht 
Pole  erzeugt,  die  eine  für  alle  magnetischen 
Breiten  exakte  Beseitigung  der  quadrantalen  De- 
viation vereiteln.  Endlich  ist  die  Grösse  des 
magnetischen  Momentes  von  entscheidendem 
Plinfluss  auf  die  Ruhe  der  Rose.  Während  man 
lange  Zeit  der  Meinung  gewesen  war,  dass  ein 
Kompfiss  um  so  besser  arbeiten  müsse,  ein  je 
grösseres  Moment  die  Rose  besitze,  ist  erst  von 
W.  Thomson  daraufhingewiesen  worden,  dass 
mit  der  Vergrösserung  des  magnetischen  Mo- 
mentes die  Schwingungsdauer  abnimmt  und  die 
Bewegungen  der  Rose  deshalb  lebhafter  und 
unruhiger  werden. 

Eine  ganze  Reihe  von  Gründen  vereinigen 
sich  demnach,  für  die  Rose  eines  Schiffskom- 
passes keineswegs  ein  möglichst  grosses  magne- 
tisches Moment  wünschenswert  erscheinen  zu 
lassen.  Im  Gegenteil  hat  man  danach  zu  stre- 
ben, mit  einem  möglichst  geringen  Momente 
auszukommen  unter  gleichzeitiger  Wahrung  eines 
genügenden  Einstellungsvermögens  durch  Ver- 
ringerung des  Gewichtes  der  Rose.  Unter 
eine  gewisse  Grenze  darf  man  allerdings  mit 
dem  magnetischen  Momente  nicht  gehen,  auch 

wenn  man  dabei  einen  günstigen  Wert  von    ^ 

Cr 

erzielen  könnte,  weil  das  Einstellungsvermögen 
bei  Verunreinigung  des  Hütchens  oder  der  Pinne 
durch  Staub  und  dergl.  um  so  leichter  leidet, 
je  geringer  das  magnetische  Moment  an  und 
für  sich  ist. 

Die  Ruhe  der  Kompassrose  wird  an 
Bord  durch  mechanische  und  magnetische  Ur- 
sachen gefährdet.  Da  der  Schwerpunkt  der  Rose 
wegen  der  Vertikalkomponente  der  erdmagne- 
tischen Kraft  im  allgemeinen  nicht  genau  unter 


l)  Über  die  geometrische  Gestalt  des  Magnetsystems  wird 
noch  weiter  unten  die  Rede  sein. 


dem  Unterstützungspunkte  liegt,  so  erfahrt  die 
Rose  beim  Schlingern  des  Schiffes  auf  allen 
Kursen  ausser  den  Kompasskursen  O  und  W 
ein  mehr  oder  minder  grosses  Drehungsmoment. 
Femer  ist,  wenn  bei  Erschütterungen  des  Schiffes 
die  Rose  auf  der  Pinne  tanzt,  die  Möglichkeit 
gegeben,  dass  excentrische  Stösse  auf  die  Rose 
von  Seiten  der  Pinne  ausgeübt  werden.  In 
vielen  Fällen  hat  man  ausserdem  mit  einem 
Krängungsfehler  zu  rechnen.  Ist  am  Kompass- 
orte eine  vom  Schiflfe  herrührende,  senkrecht 
zum  Deck  wirkende  magnetische  Kraft  vor- 
handen, die  beim  Schlingern  des  Fahrzeuges 
bald  eine  Komponente  nach  der  einen,  bald  eine 
solche  nach  der  anderen  Seite  erzeugt,  so  ist  da- 
durch die  Ruhe  der  Rose  aufs  emstlichste  in 
Frage  gestellt.  Endlich  kann  die  Rose  bei 
schnellen  Kursänderungen  auch  dadurch  in 
Schwingungen  geraten,  dass  ihre  Gleichgewichts- 
lage selbst  wegen  der  veränderten  Wirkung  der 
Schiffskräfte  eine  andere  geworden  ist. 

Die  Ruhe  der  Rose  ist  Jahrhunderte  lang 
das  grosse  Geheimnis  der  Konstruktion  des 
Schiffskompasses  gewesen.  Viele  Erfindungen, 
besonders  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts, 
beschäftigten  sich  mit  der  Lösung  dieses  Pro- 
blems. Man  Hess  beispielsweise  kleine  Gewichte 
vom  Kompassdeckel  herabhängen,  die  bei  hef- 
tigen Bewegungen  auf  dem  Rosenblatte  gleiten 
sollten,  oder  man  brachte  unterhalb  des  Hüt- 
chens einen  Ring  an,  der  gegebenen  Falls  am 
Rosenträger  schleifen  und  so  als  Bremse  wirken 
sollte  u.  a.  m.  Der  biedere  Seemann  suchte 
sich  in  seiner  Not  wohl  dadurch  zu  helfen,  dass 
er  die  Pinne  mit  einem  Hammer  bearbeitete 
oder  gar  das  Hütchen  mit  Ziegelsteinmehl  füllte. 
Im  günstigsten  Falle  beschränkte  man  sich  dar- 
auf, das  Gewicht  der  Rose  durch  aufgelegte 
Bleistücke  oder  starke  Ringe  von  geringem 
Durchmesser  zu  vergrössern  oder  man  wandte 
bei  schlechtem  Wetter  besondere  schwere 
„Sturmrosen"  an:  immer  war  es  die  Vermeh- 
rung der  Reibung,  wodurch  man  die  allzu  leb- 
hafte Rose  zügeln  zu  können  hoffte. 

Erst  durch  W.  Thomson  wurde  dieser  Irr- 
tum zerstört;  er  zeigte,  dass  durch  Vergrösse- 
rung der  Reibung  nicht  Ruhe,  sondern  im  Gegen- 
teil Unstetigkeit  erzeugt  wird,  und  dass  für  die 
Ruhe  der  Rose  durchaus  nicht  ihr  Gewicht,  son- 
dern ihre  Schwingungsdauer  massgebend  ist. 
Es  kommt  darauf  an,  die  Schwingungsdauer 
der  Rose  erheblich  grösser  zu  machen  als  die- 
jenige des  Schiffes,  die  im  allgemeinen  14  bis 
18  Sekunden  nicht  übersteigt. 

Ist  eine  Kompassrose  in  Schwingungen  ge- 
raten, so  kommt  für  die  Abnahme  der  Schwin- 
gungsbögen  ausser  der  Reibung  an  der  Pinne 
fast  nur  der  Luftwiderstand  in  Frage,  eine 
Dämpfung  durch  induzierte  Ströme  in  den 
Kesselwandungen  ist  wohl  bei  älteren  Rosen  mit 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  14. 


32s 


grossem  magnetischen  Moment  bemerkbar,  für 
die  neueren  Rosen  lässt  sie  sich  jedoch  nicht 
mehr  nachweisen.  Wenn  trotzdem  für  diese 
Rosen  das  logarithmische  Dekrement  grösser 
ist  als  für  jene,  so  liegt  der  Grund  ohne  Zweifel 
in  der  im  Verhältnis  zum  magnetischen  Mo- 
ment viel  beträchtlicheren  Luftreibung. 

Bisher  war  von  den  Drehungen  der  Rose 
um  ihre  Hauptachse  die  Rede;  an  Bord  ist  die 
Rose  aber  auch  Impulsen  zu  Drehungen  um 
horizontale  Achsen  ausgesetzt.  Um  die  aus 
ihnen  resultierenden  Bewegungen  möglichst  zu 
beschränken  und  einfach  zu  gestalten,  ist  es 
wünschenswert,  das  Trägheitsmoment  um  diese 
Achsen  gleich  und  möglichst  gross  zu  machen. 
Es  geschieht  dies  nach  einem  schon  vor  langer 
Zeit  von  Arch.  Smith  für  die  Normalrose  der 
britischen  Admiralität  gemachten  Vorschlage 
durch  Anwendung  mehrerer  Magnetnadeln  statt 
einer  einzigen.  Die  einfachste  Anordnung  ist 
die,  dass  man  zwei  Nadeln  mit  ihren  Enden  je 
30^  vom  Nord-  und  Südpunkte  der  Rosenteilung 
anbringt.  In  derselben  Absicht  hat  man  neuer- 
dings auch  sogen.  Zirkelrosen  konstruiert,  bei 
denen  kreisförmig  gebogene  Nadeln  angewendet 
werden,  deren  Enden  durch  ein  kurzes  Messing- 
stück getrennt  sind.  Die  Inkonstanz  der  magne- 
tischen Achse  ist  jedoch  ein  Grund  gegen  die 
Verwendung  derartiger  Magnetsysteme. 

Der  Hauptgesichtspunkt  für  die  Bestimmung 
der  geometrischen  Gestalt  des  Magnet- 
systems ergiebt  sich  daraus,  dass  sich  die  Rose 
äusseren  magnetischen  Kräften  gegenüber  wie 
eine  unendlich  kleine  Nadel  verhalten  soll.  Die 
Notwendigkeit  dieser  Rücksichtnahme  zeigte  sich 
in  eklatanter  Weise  im  Jahre  1860  bei  der 
Kompensation  der  Kompasse  des  berühmten 
„Great  Eastern*'.  Nach  Ausführung  der  Kom- 
pensation blieben  Deviationen  zurück  im  Be- 
trage von  4**  bis  5^,  die  sich  ausserordent- 
lich schnell  mit  dem  Kurswinkel  änderten  und 
deshalb  sehr  lästig  waren.  Die  von  Archibald 
Smith  veranlasste  theoretische  und  experimen- 
telle Untersuchung  lieferte  den  Nachweis,  dass 
der  Grund  in  der  im  Vergleich  zur  Entfernung 
derKompensationsmittel  nicht  zu  vernachlässigen- 
den Nadellänge  zu  suchen  sei.  Gleichzeitig 
wurde  gezeigt,  wie  man  die  beobachteten  Stör- 
ungen des  normalen  Verlaufes  der  Deviation 
durch  Anwendung  einer  Mehrzahl  von  Nadeln 
vermeiden  kann.') 

Die  mannigfachen  an  die  Kompassrose  zu 
stellenden  Forderungen  lassen  sich  nur  durch 
sorgfaltigen  Ausgleich  ihrer  physikalischen  Eigen- 
schaften erfüllen.  Es  ist  bekannt,  dass  W.Thom- 
son nicht  nur  die  wichtigsten  theoretischen 
Grundsätze  für  die  Konstruktion  zuerst  aufge- 
stellt,  sondern  auch  —  nach  dreijährigen  Ver- 


I)  Phil.  Trans.  Roy.  Soc.  £86i. 


suchen  im  Laboratorium  und  auf  seiner  Yacht  — 
eine  vorzügliche  Lösung  des  Problemes  gegeben 
hat,  indem  er  den  Rosenkörper  aus  Seidenfäden 
herstellte  und  das  Trägheitsmoment  der  nur 
13  g  schweren  Rose  durch  Verlegung  der 
Massen  an  den  Rand  ausserordentlich  gross 
machte.  Von  einer  kleinen  im  Mittelpunkte  be- 
findlichen Aluminiumscheibe  sind  in  gleich- 
massigen  Zwischenräumen  32  Seidenfäden  nach 
einem  leichten  Aluminiumringe  von  25  cm  Durch- 
messer gespannt.  An  diesen  Ring  ist  das  aus 
leichter  Pausleinewand  verfertigte  Rosenblatt  ge- 
klebt; der  ganze  mittlere  Teil  dieses  Blattes  ist 
herausgeschnitten,  und  es  ist  nur  soviel  stehen 
geblieben,  als  für  eine  deutliche  Einteilung  nach 
Strichen  und  Graden  nötig  ist.  Die  mittlere 
Scheibe  ist  durchbohrt  und  ruht  auf  dem  Rande 
eines  Hütchens,  das  mit  einer  Edelsteinkuppe 
versehen  ist  und  mit  dieser  auf  der  fein  ange- 
schliffenen Pinne  ruht.  Das  Magnetsystem  der 
Rose  besteht  aus  acht  kleinen,  vergoldeten,  5  bis 
8  cm  langen  Nadeln,  die  durch  Seidenfäden  unter 
sich  und  mit  dem  Aluminiumringe  verbunden 
sind.  Zum  Vergleich  der  Thomsonschen  Rose 
mit  der  Normalrose  der  britischen  Admiralität 
mögen  hier  die  folgenden  Zahlen  als  ungefähre 
Mittelwerte  der  für  beide  Rosenarten  gültigen 
Daten  angeführt  werden: 

VT         1  Thomson- 

Normalrose      ^^^^  ^^,^ 

Durchmesser 200  mm  250  mm 

Gewicht 120  g  13  g 

Länge  der  längsten  Nadeln  200  mm  80  mm 
Magnetisches     Moment     in 

Millionen  G.  E.      .     .     .  36  2,1 
Trägheitsmoment    T  in 

Millionen  G.  E.      ...  500  1 30 

^     .......     .         0,3  0,16 

G ^'^  ^^ 

Schwingungsdauer  .  .  .  18  Sek.  38  Sek. 
Aus  diesen  Zahlen  geht  hervor,  wie  sehr 
die  Thomsonsche  Rose  auch  der  besten  der 
früher  konstruierten  Kompassrosen  überlegen 
ist.  Thatsächlich  hat  sie  denn  auch  bald  nach 
ihrer  Erfindung  (1878)  die  Rosen  älterer  Kon- 
struktion nicht  nur  von  den  Schiffen  der  Handels- 
marine, sondern  auch  von  denen  der  Kriegs- 
marinen aller  seefahrenden  Völker  verdrängt. 
Sie  ist  vorbildlich  für  alle  seit  jener  Zeit  von 
verschiedenen  Mechanikern  konstruierten  Rosen- 
typen geworden.  Unter  diesen  ist  besonders 
die  von  Hechelmann  in  Hamburg  hergestellte 
Form  bemerkenswert,  bei  der  auch  die  Magnet- 
nadeln zur  Vergrösserung  des  Trägheitmomentes 
aus  der  Mitte  fortgenommen  und  am  äusseren 
Rande  des  Rosenblattes  mit  Seidenfäden  parallel 
zur  Nord-Südlinie  aufgehängt  sind. 

Schon  lange  vor  den  grundlegenden  Thom- 


326 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  14. 


sonschen  Versuchen  hat  man  die  Ruhe  der 
Rose  auf  einem  anderen  Wege  mit  Erfolg  zu 
erreichen  versucht,  nämlich  durch  die  Konstruk- 
tion der  Fluid-  oder  Schwimmkompasse. 
Bei  diesen  Kompassen  ist  der  Kessel  ganz  mit 
einer  aus  verdünntem  Alkohol  bestehenden 
Flüssigkeit  angefüllt.  Mit  der  Rose  ist  ein 
Schwimmer  verbunden,  durch  den  ihr  Gewicht 
bis  auf  wenige  Gramme  aufgehoben  wird.  Da 
die  Rose  gezwungen  ist,  sich  in  der  Flüssigkeit 
zu  drehen,  so  erfolgen  ihre  Bewegungen  sehr 
ruhig.  Ausserdem  wird  die  Rose  durch  die 
Erschütterungen  des  Schiffskörpers  weniger  be- 
einflusst,  da  der  Kessel,  die  Flüssigkeit  und  die 
Rose  diesen  Erschütterungen  gegenüber  ein  Gan- 
zes bilden.  Der  Kompasskessel  ist  mit  einer  elas- 
tischen Wellblechkapsel  oder  einer  sonstigen  Vor- 
richtung zu  versehen,  um  der  starken  Ausdeh- 
nung des  Alkohols  mit  der  Temperatur  Rechnung 
zu  tragen.  Selbstverständlich  müssen  für  die 
Rose  eines  Schwimmkompasses  wegen  der 
inneren  Reibung  der  Flüssigkeit  sehr  viel 
stärkere  Magnetsysteme  zur  Anwendung  ge- 
bracht  werden,    als    sie    für   Trockenkompasse 


nötig  sind;  man  hat  Fluidkompassrosen,  deren 
magnetisches  Moment  70  bis  80  Mill.  G.  E.  be- 
trägt. Für  solche  Kompasse  lässt  sich  die 
Kompensation  eines  grösseren  Betrages  von 
quadrantaler  Deviation  durch  weiche  Eisenmassen 
nur  unter  Zuhilfenahme  der  Nadelinduktion  er- 
reichen, die  Kompensation  bleibt  dann  bei  Ver- 
änderung der  magnetischen  Breite  nicht  exakt. 
Bei  verschiedenen  Kompasssystemen  (Peichl- 
scher  Kompass,  Kompensationskompass  der 
Kaiserlichen  Marine  u.  a.)  sind  weiche  Eisen- 
massen zur  Verstärkung  der  Richtkraft  und 
gleichzeitig  zur  Kompensation  der  Quadrantal- 
deviation  am  Kompasskessel  selbst,  also  inner- 
halb des  Kardanringes  angebracht.  Die  Ein- 
stellung dieser  Eisenmassen  kann  an  einer  Skala 
abgelesen  und  bei  Veränderung  der  magne- 
tischen Breite  der  Änderung  der  Horizontal- 
intensität entsprechend  berichtigt  werden.  Die 
Beschreibung  dieser  Kompasse  gehört  jedoch 
nicht  eigentlich  zum  vorliegenden  Thema,  son- 
dern   zum    Kapitel    der   Kompensationsvorrich- 


tungen. 


(Eingegangen  13.  Januar  1902.^ 


BESPRECHUNGEN. 


H.  W.  Bakhuis  Roozeboom;  Die  hete- 
rogenen Gleichgewichte  vom  Standpunkte 
der  Phasenlehre.  i.  Heft:  Die  Phasen- 
lehre. —  Systeme  aus  einer  Komponente, 
gr.  8^  XIII  u.  221  S.  mit  54  Abbildungen. 
Braunschweig,  Friedrich  Vieweg  &  Sohn. 
1901.     Mk.  5.50. 

Das  vorliegende  Buch  soll  ein  Gesamtbild 
vom  jetzigen  Stande  unserer  Kenntnisse  über  die 
Gleichgewichte  in  heterogenen  Systemen  geben. 
Als  Ausgangspunkt  und  Führerin  dient  hierzu 
die  Phasenlehre,  welche  der  Verf.  im  Jahre  1887 
zum  ersten  Male  für  eine  Skizze  der  Klassi- 
fikation des  chemischen  und  physikalischen 
Gleichgewichts  benutzt  hat.  Über  den  Gegen- 
stand besitzten  wir  bereits  zwei  Bücher,  das 
kleine  von  Meyerhoffer  (Wien  1893)  und  das 
etwas  umfangreichere  von  Bancroft:  The 
Phase  Rule  (Ithaca  N.  Y,  1897).  Seitdem 
sind  eine  Reihe  von  Jahren  vergangen,  viel 
neues  Material  ist  durch  die  Arbeit  der 
physikalischen  Chemiker  zu  Tage  gefördert, 
so  dass  beide  schon  als  veraltet  betrachtet 
werden  können. 

Der  Verf ,  dessen  Arbeiten  auf  dem  Gebiete 
der  Phasenregel  allgemein  bekannt  sein  dürften, 
war  wie  kein  anderer  geeignet,  das  ganze  Ge- 
biet neu  zu  bearbeiten;  es  ist  ihm  auch  in  der 
That  gelungen,  ein  in  jeder  Hinsicht  brauch- 
bares und  gutes  Buch  zu  schaffen.     Nach  einer 


Einleitung  wird  die  Phasenlehre  abgeleitet, 
wobei  die  mathematische  Behandlung  möglichst 
einfach  gehalten  ist.  Den  weiteren  Inhalt  des 
Buchs  bildet  die  Besprechung  der  Systeme  aus 
einer  Komponente.  Sehr  zu  loben  ist  die 
streng  systematische  Einteilung  des  ganzen  Ge- 
biets und  die  scharfe  Kennzeichnung  der  ver- 
schiedenen Kategorien.  Durch  die  ausgedehnte 
Verwertung  der  graphischen  Darstellung  werden 
die  Verhältnisse  auch  demjenigen  klar  gemacht, 
dessen  mathematische  Kenntnisse  noch  grosse 
Lücken  zeigen. 

Das  Buch  kann  in  jeder  Hinsicht  dem,  der 
sich  eine  Übersicht  über  dies  Gebiet  verschaffen 
will,  auf  das  wärmste  empfohlen  werden. 

G.  C.  Schmidt. 

(Eingegangen  13.  Dezember  1901.) 


F.  Kohlrausch,  Lehrbuch  der  praktischen 
Physik  (XVII  und  610  S.,  Leipzig  und  Berlin 
1901). 

Aus  Kohlrauschs  Leitfaden  der  praktischen 
Physik  ist  in  der  neunten  Auflage  ein  Lehrbuch 
der  praktischen  Physik  geworden.  Diese  kleine 
Änderung  der  Tendenz  ist  durch  die  inzwischen 
erfolgte  Abgliederung  des  kleinen  Leitfadens 
gerechtfertigt  und  gipfelt  in  dem  Ziele,  für  die 
Zwecke  des  Übungslaboratoriums  die  wohl- 
bedachte  Auswahl    des    kleinen    Leitfadens   zu 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


1^7 


reservieren,  mit  dem  Lehrbuche  aber  ein  syste- 
matisches, möglichst  vollständiges  Spezialwerk 
über  die  physikalischen  Messmethoden,  Labo- 
ratoriumshilfsmittel  und  die  Messpraxis  zu 
schaffen.  In  einer  deutschen  physikalischen 
Zeitschrift  ein  Wort  zu  verlieren,  in  wie  voll- 
endeter Weise  auch  wieder  diese  neueste  Auf- 
lage das  geistige  Handwerkszeug  des  experi- 
mentierenden Physikers  darbietet,  hiesse  Eulen 
nach  Athen  tragen.  Indes  sei  hervorgehoben, 
dass  der  Verf.  mit  bewundernswerter  Elastizität 
und  Sorgfalt  eine  Umarbeitung  des  Buches  auf 
einheitlicher  moderner  Grundlage  vorgenommen 
und  das  Material  bis  in  die  neuesten  und  in- 
timsten Gebiete  hinein  reich  ergänzt  hat.  Das 
erstere  kommt  namentlich  in  dem  gegenwärtig 
am  meisten  fluktuierenden  Gebiete  der  Physik, 
der  Elektrizitätslehi e,  zum  Ausdruck;  als  typisch 
für  das  Zweite  seien  aus  vielem  anderen  heraus 
genannt  die  Kapitel:  Über  Wärmestrahlung  und 
schwarze  Strahlung,  wo  man  zugleich  eine 
knappe  und  klare  Übersicht  über  die  Gesetze 
der  schwarzen  Strahlung  findet;  Beziehungen 
der  elektrischen  Spannung  zur  Chemie  der 
Lösungen;  Messungen  an  Wechselströmen; 
Wechselstromdynamomaschinen ;  Transforma- 
toren; elektrische  Lampen;  Geisslersche  Röhren ; 
Kathodenstrahlen,  wo  man  ausser  praktischen 
Winken  die  Grundlagen  der  modernen  Katho- 
denstrahltheorie  findet;  Hertzsche  Wellen  (von 
Arons  bearbeitet).  Die  Zahl  der  Tabellen  ist 
von  39  auf  54  erweitert.  Die  Gesamtgruppie- 
rung des  Stoffes  ist  in  einigen  Punkten  wesent- 
lich zweckmässiger  gestaltet. 

Alles  in  allem  hat  man  den  Eindruck,  dass 
sich  das  Buch  nachgerade  asymptotisch  der 
Linie  nähert,  über  die  hinaus  es  nicht  mehr 
vervollkommnet  werden  kann.  An  der  glanz- 
vollen Entwickelung  der  deutschen  Physiker- 
schule hat  das  Kohlrauschsche  Buch  in  allen 
seinen  Auflagen  einen  schwerwiegenden  Anteil 
gehabt.  Mit  der  neuen  Auflage  und  mit  dem 
veränderten  Namen  wird  es  sicherlich  dieser 
seiner  schönen  Mission  treu  bleiben  und  reichen 
Segen  zu  stiften  fortfahren.     H.  Th.  Simon. 

(EingegaDgen  6.  Januar   1902.) 


K.  Koppe,  Anfangsgründe  der  Physik.      Aus- 
gabe B,  II.  Teil,  Hauptlehrgang.  Kürzere  Aus- 
gabe:   Grundriss  der  Physik,  bearbeitet  von 
A.  Husmann.    gr.  8.     VIII  und  360  Seiten 
mit  252  Holzschnitten   und   einer  Sternkarte. 
Essen,  G.  D.  Baedeker.      1902.     Mk.  4.60 
Das  verdienstvolle,  altbekannte  Koppesche 
Lehrbuch   hat    in    Husmann    einen    treff"lichen 
Bearbeiter  gefunden,  der  die  gewiss  nicht  leichte 
Aufgabe  gelöst  hat,  das  mehr  als  50  Jahre  alte 
Werk  für  die  Anforderungen   der  Jetztzeit  zu- 
zustutzen,  ohne    dessen  Charakter  ganz  zu  be- 


seitigen. Die  vorliegende  gekürzte  Ausgabe  ist 
vorwiegend  für  gymnasiale  Anstalten  bestimmt. 
Dass  in  ihr  kompliziertere  Rechnungen  aus  dem 
Gebiete  der  Mechanik  beseitigt  wurden,  kann 
dem  Buche  nur  zum  Vorteile  gereichen. 

Als  ein  wesentlicher  Fortschritt  ist  die  ziem- 
lich ausgiebige  Verwertung  des  Energieprinzipes 
zu  begrüssen;  vielleicht  könnte  bei  einer  späteren 
Ausgabe  hier  noch  mehr  geschehen.  So  ist 
z.  B.  eine  Anwendung  der  Energiegesetze  auf 
das  Pendel  zu  vermissen.  Wie  leicht  lassen 
sich  auch  die  Formeln  für  das  physische  Pendel 
durch  dieselben  ableiten!  --  Wohl  hat  H.  in 
einem  Anhange  die  Wärme  als  Energieform 
eingeführt.  Freilich  wäre  es  viel  zweckmässi- 
ger, die  gesamte  Wärmelehre  von  vornherein 
auf  diese  Begriffe  aufzubauen;  damit  würde 
er  den  Unterricht  jedenfalls  sehr  erheblich  ver- 
tiefen. 

Die  Darstellung  ist  gewandt  und  durchweg 
klar;  auch  hinsichtlich  der  Anordnung  des 
Stoffes  bedürfte  nur  noch  weniges  einer  Ände- 
rung. Sehr  wünschenswert  wäre  es,  wenn  der 
Bearbeiter  mehr  Nachdruck  auf  Benutzung  mo- 
derner experimenteller  Hilfsmittel  legte,  vor 
allem  aber  speziellere  Angaben  über  messende 
Versuche  machte.  Gerne  würde  man  dagegen 
die  alte,  jetzt  völlig  gegenstandslos  gewordene 
Wheatstonesche  Messung  der  Elektrizitäts- 
geschwindigkeit in  Stromleitern  missen. 

Auch  die  Elektrizitätslehre  hat  H.  erfolg- 
reich im  modernen  Sinne  zu  bearbeiten  gewusst. 
In  der  That  finden  hier  die  wichtigsten  neueren 
Entdeckungen  ihre  Erwähnung.  Seltsam  ist  es 
aber,  dass  das  Buch  nichts  über  die  Kraftlinien 
des  elektrischen  Stromes,  insbesondere  des  Kreis- 
stromes, bringt,  die  bekanntlich  für  das  Ver- 
ständnis der  Induktion,  der  Anziehung  von 
Strömen  und  der  hierbei  in  Frage  kommenden 
Energiegesetze  von  fundamentaler  Bedeutung 
sind.  Eine  Angabe  und  Ableitung  der  wich- 
tigsten Potenzial-  und  Kapazitätsformeln  dürfte 
ebenfalls  erwünscht  sein.  Behrendsen. 

(Eingegangeil  16.  Januar  1902.) 


The  British  Optical  Journal,    ed.    Arthur    C. 
Brookes.      Monatlich    ein    Quartheft.     Jähr- 
lich 5  sh.,  postfrei. 
Vier     vorliegende    Lieferungen     lassen    die 
Tendenz  der  Zeitschrift  erkennen:*  sie  will  den 
Kontakt    zwischen  Wissenschaft,    optischer   In- 
dustrie, Händler  und  Publikum  herstellen;    sie 
umfasst  vorerst  eine  populäre  Einleitungen  die 
Optik  von  Drysdale,  astronomische,  nautische 
und  mikroskopische  Notizen,  praktische  Winke, 
Monatsberichte,  Neuheiten  und   widmet  beson- 
dere Aufmerksamkeit  der  physiologischen  Optik 
und    ihren    Hilfsmitteln.       Der    Standpunkt    ist 
durchaus  populär,  ohne  darum  den  Ernst  ver- 


328 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   14. 


missen  zu  lassen.  Ob  die  Parteinahme  für 
Gordons  Sturm  gegen  die  Theorie  Abbes 
angezeigt  war,  ist  eine  andere  Frage;  der  Streit 
kann  doch  nur  streng  wissenschaftlich  zum  Aus- 
trag kommen.  Wir  werden  vielleicht  Gelegen- 
heit haben,  auf  Gordons  Abhandlung  zurück- 
zukommen, es  sei  nur  erwähnt,  dass  Gordon 
die  Grenze  der  Abbildung  nichtselbstleuchten- 
der  Objekte  nicht,  wie  Abbe,  in  der  Lage  der 
durch  das  Objekt  verursachten  Beugungsmaxima, 
welche  die  Apertur  des  Objektivs  bedingt,  sieht, 
sondern  vielmehr  allein  in  derVerundeutlichung 
des  Objekts  durch  das  Beugungsscheibchen, 
welches  die  Lichtwelle  nach  dem  Durchgang 
durch  das  Objektiv  liefert,  was  übrigens  doch 
auch  Ab  besehe  Theorie  ist.  Das  Journal 
schliesst  sich  dem  in  England  erfolgreichen 
Zeitschriftentypus  an,  für  welchen  wir  in  Deutsch- 
land z.  Z.  keinen  eigentlichen  Vertreter  haben. 
Die  Ausstattung  ist  vornehm  und  geschmackvoll.   ' 

Englisch. 

(Eingegangen  II.  Januar  1902.) 


Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

vanBebber,  W.  J.,  Anleitung  zur  Aufstellung  von  Wetter- 
vorhersagen für  alle  Berufsklas5cn,  insbesondere  fUr  Schule 
und  Landwirtschaft  gemeinvcrstäudlich  bearbeitet.  Mit  16 
eingedruckten  Abbildungen,  gr.  8.  VI  u.  38  S.  1902. 
Braunschweig,  Friedrich  Vieweg  &  Sohn.     M.  —  60. 

Benischke,  O.,  Elektrotechnik  in  Einzeld.irstellungen. 

Heft  I.  Benischke,  Gustav,  Die  SchuUvorrichtungen  der 
Starkstromtechnik  gegen  atmosphärische  Entladungen.  Mit 
43  eingedruckten  Abbildungen.  8".  VIII  u.  42  S. 
Heft  2.  —  —  Der  Parallclbetrieb  von  Wechselstrom- 
maschinen. Mit  43  eingedruckten  Abbildungen.  80.  VIII 
u.  55  S.  1902.  Braunschweig,  Friedr.  Vieweg  &  Sohn. 
Geheftet  k  M.  1,20,  gebunden  ä  M.  1,60. 

ElbB,  Karl,  Cbungsbcispiele  flir  die  elektrolytischc  Dar- 
stellung chemischer  Präparate.  Zum  Gebrauch  im  Labo- 
ratorium für  Chemiker  und  Elektrochemiker.  Mit  8  Abb. 
im  Text.  gr.  80.  VUl  u.  100  S.  1902.  Halle  a.  S., 
Wilhelm  Knapp.     Gebunden  M.  4,—. 

Emde,  Fritz,  Die  Arbeitsweise  der  Wechselstrommaschinen. 
Für  Physiker,  Maschineningenieure  und  Studenten  der  Elek- 
trotechnik. M:t  32  in  den  Text  gedruckten  Figuren.  8. 
VIII  u.  93  S.  1902.  Beriin,  Julius  Springer.  M.  2.40. 
Gebunden  M.  3. — . 

Engelhardt,  Viktor,  Die  Elektrolyse  des  Wassers,  ihre 
Durchführung  und  Anwendung.  Monographien  über  an- 
gewandte Elektrochemie.  I.  Band.  Mit  90  Figuren  und 
15  Tabellen  im  Text.  gr.  8«.  XII  u.  117  S.  1902.  Halle  a.  S., 
Wilhelm  Knapp.     M.  5,—. 

Friedrich,  Otto,  Die  elektrischen  Atome  und  die  spezifische 
Ladung  der  Ionen.  Wissenschaftliche  Beilage  zum  Jahres- 
bericht des  Stadt.  Gymnasiums  i.  E.  mit  Realschule  zu 
Solingen.  Mit  a  Tafeln.  40.  32  S.  1902.  Solingen, 
Druck  von  B.  Boll. 

Qerber,  Paul,  Die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  der  Gra- 
vitation. Programm  des  städtischen  Realgymnasiums  (in 
Umwandlung  zur  lateinlosen  Realschule)  zu  Stargard  in 
Pommern.     4".     25  S.     1902.     Stargard,  F.  Hendess. 


Guillaume,  Fd.  Gh.,  La  Convention  du  metre  et  le  bureau 
international  des  poids  et  mesures.  Paris,  Gauthiers- 
Vniais. 

Koppe,  K. ,  Geometrie  zum  Gebrauch  an  höheren  L'nter- 
richtsanstalten  vollständig  neu  bearbeitet  von  Jos.  Diek- 
mann.  19.  Auflage.  (3.  Auflage  der  neuen  Bearbeitung.) 
Mit  176  Figuren,  8  Figurentafeln  und  zahlreichen  Übungen 
und  Aufgaben.  I.  Teil:  Planimetrie.  Ausgabe  f^  Gym- 
nasien. 80.  VI  u.  208  S.  1902.  Essen,  G.  D.  Baedeker, 
Gebunden  M.  2.40. 

Musmaoher,  C,  Kurze  Biographien  berühmter  Physiker- 
kl.  80.  VIII  u.  280  S.  1902.  Freiburg  in  Br.,  Herder- 
sche  Verlagsbuchhandlung.    M.  i,8o.     Gebunden  M.  2,40. 

SchefiTer,  W.,  Das  Mikroskop,  seine  Optik,  Geschichte  und 
Anwendung  gemeinverständlich  dargestellt.  (Aus  Natur 
und  Geisteswelt.  35.  Bändchen.)  Mit  66  Abbildungeai 
im  Text  und  i  Tafel,  kl.  80.  V  u.  II4  S.  1902.  Leipzig, 
B.  G.  Teubncr.     Gebunden  M.  1,25. 

Travers,  Morris  W.,  The  experimental  study  ofgases,  an 
account  of  thc  experimental  methods  invalued  in  the  dcler- 
mination  of  the  properties  of  gases,  and  of  the  more  im- 
portant  reseaches  connected  with  the  subject.  With  an 
introductory  preface  by  William  Rani say.  Mit  132  Fig. 
gr.  8.  XIII  u.  323  S.  1901.  London,  Macmillian  and 
Co.     Gebunden  10  sh. 

Triepel,  Einführung  in  die  Physikalische  Anatomie.  I.  Teil: 
Allgemeine  Elastizitäts-  und  Festigkeitslehre  in  elementarer 
Darstellung.  II.  Teil:  Die  Elastizität  und  Festigkeit  der 
menschlichen  Gewebe  und  Organe.  Mit  23  Figuren  im 
Text  und  3  lithographierten  Tafeln,  gr.  8^.  X  u.  232  S. 
1902.     Wiesbaden,  J.  F.  Bergmann.     M.  6, — . 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fschgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  su  machen.) 

Die  Hilfslehrstelle  für  geodätische  Fächer  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  zu  Stuttgart  ist  dem  Assistenten  und 
Privatdozenten  Hohenner  von  der  Technischen  Hochschule 
in  München  unter  Verleihung  des  Professortitels  übertragen 
worden. 

Der  a.  o.  Professor  Dr.  Paul  am  Chemischen  Institut 
der  Universität  Tübingen  hat  einen  Ruf  nach  Berlin  als  Direk- 
tor der  chemischen  Abteilung  im  Reichsgesundheitsamt  er- 
halten. 

Der  a.  o.  Professor  der  darstellenden  Geometrie  an  der 
Technischen  Hochschule  in  Graz  Dr.  R.  Schüssler  wurde 
zum  o.  Professor,  der  a.  o.  Professor  Dr.  Johannes  Thiele 
in  München  zum  o.  Professor  an  der  Universität  Strassburg 
und  zum  Direktor  des  chemischen  Instituts,  der  bisherige 
a.  o.  Professor  der  chemischen  Technologie  Dr.  Rose  zum 
o.  Professor  ernannt. 

Dem  Privatdozenten  der  Chemie  an  der  Friedrich -Wil- 
helms-Universität  zu  Berlin  Dr.  Wilhelm  Traube  ist  das 
Prädikat  „Professor"  beigelegt  worden. 

Baudirektor  Professor  v.  Bach  (Stuttgart)  hat  einen  Ruf 
an  die  Wiener  Technische  Hochschule  als  Nachfolger  des 
verstorbenen  Professor  Radiger  abgelehnt. 


Gesuche. 

Physiker 

mit  9  semestr.  Studium  an  Universität  und  Techn,  Hochschule, 
2  V4  jähr,  elektrotechnischer  Praxis  Bliollt  eine  AssiBtantMI- 
Btelle  im  In-  oder  Auslande.  Nachrichten  unter  C.  G.  S.  be- 
fördert die  Exped.  dieser  Zeitschrift, 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  (i.  V.)  Dr.  E.  Böse  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


PHYSIKALISCHE'TmSCHRIFT 


No.  15. 


I.  Mai'" 

Redakttonsschluss  für  No.  16  am  7.  Mai  19027 


3.  Jahrgang. 


Originalmitteilungen : 

A.  Grade nwitz,  Über  eine  neue  Me- 
thode zur  Bestimmung  von  Kapillar- 
konstanten verdünnter  Salzlösungen. 
S.  329. 

J.  J.  Taudin  Chabot,  Reflexion  und 
Refraktion  mittels  einer  natürlich  ge- 
krümmten Fläche,  zwecks  Demon- 
stration geometrisch-optischer  Grund- 
erscheinungen.    S.  331. 

F.  K urlbau m,  Über  das  Reflexious- 
vermögen  von  Flammen.     S.  332. 

C  Heinke,  Über  gleichgerichteten 
Wechselstrom.     S.  334. 

C.  D.  Child,  Die  Geschwindigkeit 
der  von  heissen  Drähten  ausgehen- 
den Ionen.    IL     S.   336. 

II.  Ebert,  Galvanometrische  Messung 
des  elektrischen  Ausgleichs  zwischen 
den  loneuladuDgen  der  Atmosphäre 
und  der  Ladung  der  Erdoberfläche, 
i^.  338. 


INHALT. 
Referate: 

R.  Knietsch,  Über  die  Schwefelsäure 
und  ihre  Fabrikation  nach  dem  Kon- 
takt verfahren.     S.  340. 

A.  Finkelstein,  Über  passives  Eisen. 
S.  341. 

C.  von  Szily,  Zugversuche  mit  auf 
inneren  Druck  beanspruchten  Röhren. 

S.  343- 
A.  E.  Kcnnelly,    Der  neue  Edison- 
Akkumulator.     S.  344. 

Bespreoliungen : 

L 00s er,  Versuche  aus  der  Wärme- 
lehre und  verwandten  Gebieten 
mit  Benutzung  des  Doppelthermo- 
sko]>s.     S.  346. 

R.  Sissingh,  Über  einige  Eigenschaf- 
ten der  photographischen  Linsen- 
systeme.    S.  346. 

E.  B.  Wilson,  Vector  Analysis.  S.  347. 


Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre 
1899  und  1900.     S.  347. 

Die  Fortschritte  der  Physik  1902  (Halb- 
monatl.  Litteraturverzeichnis).  S.  348. 

K.  Zulkowski,  Zur  Erhärtungs- 
iheorie  der  hydiaulischen  Binde- 
mittel.    S.  349. 

J.  Zacharias,  Die  Akkumulatoren  zur 
Aufspeicherung  des  elektrischen 
Stromes.     S.  350. 

R.  Etzold,  Zeitbestimmung  mittels 
des    Passage -Instruments.      S.  351. 

F.  Giesel,  Über  radioaktive  Sub- 
stanzen und  deren  Strahlen.    S.  351. 

G.-A.  Hemsalech,  Experimental- 
untersuchungen  Über  die  Funken- 
spektren.    S.  351. 

E.  Vogel,  Taschenbuch  der  prak- 
tischen Photographie.     S.  352. 

Tagesereignisse.    S.  352. 
Personalien,    s.  352. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Über  eine  neue  Methode  zur  Bestimmung  von 
Kapillarkonstanten    verdünnter   Salzlösungen. 

Von  Alfred   GradenwitzJ) 

Während  über  die  Messungen  von  Kapillar- 
konstanten sonst  eine  so  reiche  Litteratur  vor- 
liegt, ist  das  Gebiet  der  Salzlösungen,  deren 
Konzentration  unter  0,5  normal  liegt,  bisher  fast 
unerforscht  geblieben. 

Und  doch  bieten  gerade  solche  verdünntere 
Lösungen  ein  ganz  besonderes  Interesse,  da 
gewisse  andere  für  Lösungen  charakteristische 
Konstanten,  die  sonst  sich  additiv  verhalten, 
bei  zunehmender  Verdünnung  einen  mehr  und 
mehr  anomalen  Verlauf  zeigen,  und  man  daher 
bei  den  Kapillarkonstanten  eine  ähnliche  Ano- 
malie erwarten  durfte.  Doch  die  bisher  ange- 
wandten Methoden  waren  für  eine  derartige 
Untersuchung  kaum  geeignet,  da  die  kleinen 
Unterschiede  zwischen  dem  Werte  dieser  Kon- 
stanten für  Wasser  einerseits  und  für  verdünnte 
Salzlösungen  andererseits  von  der  Grössen- 
ordnung  der  Versuchsfehler  sind. 

Mein  hochverehrter  Lehrer,  Herr  Professor 
Heydweiller,  legte  mir  deswegen  den  Gedan- 
ken nahe,  eine  Lösung  dieser  Frage  in  der 
Weise  zu  suchen,  dass  die  klassische  Steighöhen- 
methode eine  Abänderung  erführe;  und  zwar 
sollte  ein  System  zweier  ganz  ähnlicher  Röhren 
in  Anwendung  kommen,  von  denen  die  eine  in 
reines  Wasser,  die  andere  in  die  zu  untersuchende 
Lösung  tauchte,  und  direkt  sollten  nicht  die 
Steighöhen    .selbst,    sondern    die    sehr   kleinen 

I )  Ausführlich  in  der  gleichlautenden Inaugural-Dissertation 
des  Verfassers  (Breslau  1902). 


Steighöhenunterschiede    in    beiden  Röhren    ge- 
messen werden. 

In  Anbetracht  der  Schwierigkeiten,  welche 
eine  derartige  Messung  bietet,  wenn  sie  direkt 
ausgeführt  wird,  wurde  ich  jedoch  nach  einigem 
Experimentieren  auf  folgendes  Verfahren  ge- 
fuhrt, das  eine  Genauigkeit  ermöglicht,  die  der 
einer  direkten  Messung  überlegen  ist. 

Die  zu  untersuchende  Flüssigkeit  —  bei 
Beginn  jeder  Reihe  war  dies  reines  Wasser  — 
wurde  auf  eine  Quecksilberschicht  von  etwa  2  cm 
aufgegossen.  Hierauf  gab  man  eine  gewisse 
Menge  Lösung  von  bekannter  Konzentration 
hinzu,  veränderte  so  die  Kapillarkonstante  der 
Flüssigkeit  und  kompensierte  dann  die  ein- 
getreten^ Verschiebung  des  Meniskus  in  der 
Röhre  durch  Wegnahme  oder  Hinzufügen  von 
Quecksilber.  Eine  Wägung  dieser  hinzugefugten 
oder  weggenommenen  Quecksilbermenge  ergab 
dann  mit  beträchtlicher  Genauigkeit  be.«^agten 
Höhenunterschied:  man  brauchte  nur  den  Quer- 
schnitt des  Gefässes  zu  kennen  oder  auf  empi- 
rischem Wege  den  Reduktionsfaktor  zu  be- 
stimmen. (Es  entsprach  der  Hinzufügung  von 
27  g  Quecksilber  eine  Niveauveränderung  von 
etwa  I  mm.)  Von  diesem  Höhenunterschied 
musste  man  jedoch  die  durch  Zufiigung  von 
Lösung  entstandene  Niveauveränderung  ab- 
ziehen, um  den  der  Veränderung  der  spezifischen 
Kohäsion  proportionalen  Betrag  zu  erhalten. 

Nach  dieser  Andeutung  der  Methode  gehe 
ich  zur  Beschreibung  des  Apparates  über: 

Das  Gefäss  V  (Fig.  i)  stellt  ein  kommuni- 
zierendes Röhrensystem  dar,  dessen  weiter  Arm 
als  Versuchsgefäss  dient. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


_J 


Fig,   I. 

Auf  den  Boden  desselben  ist  sorgfaltig  ge- 
reinigtes Quecksilber  aufgegossen,  das  sowohl 
die  enge  Horizontalröhre  als  den  gleichfalls 
engen  und  kurzen  anderen  Arm  des  Systems 
völlig  erfüllt.  Dann  wird  die  zu  untersuchende 
Flüssigkeit  auf  das  Quecksilber  im  Hauptarm 
aufgegossen.  Vermittelst  des  Kapillarhebers  .S" 
kann  man,  durch  Hinzufügung  oder  Wegnahme 
von    Quecksilber    aus    dem    engen   Arm,    das 


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M 

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Niveau  im  Versuchsgefäss  um  winzige  Beträge 
verändern. 

Das  weite  Rohr  M  oberhalb  von  ('ist  unten 
mit  einem  Kautschukstopfen  geschlossen  und 
ist  voll  Wasser;  durch  dasselbe  hindurch  gehen 
zwei  Kapillarröhren,  von  denen  die  eine  in  die 
Versuchsflussigkeit  taucht,  während  die  andere 
in  das  Wasser  des  Becherglases  B  eintaucht 
und  der  Kontrolle  dient,  indem  sie  den  Einfluss 
der  schon  durch  das  FlUssigkeitsbad  gedämpften 
Temperaturscbwankungen  auszuschliessen  ge- 
stattet. Beide  Menisken  werden  durch  das 
Fensterchen  F  hindurch  mit  dem  Fernrohr  eines 
Kathetometers  beobachtet,  mit  dem  man  auch 
den  ungefähren  Gesamtbetrag  der  Steighöhe  im 
Versuch sgefässe  misst.  Das  Thermometer  T  ist 
in  Zehntelgrade  geteilt  und  giebt  die  Temperatur 
des  Bades   dicht   an   den   beiden  Menisken  an. 

Da  ich  in  dieser  kurzen  Notiz  weder  die 
vollständige  Theorie  des  Apparates  mit  seinem 
Korrektionsfaktor,  noch  die  Einzelheiten  der 
Versuche  selbst  wiedergeben  kann,  muss  ich 
diejenigen,  die  sich  hiervon  ein  Bild  machen 
wollen,  auf  meine  oben  citierte  Arbeit  ver- 
weisen. In  derselben  gebe  ich  auch  eine 
historisch-kritische  Besprechung  der  Arbeiten 
meiner  Vorgänger. 

Vorliegende  Methode  ist  auf  Lösungen  der 
Chloride  und  Nitrate  von  Natrium,  Kalium  und 
Lithium  angewandt  worden,  deren  Konzentration 


■    C»  H«  f:;«  d;.  ^r^  rCjW»- 

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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


331 


von  o,T  bis  0,5  normal  ging.  Was  die  Resul- 
tate anbelangt,  so  gebe  ich  hier  nur  die  Kurven 
für  spezifische  und  wahre  Kohäsion  wieder. 
(Fig.  2  und  3). 

Es  bezeichnen  die  Abscissen  die  Normali- 
täten w,  die  Ordinaten  die  prozentischen  Zu- 
nahmen der  Kohäsionen,  bezogen  auf  die  des 
reinen  Wassers;   die  punktierten  Linien  geben 

Art 

schliesslich    den    Verlauf    der   Quotienten 

wieder. 

In  der  Originalarbeit  ist  ferner  ein  Ver- 
gleich der  Resultate  hiit  denen  anderer  Experi- 
mentatoren, sowie  eine  eingehende  Diskussion 
derselben  nebst  einer  Anzahl  empirischer  Ge- 
setzmässigkeiten zu  finden. 

(eingegangen  16.  März  1902.) 

Reflexion  und  Refraktion  mittels  einer  natür- 
lich gekrümmten  Fläche,  zwecks  Demonstration 
geometrisch- optischer  Grunderscheinungen. 

Von  J.  J.  Taudin  Chabot. 

Die  Oberfläche  plastischer  bis  tropfbar- 
flüssiger, in  einem  starrwandigen  Cylinder- 
gefäss  um  die  vertikale  Cylinderachse  rotie- 
render Massen  erscheint  bekanntlich  als  Para- 
boloidkuppe  vertieft:  es  erstreckt  sich  jedes 
Oberflächenelement  normal  zur  Resultante  von 
Gewicht,  ^J/,  und  Fliehkraft,  rn^M;  —  M, 
Masse;  r,  Bahnradius;  //,  Winkelgeschwindigkeit; 
—  so  dass  der  Durchmesser  der  Parameter- 
ebene der  Paraboloidkuppe,  /  =  ^'^  ,  mithin  die 


Brennweite,  /"  =  ^  =    ^      sowie  die  maximale 

4       2n^ 

D'i     2 

Konkavität  (in  der  Achse),  C  =  x  =  wenn 

D  =  2y  der  Innendurchmesser  des  Gefässes  und 
y  =  Vpx  die  Parabelgleichung.  Tritt  an  die 
Stelle  der  Winkelgeschwindigkeit,  //,  dieTouren- 

zahl  pro  Minute,   T  =^      n,     dann     schreiben 

jt 

sich  diese  Werte: 


er 


Brennweite,  F=  ^\  _, , 


jt'-D'^  7^2 


Konkavität,  C  = 

7200^ 

und,  andererseits, 

Tourenzahl,  r=         r    -;f » 

-TT        r  H 


oder 


T 


601/ 


2gC 


Steigern  der  Winkelgeschwindigkeit,  nachdem 
der  Paraboloidscheitel  den  Boden  des  in  Ruhe 
bis  zur  Höhe  //,  bei  der  Rotation  bis  zur  Höhe^^, 


(0  ' 

(2) 


(3) 


(4) 


die  Flüssigkeit  enthaltenden  Cylindergefässes 
erreicht  hat,  lässt  hier  eine  freie  Kreisfläche  im 
Durchmesser  D^   entstehen  bei  einer 


Tourenzahl,  T^    ^  y  ^^^ 


(5) 


Gegenwärtige  Erscheinung  nunmehr  bietet 
i  passend  angeordnet,  das  Mittel,  die  grundlegen- 
den geometrisch-optischen  Demonstrationen  zu- 
nächst mit  natürlich  gekrümmten  Flächen  aus- 
zuführen, namentlich  auch,  um  die  Änderung 
des  Strahlenganges  mit  Änderung  der  Krüm- 
mung in  vollkommener  Kontinuität  sehr  einfach 
zu  zeigen. 

Das  Cylindergefäss  aus  Glas,  10  bis  20  cm 
im  Durchmesser,  30  bis  60  cm  in  der  Höhe, 
wird  dazu  auf  die  vertikale  Achse  einer  Schwung- 
maschine befestigt,  während  über  dem  Gefass 
in  veränderlicher  Höhe  eine  kräftige  Lichtquelle, 
etwa  eine  elektrische  Lampe,  sich  befindet  und 
das  Gefass  selbst  ein  deckelartig  aufgesetztes 
Diaphragma  trägt,  dessen  freie  Öffnung  kleiner 
ist,  als  der  innere  Gefässquerschnitt.  Die  ge- 
wollte Flächenkrümmung  erzielt  man  durch  Ab- 
messen der  Tourenzahl.  Sodann  gestalten  sich 
die  Demonstrationen  wie  folgt. 

Reflexion:  Der  Glascylinder  enthält  eine 
mehrere  Centimeter  starke  Schicht  Quecksilber, 
darüber    ein    trübes    Gas,    Rauch    oder    dergl. 

a)  Man  hängt  die  Lampe  so  niedrig,  dass  der 
Brennpunkt  bei  passender  Drehungsgeschwin- 
digkeit bequem  mit  der  Lichtquelle  zusammen- 
fällt: das  reflektierte  Strahlenbündel  zeichnet 
als    Cylinder   seine   Spur    im    trüben    Medium. 

b)  Man  hängt  die  Lampe  höher,  so  dass  ihre 
Strahlen  möglichst  parallel  einfallen:  der  Reflex 
erscheint  als  Strahlenkonus,  dessen  Spitze  bei 
variierender  Tourenzahl  nach 'Gleichung  (i)  in 
der  Vertikale  schwingt.  (NB.  Es  lässt  sich 
dieser  Vorgang  auch  mit  dem  Kathetometer 
verfolgen,  und  so,  bei  bekanntem  Wert  für  g, 
die  Tourenzahl  T  nach  Gleichung  (3)  durch  ein- 
fache Längenmessung  bestimmen.) 

Refraktion:  Der  Glascylinder  enthält,  bis 
etwa  zur  halben  Höhe,  eine  beliebige,  leicht 
getrübte  oder  auch  fluorescenztähige  Flüssigkeit. 
Das  vom  Diaphragma  durchgelassene  Strahlen- 
bündel setzt  zunächst  seinen  Weg  bei  unver- 
ändertem Querschnitt  in  die  Flüssigkeit  hinein 
fort.  Man  leitet  die  Rotation  ein,  beobachtet 
eine  Divergenz,  die  bei  steigender  Rotations- 
geschwindigkeit wächst.  Das  Experiment  lässt 
sich  erweitern  durch  Übereinanderschichten  von 
Flüssigkeiten  mit  verschiedenem  Brechungs- 
vermögen. —  Sind  die  Verhältnisse  so  gewählt, 
dass  den  divergierenden  Strahlen  im  Glase  der 
Gefässwand  das  Hinaustreten  in  die  umgebende 
Luft  durch  Totalreflexion  verhindert  wird,  so 
gelangt  man  neuerdings  zu  einem  konvergie- 
renden   Lichtbündel. 


332 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  15. 


J 


Die  Beobachtung  der  freien  Kreisfläche  im 
Durchmesser  D\  am  Gefässboden  bei  einer 
Tourenzahl  T  nach  Ungleichung  (5)  geschieht 
in  der  Vertikale  und  zwar,  wenn  man  durch 
Hinauf-  oder  Hinabbewegen  des  rotierenden 
Gefässes  dasselbe  zeigen  will,  wie  sonst  mit  der 
Poggendorffschen  Fallmaschine;  bei  unverän- 
derter Winkelgeschwindigkeit  nimmt  Dy  dann 
zu  oder  ab. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  im  Falle 
der  Verwendung  von  Quecksilber  im  rotieren- 
den Gefäss  es  möglich  ist,  die  konkave  Oberfläche 
in  Siegellack  oder  auch  in  sogenannter  Verguss- 
masse') abzuformen:  man  erhält  daraufhin  eine 
Paraboloidschale,  die  besonders,  wenn  aus  dem 
letztgenannten  Material,  eine  schön  spiegelnde, 
konvexe  Fläche  aufweist. 

Versuche,  das  Quecksilber  allein  in  Rotation 
zu  bringen,  im  ruhenden  Gefässe,  mit  Hilfe 
von  entweder  wirbelnden  Induktionsströmen  im 
drehenden,  oder  radikalem  Gleichstrom  im  kon- 
stanten Magnetfelde,  führten  zu  keinem  be- 
friedigenden Resultat;  beide  Male  nämlich 
zeigt  sich  die  Durchbildung  des  Magnetkreises 
schwierig,  benötigt  man,  infolge  der  verhältnis- 
mässig grossen  eisenlosen  Strecke,  einer  ganz 
bedeutenden  magnetisierenden  Kraft  (sehr  hohen 
Amperewindungszahl).  Ausserdem  erhält  die 
Oberfläche  des  Quecksilbers  infolge  elektro- 
dynamischer Wechselwirkung  der  einzelnen 
Stromelemente  eine  vom  Parabelprofil  ab- 
weichende Krümmung,  welche  im  zweiten  Falle 
noch  besonders  dadurch  auffallend  wird,  dass 
die  Winkelgeschwindigkeit  der  Rotation  nach 
dem  Centrum  der  Masse  zu  wächst,  —  eine 
Erscheinung,  deren  Anblick  unwillkürlich  an  die 
Abbildungen  gewisser  Spiralnebel  erinnert,  — 
insofern  die  Stromdichte  nach  der  Mitte  zu 
mehr  steigt  als  die  Felddichte  abnimmt.  Eine 
recht  gleichmässige  Bewegung  hingegen  lässt 
sich  erzielen,  wenn  das  Quecksilber  mitsamt 
dem  Gefass  von  einem  Gleichpolrotationsapparat 
in  Umdrehung  versetzt  wird,  —  etwa  indem 
das  Gefäss  unmittelbar  auf  dessen  vertikaler 
Achse  steckt  —  und  zwar  aus  folgendem  Grunde: 
diese  Art  Motor  richtet  seine  Umdrehungsge- 
schwindigkeit nach  der  Belastung,  während 
andererseits  die  Quecksilbermasse  im  rotieren- 
den Cylindergefäss  ihr  Trägheitsmoment  mit 
der  Umdrehungsgeschwindigkeit  variiert:- damit 
besteht  für  den  Bewegungszustand  des  Systems 
das  Streben  nach  einem  stabilen  Gleichgewicht. 


i)  Ich  bezog  dieses  Material  von   der  Firma  B.  Paege 
&  Co.,  Berlin  NW.  87. 

Degerloch,   13.  März  1902. 

iKingegangeu  14.  März   1902.) 


Über  das  Reflexionsvermögen  von  Flammen, 

Von  F.  Kurlbaum. 

Das  Reflexionsvermögen  von  Flammen  ist 
sehr  gering,  daher  müssen  die  intensivsten  Licht- 
quellen, wie  Sonne  und  Bogenlampe,  angewendet 
werden,  um  die  Reflexion  deutlich  sichtbar  zu 
machen.  Die  reflektierende  Substanz  sind  die 
festen  Kohlenstoff"teilchen,  denn  nichtleuchtende 
Flammen,  z.  B.  die  Bunsenflamme,  reflektieren 
nicht,  wenigstens  nicht  für  das  Auge  wahrnehmbar. 
Da  zahlenmässige  Angaben  über  das  Reflexions- 
vermögen leuchtender  Flammen  nicht  bekannt 
sind,  so  habe  ich  die  ungefähre  Grösse  be- 
stimmt. 

Die  Methode  besteht  in  folgendem.  Auf 
einem  Gipsschirm  wird  mit  Hilfe  von  Heliostat 
und  photographischem  Objektiv  ein  Sonnenbild 
entworfen.  Dann  wird  die  „schwarze  Tempe- 
ratur" des  Sonnenbildes  für  ein  bestimmtes 
Spektralgebiet  gemessen,  d.  h.  diejenige  Tem- 
peratur, welche  ein  „schwarzer  Körper"  haben 
müsste,  um  in  dem  Spektralgebiet  die  gleiche 
Strahlung  auszusenden.  Zur  Bestimmung  dieser 
Temperatur  dient  das  von  Holborn  und  mir 
konstruierte  optische  Pyrometer.')  Dann  wird 
die  schwarze  Temperatur  der  Flamme  durch 
direktes  Anvisieren  der  Flamme  gemessen,  und 
drittens  die  schwarze  Temperatur  der  Flamme, 
auf  welcher  in  obiger  Weise  ein  Sonnenbild 
entworfen  ist. 

Die  Wiensche  Formel: 

log  S^  —  log  60  ^  ^  löge  y^    —    ^  j  , 

welche  von  Paschen  und  Wanner,  sowie  von 
Lummer  und  Pringsheim  übereinstimmend 
innerhalb  des  sichtbaren  Gebietes  und  der  mit 
dem  Thermoelement  messbaren  Temperaturen 
gültig  gefunden  wurde,  ergiebt  für  die  schwarzen 
Temperaturen  7,,  Ti,  T^  die  zugehörigen  rela- 
tiven Intensitäten  S\,  S2,  S-;^,  indem  man  c  gleich 
14500  und  A,  die  mittlere  Wellenlänge  des  be- 
nutzten Spektralgebietes,  gleich  0,643  einsetzt. 
Tq  ist  gleich  1273^  at»s.  und  S^^  gleich  i  gesetzt. 

Unter  der  Annahme,  dass  der  Gipsschirm 
das  ideale  difflise  Reflexionsvermögren  R  =  i 
und  dass  die  Flamme  unter  allen  Winkeln  den 
gleichen  Bruchteil  des  Reflexionsvermögens  des 
Gipsschirmes  besitzt,  ist  das  Reflexionsvermögen 


R  der  Flamme  gleich  2 


S^  —  02 
6*. 


Der  Faktor  2 


rührt  daher,  dass  die  vom  Gipsschirm  kommende 
Strahlung  nur  den  Raumwinkel  2  jr,  die  an  der 
Flamme  reflektierte  Strahlung  den  Raumwinkel 
4.T  füllt. 

Nun    besitzt    aber    die  Flamme  nicht  ein  in 


I)    Sit/unjTsbericbt  d.  Bcrl.  Akad.  d.    Wiss.   30,    712  bis 
719,   1901.     Vgl.  auch  diese  Zcitschr.   3,   187,   1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


333 


diesem  Sinne  gleichmässiges Reflexionsvermögen, 
sondern  es  tritt  aus  der  Flamme  ein  bevorzugter 
Lichtkegel  aus,  welcher  teils  aus  reflektiertem, 
teils  aus  gebeugtem  Lichte  besteht.  Unter  dem 
reflektierten  Lichte  sei  hier  das  gebeugte  stets 
mit  einbegriffen.  Die  Achse  des  Lichtkegels 
fällt  mit  den  durch  die  Flamme  hindurchge- 
gangenen Sonnenstrahlen  zusammen,  während 
die  Spitze  des  Kegels  in  dem  beleuchteten 
Flammenpunkt  liegt  und  der  entsprechende 
Raumwinkel  ungefähr  gleich  jr  ist.  Es  ist  daher 
bei  dieser  Reflexion  der  Faktor  0,5  anzuwenden 
und  diese  Reflexion  zu  der  im  übrigen  Raum- 
winkel gefundenen  zu  addieren,  während  an  der 
letzteren  der  entsprechende  Teil  abgezogen  wird. 
Das  mittlere  Reflexionsvermögen  ist  daher: 


R 


m 


^\\  —  ^y      I  »>-^fi  —  "^'^ 

1,5        .^         +  0,5         .. 
0l  04 


Rx  = 


=  o,  1 5  Proz. 


Nach  dieser  Methode  wurden  zunächst  inner- 
halb des  räumlichen  Winkels  4  jtt  —  jt  und  zwar 
für  blaues  Licht,  mittlere  Wellenlänge  =  0,47  /i, 
folgende  schwarzen  Temperaturen  und  nach  der 
Wienschen  Formel  die  zugehörigen  relativen 
Strahlungsintensitäten  gefunden : 

71  =  2293^  abs.  5,  =  48000 

T-i  =  1563^  S^i  =90 

Ts  =  161 1^  63  =  161 

Demnach  ist  das  Reflexionsvermögen  innerhalb 
dieses  Winkels: 

161  — 90 

48000 

Dagegen  ist  das  Reflexionsvermögen  ^2  inner- 
halb des  räumlichen  Winkels  ji  viel  grösser.  Es 
wurde  gefunden: 

Tx  =  2293'^  abs.  .V4  =  48000 

7;  =  1 569^  S:,  =  97 

7;  =1743^'  .Vo=689 

689  —  97 

48000 

daher  ist  das  mittlere  Reflexionsvermögen: 

R"*  =  ii5  »    ^1  +  0,5  ,    Ri  =-  0,8  Proz. 

Natürlich  findet  in  Wirklichkeit  ein  kontinuier- 
licher Übergang  zwischen  beiden  Reflexions- 
vermögen statt,  ich  habe  aber  nur  die  gefun- 
denen Maximalwerte  angegeben. 

Für  rotes  Licht  ^  =  0,643  war  innerhalb  des 
räumlichen  Winkels  Jr: 

^4  =  1903^  abs.  .V,  -----350 

/;  =  1525"  ^V>  --  19 

^6  =  1547^  ^%  =--  24 

Ri  =1,2  Proz. 

Die  Reflexion  innerhalb  des  übrigen  räum- 
lichen Winkels  war  dagegen  zu  schwach,  als 
dass  ich  sie  hätte  messen  können.  Das  mittlere 
Reflexionsvermögen  Rm  für  rotes  Licht  ist  da- 


i^o  = 


-—  1,23  Proz., 


her  wenig  grösser  als  0,5  •  1,2  Proz.,  es  wird 
ungefähr   i   Proz.  betragen. 

P2s  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  dass  die 
gefundenen  Werte  nicht  genau  sein  können. 
Zunächst  ist  das  Reflexionsvermögen  selbst  ein 
kleiner  Betrag,  und  da  sehr  heisse  Lichtquellen 
angewendet  werden  müssen,  so  sind  verschiedene 
Extrapolationen  erforderlich.  Erstens  muss  die 
Wien  sehe  Formel  für  Temperaturen,  bei  welchen 
sie  bis  jetzt  nicht  geprüft  ist,  angewendet  werden, 
ebensoweit  muss  die  pyrometrisch  zu  messende 
Temperatur  aus  dem  Glühlampenstrom  extra- 
poliert werden,  da  die  Glühlampen  nur  von 
700  bis  1500*^  C,  also  970  bis  1770^  abs.  mit 
dem  schwarzen  Körper  verglichen  sind. 

Ferner  sind  die  durch  die  farbigen  Gläser 
hindurchgelassenen  Spektralgebiete  „rot"  und 
namentlich  ,,blau"  wenig  definiert,  bei  spektraler 
Zerlegung  dürften  aber  die  Schwierigkeiten  im 
roten  Gebiete  wegen  der  Lichtschwäche  noch 
bedeutend  steigen.  Der  Umstand,  dass  der 
Gipsschirm  nicht  das  ideale  Reflexionsvermögen 
darstellt,  kann  das  gesuchte  Reflexionsvermögen 
der  Flamme  nur  zu  gross  erscheinen  lassen. 

Ob  das  auf  der  Flamme  liegende  Sonnen- 
bild die  Temperatur  der  Kohlenstoff"teilchen 
wesentlich  erhöht  und  aus  diesem  Grunde  das 
Reflexionsvermögen  zu  gross  gefunden  werden 
muss,  oder  ob  hierbei  noch  andere  Vorgänge 
stattfinden,  wird  sich  erst  durch  ausfuhrlichere 
Versuche  bei  günstigerem  Sonnenstande  im  Som- 
mer durch  Einschaltung  von  absorbierenden 
Medien  feststellen  lassen. 

Um  von  den  bei  dieser  Methode  angewandten 
Extrapolationen  frei  zu  werden,  habe  ich  auch 
die  Reflexion  roten  Lichtes  an  einer  undurch- 
sichtigen auf  einer  Kupferplatte  niederge- 
schlagenen Russschicht  bestimmt  und  gleich 
1,5  Proz,  gefunden. 

Dieser  Wert  stimmt  mit  dem  von  K.  Ang- 
ström') gefundenen  von  1,7  Proz.  gut  überein. 
Dadurch  ist  das  Reflexionsvermögen  der  Flamme 
für  rotes  Licht  auch  relativ  zu  dem  des  Russes 
ohne  Extrapolationen  bestimmt  und  ungefähr 
gleich    I   Proz.  gefunden. 

Da  man  envarten  durfte,  dass  Russ  in  dünner 
Schicht  nicht  mehr  reflektiert  als  in  dicker  Schicht, 
so  stimmt  dieses  Resultat  mit  den  allgemeinen 
Anschauungen  überein. 

In  einer  kürzlich  erschienenen  Veröfi*entlichung 
haben  Lummer  und  Pringsheim'-)  in  Bezug 
auf  die  von  mir  gemessene  Temperatur  der 
Kerze  unter  der  Annahme,  dass  die  in  der  Kerze 
glühenden  Kohlenpartikelchen  5  resp.  10  Proz. 
der  auffallenden  Strahlen  durch  Reflexion  und 
Beugung  zerstreuen,  den  hierdurch  bedingten 
P'ehler  auf  40  resp.    120"  berechnet. 

1)  Öfversij^t.  af  K.  Vctcnsk.  Akad.  Förhaiuil.  Stockholm. 
Arg.  55,  2S3— 295,   1898. 

2)  Diese  Zeitschr.  3,  233 — 235,   1902. 


334 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


Setzt  man  statt  dieser  willkürlich  angenom- 
menen Werte  den  von  mir  gefundenen  Wert 
von  I  Proz.  in  die  Rechnung  ein,  so  ergiebt 
sich  eine  um  7^  zu  niedrige  Flammentemperatur. 
Dies  ist  ein  Fehler,  welcher  bei  der  Unbestimmt- 
heit der  Flammentemperatur  selbst  keine  Rolle 
spielt. 

Das  Reflexionsvermögen  von  Flammen  ist 
also,  wie  ich  in  meiner  Mitteilung  „über  eine 
einfache  Methode,  die  Temperatur  leuchtender 
Flammen  zu  bestimmen"  gesagt  hatte,  höchst 
gering,')  Dagegen  ist  das  Reflexionsvermögen 
von  Cylindern,  welche  über  eine  Flamme  ge- 
schoben sind,  von  erheblichem  Einfluss,  ein 
Umstand,  der  wohl  niemandem,  welcher  der- 
artige Flammen  untersucht,  entgehen  kann. 

Trotz  der  in  der  Flamme  vorkommenden 
Temperaturschwankungen  lässt  sich  doch  deut- 
lich zeigen,  dass  die  Temperatur  der  Kerze  die 
von  Lummer  und  Pringsheim  angegebene 
untere  Temperaturgrenze  nicht  erreicht. 

Stellt  man  nämlich  den  schwarzen  Körper 
auf  diese  Temperatur  ein,  so  wird  er  durch 
Vorstellen  einer  Kerzenflamme  verdunkelt,  sei 
es,  dass  die  Kerze  eine  gewöhnliche  Stearin- 
kerze oder  die  definierte  „Vereinskerze''  ist. 
Hierbei  wurde  natürlich  durch  den  leuchtendsten 
Teil  der  Flamme,  resp,  durch  unmittelbar  be- 
nachbarte Teile  mit  Hilfe  des  Pyrometers  hin- 
durchgesehen. 

Meine  Schlussfolgerung,  dass  Russ  in  dünnen 
Schichten  für  bestimmte  Temperaturen  innerhalb 
bestimmter  Spektralgebiete  selektiver  als  Platin 
ist,  ist  vollkommen  streng,  wenn  die  Messungen 
von  Lummer  und  Pringsheim  über  die  Lage 
des  Maximums  der  Energiekurven  einerseits, 
und  meine  Messungen  der  Flammentemperatur 
der  Kerze  andererseits  richtig  sind.  Letzteres 
glaube  ich  gezeigt  zu  haben. 

Es  kommt  bei  meiner  Methode  sehr  zu 
statten,  dass  die  Intensität  des  benutzten  Spek- 
tralgebietes ungefähr  zehnmal  so  schnell  fort- 
schreitet als  die  Temperatur. 

I)  Diese  Zcitschr.  3,  187 — 188,  1902. 

(Eingegaugen  26.  Miii/    iO'^2  ) 


Über  gleichgerichteten  Wechselstrom. 

(Br-     rkungen  ZU  dem  gleichlautenden  Aufsat 
AI.  (lerschun  aufS.  249  dieser Ztschr.  [3,  ](>..  >];. 

Von  C.  Heinke. 

In  dem  oben  bezeichneten  Aufsatz  wird  der 
spezielle  Fall  der  Wellenstromverhältnisse  ver- 
folgt, der  sich  ergiebt,  wenn  eine  sinusförmige 
Wechselspannung  durch  Kommutierung  der  un- 
teren Sinushälften  in  eine  Wellcnspannung  von 
doppelter  Periode  umgewandelt  wird.     Die  ab- 


geleiteten Hauptergebnisse  lassen  sich  zwar 
vollständiger  und  unter  Einschränkung  des  ma- 
thematischen Apparates  auch  übersichtlicher  und 
einfacher  durch  Zerlegung  der  Wellenstrom- 
grössen  in  ihre  beiden  Komponenten  erhalten, 
wie  der  Verfasser  in  früheren  Aufsätzen ')  ge- 
zeigt hat,  doch  dürfte  ein  erneuerter  Hinweis  auf 
die  interessanten  Ausgleichsverhältnisse,  welche 
der  allgemeine,  d.  h.  den  Gleichstrom  und  den 
symmetrischen  Wechselstrom  umfassende  Fall  des 
Wellenstroms  darstellt,  immerhin  nützlich  sein, 
wenn  auch  leider  die  energetische  Seite  im  vor- 
liegenden Fall  trotz  des  ausdrücklichen  Hin- 
weises des  Verfassers  auf  die  Wichtigkeit  der- 
selben bei  Wellenstrom  wieder  zu  kurz  gekom- 
men und  dadurch  das  wichtigste  Moment  zur 
Klärung  der  Ausgleichsverhältnisse  und  des  Wir- 
kungsgrades ausser  acht  gelassen  ist. 

Ein  Punkt  veranlasste  aber  insonderheit 
die  vorliegenden  Bemerkungen  zu  dem  oben- 
genannten Aufsatz:  nämlich  die  Betrachtung  der 
Wirkung  für  den  Fall,  dass  mit  der  so  erhaltenen 
Wellenspannung  ein  Transformator  beschickt 
wird.  Die  hier  besonders  schwer  zu  über- 
sehende mathematische  Deduktion  (vgl.  a.  a.  O. 
Seite  253)  lässt  sich  durch  eine  übersichtlichere 
Betrachtung  unter  Zugrundelegung  der  Trans- 
formatortheorie bezw.  der  Kraftliniengleichung 
ersetzen,  um  zu  zeigen,  dass  die  von  Zenneck 
(vgl.  Wied.  Ann.  69,  859,  1899)  beobachtete  Aus- 
gleichserscheinung (Fig.  6  auf  Seite  253)  mit  der 
theoretisch  sich  ergebenden  Stromkurve  im 
wesentlichen  übereinstimmt,  dass  hingegen  die 
von  Zenneck  theoretisch  abgeleitete  Kurve 
hierfür  (vgl.  Fig.  5  auf  Seite  253)  einer  Ver- 
wechselung von  Feldkurve  und  Spannungs- 
kurve entsprungen  ist.  Auch  ergeben  sich  bei 
dieser  Betrachtungsweise  noch  die  unten  ange- 
führten Nebenresultate. 

Schickt  man  die  durch  Kommutierung  der 
Sinuswelle  sich  ergebende  Wellenspannung  (vgl. 


tv 


jfi*,  in  Fig.  i)  in  die  Primärwicklung  eines  Trans- 
formators, so  kann  man  in  erster  Annäherung  von 
dem  Ohmschen  Spannungsabfall  in  der  Primär- 
wicklung abstrahieren,  wie  dies  stets  für  die  erste 
Annäherung  in  der  Transformatortheorie  erfolgt, 
um  so  eher,  da  die  Form  der  resultierenden 
Spannungswelle,  welcher  durch  die  magnetischen 
Kraftlinien  des  veränderlichen  Feldes  das 
Gleichgewicht    gehalten    wird,    hierdurch    keine 

II  Vgl.  hierzu  a,  Über  WeUeaströme,  ETZ.  1899,  Heft  29 
und  30. 

\>)  Diese  Ztschr.  1,  8,  1899. 

0  Cber  Weilenstromenerglc,  ebenda  1,  197,  1900;  ausführ- 
lich abgedruckt  in  den  „Vcihandlungen  des  Vereins  zur  Be- 
!    forderuiig  de<  (lewerbfleisses"   1900,   I15. 

dl  Zur  Messung  elektrischer  Grössen  bei  periodisch  ver- 
iindcrlichcn  Strömen.     Wied.  Ann.  69,  61 2,   189% 

et  Über  Wellensiromerreger.  Ann.  d.Ph.  l,326u.  441,  1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   1 5. 


335 


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Änderung  erfährt.  Nach  der  Kraftlinienglei- 
chung 

e=^  -X   bezw.  N=  />•  <// 

wenn  e  die  Momentanspannung  und  iV  das  beiden 
Transformatorwicklungen  gemeinschaftliche 
magnetische  Feld  bezeichnen,  erhält  man  für  dieses 
Spannung  kompensierende  magnetische  Feld  ein 
Wellenfeld,  dessen  Verlauf  durch  die         Kurve 


ttf 


A'i,2  in  Fig.  i  gegeben  ist  und  etwa  der  Kurve 
von  Zen neck  (Fig.  5  auf  Seite  253)  entspricht. 
Diese  Kurve  giebt  abernur  den  veränderlichen 
Teil  des  magnetischen  Feldes,  dessen  Nullni- 
veau im  allgemeinen  unterhalb  des  Nullniveau  für 


w 


lü 


E^  liegen  wird,  da  von  der  Wellenspannung  E\  die 
Gleichspannungs  -  Komponente   E^  =      *  \^' 


Utax 


Jl 


eine  Gleichstromstärke  erzeugt,  die  nur  von 
dem  Ohmschen  Widerstand  [Ry)  des  Primär- 
kreises abhängt.  Da  dieser  im  allgemeinen 
kleiner  ist  als  der  Wechselstromwiderstand,  so 
wird  das  zu  der  Gleichstromkomponente  ge- 
hörige magnetische  Gleichfeld  gleichfalls  ein  NuU- 


w 


niveau  unterhalb  desjenigen  von  E^  besitzen; 
bei  Fig.  i  etwa  bei  der  strichpunktierten  Hori- 
zontalen zu  denken.  Praktisch  kann  dieser  Um- 
stand zwar  wegen  der  Sättigungserscheinung  des 
Eisens  im  magnetischen  Kreislauf  auf  den  Ver- 
lauf der  Magnetibierungsstromstärke  von  merk- 
lichem Einfluss  sein.  Sehen  wir  aber  für  die 
Theorie  in  erster  Annäherung  zunächst  von  der 
Eisensättigung,  ebensowie  von  dem  Einfluss 
der  magnetischen  Hysterese  ab,  so  wird  dem 
Verlauf  des  Feldes  auch  derjenige  des  (primären) 
Magnetisierungsstromes  entsprechen. 

Für    die    Wechselinduktion,    welche    die 

Spannung  E^  in  der  Sekundärwicklung  des  Trans- 
formators erzeugt,  kommt  aber  die  Lage  des 
Nullniveau  beim  magnetischen  Felde  gar  nicht 
in  Betracht,  da  die  magnetische  Gleichfeldkom- 
ponente bei  dem  Wechselinduktionsvorgang  un- 
beteiligt bleibt  und  nur  die  dem  ausgezogenen 


2 

FJg-  3- 


Fig.  2. 


Gleichfeldniveau  (iV,,^)  aufgelagerte  Wechsel- 
feldkomponente  iVi,^,  welche  der  Wicklung  i 
und  2  gemeinschaftlich  ist,  in  Wirkung  tritt. 
Dieses  Wechselfeld  A'i,  2  erzeugt  wiederum  nach 

w 

der  obigen  Kraftliniengleichung  eineSpannung^j» 


n» 


welche  zu  der  primären  Spannung  Ey  eine  Art 
Spiegelbild  darstellen  muss,  wobei  das  Niveau 
des    beiden    gemeinschaftlichen    Wechselfeldes 

^^ii2  gleichsam  die  Funktion  der  spiegelnden 
Fläche  übernimmt.  Bei  dem  symmetrischen 
(technischen)  Wechselstrom  ist  dies  ohne  weiteres 
an  der  Lage  der  (induzierenden)  Primärspannung 

E\  und  der  (induzierten)  Sekundärspannung  E^ 
gegenüber    dem    übertragenden    (gemeinsamen) 

Wechelfeld  iV,  ,2  im  Kreisdiagramm  (vgl.  Fig.  2) 
ersichtlich;  ebensowie  aus  der  Darstellung  in 
rechtwinkligen  Koordinaten  Fig.  3.  So  einfach 
wie  hier  liegen  nun  die  Verhältnisse  beim  Wel- 
lenstrom nicht,  doch  lassen  sich  diese  interes- 
santen allgemeinen  Verhältnisse  an  der  Hand  der 
Figur  I  ohne  weiteres  an  die  (speziellen)  Wech- 
selstromverhältnisse anschliessen.  Man  braucht 
in  Fig.  3  sich    nur   die  rechte  Hälfte  zwischen 

T 
1 80  bezw.        und  360  bezw.  T  —  entsprechend 

der  Kommutierung  der  unteren  Hälfte  der  E^  - 
Kurve  —  so  um  die  t?- Achse  geklappt,  bezw. 
um  180^  aus  der  Papierebene  heraus  und  wieder 
hinein  gedreht  zu  denken,  dass  alle  Kurven 
dieser  Hälfte  diese  Drehung  ausfuhren  und  man 
erhält  die  Fig.  i.  Da  nach  der  obigen  Be- 
trachtung die  iV,  ,2-Kurve  zwangläufig  mit  der 
-ffpKurve  verbunden  ist  und  die£ij-Kurve  ebenso 

mit  der  iVi,2-Kurve,  so  ist  die  Entstehung  von 
Fig.  I  aus  dem  bekannten  Transformatordia- 
gramm der  Fig.  2  bezw.  3  ohne  weiteres  ein- 
leuchtend. 

Interessant  bleibt  nur  noch  der  Umstand, 
dass  das  für  alle  3  Kurven  gemeinsame  Null- 
niveau   bei  dem  Spezialfall  der  Fig.  3  sich  bei 


336 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


dem  allgemeineren  Fall  der  Fig.  i  in  drei  ge- 
trennte Nullniveaus  auflöst  und  wiederum  zwar 

so,  dass  das  Nullniveau  des  Wechselfeldes  iVj,2 
die  Rolle    einer  spiegelnden  Fläche  übernimmt 

und  das  Gleichspannungsniveau  E-i  das  Spiegel- 
bild von  dem  Gleichspannungs-Niveau  E\  dar- 
stellt. 


IV 


Die  sekundäre  Wellenspannung  E^  wird  bei 
geschlossenem  sekundären  Stromkreis  einen  Aus- 
gleichstrom erzeugen,  der  bei  Konstanz  der 
Ausgleichwiderstände  während  der  Periode  und 
beim  Überwiegen  des  Ohmschen  Widerstandes  in 


tu 


der  Form  mit  der  /r2-Kurve  übereinstimmt, 
andernfalls  bezüglich  der  Phasenverschiebung 
jedoch  ähnlich  wie  bei  dem  gewöhnlichen 
Wechselstrom  von  der  Mischung  der  3  Arten 
von  Ausgleichwiderständen  im  Sekundärkreise, 
d.  i.  Ohmscher  Widerstand,  elektromagnetischer 
Trägheitswiderstand  (Selbstinduktion)  und  ela- 
stischer Verschiebungswiderstand  (Kapazität), 
abhängt. 

Dievon  Zenneck  beobachteteschwacheV er- 
drückung der  sekundären  Sinushalbwellen  (vgl. 
Fig.  6  auf  Seite  253)  erklärt  sich  aus  der  Per- 
meabilitätsänderung des  magnetischen  Kreislaufes 
während  jeder  Periode  (Sinushalbwelle)  in  Ver- 
bindung mit  dem  Hystereseeinfluss.  Beides 
bringt  eine  -  -  allerdings  nicht  stark  wirkende 
—  periodische  Veränderung  der  Ausgleich- 
widerstands-Verhältnisse  ins  Spiel,  welche  die 
schwache  Deformation  der  auseinander  abge- 
leiteten Kurven  bedingt.  Ohne  diese  Momente 
würde  auch  diese  Deformation  in  Fortfall  kom- 
men. Zum  Schlüsse  sei  noch  bemerkt,  dass  diese 
Verhältnisse  auch  insofern  ein  gewisses  techni- 
sches Interesse  besitzen,  als  die  Spannungserzeu- 
gung der  Gleichstrommaschinen  bekanntlich  auf 
diese  kommutierten  und  gegeneinander  in  der 
Phase  verschobenen  Halbwellen  als  Grundele- 
mente zurückgeht.*) 

I)  Bemerkt  sei  noch,  dass  die  von  (ierschun  theore- 
tisch behandelten  Fälle  bereits  früher  folgende  ausführlichen 
analytisch-theoretischen  Behandlun^^en  erfahren  haben:  Am 
allgemeinsten   von   Ch.  P.  Steinmetz  ETZ   1890,   481    und 

1892,  29S;  ferner  von  Puluj:  KTZ   189 1,  419,  434,  498  und 

1893,  466;  endlich  von  Lohn  stein:   1892,   150,  298. 

(Eingegangen  27.  März   1902.) 


Die  Geschwindigkeit  der  von  heissen  Drähten 

ausgehenden  Ionen. 

(Zweite  Mitteilung.) 

Von  C.  D.  Child. 

Kürzlich     ist     in     dieser    Zeitschrift ')     eine 
Mitteilung   erschienen,    in    der    ich    über  einige 

i)  Diese  Zeitschrift  3,  158,  1902. 


Versuche  mit  elektrischer  Entladung  an  er- 
hitzten Platindrähten  berichtete.  Bei  der  Fort- 
führung meiner  Versuche  bin  ich  nun  zu  der 
Überzeugung  gelangt,  dass  manche  in  dieser 
Mitteilung  gegebenen  Meinungsäusserungen  der 
Berichtigung  bedürfen.  An  genannter  Stelle 
habe  ich  gezeigt,  wie  bei  den  niedrigeren 
Temperaturen,  bei  denen  noch  eine  Entladung 
erzielt  werden  kann,  die  mittlere  Geschwindig- 
keit der  Ionen,  die  Träger  der  Entladung  sind, 
grösser  ist  als  bei  höheren.  Ich  habe  nun  der 
Möglichkeit  Ausdruck  gegeben,  dass  die  bei 
niedrigeren  Temperaturen  gebildeten  Ionen  von 
okkludiertem  Wasserstoff  herrühren  könnten, 
während  die  langsameren  bei  höheren  Tempe- 
raturen gebildeten  Ionen  von  der  den  Draht 
umgebenden  Luft  wären. 

Diese  Erklärung  reichte  für  die  damals 
beobachteten  Erscheinungen  aus.  Doch  seither 
habe  ich  Erscheinungen  gefunden,  die  auf 
diesem  Wege  nicht  mehr  erklärt  werden  können. 
Zunächst  habe  ich  eine  solche  beobachtet,  wenn 
ich  den  Draht,  von  dem  die  Entladung  aus- 
ging, in  eine  Röhre  einschloss.  Ich  fand  näm- 
lich, dass  die  P2ntladung  nach  dem  umgebenden 
Cylinder  in  diesem  Falle  viel  unbedeutender 
war,  als  dies  bei  demselben  Cylinder  in  freier 
Luft  der  Fall  war.  Unmittelbar  nach  dem  Er- 
hitzen des  Drahtes  war  zwar  die  Entladung 
fast  ebenso  stark  wie  in  freier  Luft,  doch  nahm 
dieselbe  schnell  ab,  bis  sie  nur  noch  ''.o  ihres 
Anfangsbetrages  ausmachte.  Wenn  ich  die 
Luft  auspumpte  und  durch  frisch  eingelassene 
ersetzte,  konnte  ich  eine  ebenso  starke  Ent- 
ladung wie  zu  Anfang  erzielen,  ebenso  wenn 
ich  die  Luft  mehrere  Stunden  lang  sich  selbst 
überliess. 

Augenscheinlich  gab  der  erhitzte  Draht 
irgend  etwas  ab,  was  in  der  Röhre  zurück- 
bleiben und  die  lonengeschwindigkeit  herab- 
setzen konnte.  Wenn  der  Draht  nur  soweit 
erhitzt  wurde,  dass  eine  Entladung  gerade 
stattfinden  konnte,  nahm  die  Entladungs- 
geschwindigkeit nur  sehr  langsam  ab.  Bei 
höheren  Temperaturen  ging  sie  hingegen 
schneller  herunter,  und  in  der  Nähe  des 
Schmelzpunktes  brauchte  sie  nur  wenige  Sekun- 
den, um  ihren  Minimahvert  zu  erreichen.  Offen- 
bar war  die  Substanz,  die  eine  Verzögerung 
der  Ionen  bewirkte,  etwas,  was  bei  sehr  heissen 
Drähten    in   grösseren  Mengen  gebildet  wurde. 

Es  ist  seit  einiger  Zeit  bekannt,  dass  Platin, 
das  an  der  Luft  erhitzt  wird,  an  Gewicht  ver- 
liert. Ebenso  ist  es  bekannt,  dass  in  diesem 
Falle  kleine  Teilchen  abgegeben  werden,  die 
als  Kerne  für  Bildung  von  Wolken  wirken, 
wenn  die  Luft  plötzlich  abgekühlt  wird.  Es 
ist  denn  auch  auf  die  Möglichkeit  hingewiesen 
worden,  dass  diese  Teilchen  bei  der  Entladung 
eine   aktive  Rolle  spielen  könnten,   doch  offen- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


337 


bar  ist  man  hiermit  von  einer  Erklärung  der 
Erscheinung  weit  entfernt.  Denn  in  einem  ge- 
schlossenen Räume,  wo  sie  in  grösster  Zahl 
vorhanden  sein  müssen,  ist  die  lonengeschwin- 
digkeit  gerade  am  geringsten;  und  bei  hohen 
Temperaturen,  wo  sie  in  grösster  Anzahl  ab- 
gegeben werden  müssen,  finden  wir  die  Ent- 
ladungsgeschwindigkeit kleiner  als  bei  nie- 
drigeren Temperaturen.  Andere  Beobachter 
haben  nun  gezeigt,  dass  kleine  Feuchtigkeits- 
teilchen die  lonenbewegung  verzögern.  Offen- 
bar üben  die  losgelösten  Platinteilchen  dieselbe 
Wirkung  aus. 

Die  Konvektionsströme,  die  von  erhitztem 
Platindraht  ausgehen,  wurden  zwischen  eine 
Flamme  und  eine  Platte  geleitet,  zu  der  von 
der  Flamme  aus  die  Entladung  überging.  Diese 
Konvektionsströme  bewirkten,  dass  die  Ge- 
schwindigkeit der  Entladung  bedeutend  abnahm. 
Hiermit  ist  wiederum  Beweismaterial  für  die 
die  lonengeschwindigkeit  herabsetzende  Wir- 
kung dieser  Ionen  geliefert.  Ich  konnte  sogar 
konstatieren,  dass  die  von  negativen  Ionen  ge- 
tragene Entladung  in  viel  grösserem  Masse  ab- 
nahm, als  dies  bei  positiven  Ionen  der  Fall 
war.  Offenbar  besteht  zwischen  den  von  Platin- 
draht abgestossenen  Teilchen  und  negativen 
Ionen  stärkere  Anziehung  als  zwischen  diesen 
Teilchen  und  positiven  Ionen.  Dies  war  denn 
auch  vorauszusehen,  da  die  negativen  Ionen 
sich  vom  Platin  nicht  so  leicht  wie  die  posi- 
tiven loslösen,  und  es  leicht  zu  begreifen  ist, 
dass,  ebenso  wie  der  Platindraht  die  negativen 
Ionen  stärker  anzieht,  so  auch  die  vom  Platin 
losgelösten  Teilchen  ■  für  diese  Ionen  dieselbe 
Bevorzugung  zeigen. 

Hierin  mag  auch  der  Grund  für  die  grössere 
Geschwindigkeit  der  positiven  Ionen  im  Falle 
einer  Entladung  an  Platin  zu  suchen  sein.  Wenn 
diese  Teilchen  eine  stärkere  verzögernde  Wir- 
kung auf  die  von  der  Flamme  abgelösten  Ionen 
ausüben,  erscheint  der  Schluss  ganz  berechtigt, 
dass  sie  auf  die  von  einem  Drahte  losgelösten 
Ionen  dieselbe  Wirkung  ausüben.  Wenn 
dies  auch  vielleicht  nicht  der  einzige  Grund  für 
die  langsame  Bewegung  der  negativen  Ionen  im 
vorliegenden  Falle  sein  mag,  so  dürfte  es  doch 
wohl  einen  Grund  hierfür  darstellen. 

Die  so  losgelösten  Teilchen  sind  wahrschein- 
lich Platinteilchen  und  nicht  etwa  Teilchen  eines 
Platinoxydes,  denn  ihre  Anwesenheit  ist  auch, 
wenngleich  in  geringerem  Betrage,  dann  nach- 
zuweisen, wenn  der  Draht  in  einer  Wasserstoff- 
atmosphäre erhitzt  wird.  In  einer  solchen  Atmo- 
sphäre ist  die  Geschwindigkeit  sowohl  der  posi- 
tiven als  auch  der  negativen  Entladung  viel 
grösser  als  in  Luft,  und  die  negative  Ent- 
ladung ist  stärker  als  die  positive.  Die  nega 
tive  nimmt  mit  steigender  Temperatur  zu,  bis 
der  Draht  dem  Schmelzpunkt  nahe  ist,  um  dann 


schnell  abzunehmen,  bis  sie  nur  noch  '/s  des 
Maximalwertes  beträgt.  Das  Verhalten  ist  also 
so,  als  ob  bei  höherer  Temperatur  ebensolche 
Teilchen  wie  in  Luft  ausgesandt  würden.  Die 
Anwesenheit  solcher  Teilchen  im  WasserstofÜ 
kann  auch  durch  ihre  Wirkung  als  Kerne  für 
die  Kondensation  von  Wasserdampf  gezeigt 
werden. 

Trotzdem  reicht  aber  die  Annahme  derartiger 
Teilchen  nicht  dazu  aus,  um  die  in  meiner 
früheren  Mitteilung  besprochene  Erscheinung 
vollständig  zu  erklären.  Ich  hatte  dort  fest- 
gestellt, dass,  wenn  der  Draht  im  Vakuum  er- 
hitzt wird,  die  Entladungsgeschwindigkeit  zu 
Anfang  grösser  ist  als  irgendwann  später,  dass 
ferner  ein  längeres  Verbleiben  des  Drahtes  an 
der  Luft  oder  ein  Erhitzen  an  der  Luft  ihn  in 
keiner  Weise  beeinflusst,  während  ein  Erhitzen 
in  der  Wasserstoffatmosphäre  ihm  im  vollen 
Masse  seine  Fähigkeit  wiedergab,  eine  Ent- 
ladung hervorzurufen.  Dies  kann  nicht  mit  der 
Annahme  solcher  Teilchen  erklärt  werden, 
während  es  sehr  wohl  mit  der  Annahme  er- 
klärt werden  könnte,  dass  wenigstens  ein  Teil 
der  Entladung  zu  Trägern  die  Ionen  hat,  die 
von  okkludiertem  Wasserstoff  herrühren.  Der 
Umstand,  dass  bei  höheren  Temperaturen  das 
den  Draht  umgebende  Gas  ionisiert  wird, 
während  dies  bei  niedrigeren  nicht  der  Fall  ist, 
lässt  den  Vorgang  so  erscheinen,  als  ob  bei 
höheren  Temperaturen  die  Entladung  von  einer 
anderen  Art  Ionen  getragen  würde.  Ein  Teil 
der  Vorgänge  kann  also  mit  der  Annahme 
okkludierten  Wasserstoffes,  ein  anderer  Teil  mit 
der  Annahme  erklärt  werden,  dass  sich  vom 
Drahte  Teilchen  loslösen.  Wahrscheinlich  wirken 
beide  Umstände  mit.  Möglicherweise  wirken 
auch  die  ausgesandten  Teilchen  in  doppelter 
Hinsicht,  indem  sie  zunächst  direkt  durch  La- 
dung der  bereits  gebildeten  Ionen  wirksam  sind, 
daim  aber  auch,  indem  sie  in  dem  den  Draht 
umgebenden  Gase  Ionen  bilden  dürften,  die 
sich  langsamer  bewegen  als  die  innerhalb  des 
Drahtes  gebildeten. 

Es  hat  sich  mir  die  Frage  aufgedrängt,  ob 
es  nicht  möglich  sein  sollte,  ohne  eine  Abände- 
rung gewisser  aus  Potentialmessungen  in  der 
Umgegend  eines  heissen  Platindrahtes  gezogener 
Schlussfolgerungen  auszukommen.  Ich  möchte 
es  nicht  bezweifeln,  dass  zwischen  dem  Drahte 
und  dem  umgebenden  Gase  eine  Potential- 
differenz besteht.  Wahrscheinlich  ist  dies  bloss 
ein  anderer  Ausdruck  dafür,  dass  die  negativen 
Ionen  von  den  Platinteilchen  stärker  angezogen 
werden  als  die  positiven.  Aber  ist  es  nicht 
auch  denkbar,  dass  die  positiven  und  negativen 
Ionen  mit  verschiedenen  Geschwindigkeiten 
diffundieren,  und  dass  die  gemessene  Potential - 
differenz  zum  Teil  diesem  Umstände  zuzu- 
schreiben    ist,     anstatt     ganz     auf    Rechnung 


338 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  15. 


A 


des  Potentialabfalles  an  der  Kontaktfläche  zu 
kommen?  Zum  Beispiel  bewegen  sich  die  nega- 
tiven Ionen,  die  gebildet  werden,  wenn  ein 
Platindraht  in  Wasserstoff  erhitzt  wird,  in  einem 
Kraftfelde  schneller  als  die  positiven.  Deswegen 
dürften  sie  auch  wahrscheinlich  dann,  wenn  von 
vornherein  keine  Potentialdifierenz  besteht, 
schneller  diffundieren,  und  das  Potential  des 
den  Draht  umgebenden  Gases  dürfte  im  Ver- 
gleich zu  dem  des  Drahtes  negativ  werden, 
nicht  etwa  infolge  irgend  einer  an  den  Berüh- 
rungsflächen vor  sich  gehenden  Wirkung,  sondern 
infolge  der  den  beiden  lonenarten  zukommen- 
den verschiedenen  Diffusionsgeschwindigkeiten. 
Doch  bedarf  der  Gegenstand  wohl  weiterer 
Untersuchung, 

Es  war  mir  nicht  möglich,  eine  Bestimmung 
der  lonengeschwindigkeit  im  Vakuum  vorzu- 
nehmen. Eine  ausführliche  Darstellung  meiner 
diesbezüglichen  Versuche  sowie  der  ganzen 
hier  kurz  zusammengefassten  Arbeit  erscheint 
nächstens  in  der  Physical  Review. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen   i8.  März  1902.) 


Galvanometrische  Messung  des  elektrischen 
Ausgleichs  zv^ischen  den  lonenladungen  der 
Atmosphäre  und  der  Ladung  der  Erdoberfläche. 

Von  H.  Ebert. 

Durch  den  Nachweis  freier  Ionen  in  der 
Atmosphäre  und  die  Anwendung  der  durch 
Laboratoriumsexperimente  gewonnenen  Erkennt- 
nisse über  die  Eigenschaften  der  Gasionen  be- 
ginnen die  bis  dahin  so  rätselhaften  Phänomene 
der  atmosphärischen  Elektrizität,  des  elek- 
trischen Erdfeldes  und  der  negativen  Eigenladung 
des  Erdkörpers  sich  allmählich  aufzuhellen.') 
Wesentlich  ist  aber  vor  allem  noch,  dass  auf 
den  verschiedenen  hier  in  Betracht  kommenden 
Gebieten  gezeigt  werde,  dass  nicht  nur  in 
qualitativer,  sondern  auch  in  quantitativer 
Hinsicht  der  in  der  Atmosphäre  angetroffene 
lonengehalt  genüge,  um  die  genannten  Er- 
scheinungen zu  erklären.  Eine  der  hier  sich 
darbietenden  Fragen  ist  die,  ob  die  in  der 
Atmosphäre  von  den  Ionen  mitgeführten  Lad- 
ungen ausreichen,  um  die  an  der  Erdober- 
fläche beobachteten  elektrischen  Ausgleiche 
zu  ermöglichen.  Linss^)  stellte  schon  1887 
durch  direkte  Messungen  fest,  in  welcher  Zeit 
sich  die  nie  fehlende  Ladung  der  Erdoberflache 
erneuere,  und  fand  in    einem    gegebenen  Falle 

1)  Vergl.  in  dieser  Hinsicht  den  überaus  instruktiven 
Vortrag  von  H.  Geitel:  Über  die  Anwendung  der  Lehre 
von  den  Gasionen  auf  die  Erscheinungen  der  atmosphärischen 
Elektrizität,     pp.  27.     IJraunschweig.    1901. 

2)  Linss,  Meteorol.  Zeitschr.  4,  345,  1887. 


mittels  eines  auf  Erdpotential  geladenen  Metall- 
körpers dafür  die  Dauer  von  rund  100  Minuten. 
Dies  würde  also  einer  minutlichen  Neutrali- 
sationsgeschwindigkeit einer  gegebenen  Ladung 
von  I  Proz.  entsprechen.  Auf  unserer  bay- 
rischen Hochebene  erhalten  wir  aber  bei 
günstigen  atmosphärischen  Bedingungen,  insbe- 
sondere bei  Föhnlage  mitunter  den  zehnfachen 
Betrag  dieser  Entladungsgeschwindigkeit. 

War  hiernach  schon  an  einer  kleinen  Metall- 
fläche ein  nicht  unerheblicher  lonenstrom  zu 
erwarten,  so  durfte  man  hofien,  bei  genügender 
Vergrösserung  der  aufnehmenden  Fläche  den 
der  Erde  aus  der  Atmosphäre  her  zugehenden 
elektrischen  Strom  direkt  galvanometrisch 
verfolgen  zu  können.  Zu  diesem  Zwecke  wurde 
eine  zwei  Quadratmeter  grosse,  rechteckige 
Weissblechtafel  im  Freien  in  horizontaler  Lage 
auf  6  Pfählen  gut  isoliert  aufgestellt.  Als  Be- 
obachtungsort konnte  die  obere  Kante  eines 
steil  nach  der  Isar  70  m  tief  abfallenden  Hanges 
(der  sog.  ,, Weissen  Wand'*),  25  km  südlich  von 
München  (bei  Icking),  gewählt  werden,  ein  Platz, 
der  inmitten  eines  ausgedehnten  Waldterrains 
gelegen,  von  vornherein  als  besonders  günstig 
erscheinen  musste.  Die  Platte  lag  bei  den 
ersten  Versuchsreihen  i  m  über  dem  Boden, 
später  wurde  sie  auf  einem  Lattengerüste  4  m 
über  der  Erdoberfläche  von  den  isolierenden 
Trägern  frei  in  der  Luft  gehalten.  Von  der 
Platte  führte  ein  Draht  zu  einem  Doppel- 
schlüssel, mit  dessen  Hilfe  die  Platte  i.  direkt 
geerdet,  2.  isoliert  und  3.  durch  ein  hochem- 
pfindliches E  d  e  1  m  a  n  n  sches  Spulengalvanometer 
hindurch  zur  Erde  abgeleiie!  werden  konnte. 

Die  Isolationen  wurden  wiederholt  sorgfältig 
geprüft;  wurde  absichtlich  ein  Isolationsmangel 
und  damit  ein  teilweiser  Erdschluss  der  Luft- 
platte herbeigeführt,  so  riefen  die  an  der 
kupfernen  Erdplatte,  den  Berührungsstellen  der 
metallischen  Verbindungen  u.  s.  w.  bestehenden 
E.-M.-Kräfte  einen  Strom  hervor,  der  der 
Richtung  nach  jenem  entgegengesetzt  verlief, 
welcher  bei  den  Messungen  selbst  —  dem  Aus- 
gleich von  P>d-  und  Luftelektrizität  entsprechend 
—  erhalten  wurde.  Eine  derartige  Störungs- 
quelle hätte  also  die  beobachteten  Ausschläge 
nur  vermindern,  aber  keineswegs  selbst  hervor- 
rufen können. 

Schon  bei  den  ersten  Versuchen  ergab  sich, 
dass  es  zweckmässiger  war,  statt  Dauerstrom 
zu  beobachten,  das  Galvanometer  ballistisch 
zu  benutzen.  Danach  ergab  sich  folgendes 
Beobachtungsschema:  i.  Die  Platte  wurde  direkt 
mit  der  Erde  verbunden  und  lud  sich  auf  das 
Potential  der  Erdoberfläche,  d.  h.  wurde,  da 
nur  bei  klarem  Wetter,  also  bei  ,, Schön wetter- 
elektrizität'*,  und  damit  bei  positivem  Gefälle 
gearbeitet  wurde,  negativ  in  Bezug  auf  die 
umgebenden  atmosphärischen  Massen.     Hierauf 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


339 


wurde  2.  die  Platte  von  Erde  abgeschaltet  und 
eine  hinreichende  Zeit  lang  (s.  w.  u.)  isoliert  sich 
selbst  überlassen.  Während  dieser  Zeit  musste 
die  negative  Elektrizität  der  Platte  durch  die 
herangezogenen  +  Ionen  der  Luft  neutralisiert 
werden.  Wurde  dann  3.  die  Platte  durch  das 
Galvanometer  hindurch  geerdet,  so  zeigte  sich 
in  der  That  unter  den  genannten  luftelektrischen 
Bedingungen  stets  ein  Ausschlag,  der  einem 
Strome  von  +  Elektrizität  entsprach,  der  von 
der  Platte  zur  Erde  ging. 

Die  zum  Ausgleiche  nötige  Zeit  wurde  da- 
durch ermittelt,  dass  zunächst  bei  2.  durch 
längeres  Warten  der  bei  den  vorhandenen 
Witterungsbedingungen  erreichbare  Maximal- 
effekt festgestellt  wurde,  und  dann  die  Aus- 
gleichszeit so  lange  verkürzt  wurde,  bis  sich 
eine  eben  merkliche  Verminderung  der  Aus- 
schläge zu  zeigen  begann;  das  nächstlängere 
Zeitintervall  wurde  dann,  als  die  zum  Ausgleich 
der  Erdladung  nötige  Zeit,  den  weiteren  Mess- 
ungen zu  Grunde  gelegt.  Dabei  ergab  sich 
nun  folgendes:  Die  Platte  allein  gab  nur  sehr 
langsame  Ausgleiche.  Dabei  war  es  gleich- 
gültig, ob  die  Platte  von  direkten  Sonnen- 
strahlen getroffen  wurde  oder  im  (Wolken-) 
Schatten  lag;  ein  Hallwachseffekt  war  also 
bei  der  verzinnten  Platte,  wenn  überhaupt 
vorhanden,  mit  den  verwendeten  Hilfsmitteln 
nicht  nachzuweisen.  Die  Wirkung  wurde  aber 
sofort  sehr  wesentlich  erhöht,  wenn  die  Platte 
mit  Vegetation  bedeckt  wurde.  Zu  dem 
Zwecke  wurden  Rasenstücke  abgestochen,  und 
damit  die  Platte  vollkommen  überdeckt;  in  die 
Rasendecke  wurden  dann  frische  Buchenzweige 
oder  bei  anderen  Versuchen  Wedel  von  Nadel- 
bäumen gesteckt;  dieselben  hielten  sich,  wenn 
gelegentlich  angefeuchtet,  mehrere  Tage  lang 
frisch.  Auf  diese  Weise  war  gewissermassen 
ein  Stück  der  mit  Vegetation  bedeckten  Erd- 
oberfläche herausgehoben  und,  von  den  übrigen 
Teilen  derselben  isoliert,  einer  gesonderten  Be- 
obachtung der  sich  vollziehenden  elektrischen 
Ausgleiche  zugänglich  gemacht.  Bei  der  in 
dieser  Weise  bedeckten  Platte  war  der  Aus- 
gleich gewöhnlich  schon  in  5  Minuten  voll- 
kommen beendet.  Im  übrigen  hängt  sowohl 
die  Ausgleichszeit  wie  die  zum  Ausgleich  ge- 
langte Elektrizitätsmenge  ausserordentlich  stark 
von  den  Witterungsbedingungen  ab.  Bei  klarem, 
hellem  Wetter  ist  die  zwischen  Atmosphäre  und 
Erde  pro  Zeiteinheit  ausgetauschte  Elektrizitäts- 
menge am  grössten;  sie  wird  sofort  stark  her- 
abgesetzt, sowie  Trübungen  der  Luft  oder  gar 
Nebelbildung  in  den  niederen  Schichten  ein- 
treten. Es  besteht  also  in  der  That  ein  ganz 
bestimmter  quantitativer  Parallelismus  zwischen 
der  lonenfuhrung  und  der  lonenbeweglichkeit 
der  Atmosphäre,  wie  er  beim  Zerstreuungs- 
apparate zum  Ausdruck    kommt,    mit    der    Ge- 


schwindigkeit, mit  welcher  die  Erdladung  selbst 
neutralisiert  wird. 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  Einzelwerte  der 
verschiedenen  über  September  und  Oktober 
-■x>rfgen  Jahres  sich  verteilenden  Messungsreihen 
mitzuteilen.  Nur  um  einen  ungefähren  Anhalt 
über  die  in  Betracht  kommende  Grössenord- 
nung  zu  geben,  sei  erwähnt,  dass  um  die  Mittags- 
zeit an  schönen,  klaren  Herbsttagen  am  ge- 
nannten Orte  nach  5  Minuten  Ausgleichszeit 
ballistische  Ausschläge  erhalten  wurden,  welche 
entladenen  Elektrizitätsmengen  von  rund  io~^ 
Coulomb  entsprechen.  Denkt  man  sich  diese 
Ladung  der  2  x  10^  cm**^  grossen  Platte  in 
gleichförmigem  lonenstrome  aus  der  Atmo- 
sphäre zufliessend  (was  natürlich  nicht  genau 
der  Fall  ist,  da  der  Ausgleich  anfangs  rasch, 
später  immer  langsamer  erfolgt),  so  erhält  man 
eine  mittlere  Stromdichte  von  io"'^/5.6o.2. 10^ 
oder  1,7.  io~'^  Ampere/cm'^  d.h.  von  1,7. 
lO"^  Ampere  pro  km^  oder  300000  elektrosta- 
tischen Einheiten  in  der  Minute  pro  km 2. 

Aus  den  Linssschen  Me.ssungen  folgen 
Werte  von  16000  bis  125000  E.  S.  Mengen- 
einheiten pro  Minute  und  km'^,  je  nach  dem 
Werte  des  Potentialgefälles  an  der  Erdober- 
fläche.') E.  Rutherford  und  S.  J.  Allen^) 
fanden  in  einer  zwischen  zwei  konaxialen 
Cylindern  eingeschlossenen  ruhenden  Luftmasse 
bei  50,'9  Volt/cm  Gefälle  einen  maximalen 
lonenstrom  von  rund  0,42.  lO"**^  Amp^re/cm*^, 
also  Stromdichten  von  etwa  derselben  Grössen- 
ordnung  wie  den  hier  im  Freien  konstatierten. 
Vielfach  waren  freilich  die  von  mir  erhaltenen 
lonenstrome  auch  von  grösserer  Intensität,  so 
namentlich  bei  Föhn,  der  immer  sehr  ionen- 
reiche Luft  und  namentlich  die  einer  rascheren 
Entladung  der  negativen  Platte  günstigen 
+  Ionen  mit  sich  führt.  Auch  dieses  stimmt  gut 
mit  den  Rutherford-Allenschen  Messungen 
insofern  zusammen,  als  bei  letzteren  nur  die 
in  der  Luft  selbst  pro  cm  in  der  Zeiteinheit 
regenerierten  lonenmeTigen  den  Strom  lieferten, 
nicht  aber,  wie  bei  meinen  Beobachtungen  von 
ausseh  her  wirkende  Ursachen,  wie  die  Föhnbe- 
wegung,  die  neutralisierten  Ionen  ergänzten. 

Die  Versuche  sollen  in  diesem  Sommer 
mit  grösseren,  im  Freien  ausgespannten,  gut 
isolierten  dichten  Drahtnetzen  fortgeführt  werden, 
bei  gleichzeitiger  genauerer  Bestimmung  der 
lonenfuhrung  der  unteren  atmosphärischen 
Schichten  mittels  des  Aspirationsverfahrens 
sowie  des  Potentialgefälles  des  Erdfeldes  am 
Beobachtungspunkte. 

i)  Vergl.  Meteorolog.  Zeitschrift  18,  291,  1901. 
2)  Diese  Ztschr,  8,  227,  1902. 

München,    physikalisches  Institut    der  Techn. 
Hochschule,  April  1902. 

(^Eingegangen  20.  April  1902.) 


340 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  15. 


REFERATE. 


Allgemeine  Chemie. 

Besorgt  von  Privatdozent  Dr.  A.  Coehn. 


2S 


R.  Knietsch,  Über  die  Schwefelsäure  und 
ihre  Fabrikation  nach  dem  Kontaktverfahren. 
Vortrag  gehalten  vor  der  Deutsch.  Chem.  Ges. 
am  19.  Oktober  1901.  Berichte  der  Deutsch. 
Chem.  Ges.  34,  4069,   1901. 

Wenn   auch   der   bei   der  Schwefelsäuredar- 
stellung stattfindende  chemische  Prozess, 

2  SO2  +0-2  =  2  SOz  +  45200  cal, 

exothermisch  verläuft,    so   vollzieht    sich    diese 
Reaktion  doch  sehr  langsam,  so  dass  man  schon 
immer   zur   Beschleunigung    einen    Katalysator 
hinzusetzen  musste.     Bei    dem   Bleikammerver- 
fahren  spielt   die  Salpetersäure   mit    ihren    nie- 
drigeren Oxydationsstufen  diese  Rolle,  ohne  dass 
es  indessen  dabei  gelingt,  wasserfreie  Säure  zu 
erhalten.    Es  war  deshalb  wünschenswert,  einen 
Katalysator  zu  finden,  der  Schwefeldioxyd  direkt 
und    vollkommen    mit   Sauerstoff  zu   Schwefel- 
trioxyd  zu  vereinigen  vermochte.    Schon  1831 
fand  der  Essigsäurefabrikant  Phillips  aus  Bristol 
einen  solchen  in  dem  fein  verteilten  Platin,  dem 
sich  nach  Angabe  Wöhlers  und  Mahlas(i852) 
einige  Metalloxyde  (besonders  ein  Gemisch  von 
Kupferoxyd  und  Chromoxyd)  beigesellten.  Nach 
vielen    vergeblichen   Versuchen,    das   Kontakt- 
verfahren in  die  Praxis  einzuführen,  schlief  das 
Interesse    daran    ein,    bis  es   durch  Winklers 
Arbeit  (1875)  wieder  geweckt  wurde.    Besonders 
die  Badische  Anilin-  und  Soda-Fabrik  nahm  das 
Verfahren  auf,    und   hier  gelang  es  Knietsch, 
danach  Schwefelsäure  und  Oleum  jeder  Konzen- 
tration im  Grossbetriebe  herzustellen.    Die  an- 
gewendeten   Gase    müssen    auf  das  peinlichste 
von  den  geringsten  Spuren  Arsen  befreit  werden, 
weil    dieses    in    kurzer  Zeit  die  Kontaktmasse, 
Platinasbest,  vollständig  wirkungslos  macht.  Das 
Platin  selbst,    das    alle    übrigen   Katalysatoren 
übertrifft,    vermag    bei   450 '^    das    Gasgemisch 
am    raschesten   und   vollkommensten  (98%)   zu 
vereinigen.      Eine    Erhöhung    der   Temperatur 
hat    eine    Zersetzung   des   gebildeten   SO^    zur 
Folge,    die    nun    auch   wieder   bei  der  Gegen- 
wart von  Platinasbest  ausserordentlich  beschleu- 
nigt wird.     Im  Gegensatz  zur  Annahme  Wink- 
lers erhöht,  wie  aus  dem  Massenwirkungsgesetz 
leicht  ersichtlich  ist,  eine  Vermehrung  des  Sauer- 
stoffes dem  stöchiometrischen  Gemisch  2  SO2  +  O2 
gegenüber  den  Nutzeffekt  bedeutend,   weshalb 
auch  eine  Verarbeitung  der  Röstgase,    die  ca. 
2  S02'3  O2   enthalten,    rationell  ist.     Obgleich 
nun    die    Lösungswärme    des    Schwefeltrioxyds 
in  Wasser  bedeutender  ist  wie   in   Säure  jeder 
Konzentration,    wird    dasselbe   doch   von   einer 


97 — 98%  igen    Säure    viel    rascher    und    voll- 
kommener  aufgenommen,    so    dass    in    einem 
Gefiss  vollständige  Absorption  stattfindet.  Wenn 
man   nun   die  Eigenschaften    der   hydratischen 
Schwefelsäure  und   des   Oleums    von    verschie- 
dener Konzentration  betrachtet,  zeigt  sich,  dass 
bei    der   Säure    von    diesem  Prozentgehalt   die 
Siedepunktskurve,     die    stetig    ansteigt,     eine 
scharfe  Spitze  bildet,  um  dann  nach  der  reinen 
Säure    und    dem    Oleum    zu  wieder    abzufallen 
und   beim  reinen  Schwefeltrioxyd   den   tiefsten 
Punkt  zu  erreichen.    Die  Dampfspannung  zeigt 
bei    dieser   98^/0  igen  Säure   ein  Minimum   und 
wächst   bei   dem   geringsten    Gehalt   an  fi-eiem 
^^3  rasch   an.     Das    spezifische    Gewicht    der 
hydratischen  Schwefelsäure  ist  hier  bekanntlich 
am  höchsten,  nimmt  nach  der  reinen  Säure  zu 
etwas  ab,  um  dann  mit  steigendem  6"(?3-Gehalt 
im    Oleum   wieder   anzusteigen,    bis    bei    einer 
rauchenden  Säure  mit  65%  SO^  ein  Maximum 
erreicht    wird.       Die    elektrische    Leitfähigkeit 
nimmt   hier    rapid    ab,    steigt   dann   im  Oleum 
ebenso    schnell   wieder    an,    erreicht    bei    einer 
rauchenden   Schwefelsäure    von    15%   SO:^    ein 
Maximum    und    fällt    dann    bei    zunehmendem 
5Ö3- Gehalt  wieder    plötzlich.     Hand   in   Hand 
damit    steigt    und    fällt    die  Angreifbarkeit  des 
Schmiedeeisens,    so  dass   Gefässe  aus  solchem 
Material  zum  Aufbewahren  der  98%  igen  Säure 
und  des  hochprozentigen  Oleums  sich   vorzüg- 
lich eignen.    Die  Schmelzpunktskurve  nun  zeigt 
5  Gipfelpunkte,  die  den  Siedetemperaturen  des 
freien  SO^,   der  Pyroschwefelsäure ,  der  reinen 
Schwefelsäure,  des  Hydrates  /I2  SO4  .  /^  O  und 
des  reinen  Wassers  angehören.    Die  dazwischen 
liegenden    Minima    entsprechen    den    Schmelz- 
punkten ihrer  Kryohydrate.  Während  die  Lösungs- 
wärme der  hydratischen  und  rauchenden  Schwefel- 
säure mit  steigendem  Prozentgehalt  stetig  an- 
steigt, nimmt  die  spezifische  Wärme  nur  bis  zum 
Oleum    mit    20%   freiem  SO^   ab,    worauf  sie 
rasch  wieder  höhere  Werte  annimmt.    Die  Vis- 
kosität   nimmt    mit    steigendem    Säure-    bezw. 
J>Ö3- Gehalt  zu,    und   erreicht  bei   dem   Oleum 
von    50%     freiem    SO^    ein    Maximum.      Das 
reine   SO^    besitzt   dann  wieder  die   Viskosität 
reinen    Wassers.      Die    Kapillarität    nimmt    da- 
gegen mit  steigendem  Prozentgehalt  ab.    Eben- 
falls bei  einer  rauchenden  Säure  mit  50^0  fi'eiem 
SO-s  wendet  sich  ihre  Kurve  mit  scharfem  Knick 
abwärts.  Ferd.  Glaser. 

(Eingegangen  5.  Man   1902.) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  15. 


341 


^^ 

Physikalische  Chemie. 

Besorgt  von  Prof.  Dr.  G.  C.  Schmidt. 

^^ 

A.  Finkelstein,  Ober  passives  Eisen.   (Ztschr. 
physikal.  Ch.  39,  91  —  iio,  1901). 

Seitdem  Hittorf  vor  einigen  Jahren  nach- 
gewiesen, dass  das  Chrom  viel  leichter  in  den 
passiven  Zustand  übergeführt  werden  kann,  als 
das  Eisen  und  längere  Zeit  in  diesem  Zustande 
verharrt,  und  ferner  dass  diese  Erscheinung 
nicht,  wie  man  bis  dahin  allgemein  annahm,  auf 
eine  dünne  Oxydhaut,  welche  die  Oberfläche 
des  Eisens  bez.  Chroms  bedeckt,  zurückgeführt 
werden  darf,  haben  sich  die  Chemiker  und 
Physiker  in  erhöhtem  Masse  mit  diesem  Gegen- 
stande beschäftigt.  Die  von  Ostwald  gefun- 
dene und  untersuchte  Thatsache,  dass  ein  be- 
stimmtes Stück  Chrom  sich  in  gut  ausgebildeten 
Perioden  in  Säuren  löst,  rührte  von  einer  Ver- 
unreinigung her  und  konnte  an  anderen  Präpa- 
raten bisher  nicht  wieder  aufgefunden  werden. 
Vor  kurzem  hat  Herr  A.  Finkelstein  auf 
Grund  einer  Reihe  von  im  Nernstschen  Insti- 
tut ausgeführten  Versuchen  eine  Hypothese  ent- 
wickelt, wonach  passives  Eisen  dreiwertiges 
Eisen  im  metallischen  Zustand  ist.  Vermag 
diese  Annahme  auch  über  eine  Reihe  von  Er- 
scheinungen keine  Rechenschaft  zu  geben,  so 
soll  über  sie  doch  hier  berichtet  werden,  weil 
sie  viele  Einzelthatsachen  dieses  Gebietes  ein- 
heitlich zusammenzufassen  erlaubt,  und  daher 
wohl  die  Hoffnung  nicht  ganz  abzuweisen  ist, 
dass  ein  besserer  Ausbau  der  Theorie  auch  die 
bis  jetzt  noch  dunklen  Punkte  aufklären  wird. 

Zunächst  wurde  die  Polarisationskapazität 
und  der  Widerstand  passiven  Eisens  nach  der 
Nernstschen  Methode  untersucht.  Die  letztere 
besteht  darin,  die  elektrolytische  Zelle  in  der 
Wh eatston eschen  Brücke  mit  Wechselströmen 
zu  untersuchen,  indem  man  ihren  Widerstand 
mit  einem  Widerstand,  ihre  Kapazität  mit  einem 
Kondensator  kompensiert.  Eine  polarisierbare 
Elektrode  ist  einem  Kondensator  nur  dann 
gleichwertig,  wenn  keine  irreversiblen  Vorgänge 
an  ihr  geschehen.  Im  vorliegenden  Falle  waren 
nun  drei  Möglichkeiten  vorauszusehen.  P^ntweder 
ist  die  Elektrode  aus  passivem  Eisen  zu  kom- 
pensieren durch  einen  Kondensator  mit  massiger 
Kapazität  und  nebengeschaltetem  Widerstand; 
dann  ist  sie  ein  wahrer  Kondensator  mit  einem 
schwer  leitenden  Oxyd  als  Dielektrikum.  Oder 
sie  ist  zu  kompensieren  durch  einen  Kondensator 
mit  grosser  Kapazität  ohne  nebengeschalteten 
Widerstand,  dann  verhält  sie  sich  wie  eine 
Elektrode  aus  Platin  oder  anderem  Edelmetall. 
Oder  sie  ist  überhaupt  nicht  zu  kompensieren, 
dann  ist  zu  vermuten,  dass  nicht  umkehrbare 
Vorgänge  mitspielen. 

Der  Versuch  ergab,  dass  eine  Zelle,  gebildet 


aus  Salpetersäure  mit  Eisenelektroden,  durch 
einen  Kondensator  von  grosser  Kapazität  ohne 
nebengeschalteten  Widerstand  zu  kompensieren 
ist,  dass  somit  das  passive  Eisen  von  keiner 
schlecht  leitenden  Oxydschicht  bedeckt  ist. 

Abhängigkeit  der  Kapazität  vom  Elek- 
trolyten. Die  Kapazität  ist  vom  Elektrolyten 
unabhängig.  Daraus  ist  zu  schliessen,  dass  das 
elektromotorisch  wirksame  Ion  entweder  in  allen 
untersuchten  Lösungen  die  gleiche  Konzentration 
hat  oder  seine  Konzentration  beim  Stromdurch- 
gang nicht  ändert.  Das  zweite  ist  der  Fall 
beim  Sauerstofiion ,  denn  das  Wasser  bildet 
ein  Reservoir,  das  mit  praktisch  unendlicher 
Geschwindigkeit  verschwindende  Sauerstofifionen 
nachliefert  und  neu  entstehende  aufnimmt. 
Passives  Eisen  ist  also  als  eine  Sauerstoff 
und  nicht  als  eine  Eisenelektrode  anzusehen, 
was  damit  in  Übereinstimmung  steht,  dass 
Sauerstoff  daraus  entwickelt,  wird  und  kein  Eisen 
in  Lösung  geht.  Ferner  ist  zu  schliessen,  dass 
der  Sauerstoff  in  veränderlicher  Konzentration 
darin  enthalten  ist,  denn  sonst  wäre  die  Elek- 
trode unpolarischer  und  die  Kapazität  unendlich. 

Abhängigkeit  der  Kapazität  vom  Zu- 
stande des  Eisens.  Je  stärker  das  Oxyda- 
tionsmittel ist,  mit  dem  Eisen  passiviert  wird, 
desto  stärker  und  beständiger  ist  die  Passivität, 
desto  konzentrierter  also  wahrscheinlich  die 
SauerstofTbeladung.  Andererseits  sollte  die  Ka- 
pazität der  Sauerstoff  konzentration  in  der  Elek- 
trode direkt  proportional  sein,  also  im  selben 
Sinne  wachsen,  wie  die  Stärke  der  Passivierung. 
Die  Messungen  bestätigten  diese  Vermutung. 

Eisen,  das  mit  Eisenoxyd  bezw.  Oxydul- 
oxyd bedeckt  ist,  verhält  sich  in  der  Brücke 
wie  eine  Elektrode  aus  unedlem  Metall  mit 
grosser,  schwer  bestimmender  Kapazität. 

Elektromotorisches  Verhalten  des  Ei- 
sens. Eisen  gegen  Komplexsalze.  Eisen 
gegen  Mischungen  von  Ferri-  und  Ferro- 
salze.  Wenn  passives  Eisen  eine  Sauerstoff- 
elektrode ist,  so  muss  seine  elektromotorische 
Kraft  von  der  Sauerstoffionenkonzentration  in 
der  Lösung  abhängig  und  von  der  Eisenionen- 
konzentration unabhängig  sein.  Die  Konzen- 
tration der  Sauerstoffionen  ist  in  weiten  Grenzen 
veränderlich  durch  Veränderung  des  Säuretiters, 
die  der  Eisenionen  durch  Zusatz  eines  Kom- 
plexbildners wie  Cyankalium.  Die  Messungen 
zeigten  jedoch  ein  unerwartetes  Resultat,  näm- 
lich dass  Cyankalium  Eisen  passiviert.  Eisen 
lässt  sich  in  Ferrilösung  passivieren  und  zwar 
weiches  Eisen  schwierig,  hartes  leichter,  beide 
gradweise  entsprechend  dem  Mischungsver- 
hältnis von  Ferro-  und  Ferrisalz.  Der  passive 
Zustand  ist,  wie  schon  Hittorf  fand,  nirgends 
scharf  von  dem  aktiven  unterschieden.  Er 
scheint  das  Endglied  der  Zustände  zu  sein,  die 
Eisen  annimmt,  wenn  man  in  der  umgebenden 


342 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


Fe'*' 
Lösung  das  Konzentrationsverhältnis  —  -. .  stetig 

steigert. 

Zersetzungskurven  des  Eisens.  Die 
kathodische  Zersetzungskurve  von  Ferrisalzen 
deutet  darauf  hin,  dass  sich  Eisen  vorübergehend 
in  edler  Form  abscheidet.  Die  anodische  Po- 
larisationskurve von  Eisen  lässt  den  Eintritt  der 
Passivität  scharf  erkennen.  Das  zugehörige  Po- 
tential ist  unabhängig  vom  Säuregehalt  und 
sinkt  mit  dem  Eisengehalt  der  Lösung. 

Theorie.  Oxydschichttheorie.  Aus  der 
Messung  der  Polarisationskapazität  geht  hervor, 
dass  passives  Eisen  entweder  ein  Metall  ist, 
oder  dass  die  etwa  vorhandene  Oxydschicht 
metallisch  leitet  und  ausserdem  noch  die  Eigen- 
schaft besitzt,  Sauerstoff  zu  lösen.  Ein  Oxyd 
mit  solchen  Eigenschaften  erlaubt  die  Methode 
nicht,  von  einem  Edelmetalle  zu  unterscheiden. 
Aus  den  Messungen  der  E.  M.  K.  geht  jedoch 
hervor,  dass  wenn  man  die  Kurve,  welche  die 
Beziehung  zwischen  E.  M.  K.  des  Eisens  zu  dem 

Fe" ' 
Verhältnis  —  . .-  auf  hohe  Werte  des  Quotienten 

extrapoliert,  man  passives  Eisen  erhält.  Die 
Passivität  hat  also  mit  einer  Oxydschicht  nichts 
zu  thun,  was  auch  daraus  hervorgeht,  dass  das 
mittelstarke  Reduktionsmittel  Cyankalium  Eisen 
passiviert.  Aus  den  anodischen  Polarisations- 
kurven in  1/2  SO4  lässt  sich  ein  Beweis  bei- 
bringen, dass  Eisen  nicht  durch  eine  Oxydhaut 
passiviert  wird.  Denn  in  dem  Augenblick,  wo 
Eisen  passiv  wird,  zeigt  sich  ein  scharfer  Knick, 
der  unabhängig  von  der  Konzentration  der 
Wasserstoffionen  ist  und  sich  mit  Eisengehalt 
der  Lösung  verschiebt.  Daraus  folgt,  dass 
passives  Eisen  kein  Oxyd,  sondern  eine  metal- 
lische Modifikation  des  Eisens  ist. 

Wertigkeitstheorie.  Hittorf  hatte  die 
Passivität  auf  einen  „Zwangszustand"  der  Mole- 
küle zurückgeführt.  Über  diesen  Zustand  hat 
sich  der  Verfasser  eine  spezielle,  schon  in  der 
Einleitung  erwähnte  Vorstellung  gebildet,  nach 
der  die  Passivität  zu  stände  kommt  durch  eine 
Verschiebung  des  Verhältnisses  der  dreiwertigen 
zu  den  zweiwertigen  Ionen  im  Metall. 

Die  bekannte  Nernstsche  Formel: 

I  P 

e=  -  R  Tbl      , 
n  p 

wo  fc  die    E.  M.  K.,    //    die  Wertigkeit,    P  der 

Lösungsdruck     und    /    der    osmotische    Druck 

bedeutet,    gilt    nur    solange,    als    kein  Teil   der 

Stromarbeit     auf    Umladen     verschiedenartiger 

Ionen    verwandt  wird.     Für    den   letzteren  Fall 

findet  Peters  für  unangreifbare  Elektroden: 

f  =  /v  y  ///   -        +  6  . 

P  Ferri 

In  Eisenelektroden  in  Eisenlösung  haben  wir 
es  mit  beiden  Vorgängen  zu  thun.     Betrachtet 


man  nämlich  Eisen  als  eine  Legierung  von 
Ferri-  und  Ferrometall  und  bringt  es  in  eine 
ferrihaltige  Lösung,  so  wird  das  unedle  Ferro- 
metall in  Lösung  gehen  und  eine  Haut  edlen 
Ferrimetalles  niederschlagen.  Letzteres  wird 
sich  in  Ferrometall  verwandeln,  da  bei  gegebener 
Temperatur  und  gegebenem  Drucke  nur  eine 
Verteilung  der  beiden  Bestandteile  in  Metall 
beständig  sein  kann.  Geht  die  Umwandlung 
langsam  von  statten,  so  ist  die  Elektrode  un- 
angreifbar, geht  sie  schnell,  so  wird  man  über- 
haupt keine  Passivität  beobachten.  Die  Ge- 
schwindigkeit ist  nach  den  Versuchen  grösser 
im  weichen  als  im  harten  Eisen,  wie  beim  in- 
duzierten Magnetismus.  Sie  wächst  schnell  mit 
steigender  Temperatur  und  scheint  für  mittlere 
Entfernungen  vom  Gleichgewicht  durch  ein 
Maximum  zu  gehen,  denn  stark  passives  oder 
nahezu  reines  Ferrieisen  hat  eine  gewisse  Be- 
ständigkeit, während  die  Zwischenzustände  kaum 
zu  beobachten  sind. 

Nach  dieser  Hypothese  lassen  sich  die  meisten 
Erscheinungen  des  passiven  Eisens  leicht  er- 
klären. Man  versteht,  dass  passives  Eisen  als 
Elektrode  sich  genau  wie  eine  Edelmetallelek- 
trode verhält,  dass  die  E.  M.  K.  im  Cyanka- 
lium erniedrigt  wird.  Die  kathodische  Zer- 
setzungskurve von  Ferrilösung  lässt  sich  jetzt  so 
auffassen,  dass  sich  Ferrieisen  in  dünner  Schicht 
oder  als  Legierung  mit  dem  Elektrodenmetall 
abscheidet  und  schnell  in  Ferroeisen  übergeht. 
Das  Ferrometall  löst  sich  wieder  auf,  indem 
drei  Äquivalente  zwei  Äquivalente  Ferrimetall 
niederschlagen;  das  dritte  liefert  der  Strom 
nach.  So  wandert  allmählich  das  ganze  Ferri- 
eisen der  Lösung  in  diese  Schicht  und  verlässt 
sie  als  F'erroeisen. 

Es  erklärt  sich  auch,  dass  das  Passivierungs- 
potential  vom  Eisengehalt  der  Lösung  abhängig 
und  vom  Säuretiter  unabhängig  ist.  Die  ver- 
wickelten Verhältnisse  in  Salpetersäure  werden 
übersichtlich  angesichts  der  Thatsache,  dass 
verdünnte  Salpetersäure  Eisen  zu  Ferrosalz, 
konzentrierte  zu  Ferrisalz  löst.  Man  versteht, 
warum  Chrom  sich  leichter  als  Eisen  und  dieses 
leichter  als  Nickel  und  Kobalt  passivieren  lässt, 
da  Chromosalz  Wasser  zersetzt,  von  Eisen  beide 
Oxydationsstufen  und  von  Nickel  und  Kobalt 
nur  die  niederen  beständig  sind. 

Andererseits  bleibt  der  charakteristische 
plötzliche  Übergang  vom  passiven  in  den  ak- 
tiven Zustand  und  die  Thatsache,  dass  Halogen- 
ionen den  -Eintritt  der  Passivität  durchgängig 
erschweren,  unaufgeklärt.  Diese  Punkte  müssen 
noch  neue  Untersuchungen  aufklären. 

G.  C.  Schmidt. 

I  Hingegangen  i.  Febniar  1902.) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


343 


^^ 

Technische  Mechanik. 

Besorgt  von  Prof.  E.  Meyer. 

^^ 

C.  von  Szily,  Zugversuche  mit  auf  inneren 
Druck  beanspruchten  Röhren.  Kongress 
des  Internationalen  Verbandes  für  die  Material- 
prüfungen der  Technik  in  Budapest   1901. 

In  jedem  Punkte  der  Wandung  eines  beider- 
seits geschlossenen  kreiscylindrischen  Rohres, 
das  einem  inneren  Flüssigkeitsdruck  ausgesetzt 
wird,  sind  3  Hauptspannungen  vorhanden:  Die 
grösste  ist  eine  Zugspannung,  welche  in  der 
Richtung  der  Tangente  an  den  Rohrquerschnitt 
wirkt,  die  mittlere  ist  eine  Zugspannung  in 
Richtung  der  Rohrachse,  die  kleinste  ist  eine 
radial  gerichtete  Druckspannung.  Vergleicht 
man  die  bei  einer  derartigen  Beanspruchung 
beobachteten  Deformationen  des  Rohres  mit  den- 
jenigen, welche  auftreten,  wenn  man  das  Rohr 
einer  äusseren  in  Richtung  der  Rohrachse  wir 
kenden  Zuglast  unterwirft,  oder  wenn  man 
beide  Belastungsarten  kombiniert,  so  kann  man 
über  eine  Anzahl  wichtiger  Fragen,  die  für  die 
Festigkeitslehre  von  prinzipieller  Bedeutung 
sind,  Aufschluss  erhalten.  Der  Verfasser  be- 
richtet über  derartige  Versuche,  die  er  an 
Flusseisen  ausgeführt  hat.  Ein  einfacher  Zug- 
versuch ergab  zunächst,  dass  der  Elastizitäts- 
modul E  innerhalb  weiter  Grenzen  für  das  ver- 
wendete Material  konstant  war.  Ein  weiterer 
Versuch  mit  innerem  Druck,  der  allmählich  ge- 
steigert wurde,  bis  die  grösste  Hauptspannung 
die  vorher  ermittelte  Proportionalitätsgrenze  er- 
reichte, bewies,  dass  auch  bei  dieser  Bean- 
spruchung die  axialen  Dehnungen  den  axialen 
Zugspannungen  proportional  waren.  Der  Pro- 
portionalitätsfaktor ist  aber,  weil  die  beiden 
anderen  Hauptspannungen  von  Null  verschiedene 

Werte  haben,  nicht  gleich  jE",  sondern  E 


m 


m  —  2 

wo  /;/  der  Poissonsche  Koeffizient  ist.  Daraus 
folgt,  dass  ;//  konstant  ist,  solange  das  Hooke- 
sche Gesetz  gilt.  Der  so  berechnete  Wert  von 
m  war  3,5.  Drittens  wurde  festgestellt,  dass 
(innerhalb  der  Proportionalitätsgrenze)  der  Deh- 
nungszuwachs, welchen  ein  bestimmter  Zuwachs 
an  äusserer  Zuglast  hervorrief,  der  gleiche  war, 
wenn  die  Zuglast  allein  wirkte  und  wenn  gleich- 
zeitig mit  ihr  ein  gewisser,  konstanter  innerer 
Druck  vorhanden  war;  ebenso  wurde  umgekehrt 
für  den  gleichen  Zuwachs  an  innerem  Druck 
der  gleiche  Zuwachs  an  axialer  Dehnung  be- 
obachtet, wenn  der  innere  Druck  allein  wirkte 
und  wenn  eine  konstant  bleibende  Zuglast  auf- 
gebracht war.  Dadurch  war  auch  die  Gültig- 
keit des  Superpositionsgesetzes  für  das  Material 
erwiesen. 

Von    grossem  Interesse    füi    die    noch  nicht 
endgültig  gelöste  Frage,    wodurch    der  Eintritt 


bleibender  Deformationen  und  des  Bruches  be- 
dingt ist,  sind  die  Ergebnisse  der  Zerreissver- 
suche.  Sie  wurden  in  der  Weise  ausgeführt, 
dass  man  das  Rohr  einem  beträchtlichen,  wäh- 
rend des  ganzen  Versuches  konstant  gehaltenen, 
inneren  Druck  aussetzte  und  die  aussen  auf- 
gebrachte Zuglast  so  lange  steigerte,  bis  das 
Rohr  zerriss.  In  einem  Parallelversuch  wurde 
ein  Rohr  aus  gleichem  Material  und  von  gleichen 
Abmessungen  durch  eine  äussere  Zuglast  allein 
zerrissen.  Bei  einem  einfachen  Zugversuch  sind 
drei  besonders  charakteristische  Punkte  zu  be- 
achten: Die  Proportionalitätsgrenze,  die  Streck- 
grenze und  der  Bruch.  Die  erstgenannte  kann  man 
bei  Flusseisen  nach  sonstigen  Erfahrungen  zu- 
gleich als  Elastizitätsgrenze  ansehen,  die  hier 
nicht  eigens  bestimmt  wurde.  Nach  der  heute 
in  der  Technik  noch  fast  allgemein  benutzten 
Theorie  treten  bleibende  Deformationen  dann 
auf,  wenn  die  positive  oder  negative  Haupt- 
dehnung eine  gewisse,  dem  Material  eigentüm- 
liche Grenze  überschreitet.  Bei  den  beiden 
Hauptversuchen  mit  kombinierter  Beanspruchung 
war  der  innere  Überdruck  so  bemessen,  dass 
die  tangentiale  Hauptspannung  die  Proportionali- 
tätsgrenze nicht  ganz  erreichte.  Somit  war  an 
der  Elastizitätsgrenze  die  grösste  Spannung  und 
die  grösste  Dehnung  axial  gerichtet,  wie  beim 
einfachen  Zugversuch.  Die  Gesamtdehnung  be- 
trug an  der  Elastizitätsgrenze  bei  kombinierter 
Beanspruchung  0,52  %o»  bei  einfachem  Zug 
0,71  ^„0.  Zwei  aus  dem  gleichen  Blocke  wie  die 
Rohre  herausgearbeitete  volle  Rundstäbe  zeigten 
beim  einfachen  Zugversuch  0,70  %o  Dehnung  an 
der  Elastizitätsgrenze.  Die  Dehnungstheorie  ist 
also  gar  nicht  bestätigt.  Dagegen  war  in  allen 
drei  Fällen  die  Grenzspannung  in  axialer 
Richtung  beinahe  gleich:  bei  den  Rundstäben 
im  Mittel  1450"^  bei  den  Rohren  mit  einfacher 
Zugbeanspruchung  im  Mittel  ISOO''^  bei  den 
Rohren  mit  innerem  Drucke,  der  einen  Beitrag 
zur  axialen  Spannung  von  590"'  lieferte,  die 
Gesamtspannung  im  Mittel  1400 ''^  Nach  anderen 
sehr  zahlreichen  Beobachtungen  kann  man  an 
der  älteren  Theorie,  dass  allgemein  eine  ge- 
wisse Grenze  der  grössten  Hauptspannung  für 
das  Eintreten  bleibender  Deformationen  mass- 
gebend sei,  nicht  festhalten.  Mit  den  hier  ge- 
fundenen Resultaten  stimmt  aber  die  Mohrsche 
Theorie ')  recht  gut  überein,  welche  für  Fluss- 
eisen annähernd  mit  der  Theorie  zusammenfällt, 
welche  die  grösste  Schubspannung  als  Kriterium 
heranzieht.  Die  grösste  Schubspannung  ist 
gleich  der  halben  Differenz  zwischen  der  grössten 
und  der  kleinsten  Hauptspannung.  Durch 
diese  Theorie  wird  daher  auch  die  Abnahme 
der  grössten  Hauptspannung  bei  gleich- 
zeitiger Wirkung  des  inneren  Überdruckes  p  er- 

i)  Vergl.  diese  Zeitschrift,  2,  422,  1901. 


344 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


Null 


klärt,  weil  in  diesem  Fall  die  kleinste  Haupt- 
spannung nicht  Null  ist,  sondern  einen  negativen 
Wert  hat,  der  innerhalb  der  Wandung  des 
Rohres    von  ( — p)  mit  wachsendem  Radius  auf 

steigt.     Der    Mittelwert  [  —     \  betrug  bei 

den  Versuchen  100 ''^  Es  ist  durch  diese  Ver- 
suche von  neuem  bewiesen,  dass  die  Grösse 
der  mittleren  Hauptspannung  gar  keinen  Einfluss 
auf  die  Elastizitätsgrenze  hat,  denn  sie  ist  bei 
einfachem  Zug  Null,  bei  der  kombinierten  Be- 
anspruchung fast  gleich  der  grössten  Haupt- 
spannung. Bei  einem  anderen  Versuchspaar 
überstieg  die  durch  /  hervorgerufene  tangen- 
tiale Spannung  die  Proportionalitätsgrenze;  es 
ist  bemerkenswert,  dass  trotzdem  im  Verlauf 
des  Versuches  auch  für  die  Achsenrichtung,  d.  i. 
die  Richtung  der  mittleren  Hauptspannung, 
eine  Proportionalitätsgrenze  deutlich  erkenn- 
bar war. 

^  Wesentlich  anders  als  die  Proportionalitäts- 
grenze verhält  sich  scheinbar  die  Streckgrenze 
bei  verschiedener  Beanspruchung.  Die  Gesamt- 
spannung, bei  welcher  das  Material  sich  zu 
strecken  begann,  wird  für  die  kombinierte  Be- 
lastung etwa  I S  %  höher  angegeben,  als  die 
entsprechende  Spannung  bei  einfachem  Zuge. 
Es  muss  aber  hervorgehoben  werden,  dass 
durch  Hinzutreten  des  inneren  Druckes  das 
Spannung-Dehnung-Diagramm  eine  solche  Form 
annimmt,  dass  es  fast  unmöglich  ist,  die  Streck- 
grenze auf  einen  bestimmten  Punkt  festzulegen. 
Man  wird  in  dieser  Ansicht  bestärkt,  wenn  man 
zum  Vergleich  Versuche  von  J.  Guest  heran- 
zieht, welche  mit  denselben  Belastungsarten  an 
Rohren  aus  Stahl  ausgeführt  wurden.  Auch 
Guest  fand  nicht  unerhebliche  Abweichungen 
zwischen  beiden  Streckgrenz-Spannungen,  aber 
er  fand  bei  9  Versuchsreihen  ebenso  oft  wie 
diejenige  für  Zug  und  Innendruck  die  für  ein- 
fachen Zug  grösser.  Was  endlich  die  Bruch- 
grenze betrifft,  so  zeigte  sich  folgendes:  Die 
Grösse  der  äusseren  Zuglast,  die  den  Bruch 
herbeiführte,  war  nahezu  unabhängig  von  dem 
Vorhandensein  des  inneren  Druckes  /.  Die  auf 
den  ursprünglichen  Querschnitt  bezogene  Ge- 
samtbruchspannung war  also  bei  kombinierter 
Beanspruchung  etwa  um  den  von  /  gelieferten 
Beitrag  grösser,  als  beim  einfachen  Zuge.  Diese 
Erscheinung  hat  aber  nicht  die  prinzipielle  Be- 
deutung, die  ihr  der  Verfasser  beilegt,  sondern 
ist  mehr  zufällig.  Der  innere  Druck  behindert 
die  Querkontraktion  des  Rohres,  man  muss  also 
die  Verschiedenheit  der  Querschnitte  beim  Bruche 
in  Betracht  ziehen,  wenn  man  die  Bruch- 
spannungen vergleichen  will.  Die  Querschnitts- 
kontraktion ausserhalb  der  Einschnürung  be- 
trug beim  einfachen  Zugversuch  \6\  bezw. 
19^/0  und    geht    bei  Rohren    mit   entsprechend 


gleichen  Abmessungen  durch  Mitwirkung  von 
von  /  auf  12  \  bezw.  11,2^/0  zurück.  Die 
wirkliche  Bruchspannung  war  demnach  um  5  % 
bezw.  10%  kleiner  beim  einfachen  Zuge  als  bei 
Zug  und  Innendruck,  während  in  letzterem 
Falle  der  durch  den  inneren  Druck  hervorgerufene 
Beitrag  12*^/0  bezw.  19^/0  beträgt.  Die  Bruch- 
dehnungen, ausserhalb  der  Einschnürung  ge- 
messen, waren  bei  der  einen  Versuchsreihe 
gleich  für  beide  Arten  von  Beanspruchung, 
nämlich  16%  im  Mittel,  bei  der  zweiten  Ver- 
suchsreihe 21^0  für  einfachen  Zug,  18  "0  bei 
kombinierter  Belastung.  Der  Verfasser  erblickt 
darin  eine  Bestätigung  der  Dehnungstheorie  für 
den  Eintritt  des  Bruches.  Zu  einem  höchst 
überraschenden  Resultat  gelangt  man,  wenn 
man  aus  den  Angaben  über  die  Bruchdeforma- 
tionen  die  Änderung  der  Dichte  des  Materials 
berechnet.  Danach  hat  die  Dichte  bei  kom- 
binierter Belastung  um  2^/0  bezw.  4,8%  ab- 
genommen, beim  einfachen  Zug  dagegen  um 
3,4^/0  bezw.  2,0%  zugenommen.  Die  beiden 
letzten  Resultate  namentlich  sind  im  höchsten 
Grade  befremdlich. 

Der  Verfasser  glaubt,  aus  den  Versuchs- 
resultaten den  Schluss  ziehen  zu  dürfen,  dass 
der  scheinbare  Verlauf  des  Zugversuches  durch 
eine  äussere  Zuglast  von  dem  Vorhandensein 
inneren  Druckes  unabhängig  ist,  und  sieht  darin 
den  Keim  zu  einem  verallgemeinerten  Super- 
positionsgesetz, das  vielleicht  seine  Gültigkeit 
bis  zur  Zerstörung  des  Materials  behält.  Eine 
solche  Verallgemeinerung  auf  Grund  einiger 
weniger  Versuche,  deren  Einzelergebnisse  ausser- 
dem mit  den  Erfahrungen  anderer  Experimen- 
tatoren teilweise  gamicht  übereinstimmen,  er- 
scheint sehr  gewagt.  P.  Roth. 

(Eingegangen  7.  Februar  1902.) 


Elektrotechnik. 

Besorgt  von  Prof.  Dr.  H.  Th.  Simon. 


A.  E.  Kennelly,  Der  neue  Edison-Akkumulator. 
Electric.  World  a.  Engin.  37,  S.  867 — 869, 
1901.) 

Seit  Entdeckung  des  Bleiakkumulators  durch 
Gaston  Planta  ist  man  unausgesetzt  bemüht 
gewesen,  das  Gewicht  desselben  im  Vergleich 
zu  seiner  Aufspeicherungsfahigkeit  nach  Mög- 
lichkeit zu  vermindern,  um  ihn  auch  zum  Betrieb 
von  Fahrzeugen  aller  Art  brauchbar  zu  machen. 
Obgleich  auf  dieses  Problem  eine  ausserordent- 
liche Menge  von  Arbeitskraft  und  Scharfsinn 
verwandt  werde,  ist  es  doch  nicht  gelungen, 
den  Bleiakkumulator  in  eine  für  Traktionszwecke 
geeignete  Form  zu  bringen,  alle  Versuche  schei- 
terten an  dem  Umstände,  dass  durch  Verringe- 
rung des  Gewichtes  bei  einer  gegebenen  Kapazität 
auch  die  Lebensdauer  in  noch  höherem  Grade 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


345 


beeinträchtigt  wird.  Die  Versuche,  eine  andere 
galvanische  Kombination  zu  einem  brauchbaren 
Akkumulator  auszubilden,  sind  bisher  auch  aus- 
nahmslos gescheitert,  und  zwar  meist  (wie  z.  B. 
bei  dem  Zinkkupfer- Akkumulator)  daran,  dass 
der  Depolarisator  im  Elektrolyten  nicht  gänzlich 
unlöslich  gewesen  ist. 

Edison  glaubt  nun  durch  nachstehend  be- 
schriebene Zelle  das  Problem  des  leichten  und 
doch  haltbaren  Traktionssammlers  gelöst  zu 
haben.  Die  bis  jetzt  vorliegenden  Untersuchun- 
gen bestätigen  in  der  That  auch  die  meisten 
seiner  Angaben.  Auch  vom  theoretischen  Stand- 
punkte aus  weist  der  neue  Sammler  manche 
Vorteile  gegenüber  dem  Bleiakkumulator  und 
den  übrigen  in  Vorschlag  gebrachten  Zellen  auf. 
Die  positive  Elektrode  des  neuen  Sammlers 
besteht  in  geladenem  Zustande  aus  einem  Ge- 
misch von  fein  verteiltem,  schwa^nmigen  Eisen 
und  Graphitpulver,  die  negative  Elektrode  aus 
einem  in  schwammförmigen  Zustand  befindlichen 
höheren  Oxyd  des  Nickels  (wahrscheinlich  NiO^i), 
welches  gleichfalls  zur  Erhöhung  seiner  Leitfähig- 
keit mit  Grapbitpulver  durchmischt  ist. 

Als  Elektrolyt  wird  eine  wässrige  Lösung 
mit  10 — 40  Gewichtsprozent  Pottasche  und 
20  Proz.  Ätzkali  verwandt.  Bei  der  Ent- 
ladung wird  der  Eisenschwamm  durch  den 
elektrolytisch  abgeschiedenen  Sauerstoff  oxydiert 
und  gleichzeitig  das  Nickelsuperoxyd  durch  den 
kathodischen  Wasserstoff  zu  einem  niedrigeren 
Oxyd  reduziert.  Falls  die  bisher  noch  nicht 
erwiesene  Zusammensetzung  des  hier  in  Frage 
kommenden,  höheren  Nickeloxydes  der  ver- 
muteten Formel  Ni  O2  entspricht,  so  lässt  sich 
der  Entladungsvorgang  voraussichtlich  darstellen 
durch  die  Gleichung: 
Nr  O2  +  Fe+  2H,0  =  Ni[OH),  +  Fe [OH)^. 

Der  Ladungsvorgang  wird  durch  dieselbe 
Gleichung  wiedergegeben,  wenn  man  sie  in 
umgekehrter  Richtung  (von  rechts  nach  links) 
liest.  Der  elektrolytische  Prozess  in  der  Edison- 
zelle  besteht  also  bei  der  Entladung  in  einem 
Transport  des  Nickeloxydsauerstoffes  zur  Eisen- 
elektrode und  in  Zersetzung  von  zwei  Mole- 
külen Wasser.  Bei  der  Ladung  wird  der  Sauer- 
stoff wieder  von  der  Eisenelektrode  zur  Nickel- 
elektrode zurückgeführt  und  das  verbrauchte 
Wasser  in  Freiheit  gesetzt. 

Die  elektromotorische  Kraft  der  vollgelade- 
nen Zelle  beträgt  1,5  Volt,  die  mittlere  Entlade- 
spannung bei  vollständiger  Entladung  annähernd 
1,1  Volt.  Die  unten  näher  beschriebenen  Elek- 
trodentypen können  mit  einer  Stromdichte  von 
0,93  Amp.  pro  dm*-^  entladen  werden. 

Die  mechanische  Konstruktion  der  negativen 
und  positiven  Gitter  ist  die  gleiche.  Sie  be- 
stehen beide  aus  einer  0,61  mm  starken  Stahl- 
platte,  in  welche  24  rechtwinklige  Löcher  ein- 
gestanzt sind,  so  dass  nur  schmale  Rippen  übrig- 


bleiben. In  die  Gitteröffnungen  werden  Briquettes 
mit  aktivem  Material  eingepresst.  Wie  erwähnt, 
besteht  das  aktive  Material  der  positiven  Platten 
aus  einem  Gemisch  von  Nickelsuperoxyd  und 
Graphit,  dasjenige  der  negativen  Platten  aus 
einer  Mischung  von  Eisenschwamm  und  Graphit. 
Um  dem  aktiven  Material  hinreichende  Festig- 
keit zu  geben,  wird  dasselbe  mit  einem  Mantel 
von  perforiertem  Stahlblech  (0,075  ^^^^  dick) 
umgeben.  Die  Briquettes  fügt  man  in  die  Gitter- 
öffnungen der  Elektroden  ein  und  setzt  sie 
einem  hydraulischen  Drucke  von  100  Tonnen 
aus,  wodurch  sie  mit  dem  Stahlgitter  zu  einem 
Ganzen  verbunden  werden. 

Angaben  über  die  Herstellung  des  fein  ver- 
teilten Eisens  und  Nickelsuperoxydes  sind  leider 
nicht  gemacht. 

Die  Platten  werden  entweder  in  ein  Gefass 
aus  isolierendem  Material  oder  in  einen  Stahl- 
blechbehälter eingebaut  mit  dazwischen  gescho- 
benen Streifen  aus  perforiertem  Hartgummi. 
Nach  längeren  Versuchen  soll  es  Edison  ge- 
lungen sein,  eine  Stahllötung  herzustellen,  welche 
dem  elektrolytischen  Angriff  und  der  Kalilauge 
dauernd  Widerstand  leistet.  Infolge  der  Gegen- 
wart der  Pottasche  werden  die  Eisenplatten  selbst 
vor  der  Stromwirkung  geschützt,  indem  sie  in 
passiven  Zustand  übergehen,  während  das  fein 
verteilte  Eisen  in  den  negativen  Briquettes 
durch  eine  besondere  chemische  Behandlung 
vor  dem  Passivwerden  geschützt  sein  soll. 

Während  der  Ladung  dehnen  sich  die  posi- 
tiven Briquettes  aus  und  ziehen  sich  die  negativen 
zusammen,  die  grosse  Elastizität  des  einhüllenden 
Stahlbleches  verhindert,  dass  durch  diese  Volum- 
änderung der  Kontakt  zwischen  aktivem  Material 
und  Träger  gefährdet  würde. 

Bei  Entladung  finden  natürlich  die  umge- 
kehrten Volumänderungen  statt. 

Nachstehend  ist  eine  Entladung  mit  kon- 
stantem Strome  von  15  Amp.  wiedergegeben, 
und  zwar  sind  als  Abscissen  die  Entladungs- 
zeiten in  Stunden,  als  Ordinaten  die  Klemmen- 
Spannungen  in  Volt  eingetragen. 


Stunden 


Die    Kurve    gleicht   in    ihrem  Verlauf  voll- 
kommen der  Entladungskurve  eines  Blei-Akku- 


346 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  15. 


mulators.  Irgendwelche  Lokalaktion  soll  an  den 
Platten  nicht  bemerkt  worden  sein,  ausgenommen 
nach  starker  Überladung. 

Die  Zelle  soll  bis  zur  völligen  Erschöpfung 
entladen  werden,  ja  sogar  ohne  Schaden  zu 
nehmen  mehrmals  in  verkehrter  Richtung  ge- 
laden werden  können. 

Die  Nickelelektrode  kann  sowohl  im  ge- 
ladenen wie  im  ungeladenen  Zustande  aus  der 
Zelle  herausgenommen  und  an  der  Luft  ge- 
trocknet werden,  ohne  irgendwelche  Veränderung 
zu  erleiden,  so  dass  sie  nach  dem  Wiedereinsetzen 
nichts  von  ihrer  Ladung  eingebüsst  hat.  Die 
Eisenschwammelektrode  oxydiert  sich  dagegen 
beim  Trocknen  unter  Wärmeentwicklung  und 
verliert  dadurch  ihre  Ladung  vollständig;  jedoch 
ohne  an  ihrer  Kapazität  nach  abermaliger  Ladung 
Einbusse  erlitten  zu  haben. 

Der  Hauptvorzug  der  neuen  Zelle  gegenüber 
dem  Blei-Akkumulator  besteht,  wie  erwähnt,  in 
dem  geringen  Betrage  des  auf  die  Einheit  an 
aufgespeicherter  Energie  bezogenen  Zellenge- 
wichtes.    Während    die    Energiekapazität    des 


Bleisammlers  9 — 1 3  Wattstunden  pro  Kilogjamm- 
Zellengewicht  beträgt,  soll  sich  diejenige  des 
neuen  Akkumulators  auf  31  Wattstunden  pro 
Kilogramm-Zellengewicht  belaufen.  Das  würde 
bedeuten,  dass  sich  eine  Edisonzelle  vermöge 
ihres  eigenen  Energieinhaltes  auf  eine  Höhe  von 
1 1 000  m  würde  erheben  können,  wogegen  eine 
Bleizelle  nur  eine  Höhe  von  3200 — 4800  m  er- 
reichen würde. 

Der  Edison-Akkumulator  verdankt  sein  ge- 
ringes Gewicht  teilweise  den  niedrigen  Äqui- 
valentgewichten von  Eisen  und  Nickel,  teilweise 
jedoch  auch  dem  Umstände,  dass  entsprechend 
obiger  Reaktionsgleichung  durch  den  elektro- 
lytischen Prozess  nicht  ein  gelöster  Stoff  (wie 
z.  B.  die  Schwefelsäure  im  Blei-Akk.),  sondern  das 
Lösungsmittel  (Wasser)  selbst  verbraucht  wird. 
Hierdurch  wird  die  Verwendung  eines  sehr 
geringen  Flüssigkeitsvolums  ermöglicht.  Die 
Herstellungskosten  des  neuen  Sammlers  sollen 
nicht  grösser  als  diejenigen  des  Bleiakkumulators 
sein.  F.  Dolezalek. 

(Eingegangen  14.  Februar  1902.) 


BESPRECHUNGEN. 


Looser,  Versuche  aus' der  Wärmelehre  und 
verwandten  Gebieten  mit  Benutzung 
des  Doppelthermoskops.  2.  verb.  und  ver- 
mehrte Auflage,  gr.  8.  VI  und  131  S  mit 
Figuren.  Essen,  H.  G.  Geck.  1901.  Mk.  3. — 
Das  L 00s ersehe  Doppelthermoskop  besteht 
bekanntlich  aus  zwei  mit  je  einem  Manometer 
verbundenen  Luftkapseln  von  verschiedenster 
Form.  Es  ist  ein  Demonstrationsapparat  von  sehr 
weitgehender  Verwendbarkeit,  wie  der  Verfasser 
dies  in  dem  vorliegenden  Werkchen  darthut. 
Er  erweist  sich  in  demselben  als  ein  ge- 
wandter und  erfahrener  Experimentator.  Zu- 
nächst werden  136  Versuche  aus  der  Wärme- 
lehre beschrieben,  denen  noch  mehr  als  20 
Versuche  über  Joulesche  Wärme,  sowie  eine 
weitere  Zahl  von  Experimenten  (137 — 158)  zu- 
gefugt sind,  in  welchen  allein  das  Manometer 
in  Verwendung  kommt.  Zu  bemerken  ist,  dass 
keiner  der  aufgeführten  Versuche  sich  nur  allein 
mit  dem  Loos ersehen  Instrument  ausführen 
Hesse.  Im  Gegenteil  hat  die  Benutzung  des- 
selben in  manchen  Versuchen  etwas  Erzwunge- 
nes; so  z.  B.  bei  Nr.  13  (65),  wo  für  ein  Cle- 
ment-Desormessches  Gefäss  nur  das  Mano- 
meter des  Thermoskops  verwandt  wird,  oder  bei 
Versuch  132,  bei  welchem  ein  Riesssches 
Luftthermometer  an  das  Manometer  angeschlos- 
sen wird.  Übrigens  ist  dieses  alte  Instrument 
ein  direkter  Vorfahr  des  Thermoskopes. 

Solange    man    sich    auf  blosse   Demonstra- 
tionen und  höchstens  auf  eine  Ermittelung  von 


Verhältniszahlen  beschränkt,  wird  das  Thermo- 
skop  gute  Dienste  thun.  Ein  Messinstrument, 
welches  wirkliche  Werte  von  physikalischen 
Konstanten  auch  nur  für  den  Schulunterricht 
zu  liefern  vermag,  ist  es  nicht,  und  solche  kann 
man  nicht  entbehren.  Das  exakte  Thermo- 
meter wird  die  Loosersche  Experimentierkunst 
nicht  ersetzen  können.  Und  ob  in  Fällen,  in 
denen  man  sonst  (wie  bei  Versuchen  über  strah- 
lende Wärme)  die  Thermosäule  zu  benutzen 
pflegte,  nicht  der  über  einer  langen  Skala  spie- 
lende Lichtstreif  des  Galvanometers  noch  dem 
Looserschen  Indikator  vorzuziehen  wäre, 
scheint  kaum  fraglich,  ganz  abgesehen  davon, 
dass  das  Arbeiten  stets  nur  mit  einem  einzigen 
Instrumente  doch  etwas  recht  Ermüdendes  hat. 

O.  Behrendsen. 

(Eingegangen   16,  Januar  1902.) 


R.   Sissingh,     ,Sur   quelques   propriötös   des 
systemesde  lentilles  photographiques'.  (Arch. 

Neerland.   d.   Sc.  Serie  II,  Tome  VI.     1901.) 

Der  Verfasser  bespricht  nach*  einer  kurzen 
Einleitung  die  Bildhelligkeit  und  zeigt,  dass 
diese  sich  mit  der  Objektentfernung  ändert  und 
zwar  bei  verschiedenen  Typen  in  verschiedener 
Weise.  Des  weiteren  erörtert  er  die  Vorteile 
der  Teleobjektive  (starke  Vergrösserung,  geringer 
Bildabstand,  geringe  perspektivische  Verzerrung). 
Hieran  schliesst  sich  eine  Bestimmung  optischer 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   1 5. 


347 


Konstanten  (der  Öffnung,  des  Bild-  oder  Um- 
spannungswinkels  und  des  Objektwinkels  oder 
Gesichtsfeldes).  Ferner  wird  die  Orthoskopie 
der  symmetrischen  und  hemisymmetrischen  Sy- 
steme besprochen  und  bewiesen.  Endlich  werden 
die  hyperchromatischen  Linsen  behandelt,  welche 
aus  zwei  Komponenten  von  gleichem  Haupt- 
brechungsindex und  verschiedenem  Zerstreuungs- 
vermögen bestehen  und  gezeigt,  dass  man  hier- 
durch entweder  achromatische  Kombinationen 
oder  solche  von  übermässig  grossem  Gesamt- 
zerstreuungsvermögen  erhalten  kann. 

K.  Strehl. 

(Eingegaagen  8.  Februar  1902.) 


Edwin  Bidwell  Wilson,   ,Vector  Analysis*. 
New  York  und  London   1901,  436  Seiten. 

J.  Williard  Gibbs,  der  durch  seine  ther- 
mochemischen  Forschungen  berühmte  Theore- 
tiker, gab  vor  20  Jahren  eine  kleine  Schrift 
„Elements  of  vector  analysis"  heraus;  dieselbe 
wurde  nur  in  einem  engeren  Kreise  verbreitet, 
im  Buchhandel  ist  sie  nicht  erschienen.  Aber 
auch  derjenige,  der  jene  Schrift  kennen  lernte, 
mochte  ber  der  Originalität  der  Gibbsschen 
Ideen  eine  ausführlichere  Darstellung  seines 
Systemes  der  Vektoranalysis  für  erwünscht 
halten.  Es  ist  mit  Freude  zu  begrüssen,  dass 
Herr  E.  B.  Wilson  jetzt,  bei  Gelegenheit  des 
200  jährigen  Jubiläums  der  Yale-Universität,  eine 
solche  Darstellung  giebt.  Wenngleich  der  Ver- 
fasser sich  an  Vorlesungen  von  Gibbs  anlehnen 
konnte,  so  ist  er  doch  in  der  Ausarbeitung 
durchaus  selbständig  gewesen;  er  hat  sich  be- 
müht, durch  zahlreiche,  der  Geometrie,  Mecha- 
nik und  Physik  entnommene  Beispiele  die  Be- 
deutung der  Vektormethoden  zu  erläutern. 

Das  Buch  zerfällt  in  sechs  Kapitel.  Die  ersten 
beiden  behandeln  Addition,  Subtraktion,  innere 
(skalare)  und  äussere  (vektorielle)  Multiplikation 
der  Vektoren.  Das  dritte  und  vierte  Kapitel 
überschreibt  der  Verfasser  „Differential-"  und 
„Integral-Rechnung"  der  Vektoren.  Hier  ge- 
langt die  Theorie  der  Vektorfelder  zur  Diskus- 
sion, für  die  bekanntlich  der  Hamiltonsche 
Operator  ' 

A  =  /   -   -\j\-  +  ^-^ 

OX  CJ'  o^* 

von  fundamentaler  Bedeutung  ist.  Wie  der 
Verfasser  uns  erzählt,  hat  man  dir  dieses  um- 
gekehrte Delta  den  Namen  „Atled"  vorgeschla-  , 
gen  (Delta  von  hinten  nach  vorn  gelesen).  Er  ; 
selbst  sagt  kurzweg  „del".  Wendet  man  das 
„del"  auf  einen  Skalar  an ,  so  ergiebt  sich  der 
negativ  genommene  „Gradient"  des  Skalar- 
feldes;  mit  Vektoren  nach  Art  des  skalaren 
Produktes  kombiniert,  ergiebt  sich  ein  Skalar, 
die  „Divergenz",    nach  Art    des    vektoriellen 


Produkts  kombiniert,  ein  Vektor,  den  man 
„curl"  oder  „Rotation"  des  ursprünglichen 
Vektors  nennt.  In  der  Gibbsschen  Symbolik 
werden  diese  verschiedenen  Anwendungen  des 
„del"  als  p,  p-,  Px  unterschieden.  Man  er- 
reicht offenbar  die  grösste  Kürze,  wenn  man 
diese  Symbole  verwendet.  Allein  es  entsteht 
die  Gefahr,  dass  der  «Leser  durch  den  Anblick 
aller  dieser  auf  den  Kopf  gestellter  Deltas  kopf- 
scheu gemacht  wird.  Der  Referent  hat  daher 
in  derEncyklopädie  der  mathematischen  Wissen- 
schaften (Bd.  IV,  S.  14)  das  Symbol  p  nur  in 
der  erstgenannten  Bedeutung  gebraucht  und  für 
die  letzten  beiden  Symbole  „div"  bezw.  „curl" 
geschrieben.  Diese  Schreibweise  wird  auch  in 
dem  vorliegenden  Werke,  neben  der  Gibbs- 
schen, verwandt.  Neuerdings  scheint  man  dazu 
zu  neigen,  an  Stelle  von  -p  in  der  ersten  Be- 
deutung „grad"  zu  schreiben,  was  vielleicht 
manches  für  sich  hat. 

Die  beiden  letzten  Kapitel  beschäftigen  sich 
mit  der  Theorie  der  linearen  Vektorfunktionen 
und  der  eng  mit  diesen  verknüpften  Theorie 
der  Deformation  kontinuierlicher  Körper.  Hier 
kommen  bekanntlich  sog.  „Tensoren"  zur  Ver- 
wendung, Grössen,  deren  Komponenten  sich 
auf  wechselnde  Koordinatensysteme  wie  Qua- 
drate und  Produkte  von  Vektorkomponenten 
transformieren.  Gibbs  hat  eigentümliche  sym- 
bolische Methoden  des  Rechnens  mit  diesen 
Grössen  ersonnen,  Methoden,  die  mit  Quadraten 
und  Produkten  der  /,  j\  k  operieren.  Die  ein- 
gehendere Durcharbeitung  dieser  Ideen,  ihre 
Ausdehnung  auf  geometrische  Grössen  dritter, 
vierter  und  höherer  Ordnung  mag  in  der  Hand 
geschickter  Geometer  noch  wichtige  Ergebnisse 
zeitigen. 

Wir  wünschen  dem  neuen  Werke  viele 
Leser;  mag  es  dazu  beitragen,  der  Vektorana- 
lysis neue  Freunde  zu  gewinnen. 

M.  Abraham. 

(Eingegangen  8.  Januar  1902.) 


Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1899. 
Bd.  I.Physik  der  Materie,  redigiert  von  Rieh. 
Boernsteln  u.  K.  Scheel.  LXXVII  u.  693S. 
M.  26.—.  —  Bd.  II.  Physik  des  Äthers,  redi- 
giert von  Rieh.  Boernstein  u.  K.  Scheel. 
LH  u.  935  S.  M.  34. — .  —  Bd.  III.  Kosmische 
Physik,  redigiert  von  R.  Assmann.  XLIII 
u.  544  S.  M.  20.  .  Braunschweig,  Friedrich 
Vieweg  &  Sohn.   1901. 

Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1900. 
Bd.  I.  Physik  der  Materie,  redigiert  von  K. 
Scheel.  XXXV  u.  357  S.  M.  15.—.  —  Bd.  II. 
Physik  des  Äthers,  redigiert  von  K.  Scheel. 
LH  u.  794  S.  M.  27. — .  -  -  Bd.  III.  Kosmische 
Physik,  redigiert  von  R.  Assmann.  XLVIII 
u.  472  S.    M.    18.--.    Ebenda. 


/ 


348 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


Was  für  eine  weitverzweigte  Verwaltung  die 
Registratur,  das  ist  für  eine  Wissenschaft  die 
Einrichtung  des  Jahrbuches,  in  dem  die  ge- 
samte Litteratur  des  betreffendeii  Jahres  in  wohl- 
geordneten und  durch  systematische  Sach-  und 
Autorenverzeichnisse  leicht  zugänglichen  Refe- 
raten zusammengestellt  wird. 

Von  der  Zuverlässigkeit  und  Schnelligkeit 
dieser  wissenschaftlichen  Registratur  hängt  der 
Fortschritt  und  die  Intensität  der  Forschungs- 
arbeit in  ganz  hervorragender  Weise  ab,  umso- 
mehr,  je  gewaltiger  die  Masse  der  Litteratur  an- 
wächst, an  deren  Bewältigung  ohne  solche  Hilfs- 
mittel der  Einzelne  schon  längst  verzagen  muss. 

Die  Erkenntnis  von  der  Wichtigkeit  einer 
solchen  ordnenden  und  sichtenden  Thätigkeit, 
die  nur  von  einer  opferwilligen  Gemeinschaft 
vieler  Mitarbeiter  geleistet  werden  kann,  war 
seinerzeit  eines  der  wesentlichsten  Motive  zur 
Gründung  der  Berliner  Physikalischen  Gesell- 
schaft. Und  seit  1845  hat  dieselbe  das  frei- 
willig übernommene  Amt  mit  ihren  Fortschritten 
der  Physik    zum  Segen    der   Physik    verwaltet. 

Das  Streben  nach  Vollständigkeit  und  die 
Grösse  der  gestellten,  fast  nur  auf  die  selbstlose 
Hingabe  der  Mitarbeiter  angewiesenen  Aufgabe, 
bewirkte,  dass  allmählich  zwischen  dem  Be- 
richtsjahr und  dem  Ausgabejahr  eine  beträcht- 
liche Phasenverschiebung  eintrat,  die  in  unserer 
schnellarbeitenden  Zeit  den  Wert  des  Werkes 
in  mancher  Hinsicht  illusorisch  machte. 

In  der  That  entstand  denn  auch  in  den  Bei- 
blättern zu  den  Annalen  der  Physik  ein  Pa- 
rallelunternehmen, welches  seit  1876  mit  all- 
monatlichen Heften  den  physikalischen  Reporter- 
dienst versieht. 

So  wertvoll  heute  jedem  Physiker  die  Bei- 
blätter sind,  so  machen  sie  und  machten  sie  doch 
die  Fortschritte  nicht  entfernt  ehtbehrlich.  Sie 
müssen  stets  einen  ephemeren  und  provisori- 
schen Charakter  tragen,  je  schneller  sie  berichten. 
Denn  mitten  in  dem  Gewoge  der  litterarischen 
Erscheinungen  lässt  sich  kein  Ruhepunkt  des 
Urteils  gewinnen,  ja  es  lässt  sich  bei  der  grös- 
seren oder  kleineren  Zeit,  die  jede  Zeitschrift 
braucht,  um  in  die  Hand  des  Referenten,  und 
die  wieder  jedes  Referat  aus  der  Hand  des 
einzelnen  Mitarbeiters  braucht,  um  zur  Sammel- 
stelle zu  gelangen,  nicht  einmal  auf  eine  chro- 
nologisch richtige  Anordnung  des  Stoffes  rechnen. 

Anders  mit  dem  Jahresbericht,  der  in 
Ruhe  zusammengestellt  wird,  wenn  das  Jahr 
vorbei  ist.  Hier  hat  man  schon  die  höhere 
kritische  Warte.  Man  übersieht,  welches  die 
Hauptwellen  waren,  die  gezogen  kamen  und  die 
das  mehr  nebensächliche  verwirrende  Gekräusel 
längst  aufgenommen  haben.  Kurz,  es  lässt  sich 
ausser  einer  flüchtigen  Einordnung  in  Fächer, 
wie  sie  die  Beiblätter  leisten,  auch  eine  sorg- 
fältige Ordnung  innerhalb  der  Fächer  selbst  er- 


zielen und  eine  gewisse  Wertbezeichnung  jedes 
Stückes  vornehmen,  entsprechend  der  Rolle,  die 
es  in  der  weiteren  Entwicklung  gespielt  hat 
und  voraussichtlich  zu  spielen  berufen  ist.  Das 
leisteten  die  Fortschritte  stets  über  die  Bei- 
blätter hinaus  und  das  leisten  mehr  oder  weniger 
auch  die  vorliegenden  Bände.  Ob  sie  es  nicht 
noch  weitgehender  erreichen  könnten  unji  ob 
sie  nicht  gerade  ihren  Schwerpunkt  auf  diese 
Aufgabe  legen  sollten,  sei  zur  Diskussion  gestellt. 
Mir  scheint  das  jedenfalls  ein  Ziel,  welches  mit 
Rücksicht  auf  die  Beiblätter  vielleicht  wichtiger 
ist,  wie  das  von  dem  energischen  Vorstande  und 
den  geschickten  Redakteuren  jetzt  erzielte  Ein- 
bringen jener  zeitlichen  Verschiebung.  Dass  man 
in  der  That  auch  nach  dieser  Richtung  hin  zu- 
arbeiten entschlossen  ist,  geht  aus  dem  Vor- 
worte zum  Jahrgang  1900  hervor.  '  Man  hat  an 
den  Grenzgebieten  energisch  gekürzt  und  sich 
mehr  auf  das  rein  Physikalische  beschränkt,  obwohl 
darin  m.  E.  im  dritten  Bande  noch  weiter  hätte 
gegangen  werden  können.  Ist  erst  die  richtige 
Beschränkung  gefunden,  wird  auch  der  kritischen 
Bewertung  der  Arbeiten  durch  den  Grad  ihrer 
Berücksichtigung  vielleicht  noch  mehr  Aufmerk- 
samkeit gewidmet  werden  können.  Es  wird 
das  natürlich  davon  abhängen,  wieweit  man 
Mitarbeiter  gewinnen  kann,  die  ihr  Gebiet  that- 
sächlich  beherrschen. 

Vorerst  darf  dem  Vorstande  der  deutschen 
physikalischen  Gesellschaft  und  der  Aufopferung 
der  Redakteure  und  Mitarbeiter  die  Anerken- 
nung fiir  die  Leistung  nicht  vorenthalten 
werden,  die  darin  liegt,  dass  schon  im  Novem- 
ber 1900  das  Jahr  1899  und  im  Herbst  1901 
das  Jahr  1900  fertig  vorlag.  Auch  der  Ver- 
lagsbuchhandlung, der  das  Werk  sicher  keine 
Zinsen  trägt,  ist  der  Dank  der  physikalischen 
Wissenschaft  gewiss.  H.  Th.  Simon. 

( Einge^j^angen   i    Dezember  1901). 


Die   Fortschritte   der   Physik   im   Jahre  1902. 

Dargestellt  von  der  Deutschen  Physikalischen 
Gesellschaft.  Halbmonatliches  Litteraturver- 
zeichnis,  redigiert  von  Karl  Scheel  und 
Richard  Assmann.  Braunschweig.  Friedrich 
Vieweg&Sohn.  1902.  Preis  für  den  Jahrgang  4M. 

Die  unter  obigem  Titel  neu  erscheinende 
Zeitschrift  soll  als  eine  Art  Vorläufer  zu 
den  jährlich  erscheinenden  „Fortschritten  der 
Physik**,  ein  halbmonatliches  Litteraturverzeich- 
niss  nach  Materien  geordnet  bieten.  Ein 
derartiges  Unternehmen  ist  bei  dem  enormen 
Umfang  der  heutigen  Litteratur,  der  selbst  das 
blosse  Durchlesen  eines  ungeordneten  Litteratur- 
verzeichnisses  schon  zu  einer  zeitraubenden  Ar- 
beit macht,  durchaus  mit  Freuden  zu  begrüssen. 

Umsomehr  ist  es  zu  bedauern,  wenn  durch 
die  Art  der  Ausfuhrung  der  Zweck  des  Unter- 


/ 


i 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


349 


nehmens  ernstlich  in  Frage  gestellt  wird.  Zwei 
Umstände  sind  es,  die  hier  störend  wirken. 
Erstens  die  gänzlich  antiquierte,  der  heutigen 
Systematik  nicht  ttiAir  entsprechende  Einteilung 
der  Kapitel.  Die  Einteilung,  die  mit  derjenigen 
der  grossen  „Fortschritte**  übereinstimmt,  ist 
seit  Jahrzehnten  niemals  erneuert  worden,  son- 
dern stets  nur  durch  mehr  oder  weniger  ge- 
schickte Einschachtelungen  erweitert  worden; 
die  Folge  davon  ist  es,  dass  gewisse  zusammen- 
gehörige Erscheinungsgruppen  in  den  „Fort- 
schritten" gänzlich  auseinandergerissen  sind, 
während  andererseits  Dinge,  die  nichts  mitein- 
ander zu  thun  haben,  in  einem  Kapitel  zu- 
sammenstehen. Einige  Beispiele  mögen  dies  er- 
läutern: Man  will  sich  über  die  Elektronen- 
theorie informieren:  hierhergehörige  Arbeiten 
finden  sich  in  Heft  i:  i.  unter  Optik  §  14 
(Phosphoreszenz  und  Fluoreszenz)  wo  man  die 
Becquerelstrahlen  recht  unglücklich  eingeschach- 
telt hat;  2.  unter  Wärme  (I)  §  22b  (Sieden  und 
Sublimieren,  Kondensation)  nämlichdie  Arbeit  von 
W.  Leume,  Wirkung  von  Ionen  auf  den  Dampf- 
strahl  u.  s.  w.;  3.  unter  Elektrizitätslehre  §  31 
(Elektrische  Maasse  und  Messungen),  wo  ver- 
schiedene Arbeiten  über  leitende  Gase  stehen, 
§  35  (Elektrisches  Leuchten),  §  36  (Magnetis- 
mus). 

Ähnlich  geht  es  mit  den  Arbeiten  über 
die  Temperaturstrahlung,  die  man  je  nach  dem 
beobachteten  Spektralbereich  und  je  nach  der 
Beobachtungsmethode  (ob  photometrisch  oder 
bolometrisch),  in  §  12  (Spektrum),  §  13  (Photo- 
metrie) oder  aber  in  §  20  (Thermometrie)  und 
§  24b  (Wärmestrahlung)  zu  suchen  hat. 

Auch  für  die  andere  Folge  der  veralteten 
Einteilung,  das  Zusammenlegen  gänzlich  ver- 
schiedener Dinge  in  einen  Paragraphen  Hessen  sich 
viele  krasse  Beispiele  anfuhren:  Was  haben  z.  B. 
die  rein  elektrochemischen  Betrachtungen  von 
G.  C.  Schmidt  über  die  Färbung  von  Salzen 
durch  Kathodenstrahlen  mit  „elektrischem Leuch- 
ten'* (§  35)  zu  thun,  oder  die  Arbeit  des  Re- 
ferenten über  die  scheinbare  Masse  der  Elek- 
tronen mit  „Phosphoreszenz  und  Fluoreszenz"? 

All  dieses  würde  schon  genügen,  um  den 
Leser,  wenn  er  nichts  übersehen  will,  in  die  Not- 
wendigkeit zu  versetzen,  doch  immer  das  ganze 
Heft  durchzulesen. 

Noch  schlimmer  wird  das  Ganze  aber  da- 
durch, dass  die  Verteilung  der  Arbeiten  in  die  ein- 
zelnen Paragraphen  auf  Grund  der  vorhandenen 
Einteilung  nicht  einmal  konsequent  durchgeführt 
ist;  es  scheint,  als  ob  seitens  der  Redaktion 
im  wesentlichen  nach  Stichworten  gearbeitet 
wird.  Das  Wort  „Elektromagnetismus"  im  Titel 
einer  Arbeit  scheint  zu  genügen,  um  die  Ein- 
ordnung in  §  37  (Elektromagnetismus  etc.)  zu 
rechtfertigen;  was  hätte  sonst  die  Arbeit  von 
E.  Cohn    „Über    die  Gleichungen  des  elektro- 


magnetischen Feldes  für  bewegte  Körper*'  dort 
zu  thun?  Sie  gehört  ebenso  wie  die  beiden 
andern  in  Heft  i  §  37  genannten  Arbeiten  nach 
§  25. 

In  Heft  4  findet  sich  gar  eine  Arbeit  von 
O.  W.  Richardson  „On  the  negative  radiation 
from  hot  platinum'*.  (Es  handelt  sich  um  Ab- 
gabe negativer  Elektrizität II)  unter  §  24b 
(Wärmestrahlung  1 1) 

Zusammenfassend  kann  nur  gesagt  werden: 
Ein  an  und  für  sich  nützliches  Unternehmen, 
das  jedoch  nur  dann  gedeihen  kann,  wenn  sich 
die  Leitung  desselben  zu  einer  gründlichen  Re- 
form der  unhaltbar  gewordenen  Einteilung  ent- 
schliesst  (es  wäre  das  wohl  eine  dankbare 
Aufgabe  für  den  wissenschaftlichen  Aüsschuss 
der  Physikalischen  Gesellschaft)  und  wenn 
andererseits  die  Redaktion  mit  etwas  grösserer 
Sorgfalt  gehandhabt  würde.  [Die  letzten  Hefte 
scheinen  in  dieser  Hinsicht  übrigens  bereits 
einen  gewissen  Fortschritt  aufzuweisen.] 

W.  Kaufmann. 

(Eingegangen  25.  März  1902.) 


K.  Zulkowski,    Zur    Erhärtungstheone    der 
hydraulischen  Bindemittel.     (Sonderabdruck 

aus    „Die  chemische  Industrie".)     S^,     95  S. 
Berlin,  R.  Gärtners  Verlag.     1901.     M.  2. — . 

Das  Ziel  des  Verfassers  war  die  Konstitu- 
tion und  Eigenschaften  des  Cementes  aufzu- 
klären, um  dem  Cementtechniker  eine  verläss- 
liche wissenschaftliche  Grundlage  dieses  Indu- 
striezweiges zu  geben.  Da  die  Abhandlung 
etwas  aus  dem  Rahmen  der  Physikalischen 
Zeitschrift  herausfallt,  so  kann  sie  nur  kurz  be- 
sprochen werden. 

Um  die  Zusammensetzung  des  Cementes  zu 
ermitteln,  wurden  die  einzelnen  Bestandteile, 
welche  denselben  zusammensetzen,  unter  grossen 
Schwierigkeiten  einzeln  dargestellt,  genau  unter- 
sucht und  namentlich  die  Wassermengen  be- 
stimmt, welche  diese  Körper  bei  ihrer  vollstän- 
digen Erhärtung  binden.  Der  Verfasser  stützt 
seine  Analysen  und  Theorien  in  allen  Fällen 
dadurch,  dass  er  analoge  Verbindungen  herstellt, 
bei  denen  ein  Element  durch  ein  anderes,  nicht 
im  Cement  enthaltenes  ersetzt  wird  z.  B.  Cal- 
cium durch  Baryum,  Aluminium  durch  Eisen 
u.  s.  w.  und  nachweist,  dass  dieselben  sich 
ebenso  verhalten,  wie  die  einzelnen  Bestandteile 
des  Cementes.  Das  Verfahren  bestand  darin, 
dass  die  einzelnen  Bestandteile  z.  B.  Ca  0  und 
St  O2  zusammengeschmolzen  wurden;  die  mehr 
oder  weniger  gelungenen  hydraulischen  Produkte 
wurden  fein  pulverisiert,  mit  Wasser  zu  einer 
bildsamen  Masse  angerührt  und  daraus  kleinere 
Ballen  geformt,  die  mindestens  i  Monat  in  mit 
Wasser    gefüllten    und    verschlossenen    Pulver- 


3  so 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   15. 


gläsern  aufbewahrt  wurden.  Dabei  wurde  der 
Grad  der  Erwärmung,  die  Zeit  der  Bindung  und 
endlich  der  erlangte  Härtegrad  beobachtet. 
Nach  beendeter  Erhärtung  wurde  die  Menge 
des  aufgenommenen  Hydratwassers  bestimmt, 
in  vielen  Fällen  wurde  auch  der  Gang  des  Hy- 
dratisierungsprozesses bestimmt. 

Wenn  z.  B.  Kieselsäure  und  Calciumoxyd 
im  Verhältnis  i  :  2  zusammengeschmolzen  wer- 
den, so  entsteht  das  Dicalciummetasilikat 
Si  O2  '  2  CaO.  Gleich  nach  seiner  Darstellung 
zerrieselt  es  und  zeigt  keine  hydraulischen  Eigen- 
schaften; wird  es  aber  abgeschreckt,  so  resul- 
tiert eine  kräftige  hydraulische  Verbindung. 
Dies  erklärt  sich  daraus,  dass  zwei  Modifika- 
tionen sich  bilden,  das  inaktive  Orthosilikat: 


Si 


a>ca 

0 
(T>Ca 


und  das  aktive  basische  Metasilikat: 

wird  das  letztere  mit  Wasser  zusammengebracht, 
so  findet  folgende  Reaktion  statt: 

Es  entsteht  also  Monocalciummetasilikat,  ein 
Körper,  der  ein  bedeutendes  Quellungsvermögen 
besitzt,  welches  durch  Kalkwasser  und  die 
Lösungen  von  Ätzalkalien  und  Baryt  noch  ge- 
steigert wird.  „Die  Erhärtung,  welche  das  Pul- 
ver des  Dicalciummetasilikates  erfährt,  ist  somit 
darauf  zurückzuführen,  dass  bei  der  Einwirkung 
des  Wassers  das  Monocalciummetasilikat  ent- 
steht, welches  im  Wasser,  besonders  im  Kalk- 
wasser quillt  und  die  Poren  der  feuchten  und 
starr  gewordenen  Masse  mit  steigendem  Drucke 
anfüllt.  Es  darf  jedoch  nicht  übersehen  werden, 
dass  auch  das  entstehende  Kalkhydrat  viel  zum 
Erhärten  beiträgt.  Es  ist  also  der  innere  Druck, 
welcher  die  einzelnen  Teilchen  vereinigt,  ge- 
radeso wie  durch  den  äusseren  Druck  einer 
hydraulischen  Presse  feuchte  pulverige  Sub- 
stanzen zu  einem  kompakten  Ganzen  vereinigt 
werden  können.  Eine  derartige  Quellung  kann 
natürlich  nur  dann  eine  Erhärtung  herbeifuhren, 
wenn  die  quellende  Masse  an  ihrer  weiteren 
Volumzunahme  gehindert  wird.  Wenn  also  die 
Quellung  einer  in  Breiform  befindlichen  hydrau- 
lischen Substanz  stattfindet,  so  dehnt  der  innere 
Druck  sie  nach  allen  Seiten  auseinander  und 
das  Ganze  zeigt  wenig  Zusammenhang.*' 

Dies  ist  im  wesentlichen  die  Theorie  der 
Erhärtung  des  Verfassers.  Mag  man  über  die- 
selbe denken,  wie  man  will  —  nach  Ansicht 
des  Referenten  bedarf  sie  noch  der  Klärung 
— ,  jedenfalls  kommt  dem  Verfasser  das  Ver- 
dienst zu,  die  einzelnen  Bestandteile  des  Ce- 
m^nt^s  genau  untersucht  und  ihre  Eigenschaften 


festgestellt  zu  haben,  derart,  dass  wenn  man 
einen  Cement  analysiert,  man  mit  Hilfe  der 
Formeln  des  Verfassers  genau  berechnen  kann, 
wieviel  Wasser  derselbe  hJindet.  Die  so  be- 
rechneten Zahlen  stimmen  sehr  gut  mit  den 
beobachteten  überein,  so  dass  die  chemischen 
Prozesse,  welche  die  Erhärtung  begleiten,  jeden- 
falls aufgeklärt  sind.  G.  C.  Schmidt. 

(Eingegangen  i.  Februar  1902. ^ 


J.  Zacharias,  Die  Akkumulatoren  zur  Auf- 
speicherung des  elektrischen  Stromes, 
deren  Anfertigung,  Verwendung  und  Betrieb. 

2.  vollständig  umgearbeitete  und  beträchtlich 
vermehrte  Auflage,  gr.  8^  XII  u.  724  Seiten 
mit  294  Illustrationen.  Berlin,  Hermann 
Costenoble.     1901.     M.  22. — . 

Beginnend  mit  einer  geschichtlichen  Über- 
sicht über  die  vor  1881  gemachten  Beobach- 
tungen über  Polarisations-Zellen,  die  im  wesent- 
lichen dem  Werke  von  J.  Sack  entnommen 
ist,  und  einer  Einleitung,  welche  die  Verwend- 
ungsarten und  Grundbedingungen  des  Akkumu- 
lators hervorhebt,  ordnet  der  Verfasser  seinen 
Stoff  in  vier  grössere  Abschnitte: 

a)  Konstruktion  der  Akkumulatoren, 

b)  Materialkunde  und  Chemie, 

c)  Herstellung  der  Akkumiulatoren, 

d)  Bau  von  Batterien  und  Apparaten. 

Besonders  reichhaltig  ist  die  im  ersten  Ab- 
schnitt gebrachte  Zusammenstellung  der  älteren 
und  neueren  Plattenkonstruktionen  mit  ausführ- 
lichen Abbildungen  nebst  Angaben  über  Dimen- 
sionen und  Leistungsfähigkeit  derselben.  Ferner 
ist  in  diesem  Abschnitt  dem  Einbau  der  Blatten 
und  den  verschiedenartigen  Konstruktionen  der 
Zellen  ein  längeres  Kapitel  mit  zahlreichen, 
den  Text  wirksam  ergänzenden  Abbildungen 
gewidmet.  In  gleicher  Weise  befriedigt  durch 
seine  Reichhaltigkeit  der  mit  „Herstellung" 
überschriebene  dritte  Abschnitt.  Derselbe 
bringt  allgemeine  Angaben  über  Fabrik-  und 
Laboratoriumseinrichtungen,  über  Formen,  Giess- 
und  Schmiermaschinen,  über  das  Formieren 
der  einzelnen  Plattentypen,  endlich  eine  be- 
sonders für  den  Techniker  wertvolle  Übersicht 
über  die  bei  der  Aufstellung  von  Batterien  zu 
verrichtenden  Arbeiten,  wie  Isolieren  der  Ge- 
fässe,  Löten  mit  Wasserstoffapparat  u.  a.  Der 
gleiche  Abschnitt  enthält  ferner  in  einem  Ka- 
pitel, „Untersuchung  der  Zellen"  überschrieben, 
eine  Zusammenstellung  von  Untersuchungen 
älterer  Forscher  über  einige  Sekundärerschein- 
ungen beim  Elektrolysieren  von  Schwefelsäure, 
und  behandelt  im  vorletzten  Kapitel  ausfuhrlich 
die  mit  dem  Nutzeffekt  des  Akkumulators  zu- 
sammenhängenden Fragen,  während  das  letzte 
Kapitel  Fingerzeige  über  die  Aufstellung  von 
Preislisten  und  Daten  über  die  Fabrikationskosten 
einiger  Typen  bringt. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.   15. 


351 


Findet  sich  schon  im  dritten  Abschnitt 
manches,  was  unter  die  allgemeine  Überschrift 
nicht  passt  und  übersichtlicher  gesondert  be- 
handelt worden  wäre,  so  ist  dies  im  vierten 
Abschnitt  über  „Bau  von  Batterien  und  Appa- 
raten" noch  mehr  der  Fall.  Neben  Schaltungen, 
Schaltapparaten,  Einrichtung  von  Akkumula- 
torenräumen behandelt  derselbe  in  einem  „Die 
Verwendung  der  Akkumulatoren"  überschrie- 
benen  Kapitel  das  Zusammenarbeiten  von  Lade- 
maschine und  Motor  mit  Batterie,  ferner  die 
an  Akkumulatoren  in  verschiedenen  Betriebs- 
arten gemachten  Erfahnmgen  an  Hand  von  i 
der  Praxis  entnommenen  Beispielen,  die  jedoch  j 
mit  wenigen  Ausnahmen  der  Zeit  vor  1892  ! 
entstammen  und  daher  kaum  mehr  geeignet 
sind,  über  den  heutigen  Stand  der  Akkumula- 
torentechnik ein  richtiges  Bild  zu  geben. 

Was    der  Verfasser  im  Vorwort  verspricht: 
„hauptsächlich    der    konstruktiven    Anordnung  ■ 
und  Ausbildung  der  einzelnen  Teile  den  grössten   1 
Raum  zu  geben,  während  rein  theoretische  Er-  \ 
örterungen     möglichst     eingeschränkt     werden  , 
sollen,"  hält  das  Werk.     Fast  alle  in    das  Ge-  ; 
biet    der   Akkumulatoren    schlagenden    techni- 
schen Fragen  werden,    wenn  auch  meistens    in 
wenig  übersichtlicher  Anordnung  und  ohne  ge- 
nügende   Berücksichtigung    der    letzten   Jahre, 
gestreift,    während    die    theoretischen    Kapitel 
eine    etwas    stiefmütterliche    Behandlung   deut- 
lich erkennen  lassen.   So  wirken  die  im  zweiten 
Abschnitt    ,, Materialkunde   und  Chemie"    ohne 
eigene   Kritik   von    seiten     des    Verfassers    ge- 
gebenen Theorien  über  die  Chemie  des  Akku- 
mulators eher  verwirrend  als  aufklärend;  insbe- 
sondere sind  die  ebendaselbst  gebrachten  physi- 
kalischen   Grundbegriffe    mit   grosser   Vorsicht 
zu    studieren,    indem    sie    nicht    nur   mehrere 
störende  Druckfehler,  sondern  direkte  Unrichtig- 
keiten enthalten.  C.  Deguisne. 

(Eingegangen  27.  Februar  1902.) 

R.  Etzold,  Zeitbestimmung  mittels  des  Pas- 
sage-Instruments. gT.S\  95  S.  mit  37 Figuren. 
Leipzig,  W.  Diebener.     1901.     M.  2. — . 

Das  vorliegende  kleine  Werkchen  wendet 
sich  nicht  an  Astronomen  vom  Fach,  son- 
dern an  alle  diejenigen,  welche  für  gewerbliche 
Zwecke  oder  aus  Liebe  zur  Sternenkunde  ge- 
naue Zeitangaben  zu  haben  wünschen.  Beson- 
ders ist  daher  in  sehr  elementarer  Weise  das 
Problem  der  Zeitbestimmung  mit  kleinen  Durch- 
gangsinstrumenten namentlich  solcher,  wie  sie 
die  auf  diesem  Gebiet  sehr  rühmlichst  bekannte 
Firma  G.  Hey  de  in  Dresden  herstellt,  behan- 
delt. Zahlreiche  Diagramme  und  Abbildungen 
solch  kleiner  Instrumente  erläutern  den  Text  in  , 
zweckmässiger  Weise.  Dass  es  in  einer  solchen, 
von    einem    Laien    verfassten    Anleitung    nicht  , 


überall  ohne  kleine  Ungenauigkeiten  abgeht,  soll 
dem  Werkchen  aber  durchaus  nicht  zum  Vor- 
wurf gemacht  werden.  An  verschiedenen  Stellen 
sind  Angaben  über  Preis  u.  s.  w.  der  speziellen 
Heyde  sehen  Instrumente  eingeflochten. 

L.  Ambronn. 

(Eingegangen   16.  März.   1902.) 


F.  Gl e sei.  Über  radioaktive  Substanzen  und 
deren  Strahlen,  gr.  8».  28  S.  Mit  4  Ab- 
bildungen. (Sammlung  chemischer  und 
chemisch-technischer  Vorträge  VII,  I.) 
Stuttgart,  Ferdinand  Enke.  1902.  M.  1,20. 
Mit  historischen  Betrachtungen  über  die 
Entdeckung  dieser  Strahlen  beginnend,  be- 
spricht der  Verfasser  kurz  die  verschiedenen 
Nachweis-  und  Messmethoden  derselben.  Ein- 
gehender wird  sodann  die  Radioaktivität  des 
Uran,  Thor  und  deren  Mineralien  behandelt,  so- 
wie der  aus  Pechblende  gewonnenen  Substanzen: 
einiger  Gase,  Polonium,  Radium,  Aktinium,  eini- 
ger noch  nicht  mit  Sicherheit  erkannter  Stoffe 
und  des  Radiobleis.  Weiterhin  spricht  der  Ver- 
fasser über  die  Schwierigkeit  der  Darstellung 
dieser  Stoffe  und  über  die  Spektraluntersuchungen, 
die  als  neues  Element  unter  den  radioaktiven 
Körpern  nur  das  Radium  ergeben  haben.  In 
den  nächsten  Kapiteln  werden  die  Eigenschaften 
der  Strahlen  behandelt:  ihre  Phosphorescenz- 
wirkung,  ihre  chemischen,  physiologischen  und 
physikalischen  Wirkungen,  der  Einfluss  der  Tem- 
peratur, die  Einwirkung  des  magnetischen  Feldes 
(durch  einige  Abbildungen  erläutert),  des  elek- 
trischen Feldes  und  die  von  P.  und  M.  Curie 
nachgewiesene  elektrische  Ladung  der  einen 
Strahlenart.  Das  letzte  Kapitel  bespricht  noch 
ausführlich  die  induzierte  Radioaktivität,  ein 
Ausdruck,  der  vom  Verfasser  in  „eingeführte" 
Radioaktivität  verdeutscht  ist.  Die  besondere 
Eigenschaft  der  Luft  als  Träger  der  Induktion 
wird  eingehend  erörtert.  Die  Arbeit  schliesst 
mit  einer  Betrachtung  über  die  Natur  der  Bec- 
querelstrahlen,  deren  Energiequelle  uns  vorläufig 
noch  ein  ungelöstes  Rätsel  ist. 

Was  die  Litteraturangaben  betrifft,  so  dürften 
dieselben  nicht  in  allen  Punkten  vollständig  sein. 
In  dem  Kapitel  über  chemische  Wirkung  der 
radioaktiven  Substanzen  wird  z.  B.  über  Fär- 
bungen von  Steinsalz,  Bromkalium,  Flussspat 
u.  s.  w.  durch  Radium-  und  Kathodenstrahlen 
gesprochen,  ohne  dass  die  einschlägigen  wich- 
tigen Arbeiten  von  E.  Wiedemann  und  G.  C. 
Schmidt  erwähnt  werden.    '         M.  Reich. 

(Eingegangen  8.  März  1902) 

G.-A.Hemsalech,  Rechcrches  expcrimentales 

sur  les  spectres  d'ötinccUes.    XVI  und  138  S. 

Paris,  Librairiescientifique  A.Hermann,  1901. 

In  einer  Reihe  von  Arbeiten,   die  der  Ver-- 

fasser    teils    allein,    teils    in    Gemeinschaft    mit 


352 


Physikalische  Zeitschrift.     3    Jahrgang.     No.   13. 


S  c  h  u  s  t  e  r Veröffentlichte,  wurden  Versuche  und 
Methoden  beschrieben,  die  in  die  verwickelten 
Verhältnisse  im  elektrischen  Funken  eine  Ein- 
sicht gewähren  sollten,  und  in  die  Abhängig- 
keit des  vom  Funken  gelieferten  Spektrums 
von  den  Vorgängen  in  demselben. 

Speziell  bearbeitete  Verfasser  wohl  als 
Hauptfrage,  die  Änderung  der  relativen  Inten- 
sitäten der  Spektrallinien,  wie  sie  durch  Ein- 
schalten verschiedener  Selbstinduktionen  in  den 
Kreis  der  Funkenstrecke  bewirkt  wird.  Auf 
Grund  dieser  Untersuchungen  gelang  es  dem 
Verfasser,  die  Linien  in  drei  Gruppen  mit 
charakteristischen  Eigenschaften  zu  teilen;  Linien, 
die  mit  Vermehrung  der  Selbstinduktion  rapid 
an  Intensität  verlieren,  solche,  die  kontinuier- 
lich, aber  langsam  schwächer  werden,  und  solche, 
die  zuerst  schwächer  werden,  ein  Minimum  er- 
reichen, dann  wieder  bis  zu  einem  Maximum 
stärker  werden,  um  dann  von  neuem  abzublassen. 

Diese  mannigfachen,  zum  grössten  Teile  in 
den  letzten  Bänden  der  Comptes  rendus  und 
des  Journal  de  physique  veröffentlichten  Ar- 
beiten sind  im  vorliegenden  Buche  zusammen- 
gestellt; die  Versuchsanordnungen  werden  ein- 
gehender beschrieben  und  ein  detailliertes 
Zahlenmaterial  gegeben.  Bei  den  Versuchen 
über  den  Funken  selbst  sind  diejenigen  von 
Feddersen  und  J.  J.  Thomson  in  den  Text 
mit  eingefügt. 

Ein  weiterer  Teil  des  Buches  enthält  die 
Funkenspektren  von  14  Metallen  nach  eigenen 
Messungen  des  Verfassers,  denen  die  Zahlen 
anderer  Forscher  über  die  jeweilig  gleichen 
Gegenstände  gegenüber  gestellt  sind,  mit  An- 
gabe der  Intensitäten  im  Bogen,  gewöhnlichen 
und  oszillierenden  Funken,  ferner  das  Luft- 
linienspektrum, wie  es  sich  bei  den  Aufnahmen 
mit  den  verschiedenen,  die  Funkenstrecke 
bildenden  Metallen  rtiitphotographiert  und  das 
Stickstoffbandenspektrum  des   negativen  Poles. 

C.  Fritsch. 

(Eingegangen  am  24.  P'ebruar  1902.) 

E.Vogel,  Taschenbuch  der  praktischen  Photo- 
graphie.    8.  und  9.  Auflage.     12^.    VI  u.  319 
Seiten  mit  vielen  Abbildungen  u.  7  Tafeln. 
Berlin,  Gustav  Schmidt.     1901.     M.  2.50. 
E.  Vogels  Taschenbuch    der   Photographie 
hat    sich    durch    seine    früheren    seit    1891     er- 
schienenen Auflagen  einen  solch  grossen  Kreis 
von  Freunden  erworben,    dass   es  einer  beson- 
deren Empfehlung  der  neuen  Bearbeitung  kaum 
bedarf.     Die    Anordnung   des   Stoffes    ist,    wie 
früher,  durchaus  übersichtlich,    die  Darstellung 
klar  und  durch  instruktive  Abbildungen  unter- 
stützt. 


Leider  ist  der  Verfasser  vor  einigen  Mo- 
naten seinem  Vater  H.  W.  Vogel  allzufrüh  im 
Tode  nachgefolgt;  möge  das  vorliegende  Werk- 
chen dem  verdienstvollen  Forscher,  dem  Er- 
finder der  Celluloid-Films,  bei  alleu  Freunden 
der  Photographie  ein  dauerndes  Andenken 
sichern  1  Karl  Schaum. 

(Eingegangen  am  16.  Februar  1902.; 


Tagesereignisse. 

Wie  seit  längerer  Zeit  in  Göttingen,  sollen  auch  an  der 
Berliner  Universität  in  diesem  Sommersemester  zum 
ersten  Male  Vorlesungen  über  Maschinenkunde  für 
Chemiker  abgehalten  werden.  Mit  dieser  Aufgabe  ist  rom 
preussischen  Kultusministerium  Regierungsrat  v.  Ihering  be- 
traut worden.  Die  Vorlesungen  sollen  vier  Hauptabschuitte 
behandeln.  Besonders  wird  darauf  Wert  gelegt,  dass  in 
grossen  Zügen  ein  Cberblick  über  die  wichtigsten  Ty]>en  des 
Maschinenwesens  geboten  werden  soll.  Im  ersten  Abschnitte 
der  Vorlesungen  sollen  die  Kraftmaschinen  behandelt  werdeo. 
Der  zweite  Abschnitt  ist  den  Arbeitsmaschinen  im  allge- 
meinen gewidmet.  Hier  sollen  die  Maschinen  zur  H<*rbei- 
schaflung  der  Materialien  und  die  Einrichtungen  zur  Form- 
veränderung besprochen  werden.  Dann  sollen  die  M'sch-  und 
Trennvorrichtungen  sowie  die  Mittel  zur  Kälte-  und  Wärme- 
lieferung erörtert  werden.  .  Zum  Schlüsse  werden  muster- 
gültige Anlagen  geschildert  und  in  Exkursionen  besichtigt. 

Die  Jahresversammlung  der  Deutschen  Elektroche- 
mischen Gesellschaft  6ndet  am  9.  und  10.  Mai  in 
Würzburg  statt. 

Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Die  Professur  für  Maschinenbau  an  der  Technischen 
Hochschule  zu  Aachen  ist  dem  Reg  erungsbaumeister  Ober- 
gethmann,  die  Professur  für  Hnttenkuitde  an  der  Bergaka- 
demie zu  Freiberg  dem  diplom.  Hütteningenieur  Schiffner 
übertragen  worden. 

An  der  Universität  Graz  wurde  Ferdinand  Heinrich 
als  Privatdozent  fUr  Chemie,  an  der  Technischen  Hochschiüe 
zu  München  Martin  Kutta  als  Privatdozent  für  angewandte 
und  reine  Mathematik  zugelassen. 

Der  Professor  der  Chemie  an  der  Universität  St  Peters- 
burg M  e  n  s  c  h  u  t  k  i  n  ist  in  den  Ruhestand  getreten :  der  Pro- 
fessor der  Mathematik  an  der  Universität  Leiden  van  Geer 
wird  mit  Ende  des  Semesters  die  Professur  niederlegen. 

Am  19.  April  starb  der  Professor  der  Chemie  und  Vor- 
steher des  Chemischen  Instituts  an  der  Universität  Tübingen, 
Freiherr  von  Pechmann,  am  12.  April  in  Paris  der  Pro- 
fessor der  Physik  au  der  6cole  polytechnique,  Alfred  Cornu. 

Die  Staatsminister  von  Weimar,  Meiningen,  Altenburg 
und  Gotha  haben  dem  Prof.  Abbe  ihren  Dank  ftlr  die  reiche 
Zuwendung  der  Karl-Zeiss-Stiftung  an  die  Universität  aus- 
gesprochen und  ihm  dabei  die  folgende,  durch  ihren  Inhalt 
aussergewöhnliche  und  charakteristische  Adresse  überreicht: 
„Dem  genialen  Förderer  der  Wissenschaften,  dem  opferfreu- 
digen Gründer  der  Karl-Zeiss-Stiftung,  dem  wahren  Freunde 
der  Universität  lena,  Herrn  Prof.  Dr.  Abbe  in  Jena,  sprechen 
für  seine  hochgesinnte  Mitwirkung  bei  Neugestaltung  der 
akademischen  Besoldungsverhältnisse  die  grossherzoglich  und 
herzoglich  sächsischen  Staatsministerien  hierdurch  Dank  und 
Anerkennung  aus.*' 

Den  Zwölftausend  Mark-Preis  der  Hamburger 
Otto  Vahlbruch-Btiftung  hat  in  diesem  Jahre  Prof.  Dr. 
Ludwig  Boltzmann  in  Leipzig  für  seine  Theorie  der  Gase 
erhalten. 

Die  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Christiania  wählte 
zu  auswärtigen  Mitgliedern:  Prof.  van  t'Hoff  in  Berlin,  Prof. 
Ab  egg  in  Breslau,  Prof.  Haun  in  Wien. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Göttingen.  -  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  i6. 


15.  Mai  1902. 

Redaktioasschluss  für  No.  17  am  ax.  Mai  1903. 


OrioiBalmitteilungen : 

J.  Schütte,  Die  Schiffbau  technische 
Versachsabteilung  des  Norddeut- 
schen Lloyd  in  Bremerhaven.  S.  353. 

H.  Krttss,  Stereoskope  für  grosse 
Bilder.     S.  361. 

E.  Wiechert,  Polarhchtbeobach- 
tungen  in  Göttingen.     S.  365. 


INHALT. 

W.  B.  V.  Czudnochowski,  Univer- 
sal-Vakuumapparate  zu  Versuchen 
über  elektrischeEntladungen  inGasen. 
S.  366. 

J. Stark,  ÜberKathodenstrahlreflexion 
bei  schiefer  Incidenz.     S.  368. 

G.  di  Ciommo,  Über  die  elektrische 
Leitungsfähigkeit    von   isolierenden 


3.  Jahrgang. 


Flüssigkeiten  und  ihren  Mischungen. 

s.  373. 

Th.  Bruger,  Wheatstone-BrÜcke  mit 
Schleifdraht  und  regelbarem  Vor- 
schaltwiderstaud.     S.  374. 

Per8onali0B.    S.  376. 
BerlohtiguBgen.    S.  376. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


V 


Die  schifFbautechnische  Versuchsabteilung  des 
Norddeutschen  Lloyd  in  Bremerhaven. 

Von  Job.  Schütte. 

Vieles  ist  bereits  über  die  Versuchsstation 
des  Norddeutschen  Lloyd  in  Bremerhaven  ge- 
schrieben worden,  noch  mehr  geredet.  Da  nun 
manches  von  dem,  was  geschrieben  und  geredet 
wurde,  nicht  ganz  mit  den  Thatsachen  in  Ein- 
klang zu  bringen  ist,  so  mag  man  mir  gestatten, 
in  kurzen  Zügen  eine  Beschreibung  der  Station 
und  der  Vorgänge,  die  sich  in  ihr  abspielen, 
zu  liefern. 

Die  Theorien,  welche  sich  mit  dem  Schiffs- 
widerstande befassen,  sind  sehr  mannigfaltig, 
ebenso  mannigfaltig  sind  die  Resultate,  welche 
sie  liefern.  Eins  haben  sie  gemein,  sie  stim- 
men alle,  sobald  nur  der  passende  Koeffizient 
gewählt  ist,  mit  dem  ihr  Ergebnis  multipliziert 
werden  muss,  um  brauchbar  zu  werden. 

Zweifellos  ist  die  Froudesche  Schiffs wider- 
standstheorie  die  beste  dieser  Theorien,  da  sie 
der  Wahrheit  am  nächsten  kommt.  Ein  Nach- 
teil ist  der  kostspielige  Apparat,  mit  dem 
sie  arbeitet,  ein  Apparat,  der  nicht  jedem  zur 
Verfügung  steht,  nämlich  eine  Versuchsstation, 
in  dem  die  Schiffe  bez.  ihre  Modelle  auf  ihren 
Widerstand  durch  Versuche  untersucht  werden. 

Die  Versuche  selbst  sind  sehr  einfach.  Nach- 
dem den  Funktionen  entsprechend,  die  das  pro- 
jektierte Schiff  erfüllen  soll,  die  Wasserver- 
drängung des  Schiffskörpers  bestimmt  ist,  werden 
für  dieses  Deplacement  mehrere  Schiffe  ent- 
worfen. Nach  den  gezeichneten  Plänen  schneidet 
eine  sinnreich  konstruierte  Maschine  Schiffs- 
modelle von  4  —  5  m  Länge  aus  Paraffin,  die 
den  grossen  Schiffen  geometrisch  absolut  ähn- 
liche Körper  sind.  Diese  schwimmenden  Körper 
werden  durch  ein  Bassin  mit  Wasser  gezogen. 
Den  Widerstand  gegen  ihre  Fortbewegung  misst 
ein    Kraflmes.ser    oder    Dynamometer,    dessen 


Registriertrommel    gleichzeitig   Weg    und    Zeit 
aufzeichnet. 

Wie  man  nun  einem  Gefässe,  welches  einen  Liter 
fassen  soll,  unzählige  Formen  geben  kann,  eben- 
so sind  für  ein  Schiff  von  z.  B.  1000  cbm  Wasser- 
verdrängung unzählige  Abmessungen  der  Länge, 
Breite  und  des  Tiefganges  möglich.  Wenn  nun 
auch  durch  die  erforderliche  Stabilität,  durch 
die  Untiefen  der  Küsten,  Flüsse,  Hafeneinfahrten 
'  und  durch  die  Länge  und  Breite  der  Docks  die 
Zahl  der  Abmessungen  von  Haus  aus  wesent- 
lich beschränkt  wird,  so  bleiben  doch  noch 
selbst  unter  Berücksichtigung  des  soeben  Er- 
wähnten zahlreiche  Schiffsformen  übrig,  aus 
denen  es  schwer  ist,  die  richtige  Wahl  zu 
treffen.  Eine  Versuchsstation  allein  giebt  das 
sichere  Mittel,  um  von  diesen  Formen  diejenige 
zu  finden,  welche  den  gestellten  Bedingungen 
am  meisten  gerecht  wird. 

Die  Versuchsstation  des  Norddeutschen  Lloyd, 
deren  Äusseres  durch  das  Bild  No.  i  veranschau- 
licht wird,isteinFachwerkbaumitHolzverschalung 
von  1 70  m  Länge.  Sie  besteht  aus  einer  langen 
Halle  von  gleicher  Länge  und  8  m  lichter  Weite, 
die  von  einem  164  m  langem  Schleppbassin 
durchzogen  ist,  von  6  m  Breite  und  3,20  m 
Wassertiefe.  An  den  Seiten  dieses  Bassins  läuft 
ein  sehr  starkes  Gleis  entlang,  auf  dem  der 
6,25  m  breite  und  9,40  m  lange  Schleppwagen 
rollt.  Neben  dem  Nordostende  dieser  Halle 
liegen  die  zur  Herstellung  der  Modelle  erforder- 
lichen Räume:  die  Formerei,  Giesserei,  Modell- 
tischlerei, die  mechanische  Werkstatt  und  der 
Raum  für  die  Modellschneidemaschine.  Ferner 
die  Bureaux  für  die  zum  Betriebe  erforderlichen 
Ingenieure  und  Zeichner.  Die  Gesamtkosten 
dieser  Anlage  von  3124  qm  Grundfläche  be- 
tragen eine  Viertelmillion  Mark. 

Die  Modelle  werden  aus  Paraffin  von  0,87 
spezifischem  Gewicht,  das  einen  Schmelzpunkt 
von  58" — 63^  G,  hat,  gegossen,  nachdem  sie  in 


Physikaliscbe  Zeitschrift.    3.  Jahr^ng.    No.  16. 


3S5 


durchgesiebtem  Thon  geformt  sind.  Der  Form- 
kasten ist  6  m  lang,  l  m  breit  und  0,90  m  tief. 
Um  das  Paraffin  nicht  zu  überhitzen,  wird  es  im 
Wasserbade  in  einem  von  Wasserrohren  durch- 
zogenen kupfernen  Kessel  von  300  1  Inhalt  ge- 
schmolzen. Das  Modell  ist  ein  Hohlguss;  der 
Kern  wird  aus  Spantschablonen  und  etwa  5  mm 
dicken,  30  mm  breiten  Holzlatten  angefertigt, 
die  mit  starkem  Leinen  überzogen  sind,  welches 
einen  dreimaligen  Thon  an  strich  erhält.  (Vergl.  das 
Bild  N0.2,  die  Formerei.)  Nachdem  der  Kern  in 
die  Thonform  gesetzt  ist  (vergl.  Figur  1 ),  wird  er  mit 


Fig.  I. 

Eisenballast  beschwert,  um  während  des  Giessens 
sein  Auftreiben  zu  verhüten.  Die  Wandungen 
der  Modelle  sind  in  der  Form  35 — 45  mm  dick, 
etwa  10  mm  stärker  als  die  der  fiir  den  Ver- 
such fertigen  Modelle.  Die  Zugabe  von  10  mm 
ist  für  das  Schneiden  auf  der  Modellschneide- 
maschine (vergl.  Bild  No.  3)  erforderlich.  Diese 
Maschine'  besteht  im  wesentlichen  aus  einem 
da.s  Modell  tragenden  Wagen,  mit  dem  ein 
parallel  geführter,  mit  Rollen  versehener  Zeichen- 
tisch verbunden  ist,  auf  welchem  die  Wasser- 
linienzeichnung des  Modelles  gespannt  ist,  und 
aus  zwei  in  Spindeln  rotierenden  Messern 
(Fig.  2),   die  horizontal  und  vertikal  verschieb- 


Storchschnabels ,  .so  dass  also  die  Wasser- 
linien direkt  von  der  Zeichnung  auf  das  Modell 
übertragen  werden  können.  Wie  erwähnt, 
ist  die  Bewegung  des  Zeichentisches  zum  Mo 
dellwagen  eine  zwangläufige,  ihr  Geschwindig- 
keits Verhältnis  kann  von  1:1  bis  48  :  t6o, 
entsprechend  den  Zahnrädern,  durch  die  sie 
verbunden  sind,  verändert  werden.  Diese  Ge- 
schwind igkeilsdiffe  renz  hat  folgenden  Zweck. 
Wird  z.  B.  für  einen  Schnelldampfer  von  200  m 
Länge  ein  Modell  im  Massstab  i  :  40  ausgeführt, 
so  beträgt  die  Modetllänge  5  m.  Würden  nun  Mo- 
dellwagen und  Zeichentisch  gleichscbnell  laufen, 
somüsstedieWasserlinienzeichnung  für  das  Modell 
ebenfalls  5  m  lang  sein;  die  Herstellung  dieser 
Zeichnung  würde  demzufolge  erstens  sehr 
schwierig  und  zweitens,  infolge  der  Länge  des 
Papiers,  wenig  genau  sein.  Sobald  es  aber 
möglich  ist,  den  Modellwagen  z.  B.  doppelt 
so  schnell  laufen  zu  lassen  als  den  Zeichenlisch, 
so  braucht  die  Wasserlinienzeichnung  nur  2,5  m 
lang  zu  sein,  da  ja  dann  das  Modell  in  derselben 
Zeit  5  m  fortbewegt  wird,  in  der  sich  diese 
Zeichnung  um  nur  2,5  m  parallel  verschiebt.  — 
Die  Konstruktionszeichnungen  der  Wasserlinien 
für  die  Modellschneidemaschine  sind  somit  in 
der  Rege]  verzerrt,  da  der  Massstab  der  Breite 
nicht  mit  dem  der  Länge  identisch  ist.  Wäh- 
rend nun  bei  einem  gewöhnlichen  Storchschnabel 
auf  der  einen  Seite  ein  Punkt  geführt  wird  und 
auf  der  anderen  wiederum  ein  Punkt,  der  Zeichen- 
stift, die  verkleinerte  oder  vergrösserte  Figur 
zeichnet,  ist  die  Wiedergabe  in  dem  vorliegen- 
den Falle  etwas  anders,  da  die  rotierenden 
Messer  (Fig.  2)  einen  bestimmten  Durchmesser 
habenmüssen.  Der  geführte  Punkt  wird  zur  Ellipse, 
deren  eine  Hauptachse  gleich  dem  Durchmes.ser 
der  Messer  ist,  und  deren  andere  gleich  ist 
diesem  Durchmesser  multipliziert  mit  dem  Ver- 
hältnis des  Massstabes  der  Breite  zu  dem  der 
Länge  der  Wasserlinienzeichnung. 

Nachdem    die  Modellschneidemaschine    ihre 
Schuldigkeit   gethan,   hat   ein    Querschnitt   des 


bar  sind.     Die  Horizontalverschiebung,   welche   1 
durch    ein    Handrad    bewirkt   wird,    folgt    den 
Wasserlinien    mittels   eines  Pantographen    oder  | 


35Ö                                   Physikalische  Zeitschrift.  3.  Jahrgang.    No,  16. 

gefrästen  Modelles  folgendes  Aussehen  (Fig.  3).  mittels  Ballastsäckchen  von  bekanntem  Gewicht, 
Die  Paraffinreste,  welche  schwarz  angedeutet  leinene  Säckchen  mit  Schrot  gefüllt,  herbeige- 
sind,  werden  durch  Hobel  und  Schraper  mit  führt.  Um  den  Widerstand  des  Modelles  im 
der  Hand  entfernt.  Die  Kontrolle  für  die  Rieh-  Wasser  für  eine  Reihe  von  Geschwindigkeiten  zu 
tigkeit  des  Modelles  ist  sehr  einfach.  Aus  dem  messen,  fuhrt  man  dasselbe  unter  den  Schlepp- 
Konstruktionsplan  des  Schiffes  ist  ein  gewisses  wagen,  Bild  N0.4,  der  sowohl  dieMessinstrumente 


Itild  No.  3.     MudellichiieiJemiHchine 

Deplacement  berechnet,  z.  B.  2700  cbm.    Wenn  für  den  SchifTsmodelJ widerstand  als  auch  die  für 

nun  das  Modell  im  Massstab  [30  entworfen  ist,  so  ,   die  Modellschrauben  Schub-  und  Drehkräfte  trägt, 

muss  das  für  den  Versuch  fertige  Modell,  Bild  No.  6,  |   BildNo.  5.  Dieser  Wagen  wird  durch  zweiGleich- 

also  das  Modell  in  der  richtigen  Schwimmlage  j   strom-Nebenschlussmotore  angetrieben,  die  ihren 

2700 :  30^  =  0,1  t,    oder  100  kg  wiegen,   wenn  |   Strom  einer  Akkumulatorenbatterie  von  120  Volt 

das  spezifische  Gewicht  des  Schleppbassinwassers  1   mittlerer  Spannung  und  einer  Kapazität  von  500 

gleich   I  ist.    Der  vorgeschriebene  Tiefgang  wird  I  Ampere.stundeii   entnehmen.     Durch    Schaltung 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang,     No.   16. 


der  Akkumulatoren,  der  Widerstände  und  durch   1 
Parallel-    und  Hintereinanderschaltung  der  Mo-  I 
tore  sind  430  untereinander  verschiedene,  sonst  ! 
konstante    Geschwindigkeiten    von    0,45  m    bis 
4,75  m  per  Sekunde  in  Stufen  von  0,01  m  mög- 
lich.   Infolge  des  bei  der  Berechnung  der  Schiffs-  : 
widerstände  aus  den  Modellwiderständen  ange-  j 
wandten,  vonNewton  gefundenen  mechanischen  : 
Ähiilichkeitsgesetzes  müssen  die  Modelle  mit  kor-  | 
respondierenden    Geschwindigkeiten    geschleppt 
werden,  Geschwindigkeiten,  die  mit  der  Quadrat- 


möglich  ist,  die  Akkumulatoren  und  Widerstände  ' 
derart  zu  regulieren,  dass  der  Schleppwagen 
genau  mit  3600,8  mm  Geschwindigkeit  läuft,  da 
es  ferner  interessant  ist  zu  wissen,  wieviel  Wider- 
stand das  Modell  bei  kleineren  bez.  grösseren 
Geschwindigkeiten  hat,  so  beginnen  die  Schlepp- 
versuche für  Torpedoboote  mit  etwa  1  m  und 
werden  bei  4,5  m  beendet.  Die  Geschwindig- 
keitszunahme ist  dabei  eine  willkürliche.  Die 
geschleppten  Geschwindigkeiten  in  Metern  und 
die  Widerstände  in  Kilogramm  werden  aus  den 


Wurzel  aus  dem  Massstab  des  Schifies  zum  Mo-  ! 
dell  multipliziert,  die  Schiffsgeschwindigkeiten 
ergeben.  Wenn  z.  B.  ermittelt  werden  soll, 
wieviel  effektive  Pferdestärken  ein  Torpedoboot 
bei  28  Seemeilen  braucht,  so  muss  sein  Modell, 
wenn  dieses  im  Ma-ssstab  '/,«  hergestellt  ist,  mit 
einer    korrespondierenden  Geschwindigkeit  von 


28 


0,5144 


V' 


--  70,Si44=3,6oo8m'} 


geschleppt  werden.     Da    es    nun  praktisch  un- 


Diagrammen Fig.  4  ermittelt  und  graphisch  aufge- 
tragen, indemdie  Geschwindigkeiten  die  Abszissen 
und  die  zugehörigen  Widerstände  die  Ordinaten 
bilden.  Die  einzelnen  Punkte  werden  unterein- 
ander durch  eine  Kurve  verbunden.  Diese  Kurve 
giebt  alsdann  fiir  jede  gewünschte  Geschwindig- 
keit den  zugehörigen  Widerstand.  Vergi.  Figur  5. 

Figur  6  ist  eine  schematische  Darstellung 
des  Dynamometers,  welcher  während  der  Fahrt 
die  Widerstände  misst. 

Das  Modell  ist  mit  dem  aus  einem  drei- 
seitigen Eisenrahmen  a,  b,  c  und  einem  sehr 
leichten  Übersetzungsmechanismiis  aus  Holz  be- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  16. 


359 


Widerstände  in  gr. 


Fig.  4. 


Stehenden  Dynamometer  durch  einen  Schlepp- 
baken verbunden.  Zwischen  dem  Aufhänge- 
punkte des  Hakens  und  dem  Modelle  ist  eine 
Feder  zur  Dämpfung  der  pendelnden  Bewegung 
des  Modelles  während  der  Fahrt  eingeschaltet. 
Die  Arme  a,  b  und  c  sind  untereinander  gleich. 
Während  der  Fahrt  wirkt  der  Widerstand 
des  Modelles  als  Zug  auf  den  Dynamometer, 
der  sich  um  den  Punkt  0  dreht  und  die  Feder/" 
spannt.  Der  Ausschlag  wird  durch  das  Über- 
setzungsverhältnis I  :  lo  des  um  Ö  drehenden 
Hebels  verzehnfacht  und  durch  einen  Zeichen- 
stift, der  an  dem  einen  Ende  einer  i  m 
langen  Stange  a,us  Aluminium  befestigt  ist,  auf 
die  Registriertrommel  übertragen,  die  gleich- 
zeitig die  Distanz  in  Abständen  von  5  m  und 
die  Zeit  in  Viertelsekunden  registriert.  Wäre 
die  Wagengeschwindigkeit  absolut  konstant  und 
würden  während  der  Fahrt  nicht  die  geringsten 


Erschütterungen  auftreten,  so  müsste  die  Kurve 
des  Widerstandes  (Fig.  4)  eine  gerade  Linie  sein. 
Sind  mehrere  Messfahrten  gemacht,  so  wird  die 
Kraft  der  Dynamometerfeder,  deren  Stärke  der 
Grösse  des  Modelles  und  den  Geschwindigkeiten 
entsprechend  gewählt  ist,  durch  das  Gewicht  p 
bestimmt,  das  also  während  der  Messfahrten  nicht 
vorhanden  ist.  Da  nun  a  =  b  =^  c,  so  ist  die 
Wirkung  dieses  Gewichtes  dieselbe  wie  die  des 
Modell  widerstand  es,  da  beide,  Gewicht  und  Mo- 
dellwiderstand, tangential  an  dem  Halbkreis  um 
0  wirken.  Aus  der  unregelmässigen  Kurve  des 
Widerstandes  wird  der  mittlere  Widerstand  durch 
Planimetrieren  erhalten  (Fig.  5). 

Man  kann  sich  den  Widerstand  eines  im 
Wasser  bewegten  Schiffskörpers  gegen  die  Fort- 
bewegung aus  einem  Reibungswiderstand  und 
einem  wellen-  und  wirbelbildenden  zusammenge- 
setzt denken.  Ersterer  entsteht  durch  die  Reibung 


ijlf    A^    4v   4^    a»    0.1    ^    4> — tfl^~l?f — il    ii    i^    t.y    i^    %7    <»    if    ip 


"Vn   9«««mvm<uv44«it  Ä«v  /m  m>«Q$«c«4^vi^ 


Fig-  5- 


36o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


iMg/tyC/ix^  /mU  0<fc^fcUi>  /it»^fc«^»ni 


Fig.  6. 


der  benetzten  Oberfläche  des  Schiffsrumpfes  mit 
dem  Wasser,  letzterer  durch  die  Wellenbildung 
am  Vorschiff  und  die  Wellen-  und  Wirbelbildung 
um  das  Hinterschiff. 

Nach  der  Froudeschen  Theorie  wird  der  Rei- 
bungswiderstand empirisch  ermittelt.  Er  hängt 
von  der  Grösse  und  der  Art  der  benetzten  Ober- 
fläche, von  der  Dichtigkeit  des  Wassers  und  von 
der  Geschwindigkeit  mit  der  das  Schiff  oder 
sein  Modell  durch  das  Wasser  bewegt  wird,  ab. 
Wenn  IVr  dieser  Widerstand  ist,  so  kann  man 
sagen,  dass  IVr  =  y-F-  V-Xs  ist,  wobei  7  das 
spezifische  Gewicht  des  Wassers,  F  die  benetzte 
Oberfläche,  V  die  Geschwindigkeit  und  X  den 
Reibungskoeffizienten  für  das  Schiff  bedeuten. 
Sind  die  Reibungskoeffizienten  für  die  verschie- 
denen Arten  der  Oberflächen  von  Schiff  und 
Modell  bekannt,  die  sich  ausser  mit  der  Art 
auch  noch  mit  den  Längen  der  eingetauchten 
Flächen  ändern,  so  lassen  sich  die  Reibungs- 
widerstände ohne  weiteres  rechnerisch  ermitteln. 
Ist  der  Gesamtwiderstand  des  Modelles  durch 
Schleppversuche  gefunden,  so  ergiebt  sich  der 
rechnerisch  nicht  bestimmbare  wellen-  und  wirbel- 
bildende Widerstand  durch  Subtraktion  des  Rei- 
bungswiderstandes vom  Totalwiderstande  7i'»,,= 
u/t  —  Ttv.     Das  von  Newton  entdeckte  mecha- 


nische  Ähnlichkeitsgesetz,  welches  zuerst  von 
dem  bekannten  englischen  Schiffbauingenieur 
Sir  W.  Froude  bei  der  Berechnung  des  Schiffs- 
widerstandes angewendet  wurde  und  daher  auch 
von  den  Engländern  „Froude's  law"  genannt 
wird,  besagt:  ,,wenn  zwei  geometrisch  vollkom- 
men ähnliche  Schiffskörper  sich  mit  korrespon- 
dierenden Geschwindigkeiten  im  Wasser  bewegen, 
so  verhalten  sich  die  wellen-  und  wirbelbildenden 
Widerstände  dieser  Körper  wie  die  dritten  Po- 
tenzen ihrer  linearen  Abmessungen,  oder  wie 
ihre  Deplacements.'* 

Sobald  der  wellen-  und  wirbelbildende  Wider- 
stand des  Modelles  aus  den  Versuchen  berechnet 
ist,  braucht  er  nur  mit  a^  der  dritten  Potenz 
des  Massstabes  des  Schiffes  zum  Modell,  multi- 
pliziert werden,  um  den  entsprechenden  Wider- 
stand des  Schiffes  zu  ergeben.  Wird  zu  diesem 
Widerstand  der  Reibungswiderstand  des  Schiffes 
addiert,  so  ist  der  Gesamtwiderstand  für  das 
Schiff,  der  gesucht  wurde,  gefunden 
fF/  =  (a'/  — xtv)-a^+  IFr, 

Vereinfacht  wird  diese  Rechnung  durch 
Froudes  Methode  der  Konstanten,  die  von 
mir  ausführlich  in  dem  zweiten  Jahrbuch  der 
Schiffbau-technischen    Gesellschaft    1901,    unter 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


361 


„Hinterschiffsformen"  behandelt  ist.  Sie  bietet 
den  grossen  Vorteil,  dass  wenn  einmal  das 
Modell  eines  Schiffstypes  geschleppt  ist,  für 
sämtliche  Schiffe  dieses  Typs  ohne  weitere 
Schleppversuche  die  Widerstände  und  effektiven 
Pferdestärken  berechnet  werden  können.  Ich 
behalte  mir  vor,  die  Mängel  der  Froudeschen 
Theorie  später  einmal  zu  beleuchten. 
Bremerhaven,  Schleppversuchsstation  des 
Norddeutschen  Lloyd,  Jan.  1902. 

(Eingegangen  ii.  Februar  1902.) 


x/ 


Stereoskope  für  grosse  Bilder. 
Von  Hugo  Krüss  (Hamburg). 

Die  gewöhnlichen  Stereoskope  sind  kon- 
struiert für  die  Betrachtung  von  Bildern,  welche 
entweder  von  zwei  um  die  Augenweite  von- 
einander entfernten  Punkten  aufgenommen  bezw. 
konstruiert  sind  oder  welche  doch  wenigstens 
in  diese  Entfernung  voneinander  zum  Zwecke 
der  stereoskopischen  Betrachtung  gebracht 
werden  können.  Bei  ihnen  sind  also  die  korre- 
spondierenden Punkte  auf  den  beiden  unmittel- 
bar nebeneinander  liegenden  Bildern  etwa  um 
7  cm  voneinander  entfernt,  wobei  es  bekannt- 
lich auf  eine  genaue  Übereinstimmung  dieser 
Entfernung  mit  der  Augenweite  des  Beobach- 
ters nicht  ankommt.  Es  ist  also  die  Breite  der 
in  den  gewöhnlichen  Stereoskopapparaten  zu 
benutzenden  Bilder  auf  etwa  7  cm  beschränkt. 

Nun  hat  man  bekanntlich  in  der  Radio- 
graphie  die  Stereoskopie  mit  grossem  Erfolge 
eingeführt.  Eine  einzelne  Röntgenaufnahme  ist, 
da  sie  die  Projektion  des  Schattens  der  lur 
Röntgenstrahlen  undurchdringlichen  Teile  auf 
eine  Ebene,  nämlich  diejenige  der  photogra- 
phischen Platte,  darstellt,  nichts  weiter  als  ein 
flaches  Bild  ohne  Andeutung  von  Tiefen- 
dimensionen. Für  die  ärztliche  Beurteilung  der 
Lage  eines  Fremdkörpers  oder  einer  Deforma- 
tion in  dem  mittels  Röntgenstrahlen  unter- 
suchten Körper  ist  aber  gerade  die  Tiefenlage 
von  erheblicher  Bedeutung.  Um  über  diese 
ein  Urteil  zu  gewinnen,  pflegt  man  vielfach 
zwei  verschiedene  Röntgenaufnahmen  zu  machen, 
bei  welchen  die  Röntgenröhre  in  verschiedene 
Stellungen  zu  dem  zu  durchstrahlenden  Körper 
gebracht  wird,  so  dass  auf  den  beiden  so  er- 
zeugten Radiogrammen  zwei  um  etwas  ver- 
schiedene Schattenbilder  entstehen.  Betrachtet 
man  das  eine  dieser  beiden  Bilder  mit  dem 
einen,  das  andere  mit  dem  anderen  Auge,  so 
gewinnt  man  einen  körperlichen  Gesichtsein- 
druck, in  welchem  eine  Tiefenwahrnehmung, 
eine  Beurteilung  des  Hintereinander  der  ver- 
schiedenen Teile  möglich  ist. 


Sofern  die  Aufnahmen  so  klein  sind,  dass 
sie  in  einem  gewöhnlichen  Stereoskope  Platz 
finden,  genügt  ein  solches  zur  stereoskopischen 
Betrachtung  vollkommen.  Aber  meistens  sind 
die  Röntgenaufnahmen  bei  weitem  grösser;  bei 
Aufnahmen  des  Beckens  oder  des  Brustkorbes 
müssen  photographische  Platten  bis  zur  Grösse 
40x50  cm  angewendet  werden. 

Zunächst  hat  man  sich  dadurch  geholfen, 
dass  man  von  den  grossen  Aufnahmen  Ver- 
kleinerungen in  der  passenden  Grösse  dar- 
stellte. Abgesehen  von  der  dadurch  erwach- 
senden Arbeit  kann  die  Verkleinerung  nicht 
den  Dienst  leisten,  wie  die  grössere  Original- 
aufnahme, weil  in  der  Verkleinerung  alles  mehr 
zusammengedrängt  ist,  wodurch  eine  Lokali- 
sierung einzelner  Teile  erschwert  wird.  Es 
musste  deshalb  das  Bedürfnis  nach  Stereoskop- 
apparaten entstehen,  mittels  deren  die  grossen 
stereoskopischen  Röntgenaufnahmen  direkt 
stereoskopisch  betrachtet  werden  können.  Ich 
habe  mich  nun  mit  dieser  Aufgabe  beschäftigt 
auf  Veranlassung  des  Herrn  Dr.  B.  Walter  vom 
hiesigen  Physikalischen  Staatslaboratorium. 

Es  giebt  schon  eine  Anzahl  von  Konstruk- 
tionen von  Stereoskopapparaten,  welche  die 
Betrachtung  von  Bildern  gestatten,  die  um  mehr 
als  den  Augenabstand  voneinander  entfernt  sind. 

Schon  1857  beschrieb  J.  Du  boscq  ein  solches 
Stereoskop.')  Er  setzte  vor  jedes  Auge  ein 
achromatisches  Prisma  mit  der  brechenden 
Kante  gegen  die  Nase  und  davor  noch  je  eine 
verschiebbare  Linse,  um  ein  deutliches  Bild 
von  mehr  als  die  Sehweite  entfernten  Ob- 
jekten zu  erzielen.  Jedes  der  achromatischen 
Prismen  bestand  aus  zwei  für  sich  achroma- 
tischen Prismen  von  je  12  Grad  Ablenkung,  so 
dass  man  vor  jedem  Auge  entweder  ein  oder 
zwei  Prismen  benutzen  konnte  und  zwar  eins 
für  eine  geringere,  zwei  fiir  eine  grössere  Kon- 
vergenz der  Strahlen. 

Bei  dem  ersten  überhaupt  konstruierten 
Stereoskope,  demjenigen  von  Wheatstone, 
ist  auch  die  Anwendung  grösserer  Bilder  mög- 
lich. Hier  sind  zwei  Spiegel  unter  je  45  Grad 
gegen  den  Horizont  geneigt;  in  die  nach  oben 
gekehrten  spiegelnden  Flächen  sieht  der  Beob- 
achter von  oben  hinein  und  erblickt  die  beiden 
rechts  und  links  aufgestellten  Zeichnungen  oder 
Bilder,  welche  sich  zu  einem  gemeinsamen  Ge- 
sichtseindruck vereinigen.  Störend  ist  hier 
nur,  dass  die  beiden  Bilder  sich  nicht  in  der- 
selben Elbene  befinden,  sondern  rechts  und 
links  von  dem  Spiegelapparat  aufgestellt  werden 
müssen,  so  dass  eine  gleiche  Beleuchtung  beider 
schwierig  ist. 

Die  verschiedenenStereoskopapparate,  welche 
die  Besichtigung  von  Stereoskopaufnahmen    er- 

I)  C.  R.  44,  148. 


362 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  16. 


möglichen,  die  grösser  sind  als  die  Augenweite, 
zerfallen  nun  in  zwei  Gruppen.  Die  von  der 
Mitte  der  beiden  Stereoskopbilder  in  die  Augen 
des  Beobachters  geleiteten  Strahlen  stehen  ent- 
weder senkrecht  auf  den  Bildern  oder  unter 
einem  solchen  Winkel,  dass  sie  ungefähr  auf 
die  beiden  Augen  des  Beobachters  zielen;  zu 
beiden  Anordnungen  können  verschiedene  op- 
tische Hilfsmittel  benutzt  werden. 

Fig.  I  und  2  zeigen  schematisch  die  beiden 
angeführten  Fälle.  In  beiden  Figuren  sind  A\ 
und  A2  die  Örter  der  beiden  Augen  des  Be- 
obachters, Ol  und  O2  die  miteinander  korre- 
spondierenden Mitten  der  beiden  Stereoskop- 
bilder, während  die  punktierten  Linien  den 
Strahlengang  veranschaulichen. 

Abgesehen  von  der  Verschiedenartigkeit  der 
optischen  Mittel,  welche  den  skizzierten  Strahlen- 
gang in  den  beiden  Anordnungen  zu  bewirken 
im  Stande  sind,  bestehen  zwischen  beiden 
einige  wesentliche,  aus  der  Anordnung  hervor- 
gehende Unterschiede. 


Fig.  I. 

Bei  der  Figur  i  wird  das  ganze  Stereoskop-  ' 
bild  so  gesehen,  als  wenn  die  Augen  des  Be-  1 
obachters  sich  in  der  Verlängerung  der  Linien  : 
OiS\  und  O2S2  befanden.  Man  sieht  also  senk-  . 
recht  auf  die  Mitte  des  Objektes,  die  rechte 
und  die  linke  Hälfte  jedes  der  beiden  Stereo- 
skopbilder werden  in  gleichem  Masse  verkürzt, 
ein  Umstand,  der  bei  den  gewöhnlichen  kleinen 
Stereoskopbildern  kaum  in  Betracht  gezogen 
zu  werden  braucht,  bei  Objekten,  wie  die 
grössten  Röntgenaufnahmen  im  Format 40x50cm, 
also  einen  halben  Meter  Breite,  aber  wohl  in 
Betracht  kommen  kann. 


In  der  Anordnung  der  Figur  2  dagegen 
sind  die  Richtungen  /,  0  und  /i  0^ ,  unter 
welchen  die  Mitten  der  Stereoskopbilder  ge- 
sehen werden,  gegen  die  Objektfläche  geneigt. 


die  beiden  äusseren  Hälften  der  beiden  Stereo- 
skopbilder werden  also  gegen  die  inneren 
wesentlich  verkürzt  erscheinen,  der  Winkel, 
unter  welchem  sie  gesehen  werden,  wird  kleiner 
sein  als  derjenige,  unter  welchem  die  inneren 
Hälften  erscheinen. 

Diese  Anordnung  der  Figur  2  gestattet  aber 
im  Gegensatze  zu  der  Anordnung  der  Fig.  i 
ohne  weiteres,  dass  Stereoskopaufnahmen  ver- 
schiedener Grösse  in  der  entsprechenden  Ent- 
fernung der  beiden  Stereoskopbilder  vonein- 
ander betrachtet  werden  können,  indem  die 
beiden  Bilder  auch  bei  kleinem  Format  dicht 
nebeneinander  gelegt  oder  gestellt  werden 
können;  da  in  diesem  Falle  ihre  Mittelpunkte 
Ox  und  O2  auch  eine  kleinere  Entfernung  von- 
einander haben,  werden  sie  nur  dem  Auge  näher 
gebracht,  um  wieder  dieselbe  Konvergenz  der 
Strahlen  Oi/>i  und  Ö2/2  herbeizufuhren.  Das 
entspricht  auch  der  Art,  wie  man  mit  unbe- 
waffnetem Auge  Bilder  verschiedenen  Formates 
oder  Objekte  verschiedener  Grösse  zu  be- 
trachten pflegt.  Will  man  die  ganze  Gestalt 
eines  Menschen  oder  eine  Statue  mit  einem 
Blicke  überschauen,  so  muss  man  sich  weiter 
davon  entfernen  und  wenn  man  kurzsichtig 
ist,  eine  Brille  dabei  benutzen.  Will  man  da- 
gegen nur  die  Gesichtszüge  oder  gar  nur  <ien 
kleinen  Finger  betrachten,  so  tritt  man  näter 
heran. 

Bei  dem  in  Fig.  i  angedeuteten  Strahlen- 
gange ist  das  nicht  ohne  weiteres  möglich,  da 
hier  die  Entfernung  der  Mittelpunkte  O,  und 
O2  der  beiden  Bilder  immer  die  gleiche,  näm- 
lich diejenige  zwischen  ^,  und  .^2  bleiben  muss, 
es  sei  denn,  dass  der  Apparat  so  eingerichtet 
ist,  dass  die  Entfernung  SiS2  verändert  werden 
kann. 

Es  sind  nun  nach  beiden  Anwendungen 
bereits  Stereoskopapparate  konstruiert  worden. 
Der  Anordnung  der  Fig.  i  entspricht  zunächst 
das  Helm  hol  tzsche  Telestereoskop  ohne  Ver- 
grösserung '),  welches  die  Grundlage  zu  dem 
von  ihm  selbst  beschriebenen'^)  Telestereoskop 
mit  Vergrösserung  und  den  modernen  Prismen- 
doppelfernrohren  bildet.  Helmholtz  stellte 
bekanntlich  an  den  Punkten  /i ,  p2  ^^^  «^i  >  -^2 
Planspiegel  auf,  welche  die  Strahlen  so  ab- 
lenken, wie  in  Fig.  i  angedeutet,  einen  der- 
selben, etwa  den  bei  ^2,  machte  er  ein  wenig 
um  die  vertikale  Achse  drehbar,  um  dadurch  die 
genaue  Parallelität  der  Strahlen  S2  O2  und  jr,  0\ 
herstellen  zu  können.  Helmholtz  machte 
selbst  darauf  aufmerksam,  dass  man  die  äusseren 
Spiegel,  also  diejenigen  bei  i",  und  S2,  mög- 
lichst gross  machen  muss,  um  ein  grosses  Ge- 
sichtsfeld zu  haben. 


i)  Physiologische  Optik,   i.  Auflage  1867,  S.  648. 
2)  Ebenda,  S.  681. 


i 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


363 


Aus  letzterem  Grunde  ist  der  naheliegende 
Ersatz""  der  Spiegel  durch  Prismen  nicht  zu 
empfehlen,  wo  es  sich  um  sehr  grosse  Sterco- 
skopbilder  handelt,  da  hier  die  Prismen  sehr 
gross  werden  miissten,  was  den  Preis  der 
Apparate  ausserordentlich  erhöhen  würde,  ohne 
einen  entsprechenden  Nutzen  zu  haben.  Der- 
artige Prismen  Stereoskope  sind  von  C.  F.  Jen- 
kins ')  und  Howard  Grubb^)  vorgeschlagen 
worden,  sie  gestatten  aber  nur  die  Betrachtung 
verhältnismässig  kleiner  Bilder,  da  sie  ein  kleines 
Gesichtsfeld  haben.  In  dem  Spezialstereoskop 
von  L.  Cazes')  dagegen  sind  wie  bei  Helm- 
holtz  Spiegel  benutzt.  Die  beiden  äusseren 
Spiegel  bei  s,  und  S2  sind  so  gross,  dass  Stcreo- 
skopbilder  bis  zu  einem  Formate  von  13x18  cm 
benutzt  werden  können.  Ausserdem  sind,  um 
auch  kleinere  Bilder  unter  denselben  Verhäit- 
ni.ssen  besichtigen  zu  können,  die  äusseren 
Spiegel  auf  einem  Massstabe  verschiebbar,  so 
dass  die  Entfernung  s,  Si  der  beiden  Spiegel 
und  dadurch  der  Punkt  Oi  und  Oj  verringert 
werden  kann. 

Ich  habe  mich  bei  Herstellung  eines  der- 
artigen Spiegelstereoskops  einfach  an  dieHelm- 
holtzsche  Form  des  Telestereoskops  gehalten. 
Der  Strahlengang  ist  in  Figur  3  dargestellt  und 


Spiegeln  ^i  und  jr^,  sind  C^  und  O",  die  kleinen 
Spiegel  p,  und  />i  erzeugen  hiervon  das  ge- 
meinsame Bild  0,  in  welchem  also  die  Bilder 
der  beiden  stereoskopischen  Aufnahmen  sich 
zu  einem  einzigen  Bilde  für  die  beiden  Augen 
jj,  und  Ai  vereinigen.  Da  die  beiden  Augen- 
achsen A[0  und  A,0  nach  0  konvertieren 
müssen,  so  dürfen  die  Spiegel  p,  und  fi-2  nicht 
parallel  den  Spiegeln  s,  und  s^  aufgestellt  sein, 
sondern  sie  müssen  um  denselben  Konvergenz- 
winke! der  Augenachsen  von  der  Parallelität  ab- 
weichen. ') 

Die  ganze  einfache  optische  Einrichtung 
befindet  sich  in  einem  Kasten,  dessen  Hinter- 
seite aus  Figur  4  ersichtlich  ist.     Sie  wird  ge- 


zwar  auf  der  linken  Seite  ausfuhrlich,  auf  der 
rechten  nur  in  Bezug  auf  die  Mitte  des  Bildes. 
Ai  und  A2  ist  der  Ort  der  Augen,  /,  und 
/i  die  kleinen,  st  und  s^  die  grossen  Spiegel, 
Oi  und  0,  die  Mittelpunkte  der  beiden 
nebeneinander  aufgestellten  stereoskopischen 
Röntgenaufnahmen,  Um  diese  Aufnahmen  in 
ihrer  ganzen  Ausdehnung  zu  reflektieren,  be- 
ginnen die  beiden  grossen  Spiegel  j-  und  s^ 
bereits  an  den  äusseren  Enden  des  Objektes, 
gegen  welches  sie  einen  Winkel  von  45  Grad 
bilden.     Die   Bilder   von    0,    und    0-^    in    den 


DPhdogr.  tl 
(900,  S.  51g. 

i)  Brit.  Joorn. 
buch  1901,  S.  43r. 

3)  Stcreoscopie  de  pricisi 


Uli.    1899,    S.  538.      Eders   Jahrbuch 
PhotogT.  (900,  S.  381.     i:ders  Jahr- 
Paris  iSgS- 


fig.  4 
bildet  durch  zwei  matte  Glasscheiben  von  der 
Grösse  der  aufzunehmenden  Röntgen  negative, 
die  also  in  durchfallendem  Lichte  beobachtet 
werden.  Sie  werden  von  der  Seite  in  den 
Kasten  hineingeschoben ;  zur  Aufnahme  kleinerer 
Formate  sind  verschiebbare  Halter  vorhanden, 
welche  die  Befestigung  jeden  Formates  er- 
lauben. 

Zu    den   Stereoskopapparaten    für    grossere 

1)  Nach  Kertif^Iettung  des  Manuskripts  ersehe  ich  aus 
dem  MIrtheft  der  Zeitschrift  fUr  Inslrurneutenkunde,  dass 
C.  Tulfrich  seinem  zu  Messiwecken  konstruierten  Stereo- 
kornjUTalor  auch  ein  ä|negelslrreoskop  nnch  Hetmhnlu- 
scher  Kunslruktion  beigiebt.  Es  dient  hier  tnr  Gewinnung 
einer  Übersicht  über  das  ganze  Bild,  vorwiegend  ist  es  flr 
die  stereosknjiische  lledeutung  telestercoskopischer  l.and- 
schslUaurnihmeti  von  ISedeuluiig.  Die  FulCrichsche  Vor- 
ricbtuDg  ist  nur  (Ur  Plattent;TÖssen  bis  13x18  cm  gedacht, 
aus  der  Figur  des  Slereokomparators  ist  nicht  tu  ersehen, 
wie  die  gsn/en  Platten  beleuchtet  werden,  wenn  man  sie  im 
ganien  betrachten  will,  da  die  an  dem  A])]>arat  angebrachten 
kleinen  Spiegel  nur  die  kleine  ausiumesscnde  Stelle  be- 
te uchlen. 


364 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.     No.   16. 


Bilder  nach  dem  Schema  der  Figur  2  gehört 
zunächst  das  bereits  erwähnte  ältere  Stereoskop 
von  D  u  b  o  s  c  q  mit  achromatisierten  ablenkenden 
Prismen. 

Hierzu  muss  auch  das  von  F.  Drouin  an- 
gegebene Stereoscope  a  double  reflexion  totale 
gerechnet  werden  '),  wenngleich  es  nur  für  ein 
Auge  eine  Ablenkung  der  Strahlen  hervor- 
bringt. Während  die  beiden  Augen  A^  und 
Ay    (Fig.   5)    nach    dem    Mittelpunkte    Oi    des 


linken  Bildes  konvergieren  und  das  linke  Auge 
Ai  thatsächlich  auf  das  Bild  Oi  sieht,  erhält 
das  rechte  Auge  durch  ein  davor  gelagertes 
Prisma  die  Strahlen  von  dem  rechten  Bilde 
O2,  dessen  Gesichtseindruck  sich  also  über 
denjenigen  des  Bildes  Ox  lagert.  Die  Flächen 
ari  und  ^c  des  Prismas  sind  versilbert,  so 
dass  die  Strahlen  auf  ihrem  Wege  von  At 
bis  O2  in  denselben  zweimal  reflektiert  werden. 
Diese  Anordnung  hat  den  Nachteil,  dass  die 
Helligkeit,  unter  welcher  O2  gesehen  wird, 
durch  den  Lichtverlust  im  Reflexionsprisma 
adcii  eine  geringere  ist,  als  diejenige,  unter  der 
Ol  erscheint.  Diese  Mängel  Hessen  sich  da- 
durch beheben,  dass  man  vor  das  Auge  Ai 
ebenfalls  ein  solches  Reflexionsprisma  in  ent- 
gegengesetzter Lage  setzte. 

Immerhin  ist  aber  das  Gesichtsfeld  und 
damit  die  Grösse  der  zu  übersehenden  Objekte 
in  ganz  bestimmter  Weise  beschränkt,  indem 
die  Grösse  des  Reflexionsprismas  adcä  nicht 
eine  beliebige  sein  kann,  sondern  von  dem 
Augenabstand  Si  Si  abhängig  ist;  es  darf  durch 
das  Prisma  nicht  das  mit  dem  Auge  y^,  direkt 
zu  betrachtende  Bild  ö,  verdeckt  werden. 
Ferner  wird  O2 ,  weil  es  weiter  entfernt  ist, 
unter  einem    kleineren  Winkel    gesehen  als    0, 

Ich  habe  mich  deshalb  bei  Konstruktion 
eines  solchen  Stereoskops  wieder  der  Idee  von 
Duboscq  nach  dem  Typus  der  Figur  2  zuge- 
wendet und  vor  jedes  Auge  ein  achromatisiertes 
Prisma  mit  der  brechenden  Kante  nasenwärts 
gesetzt.     Der    Beschreibung    dieses     einfachen 

l)  Bull,  de  TAssociation  Beige  de  Photogr.  1899,   S.  117. 


Stereoskops  muss  vorausgeschickt  werden, 
dass  derartige  ablenkende  Prismen  einen  nicht 
ganz  zu  beseitigenden  Fehler  haben,  dass 
nämlich  senkrechte  Linien,  durch  ein  solches 
Prisma  betrachtet,  etwas  gekrümmt  erscheinen, 
wie  solches  ja  jedem,  welcher  die  Spektral- 
linien in  einem  Spektroskope  beobachtet  hat, 
bekannt  ist.  Da  die  Prismen  vor  den  beiden 
Augen  sich  in  zu  einander  entgegengesetzter 
Lage  befinden,  so  wird  also  die  erwähnte 
Krümmung  in  den  beiden  Bildern  eine  ent- 
gegengesetzte sein.  Merkwürdigerweise  wird 
dieser  Umstand  bei  der  stereoskopischen  Be- 
trachtung, wenn  die  Krümmung  nicht  gar  zu 
gross  ist,  nicht  empfunden.  Wohl  kann  man 
sie  sehen,  wenn  man  nur  mit  einem  Auge  be- 
obachtet, bei  zweiäugigem  Sehen  werden  die 
beiden  nicht  ganz  übereinstimmenden  Netz- 
hautbilder doch  ohne  Mühe  zu  einem  einzigen 
vereinigt. 

Immerhin  nötigt  dieser  Umstand  dazu,  nicht 
allzu  stark  brechende  Prismen  zu  benutzen  und 
ich  habe  mich  deshalb  damit  begnügt,  Kron- 
glasprismen von  60  Grad  anzuwenden, 
welche  durch  auf  beide  Flächen  gekittete 
Flintglaskeile  achromatisiert  werden,  so  dass 
eine  Ablenkung  von  etwa  14' 2  Grad  übrig- 
bleibt. 


^ 


8  »M  III    ili  illil   Im  iLi    illllil  '  r  ,,i,i 


'U   ;'T1|"    ''  I)  (   '   '■I|'l'"|f| rrrrri 

»li  III   ili  iliil  Im  iLi   Illllil 

Tl I'"1'IM''!^.'. 


In  Fig.  6  ist  dieser  Apparat  wiederge- 
geben. Auf  einem  Fuss  F  steht  ein  Rahmen 
Ri  R^t  dessen  Hinterwand  eine  matte  Glas- 
scheibe bildet.  Vor  diese  können  beiderseits 
Glasbilder  bis  zur  Grösse  40x50  cm  einge- 
schoben werden ,  bei  Anwendung  kleinerer 
Formate  kann  der  Raum  über,  unter  und  seit- 
lich der  Platten  abgeblendet  werden,  wie  die 
Figur  zeigt.  Natürlich  können  ebensogut  wie 
Glasnegative  oder  Positive  auch  undurchsichtige 
Papierbilder  eingesetzt  werden,  welche  dann 
ihre  Beleuchtung  von  vorne  erhalten. 

Der  Okularteil    des    Apparates    enthält    bei 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  16. 


365 


/,  und  pi  die  beiden  achromatisierten  Prismen, 
durch  welche  die  beiden  Augen  A^  und  A^  die 
Mittelpunkte  0\  und  ö^  der  beiden  Objekte 
in  der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  erscheinen. 
Durch  eine  seitliche  Schraube  s  kann  die  Ent- 
fernung der  beiden  Prismen  voneinander  je 
nach  der  Augenweite  des  Beobachters  einge- 
stellt werden.  Vor  den  Prismen  px  und  pi  be- 
findet sich  beiderseits  eine  Schutzhaube.  Die 
vordere  hält  fremdes  Licht  von  den  Augen  des 
Beobachters  ab,  die  hintere  verhindert,  dass 
anderes  Licht  auf  die  Prismen  /,  und  p^  falle 
als  dasjenige,  welches  von  den  beiden  Objekten 
0\   und  O^  kommt. 

Der  ganze  Okularteil  steht  auf  einer  Säule 
in  gleicher  Höhe  mit  der  Mitte  der  Objekte 
ö|  und  Ö.2-  Diese  Säule  ist  befestigt  auf  einer 
Stange  T,  welche  sich  ihrerseits  unter  den 
Fuss  F  hindurchschiebt.  Der  Okularteil  kann 
also  in  verschiedene  Entfernungen  zu  dem  Ob- 
jekt gebracht  werden.  Die  Vorrichtung  zur  Auf- 
nahme kleinererFormate  erlaubt  nämlich,  dass  die 
Bilder  einseitig,  der  Mitte  zu,  zu  liegen  kommen, 
wie  das  aus  der  Figur  auch  ersichtlich  ist. 
Will  man  sie  unter  den  günstigsten  Verhält- 
nissen beobachten,  so  nähert  man  das  Okular 
dem  Objekt  so  weit,  dass  seine  Mitten  in  die 
Mitte  des  Gesichtsfeldes  fallen.  Es  ist  schon 
weiter  oben  dargelegt,  dass  dieses  der  Art,  wie 
man  Gegenstände  verschiedener  Grösse  über- 
haupt zu  betrachten  pflegt,  entspricht. 

Auf  Vorschlag  des  Herrn  Dr.  Walter  sind 
die  Prismen  px  und  p<i  durch  nach  oben  heraus- 
ragende Knöpfe  um  180  Grad  um  eine  durch 
sie  hindurchgehende  vertikale  Achse  drehbar. 
Die  der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  entsprechen- 
den Strahlen  haben  dann  den  Verlauf  der 
gestrichelt  gezeichneten  Linien,  so  dass  man 
mit  dem  rechten  Auge  A^  das  linke  Objekt 
Ö, ,  mit  dem  linken  Auge  A^  das  rechts  be- 
findliche Objekt  Ol  sieht;  an  Stelle  des  müh- 
samen Vertauschens  der  Objekte  gegeneinander 
tritt  also  nur  die  einfache  Drehung  der  Prismen 
/,    und  /.j- 

Dieselbe  Einrichtung  hat  bereits  Drouin 
bei  seinem  in  Fig.  5  wiedergegebenen  Reflexions- 
prisma getroffen,  durch  dessen  Drehung  um  180 
Grad  ebenfalls  die  beiden  Objekte  miteinander 
vertauscht  werden  können.  Sie  soll  aber  nicht 
nur  dazu  dienen,  ein  richtiges  stereoskopisches 
Bild  zu  erhalten,  auch  wenn  einmal  zufällig  die 
beiden  Stereoskopbilder  miteinander  ver- 
wechselt sind.  Es  soll  vielmehr  dadurch  die 
Möglichkeit  gegeben  werden,  das  stereoskopische 
Relief  umzukehren,  einen  pseudoskopischen 
Eflfekt  herbeizufuhren  (wie  bei  dem  Pseudoskop 
von  Wheatstone),  was  in  Fällen,  wo  die  Deu- 
tung der  mit  dem  Apparat  beobachteten 
stereoskopischen  Röntgenaufnahmen  auf  Schwie- 


rigkeiten   stösst,    von    einem   gewissen    Vorteil 
sein  kann. 

Zum  Schlüsse  sei  bemerkt,  dass  die  in  Vor- 
stehendem beschriebenen  beiden  Stereoskope 
bereits  auf  der  bei  Gelegenheit  der  73.  Ver- 
sammlung Deutscher  Naturforscher  und  Ärzte 
im  September  1901  in  Hamburg  veranstalteten 
Röntgenausstellung  vorgeführt  wurden.  In  einem 
von  B.  Walter  erstatteten  Bericht  über  diese 
Ausstellung')  wird  hervorgehoben,  dass  die  Be- 
trachtung der  Originalröntgenplatten  mittels 
dieser  Stereoskope  nicht  nur  ausserordentlich 
lehr-  und  genussreich,  sondern  auch  sehr  häufig, 
z.  B.  bei  der  Aufsuchung  von  Fremdkörpern 
oder  der  Feststellung  der  Lage  der  Knochen- 
enden bei  Verrenkungen  und  Brüchen,  von 
grosser  diagnostischer  Bedeutung  sei. 

i)  Diese  Zeitschrift  3,  245,  1902. 

(Eingegangen   15.  April  1902.) 


Polarlichtbeobachtungen  in  Göttingen. 
Von  E.  Wiechert. ') 

Mit  Unterstützung  der  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Göttingen  unternahm  ich  es  schon  vor 
einigen  Jahren,  von  Göttingen  aus  das  Polarlicht 
zu  beobachten,  bei  der  Ungunst  der  äusseren 
Verhältnisse  leider  ohne  Erfolg.  Der  beständig 
vorhandene  leichte  Dunst,  welcher  teils  von  dem 
Getriebe  der  Stadt  herrührt  und  teils  durch  die 
Thallage  Göttingens  bedingt  ist,  wird  von  den 
Gasglühlichtlampen  der  Strassen  und  des  Bahn- 
hofes so  hell  erleuchtet,  dass  zarte  Erscheinungen 
am  nächtlichen  Himmel  unterdrückt  werden.  So 
musste  denn  die  Hoffnung  auf  den  Neubau  der 
geophysikalischen  Warte  auf  dem  Hainberge 
ausserhalb  Göttingens  gerichtet  werden.  Das 
Hauptgebäude  derselben  mit  der  für  die  Bcr 
obachtungen  sehr  geeigneten  Plattform  konnte 
im  Herbst  vorigen  Jahres  bezogen  werden. 

Ich  hegte  die  Ansicht,  dass  das  Polarlicht 
in  unseren  Breiten  eine  viel  häufigere  Erschei- 
nung sei,  als  gewöhnlich  angenommen  wird, 
indem  nur  die  besonders  auffälligen  Phänomene 
bei  den  mannigfachen  Störungen  genügend  her- 
vortreten. So  Hess  ich  zur  Erzielung  einer  ein- 
fachen und  sicheren  Beobachtungsmethode  ein 
Spektroskop  von  ungewöhnlicher  Lichtstärke 
und  in  geeigneter  Montierung  durch  die  hiesige 
Firma  Voigt  &  Hochgesang  (Inhaber  R.  Brunnee) 
anfertigen.  Spaltrohr  und  Femrohr  haben  Linsen 
(von  Steinheil-München)  von  27  mm  Öffnung 
und  108  mm  Brennweite;  eine  Linse  vor  dem 
Spalt    ermöglicht    es,   jede  Stelle  des  Himmels 

i)  Aus  den  Nachrichten  der  K.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Göttingen.  Mathematisch-physikalische  Klasse. 
1902.    Heft  2.     Sitzung    vom  8.  März  1902. 


366 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


für  sich  zu  untersuchen.  Anfänglich  wurde  ein 
einfaches  Flintglasprisma  mit  60^  brechendem 
Winkel,  50  mm  Seitenlänge  und  35  mm  Höhe, 
später  ein  Rutherford -Prisma  (von  Zeiss-Jena) 
mit  entsprechender  Öffnung  benutzt.  Die  Dis- 
persion des  ersteren  beträgt  zwischen  Cund  F 
1^35»  <i>c  des  zweiten  in  denselben  Grenzen 
5^  27',  also  etwa  3  V2  nial  soviel.  Für  das  erstere 
erwies  sich  eine  achtfache,  für  das  letztere  eine 
vierfache  Fernrohrvergrösserung  als  zweckent- 
sprechend. Das  Rutherford-Prisma  löst  dann 
die  /^-Linien  noch  sehr  gut  auf  und  ermöglicht 
bei  einem  Okularkreis  von  ca.  7  mm  eine  volle 
Ausnutzung  der  Lichtaufnahmefahigkeit  des 
Auges. 

Beobachtungen  im  November  1901. 

Den  ersten  sternklaren  Abend,  an  welchem 
das  Instrument  verwendet  werden  konnte,  bot 
der  I .  November  vorigen  Jahres,  und  ich  hatte 
die  Freude,  mit  dem  ersten  Blick  nach  dem 
Nordhimmel  die  Polarlichtlinie  sehr  deutlich  zu 
sehen.  Sie  konnte  dann  auch  am  Osthimmel 
konstatiert  werden;  nach  Westen  zu  störte  das 
Licht  der  Stadt.  An  allen  folgenden  klaren 
und  mondlichtfreien  Abenden  des  November: 
am  2.,  3.,  5.,  7.,  9.,  war  die  Polarlichtlinie  stets 
in  gleicher  Weise  mehr  oder  minder  deutlich 
sichtbar,  so  dass  ich  anf  die  Vermutung  kam, 
sie  sei  eine  beständige  Erscheinung.  Dies  er- 
wies sich  aber  später  als  hinfällig,  da  ich  die 
Linie  einige  Male  selbst  mit  dem  viel  wirkungs- 
volleren Rutherford -Prisma  nicht  entdecken 
konnte. 

Beobachtungen    im   Dezember    1901     und 

Januar  1902. 

Für  die  letztere  Bemerkung  boten  die  fünf 
für  die  Beobachtungen  geeigneten  Abende  des 
Dezember  und  Januar  Belege.  —  Am  3 1 .  Januar 
wurde  das  Rutherford-Prisma  zum  ersten  Male 
angewendet. 

Beobachtungen    im  Februar   und  Anfang 

März   1902. 

Weiterhin  hatte  ich  bis  heute  noch  Beob- 
achtungsabende am  I.,  4.,  5.,  9.,  25.,  26.,  28. 
Februar,  sowie  am  2.  und  3.  März.  An  den 
Tagen  in  der  ersten  Hälfte  des  Februar  gelang 
es  mir  nicht,  die  Polarlichtlinie  mit  einiger 
Sicherheit  festzustellen,  an  sämtlichen  späteren 
Abenden  aber  trat  sie  mit  grosser  Intensität 
auf  Am  Osthimmel  erschien  sie  fast  ebenso 
hell  oder  gar  heller  als  am  Nordhimmel  und 
im  Süden  liess  sie  sich  in  einiger  Höhe  stets 
beobachten.  Am  28.  Februar  und  am  3.  März 
war  sie  mit  Ausnahme  eines  kleinen  Bereiches 
in  dem  hellsten  Lampenschein  über  dem  mitt- 
leren Teile  von  Göttingen  am  ganzen  Firmament 


zu  sehen,  selbst  im  Zenith  und  am  Horizont  im 
Süden. 

Am  2.  und  eine  Zeitlang  am  3.  März  war 
der  Himmel  fast  völlig  bedeckt.  Die  Polar- 
lichtlinie  zeigte  sich  dabei  in  allen  Wolkenlücken 
und  hin  und  wieder  sogar  durch  leichte  Wolken- 
schleier hindurch.  Am  3.  März  konnte  sie  im 
kontinuierlichen  Spektrum  des  hellen  Nebels 
über  dem  nördlichen  Teile  der  Stadt  bis  zum 
Horizonte  herab  beobachtet  werden. 

Das  freie  Auge  sah  in  allen  den  beschrie- 
benen Fällen  nur  eine  geringe  Erhellung  des 
Himmels,  welche  diejenige  der  Milchstrasse  in 
der  Regel  durchaus  nicht  erreichte  und  nur  ein- 
mal, am  3.  März,  vielleicht  in  den  ersten  Abend- 
stunden im  Norden  und  Osten  etwas  übertraf 
Die  grösste  Helligkeit  zeigte  sich  in  15^  bis  18** 
Höhe,  in  45^  Höhe  war  sie  nur  noch  sehr  ge- 
ring. Stets  war  die  Erscheinung  ganz  diffus, 
ohne  irgend  welche  hervortretende  Grenzen. 

Fasst  man  alles  zusammen,  so  wird  man 
schliessen  können,  dass  die  Erde  in  unseren 
Breiten  an  sehr  vielen  Abenden  auf  weiten  Ge- 
bieten mit  einer  in  Polarlicht  leuchtenden  Schicht 
überdeckt  ist.  Wollte  man  als  deren  untere 
Grenze  eine  Höhe  von  40  km  annehmen,  so 
würde  nach  der  Beobachtung  am  Südhorizont 
folgen,  dass  die  Schicht  sich  zuweilen  mindestens 
bis  zu  45"  Breite  erstreckt  und  noch  in  38*^  Breite, 
d.  h.  noch  im  Süden  Italiens,  sichtbar  sein  müsste. 

Über  den  Zusammenhang  mit  den  magne- 
tischen Variationen  möchte  ich  vorläufig  spe- 
zielle Angaben  vermeiden. 

Göttingen,   den  4.  März  1902. 

Später  ist  es  mehrfach  gelungen,  die  Polar- 
lichtlinie selbst  bei  Mondlicht  zu  sehen.  —  Aus 
den  Beobachtungen  ist  zu  schliessen,  dass  ein 
merklicher  Teil  des  nächtlichen  Himmelslichtes 
in  unseren  Breiten  auf  Rechnung  von  elektrischen 
Vorgängen  in  der  Atmosphäre  zu  setzen  ist 

(Eingegangen  ii.  April  1902.) 


Universal- Vakuumapparate  zu  Versuchen  über 
elektrische  Entladungen  in  Gasen.  *) 

Von  W.  Biegon  von  Czudnochowski. 

Seitdem  die  Erscheinungen  der  elektrischen 
Entladungen  in  verdünnten  Gasen  nach  der 
Entdeckung  der  Röntgenstrahlen  durch  deren 
Verwertung  auch  für  weitere  Kreise  wesentliche 
Bedeutung  gewonnen  haben,  während  bis  dahin 
ihre  praktische  Verwendung  sich  im  wesent- 
lichen auf  die  Benutzung  der  bekannten  Spek- 

I)  Vgl.  Ztschr.  f.  d.  physik.  u.  ehem.  Unterricht,  16, 
124—126,   1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^ang.     No.  16. 


367 


tralröhren  beschränkte,  erscheint  auch  ihre  etwas 
eingehendere  Betrachtung  schon  im  Unterricht 
angezeigt.  Dem  steht  aber  die  Mannigfaltigkeit 
der  in  Betracht  kommenden  Erscheinungen  so- 
wie die  Anforderungen,  die  dieselben  bcKügHch 
der  Form  und  Einrichtung  der  zu  verwenden- 
den Glasapparate  stellen,  hindernd  entgegen, 
insofern  als  fast  für  jeden  Versuch  eine  beson- 
dere Anordnung  eines  solchen  notwendig  ist. 
Gegenwärtig  besitzen  nun  die  Quecksitberluft- 
pumpen,  zumeist  wohl  in  der  Form  der  selbst- 
thätigen,  eine  so  grosse  Verbreitung,  dass  der 
vielseitigen  Anwendung  von  Glasapparaten, 
welche  erst  unmittelbar  vor  dem  Versuche  aus- 
gepumpt werden,  nennenswerte  Hindernisse 
nicht  im  Wege  stehen  dürften,  und  es  ist  damit 
ferner  die  Möglichkeit  geboten,  den  Apparaten 
eine  solche  Einrichtung  zu  geben,  die  sie  zu 
verschiedenen  Versuchen  verwendbar  macht, 
indem  man  einzelne  Teile  auswechselbar  an- 
ordnet. 

Zunächst  hat  sich  für  den  in  Rede  stehen- 
den Zweck  der  ursprünglich  fiir  besondere  Ver- 
suche ')   hergestellte   Apparat    Fig.   i    —    Aus- 


führung .-i  —  mit  geringen  Zusätzen  als  recht 
brauchbar  erwiesen.  Er  besteht,  wie  ersicht- 
lich, aus  einer  Kugel  von  60  mm  Durchmesser 
mit  zwei  Hälsen  und  einem  sich  in  einiger  Ent- 
fernung verengenden  Ansatzrohr,  welches  zur 
Verbindung  mit  der  Luftpumpe  dient  und  ent- 
weder mit  Schliff  zum  unmittelbaren  Ansetzen*) 
oder  Schlauchstück  versehen  ist.  Der  seitliche, 
mit  einem  einfachen  eingeschliffenen  Stopfen 
verschlossene  Hals   dient  zum  Einbringen    von 

0   l>iese  ZKchi.  S,  65,   1900. 

2)  HUnu  ist  naiaHich  das  bctrefTende  ätüok  iler  runi)>c 
einiusenden,  beiw.  ein  bcreiU  vorhandener  [lassender  ächlilT 
zum  ADBChmeUeQ  an  den  Apparat. 


Mineralien  urid  anderen  Gegenständen,  welche 
den  Kathodenstrahlen  ausgesetzt  werden  sollen; 
der  zweite  Hals  dient  zur  Aufnahme  einer  der 
dem  Apparate  beigegebenen  Kathoden:  einer 
ebenen  a,  einer  konkaven  d,  einer  mehreckigen 
Hohlkathode  nach  Gold  stein  c  und  einer  ent- 
sprechenden Drahtkathode  rt". ')  Die  Anode  ist 
in  einem  Seitenansatz  des  erwähnten  zur  Ver- 
bindung mit  der  Pumpe  bestimmten  Rohres 
eingeschmolzen. 

Wegen  der  bei  längerem  Gebrauche  stören- 
den Erwärmung  des  Kugelbodens  durch  die 
Kathodenstrahlen  ist  jedoch  diese  Form  nach 
einem  für  andere  Zwecke  hergestellten  Doppel- 
apparat^)  verändert,  wie  Fig.  2  zeigt:    Ausfüh- 


} 

i  h  1- 

r^ 

Fig.  : 


rung  />',  Der  Durchmesser  des  weiten  nunmehr 
der  Kathode  gerade  gegenüberliegenden  Schliffes 
ist  vergrössert,  und  der  zugehörige  Stopfen  e 
mit  einem  angeschmolzenen  Tischchen  mit 
ebener  Oberfläche  versehen,  welche  zur  Auf- 
nahme der  Versuchsmaterialien  bestimmt  ist. 
Die  Befestigung  der  letzteren  geschieht  am 
besten  mit  Gips,  sie  sitzen  damit  ziemlich  fest, 
lassen  sich  jedoch  auch  ohne  Bruchgefahr  wieder 
entfernen ;  ebenso  kann  man  auch  Drahtklammern 
anwenden.  Das  zur  Pumpe  fuhrende  Rohr  ist, 
um  das  Ganze  handlicher  zu  machen,  vom  Ano- 
denrohr getrennt. 

Der   letzt  beschriebene    Apparat    lässt    noch 


r)  S.  O.  Lehmann,  Die  oleklrisclien  Enlladunfen  u.  s,  ( 
Me  1898,  S. 371— 373.  und  J.J.Thomson.Die  Entladu» 
r  ElektriMlät  durch  Gase,    Leipzig  1900,  S.   i;i— 1*3. 

2]  Diese  /cscbr.  3,  $z,   1901. 


368 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


eine  weitere  Vervollkommnung  zu,    wenn    man 
das  Tischchen  nicht  anschmelzen,  sondern  mit  j 
einem  konischen   Zapfen    in    den    Stopfen    ein- 
setzen lässt  —  Fig.  2,  f.     Setzt  man   dann   an  1 
seiner    Stelle    ein    mit    einer    schrägstehenden   ' 
Platinplatte  versehenes  Glasstäbchen  -  f  —  ein, 
so  kann  man  die  Vorrichtung  als  Röntgenröhre  1 
benutzen,  wobei  auf  Anbringung  einer  metalli-  ' 
sehen  Verbindung    der    /V-Platte    nach    aussen 
behufs  Anschluss  an  die  Kathode  als  nicht  un- 
bedingt notwendig  verzichtet  ist.  (Ausführung  C) 

Die  vorbeschriebenen  Einrichtungen  dürften 
wohl  als  wirkliche  Universalapparate  allen  billigen 
Anforderungen  genügen,  um  mit  ihnen  alle 
wichtigeren  Erscheinungen  der  elektrischen  Ent- 
ladungen in  Gasen  vorfuhren  zu  können,  ab- 
gesehen davon,  dass  sie  auch  zu  besonderen 
Untersuchungen  Verwendung  finden  können.  Es 
lässt  sich  an  ihnen  beobachten,  abgesehen  von 
den  bekannten  Erscheinungen  bei  geringer  Ver- 
dünnung: die  geschichtete  Entladung,  Kathoden- 
strahlen, deren  Lumineszenzwirkungen,  De- 
flexionsfiguren,  Färbungswirkungen,  Röntgen- 
strahlen; auch  kann  die  Zahl  der  Zubehörteile 
ev.  noch  vermehrt  werden  z.  B.  fiir  den  Nach- 
weis der  von  den  Kathodenstrahlen  mitge- 
führten Ladung.  Das  Auspumpen  erfordert 
nicht  viel  Zeit;  mit  einer  einfachen  Queck- 
silberluftpumpe nach  Spiess*)  von  ca. 
400  ccm  Stiefelinhalt  genügen  20  Minuten, 
um  eine  sehr  kräftige  Lumineszenz  von  Fluss- 
spat, Kalkspat  u.  s.  w.  unter  dem  Einflüsse 
von  Kathodenstrahlen  zu  erzielen  und  unter 
Verwendung  automatischer  oderGeryk-Pumpen^) 
würde  eine  bedeutende  Abkürzung  dieser  Zeit 
sich  ergeben.  Das  von  mir  meist  benutzte  In- 
duktorium  besitzt  nur  23  mm  Schlagweite,  wo- 
bei aber  die  erwähnten  Erscheinungen  sämtlich 
vollkommen  scharf  und  sehr  deutlich  auftreten.**) 
Bei  einem  Verdünnungsgrade,  welcher  in  dem 
weiteren  Teile  des  die  Anode  enthaltenden  zur 
Pumpe  führenden  Ansatzrohres  des  Apparates 
Fig.  I  nur  zwei  Schichten  von  23  mm  Ab- 
stand^) zur  Ausbildung  kommen  lässt,  ist  von 
blauem  Lichte  in  der  Kugel  in  der  Regel  nichts 
mehr  zu  sehen  und  die  Phosphoreszenz  von 
Glaswand    und    eingebrachten    Mineralien    sehr 


Die  Anfertigung  der  beschriebenen  Apparate 


! )  Mit  nur  von  Hand  zu  bewegendem  (^)uecksilbergefäss. 

2)  Ztschr.  f.  den  physik.  und  ehem.  Unterricht,  14,  285, 
1901. 

3)  Es  ist  dies  ein  früher  in  einem  Schnellseher-Automaten 
verwendetes  Induktorium  von  Siemens  &  Halske  mit 
Platinunterbrecher,  welches  dauerndes  Arbeiten  ohne  nennens- 
werte Erhitzung  der  Kontakte  verträgt.  —  Ein  Induktorium 
grösserer  Leistung  —  ich  benutzte  ein  solches  von  M.  Kohl- 
Chemnitz^fiir  120  mm  Schlagweite  —  zeigt  dieselben  Er- 
scheinungen, nur  bedeutend  lichtstärker. 

4)  Von  Helligkeitsmaximum  zu  Helligkeitsmajcimum  ge- 
rechnet 


hat  die  Firma  Max  Stuhl,  Berlin  N.W.,  Philipp- 
.strasse 22,  übernommen.') 

\\  Die  Apparate  werden  zu  folgenden  Preisen  geliefert: 
Ausführung  A  (Fig.  i)  mit  4  Kathoden,  wie  angegeben, 
18,50  Mk.;  Ausführung  B  (Fig.  2),  ebenfalls  mit  4  Kathoden, 
20  Mk.;  Ausführung  C,  ausserdem  noch  mit  abnehmbarem 
Tischchen  und  Einrichtung  fiir  Röntgenversuche,  25  Mk- 

Berlin,  April  1902. 

(Eingegangen  25.  April  1902.) 


J 


Über  Kathodenstrahlreflexion  bei  schiefer 

Incidenz. 

Von  J.  Stark. 

I.     Einleitung. 

VonW.  Weber')  und  E.  Riecke^)  ist  die 
Hypothese  aufgestellt  worden,  dass  zwischen 
einem  Teilchen  eines  Körpers  und  einem  elek- 
trischen Teilchen  eine  Kraft,  im  besonderen 
eine  anziehende  wirkt,  welche  das  elektrische 
Teilchen  von  seiner  Bahn  ablenkt.  In  einer 
früheren  Mitteilung^)  in  dieser  Zeitschrift  wurde 
aus  jener  Ablenkungshypothese  eine  Reihe 
von  Folgerungen  über  die  Reflexion  der  Ka- 
thodenstrahlen, speziell  an  Metallen,  gezogen; 
diese  standen  im  Einklang  mit  allen  bis  dahin 
beobachteten  Thatsachen.  Nun  sind  letzthin 
von  L.  Austin  und  H.  Starke^)  neue  Ver- 
suche über  die  Reflexion  der  Kathodenstrahlen 
an  Metallen  veröffentlicht  worden.  Diese  setzen 
sich  einerseits  zu  keiner  der  bisherigen  Fol- 
gerungen aus  der  Ablenkungshypothese  in 
Gegensatz,  andererseits  regen  sie  zu  einer  Er- 
gänzung derselben  an. 

Die  Aufgabe  der  vorliegenden  Mitteilung 
ist  folgende.  Es  sollen  aus  der  Ablenkungs- 
hypothese neue  Folgerungen  gezogen  und  ge- 
wisse Eigenschaften  der  Kathodenstrahlreflexion 
vorhergesagt  werden;  ob  die  experimentelle 
Untersuchung  sie  bestätigt,  modifiziert  oder 
widerlegt,  ist  von  untergeordneter  Bedeutung;  die 
Hypothese  hat  ihren  Dienst  geleistet,  wenn  sie 
die  Aufdeckung  neuer  Seiten  der  Kathoden- 
strahlreflexion veranlasst  hat.  An  einem  anderen 
Orte  soll  auf  mehrere  mögliche  Fehlerquellen 
aufmerksam  gemacht  werden,  welche  bei  der 
experimentellen  Untersuchung  auf  die  Grösse 
ihres  Einflusses  geprüft  und  eventuell  berück- 
sichtigt werden  müssen. 

2.     Abhängigkeit   der  Reflexion   von 
der    Geschwindigkeit    bei    senkrechter 

Incidenz. 

In  der    früheren  Mitteilung    wurde  aus    der 

1)  W.  Weber,  Ges.  Werke,  Berlin  1894,  Bd.  IV,  b.  389. 

2)  E.  Kiecke,  Wied.  Ann.  66,  357,  1899. 

3)  Diese  Zeitschr.  3,  161,  1902. 

4)  L.  Austin  und  H.  Starke,  Verb.  d.  D.  phjrsik, 
(Jes.  4,  106,  1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


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Ablenkungshypothese  folgender  Satz  abgeleitet. 
„Mit  anfänglich  kleiner  wachsender  Elektroden- 
spannung nimmt  die  Intensität  der  reflek- 
tierten Kathodenstrahlen  von  einem 
kleinen  Wert  an  erst  ziemlich  rasch  bis  zu 
einem  Maximum  zu,  dann  nimmt  sie  bei  weiter 
steigender  Elektrodenspannung  wieder  ab  und 
strebt  einem  konstanten  Werte  zu."  Die 
messende  Untersuchung  hat  zu  entscheiden,  bei 
welchem  Werte  der  Elektrodenspannung  oder 
der  Kathodenstrahlgeschwindigkeit  das  Maxi- 
mum der  Reflexion  eintritt  und  von  welchem 
Wert  an  das  Reflexionsvermögen  eines  Metalles 
als  konstant  betrachtet  werden  kann. 

Der  obige  Satz  wurde  zunächst  für  senk- 
rechte Incidenz  abgeleitet  und  an  H.  Starkes 
Messungen  für  diesen  Fall  geprüft.  Es  zeigten 
diese  in  der  That  bei  Aluminium  in  einem 
Falle  (vergl.  Fig.  i  in  der  früheren  Mitteilung) 
zwischen  5000  und  7000  Volt  deutlich  eine 
Abnahme  des  Reflexionsvermögens  mit  wach- 
sender Geschwindigkeit.  Zur  Beantwortung 
der  Frage  nach  der  I^age  des  theoretisch  ge- 
forderten Maximums  seien  ebenfalls  Starkes 
Versuche  herangezogen.  Nach  diesen  liegt 
jenes  Maximum  für  Aluminium  und  Kupfer 
jedenfalls  unterhalb  5000  Volt;  dies  entspricht 
einer  Kathodenstrahlgeschwindigkeit  von  un- 
gefähr 4.10^  cm  sec'"^  Die  Konstanz  des 
R  eflexions  vermögen  s  beginnt  nach 
Starkes  Messungen  für  die  meisten  Me- 
talle bereits  bei  7CXX)  Volt  Elektroden- 
spannung. Wie  auch  nachstehende  neu  mit- 
geteilte Tabelle  (L.  Austin  und  H.  Starke, 
a.  a.  O.  S.  122)  zeigt,  ist  die  Abnahme  des 
Reflexionsvermögens  des  Kupfers  von  7000 
Volt  an  nahezu  bereits  von  der  Grössen- 
ordnung  der  Beobachtungsfehler. 

Elektrodenspannung  Reflexionsvermögen 

7000  0,50 

12000  0,51 

1 8  000  0,47 

25000  0,49 

Der  Bereich  der  Elektrodenspannung  von 
5000 — 25  000  Volt  entspricht  einem  Geschwindig- 
keitsbereich von  4,3-10®  bis  S.öio^cm.sec""*. 
Die  Reflexion  der  Kathodenstrahlen  in  dem  Ge- 
schwindigkeitsbereich o  4,3  •  I  o'cm  •  sec~" '  lässt 
sich  schwer  experimentell  untersuchen.  Der 
Glimmstrom  kann  für  diesen  Bereich  zu  ihrer 
Erzeugung  mit  Hilfe  kleinerer  Elektrodenspan- 
nungen als  5000  Volt  nicht  angewendet  werden; 
mit  der  Erniedrigung  der  Elektrodenspannung 
geht  nämlich  die  Erhöhung  des  Gasdruckes  Hand 
in  Hand,  bei  kleineren  Elektrodenspannungen  ist 
darum  der  Druck  und  damit  die  Zerstreuung  der 
Kathodenstrahlen  im  Gase  so  gross,  dass  ge- 
naue Messungen  der  Reflexion  am  Metall  allein 
unmöglich  werden.  Man  könnte  daran  denken, 
die     Kathodenstrahlen      nach     dem     Vorgang 


Lenards  in  einem  hohen  Vakuum  bei  niedri- 
gerer Kathodenspannung  durch  ultraviolette 
Bestrahlung  der  Kathode  zu  erzeugen  und  dann 
diese  langsamen  Strahlen  auf  ihre  Reflexion 
an  einem  Metall  zu  untersuchen.  Indes  dürfte 
dieses  Verfahren  infolge  der  geringen  Intensität 
der  erzeugten  Kathodenstrahlen  schwer  anzu- 
wenden sein. 

Infolge  der  Konstanz  des  Reflexionsver- 
mögens für  Kathodenstrahlen  ist  es  möglich, 
für  die  einzelnen  Metalle  das  Reflexions- 
vermögen als  charakteristische  Kon- 
stante zu  definieren.  Aber  ausdrücklich 
betont  sei,  dass  eine  solche  Definition 
nur  für  schnelle  Kathodenstrahlen  und 
senkrechte  Incidenz  Gültigkeit  hat.  Diese 
Bedingungen  sind  auch  bei  Starkes  Werten 
erfüllt. 

3.  Reflexion  bei  variabler  schiefer  In- 
cidenz und  konstanter  Geschwindigkeit. 

Definitionen  und  Prinzip.  —  In  der 
früheren  Mitteilung  wurde  die  Reflexion  der  Ka- 
thodenstrahlen bei  schiefer  Incidenz  nur  hin- 
sichtlich der  Abhängigkeit  von  dem  Emana- 
tionswinkel einer  Besprechung  unterzogen. 
Nunmehr  sollen  über  die  Gesamtreflexion  bei 
schiefer  Incidenz  die  Folgerungen  aus  der  Ab- 
lenkungshypothese gezogen  werden.  Zunächst 
aber  seien  im  Interesse  der  Klarheit  einige 
Auseinandersetzungen  und  Definitionen  voraus- 
geschickt. 

Treffen  primär  einfallende  Kathodenstrahlen 
auf  einen  reflektierenden  Körper,  so  dringen 
sie  mehr  oder  minder  tief  in  ihn  ein;  ein  Teil 
dieser  primären  Kathodenstrahlteilchen  verbleibt 
darauf  im  Körper,  wird  „absorbiert";  aus  diesem 
kann  man  eine  negative  Elektrizitätsmenge 
ableiten,  welche  gleich  ist  der  elektrischen 
Ladung  der  absorbierten  Kathodenstrahlteilchen. 
Diese  messbare  Ladung  soll  absorbierte  In- 
tensität Ja  heissen.  Der  übrige  vom  Reflektor 
nicht  absorbierte  Teil  der  primären  Kathoden- 
strahlteilchen begiebt  sich  durch  Reflexion  von 
dem  Reflektor  wieder  in  den  angrenzenden 
Gasraum  und  kann  aus  diesem  an  einen  ge- 
eignet angebrachte^  Käfig  oder  Auffanger  seine 
elektrische  Ladung  abgeben.  Die  von  den 
reflektierten  Teilchen  mitgeführte  elektrische 
Ladung  möge  reflektierte  Intensität  Jr 
heissen.  Die  Summe  [Ja  +  7^  aus  gesamter 
absorbierter  und  gesamter  reflektierter  Intensität 
ist  gleich  der  primären  einfallenden  Intensi- 
tät 7/. 

Der  Strom,  welcher  aus  dem  Reflektor 
über  ein  Galvanometer  zur  Erde  fliesst,  soll 
nach  dem  Vorgang  von  Austin  und  Starke 
Reflektorstrom  R  heissen,  der  Strom  aus 
dem  Auffanger  zur  Erde  Auffängerstrom  A. 
In  jenem  ist  die  absorbierte  Intensität,  in  diesem 
die  reflektierte,    vollkommenes  Auffangen  vor- 


370 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  16. 


ausgesetzt,  enthalten.  Man  darf  nun  im  allge- 
meinen nicht  R=  7a  und  A=yr  setzen;  wie 
nämlich  bereits  jn  der  ersten  Mitteilung  betont 
wurde,  kann  sich  durch  eine  Wirkung,  welche 
nichts  mit  der  Kathodenstrahlreflexion  zu  thun 
hat,  noch  eine  andere  Stromstärke  über  Jr  oder 
Ja  lagern  und  ßo  eine  scheinbare  Verstärkung 
oder  Schwächung  der  Reflexion  hervorbringen. 
Doch  davon  sei  an  einem  anderen  Orte  die 
Rede.  Wir  heben  noch  einmal  ausdrücklich 
hervor,  dass  wir  im  folgenden  unter  absorbierter 
Intensität  nicht  den  Reflektorstrom,  unter  re- 
flektierter Intenaität  nicht  den  Auffangerstrom 
verstehen  und  gehen  jetzt  zur  Betrachtung  der 
Reflexion  der  Kathodenstrahlen  bei  schiefer 
Incidenz  über,  {ndem  wir  uns  auf  den  Stand- 
punkt der  Ablenkungshypothese  stellen. 

Bewegen  sich  die  Teilchen  eines  Kathoden- 
strahlenbündels  in  einer  bestimmten  primären 
Richtung  zwischen  den  Teilchen  eines  Körpers, 
z.  B.  eines  Metalls,  so  werden  sie  von  der 
primären  nach  allen  möglichen  Richtungen 
seitlich  abgelenkt,  indem  sie  eine  Geschwindig- 
keitskomponente senkrecht  oder  sogar  ent- 
gegengesetzt zu  ihrer  primären  Richtung  an- 
nehmen. Dies  ist  die  Erscheinung  der  Zer- 
streuung der  Kathodenstrahlen.  Treten  hierbei 
die  primären  Strahlen  von  einem  Gasraum  in 
einen  festen  Körper,  speziell  ein  Metall,  den 
„Reflektor",  so  verläuft  ein  Teil  der  zerstreuten 
Strahlen  ausschliesslich  im  Reflektor  (Undurch- 
lässigkeit  oder  grosse  Dicke  vorausgesetzt),  der 
übrige  Teil  begiebt  sich  in  den  Gasraum  nach 
allen  Richtungen  zurück;  als  solche  diffuse 
Zerstreuung  der  Kathodenstrahlen  aus  einem 
Reflektor  in  den  Gasraum  zurück  wurde  in  der 
ersten  Mitteilung  die  Kathodenstrahlreflexion 
charakterisiert. 

Problemstellung.  —  Dies  zur  Erinnerung 
vorausgeschickt,  sei  nunmehr  unser  Problem 
scharf  und  klar  gestellt.  Gegeben  ist  ein  pa- 
ralleles primäres  Kathodenstrahlenbündel  von 
konstanter  Geschwindigkeit,  sein  normaler 
Querschnitt  sei  kreisförmig  und  konstant,  und 
ebenfalls  konstant  die  in  der  Zeiteinheit  durch  den- 
selben von  den  Strahlen  geführte  negative  Elek- 
trizitätsmenge oder  mit  anderen  Worten,  es  sei 
die  primäre  einfallende  Intensität  y,-  konstant. 
Dieses  Kathodenstrahlenbündel  treffe  nun  auf 
einen  ebenen,  undurchlässig  dicken,  ausgedehn- 
ten metallischen  Reflektor;  die  primäre  Katho- 
denstrahlrichtung  werde  konstant  gehalten,  ge- 
dreht werde  zur  Gewinnung  schiefer  Incidenz 
der  Reflektor  um  eine  Achse,  welche  in  seiner 
Vorderfläche  liegt,  normal  zu  der  Richtung  des 
primären  Kathodenstrahlenbündels  steht  und 
durch  dessen  Mittellinie  geht.  Wir  stellen  nun 
folgende  Frage:  Wie  ändert  sich  mit  dem 
Einfallswinkel    die    gesamte    reflektierte 


Intensität  Jr  der  Kathodenstrahlen  unter 
den  gemachten  Voraussetzungen? 

Die  genaue  Antwort  auf  die  vorstehende  Frage 
ist  nicht  leicht.  Die  reflektierte  Intensität  ist  näm- 
lich das  Ergebnis  zweier  Wirkungen,  die  sich 
übereinanderlagern. 

Wie  bereits  in  der  ersten  Mitteilung  auseinan- 
dergesetzt wurde,  vollzieht  sich  die  Reflexion 
der  Kathodenstrahlen  als  Zerstreuung  nicht  aus- 
schliesslich an  oder  auf  der  Oberfläche,  sondern 
auch  im  Innern  eines  Reflektors.  Ein  Teil  der  zer- 
streuten Strahlen  wird  von  den  Metallteilchen, 
welche  die  primären  Strahlen  auf  ihrem  Wege  zu- 
erst antreffen,  durch  eine  einmalige  Ablenkung 
von  Seiten  eines  Metallteilchens  in  den  Gasraum 
reflektiert;  dieser  Teil  soll  reflektierte  Inten- 
sität erster  Ordnung  ^r  heissen.  Ein  an- 
derer Teil  wird  von  den  in  der  primären  Ka- 
thodenstrahlrichtung  nächstfolgenden  Metall- 
teilchen des  Reflektors  nach  zwei  oder  mehre- 
ren Ablenkungen  durch  die  oberste  Teilchen- 
schicht hindurch  in  den  Gasraum  zurückge- 
worfen, dieser  Teil  soll  reflektierte  Intensi- 
tät zweiter  Ordnung  j'r  heissen.  Die 
Summe  aus  reflektierter  Intensität  erster  und 
zweiter  Ordnung  ist  gleich  der  gesamten  reflek- 
tierten Intensität  oder  kurz  der  reflektierten  In- 
tensität  ^r. 

Sowohl  die  reflektierte  Intensität  erster  wie 
diejenige  zweiter  Ordnung  ist  nun  abhängig 
vom  Einfallswinkel.  Wir  wollen  zunächst  jede 
für  sich  betrachten.  Absehen  können  wir  von 
einer  dritten  Wirkung.  Bei  konstanter  primärer 
Intensität  J,-  verringert  sich  nämlich  die  auf  die 
Einheit  der  bestrahlten  Fläche  des  Reflektors 
entfallende  primäre  Intensität  /,•  mit  wachsendem 

7- 
Einfallswinkel  a  nach  dem  Gesetze  /V  =     '  coscl. 

q 

wo  q  den  Normalschnitt  des  primären  Bündels 
bedeutet.  Gleichzeitig  wächst  aber  auch  die  ge- 
troffene Fläche  /  des  Reflektors  nach  dem  Ge- 

q 

setz/=  •     Wenn    darum    das    Reflexions- 

cosa 

vermögen  bei  konstanter  Kathodenstrahlge- 
schwindigkeit  unabhängig  ist  von  der  Inten- 
sität, so  kompensiert  sich  hinsichtlich  der  Re- 
flexion die  Abnahme  von  /V  durch  die  Zunahme 
von  f.  Diese  Voraussetzung  ist  aber  sicherlich 
für  kleine  und  mittlere  Intensitäten  erfüllt,  für 
grosse  allerdings  nicht  mehr,  weil  diese  durch 
Erhitzung  den  Zustand  des  Reflektors  zu  be- 
trächtlich verändern. 

Reflektierte  Intensität  erster  Ordnung. 
—  Da,  wie  gesagt,  die  Kathodenstrahlreflexion 
im  Innern  des  reflektierenden  Metalls  sich  voll- 
zieht, so  dürfen  wir  die  genäherte  Annahme 
machen,  dass  die  räumliche  Verteilung  der  zer- 
streuten Strahlen  erster  Ordnung  rings  um  die 
Einfallsrichtung    der   primären    Strahlen    unab- 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.    No.  16. 


hängig  sei  von  dem  Einfallswinkel,  solange  dieser  ' 
nicht  gros»  ist.    Die  daraus  für   die    Reflexion  , 
sich  ergebende  Folgerung  wird  am  besten  zeich- 
nerisch klar  gemacht. 


Flg-  3- 


In  den  Figuren  i — 4  bezeichnet  der  dicke 
Strich  das  primäre  einfallende  Kathodenstrahlen- 
bündel,  die  fein  ausgezogenen  Linien  bedeuten 
die  nach  allen  Richtungen  zerstreuten  Strahlen; 
das  mit  /^bezw.  A/  bezeichnete  Rechteck  bedeu- 
tet die  Reflektorplatte.  Es  verhalten  sich  die  ver- 
schiedenen Metalle  als  Kathodenstrahlreflcktoren 
quantitativ  sehr  stark  verschieden;  sie  ordnen 
sich  in  eine  Reihe;  an  deren  einem  Ende  stehen 
die  stark,  an  dem  anderen  die  wenig  zerstreu- 
enden Metalle.  Als  Repräsentant  des  ersten 
Extrems  mag  das  Platin,  als  derjenige  des 
zweiten  Extrems  das  Aluminium  gelten.  Figur  i 
und  3  stellt  nun  den  Typus  der  Kathodenstrahl- 
reflexion  an  stark,  Figur  2  und  4  denjenigen 
an  wenig  zerstreuenden  Metallen  bei  senkrechter 
bez.  schiefer  Incidenz  dar.  Aus  den  vorstehen- 
den Figuren  lassen  sich  folgende  Sätze  ablesen. 

Das  Gesetz  der  räumlichen  Verteilung 
oder  das  Emanationsgesetz  der  reflek- 
tierten Kathodenstrahlen  erster  Ordnung 
ist  erstens  von  Mefall  zu  Metall,  zwei- 
tens von  Einfallswinkel  zu  Einfallswinkel 
verschieden. 

Mit  wachsendem  Einfallswinkel  niannt  die 
reflektierte  Intensität  erster  Ordnung  bei  den 
stark  zerstreuenden  Metallen  nur  wenig  zu, 
vielleicht  sogar  etwas  ab,  bei  den  schwach 
zerstreuenden  Metallen  nimmt  sie  beträcht- 
lich  zu. 

Diese  Sätze  über  die  Abhängigkeit  der  re- 
flektierten, Intensität  erster  Ordnung  erfahren 
indes  noch  eine  Modifikation.  Diejenige  Inten- 
sität eines  primären  Kathodenstrahlenbündels, 
welche  von  der  obersten  Tcilchenschicht  eines 
Reflektors  zerstreut  bez.  in  den  Gasraum  re- 
flektiert wird,    hängt,    wie  sich  von  selbst  ver- 


steht, von  zwei  Dingen  ab:  erstens  von  der 
Grösse  der  ablenkenden  Kraft  zwischen  einem 
Metall-  und  einem  Kathodenstrahlteilchen,  be- 
zogen auf  einen  gewissen  Abstand  zwischen 
beiden,  zweitens  von  der  Zahl  der  Metallteil- 
chen, welche  in  dem  Schnitt  der  Reflektor- 
fläche mit  dem  Kathodenstrahlenbündel  liegen; 
je  grösser  die  ablenkende  Kraft  und  je  grösser 
die  Zahl  der  Metallteilchen  in  jenem  Schnitt 
ist,  desto  grösser  ist  die  reflektierte  Intensität 
erster  Ordnung.  Nun  ist  zwar  die  ablenkende 
Kraft  (bezogen  auf  einen  gewissen  Abstand} 
unabhängig  von  dem  Einfallswinkel,  nur  ab- 
hängig von  der  Natur  des  Reflektors,  dagegen 
ändert  sich  die  Zahl  (;)  der  reflektierenden 
obersten  Metallteilchen  mit  dem  Einfallswinkel. 
Ist  .^0  die  Zahl  der  Metallteilchen,  welche  in 
der  Einheit  der  Oberfläche  verteift  ist,  y  der 
Normalschnitt    des    Kathodenstrahlbündels,    so 

gilt  :;  =1    *       Wie  auch  diePiguren  s  (unten)  und 

6{oben)für  den  Einfallswinkel  a  =  0  und  0  =  65" 
anschaulich  machen (KreiseMetallteilchen,  Gerade 
Kathodenstrahlen),  nimmt,  unabhängig  von  der 
Natur  des  Reflektormetalls,  die  Zahl  der  obersten 
reflektierenden  Metallteilchen  erst  langsam  dann 
rasch  zu  mit  wachsendem  Einfallswinkel.  Ein  und 
dasselbe  Metall  als  Reflektor  verhält  sich  in 
seiner  Oberflächenschicht  bei  senkrechter  Inci- 
denz anders  als  bei  schiefer;  die  Vergrösse- 
rung  des  Einfallwinkels  wirkt  in  der  be- 
trachteten Hinsicht  angenähert  gerade  so, 
wie  wenn  der  Einfallswinkel  konstant  gleich  Null, 
der  Schnitt  der  Reflektorfläche  mit  dem  Strahlen- 
bündel konstant  gleich  g  bliebe,  dagegen  in 
dieser  Fläche  q  die  Zahl  der  Metallteilchen  pro- 
portional mit  grösser,  also  das  reflektie- 
rende Metall  dichter  würde. 


372 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  16. 


Die  Vergrösserung  der  Zahl  z  mit  wachsen- 
dem Einfallswinkel  lässt  auch  ohne  weiteres 
erkennen,  dass  die  oben  gemachte  Annahme 
einer  Unabhängigkeit  der  räumlichen  Verteilung 
der  zerstreuten  Strahlen  vom  Einfallswinkel 
nur  eine  Annäherung  ist  und  fiir  grosse  Ein- 
fallswinkel nicht  mehr  zutrifft.  Für  grosse 
Einfallswinkel  überwiegt  der  Einfluss  der  Ver- 
grösserung der  Zahl  z  der  reflektierenden  Me- 
tallteilchen. 

Beide  Wirkungen,  räumliche  Verteilung  und 
Änderung  der  Zahl  ^zusammenfassend,  kommen 
wir  zu  folgendem  Resultat.  Die  reflektierte 
Intensität  erster  Ordnung  nimmt  mit 
wachsendem  Einfallswinkel  für  alle  Me- 
talle zu,  erst  langsam,  dann  schnell;  für 
die  wenig  zerstreuenden  Metalle  ist  diese 
Zunahme  grösser  als  für  die  stark  zer- 
streuenden. 

Reflektierte  Intensität  zweiter  Ord- 
nung. —  Die  reflektierte  Intensität  zweiter 
Ordnung  rührt  davon  her,  dass  von  den  Me- 
tallteilchen, welche  in  der  primären  Kathoden- 
strahlenrichtung  auf  die  von  dieser  zuerst  ge- 
troffenenTeilchen folgen,  Kathodenstrahlen  durch 
die  oberste  Teilchenschicht  hindurch  in  der 
Richtung  nach  dem  Gasraum  zerstreut  werden. 
Um  in  diesen  zu  gelangen  und  so  die  Reflexion 
zu  vermehren,  müssen  sie  die  oberste  Metall- 
schichtdurchlaufen; in  dieser  aber  erfahren  sie  eine 
Absorption.  Je  geringer  diese  ist,  desto  grösser 
wird  die  reflektierte  Intensität  zweiter  Ordnung. 
Jene  Absorption  ist  einmal  von  Metall  zu  Me- 
tall verschieden,  in  Platin  grösser  als  in  Alu- 
minium; sodann  hängt  sie  ab  von  der  Dicke 
der  durchlaufenen  Oberflächenschicht  oder  von 
dem  Abstand,  welche  die  an  zweiter  und 
höherer  Stelle  von  der  primären  Kathoden- 
strahlrichtung  getroffenen  Metallteilchen  von 
der  Oberfläche  haben.  Dieser  Abstand  und 
somit  die  absorbierende  Dicke  wird  aber  bei 
wachsendem  Einfallswinkel  kleiner  und  zwar 
mit  dem  Cosinus  desselben.  Der  dadurch  be- 
dingten Abnahme  der  Absorption  in  der  Ober- 
flächenschicht entspricht  eine  Zunahme  der 
reflektierten  Intensität  zweiter  Ordnung.  Dem- 
nach nimmt  mit  wachsendem  Einfalls- 
winkel a  die  reflektierte  Intensität 
zweiter  Ordnung  Jr  zu  und  zwar  für 
sämtliche  Metalle,  indes  ist  die  Zunahme 
bei  einem  bestimmten  Einfallswinkel  für 
die  stark  zerstreuenden  kleiner  als  für  die 
schwach     zerstreuenden.      Für    Platin     ist 

beispielsweise     der     Differentialquotient       . 

da 

kleiner  als  für  Aluminium.  Für  jene  Metalle 
ist  nämlich  von  vornherein  die  in  die  Tiefe  ein- 
dringende und  dann  wieder  reflektierte  Inten- 
sität kleiner    und    dann    ist    die  Absorption    in 


der  Oberflächenschicht  grösser  als  bei  den 
schwach  zerstreuenden  Metallen. 

Gesamte  reflektierte  Intensität.  — Nach 
den  vorstehenden  Auseinandersetzungen  ist  ein 
jedes  Glied  der  Summe  yr=  j' r  -\-  J^r  eine 
Funktion  des  Einfallswinkels  a.  Wir  ziehen  aus 
ihnen  zunächst  die  Folgerung  für  das  Verhalten 
schwach  zerstreuender  Metalle  wie  für  Alumi- 
nium.    P'ür    diese    ist    der   Differential quotient 

^  positiv  und  beträchtlich  für  grössere  Ein- 
fallswinkel und  das  gleiche  gilt  von  den  Diffe- 

ly'r 

rentialquotienten  -  .  -  -  •   Darum  ist  auch  der  Diffe- 

ö«  öa  ^a 

beträchtlich  für  grössere  Einfallswinkel.  Dem- 
nach nimmt  für  schwach  zerstreuende  Me- 
talle die  (gesamte)  reflektierte  Intensität 
mit  wachsendem  Einfallswinkel  beträcht- 
lich zu  und  zwar  erst  langsam,  dann 
schneller;  dementsprechend  nimmt  die 
absorbierte  Intensität  Ja  mit  wachsen- 
dem Einfallswinkel  ab.  Die  messende,  von 
Fehlerquellen  freie  Beobachtung  dürfte  dies  für 
Aluminium  bestätigen. 


rentialquotient  ^l^='\^  +  "r^/    positiv    und 


Für    stark    zerstreuende    Metalle    sind 


und 


da 


zwar    auch     positiv,     aber     klein, 


^       kann    im    extremsten    Falle    sogar    durch 

Null  hindurchgehen  und  negativ  werden.  Was 
für  die  zwei  vorstehenden  Differentialquotienten 

gilt,   trifft   auch   bei  ihrer  Summe   ^       zu.  Für 

ca 

stark  zerstreuende  Metalle  nimmt  darum 
mit  wachsendem  Einfallswinkel  die  re- 
flektierte Intensität  ebenfalls  zu,  aber  in 
kleinerem  Betrage  als  für  schwach  zer- 
streuende Metalle. 

Ohne  weiteres  ist  folgender  Satz  klar.  Für 
zwei  verschiedene  Metalle  ist' das  Ver- 
hältnis der  reflektierten  Intensitäten 
oder  das  Verhältnis  der  Reflexionsver- 
mögen eine  P'unktion  des  Einfallswinkels. 
Für   Platin    und    Aluminium    beispielsweise    ist 

dieses  Verhältnis  x  =  ,J^.   -   für    a  =  o    gross, 

nimmt  aber  mit  wachsendem  Einfallswinkel 
auf  einen  viel  kleineren  Wert  ab. 

Einfluss  der  Politur.  —Unser  Erklänings- 
prinzip  lässt  erkennen,  dass  bei  senkrechter 
Incidenz  der  Grad  der  Politur  nur  einen  sehr 
geringen  Einfluss  auf  die  reflektierte  Intensität 
haben  kann;  dies  wurde  bereits  in  der  ersten 
Mitteilung  dargelegt.  Der  geringe  Einfluss,  der 
sich  bei  grösserer  Rauhigkeit  zeigen  mag,  wird 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  16. 


373 


bei    stark   zerstreuenden  Metallen   grösser  sein 
als  bei  schwach  zerstreuenden. 

Bei  schiefer  Incidenz  wird  die  reflektierte  In- 
tensität durch  den  Grad  der  Politur  des  Reflektors 
beeinflusst;  dieZunahme  mit  der  Verbesserung 
der  Politur  ist  unter  sonst  gleichen  Um- 
ständen um  so  grösser,  je  grösser  derEin- 
fa  11s Winkel  ist.  Diese  Folgerung  ergiebt  sich 
aus  den  obigen  Darlegungen.  Die  Hervor- 
ragungen bei  geringer  Politur  bedeuten  nämlich 
bei  der  Kleinheit  der  Masse  eines  einfallenden 
primären  Elektrons  an  den  betreffenden  ein- 
zelnen Stellen  eine  Verkleinerung  des  Einfalls- 
winkels, umsomehr,  je  grösser  der  Einfallswinkel  ß 
des  ganzen  primären  Kathodenstrahlenbündels  be- 
zogen auf  die  Reflektornormale  ist;  Verkleinerung 
des  Einfallswinkels  bringt  aber  eine  Verringerung 
der  reflektierten,  eine  Vermehrung  der  absor- 
bierten Intensität  hervor. 

4.  Abhängigkeit    der   Reflexion    von  der 
Geschwindigkeit  bei  schiefer  Incidenz. 

Wie  bereits  in  der  ersten  Mitteilung 
auseinandergesetzt  wurde ,  nimmt  der  Ab- 
lenkungswinkel (Winkel  zwischen  primärer 
Strahlenrichtung  und  Richtung  eines  zerstreuten 
Strahlteilchens)  ab,  wenn  die  Geschwindigkeit 
der  Strahlen  zunimmt;  demgemäss  nimmt  mit 
wachsender  Geschwindigkeit  die  Zerstreuung 
und  Absorption  durch  eine  dünne  Metallschicht 
von  bestimmter  Dicke  ab.  Diese  Abnahme  des 
Ablenkungswinkels  ist  um  so  grösser,  je  kleiner 
sein  anfänglicher  Wert  bei  nicht  zu  grosser  Ge- 
schwindigkeit war.  Aus  diesem  Grund  nimmt, 
als  eine  Zerstreuung,  die  Reflexion  bei  senk- 
rechter Incidenz  (grosser  Ablenkungswinkel) 
mit  wachsender  Geschwindigkeit  oberhalb  einer 
Elektrodenspannung  von  70CX)  Volt  nur  mehr 
wenig  ab.  Bei  schiefer  Incidenz  liegt  die 
Sache  jedoch  anders.  Je  grösser  der  P2in- 
fallswinkel  ist,  desto  mehr  macht  sich  in  der 
reflektierten  Intensität  der  Anteil  der  wenig 
abgelenkten  Strahlen  geltend,  desto  deutlicher 
muss  der  Einfluss  der  Geschwindigkeit  auf  diese 
hervortreten.  Bei  schiefer  Incidenz  nimmt 
darum  die  reflektierte  Intensität  erster 
sowohl  wie  zweiter  Ordnung  und  darum 
auch  die  gesamte  reflektierte  Intensität 
mit  wachsender  Kathodenstrahlenge- 
schwindigkeit  oder  erzeugender  Elek- 
trodenspannung ab,  und  zwar  umsomehr, 
je  grösser  der  Einfallswinkel  ist.  Für  sehr 
grosse  Geschwindigkeiten  nimmt  indessen  auch 
in  diesem  Falle  die  Reflexion  einen  nahezu 
konstanten  Wert  an.  Bei  senkrechter  Incidenz 
liegt  diejenige  Elektrodenspannung  bez.  Ge- 
schwindigkeit, oberhalb  welcher  das  Reflexions- 
vermögen konstant  erscheint,  bei  7000  Volt 
bez.  5.10^  cm  .sec~*.  Bei  schiefer  Incidenz 
sind  diese  Werte  um  so  grösser,  je  grösser  der 


Einfallswinkel  ist.  Die  Abnahme  der  reflek- 
tierten und  somit  die  Zunahme  der  absorbierten 
Intensität  mit  wachsender  Geschwindigkeit  bei 
schiefer  Incidenz  an  dickem  Reflektor  entspricht 
der  Beobachtung,  dass  ein  dünnes  Metallblätt- 
chen  bei  normaler  Incidenz  umsomehr  Ka- 
thodenstrahlen durch  sich  gehen  lässt,  je  grösser 
deren  Geschwindigkeit  ist. 

Göttingen,   10.  April   1902. 

(Eingegangen  16.  April  1902.) 


Über  die  elektrische  Leitungsfähigkeit  von  iso- 
lierenden Flüssigkeiten  und  ihren  Mischungen. 

Von  Giuseppe  di  Ciommo. 

In  nachfolgendem  habe  ich  die  Absicht, 
die  Widerstände  einer  gewissen  Anzahl  von 
flüssigen  Kohlenwasserstofien  einerseits  und 
ihrer  Mischungen  andererseits  zu  bestimmen, 
um  zu  sehen,  wie  sie  voneinander  abhängen. 
Ich  habe  zu  diesem  Zwecke  zwei  verschiedene 
Methoden  befolgt,  je  nachdem  die  zu  untersuch- 
ende Flüssigkeit  einen  ungemein  grossen  oder 
einen  sehr  viel  kleineren,  aber  immerhin  noch 
recht  beträchtlichen  Widerstand  hat. 

Mittels  meiner  ersten  Methode  habe  ich 
das  Benzol,  Toluol,  Hexan,  Äthan,  Xylol 
(Meta),  Kumol,  Kohlenstoff"-Tetrachlorür  und 
ihre  Mischungen  untersucht.  Man  verbindet 
eine  der  Elektroden  des  Widerstandsgefösses, 
welches  die  Flüssigkeit  enthält,  mit  der  Nadel 
eines  Quadranten  -  Elektrometers  Thomson- 
Villari;  die  andere  Elektrode  wird  an  den 
Pol  einer  Batterie  von  100  Daniel  Ischen  Ele- 
menten angeschlossen,  deren  entgegengesetzter 
Pol  nach  dem  Boden  abgeleitet  ist;  die  Qua- 
dranten des  Elektrometers  werden  mit  einer 
100  Voltasche  Elemente  starken  Batterie 
geladen. 

Bei  diesem  Verfahren  erhält  die  Nadel  des 
Elektrometers  eine  elektrische  Ladung«  die 
durch  die  zu  untersuchende  Flüssigkeit  durch- 
gegangen ist;  ihre  Ablenkung  steigt  langsam 
bis  zu  einem  Maximum,  welches  stationär 
bleibt. 

Wir  bezeichnen  mit  r»  das  Potential,  welches 

die   Nadel   erreicht   hat;    mit   V  dasjenige    der 

Ladungsbatterie;  V — v  ist  die  Potentialdifferenz, 

die  an  den  beiden  Elektroden  des  Widerstands- 

j/ —  ^, 
gefässes  entsteht;  ein  Strom  /=  passiert 

also  die  zu  untersuchende  Flüssigkeit,  wenn 
wir  den  Widerstand  dieser  Flüssigkeit  mit  K 
bezeichnen.  Ist  das  Potential  der  Nadel  stationär, 
so  gleicht  die  Elektrizitätsmenge,  die  sie  erhält, 
das  aus,  was  sich  in  der  Zeiteinheit  frei  in  der 
Atnjosphäre  verliert,  und  man  erhält  also: 


374 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


V—v 
R 


60'=  et , 


c  bedeutet  die  elektrische  Kapazität  der  Nadel 
und  B  die  Abnahme  ihres  Potentials  durch 
spontane  Verluste  während  einer  Minute.  Hier- 
aus ergiebt  sich  nun: 

R  = •       60  . 

€  c 

Die  zweite  Methode,  welche  die  Methode 
des  Ladungsverlustes  genannt  wird,  habe  ich 
bei  dem  Schwefelkohlenstoff,  dem  Carven, 
dem  Brombenzol,  dem  Chloroform  und  ihren 
Mischungen,  wie  auch  für  Mischungen  des 
Schwefelkohlenstoffes  mit  dem  Äthan,  dem 
Hexan  und  dem  Kohlenstoff-Tetrachlorür  an- 
gewendet. Man  bestimmt  den  Ladungsverlust 
eines  Kondensators  von  der  Kapazität  r,  der 
bis  zu  einem  Potential  V  geladen  wird,  während 
seine  Belegungen  durch  die  zu  untersuchende 
Flüssigkeit  für  eine  gewisse  Zeit  i  geschlossen 
werden.  Wird  nun  das  Potential  des  Konden- 
sators zu  F*,  so  weiss  man,  dass  der  Wider- 
stand R   der  Flüssigkeit   durch   die   Beziehung 

I        c  ,        V 

an  die  anderen  gemessenen  Grössen  ge- 
bunden ist. 

Ging  ich  nach  obigen  Methoden  unter  Be- 
achtung aller  Vorsichtsmassregeln  vor,  so  ge- 
langte ich  zu  nachstehenden  Folgerungen: 

1.  Ohne  Rücksicht  auf  den  inneren  Mechanis- 
mus der  Leitungsfahigkeit  der  gewöhnlich  als 
nicht  leitend  betrachteten  Flüssigkeiten  kann  man 
den  Unterschied  zwischen  ihnen  und  den  als  Lei- 
tern bekannten  in  absoluterWeise  nicht  feststellen, 
weil  man  bei  Vervollkommnung  der  Messungs- 
methoden findet,  dass  alle  Flüssigkeiten  Spuren 
(wenngleich  äusserst  schwache)  von  eigener 
Leitungsfähigkeit  aufweisen. 

2.  Die  elektrischen  Widerstände  ß(»,t)  der 
Flüssigkeitsmischungen,  die  unter  dem  Namen 
der  Nichtleitenden  gehen,  fallen  nicht  mit 
denen  zusammen,  die  wir  auf  Grundlage  der 
Widerstände  der  flüssigen  Komponenten  und 
der  Proportionen,  in  denen  sie  die  Mischung 
bilden,  berechnet  haben  (ß{mc)).  Unter  den  von 
mir  untersuchten  Flüssigkeiten  machen  die  mit 
Carven  gemischten  eine  Ausnahme;   für  sie  ist 

3.  Der  Unterschied  zwischen  berechneten 
(/^(wr))  und  gefundenen  [ßi^mf))  Werten  verändert 
sich  mit  dem  Prozentgehalte  der  Mischung.  Bei 
denjenigen  Mischungen,  deren  flüssige  Kom- 
ponenten annähernd  gleiche  elektrische  Wider- 
stände haben,  wurden  obige  Differenzen  stets 
positiv;  sie  gehen  von  Null  aus,  erreichen  ein 
Maximum  und  sinken  dann  wieder  auf  Null. 
Bei  Mischungen,  deren  flüssige  Komponenten 
untereinander     stark     differierende     elektrische 


Widerstände  besitzen,  gehen  die  Unterschiede 
[ß{mc)  —  ß{ntt))  von  Null  aus,  erreichen  sehr 
rasch  ein  positives  Maximum,  sinken  dann  bis 
auf  Null,  werden  hierauf  negativ  und  machen 
denselben  Gang  unter  diesem  Vorzeichen  durch. 
Übrigens  sind  die  Widerstände  der  Mischungen 
aus  flüssigen  Komponenten  mit  annähernd 
gleichen  Widerständen  immer  kleiner  als  die 
Widerstände  der  flüssigen  Komponenten. 

4.  Die  Widerstände  ßi^tfäti)  und  ß^(^,rös£)t  die 
wir  fiir  jede  von  zwei  Flüssigkeiten  einer 
Mischung  auf  Grund  des  für  die  andere  Flüssig- 
keit gefundenen  Widerstandes,  der  Prozent- 
gehalt der  Mischung  und  des  (gefundenen) 
Widerstandes  der  Mischung  selber  berechnet 
haben,  sind  veränderlich  mit  dem  Prozentgehalt, 
mit  welcher  die  Flüssigkeit  (auf  die  ß  sich  be- 
zieht) in  die  Mischung  eingeht.  In  den 
Mischungen  von  Benzol  und  Toluol  steigen 
die  Werte  von  ßi^,iöst)  sowohl  für  das  Benzol 
wie  auch  für  das  Toluol  im  selben  Massstabe, 
als  ihre  Prozentualität  zunimmt,  bis  sie  mit  dem 
eigenen  Widerstände  zusammenfallen.  Man 
kann  diese  Resultate  folgendermassen  zusammen- 
fassen: Die  Leitungsfähigkeit,  welche  eine 
von  den  Flüssigkeiten  besitzt,  wenn  sie 
in  einer  anderen  von  ungefähr  gleicher 
Leitungsfähigkeit  aufgelöst  wird,  steigt 
mit  zunehmender  Lösung.  Ferner  hat  das 
Toluol  ein  grösseres  Vermögen,  den  Wider- 
stand des  in  ihm  gelösten  Benzols  herab- 
zusetzen, als  das  Benzol  dem  Toluol  gegen- 
über aufweist. 

Diese  und  andere  Resultate  zeigen,  welche 
und  wie  tiefgreifende  Veränderungen  in  der- 
artigen Flüssigkeiten  im  Inneren  ihrer  Lösungen 
vor  sich  gehen. 

Neapel,  April  1902. 

lAus  dem  Italienischen  übersetzt  von  H.  Rhumbler.) 

(Eingegangen  19.  April  1902.^ 

Wheatstone  -  Brücke     mit    Schleifdraht     und 
regelbarem  Vorschaltwiderstand. 

Von  Th.  Bruger. 

Vor  längerer  Zeit  habe  ich  an  dieser  Stelle ') 
einen  Kompensations-Apparat  mit  Kurbelschal- 
tung beschrieben,  welcher  für  alle  Fälle  infolge 
der  besonderen  Einrichtung  der  Kurbelrheostaten 
eine  direkte  Ablesung  der  gesuchten  Messgrösse 
gestattet. 

Das  Prinzip,  nach  welchem  die  dort  zur 
Anwendung  gebrachten  Kurbelschalter  kon- 
struiert sind,  lässt  sich  auch  fiir  andere  Zwecke 
mit  Vorteil  benutzen:  so  insbesondere  fiir  Her- 
stellung veränderlicher  Vorschaltwid  erstände 
zum  Schleifdraht  von  Wheatstone-Brücken. 
Die  Möglichkeit,  in  einem  Kreise  angeordnete 

I)  Diese  Zeitschrift  1,   167,    1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


375 


//  Widerstände  lediglich  durch  Drehen  einer 
Kurbel  so  in  zwei  Abteilungen  zu  zerlegen, 
dass  die  eine  a  Widerstände  und  die  andere 
n-a  Widerstände  umfasst,  wo  a  von  o  bis  // 
variiert  werden  kann,  wird  in  diesem  Falle  so 
zur  Konstruktion  einer  Schleifdrahtbrücke  ver- 
wertet, dass  der  betreffende  Kurbelrheostat  9 
Widerstände,  jeder  gleich  dem  Messdraht,  und 
einen  Leerkontakt  enthält  und  die  ganze  Schal- 
tung   der    in  Fig.   i    gegebenen    schematischen 


B. 


Fig.   I. 

Darstellung  entspricht.  Hier  ist  D  der  etwa 
auf  eine  Walze  gewundene  Schleifdraht,  dessen 
Enden  mit  den  beiden  Einzelfedern  /i  und  f^ 
der  Kurbelschaltung  verbunden  sind,  während 
die  9  Doppelfedern  der  letzteren  die  Hinter- 
einanderschaltung der  9  Einzelwiderstände  in 
die  beiden  Gruppen  af\  und  ef^  besorgen. 
Anfang  und  Ende  des  ganzen  Systems  von 
Vorschaltwiderständen  sind  gemäss  dem 
Wheats  ton  eschen  Schema  einerseits  an  den 
Satz  von  Vergleichswiderständen  i,  10,  loo, 
1000  Ohm  und  andererseits  an  den  zu  messen- 
den Widerstand  X  angeschlossen.  Wie  man 
ohne  weiteres  erkennt,  können  durch  Drehung 
der  Kurbel  K  die  9  Vorschaltwiderstände  be- 
liebig zu  beiden  Seiten  des  Messdrahtes  grup- 
piert werden,  so  dass  in  den  beiden  extremen 
Fällen  alle  9  am  Anfang  oder  alle  9  am  Ende 
desselben  liegen.  Damit  ist  dann  die  Länge 
des  Messdrahtes  gewissermassen  verzehnfacht 
und  auf  demselben  eine  um  eine  Dezimale  ge- 
nauere Einstellung  des  Schleifkontaktes  er- 
möglicht, so  dass  man  bei  Teilung  des  Drahtes 
selbst   in    1000  Teile    auf    '/loooo    ^^^    ganzen 


Betrages  vom  Messdraht  und  Vorschaltwider- 
ständen direkt  einstellen  kann. 

Was  die  bei  dieser  Anordnung  auftretenden 
Übergangswiderstände  zwischen  den  Kontakt- 
federn und  den  Schleifklötzen  betrifft,  so  lassen 
sich  dieselben  auf  den  geringen  Betrag,  welchen 
ein  sehr  gut  passender  und  gesäuberter  Stöpsel 
aufweist,  wohl  nicht  ganz  herabdrücken.  Doch 
darf  man  andererseits  auch  annehmen,  dass  der 
Übergangswiderstand  eines  Systems  von  Schleif- 
federn, wie  es  hier  verwendet  wird,  wesentlich 
unveränderlicher  bleibt,  wie  der  von  Stöpseln, 
so  dass  man  denselben  bei  der  Justierung  der 
betreffenden  Vorschaltwiderstände  zum  grossen 
Teil  mit  berücksichtigen  kann  und  zwar  hier 
um  so  eher,  als  immer  die  Anzahl  der  Über- 
gangswiderstände derjenigen  der  für  die  Messung 
in  Frage  kommenden  Hauptwiderstände  pro- 
portional ist. 

Zweckmässig  bleibt  es  trotzdem,  den  Wider- 
stand des  Messdrahtes  und  damit  zugleich  auch 
den  der  diesem  gleichen  Vorschaltwiderstände 
möglichst  gross  zu  wählen  und  daher  erscheint 
der  hier  beschriebene  Vorschaltwiderstand  mit 
Kurbelschaltung  besonders  für  solche  Mess- 
brücken geeignet,  deren  Messdraht  eine  relativ 
grosse  Länge  hat  und  etwa,  wie  auch  in  Fig.  i 
angedeutet,  in  einer  Anzahl  von  Windungen 
auf  eine  isolierende  Walze  gewickelt  ist.  Bei 
derartigen  Brücken  lässt  sich  dann  sehr  gut 
erreichen,  dass  die  Übergangswiderstände  in 
der  Kurbelschaltung  nur  ungefähr  i  Zehn- 
tausendstel der  zugehörigen  Hauptwiderstände 
ausmachen. 

Eine  weitere  zweckmässige  Anwendung  findet 
diese  Kurbelschaltung  für  Apparate,  die  zur 
Fehlerortsbestimmung  an  in  die  Erde  verlegten 
Kabeln  nach  der  Murray  sehen  Schleifenme- 
thode dienen.  Die  dieser  entsprechende  Schal- 
tung ist  in  Fig.  2    dargestellt    und    man    sieht. 


Kig   2. 

dass  der  Fehlerort  um  so  genauer  gefunden 
wird,  je  genauer  das  Verhältnis  der  beiden 
Abschnitte,  in  welche  das  zu  prüfende  Kabel 
durch  den  Erdschluss  geteilt  wird  —  die  Zu- 
leitungen zum  Kabel  sind  natürlich  auf  äquivalente 
Kabellängen  zu  reduzieren  — ,  an  dem  Mess- 
apparat bestimmt  und  abgelesen  werden  kann. 
Ist  also  der  Schleifdraht  an  und  für  sich  in 
1000  Intervalle  geteilt  und  verbindet   man   mit 


376 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   16. 


-O 


Fig   3-  j 

demselben  einen  regelbaren  Vorschaltwider-  I 
stand  vom  neunfachen  Betrage  dieses  Mess-  | 
drahtes,  so  ist  der  Fehlerort  auf  ein  Zehn- 
tausendstel der  ganzen  Kabellänge  ablesbar.  1 
Die  äussere  Form  und  Ausführung  eines  | 
Apparates  zur  Fehlerortsbestimmung  zeigt  Fig.  3. 
Der  Schleifdraht  ist  um  eine  Hartgummischeibe 


{ 

I 


10a 

— ^AAAAA/V\A^- 


-«-0 


Fig.  4- 


S|      ■     Bl      I 
'0^      'iW 


gelegt,  auf  welcher  im  Kreise  die  Anschliiss- 
klötze  für  die  Vorschaltwid erstände  angeordnet 
sind.  Über  denselben  liegt  das  drehbare  System 
der  Schleiffedern,  deren  jede  aus  5  einzelnen 
federnden  Phosphorbronzelamellen  besteht  und 
die  insgesamt  auf  der  Unterseite  einer  mit  Hart- 
gummiknauf versehenen  Hartgummiplatte  mon- 
tiert sind.  Diese  Platte  mit  den  Federn  ist 
nach  Lösen  einer  einzigen  centralen  Schraube 
ohne  weiteres  abnehmbar.  Der  Teilkreis  für 
den  Messdraht  ist  mit  der  Kontaktvorrichtung 
zugleich  drehbar,  so  dass  die  Ablesung  sowohl 
des  vorgeschalteten  Widerstandes,  wie  auch  der 
abgeteilten  Schleifdrahtlänge  in  sehr  bequemer 
Weise  an  je  einer  festen  Marke  erfolgt.  Auf 
der  Grundplatte  des  Apparates  sind  noch  ein 
Batterie-  und  ein  Galvanometerschlüssel  unter- 
gebracht, während  im  Innern  derselben  ein 
Widerstand  von    1  o    Ohm    vorgesehen    wurde, 

Für  die  Rcdakiron  vtnnhrortlich  Pinfessor  Dr.  H.  1']i,  : 


....>>_. 


Fig.  5. 

der  als  dritter  bekannter  Brückenzweig  dienen 
soll,  so  dass  bei  Mitbenutzung  desselben  und 
Anschluss  des  zu  messenden  Widerstandes  an 
die  mit  .\X  bezeichneten  Klemmen  der  Apparat 
auch  zur  direkten  Widerstandsbestimmung  ver- 
wendbar ist.  Soll  dagegen  bei  einer  Fehlerorts- 
bestimmung nur  die  Feststellung  eines  Wider- 
standsverhältnisses erfolgen,  so  wird  das  Mess- 
objekt an  die  Klemmen  Ki  und  A'j  gelegt. 
Die  schematische  Darstellung  der  Schaltung 
für  beide  Fälle  ist  in  den  Figuren  4  und  5  ge- 
geben. 

Die  hier  beschriebenen  Apparate  werden 
von  der  Firma  Hartmann  tt  Braun  A.-G., 
Frankfurt  a,M.,  hergestellt,  welche  den  letzteren 
auch  noch  in  vollkommenerer  Ausführung  mit 
eingebautem  Drehspulgalvanometer  und  Mess- 
batterie liefert. 

fKißgegangen  25.  April    19M.) 

Personalien. 

Der  iDgenieur  Hnns  Dieckhoff  in  Hamburg  wnrde 
lum  etalsmSssigen  FtofesioT  an  der  Technischen  HochscIiaU 

Der  A^istent  fllr  höhere  Mathematik  bq  der  Techoisclien 
Hochschule  iii  München,  Ur.  Martin  Kntta,  wurde  als 
Privatdorent  fUr  ani;enandte  und  reine  MalheinaCik  au  der 
genannteii  Hochschule,  der  Civiliugenieur  Henry  Lossier 
als  Privatdoicnt  an  der  technischen  Sektion  der  raalhe* 
mali seh -nalurwissenscha filichen  Fakultät  der  Universität  Lau - 

Prof.  Boltzmann  in  Leipzig  kehrt  an  die  Universität 
Wien  zurück. 

Am  i.  Mai  starb  im  Alter  von  42  Jahren  Prof.  Dr. 
Johannes  Freiitzel,  Lehrer  der  Chemie  an  der  Landwirt- 
schaftlichen und  an  der  Technischen  Hochscbule  zu  Berlin, 
am  2S.  April  der  Professor  der  Mathematik  an  der  Berbner 
Universität  Fuchs. 


Berichtigungen. 

:    des    Hemi    Chabot,    1 


Spalte  l.    Zeile  i 
heilen. 

In    den   Personalien    desselben  Heftes,    äcite  352,  letzte 
Zeile  soll  es  statt  „Ifaun"  Hann  heis.scn. 

Inder  Arbeit  von  Gradenwitj.,  Heft  15,  p.  331,  Spalte  I, 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  17. 


Originalmltteilungen: 

P.  Lewis,  Über  die  sichtbare  Projek- 
tion von  Konvektions-  und  Diffu- 
siousströmen  in  Gasen  und  Flüssig- 
keiten.    S.  377. 

K.  Honda  u.  S.  Shimizu,  Läugenver- 
ändernng  feiromagnetischer  Drähte 
infolge  von  Magnetisierung  bei  kon- 
stanter Spannung.     S.  378. 

K.  Honda,  S.  Shimizu  u.  S.  Kusa- 
kabe,  Veränderung  des  Hlastizitäts- 
koeffizienten  ferromagnetischer  Sub- 
stanzen infolge  von  Magnetisierung. 
S.  380. 

K.Honda,  S.  Shimizu  u  S.  Kusa• 
k  a  b  e ,  Änderung  des  Torsionsmoduls 
ferromagnetischer  Substanzen  infolge 
von  Magnetisierung.     S.  381. 

F.  Campanile  u.  G.  di  CMommo, 
Über  eine  Eigentümlichkeit,  welche 


I.  Juni   1902. 

Redakttonsschlust  für  No.  18  am  4.  Juni  1902. 

INHALT. 

Dämpfen  durch  X-Luft  mitgeteilt 
wird.     S.  382. 

A.  Garbasso,  Über  die  Entladungen 
eines  Kondensators  durch  zwei  pa- 
rallel  geschaltete    Drähte.     S.  384. 

E.  Rutherford  u.  S.  G.  (Jrier,  Mag- 
netische Ablenkbarkeit  der  Strahlen 
von  radioaktiven  Substanzen.   S.  385. 

Zusammenfassende  Bearbeitungen: 

H.  M  e  1  d  a  u ,  Die  Ablenkung  des  Kom- 
passes an  Bord  der  Eisenschi ffe. 
S.  391. 

Referate: 

C.  Bach,  Weitere  Versuche  über  die 
Abhängigkeit  der  Zugfestigkeit  und 
Bruchdehnung  der  Bronze  von  der 
Temperatur.     S.  395. 

S.  Lemström,  t  ber  die  Messung 
der  elektrischen  Ströme  der  Atmo- 
sphäre durch  Spitzenapparate.  S.  396. 


3.  Jahrgang. 


J.  M.  Eder,  System  der  Sensitometrie 
photographischer    Platten.      S.  397. 

Besprechungen: 

J.  H.  van't  Hoff,  Zinn,  Gips  und 
Stahl  vom  physikalisch-chemischen 
Standpunkte.     S.  398. 

H.  S  c h  m  i  d  t ,  Anleitung  zur  Projektion 
photographischer  Aufnahmen  und 
lebender  Bilder  (Kinematographie). 
S.  398. 

J.M.Pernter,  Meteorologische  Optik. 

s.  398. 

Fr.  Ristenpart,  Verzeichnis  von  336 
Sternkatilogen.     S.  399. 

A.  Miethe,  Lehrbuch  der  prakti- 
schen Photograj^hie.     S.  399. 

Morris  W.  Travers,  Das  experimen- 
telle Studium  der  Gase.     S.  399. 

Eingegangene  Schriften.    S.  400. 
Tagesereignisse.    S.  400. 
Personalien.    S.  400. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Über    die   sichtbare   Projektion   von   Konvek- 
tions- und  Difiusionsströmen  in  Gasen  und 

Flüssigkeiten. 

Von  Percival  Lewis.^) 

Von  Boys,  Mach  und  Salcher,  Wood, 
Tufts  und  anderen  ist  die  Töpl  ersehe 
Schlieren-Methode  mit  Erfolg  auf  die  Photo- 
graphie von  Geschossen,  Schallwellen  und  Gas- 
strahlen angewendet  worden.  Es  giebt  nun 
jedoch  manche  Fälle,  in  denen  die  Original- 
methode unvorteilhaft  ist,  teils  aus  Mangel  an 
passenden  Linsen,  teils,  weil  die  zu  beobach- 
tenden Vorgänge  ein  Gesichtsfeld  einnehmen, 
welches  grösser  als  die  Apertur  der  Linse  ist. 
Es  scheint  nicht  allgemein  bekannt  zu  sein, 
dass  eine  sehr  grosse  Vereinfachung  der  Me- 
thode in  vielen  Fällen  sehr  befriedigende  Re- 
sultate giebt,  so  zum  Beispiel  fiir  die  sichtbare 
Projektion  von  Luftspiegelungen,  ferner  von 
Konvektions-  und  Diffusionsströmen  in  farb- 
losen Gasen  und  Flüssigkeiten.  Der  einzige 
erforderliche  Apparat  ist  eine  gewöhnliche, 
einfache  Linse.  Der  Operationsbereich  ist  prak- 
tisch unbegrenzt,  und  die  Vorgänge  können  auf 
einem  grossen  Schirm  so  deutlich  projiziert  werden , 
dass  sie  in  einem  weiten  Räume  sichtbar  sind. 

Ein  horizontaler  Strahl  von  Sonnen-  oder 
Bogenlicht    geht    durch    die    Linse.      Von    der 

l)  Herr  Lewis  schreibt  uns  nachträglich  zu  der  oben- 
stehenden Mitteilung:  „Seit  ich  Ihnen  die  Notiz  über  eine 
Abänderung  von  Töplers  Schlierenmcthode  sandte,  habe  ich 
gefunden,  dass  dieselbe  Methode  schon  früher  von  v.  Dvorak 
(Wied.  Ann.  9,  502,  1880)  beschrieben  wurde  und  von 
R.  Emden  (Wied.  Ann.  69,  264,  1890)  angewendet  worden 
ist.  Ich  bedaure,  dass  mir  diese  Arbeiten  entgangen  waien 
und  ebensosehr,  dass  die  so  schöne  Drmonstrationsmethode 
offenbar  so  wenig  Heachtung  gefunden  hat."   Die  Herausgeber. 


punktförmigen  Lichtquelle  im  Brennpunkte  geht 
das  Licht  in  einem  weiten  Kegel  bis  zum 
gegenüberliegenden  Schirm.  Alle  Unterschiede 
oder  Veränderungen  im  Brechungsindex  des 
innerhalb  des  Strahlenkegels  befindlichen  Me- 
diums werden  auf  dem  Schirm  abgebildet.  Es 
ist  keine  Linse  weiter  erforderlich  und  die  Vor- 
gänge stellen  sich  von  selbst  scharf  ein. 

Eine  Bunsen-Flamme,  welche  irgendwo 
in  den  Lichtkegel  gestellt  wird,  giebt  ein  sehr 
scharfes  Bild.  Da  die  heisseren  Teile  der  Flam- 
men und  der  Luft  über  ihr  das  Licht  seitlich 
nach  kälteren  Gegenden  hin  brechen,  so  proji- 
zieren sich  solche  heisse  Stellen  als  beschattete 
Flächen,  die  von  hellen  Linien  eingefasst 
sind.  Die  Konvektionsströme  können  über  ein 
Meter  und  darüber  hinaus  verfolgt  werden.  Die 
leuchtende  Flamme  giebt  den  Kegel  ebenso 
deutlich  wie  die  nichtleuchtende. 

Wenn  der  Brenner  unter  eine  grosse  hori- 
zontale Metallplatte  gestellt  wird,  an  der 
das  Licht  mit  streifendem  Einfall  entlang  geht, 
so  sieht  man  deutlich  die  Wirbelströme  unter 
ihr  und  die  Konvektionsströme  über  ihr.  Dank 
der  Aufwärtsbrechung  und  Totalreflexion  an 
der  oberen  Fläche  liegt  der  scheinbare 
Schatten  höher  als  der  geometrische  und  ist 
von  einer  sehr  hellen  Linie  begrenzt.  Eine 
Metallkugel,  welche  auf  der  Platte  ruht,  giebt 
einen  stark  deformierten  Schatten,  indem  zwei 
scharfe  Lichtstreifen  von  unten  in  sie  hinein- 
dringen. Die  rechtwinkelige  Ecke  einer  Metall- 
platte, die  die  untere  Seite  der  horizontalen 
Platte  berührt,  ist  zu  einem  spitzen  Winkel 
verzeichnet.  Berührt  sie  die  obere  Fläche,  so 
erscheint     sie     abgeflacht     und     durch     einen 


378 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


„schwarzen  Tropfen"  mit  dem  Schatten  der 
heissen  Platte  verbunden.  Einige  von  diesen 
Vorgängen  zeigen  grosse  Ähnlichkeit  mit  ge- 
wissen Luftspiegelungen,  die  bisweilen  zwischen 
den  Berggipfeln,  entlang  der  Bai  von  St.  Fran- 
cisco, gegen  den  Abend  eines  heissen  ruhigen 
Tages  gesehen  werden,  wenn  die  Erdober- 
fläche sich  abzukühlen  beginnt.  Es  scheint 
möglich,  in  dieser  Weise  mancherlei  Luftspiegel- 
ungen nachzuahmen  und  zu  projizieren. 

Wenn  Äther  über  die  heisse  Platte  ausge- 
gossen wird,  so  wird  der  Schatten  gänzlich 
ausgelöscht  und  seine  Stelle  von  hellen,  wel- 
ligen Lichtfalten,  die  langsam  heruntersinken, 
eingenommen.  Wird  Ätherdampf  (nicht  die 
Flüssigkeit)  aus  einem  Becher  ausgegossen,  so 
ist  derselbe  deutlich  zu  sehen. 

Ströme  von  Wasserstoff,  Kohlensäure  und 
anderen  Gasen  können  auf  dem  Schirm  gezeigt 
werden,  ebenso  Leuchtgas,  wenn  der  untere 
Teil  des  Brenners  verschlossen  ist,  um  die  Luft 
auszuschliessen. 

Die  beigedruckten  Figuren  stellen  einige 
dieser  Erscheinungen  dar.  Sie  sind  angefertigt 
nach  Photographien  des  Schirmes,  die  mit 
einer  halben  Sekunde  Expositionsdauer  aufge- 


Q_ 


Fig.  I. 

nommen  sind.    Fig.   i   zeigt  den  Schatten  einer 
horizontalen    Metallplatte,     welche     von     zwei 


Fig.  2. 


Kugeln  und  zwei  rechteckigen  Platten  berühr 
wird.  Unter  ihr  befindet  sich  ein  Strom  von 
unangezündetem  Leuchtgas,  der  unter  der 
Platte  eine  schwache  Wolke  bildet.  Oberhalb 
sieht  man  den  Schatten  des  Becherglases,  von 
welchem  aus  Ätherdampf  in  einem  hellen  Strom 
hinunterfliesst.  In  Fig.  2  ist  die  Bunsen flamme 
angezündet.  Unter  der  Platte  befindet  sich 
eine  dunkle  Wolke  heisser  Luft,  von  einer 
hellen  Linie  begrenzt.  Oberhalb  des  Schattens' 
der  Platte  befindet  sich  eine  ähnliche  helle 
Linie.  Die  Strömungslinien  der  heissen  Luft  sind 
deutlich  zu  sehen,  namentlich  gerade  über 
der  Flamme.  Die  Kugeln  und  die  rechtwinke-  - 
ligen  Ecken  der  Platte  sind  innerhalb  der 
heissen  Schicht  deformiert. 

Wenn  man  eine  Schachtel  zur  Herstellung 
von  Rauchwirbelringen  mit  geöffnetem  Boden 
auf  die  heisse  Platte  stellt,  können  heisse 
Luftringe  von  der  Öffnung  ausgeschleudert 
werden.  Auf  dem  Schirm  erscheinen  sie  als 
dunkle  Ringe,  die  zu  schwach  sind,  um  photo- 
graphiert  zu  werden. 

Die  Diffusionsströme,  welche  sich  von  einem 
farblosen  Salz  oder  einigen  Tropfen  Alkohol  er- 
heben, die  in  ein  mit  Wasser  gefiilltes  Glasgefäss 
gethan  werden,  sind  ganz  deutlich  zu  sehen.  Die 
Konvektionsströme  in  einer  erhitzten  Flüssigkeit 
können  in  gleicherweise  gezeigt  werden,  undzwar 
auf  weit  befriedigendere  Weise  als  nach  der  ge- 
wöhnlichen Methode  mit  suspendierten  Teilchen. 

Diese  Abänderung  der  Schlieren-Methode 
scheint  daher  bei  Vorlesungsversuchen  und 
selbst  im  Gebiete  wissenschaftlicher  Unter- 
suchungen in  weitem  Masse  anwendbar  zu 
sein. 
Universität  von  Californien,  Berkeley.  März  1 902. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  M.  Egeb recht.) 

(Emgegangen  3.  April    1902.) 

Langenveränderung  ferromagnetischer  Drähte 
infolge  von  Magnetisierung  bei  konstanter 

Spannung. 

Von  K.  Honda  und  S.  Shimizu.  ') 

Die  Längenveränderung  infolge  von  Magne- 
tisierung bei  konstanter  Spannung  wurde  mit 
einer  Anordnung  gemessen,  die  auf  Figur  i  ab- 
gebildet ist. 

C  war  die  Magnetisierungsrolle  und  w  der 
zu  untersuchende  Draht,  dessen  oberes  Ende 
an  das  Stativ  6*  festgeklemmt  war,  während  das 
untere  Ende  ein  Gewicht  Q  trug.  M  war  ein 
Spiegel,  der  am  Rotationscylinder  festsass,  dessen 
Enden  in  Kegelspitzen  ausliefen  und  leicht  auf 
Achatschälchen  aufgesetzt  waren ,  die  ihrerseits 
mit  Schraubenköpfen  auf  der  Messingnadel  BB 

i)  Vorgetragen  am  22.  Juni  1901  in  der  Math.-phys.  Ge- 
sellschaft zu  Tokyo. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


379 


s 


1: 


u:äL:j2/^i///w/////. 


M  M      B 

rH>rQ 


WVi 


^— -.=gO. 


I        "      I 


Fig.  I. 


befestigt  waren.  K  war  ein  Kollimator,  L  eine 
Linse  und  E  ein  Mikrometer  mit  Okularskala. 
Der  Kollimatorspalt  wurde  mit  einer  Gasflamme 
beleuchtet;  das  Licht  verlässt  den  auf  Parallel- 
strahlen eingestellten  Kollimator,  wird  vom 
Spiegel  M  reflektiert,  und  wird  durch  die  Linse  L 
konvergent  gemacht  und  ins  Mikrometerfeld  ge- 
leitet. In  der  Mitte  des  Spaltes  war  parallel 
zum  Rande  ein  sehr  feiner  Glasfaden  gespannt, 
dessen  Bild  im  Mikrometer  deutlich  gesehen 
wurde.  Ein  an  das  untere  Ende  des  ferro- 
magnetischen  Drahtes  angelöteter  Kupferdraht 
berührte  den  Rotationscylinder  unter  geeignetem 
Druck;  wenn  der  Draht  eine  Verlängerung  oder 
Verkürzung  erfuhr,  drehte  sich  der  Spiegel  um 
einen  kleinen  Winkel  und  wurde  die  entspre- 
chende Verrückung  des  Fadenbildes  im  Mikro- 
meterfelde beobachtet. 

Der  zu  untersuchende  Draht  war  2 1  cm  lang 
und  0,15  cm  dick;  an  seine  Enden  waren  sorg- 
fältig ausgeglühte  weiche  Kupferdrähte  vom 
selben  Durchmesser  gelötet.  Er  hing  vertikal 
in  der  Axiallinie  der  Magnetisierungsrolle,  die 
30  cm  lang  war,  so  dass  derselbe  sich  in  einem 
annähernd  gleichförmigen  Felde  befand.  Der 
Ständer,  an  dem  der  Rotationscylinder  befestigt 
war,  konnte  mit  Hilfe  von  Schrauben  aufwärts 
und  abwärts,  wie  auch  vorwärts  und  rückwärts 
bewegt  werden.  Diese  Anordnung  gestattete 
es,  die  Achse  unter  geeignetem  Drucke  zur  Be- 
rührung mit  dem  senkrecht  aufgehängten  Drahte 
zu  bringen.  Ein  Vorversuch  zeigte,  dass,  wenn 
der  Druck  in  der  Berührungsfläche  zwischen 
Draht  und  Cylinder  massig  war,  keine  Spur 
von  Einschneiden  am  Cylinder  zu  beobach- 
ten war. 

Vermittelst  unserer  Anordnung  waren  wir 
im  Stande,  an  unseren  Versuchsobjekten  Längen- 
veränderungen von  dem  winzigen  Betrage 
3  X  lO""*  pro  Centimeter  zu  messen,  wobei  der 
Durchmesser  des  Rotationscylinders  0,121  cm 
betrug. 

Einige  von  unseren  Versuchsergebnissen 
sind  in  nebenstehenden  Figuren  graphisch  dar- 
gestellt. 


Weiches  Eisen 
Durchm.  =  1.38  mm 

—  X  10« 


I:   P 
II:  P 

III:  P 


=  0 


1.486  ^^ 
mm' 

5-441    „ 


'S 


Kn 

10                     4 

00                    €i 

^ 

^^^^^^^ 

JI 

m 


Fig.  2. 


Nickel 

Durchm.  =  1.40  mm 


11:/». 
III:/». 


•'mm^ 
2.927    „ 
=  5.680   „ 


-20 


-4^0 


Fig.  3. 


Nickelstahl. 

(35  W 
Durchm.  =  i.$o  mm 


I:/*=o 

II  :/*  =  0.723     ^ 
mm 

1.876    „ 


m.p 

IV  :P 


=  4.757 


II 


200 


4^0 


eoo 


Fig.  4. 


38o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


Wolframstahl  (ungeglüht) 
Durchm.  =  060  mm 


1- 

./'-= 

4.430 

kg 
mm2 

II 
II 

\P-- 

15.030 
25.630 

u 

Bei  weichem  Eisen,  Nickel  und  Nickelstahl 
ist  also  die  Wirkung  der  Spannung  auf  die 
magnetische  Längenveränderung  sehr  beträcht- 
lich. Bei  Wolframstahl  ist  die  Wirkung  nicht 
so  bedeutend  wie  bei  anderen  Metallen.  Dieser 
Einfluss  der  Spannung  besteht  in  einer  Ver- 
ringerung der  Längenausdehnung  und  einer  Ver- 
grösserung  der  Kontraktion  bei  weichem  Eisen 
und  Wolframstahl.  Bei  Nickel  hingegen  findet 
in  schwachem  Felde  eine  Verringerung  und  in 
starkem  Felde  eine  Zunahme  der  Kontraktion 
statt.  Bei  Nickelstahl  ist  die  Verminderung  der 
magnetischen  Längenausdehnung  ganz  besonders 
stark;  eine  Spannung  von  1,5  kg  pro  Quadrat- 
millimeter vermindert  diese  Dehnung  bereits  auf 
die  Hälfte  ihres  Wertes  ohne  Spannung.  Bei 
einer  Spannung  von  4,76  kg  pro  Quadratmilli- 
meter findet  zunächst  eine  Kontraktion  und  dann 
eine  Dehnung  des  Drahtes  statt,  wenn  das 
Magnetfeld  allmählich  zunimmt,  so  dass  der 
Verlauf  der  Kurve  der  Kurve  für  die  magne- 
tische Längenveränderung  des  Kobalts   ähnelt. 

Kaiserliche  Universität  zu  Tokyo,  Japan. 

(Aus  dem  Englischert  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen  30.  April   1902.) 


Veränderung  des  Elastizitätskoeffizienten 
ferromagnetischcr   Substanzen   infolge   von 

Magnetisierung. 

Von  K.  Honda,  S.Shimizu  u.  S.Kusakabe.*) 

Man  ist  allgemein  der  Ansicht,  dass  Magne- 
tisierung die  Elastizität  ferromagnetischcr  Sub- 
stanzen nur  in  sehr  geringem  Masse  beeinflus.st. 
Unsere  Versuche -haben  jedoch  gezeigt,  dass 
dies  nicht  immer  der  Fall  ist,  vor  allem  bei 
Nickel. 


Zur  Untersuchung  der  Elastizitätsverände- 
rungen kam  die  Biegungsmethode  zur  Anwen- 
dung. Der  ferromagnetische  Stab  (64  cm  lang 
und  I  cm*-^  im  Querschnitt)  wurde  horizontal 
auf  zwei  60  cm  voneinander  entfernte  Unter- 
lagen aufgelegt.  Derselbe  war  von  zwei  glei- 
chen Magnetisierungsrollen  umgeben,  deren 
Länge  40  cm  betrug,  derart,  dass  die  Rollen 
zum  Stabe  koaxial  und  in  Bezug  auf  dessen 
Mittelpunkt  symmetrisch  sassen.  Die  Rollen 
konnten  auch  unabhängig  vom  Stabe  ver- 
schoben werden.  Ihr  innerer  Durchmesser  be- 
trug 5,8  cm,  während  die  Lücke  in  der  Mitte 
2,5  cm  ausmachte,  so  dass  dieselbe  unsere 
Ergebnisse  nicht  erheblich  beeinflussen  konnte. 
Das  Gewicht  hing  an  der  Mitte  des  Stabes, 
und  die  Depressionsveränderungen  infolge  von 
Magnetisierung  wurden  mit  Hilfe  einer  Anord- 
nung gemessen,  wie  sie  ähnlich  von  Hertz 
als  Dynamometer  benutzt  worden  ist: 

Von  der  Mitte  des  Stabes  ging  ein  feiner, 
etwa  0,09  mm  dicker  Kupferdraht  aus,  der  an 
den  Stäben  angelötet  und  dann  mit  Hilfe  einer 
schwachen  Feder,  die  an  einem  Stativ  befestigt 
war,  senkrecht  nach  oben  gespannt  war.  Dieser 
Kupferdraht  wurde  einmal  um  einen  Rotations- 
cylinder  gewickelt,  an  dem,  ganz  wie  bei  den 
Versuchen  der  vorhergehenden  Mitteilung,  ein 
Spiegel  befestigt  war.  Die  Rotation  des  Cylin- 
ders  wurde  vermittelst  einer  vertikalen  Skala 
und  eines  Fernrohres  beobachtet.  Diese  Anord- 
nung ermöglichte  es  uns,  eine  nur  1,71  x  10"^  cm 
betragende  Durchbiegung  zu  messen. 

Da  der  Widerstand  beider  Rollen  zusammen 
nicht  mehr  als  3  Ohm  ausmachte,  wurde  am 
Eisenkern  keinerlei  Erwärmung  infolge  des 
Magnetisierungsstromes  beobachtet. 

Einige  Versuchsergebnisse  sind  in  den  fol- 
genden Tabellen  enthalten: 

Weiches  Eisen. 


I)   N'orgetragen    am    14.  December   1901    in    der    Math.- 
phys.  Gesellschaft  zu  Tokyo. 


P          HO  gr              610  gr 

1130  gr 

2650  gr 

H            ^^ 

6E 

6E 

ÖE 

E 

E 

E 

E 

—   -  _    —  — 

1 

—-      —  .  -^ —  - 

—  ^-        —   — .;- 1         ^ 

30     2.80x10-2      1.49x10- 
80     3.32                   1.91 

150    3-39                  1-93 
250     3.40                  1.93 

400    3.40               ;   1.95 

-s 

I.IOXIO— 2 

1.46 

1.50 

1.50 

1.50 

0,88X10-2 
1.27 
1.32 

1-33 
1-33 

St. 

ahl. 

P 

1005  gr 

1918  gr 

2830  gr 

H 

6E 
E 

SE 
E 

^ 

ÖE 
E 

50 
150 
300 
500 

0.14x10-2 

0.2s 
0.28 
0.31 

0 
0 
0. 
0. 

15X10-2 
30 

37 

42                1 

o.i5x:io-2 
0.2S 

035 
0.40 

Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.   17. 


381 


Wolframstahl. 


// 


HO  gr 

6E 
E 


549  gr 


ÖE 
E 


1130  gr 

6E 
E 


1928  gr 

6E 
E 


100     2.05x10—2 
200     2.55 
300     2.93 
500.  3-5S 


2.02x10 
2.28 

2.43 
2.68 


2 


1. 80x10 -2 
2.00 
2.10 
2.23 


1.64x10- 

1.84 
I  89 

1.97 


2 


Kobalt. 


H 


100 
250 
500 


1005  gr 

6E 
E 


2830  gr 


0.25x10-2 

0-53 
0.79 

Nickel. 


6E 
E 

0.08x10—2 

0.28 

043 


// 


93  gr 

6E 
E 


276  gr 

6E 
E 


549  gr 

6E 
E 


820  gr 

fiE 
E 


40   -2.60x10—2  —  i.82x:io— 2 — 1.15x10-2 

80  -404  123  —0.55 

150  —3.20  -020  +053 

300  —0.48  +1.48  +2.05 

500+1.67  +2.67  +2.85 


--o-95x:io-2 
— o  16 
+  1.19 

-f-2.52 

;+3.62 


Hierbei  bedeutet  P  das  angehängte  Ge- 
wicht und  //  die  effektive  Feldstärke.  E  ist 
der  Elastizitätskoeffizient  im  unmagnetischen 
Zustande  und  ö  E  die  von  Magnetisierung 
herrührende  Veränderung   desselben.     Bei  der 

r.  .  ^E 

Berechnung  von      ,,    wurde    das    Gewicht    des 

ferromagnetischen  Stabes  selbst  berücksichtigt 
und  eine  in  der  Elastizitätslehre  von  C  leb  seh 
gegebene  Näherungsformel  benutzt. 

Die  Elastizität  dieser  ferromagnetischen  Sub- 
stanzen wird  also  durch  Magnetisierung  stets 
gesteigert,  mit  Ausnahme  von  Nickel,  und  zwar 
nimmt  ihr  Betrag  mit  der  Feldstärke  analog  der 
Abhängigkeit  der  magnetischen  Intensität  von 
der  magnetisierenden  Kraft  zu.  Bei  Nickel 
nimmt  die  Elastizität  in  schwachen  Feldern  ab 
und  in  starken  zu.  In  einem  gegebenen  Felde 
variiert  die  Elastizitätsänderung  beträchtlich  mit 
dem  wirkenden  Zuge,  besonders  wenn  derselbe 
klein  ist.  Im  allgemeinen  ist  sie  gross  bei 
kleiner  Belastung  und  nimmt  ab,  wenn  diese 
zunimmt,  bis  sie  sich  einem  asymptotischen 
Werte  nähert.  Diese  Elastizitätsveränderungen 
sind  im  übrigen  von  der  Richtung  der  magneti- 
sierenden Kraft  unabhängig. 

Für  weiches  Eisen,  Wolframstahl  und  Nickel 
ist  die  Elastizitätsänderung  keineswegs  unbedeu- 


tend; für  die  beiden  anderen  Metalle  ist  sie  hin- 
gegen verhältnismässig  klein. 

Kaiserliche  Universität  zu  Tokyo,  Japan. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen  30.  April  1902.) 


Änderung    des    Torsionsmoduls    ferromagne- 
tischer  Substanzen  infolge  von  Magnetisierung. 

Von  K.  Honda,  S.Shimizu  u.  S.Kusakabe.') 

Vor  zwei  Monaten  haben  wir  in  der  Monats- 
sitzung unserer  Gesellschaft  das  Ergebnis  un- 
serer Versuche  über  Veränderungen  des  Elasti- 
zitätsmoduls ferromagnetischer  Substanzen  im 
Magnetfelde  vorgetragen.^)  Vorliegender  Versuch 
hat  die  Änderung  des  Torsionsmoduls  infolge 
von  Magnetisierung  zum  Gegenstand.  Dieser 
Untersuchung  kommt  insofern  besondere  Be- 
deutung zu,  als  die  Änderungen  der  Torsions- 
elastizität unter  dem  Einfluss  magnetischer 
Kräfte  zu  denen  der  Magnetisierung  infolge  von 
Torsion  im  Wechselverhältnis  stehen. 

Zur  Verwendung  kam  bei  vorliegendem 
Versuch  die  gewöhnliche  Methode  der  Torsion 
(Drehung)  eines  Stabes  unter  der  Einwirkung 
eines  Kräftepaares.  In  unserem  Falle  wurde 
die  Empfindlichkeit  des  zur  Messung  des  Tor- 
sionswinkels dienenden  Apparates  etwa  auf 
das  106  fache  gesteigert.  Dies  wurde  auf  fol- 
gendem Wege  erzielt. 

Wie  die  beigefugte  Figur  lehrt,  wurde  die 
Winkelrotation  des  Versuchsobjektes  zunächst 
in  eine  geradlinige  Verrückung  verwandelt,  und 
zwar  mit  Hilfe  eines  Doppelrades  P^  das  senk- 
recht an  den  Versuchsstab  geklemmt  war,  und 

i)  Vorgetragen  am  8.  Februar  1902  in  der  Math.-phys. 
Gesellschaft  zu  Tokyo. 

2)  Vcrgl.  die  vorangehende  Mitteilung. 


382 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


eines  sehr  dünnen  Drahtes,  der  im  Punkte  A 
am  äusseren  Umfang  des  Rades  befestigt  und 
vermittelst  einer  schwachen  Feder  s  senkrecht 
nach  oben  gespannt  war.  Die  geradlinige  Ver- 
rückung wurde  ihrerseits  wieder  in  eine  Rotation 
verwandelt  mit  Hilfe  eines  rotierenden  Cylinders 
T,  wie  derselbe  in  den  beiden  vorhergehenden 
Mitteilungen  beschrieben  ist.  WennR  und  r  bezw. 
die  Radien  von  Rad  und  Cylinder  vorstellen,  so 
wurde  die  Empfindlichkeit  auf  das  /^/r-fache  ge- 
steigert. Mit  Hilfe  dieser  Anordnung  waren 
wir  im  stände,  kleine  Torsionsveränderungen  im 
Betrage  von  nur  1,9"  x  10"^  pro  cm  an  unseren 
Versuchsobjekten  zu  messen. 

Die    untersuchten    Probestücke    hatten    fol- 
gende Dimensionen: 


Metalle 


Weiches      Wolfram- 
Eisen       I       Stahl 


Länge 
Breite . 
Dicke 


22.00  cm 
0.903 
0.901 


22.00  cm 
0.948 

0-953 


Nickel 


22.00  cm 
Durchm. 
=  1.117 


Kob.Mt 


22.00  cm 
Durchm 
=  1.082 


Die  Versuchsergebnisse    sind    in    folgender 
Tabelle  enthalten: 

Weiches  Eisen. 


// 


hfc 
K 


20 


60 


100   200  t  400   600   800 


110.0019  0.0058  0.0076 1  0.0096  o.oiio  0.01 18  0.0122 


Wolfram-Stahl. 


H        20 


60 


100  I  200   400  >  600  I  800 


K 


0.0015  0.0073  0.0085  0.0098  O.OIIO  0,0116  0.0122 


Nickel. 


H        20 

I 

K 


40  80  100        200        400        800 

-0.0096I -0.0168    -0067    0.0012    0.0263    0.0532    0.0748 

Kobalt. 


H 

K 


100 


200 


400 


600 


800 


0.0005       0.0012    I    0.0021    ,    0.0028       0.0031 


Hierbei  bezeichnet  H  die  Effektivstärke  des 
Feldes  und  K  den  Torsionsmodul  des  Ferro- 
magnetismus.  Bei  Eisen,  Stahl  und  Kobalt 
wächst  dieser  Modul  stets  mit  der  Magnetisie- 
rung, und  zwar  entsprechend  der  Abhängig- 
keit der  Magnetisierungsintensität  von  der  magne- 
ti.sierenden  Kraft.  Bei  Nickel  nimmt  der  Torsions- 
modul   hingegen    fiir    schwache  Felder  ab  und 


für  starke  zu,  und  zwar  machen  die  Verände- 
rungen für  starke  Felder  erhebliche  Beträge  aus. 
Diese  Veränderungen  des  Moduls  sind  im  übrigen 
unabhängig  von  der  Richtung  der  magnetisieren- 
den  Krafl,  und  ebenso  von  der  Stärke  des  an 
dem  Stabe  wirkenden  Kräflepaares. 

Es  geht  also  die  Veränderung  des  Torsions- 
moduls parallel  mit  der  für  den  Elastizitäts- 
koeffizienten beobachteten.  Auf  einen  sehr 
bemerkenswerten  Unterschied  möchten  wir  je- 
doch hinweisen,  dass  nämlich  die  Änderung 
des  Torsionsmoduls  von  dem  wirksamen  Kräfle- 
paar  so  gut  wie  unabhängig  ist,  während  die 
des  Elastizitätskoeffizienten  sich  in  hohem 
Grade  vom  wirkenden  Zuge  abhängig  zeigt, 
besonders  für  kleine  Werte  desselben. 

Bekanntlich  nimmt  die  Magnetisierung  des 
Eisens  infolge  von  Torsion  ab,  während  man 
durch  Tordieren  von  Nickeldraht  die  Magneti- 
sierung in  schwachen  Feldern  verstärkt  und 
in  starken  Feldern  vermindert.  Diese  Resultate 
stehen  zu  den  unsrigen  im  Reziprozitätsver- 
hältnis. 

Kaiserliche  Universität  zu  Tokyo,  Japan. 

(Aus  dem  En^li.schen  übersetzt  von  A.  Graden witz.) 

(Eingegangen  30.  April  1902.) 


Über  eine  Eigentümlichkeit,  welche  Dämpfen 
durch  X-Luft  mitgeteilt  wird. 

Von  F.  Campanile  und  G.  di  Ciommo. 

Es  ist  unsere  Absicht,  in  folgendem  zu 
untersuchen,  ob  die  durchstrahlte  Luft  beim 
Streichen  über  eine  flüchtige  Flüssigkeit,  mit 
deren  Dämpfen  sie  sich  mischt,  irgend  welche 
Veränderung  in  ihrem  Entladungsvermögen  er- 
leidet. Zu  diesem  Zweck  erzeugen  wir  die 
X-Strahlen  durch  eine  birnförmigeCrookes sehe 
Röhre  C,  die  mit  einer  Induktionsspule  R  in 
einem  Zinkkasten  ZZ  liegt,  welcher  mit  der 
Erde  verbunden  ist.  In  einer  Wand  des  Kastens 
befindet  sich  ein  rundes,  durch  ein  dünnes 
Aluminiumplättchen  geschlossenes  Loch  F.  In 
der  Nähe  dieses  Plättchens  steht  das  ebenfalls 
mit  einer  Aluminiumplatte  verschlossene  Fenster  o 
eines  Messingcylinders  00,  der  mit  zwei  Röhren- 
leitungen, 7"  und  T^  versehen  ist;  durch  Röhre  T 
wird  die  Luft  mit  einem  Blasebalg  hindurch  ge- 
trieben, nachdem  sie  einen  grossen  Chlorcalcium- 
Trockner  und  eine  Vorlage  mit  hydrophiler 
Watte  passiert  hat.  Eine  geringe  Quantität  der 
Flüssigkeit  befindet  sich  in  einer  Flasche  B,  in 
deren  zweimal  durchbohrtem  Stopfen  zwei  Glas- 
röhren stecken ;  die  längere  ist  mit  der  Röhre  T^ 
verbunden  und  endigt  innerhalb  der  Flasche 
nicht   weit    von    der   Flüssigkeit;    die    kürzere 


\i 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


383 


0 


Röhre    endet    aussen    in    geringer   Entfernung 
von  der  Kugel  eines  Goldblatt-Elektroskops. 

Um  die  Dämpfe  nicht  der  direkten  Ein- 
wirkung der  X-Strahlen  auszusetzen,  hatten  wir 
die  Flasche  mit  einer  dichten  Bleiplattenhülle 
umgeben;  den  gleichen  Schutz  wählten  wir  für 
das  Goldblatt-Elektroskop.  Um  die  Messung 
bequem  und  schnell  zu  ermöglichen,  nahmen 
wir  zwei  einander  völlig  gleiche  Flaschen,  die 
man  mit  demselben  Stopfen,  versehen  mit  den- 
selben Röhren  —  für  Eintritt  und  Austritt 
der  X  -  durchstrahlten  Luft  — ,  schliessen 
kann.  In  die  eine  Flasche  kommt  die  nicht- 
flüchtige Flüssigkeit  (Glycerin)  zum  Vergleich, 
in  die  andere  die  zu  untersuchende  flüchtige 
Flüssigkeit. 

Um  uns  zu  versichern,  dass  die  Luft  in 
beiden  Fällen  dieselbe  Reibung  und  infolge 
davon  die  gleichen  Veränderungen  ihres  Ent- 
ladungsvermögens*) erfährt,  tauschten  wir  die 
Flaschen  und  fanden,  dass  das  Entladungsver- 
mögen der  X-durchstrahlten  Luft  das  gleiche 
ist,  wenn  sich  keinerlei  Flüssigkeit  in  den 
Flaschen  befindet.  Bei  der  hierfür  passenden 
Anordnung  der  verschiedenen  Versuchsapparate 
wird  die  durch  die  Röhre  T  geblasene  Luft 
in  Ö6^  X-durchstrahlt;  sie  geht  nun  in  die 
Flasche  und  bewirkt  die  Verdampfung  der 
Flüssigkeit,  indem  sie  sich  mit  ihren  Dämpfen 
mischt;  diese  Mischung  wird  nun  gegen  die 
Kugel  des  Elektroskops  getrieben.  Die  Ent- 
ladung wird  durch  ein  Fernrohr  mit  Mikrometer 
beobachtet;  man  bestimmt  die  Zeit  des  Nieder- 
sinkens des  Goldblatts  für  eine  bestimmte  An- 
zahl von  Teilstrichen  des  Mikrometers.  Bei 
diesen  Untersuchungen  wurden  die  Entladungs- 
dauern, die  das  Passieren  der  X-durchstrahlten 
Luft  über  einer  flüchtigen  Flüssigkeit  hervor- 
ruft, denjenigen,  die  es  über  einer  nichtflüch- 
tigen erzeugt,  zum  Vergleich  gegenüber  gestellt. 
Aus  den  folgenden  Resultaten  kann  man  keine 
strenge  Gegenüberstellung  zwischen  der  Wirk- 

1)  E.  Villari,  Come  Taria  ixata  etc.    Rend.  R.  Acc.  dei 
LiQcei,  Roma,  5,  9,  i.  Sem.   1900. 


samkeit  der  verschiedenen  flüchtigen  Flüssig- 
keiten entnehmen,  da  die  Untersuchungen  mit 
den  betreffenden  Flüssigkeiten  an  verschie''<*nen 
Tagen  stattgefunden  haben  und  folglich  in  ver- 
schiedener Weise  durch  die  spontane  Entladung 
beeinflusst  worden  sind,  die  sich  von  einem 
zum  andern  Tag  durch  die  atmosphärischen  Be- 
dingungen ändert. 


Enüadimgszeiten  von  3  Teilstrichen 


Untersuchte 
Flüssigkeiten 


Entladung  des 
Elektroskops 

positiv     I     negativ 


Unterschiede  für  die 
Entladungen 

positiv     i     negativ 


Glycerin  .  . 
Alkohol  .  . 

Glycerin  .  . 
Wasser    .  . 

Glycerin  .  . 
Benzin  .  .  . 

Glycerin  ,  . 
Chloroform 

Glycerin  ,  . 
Schwefel- 
kohlenstoff 

Glycerin  .  .  . 
Terpentin  .  . 

Glycerin  .  .  . 
Petroleum  .  . 


121  .  5 
88.0 

121  .  5 

107  .0 

90      .0 

i85;;.8(?) 

loi  .0 
105".  7 

88".  5 

132". o 
97".  o 

370''.  o 
330    o 


133^  5\ 
97  . 0/ 

129;^.  7| 
112  .0/ 

109;;.  o| 
95    of 

149;;.  6| 
109  .0/ 

113".  o\ 

92  .0} 

iii".5\ 
81".  0/ 


33  -5 


■»/ 


ft 


14  .5 
19  .0 

84".  s 


285 
243 


17".* 


35    o 
39".  8 


36  .  S 
•7".  7 

14    .0 

40".  6 


21  .0 


30  -5 


42  .0 


Schlussfolgerungen:  Aus  obigen  Resul- 
taten kann  man  den  Schluss  ziehen,  dass  sich 
die  entladende  Wirkung  der  X-durchstrahlten 
Luft  steigert,  wenn  dieselbe  über  eine  flüchtige 
Flüssigkeit  streicht,  deren  Verdampfung  sie  be- 
stimmt, und  mit  deren  Dämpfen  sie  sich  mischt. 
Die  Erscheinung  kann  nicht  auf  eine  Ladung 
zurückgeführt  werden,  welche  die  X-durchstrahlte 
Luft  unter  der  Einwirkung  einer  Reibung ')  an- 
nehmen kann,  weil  sie  mit  fast  gleicher  Inten- 
sität auch  bei  veränderter  Ladung  des  Elektro- 
skops besteht. 

Der  alleinigen  Gegenwart  des  Dampfes  darf 
man  die  Erscheinung  nicht  zuschreiben;  bläst 
man  nämlich  gewöhnliche  Luft  ins  Innere  der 
Flaschen  (bei  inaktiver  Spule),  so  ist  die  Ent- 
ladung mit  verdampfender  oder  nichtver- 
dampfender  Flüssigkeit  dieselbe. 

Schliesslich  kann  die  Erscheinung  nicht  mit 
dem  Reibungsunterschied  erklärt  werden,  wel- 
chem der  Luftstrom  begegnet,  wenn  er  auf  das 
Glycerin  stösst;  hatten  wir  in  die  betreffenden 
beiden  Flaschen  eine  kleine  Menge  Glycerin 
resp.  Alkohol  gegossen,  so  dass  der  mittlere 
Teil  jedes  Flaschenbodens  freiblieb,  so  blieben 
die  Entladungen  verschieden,  obwohl  der  Luft- 
strom in  beiden  Gefässen   aufs  Glas  und  nicht 


1)  E.   Villari,    Come    Taria    ixata    svolge    etc. 
R.  Acc.  dei  Lincei,  Roma,  6,  9,  2.  Sem.  1900. 


Rehd 


384 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  17. 


4 


auf  die  Flüssigkeiten    stiess,  wie  man    aus  fol- 
genden Resultaten  sieht: 

^^'  :rin-Entladungszeit  von  3  Teilstrichen  149' 
Alkohol-  „  „    3         „  114 

Hieraus  ergiebt  sich,  dass  die  grössere  Wirk- 
samkeit der  X-durchstrahlten  Luft,  wenn  die- 
selbe die  Verdampfung  einer  flüchtigen  Flüssig- 
keit bestimmt  und  sich  mit  den  erzeugten 
Dämpfen  mischt,  einer  Eigentümlichkeit  zuzu- 
schreiben ist,  die  sie  unter  diesen  Bedingungen 
durch  die  Dämpfe  gewinnt  und  die  sich  viel- 
leicht folgendermassen  erklären  lässt: 

1.  indem  man  eine  höhere  Leitungsfähigkeit 
in  den  erzeugten  und  mit  der  X-durchstrahlten 
Luft  gemischten  Dämpfen  annimmt; 

2.  indem  man  annimmt,  dass  diese  Dämpfe, 
im  Gegensatz  zu  den  von  der  gewöhnlichen 
Luft  erzeugten,  ionisiert  sind. 

(Aus  dem  ItalieDischen  übersetzt  von  H.  Rhumbler.) 

(Eingegangen   19.  April  1902.) 


Über    die    Entladungen    eines    Kondensators 
durch  zwei  parallel  geschaltete  Drähte. 

Von  A.  Garbasso. 

Eine  Kapazität  C,  deren  Ladung  q  (zur Zeit/) 
ist,  wird  durch  zwei  Drähte  zur  Erde  abgeleitet. 
Es  seien  /'i,  i<i,  ]\\,  W-i,  L\  und  L^  die  Ströme, 
resp.  die  Widerstände  und  die  Induktionen  der 
Leiter,  dann  lauten  die  Gleichungen  des  Pro- 
blems (bei  Vernachlässigung  der  gegenseitigen 
Induktion): 

^  —  W  i   -4-  /    '^''  , 

^,  _  112  /2  -t-  ^-2  ^n  ^ 
oder,  was  dasselbe  ist: 


/,  q  =  w^  /,  + 


dt' 
du 


i^q  =  rc'2  i-i  +  ^;  , 
wo,  der  Kürze  halber,  die  Definitionen: 


IV,  = 


ZV.,  = 


_  \\\ 


'2  ^^l 

eingeführt  worden  sind. 

Jetzt  wollen  wir,  symbolisch: 

d 


dt 


=  D 


setzen,  also: 


(*) 


Es  ist  aber: 


^/='l 


q  =  i. 


und  folglich,  beim  Addieren  der  Gleichungen  (*): 

,xf,   +  /y        W2  -\-  DJ  ^ 

{{)    D^q  +  (u',  +  zv^)  n^q  +  (/.  +  /a  +  it^i  u^^) 
Dq  +  {/i  n'2  +  /j  ^i)  ^  =  o. 

Wäre  die  Entladung  durch  einen  einzigen  Draht 
geleitet,  so  hätte  man  bekanntlich: 

i  =  -Dq. 
zu  setzen;  und  hierdurch  würde  bei  Elimination 
der  Stromintensität:  •^ 

T—r.q  -\-  I)  q  =  0, 

w  +  V  ^ 

d.  h.: 

(2)  D^q -\- to  D  q  +  /  q  =  0,     folgen. 

Es  ist  also  im  allgemeinen  nicht  möglich, 
das  Zweileitersystem  durch  einen  einzigen  Draht 
in  der  Weise  zu  ersetzen,  dass  q  durch  eben- 
dieselbe Funktion  der  Zeit  bestimmt  werde. 

Die  Lösung  von  (i)  ist  nun: 

(3)  ^  =  ^^«/  I-  Bi^'+  Ce'K 

liier  sind  A,  B  und  C  aus  den  Anfangsbedin- 
gungen, a,  b  und  c  aber  als  Wurzeln  der  charak- 
teristischen Gleichung: 

(4)  D^  +  {w,  -f  m.)  D'^  +  (/,  +  /2  +  ZV,  zv^) 

D  +  /,  ZV2  +  /2zv^  =0 
abzuleiten. 

Aus  dem  Werte  (3)  des  elektrischen  Quan- 
tums bestimmen  sich  jetzt  die  Ströme  zu: 

A  ,  ß 


(5) 


^'^=''C- 


at 


+ 


^ht 


+ 


c  +  ZV^ 

^         ^  \a  -i-  zv.^  b  +  ZU2 

C 

-  i 

C  -f-  ZV2 


B 


et 


Als    Anfangsbedingungen    dürfen     wir    an- 
nehmen, dass: 

also:  A  +  B  -i-  C=  q^  , 

A  ,  B  ^  C 

a  -\-  ZV,  o  +  ZV,  c  +  ZV* 

A  ,  B         ^  C 

(Z  -\-  zv^         d  +  zv.j,         ^  +  ^'2  ' 

zur  Zeit  Null  sei. 

Es  sind  die  letzten  drei  Gleichungen  für  A, 
B  und   Cf  durch  deren  Auslösung: 


(6) 


B  =  ^^  {a  -  c)  (6  +  TV,)  {6  +  w^) , 
C=^1  {/>  -  <i)  {c  +  w,)  {c  +  u-^) . 


h  +  '2  =  —  ^^<1' 


zu  erhalten  ist. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


385 


Was  die  Wurzeln  der  charakteristischen 
Gleichung  betrifft,  so  kann  man  leicht  beweisen, 
dass : 

1.  wenn  sie  reell  sind,  sie  zugleich  negative 
Grössen  sind; 

2.  wenn  sie  imaginär  sind,  ihr  reeller  Teil 
ebenfalls  negativ  ist; 

3.  wenn  die  Gleichung  (4)  wirklich  dritten 
Grades  ist,  mindestens  eine  Wurzel  (sagen  wir  c) 
eine  reelle  ist; 

4.  wenn  w^'^,  w^^  und  w^,  w^  kleine  Grössen 
gegen  /|  und  4  sind,  zwei  Wurzeln  gewiss  ima- 
ginär sind  (wir  wollen  sie  im  folgenden  a  und 
ö  nennen).  Die  Bedingung  ist  eine  hinreichende, 
doch  keine  unentbehrliche. 

Indem  man  von  den  Eigenschaften  i)  und 
2)  Gebrauch  macht,  werden  die  elektrischen 
Quanta  ^,  und  q^t  welche  von  /  =  o  bis  /  =  ^ 
die  Leiter  durchsetzen,  leicht  bestimmt. 

Man  findet  nämlich: 

[-  ^     +  —^    - 

a(a  '\-  w^       b  (b  -\-  iv^) 
C 


(7) 


^1  =  —  A 


+  - 


^2  =  —  ^2 


B 


_a  {a  +  w^       b  {b  +  w^) 

"^  c  {c  +  w^)\ ' 
und  folglich,  bei  Benutzung  der  Gleichungen  (6): 

<7,   /,  b  c  {c  —  b){a'\-  w^)  +  c  a  [a  —  c)  (b  -\- 7V2) 

^2        ^2  ^  ^  (^  —  b)  (a  -^u'^J-i-  ca{a  —  c)(^  +  u/J 


d.  h.: 

(8) 


+  a 6(b  —  a){c  -{-  tv^) /,  w^ 

+  ab{b  —  a){c  +  w^)~/2  w^ 


^I    _^2 

^2        ^1 

Es  stehen  also  immer  die  Quanta  q^  und  q^ 
im    umgekehrten   Verhältnis   der    Widerstände. 
Sind    zwei  Wurzeln  der  Gleichung  (4)  ima- 
ginär, so  darf  man: 

a^  —  a  +  ßi, 
b  =  —  a  —  ßi. 
c  =  —  y 

setzen,    wo  a,    ß  und  7  als  positive  und  reelle 
Grössen  zu  betrachten  sind. 

Dann  wird  der  Wert  von  q  zu: 

(V)  q  =  A  e-^^  sin  ß t  +  ß'  e-«'  cos  ß  i  +  Ct-'^y 
ebenfalls  erhält  man: 


(5') 


/j  =/i(^i  e-^sinßt+  B^  c-^cosßt 


vt 


+        -        e 
h  =  M  (^2  ^"  *^  -^''^  i^  ^  +  ^h  ^~ "'  ^'^^  ß  ^ 


Wc 


darin   sind   A,   B,   ^, ,   B^^   A2    und   B2    leicht 
durch  ß,  ß,  7,  Zf,    und  W2  zu  berechnen. 

Es  folgt  aus  (5'),  dass,  im  vorliegenden  Falle, 


jeder  Strom  als  von  zwei  Gliedern  zusammen- 
gesetzt betrachtet  werden  kann,  deren  das  erste 
alternativ,  das  zweite  aber  kontinuierlich  ist. 

Nimmt  man  weiter  an,  dass  xt^2  gross  gegen 
2t',,  und  w'2^  gross  gegen  /2  ist,  und  schreibt 
dabei  /j  und  4  dieselbe  Grössenordnung  zu,  so 
wird  Y  durch  die  einfache  Gleichung: 


7  =  te/2    I  - 


w. 


2 


bestimmt. 

Wenn  also  aus  den  Leitern  der  eine  ziem- 
lich dick,  der  andere  aber  sehr  dünn  ist,  so 
hat  gerade  im  letzten  der  kontinuierliche  Strom 
den  grössten  Wert.*) 

Ausnahmsweise  kann: 


d.  h.: 


U'^  =  2f  2  =  tt/  , 


n 


/ 


L, 


I  sein,  dann  formt  sich  die  Gleichung  (1)  um  je: 
I  Diq-YwDq^d,  +/2)^  =  0; 

diese  stimmt  aber  mit  (2)  der  Form  nach  über- 
ein. In  diesem  Falle  ist  also  das  Leitersystem 
durch  einen  einzigen  Draht  zu  ersetzen. 

Die  Zahlenergebnisse  der  vorliegenden  Theorie 
stimmen  mit  den  experimentellen  Ergebnissen 
von  Cardani  vorzüglich  überein. 

i)  Eine  experimeDtelle  Bestätigung  dieser  theoretischen 
Folgerung  findet  sich  in  einer  älteren  Arbeit  von  mir: 
„Alcune  esperienze  su  la  scarica  dei  condensatori" 
(Atti  K.  Acc.  delle  Scieoze  di  Torino,  33,  1898). 

(Eingegangen  3.  Mai  1902.) 


Magnetische  Ablenkbarkeit   der  Strahlen  von 
radioaktiven  Substanzen. 

Von  E.  Rutherford  und  S.  G.  Grier.  ') 

Die  Versuche  von  GieseP),  Becquerel, 
Curie,  Meyer  und  Schweidler  haben  er- 
geben, dass  das  Radium  Strahlen  aussendet, 
welche  von  einem  Magneten  abgelenkt  werden. 

Becquerel  hat  ferner  nachgewiesen,  dass 
Uran  und  die  durch  Radiumstrahlung  aktivierten 
Substanzen  ebenfalls  magnetisch  ablenkbare 
Strahlen  aussenden.  Becquerel  benutzte  die 
photographische  Methode,  um  die  Ablenkbar- 
keit festzustellen,  während  Curie,  Meyer  und 
Schweidler  die  elektrische  Methode  zu  diesem 
Zwecke  anwandten. 

Die  Resultate  von  Becquerel,  Dorn  und 
Curie  ergaben,  dass  die  ablenkbaren  Strahlen 
in  jeder  Hinsicht  Kathodenstrahlen  von  grosser 

I  i)  Der    Amerikanischen    Physika).    Gesellsch.    mitgeteilt 

am  21.  April   1902. 

2)   Siehe    Bericht    über    Radioaktivität   von    Bectjuerel 
I    und     Curie.      Cougrcs     international     de     Physi«|ue.      1900. 

Tome  III. 


386 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


Geschwindigkeit  ähnlich  sind.  Sie  werden  durch 
ein  Magnet-  und  elektrisches  Feld  abgelenkt 
und  tragen  eine  negative  elektrische  Ladung 
mit  sich.  Becquerel  fand  ferner,  dass  einige 
dieser  „Elektronen"  von  Radium  mit  einer 
Geschwindigkeit  sich  fortpflanzen,  die  mehr  als 
halb  so  gross  als  die  Lichtgeschwindigkeit  ist. 
Kaufmann  hat  sogar  für  die  vom  Radium 
ausgesandten  Elektronen  noch  grössere  Ge- 
schwindigkeiten beobachtet. 

Die  Verf.  haben  nun  gefunden,  dass  ausser 
Radium  und  Uran  auch  Thorverbindungen  und 
die  durch  Thorverbindungen  erregten  radio- 
aktiven Substanzen  magnetisch  ablenkbare 
Strahlen  aussenden. 

Der  Hauptzweck  der  vorliegenden  Abhand- 
lung war,  den  Zusammenhang  zwischen  den 
ablenkbaren  und  den  nicht  ablenkbaren  Strahlen 
festzustellen. 

Bekanntlich  erregen  Kathodenstrahlen,  welche 
auf  feste  Körper  treffen,  Röntgenstrahlen,  die 
ihrerseits  beim  Auftreffen  eine  sekundäre  Strah- 
lung hervorrufen,  die  zum  Teil  aus  den  Katbo* 
denstrahlen  ähnlichen  Strahlen  be3tehen. 

Es  erscheint  daher  nicht  ausgeschlossen, 
wie  Becquerel  vermutet  hat,  dass  die  nicht 
ablenkbaren  Strahlen  ihre  Entstehung  der  Ein- 
wirkung der  ablenkbaren  Strahlen  verdanken. 
Eine  ähnliche  Hypothese  ist  von  einem  von 
uns  ebenfalls  ausgesprochen  worden  (Phil. 
Mag.  Jan.  1899),  um  die  Verschiedenheit  der 
zwei  Arten  von  Uranstrahlen  zu  erklären,  von 
denen  die  eine  feste  Körper  viel  leichter  durch- 
dringt, als  die  andere.  Die  Beziehung  zwischen 
beiden  ist  jedoch  viel  komplizierter,  als  man 
nach  der  Analogie  erwarten  sollte.  Die  Be- 
sprechung dieser  Frage  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  bei  der  Zerlegung  der  Uran- 
und  Thorpräparate  in  stark  und  weniger  aktive 
Bestandteile  erhaltenen  Resultate  befindet  sich 
am  Ende  dieser  Abhandlung. 

Bei  diesen  Versuchen  wurde  die  elektrische 
Methode  ausschliesslich  benutzt.  Sie  besitzt 
vor  der  photographischen  viele  Vorzüge,  be- 
sonders deswegen,  weil  sie  quantitative  Ergeb- 
nisse liefert  und  rasche  Messungen  auszuführen 
erlaubt. 

Fig.   I   zeigt  die  Versuchsanordnung, 

Die  zu  untersuchende  radioaktive  Substanz 
wurde  gleichmässig  auf  den  Boden  des  flachen 
Papierkästchens  ausgebreitet;  das  letztere  passte 
in  einen  Bleikasten  (3  cm  breit  und  2  cm  tief). 
Das  Papierkästchen  ruhte  auf  einem  Drahtge- 
flecht I  cm  vom  Boden  des  Bleikastens.  Mit- 
tels einer  Wasserstrahlpumpe  wurde  ein  gleich- 
massiger  Luftstrom  durch  den  Apparat  ge- 
saugt. Derselbe  riss  die  vom  Thor  und  Ra- 
dium ausgehende  radioaktive  „Strahlung^^  mit 
sich  fort.  Der  Bleikasten  befand  sich  zwischen 
den  3,2  cm^    grossen  Polen    eines  Elektromag- 


£rfU 


^u?^m^^ 


"^m^m^^ 


■^EUrt 


vjß/yhfiffß}f>fti 


S. 


/ ^^ 


Krdä 


^l|. 1.|H 


Erdt 


N, 


7 


BitußethCs 
lurWusserstruhl  -l^iunve 

Fig.  I. 


Erde, 


neten  N.  S,  welche  gewöhnlich  3,2  cm  vonein- 
ander entfernt  waren. 

Der  zur  Messung  der  Strahlung  dienende 
Apparat  V  war  ein  rechtwinkliges  Zinkgefäss, 
io,S  cm'^  breit  und  30  cm  hoch.  Die  Aussen- 
seite  war  mit  dem  einen  Pol  einer  Batterie  von 
100  Volt  verbunden.  Ein  Messingstab,  welcher 
zum  Elektrometer  führte,  bildete  die  andere 
Elektrode.  Ein  mit  der  Erde  verbundener 
Schutzring  sicherte  die  innere  Elektrode  gegen 
mangelhafte  Isolation,-  so  dass  keine  Elektrizität 
von  dem  geladenen  Cylinder  nach  der  inneren 
Elektrode  überfliessen  konnte. 

Der  Apparat  V  wurde  auf  eine  isolierte 
Metallplatte  gestellt,  welche  in  der  Mitte  ein 
3,2  cm^  breites  Loch  gerade  oberhalb  des 
Papierkästchens  enthielt.  Das  Loch  wurde  mit 
Aluminiumfolie  (0,00034  cm  dick)  bedeckt. 

Besondere  Vorsichtsmassregeln  wurden  er- 
griffen, um  das  Elektrometer  und  die  Ver- 
bindungen vor  elektrostatischen  Einflüssen  zu 
schützen. 

Leicht  gelingt  es,  mit  diesem  Apparate  die 
magnetische  Ablenkbarkeit  der  Radiumstrahlen 
mit  einem  gewöhnlichen  Elektrometer  nachzu- 
weisen, da  die  ionisierende  Kraft  der  Radiuni- 
strahlen  sehr  gross  ist. 

Da  die  durch  Uran  und  Thor  erregte  Ioni- 
sation sehr  klein  ist,  so  musste  ein  besonders 
empfindliches  Elektrometer  angewandt  werden. 
Das  von  dem  einen  von  uns  beschriebene  Do- 
lezalek-Elektrometer^)  erwies  sich  für  diesen 
Zweck  als  hinreichend  empfindlich. 

i)  Diese  Ztschr.  3,  225,  190a. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  17. 


387 


Alle  radioaktiven  Substanzen  senden  ab- 
lenkbare und  nichtablenkbare  Strahlen  aus; 
im  allgemeinen  ist  die  ionisierende  Kraft  der 
letzteren  viel  grösser  als  die  der  ersteren.  Ein 
starkes  Magnetfeld  ändert  infolgedessen  den 
am  Elektrometer  beobachteten  lonenstrom  nur 
wenig.  Die  nichtablenkbaren  Strahlen  können 
jedoch  völlig  durch  zwei  oder  mehr  Papier- 
schichten absorbiert  werden,  während  die  ab- 
lenkbaren beinahe,  ohne  geschwächt  zu  werden, 
hindurchgehen. 

Die  ablenkbaren  Strahlen  bestehen  aus 
schnell  sich  bewegenden  Elektronen,  welche  die 
Luft  bei  den  Zusammenstössen  mit  den  Mole- 
külen ionisieren.  Sie  sind  so  durchdringend, 
dass  sie  wahrscheinlich  mehr  als  i  m  Luft  durch- 
setzen, bevor  die  ionisierende  Kraft  auf  die 
Hälfte  fällt. 

Wenn  ein  starkes  magnetisches  Feld  erregt 
wird,  so  ist  die  Bahn  der  Strahlen  gekrümmt, 
so  dass  nur  ein  Bruchteil  der  Strahlen  in  den 
Apparat    V  eintritt. 

Im  allgemeinen  wurde  ein  Magnetfeld  von 
22(X>  C.  G.  S.-Einheiten  angewandt.  Dasselbe 
verminderte  den  lonisationsstrom  im  Prüfungs- 
apparate V  bis  auf  ungefähr  20  Proz.  seines 
Anfangswertes,  Bei  Zunahme  des  Magnetfeldes 
nahm  der  Strom  stetig  ab,  woraus  hervorgeht, 
dass  wir  es  hierbei  hauptsächlich  mit  ablenk- 
baren Strahlen  zu  thun  haben.  Die  Differenz 
der  beiden  Ströme,  welche  einmal  mit  Magnet- 
feld, das  andere  Mal  ohne  solches  gefunden 
wurde,  gab  den  Betrag  an  ablenkbaren  Strahlen. 

Änderung  des  Betrags  an  ablenkbaren 
Strahlen  mit  der  Dicke  der  radioaktiven 
Schicht.  Verschiedene  Mengen  der  radio- 
aktiven Substanz  wurden  auf  einer  Fläche  von 
ungefähr  9  cm^  ausgebreitet.  Vier  Papierblätter 
absorbierten  vollständig  die  nichtablenkbare 
Strahlung. 

Die  folgende  Tabelle  enthält  die  Resultate 
für  Uran  und  Radium.  Der  Betrag  an  ablenk- 
baren Strahlen  wird  durch  Teilstriche  der  Elek- 
trometerskala pro  Sekunde  angegeben  und  stellt 
die  Differenz  zwischen  dem  lonisationsstrome 
mit  und  ohne  Magneten  dar. 

üranoxyd  I  Radiumchlorid 

Gewicht      Teilstr.  pro  Sek.  i     Gewicht      Teilstr.  pro  Sek. 

25  gr  47  ;      25  gr  1,5 

50    »  90  S        n  2,9 

1  M  1,26  I        „  5,5 

2  „  1,70  ii55  ,,  6,7 
5        f»             1,96          I 

Bei  den  Versuchen  mit  Radium  wurde  eine 
Kapazität  von  0,005  Mikrofarad  parallel  zu 
denv  Elektrometer  geschaltet. 

Die  mit  Uran  erhaltenen  Resultate  stehen 
in  Einklang  mit  der  Anschauung,  dass  jeder 
Teil  der  Substanz  gleichmässig  Elektronen  aus- 
sendet.  Die  Zahl  der  entweichenden  Elektronen 


ist  anfangs  proportional  der  Schichtdicke,  nä- 
hert sich  aber  einem  Maximum,  da  die  aus  den 
tieferen  Schichten  stammenden  Elektronen  ab- 
sorbiert werden,  bevor  sie  die  Oberfläche  er- 
reichen. 

Das  Radium  scheint  sich  ähnlich  zu  ver- 
halten, leider  waren  wir  aber  nicht  im  Besitz 
genügender  Mengen,  um  den  Einfluss  dickerer 
Schichten  zu  untersuchen.  Die  ablenkbare 
Strahlung  vom  Radium  (von  P.  de  Haen  in 
Hannover)  war  250  mal  intensiver  als  die  von 
Uranoxyd. 

5  gr  Thoroxyd  sandten  nur  ungefähr  '/s  ^^s 
Betrages  an  ablenkbaren  Strahlen  aus  im  Ver- 
gleich mit  dem  gleichen  Gewicht  von  Uran- 
oxyd. 

Dur chdringungs vermögen  der  Strahlen. 
Durch  Ermittelung  der  Abnahme  der  Wirkung 
des  Magneten,  wenn  verschieden  dicke  Schichten 
der  radioaktiven  Substanzen  mit  dünner  Alu- 
minium- oder  Zinnfolie  bedeckt  waren,  wurde 
das  Durchdringungsvermögen  der  ablenkbaren 
Strahlen  bestimmt. 

Nimmt  die  Wirkung  des  Magneten  in  geo- 
metrischer Reihe  mit  der  Dicke  der  Metall- 
schichten ab,  so  kann  man  annehmen,  dass 
die  Strahlen  im  grossen  und  ganzen  homogen 
sind.  Ist  die  Absorption  grösser  flir  die  ersten 
Schichten  als  für  die  folgenden,  so  sind  die 
Strahlen  komplex,  d.  h.  die  Strahlen  bestehen 
aus  Strömen  von  Elektronen,  die  sich  vonein- 
ander in  Bezug  auf  Geschwindigkeif  und  infolge- 
dessen auch  in  Bezug  auf  Durchdringungsver- 
mögen unterscheiden. 

Es  ergab  sich: 

1.  die  Uranstrahlen  sind  nahezu  homogen; 
dasselbe  gilt  für  die  durch  Thor  erregte  Radio- 
aktivität. 

2.  Thor  und  Radium  senden  sehr  verschie- 
denartige Strahlen  aus.  Dies  Ergebnis  ist  be- 
reits von  Becquerel  nach  der  photographischen 
Methode  gefunden  worden. 

3.  Radium  und  Thor  und  die  durch  beide 
erregte  Radioaktivität  senden  einige  ablenkbare 
Strahlen  von  ungefähr  demselben  Durchdrin- 
gungsvermögen wie  die  Uranstrahlen  aus.  Die 
Uranstrahlen  müssen  0,5  mm  dicke  Aluminium- 
schichten durchdringen,  bevor  ihre  Intensität 
auf  die  Hälfte  abnimmt. 

Vergleich  des  Betrages  an  Ionisation, 
welche  durch  ablenkbare  und  nichtab- 
lenkbare Strahlen  hervorgerufen  wird. 
Im  Jahre  1 899  zeigte  der  eine  von  uns '),  dass 
Uran  zwei  Arten  von  Strahlen  aussendet, 
welche  der  Bequemlichkeit  halber  als  o-  und 
i^-Strahlen  bezeichnet  wurden.  Die  i9-Strahlen 
vermochten  alle  Substanzen  weit  besser  zu 
durchdringen    als    die    a-Strahlen.      Nach    der 

1)  E.  Rutherford,  Phil.  Mag.     Jan.   1899. 


388 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


elektrischen  Methode  konnten  wir  jetzt  nach- 
weisen, dass  die  /9-Strahlung  ganz  aus  ab- 
lenkbaren Strahlen  von  grossem  Durch- 
dringungsvermögen besteht. 

Der  Bequemlichkeit  halber  wollen  wir  alle 
nichtablenkbare  Strahlen  aller  radioaktiven 
Substanzen  als  «Strahlen  und  die  nichtab- 
lenkbaren als  /^-Strahlen  bezeichnen. 

Der  Apparat  Fig.  i  eignet  sich  nicht  gut 
für  einen  direkten  Vergleich  der  ionisierenden 
Kraft  der  beiden  Strahlen.  Da  jedoch  die  er- 
strahlen in  allen  Fällen  leicht  absorbiert  werden 
und  wir  weiter  geftinden  haben,  dass  der 
grössere  Teil  der  Strahlen  mit  grossem  Durch- 
dringungsvermögen von  Uran,  Thor  und  Ra- 
dium  magnetisch  ablenkbar  ist,  so  kann  eine 
einfache  indirekte  Methode  angewandt  werden. 

Es  wurde  der  lonisationsstrom  zwischen 
zwei  grossen  parallelen,  auf  ein  hohes  Potential 
geladenen  Metallplatten  bestimmt 

1 .  mit  der  unbedeckten  radioaktiven  Substanz, 

2.  mit  einer  die  radioaktive  Substanz  be- 
deckenden Metallschicht,  die  ausreichte,  um 
alle  nichtablenkbaren  Strahlen  zu  absorbieren. 

Bei  I.  haben  wir  die  Wirkung  der  a-  und 
i^-Strahlen    und    bei  2.    nur    die    der  ^-Strahlen 

allein. 

Da  der  Betrag  an  «-Strahlen  sich  einem 
Maximalwerte  bei  einer  sehr  dünnen  Schicht 
der  radioaktiven  Substanz  nähert,  so  vergleicht 
man  am  büßten  die  ionisierenden  Wirkungen 
der  beiden  Strahlenarten,  indem  man  eine  sehr 
dünne  Schicht  anwendet. 

Bei  dem  benutzten  Apparat  wurde  unge- 
fähr ',,0  gr  der  fein  gepulverten  radioaktiven 
Substanz  gleichmässig  über  eine  Fläche  von 
80  cm^  ausgebreitet.  Die  Entfernung  zwischen 
den  auf  eine  Potentialdifferenz  von  300  Volt 
geladenen  Platten  betrug  5,7  cm. 

Die  Ergebnisse  früherer  Versuche  zeigten, 
dass  die  von  Uran,  Thor  und  Radium  aus- 
gehenden «-Strahlen  beinahe  vollständig  beim 
Durchgang  durch  eine  5  cm  dicke  Luftschicht 
absorbiert  werden,  so  dass  der  mit  der  unbe- 
deckten Substanz  erhaltene  Strom  ein  Mass 
für  die  Gesamtzahl  der  durch  die  «-Strahlen 
erzeugten  Ionen  gab,  denen  nur  ein  geringer 
Bruchteil  von  durch  /^-Strahlen  hervorgerufenen 
Ionen  beigemischt  war. 

0,009  cm  dicke  Aluminiumfolie  absorbierte 
die  «-Strahlen  vollständig.  Die  folgende  Tabelle 
stellt  die  quantitative  Beziehung  zwischen  der 
ionisierenden  Kraft  der  «-  und  /9-Strahlen  unter 
den  erwähnten  Versuchsbedingungen  dar: 

Totale  Ionisation         Ionisation  Verhältnis 

«-Strahlen  ^-Strahlen  ß  a 

Uran  .     .     .     i  i  0,0074 

Thor  ...     I  0,27  0,0020 

Radium   .     .     2000  ^35^  0,0033 


In  dieser  Tabelle  ist  die  durch  die  «-  und 
/9-Strahlen  des  Urans  erregte  Ionisation  gleich 
I  gesetzt,  um  den  Vergleich  durchfuhren  zu 
können.  Die  dritte  Kolumne  enthält  das  Ver- 
hältnis von  /?  zu  «  für  gleiche  Gewichtsmengen. 
Die  Ergebnisse  sind  nur  angenähert  richtig, 
•  da  die  ionisierende  Kraft  der  «Strahlen  bei 
gegebener  Substanzmenge  von  der  Verteilung 
abhängt. 

Das  Verhältnis  der  Ionisation  ßa  ist  am 
grössten  ftir  Uran  und  am  kleinsten  fiir  Thor, 
Die  Intensität  der  «-  und  /9- Strahlen  hängt  na- 
türlich von  der  Reinheit  des  Radiums  ab. 

Bei  zunehmender  Dicke  der  radioaktiven 
Schicht  nähert  sich  das  Verhältnis  ß'«  einem 
Maximum,  da  die  «-Strahlen  stärker  von  der 
radioaktiven  Substanz  als  die  i^-Strahlen  selbst 
absorbiert  werden. 

Unter  der  Annahme,  dass 

i)  ebensoviel  Energie  nötig  ist,  um  ein  Ion 
durch  die  «-Strahlen  zu  erzeugen,  wie  durch 
die  /9-Strahlen  und 

2)  dass  die  ganze  in  die  Luft  von  einer 
radioaktiven  Substanz  ausgeströmte  Energie 
zur  Erzeugung  von  Ionen  verbraucht  wird, 
können  wir  das  Verhältnis  der  durch  die  «- 
und  die  j^Strahlen  ausgeströmten  Energie  an- 
genähert berechnen. 

^  sei  der  Absorptionskoeffizient  der  ablenk- 
baren Strahlen  in  Luft,  die  Geschwindigkeit 
der  Erzeugung  der  Ionen  pro  Einheitsvolum  in 
einer  Entfernung  x  von  der  Strahlungsquelle, 
I  ist  ge  ^"^ ,  wo  g  die  lonisationsgeschwindigkeit  an 
j  der  Strahlungsquelle  bedeutet.  Die  Gesamtzahl 
der  durch  vollständige  Absorption  erzeugten 
Ionen  ist 

^.   '^  q 

=  q  J  e       dx=  ^- 

I 

;  X  lässt  sich  flir  Luft  nur  schwierig  bestimmen; 
angenähert  lässt  sich  sein  Wert  aus  Lenards 
bekannter  Untersuchung  berechnen,  nach  der 
die  Kathodenstrahlen  proportional  der  Dichte 
einer  Substanz  und  unabhängig  von  der  che- 
mischen Natur  der  Substanz  absorbiert  werden. 
Nun  ist  l  bei  Aluminium  für  Uran-/3^Strahlen 
ungefähr  14  und  X,  durch  die  Dichte  dividiert, 
ist  5,4.  Da  die  Dichte  der  Luft  0,0012  ist,  so 
ergiebt  sich 

X  für  Luft  =  0,0065. 

Die  Gesamtzahl  der  in  Luft  erzeugten  Ionen 
ist  daher  1 54  q,  wenn  die  Strahlen  vollständig 
absorbiert  werden. 

Aus  der  vorhergehenden  Tabelle  ergiebt  sich, 
dass  die  durch  die  ablenkbaren  Strahlen  hervor- 
gerufene Ionisation  sich  zu  der  durch  die  c- 
Strahlen  erregten  wie  0,0074  zu  i  verhält,  wenn 
die  Strahlen  eine  Luftschicht  von  5,7  cm  durch- 
drungen haben. 

Wir  haben  daher  angenähert: 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


389 


»tO- 


Gesamtzahl  der  durch  /^-Strahlen 

Gesamtzahl  der  durch  a-Strahlen 

0,0074 
erzeugten  Ionen  =  x  1 54  =  0,2. 

5>7 

Es  tragen  daher  ungefähr  %  der  in  die  Luft 

durch  eine  dünne  Uranschicht  ausgestrahlten 
Energie  die  Elektronen  mit  sich.  Das  Verhält- 
nis fiir  Thor  ist  ungefähr  V22»  "^^  ^^^  Radium 
ungefähr  Vu,  wenn  wir  annehmen,  dass  allen 
diesen  Strahlen  ungefähr  derselbe  Wert  fiir  X 
zukommt. 

Ablenkbare  Strahlen,  die  von  durch 
Thor  und  Radium  erregter  Radioaktivi- 
tät herrühren.  Ein  kleiner  Teil  der  Strahlen, 
welche  von  durch  Thor  und  Radium  erregten 
radioaktiven  Substanzen  ausgehen,  ist  magne- 
tisch ablenkbar.  Da  diese  erregten  Strahlen  mit 
der  Zeit  abnehmen,  so  schien  es  von  Wichtigkeit 
zu  untersuchen,  ob  die  ablenkbaren  Strahlen  in 
demselben  Verhältnis  abnehmen. 

Ein  Bleidraht  bildete  die  Kathode  in  einem 
cyündrischen  geschlossenen  Gefässe,  welches  die 
Ausstrahlungen  des  Radiums  enthielt.  Dieselben 
waren  durch  Leiten  von  Luft  durch  eine  Lösung 
von  Radiumchlorid  erhalten.  Man  Hess  den 
Draht  während  eines  Tages  mit  der  Ausstrahlung 
in  Berührung,  damit  die  erregte  Radioaktivität 
einen  konstanten  Wert  annähme.  Der  Bleidraht 
wurde  dann  zu  einer  Spirale  gebogen,  und 
zwischen  den  Polen  des  Elektromagneten  von 
F*g-   I   gebracht. 

Es  wurde  nun  in  regelmässigen  Zwischen- 
zeiten der  durch  die  ablenkbaren  und  die  nicht- 
ablenkbaren Strahlen  hervorgerufene  Strom  ge- 
gemessen.    Flg.  2  stellt  die  Resultate  graphisch 


Curven  fiir  dir  durch  ffa/fiufiL 
errey te,   Stra hJ u na 


.Vt 


'^ 


ItsU  irv  'MimtierL. 


20 


^ 


Ifö 


r 

Fig.  2. 


TOO 


tiü 


11*0 


dar.  Die  Kurve  I  zeigt  die  Abnahme  der  nicht- 
ablenkbaren Strahlen  mit  der  Zeit;  Kurve  II  die 
der  ablenkbaren.  Um  den  Vergleich  durch- 
führen zu  können,  ist  der  grösste  Wert  in  bei- 
den Fällen  gleich   100  gesetzt. 


Ähnliche  Beobachtungen  wurden  auch  mit 
der  durch  Thor  erregten  radioaktiven  Substanz 
angestellt. 

Eine  Ahiminiumplatte  von  3  x  2  cm  bildete 
die  Kathode  eines  geschlossenen  Gefässes,  wel- 
ches ungefähr  200  gr  Thor  enthielt.  Der  Appa- 
rat wurde  während  2  Tagen  sich  selbst  überlassen. 
Die  folgende  Tabelle  zeigt  die  Abnahme  der 
beiden  Strahlenarten  mit  der  Zeit.  Der  An- 
fangswert ist  des  Vergleichs  wegen  gleich  1  ge- 
setzt. 

Zeit  Nichtablenkbare  Strahlen  Ablenkbare  Strahlen 

O  I  I 

3  Stunden  ,jy  .83 

19         M  .38  .33 

42         „  .08  .07 

Sowohl  beim  Thor  als  auch  beim  Radium  nimmt 
somit  die  Intensität  der  ablenkbaren  Strahlen 
in  ungefähr  der  gleichen  Weise  wie  die  der 
nichtablenkbaren  ab.  Dies  Ergebnis  zeigt,  dass 
eine  sehr  nahe  Beziehung  zwischen  der  Ent- 
stehung dieser  beiden  Strahlenarten  besteht. 

Aktive  aus  dem  Thor  und  Uran  ge- 
wonnene Bestandteile.  In  einer  jüngst  er- 
schienen Abhandlung  (Rutherford  und  Soddy, 
Proc.  Chem.  Soc.  Jan.  und  Trans.  Chem.  Soc. 
April  1902)  wurde  nachgewiesen,  dass  ein  sehr 
aktiver  Bestandteil  aus  Thorverbindungen  durch 
Fällung  von  Thornitrat  mit  Ammoniak  ge- 
wonnen werden  kann.  Wird  dasFiltrat,  welches 
kein  Thor  mehr  enthält,  zur  Trockne  eingedampft 
und  die  Ammoniumsalze  durch  Glühen  vertrieben, 
so  bleibt  ein  kleiner  Rückstand  übrig,  welcher 
ausserordentlich  aktiv  ist;  in  einigen  Fällen  war 
das  Produkt  1000  mal  intensiver  als  Thor.  Dieser 
radioaktive  Bestandteil  wurde  Thor  X  genannt. 
Gleichzeitig  nimmt  die  Radioaktivität  des  ge- 
fällten Thors  um  ungefähr  36^0  seines  Anfangs- 
wertes ab. 

Die  Untersuchung  der  Radioaktivität  des 
Thors  ist  von  E.  Rutherford  und  F.  Soddy  fort- 
gesetzt worden;  zu  gleicher  Zeit  wurden  Parallel- 
versuche über  die  fraktionierte  Trennung  der 
aktiven  Produkte  aus  Uran  nach  der  Methode 
von  Crookes  und  Becquerel  gemacht.  Die 
Resultate  dieser  Untersuchung  werden  bald  er- 
scheinen. Die  Verf  sind  Herrn  Soddy  für  die 
chemische  Untersuchung  der  Thor-  und  Uran- 
präparate zu  Dank  verpflichtet. 

Es  ergab  sich,  dass  Thor  Ä^  sowohl  ablenk- 
bare und  nichtablenkbare  Strahlen,  als  auch 
eine  radioaktive  Ausstrahlung  aussandte.  Die 
ablenkbaren  Strahlen  sind  nicht  einheitlich,  und 
enthalten  einen  grossen  Bruchteil  von  leicht  ab- 
sorbierbaren Strahlen.  Thor  X  verhält  sich  also 
in  dieser  Hinsicht  wie  gewöhnliches  Thor.  Durch 
eine  grosse  Reihe  von  successiven  Fällungen 
kann  das  Thor  beinahe  ganz  von  ablenkbaren 
Strahlen  befreit  werden,  während  ungefähr  30^' 
der  nichtablenkbaren  erhalten  bleiben. 


u 


390 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


Es  ergiebt  sich  somit,  dass  nicht  ablenkbare 
Strahlen  im  Thor  erhalten  bleiben,  selbst  wenn 
der  Bestandteil,  dem  die  ablenkbaren  ihre  Ent- 
stehung verdanken,  vollständig  entfernt  ist.  Ähn- 
liche Erscheinungen  sind  für  den  aktiven  Bestand- 
teil, welcher  nach  der  Methode  von  Crookes*) 
und  Becquerel  sich  aus  Uransalzen  isolieren 
lässt,  beobachtet  worden.  Crookes  erhielt  sehr 
radioaktive  Produkte  nach  zwei  Methoden.  Nach 
der  ersten  wurde  Urannitrat  mit  Äther  digeriert, 
wobei  sich  ein  Teil  des  Salzes  löste.  Der  un- 
lösliche Teil  war  viel  radioaktiver  als  der  lös- 
liche. Nach  der  zweiten  Methode  wurde  das 
Nitrat  in  Wasser  gelöst  und  mit  einem  Über- 
schuss  von  Ammoniumcarbonat  behandelt.  Der 
geringe  Niederschlag  war  viel  aktiver  als  die 
gleiche  Menge  von  Uran.  Diesen  aktiven  Be- 
standteil nannte  Crookes  Uran  X, 

BecquereP)  fand,  dass  durch  wiederholte 
Fällung  von  Baryumsulfat  in  einem  Gemenge  von 
Uran-  und  Baryumchlorid  das  Uran  vollständig 
seine  photographische  Wirksamkeit  einbüsst, 
während  das  Baryumsulfat  einen  sehr  aktiven  Be- 
standteil mit  niederriss.  Im  Laufe  der  Zeit 
gewann  das  Uran  seine  Radioaktivität  wieder, 
während  das  Baryumsulfat  inaktiv  wurde. 

Die  Untersuchung  des  Urans  X  von  Crookes 
und  des  aktiven  Baryumsulfats  von  Becquerel 
ergab,  dass  die  Strahlung  fast  ausschliess- 
lich aus  ablenkbaren  Strahlen  bestand. 
Die  durch  die  nichtablenkbaren  Strahlen  her- 
vorgerufene Ionisation  betrug  höchstens  %  der 
durch  die  Gesamtstrahlung  hervorgerufenen, 
während  beim  Ausgangspräparat  (Uran)  das  Ver- 
hältnis 0,0074  war. 

Das  Uran,  von  dem  der  aktive  Bestandteil 
entfernt  war,  war  fast  frei  von  ablenkbaren 
Strahlen,  während  die  nichtablenkbaren  kaum 
geschwächt  waren.  Keine  Spur  von  ablenkbaren 
Strahlen  wurden  vom  Uran  nach  12  Fällungen 
mit  Baryumsulfat  erhalten,  obwohl  W  des  An- 
fangsbetrags hätte  ermittelt  werden  können.  Es 
ergiebt  sich  somit,  dass  durch  verschiedene  che- 
mische Methoden  der  Bestandteil,  welchem  die 
ablenkbaren  Strahlen  ihre  Entstehung  verdanken, 
sowohl  beim  Uran  als  auch  beim  Thor  von  der 
Hauptsubstanz  getrennt  werden  kann,  während 
wenigstens  ein  Teil  der  nichtablenkbaren 
Strahlung  der  chemischen  Reaktion  widersteht. 

Weitere  Resultate:  Keine  Spur  von  ab- 
lenkbaren Strahlen  konnte  beim  Polonium  ge- 
funden werden.  Dies  Ergebnis  stimmt  mit  dem 
von  Becquerel  nach  der  photographischen 
Methode  erhaltenen  überein. 

Besprechung  der  Resultate:  Die  drei 
permanent  radioaktiven  Substanzen  Uran,  Thor 
und  Radium  senden  sowohl  ablenkbare,  als  auch 


nichtablcnkbare  Strahlen  aus  und  unterscheiden 
sich  scharf  vom  Polonium,  dessen  Strahlen  nicht 
ablenkbar  sind.  Wie  schon  Becquerel  betont 
hat,  darf  Polonium  (radioaktives  Wismut)  nicht 
als  eine  permanent  radioaktive  Substanz  aufge- 
fasst  werden,  da  seine  Strahlung  mit  der  Zeit 
abnimmt. 

Das  Verhältnis  von  beiden  Strahlen  ist  bei 
allen  drei  radioaktiven  Substanzen  von  der 
gleichen  Grössenordnung;  die  Uranstrahlung  be- 
steht, verglichen  mit  den  Thor-  und  Radium- 
strahlen, verhältnismässig  aus  mehr  ablenkbaren 
Strahlen. 

Die  Frage  nach  der  Beziehung  zwischen  a- 
und  /9-Strahlen  darf  nur  nach  Berücksichtigung 
der  chemischen  Trennungen  beantwortet  werden. 
Offenbar  dürfen  wir  nicht  annehmen,  dass  die 
/9-Strahlen  sich  zu  den  a-Strahlen  ähnlich  ver- 
halten, wie  die  Kathodenstrahlen  zu  den  Rönt- 
genstrahlen; denn  aus  unserer  Untersuchung 
geht  hervor,  dass  die  durch  Trennung  gewon- 
nenen aktiven  Produkte  von  Uran  und  Thor 
die  gesamte  Substanz  enthalten,  der  die  /9-Strahlen 
ihre  Existenz  verdanken. 

Das  radioaktive  Präparat,  das  so  zeitweise  von 
/^-Strahlen  befreit  worden  ist,  behält  seine  Eigen- 
schaft, einen  verhältnismässig  grossen  Bruchteil 
(beim  Uran  und  beim  Thor  30"o)  des  ursprüng- 
lichen Betrags  an  a-Strahlen  auszusenden. 

Die  Intensität  der  a-Strahlung  bleibt  beim 
Uran  mehrere  Tage  und  beim  Thor  mehrere 
Stunden  erhalten.  Verdankten  die  a-Strahlen 
ihre  Entstehung  der  direkten  Einwirkung  der 
/^-Strahlen,  so  müsste  man  annehmen,  dass  die 
Strahlung  lange  nach  Entfernung  der  erregenden 
Ursache  erhalten  bliebe.  Diese  Annahme  vermag 
ferner  auch  nicht  zu  erklären,  warum  die  Strah- 
lung von  Uran  X  keine  ähnlichen  a-Strahlen  in 
Uran  X  selbst  erregt. 

Ohne  in  Einzelheiten  über  den  Mechanismus 
der  Radioaktivität  einzugehen,  scheint  uns  die 
Hypothese  die  wahrscheinlichste  zu  sein,  nach 
der  die  von  Uran  und  Thor  ausgesandten  ab- 
lenkbaren Strahlen  ihre  Entstehung  einem  durch 
Zerfall  des  Uran-  bez.  Thormoleküls  oder  Atoms 
entstandenen  neuen  Körper  verdanken.  Der 
letztere  unterscheidet  sich  von  dem  ursprüng- 
lichen Uran  bez.  Thor  und  kann  daher  mittels 
chemischer  Methoden  von  der  ursprünglichen 
Substanz  getrennt  werden.  Die  nichtablenk- 
baren Strahlen  rühren  entweder  von  einem  zweiten 
neuen  Körper  oder  von  der  durch  Einwirkung 
des  ersten  auf  die  ursprüngliche  Substanz  neu 
entstehenden  Verbindung  her. 

Mc.  Gill  University  Montreal,  April   1902. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  G.  C.  Schmidt.) 

(Eingeg.angen  9.  M.ii   1902.? 


1)  Crookes,  Proc.  Roy.  Soc,  Mai  1900. 

2)  Becquerel,  C.  R.  Dez.  9.   1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   17. 


ZUSAMMENFASSENDE  BEARBEITUNGEN. 


391 


Die  Ablenkung  des   Kompasses  an  Bord  der 

Eisenschiffe. 

Von  H.  Meldau. 

Die  Ablenkung  des  Kompasses  durch  mag- 
netische vom  Schiffskörper  ausgehende  Kräfte 
ist  ein  Problem,  dessen  Aufstellung  und  teil- 
weise Lösung  ganz  dem*  neunzehnten  Jahrhun- 
dert  angehört.  Waren  auch  schon  früTier  gelegent- 
lich einige  Beobachtungen  einer  „Deviation** 
des  Kompasses  gemacht  worden '),  so  wollten 
doch  die  Seeleute  nicht  viel  davon  wissen;  ihr 
Vertrauen  auf  das  altbewährte  geheimnisvolle 
Instrument  war  ein  so  tief  eingewurzeltes,  dass 
sie  lieber  eine  Meeresströmung  über  die  an- 
dere annahmen,  um  die  häufig  beobachteten 
und  mitunter  verhängnisvoll  verlaufenden  Ver- 
setzungen ihrer  Schiffe  zu  erklären.  Dem 
Kapitän  der  englischen  Kriegsmarine  Flinders 
gebührt  das  Verdienst,  die  ersten  sorgfältigen 
Deviationsbestimmungen  angestellt,  den  Ansatz 
zu  einer  Theorie  geliefert  und  die  erste  Kompen- 
sationsvorrichtung angegeben  zu  haben.  Im 
Jahre  1802  leitete  Flinders  als  Kapitän  eines 
englischen  Kriegsschiffes  Vermessungsarbeiten 
an  der  Küste  Australiens.  Das  Fahrzeug  war, 
wie  alle  Schiffe  der  damaligen  Zeit,  aus  Holz 
gebaut;  es  hatte  aber  bereits  eine  grosse  Reihe 
eiserner  Ausrüstungsgegenstände.  Der  auf  dem 
erhöhten  Achterdeck  aufgestellte  Kompass  zeigte 
auf  östlichen  Kursen  westliche,  auf  westlichen 
Kursen  östliche  Ablenkung.  Flinders  schloss 
schon  damals  aus  der  allgemein  bekannten 
Regel  südlicher  Versetzung  im  englischen  Kanal, 
dass  auf  nordmagnetischer  Breite  die  entgegen- 
gesetzten Ablenkungen  stattfinden  würden.^) 
Dass  er  auch  die  Ursache  der  beobachteten 
Ablenkungen  richtig  in  den  Polen  erkannte, 
die  durch  die  Vertikalkraft  in  den  Eisenmassen 
des  Schiffes  induziert  wurden,  ergiebt  sich  aus 
seinem  Vorschlage,  die  Deviation  durch  eine 
hinter  dem  Kompass  aufgerichtete  Stange  aus 
weichem  Eisen  zu  beseitigen. 

Nachdem  durch  Flinders  ein  hoffnungs- 
voller Anfang  der  Deviationslehre  gemacht  war, 
sollte  es  noch  etwa  drei  Jahrzehnte  dauern,  ehe 
eine  für  die  Sicherheit  der  Schiffahrt  so  wich- 
tige Sache  die  ihr  gebührende  allgemeine  Be- 
rücksichtigung fand.  Da  inzwischen  die  eisernen 
Ausrüstungsgegenstände  an  Bord  stetig  ver- 
mehrt wurden,  so  musste  eine  stets  wachsende 
Unsicherheit  der  Schiffsführung  die  Folge  sein. 
Einer  der  eifrigsten  Warner  in  dieser  Angelegen- 

1)  V'crgl.  Weyer,  lielträjjc  clc.  Ann.  der  Hydro- 
graphie.     1888. 

2)  Phil.  Trans.  Roy.  Soc.     1805. 


heit  war  in  den  zwanziger  und  dreissiger  Jahren 
Professor  P.  Barlow. ')  Dieser  verallgemeinerte 
das  Induktionsproblem,  indem  er  die  Wirkung 
der  erdmagnetischen  Gesamtkraft  auf  die  in 
einer  Kugel  im  Schwerpunkte  des  Schiffes  ver- 
einigt gedachten  Eisenmassen  betrachtete  und 
die  durch  eine  solche  Kugel  auf  den  verschie- 
denen Kursen  erzeugte  Deviation  untersuchte. 
Auch  praktische  Vorschläge  zur  Lösung  der 
Deviationsfrage  rühren  von  Barlow  her;  die 
Barlowsche  Kugel  oder  Platte  war  unter  den 
Seeleuten  jener  Zeit  wohlbekannt. 

An  das  Ende  dieses  ersten  Abschnittes  der 
Geschichte  der  Deviation  fällt  die  Aufstellung 
der  Poissonschen  Gleichungen,  die  eine  all- 
gemeine Lösung  des  in  Frage  stehenden  Pro- 
blems darstellen,  und  von  denen  deshalb  auch 
die  Weiterentwicklung  der  Theorie  ausgegangen 
ist.  Schon  1824  hatte  Poisson  allgemeine 
Ausdrücke  für  die  Kräfte  aufgestellt,  die  von 
irgend  welchen  induzierenden  magnetischen 
Kräften  ausgesetzten  Eisenmassen  auf  eine 
Magnetnadel  ausgeübt  werden.  Im  Jahre  1838 
spezialisierte  er  das  Problem  mehr  auf  die  an 
Bord  vorliegenden  Verhältnisse  in  der  Abhand- 
lung „Memoire  sur  les  döviations  de  la  boussole 
produites  par  le  fer  des  vaisseaux".^)  Das 
Interesse  Poissons  geht  übrigens  in  dieser 
Arbeit  in  erster  Linie  darauf  aus,  eine  Be- 
stimmung der  Deklination  und  Inklination  auch 
an  Bord  der  Schiffe  zu  ermöglichen  „in  den 
Punkten  des  Erdballs,  die  das  Meer  bedeckt". 

Den  Poissonschen  Gleichungen  liegt  die 
Hypothese  zu  Grunde,  dass  das  Schiffseisen 
teils  als  hartes  Eisen  den  einmal  aufgenommenen 
Magnetismus  dauernd  festhält,  teils  als  weiches 
Eisen  beim  Aufhören  der  induzierenden  Ursache 
ihn  sofort  wieder  aufgiebt. 

Indem  Poisson  ein  Koordinatensystem  an- 
nimmt, dessen  Achsen  von  der  Kompassmitte 
aus  längsschiffs,  querschiffs  und  senkrecht  zum 
Deck  verlaufen  und  die  Annahme  macht,  dass 
der  in  irgend  einer  Richtung  induzierte  Mag- 
netismus proportional  der  induzierenden  Ursache 
sei,  erhält  er  die  (hier  in  der  jetzt  üblichen 
Bezeichnungsweise  aufgeschriebenen)  Funda- 
mentalgleichungen: 

X'  =  .\'+  aX^  bY^  cZ  \    P 
r'=  y+  dX+  eV  +  fZ-^  Q 
Z  ==Z  ^  gX  -f  //  F-i   kZ-\-  R 
in  denen  .V',  F',  Z'  die  Komponenten  der  ge- 
samten auf  die  Nadel  wirkenden  Kraft,  Xy  Y,  Z 
die  Komponenten  des  Erdmagnetismus,  P,  Q,  K 
die  Komponenten  des  festen  Schiffsmagnetismus 


1)  Veigl.  Phil.  Trans.      1831. 

2)  Memoires  de  rinstitut*.     1838. 


392 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17 


und  a  .  .  ,  k  neun  vom  „weichen  Eisen"  abhän- 
gige Konstanten  bezeichnen. 

Die  Komponenten  P,  Q,  R  des  festen  Schifis- 
magnetismus  erwähnt  Poisson  nur  nebenbei, 
indem  er  hinzufugt:  glücklicherweise  scheine 
die  Wirkung,  um  die  es  sich  hier  handele,  nicht 
sehr  bedeutend  zu  sein. 

Inzwischen  war  aber  die  Deviationsfrage  in 
ein  ganz  neues  Stadium  eingetreten.  Man  hatte 
angefangen,  den  ganzen  Rumpf  der  Fahrzeuge 
aus  Eisen  herzustellen,  und  im  Jahre  1835  war 
die  Entdeckung  gemacht,  dass  man  bei  einem 
solchen  Eisenschiff  mit  einem  ganz  enormen 
Betrag  von  permanentem  Magnetismus  zu  rechnen 
habe. 

Um  den  Feind,  der  dem  Kompass  durch 
Einführung  des  neuen  Schiffsbaumaterials  er- 
wachsen war,  unschädlich  zu  machen,  empfahl 
Airy,  die  magnetischen  Kräfte  des  Schiffes 
durch  geeignete  in  der  Nähe  des  Kompasses 
angebrachte  feste  Magnete  und  weiche  Eisen- 
massen zu  kompensieren.  Gestützt  auf  eine 
Reihe  sorgfältiger,  im  Hafen  ausgeführter  Be- 
obachtungen und  eine  —  in  ihren  Grundlagen 
allerdings  anfechtbare  —  Theorie  des  Schiffs- 
magnetismus, gab  er  den  Kompensationsapparat 
an,  der  noch  heute  im  wesentlichen  an  Bord 
der  Schiffe  gebraucht  wird.')  Zwei  Jahrzehnte 
lang  ist  ein  heftiger  Streit  um  die  Kompen- 
sation der  Kompasse  geführt  worden.  Während 
Airys  Vorschläge  in  der  englischen  Handels- 
marine Annahme  fanden,  wollte  man  in  der 
englischen  Kriegsmarine  lange  Zeit  von  irgend 
welchen,  in  die  Nähe  des  Kompasses  gebrachten 
Magneten  durchaus  nichts  wissen.  Die  Kom- 
pensation, sagte  man,  wiege  den  Schiffsfiihrer 
nur  in  eine  trügerische  Sicherheit  und  verführe 
dazu,  dem  Kompass  im  Vertrauen  auf  die 
Künste  des  Adjusteurs  einen  ganz  ungeeigneten 
Platz  anzuweisen.  Bis  in  die  sechziger  Jahre 
ist  kein  Kompass  auf  einem  englischen  Kriegs- 
schiff kompensiert  worden.  Um  so  grösseren 
Wert  legte  man  auf  die  Wahl  eines  günstigen 
Ortes  für  die  Aufstellung  des  Normalkompasses, 
beobachtete  sorgfältig  die  Ablenkungen  und 
entwickelte  die  Theorie  weiter. 

Der  Streit  um  die.  Kompensation  ist  erst 
beigelegt,  als  die  an  Bord  der  Kriegsschiffe 
beobachteten  Ablenkungen  so  grosse  wurden, 
dass  sie  eine  Zurückführung  in  engere  Grenzen 
unumgänglich  machten  und  als  andererseits  von 
der  Liverpooler  Kompasskommission  ein 
reichhaltiges  Beobachtungsmaterial  zur  Ent- 
scheidung der  Frage  gesammelt  war.  Es  hat 
sich  herausgestellt,  dass  weder  die  Kompen- 
sation noch  das  beobachtende  Verfahren  für 
sich  allein  genügt;  dass  vielmehr  nur  in  ihrer 
gleichzeitigen  Anwendung  ein  Ausweg  aus  den 

1)  PhiL  Trans.     1839. 


Schwierigkeiten  gefunden  werden  kann.  Die 
Kompensation  ist  nötig  und  nützlich,  ihre  Auf- 
gabe ist  jedoch  nicht,  den  Kompass  fehlerfrei 
zu  machen,  wie  es  ursprünglich  beabsichtigt 
wurde,  sondern  nur,  die  Ablenkungen  in  be- 
queme Grenzen  einzuschliessen.  Für  die  übrig- 
bleibenden Deviationen  muss  die  mit  der  Theorie 
des  Schiffsmagnetismus  Hand  in  Hand  gehende 
stete  Beobachtung  aufkommen. 

Die  Ausgestaltung  der  Deviationstheorie 
geschah  durch  Archibald  Smith.  Diese 
Theorie ')  setzt  voraus,  dass  die  Kompassnadel 
als  eine  unendlich  kleine  Nadel  gegenüber  der 
Entfernung  der  nächsten  magnetischen  Pole 
angesehen  werden  kann,  so  dass  für  ihre  Ein- 
stellung die  für  die  Kompassmitte  berechneten 
Kräfte  massgebend  sind.  Bezeichnet  //'  die 
auf  die  Nadel  wirkende  Gesamtkraft,  ?  ^^^ 
magnetischen,  C'  den  Kompasskurswinkel  (ge- 
zählt von  Nord  über  Ost  von  o®  bis  360**)  und 
&  die  Inklination,  so  geben  die  ersten  beiden 
Poissonschen    Gleichungen    die    Beziehungen: 

N*  P 

jj  cos  £'=  (I  +  ^)  ^c?j  S  —  bsint,'\-  ctgS  -\-  ^ 

H*  O 

—  ^  sin ^=dcos S  —  (i  +  e)sin ^ ^ftgS  +  ^ 

[Die  dritte  Gleichung  kommt  nicht  in  Be- 
tracht, solange  das  Schiff  gerade  liegt,  wie  es 
zunächst  vorausgesetzt  werden  soll.] 

Daraus  folgt,  wenn  noch  die  Deviation 
C  —  S'  =  rf  gesetzt  wird,  als  Komponente  nach 
magnetisch  Ost: 

jf  sin  6=     ~~     +{c  tg   e  +  ^spi^ 

+(/<^'  ^  +  ^cos^  +  ''^'' sin2^  +  ^^ C0S2; 
und  als  Komponente  nach  magnetisch  Nord 


-   COS  2  C sin  2  k 

2  *-  2  ^ 


Von   besonderer  Bedeutung   ist  in   der  De- 

der 


viationslehre  der  Ausdruck  A  =  i  H 

2 


die  mittlere  Richtkraft  nach  magnetisch 
Nord  in  Einheiten  der  Horizontalintensität  dar- 
stellt. Dividiert  man  in  beiden  Formeln  jeder- 
seits  durch  A  und  setzt 


I  t/—/^ 


=  «; 


l  a  —  e 


1 
X 


..c  tg  fi  +  '.r  =33; 


H 


I )  S.    Admiralty    Manual    for    the     Deviatious    of    Ihc 
Compass,  London  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


393 


so  erhält  man  durch  Division  (I) 

?(  +  »  sin  g   +  ^COS^  +  ®  J//^  2g  +  ^€03  2^, 

^^        \ -^-Sd  cos  C,  —  ^sini,  +  'S)cos2C,  —  ^sin2i; 

An  Bord  ist  es  wichtig,  die  Ablenkung  als 

Funktion    des  Kompasskurses  ^    zu    haben. 

•    f 

Setzt    man    in    der   Gleichung   (I)  /^  £  = l 

cos  5 

und  multipliziert  mit  den  Nennern,  so  erhält  man 

sin  (J  =  31  rt?j  d  +  83  j/«  S'  +  e  cos  ^ 

+  3)  sin  (25^  +  d)  +  ®  cos  {2^  +  (J). 

Statt   dieser  für  beliebige  Werte  des  ö  gül- 
tigen Gleichung  benutzt  man  in  der  Praxis  den 
Ausdruck  (II) 
6  =  A  +  Bsin  ^  +  Ccos  ^  +  Dsin2^+  Ecos2^^ 

dessen  Anwendbarkeit  voraussetzt,  dass  die 
Ablenkungen  entweder  von  Natur  nicht  über 
20**  betragen  oder  dass  sie  durch  Kompen- 
sation in  diesen  Bereich  zurückgeführt  sind. 

A  wird  die  konstante,  B  sin  ^  -^  C  cos  ^ 
die  halbkreisige  (semicirkulare)  und  D  sin  2  ^ 
'\'  E  cos  2^  die  viertelkreisige  (quadrantale) 
Deviation  genannt.  Der  Zusammenhang  der 
Koeffizienten  der  Formeln  (I)  und  (II)  ist  nähe- 
rungsweise durch  die  Gleichungen  gegeben 

31  =  sin  A\      2)  =  sin  D\      (£  =  sin  E\ 
S^^sinB{\^^'^sinD\\   ^=  sin  c{\—^^sinD\ 

Die  Koeffizienten  A,  B,  C,  D  und  E  pflegt 
man  in  Gradmass  auszudrücken;  sie  stehen 
nahe  in  demselben  Abhängigkeitsverhältnis  zu 
den  Konstanten  des  Schiffes  und  den  erd- 
magnetischen Elementen  wie  die  ihnen  ent- 
sprechenden Koeffizienten  der  exakten  Formel  (I). 

Die  Koeffizienten  A,  D  und  E  haben  die 
praktisch  wichtige  Eigenschaft,  unabhängig  von 
der  magnetischen  Breite  zu  sein.  Sie  entstehen 
durch  die  Horizontalinduktion  in  den  weichen 
Eisenmassen  des  Schiffes,  und  zwar  ist  bei 
mittschiffs  aufgestelltem  Kompasse  die  Ursache 
von  D  im  symmetrisch  zur  'Mittschiffsebene, 
die  Ursache  von  A  und  E  im  unsymmetrisch 
zu  dieser  Ebene  angeordneten  Eisen  zu  suchen. 
Da  unsymmetrisch  verteiltes  Eisen  im  allge- 
meinen an  Bord  nicht  vorhanden  ist,  so  sind 
A  und  E  meist  als  verschwindend  zu  betrachten. 
Der  Koeffizient  A  kann  auch  in  nichtmag- 
netischen Ursachen,  z.  B.  in  einem  Kollimations- 
fehler  der  Rose,  seinen  Grund  haben.    Für  die 


Grösse   des  Hauptkoeffizienten  ( ^  = 


I  a  —  e" 


der  Quadrantaldeviation  ist  der  Unterschied 
der  Längsschiffs-  und  Querschiffsinduktion  mass- 
gebend. Man  pflegt  sich  die  den  Konstanten 
a  ,  ,  ,  k  entsprechenden  Wirkungen  als  von 
unendlich  dünnen  Stangen  ausgehend  zu  denken, 
von  denen  jede  nur  den  ihr  entsprechenden 
Koeffizienten  erzeugt  und  dessen  Grösse  durch 


ihre  Länge  veranschaulicht  wird.  So  wird  z.  B.  ein 
+  a  durch  eine  vor  oder  hinter  dem  Kompass 
in  Kompasshöhe  liegende  Längsschiffstange,  ein 
+  e  durch  eine  ähnliche  Querschiffstange  dar- 
gestellt (s.  Fig.  i).  Die  für  die  Normalkompasse 
der  Kauffahrteischiffe  in  der  Regel  stattfindenden 
Verhältnisse  werden  durch  die  Figur  2  ange- 
deutet. 


♦e 


-  o- 

Fig.   I, 


♦« 


^r-^ 


Fig.  2. 


Da  die  Haupteisenmassen  unter  dem  Kom- 
passe durchgehen,  so  haben  a  und  e  negative 
Werte.  Dabei  ist  der  absolute  Betrag  des  —  e 
wegen  der  Nähe  der  in  der  Querschiffsrichtung 
induzierten  Pole  erheblich  grösser  als  der  des 
—  ^,  so  dass  ein  positiver  Wert  des  T)  resul- 
tiert. Nur  für  sehr  hoch  über  Deck  angebrachte 
Mastkompasse  hat  man  gelegentlich  ein  Über- 
wiegen der  Längsschiffsinduktion  über  die  Quer- 
schiffsinduktion beobachtet.  Die  in  gewöhn- 
licher Höhe  über  Deck  ang,ebrachten  Kompasse 
haben  auf  Kauffahrteischiffen  durchweg  ein  D 
von  3^  bis  6®,  auf  Kriegsschiffen  nimmt  der 
Koeffizient  nicht  selten  den  doppelten  bis  drei- 
fachen Betrag  an. 

Im  engen  Zusammenhange  mit  3)  steht  die 


Grösse  ^  =  i  H 

2 


das    Verhältnis     der 


mittleren  Richtkraft  nach  magnetisch  Nord  zur 
Horizontalintensität.  Wegen  der  negativen 
Werte  von  a  und  e  ist  X  stets  kleiner  als  i ; 
als  Mittelwert  für  die  Kompasse  der  Handels- 
schiffe kann  0,8  bis  0,9  gelten,  in  den  Panzer- 
türmen der  Kriegsschiffe  sinkt  X  nicht  selten 
unter  0,3  herab. 

Die  Ursachen  der  halbkreisigen  Ab- 
lenkung sind  nach  den  Formeln 

die  Komponenten  P  und  Q  des  festen  Schiffs- 
magnetismus und  die  Vertikalinduktion. 

Die  Entstehung  des  permanenten  Schiffs- 
magnetismus fallt  in  die  Bauperiode  des  Schiffes. 
Die  Lage  der  magnetischen  Hauptachse  ist  ab- 
hängig vom  Baukurse;  annähernd  stimmt  sie 
mit  der  Richtung  des  magnetischen  Meridians 
beim  Bau  überein.  Da  der  Induktionsprozess 
während  des  Baues  durch  unzählige  Hammer- 
schläge begünstigt  wird,  so  ist  der  Betrag  des 
aufgenommenen  Magnetismus  meist  ausser- 
ordentlich gross.  [Es  werden  gelegentlich  De- 
viationen über  ICK)^  beobachtet.]  Ein  erheb- 
licher Teil  dieses  Magnetismus  ist  allerdings 
nur  „halbfest''.  Das  allmähliche  Verschwinden 
dieses    Teiles  hat   während   der   ersten  Reisen 


394 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


stetige  Änderungen  der  Ablenkung  zur  Folge. 
Man  beschleunigt  den  Vorgang  der  Abschütte- 
lung  des  halbfesten  Magnetismus  dadurch,  dass 
man  das  Schiff  nach  dem  Stapellauf  auf  den 
dem  Baukurse  entgegengesetzten  Kurs  legt  und 
ihm  in  dieser  Lage  seine  weitere  Ausrüstung 
giebt.  In  etwa  Jahresfrist  bildet  sich  ein  leidlich 
stationärer  Zustand  des  permanenten  Magnetis- 
mus heraus. 

Der  Hauptkoeffizient  c  der  Vertikalinduktion 
ist  nach  seinem  Vorzeichen  und  seiner  Grösse 
besonders  davon  abhängig,  ob  der  Kompass 
weit  vorn  auf  einer  Kommandobrücke  oder  auf 
dem  Achterdeck  aufgestellt  ist.  Für  Brücken- 
kompas^  ist  er  immer  negativ,  was  auf  den 
überwiegenden  Einfluss  der  oberen  Enden  der 
hinter  dem  Kompass  liegenden  Eisenmassen 
schliessen  lässt.  Aus  dem  Beobachtungsmaterial 
der  Deutschen  Seewarte  ergiebt  sich  als  Mittel- 
wert für  die  Kompasse   der  genannten  Art  auf 

c 


mittelgrossen  Dampfern 


0,09. 


Der  Koeffizient  /,  der  aus  unsymmetrischer 
Anordnung  vertikalen  Eisens  entstehen  würde, 
kann  in  der  Regel  als  verschwindend  angesehen 
werden. 

Beide  Bestandteile  der  halbkreisigen  Ab- 
lenkung sind  mit  der  magnetischen  Breite  des 
Schiffes  veränderlich,  am  meisten  der  von  der 
Vertikalinduktion  herrührende  Teil.    Der  soeben 

c 
angeführte  Mittelwert  des    .    bedeutet  beispiels- 
weise für  eine  Reise  von  der  Weser  nach  dem 
Kap  der  guten  Hoffnung  eine  Veränderung  des  B 
von  fast  20^  nach  der  positiven  Seite. 

Es  wäre  von  ausserordentlichem  Nutzen  für 
die  Sicherheit  der  Schiffsführung,  wenn  man  die 
beiden  Bestandteile  der  halbkreisigen  Ablenkung 
trennen  könnte,  nachdem  Beobachtungen  in  mög- 
lichst verschiedenen  magnetischen  Breiten  vor- 
liegen. Leider  wird  die  Lösung  dieser  Aufgabe 
sehr  erschwert  durch  dieV eränderungen, denen 
die  Deviation  stetig  durch  halbfesten  (rema- 
nenten)  Magnetismus  unterworfen  ist.  Das 
Auftreten  dieser  Art  des  Magnetismus  bedeutet, 
dass  die  Deviation  eines  Kompasses  ausser  vom 
Kurswinkel  nicht  nur  von  dem  Orte  abhängt, 
an  dem  sich  das  Schiff  augenblicklich  befindet, 
sondern  auch  von  dem  Kurse,  auf  dem  es  an 
diesen  Ort  gelangt  ist.  Der  auf  irgend  einem 
Kurse  aufgenommene  Magnetismus  i*it  um  so 
beträchtlicher,  je  länger  das  Schiff  auf  diesem 
Kurse  lag  und  je  stärkeren  Erschütterungen  es 
ausgesetzt  war;  er  ist  ausserdem  in  hohem 
Masse  abhängig  von  der  zum  Baue  des  Schiffes 
verwendeten  Stahl-  oder  Eisensorte. ')    Um  dem 

i)  Die  auf  ver'^chiedenen  Werften  herj^estellteii  SchiflTe 
desselben  TypvS  zeigen  oft  erheblich  verschiedene  iJeträge 
von  haibfestem  Magnetismus. 


halbfesten  Magnetismus,  dessen  Auftreten  in 
den  Po isson sehen  Gleichungen  keinen  Aus- 
druck findet,  Rechnung  zu  tragen,  hat  die 
Deutsche  Seewarte  vorgeschlagen,  in  die  Aus- 
drücke für  43  und  tS  noch  je  ein  Glied,  nämlich 


V 


2' 


—    ,  sec  ^  cos  C^ ,    bez w.    +    .   sec  ^  sin  ?/ 

einzuführen,  in  denen  f/  den  in  den  letzten  24 
Stunden  gesteuerten  Gesamtkurs  bedeutet  und  v 
und  v'  zwei  durch  Beobachtung  festzustellende 
Konstanten  sind.  Als  Durchschnittswerte  für 
eine  Anzahl  mittelgrosser  Schiffe  wurden  7*  = 
+  0,018,   7/  =  0,028  gefunden. 

Wenn  man  auch  auf  die  numerische  Berech- 
nung der  durch  halbfesten  Magnetismus  erzeug- 
ten Ablenkung  verzichtet,  so  lässt  sich  doch  in 
jedem  Falle  der  Sinn  angeben,  in  welchem  diese 
Ablenkung  erfolgt.  Da  an  der  nach  Norden  ge- 
legenen Seite  des  Schiffes  Nordmagnetismus  ent- 
steht, so  hat  man  nach  einer  Kursänderung  rechts 
vom  alten  Kurse  westliche,  links  vom  alten 
Kurse  östliche  Deviation  durch  den  vorher  auf- 
genommenen Magnetismus.  Bei  Nichtberück- 
sichtigung dieser  Deviation  wird  das  Schiff  in 
der  Richtung  nach  dem  alten  Kurse  hin  ver- 
setzt. 

Wegen  des  halbfesten  Magnetismus  ist  auch 
grosse  Vorsicht  bei  der  Kompensation  der 
Kompasse  und  der  Aufstellung  der  Deviations- 
tabelle erforderlich.  Hat  das  Schiff  vor  der 
Kompensation  oder  der  Deviationsbestimmung 
lange  Zeit  auf  demselben  Kurse  gelegen,  so  kom- 
pensiert man  mit  den  festen  leicht  halbfeste  Pole 
oder  bekommt  die  Wirkung  solcher  Pole  in  die 
Deviationstabelle.  Der  halbfeste  Magnetismus 
macht  sich  auch  unmittelbar  bei  der  Devi- 
ationsbestimmung in  der  Weise  bemerkbar, 
dass  man  um  1^  bis  2^  verschiedene  Werte  für  A 
und  E  erhält,  je  nachdem  das  Schiff  rechts  oder 
links  herumgedreht  ist.  Die  Drehung  rechts 
herum  giebt  ein  —  A  und  —  E^  die  Drehung 
links  herum  ein  +  A  und  +  ^,  wenn  A  und  E 
thatsächlich  den  Wert  Null  haben.  Ist  ein 
Schiff  nur  einseitig  herumgedreht,  so  wird  man 
deshalb  beobachtete  Werte  der  Koeffizienten  A 
und  £  im  Betrage  von  i^  bis  2^,  sofern  sie 
das  der  Drehungsrichtung  entsprechende  Vor- 
zeichen haben,  mit  Recht  unberücksichtigt 
lassen. 

Bisher  war  das  Schiff  als  aufrecht  auf  ebenem 
Kiele  liegend  vorausgesetzt.  Die  Änderung,  die 
in  der  Deviation  beim  Überneigen  oder  Krängen 
des  Schiffes  entsteht,  wird  Krängungsfehler 
genannt.  Es  bezeichne  .VFZ  ein  Koordinaten- 
system, dessen  Achsen,  bezw.  längsschiffs,  hori- 
zontal nach  rechts  und  vertikal  nach  unten 
gerichtet  sind,  A7}//f/  ein  solches,  dessen  1/- 
Achse  parallel  zum  Deck  nach  rechts  und  dessen 
Z/-Achse  senkrecht  zum  Deck  nach  unten  ver- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


395 


läuft.  Berechnet  man  die  Komponenten  der 
erdmagnetischen  Kraft  im  zweiten  System, 
stellt  fiir  dieses  System  die  Poissonschen 
Gleichungen  auf  und  transformiert  sie  auf  das 
JCVZ'Sy stein,  so  erhält  man  analog  wie  früher 
den  Ausdruck  für  die  jetzt  stattfindende  Devi- 
ation. Sind  6  =  d  =/=  o  und  beschränkt 
man  sich  auf  die  ersten  Potenzen  des  Krängungs- 
winkels /,  so  wird 

d,  =6-\--~-^t  +  y  i  cos 


^- 


— -   /   COS 
2l 


wo 


2C' 

Es  wird  demnach  durch  die  Krängung  zu- 
nächst eine  konstante  und  in  Verbindung  damit 
eine  quadrantale  Deviation  erzeugt.  Der  Grund 
ist  der,  dass  einerseits  die  vorher  vertikalen 
Eisenmassen  vom  Typus  c  teilweise  der  Hori- 
zontalinduktion ausgesetzt  werden  und  anderer- 
seits die  Vertikalkomponente  der  Längsschiffs- 
induktion in  Wirksamkeit  tritt.  Der  wichtigste 
Bestandteil  der  Krängungsdeviation  ist  das 
semicirkulare  Glied  J  i  cos  ^.  Der  erste  der 
Ausdrücke,  die  oben  ftir  den  „Krängungs- 
koeffizienten" 7  angegeben  sind,  lässt  die  Ur- 
sachen desselben  erkennen:  durch  die  Krängung 
wird  den  senkrecht  zum  Deck  wirkenden  Kom- 
ponenten R  und  i  Z  des  festen  Schiffsmagne- 
tismus und  der  Vertikalinduktion  Gelegenheit 
gegeben,  Ablenkung  zu  erzeugen;  ferner  werden 
die  vorher  horizontalen  Eisenmassen  vom  ^-Typus 
zum  Horizont  geneigt  und  dadurch  der  Induktion 


durch  die  Vertikalkraft  ausgesetzt.  Da  e  negativ, 
k  dagegen  positiv  ist  und  R  bei  Schiffen,  die 
auf  nordmagnetischer  Breite  gebaut  sind,  in 
der  Regel  positiv  gefunden  wird,  so  hat  J  auf 
nordmagnetischer  Breite  fast  ausnahmslos  einen 
negativen  Wert,  entsprechend  einer  Anziehung 
nach  der  erhöhten  Seite  des  Schiffes  oft  Im 
Betrage  von  mehreren  Graden  fiir  jeden  Grad 
der  Krängung.  Die  Abhängigkeit  von  der 
magnetischen  Breite  tritt  besser  in  dem  zweiten 
fiir  7  gegebenen  Ausdrucke  hervor.  In  höheren 
südmagnetischen  Breiten  kommt  es  vor,  dass 
das  dort  positive  Glied  {e  —  k)  tang  J  grösser 
ist  als  R\H,  so  dass  eine  Abstossung  des  Nord- 
endes der  Nadel  von  der  erhöhten  Seite  aus- 
geübt  wird. 

Ein  Krängungsfehler  ist  fiir  die  Schiffs- 
fiihrung  deshalb  besonders  störend,  weil  das 
Schiff  meist  nicht  ruhig  nach  einer  Seite  über- 
liegt, sondern  von  einer  Seite  zur  andern 
,, schlingert",  so  dass  Antriebe  bald  nach  der 
einen,  bald  nach  der  entgegengesetzten  Rich- 
tung auf  die  Rose  ausgeübt  werden. 

Bei  der  Einfiihrung  elektrischer  Anlagen  an 
Bord  schien  es  anfangs,  als  ob  dem  Kompass  ein 
neuer  und  sehr  gefährlicher  Feind  in  den  Stark- 
stromkabeln entstehen  sollte.  Nachdem  man 
aber  einige  Zeit  Erfahrungen  gesammelt  hat, 
sind  die  meisten  Reedereien  vernünftig  genug, 
nicht  mehr  den  Schiffskörper  zur  Rückleitung 
benutzen,  sondern  die  Rückleitung  neben  die 
Hinleitung  verlegen  zu  lassen. 

(Eingegangen  4.  Februar  1902.) 


REFERATE. 


^^ 

Technische  Mechanik. 

Besorgt  von  Prof.  E.  Meyer. 

^^ 

C.    Bach,   Weitere   Versuche    über    die    Ab- 
hängigkeit der  Zugfestigkeit  und  Bruchdeh- 
nung   der    Bronze    von    der    Temperatur. 
Zeitschrift  des  Vereins  Deutscher  Ingenieure 
1901,  S.  1477  ff. 

Im  Anschluss  an  frühere  Zugversuche,  welche 
der  Verfasser  mit  Bronzestäben  aus  den  Werk- 
stätten der  Kaiserlichen  Werft  in  Kiel  angestellt 
hatte,  untersuchte  C.  Bach  Stäbe  aus  Bronze, 
die  von  der  Firma  Schäffer  &  Budenberg  ge- 
liefert worden  waren,  und  im  wesentlichen  fol- 
gende Zusammensetzung  hatten:  8 5, 90 bis 87,00% 
Kupfer,  8,78  bis  9,75%  Zinn,  3,64  bis  4»3o\ 
Zink.  Die  Versuche  bestätigen  unter  anderem 
die  schon  häufig  gemachte  Erfahrung,  dass  die 
Festigkeitseigenschaften  vonBronzestäben,  welche 
anscheinend  gleiche  Zusammensetzung  haben, 
die  sogar  bei  demselben  Gusse  hergestellt  sind, 


recht  stark  variieren  können,  um  30  %  und 
mehr.  Im  ganzen  betrachtet  geben  aber  die 
Versuche  ein  sehr  klares,  unzweideutiges  Bild 
von  der  Änderung  der  Festigkeitseigenschaften 
mit  der  Temperatur.  Die  Stäbe  hatten  20  mm 
Durchmesser  bei  220  mm  Länge  des  cylindri- 
schen  Teiles,  die  Messlänge  betrug  150  mm. 
Zur  Erwärmung  der  Stäbe  diente  ein  Bad  von 
Palmin,  bei  Temperaturen  über  300  ^  ein  Bad 
von  Kali-  und  Natron-Salpeter  zu  etwa  gleichen 
Teilen.  Der  Ofen  wurde  durch  5  im  Kreise 
angeordnete  Gasgebläseflammen  geheizt.  Es 
wurden  je  4  oder  5  Stäbe  bei  Temperaturen 
von  20  ^  100",  200  ^  250",  300^,  350^  400", 
450  *\  500 "  untersucht.  Es  zeigte  sich,  dass 
sich  die  Zugfestigkeit,  Bruchdehnung  und  Quer- 
schnittsverminderung bis  zu  einer  Temperatur 
von  etwa  200  **  nur  ganz  unwesentlich  ändern. 
Von  da  an  nehmen  alle  drei  Werte  mit  steigen- 
der Temperatur  beständig  ab,  aber  die  Zug- 
festigkeit in  erheblich  geringerem  Masse  als 
die    Formveränderungen:    Während    bei    400^* 


396 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


die  Festigkeit  erst  auf  etwa  die  Hälfte  ihres 
ursprünglichen  Wertes  gesunken  ist,  erfährt  das 
Material  bei  dieser  Temperatur  fast  gar  keine 
Formveränderungen  mehr  unter  dem  Einfluss 
der  Belastung,  wird  also  ungemein  spröde.  Die^e 
Eigentümlichkeit  prägt  sich  auch  äusserlich  in 
dem  Aussehen  der  Stäbe  nach  dem  Bruche  aus. 
Während  die  Staboberfläche  beim  Versuch  mit 
20  ^  100^  und  200*^  ein  runzeliges  Aussehen 
nach  dem  Bruch  zeigte,  blieb  sie  bei  Tempera- 
turen über  300^  vollständig  glatt  und  unver- 
ändert. Die  Zugfestigkeit  war  bei  allen  Tem- 
peraturen etwas  höher  als  die  Zugfestigkeit  der 
Bronze  von  der  Kaiserlichen  Werft.  Diese 
hatte  ungefähr  folgende  Zusammensetzung: 
91,4  \  Kupfer,  5,5%  Zinn,  2,8%  Zink.  Die 
folgende  Tabelle  enthält  die  hauptsächlichsten 
Versuchswerte  über  das  Verhalten  der  Bronze 
von  Schäffer  &  Budenberg. 

20'^     ICX)0   200  0   2$0"   300**   350  0  400 '^   450*^  500  0 

Zugfestig- 
keit in   kg 

pro  qcra     2491   2477   2381   203 1    1610  II 58  II 13    831     693 
Bruchdeh- 
nung in  0/0    17,4    20,1     17,9    12,1     6,8 

Quer- 
schnittsver- 
minderung 

21,3    20,0    19,1     14,1     8,8 


2,0      1,5      0,5     0,3 


in  " 


/O 


1,5      i.o 


Der  Abfall  der  Dehnungen  war  bei  der 
Kieler  Bronze  sehr  viel  rapider,  die  Dehnungen 
selber  aber  bei  Temperaturen  unter  300  ^  etwa 
doppelt  so  gross  als  hier. 

Aus  den  Versuchen  ist  die  Schlussfolgerung 
zu  ziehen,  dass  selbst  gute  Bronze  von  der 
Verwendung  in  Rohrleitungen  für  stark  über- 
hitzten Dampf  auszuschliessen  ist,  weil  sie  bei 
hohen  Temperaturen  nicht  mehr  die  erforder- 
liche Zähigkeit    besitzt.  P.  Roth. 

(Eingegangen  7.  Februar  1902.) 


^^ 

Geophysik. 

Besorgt  von  Prof.  Ur.  E.  WIechert 

^^ 

S.  Lemström,  Sur  la  mesure  des  courants 
^lectriques  de  Tatmosph^re  par  des  appa- 
reils  ä  pointes  (Über  die  Messung  der  elek- 
trischen Ströme  der  Atmosphäre  durch  Spitzen- 
apparate). Acta  Soc.  Scient.  Fennicae  29. 
Nr.  8.  81  S.  m.  2  Tafeln.  Helsingfors  1900,  4^. 

Als  es  seinerzeit  dem  Verfasser  vorliegender 
Arbeit  gelang,  künstliche  Nordlichter  zu  er- 
zeugen, war  damit  die  Frage  nach  der  elek- 
trischen Natur  dieses  Phänomens  in  bejahendem 
Sinne  beantwortet.  Die  Apparate,  welche  er 
dazu  benutzte,  sind  grosse  ebene  Drahtwin- 
dungen, die  in  Entfernungen  von  etwa  '/j  bis 
I V2  ni  Spitzen  tragen  und  eine  Fläche  von 
350  qm  bedecken.  Sie  waren  auf  Bergen  im 
finnischen  Lappland    gegen    300  m    hoch  über 


dem  Thalniveau  von  der  Unterlage  isoliert  auf- 
gestellt und  leitend  mit  einem  Galvanometer 
verbunden,  das  in  4  km  Entfernung  im  Thale 
aufgestellt  und  durch  eine  Zinkplatte  geerdet 
war.  Über  diesen  Spitzenapparaten  zeigten 
sich  des  öfteren  jene  künstlichen  Nordlichter. 
Der  Zweck  der  ganzen  Anlage  war  jedoch  mehr 
der,  die  elektrischen  Ströme  zu  messen,  welche 
von  der  Erde  nach  oben  resp.  umgekehrt 
fliessen.  Hauptsächlich*  geschahen  diese  Mess- 
ungen 1882/83  während  des  Internationalen 
Polarjahrs  und  sind  daher  im  finnischen  Polar- 
werk, Band  III,  Helsingfors  1898,  veröffentlicht. 

Die  vorliegende  Arbeit  stellt  zu  diesen 
Messungen  eine  Ergänzung  dar,  besonders  da- 
durch, dass  ausser  der  Spannung  dieser  Erdluft- 
ströme jetzt  auch  die  Stromstärke  gemessen 
wurde.  Die  Beobachtungen  geschahen  nunmehr 
in  Helsingfors  selbst.  Ein  Spitzenapparat  war 
auf  einem  hohen  Kirchturm  82  m,  ein  anderer 
auf  dem  Dache  des  physikalischen  Labora- 
toriums 42  m  über  Meer  aufgestellt,  also  in 
wesentlich  geringeren  Höhen  als  188283.  Ausser- 
dem waren  die  Spitzenflächen  nur  6  qm  gross. 
Die  Ströme  wurden  mit  einem  empfindlichen 
Galvanometer  beobachtet  und  stets  durch 
Zwischenschaltung  eines  Batteriestromes  in 
einem  und  dem  anderen  Sinne  kontrolliert. 

Was  nun  das  Wesen  dieses  Erdluftstromes 
anbetrifft,  so  ist  folgendes  zu  bemerken:  Eine 
reine  Naturerscheinung  ist  er  nicht,  denn  es 
steht  nicht  zu  erwarten,  dass  auch  ohne  metal- 
lische Leitung  zwischen  dem  Punkte,  wo  der 
Spitzenapparat  sich  befindet,  und  der  Erde  ein 
Strom  fliesse.  Andererseits  aber  ist  der  Erd- 
luftstrom in  einem  engen  Zusammenhange  mit 
der  Luftelektrizität  und  ein  anderes  Mass  für 
sie,  als  das  mit  dem  Kollektor  gemessene  Po- 
tential gegen  die  Erde.  Die  Variationen  sind  zum 
Teil  Naturvariation  (so  die  des  Potentialgefälles), 
zum  Teil  instrumenteller  Herkunft  (wie  namentlich 
der  Spitzenwirkung,  deren  Widerstand  nach  dem 
Verfasser  wesentlich  von  meteorologischen  Mo- 
menten abhängen  soll). 

Der  Verfasser  ist  der  Überzeugung,  dass 
auch  ohne  m'etallische  Verbindung  ein  Erdluft- 
strom existiere,  zum  wenigsten  in  der  Nachbar- 
schaft des  Gürtels  maximaler  Häufigkeit  der 
Nordlichter. 

Der  gemessene  Strom  ist  auch  nur  zum  Teil  ein 
Naturwert  und  zum  Teil  instrumentellen  Ein- 
flüssen unterworfen,  namentlich  dem  des  Spitzen- 
widerstandes. Es  kommt  wohl  auch  weniger 
auf  die  absolute  Höhe  des  Spitzenapparates  an, 
als  auf  die  Potentialfläche,  in  welche  er  hinein- 
ragt. Die  Höhenaufstellung  kann  also  nur  den 
Zweck  haben,  in  Gegenden  zu  kommen,  wo 
das  Gefälle  ein  grösseres  ist.  Es  wäre  leicht 
möglich,  grössere  Stromstärken  und  Spannungen 
zu    erhalten,    wenn    man  die  Spitzen  sehr  lang 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  17. 


397 


wählt  oder  mit  Spitzen  bewehrte  Drachen 
steigen  Hesse,  wie  dies  bekanntlich  schon 
Franklin  that. 

Der  vom  Verfasser  gemessene  Strom  ist 
meist  positiv,  d.  h.  von  oben  nach  unten  fliessend, 
jedoch  sobald  der  Regen  beginnt,  wird  er  nega- 
tiv. Während  eines  Nordlichtes  variiert  er 
ausserordentlich  stark,  zeigt  jedoch  auch  für 
gewöhnlich  stete  und  zum  Teil  plötzliche  Oscil- 
lationen.  Die  Tafeln  geben  neben  einigen 
Spezialkurven  für  mehrere  Tage  Ablesungen 
von   5  zu  5  Minuten. 

Auch  wenn  man  von  den  Drachen  versuchen 
Franklins  und  seiner  Nachfolger  absieht,  hatte 
Lemström  in  der  Messung  solcher  Ströme 
Vorgänger:  der  erste  war  Colladon  (Pogg. 
Ann.  8,  336).  Im  Anschluss  an  seine  Resultate 
schlug  die  Royal  Society  in  London  vor,  auf 
diese  Art  die  Luftelektrizität  zu  messen,  was 
auch  geschehen  sein  soll.  Auch  Quetelet  (Sur 
le  clima  de  la  Belgique,  tome  3,  p.  26)  und 
LamontQahresber.  Münchener  Sternwarte  1852, 
S.  82)  haben  solche  Ströme  und  zwar  in  Blitz- 
ableitern beobachtet.  Letzterer  findet  jedoch 
keinen  Strom,  sobald  der  Blitzableiter  vom 
Hause  isoliert  wird,  bestreitet  daher  die  Existenz 
solcher  Ströme,  wenigstens  als  einer  Natur- 
erscheinung. 

Durch  Lemströms  Resultate  angeregt, 
werden  seine  Versuche  augenblicklich  von  ver- 
schiedenen Seite  wiederholt,  so  dass  die  Klärung 
der  Fragen  zu  erwarten  steht. 

A.  Nippoldt. 

(Eingegangen  13.  März  1902.) 


Wissenschaftl.  Photographie. 

Besorgt  von  Privatdozent  Dr.  E.  EnglUoh. 


J.  M.  Eder,  System  der  Sensitometrie  photo- 
graphischer Platten  (III).  Ber.  Wien.  Akad. 
math.  naturw.  Kl.  CX.  IIa.  1103 — 11 24. 
1901. 

Es  wird  versucht,  die  relative  Farbenem- 
pfindlichkeit orthochromatischer  Platten  in  ein- 
facher Weise  festzustellen.  Zu  dem  Zweck 
wird  das  Spektrum  durch  Filter  in  zwei  Teile 
zerlegt;  das  Blaufilter  (25  g  kryst.  Kupfervitriol 
+ Ammoniak  +  W'asser,  Gesamt volum  1000  ccm) 
lässt  wesentlich  nur  die  Strahlen  durch,  welche 
der  Eigenempfindlichkeit  des  Bromsilbers  ent- 
sprechen;   das    Gelbfilter    (40  g   Kaliummono- 


chromat  zum  Volum  von  i  1  gelöst)  schneidet 
diese  Strahlen  ab  und  lässt  nur  solche  Strahlen 

• 

durch,  welche  die  Farbensensibilisation  um- 
schliessen.  Die  Filter  werden  in  i  cm  Dicke 
angewendet;  für  Gelbgrün  empfindliche  Platten 
(mit  Erythrosin,  Eosin)  ist  bei  Hefnerlicht 
das  Empfindlichkeitsverhältnis  Blau  zu  Gelb 
etwa  I  zu  4  bis  5;  für  die  Scheinersche 
Benzinlampe  weicht  das  Verhältnis  wenig  ab; 
dagegen  wird  fiir  das  von  einem  weissen 
Schirme  reflektierte  Bogenlicht  das  Verhältnis 
I  :  1,6. 

OrthochromatischePlatten  können  beiH  e  f  n  e  r- 
licht  empfindlicher  sein,  als  gewöhnliche  unge- 
färbte Platten,  während  bei  Tageslicht  das  Um- 
gekehrte statthaft.  Eder  schlägt  zur  Messung 
der  Gesamtempfindlichkeit  vor,  die  Empfind- 
lichkeit einer  gewöhnlichen  Bromsilbergelatine- 
platte nach  Scheiner  zu  bestimmen,  und  die 
Empfindlichkeit  der  orthochromatischen  Platte 
am  Massstab  der  gewöhnlichen  bei  weissem 
Lichte  zu  messen. 

Die  Lage  des  Empfindlichkeitsmaximums 
der  reinen  Bromsilbergelatine  zeigte  sich  ab- 
hängig vom  Fabrikat;  es  rückt  mit  längerer 
Belichtung  von  451 — 458//,//  nach  Violett  hin. 
War  das  Empfindlichkeitsmaximum  bei  Sonnen- 
licht bei  451  ^//,  so  lag  es  für  Auerlicht  bei 
454,  Petroleumlicht  bei  457  ^//;  die  Maxima 
sind  bei  Gitterspektrographen  um  5  n(i  nach 
den  kürzeren  Wellen  zu  gegen  die- Maxima  bei 
Glasspektrographen  verschoben.  Jodsilberkollod 
hat  ein  Maximum  bei  425 — 420  //^;  Chlorsilber- 
gelatine bei  380  lifi  und  das  Band  erstreckt 
sich  von  396 — 320  ^//  fast  gleichstark;  die 
Mitte  liegt  bei  355  fifi.  Entsteht  die  Maximal- 
wirkung zwischen  //  und  K  bei  Glasapparaten, 
so  giebt  dies  eine  Gewähr  dafür,  dass  der  Appa- 
rat bezüglich  der  Lichtdurchlässigkeit  des  ganzen 
sichtbaren  Spektrums  allen  Anforderungen  der 
Praxis  entspricht. 

Die  Sensibilisationsprüfung  verschiedener 
Farbstoffe  kann  hier  nicht  ausführlich  referiert 
werden ;  Monobromfluorescein-Bromsilberkollod 
mit  Äthylviolett  soll  eine  ausgezeichnet 
gleichmässige  Empfindlichkeit  über  das  Spektrum 
haben. 

Die  chemische  Helligkeit  der  Walratkerze 
wurde  gleich  0,93  Hefner,  ihre  optische  gleich 
1,14  Hefner  bestimmt;  ihre  relative  Aktinität 
ist  demnach  0,93  :  1,14=^0,82.        Englisch. 

'  Ki"^e|;aiigen  am  20.  Februar  1902.) 


398 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  17, 


BESPRECHUNGEN. 


J.  H.  van't  Hoff,  Zinn,  Gips  und  Stahl  vom 
physikalisch -chemischen  Standpunkt  Vor- 
trag,  gehalten  im  Verein  der  deutschen  In- 
genieure zu  Berlin,  gr.  8.  35  S.  mit  Ab- 
bildungen. München,  R.  Oldenbourg.  1901. 
M.  2,—. 

Dieser  Vortrag  wurde  im  Vereine  der  deut- 
schen Ingenieure  zu  Berlin  in  der  Absicht  ge- 
halten, an  Beispielen  darzuthun,  wie  im  che- 
mischen Gebiete  Erscheinungen  auftreten,  die 
eine  grosse  Analogie  mit  den  physikalischen 
Umwandlungserscheinungen,  speziell  mit  der 
gegenseitigen  Verwandlungder  Aggregatzustände 
darbieten.  Vermöge  dieses  Kontaktes  gelingt 
es,  die  einfachen  physikalischen  Gesetze  frucht- 
bringend auf  die  komplizierten  chemischen  Ge- 
setze zu  übertragen  und  eine  Annäherung  der 
beiden  Disziplinen  zu  erreichen. 

So  erinnert  die  Verwandlung  des  weissen, 
metallischen  Zinnes  in  die  graue,  bröcklig  warzen- 
förmige Modifikation  insofern  an  die  physika- 
lische Erscheinung  des  Schmelzens  und  Er- 
starrens,  als  sie  an  eine  bestimmte  Temperatur- 
grenze gebunden  ist,  in  der  Weise,  dass  oberhalb 
20**  das  gewöhnliche  Zinn,  unterhalb  20^  das 
graue  Zinn  dem  stabilen  Zustande  entspricht; 
wie  oberhalb  o®  Wasser,  unterhalb  o^  Eis  be- 
ständig ist.  Verzögerungserscheinungen  ver- 
decken oft  diese  einfache  Beziehung.  Die  Um- 
wandlungstemperatur kann  nach  der  dilatome- 
trischen  Methode  oder  mittelst  des  Umwand- 
lungselementes bestimmt  werden. 

Beim  Gips  handelt  es  sich  nicht  um  eine 
blosse  Modifikationsänderung,  sondern  um  einen 
chemischen  Zerfall  unter  Freiwerden  von  Wasser; 
dennoch  ist  die  Analogie  mit  dem  physikalischen 
Vorgange  des  Schmelzens  noch  grösser,  weil 
bei  einer  bestimmten  Temperatur  durch  das 
Auftreten  flüssigen  Wassers  eine  thatsächliche 
teilweise  Verflüssigung  eintritt.  Es  schliesst 
sich  lerner  eine  zweite  Erscheinung  an,  die  mit 
der  physikalischen  Verdampfung  vergleichbar 
ist,  indem  der  Gips  einen  Teil  seines  Wassers 
als  Dampf  abgiebt,  ein  Vorgang,  der  wie  die 
Verdampfung  reinen  Wassers  bei  einer  bestimmten 
Temperatur  an  eine  bestimmte  maximale  Dampf- 
tension gebunden  ist. 

In  ähnlicher  Weise  wird  das  Verhältni.s  von 
Schmiedeeisen,  Stahl  und  Gusseisen  erläutert, 
in  welchen,  wie  neuere  Untersuchungen  gelehrt 
haben,  in  erster  Linie  Kohlenstoß^  (wie  Graphit 
und  Diamant),  Eisen  ^in  zwei  Modifikationen 
a  und  ^Ferrit),  die  Eisenverbindung  mit  Kohlen- 
stoß" {Fe^  ^y  Cementit),  dessen  feste  Lösung  mit 
Kohlenstoß"  (Martensit)  und  schliesslich  der  so- 
genannte Perlit  zu   berücksichtigen  sind,   deren 


Umwandlung  und  Entstehung,  teils  einem 
Schmelzprozess,  teils  dem  kryohydratischen  Er- 
starren u.  s.  w.  gleichen.  J.  Bi Hitler. 

(Eingegangen   i8.  November  1901.; 


Hans  Schmidt,  Anleitung  zur  Projektion 
photographischer  Aufnahmen  und  lebender 
Bilder  (Kinematographie),  gr.  8*^.  VIII  und 
121  Seiten  mit  56  Figuren  im  Text.  Berlin, 
Gustav  Schmidt.  1901.  Geh.  2,50  M.; 
geb.  3  M. 

Verf.  giebt  in  übersichtlicher  Anordnung 
eine  Anleitung  zur  Projektion  gewöhnlicher 
photographischer  sowie  kinematographischer 
Aufnahmen.  Die  Handhabung  der  Projektions- 
kamera,' insbesondere  der  verschiedenartigen 
Lichtquellen,  ist  eingehend  beschrieben,  ebenso 
die  Aufstellung  des  Apparates  und  die  Be- 
stimmung des  zweckmässigen  Abstandes  zwischen 
Apparat  und  Schirm.  Die  Methode  der  kine- 
matographischen  Aufnahme  sowie  die  Behand- 
lung der  zugehörigen  Apparate  wird  ausfuhrlich 
besprochen,  was  um  so  erfreulicher  ist,  als  es 
bisher  an  einer  derartigen  Anleitung  gefehlt 
hat.  Die  Darstellung  ist  für  den  Anfänger 
berechnet  und  im  allgemeinen  klar;  einige  Un- 
ebenheiten, wie  auf  S.  T^  oben  die  Erklärung 
der  Wirkung  einer  Sammellinse,  werden  bei 
einer  späteren  Auflage  zu  korrigieren  sein.  Im 
übrigen  wird  das  Büchlein  allen  denjenigen, 
welche  aus  wissenschaftlichen  oder  aus  künst- 
lerischen Interessen  sich  der  Projektion  bedienen, 
ein  nützlicher  Führer  sein. 

Karl  Schaum. 

(Eingegangen  16.  Februar  1902.) 


J.M.  Pernter,  Meteorologische  Optik.  I.  Ab- 
schnitt, gr.  8^.  VIII  u.  54  S.  mit  Figuren. 
Wien,   Wilhelm  Braumüller.     1902.    M.  1,80. 

Gewissermassen  im  Anschluss  an  das  Hand- 
buch der  Meteorologie  von  J.  Hann  beab- 
sichtigt der  Verf.  ein  Werk  zu  schaffen,  welches 
die  Beschreibung  und  Theorie  aller  der  sehr 
mannigfaltigen  optischen  Erscheinungen  geben 
soll,  die  bei  dem  Durchgange  des  Lichtes  durch 
die  Atmosphäre  der  Erde  zu  stände  kommen, 
sei  es  durch  die  regelmässigen  Brechungsvor- 
gänge oder  durch  Veranlassung  von  Beimischung^en 
der  Luft  oder  durch  Reflexe  an  solchen.  Das 
sehr  umfangreiche  und  z.  T.  noch  recht  wenig^ 
der  exakten  Forschung  unterzogene  Gebiet  dieser 
Phänomene    gedenkt    der  Verf.    in    einem  etwa 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  17 


399 


30  Bogen  starken  Werke  zu  behandeln.  Das 
erste  Heft  desselben  liegt  seit  einiger  Zeit 
vor  und  wurde  der  Centralanstalt  für  Meteorol.  j 
und  Erdmagnet,  zum  50jährigen  Bestehen  ge- 
widmet. —  Dieses  Heft  behandelt  zunächst 
die  „scheinbare  Gestalt  des  Himmelsgewölbes  ; 
und  einige  damit  zusammenhängende  Erschei- 
nungen'*. Wir  werden  nach  dem  Erscheinen 
weiterer  Hefte  auf  deren  interessanten  Inhalt 
wieder  zurückkommen  und  denselben  eingehen- 
der zu  besprechen  haben.        L.  Ambro nn. 

(Eingegangen  l6.  März  1902.) 


Fr.  Ristenpart,  Verzeichnis  von  336  Stern- 
katalogen, gr.  8^.  41  Seiten.  Breslau,  Eduard 
Trewendt.     1901.     Mk.  2, — . 

Das  vorliegende  Heft  ist  eine  erweiterte 
Sonderausgabe  aus  dem  „Handwörterbuch  der 
Astronomie"  und  kommt  besonders  einem  leb- 
haften Wunsche  der  Astronomen  vom  Fach 
entgegen,  da  es  in  übersichtlicher  Anordnung 
alle  die  Sternkataloge  zusammenstellt,  welche 
im  Laufe  von  nahe  2000  Jahren  von  den  Astro- 
nomen aller  Völker  verfasst  worden  sind. 

Das  erste  einigermassen  vollständige  Ver- 
zeichnis dieser  Art  wurde  von  dem  Astronomen 
K nobel  1880  herausgegeben;  dasselbe  enthält 
aber  nur  die  bis  1875  erschienenen  Verzeich- 
nisse, seitdem  sind  aber  so  viele  neue  und  be- 
sonders genaue  und  wertvolle  Kataloge  be- 
arbeitet worden,  dass  ein  neues  Verzeichnis 
dringend  nötig  wurde.  Der  Verfasser  hat  seine 
Aufgabe,  die  sich  ihm  in  Verfolg  seiner  Studien 
zur  „Geschichte  des  Himmels"  selbst  als 
wünschenswert  erwies,  in  bester  Weise  ge- 
löst. Das  Verzeichnis  führt  336  Einzelkataloge 
auf,  welche  zusammen  die  genauen  Orte  von 
970440  und  die  genäherten  Orte  von  i  115  384 
Sternen  enthalten.  L.  Ambro  nn. 

(Eingegangen  16.  März  1902.) 


A.  Miethe,  Lehrbuch  der  praktischen  Photo- 
graphie. IL  verbesserte  Auflage,  gr.  8^. 
VIII  und  445  S.  Mit  180  Abbildungen. 
Halle  a.  S.,  Wilhelm  Knapp.    1902.  M.  10,—. 

Die  zweite  Auflage  des  Mietheschen  Lehr- 
buches ist,  wie  die  1895  erschienene  erste  Auf- 
lage, vornehmlich  fiir  die  lernenden  und  fiir 
die  fortgeschrittenen  berufsmässigen  Photogra- 
phen berechnet.  Das  Werk  ist  in  7  Abschnitte 
geteilt,  welche  folgende  Gebiete  behandeln: 
I.  Das  Licht  in  der  Photographie;  2.  Die  Chemie 
der  photographischen  Prozesse;  3.  Die  photo- 
graphischen Apparate;  4.  Negativ-  und  Positiv- 
prozesse; 5.  Reproduktion  und  Vergrösserung; 
6.  Orthochromatische  Photographie  und  Photo- 


graphie bei  künstlichem  Lichte;  7.  Die  photo- 
graphische Ästhetik  im  Atelier  und  im  Freien. 
Da,  wie  gesagt,  das  Lehrbuch  vornehmlich 
ftir  den  Praktiker  bestimmt  ist,  mussten  natur- 
gemäss  die  physikalischen  und  chemischen  Grund- 
lagen der  photographischen  Prozesse  möglichst 
knapp  und  elementar  gehalten  werden,  während 
die  Ausfuhrungen  über  Eigenschaften,  Prüfung 
und  Behandlung  der  Linsensysteme,  die  Be- 
schreibung der  photographischen  Apparate  und 
der  Arbeitsräume,  sowie  die  Schilderungder Tech- 
nik der  Aufnahme,  der  Negativ-,  Positiv-  und 
Reproduktionsverfahren  ausgiebig  gestaltet  wur- 
den. Die  übersichtlichen  und  klaren  Darstellungen 
werden  ohne  Frage  nicht  nur  von  dem  Berufs- 
photographen, sondern  von  jedermann,  der  sich 
aus  wissenschaftlichen  oder  künstlerischen  Inter- 
essen eingehender  mit  der  Photographie  beschäf- 
tigt, mit  grossem  Nutzen  studiert  werden.  Nament- 
lich wird  sich  Miethes  Lehrbuch  allen  Natur- 
wissenschaftern, Medizinern  und  Philologen,  auf 
unseren  Universitäten,  in  deren  Vorlesungs- 
verzeichnissen wissenschaftlich  -  photographische 
Übungen  leider  kaum  zu  finden  sind,  als  ein 
reichhaltiger  und  zuverlässiger  Ratgeber  er- 
weisen. K.  Schaum. 

(Eingegangen  26.  April  1902.) 


Morris  W.Travers,  The  experimental  study 
of  gases  (Das  experimentelle  Studium  der 
Gase).  VIII  und  323  S.  London,  Macmillan 
&  Co.,  Ltd.  1901.     IG  sh.  — 

Das  vorliegende  Buch,  dem  kein  geringerer 
als  Ramsay  einige  Worte  zur  Einfiihrung  mit- 
gegeben hat,  enthält  in  seinem  ersten  Teil 
(Chap.  I — VIII)  eine  ausführliche  Angabe  des 
beim  Experimentieren  mit  Gasen  erforderlichen 
Instrumentariums;  es  bespricht  die  hierbei  not- 
wendig werdenden  Manipulationen  der  Rein- 
darstellung, Sammlung  und  Aufbewahrung  der 
Gase  sowie  der  Volummessung  im  allgemeinen. 
Wenn  die  Darstellung  auch  manchmal  etwas 
in  die  Breite  geht,  so  sei  dabei  doch  nicht 
vergessen,  dass  vieles,  was  auf  den  ersten  Blick 
als  unbedeutende  Kleinigkeit  erscheint,  in  Wirk- 
lichkeit zum  Gelingen  des  ganzen  Versuches 
wesentlich  erforderlich  ist,  und  man  darf  dem 
Verfasser  dankbar  sein,  dass  er  gerade  auf  die 
Details  ausführlich  eingegangen  ist. 

Nach  einem  kurzen  Abschnitt  über  Gas- 
analyse und  über  die  Zusammensetzung  der 
atmosphärischen  Luft  geht  der  Verfasser  zu  den 
Gasen  der  Heliumgruppe  über  und  bespricht 
eingehend  deren  Reindarstellung  und  Trennung. 
Als  Übergang  zur  Gasverflüssigung  im  grossen 
werden  die  Beziehungen  von  Druck,  Temperatur 
und  Volum  eingehend  behandelt.  Der  Abschnitt 
über  die  Gasverflüssigung  ist  —  entsprechend 
der  ganzen    Anlage    des   Buches    —    historisch 


400 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   17. 


gegliedert.  Im  weiteren  folgen  Kapitel  über 
die  kritischen  Konstanten,  Löslichkeit  von  Gasen 
in  Flüssigkeiten,  spezifische  Wärme,  Diffusion, 
Brechungsvermögen  und  Spektralanalyse  von 
Gasen.  Als  Anhang  sind  Tabellen  der  Siede- 
punkte bei  verschiedenen  Drucken  für  Flüssig- 
keiten angegeben,  deren  Dämpfe  sich  zur  Her- 
stellung von  Bädern  konstanter  Temperatur 
eignen. 

Das  Buch,  dessen  Text  durch  zahlreiche 
Abbildungen  gut  erläutert  wird,  erscheint  in 
hervorragendem  Masse  geeignet,  zur  Einführung 
in  das  Experimentalstudium  der  Gase  zu  dienen, 
gleichzeitig  bietet  es  eine  willkommene  Übersicht 
über  die  wichtigsten  Thatsachen,  welche  gegen- 
wärtig auf  dem  betr.  Gebiet  bekannt  sind. 

Carl  Forch. 

(Eingegangen  28.  April  190a.) 


Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Homemann,  M.,  Ucber  Töne  an  Kontakten.  Sep.-Abdr. 
aus  den  Annalen  der  Physik.  IV.  Bd.  7.  1902.  Mit  8  Fi- 
guren.    8.    20  S.    Leipzig,  Johann  Ambrosius  Barth. 

Kistner,  Alfred,  Schaltungsarteu  und  Betriebsvorschriften 
elektrischer  Licht-  und  Kraftanlagen  unter  Verwendung 
von  Akkumulatoren.  Zum  Gebrauche  für  Maschinisten, 
Monteure  und  Besitzer  elektrischer  Anlagen,  sowie  fiir 
Studierende  der  Elektrotechnik.  Mit  81  in  den  Text  ge- 
druckten Figuren.  8.  VIII  u.  210  S.  1901.  Berlin,  Julius 
Springer.  Gebunden  M.  4, — . 

Ostwalds  Klassiker  der  exacten  Wissenschaften,  kl.  8.  Ge- 
bunden.    Leipzig,  Wilhelm  Engelmann. 

Xo.  124.  Helmholtz,  H.,  Abhandlungen  zur  Thermo- 
dynamik chemischer  Vorgänge.  Herausgegeben  von  Max 
Planck.    84  S.  1902.    M.  1,40. 

No.  125.  Mayow,  John,  Untersuchungen  über  den  Sal- 
peter und  den  salpetrigen  Luftgeist,  das  Brennen  und  das 
Athmen.  Herausgegeben  von  F.  G.  Donnan.  Mit  einem 
Portrait  und  6  Figuren.    56  S.   1901.    M.  i, — . 

No. 1 26.  F a r a d  a y, Michael,Experimental-Untersuchungen 
über  Electricität.  Herausgegeben  von  A.  J.  von  Oetlingen. 
IX.  bis  XL  Reihe  (1835).  Mit  15  Figuren  im  Text.  106  S. 
1901.    M.  1.80. 

No.  128. XII.  und   XIII.  Reihe    (1838).     Mit 

2Q  Figuren  im  Text.  133  S.  1901.  M.  2, — . 

Pp.  Rüdorffs  Grundriss  der  Chemie  fiir  den  Unterricht  an 
höheren  Lehranstalten.  Völlig  neu  bearbeitet  von 
Robert  Lüpke,  Oberlehrer  am  Dorotheenstädtischen  Real- 
gymnasium zu  Berlin.  Mit  294  Holzschnitten  und  2  Tafeln. 
Zwölfte  Auflage,  gr.  8.  XIV  u.  532  S.  1902.  Beriin,  H.  W. 
Müller.    M.  5,—. 

Wagenmann,  Adolf,  Künstliches  Gold.  Entdeckung  eines 
auf  Grund  neuerer  wissenschaftlicher  Anschauungen  be- 
ruhenden Verfahrens  zur  Umwandlung  der  Stofle.  Für 
jedermann  verständlich  dargestellt,  gr.  8.  72  S.  1902. 
Stuttgart,  Schwabachersche  Verlagsbuchhandlung.    M.  i.$o. 


Tagesereignisse. 

Ein  Gauss-Archiv,  in  welchem  unter  anderem  der  hand- 
schriftliche Nachlass  des  grossen  Gelehrten  untergebracht  ist, 
wurde  in  den  alten  Gauss-Zimmern  der  Göttinger  Sternwarte 
errichtet.  Die  Archivräume  sind  durch  die  Verlegung  des 
geophysikalischen  Institutes  aus  der  Sternwarte  in  das  neue 
Gebäude  auf  der  Höhe  des  Hainberges  gewonnen  worden. 


Die  Akademie  der  Wissenschaften  zuChristiania 
feiert  im  September  den  auf  den  5.  August  fallenden  100.  Ge- 
burtstag des  Mathematikers  Niels  Abels.  An  der  Feier 
werden  zahlreiche  gelehrte  Körperschaften  teilnehmen,  ins- 
besondere die  seit  1900  bestehende  Akademien- Assoziation, 
zu  der  auch  die  norwegische  Akademie  gehört. 

Die  John  Hopkins-Universität  in  Baltimore  wird  sämt- 
liche Arbeiten  von  Prof.  Henry  A.  Rowland  gesammelt 
herausgeben,  mit  der  Gedächtnisrede  von  Prof.  Mendenh oll 
und  einem  Porträt  Rowlands.  Der  Bezugspreis  bei  V^oraus- 
bestellung  beträgt  M.  21, — .  Die  Bestellungen  sind  an  Prof. 
Joseph  S.  Am  es,  John  Hopkins  University  Baltimore, 
Maryland  U.  S.  A.  zu  senden. 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Die  Leitung  der  organischen  und  anorganischen  Ab- 
teilung des  Tübinger  chemischen  Laboratoriums  wurde  für 
das  Sommer-Semester  1902  dem  etatsmässigen  Extraordinarius 
für  Chemie  Professor  Dr.  Karl  Bülow  Übertragen.  Prof. 
Bülow  wird  auch  die  von  dem  verstorbeneu  früheren  Vor- 
stande Prof.  V.  Pechmann  angekündigte  Vorlesung  über 
organische  ExperinientaTchemie  abhalten.  Privatdozent  Dr. 
Dimroth  wird  die  von  dem  ins  Reichsgesundheitsamt  be- 
rufenen Prof.  Paul  sonst  abgehaltene  Vorlesung  über  ana- 
lytische Chemie  übernehmen. 

Einen  Preis  von  20000  Francs  hat  die  Pariser  Aka- 
demie (Institut  de  France)  aus  der  Desbrousses-Stiftung  dem 
Gelehrten-Ehepaar  Curie  zuerkannt.  Es  ist  dabei  der  be- 
sondere Wunsch  ausgesprochen  worden,  dass  diese  Summe 
zur  Fortsetzung  der  für  die  Wissenschaft  so  überaus  bedeut- 
samen Forschungen  über  das  Radium  und  die  anderen  strahlen- 
aussendenden Mineralien  verwandt  werden  möchte. 

In  Utrecht  starb  der  Professor  der  Mathematik  und 
Naturwissenschaften  an  der  Universität  Dr.  V.  A.  Julius  im 
Alter  von  61  Jahren. 

Der  bisherige  Privatdozent  filr  Mathematik  an  der  Uni- 
versität Strassburg ,  Dr.  Emil  Timerding  aus  Strassburg, 
wurde  als  Oberlehrer  an  der  oldeuburgischen  Navigations- 
schule zu  Elsfleth  angestellt  und  hat  deshalb  auf  die  venia 
legendi  verzichtet.  Timerding  hat  der  mathematischen  Fa- 
kultät zu  Strassburg  seit  1897  angehört. 

Der  Honorar-Professur  der  Mathematik  an  der  Universität 
Heidelberg,  Cantor,  wurde  zum  Geheimen  Hofrat,  der 
ordentliche  Professor  der  Physik  an  der  Universität  Frei- 
burg, Himstedt,  der  ordentliche  Professor  der  Astronomie 
an  der  Universität  Heidelberg,  Valentiner,  und  der  ordent- 
liche Professor  der  Mathematik  an  der  Technischen  Hoch- 
schule Karlsruhe,  Wedekind,  zu  Hofräten  ernannt. 

Der  Vorstand  der  Deutschen  elektrochemischen 
Gesellschaft  hat  in  Verwirklichung  einer  seit  längerer  Zeit 
bestehenden  Absicht  bei  der  diesjährigen  Hauptversammlung 
in  Würzburg  beschlossen,  einen  Sachverständigen  zum  Stu- 
dium des  elektrochemischen  Unterrichts  und  der  elektro- 
chemischen Technik  nach  den  Vereinigten  Staaten  zu  ent- 
senden. Der  Auftrag  ist  dem  a.-o.  Prof.  F.  Haber  erteilt 
worden.  Die  Kosten  der  Reise  werden  aus  einer  Zuwendung 
bestritten,  die  der  bisherige  Vorsitzende  der  Gesellschaft, 
Prof.  J.  H.  van't  Hoff,  zu  diesem  Zwecke  gemacht  hat. 

Der  Professor  der  Experimentalphysik  an  der  Universität 
Klauseuburg,  Anton  Abt,  ist  im  Alter  von  74  Jahren  ge- 
storben, in  Freiburg  i.  Br.  am  14.  d.  M.,  60  Jahre  alt,  der 
Chemiker  Professor  Dr.  Ferdinand  Wibcl,  der  von 
1878  bis  1893  das  von  seinem  Vater  begründete  chemische 
Staatslaboratorium  in  Hamburg  geleitet  hat,  in  Leipzig  Pro- 
fessor Dr.  Rudolf  Arendt,  Redakteur  des  Chem.  Ceniral- 
blattes. 

Der  Privatdozent  an  der  Bergakademie  in  Leoben,  H.  Frhr. 
Jüptner  v.  Johnstorff,  wurde  zum  ordentlichen  Professor 
der  chemischen  Technologie  anorganischer  Stoffe  .in  der 
Technischen  Hochschule  in  Wien  ernannt. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Göttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  i8. 


15.  Juni  1902. 

Redaktionsschluu  fUr  No.  19  am  18.  Juni  1902. 


3.  Jahrgang. 


Originaimitteilungen : 

S.  Sano,  Über  Maguetostriktiou  von 
Krystallen  ohne  Hysteresis.    S.  401. 

J.  Stark,  lonenenergie  gasförmiger 
Elemente,  metallischer  Zustand,  Vor- 
zeichen der  elektrolytischen  Disso- 
ziation.    S.  403. 

E.  Riecke,  Zeemaneifekt  und  Elek- 
tronenladuDg.     S.  407. 

R.  Börnsteiu,  Bemerkung  über  die 
Messung  der  luftelektrischen  Zer- 
streuung bei  Ballonfahrten.    S.  40S. 

Vorträge  und  Reden. 

A.  Righi,  Über  die  Frage  des  durch 


INHALT. 

die  elektrische  Konvektion  erzeugten 
Magnetfeldes  und  Über  andere  ähn- 
liche Fragen.    I.     S.  409. 

Referate: 

Bericht  über  die  IX.  Hauptversammlung 
der  Deutschen  ElektrochemischenGe- 
sellschaft  in  Wtlrzburg.     S.  414 

M,  Rudolphi,  Die  Molekularrefrak- 
tion  fester  Körper  in  Lösungen  mit 
verschiedenen  Lösungsmitteln.  S.  42 1. 

Besprechungen: 

W.  v.  Bezold,  Theoretische  Betrach- 
tungen über  die  Ergebnisse  der 
wissenschaftlichen    Luftfahrten    des 


deutschen  Vereins  zur  Förderung 
der  Luftschiffahrt  in  Berlin.    S.  422. 

G.  Keppeler,  Chemischer  Führer 
durch  die  Industrie-  und  Gewcrbe- 
ausstellung.  Düsseldorf  1 902.  S.423. 

M.  V.  Pettenkofer,  Über  Ölfarbe 
und  Konservierung  der  Gemälde- 
Galerien  durch  das  Rcgencrations- 
Verfahren.     2.  Auflage      S.  424. 

H.  B.  de  Saussure,  Versuch  Über 
die  Hygrometrie.    2.  Heft.     S.  424. 

Eingegangene  Schriften.    S.  424. 

Personallen.    S.  424. 
Berichtigungen.    S.  424. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Über  Magnetostriktion  von  Krystallen  ohne 

Hysteresis. 

Von  S.  Sano. 

Theoretische  Diskussionen  der  Elektro-  und 
Magnetostriktion  allotroper  Körper  sind  von 
Hertz'),  Heaviside'^)  und  Pockels^)  ange- 
stellt worden.  Doch  diese  Diskussionen  be- 
schränkten sich  auf  den  wichtigsten  Fall,  dass 
nämlich  die  magnetische  Polarisation  eine  lineare 
Funktion  der  magnetischen  Kraft  ist.  Das  Pro- 
blem lässt  sich  leicht  auf  den  Fall  ausdehnen, 
wo  die  Beziehungen  zwischen  den  beiden  Vek- 
torarten verwickelter  sind,  vorausgesetzt,  dass 
in  dem  betrachteten  Mittel  keine  magnetische 
Hysteresis  vorhanden  ist. 

Der  Hauptgegenstand  dieser  Arbeit  ist  die 
Aufstellung  der  Ausdrücke  für  die  vom  magne- 
tischen Felde  herrührende  mechanische  Kraft  pro 
Volumeinheit  eines  derartigen  Mediums. 

Ich  beschränke  mich  auf  die  Untersuchung 
isothermer  Veränderungen  und  unendlich  kleiner 
Zugkräfte.  Ebenso  will  ich  annehmen,  dass 
im  System  keine  elektrischen  Ströme  vorhan- 
den sind.  * 

Betrachten  wir  ein  System,  bestehend  aus 
einem  permanenten  Magneten,  dem  magnetischen 
Krystall  und  aus  Lufl,  die  diesen  vollständig 
umgiebt.  Wir  können  in  geeigneter  Weise  an- 
nehmen, dass  der  Krystall  durch  kontinuier- 
liche Veränderung  seiner  Eigenschaften  durch 
eine  dünne  Übergangsschicht  an  der  Grenze  des 
festen  Körpers  hindurch  in  Lufl  übergeht,  und 
zwar  können  wir  diese  Übergangsschicht  als 
zum  festen  Körper  gehörig  ansehen. 

1)  Hertz,  Wied.  Ann.  41,  369,  §  6,  1890.  —  Ausbreitung 
der  elektrischen  Kraft,  S.  275,   1892. 

2)  Heaviside,  Proc.  Roy.  Soc,  L,  1891.  —  Phil.  Trans., 
A,  1892.  —  Collected  Papers,  2,  521,  189a. 

3)  Pockels,  Arch.  d.  Math.  u.  Phys.,  (2),  12,  57,   1894. 


Es  sei  W  die  gesamte  Arbeit,  die  von 
äusseren  Kräften  zur  Magnetisierung  des  be- 
trachteten Systems  ausgeführt  wird,  und  es 
mögen  x»«»  X/,  X  die  Werte  des  Integrals 


/ 


(ada  +  ßdö  +  yäc) 


bezw.  für  den  permanenten  Magneten,  die  Lufl 
und  den  Krystall  bedeuten.  Hier  sind  a,  ß,  y 
und  a,  b^  c  bezw.  die  Komponenten  der  magne- 
tischen Kraft  und  der  magnetischen  Induktion; 
die  untere  Grenze  des  Integrals  ist  so  gewählt, 
dass  es  gleichzeitig  mit  a,  /9,  7  verschwindet. 

Der  feste  Körper  erfahre  eine  virtuelle,  un- 
endlich kleine  Verrückung  rf//,  öv^  öw^  die  stetig 
von  Punkt  zu  Punkt  variiert,  während  der  per- 
manente Magnet  und  die  Luft  in  Ruhe  ver- 
bleiben. 

Dann  ist  die  Variation  von  W  während  der 
virtuellen  Verrückung 

WO  dx,nt  dxi^  dx  bezw.  die  Volumelemente  von 
Magnet,  Luft  und  Krystall  sind. 
Wenn  wir 


4jr 


'bda    .   lob   ,    I6c\ 


mit  dem  magnetischen  Potential  multiplizieren, 
das  Resultat  über  den  ganzen  Raum  integrieren 
und  das  schliessliche  Ergebnis  vom  obigen 
Ausdruck  für  d  W  abziehen,  erhalten  wir 

(JJF=    ^    {{6x  —  {a6a^ßöb^y6c)\dx. 

Nun  kann  man  die  Variation  6  als  aus  vier 
Teilen  bestehend  betrachten:  erstens,  die  Varia- 
tion, die  von  der  blossen  Parallelverschiebung 
des  Elementarteilchens  im  Punkte  (;r,  j,  z)  her- 


402 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


rührt;  zweitens,  die  ausschliesslich  von  der 
Rotation  des  Elementarteilchens  herrührende; 
drittens,  die  Variation,  die  auf  Rechnung  der 
von  der  virtuellen  Verrückung  hervorgebrachten 
Torsionsänderung  kommt;  und  schliesslich  die 
von  der  Veränderung  von  «,  j?,  7  herrührende 
Variation.  Diese  vier  Teile  mögen  bezw.  mit 
^i#  ^2>  ^3>  ^4  bezeichnet  werden. 

Dann  kann  man  obige  Gleichung  schreiben: 

(,)   6w -^f{^iy>  +  ^,V^  +  6,tl^)äT, 

V>  =f{ada  -\-  bdß  +  c  dy), 

wobei  die  untere  Grenze  wieder  so  zu  wählen 
ist,  dass  das  Integral  mit  a,  ß,  y  gleichzeitig 
verschwindet. 

Unter   vorliegender   Annahme    können   wir 
schreiben 


■)  +  V'6( 


+ 


wo  %,  i/'i , ,  %  von  den  Zugkomponenten 

unabhängige  Funktionen  von  «,  ß,  y  bedeuten. 
Setzen  wir 

^^=   ha  '  ^"~"öj'  ''^~iy' 

Da  das  Teilchen  im  Punkte  {x —  <5  //,  j/ —  öv, 
z  —  ^w)  nach  der  virtuellen  Verrückung  den  Punkt 
{x,y,  z)  einnimmt,  ist 


wo 


öi/> 


die  Diflferentialkoeffizienten  von  tp  sind,  wenn 
magnetische  Kraft-  und  Zugkomponenten  wäh- 
rend der  Differenziation  konstant  erhalten  werden. 
Angenähert  ist  jedoch 


ö  ipo       (Itf) 


ix 


-(t:-i+ 


«0 


ha 
ix 


hß 


ör 


+  ^  r:;;  +  <^o  V- • 


hx 


ixj»+Vx^'^''^+:f/^o''^+ 


ix 

öjfo«) 
is 


woraus  wir  erhalten 

ö  (ao  a  —  V'o)        ö 


(2)  +  [^^-  U  ^)  +  j^^  {6,  ß-  fo)  +  j^„  {Co  ß)Uv 


Es  mögen  «^2^»  ^2j^>  ^^-s^  ^ie  Komponenten 
der  Variation  ^2  bedeuten,  die  den  drei  Rota- 
tionskomponenten   Ox^    ßy^    Sz    entsprechen, 


welche  das  Elementarteilchen  infolge  der  vir- 
-•tuellen  Verrückung  erfährt.  Da  laut  der  ge- 
machten Annahme  während  der  virtuellen  Ver- 
rückung das  Magnetfeld  als  unveränderlich 
anzusehen  ist  mit  Bezug  auf  den  absoluten 
Raum,  wenn  wir  die  Variation  ^2  betrachten, 
so  erfährt  das  Elementarteilchen  durch  die 
Rotationskomponente  Ox  um  die  Jf- Achse 
dieselbe  Einwirkung  von  der  magnetischen  Kraft 
wie  in  dem  Falle,  wo  das  Elementarteilchen 
keine  Rotation  ausfuhrt,  sondern  die  x-  und 
£r  -  Komponente  der  magnetischen  Kraft  sich 
bezw.  in  ß+yBx  und  y  —  ßß x  verwandeln, 
während  die  ;r-Komponente  desselben  Vektors 
unverändert  bleibt.  Folglich  ist,  da  ^  eine 
Skalarfunktion  ist,  annähernd 


Also 


^..-V.(«.r-..^)(f-t-)  + 


\  ix  öj  /' 

Ebenso 


(3) 


iöw 


ix    '   -^   iy  +'PȊJ   +'P. 


(iöw       iöv\         .    /öd;/    ,    iötiA 

Vr,  +  i. )  +  '^^  U  +  -ix)  +  '^' 


iöt 


V        i6u\ 
ix   "^    iy) 


(4) 


Infolge  von  (2),  (3)  und  (4)  erhält  man  aus 
(i)  durch  partielle  Integration 

i\V= 


ir/ilsU'^»"-'^«-'^' 


+ 


'/2  («0  ß—ha)  —  Ve)  +^{ '/j  (.Co  «  +  <ior)  —  Vs]} 
*'  +  {  e^i('/2  K  /?  +  *o  «)  +  »Pe)  +  -|- 
{bo  ß-%-  fh )+  j"'-^ \i  {l>o 7  +  coß)  —  ftu)\ dv  + 

{ Vr  ( ' ''  ^'' " + '^o  y)  ~  '''*)  +  g-  -  (  Vi  (^0  y  +  ro  ^ 

da  an  der  Oberfläche  des  Krystalls 

«0  =  «,  bo=ß,  Co  =  7,  «fo  =  'hi  =  ...  =  «>'6  =  o. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  18. 


403 


Aber 


wo  A,  H^  Z  die  Komponenten  der  vom  Mag- 
netfelde herrührenden  mechanischen  Kraft  pro 
Volumeinheit  sind.  Folglich  erhalten  wir  durch 
Vergleich  der  beiden  letzten  Ausdrücke  für  6 IV 

(oo  /?  +  ^0  «)  —  %]  +  "3  -  ( '/i (<^o  «+«o7) 


(5) 


4JC  { 


Wenn  A^, ßa die  Zugkom- 
ponenten im  Äther  bedeuten,  dann  ist 

ix  öj/  hc  * 

was  in  Verbindung  mit  (5)  giebt 

4JC 

Bz  =  Cy  =  j^{-bor  —  c^ß+2%), 

Offenbar  ergeben  sich  die  Ausdrücke  für 
die  Komponenten  der  Oberflächenzüge  pro 
Flächeneinheit,  die  vom  Magnetfelde  herrühren 
und  an  der  Grenzfläche  zweier  verschiedener 
Medien  wirksam  sind,  leicht  aus  (5)  und  (6). 

Da  die  magnetische  Kraft  ein  Axialvektor 
ist,  lassen  sich  die  Krystalle  je  nach  den  ver- 
schiedenen Formen  von  ti;  in  elf  verschiedene 
Gruppen  einteilen.  Im  Falle  eines  isotropen 
Mediums  ist 

o 
H 

t/;^  =  _  4  :t^k'  HdH—  2  n  k"  a}, 

tl'4  =  —  2  Jr  ^*  /S  7, 

wo  k  die  Susceptibilität,  k'  und  k''  die  Span- 
nungskoeffizienten und  H  die  Intensität  der 
magnetischen  Kraft  bedeuten.  Dieses  Resultat 
erhält  man  leicht  vermittelst  der  Erwägung, 
dass  die  Richtung  der  magnetischen  Kraft  eine 
unendlich  vielzählige  Symmetrieachse  ist. 
Phys.  Institut  zu  Tokyo,  März  1902. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen  30.  April  1902.) 


lonenenergie  gasförmiger  Elemente, 
metallischer  Zustand,  Vorzeichen  der  elektro- 
lytischen Dissoziation. 

Von  J.  Stark. 

1.  Prinzipien  der  Theorie  der  Ionisie- 
rung durch lonenstoss.  —  In  mehreren  in  den 
Annalen  der  Physik  veröffentlichten  Abhand- 
lungen ^)  wurde  die  Theorie  der  Ionisierung  von 
Gasen  durch  lonenstoss  entwickelt.  Unterdessen 
sind  von  verschiedenen  Seiten  2)  Versuche  ver- 
öffentlicht worden,  welche  einerseits  zum  Teil 
im  Einklang  stehen  mit  den  entwickelten  theo- 
retischen Anschauungen,  andererseits  zum  Teil 
durch  die  Theorie  erst  in  das  rechte  Licht  ge- 
rückt werden.  Jene  Versuche  und  die  auf  ihnen 
ftissenden  theoretischen  Entwicklungen  dürfen 
für  die  experimentelle  und  theoretische  Forschung 
eine  weittragende  Bedeutung  beanspruchen. 

Die  Grundgedanken  der  Theorie  der  Ioni- 
sierung durch  lonenstoss  sind  folgende.  Ein 
bewegtes  Ion  vermag  mit  seiner  kinetischen 
Energie  durch  seinen  Stoss  ein  neutrales  Gas- 
teilchen in  ein  freies  positives  und  negatives 
Ion  zu  zerlegen.  Nach  der  Ionisierung  besitzen 
die  zwei  Ionen  in  Bezug  aufeinander  infolge 
der  Änderung  ihrer  Lage  eine  potentielle  Energie 
von  ganz  bestimmtem  Betrage,  die  lonenenergie. 
Die  Arbeit,  welche  bei  der  Ionisierung  aufge- 
wendet wird,  heisst  lonisierungsarbeit  und  wird 
geleistet  von  der  kinetischen  Energie  des  stos- 
senden  Ions;  sie  muss  grösser  oder  mindestens 
gleich  sein  der  lonenenergie.  Die  zur  Ionisie- 
rung notwendige  kinetische  Energie  gewinnt 
ein  Ion,  indem  es  eine  Spannungsdifferenz 
AV/iva  elektrischen  Felde  frei  ohne  Zusammen- 
stoss  durchläuft.  Das  Minimum  dieser  Span- 
nungsdifferenz A  Vnt ,  das  zur  Leistung  der  lonisie- 
rungsarbeit gerade  ausreicht,  heisst  lonisierungs- 
spannung.  Die  Ionisierung  kann  sich  vollziehen 
im  Gasinnern  oder  in  der  Grenzschicht  des  Gases 
gegen  ein  Metall,  noch  innerhalb  der  Wirkungs- 
sphäre der  Metallteilchen;  in  diesem  Fall  ist 
die  lonisierungsspannung  und  somit  auch  die 
lonenenergie  kleiner  als  in  jenem  Fall.  Die 
lonisierungsspannung  des  negativen  Elektronions 
ist  dank  seiner  geringen  Masse  beträchtlich  kleiner 
als  diejenige  des  positiven  Ions. 

2.  Bedeutung  der  Ionisierung  durch 
lonenstoss  für  die  Erforschung  der  elek- 
trischen Selbstentladung  und  der  selb- 
ständigen Strömung.  —  Die  Gase  nehmen 
als  Leiter   des  elektrischen  Stromes  gegenüber 


i)  Ann.  d.  Physik,  4,  402,  1901;  7,  417,  919,  1902; 
8,  Juliheft  1902. 

2)  J.  S.  Townsend,  Phil.  Mag.  (6)  1,  198,  1901;  J.  S. 
Townsend  u.  P.  J.  Kirkby,  Phil.  Mag.  (6)  1,  630,  1901  ; 
J.  A.  Mc.  Clelland,  Proc.  Cambridge  Soc.  11,  296,  1901  ; 
P.  J.  Kirkby,  Phil.  Mag.  (6)  3,  212,  1902;  Ph.  Lenard, 
Ann.  d.  Physik,  8,  188,  1902. 


1/ 


404 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  18. 


den  gewöhnlichen  metallischen  und  elektroly- 
tischen  Leitern  eine  Ausnahmestellung  ein.  Das 
Verständnis  der  elektrischen  Strömung  in  Gasen 
hat  auszugehen  von  der  Erkenntnis  jenes  Unter- 
schiedes. 

Die  gewöhnlichen  metallischen  und  elektro- 
lytischen Leiter  besitzen  von  vornherein  ohne 
künstliche  Energiezufuhr  von  aussen  Ionisation 
(freie  Ionen  in  der  Volumeneinheit);  bei  Gasen 
ist  die  Selbstionisation  bei  Ausschluss  künst- 
licher Energiezufuhr  von  aussen  gering,  sie  ver- 
halten sich  darum  unter  gewöhnlichen  Umständen 
wie  Isolatoren.  Die  Überführung  eines  Gases 
aus  dem  nichtionisierten  in  den  ionisierten  Zu- 
stand bedeutet  eine  Zustandsänderung,  speziell 
eine  Lageänderung  positiver  und  negativer  Ele- 
mentarquanten; wie  jede  mit  einer  Vermehrung 
der  potentiellen  Energie  verknüpfte  Zustands- 
änderung verzehrt  die  Ionisierung  von  Gasen 
Energie. 

Die  zur  Ionisierung  notwendige  Energie  kann 
einem  Gase  erstens  sekundär  von  aussen  zuge- 
führt werden.  Als  sekundäre  Ionisatoren  von 
Gasen  sind  bis  jetzt  bekannt  hohe  Temperatur, 
Röntgen-,  Becquerel-,  ultraviolette  Strahlen.  Ein 
sekundär  ionisiertes  Gas  verhält  sich  hinsicht- 
lich der  Stromleitung  wie  ein  gewöhnlicher 
Leiter  mit  Selbstionisation ;  bei  Ausschluss  innerer 
elektromotorischer  Gegenkräfte  ist  bei  beliebig 
kleiner  Elektrodenspannung  eine  elektrische  Strö- 
mung durch  dasselbe  möglich. 

Die  zur  Ionisierung  notv/endige  Energie  kann 
einem  Gase  zweitens  von  einem  in  ihm  liegenden 
elektrischen  Spannungsfelde  zugeführt  werden; 
dies  geschieht  dadurch,  dass  sekundär  vorhandene 
Ionen  eine  Spannungsdifferenz  frei  durchlaufen, 
dabei  elektrische  Energie  an  sich  in  kinetischer 
Form  ansammeln  und  dann  ein  neutrales  Teil- 
chen in  freie  Ionen  durch  ihren  Stoss  zerlegen. 
Solange  auf  der  freien  Weglänge  der  wenigen 
sekundär  vorhandenen  Ionen  nicht  die  lonisie- 
rungsspannung  der  betreffenden  Ionen  liegt,  so- 
lange ist  in  der  betreffenden  Gaspartie  keine 
Ionisierung  durch  lonenstoss  möglich,  solange 
verhält  sich  das  Gas  wie  ein  Isolator,  indem  es 
keine  beträchtliche  Stromleitung  ermöglicht. 
Der  Übergang  aus  dem  nichtionisierten  in  den 
ionisierten  Zustand  infolge  der  Wirkung  des 
lonenstosses  ist  die  elektrische  Selbstentladung. 
Eine  Srömung,  welche  unabhängig  von  einem 
sekundären  Ionisator  vermöge  der  elektrischen 
Energie  ihres  eigenen  Feldes  durch  den  Stoss  ihrer 
Ionen  selbst  ihre  Ionisation  sich  schafft  und  auf- 
recht erhält,  heisst  selbständig.  Sie  ist  von  der 
unselbständigen  Strömung  in  den  sekundär  ioni- 
sierten Gasen  und  in  den  gewöhnlichen  metal- 
lischen und  elektrolytischen  Leitern  prinzipiell 
verschieden ;  sie  ist  nämlich  nur  oberhalb  eines 
gewissen  Minimums  der  Elektrodenspannung 
(Minimalspannung)  möglich. 


Man  versteht,  dass  die  Analyse  der  elek- 
trischen Selbstentladung  (Ann.  d.  Physik  7,  919, 
1902),  der  selbständigen  Strömung  (Ann.  d. 
Physik  7,  417,  1902),  der  gemischt  unselbstän- 
digen Strömung  (Ann.  d.  Physik,  Juliheft  1902) 
und  des  Einflusses  der  Temperatur  auf  die 
lonisirung  (Ann.  d.  Phys,,  Juliheft  1902)  nur 
auf  Grund  der  lonenstosstheorie  möglich  sein 
wird.  Die  experimentelle  Erforschung  der  in 
Betracht  kommenden  Erscheinungen  gewinnt 
durch  diese  Theorie  weitreichende  Gesichts- 
punkte und  dankenswerte  Aufgaben. 

3.  Bedeutung  der  Ionisierung  durch 
lonenstoss  für  das  elektrische  Leuchten 
der  Gase.  —  Gegenwärtig  vertritt  ein  Teil  der 
Physiker  weit  auseinandergehende  Ansichten 
über  das  Wesen  des  elektrischen  Leuchtens 
der  Gase,  der  andere  Teil  hält  eine  Erklärung 
desselben  für  verfrüht. 

Hat  man  einerseits  erkannt,  welche  Energie- 
mengen die  Ionen  in  Gasen  an  sich  ansammeln, 
welch  riesige  Geschwindigkeit  die  negativen 
Elektronionen  gewinnen  können,  hat  man  sich 
andererseits  mit  der  Vorstellung  vertraut  ge- 
macht, dass  durch  den  Stoss  eines  mit  unge- 
ahnter Geschwindigkeit  heranschiessenden  Ions 
ein  neutrales  Atom  so  mächtig  in  seinem  Ge- 
füge erschüttert  wird  bis  zur  Lostrennung  eines 
negativen  Elektrons,  so  kann  man  sich  der 
Frage  nicht  mehr  erwehren,  ob  nicht  bei  der 
Ionisierung  durch  lonenstoss  an  dem  zurück- 
bleibenden Atomion  durch  die  sehr  schnell 
verlaufende  Änderung  der  elektromagnetischen 
Felder  seiner  Elektronen  elektromagnetische 
Ausstrahlung  verursacht  wird. 

An  anderer  Stelle  soll  der  Zusammenhang 
zwischen  der  Ionisierung  durch  lonenstoss  und 
dem  elektrischen  Leuchten  der  Gase  dargelegt 
werden.  Hier  genüge  der  Hinweis  auf  folgende 
zwei  Thatsachen.  In  einem  elektrisch  durch- 
strömten Gase  tritt  an  einer  Stelle  das  elek- 
trische Leuchten  erst  dann  in  merklicher  Stärke 
auf,  wenn  dort  die  Ionisierung  durch  lonenstoss 
beginnt.  Ist  ein  Gemisch  von  zwei  Gasen  vom 
Glimmstrom  durchflössen,  so  ist  bei  höherem 
Druck  nur  das  Spektrum  desjenigen  Gases  wahr- 
zunehmen, für  welches  die  lonisierungsspannung 
des  negativen  Elektronions  kleiner  ist,  wel- 
ches also  leichter  ionisiert  wird. 

4.  Mittlere  freie  Weglänge  der  Ionen 
und  lonisierungsspannung  als  neues  Cha- 
rakteristikum für  Gase,  Kathodenfall  als 
neues  Charakteristikum  für  Metalle.  — 
Wir  müssen  jedes  neue  Charakteristikum  der  Ma- 
terie willkommen  heissen;  einerseits  bedeutet 
es  an  sich  eine  Bereicherung  der  Erkenntnis 
der  physikalischen  Erscheinungswelt,  anderer- 
seits wirft  es^  unter  Umständen  auf  andere 
schon  bekannte  Eigenschaften  oder  Beziehun- 
gen ein  aufklärendes  Licht.     Als    neue  Eigen- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


405 


Schaft  der  Gase  haben  wir  die  mittlere  freie 
Weglänge  der  Ionen  in  ihnen  zu  betrachten, 
sowohl  diejenige  des  positiven,  wie  diejenige 
des  negativen  Ions;  beide  sind  voneinander 
und  von  derjenigen  des  Moleküls  verschieden. 
Untersucht  muss  werden  die  Abhängigkeit  der 
mittleren  freien  Weglänge  von  dem  Gasdruck, 
der  Geschwindigkeit  und  der  Temperatur. 

Ein  ungleich  wichtigeres  Charakteristikum 
stellen  die  lonisierungsspannungen  für  ein  Gas 
dar.  Es  existieren  deren  für  ein  jedes  Gas  im 
ganzen  vier;  die  lonisierungsspanhung  des  posi- 
tiven und  des  negativen  Ions  je  im  Gasinnern 
und  in  der  Grenzschicht  gegen  ein  Metall. 
Aus  den  bis  jetzt  vorliegenden  in  dieser  Hin- 
sicht recht  kümmerlichen  Messungen  seien  fiir 
die  lonisierungsspannung  des  negativen  Elek- 
tronions im  Gasinnern  folgende  ungefähre  Werte 
entnommen:  Wasserstoff  33,  Stickstofif45,  Sauer- 
stoff 50  Volt;  noch  kleiner  als  in  Wasserstoff 
ist  die  lonisierungsspannung  in  Quecksilber- 
dampf und  wahrscheinlich  im  Dampf  sämtlicher 
anderer  Metalle. 

Die  lonisierungsspannung  des  positiven 
Ions  für  ein  Gas  gegen  ein  Metall  ist  gleich 
dem  normalen  Kathodenfafl.  In  ihr  zeigt  sich 
ein  eigentümlicher  Einfluss  der  Metallteilchen 
auf  die  Ionisierung  eines  Gases  in  ihrer  Wir- 
kungssphäre. Der  normale  Kathodenfall  er- 
scheint darum  sowohl  für  ein  Gas  wie  für  ein 
Metall  als  ein  ganz  eigenartiges  Charakte- 
ristikum. 

5.  lonenenergie  der  Elemente  im  gas- 
förmigen Zustand.  —  Die  Untersuchung  der 
Kathodenstrahlen  in  verschiedenen  Gasen  hat 
ergeben,  dass  die  negativen  Elektronionen  in 
den  verschiedenen  Fällen  gleichartig  sind.  Die 
Untersuchung  der  aus  einem  Metall ')  durch 
ultraviolette  Bestrahlung  frei  gemachten  nega- 
tiven Elektronionen  hat  für  diese  Übereinstim- 
mung mit  denjenigen  in  Gasen  ergeben.  Dadurch 
erscheint  die  Hypothese  motiviert,  dass  alle 
chemischen  Elemente  wenigstens  ein  negatives 
Elektron  in  ihrem  Gefüge  besitzen,  das  in  ihnen 
allen  die  gleiche  Masse  und  elektrische  Ladung 
besitzt. 

Ein  Charakteristisches  Unterscheidungsmerk- 
mal stellt  für  die  verschiedenen  chemischen 
Elemente  das  Atomgewicht  und  das  Spektrum 
dar.  Für  die  Erforschung  und  das  Verständnis 
der  physikalischen  und  chemischen  Eigen- 
schaften der  Elemente  wird  die  Einführung 
und  das  Studium  eines  dritten  charakteristi- 
schen Merkmals  von  einer  weittragenden  Be- 
deutung sein.  Dies  ist  die  lonenenergie,  d.  h. 
die    Differenz    potentieller    Energie    des    allen 

I)  Vergl.  E.  R i ecke,  Elektronentheorie  der  Metalle.  Wied. 
Ann.  ee,  357,   1899. 


Elementen  gemeinsamen  negativen  Elektrons 
im  freien  und  im  gebundenen  Zustande. 

Die  lonenenergie  des  negativen  Elektrons 
in  Bezug  auf  ein  positives  Atomion  ist,  wie  an 
anderer  Stelle  bereits  dargelegt  wurde,  ab- 
hängig von  der  Art  des  Mediums,  in  dem  sich 
das  Elektron  zusammen  mit  seinem  Atomion 
befindet.  Den  grössten  Wert  besitzt  sie  im 
reinen  Äther  (Dielektrizitätskonstante  Eins). 
Da  die  Dielektrizitätskonstante  schwach  ioni- 
sierter Gase  nur  wenig  von  Eins  verschieden 
ist,  so  ist  die  lonenenergie  der  Elemente  im 
gasförmigen  Zustande  nur  wenig  kleiner  als  die 
auf  den    reinen   Äther   bezogene   lonenenergie. 

Nun  besitzen  wir  zwar  bis  jetzt  noch  kein 
Mittel,  die  lonenenergie  selbst  für  die  verschie- 
denen Elemente  im  gasförmigen  Zustand  zu 
bestimmen.  Indes  können  wir  doch  obere 
Grenzwerte  für  dieselbe  angeben.  Wie  schon 
oben  gesagt  wurde,  ist  die  lonisierungsarbeit 
grösser  oder  mindestens  gleich  der  lonenenergie; 
die  lonisierungsarbeit  ist  aber  gleich  der  loni- 
sierungsspannung. Da  die  lonisierungsspannung 
des  negativen  Elektronions  die  kleinste  bis  jetzt 
bekannte  lonisierungsarbeit  ist,  so  stellt  sie  eine 
obere  Grenze  der  lonenenergie  der  verschiede- 
nen Elemente  im  gasförmigen  Zustand  dar. 
Wir  dürfen  vermuten,  dass  die  lonenenergie 
unter  sonst  gleichen  Umständen  um  so  kleiner 
ist,  je  kleiner  die  lonisierungsspannung  des 
negativen  Elektronions  für  das  betreffende  Ele- 
ment ist. 

Für  die  lonenenergie  der  Elemente  im  gas- 
förmigen Zustand  kann  bis  jetzt  folgende  von 
kleinen  zu  grösseren  Werten  laufende  Reihe 
aufgestellt  werden:  Metalle  (Quecksilber),  Wasser- 
stoff, Stickstoff,  Sauerstoff. 

In  anderem  als  im  gasförmigen,  nämlich  im 
flüssigen  oder  festen  Zustand  ist  die  lonen- 
energie der  Elemente  kleiner;  beeinflusst  wird 
die  lonenenergie  eines  Elementes  auch  dadurch, 
dass  es  in  Mischung  (Lösung,  chemische  Ver- 
bindung) mit  anderen  Elementen  gebracht  wird. 
Indes  werden  sich  auch  in  diesen  Fällen  bei 
angenähert  gleichen  Umständen  die  Elemente 
hinsichtlich  ihrer  lonenenergie  in  nahezu  der- 
selben Reihe  ordnen  wie  im  gasförmigen  Zu- 
stande. 

6.  Selbstionisation  der  Elemente,  me- 
tallischer Zustand.  —  Die  Verschiedenheit  der 
lonenenergie  der  verschiedenen  chemischen  Ele- 
mente hat  wichtige  Folgen  in  deren  physikali- 
schem und  chemischem  Verhalten.  Wir  beschrän- 
ken uns  hier  darauf,  einige  Folgerungen  für  die 
Ionisierung  oder  die  elektrische  (elektrolytische) 
Dissoziierung  zu  ziehen.  Folgende  Sätze  können 
wir  vorderhand  als  Regeln,  wenn  auch  nicht 
als  ausnahmsfreie  Gesetze,  aufstellen. 

Für  verschiedene  Elemente  ist  unter  sonst 
gleichen  Umständen   die   lonisierungsarbeit  um 


4o6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


so  kleiner,  je  kleiner  ihre  lonenenergie  ist; 
oder  aus  einem  Atom  wird  um  so  leichter, 
bei  Aufwand  von  um  so  kleinerer  Energie  ein 
negatives  freies  Elektron  (Elektronion)  gewonnen, 
je  kleiner  seine  lonenenergie  ist. 

In  der  Volumeneinheit  eines  Elementes 
(Metalles,  elementaren  Gases)  ist  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  immer  ein  Teil  der  Atome 
elektrisch  dissoziiert  oder  ionisiert.  Diese  Selbst- 
ionisation hängt  einmal  von  dem  Aggregat- 
zustande ab,  sie  ist  im  flüssigen  und  festen 
Zustande  grösser  als  im  gasförmigen,  in  diesem 
ist  sie  nur  mit  besonderen  Methoden  nach- 
weisbar. Sodann  hängt  die  Selbstionisation 
von  der  lonenenergie  des  betreffenden  Ele- 
mentes ab;  unter  sonst  gleichen  Umständen 
ist  sie  um  so  grösser,  je  kleiner  die  lonen- 
energie in  dem  betreffenden  Falle  ist.  Die 
grosse  Selbstionisation  der  Metalle  im  festen 
oder  flüssigen  Zustand  erklärt  sich  daraus,  dass 
die  lonenenergie  der  Metalle  kleiner  ist  als 
diejenige  der  elementaren  Gase  (Stickstoff, 
Chlor,  Sauerstoff  u.  s.  w.)  und  der  übrigen 
Metalloide  wie  Schwefel,  Phosphor  und  Kohlen- 
stoff". Der  metallische  Zustand  ist  demgemäss 
charakterisiert  durch  die  Selbstionisation  und 
diese  wird  ihrerseits  bestimmt  durch  die  lonen- 
energie. 

7.  Vorzeichen  der  elektrolytischen  Dis- 
soziation. --  Die  Selbstionisation  eines  Ele- 
mentes (Metalles,  elementaren  Gases)  beruht  dar- 
auf, dass  eine  Anzahl  ursprünglich  neutraler  Teil- 
chen in  ein  freies  negatives  Elektron  und  ein 
positives  Restion  (Atomion)  zerfallen  ist.  Hier- 
bei kann  das  freie  negative  Elektron  entweder 
für  sich  allein,  unbeladen  mit  fremder  neu- 
traler Masse  (Elektronion)  oder  gebunden  an 
ein  oder  mehrere  neutrale  Atome  (Molion,  von 
moles  =  Masse)  auftreten. 

Die  lonenenergie  ist,  wie  schon  mehrmals 
betont  wurde,  abhängig  von  der  Art  des  Me- 
diums, in  dem  sich  das  betreffende  Element  be- 
findet. Bringt  man  beispielsweise  neutrale  Wasser- 
stoff-, Sauerstoff-,  Stickstoff-  oder  Metallatome 
für  sich  oder  als  Bestandteile  einer  chemischen 
Verbindung  in  Wasser  oder  eine  andere  Flüssig- 
keit, so  wird  ihre  lonenenergie  kleiner.  Dieser 
Erscheinungist  analog  die  Erniedrigung  derlonen- 
energie  und  lonisierungsarbeit  durch  ein  Metall 
in  einer  an  sie  grenzenden  Gasschicht  (kata- 
lytische  Wirkung  eines  Metalles  bei  der  Ioni- 
sierung   von    Gasen,    Ann.    d.    Physik  7,    419, 

433,   1902). 

Die  Ionisierung  (elektrolytische  Dissoziierung) 
von  chemischen  Verbindungen  (Säuren,  Me- 
tallsalzen) in  Lösungen  beruht  wie  die  Selbst- 
ionisierung der  Elemente  darauf,  dass  sich  von 
einem  elementaren  Bestandteil  (Atom)  der  Ver- 
bindung ein  negatives  Elektron  loslöst  und 
jenen    elementaren  Bestandteil    positiv  und  frei 


zurücklässt.  Das  positive  Ion  ist  darum  auch 
in  diesem  Falle  ein  Atom  oder  Atomgruppe 
(Atomion);  das  von  ihm  freiwerdende  negative 
Elektron  bleibt  indes  nunmehr  nicht  unbeladen 
mit  fremder  neutraler  Masse,  sondern  wird  zu- 
meist von  dem  anderen,  negative  Elektronen 
stärker  anziehenden,  metalloidalen  Bestandteil 
der  zerlegten  chemischen  Verbindung  festge- 
halten; das  negative  Ion  in  den  gewöhnlichen 
Elektrolyten  ist  darum  ein  Molion. 

Stellt  man  sich  auf  den  vorstehenden  Stand- 
punkt, so  kann  man  folgenden  Satz  aufstellen. 
In  einer  Lösung  verliert  derjenige  Bestandteil 
einer  chemischen  Verbindung  leichter  sein  ne- 
gatives Elektron  und  wird  positiv,  für  welchen 
die  lonenenergie  kleiner  ist.  Da  die  Metall- 
ionen in  Lösungen  in  der  Regel  positiv,  die 
ein  oder  mehrere  Metalloide  enthaltende  Radi- 
kalionen negativ  sind,  so  müssen  wir  schliessen, 
dass  für  jene  die  lonenenergie  kleiner  ist  als  für 
diese;  so  werden  bei  der  elektrolytischen  Disso- 
ziierung von  HCl,  HNO^f  HgCl^  die  Ionen 
H  und  Hg  positiv,  Cl  und  NO^  negativ.  Dies 
steht  in  Übereinstimmung  damit,  dass  im  gas- 
förmigen Zustand  die  lonenenergie  (lonisierungs- 
spannung)  der  Metalle  (//;  H^  kleiner  ist  als 
diejenige  der  Metalloide  (C7,  iV,  0\ 

8.  Schlussbemerkung.  —Der  Zweck  der 
vorliegenden  Mitteilung  ist  nicht  und  kann  nicht 
sein,  auf  so  beschränktem  Räume  eine  ausführ- 
liche, streng  geschlossene  Theorie  zu  geben; 
für  eine  solche  fehlt  zur  Zeit  noch  eine  hin- 
reichend breite  und  sichere  experimentelle 
Grundlage.  Der  wesentliche  Zweck  der  vor- 
liegenden Mitteilung  ist,  auf  die  Bedeutung  auf- 
merksam zu  machen,  welche  die  Ionisierung 
der  Gase  durch  lonenstoss  besitzt,  insbesondere 
als  Eingangsthor  in  ein  neues  Land,  in  die 
Energetik  des  chemischen  Atoms. 

Göttingen,  den  i.  Mai  1902. 

(Eingegangen  lo.  Mai   1902.) 

ZeemanefTekt  und  Elektronenladung,  f^^ 

Von  Eduard  Riecke.') 

Loren  tz  ersetzt  in  seiner  elementaren 
Theorie  des  normalen  Zeemaneffektes  die 
lineare  Schwingung  eines  Elektrons  durch  drei 
Komponenten,  eine  lineare  Komponente  /, 
parallel  mit  der  Richtung  der  Kraftlinien,  zwei 
cirkulare  Komponenten  Cr  und  ci  in  einer  zu 
den  Kraftlinien  senkrechten  Ebene.  Er  ersetzt 
dann  die  Wirkung  des  Magnetfeldes  auf  die  ur- 
sprüngliche, beliebig  orientierte  Schwingung 
durch  seine  Wirkung  auf  die  drei  Komponenten 
so,  als  ob  diese  von  drei  verschiedenen  Elek- 
trons ausgeführt  würden.  Wir  betrachten  zu- 
nächst die  rechts  cirkulare  Schwingung  Cr^ 

I)  Vorgetragen  in  der  phys.  GescUsch.  zu  Göttingen. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


407 


Solange  das  Feld  nicht  erregt  ist,  besteht 
Gleichgewicht  zwischen  der  nach  dem  Mittel- 
punkte des  Kreises  gerichteten  Anziehung  fr 
und  der  Centrifugalkraft  4^^«^^//;  hier  be- 
zeichnet r  den  Halbmesser  des  Kreises,  n  die 
Schwingungszahl,   [i   die  Masse  des  Elektrons. 

Wir  erhalten  die  Beziehung: 

4jr2;/2|ti=/ 

Wird  das  Feld  erregt,  und  haben  die  Kraft- 

inien    die  in    der  Figur  gezeichnete  Richtung, 


so  wirkt  nach  aussen  eine  elektromagnetische 
Kraft  von    der  Stärke  ^f§.      Hier   ist    g    die 

Bahngeschwindigkeit  des  Elektrons,  «  seine  Lad- 
ung, §  die  Stärke  des  Magnetfeldes,  v  die 
Lichtgeschwindigkeit.  Die  Bahn  des  Elektrons 
wird  durch  die  Wirkung  des  Magnetfeldes  er- 
weitert; bezeichnen  wir  den  neuen  Bahnhalb- 
messer mit  ri,  die  neue  Schwingungszahl  mit 
/fi,  so  ist 

g  =  2  ^  «  r  =  2 :7r ;/,  rj . 

Die  Gleichgewichtsbedingung  fiir  die  er- 
weiterte Kreisbahn  ist: 

Setzen  wir  hier  für  /den  zuvor  angegebenen 
Wert,  so  ergiebt  sich  die  Gleichung: 

Wenden  wir  dieselbe  Betrachtung  an  auf 
ein  links  rotierendes  Elektron,  so  ergiebt  sich 
fiir  seine  Schwingungszahl  im  Magnetfelde: 

Die  Addition  der  Gleichungen  giebt  die  be- 
kannte Formel  für  die  Schwingungsdifferenz 
der  äusseren  Linien  eines  Triplets: 

I     e 


;/2  —  //, 


«>• 


2Jt  Vfl 

Zeeman  hat  diese  Formel  angewandt  auf 
das  Triplet  des  Kadmiums.  Hier  ist  in  einem  Felde 
von  32000  Einheiten  //2  —  ;/i  =  12,62  x  10'^; 
daraus  folgt: 

~  =  743  X  lo'^ 


Der  durch  die  Gleichung  für  «2  —  ^i  ge- 
gebene Zusammenhang  zwischen  dem  Zeeman- 
eflTekte  und  der  Elektronenladung  kann  aber 
noch  allgemeiner  gefasst  werden.  Nach  den 
Messungen  von  Runge  und  Paschen')  wird 
die  erste  Linie  der  zweiten  Nebenserie  des 
Quecksilbers  im  Magnetfelde  in  9  Linien  zerlegt; 
ordnet  man  diese  Linien  nach  ihren  Schwingungs- 
zahlen, so  haben  sie  alle  untereinander  den- 
selben Abstand  u,  und  zwar  ist  in  einem  Magnet- 
felde von  der  Stärke  24600  die  Schwingungsdiflfe- 
renz  zweier  benachbarter  Linien  «  =  i  ,62  x  10  '^ 
Will  man  diese  Differenz  vergleichen  mit  der 
Schwingungsdiflferenz  benachbarter  Linien  des 
Kadmiumtriplets,  so  muss  man  die  Differenzen 
auf  gleiche  Feldstärken  reduzieren.  Dieses  ge- 
schieht durch  Division  mit  der  Feldstärke.  Die 
so  erhaltenen  Zahlen  werden  wir  reduzierte 
Fundamentalabstände  nennen.  Bei  dem 
Triplet  des  Kadmiums  werde  der  reduzierte 
Fundamentalabstand  mit  z(;|  bezeichnet;  dann  ist: 

«2  —  ^i ^     ^ 

§  2jf  Vfi 

12,62  X  10*^ 
^^       32000 

Somit 

zi/j  =  19,69  X  lO^ 

Andererseits     ist     bei     Quecksilber 

Paschen  und  Runge: 

1,62  X  10^0 

-  =  6,58  X  10*, 


2  Z£/, 


nach 


«I 


und  daher 


24600 


2  w 


6u^, 


Daraus  folgt,  dass  je  zwei  Linien  des  Queck- 
silbers, deren  reduzierte  Schwingungszahlen  sich 
um   das  Sechsfache  des  Fundamentalabstandes 

iix  unterscheiden,  denselben  Wert  von       geben, 

wie  die  Kadmiumlinien.  Man  kann  eine  grosse 
Reihe  solcher  Linienpaare  finden,  da  der  Funda- 
mentalabstand u\  für  die  magnetische  Zerlegung 
aller  Linien  der  zweiten  Nebenserie  des  Queck- 
silbers massgebend  ist.   Der  so  gefundene  Wert 

-=  743  X  10*^  weicht  erheblich  ab  von  dem 
aus  der  Theori  e  der  Kathodenstrahlen  folgenden 

£ 

-  =  559  X  10**.      Man   wird    den    Grund    für 

diese  Abweichung  zunächst  darin  finden,  dass 
die  elementare  Theorie  des  Zeemaneffektes 
auf  die  komplizierten  Zerlegungen  der  Serien- 
linien des  Quecksilbers  überhaupt  nicht  an- 
wendbar ist.     Es  fallt  aber  auf,  dass  559  nahe- 

3 
zu  gleich      von  743  ist.     Die  Gleichungen: 


3 

9 

I 

6 

a/. 

«1 

« 

— 

2 

2 

2X 

Vgl 

i)  über  die  Strahlung  des  Quecksilbers  im  magnetischen 
Felde.     Abh.  d.  k.  Preuss.  Akad.  d.  Wiss.  1902. 


4o8 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.   18. 


müssen  also  nahezu  denselben  Wert  für       geben, 

wie      die      Messungen      an     Kathodenstrablen. 
Nun  ist 

9 


//i 


29,61  X  10*. 


Man  kann  hiernach  sagen,  dass  alle  Linien- 
paare,   deren  reduzierter  Abstand  29,61  x  10^ 

beträgt,  für  ~  den  Wert    der  Kathodenstrahlen 

geben  müssen. 

Im  Spektrum  des  Quecksilbers  treten  nun 
neben  den  Serien  noch  isolierte  Linien  auf,  die  im 
Magnetfelde  in  Triplets  zerlegt  werden.  Der 
Abstand  der  äusseren  Linien  dieser  Triplets  ist 
nach  Paschen  und  Runge  in  einem  Magnet- 
felde von  der  Stärke  24600  im  Mittel  gleich 
2,43x3x10'^;    der   reduzierte  Abstand    gleich 

2,43x3x10^^ 


24600 


29,63x10',     also    sehr   nahe 


gleich  Uj  Man  kann  hieraus  schliessen, 
dass  die  Triplets  der  isolierten  Queck- 
silberlinien   für   -     nahe    denselben   Wert 

geben  müssen  wie  die  Kathodenstrahlen. 
In  der  That  ergiebt  sich  aus  der  Gleichung: 

29,63x10*  =  - 


.7  =  558,5x10 


15 


also  beinahe  genau  derselbe  Wert  wie  bei  den 
Kathodenstrahlen. 

Es  liegt  nahe  zu  vermuten,  dass  alle  wahren 

£ 

Triplets  denselben  Wert  von       geben  werden, 

und  dass  die  bei  dem  Kadmiumtriplet  gefundene 
Abweichung  daher  rührt,  dass  dieses  kein  wirk- 
liches Triplet  ist.  Das  Kadmium  gehört  zu  der 
Gruppe  des  Quecksilbers;  die  blaue  Kadmium- 
linie ist  eine  Linie  der  zweiten  Nebenserie,  und 
zwar  die  zweite  Linie  des  ersten  Triplets.  Bei 
dem  Quecksilber  wird  aber  nach  den  Messungen 
von  Paschen  und  Runge  die  entsprechende 
Linie  im  Magnetfelde  in  6  Linien  zerlegt,  deren 
reduzierte  Abstände  durch  das  Schema  gegeben 
werden : 

—  4;/!  ,  —  3//1  ,  —  //|  ,  +  ;/i  ,  +  3''ii  r  4//1. 
Nach  Analogie  muss  man  schliessen,  dass 
auch  die  Kadmiumlinie  im  Magnetfelde  in  6  Linien 
zerlegt  wird.  Aus  der  Beziehung  2  7t'i  =6//i 
folgt  dann,  dass  die  äusseren  Linien  des  schein- 
baren Kadmiumtriplets  den  Linien  —  3  //,  und 
+  3«!   des  Quecksilbers  entsprechen.') 

l)  Die  vorstehenden  Betrachtungen  lassen  eine  gewisse 
Krweiterung  zu  auf  Grund  neuerer  Ergebnisse,  über  welche 
Herr  Runge  in  einer  Sitzung  der  physikalischen  Gesellschalt 


zu  Göttingen  berichtet  hat.  Herr  Runge  war  so  freundlich, 
uns  einen  Auszug  aus  seinem  Vortrage  zuzusenden,  der  in  der 
nächsten  Nummer  der  Zeitschrift  erscheinen  wird. 

(Eingegangen  31.  Mai  1902.; 


Bemerkung  über  die  Messung  der  luftelek- 
trischen Zerstreuung  bei  Ballonfahrten. 

Von  R.  Börnstein. 

Gelegentlich  der  Berliner  Tagung  der  inter- 
nationalen Kommission  für  wissenschaftliche 
Luftschiffahrt  kam  eine  Besprechung  und  Ver- 
einbarung zu  Stande,  laut  deren  man  bei  künf- 
tigen Fahrten  in  gleichmässiger  Weise  Zerstreu- 
ungsmessungen mit  dem  Apparat  der  Herren 
Elster  und  Geitel  anstellen  wollte,  wie  es 
durch  die  Herren  Ebert  und  Linke  ja  bereits 
mehrfach  und  erfolgreich  ausgeführt  wurde. 
Wenn,  wie  zu  hoffen,  es  sich  dabei  um  Hoch- 
fahrten handelt,  so  dürfte  die  gelegentliche 
Beobachtung,  über  die  ich  nachstehend  berichte, 
Anlass  zur  Vermeidung  störender  lichtelek- 
trischer Wirkung  geben. 

Ein  Zerstreuungsapparat  der  erwähnten  Art 
war  im  Zimmer  aufgestellt,  der  mit  schwarzem 
Papier  überzogene  Zerstreuungskörper  befand 
sich  an  seinem  Platz  und  in  leitender  Verbindung 
mit  den  Aluminiumblättchen,  ihn  umgab  der  aus 
geschwärztem  Messing  bestehende  und  zur  Erde 
abgeleitete  Schutzcylinder  ohne  seinen  DeckeL 
Durch  positive  Ladung  des  Zerstreuungskörpers 
wurden  die  Blättchen  in  starker  Divergenz  ge- 
halten. Als  nun  zufällig  die  Strahlen  einer 
elektrischen  Bogenlampe  schräg  von  oben  her 
auf  den  Apparat  fielen,  verschwand  die  Diver- 
genz der  Blättchen  sogleich.  Durch  nahe- 
liegende Versuche  konnte  festgestellt  werden, 
dass  es  die  Innenseite  des  Schutzcylinders  war, 
an  welcher  diese  Lichtwirkung  ihren  Sitz  hatte. 
Die  ultravioletten  Strahlen  des  durch  keine 
Glasschicht  beeinflussten  elektrischen  Lichtes 
verursachten  an  der  erwähnten  Stelle  das  Aus- 
strömen negativer  Elektrizität,  durch  welche  die 
positive  Ladung  des  benachbarten  Zerstreuungs- 
körpers alsbald  neutralisiert  wurde.  Auch  die 
Aussenseite  des  Schutzcylinders  konnte,  wenn 
sie  mit  der  Erde  verbunden  und  neben  dem 
positiv  geladenen  Zerstreuungskörper  bestrahlt 
wurde,  die  P^ntladung  herbeiführen. 

Nun  enthält  allerdings  das  Sonnenlicht  bei 
unserer  gewöhnlichen,  am  Boden  ausgeführten 
Beobachtungsweise  viel  weniger  ultraviolette 
Strahlen,  als  das  elektrische  Bogenlicht.  Und 
die  Herren  I£lster  und  Geitel  haben  auch  im 
Gebirge  bis  zu  3000  m  Meereshöhe  ausdrück- 
lich festi^estellt,  dass  die  Teile  ihres  Zerstreu- 
ungsapparates „nicht  lichtelektrisch"  sind,  d.  L 
durch  Sonnenlicht  nicht  zur  Abgabe  negativer 
Elektrizität  veranlasst  werden.    Aber  wir  wissen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


409 


nicht,  ob  die  freie  Atmosphäre  ebenso  auf  die 
Strahlen  wirkt,  wie  die  den  Bergen  benachbarte 
Luft;  und  wir  wissen  noch  weniger,  welchen 
Betrag  an  ultravioletter  Strahlung  dasjenige 
Sonnenlicht  enthält,  das  bei  Hochfahrten,  also 
in  6000  m  Höhe  und  darüber,  auf  die  Apparate 
einwirken  würde.  Und  darum  dürfte  es  sich 
fiir  Hochfahrten  empfehlen,  denjenigen  Apparat- 


teilen, welche  von  Sonnenstrahlen  getroffen 
werden  können,  eine  Oberfläche  zu  geben, 
welche  ganz  zweifellos  keine  merkliche  Reaktion 
auf  ultraviolettes  Licht  zeigt.  Ein  einfacher 
Weg,  der  zu  diesem  Ziele  fiihren  würde,  besteht 
in  der  Bekleidung  der  betreffenden  Flächen  mit 
einer  geeigneten  Papiersorte. 

(Eingegangen  2.  Juni  1902.) 


VORTRÄGE  UND  REDEN. 


Über  die  Frage  des  durch  die  elektrische 

Konvektion  erzeugten  Magnetfeldes  und  über 

andere  ähnliche  Fragen,  i) 

Von  A.  Righi. 

I.  Einleitung. 

Es  ist  bekannt,  dass  dieMax  well  sehe  Theorie 
die  Erzeugung  eines  Magnetfeldes  durch  bewegte 
elektrische  Ladungen  voraussehen  lässt,  und  dass 
diese  Annahme  durch  die  von  Rowland^)  im 
Jahre  1876  vorgenommenen  und  von  ihm  selbst 
und  Anderen  später  wiederholten  Versuche  voll- 
auf bestätigt  worden  ist. 

Es  wird  zweckmässig  sein,  wenn  wir  hier 
gleich  drei  andere  Erscheinungen  in  Betracht 
ziehen,  deren  Existenz  sich  gleichfalls  aus  der 
Theorie  ergiebt,  und  welche  mit  der  soeben  er- 
wähnten in  einem  gewissen  Zusammenhange 
stehen.  Ich  werde  deshalb  meine  Betrachtungen 
auf  die  folgenden  vier  Erscheinungen  erstrecken: 

I.  Eine  in  Bewegung  begriffene  elektrische 
Ladung  muss  ein  Magnetfeld  erzeugen. 

IL  Beim  Entstehen  oder  Verschwinden,  so- 
wie bei  einer  Veränderung  eines  Magnetfeldes 
muss  ein  elektrisches  Feld  entstehen. 

III.  Ein  in  Bewegung  begriffener  Magnetpol 
muss  ein  elektrisches  Feld  erzeugen. 

IV.  Ein  Magnetfeld  muss  jedesmal  entstehen, 
wenn  ein  elektrisches  Feld  entsteht,  verschwindet 
oder  Veränderungen  erleidet. 

Von  diesen  Erscheinungen  kann  die  zweite, 
wie  Lippmann  1889^)  gezeigt  hat,  als  Folge 
aus  der  ersten  und  dem  Prinzip  der  Erhaltung 
der  Energie  gelten. 

Die  dritte  und  vierte,  die  auf  die  gleiche 
Weise  miteinander  verknüpft  sind,  ergeben 
sich  aus  den  beiden  ersten  auf  Grund  der  Re- 
ziprozität zwischen  den  elektrischen  und  magne- 
tischen Kräften,  wie  sie  uns  in  den  Fundamen- 
talgleichungen   in    der    Gestalt,    die   sie    durch 


i)  Vortrag  auf  der  filnften  Jahresversammlung  der  ita- 
lienischen physikalischen  Gesellschaft  in  Bologna  am  25.  Sep- 
tember 1901. 


2)  Pogg.  Ann.  168,  487. 

3)  C.  R. 


89,  151, 


Hertz   erhalten   haben,    am    evidentesten    ent- 
gegentritt. 

Für  denjenigen,  dem  die  erste  Erscheinung 
als  durch  das  Experiment  erwiesen  gilt,  kann 
das  wirkliche  Bestehen  der  drei  übrigen  keinem 
vernünftigen  Zweifel  unterliegen.  Und  obgleich 
eine  durchaus  sichere  experimentelle  Bestätigung 
für  die  zweite  Erscheinung  noch  nicht  erreicht, 
und  fiir  die  letzten  beiden  die  experimenteUe 
Bestätigung  meines  Wissens  noch  nicht  einmal 
versucht  worden  ist,  so  muss  doch  der  Nach- 
weis der  ersten  der  obigen  Erscheinungen  not- 
wendigerweise auch  die  Überzeugung  von  der 
Existenz  der  drei  übrigen  mit  sich  bringen. 

Neuerdings  jedoch  haben  die  Versuche  des 
Herrn  Crömieu  den  Schatten  eines  Zweifels 
auf  das  thatsächliche  Bestehen  des  von  Row- 
land  konstatierten  Phänomens  geworfen;  auf 
Grund  seiner  Versuche  hat  sich  der  französische 
Physiker  sogar  zu  dem  Ausspruche  berechtigt 
geglaubt,  dass  die  elektrische  Konvektion  kein 
Magnetfeld  erzeuge. 

Wollten  wir  diese  mit  solcher  Entschieden- 
heit vorgetragene  Schlussfolgerung  ohne  weiteres 
acceptieren,  so  müssten  wir  eine  Theorie,  die 
doch,  zumal  in  den  letzten  Jahren,  so  viele  glän- 
zende Bestätigungen  erhalten  hat,  entweder  voll- 
ständig aufgeben,  oder  wir  müssten  uns  zum 
mindesten  zu  einer  einschneidenden  Abänderung 
derselben  verstehen.  Wir  sehen  somit,  dass 
die  Frage,  ob  durch  die  elektrische  Konvektion 
ein  magnetisches  Feld  erzeugt  wird  oder  nicht, 
gegenwärtig  eine  g^ndlegende  Bedeutung  er- 
langt, und  dass  keine  Erörterung  oder  That- 
sache,  die  auch  nur  im  mindesten  zu  ihrer 
Lösung  beitragen  kann,  vernachlässigt  werden 
darf. 

Diese  Betrachtung  mag  die  gegenwärtige 
Mitteilung  rechtfertigen,  die  vor  allem  eine  kri- 
tische Übersicht  über  die  von  den  verschieflenen 
Verfassern  angestellten  Versuche  und  die  aus 
denselben  gezogenen  Schlussfolgerungen  ent- 
halten soll. 

2.  Die  Versuche  von  Rowland,  Lecher  u.a. 

Bei  seinen  ersten  Versuchen  Hess  Rowland, 
nach  einer  von  Helmholtz  darüber  gemachten 


4IO 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


Mitteilung '),  auf  eine  der  beiden  Nadeln  eines 
überaus  empfindlichen  astatischen  Systems  eine 
mit  Elektrizität  geladene  und  in  rascher  Drehung 
um  ihre  Achse  begriffene  Scheibe  wirken.  Zu- 
meist bestand  diese  Scheibe  aus  vergoldetem 
Ebonit,  wobei  manchmal  die  Vergoldung  in 
einzelne  Sektoren  zerlegt  war,  um  die  Entstehung 
von  Strömen  in  der  Metallschicht  durch  Induk- 
tion seitens  des  magnetischen  Feldes  der  Erde 
abzuschwächen. 

Auch  eine  rotierende  Glasscheibe,  deren 
Ladung  durch  feste,  nach  Art  der  Kämme  einer 
Influenzmaschine  angeordnete  Kämme  erfolgte, 
kam  zur  Anwendung.  Die  rotierende  Scheibe 
befand  sich  stets  zwischen  zwei  festen  Scheiben 
aus  vergoldetem  Glas  (nur  wenn  die  rotierende 
Scheibe  aus  unbelegtem  Glas  bestand,  so  kam, 
um  für  die  Kämme  Platz  zu  lassen,  nur  eine 
feste  Scheibe  zur  Verwendung);  und  diese  festen 
Scheiben  waren,  um  die  Kapazität  der  rotieren- 
den Scheibe  und  damit  bei  gleichem  Potential 
die  elektrische  Ladung  an  ihrer  Oberfläche  zu 
steigern,  mit  der  Erde  verbunden.  Um  ferner 
zu  vermeiden,  dass  das  astatische  System  gleich 
einem  beliebigen  anderen  Leiter  durch  die  elek- 
trische Kraft  eine  Ablenkung  erleiden  könnte, 
war  dasselbe  von  einer  messingnen  Hülle  um- 
geben, die  zum  Erdboden  abgeleitet  war  und 
nur  eine  kleine  Öffnung  für  die  optische  Be- 
stimmung der  Ablenkungen  hatte.  Aus  beson- 
derer Vorsicht  wurde  auf  diese  Öffnung  noch 
ein  metallischer  Hohlkegel  aufgesetzt. 

Die  erhaltenen  Ablenkungen  waren  nicht 
merklich  verschieden  von  denjenigen,  welche 
sich  aus  den  Versuchsdaten  durch  Rechnung 
ergeben  hatten. 

Ähnliche  Versuche  wie  diejenigen  Row- 
lands  wurden  später  von  E.  Lecher^)  aus- 
geführt. Derselbe  Hess  eine  vertikale  Scheibe 
aus  Messing  oder  aus  Pappdeckel  mit  Graphit- 
überzug, die  durch  eine  Holtzsche  Maschine 
auf  ein  Potential  von  bis  zu  5000  Volt  geladen 
wurde,  mit  einer  bis  zu  200  Umdrehungen  pro 
Sekunde  betragenden  Geschwindigkeit  um  eine 
Achse  rotieren.  Er  hätte  auf  diese  Weise  an 
einem  nahe  zum  Mittelpunkte  der  Scheibe  auf- 
gestellten Magnetometer  viel  grössere  Ablen- 
kungen erhalten  müssen,  als  sie  Rowland  be- 
obachtet hatte;  thatsächlich  jedoch  vermochte 
er  überhaupt  keine  merkliche  Wirkung  zu  kon- 
statieren. Diese  Arbeit  von  Lecher  scheint 
kaum  bekannt  geworden  zu  sein;  wenigstens 
findet  man  sie  nur  sehr  selten  citiert. 

Später  unternahm  Röntgen  ähnliche  Ver- 
suche, um  die  magnetische  Kraft  einer  rotieren- 
den Scheibe  nachzuweisen,  die  jedoch  nicht  aus 
einem   Leiter   mit    direkt   zugeführter   Ladung, 


0  ^^SS'  Ann.  158,  487. 


2)  Rep.  d.  Phys.  20,  157,  1884;  Beibl.  8,  665,  1884. 


sondern  aus  einem  Isolator  bestand  und  sich- 
zwischen  zwei  entgegengesetzt  geladenen  Metall- 
scheiben, also  den  Armaturen  eines  Konden- 
sators, befand.  Eine  derartige  Scheibe  muss 
sich  so  verhalten,  wie  wenn  sie  auf  ihren  beiden 
Flächen  mit  entgegengesetzten  Ladungen  be- 
haftet wäre,  und  diese  müssen  also  bei  ihrer 
Bewegung  entgegengesetzte  Wirkungen  auf  das 
Magnetometer  hervorbringen.  Die  eine  Nadel 
dieses  letzteren  muss  sich  also  in  sehr  geringem 
Abstände  von  der  rotierenden  Scheibe  befinden. 
Der  Versuch  ergab  die  erwarteten  Ablenkungen. 
Eine  geeignete  Abänderung  des  Versuches  ge- 
stattete Röntgen  ferner  nachzuweisen,  dass  die 
in  dem  erwarteten  Sinne  beobachteten  Ablen- 
kungen nicht  etwa  einer  von  den  Armaturen 
aus  auf  die  rotierende  Scheibe  übertragenen 
wirklichen  Ladung  zuzuschreiben  waren. 

Nicht  unerwähnt  darf  bleiben,  dass  auch  bei 
den  Röntgenschen  Versuchen  ein  Schirm  aus 
leitendem  Material  den  Raum  in  zwei  Teile 
trennte,  in  deren  einem  sich  das  Magnetometer, 
in  deren  anderem  sich  der  rotierende  Körper 
befand. 

Die  Berechnungen,  die  Rowland  vorge- 
nommen hatte,  um  die  Grösse  der  Ablenkungen 
bei  seinen  Versuchen  festzustellen,  erfuhren  eine 
Kritik  von  seiten  F.  Himstedts  '),  der  es  unter- 
nahm, die  gleiche  Untersuchung  mit  Hilfsmitteln 
zu  wiederholen,  welche  sehr  beträchtliche  Ab- 
lenkungen gestatten  sollten.  Wegen  der  Fou- 
caultschenStröme,die  in  ihnen  auftreten  mussten, 
verzichtete  Himstedt  auf  die  Benutzung  ver- 
goldeter Scheiben ;  auch  der  Ebonit  wurde,  schon 
weil  sich  keiner  ausfindig  machen  liess,  der 
nicht  stark  magnetisch  war,  ausgeschlossen, 
und  es  kamen  statt  dessen  mattgeschliffene  Glas- 
scheiben mit  Graphitüberzug  zur  Verwendung. 
Statt  einer  einzigen  rotierenden  Scheibe  benutzte 
Himstedt  zwei  einander  nahe  und  parallele, 
deren  Achsen  der  gleichen  Geraden  angehörten. 
Der  mit  Graphit  bedeckte  und  elektrisierte  Teil 
bildete  auf  jeder  Scheibe  einen  nahe  zum  Rande 
befindlichen  Ring;  ferner  befand  sich  von  den 
beiden  Nadeln  des  astatischen  Reflexionsmagneto- 
meters die  eine  auf  der  Innenseite  der  Ringe, 
die  andere  dagegen  höher  und  ausserhalb,  so 
dass  sich  der  Hi ms tedtsche  Apparat  mit  einem 
Wiedemann sehen  Galvanometer  vergleichen 
lässt,  dessen  Spulen  durch  die  rotierenden  lei- 
tenden Ringe  dargestellt  werden.  Auch  bei 
dieser  Versuchsanordnung  war  das  Magneto- 
meter von  einer  luftdicht  schliessenden  und  nicht 
isolierten  metallischen  Hülle  umgeben  und  be- 
fand sich  also  in  einem  Teile  des  Raumes,  der 
durch  einen  leitenden  Schirm  von  demjenigen 
Teile  abgesondert  war,  in  welchem  die  elek- 
trische Konvektion    erfolgte.      Dazu   trugen  je- 

i)  Wied.  Ann.  38,  560,   1889. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


411 


doch  noch  andere,  nicht  isolierte  Leiter  bei,  näm- 
lich vier  mit  Stanniol  überzogene  und  zum  Boden 
abgeleitete  Glasscheiben,  die  sich  in  der  Nähe 
der  rotierenden  Scheiben  parallel  zu  denselben 
befanden,  und  von  welchen  die  beiden  mittleren 
die  beweglichen  Scheiben  von  dem  Magneto- 
meter trennten. 

Die  erhaltenen  Ablenkungen  waren,  den  An- 
nahmen entsprechend,  sehr  beträchtlich,  und 
zeigten  die  Eigentümlichkeiten,  welche  man  er- 
wartet hatte;  nur  waren  die  Ablenkungen  nicht 
immer  proportional  dem  Potential  der  rotieren- 
den Scheiben,  was  Himstedt  zur  Aufstellung 
der  Hypothese  veranlasste,  dass  bei  hohen  Po- 
tentialen nur  ein  Teil  der  Ladung  von  der  Be- 
wegung mitgetragen  werde,  während  der  Rest 
im  Räume  unbeweglich  bleibe.  Auf  alle  Fälle 
aber  hielt  er  durch  seine  Versuche  die  Hervor- 
bringung einer  magnetischen  Kraft  durch  die 
elektrische  Konvektion  für  erwiesen. 

Im  Jahre  1889  nahm  Rowland  gemeinsam 
mit  C.  T.  Hutchinson')  seine  Untersuchung 
mit  einem  vollkommeneren  Apparat  als  dem 
zuerst  benutzten  wieder  auf.  Zwei  vergoldete 
Scheiben  aus  Ebonit,  deren  Vergoldung  in  Sek- 
toren eingeteilt  war,  wurden  mit  ihren  Ebenen 
parallel  zum  magnetischen  Meridian  aufgestellt 
und  zur  Verhinderung  des  Elektrizitätsverlustes 
vom  Rande  der  Scheiben  mit  Schutzringen  um- 
geben. Ihre  Ladung  erhielten  sie  durch  eine 
Holtzsche  Maschine  und  das  Potential  wurde 
mit  einem  absoluten  Elektrometer  gemessen. 
Die  rotierenden  Scheiben  waren  von  dem  Ma- 
gnetometer mit  astatischen  Nadeln,  welches  sich 
zwischen  ihnen  befand  und  durch  ein  geschlos- 
senes Rohr  gegen  Luftströmungen  geschützt  war, 
durch  zwei  vergoldete  und  zum  Boden  abge- 
leitete Glasscheiben  getrennt,  welche  die  Nadeln 
gegen  elektrische  Einwirkungen  absonderten  und 
zugleich  die  Kapazität  der  beweglichen  Sektoren 
erhöhten. 

Nach  vielen  Versuchen  und  mehrfachen  Ver- 
besserungen gelang  es  den  beiden  Experimen- 
tatoren, Ablenkungen  zu  bekommen,  deren  Vor- 
zeichen mit  dem  Drehungssinne  und  dem  Vor- 
zeichen der  elektrischen  Ladungen  wechselte, 
und  deren  Grösse  ziemlich  dem  vorausberech- 
neten Werte  entsprach.  Freilich  waren  die- 
selben bei  Umkehrung  der  Drehungsrichtung 
der  Scheiben  dem  absoluten  Betrage  nach  nicht 
genau  gleich,  wonach  zu  vermuten  sein  würde, 
dass  die  zahlreichen  Fehlerquellen  nicht  alle  be- 
seitigt oder  in  Rechnung  gezogen  worden  seien. 

So  wünschenswert  es  nun  auch  gewesen  wäre, 
von  der  Existenz  einer  durch  die  elektrische 
Konvektion  erzeugten  magnetischen  Kraft  einen 
reineren  und  direkteren  Beweis  zu  haben,  so 
hatte    doch   vor   Cremieu    niemand    bezüglich 

i)  Phil.  Mag.  Juni  1889,  445. 


derselben  einen  Zweifel  ausgedrückt.  Wahr- 
scheinlich war  jedermann  geneigt,  auch  bei 
Fehlen  jedes  experimentellen  Beweises  das  Vor- 
handensein dieser  Kraft  zuzugeben;  immerhin 
aber  empfand  man,  nachdem  Cremieu  gerade 
die  entgegengesetzte  Meinung  ausgesprochen 
hatte,  sofort  das  Bedürfnis,  zu  prüfen,  aufweichen 
Grundlagen  diese  Meinung  beruhte. 

3.    Die  Versuche  von  Cremieu. 

Dieser  Physiker  war  zur  Anstellung  von  Ver- 
suchen nach  Art  derjenigen  Rowlands  durch 
den  Misserfolg  veranlasst  worden,  dem  er  be- 
gegnet war,  als  er  die  zweite  der  eingangs  auf- 
geführten Erscheinungen  experimentell  verwirk- 
lichen wollte;  offenbar  war  es  dieser  Misserfolg, 
der  auch  betreffs  der  ersten  Erscheinung  Zweifel 
in  ihm  entstehen  Hess.. 

Anstatt  wie  Rowland,  Himstedt  u.  a.  eine 
rotierende  mit  Elektrizität  geladene  Scheibe  auf 
eine  Magnetnadel  wirken  zu  lassen,  brachte 
Cremieu^)  in  die  Nähe  der  Scheibe  einen  Lei- 
tungskreis, in  den  ein  empfindliches  Galvano- 
meter eingeschaltet  war  und  beobachtete,  ob 
dieses  Instrument  einen  induzierten  Strom  an- 
zeigte, wenn  die  Scheibe,  während  sie  rotierte, 
geladen  oder  entladen,  oder  wenn  ihre  Ladung 
umgekehrt  wurde.  Ein  rotierender  Stromunter- 
brecher bewirkte  in  kurzen  Intervallen  die  Um- 
kehrung der  Ladung  der  Scheibe  und  stellte 
zugleich  die  geeigneten  Verbindungen  her,  durch 
welche  die  Wirkungen  auf  das  Galvanometer 
sich  summierten.  Er  verwendete  als  rotierende 
Scheibe  nacheinander  eine  unbedeckte  oder  mit 
einer  Kautschukmembran  überzogene  Scheibe 
aus  Aluminium,  oder  endlich  eine  auf  drei  von- 
einander isolierten  Sektoren  vergoldete  Ebonit- 
scheibe. In  keinem  Falle  erhielt  er  die  von  der 
Theorie  geforderte  Ablenkung  des  Galvanometers. 

Nach  Konstatierung  dieses  negativen  Ergeb- 
nisses änderte  Cremieu  die  Versuchsanordnung 
so  ab,  dass  sie  möglichst  getreu  derjenigen 
Rowlands  glich.  Er  Hess  nämlich  die  rotierende 
Scheibe  auf  eine  Magnetnadel  einwirken. 2)  Die 
Scheibe,  die  aus  Ebonit  bestand,  hatte  vergol- 
dete Sektoren  und  rotierte  zwischen  nicht  iso- 
lierten Messingplatten,  die  in  geringem  Abstand 
zu  ihr  parallel  waren.  Auf  der  der  rotierenden 
Scheibe  zugekehrten  Seite  waren  auf  den  Messing- 
platten dünne  Platten  aus  Glimmer  befestigt, 
welche  Stanniolsektoren  trugen,  die  getrennt 
voneinander  mit  dem  Erdboden  in  Verbin- 
dung standen.  Nach  Rowland  hätte  das 
Magnetometer  bei  seinen  verschiedenen  Ver- 
suchen Ablenkungen  von  12  bis  175  Skalenteilen 
erfahren  müssen,-  während  in  Wirklichkeit  über- 
haupt keine  Ablenkung  beobachtet  wurde. 


1)  C.  R.  130,  1544. 

2)  C.  R. 


181.  797. 


412 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


Bei  diesen  Versuchen  befanden  sich  zwischen 
dem  Magnetometer  und  der  rotierenden  Scheibe 
die  auf  den  Glimmer  geklebten  Stanniolsektoren, 
sowie  eine  der  Messingplatten.  Wurde  dieses 
System  durch  eine  einfache  Ebonitplatte  mit 
Stanniolbelag  ersetzt,  also  der  Versuch  wie  bei 
Rowland  angeordnet,  so  erhielt  Cremieu  das 
gleiche  Resultat  wie  jener,  das  heisst  er  bekam 
Ablenkungen,  welche  sowohl  nach  dem  Sinne 
wie  nach  der  Grösse,  in  welcher  sie  auftraten, 
auf  Rechnung  einer  magnetischen  Wirkung  der 
rotierenden  Scheibe  gesetzt  werden  konnten. 
Da  aber  diese  Ablenkungen  verschwanden,  so- 
bald zwischen  Scheibe  und  Magnetnadel  ein 
zweiter  Leiter  hinzugeftigt  wurde,  so  schrieb 
Cremieu  dieselben  einer  Aufeinanderfolge  mo- 
mentaner Ströme  zu,  die  in  dem  festen  Leiter 
durch  die  Influenz  seitens  der  rotierenden  Sek- 
toren erzeugt  worden  seien.  Offenbar  gründete 
sich  diese  Meinung  auf  eine  Überlegung  nach 
Art  der  folgenden.  Die  Wirkung  der  rotieren- 
den Sektoren  sollte  in  jedem  Falle  gleich  der- 
jenigen eines  konstanten  Stromes  sein;  die  mag- 
netische Wirkung  dieses  letzteren  wird  aber  durch 
Zwischenlegung  eines  nichtisolierten  Leiters  nicht 
verhindert,  folglich  können  die  beobachteten  Ab- 
lenkungen nicht  durch  die  rotierenden  Sektoren 
veranlasst  sein. 

Gleichwohl  beginnt  Cremieu  in  einer  spä- 
teren Veröffentlichung')  mit  der  Mitteilung,  dass 
er  einen  neuen  Versuch  angestellt  habe,  bei 
welchem  sich  keine  metallische  Schicht  zwischen 
der  Ms^etnadel  und  der  rotierenden  Scheibe 
befunden  habe;  sehr  bald  aber  sei  er  gewahr 
geworden,  dass  die  Nadel  durch  elektrostatische 
Einwirkungen  abgelenkt  wurde,  und  er  habe 
sich  infolgedessen  genötigt  gesehen,  dagegen 
Vorkehrung  zu  treffen,  indem  er  die  Scheibe 
von  neuem  mit  einer  leitenden  Hülle,  z.  B.  mit 
0,4  mm  dicken  Kupferblechen,  umgeben  habe. 
Dennoch  war  das  Ergebnis  ein  negatives;  aber 
man  brauchte  nur  die  Metallhülle  zu  entfernen, 
um  Ablenkungen  zu  bekommen,  welche  nach 
Cremieu  den  von  Rowland  beobachteten  ähn- 
lich waren,  aber  nach  Cr^mieus  Ansicht  von 
kleinen  Fünkchen,  von  der  elektrostatischen  Kraft 
u.  s.  w-  herrührten. 

Die  jüngsten  Versuche  desselben  Autors'*) 
bringen  keine  neue  Aufklärung,  obschon  ihre 
Form  etwas  von  der  gewöhnlichen  abweicht  und 
nach  der  Ansicht  des  Verf.  die  Möglichkeit  der 
Existenz  offener  Ströme  beweisen  dürfte. 

Eine  Ebonitscheibe  mit  vergoldeten  Sektoren 
rotiert  zwischen  zwei  festen  Scheiben  aus  dem- 
selben Material,  von  welchen  die  eine  einen 
Stanniolsektor,  die  andere  zwei  auf  den  beweg- 


i)  C.  R.  132,  327. 
2)  C.  R. 


182,  1108. 


liehen  Sektoren  schleifendeMetallbürstchen  trägt. 
Eines  derselben  befindet  sich  gegenüber  dem 
festen  Sektor  und  es  werden  somit,  wenn  dieser 
z.  B.  positiv  elektrisiert  ist,  die  Sektoren  sich 
durch  Influenz  negativ  ladei\,  indem  sie,  wie  bei 
bekannten  Influenzmaschinen,  die  positive  La- 
dung an  das  Bürstchen  abgeben.  Da  nun  die 
beweglichen  Sektoren,  nachdem  sie  sich  von 
dem  festen  Sektor  entfernt  haben,  mit  dem 
zweiten  Bürstchen  in  Berührung  kommen,  so  ist 
es  klar,  dass  ein  Draht,  welcher  die  beiden  Bürst- 
chen miteinander  verbindet,  von  einem  elek- 
trischen Strome  durchflössen  sein  wird.  Der 
Verf.  findet,  dass  dieser  Strom  das  Magneto- 
meter ablenkt,  während  man  keine  derartige 
Wirkung  beobachtet,  wenn  man  das  Instrument 
den  beweglichen  Sektoren  nähert,  obschon  die- 
selben offenbar  die  gleichen  Elektrizitätsmengen 
mit  sich  ftihren,  wie  sie  den  die  Bürstchen  ver- 
bindenden Draht  durchströmen.  Selbstverständ- 
lich musste  auch  bei  diesem  Versuche  das 
Magnetometer  durch  eine  leitende  Hülle  gegen 
elektrostatische  Einwirkungen  geschützt  werden. 

Der  ausdrücklich  hervorgehobene  Vergleich 
zwischen  dieser  Versuchsanordnung  und  der- 
jenigen der  Influenzmaschinen  legt  jedoch  sofort 
einen  Einwand  nahe. 

Zweifellos  musste  bei  den  von  Cremieu  be- 
nutzten hohen  Potentialen  diejenige  Fläche  der 
rotierenden  Scheibe,  welche  sich  der  die  Sek- 
toren tragenden  gegenüber  befand,  schliesslich 
eine  der  Ladung  der  Sektoren  entgegengesetzte 
elektrische  Ladung  annehmen,  und  auf  diese 
Weise  die  magnetische  Wirkung  der  letzteren 
kompensieren.  Wie  es  scheint,  hat  nun  der 
französische  Physiker  diesen  Umstand  nicht  in 
Erwägung  gezogen;  derselbe  kann  aber  bis  zu 
einem  gewissen  Grade  den  Unterschied  zwischen 
den  Wirkungen  erklären,  die  man  erhält,  wenn 
man  das  Magnetometer  einmal  dem  die  Bürst- 
chen verbindenden  Drahte,  einmal  den  rotieren- 
den Sektoren  nahe  bringt,  vorausgesetzt,  dass 
dieser  letztere  Versuch  einige  Zeit  nach  dem 
ersten  vorgenommen  wird. 

Cremieu  fasst  das  Ergebnis  seiner  Unter- 
suchungen dahin  zusammen,  dass  die  elek- 
trische Konvektion  kein  magnetisches 
Feld  erzeugt.*) 

4.  Neuere  Versuche. 

Diese  entschiedene  Behauptung  konnte  Row- 
land nicht  gleichgültig  lassen;  und  in  der  That 
Hess  er  in  den  letzten  Monaten  seines  Lebens 
(er  starb  am  16.  April  1901  im  Alter  von 
53  Jahren)  in  seinem  Laboratorium  und  unter 
seiner  eigenen  Leitung  durch  Pen  der  neue 
Versuche  vornehmen.^) 

1    L.  c. 

2)  John  Hopkins  üniversity  Circulars  (20),  162, 
78;  Phil.  Mag.  Aug.   1901,  179. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


413 


Der  hierzu  benutzte  Apparat  unterschied 
sich  von  demjenigen  des  Jahres  1889  insofern, 
als  die  rotierenden  Scheiben  ihre  Wirkung  nicht 
auf  die  Nadel  eines  Magnetometers,  sondern 
auf  einen  mit  einem  besonders  empfindlichen 
Galvanometer  verbundenen  Stromkreis  ausübten. 
Die  Versuchsanordnung  ähnelt  also  derjenigen, 
die  Cr^mieu  bei  seinen  ersten  Versuchen  be- 
nutzt hatte. 

Die  Scheiben  sind  aus  Mikanit,  auf  beiden 
Seiten  vergoldet  und  ihre  Achsen  gehören  einer 
und  derselben  Geraden  an.  Sie  werden  durch 
eine  Influenzmaschine  mit  gleichnamigen  oder 
mit  entgegengesetzten  Ladungen  versorgt  und 
können  mit  einer  Geschwindigkeit  von  75 — 100 
Umdrehungen  pro  Sekunde  im  gleichen  oder 
im  entgegengesetzten  Sinne  rotieren.  Jede 
Scheibe  befindet  sich  zwischen  zwei  Ebonit- 
platten mit  Stanniolbelag,  der  zur  Erde  abge- 
leitet ist;  in  dem  Zwischenräume  zwischen  den 
beiden  mittleren  Platten  befindet  sich  eine  Spule 
von  1 295  Drahtwindungen,  deren  mittlerer  Durch- 
messer gleich  demjenigen  der  Scheiben  (30  cm) 
ist.  Sowohl  die  Spule  wie  die  Stromkreise  des 
Galvanometers  sind  von  einem  nicht  isolierten 
Metallgehäuse  eingeschlossen. 

Bei  plötzlicher  Umkehrung  des  Vorzeichens 
der  Ladungen  der  Scheiben,  während  dieselben 
rotieren,  muss  sich  auch  das  Vorzeichen  des 
von  ihnen  erzeugten  Magnetfeldes  umkehren 
und  es  muss  somit  in  der  Spule  ein  momentaner 
Strom  induziert  werden;  ein  Kommutator  von  be- 
sonderer Konstruktion  besorgt,  während  er  die 
Ladungen  der  Scheiben  12 — 2  5  mal  in  der  Se- 
kunde invertiert,  in  den  Zwischenzeiten  auch 
die  Umkehrung  der  Verbindungen  zwischen 
Spule  und  Galvanometer.  Auf  diese  Weise 
summieren  sich  die  Wirkungen  der  aufeinander- 
folgenden Inversionen  und  man  erhält  eine 
stabile  Ablenkung. 

Auf  Grund  der  Versuchsdaten,  nämlich  der 
Ladung  und  Rotationsgeschwindigkeit  der  Schei- 
ben, der  Zahl  der  Umkehrungen  u.  s.  w.  hätte 
sich  die  Ablenkung  berechnen  lassen  und  das 
Resultat  dieser  Berechnung  hätte  mit  der  that- 
sächlich  beobachteten  Ablenkung  verglichen 
werden  können.  Statt  dessen  zog  man  es  vor, 
die  Erscheinung,  um  deren  Nachweis  es  sich 
handelte,  a  priori  als  vorhanden  anzunehmen 
und,  da  in  der  angegebenen  Berechnung  das 
Verhältnis  zwischen  der  elektromagnetischen 
und  der  elektrostatischen  Einheit  der  Elektrizi- 
tätsmenge vorkommt,  aus  dem  Betrag  der  be- 
obachteten Ablenkungen  den  Wert  dieses  Ver- 
hältnisses abzuleiten.  Derselbe  schwankte  zwischen 
2,75.10*^  und  3,24.10*^  mit  einem  Mittelwert 
von  3.10'^  der  also  mit  dem  allgemein  ange- 
nommenen Werte  übereinstimmt. 

Mithin  waren  durch  diese  Versuche  die 
früheren  Rowlands  bestätigt. 


Noch  jüngeren  Datums  als  die  soeben  be- 
sprochene ist  eine  Veröffentlichung  von  E.  P. 
Adams'),  deren  Autor  andere  Untersuchungen 
über  unseren  Gegenstand  mitteilt,  die  mit  einer, 
von  der  früher  benutzten  abweichenden  Ver- 
suchsanordnung vorgenommen  waren.  Eine 
Achse,  welcher  durch  einen  Motor  von  4  Pferde- 
stärken eine  Geschwindigkeit  von  50  oder  mehr 
Umdrehungen  pro  Sekunde  erteilt  wird,  ist  aus 
zwei  voneinander  isolierten  Metallstücken  ge- 
bildet. Jedes  derselben  trägt  einen  Ring,  auf 
den  senkrecht  zur  Achse  16  Metallstäbchen  fest- 
geschraubt sind;  das  Ende  eines  jeden  von 
diesen  trägt  eine  kupferne  Kugel  von  27  mm 
Durchmesser.  Auf  der  Achse  befinden  sich  so- 
mit zwei  Sterne  mit  je  16  Kugeln,  die  in  zwei 
etwa  8  cm  voneinander  entfernten  parallelen 
Ebenen  angeordnet  sind.  Die  Kugeln  eines 
jeden  Sternes  bilden  die  Ecken  eines  regulären 
Vielecks  von  16  Seiten.  Zwei  Federn,  die  auf 
den  beiden  Hälften  der  Achse  schleifen  und  mit 
einer  Batterie  von  zehntausend  Akkumulatoren 
in  Verbindung  stehen,  teilen  der  einen  Reihe 
von  Kugeln  positive,  der  anderen  negative 
Ladungen  mit.  Jedoch  nur  einer  von  den  beiden 
Kugelsternen  übt  auf  das  Magnetometer  eine 
merkliche  Wirkung  aus,  da  die  Nadel  dieses 
von  einem  Mauerstativ  getragenen  Instruments 
sich  oberhalb  des  von  dem  einen  Sterne  be- 
schriebenen Weges  und  in  unmittelbarer  Nähe 
desselben  befindet.  Der  andere  Stern  dient  nur 
dazu,  die  störende  Einwirkung  der  durch  In- 
fluenz auf  den  umgebenden  Leitern  entstehenden 
elektrischen  Ladungen  abzuschwächen. 

Eine  starke  Ablenkung  der  Nadel  beobachtet 
man  auch,  wenn  die  Kugeln  nicht  elektrisiert 
sind,  infolge  der  durch  den  Erdmagnetismus  in 
den  rotierenden  Massen  induzierten  Fou- 
cault sehen  Ströme;  aber  diese  Ablenkung  be- 
hält die  gleiche  Grösse,  solange  die  Rotations- 
geschwindigkeit sich  nicht  ändert  und  darum 
verhindert  sie  vielleicht  eine  genaue  Messung, 
nicht  aber  die  Konstatierung  etwaiger  durch 
die  Ladung  hervorgebrachter  Ablenkungen. 
Dagegen  war  es  notwendig,  die  Aufstellung  des 
Magnetometers  gegen  den  von  den  rotierenden 
Sternen  erzeugten  Wind  zu  schützen,  welcher 
Erschütterungen  und  Schwingungen  bewirkt. 
Schliesslich  stellte  es  sich  auch  als  notwendig 
heraus,  in  die  Verbindungen  zwischen  den 
Kugeln  und  der  Batterie  grosse,  durch  Wasser- 
säulen gebildete  Widerstände  einzuschalten,  weil 
andernfalls  bei  der  Umkehrung  der  Ladung  der 
rotierenden  Kugeln  infolge  der  Ladungs-  oder 
Entladungsströme  dieser  letzteren  Ablenkungen 
eintraten. 

Nachdem  so  die  nötigen  Vorsichtsmassregeln 
getroffen   waren,    wurde   bei  jeder  Umkehrung 


i)  Phil.  Mag.  Sept.  1901,  S,  285. 


414 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


der  Ladung  der  Kugeln  eine  Ablenkung  und 
zwar  in  dem  Sinne  konstatiert,  in  welchem  sie 
eintreten  musste,  falls  sie  thatsächlich  von  der 
gesuchten  Erscheinung  herrührte;  das  Vorhanden- 
sein dieser  letzteren  war  somit  nach  dem  Autor 
klar  bewiesen. 

Adams  hat  auch  Messungen  vorgenommen; 
diese  aber  waren  keiner  grossen  Genauigkeit 
fähig  und  dienten  ihm  nur  dazu,  die  Grössen- 
ordnung  der  Ablenkung  zu  verifizieren.  Unter 
Zugrundelegung  der  nach  den  theoretischen 
Formeln  durch  die  Konvektion  erzeugten  mag- 
netischen Kraft  ergab  sich  aus  den  Messungen 
als  Wert  des  Verhältnisses  zwischen  den  beiden 
Elektrizitätseinheiten  die  Zahl  2,8.10"^,  die  nicht 
viel  von  dem  angenommenen  Werte   abweicht. 


Es  wurden  mithin  nicht  allein  die  Ab- 
lenkungen in  dem  vorausgesetzten  Sinne  er- 
halten, sondern  dieselben  hatten  auch  annähernd 
die  verlangte  Grösse;  die  Versuche  von  Adams 
Hefern  also  einen  neuen  Beweis  für  die  Existenz 
der  ersten  Erscheinung.  Infolge  der  gewählten 
Versuchsanordnung  sind  die  Experimente  des 
genannten  Autors  zudem  einigen  Unsicherheiten 
der  Interpretation,  die,  wie  wir  sehen  werden, 
in  anderen  Fällen  bestehen,  nicht  unterworfen.  ^) 


i)  Ausser  den  neueren  Versuchen  von  Pender  und 
Adams  wären  hier  noch  diejenigen  von  Eichenwald  ^diese 
Ztschr.  2,  703»  1901)  zu  erwähnen.  Der  Verf.  hatte  von  diesen 
Versuchen,  als  er  seinen  Vortrag  hielt,  noch  keine  Kenntnis. 

(A.  R.) 

(Schlass  folgt.) 


REFERATE. 


^^ 

Elektrochemie. 

Besorgt  von  Privatdozent  Dr.  A.  Coehn. 

^^ 

Bericht  über   die  IX.  Hauptversammlung  der 

Deutschen      Elektrochemischen     Gesellschaft 

in  Würzburg  vom  8.  bis  10.  Mai  1902.  <) 

(Bericht  von  Jean  Billitzer,) 

Welche  Zugkraft  der  angekündigte  Kongress 
auch  in  diesem  Jahre  ausgeübt  hatte,  konnte 
man  bereits  an  dem  Begrüssungsabend  (8.  Mai) 
wahrnehmen,  der  eine  reiche  Anzahl  von  For- 
schern der  verschiedensten  Richtungen,  von 
Physikern,  Chemikern  und  Technikern  ver- 
sammelte, deren  gemeinsame  Arbeit  von  höch- 
stem Interesse  zu  werden  versprach.  Und  diese 
Hoffnung  wurde  gleich  anfangs  bestätigt,  als 
nach  den  üblichen  Begrüssungsreden  des  Präsi- 
denten, des  Regierungskommissärs,  des  Bürger- 
meisters der  Stadt  Würzburg  und  des  Rektors 
der  Universität  die  Reihe  der  wissenschaftlichen 
Verhandlungen  am  Vormittage  des  9.  Mai  durch 
den  Altmeister  der  ElektrochemieProf.  W.Hit  torf 
(Münster)  in  einem  Vortrage:  „Über  das  Ver- 
halten der  Diaphragmen  während  der 
Elektrolyse  wässeriger  Salzlösungen"  er- 
öffnet wurde. 

Redner  hat  vor  etwa  50  Jahren  in  seinen 
berühmt  gewordenen  Studien  über  die  Wande- 
rungsgeschwindigkeiten der  Ionen  zuerst  Über- 
führungszahlen von  verschiedenen  Anionen  und 
Kationen  gemessen.  Jüngere  Bestimmungen 
derselben  haben  aber  gewisse  Abweichungen 
von  den  älteren  Zahlen  gegeben  und  es  zeigte 
sich,  dass  diese  durch  eine  Fehlerquelle  ent- 
stellt waren,  die  in  der  Verwendung  tierischer 
Membranen  bei  der  Elektrolyse  begründet  war. 
Während    nämlich    Thondiaphragmen    bei    der 

I)    Bericht    über    die    8.   Hauptversammlung,    s.:    diese 
Zeitschrift  2,  538,   1901. 


Elektrolyse  diese  Lösungen  unbeeinflusst  lassen, 
tritt  bei  der  Verwendung  tierischer  Membranen 
eine  auswählende  Eigenschaft  einer  Anzahl  Ionen 
gegenüber  in  den  Vordergrund:  die  Konzentra- 
tion der  Lösung  wird  beim  Durchgange  ver- 
ändert. Befindet  sich  ein  Elektrolyt  zwischen 
zwei  Membranen,  so  kompensieren  sich  die 
Fehler  und  die  mittleren  Lösungen,  welche  zu 
Kontrollmessungen  dienen,  zeigen  keine  Ver- 
änderung; hingegen  sind  die  endständigen 
Lösungen,  deren  Konzentrationsänderung  zur 
Berechnung  der  Überführungszahlen  dient,  nur 
auf  einer  Seite  von  Membranen  begrenzt  und 
dies  fuhrt  merkbare  Fehler  herbei,  die  beson- 
ders bei  Kadmium-  und  Zinksalzen  das  Resultat 
entstellen.  Oberhalb  des  Diaphragmas  steigt 
die  verdünntere  Lösung  auf,  unterhalb  desselben 
sinkt  die  schwerere  zu  Boden,  dies  veranlasst 
das  Auftreten  von  Schlieren,  die  bei  passender 
Beleuchtung  ein  empfindliches  Phänomen  an  die 
Hand  geben,  das  Verhalten  der  Membranen  zu 
prüfen. 

Verschiedene  vegetabilische  Membranen 
verhielten  sich  wie  Thondiaphragmen,  andere, 
z.  B.  Agar-Agar,  Pergament-,  Papiermem- 
branen etc.  verhalten  sich  wie  die  tierischen 
Membranen,  wenn  auch  in  viel  weniger  aus- 
gesprochener Weise.  Es  scheint  ein  Zusammen- 
hang mit  der  Quellung  vorzuliegen,  denn  eben 
die  Membranen,  welche  die  Konzentiation  der 
durchtretenden  Lösungen  verändern,  sind  auch 
zur  Quellung  befähigt. 

Als  zweiter  Redner  sprach  A.  Hantzsch 
(Würzburg):  „Über  Strukturisomerie  bei 
Salzen.** 

DieCyanursäure(CiVÖ//^) ;  vermag  in  zwei  tau- 
tomerenFormen  aufzutreten,  die  durch  dasSchema : 


{CNh  {OH) 


a  -k- 


{CO),  {NM), 


versinnlicht  werden  können;  und  die  mit  Queck- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


415 


Silber  zwei  verschiedene,  aber  wider  Erwarten 
sehr  stabile  Salze  liefern.  Der  Unterschied  ist 
besonders  in  dem  verschiedenen  Verhalten 
gegen  KOH  kenntlich;  während  die  Salze  der 
ersten  Form  {CN)%  {OHg\  sehr  leicht  mit 
demselben  in  Reaktion  treten,  indem  Hg  durch 
K  ersetzt  wird,  findet  bei  Salzen  der  Form 
{CO\x  {NHg)'i  keine  Einwirkung  statt. 

Es  war  zu  erwarten,  dass  das  Studium  der 
phosphorigen  Säure  Gelegenheit  geben  würde,  die 
Zahl  der  Beispiele  dieser  Art  zu  vermehren;  denn 
es  war  naheliegend,  die  Knicke  ihrer  Dissozia- 
tionsspannung bei  höherer  Temperatur  mit  einer 
Atomverschiebung  in  Zusammenhang  zu  bringen. 

In  der  That  gelingt  es,  verschiedene  Baryum- 
salze  derselben  herzustellen,  je  nachdem  sie 
bei  höherer  oder  niedererer  Temperatur  be- 
reitet werden.  Erstere  sind  inaktiv,  d.  h.  sie 
reagieren  nur  sehr  langsam  oder  gar  nicht  mit 
AgNO'x,  letztere  sind  aktiv  und  setzen  sich  im 
festen  Zustande  sehr  rasch  mit  AgNO^  um. 
Dieser  Unterschied  besteht  jedoch  nur  bei  den 
festen  Salzen,  in  Lösung  sind  sie  beide  iden- 
tisch.     Vortr.    ist   geneigt,    das    inaktive   Salz 

—  OH 
von  der  Säure  P —  0  H  abzuleiten,  während  das 

-OH 

^OH 
aktive  einer  Säure:    0  =  P —  OH    oder    einer 

\// 
festen  Lösung  entsprechen  dürfte.  • 

In  der  sich  anschliessenden  Diskussion  be- 
merkt Ostwald,  dass  Verschiedenheiten  der 
Reaktionsgeschwindigkeiten  oft  zu  Erscheinungen 
der  Isomerie  und  Tautomerie  führen  können. 
Küster  ergänzt  diesen  Hinweis,  indem  er  aus- 
fuhrt, dass  verschieden  grobe  Krystallabschei- 
dung  solche  Verschiedenheit  der  Reaktions- 
geschwindigkeit bedingen  kann. 

Nach  einer  kurzen  Pause  beginnt  W.  Jäger 
(Charlottenburg)  seinen  Vortrag:  „Über  Nor- 
malelemente." 

Die  Anforderungen,  die  wir  an  ein  Normal- 
element stellen,  sind  folgende:  Es  muss  chemisch 
wohldefiniert  sein,  damit  es  ohne  grosse  Schwie- 
rigkeit von  jedem  nachgebildet  werden  kann, 
es  soll  mit  der  Temperatur  wenig  veränderlich 
sein,  bei  einer  Temperaturänderung  sich  rasch 
auf  den  neuen  Wert  einstellen,  schliesslich  soll 
es  nicht  oder  nur  wenig  polarisierbar  und  wo- 
möglich transportfähig  sein.  Diesen  Anforde- 
rungen entsprechen  nur  reversible  Elemente, 
die  mit  gesättigten  Lösungen  beschickt  sind. 
Die  Gefahr,  dass  beide  Elektroden  bei  plötz- 
lichen Temperaturänderungen  sich  nicht  ganz 
auf  gleicher  Temperatur  befinden,  wird  bei  der 
gebräuchlichen  H-Form  ziemlich  gut  vermieden. 

Bei  der  Zusammensetzung  des  Kadmium- 
amalgams fiir  ein  Kadmiumelement  sind  be- 
sondere Eigentümlichkeiten  zu  berücksichtigen. 


Während  Quecksilber,  das  nur  eine  Spur  Zink 
enthält,  sich  elektromotorisch  wie  reines  Zink 
verhält,  ist  ein  Ähnliches  beim  Zusatz  von 
Kadmium  nicht  der  Fall.  Vielmehr  steigt  die 
Lösungstension  des  Amalgams  bei  zunehmenden 
Kadmiumgehalt  erst  allmählich  an,  um  bei  einem 
Gehalte  von  etwa  5%  Cd  konstant  zu  werden. 
Weiterer  Kadmiumzusatz  bewirkt  erst  eine  wei- 
tere Steigung,  wenn  der  Gehalt  auf  14^0  ge- 
stiegen ist.  Nach  Cohen  wandelt  sich  I4\iges 
Kadmiumamalgam  bei  o^  um,  es  empfiehlt  sich 
daher,  am  besten  in  der  Nähe,  doch  etwas 
unterhalb  14%,  zu  bleiben.  Sorgfältig  herge- 
stellte Kadmiumelemente  sind  auf  o  .  001  Volt 
konstant,  für  ihre  elektromotorische  Kraft  giebt 
die  Reichsanstalt  den  Ausdruck: 

Kadmium:     1,0186  —  0.000038  (/ — 20) 
—  0,00000063  (/ — 20Y 
Clark:     1,4328  —  0,00119  (/— 15) 
—  0,000007  (/— 15)-. 

Es  folgte  ein  zweiter  Vortrag:  Über  Nor- 
malelemente'* von  R.  Luther  (Leipzig). 

Für  den  Chemiker  ist  es  in  erster  Linie  von 
Interesse,  zu  wissen,  wie  genau  die  Stoffe  im 
Normalelemente  definiert  sein  müs3en,  welche 
Verunreinigungen  noch  zulässig  sind. 

Eine  einfache  thermodynamische  Betrach- 
tung klärt  hierüber  auf.  Schaltet  man  zwei 
Normalelemente,  deren  einem  man  willkürlich 
eine  Verunreinigung  zugesetzt  hat,  gegeneinan- 
der (und  zwar  Elemente  Zn  —  Zn  SO^ ,  jH^  0 
—  ^gi^Oj^  — Hg)^  so  wird  der  durchgehende 
Strom  einen  Transport  von  festem  Körper  von 
einer  Seite  zur  anderen  bewirken,  dazu  ist  keine 
Arbeit  nötig,  ferner  müssen  aber  noch  7  Wasser 
hinübergeschafit  werden  und  es  ist  also: 

2JtF+  yRTln^^  =0, 

A 

wenn  /,  und  p^  die  entsprechenden  Dampf- 
drucke bedeuten.  Die  Änderung  der  elektro- 
motorischen Kraft  ist  also  eindeutig  durch  das 
Verhältnis  der  Dampfdrucke  bestimmt. 

Dies  experimentell  zu  prüfen,  wurde  ein 
Element  zu  50  Proz.  durch  zugesetztes  Glycerin 
verunreinigt  und  es  wurde  die  hierdurch  ver- 
ursachte Dampfdruckdifferenz  gemessen ;  die 
hieraus  berechnete  Differenz  der  elektromoto- 
rischen Kraft  ergab  für  diese  1,08  Volt,  das 
Experiment  1,10  Volt.  Die  ganze  Betrachtung 
gilt  natürlich  nur  für  den  Fall,  dass  wir  es  mit 
einer  bestimmten  festen  Phase  zu  thun  haben, 
die  nicht  qualitativ  verändert  wird.  Unter  dieser 
Bedingung  haben  wir  hier  eine  Möglichkeit, 
kleine  konstante  elektromotorische  Kräfte  her- 
zustellen, indem  wir  etwa  durch  Zusätze  das 
Hydrat  mit  7  Wasser  in  das  Hexahydrat  ver- 
wandeln und  ein  solches  Element  gegen  das 
übliche  schalten  u.  s.  f. 

Krystallisiert    ein   Salz  aber  ohne  Krystall- 


4i6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


wasser,  so  wird  in  der  Gleichung  jr  =  o,  die 
elektromotorische  Kraft  ist  hiermit  in  diesem 
Falle  unabhängig  von  der  Reinheit  der  Substanz. 
Diese  Betrachtungen  setzen  uns  endlich  noch 
in  den  Stand,  eine  Beziehung  zwischen  der  Lös- 
lichkeit und  der  elektromotorischen  Kraft  der  Salze 
herzustellen,  indem  es  sich  zeigt,  dass  einAusdruck 

'  L  TCi 

L  AgCl 

L  TlBr 
-L  AgBr- 

in  dem  L  die  Löslichkeit  des  als  Index  bei- 
gefiigten  Salzes  bedeutet,  eine  Konstante  sein 
muss,  die  unabhängig  bleibt  von  der  Natur  des 
Lösungsmittels. 

Dann  spricht  F.  W.  Küster  (Clausthal): 
„Über  das  elektrochemische  Verhalten 
des  Schwefels".  Bekanntlich  löst  sich  Schwefel 
in  Alkalisulfiden  in  grosser  Menge  auf,  es  ent- 
stehen Polysulfide,  über  deren  Zusammensetzung 
wir  wenig  Bestimmtes  aussagen  können,  vor 
allem  ist  es  uns  unbekannt,  mit  welchen  An- 
ionen  wir  es  darin  zu  thun  haben.  Vortr.  hat 
nun  geftinden,  dass  an  Schwefel  gesättigte 
Lösungen  von  Natriumsulfid  und  verschiedener 
Konzentrationen  von  Na^S  der  Nernstschen 
Formel  folgen  und  dass  diese  Beziehung  nich  tbe- 
steht,  wenn  man  die  Konzentration  des  Schwefels 
ändert  und  die  des  Natriumsulfides  normal  hält. 

Für  die  Änderung  der Potentialdifferenz,  durch 
Zusatz  fremder  Salze,  ist  die  weitgehende  hydro- 
lytische Spaltung  massgebend.  Unter  diesem 
Gesichtspunkte  wurde  die  Änderung  durch  Zu- 
satz von  KOH  berechnet  und  in  Obereinstim- 
mung mit  den  experimentellen  Daten  gefunden. 

Hierauf  schilderte  H.  Kellner  (Hallein)  das 
Verhalten  von  Chlor  und  Brom  unter  dem  Ein- 
flüsse dunkler  elektrischer  Entladungen. 

Es  ist  oft  behauptet  worden,  dass  elektro- 
lytisch hergestelltes  Chlor  ein  grösseres  Bleich- 
vermögen besitzt,  wie  das  auf  chemischem  Wege 
gewonnene.  Dieser  Unterschied  rührt  von  der 
Beimengung  von  Hypochloriten  im  ersten  Falle 
her,  das  Chlor  selbst  ist  beide  Male  identisch. 
Vortr.  hat  sich  aber  die  Frage  gestellt,  ob 
durch  Einwirkung  hochgespannter  elektrischer 
Wechselströme  eine  Änderung  der  Eigenschaften 
dieses  Elementes,  welche  etwa  der  Ozonisierung 
von  Sauerstoff  entspräche,  zu  beobachten  sei. 
Es  zeigte  sich  wirklich,  dass  „ozonisiertes'*  Chlor 
reaktionsfähiger  sei,  so  z.  B.  schon  im  Dunkeln 
mit  Essigsäure  Chloresigsäure  bildet,  während 
gewöhnliches  Chlor  diese  Reaktion  nur  im  Sonnen- 
lichte giebt. 

Ebenso  wurde  sorgfältig  gereinigtes  Brom 
in  getrockneten  evakuierten  und  zugeschmolze- 
nen Röhren  behandelt.  Gewisse  Frequenz-Ver- 
hältnisse des  einwirkenden  Wechselstromes  sind 
erforderlich,    um    den    Apparat   gleichsam    an- 


sprechen zu  lassen,  ist  dies  aber  erreicht,  so 
überzieht  sich  das  Rohr  allmählich  mit  gelben 
Krystallen;  die  im  Rohre  monatelang  unver- 
ändert haltbar  sind.  Das  verwendete  Glas  war 
bleifrei  und  das  trockener  Brom  war  nur  mit 
dem  Glase  in  Berührung  gekommen.  Versuche 
wurden  auch  in  der  Weise  ausgeführt,  dass 
Brom  während  der  Destillation  aus  einem  Ge- 
fässe  in  ein  anderes  der  dunkeln  elektrischen 
Entladung  ausgesetzt  wurde.  Bei  der  ersten 
Destillation  war  keine  Veränderung  zu  be- 
obachten, erst  nach  und  nach  bildete  sich  wieder 
ein  Rückstand  von  gelben  Krystallen. 

Die  erste  Sitzung  schloss  ein  Vortrag  von 
H.  J.  van'tHoff  (Rotterdam):  „Über  Reini- 
gung des  Trinkwassers  durch  Ozon." 

Sauerstoff  wird  durch  dunkle  elektrische 
Entladung  ozonisiert  durch  den  Sterilisator  ge- 
trieben, in  dem  er  in  Blasen  au&teigt,  um  oben 
wieder  zu  entweichen.  70 — 80  Proz.  der  im 
Wasser  enthaltenen  organischen  Substanzen 
werden  auf  diese  Weise  zerstört,  ohne  dass  sich 
freilich  eine  feste  Beziehung  zwischen  der  Wir- 
kung und  dem  Gehalte  an  organischen  Körpern 
hätte  aufstellen  lassen  können.  Die  Reinigung 
ist  aber  immer  eine  sehr  wirksame  und  wird 
von  den  besten  Sandfiltern  nicht  erreicht. 

Nachmittags  fiihrte  Haagn  (Hanau)  neue 
elektrische  Ofen   von  Heraus  in  Hanau  vor. 

Vielseitig  sind  die  Vorteile  der  elektrischen 
Öfen  im  Laboratoriumsgebrauche.  Zu  der  leich- 
ten Regulierbarkeit  gesellt  sich  das  Fehlen  von 
Verbrennungsgasen,  der  ökonomische  Wärme- 
verbrauch etc.  und  die  Verbesserung  der  be- 
kannten Modelle  ist  fiir  die  Laboratorien  eine 
wichtige  Frage  geworden.  Um  zunächst  den 
Platinverbrauch  zu  vermindern,  wurde  der  Platin- 
draht durch  eine  ganz  dünne  (0,007  mm)  Folie 
ersetzt,  dadurch  wird  zugleich  eine  innige  Be- 
rührung mit  dem  Heizrohre  erreicht,  welche  die 
Folie  vor  Überhitzung  und  vor  raschem  Durch- 
brennen bewahrt.  Die  Haltbarkeit  ist  an  Por- 
zellan grösser  wie  an  Magnesia, 

Störend  wirkt  oft  die  elektrolytische  Zer- 
setzung der  Magnesia  bei  den  hohen  Tempe- 
raturen, Öfen,  deren  Platinbelegung  durch- 
gebrannt sind,  lassen  noch  ganz  erhebliche 
Ströme  durch,  besonders  stark  wird  die  Mag- 
nesia an  der  Kathodenseite  angegriffen.  Weniger 
merkbar  ist  dies  an  Porzellanröhren,  wenn  sie 
diese  Erscheinung  auch  in  einer  Rötung  der 
Masse  auf  der  Kathodenseite  zeigen.  Die  Öfen 
können  bei  1500"  6 — 8  Stunden  ohne  Schaden 
in  Betrieb  erhalten  bleiben.  Vortr.  bespricht  ihre 
Anwendung  zuVersuchs-und  Vorlesungszwecken. 

Sodann  zeigt  H.  Heraus  (Hanau)  neue  Ge- 
fässe,  die  aus  Si  Oi  verfertigt  sind.  Quarz  wird 
in  Iridiumgefässen  mit  Hilfe  eines  Knallgas- 
gebläses (man  erreicht  so  Temperaturen  von 
2200*^)    geschmolzen    und   kann  dann  wie  Glas 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     Nu.   18. 


417 


geblasen  werden;  hiermit  ist  ein  Weg  eröffnet, 
das  Glas  in  vielen  Fällen  durch  ein  besseres 
Material  zu  ersetzen. 

Es  folgte  ein  Vortrag  von  K.  Elbs  (Giessen) 
über:  „E^^^  Darstellungsverfahren  des 
Ammonium-Plumbi-Chlorids." 

Auf  rein  chemischem  Wege  ist  die  Dar- 
stellung von  Pb  Clx  unbequem ,  unsicher  und 
unergiebig.  Ein  elektrochemisches  Verfahren 
von  Förster  ist  nur  zur  Darstellung  kleinerer 
Mengen  gut  anwendbar.  Vortr.  ist  es  gelungen, 
die  gesuchte  Verbindung  glatt  zu  gewinnen, 
indem  er  Salzsäure  vom  spez.  Gewichte  1,05 
bis  1,15  elektrolysierte  und  dabei  den  Kunst- 
griff anwandte,  die  Anode  aus  einer  Bleiplatte 
und  einer  Kohlenplatte  zusammenzusetzen  und 
V5  des  Stromes  durch  die  erste,  \  durch  die 
zweite  Anode  zu  senden.  Steht  nun  die  Blei- 
elektrode über  der  Kohlenanode,  so  senkt  sich 
kontinuierlich  eine  an  Pb  Cli  gesättigte  Lösung 
zu  der  letzteren  und  wird  daselbst  weiter  chloriert. 

Leider  fehlt  es  an  einem  Verfahren,  Pb  Cl^ 
einfach  und  rein  abzuscheiden;  doch  sind  Doppel- 
verbindungen, wie:  K<i  Fb  Cl^  leicht  zu  erhalten, 
die  den  entsprechenden  Platinverbindungen  sehr 
ähnlich  sind.  Die  beständigste  bildet  das  Ammo- 
niumplumbichlorid  und  wird  auch  am  leichtesten 
erhalten,  ähnliche  Verbindungen  bieten  Pyridin- 
und  Chinolinplumbichlorid  dar.  Ammonium- 
plumbichlorid  kann  lufttrocken  auf  220^  ohne 
Zersetzung  erhitzt  werden  und  hält  sich  mit 
Wasser  in  einem  Glasrohr  eingeschmolzen 
monatelang  ohne  Veränderung. 

Dann  sprach  G.Bo  dl  an  der  (Braunschweig): 
„Über  die  Chemie  der  Cuproverbindun- 
gen." 

Das  Verhältnis  von  Cupri-  zu  Cupro- Ionen 
ist  in  Chloriden  analog  wie  in  Bromiden  u.  s.  f. 
und  es  zeigt  sich,  dass  die  Relation: 

C«2  _ 


Cu 


const. 


erfüllt  wird.  Hiernach  ist  das  Kupfer  als  ein- 
wertiges Metall  aufzufassen.  Man  wäre  geneigt 
zu  vermuten,  dass  Ähnliches  für  das  Queck- 
silber gilt,  doch  hat  Ogg  gezeigt,  dass  Queck- 

silber  als  Hg  —  //^,  somit  als  zweiwertig  auf- 
zufassen ist ;  ein  Verhältnis,  das  im  periodischen 
Systeme  zum  Ausdrucke  kommt,  das  also  hier 
eine  Bestätigung  erfährt,  die  in  den  letzten 
Jahren  recht  selten  geworden  ist. 

Den  letzten  Vortrag  hielt  dann  F.  Förster 
(Dresden):  „Über  Elektrolyse  an  plati- 
nierten  Elektroden.*' 

Nach  der  Vorschrift  von  Lummer  und 
Kurlbaum  gelingt  es  leicht,  wohldefinierte 
platinierte  Elektroden  herzustellen,  wie  sie  zu 
einer  Untersuchung  ihrer  Wirkungsweise  er- 
forderlich sind.    Der  Unterschied  in  ihrem  Ver- 


halten im  Vergleiche  zu  glatten  Platinelektroden 
tritt  besonders  deutlich  zu  Tage,  wenn  man 
einen  durchgesandten  Strom  einen  Moment  nur 
unterbricht;  während  da  beim  Wiedereinschalten 
die  Spannung  an  platinierten  Elektroden  dieselbe 
ist  wie  im  Zeitpunkte  der  Unterbrechung,  kann 
es  an  Platinelektroden  oft  geraume  Zeit  dauern, 
bis  dieselbe  wieder  erreicht  wird.  Der  Unter- 
schied arbeitender  platinierter  und  glatter  Platin- 
elektroden kann  bis  auf  0,8  Volt  steigen,  wenn 
Gase  an  denselben  entweichen,  ist  dies  nicht 
der  Fall,  so  beträgt  sie  nur  etwa  ein  Zehntel, 
schnellt  aber  wieder  in  die  Höhe,  sobald  die 
Entwicklung  von  Gasen  einsetzt.  Vortr.  glaubt, 
dass  wir  es  hier  mit  einem  Übergangswiderstande 
zu  thun  haben,  der  an  platinierten  Elektroden 
wegen  der  viel  grösseren  Oberfläche  weniger 
zur  Geltung  kommt. 

Die  Verhandlungen  der  dritten  Sitzung  am 
Vormittage  des  10.  Mai  wurden  durch  einen 
Vortrag  des  Präsidenten  J.  H.  van 'tH off 
(Charlottenburg):    „Über  Gips"  eröffnet. 

Gips  kommt  in  der  Natur  als  CaSO^, 
2  H^O  vor,  daneben  auch  in  wasserfreier  Form 
CaSO^  als  Anhydrit.  Technischen  Zwecken 
dient  noch  Stuckgips,  der  etwa  6Proz.  Wasser 
enthält.  Dann  kennt  man  noch  totgebrannten 
Gips,  der  seinen  ganzen  Wassergehalt,  zugleich 
auch  die  Fähigkeit  verloren  hat,  wieder  Wasser 
aufzunehmen  und  zu  erhärten  und  der  dem 
Anhydrite  sehr  nahe  stehen  dürfte.  Endlich 
kennt  man  in  der  Technik  noch  eine  dritte 
sehr  merkwürdige  Form,  den  Estrichgips; 
er  wird  erhalten,  indem  man  (durch  Erhitzen 
über  3CX)®)  totgebrannten  Gips  noch  weiter 
auf  ca.  iioo^  erhitzt,  dadurch  erlangt  er  wieder 
die  Fähigkeit,  Wasser  aufzunehmen  und  zu  er- 
härten; doch  ist  die  Abhärtungserscheinung 
dann  eine  andere  wie  beim  Stuckgips;  letzterer 
wird  schon  nach  einer  halben  Stunde  fest, 
Estrichgips  braucht  hierzu  jedoch  mehrere 
Tage;  ist  dann  aber  viel  härter  und  kann  selbst 
an  Stelle  von  Mörtel  gebraucht  werden. 

Durch  Einwirkung  von  Salpetersäure  erhält 
man  ein  Halbhydrat  Ca  S  0\,  \  H^  0,  das  etwa 
dem  Stuckgips  identisch  ist.  Von  anhydrischen 
Formen  sind  im  Laboratorium  zwei  zu  erhalten, 
deren  eine  mit  totgebranntem  Gipse  identisch 
ist,  während  die  andere  die  Fähigkeit  besitzt, 
zu  erhärten.  Durch  die  Langsamkeit,  mit  wel- 
cher sich  das  Gleichgewicht  zwischen  Dampf 
und  Hydrat  einstellt  —  mehrere  Monate  sind 
dazu  erforderlich  — ,  wird  aber  die  Untersuchung 
sehr  erschwert,  es  musste  daher  eine  neue  Me- 
thode zum  Studium  dieser  Vorgänge  heran- 
gezogen werden. 

Ein  Beckmann  scher  Siedeapparat  wurde 
mit  Wasser  und  einer  bestimmten  Menge  ge- 
wöhnlichen Gipses  beschickt  und  zu  einer 
Siedepunktsbestimmung  verwendet,  dann  wurde 


4l8 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


Kochsalz  hinzugefügt  und  der  Siedepunkt  stieg, 
aber  nur  bis  zu  einem  bestimmten  Punkte,  um 
bei  weiterem  Chlornatriumzusatze  konstant  zu 
bleiben.  Beobachtet  man  nun  mit  dem  Mikro- 
skope, so  findet  man,  dass  das  Bihydrat  sich 
in  Halbhydrat  verwandelt.  Ist  dies  geschehen, 
so  steigt  bei  weiterem  Salzzusatze  die  Siede- 
temperatur wieder  an. 

Bei  dieser  Temperatur  hält  die  Maximalten- 
sion des  Wassers  der  des  Krystallwassers  das 
Gleichgewicht,  d.  h.  die  Kry stall wassertension 
ist  gleich  dem  Barometerdrucke.  So  werden 
bei  vermindertem  Drucke  ähnliche  Bestimmun- 
gen gemacht.  Die  erhaltenen  Zahlen  lassen 
sich  in  eine  Formel  zusammenfassen,  welche 
die  Wasserdampftensionen  /  für  sämtliche  Tem- 
peraturen angeben: 

568 
log  p  =  log  Paq  +  1 ,49  —     y,  • 

Daraus  lässt  sich  ein  Schluss  ziehen,  der 
einer  experimentellen  Prüfung  zugänglich  ist 
und  Licht  auf  das  Verhalten  des  Gipses  beim 
Erhitzen  wirft.  Es  ergiebt  sich  nämlich  die 
Temperatur,  bei  welcher  die  Kry  stall  wasser- 
tension /  gleich  dem  Drucke  P  wird: 

0=  1,49 —     7^  und  hieraus  /=  107**. 

Bei  107^  muss  also  Gips  im  geschlossenen 
Rohre  Wasser  abspalten  und  in  Halbhydrat 
übergehen,  ein  Vorgang,  der  von  einer  erheb- 
lichen Ausdehnung  begleitet  ist  und  der  dem 
„Kochen'*  des  Gipses  entspricht. 

Es  zeigte  sich  ferner,  dass  die  Abspaltung 
des  letzten  Wassers  nicht,  wie  erwartet,  ober- 
halb, sondern  unterhalb  107^  stattfindet.  Die 
Krystallwassertension  ist  also  bei  Abgabe  des 
ganzen  Wassers  grösser,  als  wenn  nur  ein  Teil 
abgespalten  wird!  Gips  ist  der  erste  Körper, 
bei  dem  es  nachgewiesen  wurde,  dass  die 
Maximalspannung  des  Krystallwassers  je  nach 
der  Umwandlung,  um  die  es  sich  handelt,  ver- 
schieden sein  kann. 

Ein  Differentialtensimeter  gelangte  hier  zur 
Verwendung,  die  Umbildung  zu  löslichem  An- 
hydrit findet  bei  95^  statt. 

Noch  eine  dritte  Tension  findet  man  bei 
der  Bildung  des  totgebrannten  Gipses,  der  Um- 
wandlungspunkt liegt  bei  60". 

Stuckgips  ist  offenbar  Halbhydrat.  Estrich- 
gips aber  besitzt  einen  etwas  rätselhaften  Cha- 
rakter, dieser  lässt  sich  vielleicht  dahin  deuten, 
dass  man  durch  starkes  Erhitzen  des  totge- 
brannten Gipses  die  instabile  lösliche  Form  er- 
halten hat,  und  dass  möglicherweise  eine  feste 
Lösung  vorliegt.  Das  Halbhydrat  muss  meta- 
stabil sein,  in  der  That  verwandelt  sich  Stuck- 
gips langsam  in  Anhydrit  und  Gips. 

Nach  einem  zusammenfassenden  Referate 
über  die  letzten  Forschungen  auf  dem  Gebiete 


der  Becquerel-  und  Radiumstrahlen,  deren  ein- 
gehende Behandlung  in  früheren  Nummern  dieser 
Zeitschrift  eine  Wiedergabe  an  diesem  Orte  er- 
spart, demonstrierte  sodann  F.  Giesel  (Braun- 
schweig) die  Eigenschaften  seiner  radioaktiven 
Präparate. 

Hieraufsprach  W.  Wien  (Würzburg):  „Über 
positive  Elektronen". 

Nach    dem    absoluten    Masssystem    ist    das 

e 

Verhältnis         fiir  Wasserstoff    io\    für   Katho- 
/// 

denstrahlen  rund  10*.  Sieht  man  sich  nun  den 
positiven  Teil  an,  der  in  den  Kathodenröhren 
den  Elektrizitätstransport  übernimmt,  so  findet 
man,  wie  bei  der  Elektrolyse,  dass  er  sich  mit 
ganz  anderer  Geschwindigkeit  bewegt.  Am 
besten  eignet  sich  zu  solchen  Messungen  die 
Methode,  welche  Kaufmann  zur  Bestimmung 
der  Geschwindigkeit  der  Becquerelstrahlen  an- 
gewendet hat:  man  unterwirft  die  Strahlen 
gleichzeitig  magnetischer  und  elektrostatischer 
Ablenkung,  die  senkrecht  zu  einander  wirken. 
Hierbei  zeigt  sich  eine  grosse  Abweichung  von 
den  negativen  Elektrons.  Während  diese  eine 
scharfe  Verschiebung  ergeben,  die  zur  Berech- 

'  e 

nung  von  —   dient,   erhält   man    bei    positiven 
;;/ 

Elektronen  einen  ganz  verwaschenen  Streifen,  der 

I  kontinuierlich  ist,    und  ein  Teil    bleibt  unabge- 

lenkt.    Die  Geschwindigkeit  der  einzelnen  Teil- 

i   chen  ist  wenie  verschieden,  während  stark 

wechselt.  Selbst  bei  den  reinsten  Gasen  und 
konstanter  Spannung  erhält  man  jedesmal  etwas 
verschiedene  Werte.  Am  besten  arbeitet  man 
mit  reiner  Wasserstofffullung,  es  ergiebt  sich 
da  mit  ziemlicher  Sicherheit  für  den  Grenzstrahl 

=^  lO^    Man    sollte    denken,    dass    man    es 

also    wirklich    mit   Wasserstoffteilchen    zu    thun 
hat,  da  man  aber  dieselbe  Zahl  auch  im  Sauer- 
stoff wiederfindet,  fragt  es  sich,  ob  eine  solche 
Annahme  zulässig  ist.    Als  Ausweg  bleibt  frei- 
I    lieh  die  Behauptung,  dass  es  nicht  möglich  ist, 
Wasserstoff  und  Wasser  völlig  zu  entfernen;  aber 
;   man  findet  diese  Zahl  auch  nach  wochenlangem 
'   Durchleiten  von  trocknem  Sauerstoff  wieder! 
Wenn  die  Spannung  sich  in  einer  Kathoden- 
röhre auf  alle  Teilchen  gleich  verteilt,  muss  ein 
konstanter    Wert    für    die    Geschwindigkeit    er- 
halten werden.     Wenn    verschiedene  Elektrons 
von  der    gleichen  Kraft    bewegt  werden,    muss 

c 

konstant    bleiben,    nun    zeigt    es   sich,    dass 

diese  gleichmässige  Ablenkung  durchaus  nicht 
eintritt,  auch  bei  dieser  Anordnung  erhält  man 
einen  verwaschenen  Streifen,  dessen  centraler 
Teil  gar  nicht  abgelenkt  ist,  auch  hier  zeigt 
es  sich,    dass    das  Ende    des  Streifens   der  be- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


419 


rechneten  Ablenkung  entspricht,  während  alle 
anderen  Strahlen  zu  wenig  abgelenkt  sind.    Es 

muss    sich    das    Verhältnis         auf  dem  Wecfe 

verändert  haben.  Eine  grössere  Spannung  kann 
gar  nicht  auf  die  Teilchen  eingewirkt  haben, 
eine  kleinere  wäre  möglich,  würde  aber  eine 
grössere  Ablenkung  ergeben.  Auf  dem  Wege 
muss  also  ;//  grösser  oder  e  kleiner  geworden 
sein,  möglicherweise  hat  teilweise  Neutralisation 
durch  minus  Elektrons  stattgefunden. 

Das  Verhältnis         ist   also  ausserordentlich 

m 

verschieden  und  es  ist  nicht  mit  Sicherheit  aus- 
zusagen, ob  wir  es  mit  den  Gasionen  selbst  zu 
thun  haben  oder  ob  die  Übereinstimmung  eine 
zufällige  ist,  für  den  ersteren  Fall  ist  die  Ladung 
wahrscheinlich  durch  Neutralisation  geändert. 

Auch  die  Fluoreszenz  der  positiven  Elek- 
tronen ist  etwas  verschieden,  sie  ist  schwächer, 
ihre  Farbe  hängt  von  dem  Grade  der  Ablenk- 
ung ab.  Die  stärker  abgelenkten  Teile  erzeugen 
grünliche  Fluoreszenz,  die  schwächer  abge- 
lenkten Teile  rufen  eine  Farbe  hervor,  die  von 
der  Natur  des  Gases  abhängig  ist.  Beim  Was- 
serstoff erhält  man  grünliche  Fluoreszenz,  in 
verdünntem  Sauerstoff"  dagegen  braune,  lachs- 
rote mit  Quecksilberdampf,  in  Luft  etwas  ver- 
schieden von  Sauerstoff. 

Auch  Metalloxyde  geraten  in  lebhafte  Fluo- 
reszenz, besonders  wenn  sie  aus  dem  Metalle 
durch  Oxydieren  in  der  Flamme  gewonnen 
worden  sind,  nicht  aber  im  feuchten  Zustande. 
Sie  geben  zum  Entweichen  von  Gasen  (wahr- 
scheinlich Sauerstoff)  Anlass  und  erfahren  eine 
Veränderung  der  Oberfläche,  Zinkoxyd  wird 
gelb  und  ebenso  Bleioxyd. 

Nun  spricht  A.  Coehn  (Göttingen):  „Über 
elektrolytische  Darstellung  neuer  Legie- 
rungen.'* 

Dank  der  Überspannung,   mit  welcher    sich 
Wasserstoff    an     verschiedenen    Metallen     ent- 
wickelt, gelingt  es,  auch  wasserzersetzende  Me- 
talle, sogar  in  saurer  Lösung,  abzuscheiden,  so 
gelangt  man  bis  zum  Zink.     Will  man  Metalle 
abscheiden,    die    eine    noch    grössere  Lösungs- 
tension besitzen,  so  gelingt  dies  nur  an  Queck- 
silberelektroden, wenn  sie  sich  mit  Quecksilber 
verbinden.      Redner    hat    sich    nun    die    Frage 
gestellt,  ob  nicht  andere  Metalle  die  Rolle  des 
Quecksilbers  spielen  können;  ist  dazu  flüssiger 
Zustand  erforderlich,    so  ist  ein  ähnlicher  Vor- 
gang am  Wood  sehen  Metall  zu  erwarten.    Das 
Experiment    spricht    aber    dagegen.     Während 
sich    nämlich  Ammoniumamalgam    in    kochend 
heisser  Chlorammoniumlösung  an  einer  Queck- 
silberkathode bildet,  ist  ein  Ahnliches  an  einer 
Elektrode      aus     geschmolzenem     Wood  sehen 
Metall  nicht  zu  beobachten. 


Dagegen  wurde  die  Aufmerksamkeit  auf 
das  Nickel  gelenkt.  Es  besteht  nämlich  eine 
alte  Vorschrift,  welche  aussagt,  dass  der  Lösung 
von  Nickelsalzen  Magnesiumsulfat  zugesetzt 
werden  muss,  um  gute  Niederschläge  zu  er- 
halten. Wenn  sich  hier  Magnesium  mit  Nickel 
abscheidet,  kann  dies  nicht  nebeneinander  ge- 
schehen, sondern  es  muss  eine  Art  depolari- 
sierenden Vorganges  dabei  eintreten.  Benutzt 
man  die  Methode  der  Bestimmung  von  Zer- 
setzungsspannungen, so  muss  dann  die  Nickel- 
abscheidung  aus  reinen  Nickelsalzen  einer  an- 
deren Kurve  entsprechen,  als  bei  gleichzeitiger 
Anwesenheit  von  Magnesium.  Dies  ist  in  der 
That  beobachtet  worden.  Im  letzteren  Falle 
läuft  die  Kurve  anfangs  wie  die  von  reinem 
Nickel,  um  plötzlich  abzubiegen  und  unterhalb 
der  ersteren  zu  bleiben.  Es  zeigte  sich  auch, 
dass  die  Menge  des  im  Niederschlag  enthalte- 
nen Magnesiums  von  der  Zusammensetzung  der 
Lösung  abhängig  ist.  Eine  an  Mg  SO^  4  nor- 
male Lösung  gab  im  Niederschlage  0,32  Proz. 
A/g,  wenn  sie  an  Nickelsulfat  2 —  normal  war, 
1,31  Proz.  in  i  normalem,  2,12  Proz.  in  0,5 
normalem  NiSOi,  Es  wurden  Legierungen 
bis  zu  10  Proz.  Mg  Gehalt  erhalten.  Die  oben 
genannte  Vorschrift  für  die  Nickelabscheidung 
ist  danach  gut  verstand  lieh:  man  erhält  eine  guthaf- 
tende Legierung,  während  reines  Nickel  abblättert. 

Das  Wort  erhält  nun  J.  Tafel  (Würzburg) 
zu  seinem  Vortrage:  „Über  kathodische  Po- 
larisationen     in     verdünnter     Schwefel- 


te 
saure  . 


Die  Depolarisation  bei  schwachen  Strömen 
hat  bereits  den  Gegenstand  vieler  Untersuch- 
ungen gebildet.  Vortragender  hat  sich  nun  die 
Aufgabe  gestellt,  die  Verhältnisse  bei  höherer 
Stromdichte  zu  prüfen  und  fuhrt  die  Ergebnisse 
seiner  Messungen  an  graphischen  Darstellun- 
gen vor. 

Den  Schluss  der  Vormittagssitzung  bildete 
ein  Vortrag  von  F.  Haber  (Karlsruhe):  „Über 
Aluminiumdarst  eilung". 

Die  Gewinnung  von  Aluminium  im  elek- 
trischen Ofen  ist  einer  der  denkbar  einfachsten 
Prozesse,  der  immer  gute  Resultate  liefert.  Die 
Dynamomaschine  wird  durch  den  Ofen  kurz 
geschlossen,  der  Schmelzmasse  wird  zur  Ver- 
minderung der  Spannung  zweckgemäss  Thon- 
erde  zugesetzt.  Nach  der  Elektrolyse  befindet 
sich  das  massive  Aluminium  auf  dem  Boden 
des  Getässes,  haftet  aber  niemals  fest  an  dem- 
selben, sondern  ist  vielmehr  immer  durch  eine 
Schmelzkruste  von  Aluminiumcarbid  von  dem- 
selben getrennt.  Ein  Kohlestab  dient  als  Anode, 
ein  Kohletiegel  als  Kathode.  Das  gewonnene 
Aluminium  ist  meist  etwas  siliciumhaltig,  doch 
lässt  sich  diese  Verunreinigung  durch  Wahl 
guter  Anoden  auf  ganz  kleine  Werte  herabsetzen. 
In    der    vierten     und     letzten    Sitzung    am 


420 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


Nachmittage  des  10.  Mai  wurde  der  erste  Vor- 
trag von  C.  Liebenow  (Berlin):  „Über  die 
Anwendung  der  Fuchsschen  Methode 
in  der  Akkumulatorenpraxis"  gehalten. 

Erst  seitdem  man  bei  den  Spannungsmes- 
sungen nach  Fuchs  eine  dritte  Elektrode  ver- 
wendet, lässt  sich  über  das  Verhalten  der  ein- 
zelnen Elektroden  eines  Elementes  etwas  aus- 
sagen, während  man  früher  nur  die  Differenz 
erhielt.  Vortragender  verwendet  nach  vielen 
Versuchen  als  dritte  Elektrode  Kadmiumamalgam 
in  Schwefelsäure,  das  in  einem  Diaphragma 
eingeschlossen  ist  und  bespricht  an  der  Hand 
von  Beispielen  und  graphischen  Darstellungen 
die  Vorzüge  dieser  Methode  und  ihre  Wichtig- 
keit für  die  Technik. 

Hierauf  hält  J.  Billitzer  (Wien)  einen  Vor- 
trag über:  „Elektrische  Doppelschicht 
und  absolutes  Potential". 

H.  von  Helmholtz  erklärt  die  Erschei- 
nungen der  Elektroendosmose  und  der  Über- 
führung schwebender  Partikeln  zu  den  Elek- 
troden mit  Hilfe  der  Doppelschicht.  Vortra- 
gender hat  untersucht,  ob  es  gelingt,  durch 
gewisse  Zusätze  den  Sinn  der  Doppelschicht 
und  hiermit  die  Bewegungsrichtung  unter  dem 
Einflüsse  des  elektrischen  Stromes  umzukehren; 
und  als  dies  gelang,  suchte  er  den  Punkt  auf, 
an  welchem  eben  diese  Umkehr  stattfindet  (in 
welchem  also  die  Doppelschicht  verschwindet), 
um  die  betreffende  Kombination,  in  welcher  ein 
fester  Körper  an  eine  Flüssigkeit  ohne  Poten- 
tialsprung grenzt,  zur  Bestimmung  „absoluter" 
Potentiale  (d.  h.  einzelner  Potentialsprünge, 
zwischen  Elektrode  und  Lösung)  zu  benützen. 

Drei  Methoden  gelangten  hier  zur  Anwen- 
dung. Nach  der  ersten  wurde  die  Ablenkung 
eines  feinen  an  einem  Quarzfaden  aufgehängten 
Metalldrahtes  aus  Pt,  Ag  oder  Hg  (Amalgame 
von  Edelmetallen)  zwischen  zwei  Elektroden 
in  verchiedenen  Lösungen  beobachtet.  Es 
zeigte  sich,  dass  Platin  sich  wie  eine  Sauerstoff-, 
respektive  Wasserstoffelektrode  verhält,  somit 
gelingt  es,  seine  Potentialdifferenz  zur  Lösung 
durch  Zusatz  von  Reduktions-  oder  Oxydations- 
mitteln, Erzeugung  saurer  oder  alkalischer  Re- 
aktion innerhalb  2  Volt  beliebig  zu  variieren. 
Das  Gleiche  erreicht  man  bei  Hg  und  Ag  durch 
Änderung  der  lonenkonzentration  in  der  Lösung. 
Bei  allen  drei  Metallen  wurde  eine  Umkehr  an 
demselben  Punkte  gefunden. 

Die  zweite  Methode  beruhte  auf  der  Beob- 
achtung der  Wanderung  entsprechender  kolloi- 
daler Metalle  in  entsprechenden  Lösungen  im 
elektrischen  Stromgefalle.  Es  ergab  sich  eine 
gute  Übereinstimmung. 

Die  dritte  Methode  bildete  endlich  eine  Um- 
kehr der  zweiten,  indem  feine  Silber-  etc.  Par- 
tikeln zwischen  Silberelektroden  in  Silbersalz- 
lösungen wechselnder   W^^-Ionenkonzentrationen 


herabfielen  und  zu  dem  Auftreten  eines  Stro- 
mes Anlass  gaben,  dessen  Sinn  und  Grösse 
beobachtet  wurde.  Auch  in  diesem  Falle  war 
eine  Umkehr  des  Stromes  in  demselben  Punkte 
zu  bemerken. 

Die  so  bestimmten  „absoluten"  Potentiale 
weichen  um  0,74  Volt  nach  der  Seite  des  Sauer- 
stoffes von  den  früheren  ab.  Schliesslich  be- 
spricht Redner  eine  Modifikation  der  Vorstel- 
lungen über  die  Doppelschicht,  die  durch  seine 
Versuche  nahegelegt  wird. 

Sodann  spricht  E.  Cohen  (Amsterdam)  über 
Normal  elemente. 

Vortragender  hat  Kadmiumamalgame  vom 
Standpunkte  der  Phasenlehre  eingehend  unter- 
sucht und  beschreibt  die  Bedingungen,  die 
hiernach  für  seine  Verwendung  im  Normalele- 
mente zu  treffen  sind. 

Hierauf  hält  R.  Luther  (Leipzig)  einen  E.x- 
perimentalvortrag  über  Reduktionen  an  der 
Anode. 

Wir  sind  es  gewöhnt,  an  der  Kathode  Re- 
duktionen, an  der  Anode  Oxydationen  zu  be- 
obachten. Vortragender  führt  einige  Reaktio- 
nen vor,  in  denen  das  Umgekehrte  stattfindet. 

So  scheidet  sich  aus  Jodkalium  in  einer 
Nitratlösung  Jod  an  der  Kathode  ab.  Der 
Grund  ist  darin  zu  suchen,  dass  intermediär  ge- 
bildetes Nitrit  die  Abscheidung  bewirkt. 

Eine  ziemlich  konzentrierte  Lösung  von 
KMnO^  und  HiSO^  reduziert  Permangamat  an 
der  Anode.  Es  bildet  sich  zunächst  Wasser- 
stoffsuperoxyd, das  KMnO^  entfärbt. 

Ebenso  wird  Permanganat,  dem  Natriumcar- 
bonat  beigefugt  wurde,  an  der  Anode  glatt 
entfärbt.  Die  Wirkung  wird  in  diesem  Falle 
vom  gebildeten  Percarbonat  ausgeübt. 

Eine  alkalische  Goldlösung,  der  Alkohol 
zugesetzt  ist,  scheidet  Gold  an  der  Anode  ab; 
intermediär  gebildetes  Aldehyd  giebt  hierzu  die 
Ursache  ab.  Das  Gleiche  geschieht  beim  Zusätze 
von  Weinsäure  über  erst  gebildete  Ameisen- 
säure. 

Alkalische  Bromkaliumlösung,  der  Ammo- 
niak und  wenig  Kaliumpermanganat  zugesetzt 
ist,  färbt  sich  an  der  Anode  grün  unter  Bil- 
dung von  Kaliummanganat.  Das  Bromid  wird 
zu  Hypobromit  oxydiert,  dieses  liefert  mit  Am- 
moniak Hydroxylamin,  welches  das  Permanga- 
nat reduziert. 

Es  handelt  sich  also  immer  um  intermediäre 
Bildung  von  Zwischenstufen,  die  unter  reduzie- 
renden Wirkungen  an  der  Anode  zerfallen. 

Das  Wort  erhält  nun  E.  Jordis  (Erlangen) 
zu  einem  Vortrage:  ,,Über  Kieselsäure,  Al- 
kali- und  Erdalkalisilikate". 

Natriumsilikate  reagieren  nicht  nach  der 
Gleichung  Na^  SiO,  +  2  HCl  =-2  Na  Cl^-  H^  Si  Ö3 
mit  Salzsäure,  sondern  es  bleibt  Ä^a^O  ge- 
bunden,    etwa   0,6    Proz.,    d.    h.    i  xVa2  O    auf 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


421 


etwa  300  SiO^-    Vortragender  sucht  dies  durch 
Entstehung  von  Pyrosäuren  zu  deuten. 

Dann  spricht  R.  Zsigmondi  (Jena):  Über 
kolloidale  Lösungen'*. 

Vortragender  hat  nach  einer  nicht  näher  er- 
örterten optischen  Methode  die  Teilchengrösse 
der  im  kolloidalen  Golde  enthaltenen  Partikeln 
bestimmt  und  findet  sie  5—10  fifi,  während 
noch  kleinere  Teile  nach  seiner  Methode  nicht 
mehr  messbar  sind.  Er  spricht  sich  gegen  die 
herrschende  Annahme  aus,  dass  es  zulässig  ist, 
aus  der  Farbe  des  Kolloides  einen  Rückschluss 
auf  die  Grösse  der  Teilchen  zu  ziehen.  Es  ge- 
lingt ihm ,  kolloidales  Gold  in  verschiedener 
Feinheit  und  gleicher  Farbe  herzustellen,  da- 
gegen aber  auch  in  verschiedener  Farbe  und 
gleicher  Grösse. 

Als  letzter  Redner  demonstriert  Fischer 
(Freiburg)  feine  Metallspäne  und  Metallwolle, 
die  auf  mechanischem  Wege  erhalten  werden. 
Die  Feinheit  zu  demonstrieren,  zündet  er  Zink- 
wolle an,  die  an  der  Luft  ruhig  abbrennt.  Die 
Metallwolle  lässt  sich  zu  Platten  pressen,  was 
besonders  bei  der  Bleiwolle  wegen  der  Ver- 
wendung im  Akkumulator  an  Interesse  gewinnt. 

Von  den  geschäftlichen  Verhandlungen  ist 
zu  berichten,  dass  der  Präsident  J.  H.  van't 
Hoff  auf  seinen  Wunsch  die  Stelle  niederlegte, 
die  dem  bisherigen  zweiten  Präsidenten  Herrn 
Direktor  Böttinger(Elberfeld)  erteilt  wurde.  Es 
gelangte  ferner  der  Beschluss  zur  Sprache,  eine 
Herausgabe  der  Werke  Bunzens  zu  veranstalten. 

Endlich  drang  der  im  Vorjahre  von  Geheim- 
rat W.  üstwald  gestellte  Antrag  auf  Erweite- 
rung der  Ziele  und  Namensänderung  der  Ge- 
sellschaft nach  längerer  Debatte  durch,  und  die 
Gesellschaft  beschloss  dies  in  ihrem  neuen 
Namen : 

Deutsche  Bunsen-Gesellschaft  für  an- 
gewandte physikalische  Chemie 
kund  zu  geben.  Jean  Billitzer. 


^^ 

Physikalische  Chemie. 

Besorgt  von  Prof.  Dr.  G.  0.  Schmidt 

^^ 

M.  Rudolphi,  Die  Molekularrefraktion  fester 
Körper  in  Lösungen  mit  verschiedenen 
Lösungsmitteln  (Habilitationsschrift)  gr.  8. 
57  S.  m.  Figuren.  Ravensburg,  O.  Maier.   1 901 . 

M.  1.20. 
Die  Frage,  mit  welcher  Sicherheit,  sich  die 
Molekularrefraktion  einer  festen  Substanz  aus 
dem  Brechungsvermögen  einer  Lösung  der- 
selben ableiten  lasse,  ist  schon  häufig  diskutiert 
und  experimentell  untersucht  worden.  Gewöhn- 
lich hat  man,  die  Lösung  als  eine  Mischung  von 
festem  Körper  und  Lösungsmittel  auffassend, 
das  spezifische  Brechungs vermögen  des  gelösten 
Körpers  berechnet  unter  Zugrundelegung  einer 
Gleichung  der  Formel 


^_„    100  100— P 

worin  R  das  spezifische  Brechungsvermögen  des 
gelösten  Körpers,  ^1  dasjenige  der  Lösung  und 
R2  <^as  des  Lösungsmittels  und  P  den  Prozent- 
gehalt bezeichnen.  Die  Aufstellung  einer  solchen 
Gleichung  setzt  die  Annahme  voraus,  dass  die 
spezifischen  Brechungsvermögen  der  festen  Sub- 
stanz und  des  Lösungsmittels  sich  in  dem  spezifi- 
schen Brechungs  vermögen  der  Lösung  einfach 
summieren.  Die  Beantwortung  der  Frage,  ob  dies 
erlaubt  ist,  ist  aber  nicht  in  einfacher  Weise  mög- 
lich, da  man  das  spezifische  Brechungsvermögen 
verschieden  definiert  hat.  Die  Emissionstheorie 
definiert  als  spezifisches  Brechungsvermögen  die 
Grösse  («^ — j)/^^  wo  d  das  spezifische  Gewicht 
bedeutet;  ferner  sind  noch  folgende  Formeln 
aufgestellt 


//  —  I      n^  —  I 


und 


n'^  +  2     d 


«2  —  I 


,2 


n'  +  2 


I 
"d 


Die  Beobachtungen  wurden  mit  Hilfe  des 
Pulfrich  sehen  Totalreflektometers  für  eine 
Reihe  von  Linien  am  Chloralhydrat  in  Wasser, 
Alkohol  und  Toluol  ausgeführt.  Dieser  Körper 
erwies  sich  als  sehr  geeignet,  weil  er  eine 
ausserordentlich  grosse  Löslichkeit  besitzt.  Es 
zeigte  sich,  dass  die  Mischungsregel  mit  keiner 
der  obenerwähnten  Formeln  für  das  spezifische 
Brechungsvermögen  die  Beobachtungen  wieder- 
zugeben vermochte.  Die  Grösse  /?,  welche 
nach  der  obigen  Formel  konstant  sein  sollte, 
zeigt  starke  Abweichungen,  wie  sich  besonders 
gut  an  den  beigegebenen  Figuren  erkennen 
lässt,  welche  die  Beziehung  zwischen  R  und 
Prozentgehalt  darstellen. 

Keine  der  drei  gebräuchlichen  Formeln  für 
das  spezifische  Refi*aktionsvermögen  scheint  be- 
züglich der  Anwendung  auf  Lösungen  besonders 
geeignet  zu  sein,  wie  aus  der  folgenden  Ta- 
belle ')  hervorgeht: 


M  ' 


n 


H- 

D 

^> 

Wasserlösung   \ 
Alkohollösung  /   '  '  ' 

49.36 

49,61 

50,28 

Toluollösung 

52,13 

52,15 

53,io 

Flüss.  Chloralhydrat 

49,93 

50,17 

50,88 

Aus  den  Atomrefrak- 

tionen berechnet 

49,27 



i)  Die  Tabelle  giebt  die  Molekularrefraktiouen  au,  A/ be- 
deutet also  das  Molekulargewicht.  Zur  Berechnung  der 
Molekularrefraktion  aus  den  Atomrefraktionen  wurden  die  von 
Ostwald  tAllgem.  (  hemie  ),  444)  gegebenen  Konstanten 
benutzt. 


422 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   18. 


122,21      123,08     135,12 


129,18 
124,36 


129,37 
125,08 


132,12 
127,21 


n^  —  I 


I 
d 


29.323 
30,689 
29»S7i 


29,666 

31,125 
29,927 


29,191     29,845 


M 

Wasserlösung   \ 
Alkohollösung  /    *  * 
ToluoUösung  .... 
FIüss.  Chloralhydrat 

+  2 

Wasserlösung    \  oc^o^A 

Alkohollösung  J  *  *  *  ^^'^'^ 

ToluoUösung 30,587 

Flüss.  Chloralhydrat  29,450 
Aus  den  Atomrefrak- 
tionen       29,093 

Diese  Tabellen  zeigen,  dass  die  aus  den 
Lösungen  in  Alkohol  und  in  Wasser  erhaltenen 
Werte  weniger  von  den  aus  den  Atomrefraktionen 
berechneten  abweichen,  als  die  aus  flüssigem 
Chloralhydrat  erhaltenen.  Dagegen  sind  die 
Werte  aus  den  Toluollösungen  beträchtlich 
grösser  als  die  übrigen. 

Die  Unterschiede  der  Zahlenwerte  sind  in 
den  drei  Gruppen,  wie  sie  den  drei  Formeln 
entsprechen,  fast  ganz  analog.  Keine  der 
Formeln  scheint  daher,  wie  schon  erwähnt,  die 
andere  in  Bezug  auf  Tauglichkeit  zu  übertreffen. 

Der  so  häufig  angenommene  und  zur  Er- 
klärung abweichender  Resultate  herangezogene 
Einfluss  der  Dissociation  des  gelösten  Körpers 
spielt  nach  den  vorliegenden  Messungen  keine 
Rolle.  Wasser  ist  anerkannt  ein  Lösungs- 
mittel von  ausserordentlich  starker  dissociieren- 
der  Kraft.  Der  Dissociationsgrad  in  Alkohol 
ist  gering,  Toluol  wirkt  nicht  dissociierend  und 
steht  hierin  dem  Alkohol  viel  näher,  als  dieser 


dem  Wasser.  Da  die  aus  den  alkoholischen 
Lösungen  erhaltenen  Werte  für  das  Brechongs- 
vermögen  des  Chloralhydrats  denen  aus  den 
wässerigen  Lösungen  sehr  nahe  stehen,  beide 
aber  sehr  stark  von  den  Resultaten  aus  den 
Toluollösungen  abweichen,  so  muss  man  hier- 
aus schliessen,  dass  der  Einfluss  der  Dissociation 
gering  ist  und  nicht  die  Abweichungen  erklären 
kann.  Die  letzteren  rühren  vielmehr  daher, 
dass  wir  noch  keine  Formel  für  die  spezifische 
Refraktion  haben,  deren  Anwendung  nahezu 
fehlerlose  Resultate  liefert. 

Aus  der  Tabelle  lässt  sich  schliesslich  noch 
entnehmen,  dass  nicht  ausnahmslos  dasjenige 
Medium  das  geeignetste  zur  Ermittelung  der 
wahren  Molekularrefraktion  und  -dispersion  eines 
Körpers  ist,  welches  dem  gelösten  Körper 
optisch  am  nächsten  steht.  Optisch  am  nächsten 
steht  dem  Chloralhydrat  das  Toluol,  aber  ge- 
rade aus  Lösungen  in  diesem  ergeben  sich  die 
abweichendsten  Molekularrefraktionen  für  das 
feste  Chloralhydrat. 

Aus  der  Arbeit  geht  also  hervor,  dass  man 
sich  nicht,  wie  das  bisher  fast  ausschliesslich 
geschah,  bei  derartigen  Untersuchungen  auf 
e  i  n  Lösungsmittel  beschränken  darf,  da  die 
zweckentsprechendste  Formel  für  e  i  n  Lösungs- 
mittel eventuell  völlig  fehlerhafte  Resultate  bei 
einem  anderen  giebt.  Den  Einfluss  des  Lösungs- 
mittels zu  ergründen,  wird  sehr  schwierig  sein, 
besonders  da  man  die  Faktoren  noch  nicht  ein- 
mal der  Zahl  nach  kennt,  welche  auf  das  Bre- 
chungsvermögen des  gelösten  Körpers  einwirken. 

G.  C.  Schmidt. 

(Eingegangen   i.  Februar  1902.) 


BESPRECHUNGEN. 


W.  V.  Bezold,  Theoretische  Betrachtungen 
über  die  Ergebnisse  der  wissenschaftlichen 
Luftfahrten  des  deutschen  Vereins  zur  För- 
derung der  Luftschiffahrt  in  Berlin.  (S.  A. 
aus  dem  Band  3  der  Wissensch.  Luftfahrten, 
herausgeg.  von  Assmann  und  Berson. 
Gesamtpreis  100  M.)  4.  31  S.  mit  Abbil- 
dungen. Braunschweig,  Friedrich  Vieweg  & 
Sohn.      1900.     M.   I. — . 

Es  dürfte  fast  unmöglich  sein,  ein  an  Inhalt 
und  Ergebnissen  so  reiches  Werk  wie  das  vor- 
liegende hier  in  wenigen  Worten  zu  referieren, 
namentlich  auch  schon  deshalb,  weil  das  Fun- 
dament, auf  dem  es  ruht  —  die  Thermodynamik 
der  Atmosphäre,  von  dem  Verf.  erst  auf  den 
Grad  der  Ausbildung  gebracht,  den  sie  heute 
aufweist  — ,  leider  immer  noch  nicht  allseitig  in 
ihrer  Tragweite  und  Eigenart  bekannt  ist. 


Das  thermodynamisch  Eigenartige  liegt  darin^ 
dass  die  Masseneinheit  der  Luft  nur  so  lange 
adiabatische  Zustandsänderungen  durchläuft,  als 
eine  eventuell  eingetretene  Kondensation  des 
Wasserdampfes  nicht  einen  Teil  der  Materie 
herausfallen  lässt.  Geschieht  letzteres,  so  gehen 
von  da  an  ganz  andere  Zustandsänderungen  vor 
sich.  Verf.  spricht  daher  von  „beschränkt  um- 
kehrbaren*' und  ,,pseudoadiabatischen"  Zustands- 
änderungen. Solche  sind  es,  welche  die  Er- 
scheinungen des  Föhn§,  den  Unterschied  der 
Witterung  in  Hoch-  und  Tiefdruckgebieten, 
sowie  auch  in  erster  Linie  den  vertikalen 
Temperaturgradienten  beherrschen.  Letzterem 
speziell  ist  die  vorliegende  Arbeit  gewidmet. 

Stellt  man  die  Zustandsänderung  auf-  oder 
absteigender  Luftströme  direkt  als  Funktion  der 
Temperatur  und  indirekt  als  solche  des  Druckes 


\ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.   18. 


423 


dar,  indem  man  statt  seiner  die  Meereshöhe 
einsetzt,  die  ihm  entspricht,  und  wählt  die  Strecke 
100  m  gleich  der  für  einen  Grad,  so  geht  bei 
einem  aufsteigenden  Strome  dieZustandsänderung 
auf  einer  Geraden  von  45  Grad  Neigung  vor 
sich  —  überall  natürlich  adiabatische  Vorgänge 
betrachtet  — ;  sobald  der  Taupunkt  erreicht, 
tritt  ein  Knick  ein,  die  Kurve  steigt  nach  oben 
konvex  an  und  geht  schliesslich  in  dieselbe 
Neigung  wie  die  der  Adiabate  des  Trocken- 
stadiums über,  sobald  die  Menge  des  Wasser- 
dampfes Null  geworden  ist.  Im  Gegensatz  hierzu 
verläuft  ein  absteigender  Strom  stets  im  Trocken- 
stadium, also  stets  auf  einer  Geraden,  kommt 
also  mit  höherer  Temperatur  an,  als  er  sie  vor 
dem  Aufsteigen  besass  (Föhn). 

Die  mittlere  Verteilung  der  Temperatur, 
im  vertikalen  Sinne,  kann  man  nun  als  durch 
das  stete  Wechselspiel  auf-  und  absteigender 
Ströme  entstanden  denken.  Man  bekommt 
daher  die  Zustandskurve  in  irgend  einer  Verti- 
kalen als  Mittel  zwischen  der  mittleren  auf- 
steigenden und  mittleren  absteigenden  Zustands- 
änderung,  und  wie  das  im  Wesen  der  Mittel- 
bildung liegt,  als  eine  von  der  Erde  aus  zunächst 
gerade  ansteigende,  dann  in  der  Region  der 
Kondensationshöhen  eingedrückte  und  nun  nach 
oben  schwach  konvexe  Kurve.  Diese  theore- 
tische Gestalt  wird  durch  die  Beobachtung  der 
Luftfahrten  voll  bestätigt,  nur  in  den  untersten 
Luftschichten  treten  andere  Verhältnisse  auf,  da 
hier  die  Nähe  des  Erdbodens  einwirkt. 

Die  Art  dieser  Einwirkung  der  Erde 
ist  allerdings  eine  ganz  andere,  als  man 
bisher  annahm,  sie  ist  nämlich  derart,  dass 
sie  eine  relative  Abkühlung  der  unteren  Schichten 
verursacht.  Dass  man  bisher  anderer  Ansicht 
war,  war  em  Überleg ungsfehler.  Allerdings 
erwärmt  der  Erdboden  die  unteren  Luft- 
schichten, allein  dadurch  entsteht  ein  labiles 
Gleichgewicht.  Bald  wird  die  erwärmte  Schicht 
abfliessen,  und  neue  kalte  Luft  zuströmen.  Der 
Erdboden  erwärmt  also  die  unterste  Luftschicht 
nicht  über  eine  bestimmte  Grenze.  Inder  Nacht,  wo 
Ausstrahlung  eintritt,  bleibt  dagegen  die  kalte  Luft 
unten  und  wird  in  der  Folge  nur  immer  kälter,  denn 
eine  Luftsäule  ist  in  stabilem  Gleichgewichte  wäh- 
rend der  Ausstrahlung  und  in  labilem  während  der 
Einstrahlung.  Diese  Dinge  sind  es,  welche  die 
Temperaturabnahme  in  den  unteren  Schichten 
bedingen. 

Geht  man  nun  von  der  Zustandsänderung 
auf  die  Zustandskurve  selbst  über,  d.  h.  auf  die 
Kurve,  welche  für  jede  Höhe  und  einen  gegebenen 
Moment  den  Zustand  darstellt,  so  ergeben  sich 
folgende  Betrachtungen  über  das  Gleichgewicht. 
Ändert  ein  Luftteilchen  seine  Temperatur,  so 
wird  es  spezifisch  leichter  oder  schwerer  und 
muss  daher  auf-  oder  absteigen.  Man  sieht  nun 
leicht  ein,  dass  dann  ein  stabiler  Zustand  herrscht. 


wenn  das  Teilchen  auf  einer  Adiabate  verläuft, 
die  es  wieder  auf  dieselbe  Zustandskurve  fiihrt, 
von  der  es  ausging.  Dies  geschieht  mit  nega- 
tiver Beschleunigung.  Ist  dagegen  die  Adiabate 
weniger  geneigt  als  die  Zustandskurve,  so  steigt 
das  Teilchen  ad  infinitum  weiter  mit  stets  wach- 
sender Beschleunigung  resp.  sinkt  so  bis  zur 
Erde.     Der  Zustand  ist  labil. 

Betrachtet  man  statt  der  Zustandskurven  der 
Temperatur  die  der  Feuchtigkeit,  so  ergeben 
sich  auch  hier  interessante  Schlüsse.  So  liegt 
die  Hälfte  alles  Wasserdampfes  unterhalb  einer 
Schicht  von  1600  m. 

Die  hier  besprochenen  Fragen  finden  sich 
nach  ihrer  theoretischen  Seite  dargestelt  in  des 
Verf.  fünfter  Mitteilung  zur  Thermodynamik  der 
Atmosphäre.  Berl.  Sitz.-Ber.  ao,  356—372,  1900. 
Aus  beiden  Arbeiten  seien  zum  Schluss  nach- 
stehende Folgerungen  mitgeteilt: 

„Adiabatische  Zustandsänderungen  feuchter 
Luft  lassen  die  potentielle  Temperatur  (d.  i.  durch 
rein  adiabatische  Zurückführung  auf  Normaldruck 
erhaltene)  ungeändert;  pseudoadiabatische  Zu- 
standsänderung ist  nur  bei  Expansion  denkbar.'* 

„Die  adiabatische  und  die  pseudoadiabatische 
Expansion  vermindert  durch  die  sie  begleitende 
Kondensation  die  Abkühlung  der  mittleren 
Schichten,  die  pseudoadiabatische  Expansion 
mit  nachfolgender  Kompression  erwärmt  die 
ganze  unterhalb  gelegene  Atmosphäre.  Die  Ein- 
strahlung vom  Erdboden  bildet  zwar  die  Haupt- 
wärmequelle ftir  die  gesamte  Atmosphäre,  wird 
jedoch,  sofern  es  sich  um  die  relative  Tempe- 
raturverteilung in  der  Vertikalen  handelt,  von 
der  Ausstrahlung  überkompensiert.'' 

„Die  Ungleichartigkeit  in  den  Vorgängen 
der  Erwärmung  und  Abkühlung  bedingt  eine 
Erniedrigung  der  Mitteltemperatur  der  unteren 
Schichten.  In  den  grössten  Höhen,  wo  Absorp- 
tion und  Emission  verschwinden,  und  beinahe 
kein  Wasserdampf  mehr  vorhanden  ist,  bildet 
adiabatisches  Aufsteigen  und  Niedersinken  trocke- 
ner Luft  die  einzige  Ursache  der  Temperatur- 
änderung mit  der  Höhe." 

Potsdam.  A.  Nippoldt. 

(^Eingegaugen    13.  März  1902.) 


Gustav  Keppeler,  Chemischer  Führer  durch 
die    Industrie  -    und    Gewerbe  -  Ausstellung 
Düsseldorf  1902.    (Auf Veranlassung  derChem. 
Ztschr.,  Centralblatt  für  die  Fortschritte  der 
gesamten    Chemie,    herausgegeben   von  Prof. 
Dr.  Felix  Ahrens,  veröffentlicht.)  8^.  IV  u.  46  S. 
Leipzig,  S.  Hirzel.     1902.    M.  — .60. 
Die  Chemische  Zeitschrift,    welche   sich  be- 
kanntlich die  Aufgabe  gestellt  hat,  in  zusammen- 
fassenden, kritisch  gesichteten  Artikeln  die  Er- 
rungenschaften   und   Fortschritte  auf  allen  Ge- 
bieten der  reinen  und  angewandten  Chemie  in 


424 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  18. 


kurzen  Zeitabschnitten  zu  registrieren,  bringt 
in  diesem  Hefte  eine  Übersicht  über  die  che- 
mische Industrie  auf  der  Industrie-  und  Gewerbe- 
ausstellung in  Düsseldorf.  Dadurch,  dass  sich 
die  Verlagsbuchhandlung  entschlossen  hat,  die 
Abhandlung  in  Buchform  herauszugeben,  hat  sie 
allen  Besuchern,  namentlich  den  Teilnehmern 
an  der  Hauptversammlung  des  Vereins  Deut- 
scher Chemiker,  einen  grossen  Dienst  erwiesen. 
Im  Gegensatz  zu  anderen  Führern  wird  hier 
auf  die  wissenschaftliche  Seite  mehr  Rücksicht 
genommen,  so  wird  bei  den  einzelnen  Firmen 
das  Prinzip  ihrer  Verfahren  u.  s.  w.  angegeben, 
so  dass  es  dem  Besucher  leicht  wird,  die  Haupt- 
grundsätze der  Fabrikation  zu  verstehen,  ohne 
sich  in  Einzelheiten  zu  verlieren.  Dem  Besucher 
der  Ausstellung,  welche  eine  Übersicht  über 
die  vertretene  chemische  Industrie  gewinnen 
und  als  Lernender  die  Haupterrungenschaften 
der  chemischen  Technik  mit  ihren  mannigfachen 
Nebengebieten  kennen  lernen  will,  kann  der 
Führer  auf  das  wärmste  empfohlen  werden. 

G.  C.  Schmidt. 

(Eingegangen  30.  Mai   .902.) 


MaxvonPettenkofer,  Ober  Ölfarbe  und  Kon- 
servierung der  Gemälde-Galerien  durch  das 
Regenerations-Verfahren.  2.  Auflage,  gr.  8. 
VII  u.  183  S.  Braunschweig,  Fr.  Vieweg  & 
Sohn.     1902.     M.  3. — 

Das  vorliegende  Buch  ist  der  wörtliche  Ab- 
druck der  im  Jahre  1870  erschienenen  ersten 
Auflage.  Damals  war  nach  fünfjährigem  Kampfe, 
welchen  der  Verf.  eingehend  schildert,  das  neue 
Verfahren  zur  Konservierung  der  Ölgemälde 
fast  überall  angenommen.  Den  wesentlichen 
Inhalt  bildet  die  Beschreibung  des  Ver- 
fahrens, sowie  die  wissenschaftliche  Begründung 
desselben,  ferner  die  Berichte  der  königlichen 
Kommission  und  ein  leicht  verständlicher  Auf- 
satz von  Fr.  Pecht  über  das  Pettenkofer- 
sche  Verfahren.  Da  das  Buch  hauptsächlich 
für  Künstler  und  Chemiker  Interesse  hat,  so 
muss  dieser  Hinweis  genügen. 

G.  C.  Schmidt. 

(Eingegangen  30.  Mai  I902.) 


H.  B.  de  Saussure,  Versuch  über  die  Hygro- 
metrie.  2.  Heft.  Herausgegeben  von  A.  J. 
V.  Oettingen.  (Ostwalds  Klassiker  der 
exakten  Wissenschaften.  119).  170  S.  mit 
2  Figuren.  Leipzig,  Wilh.  Engelmann.  1900. 
Mk.  2.40. 
Dieses    zweite    Heft')    der    O st wald sehen 

Ausgabe  enthält  die  Theorie  der  Ausdünstung, 

Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Si 

Druck  von  August 


d.  i.  Verdunstung  und  die  Anwendung  der 
Hygrometrie  auf  einige  Erscheinungen  der 
Meteorologie.  Ersteres  dürfte  allgemeineres 
Interesse  beanspruchen,  während  letztere  Unter- 
suchungen und  Betrachtungen  speziell  dem 
Meteorologen  von  Wert  gewesen  sind  und  es 
auch  stets  bleiben  werden. 

11  Vgl.  auch  diese  Zeitschr.  2,  298—299,  1901. 

Potsdam.  A.  Nippoldt. 

(Eingegangen  13.  März   1902.) 


Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Abendroth,  William,  Leitfaden  der  Physik  mit  Eiuschluss 
der  einfachsten  Lehren  der  mathematischen  Geographie 
nach  der  Lehr-  und  Prüfungsordnung  von  1893  für  Gym- 
nasien. I.  Band.  Kursus  der  Unter-  und  Obersekunda. 
Dritte  Auflage.  Mit  152  Holzschnitten,  gr.  8«.  IX  u. 
221  S.  1902.  Leipzig,  S.  Hirzcl.  M.  360.  Gebunden 
M.  4.—. 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  FachgenoBsen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Der  Observator  der  Göttinger  Sternwarte,  Prof.  Dr. 
L.  Ambronn,  wurde  zum  a.  o.  Professor,  der  Direktor  der- 
selben, a.  o.  Prof.  Dr.  C.  Schwarzschild,  zum  o.  ö.  Pro- 
fessor ernannt. 

An  Stelle  des  nach  Karlsruhe  berufenen  Dr.  Haussner 
ist  der  bisherige  Privatdozent  in  Strassburg  Dr.  Jos.  Well- 
st ein  als  a.  o.  Professor  der  Mathematik  nach  Giessen  be- 
rufen worden.  ,        . 

Der  Privatdozent  der  Chemie  an  der  Universität  Halle 
Professor  Dr.  Daniel  Vorländer  wurde  zum  a.  o.  Pro- 
fessor ernannt. 

Zum  Leiter  der  neuerrichteten  Anstalt  für  chemische 
Technologie  an  der  Universität  Jena,  die  die  Karl  Zeiss- 
Stiftung  und  Dr.  Schott  eingerichtet  haben,  ist  Dr.  v.  Ge- 
richten, früherer  langjähriger  Direktor  bei  den  Höchster 
Farbwerken,  berufen  worden. 

Dem  Privatdozent  der  Chemie  an  der  Universität  Kiel 
Dr.   Franz   Feist    wurde    das  Prädikat  Professor  beigcl^ 

In   Strassburg    habilitierte    sich  Dr.  Kohlschütter  mr 

Chemie. 

Die  mathematisch -naturwissenschaftliche  Abteilung  der 
Wiener  Akademie  der  Wissenschaften  hat  den  Lieben-Preis, 
der  in  Höhe  von  aooo  Kronen  für  die  beste  VeröfTentlichung 
auf  dem  Gebiete  der  Chemie  alle  vier  Jahre  verteilt  wird, 
dem  a.  o.  Professor  an  der  Wiener  Universität  Dr.  Josef 
Herzig  für  sein  Werk  über  „natürliche  Farbstoffe"  zuerkannt, 
Dr.  phil.  Georg  Cantor,  o.  Professor  der  Mathematik 
an  der  Universität  Halle,  will  in  den  Ruhestand  treten;  er 
gehört  dem  Lehrkörper  der  Universität  seit  länger  als 
30  Jahren   an. 


Berichtigungen. 

In  der  Arbeit  von  Honda,  Shimizu  und  Kusakabe 
Seite  381  erste  Spalte  ist  in  der  letzten  Spalte  der  Tabelle 
für  Wolframstahl  statt  „1928"  1918,  statt  „1,84"  1,80,  in  der 
zweiten  Spalte  der  Tabelle  für  Nickel  statt  „0,48"  0,90,  sUtt 
„L67"   1.35.   in  der  letzten  Spalte   statt  „3,62"  3,02  zu  lesen. 

In  der  folgenden  Arbeit  der  gleichen  Verfasser  Seite  382 
erste  Spalte  ist  in  der  Tabelle  für  Nickel  4.  Spalte  statt 
,,—,0067"  —0,0067  zu  lesen. 


mon  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 
Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschmf:^ 


No.  19. 


I.  Juli  1902. 

Redakdonsachluss  ftir  No.  ao  am  9.  Juli  1909. 


3.  Jahrgang. 


Originalmitteilungeii : 

A.  Heydweiller,  Bemerkungen  zu 
den  Gewichtsänderungen  bei  che- 
mischer und  physikalischer  Um- 
setzung.    S.  425. 

J.  Precht,  Photochemische  Solari- 
sation als  Entwicklungsphänomen. 
S.  426. 

H.  Krüss,  Die  Verwendung  des 
elektrischen    Bogenlichtes    in    Pro- 


INHALT. 

jektions-  und  Vergrösserungsappa- 
raten.     S.  428. 

J.  Borgmann,  Über  die  Wirkung 
eines  Magnetfeldes  auf  das  Leuchten 
eines  verdünnten  Gases  rings  um 
einen  Draht,  welcher  an  einen  In- 
duktorpol angeschlossen  ist.   S.  433. 

W.  Wien,  Über  Fluoreszenzerregung 
der  Kanalstrahlen  an  Metalloxyden. 
S.  440. 

C.  Runge,  Über  den  Zeemaneflekt 
der  Serienlinien.     S.  441. 


J.  Teichmüller,  Über  die  Grenzen 
der  graphischen  Behandlung  der 
Wechselstromprobleme.     S.  442. 

Vorträge  und  Reden: 

A.  Righi,  Über  die  Frage  des  durch 
die  elektrische  Konvektion  erzeugten 
Magnetfeldes  und  über  andere  ähn- 
liche Fragen.  II.  S.  449.   (Schluss.) 

Eingegangene  Schriften.    S.  456. 
Personalien.    S.  456. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Bemerkungen  zu  den  Gewichtsänderungen  bei 
chemischer  und  physikalischer  Umsetzung. 

Von  Adolf  Heydweiller. 

Zu  meinen  Versuchen  über  Gewichtsände- 
rungen bei  chemischer  und  physikalischer  Um- 
setzung 0  veröffentlichte  Lord  Rayleigh  (Nature 
vom  20.  Juni  1901  und  15.  Mai  1902)  einige 
dankenswerte  kritische  Bemerkungen,  die  ich 
im  folgenden  mit  Gegenäusserungen  vereint 
wiedergebe. 

In  der  ersten  Mitteilung  weist  er  darauf  hin, 
dass  man  noch  die  Frage  aufwerfen  könne,  ob 
es  sich  dabei  nur  um  Gewichts-  oder  auch  um 
Massenänderung  handele.  Die  Bejahung  dieser 
Frage  würde,  obwohl  mit  keiner  sicher  fest- 
gestellten Thatsache  in  Widerspruch,  jedenfalls 
nur  mit  Widerstreben  aufgenommen ;  im  anderen 
Falle  wären  Masse  und  Gewicht  nicht  immer 
proportional,  und  die  Länge  des  Sekunden- 
pendels nicht  unabhängig  von  seinem  Material. 
Die  Abweichungen  wären  allerdings  weit  klei- 
ner, als  die  von  Bessel  bei  seinen  Beobach- 
tungen mit  Au,  Ag,  Fe,  Zn,  Marmor  und  Quarz 
erreichte  Genauigkeit  (Veoooo),  und  auch  bei 
bedeutend  weiter  getriebener  Genauigkeit  kaum 
festzustellen. 

Eine  Einwendung  gegen  meine  Versuche 
findet  Lord  Rayleigh  in  dem  Umstände,  dass 
vor  der  Umwandlung  nicht  immer  ein  Gleich- 
gewichtszustand bestanden  habe,  z.  B.  nicht  bei 
der  Auflösung  von  CuSOx  ii^  Wasser,  wobei 
vielmehr  fortwährend  Wasser  zum  Kupfersulfat 
destillieren  musste,  und  somit  Temperaturände- 
rungen auftraten,  die  eine  scheinbare  Gewichts- 
vermehrung bedingen  konnten. 

Dass  diese  Fehlerquelle  bei  meinen  Ver- 
suchen keine  merkliche  Rolle  gespielt  hat, 
schliesse  ich  daraus,   dass  die  Gewichtsvermin- 

i)  Diese  Zeitschr.  1,  527,  1900.  Annalen  der  Physik  5, 
394,  1901. 


derung  bei  der  Auflösung  von  möglichst 
neutralem  G/5O4  in  reinem  Wasser  die  Versuchs- 
fehler nicht  überstieg  und  erst  bei  der  An- 
wesenheit von  kleinen- Mengen  freier  Säure  den 
3-  bis  4fachen  Betrag  erreichte.  Immerhin  wird 
bei  künftigen  Versuchen  hierauf  zu  achten  sein. 

An  der  zweiten  oben  erwähnten  Stelle  fuhrt 
Lord  Rayleigh  an,  dass  eine  Gewichtsänderung 
bei  der  Auflösung  eines  Salzes  in  Wasser  in 
Widerspruch  wäre  mit  dem  Energieprinzip.  Da 
man  nämlich  die  isotherme  Auflösung  eines 
Salzes  in  umkehrbarer  Weise  vollziehen  könne, 
so  würde  man  im  Falle  einer  begleitenden  Ge- 
wichtsänderung durch  die  reversible  Ausfuhrung 
des  Vorganges  auf  einem  Schwereniveau  und 
die  Zurückführung  auf  einem  anderen  den 
Kreisprozess  so  leiten  können,  dass  Arbeit  aus 
nichts  gewonnen  würde. 

Die  bei  der  Auflösung  von  CuSO^  gefun- 
denen Gewichtsänderungen  sind  nicht  die 
grössten  und  auffallendsten  der  bisher  beob- 
achteten, aber  der  Einwand  würde  auch  andere 
Beobachtungen « treffen  und  auf  alle  Fälle  das 
Vertrauen  in  die  Realität  der  Gewichtsände- 
rungen sehr  erschüttern,  wenn  er  zuträfe. 

Nun  ist  aber  die  Umkehrbarkeit  eines  Vor- 
ganges, wie  die  Auflösung  eines  Salzes,  ein 
idealer  Grenzfall,  der  vollkommen,  oder  auch 
nur  mit  der  hier  in  Betracht  kommenden  Ge- 
nauigkeit ebensowenig  realisierbar  ist,  wie  ein 
Perpetuum  mobile,  weil  sekundäre,  reibungs- 
ähnliche Vorgänge  unvermeidlich  sind,  und  der 
Arbeitsgewinn  auf  dem  bezeichneten  Wege  ge- 
hört also  zu  den  Unmöglichkeiten. 

Meine  Versuche  haben  mich  weiter  zu  der 
Ansicht  geführt,  dass  die  beobachteten  Gewichts- 
verminderungen nicht  durch  die  ausgeführten 
Umsetzungen  selbst,  sondern  durch  sekundäre 
Vorgänge,  vielleicht  noch  unbekannter  Art  be- 
dingt sind.  Zum  Belege  berufe  ich  mich  auf 
den  Umstand,  dass  kleine  Beimengungen  frem- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


der  Stoffe  (Säure  z.  B.),  die  mit  der  Reaktion 
anscheinend  nichts  zu  thun  haben,  die  Gewichts- 
änderungen in  hohem  Masse  beeinflussen.  Auch 
der  Umstand,  dass  nur  Gewichtsverminde- 
rungen beobachtet  wurden,  ist  hier  anzu- 
führen. — 

Mehrfacher  Instituts  Wechsel  und  die  damit 
verbundene  Arbeit  haben  mich  bisher  an  der 
Fortführung  dieser  Versuche  verhindert,  doch 
hoffe  ich,  sie  noch  im  Laufe  dieses  Jahres  wieder 
aufnehmen  zu  können. 

Dagegen  hat  Herr  Landolt  nach  einer  Mit- 
teilung an  die  Berliner  Akademie  (vgl.  Naturw. 
Rundschau  17,  2 1 8,  1902)  neuerdings  sowohl 
bei  der  Auflösung  von  Chlorammonium  in 
Wasser,  wie  bei  der  schon  früher  mit  zweifel- 
haftem Ergebnis  untersuchten  Reaktion  zwischen 
Jodsäure  und  Jodwasserstoff  merkliche  Gewichts- 
verminderungen erhalten.  Mit  dem  letzten 
Ergebnis  ist  nun  auch  der  einzige  bisher  beob- 
achtete Fall  einer  merklichen  Gewichtsvermeh- 
rung als  sehr  wahrscheinlich  auf  Versuchsfehlern 
beruhend  beseitigt. 
Münster  i.  W.,  physikal.  Institut,  Juni  1902. 

(EinEegangeö  6.  Juni   I902.) 


Photochemische  Solarisation  als  Entwicklungs- 
phänomen. 

Von  J.  Precht. 

Versteht  man   unter  dem  Schwärzungsgrad 
oder  der  Dichtigkeit  einer  entwickelten   Brom- 
silbergelatineschicht,   wie  es   neuerdings   üblich 
ist,  den  Logarithmus  des  Verhältnisses  der  anf- 
allenden zur  durchgehenden  Lichtintensität,  so 
wächst  bekanntlich  diese  Dichte  bei  steigender 
Energiezufuhr    zur   unentwickelten  Platte    nicht 
unbegrenzt,     sondern     erreicht     schnell     einen 
Maximalwert,    der   lange    unverändert   erhalten 
bleibt  und  von  da  aus  endlich  mit  fortgesetzter 
Belichtung  wieder  abnimmt  (Belichtung  =  Inten- 
sität  mal   Zeit).     Den    absteigenden    Kurvenast 
Gebiet  der  Solarisation. 
t    wohl    zu     den    rätsei - 
,  die  man  an  Bromsilber- 
anders  seit  kürzlich  durch 
rde,    dass   sie  unter  be- 
ingungen     einen     perio- 
len  kann.    Man  hat  die 
irch  im  Licht  abgespal- 
erbung   der  Schicht  zu- 
und  die  Beobachtungen 
Itspunkt  dafür,   dass  bei 
die  Diffusion  von  Ent- 
gen in  die  Schicht  hinein 


erschwert  wird.  Im  folgenden  wird  gezeigt, 
dass  dieSolarisation  keine  derBromsilber- 
gelatine  als  solcher  anhaftende  Eigen- 
schaft ist,  sondern  dass  sie  durch  den 
Vorgang  der  Entwicklung  entsteht  und 
durch  richtig  geleitete  Entwicklung  auch 
vollkommen  verschwindet  und  vermieden 
werden  kann. 

Bei  diesen  Versuchen  handelt  es  sich  nicht 
um  Entwicklung  solarisierter  Schichten,  die 
primär  fixiert  sind,  bei  denen  also  die  bei  sehr 
grosser  Energiezufuhr  erschwerte  Diffusion  von 
Thiosulfatlösung  in  die  Schicht  das  stark  be- 
lichtete Bromsilber  noch  nicht  völlig  gelöst  hat, 
während  die  weniger  belichteten  Teile  heraus- 
gelöst sind,  so  dass  die  ersteren  nach  dem 
Auswaschen  des  Thiosulfats  für  sich  allein  in 
gewöhnlicher  Weise  reduziert  werden  können.') 
Das  Wesentliche  der  vorliegenden  Versuche  be- 
steht vielmehr  darin,  dass  normal  belichtete 
und  solarisiert,  oder  wie  man  jetzt  sagen  muss, 
solarisierend  belichtete  nebeneinander  ohne  vor- 
heriges Fixieren  normal  entwickelbar  sind. 

Es  wird  dabei  eine  bisher  unbekannte  Eigen- 
schaft saurer  Sulfite  benutzt,  insbesondere  des 
Acctonsulfit-Bayer,  das  eine  saure  Sulfitverbin- 
dung des  Acetons  darstellt.  Während  nämlich 
nach  den  vorliegenden  Erfahrungen')  saure 
Sulfite  wohl  die  Reduktionsgeschwindigkeit  ver- 
mindern, hat  sich  bei  einer  photographi sehen 
Untersuchung  des  Acetonsulfit-Bayer  ergeben'), 
dass  diesem  eine  beträchtliche  Bedeutung  zur 
Entwicklung  überbelichteter  Bromsitbergelatine 
zukommt,  ohne  dass  dabei  andere  als  die  üb- 
lichen Entwicklungszeiten  notwendig  sind.  Ich 
behandle  hier  nur  die  Entwicklung  von  Schichten, 
die  bis  zur  Solarisationsgrenze  und  stärker  be- 
lichtet sind,  da  diese  Erscheinungen  ein  mehr 
theoretisches  Interesse  beanspruchen. 

Für  die  Belichtung  kam  als  Lichtquelle  Mag- 
nesiiimband  in  Anwendung,  von  dem  i  cm  einer 
photographisch  wirksamen  Energiemenge  von 
rund  1200  Hefner-Meter-Sekunden  entsprach. 
Die  Bromsilbergelatine  wurde  nicht  direkt,  son- 
dern in  einem  für  diesen  Zweck  abgeänderten 
Pigmentdruckphotometer  (Wynncs  Kopieruhr} 
hinter  einer  Lochplatte  mit  32  kreisförmigen 
Löchern  abnehmenden  Durchmessers  belichtet. 
Die  Durchmesser  der  Löcher  sind  so  gewählt, 
dass  die  Intensität  von  einem  Loch  zum  nächsten 
um  ein  Fünftel  ihres  Wertes  abnimmt.  Die  Be- 
urteilung des  Resultats  wird  wesentlich  erleichtert 
durch  ein  hinter  den  Löchern  angebrachtes 
Diapositiv,  das  Zahlen  i  bis  16  und  Buchstaben 
trägt,  die  sich  auf  der  Versuchsplatte  abbilden. 
!  Der  Beginn  der  Solarisation  entsprach  bei 
Hervorrufung  mit  einem  Rapidentwickler  —  ich 

i)  l^nglUch,  DUseZeitschr.  2,  6z,  1900. 

31  Eder.  Handbuch  d.  Phot.  1,  117;  Halle,  Kiui|>p.  1S90. 

31  Precht,  Phol.  Centralbl.  Juli   190a. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


427 


verwendete  meist  Edinollösung  i  :  25  —  einer 
Lichtmenge,  die  gleich  dem  20- bis  2500ofachen 
Betrag  der  Normalexposition  war  und  für  ver- 
schieden empfindliche  Plattensorten  zwischen 
32.10^  und   106.10*  H.-M.-S.  variierte. 

Entwickelt  man  nun  eine  bis  in  das  Gebiet 
der  Solarisation  belichtete  Platte  in  einer  Edinol- 
lösung 1:25,  der  I  Proz.  festes  Acetonsulfit  zuge- 
setzt wird,  so  beobachtet  man  folgendes:  die 
Zeit  bis  zum  Erscheinen  der  ersten  Bildspuren 
wird  im  Verhältnis  i  :  8  vergrössert,  darauf  ent- 
steht ein  negatives,  sehr  klares  Bild,  dieses 
kräftigt  sich  bei  fortgesetzter  Entwicklung,  und 
nach  einer  Dauer  von  etwa  3  Minuten  fangen 
die  am  stärksten  belichteten  Teile  an  allmählich 
in  ihrer  Umgebung  zu  verschwimmen;  eine  Zahl 
verschwindet  nach  der  anderen  und  nach  Ver- 
lauf einer  weiteren  Minute  erscheint  in  dem  am 
stärksten  belichteten  Feld  ein  positives  Bild. 
Die  Umkehrung  schreitet  allmählich  fort  bis  zu 
demjenigen  Feld,  das  bei  Hervorrufung  im  Rapid- 
entwickler allein  sich  wie  alle  voraufgehenden 
unmittelbar  positiv  entwickelt.  Unterbricht 
man  also  den  Entwicklungsprozess  nach 
etwa  3  Minuten,  so  erhält  man  ein  nor- 
males Negativ,  das  keine  Spur  von  So- 
larisation zeigt  und  durch  Behandlung  mit 
Uranverstärker  kopierfähig  gemacht  werden 
kann. 

Da  das  Photometer  gleichzeitig  Belichtungen 
anzeigt,  die  sich  wie  285  :  i  verhalten,  so  konnte 
der  Beginn  der  Solarisation  an  eine  beliebige 
Stelle  der  Skala  verlegt  werden.  Die  geringste 
Lichtmenge,  bei  der  noch  eben  das  erste  Feld 
zum  Solarisieren  gebracht  werden  konnte,  be- 
trug 323000  H.-M.-S.  Dann  hat  das  letzte  Feld 
die  Menge  1 133  H.-M.-S.  erhalten.  Von  diesem 
Werte  aufwärts  änderte  sich  die  zugeführte  Licht- 
energ^e  bis  zum  Maximalwert  von  288.10^  oder 
rund  3  Millionen  H.-M.-S.  Das  Versuchsgebiet 
umfasst  damit  den  Bereich  zwischen  1 1 33  H.-M.-S. 
und  dem  Neunfachen  des  Solarisationsbeg^nns, 
oder  anders  ausgedrückt,  zwischen  dem  22- 
fachen  und  54000fachen  der  Normalexposition 
fiir  eine  bestimmte  Plattensorte  oder  dem  87- 
fachen  und  180000  fachen  der  Normalexposition 
fiir  eine  andere  Plattensorte.  Innerhalb  dieses 
Gebiets,  das  sich  also  vom  Anfang  der  neu- 
tralen Zone  durch  diese  hindurch  und  über  den 
grössten  Umfang  des  bisher  untersuchten  Sola- 
risationsgebietes  erstreckt,  ist  das  oben  gegebene 
Resultat  überall  dasselbe.  Man  kann  durch  den 
Zusatz  von  Acetonsulfit  bei  rechtzeitiger  Unter- 
brechung des  Entwicklungsvorgangs  stets  ein 
normales,  nicht  solarisiertes  Negativ  erhalten. 
Demnach  ist  die  Solarisation  ausschliesslich  als 
ein  Entwicklungsphänomen  aufzufassen,  das  mit 
der  photochemischen  Umwandlung  der  Brom- 
silbergelatine keine   unmittelbaren   Beziehungen 


Andere  saure  Sulfite  sind  bisher  nicht  unter- 
sucht. Von  anderen  Entwicklern  hat  mir  insbe- 
sondere das  Pyrophan,  ein  von  den  Farben- 
fabriken vorm.  Friedr.  Bayer  &  Co.,  Elberfeld, 
hergestelltes  Kondensationsprodukt  des  Pyro- 
gallols  mit  einem  Amidokörper,  in  Verbindung 
mit  Acetonsulfit  zur  normalen  Entwicklung  stark 
überexponierter  Platten  vortreffliche  Resultate 
ergeben.  Die  benutzten  Plattensorten  waren  be- 
kannte Handelsmarken  der  üblichen  Empfind- 
lichkeit, mit  und  ohne  Farbstoffzusatz.  Die 
empfindlichste  derselben  erforderte  zu  einer 
mittleren  Schwärzung  den  dritten  Teil  der  Energie, 
welche  die  am  wenigsten  empfindliche  cet.  par. 
zur  gleichen  Schwärzung  gebrauchte. 

Was  die  Erklärung  der  Wirkung  des  sauren 
Sulfits  betrifft,  so  liegt  sie  nicht  etwa  in  einer 
Entgerbung  der  Schicht  an  den  stärker  belich- 
teten Stellen.  Es  wird  im  Gegenteil  die  Diffusions- 
fähigkeit der  Gelatine  durch  Baden  in  Aceton- 
sulfitlösung  merklicli  vermindert.  Es  handelt  sich 
vielmehr  um  eine  Auflösung  oder  Zersetzung 
der  Oxydationsprodukte  des  Entwicklers.  Man 
kann  das  leicht  nachweisen,  wenn  man  eine 
durch  Oxydation  gebräunte  Edinollösung  mit 
Acetonsulfit  versetzt.  Sie  wird  wieder  klar  und 
die  Braunfarbung  verschwindet.  Es  liegt  daher 
nahe,  den  Vorgang  so  zu  denken,  dass  an  allen 
belichteten  Stellen  die  Oxydationsprodukte  des 
Entwicklers  schnell  beseitigt  werden.  Dauert 
die  Entwicklung  lange,  so  tritt  der  bekannte 
Unterschied  hervor,  dass  an  den  stark  belich- 
teten Stellen  frischer  Entwickler  weniger  schnell 
eindringt  als  an  den  schwach  belichteten;  letztere 
werden  daher  relativ  beträchtlich  stärker  reduziert 
und  man  erhält  diese  positiv-solarisiert  gegen- 
über den  andern.  Die  stark  verzögernde  Wirkung 
des  Acetonsulfits  und  die  bei  langsamer  Redukr 
tion  mögliche  Vernichtung  der  Oxydations- 
produkte erlaubt  also,  den  Entwicklungsprozess 
in  einem  Stadium  zu  unterbrechen,  bei  welchem 
noch  das  normale  Verhältnis  der  Schwärzungen 
zum  Ausdruck  kommto 

Hat  man  mehrfach  das  allmähliche  Auftreten 
der  Solarisation  bei  fortschreitender  Entwicklungs  - 
dauer beobachtet,  so  kann  man  auch  bei  ge- 
wöhnlicher Entwicklung  mit  einem  Rapident- 
wickler in  den  ersten  Augenblicken  seiner  Ein- 
wirkung das  negative  Bild  erkennen,  das  aller- 
dings dann  sehr  schnell  umschlägt.  Ich  bemerke 
übrigens,  dass  bei  den  meisten  Aufnahmen  mit 
der  üblichen  Entwicklung  die  Solarisation  genau 
soweit  erfolgte,  als  die  Schicht  bei  der  Be- 
lichtung sichtbar  gefärbt  war  und  ein  Bild 
auch  ohne  Entwicklung  schon  zeigte. 

Noch  ein  weiterer  Punkt  scheint  mir  Interesse 
zu  beanspruchen.  Wird  nämlich  irgend  eine 
Schicht  soweit  belichtet,  wie  es  dem  Gebiet  der 
sogenannten  neutralen  Zone  (Belichtung  etwa 
lO'^  bis   lO"*  normal)  oder  auch  der  völligen  So- 


428 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


larisation  (Belichtung  )  2.  10^  normal)  entspricht 
und  in  der  angegebenen  Weise  als  Negativ  ent- 
wickelt, so  zeigt  dieses  Negativ,  aus  welchem 
Belichtungsgebiet  es  auch  stammen  möge,  trotz 
der  ausserordentlichen  Energiemengen,  die  ge- 
wirkt haben,  ganz  klare  Intensitätsunterschiede 
zwischen  Anfang  und  Ende  der  Photometer- 
skala. Die  photographische  Schicht  ist  also  an 
sich  keineswegs  blind  für  Intensitäts- 
unterschiede, wenn  auch  die  absoluten 
Intensitäten  ausserordentlich  gross  sind 
und  nur  die  übliche  Art  der  Entwicklung  hat 
bisher  verhindert,  diese  Unterschiede  wahrnehm- 
bar zu  machen.  Diese  Thatsache  scheint  mir 
der  rein  chemischen  Auffassung  des  photo- 
graphischen Vorgangs  einige  Schwierigkeiten 
zu  bereiten,  denn  danach  sollte  angenommen 
werden,  dass  der  Gleichgewichtsdruck  des  Halo- 
gens schliesslich  einen  Grenzwert  erreicht,  bei 
dem  die  weitere  Lichtwirkung  zum  Stillstand 
kommt. 

Nebenbei  erwähne  ich,  dass  die  maximale 
Dichtigkeit  des  Silbemiederschlags,  die  bei  der 
gewöhnlichen  Entwicklungsmethode  mit  dem 
25-  bis  3  5  fachen  Werte  der  Normalexposition 
erreicht  wird,  durch  Entwicklung  mit  Aceton- 
sulfit  in  einem  besonderen  Falle  auf  den  1400- 
fachen  Wert  der  Normalexposition  verlegt 
werden  konnte.  Hieraus  geht  deutlich  hervor, 
wie  sehr  das  Verhältnis  zweier  photographischer 
Schwärzungen    von    der   Entwicklung  abhängt. 

Die  Art  der  Energiezufuhr  ist  für  das  Re- 
sultat der  Solarisation,  wie  Englisch  0  gezeigt 
hat,  nicht  ohne  Bedeutung.  So  erhielt  ich  zum 
Beispiel  bei  meinen  Versuchen  verschiedene  Er- 
gebnisse, wenn  ich  aus  14  cm  Abstand  mit  3  Streifen 
Magnesiumband  von  je  16  cm  Länge  belichtete 
und  wenn  bei  gleichem  Abstand  24  Streifen 
von  je  2  cm  Länge  verbrannt  wurden.  Im  letzteren 
Falle  muss  jeder  Streifen  um  ein  gemessenes 
kleines  Stück  länger  als  20  mm  geschnitten 
werden,  da  das  Magnesium  nicht  völlig  bis  an 
die  haltende  Klammer  verbrennt.  Trotz  dieser 
Vorsicht  erhält  man  folgende  Unterschiede  bei 
der  üblichen  Entwicklungsmethode.  Mit  3  Streifen 
von  je  16  cm  Mg  solarisiert  die  Platte  bis  zur 
Photometernummer  13,  14  hebt  sich  nicht  von 
der  Umgebung  ab  und  ist  unsichtbar,  15  ist 
deutlich  negativ.  24  Streifen  von  je  2  cm  geben 

I  bis  7  positiv,  8  negativ,  9  unsichtbar,   10  und 

I I  positiv,  1 2  und  alle  folgenden  negativ.  Ent- 
wicklungsdauer in  beiden  Fällen  3  Minuten  im 
Edinolentwickler  i  :  25.  Die  mit  vielen  kleineren 
Lichtmengen  belichtete  Platte  zeigt  also  einen 
deutlich  periodischen  Charakter.  Entwickelt  man 
zwei  ganz  entsprechend  belichtete  Platten  mit 
Zusatz  von  Acetonsulfit-Bayer  ebenfalls  3  Mi- 
nuten, so  erhält  man  zwei  ganz  gleiche  Nega- 

i)  Engliscb,  I.  c. 


tive.  Scheinen  danach  die  Perioden  durch 
diese  Art  der  Entwicklung  völlig  zu  verschwin- 
den, so  hebe  ich  doch  ausdrücklich  hervor,  dass 
noch  ein  Widerspruch  insofern  besteht,  als  es 
nicht  gelang,  bei  direkter  streifenweiser  Belich- 
tung einer  Platte  in  der  mit  Centimeterteilung 
versehenen  Schiebekasette  die  Perioden  durch 
die  Entwicklung  zu  beseitigen. 

Dass  übrigens  die  Anwendung  des  Photo- 
meters für  die  vorliegende  Untersuchung  allen 
billigen  Anforderungen  an  Genauigkeit  durchaus 
entspricht,  zeigt  zum  Beispiel  folgender  Versuch : 
Auf  einer  unempfindlichen  Plattensorte  solari- 
sierten  bei  gewöhnlicher  Entwicklung  mit  der 
Exposition  54000  normal  die  Photometerstufen 
I  bis  6,  bei  Belichtung  mit  36000  normal  die 
Stufen  I  bis  4.  Berechnet  man  aus  dem  Inten- 
sitätsverhältnis der  Photometernummem  die 
Lichtmengen,  die  gerade  eben  ausreichen,  um 
das  erste  Feld  bei  der  Entwicklung  zu  solari- 
sieren,  so  findet  man  20810  und  21690  normal, 
also  eine  Übereinstimmung  bis  auf  4V4  Proz. 
Ich  glaube  nicht,  dass  man  berechtigt  sein 
könnte,  bei  solchen  Arbeiten  mehr  zu  erwarten. 

Als  gesichertes  Resultat  der  beschriebenen 
Versuche  wird  man  also  ansehen  dürfen,  dass 
die  neutrale  Zone  und  die  Solarisationserschei- 
nungen  der  Bromsilbergelatine  selbst  nicht  an- 
gehören, sondern  ihre  Ursache  in  Entwicklungs- 
vorgängen haben  und  durch  geänderte  Ent- 
wicklung vollkommen  beseitigt  werden  können. 

Hannover,  physikalisches  Institut  der  Tech- 
nischen Hochschule,  i.  Juni  1902. 

(Eingegangen  ii.  Juni  1902.) 


Die  Verwendung  des  elektrischen  Bogenlichtes 
in  Projektions-  und  Vergrösserungsapparaten. 

Von  Hugo  Krüss. 

Seit  man  die  Helligkeit  der  elektrischen 
Bogenlampen  photometrisch  feststellte,  wusste 
man,  dass  die  Verteilung  des  Lichtes  eine  recht 
ungleichmässige  ist  und  dass  bei  den  gewöhnlich 
üblichen  Bogenlampen  nach  oben  und  in  horizon- 
taler Richtung  verhältnismässig  wenig  Licht  aus- 
gesandt  wird,  die  Hauptmenge  des  erzeugten 
Lichtes  dagegen  nach  unten  ausstrahlt,  so  dass 
das  Maximum  sich  zwischen  40  und  60  Grad 
unter  der  Horizontalen  befindet.  Die  Ursache 
davon  liegt  bekanntlich  in  der  Bildung  eines 
hellleuchtenden  Kraters  am  unteren  Ende  der 
oberen  positiven  Kohle,  welcher  seine  ganze 
Lichtfülle  nach  unten  schickt. 

Diese  Eigenschaft  des  elektrischen  Bogen- 
lichtes ist  bei  seiner  Anwendung  zur  gewöhn- 
lichen Beleuchtung  von  grossem  Vorteil,  da  ja 
die  Bogenlampen  hoch  zu  hängen  pflegen  und 
die    unter    ihnen    liegenden    Objekte    erhellen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


429 


sollen,  ausserdem  aber  die  grossen  Unterschiede 
in  der  Lichtausstrahlung  nach  verschiedenen 
Richtungen  durch  die  den  Flammenbogen  um- 
schliessenden  matten  Glasglocken  ausgeglichen 
werden. 

Sobald  aber  das  Licht  der  elektrischen 
Bogenlampen  durch  Linsen  gesammelt  werden 
soll,  erfordert  die  geschilderte  Ungleichmässig- 
keit  in  der  Lichtausstrahlung  eine  besondere 
Berücksichtigung.  Stellt  man  die  elektrische 
Bogenlampe  hinter  den  senkrecht  stehenden 
Linsen  senkrecht  auf,  so  wird  nach  dem  Ge- 
schilderten der  untere  Teil  der  Linse  wohl  eine 
beträchtliche  Lichtmenge  erhalten,  in  ihre  Mitte 
wird  aber  recht  wenig  und  auf  die  obere  Hälfte 
fast  gar  kein  Licht  fallen.  Dazu  kommt  noch 
ein  anderer  höchst  störender  Umstand,  nämlich 
der,  dass  sich  der  elektrische  Lichtbogen  nicht 
iipmer  centrisch  zwischen  den  beiden  Kohlen- 
spitzen befindet,  sondern  zuweilen,  wahrschein- 
lich verursacht  durch  Ungleichmässigkeiten  in 
der  Kohle,  auch  um  die  Kohlen  herumläuft, 
derart,  dass  zeitweilig  nach  der  Linsenseite  nur 
ganz  wenig  Licht  ausgestrahlt  wird,  sondern 
fast  die  ganze  Lichtmenge  dahin  gesandt  wird, 
wo  man  sie  nicht  braucht. 

Diese  Übelstände  sind  zuerst  bei  der  Ein- 
führung des  elektrischen  Lichtes  auf  Leucht- 
türmen empfunden  worden,  in  welchen  ein  aus 
Prismen  und  Linsen  zusammengesetzter  opti- 
scher Apparat  das  Licht  der  Lichtquelle  in  ein 
oder  mehrere  Lichtbüschel  sammelt.  Es  sind 
hier  zwei  Auswege  gefunden  worden.  Der  eine 
Weg  ist  der,  dass  man  die  elektrische  Bogen- 
lampe so  weit  mit  dem  oberen  Ende  nach  rück- 
^värts  neigt,  dass  das  Maximum  der  Lichtaus- 
strahlung in  die  Horizontale,  also  auf  die  Mitte 
der  Linsen  fallt.  Dabei  bleibt  natürlich  be- 
stehen, dass  der  grösste  Teil  des  erzeugten 
Lichtes  nach  hinten  verloren  geht  oder  auch 
einmal  bei  wanderndem  Flammenbogen  zeit- 
weilig gar  kein  Licht  auf  die  Linsen  fällt.  Ein 
dadurch  herbeigeführtes  scheinbares  Erlöschen 
des  Leuchtturmfeuers,  wenn  auch  nur  auf  kür- 
zere Zeit,  kann  ausserordentlich  unheilvoll  wirken. 

Deshalb  kam  man  sehr  bald  auf  den  sehr 
nützlichen  Gedanken,  bei  senkrechter  Stellung 
der  Bogenlampe  die  Kohlenspitzen  so  zu  stellen, 
dass  die  Achse  der  unteren  negativen  Spitze  in 
einer  Vertikalen  mit  dem  Vorderrande  der  po- 
sitiven oberen  Kohlenspitze  liegt.  Dann  bildet 
sich  kein  vertiefter  Krater  in  der  oberen  Kohle, 
sondern  sie  brennt  schräg  nach  vorne  ab ;  nach 
hinten  wird  fast  gar  kein  Licht  ausgestrahlt, 
sondern  die  grösste  Menge  des  erzeugten 
Lichtes  nach  vorne  gebracht,  wo  man  es  braucht. 

Douglass   fand  '),   dass   bei   dieser  Anord- 


fi 


>» 


»> 


nung  der  Kohlen,  wenn  man  die  Lichtstärke 
bei  Stellung  der  Achsen  der  Kohlenspitzen  in 
dieselbe  Vertikale  =  iCK)  setzt, 

nach  vorne  die  Helligkeit  287 
rechts    „  „  116 

links      „  „  116 

hinten   ,,  „  38 

ausgestrahlt  wird.  Fig.  i  stellt  dieses  Resultat 
in  der  ausgezeichneten  Kurve  dar,  in  welcher 
B  den  Ort  des  elektrischen  Lichtbogens  be- 
deutet, während  der  punktierte  Kreis  die  Licht- 
verteilung bei  axialer  Stellung  der  unteren 
Kohlenspitze  zur  oberen  darstellt.  Man  sieht 
also,  dass  die  nach  hinten  ausgesandte  Licht- 
menge thatsächlich  sehr  gering  ist. 

Sehr  ähnliche  Verhältnisse  wie  bei  der 
Leuchtturmbeleuchtung  finden  sich  bei  Be- 
nutzung  des   elektrischen  Bogenlichtes   in  Pro- 


Fig.   I. 

jektions-  und  Vergrösserungsapparaten.  Auch 
hier  ist  eine  Bogenlampe  mit  gewöhnlicher 
Kohlenstellung  gar  nicht  zu  gebrauchen,  auch 
hier  wird  man  also  mit  Vorteil  entweder  die 
ganze  Lampe  neigen,  oder  die  Kohlen  gegen- 
einander verschieben  oder  auch  beides  thun, 
alle  diese  Fälle  findet  man  in  Projektionsappa- 
raten thatsächlich  vor  und  in  der  Litteratur 
empfohlen. 

Betrachten  wir  zunächst  die  auf  Grund  der 
Douglassschen  Angaben  gezeichnete  Figur  i. 
Es  sei  dabei  die  ungefähr  zutreffende  Annahme 
gemacht,  dass  der  Leuchtwinkel  der  Lichtquelle, 
d.  h.  der  Winkel,  unter  welchem  die  der  Licht- 
quelle nächste  Fläche  der  Beleuchtungslinsen 
von  der  Lichtquelle  aus  erscheint'),  60  Grad 
betrage.  Ist  dieser  Winkel  durch  die  Linien  BV 
und  BW  in  der  Figur  angedeutet,  so  stellen 
die  Flächen  VBW  und  vBw  das  Verhältnis  der 
auf  die  Beleuchtungslinsen  fallenden  Lichtmengen 
in  den  beiden  Kohlenstellungen  dar.  Man  sieht, 
dass  weit  mehr  als  die  doppelte  Lichtmenge 
auf  die  Linsen  trifft  bei  der  excentrischen  Stel- 
lung der  unteren  Kohle  als  bei  der  axialen 
Stellung. 

Bei  diesem  grossen,  durch  einfache  Verschie- 
bung der  unteren  Kohle  nach  vorn  zu  erreichen- 
den Helligkeitszuwachs  entsteht  die  Frage,  ob 
denn    ftir   Projektionsapparate    ein    Neigen    der 


l)  Correspondence  and  reports   on  thc  subject  of  com-  i)  s.  II.  Krüss,    Die   Abhängigkeit   der  Helligkeit   von 

parative  triols  of  the  electric  light  at  South  Foreland,  London        Projektions-  und  Vergrösserungsapparaten  von  ihren  optischen 
1877.     Dingl.  Journ.  227,  201,  1878.  '    Bestandteilen.     Phot.  Rundschau  15,  133,  it,oi. 


430 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


Lampe  nach  rückwärts  überhaupt  nötig  oder 
nützlich  sei.  Zur  Entscheidung  derselben  habe 
ich  einige  Versuche  mit  einem  Handregulator 
angestellt,  bei  welchem  sowohl  die  Neigung  der 
ganzen  Lampe  messbar  veränderlich  war,  als 
auch  die  Stellung  der  Kohlen  zu  einander.  Als 
obere  Kohle  wurde  eine  Dochtkohle  von  13  mm 
Durchmesser,  als  untere  eine  homogene  Kohle 
von  10  mm  Durchmesser  gebrannt  und  ein 
Strom  von  etwa  8  Ampere  benutzt. 

Ich  habe  die  Helligkeitsverteilung  in  drei 
verschiedenen  Stellungen  der  Kohlen  zu  ein- 
ander festgestellt,  in  allen  dreien  waren  die 
Achsen  der  beiden  Kohlen  einander  parallel,  in 
der  ersten  standen  sie  centrisch  zu  einander,  so 
dass  also  die  Achse  der  unteren  Kohle  in  der 


« 


A 


Fig.  2. 


Fig.  3. 


Fig.  4. 


Verlängerung  der  Achse  der  oberen  sich  be- 
fand, in  der  zweiten  war  die  untere  Kohle  so 
weit  vorgeschoben,  dass  die  vorderen  Kanten 
der  Kohlen  in  einer  Ebene  standen,  und  in  der 
dritten  so  weit,  dass  die  Achse  der  unteren 
Kohle  sich  in  der  Verlängerung  der  Vorder- 
kante der  oberen  befand.  Diese  drei  Stellungen 
sind  in  Fig.  2 — 4  dargestellt,  aus  welchen  auch 
gleichzeitig  die  Form  erkennbar  ist,  welche  die 
Kohlenspitzen  infolge  des  Abbrennens  annehmen. 

In  Fig.  2  ist  der  in  die  obere  positive  Kohle 
nach  innen  eingebrannte  Krater,  welcher  seine 
hellleuchtende  Fläche  nach  unten  kehrt,  nicht 
sichtbar,  in  Fig.  3  sieht  man,  dass  die  obere 
Kohlenspitze  sdiräg  nach  vorne  abgebrannt  ist 
und  in  Fig.  4  ist  diese  schräge  Fläche  noch 
vergrössert. 

Da  die  photometrischen  Messungen  nur  den 
Zweck  hatten,  die  Helligkeitsverteilung  festzu- 
stellen, habe  ich  in  den  folgenden  Tabellen, 
welche  die  Ergebnisse  der  Messungen  enthalten, 
überall  das  Maximum  der  Helligkeit,  welches 
natürlich  bei  den  verschiedenen  Kohlenstellungen 
in  verschiedenen  Ausstrahlungsrichtungen  liegt, 
^-=  10  gesetzt;  als  positiv  ist  die  Richtung  nach 


oben,    als    negativ    diejenige    nach    unten   be- 
zeichnet. 

III 

Achse  der  unter. 

Kohle  anf 
KaDte  der  ob. 

0.0 

0.3 
0.4 

0.7 

I.O 

1.2 

2.3 

4-3 
6.8 

8.3 
9.1 

lO.O 

8.3 

6.8 
2.2 

0.2 
O.I 
0.0 

In  Fig.  S — 7  sind  die  Zahlen  der  vorstehen- 
den Tabelle  graphisch  dargestellt;  Fig.  5   stellt 


CL 


I 

II 

sstrahlung 

s-  Kohlen  centr. 

Kohlen  vom 

richtuog 

zu  einander 

gleich 

+90O 

0.0 

0.0 

+  80« 

0.0 

0.0 

+  700 

0.2 

O.I 

-f  600 

0.4 

O.I 

+  500 

0.7 

O.I 

+400 

1.0 

O.I 

+  300 

I.I 

O.I 

+  20O 

1.2 

0.2 

+  10^ 

1.2 

0.4 

0^ 

1.3 

7.3 

io<> 

4.3 

8.6 

20O 

6.0 

lO.O 

_3oo 

8.4 

10.0 

— 40^ 

lO.O 

9.0 

—  500 

lO.O 

7.1 

—600 

7.2 

4.2 

— 700 

47 

2.5 

— 800 

0.2 

0.2 

—90« 

0.0 

0.0 

.»* 


X 


.^ 


Fig.  5. 

die  Lichtausstrahlung  im  Falle  I  der  centrischen 
Kohlenstellung  dar,  Fig.  6  diejenige  der  An- 
ordnung II,  bei  welcher  die  Kohlen  vorne  gleich 
sind,  und  Fig.  7  den  Fall  III,  wo  die  Achse 
der  unteren  Kohle  auf  die  Kante  der  oberen 
gerichtet  ist.  Das  Maximum  befindet  sich  im 
Falle  I    bei  —40^  bis  —50^    im   Falle  II  bei 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.   19. 


43« 


— 20®  bis  — 3O0,  im  Falle  UI  bei  — 20^,  je 
weiter  man  also  die  untere  Kohle  nach  vorne 
rückt,  in  desto  weniger  nach  unten  geneigter 
Richtung  liegt  das  Maximum. 

Ks   wird    mm  bei  Projektionsapparaten    ein 


a^ 


Fig.  6. 


Leuchtwinkel  von  etwa  60^  ausgenutzt.    Denkt 
man  sich  zunächst  die  Kohlen  der  Bogenlampe 


,'a 


^  -  —  O/ 


senkrecht  stehend,  so  kommt  diejenige  Licht- 
menge zur  Wirkung,  welche  zwischen  den  Win- 
^keln  +30^  und  — 30**  Hegt.  Diese  Winkel  sind 
in  den  drei  Figuren  durch  punktierte  Linien 
a06  bezeichnet.    Man  sieht,  dass  in  den  Fällen 


I  und  H  ausserordentlich  wenig  Licht  auf  den 
oberen  Teil  der  Linsen  fällt,  da  oberhalb  der 
Horizontalen  fast  kein  Licht  ausgestrahlt  wird. 
Ganz  bedeutend  günstiger  liegen  die  Verhält- 
nisse im  Falle  III  und  es  thut  thatsächlich  eine 
Bogenlampe  mit  senkrecht  stehenden  Kohlen, 
bei  denen  die  untere  so  weit  vorgeschoben  ist, 
dass  ihre  Achse  mit  der  Vorderkante  der  oberen 
zusammenfallt,  für  Projektionsapparate  gute 
Dienste  und  pflegt  dort  auch  in  Handregula- 
toren angewendet  zu  werden. 

Eine  bedeutend  grössere  Wirkung  und  zu- 
gleich eine  bessere,  weit  gleichmässigere  Licht- 
verteilung erzielt  man  aber  dadurch,  dass  man 
die  elektrische  Lampe  so  weit  schräg  stellt, 
dass  der  zu  benutzende  Leuchtwinkel  von  60" 
die  grösstmögliche  Lichtmenge  enthält.  Zu 
diesem  Zwecke  wird  man,  wie  aus  den  Figuren 
leicht  ersichtlich  ist,  im  Falle  I  den  Winkel  von 
— 10^  bis  — 70^  benutzen,  die  Lampe  also  um 
40^  neigen,  im  Falle  II  den  Winkel  von  o^  bis 
6o^  so  dass  die  Lampe  um  30^  geneigt  wird, 
und  im  Falle  III  den  Winkel  von  +10^  bis 
— 50®,  wobei  die  Lampe  eine  Neigung  von  20^ 
einnimmt.  In  den  Figuren  5 — 7  ist  die  in 
diesen  Fällen  zur  Benutzung  kommende  Licht- 
menge in  dem  mit  gestrichelten  Linien  bezeich- 
neten  Winkel  a  06    eingeschlossen. 

Es  fallt  sofort  die  ausserordentliche  Über- 
legenheit der  in  dem  letzteren  Winkelraum 
enthaltenen  Lichtmenge  gegenüber  dem  bei 
senkrechter  Kohlenstellung  in  dem  Winkelraum 
aOd  vorhandenen  auf,  gleichzeitig  aber  auch, 
dass  der  Fall  II,  in  welchem  die  Achse  der 
unteren  Kohle  auf  die  Vorderkante  der  oberen 
zielt,  der  günstigste  von  den  drei  betrachteten 
Fällen  zu  sein  scheint.  Einen  genauen  Auf- 
schluss  hierüber  würde  die  Ausmessung  der 
von  den  Kurven  eingenommenen  Flächen  geben, 
jedoch  erhält  man  einen  für  den  vorliegenden 
Zweck  vollkommen  ausreichenden  Anhalt  für 
die  Verhältnisse,  wenn  man  einfach  die  in  den 
einzelnen  Fällen  zur  Verwendung  kommenden 
Helligkeiten,  wie  sie  von  10*^  zu  10^  bestimmt 
wurden,  addiert.  Solches  geschieht  in  den  nach- 
folgenden Zusammenstellungen. 


A.  Winkelraum    a06,    Kohlen    senkrecht. 

I  H  III 

Achse  der  unt. 
Kohle  auf 


Ausstrahlungs« 
richtung 


Kohlen  centr.    Kohlen  vorn 


-f2O0 

-i-ioo 

—  lO'> 

—  20" 
-30«^ 

Summe 
über  der  Hori- 
zontalen 
Unter  d.  Hori- 
zontalen 


zu   einander 

i.i 
1.2 
1.2 

1-3 
4.3 
6.0 

8.4 
235 

3  5 

18.7 


^  Kante  der  ob. 

0.1  2.3 

0.2  4.3 

0.4  6.0 

7.3  8-3 

8.6  9.1 

lo.o  10.0 

10.0  8.3 

36.6  49.1 

0-7  134 

28.6  27.4 


432 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


B,  Win 

ikelraum  d Ol! ,  Kohlen  geneigt. 

I 

11 

III 

Kohlen  ccntrisch  zu 

Kohlen  vorn 

Achse  d.  unt.  Kohle 

einander 

gleich 

auf  Kante  der  oberen 

Ausstrah- 

lungs- 

richtuDg 

Licht- 
menge 

Ausstrah-     ^icht- 

!""f        menge 
richtung             ** 

Ausstrah- 
lungs- 
richtung 

Licht- 
menge 

_ioO 

4.3 

oo           7.3 

+  10O 

6.8 

— 20O 

6.0 

loo          8.6 

oO 

8.3 

_3oO 

8.4 

— 200         lO.O 

—  loo 

9.1 

— 400 

10.0 

— 300         lO.O 

— 20«> 

lO.O 

— 50O 

100 

— 400         9.0 

—  30O 

5-3 

—60» 

7.2 

— 500        7.1 

— 40O 

6.8 

— 70O 

4-7 

—  60O           4-2 

—  50O 

2.2 

50.6 

56.2 

51.5 

Über  d.  Hori 

- 

zontalen 

18.7 

25.9 

24.2 

Unter  d.Hori 

- 

zontalen 

21.9 

20.3 

17.3 

Durch  die  so  gewonnenen  Zahlen  tritt  voll- 
kommen klar  hervor,  was  schon  der  Anblick 
der  Kurven  lehrte;  nämlich  zunächst  bei  der 
senkrechten  Stellung  der  Kohlen  die  sehr  ge- 
ringe Lichtausbeute  in  den  Fällen  I  und  II  im 
Verein  mit  der  ungleichmässigen  Lichtverteilung, 
welche  sich  aus  der  Summation  der  drei  über 
und  der  drei  unter  der  Horizontalen  gemes- 
senen relativen  Lichtstärken  ergiebt.  Sodann 
aber  zeigt  sich  die  Überlegenheit  des  Falles  III 
über  die  beiden  vorhergehenden  sowohl  in  Be- 
zug auf  die  Verteilung  des  Lichtes  als  die  Ge- 
samtlichtmenge. Nimmt  man  dazu  den  weiter 
oben  ausgeführten  Vorteil,  dass  wie  die  Mes- 
sungen von  Douglass  ergeben,  überhaupt  mehr 
als  die  doppelte  Lichtmenge  nach  vorn  ausge- 
strahlt wird  durch  das  Vorrücken  der  unteren 
Kohle  in  der  Art  des  Falles  III  wie  bei  cen- 
trischer  Kohlenstellung  (I),  so  sieht  man,  dass 
durch  die  Anordnung  III  die  Linsen  über  vier- 
mal soviel  Licht  empfangen  als  im  Falle  I. 

Durch  die  Neigung  der  Lampe  werden  aber 
die  Lichtverhältnisse  bei  Verwendung  des  elek- 
trischen Bogenlichtes  in  Projektionsapparaten 
noch  bei  weitem  bessere.  Hier  überwiegt  schon 
der  Fall  I  der  centrischen  Kohlenstellung  in 
Bezug  auf  die  Gleichmässigkeit  der  Lichtver- 
teilung den  bei  senkrechter  Kohlenstellung 
günstigsten  Fall  III,  während,  wie  eben  erst 
ausgeführt,  die  gegen  die  Linsen  gerichtete 
Gesamtlichtmenge  naturgemäss  kleiner  ist,  da 
nach  allen  Seiten  gleichmässig  Licht  ausgestrahlt 
wird  und  nicht  nur  nach  vorn.  Es  ist  aber 
die  Lichtmenge  oberhalb  der  Horizontalen  bei- 
nahe gleichgross  wie  diejenige  unterhalb  der- 
selben. 

Im  Falle  II  ist  dieses  Verhältnis  schon  um- 
gekehrt, oben  ist  mehr  Licht  als  unten,  im 
Falle  III  wird  dieses  Verhältnis  noch  verstärkt. 
Es  erscheint  also  Fall  II  als  der  günstigste,  da 
auch  die  zur  Verwendung  in  dem  Leuchtwinkel 
von  60  ^  kommende  Gesamtlichtmenge  die  grösste 
ist.  Vielleicht  würde  sogar  eine  noch  geringere 
Verrückung  der  unteren  Kohle  nach  vorn  noch 


etwas  vorteilhafter  sein,  falls  dann  nicht  doch 
eine  erheblichere  Lichtausstrahlung  nach  hinten 
eintreten  sollte,  welche  in  dem  Falle  II,  dass 
die  Kohlen  vorne  in  gerader  Linie  stehen,  fiast 
nicht  vorhanden  ist 

Was  die  Verteilung  des  Lichtes  in  horizon- 
taler Ebene  anbetrifft,  so  ist  die  Lichtausstrah- 
lung bei  der  centralen  Stellung  der  Kohlen 
(Fall  I)  theoretisch  in  allen  Richtungen  die 
gleiche,  wenn  auch  thatsächlich,  wie  schon  her- 
vorgehoben, der  Lichtbogen  häufig  seine  Stellung 
ändert  und  so  die  grösste  Lichtausstrahlung  in 
wechselnden  Richtungen  stattfinden  lässt.  Die 
Verhältnisse  für  den  Fall  III  lassen  sich  schon 
aus  der  Fig.  i  entnehmen,  welcher  die  Douglass- 
sehen  Versuche  zu  Grunde  liegen;    beschränkt 


Fig.  8. 

man  wieder  das  Interesse  auf  einen  Leucht- 
winkel von  60^,  der  durch  die  Linien  NBW 
dargestellt  ist,  so  ergiebt  sich  in  der  Richtung 
von  30^  nach  der  Seite  eine  Lichtmenge  von 
etwa  70%  der  nach  vorn  ausgestrahlten  Licht- 
menge. 

Für  den  Fall  II,  in  welchem  die  untere 
Kohle  nur  wenig  vorgerückt  ist,  aber  fast  kein 
Licht  nach  hinten  gesandt  wird,  habe  ich  in 
dieser  Beziehung  einige  Versuche  gemacht  und 
in  der  Richtung  von  30^  nach  der  Seite  90% 
der  nach  vorn  strahlenden  Helligkeit  gefunden. 
Es  ist  also  auch  in  dieser  Beziehung  der  Fall  II 
dem  Fall  III  vorzuziehen;  die  Bogenlampe  giebt 
in  der  That,  wie  auch  Versuche  im  Projekions- 
apparat  selbst  erwiesen  haben,  die  stärkste  und 
gleichmässigste  Beleuchtung,  wenn  sie  bei  ganz 
geringer  Rückung  der  unteren  Kohle  nach  vom 
um  etwa  30^  geneigt  wird. 

Es  ist  noch  ein  kurzes  Wort  zu  sagen  über 
eine  Kohlenstellung,  welche  man  zuweilen  in 
Handregulatoren  angewandt  findet;  sie  ist  in 
Fig.  8  dargestellt.  Die  beiden  Kohlen  bilden 
einen  Winkel  gegeneinander,  während  bei  den 
senkrecht  dazu  stehenden  Haltern  durch  ein  auf 
beide  gleichzeitig  wirkendes  Rad  oder  eine 
andere  Vorrichtung  der  Winkel,  welchen  sie  zu 
einander  bilden,  verändert  und  so  bei  Abbrennen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  ig. 


433 


der  Kohlen  deren  Spitzen  einander  wieder  ge- 
nähert werden  können.  Das  giebt  einen  ver- 
hältnismässig einfachen  Regulierungsmecha- 
nismus. 

Abgesehen  davon,  dass  beim  Abbrennen 
der  Kohlen  sich  die  Entfernung  des  leuchtenden 
Punktes  von  den  Linsen  ändert,  ist  zunächst 
zu  betonen,  dass  auch  hier  der  Lichtbogen  leicht 
nach  hinten  läuft  und  infolgedessen  nur  wenig 
Licht  nach  vorn  gestrahlt  wird,  wenn  man 
solches  nicht  durch  Vorschieben  'der  unteren 
Kohle  verhindert.  Die  Abbrenn-  und  Licbt- 
ausstrahlungsverhältnisse  können  aber  hier  bei 
weitem  nicht  so  günstig  sein,  wie  in  der  bisher 


Fig.  9. 

als  beste  festgestellten  Anordnung  des  Falles  II, 
da  die  gegeneinander  gekehrten  Brandflächen 
der  beiden  Kohlen  hauptsächlich  nach  unten 
und  nach  oben  ihr  Licht  aussenden.  Von 
einigermassen  günstiger  Wirkung  ist  diese  An- 
ordnung nur  unter  Verwendung  schwächerer 
Ströme,  da  die  hierzu  benutzten  dünneren 
Kohlen  in  ihrer  ganzen  Masse  in  Glut  versetzt 
werden,  also  auch  regelmässig  nach  vorn  Licht 
ausstrahlen. 

Aus  den  vorstehend  geschilderten  Versuchen 
ist  ein  einfacher  Handregulator  für  Projektions- 
zwecke (Fig.  9)  hervorgegangen,  bei  welchem 
die  Kohlen  um  etwa  30"  geneigt  sind  und  die 
untere  Kohle  nur  wenig  voi^erückt  ist,  so 
dass  die  Vorderflächen  der  beiden  Kohlen  in 
einer  Geraden  liegen.  Die  untere  Kohle  ist  bei 
A  isoliert  aufgesetzt  und  direkt  mit  der  Pol- 
klemme A'' verbunden,  während  von  der  Klemme 


P  für    den    positiven   Pol    der   Stroni    an    das 
Lampengestell  geführt  ist. 

Die  beiden  Koblehalter  A  und  B  sind  ver- 
schiebbar in  dem  flachen  Stücke  N  und  zwar 
gleichmässig  durch  ein  Triebrad  K,  welches 
durch  den  isolierten  Knopf  C  gedreht  werden 
kann.  Hierdurch  wird  also  der  Lichtbogen 
gebildet,  während  durch  Drehung  an  dem 
ebenfalls  isoHerten  Knopf  D  die  ganze  Lampe 
gehoben  oder  gesenkt,  also  der  leuchtende 
Punkt  in  die  optische  Achse  des  Projektions- 
apparates gebracht  werden  kann.  Dieser  Hand- 
regulator lässt  sich  natürlich  für  Kohlen  ver- 
schiedener Dicke,  also  für  verschiedene  Strom- 
stärken einrichten. 

(EiogcgangcD  am  3t.  Mai   1903.) 


Ober  die  Wirkung  eines  Magnetfeldes  auf  das 

Leuchten   eines   verdünnten   Gases   rings  um 

einen   Draht,   welcher   an   einen   Induktorpol 

angeschlossen  ist. 

Von  J.  Borgmann. 

Ich  hatte  schon  Gelegenheit,  in  dieser  Zeit- 
schrift 2,  659,  igot  eine  kurze  Beschreibung 
der  äusserst  schönen  Lichterscheinungen  mitzu- 
teilen, die  man  in  einer  evakuierten  Glasröhre 
rings  um  einen  in  der  Richtung  der  Längs- 
achse eingeschmolzenen  Draht  beobachtet, 
wenn  ein  Ende  des  Drahtes  an  einen  Induktor- 
pol angeschlossen,  der  andere  Induktorpol  ge- 
erdet ist,  und  ausserdem  den  Polen  eine  Fun- 
kenstrecke parallel  geschaltet  wird.  Die  in  der 
erwähnten  Mitteilung  beschriebenen  Erschei- 
nungen werden  besonders  auffallend  in  Röhren 
von  grösserem  Durchmesser;  ich  benutze  meistens 
Röhren  von  5  cm  Durchmesser  und  i  m  Länge. 
Die  bei  der  beschriebenen  Anordnung  ent- 
stehenden Lichterscheinungen  werden  merkbar 
durch  die  Nähe  von  leitenden  Körpern  beein- 
flusst;  um  diese  Einwirkung  möglichst  aus- 
zuscliliessen,  hänge  ich  die  Röhren  in  horizon- 
taler Lage  in  ziemlicher  Entfernung  vom  Erd- 
boden auf  und  schliesse  den  Draht  in  der  Röhre 
an  den  Induktorpol  mittels  eines  äusserst  dünnen 
Drahtes  an;  dabei  wird  das  Drahtende  gewöhn- 
lich nicht  unmittelbar  an  den  Induktorpol 
angeschlossen,  sondern  zwischen  beiden  wird 
ein  Kohlrausch'scher  Plattenkondensator  ein- 
geschaltet Die  Anwesenheit  des  Kondensators 
übt  keine  merkliche  Wirkung  auf  die  Erschei- 
nungen aus,  giebt  aber  die  Möglichkeit,  durch 
Änderung  der  Plattendistanz  die  Intensität  des 
Leuchlens  zu  ändern.  Auf  die  äussere  Röhren- 
wandung klebe  ich  parallel  dem  axialen  Draht 
einen  schmalen  Stanniolstreifen.  Bevor  der 
Streifen  geerdet  Ist,  übt  er  keine  merk- 
liche Wirkung  auf  das  Leuchten  in  der  Röhre 
aus.     Wenn    aber    der  Streifen  zur  Erde  abge- 


434 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


leitet  ist,  so  erieiden  die  Lichterscheinungen 
Änderungen,  verhältnismässig  schwache  bei  klei- 
neren Verdünnungen,  aber  sehr  wesentliche, 
wenn  der  Gasdruck  in  der  Röhre  bis  auf  kleine 
Bruchteile  eines  Millimeters  herabgegangen  ist. 

§  I. 

Wie  es  schon  in  meiner  oben  citierten  Arbeit 
erwähnt  wurde,  sind  die  in  der  Röhre  auftretenden 
Lichterscheinungen  wesentlich  verschieden,  je 
nachdem  i .  die  Induktorpole  durch  eine  Funken- 
strecke verbunden  sind,  oder  2.  eine  solche  Ver- 
bindung nicht  vorhanden  ist. 

In  letzterem  Falle  ist  das  Leuchten  in  der 
Röhre  bei  jeder  Verdünnung  gleich  bei  beiden 
Richtungen  des  Primärstromes  im  Induktor;  der 
Charakter  des  Leuchtens  ändert  sich  bei  Än- 
derung der  Stromrichtung  nicht,  es  kann  nur 
eine  sehr  kleine  Änderung  in  der  Intensität  des 
Leuchtens  wahrgenommen  werden.  Anders  ver- 
hält sich  das  Leuchten  im  ersten  Fall,  wenn 
die  Induktorpole  durch  einen  Leiter  mit  einge- 
schalteter Funkenstrecke  verbunden  sind.  Bei 
diesen  Bedingungen  sind  die  Lichterscheinungen 
in  der  Röhre  bei  einer  Richtung  des  Primär- 
stromes im  Induktor  vollständig  verschieden 
von  denen,  welche  bei  der  anderen  Stromrichtung 
entstehen.  Wie  es  ja  auch  von  vornherein  klar 
ist,  rufen  die  elektrischen  Prozesse  in  dem  an 
den  einen  Induktorpol  angeschlossenen  Drahte 
das  Entstehen  von  elektrischen  Schwingungen 
hervor.  Eine  gewöhnliche  Geisslerröhre  zwischen 
den  in  die  Röhre  eingeschlossenen  Draht  und 
den  Induktorpol  geschaltet,  zeigt  auch  nicht  die 
mindeste  Polarität  an  ihren  Elektroden,  wenn 
die  Induktorpole  durch  eine»  Funkenstrecke  nicht 
verbunden  sind.  Beobachtungen  über  die  Wir- 
kung eines  Elektromagnets  auf  das  Leuchten 
einer  cylindrischen  Geisslerröhre  (Länge  1,5  m, 
Durchmesser  3,5  cm),  wenn  eine  Elektrode  der 
Röhre  an  einen  Induktorpol  angeschlossen  ist, 
weisen  bei  dieser  Anordnung  gleichfalls  auf  das 
Vorhandensein  im  Inneren  der  Röhre  von  zwei 
gleichstarken,  aber  entgegengesetzt  gerichteten 
Elektrizitätsströmungen  hin.  Ganz  anders  verhält 
sich  das  Leuchten,  wenn  den  Induktorpolen  eine 
Funkenstrecke  parallel  geschaltet  ist.  Aus  dea 
Erscheinungen  an  einer  gewöhnlichen  Geissler- 
röhre, ebenso  wie  aus  der  Einwirkung  eines 
Elektromagnets  auf  das  Leuchten  der  eben  er- 
wähnten grösseren  Geisslerröhre  ist  zu  ersehen, 
dass  in  diesem  Fall  in  dem  an  einen  Induktor- 
pol angeschlossenen  Leiter  eine  elektrische 
Wechselströmung  entsteht,  bei  der  eine  Richtung 
an  Intensität  die  andere  wesentlich  überwiegt. 
Sehr  interessant  ist  es,  dass  in  dem  Zweig, 
welcher  dem  Induktor  parallel  ist  und  die  Fun- 
kenstrecke enthält,  auch  ein  Wechselstrom  ent- 
steht, in  dem  jedoch  die  Stromrichtung  wesent- 
lich  überwiegt,    welche    der   im    am    Induktor 


angeschlossenen  Leiter  (Draht)  überwiegenden 
gerade  entgegengesetzt  ist.  Man  kann  sich 
leicht  davon  überzeugen,  wenn  man  eine  Geissler- 
röhre  zwischen  den  Induktor  und  den  mit  ihm 
verbundenen  Draht,  und  die  andere  in  den 
Funkenzweig  einschaltet.  Weiter  unten  nenne 
ich  den  Induktorpol  positiv,  wenn  in  dem  mit 
ihm  verbundenen  Leiter  bei  Vorhandensein  des 
Funkenzweiges  die  überwiegende  Strömung  die 
Richtung  vom  Induktorpol  hat.  Ich  nenne  den 
Induktorpol  negativ,  wenn  (bei  veränderter 
Richtung  des  Primärstromes  im  Induktor)  in 
dem  an  den  Pol  angeschlossenen  Leiter  bei  Vor- 
handensein des  Funkenzweiges  die  überwiegende 
Stromrichtung  zum  Pol  gerichtet  ist. 

§  2. 

In  dieser  Mitteilung  will  ich  einige  Beob- 
achtungen über  die  Wirkung  eines  Magnetfeldes 
auf  das  Leuchten  in  obigen  Röhren  beschreiben. 
Nach  Beschreibung  der  merkwürdigen  am  Draht 
regelmässig  verteilten  Lichtlinsen,  welche  bei 
wenigen  Millimetern  Druck  in  der  Röhre  er- 
scheinen, wenn  der  Draht  an  den  positiven 
Induktorpol  angeschlossen  ist,  erwähnte  ich  in 
meiner  vorigen  Mitteilung,  dass  ein  Magnet  keine 
Wirkung  auf  diese  Lichtlinsen  ausübt.  Diese 
Angabe  ist  aber  nicht  vollständig  zutreffend. 
Es  ist  wohl  wahr,  dass  die  Lichtlinsen  keine 
merkbare  Änderung  erleiden,  wenn  der  Röhre 
ein  starker  Stahlmagnet  genähert  wird ;  sie  unter- 
liegen aber,  wie  weitere  Beobachtungen  zeigten, 
der  Einwirkung  eines  stärkeren  Elektromagnet- 
feldes. Wenn  man  die  Röhre  zwischen  die 
Polflächen  eines  Plückerschen  Elektromagnets 
bringt,  so  dass  die  Kraftlinien  zur  Röhrenachse 
und  zum  eingeschmolzenen  Draht  senkrecht 
stehen,  so  neigen  sich  bei  Erregung  des  Feldes 
die  in  demselben  befindlichen  Lichtlinsen  zur 
Röhrenachse.  Der  Neigungswinkel  wächst  mit 
der  Feldstärke.  Bei  genügender  Feldstärke 
(über  1000  Einh.)  kommen  die  im  Felde  be- 
findlichen und  zum  Draht  geneigten  Lichtlinsen 
längs  des  Drahtes  in  ziemlich  langsame  Be- 
wegung in  der  Richtung,  in  welcher  die  oberen 
Linsenränder  geneigt  sind.  Nachdem  sich  jede 
Lichtlinse  auf  eine  bestimmte  Distanz  verschoben 
hat,  verschwindet  sie,  doch  bildet  sich  an  Stelle 
derselben  eine  neue  Linse,  genau  an  dem  Ort, 
wo  die  verschwundene  Linse  vor  ihrer  Ver- 
schiebung gestanden  hat.  Die  neue  Linse  kommt 
gleich  nach  ihrem  Entstehen  in  dieselbe  Be- 
wegung, wie  die  verschwundene.  Dieses  Spiel 
dauert  so  lange,  als  der  Induktor  arbeitet  und 
das  Magnetfeld  erregt  ist.  Wenn  die  Kraftlinien 
des  Magnetfeldes  zum  Beobachter  gerichtet  sind, 
so  neigen  sich  die  oberen  Linsenränder  nach 
links  hin.  Es  ist  bemerkenswert,  dass  bei  der 
Veränderung  der  Linsen  im  Magnetfeld  gleich- 
zeitig die  dünne   nebelartige  Lichtaureole,   von 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^fang.    No.  19. 


43S 


der  die  Linsen  umhüllt  sind,  noch  schärfer  her- 
vortritt und  die  dunklen  Räume  zwischen  den 
Linsen  noch  dunkler  werden.  Fig.  l  ist  eine 
Autotypie  nach  einer  photographischen  Auf- 
nahme der  beschriebenen  Erscheinung,  und  zeigt 
deutlich  die  Neigung  der  im  Felde  des  Elektro- 
magnets  befindlichen  Linsen.     Fig.  2  stellt  die 


des  Drahtes  mit  dem  negativen  Induktorpol, 
und  bei  einem  Gasdruck  von  einigen  (3 — 4}  Milli- 
metern der  Draht  von  einer  violettgefärbten 
cylinderförmigen  Aureole  unmittelbar  umgeben; 
um  diese  violettgefärbte  cy  lind  erförmige  Aureole 
herum  liegt  eine  weniger  helle  nebelige  Licht- 
hülle, welche  ihrerseits  von  einem  etwas  inten- 


Erscheinungen  dar,  die  bei  denselben  Bedingungen 
wie  oben,  aber  bei  geerdeten  Stanniolstreifcn  und 
ohne  Magnetfeld  in  der  Röhre  auftreten. 
Fig.  3  stellt  dieselbe  Erscheinung  dar,  jedoch 
bei  erregtem  Magnetfeld,  dessen  Intensität  aber 
zu  klein  ist,  um  die  Linsen  in  Bewegung  zu 
setzen.  Diese  photographischen  Aufnahmen 
wurden  bei  einer  Exposition  von  circa  3  Mi- 
nuten erhalten. 

Wenn  die  Röhre  den  Elektromagnetschenkeln 
so  gegenübergestellt  wird,  dass 
ihre  Achse  der  die  Mitten  der 
Polflächen  verbindenden  Linie 
parallel  läuft,  dass  also  der  Draht 
in  einer  Vertikalfläche  zu  liegen 
kommt,  die  den  Kraftlinien  des 
stärksten  Feldteils  parallel  ist, 
so  erleiden  bei  Erregung  des 
Feldes  die  in  demselben  befind- 
lichen Linsen  keine  Neigung  und 
verbleiben  senkrecht  zum  Draht; 
aber  bei  stärkerem  Feld  (mehr 
als  1000  Einh.)  werden  die 
Linsen  von  den  beiden  Elektro- 
magnetenden längs  des  Drahtes 
zur  Mitte  des  Feldes  hin  ver- 
schoben ;  hier  liegen  also  die 
Linsen  gedrängter  als  in  beiden 
anderen  Theilen  der  Röhre.  Bei 
Unterbrechung  des  Feldes  kehren 
die  durch  das  Feld  zusammenge- 
drängten Linsen  an  ihre  alteo 
Stellen  zurück. 

Wie  ich  es  schon  in  meiner 
obenerwähnten  Arbeit  mitgeteilt 
habe,  erscheint  bei  Verbindung 


siveren  Leuchten  umgeben  ist.  Die  Erregung 
eines  Magnetfeldes,  dessen  Linien  senkrecht  zur 
Röhrenachse,  also  auch  zum  Drahte  stehen,  be- 
wirkt ein  Engerwerden  der  violettgefärbten  den 
Draht  umgebenden  Aureole,  zugleich  auch  eine 
Verminderung  der  Dicke  der  dunkleren  nebeligen 
Lichthülle,  welche  die  Aureole  umschliesst. 
Gleichzeitig  erscheint  auf  den,  den  Schenkeln 
des  Rlektromagnets  nächstgeiegenen  Teilen  der 
Glaswandung  ein  gelblich-grünes  Leuchten  (Phos- 


436 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^ang,     No.  19, 


phoreszenz),  das  seiner  Form  nach  vollständig 
der  durch  die  Einwirkung  des  Feldes  ver- 
engten den  Draht  umgebenden  Aureole 
entspricht.  Fig.  4  ist  gefertigt  nach  einer 
photographischen  Aufnahme  der  beschriebenen 
Erscheinung,  wobei  der  Stanniolstreifen  auf  der 
Röhre  geerdet  war;  auf  der  Figur  ist  leider  die 
Phosphoreszenz  nicht  zu  bemerken;  eine  photo- 
graphische Aufnahme  derselben  wollte  mir  bis 
jetzt  nicht  gelingen.  Die  Wirkung  eines  zur 
Röhrenachse  senkrechten  Magnetfeldes  auf  die 
Lichterscheinungen  in  einer  Röhre,  deren  Draht 
an  den  negativen  Induktorpol  angeschlossen, 
erscheint  vollständig  gleich  bei  beiden  entgegenge- 
setzten Richtungen  der  Kraftlinien.  In  diesem  Falle 
unterliegt  der  Wirkung  des  Feldes  hauptsäch- 
lich ein  Teil  des  kathodischen  den  Draht  um- 
gebenden Leuchtens,  welches  bei  Erregung  des 
Magnetfeldes,  wie  es  schon  Hittorf  ')  beobachtet 
hat,  die  Richtung  der  KrafUinien    annimmt. 


Streifens  mit  dem  Finger  (selbst  wenn  der  Be- 
rührende von  der  Erde  isoliert  ist),  oder  mit 
einem  Drahte,  welcher  zu  einem  Körper  von 
merklicher  Kapazität  fuhrt ,  verengt  sich  der 
Phosphoreszenzstreifen  am  dem  Berührungsoit 
gegenüberliegenden  Teil,  Wenn  der  Röhre  ein 
Stahlmagnet  genähert  wird,  krümmt  sich  der 
Phospboreszenzstreifen,  wobei  die  so  entstandene 
Krümmung  des  Streifens  vollständig  denjenigen 
Richtungsänderungen  entspricht,  welche  der 
Amp^reschen  Regel  gemäss  die  Kathoden- 
strahlen  erleiden,  die  vom  Stanniolstreifen  aus- 
gehend die  Phosphoreszenz  der  Glaswandung 
hervorrufen.  Interessant  ist  auch  die  Einwirkung 
eines  hufeisenförmigen  Magnets  auf  das  Phos- 
phoreszenzlicht, wenn  der  Magnet  so  gestellt 
ist,  dass  die  Röhre  zwischen  seinen  Polen  liegt. 
Das  Phosphoreszenzlicht  wird  in  diesem  Falle 
von  einer  Seite  gewissermassen  in  das  Magnet- 
feld hineingesogen,    von  der  anderen  Seite  aus 


Bei  höherem  Verüünnungsgrade  werden  die 
Lichtlinsen,  welche  auf  einem  mit  dem  posi- 
tiven Pol  verbundenen  Drahte  erscheinen, 
dicker,  die  Zwischenräume  zwischen  denselben 
werden  grösser;  gleichzeitig  wächst  auch  die 
Neigung  der  Linsen  zum  Drahte,  wenn  in  der 
Röhre  ein  Magnetfeld  erregt  wird,  dessen  Kraft- 
linien senkrecht  zur  Röhrenachse  stehen.  Bei 
höherem  Vakuum,  wenn  die  Gasspannung  nur 
kleine  Bruchteile  eines  Millimeters  beträgt, 
verschwinden  die  Lichtlinsen ,  und  die  ganze 
Röhre  erscheint  von  einem  einförmigen,  schwach 
violett  gefärbten  nebeligen  Leuchten  erfüllt.  Bei 
diesen  Verhältnissen  entsteht  bei  geerdetem 
Stanniolstreifen  auf  der  Glaswandung  ein  dem- 
selben gegenüberliegender,  die  ganze  Länge  der 
Röhre  einnehmender,  heller  gel  blich- grüner  leuch- 
tender Streifen  (Phosphoreszenz),  dessen  Breite 
desto  grösser  wird,  je  kleiner  die  Gasspannung 
in  der  Röbre  ist.  Auf  diesem  Phosphore.szenz- 
streifen  zeichnet  sich  sehr  deutlich  der  Schatten 
des  Drahtes    ab.     Bei  Berührung   des  Stanniol- 

I]  Hitlorf,  Pogg.  Ann.  138,  tüg,   1S69. 


demselben  auf  einige  Distanz  hinausgestossen. 
Eine  Einwirkung  des  Stahlmagnets  auf  das  die 
ganze  Röhre  erfüllende  violette  Leuchten  konnte 
nicht  bemerkt  werden.  Ganz  andere  Erschei- 
nungen erhält  man,  wenn  die  in  der  angegebenen 
Art  leuchtende  Röhre  der  Einwirkung  eines 
Elektromagnets  unterworfen  wird,  dessen  Feld 
einige  Hunderte  von  Einheiten  beträgt  (siehe 
unten). 

Wie  es  schon  in  meiner  oben  citierten  Mit- 
teilung erwähnt  wurde,  erscheinen  auf  der  Glas- 
wandung einer  hoch  evakuierten  Röhre  bei  Ver- 
bindung des  Drahtes  mit  dem  negativen 
Induktorpol  ziemlich  gleichmässig  verteilte 
zum  Drahtesenkrechte  gelblich-grünePhosphores- 
zenzringe,  deren  Breite  circa  i  cm  ist.  Diese 
Ringe  verharren  nicht  in  Ruhe,  sondern  schwin- 
gen langst  der  Röhre  hin  und  her.  Wenn  man 
unter  die  Röhre  parallel  ihrer  Achse  auf  einiger 
Distanz  einen  isolierten  oder  geerdeten  Draht 
j  bringt,  so  vermehrt  sich  die  Zahl  der  Ringe, 
I  wobei  die  Ringe  enger  werden  und  vollständig 
zur  Ruhe  kommen.  Nähert  man  der  Röhre  einen 
Stahlmagnet,  so  bewirkt  derselbe  ein  Neigen 
I  der  Ringe  zur  Röhrenachse,   Diese  Neigung  ent- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  ig. 


spricht    wieder    vollkommeii    jenen    Richtungs- 
änderungen, welche  nach  der  Ampdreschen  Regel 
die    von    dem  Draht    ausgehenden   Kathoden- 
strahlen   unter   Einwirkung   eines    Magnets   er- 
fahren    müssen.     Wenn 
der  Stanniolstreifen    ge- 
erdet wird,  verschwinden 
die  Ringe,  doch  leuchtet 
dann     die    ganze    Wan- 
dung der  Röhre  in  Phos- 
phoreszenzlicht  auf;   die- 
ses    Phosphoreszenzlicht 
besitzt    ein    moir^artiges 
Muster,    welches   jeden- 
falls Unregelmässigkeiten 
der    Drahtoberfläche  zu-       | 
zuschreiben      ist.        Ein 
Stahlmagnet      bewirkt 
Änderungen      im     Pho- 
sphoreszenzmuster —  er 
krümmt   die   Zeichnung. 
Ein    starkes   von   einem 

Elektromagnet  hervorgerufenes  Feld  übt  voll- 
ständig anderartige  Wirkungen  aus.  Es  bewirkt 
(ebenso  wie  bei  Verbindung  des  Drahtes  mit 
dem    positiven    Induktorpol)  Änderungen    nicht 


welche  in  der  Röhre  beobachtet  werden,  wenn 
die  Röhrenachse  senkrecht  zu  den  Kraftlinien 
des  Elektromagnetfeldes  steht,  und  werde  mich 
mit  der  Darlegung  nur  jener  Erscheinungen  in 


Fig  S- 

der  Röhre  begnügen,  welche  entstehen,  wenn 
die  Röhrenachse  parallel  der  Feldacbse  gerichtet 
ist.  In  diesem  Falle  nimmt  ein  Teil  des  LeucMens 
die  Richtung   der  Kraftlinien    an,    und    bei  Er- 


nur   im  Phosphoreszeozlicht,    sondern    auch  im 
Leuchten  des  Gases  in  der  Röhre.   Einen  ebenso 
wesentlichen   (wenn  auch  anderartigen)  Einfluss 
auf  das  Gasleuchten  in  der  Rohre  hat  ein  starkes 
Magnetfeld  auch  in  dem  Falle,  wenn  der  Draht 
mit  einem  Induktorpol  verbunden  ist, 
aber   die    Verbindung    der    Pole 
mittels  Funkenzweiges  aufgehoben 
ist.      In    diesem    Falle    ist    die 
Einwirkung  des  Feldes  auf  das 
Gasleuchten  (wie  es  auch  von  vorn- 
herein erwartet  werden  konnte)  voll- 
ständig  gleich   bei  beiden  ent- 
gegengesetzten Richtungen  des 
Primärstromes      im     Induktor. 
Ich  enthalte  mich  der  Beschreibung 
der  äusserst  schönen  Erscheinungen, 


fiillung  gewisser  Bedingungen  stellt  das  Leuchten 
unmittelbar  den  Verlauf  der  Kraftlinien  dar, 
wobei  Anfang  und  Ende  der  einzelnen  Kraft- 
röhren nicht  an  den  Elektroden  liegen,  wie  es 
von  Hittorf  und  später  von  Pellat  beobachtet 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^ang.     No.  19. 


wurde,  sondern  unmittelbar  aufderGlaswandting 
über  den  Polflächen  des  Elektromagnets, 

§4- 

a)  Dem  Induktor  ist  keine  Funken- 
strecke parallel  geschaltet.  Der  Stan- 
niolstreifen ist  geerdet. 

Bei  Verbindung  des  Drahtes  mit  einem  In- 
duktorpol entsteht  in  der  Röhre  bei  beiden 
Richtungen  des  Primärstroms  im  Induktor  ein 
nebeiartiges  schwach  violettes  Leuchten,  welches 
den  auch  leuchtend  erscheinenden  Draht  um- 
giebt,  doch  von  dem  letzteren  durch  einen  cy- 
linderiormigen  dunkeln  Zwischenraum  abgeteilt 
ist.  Eine  Phosphoreszenz  der  Glaswandung 
konnte  nicht  bemerkt  werden.  Bei  Erregung 
eines  starken  Magnetfeldes  mittels  "eines  unter 
der  Röhre  befindlichen  Elektromagnets  {wie  es 
in  §  3  beschrieben  ist)  erhält  das  Leuchten  in 
der  Röhre  an  dem  Ort,  wo  das  Feld  erregt 
wurde,  die  Form  der, Fig.   5.      Diese  Figur  ist 


zum  Drahte  geneigt  ist.  Wenn  man  die  Rich- 
tung der  Kraftlinien  ändert,  neigt  sich  die 
Scheibe  zur  anderen  Seite.  Die  photographische 
Aufnahme  giebt  leider  nicht  die  bei  dieser 
Anordnung  auftretende  Phosphoreszenz  eines  Tei- 
les der  Glaswandung  wieder.  Auf  der  unteren 
Röhren  Wandung  unmittelbar  über  den  Enden 
der  Elektromagnetschenkel  und  auf  der  oberen 
Röhrenwandung  über  dem  ganzen  Felde  bilden 
sich  nämlich  gelblich-grüne  Streifen,  die  parallel 
dem  Drahte  verlaufen.  Wenn  die  Kraftlinien 
von  links  nach  rechts  verlaufen,  entsteht  ausser- 
dem auf  der  vorderen,  also  dem  Beobachter 
zugewandten  Röhrenwandung  ein  gelblich-grüner 
Fleck  genau  gegenüber  der  oben  erwähnten 
Scheibe.  Die  Mitte  dieses  Fleckes  phosphores- 
ziert viel  heller  in  Form  eines  Kreisbogenteils. 
Vom  Fleck  ausgehend  ziehen  sich  nach  beiden 
Magnet  sehen  kein  bogenartjge  gelblich  -  grüne 
Zweige.  Bei  Änderung  der  Stromrichtung  tm 
Elektromagnet     geht  '  die    beschriebene    Phos- 


Fig.  1 


eine  Autotypie  nach  einer  photographischen 
Aufnahme  (Exposition  5  Minuten)  der  Erschei- 
nung, Der  deutlich  auf  Fig.  5  sichtbare  Bogen 
verbindet  die  gegenüberliegenden  Ränder  der 
Polflächen  des  Elektromagnets. 

b)  Die  Induktorpole  sind  durch  eine 
Funkenstrecke  verbunden.  Der  Stan- 
niolstreifen ist  nicht  geerdet. 

1.  Der  Draht  in  der  Röhre  ist  mit 
dem    positiven    Indukforpol    verbunden. 

Bei  Erregung  des  Magnetfeldes  eines  unter 
der  Röhre  gestellten  Elektromagnets  erhält  das 
Leuchten  in  der  Röhre  die  Form  der  Fig.  6, 
die  eine  Autotypie  nach  einer  photographischen 
Aufnahme  der  Erscheinung  ist. 

2.  Der  Draht  in  der  Röhre  ist  mit  dem 
negativen  Induktorpol  verbunden. 

Bei  Erregung  des  Feldes  erhält  das  Leuchten 
in  der  Röhre  die  Form  der  Fig.  7  (nach  einer 
Photographie).  In  dieser  Erscheinung  bietet 
ein  be.'ionderes  Interesse  die  leuchtende  violett- 
farbige Scheibe,  deren  Centrum  auf  dem  Drahte 
yenau  in  de/  Feldmitte  liegt  und  die  ein  wenig 


phoreszenzerscbeinung  auf  die  hintere  Röhren- 
wandung über.  Die  oben  geschilderten  schwan- 
kenden Phosphoreszenzringe  auf  der  Röhren- 
wandung erscheinen  bei  den  angegebenen  Be- 
dingungen nur  in  den  Teilen  der  Röhre,  welche 
ausser  dem  Bereiche  des  Magnetfeldes  liegen. 
c)  Dem  Induktor  ist  eine  Funken- 
strecke parallel  geschaltet.  Der  Stan- 
niolstreifen  ist  geerdet. 

1.  Der  Draht  in  der  Röhre  ist  mit  dem 
positiven  Induktorpoi  verbunden. 

Bei  Erregung  eines  von  links  nach  rechts 
gerichteten  Magnetfeldes  erhält  das  Leuchten 
in  der  Röhre  das  Aussehen  der  Fig.  8.  Die 
Original  Photographie  giebt  die  Pbosphoreszenz- 
erscheinungen  nicht  wieder;  darum  wurden  die 
phosphoreszierenden  Teile  der  Glaswandung 
auf  der  Photographie  mit  Farbe  gedeckt,  und 
von  dem  so  erhaltenen  Original  wurde  die 
Autotypie  gefertigt. 

2.  Der  Draht  in  der  Röhre  ist  mit  dem 
negativen  Induktorpol  verbunden. 

Bei  Erregung    eines   von    links  nach  rechts 


Physikalische  Zeitschrift.    3.  Jahrgang.    No.  19. 


439 


gerichteten  Magnetfeldes    erhält   das    Leuchten 
in    der   Röhre   das  Aussehen    der  Fig.  9.     An 
den  Orten,  wo  das  Feld  erregt  worden  ist,  ver- 
schwindet das  Phosphoreszenzmuster  der  Glas- 
wandung; es   bleibt   nur 
ein    Phospboreszenztleck 
gegenüber  der  im  Feld- 
centrum      erscheinenden 
Scheibe  und    ausserdem 
Phospho  resze  nzstreife  n 
auf    der    unteren    Glas- 
wandung   —   über    den 
Magnetscbenkeln,  auf  der 
oberen— über  dem  ganzen 
Felde.    Wenn  der  Fieck 
auf  der  vorderen  Röhren- 
wandung   erscheint,    so 
bildet  sich    auf  der  hin- 
teren  eine  scharfe  ellip- 
tische Grenze  zwischen  dem  phosphoreszierenden 
und  nichtphosphoreszierendenTeile  derWandung. 
Bei  geänderter  Richtung  des  Magnetfeldes  geht 
der    mittlere  Phosphoreszenz  fleck   auf  die   hin- 
tere  Röbrenwandung  über,   und   die-^oben  er- 
wähnte scharfe  Phosphoreszenzgrenze   erscheint 
auf  der  vorderenT Wandung. 


annehmen.  Leider  wollte  es  mir  nicht  ge- 
lingen, eine  Photographie  dieser  Erscheinung 
zu  erhalten.  Auf  Fig.  10  sind  nur  Spuren 
dieser  facherartig    sich    ausbreitenden   Strahlen 


Fig.  9. 

sichtbar.  Diese  ausserordentlich  schöne  Licht- 
erscbeinung  giebt  eine  vollkommene  Abbildung 
des  Verlaufs  der  Magnetkraftlinien  im  Felde, 
Um  diese  Erscheinung  zu  erhalten,  muss  der 
Unterbrecher  (nach  Deprez)  des  Funkeninduk- 
tors besonders  einreguliert  werden  —  er  muss 
einen  schnarrenden  Ton  geben. 


d)  Dem  Induktor  istjClne  sehr  kurze 
Funkenstrecke  parallel  geschaltet.  Der 
Stanniolstreifen  ist  geerdet.  Die  Platten 
des  zwischen  dem  Drahte  und  dem  In- 
duktorpol eingeschalteten  Kondensators 
sind  bis  zur  Berührung  genähert.  Der 
Draht  ist  mit  dem  negativen  Induktor- 
pol verbunden. 

Bei  Erregung  des  Feldes  erhält  das  Leuch- 
ten das  Aussehen  der  Flg.  10.  Ausserdem 
entsteht  in  der  Röhre  eine  merkwürdige  hell 
rosafarbige  Lichterscheinung  aus  u  n  u  n  t  er- 
brochen  aufleuchtenden  Strahlen  be- 
stehend, welche  aus  den  über  den  Mag- 
netschenkeln liegenden  Teilen  der  Glas- 
wandung ausgesandt  zu  werden  scheinen 
und  die  Form  der  Kraftlinien  des  Feldes 


440 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


Zum  Schluss  bringe  ich  die  Kopie  (Fig.  11) 
einer  längs  der  Röhrenachse  aufgenommenen 
Photographie,  wobei  die  Röhre  über  einem 
Elektromagnet  senkrecht  zur  Mittellinie  seines 
Feldes  gelagert  wurde.  Dem  Induktor  war 
dabei  keine  Funkenstrecke  parallel  geschaltet, 
der  Stanniolstreifen  war  aber  geerdet.  Die  an- 
gewandte Röhre  war  cylindrisch  und  an  beiden 
Enden  mit  mittels  Siegellack  angekitteten 
Spiegelglasplatten  verdeckt.  Der  Draht  war 
längs  der  Röhrenachse  zwischen  zwei  in  die 
Röhrenwandung  eingeschmolzenen  Glasröhrchen 
gezogen;  die  Enden  des  in  diese  Röhren  einge- 
schmolzenen Drahtes  ragten  aus  den  Rohrenden 
heraus.  Fig.  11  zeigt  deutlich  das  Leuchten, 
welches  aus  dem  Draht  ausgesandt  wird  und 
längs  der  Kraftlinien  des  Feldes  zu  den  Mag- 
netschenkeln strömt. 

Physik.  Institut  der  Universität  St.  Petersburg. 

(Eingegangen  22.  Mai  1902.) 


Über  Fluoreszenzerregung  der  Kanalstrahlen 

an  Metalloxyden. 

Von  W.  Wien. 

Die  Fluoreszenzerregung  der  Kanalstrahlen 
hängt,  wie  ich  nachgewiesen  habe^),  beim  Auf- 
treffen auf  gewöhnliches  Röhrenglas  von  dem 
Gase  ab,  das  die  Entladung  vermittelt.  Dabei 
hat  sich  gezeigt,  dass  die  Kanalstrahlen  sehr 
verschieden  elektrostatisch  und  magnetisch  ab- 
lenkbar sind,  und  dass  die  ablenkbaren  unter 
Umständen  andere  Fluoreszenzwirkung  haben, 
als  die  weniger  ablenkbaren. 

Bei  diesen  Beobachtungen  fiel  es  mir  auf, 
dass  die  Kanalstrahlen  auch  manchmal  auf  Alu- 
minium bräunliche  Fluoreszenz  erregten.  Als  ich 
ein  Aluminiumscheibchen,  das  diese  Erscheinung 
zeigte,  blank  polierte,  war  die  Fluoreszenz- 
wirkung verschwunden.  Ich  hielt  es  für  wahr- 
scheinlich, dass  eine  oberflächliche  Oxydation 
die  wesentliche  Ursache  sein  könnte.  Dies  hat 
zu  folgenden  Versuchen  geftihrt.  Aluminium 
wurde  im  Knallgasgebläse  verbrannt  und  das 
entstandene  Oxyd  mit  Kanalstrahlen  bestrahlt. 
Es  zeigte  sehr  lebhafte  Fluoreszenz,  merkwürdiger- 
weise an  verschiedenen  Stellen  in  verschiedenen 
Farben.  Das  meiste  braun,  andere  Teile  grün, 
noch  andere  blau,  ohne  dass  man  eine  Ver- 
schiedenheit hätte  auf  andere  Weise  wahrnehmen 
können.  Durch  Verbrennen  von  Magnesium 
entstandenes  Magnesiumoxyd  zeigte  ausser- 
ordentlich lebhafte  rote  Fluoreszenz,  die  überall 
gleich  war,  in  derselben  Weise  erzeugtes  Kad- 
miumoxyd weit  geringere  grünliche  Fluoreszenz. 
Ganz  besonders  intensiv  und  die  an  Röhrenglas 

l)  Ann.  d.  Phys.  8,  244,  1902. 


durch  Kathodenstrahlen  hervorgerufene  Licht- 
wirkung noch  übertreffend,  fluoreszierte  in  grüner 
Farbe  Zinkoxyd,  das  ich  der  Freundlichkeit 
des  Herrn  Prof.  Tafel  verdanke,  der  es  durch 
Verbrennen  von  ganz  reinem  Zink  erhielt. 
Kupferoxyd  und  Eisenoxyd  zeigten  keine  Fluores- 
zenz. Eine  Verschiedenheit  der  Fluoreszenz 
bei  Anwendung  von  Wasserstoff  oder  Sauer- 
stoffliillung,  die  bei  der  am  Glase  erregten 
Fluoreszenz  sehr  auffallend  ist,  habe  ich  nicht 
bemerkt. 

Durch  Kathodenstrahlen  ergaben  sich  bei  eini- 
gen Oxyden  ähnliche  Wirkungen.  Doch  wurde  bei 
den  Beobachtungen  mit  Kanalstrahlen  dafür  ge- 
sorgt, dass  keine  Kathodenstrahlen  sich  unter 
die  Kanalstrahlen  mischten.  Zinkoxyd  fluores- 
zierte durch  Kathodenstrahlen  ebenfalls  grün, 
dagegen  Aluminiumoxyd  lebhaft  blau. 

An  allen  Oxyden,  bei  denen  die  Fhiores- 
zenzwirkung  auftrat,  zeigte  sich  die  gemein- 
schaftliche Erscheinung,  dass  die  Leuchterschei- 
nung sehr  schnell  nachliess,  wobei  eine  Ent- 
wicklung von  Sauerstoff  eintrat,  die  das  Vakuum 
schnell  verschlechterte.  Wurde  dann  das  Va- 
kuum auf  den  früheren  Grad  gebracht,  so  war 
die  Fluoreszenz  nicht  mehr  so  kräftig  wie  an- 
fangs. Wurden  aber  durch  elektrostatische 
Ablenkung  die  Kanalstrahlen  auf  bisher  nicht 
bestrahlte  Teile  gebracht  oder  durch  Schütteln 
frisches  Oxyd  an  die  Oberfläche  befördert,  so 
leuchtete  der  getroffene  Teil  wieder  hell  auf, 
um  bei  erneuter  Sauerstoffentwicklung  wieder 
schnell  nachzulassen. 

Eine  bleibende  Veränderung  erfuhr  nur  das 
Zinkoxyd,  das  gelblich  wurde  und  diese  Farbe 
beibehielt,  auch  als  es  tagelang  an  freier  Luft  lag. 

Als  die  Oxyde  derselben  Metalle,  als 
chemisch  rein  von  Kahlbaum  in  Berlin  be- 
zogen und  wahrscheinlich  auf  nassem  Wege 
dargestellt,  in  die  Röhre  gebracht  wurden, 
zeigte  sich  keine  Spur  von  Fluoreszenz.  Es  ist 
daher  wahrscheinlich,  dass  nicht  die  gewöhn- 
lichen Oxyde  als  solche  unter  dem  Einfluss 
von  Kanalstrahlen  fluoreszieren,  sondern  mög- 
licherweise höhere  Oxyde,  die  sich  bei  der 
Verbrennung  bilden  und  unter  der  Bestrahlung 
bei  Abgabe  von  Sauerstoff  in  niedere  Oxyde 
verwandeln. 

Genauere  Aufklärung  kann  nur  durch  eine 
eingehende  chemische  Untersuchung  gebracht 
werden. 

Die  bräunliche  Fluoreszenz  des  Aluminium- 
oxyds zeigen  auch  oxydierte  Kathoden,  wo  sie 
von  den  auf  sie  zugehenden  Kanalstrahlen  ge- 
troffen worden.  In  eine  Röhre  (Fig.)  mit 
durchlöcherter  Aluminiumelektrode  a  und  seit- 
lich angebrachter  Elektrode  d  waren  gegenüber 
der  Elektrode  a  zwei  Aluminiumscheiben  b,  c 
eingeschmolzen,  von  denen  c  in  der  Knallgas- 
flamme   kräftig   oxydiert   war.     Wurde    nun   a 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


441 


ftl 


tt 


SP. 


zur  Erde  abgeleitet  und  mit  der  Kathode  eines 
,  Induktionsapparats  verbunden,  während  d 
Anode  war,  so  erregten  die  nach  c  hin  aus- 
tretenden Kanalstrahlen  auf  der  Oxydschicht 
braune,  an  einzelnen  Stellen  blaue  Fluoreszenz. 
War  dagegen  b  Kathode,  so  erregten  die  auf  c 
fallenden  Kathodenstrahlen  dort  blaue  Fluores- 
zenz, die  durch  Annäherung  eines  Magneten 
aufgehoben  wurde,  während  die  von  den  Kanal- 
strahlen hervorgerufene  dadurch  nicht  beein- 
flussbar war.  War  c  Kathode,  so  trat  die 
braune  Fluoreszenz  nur  in  der  Mitte  der  Scheibe 
auf,  an  der  Stelle,  wo  die  Kathodenstrahlen 
scheinbar  ihren  Ausgangspunkt  haben,  was  an 
der  Fluoreszenz  des  Gases  leicht  zu  beobachten 
ist.  Allmählich  fluoreszierte  auch  die  Elektrode 
b,  wenn  sie  Kathode  war,  in  der  Mitte  bräun- 
lich, offenbar,  weil  auch  sie  sich  mit  einer 
Oxydschicht  überzogen  hatte.  Dagegen  fluores- 
zierten weder  b  noch  c  in  brauner  Farbe,  wenn 
sie  von  Kathodenstrahlen  getroffen  wurden, 
sondern  b  überhaupt  nicht  und  c  nur  in  blauer 
Farbe. 

Würzburg,  physikalisches  Institut, Mai  1902. 

(Eingegangea  3.  Juni   1902.) 


Über  den  Zeemaneffekt  der  Serienlinien. 

Von  C.  Runge.') 

Gemeinsam  mit  Prof.  Paschen  habe  ich 
eine  Untersuchung  darüber  unternommen,  wie 
die  Zerlegungen  der  Spektrallinien  im  magne- 
tischen Felde  mit  ihrer  Verteilung  in  Serien 
zusammenhängen.  Schon  Thomas  Preston 
hat  diesen  Zusammenhang  ausgesprochen;  aber 
es  ist  nicht  bekannt  geworden,  mit  welcher 
Genauigkeit  und  in  welchem  Umfang  er  die 
Sache  untersucht  hat. 


i)  Vortrag   gehalten   in  der   physikalischen   Gesellschaft 
der  Universität  Göttingen. 


Das  erste,  was  einem  bei  der  magnetischen 
Zerlegung  der  Serienlinien  auffällt,  ist,  dass  sie 
im  allgemeinen  nicht  den  einfachen  Typus  des 
normalen  Triplets  zeigen,  sondern  dass  sie  eine 
grössere  Zahl  von  Komponenten  besitzen.  Da- 
mit soll  aber  keineswegs  gesagt  sein,  dass  alle 
Linien,  die  nicht  zu  den  Serien  gehören,  in 
normale  Triplets  zerlegt  werden.  Die  zu  der- 
selben Serie  gehörenden  Linien  werden  im 
magnetischen  Felde  in  derselben  Weise  zerlegt 
und  zwar  so,  dass  sie  in  der  Skala  der  Schwin- 
gungsdifferenzen gezeichnet  dasselbe  Bild  geben. 
Es  sind  gleichviel  Komponenten  und  sie  liegen 
in  den  gleichen  Abständen  voneinander.  Dies 
Gesetz  ist  von  Paschen  und  mir  zunächst  für 
das  Quecksilberspektrum  mit  Genauigkeit  kon- 
statiert worden.  Wir  haben  es  im  Spektrum 
des  Quecksilbers  mit  zwei  Tripletserien,  im 
ganzen  also  mit  sechs  Serien  zu  thun,  drei, 
welche  die  erste,  und  drei,  welche  die  zweite 
Tripletserie  bilden.  Die  erste  Tripletserie  be- 
steht aus  sogenannten  zusammengesetzten  Tri- 
plets, deren  Hauptlinien  noch  von  Satelliten  be- 
gleitet sind.  Die  sechs  Serien  zeigen  sechs 
verschiedene  Typen  und  dazu  kommen  noch 
die  Typen  der  Satelliten,  die  ebenfalls  von  den 
anderen  verschieden  sind.  Jede  Serie  aber  hat 
nur  einen  Typus.  Wir  konnten  bei  jeder  Serie 
mindestens  zwei,  bei  mehreren  drei  Linien  er- 
kennen und  die  Gleichheit  ihrer  Zerlegung  be- 
stätigen. 

Das  zweite  Gesetz  besteht  darin,  dass  ein- 
ander entsprechende  Serien  verschiedener  Ele- 
mente denselben  Typus  zeigen  und  zwar  wieder 
so,  dass  die  Komponenten  in  der  Skala  der 
Schwingungszahlen  gezeichnet,  bei  der  gleichen 
Feldstärke  dasselbe  Bild  geben,  sowohl  was 
die  Zahl  der  Komponenten,  wie  was  ihre  Ab- 
stände betrifft.  Wir  haben  dies  Gesetz  zunächst 
an  der  zweiten  Tripletserie  bei  Mg^  Sr^  Zn^ 
Cdf  Hg  geprüft  und  durchaus  bestätigt  gefunden. 

Auch  die  Dubletserien  haben  wir  versucht, 
zu  untersuchen;  mussten  uns  aber  auf  Cu^  Ag, 
AI,  TL  beschränken.  Von  den  Alkalien  konnten 
wir  nur  Natrium  und  hier  auch  nur  die  beiden 
Z>-Linien  erhalten.  Die  anderen  Linien  waren 
zu  unscharf,  um  ihre  Zerlegung  deutlich  zu  er- 
kennen. Es  zeigte  sich  auch  bei  den  Dublet- 
serien, dass  die  Linien  derselben  Serie  im 
magnetischen  Felde  in  der  gleichen  Weise  zer- 
legt werden  und  dass  die  Typen  entsprechen- 
der Serien  die  gleichen  sind,  obwohl  wir  es 
hier  keineswegs  mit  chemisch  nahe  verwandten 
Elementen  zu  thun  haben.  So  fanden  wir,  dass 
die  beiden  Dublets  der  Hauptserie,  die  bei  Kupfer 
und  Silber  beobachtet  worden  sind,  genau  die- 
selben Zerlegungen  zeigen,  wie  die  beiden  D- 
Linien.  Genau  dieselben  Zerlegungen  zeigen 
auch  die  Linien  der  zweiten  Nebenserie,  aber 
in   umgekehrter  Reihenfolge,    so   dass   hier  die 


442 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


kleinere  Wellenlänge  des  Linienpaares  den 
Typus  von  D^,  die  grössere  den  Typus  von 
Z?2  zeigt.  Diese  Umkehrung  der  Reihenfolge 
ist  in  Übereinstimmung  mit  dem  von  Rydberg 
entdeckten  Zusammenhange  der  Hauptserie  und 
der  zweiten  Nebenserie.  Danach  entsprechen 
sich  die  Paare  in  umgekehrter  Reihenfolge, 
Bisher  konnte  man  die  Richtigkeit  dieser  Zu- 
ordnung aber  nur  durch  die  Intensität  der  Linien 
bestätigt  finden.  In  der  magnetischen  Zerlegung 
haben  wir  eine  weit  überzeugendere  Bestätigung 
von  der  Richtigkeit  der  Rydbergschen  Ent- 
deckung. Denn  die  Typen  der  beiden  Z?-Linien 
sind  vollständig  voneinander  verschieden. 

Die  erste  Nebenserie  weicht  im  Typus  von 
der  Hauptserie  und  der  zweiten  Nebenserie  ab; 
aber  für  die  verschiedenen  Elemente  Cu^  Ag^ 
A/,  77  ist  wieder  die  Zerlegung  der  ersten 
Nebenserie  die  gleiche. 

Die  Typen  dieser  drei  Dubletserien  werden 
nun  auch  noch  bei  einer  Anzahl  von  Paaren  im 
Spektrum  von  Mg,  Ca,  Sr,  Ba  beobachtet,  von 
denen  man  bisher  nicht  nachweisen  konnte, 
dass  sie  Serienlinien  sind.  Nach  dieser  Beob- 
achtung sind  also  z.  B.  die  beiden  d-Linien  H 
und  K  genau  den  beiden  Z>-Linien  entsprechend. 
Dieselben  beiden  Typen,  nur  in  umgekehrter 
Folge,  zeigen  die  beiden  tit-Linien  3737,1  und 
3706,2.  Sie  sind  daher  als  ein  Glied  der  zweiten 
Nebenserie  aufzufassen.  Den  Typus  der  ersten 
Nebenserie  endlich  zeigt  das  Paar  3179,4  und 
3159,0  mit  dem  Satelliten  bei  3181,4.  Man 
hatte  bisher  wohl  bemerkt,  dass  diese  drei 
Paare  Schwingungszahlen  von  gleicher  Differenz 
besitzen,  und  man  vermutete  daher  wohl,  dass 
sie  Serien  angehörten;  aber  man  konnte  nicht 
angeben,  welcher  Art  diese  Serien  seien. 

Die  bei  der  Hauptserie  der  Dublets  und  der 
zweiten  Nebenserie  der  Dublets  und  Triplets 
beobachteten  Typen  zeigen  einen  merkwürdigen 
Zusammenhang  untereinander.  Die  drei  Typen 
der  Tripletserie  sind  die  folgenden: 


Fig.  I. 

Die  Abstände  der  Komponenten  von  der 
Mitte  sind  in  der  Skala  der  Schwingungszahlen 
Vielfache  derselben  Grösse.  Wenn  man  die  Mitte 
der  Linie  als  Nullpunkt  rechnet,  so  haben  die 
Komponenten   des  ersten  Typus  die  Abscissen 


—4,  —3,  —2,  —I,  o,  4-1,  +2,  +3,  +4,  vor- 
ausgesetzt, dass  man  den  Abstand  zweier  be- 
nachbarten Komponenten  als  Längeneinheit 
nimmt.  Für  die  zweite  Linie  des  Triplets  haben 
dann  die  Komponenten  die  Abscissen  — 4,  — 3, 
— I,  +1,  +3,  4-4  und  für  die  dritte  Linie: 
— 4,  o,  +4.  Es  besteht  also  eine  Art  Gesetz 
der  multiplen  Proportionen.  Eine  einzige  Kon- 
stante drückt  die  Zerlegung  der  drei  Linien  aus. 
Dasselbe  gilt  von  den  Typen  der  beiden 
Dubletserien.     Sie  geben  das  folgende  Bild: 


Fig.  2. 

Der  Typus  von  NaD^  besteht  aus  sechs 
äquidistanten  Komponenten.  Macht  man  die 
Hälfte  des  Abstandes  benachbarter  Komponen- 
ten zur  Einheit,  so  sind  die  Abscissen  von  der 
Mitte  aus  gerechnet:  — 5,  — 3,  — i,  +1,  +3, 
+  5.  Für  den  Typus  NaDx  haben  die  Kom- 
ponenten die  Abscissen  — 4,  — 2,  +2,  -I-4. 
Wieder  sind  die  sämtlichen  Abstände  durch 
eine  einzige  Konstante  ausgedrückt. 

Bezeichnet  u  die  Konstante,  deren  Vielfache 
die  Abstände  der  Komponenten  der  Triplet- 
serien  ausdrückt  und  v  die  Konstante,  deren 
Vielfache  die  Abstände  der  Komponenten  der 
Dubletserien  ausdrückt,  so  zeigt  sich,  dass 

3  T^  =  2  «. 

Diese  Beziehung  ist  mit  beträchtlicher  Ge- 
nauigkeit nachgewiesen.  So  finden  wir  z.  B. 
bei  einer  gleichzeitigen  Aufnahme  von  Zn 
und  AI 

u  =  0,7276  (mittlerer  Fehler  0,0015), 

V  =  0,4809  (mittlerer  Fehler  0,0028). 

Als  Schwingungszahl  ist  dabei  die  Zahl  der 
Schwingungen  gerechnet,  die  das  Licht  aus- 
führt, während  es  einen  Weg  von  einem  Centi- 
meter  zurücklegt. 

(Eingegangen  6.  Juni  1902.) 


Über  die  Grenzen  der  graphischen 
Behandlung  der  Wechsclstromproblemc. 

Von  J.  Teichmüller. 

Die  bei  der  Darstellung  von  Wechselstrom- 
grössen  benutzten  Vektoren  sind  rotierende 
Vektoren  von  der  Eigenschaft,  dass  ihre  Längen 
die  Amplituden,  ihre  Projektionen  auf  eine  fest- 
stehende   Grade    die   Momentanwerte    der   be- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


443 


treffenden  Grösse  darstellen;  sie  rotieren  mit 
konstanter  Winkelgeschwindigkeit  um  einen 
Endpunkt.  Solche  Vektoren  stellen  die  Grössen 
sinusförmiger  Wechselströme  dar.  Häufig 
stellt  man  sich  unter  ihnen  nicht  die  Ampli- 
tuden, sondern  die  sogenannten  effektiven  Mittel- 
werte vor;  dann  hat  man  es  natürlich  streng 
genommen  nicht  mehr  mit  rotierenden  Vektoren 
zu  thun.  Die  Darstellung  der  Effektivwerte 
durch  Vektoren  ist  aber  doch  gerechtfertigt, 
nicht  nur,  weil  man  durch  Multiplikation  mit 
einer  Konstanten  oder  durch  Veränderung  des 
Massstabes  ohne  weiteres  auf  die  rotierenden 
Vektoren  der  Amplituden  übergehen  kann,  son- 
dern besonders  deshalb,  weil  die  Effektivwerte 
(was  sich  leicht  nachweisen  lässt)  sich  nach 
dem  Gesetze  der  Vektoraddition  zusammen- 
setzen. 

Anders  verhält  es  sich  mit  einem  anderen 
Schritte,  den  man  zu  thun  pflegt,  nämlich  mit 
der  Darstellung  von  Wechselströmen  beliebiger 
Kurvenform  durch  Vektoren.  —  Unter  Vektoren 
beliebiger  Kurvenform  sind  natürlich  nur  Effektiv- 
werte zu  verstehen.  Ob  die  für  Sinusform  ab- 
geleiteten Gesetze  der  Vektorenbehandlung  auch 
für  beliebige  Kurvenformen  gültig  sind,  muss 
zunächst  für  die  an  einer  Impedanz  auftretenden 
Grössen  nachgewiesen  werden;  d.  h.  es  ist  zu 
untersuchen,  ob  die  Zusammenstellung  der 
Wechselstromgrössen  zu  Dreiecken  (wie  wir 
sie  bei  sinusförmigem  Wechselstrom  kennen) 
auch  für  beliebigen  Wechselstrom  richtig  ist. 
Danach  ist  zu  untersuchen,  ob  das  Gesetz  von 
der  Addition  der  Vektoren  auch  für  mehrere  ' 
Impedanzen  in  Reihenschaltung  oder  Parallel- 
schaltung für  beliebige  Kurvenform  gilt,  und 
schliesslich  wird  die  Frage  entstehen,  ob  das 
Vorhandensein  von  Eisen  besondere  Unter- 
suchungen erfordert. 

Der  Nachweis,  dass  das  Gesetz  allgemein 
nicht  gelten  kann,  ist  schon  im  Jahre  1898') 
von  G.  Roessler  erbracht  worden.  Ich  möchte 
in  der  folgenden  Abhandlung  versuchen,  durch 
eine  allgemeinere  Betrachtung  einen  Beitrag  zur 
weiteren  Klärung  der  wichtigen  Frage  zu  liefern. 

I. 

Die  Dreiecke  der  Wechselstrom- 
grössen   bei    beliebiger   Kurvenform    für 

eine   Impedanz. 

Ist  nur  eine  Impedanz  vorhanden,  so  ver- 
einfacht sich  die  Aufgabe  zu  der  Frage,  ob 
sich  die  einzelnen  Wechselstromgrössen  zu  recht- 
winkligen Dreiecken  zusammensetzen  lassen,  in 
denen  der  Cosinus  des  einen  Winkels  den  Lei- 
stungsfaktor darstellt. 

i)  Eicktrotechn.  Zeitschrift  189S,  S.  595,  vergl.  auch 
Elclctrotechn.  Zeitschrift  1895,  S.  681. 


Der  Effektivwert  der  Spannung  und  des 
Stromes  stellt  sich  bekanntlich  dar  als 

und  

j=v.K^^'^'^ (^^ 

während  der  mittlere  Effekt  sich  ergiebt  zu: 

{^^^S"  E,:^.cosq>, (3) 

Hierin  bedeuten  die  £,  und  y.  die  Amplituden 
der  einzelnen  n  Wellen  der  Fourierschen Reihe, 
fpp  die  Phasenverschiebungen  zwischen  je  einer 
Stromwelle  und  der  zugehörigen  Spannungs- 
welle derart,  dass 

r  I 

Der  Quotient  aus  dem  mittleren  Effekte 
und  der  scheinbaren  Leistung  in  Voltampere 
ist  nach  Definition  der  Leistungsfaktor,  für  den 
das  Symbol  cosrp  üblich  ist,  und  es  fragt  sich 
nur,  ob  dieser  Quotient  also 

2^  £^  %  cos  g)r  ,  X 

cos  w  ^     .  -^-        ^^r - .     .     .     (5) 

die  charakteristischen  Eigenschaften  eines  Co- 
sinus besitzt,  nämlich  seinem  Betrage  nach  nur 
zwischen  o  und  i  variieren  kann.  Wird  dies 
bejaht,  so  ist  bewiesen,  dass  die  Zusammen- 
stellung der  Wechselstromgrössen  bei  einer 
Impedanz  auch  bei  beliebigen  Kurvenformen 
der  Spannung  immer  möglich  ist. 

Dieser  Beweis  lässt  sich  auf  einfache  Weise 
folgendermassen  führen:  Quadriert  man  den 
Leistungsfaktor,  so  gilt  für  das  Quadrat  die- 
selbe Bedingung,  dass  es  nur  zwischen  o  und  i 
schwanken    darf.      Dieses    Quadrat    lässt    sich 

schreiben 

cos^^  <p  = 

2-  E;^ 7,hos'^(p,+  221  Ax Exyn  Jxcos q>nCOS tpi 
i>«  _         .(6) 

l>  M 

Die  zweite  Summe  im  Zähler  sowohl  als 
im  Nenner  ist  so  zu  bilden,  dass  sowohl  x 
als  X  von  i  bis  n  zu  ändern  ist,  dass  aber 
stets  X  von  X  verschieden  sein  soll.  Die  untere 
Grenze  von  cos^fp  ist  nun  offenbar  gleich  Null, 
und  sie  wird  erreicht,  wenn  sämtliche  (p  gleich 
jr/2  sind,  also  wenn  der  Widerstand  unendlich 
klein  gegenüber  der  Reaktanz  jeder  der  ein- 
zelnen Wellen  wird.  Um  die  obere  Grenze 
festzustellen,  beachte  man  zunächst,  dass  der 
grösste  Wert  der  cos^pw  oder  cosq>n  und  cos(pi 
gleich  I  ist.  Lassen  wir  die  Cosinus  diesen 
Wert  annehmen,  so  sind  die  ersten  Summanden 
im  Zähler  und  Nenner  gleich,  und  es  bleiben 
nur    noch    die    zweiten    miteinander    zu    ver- 


444 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


gleichen.     Je    einem    Gliede    des    Zählers    von 

der   Form  2  ab   lässt   sich   nun    ein  Glied    des 

Nenners  von  der  Form  a^  +  b*^  zuordnen,  und 

es    ist    bekannt,    dass  bei  Veränderung  von  a 

und  b  stets 

2ab<^_a^-\-  ^2 (7j 

ist.    Gleichheit  wird  erreicht  für  ^  =  ^,  also  für 
E,.y,  =  Ex'  %  oder  £,  :  y,  =  Ä  :  ^a  .  (8) 

d.  h.  wenn  die  Impedanzen  aller  einzelnen 
Wellen  einander  gleich  sind.  Das  kann  aber 
nur  der  Fall  sein,  wenn  die  Impedanzen  nur 
aus  Widerständen,  dem  Widerstände  R  des 
Stromkreises,  bestehen.  Dann  ist  aber  auch 
die  erste  Bedingung  erfüllt,  nämlich,  dass  sämt- 
liche cosg>p  (oder  cosg>K  und  cosg)x)=  i  sind. 
Die  Kurve  des  Stromes  fällt  dann  mit  der 
Kurve  der  Spannung  bei  passend  gewähltem 
Massstabe  zusammen.  Es  ist  hiermit  mathe- 
matisch bewiesen,  dass 

1.  der  Leistungsfaktor  zwischen  o  und  i 
variieren  kann, 

2.  dass  er  den  Wert  o  erreicht,  wenn  der 
Widerstand  verschwindend  klein  gegenüber  den 
Reaktanzen  ist, 

3.  dass  er  den  maximalen  Wert  i  erreicht, 
wenn  die  Widerstände  induktions-  und  kapazi- 
tätsfrei sind.  Der  Leistungsfaktor  besitzt  also 
nicht  nur  allgemein  die  Eigenschaft  eines  Cosinus, 
sondern  es  werden  sogar  die  Grenzen  o  und  i 
unter  denselben  Bedingungen  erreicht,  wie  bei 
sinusförmigen  Strömen. 

Es  sind  nunmehr  3  Grössen  (also  genügend 
viele)  zur  Konstruktion  eines  rechtwinkligen 
Dreieckes,  des  Dreieckes  der  Effekte,  ge- 
geben, nämlich  als  Hypotenuse  der  scheinbare 
Effekt  in  Voltampere,  als  eine  Kathete  der 
wahre  Effekt  in  Watt,  und  der  eingeschlossene 
Winkel  q>  des  Leistungsfaktors.  Die  andere 
Kathete,  die  ebenfalls  in  Voltampere  gemessen 
werden  kann,  stellt  keinen  Effekt  dar.  Durch 
Division  der  Längen  durch  J  oder  passende 
Veränderung  des  Massstabes  erhält  man  das 
Dreieck  der  Spannungen  und  durch  nochmalige 
Division  mit  J  das  Dreieck  der  Widerstände, 
in  dem  die  eine  Kathete  im  eisenfreien  Strom- 
kreise den  Ohmschen  Widerstand,  die  Hypo- 
tenuse, die  als  Quotient  von  E  und  J  definierte 
Impedanz,  die  als  resultierende  Impedanz 
bezeichnet  werden  kann,  und  die  andere  Kathete 
schliesslich  eine  resultierende  Reaktanz  dar- 
stellt. In  Analogie  hierzu  kann  g>  als  die  resul- 
tierende Phasenverschiebung  bezeichnet 
werden. 

II. 

Die  Addition  der  Vektoren 

bei    beliebiger  Kurvenform    für   mehrere 

Impedanzen  in  Reihenschaltung. 

Fasst  man  die  Seiten  des  oben  beschriebenen 

Spannungsdreieckes  gerade  so  als  Vektoren  auf. 


wie  die  Seiten  des  entsprechenden  Dreieckes 
der  Effektivwerte  bei  sinusförmigen  Spannungen, 
so  entsteht  die  Frage,  ob  die  graphische  Addi- 
tion zweier  effektiver  Spannungen  Ka  und  Ei 
bei  beliebigen  Kurvenformen,  die  an  den 
Klemmen  zweier  hintereinander  geschalteter 
Impedanzen  herrschen,  sich  zur  Gesamtspan- 
nung E,  gerade  so  durch  graphische  Addition 
zusammensetzen,  wie  bei  sinusförmigen  Span- 
nungen. Ist  die  Frage  für  2  Impedanzen  ent- 
schieden, so  ist  sie  nach  dem  Assoziationsgesetz 
der  Addition  auch  für  beliebig  viele  entschieden. 
Selbstverständlich  muss  auch  die  Subtraktion 
unter  denselben  Bedingungen  gültig  oder  ungültig 
sein  wie  die  Addition. 

Die   Antwort   auf  die   Frage    erhalten    wir 
durch  folgende,  etwas  umständliche  Betrachtung: 


L 


>L 


^. 


— s*' 

Fig.  I. 


Die  Werte  der  einen  Impedanz  sollen  Fig.  i 
gemäss  mit  dem  Index  a,  die  der  anderen  mit 
dem  Index  b  versehen  werden,  während  die 
Summenwerte  den  Index  o  tragen  sollen. 

Es  steht  zunächst  aus  der  Definition  dieser 
Grössen  fest,  dass  der  mittlere  Gesamteffekt  gleich 
der  Summe  der  mittleren  Einzeleffekte,  nämlich 

So  =  6«  +  e^ (9) 

ist.  Da  aber  der  Strom  in  beiden  Impedanzen 
derselbe  ist,  so  gilt  nach  der  Definition  der 
Leistungsfaktoren : 

Eq  cos  9)^,  =  Etf  cos  (fa  -f   E^  cos  (ps  .      (10) 

Es  steht  nach  Früherem  fest,  dass  die  Leistungs- 
faktoren thatsächlich  als  Cosinus  von  Winkeln 
aufgefasst  werden  können.  Die  Gleichung  (10) 
sagt  aus,  dass  die  Summe  der  Cosinusprojek- 
tionen der  Einzelspannungen  gleich  der  Cosinus- 
projektion der  Gesamtspannung  ist.  Zeichnet 
man  also  in  Fig.  2  die  Dreiecke  der  Spannungen 
für  die  einzelnen  Impedanzen  so,  dass  die  Nutz- 
spannungen in  dieselbe  Richtung  fallen,  so  muss 
nach  Gleichung  (10)  der  Endpunkt  der  Gesamt- 
spannung £0  auf  der  Senkrechten  durch  ^q 
liegen,  wobei  OA^  =  OAa  +  OA/,  ist.  Das  Ge- 
setz der  Vektoraddition  gilt,  wenn  auch  die 
Summe  der  Sinusprojektionen  der  Einzelspan- 
nungen gleich  der  Sinusprojektion  der  Gesamt- 
spannung ist.  Es  ist  also  zu  untersuchen,  ob 
I  und  unter  welchen  Bedingungen 

(1)  Eo  sm  q^Q  =  E«  sin  y«  -f  E^  sin  g)t 


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0 


n   ^6  ^o  K 


a 


o 


sm 


Fig.  2. 

ist.  Bei  der  Untersuchung  dieser  Frage  ist  streng 
darauf  zu  achten,  dass  die  sin  (p  nur  durch  die 
Grössen  ausgedrückt  werden  dürfen,  durch  die 
der  Leistungsfaktor  gemessen  ist.  Es  ist  also 
in  die  Bedingungsgleichung  (I)  einzusetzen: 

Hierdurch  wird  Gleichung  (I)  nach  Quadrierung 
beider  Seiten  zu: 

.11)  Eo2j'=Ea2p+E.2j'  +  eo'~e«'-e3^ 

Die  hierin  vorkommenden  Effektivwerte  der 
Ströme  und  Spannungen  lassen  sich  durch  die 
Amplituden  der  Einzelwellen  nach  Gleichung 
(i)  und  (2)  ausdrücken.  Stellt  man  die  Span- 
nungen E^  als  Funktionen  von  Strom  und  Im- 
pedanz dar,  wobei  bei  den  Wellen  der  Gesamt- 
spannungen j^or  die  vonBedell  und  Crehore 
so  genannte  äquivalente  Impedanz  der  Hinter- 
einanderschaltung einzufuhren  ist,  so  erhält  man 
folgende  Ausdrücke: 

(IIC)  V,^  =  \2^^J^^\(^Ra+R6)^ 

+  [LaP(0 ^         -\-  LbVCO  — -7=^ )  [    • 

Hierzu  tritt 

(12) J2=j2;^y.2 

In   den  künftigen  Rechnungen   soll    solange 
als  möglich  gesetzt  werden 


und 


fbp  =^  LbPco  — 


CbV(o 


Bildet  man  die  in  der  Bedingungsgleichung 
(II)  vorkommenden  Produkte,  so  erhält  man 

E^^p=y^{R^'^  +  Rb''  +  2RaRb) 

+  4J^-^'[5^J(^.+/l+2/"--/i^)) 

ferner 

Durch  Einsetzung  dieser  Werte  in  Gleichung 
(II)  ergiebt  sich  nach  einigen  Umrechnungen 

Durch  Ausrechnung  der  linken  Seite  und 
Quadrierung  ergiebt  sich  nunmehr  als  Beding^ngs- 
gleichung 

In  dieser  Gleichung  stehen  auf  beiden  Seiten 
zunächst  Quadrate  von  der  Form 

7>  fnv  /bv 

Diese  Glieder  heben  sich  also  heraus;  alle 
übrigen  Glieder  lassen  sich  so  zusammenfassen, 
dass  Gleichung  (III)  übergeht  in 

(IV)      .       2Ty«2<^i-^.(Ax/iA-/*aiAx)2  =  0. 

X>K 

Diese  Summe  enthält  nur  positive  Glieder, 
kann  also  nur  verschwinden,  wenn  jedes  Glied 
für  sich  gleich  Null  wird,  also,  da  7»  und  7i  be- 
liebige Werte  annehmen  können,  wenn  der 
Klammerausdruck  in  jedem  Gliede  für  sich  ver- 
schwindet.    Das  ist  der  Fall 

i)  wenn  nur  eine  Welle  vorhanden  ist,  also 
der  Strom  sinusförmig  ist,  denn  dann  ist  x  =  >l 

2)  wenn 
d.  h.  wenn 

(V)    (£.xa>--^;^J(z:a«>-^^y= 

(  LaXcO —  .,  ,    -  )(  LbXiD — 7^— 
\  CalG)J\  CbOt 


xco 


/a^=Lar(D  


CaVCO 


Rechnet  man  diese  Gleichung  aus,  so  er- 
giebt sich 

oder  allgemein 

(VIj     ....     L'C=^Kons{. 

als  die  gesuchte  Bedingung. 

In  Worten:  Das  Gesetz  der  Vektor- 
addition gilt  bei  hintereinandergeschal- 
teten Impedanzen  für  beliebige  Kurven- 
formen   allgemein    nur    dann,    wenn    die 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


Eigenschwingungen  der  Impedanzen  ein- 
ander gleich  sind,  oder,  was  dasselbe  ist, 
wenn  die  Indüktanzen  sich  umgekehrt  verhalten 
wie  die  Kapazitäten, 

Enthalten  die  Impedanzen  ausser  Widerstand 
nur  Selbstinduktion,  so  folgt,  da  dann  d=  Cb=  "c 
ist,  aus  Gleichung  (V), 

(Via).    .    .  La'L6xX(x}'^=Laf6xX(oK 

Enthalten  sie  jedoch  ausser  Widerstand  nur 
Kapazität,  d.  h.  ist  La  =  Ls  =^  o,  so  folgt 
aus  Gleichung  (V)  die  Bedingui.g 

(Vlb)    .      .      .    CaC6XX(X}^=^  CaOxXo)'^ 

Die  beiden  Identitäten  Gleichung  (Via)  und 
(Vlb)  sagen  aus:  Das  Gesetz  cer  Vektor- 
addition gilt  bei  hintereinandergeschal- 
teten Impedanzen  für  beliebige  Kurven- 
formen allgemein,  wenn  die  Impedanzen 
alle  (also  der  gesamte  Stromkreis)  ausser 
Widerstand  nur  Selbstinduktion  oder 
nur  Kapazität  enthalten. 

Enthält  eine  Impedanz  nur  Selbstinduktion, 
die  andere  nur  Kapazität,  ist  also 

Z^=o;       0  =  0, 
so  folgt  aus  Gl.  (V) 
(VIc)     .    .    .    LaCi,x^  =  LaCa\ 

Diese  Gleichung  ist  bei  beliebigen  Kurven- 
formen ausser  für  G  =  ^  (d  .h.  ausser  wenn  nur 
Selbstinduktion  vorhanden  ist),  nur  dann  erfüllt, 
wenn  entweder  La  =^  o  ist,  d.  h.  wenn  nur 
Kapazität  vorhanden  ist,  oder  wenn  Ct  =  o, 
d.  h.  wenn  der  Stromkreis  unterbrochen  ist. 
Das  fuhrt  zu  dem  Satze:  Das  Gesetz  der 
Vektoraddition  gilt  bei  hintereinander- 
geschalteten Impedanzen  nicht,  wenn 
die  Impedanzen  ausser  Widerstand  teil- 
weise Selbstinduktion  und  teilweise  Ka- 
pazität besitzen. 

Fügen  wir  als  letzten  den  im  Hinblick  auf 
Gleichung  (V)  und  (9)  selbstverständlichen  Satz 
hinzu,  nämlich:  Das  Gesetz  der  Vektor- 
addition gilt  bei  hintereinandergeschal- 
teten induktions-  und  kapazitätsfreien 
Widerständen  für  beliebige  Kurvenfor- 
men allgemein,  so  sind  alle  Bedingungen 
für  die  Gültigkeit  der  Vektoraddition  für  hinter- 
einandergeschaltete Impedanzen  mit  konstanten 
L  und  Cf  also  in  eisenfreien  Stromkreisen,  bei 
beliebigen  Kurvenformen  festgelegt. 

III. 

Die  Addition  der  Vektoren  bei  be- 
liebiger  Kurvenform    für   mehrere  Impe- 
danzen in  Parallelschaltung. 

Für  die  Parallelschaltung  gilt  das  Schema 
der  Fig.  3.      Die  Überlegungen    sind    zunächst 


ganz  analog   den    oben    angestellten:    Aus  der 
Thatsache,  dass 

e,  =  e,  +  e, (9) 

und    der  Definition    des    Leistungsfaktors    folgt 
unbedingt,  dass 

Jo  •  cos  ^Q  =  Ja  cos  ifa  +  ]ö  cos  <f}b  •     •  (lOa) 
Zu  untersuchen  bleibt  nur,  ob  die  Sinusprojek- 


wmsAsmm^ 


cA 


J 


fwmmmm^ 


j. 


^6.  ^ 


c\ 


I  V 

E 

tion  des  Gesamtstromes  gleich  der  Summe  der 
Sinusprojektionen  der  Einzelströme  ist,  also  ob 

(VII)     .    Jo  sin  9)0  =  Ja  ^^'^  ^«  +  J^  sin  q>6 

Eine    der  früheren    analoge  Umformung   liefert 
hieraus  die  Bedingpjngsgleichung 
.^...  E-^  Jo^  =  E^  J.2  +E^  j,r+  (f^  i^  e^2  ^  ^,t 
l^Aiij         ^  2  V"(E^J.^-Lv.'0  '(E2V_^,2). 

Von  hier  ab  muss  die  Entwicklung  etwas 
anders  als  oben  werden.  Für  die  Effektiv- 
werte der  Ströme  ergeben  sich  folgende  Gleich- 
ungen 

]a'=  \  2:-  Ja.'^COS'^ifa.+  l  2^  Ja.^  sifl'^  <pa.     (13  a) 

j,i  =  I  j:. ys;^cosi<p,, ^  j 2:- ys.'^sm"' ^^^  (13b) 

Jo  2  =  i  2*"  (^a^  cos  ^a^  +  Jöw  COS  <ps,)  ^ 

+  J  2»'  {%,  sin  ffap  +  y^r  sin  q)6rY 

von  denen  die  ersten  beiden  ohne  weiteres 
klar  sind,  während  die  dritte  leicht  gefunden 
wird,  wenn  man  die  Beziehung  für  die  Momen- 
tanwerte 

/O  =  '«  +  h  =  -"  Jap  sin  {P(X}t+  <far) 

+  2"  Jtp  sin  {va}t  -\-  if^r) 

trigonometrisch  umformt.  —  Zu  diesen  Formeln 
tritt 


(13c) 


oder 


^  ~\=]i:'Ri}  +  \^'yi,^fi,.'^y  •  ^^^ 

Nun  kann  aus  Gleichung  (13  c)  der  Ausdruck 
gewonnen  werden: 

+  -S-  Jav  Jb^  KCOS  (par  COS  (fhv  +  Stn  (far  Stn  (pSr)  • 

Es  ist  dazu  nur  nötig,  die  Quadrierung  der 
Binome  unter  den  Summenzeichen  auszuführen 
und  in  passender  Weise  von  neuem  zusammen- 
zufassen.    Setzt  man  in  diesem  Ausdruck: 

Ka  fav 

COS  ffap  =        -         ,  ;    SUl  fta^  =        _       "^ 


Physikalische  Zeitschrift.     3    Jahrgang.     No.   19. 


447 


und  die  entsprechenden  Werte  für  cos^>b^  und 
sinifb^f  und  drückt  man  ausserdem  Jap  und  Jb, 
durch  die  zugehörigen  Spannungen  und  Impe- 
danzen aus,  so  ergiebt  sich 

Dieser  Wert  soll  später  in  die  Bedingungs- 
gleichung (VIII)  eingesetzt  \\terden. 

In  der  rechten  Seite  dieser  Gleichung  (VIII) 
wird  ©0^—  ^a'  —  e^  2  =  2  ßa  S>  durch  Ströme 
und  Widerstände  ausgedrückt  als 


(16) 


Der  Ausdruck  unter  der  Wurzel  in  (VIII)  wird 
durch  die  Beziehung  Gleichung  (14)  umgeformt 
und  erscheint  dann  als 


2Y- 


J-^v   J av 


2' 
2 


(17) 


Nunmehr  setzen  wir  die  in  den  Gleichungen 
(15),  (16)  und  ( 1 7)  gewonnenen  Ausdrücke  in 
Gleichung  (VIII)  ein  und  erhalten  als  Bedin- 
gungsgleichung 


2- 


E^ 


{Ka^  +fa,^) 


2' 


Ey"^ 


2- 
2' 


(/e/2  ,-_/i,2) 

E,'fo^_ 


Wir  haben  nun  zu  fragen,  wann  diese 
Gleichung  befriedigt  ist  und  können  dabei 
folgendermassen  verfahren: 

I.  Wir  nehmen  an,  dass  die  Spannungs- 
kurve, also  alle  Ey,  gegeben  seien,  dann  wird 
die  Gleichung  durch  ein  System  von  Werten 
Ra,  Rb^fa^.fbp  befriedigt,  von  denen  ein  Teil 
reell,  ein  Teil  imaginär  ist.  Das  würde 
heissen:  wirkliche,  praktisch  mögliche  Werte 
von  Rat  Rbtfauffbv  giebt  es  nicht.  Es  kann 
aber  für  eine  gewisse  Kurvenform  der  Span 
nung  vorkommen,  dass  auch  die  imaginären 
Werte  reell  werden;  dann  haben  wir  einen  be- 
sonderen Fall,  in  dem  die  Gleichung  (IX)  durch 
praktisch  mögliche  Werte  der  Widerstände, 
Kapazitäten  und  Induktanzen  erfüllt,  also  die 
graphische  Addition  richtig  ist.  Einer  dieser 
Fälle  ist  der,  dass  v  =  i  ist,  d.  h.  dass  die  Span- 
nungskurve sinusförmig  ist,  und  es  lässt  sich 
leicht  erkennen,  dass  die  Gleichung  dann  durch 


alle  beliebigen  Werte  von  Ra,  Rb,fa  und  fb  be- 
friedigt wird.  —  Ob  und  wann  ausserdem  ein 
solcher  Fall  eintritt,  ist  nicht  leicht  zu  über- 
sehen; es  hat  aber  auch  kein  allgemeineres  Inter- 
esse, diese  Frage  näher  zu  untersuchen;  denn 
die  Gültigkeit  der  Vektoraddition  würde  damit 
eben  nur  für  eine  bestimmte  Kurvenform  der 
Spannung  bewiesen  sein.  Uns  interessiert  viel- 
mehr die  Frage,  wann  die  Vektoraddition  all- 
gemein, für  beliebige  Spannungskurven,  gilt. 
Die  Antwort  hierauf  finden  wir  folgender- 
massen : 

2.  Lösungen  der  Gleichung  (IX),  die  für  alle 
Werte  von  E^  gelten  sollen,  müssen  bewirken, 
dass  auf  der  linken  und  rechten  Seite  der  Glei- 
chung identische  Funktionen  von  Ev'^  stehen. 
Das  setzt  aber  voraus,  dass  die  Wurzel  auf  der 
rechten  Seite  verschwindet  oder  dass  sie  sich 
wirklich  ausziehen  lässt,  denn  eine  rationale 
Funktion  gewisser  Grössen  kann  nicht  gleich  einer 
irrationalen   Funktion    derselben    Grössen   sein. 

Wenden  wir  uns  zuerst  zu  der  zweiten  Mög- 
lichkeit, so  haben  wir  zu  untersuchen,  wann  der 
Wurzelausdruck  in  Gleichung  (IX),  der  die  Form 


besitzt,  reell  wird. 

Die  Wurzel  aus  einem  Produkte  rationaler 
Funktionen  lässt  sich  nur  ziehen,  wenn  je  zwei 
Faktoren  identisch  oder  nur  durch  einen  Pro- 
portionalitätsfaktor verschieden  sind.  Es  muss 
also  eins  der  Gleichungspaare 

S^=c*Xi  und  ^3  =  ^'.^^, 
oder 

2;,  =-c2:^  und  2^  =r  2:4 

-5:,  =r^4  und  2:^=cXi 

befriedigt  sein.  Dazu  gehört,  dass  je  zwei 
Summanden  der  Summen  dieselbe  Bedingung 
erfüllen.  Es  lässt  sich  nun  leicht  nachweisen, 
dass  die  beiden  letzten  Gleichungspaare  unmög- 
lich bestehen  können;  es  ist  nämlich  nicht  mög- 
lich, dass 

I  ^  ^      /.  2 


oder 


av 


und 


Ra'^+fa.'  RJ+fa.'' 


Rb'  +  fs.''         Rs'^+fb.'' 
ebensowenig  ist  es  möglich,  dass 


und 


U- 


2 


dass 


Rs'+fb.'  Ra'+/a.^ 

Es   bleibt  also   nun   die  Möglichkeit  übrig, 


I         _         c 

Ra'^Vfa.~  Rb'\fb^ 


1 


448 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


und 

__fa^ ,_    A2_ 

Und    diese    Gleichungen    sind    nur   erfüllt, 
wenn 

fa^  :ß^  =  jRa:R6'=  const., 

d.  h.  wenn 

I         \        /    r  I 


f  Lara}  — 


(Xa)    \  Ca  PCD/       \  Cd  VCD 

Ra:R^  =  const. 
oder,  was  dasselbe  ist,  wenn 

(Xb) (pa^s=(pf,^ 

Setzt  man  diese  Bedingung  in  Gleichung  (IX) 
ein,  so  wird  diese  Gleichung  thatsächlich  flir  alle 
Werte  der  £p  befriedigt. 

Die  naheliegende  Annahme,  dass  die  Be- 
dingung (Pap  =  (psw  identisch  ist  mit  der  Bedingung, 
dass  die  gemessenen  Leistungsfaktoren  der 
Zweige  a  und  ^,  also  auch  die  Winkel  der  re- 
sultierenden Phasenverschiebung  <pa  und  (ps  ein- 
ander gleich  sind,  bestätigt  sich.  Denn  setzt 
man  die  beiden  Leistungsfaktoren  nach  Gleichung 
(5)   zu    einander  ins  Verhältnis,    so    erhält  man 

^_ijV^  Ra 


cnsqr 

COS(pb 


+/« 


2 


E.^ 


=  1. 


E'\K6 
und  hieraus,  wenn  man  mit 

Ra^YRd"^ 

multipliziert, 

COSfpa JSEp'^COS'^q>ap  l/i^Ep 

cos (p6        2Ep^C0S'^(p6p  f      ^Ep 

Wir  erhalten  also  den  Satz:  Das  Gesetz 
der  Vektoraddition  gilt  bei  parallel  ge- 
schalteten Impedanzen  für  beliebige  Kur- 
venformen dann  allgemein,  wenn  die 
Leistungsfaktoren  der  Impedanzen  ein- 
ander gleich  sind. 

Enthalten  die  einzelnen  Impedanzen  ausser 
Widerstand  nur  Selbstinduktion,  ist  also  Ca=  Cd 
=  oc,  so  wird  aus  Gleichung  (Xa) 

(Xc)       ....    La,  Lb  =  Ra:  Rb, 

Ist  ausser  Widerstand  nur  Kapazität  vor- 
handen, so  ergiebt  sich 

(Xd)        ....    Ca.Cb=Rb',Ra, 

und  der  allgemeine  Satz  nimmt  für  diese  Sonder- 
fälle die  Form  an:  Das  Gesetz  der  Vektor- 
addition gilt  für  beliebige  Kurvenformen 
bei  parallel  geschalteten  Impedanzen,  die 
nur  Widerstand  und  Selbstinduktion  oder 
nur  Widerstand  und  Kapazität  enthalten, 
dann,  wenn  sich  die  Induktanzen  zu 
einander  wie  die  Widerstände,  oder  wenn 


sich  die  Kapazitäten   umgekehrt  wie  die 
Widerstände  verhalten. 

Schliesslich  haben  wir  noch  die  Frage  zu 
beantworten,  wann  die  Wurzel  in  Gleichung  (IX) 
verschwindet.  Das  tritt  ein,  wenn  entweder 
alleytfr  =  o  oder  alleyir  =  o  sind,  denn  diese 
Grössen  erscheinen  als  Faktoren  aller  Glieder 
der  einen  der  vier  Summen  unter  der  Wurzel. 
Die  Bedingung  lautet  also:  Es  muss  sein  ent- 
weder 


oder 


V(0  — 


l^bVG}  — 


CaVCO 


CbVm 


=  0, 


=  0. 


(XI  a) 


Eine  Bedingung  dieser  Form  kann  aber  unmög- 
lich für  alle  v  gleichzeitig  erfüllt  sein,  ausser  wenn 

La^=o  und   d  =  ^] 
oder  [     .     .     (Xlb) 

Lb  =  o  und   6^^="^) 

Es    darf  also   nur  eine  Impedanz  mit   Selbst 
induktion   und  Kapazität  oder  mit  einem  von 
beiden  behaftet  sein.    Ist  das  der  Fall,  so  wird 
Gleichung  (IX)  thatsächlich  für  alle  Werte  von 
Ep  befriedigt.  — 

Damit  sind  alle  Möglichkeiten  erschöpft.  In 
dem  ersten,  durch  die  Bedingungsgleichungen 
(Xa)  bis  (Xd)  ausgedrückten  Falle  mussten  die 
Vektoren  der  effektiven  Ströme  gegen  den  ge- 
meinsamen Vektor  der  effektiven  Spannung  die- 
selbe, durften  also  untereinander  überhaupt  keine 
(resultierende)  Phasenverschiebung  haben.  Das 
bedeutet  aber  nichts  anderes,  als  dass  die 
graphische  Addition  nur  richtig  ist,  wenn  sie 
zur  algebraischen  geworden  ist;  d.  h.  die  gra- 
phische Addition   ist  eben  nicht  richtig. 

In  Verbindung  mit  dem  zuletzt  behandelten 
Falle  kann  man  das  Ergebnis  in  dem  Satze  formu- 
lieren: Die  graphische  Behandlung  der 
Probleme  in  Wechselstromkreisen  mit 
parallel  geschalteten  Impedanzen  ist  bei 
beliebigen  Kurvenformen  nur  zulässig, 
wenn  sämtliche  Ströme  die  nicht  in  Phase 
mit  der  Spannung  sind,  unter  sich  keine 
Phasenverschiebung  haben. 

IV. 

Die    Dreiecke    der  Wechselstromgrössen 
für  Eisen  enthaltende  Impedanzen. 

Liegt  ein  Eisen  enthaltender  Stromkreis  vor, 
so  ist  infolge  der  veränderlichen  Permeabilität 
der  Selbstinduktionskoeffizient  keine  Konstante 
mehr.  Es  g^lt  dann  als  Spannungsgleichung  die 
Gleichung 

e^,R  +  '^ (.8) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


449 


Das  letzte  Glied  stellt  die  Spannung  dar,  die 
den  Strom  i  bei  unendlich  guter  Leitfähigkeit 
des  Leitungsmetalles  durch  den  Stromkreis 
treiben  würde.     Wir  bezeichnen  sie  mit 


</= 


dU 
dt 


(19) 


Quadriert  man  die  beidenSeiten  derGleichung 
( 1 8)  und  bildet  in  bekannter  Weise  die  effektiven 
Mittelwerte,  so  erhält  man 

£2 =yRi  +  E/2  i  2/e .  e,    .   .    (20) 

wobei  die  grossen  Buchstaben  die  effektiven 
Mittelwerte  und  (£  den  in  Eisen  verzehrten  mitt- 
leren Effekt  bedeuten.  Diese  Gleichung  lässt  sich 
geometrisch  darstellen  durch  Fig.  4,  wenn 

@=E/J-r^^a  . '  .    .    .    .    (21) 

gesetzt  wird.  Es  ist  nachzuweisen,  dass  dieser 
Ausdruck  immer  richtig  ist.     Der  Nachweis  ist 


Fig.  4 

leicht,  denn  es  ist  offenbar,  dass  der  in  die  wider- 
standslos gedachte  Wicklung  eingeleitete  schein- 
bare Effekt  E/J  wegen  der  im  Eisen  enthaltenen 
Selbstinduktion  grösser  oder  mindestens  gleich 
dem  wahren  in  Eisen  verzehrten  Effekte  sein 
muss  und  dass  der  Effekt  im  anderen  Grenzfall 
schliesslich  gleich  Null  werden  kann;  dann  ist 
nämlich  der  Fall  der  eisenfreien  Stromkreise  er- 
reicht. Der  ^  a  liegt  also  immer  zwischen  o  und 
jr/2 ,  das  Dreieck  ßCD  ist  immer  konstruierbar, 
und  G/J  stellt  die  Nutzspannung  für  den  vom 
Ohmschen  Widerstände  frei  gedachten  Strom- 
kreis  dar,   die   dem  Effektverbrauche  im  Eisen 


entspricht.  Und  diese  Nutzspannung  muss  sich 
natürlich  zu  der  Nutzspannung  des  Ohmschen 
Widerstandes  algebraisch  addieren,  was  auch 
durch  die  geometrische  Darstellung  ausgedrückt 
ist.  Es  ist  also  bewiesen,  dass  sich  die 
Wechselstromgrössen  durch  Dreiecke 
darstellen  lassen;  die  Figur  gilt  natürlich 
auch   für  die    Effekte  und  die  Widerstände. 

Ohne  den  Nachweis  der  Gültigkeit  der  in 
Gleichung  (21)  dargestellten  Beziehung  ist  der 
Beweis,  der  von  Roessler  stammt '),  wohl  nicht 
überzeugend. 

Nach  dem  oben  eingeschlagenen  Gange 
müssten  nunmehr  Untersuchungen  darüber 
folgen,  unter  welchen  Bedingungen  die  graphische 
Addition  bei  Eisen  enthaltenden  in  Reihe  oder 
nebeneinander  geschalteten  Impedanzen  zulässig 
sei.  Die  Antwort  wird  sich  aber  auf  einem 
Wege,  wie  wir  ihn  oben  eingeschlagen  haben, 
nicht  finden  lassen,  denn  den  dortigen  Unter- 
suchungen liegt  die  Annahme  konstanter  Induk- 
tanzen  zu  Grunde.  Eine  allgemeine  Lösung  der 
Frage  in  einer  Weise,  die  den  praktischen  Be- 
dürfnissen vollkommen  gerecht  wird,  dürfte 
überhaupt  wohl  nicht  leicht  zu  liefern  sein.  — 
Dass  die  Verhältnisse  bei  Eisen  enthaltenden 
Impedanzen  nicht  günstiger  Hegen  werden  als 
in  den  oben  behandelten  Fällen,  liegt  auf  der 
Hand,  und  wir  haben  allen  Grund,  an  der 
Zuverlässigkeit  vieler  durch  graphische 
Behau dlung  gewönne nen  Ergebnisse  prak- 
tischer Wechselst  romproblem  ezuz  weifein. 

Dass  die  häufige  Unzulässigkeit  der  gra- 
phischen Behandlung  der  Wechselstromprobleme 
nicht  schon  längst  durch  das  Experiment  be- 
wiesen ist,  ist  zum  Teil  wenigstens  auf  die  Unzu- 
verlässigkeit  unserer  technischen  Wechselstrom- 
Messinstrumente  zurückzuführen.  Es  wäre  von 
grossem  Interesse,  die  Ergebnisse  der  vor- 
stehenden theoretischen  Untersuchungen  auch 
experimentell  weiter  zu  verfolgen. 

I )  Eicktrot.  Zeitschrift  1895,  S.  681. 

(Eingegangen  16.  Mai  1902.) 


VORTRAGE  UND  REDEN. 


Ober  die  Frage  des  durch  die  elektrische 

Konvektion  erzeugten  Magnetfeldes  und  über 

andere  ähnliche  Fragen. 

(Schluss.) 

Von  A.  Righi. 

5.  Kritische  Betrachtungen. 
Beginnen    wir   damit   zu  prüfen,  auf  welche 
Grundlage  sich  der  negative  Schluss  von  Cre- 
mieu    stützt.     Um    zu    diesem  Schlüsse  zu  ge- 
langen, stützte  sich   der  Genannte  auf  die  An- 


nahme, dass  eine  leitende  Platte  von  grosser 
Ausdehnung  zwischen  der  rotierenden  Scheibe 
und  dem  Magnetometer  die  magnetische  Wirkung 
der  ersteren  auf  das  letztere  weder  unterdrücken, 
noch  auch  vermindern  könne.  Das  ist  aber 
keineswegs  bewiesen,  da,  auch  wenn  man  die 
magnetischen  Wirkungen  eines  kontinuierlichen 
Stromes  und  einer  Konvektion,  die  in  der 
gleichen  Zeit  die  gleiche  Elektrizitätsmenge  wie 
jener  in  Bewegung  setzt,  als  identisch  annimmt. 


4SO 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


hieraus  keineswegs  folgt,  dass  diese  Identität 
notwendigerweise  auch  bei  Gegenwart  eines  un- 
beweglichen Leiters  noch  bestehen  müsse.  Viel- 
mehr scheint  das  Entgegengesetzte  zuzutreffen. 
In  der  That  würde  sich  auf  dem  Leiter,  wenn 
er  sich  einem  unbeweglichen  elektrischen  Körper 
gegenüber  befände,  durch  Influenz  eine  Ladung 
von  entgegengesetzten  Vorzeichen  bilden.  Wenn 
nun  der  elektrisierte  Körper  sich  bewegt,  so 
muss  die  Influenzladung  sich  jedenfalls  auf  dem 
Leiter  verschieben;  sie  mag  in  einem  gegebenen 
Augenblick  nicht  mit  derjenigen  identisch  sein, 
die  auf  dem  Leiter  vorhanden  sein  würde,  wenn 
der  elektrisierte  Körper  an  der  in  dem  betreffen- 
den Augenblick  von  ihm  eingenommenen  Stelle 
unbeweglich  wäre,  aber  sie  muss  jedenfalls 
existieren;  und  infolge  ihrer  Bewegung,  welche 
diejenige  des  elektrisierten  Körpers  begleitet, 
wird  sie  eine  magnetische  Wirkung  hervor- 
bringen, die  sich  mit  der,  nach  unserer  An- 
nahme, von  dem  elektrisierten  Körper  ausgehen- 
den verbindet. 

Die  Gegenwart  jenes  Leiters  verändert  so- 
mit das  durch  die  elektrische  Konvektion  er- 
zeugte Magnetfeld,  während  eine  ähnliche 
Änderung  nicht  eintritt,  wenn  der  Leiter  sich 
in  der  Nähe  eines  wirklichen  elektrischen  Stromes 
befindet. ') 

Viel  weiter  ist  Potier')  gegangen,  der  be- 
hauptete, eine  metallische  Hülle,  welche  den 
Raum,  in  dem  die  elektrische  Konvektion  statt- 
findet, von  demjenigen  trennt,  in  dem  sich  das 
Magnetometer  befindet,  müsse  jegliche  Wirkung 
auf  dieses  Instrument  unterdrücken.  Sein  Ge- 
dankengang ist  der  folgende:  „Die  magnetische 
Kraft,  welche  auftritt,  wenn  ein  elektrisierter 
Körper,  sich  bewegt,  ist  keine  Fernwirkung, 
sondern  kommt  dadurch  zu  stände,  dass  die 
durch  die  Bewegung  des  elektrisierten  Körpers 
bewirkte  Störung  in  der  Verteilung  der  elek- 
trischen Kraft  sich  durch  den  Raum  ausbreitet. 


i)  Wäre  diese  Behauptung  auch  fdr  den  Fall  als  richtig 
zu  erweisen,  dass  man  es,  anstatt  mit  einem  einzigen  elektri- 
sierten Teilchen,  mit  einer  grossen  Zahl  Yon  solchen  zu  thun 
hat,  die  einander  in  sehr  geringen  Abständen  auf  der  gleichen 
Bahn  folgen,  aber  keine  zusammenhängende  elektrisierte  Linie 
bilden,  so  Hesse  sich  daraus  ein  Einwand  gegen  die  gegen- 
wärtig von  Yerschiedenen  Seiten  aufgestellte  Hypothese  ableiten, 
dass  ein  elektrischer  Strom  in  einem  Leiter  nichts  anderes  sei, 
als  ein  Transport  elektrisierter  Teilchen  oder  Elektronen.  In 
der  That  müsste  die  Annäherung  eines  Leiters  an  den  Strom 
das  von  diesem  erzeugte  Magnetfeld  beeinflussen,  während 
dies,  wie  die  Erfahrung  lehrt,  nicht  der  Fall  ist. 

Dieser  Einwand  wird  indessen  jede  Bedeutung  verlieren, 
falls  es  sich  etwa  beweisen  lässt,  dass  die  durch  den  Leiter 
bewirkte  Veränderung  des  Magnetfeldes  um  so  germger  aus- 
fällt, je  grösser  die  Geschwindigkeit  der  elektrisierten  Teilchen 
ist,  und  dass  der  Betrag  dieser  Veränderung  sich  der  Null 
nähert,  wenn  diese  Geschwindigkeit  sehr  gross,  etwa  gleich 
der  Ausbreitungsgeschwißdigkeit  der  elektromagnetischen  Stör- 
ungen wird,  oder  aber,  dass  der  Betrag  der  Veränderung  mit 
Abnahme  der  Entfernung  zwischen  den  aufeinanderfolgenden 
Elektronen  zu  verschwinden  strebt. 

2)  L'^clairage  l^lectrique,  i.  Dez.  1900,  S.  352. 


Wird  also  —  etwa  indem  man  diesen  Körper 
in  einen  hohlen  Leiter  oder  zwischen  die  Ar- 
maturen eines  Kondensators  einschliesst  —  der 
Raum,  innerhalb  dessen  sich  die  elektrische 
Störung  ausbreiten  kann,  beschränkt,  so  be- 
schränkt man  damit  gleichzeitig  den  Raum, 
innerhalb  dessen  das  Magnetfeld  auftreten  kann." 

Wie  mir  scheint,  schliesst  dieser  Gedanken- 
gang eine  unrichtige  oder  wenigstens  unbe- 
wiesene Behauptung  in  sich.  Allerdings  loka- 
lisiert ein  hohler  Leiter,  der  einen  elektrisierten 
Körper  umgiebt,  das  von  diesem  erzeugte  elektro- 
statische Feld,  falls  der  Körper  sich  nicht  be- 
wegt, denn  das  Feld  ist  ja  ausserhalb  des 
hohlen  Leiters  gleich  Null;  aber  dasselbe  lässt 
sich  nicht  behaupten,  wenn  sich  der  elektri- 
sierte Körper  in  Bewegung  befindet.  In  Wirk- 
lichkeit  erzeugt  der  elektrisierte  Körper  ver- 
möge seiner  Bewegung  ein  Magnetfeld,  und 
was  sich  ringsum  mit  Lichtgeschwindigkeit  aus- 
breitet, ist  nicht,  wie  Potier  annimmt,  ledig- 
lich eine  elektrische,  sondern  eine  elektromag- 
netische Störung;  niemand  aber  hat  je  bewiesen, 
dass  die  von  der  Bewegung  eines  elektrisierten 
Körpers  erzeugte  elektromagnetische  Störung 
nicht  im  stände  sei,  jenseits  eines  Schirmes  von 
endlicher  Leitfähigkeit  ein  Magnetfeld  hervor- 
zubringen. 

Mein  Einwand  lässt  sich  auch  in  einer  ge- 
drängteren, aber  übrigens  gleichbedeutenden 
Form  ausdrücken.  Ein  elektrisierter  und  in  Be- 
wegung befindlicher  Körper  bewirkt  nicht  ledig- 
lich, wie  Potier  behauptet,  eine  Störung  der 
elektrischen  Kraft,  sondern  eine  elektromagne- 
tische Störung,  insofern  ein  veränderliches  elek- 
trisches Feld  von  einem  magnetischen  Felde 
begleitet  ist.  Nun  ist  es  nicht  bewiesen,  und 
wahrscheinlich  trifft  es  auch  garnicht  zu,  dass 
ein  Metallschirm  von  endlicher  Leitfähigkeit  die 
Ausbreitung  einer  derartigen  Störung  aufhalten 
müsse. 

Freilich  vermögen  wir  nicht  recht  zu  ver- 
stehen, welche  Wirkung  in  den  beschriebenen 
Versuchen  der  Leiter  ausübt,  der  die  Magnet- 
nadel gegen  die  elektrostatischen  Wirkungen 
schützt  Dieser  Mangel  ist  es  vielleicht,  der 
uns  die  Ursache  des  Gegensatzes  zwischen  den 
Resultaten  von  Cremieu  und  denjenigen  der 
anderen  Experimentatoren  nicht  klar  erkennen 
lässt.  Hier  nun  könnten  die  Vertreter  der  theo- 
retischen Physik  Abhilfe  schaffen  durch  eine 
mathematische  Darstellung  des  elektromagne- 
tischen Feldes,  das  jenseits  einer  unbegrenzten 
leitenden  Ebene  durch  eine  mit  konstanter  Ge- 
schwindigkeit in  gerader  Linie  sich  bewegende 
Ladung  ei^zeugt  wird.') 


1)  Herr  Prof.  Levi-Civita  von  Padua  benachrichtigt 
I  mich  soeben  (20.  Oktober  190 1),  dass  es  ihm  gelungen  ist, 
,    das  von  mir  bezeichnete  Problem  zu  lösen. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


4SI 


Es  darf  ferner  nicht  übersehen  werden,  dass, 
falls  wir  uns  dem  Gedankengange  Potiers  an- 
schliessen,  die  Versuche  Rowlands  und  der 
anderen,  welche  die  magnetische  Wirkung  der 
elektrischen  Konvektion  beobachtet  zu  haben 
glaubten,  völlig  unerklärlich  werden.  In  der 
That  war  bei  all  diesen  Experimenten  die  Mag- 
netnadel vollständig  von  metallischen  Leitern 
umgeben,  welche  sie  von  dem  Räume  trennten, 
in  dem  die  elektrische  Konvektion  stattfand. 

Wilson  ')i  niit  dem  ich  mich  weiterhin  noch 
zu  beschäftigen  haben  werde,  hat  die  Ver- 
schiedenheit der  Resultate  von  Cr^mieu  und 
Rowland  zu  erklären  gesucht,  indem  er  an- 
nahm, bei  den  Versuchen  des  ersteren  seien 
die  Sektoren  mangelhaft  isoliert  gewesen  und 
indem  er  ferner  die  durch  Influenz  in  den  festen 
Leitern  erzeugten  Ladungen  berücksichtigte. 
Wenn  dem  so  wäre,  so  Hesse  sich  der  Sach- 
verhalt leicht  aufklären. 

Nachdem  wir  nun  unsere  Bedenken  bezüg- 
lich der  Versuche  Cr^mieus  dargelegt  haben, 
müssen  wir  gerechterweise  anerkennen,  dass 
auch  die  Versuche  Rowlands  und  der  anderen 
von  einigen  Einwänden  nicht  frei  sind. 

Vor  allem  kann  man  diesen  Versuchen  die- 
jenigen Lechers  entgegenstellen,  die  unter 
anscheinend  ganz  ähnlichen  Bedingungen  vor- 
genommen wurden  und  kein  Anzeichen  von 
dem  Bestehen  der  gesuchten  elektrischen  Kraft 
ergaben. 

Femer  ist  zu  bemerken,  dass  bei  den  voll- 
ständigsten und  genauesten  Versuchen,  wie  es 
die  von  Rowland  gemeinsam  mit  Hutchinson 
durchgeführten  waren,  die  beiden  Experimen- 
tatoren aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nicht  ver- 
mochten, alle  Fehlerquellen  zu  beseitigen,  da  bei 
Umkehrung  des  Drehungssinnes  der  elektrisierten 
Scheiben  die  Ablenkung  des  Magnetometers 
nicht  allein,  wie  es  der  Fall  sein  musste,  sich 
umkehrte,  sondern  auch,  was  nicht  hätte  ein- 
treten sollen,  ihre  Grösse  änderte. 

Zudem  ist,  wie  Bouty-)  in  einer  Recension 
hervorhebt,  die  vollständige  Beseitigung  des 
Ladungsverlustes  der  Scheiben  beinahe  uner- 
reichbar. Dieser  Verlust,  welcher  schliesslich 
der  Hauptsache  nach  in  einem  Übergang  von 
Elektrizität  von  den  rotierenden  Scheiben  auf 
die  Metallplatten  besteht,  welche  dieselben  von 
dem  Magnetometer  trennen,  muss  in  den  Platten 
selbst  Ströme  erzeugen,  welche  im  stände  sind, 
die  Magnetnadel  abzulenken.  Auf  den  ersten 
Blick  kann  es  scheinen  — ,  und  auch  Bouty 
ist  der  Ansicht  —  als  ob  diese  Ströme  zugleich 
mit  dem  Vorzeichen  der  Ladung  ihre  Richtung 
umkehren  müssten  und  von  der  Richtung  der 
Rotation  unabhängig  wären.   Bei  näherem  Nach- 


1)  Phil.  Mag.  Juli  1901,  S.  144. 

2)  Journ.  de  Phys.  1889,  S.  530. 


denken  gelangt  man  jedoch  zu  der  Erkenntnis, 
dass  auch  die  Richtung  der  Rotation  einen 
kleinen  Einfluss  ausüben  muss.  In  der  That 
besteht  ja  der  Ladungsverlust  der  rotierenden 
Scheibe  einerseits  in  einem  beständigen  Trans- 
port der  Ladung  der  Scheibe  von  dieser  hin- 
weg —  und  dieser  Transport  muss  vorzugs- 
weise an  gewissen  Punkten  der  Scheibe  vor 
sich  gehen,  wo  die  ihr  nahe  Metallplatte,  jen- 
seits deren  sich  das  Magnetometer  befindet, 
irgend  einen  Vorsprung,  eine  Rauhheit  oder 
eine  scharfe  Kante  darbietet,  —  sowie  gleich- 
zeitig in  einem  Transport  der  entgegengesetzten 
Elelrtrizität  von  dieser  Metallplatte  aus,  und 
zwar  namentlich  von  gewissen  Punkten  der- 
selben, zur  beweglichen  Scheibe.  Aber  die 
Luftschicht,  welche  sich  zwischen  der  Scheibe 
und  der  leitenden  Platte  befindet,  muss  infolge 
der  Reibung  gleichfalls  mehr  oder  weniger  im 
Sinne  der  Drehung  der  Scheibe  in  Bewegung 
sein  und  dadurch  müssen  die  Bahnen  der  Teil- 
chen, welche  die  Elektrizitätsübertragung  ver- 
mitteln, deformiert  werden  und  die  Stellen  der 
Platte,  zu  welchen  die  übertragenen  Ladungen 
gelangen,  müssen  sich  im  Sinne  der  Rotation 
verschieben.  Die  Verteilung  der  Ströme  inner- 
halb der  Platte  muss  sich  also  mit  dem  Drehungs- 
sinne des  elektrisierten  Körpers  ändern. 

Aber  auch  abgesehen  von  den  Wirkungen 
der  Elektrizitätszerstreuung  giebt  es  bezüglich 
der  Interpretation  der  Versuche  von  Rowland, 
Himstedt  etc.  noch  verschiedene  dunkle  Punkte; 
und  ich  glaube  in  der  That,  dass  jedermann 
zögern  würde,  auf  Fragen  wie  die  folgende  eine 
kategorische  Antwort  zu  geben:  Ein  durch  eine 
Umdrehungsfläche  begrenzter  geladener  Leiter 
werde  um  seine  geometrische  Achse  in  Rotation 
versetzt;  rotiert  dann  auch  seine  Ladung,  oder 
bleibt  dieselbe  unbeweglich?  Und  wenn  der 
Körper  ein  Isolator  ist,  seine  Ladung  also  jeden- 
falls bei  der  Rotation  mitgenommen  wird,  ver- 
mag dieselbe  dann  ein  Magnetfeld  zu  erzeugen, 
während  das  elektrische  Feld  infolge  der  Ge- 
stalt des  rotierenden  Körpers  unverändert  bleibt, 
welche  Winkelverschiebung  der  Körper  auch 
erleiden  mag? 

Die  Antwort  auf  die  erste  Frage  wird  zu- 
nächst verschieden  ausfallen,  je  nachdem  man 
annimmt,  dass  die  Ladung  des  Leiters  in  ihm 
selbst  oder  ganz  oder  teilweise  in  der  ihm  an- 
haftenden Luftschicht  ihren  Sitz  hat;  und  der 
Misserfolg  Lech  er  s  könnte  vielleicht  von  dem 
einen  oder  andern  durch  die  Hypothese  erklärt 
werden,  dass  eine  nicht  in  Sektoren  geteilte 
Scheibe  ihre  Ladung  nicht  mit  sich  fiihre.  Auch 
die  zweite  Frage  ist  heikel;  aber  es  scheint, 
dass  dieselbe  in  bejahendem  Sinne  zu  beant- 
worten ist.  Sie  ist  analog  zu  der  anderen,  so- 
viel erörterten  Frage,  ob  die  magnetischen 
Kraftlinien    mitgenommen   werden   oder    nicht, 


452 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


wenn  ein  cylindrischer  Magnet  mit  symmetrisch 
um  die  Achse  verteilter  Magnetisierung  um  seine 
Achse  rotiert. 

Endlich  lässt  sich  nach  meiner  Ansicht 
zwar  nicht  bezweifeln,  dass  die  nichtisolierten 
Leiter,  welche  den  Teil  des  Raumes,  in  dem 
die  Konvektion  ihren  Sitz  hat,  von  demjenigen 
trennen,  in  dem  sich  das  Magnetometer  be- 
findet, die  Äusserung  der  von  jener  hervorge- 
brachten magnetischen  Kraft  verhindern,  aber 
ich  halte  es  ftir  nicht  minder  wahrscheinlich, 
dass  die  Influenzladungen,  welche  jene  Leiter 
durchströmen,  nicht  ohne  magnetische  Wirkung 
sein  können.  Dann  begreift  man  aber  nicht, 
wie  die  Experimentatoren  Ablenkungen  erhalten 
konnten,  deren  Betrag  gleich  demjenigen  war, 
der  sich  durch  Berechnung  unter  ausschliess- 
licher Berücksichtigung  der  von  den  Ladungen 
der  bewegten  Leiter  ausgeübten  Wirkung  er- 
geben hatte. 

Wie  man  sieht,  bieten  auch  die  dem  that- 
sächlichen  Bestehen  der  vermuteten  Erscheinung 
günstigen  Experimente  nicht  jene  Augenschein- 
lichkeit dar,  die  man  in  denselben  vorzufinden 
wünschte.  Alles  in  allem  jedoch  scheinen  sie 
die  Existenz  der  ersten  von  den  vier  Er- 
scheinungen, die  ich  im  Anfang  aufgeführt  habe, 
wirklich  zu  beweisen. 

6.  Vergleichende  Prüfung  der  experimen- 
tellen   Schwierigkeiten,    welche    voraus- 
sichtlich der  Konstatierung  der  vier  Er- 
scheinungen anhaften. 

Falls  wirklich  die  Gegenwart  des  Leiters, 
der  das  Magnetometer  umgiebt,  bei  den  Ver- 
suchen zur  Konstatierung  der  ersten  von  den 
im  Eingang  genannten  vier  Erscheinungen 
Schwierigkeiten  mit  sich  bringt,  so  lässt  sich 
leicht  einsehen,  dass  dann  die  Konstatierung 
der  dritten  Erscheinung,  welche  das  Umge- 
kehrte der  ersten  darstellt,  weniger  schwierig 
ausfallen  muss.  Um  das  Vorhandensein  dieser 
dritten  Erscheinung  zu  konstatieren,  muss  man 
etwa  ein  Rad,  auf  dessen  Umfang  eine  Anzahl 
gleichnamiger  Magnetpole  angeordnet  ist,  in 
rasche  Umdrehung  versetzen  und  beobachten, 
ob  ein  sehr  leicht  beweglicher  elektrisierter 
Körper  (z.  B.  ein  Streifen  Blattgold)  eine  Ver- 
schiebung erleidet  oder  ob  eine  in  geeigneter 
Weise  orientierte  drehbare  Nadel,  die  an  ihren 
Enden  gleiche  und  entgegengesetzte  Ladungen 
trägt,  eine  Ablenkung  erfährt.  Nur  müsste  man, 
wenn  es  sich  um  den  Nachweis  der  ersten 
Erscheinung  handelte,  vermeiden,  dass  die  Mag- 
netnadel durch  eine  elektrische  Wirkung  abge- 
lenkt werde;  dagegen  besteht  für  den  gegen- 
wärtigen Fall  keine  derartige  Gefahr,  wenn  nur 
die  Nadel  aus  einer  nicht  merklich  magnetischen 
Substanz    gefertigt  ist.     Ist  diese  Substanz  zu- 


gleich auch  kein  Leiter  der  Elektrizität,  so  hat 
man  nicht  einmal  die  Fo u c au It sehen  Ströme 
zu  befürchten.  Die  elektrisierte  Nadel,  welche 
hier  an  Stelle  der  Magnetnadel  tritt,  braucht 
also  in  keine  Hülle  eingeschlossen  zu  sein  und 
es  ist  deshalb  anzunehmen,  dass  der  experimen- 
telle Nachweis  der  dritten  Erscheinung  sich 
leichter  gestalten  wird  als  derjenige  der  ersten. 
Den  zur  Anstellung  des  Versuches  erforder- 
lichen Apparat  habe  ich  bereits  projektiert. 

Bei  der  zweiten  und  vierten  Erscheinung, 
die  zu  einander  reciprok  sind,  bestehen  die 
experimentellen  Schwierigkeiten  des  Nachweises 
gleichfalls  in  verschiedenem  Grade,  Hier  aber 
ist  diejenige,  welche  voraussichtlich  geringere 
Schwierigkeiten  darbieten  sollte,  die  zweite 
(Erzeugung  einer  elektrischen  Kraft  durch  ein 
veränderliches  Magnetfeld),  also  mit  anderen 
Worten  gerade  diejenige,  deren  Nachweis  Lodge 
zweifelhaft  gefunden  und  Cremieu  für  ge- 
scheitert erklärt  hatte.  Bezüglich  der  vierten 
Erscheinung  (Erzeugung  einer  magnetischen 
Kraft  durch  ein  veränderliches  elektrisches  Feld) 
besteht  obendrein  noch,  ebenso  wie  bei  der 
ersten,  die  Notwendigkeit,  durch  eine  leitende 
Umhüllung  die  elektrische  Einwirkung  auf  das 
Magnetometer  zu  verhindern. 

Ich  will  nunmehr  die  erste  Erscheinung,  mit 
der  ich  mich  genügend  beschäftigt  habe,  ebenso 
!  wie  die  dritte,  deren  Nachweis  noch  nicht  ver- 
I  sucht  worden  ist,  und  die  vierte,  deren  experi- 
I  menteller    Nachweis    keine    Hoffnung  auf  einen 
1  leichten  Erfolg  darbietet,    beiseite    lassen,    und 
wende    mich    ausschliesslich    zur    zweiten    Er- 
scheinung,   das  heisst,   zu  der  Erzeugung  eines 
I  elektrischen   Feldes    durch    ein    veränderliches 
!  Magnetfeld. 

I   7.  Über   die  Versuche  zum  Nachweis  der 

zweiten  Erscheinung. 

'  Anscheinend  war  Lodge*)  der  erste,  der 
experimentell  den  Nachweis  zu  liefern  versuchte, 
dass  auf  einen  elektrisierten  Körper,  wenn  er 
sich  in  einem  Magnetfeld  befindet  und  dieses 
eine  Veränderung  erleidet,  eine  elektrische  Kraft 
einwirkt,  die  ihn  zu  bewegen  strebt.  Nach 
einer  langen  Reihe  fruchtloser  Versuche  erhielt 

'  er,  wie  es  scheint,  ein  Anzeichen  des  gesuchten 
Phänomens.  Er  hatte  zuletzt  einen  geschlossenen 
Ring   aus    Eisendraht   benutzt,    der   mit   einem 

,  kupfernen  Leitungsdraht  nach  Art  des  Ankers 
einer  Dynamomaschine  umwickelt  war  und  in 
dessen  Mitte  ein  elektrisierter  Körper  sehr  leicht 
beweglich  aufgehängt  war. 

Während     bei     geschlossenem     konstanten 

i  Strom  in  der  Umgebung  des  Ringes  kein  Mag- 
netfeld existiert,  kommt  bekanntlich  während 
der   veränderlichen   Periode    des   Stromes  vor- 

i)  Phil.  Mag.  Juni  1889,  S.  469, 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  19. 


453 


übergehend  ein  Magnetfeld  zu  stände.  Mit 
einem  elektrisierten  Stückchen  Blattgold  bekam 
Lodge,  nachdem  er  auf  geschickte  Weise  viele 
bedeutende  Schwierigkeiten  aus  dem  Wege  ge- 
räumt und  die  Fehlerquellen  herabgemindert 
hatte,  kleine  Ablenkungen  in  dem  erwarteten 
Sinne.  Er  stellte  dieses  Resultat  nicht  als  end- 
gültig') hin;  es  ist  uns  indessen  nicht  bekannt, 
dass  er  diese  interessanten  Versuche  später 
wieder  aufgenommen  hätte. 

Dagegen  erhielt  Cr^mieu  mit  einer  Ver- 
suchsanordnung, die  von  der  von  Lodge  be- 
nutzten verschieden  war,  ein  negatives  Ergebnis; 
dieses  Ergebnis  war  es,  welches  ihn  zur  Wieder- 
aufnahme der  Rowland sehen  Versuche  zum 
Nachweis    der   ersten  Erscheinung   veranlasste. 

Cremieus  Apparat")  lässt  sich  mit  dem 
bekannten  elektromagnetischen  Rotationsapparat 
vergleichen,  der  aus  einem  senkrechten  Mag- 
neten und  einem  um  dessen  Achse  beweglichen 
rechteckigen  Stromleiter  besteht;  der  Strom  be- 
tritt den  Leiter  durch  eine  in  der  Mitte  der 
oberen  horizontalen  Seite  des  Rechtecks  ange- 
brachte Spitze,  die  zugleich  als  Aufhängungs- 
vorrichtung dient,  und  verlässt  ihn  durch  eine 
kreisförmige  Quecksilberrinne,  welche  den  Äqua- 
torialschnitt des  Magneten  umgiebt.  In  Cre- 
mieus Apparat  ist  der  Magnet  durch  einen 
Elektromagneten  ersetzt,  und  die  Quecksilber- 
rinne durch  eine  durchlöcherte  Aluminium- 
scheibe, die,  um  die  Entstehung  der  Fou- 
caultschen  Ströme  zu  verhindern,  längs  eines 
Durchmessers  entzweigeschnitten  ist.  Ist  die 
Scheibe  mit  Elektrizität  geladen  und  wird  ver- 
mittelst eines  besonderen  Kommutators  die 
Stromrichtung  in  der  Spule  des  Elektromagneten 
umgekehrt,  so  muss  durch  die  vermuteten  elek- 
trischen Kräfte  die  Scheibe  einen  Impuls  er- 
leiden, welcher  sie  in  Rotation  versetzt. 

Bei  den  Versuchen  Cremieus  bewirkte  der 
Kommutator  in  kurzen  Zwischenräumen  die 
Stromumkehrungen  und  ausserdem  wurde 
zwischen  einer  Umkehrung  und  der  anderen 
die  Ladung  der  Scheibe  gewechselt.  Auf  .diese 
Weise  mussten  die  Wirkungen  der  aufeinander- 
folgenden Stromumkehrungen  sich  miteinander 
verbinden  und  der  Scheibe  eine  dauernde;  Ab- 
lenkung erteilen.  Nach  der  auf  Grund  der 
Versuchsdaten  vorgenommenen  Berechnung 
hätte  diese  Ablenkung  gut  sichtbar  sein  müssen. 
Statt  dessen  aber  beobachtete  Crömieu  nicht 
die  geringste  Ablenkung  der  Scheibe. 

Unlängst  hat  aber  Wilson^)  an  diesem  Ver- 
suche eine  scharfe  Kritik  geübt;  nach  ihm  ist 
gerade  die  Thatsache,  dass  keine  Verschiebung 
beobachtet  wurde,  geeignet,  den  sichersten  Be- 


1)  Loc.  CiL  S.  479. 

2)  C.  R.  131,  578. 

3)  Phil.  Mag.  Juli  190 1,  S.   144. 


weis  dafür  zu  bilden,  dass  die  gesuchte  Er- 
scheinung existiert. 

In  der  That  hat  es  Cremieu  ausser  acht 
gelassen,  gewisse  elektromagnetische  Kräfte 
in  Betracht  zu  ziehen,  welche  auftreten,  nicht 
etwa  wenn  bei  geladener  Scheibe  der  Strom 
des  Elektromagneten,  sondern  wenn  bei  gleich- 
bleibender Erregung  des  letzteren  die  Ladung 
der  Scheibe  umgekehrt  wird.  Dieser  Wechsel 
der  Ladung  ist  notwendigerweise  von  einem 
vorübergehenden  elektrischen  Strom  in  den 
Drähten  des  beweglichen  Rechtecks,  an  welchem 
die  Scheibe  befestigt  ist,  begleitet,  und  das 
Magnetfeld  muss  demnach,  ganz  wie  bei  dem 
Rotationsapparat,  niit  dem  der  Apparat  Cre- 
mieus so  grosse  Ähnlichkeit  hat,  das  Recht- 
eck in  Drehung  zu  setzen  streben. 

Den  von  diesen  elektromagnetischen  Kräften 
hervorgebrachten  Effekt  hat  Wilson  berechnet, 
und  er  hat  gefunden,  dass  derselbe  genau  die 
Wirkung  der  gesuchten  Erscheinung  aufzuheben 
im  Stande  ist.  Und  da  bezüglich  des  Vor- 
handenseins jener  elektromagnetischen  Kräfte 
kein  Zweifel  bestehen  kann,  so  bildet  das  ne- 
gative Ergebnis  Cremieus  den  besten  in- 
direkten Beweis  für  die  Existenz  einer  durch 
die  Änderungen  des  Magnetfeldes  erzeugten 
elektrischen  Kraft. 

Cremieu  hat  auf  Wilsons  Kritik  in  einer 
kurzen  Mitteilung*)  erwidert,  in  welcher  er  sagt, 
er  habe  zu  seinen  Versuchen  ein  geschlossenes 
elektromagnetisches  Solenoid  benutzt,  dessen 
Magnetfeld  gleich  Null  ist;  wenn  man  aber  die 
von  Cremieu^)  publizierte  Abbildung  seines 
Apparates  und  die  beigegebene  Beschreibung 
betrachtet,  so  versteht  man  nicht  recht,  worauf 
sich  diese  Behauptung  gründet;  die  Gültigkeit 
der  Wilson  sehen  Schlussfolgerung  scheint 
also  nicht  im  mindesten  beeinträchtigt-'). 

Gleichwohl  wäre  es  wünschenswert,  dass  sich 
vermittelst  der  durch  die  Änderungen  eines 
Magnetfeldes  erzeugten  elektrischen  Kraft  eine 
sichtbare  Bewegung  erhalten  Hesse.  Der  Nach- 
weis der  zweiten  Erscheinung  würde  auf  solche 
Weise  viel  offenkundiger  werden,  ganz  ebenso 
wie  die  Demonstration  des  Gewichtes  der  Luft 
durch  den  Ausschlag  einer  Wage  beim  Ein- 
lassen von  Luft  in  einen  auf  derselben  ins 
Gleichgewicht  gebrachten  luftleer  gepumpten 
Ballon  viel  wirksamer  ist,  als  der  Beweis  der- 
selben Thatsache  mit  Hilfe  der  Gleichheit  des 
Gewichts  einer  mit  Luft  gefüllten  Blase  und 
derselben  Blase  im  leeren  Zustande. 


i)  Phil.  Mag.  Aug.   1901,  S.  236. 
,  2)  C.  R.  131,  S.  578. 

i  3)  Nachdem  obiges  bereits  geschrieben  war,  konnte  sich 

I  der  Ver£  davon  überzeugen,  dass  der  Cremieu  sehe  Apparat 

I  wirklich   einen  geschlossenen  Magnetkreis  hatte.     Durch  die 

'  Einwände  Cremieus   sind   demnach   die  Schlüsse  Wilsons 

!  thatsächlich  entkräftet.  (A.  R.) 


454 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


In  den  letzten  Monaten  habe  ich  meiner- 
seits versucht,  den  direkten  experimentellen 
Nachweis  der  zweiten  Erscheinung  zu  verwirk- 
lichen; ich  musste  jedoch  meine  Versuche  ab- 
brechen, ohne  sichere  Resultate  erhalten  zu 
haben.  Gleichwohl  will  ich  in  Kürze  mitteilen, 
wie  ich  meinen  Apparat  vorbereitet  hatte  und 
auf  welche  Weise  es  mir  gelungen  war,  die 
grössten  von  den  überaus  zahlreichen  Schwierig- 
keiten, welchen  man  bei  solchen  delikaten  Ver- 
suchen begegnet,  zu  überwinden. 

Zur  Erzeugung  des  Magnetfeldes  benutzte 
ich  einen  gewöhnlichen  Ruhm  kor  ffschen  Elek- 
tromagneten, der  mit  vertikaler  magnetischer 
Achse  auf  einer  mit  Niveauschrauben  versehenen 
Grundplatte  montiert  wurde.  Die  Erregung  des 
Magneten  geschah  durch  einen  Strom  von 
4 — 10  Ampere,  der  mittels  eines  Handunter- 
brechers geschlossen,  unterbrochen  und  inver- 
tiert werden  konnte.  Die  untere  Spule  trug 
einen  konischen  Polaufsatz,  die  obere  war  ohne 
einen  solchen.  Innerhalb  der  weiten  Höhlung 
dieser  letzteren  steckte  konzentrisch  und  isoliert 
ein  Messingrohr,  dessen  Durchmesser  etwas  ge- 
ringer als  derjenige  der  Öffnung  und  dessen 
Länge  eine  derartige  war,  dass  es  oben  und 
unten  etwas  aus  der  Spule  herausragte.  In  der 
oberen  Öffnung  der  Röhre  war  ein  versilberter 
Quarzfaden  befestigt,  der  unten  aus  der  Röhre 
heraustrat  und  hier  die  mit  einem  Spiegel  ver- 
bundene bewegliche  Nadel  trug,  welche  eine 
elektrische  Ladung  erhielt  und  die  wir  für  den 
Augenblick  als  der  Nadel  eines  Quadranten- 
elektrometers ähnlich  voraussetzen  dürfen.  Die 
Einfügung  der  Messingröhre  in  die  Konstruktion 
des  Apparats  war  von  grossem  Vorteil,  da  es 
ohne  dieselbe  oft  vorgekommen  war,  dass  der 
Quarzfaden  von  der  Wand  der  Öffnung  ange- 
zogen wurde  und  zu  oscillieren  begann. 

Ein  anderer  und  sehr  wichtiger  Teil  des 
Apparats  war  ein  cylindrisches  Zinkgehäuse, 
welches  die  Nadel  umgab  und  zum  Erdboden 
abgeleitet  war.  Durch  eine  geeignete  Öffnung 
in  der  oberen  Platte  des  Gehäuses  ragte  das 
Messingrohr  etwas  in  jenes  hinein;  die  Boden- 
platte ruhte  auf  dem  konischen  Polaufsatz  und 
ein  wenig  über  diesem  befand  sich  die  Nadel. 

In  der  cylindrischen  Wandung  des  Zinkge- 
häuses waren  drei  Öffnungen  angebracht,  die 
durch  Glasplatten  und  am  Rande  derselben  auf 
das  Zink  festgelötete  Drahtnetze  verschlossen 
waren.  Durch  die  eine  konnte  die  Nadel,  wenn 
im  Verlauf  der  Versuche  ihre  Lage  konstatiert 
werden  musste,  stark  beleuchtet  werden,  durch 
die  beiden  anderen  betrachtete  man  die  Nadel 
und  durch  eine  dieser  beiden  wurden  auch 
mittels  Fernrohr  und  Skale  die  Ablenkungen 
abgelesen. 

Die  Ausführung  des  Versuches  geschah  in 
der  Weise,  dass  man  beobachtete,  ob  die  ver- 


mittelst einer  Zamboni sehen  Säule  geladene 
Nadel  bei  plötzlicher  Umkehrung  des  Stromes 
in  dem  Elektromagneten  eine  Ablenkung  er- 
fuhr. Kleine  Ablenkungen  bekam  ich  beinahe 
immer,  aber  dieselben  waren  nicht  konstant 
und  nicht  gross  genug,  um  als  Beweis  für  die 
gesuchte  Erscheinung  gelten  zu  dürfen;  ich 
denke  deshalb  zu  geeigneter  Zeit  die  Unter- 
suchung wieder  aufzunehmen.  Gleichwohl 
halte  ich  es  für  nützlich,  schon  jetzt  die  Fehler- 
quellen anzudeuten,  denen  ich  begegnet  bin, 
sowie  die  Mittel,  mit  denen  ich  dieselben  zu 
beseitigen  suchte. 

Ein  Umstand  ist  vor  allem  zu  berücksich- 
igen:  So  sorgfältig  man  auch  den  Apparat 
montieren  mag,  ist  es  doch  nahezu  unmöglich, 
die  idealen  Bedingungen  der  Symmetrie,  die 
für  sich  allein  schon  die  Versuchsbedingungen 
ausserordentlich  vereinfachen  würden,  voll- 
ständig zu  erfüllen.  Es  ist  darum  weder  er- 
laubt anzunehmen,  die  Nadel  sei  mit  Bezug 
auf  den  Aufhängefaden  vollkommen  symmetrisch, 
noch  darf  man  voraussetzen,  die  Richtung 
dieses  letzteren  falle  genau  mit  der  magneti- 
schen Achse  beider  Spulen  zusammen  oder 
das  Magnetfeld  habe  eine  strenge  Umdrehungs- 
form. Daraus  folgt,  dass  die  Nadel,  unabhängig 
von  ihrer  elektrischen  Ladung,  bei  Umkehrung 
der  Stromrichtung  in  den  Spulen  durch  ver- 
schiedene Ursachen  eine  Ablenkung  erfahren 
kann. 

In  der  That  muss  dieselbe  abgelenkt  werden : 
I.  wenn  sie  selbst  schwach  paramagnetisch 
oder  diamagnetisch  ist;  2.  infolge  des  Auf- 
tretens von  Induktionsströmen  in  ihrer  eigenen 
Masse  oder  in  dem  mit  ihr  fest  verbundenen 
Spiegelchen. 

Diese  Ablenkungen  sind  durch  bestimmte 
Eigentümlichkeiten  gekennzeichnet.  So  sind 
die  von  der  ersten  Ursache  herrührenden  per- 
manent und  unabhängig  sowohl  von  der  Ladung 
der  Nadel  wie  von  der  Richtung  des  Stromes 
im  Moment  der  Umkehrung  desselben.  Die 
von  den  Foucaultschen  Strömen  herrühren- 
den Ablenkungen  dagegen  sind  momentan, 
wenn  auch  gleichfalls  unabhängig  von  der 
Ladung  der  Nadel  und  der  Richtung  des 
Stromes. 

Diese  Ablenkungen  würden  sicher  nicht 
eintreten,  wenn  der  Apparat  streng  symmetrisch 
wäre.  Je  weniger  sich  der  Apparat  von  der 
vollkommenen  Erfüllung  der  idealen  Symmetrie- 
Bedingungen  entfernt,  desto  geringer  werden 
sie  ausfallen;  ihre  vollständige  Beseitigung  wird 
aber  unter  keinen  Umständen  gelingen.  Aller- 
dings ist  es  wahr,  dass  man  diese  Ablenkungen 
nicht  mit  jenen  verwechseln  kann,  deren  Fest- 
stellung Gegenstand  der  Untersuchung  ist, 
denn  diese  letzteren  müssen  bei  Umkehrung 
sowohl  des  Vorzeichens  der  Ladung  der  Nadel 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


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wie  der  Stromrichtung  ihre  Richtung  ändern 
und  völlig  verschwinden,  wenn  die  Nadel  ohne 
Ladung  ist.  Im  allgemeinen  sind  aber  auch 
diese  Ablenkungen  ausserordentlich  viel  kleiner 
als  die  durch  die  vorhin  erwähnten  Ursachen 
bewirkten  und  sie  können  darum  nur  dann 
kenntlich  werden,  wenn  es  gelingt,  die  von 
äusseren  Ursachen  herrührenden  Ablenkungen 
möglichst  klein  zu  machen. 

Nach  einer,  ich  möchte  sagen  unzähligen 
Menge  von  Versuchen  bin  ich  dahin  gelangt, 
die  störenden  Ablenkungen  auf  ein  Minimum 
zu  reduzieren,  indem  ich  der  Nadel  die  folgende 
Konstruktion  gab. 

Dieselbe  besteht  aus  einem  ausserordent- 
lich leichten  Röhrchen  aus  Cigarettenpapier, 
das  durch  halbkugelförmige  Endflächen  aus  dem- 
selben Material  verschlossen  ist.  Ein  winziger 
Bügel  aus  Briefpapier  dient  dazu,  das  Röhr- 
chen an  dem  Quarzfaden  zu  befestigen,  wie 
auch  den  Spiegel  zu  tragen,  von  welchem  der 
Silberbelag  entfernt  wurde.  Ich  musste  viele, 
aus  Mikroskop-Deckplättchen  genommene 
Spiegelchen  probieren,  ehe  ich  eines  fand,  das  eben 
hinreichend  war,  um  in  dem  Fernrohr  von  der 
zwei  bis  drei  Meter  weit  davon  abstehenden 
Skala  ein  deutliches  Bild  zu  geben.  Die  Ab- 
lesung bedurfte  wegen  des  Fehlens  eines 
Silberbelags  auf  dem  Spiegel  und  wegen  des 
Drahtnetzes  vor  der  Öffnung  des  Zinkgehäuses 
einer  besonders  intensiven  Beleuchtung  der 
Skala. 

Das  Zinkgehäuse  hat  nicht  allein  die  Auf- 
gabe, die  Nadel  gegen  Luftströmungen  zu 
schützen;  dasselbe  dient  auch  dazu,  eine  Fehler- 
quelle zu  beseitigen,  welche  ich  noch  nicht 
erwähnt  habe,  und  welche  umsomehr  zu 
furchten  ist,  als  sie  der  Nadel  Ablenkungen 
zu  erteilen  strebt,  welche  mit  den  gesuchten 
Ablenkungen  verschiedene  Eigentümlichkeiten 
teilen. 

Diese  Fehlerquelle  bestand  in  der  elektro- 
statischen Wirkung  des  Stromkreises  des  Elek- 
tromagneten auf  die  Nadel.  Dieselbe  strebte 
Ablenkungen  hervorzubringen,  welche  sowohl 
mit  dem  Vorzeichen  der  Ladung  der  Nadel 
wie  auch  mit  der  Richtung  des  Stromes  ihre 
Richtung  umkehrten,  und  welche  sich  somit 
von  denjenigen,  die  infolge  der  zweiten  Er- 
scheinung hätten  auftreten  müssen,  nur  da- 
durch unterschieden,  dass  sie  dauernd  anstatt 
vorübergehend  waren.  Das  Metallgehäuse  be- 
seitigte diese  Fehlerquelle  vollständig. 

Endlich  gab  es  noch  einen  Übelstand,  der 
aber  nicht  in  einem  elektrischen  Vorgang  be- 
gründet war,  sondern  in  den  durch  zufällige 
Temperaturunterschiede  zwischen  den  Wänden 
des  Zinkgehäuses  innerhalb  des  letzteren  her- 
vorgerufenen Luftströmungen  seine  Ursache 
hatte.     Die    unregelmässigen   Bewegungen    der 


Nadel,  die  dadurch  entstanden,  wurden  uner- 
träglich, wenn  infolge  lang  fortgesetzten  Strom- 
durchganges durch  die  Spulen  des  Elektro- 
magneten dieser  sich  etwas  zu  erhitzen  anfing. 

Dieser  Übelstand  kann  also  sehr  schwer 
ins  Gewicht  fallen ;  man  kann  ihm  jedoch  leicht 
abhelfen.  Man  braucht  zu  diesem  Zwecke  nur 
ausserhalb  des  Zinkgehäuses  und  in  unmittel- 
barer Berührung  mit  den  Endflächen  desselben 
Scheiben  aus  Holz  oder  Pappdeckel  anzubringen 
und  die  Cylinderwandung  auf  gleiche  Weise 
oder  besser  mit  einer  Schicht  von  Watte  zu 
bedecken,  wobei  nur,  wie  selbstverständlich, 
die  mit  Glas  verschlossenen  Öffnungen  freige- 
lassen werden. 

Auf  diese  Weise  gelang  es  mir,  der  Nadel 
eine  bedeutende  Stabilität  zu  verschaffen,  ab- 
gesehen natürlich  von  den  häufigen  Erschütter- 
ungen durch  die  Nachbarschaft  und  durch 
Wagen  und  die  Pferdebahn  in  den  Strassen, 
an  die  mein  gegenwärtiges,  so  unglückselig  ge- 
legenes Institut  stösst.  Nur  in  den  Nacht- 
stunden, die  zumal  für  denjenigen,  der  nicht 
bei  seinem  Laboratorium  wohnt,  die  unbequem- 
sten sind,  konnte  ich  ein  paar  zuverlässige 
Versuche  anstellen;  offenbar  aber  ist  es  nicht 
möglich,  unter  solchen  Bedingungen  eine  lange 
und  delikate  und  an  sich  schon  sehr  ermüdende 
Arbeit  durchzuführen. 

Wenn  ich  aber  auch  das  Ergebnis,  welches 
ich  im  Auge  hatte,  noch  nicht  mit  dem  nötigen 
Grade  von  Genauigkeit  erreicht  habe,  so  kann 
ich  doch  sagen,  dass  ich  mir  von  den  haupt- 
sächlichsten Fehlerquellen  genau  Rechenschaft 
abgelegt  und  dass  ich  dieselben  hinreichend 
eingeschränkt  habe,  damit  ich,  falls  ich  die 
notgedrungenerweise  unterbrochene  Untersuch- 
ung wieder  aufnehmen  kann,  nur  noch  für  einen 
empfindlicheren  Apparat  und  eine  geeignete 
Aufstellung  desselben  zu  sorgen  haben  werde. 

Schluss. 

Aus  den  mitgeteilten  Darlegungen  ist  meines 
Erachtens  zu  schliessen,  dass  die  Versuche 
Cremieus  unser  Vertrauen  in  die  so  vollstän- 
dige und  an  Anregungen  so  reiche  moderne 
Theorie  der  Elektrizität  in  keiner  Weise  zu 
erschüttern  brauchen.  Damit  aber  ist  noch 
nicht  in  Abrede  gestellt,  dass  es  notwendig 
oder  wenigstens  wünschenswert  sei,  dass  neue 
und  genaue  Untersuchungen  uns  die  unzweifel- 
hafteste Bestätigung  von  dem  Vorhandensein 
eines  der  vier  im  Eingang  bezeichneten  Phä- 
nomene oder  anderer  Erscheinungen,  aufweiche 
die  Theorie  etwa  hinweisen  könnte,  verschaffen 
mögen. 

Vielleicht  kann  die  Klarlegung  der  zwischen 
jenen  vier  Phänomenen  bestehenden  Beziehungen 
ein  derartiges  Ergebnis  fördern  oder  beschleu- 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.   19. 


nigen,  nachdem  durch  jene  Beziehungen  dem 
Experimentator  eine  reichere  Auswahl  an  Hilfs- 
mitteln dargeboten  ist,  die  er  zu  seinen  Unter- 
suchungen heranziehen  kann. 

(Aus  dem  Italienischen  übersetzt  von  B.  Dessau.) 

(Eingegangen  12.  März  1902.) 

Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechiing  vorbehalten.) 

Böttger,  Wilh.,  Gmndriss  der  qualitativen  Analyse  vom 
Standpunkte  der  Lehre  von  den  Ionen.  Mit  10  Figuren, 
3  Tabellen  und  einer  Spektraltafel,  gr.  8.  XII  u.  249  S. 
1902.    Leipzig,  Wilhelm  Engelmann.    Gebunden  M.  7  — . 

Crew,  Henry,  and  Tatuall,  Robert  B.,  A  laboratory 
manual  of  physics  for  use  in  high  schools.  With  128  fig. 
8.  Xni  u.  234  S.  1902.  New  York,  Macmillan  Com- 
pany.    Gebunden. 

Dziobek,  O.,  Lehrbuch  der  analytischen  Geometrie.  Erster 
Teil:  Analytische  Geometrie  der  Ebene.  Mit  85  Figuren 
im  Text.  gr.  8.  VIII  u.  350  S.  1900.  Braunschweig, 
A.  GrafTs  Buchhandlung.    M.  6—. 

Zweiter  Teil:  Analytische  Geometrie  des  Raumes.    Mit 

36  Figuren  im  Text.  gr.  8.  VIII  u.   314  S.  1902.  M.  6— . 

Eder,  Job.  Maria,  Ausführliches  Handbuch  der  Photographie. 
2.  Aufl.  Neuntes  Heft  (Bd.  III,  Heft  i).  —  Die  Grund- 
läge  der  Photographie  mit  Gelatine-Emulsionen.  Von 
Josef  Maria  Eder.  Mit  30  Abbildungen.  Fünfte  ver- 
mehrte und  verbesserte  Auflage,  gr.  8.  IX  u.  343  S.  1902. 
Halle  a.  S.,  Wilhelm  Knapp.     M.  7  — . 

Bnoyklopadie  der  Photographie.  8.  1902.  Halle  a.  S., 
Wilhelm  Knapp. 

Heft  13.  von  Hübl,  Arthur  Freiherr,  Der  Platin- 
druck. Mit  7  in  den  Text  gedruckten  Abbildungen. 
Zweite  umgearbeitete  Auflage.  VIII  u.  15a  S.  M  4 — . 
Heft  17.  StoUc,  F.,  Die  Kunst  des  Vergrössems  auf 
Papieren  und  Platten.  Mit  95  in  den  Text  gedruckten 
Abbildungen  und  1 1  Tabellen.  Zweite  verbesserte  Auflage. 
VIII  u.  194  S.    M.  6— . 

Heft  39.  Reiss,  R.  A.,  Die  Entwicklung  der  photo- 
graphischen Bromsilbertrockenplatte  und  die  Entwickler. 
Mit  8  Tafeln  und  4  in  den  Text  gedruckten  Abbildungen. 
VIII  u.  155  S.     1902.     M.  4—. 

Heft  40.  Lüppo-Cramer,  Wissenschaftliche  Arbeiten 
auf  dem  Gebiete  der  Photographie.    VIII  u.  112  S.    1902. 

M.  4—. 

Heft  41.  Scheffler,  Hugo,  Das  photogr.iphische  Ob- 
jektiv. Eine  gemeinverständliche  Darstellung.  Mit  35  in 
den  Text  gedruckten  Abbildungen.  VIII  u.  88  S.  1902. 
M.  2.40, 

Qibbs,  j.  WÜUard,  Elementary  principles  in  Statistical 
mechanics,  developed  with  «special  reference  to  the  national 
foundation  of  thermodynamics.  New  York,  Charles  Scribner's 
sons.  1902.  London  WC,  37  Bedford  Street,  Strand, 
Edward  Arnold,    sh.  17—. 

Jahresbericht,  ABtronomischer.  Mit  Unterstützung  der 
Astronomischen  Gesellschaft  herausgegeben  von  Walter 
F.  Wislicenus.  III.  Band,  enthaltend  die  Litteratur  des 
Jahres  1901.  gr.  8.  XXXII  u.  671  S.  1902.  Berlin, 
Georg  Reimer.     M.  20 — . 

Jahresbericht  Elfter  der  Phsrsikalischen  Qesellsohaft 
Zürich  1899  und  1900.    gr.  8. 

Jones,  Harry  C,  The  elements  of  physical  chemistry. 
With  67  fig.  gr.  8.  XI  u.  565  S.  1902.  New  York, 
Macmillan  Company.     Gebunden. 

Krisch,  August,  Astronomisches  Lexikon.  Auf  Grundlage 
der  neuesten  Forschungen,  besonders  der  Spectralanalyse 
und  der  Himmclsphotographie,  bearbeitet.  Das  Werk 
erscheint  in  20  Lieferungen  zu  SoPfg.  Bisher  10  Liefe- 
rungen erschienen.  Auch  in  2  Hälften  i  5  M.  Wien,. 
A.  Hartleben's  Verlag. 


Iianner,  Alois,  Naturlehre.  Mit  377  Figuren,  einer  Spcc- 
traltaifel  und  4  meteorologischen  Karten  in  Farbendruck. 
Bearbeitet  für  die  oberen  Classen  der  Mittebchulen  auf 
Grund  der  mit  Erlass  des  hohen  k.  k.  Ministeriums  f^ 
Cultus  und  Unterricht  vom  23.  Februar  1900  veröfient- 
lichten  2.  Auflage  des  Lehrplanes  und  der  Instructionen 
für  Gymnasien,  gr.  8,  IV  u,  378  S.  1902.  Wien, 
Jos.  Roth'sche  Verlagsbuchhandlung.  Broch.  M.  4,50, 
geb.  M.  5.20. 

Lorents,  H.  A.,  Sichtbare  und  unsichtbare  Bewegungen. 
Vorträge  auf  Einladung  des  Vorstandes  des  Departements 
Leiden  der  Matschaf^ij  tot  nul  van't  algemeen  im  Februar 
und  März  1901.  Unter  Mitwirkung  des  Verfassers  aus  dem 
Holländischen  übersetzt  von  G.  Siebert.  Mit  40  ein- 
gedruckten Abbildungen,  gr.  8.  IV  u.  123  S.  1902. 
Braunschweig,  Friedrich  Vieweg  &  Sohn.     M.  3  — . 

Mathet,  Ii.,  Trait^  de  chimie  photographique.  Deuxi^me 
Edition.  Enti^rement  refondue  et  consid^ablement  ang- 
ment^e.  Tome  I.  Paris,  118  et  Ii81>is  Rue  d'Assas, 
Charles  Mendel. 

Mitteilungen  der  Physikalischen  Gesellschaft  in 
Zürich  1901.  Nr.  i.  gr.  8.  1901.  Zürich,  Buch- 
druckerei F.  Lohbauer. 

Ostwald  W.,  Über  Katalyse.  Vortrag,  gehalten  auf  der  73. 
Naturforscherversammlung  zu  Hamburg  am  26.  September 
1901.    kl.  8.    32  S.     1902.    Leipzig,  S.  Hirzel.    M.  —  60, 

Perry,  John,  Höhere  Analysis  ftir  Ingenieure.  Autorisierte 
deutsche  Bearbeitung  von  Robert  Fricke  und  Fritz  Süchting. 
Mit  106  in  den  Text  gedruckten  Figuren,  gr.  8.  IX  u. 
423  S.  1902.  Leipzig  und  Berlin,  B.  G.  Teubner.  Geb. 
M.    12  — . 

Pettenkofer,  Max  von.  Über  Ölfarbe  und  Konservierung 
der  Gem^degalerien  durch  das  Regenerationsverfahren. 
Zweite  Auflage,  gr.  8.  VII  u.  183  S.  1902.  Braun- 
schweig, Friedrich  Vieweg  &  Sohn.     M.  3  — . 

Bussner,  Johannes,  Grundzüge  der  Telegraphie  und  Tele- 
phonie  fiir  den  Gebrauch  an  technischen  Lehranstalten. 
Mit  423  Abbildungen  im  Text  und  einer  Tafel,  gr.  8. 
Vm  u.  274  S.  1902.  Hannover,  Gebrüder  Jänecke. 
M.  4.?o. 

van  Schaik,  W.  C.  Ii.,  Wellenlehre  und  Schall.  Autorisierte 
deutsche  Ausgabe,  bearbeitet  von  Hugo  Fenkner.  Mit 
176  in  den  Text  eingedruckten  Abbildungen,  gr.  8. 
XI  u.  358  S-  1902.  BrauDschweig,  Friedrich  Vieweg 
&  Sohn.     M.  8—. 

Weiler,  W„  Physikbuch  mit  in  den  Text  eingedruckten 
farbigen  Abbildungen.  Ein  Lehrbuch  der  Physik  für 
den  Schulunterricht  und  zur  Selbstbelehrung,  gr.  Esslingen, 
J.  F.  Schreiber.  Erster  Band:  Magnetismus  und  Elec- 
tricität  Mit  445  in  den  Text  eingedruckten,  meist  far- 
bigen  Abbildungen.  X  u.  290  u.  XI  S.  Geb.  M.  4.50. 
Zweiter  Band:  Mechanik.  Mit  250  in  den  Text  einge- 
druckten, meist  farbigen  Abbildungen.  VII  n.  156  u. 
VII  S.  Geb.  M.  2.50.  Dritter  Band:  Schwingungen  und 
Wellen,  Akustik:  Lehre  vom  Schall.  Mit  80  in  den  Text 
eingedruckten,  meist  farbigen  Abbildungen,  III  u.  52  u. 
II  S.     Geb.  M.  1.20. 

—  Physikalisches  Experimentir-  und  Lesebuch  mit  vielen 
Freihandversuchen.  Filr  den  Schulunterricht  und  zur 
Selbstbelehrung  bearbeitet.  Mit  257  in  den  Text  einge- 
druckten, meist  farbigen  Abbildungen,  gr.  8.  Esslingen, 
J.  F.  Schneider.     IV  u.  143  u.  V  S.     Geb.  M.  3  — . 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Pachgenosaen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

An  der  Universität  Heidelberg  hat  sich  der  Assistent  am 
Physikalischen  Institut  Dr.  R.  H.  Weber  für  Physik  habilitiert 

Der  Professor  der  Chemie  an  der  Universität  Greifswald 
Dr.  Hugo  Schwanert  tritt  mit  Ende  dieses  Halbjahres  in 
den  Ruhestand,  ebenso  der  a,  o.  Professor  der  Chemie  an 
der  Universität  Leipzig  Dr.  Anton  Wcddige. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Göttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  20. 


15.  Juli  1902. 

Redaktionsschluss  Hir  No.  ax  am  33.  Juli  1902. 


3.  Jahrgang. 


Origlnalmitteilungen: 

J.  Precht,  Lumineszenz  bei  tiefen 
Temperaturen.     S.  457. 

K.  V.  Wescndonk,  Über  durch  Beug- 
ung und  verwandte  Ursachen  in  den 
Dänsten  der  rauchenden  Schwefel- 
wie  Salpetersäure  hervorgerufene 
Lichterscheinungen.     S.  459. 

K.v.Wesendonk,  Notiz  über  Spitzen- 
entladungen durch  Teslaströme. 
S.  462. 


INHALT. 

E.  Grimsehl,  Eine  zerlegbare  Tan- 
gentenbussole.     S.  462. 

Mitteilimgen  aus  dem  physikalisch-me- 
chanischen  Institute  von    Professor 
Dr.  M.  Th.  Edelmann: 
No.  i:    M.  Edelmann,  Ein  neuer 
Schulkompensator.     S.  465. 

E.  Ruhm  er,  Über  die  Empfindlichkeit 
und  Trägheit  von  Selenzellen.  S.  468. 

G,  C.  Schmidt,  Über  die  chemischen 
Wirkungen  der  Kathodenstrahlen. 
S.  474. 


G.  C.  Schmidt,  Über  die  Emanation 
des  Phosphors,     S.  475. 

Vorträge  und  Di8ka88ioneii  von  der 
73.  Naturforeoherverstmnlang  zu 
Hamburg: 

H.  Frahm,  Neue  Untersuchungen  im 
Schiff-  uqd  Schiffsmas<;hinenbau  auf 
der  Werft  von  Blohm  &  Voss.  S.  481. 

Eingegangene  Sehriften.    S.  488. 
Tageeereigniese.    S.  4^^- 
Personalien.    S.  488. 


j 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Lumineszenz  bei  tiefen  Temperaturen. 

Von  J.  Precht. 

I.  Aus  Beobachtungen  von  Dewar^)  und 
Becquerel'^)  ist  bekannt,  dass  Urannitrat  beim 
Eüntauchen  in  flüssige  Luft  oder  flüssigen  Wasser- 
stoff zu  leuchten  beginnt.  Der  Krystall  leuchtet 
solange  er  sich  abkühlt,  das  Leuchten  erlischt 
dann  und  zeigt  sich  später  von  neuem,  wenn 
der  Krystall  herausgenommen  wird  und  sich 
dabei  wieder  erwärmt.  Der  Versuch  lässt  sich 
mit  demselben  Krystalle  mehrfach  wiederholen, 
doch  zerfällt  er  bald  in  kleine  Bruchstücke.  Der 
in  flüssiger  Luft  dunkel  gewordene  Krystall 
leuchtet  wieder  beim  Reiben  an  der  Gefässwand. 

Bei  ähnlichen  Versuchen  fand  ich,  dass  man 
liier  zwei  Erscheinungen  zu  trennen  hat,  einmal 
die  Tribolumineszenz  (nach  E.  Wiedemanns 
Bezeichnung)  des  Krystalles  beim  Zerspringen 
infolge  der  Dichteänderung  beim  Abkühlen  und 
ferner  die  Änderung  der  Intensität  des  ausge- 
sandten Phosphoreszenzlichtes  mit  abnehmender 
Temperatur.  Bekanntlich  sendet  Urannitrat  auch 
bei  Zimmertemperatur  dauernd  ein  schwaches, 
aber  deutlich  wahrnehmbares  Phosphoreszenz- 
licht aus,  unabhängig  von  der  beim  Schütteln 
der  Krystalle  erregten  Tribolumineszenz.  Beide 
Vorgänge  bleiben  beim  Abkühlen  nebeneinander 
bestehen.  Die  Dichteänderung  hat  ein  Zerspringen 
der  Krystalle  und  begleitende  Tribolumineszenz 
beim  schnellen  Abkühlen  und  Wiedererwärmen 
zur  Folge.  Nicht  in  unmittelbarem  Zusammen- 
hange damit  steht  aber  die  Änderung  der  In- 
tensität des  Phosphoreszenzlichtes  mit  der  Tem- 
peratur. 

Diese  letztere  kann  man  ftir  sich  beobachten, 
wenn  man  die  Substanz  ausserordentlich  fein 
pulverisiert.  Dann  fehlt  die  Tribolumineszenz 
und  man  erkennt,  wie  das  Leuchten  mit  ab- 
nehmender Temperatur  allmählich  anwächst,  bis 
es  etwas  oberhalb  der  Temperatur  der  flüssigen 

i)  De  war,  Nature  64,  243,  1901. 
2)  Becquerel,  C.  R.  133,  199,  190T. 


Luft  ein  Maximum  erreicht,  dann  aber  völlig 
erlischt,  sobald  die  ganze  Masse  die  Temperatur 
— 193®  erreicht  hat.  Beim  Herausnehmen  aus 
dem  Dewarschen  Gefässe  —  ich  benutzte  eine 
halbkugelige  Schale  von  10  cm  Durchmesser  — 
wiederholt  sich  derselbe  Gang  in  umgekehrter 
Reihenfolge. 

Dass  hierbei  nicht  das  Temperaturgefälle, 
sondern  das  Erreichen  einer  bestimmten  sehr 
tiefen  Temperatur  für  das  Maximum  der  Licht- 
entwicklung bestimmend  ist,  zeigen  folgende 
Versuche:  Kühlt  man  in  einer  Mischung  von 
fester  Kohlensäure  und  absolutem  Alkohol  plötz- 
lich auf — 79^  ab  (Hol bor n),  so  wächst  das 
Leuchten  nur  unbedeutend  gegenüber  dem  bei 
+  i8^  so  schnell  man  auch  die  Abkühlung  und 
Wiedererwärmung  vornehmen  mag.  Beim  Ein- 
tauchen in  flüssige  Luft  beginnt  das  helle  Leuchten 
erst  lange  nach  dem  Ablauf  des  Leidenfrost- 
schen  Phänomens.  Zu  dieser  Zeit  kann  eine 
grosse  Temperaturdifferenz  nicht  mehr  vorhanden 
sein.  Wird  das  Pulver  nicht  in  ein  sehr  dünn- 
wandiges, nur  5  mm  weites  Probierrohr  gebracht, 
sondern  in  ein  weiteres,  so  kann  man  es  leicht 
erreichen,  dass  das  Innere  des  weiteren  Rohres 
gerade  eben  die  Temperatur  des  stärksten 
Leuchtens  annimmt.  Dieser  Zustand  bleibt  dann 
unbegrenzt  lange  bestehen. 

Das  Urannitrat  schliesst  sich  also  dem  be- 
kannten Verhalten  anderer  Phosphore  darin  voll- 
ständig an,  dass  seine  Strahlung  für  eine  bestimmte 
hier   sehr   tiefe  Temperatur  ein  Maximum  hat. 

Soweit  u  nmittelbare  Beobachtung  ei  nen  Schluss 
zulässt,  fällt  die  stärkste  Tribolumineszenz  (leb- 
haftes Knistern  und  Funkensprühen,  Sprengen 
des  Krystalls)  mit  dem  hellsten  Phosphoreszieren 
zusammen.  Es  wäre  möglich,  dass  an  diesem 
Punkte  auch  das  Dichtemaximum  der  Substanz 
liegt.  —  Ähnlich  wie  Urannitrat  verhalten  sich 
Uransulfat  und  Uranylfluorid. 

2.  Von  anderen  Substanzen,  die  ich  unter- 
sucht habe,  sind  besonders  interessant  diejenigen, 
die  bei  gewöhnlicher  Temperatur  kein  Eigenlicht 


458 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


aussenden,  wie  es'  die  Uranverbindungen  thun, 
und  die  dennoch  ohne  jede  vorherige  Er- 
regung durch  Lichtstrahlen  bei  starker  Ab- 
kühlung lebhaft  lumineszieren.  Hierhin  gehören 
Baryumplatincyanür,  Calciumplatincyanür  und 
Pentadecylparatolylketon.  Alle  drei  Substanzen 
sind  durch  Kathodenstrahlen  erregbar,  die  beiden 
ersten  auch  durch  Röntgenstrahlen. 

Von  dem  Keton  wurden  zwei  Proben  ver- 
schiedener Reinheit  untersucht,  von  denen  die 
weniger  reine  wohl  in  Kathodenstrahlen,  aber 
nicht  ia  Röntgenstrahlen  leuchtete,  während  die 
sorgfältig  gereinigte  weder  in  Kathodenstrahlen 
noch  in  Röntgenstrahlen  erregt  wurde.  ^  Alle 
vier  Körper  haben  beim  Eintauchen  in  flüssige 
Luft  eine  kurze  Periode  sehr  beller  Phosphores- 
zenz, die  in  der  Nähe  von  —  193®  liegt.  Ist 
aber  diese  Temperatur  dauernd  vorhanden,  so 
sind  sie  dunJ^el^  um  erst  beim  Erwärmen  wieder 
ftlr  kurze  Zeit  aufauleuchten.  Alle  vier  Körper 
leuchten  nicht  bei  — 79^- 

Die  beiden  Ketone  zeigen  schon  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  lebhafte  Tribolumines- 
zenz.  Das  Leuchten  beim  Abkühlen  bleibt  auch 
hier  in  fein  pulverisiertem  Zustande  der  Körper 
bestehen. 

Quarze,  die  beim  Schlagen  leuchten,  und 
zwair  derbe  Rosenquarze  und  vollkommen  aus- 
gebildete Krystalle,  werden  beim  Abkühlen  nait 
Ausser  Luft  nicht  erregt.  Sie  leuchten  dagegen 
dann  bei  schwacher  Berührung  oder  sehr  gelinder 
Reibung. 

Eis  ist  tribolumineszierend.  Zerbricht 
man  eine  dünne  Eisplatte  von  — 20®,  so  tritt 
kein  Leuchten  au£  Bringt  man  aber  eine  Eis- 
platte in  flüssige  Luft,  so  zerspringt  beim  Ab- 
kühlen die  Platte  plötzlich  unter  lebhafter  Licht- 
entwicklung. Der  Versuch  wird  besonders  deutlich, 
wenn  man  die  Eisplatte  in  die  Mitte  eines  halb- 
kugeligenDewar-Geßlsseshält.  Im  Momente  des 
2^springens  leuchtet  dann  infolge  der  Reflexion 
an  der  Silberbdegung  die  ganze  Schale. 

3.  Das  Leuchten  und  Knistern  von  Uran- 
nitratkrystallen  bei  starker  Abkühlung  erinnert 
so  sehr  an  elektrische  Entladungsvorgänge,  dass 
De  war  darin  eine  starke  pyroelektrische  Er- 
regung sah.  In  der  That  haftet  ein  Krystall  in- 
folge seiner  elektrischen  Ladung  mit  sehr  grosser 
Kraft  an  der  Wand  des  Dewarschen  Gefässes, 
wenn  er  derselben  zu  nahe  gekommen  ist.  Das 
Abkühlen  soll  nach  De  war  elektrische  Ent- 
ladungen zwischen  den  Krystallmolekülen 
zu  Stande  bringen.  Da  flüssige  Luft  ausge- 
zeichnet isoliert,  hätte  man  hier  eine  sehr 
einfache  Form  des  von  Herrn  Riecke^)  an- 
gegebenen pyroelektrischen  Fundamentalver- 
suches, nach  welchem  ein  Krystall  die  während 
der  Erwärmung    oder   Abkühlung    gewonnene 

i)  Prccht,  Wied.  Ann.  01,  330,  1897. 
a)  Riecke,  Wied.  Ann.  81,  889,  1887. 


Ladung  im  isolierenden  Medium  dauernd  behält. 
Auch  die  Tribolumineszenz  des  Eises  beim  Ab- 
kühlen kann  als  eine  rein  pyroelektrische  Ent- 
ladung gedeutet  werden.  Ebensogut  können 
piezoelektrische  Vorgänge  infolge  der  moleku- 
laren Veränderungen  bei  der  plötzlichen  ener- 
gischen Kontraktion  und  Ausdehnung  zur  Er- 
klärung herangezogen  werden. 

Auch  das  geschmolzene  Pentadecylparatolyl- 
keton, das  sich  nach  dem  Abkühlen  unter  dem 
Polarisationsmikroskop  krystallinisch  erweist, 
würde  dieser  Auffassung  kaum  prinzipielle 
Schwierigkeiten  darbieten.  Das  Keton  wird 
noch  stärker  elektrisch  als  Urannitrat  und  zeigt 
das  stärkste  Leuchten  in  dem  Augenblicke,  in 
welchem  ein  deutliches  Krachen  plötzliche  Ver- 
änderungen des  molekularen  Gefuges  verrät 

Eine  Reihe  elektrischer  Versuche  habe  ich 
in  der  Weise  angestellt,  dass  der  zu  prüfende 
Körper  in  einer  isolierten  mit  einem  Exn ersehen 
Elektroskope  verbundenen  kleinen  Metalldose  in 
flüssiger  Luft  abgekühlt  und  dann  das  Dewarscbe 
Gefäss  entfernt  wurde.  Bisweilen  wurde  der  Körper 
auch  direkt  mit  einem  isoliert  befestigten  Metall- 
drahte  umwickelt  und  eingetaucht. 

Von  Fehlerquellen  durch  Eisreibung  u.  s.  wr. 
wird  man  frei  durch  Filtrieren  der  flüssigen  Luft. 
Eingetauchte  Metalle  bekommen  dann  keine 
Ladung.  *)  Wird  ein  Stück  Keton  längere  Zeit 
abgekühlt  und  das  Dewar-Gefäss  endemt,  so 
eriiält  man  erst  einen  momentanen  Ausschlag 
des  Elektroskopes  von  positiver  Elektrizität, 
dann  bleiben  die  Blättchen  auf  Null  und  nach 
etwa  12  bis  20  Sekunden  erhält  man  plötzlich 
einen  starken  Ausschlag  von  negativer  Elektri- 
zität. Oft  schlagen  die  Blättchen  zweimal  unter 
Entladung  an  das  Gehäuse.  Bringt  man  das 
Keton  in  die  Metallbüchse,  so  beobachtet  man 
nur  die  momentane  negative  Ladung  nach  der 
gleichen  Zeit  wie  oben.  Ist  die  Erregung  schwach, 
so  wächst  eine  erteilte  negative  Ladung  momentan 
und  dann  stellt  sich  der  frühere  Ausschlag  wieder 
her.  Wichtig  ist,  dass  der  Ausschlag  von  nega- 
tiver Elektrizität  stets  gleichzeitig  mit  dem  hör- 
baren Krachen  der  Substanz  erfolgt,  und  Beob- 
achtung im  Dunkeln  zeigt,  dass  dieser  Augen- 
blick auch  der  maximaler  Lichtentwicklung  ist. 
Die  Erscheinungen  sind  unabhängig  von  der 
Kondensation  von  Feuchtigkeit  und  Eisbildung 
an  der  Oberfläche. 

Wesentlich  anders  verhält  sich  Urannitrat. 
Füllt  man  die  Dose  mit  Krystallen,  kühlt  ab 
und  lädt  negativ,  so  bleibt  die  negative  Ladung 
beim  Entfernen  der  flüssigen  Luft  eine  Weile 
ungestört  bestehen.  Erst  wenn  das  prasselnde 
Knistern  der  zerspringenden  Krystalle  zu  hören 
ist,  fallen  die  Elektroskopblättchen  momentan 
zusammen.     Auch    hier    ist    also    das   stärkste 

i)  Vgl.  Ebert  u.  Hofmann,  Sitzgsber.  Bayr.  Ak.  30, 
1—13,  1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  20. 


459 


Leuchten  mit  der  elektrischen  Störung  gleich- 
zeitig, aber  der  Sinn  der  Elektrisierung  ist  ent- 
gegengesetzt. Mit  der  Radioaktivität  des  Uran- 
salzes hat  die  Erscheinung  nichts  zu  thun.  Fein 
pulverisiertes  Urannitrat  giebt  nach  Abkühlung 
keine  plötzliche  Abnahme  einer  negativen 
Ladung,  überhaupt  keine  mit  dem  Auge  un- 
mittelbar wahrnehmbare  Änderung  am-Elektro- 
skope. 

Durch  starke  Abkühlung  kann  man  also  bei 
gewissen  Körpern  Zersprengen  des  molekularen 
Gefiiges  verbunden  mit  lebhafter  Tribo- 
iumineszenz  und  plötzlichen  Potential- 
änderungen beobachten. 

Dass  ein  Zusammenhang  zwischen  der  Tribo- 
lumineszenz  und  der  geschilderten  Potential- 
änderung besteht,  lässt  sich,  wenn  auch  in  etwas 
weniger  reiner  Form,  folgendermassen  zeigen: 
auf  eine  grosse  isolierte  Metallplatte  bringt  man 
eine  beträchtliche  Menge  Urannitratkrystalle  und 
setzt  darauf  ein  Porzellanpistill  mit  isolierender 
Handhabe.  Die  Platte  wird  mit  einem  Curi eschen 
Elektroskope  verbunden.  Entladungszeit  für 
55  Volt  im  Mittel  53,3  Sekunden.  Wird  das 
Pistill  bewegt,  ohne  die  Krystalle  zu  zerdrücken, 
so  tritt  keine  Änderung  ein.  Zerdrückt  man  die 
Krystalle,  so  erhält  man  eine  mittlere  Entladungs- 
zeit von  43,9  Sekunden  für  55  Volt.  Dass  durch 
das  Zerkleinern  die  strahlende  Fläche  grösser 
wird,  ist  kein  stichhaltiger  Einwand,  denn  man 
kann  diese  Veränderung  sehr  klein  halten  gegen 
die  gesamte  Fläche. 

Wird  ein  Urannitratkrystall  oder  das  Keton 
in  Stanniol  eingehüllt,  so  ist  keine  Änderung 
des  Leuchtens  beim  Abkühlen  zu  bemerken; 
auch  zeigen  kleine  Urannitratkrystalle,  mit  dem 
gleichen  Volumen  Magnesiumpulver  vermischt, 
keine  Verminderung  der  Tribolumineszenz. 

Die  der  Voigt  sehen  Theorie  der  Pyro-  und 
Piezoelektrizität  zu  Grunde  liegenden  Annahmen 
können  von  manchen  der  beschriebenen  Er- 
scheinungen eine  ungezwungene  Erklärunggeben. 

Hannover,  Physik.  Institut  der  Techn.  Hoch- 
schule,  16.  Juni  1902. 

(EingegaDgen  21.  Juni  1902.) 

Über  durch  Beugung  und  verwandte  Ursachen 
in  den  Dünsten  der  rauchenden  Schwefel-  wie 
Salpetersäure     hervorgerufene     Lichterschei- 
nungen. 

Von  K.  V.  Wesendonk. 

Bei  Gelegenheit  einer  Untersuchung  über 
die  Einwirkung  rauchender  Flüssigkeiten  auf 
die  elektrische  Aktivität  von  Flammengasen, 
fand  Verf.  eine  merkwürdige  Verschiedenheit 
in  dem  Verhalten  der  Dünste,  welche  rauchen- 
der Salpetersäure  und  rauchender  Schwefelsäure 
entstammen. ')  Wenn  beim  Durchleiten  der  Ver- 

i)  Naturw,  Rundsch.  16,  261,  1900;  Beibl.  24,  839,  1900, 


brennungsprodukte  durch  die  genannten  Sub- 
stanzen ein  dichter  Qualm  entstand,  so  war  das 
Leitvermögen  jener  nahezu  zerstört,  dabei  er- 
wies sich  die  rauchende  Schwefelsäure  noch  als 
etwas  wirksamer  als  die  rauchende  Salpeter- 
säure.^) Wurden  nun  die  Flammengase,  bevor 
sie  das  Acidum  nitricum  fiimans  passierten,  durch 
gewöhnliche  reine  Schwefelsäure  geleitet,  so 
entstand  kein  Qualm  mehr,  sondern  nur  ein 
mehr  oder  weniger  mit  nebligen  Dünsten  er- 
füllter gelbroter  Dampf.  Dabei  blieb  ein  erheb- 
licher Teil  des  Leitvermögens  bestehen.  Liess 
man  erst  dichten  Qualm  sich  bilden  und  leitete 
alsdann  diesen  durch  reine  Schwefelsäure,  so 
zeigte  sich  ebenfalls  ein  beträchtlicher  Teil  der 
elektrischen  Aktivität  als  noch  vorhanden.  Nahm 
man  dagegen  entsprechende  Manipulationen  mit 
der  rauchenden  Schwefelsäure  vor,  so  fand  sich, 
dass  ein  durchsichtiger  Rauch  das  Leitvermögen 
merklich  ebensoweit  aufhob,  wie  ein  dichter 
opaker  Qualm.  Verf.  hat  bisher  auf  eine  Er- 
klärung dieser  Erscheinung  verzichtet,  aber  be- 
reits gelegentlich  darauf  hingewiesen'^),  dass 
von  den  zufällig  seiner  Zeit  wahrgenommenen 
Beugungsfarben  einige  Auskunft  eventuell  zu  er- 
warten sei.  Der  Versuch  indessen,  in  bekannter 
Weise  angestellt,  indem  man  durch  einen  mit 
dem  betreffenden  Rauch,  Dampf,  Qualm  etc. 
angefüllten  Glaskolben  oder  Flasche  nach  einem 
sehr  hellen  Lichtpunkte  (wie  Spiegelbild  der 
Sonne  in  einem  Uhrglase  etc.)  blickte,  ergab 
zunächst  nur  wenig  befriedigende  Resultate.  Es 
erschien  daher  zur  Orientierung  auf  dem  frag- 
lichen Gebiete  nützlich,  zunächst  einige  der  so 
schönen  Experimente  von  Herrn  Kiessling^) 
zu  wiederholen,  was  mit  gutem  Erfolge  ge- 
lang. Nunmehr  wurden  die  Dämpfe  der 
rauchenden  Säure,  wie  sie  sich  von  selbst  bil- 
deten, oder  wie  sie  infolge  eines  die  betreffenden 
Flüssigkeitendurchsetzenden  Luft-oderFlammen- 
gasstromes*)  entstanden,  in  ganz  entsprechender 
Weise  untersucht.  Man  blickte  durch  den  erhal- 
tenen Nebel  resp.  Dunst  oder  Dampf  entweder 
direkt  nach  dem  in  einem  Heliostaten  sich  zeigen- 
den Sonnenbilde,  oder  nach  einer  sehr  hell  erleuch- 
teten, in  einem  opaken  Schirme  passend  ange- 
brachten mit  Pauspapier  überzogenen  Öffnung, 
oder  man  leitete  die  mit  Hilfe  zweier  Linsen 
nahe  parallel  gemachten  Sonnenstrahlen  hin- 
durch, oder  verwendete  endlich  den  von  einer 
grossen    Linse    gelieferten   (Sonnen-)Lichtkegel. 

-  i)  Beide  Substanzen  wurden  aus  der  Fabrik  von  Schering 
bezogen. 

2)  Diese  Z.  2,  517  u.  518,  1901. 

3)J.  Kiessling,  Die  Dänunerongserscheinungen  etc.« 
Hamburg,  Leop.  Voss,  1885,  ferner  die  grössere  Schrift  dcs- 
selb'Cn  Verf.\  Untersuchungen  über  Dämmerungserscheinungen, 
ebenda  1888. 

4)  Die  Flammengase  wurden  von  einem  Aspirator  ange- 
sogen und  mit  Eis  gekühlt,  wie  Wied.  Ann.  06,  123,  1808 
angegeben.  Der  dort  gezeichnete  Kolben  KK^  in  dem  der  Qualm 
sich  bildete,  hatt^  (wie  b?i  Kiessling)  meist  10  Lit^r  Inhalt. 


460 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


In  beiden  letzteren  Fällen  war  auch  eine  ob- 
jektive Beobachtung  ermöglicht,  die  bei  den 
von  Herrn  Kiessling  beschriebenen  Versuchen 
sehr  schön  auszuführen  waren.  Zunächst  zeigte  sich 
deutlich  ein  ausgeprägter  Unterschied  zwischen 
den  Exhalationen  der  beiden  Säuren.  Die  Dünste, 
ebenso  wie  der  fast  durchsichtige  Rauch,  und  der 
dichte  Qualm,  welcher  rauchender  Schwefelsäure 
entstammten,  sie  alle  zeigten,  von  hellen  Licht- 
strahlen durchsetzt  (besonders  deutlich  natürlich 
in  einem  intensiven  Strahlenkegel  oder  Bündel), 
den  Charakter  eines  Nebels,  einer  Ansammlung 
suspendierter  feiner  Teilchen:  man  hat  stets  eine 
Erscheinung  vor  sich,  welche  an  den  von 
den  sogenannten  Sonnenstäubchen  gewährten 
allbekannten  Anblick  erinnert.  Selbst  mit  Schwefel- 
säure getrocknete  Luft  giebt  durch  Acidum  sul- 
fiiricum  fumans  getrieben  noch  einen  solchen 
Dunst.  Dieser  passiert  auch  seinerseits  wieder 
Schwefelsäure,  ohne  seine  Konstitution  zu  ver- 
lieren, er  wird  höchstens  etwas  weniger  dicht. 
Dabei  besteht  aber  dieser  über  Schwefelsäure 
in  einem  Glaskolben  aufgefangene  neblige 
Dunst  nicht  etwa  lediglich  aus  an  und  fiir  sich 
in  der  (nicht  filtrierten)  Luft  schwebenden  Teil- 
chen. Bläst  man  nämlich  gewöhnliche  Luft  durch 
die  Schwefelsäure  hindurch  in  den  betreffenden 
Glaskolben  hinein,  so  verschwindet  allmählich 
der  Sonnenstäubchen-Anblick  fast  vollständig, 
kehrt  aber  sofort  wieder,  wenn  die  Luft  (sogar 
getrocknet)  *)  rauchende  Schwefelsäure  passiert 
hat,  bevor  sie  in  den  Glaskolben  eintritt.  Die 
Exhalationen,  um  die  es  sich  hier  handelt, 
scheinen  in  gewissem  Sinne  den  Salmiaknebeln 
und  ähnlichen  Gebilden  in  ihrer  Konstitution 
verwandt  zu  sein,  sie  zeigen  denn  auch  sehr 
schön  die  sogenannte  rote  und  blaue  Sonne. 
Der  dichte  weissliche  Nebel,  wie  ihn  ungetrock- 
nete  Flammengase  aus  rauchender  Schwefelsäure 
reichlich  entwickeln,  zeigt,  wenn  noch  frisch,  das 
Sonnenbild  deutlich  gelbrot,  was  auch  objektiv  zu 
konstatieren  ist.  Ein  heller  Strahlenkegel  leuchtet 
auch  innerhalb  des  Dunstes  bereits  rötlich,  da- 
gegen zeigt  sein  Eintrittsquerschnitt  graublaue 
Färbung.  Es  wird  also  bläuliches  Licht  allem 
Anscheine  nach  reflektiert,  was  ganz  den  Ray- 
1  ei gh sehen  Ansichten  über  die  Entstehung  des 
Abendrotes  etc.  entspricht.  Die  frischen  Nebelteil- 
chen sind  eben  in  unserem  Falle  von  sehr  ge- 
ringer Ausdehnung,  sie  geben  noch  keine  eigent- 
lichen  Beugungsphänomene.  Sehr  bald  ändert 
sich  aber  das  Aussehen  des  Sonnenbildes  ins 
Bläuliche  und  erscheint  mit  der  Zeit  entschieden 
blau.  Jetzt  wird  aber  nicht  etwa  rötliches  oder 
gelbliches  Licht  an  den  Eintrittsstellen  der  Licht- 
strahlen reflektiert,  sondern  diese  sehen  auch 
noch  blau  aus;  die  wohl  allmählich  grösser  ge- 
wordenen Partikelchen   wirken  also  nicht  mehr 

i)  Es    soll    damit    nicht    behauptet    werden,    dass    nicht 
Spuren   von   Feuchtigkeit  dazu   doch   noch  erforderlich  sind. 


nach  der  von  Rayleigh  geschilderten  Art  auf 
das  Licht  ein.  Man  hat  es  vielleicht  schon  mit 
einer  Beugungserscheinung  oder  einem  nahe  ver- 
wandten Phänomen  zu  thun,  denn  die  blaue 
Sonne  ^)  zeigt  sich  durchaus  nicht  nur  bei  Nebeln 
und  Staubwolken,  die  aus  besonders  kleinen 
Teilchen  bestehen.  Zur  Demonstration  der 
roten  und  blauen  Sonne  dürften  übrigens  die 
Nebel  der  rauchenden  Schwefelsäure  recht  ge- 
eignet sein,  da  sie  die  betreffenden  Erscheinun- 
gen sehr  schön  zeigen  und  leicht  zu  erhalten  sind. 

Mit  der  Zeit  präsentiert  sich  das  centrale 
Bild  immer  weisslicher,  aber  von  einer  bläulichen 
Scheibe  umgeben,  die  ihrerseits  wieder  inner- 
halb einer  sehr  ausgedehnten,  allerdings  nur 
schwach  leuchtenden  grauroten  Aureole  liegt. 
Diese  ist  nur  wenig  scharf  begrenzt,  erscheint 
mehr  als  ein  rötlicher  Schimmer,  der  die  blaue 
Centralerscheinung  umgiebt.  Dementsprechend 
sieht  man  denn  auch  in  der  Umgebung  eines 
intensiven,  den  Nebel  durchsetzenden  Strahlen- 
bündels den  Nebel  graurot  leuchten^  welche 
Färbung  wiederum  mit  der  Zeit  in  ein  gesättig- 
teres Rot  sich  umwandelt.  Hand  in  Hand  damit 
vergeht  die  blaue  Färbung  der  mittleren  Teile 
mehr  und  mehr,  die  Aureole  erscheint  kleiner 
und  in  gesättigterem  Rot  und  schärfer  begrenzt, 
das  Centrum  selbst  ist  dann  weiss  *  oder  fast 
weiss  geworden. 

Nach  einer  von  Herrn  Hagenbach  ^  an- 
gegebenen Methode  wurde  eine  ganz  rohe  Be- 
stimmung des  Winkeldurchmessers  besagter 
Aureole  ausgeführt,  er  ergab  sich  in  einem  vor- 
gerückten Stadium  der  Entwicklung  zu  ca.  22^  **) 
Das  deutet  auf  relativ  recht  kleine  Partikel  hin, 
womit  das  langsame  Herabsinken  des  Nebels 
gut  harmoniert.  Bei  diesem  Herabsinken  sieht 
man  deutlich,  dass  die  Aureole  nur  soweit  reicht, 
als  der  Nebel  noch  vorhanden,  im  oberen  Teil 
des  Glaskolbens  erscheint  eine  diffraktionsfreie 
Zone,  darunter  der  rötlich  leuchtende  Nebel, 
dessen  Farbe  die  meiste  Sättigung  oben  auf- 
weist, von  wo  sie  dann  allmählich  weiter  nach 
unten  fortschreitet,  bis  das  ganze  Gefäss  in  ge- 
sättigtem Rot  leuchtet,  soweit  es  dann  überhaupt 
noch  von  Nebel  erfüllt  ist. 

Die  grösseren,  schneller  niedersinkenden 
Teilchen  sind  jedenfalls  in  diesem  Schlussstadium 
bereits  aus  dem  Dunste  entfernt,  das  gesättigte 
Rot  entspricht  offenbar  einem  homogeneren  Nebel. 

Beugungsringe  ausserhalb  der  Grenze  der  Aure- 
ole wurden  nie  bemerkt,  auch  war  diese  Aureole 

1)  Vergl.  Wesendon k,  Naturw.  Rundsch.  16,  573,  1901. 

2)  Müll  er -Peters,  Kosmische  Physik,  Braunschweig 
1894,  461. 

3)  Nach    Perntcr    berechnet    sich    daraus   der    Durch- 

,  ,     ,            -      -r  M  V              Wi»  iio  =.  1,22  . 0,00057 
messer  a  der  beugenden  Teilchen  aus   -7 

zu  0,00364  mm.  Dies  dürfte  ungefähr  den  kleinsten  Teilchen 
entsprechen,  die  im  Nebel  vorkommen  und  die  im  gesittigteo 
Rot  leuchten.      Meteorolog.  Zeitschr.  6,  401 — 9,  1889. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


461 


mir  relativ  wenig  hell,  so  dass  sie  objektiv  nur 
schwierig  zu  beobachten  war'),  während  Kiess- 
lings  DifTraktionsbilder  (Aureole  und  zwei  Ringe) 
sehr  gut  objektiv  in  Erscheinung  traten.  Allem 
Anscheine  nach  hat  man  es  hier  (und  ebenso  bei 
den  gleich  zm  erwähnenden  Phänomenen  der 
rauchenden  Salpetersäure)  mit  einer  wegen  der 
zu  grossen  Ungleichheit  der  lichtbeugenden 
Teilchen  auf  die  Aureole  allein  reduzierten 
Fraun  ho  ferschen  Ringerscheinung  zu  thun, 
wie  dies  Pernter  und  Mc  Connel  für  den 
Bishop  sehen  Ring  gezeigt  haben.  Offenbar  hat 
man  den  rauchartigen,  nicht  homogenen  Nebel 
Kiesslings  vor  sich.  (1.  c.  37  u.  49.  Vergl. 
Lemme,  Naturw.  Rundsch.  16,  623,   1901.) 

Einigermassen  verschieden  hiervon  ist  das 
Verhalten  der  Exhalationen  der  rauchenden 
Salpetersäure.  Diese  liefert  einen  gelbroten 
Dampf,  der  durchgehendes  weisses  Licht  ziem- 
lich stark  färbt,  aber  an  sich  durchaus  nicht 
den  Sonnenstäubchen-Anblick  gewährt.  Leitet 
man  Flammengase  in  ungetrocknetem  oder  gar 
angefeuchtetem  Zustande  hindurch,  so  entsteht 
ein  dichter  Qualm  von  gelblich-weissem  Aus- 
sehen, der  aber  Schwefelsäure  kaum  zu  passieren 
vermag.  Treibt  man  daher  solchen  Qualm  durch 
Schwefelsäure  oder  auch  trocknet  man  die  Ver- 
brennungsprodukte, bevor  sie  durch  rauchende 
Salpetersäure  perlen,  so  erhält  man  unter  Um- 
ständen fast  reinen  gelbroten  Dampf.  Da  es 
nun  gerade  neblige  oder  rauchartige,  aus  sus- 
pendierten Partikeln  bestehende  Dünste  sind, 
welche  die  Aktivität  der  Luft  aufzuheben  so 
sehr  geeignet  erscheinen,  so  erklärt  sich  hieraus 
die  oben  erwähnte  Verschiedenheit  in  dem  Ver- 
halten der  beiden  rauchenden  Säuren.  Die  Ex- 
halationen des  Acidum  sulfuricum  fumans 
sind  eben  auch  im  durchsichtigen  Zu- 
stande noch  reich  genug  an  darin  schwe- 
benden (nicht  gasförmigen)  Teilchen,  um 
die  Leitfähigkeit  der  Luft  fast  ganz  auf- 
zuheben, während  der  mit  Nebel  etc.  nur  wenig 
erfüllte  Dampf  des  Acidum  nitricum  fumans  jeden- 
falls von  viel  geringerer  Wirkung  ist.  Die  der 
herrschenden  Anschauung  gemäss  von  dem 
Nebel  resp.  den  suspendierten  Teilchen  festge- 
haltenen Ionen  resp.  Elektronen  werden  eben 
^yieder  zum  grossen  Teile  frei,  wenn  der  Qualm 
Schwefelsäure  durchströmt,  in  welcher  dieser 
zwar  zerstört  wird,  nicht  aber  jene  untergehen. 
Daher  vermögen  sie  denn  die  Leitfähigkeit  der  Luft 
mehr  oder  minder  wieder  herzustellen.  Der 
Qualm  sinkt  ziemlich  schnell  zu  Boden,  besteht 
also  wohl  aus  relativ  grossen  Partikeln.  Die 
rotbraune  Sonne  ist  hierbei  nicht  zu  beobachten, 
vielmehr  erscheint  in  dem  dichten,  durcheinan- 
der wirbelnden  ganz  frisch  entwickelten  Nebel 

i)  Allerdings  wurden  die  objektiven  Darstellungen  nicht 
in  einer  Dunkelkammer  yersucbt,  sondern  nur  in  einem  etwas 
verdunkeltem  R^iumc, 


(unter  Umständen  sehr  schön  wahrnehmbar) 
gleich  die  blaue  Sonne.  Die  Erscheinung  war 
am  besten  in  einem  kleineren  Glaskolben  zu 
sehen,  der  sich  mit  sehr  dichtem,  in  starker 
Strömung  befindlichen  Qualm  leicht  erfüllen 
Hess,  der  dann  auch  von  einem  hellen  Strahlen- 
kegel oder  -Bündel  durchsetzt  schon  in  seinem 
Innern  blau  leuchtete.  Sowohl  nach  dem  Sonnen- 
bilde im  Heliostaten,  wie  besonders  dem  inten- 
siven Strahlenkegel  einer  grossen  Linse  entlang 
blickend,  gewahrt  man  sehr  deutlich  die  blaue 
Erscheinung,  die  sich  auch  objektiv  zeigt. 

Hinderlich  für  die  gute  Ausbildung  des 
Phänomens  ist  die  gelbliche  Färbung  des  Qual- 
mes, die  sich  bei  den  Versuchen  über  rauchende 
Salpetersäure  stets  geltend  macht.  Hört  man 
mit  dem  Entwickeln  von  Nebel  auf,  so  geht 
denn  auch  die  blaue  Sonne  bald  in  eine  gelb- 
liche *)  über,  um  die  sich  herum  ein  graurötlicher 
Schimmer  lagert,  der  sich  bald  zu  einer  roten 
Aureole  verdichtet,  die  schnell  an  Durchmesser 
abnimmt,  bis  er  schliesslich  etwa  12"  30'  be- 
trägt.^) Die  nächste  Umgebung  des  gelblichen 
Centrums  erscheint  bläulich,  besonders  bei  noch 
frischerem  Nebel,  dann  folgt  wohl  eine  Art 
Purpur  und  ein  gelblicher  Saum,  den  unter  Um- 
ständen bei  genügender  Helligkeit  des  Phäno- 
mens noch  ein  roter  umgiebt.  Die  Aureole 
lässt  sich  auch  objektiv  gut  beobachten,  Beugungs- 
ringe dagegen  zeigten  sich  weder  subjektiv  noch 
objektiv.  Nur  soweit  Nebel  noch  im  Glaskolben 
vorhanden,  erscheint  eine  Aureole,  der  blosse, 
wenn  auch  stark  gefärbte  Dampf  giebt  keine 
solche.  Eine  Schichtung  im  Nebel  von  oben 
nach  unten  tritt  ein  wie  bei  der  rauchenden 
Schwefelsäure  und  ist  besonders  daran  zu  er- 
kennen, dass  die  Aureole,  unten  hindurchgesehen, 
kleiner  erscheint  als  oben,  offenbar  weil  die 
grösseren  Nebelteilchen  schneller  zu  Boden 
sinken.  Will  man  die  Wandlungen  der  Aureole 
studieren,  so  thut  man  übrigens  gut,  nicht  zu  dichten 
Nebel  zu  entwickeln,  da  er  sonst  zu  opak  wird 
und  es  dann  leicht  zu  lange  dauert,  bis  man 
die  Beugungserscheinungen  beobachten  kann. 
Alsdann  ist  aber  die  Umänderung  des  frischen 
Nebels  schon  zu  weit  vorgeschritten,  um  noch 
eine  ausgedehnte  Aureole  zu  geben.  Erwähnt 
sei  endlich,  dass  bei  beiden  rauchenden  Säuren 
die  sogenannte  grüne  Sonne  nicht  zur  Beob- 
achtung kam. 

i)  Die  natürlich  mit  der  rotgelben  sonst  erwähnten  nicht 
zu  verwechseln  ist. 

2)  Nach  Pernter  entspricht  dem  ein  Durchmesser  der 
Teilchen  =>  0,00638  mm. 

Berlin,  den   13.*  Juni   1902. 

(Eingegangen  13.  Juni  1902.) 


462 


Physikalische  Zettschrift.     3.  Jahi^ang.    No.  20. 


Notiz   über  Spitzenentladungen   durch   Tesla- 

ströme. 

Von  K.  V.  Wesendonk, 

Die  interessante  Dissertation  des  Herrn 
Möhlmann  '),  welche  mir  freundlichst  zur  Ver- 
fügung gestellt  wurde,  veranlasst  mich  zu  einigen 
Bemerkungen,  die  ich  mir  hiermit  kurz  darzu- 
legen gestatte. 

Bei  statischer  Ladung  ist  zwischen  einer  Spitze 
und  Platte  in  Luft  cet.  par.  der  negative  Strom 
besonders  bei  geringen  Entfernungen  der  beiden 
Elektroden  erheblich  überwiegend.  Bei  alternieren- 
der gleicher  Ladung  einer  Spitze  würde  man 
also  ein  Überwiegen  der  entladenen  negativen 
Elektrizitätsmengen  erwarten  müssen,  gerade, 
wenn  die  aufiangende  Platte  nahe  steht.  Es 
scheint  mir  demnach,  dass  doch  in  dem 
Wechselzustande  eine  Besonderheit  lie- 
gen muss,  welche  in  erster  Linie  die  posi- 
tiven TeslaaustrÖmungen  bedingt.')  Zeigen 
ja  doch  auch  abgeleitete  Drähte,  die  von  negativen 
Entladungen  durchsetzt  werden,  positive  Seiten- 
entladungen *),  obwohl  also  nur  eine  direkte 
negative  Elektrisierung  stattfand,  nicht  eine  ab- 
wechselnd positive  und  negative  wie  sonst  bei 
Teslaversuchen.  Bei  solchen  Seiten  ausströmungen 
fand  ich  seiner  Zeit  mit  einem  Exnerschen 
Elektrometer,  dass  bei  grösserem  Abstände 
Spitze^Platte  an  letzterer  negative  Entladungen 
auftraten.  Unter  anderen  Umständen  zeigte  sich 
keine  negative  Elektrizität  mehr '),  auch  nicht 
mit  einer  ausgeschnittenen  Scheibe,  wie  sie  Herr 
Knoblauch  angewandt.  Umgab  die  auffangende 
Elektrode  die  Spitze  völlig,  so  erhielt  man  auch 
noch  positive  Ladungen,  es  konnte  also  die 
negative  Ausströmung  nicht  lediglich  an  dem 
auffangenden  Teile  vorübergegangen  sein.  Ich 
habe  nun  ferner  mit  einem  Teslatransformator, 
wie  ihn  einst  Herr  Himstedt  beschrieben  ''), 
einige  Experimente  angestellt.  Auch  hier  erhielt 
ich  Ausstrahlungen,  die  mit  dem  Exnerschen 
Elektrometer  untersucht,  nur  positive  Ladungen 
hervorbrachten,  soweit  überhaupt  welche  nach- 
zuweisen waren.  Wenn  die  Spitze  frei  in  den 
Luftraum  ausströmte,  ergab  weder  eine  seitlich 
aufgestellte  Platte  oder  Sonde  aus  Draht  oder 
Flammenkollektor  noch   eine  ringförmig  ausge- 

l)  A.  Möhlmann,  Vbrr  Ausslrahliint;  huchp;KSiiaiintcr 
Wechselströme  von  hoher  Freqneiii  aus  Si>itien.  Iuau(;.-Diss, 
Freiburg  i.  Dr.,  Speyer  Sc  Kaerucr,  igol.  Man  vergl.  it!>ri(;ens 
Nichols,  Phil.  Mag.  81,  123,   1891. 

l)  Höhere  Spannungen  können  allcriUn^  fonlemd  wirken, 
wie  7.  II,  bei  unseren  Versuchen  !u  kleine  Funke ns trecken 
uiigiliistiB  sind,  aber  der  ]>ositive  Teslaeffekt  tritt  auch  bei 
recht  kleinen  Potentialen  noch  ein,  wie  in  Naturw.  Kuiidsch,  10, 
401   u.  f.,   1895,  geieigt. 

3)  Wesendonk,  Wied.  Ann.  66,  341—345.  "S98, 

4)  Mit  Kxnerschem  Elektromelcr.  Ks  wntdc  äUi  kon- 
sLilierl  bei  Gelegenheit  der  Versuche,  welche  in  dio^cr  Z.  2, 
5*9 — 3**i  IQ"!,  beschiicben  sind.  Die  In11uen!nias.chine  war 
dabei    nur  mit  ihieii  eigenen  VeiMärkungs Haschen  verbunden. 

5)  Wied.  Ann.  68,  476.  '894 


schnitten«  Scheibe  negative  Elektrizität.  Stellte 
man  aber  relativ  nahe  vor  die  Spitze  eine  ab- 
geleitete Scheibe,  alsdann  fand  sich  an  seitlich 
angebrachten  AufFangeappartten  sehr  deutliche 
negative  Ladung,  ebenso  wie  an  einer  Ring- 
scheibe. Hier  war  also  in  der  That  der  centrale, 
überwiegend  positive  Strom  gleichsam  von  einer 
negativen  Hülle  umgeben.  Führte  man  aber  die 
Spitze  in  ein  isoliert  aufgestelltes  Metallge&ss  ein, 
so  nahm  dieses  doch  wieder  eine  positive  Gesamt- 
ladung an.  Es  wird  also  auch  hier  mehr  posi- 
sive  Elektrizität  entladen  als  negative,  im  Gegen- 
satze zu  dem  Verhalten  bei  statischen  Ladungen. 
Berlin,  den   18.  Juni   1902. 

(Eiagegangeo  19.  Jaui   1901,) 


Eine  zerlegbare  Tangentenbussole.     V 
Von  E.  Grimsehl. 

Die  im  folgenden  beschriebene  Tangenten- 
bus,sole  ist  aus  dem  Wunsche  entstanden,  die 
Eichung  einer  Tangentenbussole  ohne  Ableitung 
des  mathematischen  Gesetzes  vorzunehmen, 
daher  ist  die  Bussole  in  erster  Linie  für  den 
Elementar-Unterricht  bestimmt,  doch  glaubt 
Verfasser,  den  Apparat  auch  weiteren  Kreisen 
der  Physiker  bekannt  geben  zu  können,  da  sich 
die  beiden  bei  der  Bussole  ausgeführten  Eichungs- 
methoden auch  wohl  auf  mancherlei  andere 
Apparate  anwenden  lassen  werden. 

Beschreibung  des  Apparates:  Als 
wesentliches  Merkmal  ist  bei  dem  Apparate 
das  anzusehen,  dass  der  kreisförmige  Leiter 
von  dem  Gehäuse  mit  Magnetnadel,  also  von 
der  eigentlichen  Bussole  losgelöst  ist.  Daher 
ist  es  möglich,  den  Leiter  ohne  Bussole  und 
die  Bussole  ohne  Leiter  zu  benutzen.  Femer 
aber  kann  man  den  einfachen  Krebleiter  durch 
einen  doppelten  Kreisleiter  von  denselben  Dimen- 
sionen ersetzen. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  20. 


463 


Demgemäss  besteht  die  Tangentenbussole 
aus  einem  Grundbrett  von  18x24  cm  Grösse, 
in  dessen  Mitte  eine  Messingsäule  von  12  cm 
Höhe  unverrückbar  befestig^  ist,  welche  an 
ihrem  oberen  Ende  eine  Bussole  gebräuchlicher 
Art  mit  spiegelnder  Grundplatte,  kurzer  Magnet- 
nadel und  senkrecht  dazu  stehenden  Aluminium- 
zeigem,  die  über  einer  in  ganze  Grade  einge- 
teilten Gradteilung  spielen,  trägt.  Das  Grund- 
brett ist  an  den  Längsseiten  mit  zwei  schmalen 
Leisten  versehen,  die  als  Führung  für  die  auf- 
zusetzenden Kreisleiter  dienen.  In  der  Mitte  der 
Leisten  sorg^  ein  Anschlag  dafür,  dass  die  Leiter 
genau  an  einer  vorgeschriebenen  Stelle  stehen. 

Von  den  beiden  benutzten  Kreisleitem  ist 
der  eine  einfach,  der  andere  doppelt.  Beide 
haben  einen  Radius  von  10  cm.  Sie  endigen 
in  zwei  Zuleitungsklemmen,  die  seitlich  neben- 
einander so  angebracht  sind,  dass  die  Zufüh- 
rungsleitungen möglichst  wenig  Einfluss  auf  die 
Magnetnadel  haben.  Jeder  der  beiden  Kreis- 
leiter ist  auf  einem  Brette  von  10x15  cm 
Grösse  mittels  Fiberstreifen  befestigt.  Die 
Grösse  der  Bretter  ist  so  bemessen,  dass  sie 
genau  zwischen  die  Führungsleisten  des  grossen 
Grundbrettes  passen  und  dass  sie  bis  zum  An- 
schlag vorgeschoben,  die  Leiter  in  eine  Stellung 
bringen,  wo  Mittelpunkt  der  Magnetnadel  und 
Mittelpunkt  des  Kreisleiters  zusammenfallen. 

Wenn  beide  Kreisleiter  auf  dem  Grundbrette 
stehen,  so  liegen  sie  unmittelbar  aneinander, 
sind  aber  vor  leitender  Berührung  durch  kleine 
Fiberstückchen,  die  auch  die  beiden  Kreise  des 
Doppelleiters  voneinander  trennen,  voneinander 
isoliert.  Die  ^  Zuleitungsklemmen  sind  so  ange- 
bracht, dass  liei  gleichzeitiger  Aufstellung  beider 
Kreisleiter  die  Klemmen  auf  derselben  Seite 
des  Apparates   liegen.     Die  Figur  i    zeigt  die 


Tangentenbussole  mit  dem  aufgesetzten  einfachen 
Leiter,  während  der  Doppelleiter  getrennt  davon 
neben  der  Bussole  steht. 

Erste    Art    der    Eichung    (Multiplika- 
tionsmethode): Fig.  2  zeigt  das  Schema  der 
Schaltung.     Die   beiden  Pole  einer  konstanten 
Stromquelle  E  (eines  einzelnen  Akkumulators) 
sind  einerseits  mit  der  einen  Zuleitungsklemme 
eines    Umschalters    C/,    andererseits    mit    dem 
Rheostaten  R  verbunden.     Die   freie   Klemme 
des  Rheostaten  ist  mit  der  zweiten  Zuleitungs- 
klemme des  Umschalters  verbunden.    Zwischen 
den  beiden  Ableitungsklemmen  K\  und  K^  des 
Umschalters  sei  noch  die  Verbindungsklemme 
ATjj   angebracht.     Nun  wird   Ky    und  K^  durch 
eine  ungefähr  2  m  lange  Doppelleitungsschnur 
S\    mit    den   Klemmen    des    einfachen    Kreis- 
leiters L\  verbunden,  ebenso  K%  und  K-^  durch 
eine  ebensolche  Doppelleitungsschnur  ^2  ™t  ^^^ 
Klemmen  des   doppelten  Kreisleiters  Z^.     Bei 
dieser  Anordnung  fliesst  daher  ein  vom  Akku- 
mulator E  ausgehender  und  durch  R  regulierter 
Strom  hintereinander   durch  die  Leitungen  Z., 
und  Zr2.    Man  kann  also  sicher  sagen,  dass  die 
in  L\  und  Z,  fliessenden  Stöme  absolut  genau 
gleich  sind.   Wenn  nun  der  stromdurchflossene 
Leiter  L^    eine   gewisse   magnetische  Wirkung 
hervorruft,   so   ruft   der  Leiter  Z.2»  ^^  dieselbe 
Stelle  gebracht,  eine  Wirkung  hervor,  die  von 
der  doppelten  Stromstärke  herrührt;  bringt  man 
beide  Leiter  Z,  und  Zj  an  dieselbe  Stelle  des 
Raumes,  so  entspricht  die  gemeinsame  Wirkung 
der  beiden  Leiter  der  dreifachen  Stromstärke. 
Nachdem    man    die   Bussole   B  nach    dem 
magnetischen  Meridian  orientiert  hat,  stelle  man 
den  einfachen  Leiter  um  die  Bussole,  schliesse 
den  Strom  und  schalte  so  viel  Widerstand  ein, 
dass    die    Ablenkung    6^    erzeugt    wird.     Der 
Doppelleiter   steht  vom   selben  Strome   durch- 
flössen seitlich  in  3 — 4  m  Entfernung,  so  dass 
er  keinerlei  Wirkung  auf  die  Magnetnadel  aus- 
übt.    Nun  nehme  man  den  Leiter  L^  fort  und 
stelle  Z2   an  dessen  Stelle,    ohne  aber   an  der 
Einstellung   von   R   irgend    etwas    zu    ändern. 
Jetzt  erfolgt,  durch  die  doppelte  Stromwirkung 
hervorgerufen,  die  Ablenkung  von  1 1  V2  ^-    End- 
lich stelle  man,  wieder  ohne  an  der  Stromstärke 
etwas  zu  ändern,  L^  und  Z^  gleichzeitig  an  die 
Bussole.  Die  dreifache  Stromstärke  erzeugt  jetzt 
die   Ablenkung    17^     Tabellarisch   zusammen- 
gestellt ergiebt  sich: 

Stromstärke  Ableokung 

6« 


117/ 


Fig.  2. 


I 

2  1  *  72 

3  17^. 

Zur  Kontrolle  und  zum  Ausgleich  von  Be- 
obachtungsfehlern kann  man  dieselbe  Versuchs- 
reihe mit  umgekehrter  Stromrichtung  noch  ein- 
mal wiederholen. 

Nun  mache  man  eine  zweite  Versuchsreihe. 


464 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^ng.     No.  20. 


Man  stelle  den  einfachen  Stromleiter  wieder  an 
die  Bussole  und  entferne  den  Doppelleiter.  Dar- 
auf reguliere  man  R  so,  dass  der  Leiter  Ly 
allein  die  Ablenkung  iiVa^  hervorruft.  Ver- 
tauscht man  darauf  den  einfachen  Leiter  mit 
dem  Doppelleiter,  ohne  etwas  an  der  Strom- 
stärke zu  ändern,  so  ruft  L^  die  Ablenkung 
22^  und  die  beiden  Leiter  L^  und  L^  zusammen 
die  Ablenkung  31®  hervor.  Offenbar  ist  bei 
der  ganzen  zweiten  Versuchsreihe  die  Strom- 
stärke doppelt  so  gross  gewesen,  wie  bei  der 
ersten  Versuchsreihe,  daher  rührt  die  Ablenkung 
iiV2^  22^  31^  von  den  Stromstärken:  2,  4,  6 
her.  Die  Beobachtungsresultate  werden  der  Ta- 
belle aus  der  ersten  Versuchsreihe  zugefugt. 
Eine  dritte  Versuchsreihe  beginnt  damit,  dass 
man  den  Strom  mittels  R  so  einreguliert,  dass 
der  Leiter  Z,  allein  die  Ablenkung  17^  erzeugt. 
Es  herrscht  jetzt  im  ganzen  Stromkreise  die 
Stromstärke  3  (wie  sich  aus  den  Beobachtungen 
der  ersten  Versuchsreihe  ergiebt).  Die  von  L^ 
allein,  von  L^  allein  und  von  Zj  und  L^  zusammen 
erzeugten  Ablenkungen  werden  abgelesen.  Die 
Resultate  sind,  dass  den  Stromstärken  3,  6,  9 
die  Ablenkungen  17^  31^,  42^  entsprechen. 
Eine  vierte  Versuchsreihe  beginnt  mit  der  Ab- 
lenkung 22^  beim  einfachen  Leiter.  Die  Versuchs- 
resultate sind:  die  Stromstärken  4,  8,  12  bringen 
die    Ablenkungen    22^    38'/2^    48'//    hervor. 

In  derselben  Weise  fortfahrend  erhält  man  alle 
Stromstärken,  die  durch  solche  Zahlen  ausge- 
drückt werden,  die  die  Faktoren  i,  2  und  3  haben. 

Folgende  Tabelle  enthält  alle  nach  diesem 
Verfahren  messbaren  Stromstärken  von  i  bis 
64  mit  den  zugehörigen  Ablenkungen: 


Stromstärke 

Ablenkung 

I 

6» 

2 

11'// 

3 

'K 

4 

22« 

6 

31" 

8 

38  Vi" 

9 

42» 

12 

5°1! 

16 

58» 

18 

6IO 

24 

67'/»* 

27 

69'/ 

32 

73» 

36 

74'// 

48 

78» 

54 

79  V 

64 

81«. 

Diese  Beobachtungsresultate  benutzt  man 
dann  zur  Konstruktion  einer  Kurve,  bei  der  die 
Ablenkungen  die  Abszissen  und  die  zugehörigen 
Stromstärken  die  Ordinaten  sind.  Die  beob- 
achteten Werte  ergeben  hinreichend  nahe 
liegende  Punkte,  um  die  Kurven  mit  grösster 
Sorgfalt  auszeichnen  zu  können. 


Fig.  3  zeigt  die  nach  den  Beobachtungen 
gezeichnete  Kurve.  Die  beobachteten  Punkte 
sind  durch  kleine  Kreuze  angedeutet.  Die  Kurve 
ist  natürlich  nichts  anderes  als  die  Tangenten- 


70 

4 

60 

J 

* 

/ 

1 

SO 

} 

f 

^ 

/ 

i 

f 

30 

/ 

} 

r 

* 

20 

j 

/ 

y 

/ 

10 

-^ 

^ 

'^ 

.»-^ 

^b-" 

jk^ 

_ 

mr- 

• 

f% 

^%j\ 

n 

^% 

' 

0 

10         20        oO         VC/         ou         w          iu 

oc 

00 

kurve,  aber  es  ist  bemerkenswert,  wie  genau 
die  auf  diesem  empirischen  Wege  gezeichnete 
Kurve  mit  der  errechneten  Tangentenkurve 
übereinstimmt.  Die  Wahl  des  Anfangswinkels 
von  6^  ist  damit  begründet,  dass  4f  6®  nahezu 
gleich  o,  I  ist.  Natürlich  kann  man  auch  jeden 
anderen  Anfangswert  benutzen. 

Man  kann  jetzt  die  gezeichnete  Kurve  un- 
mittelbar benutzen,  um  die  Stromstärke  eines 
unbekannten  Stromes,  der  eine  beobachtete 
Ablenkung  erzeugt,  direkt  abzulesen.  Will  man 
die  Stromstärke  nicht  durch  die  bei  den  Eichungs- 
versuchen willkürlich  gewählte  Einheit  aus- 
drücken, sondern  z.  B.  in  Ampere,  so  braucht 
man  nur  durch  eine  oder  einige  Beobachtungen 
mit  bekannten  Stromstärken  den  Reduktions- 
faktor durch  den  Versuch  zu  bestimmen,  wenn 


man  ihn  nicht  mittels  der  Formel 


SrN 


berech- 


nen will.  Im  vorliegenden  Falle  beträgt  der 
Reduktionsfaktor  für  //^=  0,2  und  r=  10  cm 
/f  =  3,i8. 

Zweite  Art  der  Eichung  (Additions- 
methode): 

Fig.  4  zeigt  das  Schaltungsschema  dieser 
Eichungsmethode.  Ein  wesentlicher  Unterschied 
derselben  gegenüber  der  ersten  besteht  darin, 
dass   man   hierzu   zweier   unabhängiger  Strom- 


Fig.  4. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  20. 


465 


kreise  bedarf,  von  denen  der  eine  durch  einen 
Rheostaten  regulierbar  den  Leiter  Z,,  der  andere 
ebenfalls  regulierbar  den  Leiter  L^  durchfliesst. 
Hierbei  stehen  beide  Kreisleiter  gleichzeitig  an 
der  Bussole. 

Die  Stromquelle  E^  steht  durch  den  Rheo- 
staten -^1 ,  den  Umschalter  C/,  und  die  Doppel- 
leitungsschnur  ^1  mit  dem  Leiter  L^  in  dauern- 
der Verbindung.  Ebenso  fliesst  der  von  E^ 
ausgehende  Strom  durch  den  Rheostaten  /?2, 
den  Umschalter  LL^  die  Doppelschnur  S<i  und 
den  Doppelleiter  f^. 

Diese  zweite  Eichungsmethode  erinnert  ent- 
fernt an  die  von  Kolbe  angewandte  Methode 
der  Eichung  eines  Galvanometers,  insofern  zu 
der  Wirkung  eines  Stromkreises  immer  derselbe 
konstante  Summand  hinzugefügt  wird'),  weicht 
aber  darin  wesentlich  von  der  Kol besehen 
Methode  ab,  dass  kein  Hilfsmagnet  angewandt 
wird,  sondern  dass  die  Summierung  der  Strom- 
wirkungen durch  elektrische  Ströme  hervor- 
gerufen wird,  die  genau  an  der  Stelle  wirken, 
an  der  beim  Gebrauch  auch  die  zu  messenden 
Ströme  die  Ablenkungen  hervorrufen. 

Zur  Ausfuhrung  der  Eichung  schliesst  man 
den  Strom  /  und  reguliert  den  Rheostaten  so, 
bis  der  Kreisleiter  /,,  wieder  die  Ablenkung 
6^  erzeugt.  Nun  öffnet  man  Stromkreis  /  ohne 
an  der  Stellung  von  R^  irgend  etwas  zu  ändern 
und  schliesst  Strom  //.  Auch  hier  reguliert 
man  R^  so  lange,  bis  L<i  die  Ablenkung  6^  erzeugt. 

Schliesst  man  jetzt  beide  Stromkreise,  doch 
so,  dass  die  beiden  Ströme  die  Kreisleiter  im 
entgegengesetzten  Sinne  durchfliessen,  so  darf 
kein  Anschlag  erfolgen,  wenn  beide  Strom- 
wirkungen gleich  sind.  Durchlaufen  aber  beide 
Ströme  die  Kreisleiter  in  derselben  Richtung, 
so  wird  die  Ablenkung  iiV2^  hervorgerufen. 
Diese  Ablenkung  wird  also  durch  die  doppelte 
Stromwirkung  erzeugt,  wie  die  Ablenkung  von 
6^  Nur  erzeugt  man  die  Ablenkung  von  1 1  V2^ 
durch  Stromkreis  //  allein,  indem  man  /  öffnet 
und  den  Widerstand  von  R<i  passend  ver- 
ändert. Darauf  schliesst  man  /  auch.  Die  jetzt 
vorhandene  dreifache  Stromstärke  erzeugt  17® 
Ablenkung.  Dann  wird  diese  Ablenkung  wieder 
allein  durch  den  Strom  //  bewirkt  und  darauf 
die  Wirkung  des  immer  noch  unveränderten 
Stromes  /  hinzugefügt.  So  fortfahrend  kann 
man  allmählich  die  Wirkung  jeder  beliebigen 
Stromstärke  ablesen.  Ist  man  zu  grösseren 
Stromstärken  gekommen,  so  würde  die  stetige 
Addition  des  Stromes  „eins"  ermüdend  werden. 
Man  kann  aber  nun  unter  Benutzung  der  aus 
den  ersten  Versuchen  bekannten  Ablenkungen 
auch  den  Strom  /  auf  irgend  eine  beliebige 
andere,  früher  beobachtete  Stärke  bringen,  und 
demnach     als    willkürlichen    Summanden    eine 


i)  Koble,  Einführung  in  die  Elektrizitätslehre  II,  b.  67. 


grössere  Zahl  auswählen.  Durch  Umschalten 
der  Stromrichtung  von  /  kann  man  sogar  einen 
Subtrahenden  einfuhren,  hat  es  also  ganz  in  der 
Hand,  an  irgend  einer  beliebigen  Stelle  grosse, 
an  einer  anderen  kleine  Intervalle  einzufügen. 
Die  Beobachtungsresultate  werden  dann  genau 
wie  bei  der  ersten  Eichungsmethode  tabellarisch 
geordnet  und  zur  Konstruktion  einer  Ablenkungs- 
kurve benutzt.  Auch  diese  Additionsmethode 
ergiebt  Resultate,  die  genau  mit  der  Abhängig- 
keit i  =  R  '  tgd  übereinstimmen,  solange  man 
innerhalb  der  Grenzen  bleibt,  für  welche  das 
Gesetz  noch  gilt. 

Schlussbemerkung:  Die  erste  Methode 
der  Eichung  mit  einem  Stromkreise  hat  den 
Vorzug  grösserer  Genauigkeit,  da  man  mehr 
als  bei  der  zweiten  Methode  von  den  Schwan- 
kungen der  Stromquellen  unabhängig  ist,  weil  man 
nur  eine  Stromquelle  hat.  Die  zweite  Methode 
zeichnet  sich  dadurch  aus,  dass  sie  anwendbar 
ist  auf  jedes  Galvanometer,  das  zwei  getrennte 
Wickelungen  besitzt,  also  z.  B.  auf  ein  Diffe- 
rentialgalvanometer  oder  ein  Vorlesungs- Wage- 
galvanometer mit  zwei  Wickelungen.  Aber 
auch  wenn  nur  eine  Wickelung  vorhanden  ist, 
kann  man  leicht  auf  der  vorhandenen  Wickelung 
eine  Hilfswickelung  anbringen,  die  als  kon- 
stanter Summand  benutzt  werden  kann. 

Die  Eichung  nach  der  Additionsmethode 
hat  vor  der  Kol  besehen  Eichungsmethode  den 
Vorzug,  dass  bei  der  ganzen  Versuchsreihe  die 
Form  des  magnetischen  Feldes  immer  unver- 
ändert dieselbe  bleibt.  Bei  der  Kolbe  sehen 
Methode  kann  man  zwar  erreichen,  dass  die 
Feldstärke,  die  ein  Stromkreis  erzeugt,  an  einem 
bestimmten  Punkte  gleich  der  Feldstärke  ist, 
die  von  einem  oder  zwei  Hilfsmagneten  hervor- 
gerufen ist.  Dann  stimmen  aber  gewiss  wegen 
der  Formverschiedenheit  der  beiden  Felder  die 
Feldstärken  in  einem  benachbarten  Punkte  nicht 
mehr  überein.  Deshalb  ist  der  durch  die  ver- 
änderte Stellung  der  Magnetnadel  bei  grösserer 
oder  geringerer  Ablenkung  bedingte  Ortsunter- 
schied auch  mit  einem  Unterschied  in  der  F'eld- 
intensität  verbunden.  Diese  Verschiedenheit 
kommt  aber  bei  den  oben  ausgeführten  Eichungs- 
verfahren vollkommen  in  Wegfall,  da  die  Form 
des  Feldes  stets  ungeändert  bleibt.') 

i)  Der  Apparat  ist  von  der  optisch-mechanischen  Firma 
A.  Krüss-Hamburg,  Adolphsbrücke,  nach  meinen  Angaben  ge- 
baut und  auch  von  dort  zu  benehen. 

(Eingegangen  2.  Juni  1902.) 


Mitteilungen  aus  dem  physikalisch-mecha- 
nischen Institute  von  Prof.  Dr.  M.  Th.  Edel- 
mann. 

No.  1:  M.  Edelmann,  Ein  neuer  Sohulkompensator. 

Die  vielfache  Verwendung  des  Kompensators, 
welche    derselbe  in   neuerer  Zeit  in  der  Praxis 


466 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


findet,  Hess  es  wünschenswert  erscheinen,  einen 
solchen  speziell  für  Schulzwecke  zu  bauen.  Haupt- 
momente  hierbei  sind  natürlich  Übersichtlichkeit, 
BilligkeitunduniverselleAnwendungsmöglichkeit. 
Ich  möchte  zunächst  eine  kurze  Beschreibung 
des  Apparates,  den  Fig.  i  in  Ansicht  zeigt, 
geben.      Er    besteht    im    wesentlichen    aus    37 


Fig.  1. 

hintereinander  geschalteten  Widerstandsrollen, 
nämlich  9  x  looo,  9  x  100,  9  x  10  und  10  x 
1  Ohm,  also  in  Summa  loooo  Ohm.  Jeweils 
Anfeng  und  Ende  zweier  benachbarter  Wider- 
stände sind  an  einen  Messingklotz  gelegt,  über 
welche  Messingklötze  der  Schleifkontakt  zur  Ein- 
stellung des  benötigten  Wertes  gleitet,  jede 
Dekade  bezw.  Nonade  wird  von  einem  eigenen 
Schieber,  nämlich  C,  E,  /^und  G  bedient.  Hier- 
durch wird  der  flir  den  Stromkreis  der  kleineren 
E,  M.  K,  zu  wählende  Widerstand  variiert.  Die 
zwei  mittleren  Schieber  F  und  E  schliessen 
je  nach  Bedarf  Teile  der  Gesamtsumme  KOn 
toooo  Ohm  kurz,  worauf,  wie  später  ausgeführt 
werden  soll,  wohl  zu  achten  ist.  Bei  A  wird 
die  grössere  E.  M.  K.,  bei  B  die  kleinere  ein- 
geschaltet. ,9  ist  ein  Stromschlüssel  für  £*, 
welcher  bei  Lage  des  Riegels  T  wie  in  der 
Figur  nur  durch  10000  Ohm  schliesst.  Erst 
nach  Umlegen  von  T  nach  links  kann  man  den 
Strom  durch  Null  schliessen,  wobei  der  Schlüssel 
aber  immer  gezwungen  ist,  zuerst  den  Kontakt 
loooo  zu  berühren.  Dadurch  wird  der  Beob- 
achter sofort  gegebenenfalls  aufmerksam  ge- 
macht, dass  die  Kompensation  noch  lange  nicht 
erreicht  ist,  während  das  Galvanometer  nicht 
unnötig  in  Unruhe  gerät.  Das  Galvanometer 
wird  bei  D  angeschlossen.  Auf  der  Figur  un- 
sichtbar ist  auf  der  rechten  Seite  noch  ein 
Schraubstromschlüssel  für  die  P-.  M.  K.  E '  an- 
gebracht. H  ist  eine  Brücke  aus  Messing,  an 
deren  Stelle  ein  eventuell  erforderlicher  Rrgän- 
zungswiderstandssatz  eingeschaltet  werden  kann. 
Der  ganze  Apparat  ist  auf  ein  Mahagonibrett 
von  S9  cm  Länge  und  22  cm  Breite  mit  Hart- 
gummifussen  montiert.  Sämtliche  Leitungen  sind 
offen  und  übersichtlich  nach  dem  in  den  Schulen 
gebräuchlichen  Schaltungsschema  angeordnet. 
Der  Apparat  gestattet  sämtliche  gebräuchlichen 


Kompensationsmethoden,  sowie  Verwendung  als 
Regulierwiderstand  und  dürfte  nicht  nur  fiir 
Schulen  ein  äusserst  instruktives  Hilfsmittel, 
sondern  auch  für  das  Gebrauchslaboratorium  ein 
willkommener  Messapparat  sein. 

Bekanntermassen  unterscheidet  man  zwischen 
einfacher  und  doppelter  Kompensation,  d.  h. 
man  kompensiert  eine  als  Normale  gedachte 
E.  M,  K,  direkt  oder  indirekt  unter  Vermittelung 
einer  konstanten  Hilfebatterie  gegen  eine  unbe- 
kannte, also  zu  bestimmende  E.  M.  K.  Von  den 
Weiterungen,  die  sich  aus  diesen  Messungen 
ei^eben,  wie  z.  B.  Eichung  von  Strom-  und 
Spannungsmessem,  will  ich  Abstand  nehmen. 

I.  Einfache  Kompensation. 
Man  schaltet  die  grössere  E.  M.  K.  an  einen 
Gesamtwiderstand,  längs  dessen  man  in  wider- 
standsvariabler Weise  die  zweite  E.  M.  K.  gleich- 
falls parallel  unter  Vorschaltung  eines  Galvano- 
meters legt.  F'indet  bei  Stromschiuss  kein 
Ausschlag  des  Galvanometers  statt,  dann  gilt 
die  Beziehung: 

^=  Ä, 

E^        Äj  ' 

wobei  unter  Ä,    der   zu  E^    und  unter  R^  der 

zu  £"j  parallel  gelegte  Widerstands  wert  gedacht 

ist.     Der  Apparat  wird  nach  Schaltung  Fig.   2 


hierbei  benützt.  Beim  numerischen  Einsetzen 
des  Wertes  von  Ä,  ist  der  von  den  Schiebern 
/;  oder  F  kurzgeschlossene  Widerstand  von 
lOOOO  Ohm  natürlich  in  Abzug  zu  bringen, 
während  R^  den  direkt  unter  den  Schieberaus- 
schnitten erscheinenden  Wert  darstellt  Steht 
Schieber  E und  /^auf o,  dann  sind  von  lOOoo  Ohm 
900  bezw.  90  Ohm,  bei  Stellung  100  oder  10 
Soo  bezw.  80  Ohm,  bei  Stellung  200  oder  20 
700  bezw.  70  Ohm  abzuziehen  u.  s.  w. 

Eine  ausgeführte  Kompensation  eines  Clark- 
ElementesgegenzweiColumbus-Trockenelemente 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  20. 


467 


ergab  unter  Anwendung  von  Interpolation  der 
Zehntel-Ohm  folgende  Resultate: 
Schieberstellung  Ausschlag 

4322  22  mm  rechts 

4323  3  „  links, 
woraus  sich  als  Kompensationswert  ergiebt: 
R2  =  4322,88  Ohm.  Ry  rechnet  sich  dann  wie 
folgt :  Schieber  G  und  C  schliessen  keine  Werte 
kurz,  also  verbleiben  zunächst  9010  Ohm. 
Schieber  E  stand  auf  20,  schloss  also  70  Ohm 
kurz.     Schieber  F  stand  auf  300,   schloss  also 


diese  wiederum  gegen  eine  unbekannte  E.  M.  K. 
(EH)  kompensiert.     Es  ergiebt  sich  dann: 

EJ__R^ 

E'^a  ~  R^ 
und  ^}_  _  R^ 

EH  ~  R^  ' 
woraus  E'^a        R^ 

'EH^  R^ 

Diese  Beziehung  gilt  aber  nur,  wenn  für  beide 
Messungen  R\  und  E  *  konstant  geblieben  sind. 


Fig.  3. 


600  Ohm  kurz.  Es  sind  demnach  also  von 
loooo  Ohm  670  Ohm  in  Abzug  zu  bringen; 
mithin  ist  R^  =  93  30  Ohm.  Die  Berechnung 
von  £",  ergiebt  alsdann  (das  Clark-Element  hatte 
17^  C.)  ^1  =  3,08  Volt.  Mit  dieser  einfachen 
Kompensation  wird  man  den  Schüler  zwecks 
Erklärung  der  Methoden  überhaupt,  sowie  des 
Apparates  als  solchen  beginnen  lassen. 

II.  Doppelte  Kompensation. 

Diese  beruht  darauf,  dass  man  eine  bekannte 
E.  M.  K.  [E'^a)  gegen  eine  Hilfsbatterie  [E  •)  und 


Deshalb  nimmt  man  für  E  ^  Akkumulatoren  oder 
gute  Trockenelemente.  R^  wird  dadurch  kon- 
stant erhalten,  dass  man  in  einem  bei  H  ein- 
zuschaltenden Rheostaten  die  Werte  ergänzend 
zuschaltet,  welche  durch  die  Schieber  E  und  F 
kurz  geschlossen  werden.  Dadurch  bleibt  dann 
^1  immer  gleich  lOOOO  Ohm.  Diese  Anordnung 
erläutert  dem  Schüler  in  augenscheinlichster 
Weise  die  Schaltung  der  Gebrauchskompen- 
satoren  mit  automatischer  Konstanthaltung  von 
^1  durch  Doppelkurbel.  Was  also  durch  E  und 
F  ab-   bezw.  kurzgeschaltet  wird,    muss  bei  H 


% 


I  gib 


-AAV- 


yva. 


Fig.  4. 


468 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


zugeschaltet  werden.  Schaltungsschema  Fig.  3 
zeigt  die  Anwendung  des  Apparates  hierzu.  Bei 
E*^  schalte  man  einen  Quecksilberkommutator 
an,  welcher  die  Vertauschung  des  Normal- 
elementes mit  der  unbekannten  E.  M.  K.  ge- 
stattet. 

Eine  ausgeführte  Kompensation  von  Weston- 
Element  gegen  Clark-Element(  17^)  ergab  folgende 
Resultate; 

Element  Schieberstcllung  Ausschlag  Wert 

Weston         6562  7  mm  links         6561,22 

6561  2    „    rechts 

Clark  9223         15    „    links         9222,25 

9222  S    „    rechts 

E.  M.  K.  des  Clark-Elements  =1,432  Volt. 


III.  Kompensation  bei  direkter  Ablesung. 

Für  den  praktischen  Gebrauch  eicht  man 
den  Kompensator  meist  vorher  aus,  um  direkt 
an  demselben  ohne  weitere  Rechnung  die  Span- 
nungswerte ablesen  zu  können.  Zu  diesem 
Zwecke  dient  Schaltungsschema  Fig.  4.  Man 
schaltet  vor  E^,  das  hier  ca.  10 — 12  Volt  be- 
tragen muss,  einen  Regulierwiderstand  M,  So- 
dann stellt  man  die  Schieber  auf  Werte,  die  im 
direkten  dekadischen  Verhältnisse  unter  Aus- 
nützung sämtlicher  Stellen,  z.  B.  Weston-Element 
(=  1,019  Volt)  2i"f  \o\^  ein,  ergänzt  bei //'die 
durch  F  und  E  etwa  kurzgeschlossenen  Werte 
der  Hunderter-  oder  Zehnemonade  und  reguliert 
nun  bei  M  so  lange,  bis  das  Galvanometer  bei 
Stromschluss  mit  5  auf  0  verbleibt.  Damit  ist 
der  Apparat  ausgeeicht,  die  Stellung  bezw.  der 
Wert  von  M  darf  während  der  Messungen  nicht 
mehr  verändert  werden.  Schaltet  man  nun  bei  E*^ 
eine  unbekannte  E.  M.K.  ein  und  kompensiert  aus, 
wobei  man  wiederum  selbstverständlich  die  durch 
E  und  F  kurzgeschlossenen  Widerstandswerte 
bei  //zu  ergänzen  hat,  dann  kann  man  bei  Null- 
strom im  Galvanometer  die  unbekannte  E.  M.  K. 
direkt  an  den  Schiebern  ablesen  und  zwar  unter 
Beobachtung  des  vorher  beim  Eichen  gewählten 
dekadischen  Verhältnisses. 

Eine  ausgeführte  Kompensation  ergab  fol- 
gende Resultate: 

Als  Normale  wurde  das  Weston-Element 
genommen;  es  standen  beim  Eichen  also  die 
Schieber  auf  1019,  während  in  H  980  Ohm  ein- 
geschaltet waren. 

Die  Kompensation  des  Clark-Elementes  fand 
statt  bei: 

Schieberstellung  Ausschlag 

1433  80  mm  links 

1432  35     »     rechts. 

Somit  ergiebt  sich  für  das  Clark-Element  (17^) 
eine  E.  M.  K.  von  1,43228  Volt. 

Die  Verwendung  des  Apparates  als  Regulier- 
widferstand  geschieht  unter  Benützung  der  Klem- 
men der  Schieber  C  und  C    Das  Instrument, 


das  sich  im  Verhältnis  zu  anderen  Kon^^en- 
satoren  durch  Billigkeit  und  grösste  Übersicht- 
lichkeit auszeichnet,  wird  vom  physik.-mechan. 
Institut  von  Professor  Dr.  M.  Th.  Edelmann- 
München  ausgeführt. 

(Eingegangen  19.  Juni  1902.) 


Über   die  Empfindlichkeit  und  Trägheit  von 

Selenzellen. 

Von  Ernst  Ruhmer. 

Bei  der  mannigfachen  Anwendung,  welche 
Selenzellen  neuerdings  im  Laboratorium  und  in 
der  Praxis  finden,  macht  sich  das  Fehlen  eines 
einheitlichen  Masses  ihrer  Lichtempfindlichkeit 
recht  fühlbar.  Wohl  wird  dafür  allgemein  die 
Widerstandsänderung  der  Zellen  im  Dunkeln 
und  bei  Beleuchtung  gewählt,  allein  über  die 
dabei  anzuwendende  Lichtintensität  giebt  es 
keine  Vereinbarung. 

Während  ein  Experimentator  die  Prüfung  mit 
2  Normalkerzen  aus  i  m  Entfernung  vornimmt  *), 
bestimmt  ein  anderer  die  Widerstandsänderung 
im  grellen  Magnesia-  oder  Sonnenlicht. 

Nun  zeigen  aber  die  Selenzellen,  wie  im 
folgenden  an  einigen  Beispielen  gezeigt  werden 
soll,  je  nach  ihrer  Herstellungsweise, 
gegen  Beleuchtung  ein  ganz  verschie- 
denes Verhalten. 

Die  eine  Art  Zellen,  die  ich  als  „harte" 
bezeichnen  möchte,  ändern  ihren  Widerstand 
bei  schwacher  Beleuchtung  relativ  in  geringerem 
Masse  als  die  „weichen"  Zellen.  Letztere 
sind  für  schwache  Lichteindrücke  sehr  em- 
pfindlich, ändern  ihren  Widerstand  aber  bei 
intensiver  Beleuchtung  verhältnismässig  weniger 
als  die  harten  Zellen.  Aus  der  Existenz  dieser 
beiden  verschiedenen  Arten  von  Zellen  erklärt 
sich  auch  die  verschiedene  Beurteilung  einer 
und  derselben  Zelle  seitens  verschiedener  Beob- 
achter und  die  Zweckmässigkeit  der  Anwendung 
verschiedener  Arten  von  Zellen  für  spezielle 
Zwecke. 

Zu  den  im  folgenden  wiedergegebenen  Be- 
obachtungen wählte  ich  einige  nach  dem  System 
Shelford-Bidwell  hergestellte  eigne  Zellen,  sowie 
eine  mir  vom  verstorbenen  Herrn  Clausen  vor 
circa  einem  Jahre  freundlichst  überlassene  Zelle 
und  zwar: 

1.  Zelle  Nr.  69,  ca.  2  Jahr  alt,  0,2  mm 
Kupferdrähte  auf  ein  flaches  Schiefertäfelchen 
in  I  mm  Abstand  gewickelt,  Grösse:  43  mm  x 
26  mm. 

2.  Zelle  Nr.  T*],  ca.  i  V2  Jahre  alt,  0,2  mm 
Kupferdrähte    auf  ein    flaches  Schiefertäfelchen 

i)  vgl.  H.  Th.  Simon  und  M.Reich,  diese  Zeitschrift, 
8,  285,  1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.  20, 


469 


Anv 


60000 


p  0^4i^vO 


^»SOit/ 


^^    ^^^^^^^^^^^^r  tt^V^k^ 


Fig.  I. 


Flg.  2. 


470 


PhysikäHsdie  Zeftsthrift..   3.  Jahrgang.    Nö.  20. 


in  I  faim  Abstand  gewickelt,  Grösse:  30  mm  x 
25  mni. 

3.  Zelle  Nr.  112,  ca.  2  Monate  alt,  0,2  mm 
Kupferdrähte  auf  ein  flaches  Porzellantäfelchen 
in  ^/4  mm_Abstand  gewickelt,  Grösse:  52  mm  X 
28  mm. 

4.  Clausens  Zelle,  ca.  i  Jahre  alt,  0,2  mm 
Kupferdrähte  auf  ein  flaches  Schiefertäfelchen 
in  I  mm  Abstand  gewickelt,  Grösse:  43  mm  x 
24  mm. 

5.  Cylinder  Zelle  Nr.  8,  ca.  2  Monate  alt, 
0,2  mm  Kupferdrähte  auf  einen  Porzellancylinder 
gewickelt.  Grösse:  50  mm  lang,  18  mm  Durch- 
messer; in  evakuierter  Glasbirne  montiert,  ver- 
sehen mit  Edisonfassung. 

DieWid  erstände  dieser  Zellen  wurden  zunächst 
im  Dunkeln,  nachdem  dieselben  mindestens 
24  Stunden  vorher  kein  Licht  bekommen  hatten, 
gemessen.  Sodann  wurden  die  Zellen  im  völlig  ver- 
dunkelten Laboratorium  mittels  einer  50  kerzigen 
Glühlampe  aus  verschiedener  Entfernung,  und  zwar 
mit  3  ^/j  m  beginnend,  um  je  V2  ^  sich  nähernd, 
bis  in  unmittelbare  Nähe,  beleuchtet,  und  der 
Widerstand,  nachdem  derselbe  konstant  ge- 
worden war,  abermals  bestimmt.  Um  den  Ein- 
fluss  etwaiger  Erwärmung  der  Selenschicht  zu 
eliminieren,  wurden  nur  schwache  Strom- 
stärken verwendet  und  ausserdem  die  Wärme- 
strahlen der  Glühlampe  abgeblendet  Über  den 
Einfluss  der  Temperatur  soll  später  besonders 
berichtet  werden. 

Die  Resultate  der  Widerstandsmessungen 
sind  in  Tabelle  I  notiert  und  in  Fig.  i  graphisch 
aufgetragen.  Fig.  2  zeigt  die  Abhängigkeit  des 
Widerstandes  von  der  Beleuchtung  (Ohm:  Lux). 
Daraus  ist  folgendes  zu  ersehen: 

Der  Widerstand  aller  Zellen  nimmt  zwar  mit 
zunehmender  Beleuchtung  ab,  jedoch  bei  den 
verschiedenen  Zellen  in  ungleicher  Weise. 
Während    die   harte  Zelle  Nr.  77  bei   4,6  Lux 


erst  um  25000  £,  d.  h.  um  etwa  25  Proz. 
ihres  Dunkelwiderstandes  gesunken  ist,  fkllt  sie 
bei  stärkerer  Beleuchtung,  etwa  zwischen  22,2 
und  20000  Lux  um  54000 — 6000  =  48000  ß, 
d.  h.  um  etwa  doppelt  soviel  (48  Proz.). 

Ebenso  fällt  der  Widerstand  der  Clausen- 
schen  Zelle  bei  schwacher  Beleuchtung  lang- 
sam; er  beträgt  bei  4,6  Lux  noch  60000  ß, 
hat  sich  also  nur  um  loooo  «2  vermindert, 
d.  h.  um  etwa  16^/3  Proz.  des  Dunkelwider- 
standes. Hingegen  sinkt  er  zwischen  22,2  und 
20000  Lux  um  55000 — 19000  =  36000  i2, 
d.  h.  mehr  als  dreimal  so  stark  (60  Proz.)  als 
bei  der  schwachen  Beleuchtung  vorher.  Ks  ist 
also  auch  die  Clause nsche  2^11e  eine  harte. 

Ganz  anders  verhalten  sich  dagegen  die 
Zellen  Nr.  69,  112  und  8,  welche  bei  schwacher 
Beleuchtung  ungleich  stärker  und  bei  intensiver 
Beleuchtung  in  viel  geringerem  Grade  ihren 
Widerstand  verändern,  als  die  harten  Zellen  und 
die  ich  deshalb  als  „weich"  bezeichne.  Um 
nur  eine  derselben  zum  Vergleich  heranzuziehen, 
so  fällt  der  Widerstand  der  Nr.  69  zwischen 
o — 4,6  Lux  um  20000  Q,  d.  h.  um  50  Proz. 
ihres  Dunkelwiderstandes,  zwischen  22,2  und 
22000  Lux  um  12300 — 2300  ==  lOOOO  fi, 
d.  h.  nur  halb  so  viel  als  vorhin  (25  Proz.). 

Aus  den  angeführten  Beispielen  glaube  ich, 
das  in  der  Einleitung  erwähnte,  unter  Umständen 
ganz  verschiedene  Verhalten  der  Zellen  bei 
schwacher  und  intensiver  Beleuchtung  deutlich 
gezeigt  zu  haben.  Die  verschiedene  Beurteilung 
der  Empflndlichkeit  einer  und  derselben  Zelle 
je  nach  der  angewendeten  Messmethode  ist  da- 
nach sehr  erklärlich.  Aber  es  folg^  auch  für 
die  Praxis  die  Zweckmässigkeit,  je  nach  dem 
Beleuchtungsintervall,  das  in  Frage  kommt, 
verschiedene  Arten  von  Zellen  zu  benutzen. 
Ein  jeder,  der  sich  mit  photophonischen,  resp. 
photographophonischen    Versuchen    beschäftigt 


Tabelle  I. 

Widerstände  einiger  Selenzellen  bei  Beleuchtung  mittels   50  kz  Glühlampe  aus 

verschiedener  Entfernung. 


Entferaung 

No. 

69 

No. 

77 

No. 

112 

Clausen 

No.  8 

Lux 

in  nr 

£i 

Müli-A. 

^ 

MilU-A. 

^ 

Milli-A. 

i2 

Müli-A. 

£i 

Milli-A. 

CO 

.    4^000 

0.25 

100  000 

O.I 

18000 

0.55 

70000 

0.14 

35000 

0.28 

0 

3.5 

1     20000 

0.5 

75000 

0.13 

7000 

1-45 

60000 

0.17 

17500 

0.57 

4.6 

3 

:    iSooo  . 

0.55 

70000 

0.14 

6100 

1.64 

58000 

0.17 

15750 

0.63 

5.6 

2-5 

16000 

0.63 

66000 

0.15 

5750 

»•74 

57000 

0.17 

14000 

0.71 

8.0 

2 

14300 

0.70 

60000 

0.17 

5050 

1.98 

56000 

0.18 

12000 

t).83 

!       12.5 

.    «'S 

t    12300 

0.81 

54000 

0.18 

4300 

2.32 

55000 

0.18 

lOOOO 

I.OO 

22.2 

1 

t       lOOOO 

I.O 

47000 

0.21 

3550 

2.81 

53000 

0.19 

7750 

1.29 

50.0 

0.5 

70QD 

145 

35000 

0.2S 

2400 

4.16 

44000 

0.23 

5000 

2.00 

200.0 

04 

1    5750 

r.74 

30000 

0.33 

2150 

4.65 

42000 

0.24 

4300 

2.32 

3«2.5 

03 

5000 

2.0 

26000 

0.38 

1800 

5.56 

38000 

0.26 

3850 

2.59 

555-6 

0.25 

4700 

2.12 

23000 

0.43 

1580 

6.33 

37000 

0.27 

3450 

2.90 

800.0 

0.2 

4000 

2.5 

20000 

0.50 

1390 

7.20 

36000 

0.28 

3000 

3.33    1 

1 250.0 

-  0.1 

3000 

3.33 

14000 

0.71 

1000 

10.00 

29000 

0.34 

2300 

4.35 

5000.0 

0.05 

2300 

4.35 

6000 

1.67 

700 

1430 

19000 

0.53 

1600 

6.25 

20000.0 

0.025 

1950 

513 

— 

620 

16.13 

— 

— 

1 100 

9.10 

80000.0 

Physikalische  Zdtscbrift.  ■  3-  Jahrgang.    No.  20! . 


hat,  wird  derartige  '  Beobachtungen  gemacht 
haben.  Besonders  deutlich  zeigt  sich  dieser 
Umstand  aber  bei  Relaisexperimenten,  Bei 
durchschnittlich  starker  Beleuchtung  wird  man 
besser  harte  Zellen,  bei  schwacher  Beleuchtung 
dagegen  weiche  Zellen  anwenden,  uni  mittels 
geringer  BeleuchtungsdilTerenzen  ein  Relais  zu 
bethätigen. 

Ich  hofle,  später  eine  ausführliche  Darstellung 
der  elektrotechnischen  Anwendungen  der  Selen- 
zellen zu  geben,  und  werde  dann  auf  diesen 
Punkt  näher  eingehoi. 

Das  soeben  beschriebene,  voneinander  wesent- 
lich abweichende  Verhalten  der  Selenzellen  bei 
matter  und  greller  Beleuchtung  hat,  wie  bereits 
oben  angedeutet  wurde,  seinen  Grund  in  der 
Herstellungsweise  derselben.  Um  nämlich  die 
krystallinische  Modifikation  des  Selens  zu  er- 
halten, die  allein  die  stromteitende  und  unter 
gewissen  Umständen  (wie  später  anlässlich  einer 
Erklärung  der  Lichtwirkung  ausführlicher  aus- 
einandergesetzt werden  soll)  auch  die  uns  haupt- 
sächlich interessierende  lichtempfindliche  Eigen- 
schaft besitzt,  kann  man  auf  zweierlei  Weise 
verfahren.  Streicht  man  ein  mit  Kupferdraht 
bititar  bewickeltes  Täfelchen ,  das  bis  über 
100*  C.  erhitzt  wurde,  mit  dem  schwarzen, 
siegellackartigen  Stangenselen  und  lässt  die 
Masse  unter  Umrühren  oder  Erschütterungen 
rasch  bis  zum  Erstarren  abkühlen,  so  erhält 
man  eine  harte  Zelle  (Krystallmehl).  Wird 
dagegen  das  Täfelchen  langsam  abgekühlt, 
nachträglich  aber  bis  etwa  200°  C.  erhitzt,  so 
erhält  man  eine  Zelle,  mit  den  vorher  als  weich 
bezeichneten  Eigenschaften,  die  eine  grobkörnig 
krystallinische  Struktur  besitzt. 

Hiermit  möchte  ich  auch  das  ganz  sonder- 
bare Verhalten  der  zu  obigen  Messungen  mit- 
benutzten Clausenschen  Zelle  zu  erklären  ver- 
suchen. 

Wie  man  aus  dem  Verlaufe  der  Widerstands- 
kurve dieser  Zelle  bei  verschiedener  Entfernung 
der  Lichtquelle  (Fig.  1}  erkennt,  hat  dieselbe 
bei  einer  Entfernung  der  Lichtquelle  zwischen 
3  und  I  Meter  einen  Wendepunkt.  Welche 
Ursache  mag  dieses  un  regelmassige  Verhalten 
dieser  Zelle,  das  ihr  gewiss  nicht  zum  Lobe 
dienen  kann,  haben? 

Wahrscheinlich  wurde  die  Zelle  auf  die  vor- 
hin zuerst  beschriebene  Weise  hergestellt,  hatte 
also  die  Eigenschaften  der  von  mir  als  hart  be- 
zeichneten Zellen  angenommen.  Nachträglich 
wird  sie  dann  nochmals  erhitzt  worden  sein, 
jedoch  in  unzureichendem  Masse,  um  eine  völlige 
Krystallumlagerung  in  die  grobkörnige  Struktur 
herb  ei  zu  fuhren. 

Die  Zelle  enthält  daher  beide,  von  mir  als 
hart,  bezw,  weich  bezeichneten  Modifikationen 
und  beide  trachten,  den  Widerstand  bei  Be- 
leuchtung  auf  ihre  Weise   herabzusetzen.     Die 


Wirkungen  superponieren  sich  wohl  im  allge- 
meinen, allein  da  die  Widerstandskurve  der 
harten  Zellen  in  "  ganz  anderer  Weise  verläuft, 
als  die  Kurve  der  weichen  ZeDea,  so  kommt 
jener  unregelmässige  Verlauf  zu  stände. 

In   Fig.   3    habe   ich    aus    der   schematisch, 
allerdings  übertrieben  gezeichneten  Widerstands- 


Fig.  3- 

kurve  Je  einer  harten  und  einer  weichen  Zelle, 
eine  mittlere  Widerstandskurve  konstruiert,  die 
in  der  That  einen  ähnlichen  Verlauf  zeigt,  wie 
die  Kurve  der  Clausenschen  Zelle.  — 

Das  Widerstandsverhältnis  der  fünf  gemessenen 
Zellen  im  Dunkeln  und  bei  greller  Beleuchtung 
stellt  sich  folgendermassen : 

Tabelle  II: 

Zelle  Ni.      Form      Bezeichnung  Widerstände         Quotient 
69       flach        weich   40000:1950       20,5 
77       flach         hart    iooooo;6ooo       16,6 
1 12       flach        weich    18000:620         29,0 
Clausen   flach         hart     7000a:  191X»      3,7 
8  cylindrisch  weich   35000:1100       31,8 
Die  weichen  Zellen  sind  also  die  bei  weitem 
empfindlicheren    und   die    cyündrische  Zelle    in 
evakuierter  Glasbirne  mit  fast  32  fachem  Wider- 
stand squotienten    ist   die    empfindlichste    unter 
ihnen,   sie  ist  etwa  8  mal  empfindlicher  als  die 
Clausensche.     Dabei   ist   noch  zu  berücksich- 
tigen, dass  diese  cylindrische  Zelle  bei  der  an- 
gewendeten Beleuchtung   nur    auf  einer  Hälfte 
und    dazu   noch   in  unvorteithafler  Weise  Licht 
bekam,   während  sich  die  andere  Hälfte  natur- 
gemäss   im   Schatten   befand,    somit    nicht    nur 
keine  völlige  Ausnutzung  der  lichtempfindlichen 
Schicht,  sondern  sogar  ein  schädigender  Neben- 
schluss   stattfand.     Die   Cylinderzetle    ist   ihrer 
Konstruktion  nach  bestimmt,  in   der  Brennlinie 
eines   Reflektors    angebracht    zu    werden    und 
würde  in  diesem  Falle,    bei  gleichmässiger  Be- 
leuchtung,   wahrscheinlich  noch    mehr   geleistet 
haben. 

Ein  Vorzug  der  weichen  Zellen  ist  ferner 
ihr  im  allgemeinen  niedriger  Widerstand,  inso- 
fern man  zu  ihrem  Betriebe  keine  grossen  Bat- 
terien nötig  hat.  Die  Zelle  Nr.  112  ist  z.  B. 
schon  mit  einem  einzigen  Trockenelement  be- 
fähigt,   ein    empfüidliches ,    für    diese    Zwecke 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahr^ng.    No.  zo. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


473 


besonders   konstruiertes   Relais,    über   das    ge- 
legentlich berichtet  werden  soll,  zu  bethätigen. 

Ich  besitze  Zellen  gleicher  Art  von  noch  be- 
deutend niedrigerem  Widerstand  bei  gleicher 
Empfindlichkeit.  Stellt  man  Selenzellen  mit 
sehr  geringer  Dicke  der  lichtempfind- 
lichen Schicht  (ca.  V20  ^^  ^^^  darunter)  her, 
so  kann  man  die  Lichtempfindlichkeit  um  ein 
Beträchtliches  steigern,  allerdings  auf  Kosten 
des  niedrigen  Widerstandes.  Herr  J.  W.  Giltay 
fertigt  derartige  Zellen  nach  einer  besonderen  Me- 
thode. Ich  habe  neuerdings  ebenfalls  cylindrische 
Zellen  mit  sehr  dünnen  (ca.  Vi  00  n^n^)  Schichten, 
allerdings  auf  andere  Art  und  Weise  hergestellt. 

Ich  möchte  mir  einige  Mitteilungen  über  solche 
Zellen  mit  sehr  dünnen  Schichten  und  ihre  auf  den 
ersten  Blick  höchst  merkwürdigen  Eigenschaften 
für  später  aufbewahren,  will  hier  aber  wenig- 
stens anfuhren,  dass  eine  dieser  Zellen  bei  einem 
Widerstände  von  ca.  900000  i2,  bei  einer 
Beleuchtung  von  50  Lux  auf  ca.  69100  ß, 
sinkt  ,^  der  Widerstandsquotient  für  diese  Be- 
leuchtung also  nahezu  13  ist,  während  er  bei 
gleicher  Beleuchtung  für  die  empfindlichste  der 
in  Tabelle  I  enthaltenen  Cylinderzelle  Nr.  8  noch 
nicht  5  beträgt. 

Durch  geeignete  Konstruktionen  der  Zellen, 
namentlich  durch  eine  grosse  Elektrodenober- 
fläche, muss  man  trachten,  die  aus  den  dünnen 
Schichten  sich  ergebenden  hohen  Widerstände 
herabzusetzen. 

Eine  fernere  Eigentümlichkeit  bei  Selenzellen, 
auf  welche  ich  bei  dieser  Gelegenheit  eingehen 
möchte,  besteht  in  deren  Trägheit. 

Es  ist  bekannt,  dass  eine  Selenzelle  nach 
erfolgter  Belichtung  nicht  sofort  wieder  ihren 
ursprünglichen  Widerstand  annimmt,  sondern 
erst  nach  Verlauf  einer  gewissen  Zeit.  Auf 
diesen  Umstand  hat  wohl  zuerst  S.  Kalischer') 

i)  Wied.  Ann.,  31,  S.   loi  ff. 


anlässlich  seiner  photoelektromotorischen  Unter- 
suchungen aufmerksam  gemacht  und  ihn  als 
eine  „Nachwirkung  des  Lichts  im  Selen"  be- 
zeichnet. Derselbe  beobachtete  auch,  dass  diese 
Nachwirkung  in  Abhängigkeit  steht  von  der 
Intensität  und  Dauer  der  stattgehabten  Be- 
leuchtung, doch  machte  er  nur  einige  Angaben 
über  die  Zeit,  innerhalb  welcher  die  schwach 
belichtete  Zelle  zu  ihrem  Dunkelwiderstand  zu- 
rückkehrte, ohne  auf  den  zeitlichen  Verlauf  der 
Widerstandsänderung  einzugehen. 

Beobachtet  man  die  Abnahme  des  Wider- 
standes einer  im  Dunkeln  gehaltenen  Zelle 
nach  plötzlicher  starker  Belichtung,  so  zeigt 
es  sich,  dass  auch  die  Abnahme  des  Wider- 
standes keine  momentane  ist,  wenn  sie  auch 
ganz  bedeutend  schneller  erfolgt,  also  die  vor- 
hin erwähnte  Zunahme  nach  erfolgter  Ver- 
dunkelung. Da  man  füglich  nicht  gut  von  einer 
„Nachwirkung  der  Dunkelheit"  sprechen  kann, 
so  möchte  ich  mir  gestatten,  dies  Verhalten  der 
Selenzellen  als  Trägheit  zu  bezeichnen. 

Um  diese  Trägheit  in  ihrem  zeitlichen  Ver- 
laufe zu  charakterisieren,  habe  ich  einige  Wider- 
standsmessungen gemacht,  und  zwar,  nachdem 
die  bis  dahin  im  Dunkeln  aufbewahrten  Zellen 
plötzlich  eine  grelle  Beleuchtung  erfuhren,  anderer- 
seits, nachdem  sie  eine  Zeit  lang  grell  beleuchtet 
worden  waren,  plötzlich  wieder  verdunkelt  wur- 
den. ^)  Zu  diesen  Beobachtungen  wurden  die  Zellen 
zunächst  in  ihren  Behältern  belassen,  plötzlich 
von  einer  1 6  kerzigen  Glühlampe  aus  40  cm 
Entfernung  belichtet.  Die  Widerstände  wurden 
zuerst  sekundenweise,  dann  von  5  zu  5,  endlich 
von  10  zu  10  Sekunden  bis  zur  Gesamtdauer 
einer  Belichtung  von  5  Minuten  notiert.    Hierauf 


l)  Leider  konnten  wegen  Zeitmangels  nicht  durchgehends 
ausgeruhte  Zellen  verwendet  werden.  Die  Zahlenwerte  für 
No.   112  und  No.  8  sind  daher  zu  niedrig. 


Tabelle  III. 
I.  Widerstände  nach  plötzlicher  Beleuchtung. 


Zelle 
No. 


Dunkel- 
widerst. 

2) 


nach   nach   nach   nach   nach   nach  ,  nach   nach   nach  |  nach   nach  '  nach   nach   nach 
I  Sek.  2  Sek.  3  Sek.  4  Sek.  5  Sek.  10 Sek.  15  Sek.  20 Sek.  30 Sek.  i  Min.  2  Min.  ,  3  Min.  4  Min.  5  Min. 


112 

8 


9600  i2    4000 1   3300     3000'     —     '    280O1   2700     2600     2500      —         22S0        —         2 100 1    2040,    2000 
190004^^1120001   8000     7500     6750     6500     6000     5700J     —        S400     5100      4700        —     I     —     I    4300 


77      I  ioooooi2  52500  42000  39000 
5        16000  i2|   5400     4300     4000     3800,    3600    3500 
Clauseu  [,70000^158500   56000       —  —     |     —     |     — 


36600,35700        —      133000,30000 
3400     3300     3200     3100      3000       2950       —      j     2900 
—  —       54000' 52500  I  51000  I  50700  '  50400  '  50200 


2.  Widerstände  nach  plötzlicher  Verdunkelung. 


Zelle 
No. 

112 

8 

77 

5 
Clausen 


in  Licht- 


nach        nach        nach    '    nach        nach 


nach 


nach  '  nach  '  nach    nach   nach    nach 


Widerstand  i  Sek.  2  Sek.  3  Sek.  4  Sek.  5  Sek.  10  Sek.  15  Sek. ,  20  Sek.  i  25  Sek.  30  Sek.  40  Sek.  50  Sek. 

,  _  _,__   ^  __     _j   ^ 

2850 


2000  i2  2400 

4300  i2  6250 

30000  Si  — 

2  900  i2  '   — 

50200  i2  53500    — 


2600  2700   2800 

7000  —  I   — 

—  —  —       45000 

—  I     —  !     —        3800 


3000       3150       3200 


4100       4300 
—      I     —       54000         —  — 


4450 


3300  I    3400 

—  7640 

4600  ■    4700 

—  155000 


3500 


3600 


4800         — 


474 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


Zelle 
No. 

nach 
I  Min. 

nach 
2  Min. 

nach 
3  Min. 

4500 
9000 

5870 
57600 

nach 

4  Min. 

4800 

5  Min. 
60000 

6210 
58400 

nach 
9  Min. 

5560 
12000 
loMin. 
66000 

nach 
15  Min. 

112 

8 

77 

5 
Clausen 

3700 

.  7950 
52500 

1   5050 
56000 

4180 
8500 

55SOO 

5500 
57C00 

6100 
15000 
70000 

61900 

wurden  die  Zellen  wieder  verdunkelt  und  das 
Steigen  des  Widerstandes  in  gleicher  Weise  be- 
stimmt. Die  so  ermittelten  Zahlen  sind  in  Ta- 
belle III  eingetragen  und  in  Fig.  4  und  5  gra- 
phisch dargestellt. 

Man  ersieht  hieraus,  dass  sich  bei  plötz- 
licher Beleuchtung  der  grösste  Teil  der  Ge- 
samtwiderstandsänderung bereits  in  der  ersten 
Sekunde  vollzieht,  dann  langsamer  fällt;  indessen 
hatte  keine  einzige  von  allen  beobachteten  Zellen 
nach  5  Minuten  ihren  Minimalwert  erreicht,  alle 
würden  ihren  Widerstand  noch  weiter  vermin- 
dert haben,  wenn  nicht  wegen  Abkürzung  der 
Untersuchung  das  Licht  abgeschnitten  worden 
wäre.  Man  sieht  auch  hier  wieder  den  grossen 
Unterschied  zwischen  den  weichen  und  harten 
Zellen.  Während  erstere  ihren  Widerstand 
nach  einer  Belichtung  von  mehreren  Minuten 
nur  noch  in  geringem  Masse  ändern,  ist  die 
Widerstandsänderung  bei  den  harten  Zellen  in 
dem  entsprechenden  Teil  der  Kurve  noch  ziem- 
lich bedeutend. 

Viel  langsamer  erfolgt  die  Zunahme  des 
Widerstandes  nach  erfolgter  Verdunkelung,  bei 
den  harten  Zellen  verhältnismässig  schneller  als 
bei  den  weichen. 

Durchschnittlich  aber  kann  man  sagen, 
dass  sich  die  weichen  Zellen  nach  einer 
Viertelstunde  seit  der  Belichtung  erst  bis 
zur  Hälfte  ihres  ursprünglichen  Widerstandes 
bequemt  haben.  Bei  schwacher  Beleuchtung 
oder  kürzerer  Dauer  wird  sich  dies  günstiger, 
bei  greller  Beleuchtung  und  längerer  Dauer 
noch  ungünstiger  stellen,  jedenfalls  aber  geht 
auch  aus  dieser  Messung  hervor,  dass  man 
keine  Zelle  auf  ihre  Empfindlichkeit  prüfen 
sollte,  ohne  vorher  ihren  wirklichen  Dunkel- 
widerstand durch  ca.  24  stündige  Aufbewah- 
rung im  Dunkeln  ermittelt  zu  haben.  Die  flachen 
Zellen  haben  zu  diesem  Zweck  ein  Schiebe- 
oder Klappdeckelk'ästchen ,  die  cylindrischen 
Zellen  ein  Lederfutteral.  Letzteres  kann  durch 
Abnehmen  des  Deckels  geöffnet  werden,  um 
die  Zelle  in  die  Fassung  zu  schrauben,  ohne 
dass   die  Zelle  Licht  empfängt. 

Holzkästchen  und  Lederfutteral  schützen  frei- 
lich nicht  vor  Röntgenstrahlen,  auf  die  Selen- 
zellen ebenfalls  sehr  empfindlich  reagieren. 

Über  die  Haltbarkeit  lichtempfindlicher 
Zellen,  die  für  die  Praxis  eine  grosse  Rolle  spielt 
und  über  die  bisher  sehr  unerfreuliche  Resultate 


vorliegen,  soll  in  einer  weiteren  Notiz  berichtet 
werden. 

Berlin,   i.  Juni   1902. 

(Eingegangen  6.  Juni  1902.) 


Über  die  chemischen  Wirkungen  der  Kathoden- 
strahlen. 

Von  G.  C.  Schmidt. 

In  einer  vor  kurzem  erschienenen  Arbeit  0  habe 
ich  nachgewiesen,  dass  die  Kathodenstrahlen 
stark  reduzierende  Eigenschaften  besitzen.  So 
wurden  durch  dieselben  Eisenchlorid  in  Eisen- 
chlorür,  Quecksilberchlorid  inQuecksilberchlorür, 
Natriumchlorid  in  Natriumsubchlorid  u.  s.  w.  ver- 
wandelt Ich  erklärte  diese  Thatsache,  indem  ich 
annahm,  dass  ein  negatives  Elektron  der  Kathoden- 
strahlen eine  positive  Valenzladung  des  Metalles 
im  Salze  sättigt  und  dass  dieses  dadurch  aus 
dem  drei-  in  den  zweiwertigen,  bezw.  aus  dem 
zweiwertigen  in  den  einwertigen  übergeht.  Das 
Metall  vermag  dann  nicht  mehr  drei  bezw.  zwei 
Atome  des  Halogens  zu  binden,  das  eine  ent- 
weicht, verbindet  sich  mit  einem  anderen  positiv 
geladenen  Elektron  oder  vereinigt  sich  auf  eine 
andere  Weise  zu  einem  indifferenten  Halogen- 
moleküle. Es  bleibt  somit  eine  Verbindung  zu- 
rück, die  im  Vergleiche  zum  Ausgangsmateriale 
weniger  Halogen  enthält,  also  reduziert  ist. 

Dass  diese  Wirkung  nicht  entsprechend  der 
Hypothese  von  Herrn  E.  Gold  stein*'')  davon 
herrührt,  dass  die  Kathodenstrahlen  beim  An- 
prallen auf  feste  Körper  an  der  Treftstelle  ultra- 
violettes Licht  erregen,  und  dass  diesem  die 
reduzierenden  Eigenschaften  zuzuschreiben  seien, 
bewies  die  Thatsache,  dass  unter  dem  Einflüsse 
des  Bogenlichtes,  welches  stark  ultraviolettes 
Licht  aussendet,  das  Eisenchlorid  nicht  reduziert 
wird  und  ferner,  dass  Flussspat,  welcher  für 
ultraviolettes  Licht  durchlässig  ist,  die  Wirkung 
der  Kathodenstrahlen  aufhebt. 

Die  Frage,  ob  thatsächlich  die  Kathoden- 
strahlen an  der  Treffstelle  stets  ultraviolettes 
Licht  erregen,  also  ausser  ihren  reduzierenden 
Eigenschaften  alle  Körper  veranlassen,  ultra- 
violette Schwingungen  auszusenden,  blieb  damals 
eine  offene. 

Offenbar  kann  die  Golds-teinsche  Hypo- 
these nicht  aufrecht  erhalten  werden,  wenn  es 
gelingt,  nachzuweisen,  dass  unter  dem  Einflüsse 
des  ultravioletten  Lichtes  fluoreszierende  Stoffe 
unter  den  Kathodenstrahlen  nicht  leuchten.  Von 
den  vielen  daraufhin  untersuchten  Körpern 
brachten  die  Anilinfarbstoffe  eine  Entscheidung. 

1)  Diese  Z.  3,   114,   1901.     Ann.  d.  Phys.  7,  321,   1902. 

2)  E.  Goldstein,  Sitzuugsber.  Akad.  Wiss.  Wien  80, 
151,  1879  u.  später.  Siehe  auch  G.  Holzknecht,  Verb.  Phys. 
Ges.  4,  27,  1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  20. 


475 


Dieselben  waren  in  Gelatine  gelöst  und  durch 
längeres  Stehenlassen  im  Exsikkator  getrocknet. 
Auf  die  auf  diese  Weise  dargestellten  Gelatine- 
scheiben wurde  in  bekannter  Weise  mittels  Fluss- 
spat-Quarz-Achromaten  und  einem  Quarzprisma 
ein  Spektrum  geworfen.  Die  meisten  Anilin- 
farben leuchteten  unter  dem  Einflüsse  des  ultra- 
violetten Lichtes  nicht,  nur  die  festen  Lösungen 
von  Rhodamin,  Cyanin,  Hoffmanns  Violett  und 
besonders  schön  von  Fluorescein  in  Gelatine 
fluoreszierten  unter  diesen  Umständen.  Wie  ein 
Vergleich  mit  Uranglas,  welches  selbst  unter 
den  äussersten  ultravioletten  Strahlen  fluoresziert, 
ergab,  war  das  erregte  Licht  beim  Fluorescein 
ungefähr  ebenso  intensiv  wie  beim  Uranglas; 
auch  wurde  es  durch  ungefähr  dieselben  Strahlen 
hervorgerufen. 

Unter  den  Kathodenstrahlen  leuchtete 
das  Uranglas  intensiv,  die  Anilinfarb- 
stoffe zeigten  dagegen  kaum  eine  Spur 
von  Fluoreszenz.*)  Es  muss  daher  der  Vor- 
gang der  Erregung  in  beiden  Fällen  ein  ver- 
schiedener sein. 

Hiermit  dürfte  bewiesen  sein,  dass  die 
Kathodenstrahlen  beim  Anprallen  auf 
fe»te  Körper  an  der  Treffstelle  im  all- 
gemeinen kein  ultraviolettes  Licht  er- 
zeugen; dass  sie  unter  besonderen  Umständen, 
z.  B.  bei  solchen  Körpern,  wie  Chinin,  bei  denen 
sich  die  durch  Licht  erregte  Fluoreszenz  bis  ins 
Ultraviolett  erstreckt,  die  Moleküle  veranlassen 
können,  ultraviolettes  Licht  auszusenden,  bedarf 
wohl  kaum  der  Erwähnung. 

ij  Das  äusserst  schwache  Fluoreszeozlicht  wurde  durch 
ultraviolettes  Licht  hervorgerufen,  welches  stets  zugleich  mit 
der  positiven  Säule  und  den  anderen  Gebilden  einer  Ent- 
ladungsröhre auftritt.  Keinesfalls  wurde  es  durch  Kathoden* 
strahlen  erregt. 

Erlangen,physikal.  Institut,  den  19.  Juni  1902. 

(Eingegangen  24.  Juni  1902.) 


Über  die  Emanation  des  Phosphors. 
Von  G.  C.  Schmidt. 

Im  Jahre  1895  fand  Ewan^),  dass  die  Oxy- 
dationsgeschwindigkeit von  Phosphor,  Schwefel 
und  Acetaldehyd  der  Quadratwurzel  aus  dem  ge- 
radeherrschenden Sauerstoffdruckproportional  ist. 
Um  diese  Versuchsergebnisse  zu  erklären,  machte 
Herr  van't  Hoff  ^  die  Annahme,  dass  im  gewöhn- 
lichen Sauerstoff  schon  vor  der  Oxydation  eine 
Spaltung  in  einzelne  Atome  erfolge,  die  wahr- 
scheinlich entgegengesetzt  geladen  seien.  Der 
sich  oxydierende  Körper  ziehe  eins  der  beiden 

i)  Ztschr.  physik.  Ch.  16,  321,  1895. 
2)  Ztschr.  physik.  Ch.  16,  411,    1895;    siehe  auch  Vcr 
Frankf.  Naturforschertags  II.  Teil,  I.  Hälfte,  S.  107,  1897. 


Spaltungsstücke  des  Sauerstoffmoleküls  vor,  so 
dass  das  andere  für  andere  Oxydationen  verfug- 
bar sei;  dadurch  finde  das  Auftreten  von  Ozon 
bei  der  langsamen  Verbrennung  des  Phosphors 
eine  Erklärung. 

Eine  ähnliche  Hypothese  hat  bereits  vor 
längerer  Zeit  R.  Clausius*)  aufgestellt.  Er 
glaubt,  dass  die  Sauerstoffmoleküle  aus  zwei 
Atomen  bestehen  und  dass  diese  durch  entgegen- 
gesetzte Ladungen  ebenso  wie  die  Atome  im 
Molekül  des  Chlornatriums  zusammengehalten 
seien.  „Da  nun  bei  der  Oxydation  des  Phos- 
phors der  Sauerstoff  jedenfalls  als  negativer  Be- 
standteil in  die  Verbindung  tritt,  so  kann  es 
sein,  dass  von  den  beiden  Sauerstoffatomen, 
welche  aus  einem  Molekül  entstehen,  vorzugs- 
weise das  negative  von  dem  Phosphor  festge- 
halten wird  und  das  positive  ungehindert  oder 
doch  weniger  gehindert  fortfliegen  kann."  Zieht 
man  nun  in  Betracht,  dass  nach  Matteuci  die 
Lufl  durch  Phosphor  leitend  gemacht  wird,  so 
scheint  hier  ein  inniger  Zusammenhang  zu 
bestehen,  den  aufzuklären  der  Zweck  der  vor- 
liegenden Abhandlung  war. 

Über  die  durch  Phosphor  der  Lufit  erteilte  Leit- 
fähigkeit liegen  eine  Reihe  von  Untersuchungen 
vor,  vorallemvonBidwelP),Naccari^), Elster 
und  GeiteH),  Des  Coudres^)  und  vonBarus^), 
der  in  den  letzten  Jahren  eine  grosse  Anzahl 
von  Arbeiten  über  diesen  Gegenstand  veröffent- 
licht hat.  Der  letztere  hat  seine  Versuchsergeb- 
nisse auf  Grund  der  Elektronentheorie  zu  erklären 
gesucht.  Auf  diese  Theorie  und  die  daran  sich 
anknüpfenden  mathematischen  Entwickelungen 
will  ich  nicht  weiter  eingehen  und  zwar  deswegen, 
weil,  wie  sich  später  ergeben  wird,  die  von  den 
obigen  Verfassern  gefundenen  Thatsachen  anders 
erklärt  werden  müssen. 

Versuchsmethode  und  Apparate.  Um 
die  Beziehung  zwischen  Leitfähigkeit  und  Oxy- 
dation quantitativ  zu  verfolgen,  galt  es  zunächst, 
die  Methode  der  Leitfähigkeitserregung  durch 
Phosphor  so  zu  gestalten,  dass  brauchbare,  unter- 
einander übereinstimmlnde  Resultate  erzielt  wur- 
den. Dies  ist  mir  freilich  nicht  ganz  gelungen, 
wie  die  folgenden  Tabellen  beweisen  werden, 
immerhin  lassen  sich  aus  den  erhaltenen  Zahlen 
sichere  Schlüsse  ziehen. 

Wie  schon  Barus  fand,  erhält  man  häufig 
selbst  von  einem  und  demselben  Stück  Phos- 
phor recht  verschiedene  Werte  für  die  erregte 
Leitfähigkeit.  Es  ergab  sich  bald,  dass  dies 
davon   herrührte,    dass    der  Phosphor   an  einer 

i)  Pogg.  Ann.  108,  644,  1858;  121,  250,  1864. 

2)  Nature  1893  Dez.,  S.  212. 

3)  Atti  di  Torino  25,  252,  1890. 

4)  Wied.  Ann.  39,  324,  1890. 

5)  Wied.  Ann.  62,  144,  1897. 

6)  Barus,  Science  11,  201,  1900,  13,  501,  1901;  Phys 
Rev.  10,  257,  1900;  Phil.  Nf.ig.  2,  40,  391  und  477,  iqoi; 
3,  80,  1902. 


476 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


Stelle  sich  stark  oxydierte;  hierbei  wird  soviel 
Wärme  frei,  dass  eine  starke  Verdampfung  statt- 
findet. Durch  die  Oxydation  des  Dampfes, 
welcher  viel  leichter  erfolgt,  als  die  des 
festen  Körpers,  wird  aber  eine  grosse  Leitfähig- 
keit der  Luft  erregt.  Nach  einiger  Zeit  verstopft 
sich  aus  zufälligen  Ursachen  dieser  Oxydations- 
herd, wodurch  die  Leitfähigkeit  abnimmt,  und 
an  einer  anderen  Stelle  entsteht  dafür  ein  neuer. 
Um  nun  die  Oxydation  möglichst  gleichmässig 
zu  gestalten,  wurde  der  Phosphor  in  sehr  enge 
Röhrchen  eingeschmolzen  und  zwar  derart,  dass 
er  sie  nicht  ganz  erfüllte.  Jetzt  hatte  der  Sauer- 
stoff der  Luft  nur  langsam  Zutritt,  es  konnte 
nie  eine  starke  Oxydation  und  davon  be- 
dingte starke  Verdampfung  stattfinden.  Selbst 
wenn  dies  zufällig  eintrat,  so  schob  der  Phos- 
phordampf bezw.  die  Verbrennungsprodukte  des- 
selben die  Luft  in  erhöhtem  Masse  heraus,  die 
Oxydation  nahm  ab  und  es  stellte  sich  in 
kurzer  Zeit  wieder  der  alte  Gleichgewichts- 
zustand her. 

Um  die  Leitfähigkeit  zu  messen,  wurde 
folgendes  Verfahren  benutzt.  Eine  Flasche  von 
30  cm  Höhe   und   20  cm    Durchmesser   wurde 


Fig.  I. 

oben  durch  einen  dreifach  durchbohrten  Gummi- 
stopfen geschlossen.  Durch  die  zwei  Durch- 
bohrungen führten  zwei  «durch  Glas  und  Siegel- 
lack wohlisolierte  Eisenstäbe  B  und  C,  an  denen 
unten  kleine  Eisenteller  von  3  cm  Durchmesser 
angelötet  waren.  Durch  die  dritte  ging  ein 
dauernd  mit  der  Erde  verbundener  Draht  D. 
Die  Flasche  wurde  nun  zunächst  mit  einer  kon- 
zentrierten Phosphorsäurelösung  ausgespült,  die 
durch  D  mit  der  Erde  verbunden  wurde.  Es 
wurde  nun  C  mit  dem  positiven  bezw.  negativen 
Pol  einer  vielpaarigen  Batterie  verbunden,  wäh- 
rend B  mit  einem  empfindlichen  Quadrantelektro- 
meter kommuniziert.  Dieses  ist,  während  die 
oben  genannte  Verbindung  hergestellt  wird,  zur 
Erde  abgeleitet.  Hebt  man  nun,  nachdem  C 
durch  die  Säule  auf  konstantes  Potential  geladen 
ist,  die  Erdleitung  des  Elektrometers  auf,  so 
misst  der  Ausschlag  des  letzteren  das  Quantum 


Elektrizität,  das  in  einem  gegebenen  Zeitintervall 
die  Luftschicht  zwischen   C  und  B  durchströmt. 

Das  beschriebene  Verfahren  gestattet  die 
Verwendung  beträchtlicher  elektrischer  Span- 
nungen, ohne  den  Gebrauch  eines  sehr  empfind- 
lichen Elektrometers  auszuschliessen.  Ausserdem 
gewährt  es  noch  den  nicht  zu  unterschätzenden 
Vorteil,  dass  durch  den  Einfluss  von  Isolations- 
fehlern, welche  wegen  der  Feuchtigkeit  der  Luft 
nie  ganz  ausgeschlossen  werden  konnten,  nie  zu 
grosse  Werte  vorgetäuscht  werden  können.  Man 
findet  vielmehr  zu  kleine,  wenn  die  Stützen, 
welche  die  Elektrometerdrähte  tragen,  unge- 
nügend isolieren.  Entweicht  über  diese  soviel 
Elektrizität,  wie  in  den  gleichem  Zeitraum  dem 
Elektrometer  zugeführt  wird,  dann  erscheint  der 
Phosphor  unwirksam.  Es  ist  ferner  unmöglich, 
dass  ohne  Vermittlung  der  Luftschicht  zwischen 
B  und  C  Elektrizität  von  B  nach  C  fliesst,  da 
die  ganze,  gut  leitende  Wandung  der  Flasche 
dauernd  mit  der  Erde  verbunden  ist.*)  Um 
den  Apparat  auf  seine  Brauchbarkeit  zu  prüfen, 
wurde  zunächst  auf  C  eine  frisch  amalgamierte 
Zinkplatte  gebracht  und  die  Elektrizitätszer- 
streuung bei  negativer  und  positiver  Ladung 
bei  Belichtung  gemessen.  Da  sich  keine  Fehler- 
quellen ergaben,  wurde  zur  Messung  der  durch 
Phosphor  bewirkten  Leitfähigkeit  geschritten. 
Bemerkt  möge  noch  werden,  dass  die  Stützen 
vor  jedem  Versuch  stark  erwärmt  wurden,  um 
die  Feuchtigkeit  zu  entfernen. 

Beziehung  zwischen  Stromstärke  und 
Oberfläche  des  Phosphors.  Es  wurde  auf 
C  anfangs  ein,  darauf  zwei  Phosphorgläschen 
gelegt  und  der  Strom  einmal  unmittelbar  nach- 
dem die  Gläschen  an  Ort  und  Stelle  gebracht 
und  darauf  zwei  Stunden  später  gemessen.  Es 
waren  für  die  Versuche  zwei  Gläschen  ausge- 
sucht, die  untereinander  übereinstimmende  Resul- 
tate haben. 

Tabelle  I. 

I  Gläschen  2  Gläseben 

Ausschlag  in 
30  Sek. 

20  Volt  5  20  Volt  9 

40  8  40  17 

60  12  60  26 

80  15  80  37 

100  19  100  47 

120  24  120  56 

140  27  140  65 

160  35  160  74 

180  39  180  84 

200  45  200  93 

240  64  240  120 

Die  Ausschläge,  welche  Mittelwerte  dar- 

i)  Die  Methode    ist    der    von    den  Herren    Elster    und 
G  eitel  bei  ihren  lichtelektrischen  Versuchen  angewandten  nach- 
I    gebildet;  siehe  Wied.  Ann.  44,  7^5 — 726,  1891. 


E.  M.  K.  Ausschlag  in         ^         ^ 

30  oek. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


477 


stellen,  sind  in  willkürlichen  Einheiten  gemessen. 
Die  Empfindlichkeit  des  Elektrometers  betrug 
2  Volt  =  88  Skalenteile. 

Aus  der  Tabelle  geht  hervor,  dass  die  Leit- 
fähigkeit proportional  derOberfläche  des 
Phosphors  ist.  Andere  Beobachtungsreihen 
ergaben  das  nämliche,  wenn  auch  die  Zahlen 
nicht  so  gut  übereinstimmten. 

Beziehung  zwischen  Stromstärke  und 
Entfernung  der  Elektroden  voneinander. 
Die  Entfernung  der  Platten  betrug  1 5  mm,  der 
Ausschlag  in  30  Sek.  bei  240  Volt  70  Skalen- 
teile. Als  die  Elektroden  40  mm  voneinander 
entfernt  waren,  wurde  ein  Ausschlag  von 
55  Skalenteilen  erhalten.  Aus  diesen  und 
anderen  Messungen  geht  hervor,  dass  der  Ein- 
fluss  der  Entfernung  der  Elektroden  von- 
einander nur  gering  ist;  mit  zunehmender 
Entfernung  nimmt  der  Ausschlag  des 
Elektrometers  ab. 

Da  in  dieser  Beziehung  sich  der  Phosphor 
genau  so  verhält,  wie  die  aktinoelektrischen 
Körper,  z.  B.  amalgamiertes  Zink,  bei  der  Be- 
lichtung'), so  schien  es  nicht  ausgeschlossen, 
dass  das  bei  der  Oxydation  entwickelte  violette 
und  ultraviolette  Licht  die  negative  Elektrizität 
zerstreue  und  dadurch  die  Ausschläge  des  Elek- 
trometers hervorrufe.  Um  diese  Annahme,  welche 
allerdings  nicht  sehr  wahrscheinlich  war,  da  die 
Ausschläge  gleichgross  waren,  gleichgültig  ob 
die  untere  Platte  positiv  oder  negativ  geladen 
war,  zu  prüfen,  wurde  das  Phosphorgläschen  in 
Stanniol  gehüllt,  so  dass  das  Metall  weit  über  den 
Rand  des  Gläschens  hervorragte.  Es  wurde 
nun  letzteres  auf  die  Platte  C  gelegt  und  C 
einmal  negativ,  das  andere  Mal  positiv  geladen. 
In  beiden  Fällen  waren  die  Ausschläge  gleich- 
gross. Da  der  Phosphor,  wie  deutlich  zu  er- 
kennen war,  nur  an  der  Oberfläche  leuchtete, 
so  konnte  kein  Licht  die  obere  Platte  B  treffen. 
Hätten  wir  es  bei  diesem  Vorgang  mit  der  Zer- 
streuung der  negativen  Elektrizität  durch  Licht 
zu  thun,  so  hätte  man,  wenn  C  negativ  geladen 
war,  einen  starken  Ausschlag,  bei  positivem  C, 
gar  keinen  beobachten  müssen.  Aus  der  Gleich- 
heit folgt,  dass  das  durch  Phosphor  her- 
vorgerufene Leitvermögen  der  Luft  nicht 
auf  Zerstreuung  der  negativen  Elektrizität 
durch  das  die  Oxydation  des  Phosphors 
begleitende  violette  Licht  zurückgeführt 
werden  kann. 

Andere  Beobachtungen,  bei  denen  die  negative 
Elektrode  durch  undurchsichtige  Schirme  gegen 
das  Licht  abgeblendet  waren,  ergaben  das  näm- 
liche. 

Beziehung  zwischen  Stromstärke  und 
Oxydationsgeschwindigkeit.  Zur  Mes- 
sung   dieser    Beziehung    wurde     der    folgende 

i)  Siehe  A.  G.  Stoletow,    Physical  Rev.  1,  756,  1892. 


Apparat  benutzt.  Ein  kleines  Gefässchen  von 
ungefähr  50  ccm  Inhalt  wurde  unten  durch 
einen  Gummistopfen  geschlossen.  Seitwärts  be- 
fanden sich  die  Elektroden,  von  denen  die  eine 
mit  dem  einen  Pol  der  Batterie,  deren  anderer 
Pol  zur  Erde  abgeleitet  war,  verbunden  war, 
während  die  andere  zum  Elektrometer  führte. 
Mit  dem  Gefässchen  war  ein  Manometer  M  ver- 


Balt. 


M  M 


Pk 


Fig.  7, 

bunden.  Auf  den  Stopfen  befand  sich  ein  Ge- 
fass  mit  Phosphorsäureanhydrid,  um  das  Gefäss 
zu  trocknen,  und  mehrere  Phosphor  enthaltende 
Glasröhrchen.  Das  Ganze  befand  sich,  um  die 
Temperatur  konstant  zu  halten,  in  einem  Wasser- 
bade. Es  wurde  nun  von  Zeit  zu  Zeit  der  Aus- 
schlag des  Elektrometers  und  der  Druck  im 
Apparat  gemessen.  Über  die  erhaltenen  Resul- 
tate giebt  die  folgende  Tabelle  Auskunft,  in  der 
Druck  die  Differenz  des  Druckes  im  Apparat 
im  Vergleich  zu  dem  ausserhalb  und  Zeit  die 
nach  Beginn  des  Versuches  verflossene  Zeit  be- 
deuten. 


Tab 

eile 

II. 

E.  M. 

K. 

Ausschlag 

Druck 

Zeit 

40  Volt 

80 

160 

0  mm 
0 

0     Stunde 
0 

40 
80 

156 
297 

8 
8 

0.5 
0,5 

40 
80 

135 
282 

14 
14 

1,3 
1,3 

40 
80 

133 
270 

19 
«9 

2 
2 

40 
80 

120 

249 

25 
25 

6 

6 

40 
80 

III 

232 

27 

27 

8 
8 

40 
80 

51 
106 

32 
32 

17 
17 

478 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


Aus  der  Tabelle  geht  deutlich  hervor,  dass 
mit  abnehmendem  Druck,  also  mit  abnehmen- 
dem Sauerstoff  die  Leitfähigkeit  der  Luft 
abnimmt. 

Viel  sicherer  als  durch  diese  quantitativen 
Messungen  kann  man  sich  von  dem  Zusammen- 
hang zwischen  Leitfähigkeit  und  Oxydation 
durch  qualitative  Versuche  übei-zeugen.  Leitet 
man  in  die  Flasche  (Fig.  i)  allmählich  Kohlen- 
säure ödes  Stickstoff,  so  nimmt  der  Ausschlag 
des  Elektrometers  ab,  um  auf  Null  zu  sinken, 
sobald  aller  Sauerstoff  verdrängt  ist.  Gleich- 
zeitig hört  auch  das  Glimmen  des  Phosphors 
auf.  Verbindet  man  mit  einem  Braun  sehen 
Elektrometer  eine  metallische  Schale  und  wirft 
auf  die  letztere,  nachdem  das  Ganze  auf  ein 
hohes  Potential  geladen  ist,  ein  erbsengrosses 
Stück  Phosphor,  so  schwindet  die  Ladung  in 
ganz  kurzer  Zeit.  Hüllt  man  den  Phosphor  in 
feuchtes  Fliesspapier  oder  feuchte  Leinwand,  so 
dass  der  Sauerstoff  keinen  Zutritt  zu  dem  Phos- 
phor hat,  so  bleibt  die  Ladung  des  Elektro- 
meters erhalten.  Aus  diesen  Versuchen  ist 
daher  der  Schluss  zu  ziehen:  die  Oxydation 
des  Phosphors  ist  die  Bedingung  für  die 
Leitfähigkeit  der  Luft. 

Beziehung  zwischen  E.  M.  K.  und  Aus- 
schlag bezw.  Stromstärke.  Bekanntlich 
nimmt  bei  durch  Röntgen-  oder  Uranstrahlen 
ionisierter  Luft  die  Stromstärke  mit  wachsender 
E.  M.  K.  anfangs  rasch  zu,  um  bei  ungefähr 
80 — 100  Volt  einen  konstanten  Wert  anzu- 
nehmen. Steigert  man  die  E.  M.  K.,  so  bleibt 
die  Stromstärke  dieselbe;  es  ist  der  sogenannte 
„Sättigungsstrom"  erreicht.  Ganz  anders  ver- 
hält sich  die  durch  Phosphor  leitend  gemachte 
Luft.  Auf  die  Schale  C  (Fig.  i)  wurde  ein 
kleines  Stückchen  Phosphor  gelegt  und  nun 
auf-  und  absteigend  die  E.  M.  K.  und  der  dazu 
gehörige  Ausschlag  abgelesen  {2  Volt  =  30 
Skalenteile). 


Tabelle 

III. 

E.  M.  K. 

• 

1 

80  Volt 

40 

160 

89 

240 

157 

316 

201 

392 

250 

470 

284 

392 

261 

3'6 

201 

280 

184 

2<X) 

124 

80 

34 

Es  wurde  ein  Phosphorgläschen  auf  die  Schale 
gelegt  und  das  Elektrometer  viel  unempfind- 
licher gemacht. 


E.  M. 

K. 

• 

240  Volt 

10 

480 

18 

1000 

34 

1480 

74 

2000 

94 

1480 

70 

1000 

28 

480 

12 

Trotz  der  Unregelmässigkeiten  zeigen  die 
Zahlen  deutlich,  dass  ein  Sättigungsstrom 
nicht  vorhanden  ist.  Es  lässt  sich  dies  nicht 
durch  mangelhafte  Isolation  erklären,  da  dieser 
Umstand  nur  bewirkt  hätte,  dass  meine  Aus- 
schläge besonders  bei  den  hohen  E.  M.  K.  zu 
klein  geworden  wären. 

Um  dieses  Ergebnis  noch  auf  andere  Weise 
zu  prüfen,  wurde  die  Flasche  (Fig.  i)  mit  Stanniol 
innen  ausgelegt  und  ebenso  zwischen  den  Stützen 
C  und  B  auf  den  Kork  Stanniol  befestigt,  welches 
zur  Erde  abgeleitet  wurde.  Nachdem  trockene 
Luft  in  die  Flasche  geleitet  war,  wurde  auf  C 
etwas  Phosphor  gebracht  und  nun  die  Strom- 
stärke bei  verschiedener  E.  M.  K.  gemessen. 


Tab( 

eile  IV. 

E.  M.  K. 

• 

Miti 

80  Volt 

5 

8 

240 

30 

29 

500 

70 

60 

1000 

80 

76 

1500 

90 

85 

2000 

96 

90 

1500 

80 

1000 

72 

500 

49 

2000 

74 

240 

28 

80 

II 

Die  Fig.  3  giebt  die  Resultate  der  Tabellen 


T.SIK    -^^      ''^'      ^'*>      /*""     ^<f^     ^^W    VtOO     1600    IgOO     S0OQ 

Fig.  3. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.  20. 


479 


III  und  IV  wieder.  Ein  Blick  auf  die  Figur 
zeigt,  dass  beide  Beobachtungsreihen  nicht  mit- 
einander übereinstimmen.  Wenn  man  aber  er- 
wägt, dass  die  Isolationsfehler  bewirken,  dass 
namentlich  bei  hohen  E.  M.  K.  die  Stromstärken 
zu  klein  werden,  so  ergiebt  sich  aus  den  Tabellen 
mit  Sicherheit,  dass  selbst  bei  20CX)  Volt  der 
Sättigungsstrom   noch   nicht  erreicht  ist» 

Ich  verzichte  darauf,  noch  andere  Beobach- 
tungsreihen mitzuteilen,  da  sie  alle  ganz  analog 
waren ;  teils  verliefen  sie  bis  200:)  Volt  beinahe 
geradlinig,  teils  schwach  gekrümmt,  so  dass  die 
beiden  Kurven  als  Typen  meiner  Versuchser- 
gebnisse gelten  können.  Soweit  nicht  Isolations- 
fehler in  Betracht  kommen,  wird  sich  der  Grund 
für  dieses  Verhalten  aus  dem  Folgenden  ergeben. 

Vergleich  der  durch  Phosphor  hervor- 
gerufenen Ionisation  der  Luft  mit  der 
durch  Röntgenstrahlen  bewirkten.  Die 
Thatsache,  dass  kein  Sättigungsstrom  mit  dem 
Phosphor  erhalten  wurde,  glaubte  ich  anfangs 
darauf  zurückfuhren  zu  müssen,  dass  die  Anzahl 
der  gebildeten  Ionen  bezw.  Elektronen  sehr 
gross  sei.  Es  schien  daher  von  besonderem 
Interesse,  die  Anzahl  der  Ionen  bezw.  die  Leit- 
fähigkeit der  durch  Phosphor  „ionisierten"  Luft 
mit  der  durch  Röntgenstrahlen  ionisierten  zu 
vergleichen.  Zu  dem  Zweck  wurde  ein  Braun- 
sches  Elektrometer  mit  einer  wohlisolierten 
kupfernen  Schale  leitend  verbunden  und  darauf 
nach  der  Ladung  auf  2000  Volt  ein  erbsen- 
grosses  Stück  Phosphor  fallen  gelassen.  In 
kurzer  Zeit  sank  die  Ladung  auf  Null  und  zwar 
ebenso  schnell  bei  positiver  als  bei  negativer 
Ladung.  Es  wurde  darauf  nach  Entfernung  des 
Phosphors  die  Schale  mit  Röntgenstrahlen  be- 
strahlt. Es  ergab  sich,  dass  die  Leitfähigkeit 
in  beiden  Fällen  die  gleiche  war,  wenn  die 
Röntgenröhre  in  einer  Entfernung  von  3  m  sich 
von  der  Schale  befand.  Im  letzteren  Falle  wurde 
ein  Sättigungsstrom  bei  80  Volt  erhalten,  beim 
Phosphor  war  dagegen,  wie  aus  dem  vorigen 
Abschnitt  hervorgeht,  selbst  bei  200:)  Volt 
noch  kein  Anzeichen  einer  Sättigung  zu  beob- 
achten. Hieraus  geht  deutlich  hervor,  dass 
beide  Vorgänge  voneinander  verschieden 
sind  und  dass  die  durch  Phosphor  der 
Luft  erteilte  Leitfähigkeit  nicht  auf  eine 
Ionisation  zurückgeführt  werden  darf. 

Phosphornebel.  Wenn  Phosphor  verbrennt 
bezw.  sich  langsam  oxydiert,  so  entstehen: 
Phosphoroxyd,  Pentoxyd,  phosphorige  Säure, 
Phosphorsäure  (vielleicht  auch  Phosphordioxyd), 
alles  feste  Stoffe,  die  eine  Zeitlang  in  der  Luft 
schweben  und  sich  allmählich  zu  Boden  setzen. 

Es  schien  jetzt,  da  die  durch  Phosphor 
ionisierte  Luft  sich  ganz  anders  verhält,  als  die 
durch  Röntgenstrahlen  ionisierte,  nicht  ausge- 
schlossen, dass  die  Leitfähigkeit  der  Luft  nur 
davon  herrührte,  dass  die  letztere  mitjgutleitenden 


Staubteilchen  infolge  der  Oxydation  gesättigt 
wurde,  die  das  Elektrometer  in  bekannter  Weise 
lüden    bezw.   bei    anderen  Versuchen  entlüden. 

Um  dies  zu  prüfen,  wurde  in  einem  ver- 
dunkelten Zimmer  ein  Lichtstrahl  zwischen  BC 
(Fig.  i)  gesandt,  während  auf  der  Platte  C  ein 
Stückchen  Phosphor  sich  befand.  Solange  die 
Platte  nicht  geladen  war,  stieg  ein  Nebel  von 
dem  Phosphor  in  die  Höhe,  senkte  sich  gewöhn- 
lich, bevor  die  obere  Platte  erreicht  war,  und 
fiel  zu  Boden  oder  schlug  sich  an  die  Wand 
nieder.  Sobald  nun  eine  E.  M.  K.  angelegt 
wurde,  sah  man  ganz  deutlich,  wie  dieser  Nebel 
sich  gerade  aufrichtete  und  an  der  oberen  Platte 
endigte.  Zu  gleicher  Zeit  wurden  auch  von  der 
oberen  Platte  Teilchen  nach  der  unteren  ge- 
schleudert. Sobald  die  Leitung  zu  C  unter- 
brochen wurde,  senkte  sich  der  Nebel  wieder, 
um  bei  plötzlich  angelegter  E.  M.  K.  wie  eine 
vulkanische  Eruption  emporgeschleudert  zu  wer- 
den. Hand  in  Hand  änderten  sich  hiermit  die 
Ausschläge  des  Elektrometers.  Ja  aus  dem 
Aussehen  des  Nebels,  der  Dicke,  ob  die  Oxyda- 
tion von  einem  oder  mehreren  Oxydationsherden 
ausgeht  u.  s.  w.  kann  man  mit  Sicherheit  die 
Grösse  des  Ausschlags  voraussagen;  treffen  zwei 
Wolken  die  Platte,  so  ist  der  Ausschlag  grösser 
als  bei  einer;  dasselbe  ist  der  Fall,  wenn  die 
Wolke  dick  ist  u.  s.  w.  Erregt  man  einen  Luft- 
zug, so  dass  die  Zahl  der  von  der  unteren  Platte 
auf  die  obere  geschleuderten  Teilchen  geringer 
wird,  so  nimmt  der  Ausschlag  ab. 

Nach  dem  Vorhergehenden  schien  es  schon 
ausserordentlich  wahrscheinlich,  dass  die  schein- 
bare Leitfähigkeit  der  Luft  nur  von  kleinen 
Staubteilchen  herrührte.  Gleichwohl  glaubte  ich, 
diese  Annahme  auch  in  anderer  Weise  bestätigen 
zu  müssen.  Der  Stopfen  wurde  nun  noch  zwei- 
mal durchbohrt  und  zwischen  die  Teller  RC 
ein  rechtwinklig  gebogenes  Glasrohr  AX,  so 
wie  es  die  Fig.  4  zeigt,  eingeführt.  Ein  zweite« 
Glasrohr  wurde  mit  der  Wasserstrahlluftpumpe 

^ T.lcctr. 


Fig.  4- 


48o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


in  Verbindung  gesetzt,  so  dass  ein  langsamer 
Luftstrahl  durch  LK  gezogen  werden  konnte. 
Es  wurden  nun  zunächst  die  Ausschläge  ge- 
messen, während  sich  kein  Phosphor  auf  der 
Schale  befand;  die  Zahlen  stehen  in  der  nach- 
folgenden Tabelle  unter  I;  darauf  wurde  ein 
Stückchen  Phosphor  auf  C  gelegt  und  wiederum 
die  nach  30  Sekunden  eingetretenen  Ausschläge 
gemessen  (Reihe  II).  Darauf  wurde  der  Phos- 
phor in  die  Glasröhre  bei  K  gelegt  (Reihe  III); 
jetzt  wurde  ein  langsamer  Luftstrom  durch  LK 
geleitet  (Reihe  IV),  wobei  deutlich  zu  sehen  war, 
wie  der  Phosphornebel  hin-  und  herwirbelte; 
schliesslich  wurde  die  untere  Öffnung  von  LK 
bei  K  durch  einen  lose  ansitzenden  Asbest- 
bezw.  Glaswollepfropfen  verschlossen,  welcher  alle 
feste  Teilchen  zurückhielt,  so  dass  kein  Nebel 
zu  sehen  war  (Reihe  V). 


Tabelle  V 

• 

I 

II 

III 

IV 

V 

80  Volt 

4 

180 

40 

30 

2 

160 

10 

240 

70 

50 

2 

240 

16 

340 

90 

75 

3 

500 

20  a. 

d.  Gesichtsf. 

120 

130 

3 

Aus  der  Tabelle  geht  deutlich  hervor,  dass, 
sobald  der  Nebel  verschwunden  ist,  die 
Leitfähigkeit  der  Luft  ebenfalls  ver- 
schwindet Bei  der  Reihe  II,  bei  der  die 
Ausschläge  am  grössten  sind,  war  deutlich  zu 
erkennen,  wie  der  Nebel  emporgeschleudert 
wurde;  bei  III  und  IV  senkten  sich  die  Teil- 
chen auf  die  Platte  C  und  wurden  dann  erst 
nach  B  hinübergeführt;  ihre  Zahl  war  viel  ge- 
ringer, als  im  vorhergehenden  Fall,  infolgedessen 
ist  der  Ausschlag  auch  kleiner.  Sobald  keine 
festen  Teilchen  mehr  zu  sehen  sind,  ist  der 
Ausschlag  Null  (Reihe  V). 

Rührt  die  entladende  Wirkung  des  Phosphors 
von  den  festen  Oxydationsprodukten  her,  so 
war  vorauszusehen,  dass  jeder  Rauch  sich  ähn- 
lich wie  Phosphornebel  verhalten  würde.  Es 
wurde  jetzt  auf  die  Schale  C  eine  glimmende 
Cigarette  gebracht;  nach  Anlegung  einer  E.  M.  K. 
wurde  hier  der  Rauch  emporgeschleudert,  wenn 
auch  nicht  in  so  deutlicher  Weise  wie  beim 
Phosphor.  Die  Flasche  füllte  sich  mit  Rauch, 
welcher  allmählich  aus  der  Flasche  entwich.  Es 
wurden  folgende  Ausschläge  erhalten: 

Tabelle  VI. 
E.  M.  K.  =  500  Volt. 

Zeit  Ausschlaj; 

o  130 

nach  2  Minuten')  50 


7 
15 


ff 


20 
2 


i)  Nachdem  die  Cigarette  erloschen  war. 


Aus  der  Tabelle  geht  hervor,  dass  auch 
Rauch  das  Elektrometer  zu  entladen  vermag  ), 
und  ferner,  dass  die  Elektrometerausschlägc 
kleiner  werden,  je  mehr  der  Rauch  aus  der 
Flasche  verschwindet. 

Sind  es  die  festen  Oxydationsprodukte  des 
Phosphors,  welche  entladend  wirken,  so  war 
vorauszusehen,  dass  es  gelingen  müsste,  eine 
Entladung  hervorzurufen,  wenn  man  die  Flasche 
mit  dem  Phosphornebel  füllte.  Dies  war  in  der 
That  der  Fall;  denn  nachdem  man  ein  erbsen- 
grosses  Stück  Phosphor  in  der  Flasche  ver- 
brannt hatte,  zeigte  das  Elektrometer  einen 
grossen  Ausschlag,  der  allmählich  zurückging, 
während  gleichzeitig  die  festen  Teilchen  zu  Boden 
fielen  oder  sich  an  den  Wänden  niederschlugen 
(siehe  Tabelle  VII).  Ganz  ähnlich  wie  dieser 
Phosphornebel  verhält  sich  Salmiaknebel.  Der 
letztere  wurde  erzeugt,  indem  durch  zwei  ge- 
sonderte Flaschen,  von  denen  die  eine  konzen- 
trierte HCl-,  die  andere  konzentrierte  NHj -Lösung 
enthielt,  ein  Luftstrom  durchgeblasen  wurde. 
Die  beiden  Gase  vereinigten  sich  in  einer  dritten 
Flasche  und  wurden  von  dort  in  die  Versuchs- 
flasche (Fig.  i)  übergeführt.  Inder  nachfolgenden 
Tabelle  bedeutet  Zeit  die  Zeit  nach  Füllung 
der  Versuchsflasche  mit  Salmiak  bezw.  Phos- 
phornebel. 

Tabelle  VII. 

Phosphor  Salmiak 
130  80 

125  70 

87  40 

71  33 

44  16 

Deutlich  erkennt  man  aus  der  Tabelle,  wie  mit 
dem  Verschwinden  des  Nebels  die  Ausschläge 
kleiner  werden. 

Aus  diesen  Versuchen  schliesse  ich,  dass 
die  entladende  Wirkung  des  Phosphors 
nur  von  den  staubförmigen  Oxydations- 
produkten desselben  herrühren.  AufGrund 
dieser  Vorstellung  erklären  sich  die  oben  er- 
haltenen Resultate,  sowie  die  Versuchsergebnisse 
von  Bar  US  folgendermassen.  Ist  die  Oberfläche 
doppell  so  gross,  so  bilden  sich  doppelt  soviel 
Staubteilchen  und  damit  wird  die  entladende  Wir- 
kung verdoppelt.  Bei  Zunahme  der  E.  M.  K.  laden 
sich  die  Teilchen  auf  ein  höheres  Potential  und 
es  wird  infolgedessen  mehr  Elektrizität  zwischen 
den  Elektrodenplatten  B  und  C  in  der  Zeitein- 
heit übergeführt.  Dass  es  unter  besonderen 
Umständen  möglich  ist,  einen  Sättigungsstrom 
zu  erbalten,  indem  man  Luft  über  Phosphor 
streichen  lässt  und  dadurch  die  festen  Oxyda- 

i)  Nach  meinen  Versuchen  scheint  der  Phosphomebel 
stärker  entladend  zu  wirken  als  gewöhnlicher  Rauch.  Es 
rührt  dies  wohl  sicherlich  daher,  dass  die  Oxydationsprodukte 
«Ics  Phosphors  gute  Leiter  der  Elektrizit.ät,  die  Rauchteilchen 
der  Cigarette  dagegen  wohl  schlechte  Leiter  sind. 


Zeit 
O 

2  Min. 

22 
42 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.    No.  20. 


481 


tionsproäukte  desselben  mit  fortreisst,  welche 
an  den  Elektroden  haften,  liegt  auf  der  Hand. 
Dass  im  allgemeinen  bei  allen  Versuchen  mit 
Phosphor  unregelmässige  Resultate  erhalten  wer- 
den, versteht  sich  von  selbst,  da  die  Oxydation 
und  damit  die  Staubbildung  von  einer  Reihe 
von  unkontrollierbaren  Umständen  abhängt. 

Man  könnte  noch  annehmen,  dass  sich  ausser 
den  festen  Oxydationsprodukten  noch  Elek- 
tronen bilden,  die  aber  z.  B.  bei  dem  letzten 
Versuch  (S.  480)  in  der  Glaswolle  zurückge- 
halten werden,  so  dass  sie  nicht  entladend 
wirken  können.  Hiergegen  lässt  sich  einwenden, 
dass  nach  den  Versuchen  von  Townsend  die 
aus  chemischen  Prozessen  stammenden  Ionen 
bezw,  Elektronen  sogar  durch  Schwefelsäure 
hindurchgeleitet  werden  können,  ohne  vernichtet 
zu  werden.   Erwägt  man  ferner,  dass  bei  keiner 


anderen  Oxydation,  wo  gasförmige  Oxydations- 
produkte entstehen,  auch  nur  eine  Spur  von 
Leitfähigkeit  entdeckt  worden  ist'),  erwägt  man 
ferner,  dass  die  die  Luft  leitend  machenden 
Teilchen  durch  Papier  und  alle  anderen  festen 
Körper  zurückgehalten  werden,  so  liegt  der 
Schluss  nahe,  dass  auch  bei  der  Oxydation 
des  Phosphors  keine  Ionen  oder  Elek- 
tronenentstehen, sondern  dass  die  durch 
die  Oxydation  des  Phosphors  hervorge- 
rufene Leitfähigkeit  eine  nur  scheinbare 
ist,  welche  von  der  Konvektion  der  Elek- 
trizität durch  die  festen,  nebeiförmigen 
Oxydationsprodukte  herrührt. 

i)  Siehe  Barus,  1.  c. 

Erlangen,  physikal.  Institut,  22.  Juni  1902. 

(Eingegangen  24.  Juni  1902.) 


VORTRÄGE  UND  DISKUSSIONEN  VON  DER  73.  NATUR - 
FORSCHERVERSAMMLUNG  ZU  HAMBURG. 


Hermann  Fr  ahm  (Hamburg),    Neue    Unter- 
suchungen im  Schiff-  und  Schilfsmaschinen- 
bau  auf  der  Werft  von  Blohm  &  Voss. ') 

Das  Thema,  welches  ich  heute  zu  behandeln 
habe,  lautet  nach  Programm  ganz  allgemein:  „Neue 
UntersuchungenimSchiff-undimSchiffsmaschinen- 
bau."  Es  lag  demgemäss  in  meiner  Absicht,  Sie 
in  dem  Rahmen  dieses  Vortrages  mit  einer  Reihe 
von  Untersuchungen  bekannt  zu  machen,  die 
in  den  letzten  Jahren  auf  der  hiesigen  Werft 
resp.  auf  den  hier  erbauten  Dampfern  zur  Er- 
gründung  bisher  nicht  genügend  bekannter  Vor- 
gänge im  Betriebe  von  Schiffen  bezw.  von 
Schiffsmaschinen  zur  Durchfuhrung  gelangt 
sind. 

Im  Laufe  der  Bearbeitung  des  Vortrages  kam 
ich  jedoch  zu  der  Überzeugung,  dass  es  nicht 
möglich  sein  würde,  in  der  für  denselben  zur 
Verfugung  stehenden  Zeit  das  vorhandene 
Material  zu  bewältigen  und  ein  auch  nur  an- 
nähernd klares  Bild  von  sämtlichen  Untersuch- 
ungen zu  geben.  Ich  entschloss  mich  daher,  Be- 
schränkung zu  üben  und  nur  einen  Gegen- 
stand, den  dafür  aber  etwas  gründlicher  zu 
behandeln. 

Bevor  ich  mich  demselben  zuwende,  möchte 
ich  mit  Rücksicht  auf  die  hier  arrangierte  Aus- 
stellung von  Instrumenten  und  Apparaten  (s. 
Fig.    i),    wenigstens    kurz    die   Untersuchungen 


i)  Abteilung  3,  25.  Sept.  1901. 


au&ählen,  über  welche  ich  ursprünglich  die  Ab- 
sicht hatte,  Ihnen  vorzutragen. 

Es  sind  dies:  Erstens  Messung  von  Zug  und 
Scheerspannungen  in  den  am  ungünstigsten  be- 
anspruchten Konstruktionsteilen  von  Schiffskör- 
pern (vornehmlich  in  den  Decksaufbauten),  vor- 
genommen bei  Gelegenheit  von  Stapelläufen,  zu 
dem  Zwecke,  um  Schlüsse  zu  ziehen  auf  die 
Grösse  der  bei  schwerer  See  in  den  Schiffs- 
körpern auftretenden  Beanspruchungen.  Die 
Apparate,  mit  denen  diese  Spannungen  gemessen 
wurden,  finden  sie  am  Ende  des  Tisches  auf- 
gestellt, ebenso  einen  Teil  der  gewonnenen  Dia- 
gramme. 

Weitere  Versuche  wurden  in  grösserem  Mass- 
stabe ausgeführt  zur  Bestimmung  der  Reibungs- 
verhältnisse von  Propellerwellen  in  dem  hinteren 
Sternrohrlager,  mit  besonderer  Berücksichtigung 
verschiedener  Gleitgeschwindigkeiten  und  ver- 
schiedener Lagermaterialien,  als  Pockholz,  Rot- 
guss,  Weissmetall,  wobei  ausserdem  die  ver- 
schiedensten Mischungen  von  Schmiermaterialien 
und  zwar  vom  klaren  Seewasser  bis  zu  reinem 
Öl  zur  Erprobung  gelangten.  Drüben  am  Tische 
finden  Sie  die  Photographie  von  den  Versuchs- 
einrichtungen sowie  eine  Reihe  von  Tafeln  mit 
Schaulinien,  welche  die  gewonnenen  Ergebnisse 
wiedergeben. 

Andere  Versuche  betreffen  die  Ermittlung 
der  momentanen  Schiffsgeschwindigkeiten  auf 
Probefahrten,  unter  Benutzung  der  sogenannten 
Dutchman-log-Methode,  welche  darin  besteht, 
dass  vom  Bug  des  Schiffes  aus  treibende  Körper 
ins  Wasser  geworfen  werden,  deren  Durchgang 


482 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang,     No.  20. 


Fig. 


durch  zwei  querschiffs,  möglichst  weit  vonein- 
ander entfernt  angeordnete  Visierlinien  beob- 
achtet wird,  um  aus  der  zwischen  den  Durch- 
gängen verfliessenden  Zeit  und  der  Entfernilng 
der  beiden  Visierlinien  die  Schiffsgeschwindig- 
keit  auf  einfache  Weise  zu  berechnen.  Das 
bisher  erlangte  Material  harrt  noch  der  Durch- 
arbeitung. Die  benutzten  Apparate,  bestehend 
aus  den  Visierinstrumenten  und  dem  elektrisch 
bethätigten  Zeitmesser,  sind  ebenfalls  auf  dem 
Tische  ausgestellt. 

Schliesslich  seien  noch  Versuche  erwähnt, 
die  angestellt  wurden,  um  die  Eigenschwingungs- 
zahl eines  Schiffskörpers  auf  experimentelle 
Weise  festzustellen. 

Sie  sehen  hier  ein  senkrecht  au^ehängtes 
Modeil,  welches  in  einem  reduzierten'  Massstab 
über  seine  ganze  Länge  genau  denselben  Ver- 
lauf der  Trägheitsmomente  sowie  der  Massen 
zeigt,  wie  das  zu  untersuchende  Schiff  Aus 
der  sorgtältig  durch  Messung  bestimmten 
Seh wingungs zahl  des  Modells  wird  diejenige 
des  zugehörigen  Schiffes  gefunden,  einfach  durch 
Multiplikation  mit  einer  aus  den  Massstäben  des 
Modells  zu  ermittelnden  Verhältniszahl. 

Die  wichtigsten  und  bei  weitem  umfang- 
reichsten Forschungsarbeiten  der  letzten  Jahre 
beziehen  sich  auf  die  experimentelle  Unter- 
suchung der  in  rotierenden  Schiffswellen  beim 
Betriebe  auftretenden  dynamischen  Kraftwir- 
kungen mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
möglichen  Resonanzschwingungen. 

Dieses  Thema  habe  ich  nun  speziell  für  den 
heutigen  Vortrag  ausgewählt,  indem  ich  von  der 
Voraussetzung  ausging,  dass  dasselbe  den  Herren 
Teilnehmern  von  besonderem  Interesse  sein 
würde. 

Schon  seit  langen  Jahren  hat  der  Schiffs- 
maschinenbau mit  rätselhaften  Brüchen  von 
Schrauben-    und  Tuunelwellen    zu   kämpfen  ge- 


I  habt,  die  sich   auf  Seedampfem  zum  Teil   bei 

'  vollkommen  ruhigem  Wetter  ereigneten  und  für 

welche    eine  stichhaltige  Erklärung  etwa  durch 

I  die  Voraussetzung   fehlerhaften    Materials    oder 

die  Annahme,    dass  die  Schraubenflügel  gegen 

I  treibende  Hindernisse  geschlagen  hätten,    nicht 

I  gefunden  werden  konnte.    Die  Bruchflächen  der 

I  gebrochenen    Wellen    zeigten    hin    und    wieder 

I  eigenartige  Verdrehungsstrukturen,  die  vermuten 

'  liessen,    dass    bei    der   Zerstörung   ungeheuere 

Drehkräfte  mit  im  Spiele  gewesen  sein  müssten. 

I         Woher  sollten  diese  nun  kommen? 

I         Die  durch  den  Dampfdruck  erzeugten  Dreh- 

I  kräfte    konnten  es  direkt  nicht  sein,    denn  die- 

I   selben  überschreiten  selten  um   mehr  wie  50\ 

den  Mittelwert.   Es  blieb  nur  übrig,  bisher  nicht 

genügend  erkannte  Kraftwirkungen  dynamischer 

Natur   als   die   hauptsächlichste   Ursache   jener 

Zerstörungen  anzunehmen. 

Von  verschiedenen  Seiten  war  schon  auf  die 
Möglichkeit  des  Auftretens  von  sogenannten 
Resonanzschwingungen  in  den  Wellenleitungen 
hingewiesen  worden ,  doch  waren  dieses  nur 
Mutmassungen,  die  zunächst  noch  jeder  positiven 
Unterlage  entbehrten. 

Um  diese  Unterlage  nun  zu  beschaffen,  wurde 
von  den  Herren  Blohm  &  Voss  im  November 
1899  der  Entschluss  gefasst,  auf  dem  Wege  des 
Experiments  die  Vorgänge  in  den  Wellenleitungen 
studieren  zu  lassen  und  wurde  mir  die  ehren- 
volle Aufgabe  zu  teil,  die  erforderlichen  Ver- 
suche vorzunehmen.  Von  dem  angegebenen 
Termin  an  wurden  dieselben  regelmässig  bei 
Gelegenheit  von  Probefahrten  durchgeführt. 

Bevor  ich  auf  die  Beschreibung  der  Ver- 
suchseinrichtungen eingehe,  möchte  ich  kurz  die 
Punkte  berühren,  auf  deren  Klarstellung  es  an- 
kommt. 

Wie  Ihnen  bekannt  sein  dürfte,  ist  auf  grossen 
Seedampfern  die  EntferanvJBdMfcM^jf^^'i^' 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  20. 


483 


abgebenden  Maschine  und  denkraftaufhehmenden 
Propellern  meistens  eine  recht  beträchtliche.  Es 
ist  daher  einleuchtend,  dass  die  verbindende 
Wellenleitung  nicht  mehr  als  ein  starres  Maschi- 
nenelement, sondern  gleichsam  als  eine  —  je 
nach  den  Abmessungen  —  mehr  oder  weniger 
elastische  Torsionsfeder  aufzufassen  ist,  welche 
durch  das  von  der  Maschine  aus  an  den  Pro- 
peller abgegebene  Drehmoment  unter  Spannung 
gehalten  wird.  Würde  man  es  mit  einem  voll- 
kommen gleichmässig  laufenden  Antriebsmotor 
zu  thun  haben,  wie  es  beispielsweise  ein  Elek- 
tromotor oder  eine  Dampfturbine  ist,  so  würde 
das  ganze  System  (inklusive  Propeller)  gleich- 
massig  rotieren,  die  Übertragungswelle  würde 
unter  konstanter  Torsionsspannung  stehen  und 
demgemäss  auch  eine  konstante  Verdrehung  er- 
leiden. 

Anders  wird  die  Sachlage  sofort,  wenn  die 
in  der  Maschine  wirkende  Drehkraft  Schwan- 
kungen unterworfen  ist,  wie  sie  bei  Dampf- 
maschinen mit  hin-  und  hergehenden  Kolben 
unvermeidlich  sind.  In  diesem  Falle  treten  in 
den  Wellenleitungen  ebenfalls  Schwankungen  in 
den  Torsionsspannungen  und  demgemäss  auch 
in  den  Verdrehungen  und  weiterhin  in  den  Dreh- 
geschwindigkeiten auf,  die  jedoch  keineswegs, 
wie  man  fast  allgemein  anzunehmen  geneigt  ist, 
den  Schwankungen  der  durch  die  Kolbendrucke 
an  die  Kurbeln  abgegebenen  Drehkräfte  pro- 
portional sind.  Sie  nehmen  vielmehr  infolge  der 
Wechselwirkung  zwischen  den  angreifenden 
Drehkräften  und  den  durch  die  Wellenleitung 
von  bestimmter  Elastizität  verbundenen  Massen- 
anhäufungen in  der  Maschine  und  dem  Propeller 
Werte  an,  deren  rechnerische  Vorherbestimmung 
recht  schwierig  und  umständlich  ist. 

Einer  korrekten  Durchführung  dieser  Rech- 
nung stand  bisher,  und  zwar  besonders  für  die 
später  zu  behandelnden  kritischen  Tourenzahlen, 
die  mangelnde  Kenntnis  des  Gesetzes  der 
Widerstandsänderungen  des  Propellers  bei  Ge- 
schwindigkeitsschwankungen entgegen.  Über 
letzteren  Punkt,  sowie  vornehmlich  über  die 
Grösse  der  Schwankungen  in  den  Torsions- 
spannungen der  Wellen  bei  verschiedenen 
Tourenzahlen  sollten  nun  die  Versuche  Klarheit 
bringen. 

Der  Entwurf  der  für  die  letzteren  zutreffen- 
den Einrichtungen  geschah  nach  folgenden  Ge- 
sichtspunkten. 

Zunächst  galt  es,  die  Torsionsbeanspruchungen 
der  Wellenleitungen  zu  bestimmen  und  zwar  der 
Grösse  und  dem  Verlaufe  nach.  Dieses  konnte 
dadurch  geschehen,  dass  punktweise  für  eine 
ganze  Maschinenumdrehung  die  momentanen 
Wellenverdrehungen,  aus  denen  ja  die  Torsions- 
spannungen sich  direkt  rechnerisch  herleiten 
Idssen,  in  ihrer  absoluten  Grösse  gemessen  bezw. 
wurden.     Zur   weiteren  Verwertung  der 


so  gewonnenen  Daten  war  es  femer  erforderlich, 
gleichzeitig  die  zugehörigen  Geschwindigkeits- 
schwankungen des  ganzen  Systems  und  zwar 
fiir  die  Maschine  und  den  Propeller  getrennt 
aufzunehmen. 

Es  bedurfte  erst  langwieriger  Vorversuche, 
um  brauchbare  Versuchseinrichtungen  zu  schaffen. 
Das  schliesslich  als  zweckmässig  sich  ergebende 
Versuchsverfahren  ist  folgendes. 

Um  zwei  möglichst  weit  voneinander  ent- 
fernte bequem  zugängliche  Flanschen  der  zu 
untersuchenden  Wellenleitung  werden  besonders 
präparierte,  papierdünne  Zinkblätter  gelegt  und 
entsprechend  befestigt.  Gegen  jedes  dieser  Zink- 
blätter kann  ein  feiner  Platinstift  gedrückt  wer- 
den, welcher  an  dem  Ende  eines  zurückklapp- 
baren Hebels  befestigt  ist.  Der  letztere  hat  seinen 
Drehpunkt  auf  einer  vermittelst  festgelagerter 
Schraubenspindel  parallel  zur  Welle  verschieb- 
baren Mutter.  An  einer  passenden  Stelle  des 
Wellentunnels,  möglichst  in  der  Nähe  eines  Mess- 
flansches, wird  nun  ein  mit  Tourenregelung  ver- 
sehener kleiner  Elektromotor  aufgestellt,  auf  dessen 
Achse  zwei  vollkommen  gleiche  besonders  kon- 
struierte Kontaktscheiben  angeordnet  sind,  zu 
dem  Zwecke  zwei  getrennte  elektrische  Strom- 
kreise synchron  in  genau  gleichen  Zeiträumen 
zu  unterbrechen  bezw.  zu  schliessen.  Diese 
Stromkreise  führen  von  der  Plusleitung  des 
Schiffsnetzes  unter  Vorschaltung  entsprechender 
Widerstände  durch  die  Unterbrechungsvorrich- 
tungen zu  den  beiden  Platinstiften  und  weiter- 
hin, falls  die  letzteren  gegen  die  Flanschen  ge- 
legt sind,  durch  die  Zinkstreifen  zum  Minuspol. 
Die  Zinkblätter  sind  auf  chemischem  Wege  mit 
einer  elektrisch  leitenden,  schwärzlichen  Oxyd- 
schicht derart  empfindlich  überzogen,  dass  die 
Platinstifte  bei  Durchgang  des  Stromes  bleibend 
sichtbare  Striche  ziehen,  welche  bei  Stromunter- 
brechung  sofort  verschwinden. 

Der  Hergang  bei  Vornahme  der  Versuche 
ist  nun  folgender: 

Zunächst  wird  bei  abgestoppter  Maschine 
und  oben  stehendem  Hochdruckkolben  die  re- 
lative Lage  der  beiden  Platinstifte  zu  der  span- 
nungslosen Nulllage  der  Welle  auf  den  Zink- 
streifen genau  markiert,  wobei  besondere  Sorg- 
falt aufgewendet  werden  muss,  die  Welle  in 
einen  von  Torsionsspannungen  wirklich  freien 
Zustand  zu  bringen.  Dieses  machte  bei  den 
ersten  Versuchen  wegen  der  unkontrollierbaren 
Reibung  in  den  Wellentraglagern  sowie  in  der 
Sternrohrstopfbüchse  viele  Schwierigkeiten,  bis 
schliesslich  ein  Ausweg  dadurch  gefunden  wurde, 
dass  die  Lage  der  Platinstifte  zweimal  markiert 
wird,  und  zwar  einmal  nachdem  die  Welle  ver- 
mittelst der  Maschinendrehvorrichtung  nach  vor- 
wärts, das  andere  Mal  nachdem  sie  nach  rück- 
wärts gedreht  ist.  Das  sich  aus  den  beiden 
Marken  ergebende  Mittel  kann  mit  vollem  Rechte 


484 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20* 


ak  für  den  spannungslosen  Zustand  der  Welle 
geltend  angesehen  werden.  Der  Vorsicht  halber 
wird  diese  Bestimmung  der  Nulllage  mehrere 
Male  wiederholt. 

Nach  dieser  Vorbereitung  wird  mit  dem 
eigentlichen  Versuch  gewartet,  bis  die  Maschine 
längere  Zeit  bei  der  zu  untersuchenden  Touren- 
zahl im  Beharrungszustand  gelaufen  hat.  Ist 
dieses  der  Fall,  so  wird  zunächst  der  Unter- 
brecher auf  Touren  gebracht  und  der  Strom  für 
die  beiden  Stromkreise  eingeschaltet.  Dann 
legen  auf  ein  gegebenes  Zeichen  hin  die  an  den 
beiden  Messflanschen  postierten  Personen  die 
Platinstifte  gegen  die  mit  den  Flanschen  ro- 
tierenden Zinkblätter  und  bewirken  gleichzeitig 
durch  Drehen  der  kleinen  Schraubenspindeln 
ein  Vorschieben  der  Stifte  parallel  zur  Wellen- 
achse. Auf  ein  zweites  Zeichen  hin  werden 
dieselben  wieder  abgehoben.  Die  Stifte  ziehen 
somit  auf  den  Zinkblättern  gleichlaufende  Spiralr 
linien,  welche  jedoch  infolge  der  Wirkung  des 
elektrischen  Unterbrechers  nur  als  mehr  oder 
weniger  lang  gestrichelte  Linien  sichtbar  werden. 

Diese  gestrichelten  Linien  beziehungsweise 
deren  Anfangspunkte  ^)  geben  uns  nun  alles,  was 
wir  brauchen.  Zunächst  ermöglichen  sie,  die 
Kurve  der  Geschwindigkeiten  der  Welle  in  den 
Ebenen  der  beiden  Messflanschen  aufzutragen. 
Hierbei  ist  der  leitende  Gesichtspunkt  der,  dass 
die  Entfernungen  zwischen  den  Strichanfangs- 
punkten genau  gleichen  Zeiten  entsprechen. 
Die  Geschwindigkeitskurven  können  somit  ein- 
fach dadurch  gefunden  werden,  dass  von  einer 
den  Verlauf  der  Zeit  darstellenden  Abszissen- 
achse jene  Entfernungen  zwischen  den  Anfangs- 
punkten als  Ordinaten  aufgetragen  und  darauf 
durch  die  Endpunkte  derselben  Kurven  gezogen 
werden.  Die  Massstäbe  für  dieselben  lassen 
sich  rückwärts  aus  der  mittleren  Diagrammhöhe 
und  der  Tourenzahl  der  Welle  leicht  berechnen. 
Die  Kurven  für  die  beiden  Messflanschen  wer- 
den zweckmässig  übereinander  gezeichnet,  wo- 
bei darauf  zu  achten  ist,  dass  die  der  Zeit  nach 
zusammengehörigen  Ordinaten  von  den  gleichen 
Punkten  der  Abszissenachse  aus  abgetragen 
werden. 

Weiterhin  ergeben  sich  die  Verdrehungen 
der  Welle  und  damit  indirekt  die  Torsions- 
spannungen aus  den  Zinkblattdiagrammen  auf 
folgende  Weise:  Die  Zinkstreifen  werden  so 
nebeneinander  gelegt,  dass  die  für  den  span- 
nungslosen Zustand  und  obenstehende  Hoch- 
druckkurbel gezogenen  Markieriinien  genau  über- 
einander liegen.  Dann  stellen  die  relativen  Ver- 
schiebungen der  zeitlich  zugleich  entstandenen 
Strichanfangspunkte  auf  beiden  Streifen  die  mo- 


i)  Die  Endpunkte  mit  zu  benutzen  empfiehlt  sich  aus  dem 
Grunde  nicht,  weil  die  Genauigkeit  derselben  infolge  der  un- 
vermeidlicheD  Funkenbildung  bei  Unterbrechung  des  elektri- 
schen Stromes  mehr  oder  weniger  ungünstig  beeinflusst  wird. 


mentanen  Verdrehungen  der  Welle  zwischen  den 
Messflanschen  dar.  Diese  Verdrehungen  können 
ähnlich  wie  die  Geschwindigkeitskurven  graphisch 
zu  einer  Kurve  verzeichnet  werden,  welche  die 
Schwankungen  in  dem  Verlauf  des  Drehmomen- 
tes klar  zum  Ausdruck  bringt. 

Aus  der  mittleren  Höhe  dieser  Kurve  lässt 
sich  übrigens,  sobald  als  Abszissen  die  Wege 
im  Flanschumfang  genommen  sind,  das  mittlere 
übertragene  Drehmoment  und  weiterhin  die  an 
den  Propeller  abgegebene  Arbeitsleistung  leicht 
berechnen.  Allerdings  ist  hier  Voraussetzung, 
dass  der  in  der  Formel  vorkommende  Elastizitäts- 
modul für  Schub  für  das  in  Frage  stehende 
Wellenmaterial  bekannt  ist.  Um  auch  hier  jeg- 
liche willkürliche,  nicht  genügend  belegte  Annahme 
auszuschliessen,  wurden  von  seiten  der  Firma 
Blohm  &  Voss  bei  den  drei  bedeutenden  Werken: 
Fried.  Krupp,  Bochumer  Verein  und  Gewerk- 
schaft Witkowitz  je  drei  Probewellen  bestellt, 
welche  in  der  Königlichen  mechanisch-technischen 
Versuchsanstalt  in  Charlottenburg  zwecks  Be- 
stimmung des  Schubelastizitätsmoduls  Torsions- 
versuchen unterworfen  wurden.  Diese  Versuche  er- 
gaben, dass  der  Modul  bei  dem  fraglichen  Ma- 
terial überraschend  wenig  schwankt  und  2uem- 
lich  scharf  den  Mittelwert  828000  kg  pro  qcm 
annimmt.  Auf  Grund  dieser  Zahl  wurde  nun 
bei  einer  Reihe  von  Schiffsmaschinen  die  effek- 
tive Leistung  und  weiterhin  das  Verhältnis  der- 
selben zu  der  gleichzeitig  bestimmten  indizierten 
Leistung,  d.  h.  der  mechanische  Wirkungsgrad, 
ermittelt 

Es  ist  dies,  meines  Wissens,  das  erste 
Mal,  dass  es  gelungen  ist,  bei  Maschinen 
von  mehreren  tausend  Pferdestärken  die  soge- 
nannten Bremspferdekräfle  mit  Genauigkeit  fest- 
zustellen. Das  angegebene  Verfahren,  welches, 
kurz  gefasst,  darin  besteht,  dass  die  Übertra- 
gungswelle selbst  als  Törsionsdynamometer  be- 
nutzt wird,  lässt  sich  nur  bei  Schiffsmaschinen 
mit  ihren  langen  elastischen  Wellenleitungen 
zur  Durchfuhrung  bringen.  Die  bei  den  ein- 
zelnen Maschinen  festgestellten  Wirkungsgrade 
schwanken  hauptsächlich  zwischen  92  und 
88  Proz.  Nur  in  besonderen  Fällen  und  zwar 
vornehmlich  bei  den  später  behandelten  kriti- 
schen Tourenzahlen  wurden  noch  niedrigere 
Werte,  bis  zu  82  Proz.  herunter,  festgestellt. 
Den  Genauigkeitsgrad  dieser  Art  der  Bestim- 
mung der  effektiven  Leistung  schätze  ich  auf 
0,5  bis   I  Proz. 

Indem  ich  mich  nunmehr  wieder  den  Ver- 
suchen selbst  zuwende,  möchte  ich  nochmals 
hervorheben,  dass  der  hauptsächliche  Zweck 
derselben  in  der  Erforschung  der  Resonanz- 
schwingungen bestand.  Diese  Resonanzschwin- 
gungen kommen  zu  stände,  sobald  die  Perioden- 
zahl der  Schwankungen  im  Tangentialdnick- 
diagramm    gleich    oder    angenähert    gleich    ist 


Physikalische  Zeitschrift.    3.  Jahrgang.    No.  20. 


48s 


der  Eigenschwtngungszahl  der  Welle.  Die 
letztere  lässt  sich  einfach  berechnen  nach  der 
Formel 


..  =  35J/S 


worin  y,  und  y^  die  Trägheitsmomente  der  in 
der  Maschine  bezw.  im  Propeller  rotierenden 
Massen,  Ja  das  polare  Trägheitsmoment  des 
Wellenquerschnitts,  /  die  Länge  der  Welle  und 
C  den  Elastizitätsmodul  für  Schub  bezeichnet. 
Die  Periodenzahl  der  T angential dm cksch wan- 
kungen ergiebt  sich  direkt  aus  der  jeweiligen 
Tourenzahl  der  Maschine,  sie  ist  entweder  gleich 

,     -    oder   -  etc.    der    letzteren.      Wenn   hier 
I       I  I 

von  Schwankungen  schlichtweg  gesprochen 
wird,  so  sind  in  Wirklichkeit  damit  die  harmo- 
nischen, d.  h.  nach  dem  Sinusgesetz  verlaufen- 
den Kurven  gemeint,  in  welche  sich  jedes,  auch 
das  unrege Imässigste  Tangen  tialdmckdiagramm 
nach  Massgabe  des  F  o  u  r  i  e  r  sehen  Theorems 
zerlegen  lässt. 

Wir  nennen  diese  Kurven  in  der  Folge:  har- 
monische Grundkurven  L,  11.  und  III.  etc.  Ord- 
nung, je  nachdem  sie  die  selbe,  die  doppelte, 
dreifache  etc.  Periodenzahl  haben,  wie  die  Wel- 
lenumdrehungen. Weiterhin  wollen  wir  die 
Umdrehungszahlen  der  Maschinen  als  kritische 
I.,  IL,  III.  etc.  Ordnung  bezeichnen,  je  nach- 
dem die  Eigenschwingungen  erregt  werden 
durch  die  harmonischen  Grundkurven  I.,  II., 
III.  etc.  Ordnung, 

An  einem  Beispiel  möge  dieses  näher  er- 
läutert werden.  Die  Eigenschwingungszahl  der 
Welle  des  Einschraubendampfers  „Besoeki"  be- 
trägt nach  Rechnung:  252.  Dann  ist  die  kri- 
tische Tourenzahl 

I.  Ordnung  =       -  =  252 


II. 


126 


=  15?  ^ 

2 
-  252  ^ 

3 
2(;2 


Von  diesen  kritischen  Tourenzahlen  liegen  nur 
diejenigen  III.  und  IV,  Ordnung  in  dem  Be- 
reiche der  möglichen  Umdrehungen. 

Auf  der  Probefahrt  des  betreffenden  Dam- 
pfers ist  es  nun  gelungen,  fast  genau  bei  der 
kritischen  Tourenzahl  III.  Ordnung  83  die  vor- 
hin eingehend  beschriebenen  Versuche  vorzu- 
nehmen. Auf  derhier  aufgestellten  Tafel  I(Fig.  1) 
hat  das  Versuchsmaterial  Verarbeitung  gefunden, 
und  zwar  stellt  die  untere  Kurve  in  vergrösser- 
tem    Massstabe    die    Wellenverdrehungen    und 


Fig  a. 

zugleich  den  Verlauf  der  an  den  Propeller  ab- 
gegebenen Torsi onsmomente  dar. 

Die  Geschwindigkeiten  der  Welle  in  den 
Messflanschebenen  sind  oben  auf  der  Tafel  I 
als  Kurven  a  und  ö  abgetragen  und  erkennt 
man  sofort,  dass  einem  Maximum  in  der  vor- 
deren Flanschebene  genau  ein  Minimum  in  der 
hinteren  entspricht. 

Aus  den  Geschwindigkeitskurven  der  beiden 
Flanschen  lassen  sich  nun  diejenigen  in  einem 
beliebigen  Wellenquerschnitt  einfach  durch 
Interpolation  linden.  In  Fig.  2  sind  nach 
dieser  Methode  die  Kurven  fiir  die  mittlere 
Maschinen-  sowie  die  Propellerebene  ermittelt 
und  mit  punktierten  Linien  eingetragen.  Ferner 
ist  die  Geschwindigkeitskurve  für  denjenigen 
Wellenquerschnitt  punktiert  eingezeichnet,  wel- 
cher an  den  Schwingungen  nicht  teilnimmt. 
Bei  vollkommen  homogenen  Wellen  wurde 
dieser  Querschnitt,  wir  nennen  ihn  den  indif- 
ferenten Querschnitt,  mit  dem  Schwerpunkte  der 
Propellermasse  und  der  rotierenden  Maschinen- 
massen zusammenfallen,  während  seine  Lage 
bei  Wellen  mit  variablem  Durchmesser,  wie  es 
in  Wirklichkeit  immer  der  Fall  ist,  so  berech- 
net werden  muss,  dass  das  von  ihm  nach  vorn 
liegende  Wellenstück  mit  den  Maschinenmassen 
dieselbe  Eigenperiode  hat,  wie  das  nach  hinten 
gelegene  mit  der  Propellermasse. 

Sie  sehen  auf  den  ersten  Blick  an  der 
Grösse  der  Geschwindigkeits-  bezw,  Verdreh- 
ungsschwankungen, dass  das  ganze  System 
gewaltige  Schwingungen  ausführt,  die  sich 
an  der  im  Betriebe  befindlichen  Maschine 
dem  Auge  des  Beschauers  entzogen  und  welche 
erst  durch  die  Versuche  unter  Benutzung  der 
momentanen  Wirkung  des  elektrischen  Stromes 
ans  Licht  gezogen  werden  konnten.  Wie 
mächtig  die  Schwingungen  sind,  geht  am  klar- 
sten aus  dem  Verdrehungsdiagramm  hervor. 
Dasselbe  zeigt,  dass  die  Welle  während  einer 
Umdrehung  dreimal  bis  auf  circa  das  Dreifache 
des    mittleren    Wertes    angespannt    wird,    um 


486 


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77 


78 


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80 


A 


A 


A 


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V 


81 


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A 


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4 


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Versuch 


83 

Versuch 


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\ß 


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F  ig.  3- 


eben  so  oft  wieder  über  die  spannungslose 
Nulllage  bis  weit  ins  Negative  zurück  zu  schwin- 
gen. Sie  sehen  also,  dass  zeitweilig  sogar  ein 
Mitschleppen  der  Maschine  durch  den  Propeller 
erfolgt  und  dass  die  Welle  wechselnde  Bean- 
spruchungen erleidet,  die  weit  über  das  zu- 
lässige Mass  hinausgehen,  und  welche  bei  län- 
gerer Dauer  sehr  wohl  die  Ursache  von  Brüchen 
werden  können. 

Eine  offene  Frage  ist  nun  zunächst  die,  ob 
und  wie  weit  das  Auftreten  dieser  Schwingun- 
gen an  eine  bestimmte  Tourenzahl  gebunden 
ist.  Auch  hierüber  haben  uns  teils  die  Ver- 
suche, teils  theoretische  Berechnungen  Klar- 
heit gebracht.  Auf  Fig.  3  ist  für  den  Ein- 
schraubendampfer „Radames"  der  Verlauf  der 
Torsionsmomente  für  verschiedene  Tourenzahlen, 
und  zwar  von  ^^  ansteigend  bis  zu  der  kriti- 
tischen  III.  Ordnung,  welche  bei  83  liegt  und 
darüber  hinaus  bis  zu  89,  graphisch  aufge- 
tragen. 

Es  geht  aus  dieser  Darstellung  hervor,  dass 
es  eine  stark  ausgeprägte  kritische  Tourenzahl 
gar  nicht  giebt,  indem  die  Schwingungen  schon 
bei  den  nächst  niederen  bezw.  höheren  Touren- 
zahlen einen  bedrohlichen  Charakter  annehmen. 

Die  Konsequenzen,  welche  wir  hieraus 
ziehen,  bestehen  vor  allen  Dingen  darin,  bei 
Neuanlagen  die  Wellen  so  zu  dimensionieren, 
dass  die  kritischen  Tourenzahlen  der  Maschine 
um  mindestens  10  Umdrehungen  von  den  nor- 
malen entfernt  liegen. 

Von  Interesse  dürfte  noch  eine  lediglich  auf 
dem  Wege  der  Rechnung  erfolgte  Bestimmung 
des  Verlaufes  der  Torsionsschwankung  sein, 
deren  Ergebnisse  als  Kurve  Z  in  das  durch 
die  Versuche  gewonnene  Diagramm  auf  Fig.  2 
eingetragen  ist.  Man  sieht  aus  der  leidlich 
guten  Übereinstimmung  der  Kurven,  dass  es 
möglich  ist,  auch  auf  diesem  Wege  die  Tor- 
sionsschwankungen  sowohl  der  Grösse  als  der 
Phase  nach  mit  genügender  Genauigkeit  zu  be- 
stimmen.   Es  sei  dabei  allerdings  bemerkt,  dass 


die  Rechnung  ziemlich  zeitraubend  ist  und  von 
dem  sie  Ausftihrenden  einen  nicht  geringen 
Grad  von  Vertrautheit  mit  der  Theorie  der  er- 
zwungenen Schwingungen  verlangt. 

Auch  war  es  nötig,  bevor  die  Rechnung 
durchgeftihrt  werden  konnte,  das  bereits  er- 
wähnte Gesetz  der  Widerstandsänderungen  des 
Propellers  bei  Geschwindigkeitsschwankungen 
zu  bestimmen.  Für  eine  ganze  Reihe  von  Ma- 
schinenanlagen wurde  zu  diesem  Zwecke  unter 
Benutzung  des  Prinzips  von  d*Alembert  aus 
den  durch  die  Versuche  gewonnenen  Verdre- 
hungs-  bezw.  Geschwindigkeitskurven  die  Wider- 
standskurven des  Propellers  rückwärts  ermittelt 
und  gefunden,  dass  die  Widerstände  nicht,  wie 
man  bisher  glaubte  annehmen  zu  müssen,  mit 
dem  Quadrat,  sondern  durchschnittlich  mit  der 
3,8  Potenz    der  Geschwindigkeiten    schwanken. 

Dabei  stellte  sich  in  allen  Fällen  die  Not- 
wendigkeit heraus,  zu  den  berechneten  Massen- 
trägheitsmomenten des  Propellers  Zuschläge  in 
Höhe  von  20  bis  35  Proz.  zu  machen,  um  das 
Wasser  zu  berücksichtigen,  welches  von  den 
Flügeln  bei  der  Rotation  mitgerissen  wird. 

Der  Gang  der  rein  theoretischen  Rechnung 
ist  kurz  folgender: 

Zunächst  wird  das  Tangentialdruckdiagramm, 
welches  unter  Berücksichtigung  der  Beschleu- 
nigungen der  hin-  und  hergehenden  Massen 
aufgezeichnet  ist,  auf  dem  Wege  der  sogen, 
harmonischen  Analyse  in  die  harmonischen 
Grundkurven  zerlegt,  wie  es  beispielsweise  auf 
Tafel  II  für  den  S.  S.  „Besoeki"  geschehen  ist. 
Dann  wird  für  jede  einzelne  dieser  Grundkurven, 
welche  ja  harmonisch  schwingende  Kräfte  dar- 
stellen, das  Bewegungsgesetz  der  Welle,  und 
zwar  besonders  die  relativen  Verdrehungen  der 
beiden  Endquerschnitte  zu  einander  bestimmt, 
wobei  die  Dämpfungskonstante  für  den  Pro- 
peller aus  dem  oben  angedeuteten  Widerstands- 
gesetze zu  ermitteln  ist.  Aus  den  auf  diese 
Weise  gefundenen  Einzelbewegungen  findet 
man  die  wirkliche,    indem    man  jene   zu   einer 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  20. 


Resuhierenden  zusammensetzt,  welche  in  dem 
vorliegenden  Falle  durch  die  vorhin  erwähnte 
Kurve  Z  auf  Fig.  2  dargestellt  wird. 

Ich  möchte  noch  hervorheben,  dass  die  eben 
skizzierte  theoretische  Methode  tm  Prinzipe  be- 
reits in  dem  hervorragenden  Werke  „Dynamik 
der  Kurbelgetriebe"  von  Prof.  Lorenz-Göttin- 
gen  zur  Anwendung  empfohlen  worden  ist,  doch 
besteht  ein  wesentlicher  Unterschied  darin,  dass 
von  meiner  Seite  die  aus  dem  Widerstandsge- 
setz  sich  ei^ebende  Dämpfung  der  Propcller- 
bewegung, welche  besonders  in  der  Gegend 
der  kritischen  Touren  von  ausschlaggebendem 
Einfluss  ist,  Berücksichtigung  findet,  während 
in  dem  angezogenen  Werke  die  Dämpfung  ver- 
nachlässigt ist 

Es  ist  noch  meine  Absicht,  Ihnen  den  prak- 
tischen Gang  der  Versuche  an  einem  hier 
aufgestellten ,  der  Wirklichkeit  nachgebildeten 
Wellenmodell  zu  demonstrieren.  Vorher  möchte 
ich  jedoch  auf  zwei  Hil&mittel  aufmerksam 
machen,  deren  Konstruktion  und  Herstellung 
im  Laufe  der  Versuche  nötig  wurde. 

Es  ist  dies  zunächst  ein  Apparat  zur  direkten 
Feststellung  der  kritischen  Tourenzahl  an  einer 
im  Betriebe  befindlichen  Maschine.  Das  Prinzip 
desselben  besteht  kurz  darin,  dass  die  rela- 
tiven Schwankungen  einer  kleinen,  von  der  zu 
untersuchenden  Welle  angetriebenen  Schnur- 
scheibe gegenüber  einer  gleichmässig  rotieren- 
den Schwungmasse  durch  entsprechende  Me- 
chanismen auf  einen  Schreibstift  übertragen 
werden,  welcher  dieselben  auf  ein  bewegtes 
Papierband  aufschreibt.  Der  Apparat  leistet 
also  gewiss ermassen  dasselbe  für  die  Schwin- 
gungen rotierender  Wellen,  wie  der  bekannte 
Schlicksche  Pallograph  für  die  Vibrationen 
von  SchiRskörpern,  Die  praktische  Benutzung 
geschieht  in  der  Weise,  dass  man  die  Maschine 
allmählich  schneller  laufen  und  von  Umdrehung 
zu  Umdrehung  durch  den  Apparat  die  Torsions- 
schwankungen aufzeichnen  lässt.  Diejenige  Um- 
drehungszahl, bei  welcher  die  grössten  Schwan- 
kungen aufh'eten,  ist  dann  eine  kritische. 

Auf  diese  Weise  ist  es  mehrfach  gelungen, 
die  lediglich  durch  Rechnung  bestimmte  kritische 
Tourenzahl  zu  kontrollieren,  wobei  sich  immer 
eine  vorzügliche  Übereinstimmung  mit  der  Wirk- 
lichkeit ergeben  hat. 

Fig.  4  zeigt  beispielsweise  die  auf  dem 
Besoeki  mit  dem  Apparat  genommenen  Dia- 
gramme. 

Ein  weiteres  wichtiges  Instrument  ist  ein 
Tourenmesser  mit  Angabe  in  die  Ferne.  Die 
Neukonstruktion  eines  solchen  stellte  sich  als 
notwendig  heraus,  weil  die  bisher  bekannten 
Tachometer  an  einen  bestimmten  Aufstellungs- 
ort gebunden  sind,  der  sich  für  bequeme,  direkte 
Ablesung  meistens  nicht  eignet. 


Hg.  4. 

Die  neue  Tachometerkonstruktion  dürfte 
insofern  Ihr  besonderes  Interesse  erregen, 
als  bei  derselben  die  sogenannten  Resonanz- 
schwingungen, deren  schädliche  Wirkung  in  den 
Wellen  der  Schiffsmaschinen  wir  kennen  gelernt 
haben,  nutzbringende  Verwendung  gefunden 
haben. 

Ich  habe  hier  auf  dem  Tische  einen  sol- 
chen Apparat  aufstellen  und  an  eine  unserer 
mehrere  lOO  m  entfernten  Betriebsmaschinen 
anschliessen  lassen.  Sie  sehen  an  dem  Apparat 
(siehe  Figur  5)  neben  einer 
Skala  eine  Reihe  von  weis- 
sen Quadraten,  die  sich  von 

einem  dunklen  Hinter- 
grunde scharf  abheben. 
Diese  Quadrate  sind  in 
Wirklichkeit  die  Enden  von 
Stahlfedern  verschieden  ab- 
gestimmter Schwingungs- 
zahl, welche  auf  einer  elas- 
tisch befestigten  Oszilla- 
tion s  welle  montiert  sind. 
Diese  Welle  nun  wird  auf 
elektromagnetischem  Wege 
durch  Wechselströme,  die 
von  der  Maschine  aus  er- 
zeugt werden,  in  schwach 
oszillierende  Bewegungen 
versetzt ,  die  sich  sämt- 
lichen Federn  zwar  mit- 
teilen, aber  nur  diejenige 
zu  kräftigem  Ausschwingen 
bringt,  deren  Eigenperiode 
mit  der  momentanen  Pe- 
riode des  Wechselstromes 
übereinstimmt.  Sie  können 
an  dem  am  meisten  in  die 
Breite  gezogenen  Quadrat 
erkennen,  dass  die  ferne 
Betriebsmaschine  augen- 
blicklich 82  Umdrehungen  macht. 

Der  von  der  Maschine  bethätigte  kleine 
Wechselstromgenerator  besitzt  weder  Bürsten 
noch  Schleifringe,  er  wirkt  lediglich  durch  reine 
Induktion.  An  einem  hier  aufgestellten  gleich- 
artigen Motor  können  sie  die  Konstruktion 
studieren. 

Die   Zeit   erlaubt   es    mir   leider   nicht,    auf 


F'B-  S- 


488 


Physikalische  Zeitschrift.    3.  Jahi^fang.    No.  20. 


weitere  interessante  Einzelheiten,  die  mit  diesem 
neuartigen  Tourenmesser  zusammenhängen,  ein- 
zugehen. Ks  sei  mir  nur  gestattet,  darauf  hin- 
zuweisen, dass  derselbe  allem  Anschein  nach 
nicht  nur  für  wissenschaftliche  Untersuchungen, 
wie  im  vorliegenden  Fall,  sondern  vornehmlich 
auch  für  praktische  Zwecke  sehr  geeignet  und 
eventuell  berufen  ist,  eine  bisher  sehr  empfun- 
dene Lücke  im  Baue  von  elektrischen  Mess- 
apparaten auszufüllen. 

Nunmehr  möchte  ich  Ihnen  die  eingangs 
erwähnten  Versuche  vorführen.  (Folgt  Demon- 
stration mit  kurzen  Erläuterungen.) 

Bevor  ich  schliesse,  drängt  es  mich,  meiner 
Mitarbeiter  zu  gedenken  und  zwar  möchte  ich 
vornehmlich  Herrn  Regierungsbauführer  Dauner 
nennen,  der  mir  besonders  bei  der  zeichnerischen 
Verarbeitung  des  Versuchsmaterials,  von  dem 
ich  Ihnen  leider  nur  einen  winzigen  Bruchteil 
vorlegen  konnte,  wacker  beistand,  sowie  Herrn 
Lüdders,  den  praktischen  Vorstand  unserer 
elektrischen  Abteilung,  dem  die  Anfertigung  der 
Apparate  und  Instrumente  oblag. 

Sollte  es  mir  nun  gelungen  sein,  Ihnen  durch 
meine  Ausführungen  ein  auch  nur  ungefähres 
Bild  davon  gegeben  zu  haben,  wie  heutzutage 
auf  einer  modernen  Werft  auch  in  wissenschaft- 
licher Beziehung  gearbeitet  wird,  so  würde  ich 
den  Zweck  meines  Vortrages  als  vollkommen 
erreicht  ansehen. 

(Eing^fangen  14.  Mai  1902.) 

Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Bernstein,  Julias,  Die  Kräfte  der  Bewegung  in  der  leben- 
den Substanz,  gr.  8.  IV  u.  28  S.  1902.  Braunschweig, 
Friedrich  Vieweg  &  Sohn.     M.  — .80. 

Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1901.  Dar- 
gestdlt  yon  der  Deutschen  Physikalischen  Gesellschaft. 
57.  Jahrgang.  Erste  Abtheilung,  enthaltend  Physik  der 
Materie.  Kedigirt  von  Karl  Scheel,  gr.  8.  XXXIX  u. 
421  S.  1902.  Braunschweig,  Friedrich  Vieweg  &  Sohn. 
M.  17.—. 

Gleichen,  A.,  Lehrbuch  der  geometrischen  Optik.  Mit 
251  Figuren  im  Text.  gr.  8.  XIV  u.  511  S.  1902.  Leipzig 
und  Berlin,  B.  G.  Teubner.   Gebunden  M.  20. — . 


können  in  deutscher,  lateinischer,  französischer,  englischer  und 
italienischer  Sprache  abgefasst  sein  und  sind  bis  Ende  1904 
einzuliefern. 


Tagesereignisse. 

Die  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin 
hat  auf  ihrem  diesjährigen  Leibniztage  folgende  Preisaufgabe, 
die  neue  dieses  Jahres  um  den  5oooM.-Preis  gestellt:  „Nach  den 
übereinstimmenden  Ergebnissen  neuerer  Forschung  betrachtet 
man  die  Kathodenstrahlen  und  ebenso  dieBecquerel-Strahlen  als 
Schwärme  äusserst  schnell  bewegter  elektrisch  geladener  Par- 
tikel. Es  ist  wahrscheinlich,  dass  die  nämlichen  Partikel  auch 
bei  der  gewöholichen  Elektrizitätsleitung  in  Gasen  und  in 
Metallen,  ebenso  auch  bei  der  Emission  und  Absorption  des 
Lichtes  die  Hauptrolle  spielen.  Gewünscht  werden  neue,  mit 
theoretischer  Erläuterung  verknüpfte  Messungen,  wodurch  die 
Kenntnisse  von  den  Eigenschaften  jener  Partikel  in  wesent- 
lichen Punkten  erweitert  werden."     Die  Bewerbungsschriften 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Facbgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Andeningen  möglichst  bald 

Mitteilung  su  machen.) 

Der  Adjunkt  am  ersten  chemischen  La^  Oratorium  in  Wien 
Dr.  Rud  Wegscheider  wurde  zum  o.  Professor  der  Chemie 
an  der  Universität  Wien,  der  Primtdozent  der  Meteorologie  Dr. 
Trabert  in  Wien  zum  o  Professor  der  kosmischen  Physik 
in  Innsbruck,  der  Privatdozent  Dr.  Hillebrand  in  Wien  zum 
a.  o.  Professor  der  Astronomie  in  Graz,  die  Privatdozenteo 
der  Chemie  Dr.  E.  Roos- Freiburg  i.  Br,  und  Dr.  F.  Feist- 
Kiet  zu  Professoren,  der  Betriebschemiker  an  der  Bergakademie 
in  Freiberg  Schiffner  von  der  königl.  Muldener  Schmelx- 
hUtte  zum  a.  o.  Professor  fcir  Hüttenkunde,  der  Privatdozent 
Hir  Mathematik  an  der  Freiburger  Hochschule  Dr.  A.  H.  Löwy 
zum  a.  o.  Professor,  der  a.  o.  Professor  der  pharmazentischen 
Chemie  an  der  Universität  Berlin  Dr.  Thoms  zum  Leiter  der 
pharmazeutisch-chemischen  Universititsanstalt  in  Dahlem  er- 
nannt. 

Professor  Dr.  H.  Minkowski,  Dozent  für  höhere  Mathe  - 
matik  am  Züricher  Polytechnikum,  hat  einen  Ruf  an  die  Uni- 
versität Göttingen,  der  Professor  der  analytischen  Chemie 
Wilhelm  Wislicenus  in  Würzburg  einen  Ruf  als  o.  Pro- 
fessor an  die  Universität  Tübingen  angenommen. 

Der  Professor  der  Chemie  Dr.  A.  Werner-Zürich  und  der 
a.  o.  Professor  für  Chemie  an  der  Universität  München  Dr. 
Karl  Hofmann  erhielten  einen  Ruf  nach  BaseL 

Der  König  von  England  hat  aus  Anlass  der  Krönung 
einen  neuen  Verdienstorden  gestiftet  und  zunächst  la  Mitglieder 
desselben  ernannt,  darunter  die  Männer  der  Wissenschaft  Lord 
Rayleigh  und  Lord  Kelvin. 

Das  Kuratorium  der  Jubiläumsstiftung  der  deutschen 
Industrie  beschloss,  Professor  Slaby  zur  Förderung  seiner 
Versuche  über  Funkentelegraphie  20000  M.  und  Professor 
Linde  fUr  Versuche  zum  Studium  der  Ausflusserscheinungen 
der  Gase  10000  M.  zu  Überweisen. 

Dem  Professor  der  Physik  an  der  technischen  Hochschule 
in  Karlsruhe  Dr.  Otto  Lehmann  wurde  der  Titel  Geheimer 
Hofrat  verliehen. 

An  der  technischen  Hochschule  in  Berlin  habiUtierte  sich 
der  Realgymnasial  -  Oberlehrer  Dr.  Gleichen  für  Ph>'sik,  an 
der  technischen  Hochschule  in  Karlsruhe  der  Ingenieur  K. 
Kriemler  fiir  technische  Mechanik,  an  der  königl.  Berg- 
akademie zu  Freiberg  der  Assistent  am  chemischen  Labore- 
rorium  Hütteningenieur  Dr.  phil.  TheodorDöringfUr  Chemie, 
an  der  technischen  Hochschule  Karlsruhe  Dr.  Paul  Ettner 
für  chemische  Technologie,  an  der  Universität  Marburg  der 
Regierungsrat  am  Patentamt  Professor  Dr.  A.  Reissert  für 
Chemie,  an  der  Universität  Heidelberg  Dr.  Weber  für  Physik, 
an  der  technischen  Hochschule  in  Berlin  Dr.  Arndt  für  physi- 
kalische Chemie. 

An  Stelle  des  erkrankten  Professor  Dr.  Leopold  Gegen- 
bauer an  der  Universität  Wien  wird  Professor  Dr.  Tauber 
für  das  Sommersemester  über  Elemente  der  Differential-  und 
Integralrechnung  lesen. 

Abgelehnt  hat  der  a.  o.  Professor  Dr.  Disteli  in  Karls- 
ruhe den  Ruf  auf  den  ordentlichen  Lehrstuhl  der  darstellenden 
Geometrie  an  der  technischen  Hochschule  in  Wien,  der  Pro- 
fessor der  Mathematik  an  der  Universität  Göttingen  Dr.  Hilber  t 
den  an  ihn  ergangenen  Ruf  an  die  Berliner  Universität  und 
Professor  Beckmann  in  Leipzig  den  Ruf  als  Leiter  der  in 
Dahlem  neu  erbauten  pharmazeutisch-chemischen  Anstalt. 

Gestorben  sind  der  frühere  Minister  Astronom  Faye  von 
der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Paris,  der  o.  Professor 
der  Physik  Dr.  Pier  Maria  Garibaldi  in  Genua,  der  Pro- 
fessor der  Mathematik  an  der  technischen  Hochschule  zu  Karls- 
ruhe Hofrat  Dr.  Schröder,  der  Professor  der  Chemie  an 
der  Universität  Edinburgh  Iveson  Macadam  (von  einem 
Portier  der  Universität  erschossen). 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöttingen.  ~  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Dnick  von  August  Pries  in  Leipzig. 


^ 


FUBIlLLIrFArvV 


Physikalische  Zto|QhRiFT 


No.  21. 


Originalmitteiiangen : 

J.  J.Taudin  Chabot,  Eine  neue  Fall- 
maschine.     S.  489. 

E.  Baur  und  Th.  Portius,  Über  die 
photographische  Wirkung  von  Silber 
und  Halbbromsilber  in  Bromsilber- 
Emulsion.     S.  491. 

Th,  Tommasina,  Über  Strahlungs- 
induktion.    S.  495. 

Th.  Tommasina,  über  das  Vor- 
handensein von  reflektierbaren  Strah- 


I.  August  1902. 

RedAktiontschluss  flir  No.  aa  am  6.  August  190a. 

INHALT. 

I  len  in  der  von  einer  Mischung  von 

I  Radium-    und   Bar3nimchlorid    aus- 

gesandten Strahlung.     S.  497. 

P.  Lewis,  Die  Spektren  kathodisch 
leuchtender  Metalldämpfe.     S.  498. 

A.  Wehnelt,  Über  die  freie  Elek- 
trizität im  dunklen  Kathodenraume. 
S.  501. 

J.  Stark,  Einfluss  des  Elektroden- 
metalles  auf  die  Anfangsspannung. 
S.  504. 


3.  Jahrgang. 


J.  Stark,  Der  sogenannte  Übergangs- 
widerstand der  Funkenentladnng. 
S.  507. 

Be8preohungen: 

G.  B  igourdan.  Das  metrische  System 
der  Gewichte  und  Masse.     S.  509. 

Ch.  Ed.  Guillaume,  Die  Meterkon- 
vention und  das  Internationale  Ge- 
wichts-   und   Massbureau.     S.    511. 

Eingegangene  Schriften.    S.  512. 
Personalien.    S.  512. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Eine  neue  Fallmaschine. 
Von  J.  J.  Taudin  Chabot. 

Unter  den  Einzelheiten,  welche  sich  an  der 
von  Poggendorff  eingerichteten  Fallmaschine 
oder  Wage  beobachten  lassen,  nennt  derselbe 
an  erster  Stelle  '):  „Die  Zu-  oder  Abnahme  des 
Gewichtes  eines  einzigen  Körpers,  je  nachdem 
er  gehoben  oder  gesenkt  wird.*'  Dieser  Satz 
ist  offenbar  in  dem  Sinne  zu  deuten,  dass  die 
Gewichtsänderung  besteht,  solange  eine  Be- 
wegungsvariation vorsieh  geht,  und  zwar  als 
Funktion  des  Inkrements  der  Geschwindigkeit; 
erscheint  das  Inkrement  konstant,  so  erhält 
gleichfalls  die  Gewichtsänderung  einen  kon- 
stanten Wert,  unterliegt  es  auch  seinerseits 
einem,  sei  es  gleichförmigem  oder  ungleichför- 
migem, positivem  oder  negativem  Wachstum, 
so  wechselt  die  Gewichtsänderung  ihre  Grösse. 

Diese  Verhältnisse  —  in  den  noch  immer  selte- 
nen Fällen,  dass  sie  überhaupt  Beachtung  finden 
—  werden  erkennbar,  wenn  man,  wie  es  eben 
Poggendorff  bekanntlich  that,  Atwoodsche 
Fallmaschine  und  Wage  geeignet  kombiniert: 
die  Schnur  zum  Anhängen  der  Fallkörper  läuft 
über  zwei  Rollen,  befindlich  je  am  Ende  und 
in  der  Drehachse  eines  Wagebalkens,  dessen 
anderes  Ende  eine  Tariervorrichtung  trägt.  Ein- 
tretender positiver  Fall  (Abwärtsbewegung)  über 
die  Rolle  am  Wagearmende  verursacht  ein 
Steigen,  eintretender  negativer  Fall  (Aufwärts- 
bewegung) ein  Sinken  dieses  Armes  —  beide 
Male  als  Ausdruck  statthabender  positiver  Ac- 
celeration.  Führt  man  die  positive  in  eine  nega- 
tive Beschleunigung  über  — ,  etwa  indem  man 
das  am  Schnurende  über  der  Mittelrolle  hängende 
Gewicht  in  Form  einer  Aluminiumplatte  nach 
Zurücklegen  einer  gewissen  Bahnstrecke  einen 


mehr  oder  weniger  kräftigen  Magnetkreis  recht- 
winklig schneiden  lässt  —  so  muss  im  Augen- 
blicke, wo  der  Wert  des  Inkrements  der  Ge- 
schwindigkeit durch  Null  geht,  der  Wagebalken 
zur  Ruhe  kommen,  um,  sogleich  wenn  die  Ac- 
celeration  negativ  geworden  ist,  nach  der  ent- 
gegengesetzten Seite  wie  vorhin  auszuschlagen. 

Aus  dem  engen  Wirkungsbereich  der  Fall- 
mascbinen  üblicher  Konstruktion  —  im  Hin- 
blicke zunächst  auf  den  letztbezeichneten  Ver- 
such, der  sich  nicht  ohne  weiteres  ausführen 
lässt  —  tritt  nun  das  nachfolgend  beschriebene 
Instrument  heraus:  es  will  die  Beobachtung  nach 
zwei  Seiten  gleich  bequem  gestalten  und  sie 
von  zeitlicher  Beschränkung  infolge  des  Ablaufes 
einer  Schnur  befreien. 

Zwei  Rotationskörper,  einzeln  drehbar  um 
die  Achsen  m  und  fn\ ,  Fig.  i ,  gemeinsam  und  in  un- 


i)  Pogg.  Ann.  92,  181,  1S54,  nach  den  Monatsberichten 
der  Berl.  Akad.,  Nov.  1853. 


Fig.   I. 

veränderter  gegenseitiger  Achsenlage  um  M^ 
äquidistant  zwischen  ;;/  und  ;;/j ,  stehen  mit  einer 
dritten  Masse,  AU ,  in  Schwerkraftwechselwirkung. 
Rotieren  erstgemeinte  beide  Ma.ssen,  so  nähert 
.sich  kontinuierlich  von  jeder  die  eine  Hälfte  der 
dritten  Masse,    entfernt  sich   die  andere  Hälfte 


490 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^ng.     No.  21. 


von    ihr:    folglich    ist    Einleiten    der   Rotation,   ] 
d.    h.    Erzeugen    einer    beschleunigten    Beweg-   ; 
ung,     wenn     beiderseits    gleichsinnig,    für    das 
Doppelsystem  m — w,,  äquivalent  einer  Schwer-  ; 
Punktsverschiebung,  die  bei  jedem  Winkel  zwi-  1 
sehen  den  Geraden  w/jl/»«,   und  ß/ M,   normal   | 
zu  dieser  letzten,    mithin  in  einer  Niveauflache  : 
des  Schwerkraftfeldes,    sich    erstreckt.     Hieraus  | 
erhellt,  dass  bei  unverändert  er  Lage  des  Drehungs-   1 
mittelpunktes  J/  relativ  zu  ui  und  zu  tu,    eine 
eigene  Rotation  des  Doppelsystems  als  Ganzes 
in  die  Erscheinung  treten  miiss:    es  umkreisen 
die  Massen  /»  und  w/,    einander  so  lange,    wie 
die   positive  oder   negative  Beschleunigung  der 
eigenen  Achsendrehung  einer  jeden  von  ihnen 
fortbesteht.  Ist  diese  Beschleunigung  gleichförmig 
^  wenn  negativ,  etwa  indem  die  Rotation,  ein- 
maligem Anstosse  entsprungen,  durch  Reibung 
allmählich  gedämpft  wird  — ,  so  resultiert  eine 
konstante  drehende  Kraft,  welche  ihrerseits  eine 
gleichförmig  beschleunigte  Rotation  des  Doppel- 
systems   bewirkt,    d.  h.    die  Dauer   eines    Um- 
laufes seiner  Komponenten,    »«  und  Wi,  zuneh- 
mend    verkürzt.     Die    Umlaufsgeschwindigkeit 
erreicht  ein  Maximum  im  Augenblicke,  wo  die 
Achsendrehungsgeschwindigkeit      der      beiden 
Massen  Null  wird,    und  es  hängt  lediglich  von 
der  relativen  Grösse  der  /;/  und  OT|   zusammen- 
haltenden Kraft    ab,    ob  diese  Massen    in   dem 
Augenblicke  auseinanderstreben,    d.  h.    ob  das 
zweigliedrige  System  m — i'i,   sich  dann  auflöst, 
bezw.  das  dreigliedrige  tn — in,—M,  seine  Kon- 
figuration ändert,  oder  nicht.  —  Ungleichsinnige 
Acbsendrebung  der  Koniponenten  des  Systems 
tn — »«1  veriangt  einerseits  positive  Acceleration, 
andererseits    negative   —    bezw.    allgemein   un- 
gleiche  —   Beschleunigungen,    damit   der   Um- 
lauf des  Systems  als  Ganzes  zu  stände  kommt. 
DerabgebildeteApparatFig,2diirftejetztohne 
weiteres    verständlich   sein:    er  gestattet  die  in 


Fig.  2. 

gleichen  Richtungen  von  Hand  bewirkten  Rota- 
tionen um  /«  und  ;«,  positiv  oder  negativ  zu 
beschleunigen,  folglich,  bei  Schwerkraftwechsel- 
wirkung mit  Erde,  das  Doppelsystem  als  Ganzes 


im  einen  oder  im  anderen  Sinne  in  Umdrehung 
zu  versetzen. 

Damit  auf  diese  Drehung  nicht  die  in  der 
Figur  kennbaren  schrägen  Ubertragungsachsen 
durch  das  Mittel  der  Lagerreibung  Einfluss  üben, 
haben  dieselben  entgegengesetzte  Drehrichtun- 
gen, während  einerseits  eine  kleine  Zahnrad- 
übersetzung dennoch  gleichsinnige  Rotation  der 
beiden  Massen,  ßleischeiben,  gewährleistet.  — 
Die  Entfernung  »1  A/=  tiij  M  lässt  sich  ver- 
schieden einstellen;  demnach  sind  die  Über- 
tragungsachsen ausziehbar  und  mit  je  zwei 
Cardaniscfaen  Gelenken  versehen,  wobei  zu 
beachten,  dass  jedes  Gelenkepaar,  soll  die  Be- 
wegungsübertragung gleichförmig  sein,  den 
spiegclbtldartigen  gegenseitigen  Stand  seiner 
zwei  Elemente  verlangt  (andernfalls,  bei  ver- 
schränktem gegenseitigem  Stande,  muss  eine 
gleichförmige  Bewegung  bei  solcher  Ubertrag'ung 
zu  einer  ungleichförmigen,  wenn  auch  gesetz- 
mässig  schwanketiden  werden,  die  Gleichförmig- 
keit wird  erst  wieder  nach  einer  Übersetzung 
elliptischer  Zahnräder  zu  erreichen  sein). 

Den  Gesamtkomplex  der  Erscheinungen 
erschöpfend  zu  zeigen,  reicht  indessen  auch  das 
beschriebene  Modell,  bei  dem  ich  Wert  auf 
einfachen  Bau  und  Antrieb  mit  der  Hand  legte, 
noch  nicht  aus;  dazu  muss  wohl  die  Elektrizität 
als  Triebkraft  gewählt,  müssen  Elektromotoren 
verwendet  werden.  Vorausgesetzt,  dass  sodann 
nicht  der  Beobachtenden  sich  das  Empfinden 
bemächtigt,  irgend  eine,, geheimnisvolle"  Wirkung 
eben  der  Elektrizität  sei  im  Spiele,  werden  auf 
diesem  Wege  die  Versuche  besonders  instruktiv 
sein. 

Das  Instrument  bestünde  aus  weiter  nichts, 
als  aus  zwei  selbstangehenden,  eventuell  mit 
Schwungrädern  ausgestatteten  Synchronmotoren, 
je  am  Ende  eines  vollständig  im  Kreise  dreh- 
baren Wagebalkens,  für  jede  Neigung  genau 
äquilibriert  und  über  Schleifkontairte  oder  Rollen 
(etwa  die  Antifriktionsrollen  zur  Achsenlagerung 
des  Wagebalkens)  mit  den  ruhenden  Stromkrcis- 
teilen  kommunizierend.  Die  zwei  Kreise  mögen 
von  einer  Glcichstromquelle  abgezweigt  sein  über 
drehbare  Kommutatormechanismen,  welche  man 
mit  gleichen  oder  ungleichen  Beschleunigungen, 
in  gleichen  oder  ungleichen  Richtungen  drehen 
kann.  Entsprechend  der  jeweiligen  Kombination, 
der  die  rotierenden  Massen  der  Elektromotoren 
folgen  müssen,  wird  die  Bewegung  des  Wage- 
balkens sich  gestalten. 

Verbindet  man  schliesslich  mit  jedem  Kom- 
mutator eine  Vorrichtung,  welche  die  Um- 
drehungsgeschwindigkeit, somit  auch  die  Ge- 
schwindigkeit der  Achsendrehung  einer  jeden 
von  beiden  äquilibrierten  Massen,  als  lineare 
Grösse  zum  Ausdrucke   bringt '),   so  wird  dem 


>)  Vgl   , 


e  MiUeiluDg  in  dieser  Z.  3,  331,  1903^  , 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


491 


Umlaufe  dieser  Massen  umeinander,  bezw.  der 
Rotation  des  Doppelsystems  als  Ganzes,  stets 
eine  Variation  jener  beiden  Grössen  entsprechen, 
und  zwar  wird  bei  konstanter  Differenz  der 
beiden  Grössen  die  Achsendrehung  der  Massen 
beiderseits  gleiche,  bei  inkonstanter  ungleiche 
Richtung  haben. 

lässt  sich  .  .  ,  .,  bei  bekanntem  Werte  für  g^  die  Touren- 
zahl T  nach  Gleichung  (3)  durch  einfache  Längenmessung 
bestimmen.** 

Degerloch  (Wttbg.),  den  13.  Juni  1902. 

(Eingegangen  iS.  Juni  1902.) 


Über  die  photographische  Wirkung  von  Silber 
und  Halbbromsilber  in  Bromsilber-Emulsion. 

Von  E.  Baur  und  Th.  Portius. 

§  I .  Es  ist  bekannt,  dass  eine  photographische 
Platte  an  Empfindlichkeit  gewinnt,  wenn  sie 
einer  geeigneten,  schwachen,  diffusen  Vorbelich- 
tung ausgesetzt  wird.  Auch  sind  die  überreifen 
schieiernden  Gelatine-Emulsionen  überaus  hoch- 
empfmdlich. 

Wird  anerkannt,  dass  das  primäre  Einwir- 
kungsprodukt des  Lichtes  auf  die  photographische 
Platte  in  Halbbromsilber  besteht,  so  wird  man 
auch  die  Reifung  (abgesehen  von  der  notorischen 
Kornvergrösserung)  als  eine  beginnende  Reduk- 
tion zu  Halbbromsilber  zu  betrachten  haben. 
Es  entsteht  nun  die  experimentelle  Aufgabe, 
nachzuweisen,  dass  eine  Bromsilber-Emulsion, 
welche  absichtlich  mit  einer  dosierten  Menge 
Halbbromsilber  versetzt  wurde,  in  der  That 
empfindlicher  ist  als  eine  sonst  gleiche  Platte, 
welche    bestimmt   kein  Halbbromsilber  enthält. 

Zur  Lösung  dieser  Aufgabe  haben  wir  Ver- 
suche mit  Kollodion-Emulsionen  angestellt,  über 
die  wir  im  folgenden  berichten  wollen.  Wir  be- 
beschränkten uns  auf  Kollodion-Emulsion,  um 
die  unkontrollierbare  Einwirkung  der  Gelatine 
auf  Bromsilber  auszuschalten. 

§  2.  Es  gelingt,  kolloides  Silber  in  Kollodion 
aufzulösen,  wenn  man  das  aus  Silbernitrat  mit 
Natriumeitrat  in  bekannter  Weise  gefällte  und 
mit  absolutem  Alkohol  gewaschene  Gel  des 
Silbers  in  wenig  Wasser  aufnimmt,  dann  soviel 
Alkohol  und  Äther  zusetzt,  als  die  Lösung, 
ohne  gefällt  zu  werden,  verträgt,  und  schliess- 
lich Kollodion  zusetzt.  Man  kann  sich  so  un- 
schwer ein  Silberkollodion  herstellen  mit  einem 
Gehalt  von  0,2  Proz.  Silber.  Diese  Lösung  ist 
purpurrot  und  vollkommen  beständig. 

Das  Silberkollodion  versetzten  wir  dann  mit 
einer  frisch  bereiteten  Lösung  von  Brom  in 
Alkohol  und  bemassen  dabei  die  Menge  des 
Broms  so,  dass,  auf  Bromsilber  berechnet,  i  Proz. 
Silber  im  Überschuss  blieb.  Es  entstand  dabei 


eine  kolloide  Lösung  einer  Mischung  von  Brom- 
Silber  mit  Halbbromsilber,  die  wir  ferner  als 
Photobromid-KoUodion  bezeichnen  wollen.  Die 
Lösung  ist  von  rein  violetter  Farbe  und  ebenso 
beständig  wie  das  Silberkollodion. 

Das    chemische    Verhalten    solcher    Photo- 
bromidlösungen  ist  in  einigem  bemerkenswert. 
Setzt  man  Brom  im  Überschuss  zu,  so  vergehen 
mehrere  Stunden,  bis  (im  Dunkeln)  die  Lösung 
durch  völlige  Überführung  des  Halbbromids  in 
Bromsilber  weiss  geworden  ist.     Dasselbe  kon- 
statiert man  an  wässeriger  Photobromidlösung, 
welche  aus  wässerigem  Silbersol  und  Bromwasser 
herzustellen  ist.     Die  Bildung  des  Bromsilbers 
aus  Agi  Br  gehört  demnach  zu  den  langsamen 
Reaktionen.  ^)  Dieser  Umstand  scheint  von  Wich- 
tigkeit für  die  Konservierung  des  Lichteindruckes 
in  der  photographischen  Platte.     Das  im  Licht 
abgespaltene  Brom  findet  nach  Schluss  der  Ex- 
position genügend  Zeit,    um  wegzudiffundieren, 
ehe   es   vom  gebildeten  Halbbromid   resorbiert 
wird.  Es  ist  dies  wohl  insofern  von  Wichtigkeit, 
als  die  Bindung  des  Broms  durch  Gelatine  wohl 
auch    nicht   momentan  verläuft,    und  weil    eine 
gewisse  Zeit  nötig  ist,    um  das  Brom  aus  dem 
Inneren    des   Bromsilberkornes   nach    der   um- 
gebenden Gelatine  gelangen  zu  lassen. 

Versetzt  man  wässerige  Photobromidsol  mit 
verdünnter  Gelatinelösung  und  bewahrt  die 
Mischung  im  Dunkeln,  so  nimmt  man  im  Ver- 
lauf von  einigen  Wochen  eine  Entfärbung  der 
violetten  Lösung  wahr.  Sie  geht  in  ein  grau- 
stichiges  Weiss  über,  indem  offenbar  das  Halb- 
bromsilber durch  die  Gelatine  zu  Silber  redu- 
ziert wird.  Die  Langsamkeit  dieses  Vorganges 
legt  den  Schluss  nahe,  dass  eine  belichtete 
Bromsilber-Gelatineplatte  nicht  Silber,  sondern 
Halbbromsilber  enthalte,  und  dass  ersteres  nur 
in  Platten  anzunehmen  sei,  welche  nach  der 
Belichtung  unentwickelt  längere  Zeit  gelagert 
haben. 

Zusatz  von  Eisenvitriol  zu  Photobromidsol 
reduziert  dasselbe  nicht;  dagegen  tritt  auf  Zusatz 
von  Natriumacetat  zum  Eisenvitriol  in  wenigen 
Augenblicken  eine  totale  Reduktion  des  Photo- 
bromids  zu  kolloidem,  in  der  Durchsicht  braun- 
gelbem, in  der  Draufsicht  absinthgrünem, 
Silber  ein. 

Setzt  man  etwas  Photobromid-KoUodion  in 
einem  Reagensglase  so  lange  dem  Tages-  oder 
Sonnenlichte  aus,  bis  dasselbe  genügend  erstarrt 
ist,  um  durch  geeignetes  Schütteln  dem  Reagens- 
glas als  Gallertcylinder  entnommen  werden  zu 
können  und  führt  einen  Querschnitt  durch  den 
letzteren,  so  sieht  man  das  Photobromid  im 
Inneren  des  Cylinders  zu  Bromsilber  oxydiert, 
indem  im  Licht  abgespaltenes  Brom  vom  Lichte 
weg    ins  Innere  wanderte    und    dort   gebunden 

i)  V'crgU  Luther,  Z.  f.  phys.  Chem.  80,  659. 


492 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2r. 


wurde.  Die  Erscheinung  bildet  ein  Analogen  zu 
dem  Versuche  von  ScholP)  mit  einer  Jodsilber- 
Silberplatte. 

Photochloridlösungen  haben  eine  mehr  rot- 
violette Farbe  und  verhalten  sich  sonst  dem 
Photobromid  entsprechend.  —  Versetzt  man 
Silbersol  mit  wässeriger  Jodlösung,  so  bemerkt 
man  keinen  Farbenumschlag,  der  auf  ein  Halb- 
jodsilber schliessen  Hesse,  auch  tritt  die  Ver- 
zögerung in  der  Aufnahme  der  letzten  Prozente 
Halogen,  wie  sie  für  das  Photobromid  oben 
beschrieben  wurde,  hier  nicht  ein. 

Photobromid-Kollodion  lässt  sich  durch  Ein- 
giessen  in  Wasser  ausfällen  und,  nachdem  es 
getrocknet  ist,  in  Äther-Alkohol  leicht  zu  der- 
jenigen Konzentration  auflösen,  wie  es  für  den 
Guss  genügend  dichter  photographischer  Platten 
erforderlich  ist. 

So  hergestellte  Platten  sind  natürlich  in 
photographischen  Entwicklern  ohne  Belichtung 
entwickelbar.  Unter  dem  Mikroskope  zeigen  sie 
vor  und  nach  der  Entwickelung  die  gleiche  fein- 
kömige  Textur,  wie  sie  auch  bei  feinen,  unge- 
reiften  Bromsilber-Emulsionen  vorkommt. 

§  3.  Es  war  nun  ursprünglich  unsere  Absicht, 
mit  dem  Gehalt  von  dergleichen  synthetisch  her- 
gestellten Photobromiden  an  Agi  Br  allmählich 
soweit  herabzusteigen,  dass  photographisch 
brauchbare  Platten  entstünden.  Die  Platten 
mussten  dazu  weniger  Halbbromid  enthalten, 
als  ihnen  durch  eine  geringe  Belichtung  zuge- 
führt wird. 

Von  diesem  Vorhaben  mussten  wir  indessen 
Abstand  nehmen,  denn  es  wären  dazu  Versuche 
im  grossen  nötig  geworden,  angestellt  mit 
vielen  Litern  Silberlösung,  da  das  Brom  bis  auf 
Vi  000  Proz.  des  angewandten  Silbers  genau  hätte 
dosiert  werden  müssen. 

So  wenigstens  liess  sich  aus  Versuchen 
schliessen,  die  zur  Schätzung  der  Menge  Halb- 
bromsilber dienen  sollten,  welche  in  einem  ge- 
gebenen Bromsilberkorn  durch  eine  gegebene 
Belichtung  entsteht,  und  die  wir  folgendermassen 
anstellten. 

Von  einem  Photobromid-Kollodion,  welches 
0,03  gr  Ag'iBr  (und  die  sofache  Menge  AgBr) 
pro  ICX)  cc  enthielt,  stellten  wir  uns  Verdün- 
nungen her,  die  in  Zehnerpotenzen  fortschritten 
bis  zu  0,00003  &r  Agißf'  pro  100  cc  Lösung. 
Von  diesen  Verdünnungen  wurden  dann  je  i  cc 
zu  10 cc  Albertscher  Rohemulsion  gesetzt  und 
mit  diesen  Mischungen  Platten  gegossen,  welche 
dann  unter  einem  Skalenphotometer,  bestehend 
aus  I  bis  12  Lagen  Seidenpapier,  in  2  m  Ab- 
stand dem  Lichte  eines,  bis  auf  ein  Fenster  von 
I  qcm  abgeblendeten,  Auer-Glühlichtes  exponiert 
wurde. 

i)  Wied.  Ann.  68,  149. 


Das  Ergebnis ')  war  folgendes: 


No. 


Sichtbare  Photoinetergnide 


Plattensorte 


30  Sek. 
Expos. 


10  Sek. 
Expos. 


I 

Rohemulsion  -|- 10% 

kein 

*      Äther- Alkohol 

12 

Schleier 

6 

2 

Rohemulsion -f-  10% 

kein 

i  Photobromido.00003 

12 

Schleier 

4 

3 

Rohemulsion  4-  10% 

leichter 

Photobromid  0.0003 

II 

Schleier 

keine 

4 

Rohemulsion  -f- 10%  1 

starker 

t  Photobromid  0.003 

keine 

Schleier    ' 

keine 

Es  übertrifft  also  bereits  in  Nr.  3  der  durch 
den  Zusatz  hervorgerufene  Schleier  jene  Schwär- 
zung, welche  durch  das  auf  dem  Photometer- 
abschnitt 1 2  auffallende  Licht  bewirkt  wird  und 
welche  auf  Platte  Nr.  i  und  Nr.  2  sichtbar  ist, 
so  sehr,  dass  ein  Unterschied  zwischen  der 
Licht-  und  Schattenpartie  sich  nicht  mehr  er- 
kennen lässt. 

Setzt  man  den  Gehalt  der  Albertschen 
Rohemulsion  zu  4gr  AgBr  pro  ICX)  cc,  so  kam 
in  unserer  Platte  Nr.  3  auf  4  gr  AgBr  0,00003  gr 
Ag<iBr^  also  nicht  ganz  Vi  00  000  •  Diese  Menge 
ist  bereits  grösser,  als  die  durch  die  Belichtung  des 
Photometerabschnittes  1 2  erzeugte  Menge  Ag^  Br, 
Die  herzustellenden  synthetischen  Emulsionen 
aus  Brom  und  Silber  hätten  also  zur  Entscheidung 
der  eingangs  gestellten  Frage  Gehalte  an  Halb- 
bromsilber von  ^/loooo  bis  Vi  000000  des  Brom- 
silbers enthalten  müssen,  was  man  nur  durch 
Verarbeitung  verhältnismässig  bedeutender  Men- 
gen erreichen  kann.  Wir  schlugen  daher  einen 
anderen  Weg  ein,  allerdings,  wie  wir  gleich 
bemerken    wollen,    ohne    entschiedenen   Erfolg. 

§  4.  Zuvor  noch  eine  Bemerkung  zu  den 
obigen  Versuchen.  —  Der  in  der  vorstehenden 
Schätzung  enthaltene  Schluss  von  dem  Schwär- 
zungsgrade einer  Platte  auf  die  durch  die  Belich- 
tung entstandene  Menge  Halbbromsilber  ist 
nicht  streng.  Denn  dieser,  der  Schwärzungs- 
grad, ist  noch  abhängig  von  der  Komgrösse 
des  Bromsilbers.  Es  wird  nämlich  von  zwei 
ungleich  grossen  Körnern,  welche  beide  die 
gleiche  Menge  Halbbromsilber  enthalten,  das 
grössere  auch  die  grössere  Schwärzung  im  Ent- 
wickler geben,  wenn  nur  hinlänglich  lange  ent- 
wickelt wird.  Die  Hochempfindlichkeit  grob- 
kömiger  Emulsionen  ist  offenbar,  abgesehen 
auch  von  der  besseren  Lichtabsorption,  dadurch 
bedingt,  dass  in  ihnen  eine  kleinere  Menge 
Halbbromsilber  hinreicht,  um  eine  bestimmte 
Schwärzung  im  Entwickler  zu  erzeugen,  als  in 
feinkörniger  Emulsion. 

Vorbehaltlich  dieser  Unbestimmtheit  wird 
man  nun  aus  dem  Vergleich  von  Nr.  2  und  Nr.  3 
folgern,  dass   Vi  000000  Ag^Br  (bezogen  auf  das 

i)  Entwickelt  wurde,  hier  wie  im  folgenden,  je  5  Minnten 
lang  mit  dem  Hydrochinonentwickler  fiir  Dr.  Alberts  Kollo- 
dion-Emulsion,  siehe  Schmidts  Kompendium,  Karlsruhe 1 891. 


Physikalische  Zeitschrift.     5.  Jahrgang.     No.  21. 


493 


Bromsilber)  nicht  entwickelbar  ist,  und  dass  die 
Lichtrnenge,  die  auf  den  Photometerabschnitt  1 2 
fiel,  mehr  Halbbromsilber  entstehen  Hess,  als 
Vi  000000  und  weniger  als  Vjooooo-  In  den  Ab- 
teilungen I  bis  1 1  auf  Nr.  3  ist  die  im  Lichte 
gebildete  Menge  Halbbromsilber  bereits  gross 
gegen  die  im  vorhinein  zugesetzte  und  daher 
auch  gross  gegen  die  Schwellenmenge,  welche 
eben  hinreicht,  um  den  geringsten  photogra- 
phischen Effekt  zu  erzeugen.  Darauf  werden 
wir  alsbald  nochmals  zurückkommen. 

Eine  Sensibilierung  der  Platten  Nr.  2  bis  4 
ist  nicht  eingetreten,  wie  am  besten  aus  den 
10- Sekunden  -  Expositionen  hervorgeht.  Die 
Platten  Nr.  2  und  Nr.  3  hätten  sonst  mehr  Photo- 
meterzahlen erscheinen  lassen  müssen  als  Nr.  i. 
Eine  derartige  Wirkung  war  auch  nicht  erwartet 
worden.  Denn  das  zugesetzte  Halbbromid  war 
ja  in  den  Platten  räumlich  getrennt  vorhanden 
von  den  Bromsilberkörnern  der  Emulsion,  so 
dass  eine  Beeinflussung  der  letzteren  durch 
ersteres  nicht  wahrscheinlich  war. 

§  5.  Um  nun  die  in  §3  bezifferte,  sehr  geringe 
Menge  Halbbromid  gleichmässig  durch  die  ganze 
Massedes  Bromsilbers  zu  verteilen,  bereiteten  wir 
Emulsionen  in  der  Art,  dass  zu  einem,  in  Kol- 
lodion  gelösten,  Bromid  eine  gemessene  Menge 
Photobromidlösung  zugesetzt  wurde  und  dann 
durch  Silbernitrat  die  Emulsion  erzeugt  und  wie 
üblich  weiter  behandelt  wurde. 

Beispiel:  Man  löst  2,4  gr  ZnBr^  in  25  cc 
Alkohol  und  fügt  diese  Lösung  zu  100  cc 
2  prozentigem  Kollodion.  Dazu  setzt  man  25  cc 
Photobromid  0,0003.  Dann  werden  125  cc  Alko- 
hol, enthaltend  3,6  gr  AgNO-i,  unter  Rühren 
eingetropft.  Die  so  entstandene  Emulsion  wird 
über  Nacht  stehen  gelassen,  hierauf  durch  Ein- 
giessen  in  Wasser  von  50^  C.  ausgefällt,  koliert, 
mit  Alkohol  gewaschen  und  auf  Fliesspapier 
getrocknet.  Die  getrocknete  Emulsion  wird  in 
100  bis  200  cc  Ätheralkohol  gelöst  und  ist 
dann  gebrauchsfertig.  Sie  enthält  auf  i  gr  AgBr 
^/i  00  000  gr  Ag^Br.  Das  Verfahren  gründet  sich 
auf  das  Vertrauen,  dass  das  entstehende  Brom- 
silber sich  an  das  schon  vorhandene  Photobromid 
gleichmässig  anlagert,  so  dass  in  der  schliess- 
lichen  Emulsion  alle  Bromsilberkörner  gleich- 
mässig mit  Halbbromsilber  versehen  sind. 

Leider  stimmten  die  Ergebnisse  der  sensito- 
metrischen  Prüfung  dieser  Emulsionen  schlecht 
untereinander  überein.  Es  ist  im  kleinen  schwer, 
Emulsionen  von  übereinstimmender  Beschaffen- 
heit zu  erzielen.  Die  mit  Zinkbromid  hergestellten 
Emulsionen  schieiern  meist  an  und  für  sich. 
Die  Wirkung  des  Zusatzes  äussert  sich  dann  in 
einer  vermehrten  Dichtheil  der  damit  herge- 
stellten Negative,  ohne  deutliche  Erhöhung  der 
Empfindlichkeit.  Einmal  bekamen  wir  (vielleicht 
per  nefas)  mit  Zinkbromid  eine  ohne  Zusatz 
nicht  schieiernde  und  auch  entsprechend  wenig 


empfindliche  Emulsion.  Der  Parallelversuch  mit 
Photobromid  ergab  dann  die  gesuchte  Sensibi- 
lierung in  sehr  auffallender  Weise.  Doch  konnten 
wir  dieses  Ergebnis  bis  jetzt  nicht  reproduzieren. 
Bei  Ersetzung  des  Zinkbromids  durch  Strontium- 
bromid  erhält  man  zwar,  wie  es  scheint,  mit 
Sicherheit  schleierfreie  Emulsionen.  Doch  er- 
gaben die  Parallelversuche  mit  Photobromid- 
zusatz  hier  auffallenderweise  keine  Sensibilierung. 
Wir  vermuten,  dass  in  den  betreffenden  Emul- 
sionen ein  verborgener  oxydierender  Einfiuss 
zur  Geltung  kam,  denn  wenn  das  mit  Brom- 
strontium versetzte  Kollodion  mit  geringen 
Mengen  Silberkollodion  versetzt  wurde,  so  konnte 
man  augenblicklich  eine  Entfärbung  eintreten 
sehen. 

Die  sensitometrische  Prüfung  der  vorerwähnten 
schleierfreien  i  mit  ZnBr^-  erstellten  Emulsion 
und  ihrer  Schwesteremulsion  mit  25  cc  Photo- 
bromid 0,0003  ergab  bei  einer  Belichtung  mit 
einer  kleinen,  an  die  elektrische  Lichtleitung 
angeschlossenen  Bogenlampe  in  i  m  Abstand 
folgendes  Resultat: 


Anzahl  der  sichtbaren  Photometergrade. 
Reine  Emulsion  Photobromid-Emulsiou 


3  Sek.  Expos.:  Kein  Eindruck 


5 
(die    übrigen   Numnaern  ver- 
schwinden im  Schleier) 


10  Sek.  Expos.:  6  |  12 

Die  Dichtheit  des  Schleiers,  der  sich  über 
die  nicht  belichteten  Stellen  der  photobromid- 
haltigen  Platte  legt,  ist  geringer,  wenn  dieselbe 
trocken  exponiert  wird. 

In  Fig.  I  und  2  geben  wir  zur  Illustration 
Kopien  zweier  Kamera-Aufnahmen  mit  trockenen 
Platten  der  einen  und  anderen  Art,  die  bei 
gleicher  Exposition  (lO  Minuten  bei  bedecktem 
Himmel)  unmittelbar  hintereinander  gemacht 
wurden.  Sie  lassen  die  Sensibilierung  gut  er- 
kennen. 

Zur  endgültigen  Sicherstellung  dieses  Effektes 
empfehlen  wir  Versuche  in  erweitertem  Mass- 
stabe. 

Wie  man  sich  eine  Sensibilierung  durch 
Halbbromsilber  überhaupt  zu  denken  hat,  ist 
eine  offene  Frage.  Zunächst  ist  ja  wohl  klar, 
dass  eine  bestimmte  Schwellenmenge  Halbbrom- 
silber nötig  ist,  um  entwickelbar  zu  sein.  Setzt 
man  der  Platte  von  vornherein  diese  Schwellen- 
menge zu,  so  wird  die  Platte  sich  photographisch 
so  verhalten,  als  ob  alle  Lichtmengen  b,  von 
denen  sie  bei  der  Exposition  getroffen  wird, 
um  eine  kleine  Grösse  a  vermehrt  worden  seien. 
Dann  wird  die  Sensibilierung  nur  solange  be- 
trächtliche Werte  haben  können,  als  b  klein  ist 
gegen  a.  Nun  scheint  aus  dem  im  §  4  durch- 
geführten Vergleich  aber  hervorzugehen,  dass 
schon    durch    recht    geringfügige   Belichtungen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


FiR.    I. 

b  gross  wird  gegen  a,  so  dass  bei  dieser  Auf- 
fassung die  eventuelle  Sensibilierung  durch  Halb- 
bromsilber  in  sehr  enge  Grenzen  eingeschränkt 
bliebe.  Anders  wird  die  Sachlage,  wenn  man 
annimmt,  dass  das  Vorhandensein  von  Spuren 
Halbbromid  die  Reduktion  im  Lichte  (katalytisch) 
beschleunigt '),  so  dass  die  Menge  des  im  Lichte 
gebildeten  Halbbromids  in  seiner  Abhängigkeit 


Fie-  3- 
von  derZeit  durch  eine  Kurve  von  nebenstehender 
Gestalt  darzustellen  wäre.  In  diesem  Falle  käme 
die  fragliche  Sensibilierung  auf  eine  Abkürzung, 
beziehungsweise  Überspringung  der  photo- 
chemischen InduktionsKeit  hinaus.  Um  eine  Ent- 
scheidung zu  ermöglichen,  reichen  unsere  Ver- 
suche freilich  nicht  hin.- 

g  6,  Es  lag  nahe,  neben  den  vorstehend 
beschriebenen  Versuchen  mit  Photobromidkollo- 
dion  die  analogen  Versuche  mit  SilberkolJodion 
durchzufuhren.     Dies    haben  wir   auch   gethan. 

I)  Ahnlich  wie  salpetrige  SSure  die  Auflösung  der  Metalle 
auri:h  Saliiettrsäiire  licsehleunigl.  Veigl.  Ostwald,  K.italysc, 
I Limburger Nalurforschei Versammlung  1901.  (Diese  Zcilschiift 
3i  3'3.  '90*-  A"<*  Sondetdrucli ;  Leipzig,  S.  Hiiiel,  M.  — .60.) 


Wir  erwarteten  dabei  eine  chemische  Sensibi- 
lierung, wenn  nach  §  3  verfahren  wurde,  indem 
das  in  der  Platte  verteilte,  kolloide  Silber  als 
Bromempfänger  wirken  konnte.  Wurde  dagegen 
der  Silberzusatz  nach  dem  Verfahren  des  §  5 
bewirkt,  so  durfte  wohl  eine  Wirkung  im  selben 
Sinne  erwartet  werden,  wie  sie  vom  Photobromid 
ausgeht. 

Wir  stellten  nun  zunächst  von  unserem  0,2- 
prozentigen  Silberkollodion  Verdünnungen  her 
bis  zu  0,00002  gr  Silber  pro  loo  cc.  Dann 
wurden  zu  Albertscher  Rohemulsion  je  10  Vol. 
Proz.  der  Silberlösungen  zugesetzt  und  wie  früher 
dem  Lichte  einer  passend  abgeblendeten  Auer- 
lampe  30  Sekunden  lang  unter  dem  Skalen- 
photometer  exponiert.  Es  erschienen  folgende 
Lichteindrücke: 


No, 

\           PlXteaitft 

Sichlbire 
Photometetgr. 

Schleier 

1 

Kohemulsion -1-  [0% 

1        Alher-Alkohol 

9 

keüier 

j  KohemuUioD  -1-  10% 

SilberkoUod.  0.00002 

9 

3 

'  Rohemulfion  -|-  lo^'g 

!  Silberkollod.  0.0002 

9 

sehr  gering 

4 

1  KohemulsioQ  -|-  to% 

,    SilbetkoUod.  0.00z 

S 

gering') 

s 

1  Kohemulsion  -f-  lo"\ 

Silberkollod.  0.02 

7 

stark«) 

6 

KohemuUi>n-|-  io>/„ 

(  Die  enlwick. 

SilljeikoUud.  02 

"'■■• 

Pbtle  ist  un- 
\  durchsichtig 

**)  stärker  als  die  tiefste  Schwärze  der  Rohemulsionspl.itte. 

Es  ergiebt  sich,  dass  von  dem  zugesetzten  Silber 
einegewisse  Keimwirkungausgeht.dieschätzungs- 
weise  proportional  mit  dessen  Konzentration  an- 
wächst. Ahnlich,  wie  beim  Photobromid,  gelangt 
man  zur  Grenze  der  Entwickelbarkeit,  wenn  die 
Silbermenge  etwa  '/loouaoo  der  Bromsilber  menge 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  21. 


495 


ausmacht.  *)  Übrigens  gilt  die  in  §  4  für  das 
Halbbromid  gemachte  Einschränkung.  Sie  er- 
fahrt hier  die  Wendung,  dass  der  photographische 
Effekt  einer  gegebenen  Silberkeimmenge  noch 
abhängt  von  der  Art  und  Innigkeit  ihrer  Be- 
rührung (bezw.  Durchdringung)  mit  den  Brom- 
silberkörnern. Man  wird  sagen  müssen,  dass 
die  hier  vorliegende  Applikation  des  Silbers  auf 
die  Bromsilberplatte  für  die  Entfaltung  ihrer  Keim- 
wirkung ungünstig  ist,  da  sich  anerkanntermassen 
die  entwickelnde  Wirksamkeit  eines  Silberkeimes 
nur  gerade  auf  dasjenige  Bromsilberkorn  erstreckt, 
mit  dem  derselbe  in  ganz  unmittelbarer  Berührung 
steht. 

Eine  Sensibilierung,  die  sich  in  der  Ver- 
mehrung der  Kontraste  zu  bekunden  hätte, 
konnte  bei  den  Belichtungen  unter  dem  Sensito- 
meter  nicht  sicher  konstatiert  werden.  Dagegen 
Hessen  Kameraaufhahmen  mit  den  trockenen 
Platten  Nr.  3  und  Nr.  4  eine  geringe  Sensibilierung 
insofern  erkennen,  als  Nr.  4  verglichen  mit  Nr.  3 
mehr  durchgearbeitete  Negative  gab.  Bedeutend 
ist  die  Zunahme  der  Empfindlichkeit  indessen 
nicht.  Wir  führen  sie,  wie  eingangs  dieses  Para- 
graphen erwähnt,  auf  die  Brombindung  seitens 
des  kolloiden  Silbers  zurück. 

Die  Parallelversuche  mit  Silberzusatz  zu  den 
Versuchen  mit  Photobromid  nach  §  5  verliefen 
mit  ähnlich  schwankendem  Resultate  wie  diese. 
Bei  Zusatz  von  25  cc  Silberkollodion  0,02  an 
Stelle  von  Photobromid  zu  Emulsionen,  die 
sonst  wie  die  in  §  5  beschriebenen  zusammen- 
gesetzt und  hergestellt  waren,  erhielten  wir  sehr 
stark  schieiernde  Emulsionen,  jedoch  mit  relativ 
geringen  Kontrasten. 

1)  über  einen  Versuch,  betreffend  den  Zusatz  von  kolloi- 
dem Silber  zu  Gelatine-Emulsion,  vergl.  Abegg  u.  Herzog, 
Archiv  f.  wissenschafü.  Photographie!,  115;  ferner:  Lüppo- 
Cramer,  Eders  Jahrbuch  1901,  160,  sowie  PhotographiscHe 
Correspondenz  1901. 

Kgl.  techn.  Hochschule  München,  Juni  1902. 

(Eingegangen  19.  Juni  1902.) 


Über  Strahlungsinduktion. 

Von  Thomas  Tommasina.') 

Eine  der  Eigenschaften,  welche  die  Strah- 
lung der  radioaktiven  Körper  gemeinsam  mit 
den  Kathoden-  und  Röntgenstrahlen,  den  sekun- 
dären und  ultravioletten  Strahlen  besitzt,  ist 
die  der  Entladungsbeschleunigung  elektrisierter 
Körper.  Diese  Beschleunigung  scheint  einer 
Verminderung  des  Widerstandes  zuzuschreiben 
zu  sein,  welchen  das  umgebende  Mittel  einer 
Fortpflanzung  der  elektrischen  Modifikation  ent- 
gegensetzt.   Ich  spreche  ausdrücklich  von  dem 

i)  Ausfuhrlich  in  Arch.  de  Genöve  März  1902. 


„umgebenden  Mittel'  und  nicht  von  Luft,  denn 
zwei  Paraffinplatten  von  1,5  cm  Dicke,  die  ich 
ausgeschnitten  und  zwischen  die  ich  eine  zu- 
geschmolzene Glasröhre  mit  einem  Gemisch 
von  Baryum-  und  Radiumchlorid  brachte,  zeigten, 
nachdem  ich  sie  aneinander  gekittet  und  mit 
Gewalt  in  den  Zwischenraum  der  beiden  Platten 
eines  C  uri eschen  Elektroskops  geschoben  hatte, 
eine  zehnmal  so  grosse  elektrische  Leitfähigkeit 
wie  ohne  Becquerelröhre,  die  ihrerseits  dreimal 
grösser  war  als  die  der  atmosphärischen  Luft  im 
Augenblicke  der  Beobachtungen. 

Femer  setzte  ich  auf  die  untere  Platte  des 
Elektroskops  einen  cylindrischen  Trog  aus 
dünnem  Glase  mit  flachem  Boden  auf,  füllte 
ihn  mit  Alkohol,  tauchte  in  diesen  die  obere 
Platte  und  fand,  als  ich  die  Strahlungsröhre 
hineinführte,  eine  merkliche  Verminderung  des 
Widerstandes  zwischen  beiden  Platten. 

Ausserdem  habe  ich  vermittelst  mehrerer  Ab- 
änderungen des  Versuches,  wobei  immer  die 
radioaktive  Röhre  hermetisch  geschlossen  war, 
die  Schnelligkeit  wahrnehmen  können, 
mit  der  diese  Leitfähigkeitszunahme  ein- 
tritt und  verschwindet;  dieselbe  nimmt 
während  der  ganzen  Dauer  der  radio- 
aktiven Einwirkung  nicht  weiter  zu,  son- 
dern scheint  sofort  ihre  obere  Grenze  zu 
erreichen. 

Ich  habe  festgestellt,  dass  die  Strahlungs- 
röhre,  auch  wenn  dieselbe  von  3  bis  4  cm  dicken 
Glas-  oder  Metallhüllen  eingeschlossen  ist,  noch 
immer  eine  sehr  merkliche  Verminderung  der 
Ladung  des  Elektroskops  hervorbringt,  und  dass 
ohne  eine  solche  Hülle  die  Einwirkung  noch  in 
einer  Entfernung  von  mehreren  Metern  vom 
Apparat  deutlich  zu  erkennen  ist,  dass  sie  mit 
den  Dimensionen  der  strahlenden  Fläche  zu- 
nimmt und  durch  Anbringung  eines  konkaven 
parabolischen  Metallspiegels  ^)  auf  das  Doppelte 
gesteigert  wird. 

Gleichfalls  habe  ich  festgestellt,  dass,  wenn 
die  Strahlungsröhre  in  eine  doppelte 
Dewarsche  Glocke  mit  zwischenliegen, 
dem  Vakuum  eingeschlossen  wird,  sie 
durch  dieses  (sehr  weit  getriebene)  Va- 
kuum hindurch  die  Entladung  elektri- 
sierter Körper  und  auf  einem  Baryum- 
Platincyanürschirm  induzierte  Fluores- 
zenz hervorruft. 

Alle  diese  Umstände  scheinen  mit  einer  Er- 
klärung der  Erscheinung  vermittelst  der  Hypo- 
these einer  Ionisierung  der  Luft  im  Widerspruche 
zu  stehen,  wenigstens  dann,  wenn  die  radio- 
aktiven Substanzen  in  einer  zugeschmolzenen 
Glasröhre  eingeschlossen  sind.  Ebenso  ist  die 
Annahme  nicht  zulässig,  dass  der  Erscheinung 
ein  Fluss  von  elektrisierten,  von  der  Strahlungs- 


i)  Comptes  Rendus  30.  Dex.  1901. 


496 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


röhre  ausgesandten  Partikeln  zu  Grunde  liege, 
denn  dann  könnte  nur  für  eine  Art  Elektrisie- 
sung  von  einer  Verminderung  die  Rede  sein, 
während  für  die  andere  Art  eine  Vermehrung 
die  notwendige  Folge  sein  müsste.  Daher  müss- 
ten  die  ausgesandten  Teilchen  neutral  sein;  aber 
dann  würde  ihr  Vorhandensein,  selbst  wenn  es 
erwiesen  wäre,  nur  eine  sekundäre  oder  Begleit- 
erscheinung bedeuten.  Deswegen  muss  man 
meiner  Meinung  nach  die  Erklärung  der  Er- 
scheinung in  der  Weise  suchen,  dass  man  diese 
Strahlung  als  Fortpflanzung  einer  Modifizierung 
des  Äthers  ansieht,  die  sofortige  Polarisation 
der  Molekularatmosphären  des  umgebenden 
Mediums  zur  Folge  hat. 

Ich  habe  eine  vergleichende  Untersuchung 
der  Fortpflanzungsart,  der  gemeinsamen  Eigen- 
schaften und  der  anerkanntermassen  komplexen 
Natur  der  Strahlungsgattuugen  kathodischen  und 
photochemischen  Ursprunges  angestellt  und  bin 
so  zu  der  Schlussfolgerung  gekommen,  dass  die 
Emission  von  Kathodenstrahlen  nicht  eine  be- 
sondere Form  kathodischer  Disruptiv-Entladung 
darstellt,  wie  E.  Bichat  und  R.  Swyngedaw  *) 
meinen,  sondern  vielmehr  die  Wirkung 
einer  von  der  Anode  ausgehenden  Dis- 
ruptiv-Entladung besonderer  Form,  und 
zwar  eine  Reflexion,  welche  eine  eigen- 
tümliche Modifikation  erfahren  hat. 

Der  strahlende  Teil  des  Anodenflusses  ^),  der 
von  dieser  Entladung  besonderer  Art  erzeugt 
wird,  ist  sicherlich  von  derselben  Natur  wie 
ultraviolette  Strahlen,  wie  daraus  hervorgeht, 
dass  im  Crookesschen  Vakuum  die  beider- 
seitigen Wirkungen  identisch  sind.  Man  kann 
sich  etwa  vorstellen,  dass  diese  Anodenstrahlen 
in  der  Richtung  der  Kraftröhren  des  elektro- 
magnetischen Feldes  fortgezogen  werden,  wie 
dies  bei  leuchtenden  Springbrunnen  mit  den 
Lichtstrahlen  der  Fall  ist,  dass  aber  in  der  Nähe 
der  Kathode  die  Stromlinien  zu  deren  Ober- 
fläche senkrecht  werden,  woselbst  die  Anoden- 
strahlen sämtlich  oder  zum  Teil  reflektiert  wer- 
den müssen.  Diese  Modifikation  würde  dann 
die  verschiedenen  Strahlengattungen,  welche  das 
Kathodenbüschel  darstellen,  erzeugen. 

Diese  Hypothese  ergiebt  eine  anscheinend 
logische  Erklärung  des  Hittorfschen  dunklen 
Raumes,  der  dann  auf  Rechnung  einer  von  der 
schnellen  Dämpfung  begrenzten  Interferenz  käme, 
was  damit  im  Einklang  steht,  dass  dieser  Raum 
in  Vakuumröhren  mit  zunehmender  Verdünnung 
anwächst. 

Ebenso  erklärt  diese  Hypothese  folgende  Er- 
scheinungen: 

Wenn    man  vor   die  Kathode,   in  eine  Ent- 


1)  Rapports  au  Congres  international  de  Physique  de  1900 
h  Paris,  3,  182. 

2)  A.  Battelli  und  L.  Magri,    Über  die  Anoden-   und 
Kathodenstrahlen.     Diese  Zeitschr.  1,  18,  1899. 


fernung  von  10  bis  15  mm,  einen  durchlochten 
Schirm  setzt,  so  bilden  sich  die  Kathodenstrahlen 
der  Öffnung  gegenüber,  vorausgesetzt,  dass 
der  Schirm  sich  im  dunklen  Räume  be- 
findet. ') 

Wenn  man,  wie  dies  Schuster^)  beschrie- 
ben hat,  in  den  dunklen  Raum  einen  Gegen- 
ständ bringt,  so  beobachtet  man,  dass  die- 
ser auf  die  Kathode  Schatten  wirft. 

Nach  dieser  Hypothese  wäre  der  Kathoden- 
zufluss  P.  Villards^)  nichts  anderes  als  der 
anodische  Strablungsfluss. 

So  bringt  der  anodische  Strablungsfluss  die 
Emission  von  Kathodenstrahlen  hervor,  diese 
erzeugen  beim  Aufprall  auf  eine  Metallplatte 
oder  das  Glas  der  Röhre  Röntgenstrahlen,  die 
ihrerseits  beim  Aufprall  auf  Körper  die  Emission 
von  Sekundär-,  und  diese  wieder  in  derselben 
Weise  die  von  Tertiärstrahlen  veranlassen  u.  s.w. 
Alle  diese  Strahlen  sind  gleichmässig  komplex 
und  bestehen  aus  vom  Magnetfelde  ablenkbaren 
und  nichtablenkbaren  Strahlen,  aus  Strahlen 
von  geringem  und  bedeutendem  Durchdringungs- 
vermögen etc. 

Wenn  man  von  den  ultravioletten  Strahlen 
und  von  der  Becque reischen  Strahlung  aus- 
geht, so  kommt  man  in  beiden  Fällen  durch 
alle  diese  Umwandlungsreihen  und  erhält  gleiche 
Straklengattungen. 

Der  Umstand,  dass  ein  Metall,  selbst  wenn 
es  unelektrisch  ist,  beim  Aufprall  ultravioletter 
Strahlen  eine  Strömung  aussendet,  die  den  Cha- 
rakter besonders  absorbierbarer  Kathoden- 
strahlen ^)  zeigt,  scheint  auf  eine  Erscheinungs- 
gruppe zu  deuten,  die  eine  Verbindung  zwischen 
den  gleichartigen  Strahlen  kathodischen  Ur- 
sprunges und  denen  photochemischen  Ursprunges 
(Becquerelstrahlen)  darstellt.  Da  man  die  ato- 
mische Anlage  oder  den  atomischen  Aufbau, 
der  zur  Bildung  der  letztgenannten  Anlass  giebt, 
nicht  ergründen  kann,  so  bleibt  der  Mechanis- 
mus der  Umwandlung  unerklärt,  aber  meiner 
Meinung  nach  kann  man  in  betreff  der  in  beiden 
Fällen  vektoriellen  Äthernatur  der  Erscheinun- 
gen, auf  welche  die  induzierte  Phosphoreszenz 
und  Fluoreszenz  hindeuten,  nicht  im  Unklaren 
sein. 

Diese  Phosphoreszenz  fuhrt  uns  zu  der  An- 
nahme einer  sekundären  oder  induzierten  Natur 
der  Becquerelstrahlen,  die  man  als  durch  die 
Einwirkung  einer  gewissen,  bisher  noch  unbe- 
kannten Strahlengattung  erzeugt  ansehen  kann. 
Auf  Grund  dieser  Auffassung  habe  ich  auch  die 
Bezeichnung   Strahl ungsinduktion    gewählt, 


i)  P.   Villard,     Les    rayons    cathodiques.     Paris    1900. 
(Scientia),  p.  91. 

2)  Proceed.  Roy.  Soc.  47,  557,  1890. 

3)  P.  Villard,  loc.  cit. 

4)  P.   Lenard,  Erzeugung  von  Kathodenstnihlen  durch 
ultraviolettes  Licht.     Ann.  d.  Phys.  2,  359,  370,  1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  21. 


497 


unter  der  ich  all  diese  Erscheinungen  einbe- 
greifen will.  Die  ultravioletten  und  Kathoden- 
strahlen würden  eine  primäre  elektrische  Modi- 
fikation darstellen,  also  induzierende  Strahlungen 
sein,  während  die  anderen  induzierte  Strahlungen 
wären,  die  auch  ihrerseits  wieder  induzierend 
wirken  können. 

Die  Strahlenarten  müssen  in  ihrer  Anzahl 
unbegrenzt  sein,  wenn  sie  nur  von  den  Wellen- 
längen, d.  h.  von  der  Schwingungsdauer  ab- 
hängen, und  ihre  Reflexionsfähigkeit  muss  mit 
der  Zunahme  ihres  Durchdringungsvermögens 
allmählich  und  stufenweise  abnehmen. 

Da  das  die  interplanetaren  Räume  erfüllende 
Medium  mit  gewissen  Einschränkungen  als  dem 
der  Crookes  sehen  Röhren  ähnlich  angesehen 
werden  kann,  und  da  die  Planetenatmosphären 
verhältnismässig  sehr  geringe  Ausdehnung  haben, 
so  kann  man  die  Sonne  als  Anode  und  die 
Planeten  als  Kathoden  betrachten,  und  diese 
auf  die  Eigenschaften  der  ultravioletten  Strahlen 
gestützte  Hypothese  würde  sicherlich  die  Er- 
klärung des  Nordlichtes  und  der  anderen  elek- 
trischen Erscheinungen  der  Erdatmosphäre  wie 
auch  die  der  Atmosphäre  anderer  Planeten  und 
die  Deutung  der  eigentümlichen  Natur  ihres 
Leuchtens  erleichtern. 

Genf,  den  8.  Juni  1902. 

(Aus  dem  Französischen  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen  lo.  Juni  1902.) 


Über  das  Vorhandensein   von  reflektierbaren 

Strahlen  in  der  von  einer  Mischung  von  Radium- 

und  Baryumchlorid  ausgesandten  Strahlung. 

Von  Thomas   Tommasina.^) 

Beobachtungen  verschiedener  Natur  hatten 
mir  die  Möglichkeit  des  Vorhandenseins  reflek- 
tierbarer Strahlen  in  den  von  gewissen  radio- 
aktiven Körpern  ausgesandten  Strahlungen  nahe 
gelegt.  Die  einzelnen  Versuche,  die  im  folgen- 
den beschrieben  werden  sollen,  haben  es  mir 
ermöglicht,  dieselben  nachzuweisen  und  von  den 
anderen  teilweise,  wenn  auch  nicht  vollständig 
zu  trennen.   Die  erste  Anordnung  war  folgende: 

Ein  parabolischer  Konkavspiegel  aus  ver- 
silbertem Kupfer  mit  2  5  mm  Brennweite  und  1 2  cm 
Öffnung  ist  in  der  Mitte  durchbohrt  und  mit 
einer  Röhre  versehen,  deren  innerer  Durchmesser 
1 1  mm  beträgt.  In  diese  Röhre  passt  ein 
Schlauch  aus  etwas  starrem  Kautschuk,  der  sich 
darin  ohne  starke  Reibung  bewegt,  und  in  den 
eine  kleine  zugeschmolzene  Glasröhre  halb  hinein- 

i]  Ausfuhrlich  in  C.  R.  30.  Dezember  IQOI, 


gepasst  ist,  indersichRadium-  und  Baryumchlorid 
befinden.  Der  Kautschukschlauch  ist  an  einem 
Stativ  mit  drehbaren  Zangen  befestigt,  welch 
letztere  es  gestatten,  die  Richtung  des  Spiegels 
leicht  zu  verändern,  ohne  die  radioaktiven  Sub- 
stanzen zu  erschüttern.  Man  kann  so  den  Spiegel 
sowohl  als  die  Strahlungsröhre  schnell  entfernen 
und  wieder  einsetzen,  ohne  dass  der  ganze 
Apparat  irgend  eine  andere  Veränderung  er- 
leidet. 

Dieser  Apparat  steht  auf  einem  Tischchen 
über  dem,  auf  dem  sich  das  Curiesche  Elektro- 
skop  befindet,  an  dem  bei  diesem  Versuche  die 
untere  Platte  entfernt  ist. 

Der  Brennpunkt  des  Spiegels,  woselbst  die 
Strahlungsröhre  angebracht  ist,  befand  sich  60  cm 
vom  Mittelpunkt  der  oberen  Platte,  und  45  cm 
über  derselben,  wobei  die  Achse  des  Spiegels 
nach   diesem  selben  Mittelpunkt  gerichtet  war. 

Das  Elektroskop  wurde  vermittelst  sehr 
schwacher  Einwirkungen  entweder  positiv  oder 
negativ  elektrisiert,  so  dass  der  Ausschlag  des 
Goldblättchens  etwas  mehr  als  bis  zur  200. Teilung 
des  Massstabes  des  zum  Elektroskop  gehörigen 
Fernrohres  ging,  um  es  zu  vermeiden,  während 
des  anfänglich  unregelmässigen  Ganges  Ables- 
ungen zu  machen,  und  um  das  umgebende  Mittel 
und  den  Apparat  durch  den  starken  Elektrizitäts- 
fluss  geriebener  Harz-  oder  Glasstäbe  nicht  allzu- 
sehr zu  beeinflussen.  Diese  Versuche  sind  sehr 
minutiös  und  können  infolge  dieser  letzteren 
Einwirkung  nicht  lange  fortgesetzt  werden. 

Im  folgenden  gebe  ich  einige  Beobachtungs- 
reihen wieder,  aus  denen  sich  mit  Sicherheit 
die  Einwirkung  des  Spiegels  auf  einen 
Teil  der  Strahlung  ergiebt.  Die  Zahlen  der 
ersten  Kolonne  geben  die  Teilung  des  Mass- 
stabes an,  woselbst  das  Goldblättchen  sich  nach 
einem  Zeiträume  von  stets  60  Sekunden  befand. 
Die  der  zweiten  Reihe  geben  die  Anzahl  von 
Teilstrichen  an,  die  zwischen  zwei  aufeinander- 
folgenden Zahlen  der  ersten  Kolonne  einbegriffen 
sind,  und  geben  so  den  Ladungsverlust  des 
Elektroskopes  nach  jeder  Minute  wieder. 


Reihen 

mit  negai 

tiver 

Ladung. 

Ohne  Spi 

egel 

Mit  Spiegel 

Ohi 

le  Strahlungsröbre 

200 

200 

40 

200 

2 

18S 

'5 

160 

198 

169 

16 

122 

38 

153 

16 

89 

33 

165 

■? 

136 

17 

56 

33 

163 

^ 

119 

17 

26 

30 

103 

16 

90 

1,5 

89 

14 

88,5 

75 

14 

62 

1 

13 

24.5 

>,5 

49 

13 

23 

498 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  2r. 


Reihen  mit  positiver  Ladung. 

Ohne  Spiegel         Mit  Spiegel         Ohne  Strahlungsröhre 


185 

200 

40 

200 

166 

19 

160 

37 

198 

148 

18 

123 

130 

18 

89 

34 

161 

•13 

17 

56 

33 

159 

97 

16 

80 

•7 

115 

65 

15 

113 

51 

14 

75 

1,5 


73,5 


1,5 


Ich  habe  auch  noch  regelmässigere  Reihen 
erhalten;  doch  gebe  ich  hier  nur  Mittelwerte 
wieder,  um  ein  besseres  Bild  von  der  Gesamt- 
heit dieser  Messungen  zu  geben;  aus  denselben 
geht  hervor,  dass  der  Spiegel  die  Wirkung  der 
Röhre  verdoppelt.  Diese  starke  Zunahme  zeigt 
deutlich,  dass  die  Wirkung  nicht  allein  auf  Rech- 
nung der  von  der  Spiegelfläche  unter  der  Ein- 
wirkung der  direkten  Strahlung  ausgesandten 
Sekundärstrahlen  kommen  kann,  die  senkrecht 
von  deren  Einfallspunkten  ausgehen;  zumal  da 
diese  Strahlen  in  Anbetracht  der  parabolischen 
Form  des  Spiegels  sich  sämtlich  längs  der 
Axiallinie  auf  der  Fortsetzung  der  Achse  der 
Strahlungsröhre  in  der  Nähe  der  letzteren  kreuzen 
müssten,  und  zwar  in  der  Richtung  der  den 
Spiegelbrennpunkt  mit  dem  Mittelpunkt  der 
Elektroskopplatte  verbindenden  Geraden.  Ich 
kam  auf  den  Gedanken,  sie,  ebensowie  die 
direkten  Strahlen,  die  die  Röhre  in  dieser  Rich- 
tung aussendet,  mit  Hilfe  folgender  Anordnung 
zu  eliminieren: 

Ein  8  cm  im  Durchmesser  und  20  cm  in  der 
Länge  messender  Eisencylinder  wurde  der  Länge 
nach  in  die  Axialrichtung  zwischen  Elektroskop 
und  Spiegel,  2  cm  von  letzterem  entfernt,  ge- 
bracht. Da  der  Konkavspiegel  nur  1 2  cm  Öffnung 
hatte,  war  seine  wirksame  Zone  auf  einen  ring- 
förmigen Streifen  von  2  cm  Breite  reduziert.  Der 
Rand  des  Spiegels  ist  nach  aussen  gekrümmt, 
so  dass  die  Punkte,  welche  sekundäre  Strahlen 
nach  dem  Elektroskop  hinsenden  könnten,  den 
direkten  Strahlen  der  radioaktiven  Substanzen 
nicht  ausgesetzt  sind,  die  sich  in  der  im  Brenn- 
punkt des  parabolischen  Spiegels  angebrachten 
Röhre  befinden. 

Vermittelst  dieser  Anordnung  habe  ich  fest- 
stellen können,  dass  der  Cylinder  fast  zwei 
Drittel  der  Einwirkung  der  Strahlungsröhre  auf 
das  Elektroskop  fortnahm,  und  dass  die  wirksame 
Zone  des  Spiegels  dazu  ausreicht,  diesen  Ver- 
lust auszugleichen.  Die  Erscheinung  der  Reflexion 
war  auf  diese  Weise  mit  Sicherheit  nachge- 
wiesen. 

Um  die  Strahlen  grossen  Durchdringungs- 
vermögens, die  nicht  reflektierbar  sind,  von  den 
reflektierten  Strahlen  zu  trennen,  habe  ich  den 


Eisencylinder  durch  einen  dünnen  Metallschirm 
ersetzt.  Eine  Messingplatte  von  derselben  Dicke 
wie  die  Spiegelwände  (0,5  mm)  wurde  senkrecht 
zur  Axiallinie  angebracht,  26  cm  von  der 
Strahlungsröhre  entfernt,  wobei  die  Entfernung 
der  letzteren  vom  Elektrometer  42  cm  betrug. 
Die  Versuchsreihen,  die  ich  mit  letzterer  An- 
ordnung erhalten  habe,  zeigen,  dass  die  Ein- 
schaltung der  Metallplatte  eine  geringe  Ver- 
minderung der  Wirkung  der  direkten  Strahlung 
der  Röhre  hervorruft,  während  sie  die  Wirkung 
des  Spiegels  vollständig  aufhebt,  obwohl  letzterer 
den  grösstenTeil  derStrahlung  der  Röhre  sammelt 
und  reflektiert.  Diese  Versuche  wurden  mit 
einer  mit  schwarzem  Papier  überzogenen  Röhre 
wiederholt,  wobei  dieselben  Resultate  erhalten 
wurden,  nur  dass  natürlich  die  Wirkung  schwächer 
und  etwas  unregelmässiger  war. 

Um  das  Fluoreszenz-Induktionsvermögen  und 
die  photochemische  Wirkung  der  reflektierten 
Strahlen  zu  untersuchen,  habe  ich  folgende  Ver- 
suche ausgeführt:  ) 

Während  die  Strahlungsröhre  sich  im  Brenn- 
punkte des  parabolischen  Spiegels  befand,  habe 
ich  an  die  Öffnung  desselben  einen  Baryum- 
platincyanürschirm  angelegt  und  konnte  so 
vermittelst  der  Beobachtung  der  vollkommenen 
Gleichheit  des  induzierten  Fluoreszenzfleckes  fest- 
stellen, dass  die  Wirkung  der  vom  Spiegelrande 
ausgesandten  Strahlen  keineswegs  mit  grösserer 
Intensität  auftrat,  ebensowie  die  der  direkten 
von  der  Röhre  ausgehenden  Strahlen. 

Ferner  habe  ich  dann  dasselbe  vermittelst 
der  photographischen  Wirkung  konstatieren  kön- 
nen. Ich  setzte  den  Spiegel,  in  dessen  Brenn- 
punkt die  Strahlungsröhre  sich  befand,  auf  eine 
mit  einem  Glasnegativ  bedeckte  lichtempfindliche 
Platte  auf;  nach  zehnstündlicher  Belichtung  zeigte 
das  Positiv  bei  der  Entwickelung,  dass  die  akti- 
nische  Wirkung  gleichmässig  auf  der  ganzen 
Oberfläche  stattgefunden  hatte.  Bei  anderen 
Versuchen,  wo  die  Röhre  über  den  Brennpunkt 
hinausragte  und  sich  näher  an  den  Platten  be- 
fand, bildete  sich  im  centralen  Teile  ein  dunklerer 
Fleck,  was  ich  gleichfalls  vermittelst  des  Fluores- 
zenzschirmes beobachtet  habe. 


i)  Arch.  Gen^ve,  März   1902. 

Genf,  den  18.  Juni  1902. 

(Ans  dem  Französischen  übersetzt  von  A.  Graden witz.) 

(Eingegangen  20.  Juni  ig02.) 


Die  Spektren  kathodisch  leuchtender  Metall- 
dämpfe. 

Von  Percival  Lewis. 

Neuere  Untersuchungen  haben  im  allgemeinen 
darauf  abgezielt,  die  von  Hittorf ^)  ausgespro- 

I)  VVied.  Ann.  7,  587,  1879. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


409 


chene  und  von  E.  Wiedemann')  des  weiteren 
ausgeführte  Ansicht  zu  bestätigen,  dass  das 
Leuchten  von  Gasen  und  Dämpfen,  besonders 
was  die  Erscheinungen  der  Vakuumröhre  be- 
trifft, von  der  Natur  der  Phosphoreszenz  ist  — 
d.  h.  direkt  abhängt,  nicht  von  hoher  Tempe- 
ratur, sondern  von  chemischen,  elektrischen  oder 
unbekannten  Prozessen.  Alle  diese  Strahlungs- 
erscheinungen, auf  die  das  Kirchhoffsche  Ge- 
setz sich  nicht  quantitativ  anwenden  lässt, 
können,  bis  der  Stand  unserer  Kenntnisse  eine 
weitere  Differentiation  zulässt,  unter  die  allge- 
meine Bezeichnung  „Lumineszenz",  die  von 
E.  Wiedemann  vorgeschlagen  worden  ist,  ein- 
gereiht werden. 

Da  die  Fluoreszenz  eine  der  auffallendsten 
Lumineszenzerscheinungen  ist,  war  es  von  Inter- 
esse, festzustellen,  ob  Substanzen,  die  eine  end- 
liche Anzahl  bestimmter  freier  Schwingungs- 
perioden besitzen,  wie  Gase  und  Dämpfe,  zur 
Fluoreszenz  gebracht  werden  können.  Diese 
Frage  ist  von  E.  Wiedemann  und  G.  Schmidt^) 
bejahend  beantwortet  worden,  indem  dieselben 
zeigten,  wie  Natrium-  und  Kaliumdämpfe  unter 
der  Einwirkung  des  Sonnenlichtes  fluoreszieren 
und  dabei  charakteristische  Spektren  geben, 
welche  den  gewöhnlichen  Flammenspektren  teil- 
weise entsprechen. 

Kathodenstrahlen  sind  weit  wirksamer  als 
Sonnenlicht  in  betreff  der  Erregung  von  Fluo- 
reszenz bei  festen  Körpern,  und  es  erscheint 
einleuchtend,  bei  Dämpfen  ähnliche  Wirkungen 
zu  erwarten,  unabhängig  von  der  direkten  Wir- 
kung des  sie  durchfliessenden  Stromes.  Einige 
Beweisgründe,  die  für  diese  Vermutung  sprechen, 
sind  allgemein  bekannt.  Das  negative  Büschel, 
das  von  einer  ebenen  Kathode  ausgeht,  erstreckt 
sich  nicht  nur  in  der  Richtung  der  Anode,  oder, 
was  dasselbe  ist,  in  der  des  Stromes,  sondern 
breitet  sich  auch  nach  der  entgegengesetzten 
Seite  der  Kathode  aus,  selbst  wenn  alle  Vor- 
sichtsmassregeln getroffen  sind,  um  einen  Strom- 
fluss  in  dieser  Richtung  zu  verhindern;  die 
Länge  dieser  negativen  Säule  nimmt  mit  ab- 
nehmendem Drucke  zu,  und  wenn  sie  die  Wan- 
dungen der  Röhre  erreicht,  beginnen  diese  zu 
fluoreszieren.  Hertz^)  isolierte  im  Jahre  1883 
die  Wirkung  der  Kathodenstrahlen  von  der  des 
Stromes,  indem  er  eine  Vakuumröhre  herstellte, 
bei  der  die  Anode  mit  der  Kathode  konzen- 
trisch war  und  fast  in  derselben  Ebene  lag,  so 
dass  die  Stromlinien  auf  einen  kleinen  Raum 
beschränkt  waren,  während  die  Kathodenstrahlen 
nach  dem  30  cm  entfernten  Ende  der  Röhre 
geworfen  worden.     Quecksilberdampf  am  Ende 

ij  Phil  Mag.  28,  149,  248,  1889;  Wied.  Ann.  37,  177, 
18S9. 

2)  Wied.  Ann.  67,  454,  1896;  Astrophysical  Journ.  3, 
207,  1896. 

3)  Wied.  Ann.  19,  809,   1883. 


der  Röhre  glühte  unter  der  Einwirkung  der 
Kathodenstrahlen  und  zeigte  die  charakte- 
ristischen starken  Linien  des  Quecksilberspek- 
trums. Lenard')  fand,  dass  Kathodenstrahlen 
durch  ein  dünnes  Aluminiumfenster  hindurch  in 
Gase,  die  sich  auf  atmosphärischem  Druck  be- 
fanden, übergingen;  diese  Gase  glühten,  freilich 
zu  schwach,  als  dass  sie  irgendwelche  Spektral- 
linien gezeigt  hätten.  Auch  in  diesem  Falle 
konnten  elektrische  Ströme  nur  eine  sehr  unbe- 
deutende Rolle  gespielt  haben,  da  solche  nur 
von  kleinen  statischen  Ladungen  hätten  herrühren 
können. 

Die  Spektra  verschiedener  Metalle  in  Vakuum- 
röhren sind  von  E.  Wiedemann  und  G.  C. 
Schmidt^),  sowie  von  A.  C.  Jones^)  untersucht 
worden,  doch  wurden  die  Wirkungen  der  Ka- 
thodenstrahlen nicht  unabhängig  von  denen  des 
elektrischen  Stromes  erforscht. 

Verfasser  vorliegender  Arbeit  hat  die  Wir- 
kungen von  Kathodenstrahlen  auf  die  Dämpfe 
der  ihm  zur  Verfugung  stehenden  flüchtigen 
Metalle  untersucht  und  dabei  in  zahlreichen 
Fällen  charakteristische  Leuchterscheinungen 
beobachtet.  Bei  Natrium-  und  Kaliumdämpfen 
schienen  diese  Wirkungen  charakteristische  Unter- 
schiede gegenüber  denen  aufzuweisen,  die  von 
Wiedemann  und  Schmidt  an  denselben 
Dämpfen  bei  Fluoreszieren  unter  dem  Einfluss 
von  Sonnenlicht  beobachtet  worden  waren. 
Kathodenstrahlen  können  nun  entweder  einfach 
eine  stärkere  Fluoreszenz  hervorrufen,  oder  auch 
können  die  Wirkungen  durch  den  mechanischen 
Aufprall  der  Kathodenkörperchen  oder  durch 
ihre  elektrischen  Ladungen  in  einer  von  Fluo- 
reszenz gänzlich  verschiedenen  Weise  zu  stände 
kommen;  deswegen  ist  es  wohl  besser,  den 
allgemeineren  Ausdruck  „Lumineszenz"  auf  die 
beobachteten  Erscheinungen  anzuwenden.  Es 
scheint  jedoch  auf  der  Hand  zu  liegen,  dass 
diese  Strahlung  weder  von  hoher  Temperatur 
noch  von  einem  elektrischen  Strom  im  gewöhn- 
lichen Sinne  abhängen  kann,  und  es  ist  zu  er- 
warten, dass  nur  die  Grundlinien  des  Spektrums 
zu  sehen  sind. 


Die  benutzte  Vakuumröhre  war  ziemlich 
ähnlich  der  von  Hertz  benutzten  und  ist  auf 
beigefügter   Figur    zu    sehen.      Die    zu    unter- 

1)  Wied.  Ann.  61,  229,  1894. 

2)  Wied.  Ann.  57,  454,  1896. 

3)  Wied.  Ann.  62,  30,  1897. 


5CX) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.  21. 


suchende  Substanz  wird  in  die  Hartglasröhre  R 
gelegt,  die  dann  in  die  Röhre  B  eingeschoben 
und  an  dieser  mit  Siegellack  befestigt  wird.  Von 
der  scheibenförmigen  Kathode  K  werden  die 
Kathodenstrahlen  nach  dem  Boden  von  Röhre 
R  in  eine  Entfernung  von  25  cm  geworfen. 
Die  ringförmige  Anode  liegt  ausserhalb  von 
A\  fast  in  einer  Ebene  mit  AT.  Diese 
Anordnung  liefert  ein  kompaktes  Stromlinien- 
system und  schützt  den  Boden  von  T  vor 
Kathodenstrahlen,  wenn  der  Strom  umgekehrt 
wird.  Als  weitere  Vorsichtsmassregel  gegen 
Seitenströme  und  elektrostatische  Einflüsse  wurde 
manchmal  ein  Drahtnetzcylinder  oder  eine  lange 
Drahtschlinge  über  die  ganze  Länge  von  R 
eingeschaltet,  ohne  dass  hierdurch  die  beob- 
achteten Erscheinungen  eine  merkliche  Ver- 
änderung erlitten  hätten.  Die  Röhre  wurde 
mittels  einer  Töpler-Hagenschen  Pumpe  luft- 
leer gemacht  und  mit  einem  etwa  1 5  cm  lange 
Funken  gebenden  Induktorium  erregt.  Die 
leuchtenden  Dämpfe  wurden  mit  einem  Brow- 
ningschen  Taschenspektroskop  oder  mit  einem 
chemischen  Spektroskop  mit  kalibrierter  Skala 
zur  Identifizierung  der  Linien  beobachtet.  Bei 
einigen  Linien,  die  zu  schwach  waren,  als  dass 
sie  mit  letztgenanntem  Instrument  sich  hätten 
beobachten  lassen,  wurde  eine  rohe  Identifizierung 
in  der  Weise  erzielt,  dass  ein  Vergleich  mit 
der  Lage  der  Kohlenwasserstoffbanden  im  Spek- 
trum der  zur  Erhitzung  der  Röhre  benutzten 
Bunsenflamme  angestellt  wurde.  Diese  Schätz- 
ungen sind  natürlich  vor  Fehlern  nicht  sicher, 
doch  wahrscheinlich  entsprechen  derartige  Linien 
bekannten  starken  Linien  des  Metalls. 

Im  folgenden  gebe  ich  kurz  die  erhaltenen 
Ergebnisse  wieder.  Keines  der  benutzten  Metalle 
war  chemisch  rein.  Die  Atmosphäre  im  Inneren 
der  Röhre  war  chemisch  hergestellter  Stickstoff. 

Natrium.*  Bei  einer  Temperatur  unterhalb 
der  Rotglut  wurde  ein  orangenfarbiger  Schein 
beobachtet,  der  die  /^-Linien  zeigte;  bei  Rot- 
glut wurde  dieser  Schein  grünlichgelb  und  traten 
die  citronengrünen  Linien  5683 — 88  auf;  ebenso 
schwache  Linien  oder  Banden  im  Rot  und 
Blaugrün,  wahrscheinlich  die  Paare  6154 — 61 
und  4979 — 83.  Diese  und  die  in  den  anderen 
Fällen  beschriebene  Lumineszenz  zeigte  sich  nur 
dann,  wenn  die  Evakuierung  einen  solchen  Grad 
erreicht  hatte,  dass  die  Kathodeifstrahlen  den 
Boden  von  T  trafen  und  das  Glas  zum  Fluo- 
reszieren brachten.  Sie  verschwand,  wenn  die 
Kathodenstrahlen  mittels  eines  Magneten  abge- 
lenkt wurden,  wurde  jedoch  durch  Einführen 
eines  Drahtnetzcylinders  oder  eines  langen  Drahtes 
nicht  beeinflusst.  Sie  trat  nicht  auf,  wenn  der 
Strom  umgekehrt  wurde  oder  wenn  bei  Drucken, 
die  ein  wenig  über  Kathodenstrahlendruck  lagen, 
ein  schwacher  Leitungsstrom  durch  den  Dampf 
geschickt  wurde,    indem    das  Ende  von    T  mit 


einem  zur  Erde  abgeleiteten  Leiter  berührt 
wurde.  Diese  Thatsachen  weisen  daraufbin, 
dass  die  beobachteten  Erscheinungen  nur  von 
den  Kathodenstrahlen  hervorgerufen  waren.  Farbe 
und  Spektrum  der  Lumineszenz  war  von  der 
von  Wiedemann  und  Schmidt  beobachteten 
Fluoreszenz  verschieden,  welch  letztere  grüne 
und  rote  Streifen  aufwies. 

Kalium.  Leichter  purpurner  Schein.  Die 
gelben  Natriumlinien  waren  die  hellsten  des 
Spektrums.  Ausserdem  waren  sichtbar  die 
gelben  Kaliumlinien  5783,  5802  und  5812,  so- 
wie mehrere  schwache  Linien  im  Grün,  die 
nicht  hell  genug  v/aren,  um  identifiziert  werden 
zu  können.  Die  roten  und  violetten  Linien 
waren  nicht  sichtbar,  was  nicht  zu  verwundem 
ist,  wenn  man  bedenkt,  wie  nahe  dieselben  den 
Grenzen  des  Spektrums  liegen;  jedoch  Hess  die 
Farbe  der  Lumineszenz  kaum  einen  Zweifel 
übrig,  dass  die  entsprechenden  Strahlungen 
wirklich  vorhanden  waren. 

Magnesium.  Magnesiumpulver  wurde  in  der 
Röhre  erhitzt.  Dasselbe  schmolz  nicht,  prasselte 
jedoch  stark  und  sublimierte.  Bei  schwacher 
Rotglut  erfüllte  ein  hellgrüner  Schein  das  Ende 
der  Röhre,  der  das  Triplet  5183,  5172,  5167 
erkennen  Hess. 

Quecksilber.  Der  Schein  war  blassgrün, 
nicht  rosa,  wie  Hertz  angiebt.  Zur  Erklärung 
dieses  Unterschiedes  kann  wohl  ein  Druckunter- 
schied von  einer  Atmosphäre  genügen.  Die 
gelbe,  grüne  und  blaue  Linie  war  heU;  die  grüne 
Linie  war  am  stärksten  und  beständigsten. 

Zink.  Gerade  unterhalb  der  Rotglut  wurde 
ein  schwacher  Lila-Schein  beobachtet,  der  das 
Triplet  481 1,  4722,  4680  zeigte.  Diese  Linien 
sieht  man  manchmal  im  Flammenspektrum  des 
Chlorids.  Bei  Rotglut  trat  eine  schwachrote 
Linie  (wahrscheinlich  6383)  gleichfaUs  auf,  und 
der  Schein  nahm  eine  sattpurpurne  Färbung  an. 
Diese  Linien  waren  die  einzigen,  die  in  einem 
schwachen  Funkenspektrum  auftraten,  wenn  kein 
Kondensator  eingeschaltet  war,  und  sonst  die 
längsten  Linien  des  Funkenspektrums.  Manchmal 
sah  man  mit  dem  Taschenspektroskop  schwach 
die  Linie  4912. 

Kadmium.  Unterhalb  der  Rotglut  war  der 
Schein  blass  graublau,  bei  Rotglut  violett.  Die 
ersten  beobachteten  Linien  waren  in  der  Reihen- 
folge ihrer  Intensität  5086,  4413,  480x3  und 
4678;  bei  sehr  hoher  Temperatur  trat  auch  eine 
rote  Linie  auf  (wahrscheinHch  6431).  Die 
Linien  5086,  4800  und  4678  sind  im  Flammen- 
spektrum des  Chlorids  zu  sehen.  Es  ist  auf- 
fallend, dass  4413,  die  bei  einfachen  Funken  fast 
unsichtbar  und  bei  Einschalten  eines  schwachen 
Kondensators  verhältnismässig  schwach  ist,  hier 
der  grünen  Linie  an  Intensität  am  ;iächsten 
kommt,  während  4678  sehr  schwach  ist.    A.  C. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


501 


Jones*)  bemerkt,  dass  im  Vakuumröhrenspek- 
trum des  Kadmiums  die  Farbe  ohne  Funken- 
mikrometer grün,  hingegen  blau  mit  einem 
solchen  ist,  und  dass  ohne  Funkenmikroifteter 
48CX)  und  4678  am  stärksten  und  4413  schwach 
ist.  Die  längsten  Linien  im  Funkenspektrum 
sind  5086,  4800  und  4678.  Diese  Verschieden- 
heiten in  Farbe  und  Spektrum  sprechen  gleich- 
falls dafür,  dass  die  hier  beobachteten  Erschein- 
ungen von  denen,  die  den  Durchgang  des  Stromes 
durch  den  Dampf  begleiten,  durchaus  verschie- 
den sind. 

Thallium.  Bei  verhältnismässig  niedriger 
Temperatur  wurde  hellgrüne  Lumineszenz  her- 
vorgerufen, worin  die  grüne  Linie  5380  zu 
sehen  war. 

Wismut,  Blei,  Antimon,  Zinn  und  Aluminium 
zeigten  keine  merkliche  Lumineszenz. 

Schwefel,  Selen  und  Tellur  gaben  einen  sehr 
schwachen  blauen  Schein,  der  ein  sehr  schwaches 
im  Grün  und  Blau  kontinuierliches  Spektrum  zeigte. 

Meistens  waren  die  beobachteten  Linien  die- 
selben, die  in  Flammen-  oder  schwachen  Funken- 
spektren zu  sehen  sind,  und  scheinen  daher 
Grundschwingungen  zu  entsprechen. 

Ich  behalte  mir  vor,  weitere  Untersuchungen 
über  den  Gegenstand  anzustellen. 

Universität  California,  Berkeley,   Mai  1902. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen  24.  Juni  1902.) 


Über  die  freie  Elektrizität  im  dunklen  Kathoden- 

raume. 

Von  A.  Wehnelt. 

Eingehende  Messungen  über  den  Verlauf  des 
Potentiales  im  dunklen  Kathodenraume  haben 
Herrn  A.  Schuster^  zur  Aufstellung  der  Inter- 
polationsformel 

geführt,  worin  Vx  die  Potentialdifferenz  zwischen 
dem  Punkte  x  und  der  Kathode,  V^  die  ge- 
samte Potentialdifferenz  zwischen  dem  Glimm- 
licht und  der  Kathode  und  K  eine  Konstante 
bedeutet. 

Unter  Annahme  dieser  Formel  hat  dann  Herr 
A.  Schuster  des  weiteren  die  gesamte  freie 
Elektrizität  im  dunklen  Kathodenraume  berechnet. 

Vorläufige  Messungen^)  von  mir  über  den- 
selben Gegenstand  hatten  ergeben,  dass  die 
Formel  von  A.  Schuster  in  grösseren  Ab- 
ständen von  der  Kathode  sich  recht  gut  den 
Messresultaten  anschmiegt,  in  der  Nähe  der 
Kathode  jedoch  keine  Gültigkeit  mehr  hat. 


\ 


i)  Wied.  Ann.  62,  30,  1897. 


2)  A.  Schuster,  Proc.  Roy.  Soc.  47,  642,  i8qo 

3)  A.  Wehnelt,  Diese  Z.  2,  518  ff.,  1901. 


Zur  Erlangung  genauerer  experimenteller 
Daten  für  die  Berechnung  der  freien  Elektrizität 
im  dunklen  Kathodenraume  habe  ich  deshalb 
die  Messungen  über  den  Verlauf  des  Potentiales 
längs  des  dunklen  Kathodenraumes  noch  ein- 
mal mit  verbesserten  Messeinrichtungen  wieder- 
holt. Als  Kathode  diente  dabei  eine  im  grossen 
Räume  befindliche  Kugel,  um  jede  Beeinflussung 
durch  die  Wände  des  Entladungsgefässes  zu 
vermeiden.  Eine  ausführlichere  Beschreibung 
der  Versuche  folgt  in  den  Annalen  der  Physik. 
An  dieser  Stelle  möchte  ich  kurz  die  Ergebnisse 
derselben  mitteilen. 

I.  Versuchsanordnung. 

Als  Kathode  diente  eine  Aluminiumkugel  {K) 
(Fig.  i)  von  I  cm  Radius.  Dieselbe  war  messbar 
verschiebbar,  so 
dass  ihr  Abstand 
von  einer  fest- 
stehenden Sonde 
(5)bisaufo,oicm 
genau  abgelesen 
werden  konnte.  / 
Diese  Kathode 
{K)  befand  sich 
in  einem  grossen 
cylindrischen  Ge- 
fäss  von  15  cm 
Durchmesser  und 
30  cm  Länge.  Als 
Anode  [A)  diente 
ein  langer  Alu- 
miniumdraht, der 
parallel  zur  Be- 
wegungsrichtung 
der  Kathode  nahe 

der  Glaswand  befestigt  war.  Es  wurde  hierdurch 
erreicht,  dass  eine  Verschiebung  der  Kathode  auf- 
oder  abwärts  nicht  die  Entladungsbahn  und  damit 
auch  nicht  das  gesamte  Entladungspotential 
änderte.  Die  Kathode  war  stets  durch  ein  Milli- 
amperemeter zur  Erde  abgeleitet.  Die  Potential- 
diflTerenzen  zwischen  Sonde  und  Kathode  wurden 
mit  einem  wohl  isolierten  Warburgschen 
Quadrantenelektrometer  (in  Doppelschaltung)  ge- 
messen. Als  Stromquellen  diente  bei  Versuchen 
mit  konstanter  Stromstärke  eine  20plattige  In- 
fluenzmaschine, bei  Versuchen  mit  variabler 
Stromstärke  eine  Hochspannungsbatterie. 

II.   Verlauf  des  Potentiales  bei  verschie- 
denen Drucken,  aber   konstanter  Strom- 
stärke. 

Aus  einer  grossen  Zahl  von  Messungsreihen 
'  seien  hier  nur  4  aufgeführt,  die  bei  recht  ver- 
1  schiedenen  Drucken  erhalten  wurden.  In  der 
'  Tabelle  I  bedeutet  r  den  jeweiligen  Abstand 
-  vom  Mittelpunkt  der  Kugelkathode  [R  =  i  cm). 


Fig.  I. 


502 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No,  21. 


p  die  Drucke  in  mm  Hg^    V  die  Potentialdiffe- 
renzen zwischen  Sonde  und  Kathode. 


Tabe 

Ue] 

l. 

• 

/  = 

=  0,3  •  10-^ 

Amp. 

Volt) 

1 

1 

K(ia 

rt)  = 

I.I 

X.2 

1.3  1.5  2.0  '  2.5  3.0  4.0 

1        1 

50 

6.0 

t-\ 

0.2 
0.1 
0.06 
0.03 

1  151 
226 

322 

507 

167 
235 

527 

182  206 
252  268 

,363 

545  557 

1 

244 
307 

4C5 
584 

262  26S 

327  337  !  339 
434  453  i  472 
617  637  671 

477 
68S 

690 

III.    Verlauf  des  Potentiales  bei  konstan- 
tem Druck,    aber   variabler   Stromstärke. 

Tabelle  H. 

Die  Bezeichnungen    sind    dieselben  wie   bei 
Tabelle  I. 

p  =  0,09  mm  Hg, 

y  V  (in  Volt) 


I.I     (     1.5 


/  ~ 


0.25 .  10-8  Amp. 
i.o  .  10-s 
2.5  .  10-3 
^4.0  .  10-3 


II 


II 


11 


252 

3^5 
496 
622 


296 

446 
620 

731 


2.0  3.0  4.0 

339  373  I    382 

492  554  :    565 

704  768  780 

835  I    939  i    960 


IV.  Erörterung  der  Versuche  und  Berech- 
nung der  freien  Elektrizität. 

Aus    der    oben    erwähnten    Schuster  sehen 
Formel 

berechnete  ich  für  mehrere  Versuchsreihen  den 
Wert  der  Zahl  AT.  Folgende  kleine  Tabelle  III 
zeigt,  dass  diese  Zahl  keineswegs  eine 
Konstante  ist,  d.h.  die  Schustersche  For- 
mel hat  keine  Gültigkeit.  Für  eine  Reihe 
von  Abständen  x  von  der  Kathode  sind  da- 
runter die  für  K  berechneten  Werte  verzeichnet. 


Tabelle  III. 

p  =  0,2  mm  //g 

o.2_  I  03 

4.95      376 
P  =  0,03  mm  Hg 

.r  =   0.1      0.5       1.0    i  I.$ 


0,3  •  lO"^  Amp. 


Ic. 


0.1 

"8:2" 


^5_ 
289 


1.0 
2.36 


1.5  2JQ 

"2^39        2.85 

/  =  0,3- 10"^  Amp. 

2.0    30  !  4.0    5.0  ;  6.0    7.0 
Ä'=  12.1 , 3.0     1.64  1.25  1 1.06  0.87  0.75  0.76  0.87  0.84 

Da  die  Schustersche  Formel  demnach 
keine  Gültigkeit  hat  und  es  mir  auch  nicht  ge- 
lungen ist,  eine  den  Verlauf  des  Potentiales  in 
beledigender  Weise  darstellehde  Interpolations- 


i)  Näher  als  auf  o,l  cm  durfte  die  Sonde  uicht  an  die 
Kathode  gebracht  werden,  da  sie  alsdann  durch  elektrostatische 
Kräfte  in  so  starke  Schwingungen  geriet,  dass  sie  gegen  die 
Kathode  stiess. 


formel  aufzustellen,  so  habe  ich  die  Berechnung 
der  freien  Elektrizität  graphisch  ausgeführt,  unter 
der  Annahme,  dass  die  Gleichung  für  die  freie 
Elektrizität 

auch  auf  stromdurchflossene  Gase  anwendbar 
ist.  ') 

Da  als  Kathode  bei  den  Versuchen  eine  frei 
im  Räume  befindliche,  also  unbeeinflusste  Kugel 
gedient  hatte,  so  muss  die  Gleichung  (i)  in  Kugel- 
koordinaten ausgedrückt  werden.  Sie  lautet  als- 
dann 

Die  gesamte  freie  Elektrizitätsmenge  im 
dunklen  Kathodenraume  ist  dann: 

E  =    \  ^nQr'^dr 3) 

worin  (>  die  Dichte  im  Abstände  r  vom  Mittel- 
punkt der  Kugelkathode  [R  =  i  cm)  und  a  den 
Abstand  der  Glimmlichtgrenze  vom  Mittelpunkte 
der  Kugelkathode  bedeutet. 

Die  Berechnung  der  Dichten  q  habe  ich  aus- 
geführt, indem  ich  aus  den  nach  Tabelle  I  und 
II    erhaltenen  Kurven   für   den  Potentialverlauf 

diejenigen  für  ^-  und  \   ^  graphisch  ermittelte. 

Die  folgenden  Tabellen  IV  und  V  enthalten 
die  Werte  von  Q  (im  elektrostatischen  Mass- 
system) für  einige  Abstände  r  von  der  Mitte 
der  Kugelkathode,  berechnet  aus  den  in  Tabelle  I 
und  II  niedergelegten  Messungen. 

(Siehe  Tabelle  IV  und  V  auf  S.  503.) 

Die  Tabellen  zeigen,  dass  die  Dichte  (> 
nicht  überall  dasselbe  Vorzeichen  hat. 
Unmittelbar  an  der  Kathode  und  nahe 
der  Grenze  des  dunklen  Kathodenraumes 
befindet  sich  meist  freie  positive  Elek- 
trizität. Zwischen  diesenpositivenLadun- 
gen  befindet  sich  ein  grosser  negativ  ge- 
ladener Raum. 

Berechnet  man  aus  den  Werten  von  q  die 
freie  Elektrizität  in  dem  Räume  zwischen  zwei 
Kugeln  mit  den  Radien  r  und  r  4  är,  so  hat 
diese  natürlich  stets  dasselbe  Vorzeichen  wie  q, 
d.  h.  die  Kathode  ist  konzentrisch  von 
elektrischen  Ladungen  verschiedenen 
Vorzeichens  umgeben. 

Die  algebraische  Summe  der  gesamten  freien 
Elektrizitätsmengen  giebt  stets  einen  positiven 
Wert.  Es  ist  also  stets  freie  positive  Elektrizität 
im  Überschuss  vorhanden.  Die  folgende  Tabelle 
Nr.  VI  giebt  die  gesamte  freie  Elektrizität  E  (in 

i)  Vergl.  J.  Stark,  Ann.  d.  Phys.  6,  98 — 100,  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


503 


Tabelle  IV. 


i.i 


1-3 


1-5      i      1-7 


'9 


fo,2 
ai 
0.06 

10.03 


0.084 

0.018 

—0.032 

O.IOO 


—0.003 

—0.002 

0.004 

— 0.004 

—  0004 

—  0.002 

—0.020 

—  0.018 

—0.014 

0.055 

—  0.004 

—0.007 

0.006 
0001 
-0.006 
-0.006 


2.1 

2.3 

2.5 

2.7 

2.9 

35 

0.009 

0.007 

0.009 

0.009 

0.007 

0002 

0.005 

0.007 

0.005 

0.005 

0.003 

0.002 

— O.OOI 

0.000 

O.OOI 

0.002 

0.002 

0.005 

— 0.002 

— 0.004 

—0.005 

0.0003 

—0.0002 

4.5 


0002 

O.OOI 


=  0,3  •  lO~'  Amp. 
Tabelle  V. 


r=^ 


i.i 


1.3 


1.5 


0.25  .  10—3 
i.o .  10-3 

(2.5  .  IO-3) 
4.0  .  10  -3 


—0.017 
—0.018 

—0.020  • 
—0.026 

—  0.012 
—0.018 

O.IIO 

—0.015 

—  O.OII 

—0.041 

0.007 

—0.035 

1.7 

—0.007 
—001 
0.041 
—  0027 


1.9 


2,1 


23 


2-5 


2.7 


29 


3.5 


—  O.OOI 

-0.005 

0.002 
-0023 


0.C04     0002 

0.007 

0.006 

—  0002'    O.OOI 

0.004 

0.006 

0.009     0.009 

0.008 

0.007 

—0007     0.007 

0.027 

0.018 

0.007 
0006 
0.007 
0.008 

0.002 
0.005 
0005] 
0006 

/  =  0,09  (bei  /  =  2,5  •  io~^  Amp.  war  /  =  0,1  mm  Hg), 


Coulombs)  im  dunklen  Kathodenraume  bei  ver- 
schiedenen Drucken  und  bei  verschiedenen  Strom- 
stärken, berechnet  aus  den  in  Tabelle  I  und  II 
verzeichneten  Messresultaten. 


Tabelle  VI. 

~^  Amp. 
006 


2  =  0,3  •  10 

/=  0.2  o.i         '         ooö  0.03 

-^  ']=  ,    0.31  .  10—9    I  0.27  .  10—9  I    0.12  .  10—9        0.05  .  10—9 

/  =  0,09  mm  Hg  (für  /  =  2,5  •  iO~^  Amp.  war 
/  =  0,1  mm  Hg^    daher  der  weit  höhere  Wert 

für  E). 
i=,     025.10—3  '  10. 10-3     (2.5.10—3)     40.10-3 

^l)=  I    0.14.  10-9       0.21  .  10-9  I   (066.  IO-9)      0.34.  10-9 

Da  die  graphische  Methode  nur  sehr  ange- 
näherte Werte  giebt,  so  können  die  in  der 
Tabelle  gegebenen  Zahlen  keinerlei  Anspruch 
auf  Genauigkeit  erheben.  Jedenfalls  ist  aus  den 
Zahlen  aber  zu  entnehmen,  dass  die  gesamte 
freieEletrizität  mit  abnehmendemDrucke 
geringer  wird  und  mit  zunehmender 
Stromstärke  wächst. 

Die  gesamte  im  dunklen  Kathodenraume 
befindliche  freie  Elektrizität  influenziert  auf  der 
zur  Erde  abgeleiteten  Kathode  eine  leicht  zu 
berechnende  Elektrizitätsmenge. 

Betrachten  wir  im  dunklen  Kathodenraume 
eine  unendlich  dünne  zur  Kugelkathode  kon- 
zentrische Kugelschale  mit  den  Radien  r  und 
r  '\'  dr  und  der  konstanten  Dichte  p,  so  ist  in 
derselben  eine  Elektrizitätsmenge 

e  =  4Jtr^Q  •  dr 
enthalten. 

DasPotentialdieserLadung  auf  einen  Punkt  im 

l)  .£  in  Coulombs  angegeben. 


Inneren  ist  =  — .  Die  gesamte  influenzierte  Elek- 
trizitätsmenge sei  £",  dann  ist  das  Potential  dieser 
auf  einen  inneren  Punkt  =    „  (wo  R  =  Radius 

der  Kugelkathode  ist).  Da  die  Kathode  zur  Erde 
abgeleitet  ist,  so  muss  das  Gesamtpotential  im 
Inneren  Null  sein,  also 

-     +  —  =  o. 
R         r 

Für  die  gesamte  Ladung  im  dunklen  Kathoden- 
raume gilt  dann 

r  =  a 


WO 


2I  =  /'i.^'-'pA  ist 

r        J  r 


r  =  R 


[a  =  Abstand  der  Grenze  des  dunklen  Kathoden- 
raumes vom  Mittelpunkt  der  Kugelkathode). 
Hieraus  ergiebt  sich 


r  =  Ä 


K  =  -RJ^-^'"y- 


dr 


=  R 


Die  Ausführung  der  Berechnung  ergiebt. 
dass  auf  der  Kugel  negative  Elektrizität  influen- 
ziert wird.  Zahlen  anzugeben  hat  keinen  Zweck, 
da  die  graphische  Ermittelung  zu  ungenaue 
Werte  ergiebt. 

Diese  negative  Influenzelektrizität  kann  Ver- 
anlassung zu  Kathodenstrahlen  geben,  denn  die 
yom  Glimmlicht  ausgehenden  starken  ultravio- 
letten Strahlen  werden  eine  ständige  Zerstreuung 
dieser  Ladung  bewirken. 

P3rlangen,  Physik.  Instit.  d.  Univ.,    Juli   1902. 

(Eingegangen  4.  Juli  1902.) 


S04 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


Einfluss  des  Elektrodenmetalles  auf  die  An- 
fangsspannung. 

Von  J.  Stark. 

I.  Folgerungen  der  Theorie, 

Zwei  Elektroden  mögen  sich  in  sekundär 
wenigionisiertem  Gase  gegenüberstehen  ;-zwischen 
ihnen  sei  eine  elektrische  Spannungsdifferenz  von 
kleinem  Betrage  vorhanden.  Es  ist  dann  zwischen 
den  Elektroden  im  Gas  ein  elektrostatisches 
Feld  vorhanden,  nach  Massgabe  der  Form  und 
des  Abstandes  der  Elektroden.  Dieses  statische 
Feld  bleibt  bestehen,  wenn  die  Spannungs- 
differenz der  Elektroden  langsam  erhöht  wird. 
Die  Erhöhung  kann  aber  nicht  unbegrenzt 
fortgesetzt  werden;  es  wird  schliesslich  ein  Wert 
der  Spannungsdifferenz  der  Elektroden  erreicht, 
bei  dessen  Überschreitung  das  Gas  elektrisch 
leitend  wird  und  darum  eine  starke  elektrische 
Strömung  oder  eine  Entladung  durch  sich  hin- 
durch ermöglicht.  Insofern  diese  Art  der  Ent- 
ladung den  ionisierten  Zustand  des  Gases  durch 
die  Energie  ihres  elektrischen  Feldes  selbst  her- 
beiführt, heisst  sie  Selbstentladung;  und  der- 
jenige Wert  der  Spannungsdifferenz  der  Elek- 
troden, bei  welchem  sie  eintritt,  heisst  ihre 
Anfangsspannung. 

Wie  durch  zahlreiche  Untersuchungen  fest- 
gestellt wurde,  ist  die  Anfangsspannung  der 
elektrischen  Selbstentladung  eine  Funktion  des 
Elektrodenabstandes,  des  Gasdruckes,  der  Gas- 
art und  der  Elektrodenform;  auch  der  Einfluss 
der  Temperatur  auf  sie  lässt  sich  in  einfacher 
Weise  klarmachen.  Nicht  einig  ist  man  über 
den  Einfluss  der  Art  des  Elektrodenmetalles 
auf  die  Anfangsspannung;  doch  scheint  eine 
grosse  Zahl  von  Physikern  der  Ansicht  zuzu- 
neigen, dass  die  Anfangsspannung  vom  Elek- 
trodenmetall unabhängig  sei.  Diese  Ansicht  ist 
indes  falsch. 

Wie  an  einer  anderen  Stelle  (Ann.  d.  Physik  7, 
919,  1902)  ausfuhrlich  dargelegt  wurde,  kommt 
die  von  einer  Elektrode  ausgehende  elektrische 
Selbstentladung  dadurch  zu  stände,  dass  in  der 
Gasschicht  an  der  Elektrode  (Entladeelektrode) 
eine  zweifache  Grenzionisierung  erfolgt,  dass 
also  die  positiven  Ionen  und  dann  natürlich 
auch  die  negativen  auf  ihrer  mittleren  freien 
Weglänge  ihre  lonisierungsspannung  frei  durch- 
laufen und  am  Ende  derselben  das  Gas  durch 
ihren  Stoss  ionisieren.  Ist  die  Entladeelektrode 
positiv,  also  Anode,  so  gehen  die  positiven 
Ionen  von  ihr  weg  und  wirken  ausserhalb  des 
Wirkungsbereiches  des  Elektrodenmetalles  gegen 
das  Gasinnere  ionisierend ;  diese  lonisierungs- 
spannung der  positiven  Ionen  gegen  das 
Gasinnere  (A  Vma)  ist  darum  unabhängig 
von  dem  Metall  der  Elektrode.  Ist  dagegen 
die    Entladeelektrode    negativ,     also    Kathode, 


so  erfolgt  die  Ionisierung  des  Gases  durch  die 
auf  sie  zuschiessenden  positiven  Ionen  in  der 
Grenzschicht  gegen  das  Metall;  die  loni- 
sierungsspannung {AVmk)  ist  nunmehr 
abhängig  von  dem  Elektrodenmetall. 
Dieses  setzt  nämlich  an  den  in  seinem  Wirkungs- 
bereich liegenden  Gasteilchen  die  lonenenergie 
und  damit  auch  die  lonisierungsarbeit  (loni- 
sierungsspannung) herab.  AVmk  ist  darum 
kleiner  als  A  Vma  und  im  allgemeinen 
von  Metall  zu  Metall  verschieden. 

Die  Definition  der  Anfangsspannung  (Va) 
lässt  sich  für  die  von  einer  Elektrode  aus- 
gehende Selbstentladung  aus  der  Forderung 
gewinnen,  dass  an  der  Entladeelektrode  auf 
der  mittleren  freien  Weglänge  (Xp)  der  positiven 
Ionen  deren  lonisierungsspannung  {AVma  bez. 
A  Vmk)  zu  liegen  habe.  Ist  V  die  Spannungs- 
funktion des  elektrostatischen  Feldes,  Fb  •  die 
Spannung  der  anderen  Elektrode,  so  ergiebt 
sich  (Ann.  d.  Physik  7,  924,   1902) 

Va  =  AVm+  V{Xp)^Vo. 

Bleibt  die  Form  und  der  Abstand  der  Elektroden 
ungeändert,  bleibt  also  das  elektrostatische  Feld 
bei  Änderung  des  Gasdruckes  oder  der  Art  des 
Elektrodenmetalles  sich  ähnlich,  so  lässt  sich 
die  Spannungsfunktion  in  der  Form  (p ,  f[x,y,z) 
geben, inder/(:r,/,£r)  ausschliesslich  eine  Funktion 
der  Koordinaten  ist.  In  diesem  Falle  lässt  sich 
die  Gleichung  der  Anfangsspannung  so  formu- 
lieren: 

fe-AXp) 

Hierin  ist  fe  der  Wert  von  /  auf  der  Entlade- 
elektrode, yi?  derjenige  aufder  zweiten  Elektrode. 
Der  Druck  und  die  Art  des  Gases  zwischen  den 
Elektroden,  deren  Form  und  Abstand  möge 
konstant  gehalten  werden,  geändert  werde  die 
Art  des  Elektrodenmetalles.  Dazu  setzen  wir  vor- 
aus, dass  die  Entladung  immer  von  einer  Elek- 
trode ausgehe.  Es  lassen  sich  dann  aus  den 
Gleichungen  der  Anfangsspannung  folgende  Sätze 
ableiten. 

Ist  die  Entladeelektrode  positiv,  so 
ist  die  Anfangsspannung  unabhängig  von 
dem  Elektrodenmetall.  Ist  die  Kathode 
Entladeelektrode,  so  hängt  der  Wert 
der  Anfangsspannungvon  der  chemischen 
Natur  der  Kathodenoberfläche  ab,  ist 
indes  unabhängig  von  dem  Metall  der 
Anode. 

Sind  die  Anode  und  Kathode  kon- 
gruent in  Form,  Grösse  und  Metall  und 
sind  sie  entgegengesetzt  gleichhoch 
geladen,  so  wird  die  Kathode  Entlade- 
elektrode; die  Anfangsspannung  hängt 
darum  in  diesem  Falle  ab  von  dem  Elek- 
trodenmetall. Die  Anode  lässt  sich  da- 
durch     zur     Entladeelektrode      machen. 


Physikalische  Zeitschrift.    3.  Jahrgang.    No.  21. 


505 


dass  man  an  ihr  die  Spannung  stärker 
abfallen  lässt  als  an  der  Kathode.  Dies 
geschieht,  indem  man  unsymmetrische 
Elektroden  wählt,  nämlich  auf  der  einen  Seite 
eine  kleine  Kugel,  einen  Kegel,  eine  Spitze,  einen 
dünnen  Cylinder,  auf  der  anderen  Seite  eine 
grössere  Kugel  oder  eine  Platte.  Die  Elektrode 
mit  dem  grösseren  Spannungsabfall  wird  dann 
Entladeelektrode. 

Bei  unsymmetrischen  Elektroden  ist 
die  Anfangsspannung  grösser,  wenn  die 
Entladeelektrode  positiv,  als  wenn  sie 
negativ  ist;  ihr  Verhältnis  in  den  zwei 
Fällen  ist  gleich  AVmal/^Vmi.  Im  ersten 
Falle  ist  die  Anfangsspannung  unabhän- 
gig von  dem  Metall  der  Entladeelektrode, 
in  dem  zweiten  Fall  ändert  sie  sich  mit 
demselben. 

l^Vmk  ist  gleich  dem  normalen  Kathoden- 
fall an  dem  Metall  der  Entladeelektrode.  Dem- 
gemäss  geht  die  Änderung  der  Anfangs- 
spannung bei  negativer  Entladeelektrode 
Hand  in  Hand  mit  der  Änderung  des 
normalen  Kathodenfalls;  die  Anfangs- 
spannung ist  um  so  kleiner,  je  kleiner 
der  Kathodenfall  ah  der  Entladeelektrode 
ist.  Da  der  Kathodenfall  fast  an  allen  ober- 
flächlich oxydierten  Metallen  den  gleichen  Wert 
wie  ungefähr  an  Platin  hat,  so  ist  auch  die  An- 
fangsspannung nahezu  unabhängig  von  dem 
Elektrodenmetall,  wenn  dieses  oberflächlich  oxy- 
diert ist.  Um  den  Einfluss  des  Elektroden- 
materials auf  die  Anfangsspannung  der 
Selbstentladung  zu  finden,  hat  man 
darum  mit  reinen  Elektroden  in  Gasen  zu 
arbeiten,  welche  deren  Oberfläche  nicht 
chemisch  verändern. 

2.     Beobachtungen    über    polare    Unter- 
schiede bei  der  Selbstentladung. 

Es  ist  bereits  eine  grosse  Zahl  von  Unter- 
suchungen über  die  Anfangsspannung  der  Selbst- 
entladung zwischen  unsymmetrischen  Elektroden 
angestellt  worden.  Sie  haben  weitaus  zum 
grössten  Teile  das  Resultat  ergeben,  dass  die 
Anfangsspannung  bei  positiver  Ladung  der  Ent- 
ladeelektrode grösser  ist  als  bei  negativer  Ladung. 
Der  abweichende  Befund  einer  kleinen  Zahl  von 
Beobachtungen  erklärt  sich  daraus,  dass  bei 
ihnen  die  Genauigkeit  der  Messung  nicht  ge- 
nügend war  oder  dass  sekundäre  Störungen 
nicht  ausgeschlossen  waren. 

So  erfolgt  die  Selbstentladung  zwischen  einer 
Spitze  einerseits  und  einer  ausgedehnten  Elek- 
trode (Platte,  Kugel,  Cylinder)  andererseits  bei 
negativer  Ladung  der  Spitze  schon  für  eine 
kleinere  Anfangsspannung  als  bei  positiver 
Ladung.  Diese  Thatsache  *)  ist  bereits  so  häufig 

1)  Faraday,  Exp.  Res.  Ser.  18;  §  I493i  »^38;  Righi. 


und  mit  einer  solchen  Genauigkeit  nachgewiesen 
worden,  dass  sie  heute  wohl  von  keiner  Seite 
mehr  angezweifelt  wird. 

Benützt  man  als  eine  Elektrode  einen  Cylinder 
(dünnen  Draht),  als  zweite  Elektrode  eine  parallele 
Platte  oder  allgemeiner  einen  ausgedehnten  Leiter, 
so  ist  die  Anfangsspannung  ebenfalls  grösser, 
wenn  der  Cylinder  Anode,  als  wenn  er  Kathode 
ist. ») 

Der  polare  Unterschied  bei  der  Selbstent- 
entladun'g  zeigt  sich  endlich  auch,  wenn  man 
als  eine  Elektrode  eine  kleine  Kugel,  einen 
Kegel  oder  das  abgerundete  Ende  eines  Cylinders, 
als  zweite  Elektrode  eine  grössere  Kugel  oder 
eine  Platte  benützt.  '^)  Auch  in  diesem  Falle  ist 
die  Anfangsspannung  kleiner,  wenn  die  erste 
Elektrode  Kathode,  als  wenn  sie  Anode  ist. 

3.  Beobachtungen  über  den  Einfluss  ver- 
schiedener   Elektrodenmetalle     auf    die 

Anfangsspannung. 

In  den  Versuchen,  die  im  Nachstehenden 
besprochen  sind,  ist  der  Druck  und  die  Art  des 
Gases  sowie  die  Form  und  der  Abstand  der 
Elektroden  konstant  gehalten;  geändert  wird 
lediglich  die  Art  des  Elektrodenmetalles.  Die 
Beobachtungen  über  die  Abhängigkeit  der  An- 
fangsspannung vom  Elektrodenmetall  sind  noch 
nicht  zahlreich;  indes  lassen  sie  die  Richtigkeit 
der  oben  theoretisch  gezogenen  Folgerimgen 
bereits  unzweifelhaft  erkennen. 

Nach  Righi^)  ist  die  Anfangsspannung  der 
Selbstentladung  zwischen  Platinkugeln  grösser  als 
zwischen  Messingkugeln  von  gleichem  Radius 
und  gleichem  Abstand;  ist  die  eine  Elektrode 
eine  Platin-,  die  andere  eine  Kupferkugel,  so  ist 
die  Anfangsspannung  kleiner,  wenn  die  letztere 
Kathode  ist;  ähnliche  Resultate  ergeben  sich  für 
andere  Metalle. 

Paschen*)  schreibt  bezüglich  der  Anfangs- 
spannung der  Selbstentladung  in  Lufl  zwischen 
Kugelelektroden  aus  Messing  folgendes:  „Nach- 
dem die  Kugeln  geputzt  waren,  wurde  der  zu 
messende  Abstand  eingestellt  und  sofort  ein 
Beobachtungssatz  von  4  bis  8  Funken  in  Zwischen- 

Nuov.  Cim.  (2)  16,  89,  1876;  Röntgen,  Gott.  Nachr.  1878, 
396;  De  la  Rue  u.  Müller,  Phil.  Trans.  109,  55,  1878; 
Macfarlane,  PhiL  Mag.  (5)  10,  402,  1880;  Precht,  Wied. 
Ann.  49,  150,  1893;  Warburg,  Wied.  Ann.  67;  7,  1899; 
Ann.  d.  Phys.  2,  295,  1900;  Sievcking,  Ann.  d.  Phys.  1, 
299,  1900;  Tamm,  Ann.  d.  Phys.  6,  277,  1901. 

i)  Bichat,  Ass.  Franc.  Nancy,  15,  243, 1886;  Borgesius, 
Metingen  van  de  potentiaalverschiUen ;  Diss.,  Groningen,  1892, 
104;  Overbeck,  Wied.  Ann.  60,  193,  1897. 

2)  Faraday,  Exp.  Res.  Ser.  18,  §  1480,  1838;  Belli, 
Bibl.  Italiana  30,  280;  Gaugain,  Ann.  Chim.et  Phys.  (4)  8, 
108,  1866;  G.  Wiedemann  u.  Rühlmann,  Pogg.  Ann.  146, 
235,  364,  1872;  Righi,  Nuov.  Cim.  (2)  10,  89.  1876;  Holtz, 
Wied.  Ann.  11,  513,  1880;  Macfarlane,  Phü.  Mag.  (5)  10, 
402,  1880;  Borgesius,  a.a.O.  S. 66;  Heydweiller,  Wied. 
Ann.  48,  213,  1893. 


3j  Righi,  a.  a.  O.  S.  100,  M 7. 

4) 


Paschen,  Wied.  Ann.  87.  76,  83,  1889. 


5o6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


räumen  von  ungefiLhr  einer  Minute  gewonnen. 
Dabei  zeigte  sich  bald,  dass  der  erste  Funke 
fast  durchgängig  ein  etwas  kleineres,  die  folgen- 
den dasselbe  etwas  höhere  Potential  hatten.  Als 
Grund  hierfür  mag  eine  Veränderung  der  metal- 
lischen Oberfläche  durch  den  ersten  Funken  an- 
zusehen sein."  Heydweiller  *)  bestätigte  die 
Beobachtung  Paschens. 

Borgesius^  hat  die  Anfangspannung  der 
Selbstentladung  in  Luft  zwischen  zwei  Platten- 
elektroden aus  verschiedenem  Metall  bestimmt. 
E^  zeigte  sich,  dass  bei  mehreren  Metallen  die 
Anfangsspannung  fiir  den  ersten  Funken  eben- 
falls eine  andere  war  als  ftir  die  folgenden, 
femer  ftir  verschiedene  Metalle  verschiedene 
Werte  besass.  Mehrere  Metalle  ergaben  auch 
fiir  spätere  Funken  verschiedene  Anfangsspan- 
nungen. 

Wenn  in  neuerer  Zeit  Precht  ^)  und  Orgler  ^) 
für  verschiedene  Elektrodenmetalle  denselben 
Wert  der  Anfangsspannung  erhielten,  so  hat 
dies  nach  meiner  Ansicht  den  Grund  darin, 
dass  sie  nicht  mit  oxydfreien  Oberflächen  arbei- 
teten. 

Bichat*)  hat  mit  einem  zu  Messzwecken 
konstruierten  elektrischen  Flugrad  die  Anfangs- 
spanhung  fiir  die  Selbstentladung  an  dünnen 
Drähten  bestimmt.  Er  hat  hierbei  auch  den 
Einfluss  des  Elektrodenmetalles  untersucht.  Ich 
habe  die  wertvolle  Arbeit  Bicbats  erst  nach 
Veröffentlichung  der  von  mir  entwickelten  lonen- 
stosstheorie  der  Selbstentladung  kennen  gelernt. 
Es  ist  überraschend,  wie  genau  sich  die  zunächst 
gewagt  erscheinende  Vorhersage  der  Theorie 
in  Bi Chats  Versuchen  bestätigt.  Da  die  Arbeit 
Bichats  wenig  bekannt  ist  und  fiir  Anstellung 
weiterer  Versuche  in  der  angegebenen  Richtung 
sehr  lehrreich  ist,  sei  hier  ein  Teil  von  ihr  über- 
setzt wiedergegeben. 

„Für  den  gleichen  Platindraht  behält  die 
Anfangsspannung  genau  denselben  Wert  bei, 
wenn  nur  der  Draht  vollkommen  rein  ist.  Für 
den  Platindraht  von  dem  angegebenen  Durch- 
messer (0,00501  cm)  schwankt  der  absolute 
Wert  der  Anfangsspannung  in  den  Versuchen 
mit  mehreren  Wochen  Zwischenzeit  zwischen 
68,3  und  69,9.  —  Wenn  das  Flugrad  negativ 
jjrladcn  ist,  findet  man  ebenfalls,  dass  es  so- 
lang;« in  Ruhe  bleibt,  als  die  Spannung  nicht 
rinrn  bcHtimmt^n  Wert  erreicht  hat,  bei  dessen 
Olirrnrhrritung  es  sich  zu  bewegen  beginnt. 
th-r  rln/i^fc  Unterschied  beim  Platin  besteht 
/1/irin,  <lii*»«*'  die  Anfangsspannung  einen  kleineren 

Ij  M^r'twrlllrr,  WIed,  Ann.  48,  217,  1893. 

ä,  h^ff*/'  *)•«*,  ft.  ».  o.  s.  135. 
t,  l'f'/li»,  WIril,  Ann.  49.  150,  1893.  j 

4]  fittfit^t,  Ahm    «1.  I'hyi.  1,   174.   1900- 
',  Mm  Kt»    ^«»«^   J'    tnurnlcjuct  electriquc  et  la  deperdition    ; 
,1,    (  '|.  ,♦/•,(»/    ).«f  M'fiVMtU.ii,  Am«.  Franc.  Nancy,  15,  243  bis    , 


Wert  hat  als  bei  positiver  Ladung  des  Flug- 
rades. So  beträgt  für  den  0,00501  cm  dicken 
Draht  der  mittlere  Wert  der  Anfangsspannung 
nur  63,2.  Wenn  der  Pladndraht  g^t  gereinigt 
ist,  sind  die  Schwankungen  der  Anfangsspannung 
um  den  angegebenen  Mittelwert  ziemlich  klein; 
indes  sind  sie  merklich  grösser  als  bei  positiver 
Ladung  des  Flugrades.  Die  äussersten  Werte 
sind  61,4  und  64,8. 

Es  ist  interessant,  die  Resultate  zu  ver- 
gleichen, welche  man  mit  Drähten  von  gleicher 
Dicke,  aber  verschiedenem  Metall  erhält.  Ich 
habe  nacheinander  Drähte  von  Gold,  Silber, 
Eisen,  Nickel  und  Aluminium  untersucht;  sie 
hatten  alle  denselben  Durchmesser  wie  der  Platin- 
draht (0,00501  cm). 

Das  Gold  hat  dieselben  Resultate  wie  das 
Platin  ergeben,  sowohl  für  positive« wie  für  nega- 
tive Ladung  des  Flugrades. 

Das  Silber  liefert  auch  die  gleichen  Resultate 
wie  das  Gold  und  Platin.  Die  Anfangsspannung 
hat  noch  genau  den  gleichen  mittleren  Wert  69,2 
für  positive  und  63,5  für  negative  Ladung. 
Wenn  man  den  Silberdraht  nach  Behandlung 
mit  Schwefelwasserstoff  untersucht,  so  zeiget  die 
Anfangsspannung  noch  denselben  Wert  wie  zu- 
vor im  Falle  positiver  Ladung;  für  negative 
Ladung  ist  sie  indes  unverkennbar  kleiner  ge- 
worden; sie  kann  bis  auf  den  Wert  53  erniedrigt 
werden,  auf  dem  sie  übrigens  kurze  Zeit  stehen 
bleibt.  Wenn  man  den  Versuch  fortsetzt,  so 
nimmt  die  Anfangsspannung  allmählich  wieder 
zu,  um  schliesslich  den  Wert  63  zu  erreichen, 
welcher  nahezu  gleich  demjenigen  ist,  den  man 
bei  völliger  Reinheit  des  Drahtes  findet. 

Im  Falle  des  Eisens  ist  die  Anfangsspannung 
bei  positiver  Ladung  noch  genau  dieselbe  wie 
für  die  vorhergehenden  Metalle.  -—  Die  negative 
Ladung  liefert  viel  unregelmässigere  Zahlen.  Der 
Wert  der  Anfangsspannungistfur  einen  sehr  reinen 
Draht  im  Anfang  ziemlich  klein,  nämlich  unge- 
fähr 56;  er  wächst  darauf  allmählich  mit  der 
Zeit,  um  schliesslich  die  Zahl  63,1  zu  erreichen, 
die  nahezu  gleich  derjenigen  für  Platin  ist. 

Beim  Nickel  erhält  man  analoge  Resultate 
wie  beim  Eisen;  für  positive  Ladung  ist  die 
Anfangsspannung  wenig  verschieden  von  der- 
jenigen, welche  die  vorangehenden  Metalle  liefern, 
ihr  mittlerer  Wert  ist  nahezu  gleich  69.  Aber 
im  Falle  negativer  Ladung  schwankt  die  Anfangs- 
spannung zwischen  viel  weiteren  Grenzen;  sie 
geht  herab  bis  zu  35  und  kann  nach  längerer 
Benützung  des  Drahtes  einen  mittleren  Wert  von 
63  erreichen,  der  sich  ja  auch  für  Gold  und  Platin 
ergiebt. 

Das  Aluminium  endlich  zeigt  analoge  Un- 
regelmässigkeiten. Die  Anfangsspannung  bei 
positiver  Ladung  des  Flugrades  ist  immer  nahezu 
69.  Bei  negativer  Ladung  steigt  es  dagegen  von 
51  auf  63.  Diese  Veränderung  kommt  aUmählich, 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  21. 


50/ 


der  kleinste  Wert  entspricht  immer  dem  neuen 
Draht. 

Aus  dieser  vergleichenden  Untersuchung  an 
Flugrädern  mit  Drähten  von  verschiedenem 
Metall,  aber  gleichem  Durchmesser  folgt,  dass 
die  Anfangsspannung  unverkennbar  die 
gleiche  ohne  Rücksicht  auf  das  Metall 
ist,  wenn  das  Flugrad  positive  Ladung 
besitzt.  Bei  negativer  Ladung  ist  der  Wert 
der  Anfangsspannung,  welcher  für  Gold  und 
Platin  gleich  ist,  erst  kleiner  für  Eisen,  Nickel, 
Silber,  Aluminium;  er  nimmt  darauf  mit  der 
Zeit  zu,  um  genau  gleich  demjenigen  zu  werden, 
welchen  man  fiir  die  unter  den  Versuchsbedin- 
gungen schwerer  sich  ändernden  Metalle  erhält. 
Diese  Veränderlichkeit  ist  wahrscheinlich  darauf 

zurückzuführen,   dass  die  Metalle  in  Lufl 

sich  oberflächlich  mit  einer  Oxydschicht  be- 
decken. Dass  dem  wirklich  so  sei,  dafür  spricht 
folgende  Beobachtung.  Macht  man  ein  Flug^ad 
aus  Eisendrähten,  die  von  vornherein  in  einem 
Ozonstrom  oxydiert  wurden,  so  erhält  man 
schon  das  erste  Mal  Werte,  welche  sehr  nahe 
denen  für  Platin  liegen." 

Göttingen,  Jnni  1902. 

(Eingegangen  24.  Juni  1902.) 


Der  sogenannte  Obergangswiderstand  der 

Funkenentladung. 

Von  J.  Stark. 

I.     Die  Erscheinung   und   frühere  Erklä- 
rungsversuche. 

Der  elektrische  Funke  oder  allgemeiner  die 
Selbstentladung  kann  nicht  eintreten,  bevor 
nicht  die  Spannungsdiflferenz  der  Elektroden 
einen  gewissen  Wert,  die  Anfangsspannung,  er- 
reicht hat.  Für  kleine  Elektrodenabstände  (/) 
lässt  sich  in  kleinen  Variationsintervallen  die 
Anfangsspannung  V  als  lineare  Funktion  von  / 
darstellen:  Va^^a  +  ß-L  Die  Konstante  a  be- 
trägt mehrere  Hundert  Volt;  sie  hat  zur  Folge, 
dass  auch  bei  sehr  kleinen  Elektrodenabständen 
der  Eintritt  der  Selbstentladung  eine  beträcht- 
liche Spannungsdiflferenz  beansprucht. 

Dies  Verhalten  der  Selbstentladung  bei  kleinen 
Elektrodenabständen  ist  schon  lange  bekannt; 
Fig.  I  stellt  dahingehende  Messungen  von 
W.  Thomson')  (Plattelektroden)  und  Borge- 
sius^)  (Kugelelektroden)  dar. 

Zur  Erklärung  der  Erscheinung  hat  Maxwell 
(Treat.  Art.  59  u.  369)  zwei  Hypothesen  auf- 
gestellt. „Man  kann  vielleicht  annehmen,  dass 
die  Lufl  an  den  Oberflächen  der  Konduktoren 


i)  W.  Thomson,  Proc.  Roy.  Soc.  10,  326,  1860. 
2)  Borgesius,    Metingen    van    de   potentiaalverschillen, 
Diss.,  Groningen  1892,  47. 


fZOO 


woo 


800 


600 


200 


l' 


7 


7^ 

iL. 


t 


^■' 


/ 
^7^ 


/ 


0  o,t  0,2 

£lektrodenahstand  in,  mnv. 

Fig.  I. 

sich  verdichtet  und  so  besser  isoliert;  sind  dann 
die  beiden  Konduktoren  sehr  nahe,  so  stossen 
die  kondensierten  Luftstrata  aneinander.  Es  ist 
aber  auch  möglich,  dass  überhaupt  das  Poten- 
tial eines  geladenen  Konduktors  nicht  mit  dem 
in  der  berührenden  Lufbchicht  übereinstimmt, 
sondern  sich  von  ihm  um  eine  Grösse  unter- 
scheidet, die  gerade  vor  der  Entladung  ihren 
maximalen  Betrag  erreicht."  ChrystaP)  wies 
noch  auf  die  zwei  folgenden  Erklärungsmöglich- 
keiten hin.  Es  kann  einmal  die  Lufl  in  der 
Nähe  der  Elektroden  elektrisch  geladen  sein; 
sodann  kann  die  Dielektrizitätskonstante  der 
Luft  in  der  Oberflächenschicht  eine  Funktion 
des  Abstandes  von  der  Oberfläche  sein. 

Den  meisten  Anklang  fand  die  erste  Hypo- 
these Maxwells.  Indes  wies  Heydweiller 
darauf  hin,  dass  zum  Ende  einer  ausreichenden 
Erklärung  die  Verdichtung  der  Lufl  an  den 
Elektroden  eine  bis  dahin  ungekannte  Grösse 
haben  müsste,  und  Borgesius  (a.  a.  O.  112) 
zeigte  experimentell  auf  optischem  Wege,  dass 
eine  solche  Verdichtung  nicht  vorhanden  ist. 
Ebenso  lässt  sich  zeigen,  dass  auch  die  drei 
anderen  Hypothesen  unhaltbar  sind.  Sie  sind 
vor  allem  nicht  mit  der  unten  näher  besprochenen 
Beobachtung  in  Einklang  zu  bringen,  dass  die 
Dicke  der  Gasschicht,  auf  welcher  die  durch 
die  Konstante  a  gegebene  Spannungsdiflferenz 
liegt,  angenähert  umgekehrt  proportional  dem 
Gasdruck  ist  und  daher  sehr  gross  werden  kann. 

In  neuerer  Zeit  hat  man  zur  Erklärung  der 
fraglichen  Erscheinung  von  einem  Übergangs- 
widerstand gesprochen,  der  sich  in  konstanter 
Stärke  dem  Übergang  der  Elektrizität  zwischen 

i)  Chrystal,  Proc.  Edmb.  Soc.  1882,  487. 


5o8 


Physikalische  Zeitschrift     3.  Jahrgang.    No.  21. 


Gas  und  Elektrode  entgegensetzen  soll.  Das 
Wort  Übergangswiderstand  giebt  indes  keine 
Erklärung,  sondern  ist  lediglich  eine  andere 
und  noch  dazu  unklare  Ausdrucksweise  für  die 
in  Rede  stehende  Erscheinung.  Das  Wort  ist 
überdies  unsachgemäss.  In  elektrischer  Hinsicht 
ist  das  Wort  Widerstand  bereits  für  einen  an- 
deren wohldefinierten  Begriff,  den  Ohm  sehen 
Leitungswiderstand,  vergeben;  man  sollte  es 
darum  nicht  auch  noch  auf  eine  Erscheinung 
anwenden,  die  mit  diesem  nicht  das  ge- 
ringste gemeinsam  hat.  Welcher  Art  ist  die 
Schicht,  in  welcher  der  rätselhafte  „Übergangs- 
widerstand" liegen  soll?  Dass  in  der  Grenze 
zwischen  Gas  und  Elektrode  nicht  ein  grosser 
Ohm  scher  Widerstand  liegt,  geht  aus  folgender 
Thatsache  hervor.  Wenn  man  das  Gas  zwischen 
den  Elektroden  kräftig  sekundär  ionisiert,  so 
lässt  sich  eine  starke  Strömung  zwischen  ihnen 
herstellen,  auch  wenn  das  Gas  unmittelbar  an 
der  Oberfläche  der  Elektroden  nicht  ionisiert 
wird. 

2.  Folgerungen  aus  der  lonenstosstheorie 

und  Beobachtungen. 

Nach  der  lonenstosstheorie  ^  kommt  die 
elektrische  Selbstentladung  dadurch  zu  stände, 
dass  an  einer  Elektrode,  der  Entladeelektrode, 
zweifache  Grenzionisierung  durch  lonenstoss 
eintritt.  An  der  einen  Seite  dieser  Grenzioni- 
sierung ionisieren  die  positiven  Ionen  durch 
ihren  Stoss  das  Gas,  auf  der  anderen  Seite  die 
negativen  Ionen.  Ist  beispielsweise  die  Kathode 
Entladeelektrode,  so  wirken  die  auf  sie  zu- 
schiessenden  positiven  Ionen  unmittelbar  an  ihrer 
Oberfläche  ionisierend,  etwas  davon  entfernt  im 
Gasinnem  die  wegffliegenden  negativen  Ionen. 
Die  Länge  der  zweifachen  lonisierungspartie  ist 
gleich  der  mittleren  freien  Weglänge  der  posi- 
tiven Ionen,  die  auf  ihr  liegende  Spannungs- 
differenz gleich  der  lonisierungsspannung  der 
positiven  Ionen.  Ist  die  Kathode  Entladeelektrode, 
so  ist  diese  Spannungsdifferenz  gleich  dem  nor- 
malen Kathodenfall. 

Ist  Va  die  Anfangsspannung,  ^Vma  bezw. 
/SVfffk  die  lonisierungsspannung  der  positiven 
Ionen  an  der  Anode  bezw.  Kathode,  V  die 
Spannungsfunktion  zwischen  den  Elektroden, 
X/  die  mittlere  freie  Weglänge  der  positiven 
Ionen,  Vq  die  Spannung  der  Elektrode,  an 
welcher    die  Entladung    nicht  einsetzt,    so  gilt: 

Aus  der  vorstehenden  Gleichung  ziehen  wir 
die  Folgerungen  für  kleine  Elektrodenabstände. 
Bei  grosser  Nähe  der  Elektroden  ist  an  beiden 
der  Spannungsabfall  nahezu  gleich  gross.  Da 
A  Vmk  beträchtlich  kleiner  ist  als  A  Vma,  so  wird 
bei  kleinem  Elektrodenabstand  immer  die  Kathode 

1)  Anu.  d.  Phys.  7,  417,  919,  1902. 


zur  Entladcelektrode;  die  Gleichung  der  An£aings> 
Spannung  wird  darum  für  diesen  Fall: 

v,  =  av^,+  v{x;j-v,. 

Die  Anfangsspannung  hat  ihren  klein- 
sten Wert,  ist  nämlich  gleich  dem  nor- 
malen Kathodenfall,  wenn  V{X/)  —  Vq  =  0, 
wenn  also  der  Elektrodenabstand  /gleich 
der  mittleren  freien  Weglänge  (2/)  der 
positiven  Ionen  geworden  ist.  Bei  weiterer 
Verkleinerung  sind  zwei  Fälle  zu  unterscheiden. 
Erstens  kann,  beispielsweise  bei  parallelen 
Plattenelektroden,  die  Länge  sämtlicher  Kraft- 
linien, welche  von  der  Kathode  zur  Anode  durch 
das  Gas  laufen,  kleiner  sein  als  die  freie  Weg- 
länge (X/).  In  diesem  Falle  erreichen  die  meisten 
sekundär  vorhandenen  positiven  Ionen  die  Ka- 
thode, ohne  zuvor  das  Gas  durch  ihren  Stoss 
zu  ionisieren;  soll  Selbstentladung  ein- 
treten, so  muss  die  Anfangsspannung 
über  den  normalen  Kathodenfall  gestei- 
gert werden,  damit  die  wenigen  innerhalb  des 
Gases  zum  Stoss  gelangenden  positiven  Ionen 
zur  Ionisierung  befiLhigt  werden.  Zweitens 
können  einige  Stellen  der  Kathode  bereits  von 
der  freien  Weglänge  2/  (von  der  Anode  aus  ge- 
messen) erreicht  werden,  andere  dagegen  nicht. 
In  diesem  Falle  springt  die  Selbstentladung  von 
jenen  auf  diese  Stellen  über,  schlägt  also  nicht  mehr 
den  kürzesten  Weg  zwischen  den  Elektroden 
ein;  die  Anfangsspannung  bleibt  indessen 
auch  noch  bei  weiterer  Verkleinerung  des 
Elektrodenabstandes  auf  dem  normalen 
Kathodenfall  stehen. 

Zur  Erzielung  des  kleinsten  Wertes  der 
Anfangsspannung  (normaler  Kathoden - 
fall)  ist  eine  Verminderung  des  Gas- 
druckes oder  Vergrösserung  der  freien 
Weglänge  der  Ionen  äquivalent  einer  Ver- 
kleinerung des  Elektrodenabstandes.  Die 
Dicke  der  Gasschicht,  welche  den  soge- 
nannten Übergangswiderstand  in  sich 
birgt,  auf  welcher,  schärfer  gesprochen, 
der  normale  Kathodenfall  liegt,  ist  an- 
genähert umgekehrt  proportional  dem 
Gasdruck  und  ist  gleich  dem  grössten 
Elektrodenabstand,  welcher  den  klein- 
sten Wert  der  Anfangsspannung  crgiebt 
Wie  der  normale  Kathodenfall,  so  ist 
auch  die  kleinste  Anfangsspannung  der 
Selbstentladung  abhängig  von  der  Art 
des  Gases   und   des   Elektrodenmetalles. 

Die  vorstehenden  Folgerungen  sind  fast  alle 
bereits  durch  das  Experiment  bestätigt  worden. 
Strutt')  untersuchte  die  Abhängigkeit  der  An- 
fangsspannung vom  Gasdruck  für  parallele  Platten- 
elektroden. Er  fand  als  kleinsten  Wert  der  An- 
fangsspannung in  verschiedenen  Gasen  den  nor- 
malen Kathodenfall;    mit  einer  kleineren  Span- 

i)  Strutt,  Phil.  Traus.  198,  377,  1900. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  21. 


509 


nungsdiiferenz  konnte  er  keine  Funkenentladnng 
hervorbringen.  Dies  Resultat  kann  nicht  er- 
schüttert werden  durch  eine  Angabe  von  Ear- 
hart  *)  Dieser  untersuchte  die  Anfangsspannung 
zwischen  einer  Kugel  und  einer  Ebene  bei 
kleinen  Abstanden.  Solange  die  Anfangsspannung 
bei  ihm  oberhalb  des  Kathodenfalls  lag,  reihten 
sich  seine  Werte  geradlinig  aneinander,  für  sehr 
kleine  Abstände  giebt  er  zwar  Werte  an,  welche 
kleiner  sind  als  der  Kathodenfall,  aber  ganz 
ausser  der  Reihe  der  anderen  Werte  liegen, 
offenbar  einem  anderen  Gesetz  folgen  und  einem 
anderen  Vorgang  als  der  Selbstentladung  zuzu- 
eignen sind. 

Erinnert  sei  femer  daran,  dass  auf  der  Länge 
des  Kathodendunkelraumes  der  Kathodenfall 
liegt  und  dass  dessen  normaler  Wert  unabhängig 
vom  Gasdruck  ist;  die  Länge  des  Kathoden- 
dunkelraumes ist  angenähert  umgekehrt  propor- 
tional dem  Gasdruck. 


i)  Earhart,  Phil  Mag.  (6)  1,  147,  1901. 


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tO  20  30  W  so  60 

SlektrodeTtahstanä^  uv    WeHenlän^eiL'. 

Fig.  2. 


10 


Nach  Hittorf,  Wiedemann,  Lehmann 
und  anderen  verschwindet  bei  Annäherung  der 
Elektroden  von  demjenigen  Teil  der  Anode  das 
Glimmen,  welcher  in  den  Kathodendunkelraum 
taucht  und  begiebt  sich  auf  entferntere  Teile 
der  Anode;  ein  analoger  Vorgang  hat  an  der 
Kathode  statt.  Wird  die  Anode  der  Kathode 
soweit  genähert,  dass  sich  alle  ihre  Punkte  im 
Dunkelraum  befinden,  so  steigt  die  Elektroden- 
spannung sehr  stark  an.  In  Strutts  Versuchen 
über  die  Selbstentladung  zwischen  nahen  Platten- 
elektroden stieg  die  Anfangsspannung  nach  Er- 
reichung ihres  kleinsten  Wertes  wieder  schnell 
an,    als  der  Gasdruck  weiter  erniedrigt  wurde. 

Die  vorstehende  Figur  2  ist  nach  Angaben 
von  Earhart  gezeichnet;  sie  bezieht  sich  auf 
Luft,  die  Wellenlänge  ist  diejenige  der  Z?-Linie. 
Wie  man  ersieht,  lässt  sich  die  Anfangsspannung 
der  Selbstentladung  in  der  Nähe  ihres  Minimums 
(etwa  320  Volt)  durch  eine  Gleichung  von  der 
Form  F'a  =  a4-/9-/  darstellen;  a  und  /9  sind 
hierbei  Funktionen  des  Druckes.  Dies  ergiebt 
sich  auch  aus  unserer  Gleichung  der  Anfangs- 
spannung. Wir  dürfen  in  der  Richtung  des 
grössten  Spannungsabfalles  das  elektrische  Feld 
nahezu  als  homogen  betrachten  imd  können  (bei 
Vertauschung  des  Vorzeichens  von  Anode  und 
Kathode)  F=ö — ^-jt  setzen,  wo  a  die  Spannung 
der  Kathode  ist.  Die  Gleichung  der  Anfangs- 
spannung wird  dann 

F«=AF«,*-f  ^.(/— ;i^). 

Diese  Gleichung  gilt  fiir  />  ^>  in  einem  kleinen 
Variationsgebiet  von  /.  Für  F«  =  A  F,^  ist 
Xp  =  /.  Die  freie  Weglänge  der  positiven  Ionen 
lässt  sich  demnach  aus  der  Figur  entnehmen, 
sie  ist  aufsteigend  von  kleinen  zu  grossen  Drucken 
bezw.  40,  15,  8,  4,  2,7  Wellenlängen;  für  die 
Produkte  aus  Druck  und  Weglänge  ergiebt  sich 
bez.  6000,  6000,  6080,  6080,  6156. 

Göttingen,  Juni   1902. 

(Eingegangen  3.  Juli  1902.] 


BESPRECHUNGEN. 


G.  Bigourdan,  Le  ssrstime  m6trique  des 
poids  et  mesures.  8®.  VI  u.  458  S.  Paris 
1901. 

In  einem  ziemlich  umfangreichen  Bande 
griebt  der  Verfasser  eine  ausfuhrliche  Geschichte 
der  Einführung  des  metrischen  Systems.  Wie 
wenig  andere  ist  gerade  Bigourdan  zur  Heraus- 
gabe eines  solchen  Werkes  befähigt.  Lang- 
jährige Studien  auf  dem  Gebiete  der  technischen 
Wissenschaften  sowohl,  wie  die  ihm  im  vollen 
Umfange  zu  Gebote  stehenden  urkundlichen 
Schätze  des  Pariser  Observatoriums  standen  ihm 
zur  Seite. 


Der  Inhalt  des  Buches  ist  daher  auch  eine 
Sammlung  aller  auf  die  Geschichte  dieses  ein- 
heitlichen Mass-  und  Gewichtssystems  bezüg- 
lichen Dokumente  von  seltener  Vollständigkeit, 
und  die  dazwischen  geschobenen  Kapitel  er- 
läuternden und  erzählenden  Inhaltes  sind  von 
hohem  Interesse.  Wohl  mag  manchem  Leser 
die  Langwierigkeit  der  Verhandlungen  in  ihren 
einzelnen  Stadien,  die  bis  in  die  Mitte  des 
18. Jahrhunderts  zurückgehen'),  etwas  ermüden, 

i)  Den  ersten  Vorschlag,  eine  Toise  auf  Grund  der  Erd- 
messung selbst  herziistellen  Ltir^  de  k  nature  m^me"),  hat 
schon  Picard  im  Jahre  1668  gemacht. 


Sro 


Physikalische  Zeitschrift.     ^.  Jahrgang.    No.  21. 


aber  charakteristisch  für  die  Geschichte  des 
metrischen  Systems  sind  sie  gewiss. 

Der  erste  Abschnitt  des  Buches  ist  als  Ein- 
leitung behandelt,  er  fuhrt  alle  die  Vorarbeiten 
und  früheren  Vorschläge  zu  einem  einheitlichen, 
und  wie  man  beabsichtigte,  einem  Naturmass 
auf.  Von  dem  Zeitpunkt  an,  in  dem  als 
Grundeinheit  die  Länge  des  Quadranten  eines 
Erdmeridians  in  Vorschlag  gebracht  und 
gesetzlich  sanktioniert  war,  ist  die  Geschichte 
des  metrischen  Systems  zugleich  eine  solche 
der  gesamten  Erdmessung.  Ihr  Verlauf  ist 
daher  auch  in  diesem  Sinne  von  grossem  Inter- 
esse; knüpfen  doch  bis  auf  den  heutigen  Tag 
eine  Anzahl  geodätische  Untersuchungen  an 
diese  Vorarbeiten  an.  Erst  durch  sie  gelangten 
wir  im  Laufe  der  Zeit  zu  der  Kenntnis  der 
Gestalt  der  Erde  in  ausgedehntem  Masse. 

Nachdem  der  Verfasser  im  i.  Kapitel  noch 
die  Normalien  der  alten  französischen  Masse 
und  ihre  Bewahrung  besprochen,  giebt  er  dort 
noch  eine  kurze  Uebersicht  darüber,  inwieweit 
sich  auch  die  Regierung  mit  der  einheitiichen 
Ordnung  von  Mass  und  Gewicht  befasste.  — 
Das  zweite  Kapitel  ist  der  definitiven  Einführung 
durch  die  Assembl^e  Constituante  gewidmet  und 
bringt  die  wichtigsten  Aktenstücke  meist  in 
authentischer  Form. 

Zunächst  wurde  auf  Grund  der  vorhandenen 
Messungen  ein  vorläufiges  Prototyp  des  Meters 
geschaffen  (Kap.  III)  und  eine  Kommission  mit 
dessen  Verwertung  und  Aufbewahrung  betraut, 
bis  eine  definitive  Bestimmung  erfolgt  sei 
(Kap.  VI).  Die  Arbeiten  dieser  Kommission 
wurden  aber  wegen  des  langsamen  Fortschreitens 
der  Triangulation  unterbrochen  und  einstweilen 
durch  Dekret  vom  i.  August  1793  das  pro- 
visorische Meter  als  definitiv  gültig  angenommen. 
—  Durch  das  Gesetz  vom  18.  Germinal  des 
Jahres  III  (7.  April  1795)  wurden  die  Arbeiten 
wieder  aufgenommen  und  feste  Bestimmungen 
bezügl.  des  zu  schaffenden  Normalmeters  ge- 
troffen; da  diese  von  grosser  geschichtlicher 
Bedeutung,  möchte  sich  Referent  gestatten,  die 
Artikel  dieses  Gesetzes  hier  im  Auszug  wört- 
lich wiederzugeben:  II  n'y  aura  qu'un  seul  etalon 
des  poids  et  mesures  pour  toute  la  R^publique : 
ce  sera  une  r^gle  de  platine  sur  laquelle  sera 
trace  le  m^tre  qui  a  ete  adopte  pour  l'unite 
fondamentale  de  tout  le  Systeme  des  mesures. 
Cet  Etalon  sera  ex^cut^  avec  la  plus  grand 
pr^cision  d'apr^s  les  exp^riences  et  les  observa- 
tions  des  commissaires  charges  de  sa  determi- 
nation 

In  Artikel  5  heisst  es  dann  zur  Erläuterung: 
„Metre,  la  mesure  de  longueur  egal  ä  la  dix- 
millionieme  partie  de  Tarc  de  meridien  ter- 
restre  compris  entre  le  pole  bor^al  et  requateur"- 

Das  Kap.  VII  beschäftigt  sich  mit  der  No- 
menklatur des  metrischen  Systems,  während  die 


nächsten  Kapitel  rein  geodätischen  Bestimmungen 
gewidmet  sind,  die  sich  auf  Vorschriften  für  die 
Vermessungsarbeiten  beziehen.  Aber  auch  die 
Festsetzung  des  provisorischen  Meters  ist  darin 
gegeben,  es  soll  0,5 1 3  243  Toisen  (P^rou)  =  3  Fuss 
11,44  Linien  sein,  bei  einer  Temperatur  der 
Toise  von  I3^R.  —  Die  Länge  des  Sekunden- 
pendels wird  in  Kap.  X  und  das  Prototyp  der 
Gewichte  in  Kap.  XI  behandelt. 

Die  Kapitel  XII  bis  XV  entiialten  die  Be- 
richte  über  die  geodätischen  Messungen  in 
Frankreich  und  deren  Fortsetzung  bis  Barcelona, 
während  die  nächsten  Kapitel  die  Aktenstücke 
bringen,  welche  sich  auf  die  Festsetzung  des 
„M^tre  definitif '  beziehen  und  die  Anweisungen 
für  dessen  Herstellung  enthalten.  Im  Kap.  XIX 
ist  das  Gesetz  vom  19.  Frimaire  des  Jahres  VIII 
gegeben,  welches  die  Länge  des  definitiven 
Meters  auf  3  Fuss  11,296  Linien  der  „Toise  des 
Pörou"  festsetzt,  und  dasjenige,  welches  die  Sorge 
der  Erhaltung  der  neugeschaffenen  Prototype 
dem  Observatorium  zu  Paris  überweist^  —  Eine 
interessante  Beigabe  ist  die  Abbildung  der  auf 
dieses  denkwürdige  Ereignis  geprägten  Medaille. 
Auf  der  Vorderseite  trägt  sie  die  stolze  In- 
schrift: „A  tous  les  temps,  ä  tous  les  peuples"; 
ein  frommer  Wunsch,  der  leider  bis  heute  noch 
nicht  ganz  in  Erfüllung  gegangen  ist. 

In  den  ersten  6  Decennien  des  vergangenen 
Jahrhunderts  ist  im  wesentiichen  ein  Fortschritt  in 
der  weiteren  Verbreitung  des  Einheitssystems 
für  Mass  und  Gewicht  nicht  zu  verzeichnen  und 
demgemäss  beschäftigen  sich  auch  die  betr. 
Kapitel  des  Bigourdan sehen  Werkes  nur  mit 
der  Verwaltung  und  dem  Ausbau  dieses  Systems 
in  Frankreich.  Erst  im  Jahre  1869  tritt  eine 
grössere  Anzahl  von  Staaten  der  Einführung 
des  metrischen  Systems  näher.  Im  Kap.  XXV 
bringt  der  Verfasser  die  darauf  bezüglichen 
Aktenstücke  bei  und  berichtet  über  den  Ver- 
lauf der  Sitzung  vom  S.August  1870,  zu  welcher 
die  Vertreter  von  24  Staaten  eingeladen  waren.  *) 
Der  grösste  Teil  dieser  Staaten  nahm  das 
metrische  System  für  Mass  und  Gewicht  an 
und  bald  darauf  wurde  in  dem  heute  mit  er- 
weiterten Vollmachten  noch  bestehenden  „Bureau 
international  des  poids  et  mesures"  eine  Be- 
hörde geschaffen,  welcher  die  Aufgabe  zufällt, 
in  allen  Fragen  des  genauen  Messens  und 
Wagens  die  oberste  Entscheidung  zu.  treffen 
und  alle  diejenigen  Arbeiten  auszuführen,  welche 
in  irgend  einer  Beziehung  zu  metrologischen 
Fragen  stehen.  Die  Arbeiten  dieses  Bureaus 
bis  zum  Jahre  1900  erörtert  Bigourdan  in  den 
folgenden  Kapiteln.  Es  können  vorstehende 
Zeilen  natürlich  nur  in  kurzen  Zügen  den  reichen 

i)  Wegen  des  inzwischen  ausgebrochenen  Krieges  fehlten 
die  Abgeordneten  von  Preussen,  Bayern  und  Württemberg  in 
dieser  wenige  Tage  nach  der  Schlacht  von  Wörth  statt- 
gehabten Versammlung. 


Physikalische  Zeitschrift.     J.Jahrgang.    No.  21. 


511 


Inhalt  des  Werkes  charakterisieren,  sie  mögen 
aber  darauf  hinweisen,  wo  man  im  gegebenen 
Falle  die  einschlägige  Litteratiir  in  vorzüg- 
licher Zusammenstellung  finden  kann.  Eine 
Reihe  von  Skizzen  und  besonders  einige 
Porträts  eifriger  und  erfolgreicher  Förderer  der 
Bestrebungen,  ein  einheitliches  Mass  (wenn  auch 
nicht  das  einst  erhoffte  Naturmass)  zu  schaffen, 
vervollständigt  die  äussere  Ausstattung  des 
interessanten  Werkes.  L.  Ambronn. 

(Eingegangen  i6.  März  1902.] 


Ch.  Ed.  Guillaume,  La  Convention  dumfetreetle 
bureau  international  des  poids  et  mesures.  — 

VIIii.238S.4^Paris,Gauthiers-Villars.  1902. 

Eine  höchst  schätzenswerte  Ergänzung  des 
Werkes  von  Bigourdan  (siehe  vorstehende  Be- 
sprechung) bildet  der  vorliegende  starke  Quart- 
band, in  welchem  der  Verfasser  die  grundlegenden 
Untersuchungen  zwecks  Schaffung  der  Prototype 
des  metrischen  Systems  eingehend  beschreibt. 
Tritt  bei  Bigourdan  in  erster  Linie  die  ge- 
schichtliche Entwicklung  des  Einheitssystems 
in  den  Vordergrund,  so  führt  uns  Guillaume 
durch  die  Räume  des  „Pavillons  von  Breteuil", 
dem  Heim  des  internationalen  Bureaus  zur  Ver- 
waltung des  Metersystems,  und  zeigt  mit  streng 
wissenschaftlicher  Darlegung,  mit  welchem  Auf- 
wand von  feinster  Messkunst  und  physikalischen 
Kenntnissen  vorgegangen  werden  muss,  um  für 
alle  vorkommenden  Fragen  die  Normalien  für 
Physik  und  Geodäsie  zu  liefern  und  zu  sichern. 

Nachdem  der  Verf.  in  einer  kurzen  Einleitung 
auf  die  geschichtlichen  Daten  Bezug  genommen 
hat,  geht  er  zu  den  durch  die  Konferenzen  von 
1867,  1870  und  72  festgesetzten  Normalsystem 
über.  Zunächst  werden  die  Studien  über  die  beste 
Form  und  das  Material  für  die  Längenmasse 
besprochen.  Er  zeigt,  dass  ein  X-formiger  Quer- 
schnitt des  Normalmasses  der  zweckmässigste  ist. 

In  dem  Kapitel  III  werden  die  Einrichtungen 
der  Laboratorien  zu  Breteuil  kurz  beschrieben 
und  namentlich  die  Vorkehrungen,  die  zur 
Schaffung  von  Räumen  mit  konstanter  Tempe- 
ratur getroffen  wurden. 

Das  Kapitel  IV  ist  der  wichtigsten  Frage, 
nämlich  der  der  Temperaturmessung,  gewidmet. 
In  ausführlicher  Weise  werden  die  verschie- 
denen Methoden  der  Untersuchung  der  Thermo- 
meter besprochen  und  besonders  eingehend 
deren  einzelne  Formen  und  Füllungen  gegen- 
seitig erwogen.  Der  Bestimmung  der  Funda- 
mentalpunkte wird  in  Breteuil  die  eingehendste 
Sorgfalt  gewidmet  und  es  ist  sehr  interessant, 
unterstützt  durch  gute  bildliche  Darstellung,  diese 
Arbeiten  genau  kennen  zu  lernen.  —  Besondere 
Diagramme  zeigen  den  Verlauf  der  Thermometer- 
angaben sowohl  bei  Anwendung  verschiedener 
Glasarten  als  auch  mit  Bezug  auf  deren  Füllung 


bezogen  auf  das  WasserstofRhermometer.  — 
An  die  Fragen  der  Thermometrie  schliesst  sich 
die  der  Schaffung  eines  Normalbarometers.  Es 
treten  hierbei  erhebliche  Schwierigkeiten  hervor, 
sobald  es  sich  um  die  äusserste  Genauigkeit 
handelt  und  nur  bei  ziemlich  komplizierter  An- 
ordnung der  den  Luftdruck  messenden  Teile 
kann  die  wünschenswerte  Präzision  erlangt  wer- 
den; die  Abbildung  des  Normalbarometers  des 
Bureaus  (auf  Seite  57)  giebt  ein  lebhaftes  Bild 
des  Gesagten. 

In  Kapitel  V  beschreibt  Verf.  die  Vorkeh- 
rungen, welche  zur  Massvergleichung  nötig  sind, 
wenn  es  sich  um  die  Genauigkeit  von  Bruch- 
teilen der  Wellenlängen  des  Lichtes  handelt. 
Zugleich  mit  der  Beschreibung  der  verschiede- 
nen Komparatoren  (Brunner,  Soci^t^  genevois. 
Starke  &  Kamerer  u.  s.  w.)  werden  die  Vorzüge 
der  Massstäbe  mit  Strichbezeichnung  gegen  die- 
jenigen der  sogen.  Endmassstäbe  erläutert.  Es 
hatte  gewisse  Schwierigkeiten  geboten,  diejenigen 
der  letzteren  Art  zu  sehr  genauen  Vergleichungen 
zu  benutzen;  seit  aber  in  der  Anwendung  der 
Phänomene  der  Interferenz  ein  vorzügliches  Mittel 
auch  für  solche  Zwecke  gefunden  wurde,  scheint 
dieser  Nachteil  der  Endmassstäbe  nicht  mehr 
zu  bestehen,  wie  namentlich  Hartmann  gezeigt 
hat.  —  Auch  in  diesem  Kapitel  wird  der  Text 
durch  höchst  instruktive  Figuren  wirksamst  er- 
gänzt. Die  Resultate  der  in  diesem  Kapitel  be- 
schriebenen Arbeiten  bringt  sodann  der  nächste 
Abschnitt.  Als  interessant  mag  daraus  mitge- 
teilt werden,  dass  das  an  Deutschland  abgegebene 
Meter-Etalon  die  folgende  „Gleichung '  besitzt 
Et,  No.  18= i°*  —  1 ,0  /t^  +8,642  fi '  t  +o,cx)  loopifi-, 
während  das  internationale  gleich  ist: 

J/=  i°*  +  8,65  HL't-\-  o,cx)  100  flt^. 
Beide  bestehen  aus  einer  reinen  Legierung  von 
sehr  nahe  9  Teilen  Platin  auf  einen  Teil  Iridium. 

Die  auf  Grund  der  Vergleichungen  anzu- 
nehmende Sicherheit  wird  für  das  Längenmass 
selbst  zu  -+■  0,04  fi  und  die  des  Koeff.  der  Tem- 
peratur zu  etwa  -I-  0,1  angegeben.  Für  die  in 
Deutschland  vielfach  zu  geodätischen  Messungen 
benutzte  Toisen  von  Bessel  und  No.  9  hat  Be- 
noit  gefunden: 

Toise  Bessel  =1".  949061 
Ausdehnungkoef.  0,00001  160 

Toise  No.  9=1.  949067 
Ausdehnungskoef.  0,00001  106 

Nachdem  der  Verf.  noch  weiter  auf  die  Kon- 
struktion und  die  Vergleichung  anderer  Basis- 
messapparate eingegangen  ist,  bringt  er  im  fol- 
genden Kapitel  VII  die  besonders  für  die 
Physik  wichtigen  Untersuchungen  betreffs  der 
Massenbestimmung  und  die  dazu  nötigen  Appa- 
rate, der  Wagen  in  ihrer  verschiedensten  Gestalt. 
Einige  der  feinsten  und  vollkommensten  Wagen 
werden  durch  Darstellungen  erläutert  (Ruprecht, 
Bunge   u.  s.  w.)     Alle  diese   Untersuchungen 


512 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  21. 


haben  die  Herstellung  eines  Kilogrammprototyps 
zum  Zweck  und  auch  hier  dürfte  wieder  die 
Gleichung  der  deutschen  Kopie  des  Kilogr.  In- 
ternat, vom  Interesse  sein,  sie  lautet: 

1889.   No.  22  =  i*'«  +  0,053  mg  bei  einer  Dichte 

von  21,5504. 

(Eine  Neubestimmung  im  Jahre  1900  weicht  da- 
von nur  um  — 0,016  mg  ab,  was  noch  in  die 
Grenze  der  Unsicherheit  fällt). 

Innig  mit  diesen  Untersuchungen  ist  diejenige 
der  Bestimmung  der  Ausdehnungskoeff.  ver- 
schiedener Metalle  und  deren  Legierungen,  vor 
allem  des  des  Wassers  verknüpft.  Eine  Tabelle 
giebt  die  älteren,  sowie  auch  die  neueren  Re- 
sultate ftir  die  Dichtigkeit  des  Wassers  bei  ver- 
schiedenen Temperaturen.  Es  dürfte  von  Inter- 
esse sein,  auch  hier  einige  dieser  Reihen  an- 
zuführen: 

1805         183 1       1884      1897       1900 
Temp.HallströmStampferMarekChappuisThiesen 

o^   0,999900      887       864        867         868 

4  1,000000      000       000        000        000 

5  0,999994  989  993  992  992 
10  0,999783  716  731  727  727 
15  0,999270  104  132  128  126 
20  0,998464  189  248  233  230 
25  0,997372  009  —  073  071 
30  0,995—  -  -  675  673 
35  Oi994  —  -  —  062  058 
40     0,992  —        —         —         247        241 

Eine  kurze  Studie  über  den  Brechungskoeff.  der 
Luft  beschliesst  dieses  Kapitel. 

Ausser  den  namhaft  gemachten  notwendigen 
Arbeiten  des  Bureaus  zu  Breteuil,  sind  aber  dort 
auch  noch  einige  andere  Untersuchungen  weit- 
gehender Bedeutung  ausgeführt  worden,  dahin 
gehörte  vor  allem  die  Bestimmung  der  Länge 
des  einfachen  Sekundenpendels  resp.  des  Wertes 
von  g  (gefunden  zu  ^  =  980,99 1  *^")  und  dessen 
Variation  mit  der  Höhe  über  dem  Meere.  In  der 
Art  der  Festsetzung  des  heutigen  Meterproto- 
types  liegt  insofern  eine  prinzipielle  Gefahr,  als 
mit  demselben  kein  Naturmass  gewonnen  ist, 
sondern  doch  nur  eine  konventionelle  Einheit, 
deren  Sicherung  von  der  Erhaltung  der  in  Frage 
kommenden  Normalien  abhängt.  Dem  schon  in 
den  ersten  Vorschlägen  enthaltenen  Wunsch 
nach  einem  Naturmass  kann  nur  dann  Rechnung 
jjetragen  werden,  wenn  das  heutige  Meterproto- 
typ auf  ein  solches  bezogen  wird.  Eine  Reihe 
solcher  Arbeiten  sind  schon  angegeben  worden 
und  darunter  auch  die,  welche  Michelson  in 
den  letzten  Jahren  in  Breteuil  ausgeführt  hat, 
nämlich  die  Vergleichung  des  Meters  mit  der 
Wellenlänge  bestimmter  Strahlen  des  Lichtes. 
Es  kann  hier  nicht  auf  die  Einzelheiten  dieser 
Arbeit  eingegangen  werden,  jedenfalls  aber  sind 


die  Mitteilungen,  welche  Verf.  darüber  macht, 
sowohl  wissenschaftlich  als  auch  technisch  von 
grossem  Interesse.  Zur  Messung  wurden  die 
Kadmiumlinien  verwandt  und  als  Resultat  be- 
zogen auf  den  EtalonNo.  IX.  erhielt  Michelson: 

Rote    Linie:  i  "=  i  553  163,5  ^*      f 
Grüne      „  =1966249,7,,      , 

Blaue       „  =2083372,1  „       , 

Zwei  weitere  Arbeiten  beziehen  sich  auf  die 
Masse  eines  Kubikdecimeters  Wasser  bei  4^  C, 
ftir  welche  gefunden  wurde  0,999955  kg,  und 
auf  die  Festlegung  eines  gesetzlichen  Normals 
fiir  das  Ohm  und  die  damit  im  engsten  Zu- 
sammenhang stehende  Widerstandsbestimmung 
des  Quecksilbers.  —  Dem  Buche  hat  Verf.  noch 
einen  Anhang  angeftigt,  in  dem  die  authentischen 
Bestimmungen  imd  Resolutionen  der  Meterkon- 
vention, die  Publikationen  des  internationalen 
Bureaus,  Notizen  über  die  einzelnen  Bestimmungen 
von  Wellenlängen  und  solche  über  die  dritte  all- 
gemeine Konferenz  fiir  Mass  und  Gewicht  zu  Paris 
im  Oktober  1901  gegeben  sind. 

L.  Ambronn. 

(Eing^fangeQ  16.  März  1902.) 

Eingegangene  Schriften. 

(Singehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Qraetz,  Ii.,  Compendiam  der  Physik.  Dritte  Terbesseite  und 

▼ermehrte  Auflage.    Mit  275  Abbfldnngeii.    gr.  8.    DC  a. 

479  S.    1902.  Wien,  Franz  Deuticke.   M.  8. —  (Kr.  9.60). 
Jahrbuch  der  Astronomie  und  Qeophyaik  von  Her- 

maDO  D.  Klein.   XIL  Jahrgang.    1901.  Leipzig,  Eduard 

Heinrich  Mayer.     M.  7. — . 

Peraonalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Pachgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  su  machen.) 

Der  Privatdozent  Dr.  Gadamer  in  Marburg  wnrde  an 
Stelle  des  in  den  Ruhestand  tretenden  Direktors  der  pharma- 
zeutischen Anstalt  der  Universitit  Breslau  zum  ordentlichen 
Professor»  der  Gymnasialprofessor  Dr.  Adolf  Schmidt  in 
Gotha  zum  Direktor  des  königl.  erdmagnetischen  Instituts  in 
Potsdam,  der  o.  Professor  an  der  bömischen  technischen 
Hochschule  in  Brttnn  Dr.  Franz  Kolatschek  zum  o.  Pro- 
fessor der  mathematischen  Physik  an  der  böhmischen  Uni- 
versität in  Prag  und  der  Privatdozent  Dr.  Michael  Rada- 
kovic  zum  a.  o.  Professor  der  Physik  an  der  Universitit 
Innsbruck  ernannt. 

In  der  philosophischen  Fakultät  der  Universität  Marburg 
habilitierte  sich  der  Assistent  am  Physikalischen  Institut  Dr. 
F.  A.  Schulz  mit  einer  Antrittsvorlesung  Aber  „unsichtbare 
Bewegungen  kleinster  Teilchen  zur  Elrkläung  physikalischer 
Erscheinungen**,  in  der  philosophischen  Fakultät  der  Universi- 
tät Leipzig  Dr.  phil.  Rothmund  Hlr  Chemie. 

Dem  Observator  am  Astrophysikalischen  Observatorium 
bei  Potsdam  Dr.  Johannes  Hartmann  ist  das  Prädikat  ,yPro- 
fessor**  beigelegt  worden. 

Der  ordenüiche  Professor  der  Mathematik  in  Halle, 
Georg  Cantor,  zog  sein  Pensionierungsgesuch  zurück. 

Der  Professor  der  Chemie  an  der  Bergakademie  Frd- 
berg  Geh.  Rat  Dr.  phiL  Q.  Winkler  tritt  Ende  August  in 
den  Ruhestand. 

Der  seit  1894  am  Observatorium  in  Pnlkowa  angestellte 
Astronom  Alexander  Kowalski  ist  im  Alter  von  44  Jahren 
in  Petersburg  gestorben. 


Ffir  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöttingcn.  ~  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Ldpaig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  22. 


Originalmlttellungeii: 

J.  J.  T.  Chabot,  Über  die  Antifrik- 
tionslagerung  und  über  ein  Dyna- 
mometer fUr  kleine  Kräfte.    S.  513. 

J.    P  r  e  c  h  t ,    Brenn weitenbestimmung 
bei    photographischen    Systemen. 
S.  515. 

E.  Rutherford,  Sehr  durchdringende 
Strahlen  von  radioaktiven  Substanzen. 

s.  517. 

Ch.  Ries,  Elektrizitätserzeugung  in 
Pflanzen.     S.  520. 

W.  Caspari,  Beobachtungen  über 
Elektrizitätszerstreuung  in  verschie* 
denen  Bergeshöhen.     S.  521. 


15.  August  1902. 

Redakttonsschluss  für  No.  23  am  ao.  August  1909. 

INHALT. 

Mitteilungen  aus  dem  physikalisch- 
mechanischen Institute  von  Professor 
Dr.  Edelmann: 

No.  2:  M.  Edelmann,  Neukon- 
struktionen objektiver  Ablesevor- 
richtungen.    S.  525. 

Referate: 

E.  Ruhm  er,  Über  die  auf  der  Aus- 
stellung elektrotechnischer  Neuhei- 
ten in  Berlin  ausgestellten  Apparate. 
S.  528. 

G.  Marconi,  Die  Fortschritte  der 
drahtlosen  Telegraphie.     S.  532. 


3.  Jahrgang. 


Besprechungen: 

H.  C.  Jones,  Die  Elemente  der  phy- 
sikalischen Chemie.     S.  534. 

II.  G eitel,  Über  die  Anwendung  der 
Lehre  von  den  Gasionen  auf  die  Er- 
scheinungen der  atmosphärischen 
Elektrizität.     S.  535. 

Die  französische  Industrie  der  Präzi- 
sionsinstrumente.    S.  535> 

Natur  und  Schule.     S.  535. 

L,  Dressel,  Elementares  Lehrbuch 
der  Physik.     S.  536. 

Eingegangene  Schriften.    S.  536. 
Personallen.    S.  536. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Ober   die  Antifriktionslagerung   und   über  ein 
Dynamometer  für  kleine  Kräfte. 

Von  J.  J.  Taudin  Chabot. 

Jeder  physikalische  Apparat,  der  als  Behälter 
gewissermassen  von  kinetischer  Energie  beweg- 
liche Organe  zeigt,  besitzt  in  den  Lagerungen 
dieser  Organe  ebensoviele  Lecks,  durch  welche 
ein  Teil  der  cirkulierenden  Energie  unaufhaltsam 
entweicht,  schliesslich  ganz  entweicht,  wenn 
der  „Behälter*  keinen  äquivalenten  Zufluss 
hat.  Zwar  erscheint  —  um  das  Bild  noch 
einen  Augenblick  weiter  zu  fuhren  —  die 
ganze  Gefasswand  permeabel,  d.  h.  es  wird 
„Reibungswärme"  entwickelt,  auch  ausserhalb 
der  Lager,  nämlich  im  angrenzenden  gasförmig 
oder  tropfbar  flüssigen  Medium  (das  seiner- 
seits, nach  dem  Archimed esschen  Prinzip, 
ebenfalls  noch  als  Lager  wirkt),  allein,  der  Haupt- 
verlust geht  meistens  über  jenen  erst  bezeich- 
neten Weg  durch  die  Lager  (im  engeren,  ge- 
wöhnlichen Sinne)  von  statten.  Allseitige  Über- 
legung der  Konstruktion  darum  verlangt,  dass 
zunächst  diese  hauptsächlichsten  Lecks  nach 
Möglichkeit  gedichtet,  die  in  der  Zeiteinheit 
zerstreuten  Energiemengen  möglichst  gering 
seien;  vollkommene  Dichtung  jedoch  giebt  es 
hier  nicht,  ebensowenig  wie  impermeable  Wände, 
ob  in  der  Molekularwelt,  bleibe  dahingestellt. 

Eine  sehr  zweckmässige  Anordnung  bedeutet 
nun  das  sogenannte  Antifriktionslager.  Bei  leich- 
teren technisch-mechanischen  Konstruktionen,  wie 
Fahrrad,  Schreibmaschine  u.  s.  w.  —  vielfach  in 
der  Spezialform  des  Kugellagers  — ,  schon  recht 
verbreitet,  neuerdings  auch  für  schwerere  Kon- 
struktionen versucht  und  in  Vorschlag  gebracht'), 
bedient  sich  seiner  der  Physiker  bisher  in,  auf- 
fallenderweise,    nur    seltenen,    allerdings    aber 

i)    Stribeck,    Kugellager    für   beliebige   Belastungen. 
Z.  d.  Vereins  deutscher  Ii\genieure  46,  73,   118,   1901. 


klassischen  Fällen.  Man  findet  es  an  der  At- 
wo  od  sehen  Fallmaschine,  nämlich  als  Rollen- 
lager, sowie  bei  einem  Dispositiv  zur  Bestim- 
mung des  mechanischen  Wärmeäquivalents,  beide 
Male  zur  Acbsenlagerung  jener  Scheiben,  über 
welche  die  mit  dem  Gewicht  belastete  Schnur 
abläuft.^)  Diese  Drehachsen  erstrecken  sich 
horizontal. 

Bei  vertikaler  Orientierung  trat  das  Bedürfnis, 
der  Lagerkonstruktion  besondere  Aufmerksam- 
keit zu  widmen,  weniger  hervor,  insofern  hier 
die  sich  sozusagen  von  selbst  ergebende  Spitzen- 
lagerung mit  vollem  Nutzen  verwendet  werden 
konnte,  —  ja  es  scheint  fast  als  ob,  wo  die  verti- 
kale oder  horizontale  Lage  der  Drehachse  ganz 
nebensächlich  war,  man  die  erste  vorgezogen 
hat,  um  dann  eben  aus  dem  Grunde,  eine 
Spitzenlagerung  mit  geringster  Reibungshem- 
mung zu  ermöglichen.  Dass  aber  auch  diese  noch 
nicht  immer  den  Anforderungen  genügt,  be- 
weisen die  Konstruktionen  von  Ampere'^), 
Faraday^),  und  von  Krämer^),  welche  die 
Fusslager  der  vertikalen  Achsen  ihrer  elektro- 
magnetischen Rotationsapparate  durch  einen 
vertikalen  Auftrieb  in  Quecksilber  entlasteten^), 
nach  jenem  ebenso  im  Fluidkompass,  —  wo  das 
System  der  Magnetnadeln  in  Alkohol  schwimmt, 

1)  Zur  Lagerung  des  in  meiner  Mitteilung  über  eine 
neue  Fallmaschine  (vgl.  diese  Z.  3,  489«  1902]  vorkommenden 
Systems  der  zwei  Massenscheiben  bediente  ich  mich  zweier 
Kugellager  (vgl.  Fig.  2,  1.  c). 

2)  Ampere,  Recueil  d'Observations,  p.  177,  Lettre  a 
M.  van  Beck  1821. 

3)  Farad ay,  Experimental  Researches, Vol.  II,  p.  I27s(i(]. 
1S21. 

4)  v.  Krämer,  Pogg.  Ann.  43,  304,  1838. 

5)  Ampere  und  Faraday  verwendeten  zwar  das  //;; 
schon  als  integrierenden  Teil  der  Gesamtanordnung,  indem  es 
sowohl  elektrodynamisch,  wie  als  Übergangskontakt  für  den 
Strom  wirksam  war,  ohne  seine  Qualität  als  lagerentlastendes 
Mittel  zu  betonen,  immerhin  aber  gehört  diese  letzte  Funktion 
zu  den  Momenten,  welche  einen  Betrieb  von  in  etwas  grösseren 
Dimensionen  gehaltenen  Apparaten  wesentlich  erleichtern. 


514 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


—  verwerteten  Prinzip,  dessen  umfangreichste 
Anwendung  der  letzten  Zeit  die  Lagerung  eines 
Foucault sehen  Siderostats  (in  Verbindung  mit 
einem  festen  Horizontalfernrohr)  von  Gautier') 
darstellen  dürfte.  — 

Zweierlei  Antifriktionslagerung  lässt  sich 
unterscheiden:  Rollen-,  bezw.  Kugellagerung  und 
Lagerung  nach  dem  Archimed esschen  Prinzip. 

Während  zum  Bau  des  Antifriktionslagers 
nach  dem  Archimedesschen  Prinzip  die  Aus- 
fuhrung eines  nach  Wahl  der  Flüssigkeit  richtig  be- 
messenen Schwimmers,  —  einteilig  <ür  vertikale, 
zweiteilig  für  horizontale  Achsen,  —  im  allge- 
meinen genügt,  verlangt  das  Rollenlager,  in  der 
Spezialform  des  Kugellagers,  zu  seiner  Zusam- 
menstellung die  Behandlung  von  etwas  kom- 
plizierteren Verhältnissen,  welche  nun  hier  näher 
erörtert  sein  mögen.  Dieselben  betreffen  die 
Bestimmung  von  Material,  Grösse,  Anzahl  und 
Anordnung  der  Kugeln,  dem  sich  die  Gestaltung 
der  Lagerschalen,  bezw.  der  Laufflächen  fiir 
die  Kugeln  anschliesst.  Als  Material  bleibt  nur 
dort  Stahl  ausser  Betracht,  wo  magnetische  Ein- 
flüsse auf  das  Lager,  oder  seitens  desselben,  zu 
befurchten  und  gänzlich  abzuschneiden  sind; 
man  wählt  dann  eine  Bronze,  vielleicht  auch 
Glas^).  Die  weiteren  Details,  Grösse,  Anzahl 
und  Anordnung  der  Kugeln  festzulegen,  gelten 
für  das  Lager  eines  physikalischen  Apparates 
diese  Bedingungen:  Gegen  die  Masse  des  zu 
lagernden  materiellen  Systems  soll  die  Gesamt- 
masse der  Kugeln  verschwindend  klein  sein ;  — 
innerhalb  der  so  gegebenen  Grenze  soll  der 
Durchmesser  der  einzelnen  Kugeln  möglichst 
gross  —  der  Durchmesser  des  Kugelkranzes 
möglichst  klein  sein.  Erster  und  zweiter  Satz 
gemeinsam  bedingen,  dass  je  grösser  der  Durch- 
messer (f,  desto  kleiner,  im  allgemeinen,  die  An- 
zahl //  der  Kugeln  sein  wird;  die  Berücksich- 
tigung des  dritten  Satzes  kann  es  unter  Umständen 
günstig  erscheinen  lassen,  die  //-Kugeln  auf 
mehrere  Kreise  zu  verteilen,  deren  Durchmesser 
dann  kleiner  ausfallen,  als  der  Durchmesser  des 
einzelnen  Kugelkranzes  wäre,  der  innen 


und  aussen 


D  =  ö 


stn 


180 


+    I 


n 


betragen  muss.  Was  die  Gestaltung  der  Lager- 
schalen betrifft,  gilt  im  Grunde  nur  der  eine 
Satz,  dass  möglichst  ausschliesslich  rollende, 
keine  schleifende  Reibung  der  Kugeln  statt- 
finden soll,  —  eine  Bedingung,  der  es  schwer 
ist  zu  genügen,  abgesehen  noch  davon,  dass 
zwischen  zwei  in  einem  Lager  sich  berührenden 
Kugeln,  mögen  sie  gleicher  oder  ungleicher 
Grösse  sein,  stets  schleifende  Reibung  bestehen 
wird. 

Lässt,  infolge  seiner  grösseren  Kompliziert- 
heit, das  Kugellager  offenbar  mannigfaltige 
Variationen  der  Ausführung  zu,  so  besitzen 
doch  jeweils  nur  wenige  von  diesen  einen  wirk- 
lichen Wert.  Die  Zweckmässigkeit  der  An- 
wendung überhaupt  bei  einem  physikalischen 
Apparat  soll  immer  vor  allem  erwogen  werden, 
dann  aber  auch  die  Qualität  des  jeweiligen 
Lagers  geprüft,  damit,  wenn  man  in  einem  be- 
stimmten Falle  das  verfügbare  Drehmoment 
kennt  bezw.  errechnen  kann,  gleichzeitig  be- 
kannt sei,  ob  der  fertige  Apparat  funktionieren, 
d.  h.  in  Rotation  treten,  wird.  Hier  giebt  es 
nur  einen  zuverlässigen  Weg:  den  Anlaufs- 
widerstand des  zunächst  allein  konstruierten 
Lagers  bei  einer  Belastung  gleich  der  in  Aus- 
sicht genommenen  zu  messen,  mit  einem  Instru- 
ment, das  bei  einer  Empfindlichkeit,  wie  sie 
den  in  Frage  kommenden  kleinen  Kräften  ent- 
spricht, bezw.  bei  einem  leicht  zu  variierenden 
Messbereich,  hinlänglich  genaue  Angaben  macht. 

Diesen  Anforderungen  nunmehr  genügt  in 
sehr  einfacher  Weise  die  nachfolgend  beschrie- 
bene, als  Dynamometer  verwendbare  Anordnung: 

Ein  Pendel,  dessen  Gesamtmasse  in  dem 
an  einem  Kokonfaden  aufgehängten  Gewicht  P 
konzentriert  gedacht  werden  darf,  ist  ablenkbar 
an  einer  in  Graden  geteilten  Skala  6.  Das 
zuvor    genau    —    beispielsweise   in  horizontaler 


d=d 


180 


—   I 


SIH 


n 


1)  Vgl.  Flammarion,  L'astronomie  en  1900.  Es  kamen 
60  l  Ilg  zur  Verwendung. 

2)  Bei  Verwendung  von  Glaskugeln  gewinnt  man  zu- 
gleich ein  gutes  Isolierlager.  Es  wurden  mir  solche  Kugeln 
:inijcboten,  doch  habe  ich  sie  bisher  nicht  bezogen,  kann 
mithin  über  die  Genauigkeit  der  Form  nicht  urteilen. 
Bei  Metallkugeln  differieren  sowohl  die  Durchmesser  einer 
selben  Kugel  wie  die  Kugeln  einer  selben  Sorte  unter  sich 
um  kleine  Beträge.  Damit  dürfte  es  zusammenhängen,  dass 
wenn  ein  Metallkugellager,  in  einen  elektrischen  Stromkreis 
eingeschaltet,  rotiert,  manchmal  ein  «[uietschendes  Geräusch 
sich  vernehmen  lässt:  der  Übergang  kleiner  Funken  würde  es 
verursachen. 


D 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


S15 


Ebene  —  orientierte  Kugellager  wird  beschwert 
und  mit  einem  normal  zur  —  sodann  vertikalen 
—  Drehachse  sich  (radial)  erstreckenden  Hebel- 
arm versehen,  an  welchem  in  der  Entfernung  r 
das  Gewicht  P  lose  anliegt.  Wird  nun  der 
Aufhängepunkt  des  Kokonfadens  darüber  in 
horizontaler  Bahn  tangential  fortbewegt,  während 
das  Gewicht  hinter  dem  Hebelarm  zurückbleibt, 
so  erfährt  der  Aufhängefaden  eine  Ablenkung, 
welche  stetig  wächst,  bis  die  Drehung  der  vom 
Kugellager  getragenen  Masse  eintritt:  einer  Ab- 
lenkung «  des  Pendels  in  diesem  Augenblick 
entspricht  die  zum  Überwinden  des  Anlauf- 
widerstandes erforderiiche  Kraft 

rP 

F  =  rP  sin  a  cos  a  =        stti  2  a . 

Durch  Änderung  des  Gewichts  P  variiert  man 
den  Messbereich  oder  auch  die  Empfindlich- 
keit des  Instruments. 

BeiVerwendungeines  Kugellagers  (y= 7,95mm, 
;/  =  8  und  einem  Pendelgewicht  ^^  =  20  g  fand 
ich  auf  diesem  Wege  für  eine  gelagerte  Masse 
J/=  2750  g  bei  einem  Hebelarm  r=  18  cm 
den  Ablenkungswinkel  «  =  2^,  mithin  die  Kraft 

j.      /18  X  20     .  \  ^ 

t  =\^ ^      sin  2'  2jg=  12,564  g, 

und  für  eine  gelagerte  Masse  M[  =  9000  g  bei 
einem  Hebelarm  ri  =  36  cm  den  Ablenkungs- 
winkel «,  =  3^30',  sonach  die  Kraft 

A  =y'   ^        stn  2  .  3,5 j  g  =  43,884  g. 

Wäre  nun  etwa  ein  erdmagnetischer  Rotations- 
apparat zu  konstruieren,  dessen  horizontal  ge- 
lagerter Elektromagnet  mit  einem  runden  Kern 
von  60  cm  Länge  und  3  cm  Durchmesser 
Mf^  =  3300  g  Eisengewicht  aufweisend,  eine 
Aluminiumbewicklung  J/^/=i500  g^)  erfor- 
dert, damit  das  Maximum  der  Magnetisierung 
;//  =  212,  •  •  •  •  j|//>  =  7  •  lo"^  cm"/«  g'«  sec~^  ^^)  er- 
reicht werde,  so  ergäbe  sich,  nachdem  bei  der 
Horizontalintensität  //cm~''«  g!'«  sec"*  hier  ein 

Drehmoment  Z?  =  (    j.-  « )  Z^^"  T^^  ^^  ^  vorhan- 

i)  Aus  Arbeiten  von  Waltenhofens  (Wied.  Ann.  27, 
630,  1886,  und  32,  133.  1887)  habe  ich  eine  Formel  ab- 
geleitet, die  für  einen  Eisencylinder,  Länge  /  cm,  Durchmesser 
d  cm,  das  Gewicht  des  auf  den  Cylinder  und  in  gleicher 
Länge  wie  dieser  anzubringenden  Solenoids  aus  rundem 
Aluminiumdraht  angiebt,  welches  dem  Eisencylinder  das 
Maximum  der  temporären  Magnetisierung  mittels  des  elek- 
trischen Stromes   zu   erteilen   gestattet.     Die   Formel   schreibt 

,  sich  Pai  ==  — 2-Ö2  y^^?  V^^  +  106)  g,  wenn  c  =    ,    und    ^   = 

Stromstärke  in  Ampere  pro  mm2  Querschnitt  des  Aluminium- 

Iciters.     Stellt     man,     während,    wie    im    vorliegenden    Falle, 

60 
ff  =         =  20,  ^  =  1 ,5,  so  resultiert  Pai  -     d{\2(id-\-  100)  g, 

woraus,  unter  Hinzurechnung  eines  mittleren  Gewichts  der 
Seideisolation  stark  0,025  ™™»  ^^^  oben  mitgeteilte  Gewicht 
der  Aluminiumbewicklung  hervorging. 

2)  Der  spezifische  Magnetismus  für  Eisen  (das  Maximal - 
moment   eines  Grammes    Substanz)    beträgt    höchstens  212,5. 


den  wäre,  dass,  wenn  man  auf  Grund  der  vor- 
genommenen Versuche  mit  Massen  J/=  2750  g 
und  M\  =  9000  g  für  die  gegenwärtige  Masse, 
J/; ,  =  (3300  +  1 500)  g  =  4800  g,  getragen  vom 
selben  Kugellager,  die  höchstens  benötigte  Dreh- 
kraft auf />,  =  25  g  veranschlagen  darf,  eine  Hori- 

zontalintensität //=    |j  =0,035  cm~''«g''*sec~* 

genügt,  um  die  Drehung  des  normal  zur  erd- 
magnetischen Ortsebene  orientierten  Elektro- 
magnets  eben  noch  einzuleiten,  dass  mithin 
überall  dort,  wo  die  Horizontalintensität  jenen 
Wert  übersteigt,  eine  Rotation  des  in  beschrie- 
bener Weise  gebauten  Apparats  mit  Sicherheit 
zu  erwarten  steht,  wenn  kommutierter  Gleich- 
strom oder  Wechselstrom  passender  Frequenz 
das  Aluminiumsolenoid   durchfliesst. 

Zeigt  dieses  Beispiel,  dass  Rollenlagerung, 
wie  sie  schon  die  anfangs  erwähnten  beiden 
Apparate  mit  horizontalen  Drehachsen  besitzen, 
gleichfalls  für  vertikale  Achsen  vorteilhaft  an- 
gewendet werden  kann,  so  dürfte  gegenwärtige 
Mitteilung  vielleicht  dazu  beitragen,  dieses  Ele- 
ment bei  der  Konstruktion  von  physikalischen 
Apparaten  künftighin  mehr  Beachtung  finden 
zu  lassen  als  bisher,  so  dass  auch  Apparate  in 
grösseren  Dimensionen  von,  unter  Umständen, 
überzeugenderer  Wirkung  erstehen  werden,  wo 
sie  wünschenswert  erscheinen. 

Degerloch  (Wttbg.),   10.  Juli   1902. 

(Hingegangen  14.  Juli  1902.) 


Brennweitenbestimmung  bei  photog^aphischen 

Systemen. 

Von  J.  Precht. 

Bei  den  symmetrischen  Doppelobjektiven, 
die  sich  gegenwärtig  einer  so  grossen  Verbrei- 
tung erfreuen,  tritt  sehr  häufig  die  Aufgabe  auf, 
die  Brennweite  der  Kombination  und  der  Einzel- 
linse mit  einer  Genauigkeit  von  etwa  '/a  bis 
Vi  Proz.  zu  kennen.  Verlangt  man,  dass  die 
anzuwendende  Methode  bei  dieser  für  alle  prak- 
tischen Zwecke  ausreichenden  Genauigkeit  nur 
solche  Ansprüche  stellt,  die  der  Gebrauch  des 
photographischen  Apparats  ohnehin  mit  sich 
bringt,  so  scheiden  die  am  meisten  üblichen 
Methoden  von  selbst  aus.  Abgesehen  von  dem 
sinnreichen  Ab  besehen  Fokometer  wird  wohl 
am  häufigsten  die  Bestimmung  der  Differenz 
der  Einstellung  auf  Unendlich  und  auf  Minimum 
des  Abstandes  von  Objekt  und  Bild  benutzt. 
Letzteres  Verfahren  verlangt  indessen,  selbst 
wenn  man  aut  das  auf  Unendlich  eingestellte 
Fernrohr  und  damit  auf  einen  beträchtlichen 
Teil  der  erreichbaren  Genauigkeit  verzichten 
will,    eine    Kamera,    bei    der    Vorderwand    und 


5i6 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


Visierrahmen  durch  Trieb  beweglich  sind.  Der- 
artige Apparate  stehen  meist  nicht  zur  Ver- 
fügung, und  daher  empfiehlt  sich  das  folgende 
Verfahren,  das  ausser  dem  gewöhnlichen  photo- 
graphischen Apparat  im  wesentlichen  nur  eine 
kurze  auf  Glas  geteilte  Millimeterskala  erfordert. 

Aus  der  bekannten  Abbildungsgleichung 

y  =  -^  =  Z 

in   der         die  Vergrösserung  v  (Verhältnis  der 

Bildgrösse  zur  Objektgrösse),  x'  den  Abstand 
des  Bildes  vom  bildseitigen,  x  den  des  Objekts 
vom  objektseitigen  Brennpunkt  bedeutet,  folgt 
für  zwei  durch  x^ '  und  x^^  bestimmte  Bildebenen 
die  Vergrösserung 


(i) 


V\ 


/' 


V-i 


'2 


(2) 


oder 

/(v'i  —  r, )  ==  ^2'  —  -^'i '  =  ^• 
Daraus  ergiebt  sich  die  Brennweite 

y  ,      .     .     .     . 

wobei  e  die  Verschiebung  der  Mattscheibe  von 
der  einen  zur  anderen  Einstellung  bedeutet. 

Hier  wird  also  die  mit  dem  photographischen 
Apparat  leicht  auszuführende  Ermittlung  des 
Bildortes  für  zwei  Vergrösserungen  benutzt. 
Die  im  Prinzip  längst  bekannte  Methode  *)  hat 
für  den  oben  angedeuteten  Zweck  den  Vorteil, 
dass  die  Fehler  der  Vergrösserungsbestimmung 
nicht  von  grossem  Einfluss  auf  das  Resultat 
sind.  Das  allein  ermöglicht  die  Ausführung  der 
Methode  mit  einfachen  Mitteln.  Die  aus  (i) 
ebenso  unmittelbar  folgende  Beziehung 

/=^.     ''^'^^      ....     (3) 

[E  =  Objekt  Verschiebung)  schliesst  dagegen 
die  Anwendung  einfacher  Hilfsmittel,  wie  schon 
die  Formel  erkennen  lässt,  direkt  aus,  während 
sie  in  der  wohldurchdachten  Anordnung  des 
Fokometers  den  grossen  Vorzug  telecentrischen 
Strahlenganges  und  der  Unabhängigkeit  von 
der  Auffassung  eines  Bildortes  gewinnt. 

Zur  Verwirklichung  des  durch  die  Formel  (2) 
gegebenen  Verfahrens  bedarf  man  nur  einer 
Millimeterteilung  auf  Glas  von  etwa  10  cm  Länge 
und  einer  stark  vergrössernden  Einstelllupe,  wie 
sie  für  photographische  Zwecke  gebräuchlich 
ist.  Ich  benutze  eine  aplanatische  Lupe  des 
Steinheil  sehen  Typus  von  löfacher  Ver- 
grösserung. Man  stellt  bei  voller  Öffnung  des 
Systems  das  Bild  des  Massstabes  auf  der  Mitte 
der  Mattscheibe  eines  photographischen  Appa- 
rates scharf  ein,   macht  in  gewöhnlicher  Weise 


i)  Winkelmanns  Handbuch  d.  Phys.  2,  (i)  289,  1899. 


eine  Aufnahme  des  Bildes  (6x9  Platte  genügt) 
und  bezeichnet  die  zugehörige  Stellung  des 
Visierscheibenrahmens  durch  einen  in  die  Gleit- 
schiene des  Laufbodens  eingeritzten  feinen 
Strich.  Ebenso  verfahrt  man  bei  einer  zweiten 
Aufnahme  mit  anderer  Vergrösserung.  Der 
Unterschied  der  beiden  Marken,  welche  die 
Stellungen  des  Visierrahmens  bei  den  Auf- 
nahmen bezeichnen,  wird  mit  einem  guten 
Massstab  bis  auf  Zehntel-Millimeter  gemessen 
=  e.  Die  meist  recht  gute  Teilung  der  käuf- 
lichen Rechenschieber  ist  hierfür  völlig  aus- 
reichend. Die  Bestimmung  der  Vergrösserungen 
z/j  und  v^  geschieht  durch  Auflegen  des  Glas- 
massstabes auf  die  Schichtseite  der  fertigen 
Negative.  , 

Aus  der  Formel  (2)  ist  ersichtlich,  dass  die 
Brennweite  um  so  genauer  erhalten  wird,  je 
grösser  die  Differenz  der  Vergrösse- 
rungen und  je  grösser  der  absolute  Wert 
von  Vi  ist,  doch  giebt  die  praktische  Aus- 
führung hier  sehr  schnell  die  Grenzen.  Ist  näm- 
lich V\  sehr  klein,  so  macht  die  Ausmessung 
des  Negativs  Schwierigkeiten;  ist  dagegen  v^ 
sehr  gross,  so  leidet  die  Genauigkeit  der  Ein- 
stellung beträchtlich,  ganz  abgesehen  von  den 
dann  notwendigen  sehr  langen  Kameraauszügen. 
Der  offenbare  Mangel  der  Methode,  dass  sie 
die  genaue  Festlegung  des  Bildortes  verlangt, 
bleibt  indessen  für  dfe  angestrebte  Genauigkeit 
praktisch  ohne  Belang,  wenn  man  in  die  Matt- 
scheibe, am  besten  etwas  ausserhalb  der  Mitte, 
ein  etwa  10  mm  grosses  Loch  bohrt  und  über 
dieses  aus  Kokonfäden  oder  besser  aus  0,02  mm 
dickem  Draht  auf  der  matten  Seite  der  Scheibe 
ein  Fadenkreuz  spannt.  Ein  solches  Loch  ist 
bei  der  genauen  Einstellung  sehr  feiner  oder 
wenig  beleuchteter  Objekte  ohnehin  notwendig. 
Man  stellt  die  16  fach  vergrössernde  Lupe  auf 
das  Fadenkreuz  ein  und  verschiebt  die  Matt- 
scheibe, bis  gleichzeitig  das  Bild  vollkommen 
scharf  erscheint,  was  an  der  Abwesenheit  von 
Parallaxe  noch  genauer  zu  erkennen  ist. 

Da  es  sich  in  der  überwiegenden  Mehrzahl 
der  Fälle  um  die  Bestimmung  von  Brennweiten 
zwischen  9  und  35  cm  handelt,  sind  die  noch 
verbleibenden  EinstellungsdifTerenzen  zu  ver- 
nachlässigen, wenn  man  die  Vorsicht  gebraucht, 
Vi  nicht  grösser  als  etwa  1,5  zu  wählen.  Ande- 
rerseits soll  vx,  um  die  Sicherheit  der  Ver- 
grösserungsbestimmung nicht  zu  beeinträchtigen, 
etwa  zwischen    ''4  und   V2  liegen. 

Werden  diese  Bedingungen  festgehalten,  so 
übertrifft  die  Methode  für  photographische 
Systeme  an  Einfachheit  und  Bequemlichkeit  alle 
anderen,  vorausgesetzt,  dass  man  sich  mit  der 
angegebenen,  für  die  meisten  Zwecke  ausreichen- 
den Genauigkeit  begnügen  will.  Natürlich 
wachsen  die  Fehler  mit  der  Grösse  der  Brenn- 
weite,  besonders   wegen   der  Schwierigkeit  der 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


Einstellung  des  Bildortes  für  i'j.  Für/'=  27  cm 
betrug  die  grösste  Abweichung  0,4  Proz.,  so 
dass  eine  Sicherheit  von  '/j  Proz.  gewährleistet 
ist.  Bei  kleinen  Brennweiten,  bis  1 5  cm  etwa, 
ist  ohne  Schwierigkeit  '/i  Proz.  zu  erreichen. 
Zur  Erläuterung  gebe  ich  ein  Zahlenbeispiel: 


I.  CoJiit 


/  . 


Erste  Aufnahme: 
Bildmillimeter  ^  10  mm 


42 

=  20    „ 

«3 

„ 

-30    „ 

daraus 

",  —  0,476. 

Zweite 

Aufnalime: 

12,9 

Bildmillimeter  =  20  mm 

■9.3 

—  30    „ 

20,0 

=  31     .. 

31.0 

„ 

-48    ., 

daraus 

"■1  =  i.SSi 
".555 
i,5So 
I.5S0 

Mittel 

"j—  i,55iS- 

Verschiebung 

der  Mattsclteibe 

«•  = 

63,4  mm. 

Daraus  /=  '     =151,0  mm. 

1.0755  =  '^ 

2.  Collinear  II,  Nr.  3,  Hinterlinse. 

Erste  Aufnahme: 

33,2  Bildmillimeter^  lOmm  und  3  analoge  Werte. 

Daraus  i-i  =  0,31 1. 

Zweite  Aufnahme: 


IG  Bildmillimeter  =  12,3  mm 

■.230 

■S             „              —  18,4    „ 
20             „              =  24,6     „ 
30             „              -36,8     „ 
40             „              —49,1     ,. 

1,227 
1,230 
1,327 
1,228 

Mittel  7',  = 

1,228. 

Verschiebung  der  Mattscheibe 
<■  —  244.65  mm. 

Daraus  /•■_  =«'«5-, 66,8 

mm. 

0,917 

Hannover,    physikal.    Institut    der   Techn. 
Hochschule,  20.  Juli  1902, 

(liingegangun  II.  Juli  1902.1 


Sehr  durchdringende  Strahlen  von  radioaktiven 
Substanzen. 

Von  E.  Rutherford. 

Die  permanent  radioaktiven  SubslanKen, 
Uran,  Thor  und  Radium  senden  zwei  Arten 
von  Strahlen  aus,  von  denen  die  eine  leicht  ab- 
sorbiert und  vom  Magnetfelde  nicht  abgelenkt 
wird,  während  die  andere  Art  alle  Körper  viel 
leichter  durchdringt  und  vom  Magnetfeld  abge- 
lenkt wird. 

Villard')  lenkte  zuerst  die  Aufmerksamkeit 
auf  vom  Radium  ausgesandte  Strahlen,  welche 
trotz  ihres  grossen  Durchdringungsvermögens 
vom  Magnetfelde  nicht  abgelenkt  wurden.  Dies 
Ergebnis  wurde  von  Becquerel^)  bestätigt. 

Ich  habe  kürzlich  alle  radioaktiven  Substanzen 
hierauf  hin  nach  der  elektrischen  Methode  unter- 
sucht und  habe  hierbei  gefunden,  dass  Thor  und 
ebenso  die  durch  Thor  und  Radium  erregte  Radio- 
aktivität Strahlen  von  demselben  Durchdrin- 
gungsvermögen wie  Radium  aussenden.  Uran 
sendet  im  Vergleich  zu  Thor  und  Radium  nur 
wenig  von  dieser  durchdringenden  Strahlung  aus. 

Die  Strahlen  besitzen  ein  ausserordentlich 
grosses  Durchdringungsvermögen  und  gehen 
ebenso  leicht  durch  dicke  Körper  hindurch,  wie 
die  von  einer  „harten"  Röntgenröhre  ausge- 
sandten X-Strahlen. 

Der  lonisationsgrad,  welchen  diese  Strahlen 
hervorrufen,  beträgt  nur  ein  Bruchteil  desjenigen, 
welchen  die  beiden  anderen  Strahlenarten  er- 
regen. Ein  Versuch  ergab,  dass  die  durch 
diese  durchdringenden  Strahlen  hervorgerufene 
Ionisation  sich  verhält  wie  i  zu  loo  der  Ioni- 
sation, welche  durch  die  ablenkbaren  Strahlen 
erregt  wird,  und  wie  i  zu  loooo  derjenigen, 
welche  durch  die  leicht  absorbierbaren  Strahlen 
hervorgerufen  wird. 

Um  die  Absorption  durch  verschiedene  Sub- 
stan7.en  zu  prüfen,  wurde  der  Apparat  Fig.  i 
benutzt. 


)  C.  R.  1900,  1154. 


518 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


Der  cylindrische  Prüfungsapparat  D  ruht 
auf  einer  grösseren  isolierten  kupfernen  Platte  B 
von  2  mm  Dicke.  Die  radioaktive  Substanz 
wurde  in  das  Bleigefäss  A  gebracht  und  ver- 
schieden dicke  Körper  T  wurden  zwischen  der 
radioaktiven  Substanz  und  dem  Prüfungsapparat 
D  befestigt.  Die  Entfernung  zwischen  der  ra- 
dioaktiven Substanz  und  der  Platte  B  betrug 
gewöhnlich  ungefähr  10  mm. 

Die  Platte  B  wurde  mit  dem  einen  Pol  einer 
Batterie  von  100  Volt  verbunden;  die  mittlere 
Elektrode  C,  welche  mit  einem  Schutzring  ver- 
sehen war,  führte  zu  dem  einen  Paar  Quadranten 
eines   empfindlichen  Dolezalek-Elektrometers. 

Bei  den  Versuchen  mit  Radium  wurden  un- 
gefähr 0,7  gr  Radium*),  dessen  Aktivität  un- 
gefähr 1000  mal  grösser  war,  als  die  des  Urans, 
in  ein  Loch  des  Gefasses  A  gebracht.  Das 
Loch  war  ungefähr  i  cm  tief  und  der  Durch- 
messer betrug  2,5  cm.  Ein  dickes  Aluminium- 
blatt  wurde  auf  der  Öffnung  befestigt,  um  keine 
Emanation  entweichen  zu  lassen.  Als  sich  eine 
Platte  von  i  cm  Dicke  auf  der  aktiven  Substanz 
befand,  gab  das  Elektrometer  einen  Ausschlag 
von  200  Teilstriche  der  Elektrometerskala  in 
20  Sekunden. 

Die  folgende  Tabelle  zeigt  den  Zusammen- 
hang zwischen  Stromstärke  und  Dicke  des  Bleies. 
Die  Bleiplatten  waren  viel  grösser  als  der 
Durchschnitt  des  Prüfungsapparats  D^  so  dass 
die  beobachteten  Ströme  nur  von  Strahlen  her- 
rühren konnten,  welche  durch  das  Blei  hindurch- 
gedrungen waren. 

Tabelle  I. 

Dicke  des  Bleies  Strom 


>> 


t} 


t> 


I 
0,60 

0,37 
0,25 

0,16 


0,72  cm   .     .     . 
0,72  -h  0,62  cm 
0,72+  1,24 
0,72  +  1,86 
0,72  +  2,50 
Der  mit   der  0,72   cm   dicken  Bleiplatte  er- 
haltene Strom  ist  als  Einheit  genommen. 

Die  Stromstärke  fällt,  wie  aus  der  Tabelle 
hervorgeht,  mit  zunehmender  Dicke  der  Platte 
ungefähr  nach  einer  geometrischen  Reihe. 

Die  folgende  Tabelle  giebt  darüber  Aus- 
kunft, wie  dicke  Schichten  der  verschiedenen 
Metalle  durchdrungen  werden  müssen,  bevor 
die  Intensität  auf  die  Hälfte  fällt. 

Tabelle  II. 

Metall  Dicke  in  cm 

Quecksilber  ....  0,75  cm 

Blei 0,9  „ 

Zinn 1,8  „ 

Kupfer 2,2  „ 

Zink 2,5  „ 

Eisen 2,5  „ 

I)  Erhalten  von  der  Socictc  centrale  de  produits  chimi<|ues 
Paris,  I  gr  Radium  von  P.  de  Haen,  Hannover,  gab  uiige- 
fähr  den  gleichen  Betrag  an  Strahlung. 


Auf  Grund  dieser  Zahlen  berechnet  sich,  dass 
die  Strahlen  durch  ca.  7  cm  dicke  Bleiplatten 
und  ca.  19  cm  dicke  Eisenplatten  hindurch- 
gehen ipüssen,  bevor  die  Intensität  auf  i  %  des 
ursprünglichen  Wertes  fällt. 

Thorstrahlen. 

I  kg  reines  Thornitrat,  von  Dr.  Knöffler, 
Berlin,  wurde  in  ein  geschlossenes  Glasgefäss 
von  20  cm  Durchmesser  gebracht.  Der  Prüfungs- 
apparat war  in  diesem  Falle  ein  kupfernes  Ge- 
fäss  von  25  mm  Durchmesser  und  50  cm  Höhe. 
Dies  eine  Kilogramm  gab  von  den  stark  durch- 
dringenden Strahlen  nur  ungefähr  V4  soviel  als 
0,7  gr  Radium  von  der  Aktivität  1000. 

Dkse  Thorstrahlen  besassen  ungefähr  die- 
selbe durchdringende  Kraft,  wie  die  von  Radium 
und  glichen  ihnen  in  jeder  Hinsicht.  Nach  dem 
Durchgang  durch  5  cm  Eisen  war  die  Inten- 
sität auf  ungefähr  V4  gesunken. 

Versuche  wurden  jetzt  angestellt,  um  zu 
sehen,  ob  die  durch  Thor  und  Radium  erregte 
Radioaktivität,  neben  ablenkbaren  und  nicht  ab- 
lenkbaren Strahlen,  auch  diese  durchdringende 
Strahlen  aussenden. 

Um  Messungen  anstellen  zu  können,  musste 
eine  Substanz  intensiv  erregt  werden.  Zu  diesem 
Zwecke  wurde  eine  Zinkplatte  als  Kathode  in 
einem  geschlossenen  Gefäss  der  Strahlung  von 
300  gr  Thor  ausgesetzt.  Ein  Bleirohr  wurde 
auch  sehr  stark  aktiviert  dadurch,  dass  es  wäh- 
rend 6  Stunden  in  einem  Gefäss  mit  Radium- 
emanation in  Berührung  blieb.  Die  letztere 
wurde  durch  Hindurchpressen  von  Luft  durch 
eine  Radiumchloridlösung  erhalten. 

Die  so  erregten  aktiven  Substanzen  sandten 
Strahlen  von  ausserordentlich  grossem  Durch- 
dringungsvermögen aus,  deren  Intensität  mit 
der  Zeit  abnahm,  und  zwar  schnell  für  die  durch 
Radium  und  langsam  für  die  durch  Thor  er- 
regte Radioaktivität.  Diese  Abnahme  geht 
wahrscheinlich  Hand  in  Hand  mit  dem  Schwächer- 
werden der  beiden  anderen  Strahlenarten. 

Die  Versuche  mit  Uran  waren  nicht  so  bin- 
dend, da  ich  nur  100  gr  Uranoxyd  besass.  Mit 
dieser  Menge  wurde  keine  nennenswerte  Zu- 
nahme der  Stromstärke  im  Prüfungsapparat  er- 
halten. Wir  müssen  hieraus  schliessen,  dass 
Uran,  wenn  es  überhaupt  solche  Strahlen  von 
grossem  Durchdringungsvermögen  aussendet, 
jedenfalls  dies  in  viel  geringerem  Masse  thut,  als 
die  gleiche  Menge  Thor. 

Da  diese  Strahlen  in  Thor,  Radium  und  in 
der  durch  diese  beiden  Körper  erregten  Radio- 
aktivität enthalten  sind,  so  rühren  sie  wahr- 
scheinlich in  Thor  und  Radium  von  der  erregten 
Radioaktivität  her,  welche  in  der  Substanz  durch 
ihre  eigenen  Strahlen  hervorgerufen  sind.  Nach 
(lieser  Ansicht  ist  der  Betrag  einer  radioaktiven 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


519 


Substanz  an  diesen  Strahlen  eine  Funktion  des 
Teiles  der  radioaktiven  Materie,  welche  erregte 
Radioaktivität  hervorruft. 

Beziehung  zwischen  Absorption  und 

Dichte. 

Es  wurden  noch  einige  Versuche  angestellt, 
um  die  Beziehung  zwischen  Absorption  und 
Dichte  zu  ermitteln.  Der  Absorptionskoeffizient 
wurde  nach  der  Gleichung 

bestimmt,  indem  das  Verhältnis  der  Intensitäten 
der  Strahlen  vor  und  nach  dem  Durchgang 
durch  X  cm  dicke  Platten  gemessen  wurde. 

Wegen  der  geringen  Absorption  in  Glas 
und  Wasser  war  es  schwierig,  X  in  diesen  Sub- 
stanzen mit  Sicherheit  zu  bestimmen. 

Die  folgende  Tabelle    enthält  die  Resultate. 


Substanz 


Tabelle  III. 

Strahlen  von  grossem   Ablenkbare  Strahlen 
Durchdringnngsverm. 


Wasser 
Glas  . 
Eisen 
Zink 
Kupfer 
Zinn  . 
Blei   . 
Quecksilber 


0,033 
0,086 
0,28 
0,28 

0,31 
0,38 

0,77 
0,92 


Dichte 

0,033 
0,03  s 
0,036 
0,039 

0,035 
0,052 

0,068 

0,068 


von  Uran 
Dichte 


14.0 

44 


5,7 
5,6 


60 

7.7 

96 

13.2 

22 

10,8 

Zum  Vergleich  sind  rechts  für  die  von  Uran 
ausgesandten  ablenkbaren  Strahlen  die  ent- 
sprechenden Zahlen  mitgeteilt.  Wie  aus  der 
Tabelle  hervorgeht,  ist  in  'keinem  der  beiden 
Fälle  das  Verhältnis  aus  Absorption  und  Dichte 
eine  Konstante,  doch  sind  die  Abweichungen 
nicht  grösser  bei  den  Strahlen  von  grossem 
Durchdringungsvermögen  als  bei  den  ablenk- 
baren Uranstrahlen.  Der  Wert  von  X  dividiert 
durch  die  Dichte  ist  für  die  beiden  Strahlen- 
arten zweimal  so  gross  für  Blei  als  für  Glas 
und  Eisen. 

Aus  der  Tabelle  lässt  sich  ferner  entnehmen, 
dass  die  Strahlen  von  grossem  Durchdringungs- 
vermögen ungefähr  160  mal  dickere  Glasschichten 
durchdringen  müssen  als  die  ablenkbaren  Uran- 
strahlen, damit  beide  in  gleichem  Masse  ge- 
schwächt werden. 

Vergleich  der  Strahlen  von  grossem 

Durchdringungs vermögen    mit    Röntgen- 

und  Kathodenstrahlen. 

Man  kann  die  Frage  aufwerfen,  ob  die 
Strahlen  von  grossem  Durchdringungsvermögen 
nicht  aus  fortgeschleuderten  Teilchen  bestehen. 


wie  die  Kathoden-  und  eine  Art  von  Röntgen- 
strahlen. Die  Thatsache,  dass  die  ersteren  von 
einem  Magnetfelde  nicht  abgelenkt  werden, 
scheint  gegen  die  Annahme  zu  sprechen,  dass  sie 
Kathodenstrahlen  sind.  Ich  habe  die  Versuche 
von  Villard  wiederholt  und  habe  ebenfalls 
keine  Spur  einer  Ablenkung  der  Strahlen,  welche 
eine  0,6  cm  dicke  Bleiplatte  durchdrungen 
hatten,  selbst  im  starken  Magnetfelde  gefunden. 
Es  wurde  die  photographische  Methode  benutzt 
und  vier  Tage  exponiert. 

In  anderer  Hinsicht  gleichen  die  Strahlen 
aber  mehr  den  Kathoden-  als  den  Röntgen- 
strahlen. Bekanntlich  rufen  die  letzteren  in 
manchen  Gasen,  wie  Schwefelwasserstoff  und 
Chlorwasserstoff,  eine  viel  grössere  Ionisation 
hervor,  als  in  Luft,  trotzdem  die  Dichten  nicht 
sehr  voneinander  verschieden  sind.  Beispiels- 
weise wies  J.  J.  Thomson')  nach,  dass  die 
Ionisation  in  Schwefelwasserstoff  6  mal  und  in 
Chlorwasserstoff  8,9  mal  so  gross  ist  als  in  Luft. 
Andrerseits  ist  die  durch  Kathodenstrahlen  in 
diesen  beiden  Gasen  hervorgerufene  Leitfähig- 
keit nur  wenig  grösser  als  in  Luft. 

Das  Prüfungsgefäss  D  wurde  mit  Schwefel- 
wasserstoff gefüllt.  Es  ergab  sich,  dass  die 
durch  Strahlen  von  grossem  Durchdringungs- 
vermögen hervorgerufene  Ionisation  nur  wenig 
grösser  war,  als  in  Luft. 

Sowohl  dieser  Versuch,  als  auch  die  bei  der 
Absorption  erhaltenen  Resultate  zeigen,  dass 
diese  neuen  Strahlen  mehr  den  Kathoden-  als 
den  Röntgenstrahlen  ähneln. 

Es  muss  jedoch  daran  erinnert  werden,  dass 
die  Beobachtungen  über  die  relative  Leitfähig- 
keit der  Gase  und  relative  Absorption  der  Me- 
talle nur  für  Strahlen  angestellt  worden  sind, 
welche  ein  weit  geringeres  Durchdringungsver- 
mögen besitzen,  als  die  Radium-  oder  Thor- 
strahlen. Benoist^)  hat  nachgewiesen,  dass 
die  relative  Absorption  der  Röntgenstrahlen 
durch  verschiedene  Körper  in  sehr  hohem 
Masse  von  der  Art  der  Strahlen  abhängt. 
„Harte'*  Strahlen  geben  ganz  andere  Resultate 
als  „weiche"  Strahlen.  Die  Absorptionsfähig- 
keit von  Röntgenstrahlen  von  grossem  Durch- 
dringungsvermögen ist  bei  gegebener  Menge 
der  verschiedenen  Elemente  eine  kontinuierliche 
und  zunehmende  Funktion  der  Atomgewichte. 
Nach  der  in  der  erwähnten  Abhandlung  ge- 
gebenen Absorptionskurve  ändern  sich  die 
Absorptionen  mit  der  Dichte  in  viel  stärkerem 
Masse  für  Röntgenstrahlen  als  für  die  von 
radioaktiven  Substanzen  ausgesandten  durch- 
dringenden Strahlen. 

Nach  der  von  J.  J.  Thomson^)  und  Heavi- 

i)  Proc.  Cambridge,  Phil.  Soc.  10,  12. 

2)  C.  K.  545,  1901. 

3)  Kecents  Researches,  p.  16. 


520 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


side')  entwickelten  elektromagnetischen  Theorie 
nimmt  die  scheinbare  Masse  eines  Elektrons 
mit  der  Geschwindigkeit  zu;  ist  seine  Geschwin- 
digkeit gleich  der  Lichtgeschwindigkeit,  so  ist 
seine  scheinbare  Masse  unendlich.  Ein  mit 
Lichtgeschwindigkeit  sich  bewegendes  Elektron 
würde  durch  ein  Magnetfeld  nicht  beeinflusst 
werden. 

Es  ist  nun  nicht  unwahrscheinlich,  dass 
einige  der  von  Thor  und  Radium  ausgesandten 
Elektronen  sich  mit  Lichtgeschwindigkeit  be-  I 
wegen,  denn  nach  den  Versuchen  von  Kau  ff-  1 
mann^)  ist  die  Geschwindigkeit  der  ablenkbaren 
Radiumstrahlen  von  grossem  Durchdringungs- 
vermögen ungefähr  95%  der  Lichtgeschwindig- 
keit. Das  Durchdringungsvermögen  der  Ka- 
thodenstrahlen oder  der  fortgeschleuderten 
Elektronen  nimmt  mit  der  Geschwindigkeit 
schnell  zu,  ein  Ergebnis,  das  aus  der  Theorie 
unmittelbar  fol^. 

Die  grosse  Ähnlichkeit  der  in  dieser  Abhand- 
lung untersuchten  Strahlen  von  grossem  Durch- 
dringungsvermögen mit  dem  Verhalten  von  Elek- 
tronen von  grosser  Geschwindigkeit  lässt  sich 
auf  Grund  der  Annahme  erklären,  dass  die  er- 
steren  aus  Elektronen  bestehen,  deren  Geschwin- 
digkeit nahezu  der  des  Lichtes  gleich  ist. 

1)  Electromagnctic  theory,  8,  501. 

2)  Gott,  Nachr.  2,  1901. 

Mc  Gill  University  Montreal,  24.  Juni  1902. 

(Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  G.  C.  Schmidt.) 

(Eingegangen  9.  Juli  1902.) 


Elektrizitätserzeugung  in  Pflanzen. 
Von  Ch.  Ries. 

Waller')  breitete  ein  Pflanzenblatt  auf  einer 
Glasplatte  aus,  verband  es  an  den  Enden  durch 
Zinkelektroden  mit  einem  elektrischen  Mess- 
apparat und  belichtete  die  eine  Hälfte  des  Blattes, 
während  die  andere  mit  schwarzem  Papier  be- 
deckt war.  Es  entstand  ein  elektrischer  Strom 
und  zwar  war  die  belichtete  Seite  elektropositiv, 
d.  h.  es  floss  ein  photoelektrischer  Strom  von 
der  belichteten  Elektrode  durch  das  Blatt  zur 
beschatteten.  Nach  Waller  sind  die  Wärme- 
strahlen und  die  chemischen  Strahlen  nicht  ge- 
eignet, die  elektrische  Erregung  des  Blattes  zu 
bewirken;  die  leuchtenden  roten  Strahlen  er- 
weisen sich  am  geeignetsten,  besonders  die- 
jenigen, welche  vom  Chlorophyll  absorbiert 
werden.  Waller  behauptet,  dass  die  hervor- 
gebrachte E.  M.  K.  eine  direkte  Wirkung  des 
Lichtes    auf  das   Blatt   sei.      Bei    der  genauen 

1)  Bec(|uerel,  Compt.  rend.  9,  145  u.  561,  1839;  Ann. 
d.  Physik  130,  18  u.  35,  1841;  131,  588,  1842;  Annales  de 
chimle  et  de  phys.  9,  268,  i8^^3;  32,   176,   1851. 


Prüfung  der  Versuche  fand  ich  indes,  dass  die 
Wall  ersehen  Resultate  zwar  unter  den  ange- 
gebenen Versuchsbedingungen  richtig  sind,  aber 
keine  allgemeine  Gültigkeit  haben ;  die  Wirkung 
kann  vielmehr  unter  anderen  Versuchsbeding- 
ungen gerade  entgegengesetzt  sein.  Auch  die 
Ursache  der  Wirkung  ist  eine  andere.  Aus 
meinen  Versuchen  ergiebt  sich  deutlich,  dass 
die  bei  Belichtung  entstehenden  Ströme  photo- 
chemische Ströme  sind,  wie  sie  z.  B.  Becquerel, 
Hankel,  Schmidt,  Luggin  in  elektrischen 
Zellen  beobachteten.  Das  Pflanzenblatt  mit  den 
beiden  Elektroden  stellt  ein  kleines  Element 
dar,  in  welchem  die  Flüssigkeit  durch  das 
saftige  Blatt  ersetzt  ist.  Aus  den  nachfolgenden 
Resultaten  wird  die  photochemische  Eigenschaft 
der  auftretenden  Ströme  genügend  erhellen. 

Zu  den  Versuchen  wurde  teils  ein  Dcprez- 
d'Arsonval-Galvanometer  der  Firma  Siemens  & 
Halske,  das  eine  Empfindlichkeit  von  8,5  •  lO""*®  A. 
bei  I  m  Skalenabstand  hatte,  teils  ein  em- 
pfindliches Kapillarelektrometer  verwendet.  Die 
Wirkung  der  Wärmestrahlen  wurde  durch 
Dazwischenschaltung  einer  Alaunlösung  oder 
durch  Einschliessen  des  Blattes  in  ein  Kühlge- 
fäss  möglichst  ausgeschlossen. 

Meine  hauptsächlichsten  Resultate  lauten: 

1.  Die  Wirkung  ist  von  der  Farbe  der 
Pflanzen  im  allgemeinen  nicht  abhängig;  grüne 
und  andersfarbige  Blätter  zeigen  die  gleichen 
Eigenschaften. 

2.  Während  bei  Verwendung  von  Zinkelek- 
troden die  belichtete  Seite  (wie  bei  Waller) 
elektropositiv  wurde,  zeigte  sich  dieselbe  bei 
Verwendung  von  Kupfer-  und  Silberelektroden 
stets  elektronegativ.  Bei  Verwendung  von  Mes- 
sing und  Zinnelektroden  ergab  sich  im  allge- 
meinen ein  positive^  Ausschlag;  in  einigen  Fällen 
konnte  man  aber  erst  einen  momentanen  negativen 
Ausschlag  beobachten,  der  sich  aber  alsbald  in 
den  positiven  umkehrte.  Die  Wirkung  hängt 
also  von  der  Natur  der  Elektroden  ab,  d.  h.  sie 
ist  photochemischer  Natur. 

3.  Der  Verlauf  der  Ströme  nach  der  Ab- 
dunkelung  erinnert  ganz  an  die  von  Hankel^, 
G.  C.Schmidt*),  Luggin^)  an  photochemischen 
Strömen  beobachteten  Erscheinungen. 

4.  Bei  Verwendung  von  blanken  resp.  gut 
gereinigten  Elektroden  konnte  entweder  keine 
oder  nur  eine  geringe  Wirkung  beobachtet  wer- 
den, was  mit  den  photochemischen  Versuchen 
von  Becquerel'),  Pellat^),  G.  C.  Schmidt*) 
und  Allegretti*^)  genau  übereinstimmt. 

5.  Belichtet  man  die  eine  Hälfte  des  Blattes, 
während  die  Elektroden  selbst  bedeckt  sind,  so 
zeigt  sich  kein  photoelektrischer  Strom. 

2)  Hankel,  Ann.  d.  Phys.  287,  402.  1877. 

3)  Pellat,  Compt.  rend.  89,  227,  1879. 

4)  Luggin,  Zeitschr.  f.  physikal.  Chemie  28,  577,  1897. 

5)  Schmidt,  Ann.  d.  Physik  803.  563,  X899. 
61  Allegretti,  Diese  Zeitschr.  2,  317,   1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


S2I 


6.  Der  positive  photoelektrische  Ausschlag 
wird  speziell  von  den  roten  Strahlen,  der  nega- 
tive Zustand  dagegen  speziell  von  den  blauen 
Strahlen  hervorgerufen,  was  ebenfalls  mit  den 
photochemischen  Versuchen  von  Hankel'^), 
Schmidt'^),  Luggin*)  übereinstimmt. 

7.  Bringt  man  die  Elektroden  in  den  aus 
Pflanzen  ausgepressten  Saft,  so  lassen  sich  im 
allgemeinen  dieselben  photochemischen  Vorgänge 
beobachten. 

8.  Die  hauptsächlichste  Wirkung  im  Pflanzen- 
saft ist  den  darin  enthaltenen  Kalium- und  Natrium- 
verbindungen sowie  den  Kalksalzen  zuzuschreiben. 
Da  allgemein  Farbstoffe  den  photochemischen 
Vorgang  begünstigen,  so  kann  Chlorophyll  ent- 
schieden auch  zur  Verstärkung  des  Photostromes 
beitragen. 

7)  Waller,  Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  52,  342, 
und  1903,  1900;  Naturw.  Rundschau  15,  375,  1900,  sowie  16, 
144,   1901. 

(Eingegangen  8.  Juli  1902.) 


Beobachtungen   über  Elektrizitätszerstreuung 
in  verschiedenen  Bergeshöhen. 

Von     W.  Caspari. 

Im  Sommer  vorigen  Jahres  nahm  ich  an 
einer  Expedition  teil,  welche  unter  Leitung  von 
Herrn  Professor  Zuntz  in  verschiedenen  Höhen- 
regionen der  Alpen  physiologische  Unter- 
suchungen über  die  Einwirkung  des  Hoch- 
gebirges auf  den  menschlichen  Organismus 
angestellt  hat.  Bei  dieser  Gelegenheit  wurden 
auch  Beobachtungen  über  die  Elektrizitäts- 
zerstreuung in  der  Luft  nach  Elster  und  G eitel 
ausgeführt.  Der  Grund,  diese  Beobachtungen 
vorzunehmen,  war  ein  zwiefacher.  Erstens  haben 
Aschkinass  und  ich ')  zuerst  daraufhingewiesen, 
dass  in  der  mit  der  Erhebung  über  den  Meeres- 
spiegel wachsenden  Ionisation  der  Luft  ein 
Faktor  gegeben  ist,  welcher  bei  der  Einwirkung 
des  Höhenklimas  eventuell  mit  ins  Gewicht  fällt. 
Zweitens  aber  durften  wir  auf  jeden  Fall  hoffen, 
fiir  den  Physiker  einiges  nicht  wertlose  Material 
zur  Beurteilung  der  einschlägigen  Fragen  zu 
liefern,  zumal  wir  Höhen  aufzusuchen  beab- 
sichtigten, in  welchen  damals  Beobachtungen 
nur  vom  Luftballon  aus  angestellt  waren. 

Unsere  Standquartiere  waren  Brienz  (560  m), 
der  Gipfel  des  Brienzer  Rothorn  (2300  m),  das 
Gasthaus  auf  dem  Col  d'Olen  am  Südabhange 
des  Monte  Rosa  (2800  m)  und  die  Capanna 
Regina  Margherita  auf  der  Punta  Gnifetti  des 
Monte  Rosa  (4560  m).  An  diesen  Orten  und 
ausserdem  an  einigen  Stellen,  welche  wir  unter- 
wegs passierten,  wurden  Beobachtungen  über 
die  Elektrizilätszerstreuung  der  Luft  angestellt. 

i)  Aschkinass  und  Caspari,  Pflügers  Arch.  f.  d.  ge- 
samte Physiol.  86, 1901,605.  Vgl.  diese  Zeitschr.  3,  272,  1902. 


Wir  führten  zwei  komplette  Apparate  nach 
Elster  und  G eitel  mit  uns,  welche  von  der  Firma 
Günther  &Tegetmeyer,  Braunschweig,  hergestellt 
waren.  Diese  Apparate  wurden  im  physikalischen 
Institut  der  hiesigen  Technischen  Hochschule 
unter  freundlicher  Anleitung  von  Herrn  Asch- 
kinass geeicht  Ich  möchte  nicht  verabsäumen, 
diesem  Herrn,  dem  wir  die  mannigfachsten  An- 
regungen verdanken,  auch  an  dieser  Stelle 
unseren  herzlichsten  Dank  abzustatten.  Die 
Expeditionsmitglieder  teilten  sich  im  all- 
gemeinen in  zwei  Gruppen,  welche  ihren 
Aufenthalt  in  verschiedenen  Höhen  nahmen. 
Beide  Gruppen  führten  je  einen  Apparat  zur 
Messung  der  Zerstreuung  mit  sich.  Während 
ich  also  die  Beobachtungen  an  meinem  je- 
weiligen Standorte  ausführte,  waren  andere 
Teilnehmer  der  Expedition  an  anderen  Orten 
mit  gleichen  Untersuchungen  beschäftigt.  Die 
Absicht  war,  gleichzeitig  Daten  aus  verschie- 
denen Höhen  zu  gewinnen  und  diese  dann  unter- 
einander zu  vergleichen.  Leider  ist  dies  nicht 
gelungen,  da  das  Heft,  welches  das  von  den 
Herren  Professor  Löwy,  Dr.  Müller  und 
Kolmer  auf  dem  Brienzer  Rothorn  gesammelte 
Material  enthielt,  auf  dem  Transport  nach  Berlin 
verloren  gegangen  ist.  Andererseits  lassen  sich 
die  Werte,  welche  ich  auf  dem  Gipfel  des 
Monte  Rosa  feststellte,  mit  denen,  welche  Herr 
Müller  gleichzeitig  auf  dem  Col  d'Olen  fand, 
nicht  vergleichen,  da  ich  durch  die  Ungunst 
der  Verhältnisse  genötigt  war,  die  Beobachtungen 
im  Zimmer  vorzunehmen.  Ich  gebe  nunmehr 
in  Kürze  die  Daten,  über  welche  ich  verfüge: 
E  ist  der  von  den  Herren  Elster  und  Geitel 
eingeführte  Wert. ')  a  und  q  entsprechen  den 
gleichnamigen  Werten  von  Ebert. *^)  Es  wurde 
stets  mit  aufgesetztem  Schutzcylinder  gearbeitet 
und  der  Apparat  zur  Erde  abgeleitet.  //  wurde 
für  unsere  Apparate  zu  0,3  bez.  0,4  ermittelt. 
Die  Isolation  beider  Instrumente  war  eine  vor- 
zügliche. Niemals  betrug  die  Entladung  ohne 
Zerstreuungskörper  mehr  als  0,2 — 0,3  Skalen- 
teile in  15  Minuten. 

Wo  nichts  Besonderes  bemerkt  ist,  wurde 
die  Beobachtungsdauer  von  1 5  Minuten  gewählt. 

i)    Elster   und    Geitel,    Diese  Zeitschr.  1,    11,   1899. 

Terrestrial    magnetism  and  atmosphaeric  electricity.     4.  Dez. 

I    1899,  S.  213. 

I      10   ^,  n      10   Fn' 

E  '^  —  log  —  - .    log  —  ,   .   /  ist  die  zwischen  der 

ersten  ( V^  und  der  letzten  ( V)  Ablesung  liegende  Versuchs- 
zeit, wobei  die  Beobachtungsdauer  von  15  Minuten  als  Ein- 
heit genommen  ist.  f^'i  ^'»  ''  sind  die  entsprechenden 
Werte  für  die  Kontrolluntersuchung  ohne  Zerstreuungskörper, 
n  das  Verhältnis  der  Kapazitäten  des  Elektroskops  allein  zu 
der  Summe  der  Kapazitäten  von  Elektroskop  und  Zerstreuungs- 
körper. Die  resultierenden  Werte  sind  mit  100  multipliziert. 
2)  Ebert,  Messungen  der  elektrischen  Zerstreuung  im 
Freiballon.  Berichte  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu 
München.     1901,  S.  519, 

E  a~  ^ 

"^     '  15  •  0.4343  (I— «)       ^  ""  'H- 


522 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang^.     No.  22. 


Brienz. 


Datum 

5.  VIII.  1901 
7.  VIII.  1901 


8.  VIII.  1901 

9.  VIII.  1901 


10.  VIII.   1901 


it 


n 


II.  VIII.   1901 


12.    VIII.    I9OI 

13.  VIII.  1901 


14.  VIII.  1901 

15.  VIII.  1901 

16.  VIII.   1901 


17.  VIII.  1901 

18.  VIII.  1901 

19.  VIIL  1901 

20.  VIII.  1901 
22.  VIII.  1901 

26.  VIII.   1901 

27.  VIII.  1902 


Zeit*) 

+  5^  10  P- 

—  5^3S 

-|-   ih  24p.  m. 

—  l^  $1 


4-  i^  43 
-{-  ih  40  p. 

—  2h 

—  6h  40  p. 

+  7^  53 

— 12h  40  p. 
4-  I**  20 


—  2h  p 
-f-    2h  20 

4-  5^  25  p. 

—  6h  50 

4-  S^  40  P- 
—  6h  5 


4- loh  20  a. 

—  loh  50 

4-  I**  «5  P- 

—  i^  35 


-\-  6h  20  p. 

—  6h  45 

4  5*»  50  P- 

—  6h  15 

4-  6h  35  p. 

—  6h  35 


4-  6h  50  p. 

—  6h  10 

4   6h  20  p. 

—  6h  51 

-l-  7h  10  p. 

—  7h  40 

abends    (genauere 
Zeitangabe  fehlt) 

—  2h  15  p. 
4-  2h  35 
4-  2h  45  p. 

—  3*»  5 
412h  50  p. 

—  ih  10 


£-^  *   E—       «4        rt— 


4,27 
0,59 


6,31 
5,66 

2,37 
2,58 


3,37 
346 

8,63 


6,50 


2,57 
3.61 


2,42 


3.44 

4,73 

9,5» 
7.54 


2,18      0,94 
0,94      0,15 


4,80  1,38 

4.67  ;  1.45 

4,79  i  0,61 

5 '99  ;  0,66 


5,96 


0,86 


2,77      0,88 


10,28     2,21 


7.58  i  1,66 


2,98    13,51    0,76 


2,06    0,49 
2,47    0,77 


2,51    2,50    0,64 


5,34  , 0,88 


5,32  1,21 

6.92  2,44 

I 

6.93  ,  1,93 


7,26    3,66  '  1,86 
6,34  1 4,65    1,62 


0.48 
0,24 


',05 
1,20 

1,22 
».53 


^52 
0,71 

2,63 


^94 
3,46 


0,40 
0,63 


1,33    1  0,62    t  0,34 


0,51 
1.58 


0,76 

0,83 
2,02 

2,32 


1.77 
0,80 

1,19 


M7 


4,54 


0,80 
0,82 


0,55 


0,64 


1,0 


1,36  ;  1,55 


1,36 


1,77 


1,12 


0,73 


».79    I  0,93 


Bemerkungen 


Dunstig.  Bedeckter  Himmel.  Schwül.  Beob- 
achtung im  Garten  unter  Bäumen,  dicht  am  See. 

Beobachtung  im  luftigen  Zimmer  ca.  i  ^  3  m  vom 
geöffneten  Fenster.  Im  Freien  sehr  bewölkt; 
hat  stark  geregnet.  Femsicht,  wo  frei,  auf- 
fallend klar.  Scharfe  Form  der  nichtbedeckten 
Berge.     (Föhnwirkung?) 

Gleichzeitig  mit  der  Beobachtung  im  Zimmer, 
im  Garten  unter  Bäumen. 

Klares,  helles  Sonnenwetter.  Sehr  warm.  Be- 
obachtung im  Garten. 

Klarer,  schöner  Abend.  Etwas  Dunst  in  der 
Feme  nach  heissem  Tage.  Beobachtung  auf 
freier  Mole,  ca.  25  m  in  den  See  hineingebaut 

Beobachtung  auf  der  Mole  in  praller  Sonne. 
Im  Osten  ziemlich  klar.  Blick  auf  die  Glet- 
scher frei.  Im  Süden  und  Norden  Regen- 
wolken.    Im  Westen  dunstig. 

Beobachtung  im  schattigen  Garten. 

Beobachtung  im  Zimmer  während  plöt/Iich  aus- 
gebrochenen Gewitters  ca.  i  m  vom  Fenster 
entfernt. 

Um  3h  nachm.  hatte  ein  furchtbares  Gewitter 
mit  kolossalem  Sturm  und  Wellenschlag  be- 
gonnen. Beobachtung  sogleich  nach  Aufhören 
des  Unwetters  in  abgeschlossener  Laube  bei 
geringem  Regen. 

Völlig  bewölkt.     Windstill. 

Himmel  rings  mit  tiefliegenden  Wolken  be- 
deckt. Wolkenschicht  jedoch  von  geringer 
Dicke,  so  dass  die  Sonne  hindurchscheint. 
Bei  Beobachtung  von  JE —  setzt  plötzlich  leb- 
hafter Südost  ein.     Vorher  fast  windstill. 

Schöner  Abend.  Himmel  im  Zenith  klar.  An 
den  Bergen  noch  Wolken.  Versuch  im  Garten. 

Rings  hochziehende  Wolken.  £^  im  Garten. 
£—  in  der  Laube  bei  leichtem  Hegen.  Kurz 
vorher  plötzlicher  Sturm. 

Kalter,  rauher  Nachmittag.  Es  hat  fast  den 
ganzen  Tag  geregnet.  Auch  während  des  Ver- 
suches leichter  Regenfall.  Daher  Versuch  in 
der  Laube.  Auf  den  Höhen  bis  ca.  2000  m 
abwärts  überall  Neuschnee.  Ganzer  Himmel 
bedeckt.  An  den  Bergen  Nebel  bis  tief  hinab. 
Fast  windstill. 

Himmel  klar  mit  vereinzelten  Wolken  an  den 
Bergen.  Im  Osten  und  Westen  dunstig.  Be- 
obachtung im  Garten. 

Sonniger  Nachmittag.  Beobachtung  im  Boot, 
Apparat  zum  Wasser  abgeleitet,  ca.  200  m 
vom  Ufer  entfernt 

Beobachtung  im  Garten.  Abend  nach  schönem, 
sonnigem  Tage.  Im  Osten  und  Westen  dunstig; 
sonst  klar. 

Klarer  Abend. 


Schönes,  klares  Wetter.     Starker  Wind. 

1,28       0,69      Kühl,  bewölkt;  später  Regen. 

i 
1,19    I  0,73    I  Seh  Dellziehende  Wolken.     Windig. 


*)  Die  Vorzeichen  bedeuten 


den  Beginn  der  Beobachtung  für  die  Zerstreuung  der  gleichnamigen  Elektrizität. 


Im  Mittel  sämtlicher  Zahlen  ist 

E -^  E —  (I -{-  a—  q 

4,60  4,99  1,14  1,27  1,26. 

Wenn  ich  die  im  Zimmer  gewonnenen  Werte 
weglasse,  ergiebt  sich  für 


E  -\-  E  —  a  -\-  a  —  q 

4,87  5,31  1,21  1,36  1,26. 

Wenn  wir  die  abnormen  Daten  fiir  den  11. 
und  13.  bei  der  Mittelung  ausschalten,  so  er- 
halten wir  für 


r 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


523 


£  ~\-  £ —  a -\-  a —  q 

4,76,        4,54         1,18        1,16       1,08. 

Im  grossen  und  ganzen  entsprechen  diese 
Werte  etwa  den  von  Czermak ')  für  die  gleiche 
Höhe  in  Innsbruck  festgestellten  Grössen.  Die 
Zahlen  für  ^  +  und  a  —  sind  ziemlich  niedrige 
Werte,  während  q  bald  etwas  grösser,  bald 
geringer  ist  als   i. 

Die  niedrigen  Zahlen  während  der  regne- 
rischen Tage  (16.,  17./VIII.)  entsprechen  dem  ge- 
wöhnlichen Verhalten.  Bemerkenswert  erscheinen 
im  wesentlichen  nur  die  Daten  vom  11.  und  13. 

Der  1 1 .  zeigte  starke,  durch  Föhn  bedingte 
Erhöhung   von   a-\-    und    a — ,    ohne  dass  der  . 
Quotient  wesentlich  geändert  wäre.  , 

Die     ausgesprochene    Unipolarität    am     13.   I 
scheint    nicht    leicht    zu    erklären.      Auch    das 
Einsetzen    des    Abend windes    gerade    während 
der  Beobachtung  des  negativ  geladenen  Appa- 
rates ist  wohl  zur  Erklärung  nicht  ausreichend. 

Die  gleichzeitigen  Beobachtungen  im  Zimmer 
und  im  Freien  zeigen  wiederum,  dass  die  ge- 
fundenen Werte  selbst  bei  weiter  Öffnung  des 
Fensters  nicht  unwesentlich  voneinander  ab- 
weichen. 

Rothorn,  ca.  23CX)  m. 

Datum         Zeit      £-\-    £ —    a-\-    a —     q       Bemerkungen 

24. VIII.  -|-ih  p      9,72    13,68  2,13  2,99  1,40   AufdcrHotel- 

—  i^  35  Veranda    voll- 

kommen    frei. 

In  SW.  undW. 

Dunst.     Etwas 
verschleierte 
Aussicht  auf 
das  Hochge- 
birge. 

26.  VIII.  -f-ioh  30a  7,89  8,10   1,73  1,77  1,03     Beobachtung 

—  Iih  10  in   einem  ganz 

kleinen  Keller- 
verschlag    ca. 
I  m  im  Geviert 
im  Hotel  Rot- 
horn-Kulm. 
Draussen 
wegen  schlech- 
ten Wetters  Un- 
möglichkeit zu 
arbeiten. 

27.  VIII.  4- 5h  50p.  6,84  20,98  1,50  3,22  4,60     Föhnwetter, 

—  6h  15  abwechselnd 

Schnee  und 
auffallend 

klare  Aussicht. 

Starker  Wind, 
sehr  kalt. 

Der  27.  war  ein  Tag  mit  typischem  Föhn- 
wetter; heftige  Niederschläge,  unterbrochen  von 
klaren  Perioden  von  auffallender  Durchsichtig- 
keit der  Luft.  Die  Ionisation  derselben  war 
aber  an  diesem  Tage  andersartig  als  die  am 
II.  VIII.  bei  ähnlicher  Wetterlage  im  Thale  in 
Brienz.  Auf  dem  Rothorn  tritt  eine  starke 
Unipolarität  hervor,  während  im  Thale  die 
Werte  für  a  +  und  ^  —  in  annähernd  gleichem 

i)  Czermak,  Über    Elektrizitätszerstreuung    bei   Föhn. 
Diese  Zeitschr.  3,   185,  1902. 


Masse  erhöht  sind,  wie  ja  auch  die  Föhn- 
messungen Czermaks  beweisen.  Eine  Erklä- 
rung für  dies  verschiedene  Verhalten  scheint 
in  folgendem  gegeben  zu  sein: 

Wenn  das  Wesen  des  Föhns  darin  zu  suchen 
ist,  dass  Luft  aus  grösseren  Höhen  schnell  herab- 
tritt, so  ist  sehr  leicht  verständlich,  warum  sich 
dann  im  Thale  eine  Luft  befindet,  die,  aus  mitt- 
leren Höhenlagen  stammend,  nur  eine  absolute 
Erhöhung  der  Zerstreuungswerte  zeig^,  während 
auf  Bergen,  wie  das  Brienzer  Rothorn,  in  solchen 
Fällen  bereits  die  Unipolarität  zum  Ausdruck 
kommt,  welche  für  die  Luft  der  höchsten  Berg- 
regionen charakteristisch  ist.  Die  Werte,  welche 
am  Mittag  desselben  Tages  von  Herrn  Kolmer 
in  Brienz  festgestellt  wurden,  zeigen  keine  Uni- 
polarität. Auch  die  absoluten  Werte  sind  nicht 
ungewöhnlich  hoch.  Aus  den  Notizen,  welche 
Professor  Löwy  über  den  Wetterlauf  dieses 
Tages  in  Brienz  gemacht  hat,  geht  auch  hervor, 
dass  die  Wetteränderung  erst  am  frühen  Nach- 
mittag in  Brienz  eintrat. 

Die  am  26.  bei  der  Untersuchung  im  Keller 
erwarteten  hohen  Zerstreuungswerte  zeigten  sich 
leider  nicht,  wohl  weil  ich  bei  den  nötigen  Vor- 
bereitungen zur  Beobachtung  in  dem  überaus 
engen  und  staubigen  Raum  trotz  aller  Vorsicht 
ziemlich  viel  Staub  aufgewirbelt  habe.  Auchmusste 
ich  die  Ablesungen  beim  Scheine  einer  Küchen- 
lampe vornehmen,  welchenatürlichVerbrennungs- 
gase  entwickelt  und  ausserdem  wohl  auch  durch 
Abgabe  von  Russ  die  Beweglichkeit  der  Ionen 
gehemmt  hat. 

Col  d'Olen,  ca.  3000  m. 

Datum       Zeit  £-\-     £ —  a'\-  a —      q  Bemerkungen 

6.  IX.   -fio*»42a.  4,69     8,56  1,03  1,88  1,85  Nebel  u.  Sonne 

— Iih    I  abwechselnd. 

8.  IX.  — iihiSa.  18,86  17,11  4,14  4,02  0,97  Klares,  son- 

—  Ilh34  niges  Wetter. 

Die  Beobachtungen  auf  Col  d'Olen  wurden 
von  Herrn  Dr.  Müller  ausgeführt.  Sie  zeigen 
in  besonders  schöner  Weise  den  Unterschied 
zwischen  klarem,  sonnigem  Wetter  und  Nebel- 
bildung. 

Monte  Rosa,  4560  m. 

Datum       Zeit  £-^     £—    a-\'  a —      q       Bemerkungen 

4.  IX.   —  8»»  55  a.     7,34    2,19  0,94  0,28  0,3  Heftiger 

-}-loh45  Schneesturm. 

—  2h    ip.   11,95     7,67   1,53  0,98  0,64 
4-  4^53  6,61  0,85  0,55 

—  61»  20 

5.  IX.  — iohi8a.     3,54     8,34  0,4$  1,07  3,26     Das  Wetter 

-f- 1 2I»  25  p.  bessert  sich  all- 

—  3h  15  p.  4,95  0,63   1,40    mählich,    klärt 

sich  nachmittags 
zeitweise  auf. 

6.  IX.   4-1  ih  38  a.     4,36     2,86  0,56  0,37  0,66  Wieder  heftiger 

—  il»20p.  Schneesturm. 
+  4*»  25  p.     3,51              0,45            0,82 

7.  IX.    -f  9h 40  a.     2,41     3,77  0,31  0,48   1,57      Das  Wetter 

— 10^46  klärt  sich  auf  bei 

heftigem  Winde. 

8.  IX.    -|-  S^S^p.     3,03     3,87  0,39  0,49  1,28  Schöner  klarer 

—  0^30  Tag  mit   herr- 

licher Aussicht. 


524 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


Die  Beobachtungen  auf  dem  Gipfel  des  Monte 
Rosa  sind  leider  nicht  vollwertig,  weil  ich  ge- 
nötigt war,  dieselben  im  Zimmer  vorzunehmen, 
ebenso  wie  der  gleichzeitig  mit  denselben  Ver- 
suchen beschäftigte  Herr  Professor  Sella  aus 
Rom,  welcher  mich  in  der  liebenswürdigsten 
Weise  mit  Rat  und  That  unterstützte.  Wir 
arbeiteten  im  geräumigen  oberen  Laboratorium 
der  Hütte.  Mein  Apparat  stand  unmittelbar 
am  Fenster,  welches  trotz  der  eisigen  Kälte 
während  der  Versuche  nach  Möglichkeit  stets 
offen  gehalten  wurde.  Dennoch  sind  die  ge- 
fundenen Zahlen  so  niedrig,  dass  ich  überzeugt 
bin,  dieselben  entsprechen  nicht  den  wirklichen 
in  dieser  Höhe  vorliegenden  Verhältnissen.  Es 
ist  dies  um  so  wahrscheinlicher,  als  von  den 
gleichen  Tagen  auf  dem  ca.  1600  m  niedriger 
gelegenen  Col  d'Olen  wesentlich  höhere  An- 
gaben vorliegen. 

Die  Beobachtungsdauer  bei  diesen  Versuchen 
betrug  nicht  15,  sondern  30  Minuten,  so  dass 
die  Werte  von  £+  und  E —  mit  den  gleich- 
bezeichneten der  anderen  Beobachtungen  nicht 
unmittelbar  vergleichbar  sind. 

Von  grösserer  Wichtigkeit  als  die  Unter- 
suchungen auf  dem  Gipfel  sind  folgende  zwei 
Beobachtungen,  welche  ich  an  der  Capanna 
Gnifetti  in  einer  Höhe  von  ca.  3700  m  beim 
Aufstieg  und  Abstieg  anstellte. 

Capanna  Gnifetti,  3700  m. 

Datum       Zeit  £-{-     E —  a-\-  a —      q      Bemerkungen 

2.  IX.    -f   7h    7p.  13,36  40,26  2,05  6,18  3,0    Kalter  Abend, 
— 17^*30  ziehender    Nebel, 

wo  nebelfrei, 
klare  Aussicht. 
9.  IX.   ■\-  2h  17p.  1 6,55  21,99*)  4,23  16,88  3,99  Zerrissene Wol- 
—  2^  40  ken,  sich  teilen- 

der Nebel  nach 
leichtem  Schnee- 
sturm mit  fernen 
Donnerschlägen. 
*)  BeobachtUDgsdauer    nur   5   Minuten,    wegen    erneutem 
Beginn  des   Schneegestöbers. 

Die  Elektrizitätszerstreuung  ist  in  beiden 
Fällen  nicht  nur  an  und  für  sich  ausserordent- 
lich gross,  sondern  vor  allem  kommt  hier  das 
Vorwiegen  der  positiven  Elektronen  sehr  ekla- 
tant zum  Ausdruck.  Besonders  am  9.  IX.  wur- 
den enorme  Werte  beobachtet,  welche  selbst 
die  von  den  Herren  Elster  und  GeiteP)  auf 
dem  Säntis  (2500  m)  und  Gornergrat  (3140  m) 
ermittelten  Grössen  noch  übertreffen.  Nur  Herr 
Ebert^)  hat  in  einer  Höhe  von  ca.  3000  m  im  • 
Luftballon  eine  annähernd  ebenso  erhebliche 
Zerstreuung  gefunden,  naturgemäss  ohne  eine  \ 
so  ausgeprägte  Unipolarität.  Allerdings  ist  der 
Versuch  vom  9.  vielleicht  nicht  als  ein  normaler 
zu  betrachten,  da  kurz  vorher  bei  leichtem  Schnee- 

1)  Ann.  d.  Physik  2,  425,   1900. 

2)  Sitzungsber.  der  Akademie  zu  München  1900,  S.  511 
und  1901,  S.  35,  1900. 


gestöber  mehrere  ferne  Donner  gehört  worden 
waren.  Gewitter  aber  beeinflussen  die  Zerstreu- 
ungswerte erheblich.^) 

Unter  demselben  Übelstande  litt  auch  ein 
Versuch,  welcher  am  selben  Tage  ca.  i  '/2  Stunden 
früher  unterhalb  des  Lyssjoches  in  ca.  4000  m 
Höhe  angestellt  wurde.  Der  Grund,  diesen 
Platz  zur  Untersuchung  zu  wählen,  war  folgender: 

In  seinem  Buche  „Der  Mensch  auf  den  Hoch- 
alpen" *^)  giebt  Mosso  an^),  dass  in  abgeschlos- 
senen Thälern  und  Schluchten  die  Gefahr  der 
Bergkrankheit  besonders  gross  sei.  Ähnliches 
erwähnt  von  Schrötter.^)  Er  citiert,  dass  „in 
geschützten  Mulden,  engen  Couloirs  mit  nebeliger, 
schwüler  Luft**  häufig  die  Beschwerden  der  Berg- 
krankheit auftreten.  Gleiche  Wahrnehmungen 
sind  von  älteren  Autoren  aus  den  Anden  und 
dem  Himalaya  berichtet.  Die  absolute  Höhe 
ist  für  diese  Erkrankungen  nicht  verantwortlich, 
da  die  Erscheinungen  sehr  häufig  in  grösserer 
Höhe  wieder  schwinden.  Wenn  man  einmal 
die  Idee  gefasst  hat,  dass  die  Ionisation  der  Luft 
für  das  Eintreten  der  Krankheitserscheinungen 
mit  verantwortlich  zu  machen  sei,  so  liegt  der 
Gedanke  nahe,  die  von  den* Herren  Elster  und 
Geitel"^)  festgestellte,  ausserordentlich  hohe  Ioni- 
sation abgeschlossener  Luftmassen  zur  Erklärung 
heranzuziehen.  Schon  beim  Aufstiege  befragte 
ich  daher  unseren  Führer,  ob  er  mir  eine  Stelle 
bezeichnen  könne,  welche  ohne  besonders  hoch 
zu  liegen,  für  das  Eintreten  der  Bergkrankheit 
prädisponiere.  Derselbe  wies  mir  sogleich  den 
obenerwähnten  Ort.  Dieser  lag  in  einer  Boden- 
senkung unterhalb  des  Lyssjochs  am  Rande 
einer  ungeheuren  Eiskluft.  Nach  Westen  frei 
gelegen,  war  er  sonst  von  überragenden  Eis- 
wänden abgeschlossen.  Die  Ventilation  dieser 
Stelle  musste  zweifellos  eine  verhältnismässig 
geringe  sein.  Leider  war  es  mir  unmöglich, 
während  meines  Aufenthaltes  auf  dem  Monte 
Rosa  dort  mehrere  Messungen  auszuftihren.  Die 
ersten  Tage  brachten  uns  so  schlechtes  Wetter, 
dass  wir  die  Hütte  kaum  verlassen  konnten. 
Nur  während  dreier  Tage  war  es  uns  überhaupt 
möglich,  im  Freien  thätig  zu  sein.  An  diesen 
häufte  sich  naturgemäss  die  Arbeit  derart,  dass 
an  eine  Expedition  nach  dem  Lyssjoch,  welche 
immerhin  mindestens  6  Stunden  in  Anspruch 
genommen  hätte,  nicht  gedacht  werden  konnte. 
Ich  musste  mich  daher  darauf  beschränken,  beim 
Abstiege  dort  eine  Messung  der  Elektrizitäts- 
zerstreuung vorzunehmen.     Es  war  am  9.  Sep- 


i)  Ebert,  Berichte  über  die  in  München  in  den  Jahren 
1901/02  ausgeführten  luftelektrischen  Arbeiten.  Kgl.  Gesellsch. 
d.  Wissenschaft,  in  Göttingen  1902. 

2I  Veit  &  Co.,  Leipzig  1899. 

3I  1.  c,  S.  263. 

4)  Zur  Kenntnis  der  Bergkrankheit.  Wien,  Wilhelm 
Braumüller  1899,  S,  72. 

5)  Geitel,  Diese  Zeitschr.,  2,  116,  1900,  und  Elster 
und  Geitel  ebenda  2,  560,  1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


525 


tember  um  12  Uhr  mittags.  Über  uns  war 
klarer  Himmel.  Im  Westen  verdeckten  jedoch 
einzelne  Wolken  die  Aussicht  auf  die  Berge  des 
Wallis.  Die  Messung  ergab  nun  Werte,  wie  sie 
bisher  meines  Wissens  noch  nirgends  beobachtet 
worden  sind: 

£-{-  E^  a-\-  a —  q    . 

18,16  51,44     '     4,65  19,74  4,25 

Allerdings  wurden  wir,  wie  bereits  erwähnt, 
unmittelbar  nach  der  Messung  durch  aiia  SO 
plötzlich  heraufkommende  Nebel  mit  leichtem 
Schneegestöber  überrascht.  Beim  Absteigen 
hörten  wir  dann  einige  ferne  Donnerschläge. 
Als  wir  an  der  Gnifettihütte  anlangten,  war  der 
Nebel  bereits  teilweise  gewichen  und  zwischen 
den  Wolken  der  klare  Himmel  sichtbar.  Die 
Feme  war  allerdings  noch  völlig  bedeckt.  Noch 
während  der  Untersuchung  begann  es  auch 
wieder  etwas  zu  schneien.  Ich  führte  dort  so- 
fort die  obenerwähnte  Beobachtung  aus,  die 
immerhin  noch  unter  dem  Einflüsse  des  Ge- 
witters gestanden  haben  mag. 

Jedenfalls  glaube  ich,  dass  zur  Würdigung 
der  Bedeutung  dieser  atmosphärischen  Vorgänge 
für  das  Einsetzen  der  Bergkrankheit  weitere 
Untersuchungen  an  derartigen  berüchtigten  Stel- 
len, wie  z.  B.  der  „Corridor"  am  Mont  Blanc  in 
der  Nähe  der  Grands-Mulets  wesentlich  beitragen 
könnte. 

Im  übrigen  ist  hier  wohl  nicht  der  Ort, 
näher  auf  die  physiologische  Bedeutung  der 
Luftionisation  einzugehen,  zumal  ich  in  Ge- 
meinschaft mit  Herrn  Aschkinass  bemüht  bin, 
die  Frage  auf  experimentellem  Wege  der  Klärung 
näher  zu  bringen.  Kurz  erwähnen  möchte  ich 
nur  einige  Angaben  anderer  Autoren,  welche 
in  dem  Sinne  einer  Beeinflussung  des  Organis- 
mus durch  die  Ionisation  der  Luft  zu  deuten 
sein  können.  So  wurden  z.  B.  Kameraden 
MossosO,  welche  schon  lange  gesund  auf  dem 
Monte  Rosa  waren,  während  eines  Gewitters  von 
der  Bergkrankheit  befallen,  und  wir  selbst  haben 
ganz  ähnliche  Erfahrungen  gemacht.  Von  beson- 
derem Interesse  ist  aber  Tschudis  Mitteilung 
aus  den  Anden,  dass  die  Bergkrankheit  (Puna) 
bei  reiner  Atmosphäre  und  grosser  Kälte  viel 
heftiger  und  allgemeiner  auftritt,  als  wenn  die 
Luft  mit  wässerigen  Dünsten  erfüllt  ist,  und 
diejenige  Pöppigs,  dass  selbst  akklimatisierte 
Fremde  dort  wohler  und  arbeitsfähiger  sind 
bei  dicker,  regnerischer  Luft  als  bei  heiterem 
Himmel.'^) 


F. 


1)  1.  c,  S.  258. 

2)  Cit.  nach  Meyer-Ahrens,  Die  liergkraükheit.  Leipzig, 
A.  Brockhaus  1854. 

Berlin  im  Juli   1902. 

(Eingegangen  17.  Juli  1902.) 


Mitteilungen    aus    dem    physikalisch  -  mecha- 
nischen Institute  von  Prof.  Dr.  M.Th.  E  d  e  1  m  a  nn. 

No.  2»):  M.  Edelmann,  Neukonstruktionen  objektiver 

Ablesevorriohtungen. 

Für  Schullaboratorien  und  solche  der  Praxis, 
ftir   Messungen,    bei    welchen    man    nicht    die 
äusserste    Genauigkeit    der   Ablesungen    bean- 
sprucht,    ferner     ftir     solche    Ablesungen,    bei 
welchen  eine  gleichzeitige  Ablesemöglichkeit  für 
^  mehrere  Personen  geboten  ist,   bat  man  längst 
an  Stelle  der  zwar  genaueren,  aber  auch  unbe- 
quemeren und  für  die  Augen  ermüdenden  Fern- 
rohre   die  objektive  Ablesevorrichtung  gesetzt, 
d.  h.  man  projiziert  ein  Bild  (Faden,  Spalt,  Glüh- 
faden   etc.)    unter   Vermittlung   eines    Konkav- 
spiegels  im    Galvanometer   oder    noch    besser, 
weil   variabel    bezüglich  Brennweite,    einer  vor 
den  Planspiegel  geschalteten  Linse  auf  die  Skala. 
Dieses    Bild    wandert    dann    bei   Drehung    des 
Spiegels  auf  der  Teilung.     Solche    macht   man 
auf  Holz,    Glas,    transparentem    oder   weissem 
Celluloid  etc.     Bisher  wurde    bei  den  besseren 
Apparaten  dieser  Art    meistens    durchsichtiges 
Material    verwendet.      Allein,    wenn    man    mit 
solchen  Skalen  arbeitet,  so  bemerkt  man  sehr 
bald,  dass  das  Bild,  z.  B.  eines  Glühfadens  einer 
elektrischen  Glühlampe,  an  sehr  verschiedenen 
Stellen  zu  stehen  scheint,  je  nachdem  man  die 
Skala  links,  vor  oder  rechts  von  dem  projizierten 
Bilde  besieht.     Somit  ist  aber  ein  gleichzeitiges 
genaues  Ablesen    seitens    mehrerer  Beobachter 
(wie  es  z.  B.  bei  Kabelabnahme  und  in  Schul- 
laboratorien sehr  oft  notwendig  ist)  unmöglich. 
Auch  erscheint  das  Bild,  von  den  verschiedenen 
Stellen  aus  beobachtet,  zum  Teil  unscharf.    Man 
wäre  also  gezwungen,   das  Auge  immer  genau 
vor  das  Bild,  d.  h.  senkrecht  zur  Spiegelebene 
einzustellen,  was  ja  namentlich  bei  Schwingungs- 
versuchen lästig  ist.     Die    seit   langer  Zeit  ge- 
bräuchlichen Holz-  oder  Metall-Massstäbe,  welche 
von    der   Spiegelseite    aus    abgelesen    werden, 
vermeiden  zwar  diesen  Übelstand,  führen  aber 
einen  neuen,  nicht    minder  lästigen  ein,   indem 
man  nur  zu  leicht   das  Projektionsbildchen  mit 
dem  Kopfe  verdeckt.    Nachstehende  Konstruk- 
tionen vermeiden  beide  Unannehmlichkeiten. 

Bevor  ich  jedoch  näher  auf  dieselben  ein- 
gehe, möge  es  mir  gestattet  sein,  einiges 
Historische  bezgl.  dieser  Art  Ableseeinrichtung 
zu  bemerken.  Angegeben  wurde  dieselbe  von 
E.  du  Bois-Reymond  in  Poggendorffs 
Annalen,  Band  95,  Seite  607,  im  Jahre  1855. 
Ursprünglich  verwendete  man  zur  Projektion 
ein  Spaltbild,  an  dessen  Stelle  dann  später  ein 
rechtwinkliger  Ausschnitt  trat.  In  dessen  Mitte 
spannte  man  parallel  zur  Hochkante  des  Recht- 
ecks einen  Faden  oder  dünnen  Draht,  so  dass 
man  auf  der  Skala  dann  ein  helles  rechteckiges 

i)  No.  i:  Diese  2^itschr.  8,  465,  1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahi^ang.     No,  22. 


JL  Bild    mit    dem   Schattenstrich   des 

y*f  Tj^       Fadens    erhielt.     Als    Lichtquellen 
wurden  bereits  alle  gebräuchlichen 
y  Lichtarten ,    direkt    oder    indirekt, 

unter  Benutzung  eines  Reflexions- 
spiegels verwendet.  Namentlich  war 
im  letzteren  Falle  bei  dem  ziem- 
lichen Lichtverluste  eine  Verdunk- 
lung des  Zimmers  notwendig.  End- 
lich setzte  man  an  Stelle  des  re- 
flektierten Lichtes  direkt  den  Glüh- 
faden einer  elektrischen  Glühlampe, 
was  sehr  bald  zu  dem  Wunsche 
nach  einer  guten  Lampe  mit  linearem 
Glühfaden  führte.  Doch  scheiterten 
alle  diese  Versuche  lange  an  der 
Zerbrechlichkeit  und  kurzen  Lebens- 
dauer der  Fäden.  Erst  kürzlich  ist 
es  der  bayerischen  Glühlampen- 
fabrik, München,  Lands  bergers  tras- 
se,  gelungen,  eine  bezüglich  Hellig- 
keit, Stromverbrauch  und  Lebens- 
dauer vorzügliche  Lampe  für  der- 
artige Zwecke  herzustellen.  Die- 
selbe (Fig.  1)  besteht  aus  einem 
dünnen  und  einem  dicken  Kohle- 
>'ig-  "■  faden.  Der  dünne  ist  konzentrisch 
angebracht  und  leuchtet,  während 
der  dicke  nur  warm  wird,  ohne  zu  leuchten, 
also  ähnlich  wie  der  Bogen  die  Sehne  den 
dünnen  Faden  anspannt.  Die  Lampe  wird 
für  alle  gebräuchlichen  Spannungen  hergestellt. 
Die  direkte  Benutzung  des  Glühfadens  zur 
Projektion  ermöglicht  ein  Arbeiten  in  gar  nicht 
oder  doch  nur  ausserordentlich  wenig  verdunkel- 
tem Räume.  Bei  sämtlichen  nachstehenden  Kon- 
struktionen    findet    die    oben    envähnte    Glüh- 


lampe Verwendung,  jedoch  können  dieselben 
auch  mit  jeder  anderen  Beleuchtungsart  aus- 
gerüstet werden. 

Fig.  2  zeigt  eine  Ablese  Vorrichtung,  welche 
auf  den  Messtisch  oder  irgend  ein  Tellerstativ 
zu  stellen  ist.  Auf  einem  Gusseisen-  oder 
Zinkfusse  steht  eine  Säule  jW",  in  welcher  teleskop- 
artig die  Stange  AT  hoch  und  nieder  verstellbar 
und  bei  L  fixierbar  ist.  Diese  trägt  in  einer 
Muffe(deutlichersichtbar  in  Fig.  3)  mit  Schraubet 
festzuklemmen  eine  Querstange,  an  deren  Enden 
die  Winkel  bei  D  angebracht  sind.  Diese  sind 
oben  wiederum  durch  eine  Querstange  verbun- 
den. Über  diese  ist  ein  Rohr  geschoben, 
welches  durch  eine  Feder  an  die  Schraube  N 
(I^'E-  3)  gedrückt  wird.    An  diesem  Rohre  hangt 


yig-  3- 

I  an  zwei  Haken  wie  /  in  Fig.  3  die  Skala.    Die- 
selbe wird  von  Hand  auf  dem  Rohre  seitwärts 
I  verschoben,  wodurch  die  grobe  Einstellung  er- 
I   folgt,    während    sie    in    jeder    Lage    durch    .V 
I   mikrometrisch    eingestellt   werden    kann.      Der 
'   von    der    Lampe    ß  ausgesandte    Lichtstreifen 
wird  vom  Spiegel  auf  die  weisse  Celluloidskala 
.S"  projiziert,  während  man   im  Ablesespiegel  A 
i   seine    Lage   beobachtet.      Besagter  Spiegel   ist 
,   drehbar  um  JiC  und  wird   bei  N  gedreht,   bei 
C  fixiert.     Durch    denselben    ist    einerseits  ein 
'  Verdecken  des  Bildes  durch  den  Kopf  vermieden, 
andererseits  genaue  gleichzeitige  Ablesung  durch 
I   mehrere  Beobachter    gegeben.      Das   Fussbrett 
,   /  trägt  ausser  der  um  ihre  eigene  Achse  dreh- 


Physikalische  Zeitschrift.     3,  Jahrgang.     No. 


baren  Lampe  E  noch  einen  Stromschlüssel  // 
für  dieselbe  und  eine  Ste c k- A n seh luss dose  G. 
Die  Lampe  wird  je  nach  Wunsch  entweder 
durch  einen  Blechschirm  wie  in  Fig.  2  oder 
durch  einen  cylindrischen,  in  Fig.  3  bei  0  auf- 
setzbaren Kamin  mit  Schlitz  vom  Beobachter 
abgeblendet.  Im  ersteren  Falle  beleuchtet  die 
Lampe  auch  gleichzeitig  die  Teilung.  Die 
ganze  Vorrichtung  zeichnet  sich  durch  Einfach- 
heit, Handlichkeit  und  Billigkeit  aus,  weshalb 
sie  sich  in  .Schul laboratorien  und  .solchen  der 
Praxis  bereits    sehr    gut  bewährt    hat.      Fig.  3 


gebracht.  Vor  dem  mit  Linse  ausgestatteten 
Galvanometerspiegel  sitzt  ein  total  reflektieren- 
des Prisma.  Die  lineare  Glühlampe  ist  drehbar 
auf  einem  Messinggerüste,  welches  wiederum 
an  der  Wand  befestigt  ist.  Die  Skala  aus 
transparentem  Celiuloid  ist  auf-  und  abwärts, 
vor-  und  rückwärts,  sowie  rechts  und  links 
seitwärts  verstellbar  und  auch  an  die  Wand 
montiert;  abgelesen  wird  sie  gleichfalls  durch 
einen  Spiegel.  Über  den  ganzen  unteren  Teil 
der  Einrichtung  lässt  sich  ein  Kasten  schieben, 
der   dann    Galvanometer,    Lampe     und     Mess- 


Kig.  4- 

zeigt  dieselbe  Anordnung  auf  ein  Gauss-Stativ 
montiert.  Weiteres  ist  zu  diesem  Instrumente 
wohl  nicht  zu  bemerken. 

In  vielen  Laboratorien  spielt  der  für  den 
Skalenabstand  notwendige  Raum  schon  eine 
ziemliche  Rolle  bezüglich  Platzerspamis.  Auch 
giebt  es  gewisse  Messungen,  welche  bequemer 
im  Sitzen  auszuführen  .sind.  Für  solche  Falle 
leistet  der  in  Fig.  4  und  5  abgebildete  Mess- 
tisch mit  Ablesevorrichtung  vorzügliche  Dienste. 
Eines  der  bekannten  Edelmannschen  Wand- 
Dreh  spulengalvanometer  ist,  wie  aus  Fig.  5  er- 
sichtlich,  an  der  Wand  des  Laboratoriums  an- 


FiK-  S- 

batterie  in  seinem  Innern  birgt  und  auf  welchem 
man  arbeiten  kann,  ohne  Galvanometer  oder 
Skala  nur  im  geringsten  zu  erschüttern.  Diese 
Einrichtung  ist  in  meinen  Laboratorien  schon 
längere  Zeit  im  Gebrauch  und  hat  sich  vor- 
züglich bewährt.  Ein  Haupt  Vorzug  derselben 
ist  die  Möglichkeit,  die  Ablesevorrichtung  voll- 
ständig unabhängig  vom  Kasten  einzustellen, 
sowie  dass  das  Galvanometer  jederzeit  bequem 
zugänglich  ist.  Natürlicherweise  lässt  sich  der 
Kasten  selbst  je  nach  Wunsch  bezüglich  Form 
etc.  ausfuhren. 

{,Ein|;egangen  24.  Juli  190z.) 


528 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


REFERATE. 


Elektrotechnik. 

Besorgt  von  Prof.  Dr.  H.  Th.  Simon. 


Über  die  auf  der  „Ausstellung  elektrotechnischer 
Neuheiten,  Berlin"  ausgestellten  Apparate. 

Die  Ausstellung  elektrotechnischer  Neuheiten 
in  Berlin,  die  anlässlich  des  Gesellschaftsabends 
vom  „Elektrotechnischen  Verein"  veranstaltet 
wurde,  enthielt  recht  viel   des  Sehenswerten. 

Messapparate. 

Gans  und  Goldschmidt-Berlin  waren 
mit  einem  Universal-Induktionsprüfer  für  Gleich- 
und  Wechselstrom,  einigen  kombinierten  Volt-  und 
Amp^remetern  und  einem  Hitzdrahtvoltmeter  mit 
geringem  Energieverbrauch  vertreten. 

Die  Firma  Hartmann  &  Braun-Frank- 
furt a.  M.  stellte  eine  Anzahl  gänzlich  neuer 
Konstruktionen  von  Instrumenten  nach  Dr. 
Bruger,  sowie  eine  Reihe  von  Apparaten  mit 
wichtigen  Verbesserungen  und  Vervollkomm- 
nungen aus.  Hervorgehoben  sei  ein  direkt 
zeigender  Phasenmesser,  welcher  die  Ablesung 
des  Verschiebungswinkels  direkt  gestattet  und 
zwar  unabhängig  von  Strom  und  Spannung. 
Das  Instrument  ist  im  Prinzip  ein  Doppelwatt- 
meter mit  gekreuzten  Spulen. 

Ferner  seien  genannt:  ein  astatischer  Watt- 
meter nach  Dr.  Bruger  mit  gebogenen  Fiach- 
spulen  und  vollkommen  gleichmässiger  Skala- 
teilung, ein  elektro-dynamisches  Milii-Amp^re- 
meter  für  Zeiger-  und  Spiegelablesung  mit  grosser 
Empfindlichkeit,  sowie  mit  gleichmässiger  Skala- 
teilung, erzielt  durch  Abstossspulen ,  die  die 
Anfangsempfindlichkeit  erhöhen,  ein  Kompen- 
sationsapparat mit  Kurbelschaltung  für  besonders 
bequeme  Handhabung  0  und  direkte  Ablesung, 
eine  Präzisionsmessbrücke  mit  vertauschbaren 
Vergleichswiderständen,  alle  Widerstände  einzeln 
kontrollierbar,  ein  Messapparat  für  Fehlerorts- 
bestimmung an  Kabeln  nach  der  Schleifenme- 
thode; durch  einfache  Kurbelschaltung  kann  der 
Brückendraht  um  das  Zehnfache  verlängert  wer- 
den; der  Apparat  gestattet  die  Ablesung  des 
Fehlers  auf  ein  Zehntausendstel  der  Kabellänge. 

Als  neu  seien  ferner  hervorgehoben  das 
Ohmmeter  der  Firma  für  direkte  Ablesung 
kleiner  Widerstände,  unabhängig  von  der 
Spannung  der  Messbatterie,  ein  Temperaturfern- 
messer bis  400^  direkt  zeigend  nebst  dazu  ge- 
hörigem Widerstandsthermometer  aus  Platin, 
zwei  Drehspul-Milli  Voltmeter  nebst  einem  Thermo- 
element mit  feuerfester  und  gegen  Brüche  ge- 
sicherter Montierung  für  Hochtemperaturen  bis 

l)  Vgl.  diese   Ztschr.  1,   167,   1900. 


1600^  und  endlich  ein  transportabler  Apparat 
ftir  Isolationsmessungen  in  Gleichstromanlagen 
während  des  Betriebes.  Durch  eine  Kompen- 
sationsschaltung wird  der  Fehlerwiderstand  der 
einen  Hauptleitung  stromlos  gemacht  und  gleich- 
zeitig der  der  anderen  Hauptleitung  gemessen. 

Dr.  Paul  Meyer-Berlin  führte  zahlreiche, 
gut  gearbeitete  Schalttafelinstrumente  und  einen 
sehr  empfindlichen  Quecksilberkontrollautomaten 
vor,  der  als  Maximalausschalter  während  der 
Dauer  jeder  Überschreitung  einer  bestimmten 
Stromstärke  den  Stromkreis  selbstthätig  unter- 
bricht. >) 

Die  Allgemeine  Elektrizitätsgesell- 
schaft-Berlin hatte  einen  selbstthätigen  Zellen- 
schalter mit  Selenkontaktvoltmeter  ausgestellt. 
Der  Apparat  ist  derart  konstruiert,  dass  durch  eine 
mit  dem  Voltmeterzeiger  verbundene  Scheibe  das 
Licht  einer  Glühlampe  entsprechend  der  jeweiligen 
Stellung  des  Zeigers  resp.  der  Scheibe  auf  eine 
von  zwei  Selenzellen  geworfen  wird,  welche  ent- 
sprechende Hubmagneten  zur  Bewegung  des 
Zellenschalters  bethätigen.  Wer  sich  mit  Selen- 
experimenten beschäftigt  hat,  weiss,  mit  welchen 
Schwierigkeiten  die  Konstruktion  derartiger 
brauchbarer  Relais  verbunden  ist.  Die  bei  der 
Bewegung  des  Zellenschalters  verursachten  Er- 
schütterungen erfordern  besonders  konstruierte 
stosssichere  Relais,  wenn  der  Apparat  zuverlässig 
und  exakt  arbeiten  soll. 

Endlich  sei  des  Reversierankerzählers  der 
Deutsch -Russischen  Elektrizitätszähler- 
Gesellschaft-Berlin  Erwähnung  gethan,  der 
im  Prinzip  aus  einem  festen  Hauptstromfelde 
und  einer  gleichfalls  festen  Spannungsspule  be- 
steht, die  einen  Eisenanker  in  Gestalt  einer 
gekröpften  Nadel  derart  polarisiert,  dass  der- 
selbe sich  im  Hauptstromfelde  proportional  der 
Wattzahl  zu  drehen  vermag,  bis  er  nach  Zurück- 
legung einer  Viertelumdrehung  an  ein  Strom- 
schlussstück stösst  und  durch  ein  infolgedessen 
erregtes  Relais  plötzlich  wieder  zurückgeschaltet 
wird. 

Telegraphie  und  Telephonie. 

Hier  ist  als  neu  hervorzuheben  das  selbst- 
thätige  Feuermeldesystem  der  Firma  Siemens 
&  Halske-Berlin.  Der  wesentlichste  Bestand- 
teil dieses  neuen  Systems  ist  der  mit  einer 
durchlochten  Metallschutzkappe  versehene  Kon- 
taktapparat, der  eine  Glasplatzpatrone  enthält. 
Die  in  der  einer  Thermometerröhre  ähnlichen 
Patrone  enthaltene  Flüssigkeit  dehnt  sich  bei 
zunehmender  Temperatur  aus  und  sprengt  die 
Kugel  bei  einer  durch  die  jeweiligen  Konstruk- 

I)  Vgl.  E.  T.  Z.  23,   162  ff.,  1902. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


529 


tionsverhältnisse  bestimmten  Temperatur.  Beim 
Zerplatzen  der  Kugel  wird  ein  bis  dahin  ge- 
öffneter Alarmstromkreis  geschlossen  resp.  ein 
Ruhestromkreis  unterbrochen.  Ein  Zeitschalt- 
werk ermöglicht  es,  die  selbstthätige  Meldean- 
lage während  bestimmter  Zeiten  mit  einem  öffent- 
lichen Feuermelder  zu  verbinden. 

Der  Membranwecker  der  Firma  ist  bereits 
früher  ausfuhrlicher  beschrieben  worden.^) 

Mix  &  Genest-Berlin  führte  neben  einem 
Feuermelder  eigenen  Systems  einen  Wasser- 
standsfemmelder- und  Reg^strierapparat  vor. 

Dieselbe  Firma  demonstrierte  weiter  neben 
zahlreichen  Telephonapparaten  ein  neues  Fern- 
sprech-Nebenstellensystem,  bei  dem  jede  ein- 
zelne Nebenstelle  vom  Amt  aus  lediglich  durch 
ein  einmaliges  Niederdrücken  eines  beson- 
deren Druckknopfes  angerufen  werden  kann. 
(Vgl.  hierzu  Wests  automatischer  Umschalter, 
diese  Ztschr.  2,   156 — 160,   1900.) 

Die  einzelnen  Sprechstellen  derselben  Linien- 
leitung, von  denen  bis  zu  zehn  angeschlossen 
werden  können,  haben  die  Möglichkeit,  durch 
Linienwähler  unabhängig  vom  Amte  miteinander 
zu  verkehren.  Sobald  eine  Nebenstelle  eine 
Verbindung  mit  dem  Amte  herbeiführt,  was 
ohne  Vermittelung  einer  Centralstelle  geschieht, 
erscheint  auf  sämtlichen  Sprechstellen  derselben 
Leitung  ein  optisches  Zeichen,  welches  das  Be- 
setztsein der  Linie  anzeigt.  Während  des  Ge- 
sprächs einer  Sprechstelle  mit  der  gemeinsamen 
Linie  werden  sämtliche  übrigen  Sprechstellen 
verriegelt,  wobei  ein  Mithören  durch  Induktions- 
wirkung durch  geeignete  Anordnung  von  Drossel- 
spulen vermieden  ist.  Das  System  erfordert 
eine  metallische  Doppelleitung  und  Erdleitung 
bezw.  drei  metallische  Leitungen. 

Während  dieses  vollautomatische  System 
gerade  das  Ziel  verfolgt,  die  Verbindung  der 
Nebenstellen  mit  dem  Amte  ohne  Mitwirkung 
einer  Persoa  herzustellen,  behandelt  das  eben- 
falls von  der  Firma  Mix  &  Genest  eingeführte 
Jan  US -System  das  Problem  der  kontrollsicheren 
Verbindung  von  Nebenstellennetzen  mit  Privat- 
telephonnetzen, wobei  die  Vermittlung  von 
Gesprächsverbindungen  der  Nebenstellen  mit 
dem  Fernsprechamt  durch  eine  Person  erfolgt. 
Durch  das  J an us -Nebenstellensystem  ist  also 
die  Möglichkeit  geschaft'en,  die  Privatapparate 
gleichzeitig  als  Postapparate  zu  verwenden  und 
so  die  Privatnetze  völlig  mit  den  Reichslinien 
unter  Gewährung  ausreichender  Kontrolle  für 
die  Verwaltung  zu  verschmelzen.  Näheres 
über  dieses  System:  E.  T.  Z.  23,  151  ff.,  1902 
und  Heinke,  Handbuch  der  Elektrotechnik, 
12,  603  ff. 

Der  schnurlose  Klappenschrank  der  Firma, 

I)  Vgl.  diese  Ztschr.  2,  642,  1901. 


Pyramidenschrank    genannt,    ist    bereits    früher 
beschrieben  worden.  *) 

Die  Elektrische  Bogenlampen- und  Apparate- 
fabrik-Nümberg  hatte  einen  verbesserten  Linien- 
wähler, System  Cerebotani,  für  beliebig  viele 
Fernsprechnebenstellen  ausgestellt. 

Als  Neuheit  seien  noch  die  von  Dr.  Cas- 
sirer  &  Co.-Charlottenburg  hergestellten  Tele- 
phonkabel mit  Papierisolation,  System  West, 
genannt,  die  sich  durch  eine  sehr  geringe  Kapa- 
zität auszeichnen,  und  das  Hackethal-Leitungs- 
system der  Hackethal-Draht-Gesellschaft, 
Hannover.  Das  System  vermeidet  durch  die 
Art  seiner  Verlegung,  indem  die  beiden  Drähte 
der  Doppelleitung  unter  Verwendung  nur  eines 
Isolators  von  besonderer  Form  für  jeden  Stütz- 
punkt kreuzweise  geführt  werden  und  durch 
die  Isolierung  des  Leitungsdrahtes  mit  Mennige 
Induktionsstörungen  durch  in  der  Nähe  befind- 
liche Hochspannungsleitungen,  sowie  Betriebs- 
störungen durch  Starkstromübergänge,  ferner 
kann  es  mit  Vorteil  an  allen  solchen  Stellen 
angewendet  werden,  wo  stark  oxydierende  Gase 
die  Lebensdauer  blanker  Leitungen  sehr  ver- 
kürzen. 

Zum  Schluss  dieses  Abschnittes  sei  endlich 
der  von  der  Allgemeinen  Elektrizitäts- 
Gesellschaft-  Berlin  ausgestellte  Universal- 
schalter, System  Proett,  erwähnt,  der  für 
beliebig  viel  Telephon-Nebenschlussstellen  be- 
stimmt ist  und  sich  im  wesentlichen  dadurch 
auszeichnet,  dass  unter  Benutzung  einer  ein- 
fachen Fernleitung  das  Amt  von  jeder  Sprech- 
stelle aus  angerufen  werden  kann,  wobei  sämt- 
liche anderen  Sprechstellen  automatisch  von  der 
Linie  abgetrennt  werden.  Ein  Anruf  der  Neben- 
stellen vom  Amte  aus  ist  jedoch  nicht  möglich. 

Dynamomaschinen   und  Elektromotoren. 

Die  Allgemeine  El ektrizitäts- Gesell- 
schaft führte  zwei  Miniaturbohrmaschinen  zum 
Bohren  kleiner  Löcher  vor. 

Die  Berliner  Maschinenbau-A.-G.,  vorm. 
L.  Schwartzkopff,  Berlin,  hatte  eine  3,5  kw- 
Dampfdynamo,  die  Bismarckwerke  Berger- 
hof einen  Kapselmotor  und  einen  elektrisch 
angetriebenen  Ventilator  mit  selbstthätigem 
Jalousieverschluss  ausgestellt. 

Die  Elektrizitäts- Gesell  Schaft  „Hansa'*, 
Kammerhoff  und  Winkelstroeter,  Ham- 
burg, war  mit  mehreren  kompendiös  und  kräftig 
gebauten  elektrischen  Handbohrmaschinen,  die 
Fabrik  elektrischer  Apparate  Dr.  Max 
Levy,  Beriin,  mit  den  bekannten  Bandwider- 
ständen und  mehreren  elegant  ausgeführten 
Kronen,     kombiniert     mit     Ventilatoren,     und 


l)  Vgl.  diese  Ztschr.  2,  633,   1901.    Über  das  Janussystem 
erscheint  demnächst  ein  ausführlicher  Bericht  in  dieser  Zeitschrift 


530 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


Siemens  &  Halske,  A.-G.  Berlin,    mit    einer 
Gesteinsdrehbohrmaschine  vertreten. 

Beleuchtungstechnik. 

Die  Allgemeine  Elektrizitäts- Gesell- 
schaft Berlin  führte  die  neuesten  Modelle  der 
Nernstlampen  mit  verschiedenen  Armaturen, 
einfach  und  verziert,  für  Frei-  und  Innenräume, 
im  Betriebe  vor.  Die  neuen  Nernstlampen 
unterscheiden  sich  nur  unwesentlich  von  den 
bereits  ausfuhrlicher  beschriebenen  vorjährigen 
Modellen. ') 

Die  Lampen  werden  jetzt  für  alle  gebräuch- 
lichen Spannungen  zwischen  100  und  150  Volt, 
sowie  für  Spannungen  zwischen  200  und  250  Volt 
angefertigt. 

Die  Lampen  setzen  sich  aus  dem  Sockel, 
Brenner,  Widerstand  und  der  Garnitur  zu- 
sammen, die  sämtlich  leicht  auswechselbar  sind. 

Nicht  direkt  zur  Ausstellung  gehörig,  aber 
anlässlich  seines  Vortrages  von  Herrn  Professor 
Lummer  vorgeführt,  wurden  mehrere  Osmium- 
lampen der  Deutschen  Gasglühlicht-Gesell- 
schaft, Berlin,  welche  sich  durch  ihr  schönes 
weisses  Licht  auszeichneten.  Die  Schwierigkeit 
der  Beschaffung  genügender  Mengen  Osmiums, 
sowie  der  Herstellung  von  Lampen  für  hohe 
Spannungen  hat  bisher  die  Einführung  dieser 
neuen  vielversprechenden  Lampen  in  die  Praxis 
verhindert. 

Zahlreich  waren  Flammenbogenlampen  ver- 
treten, bei  denen  durch  geeignete  Kohlen- 
präparation  die  Flammenbogengase  selbst  das 
Licht  ausstrahlen. 

Neben  gewöhnlichen  Differentialbogenlampen 
mit  übereinander  angeordneten  metallsalzhal- 
tigen Kohlenstiften  (von  Gebrüder  Siemens, 
Charlüttenburg),  wie  sie  Siemens  &  Halske 
(Effektbogenlampen)  und  K.  Weinert,  Berlin, 
vorführten,  erregten  besonders  die  von  der 
Allgemeinen  Elektrizitäts -Gesellschaft 
und  K.  Weinert  installierten  Intensiv-  resp. 
Flammenbogenlampen  mit  nach  unten  ge- 
richteten, schrägstehenden  Effektkohlen 
wegen  ihrer  Lichtfülle  und  durch  sehr  ruhiges 
Brennen  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  der 
Besucher. 

Diese  Lampen  ergeben,  ähnlich  wie  die 
Bremerlampen,  etwa  den  dreifachen  Lichteffekt 
bei  gleichem  Stromverbrauch  gegenüber  ge- 
wöhnlichen Bogenlampen. 

Der  Mechanismus  der  ausgestellten  Flammen- 
bogenlampen weicht  von  dem  gewöhnlicher 
Differentiallampen  nur  unwesentlich  ab;  jedoch 
besitzen  die  neuen  Lampen  eine  elektromagne- 
tische Blaseeinrichtung  zur  Verlängerung  des 
Lichtbogens.     Trotz    verhältnismässig     grosser 

i)  Vgl.  diese  Ztschr.  2,  643,  1901. 


Lichtbogenlänge  (20  bi^  30  mm)  ist  doch  die 
Klemmenspannung  der  Flammenbogenlampen 
nur  wenig  höher  als  bei  gewöhnlichen  Bogen- 
lampen. Sie  beträgt  nämlich  bei  Gleich- 
strom ca.  45  Volt,  bei  Wechselstrom  ca.  35  Volt, 
so  dass  die  Flammenbogenlampen  für  Gleich- 
strom bei  110  Volt  zu  zweien,  bei  220  Volt 
zu  vieren  hintereinander  geschaltet  werden. 

Durch  entsprechende  Zusätze  zu  den  Kohlen- 
stiften kann  man  sowohl  eine  weisse,  als  auch  rosa 
oder  goldgelbe  Färbung  des  Flammenbogens 
erreichen.  Bisher  hat  sich  das  Licht  von  gold- 
gelber Färbung,  die  etwas  heller  ist  als  bei  den 
Bremerlampen,    als    das    intensivste    erwiesen. 

Die  Lampen  werden  zunächst  für  6  und 
10  Ampere  bei  Gleichstrom  und  für  10  Ampere 
bei  Wechselstrom  gebaut  und  die  Brenndauer 
beträgt  ca.  5  bis   10  Stunden. 

K.  Weinert  hatte  ausserdem  neben  seinen 
bekannten  Bogenlampentypen,  Dreischaltungs- 
lampen und  Doppelbogenlampen  auch  Schein- 
werfer für  Bühnenbeleuchtung  und  Lichtheil- 
zwecke ausgestellt.  Besonders  hervorgehoben 
sei  ein  grosser,  wasserdicht  abgeschlossener 
Marinescheinwerfer  mit  Säulenfuss. 

Eine  besondere  Gruppe  bildeten  die  Be- 
strahlungsapparate für  Lichtheil-  und  photo- 
graphische Zwecke.  Neben  den  Projektions- 
lampen mit  Hand-  resp.  automatischer  Regulie- 
rung erregte  besonders  eine  grosse,  iCK)  Ampere 
Nebenschluss-Bogenlampe  für  Finsenbestrahlung 
wegen  ihrer  ungewöhnlichen  Dimensionen  die 
Aufmerksamkeit  der  Besucher. 

Zur  elektrischen  Reklamebeleuchtung  gehört 
die  von  der  Allgemeinen  Elektrizitäts- 
Gesellschaft,  Berlin,  ausgeführte  Universal- 
Reklame-Druckschrifl.  Das  Reklameschild  ist 
aus  einzelnen  Feldern  zusammengesetzt  und 
können  in  jedem  Felde  über  40  verschiedene 
Scbriftzeichen  mit  nur  29  Glühlampen  ein- 
geschaltet werden.  Das  Ein-  resp.  Ausschalten 
von  Ankündigungen,  wie  z.  B.  Zeitungstele- 
gramme, Theater-  und  Konzertprogramme, 
Signale  für  Eisenbahn  und  Schiffahrt  etc.  er- 
folgt durch  gelochte  Streifen  oder  durch  einen 
einer  Schreibmaschine  ähnlichen  Apparat. 

Die  Ankündigung  auf  dem  Schild  erscheint, 
sobald  durch  Druck  auf  die  entsprechenden 
Tasten  ein  Buchstabe  nach  dem  anderen  ein- 
geschaltet wird.  Jeder  Lampenstromkreis  hat 
ein  Relais  zwischen  Lampenstromkreis  und 
Schild;  das  Relais  wird  bei  Tastendruck  erregt 
und  schaltet  die  Lampen  im  Schild  so  lange 
ein,  bis  durch  Unterbrechung  im  Hauptschalter 
das  ganze  Schild  verdunkelt  wird. 

Es  lässt  sich  natürlich  auch  das  Ein-  und 
Ausschalten  einer  beschränkten  Anzahl  von 
Wortbildern  selbstthätig  bewirken. 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahi^ang.     No.  22. 


Röntgenapparate. 

Die  Allgemeine  Elektrizitäts-GescU- 
schaft  führte  ein  neues  orthographisches  Zeichen- 
stativ zur  Aufnahme  von  Röntgenbildern  nach 
ihrer  wahren  Form  und  Grösse  vor.  Während 
eine  gewöhnliche  Röntgenaufnahme  cineCentral- 
projektion  ist,  wird  bei  dem  neuen  Zeichen- 
stativ eine  Parallelprojektion  dadurch  erzielt, 
dass  der  Röntgenstrahl,  welcher  die  Tangente 
an  das  zu  projizierende  Objekt  darstellt,  an 
jeder  Berührungsstelle  des  Körpers  senkrecht 
auf  der  Schirmebene  steht,  d.  h.  dass  sich  die 
Strahlen  stets  zu  einander  parallel  bewegen. 
Erreicht  wird  dies  bei  dem  vorliegenden  Apparat 
durch  die  starre  Verbindung  der  Röntgenröhre 
mit  dem  Zeichenstift.  Beide  sind  parallel  mit 
sich  und  zur  Schirmebene  in  Richtung  beider 
Koordinaten  beweglich. 

Dr.  Max  Levy  führte  ein  billiges  Röntgen- 
instrumentarium  mit  Plättchenunterbrecher  imBe- 
triebe  vor(vgl.Fig.  i).  Bei  der  Zusammenstellung 
ist  der  Plättchen  Unterbrecher  System  Simon- 
Ruhmer  verwandt,  der  sich  durch  den  Fortfall 
des  Platin  Verbrauchs,  sowie  die  Möglichkeit  be- 
quemer Regulierung  innerhalb  weiter  Grenzen 
auszeichnet.  Der  Unterbrecher  wurde  auf  der 
vorjährigen  Naturforscherversammlung  in  Ham- 
burg zum  erstenmal  demonstriert  und  damals 
bereits  konstatiert,  dass  man  mit  demselben 
allen  in  der  Röntgenpraxis  vorkommenden 
Aufgaben  bis  zu  einem  hohen  Grade  der  Voll- 
kommenheit genügen  kann. '} 

Die    Einrichtung    kann    unter   Verwendung 

t)  Vgl.  Forlschrilte  auf  dem  Gebiete  der  RöntgenEtrahlen 
-''  •    79.  1901 


B,  Heft 


i  des  gleichen  Unterbrechers  auch  im  Anschluss 
j  an  eine  Wechselstrom-  oder  Drehstromcentrale 
I  betrieben  werden.  (System  Ruhmer,  vgl. 
I  diese  Zeitschrift  3,  742,  I901.} 
I  Einen  Riesen  in duktor  von  i  m  Schlagweite 
'  mit  Quecksilberstrahl-Unterbrecherbetrieb  führte 
>  die  A.-G,  Siemens  &  Halske  vor.  Der  Strom- 
'  verbrauch  des  Induktors  soll  ca.  30  Ampere 
bei   1 10  Volt  betragen  haben- 

Zum  Schluss  seien  noch  einige  physikalische 
,   Demonstrationsapparate    erwähnt,    die   im    Be- 
I   triebe  vorgeführt  wurden.    Die  Firma  Dr.  Max 
I   Levy   hatte    ein    neues,   hübsch   ausgestattetes 
Instrumentarium  zur  Demonstration  des  tönenden 
Flammenbogens  nach  Duddell  und  der  damit 
anzustellenden  Wechselstromversucheausgestellt. 
Das  in  Fig.  2   dargestellte  Instrumentarium 
besteht  zunächst  aus  dem  Hauptapparat,  der  in 
seinem  Inneren   einen  abgestuften  Kondensator 
enthält,    während    aussen    neben    den  erforder- 
lichen Anschlussklemmen  der  fiir  direkten  An- 
schluss an  in  Starkstromnetz  erforderliche  Vor- 
schaltwiderstand,    eine   Drosselspule    und    fiinf 
Tasten    zur   Veränderung   der  Kapazität    resp, 
Selbstinduktion  angebracht  sind.    Durch  Kom- 
bination   verschiedener  Tasten    kann    die  Ton- 
höhe   des     kurzen     Flammenbogens     der     mit 
Ho  mögen  kohlen  versehenen  HandreguÜerbogen- 
lampe  in  weiten  Grenzen  variiert  werden. 

Als  Nebenapparate  sind  dem  Instrumen- 
tarium eine  Induktionsspule  mit  Eisenkern  zur 
Demonstration  der  Elihu-Thomsonschenresp.  . 
von  Induktions- Versuchen  und  ein  Impedanz- 
gestell mit  Glühlampenüberbrückungen  bei- 
gegeben. 


Physikalische  Zeitschrift,     3.  Jahrgang.     No,  22. 


Das  Instrumentarium  schliesst  sieb  in  seiner 
Ausfuhrung  eng  an  das  ebenfalls  in  Zusammen- 
hang mit  einer  automatisch  regulierenden  Bogen- 
lampe demonstrierte  Instrumentarium  zur  S  i  m  on- 
schen  musikalischen  Bogenlampe  an. 

Die  automatische  Lampe,  System  Ruhmer, 
die  bei  220  Volt  mit  einem  ca.  5  bis  8  cm 
langen  Flammenbogen  brennt,  ist  mit  einer 
Schutzglocke  versehen,  um  den  Beobachter  vor 
den  grellen  Strahlen  zu  schützen,  ohne  dass 
dadurch  die  Lautwirkung  wesentlich  beintrach- 
tigt  würde. 

Ruhmers  physikalisches  Laborato- 
rium, Berlin,  endlich  führte  eine  gelungene 
photophonische  Übertragung  mittels  undulie- 
render  Bogenflamme  aus.  Als  Sender  diente 
ein  kleiner  Scheinwerfer,  dessen  Lichtquelle  in 
bekannter  Weise  zum  Undulieren  gebracht 
wurde.     (Vgl.  diese  Zeitschr.  3,  278,   1902.} 

Die  parallel  gemachten  Strahlen  wurden 
an  der  Empfangsstation  mittels  eines  grossen 
ca.  ',',  m  Durchmesser  besitzenden  Parabol- 
spiegels auf  eine  in  der  Achse  des  Spiegels 
befindliche  cy  lind  erförmige  lichtempfindliche 
Zelle  konzentriert. 

Als  Gegengewicht  zu  dem  nach  allen  Rich- 
tungen leicht  verstellbaren,  an  einem  hohen 
ausziehbaren,  vernickelten  Messingstativ  be- 
festigten Spiegel  dient  der  an  der  Rückseite 
desselben  angebrachte,  äusserlich  einer  gewöhn- 
lichen Telephonstation  gleichende  Telephon- 
kasten mit  Wecker,  Haken  Umschalter  und  zwei 
Telephonen.  Sobald  das  Licht  des  Schein- 
werfers auf  die  Zelle  fällt,  tritt  das  Im  Innern 
des  Telephonkastens  befindliche  Relais  in  Wirk- 
samkeit, welches  seinerseits  wieder  den  zum 
Anruf  dienenden  Wecker  bethäligt.  Nach  Ab- 
nahme der  Hörer  vom  Haken  wird  das  Relais 
ausgeschaltet  und  die  Hörer  werden  in  den 
Stromkreis  der  Zelle  eingeschaltet,  so  dass  die 


photophonische  Übertragung   abgehört   werden 
kann.     Die  zum  Betriebe  der  Zelle,  des  Relais 
und  des  Weckers  dienende  Batterie  ist  in  dem 
das     Stativ      tragenden    Mahagonigrund  kästen 
enthalten,   so    dass  die  Empfangs- 
station auch  als  transportable  Sta- 
tion gut  verwendet   werden    kann. 
Zu  den  trotz  der  grossen  Lichtfülle 
mit  dem  Apparate  erhaltenen  gün- 
stigen   Resultaten    trug    nicht   un- 
wesentlich die  hohe  Empfindlichkeit 
der  neuen  Ruhm  ersehen  Zellen  bei. 

Während  die  bisherigen  Selen- 
zellen eine  flache  Form  hatten,  ist 
die  neue  lichtempfindliche  Zelle  (vgl. 
Fig.  3)  cylinderfbrmig  und  zum 
Schutze  gegen  Beschädigung  und 
Einflüsse  der  Atmosphäre  in  eine 
evakuierte  Glasbirne  eingeschlos- 
sen. Die  Zelle  ist  mit  einer  Ge- 
windefassung versehen,  mittels  deren 
sie  in  jeder  Glüblampenfassung  be- 
festigt werden  kann. 

Die  Zellen  sind  von  fast  unbe- 
grenzter Haltbarkeit,  absolut  kon- 
stant und  dank  eines  ganz  neuen 
Herstellungsverfahrens  bei  verhält- 
nismässig niederem  Widerstand  p- 
ausserordentlich  lichtempfindlich,  so 
dass  .sie  auf  die  geringsten  Belichtungsschwan- 
kungen reagieren.  E.  Ruhmer. 

(Eingegangen  ;,  April  1902.) 


G.  Marconi,  Die  Fortschritte  der  drahtlosen 
Telegraphie. 
In    einem    sehr   interessanten,    in    der    Ver- 
sammlung des  Royal  Institution  am  13,  Juni  d.  J. 
gehaltenen  Vortrage  (The  Electrician,   49,   388 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


533 


u.  520,  1902)  berichtete  Marco ni  über  die 
neuesten  Fortschritte  der  drahtlosen  Tele- 
graphie  unter  besonderer  Berücksichtigung  seines 
neuen  magnetischen  Detektors. 

Nach  einer  einleitenden  Bemerkung,  dass  die 
Telegraphie  ohne  fortlaufende  Leitung  eigentlich 
nicht  so  wunderbar  sei  als  jene  mit  fortlaufender 
Leitung,  beschreibt  er  die  in  den  letzten  Jahren 
erzielten  Fortschritte  der  abgestimmten  draht- 
losen Telegraphie.  Wir  haben  bereits  in  No.  48 
des  vorigen  Jahrganges  ausführlicher  über  die 
verschiedenen  Anordnungen  berichtet,  die  Mar- 
coni  im  Anschluss  an  das  Lodgesche  Experi- 
ment mit  den  abgestimmten-  Leydener  Flaschen 
traf,  um  ein  praktisch  brauchbares  System  der 
Abstimmung  auszubilden.  Der  syntonische  Sen- 
der wird  aus    einer  Tesla- Anordnung   gebildet, 


i-ig.  I. 

wie  solche  auch  von  Braun^)  benutzt  wird  und 
in  Fig.  I  schematisch  dargestellt  ist.  Fig.  2 
und  3  zeigen  die  Empfangsstation.  Um  die  Ab- 
stimmung mehr  auszuprägen,  ist  bei  der  in  Figur 
dargestellten  Anordnung  ein  Kondensator  dem 
Kohärer  parallel  geschaltet  Dieser  Kondensator 
verg^össert  die  Kapazität  des  sekundären  Kreises 
des  Transformators  und  bewirkt,  dass  sich  im 
Falle  einer  langen  Reihe  verhältnismässig 
schwacher,  aber  abgestimmter  Wellenimpulse 
die  Wirkung  summiert,  bis  die  elektromotorische 
Kraft  an  den  Enden  des  Kohärers  gross  genug 
ist,  um  denselben  zum  Ansprechen  zu  bringen. 
Zur  Abstimmung  ist  es  unbedingt  erforderlich, 
dass  sowohl  die  beiden  Stromkreise  des  Sende- 
apparates als  auch  die  beiden  Stromkreise  des 
Empfangsapparates  abgestimmt  sind,  so  dass 
unter  Vernachlässigung  des  Widerstandes,  das 
Produkt  aus  Kapazität  und  Induktanz  in  allen 
vier  Stromkreisen  gleichgross  sein  muss.^) 

1)  Vgl.  F.  Braun,  diese  Zeitschr.  2,  373,  1901. 

2)  Vgl.  F.  BrauD,  E. T. Z.  22,  258ff.,  1901. 


^^ 


E 


Fig.  2. 


Damit  der  obenerwähnte,  dem  Kohärer 
parallel  geschaltete  Kondensator  seine  günstige 
Wirkung  entfalten  kann,  ist  es  erforderlich, 
dass  der  Kohärer  im  unbeeinflusstem  Zustande 
einen  fast  unendlich  grossen  Widerstand  besitzt, 
da  sonst  der  Kondensator  und  die  sekundäre 
Wicklung  des  Transformators  teilweise  durch 
den  Kohärer  kurz  geschlossen  sind  und  sich  die 


Fig.  3. 

einzelnen  schwachen  Impulse  nicht  genügend 
summieren  können,  um  eine  für  das  Ansprechen 
des  Kohärers  erforderliche  Potentialdifferenz  zu 
erzeugen. 

Marconi  verwendet  daher  für  syntonische 
Versuche  Kohärer  mit  sehr  feiner  Füllung  und 
nicht  zu  schmalem  Spalt.  Unter  anderem  wer- 
den auch  die  Kohlen- Auto-Dekohärer  von  Tom- 
masina,  Pop  off  und  anderen  und  endlich  auch 
der  Quecksilber- Auto-Dekohärer  der  italienischen 
Marine  erwähnt,  die  sich  wegen  ihres  niedrigen 


534 


Physikalische  Zeitschrift.     J.  Jahrgang.     No.  22. 


und  fortwährend  verändernden  Widerstandes  aber 
für  syntonische  Zwecke  nicht  eignen,  dagegen 
für  vorübergehende  Versuche  bei  nicht  abge- 
stimmten Systemen  wegen  ihrer  grösseren 
Leistungsfähigkeit  gegenüber  dem  gewöhnlichen 
Kohärer  oft  nützlich  sind. 

Zum  Schluss  beschreibt  Marconi  seinen 
neuen  magnetischen  Detektor,  der  die  gewöhn- 
lichen Kohärer  sowohl  an  Empfindlichkeit  und 
Zuverlässigkeit  als  auch  Leistungsfähigkeit  über- 
treffen soll. 

Der  neue  Detektor  beruht  auf  der  Verringer- 
ung der  magnetischen  Hysterisis  unter  der 
Einwirkung  von  Hochfrequenzströmen  auf 
magnetisiertes  Eisen,  wie  solche  bereits  von 
Henry,  Aloria,  Lord  Rayleigh,  Ruther- 
ford beobachtet  und  studiert  wurde.  In 
seiner  einfachsten  Form  besteht  der  Marco  nische 
Empfänger  aus  einigen  hartgezogenen  Eisen- 
drahtstäbchen (oder  Stahlstäbchen),  die  den  Kern 
eines  Transformators  bilden,  von  denen  die  aus 
ein  bis  zwei  Lagen  dünnen  isolierten  Drahtes 
bestehende  primäre  Wicklung  mit  dem  Empfangs- 
draht einerseits  und  der  Erde  andererseits,  die 
in  einer  schmalen  Spule  über  derselben  ange- 
ordnete aus  einem  längeren  Drahte  bestehende 
sekundäre  Wicklung  mit  einem  gewöhnlichen 
Telephonempfänger  verbunden  ist. 

Wird  der  Eisenkern  in  ein  langsam  ver- 
änderliches Magnetfeld  gebracht,  so  machen  sich 
die  durch  die  primäre  Wicklung  geleiteten 
Wellenimpulse  durch  ein  Knacken  im  Telephon 
bemerkbar. 

Zum  Gelingen  dieses  Versuches  ist  es  er- 
forderlich, dass  sich  der  magnetische  Zustand 
des  Kernes  beständig  ändert.  Marconi  lässt 
daher  vor  dem  Kern  mittels  Uhrwerkes  einen 
Hufeisenmagneten  rotieren,  der  einen  kontinuier- 
lichen Wechsel  in  der  Magnetisierung  des  Eisen- 
kernes bewirkt. 

Marconi  bemerkt,  dass  die  hörbaren  Zeichen 
im  allgemeinen  bei  der  Annäherung  der  Pole 
des  rotierenden  Magneten  am  g^össten  sind. 
Gute  Resultate  wurden  auch  mit  einer  Anord- 


nung erhalten,  bei  der  der  Magnet  fest  war  und 
der  aus  einigen  Eisendrähten  bestehende  ring- 
förmige  Kern  mittels  Uhrwerk  auf  Rollen  rotierte. 

Diese  Form  des  Detektors  wurde  mit  Erfolg 
bei  drahtlosen  Übertragungen  zwischen  St.  Ca- 
therine 's  Point  (Insel  Weight)  und  North  Haven 
(Poole)  bei  einer  Entfernung  von  30  Meilen  und 
zwischen  Poldhu  in  Comwall  und  Poole  in 
Dorset  bei  einer  Entfernung  von  152  Meilen 
(109  über  See,  43  über  Land)  angewendet. 

Ohne  Zweifel  würde  man  auch  den  Eisen- 
kern direkt  auf  die  Telephonmembran  wirken 
lassen  können  und  so  die  Sekundärwicklung 
sparen. 

Der  Kohärer  eignet  sich  auch  vorzüglich  für 
abgestimmte  Systeme,  bei  denen  er  mit  der 
Sekundärspule  des  Empfangstransformators  ver- 
bunden wird.  Da  er  auf  bedeutend  schwächere 
elektromotorische  Kräfte  anspricht,  so  können 
die  Sekundärspulen  der  abgestimmten  Trans- 
formatoren bedeutend  induktanzärmer  ausfallen 
und  die  Abstimmung  durch  einen  bedeutend 
grösseren  in  Serie  geschalteten  Kondensator 
erzieltwerden,  als  bei  Anwendung  eines  Kohärers. 
Die  Stromkreise  des  Empfängers  können  daher 
auch  viel  präziser  abgestimmt  werden.  Als  An- 
ruf dient  ein  Kohärer  mit  Relais  und  Glocke, 
wenn  es  nicht  gelingen  sollte,  die  Beeinflussungen 
des  magnetischen  Detektors  zu  registrieren.  Zur 
Zeit  konnten  bereits  30  Worte  in  der  Minute 
mittels  des  neuen  Detektors  übermittelt  werden 
und  es  erscheint  nicht  ausgeschlossen,  mehrere 
hundert  Worte  in  der  Minute  zu  übertragen. 

Zum  Schluss  geht  Marconi  auf  die  Ent- 
wicklung der  praktischen  Anwendung  seines 
Systems  ein,  wobei  er  auch  seine  transatlan- 
tischen Versuche  erwähnt,  ohne  jedoch  hierüber 
nähere,  als  bereits  bekannte  Angaben  mitzu- 
teilen. Sollte  der  neue  Detektor  die  in  ihn 
gesetzten  Erwartungen  erfüllen,  so  bezeichnet 
seine  Erfindung  einen  neuen  Markstein  in  der 
Entwicklung  der  drahtlosen  Telegraphie. 

E.  Ruhmer. 

(Eingegangen  4.  Juli    1902.) 


BESPRECHUNGEN. 


Harry  C.  Jones,  The  elcments  of  physical 
chcmistry.  New  York  1902.  565  Seiten. 
Das  Bedürfnis,  die  Probleme  der  Chemie 
unter  den  weiteren  und  allgemeineren  Gesichts- 
punkten der  physikalischen  Chemie  zu  betrachten, 
wird  auch  im  Auslande  immer  fühlbarer  und  es 
vergeht,  besonders  in  England  und  Amerika,  kaum 
ein  Jahr,  ohne  dass  ein  Versuch  gemacht  wird, 
eine  oder  die  andere  Lücke  der  englischen 
Litteratur  auf  diesen  Gebieten  auszufüllen.  Vor- 
liegendes Werk  soll  eine  Einführuug  für  den 
Anfänger  sein  und  giebt  als  solche  einen  ziem- 


lich vollständigen  Überblick  über  die  Begriffe 
und  Theorien  der  allgemeinen  Chemie,  ohne 
viel  auf  Einzelheiten  einzugehen.  Besonders 
hervorzuheben  ist  der  enge  Anschluss  an  das 
Experiment,  welcher  hier  eingehalten  wird,  die 
Entwickelung  der  modernen  Ansichten  auf  Grund 
der  experimentellen  Daten.  Ein  weiterer  Vor- 
zug dürfte  die  durchgehende  Berücksichtigung 
der  älteren,  grundlegenden  Arbeiten  sein,  welche 
einen  Einbjick  in  den  historischen  Wandel  der 
Anschauungen  gestattet. 

Einige  kleine  Mängel  wären  freilich  bei  einer 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


535 


zweiten  Auflage  zu  berücksichtigen.  So  sollte 
man  es  wohl  nicht  unterlassen,  bei  der  Be- 
sprechung von  Schmelzpunktsregelmässigkeiten 
auf  die  Erscheinungen  der  Polymorphie  einzu- 
gehen und  auf  die  Willkür  hinzuweisen,  welche 
infolge  dieser  Verhältnisse  fiir  die  Wahl  des 
Schmelzpunktes  besteht.  Der  Rudolphischen 
Formel  für  die  starken  Elektrolyte  wäre  wohl 
die  bessere  van't  Hoffsche  Formel  an  die  Seite 
zu  stellen  gewesen  sein.  Bei  der  Beschreibung 
der  Wasserstoffentwicklung  an  reinem  Zinke  bei 
der  Berührurig  mit  Platin  und  ähnlicher  Er- 
scheinungen wäre  wohl  der  Begriff  und  die  Er- 
scheinungen der  Überspannung  einzufuhren  ge- 
wesen, ohne  welche  die  gewählten  Beispiele  nicht 
verstanden  werden  können  und  dgl,  mehr.  Ein 
wichtigerer,systematischerFehlerscheintaberdem 
Referenten  die  Behandlung  des  Massenwirkungs- 
gesetzes erst  an  letzter  Stelle  (im  vorletzten  Kapitel) 
zu  sein ;  ein  Missgriff,  der  gewisse  Ableitungen, 
wie  z.  B.  das  Ostwaldsche  Verdünnungsgesetz, 
als  eine  Art  empirischer  Formel  erscheinen  lässt 
und  der  weder  historisch  noch  logisch  be- 
gründet ist. 

Im  übrigen  werden  die  fliessende,  leicht  fass- 
liche Darstellung,  die  möglichste  Vermeidung 
unnützer  Hypothesen  und  die  zahlreichen  Ta- 
bellen und  Litteraturangaben  dem  Buche  wohl 
manche  Freunde  gewinnen,  doch  wird  es  dem- 
jenigen, der  die  deutschen  Lehrbücher  kennt, 
kaum  etwas  Neues  bieten  können.    J.  Billitzer. 

(Eingegangen   15.  Juui  1902.) 


HansGeitel,  Über  die  Anwendung  der  Lehre 
von  den  Gasionen  auf  die  Erscheinungen  der 
atmosphänschen  Elektrizität    27  S.    Braun- 
schweig,   Friedrich   Vieweg   &  Sohn.     1901. 
Mk.  —  60. 
Die  Broschüre  ist  ein  Abdruck  des  auf  der 
73.  Naturforscher- Versammlung  in  Hamburg  vom 
Verfasser  gehaltenen  Vortrages,   ergänzt  durch 
eine     Reihe     erläuternder    Anmerkungen     und 
Litteraturnachweise.   Eine  auszugsweise  Wieder- 
gabe des  Inhaltes  scheint  kaum  angebracht,  da 
derselbe  den  Lesern  der  Zeitschrift  grossenteils 
aus  den  Einzel  Veröffentlichungen  des  Verfassers 
(meist  in  Gemeinschaft  mit  J.  Elster)    bekannt 
sein    dürfte.      Wer   sich    mit    den    Fragen    der 
atmosphärischen  Elektrizität    näher  zu  beschäf- 
tigen wünscht,  für  den  dürfte   ein  genaues  Stu- 
dium der  Broschüre  selbst  sowieso  unentbehrlich 

W.  Kaufmann. 

(Eingegangen   15.  Juni   1902.) 


sein. 


L'industrie  fran9aise  des  instruments  de  pr6- 
cision  1901  — 1902.   Paris,  Hotel  des  Societes 
savantes.    28,  Rue  Serpente. 
Der    glänzende    Erfolg    der   deutschen  Prä- 
zisionsmechanik   auf    der    Pariser   Weltausstel- 


lung und  die  allgemeine  Anerkennung  ihrer 
Überlegenheit  hat  zu  einer  Syndikatbildung  der 
französischen  Präzisionsmechaniker  geführt,  mit 
dem  Ziele,  den  ausländischen  Fortschritten  gegen- 
über den  alten  Ruhm  wieder  zur  Geltung  zu 
bringen.  Der  vorliegende,  nach  dem  Muster 
des  Ausstellungskatalogs  der  deutschen  Mechanik 
und  Optik  gearbeitete  Sammelkatalog  der  Syn- 
dikatsfirmen ist  ein  Schritt  zu  diesem  Ziele. 
HerrCornu  hat  die  Einleitung  dazu  geschrieben : 
An  glanzvollen  Namen  fehlt  es  in  der  Geschichte 
der  französischen  Präzisionsmechanik  wahrlich 
nicht.  Sie  sind  eng  mit  den  Namen  der  ersten 
französischen  Physiker  verbunden«  Aus  dieser 
innigen  Fühlung  mit  der  Wissenschaft  ist  einst 
der  Ruhm  der  französischer  Mechanik  gekommen, 
sie  soll  ihn  aufs  Neue  dadurch  zu  beleben  suchen. 

—  Trotz  dieser  und  mancher  anderen  guten 
Mahnung  sucht  Cornu  im  grossen  und  ganzen 
seinen  präzisionsmechanischen  Landsleuten  da- 
durch Mut  und  Stärke  zu  geben,  dass  er  den 
Mund  hübsch  voll  nimmt,  und  die  Erfolge  des 
Auslandes  als  nur  sclleinbare  hinzustellen  sucht. 
Ob  er  ihnen  damit  nützt,  ist  eine  andere  Frage. 

Das  ganze  Buch  ist  aber  jedenfalls  eine  sehr 
erfreuliche  und  allenthalben  wertvolle  Heerschau 
dessen,  was  alles  in  Frankreich  an  präzisions- 
mechanischen und  optischen  Dingen  gemacht 
wird.  Gerade  fiir  den  Physiker  ist  es  angenehm, 
alles  das  übersichtlich,  jeder  Apparat  mit  einer 
kurzen  Beschreibung,  beisammen  zu  haben  und 
sofort  zu  wissen,  wo  er  die  eine  oder  andere 
französische  Spezialität  an  der  Quelle  bekommt. 

—  Der  Katalog  ist  sachlich  und  vornehm  ge- 
halten, gut  ausgestattet  und  nach  Firmen  ge- 
ordnet, deren  Geschichte  und  Erzeugnisse  er 
frei  von  Marktschreierei  aufzählt. 

H.  Th.  Simon. 

(Pliugegangen  13.  Mai  1902.) 


Natur  und  Schule,  Zeitschrift  fiir  den  gesamten 
naturkundlichen  Unterricht  aller  SchuJen,  her- 
ausgegeben von  Landsberg,  Schmeil  und 
Scbmid.  Leipzig,B.G.Teubner.  1902.  I.Halb- 
jabr.     Preis  6  M. 

Die  neubegründete,  dem  Schulbetriebe  sämt- 
licher naturwissenschaftlichen  Fächer  dienende 
Zeitschrift  dürfte  in  der  That  einem  wirklichen 
Bedürfnisse  entgegenkommen.  Wir  heben  fol- 
gende Aufsätze  der  vorliegenden  4  ersten  Hefte 
aus  dem  Gebiete  der  Physik  hervor. 

Börnstein  (Berlin)  sucht  aus  dem  besondern 
Verhalten  der  Schallstrahlenbrechung  in  der 
Atmosphäre  den  Umstand  zu  erklären,  dass 
Gewitter  so  häufig  nur  als  Wetterleuchten  wahrge- 
nommen werden,  und  dass  andererseits  Schall- 
signale zuweilen  des  Nachts  weiter  hörbar  sind 
als  bei  Tage.  — Kohl  schütter  (München)  bringt 
einen  gut  geschriebenen  Aufsatz  über  die  neuer- 


536 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  22. 


dings  entdeckten  Bestandteile  der  Atmosphäre. 
Seine  Darstellung  schlägt  den  historischen  Weg 
ein  und  schildert  in  wissenschaftlicher  Weise  alle 
Entdeckungsphasen  auf  dem  Gebiete  der  Luft- 
analyse, berührt  auch  die  modernen  Anschau- 
ungen über  die  Herkunft  der  selteneren  Luftbe- 
standteile, insbesondere  des  Heliums. 

Sonn  (Berlin)  und  Haselbach  (Göding) 
bringen  Schulversuche  aus  dem  Gebiete  der 
Mechanik  flüssiger  und  gasförmiger  Körper,  die 
sich  mit  dem  allereinfachsten  Mitteln  aus- 
führen lassen  und  daher  sowohl  für  Eigenbe- 
schäftigung der  Schüler  wie  für  Volksschulen 
sich  besonders  eignen  dürften.  Ebeling  (Berlin) 
berichtet  günstig  über  seine  Erfahrungen  mit 
Chlor  in  Stahlflaschen  beim  Unterricht.  —  Zieht 
man  noch  in  Betracht,  dass  ein  ausgiebiger 
Nachweis  für  physikalische  Lehrmittel  von 
Dressler  (Plauen-Dresden) geliefert  wird,  so  kann 
wohl  zugestanden  werden,  dass  die  Bedürfnisse  der 
Physik  in  der  neuen  Zeitschrift  in  erfreulicher 
Weise  Berücksichtigung  finden. 

O.  Behrendsen. 

(Eingegangen  23.  Mai  1902.) 


Ludwig  Dresse],  Elementares  Lehrbuch  der 
Physik,  nach  den  neuesten  Anschauungen 
für  höhere  Schulen  und  zum  Selbstunterricht 
gr.    8^      1026   Seiten    mit    589   Figuren   in 
2  Bänden.    Freiburg  im  Breisgau,  Herdersche 
Verlagsbuchhandlung.   19CX5.  M.  15. — 
Das  Buch  soll,    wie  der  Verfasser  im  Vor- 
wort bemerkt,    ein   getreues  Bild   des  heutigen 
Standes  der  Physik  entwerfen.     Es  ist  haupt- 
sächlich bestimmt  als  Führer  und  Ratgeber  in 
allen  physikalischen  Fragen  für  die,  welche  mit 
der  elementaren  Vorbildung  der  Gymnasien  und 
Realschulen    ausgerüstet  sind.     Diese  Aufgabe 
erfüllt    das   Buch   vollkommen.      Der    äusserst 
reichhaltige  Stoff  ist   in    übersichtlicher  Weise 
klar  und  leicht  fasslich  dargestellt,    wobei  alle 
Gebiete  mit  möglichster  Vollständigkeit  bis  auf 
die  neuesten  experimentellen  und  theoretischen 
Forschungen    behandelt    werden.       Das    Buch 
leistet   mithin    nicht   nur   als    Nachschlagebuch 
stets  vorzügliche  Dienste,  sondern  ist  auch  zum 
Studium  allen,  die  sich  mit  Physik  beschäftigen, 
angelegentlichst  zu  empfehlen.        M.  Reich. 

(Eingegangen  21.  April  1902.] 

Eingegangene  Schriften. 

(Eingehende  Besprechung  vorbehalten.) 

Xj*Annee  photographique  par  Albert  Reyner.     Un  vo- 

lume  de  320  pages  avec  nombreuses  Hgures  et  illustrations. 

Paris,    Charles  Mendel,   editeur,    118   Rue  d'Assas.     Prix 

3  francs. 
Auerbach,  Felix,     Die  VVelthenin  und  ihr  Schatten.     Kin 

Vortrag  über  VIncrgle  und  Entropie,    gr.  8.    IV    u.    56  S. 

1902.  Jena,  Gustav  Fischer.  M.   1.50. 


Pitsgerald,  Professor,  scientific  writings  1902.  Dablin,  Univer- 
sity  Press  Office. 

Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1901.  Dargestellt 
von  der  Deutschen  physikalischen  Gesellschaft  Siebenund- 
fünfzigster Jahrgang.  Dritte  Abteilung.  Enthaltend  kos- 
mische Physik.  Redigiert  von  Richard  Assmann.  gr.  8. 
LVIII  u.  610  S.  1902.  Braonschweig,  Friedrich  Vieweg  & 
Sohn.  M.  24. — 

Handbuch  der  Elektrotechnik,  herausgegeben  von  C. 
Heinke.  Band  I.  i.  Abteilung.  Heinke  und  Ebert, 
Die  Elektrophysik  und  die  Theorie  des  Elektromagnetis- 
nios.  T.  Abteilung:  Die  Entwickelung  der  Elektrophysik. 
Die  Uilfsvorstellungen  der  Elektrophysik.  Elektrische  Span- 
nungserregung und  dielektrische  Erscheinungen.  Bearbeitet 
von  C.  Heinke.  Mit  77  Abbildungen.  .4.  XIV  u.  408  S. 
1902.  Leipzig,  S.  Hirzel.  Gebunden  M.  18. — . 

Kayser,  H,  Handbuch  der  Spectroscopie.  Zweiter  Band. 
Mit  4  Tafeln  und  57  Figuren,  kl.  4.  XI  u.  696  S.  1902. 
Leipzig,  S.  Hirzel.    M.  40. — .    Gebunden  M.  44- — . 

Pauli,  Wolf^^ang,  Der  kolloidale  Zustand  und  die  Vorgänge 
in  der  lebendigen  Substanz.  Vorgetragen  in  der  morpho- 
logisch-physiologischen Gesellschaft  am  13.  Mai  1902.  kl.  8. 
32  S.  Braunschweig,  Friedr.  Vieweg  &  Sohn.  M.  — .60. 

Roloff,  Max,  Elektrische  Femschnellbahnen.  Eine  kritische 
Skizze.  Mit  sechzehn  Abbildungen,  gr.  8.  IV  u.  67  S. 
1902.  Halle  a.  S.,  Gebauer- Seh wetschke,  Druckerei  und 
Verlag  m.  b.  H.    M.  1.35. 

—   Die  Theorie  der  elektrolytischen  Dissociation.  gr.  8.  IV  u 
84  S.   1902.  Berlin,  Julius  Springer.  M.  2. — . 

Stark,  Johannes,  Die  Elektrizität  in  Gasen.  Mit  144  Ab- 
bildungen, gr.  8.  XXVIII  u.  509  S.  1902.  Leipzig,  Johann 
Ambrosius  Barth.  M.  12. — ,  gebunden  M.  13.—. 

Vogel,  B.,  Taschenbuch  der  praktischen  Photographie.  Ein 
Leitfaden  fÄr  Anfänger  und  Fortgeschrittene.  Zehnte  Auf- 
lage. (26.  —  30.  Tausend.)  Bearbeitet  von  Paul  Han  necke. 
Herausgeber  der  Photographischen  Mitteilungen.  Mit  74  Ab- 
bildungen und  9  Tafeln.  16.  VIII  u.  321  S.  1902.  Berlin, 
Gustav  Schmidt.  M.  2.50. 


Personalien. 

(Die  Herautgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  su  machen.) 

Dr.  C.  H.Wind,  Lektor  der  physikalischen  Chemie  und 
mathematischen  Physik  an  der  Universität  zu  Groningen,  der 
im  Mai  d.  J.  einen  Ruf  als  o.  Professor  der  mathematischen 
Physik  an  der  Universität  Utrecht  an  Stelle  des  verstorbenen 
Professors  V.  A.  Julius  abgelehnt  hatte,  wurde  zum  Haupt- 
direktor des  KönigL  Niederländ.  Meteorologischen  Instituts 
zu  De  Bilt,  der  frühere  a.  o.  Professor  an  der  Universität 
Berlin  Dr.  H.  E.  J.  G.  du  Bois  zum  o.  Professor  der  mathe- 
matischen Physik  an  der  Universität  Utrecht,  der  Privatdozent 
an  der  Technischen  Hochschule  in  Wien  Wilhelm  Suida 
zum  o.  Professor  der  chemischen  Technologie  organischer 
Stoffe  an  der  genannten  Hochschule,  der  a.  o.  Professor  Dr. 
Max  Wolf  in  Heidelberg  zum  o.  Professor  der  Astro-  und 
Geophysik  und  «um  Vorstande  der  Sternwarte,  der  Privat- 
dozent der  Maschinenbaukunde  an  der  Technischen  Hochschule 
Darmstadt  Camer  er  zum  a.  o.  Professor  an  der  Technischen 
Hochschule  München  ernannt 

An  der  Universität  Bonn  habilitierte  sich  Dr.  Heinrich 
Konen  für  Physik,  bei  der  philosophischen  Fakultät  der 
Universität  Berlin  Dr.  Leopold  Spiegel  fUr  Chemie,  an  der 
Universität  Bonn  Dr.  Konrad  Laar  für  Chemie,  an  der  Uni- 
versität Marburg  der  Assistent  am  Physikalischen  Institut  Dr. 
F.  A.  Schulz  für  Physik,  an  der  deutschen  Technischen  Hoch- 
schule Prag  Dr.  W.  Gintl  für  analytische  Chemie. 

Der  a.  o.  Professor  der  Chemie  an  der  Universität  München 
Hofmann  lehnte  den  Ruf  als  o.  Professor  an  der  Universität 
Basel  ab. 

Dem  Privatdozenten  der  Chemie  an  der  Universität  zu 
Breslau  Dr.  Max  Scholtz  ist  das  Prädikat  „Professor"  bei- 
gelegt worden. 


Ffir  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


jT 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  23. 


Originalmitteilungen : 

C.  Forch,  Über  die  Wäimetönung 
von  festem  und  flüssigem  Na])htalin 
in     verschiedenen     Lösungsmitteln. 

s.  537. 

P.  Konen,  Spektra  der  Entladungen 
in  Flüssigkeiten.     S.  $37. 

Mitteilungen  aus  dem   Physikalischen 
Institute  der  Universität  Pisa. 
No.  12:  A.  Battelli  und  L.  Magri, 
Cber     oszillatorische     Entladungen 
(1.  Teil).     S.  539. 


I.  September  1902. 

Redaküonsichluss  Hir  No.  24  am  3.  September  190a. 

INHALT. 

N.  Hehl,  Über  die  Dimensionen  der 
Gebilde  an  der  Kathode.     S.  547. 

W.  Seitz,  Abhängigkeit  der  Absorp- 
tion, welche  Kathodenstrahlen  in 
einem  dünnen  Blättchen  erleiden, 
vom    Entladungspotential.     S.    552. 

J.  J.  T.  Chabot,  Über  den  Durchgang 
des  elektrischen  Stromes  durch  ein 
gasförmiges  Medium  im  Felde  ro- 
tierender Magnete.     S.  553. 

Zusammenfassende  Bearbeitungen: 

II.  Meld  au,  Die  Kompensation  des 
SchifTskompasses.     S.  554. 


3.  Jahrgang. 


Besprechungen: 

Michael  Faraday,  Experimental- 
untersuchungen  über  Elektrizität. 
S.  558. 

H.  Crew  und  R.  R.  Tatuall,  Ein 
Laboratoriumshandbuch  der  Physik, 
S.  558. 

J.  H.  van't  Hoff,  Vorlesungen  über 
theoretische  und  physikalische  Che- 
mie.    S.  559. 

Tagesereignisse.    S.  559. 
Personalien.    S.  560. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


Über  die  Wärmetönung  von  festem  und 
flüssigem  Naphtalin  in  verschiedenen  Lösungs- 
mitteln. 

Von  Carl  Forch. 

Nachdem  Vorversuche  ergeben  hatten,  dass 
die  Lösungs wärme  von  Naphtalin  in  Schwefel- 
kohlenstoff bei  Zimmertemperatur  von  der  Kon- 
zentration der  entstehenden  Lösung  in  weiten 
Grenzen  (von  \  Proz.  bis  14  Proz.)  so  gut  wie 
unabhängig  ist,  und  ihr  zahlenmässiger  Betrag 
bis  auf  die  den  vorläufigen  Versuchen  anhaften- 
den Beobachtungsfehler  mit  den  von  Alluard') 
und  Pickering^)  angegebenen  Werten  der 
Schmelzwärme  des  Naphtalins  übereinstimmt, 
entstand  von  selbst  die  weitere  Frage,  ob 
beim  Vermischen  von  flüssigem  Naphtalin 
mit  beliebigen  organischen  Lösungsmitteln  noch 
eine  Wärmetönung  auftrete. 

Als  Kalorimeter  diente  ein  unten  geschlos- 
senes Stück  Messingrohr.  In  dem  doppelt  durch- 
bohrten Verschlusskork  sass  neben  dem  Thermo- 
meter ein  dünnwandiges  unten  geschlossenes 
Glasröbrchen,  welches  das  Naphtalin  enthielt. 
Nachdem  der  Wärmeaustausch  zwischen  dem 
Lösungsmittel  und  dem  Naphtalin  eingetreten 
war,  erfolgte  die  Mischung,  indem  das  Glasrohr 
durch  Aufstossen  gegen  den  Boden  des  Kalori- 
meters zertrümmert  wurde.  Das  letztere  befand 
sich  in  einem  Becherglas,  das  als  Luftmantel 
diente.  Dieses  stand  seinerseits  wieder  in  einem 
entsprechend  temperierten  Wasserbad.  Es  Hess 
sich  so  bei  einfachen  Hilfsmitteln  eine  genügende 
Temperaturkonstanz  leicht  erreichen.  —  Der 
Wasserwert  des  Kalorimeters  samt  Thermometer 
und  Glasröhrchen  betrug  etwa  6,5  bis  7  g  Kai. 

Als  Lösungsmittel  wurden  wegen  ihres  relativ 
hohen  Siedepunktes  Toluol  und  Amylacetat 
gewählt. 


i)  Lieb.  Ann.  118,    150,  1860;    Fortschr.  d.  Phys.   1859. 
2)  Proc.  Roy.  Sog.  49,  11,  1891;  ForUchr.  d.  Phys.  1891. 


Versuche. 


Anfangs-      End- 
Temperatur 


Temperatur- 
änderung 
för  je  I  g 

'  Naphtalin 


Toluol 
23.3  g 


Amylacetat 
2<.3ß 


Amylacetat 
20,5  g 


Naphtalin 
2,7  g  fest 

weitere 
3.3g  fest 


2,5  g  fest 

weitere 
1,9  g  fest 


74,00 
71.5^ 

73.5'' 
78,5« 


67,5« 
63,70 

68,o0 
74.5° 


Toluol 
26,9  g 


3,2  g  flüssig 

8i,o0 

80,20    1 

weitere 

1 

3,4g  flüssig 

82,30 

81,4» 

3»'  »»       »» 

8o,80 

79.7» 

2,5gTlüssig 

81.3° 

8i,oO 

weitere 

34gflüssig 

8o,oO 

79.8« 

3i'  »>       It 

85,20 

ss^" 

—2,400 

—2,360 

—2,20 
— 2,lO 

—0,250 

—0,260 
-0,35^ 

—  0,120 

— o,o60 

4-0,060 


Während  bei  der  Lösung  von  flüssigem 
Naphtalin  in  Amylacetat  noch  eine  merkliche 
Wärmetönung  auftritt,  ist  dieselbe  für  die  Lö- 
sung in  Toluol  fast  ganz  verschwunden.  — 
Eingehendere,  bereits  begonnene  Versuche 
sollen  die  Frage  entscheiden,  ob  bei  verschie- 
denen Lösungsmitteln  ein  Unterschied  in  der 
Wärmetönung  fiir  Naphtalin,  wie  er  in  den 
vorstehenden  Zahlen  angedeutet  ist,  auftritt. 

Darmstadt,  phys.  Inst.  d.Tech.  Hochschule. 

(Eingegangen  31.  Juli  1902.) 


Spektra  der  Entladungen  in  Flüssigkeiten. 

Von  P.  Konen. 

Die  Spektra,  die  auftreten,  wenn  Entladungen 
durch  Flüssigkeiten    gehen,    sind   wiederholt  0, 


1)  Vergl.  Kays  er,  Handbuch  der  Spektroskopie  1,  172. 


538 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


ebenso  wie  die  dabei  auftretenden  chemischen 
Vorgänge*)  geprüft  worden,  ohne  dass  jedoch 
eingehendere  oder  ins  Ultraviolett  reichende 
Untersuchungen  ausgeführt  worden  waren.  Nur 
für  Funkenentladungen  zwischen  Metallelektroden 
liegen  die  merkwürdigen  Ergebnisse  vor,  die 
von  Wilsing^)  und  in  neuester  Zeit  von 
Hale^)  und  Lockyer^)  erzielt  wurden.  Die 
beiden  letzten  Arbeiten  lernte  ich  erst  nach 
Beendigung  der  meinigen  kennen. 

Untersucht  wurden  die  Spektra,  die  auf- 
treten, entweder  wenn  man  den  Bogen  zwischen 
Metall-  oder  Kohleelektroden  in  verschieden- 
artigen Flüssigkeiten  brennen  lässt,  oder  wenn 
Büschelentladungen,  oder  endlich,  wenn  Funken- 
entladungen   in    Flüssigkeiten    erzeugt   werden. 

Den  Ausgangspunkt  bildete  die  Absicht, 
ein  bequemes  Hilfsmittel  zur  Erzeugung  licht- 
starker Bandenspektren  ausfindig  zu  machen 
und  zu  prüfen,  ob  die  Methode  der  Flüssigkeits- 
entladungen in  Fragen,  die  die  Herkunft  der 
Bandenspektren  betreffen,  verwendbarer  sei,  als 
die  bisher  benutzten  Entladungen  in  Geissler- 
röhren oder  in  Gasen  von  Atmosphärendruck. 
Nach  beiden  Richtungen  erfüllte  die  Methode 
nur  teilweise  die  Hoffnungen,  die  man  a  priori 
auf  sie  setzen  könnte. 

Die  entstehenden  Spektren  wurden  mit 
einem  kleinen  Rowlandschen  Konkavgitter 
von  I  m  Krümmungsradius  auf  Films  photo- 
graphiert. 

Als  Lichtquelle  diente  zunächst  der  Bogen, 
den  man  zwischen  Metallelektroden  oder  reinen- 
oder  präparierten  Kohleelektroden  in  Flüssig- 
keiten hervorrufen  kann.  Als  solche  dienten: 
destilliertes  Wasser,  Salzlösungen  verschiedener 
Konzentration  und  Zusammensetzung,  Ammo- 
niak, verdünnte  Säuren,  Alkohol,  Terpentinöl, 
Tetrachlorkohlenstoff,  AniIin,Petroleum,  Glycerin, 
Schwefelkohlenstoff,  Benzol. 

Neue  Bandenspektren  wurden  nicht  be- 
obachtet. Neben  einem  kontinuierlichen  Spek- 
trum, das  bei  Metallelektroden  am  schwächsten 
war,  erschienen  regelmässig  die  beiden  Linien 
3934  und  3969  des  Ca,  ausserdem  meistens 
die  Aluminiumlinien  3944  und  3962,  sowie 
weitere  Teile  des  Ca-Spektrums  von  ver- 
schiedener Ausdehnung,  endlich  auch  die  Na- 
Linien  und  zwar  die  letzteren  dunkel  auf  hellem 
Grunde,  während  die  anderen  Linien  hell  resp. 
selbst  umgekehrt  waren. 

Von  Metallspektren  wurden  geprüft  diejenigen 
von  Fe,  Cu,  Zn,  St,    Ca,    Ba,    Na,    K,    Li,    Tl. 

i)  B.  Lepsius,  Chem.  Ber.  23,  141 8,  1642,  1890. 
J.  Bredig,  Zs.  Elektrochemie  4.  514,  (1898.)  W.  Lob,  ib. 
1902.  Sep.  —  Chem.  Ber.  34,  915  1901  u.  a. 

2)  J.    Wilsing,    Berl.    Ber.  426,  750.   1899 

3)  G.  E.  Haie,  Aslrophys.  J.  16,  132— »35.  ^9^^- 

4)  J.  N.  Lockyer,  ib.  16,  190—198,  1902.  —  Proc. 
Roy.  Soc.  70,  31—37,  190a. 


Die  Metalle  wurden  entweder  als  stabformige 
Elektroden  oder  als  Salze  verwendet.  Im 
letzteren  Falle  wurde  eine  durchbohrte  Kohle 
benutzt  oder  der  Bogen  in  der  betreffenden 
Salzlösung  gebrannt. 

Soweit  die  Dispersion  des  kleinen  Gitters 
ein  Urteil  zulässt,  traten  keine  Linienver- 
schiebungen ein.  Die  Linien  der  Metalle  waren 
eben  so  scharf  oder  schärfer  als  in  Luft;  die 
Zahl  der  Umkehrungen  geringer.  Dagegen 
zeigten  sich  ähnlich  wie  in  den  von  Crew*), 
Basquin^  und  Porter*)  am  Luftbogen  be- 
obachteten Fällen  erhebliche  Intensitätsunter- 
schiede gegen  den  in  Luft  brennenden  Bogen. 
Einzelne  Linien  haben  verminderte  oder  relativ 
erhöhte  Intensität;  andere  fehlen  gänzlich. 

Die  Natur  der  umgebenden  Flüssigkeit  ist 
von  geringem  Einfluss  auf  das  Spektrum  des 
Bogens,  was  die  Metalllinien  anlangt.  Dies  gilt 
selbst  für  Salzlösungen.  Am  empfindlichsten 
sind  Kohlestäbe.  Trotzdem  kann  man  in  einer 
mehrprozentigen  Lithiumlösung  das  Bogen- 
spektrum  photographieren,  ohne  Lithiumlinien 
zu  erhalten.  In  konzentrierten  Lösungen  von 
CaCl2  und  BaCl2  erschienen  zwar  die  stärksten 
Linien  des  Baryums  resp.  des  Calciums,  allein 
sie  waren  verhältnismässig  schwach. 

Ausschlaggebend  ist  vor  allem  die  Natur 
der  Elektroden.  Man  erhält  daher  die  ge- 
wünschten Spektren,  wenn  man  die  Kohlen 
imprägniert,  oder  Metallstäbe  nimmt. 

Im  Gegensatz  zu  den  Linienspektren  werden 
die  im  Kohlebogen  auftretenden  Bandenspektren 
der  Kohle  durch  die  umgebende  Flüssigkeit 
wesentlich  beeinflusst. 

In  reinem  Wasser,  Salzlösungen,  Alkohol, 
Terpentinöl,  Glycerin,  CCI4  fehlen  die  „Cyan"- 
banden.  Kleine  Mengen  von  Luft  genügen  je- 
doch schon,  um  die  Bande  3883  spuren  weise  er- 
scheinen zu  lassen.  In  Ammoniak  oder  nach 
Einblasen  von  Luft  oder  Stickstoff  entwickelt 
sich  das  Cyanspektrum.  Es  wird  somit  die 
herrschende  Ansicht  bestätigt,  dass  das  Cyan- 
spektrum einer  Stickstoffverbindung  der  Kohle 
zukommt. 

Weiterhin  wurde  dann  das  Swanspektrum 
untersucht,  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die 
neuerdings  von  Stokes,  Smithells*)  und 
Baly  und  Syers^)  verfochtene  Ansicht,  dass 
das  Swan-Spektrum  einer  Sauerstoffverbindung 
der  Kohle  und  zwar  dem  Kohlenoxyd,  das  bis- 
her Kohlenoxyd  genannte  Spektrum  dem 
Kohlendioxyd  zukomme.  Versteht  man  unter 
dem  Swan-Spektrum  dasjenige  Bandenspektrum, 


i)  H.  Crew,  Astrophys.  J.  12,  167 — 175   1900. 

2)  O.  H.  Bas  quin,  Astrophys.  J.  14,  i  — 16  1901. 

3)  R.  S.  Porter,  Astrophys.  ü.  15,  274—282  (1902.) 

4)  A.  Smithells,  Phil.  Mag.  i  (6),  478,  1900. 

5)  E.  C.  Baly  und  H.  W.   Syers,    Phil.    Mag.    2    (6), 
3S6— 391   1901. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


539 


das  seine  Hauptkanten  bei  4382,  4738,  5164, 
5633,  6187  besitzt,  so  zeigte  sich  das  Swan- 
spektrum  nicht  nur,  wenn  der  Kohlebogen  in 
Wasser,  in  Alkohol,  in  Glycerin,  in  Terpentinöl, 
und  in  Ammoniak  brannte,  sondern  es  gelang 
auch  in  Petroleum,  in  Anilin,  in  Tetrachlor- 
kohlenstoff und  in  Schwefelkohlenstoff  die  Banden 
des  in  Rede  stehenden  Spektrums  photographisch 
aufzunehmen.  Die  Elektroden  wurden  im  letzten 
Falle  im  Vakuum  geglüht,  dann  unter  Abschluss 
der  Luft  mit  der  zu  prüfenden,  möglichst  ge- 
reinigten Flüssigkeit  getränkt  und  endlich  durch 
Brennen  des  Bogens  in  derselben  Flüssigkeit 
mit  einer  festen,  graphitähnlichen  Schicht  über- 
zogen, deren  Dicke  während  des  Versuches 
beständig  zunahm. 

Da  es  nun  unmöglich  ist,  irgend  eine 
Flüssigkeit  oder  irgend  einen  Körper  so  zu 
reinigen,  dass  nicht  Spuren  von  Sauerstoff  noch 
anwesend  sind,  so  wird  man  in  den  genannten 
Versuchen  kein  Hindernis  für  die  Stokes- 
Smithellssche  Theorie  erblicken  können, 
wofern  man  annimmt,  dass  der  Kohlebogen 
gegen  die  geringsten  Mengen  Sauerstoff  empfind- 
lich ist.  Obwohl  nun  das  sonstige  Verhalten 
des  Bogens  durchaus  nicht  zu  Gunsten  der  letz- 
teren Meinung  spricht,  wird  man,  scheint  es  mir, 
vom  Standpunkte  einer  vorsichtigen  Kritik  sich 
eines  bestimmten  Schlusses  auf  den  Ursprung 
des  Swanspektrums  enthalten  müssen,  trotz  der 
Vorteile,  die  der  Flüssigkeitsbogen  vor  anderen 
Methoden  voraus  hat.  Von  demselben  Stand- 
punkte aus  sind  dann  aber  auch  alle  bis- 
herigen Versuche,  schon  ihrer  Methode  wegen, 
für  die  die  gegen  den  Flüssigkeitsbogen  vor- 
gebrachten Gründe  in  verstärktem  Masse  gelten, 
von  vornherein  als  nicht  beweiskräftig  ab- 
zulehnen und  es  bleibt  nur  übrig,  zur  end- 
lichen Entscheidung  der  alten  Streitfrage  mehr 
indirekte  Wege  einzuschlagen. 

In  Übereinstimmung  mit  den  beim  Flüssig- 
keitsbogen beobachteten  Erscheinungen  standen 
diejenigen,  welche  die  Büschelentladungen  boten. 
Dieselben  wurden  mit  verschiedenen  Induktions- 
apparaten bis  zu  I  m  Schlagweite  in  den  be- 
reits genannten  Flüssigkeiten  hervorgerufen, 
soweit  dies  gelang.  Die  Elektroden  waren 
aus  verschiedenen  Metallen  angefertigt.  Meistens 
wurden  zwei  Platinelektroden  verwendet,  von 
denen  die  eine  bis  zur  Spitze  in  Glas  ein- 
geschmolzen war.  Die  Spektren  der  Büschel 
waren  zu  lichtschwach,  um  mit  dem  Gitter 
photographiert  werden  zu  können.  Ich  musste 
mich  auf  Okularbeobachtungen  beschränken. 
Linien  des  Elektrodenmetalls  wurden  nicht  be- 
merkt, dagegen  war  die  Zusammensetzung  der 
Flüssigkeit  entscheidend. 

In  destilliertem  und  gewöhnlichem  Wasser 
erschienen  die  Natrium-  und  Wasserstofflinien. 
In  stärkeren  Salzlösungen  traten  keine  Büschel 


auf.  In  Alkohol  sieht  man  neben  den 
D-Linien  und  den  Linien  des  Wasserstoffs 
sehr  schön  das  Swan-Spektrum.  Dasselbe 
findet  man  in  Äther  und  in  Glycerin. 

Benutzt  man  nunmehr  eine  nicht  konden- 
sierte Funkenentladung,  so  erhält  man  neben 
einem  hellen  kontinuierlichen  Spektrum  und  den 
von  der  Flüssigkeit  herrührenden  Bestandteilen 
des  Spektrums  auch  Linien  des  Elektroden- 
metalls. In  allen  kohlenstoffhaltigen  Flüssig- 
keiten tritt  ausserdem  das  Swan-Spektrum  auf. 
Geht  man  endlich  zu  kondensierten  Funken 
über,  so  zeigen  sich  die  schon  von  Wilsing 
beobachteten  Erscheinungen  und  der  ganze 
Vorgang  geht  mit  explosionsartiger  Heftigkeit 
vor  sich. 

Mit  Kohleelektroden  erhielt  ich  in  ver- 
schiedenen Flüssigkeiten  nur  ein  kontinuierliches 
Spektrum,  keine  Banden.  Mit  Aluminium-  und 
mit  Kupferelektroden  zeigen  sich  neben  den 
Metalllinien  auch  die  Wasserbanden  und  zwar 
dunkel  auf  hellem  Grunde.  Ein  Teil  der 
Metalllinien  ist  umgekehrt  und  verschoben,  nach 
Rot  hin.  Im  Kupferspektrum  sind  z.  B.  nur 
die  Linien  3244  und  3274  umgekehrt,  andere 
sind  einseitig  verbreitert,  verstärkt  oder  ge- 
schwächt, oder  fehlen  gar.  Der  von  Haie 
unter  Verwendung  von  Wechselstrom  nach- 
gewiesene umkehrende  Effekt  von  Salzlösungen 
und  insbesondere  von  BaCl2 -Lösung,  konnte 
nicht  an  den  Entladungen  des  Induktoriums 
von  I  m  Schlagweite  beobachtet  werden,  das 
mit  Gleichstrom  und  Quecksilberunterbrecher 
betrieben  wurde.  Die  kompliziertesten  Er- 
scheinungen zeigte  das  Eisenspektrum.  Hier 
finden  sich  alle  Modifikationen,  wieUmkehrungen, 
Verschiebungen,  einseitige  Verbreiterungen  und 
Intensitätsänderungen  gleichzeitig.  Ich  behalte 
mir  vor,  auf  das  Detail  dieser  Änderungen  an 
anderer  Stelle  ausfuhrlicher  einzugehen. 

(Eingegangen  31.  Juli  1902.) 


Mitteilungen  aus  dem  physikalischen  Institute 
der  Universität  Pisa.    (Direktor:  A.  Battelli.) 

No.  12:  A.  Battelli  und  L.  Magrit  Über  oszilla-    \^r 
torische  Entladungen  mf.  Teil). 

Allgemeine   Beschreibung   der  Methode. 

Das  Problem  der  oszillatorischen  Entladung 
hat  durch  die  bisherigen,  teils  theoretischen, 
teils  experimentellen  Untersuchungen  keine  voll- 
ständige Lösung  gefunden.  Denn  dieses  Pro- 
blemwird durch  verschiedene  Umstände  schwierig 
gemacht,  z.  B.  durch  das  Verhalten  des  Dielek- 
trikums, das  zwischen  die  Belegungen  des  Kon- 
densators eingeschoben  ist,  durch  die  Gegenwart 
des  Funkens  und  die  Veränderlichkeit  seines 
Widerstandes  während    der  verschiedenen  Mo- 


540 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


mente  der  Entladung,  durch  die  ungleiche  Ver- 
teilung der  Entladung  in  dem  Querschnitte  des 
Konduktors  u.  s.  w.  Man  hat  diese  Umstände 
entweder  nicht  in  Rechnung  gezogen,  oder  man 
hat  sie  sowohl  in  theoretischen  wie  auch  in 
experimentellen  Untersuchungen  ohne  Rücksicht 
auf  ihren  Zusammenhang  geprüft.  Auch  die 
Verteilung  der  vorhandenen  Energie  in  den 
verschiedenen  Teilen  des  Entladungsstromkreises 
ist  noch  nicht  systematisch  und  mit  Bezug  auf 
die  Oszillationsperiode  untersucht  worden.  Wir 
haben  deshalb  das  Phänomen  einer  allgemeinen 
und  systematischen  Prüfung  unterworfen  und 
haben  in  ein  und  dieselbe  experimentelle  An- 
ordnung Apparate  eingestellt,  die  uns  gestatten, 
die  Oszillationsperiode,  die  bei  Beginn  der  Ent- 
ladung vorhandene  Energie,  die  thatsächlich 
entladene  Elektrizitätsmenge,  und  die  in  Gestalt 
von  Wärme  in  den  verschiedenen  Teilen  des 
Stromkreises  zerstreute  Energie  zu  messen. 

I.  Messung  der  Oszillationsperiode. 

A.  Überblick  über  frühere  Untersuch- 
ungen. Die  Untersuchungen,  die  man  vorge- 
nommen hat,  um  die  wohlbekannte  W.  Thom- 
son sehe  Formel  zu  beweisen  (für  die  Oszilla- 
tionsperiode T  in  einem  Stromkreis  mit  der 
Kapazität  C,  der  Selbstinduktion  L  und  dem 
Widerstand  R  ist  die  Grösse  von   T 


T  = 


2^ 


f      T  i 


LC      4Z2 

sind  auf  zweierlei  Weise  geführt  worden,  einmal 
indem  man  den  Funken  photographierte,  wie 
Feddersen  zuerst  angab,  oder  indem  man  die 
Kurve  bestimmte,  welche  die  Veränderung  des 
Stromes  der  Ladung  oder  der  Entladung  eines 
Kondensators  als  Funktion  der  Zeit  darstellt. 
Nach  ersterer  Methode  wurden  ausser  den  Ver- 
suchen von  Feddersen*)  und  Lorenz^)  kürz- 
lich sehr  genaue  Messungen  von  f^^wbridge 
und  Sabine^)  und  von  Lodge  und  Glaze- 
brook^)  mit  einem  Luftkondensator  und  von 
Miesler^)  mit  Leydenerflaschen  ausgeführt, 
durch  welche  sämtlich  die  Thomson  sehe  Formel 
hinreichend  bewiesen  wurde. 

Unter  den  sorgfältigsten  Untersuchungen,  die 
nach  der  zweiten  Methode  unternommen  worden 
sind,  müssendie  Arbeiten  von  Hiecke^),  Wulf), 
Tollquist^),  Seiler^)  und  von  Webster**^)  ge- 

i)  Pogg.  Ann.  103,  69,  1858;  108,  297,  1859:  113,  437, 
1861;  110,  132,  1862. 

2)  Wied.  Ann.  7,  l6l,    1879. 

3)  Phil.  Mag.  (5)  30,  323,  1890. 

4)  Canibr.  Phil.  Trans.  18,   136,  1899. 

5)  Wien.  Ber.  99,  IIa,  579,   1890. 

6)  Wien.  Ber.  96,  IIa,  134,  1887. 

7)  Wien.  Ber.  106,  Ha,  667,  1896. 
8i  Wied.  Ann.  00,  248,  1897. 

9)  Wied.  Ann.  61,  30,  1897. 
10)  Phys.  Rew.  6,  297,  1898. 


nannt  werden,  die  sich  spezieller  Unterbrecher 
in  Pendelform  oder  in  der  Form  eines  fallenden 
Gewichtes  bedienten,  auch  von  ihnen  wurde  die 
Thomsonsche  Formel  als  übereinstimmend  mit 
den  experimentellen  Ergebnissen  anerkannt. 

Aber  wie  genau  und  wichtig  diese  Unter- 
suchungen auch  sind,  so  muss  man  doch  den 
Einwand  erheben,  dass  sie  sämtlich  —  mit  Aus- 
nahme der  Mi  es  1  ersehen  Arbeit  —  sich  auf 
besondere  Einzelfälle  beziehen,  und  folglich  als 
vollständige  Beweise  der  Theorie  nicht  zu  ver- 
wenden sind.  Die  Mi  es  1  ersehen  Untersuchungen 
lassen  aber  Zweifel  aufkommen  an  der  Genauig- 
keit der  erhaltenen  Werte  wegen  der  Unsicher- 
heiten, die  die  Messungen  der  Zeit  und  der 
Photographien  der  Funken  aufweisen.  Sehr 
gut  sind  die  Messungen  nach  der  Methode  der 
Ladungs-  und  Entladungskurven,  aber  mit  ihnen 
hat  man  keine  sehr  kurzen  Perioden  erlangt 
Es  schien  uns  also  angezeigt,  über  eine  so 
wichtige  Frage  neue  und  ausgedehntere  Unter- 
suchungen anzustellen. 

Von  beiden  obengenannten  Methoden  nähert 
sich  die  zweite,  bei  der  keine  Funken  in  den 
Stromkreis  eingeführt  werden,  am  meisten  den 
theoretischen  Bedingungen,  die  dazu  dienten, 
die  zu  beweisende  Formel  aufzustellen;  aber 
abgesehen  von  der  Schwierigkeit,  welche  eine 
genaue  Messung  der  Zeit  verursacht  und  ihrer 
Unanwendbarkeit  auf  Messungen  von  sehr  kurzen 
Perioden,  bezieht  sie  sich  nicht  auf  die  Fälle,  die 
die  grössere  praktische  Bedeutung  besitzen,  bei 
denen  sich  gerade  auch  im  Stromkreis  der 
Funken  zeigt. 

Wir  wählten  deshalb  für  unsere  Untersuch- 
ungen die  Methode  der  Photographie  des 
Funkens  mit  einem  rotierenden  Spiegel;  bei 
Berücksichtigung  aller  in  Betracht  kommender 
Umstände  führt  er  zu  sehr  genauen  Messungen 
auch  kurzer,  z.  B.  weniger  Millionstel  Sekunden 
langer  Perioden. 

B.  Methode  und  benutzte  Apparate  bei 
unseren  Untersuchungen  für  die  experi- 
mentelle Messung  von  T,  Bei  der  von  uns 
gewählten  Methode  der  Funkenphotographie  ver- 
wenden wir  einen  ebenen  Spiegel,  der  durch 
eine  besondere,  eigens  zu  diesen  Zweck  vom 
Institutsmechaniker  konstruierte  Turbine  be- 
wegt wird,  von  der  Fig.  i  ein  Bild  giebt;  in 
ihren  wesentlichen  Teilen  gleicht  sie  der  Fou- 
c au It sehen.  Um  sie  in  Gang  zu  setzen,  ver- 
wendeten wir  erst  stark  überhitzten  Wasserdampf; 
später  fanden  wir  es  bequemer,  einen  auf 
6  Atmosphären  komprimierten  Luftstrahl  der 
aus  einem  grossen  Behälter  geliefert  wird,  zu 
benutzen.  Die  komprimierte  Luft  muss  absolut 
frei  von  jedem  Staubkörnchen  und  jedweder 
anderen  Unreinheit  durch  Filtration  durch  mehrere 
dichte  metallische  Netzschichten  geworden  sein; 
sie  strömt  in  die  Kammer  PP  ein,  strömt  dann 


Physikalische  Zeitschrift.     3.'  Jahi^ng.    No.  23. 


Fig.   1. 

durch  zwei  Öffnungen  aus  und  trifift  dann  auf 
den  Kranz  C  von  kleinen  Schaufeln,  der  zu- 
sammen mit  dem  Stahlspiegel  6*  und  dem  Zahn- 
rad R  von  der  Achse  A  gehalten  wird.  In  dieses 
Rad  R  greift  ein  anderes,  gleiches  Rad  Ä'  ein, 
das  von  der  Achse  A^  gehalten  wird,  auf  wel- 
cher der  Spiegel  S^  befestigt  ist.  Die  Achsen 
werden  durch  die  Regulierschrauben  V  V,  f '  f 
gehalten,  die  in  ihrer  ganzen  Länge  durchbohrt 
sind  und  unten  gleichfalls  durchbohrte  Saphir- 
scheiben tragen,  um  eine  andauernde  Ölung  zu 
ermöglichen.  Von  dieser  Ölung  ist  der  Gang 
der  Turbine  sehr  abhängig;  zu  wenig  öl  lässt 
die  Reibung  zu  gross  werden;  kommt  zu  viel 
Öl,  so  dringt  es  zwischen  die  bewegliche  Scheibe 
und  das  Verteil ungskästchen. 

Das  von  einem  photographischen  Objektiv 
gegebene  Bild  des  Funkens  wird  vom  ersten 
Spiegel  auf  den  zweiten  und  von  diesem  auf 
die  photographische  Platte  reflektiert,  mit  dop. 
pelter  Geschwindigkeit  als  bei  Anwendung  eines 
einzigen  Spiegeis.  Doch  haben  wir  bei  diesen 
Versuchen  nur  den  Spiegel  S  benutzt. 

Die  Drehungsgeschwindigkeit  der  Turbine 
wird  mittels  eines  Rosshaares  gemessen,  welches 
auf  der  Achse  A  befestigt  ist,  und  bei  jeder 
Drehung  ein  Zeichen  auf  einen  mit  berusstem 
Papier  bedeckten  Messingcylinder  macht;  auf 
diesen  zeichnet  auch  eine  elektromagnetische 
Stimmgabel  mit  genau  bekannter  Periode  ihre 
Kurve.  Eine  geeignete  Einstellung  des  Uhr- 
werks lässt  den  Cylinder  im  gewünschten  Moment 
eine  einzige  Drehung  mit  ausreichend  konstanter 
Geschwindigkeit  ausfuhren, 

Fig.  2  zeigt  die  Turbine  mit  dem  drehbaren 
Cylinder  und  der  Stimmgabel. 

An  den  Säulen  der  Turbine  sind  zwei  starke 
Eisenstützen  angebracht,  auf  denen  der  Rahmen 
befestigt  ist,  der  die  photographische  Platte 
3  X  1 2  cm  trägt. 

Der  Funken,  der  photographiert  werden  soll, 
entsteht  in  A  im  Innern  eines  Holzkastens 
(Pig-  3).  der  die  Ausstrahlung  verhindert;  das 
Licht  dieses  Funkens  geht  durch  das  Loch  0, 


Fig.  2. 

das  durch  einen  pneumatischen  Verschluss  ge- 
öffnet und  geschlossen  wird,  und  gelangt  zu 
dem  Objektiv,  Zeiss-Astigmat  L.  Das  durch  L 
entstandene  Bild,  wird  bei  geeigneter  Stellung 
des  rotierenden  Spiegels  .S  auf  die  photogra- 
phischen Platte  F  reflektiert. 

Die  Versuche  verliefen  folgendermassen. 
War  der  Luftdruck  im  Behälter  auf  5  oder  6 
Atmosphären  gestiegen,  so  wurde  die  elektro- 
magnetische Stimmgabel  erregt  und  die  photo- 
graphische Platte  auf  ihren  Rahmen  gebracht; 
nun  beginnt  die  komprimierte  Luft  in  die  Tur- 
bine zu  strömen,  welcher  Vorgang  durch  einen 
Hahn  reguliert  wird,  mit  dessen  Hilfe  man  die 
Geschwindigkeit  bis  zu  der  gewünschten  Grösse 
langsam  und  regelmässig  steigen  lassen  kann: 
der  Vergleich  zwischen  dem  Ton,  den  die  Be- 
wegung der  Achse  verursacht  und  dem  der 
Stimmgabel  gestattet  schätzungsweise  ein  Urteil 
darüber,  ob  die  gewünschte  Schnelligkeit  er- 
reicht ist  oder  nicht.  Gewöhnlich  war  die  Ge- 
schwindigkeit so  gross,  dass  der  der  Turbine 
eigentümliche  Ton  schon  die  Grenze  der  Wahr- 


542 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


nehmbarkeit  überschritten  hatte,  und  dass  man 
nur  den  Ton  der  Achse  hörte,  aus  dessen  Kon- 
stanz (die  man  durch  Vergleich  mit  dem  Ton 
der  Stimmgabel,  mit  der  sie  nahezu  unisono 
tönt,  leicht  kontrollieren  kann),  sich  die  Gleich- 
förmigkeit der  Bewegung  beurteilen  lässt. 

Ist  diese  Gleichförmigkeit  erreicht,  so  lässt 
man  die  Entladungen  zwischen  den  Kugeln  des 
Funkenmessers  vor  sich  gehen;  sowie  man  auf 
der  Scheibe  F  das  vom  Spiegel  reflektierte  Bild 
eines  Funkens  bemerkt,  schliesst  man  den  Ver- 
schluss und  setzt  den  mit  geschwärztem  Papier 
umhüllten  Cylinder  in  Bewegung,  auf  den  die 
Achse  der  Turbine  und  die  Spitze  der  Stimm- 
gabel die  betreffenden  graphischen  Aufzeich- 
nungen machen,  aus  denen  man  die  Geschwin- 
digkeit des  Spiegels  erfährt. 

Im  allgemeinen  machten  wir  6  oder  7  Pho- 
tographien für  jede  Oszillationsperiode  und  für 
jede  Schlagweite. 

Die  Bestimmung  der  Entfernung  zwischen 
den  Bildern  der  verschiedenen  elementaren  Fünk- 
chen,  die  die  Entladung  zusammensetzen,  geschah 
mittels  einesFromentschenKomparators,  dessen 
Nonius,  der  mit  einem  mit  Netzwerk  versehenen 
Okular  abgelesen  wurde.  Vi  00  n^ni  zu  messen 
gestattete.  Die  Messung  wurde  viermal  auf 
jeder  Platte  gemacht:  zweimal  indem  letztere 
in  einer  Richtung  und  zweimal  indem  sie  in 
der  entgegengesetzten  bewegt  wurde;  dann 
nahmen  wir  das  Mittel  der  Messungen  für  die 
Funken,  welche  die  positive  Strahlung  an  der 
oberen  Elektrode,  und  für  die,  welche  sie  an 
der  unteren  Elektrode  zeigen;  doch  unterliessen 
wir  es,  die  letzten  Fünkchen  zu  messen,  welche 
aus  Mangel  an  Lichtstärke  zu  unsichere  Bilder 
gaben. 

Aus  diesen,  auf  den  Kreisbogen  bezogenen 
Messungen,  und  aus  der  Messung  der  Drehungs- 
geschwindigkeit des  Spiegels  kann  man  leicht 
die  Grösse  der  Oszillationsperiode  T  der  Ent- 
ladung entnehmen.  Tabelle  I  enthält  die  Re- 
sultate der  Messungen  für  je  eine  der  längsten, 
eine  mittlere,  und  eine  der  kürzesten  von  uns 
gemessenen  Perioden;  aus  Raumersparnis  geben 
wir  nur  Maximum  und  Minimum  der  experi- 
mentellen Grössen,  aus  denen  wir  das  Mittel 
berechnet  haben. 


Aus  dieser  Tabelle  wird  ersichtlich,  dass 
auch  bei  den  grössten  Messungsschwierigkeiten 
der  Irrtum,  den  man  in  der  Bewertung  der 
Periode  begehen  kann,  2  Proz.  nicht  erreicht, 
und  dass  für  nicht  sehr  kurze  Perioden  eine 
noch  grössere  Genauigkeit  möglich  ist. 

Wir  glauben  nicht,  dass  gegenwärtig  grössere 
Präzision  erreichbar  ist,  als  die  uns  geglückte, 
und  werden  an  passender  Stelle  unsere  Gründe 
hierfür  aussprechen. 

Wollen  wir  nun  die  experimentelle  Grösse 
mit  der  theoretischen  vergleichen,  die  man  für 
die  Periode  aus  der  Thomson  sehen  Formel 
gewinnt,  so  muss  man  die  Grösse  der  Kapazität, 
der  Selbstinduktion  und  des  Widerstandes  des 
Stromkreises  der  Entladung  mit  der  gleichen 
Genauigkeit  ermitteln.  Wir  haben  sie  auf  fol- 
gende Weise  gewonnen. 

C.  Kapazität,  Widerstand  und  Selbst- 
induktion des  Stromkreises. 

a)  Kondensator.  Um  Störungen  zu  be- 
seitigen, die  das  Eindringen  der  Ladung  ver- 
ursacht, mussten  wir  einen  Luftkondensator 
benutzen,  den  wir  für  diese  Versuche  eigens 
gebaut  haben.  Er  besteht  aus  70  ebenen  Platten 
aus  Spiegelglas,  70  x  35  cm  gross,  die  0,7  bis 
I  cm  dick  und  auf  beiden  Seiten  bis  3,5  cm 
ringsum  vom  Rande  entfernt,  mit  Stanniol  be- 
deckt sind.  Die  metallischen  Belegungen  haben 
also  die  Grössen  von  63  x28  cm;  die  auf  beiden 
Seiten  ein  und  derselben  Platte  liegenden  Stan- 
niolblätter sind  miteinander  verbunden. 

Die  70,Scheiben  sind  in  zwei  Batterien,  jede 
von  35  Platten  geordnet,  und  sind  durch  kleine 
Glasprismen  voneinander  getrennt,  die  genau 
in  den  gleichen  Dimensionen  gewählt  werden 
und  sich  auf  die  nicht  mit  Stanniol  bedeckten 
Teile  stützen.  Die  mittlere  Entfernung  zwischen 
den  Belegen  beträgt  0,73  für  den  ersten  und 
0,738  cm  für  den  zweiten  Kondensator. 

b)  Messung  der  Kapazität.  Aus  den 
oben  angegebenen  Massen  würde  man  nach  der 
bekannten  Formel  von  Maxwell  für  die  theo- 
retische Kapazität  unserer  Kondensatoren  die 
Grössen  von  6533  resp.  6576  cm  erhalten.  Aber 
aus  Versuchen,  die  Dr.  Gragnani  in  unserem 
Institut  vorgenommen,  aber  noch  nicht  veröffent- 
licht hat,  geht  hervor,   dass  für  Kondensatoren 


Tabelle  I. 


Entladungskreis,  seine  Selbstinduktion 
und  gesamte  Kapazität 


Schlag- 
weite 


Experimentelle  Grössen  der  Periode  Zzh\  der  '  Theoretische 

'  I  Messungen         Grösse 


Grosse,  auf  Marmor  gewickelte  Spirale 
Z  =  4546000  cm,     C*=  14175  cm 

Kleine,  auf  Ebonit  gewickelte  Spirale 
^  =  57797  cm,     C=  3568  cm 

Kup  ferkreis 
L  =^  9242  cm ,     C  ==  3568  cm 


T 

2 

mm 

i 

»I 

5 

)> 

Maximum 


54,44x10-» 


3,173x10-0 


1,232x10—6 


Minimum 


Mittel 


52,96x10-0 


53,76x10-6 


2,904X  10—6    3,024x10—6 


1,189X10—6      I,?I2XIO-6 


12 


16 


14 


53,17X10-«^ 


3,008X10—« 


1,201X10—8 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  23. 


543 


in  den  Dimensionen  des  unsrigen  die  Formel 
nicht  stimmt;  und  da  sich  andere  Unsicherheiten 
aus  der  Dicke  des  Glases  auf  dem  die  Stanniol- 
blätter geordnet  sind,  aus  einem  möglichen 
Mangel  an  Parallelismus  zwischen  den  Belegungen 
und  aus  dem  Einfluss,  den  die  Nähe  der  Wände 
und  des  Fussbodens  des  Zimmers  ausübt,  er- 
geben können,  so  haben  wir  die  Kapazität 
unseres  Kondensators  zuerst  durch  Vergleich 
mit  einem  Normalmass  und  dann  durch  experi- 
mentelle Bestimmung  der  absoluten  Grösse  ge- 
messen. 

1 .  Der  Vergleich  ist  mit  einem  Normalmass 
No.  1099  der  Firma  Latimer  Clark  Muhished  &  Co. 
(Westminster)  vorgenommen,  für  welchen  Profes- 
sor R  oiti  *),  der  ihn  uns  überlassen  hat,  die  Grösse 
von  0,3359  mikrof.  angab;  das  ergiebt,  in  die 
jetzt  angenommenen,  absoluten  Einheiten  über- 
tragen, 0,3363  mikrof.  Dieser  Vergleich,  der 
ausgeführt  wurde,  indem  das  Normalmass  und 
unser  Kondensator  nacheinander  durch  ein  ballis- 
tisches Galvanometer  entladen  wurden,  ergab 
für  unsere  beiden  hintereinander  geschalteten 
Kondensatoren  die  Grösse  von  0,015987  mikrof. 

2.  Die  absolute  Messung  wurde  nach  der 
von  J.  J.  Thomson^)  vorgeschlagenen  Brücken- 
methode vorgenommen.  Die  Unterbrechung  des 
Stromkreises  wurde  durch  eine  elektromagne- 
tische Stimmgabel  ausgeführt,  die  durch  eine 
andere  Stimmgabel  im  Unisono  erregt  wurde; 
sie  waren  ebenso  wie  die  von  Professor  Roiti 
(1.  c.)  benutzten  gebaut.  Die  Dauer  einer  voll- 
ständigen Oszillation  wurde  durch  Vergleich  mit 

I  Sek. 
einem  Chronometer  der  Kgl.  Marine  auf  — ^    J 

120,50 

mit    einer   Genauigkeit   von   0,2    aufs  Tausend 

festgestellt. 

Die  Widerstände  der  Seiten  der  Brücke 
wurden  mit  der  Brücke  Elliott  No.  1381  mit 
einem  Galvanometer  vom  Typus  Du  Bois  und 
Rubens  gemessen,  mit  Spulen  von  einem  Ge- 
samtwiderstand von  87  Ohm,  in  deren  Strom- 
kreis ein  Widerstand  von  3000  Ohm  hinzu- 
kommt. 

Nach  Vornahme  der  üblichen  Verbesserungen 
für  die  Temperatur  und  nach  Übertragung  der 
Widerstände  der  Brücke  in  internationale  Ohm, 
haben  wir  durch  diese  Messungen  folgende 
Grössen  erhalten,  die  uns  zuverlässiger  scheinen 
als  die  theoretischen  oder  die  durch  Vergleich 
mit  dem  Normalmass  gefundenen. 

U.  E.  (C.  G.  S.)  Mikrofarad 

Für  den  Kondensator  No.  i     .     .     .  7178  0,007976 

Für  den  Kondensator  No.  2     .     .     .  7096  0,007885 

Für  die  beiden  Kondensatoren'parallel 

geschaltet UHS  0,01575 

Für  die  beiden  Kondensatoren  hinter- 
einander geschaltet 3568  0,003965 


1)  N.  Cim.  (3)  21,  137,  1887. 

2)  Phil.  Traus.  of  the  R.  Soc.  part.  3,  707,   1883. 


Zu  diesen  Grössen,  die  wir  in  unsere  Ver- 
suche eingesetzt  haben,  muss  man  die  Kapa- 
zität des  Entladungsstromkreises  hinzufügen ; 
aber  man  braucht  diese  Kapazität,  die  97  cm 
gross  befunden  wurde,  nur  dann  in  Rechnung 
zu  ziehen,  wenn  der  betreffende  Stromkreis  aus 
einem  Quadrat  aus  Kupferdraht  besteht,  der 
0,08  cm  dick  und  zusammen  1 594  cm  lang  ist. 
In  allen  anderen  Fällen  kann  man  sie  völlig 
unbeachtet  lassen. 

D.Widerstand  des  metallischen  Strom- 
kreises und  des   Funkens. 

a)  Prinzip  der  Methode.  In  diesen  ersten 
Untersuchungen  durfte  die  Grösse  des  Wider- 
standes der  von  uns  benutzten  Stromkreise  für 
die  Berechnung  der  Oszillationsperiode  nach  der 
Thomson  sehen  Formel  unbeachtet  bleiben; 
die  Kenntnis  des  Widerstandes  der  metallischen 
Teile  als  Vergleichselement  ist  aber  unerlässlich, 
um  den  effektiven  Widerstand  des  Funkens 
daraus  zu  entnehmen. 

Wir  massen  für  diesen  Vergleich  die  Wärme- 
menge, welche  die  nämliche  Ladung  sowohl  in 
dem  metallischen  Teil  wie  auch  in  dem  Funken 
entwickelt,  und  haben  uns  dabei  besonderer 
Kalorimeter  bedient. 

j9)  Kalorimeter,  i.  Kalorimeter  mit  metal- 
lischem Stromkreis.  Fig.  4  zeigt  einen  Kalori- 
meter von  der  Art,  wie  wir 
solche  zur  Messung  der  in 
den  metallischen  Teilen   des 

Stromkreises    entwickelten 
Energie  benutzt  haben. 

Der  geradlinige  Draht  oder 
die  Spirale,  durch  die  hin- 
durch sich  der  Kondensator 
entladet,endigt  in  zwei  kurzen 
Platinfäden,  die  in  den  beiden 
äussersten  Enden  einer  Glas- 
röhre eingeschmolzen  sind.  An 
diese  Röhre  ist  in  vertikaler 
Lage  die  kalibrierte  Kapillar- 
röhre C  angebracht,  die  in 
gleiche  Teile  geteilt  und  mit 
ihrem  unteren  Ende  an  eine 
weitere  Röhre  angeschmolzen 
ist;  diese  ist  mit  einem  Hahn  R 
versehen  und  mittels  Gummi- 
röhre mit  dem  kleinen  Queck- 
silberbehälter Af  verbunden. 
Die  ganze  Röhre  T,  das  Innere 
der  Röhre,  auf  die  die  Spirale 
gewickelt  ist,  und  ein  Teil 
der  Kapillare  C  ist  mit  To- 
luol  gefiillt.  Lässt  man  nun 
das  Quecksilber  über  den 
Hahn  R  steigen,  so  kann  manr  ' 
die  Höhe  des  Toluols  in  der 
Röhre  C  regulieren  und  sein  Austreten  durch 
den    Hahn    verhindern.     Um    das    Kalorimeter 


Fig.  4. 


544 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


herum  ist  eine  Glasbülle  ge!^,  um  den  Wärme-  | 
austauscli  mit  der  Umgebung  gleichmässig  zu  I 
machen. 

In  den  fünf  von  uns  benutzten  Kalorimetern 
hatten  wir  Kupferdraht  von  0,078  cm  Dicke,  in   I 
dreien  hatten  wir  ihn  spiralisch  aufgewickelt,  in 
zweien  geradlinig  gestreckt.    Diese  Kalorimeter,  | 
die  wir  mit  No.   1,    2,    3,    4   und  5  bezeichnen  1 
wollen,  waren  folgendermassen  gebaut:  ' 

Kalorimeter   mit  | 

Spiralen  .     .     ,  i  2  3 

Anzahl     der    Win- 
dungen      .     .     .     220,25       423  102 
Länge    der   Spirale 

in  Centimetern   .       36,8  69  15,6 

Äusserer  D  urchmes- 
ser  der  Spirale  in 

Centimetern    .     ,  1,521  1,78  1,64 

Kalorimeter    mit   geradlinigem 

Drahte 4         5 

Länge  des  Fadens  in  Centimetern  .     100     147 

2.  Funken-Kalorimeter.  Derselbe  besteht 

aus  zwei  ovoiden  Gelassen  R   und  R'  (Fig.   5), 


Fiß.  S- 

von  denen  eines  im  andern  steht;  der  Raum 
zwischen  ihnen  ist  mit  Toluol  gefüllt,  —  ebenso 
die  Kapillarröhre  T,  die  mit  dem  Quecksilber- 
behälter P  verbunden  ist.  Um  das  äussere  Ge- 
föss  R  herum  ist  eine  dicke  Lage  wollenes  Tuch 
gewickelt;  das  Ganze  ist  von  einem  Holzkasten  C 
umgeben,  und  kann  mit  Hilfe  des  Armes  NO 
an  der  Messingstange  A  auf  und  ab  ver- 
schoben und  verschieden  hoch  festgestellt 
werden.  Dank  dieser  Anordnung  kann  man 
den  Fnnken  6" in  der  Luft  überspringen  lassen,  um 
seine  Photographie  zu  nehmen  und  kann  ihn 
während  der  kalorimetrischen  Messungen  in  R^ 
gelangen  lassen.  Guten  Verschluss  derOeffnungen 


(T  (7  des  Kalorimeters  erzielt  man  durch  Um- 
kleidung der  kleinen  Stäbe  DD  des  Funken- 
messers mit  Gummi  schlauch.  Bei  dieser  Form 
der  Kalorimeter  vermeidet  man  die  Unannehm- 
lichkeiten, die  bei  den  Luft-Kalorimetern  den 
explosiven  und  elektrostatischen  Wirkungen  des 
Funkens  und  jene,  die  kapillaren  Einflüssen 
zuzuschreiben  sind. 

y)  Aichung  der  Kalorimeter.  Um  in 
absolutem  Mass  die  in  derartigen  Kalorimetern 
entwickelte  Energie  zu  erhalten,  haben  wir 
während  eines  bestimmten  Zeitabschnittes  einen 
kontinuierlichen  Strom  von  bekannter  Intensität 
sowohl  durch  das  Metalldraht-Kalorimeter  mit 
bekanntem  elektrischen  Widerstand,  wie  auch 
durch  das  Funken-Kalorimeter  passieren  lassen, 
in  welchem  die  äussersten  Enden  des  Funken- 
messers durch  eine  kleine  Spirale  von  Konstanten 
mit  bekanntem  Widerstand  verbunden  wurde. 
Die  Ablesung  an  den  Toluolsäulen  in  den 
Kapillarröhren  wurde  mit  dem  Fernrohr  und 
stets  nachts  vorgenommen.  Für  jedes  Kalori- 
meter wurde  die  Zahl  der  Kalorien  C  entspre- 
chend einem  Teilstrich  der  Kapillare  aus  dem 
Mittel  von  3  Serien  von  Versuchen  gewonnen. 

Die  derart  gefundenen  Werte  sind  folgende: 
Kalorimeter 

No.  1234 

C    0,0668    0,0876    0,0871     0,0399 
Funken -Kalorimeter 0,0429. 

6)  Der  Widerstand  der  metallischen 
Teile  und  seine  Unabhängigkeit  von  der 
Natur  der  Ladung.  Man  weiss,  dass  man 
bei  geradlinig  gestreckten  Metalldrähten  für  den 
Widerstand  R'  bei  Wechströmen  von  hoher  Fre- 
quenz, nach  Lord  Rayleigh  die  Grösse 


Ä>  = 


r  «  Ä  [/«  ? 


einsetzen  kann,  a  bedeutet  den  Durchmesser, 
0  den  spezifischen  Widerstand,  p  die  magne- 
tische Permeabilität ,  R  den  Widerstand  des 
Drahtes  fiir  kontinuierliche  Ströme  und  n  die 
Frequenz  die  Stromes. 

Auf  einen  in  Spiralen  gewickelten  Stromkreis 
ist  diese  Formel  jedoch  nicht  anwendbar;  und 
da  eine  theoretische  Behandlung  der  Frage  fehlt, 
haben  wir  Versuche  angestellt,  um  den  Wider- 
stand einer  Spirale  mit  dem  zu  vergleichen,  den 
ein  geradlinig  gestreckter  Draht  der  gleichen 
Ladung  darbietet.  Wir  bestimmten  die  Wärme, 
die  in  zwei  aufeinander  folgenden  Teilen  eines 
und  desselben  Stromkreises  entwickelt  wird,  der 
aus  zwei  Kupferdrähten  gleichen  Durchmessers 
besteht,  von  denen  aber  der  eine  geradlinig 
gestreckt,  der  andere  spiralisch  aufgewunden  ist; 
zuerst  Hessen  wir  einen  kontinuierlichen  Strom, 
nachher  eine  oszillierende  Entladung  durchgehen. 
Wir  benutzten  dabei  die  oben  beschriebenen 
Metalldraht-Kalorimeter.      Aus    den    fiir    beide 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


545 


Fälle  beobachteten  Verschiedenheiten  kann  man 
durch  eine  sehr  einfache  Berechnung  die  Be- 
ziehung P  zwischen  dem  Widerstand  C  eines 
Drahtes  in  Form  einer  Spirale  und  dem  eines 
ebensolchen,  aber  geradlinig  gestreckten  Drahtes 
für  Entladungen  der  üblichen  Periode  aufstellen. 
Durch  vorhergehende  Versuche  hatten  wir  fest- 
gestellt, dass  die  Angaben  unserer  Kalorimeter 
weder  durch  Einwirkungen  einer  eventuellen 
dielektrischen  Viskosität  des  Toluols,  in  welchem 
die  Metalldrähte  liegen,  noch  durch  verschie- 
dene Geschwindigkeit  des  Wärmeaustausches 
mit  der  Umgebung  bei  kontinuierlichen  oder 
Wechselströmen  beeinflusst  werden.  Wir  fanden 
nun  stets,  dass  der  effektive  Widerstand  einer 
Spirale  (Verhältnis  zwischen  der  in  derselben 
entwickelten  wärmegebenden  Energie  und  dem 
mittleren  Quadrat  der  Stromintensität)  für  elek- 
trische Entladungen  grösser  ist  als  der  effektive 
Widerstand,  den  derselbe,  aber  geradlinig  ge- 
streckte Draht  darbietet.  Wir  fuhren  in  folgen- 
dem   die  Abhängigkeit   vor,    die  wir   zwischen 

diesem  Verhältnis     ^  und  der  Oszillationsperiode 

T  der  Entladungen  gefunden  haben: 

Zum  Ver- 
gleich be- 

nutxte 
Kalorimeter    2  U,  5  I  U.  5  3^-4 

T     6,7x10— •  4,3x10— <*  3x10— ®  2,2x10— 6  1,7x10-® 


|i  ''79 


1,96 


2.«S 


2,17 


1,84 


Bei  anderen  Spiralen  mit  mehr  oder  weniger 
benachbart  liegenden  Windungen  steigt  nach 
unseren  Erfahrungen  der  Widerstand  mit  der 
Zahl  der  Windungen  und  der  Verringerung 
ihres  Abstandes. 

Das  lässt  vermuten,  dass  die  oszillierenden 
Ströme  sich  in  den  Spiralen  in  einem  an  der 
Oberfläche  liegenden  Teil  des  Leiters  loka- 
lisieren, der  noch  enger  begrenzt  ist,  wie  bei 
den  geradlinigen  Drähten,  was  sich  übrigens 
auch  durch  die  Wirkungen  der  gegenseitigen 
Induktionen  zwischen  den  verschiedenen  Win- 
dungen vorhersehen  lässt. 

Eine  derartige  Lokalisierung  beeinflusst  auch 
die  Selbstinduktion;  aber  —  wie  uns  eigens  zum 
Zweck  unternommene  Versuche  gezeigt  haben 
—  gegenüber  dem  Einfluss,  den  wir  für  den 
Widerstand  verzeichnet  haben,  ist  dieser  Faktor 
unerheblich.  Aus  allem  diesem  geht  also  her- 
vor, dass  man  die  wirkliche  Grösse  des  Wider- 
standes unserer  Spiralen  für  eine  gegebene 
Periode  T  erhält,  wenn  man  die  Grösse  des 
Widerstandes  ^V  ^^^  ^^^  derselben  Periode 
der  geradlinig  gestrecke  Draht  aufweisen  würde, 

mit  dem  Verhältnis    -.  das  wir,  wie  oben  fest- 
et 
gestellt,    experimentell  bestimmt  haben,    multi- 
pliziert. 

E.  Selbstinduktion.   Die  theoretische  Be- 


handlung in  Bezug  auf  Wechselströme  ist  auch 
für  die  Selbstinduktion  nur  für  einige  Formen 
von  ebenen  Stromkreisen  aufgenommen  worden; 
es  fehlt  vollständig  an  Berechnungen  für  spira- 
lisch aufgerollte  Stromkreise,  auf  welche  man 
weder  die  Maxwellsche  Methode^)  von  dfer 
mittleren  geometrischen  Entfernung,  noch  die 
Verfahren  von  Rayleigh^)  und  von  Stefan^) 
anwenden  kann. 

Will  man  nun  auch  diesen  Faktor  mit  der 
nötigen  Genauigkeit  berücksichtigen,  so  muss 
man  bei  den  auf  die  Messung  der  Periode  bezüg- 
lichen Versuchen  folgende  Stromkreise  benutzen, 
bei  denen  die  theoretische  Grösse  der  Selbst- 
induktion bekannt  ist: 

a)  Quadrat  aus  Kupferdraht:  Radius  des 
Drahtdurchschnittes  0,04  cm,  Länge  der  Seite 
398,6  cm. 

b)  Kupferkreise,  die  aus  Draht  mit 
0,226  cm  Radius  hergestelt  sind: 

No.   I  Durchmesser  des  Kreises  201   cm 

Die  Drähte,  aus  denen  diese  Stromkreise 
zusammengestellt  sind,  werden  auf  geeignete  Holz- 
rahmen aufgespannt,  und  so  entfernt  wie  mög- 
lich von  den  Wänden,  dem  Fussboden  und 
jedem  anderen  leitenden  Körper  aufgestellt. 

Die  Formel  nun,  die  Rayleigh  (1.  c.)  fiir  die 
die  Selbstinduktion  L^  giebt,  welche  ein  ebener 
Stromkreis  von  der  Länge  C  und  vom  Wider- 
stände R  bei  Strömen  hoher  Frequenz  besitzt, 
kann  man  auf  die  Form  bringen: 


c) 


2  \         ^    Jtn/ r 


Lq  ist  die  Selbstinduktion,  die  der  nämliche 
Stromkreis  bei  kontinuierlichen  Strömen  hat. 
Für  die  verschiedenen  oben  genannten  Strom- 
kreise ergiebt  sich  die  Grösse  von  Zo  aus  den 
Formeln  in  einer  Mascartschen*)  Abhandlung, 
aus  denen  man,  durch  einfache  algebraische 
Operationen  folgendes  erhält: 

fiir  ein  Quadrat   vom  Umfange  /: 

Zft  =  2/!/ 


2) 


( ^^^^ 


1,9103 


für  einen  Kreis  mit  dem  Radius  a: 


3)  LQ=^jta(^Uor.-^  —  i,75y, 

r  bezeichnet  den  Radius  des  Drahtes. 

Diese  Grössen,  welche  M.  Wien^)  bis  auf 
0,1  Proz.  übereinstimmend  mit  denjenigen  fand, 
die  er  selbst  durch  genaue  Messungen  erhalten 
hatte,  gestatten  uns,  wenn  wir  sie  in  (i)  ein- 
setzen, die  Selbstinduktion  zu  berechnen,  welche 

i)  Vgl.  M.  Wien,  Wied.  Ann.  63,  928,   1894. 

2)  Phil.  Mag.  (5)  21,  381,   1886. 

3)  Wied.  Ann.  41,  400  u.  421,   1890. 

4)  Elektr.  ct.  Magn.  Vol.  1,  630  u.  633,   II.  Edit. 

5)  Wied.  Ann.  63,  928,  1894. 


546 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


die  genannten  Stromkreise  bei  jeder  Entladungs- 
periode, deren  Funken  wir  photographiert  haben, 
besitzen. 

Auf  diese  Weise  haben  wir  folgende  Grössen 
erhalten: 

Für  das  Quadrat  aus  Kupferdraht: 


.-6 


T  4,25  X  10-^     3,03  X  10 
Z  *      27  390  cm  27  3 29  cm. 

Für  den  Kreis  No.   i 
T   2,35  X  10-^       1,67  X  10-®       1,20  X  10-^ 
Z*       7829  cm  7824  cm  7810  cm, 

Für  den  Kreis  No.  2 
T    0,7  X  10-^ 
O     1768  cm. 

Wir  benutzten  auch  zwei  Spiralen;  eine,  A, 
war  auf  Ebonit  gewickelt,  hatte  485  Windungen 
von  0,08  cm  dickem  Kupferdraht:  die  andere, 
B,  war  mit  283  Windungen  die  auf  eine  Länge 
von  85  cm  verteilt  waren,  auf  einen  98  cm 
langen,  23,821  cm  im  Durchmesser  dicken  Mar- 
morcylinder  gewickelt.  Der  Kupferdraht  war 
1,435  ™ni  ^ick.  Für  diese  Spiralen  haben  wir 
nach  der  Methode  von  Nernst  folgende  Grössen 
festgestellt: 

Spirale  A\  Spirale  B\ 

^*  =  57230  /.'  =  4546000 
Zu  den  obengenannten  Grössen  muss  man 
übrigens  stets  die  Grössen  der  Selbstinduktion 
der  Stromleiter  zwischen  Kondensator  und  Fun- 
kenmesser hinzurechnen.  Für  solche  Stromleiter 
—  die  entweder  Messingröhren  oder  Kupfer- 
platten sind,  erhält  man  bei  Anwendung  der 
von  Wien  (1.  c.)  gegebenen  Formeln  folgende 
Grössen: 

bei  Messingröhren 
I>änge  in  Centimetern:         90         80         71 
^*      M  „  762       658       567 

bei  einer  20  cm  langen  Kupferplatte,  Z.  *  =  103  cm. 

Sowohl  bei  den  obengenannten  Spiralen  A 
und  /?,  wie  auch  bei  denen  der  Kalorimeter 
No.  I,  2,  3  haben  wir  die  Selbstinduktion  durch 
Vergleich  mit  der  Selbstinduktion  von  theore- 
tisch berechenbaren  Stromkreisen  festgestellt, 
wobei  wir  uns  des  Nernstschen*)  Differential- 
Erregers  bedienten,  wir  änderten  denselben 
etwas  ab,  um  das  Gleichgewicht  in  der  Mitte 
zu  erhalten,  indem  wir  die  beiden  Kapazitäten 
konstant  hielten  und  eine  der  beiden  Selbst- 
induktionen veränderten.  Die  veränderliche 
Selbstinduktion  bestand  aus  einer  Spirale  aus 
Kupferdraht,  von  der  man  eine  beliebige  An- 
zahl von  Windungen  bei  den  Versuchen  ver- 
wenden konnte. 

Auf  Fig.  6  bedeutet  L^  die  Spirale,  Z,  den 
zum  Vergleich  benutzten  Stromkreis,  C,  und  C^ 
zwei    Kondensatoren,    R   den  Prüfer,    der   aus 

I)  Wied.  Ann.  60,  600,  1897. 


B 


einer  mit  verdünnter  Luft  gefüllten  Röhre  mit 
äusseren  Elektroden  besteht. 

Verbindet  man  nun  die  Punkte  C  und  D 
mit  den  Elektroden  eines  Funkenmessers  und  mit 
den  Polen  eines  Ruhmkorff,  so  kann  man  durch 
den  Differential-Erreger  Ströme  hindurchgehen 
lassen,  die  an  Frequenz  den  von  uns  photo- 
graphierten  Funken  nahekommen.  E^  ist  be- 
kannt, dass  die  Strahlung  im  Röhrchen  R  minimal 
ist,  wenn  L^C^  '=^  L^C^.  Ist  diese  Bedingung 
erfüllt,  so  kann  man  die  Selbstinduktion  L^  der 
Spirale  proportional  der  Anzahl  «0  der  be- 
nutzten Windungen  annehmen,  weshalb,  wenn 
K  die  Proportionalitätskonstante  ist, 

Z»!  c\  =  Kn^  Cj . 

Ist  dies  geschehen,  so  ersetzt  man  den  Draht 
mit  der  bekannten  Selbstinduktion  L  durch  die 
Spirale,  deren  Selbstinduktion  x  gefunden  wer- 
den soll;  beträgt  nun  die  Anzahl  von  Win- 
dungen, die  nötig  sind,  um  ein  Minimum  von 
Strahlung  herzustellen,  «,  so  erhält  man: 


und  daher 


X  C\  ^=  K  n  C^t 


n 


x=       Li. 

»0 


Da  die  von  uns  benutzten  Kondensatoren 
C|  und  C2  einander  möglichst  gleich  waren, 
und  da  wir  die  verschiedenen  Teile  des  Strom- 
kreises mit  der  grössten  Sorgfalt  vor  gegen- 
seitigen und  vor  äusseren  elektrostatischen  Ein- 
flüssen behütet  haben,  erreichten  wir  eine 
Genauigkeit,  bei  der  wir  den  aktiven  Abschnitt 
von  L2  (der  gewöhnlich  aus  70  bis  350  Win- 
dungen bestand)  nur  um  eine  einzige  Windung 
zu  verändern  brauchten,  um  das  Gleichgewicht 
wesentlich  zu  alterieren. 

Wir  fanden  auf  diesem  Wege  für  die  Selbst- 
induktion, welche  bei  Strömen  von  hoher  Fre- 
quenz die  von  uns  benutzten  Stromkreise,  die 
die  Kalorimeter  darstellen,  besitzen,  folgende 
Grössen : 

Spirale  No.        i  2  3     Draht  No.  4 

Lern       29470     74140     17460       3669. 

(Aus  dem  Itnlieuischen  übersetzt  von  H.  Rhumbler.) 

(Gingegaogen  15.  Juni  1902.) 


Physikalische  Zeitschrift. 

Ober   die   Dimensionen   der   Gebilde    an   der 

Kathode. 

Von  Nicolaus  Hehl.  0 

(Aus  dem  Physikalischen  Institute  der  Universität  Erlangen.) 

Um  die  Kathode  lagert  sich  eine  Reihe  von 
Gebilden,  die  von  E.  Goldstein  als  erste, 
zweite  und  dritte  Kathodenschicht  bezeichnet 
worden  sind.  Sie  entsprechen  den  Kanalstrahlen, 
dem  Hittorfschen  dunklen  Räume  und  der 
negativen  Glimmlichtschicht.  Um  die  Erschei- 
nungen unter  recht  einfachen  Verhältnissen  zu 
untersuchen,  bringt  man  die  Kathoden  in  eine 
sehr  grosse  Flasche,  so  dass  die  Wände  des 
Entladungsraumes  möglichst  ohne  Einfluss  sind, 
und  benutzt  als  Stromquelle  eine  Hochspannungs- 
batterie. 

Einige,  freilich  nicht  sehr  eingehende  Mes- 
sungen über  die  Dimensionen  der  erwähnten 
Gebilde  hat  W.  Hittorf^)  in  seinen  klassischen 
Arbeiten  über  Entladungen  mitgeteilt.  Er  fand, 
dass  mit  Zunahme  der  Stromstärke  sich  das 
Glimmlicht  stetig  über  eine  immer  grössere 
Fläche  der  Kathode  ausdehnt.  Solange  dies 
möglich  ist,  bleibt  seine  Dicke,  sowie  die  Span- 
nungsdifferenz  zwischen  ihm  und  der  Kathode 
so  gut  wie  konstant.  Sobald  aber  die  ganze 
Kathode  bedeckt  ist.  flutet  es  mit  wachsender 
Stromstärke  geradlinig  weiter,  und  gleichzeitig 
wächst  die  Spannungsdiflerenz.  Hittorfs  An- 
gabe, dass  in  letzterem  Falle  der  dunkle  Raum 
wächst,  konnte  nicht  bestätigt  werden.  Bei  der 
hohen  Bedeutung  der  Vorgänge  an  der  Kathode 
für  die  Entladungserscheinungen  habe  ich  auf 
Veranlassung  von  Herrn  Prof.  Dr.  E.  Wiede- 
mann  eine  Reihe  von  Messungen  über  die 
Dimensionen  der  Kathodengebilde  bei  konstanten 
Strömen  angestellt. 

Versuchsanordnung.  Als  Entladungs- 
raum dienten  zwei  grosse,  etwas  abgeänderte 
Wulffsche  Flaschen.  Sie  haben  eine  Gesamt- 
höhe von  25  cm  und  einen  Durchmesser  von 
15  cm.  Als  Kathoden  wurden  Aluminium- 
drähte und  -bleche  in  den  folgenden  Stärken 
verwendet:  Drähte  von  i,  2,  3  und  4mm  Durch- 
messer, Bleche  in  den  Grössen  0,2x20x120  mm 
und  4x:20xi20  mm.  Einige  Versuche  wurden 
mit  einem  Platindraht  von  2  mm  Durchmesser 
und  120  mm  Länge  und  einem  Graphitstab 
von  denselben  Dimensionen  ausgeführt. 

l)  Auszug  aus  einer  Erlanger  Dissertation,  in  der  die 
Einzelheiten  der  Apparatbeschreibung,  die  zahlreichen  Mes- 
sungsreihen, von  denen  hier  nur  eine  kleine  Anzahl  gegeben 
ist,  nachzusehen  sind.  Die  zur  Promotion  am  24.  April  1901 
verwandte  Dissertation  ist  im  Mai  1901  gedruckt  worden,  also 
längere  Zeit  vor  dem  Erscheinen  der  Arbeit  von  J.  Stark 
(diese  Zeitschrift  3,  88,  1901),  die  ähnliche  Fragen  behandelt. 
Einzelne  sinnentstellende  Druckfehler  der  Dissertation  sind 
im  vorstehenden  Auszuge  berichtigt. 

2)  Poggendorfs  Anualen  136,  12,  1860. 


3.  Jahrgang.     No.  23. 


547 


AlsStromqu  eile  diente  eine  Akkumulatoren- 
batterie von  1600  Zellen,  deren  Strom  durch 
Widerstände  von  Jodkadmiumlösungen  in  Amyl- 
alkohol reguliert  werden  konnte.  Zu  den  elek- 
trischen Messungen  dienten  als  Strommesser 
ein  Siemenssches  Torsfonsgalvanometer,  als 
Spannungsmesser  verschiedene  Braun  sehe 
Elektrometer  und  ein  Lord  Kelvinsches  Multi- 
cellular- Voltmeter. 

Zur  Bestimmung  der  Längen  des 
Glimmlichtes,  der  Dimensionen  des 
dunklen  Raumes  und  der  Länge  der 
Glimmlichtstrahlen  war  in  etwa  2  m  Ent- 
fernung ein  ziemlich  stark  vergrösserndes  Be- 
obachtungsfernrohr aufgestellt.  Vor  seinem 
Objektiv  war  ein  gegen  seine  Achse  um  45® 
geneigter  Spiegel  angebracht,  der  dasselbe  zur 
Hälfte  bedeckte.  Dieser  warf  das  von  einer 
beleuchteten  Skala  kommende  Licht  in  das 
Fernrohr.  Da  die  Skala  und  die  Kathode  in 
gleichem  Abstände  vom  Fernrohr  sich  befanden, 
so  erschienen  sie  bei  der  gleichen  Einstellung 
desselben  scharf. 

Zur  Bestimmung  der  relativen  opti- 
schenlntensitäten  des  Glimmlichtes  diente 
dessen  photochemische  Wirkung.  Hierzu  wurde 
eine  Schiebekassette  benützt,  wie  sie  bei  Spek- 
tralapparaten angewendet  wird.  *)  Ferner  war 
die  ganze  Einrichtung  so  angeordnet,  dass  ab- 
wechselnd das  Glimmlicht  an  der  einen  oder 
anderen  Kathode  der  beiden  Flaschen  die 
Platte  resp.  einen  Streifen  der  Platte  belich- 
tete. Dies  hatte  den  Vorteil,  dass  die  Intensi- 
täten des  Glimmlichtes  an  verschieden  dicken 
Kathoden  auf  einer  Platte  fixiert  werden 
konnten.  Die  Untersuchung  der  Schwärzungen 
der  Platte  geschah  mittels  eines  Mar tens sehen 
Photometers.  2)  Dabei  wurden  die  Schwärzungen 
auf  den  zu  vergleichenden  Streifen  durch  pas- 
sende Wahl  der  Expositionszeiten  gleich  ge- 
macht, das  heisst:  eine  geringere  Intensität 
wurde  durch  eine  längere  Exposition  kom- 
pensiert. 

In  den  im  folgenden  erhaltenen  Tabellen 
wurden  stets  folgende  Bezeichnungen  ange- 
wendet: 

V  =  Potentialdifferenz  zwischen  Anode  und 
Kathode  in  Volt. 

/  =  Druck  in  Millimeter-Quecksilber. 

de  =  Länge  der  Kanalstrahlen  in  Millimetern. 

ää=  Dicke  des  Hittorfschen  dunklen 
Raumes  in  Millimetern. 

iw  =  Stromstärke  in  Milliampere. 

/w  =  Länge  des  Glimmlichtes  in  Millimetern. 

Die  Untersuchungen  erstreckten  sich  auf 
folgende  Gegenstände: 

I.  Abhängigkeit  der  Potentialdiffe- 
renzen    zwischen    Kathode    und    Anode 

i)  Vergl.   J.  S.  Acworth,   Wicd.  Ann.  42,  371,  1891. 
2)  Vgl.  diese  Zeitschr.  1,  299,  1900. 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


vom  Drucke  bei  nicht  ganz  bedeckter 
Kathode. 

Die  Stromstärke  wurde  jeweils  so  reguliert, 
dass  nur  ein  kleiner  Theil  der  Kathode  von 
Glimmlicht  bedeckt  war.  Es  war  für  verschie- 
denen Druck  /  das  Entladungspotential  v,  das 
sehr  nahe  gleich  dem  Kathonenfall  ist. 

p  8,25  5,19  3,30  2,16,  1,33  0,95,  0,60  0,39  0,35  0,24  0.15 
V  400  410  370  360  360   360  370   370   380   380   370 

bei  /  =  0,12  reichten  die  Widerstände  nicht 
mehr  aus,  um  den  Strom  so  weit  zu  schwächen, 
dass  die  Kathode  nur  teilweise  bedeckt  war. 
Das  Potential  stieg  auf  430  Volt. 

Die  angestellten  Messungen  ergeben,  dass 
das  Entladungspotential,  solange  die  Ka 
thode  nur  auf  einem  kleinen  Teil  bedeckt 
ist,  so  gut  wie  konstant  bleibt.  Bei  einer 
R  eihe  von  Versuchen  war  in  das  negative  Glimm- 
licht eine  Sonde  eingeführt.  Es  wurde  der 
Kathodenfall  bei  verschiedenen  Strom- 
stärken, d.  h.  bei  verschieden  grosser 
Bedeckung  der  Kathode  mit  Glimmlicht, 
bestimmt.  Die  Sonde  befand  sich  in  der 
Nähe  des  Kathodenendes.  Dabei  ergab  sich, 
dass  der  Kathodenfall  von  den  Längen 
des  Glimmlichtes,  welche  die  Kathode 
bedecken,  abhängig  war,  und  zwar  war 
es  um  so  grösser,  je  weiter  die  Bedeckung 
sich  erstreckte.  Bei  einem  Drucke  von 
/  =  5,7  mm  änderte  sich  das  Gefälle  um  etwa 
100  Volt,  wenn  das  Glimmlicht  sich  von  2  bis 
10  cm  ausdehnte.  Bei  einem  niederen  Drucke 
von  /  =  2  mm  betrug  die  entsprechende  Än- 
derung ca.  20  Volt.  Der  Grund  für  diese  Er- 
scheinung liegt  darin,  dass  bei  einer  zur  Erde 
abgeleiteten  und  bis  zum  Punkte  d  mit  Glimm- 
licht bedeckten  Kathode  das  Potential  im  Punkte/^ 
im  Glimmlicht  gleich  dem  normalen  Kathoden- 
fall ist,  im  Punkte  a  dagegen,  der  dem  Ende 
der  Kathode  gegenüberliegt,  ist  im  Glimmlicht 
das  Potential  gleich  der  Summe  der  Potential- 
diflferenz  in  dem  von  a  nach  ^  fliessenden 
Strome  und  des  Kathodenfalles  bei  d.  Infolge 
des  höheren  Potentials  in  a  ist  wahrscheinlich 
hier  die  Intensität  des  in  die  Kathode  ein- 
tretenden Stromes  etwas  grösserals  in  6, 


a 


2.  Abhängigkeit  der  vom  Glimmlichte 
bedeckten  Elektrodenfläche  von  der 
Stromstärke  und  Einfluss  der  Gestalt 
der  Elektroden  hierauf  bei  konstantem 
Drucke. 

Zu  untersuchen  war,  ob  bei  verschieden 
gestalteten,  nicht  ganz  mit  Glimmlicht  bedeckten 
Kathoden  bei  gleichem  Drucke  die  Stromdichte 
die  gleiche  ist,  bezw.  die  vom  Glimmlicht  be- 
deckte Fläche  der  Stromstärke  proportional 
ist.     Vorausgesetzt  ist,   dass  allein  das  Glimm- 


licht Strom  zur  Kathode  fuhrt.  Zu  diesen  Ver- 
suchen waren  2  Flaschen  aufgestellt,  wie  sie 
oben  beschrieben  sind.  In  der  einen  war  ein 
Draht  von  2  mm  Dicke,  in  der  anderen  ein 
solcher  von  i  mm  als  Kathode  angebracht. 
Die  Längen  derselben  betrugen  100  mm.  Als 
Gas  wurde  reiner  Stickstoff  verwandt.  Pumpen 
und  Flaschen  wurden  mehrmals  damit  ausge- 
spült. Zur  Ablesung  der  Längen  diente  die 
oben  beschriebene  Anordnung  mittels  einer 
durch  Spiegel  reflektierten  Skala.  Die  folgen- 
den Tabellen  enthalten  zunächst  Beobachtungen 
an  verschieden  dicken  Drähten.  Ist  der  oben 
aufgestellte  Satz  richtig,  so  müssen  die  bei 
Drähten  von    dem   Radius  r  gefundenen  Werte 

von    '    den    Radien    proportional    sein,    d.   h. 

» 

.  -  gleich  einer  Konstanten,   und  es  muss  die 

die  Stromdichte  ,   ebenfalls    gleich    einer 

Konstanten  C  sein.  Ist  die  Stromdichte  eine 
Konstante,  so  geht  bei  gleichem  Drucke  stets 
durch  gleiche  Flächen  gleichviel  Strom.    In  der 

Tabelle   ist    die    Stromdichte ,=  C  be- 

2Jrr./ 

rechnet,  wobei  r|  und  r2  die  Radien  der  be- 
deckten Drähte  sind,  und  zwar  ist,  da  die 
Intensitäten  in  Milliampere,  die  Längen  und 
Querschnitte  in  Millimetern  gemessen  sind,  die 
Stromdichte  gegeben  in  Milliampere  pro  Qua- 
dratmillimeter. 

^2  C 

1,0  0,0174 

1,5  0,0195 

2,0  0,0223 

Blech  von 

2,41         i.o  0,0178        0,2x8  0,0176 

1,82  1,0  0,0122  0,2X20  0,0122 

1,5  1,0  0,0120  4x4  0,0116 

Aus  diesen  und  zahlreichen  anderen  Ver- 
suchen an  Drähten  und  Platten  folgt,  dass 
I.  die  Länge  des  Glimmlichtes  bei  dem- 
selben Draht  direkt  proportional  der 
Stromstärke  ist,  daraus  folgt  aber,  dass 
bei  nicht  ganz  bedeckter  Elektrode  die 
Stromdichte  unabhängig  von  der  Grösse 
der  Bedeckung  ist,  2.  dass  gleichgültig, 
ob  man  es  mit  Platten  oder  Drähten  zu 
thun  hat,  bei  konstantem  Drucke  die 
Stromdichte  die  gleiche  ist.  Es  ergiebt 
sich  daher 

',-c. 

worin  F  die  mit  Glimmlicht  bedeckte  Fläche  ist. 
3.  Abhängigkeit   der   vom   Glimmlicht 
bedeckten  Fläche  bei  konstanter  Strom- 
stärke vom  Drucke. 


/ 

V\ 

C 

2.4 

0,5 

0,0175 

2.7 

1,0 

0,0190 

2,86 

1,5 

0,0221 

Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


549 


Zu  diesen  Messungen  war  eine  Flasche  auf- 
gestellt. Als  Kathode  diente  ein  2  mm  dicker 
Aluminiumdraht.     Die  nachfolgenden   Tabellen 

(S.    190)  geben  die  Werte  /,  /,  und    .  bei    ver- 
schiedenem Drucke  an,  desgleichen  die  Grösse 

i.p 


tw 


'       II.8 
22 

23 

I       '^ 

'       21 

15.5 
30 

'5 
24 

Sämtliche 
ergaben      ' 


7.3 

2.86 
076 

7.5" 
41 
24 
i.i 

5-74 
370 
2.86 


tiu 


3.9 
3.0 
0.8 


I 

/ 


0.331 

0.137 
0.035 


51 
4.0 

1.72 

i.6_ 

4.0 

4.15 
4.3 


0.364 
0.190 

O.III 

of533 
0.267 
0.172 
0.138 

in 


0.0454 

0.0477 
00460 

0.0486 
0.0464 
0.0462 
0.0482 


I  0.0464 
I  0.0462 
I      0.0480 

Stickstoff 


/  .  / 


Beobachtungen 
V  gleich  einer  Konstanten,   d.  h. 


die  Stromdichte  ist  direkt  proportional 
dem  Drucke.  Da  der  zu  den  Messungen  be- 
nutzte Draht  die  Dicke  von  2  mm  hatte,  so  ist 
die  auf  die  Flächeneinheit  bezogene  Konstante 

K  =  -= —  =  0,0073 1   Milliampere. 

r  '  p 

Wir  können  daher  den  obigen  Ausdruck 
und  die  ihm  entsprechende  Konstante  als  die- 
jenige auffassen,  welche  die  Beziehungen  zwischen 
Stromstärke,  Druck  und  bedeckter  Fläche  all- 
gemein bei  Aluminiumkathoden  in  Stick- 
stoff bestimmt. 

Diese  Abhängigkeit  zwischenDruck  und  Strom- 
dichte ist  aber  nicht  für  alle  Gase  allgemein 
gültig,  wir  werden  vielmehr   beim   Wasserstoff 

sehen,   dass  bei  diesem  -       .,  =  Kx  einer  Kon- 

stanten  ist,    oder  allgemein,    dass  bei  verschie- 

denen  Gasen  77-—   =  Kn  ist,    worin  n  und  Kn 

F-p*" 

Konstanten    sind,    die   von    der  Art  des  Gases 

abhängen. 

4.  Dicke  der  Kanalstrahlenschicht,  des 
dunklen  Raumes  und  der  negativen 
Glimmlicht  Schicht  bei  verschiedenem 
Drucke,  solange  die  Kathode  nicht  ganz 
bedeckt  ist. 

Die  Resultate  der  Beobachtung  sind  in  den 
folgenden   Tabellen    und    Kurven    niedergelegt. 


/= 

3.5 

2.19 

V  >= 

400 

410 

de=' 

0.3 

0.45 

dh== 

0.8 

1.2 

dg-^ 

1-5 

2.2 

dc.p 

1.02 

0.99 

dh.p 

2.80 

2.63 

dg.p 

5-25 

4.81 

I.I4 

380 
08 

2.1 
4.8 
0.91 

2.39 

5-47 


0.75 
380 

I.I 

30 

6.8 

083 

2.25 

5.10 


0.51 

400 

1.6 

4.8 

9.6 

0.82 

245 
4.89 


0.37 
400 

2.2 

68 
13  2 
0.82 
2.52 
4.88 


0.25 
410 

32 
9.4 

19 
0.8 

2.35 
4.76 


Mittel 
0.9 
2.45 
5.00 


Da  vorläufige  Rechnungen  ergeben  haben,  dass 
das  Produkt /•  ^/  für  Stickstoff  in  allen 
Fällen  gleich  einer  Konstanten  Ä  ist, 
so  sind  in  den  Tabellen  stets  diese  Produkte 
beigefugt.  Bei  höheren  Drucken,  bei  denen  über- 
haupt  nur  eine  Messung  an  den  Drähten  möglich 
ist,  wurde  gefunden,  dass  die  Dimensionen  aller 
Kathodengebilde  von  der  Form  der  Kathode 
unabhängig  sind.  Dasselbe  wird  wahrschein- 
lich auch  bei  tiefem  Drucke  gelten.  Da,  wie 
aus  der  Tabelle  hervorgeht,  d  •  /  gleich  einer 
Konstanten  ist,  so  ergiebt  sich  hieraus  und  aus 
anderen  nicht  mitgeteilten  Beobachtungen :  Die 
Dicken  de,  dh,  dg  sind  bei  Drähten  und 
Blechen  gleichgross,  sie  sind  umgekehrt 
proportional  dem  Drucke.  Aus  der  rela- 
tiven  Grösse  ersieht  man,  dass  dg  - p  am 
grössten  ist,  d.  h.  bei  abnehmendem 
Drucke  dehnt  sich  das  Glimmlicht  am 
schnellsten  aus.  Aus  den  Beobachtungs- 
reihen geht  hervor,  dass  bei  Stickstoff 
sowohl  die  Dimensionen  der  Kanal- 
strahlen, wie  des  dunklen  Raumes  und 
der  negativen  Glimmlichtschicht  den- 
selben Gesetzen  gehorchen  und  umge- 
kehrt proportional  dem  Drucke  sind. 

d '  p  =  ^. 

Wir  werden  weiter  unten  sehen,  dass  diese 
Verhältnisse  sich  bei  Wasserstoff  anders  ge- 
stalten. 

5.  Abhängigkeit  derselben  Grössen 
vom  Drucke,  wenn  die  Kathode  ganz  be- 
deckt ist. 

Steigert  man  durch  Verminderung  des  Wider- 
Standes  die  Stromstärke,  so  bleibt,  wie  erwähnt, 
die  Dicke  des  Glimmlichtgebildes  zunächst  kon- 
stant. Von  dem  Augenblicke  an,  wo  die 
Kathode  ganz  bedeckt  ist,  wächst  das  Po- 
tential. Gleichzeitig  zieht  sich  der  innerste 
hellste  Teil  der  Glimmlichtschicht  etwas  zu- 
sammen und  der  dunkle  Raum  wird  kleiner, 
während  die  diffusen  Glimmlichtstrahlen  an 
Grösse  zunehmen,  jedoch  keine  scharfe  Grenze 
zeigen.  Die  folgende  Tabelle  enthält  die 
verschiedenen  Dicken  de,  dh  der  einzelnen 
Glimmlichtgebilde  bei  konstantem  Drucke,  die 
Stromstärke  /  und  Spannung  i\  Hierbei  zeigt 
sich  eine  Zusammenpressung  des  dunklen  Hit- 
torfschen  Raumes  mit  wachsender  Stromstärke 
sehr  deutlich.  Dieselbe  mag  ihre  Ursache  in 
der  Rückwirkung  der  starken  Ausdehnung  des 
Glimmlichtes  auf  den  dunklen  Raum  haben. 
Die  Spannung  wächst  nahezu  propor- 
tional mit  der  Stromstärke,  wie  dies  auch 
schon  von  G.  Schmidt  gefunden  worden  ist. 
Die  Länge  der  Kanalstrahlen  scheint  erst 
schneller,  dann  langsamer  mit  wachsen- 
der Stromstärke  zu  wachsen. 

p  =  0,25  mm  Hg, 


550 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


de. 

'.5 

'.7 

t,8 

2 

2,1 

2,2 

2,6 

dk. 

9 

7fi 

7 

6,7 

6.3 

6 

5.7 

t. 

20 

21,5 

22,7 

24 

26,5 

30 

33.5 

V. 

320 

360 

400 

440 

5CX) 

600 

700. 

Die  Dicke  des  dunklen  Raumes  sinkt 
erst  schnell,  um  sich  dann  asymptotisch 
einem  Minimum  zu  nähern. 

6.  Abhängigkeit  der  optischen  Inten- 
sität des  Glimmlichtes  von  Stromstärke 
und  Druck  bei  nicht  ganz  bedeckter  Ka- 
thode. 

Das  Resultat,  dass  bei  Stickstoff  und  einer 
Aluminiumkathode  die  Stromdichte  bei  nicht 
ganz  bedeckten  Kathoden  konstant  und  um- 
gekehrt proportional  dem  Drucke  ist,  und  dass 
ferner  der  Kathodenfall  proportional  der  Strom- 
stärke bei  ganz  bedeckter  Kathode  wächst, 
Hessen  vermuten,  dass  zwischen  denselben 
Grössen  und  der  optischen  Intensität  des  von 
dem  Glimmlicht  ausgehenden  Lichtes  ein  Zu- 
sammenhang bestehe.  Es  wurden  daher  die 
Intensitäten  des  Glimmlichtes  durch  ihre  photo- 
chemischen Wirkungen  bestimmt.  Die  Strom- 
stärke wurde  konstant  erhalten,  während  der 
Druck  variiert  wurde.  Es  zeigte  sich,  dass  bei 
verschiedenen  Drucken,  aber  gleicher 
Stromstärke  die  Intensität  des  ganzen 
Glimmlichtes  konstant  war,  solange  das 
Glimmlicht  die  Kathode  nicht  ganz  be- 
deckte. 

Die  Versuche  wurden  angestellt  bei  dem 
Drucke 

/=5i5;  3»3;  2,1;  1,28;  0,8;  0,54;  0,4. 

Die  Schwärzungen  aller  Streifen  waren  gleich. 
Daraus  folgt: 

Die  Intensität  des  Glimmlichtes  pro 
Stromeinheit  bleibt  bei  allen  Drucken 
konstant,  solange  die  Kathode  nicht  ganz 
bedeckt  ist. 

Um  die  Abhängigkeit  von  Stromstärke  und 
Intensität  bei  konstantem  Drucke  zu  bestimmen, 
wurden  die  Aufnahmen  bei  variabler  Strom- 
stärke gemacht.  Die  Kathode  war  in  allen 
Fällen  nicht  ganz  bedeckt.  Photographiert  wurde 
bei  verschiedener  Belichtungsdauer,  und  zwar 
so,  dass  bei  doppelter  Stromstärke  die  halbe 
Belichtungsdauer  angewandt  wurde. 
/  =  2,4  mm 

/  =  51,  52,  54,  58,  (>6,  82 
sec  =^  \(>     %      4      21      \. 

Die  Untersuchungen  der  Schwärzungen  er- 
gaben gleiche  Schwärzung  bei  allen  Streifen. 

Bei  einem  zweiten  Versuche  wurden  zwei 
Flaschen  mit  verschieden  dicken  Elektroden 
verwendet,  und  zwar  mit  einem  i  mm  und 
einem  3  mm  dicken  Aluminiumdraht.  Auch 
hierbei  wurde  auf  konstante  Stromstärke  ein- 
reguliert und  abwechselnd  das  Glimmlicht  der 
einen  und  der  anderen  nicht  ganz  bedeckten 
Kathode  photographiert. 


i)        3  mm  2)  I   mm 

/  =  6       „  /  =  40      „  sec  6 

/  =  3       »  /  =  40     „  „6 

/  =  1,25  „  /  =  40     „  „    6 

Die  Untersuchung  ergab  gleiche  Schwärzung. 

Die  Gesamtintensität  des  ausge- 
sandten Lichtes  ist  bei  nicht  völlig  be- 
deckter Kathode  bei  gleicher  Strom- 
stärke vom  Drucke  unabhängig;  da  aber 
die  Stromdichte  proportional  demDrucke 
ist,  so  folgt,  dass  die  Intensitäten  des 
Glimmlichtes  pro  Flächeneinheit  der  Ka- 
thode proportional  den  Strom  dichten  sind. 

Nach  allen  früheren  Beobachtungen  ist  der 
Kathodenfall  unabhängig  vom  Drucke.  Bleibt 
bei  verschiedenem  Drucke  die  Strominten- 
sität die  gleiche,  so  ist  auch  die  an  der 
Kathode  geleistete  Arbeit  dieselbe.  Aus  den 
Versuchen  folgt,  dass  die  Intensität  des  Glimm- 
lichtes die  gleiche  ist.  Demnach  würde  stets 
ein  gleicher  Bruchteil  von  Arbeit  in  sicht- 
bare Glimmlichtstrahlung  umgewandelt  werden. 
Nach  E.  Goldstein  soll  das  Glimmlicht  von 
diffus  zerstreuten  Kathodenstrahlen  herrühren. 
Ist  das  richtig,  so  würde  aus  obigen  Versuchen 
folgen,  dass  unabhängig  vom  Drucke  pro 
Stromeinheit  ein  gleicher  Bruchteil  von 
Arbeit  in  Kathodenstrahlenenergie  um- 
gesetzt wird.  Bei  höherem  Drucke  wird  der- 
selbe in  nächster  Nähe  der  Kathode,  bei  tiefem 
Drucke  in  einem  grösseren  Volumen  des  Gases 
in  Energie  der  Glimmlichtstrahlen  umgesetzt. 

7.  Untersuchung  der  Beziehungen 
zwischen  /,  i,  p  und  d  bei  verschiedenem 
Kathodenmaterial. 

Um  ein  Urteil  darüber  zu  erhalten,  welchen 
quantitativen  Einfluss  die  Natur  der  Kathoden- 
auf  die  Glimmlichtgebilde  hat,  wurden  einige 
Versuche  mit  Platin-  und  Graphitkathoden  an- 
gestellt.    ALs  Gas  diente  Luft. 

In  der  i.  und  2.  Tabelle  sind  die  Längen 
des  Glimmlichtes  an  Kathoden  aus  Aluminium 
und  Platin  und  die  Abhängigkeit  von  Strom- 
stärke  und    Druck   enthalten.     Gleichzeitig   ist 

i 
das  Produkt  aus    .  •/    angegeben,    in    der    3. 

und   4.    die   Dicken  de  und  du    abhängig    vom 
Drucke. 


Aluminium 


Platin 


6.84 
4.9 

3-7 
2.8 

2.05 

1.56 

1.2 

0.9 


0.182 
0.141 
0.104 
0.078 
o.o$6 
0.043 
0.034 
0.024 


• 

t 

1 

p 

'l.p 

' 

0.0265 

i  6.84 

0.0287 

1  4.9 

0.0282 

3-7 

0.0279 

2.8 

1   0.0273 

2.05 

0.0259 

1.56 

0.0285 

i.a 

0.0265 

0.9 

0.122 

0.133 

0.082 

0.074 

0051 

0.035 

0.022 

0.030 


0.0179 
0.0272 
0.0219 
0.0265 
0.0247 
0.0225 
0.0178 
0.0222 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


55' 


Aluminium 

Platin 

de         dh 

'  V 

de 

dh 

2/ 

0,5     1,5 

400 

I 

2 

430 

0,6     1 ,6 

405 

1,3 

2,3 

430 

1,0    2,1 

410 

1,4 

2,8 

425 

1,3    l^ 

400 

1,9 

3,5 

440 

2,1      4,0 

400 

3,2 

5,7 

435 

t 

4,6 
3,4 

2,5 
1,6 
0,8 

Aus  den  Tabellen  ergiebt  sich,  dass  die- 
selben Beziehungen  zwischen  d  und  /  bei  Alu- 
minium- und  Platinkathoden  herrschen. 

Das  Produkt    -  •  /  ist  auch  bei  Platin  trotz 

der  Unregelmässigkeit  der  Erscheinungen   eine 

Konstante.     Doch  ist  —  bei  Platin  kleiner 

als  bei  Aluminium. 

War  es  schon  bei  Platin  äusserst  schwierig, 
Beobachtungen  anzustellen,  so  war  es  bei  Gra- 
phit unmöglich.  Hierbei  waren  gar  keine  Be- 
grenzungen zu  erzielen,  da  das  Glimmlicht  an 
verschiedenen  Stellen  in  Form  keiner  blauer 
Büschel  auftrat.  Die  Zerstäubung  war  so  stark, 
dass  kleine  hellglühende  Graphitpartikelchen 
von  der  Kathode  zur  Glaswand  hingeschleudert 
wurden.  Das  Glimmlicht  selbst  verteilte  sich 
auf  der  ganzen  Kathode. 

8.  Orientierende  Beobachtungen  über 
die  Beziehungen  zwischen  den  Grössen 
/,  /,  /  und  d  bei  verschiedenen  Gasen. 

Folgende  Beobachtungen  wurden  angestellt, 
um  zu  sehen,  inwieweit  die  Natur  des  Gases 
einen  Einfluss  auf  die  Gebilde  an  der  Kathode 
hat.  Als  Gas  wurde  neben  Stickstoff  Wasser- 
stoff, der  durch  Elektrolyse  hergestellt  war,  ver- 
wendet. 

Aus  den  Tabellen  ergiebt  sich,  dass  auch 
bei  Wasserstoff  bei  konstantem  Drucke,  unab- 
hängig von  der  Stromstärke,  die  Stromdichte 
die  gleiche  ist. 

Druck  /  =  2,7 

i 

I 
0,06 1 9 
0,0625 
0,0579 
0,0582 

i 
Mittel        =  0,0601. 

Stellen  wir  die  für  verschiedene  Drucke  ge- 

fundenen  Stromdichten    -  und  die  aus  ihnen  be- 

b 

t  ' 

rechneten  Werte   _-     und 


ergiebt  sich: 


-  -     una  ,_    -„  zusammen,  so 


yji  =  ^' '  ^'«o  i^  =  ^«  •  /*'• 


/ 

•                                1 

t 

l 

• 

F.p 

• 

t 

2.7 

1.76 

1.14 

0.76 

0.0617 
0.0265 
0.0122 
!      0.00501 

0.00362 
0.00240 
0.00170 
0.00103 

0.00134 
0.00135 
0.00148 
0.00136 

Hieraus  folgt,  dass  bei  Wasserstoff  die 
Stromdichte  nicht  direkt  proportional 
dem  Drucke,  sondern  direkt  proportional 
dem  Quadrate  des  Druckes  ist. 

Die  nächste  Tabelle  giebt  die  Dicken  der 
Kanalstrahlen  des  Hittorfschen  dunklen  Raumes 
und  der  negativen  Glimmlichtschicht  der  Metalle 
Aluminium  und  Platin  an. 


Aluminium 

Platin 

p 

5,6     4,0     2,3 

1,36 

5,6    4,0   2,3     1,36 

de 

0,5      0,5 

dh 

0,8      2,25 

1,9      2 

d. 

2,25  2,8     4,7 

7 

2,8s  3,7   6.5   10,45 

Es  bestehen  daher  nicht  für  alle  Gase  gleiche 
Beziehungen  zwischen  den  verschiedenen  Grössen 
/,  /,  /  und  rf,  sondern  es  würden  sich  dieselben 

nach  der  Formel  _,     pn  =  Kn  ergeben.  Der  Ex- 

r 
ponent  n  von  /  ist  abhängig  von  der  Art  des 
Gases.    Ein  ähnliches  Gesetz  hat  H.  Ebert  für 
die  Dicken  des  dunklen  Raumes   bei  ganz   be- 
deckter Kathode  gefunden. 

Die  Dimensionen  der  Kathodengebilde  sind, 
wie  auch  bereits  oben  hervorgehoben  ist,  bei 
Wasserstoff  wesentlich  grösser  als  bei  Stickstoff. 
Das  Gesetz,  nach  dem  der  dunkle  Raum  bei 
nicht  vollständig  bedeckter  Kathode  sich  aus- 
dehnt, ist 

dp""  =  Ä*. 

Resultate. 

Im  folgenden  sollen  noch  einmal  kurz  die 
für  die  Dimensionen  der  Kathodengebilde  ge- 
fundenen Resultate  zusammengefasst  werden. 
Das  Kathodengefälle  bleibt,  solange  die  Ka- 
thode nur  auf  einem  kleinen  Teile  bedeckt  ist, 
konstant.  Die  Länge  des  Glimmlichtes  ist  direkt 
proportional  der  Stromstärke.  Bei  nicht  ganz 
bedeckter  Kathode  ist  die  Stromdichte  unab- 
hängig von  der  Grösse  der  Bedeckung.  Bei 
nicht  ganz  bedeckter  Kathode  ist  die  Strom- 
dichte bei  Drähten  wie  bei  Platten  bei  kon- 
stantem Druck  die  gleiche.  Der  Quotient  aus 
Stromdichte  und  Druck  ist  bei  Stickstoff  eine 
Konstante,  während  bei  Wasserstoff  der  Quotient 
aus  Stromdichte  und  dem  Quadrate  des  Druckes 
eine  Konstante  ist.  Bei  ganz  bedeckter  Ka- 
thode wächst  die  Spannung  proportional  der 
Zunahme  der  Stromstärke.  Die  Länge  der 
Kanalstrahlen  wächst  erst  schnell,  dann  lang- 
sam, während  die  Dicke  des  Hittorfschen 
dunklen  Raumes  erst  schnell  sinkt,  um  sich  dann 


552 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


asymptotisch  einem  Minimum  zu  nähern.  Die 
Intensität  des  Glimmlichtes  pro  Stromeinheit 
bleibt  bei  Stickstoff"  bei  allen  Drucken  konstant, 
solange  die  Kathode  nicht  ganz  bedeckt  ist. 
An  der  Kathode  wird  wahrscheinlich,  unabhängig 
vom  Drucke,  pro  Stromeinheit  ein  gleicher 
Bruchteil  von  Arbeit  in  Kathodenstrahlenenerg^e 
umgewandelt. 

Die  charakteristischen  Grössen  für  den  Strom- 
übergang an  der  Kathode  dürften  sein:  einmal 
der  Kathodenfall  und  zweitens  die  bei  nicht 
vollständig  bedeckter  Kathode  vorhandene 
Stromdichte.  Ersteres,  der  Kathodenfall,  ist 
nach  allen  bisherigen  Versuchen  unter  normalen 
Verhältnissen  eine  nur  von  der  Natur  des  Gases 
und  der  Kathode  abhängige  Grösse,  die  aber 
unabhängig  vom  Drucke  ist.  Die  zweite  Grösse, 
die  normale  Stromdichte  an  der  Kathode,  ist 
im  allgemeinen  abhängig  vom  Drucke,  der  Natur 
des  Gases  und  der  Kathode.  Sie  ist  bei 
Wasserstoff"  kleiner  als  bei  Stickstoff",  bei  Platin 
und  Graphit  kleiner  als  bei  Aluminium.  Bei 
Stickstoff*  ist  sie  nahezu  proportional  dem  Drucke, 
während  sie  bei  Wasserstoff"  mit  dem  Quadrate 
desselben  steigt. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Werte  für 

die  normale  Stromdichte  -       zusammengestellt, 

wenn  die  Stromdichte  in  Milliampere  und  die 
Längen  in  Millimeter,  sowie  wenn  sie  in  Am- 
pere und  in  Centimeter  gemessen  sind. 


2.nr 


/  mm 


I 


i  Amp. 


znr . l  cm 


iM.-A. 

2nr .  l  mm 


i  Amp. 
2.nr .  /  cm 


7-5 

0.0580 

5.80-8 

4.2 

0.0228 

41 

0.0302 

3.02-8    1 

2.7 

0.0098 

2.4 

0.0176 

1.76-8 

1.76 

0.0042 

i.i 

0.0085 

0.85-8 

0.76 

0.0008 

'    2.28-8 
I    0.98-8 

0.42-3 

0.08-8 

(Eingegangen  31.  Mai  1902.) 


Abhängigkeit  der  Absorption,  welche  Kathoden- 
strahlen in  einem  dünnen  Blättchen  erleiden, 
vom  Entladungspotential. 

Von  W.  Seitz. 

Bekanntlich  nimmt  die  Absorption  von  Ka- 
thodenstrahlen in  Metallblättchen  mit  wachsen- 
dem Entladungspotential,  das  ist  mit  wachsen- 
der Geschwindigkeit  der  Elektronen,  ab.  Zweck 
der  folgenden  Untersuchung  ist,  eine  quantita- 
tive Beziehung  zwischen  Entladungspotential  und 
Durchdringungsvermögen  aufzustellen. 

Um  dies  zu  erreichen,  mussten  gleichzeitig 
I.  das  Entladungspotential,  2.  die  durch  ein 
Fenster  hindurchgelangende  Menge  von 
Kathodenstrahlen  und  3.  die  vom  Fenster  ab- 
sorbierte Menge  bestimmt  werden. 


Die  dabei  verwendete  Entladungsröhre  be- 
stand aus  drei  durch  Quecksilberschliffe  ver- 
bundenen Teilen.  K  bildete  die  Kathode, 
die  dicht  an  der  Glaswand  anliegende  2  cm 
weite  Messingröhre  A  die  Anode,  welche  stets 
geerdet  war.  Das  0,00032  cm  starke  Alu- 
miniumfenster war  nach  der  Methode  von 
W.    Wien*)    auf    ein    eingeschobenes    Platin- 


Sehirnv 


röhrchen  P  luftdicht  aufgeschraubt.  Das  Dia- 
phragma D  hatte  den  Zweck,  nur  ein  dünnes 
Bündel  Kathodenstrahlen  gerade  auf  die  Mitte 
des  Fensters  fallen  zu  lassen.  Die  Elektrode 
F  fing  die  durch  das  Fenster  hindurch  ge- 
gangenen Strahlen  auf.  Als  Stromquelle  wurde 
eine  4  plattige  Influenzmaschine  verwendet. 
Die  Zuleitungen  zur  Kathode  wie  zum  Voltmeter 
war  in  Paraffin  eingegossen,  um  Spitzenent- 
ladung zu  verhüten.  Das  Entladungspotential 
wurde  an  einem  statischen  Voltmeter  von 
Siemens  &  Halske,  das  mit  der  Kathode 
verbunden  war,  abgelesen.  Zur  Bestimmung 
der  vom  Fenster  absorbierten  Elektrizitäts- 
menge war  dieses  durch  ein  d'Arsonval  -  Gal- 
vanometer-(von  der  Empfindlichkeit  3,1.10""'** 
Amp.    pro    mm   bei    2    m   Skalenabstand    und 

i)  W.  Wien,  Wied.  Ann.  66,  440,  1898. 


r 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


553 


loooo  i2  Widerstand),  an  welches  ein  Neben- 
schluss  von  5000  ^  angebracht  war,  zur  Erde 
abgeleitet,  während  die  durch  das  Fenster 
hindurch  gelangende  Menge  Kathodenstrahlen 
noch  mittels  eines  empfindlichen  Dole- 
zalekschen  Elektrometers  gemessen  werden 
konnte.  Zu  diesem  Zwecke  war  F  durch  einen 
sehr  grossen  Widerstand,  nämlich  durch  ein 
etwa  2  cm  langes  Stäbchen  blaues  Schmelzglas, 
an  dessen  mit  F  verbundenem  Ende  das 
Elektrometer  angebracht  war,  zur  Erde  ab- 
geleitet. Der  Ausschlag  der  Elektrometer- 
nadel ist  dann  proportional  dem  von  F  ab- 
fliessenden  Strom.  Um  F  und  die  Zuleitung 
vom  Elektrometer  vor  Influenzwirkungen  zu 
schützen,  befand  sich,  wie  die  Zeichnung  zeigt, 
der  obere  Teil  der  Röhre  in  einem  Blechkasten, 
welcher  an  einem  mehrere  m^  grossen  Schirme 
angebracht  war.  Bei  Spannung  oberhalb 
14000  Volt  genügte  auch  das  Galvanometer, 
um  die  durch  das  Fenster  gelangenden  Strahlen 
zu  messen  und  hiervon  wurde  zur  Kontrolle 
der  elektrometrischen  Bestimmungen  Gebrauch 
gemacht. 

Folgende  Tabelle  enthält  das  Mittel  aus 
den  Resultaten  von  sieben,  im  übrigen  nur 
wenig  voneinander  abweichenden  Versuchs- 
reihen.      Unter     V    stehen     die     Entladungs- 

Ai 
Potentiale,     ausgedrückt     in    Volt,    unter  ~.  - 

das  Verhältnis  des  Skalenausschlags,  welcher 
an  dem  mit  F  verbundenen  Elektrometer  ab- 
gelesen wurde,  zu  dem  gleichzeitig  beobachteten 
Skalenausschlag  des  Galvanometers,  welches 
die    vom    Fenster    absorbierte    Menge    angab. 

A  i 
Die  Zahlen  unter    .  -  sind  also  proportional  dem 

to 

Verhältnis  der  durch  das  Fenster  hindurch  auf 

F  gelangenden  (d.  i.  „/**)  zu   den  vom  Fenster 

absorbierten  Kathodenstrahlen  (  d.  i.  „/'o**). 


V 

^X   If 

best. 

.    ber. 

io 

/o 

h 

15800 

1,19 

0,0042 1 

0,00428 

15600 

1,00 

0,00354 

0,00358 

15500 

0,90 

0,003 1 9 

0,00328 

15400 

0,82 

0,00290 

0,00297 

15200 

0,68 

0,0024 1 

0,00248 

15000 

0,55 

0,00197 

0,00203 

14800 

0,46 

0,00163 

0,00164 

14600 

o,37S 

0,00132 

0,00132 

14500 

0,335 

0,00115 

0,001 16 

14400 

0,30 

0,00106 

0,00104 

14200 

0,24 

0,00085 

0,00082 

14000 

0,185 

0,00065 

0,00065 

13800 

0,14 

9,00049 

0,00049 

13600 

0,105 

0,00037 

0,00037 

13500 

0,09 

0,0003 1 

0,00032 

13400 

0,078 

0,00027 

0,00027 

13200 

0,062 

0,00021 

0,00019 

Nach  verschiedenen  vergeblichen  Versuchen 
zeigte   sich,    dass    die    experimentellen    Daten 


— a 


durch  die  Formel    .      =  e  i^\  sich    darstellen 

lassen. 

Die  Konstanten  A  und  a  wurden    aus    den 

für    15800    und    13800  Volt  experimentell  be- 

A  i 
stimmten  Werten  von  -     berechnet  zu  282  resp. 

17,1  .  10'^;  die  Reihe   .     der   Tabelle    ist    ent- 

standen  aus  Reihe  2  durch  Division  mit 
282  und  stellt  das  Verhältnis  der  hindurch- 
gedrungenen Menge  Kathodenstrahlen  zu  der 
vom  Fenster  absorbierten  dar,  falls  wir  die 
Strahlen,  welche  durch  diffuse  Ausbreitung 
an  der  Rückseite  des  Fensters  sowie  durch 
Reflexion  an  /''verloren  gehen,  vernachlässigen, 
was  aber  natürlich   nur    den    absoluten    Wert, 

nicht      den      relativen,     von  beeinflussen 

kann. 

Die    letzte   Reihe    enthält    schliesslich    die 

i 
nach     der    Formel  =    ^'N  berechneten 

to 

Werte. 

Die  geringen  Differenzen  zwischen  den 
letzteren  und  den  experimentell  bestimmten 
Zahlen  liegen  innerhalb  der  Grenze  der  wahr- 
scheinlichen Fehler.  Es  folgt  also,  dass  der 
Absorptionsko  effizient  umgekehrt  pro- 
portional F*'  oder  umgekehrt  proportio- 
nal der  5.  Potenz  der  Geschwindigkeit 
der  Elektronen  ist. 

Ich  beabsichtige,  demnächst  die  Unter- 
suchungen auch  auf  höhere  Entladungspoten- 
tiale auszudehnen,  wenn  mir  ein  hierfür  ge- 
eigneter Messaparat  zu  Gebote  steht.  Da  aber 
bis  dahin  noch  einige  Zeit  vergehen  wird, 
hielt  ich  es  für  angezeigt,  einstweilen  die  Er- 
gebnisse der  Messungen  bei  geringeren 
Spannungen  zu  veröffentlichen. 

Würzburg,  August  1902. 

Physikalisches  Institut  der  Universität. 

(Eingegangen  ii.  August  1902.) 


über  den  Durchgang  des  elektrischen  Stromes 

durch  ein  gasförmiges  Medium  im  Felde 

rotierender  Magnete. 

Von  J.  J.  Taudin  Chabot. 

Zur  Behandlung  der  Frage,  ob  das  Feld 
des  um  seine  Achse  rotierenden  Magnets  an 
dieser  Rotation  teil  hat 'oder  nicht,  diskutierte 
Lecher')  eine  Reihe  von  ihm  selbst,   wie  von 

i)  Lech  er,  Wien.  Ber.  103,  961,  1894. 


554 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


anderen  angestellter  Versuche.  Unter  jenen 
besteht  einer  darin,  dass  der  Magnet  um  dessen 
Pol  das  Faradaysche  PendeP)  —  in  der 
Amp^reschenForm  eines  zweiarmigen  Bügels^)  — 
umläuft,  in  Rotation  versetzt  wird:  Die  Um- 
laufsgeschwindigkeit des  Leiterbügels  zeigt  sich 
unabhängig  von  der  Drehungsgeschwindigkeit 
des  Magnets,  sei  diese  o  oder  >  o. 

Statt  durch  einen  starren  Leiter  kann  der 
elektrische  Strom  auch  durch  ein  Gas  seinen 
Weg  nehmen,  um  dann  ebenfalls  bei  passender 
Annäherung  eines  Magnetpols  die  Erscheinung 
der  Gleichpolrotation ^)  zu  zeigen.  Einen  ent- 
sprechenden Apparat  Hess  ich,  wie  folgt,  kon- 
struieren: Von  einem  Glockenmagnet  ist  der 
mittlere  Eisenteil  in  etwa  der  halben  Länge 
mit  isoliertem  Kupferdraht  bewickelt,  so  dass 
der  Innenraum  des  Glockenmagnets  zur  Hälfte 
mit  jenen  Windungen  ausgefüllt  erscheint,  zur 
Hälfte  frei  bleibt.  Hier,  neben  dem  freien  Ende 
des  centralen  Eisens  steckt  ein  passend  eva- 
kuiertes Glasgefäss  —  derart  wie  das  von  De  la 
Rive  angegebene*)  —  welches  der  zwischen 
diesem  und  dem  peripheren  Eisen  des  Glocken- 
magnets sich  erstreckende  Teil  des  Magnet- 
kreises mithin  radial  durchsetzt.  Die  Dimensionen 
des  Apparates  sind :  Durchmesser  des  peripheren 
Eisens,  aussen  8,4  cm,  innen  8,2  cm  —  IDurch- 
messer  des  centralen  Eisens  1,2  cm  —  Länge 
20  cm;  Solenoid  von  2600  Windungen  eines 
runden      Kupferdrahts,      dessen     Durchmesser 

i)  Faraday,  Quarterly  Journ.  of  Sc,  12,  74,  1821. 

2)  Ampere,  M^m.  del*  Ac.  d.  Paris,  6,  219,    1823. 

3)  Über  die  Worte  „Gleichpolrotation"  und  „Gleichpol- 
induktion'*, statt  „Unipolarrotation"  und  „Unipolarinduktion**, 
vgl,  meinen  Vorschlag,  Phil.  Mag.,  ....,....,  1899. 

4)  De  la  Rive,  Pogg.  Ann.  104,   129,  1858. 


0,1  cm  beträgt,  bei  einer  Seidenisolation  in 
0,0025  cm  Stärke  ringsum.  Glockenmagnet 
und  Gefäss  lassen  sich  mittels  einer  Schwung- 
maschine um  die  vertikal  orientierte  Achse 
drehen,  während  Schleifkontakte  den  Anschluss 
zweier  kleiner  Trockenelemente  zur  Erregung 
des  Glockenmagnets,  sowie  eines  mittelgrossea 
Induktoriums  zum  Betrieb  der  Röhre  er- 
möglichen. 

Es  vollbringt  der  Stromfaden  zunächst  etwa 
I  Umlauf  per  Sekunde.  Dreht  man  jetzt  aber 
das  System,  so  erfahrt  die  Umlaufsbewegung 
des  Stromfadens  eine  sehr  merkliche  Be- 
schleunigung; ist  dieselbe,  wenn  der  Magnet 
entgegengesetzt  gedreht  wird,  negativ,  so  kann 
selbst  ein  Richtungswechsel  der  Umlaufs- 
bewegung eintreten.  Ändert  man  die  Dreh- 
richtung plötzlich,  so  folgen  stets  die  den 
Elektroden  näheren  Teile  des  Stromfadens 
zuerst,  während  der  mittlere  Teil  etwas  zurück- 
bleibt —  der  Faden  mithin  seitswärts  leicht 
gekrümmt  wird  —  das  Ganze  den  Anschein 
erweckend,  wie  wenn  der  Stromfaden  von  den 
Elektroden  aus  mechanisch  gezwungen  würde, 
seinen  Umlauf  positiv  oder  negativ  zu  be- 
schleunigen. —  Gleichpolinduktion  anderer- 
seits findet  (seitens  des  rotierenden  Magnets) 
offenbar  gleichzeitig  nicht  statt,  leuchtet  doch 
der  umlaufende  Stromfaden  in  einem  konstanten 
Rötlich-Violett,  hingegen  übergelagerte  Induk- 
tionsströme, sollten  sie  bei  den  Bewegungsvari- 
tationen  des  Stromfadens  mitwirken,  äquivalente 
Helligkeitsschwankungen   verursachen  müssten. 

Degerloch  (Wttbg.),  30.  Juli   1902. 

(Eingegangen  3.  August  1902.) 


ZUSAMMENFASSENDE  BEARBEITUNGEN. 


Die  Kompensation  des  Schiffskompasses. 

Von  H.  Meldau  (Bremen). 

Selbst  bei  sorgfältiger  Auswahl  des  Kompass- 
ortes ergiebt  sich  für  fast  alle  Eisenschiffe  die 
Notwendigkeit,  künstliche  Mittel  zur  Reduktion 
der  natürlichen  Ablenkungen  des  Kompasses 
heranzuziehen.  Grosse  Ablenkungen  würden 
nicht  nur  die  Anwendung  der  Näherungsformel 
ö  =  A-\- ßsin^  -{-  Ccos^+DsIh2^  -{-  Ecos3^, 
in  der  ^  den  Kompasskurs  bedeutet,  zur  Be- 
rechnung der  Deviation  verbieten,  sie  sind  auch 
für  die  Navigierung*  selbst  störend  und,  zumal 
in  engen  Gewässern,  nicht  ohne  Gefahr.  Da 
grosse  Ablenkungen  mit  dem  Kurswinkel  stark 
veränderlich  sind,  so  täuschen  sie  bei  Kurs- 
änderungen das  Urteil  des  SchifTsfiihrers  über 
die  thatsächliche  Winkelbewegung  des  Schiffes 


und  geben  unter  Umständen  Anlass  zum  Un- 
ruhigwerden der  Rose.  Ferner  sind  grosse 
Ablenkungen  auch  grossen  Änderungen  bei 
Veränderung  der  magnetischen  Breite  unter- 
worfen. Diese  Änderungen  verteilen  sich  auf 
die  verschiedenen  Bestandteile  der  Deviation 
in  verschiedenem  Masse,  und,  indem  sie  sich 
zu  den  Änderungen  durch  halbfesten  Magnetis- 
mus addieren,  verschleiern  sie  den  Einfluss 
des  letzteren.  Ein  Hauptgrund  zu  Gunsten  der 
Kompensation  liegt  in  dem  durch  sie  bewirkten 
Ausgleich  der  Richtkräfte  auf  den  ver- 
schiedenen Kursen  und  der  gleichzeitig  ermög- 
lichten Erhöhung  der  mittleren  Richtkraft.  Die 
Kompensation  des  Krängungsfehlers  endlich  ist 
unumgänglich  mit  Rücksicht  auf  die  Ruhe  der 
Kompassrose. 

Als  allgemeiner  Grundsatz  für  die  Kompen- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


555 


sation  muss  der  gelten,  dass  möglichst  jede 
magnetische  Kraft  des  Schiflfes  durch  eine 
adäquate,  d.  h.  nicht  nur  fiir  alle  Kurse,  son- 
dern auch  fiir  alle  magnetischen  Breiten  ihr 
entgegengesetzt  gleiche  Kraft  aufgehoben  wird. 
Die  Anwendung  dieses  Grundsatzes  hat  auf 
die  Gleichungen  zurückzugehen,  welche  die 
Koeffizienten  der  obigen  oder  der  exakten  0 
Deviationsformel  mit  den  magnetischen  Kon- 
stanten des  Schiflfes  verbinden.  Im  folgenden 
sollen  die  Kompensationseinrichtungen  des 
SchifTskompasses  in  der  Reihenfolge  besprochen 
werden,  in  der  sie  bei  der  Ausfiihrung  der 
Kompensation  anzubringen  sind. 

Unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  und  bei 
Kompassen  mit  kleinen  Nadeln  von  geringem 
magnetischen  Moment  ist  die  Kompensation 
der  Quadrantaldeviation  die  am  exaktesten 
ausführbare.  Die  Koeffizienten  D  und  E  der 
Quadrantaldeviation  lassen  sich  in  einer  hier 
genügenden  Annäherung  durch  die  Formeln 
darstellen 

/      2  A       2 

wo   A  =  I  +  die  mittlere  Richtkraft   nach 

2 

magnetisch  Nord  in  Einheiten  der  Horizontal- 
intensität ausdrückt.  Bei  der  Kompensation 
des  Hauptkoeffizienten  D  wird  man  sich  die 
Möglichkeit  einer  Erhöhung  der  mittleren  Richt- 
kraft nicht  entgehen  lassen.  Um  den  Kompass 
durch  Kompensationsvorrichtungen  nicht  allzu- 
sehr zu  belasten,  kompensiert  man  die  (nega- 
tiven) Werte  des  a  und  e  nicht  einzeln,  sondern 
führt  nur  ein  positives  e'  ein,  indem  man  seit- 
wärts vom  Kompass  in  der  Höhe  der  Rosen- 
magnete Kästen  mit  eisernen  Ketten,  Cylinder 
oder  Kugeln  aus  weichem  Eisen  anbringt,  die 
ein  r '  =  ö  —  e  erzeugen,  wodurch  A'  =  i  +  rt;  und 

S)=w  -  -  —    =owird.'^)  Heute  benutzt  man 
k  2  ' 

nach  W.  Thomsons  Vorschlage  meist  stark- 
wandige  eiserne  Hohlkugeln  von  1 2  bis  30  cm 
Durchmesser.  Da  die  Korrektoren  unter  der 
Annahme,  dass  die  Horizontalkraft  für  sie  ebenso 
durch  die  schiflfsmagnetischen  Kräfte  modifiziert 
wird  wie  für  die  Kompassnadeln,  dieselben 
Deviationen  an  Bord  wie  an  einem  eisenfreien 
Orte  erzeugen,  so  kann  man  die  Grösse  der 
anzubringenden  Kugeln  und  die  Entfernungen, 
die  ihnen  von  der  Rosenmitte  zu  geben  sind, 
nach    Feststellung    des    D    aus   Tabellen    ent- 

1)  Vergl.  den  früheren  Aufsatz  „Die  Ablenkung  des  Kom- 
passes an  Bord  der  Eisenschi ffe*'  (d.  Z.  3,  391,  1902),  wo 
auch  die  übrigen  im  folgenden  benutzten  Bezeichnungen  ihre 
Erklärung  fanden. 

2)  Streng  genommen,  wird,  besonders  beim  Gebrauche 
von  Kugeln,  geichzeitig  ein  negatives  a  eingeführt;  die  mitt- 
lere Richtkraft  ist  deshalb  auch  etwas  geringer,  als  oben 
angegeben. 


nehmen.  Die  Anbringung  der  77- Korrektoren 
hat  vor  der  Kompensation  der  Semicirkular- 
deviation  zu  geschehen,  weil  es  nicht  ausge- 
schlossen ist,  dass  in  den  Korrektoren  von 
Natur  feste  Pole  enthalten  sind  oder  dass  solche 
in  ihnen  durch  die  schiffsmagnetischen  Kräfte 
oder  durch  die  Kompensationsmagnete  induziert 
werden. 

Hat  der  Koeffizient  E,  wie  es  besonders 
unter  den  schwierigeren  Umständen  an  Bord 
von  Kriegsschiffen  vorkommt,  einen  von  Null 
verschiedenen  Wert,  so  kann  man  ihn  gleich- 
zeitig mit  D  kompensieren,  indem  man  die 
Verbindungslinie     der    Kugelmittelpunkte     um 

einen    Winkel    a    aus    der    Querschiffsrichtung 

E 
herausdreht,   so  zwar,  dass   tg2a=    "•    Die 

Grösse  und  Entfernung  der  Kugeln  ist  in  die- 
sem Falle  mit  dem  Werte  V  7)*^  +  E^  auszu- 
nehmen. Bei  positivem  E  ist  die  links  befind- 
liche, bei  negativem  E  die  rechts  befindliche 
Kugel  vorzuschieben. 

P2ine  Kompensation  der  konstanten  De- 
viation geschieht,  wo  sie  überhaupt  ausgeführt 
wird,  nicht  durch  magnetisch  wirkende  Vor- 
richtungen, sondern  durch  Verlegen  des  Steuer- 
striches um  den  Betrag  des  A  nach  rechts 
oder  links. 

Nachdem  die  Quadrantaldeviation  ausge- 
glichen ist,  hat  man  zunächst  die  vertikale 
Weicheisenstange  zur  Kompensation  der  Hori- 
zontalkomponente der  Vertikalinduktion,  die 
sogen.  Flinderstange,  anzubringen.  Über  diese 
soll  jedoch  nicht  hier,  -sondern  später  im  Zu- 
sammenhange mit  der  übrigen  Kompensation 
der  Semicirkulardeviation  das  Nötige  gesagt 
werden. 

Eine  ideale  Kompensation  des  Krängungs- 
fehlers würde  fünf  verschiedene  Kompensations- 
vorrichtungen erheischen.  In  der  That  ist  die 
Krängungsdeviation  durch  den  Ausdruck  ge- 
geben 

2  /  2  a 


^=y icos S'  +  -1  isin  ^^^  —  ^ i cos  '^ C\ 

eZ 


wo  y=    ;- — 


X 

kZ-\-R 


XH  XH 

ist.  Zur  Kompensation  des  g^  das  eine  auf 
nördlichen  und  südlichen  Kursen  mit  gleichem 
Zeichen  behaftete  Deviation  erzeugt,  würde 
eine  horizontal  längsschiffs  mit  dem  einen  Ende 
über  oder  unter  dem  Kompass  liegende  Stange 
einzufuhren  sein.  Da  g  jedoch  für  gut  und 
nicht  zu  nahe  den  Enden  des  Schiffes  aufge- 
stellte Kompasse  klein  ist,  so  sieht  man  von 
der  Anbringung  einer  solchen  Stange  ab.  Der 
Koeffizient  c,  der  eine  auf  O-  und  W-Kurs  ihr 
Maximum    erreichende  Krängungsdeviation  er- 


S56 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


=  ;i  — ;iS) 


zeugt,  wird  mit  durch  die  Flinderstange  kom- 
pensiert, falls  eine  solche  angebracht  ist. 
Durch  die  Flinderstange  ist  auch  Gelegenheit 
gegeben,  den  Koeffizienten  k  teilweise  mit  zu 
kompensieren,  indem  man  diese  Stange  ent- 
weder über  die  Stellung  erhöht  oder  unter  die 
Stellung  senkt,  in  der  sie  eine  rein  horizontale 
Gesamtwirkung  am  Rosenorte  ausübt. 

Sehen  wir  jedoch  von  einer  solchen  Kom- 
pensation des  k  ab,  so  muss,  damit  das  Haupt- 
glied y.i.cosi  der  Krängungsdeviation  ver- 
schwinde, 

sein.  Bezeichnet  Z*  die  gesamte  vom  Erd- 
und  vom  Schififsmagnetismus  am  Kompassorte 
erzeugte  Vertikalkraft,    so  ist 

Es  muss  also,  damit  der  Krängungskoeffizient 
7=0  wird, 

Z  =^Z-\'eZ  oder 

Z^  ,  a-^r  e         a  — 

Z  2  2 

=  A(i— 3)) 
sein. 

Der  mit  der  Breite  stark  veränderliche  Teil 

e  ,Z 

',  des  Krängungskoeffizienten,  der  davon  her- 
rührt, dass  vorher  horizontale  Eisenmassen  durch 
die  Krängung  der  Vertikalinduktion  ausgesetzt 
werden,  wird  in  wirksamer,  fiir  alle  magnetischen 
Breiten  gültiger  Weise  durch  die  Anbringung  der 
/^-Korrektoren  fast  ganz  beseitigt.  Durch  diese 
Korrektoren  wird  die  Querschiffsinduktion  gleich 
der  viel  kleineren  Längsschiffsinduktion  (^  =  ^) 
gemacht.  Die  Bedingung  für  das  Verschwinden 
des  7  wird  demnach,  falls  /^-Korrektoren  an- 
gebracht sind, 

Z  2  2 

wo  X  und  3)  die  ursprünglichen  Werte  dieser 
Grössen  bedeuten. 

Die  Kompensation  des  nach  Anbringung 
der  /^-Korrektoren  verbleibenden  Restes  des 
Krängungskoeffizienten  geschieht  durch  An- 
bringung eines  Vertikalmagneten  genau  unter 
der  Kompassmitte.  Man  führt  sie  aus,  ohne 
das  Schiff  zu  krängen,  indem  man  zur 
Messung  der  Vertikalkräfte  die  Schwingungs- 
dauer einer  Vertikalnadel  oder  die  Thomson- 
sche  Vertikalkraftwage  benutzt.  Diese  ist  im 
wesentlichen  eine  Inklinationsnadel,  die,  bei  der 
Beobachtung  im  magnetischen  Meridian  orien- 
tiert, durch  ein  verschiebbares  Gewichtchen 
zum  Gleichgewicht  in  horizontaler  Lage  ge- 
bracht wird.  Der  Abstand  des  Gewichtes  von 
der  Achse  giebt  unmittelbar  die  Grösse  der  zu 
messenden     Vertikalkraft     an.       Zunächst     be- 


obachtet man  die  Einstellung  («)  des  Gewichtes 
an  einem  eisenfreien  Orte  am  Lande  und  giebt 
dem  Gewichte,  wenn  die  Quadrantaldeviation 
nicht  kompensiert  ist,  die  Einstellung 

wenn  sie  kompensiert  ist,  die  Einstellung 

;/  =  ;/.  2(1  +3)). 

Nachdem  dann  das  Schiff  zur  Vermeidung 
eines  Einflusses  des  Koeffizienten  g  auf 
magnetisch  O-  oder  W-Kurs  gelegt  ist,  bringt 
man  das  Instrument  an  die  Stelle,  an  der 
sich  sonst  die  Kompassnadeln  befinden  und 
verschiebt  den  Vertikalmagneten  unter  der 
Kompassmitte  so  lange,  bis  die  horizontale 
Lage  der  Nadel  erreicht  ist.  —  Auch  auf 
See  kann  die  Vertikalkraftwage,  wenn  die 
Einstellung  des  Krängungsmagneten  geändert 
werden  muss,  unter  Benutzung  einer  Karte  der 
Linien  gleicher  Vertikalintensität  gute  Dienste 
leisten. 

Die  Koeffizienten  B  und  C  der  Semicir- 
kulardeviation  hängen  mit  der  Längsschiffs- 
kraft P  und  der  Querschiffskraft  Q  des  festen 
Schiffsmagnetismus,  sowie  den  Konstanten  c 
und  f  der  Vertikalinduktion  durch  die  Formeln 
zusammen 


wo  ö  die  Inklination  bedeutet. 

Der  Koeffizient  f,  dessen  Vorhandensein 
unsymmetrisch  verteiltes  Eisen  voraussetzen 
würde,  kann  als  verschwindend  angesehen 
werden.  Die  Kompensation  des  c  geschieht 
durch  eine  vertikale  •)  in  der  Mittschiffsebene 
vor  oder  hinter  dem  Kompasse  angebrachte 
Weicheisenstange.  Diese  Stange  ist  die  älteste 
Kompensationsvorrichtung ;  seitdem  F 1  i  n  d  e  r s 
sie  angegeben,  ist  sie  nie  ganz  in  Vergessen- 
heit geraten,  doch  hat  erst  W.  Thomson 
ihr  unter  dem  Namen  „Flinders  bar"  zu  all- 
gemeiner Anwendung  verholfen.  Am  Thom- 
sonschen  Kompass  besteht  diese  Stange  aus 
einem  8  cm  dicken  massiven  Eisencylinder, 
der  in  einer  Messinghülse  untergebracht  und 
seiner  Länge  nach  in  mehrere  Stücke  zer- 
schnitten ist.  Indem  man  die  unteren  Stücke 
fortnimmt  und  durch  Holzklötze  ersetzt,  vermag 
man  die  Wirkung  der  Stange  zu  variieren.  Für 
einen  bekannten  Wert  des  c  lässt  sich  die  Länge 
der  anzuwendenden  Flinderstange  aus  einer 
Tabelle  entnehmen.  Ihre  Anbringung  auf  einem 
neuen  Schiffe  kann,  da  beobachtete  Werte  des  c 
noch  nicht  vorliegen,    nur   eine   versuchsweise 

i)  Die    Worte    „vertikal"    und    , .horizontal"  sollen    im 

folgenden    des    bequemeren    Ausdrucks   wegen  im  Sinne  von 

„senkrecht   zum  Deck"    und   „parallel  zum  Deck*'  gebraucht 
werden. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


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sein,  wobei  man  die  auf  Schwesterschiffen  oder 
ähnlichen  Schiffstypen  gemachten  Erfahrungen 
heranziehen  wird.  Die  Berichtigung  der  Kom- 
pensation hat  dann  durch  den  Schiffsfiihrer  zu 
geschehen,  nach  der  Vorschrift:  Wenn  das 
Schiff  nach  Orten  mit  geringerer  Vertikalkraft 
geht,  so  kompensiere  man  ein  neu  auftretendes  B 
durch  Verlegung  der  Längsschiffsmagnete;  im 
entgegengesetzten  Falle  durch  Verstärkung  oder 
Schwächung  der  Flinderstange.  Da  c  für  die 
auf  der  Brücke  moderner  Schiffe  aufgestellten 
Kompasse  negativ  ist,  so  ist  die  Flinderstange 
fast  stets  vor  dem  Kompasse  anzubringen.  Der 
Gebrauch  der  Flinderstange  dehnt  sich  immer 
mehr  aus;  auf  den  Schiffen  der  Handelsmarine 
ist  sie  schon  seit  längerer  Zeit  als  Bestandteil 
des  Thomsonschen  Kompasses  eingefiihrt; 
auch  die  kaiserliche  Marine  beabsichtigt,  nach- 
dem genügende  Beobachtungen  vorliegen,  die 
getrennte  Kompensation  der  Bestandteile  des  B 
zu  versuchen. ') 

Nachdem  die  Flinderstange  angebracht  ist, 
bleibt  der  Rest  der  Semicirkulardeviation  durch 
feste  Magnete  zu  beseitigen.  Man  bringt  ent- 
weder einen  einzigen  Magneten  unter  dem  aus 

der  Gleichung  tga=^  ^^    berechneten    sogen. 

„Steuerbordswinkel"  a  zur  Kielrichtung  an,  oder 
man  kompensiert  die  beiden  Komponenten /'und  Q 
einzeln.  Das  letztere  Verfahren  ist  vorzuziehen. 
Die  Magnete  werden  an  Deck  festgeschraubt  oder 
in  besonderen  Öffnungen  des  Kompassständers 
untergebracht  und  zwar  so,  dass  zur  Vermeidung 
vertikaler  Kräfte  am  Kompassorte  die  Mitten 
der  Längsschiffsmagnete  sich  in  einer  durch 
die  Kompassmitte  gelegten  Querschiffsebene, 
die  Mitten  der  Querschiffsmagnete  sich  in  der 
Mittschiffsebene  befinden.  Es  gilt  als  Regel, 
dass  die  Entfernung  der  Magnete  von  der 
Rosenmitte  mindestens  gleich  der  doppelten 
Länge  des  Magneten  sein  soll. 

Die  Ausführung  der  Kompensation  erfolgt 
empirisch,  indem  das  Schiff  mittels  einer  Peil- 
scheibe auf  die  magnetischen  Hauptkurse  und 
zwar  zur  Kompensation  des  B  auf  den  mag- 
netischen O-  oder  W-Kurs  gelegt  wird.  Man 
ordnet  dann  die  Längsschiffsmagnete  so  an, 
dass  das  Schiff  auch  an  der  Rose  O  bezw.  W 
anliegt.  Entsprechend  verfährt  man  auf  magne- 
tisch N-  oder  S-Kurs  zur  Kompensation  des  C, 

Nachdem  die  Kompensation  vollendet  ist, 
hat  man  das  Schiff  nochmals  herumzudrehen, 
um  den  etwaigen  Rest  der  Deviationen  zu  be- 
obachten und  zu  einer  „Steuertabelle"  zusammen- 
zustellen. 

Die  Ausführung  der  Kompensation  kann 
auch  ohne  jede  Richtungsbestimmung,  z.  B.  im 

i)  I^ehrbuch   der   Xavij^ation,   herausgeg.    vom    Reichs- 
Marine- Amt,  Berlin  (1901). 


Nebel  und  bei  unsichtigem  Wetter  geschehen, 
und  zwar  dadurch,  dass  man  die  Richtkräfte 
auf  den  vier  Hauptkursen  N,  S,  O,  W  aus- 
gleicht. Zur  Messung  der  Richtkräfte  bedient 
man  sich  der  Ablenkungsmethode.  Die  ver- 
schiedenen Formen  der  Deflektoren,  die  man 
hierbei  benutzt,  und  ihre  Anwendung  sollen  in 
einem  späteren  Referate  besprochen  werden. 

Die  erfolgreiche  Anwendung  der  im  vor- 
stehenden beschriebenen  Kompensationsvorrich- 
tungen, die  im  wesentlichen  auf  Vorschläge  von 
Airy  aus  dem  Jahre  1839  zurückgehen,  ist  erst 
durch  die  Einführung  der  Thomsonschen  Kom- 
passrose ermöglicht  worden,  bei  deren  Konstruk- 
tion der  grosse  Physiker  die  „vollkommene  An- 
wendbarkeit der  Kompensationsmethode  des 
Astronomer  Royal"  als  oberstes  Ziel  im  Auge 
hatte. 

Der  Thomsonsche  Kompass  mit  seinen 
Kompensationsvorrichtungen  reicht  allerdings 
nicht  in  allen  Fällen  aus.  In  den  Panzertürmen 
der  Kriegsschiffe  müssten  die  Quadrantalkugeln 
häufig  wegen  der  Grösse  des  T>  nicht  nur  über- 
mässige Dimensionen  annehmen,  sie  würden 
auch  in  ihrer  Wirkungsweise  selbst  durch  die 
umgebenden  Eisenmassen  wesentlich  modifiziert 
werden.  Der  Peichlsche  Kompass  oder  der  ihm 
nachgebildete  Kompensationskompass  der 
Kaiserlichen  Marine,  die  man  an  solchen 
Stellen  mit  Erfolg  verwendet,  erreichen  die  Kom- 
pensation  der  Quadrantaldeviation  auf  einem  ganz 
anderen  Wege.  Während  beim  Thomson  sehen 
Kompass  eine  Induktionswirkung  der  Nadelpole 
auf  die  Quadrantalkorrektoren  sorgfältig  ver- 
mieden und  durch  die  alleinige  Benutzung  der 
erdmagnetischen  Horizontalinduktion  eine  für 
alle  magnetischen  Breiten  korrekte  Kompensa- 
tion des  D  erreicht  wird,  beruht  die  Wirkung 
der  Quadrantalkorrektoren  der  letztgenannten 
Kompasse  zum  grössten  Teile  auf  der  Nadelinduk- 
tion, sie  gilt  daher  nur  für  einen  bestimmten 
Wert  der  Horizontalintensität.  Um  die  Weich- 
eisenmassen nahe  genug  an  die  Nadeln  heran- 
zubringen, sind  sie  am  Kompasskessel  selbst 
innerhalb  der  Kardanischen  Aufhängung  an- 
gebracht. 

Beim  Kompensationskompass  unserer  Marine, 
der  hier  als  Beispiel  beschrieben  werden  soll, 
ist  der  Kessel  eines  Fluidkompasses  in  der  I  löhe 
des  Magnetsystems  der  Rose  mit  32  gleichmässig 
im  Kreise  verteilten,  radial  verlaufenden  Weich- 
eisenstäben umgeben.  Durch  einen  Mechanismus 
können  diese  Eisenstäbe  je  in  ihrer  Längsrich- 
tung verschoben  werden  und  zwar  so,  dass  ihre 
inneren  Enden  entweder  einen  Kreis  oder  eine 
Ellipse  von  grösserer  oder  geringerer  Excen- 
trizität  bilden.  In  der  Nullstellung  sind  die 
inneren  Enden  aller  Stäbe  etwa  20  mm  von 
der  Rose  entfernt;  die  Wirkung  des  Apparates 
besteht    dann    lediglich   in  einer  beträchtlichen 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


Verstärkung  der  mittleren  Richtkraft.  Werden 
die  seitlichen  Stäbe  aber  einwärts  verschoben, 
so  dass  die  inneren  Enden  aller  Stäbe  eine 
Ellipse  um  den  Kompass  bilden,  so  wird  ausser- 
dem eine  kräftige  negative  Quadrantaldeviation 
ausgeübt,  deren  Grösse  an  einer  Skala  nach 
einer  beigegebenen  Tabelle  bestimmt  werden 
kann.  Zur  Kompensation  eines  etwa  vorhan- 
denen E  lässt  sich  das  ganze  System  der 
Kompensationsstäbe  um  etwa  25®  nach  jeder 
Seite  der  Mittschiffslinie  verstellen.  Eine  kon- 
stante Deviation  kann  durch  Drehung  des  inneren 
Kompasskessels  um  den  Betrag  des  A  aufge- 
hoben werden.  Die  Kompensation  der  Krän- 
gungsdeviation geschieht  in  der  gewöhnlichen 
Weise.  Es  ist  dabei  zu  berücksichtigen,  dass 
die  Eisenstäbe,  da  sie  bei  der  Krängung  des 
Schiffes  horizontal  bleiben,  nichts  zur  Beseitigung 
des  Krängungsfehlers  beitragen.  Der  Kompass 
erfordert  vielmehr  für  sich  selbst  gleichsam  eine 
Krängungskompensation,  da  bei  Schwankungen 
des  Kessels  die  Kompensationsstäbe  der  Induk- 
tion durch  die  Vertikalkraft  ausgesetzt  werden. 
Unter  dem  Kompasskessel  ist  deshalb  ein  kurzes 
Vertikalrohr  zur  Aufiiahme  eines  sogen.  Be- 
ruhigungsmagneten angebracht.  Die  Einstellung 
dieses  Magneten  ist  dem  jeweiligen  Werte  der 
Vertikalintensität  entsprechend  zu  ändern. 

Die  Verhältnisse,  unter  denen  der  Kompass 
an  Bord    der  Eisenschiffe   seinen   Dienst   thun 


soll,  sind  bis  heute  stetig  ungünstigere  ge- 
worden, nicht  nur  auf  den  Kriegsschiffen,  son- 
dern auch  auf  den  Fahrzeugen  der  Handels- 
marine. So  ist  auf  den  modernsten  Schnell- 
dampfern der  Hauptkompass  zwar  durch  seine 
Aufstellung  auf  der  Brücke  10  m  über  den 
Schiffsrumpf  erhöht,  dafiir  ist  er  aber  von  allen 
Seiten  mit  eisernen  Brückenaufbauten  umgeben.') 
Da  die  heutige  Kompensation  den  Veränderungen 
mit  der  magnetischen  Breite  nur  unvollkommen 
und  den  Veränderungen  durch  halbfesten  Mag- 
netismus überhaupt  nicht  Rechnung  zu  tragen 
vermag,  so  liegt  es  auf  der  Hand,  dass  sie  um 
so  unvollkommener  bleiben  muss,  je  grösser 
die  zu  kompensierenden  Koeffizienten  sind. 
Man  wird  sich  kaum  dazu  entschliessen ,  die 
Anzahl  der  Kompensationsmittel  noch  zu  er- 
höhen, um  so  mehr  aber  ist  zu  wünschen,  dass 
die  grossen  Reedereien  im  Plane  ihrer  Schiffe 
für  einen  guten  Kompassort  sorgen,  indem  sie 
nötigenfalls  die  nächste  Umgebung  aus  Holz 
oder  einem  anderen  unmagnetischen  Material, 
etwa  aus  Nickelstahl,  herstellen  lassen. 

i)  Auf  dem  Dampfer  „Kronprinz  Wilhelm"  waren  z.  B. 
zur  Kompensation  des  Krängungsfehlers  nicht  weniger  als  elf 
Magnetstäbe  erforderlich.  Auf  dem  in  Bau  befindlichen 
Dami^fer  „Kaiser  Wilhelm  II."  lässt  der  Norddeutsche  Lloyd 
die  in  der  Nähe  des  Kompasses  stehenden  Brückenaufbauten 
aus  Nickelstahl  und  Holz  herstellen. 

(Eingegangen  29.  April   1902.) 


BESPRECHUNGEN. 


Micha  elFaraday,  Experimentaluntersuchun- 
gen   über   Elektrizität,    IX.    bis   XI.    Reihe 
(1835).     Herausgegeben  von  A.  J.  von  Oet- 
tingen.  (OstwaldsKlassiker  derexakten 
Wissenschaften.  126.)  106S.  mit  15  Figuren. 
Geb.  M.  1,80.     XII.  und  XIII.  Reihe  (1838). 
(Ostwalds   Klassiker.     128.)     133    S.    mit 
29    Figuren.     Geb.    M.    2, — ,     Leipzig,    W. 
Engelmann.    1901. 
Es  ist  ein  sehr  verdienstliches  Werk,  die  be- 
rühmten Experimentaluntersuchungen  Faradays 
auch   weiterhin  bequem  zugänglich  zu  machen, 
wie  es  hier  nach  den  Poggendorffschen  Über- 
setzungen  und    mit  Anmerkungen  des  Heraus- 
gebers geschieht. 

Heft  126,  Reihe  IX  bis  XI,  bringt  zunächst 
die  Entdeckung  der  Erscheinungen  der  Selbst- 
induktion und  deren  systematische  experimentelle 
Erforschung.  Reihe  X  ist  mehr  der  Vollständig- 
keit halber  abgedruckt  und  enthält  im  wesent- 
lichen in  wenigen  Paragraphen  die  Beschreibung 
einer  verbesserten  Form  der  Voltaschen  Bat- 
terie. Von  ganz  besonderem  Interesse  aber  ist 
die  berühmte  Reihe  XI,  in  welcher  Faraday 
seine  so  überaus  grundlegenden  Anschauungen 
über   die   Wirkung    elektrischer   Kräfte   in    die 


Ferne  entwickelt,  welche  die  scheinbare  direkte 
Fernwirkung  auf  die  Vorgänge  in  dem  jeweiligen 
Medium  zurückführt.  Daran  schliessen  sich  die 
berühmten  Versuche  mit  dem  Faradayschen- 
Käfig  und  das  Studium  der  spezifisch  dielektri- 
schen Eigenschaften  der  Körper. 

Heft  128,  Reihe  XII  und  XIII,  behandelt 
das  Studium  der  verschiedenen  Arten  von  elek- 
trischer Entladung,  ein  Gebiet,  das  namentlich  in 
der  neuesten  Zeit  wieder  Gegenstand  eifrigster 
Forschung  geworden  ist  und  bei  dessen  Be- 
handlung sich  Faradays  glänzender  Forscher- 
geist in  der  bewunderungswürdigsten  Weise  be- 
thätigt.  Es  bietet  daher  gerade  die  Lektüre 
dieses  Heftes  um  ihrer  selbst  willen  und  wegen 
der  mannigfaltigen  Beziehungen  und  Vorahnun- 
gen heutiger  Anschauungen  einen  überaus  grossen 
Genuss  für  jeden,  der  an  der  Entwicklung  dieses 
Gebietes  Anteil  nimmt.  E.  Böse. 

(Eingegangen  25.  Mai   1902.] 


Crew,  Henry,  and  Tatuall,  Robert  R, 
A  laboratory  m^nual  of  physics  for  use  in 
high  schools.  (Ein  Laboratoriumshandbuch 
der  Physik  [zum  Gebrauch  in  Hochschulen].) 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


559 


With  128  flg.  8.  XIII  u.  234  S.  1902.  New 
York,  Macmillan  Company.     Gebunden. 

Der  amerikanische  Hochschulunterricht  ist 
in  viel  weitgehenderem  Masse  als  der  unsrige 
auf  Übungen  aufgebaut;  so  werden  auch  die 
Anfangsgründe  der  Physik  dort  vielfach  nicht 
in  Form  eines  Kollegs  vorgetragen,  sondern  der 
Student  wird  in  den  ersten  elementaren  Übungen 
angeleitet,  die  Grundthatsachen  der  Physik 
durch  möglichst  einfache  Experimente  selbst 
zu  finden;  er  wird  selbst  zum  Entdeckungs- 
reisenden in  einem  für  ihn  noch  unbekannten 
Gebiete,  wobei  ihm  nur  hier  und  da  der  Weg 
schon  vom  Lehrer  geebnet  oder  mit  Wegweisem 
versehen  ist.  Ein  solcher  Wegweiser  ist  das 
vorliegende  Büchlein,  aus  dem  sich  sicher  auch 
für  unseren  deutschen  Universitätsunterricht 
manche  Anregung  schöpfen  lässt.  Vor  allem 
aber  dürfte  für  Lehrer  an  Realgymnasien  und 
Realschulen,  in  denen  ja  vielfach  Schülerübungen 
abgehalten  werden,  in  diesem  Buche  mancher 
nützliche  Wink  zu  finden  sein.  Die  Hauptge- 
sichtspunkte der  Verfasser  sind  folgende: 

Der  Energieaufwand  von  Seiten  des  Lehrers 
soll  möglichst  klein  sein. 

Die  Apparate  sollen  billig  sein  —  da  stets 
eine  grosse  Zahl  gleichartiger  Apparate  vor- 
handen sein  muss;  sie  sollen  für  den  Lernenden 
leicht  begreiflich  sein  und  wenig  Erklärung 
seitens  des  Lehrers  erfordern. 

Wie  diese  Bedingungen  von  den  Verfassern 
erfüllt  worden  sind,  und  in  welcher  Art  der 
Stoff  angeordnet  ist,  wird  am  besten  aus  einem 
Beispiel  klar: 

„Übung  86.-Lichtbrechung. 

Litteratur:  (Hier  sind  einige  Lehrbücher 
angegeben). 

Apparate:  Glasblock  mit  parallelen  Flächen 
etwa  2,5  cm  dick  —  wenn  nicht  vorhanden,  ge- 
nügen auch  einige  aufeinander  geschichtete  Glas- 
platten — ;  ebenes  Holzbrett,  rechtwinkliges 
Dreieck,  Transporteur,  Millimetermassstab,  dünne 
Nadeln,  Papier. 

Problem:  Es  ist  die  Ablenkung  des  Lichtes 
beim  Übergang  von  einem  Medium  in  ein  anderes 
zu  untersuchen. 

Versuche:  Ziehe  auf  dem  Papier  eine  Ge- 
rade LLl .  Stelle  den  Glasblock  hochkant,  die 
Vorderseite  genau  auf  Lll\  diese  Seite  soll  die 
brechende  Fläche  sein.  Stelle  eine  Nadel  senk- 
recht auf  einen  Punkt  A  in  Berührung  mit  der 
Rückseite  des  Glases,  eine  zweite  an  irgend- 
einen Punkt  B  der  Vorderseite  in  Berührung 
mit  dieser.  Sieh  mit  einem  Auge  durch  das 
Glas,  so  dass  A  und  B  sich  zu  decken  scheinen, 
und  stelle  eine  dritte  Nadel  in  dieselbe  Richtung 
bei   C  einige  Centimeter  von  B!* 

Es  folgt  dann  eine  Anleitung,  aus  dem  durch 
die  Nadeln  auf  dem  Papier  markierten  Strahlen- 


gang mittels  einiger  Hilfslinien  und  durch  Ab- 
messung mit  einem  Massstab  das  Brechungs- 
gesetz abzuleiten. 

Von  ähnlicher  Einfachheit  sind  fast  sämtliche 
Apparate;  Ausnahmen  bilden  nur  solche,  die  sich 
ohne  Verzicht  auf  Brauchbarkeit  nicht  impro- 
visieren lassen,  wie  z.  B.  Wage  und  Galvano- 
meter. Bei  derartigen  Apparaten  ist  jedoch  auf 
geeignete  Bezugsquellen  hingewiesen,  wo  die- 
selben in  möglichst  einfacher  und  preiswürdiger 
Ausführung  erhältlich  sind. 

Auch  die  richtige  Anordnung  eines  Beob- 
achtungsjournals ist  an  zahlreichen  Beispielen 
erläutert  und  dem  Rechenschieber,  der  unter 
den  deutschen  Universitätsstudierenden  merk- 
würdigerweise noch  fast  unbekannt  ist  —  an 
den  technischen  Hochschulen  ist  er  längst  all- 
gemein in  Gebrauch  — ,  ist  ein  ganzes  Kapitel 
gewidmet.  Den  Schluss  bildet  eine  Anzahl  von 
Tabellen  physikalischer  Konstanten. 

W.  Kaufmann. 

(Eingegangen  15.  Juni  1902.) 


J.  H.  van't  Hoff,   Vorlesungen   über  theore- 
tische und  physikalische  Chemie,     i.  Heft: 
Die  chemische  Dynamik.    2.  Auflage,    gr.  8. 
XI  und  251  Seiten.     Braunschweig,  Fr.  Vie- 
weg  &  Sohn  1902.     M.  6, — . 
Der  Umstand,    dass  der  1898  erschienenen 
ersten  Auflage  nunmehr  schon  eine  zweite  ge- 
folgt ist,  bestätigt  den  tiefen  Eindruck,  welchen 
die  eigenartige  Behandlungsweise  der  theoretisch- 
und  physiko-chemischen   Probleme    durch  den 
berühmten  Verfa<!ser  in  weiten  Fachkreisen  ge- 
macht hat. 

Dem  Umfange  des  Buches  entsprechend  kann 
und  soll  keine  vollständige  Behandlung  der  Lehre 
vom  chemischen  Gleichgewicht  und  von  der 
Reaktionsgeschwindigkeit  geboten  werden,  son- 
dern es  sollen  vielmehr,  dem  ursprünglichen 
Zwecke  der  Vorlesung  entsprechend,  die  Haupt- 
punkte des  grossen  Gebietes  und  ihre  Zusammen- 
hänge derart  klar  hervorgehoben  und  behandelt 
werden,  dass  ein  eingehendes  Studium  des  Buches 
den  Schlüssel  zum  Verständnis  auch  aller  Einzel- 
heiten liefert.  Der  überaus  klaren  Darstellungs- 
weise van't Hoffs  zu  folgen,  erweist  sich  als  ein 
ebenso  grosser  Genuss  wie  als  auserlesenes 
Förderungsmittel  zum  Verständnis  des  Gegen- 
standes und  kann  deshalb  zur  Gewinnung  eines 
grösseren  Gesichtskreises  und  Überblickes  wie 
auch  zum  Eindringen  in  die  geheimsten  Tiefen 
der  chemischen  Reaktionskinetik  nur  aufs  wärmste 
empfohlen  werden.  E.  Böse. 

Tagesereignisse. 

Der  Vorstand  der  deutschen  Physika!.  Gesellschaft  ver- 
sendet folgende  Vorschläge  fiir  eine  neue,  dem  jetzigen 
Stande  der  Wissenschaft  besser  angepasste  Einteilung  der  Ka- 
pitel in  den  „Fortschritten  der  Physik**.   (Nach  dem  Entwurf 


56o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  23. 


der  vun  dem  Vorstände  der  Deutschen  Physikalischen  Gesell- 
schaft eingesetzten  Kommission.) 

Etwaige  Äusserungen  zu  diesen  Vorschlägen  werden  für 
die  Abschnitte  I  bis  VI  an  Dr.  Karl  Scheel,  Wilmersdorf 
bei  Berlin,  Güntzelstr.  43,  für  die  Abschnitte  VII  und  VIII 
an  Professor  Dr.  R.  Assmann,  Berlin  N  65  Seestr.  61,  er- 
beten. 

L  .Allgemeine  Physik. 

1.  Lehrbücher.     Biographisches.     Geschichtliches.     All- 

gemeines. 

2.  Unterricht.    Apparate  für  Unterricht  und  Laboratorium. 

3.  Mass  und  Messen. 

4.  Prinzipien    der    Mechanik.     Massenpunkte    und    starre 

Körper. 

5.  Mechanik  fester  Körper.     Elastizität.     Festigkeit. 

6.  Hydromechanik. 

7.  Kapillarität. 

8.  Äeromechanik. 

II.  Physikalische  Chemie. 

1.  Allgemeines. 

2.  Löslichkeit     Absorption.     Diffusion. 

3.  Elektrochemie. 

4.  Photochemie. 

5.  Thermochemie. 

6.  Struktur.     Krystallographle. 

m.  Akustik. 

1.  Physikalische  Akustik. 

2.  Physiologische  Akustik. 

IV.  Elektrizität  und  Magnetismus. 

1.  Allgemeines. 

2.  Quellen  der  Elektrizität. 

3.  Elektrostatik. 

4.  Masse  imd  Messinstrumente. 

5.  Apparate. 

6.  Thermoelektrizität  und  reversible  Wärmewirkuugen  des 

Stromes. 

7.  Irreversible  Wärmewirkungen  des  Stromes. 

8.  Elektrizitätsleitung    in    festen    Körpern    und    Flüssig- 

keiten. 

9.  Elektrizitätsleitung  in  Gasen.     Elektroluraineszenz. 
Gasentladungen. 

10.  Kathodenstrahlen.      Becquerelstrahlen    und    verwandte 

Erscheinungen. 

11.  Röntgenstrahlen. 

12.  Magnetismus. 

13.  Elektromagnetismus.     Elektrodynamik.     Induktion. 
Wechselströme.     Halleffekt 

14.  Elektrische  Schwingungen. 
Feddersen.     Hertz, 

1$.  Elektro-  und  Magnetooptik. 

V.  Optik  des  gesamten  Spektrums. 

1.  Allgemeines. 

2.  Optische  Apparate. 

3.  Fortpflanzung.     Reflexion.     Brechung.     Dispersion. 

4.  Interferenz.     Beugung. 

5.  Polarisation.     Doppelbrechung.     Krystalluptik.    Natür- 

liche Drehung  der  Polarisationsebene. 

6.  Emission.     Absorption.     Photometrie. 

7.  Lumineszenz  (ausschl.  Elektrolumineszenz.) 

8.  Photographie. 

9.  Physiologische  Optik. 

VI.  Wärme. 

1.  Allgemeines.     Thermodynamik.    Anwendung  auf  ther- 

mische Vorgänge. 

2.  Kinetische  Theorie  der  Materie. 

3.  Thermische  Ausdehnung. 

4.  Temperaturmessung. 

5.  Zustandsgieichung.     Änderung  des  Aggregatzustandes. 

6.  Kalorimetrie.     Spezifische  und  latente  Wärme. 

7.  Wärmeleitung. 


VII.  Astrophysik. 

1.  Allgemeines  und  zusammenfassende  Arbeiten. 

2.  Die  Sonne. 

3.  Die  Planeten  und  Monde. 

4.  Meteore  und  Meteoriten. 

5.  Zodiakallicht. 

6.  Kometen. 

7.  Fixsterne. 

8.  Nebelflecken  und  Sternhaufen. 

Vin.  Oeophysik. 

A.  Physik  der  Lithosphäre. 

1.  Allgemeines  und  zusammenfassende  Arbeiten. 

2.  Erdmessung. 

3.  Schweremessungen  und  Lotabweichungen. 

4.  Veränderlichkeit  der  geographischen  Breite. 

5.  Boden-  und  Erdtemperatur. 

6.  Ortsbestimmungen. 

7.  Höhenmessungen. 

8.  Niveauveränderungen. 

9.  Erdbeben. 
10.  Vulkane. 

B.  Physik  der  Hydrosphäre. 

1.  Physik  des  Meeres. 

2.  Quellen  and  Grundwasser. 

3.  Seen. 

4.  Flüsse. 

5.  Gletscher  und  Eiszeit 

C.  Physik  der  Atmosphäre  (Meteorologie). 

1.  Allgemeines  und  zusammenfassende  Arbeiten. 

2.  Bestandteile  der  Luft  und  Beimengungen. 

3.  Meteorologische  Instrumente. 

4.  Sonnenstrahlung  und  Ausstrahlung. 

5.  Lufttemperatur. 

6.  Luftdruck. 

7.  Winde  und  Stürme. 

8.  Wasserdampf  und  Wolken. 

9.  Niederschläge. 

10.  Klimatologie  und  Witterungsgeschichte. 

1 1.  Praktische  Meteorologie. 

12.  Dynamische  Meteorologie. 

13.  Erforschung  der  oberen  Luftschichten. 

14.  Meteorologische  Optik. 

15.  Kosmische  Einflüsse. 

16.  Das   elektrische  Feld  der  Erde.     (Luftelektrizität,  Ge- 

witter.) 

17.  Das  magnetische  Feld  der  Erde. 

18.  Zusammenhang    des    elektrischen    und    magnetischen 

Feldes  der  Erde.     (Erdströme,  Polarlichter.) 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Fachgenossen,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

An  Stelle  des  nach  Tübingen  berufenen  Professors  Dr. 
W.  Wislicenus  in  Würzburg  wurde  der  Privatdorent  Dr. 
Tafel  zum  a.  o.  Professor  ernannt;  es  wurde  ihm  als  Lehr- 
aufgabe die  analytische  Chemie  übertragen. 

Der  Mathematik-Professor  Krazer  in  Strassburg,  früher 
in  Würzburg,  hat  einen  Ruf  an  das  Polytechnikum  in  Karls- 
ruhe erhalten  und  angenommen. 

Der  Privatdozent  an  der  Budapester  Universität,  Adjunkt 
am  chemischen  Institut,  Dr.  Ludwig  Winkler  wurde  zum 
a.  o.  Professor  der  Chemie  daselbst  ernannt. 

Dem  Assistenten  am  chemischen  Institut  und  Privatdo- 
zenten für  pharmazeutische  Chemie  an  der  Technischen  Hoch- 
schule in  Darmstadt  Dr.  Georg  Heyl  ist  das  Prädikat  Pro- 
fessor verliehen  worden. 

Der  Professor  der  Chemie,  Physik  und  Pharmakognosie 
Geh.  Hofrat  Dr.  O.  Schmidt  in  Stuttgart  tritt  mit  Ende 
dieses  Semesters  in  den  Ruhestand. 


Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


Physikalische  Zeitschrift 


No.  24. 


15.  September  1902. 

Redaktionuchlutt  Air  Jahrgang  IV.  No.  i  am  24.  September  1903. 


3.  Jahrgang. 


Orlglnalmltteilungen: 

N.  A.  Hesehus,  Die  gemeinsame  Di- 
mensionalität  des  elektrischen  Po- 
tentials und  der  Oberflächenspann- 
ung.   S.  561. 

Mitteilungen  aus  dem  physikalischen 
Institute  der  Universität  St  Peters- 
burg. Nr.  3:  J.  Borgmann,  Das 
Leuchten  eines  verdünnten  Gases  in 
einer  Röhre  rings  um  zwei  der 
Röhrenachse  parallel  gezogene  und 
an  einen  Induktorpol  angeschlossene 
Drähte.    S.  565. 


INHALT. 

E.  Grimsehl,  Ein  empfindliches  Alu- 
miniumblatt-Elektrometer.    S.  569. 

O.  Behrendsen,  Über  die  radioak- 
tive, im  Uranpecherz  vorkommende 
„flüchtige  Substanz".     S.  572, 

J.  Elster  u.  H.  Geitel,  Über  die 
Radioaktivität  der  im  Erdboden  ent- 
haltenen Luft.     S.  574. 

K.  Honda  u.  S.  Shimizu,  Wiede- 
mannscher  Eflekt  bei  ferromagneti- 
schen  Substanzen.     S.  577. 

F.  Giesel,  Über  Radiumbromid  und 
sein  Flammenspektrum.     S.  578. 


Referate: 

Das  Jaous-System.     S.  579. 

Besprechungen: 

J.  W.  Gibbs,  Elementare  Prinzipien 
der  statistischen  Mechanik,  mit  be- 
sonderer Rücksicht  auf  die  rationelle 
Begründung  der  Thermodynamik 
entwickelt     S.  582. 

A.  Gleichen,  I^hrbuch  der  geome- 
trischen Optik.     S.  584. 

Personalien.    S.  586. 
Vorlesungsverzeichnis  f&r  das  Winter- 
semester 1902/03.    S.  586. 


ORIGINALMITTEILUNGEN. 


vj 


Die  gemeinsame  Dimensionalität  des 
elektrischen  Potentials   und   der  Oberflächen- 
spannung. 

Von  N.  A.  Hesehus. 

§  I.  Allgemeines  System  der  elek- 
trischen und  magnetischen  Einheiten  von 

Joubin. 

Sämtliche  elektrischen  und  magnetischen 
Grössen  können,  wie  bekannt,  im  elektrostatischen 
Masssysteme  durch  vier  Fundamentalgrössen 
ausgedrückt  werden,  nämlich  durch  die  drei 
mechanischen  Grundeinheiten  —  Länge,  Masse, 
Zeit  [Ly  M,  T  oder  c,  ^,  s)  und  die  sogenannte 
Dielektrizitätskonstante,  den  Koeffizienten 
der  dielektrischen  Induktionsfähigkeit  {k).  Als 
Ausgangspunkt   wählt   man    dabei    das    Gesetz 

von  Coulomb  (oder  Cavendisn)  ^==^v  •       ,  ~ 

(man  könnte  statt  dessen  auch  m  =  kui'=kur 
schreiben,  wo  m  die  Elektrizitätsmenge,  u  das 
Potential  bedeutet).  Im  elektromagnetischen 
Masssysteme  hat  man  ausser  den  drei  mecha- 
nischen Grundeinheiten,  noch  die  magnetische 
Permeabilität,  den  Koeffizienten  der  magne- 
tischen Induktionsfähigkeit  (^)  einzuführen.  (Der- 
selbe findet  sich  nach  dem  Coulombschen  Ge- 

setze  F=^      •      o  -  oder  der  Relation  m  =  (i^V 

=  fi  91r).  Diese  Abhängigkeit  wird  für  einige 
der  wichtigeren  elektrischen  und  magnetischen 
Grössen  durch  folgende  Dimensionsformeln 
wiedergegeben  (Näheres  über  diesen  Gegenstand 
bei  W.  Rücker,  Ofi  the  suppressed  dimensions 
of  physical  quantities.  Phil.  Mag.  S.  104,  1889 
und  J.  Borgmann,  Die  Grundlagen  der  Lehre 
von  den  elektrischen  und  magnetischen  Er- 
scheinungen [russ.]  II). 


Tabelle  I. 


Elektrostatisches 
Masssystem 


Elektromagnetisches 
Masssystem 


Elektrizitätsmenge  m   K\  Z*!«  iW'l,  T-\ 
Stromstärke  .  .  .  /   .  KK^  L\  M' ,  r-« 
Magnetismus- 
menge   ml  AT-*!,  V\t  M\ 

Widerstand  ,  ,  ,  R 
Elektromot.  Kraft  tf^ 
(Potential)  .  .  ,  .  uf 
Kapazität   .  .  .  .   c 


KL 


^'1.  L\  M\  r-2 
/M-iz-1  r2 


Geht  man  von  der  Hypothese  aus,  dass 
„die  elektrischen  undmagnetischenGrös- 
sen  von  derselben  Art  sein  müssen,  wie 
die  mechanischen",  so  lässt  sich,  wie  Jou- 
bin gezeigt  hat  (Joum.  d.  phys.  1896,  398 
und  1897,  57),  die  Dimensionalität  der  Koef- 
fizienten k  und  (i  auf  Grund  einfacher  Annahmen 
finden;  man  kann  dann  auch  die  elektrischen 
und  magnetischen  Grössen  nur  mit  Hilfe  von 
Länge,  Masse  und  Zeit  ausdrücken. 

Führt  man  nämlich  die  Bedingung  ein,  dass 
die  Exponenten  von  M  und  L  in  den  Dimen- 
sionsformeln der  elektrischen  und  magnetischen 
Grössen  ganze  Zahlen  sein  sollen,  —  wie  dies 
für  die  mechanischen  Grössen  g^lt  —  und  wählt 
man  von  den  verschiedenen  Kombinationen, 
welche  dieser  Bedingung  genügen,  diejenige  aus, 
bei  welcher  k  und  [i  einen  gewissen  mecha- 
nischen Sinn  erhalten,  so  findet  man 

[k]  =  [LM''  T'^]  und  M  =  [L-'^Ml 
Hier  entspricht  also  k  dem  reziproken  Werte 

des  Elastizitätskoeffizienten  (  ,  =  L"^ M 7^'^^=^ 

t^MT^^'.U^  ist  gleich  der  auf  die  Flächenein- 
heit wirkenden  Kraft)  und  [i  stellt  eine  gewisse 
Dichte  dar  (Masse  der  Volumeneinheit). 


562 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.   No.  24. 


Setzt  man  die  gefundenen  Ausdrücke  für  k 
und  {L  in  die  Formeln  der  Tabelle  I  ein,  so 
erhält  man  an  Stelle  der  beiden  Masssysteme, 
des  elektrostatischen  und  elektromagnetischen, 
ein  einziges,  nämlich: 


Ferner  ist  auffallend,  dass  sich  für  die  Elek- 
trizitätsmenge dieselbe  Dimension  ergiebt,  wie 
fiir  eine  Oberfläche;  man  kann  sich  das  folgender- 
massen  erklären.  Die  auf  einem  Körper  vor- 
handene Elektrizitätsmenge  beurteilt  man  unter 


Tabelle  IL 


ElektrizitätsmcDge m  \ 

Elektromotorische  Kraft e\^ 

«/  ! 


(Potential) 

Kapazitit 

Intensität  des  elektrischen  Feldes 
Stromstärke 


c 

H 
t 

m 

t 


Stromdichte 


Widerstand R 

Spezifischer  Widerstand    .     .    ,     .     $  =  -7- 

Magnetismusmenge in 

Intensität  des  magnetischen  Feldes    .     .    ^ 
Magnetisches  Potential % 


AJ  T-'^ 

z->  M  r-« 
z«  r-» 

Z-«  M  T'^ 

Z-»  M  r-i 

L  r-» 
z«  r-' 


In  vorstehender  Tabelle  fällt  zunächst  der 
Umstand  auf,  dass  in  den  Dimensionsformeln 
für  die  elektrostatischen  Grundeinheiten  die 
Zeit  in  der  Potenz  — 2  vorkommt,  während 
bei  den  elektromagnetischen  Grössen  T  den 
Exponenten  — i  hat.  Erstere  hängen  danach 
gewissermassen  von  der  Beschleunigung  ab, 
letztere  von  der  Geschwindigkeit.  Die  Inten- 
sität des  elektrischen  Feldes  stellt  nach  unserer 
Tabelle  einen  Druck  dar,  diejenige  des  magne- 
tischen Feldes  eine  Geschwindigkeit  der  Wirbel- 
bewegung des  elektrischen  Stromes,  dessen 
Dichte  einer  Winkelgeschwindigkeit  entspricht. 

Es  Hessen  sich  aus  den  erwähnten  Formeln 
noch  viele  andere  interessante  Schlüsse  ziehen; 
vergisst  man  dabei  auch  nicht,  dass  sie  nur 
bedingungsweise  erhalten  wurden,  so  muss  man 
ihnen  doch  den  Vorzug  vor  anderen  kompli- 
zierten oder  völlig  willkürlichen  geben  (wie  denen 
mit  den  Koeffizienten  k  =  i  und  ^  =  i). 

Aus  den  Joubinschen  Dimensionsformeln 
fiir  k   und  ^   erhält   man   direkt   die  bekannte 

Max  well  sehe  Relation  V  k  //  =  —   Diese  Glei- 

_  V 

chung  ergiebt  z/  =  lA(i :  >t) :  ^,  ein  Analogon  zum 
Newtonschen  Ausdruck  für  die  Ausbreitungs- 
geschwindigkeit    einer     Schwingungsbewegung 

[v=ye:d).      Hieraus    sieht    man,    dass    die 

Dimension    von   r  einer  Elastizität  [e),  diejenige 

von  n —  einer  Dichte  [d)  entspricht.  (Dieselbe 
Beziehung  erhält  man  auch  direkt  aus  Tabelle  I, 
wenn  man  beliebige  Formeln,  welche  derselben 
elektrischen  oder  magnetischen  Grrösse  ent- 
sprechen, einander  gleichsetzt.  Wählt  man  z.  B. 
die  Formeln  für  die  Kapazität  (^),  so  ist  kL  = 
fi'^L-'  T\  also  [Jkfi]  =  Z-2  T'^^[i:v^].  Das- 
selbe erhielte  man  auch  aus  anderen  entsprechen- 
den Formeln.) 


Oberfläche. 

Oberflächenspannung  (Energie  der  Oberflächeneinheit  J. 

Druck  oder  Energie  der  Volumeneinheit 


Winkelgeschwindigkeit 


Lineare  Geschwindigkeit 

Energie  der  Einheit  der  Magnetismusmenge. 


anderem  nach  dem  Potential,  welches  von  dem 
Körper  im  umgebenden  Medium  in  der  Einheit 
der  Entfernung  hervorgerufen  wird.  Ist  ein 
massiver  oder  hohler  Körper  gegeben,  so  nimmt 
man  die  Elektrizitätsmengen  auf  ihnen  als  gleich 
an,  sobald  nur  ihre  Oberflächen  einander  gleich 
sind  und  beide  Körper  auf  dasselbe  Potential 
geladen  sind,  denn  ein  Elektroskop  zeigt  in 
beiden  Fällen  die  gleiche  Ablenkung  an,  ent- 
sprechend dem  Umstände,  dass  zwei  Körper 
von  gleicher  Oberfläche  und  Temperatur  in  der 
gleichen  Entfernung  dieselbe  Temperatur  er- 
zeugen. 

Sobald  man  jedoch  anstatt  einer  elektrisierten 
Kugel  in  gleichem  Abstände  vom  Knopfe  des 
Elektroskops  zwei  gleiche  Kugeln  aufstellt,  so 
zeigt  das  Elektroskop  das  doppelte  Potential 
an,  entsprechend  der  doppelten  Ladung.  — 
Bringt  man  den  gegebenen  elektrisierten  Körper 
aus  der  Luft  in  ein  anderes  Medium,  so  ändert 
sich  das  Potential  in  der  Einheit  der  Entfernung; 
da  man  aber  annimmt,  die  Elektrizitätsmenge  auf 
dem  Körper  sei  die  frühere  geblieben,  so  hat 
man  jenes  Potential  mit  einem  gewissen  Faktor^ 
(der  Dielektrizitätskonstanten)  zu  multiplizieren, 
um  die  Relation  xa  =  kui  anschreiben  zu  können. 
Die  andere  Methode  zum  Nachweise  und  Mes- 
sung der  Elektrisierung  mittels  eines  Probe- 
scheibchens  giebt  im  Grunde  nichts  anderes  als 
das  Resultat,  dass  ausserhalb  des  Körpers  ein 
elektrisches  Feld  existiert  und  dass  im  Innern 
des  Körpers  das  Potential  in  allen  Punkten  das 
gleiche  ist.  Man  kommt  also  durch  diese  Ver- 
suche nur  zu  einem  Schlüsse  über  die  Elektri- 
zitätsverteilung auf  der  äusseren  Oberfläche 
eines  Körpers.  Dasselbe  würde  man  beispiels- 
weise hinsichtlich  der  Wärmeverteilung  erreichen, 
falls  man  nur  mit  einem  Differentialthermometer 
experimentieren  wollte  (Näheres  über  die  Ana- 
loj^e  zwischen  den  elektrischen  und  kalorischen 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


563 


Erscheinungen  bietet  mein  entsprechender  Ar- 
tikel im  Joum.  d.  russ.  phys.-chem.  Ges.  für 
1897).  S^  führen  also  die  Methoden,  nach 
welchen  wir  die  elektrischen  Erscheinungen 
untersuchen,  zu  Schlüssen  über  die  oberfläch- 
liche Verteilung  der  Elektrizität.  Demgemäss 
ist  das  Resultat,  nach  welchem  die  Elektrizitäts- 
menge von  der  gleichen  Dimension  ist,  wie  die 
Fläche  {L^),  von  gewisser  Bedeutung.  Hieraus 
folgt  auch,  dass  die  elektrische  Dichte  (d)  ein 
einfacher  numerischer  Koeffizient  ist. 

Noch  mehr  Aufmerksamkeit  verdient  die 
Dimensionalität  des  Potentials  und  der  elektro- 
motorischen Kraft.  Aus  Tabelle  II  geht  hervor, 
dass  das  Potential  von  derselben  Dimension  ist, 
wie  die  Energie  der  Oberflächeneinheit 
oder  die  Oberflächenspannung.  Hieraus 
erhält  man  die  Dimensionalität  für  die  Energie 
der  Gesamtoberfläche  eines  elektrisierten  Kör- 
pers, wenn  man  die  Energie  der  Flächeneinheit 
mit  der  Grösse  dieser  Oberfläche  oder  das  Po- 
tential   mit  der  Elektrizitätsmenge  multipliziert 

-— j.  Hierbei  überrascht  neben  der  Bedeutung, 

welche  das  vorliegende  Masssystem  in  mnemo- 
nischer  Hinsicht  hat,  das  Zusammenfallen  des 
erhaltenenResultates  mit  demjenigen  der  direkten 
Versuche  und  einiger  theoretischen  Schlüsse, 
wie  sie  in  meinem  Artikel:  Über  den  Zusammen- 
hang zwischen  Berührungselektrizität  und  Ober- 
flächenspannung (Joum.  d.  russ.  phys.-chem. 
Ges.  S.  126,  1899;  diese  Ztschr.  2,  750,  1901) 
angeführt  sind.  Hier  haben  wir  gesehen,  dass 
elektromotorische  Kraft  und  Oberflächenspan- 
nung von  derselben  Dimension  sind ;  im  citierten 
Artikel  habe  ich  gezeigt,  dass  man  unter  der 
Annahme,  die  Ursache  für  die  Elektrisierung 
liege  in  einer  Störung  des  Gleichgewichts  zwi- 
schen Körper  und  umgebenden  Medium,  zum 
Schlüsse  gelangen  könne,  zwischen  der  elek- 
trischen Diffierenz  und  der  Oberflächenspannung 
der  sich  berührenden  Körper  sei  ein  gewisser 
Zusammenhang  vorhanden.  Dieser  vermutete 
Zusammenhang  wird  durch  zahlreiche  Versuchs- 
daten gestützt;  bei  der  gegenseitigen  Berührung 
zweier  Körper  wird  derjenige  von  ihnen  elektro- 
positiv,  dessen  Oberflächenspannung  die  grössere 
ist,  welcher  Satz  in  gleicher  Weise  für  flüssige, 
wie  für  feste  Körper  gilt.  Es  sei  hier  nur  als 
Beispiel  poliertes  und  mattes  Glas  erwähnt.  — 
Auf  den  Zusammenhang  zwischen  der  Ober- 
flächenspannung und  Elektrisierung  weisen  auch 
die  bekannten  Lipp  mann  sehen  Versuche  (Journ. 
dephys.  1 874)  über  elektrokapillare Erscheinungen 
und  die  Untersuchungen  von  Smith  (cf.  Beibl. 
S.  496,  1899)  über  die  elektrokapillaren  Er- 
scheinungen in  Abhängigkeit  von  der  Potential- 
differenz  bei  Lösungen  hin.  Alles  dies  zusammen- 
genommen erhöht  die  Bedeutung  des  neuen 
gemeinsamen  Systems  der  elektrischen  Einheiten 


und  verleiht  ihm  einen  gewissen  Wahrschein- 
lichkeitsgrad. 

§  2.  Schrebers  kritische  Bemerkungen 
zum  Joubinschen  System. 

Ungeachtet  dieses  Wahrscheinlichkeitsgrades, 
welchen  das  Joubinsche  System  besitzt,  kommt 
Schreber  (Wied.  Ann.  68,  606,  1899)  zu  dem 
Schlüsse,  dass  man  auf  die  Frage,  ob  die 
Einheiten  für  die  magnetischen  und  elek- 
trischen Grössen  durch  Masse,  Länge 
und  Zeit  ausdrückbar  seien,  nur  mit 
einem  —  Nein  —  antworten  könne. 

Verweilen  wir  daher  bei  der  Beweisführung 
von  Schreber  und  sehen  wir  zu,  ob  diese 
Frage  wirklich  durchaus,  zu  verneinen  ist. 

Die  elektrischen  Grössen  gehen  thatsächlich 
auf  die  drei  erwähnten  Fundamentalgrössen  der 
Mechanik  zurück,  insofern  die  elektrischen  und 
magnetischen  Wechselwirkungen  mittels  der 
Wage  bestimmt  werden  können.  Auf  diese 
Weise  erhält  man  vier  Ausdrücke  für  die  Krafl 
der  elektrischen  und  magnetischen  Wechsel- 
wirkungen: 

I,     F^=a — r-    (Coulombsches     Gesetz    der 
Wechselwirkung  von  Magnetpolen), 
F^=^ß — s-    (Coulombsches     Gesetz    der 
Wechselwirkung  von  elektrischen  Polen), 
F=^y — 7 —  =  7 — -TT-T. — .    da   nach    der 


2. 


3. 


t^r^ 


m 


Definition     die     Stromstärke     ^  "^  7     ^st. 

(Amp^resches  Gesetz  der  Wechselwirkung 
zweier  Stromelemente), 


4.     F=^6 


(Gesetz  von  Biot  und  Savart 


oder  von  Laplace). 
Hieraus  ergiebt  sich 


(a) 


und 


[ar]  =  m (b) 

Zur  Bestimmung  der  vier  Koeffizienten  a,  ft 
7  und  ö  sind  somit  im  ganzen  zwei  Gleichungen 
(a)  und  (b)  vorhanden. 

Da  uns  in  der  Elektrizitätslehre  keine  weiteren 
Gleichungen  für  unsem  Zweck  dargeboten  wer- 
den, so  hat  man  zur  Lösung  der  Frage  not- 
wendigerweise zu  zwei  willkürlichen  Relationen 
seine  Zuflucht  zu  nehmen.  Man  kann  sich  bei 
dieser  Auswahl  nur  durch  die  Forderung  leiten 
lassen,  die  gewählten  Beziehungen  mögen  nach 
Möglichkeit  zweckentsprechend  sein. 

§  3.  Verschiedene  Umstände,  welche 
zu  Gunsten  der  Zurückführung  der  elek- 
trischen und  magnetischen  Einheiten  auf 
die  drei  mechanischen  Grundeinheiten 
sprechen. 


564 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Sehen  wir  nunmehr  zu,  ob  die  vor- 
liegende Frage  in  der  That  so  durchaus  abzu- 
lehnen ist,  wie  Schreber  meint,  oder  ob  es 
nicht  doch  möglich  ist,  auf  Grund  der  theore- 
tischen und  praktischen  Ergebnisse,  zu  denen 
die  Wissenschaft  heutigentags  gelangt  ist,  eine 
Lösung  derselben  zu  finden. 

I.  Untersuchen  wir  zunächst,  zu  welchen 
Resultaten  der  bekannte  Maxwel Ische  Aus- 
druck  k  (1=^    2  ftihrt,    den   man  jedenfalls   in 

Betracht  zu  ziehen  hat,  welchen  Sinn  man  ihm 
auch  immer  beilegen  mag.  Man  kann  ihn  auch, 
wenigstens  im  Hinblick  auf  die  Dielektrizitäts- 
konstante k,  als  durchs  Experiment  genügend 
sichergestellt  betrachten. 

Zieht  man  ihn  aber  heran,  so  findet  man 
noch  eine  weitere  Beziehung  zwischen  den  ge- 
suchten Koeffizienten,  nämlich  zwischen  a  =  - 

und  ß  =  -, .     Zu  den  beiden  Gleichungen 


(a) 
und 

(b) 


ß  =  7v^  oder  k  7  —  -^ 


7  _ 


„  y  =  <J2  oder  L  =  äi 

ß 
tritt  dann  noch  die  dritte  Gleichung 


(c) 


k  n=^ 


V 


hinzu.  Aus  ihnen  findet  man  (i^=  y  und  rf  =  i. 
Ferner  kann  man  auf  die  Dimensionalität  von 
k  und  (i  einen  Schluss  ziehen  oder  eine  Ver- 
mutung darüber  aussprechen  auf  Grund  des  Um- 
standes,  dass  die  Ausbreitungsgeschwindigkeit  v 
der  elektromagnetischen  Störungen  ebenso,  wie 
diejenige  anderer  Störungen  mit  der  Elastizität  (^) 
und  der  Dichte  [d)  des  Mediums  im  Zusammen- 
hang stehen  muss,  dass  nämlich  v  ^^yeTd  ist. 
Dementsprechend  kann  auch  der  Maxwel  Ische 

Ausdruck  in  der  Form  z/  =  y^i  \k (i^=\^(\  :k): (i 

oder  V  =  y^(i  ifi):^  dargestellt  werden. 

Welchen  dieser  beiden  Ausdrücke  hat  man 
nun  aber  zu  wählen,  soll  man  die  Dimension  von 

,    der  Elastizität  entsprechen    lassen,    diejenige 

von  (i  der  Dichte  oder  umgekehrt?  —  Auf  diese 
Frage  kann  eine  einfache  Probe  und  eine  Ver- 
gleichung  der  erhaltenen  Resultate  Antwort 
geben.  Freilich  ist  dies  kein  direkter  Weg,  wie 
die  einfache  Auflösung  der  Gleichungen  und 
wie  ihn  Schreber  wünscht,  er  ist  jedoch  keines- 
wegs willkürlich. 

2.  Der  Weg.  welchen  Jo  üb  in  einschlug,  ist, 
wie  wir  wissen,  dem  eben  bezeichneten  ent- 
gegengesetzt, (cf.  Logde,  Modern  views  etc.) 
Joubin  ging,  wie  auch  andere,  direkt  von  der 
Annahme  aus,    es  sei  rf  =  i  zu  setzen  und  er- 


hielt demgemäss  den  Max  well  sehen  Ausdruck 

kgi=    2    2ils  Folge.     Seine   Grundannahme   ist, 

wie  erwähnt  die,  dass  die  elektrischen  und 
magnetischen  Grössen  von  derselben  Art 
sein  müssen,  wie  die  mechanischen  und 
sich  daher  durch  ganzzahlige  Potenzen 
von  Z,  Mund  /"ausdrücken  lassenmüssen. 

Durch  Aufsuchung  der  einfachsten  Bedin- 
gungen, welche  seiner  Forderung  genügen,  ge- 
langte er  zu  seinem  Masssystem  (Tabelle  II). 

Es  fragt  sich  jetzt,  inwieweit  begründet  die 
allbekannten  elektrostatischen  und  elektromagne- 
tischen Masssysteme  mit  zwei  unbestimmten 
Koeffizienten  k  und  (i  (oder  ß  und  a)  sind,  wo- 
bei 6=1  und  Y  =  (i  gesetzt  sind.  Dass  der 
Koeffizient  6  in  der  Formel  von  Laplace  fiir 
die  Wechselwirkung  zwischen  einem  Magnetpol 
und  einem  Stromelement  vom  Medium  und  den 
in  ihm  enthaltenen  Körpern  unabhängig  und 
immer  derselbe  ist,  wie  in  der  Luft,  wird  u.  a. 
direkt  von  Vaschy  (Trait^  d'electricit^  et  de 
magnetisme,  1,  514,  1890)  bewiesen.  Auch  durch 
das  Experiment  wird  die  Unabhängigkeit  des 
Koeffizienten  ö  von  den  Eigenschaften  des  Me- 
diums bestätigt.  Man  sieht  somit,  dass  die  An- 
nahme, 6  sei  eine  Konstante,  keineswegs  will- 
kürlich ist.  Ist  dem  aber  so,  dann  darf  man 
auch  die  Joubinsche  Zurückfiihrung  der  elek- 
trischen oder  magnetischen  Grössen  auf  mecha- 
nische? nicht  als  unbegründet  gelten  lassen. 

Vaschy  (loc.  cit.  S.  330)  hat  auch  gezeigt, 
dass,  wenn  man  mit  Ampere  annimmt,  die 
Kraft  der  gegenseitigen  Einwirkung  der  Strom- 
elemente ds  und  ds'  wirke  in  ihrer  Verbindungs- 
geraden, man  aus  den  Grundgesetzen  des  Elek- 
tromagnetismus auch  einen  Ausdruck  fiir  diese 

Kraft  ableiten  könne,  nämlich  d^  F=^  —  ,, 

k  r 

(2  cos  B  —  3  cos  B  cos  6).      Ampere    gelangte 

durch    andere    Überlegungen    zu    der    Formel 

^>  u       /.'"  ^ '  ^^  ^^  (  3        Ä        öA 

d   r  ^^  k 2 —  \^^^  ^  —  ~  cos  ^  cos  ^  j ' 

Durch  Vergleichung   dieser   beiden   Ausdrücke 

findet  man  k' '  =  -tt  oder  k  k"=  2  und  da  k'= 

k 

ist  —  ^'"=  7.     Es  ist  also  -  eine  Konstante. 

Es  müssen  folglich  7  und  ft  von  derselben 
Dimension  sein,  was  die  vorhin  erhaltene  Gleich- 
heit [7]  =  [//]  für  rf  =  I  bestätigt.  (Von  dem 
Zusammenhange  zwischen  den  Koeffizienten  der 
elektrodynamischen  und  elektromagnetischen 
Gleichungen  handelt  auch  P.  Duhem,  Legons 
sur  lelectricit^  et  le  magnetisme  3,  433,   1892). 

3.  Man  kann  endlich  zu  demselben  allge- 
meinen elektrischen  und  magnetischen  Mass- 
systeme noch  auf  einem  anderen  Wege  gelangen. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.      No.  24. 


565 


Dieser  dritte  Weg  eröffnet  sich  uns,  wenn  man 
von  der  offenbaren  Thatsache  ausgeht,  dass 
das  elektrostatische  und  elektromagne- 
tische Masssystem  in  eines  verschmelzen 
müssen,  wenn  man  annimmt,  die  Koeffi- 
zienten k  und  //  seien  ausgedrückt  durch 
dieselben  beliebigen  Grundeinheiten. 

Setzt  man  also  die  Ausdrücke  für  irgend 
eine  elektrische  oder  magnetische  Grösse  ein- 
ander gleich,  so  erhält  man  einen  Zusammen- 
hang zwischen  k  und  \i.  Wählt  man  z.  B.  hierfür 
die  Ausdrücke  für  die  Kapazität  c  aus  Tabelle  I, 
so  erhält  man  die  Gleichung 

und  aus  dieser 

d.  h.  die  Dimension  des  Produkts  k  (i  wird 
hiernach   gleich    der  Dimension  des  reziproken 

Geschwindigkeitsquadrats  (-2/     ^"  demselben 

Resultate  würde  man  bei  Wahl  jeder  anderen 
Grösse  gelangt  sein.  Man  erhält  also  den  Max- 
well sehen  Ausdruck  k  (i  =2~2  ^^  unmittelbare 

Folge  der  von  uns  gemachten  dritten  Annahme. 
Um  zu  unserem  Endziel  zu  gelangen,  haben  wir 
uns  nur  noch  dafür  zu  entscheiden,  welche  von 

den  Grössen    -  und  ti  oder       und    k    wir    der 

Elastizität  und  Dichte  in  der  Formel 

V  =Y7^  =  Yi:k(i  =;Y^(iTk)T]i  =  Y(i:fi):k 

entsprechen  lassen  wollen.  Wir  wissen  bereits, 
dass  die  Zusammenstellung  der  Resultate  uns 
veranlasst,  die  erste  Annahme  gelten  zu  lassen, 

dass   also    \^=[e]=[LMr'^:  L^=[L''^M7^'^] 

ist  und  [(i]  =  [ML"^].  Als  besondere  Stütze 
für  diese  Auswahl  dient,  wie  mir  scheint,  der 
von  mir  gefundene  Zusammenhang  zwischen  der 
Elektrisierung  (Potentialdifferenz)  sich  berühren- 
der Körper  und  ihrer  Oberflächenspannung*),  da 
im  gemeinsamen  Masssystem  der  elektrischen 
und  magnetischen  Grössen  (Tabelle  II)  das  Po- 
tential (also  auch  die  Potentialdifferenz)  die 
Dimension  der  Oberflächenspannung  {MT~^  = 
L  M  7""^ :  Z)  oder  der  Energie  der  Oberflächen- 
einheit {M  r-2  =  Li  M  T   ^-:L'^)  besitzt. 

Von  unserem  Standpunkte  aus  betrachtet, 
aufweichen  seinerzeit  Buy  s-Ballot  hingewiesen 
hat  und  welcher  unlängst  von  Majorana  (Arch. 
des  sc.  phys.  1899  August)  gestützt  worden  ist, 
muss  sogar  die  Elektrisierung  durch  eine  Diffe- 
renz der  Oberflächenenergie  der  sich  berühren- 
den Körper  bedingt  sein,  weil  sonst,  wenn  die 
Energie  der  Flächeneinheit  für  jeden  von  ihnen 


l)  Vergl.  diese  Zeitschrift  2,  750,  1901. 


die  gleiche  wäre,  es  keinen  Grund  fiir  den  Aus- 
gleich des  Zustandes  der  sich  berührenden  Kör- 
per gäbe;  es  wäre  dann  auch  kein  Grund  dafür 
vorhanden,  weshalb  der  frühere  Zustand,  wel- 
cher einem  Gleichgewicht  gegenüber  dem  um- 
gebenden Medium  entspricht,  gestört  werden 
sollte,  —  also  würde  dann  auch  eine  Elektri- 
sierung nicht  auftreten. 

(Nach  den  „Iswestija"  des  SL  Petersburger  Technolog.  In- 
stituts unter  Vornahme    vom    Autor   gewünschter    Kürzungen 

übersetzt  von  H.  Pflaum.) 

(Eingegangen  22.  Juli  1902.) 


Mitteilungen  aus  dem  physikalischen  Institute 
der   Universität   St   Petersburg    (Direktor:   J. 

Borgmann.) 

No.  8*):   J.  Borgmann.     Das  Iieuchten  eines  ver- 
dünnten Qases  in  einer  Röhre  rings  um  swei  der 
Bohrenaohse  parallel  gesogene  und  an  einen  Liduk- 
torpol  angeschlossene  Drahte. 

In  vorliegender  Mitteilung  beabsichtige  ich, 
eine  Beschreibung  zu  geben  von  äusserst  schönen 
Lichterscheinungen  derselben  Art,  wie  die  von 
mir  in  dieser  Zeitschrift  ^)  schon  beschriebenen. 
Diese  Lichterscheinungen  treten  in  Röhren  auf, 
in  welchen  parallel  der  Achse  zwei  dünne 
Drähte  eingeschmolzen  sind,  wenn  beide  Drähte 
an  einen  Induktorpol  angeschlossen  sind,  oder 
wenn  nur  einer  der  Drähte  an  den  Induktorpol 
angeschlossen  ist,  der  andere  Draht  hingegen 
mit  einer  Kapazität  verbunden  ist.  Meine  Be- 
obachtungen, bei  deren  Ausfuhrung  mir  Herr 
A.  P.  Afanassieff  in  liebenswürdigster  Weise 
behilflich  war,  wurden  an  einer  Röhre  von  75  cm 
Länge  und  4,6  cm  Durchmesser  angestellt.  Die 
Distanz  zwischen  den  in  die  Röhre  eingeschmol- 
zenen Platindrähten  war  nur  ein  wenig  kleiner 
als  der  Röhrenradius.  Auf  der  äusseren  (vom 
Beobachter  abgewandten)  Röhrenwandung  war 
parallel  den  Drähten  und  ungefähr  zwischen 
denselben  ein  enger  Stanniolstreifen  aufgeklebt. 
In  dieser  Röhre,  ebenso  wie  in  einer  Röhre  mit 
nur  einem  Draht,  sind  die  auftretenden  Licht- 
erscheinungen auffallend  verschieden,  je  nach- 
dem die  Evakuierung  eine  massige  ist  und  die 
Spannung  einige  Millimeter  beträgt,  oder  die 
Verdünnung  so  weit  getrieben  ist,  dass  die  Gas- 
spannung nur  sehr  kleine  Bruchteile  eines  Milli- 
meters beträgt. 

I.  Die  Gasspannung  in  der  Röhre  be- 
trägt einige  (4 — 6)  Millimeter.  Den  In- 
duktorpolen ist  eineFunkenstrecke  paral- 
lel geschaltet. 

a)  Beide  Drähte  sind  an  den  positiven 
Induktorpol  angeschlossen.  Wenn  der 
Stanniolstreifen  nicht  geerdet  ist,  so  erscheinen 
auf  beiden  Drähten    unbewegliche    (bei    gleich- 

1)  No.  2.     Siehe  3,  433,   1902. 

2)  Diese  Z    2,  659,  1901,  3,  433,  1902. 


L 


S66 


Physikalische  Zeitschrift.     3-  Jahrgang.     No.  24. 


massigem  Funktionieren  des  Unterbrechers) 
violettleuchtende  Linsen  teile,  welche  von  den 
Drähten  ausgehend  zu  den  gegenüberliegenden 
Teilen  der  Glaswandung  fuhren;  die  Linsenteile 
sind  ziemlich  regelmässig  längs  der  Drähte  ver- 
teilt, dabei  liegen  aber  die  einem  Draht  ange- 
hörenden Linsenteile  nicht  denen  des  anderen 
Drahtes  gegenüber,  sondern  sind  gegen  die- 
selben verschoben.  Der  Raum  zwischen  den 
Drähten  bleibt  dunkel.     Fig.  i   ist  eine  Auto- 


rs, i. 

typie  nach  einer  pbotographischen  Aufnahme 
eines  Teiles  dieser  Erscheinung.  Wenn  der 
Stanniolstreifen  geerdet  wird,  verwandeln  sich 
diese  Linsenteile  in  helle  violettleuchtende 
konische  Lichtbündel,  die  von  den  Drähten  aus- 
gehend einerseits  zum  Stanniolstreifen,  anderer- 
seits zur  gegenüberliegenden  Glaswandung  ge- 
richtet sind.  Ein  kräftiges  Magnetfeld,  dessen 
Kraftlinien  senkrecht  zur  Röhrenachse  stehen, 
bewirkt  ein  Neigen  der  Linsenteile  auf  beiden 
Drähten  nach  derselben  Seite  hin,  ebenso  wie 
man  es  in  einer  Röhre  mit  nur  einem  Draht 
beobachten  kann. '} 

b)  Beide  Drähte  sind  an  den  negativen 
Induktorpol  angeschlossen.  Bei  nicht  ge- 
erdetem Stanniol  streifen  erscheint  der  Raum 
zwischen  jedem  seiner  ganzen  Lange  nach  leuch- 
tenden Draht  und  den  ihm  nächsten  Teilen  der 
Glaswandung  von  einem  schwach  leuchtenden 
Nebel  erfüllt;  der  Raum  zwischen  den 
Drähten  bleibt  dabei  vollständig  dunkel 
(Fig.  2).  Bei  geerdetem  Stanniolstreifen  ver- 
wandelt sich  das  nebelartige  Leuchten  zwischen 
jedem  Draht    und    den    nächstliegenden   Teilen 

t;  I)iese[,Z.  3,  435,  1902. 


der  Glaswandung  in  eine  hellleuchtende  Fläche 
zwischen  jedem  Draht  und  dem  Stanniolstretfen. 
Es  bilden  sich  also  in  diesem  Falle  in  der  Röhre 
zwei  leuchtende  Flächen,  die  unter  einem  Winkel 
zusammentreffen. 

c)  Der  eine  (obere)  Draht  ist  mit  dem 
positiven  Induktorpol  verbunden;  an  den 
unteren  Draht  ist  ein  Stück  dünnen 
Drahtes  (Lange  circa  i  m)  angeschlossen, 
das  frei  herunterhängt.  Der  Stanniolstreifen 
ist  nicht  geerdet.  Auf  dem  oberen  Drahte  bilden 
sich  leuchtende  Linsen,  die  aber  auf  diesem 
Drahte  nicht  centrisch  stehen,  sondern  in  der 
Richtung  des  unteren  Drahtes  stärker  entwickelt 
sind.  Diese  Linsen  schneiden  den  unteren  Draht 
und  erreichen  selbst  die  untere  Glaswandung. 
Dort,  wo  die  Linsen  den  unteren  Draht  schneiden, 
bemerkt  man  ein  helleres  Leuchten  der  letzteren. 
Der  untere  Draht  gleicht  dabei  einem  leuchten- 
den dicken  Faden  mit  gleichmässig  verteilten 
dunkleren  Einschnürungen,  Fig,  3  ist  ein  Teil 
einer  photographischen  Aufnahme  der  beschrie- 
benen Erscheinung  (Exposition  2  Minuten),  Auf 
der  Figur  sieht  man  den  Stanniolstreifen,  in 
welchem  sich  die  Erscheinungen  spiegelten.  Die 
helleren  Teile  des  Streifens  sind  nur  Spiegel- 
bilder der  Lichtlinsen. 

Ein  Magnetfeld,  dessen  Kraftlinien  senkrecht 
zur  Röhrenachse  stehen,  bewirkt  ein  Neigen  der 
Linsen,  Fig.  4  giebt  einen  Teil  einer  photo- 
graphischen Aufnahme  der  Erscheinung  wieder. 
Der  Elektromagnet  stand  unter  der  Röhre;  die 
Kraftlinien    sind  vom  Beobachter   ab  gerichtet. 

Wenn  man  den  in  der  Luft  frei  hängenden 
Draht  mit  einer  Platte  eines  Kohlrauschschen 
Kondensators  verbindet,  dessen  andere  Platte 
geerdet  ist,  so  bemerkt  man  ein  Aufleuchten 
der  zwischen  den  Drahten  befindlichen  Linsen- 
teile. Wenn  die  Kapazität  das  Kondensators 
wächst,  also  dessen  Platten  einander  genähert 
werden,  deformieren  sich  allmählich  die  auf  dem 
oberen  Draht  verteilten  Linsen  und  gehen  in 
die  Form  von  Büscheln  über,  welche  Vom'oberen 
Draht  zum  unteren  verlaufen.  Wenn  die  an  den 
unteren  Draht  angeschlossene  Kapazität  kleiner 
gemacht,  der  angehängte  Draht  also  verkürzt 
wird,  so  werden  die  auf  dem  oberen  Draht  ver- 
teilten Linsen    immer   symmetrischer  in  Bezug 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


567 


Fig.  4. 

auf  diesen  Draht  als  Achse;  bei  sehr  kurzem 
angehängtem  Drahtende  verwandeln  sie  sich  in 
vollständig  regelmässige  Linsen,  wobei  ihre 
Centra  auf  den  Draht  selbst  zu  liegen  kommen. 

d)  Der  eine  (obere)  Draht  ist  mit  dem 
negativen  Induktor  pol  verbunden,  an 
den  unteren  Draht  ist  ein  dünnes  frei  her- 
unterhängendes Drahtende  angeschlos- 
sen. Der  Stanniolstreifen  ist  nicht  geerdet.  Der 
obere  Draht  ist  von  einer  leuchtenden  Hülle 
umgeben;  zwischen  beiden  Drähten  breitet  sich 
ein  schwaches  fläcbenförmiges  Leuchten  aus; 
ausserdem  entströmt  einem  Punkt  des  oberen 
Drahtes  ein  heller  rötlich  violett  leuchtender 
Büschel,  der  zum  unteren  Drahte  hin  gerichtet 
ist.  Dieser  Büschel  bildet  sich  immer  an 
derselben  Stelle  des  Drahtes.  Wenn  man 
diesem  Teil  der  Röhre  einen  Leiter,  oder  auch 
einfach  den  Finger  nähert,  so  springt  der  Büschel 
auf  eine  andere  Stelle  über,  gewöhnlich  zum 
anderen  Ende  der  Röhre  hin,  und  bleibt  dort 
so  lange,  bis  man  dieser  Stelle  nicht  den  Finger 
nähert  —  dann  kehrt  der  Büschel  an  seine  alte 
Stelle  zurück.  Wenn  man  den  Stellen  der  beiden 

-Büschellagen  Finger  nähert,  so  bildet  sich  der 
Büschel  an  einem  neuen,  aber  ganz  bestimmten 
Ort  zwischen  den  beiden  Fingern.  Fig.  5  giebt 
die  Abbildung  eines  derartigen  Buscheis  (Ex- 
position 4  Min.  30  Sek.).  Auf  der  Glaswandung 
um  den  leuchtenden  Büschel  herum  bildet  sich 
ein  gelblich  grün  er  Phosphoreszenzring. 

Wenn  man  die  an  den  unteren  Draht  an- 
geschlossene Kapazität  vergrössert,  so  wird  der 
Büschel  heller,  aber  weniger  empfindlich  in  Be- 
zug auf  Annäherung  eines  Leiters,  d,  h.  um  den 
Büschel  überspringen  zu  lassen,  muss  man  den 
Leiter  (Finger)  naher  an  die  Röhre  heranbringen. 

e)  Sehr  interessant  sind  die  Änderungen  der 
Lichterscheinungen  um  beide  Drähte,  wenn  man 
diese  Drähte  an  einen  Induktorpol  vermittelst 
schwachleitender  Flüssigkdtssäulen  anschliesst 
und  die  Länge  dieser  Säulen  Änderungen  unter- 
wirft. Zu  diesem  Zwecke  benutzte  ich  die  in 
dieser  Zeitschrift  ')  schon  beschriebene,  in  einen 
langen  Parafünblock  eingeschnittene  Rinne,  die 
ich  mit  einer  schwachleitenden  Flüssigkeit  füllte, 

i)  Diese  Z.  2,  6$!,  1901. 


t"x  5- 

Die  Drähte  in  der  Röhre  waren  jeder  mit  einer 
der  beiden  Endelektroden  der  Rinne  verbunden; 
die  mittlere  längs  der  Rinne  bewegliche  Elek- 
trode war  an  den  Induktorpol  angeschlossen. 
Beobachtungen  zeigten,  dass  bei  Bewegung 
der  Mittelelektrode  Änderungen  in  den 
Lichterscheinungen  um  beide  Drähte  nur 
dann  eintreten,  wenn  die  Rinne  mit  einer 
sehr  schwachieitenden  Flüssigkeit  ge- 
füllt ist.  Die  besten  Resultate  erhielt  ich  mit 
einer  Flüssigkeit,  welche  man  als  ,, vierte  ho- 
moeopathische  Teilung"  der  bestleitenden 
Schwefel  Säurelösung  (Lösung,  welche  30,4  Proz. 
Schwefelsäure  enthält)  bezeichnen  kann,  also  mit 
destilliertem  Wasser,  welchem  0,003  Proz. 
Schwefelsäure  hin  zu  gefugt  war.  Wenn  diese 
Flüssigkeit  die  Rinne  füllt,  bemerkt  man,  beim 
Verschieben  der  mit  dem  Induktorpol  verbun- 
denen Mittelelektrode  von  der  Mitte  der  Rinne 
zum  einen  oder  anderen  Ende  hin,  fortwährende 
Änderungen  im  Leuchten  um  beide  Drähte, 

Wenn  die  bewegliche  Elektrode  in  der  Mitte 
steht,  ist  das  Leuchten  um  beide  Drähte  voll- 
ständig gleich.  Wenn  diese  Elektrode  bis  an 
ein  Ende  der  Rinne  verschoben  ist,  so  gleicht 
das  Leuchten  um  den  an  die  betreffende  End- 
etektrode  angeschlossenen  Draht  dem  Leuchten, 
welches  um  diesen  Draht  erscheint,  wenn  der 
andere  Draht  mit  einer  Kapazität  verbunden 
ist.    Fig.  6  ist  eine  Autotypie  nach  einem  kleinen 


Fig.  6. 

Teil  einer  photographiscben  Aufnahme  der  Er- 
scheinung, wobei  die  mit  dem  positiven  In- 
duktorpol verbundene  Mittclelektrode  einem  Ende 
der  Rinne  genähert  war  (Exposition  3  Minuten). 


56§ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Fig-  7. 

Fig.  7  giebt  einen  Teil  der  photo graphischen 
Aufnahme  (Exposition  5  Minuten)  der  Erscheinung 
wieder,  welche  bei  den  angegebenen  Versuchs- 
bedingungen, aber  ohne  parallel  dem  In- 
duktor geschaltete  Funkenstrecke  ent- 
steht. In  diesem  Falle  ändert  sich  die  Erschei- 
nung nicht  im  mindesten  bei  Änderung  der 
Richtung  des  Primärstromes  im  Induktor.  In- 
teressant ist  die  ziemlich  regelmässige  Verteilung 
längs  des  Drahtes  von  grosseren  hellen  Sternen, 
zwischen  denen  kleinere,  schwächer  leuchtende 
Sternchen  wie  Lichtpunkte  erscheinen. 

11.  Die  Gasspannung  in  der  Röhre  be- 
trägt kleine  Bruchteile  eines  Millimeters. 
Denlnduktorpolen  ist  eine  Funkenstrecke 
parallel  geschaltet. 

Der  Stanniolstreifen  ist  nicht  geerdet. 

a)  Die  beiden  Drähte  in  der  Röhre  sind 
an  den  positiven  Induktorpol  angeschlos- 
sen. Beide  Drähte  sind  von  nebelartigen  violett- 
leuchtenden cylindrischen  Hüllen  umgeben.  Das 
Innere  der  Röhre  ist  von  einem  schwachen  Gas- 
leuchten erfüllt. 

b)  Die  beiden  Drähte  in  der  Röhre  sind 
an  den  negativen  Induktorpol  angeschlos- 
sen. Die  ganze  Oberfläche  der  Röhre  leuchtet 
in  Phosphoreszenzlicht.  Auf  der  leuchtenden 
Glaswandung  bemerkt  man  dabei  ziemlich  regel- 
mässig verteilte  dunklere  Stellen,  welche  das 
Ausseben  breiter  dunkler  Ringe  haben,  und 
ausserdem  zwei  dunklere  den  Drähten  parallele 
Streifen,  einen  über  den  Drähten,  den  anderen 
unter  denselben  (Schirmwirkung  einer  Kathode 
auf  die  von  der  anderen  ausgesandten  Kathoden- 
strahlen). Im  Inneren  der  Röhre  ziehen  sich 
zwischen  den  Drähten  längs  der  vorderen  und 


Fi».  S. 

hinteren  Glaswandung  parallel  dem  Stanniot- 
streifen  schwach  violettleuchtende  Büschel,  deren 
Enden  in  den  Enden  der  Röhre  zusammenstossen. 

Der  Stanniolstreifen  ist  geerdet. 

a')  Beide  Drähte  sind  an  den  positiven 
Induktorpol  angeschlossen. 

Die  Drahte  sind  von  violettleuchtenden  cy- 
lindrischen Hüllen  umgeben.  Die  vordere  Röhren- 
wandung strahlt  hell  in  Phosphoreszenzlicht, 
zwei  dunklere  breite  Streifen  ziehen  sich  längs 
der  Wandung  parallel  den  Drähten  (Schirm- 
wirkung der  Drähte  auf  die  Kathodenstrahlen, 
welche  von  dem  Teil  der  Glaswandung  aus- 
gesandt werden,  auf  welchem  der  Stanniolstreifen 
aufgeklebt  ist). 

b)  Beide  Drähte  sind  an  den  negativen  In- 
duktorpol angeschlossen.  Die  Lichterscheinungen 
sind  dieselben  wie  in  b),  nur  die  dunklen  Ringe 
kommen  nicht  zum  Vorschein. 

c)  Der  eine  Draht  ist  mit  einem  Induktor- 
pol verbunden,  an  den  anderen  ist  eine  Kapa- 
zität angeschlossen.  Dieser  andere  Draht  hat 
in  diesem  Falle  die  Bedeutung  einer  dem  ersten 
Draht  entgegengesetzt  geladenen  Elektrode, 

Zum  Schlüsse  bringe  ich  Autotypien  nach- 
einigen  photographischen  Aufnahmen  der  Licht- 
erscheinungen, wenn  beide  Drähte  an  einen  In- 
duktorpol angeschlossen  sind,  und  wenn  die 
Röhre  über  den  Schenkeln  eines  Plückerschen 
Elektromagnets  so  gelagert  ist,  dass  ihre  Achse 
parallel  der  Feldachse  des  Elektromagnets  liegt; 
der  Stanniolstreifen  war  dabei  geerdet. 

Fig.  8  —  ohne  Funkenstrecke  zwischen  den 
Induktorpolen.  Die  Erscheinungen  sind  voll- 
ständig gleich  bei  beiden  Richtungen  des  Primär- 
stromes im  Induktor. 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  24. 


569 


Fig.  9  —  mit  Funken  strecke  zwischen  den  In- 
duktorpolen, beide  Drahte  an  den  positiven 
Induktorpol  angeschlossen. 

Fig.  10  —  beide  Drähte  an  den  negativen 
Induktorpol  angeschlossen. 


Flg.  II. 

Fig.  II  —  beide  Drähte  an  den  negativen 
Pol  angeschlossen,  Funkenstrecke  sehr  kurz. 
Bei  diesen  Bedingungen  zeichnet  sich  der  Ver- 
lauf der  Kraftlinien  im  Felde  besonders  scharf 
ab.  Leider  giebt  die  photographische  Aufnahme 
die  Erscheinung  nicht  deutlich  genug  wieder. 
Physik.  Institut  der  Universität  St.  Petersburg. 
(Eingegangen  2i.  Juni  I903.I 


Ein  empfindliches  Aluminiumblatt- 
Elektrometer. 
Von  E.  Grtmsehl. 

Das  im  folgenden  beschriebene  Elektrometer 
ist  nach  meinen  Angaben  von  der  Firma 
A.  Krüss  in  Hamburg  gebaut  und  hat  vor  den 
sonst  bekannten  Aluminiumblatt -Elektrometern 
so  mannigfaltige  Vorzüge,  dass  mir  die  Ver- 
öffentlichung nicht  unangebracht  erscheint. 

In  Fig.  I  und  2  sind  zwei  Seitenansichten 
in  Konstruktionszeichnung  ausgeführt.  Der 
Apparat  hat  mit  der  Kolb eschen  Form  des 
Elektrometers  grosse  Ähnlichkeit,  weicht  aber 
im  einzelnen  wesentlich  von  demselben  ab. 
DasElektrometer  besteht  aus  einem  5x7«  16  cm 


grossen  Messinggehäuse,  das  auf  drei  Füssen 
ruht,  von  denen  der  eine  als  Fussschraubc  aus- 
gebildet ist.  Die  breiteren  Seitenflächen  des 
Gehäuses  sind  in  einer  Höhe  von  9  cm  aus 
Spiegelglasplatten  hergestellt ,  die  oben  und 
unten  durch  eine  Messingführung  festgehalten 
werden.  Sie  werden  von  der  einen  Seite  ein- 
geschoben und  dann  in  ihrer  Lage  durch  je 
einen  kleinen  Messingvorreiber  vor  dem  Her- 
ausfallen geschützt.  Der  obere  Deckel  des  Ge- 
häuses ist  durchbohrt,  und  an  die  Durchbohrung 
ist  ein  Messingrohr  von  2$  mm  Weite  und 
15  mm  Länge  angelötet.  Dieses  Messingrohr 
dient  zur  Aufnahme  eines  Ebonitpfropfens  £, 
durch  den  der  das  Aluminiumblättchen  tragende 
Stab  6"  hindurchgefuhrt  ist.  Der  Ebonitpfropfen 
ist  15  mm  nach  der  einen  schmalen  Seite  des 
Gehäuses  zu  von  der  Mitte  des  oberen  Deckels 
verschoben.     Der  Pfropfen  ist  aus  einem  später 

'  anzugebenden  Grunde  der  Länge  nach  gespalten. 

;  Eine  an  der  einen  Hälfte  angebrachte  kleine 
Nase  N  bewirkt,    dass  der  Pfropfen    nach  dem 

:  Einsetzen  in  seine  Fassung  sich  nicht  drehen 
kann.  Der  durch  den  Pfropfen  gehende  Stab 
6'  besteht  aus  einem  5  mm  dicken  und  35  mm 
langen  Messingrohr.  An  dem  oberen  Ende  des 
Stabes  sind  zwei  kleine  seitliche  Ansätze  an- 
gebracht, die  die  willkürliche  Drehung  des  in 
den  Pfropfen  eingesetzten  Stabes  verhindern, 
indem  sie  in  zwei  kleine  Ausfräsungen  des 
Ebonitpfropfens  beim  Einsetzen  in  den  Pfropfen 
eingreifen.  Der  Stab  S  schneidet  mit  seinem 
oberen  Ende  genau  mit  der  oberen  Fläche  des 
Ebonitpfropfens  ab.  In  das  untere  Ende  des 
Stabes  ist  ein  90  mm  I"  ^üs,  6  mm  breites 
dünnes  Aluminiumblech  A  (Fig.  1)  mit  seinem 
oberen  cylindrisch  ausgestalteten  Ende  einge- 
schraubt. Der  aus  dem  Stabe  S  noch  heraus- 
ragende cylindrische  Teil  ist  an  der  einen  Seite 
eben  angefeilt  und  dient  zum  Ankleben  des 
90  mm  langen,  2 — 3  mm  breiten  Streifens  dünn- 
ster Aluminiumfolie  F. 

Auf  den  Boden  des  Gehäuses  ist  in  einer 
passenden  Messingfassung  ein  kreisförmig  aus- 
geschnittenes Glimmerblättchen  G  aufgeschraubt, 
auf  welches  eine  von  o — 30"  gehende  Kreisteilung 
angebracht  ist.   Der  Krümmungsmittelpunkt  des 


570 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Kreisbogens  fällt  mit  dem  Anheftungspunkte  der 
Aluminiumfolie  zusammen,  und  der  Nullpunkt 
der  Teilung  liegt  unmittelbar  unter  dem  unteren 
Ende  des  Aluminiumbleches  A,  so  dass  also  der 
Ausschlag  der  Aluminiumfolie  an  der  Gradein- 
teilung ohne  Parallaxe  direkt  abzulesen  ist  oder 
auch  bei  Projektion  mit  der  Folie  gleichzeitig 
scharf  eingestellt  wird. 


Die  centrischen  Durchbohrungen  des  Ebonit- 
pfropfens P  bilden  das  Lager  für  eine  in  ihrem 
mittleren  Teil  gekröpfte,  durch  den  Apparat 
hindurchgehende  messingene  Achse  M,  die  an 
ihren  aus  dem  Gehäuse  heraustretenden  Enden 
je  einen  Messingring  trägt.  Der  eine  Messing- 
ring ist  aufgeschnitten  und  der  andere  ge- 
schlossen, und  an  diesen  ist  in  der  Verlängerung 


ii 


'1 
1 1 


y 


B 


B 


E 


^ 


] 


Fig.   I. 

Oberhalb  der  Spiegelglasplatten  ist  in  den 
Breitseiten  des  Messinggehäuses  noch  je  ein 
kurzer  massiver  Ebonitpfropf  P  in  ein  kurzes 
in  den  Seitenwänden  des  Gehäuses  gelötetes 
Messingrohr  eingesetzt.  Eine  durch  die  cen- 
trischen Durchbohrungen  letzterer  Pfropfen  hin- 
durchgehende Verbindungslinie  geht  genau 
durch  den  Aufhängepunkt  der  Aluminiumfolie. 


Fig.  2. 


der  Achse  noch  ein  kleines  federnd  aufge- 
schlitztes Messingröhrchen  angelötet.  An  der 
Kröpfung  der  Achse  M  ist  ein  dünnes  Alumi- 
niumblech angeschraubt,  das  in  seinem  kurzen 
oberen  Teil  gebogen,  in  dem  längeren  unteren 
Teil  gerade  ist.  Bei  Drehung  der  Achse  M 
legt  es  sich  flach  an  das  feste  Aluminiumblech 
A  an.   Dadurch  wird  die  Aluminiumfolie  F  mit 


^ 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


571 


leichtem  Druck  zwischen  den  beiden  Aluminium- 
blechen festgehalten  und  hierdurch  der  Apparat 
transportfähig  gemacht.  Das  Blech  B  hat  noch 
einen  weiteren  Zweck,  indem  es  erstens  die 
selbständige  Entladung  der  Aluminiumfolie  bei 
zu  starkem  Ausschlage  bewirkt,  wenn  man  die 
Achse  M  leitend  mit  der  Erde  oder  dem  Ge- 
häuse verbindet,  und  indem  es  ferner  dazu  dient, 
die  Empfindlichkeit  des  Elektrometers  durch 
passende  Annäherung  an  das  Blech  A  bis  zu 
einem  hohen  Grade  zu  vermehren.  Es  sei 
hier  bemerkt,  dass  man  die  Potentialdifferenz 
von  2  Volt  durch  einen  Ausschlag  der  Alumi- 
niumfolie deutlich  nachweisen  kann,  wenn  man 
das  Blech  B  bis  auf  wenige  (3 — 4)  Grade  dem 
festen  Bleche  A  nähert.  Endlich  wird  durch 
die  anziehende  Wirkung  des  Bleches  B  bewirkt, 
dass  die  Ausschläge  der  Folie  F  fast  genau 
proportional  dem  Potential  der  Folie  sind.  Ist 
das  Blech  B  auf  30  Grad  gestellt,  also  so  wie 
es  Fig.  I  angiebt,  so  entspricht  jeder  Grad 
Ausschlag  fast  genau  dem  Potential  von  10  Volt. 
Genauere  Angaben  hier  zu  machen  hat  keinen 
Zweck,  da  ja  natürlich  der  Ausschlag  mit  der 
nicht  immer  konstanten  Dicke  der  Aluminium- 
folie wechselt,  also  demnach  von  Apparat  zu 
Apparat  etwas  verschieden  ist.  Ein  einmal 
geeichtes  Elektrometer  zeigt  aber,  solange  man 
dieselbe  Aluminiumfolie  benutzt,  immer  dieselbe 
Beziehung  zwischen  Ausschlag  und  Potential. 
Für  Demonstrationszwecke  ist  es  völlig  aus- 
reichend genau ,  wenn  man  Ausschlag  und 
Potential  einander  proportional  setzt. 

Auf  das  Fussblech  des  Elektrometers  ist 
noch  eine  kleine  Polklemme  K  zur  Herstellung 
irgend  welcher  Verbindung,  z.  B.  zur  sicheren 
Verbindung  mit  der  Erde,  angebracht. 

Ebenfalls  ist  noch  eine  kleine  Polklemme  L 
auf  die  schmale  Seitenwand  des  Gehäuses  in 
der  Höhe  der  Achse  festgeschraubt.  Diese 
Klemme  hat  besonders  den  Zweck,  die  leitende 
Verbindung  der  Achse  M  mit  dem  Gehäuse 
durch  einen  kurzen  federnden  Draht  bequem 
zu  ermöglichen. 

In  die  obere  Bohrung  des  Stabes  6"  können 
nun  noch  verschiedene  Aufsätze  eingesetzt 
werden.  Bisher  haben  sich  folgende  Aufsätze 
als  bequem  erwiesen:  Eine  einfache  gerade 
Messingstange  von  35  mm  Länge  (gemessen 
von  der  oberen  Fläche  des  Ebonitpfropfens 
E  aus)  und  5  mm  Dicke;  eine  ebensolche  Stange, 
deren  oberes  Ende  zu  einer  einfachen  Polklemme 
C  ausgestaltet  ist;  eine  Stange  D,  an  die  in 
20  mm  Höhe  ein  6  mm  weites  federnd  aufge- 
schlitztes horizontales  Rohr  hart  angelötet  ist; 
eine  Stange,  die  an  ihrem  oberen  Ende  einen 
cylindrischen  Zerstreuungskörper  von  90  mm 
Länge  und  50  mm  Dicke  trägt. 

In    die  federnd  aufgeschlitzten  horizontalen 


Messingrohre,  die  sich  in  der  Verlängerung  der 
Achse  ^und  an  dem  oberen  Aufeatze  D  finden, 
passen  wieder  einige  kleine  Hilfsapparate,  und 
zwar  eine  20  mm  lange  Polklemme  H^  zwei 
50  mm  lange  Polklemmen  0\  zwei  50  mm  lange 
Messingstäbe  R^  an  die  an  ihrem  einen  Ende 
ein  oben  und  unten  federnd  aufgeschlitztes 
Messingröhrchen  von  20  mm  Länge  rechtwinklig 
angelötet  ist;  ein  60  mm  langer  cylindrischer 
Stab;  und  ein  rechtwinklig  gebogener,  in  seinem 
horizontalen  Teile  50  mm,  in  seinem  vertikalen 
Teile  60  mm  langer  Stab. 

Der  Kondensator  besteht  aus  zwei  eben 
geschliffenen  und  mit  einer  sehr  dünnen  gleich- 
massigen  Lackschicht  versehenen  Metallplatten, 
auf  deren  Mitte  einseitig  eine  Messingfassung 
gelötet  ist,  die  eine  centrische  Bohrung  trägt, 
mit  welcher  sie  mit  leichter  Reibung  drehbar 
auf  die  Elektrometerstange  gesetzt  werden  kann. 
Aussen  ist  die  Fassung  mit  einem  Gewinde  ver- 
sehen, das  an  ein  an  einem  Hartgummigriff  sitzen- 
des  Muttergewinde  angeschraubt  werden  kann.  An 
das  am  Hartgummigriff  sitzende  Muttergewinde 
ist  wieder  ein  horizontales,  federnd  aufgeschlitztes 
Messingröhrchen  festgelötet,  in  das  auch  die 
vorhin  beschriebenen  Hilfsapparate  hinein- 
passen. Der  Hartgummigriff  ist  in  seinem 
oberen  Teile  mit  einem  Messingrohre  umgeben, 
um  etwaige  durch  das  Anfassen  bewirkte  La- 
dungen zu  vermeiden. 

Das  Elektrometer  ist  für  alle  Spannungs- 
messungen in  hervorragendem  Masse  geeignet. 
Es  vermeidet  alle  sonst  bei  einem  derartigen 
Elektrometer  vorkommenden  unliebsamen  Über- 
raschungen vollkommen.  Dabei  ist  es  hoch- 
empfindlich und  kann  innerhalb  gewisser  Grenzen 
durch  Verstellen  des  drehbaren  Aluminium- 
bleches B  in  seiner  Empfindlichkeit  beliebig 
verändert  werden. 

Es  ist  zur  direkten  Ablesung,  wie  auch  zur 
Projektion  gleich  gut  zu  gebrauchen.  Auf  die 
Ausfuhrung  einiger  wichtiger  Versuche  (teils 
demonstrativer,  teils  messender  Art)  werde  ich 
noch  zurückkommen,  doch  möchte  ich  hier  noch 
hervorheben,  worin  die  wesentlichen  Vorteile 
dieser  Konstruktion  vor  anderen  liegen: 

Über  die  Anwendung  des  drehbaren  Zeigers 
B  ist  schon  berichtet.  Die  Teilung  des  Ebonit- 
pfropfens in  zwei  Hälften  gestattet  eine  leichte 
Auswechselung  desselben  gegen  einen  anderen, 
ohne  die  Aluminiumfolie  aus  dem  Apparat  zu 
entfernen.  Man  braucht  nur  den  Stab  5  mit 
der  Folie  etwas  in  die  Höhe  zu  ziehen  und 
kann  dann  beide  Hälften  des  Pfropfens  einzeln 
entfernen  und  durch  andere  ersetzen.  Bekannt- 
lich ist  die  mangelhafte  Isolationsfahigkeit  des 
Ebonitpfropfens  gewöhnlich  der  Grund,  weshalb 
ein  derartiges  Instrument  leicht  seine  Ladung 
verliert.  Der  schönste  Ebonitpfropfen  wird  durch 


572 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


den  Einfluss  von  Licht  und  Staub  nach  kurzer 
Zeit  leitend  an  seiner  Oberfläche.  Eine  gründ- 
liche Waschung  mit  Wasser  und  Seife  unter 
Benutzung  einer  kräftigen  Bürste  stellt  dann  die 
Isolationsfähigkeit  leicht  und  meist  wieder  voll- 
ständig her.  Bei  einer  solchen  Behandlung  ist 
es  aber  nicht  zu  vermeiden,  dass  der  Pfropfen 
elektrisch  geladen  wird.  Es  gelingt  auch  kaum, 
in  wenigen  Minuten  die  Ladung  völlig  zu  ent- 
fernen. Daher  sind  dem  Apparat  zwei  solcher 
geteilter  Pfropfen  beigegeben,  von  denen  der 
eine,  nicht  im  Apparat  sitzende,  früher  sorg- 
faltig gereinigt  war  und  dann  vor  Licht  und 
Staub  geschützt  in  einem  besonderen  Kästchen 
aufbewahrt  wird,  so  dass  man  also  stets  einen 
tadellos  isolierenden  Pfropfen  zur  Verfugung  hat. 
Da  man  nun  die  Auswechselung  des  Pfropfens  vor- 
nehmen kann,  ohne  den  Apparat  sonst  irgendwie 
zu  verändern,  so  hat  man  auch  die  Möglich- 
keit, ein  tadellos  isolierendes  Elektrometer  jeder- 
zeit herstellen  zu  können.  So  wird  eine  La- 
dung auf  ca.  100  Volt  mehrere  Stunden  lang 
dauernd  gehalten.  Nur  ganz  allmählich  geht 
das  Blättchen  auf  Null  zurück.  Besonders  von 
Vorteil  ist  diese  Einrichtung  zur  Untersuchung 
der  entladenden  Wirkung  von  Becquerelstrahlen 
oder  von  ultraviolettem  Licht,  indem  man  dann  auf 
die  Stange  ^  den  Zerstreuungskörper  aufsetzt. 
Die  Entladung  durch  einen  genäherten  Gas- 
glühlichtstrumpf ist  gut  zu  beobachten,  da  eben 
ohne  einen  solchen  die  Ladung  so  ausserordent- 
lich konstant  bleibt. 

Die  hohe  Empfindlichkeit  ist,  abgesehen  von 
der  Einwirkung  des  drehbaren  Zeigers  B^  da- 
durch erreicht,  dass  eine  Aluminiumfolie  von 
90  mm  Länge,  der  ganzen  im  Handel  vorkom- 
menden Länge,  angewandt  wird. 

Die  an  dem  Aufsatze  D  und  an  der  Fassung 
des  Hartgummigriffes  vom  Kondensator  ange- 
brachten kleinen  horizontalen  Messingröhrchen 
gestatten  eine  bequeme  Verbindung  von  Kol- 
lektor und  Kondensatorplatte  mit  andern  Appa- 
raten oder  mit  den  Polen  einer  Stromquelle. 
Hierdurch  wird  einerseits  die  Eichung,  anderer- 
seits auch  die  Messung  einer  unbekannten 
Spannung  erleichtert. 

Die  mit  leichter  Reibung  auszuführende 
Drehung  der  Kollektorplatte  auf  dem  Elektro- 
meter ermöglicht  die  Herstellung  eines  reibungs- 
losen Kontaktes  der  Kollektor-  und  Kondensator- 
platte. Zu  dem  Zwecke  wird  in  das  an  dem 
Aufsatze  D  befindliche  Röhrchen  der  60  mm 
lange  Messingstab  eingesetzt  und  in  die  Fassung 
der  Kollektorplatte  kommt  der  rechtwinklig  ge- 
bogene Messingstab.  Dreht  man  dann  beide 
aufeinanderliegende  Platten  mittels  des  Hart- 
gummigriffes  auf  dem  Zapfen  von  D,  so  geraten 
die  beiden  Ansätze  in  Berührung,  ohne  dass 
man  zu    fürchten   hätte,    dass    durch  diese  Be- 


rührung neue  elektromotorische  Kräfte  einge- 
führt werden.  Aus  diesem  letzteren  Grunde  ist 
das  Elektrometer  zur  Ausführung  des  sogenanten 
Vo  haschen  Fundamental  Versuchs  gut  geeignet. 
Dieser  letzte  Versuch  lässt  sich  in  höchst 
einfacher  Weise,  und  wie  mir  scheint,  einwand- 
frei ausfuhren.  Deshalb  hoffe  ich,  hierauf  dem- 
nächst noch  zurückkommen  zu  können. 

(Eingegangen  am  20.  Juli  1902.) 


Ober   die.  radioaktive,   im   Uranpecherz   vor- 
kommende „flüchtige  Substanz". 

Von  O.  Behrendsen. 

Wenn  man  Uranpecherz  (am  besten  solches 
aus  Joachimsthal)  fein  gepulvert  in  einem 
Porzellantiegel  glüht,  so  zeigt  sich  an  dem  auf- 
gelegten, kühl  gehaltenen  (z.  B.  mit  Wasser 
gefüllten)  Deckel  ein  grauer,  oft  ins  Rote 
spielender  Anflug,  welcher  stark  radioaktiv 
ist.*)  Dass  man  es  bei  dieser  „flüchtigen 
Substanz"  Giesels^)  nicht  mit  bloss  indu- 
zierter Radioaktivität 3),  sondern  mit  einer 
Ausscheidung  eines  wirksamen  Stoffes  zu  thun 
hat,  lehrt  schon  der  Umstand,  dass  dieselbe 
in  der  Regel  sechsmal  so  radioaktiv  ist 
als  die  Pechblende  selbst,  aus  welcher  sie 
gewonnen  wurde.  Die  durch  das  wirksamste 
Radium  induzierten  Objekte  erreichen  dagegen 
niemals  den  Wirkungsgrad  der  Substanz 
selbst.  — 

Man  könnte  einwenden,  dass  die  hohe 
Temperatur,  der  die  Pechblende  beim  Glühen 
ausgesetzt  wird,  hier  eine  besondere  Wirkung 
hervorbringe;  allein  wir  werden  zeigen,  dass 
auch  in  diesem  Falle  ein  geglühtes  Radium- 
präparat nicht  den  nämlichen  Erfolg  hat.  — 

Die  Strahlen,  welche  diese  „flüchtige 
Substanz"  aussendet,  sind  von  denen  der 
Radiumpräparate  verschieden.  Dies  lehrt  ein 
einfacher  Absorptionsversuch.  Ein  schwaches 
Radiumpräparat  und  die  an  einem  Platindeckel 
niedergeschlagene,  aus  Pechblende  dargestellte 
„flüchtige  Substanz"  wurden  mit  Aluminium- 
folie und  auch  mit  unechtem  Blattgold  bedeckt 
und  dann  auf  ihre  Radioaktivität  untersucht. 
Dazu  dienten,  wie  in  allen  später  erwähnten 
Versuchen,  zwei  in  einem  Glascylinder  ein- 
geschlossene Platten,  die  untere    flach  schalen- 


1)  Curie,  C.  R.  127,  176,  1898  —  Behrendsen,  Wicd. 
Ann.  69,  222,  1899. 

2)  Radioaktive  Substanzen  in  Ähren  s  Sammlung  u.  s.  w.  7, 
6,  1902. 

3)  Curie  und  Dehlern e  deuten  dies  an  in  C.  R.  132, 
549,  1901.     Vergl.  auch  diese  Zeitschrift  2,  500,  1901. 


J 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


573 


förmig  mit  der  Erde,  die  obere  mit  einem 
geladenen  Exnerschen  Elektroskop  ver- 
bunden. Es  wurde  stets  die  Zeit  für  das 
Zurückgehen  der  Elektroskop-Blättchen  um  den- 
selben Skalenteil  bestimmt. 

Nach  Bedeckung  mit  Aluminium  folie 
hatten  die  Radiumstrahlen  noch  0,85,  die  der 
flüchtigen  Substanz  nur  noch  0,7,  nach  Be- 
deckung mit  Blattgold  die  ersten  noch  0,8, 
die  letzteren  nur  noch  0,146  ihres  ursprünglichen 
Wirkungsgrades. 

Eine  so  starke  Absorption  ist  aber  be- 
kanntlich charakteristisch  für  Polonium.  *)  Ebenso 
die  Flüchtigkeit  und  baldige  Verminderung 
ihrer  Aktivität  im  Gegensatz  zu  Radium. 

In  der  That  ist  nach  45  Tagen  die  Aktivi- 
tät eines  mit  der  „flüchtigen  Substanz"  be- 
deckten Platinschälchens  nur  noch  '^/;j  der 
ursprünglichen.  Durch  Glühen  des  Schälchens 
wurde  es  sofort  wirkungslos,  ohne  sich  wieder 
zu  erholen. 

Es  wurde  weiter  untersucht,  ob  die  flüchtige 
Substanz  wie  Polonium  ebenfalls  Wismut  vor 
anderen  Metallen  bevorzugt.  Zwei  Gramm 
leichtflüssigen  Metalles  (Zinn,  Blei,  Weichlot, 
Wismut)  wurden  jedesmal  mit  derselben 
Menge  gepulverten  Pecherzes  in  einem  Tiegel 
bedeckt  und  dieser  dann  geglüht.  Natürlich 
war  der  Tiegel  geschlossen.  Nach  dem  Er- 
kalten wurden  die  wieder  erstarrten  und  dann 
gewaschenen  Metalle  auf  ihre  nunmehrige 
Aktivität  untersucht,  wobei  die  veränderliche 
Eigenentladung  des  Apparates  berücksichtigt 
und  durch  eine  früher  angegebene  Formel^) 
eliminiert  wurde,  zumal  sich  die  Versuche  über 
mehrere  Tage  erstreckten. 

Dabei  zeigten,  im  Gegensatz  zu  Wismut, 
Zinn,  Blei,  Weichlot  nur  geringe  Spuren  von 
Aktivität,  denn  es  betrugen  die  Entladungs- 
zeiten für  Zinn  circa  1800  Sek.,  für  Weichlot 
2800  Sek.,  die  des  Wismuts  jedoch  191  Sek. 
und  nachdem  dann  mit  demselben  Metallstücke 
und  immer  frischer  Pechblende  der  Versuch 
mehrmals  wiederholt  wurde,  beim  zweiten  Male 
146,  beim  dritten  Male  200  Sek.  (hier  mag  eine 
wenig  wirkungsreiche  Pechblendenprobe  den 
Prozess  rückgängig  gemacht  haben),  beim 
vierten  Male  138  Sek. 

Um  dem  Einwand  zu  begegnen,  dass  bei 
dem  eben  beschriebenen  Prozesse  Pechblende- 
teilchen in  das  flüssige  Metall  eingedrungen 
seien  und  hierdurch  dessen  Radioaktivität  ver- 
anlasst haben  (warum  aber  nicht  bei  dem 
spezifisch  leichteren  Zinn  oder  bei  Weichlot?), 
wurde  der  Versuch  in  der  Weise  wiederholt, 
dass  die  Pechblende  an  den  Boden  des  Tiegels 


1)  Becquerel,  C.  R.  128,  771,  1899. 

2)  Behrendsen,  Wied.  Ann.  69,  225,  1899. 


kam,  in  halbe  Höhe  ein  schalenförmig  gebogenes 
kreisrundes  Drahtnetz  gelegt  wurde,  auf  welchem 
das  Metall  ruhte.  Der  mit  Kühldeckel  ver- 
sehene Tiegel  wurde  alsdann  geglüht.  Der 
Deckel  zeigte  sich  wieder  mit  der  „flüchtigen 
Substanz"  überzogen  und  war  stets  in  demselben 
Masse  radioaktiv.  Darauf  wurde  der  Wirkungs- 
grad der  Metalle  (der  diesmal  selbstredend 
weit  geringer  als  bei  dem  früheren  Versuche 
ausfallen  musste)  untersucht;  es  war  dann  die 
Aktivität  des  Wismuts  0,091  von  der  des 
Deckels,  bei  Blei  nur  0,064  und  bei  Zinn 
nur  0,06  (mit  Berücksichtigung  der  Eigenent- 
ladung des  Apparates  wird  der  Unterschied 
noch  erheblicher;  für  Bi  0,05,  für  Pb  0,024,  für 
St  sogar  nur  0,018). 

Zur  Kontrolle  wurden  dieselben  Versuche 
in  der  gleichen  Anordnung  mit  einem  schwachen 
Radiumpräparat  wiederholt.^)  Diesmal  wurde 
der  Kühldeckel  nur  sehr  schwach  radioaktiv, 
nämlich  nur  ^/n  bis  V7  so  wirksam  wie  das 
Präparat  selbst.  Das  auf  dem  Netze  liegende, 
wieder  fest  gewordene  Metall  wurde  jedesmal 
hinsichtlich  seiner  Aktivität  mit  der  des  Deckels 
verglichen  und  hier  ergab  sich  für  Bi:  0,51, 
für  Pb:  0,54,  für  St:  0,52.  Bei  einem  Glühen 
von  Radium  hat  man  es  also  mit  einer  wirk- 
lichen induzierten  Aktivität  in  Sinne  der 
französischen  Physiker  zu  thun.  Eine  Bevor- 
zugung des  Wismuts  findet  hier  nicht  statt. 

Es  scheint  also  damit  nachgewiesen  zu 
sein,  dass  die  flüchtigen  Substanzen  der  Pech- 
blende mit  dem  Polonium  identisch  sind, 
dessen  Absorption,  dessen  Flüchtigkeit  und 
dessen  Vorliebe  für  Wismut  sie  teilen.  Da 
wir  es  ferner  bei  den  flüchtigen  Substanzen  mit 
einem  wirklichen  Stoffe,  nicht  bloss  mit 
induzierter  Aktivität  zu  thun  haben,  so 
dürfte  damit  das  neuerzeit  von  Giesel  und 
anderen  ausgesprochene  Todesurteil  über  die 
Existenz  des  Poloniums  nicht  gerechtfertigt 
sein. 

Nach  Abschluss  meiner  Versuche  kam  mir 
die  Arbeit  von  Marckwald^)  über  das  radio- 
aktive Wismut  zur  Hand,  der  überaus  wirk- 
sames Polonium  durch  Wismut  elektrolytisch 
ausgeschieden  hat.  Die  oben  ausgesprochene 
Meinung  wird  dadurch  auf  das  beste  bestätigt. 

i)  Schwache  Präparate  lassen  die  graduellea  Unterschiede 
weit  leichter  messend  verfolgen. 

2)  Berichte  der  Deutschen  ehem.  Ges.,  35,  2285, 
1902. 

Göttingen,  den  29.  Juli   1902. 

(Eingegangen  31.  Juli  1902.) 


574 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Ober  die  Radioaktivität  der  im  Erdboden  ent- 
haltenen Luft 

Von  J.  Elster  und  H.  Geitel. 

Vor  kurzem  haben  wir  gezeigt,  dass  die  Er- 
scheinung der  induzierten  Radioaktivität,  d.  h. 
die  Fähigkeit,  vorübergehend  Becquerelstrahlen 
auszusenden,  auch  ohne  Vermittlung  der  sel- 
tenen Elemente  der  radioaktiven  Gruppe  durch 
Kontakt  mit  der  atmosphärischen  Luft  an  be- 
liebigen Körpern  erhalten  werden  kann.^)  Die 
Luft  verhält  sich  dabei  gerade  so,  als  ob  sie 
selbst  in  geringem  Grade  radioaktiv  oder  durch 
Berührung  mit  aktiven  Stoffen  mit  Spuren  einer 
strahlenden  „Emanation"  behaftet  wäre.  In 
besonders  starkem  Masse  tritt  diese  aktivierende 
Eigenschaft  an  der  eingeschlossenen  Luft  ge- 
räumiger Keller  hervor,  hier  erscheint  sie  eng 
verknüpft  mit '  der  abnorm  gesteigerten  elek- 
trischen Leitfähigkeit.  So  Hessen  sich  von 
Drähten,  die  mit  negativer  Ladung  solcher 
Kellerluft  einige  Stunden  ausgesetzt  waren,  durch 
Abreiben  Substanzen  gewinnen,  die  trotz  ihrer 
ungemein  geringen  Masse  die  ionisierende  Wir- 
kung auf  Gase,  die  Schwärzung  der  photo- 
graphischen Platte  wie  die  Erregung  von  Phos- 
phoreszenz am  Baryumplatincyanürschirm  in  voll- 
kommener Deutlichkeit  zeigten. 

Diese  Versuche  sind  inzwischen  von  anderer 
Seite  wiederholt  und  in  ihren  Ergebnissen  be- 
stätigt worden.^) 

Die  Herkunft  der  hohen  Aktivität  der  Höhlen- 
und  Kellerluft,  die  Bedingungen,  unter  denen 
sie  zu  Stande  kommt,  waren  durchaus  rätselhaft. 
Allerdings  hatten  Versuche  an  kleineren,  unter 
einer  Glasglocke  hermetisch  abgeschlossenen 
Luftmengen  auch  hier  eine  Vermehrung  des 
elektrischen  Leitvermögens  in  der  Zeit  erkennen 
lassen,  und  eben  diese  Erfahrung  war  die  erste 
Veranlassung  gewesen,  die  Luft  in  Höhlen  auf 
ihr  elektrisches  Verhalten  zu  prüfen.  Quanti- 
tativ blieb  aber  das  Maximum  des  unter  diesen 
künstlichen  Bedingungen  erreichten  Leitver- 
mögens weit  hinter  dem  in  der  Höhlenluft  ge- 
fundenen Betrage  zurück. 

Es  lag  deshalb  nahe,  die  beträchtliche  Ioni- 
sierung   und     die     aktivierende    Wirkung    der 
Höhlen-  und  Kellerluft  auf  einen  Einfluss   der  i 
Wände  zurückzufiihren   und   etwa  dem  begren- 
zenden Gesteine  selbst  eine  primäre  Becquerel- 


i)  J.  Elster  u.   H.  Geitel,    diese    Zeitschrift  2,    590, 

1901.  H.  Geitel,  Verhandl.  d.  Ges.  deutscher  Naturforscher 
u.  Ärzte  in  Hamburg,  S.  72,  1901  u.  H.  Geitel,  diese  Zeit- 
schrift 3,  76,  1901. 

2)  Berichte  über  luftelektrische  Arbeiten  im  Jahre  1901  bis 

1902,  erstattet  von  Mitgliedern  der  luftelektrischen  Kommis- 
sion. Göttingen  1902.  Bericht  von  H.  Ebert,  S.  7.  (Die- 
selben werden  demnächst  in  dieser  Zeitschrift  abgedruckt.) 
Femer:  E.  Rutherford,  diese  Zeitschrift  3,  210,  1902. 


Strahlung  zuzuschreiben.  Zwar  gab  die  direkte 
Prüfung  von  Gesteinsproben  keinen  Anhalt  zu 
Gunsten  dieser  Annahme,  doch  ist  nicht  zu  ver- 
gessen, dass  vielleicht  schon  die  geringsten,  un- 
mittelbar kaum  nachweisbaren  Spuren  aktiver 
Stoffe  in  den  Wänden  die  eingeschlossene  Luft 
im  Laufe  der  Zeit  mit  ihrer  Emanation  erfüllen 
konnten.  Wenn  aber  trotz  jenes  negativen  Be- 
funds die  abnorme  Aktivität  der  Luft  in  unter- 
irdischen Räumen  aus  der  Erde  selbst  stammte, 
so  musste  sie  in  mindestens  derselben  Stärke, 
wie  in  der  eigentlichen  Höhlenluft  sich  auch  an 
derjenigen  nachweisen  lassen,  die  in  den  kleinsten 
Hohlräumen  und  kapillaren  Spalten  des  Erd- 
reichs eingeschlossen  ist. 

Andrerseits  war  es  denkbar,  dass  die  nor- 
male Aktivität  in  begrenzten  Luftmassen  in 
noch  unbekannter  Weise  mit  dem  Volumen  sich 
steigere,  dass  also  allein  der  grössere  Raum- 
inhalt der  Höhlen  und  Keller  gegenüber  den 
geringfügigen  Dimensionen  bei  den  Laborato- 
riumsversuchen die  überwiegende  Wirksamkeit 
der  Lufl  bedingte. 

Wir  haben  versucht,  nach  den  beiden  an- 
gedeuteten Richtungen  eine  Entscheidung  durch 
das  Experiment  herbeizufuhren. 

Einerseits  prüften  wir  Lufl,  die  dh-ekt  aus 
dem  Erdboden  entstammte,  auf  ihre  radioaktiven 
Eigenschaften,  andererseits  solche,  die  in  einem 
mehrere  Kubikmeter  enthaltenden,  noch  unge- 
brauchten Dampfkessel  drei  Wochen  lang  ein- 
geschlossen gehalten  war. 

Die  Versuchsanordnung  war  im  ersten  Falle 
dieselbe  wie  bei  den  anfangs  erwähnten  Unter- 
suchungen   (Fig.  i).     Das   Elektroskop    C  mit 


i 


Fig.  I. 

aufgesetztem  Zerstreuungskörper  Z  stand,  von 
einem  weitmaschigen  Drahtnetze  MM*  umgeben, 
auf  einer  eben  geschliffenen  Eisenplatte  AB^  das 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


575 


Ganze  war  mit  einer  grossen  tubulierten  Glasglocke 
von  27  Liter  Inhalt  bedeckt,  deren  unterer  Rand 
luftdicht  auf  der  Grundplatte  anschloss.  Durch 
den  oberen  Tubus  konnte  mittels  einer  in  einer 
Stopfbüchse  verschiebbaren  isolierten  Sonde  PS 
das  Elektroskop  geladen  werden;  nach  dem 
Laden  wurde  die  Sonde  stets  bis  über  die 
Drahthülle  emporgezogen  und  zur  Erde  abge- 
leitet. Zwei  Röhren  mit  Hähnen  (Hu,  //'),  die 
eine  am  Tubus,  die  andere  in  der  Grundplatte, 
dienten  zum  Einfiihren  der  zu  prüfenden 
Luft. 

War  der  Apparat  neu  zusammengesetzt,  aber 
mit  Zimmerluft  gefüllt,  so  beobachtete  man  an 
dem  geladenen  Elektroskop  infolge  der  be- 
kannten Selbstionisierung  der  Luft  eine  Ab- 
nahme der  Ladung  mit  der  Zeit,  und  zwar  ver- 
schwinden, da  der  Sättigungsstrom  bei  den  an- 
gewandten Spannungen  längst  erreicht  ist,  in 
gleichen  Zeiten  gleiche  Elektrizitätsmengen,  oder, 
da  die  Kapazität  des  Elektroskops  durch  die 
Lagenänderung  der  Blättchen  sich  nur  wenig 
ändert,  so  sinkt  das  Potential  einfach  der  Zeit 
proportional.  Die  Abnahme  in  einer  bestimmten 
Zeit,  etwa  15',  lag  zwischen  15  und  20  Volt, 
erst  im  Laufe  mehrerer  Tage  pflegt  sich  dieser 
Betrag,  wie  auch  oben  bemerkt,  auf  etwa  das 
Doppelte  zu  erhöhen  und  bleibt  dann  stationär; 
bei  den  zu  beschreibenden  Versuchen  wurde 
das  Eintreten  dieses  Zustands  nicht  abge- 
wartet. 

Um  Luftproben  aus  dem  Erdboden  zu  ent- 
nehmen, stiessen  wir  mit  einer  dünnen  Eisen- 
stange ein  etwa  i  V2  wi  tiefes  Loch  in  die  weiche 
Gartenerde  und  senkten  eine  Glasröhre  von  ent- 
sprechender Länge  hinein,  aber  so,  dass  sie 
nicht  völlig  bis  zum  untern  Ende  des  Kanals 
hinabreichte.  Die  Erde  wurde  dann  an  den 
Seiten  angedrückt,  festgetreten  und,  um  bessern 
Anschluss  an  die  Röhre  zu  bewirken,  mit 
Wasser  oberflächlich  angegossen.  Das  heraus- 
ragende Ende  setzten  wir  durch  einen  Gummi- 
schlauch mit  dem  Zuleitungshahne  der  Grund- 
platte des  Apparats  in  Verbindung,  von  dem 
oberen  Hahne  führte  eine  Schlauchleitung  nach 
einer  Wasserstrahlsaugpumpe.  (Siehe  unten- 
stehende Tabelle). 

Vor  Beginn  des  Versuchs  wurde  der  Be- 
trag bestimmt,  um  den  das  Potential  des  ge- 
ladenen Elektroskops   in   15'  sank,  solange  die 


Glocke  mit  reiner  Zimmerluft  gefüllt  war.  Dann 
wurde  die  Saugpumpe  in  Gang  gesetzt  und  be- 
obachtet, in  welcher  Weise  die  Elektrizitätszer- 
streuung unter  der  Glocke  sich  änderte,  wäh- 
rend mehr  und  mehr  von  der  Erdbodenluft  ein- 
drang. (Das  Elektroskopgehäuse  war  durch 
Einführung  eines  Stückes  Natrium  mit  trockner 
Luft  erfüllt.) 

Es  fand  sich,  wie  aus  dem  nachstehenden 
Beispiele  einer  Beobachtungsreihe  hervorgeht, 
eine  sehr  beträchtliche  Vermehrung  der  Zer- 
streuung, die  schliesslich  eine  so  bedeutende 
Höhe  erreicht,  dass  das  Elektroskop  in  wenigen 
Minuten  entladen  wurde. 

Die  Beobachtungszeit  musste  daher  auf  etwa 
3  Minuten  beschränkt  und  aus  dem  in  dieser 
Zeit  beobachteten  Verluste  derjenige  in  15  Mi- 
nuten berechnet  werden.  Dabei  war  es  gleich- 
gültig, ob  bei  geöffneten  Hähnen,  also  während 
—  allerdings  sehr  schwacher  —  Bewegung  der 
Luft,  oder  bei  geschlossenen,  d.  h.  bei  Ruhe, 
beobachtet  wurde.  Dass  beim  Eindringen  der 
Bodenluft  trotz  der  Natriumtrocknung  nicht  etwa 
die  Isolation  des  Elektroskops  gelitten  hatte, 
davon  überzeugten  wir  uns  in  bekannter  Art 
sofort  am  Schlüsse  der  Beobachtungsreihe,  in- 
dem wir  die  Zerstreuung  im  Innern  des  Elek- 
troskopgehäuses  durch  einen  besonderen  Ver- 
such bestimmten.  (Siehe  untenstehende  Ta- 
belle.) 

Anstatt  die  Luft  aus  dem  Boden  direkt  in 
die  Glocke  einzuleiten,  kann  man  auch  eine  ge- 
räumige Flasche  mit  Bodenluft  füllen  und  diese 
dann  durch  Verdrängen  mit  Wasser  in  die 
Glocke  einführen.  So  stieg  z.  B.  die  Zerstreu- 
ung von  etwa  1 2  Volt  in  1 5'  auf  66,  nachdem 
eine  Dreiliterflasche  frisch  angesogener  Boden- 
luft eingeleitet  war.  Wurde  die  letztere  durch 
Lüften  der  Glocke  wieder  entfernt,  so  sank  die 
Zerstreuung  auf  19  Volt  herab.  Dass  sie  nicht 
ganz  den  niedrigen  Anfangswert  wieder  er- 
reichte, liegt  in  der  durch  die  Bodenluft  auf 
der  Innenfläche  der  Glocke,  dem  Elektroskop 
selber  und  seiner  Drahthülle  induzierten  Aktivi- 
tät begründet,  die  erst  im  Laufe  mehrerer  Stun- 
den allmählich  wieder  verschwindet.  In  der 
That  ist  die  aus  dem  Erdboden  aspirierte  Luft 
nicht  nur  in  abnormer  Weise  leitend,  sondern 
sie  enthält  auch,  gerade  wie  die  Höhlen-  und 
Kellerluft,    in  besonderer  Intensität  jene  radio- 


Versuchsreihe  vom  25 — 27.  August. 


Potentialab- 

nahme  in  15 

u.  Volt 


Vor  Einleitung 
der  Bodenluft 


18,0 


Bodenluft  eingeleitet  Hähne  geschlossen 

nach  5'        nach   lo'      nach  15'       nach  30'    ,   nach  60'       nach  3h       nach  24I»      nach  48h 


133       ,        246  380  480  525  550 

Verlust   im   Elektroskope:    in   15'   7,2  Volt. 


460 


430 


576 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


aktive  Emanation,  durch  die  sie  beliebige  Körper 
bei  blossem  Kontakte  vorübergehend  aktiv 
macht.  Bekanntlich  gelingt  diese  Aktivierung 
am  kräftigsten,  wenn  man  den  zu  dem  Ver- 
suche verwendeten  Körper  dabei  auf  negativem 
Potential  hält  (E.  Rutherford).  Zum  Nach- 
weis der  durch  die  Bodenluft  induzierten  Ak- 
tivität benutzten  wir  den  beschriebenen  Apparat, 
aus  dem  wir  nur  das  Elektroskop  entfernten. 
An  der  Sonde  war  ein  Metalldraht  befestigt, 
der  frei  innerhalb  der  Drahthülle  unter  der 
Glocke  herabhing,  ohne  die  Grundplatte  zu  be- 
rühren; durch  Anschluss  der  Sonde  an  eine 
Trockensäule  wurde  er  mehrere  Stunden  lang 
auf  2000  Volt  geladen  gehalten,  während  die 
Glocke  mit  Bodenluft  geftillt  war  oder  von  sol- 
cher in  sehr  langsamem  Strome  durchflössen 
wurde.  Die  so  erregte  Aktivierung  der  Längen- 
einheit des  Drahtes  war  trotz  der  Kleinheit  des 
angewandten  Luftvolumens  von  etwa  derselben 
Grösse,  wie  wir  sie  in  weiten  Kellerräumen  unter 
sonst  gleichen  Bedingungen  erhalten  haben.  Die 
Intensität  der  aktiven  Emanation  oder  auch  ihre 
Menge  in  der  Volumeinheit  muss  daher  in  der 
Bodenluft  noch  höher  sein  als  in  der  von  Kellern. 
Hiermit  steht  im  Einklang,  dass  das  Einleiten 
des  gleichen  Quantums  Kellerluft  unter  die 
Glocke,  anstatt  der  aus  dem  Boden  aspirierten, 
die  Zerstreuung  nur  unbedeutend  (um  2 — 3  Volt) 
erhöhte.  Zu  bemerken  ist  noch,  dass  die  durch 
die  Bodenluft  induzierte  Aktivität  in  sehr  kleinen 
Räumen,  wie  innerhalb  von  engen  Röhren, 
durch  die  die  Luft  angesaugt  wurde,  nicht  deut- 
lich erhalten  werden  konnte. 

Das  Verfahren,  die  Luft  aus  dem  Erdboden 
erst  in  einen  besonderen  Behälter  aufzufangen 
und  sie  dann  unter  die  Glocke  zu  transportieren, 
ermöglicht  es,  aus  verschiedenen  Bodenarten 
entnommene  Proben  auf  ihre  Aktivität  zu  ver- 
gleichen, wenn  man  voraussetzen  darf,  dass  sie 
bei  längerer  Aufbewahrung  ihre  Eigenschaft 
nicht  ändern.  Wie  der  Versuch  zeigt,  ist  im 
Laufe  von  einigen  Stunden  eine  Verminderung 
der  Aktivität  nicht  wahrnehmbar,  dagegen  findet 
sich  anfangs  —  wie  bei  der  gewöhnlichen  at- 
mosphärischen Luft  —  eine  Zunahme  des  Leit- 
vermögens, bis  nach  Erreichung  des  Maximums 
ein  sehr  langsames  Abklingen  erfolgt. 

Sollte  sich  herausstellen,  dass  die  Beschaffen- 
heit des  Bodens  von  Einfluss  auf  die  Radio- 
aktivität der  in  ihm  eingeschlossenen  Luft  ist, 
so  ist  wohl  die  anfangs  schon  angedeutete  Auf- 
fassung die  natürlichste,  welche  die  Quelle  der 
Aktivität  in  einer  primären  Becquerelstrahlung 
der  Erdsubstanz  selbst  sucht.  Wird  ja  doch 
ohne  Zweifel  die  Bodenluft  in  der  Nähe  natür- 
licher Fundstätten  von  Uran-  und  Thoriumver- 
bindungen sich  besonders  aktiv  erweisen. 

Andererseits  wäre  die  Möglichkeit  zu  er- 
wägen,   dass   jene   Aktivität    aus    bedeutenden 


Tiefen  herstammt  und  sich  erst  durch  einen 
der  Diffusion  analogen  Prozess  bis  an  die  Erd- 
oberfläche fortgepflanzt  hat.  Durch  Untersuch- 
ung von  Luftproben  von  verschiedenen  Orten 
und  aus  verschiedenen  Tiefen  Hessen  sich  solche 
Fragen  wohl  entscheiden. 

Man  wird  hiernach  behaupten  dürfen,  dass 
die  hohe  Leitfähigkeit  der  Luft  in  Kellern  und 
Höhlen,  sowie  ihre  Eigenschaft,  die  induzierte 
Radioaktivität  in  viel  stärkerem  Masse  hervor- 
zurufen, als  es  die  der  freien  Atmosphäre  ver- 
mag, auf  ihrem  Gehalt  an  Bodenluft  beruht, 
d.  h.  solcher,  die  aus  den  Erdkapillaren  stammt 
und  aus  diesen  in  die  unterirdischen  Räume  ge- 
langt ist.  Unterschiede  in  der  Wirksamkeit  der 
Luft  in  verschiedenen  solchen  Räumen  werden 
sowohl  auf  ungleichmässige  Ventilation,  wie  auch 
auf  den  mehr  oder  minder  leichten  Zutritt  von 
Bodenexhalationen  zurückgefiihrt werden  können. 

Nach  dem  bisher  Mitgeteilten  konnte  man 
den  Erfolg  des  zweiten  oben  schon  erwähnten 
Versuches  wohl  vorhersehen ;  es  war  zu  erwarten, 
dass  ein  vor  dem  Eindringen  von  Bodenluft 
geschützter  allseitig  hermetisch  verschlossener 
Behälter  auch  von  grossen  Dimensionen  keine 
wesentliche  Steigerung  der  Aktivität  der  Innen- 
luft im  Laufe  der  Zeit  aufweisen  würde.  Durch 
die  Freundlichkeit  des  Direktors  einer  hiesigen 
Maschinenfabrik,  Herrn  La  Baume,  dem  wir 
dadurch  zu  Dank  verpflichtet  sind,  wurde  uns 
Gelegenheit  geboten,  ein  Luftvolum  von  etwa 
7  cbm  mehrere  Wochen  lang  einzuschliessen 
und  dann  auf  seine  radioaktive  Fähigkeit  zu 
untersuchen.  Durch  einen  Dampfkessel  von 
dem  angegebenen  Volum  wurde  der  Länge  nach 
ein  Metall- (Aluminium)  Draht  gespannt  und  in 
zwei  diametral  entgegengesetzten  kleinen  Öfi"- 
nungen  der  Kesselwand  durch  fest  anliegende 
Gummistopfen  gehalten.  Nachdem  der  allseitig 
verschlossene  Kessel  3  Wochen  lang  unverrückt 
gestanden  hatte,  ersetzten  wir  die  Gummistopfen 
durch  isolierende  Röhrchen  aus  Ebonit  und 
luden  nun  den  Draht  auf  ein  Potential  von 
2000  Volt  2  Stunden  lang.  Es  ergab  sich,  dass 
er  dadurch  keine  sicher  nachweisbare  Radioakti- 
vität erworben  hatte.  Es  war  leider  unmöglich,  die 
Leitfähigkeit  derinnenluft  mittels  desZerstreuungs- 
apparates  direkt  zu  messen,  nach  den  oben  er- 
wsUinten  Versuchen  an  kleinen  Luftmengen  ist 
anzunehmen,  dass  sie  etwa  das  Doppelte  der 
normalen  betragen  haben  würde,  also  weit  hinter 
der  von  Keller-  oder  gar  Bodenluft  zurückge- 
blieben wäre. 

Wir  möchten  es  nach  dem  Ergebnis  der 
beiden  geschilderten  Versuche  ftir  wahrschein- 
lich halten,  dass  die  Eigenschaft  der  atmosphä- 
rischen Luft,  induzierte  Radioaktivität  hervor- 
zurufen, wenigstens  zum  grossen  Teile  durch 
ihre  Berührung  mit  dem  Erdkörper,  die  ja  in 
den  kapillaren  Räumen  des  Bodens  am  innigsten 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


577 


ist,  bedingt  wird.  Die  im  Verhältnisse  zur  Ge- 
samtmasse der  Atmosphäre  nicht  unbedeutende 
Luftmenge,  die  unter  der  sichtbaren  Erd- 
oberfläche steckt,  ist  in  hervorragender  Weise 
der  Träger  der  radioaktiven  Emanation.  Die 
Gegenwart  einer  gewissen  Menge  solcher 
Bodenluft  in  einem  geschlossenen  Räume 
wirkt  wie  die  von  Thorium  oder  Radium,  in- 
dem sie  durch  Erregung  induzierter  Strahlung 
die  Ionisierung  der  Luft  bis  zu  einem  Maximum 
steigert,  dessen  Höhe  von  der  Menge  und  Wirk- 
samkeit der  vorhandenen  Bodenluft  abhängt. 
So  erklärt  sich  das  rätselhafte  Ansteigen  der 
Leittähigkeit  begrenzter  Luftvolumina. 

Das  Vorhandensein  freier  Ionen  in  der  atmo- 
sphärischen Luft  wird  durch  den  Nachweis 
kräftig  radioaktiver  Substanzen  in  dem  Teile 
der  Atmosphäre,  der  unterhalb  der  Erdober- 
fläche liegt  und  mit  ihrer  oberirdischen  Masse 
durch  Diffusion  in  stetigem  Austausche  steht, 
ebenfalls  verständlich  gemacht.  Allerdings  kann 
bei  einem  System,  das  so  mannigfaltigen  Ein- 
flüssen ausgesetzt  ist,  wie  die  Lufthülle  der  Erde, 
von  einer  ausschliesslichen  Ursache  der  Ioni- 
sierung nicht  wohl  gesprochen  werden,  es  ist 
zweifellos,  dass  neben  der  angegebenen  Quelle 
noch  andere,  insbesondere  die  Sonnenstrahlung 
in  Betracht  kommen  werden. 

Wolfenbüttel,  September  1902. 

(EingegaDgen  3.  September  1902.) 


Wiedemannscher  Effekt  bei  ferromagne- 
tischen  Substanzen.^) 

Von  K.  Honda  und  S.  Shimizu. 

In  vorliegendem  Versuche  haben  wir  den 
Einfluss  einer  Dehnung  auf  den  Wiedemann- 
schen  Effekt  bei  Nickelstahl,  ebenso  bei  ferro- 
magnetischen  Stäben  und  die  Torque- Wirkung 
hierauf  untersucht.  Wir  arbeiteten  mit  den 
acht  verschiedenen  Proben,  die  folgende  Ta- 
belle des  näheren  angiebt: 

Metall  Länge      Durchmesser 

45%  Nickelstahl  20,80  „  0,0956    „ 
„          „        „  20,90  „  0,0516    „ 
35^/0  Nickelstahl  20,92  „  0,0939    „ 
M          ,,        ,,  20,96  „  0,0509    „ 
Weicher  Eisenstab  21,03  „  1,004 
Nickelstab  2 1 ,00  „  1,117 
Gusskobaltstab  21,00  „  1,038 
Ausgeglühter  Kobalt- 
stab 21,00  „  1,082 


tt 


ff 


tt 


1)  Am  7.  Juni  1902  in  der  Math.- Physikalischen  Gesell- 
schaft zu  Tokyo  vorgetragen. 


Die  Anordnung  für  die  Untersuchung  des 
Wiede  mann  sehen  Effekts  war  dieselbe,  wie 
die  früher  von  Prof.  Nagaoka  und  einem  von 
uns  benutzte.  Sie  bestand  aus  einer  vertikalen 
Spule  und  einem  in  der  Axiallinie  der  Spule 
aufgehängten  vertikalen  Drahte. 

Der  Draht  trug  in  der  Nähe  seines  unteren 
Endes  einen  leichten  Spiegel,  der  zur  Messung 
des  Torsionswinkels  diente;  die  Torsion  wurde 
mittels  Skala  und  Fernrohr  beobachtet  und  man 
konnte  mit  letzterem  eine  Torsion  von  0,196" 
pro  cm  unserer  Versuchsobjekte  mit  Leichtigkeit 
ablesen.  Die  Ergebnisse  unserer  Versuche  an 
Nickelstahl  lassen  sich  folgendermassen  zu- 
sammenfassen : 

1.  Wenn  die  Richtung  des  Longitudinal- 
feldes  zu  der  des  Cirkularfeldes  in  der  von  der 
rechten  Hand  angegebenen  Beziehung  steht, 
so  wird  Nickelstahl  in  der  Richtung  des  letzteren 
tordiert,  ganz  wie  dies  mit  Eisen  der  Fall  ist; 
wenn  das  Cirkularfeld  konstant  erhalten  wird, 
nimmt  die  Torsion  zunächst  schnell  zu,  bis  sie 
ein  Maximum  erreicht;  dann  fangt  sie  an,  ab- 
zunehmen. Eine  Umkehrung  der  Torsion  ist 
jedoch  niemals  zu  beobachten,  wenn  das  Feld 
auch  1200  C.  G.  S.-Einheiten  übersteigt.  Die 
Lage  der  Maximaltorsion  verschiebt  sich  ein 
wenig  nach  stärkeren  Feldern,  wenn  der  Longi- 
tudinalstrom  zunimmt.  Die  Torsion  ist  '  bei 
45proz.  Nickelstahl  grösser  als  bei  35proz. 
Nickelstahl.  Die  Maximaltorsion  belauft  sich 
bezw.  auf  etwa  67"  und  42"  pro  cm  für 
45  und  35proz.  Nickelstahl  in  einem  Felde  von 
15  .  5  C.  G.  S.-Einheiten,  wenn  der  Longitudinal- 
strom  in  beiden  Fällen  3  Amp.  pro  Quadrat- 
millimeter beträgt. 

2.  Die  Wirkung  einer  Dehnung  auf  die 
Torsion  bei  Nickelstahl  ist  nicht  so  ausgeprägt 
wie  die  einer  Dehnung  auf  die  magnetische 
Längenveränderung  bei  derselben  Legierung. 
Die  Dehnung  vermindert  die  Torsion  immer 
um  einen  der  angewandten  Spannung  annähernd 
proportionalen  Betrag. 

Um  die  Wirkung  einer  sehr  starken  Be- 
lastung festzustellen,  wurden  die  dünnen,  etwa 
V2  mm  dicken  Drähte  untersucht.  Selbst  durch 
eine  Spannung,  bei  der  Kontraktion  infolge 
Magnetisierung  eintritt,  wird  die  Torsionsrichtung 
bei  Nickelstahlen  nicht  umgekehrt,  obwohl  der 
Betrag  der  Torsion  auf  etwa  V5  bis  V«  des 
Wertes  ohne  Dehnung  reduziert  wird. 

Der  Apparat  zur  Untersuchung  des  Wiede- 
mannschen  Effekts  bei  ferromagnetischen  Stäben 
war  der  für  den  Versuch  über  die  Änderung 
der  Torsionselastizität  infolge  von  Magnetisierung 
benutzte;  der  Longitudinalstrom  wurde  nach 
dem  Stabe  mittels  Quecksilberkontaktes  ge- 
leitet, der  keinen  merklichen  Widerstand  ver- 
ursachte.    Die  Empfindlichkeit    des   Apparates 


578 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


war  derart,  das  eine  nur  i  .Sß^xiC^  pro  cm 
betragende  Torsion  noch  leicht  abzulesen  war. 
Die  Ergebnisse  unseres  Versuches  an  Ferro- 
magnetstäben  lassen  sich  in  folgenden  Worten 
zusammenfassen : 

1 .  Der  allgemeine  Charakter  der  Torsion  von 
Eisen-  und  Nickelstäben  ist  der  bei  Drähten 
aus  denselben  Metallen  beobachteten  ähnlich. 
Bei  Eisen  nimmt  der  Torsionswinkel  für  ein  ge- 
gebenes Cirkularfeld  zuerst  langsam  und  dann 
schnell  zu,  bis  er  in  einem  etwa  100  C.  G.  S.- 
Einheiten betragenden  Felde  ein  Maximum  er- 
reicht; hierauf  fängt  er  an  abzunehmen  und 
ändert  schliesslich  seine  Richtung.  Das  Feld, 
in  dem  diese  Torsion  ein  Maximum  erreicht, 
und  ebenso  das  Umkehrfeld  sind  bedeutend 
grösser  für  den  Stab  als  für  den  Draht.  Die 
Maximaltorsion  beträgt  o .  96"  für  einen  Longi- 
tudinalstrom  von  8 .  86  Amp.  pro  Quadrat- 
centimeter.  In  einem  gegebenen  Felde  war 
der  Torsionsbetrag  annähernd  proportional  dem 
Longitudinalstrom. 

2.  Bei  einem  Nickelstabe  ist  die  Torsions- 
richtung der  für  Eisen  in  schwachen  Feldern 
entgegengesetzt;  doch  das  allgemeine  Verhalten 
der  Torsion  ist  der  beim  Eisen  beobachteten 
ähnlich.  In  starken  Feldern  wird  jedoch  die 
Torsionsrichtung  nicht  umgekehrt.  Die  Maxi- 
maltorsion tritt  bei  einem  Felde  von  etwa 
43  C.  G.  S.-Einheiten  ein  und  beträgt  etwa 
1.38"  pro  cm  für  einen  Strom  von  6.55 
Amp.  pro  Quadratcentimeter.  • 

3.  Die  Richtung  der  Torsion  ist  bei  Kobalt 
dieselbe  wie  für  Nickel.  Bei  Gusskobalt  nimmt 
die  Torsion  erst  langsam  und  dann  schnell  zu, 
bis  sie  einen  Maximalwert  erreicht;  hierauf 
nimmt  sie  allmählich  ab  und  ändert  schliesslich 
ihre  Richtung,  wenn  das  Feld  vergrössert  wird. 
Der  Charakter  der  Torsion  als  Funktion  der 
magnetischen  Kraft  ist  daher  gerade  umgekehrt 
wie  bei  Eisen.  Die  Maximaltorsion  entspricht 
einem  Felde  von  35  C.  G.  S.-Einheiten  und  be- 
trägt I  .65"  pro  cm  für  einen  Strom  von 
17.22  Amp.  pro  Quadratcentimeter. 

4.  Das  Verhalten  des  geglühten  Kobalts  in 
betreff  des  Wi e  dem  an  n sehen  Effekts  ist  von 
dem  des  Gusskobalts  beträchtlich  verschieden. 
Erstens  ist  die  Torsion  sehr  klein  und  beträgt 
nur  V20  <i^s  beim  Gusskobalt  beobachteten 
Wertes.  Zweitens  ist  das  Feld,  in  dem  die 
Torsion  ein  Maximum  wird,  bei  geglühtem 
Kobalt  sehr  beträchtlich.  Drittens  ist  die  Ab- 
nahme der  Torsion  nach  dem  Maximalwerte 
sehr  langsam  und  ändert  sich  seine  Richtung 
nicht,  selbst  wenn  das  Feld  bis  auf  1200 
C.  G.  S-Einheiten  gebracht  wird.  Diese  Er- 
gebnisse, sowohl  für  geglühtes  Kobalt  als  für 
Gusskobalt,  sind  durchaus  so,  wie  sie  nach  der 
Magnetostriktion  der  untersuchten  Proben  zu 
erwarten  waren. 


5.  Der  Torque-Effekt  wird,  wie  bei  dem 
Versuche  über  die  Änderung  der  Torsions- 
elastizität infolge  von  Magnetisierung,  mittels 
eines  aufgehängten  Gewichtes  erzeugt.  Wenn  das 
Longitudinalfeld  konstant  erhalten  wurde,  fanden 
wir,  dass  in  allen  Fällen  die  Torquewirkung 
die  von  dem  Longitudinalstrom  hervorgerufene 
Torsion  um  einen  dem  Torque  annähernd  pro- 
portionalen Betrag  vermindert. 

(Aus  dem  EDglischen  übersetzt  von  A.  Gradenwitz.) 

(Eingegangen  3.  August  1903.) 


Ober  Radiumbromid  und  sein  Flammen- 

spektrum. 

Von  F.  Giesel. 

Das  aus  Uranerzen  abgeschiedene  Radium- 
rohmaterial besteht  hauptsächlich  aus  Baryum 
neben  etwas  Strontium,  eventuell  Calcium  und 
enthält  nur  sehr  geringe  Mengen  Radium.  Ich 
habe  vor  drei  Jahren  gezeigt,  dass  eine  An- 
reicherung des  Radiums  sehr  leicht  durch  fi-ak- 
tionierte  Krystallisation  der  Bromide  erfolgt,  und 
dass  das  Baryum  vollkommen  auf  diese  Weise 
vom  Radium  befreit  werden  kann.  Eine  Rein- 
darstellung des  Radiumsalzes  konnte  nur  wegen 
Materialmangel  nicht  ausgeführt  werden.  Jetzt 
steht  mir  relativ  reichlich  Substanz  zur  Ver- 
fügung, sodass  zunächst  ca.  V2  S  r^ii^es  Radium- 
bromid hergestellt  werden  konnte. 

Dasselbe  zeigt  wasserhaltig  bereits  eine  starke 
Eigenphosphoreszenz,  die  nach  dem  Entwässern 
sich  geradezu  prachtvoll  gestaltet.  Das  Phos- 
phoreszenzlicht ist,  wie  bei  meinen  älteren  un- 
reinen Präparaten  bläulich  und  weist  ein  kon- 
tinuierliches Spektrum  auf.  Die  Wirkung  des 
Salzes  auf  den  Leuchtschirm  und  die  photo- 
graphische Platte  ist  eine  sehr  bedeutende  und 
kann  mit  der  einer  kleinen  Röntgenröhre  ver- 
glichen werden. 

Beim  Krystallisieren  bemerkt  man  mit  fort- 
schreitender Reinigung,  dass  sich  die  Krystalle 
nach  kurzer  Zeit  schon  in  der  Flüssigkeit  gelb- 
lich färben,  wie  das  kürzlich  auch  von  Curies 
am  Chlorid  beobachtet  worden  ist.  Radium- 
platincyanür  ist  dem  Baryumsalz  sehr  ähnlich, 
grünlichgelb,  aber  schon  in  wenigen  Minuten 
während  des  Krystallisierens  ändert  sich  die 
Farbe  und  es  wird  dichroitisch.  Es  tritt  in  der 
Umgebung  der  Krystalle,  besonders  solange  sie 
noch  etwas  feucht  sind,  starker  Ozongeruch 
auf;  bei  sehr  reiner  Substanz  wirkt  auch  die 
Lösung  ozonisierend.  10  g  eines  noch  stark 
baryumhaltigen  Salzes  in  einer  geräumigen 
Flasche  aufbewahrt,  liess  beim  Öffnen  noch  längere 
Zeit  starken  Ozongeruch  wahrnehmen,  der  später 
durch  den  Geruch  nach  Brom  verdeckt  wurde. 
Diese   Bromentbindung    findet    dann    ununter- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


579 


brochen  statt,  ohne  dass  es  mir  bisher  gelungen 
ist  am  Salze  eine  alkalische  Reaktion  oder 
Bildung  von  Carbonat  nachzuweisen. 

Wenn  die  Reinigung  so  weit  gediehen  ist, 
dass  Krystalle  des  reinen  Salzes  anschiessen, 
so  ist  nach  i — 2  Tagen  deutliche  Gasentbin- 
dung in  Form  von  Bläschen  an  denselben  zu 
bemerken,  die  aufsteigen  und  auf  der  Ober- 
fläche einen  Schaum  bilden.  Früher  hatte  ich 
schon  beobachtet,  dass  beim  Lösen  angereicherter, 
gelagerter  Salze  Gasbläschen  unter  eigentüm- 
lichem Knistern  (ähnlich  wie  beim  Lösen  von 
Ammoniumpersulfat)  aufstiegen.  Die  Natur  dieses 
Gases  ist  noch  nicht  festgestellt. 

Das  beste  Erkennungsmittel  der  fortschreiten- 
den Reinheit  des  Präparates  ist  die  Färbung 
der  Bunsen flamme.  Während  die  ange- 
reicherten Präparate,  wie  ich  solche  vielfach  für 
Demonstrationen  benutzt  habe,  in  der  Bunsen- 
flamme  nur  die  Grünfärbung  des  Baryums  auf- 
weisen und  demgemäss  im  Spektroskop  nur 
die  Baryumlinien  hervortreten,  geht  mit  zu- 
nehmender Reinigung  die  Flammenfärbung  durch 
ein  fahles  Grünrot  in  Karminrot  über. 

Das  Flammenspektrum  des  Radiums,  wie  es 
sich  bei  der  Betrachtung  durch  ein  Taschen- 
spektroskop darbietet,  besteht  aus  zwei  hell- 
leuchtenden Banden  im  Rot,  wovon  die  nach 
Gelb  zu  gelegene  die  hellere,  einer  intensiven 
Linie  im  Blau  gegen  Grün  dicht  nach  der 
äussersten  Baryumlinie  und  zwei  verwaschenen 
Linien  im  Violett.  Bei  stärkerer  Dispersion 
unter  Anwendung  zweier  Rutherford-Prismen 
sieht   man,    dass   die   innere  Bande  scharf  be- 


grenzt und  homogen  ist,  während  die  äussere 
eine  dunkle  Trennungslinie,  eine  helle  Linie  und 
Serien  aufweist.  Die  glänzende  Linie  im  Blau 
ist  wahrscheinlich  identisch  mit  der  Linie  jL  4826,3 
die  zwei  violetten  mit  4683,2  und  4340,8  des 
Funkenspektrums  von  Demargay.  i  3814,7 
und  jL  3646,9  sind  wohl  wegen  der  Absorption 
im  Prismenkörper  nicht  sichtbar.  Genaueres 
wird  die  demnächst  erfolgende  Bestimmung  der 
Linien  ergeben.  Die  Baryumlinien  sind  mit  dem 
Taschenspektroskop  kaum  erkennbar.  Die  Gegen- 
wart von  Strontium  und  Calcium  in  spektro- 
skopisch hervortretenden  Mengen  ist  schon  aus 
chemischen  Gründen  ausgeschlossen,  in  Über- 
einstimmung mit  dem  spektroskopischem  Ver- 
gleich. Auffällig  bleibt  nur,  dass  Demargay 
die  starken  Banden  im  Rot  nicht  beobachtet 
hat,  was  ich  mir  vorläufig  nur  dadurch  erklären 
kann,  dass  das  Funkenspektrum  des  Radiums 
vom  Flammenspektrum  verschieden  sein  wird. 
Die  Intensität  des  Spektrums  des  Radiums 
ist  eine  derartige,  dass  wenn  man  die  Bunsen- 
flamme  durch  eine  Perle  Baryumbromid  färbt 
und  dann  gleichzeitig  eine  Spur  Radiumbromid 
hineinbringt,  das  Baryumspektrum  besonders  im 
Rot  ganz  übertönt  wird.  Das  Radium  ist  also 
auch  mit  Hilfe  der  Bunsenflamme  zu  den  spektro- 
skopisch leicht  erkennbaren  Elementen  zu  zählen, 
wie  es  Demargay  schon  für  das  Funkenspek- 
trum ausgesprochen  hat.  — 


Anm.  Kleine  Mengen  reinen  Radiumbromids  können  von 
der  „Chininfabrik  Braunschweig,  Buchlcr  &  Co.'*  käuflich  be- 
zogen werden. 

(Eingegangen  9.  September  1902.) 


REFERATE. 


^^ 

Elektrotechnik. 

Besorgt  von  Prof.  Dr.  H.  Tb.  Simon. 

^^ 

Das  Janus-System. 

Das  Problem  der  telephonischen  Neben- 
stellen steht  gegenwärtig  in  der  praktischen 
Telephonie  im  Vordergrund  des  Interesses. 
Während  man  sich  auf  der  einen  Seite  be- 
müht, automatisch  wirkende  Apparate  zu  kon- 
struieren, mit  deren  Hilfe  vom  Amt  aus  jede 
beliebige  von  vielen  in  eine  einzige  Leitung 
eingeschalteten  Stationen  allein  aufgerufen 
werden  kann,  liegt  in  dem  „Janussystem*'  eine 
Vervollkommnung  solcher  Nebenstellenbetriebe 
vor,  bei  denen  kein  Interesse  besteht,  die  Mit- 
wirkung   einer    bedienenden    Person     zu     be- 


seitigen. Dies  ist  immer  dann  der  Fall,  wenn 
ein  grosses  privates  Telephonnetz  (z.  B.  einer 
Fabrik  oder  Bank)  mit  einer  verkehrsreichen 
Umschaltestelle  vorhanden  ist,  welches  durch 
eine  oder  mehrere  Leitungen  an  das  staatliche 
Fernsprechamt  angeschlossen  werden  soll.  Bis- 
her war  es  in  solchen  Fällen  notwendig,  dass 
bei  jedem  Teilnehmer,  ausser  dem  privaten 
Sprechapparat,'  noch  eine  besondere  Poststation 
installiert  wurde,  die  von  dem  Privatnetz  gänz- 
lich unabhängig  war.  Auch  musste  der  Ver- 
kehr zwischen  diesen  Teilnehmern  und  dem 
staatlichen  Amt  an  besonderen,  getrennt  auf- 
gestellten Schränken  der  privaten  Umschalte- 
stelle vermittelt  werden.  Denn  der  Staat 
musste  verhindern,  dass  Teilnehmer  des  Privat- 
netzes unbefiigterweise  an  die  Postleitung  an- 
geschlossen werden,  da  an  jede  Postleitung  im 


S8o 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Maximum  nur  fünf  Sprechstellen  angeschlossen 
werden  dürfen. 

Durch  das  Janus-System  werden  die  er- 
wähnten beiden  Übelstände  beseitigt.  Der 
Sprechapparat  eines  zur  Benutzung  der  Post- 
leitung berechtigten  Teilnehmers  wird  an  einen 
fest  eingebauten  Umschalter,  gefuhrt,  der  dem 
Teilnehmer  bequem  zur  Hand  ist,  und  ge- 
stattet, das  Sprechsystem  aussch  lies  send  erweise 
entweder  an  die  staatliche  oder  an  die  pri- 
vate Leitung  zu  legen,  die  beide  zu  dem  privaten 
Vermittelungsamt  fuhren.  So  braucht  jeder 
Teilnehmer  nur  einen  Sprechapparat,  der  sowohl 
nach  aussen  (Post)  wie  nach  innen  (Privatnetz) 
gerichtet  werden  kann. 

In  dem  privaten  Vermittelungsamt  wird  die 
vom  Slaatsamt  her  einmündende  Postleitung 
durch  eine  Reihe  ähnlicher,  fest  eingebauter 
Schalter  geführt,  durch  welche  die  Postleitung 
mit  den  zu  den  einzelnen  anschlussberechtigten 


Teilnehmern  führenden  Staatsleitungen  ver- 
bunden werden  kann.  Lauft  ein  Anruf  von 
der  Post  her  ein,  so  bringt  der  private  Um- 
schaltebeamte den  Janusschalter  des  gewünschten 
berechtigten  Teilnehmers  in  Arbeitsstellung  und 
verständigt  den  letzteren,  dass  er  seinen  eigenen 
Janusschalter  ebenfalls  auf  ,,Post"  stelle.  Als- 
dann ist  die  Verbindung  vom  postalischen 
Amt  durch  das  private  Amt  hindurch  zum  be- 
rechtigten Teilnehmer  nur  durch  feste  Um- 
schalter hergestellt,  nicht  aber  durch  beweg- 
liche Schnurorgane,  wie  sie  sonst  auf  den  Um- 
schaltestellen gebräuchlich  sind.  Darin  liegt 
die  Sicherheit,  dass  kein  unberechtigter  Teil- 
nehmer des  Privatnetzes  mit  der  Staatsleitung  ver- 
bunden werden  kann,  es  sei  denn,  dass  ein  gewalt- 
samer Eingriff  in  die  Janusschalter  gemacht  wird 
(was  natürlich  bei  Revisionen  als  betrügerische 
Manipulation  entdeckt  werden  kann),  während 
sich  bei  beweglichen  Schaltern,  wie  Klinken 
und  Schnüren,  der  Nachweis  unbefugter  Be- 
nutzung nicht  führen  lässt. 

Infolgedessen  können  nun  die  Janus- 
schalter ohne  Bedenken  an  den  privaten  Um- 
schalteschränken selbst  angebracht  werden. 

Mit  der  Zahl  der  Postleitungen  zwischen 
Staatsamt  und  Privatnetz  wächst  die   Zahl  der 


Fig.  i. 

Janusschalter  ausserordentlich.  Da  für  jede 
Leitung  fünf  Teilnehmer  anschlussberechtigt 
sind,  so  müssen  beispielsweise  in  einer  grossen 
Bank,  die  über  1 2  Postleitungen  und  somit 
60  anschlussberechtigte  Sprechstellen  verfügt, 
12  X  60  =  720  Janusschalter  vorhanden  sein. 
Die  einzelnen  Schalter  werden  dann  entwedei 
in  grosse  Kurbelschalter  mit  je  60  Einzel- 
schaltern zusammengefasst  oder  die  Janus- 
schalter werden  nach  Art  der  Klinken  in  über- 
sichtlichen Horizontal-  und  Vertikalreihen  an. 
geordnet.  Alsdann  ist  aber  auch  jedei 
berechtigte  Teilnehmer  befähigt,  jede  der  12 
Postleitungen  zu  benutzen,  und  es  wird  dann 
äusserst  selten  vorkommen ,  dass  überhaupt 
keine  Leitung  zur  Verfügung  steht.  Wie  dieses 
System  bereits  für  ganz  kleine  Geschäfts- 
betriebe, die  mit  Linienwählern  arbeiten,  an- 
wendbar ist,  so  richtet  man  auch  sehr  grosse 
Privatnetze  von  einigen  Hundert  Teilnehmern, 
die  untereinander  auf  Vielfachumschaltern  ver- 
bunden werden,  für  den  Janusbetrieb   ein ;  als- 


I 

J 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jaht^ng.     No.  24. 


S81 


dann  fällt  dem  Janusscbalter  noch  die  Aufgabe  zu,  1 
sobald  er  in  Arbeitslage  gebracht  wird,  auf  I 
allen^Arbeitspiätzen  des  Privatamtes  die  betr. 
Teilnehmerieitung  als  besetzt  zu  kennzeichnen.  1 
Dies  geschieht  dadurch,  dass  ein  besonderer  I 
Arm  des  Janusschalters   ein   Potential    von    12   ] 


Mix  &  Genest  sind  nebenstehend  dargestellt. 
Fig.  I  zeigt  den  am  Schreibtisch  eines  Teil- 
nehmers anzubringenden  Janusknopf,  durch  den 
man  momentan  sein  Telephon  von  dem  Privat- 
netz weg  und  auf  das  Staatsnetz  hinüberschalten 
kann.     Fig.  2  und  3  zeigen    einen   Janushebel- 


Volt  an  die  Klinkenhülsenleitung  des  Teil- 
nehmers legt.  Die  Beamten  in  einem  solchen 
Privatamt  prüfen  jede  Leitung  auf  Besetztsein 
durch  Anlegen  der  Stöpsel  spitze  an  die 
Kltnkenhülse,  in  derselben  Weis«  wie  es  in 
den  staatlichen  Vielfachämtern  geschieht. 

Einige      Januskonstruktionen       der       A.-G. 


Schalter  für  1 5  Teilnehmer  (die  mit  3  Post- 
leitungen verbunden  werden  können),  wie  er 
an  den  Schränken  des  Privatamtes  angebracht 
wird.  Die  Kurbel  wird  auf  einen  bestimmten 
Knopf  gestellt  und  dann  durch  Niederdrücken 
des  Kurbelgriffs  eine  Sperrtaste  bethätigt.  Auf 
der    Rückansicht    Fig.     3    erkennt    man    diese 


582 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24, 


einzelnen  Sperrtasten,  welche  nach  Art  von 
Fernsprechklinken  aus  einer  Anzahl  von  Blatt- 
federn zusammengesetzt  sind. 

Fig.  4  stellt  einen  Janusschrank  für  12 
Postleitungen  (60  berechtigte  Teilnehmer,  720 
Janusschalter)  dar.  Jede  Kurbel  entspricht 
einer  Leitung  und  es  können  damit  je  60 
Schalter  bestrichen    werden.      Ausserdem   sind 


an  diesen  Schrank  noch  30  nicht  zum  Post- 
anschluss  berechtigte  Teilnehmer  angeschlossen. 
Die  90  Teilnehmer  werden  also  untereinander 
durch  Stöpsel,  Schnurpaare  und  Klinken  ver- 
bunden; die  60  berechtigten  aber  mit  der  Post 
nur  durch  die  festen,  jedem  Eingriff  entzogenen 
Janusschalter.  L.  Rellstab. 

(Eingegaogen  31.  Juli  1902.) 


BESPRECHUNGEN. 


J.  Williard  Gibbs,  Elementary  Principles 
in  Statistical  Mechanics,  developed  with  espe- 
cial  reference  to  the  rational  foundation 
of  Thermodynamics  (Elementare  Prinzipien 
der  statistischen  Mechanik,  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  rationelle  Begründung  der 
Thermodynamik  entwickelt),  gr.  8.  207  S. 
New  York,  Ch.Scribner's  sons;  London,  Edward 
Arnold.   1902.     £  —  17/net. 

Die  Anregung  zur  Ausbildung  einer  „sta- 
tistischen Mechanik"  ist  von  der  Gastheorie 
ausgegangen.  Bei  der  Berechnung  der  freien 
Weglänge,  bei  der  Aufstellung  der  Zustands- 
gieichung hat  man  die  Methoden  der  Wahr- 
scheinlichkeitsrechnung angewandt.  Dabei  er- 
gab es  sich,  dass  die  Gültigkeit  gewisser 
Resultate,  z.  B.  des  Maxwell  sehen  Gesetzes 
der  Geschwindigkeitsverteilung,  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  von  den  über  die  Molekular- 
kräfte gemachten  Annahmen  unabhängig  war; 
es  entstand  der  Wunsch,  die  allgemeinen  Kon- 
sequenzen aus  den  Prinzipien  der  Mechanik  und 
Statistik  zu  ziehen,  ohne  von  vornherein  spe- 
zielle Hypothesen  über  die  Moleküle  in  die  Be- 
trachtung einzuführen.  Jenen  allgemeinen  Sätzen 
der  statistischen  Mechanik  widmet  Boltzmann 
einen  Abschnitt  seiner  Gastheorie  (Bd.  II,  Ab- 
schnitt 3);  da  aber  in  dem  Boltzmannschen 
Werke  die  Tendenz  vorherrscht,  anschaulich  die 
molekularen  Vorgänge  zu  verfolgen,  so  treten  dort 
jene  allgemeinen  Methoden  in  den  Hintergrund. 

Gibbs  hingegen  stellt  sich  in  dem  vorlie- 
genden Buche  die  Aufgabe,  die  allgemeinen 
Prinzipien  der  statistischen  Mechanik  zu  ent- 
wickeln und  die  Analogien  zu  untersuchen,  die 
zwischen  ihnen  und  den  Sätzen  der  Thermo- 
dynamik bestehen.  Auf  spezielle  Probleme  der 
Gastheorie  geht  er  nicht  ein.  Die  Darstellung 
ist  sehr  abstrakt,  und  es  ist  nicht  leicht,  die 
Schätze  zu  heben,  die  in  dem  Werke  enthalten 
sind.  Wir  müssen  uns  damit  begnügen,  einige 
der  wichtigsten  Resultate  hervorzuheben. 

Die  momentane  Konfiguration  und  Geschwin- 
digkeit eines  mechanischen  Systems  von  «-Frei- 
heitsgraden sei  bestimmt  durch  2  n  Grössen, 
nämlich  durch  die  (verallgemeinerten)  Koordi- 
naten ^1  •  •  •  qn,  und  die  (verallgemeinerten)  Mo- 


mente oder  Impulskomponenten  p{  •  •  pn.  Diese 
2n  Grössen*  bestimmen  dann  die  „Phase**,  in 
der  das  System  sich  gerade  befindet;  fasst  man 
dieselben  als  Koordinaten  in  einem  2  » -  dimen- 
sionalen  Räume,  dem  „Phasenraume",  auf, 
so  wird  die  jeweilige  Phase  des  Systems  durch 
einen  Punkt  im  Phasenraume  repräsentiert.  Bei 
den  Problemen  der  statistischen  Mechanik  nun 
setzt  man  zwar  die  mechanische  Natur  des 
Systems,  d.  h.  die  Abhängigkeit  der  kinetischen 
und  der  potentiellen  Energie  von  den  Koordi- 
naten und  Momenten,  als  bekannt  voraus,  über 
die  Phase  des  Systems  aber  weiss  man  nichts. 
Man  ist  darauf  angewiesen,  alle  möglichen 
Phasen  gemeinsam  zu  betrachten;  das  geschieht 
in  der  Weise,  dass  eine  Menge  (ensemble)  von 
Systemen  der  gleichen  Natur  betrachtet  wird, 
die  über  den  Phasenraum  in  stetiger  Weise  ver- 
teilt sind.  Entfällt  dabei  auf  ein  Gebiet  des 
Phasenraumes,  dessen  Ausdehnung  durch  das 
2  «-fache  Integral 


/■  /*■ 

G{2n) 


dq^ 


gemessen  wird,  die  Zahl  von  Systemen: 

/  •  •  /  Ddpx  •  •  dqn, 

so  nennt  man  D  die  „Dichte"  der  Verteilung, 
und  den  Quotienten  aus  Dichte  und  Gesamt- 
zahl fNJ  der  Individuen  der  Menge 

N 
den  „Wahrscheinlichkeitskoeffizienten" 
(coefficient  of  probability);  dieser  letztere  be- 
sitzt einen  bestimmten  Wert  auch  dann,  wenn 
man  die  Gesamtzahl  N  der  Systeme  unbegrenzt 
wachsen  lässt.  Wie  aber  der  Wert  von  P  von 
den  Variabein  fp,"^J  abhängt,  darüber  sagt  die 
Wahrscheinlichkeitsrechnung  nichts  aus.  Man 
kann  für  den  Wahrscheinlichkeitskoeffizienten  P 
eine  beliebige  stetige  Funktion  des  Ortes  im 
Phasenraume  setzen.  Ist  aber  für  einen  ge- 
gebenen Zeitpunkt  die  Verteilung  der  System- 
menge im  Phasenraume,  und  dadurch  der 
Koeffizient  P  gegeben,  so  folgt  aus  den  Grund- 
gleichungen   der   Dynamik   eindeutig   die   zeit- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


583 


liehe  Änderung  der  Verteilung.  Denn  jene 
Grundgleichungen,  die  man  hier  in  der  Ha- 
milton sehen  kanonischen  Form  zu  verwenden 
pflegt,  bestimmen  die  zeitlichen  Änderungen, 
welche  die  Koordinaten  und  Momente  erfahren. 
Sie  ergeben,  dass  die  Ausdehnung  eines  Ge- 
bietes, dessen  Begrenzung  sich  entsprechend 
den  Gesetzen  der  Dynamik  bewegt,  invariant 
ist  (Satz  von  Lionville).  Da  ein  derartig  be- 
wegtes Gebiet  stets  dieselben  Systeme  ein- 
schliesst,  so  folgt  die  Invarianz  der  Phasendichte 
D  und  des  Wahrscheinlichkeitskoeffizienten  P 
für  ein,  den  Gesetzen  der  Dynamik  gemäss,  im 
Phasenraume  sich  bewegendes  Elementargebiet. 

Wenngleich  jedes  System  der  Menge  sich 
im  Phasenraume  bewegt,  so  sind  dennoch  Ver- 
teilungen möglich,  die  „statistischem  Gleich- 
gewichte" entsprechen.  Statistisches  Gleich- 
gewicht ist  dann  vorhanden,  wenn  in  jedes  im 
Phasenraume  festes  Elementargebiet  stets  ebenso- 
viele  Systeme  eintreten,  wie  austreten.  Solche 
stationären  Verteilungen  sind  es,  in  denen  wir 
die  mechanische  Analogie  des  Wärmegleich- 
gewichts zu  suchen  haben.  Die  statistische 
Mechanik  ergiebt  für  den  Wahrscheinlichkeits- 
koeffizienten P  eine  ganz  bestimmte,  das  sta- 
tistische Gleichgewicht  charakterisierende  Be- 
dingung. Durch  dieselbe  wird  indessen  P  noch 
keineswegs  eindeutig  als  Funktion  des  Ortes 
im  Phasenraume  bestimmt.  Gibbs  greift  nun 
eine  ganz  bestimmte  stationäre  Verteilung  der 
Systemmenge  heraus,  welche  er  die  „kano- 
nische" nennt.  Ist  e  die  Energie  des  Systems, 
so  ist  für  die  kanonische  Verteilung: 

P=  e    ^ 
der  Wahrscheinlichkeitskoeffizient, 

der  „Wahrscheinlichkeitsexponent"  (index 
of  probability).  Die  kanonische  Verteilung  hängt 
ab  von  der  Konstante  ö,  welche  der  „Modul" 
der  Verteilung  genannt  wird,  und  von  gewissen, 
in  den  Ausdruck  der  Energie  t  eingehenden 
Parametern  {a\  ,  ^2  * '  )•  Durch  diese  Grössen 
ist  das  tp  bestimmt;  es  ist  nämlich  die  Wahr- 
scheinlichkeit dafür,  dass  das  System  sich  über- 
haupt im  Phasenraume  befindet,  gleich  i,  mithin 


all 


t 
0 


=11 


e     e  dpx  ' '  •  dg„. 


/Aaset 


Es  sind  die  Mittelwerte  der  Energie  fc  und 
des  Exponenten  ij,  genommen  für  den  ganzen 
Phasenraum : 


all 


all 


-ff 


^=/-/rr)- 


1^ — « 


phases 


dp^  '  •  dq* 


phases 


Gibbs  bemüht  sich  nun,  nachzuweisen,  dass 
die  letztgenannten  Grössen  in  gewisser  Weise 
den  aus  der  Thermodynamik  bekannten  ent- 
sprechen; die  kanonische  Verteilung  soll  dem 
Wärmegleichgewicht  entsprechen,  der  Modul  Ö 

der  Temperatur,  der  Mittelwert  der  Energie  (f )  der 
inneren   Energie,    der   negative  Mittelwert   des 

Exponenten  ( — rf)  der  Entropie,  endlich  V  der 
freien  Energie.  Die  Analogie  mag  an  drei  beson- 
ders charakteristischen  Sätzen  erläutert  werden. 
Erstens:  zwei  kanonisch  verteilte  Mengen  von 
demselben  Modul  ergeben,  kombiniert,  wieder 
eine  kanonisch  verteilte  Menge  von  dem  gleichen 
Modul.  Zweitens:  ändert  man  den  Modul  der 
kanonischen  Verteilung,  und  gleichzeitig  die 
äusseren  Koordinaten  aj ,  ay  •,  so  gilt 

dfe  =  —  Qdri  —  Axdax  —  A^  dai  —etc., 

wo  A\ ,  A^  die  Mittelwerte  der  auf  die  Koordi- 
naten Uit  a^  einwirkenden  Kräfte  sind.  Ent- 
spricht die  kanonische  Verteilung  dem  Wärme- 
gleichgewicht,  so  entspricht  eine  Folge  von 
kanonischen  Verteilungen  einem  reversiblen  Pro- 
zess,  mithin  der  zweite  Satz  der  Definitions- 
gleichung der  Entropie.  Drittens  endlich  gilt 
der  Satz :  unter  allen  Verteilungen  einer  Menge 
von    Systemen,    von    der    gleichen     mittleren 

Energie  e,    besitzt   die    kanonische   Verteilung 

den  kleinsten  Wert  des  mittleren  Exponenten  r] 
(f]  ==  /n  P),  Diese  letztgenannte  Eigenschaft  der 
kanonischen  Verteilung  entspricht  der  Eigen- 
schaft des  Wärmegleichgewichts,  die  Entropie, 
bei  gegebener  Energie,  zu  einem  Maximum  zu 
machen. 

In  der  Definition  der  kanonischen  Verteilung 
sind  enthalten:  das  Max  well  sehe  Gesetz 
der  Geschwindigkeitsverteilung;  die  Relationen, 
welche  die  Temperatur  mit  der  mittleren  kine- 
tischen Energie  verknüpfen;  ferner,  insofern  als 
in  €  die  potentielle  Energie  der  äusseren  und 
inneren  Kräfte  eingeht,  die  Ärostatik  und  die 
für  die  Aufstellung  der  Zustandsgieichungen 
fundamentalen  Wahrscheinlichkeitssätze.  Stützt 
man  sich  auf  die  fiir  die  kanonische  Verteilung 
geltenden  Beziehungen,  so  ist  man  sicher,  nie- 
mals in  Widerspruch  mit  der  Thermodynamik 
zu  geraten.  Auch  ist  die  Temperatur  kinetisch 
definiert  für  einen  beliebigen  Körper,  sei  es  ein 
Gas,  eine  Flüssigkeit,  oder  ein  fester  Körper; 
gelten  doch  jene  Sätze  für  ein  beliebiges  me- 
chanisches System  mit  einer  endlichen  Zahl  von 
Freiheitsgraden.  Um  die  kinetisch  definierte 
Temperatur  O  mit  der  thermodynamisch  defi- 
nierten zu  vergleichen,  muss  man  allerdings  auf 
die  idealen  Gase  rekurrieren;  es  ergiebt  sich 
eine,   von   der  Loschmidtschen   ZaM    abhän- 


584 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


gige  Proportionalität.  Diese  aus  den  Gesetzen 
der  idealen  Gase  abgeleitete  Beziehung  zwischen 
der  absoluten  Temperatur  und  dem  Modul  der 
kanonischen  Verteilung  ist  ohne  weiteres  auf 
ganz  beliebige  Körper  zu  übertragen. 

In  der  Definition  der  kanonischen  Verteilung 
liegt  eine  gewisse  Willkür;  es  giebt,  wie  Gib bs 
zeigt,  andere  Verteilungen,  die  sich  gleichfalls 
im  statistischen  Gleichgewichte  befinden,  und 
auch  gewisse  Analogien  zum  Wärmegleich- 
gewichte darbieten.  Unter  diesen  besitzt  die- 
jenige Verteilung  ein  besonderes  Interesse,  die 
von  Gibbs  „mikrokanonische  Verteilung" 
genannt  wird;  dieselbe  ist  mit  der  „ergodischen" 
Verteilung  Boltzmanns  identisch.  Hier  hat 
die  Energie  eines  Systems  der  Menge  einen 
vorgegebenen  Wert,  während  bei  der  kanoni- 
schen Verteilung  die  Energie  für  verschiedene 
Systeme  der  Menge  verschiedene  Werte  an- 
nehmen konnte.  Die  mikrokanonische  Vertei- 
lung giebt  ein  mechanisches  Bild  des  thermo- 
dynamischen  Gleichgewichts,  welches  ein  in 
eine  adiathermane  Hülle  gebrachter  Körper  an- 
nimmt; die  kanonische  Verteilung  hingegen 
entspricht  einem  Körper,  der  in  einen  Ther- 
mostaten gebracht  ist;  die  Energie  des  letzteren 
wird  fortwährend  um  ihren  Mittelwert  schwanken, 
da  Energieaustausch  der  Moleküle  des  Körpers 
und  derjenigen  des  Wärmereservoirs  stattfindet. 
Dass  diese  Schwankungen  in  praxi  nicht  zu 
berücksichtigen  sind ,  dass  man  die  innere 
Energie    eines    Körpers    der    oben    definierten 

mittleren  Energie  a  gleich  setzen  darf,  ist  auf 
die  enorm  grosse  Zahl  der  Freiheitsgrade  der 
hier  betrachteten  Systeme  zurückzuführen. 

Ein  Kapitel  seines  Werkes  widmet  der 
Autor  den  prinzipiellen  Einwänden,  die  in  den 
letzten  Jahren  gegen  die  mechanische  Deutung 
irreversibler  Prozesse  erhoben  sind,  und  die 
sich  gerade  auf  die  Sätze  der  statistischen  Me- 
chanik stützten.  Indem  er  die  Tendenz  zum 
Wärmegleichgewicht  an  einer  hydrodynamischen 
Analogie  veranschaulicht,  macht  er  es  wahr- 
scheinlich, dass  jene  anscheinenden  Widersprüche 
bei  einer  sachgemässen  Formulierung  verschwin- 
den. Das  wesentliche  Resultat  des  Werkes  ist 
allerdings  zu  sehen  in  der  mechanischen  Be- 
gründung der  auf  das  Wärmegleichgewicht  und 
auf  reversible  Prozesse  bezüglichen  Sätze  der 
Thermodynamik.  M.  Abraham. 

(Eingegangen  am  15.  Juli  1902.) 


A.  Gleichen,  Lehrbuch  der  geometrischen 
Optik.  (A.  u.  d.  T.:  Teubner's  Sammlung  von 
Lehrbüchern  auf  dem  Gebiete  der  mathe- 
matischen Wissenschaften.  VIII.)  gr.  8.  XIV 
u.  511  S.  mit  251  Figuren  im  Text.  Leipzig, 
B.  G.  Teubner.  1902.  Gebunden  M.  20. — 
Die  mir  freundlichst  übertragene  Besprechung 


dieses  Werkes  bietet  mir  umsomehr  Interesse, 
als  ich  vor  zwei  Jahren  nahe  daran  war,  eine 
Bearbeitung  des  gleichen  Themas  zu  veröffent- 
lichen. Der  Umstand  jedoch,  dass  meine  Theorie 
des  achsennahen  Strahlenganges  durch  beliebig 
dicke  Linsen  mit  beliebigen  Abständen  zur  Zeit 
im  Institut  St  ein  heil  auf  ihre  praktische  Ver- 
wertbarkeit geprüft  wird,  trug  wesentlich  zu 
einer  Verschiebung  auf  spätere  Zeit  bei;  ich 
bin  diese  Erklärung  nach  verschiedenen  Seiten 
schuldig.  Nun  liegt  das  Werk  des  Verfassers 
vor  und  ich  kann  dasselbe  nur  als  ein  sehr  ver- 
dienstliches bezeichnen.  Bewundernswert  ist 
der  Fleiss,  mit  dem  er  eine  Fülle  teils  schwer  ver- 
ständlichen, teils  schwer  zugänglichen  Materials 
zur  Verwertung  brachte  —  ich  nenne  in  letzter 
Hinsicht  die  Tabellen,  vollständigen  Durchrech- 
nungen, Konstruktionsangaben  von  den  Firmen 
selbst  oder  aus  deren  Patentschriften.  —  Zudem 
ist  das  Werk  leicht  lesbar,  während  z.  B.  die 
berühmte  Bearbeitung  von  Czapski  für  manchen 
ein  Buch  mit  sieben  Siegeln  bleiben  wird.  Kurz 
gesagt,  es  stellt  eines  der  wenigen  wirkUch 
praktischen  theoretischen  Lehrbücher  vor,  und 
selbst  der  Fachmann  wird  aus  ihm  eine  Reihe 
interessanter  Dinge  schöpfen.  Unbeschadet 
dieses  Urteils  wird  man  freilich  in  einer  Anzahl 
von  Punkten  anderer  Meinung  sein  können,  und 
ich  werde  mir  erlauben,  an  Stichproben  eine 
wissenschaftliche  Auseinandersetzung  zu  knüpfen. 
Zuvor  will  ich  jedoch  den  Inhalt  kurz  skizzieren: 
Nach  einem  einleitenden  Kapitel  (Grundeigen- 
schaften, Spiegelung  und  Brechung)  folgen  Astig- 
matisches Strahlenbündel,  Brechung  an  einer 
Ebene,  Prismen  und  Prismensysteme,  Spiegelung 
an  Kugeln,  Brechung  an  Kugeln  (achsennahe 
Strahlen),  Centriertes  System  von  Kugelflächen 
(idealer  Strahlengang),  Linsen,  Aberrationen 
I.  Ordnung,  Astigmatismus  und  Koma,  Erwei- 
terung des  Abbildungsgebietes,  Orthoskopie 
(idealer  und  wirklicher  Strahlengang),  Dispersion, 
Krümmung  der  Bilder,  Geometrische  Strahlung 
und  Photometrie,  Auge,  Fernrohre  (Eigenschaften, 
Objektiv,  Okulare,  Geschichte),  Lupe  und  Mikro- 
skop, Photographische  Objektive,  Spektroskop 
und  Photometer.  Im  ganzen  20  Kapitel  mit 
reicher,  ein  Sachregister  einigermassen  er- 
setzender Untergliederung.  251  Figuren  auf 
511  Seiten  ausfuhrlichen  Textes  tragen  zum 
leichten  Verständnis  bei. 

Und  nun  zum  Detail:  Die  beugungstheo- 
retische Optik  schliesst  der  Verfasser  grund- 
sätzlich aus,  wiewohl  sie  auch  in  der  Praxis 
heutzutage  nicht  mehr  umgangen  werden  kann. 

Wenn  er  aber  Seite  IV  des  Vorworts  meint, 
die  physische  Bildentstehung  sei  „wenigstens" 
für  selbstleuchtende  Körper  bereits  gelöst,  so 
halte  ich  diese  bei  Fernrohr  und  Mikroskop 
auch  für  beleuchtete  Körper  in  erster  Annähe- 
rung für  gelöst.    Die  strenge  Theorie  des  Gitter- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


585 


Spektroskops  allein  fuhrt  bereits  in  den  ein- 
fachsten Fällen  zu  Integralen  Be  sseischer 
Funktionen  mit  gebrochenem  Index  und  ist 
zudem  derart  mit  praktischen  Zufälligkeiten 
(Ritzenprofil,  Teilungsfehler)  verquickt,  dass  ein 
Erfolg  fast  aussichtslos  erscheint.  Ungern  wird 
man  die  Abbildungstheorie  von  Th lesen  ver- 
missen, welcher  von  der  Zeit  als  Grundprinzip 
ausgeht.  Dafür  nähert  sich  der  Verfasser  im 
zweiten  Kapitel  meinem  Standpunkt  (welcher 
die  Wellenfläche  als  Hauptsache  ansieht  und 
unmittelbar  zur  beugungstheoretischen  Behand- 
lung überleitet),  ohne  indessen  die  Konsequenzen 
zu  ziehen.  Übrigens  findet  ja  der  Geltungs- 
bereich der  Identität  „Wellennormale  =  Licht- 
strahl", auf  welcher  sich  gewöhnlich  die  geo- 
metrische Optik  aufbaut,  bereits  am  Gebiet  der 
Krystalloptik  seine  Grenze,  indem  hier  im  all- 
gemeinen beide  Richtungen  nicht  mehr  zu- 
sammenfallen. —  Interessant  ist  mir  die  Formel 
für  sphärische  Aberration  (13)  S.  115;  hätte  sie 
nämlich  der  Verfasser  noch  weiter  verfolgt, 
wäre  er  zu  der  von  mir  in  der  Zeitschr.  f.  In- 
strumentenkde. 1901  (Januar)  mitgeteilten  Formel 
gekommen.  —  Der  Kreis  kleinster  Aberration 
(engster  Einschnürung)  S.  124  ist  ein  direkter 
Beweis  für  die  Notwendigkeit  beugungstheo- 
retischer Betrachtung;  infolgedessen  wird  die 
aus  Czapski  übernommene  Betrachtung  von 
Gauss  S.  131  hinfällig;  der  Verfasser  hätte 
ruhig  erwähnen  können,  dass  hier  die  Beugungs- 
theorie im  Gegensatz  zur  geometrischen  Optik 
steht.  —  Die  Sinusbedingung  S.  172  betrifft  — 
den  bisherigen  Darstellungsweisen  folgend  — 
nur  den  einfachen  Fall  einer  Linse,  durch  deren 
optischen  Mittelpunkt  die  abbildenden  Haupt- 
strahlen gehen.  Statt  dessen  habe  ich  obigem 
Institut  ein  allgemeines  Theorem  mitgeteilt 
für  die  Fälle,  in  welchen  komahaltige  dünne 
Strahlenbündel  durch  einen  beliebigen  Blenden- 
ort gehen,  d.  h.  zum  Beispiel  für  die  Zwecke 
der  photographischen  Optik.  Gleichfalls  setzte 
ich  es  in  Besitz  des  allgemeinen  Theorems  für 
Orthoskopie  in  algebraischer  Form;  die  S.  184 
gegebene  Darstellung  ist  wie  alle  früheren  nur 
trigonometrisch,  d.  h.  hintennach  verwendbar, 
nicht  zum  Zweck  der  Erfindung  einer  Kon- 
struktion; eine  Ausnahme  machen  so  einfache 
Fälle,  wie  S.  192.  Man  kann  mithin  die  bisher 
bekannten  optischen  Theoreme  auf  den  Um- 
stand hin  prüfen,  ob  sie  zur  Erfindung  neuer 
Typen  brauchbar  sind,  oder  lediglich  nach 
(irgendwie  erfolgter)  Aufstellung  eines  Typus 
zur  Erprobung  seiner  Tauglichkeit  bezw.  End- 
korrektion bei  nachgewiesener  Tauglichkeit. 
Hier  muss  meinen  Ideen  nach  der  Fortschritt 
in  der  Verbindung  von  Theorie  und  Praxis  ein- 
setzen. —  Die  vom  Verfasser  S.  2 1 2  bezweifelte  all- 
gemeine Bedingung  für  stabile  Achromasie  befin- 
det sich  jetzt  in  unserem  Besitz.  S.  222  begegne  ich 


wieder  dem  Verfasser  auf  gleichem  Wege.  Auch  ich 
habe  anfangs  d.  J.  in  der  Centralztg.  f.  Optik u.  Mech. 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  das  Petzval- 
Theorem  bisher  irrtümlich  als  für  dünne  Linsen 
gültig  erachtet  wurde.  Auch  ich  halte  es  nicht 
für  unwahrscheinlich,  dass  Petzval  auf  dem 
S.  221  angegebenen  Wege  sein  Theorem  ge- 
funden hat.  Nur  erschüttert  der  Verfasser 
S.  223  wieder  den  Glauben  an  dasselbe;  denn 
eine  so  intensive  Strahlenvereinigung  an  jeder 
einzelnen  Fläche  findet  eben  niemals  statt. 
Das  strenge,  allgemeine  Theorem,  welches  ich 
obigem  Institut  zur  Verwertung  übergab,  verlangt 
dies  übrigens  nicht.  —  Leider  unterdrückt  der 
Verfasser  ebenso,  wie  Czapski,  S.  229  den 
Beweis  der  Formeln  für  meridionale  und  sagit- 
tale  Bildkrümmung;  so  umständlich  finde  ich 
die  Ableitung  gar  nicht;  freilich  mit  den  a.  a.  O. 
gegebenen  Fingerzeigen  wusste  ich  wenig  an- 
zufangen; ich  habe  es  thatsächlich  leichter  ge- 
funden, alle  Formeln  selbst  abzuleiten,  und  habe 
dies  nicht  zu  bereuen.  Wo  der  Verfasser  die 
gleiche  Neigung  bekundet,  da  scheint  es  mir 
nur  zum  Vorteil  ausgefallen  zu  sein.  —  Das 
Gleichungssystem  S.  231  kann  ich  nicht  gut- 
heissen.  Der  Verfasser  verwendet  gegen  seine 
eigene  Auffassung  (S. 223)  das  Petz val-Theorem, 
obwohl  der  Astigmatismus  nicht  gehoben  ist. 
—  S.  260  vermisse  ich  die  Erörterung  der  Be- 
deutung des  Seh  winkeis  bezw.  ihrer  Beschränkung 
infolge  der  Änderung  der  hinteren  Knotenweite 
mit  der  Akkommodation.  —  S.  293  und  314 
geht  nicht  klar  hervor,  ob  die  Fraunhofer- 
Objektive  mehr  den  Objektiven  gleichen,  welche 
nach  dem  Achsensatz  (Herschel -Bedingung), 
oder  denen,  welche  nach  dem  Sinussatz  kon- 
struiert sind.  Bisher  glaubte  ich  immer  das 
letztere.  —  S.  312  vermisse  ich  das  durch 
beugungstheoretische  Betrachtungen  als  richtig 
nachgewiesene  Scheibner-Prinzip.  —  Bezüg- 
lich der  Gauss-Bedingung  S.  313  ist  deren  Nutz- 
losigkeit beugungstheoretisch  gezeigt  worden. 
Über  „nachträgliches  Anschleifen  von  sphärischen 
Zonen"  (s.  auch  S.  334)  zur  empirischen  Ver- 
ringerung von  Fehlerresten  haben  Steinheil 
und  ich  unsere  eigene  Meinung.  Diese  Fehler- 
reste sind  nicht  rechnerischer,  sondern  mecha- 
nischer Natur.  Die  vorher  schon  fehlerhaften 
Zonen  werden  nachträglich  ausgebessert.  —  Bei 
den  Formeln  von  Moser  S.  315  vermisse  ich 
die  von  Charlier;  von  meinen  eigenen  will 
ich  nicht  weiter  reden.  —  S.  318  ist  die  Rede 
von  Objektiven  mit  vermindertem  sekundärem 
Spektrum.  Der  wahre  Einfluss  desselben  und 
die  Zurückführung  der  Achromasie  höherer  Ord- 
nung auf  ihren  wahren  Wert  sind  jedoch  Gegen- 
stände beugungstheoretischer  Untersuchung.  Auf 
diesem  Gebiet  sind  viele  irrige  und  über- 
triebene Ansichten  verbreitet.  —  S.  342:  Die 
„monocentrischen  Okulare*'  stammen  aus  dem 


586 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Institut  Steinheil  (nicht  Zeiss)  und  heissen 
so,  weil  sämtliche  Flächen  nur  ein  Krümmungs- 
centrum haben.  —  Der  Abriss  über  Spiegel- 
teleskope S.  348  ist  sehr  spärlich  ausgefallen. 
Ich  vermisse  z.  B.  den  durch  das  Glas  wirkenden 
Spiegel  von  Mangin  sowie  die  von  Hugo 
Schröder  gemachte  Bemerkung,  dass  die  Kom- 
bination von  Gregory  eine  Verminderung  des 
Sinusfehlers  herbeiführt.  —  Beim  akkommo- 
dationslosen  Sehen  S.  362  ist  b  (nicht  ^)  =  ^ ; 
es  würde  sich  ergeben  A^=  l\f=  ^.  —  S.  364: 
Zum  erstenmal  finde  ich  die  richtige  (strenge) 
Formel  für  die  Vergrösserung  der  Lupe; 
Czapski  und  mit  ihm  Classen  geben  sie  wohl 
auch,  ersetzen  sie  aber  gleich  wieder  durch  eine 
um  nichts  einfachere,  nur  angenäherte  Formel. 
Eine  überraschend  kurze  und  einfache  Ableitung 
gebe  ich  zur  Zeit  in  der  Zeitschr.  f.  wiss.  Mikro- 
skopie 19, 32,  1902).  Leider  wendet  der  Verfasser 
diese  strenge  Formel  nicht  auf  Fernrohr  sowie 
Mikroskop  an;  es  ist  fast  unbekannt,  dass  deren 
Vergrösserung  sich,  streng  genommen,  mit  dem 
Orte  des  Auges  ändert.  —  S.  372  vermisse  ich 
die  Kontroverse  Abb e-Thi es en  bezüglich  der 
aplanatischen  und  orthoskopischen  Punkte, 
welche  auf  einem  Missverständnis  beruht.  — 
Die  Helligkeit  der  mikroskopischen  Bilder  S.  374 
ist  nur  dann  dem  Quadrat  der  Apertur  pro- 
portional, wenn  die  Apertur  gleichmässig  licht- 
'erfüllt  ist.  —  Bezüglich  der  Sehtiefe  S.  375 
habe  ich  nachgewiesen,  dass  sie  ein  beugungs- 
theoretischer Begriff  ist.  Wenn  im  mikro- 
skopischen Präparat  mehrere  Schichten  über- 
einander liegen  oder  das  Bild  selbst  aus  mehreren 
Schichten  gegensätzlichen  Charakters  besteht, 
dann  fangen  die  Schwierigkeiten  der  geo- 
metrischen Optik  an.  —  S.  391:  Auch  bei 
Mikroskopobjektiven  ist  nachgewiesenermassen 
der  Wert  der  Gauss -Bedingung  ein  mehr  oder 
weniger  beschränkter.  —  Die  Konstruktionsidee 
der  Apochromate  S.  392  ist  nicht  genügend 
dargelegt;  hier  wurde  auch  der  Verfasser  von 
den  Firmen  im  Stich  gelassen.  Die  12  bis  15- 
malige  Übervergrösserung  S.  393  wurde  von 
Czapski  selbst  auf  7  bis  9 mal  eingeschränkt. 
Auch  hier  ergeben  meine  Studien,  dass  in  der 
Praxis  manches  anders  ist  als  in  der  Theorie. 

—  Wenn  der  Verfasser  S.  416  meint,  es  gebe 
„im  allgemeinen  keine  Methode  mehr,  auf  ana- 
lytischem Wege  brauchbare  Radien  für  eine 
Kombination  zu  ermitteln"  (es  handelt  sich  um 
photographische  Systeme),  so  ist  dies  zur  Zeit 
glücklicherweise  bereits  anders;  freilich  zur  End- 
korrektion für  grosses  Gesichtsfeld  bleibt  die 
trigonometrische  Durchrechnung  unentbehrlich. 

—  Bei  der  Erwähnung  der  Hartingschen 
Formeln  zur  Berechnung  von  Aplanathälften 
S.  473  vermisse  ich  die  Formeln  desselben  über 
die  meridionale  und  sagittale  Bildkrümmung 
und  deren  Zusammenhang  mit  den  Aberrationen. 


Bezüglich  dieser  Formeln  erlaube  ich  mir  zu  be- 
merken, dass  sie  meines  Erachtens  nicht  völlig 
richtig  sind.  —  Bezüglich  der  Rudolphschen 
Sätze  S.  482  bezweifle  ich,  ob  sie  den  Kern  des 
Problems  erreichen;  die  v.  Hoeghsche  Betrach- 
tungsweise ist  mir  mehr  sympathisch.  —  Ich  kann 
mich  den  Anschauungen  des  Verfassers  über  das 
Petzval-Theorem  S.  485  nicht  anschliessen, 
weder  bezüglich  des  Blendenortes,  noch  be- 
züglich der  Aberrationen  S.  486.  —  Die  Hellig- 
keit eines  Sternes,  S.  507  und  277,  ist  nur  dann 
der  Fläche  der  Öffnung  proportional,  wenn  die 
Vergrösserung  des  Fernrohrs  im  gleichen  Ver- 
hältnis sich  ändert,  d.  h.  die  Austrittspupille 
unverändert  bleibt. 

Ich  bin  am  Ende  meiner  Auslese.  Meinungs- 
verschiedenheiten werden  auf  einem  so  schwie- 
rigen und  grossen  Gebiet  sobald  nicht  ver- 
schwinden. Den  Eindruck  vermögen  sie  gleich- 
wohl nicht  zu  verwischen,  dass  das  Werk  von 
Gleichen  neben  den  Stand  werken  eines 
Czapski  sowie  Steinheil  und  Voit  ein  nütz- 
liches Glied  in  der  Kette  der  praktisch  ver- 
wertbaren Lehrbücher  zu  bilden  vermag,  wo- 
von ich  nur  wünschen  kann,  dass  sich  der  hier  um 
Rat  fragende  Leser  (deren  es  nach  meinen 
persönlichen  Erfahrungen  nicht  zu  wenig  geben 
dürfte)  selbst  überzeugen  möge.    Karl  Strehl, 

(Eingegangen  2.  Juli  1902.) 


Personalien. 

(Die  Herausgeber  bitten  die  Herren  Facbgenossen ,  der 
Redaktion  von  eintretenden  Änderungen  möglichst  bald 

Mitteilung  zu  machen.) 

Dem  Tngenieurassistenten  fiir  Ingenieurwesen  an  der  Tech- 
nischen Hochschule  Karlsruhe, Liz.  derMathematikK.J.Kri em- 
ier, wurde  unter  Zurückziehung  des  Lehrauftrages  für  technische 
Mechanik  ein  Lehrauftrag  für  KonstruktionsUbungen  in  den  Ele- 
menten des  Ingenieurwesens  nebst  zugehörigem  Vortrag,  sowie  zur 
Abhaltung  des  Vortrages  über  Mechanik  für  Architekten  erteilt 

An  Stelle  des  im  Juli  in  den  Ruhestand  getretenen  Ge- 
heimrats Professors  Dr.  Wink  1er  an  der  Bergakademie  zu 
Freiberg  i.  S.  wurde  die  erledigte  Professur  der  Chemie,  so- 
wie die  Leitung  des  Chemischen  Instituts  dem  ausserordentl. 
Professor,  ersten  Assistenten  an  diesem  Institut,  Dr.  phil.  O. 
Brunck  übertragen. 

Dr.  A.  Prey  ist  als  Privatdozent  für  Astronomie  und 
Geodäsie  an  der  philosophischen  Falkultät  der  Universität 
Wien,  der  Assistent  J.  Hanus  als  Privatdozent  an  der  böh- 
mischen   technischen  Hochschule  in  Prag  zugelassen  worden. 

Professor  W.  Wien  in  Würzburg  erhielt  einen  Ruf  als 
ordentlicher  Professor  der  theoretischen  Physik  an  die  Universität 
Leipzig,  an  die  Stelle  Prof.   Boltzmanns. 

Professor  E.  Meyer  von  der  Technischen  Hochschule 
zu  Charlottenburg  ist  von  der  philosophischen  Fakultät  der 
Universität  Göttingen  zum  Ehrendoktor  ernannt  worden. 

Privatdozent  Dr.  A.  Coehn   erhielt  den  Professorentitel. 


Vorlesungsverzeichnis   für   das  Winter- 
semester 1902^03. 

Technische  Hochschule  Aachen. 

Wüllner:  Experimentalphysik  I:  Allgemeine  Physik, 
Akustik,  Magnetismus  und  Elektrizität,  6;  Physik  in  mathe- 
matischer und  experimenteller  Behandlungsweise :  Die  Lehre 
von  den  schwingenden  Bewegungen,  3;  Übungen  im  physika- 
lischen Laboratorium  (mit  Wien),  tkgl.  — M.Wien:  Mecha- 
nische Wännetheorie,  2 ;  Physikalische  Technik,  als  Einleitung 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24.* 


587 


ZU  den  Übungen  im  physikalischen  Laboratoriuni,  2;  Experi- 
mentalphysik enzyklopädischer  Kursus:  Mechanik,  Elektrizität, 
Magnetismus,  2.  —  Hamacher:  Praktische  Telegraphie  und 
Fernsprechwesen,  2.  —  Polia:  Meteorologie  I:  Allgemeine 
Äleteorologie,  2 ;  Ausgewählte  Kapitel  der  Meteorologie  ftir  Stu- 
dierende des  Wasserbau -Ingenieurfaches  I,  i ;  Meteorologische 
Technik,  i ;  Übungen  im  meteorologischen  Observatorium,  — 
Qrotrian:  Theorie  der  Elektrizität  und  des  Magnetismus,  5; 
Theoretische  Elektrotechnik,  2;  Elektrotechnisches  Praktikum. 

—  Rasch:  Elektrische  Bahnen,  2;  Entwerfen  dynamoelek- 
trischer Maschinen  und  Transformatoren,  3 ;  Elektrotechnische 
Konstruktionsübungen,  2.  —  Herrmann:  Mechanische  Tech- 
nologie I,  3 ;  Fabrikanlagen  und  Arbeitsmaschinen,  2,  Zeichnen, 
2.  —  Weber:  Mechanische  Technologie  II,  4.  —  Junkers: 
Arbeiten  im  maschinen-technischen  Laboratorium  I,    i,    II,  i. 

—  Köchy:  Lokomotivbau  II,  2;  Eisenbahn-Maschinenbau, 
2,  Zeichnen,  i;  Maschinenelemente,  4,  Übungen,  5.  —  Ijüders: 
Maschinenkunde  I,  3,  11,  6,  Entwerfen,  5.  —  Obergethmann : 
Maschinenbau,  6,  Übungen,  6;  Maschinenkonstruieren,  6.  — 
Finzger:    Theoretische  Maschinenlehre  II,  6;   Kinematik,  2. 

—  IiUta:  Maschinenzeichnen,  i,  Übungen,  2;  Maschine n- 
skizzieren,  Übungen,  2;  Kleinkraftmaschinen,  2;  Enzyklopä- 
dische Maschinenlehre,  4,  Übungen,  2;  Heizung  und  Lüftung 
der  Gebäude,  2.  — 

Bredt:  Chemie  des  Benzols  und  des  Pyridins,  3;  Orga- 
nisches Praktikum  (mit  Levy).  — Classen:  Allgemeine  und 
anorganische  Experimentalchemie,  6;  Massanalyse,  I;  Exneri- 
mentalchemie,  f  ir  Architekten,  Bau-  und  Maschineningenieure, 
2;  Anorganisches  Praktikum  (mit  Clören,  Fischer,  Houben 
und  Trenzen);  Elektrochemisches  Praktikum  (mit  Verwer). 

—  N.  N.:  Entwerfen  von  chemischen  Fabrikanlagen,  4;  Che- 
misch-technisches Praktikum  (mit  Ho  des  und  Strutz). — Hau: 
Technische  Chemie,  4;  Wärmetechnisches  Praktikum,  2.  — 
Danneel:  Physikalische  Chemie,  2;  Grundlagen  der  physi- 
kalischen Chemie,  i.  — 

Jürgens:  Höhere  Mathematik  11,  3,  Übungen,  i;  Mathe- 
matisches Seminar,  2  g\  Kaufmännisches  Rechnen,  2,  Übgn. ; 
Versicherungsmathematik,  2,  Übungen.  —  Kotier:  Darstel- 
lende Geometrie,  4,  Zeichnen,  4 ;  Graphische  Statik,  3,  Zeich- 
nen, 2.  —  V.  Mangoldt:  Höhere  Mathematik  I:  Differential- 
rechnung und  analytische  Geometrie  der  Ebene.  8;  Mathe- 
matische Einleitung  in  die  Maxwellsche  Elektrizitätstheorie, 
2.  —  Sommerfeld:  Mechanik  I,  4,  Übungen,  i,  II,  3,  Übgn., 
I ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  technischen  Mechanik,  für 
Vorgeschrittenere,  2  g.  —  Haassmann:  Markscheiden  und 
Feldmessen,  4;  Markscheiderische  Zeichen-  und  Rechenübgn., 
2;  Übungen  im  Mark.scheiden  und  Feldmessen,  i  Nachmittag; 
Enzyklopädie  der  Markscheidekunde,  2;  Ausgewählte  Kapitel 
aus  der  Markscheidekunde,  i ;  Instrumentenkunde,  2 ;  Sphä- 
rische Trigonometrie  i ;  Trigonometrische  Übungen,  2.  — N-N". : 
Praktische  Geometrie  I,  3,  II,  2 ;  Geodätisches  Praktikum  I,  2 ; 
Planzeichnen  und  Geodätisches  Praktikum  II,  4;  Ausgewählte 
Kapitel  der  Geodäsie,  i  g\  Eisenbahn-Tracieren,  2,  Übungen.  — 

Universität  Basel. 

Hagenbach-Bischoff:  Experimentalphysik  II:  Lehre 
des  Lichtes,  der  Wärme  und  der  Elektrizität,  6;  Mathematische 
Ergänzungen  zur  Experimentalphysik,  i  ^.  —  VonderMühll : 
Analytische  Mechanik,  mit  Übungen,  4;  Über  ein  zu  bestim- 
mendes Kapitel  der  mathematischen  Physik,  4;  Mathematisch- 
physikalische Übungen,  2  g.  —  Velllon:  Interferenzerschei- 
nungen des  unpolarisierten  Lichtes,  2  g.  — 

Piccard :  Repetitorium  der  organischen  und  unorganischen 
Chemie,  2  g.  —  Nietzki:  Organisches  Vollpraktikum  (mit 
Rupe),  tägl. ;  Ausgewählte  Kapitel  der  organischen  Chemie,  3; 
Chemisches  Kränzchen  (mit  Rupe),  lg.  —  Kahlbanm:  Aus- 
gewählte Kapitel  der  allgemeinen  physikalischen  Chemie,  i'/j; 
Kolloquium  über  theoretische  Chemie,  3  g.\  Physikalisch- 
chemisches Praktikum,  tägl.  —  Kreis:  Chemie  der  Nahrungs- 
und Genussmittel,  mit  Übungen,  4;  Technisch -analytisches 
Praktikum,  tägl.  —  Rupe:  Die  Methoden  der  organischen 
Synthese,  2  g.  —  Fichter:  Einführung  in  die  Elektrochemie, 
I  g.\  Organisch-chemisches  Kolloquium,  i  ^.  — 

Kinkelin:  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  3;  Dif- 
ferential- und  Integralrechnung  I,  3;  Differentialgleichungen,  3; 
Mathematische  Übungen  im  Seminar,  i.  —  Rig^enbach: 
Sphärische  Trigonometrie  und  Einleitung  in  die  sphärische 
Astronomie,  3;  Astronomische  Übungen,  2.  — 


Universität  Berlin. 

B.  "Warburg:  Experimentalphysik  I :  Mechanik,  Akustik, 
Wärme,  5,  mathematische  Ergänzungen,  i^.;  Praktische  Übun- 
gen und  Arbeiten  im  physikalischen  Laboratorium,  a)  für  Ge- 
übtere, tägl.,  b]  für  Anfanger  (mit  Blas  ins),  7,  c)  für  Pharma- 
zeuten (mit  Starke"),  3V2.  —  Aschklnass:  Elemente  der 
höheren  Mathematik  mit  besonderer  Berücksichtigung  ihrer 
Anwendung  in  den  Naturwissenschaften,  2.  — Fock:  Einleitung 
in  die  Chemie  und  Physik,  i ;  Elemente  der  Krystallphysik,  i. 

—  Weinstein:  Allgemeine  Physik,  3;  Wärme,  Elektrizität 
und  Magnetismus  der  Erde,  lg.  —  Eorigar-Menzel:  Theo- 
retische Physik  III  :  Elektrizität  und  Magnetismus,  4,  Übungen,  i^. 

—  Planck :  Theorie  der  Wärme,  einschliesslich  Thermochemie, 
3:  Mathematisch-physikalische  C-bungen,  i  .g.  —  M'eesen: 
Geometrische  Optik  mit  Berücksichtigung  der  photographischen 
Objektive,  lg.  —  Martens:  Theorie  und  Anwendung  optischer 
Instrumente,  mit  Demonstrationen,  ig.  —  Pringsheim:  In- 
terferenz  und  Polarisation  des  Lichtes  (experimentell),  i  V2  g' 

—  IjUmmer:  Grundlage  der  Spektralanalyse  und  Grenzen 
ihrer  Anwendbarkeit,  mit  Experimenten,  i  ^  j  ^.  —  Starke : 
Elektrische  Wellen  (experimentell),  i.  —  v.  Wesendonk:  Über 
elektrische  Wellen,  ig.  —  Raps:  Die  neuesten  Anwendungen 
der  Elektrizität  (Schnellteleg^aphie,  Telegraphie  ohne  Draht, 
Röntgenstrahlen),  mit  Demonstrationen,  i.  —  £.  Meyer:  Ein- 
führung in  die  Technik,  2;  Technische  Exkursionen,  g.  — 
y.  Ihering:  Maschinenkunde  2,  Übungen  2.  —  Blasius: 
Übungen  im  Anschluss  an  das  physikalische  Praktikum,  I  g. ; 
Physikalischer  Kursus  für  Mediziner,  3V2.  —  v.  Bezold:  All- 
gemeine Meteorologie,  2;  Über  Wind  und  Wetter,  i  g\  Meteoro- 
logische Übungen,  tägl. ;  Meteorologisches  Kolloquium,  lg.  — 
Meineurdus:  Meteorologische  Instrumente  und  Beobachtun- 
gen, I ;  Physik  des  Meeres  mit  bes.  Berücksichtigung  des  At- 
lantischen Ozeans,  2.  —  Assmann:  Ausgewählte  Kapitel  aus 
der  Meteorologie,  lg.  —  Iiess :  Über  die  jeweiligen  Wittcrungs- 
vorgänge,  I  g.\  Grundzüge  der  landwirtschaftlichen  Klima- 
lehre,  lg.  — 

Landolt:  Praktische  Übungen  im  zweiten  chemischen 
Universitäts-Laboratorium,  tägl.;  Physikalisch-chemische  Ar- 
beiten (mit  Jahn),  tägl.  —  B.  Fischer:  Anorganische  Ex- 
perimentalchemie, 5 ;  Praktische  Arbeiten  im  ersten  chemischen 
Universitäts-Laboratorium  fmit  Gabriel,  Harrics,  Pschorr 
und  Ruff),  tägl.  —  van\  Hoff:  Ausgewählte  Kapitel  der 
physikalischen  Chemie,  i  g.  —  Wichelhaus:  Chemische 
Technologie  ftir  Juristen,  2;  Chemische  Technologie  der  Kohle 
und  der  Teerfarbstoffe,  2;  Übungen  im  technologischen  In- 
stitut, tägl.  —  Pinner:  Anorganische  Experimentalchemie,  6. 

—  Ijiebermann :  Organische  Experimentalchemie  I,  5 ;  Prak- 
tische Übungen  im  organisch-chemischen  Laboratorium,    tägl. 

—  Biedermann:  Technische  Chemie  II:  Organische  Stoffe, 
mit  Demonstrationen,  4.  —  Gabriel:  Massanalyse  und  Gas- 
analyse, 2.  —  Will:  Geschichte  der  Chemie,  2;  Ausgewählte 
Kapitel  der  technischen  Chemie,  i  g.  —  Jahn :  Elemente  der 
Differential-  und  Integralrechnung  fUr  Chemiker,  i  g.\  All- 
gemeine theoretische  und  physikalische  Chemie,  4.  —  Tlioms: 
Pharmazeutische  Chemie,  anorganischer  Teil,  4;  Toxikologische 
Chemie,  2;  Praktische  Übungen  in  der  chemischen  Analyse, 
tägl.  —  Schotten:  Die  Fabrikation  des  Zuckers  und  ihre 
wirtschaftliche  Bedeutung,  2.  —  H.  Traube:  Mikrochemische 
Analyse  mit  Übungen,  i.  —  Marckwald:  Analytische  (^hemie, 
2.  —  Wohl:  Chemie  der  Kohlehydrate,  i.  —  Rosenheim: 
Ausgewählte  Kapitel  der  speziellen  anorganischen  Chemie,  i ; 
Anorganisch-chemisches  Praktikum  (mit  R.  ]•  Meyer),  tägl.; 
Praktische  Übungen  in  der  Gas-  und  Massanalyse,  3J  Kol- 
loquium der  anorganischen  Chemie,  iV2-  —  W.  Traube: 
Über  Alkaloide,  i.  —  v.  Buchka:  Geschichte  der  Chemie,  2 ; 
Chemie  der  Nahrungsmittel,  Genussmittel  und  Gebrauchsgegen- 
stände, mit  Berücksichtigung  der  einschlägigen  Ciesetzgebung,  4. 

—  Jacobson:  Besprechung  chemischer  Tagesfragen,  i.  — 
Harries:  Experimentalchemie  der  Ben/olderivate,  2.  — 
Meyerhoffer:  Elektrochemie,  i.  —  Emmerlin?:  Chemische 
und  bakteriologische  Wasseruntersuchung.  —  R.  J.  Meyer: 
Qualitative  chemische  Analyse,  I;  Die  Beziehungen  zwischen 
physikalischen  Eigenschaften  und  chemischer  Zusammensetzung, 
I.  —  Buchner:  Anorganische  Experimentalchemie,  4;  An- 
organisch- und  organisch-chemisches  Praktikum  im  chemischen 
Laboratorium  der  landwirtschaftlichen  Hochschule,  ganz-  oder 
h.ilbtägig.  —  Pschorr:  Kollo« |uiuni  über  organische  Chemie, 
I.  —  Ruff:  Kollotjuium  über  anorganische  Chemie,  2.  — 


588 


'Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Schwans :  Maxima  und  Minima  in  elementargeometrischer 
Behandlungsweise,  2 g.\  Differentialrechnung,  4,  Übungen  14 
tägig,  2;  Anwendungen  der  Theorie  der  elliptischen  Funktio- 
nen, 4:  Mathematische  Kolloquien,  I4tägig,  2g.  —  Frobenius: 
Theorie  der  Determinanten,  4;  Algebra,  4.  —  Hettner :  Theorie 
der  bestimmten  Integrale,  2.  —  Knoblauch:  Theorie  der 
Raumkurven  und  der  krummen  Flächen,  4;  Analytische  Me- 
chanik, 4 ;  Mathematische  Übungen  fUr  jüngere  Semester,  i  g, 
—  Ijehmann-Filhes :  Analytische  Geometrie,  4;  Wahrschein- 
lichkeitsrechnung, \  g.  —  Heneel:  Integralrechnung,  4,  Übun- 
gen, I4tägig,  2;  Theorie  der  elliptischen  Funktionen,  4.  — 
Ijandau:  Zahlentheorie,  4;  Theorie  der  linearen  Differential- 
gleichungen, 4;  Mengenlehre,  i  ^.  —  Foerster:  Astrometrie 
II:  Ausgleichung  der  fundamentalen  Ortsbestimmungen  am 
Himmel  durch  Zeitmessung,  4;  Die  Grundlagen  der  Fehler- 
theorie, I  g.\  Die  Berechnung  von  Meteorbeobachtungen, 
Wolkenhöhen  u.dgl.,  \^i  g.  —  Hehnert:  Über  die  Bestim- 
mung der  Figur  der  Erde,  i^.;  Schwerkraft  und  Gestalt  der 
Erde,  i.  —  Bauschioger:  Theorie  der  Sonnenfinsternisse,  i  g. ; 
Theorie  der  speziellen  Störungen,  3;  Interpolationsrechnung 
und  mechanische  Quadratur,  \^\ig,  —  Soheilier:  Photometrie 
der  Gestirne,  2;  Astrophysik£disches  Kolloquium,  lg,  — 
Battermann:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  sphärischen  Astro- 
nomie, iVa-  —  Mareuse:  Physik  der  Erde  und  ihre  Bezieh- 
ungen zur  Himmelskunde,  mit  Lichtbildern,  1V2;  Einführung 
in  die  Theorie  und  Praxis  geographisch-  und  nauti«ich -astro- 
nomischer Ortsbestimmungen,  einschliesslich  der  bei  Forschungs- 
reisen vorkommenden  Aufgaben,  i  Va ;  Astronomische  Übungen 
zur  geographischen  Ortsbestimmung  auf  der  Königl.  Stern- 
warte. — 

Technische  Hochschule  Berlin. 

Paalzow:  Experimentalphysik,  4;  Physikalische  Übungen' 
4,  f^r  Praktikanten  der  chemischen  Laboratorien,  2;  Mathe- 
matische Physik,  2.  —  Qrunmach:  Magnetische  und  elek- 
trische Masseinheiten  und  Messmethoden,  2;  Physikalische 
Massbestimmungen  und  Messinstrumente,  Übungen,  4.  — 
Gross:  Mechanische  Wärmetheorie,  4;  Einleitung  in  die 
mathematische  Physik,  2;  Einleitung  in  die  Potentialtheorie, 
2;  Theorie  des  Galvanismus,  2.  —  Rubens:  Experimental- 
physik, 4;  Übungen  im  physikalischen  Laboratorium  (Physi- 
kalische Messungen),  4,  —  Weingarten:  Ausgewählte  Ka- 
pitel der  analytischen  Mechanik,  5;  Mathematische  Physik, 
2.  —  Kalisoher:  Die  physikalischen  Grundlagen  der  Elek- 
trotechnik II,  2;  Giundzüge  der  Potentialtheorie  und  ihre 
Anwendung  in  der  Elektrizitätslehre,  2;  über  elektrische 
Schwingungen,  i;  Elementare  Mechanik,  2.  —  Servus:  Ein- 
führung in  das  Studium  der  Elektrotechnik,  2;  Theorie  und 
Berechnung  der  Gleichstrommaschinen  und  Motoren,  2.  — 
Gleichen:  Photographische  Optik  und  Anleitung  zur  Be- 
rechnung photographischer  Objektive,  2;  Einleitung  in  die 
Theorie  der  optischen  Instrumente,  2  g.  —  Jahnke:  Ein- 
führung in  die  Vektoranalysis  mit  Anwendung  auf  Mechanik 
und  Elektrotechnik,  2 ;  Repetitorium  über  ausgewählte  Kapitel 
der  Elementarmathematik,  2. —  W.  Hartmann:  Maschinen- 
getriebe (Anwendungen  der  Kinematik),  2;  Kinematische 
Geometrie  und  theoretische  Kinematik,  2.  —  N.  N.:  Projek- 
tierung elektrischer  Anlagen,  2,  Übungen,  3.  —  Roessler: 
Wärmemechanik,  4;  Wechselstromtechnik,  4;  Elektrische 
Kraftübertragung,  2.  —  Slaby:  Elektromechanik,  4;  Ausge- 
wählte Kapitel  aus  der  Elektromechanik,  2;  Übungen  im 
elektrotechnischen  Laboratorium  (mit  W.  Wedding),  36.  — 
Strecker:  Elektrotelegraphie,  2.  —  W.  Wedding:  Enzyklo- 
pädische Elektrotechnik  mit  Einschluss  der  Elektrotelegra- 
phie mit  Experimenten  a)  Elektrotechnik,  2,  b)  Elektrotele- 
graphie, I ;  Elektrotechnische  Messkunde,  2.  —  Kallmsrnn : 
Betriebstechnik  für  Elektrizitätswerke  und  Verkehrsunter- 
nehmungen II,  2;  Elektrische  Sicherheitstechnik  für  Stark- 
stromanlagen und  Bahnen  II,  2.  —  Kapp:  Bau  der  Dynamo- 
maschinen und  Transformatoren,  2,  Übungen,  3.  —  Pr. 
Vogel:  Elektrotechnische  Berechnungen  (Widerstände,  Lei- 
tungen, Maschinen),  2.  —  Heyn:  Mechanische  Technologie 
I,  2,  II,  2,  Übungen,  2;  Zustandsänderungen  der  Metalle, 
2  g.  —  Hörmann:  Spezielle  mechanische  Technologie,  4; 
Werkzeugmaschinen,  2.  —  Josse:  Übungen  im  Maschinen- 
laboratorium I,  I,  Übungen,  4,  II,  6,  III,  10.  —  Kämmerer: 
Entwerfen  von  Hebemaschinen,  4.  —  Ludewig:  Wasser- 
kraltmaschinen,  2;  F'ntwerfen  von  Wasserkraftmaschinen  und 
Dampi kesseln,'   Übungen,  4.  —  Marlene :    Materialienkuiide 


mit  Übungen  in  der  mechanisch-technischen  Versuchsanstalt 
(Allgemeiner  Teil,  besonders  das  Materialprüfungswesen),  2, 
Übungen,  2.  —  £!.  Meyer:   Mechanik  I,  6,  Übungen,  2,  II, 

4,  Übungen,  2.  —  Iieist:  Mechanik  I,  4,  Übungen  2,  11,  4i 
Übungen,  2.  —  v.  Borries:  Eisenbahnmaschinenbau,  Loko- 
motiven, Wagen,  Allgemeines  über  Oberbau,  4,  Übungen.  6; 
Eisenbahnbetrieb,  Zugförderungsdienst,  Allgemeines  über  Sig- 
nalwesen und  Sicherungsanlagen  für  die  Abteilung  für  Maschinen- 
ingenieurwesen, 2;  Eisenbahnmaschinenwesen  (Lokomotiven, 
Wagen  und  mechanische  Anlagen)  filr  die  Abteilung  für  Ban- 
ingenieurwesen,  2.  —  Franz:  Hochbau-Elemente  für  ma- 
schinentechnische Anlagen,  2,  Übungen,  4;  Bau-Anlagen  für 
industrielle  Maschinenbetriebe  im  Zusammenhange  mit  wirt- 
schaftlichen Berechnungen  und  mit  technischer  Verwaltung, 
2,  Übungen,  4.  —  Beichel :  Maschinenclemente,  4,  Übungen, 
8;  Wasserkraftmaschinen,  2;  Entwerfen  von  Wasserkraftma- 
schinen, 4.  —  Biedler:  Einleitung  in  den  Maschinenbau 
(zeichnerische  Darstellung  von  Maschinen,  Masszahlen,  Auf- 
nahmen, Skizzen,  graphische  Darstellungen,  Elemente  des 
Maschinenbaues  und  des  Maschinenbetriebes),  2,  Übungen,  6; 
Arbeitsmaschinen  (Pumpen.  Gebläse,  Kompressoren),  2, 
Übungen,  4.  —  Stumpf:  Dampfmaschinenbau,  4,  Übungen, 
8.  —  Wehage:  Angewandte  Mechanik,  4.  —  Buhle: 
Massentransport,  2;  Maschinenkunde  I:  Abriss  der  Maschinen- 
elemente, 2,  Übungen,  3.  —  Heinel:  Theorie,  Konstruktion 
und  Verwendung  der  Kälteerzeugungsmaschinen,  2.  — 

V.  Buobka:  Chemie  der  Nahrungsmittel  mit  Berück- 
sichtigung der  Nahrungsmittelanalyse  und  Bakteriologie,  4; 
Geschichte  der  Chemie,  2.  —  Erdmann:  Experimcntalche- 
mie  I:  Metalloide,  4;  Praktische  Arbeiten  im  anoi^anischen 
Laboratorium,  tSgl.  —  Herzfeld:  Landwirtschaftliche  Ge- 
werbe (Zucker,  Bier,  Branntwein  u.  s.  w.),  2.  —  v.  Knorre: 
Analytische  Chemie  (Quantitative  Analyse),  2;  Praktische 
Arbeiten  im  elektrochemischen  Laboratorium,  tägL;  Allge- 
meine Elektrochemie  und  Anwendung  der  Elektrolyse  in  der 
chemischen  Industrie,  4;  Abriss  der  technischen  Gasanalyse 
mit  Übungen,  2.  —  Xiiebermann:  Organische  Chemie  1: 
Die  offenen  Kohlenstoffketten,  5;  Kolloquium  über  Themata 
aus  der  organischen  Chemie,  i;  Praktische  Arbeiten  im  or- 
ganischen Laboratorium,  tägL  —  Traube:  Physikalische 
Chemie,  2;  Physikalisch-chemische  Übungen,  3.  —  Arndt: 
Ausgewählte  Teile  der  physikalischen  Chemie,  i.  —  Dole- 
zalek:  Theorie  der  galvanischen  Elemente  und  Akkumula- 
toren, I.  —  Frolicb:  Elektrotechnik  für  Chemiker  II,  2. — 
Witt:  Chemische  Technologie  II,  4;  Farbstoffe,  Bleicherei, 
Färberei,  Zeugdruck,  2;  Praktische  Arbeiten  im  technisch- 
chemischen Laboratorium,  tägl.  —  Holde:  Untersuchung 
der  pflanzlichen  und  tierischen  Fette,  öle  und  Wachse,  2; 
Chemisch-technische  Materialienkunde  organischer  Stoffe,  2. 
—  Juriscb:  Übungen  im  Entwerfen  von  chemischen  An- 
lagen, 4;  Über  Luftrecht.  —  Mietbe:  Spektralanal3rse  mit 
Übungen,  2;  Allgemeine  Photographie  (Apparatenkunde, 
Übersicht  über  die  gebräuchlichen  photographischen  Prozesse), 
2;  Einführung  in  die  photographische  Optik,  i;  Praktische 
Arbeiten  im  photochemischen  Laboratorium,  tägl.;  Photo- 
graphische Übungen  in  den  gebräuchlichen  Prozessen,  16; 
Lichtpausübungen,  2-  oder  4  wöchige  Kurse,  —  Jungbahn: 
Technologie  der  Proteinstoffe:  Albuminoide  (Lederfabrikation, 
Leim,  Gelatine  u.  s.  w.),  mit  Exkursionen,  2.  —  Kübling: 
Repetitorium  der  organischen  Chemie,  2.  —  Stavenbagen: 
Einftlhrung  in  die  Experimentalchemie,  2.  —  VoBWinckel: 
Terpene  und  Kampher,  i.  —  Wolffenetein :  Tagesfragen 
aus  dem  Gebiet  der  organischen  Chemie  (Stereochemic, 
Molekulargewichtsbestimmungen,  organische  Elektrosynthesen, 
Enzym theorie),  i.  —  Simonis:  Organisch-chemische  Arbeits- 
methoden, I.   — 

Dziobek:  Höhere  Mathematik:  Differential-  und  Inte- 
gralrechnung, Analytische  Geometrie,  6,  Übungen,  2.  — 
HaentZBCbel:  Elemente  der  Differential-  und  Integralrech- 
nung und  der  analytischen  Geometrie,  4.  —  Hamburger: 
Potentialtheorie,  2 ;  Funktionentheorie,  2 ;  Gewöhnliche  Diffe- 
rentialgleichungen, 2.  —  Hauok:  Darstellende  Geometrie  I, 

5,  Übungen,  5.  —  Hertzer:  Darstellende  Geometrie  I,  5, 
Übungen,  5.  —  Hettner:  Höhere  Mathematik:  Differential- 
und  Integralrechnung,  Analytische  Geometrie,  6,  Übungen, 
2;  Theorie  der  Raumkurven  und  Flächen,  i.  —  Iiampe: 
Höhere  Mathematik:  Differential-  und  Integralrechnung,  Ana- 
lytische Geometrie,  6,  Übungen,  2;  Bestimmte  Integrale  und 
Differentialgleichungen,    2.    —    Hessenberg:     Darstellende 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24, 


589 


Geometrie  II,  5,  ÜbungCD,  5.  —  JoUes:  Darstellende  Geo- 
metrie I,  J,  Cbunjfen ,   5 ;   Graphische  Statik,  2,  Übungen,  2. 

—  R.  Müller:  Differential-  und  Integralrechnung,  4.  — 
Bteisitz:  Synthetische  Geometrie  I,  2,  Übungen,  i,  II,  2, 
Übungen,  i;  Analytische  Geometrie,  2,  Übungen,  i.  — 

Universität  Bern. 

Förster:  Experimentalphysik  11:  Elektrizität  und  Wärme, 
6 ;  Repetitorium  der  Physik,  2 ;  Theoretische  Optik,  i  g. ; 
Physikalisches  Praktikum,  4.  — Qruner:  Mathematische  Phy- 
sik, 2;  Theorie  der  einfachen  Wechselströme,  i.  — 

Friedheim:  Anorganische  Experimentalchemie,  6 ;  Quali- 
tative und  quantitative  Analyse:  Metalle,  2;  Anwendung  der 
Elektrolyse  in  der  chemischen  Technik,  i  g\  Anorganisch- 
chemisches Praktikum  (Halbpraktikum  nur  für  qualitative  Ar- 
beiten), tägl.  ausser  Sonnabend;  Analytisch-chemisches  Prak- 
tikum für  Mediziner,  8;  Übungen  in  der  technischen  Gasanalyse, 
3;  Chemisches  Seminar  (mit  V.  Kostanecki),  2.  — v.  Kosta- 
necki :  Chemie  der  aromatischen  Verbindungen,  5 ;  Organisch- 
chemisches Praktikum,  tägl.  —  Bobaffer:  Praktikum  im 
Laboratorium  für  Lebensmitteluntersuchung;  Technologie  der 
Nahrungsmittelgewerbe  I,  2.  —  Tambor:  Die  Chemie  der 
Alkaloide,  2;  Repetitorium  der  Chemie  der  Fettkörper  (für 
Chemiker  und  Mediziner),  i.  —  Mai:  Anorganisch-chemische 
Arbeiten;  lonentheorie,  i;  Repetitorium  der  anorganischen 
Chemie  für  Chemiker,  i ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  all- 
gemeinen Chemie,  i ;  Stöchiometrische  Übungen,  i.  — 

Qraf:  Kugelfunktionen  mit  Repetitorium,  4;  Besselsche 
Funktionen  mit  Repetitorium,  3 ;  Bernoullische  Funktionen,  2 ; 
Bestimmte  Integrale  und  Gammafunktionen,  2;  Differential- 
gleichungen, 2;  Differential- und  Integralrechnung,  2;  Renten- 
und  Versicherungsrechnung,  2;  Mathematisch-versicherungs- 
wissenschaftliches Seminar  (mit  Moser),  2;  Mathematisches 
Seminar  (mit  Hub  er),  2.  —  G.  Huber:  Sphärische  Astro- 
nomie, 2;  Analytische  Geometrie  des  Raumes  und  Theorie  der 
Flächen  2.  Grades,  2.  —  Ott:  Integralrechnung,  2;  Analytische 
Geometrie  II,  2.  —  Benteli:  Darstellende  Geometrie:  Kurven 
und  Strahlenflächen,  2,  Übungen  und  Repetitorium,  2;  Prak- 
tische Geometrie  I,  i ;  Konstruktive  Perspektive,  i ;  Rotations- 
flächen, I.  —  Moser:  Mathematische  Grundlagen  der  Invalidi- 
tfits-  und  Altersversicherung,  i — 2.  —  CreUer:  Geometrie 
synthetique  II,  2^.;  Geometrie  du  triangle,  2  g,  — 

Universität  Bonn. 

Kayser:  Experimentalphysik  I :  Mechanik,Wärme,  Akustik, 
5;  Physikalisches  Laboratorium  für  Anfanger  (mit  Hage  nbach), 
8,  für  Vorgeschrittene,  tägl. ;  Physikalisches  Kolloquium,  2  g, 

—  Hagenbaoh :  Über  Interferenz  und  Polarisation  des 
Lichtes,  2.  —  Pflüger:   Elektromagnetische  Lichttheorie,  2. 

—  Bucherer:  Elektrodynamik,  2.  — 

Ansohütz:  Experimentalchemie  II:  Organische  Chemie, 
6;  Kolloquium  über  neuere  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der 
Chemie,  i  g.\  Chemisches  Praktikum  für  Anfanger  und  Ge- 
übtere, sowie  für  Nahrungsmittelchemiker  (mit  Partheil  und 
.Rimbach),  tägl.  —  Bimbach:  Spezielle  anorganische  Chemie 
(Metalle  und  seltenere  Elemente),  2;  Analytische  Chemie  I: 
Qualitative  Analyse,  2 ;  Übungen  in  der  technischen  Gasanalyse, 
3^.;  Übungen  in  den  wichtigsten  physikalisch-chemischen 
Untersuchungsmethoden  (mit  Lob),  3^.  —  Pauly:  Aus- 
gewählte Kapitel  der  organischen  Chemie,  i.  —  Sohroeter: 
Aufbau  und  Abbau  von  Kohlenstoffverbindungen,  2.  —  Par- 
theil: Pharmazeutische  Chemie,  organischer  Teil,  4;  Aus- 
mittelung der  Gifte,  i  g,\  Die  alkoholischen  Genussmittel,  i; 
Arzneimittelsynthesen,  i.  —  Binz:  Chemische  Technologie 
(anorganischer  Teil),  2.  —  Lob:  Physikalische  Chemie  II: 
Verwandtschaftslehre,  Thermochemie,  Elektrochemie,  Photo- 
chemie, 2;  Physikalisch -chemische  Untersuchungsmethoden,  i; 
Physikalische  Chemie  für  Mediziner,  i;  Anleitung  zu  selb- 
ständigen Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  physikalischen  Chemie 
und  Elektrochemie,  tägl.  g. ;  Thermochemische  Übungen,  g,  — 

Heffter:  Analytische  Mechanik,  4;  Analytische  Geometrie 
der  Ebene,  4.  Übungen,  1^.  —  Iiipechitz:  Integralrechnung 
II,  4;  Übungen  im  mathematischen  Seminar,  2  g.  —  Sommer: 
Algebra,  2;  Geometrische  Anwendungen  der  Funktionentheorie, 
2.  —  Kortum:  Elliptische  Funktionen,  4;  Übungen  im  mathe- 
matischen Seminar,  2  g.  —  Küstner:  Theorie  der  Bahn- 
bestimmung der  Kometen  und  Planeten,  3;  Topographie  des 
Sonnensystems,   i  g. ;    Praktische  Übungen  im  astronomischen 


Beobachten  (mit  Mönnichmeyer),  tägl.  —  Deiohmüller: 
Theorie  der  Ausgleichung  der  Beobachtungsfehler  (Methode 
der  kleinsten  Quadrate),  i;  Elemente  der  höheren  Geodäsie,  2; 
Praktisch-astronomische  Arbeiten,  zweimal  wöchentlich.  — 
Mönnichmeyer:  Geographische  Ortsbestimmungen,  2.  — 

Technische  Hochschule  Braunschweig. 

"Weber:  Physikalisches  Praktikum  (mit  Prümm);  Ex- 
perimentalphysik, 4;  Mechanische  Wärmetheorie,  2;  Mathe- 
matische Elektrizitätslehre,  2.  —  Peukert:  Grundzüge  der 
Elektrotechnik,  2;  Elektrotechnik,  4;  Elektrotechnische  Kon- 
struktionsübungen, 2 ;  Elektrotechnisches  Praktikum  (mit  C  r  u  s  e), 
6;  Arbeiten  im  elektrotechnischen  Laboratorium  (mit  Cruse). 
—  Querfürth:  Theorie  und  Konstruktion  der  hydraulischen 
Motoren,  2;  Berechnung  und  Bau  der  Dampfmaschinen,  3; 
Theorie  und  Konstruktion  der  Pumpen  und  Gebläse,  2 ;  Grund- 
rüge des  Schiff  baues,  2 ;  Maschinenkonstruieren  III  (mit  Xeu- 
gebohrn),  8.  —  Fiiedmann:  Beschreibende  Maschinen- 
lehre, 3;  Maschinenelemente,  4;  Maschinenkonstruieren  I  (mit 
Wesemann),  9.  —  Deneoke:  Heizung  und  Lüftung,  2; 
Berechnung  und  Bau  der  Hebemaschinen,  3 ;  Eisenbahnmaschinen- 
bau, 3;  Maschinenkonstruieren  II,  4;  Technische  Mechanik  I, 
3,  Übungen,!,  Rcpetition,  i.  —  PreuBS:  Maschinenzeichnen, 
6.  —  Bohöttler:  Kinematik,  i;  Angewandte  Wärmemechanik, 
3;  Messungen  an  Maschinen  (mit  Schmidt);  Technische  Me- 
chanik II,  4,  Übungen,  i,  Repetition,  i.  —  IjÜ dicke:  All- 
gemeine mechanische  Technologie,  2;  Fabrikanlagen  und  Werk- 
statteinrichtungen, 2;  Werkzeugmaschinen,  2;  Entwerfen  von 
Werkzeugmaschinen,  3;  Spinnerei,  2;  Weberei,  2;  Techno- 
logische Übungen,  2.  — 

Meyer:  Unorganische  Experimentalchemie,  5;  Arbeiten 
im  Laboratorium  flir  analytische  und  technische  Chemie 
(mit  Biehringer  und  Maier);  Chemisches  Kolloquium  (mit 
Bodländer),  I4tägig,  2  g.  —  Biehringer:  Analytische 
Chemie,  Hlr  technische  Chemiker,  2;  Stöchiometrische  Rech- 
nungen, i;  Chemisch-technische  Rechnungen,  i.  —  Bod- 
länder: Physikalische  Chemie,  2;  Metallurgie,  2;  Grundzüge 
der  Chemie,  3;  Arbeiten  im  Laboratorium  für  physikalische 
Chemie  und  Elektrochemie  (mit  Eber  lein).  —  Reinke: 
Chemische  Technologie  II:  Stärke-  und  Gärungstechnik,  6; 
Technisch-chemische  Analyse,  2;  l'ntersuchungsmcthoden  auf 
dem  Gebiete  der  Stärke-  und  Gärungstechnik,  2;  Arbeiten 
im  Laboratorium  für  chemische  Technologie  11  und  ftlr  Gä- 
rungs-,  Stärke-  und  Zuckertechnik;  Besprechungen  aus  dem 
Gebiete  der  chemischen  Technologie  II,  g.  — 

B.  Dedekind:  Elemente  der  Zahlentheorie,  i ;  Theorie  der 
Fourierschen  Reihen,  2.  —  Fricke:  Analytische  Geometrie 
und  Algebra,  3;  Differential-  und  Integralrechnung  I,  5,  Übun- 
gen, 2;  Differential-  und  Integralrechnung  II,  2;  Poteutial- 
theorie,  2;  Elementarmathematik,  i,  Übungen,  i.  —  Müller: 
Darstellende  Geometrie,  4,  Übungen,  6;  Perspektive  und 
Schattenkonstruktionen,  2;  Geometrie  der  Lage,  2.  —  Wer- 
nieke:  Grundzüge  der  höheren  Mathematik,  für  Architekten 
und  technische  Chemiker,  2,  Übungen,  i;  Statik  starrer  und 
elastisch -fester  Körper,  für  Architekten,  3,  Übungen,  i.  — 
Koppe:  Geodäsie  I,  2,  Übungen,  2;  Ausgleichungsrechnung 
I  mit  Berechnungen,  2,  Übungen,  4;  Planzeichnen  (mit  Bohl  an), 
2.  — 

Universität  Breslavu 

O.  B.  Meyer  :  Experimentalphysik  II:  Elektrizität,  Mag- 
netismus und  Wärme,  4;  Praktische  Übungen  im  physikalischen 
Beobachten  (mit  Neumann),  3  oder  6  und  tägl.  —  Neu- 
mann:  Einleitung  in  die  Potentialtheorie,  4,  Übungen,  i  ^.  — 
Biesenfeld:  Die  Photographie  und  ihre  Technik,  i  g\  Photo- 
graphisches  Praktikum,  2.  — 

Iiadenburg:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Prak- 
tisch-chemische Übungen  für  Chemiker  (mit  Ab  egg),  ganz- 
und  halbtägig;  Praktisch-chemische  Kurse  a)  für  Mediziner,  5, 
b\  für  Landwirte,  6 ;  Chemisches  Kolloquium,  I4tägig,  2  g.  — 
Abegg:  Physikalische  Chemie  (Theorie  der  Lösungen,  Phasen- 
lehre, Thermochemie)  mit  mathematischen  Ergänzungsstunden, 
2;  Elektrochemisches  Praktikum,  3;  Physikalisch-chemisches 
Kolloquium,  \  g.  —  Scholtz:  Chemie  der  Alkaloide,  2;  Re- 
petitorium der  organischen  Chemie,  2.  —  Ahrens:  Tech- 
nische Elektrochemie,  3;  Technologie  der  Kohlenhydrate,  mit 
Exkursionen,  2;  Chemisch-technisches  Praktikum  nebst  An- 
leitung zu  selbständigen  Arbeiten,  tägl.  ausser  Sonnabend; 
Praktische  Kurse  in  chemisch-technischen  und  gasanalytischen 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Untersuchungsmethoden,  Sonnabend;  Die  Apparatur  der  che- 
mischen Technik,  i  jf .  —  Herz :  Analytische  Chemie,  2 ;  Gas- 
analyse und  Titriermethoden,  i.  — 

Sturm:  Zahlentheorie,  3;  Geometrische  örter  höheren 
Grades,  3;  Geschichte  der  Mathematik,  i  g.\  Übungen  des  ma- 
thematisch-physikalischen Seminars,  2  g.  —  HosanOB :  Ein- 
führung in  die  Theorie  der  Invarianten,  2 ;  Differentialrechnung 
und  Elemente  der  Integralrechnung,  4;  Übungen  des  mathe- 
matisch-physikalischen Seminars,  lg.  —  Ijondon:  Einführung 
in  die  Theorie  der  Differentialgleichungen,  3;  Die  mathe- 
matischen Grundlagen  des  Versicherungswesens  (Lebens-, 
Kranken-,  Unfall-,  Invalidenversicherung)  unter  Berücksichtigung 
der  Arbeiterversicherung  des  Deutschen  Reichs,  2.  —  Franz : 
Methode  der  kleinsten  Quadrate ,  i ;  Bahnberechnung  der 
Planeten,  Kometen,  Meteore  und  Doppelsterne,  4,  Übungen,  2  g. ; 
Höhere  Geodäsie,  3.  — 

Technische  Hochschule  Brunn. 

Jaumann:  Physik,  5,  Übungen,  i.  —  Tama:  Physik 
für  Kulturtechniker,  3;  Physikalisches  Praktikum,  3.  — 
Zickler:  Allgemeine  Elektrotechnik,  5;  Elektrotechnisches 
Praktikum  II,  8.  —  Hellmer:  Mechanik  II:  Dynamik  und 
Hydraulik,  4,  Übungen,  i;  Analytische  Mechanik,  3;  Enzy- 
klopädie der  Mechanik,  4.  —  Neumann:  Grundlage  der 
Elastizitäts-  und  Festigkeitslehre,  4,  Übungen,  i ;  Baumechanik 
I,  6,  Übungen,  i^'j.  —  W,  K".:  Bau  elektrischer  Maschinen 
und  Apparate  II,  3,  Übungen,  6;  Elektrische  Ar- 
beitsübertragung, 3.  —  Schiel:  Allgemeine  Maschinenkunde 
I,  4.  —  Musil:  Maschinenbauelemente,  4,  Konstruktions- 
Übungen,  6;  Maschinenlehre  und  Maschinenbau  I,  ^,  Kon- 
struktionsübungen, 6 ;  Technisches  Maschinenzeichnen,  Übungen, 
6.  —  Wellner:  Maschinenlehre  und  Maschinenbau  II,  7, 
Konstruktionsübungen^  14.  — 

Habermann:  Anorganische  Chemie,  6;  Analytische 
Chemie  II:  Spezielle  analytische  Methoden,  2;  Chemische 
Übungen  I,  10,  II,  20.  —  Honig:  Chemische  Übungen  III, 
10;  Agrikulturchemic,  3;  Chemie  der  Tier-  und  Pflanzen- 
stoffe, 3;  Enzyklopädie  der  technischen  Chemie,  3.  —  Do- 
nath: Chemische  Technologie  11,  6,  III,  1V2;  Übungen  im 
Laboratorium  für  chemische  Technologie,  20.  —  Weinreb: 
Spezielle  Färberei  und  Zeugdruckerei,  2,  Übungen.  —  Ul- 
rich: Chemische  Technologie  der  Teerfarbstoffe  I,  2,  Prak- 
tikum. —  Frenzel:  Elektrochemie  I :  Theoretischer  Teil,  3; 
Elektrochemisches  Praktikum,  3.  —  Haussner:  Mechanische 
Technologie  I:  Metalle  und  Holz,  5,  II:  Spezielle  Technologie 
der  Faserstoffe,  5;  Bautechnologie,  5.  — 

Waelsch:  Ausgewählte  Kapitel  der  höheren  Mathema- 
tik, 3,  Übungen,  i;  Mathematische  Näherungsmethoden,  2; 
Elemente  der  kinematischen  Geometrie,  i.  —  Biermann: 
Grundlehren  der  höheren  Mathematik,  7,  Übungen,  2;  Ma- 
thematische Übungen,  2.  —  Rupp:  Darstellende  Geometrie, 
6;  Konstruktives  Zeichnen,  8.  —  Obenrauoh:  Geschichte 
der  Geometrie,  i.  —  Niessl  v.  Mayendorf:  Niedere  Geo- 
däsie, 6;  Situationszeichnen,  4  resp.  3V2;  Sphärische  Astro- 
nomie, 3.  — 

Universität  Czemowitz. 

Handl:  Experimentalphysik,  5;  Praktisch-physikalische 
Übungen,  6  g.  —  Tumlirz:  Theoretische  Mechanik  II,  5; 
Mathematisch-physikalisches  Seminar,  2  g.  — 

Pribram:  Allgemeine  Chemie  I,  5;  Chemische  Übungen 
im  Laboratorium  für  Anfänger,  15;  Anleitung  zur  Ausfiihrung 
wissenschaftlicher  Untersuchungen  für  Fortgeschrittene,  l^  g.  — 

Puchta:  Differential-  und  Integralrechnung  I:  Differen- 
tialrechnung, 3;  Elliptische  Funktionen,  2;  Seminar  für  Mathe- 
matik, 2  g\  Proseminar  für  Mathematik,  2  g.  — 

Technische  Hochschule  Darmstadt 

Schering:  Experimentalphysik,  5;  Physikalisches  Prak- 
tikum (mit  Zeissig  und  4  Assistenten),  4  Nachmittage;  Selb- 
ständige Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der  Physik;  Mechanische 
Wärmetheorie,  2;  Physikalisches  Kolloquium,  i.  —  Zeissig: 
Experimentalphysik,  4;  Physikalische  Mess-  und  Instrumenten- 
kunde, 2;  Repetitorium  der  Experimentalphysik  fiir  Pharma- 
zeuten, I.  —  Rudolph!:  Einführung  in  das  physikalische 
Praktikum,  i ;  Physikalische  Chemie,  2 ;  Physikalisch-chemische 
Cbungen  und  Arbeiten.  —  Meisel:  Theorie  der  optischen 
Instrumente  I,  2.   —  Poroh:  Meteorologie,  i.   —  Klemm: 


Einführung  in  die  Photographie,  2;  Photographisches  Prak- 
tikum, 2.  —  Kittler:  Allgemeine  Elektrotechnik  II,  4,  t^on- 
gen,  2 ;  Übungen  im  elektrotechnischen  Laboratorium,  6  halbe 
Tage  (mit  Senge  1,  Wirtz  und  den  Assistenten  des  elektro- 
technischen Instituts);  Selbständige  Arbeiten  fär  vorgeschrit- 
tenere Studierende;  Elektrotechnisches  Seminar.  —  Wirts: 
Allgemeine  Elektrotechnik  1, 2 ;  Elemente  der  Elektrotechnik,  3; 
Elektrische  Leitungsanlagen  und  Stromverteilungssysteme,  2, 
Übungen,  2.  —  Sengel:  Konstruktion  elektrischer  Maschinen 
und  Apparate,  2,  Übungen,  3;  Projektieren  elektrischer  Licht- 
und  Kraftanlagen,  2,  Übungen,  2.  —  Fehmer:  Elektrische 
Strassenbahnen,  i.  —  Ijinoke:  Maschinenelemente,  3;  Kon- 
struktionsübungen zu  Maschinenelementen,  9 ;  Kinematik  I,  2 ; 
Kinematik  II,  i;  Maschinenelemente  und  Kinematik,  i.  — 
Berndt:  Allgemeine  Maschinenlehre,  3 ;  Baumaschinenzeichnen, 
3;  Ausgewählte  Abschnitte  aus  der  Festigkeitslehre,  2;  Gas- 
motoren, 2.  —  ElraOBS:  Maschinenzeichnen,  i,  Übungen,  3; 
Mechanische  Technologie  I  und  II,  je  2;  Werkzeugmaschinen, 
2;  Heizung  und  Lüftung,  2.  —  Qatermuth:  Dampfmaschinen, 
6,  Konstruktionsübungen,  6.  —  Pfarr:  Hebemaschinen,  2; 
Wasserkraftmaschinen,  4;  Konstruktionsübungen  zu  Hebe- 
maschinen, Wasserkraftmaschinen  und  Fabrikanlagen,  6 ;  Wasser- 
werksbauten, 2.  —  Beck :  Gewichts-  und  Kostenberechnungen 
der  Maschinenfabrikation,  i.  —  Foroh:  Meteorologie,  i.  — 
Btaedel:  Anorganische  Experimentalchemie,  4;  Che- 
misches Praktikum  (mit  Heyl,  Kolb  und  Keppclcr),  tägl. 
ausser  Sonnabend.  —  Dieffenbaoh:  Elektrochemie,  2;  Che- 
mische Technologie,  4;  Elektrochemisches  Kolloquium,  i; 
Chemisches,  chemisch-technisches  und  elektrochemisches  Prak- 
tikum (mit  Neumann  und  Winteler),  tägl.  ausser  Sonnabend; 
Grundzüge  der  Eisenhüttenkunde,  i.  —  Finger:  Organische 
Experimentalchemie,  5;  Kolloquium  über  organische  Chemie, 
I ;  Praktikum  iUr  organische  Chemie,  tägl.  ausser  Sonnabend. 

—  Kolb :  Analytische  Chemie  II,  2 ;  Analytische  Chemie  der 
seltenen  Elemente,  l ;  Kolloquium  über  organische  Chemie,  i. 

—  Heyl :  Anorganische  Chemie,  2 ;  Pharmazeutische  Chemie, 
2;  Ausgewählte  .Kapitel  aus  der  pharmazeutischen  Chemie,  1. 

—  Kransser:  Anleitung  zu  den  mikroskopischen  und  bak- 
teriologischen Untersuchungen  vonNahrungs-  und  Genussmitteln 
(mit  Well  er),  4;  Pharmakognosie,  3,  Übungen,  2;  Pharma- 
zeutische Gesetzeskunde,  i;  Mikroskopische  Untersuchung 
vegetabilischer  Nahrungs-  und  Genussmittel,  3,  —  Bonne: 
Chemisch-technische  Untersuchung  der  Nahrungsmittel,  Ge- 
nussmittel und  Gebrauchsgegenstände,  i;  Geologische  und 
chemisch-technische  Vorarbeiten  fUr  die  Trinkwasserversorgung 
(mit  Steuer),  Vortrag  und  Übungen,  2,  Exkursionen.  — 
"Weiler:  Untersuchen  von  Nahrungsmitteln,  Genussmitteln 
und  Gebrauchsgegenständen,  i,  Übungen,  8.  —  Vaubel: 
Theoretische  Chemie  I,  2 ,  Übungen,  3 ;  Stöchiometrische  Be- 
rechnungen, I.  —  Neumann:  Gasanalytische  Methoden,  2; 
Die  Nutzmetalle,  i.  — 

Qundelfinger:  Höhere  Mathematik  I,  5,  Übungen,  4; 
Elemente  der  höheren  Algebra,  mit  Übungen,  i ;  Analytische 
Übungen,  I.  —  Henneberg:  Technische  Mechanik,  3,  Übun- 
gen, 2 ;  Mechanik  II,  6,  Übungen,  3 ;  Hydrodynamik,  i ;  Reine 
Kinematik,  Vortrag  und  Übungen,  2.  —  Dingeldey:  Höhere 
Mathematik  I,  5,  Übungen,  4.  —  Wiener:  Darstellende  Geo- 
metrie I,  4,  Übungen,  6,  II,  I,  Übungen,  2;  Höhere  Mathematik 
II,  2,  Übungen  i ;  Arbeiten  im  mathematischen  Institut,  3.  — 
Boheffers:  Höhere  Mathematik  ftir  Architekten,  Chemiker  und 
Geometer,  3,  Übungen,  2 ;  Darstellende  Geometrie  I,  4,  Übungen, 
6.  —  Fenner:  Trigonometrie,  3;  Geodäsie,  4;  Geodätische 
Übungen.  4;  Planzeichnen,  4.  —  Graefe:  Repetitorium  der 
Elementarmathematik,  2,  Übungen,  2 ;  Höhere  Mathematik  fiir 
Architekten  und  Chemiker,  3,  Übungen,  2;  Höhere  Mathe- 
matik II,  2,   Übungen,  i ;   Geschichte   der  Mathematik,  i.   — 

Technische  Hochschule  Dresden. 

Hall  wachs:  Experimentalphysik,  5;  Physikalisches  Prak- 
tikum (mit  Toepler),  I,  3,  II,  6  oder  9;  Praktikum  für 
grössere  physikalische  Arbeiten,  20;  Physikalisches  Kolloquium, 
Referate  über  neue  Arbeiten  (mit  Helm),  lg.  —  Toepler: 
Physikalische  Messkunde  I,  I ;  Elektrische  Entladungserschein- 
ungen in  Gasen  (Kathodenstrahlen,  Röntgenstrahlen,  Licht- 
bogen u.  s.  w. ),  I.  —  Krone:  Theorie  und  Praxis  der  Photo- 
graphie nebst  Kolloquium  über  wissenschaftliche  Photographie, 
2;  Lichtpausen,  kürzerer  Kursus,  2  g.  —  QÖrges:  Allgemeine 
Elektrotechnik  I,    2;    Elektrotechnische  Messkuudc,  2;    Elek- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


591 


Irische  Starkstromanlagen,  2,  Übungen,  2;  Elektrotechnische 
Übungen  für  Geübtere,  1 2,  für  Maschineningenieure  und  Che- 
miker, 4;  Grössere  elektrotechnische  Spezialarbeiten,  30;  Elek- 
trotechnisches Kolloquium  (mit  Kubier),  2  g.  —  Kubier: 
Dynamomaschinen  I,  2;  Ent\verfen  von  Dynamos,  Starkstrom- 
apparaten und  elektrischen  Fahrzeugen,  Übungen,  6;  Elek- 
trische Fahrzeuge,  2;  Die  Starkstromtechnik  im  Eisenbahn- 
wesen und  Werkstattsbetrieb  II,  i.  —  Ulbricht:  Telegraphie 
und  Telephonie,  2  g.  —  Fischer:  Allgemeine  Maschinen- 
lehre, 3 ;  Eisenbahnmaschinenwesen,  3 ;  Skizzieren  für  die  Che- 
mische Abteilung,  4,  för  die  Mechanische  Abteilung,  4.  — 
Qrübler:  Technische  Mechanik  I,  für  Bau-,  Maschinen-  und 
Elektroingenieure,  2,  III,  4,  Übungen,  i.  —  Ii.  liewicki: 
Dampfmaschinen  I,  4;  Dampfkessel,  3;  Ausgewählte  Kapitel 
aus  dem  Maschinenbau:  Lokomotiven,  2;  Maschinenkonstruieren 
für  Maschineningenieure,  lo,  für  Elektroingenieure,  5 ;  Arbeiten 
im  Maschinenlaboratorium  A  (Dampf-  und  Wassermaschinen) 
mit  Kolloquium  (mit  E.  Lewicki),  3;  Grössere  Arbeiten  im 
Maschinenlaboratorium  A,  20.  —  B.  Lewicki:  Einführung 
in  die  Theorie  und  Konstruktion  der  Dampfturbinen,  2.  — 
Mollier:  Technische  Thermodynamik,  4,  Übungen,  i;  Kine- 
matik, 2,  Übungen,  3;  Übungen  im  Maschinenlaboratorium, 
3;  Grössere  Arbeiten  im  Maschinenlaboratorium,  24.  —  Ernsti 
Müller:  Allgemeine  mechanische  Technologie  11,3;  Techno- 
logisches Praktikum  für  die  Faserstofftechnik,  Übungen,  20; 
Spinnerei,  3;  Die  Wartung  der  Dampfkessel  und  Dampf- 
maschinen im  Betriebe,  lg.  —  Scheit:  Untersuchung  von 
Baumaterialien  in  der  mechanisch-technischen  Versuchsanstalt, 
3.  —  N.  N. :  Maschinenelemente,  5 ;  Maschinenkonstruieren,  10; 
Hebemaschinen,  2.  — 

Hempel:  Metallurgie,  2;  Chemische  Grossindustrie,  2; 
Brennmaterialien,  Theorie  der  rauchfreien  Feuer,  i ;  Anorganisch- 
chemisches Praktikum  (Qualitative' Analyse),  12;  Anorganisch- 
chemisches Praktikum  (Quantitative  Analyse,  technische  Titrier- 
methoden, Gasanalyse),  ganztägig.  —  v.  Meyer:  Organische 
Chemie,  5;  Kolloquium  (freie  Vorträge  Über  wichtige  Pro- 
bleme der  Chemie)  (mit  v.  Walt  her),  i  ^;  Organisch-che- 
misches Praktikum,  ganztägig  und  halbtägig.  —  MÖhlau: 
Chemie  der  Textilindustrie:  Gewinnung  der  Spinnfasern  und 
ihre  Veredelung  durch  Bleicherei,  Färberei,  Zeugdruck  und 
Appretur,  3;  Chemie  und  chemische  Technologie  der  orga- 
nischen Farbstoffe  II,  2;  Praktikum  für  Farbenchemie,  halb- 
tägig; Praktikum  für  Färbereitechnik,  halbtägig;  Praktikum 
für  grössere  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Farbenchemie, 
ganztägig.  — Bucherer:  Einfuhrung  in  das  allgemeine  Patent- 
wesen, l;  Die  organischen  Heilmittel  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung ihrer  Synthese  und  Anwendung,  lg.  —  F.  För- 
ster: Elektrochemie,  ihre  Theorie  und  technische  Anwendung, 
2;  Physikalische  (theoretische)  Chemie  II,  3;  Praktikum  für 
Elektrochemie,  8;  Praktikum  für  grössere  Arbeiten  auf  dem 
Gebiete  der  Elektrochemie  und  physikalischen  Chemie,  ganz- 
tägig. —  IjOttermoser:  Titriermethoden,  i. — Erich  Müller: 
Ausgewählte  Kapitel  aus  der  physikalischen  Chemie,  I.  — 
Renk:  Nahrungsmittelchemie,  2 ;  Wohnungshygiene,  i;  Übgn. 
im  Untersuchen  von  Nahrungs-  und  Genussmitteln,  ganztägig; 
Praktikum  für  Nahrungsmittelchemiker,  halbtägig.  —  V.  Wal- 
ther: Chemie  der  Zuckerarten,   2.  — 

Rohn:  Darstellende  Geometrie  II,  4,  Übungen,  6;  Kegel- 
schnitte. I ;  Ebene  Kurven,  2.  —  Fuhrmann:  Anwendungen 
der  Differential-  und  Integralrechnung,  2;  Vermessungslehre, 
2;  Geodätisches  Zeichnen,  2.  —  Helm:  Analytische  Geo- 
metrie II,  3,  Übungen,  i;  Analytische  Mechanik,  2;  Übungen 
und  Ergänzungen  zur  Mechanik  filr  Vermessungsingenieure,  i ; 
Ausgewählte  Kapitel  aus  der  mathematischen  Physik,  mit 
Übungen,  2.  —  Elrause:  Differentialrechnung,  4,  Übungen, 
I ;  Einleitung  in  die  Theorie  der  unendlichen  Prozesse,  3 ; 
Anwendungen  der  elliptischen  Funktionen,  i ;  Mathematisches 
Seminar,  lg.  —  ÜTaetsoh:  Einleitung  in  die  Theorie  der 
ganzen  Zahlen,  2.  — 

Universität  Erlangen.  | 

Wiedemann:  Experimentalphysik,  5;  Physikalisches  ' 
Praktikum  für  Anfanger,  2;  Physikalisches  Halbpraktikum,  20;  , 
Physikalisches  Vollpraktikum,  40;  Physikalisches  Kolloquium,  \ 
2  g.  —  Schmidt:  Theoretische  Physik  II :  Elektrizität,  Optik  ' 
und  Akustik,  4;  Mathematisch-physikalische  Übungen,  2  g. — 
"Wehnelt:  Physikalische  Messmethoden  und  Messinstrumente, 
2.  — 


Fischer:  Anorganische  Experimentalchemie,  5;  Halb- 
praktikum im  chemischen  Laboratorium  (mit  Busch\  20; 
Vollpraktikum  im  chemischen  Laboratorium  (mit  Busch),  40. 

—  Paal:  Chemie  in  ihrer  Anwendung  auf  Pharmazie  und 
Medizin  (organischer  Teil),  3;  Untersuchung  von  Nahrungs- 
und Genussmitteln,  2;  Chemisches  Praktikum:  a)  Vollprakti- 
kum, 44,  b)  Halbpraktikum,  24  oder  20;  Praktischer  Kurs 
für  Studierende  der  Pharmazie,  20;  Arbeiten  auf  dem  Gebiete 
der  Nahiungs-  und  Genussmittel:  a)  Vollpraktikum,  44,  b) 
Halbpraktikum,  24  oder  20.  —  BllBCh:  Qualitative  und  quanti- 
tative chemische  Analyse,  3 ;  Chemische  Technologie  der  Ge- 
spinnstfasern,  i ;  Chemisches  Praktikum  für  Mediziner,  4 ;  Kol- 
loquium über  neuere  chemische  Litteratur  (mit  Jordis  und 
Gutbier),  lg,  —  Henrich:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der 
organischen  Chemie,  2 ;  Elektrochemisches  Praktikum  (Elektro- 
analyse,  Darstellung  von  Präparaten,  anorganisch  und  organisch) 
(mit  Jordis),  5.  —  Jordis:  Spezielle  Chemie  der  Metalle,  i; 
Elektrochemie,  2.  —  Outbier:  Gasanalyse,  mit  Übungen,  2.  — 

Qordan:  Analytische  Geometrie,  4;  Invarianten,  4;  Übun- 
gen im  Seminar,  3  ;f .  —  Nöther:  Differential-  und  Integral- 
rechnung I,  4 ;  Einführung  in  die  Funktionentheorie,  4 ;  Mathe- 
matische Übungen,  g.  — 

Universität  Freiburg  i.  Br. 

Himstedt:  Experimentalphysik:  Mechanik,  Akustik, 
Wärme,  5;  Übungen  aus  der  theoretischen  Physik,  i  ^;  Phy- 
sikalisches Praktikum,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Anleitung  zu 
selbständigen  Arbeiten,  tägl.;  Physikalisches  Kolloquium,  2  g. 

—  Koenigsberger:  Elektrische  Wellen,  2;  Prinzip  der 
kleinsten  Wirkung  und  seine  physikalischen  Anwendungen,  i. 

—  Q.Meyer:  Elektrochemie,  2 ;  Mechanische  Wärmetheorie 
und  deren  Anwendung  auf  physikalische  und  chemische  Pro- 
bleme, 2;  Elektroanalyse,  i;  Physikalisch-chemisches  Übuugs- 
praktikum,  2;  Selbständige  physikalisch-chemische  Arbeiten, 
tägl.  — 

Gattermann:  Anorganische  Experimentalchemie,  $; 
Cheni'sches  Praktikum  (mit  Willgero  dt),  tägl.  ausser  Sonn- 
abend; Chemisches  Seminar,  Htägig,  2  g-  —  Willgerodt: 
Organische  Experimentalchemie,  4;  Chemie  der  Nahrungs- und 
Genussmittel,  i;  Anorganische  Technologie,  2.  —  Edineer: 
Chemie  der  aromatischen  Verbindungen,  2.  —  Fromm:  Über 
qualitative  Analyse,  i ;  Repetitorium  der  Chemie  ftir  Mediziner 

1,  2.  —  Müller:  QualiUtive  Analyse.  2;  Theoretische  Chemie 
(organischer  Teil),  i.  —  Rnpp:  Chemie  der  Teerfarbstoffe 
II,  i;  Die  Konstitution  der  anorganischen  Verbindungen,  i  ^'. 

—  Meigen:  Über  Gewichtsanalyse,  2.  — 

Iiüroth:  Analytische  Mechanik,  4;  Methode  der  kleinsten 
Quadrate,  2;  Mathematisches  Seminar.  —  Stlokelberger : 
Analytische  Geometrie  der  Ebene  und  Differentialrechnung,  5, 
Übungen,  2  g, ;  Theorie  der  analytischen  Funktionen,  3.  — 
Iioewy:  Theorie  der  Kurven  und  Flächen,  4;  Versicherungs- 
mathematik, 2.    —    Bebmann:    Geschichte  der  Arithmetik, 

2.  — 

Universität  Gicssen. 

Drude:  Experimentalphysik  II:  Optik,  Elektrizität,  5; 
Physikalisches  Praktikum.  6;  Praktikum  für  Vorgeschrittenere, 
tägl.;  Physikalisches  Kolloquium,  I4tägig,  2.  —  Fromme: 
Elektrodynamik  und  elektromagnetische  Lichttheorie,  4 ;  Höhere 
Geodäsie  und  Ausgleichungsrechnung,  3.  — 

Naumann:  Anorganische  Experimentalchemie,  5;  Prak- 
tische Übungen  und  Untersuchungen  im  chemischen  Labora- 
torium, tägl.;  Untersuchung  von  Nahrungsmitteln  und  tech- 
nischen Erzeugnissen  (mit  Eidmann),  tägl.;  Chemische  Übun- 
gen für  Mediziner,  tägl.  —  Schröder:  Analytische  Chemie 
II,  2.  —  Eidmann:  Pharmazeutisch  chemische  Präparate  II, 
2;  Einführung  in  die  organische  Chemie,  2;  Unteisuchung  von 
Nahrungs-  und  Genussmitteln  auf  Vergiftungen  und  Verfäl- 
schungen, I.  —  Elba:  Chemisches  Praktikum,  tägl.;  Elektro- 
chemisches Praktikum,  tägl.;  Elektrochemie,  experimentell  und 
theoretisch,  2;  Chemisches  Kollocjuium,  1*2-  —  Klappert: 
Chemisches  Repetitorium,  2.  — 

Pasch:  Differentialrechnung  und  Elemente  der  Integral- 
rechnung, 4;  Einleitung  in  die  Funktionentheorie,  2;  Übungen 
über  die  Elemente  der  höheren  Mathematik  (Algebra,  ana- 
lytische Geometrie,  Differential-  und  Integralrechnung),  2; 
Übungendes  mathematischen  Seminars,  I4tägig,  2.  —  Netto: 
Bestimmte  Integrale  und  ihre  Anwendungen,  4;  Analytische 
Geometrie  des  Raumes,  4;  Übungen  des  mathematischen  Se- 


592 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


minarSf  I4tägig,  2.  —  Wellstein:  Darstellende  Geometrie  I, 
mit  Übungen,  6;  Wahrscheinlichkeitsrechnung,  2.  — 

Universität  Göttingen. 

Rieoke:  Experimentalphysik  II,  3;  Physikalisches  Prak- 
tikum (mit  Voigt,  Simon,  Kaufmann  und  Stark) 
8;  Ausgewählte  Teile  der  Mechanik,  i  g.\  Wissenschaftliche 
Arbeiten  Vorgeschrittener,  40^.  — Voigt:  Krystallphysik,  4 ; 
Physikalisches  Praktikum  (mit  Riecke,  Simon,  Kaufmann 
und  Stark),  4;  Ausgewählte  Kapitel  der  Wärmelehre,  i  g.\ 
Physikalische  Beobachtungen  für  Vorgeschrittene,  40  g.  — 
Simon:  Elektrische  Messmethoden  und  Messinstrumente,  2; 
Elektrotechnisches  Praktikum,  3;  Drahtlose  Telegraphie  und 
Telephonie  etc.,  i  g.\  Selbständige  Arbeiten  auf  dem  Gebiete 
der  angewandten  Elektrizitätslehre,  48  g.  —  Kaufinann: 
Übungen  in  der  Herstellung  und  Handhabung  einfacher  De- 
monstrationsapparate, I ;  Physikalische  Einheiten  und  Kon- 
stanten, I.  —  Abnüiam:  Grundlagen  der  theoretischen  Phy- 
sik, 4;  Übungen  zur  Integralrechnung  und  elementaren  Poten- 
tialtheorie, 2.  —  Stark:  Die  elektrischen  Erscheinungen  in 
der  Erdatmosphäre,  lg.  —  Wieohert:  Höhere  Geodäsie,  4; 
Polarlicht,  i  g. ;  Geophysikalisches  Praktikum,  g.  —  Iiorenz : 
Praktikum  im  Maschinenlaboratorium,  3V2;  Ausgewählte  Ka- 
pitel aus  der  technischen  Mechanik,  i  g\  Anleitung  zu  selb- 
ständigen Arbeiten,  g,  —  Nemst:  Theoretische  Chemie,  3; 
Physiko-chemische  Arbeiten  und  Übungen,  tägl. ;  Neuere  Ato- 
mistik, I  g.;  Physiko-chemisches  Kolloquium,  ig,  —  Coehn: 
Technische  Elektrochemie  (mit  Übungen),  3.  —  Böse:  Phy- 
sikalische Methoden  der  Chemie  (mit  Demonstrationen),  2.  — 

Wallach:  Anorganische  Chemie  I,  6;  Chemisches  Prak- 
tikum, 20 — 40;  Chemisches  Kolloquium  ftlr  Fortgeschrittenere, 
lg.  —  Tollens:  Technische  Chemie  ftir  Landwirte  (Zucker, 
Gärung,  Phosphat),  3;  Praktikum  im  agrikultur-chemischen 
Laboratorium,  30.  —  Polstorff;  Pharmazeutische  Chemie 
(organischer  Teil),  4;  Untersuchung  der  Nahrungsmittel,  2; 
Chemisches  Kolloquium  fiir  Pharmazeuten,  2  g,  —  Fischer: 
Chemische  Technologie,  2;  Chemisch-technologische  Tages- 
fragen, lg.  —  Kotz :  Celloidstoffe,  Komplexe,  Verbindungen, 
Katalyse,  Neue  Elemente,  i;  Synthesen  organischer  Verbin- 
dungen, 2;  Farbstoffe,  i;  Chemische  Tagesfragen,  i.  — 
Manchot:  Ungesättigte  Verbindungen,  l;  Benzolderivate,  2; 
Monographie  des  Sauerstoffes,  ig.  — 

Klein:  Enzyklopädie  der  Mathematik,  4;  Seminar  (mit 
Bohl  mann),  2  g.  —  Hubert:  Differentid-  und  Integral- 
rechnung II,  4;  Mechanik  der  Kontinua,  4;  Funktionentheo- 
retische Übungen  im  mathematisch-physikalischen  Seminar,  2  g. 
—  Schwarzachild:  Mechanik  des  Himmels,  3,  Übungen,  2^; 
Astronomisches  Kolloquium,  lg.  —  Minkowski:  Algebra, 
3 ;  Analysis  situs,  2 ;  Seminar.  Funktionentheoretische  Übungen, 
2  g.  —  Brendel:  Einleitung  in  die  theoretische  Astronomie, 
3;  Gauss'  Leben  und  Wirken,  lg.  —  Schilling:  Analytische 
Theorie  der  krummen  Linien  und  Flächen,  4;  Graphische  Übungen 
zur  Theorie  der  krummen  Linien  und  Flächen,  2  g,  —  Bohl- 
mann: Wahrscheinlichkeitsrechnungen,  2;  Theorie  des  Risi- 
kos, 2;  Mathematisches  Seminar,  2  g,\  Nf athematische  Übungen 
im  Versicherungsseminar,  2  g.  —  Ambronn :  Sphärische  Astro- 
nomie, 3 ;  Praktische  Übungen  an  den  Instrumenten  der  Stern- 
warte, tägl.  —  Zermelo :  Funktionentheorie,  4 ;  Übungen  zur 
Integralrechnung  und  elementaren  Potentialtheorie,  2.  —  Blu- 
menthal: Abelsche  Funktionen,  2;  Einleitung  in  die  höhere 
Mathematik  für  Naturwissenschaftler  (mit  Übungen),  3.  — 

Universität  Graz. 

Pfaundler:  Experimentalphysik,  5;  Physikalische  Übgn., 
12;  Darstellimg  physikalischer  Ergebnisse,  i  g.  — .  WaSB- 
muth:  Thermodynamik  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
Thermochemie,  4;  Wärmeleitung,  i ;  Übungen  im  mathematisch- 
physikalischen Seminar,  3  ^.  —  Streintz:  Wärmelehre: 
Thermodynamik  und  Thermochemie,  3.  — 

Skraup:  Allgemeine  und  anorganische  Experimental- 
chemie :  Chemie  für  Mediziner,  Philosophen  und  Pharmazeuten, 
5 ;  Chemisches  Konversatorium  für  Vorgeschrittene,  i  g\  Che- 
mische Übungen  fiir  Anfänger,  15;  Chemisches  Praktikum  für 
Mediziner,  4;  Übungen  für  Vorgeschrittene,  20. —  Schrötter: 
Pharmazeutische  Chemie,  anorganischer  und  organischer  Teil, 
4 ;  Chemie  der  heterozyklischen  Verbindungen,   2.  — 

Frischauf:  Algebraische  Analysis,  3;  Analytische  Geo- 
metrie, 2.  —  Dantscher  v.  KoUesberg:    Analytische   und 


projektivische  Geometrie  der  Ebene,  5;  Übungen  im  mathe- 
matischen Seminar,  2  g.  —  Streissler:  Centrale  Projektion, 
3.  —  Hillebrand:  Mechanik  des  Himmels,  5.  — 

Technische  Hochschule  Graz. 

V.  ISttingshausen :  Physik:  Mechanik  der  festen,  flüs- 
sigen und  gasförmigen  Körper,  Wärme,  Elemente  der  mecha- 
nischen Wärmetheorie,  Elektrizität,  Optik,  5;  Elektrotechnik, 
3;  Elektrotechnische  Übungen:  Praktische  Messungen,  8,  — 
Streintz:  Wärmelehre:  Thermodynamik  und  Thermochemie, 

3.  —  Bartl:  Theoretische  Maschinenlehre  IIa,  2Vq,  Hb,  3V2; 
Allgemeine  Maschinenkunde  I,  4.  —  N.  N.:  Maschinenbau 
I  a,  3,  Übungen,  10,  Ib:  Lasthebemaschinen,  3,  Übungen,  10V2» 
IIb:  Dampfkessel   und  Dampfmaschinen,  4,  Übungen,   15.  — 

£mioh:  Anorganische  Chemie,  7;  Anleitung  zu  wissen- 
schaftlichen Arbeiten  im  chemischen  Laboratorium,  für  Vor- 
geschrittene. —  Andreasch:  Qualitative  chemische  Analyse, 
I ;  Unterricht  und  Übungen  in  der  qualitativen  chemischen 
Analyse  im  Laboratorium,  18;  Chemische  Technologie  der 
organischen  Stoffe:  Chemische  Fabriksindustrie  der  organischen 
Stoffe,  4;  Laboratoriumsunterricht  und  Übungen  in  der  organisch- 
technisch-chemischen Analyse,  20;  Anleitung  zu  wissenschaft- 
lichen Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der  organischen  Chemie  und 
der  chemischen  Technologie  organischer  Stoffe,  für  Vorge- 
schrittene. —  Benj.  Reinitzer:  Quantitative  chemische  Ana- 
lyse, I ;  Unterricht  und  Übungen  in  der  quantitativen  chemischen 
Analyse  im  Laboratorium,  20;  Chemische  Technologie  der 
anorganischen  Stoffe:  Chemische  Fabriksindustrie  der  anorga- 
nischen Stoffe,  4;  Laboratoriumsunterricht  und  Übungen  in 
der  anorganisch-technisch-chemischen  Analyse,  20;  Anleitung 
zu  wissenschaftlichen  Arbeiten  aus  dem  Grebiete  der  anorga- 
nischen Chemie  und  der  chemischen  Technologie  anorganischer 
Stoffe,  für  Vorgeschrittene;  Enzyklopädie  der  technischen 
Chemie,  2.  —  v.  Hemmelmayr:  Über  ausgewählte  Kapitel 
zyklischer  Verbindungen,  2.  —  Priedr.  Beinitzer:  Alkoho- 
lismus, I.  — 

Hoöevar:  Mathematik  I,  6,  Übungen,  2.  —  Btelsel. 
Elemente  der  höheren  Mathematik  I,  4.  —  Peithner  v. 
liichtenfels :  Mathematik  II,  4,  Übungen,  2.  —  Schüssler: 
Darstellende  Geometrie,  4,  Übimgen,  6;  Theorie  der  Kegel- 
schnitte, 3;  Seminarübungen  aus  darstellender  Geometrie,  2. 
—  Wittenhauer:  Theoretische  Maschinenlehre  I,  2;  Allge- 
meine Mechanik  (einschliesslich  der  Elemente  der  graphischen 
Statik)  I,  4,  Übungen,  i;  Enzyklopädie  der  Mechanik,  4; 
Technische  Mechanik  I:  Theorie  der  Elastizität,  4.  — Klin- 
gatsch:  Niedere  Geodäsie  I:  Elemente  der  niederen  Geodäsie, 
4;  Höhere  Geodäsie,  4;  Praktische  Messübungen  a)  Niedere 
Geodäsie  (Zimmerübungen),  b)  Höhere  Geodäsie  (Übungen 
in  der  Anwendung  der  Ausgleichungsrechnung).  — 

Universität  Greifswald. 

König:  Experimentalphysik:  Wärme,  Magnetismus,  Elek- 
trizität, 4;  Physikalische  Übungen  für  Studierende  der  Natur- 
wissenschaften, 6;  Leitung  selbständiger  physikalischer  Unter- 
suchungen, tägl.  g. ;  Elementar-mathematische  Ergänzungen  zur 
Experimentalphysik,  i  g.\  Besprechungen  über  neuere  physi- 
kalische Arbeiten  (mit  Mie),  2  g.—  Mie:  Theoretische  Optik, 

4,  Übungen,  i  g. ;  Kleines  physikalisches  Praktikum  für  Medi- 
ziner und  Pharmazeuten,  3.  —  Holtz:  Apparate  der  Mechanik 
und  Elektrostatik  unter  Mitbenutzung  einfachster  Mittel,  ex- 
perimentell, i;  Physik  der  Atmosphäre  mit  Einschluss  der 
optischen  und  elektrischen  Phänomene,  mit  Experimenten,  i; 
Physik  der  Gestirne  bei  zeitweiser  Beobachtung  derselben, 
gemeinfasslich,  mit  Experimenten,  2  g.  —  Schreber:  Tech- 
nische Thermodynamik,  2;  Der  osmotische  Druck  und  seine 
Anwendung  zur  Molekelgewichtsbestimmung,  i.  — 

Auwers:  Organische  Experimentalchemie,  5;  Chemisches 
Praktikum,  tägl;  Chemisches  Praktikum  fttr  Pharmazeuten, 
halbtägig,  tägl. ;  Ausgewählte  Kapitel  der  anorganischen  Chemie, 
5  ^.  ~-  N.  N. :  Pharmazeutische  Chemie  I,  3 ;  Ausmittelung 
der  Gifte  und  andere  gerichtlich-chemische  Untersuchungen,  2 ; 
Pharmazeutisches  Kolloquium,  2  g.  —  Semmler:  Ätherische 
Öle,  I :  Ausgewählte  Kapitel  der  organischen  Chemie,  i  g.  — 
Foener:  Synthetische  Methoden  der  organischen  Chemie,  2: 
Chemische  Technologie  I:  Anoiganische  Stoffe,  2.  — 

Thome:  Algebra,  4;  Theorie  der  ebenen  algebraischen 
Kurven,  2  g.\  Mathematisches  Seminar,  2  g.  —  Study:  Me- 
chanik II,  4;  Nichteuklidische  Geometrie,  i  g\  Mathematisches 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


593 


Seminar,  2  g,  —  KowalewBki:  Einleitung  in  die  analytische 
Geometrie  (flir  Studierende  der  Mathematik  und  der  Natur- 
wissenschaften), 2 ;  Theorie  der  kontinuierlichen  Transformations- 
gnippen,  2;  über  Fouriersche  Reihen  (mit  Anwendungen  auf 
mathematische  Physik),  2  g,  — 

Universität  Halle. 

Dom :  Experimentalphysik  I :  Mechanik,  Akustik,  Wärme- 
lehre, 4;  Physikalisches  Laboratorium:  a)  Übungspraktikum,  6; 
b)  Arbeiten  von  Geübten,  tägl.;  Undulationstheorie  des  Lichtes, 
2  g,  —  Schmidt:  Einleitung  in  die  theoretische  Physik,  4; 
Elektrotechnik,  2  g.  — 

Volhard:  Experimentalchemie  I:  Anorganische  Chemie, 
5;  Praktische  Übungen  im  chemischen  Laboratorium  (mit 
Doebner  und  Vorländer),  tägl.  ausser  Sonnabend;  Übungen 
im ExperimentalTortrag,  ig,  —  Doebner:  Organische  Chemie 
II,  4;  Praktische  Übungen  im  chemischen  Laboratorium,  für 
Studierende  der  Medizin,  4;  Über  Alkaloide,  i  ^.  —  Vor- 
länder: Besprechung  neuerer  chemischer  Arbeiten,  lg.  — 
Baumert:  Chemie  der  Dünge- und  Futtermittel,  2 ;  Praktische 
Übungen  in  der  Untersuchung  und  Beurteilung  von  Nahrungs- 
und Genussmitteln,  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Roloff ;  Elektro- 
chemie, Theorie  und  Anwendungen  in  der  Technik,  2.  — 
Köthner:  Stöchiometrie,  i.  —  Erdmann:  Technische 
Chemie  der  organischen  Farbstoffe  und  ätherischen  Öle,  2; 
Praktische  Übungen  im  Laboratorium  für  angewandte  Chemie, 
tägl.  ausser  Sonnabend;  Praktikum  zur  Einführung  in  die 
Farbenindustrie,  6.  — 

Cantor:  Höhere  Geometrie,  4;  Zahlentheorie,  4 ;  Übungen 
des  mathematischen  Seminars,  I4tägig,  2  g.  —  Wang^erin: 
Integralrechnung  mit  Übungen,  5;  Variationsrechnung,  2; 
Hydrodynamik,  2;  Übungen  des  mathematischen  Seminars, 
I4*ägig,  2  g.  —  Eberhard:  Elemente  der  Funktionentheorie, 
4,  Übungen,  lg.  —  Qrassmann:  Analytische  Geometrie 
des  Raumes,  2;  Elemente  der  darstellenden  Geometrie,  2, 
Übungen,  lg.  —  Buchholz:  Die  Grundlehren  der  theo- 
retischen Astronomie  (Mechanik  des  Himmels),  2.  — 

Technische  Hochschule  Hannover. 

Dieterioi:  Experimentalphysik:  Mechanik,  Wärme,  Aku- 
stik, Optik,  4;  Arbeiten  im  Laboratorium  der  Physik  (mit 
P recht),  4.  —  Precht:  Grundzüge  der  Physik,  3;  Praktische 
Physik,  2.  —  Kohlrausoh:  Grundzüge  der  Elektrotechnik,  2; 
Theoret.  Elektrotechnik,  4;  Entwerfen  von  Dynamomaschinen  u. 
Transformatoren  (mit  Winkelmann),  Übungen,  2;  Elektro- 
technisches Laboratorium  I  (mit  Beckmann,  Winkelmann 
und  Schöppel),  8,  II,  ftir  Maschineningenieure,  8.  —  Heim  : 
Elektrische  Anlagen  I  (mit  Winkelmann),  3,  Übungen,  2; 
Telegraphie  und  Telephonie,  2;  Elektrische  Kraftübertragung, 
für  Maschineningenieure,  2:  Grundzüge  der  technischen  Elek- 
trolyse, 2;  Elektrolytische  Übungen,  4.  —  Beckmann:  Prak- 
tische Elektrotechnik  für  Anfänger  II,  i ;  Elektrotechnische 
Messkunde  II,  2.  —  Thiermann :  Das  Schwingungsgalvano- 
meter, I.  —  Franke:  Elektrotechnisches  KoUo(]uium,  14  tgg., 
2  g\  Elektrische  Kraftübertragung,  2.  —  Fisoher:  Allge- 
meine mechanische  Technologie  (mit  v.  Ro essler),  4;  Spe- 
zielle Technologie  I,  einschliesslich  Werkzeugmaschinenkunde 
(mit  V.  Ro  essler),  4,  Übungen,  2.  —  Biehn:  Hau-  und 
Theorie  der  Kraftmaschinen  (mit  Diedrich  und  Mees),  6, 
Übungen,  8;  Übungen  im  Entwerfen  von  Kraft-  und  Hebe- 
maschinen (mit  Diedrich  und  Mees),  4;  Schiffbau,  3,  übgn., 
4.  —  Frank:  Maschinenorgane  (mit  Ryssel,  Wegener 
und  Pilgram),  5,  Übungen,  7;  Eisenbahnmaschinenbau  (mit 
Ryssel  und  Pilgram),  3,  Übungen,  3.  —  Frese:  Ingenieur- 
laboratorium I  (mit  Mestwerdt,  Aschof,  Ziegler  und 
Schür  mann),  i,  Übungen,  4,  II,  i,  Übungen,  4;  Theore- 
tische Maschinenlehre  (mit  Aschof),  4.  — Troske:  Grund- 
züge des  Maschinenbaues  (mit  Burkowitz),  3,  Übungen,  4; 
Regulatoren  der  Kraftmaschinen  (mit  Hu rkowitz),  2;  Fabrik- 
anlagen und  Eisenbahnwerkstätten  (mit  Hurkowitz),  2.  — 
Klein:  Allgemeine  Maschinenlehre  I  (mit  Hurkowitz  und 
Schmidt),  4;  Grundzüge  der  Maschinenlehre  (mit  Burko- 
witz), 3;  Hebezeuge  und  Pumpen  (mit  Burkowitz  und 
Schmidt),  2.  —  Prandtl:  Mechanik  I,  3,  Übungen,  I,  II, 
4,  Übungen,  I;  Statik  der  Baukonstniktionen,  3,  Übungen,  i. 
—  Mestwerdt:  Heizung,  Lüftung  und  Beleuchtung  geschlos- 
sener   Räume,    3.  —  v.  Roessler:    Maschincnzeichncn    (mit 


Aschof,  Burkowitz  und  Wegener),  4;  Bautechnologie, 
3;  Spezielle  Technologie  II,  2;  Fabrikationszweige  der  Textil- 
industrie, 3;  Technologisches  Praktikum:  Textilindustrie,  3.  — 

Seubert:  Anorganische  Chemie,  6;  Arbeiten  im  I>abo- 
ratorium  der  anorganischen  Chemie  (mit  Eschweiler, Jänecke 
und  Klapproth),  tägl.  ausser  Sonnabend.  — Sachweiler. 
Analytische  Chemie,  2.  —  Behrend:  Organische  Chemie, 
4;  Arbeiten  im  Laboratorium  der  organischen  Chemie  (mit 
Keiser),  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Ost:  Grundzüge  der 
chemischen  Technologie,  für  Nicht  fach  Chemiker,  3;  Chemische 
Technologie  I,  für  Chemiker,  4,  Übungen,  2;  Übungen  in  der 
Elektroanalyse  (mit  Koech),  6;  Arbeiten  im  Laboratorium 
der  technischen  Chemie  (mit  Koech),  tägl.  ausser  Sonnabend. 

—  Xjaves:  Grundzüge  der  Xahrungsmittelchemie  I,  mit  Demon- 
strationen, 2  g.  — 

Kiepert:  Differential-  und  Integralrechnung  I,  5,  Übgn., 

1,  Repetition,  i;  Geometrie  der  I.<Age,  3 ;  Ausgewählte  Kapitel 
der  höheren  Mathematik,  mit  Übungen,  3.  —  Runge:  Diffe- 
rential- und  Integralrechnung  II,  4,  Übungen,  i;  Analytische 
Geometrie  der  Ebene  und  des  Raumes,  3,  Übungen.  —  Hoden- 
berg: Darstellende  Geometrie  (mit  Peters,  Fresenius  und 
Weber),  3,  Übungen,  6;  Darstellende  Geometrie  II  (mit 
Peters,  Fresenius  und  Weber),  3,  Übungen,  6.  —  Petsold: 
Algebraische  Analysis  und  Trigonometrie,  3;  Übungen  in  der 
Ausgleichungsrechnung  nach  der  Methode  der  kleinsten  Qua- 
drate, I.  —  Reinhertz:  Gnmdzüge  der  praktischen  Geometrie 
(mit  Petzold),    2;    Geodäsie  I  (mit  Petzold),  4,  Übungen, 

2,  n,  2,  Übungen;  Höhere  Geodäsie,  2.  — 

Universität  Heidelberg. 

Quincke:  Experimentalphysik:  Allgemeine  Physik, 
Wärme,  Akustik,  5 ;  Praktische  Übungen  und  Anleitung  zu 
wissenschaftlichen  Untersuchungen  im  physikalischen  Labora- 
torium, tägl.  ausser  Sonnabend;  Physikalisches  Praktikum,  4. 

—  Pookels:  Wärmetheorie,  3 ,  Übungen,  i ;  Kinetische  Gas- 
theorie, I.  —  Weber:  Die  physikalischen  Messmethoden,  2; 
Wissenschaftlich-photographische  Übungen,  2.  — 

Curtius:  Allgemeine  Chemie  I:  Anorganische  Experi- 
mentalchemie, 6;  Praktische  Übungen  und  Anleitung  zu  wissen- 
schaftlichen Untersuchungen  im  akademischen  Laboratorium, 
tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Brühl:  Organische  Chemie,  3; 
Praktische  Übungen  im  chemischen  Laboratorium,  tägl.  ausser 
Sonnabend.  —  Jannasch:  Gewichtsanalyse,  2;  Chemische 
Untersuchung  der  Xahrungs-  und  Genussmittcl,  i ;  Gasana- 
lytisches Praktikum,  3;  Analytisches  Praktikum  zur  Unter- 
suchung der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  4 — 12.  —  Knoeve- 
nagel:  Chemie  der  Benzolderivate,  3;  Chemie  und  Techno- 
logie der  Teerfarbstoffe,  2.  —  Bredig:  Chemische  Gleich- 
gewichtslehre, 2 ;  Einführung  in  die  physikalische  Chemie  für 
Chemiker,  Pharmazeuten  und  Mediziner,  i.  —  Krafft:  Orga- 
nische Chemie,  3;  Praktisch-chemische  Übungen  und  Arbeiten 
im  Laboratium,  tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Dittrich;  Ein- 
führung in  das  chemische  Praktikum  und  qualitative  Analyse- 
2;  Chemisches  Praktikum,  tägl.  ausser  Sonnabend,  a)  ganz, 
tägig,  b)  halbtägig  (für  Anfanger  und  Mediziner);  Ferienkurse: 
a)  Chemisches  Praktikum,  ganztägig,  vierwöchentlich,  b)  Prak- 
tikum der  Chemie  fiir  Mediziner,  dreiwöchentlich.  —  Stolle: 
Pharmazeutische  Chemie  II:  OrganischeJ  Teil,  3;  Analytische 
Methoden  der  organischen  Chemie,  i.  —  Klages:  Hydro- 
aromatische  Verbindungen  (einschliesslich  der  Kampher  und 
Terpene),  i.  —  Mohr:  Stereochemie,  i.  — 

Koenigsberger:  Höhere  Algebra:  Theorie  der  algebra- 
ischen Gleichungen,  4;  Elemente  der  Theorie  der  Differential- 
gleichungen, 2;  Variationsrechnung,  i;  Elemente  der  Zahlen- 
theorie, I ;  Mathematisches  Unter-  und  Oberseminar,  2.  — 
Cantor:  Differential-  und  Integralrechnung,  4,  Übungen,  i  g\ 
Politische  Arithmetik,  2.  —  ISisenlohr:  Pheorctische  Optik, 
4;  Differential-  und  Integralrechnung,  5;  Über  das  Potential, 
2.  —  Koehler:  Synthetische  Geometrie  des  Raumes,  3.  — 
Iiandsberg^:  Darstellende  Geometrie  (mit  Übungen),  4; 
Funktionentheorie,  3.  —  Boehm:  Theorie  der  partiellen 
Differentialgleichungen,  i ;  Vektoranalysis  (mit  Anwendungen 
auf  Geometrie  und  Physik),  i ;  Lektüre  und  Besprechung  der 
Abhandlung  über  Dynamik  von  d'Alembcrt  (Ostw.  Klass. 
Nr.  106),  I.  —  Valentiner:  Theorie  der  Bahnbestimmung 
der  Planeten  und  Kometen,  3:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der 
Stellarastronomie,  i.  —  Wolf:    Theorie  und  Geschichte  der 


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Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Spektralanalyse,  2  g,\  Praktische  Übungen  auf  dem  Obser- 
vatorium, g,  — 

Universität  Jena. 

Win  keim  ann;  Experimentalphysik  11 :  Akustik,  Wärme, 
Magnetismus,  Elektrizität,  5;  Physikalisches  Praktikum:  a)  fiir 
Physiker,  6,  b)  fiir  Chemiker,  4;  Physikalische  Spe^ialunte^• 
suchungen,  tägl;  Repetitorium  der  Physik  für  Mediziner  und 
Pharmazeuten,  i  g.  —  Abbe:  Wird  nicht  lesen.  —  Auer- 
bach: Einleitung  in  die  theoretische  Physik,  3;  Mechanische 
Wärmetheorie,  2;  Die  wissenschaftlichen  Grundlagen  der  Musik, 
1.  —  Straubel:  Krystallphysik,  2.  —  Bau:  Technische 
Mechanik  1,  einschliesslich  graphische  Statik,  Elastizität  und 
Festigkeit,  4,  Übungen,  g.  — 

Knorr:  Allgemeine  Experimentalchemie  II:  Organische 
Chemie,  5;  Chemisches  Praktikum  (mit  Wol ff),  tägl.,  für 
Mediziner,  3;  Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Arbeiten  (mit 
Duden  und  Rabe),  tägl.,  g.  —  Wolff:  Analytische  Chemie, 
3 ;  Elektrolyse  und  elektrolytisches  Praktikum,  2.  —  Duden : 
Fortschritte  der  anorganischen  Chemie,  2.  —  Immendorff: 
Anorganische  und  organische  Chemie  für  Landwirte,  5 ;  Agri- 
kulturchemisches Seminar,  I4tägig,  i*')  g.\  Grosses  und 
kleines  chemisches  Praktikum  für  Landwirte  (mit  Le mm  er- 
mann). —  Vongerichten:  Die  Anwendung  der  Chemie  in 
der  Industrie,  2;  Praktische  Kurse:  a)  Darstellung  und  Prüfung 
der  Farbstoffe,  b)  Bearbeitung  spezieller  technischer  Aufgaben. 

—  Qaenge:  Gerichtliche  Chemie,  i;  Praktische  Übungen  in 
der  Verwendung  optischer  Instrumente  zu  chemischen  Unter- 
suchungen, 2 ;  Arzneimittellehre  fiir  Studierende  der  Zahnheil- 
kunde, 2.  —  Matthes:  Untersuchung  der  Nahrungs-  und 
Genussmittel,  Vollpraktikum,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Chemie 
der  Nahrungs-  und  Genussmittel,  l ;  Darstellung  und  Unter- 
suchung chemisch-pharmazeutischer  Präparate,  Ausmittelung 
der  Gifte,  Halbpraktikum  fiir  Phatmazeuten,  tägl.  ausser  Sonn- 
abend; Pharmazeutische  Chemie  II:  Organische  Chemie,  2.  — 

Thomae :  Anwendung  der  Infinitesimalrechnung  auf  Geo- 
metrie, 4;  Bestimmte  Integrale  und  Fouriersche  Reihen,  4; 
Mathematisches  Seminar,  2  g.  —  Gutzmer:  Anal3rtische  Geo- 
metrie des  Raumes,  4;  Analytische  Mechanik,  4;  Mathematisches 
Seminar  (Mechanik),  ig.  —  Frege :  Differential-  und  Integral- 
rechnung mit  Übungen  II,  5.  —  Knopf:  Bestimmung  der 
Bahnen  der  Himmelskörper,  3;  Interpolationsrechnung  und 
mechanische  Quadratur,  i.  — 

Universität  Innsbruck. 

Sxner:  Mathematische  Physik :  Magnetismus,  Elektrizität, 
Thermodynamik,  5;   Seminar  für  mathematische  Physik,   i  g. 

—  Czermak:  Experimentalphysik:  Mechanik,  Wärme,  Mag- 
netismus und  Elektrizität,  5;  Praktische  Übungen  für  Medi- 
ziner, 2  g.^  für  Vorgeschrittene,  tägl.  g.  —  Badakovic : 
Elastizität  und  Festigkeit,  2;  Praktische  Übungen  im  Labora- 
torium für  Anfanger,  6.  —  Tolllnger:  Instrumente  und  Pe- 
obachtungsmethoden  der  meteorologischen  Beobachtungs- 
stationen,  2.  —  Hammerl:  Elektrische  Energieverteilung: 
Licht  und  Kraft,  2.  —  Trabert:  Einleitung  in  die  Meteoro- 
logie, 2;  Die  Wärmeverhällnisse  der  Erde  und  ihre  Verän- 
derungen (mit  höherer  Rechnung),  2;  Die  Bewegungserschei- 
nungen der  Atmosphäre,  insbesondere  die  Stürme,   i.  — 

Senhofer:  Allgemeine  Chemie  fiir  Lehramtskandidaten 
und  Mediziner  I:  Anorganische  Chemie,  5;  Methoden  der 
analytischen  Chemie,  2  g. ;  Praktische  Übungen  im  chemischen 
Laboratorium,  tägl.;  Praktische  Anleitung  zu  analytisch-che- 
mischen Untersuchungen  für  Mediziner,  zweimal  halbtägig,  g. 

—  Hopfgarlner:  Chemie  einiger  wichtiger  Metalle,  l.  — 
Zehenter :  Chemische  Technologie  (anorganische  Stoffe),  2.  — 

Otto  Stolz:  Theorie  der  Doppelintegrale,  2;  Elemente 
der  Variationsrechnung,  i ;  Übungen  zu  beiden,  i ;  Theorie 
der  Funktionen  von  komplexen  Veränderlichen  nach  Cauchy 
und  Weicrstrass,  mit  Übungen,  3.  —  Wirtinger:  Höhere 
Algebra,  3;  Abelsche  Funktionen,  2;  Mathematisches  Seminar, 
2  g.  —  Zindler:  Aialy tische  Geometrie  der  Ebene  und  des 
Raumes,  5;  Mathematisches  Seminar,  I  g.  —  v.  Oppolzer: 
Astnjmetrische  und  astrophysikalische  Übungen,  4;  Mechanik 
eines  starren  Systems,   l.  — 

Technische  Hochschule  Karlsruhe. 

Lehmann:  Experimentalphysik,  4;  Phj'sikalisches  Semi- 
nar   (mit  Sievekingj,    i;    Physikalisches  Repetitorium    (mit 


Sieveking),  i;  Physikalisches  Laboratorium,  6;  Molekular- 
physik, I.  —  Arnold:  Gleichstromtechnik,  2 ;  Wechselstrom- 
technik,  4;  Übungen  im  Konstruieren  elektrischer  Maschinen 
und  Apparate,  4:  Elektrotechnisches  Laboratorium  I  (mit 
Schleiermacher  und  Teichmüller),  6,  II,  8.  —  Mei- 
dinger:  Heizung  und  Ventilation  der  Wohnräume,  mit  Ex- 
kursionen, 2;  Dynamomaschinen  mit  Rücksicht  auf  ihre  Ver- 
wendung, I.  —  Schlei ermaoh er:  Grundlagen  der  Elektro- 
technik und  Messkunde,  2;  Theoretische  Elektrizitätslehre,  3; 
Elementarmechanik,  2.  —  Teichmüller :  Elektrotechnische 
Messungen  (magnetische  Messungen,  Messungen  an  Leitungen, 
Elektrizitätszähler),  2 ;  Elektrische  Leitungen,  2;  Entwerfen  von 
Leitungsanlagen,  Übungen,  2.  —  Bragstad :  Elektrische  Bahnen, 
2.  —  Seltsam:  Telegraphie  und  Femsprechwesen,  2.  — 
Benoit:  Pumpen  und  Gebläse,  2;  Eisenbahnmaschinenwesen, 
3;  Entwerfen  von  Hebemaschinen,  fUr  Studierende  des  Maschinen- 
wesens, 6,  der  Elektrotechnik,  3 ;  Entwerfen  von  Hebemaschinen, 
Pumpen  etc.,  fiir  Studierende  des  Maschinenwesens,  6,  der 
Elektrotechnik,  3;  Maschinenzeichnen,  Übungen,  2.  —  Brauer: 
Theoretische  Maschinenlehre :  Theorie  derTurbinen,Mechanische 
Wärmetheorie,  Getriebelehre,  6,  Übungen,  3 ;  Festigkeitslehre, 
2;  Untersuchungen  an  Dampfmaschinen,  Dampfkesseln,  Gas- 
kraftmaschinen, Wasserkraftmaschinen  und  Arbeitsmaschinen. 
Materialprüfungen  auf  Elastizität  und  Festigkeit.  Hydraulische 
Versuche.  3.  —    Grassmann:  Dampfmaschinen  und  Kessel 

1,  2,  II,  2;    Entwerfen  von  Dampfmaschinen  und  Kesseln,  6. 

—  Keller:  Maschinenelemente,  4;  Maschinenkonstruktionen 
(Triebwerke  etc )  für  Studierende  des  Maschinenwesens,  8,  der 
Elektrotechnik,  6,  des  Ingenieurwesens  (Triebwerke,  Hebe- 
zeuge etc.),  4:  Bau  der  hydraulischen  Motoren  (Konstruktions- 
details  fiir  Wasserkraftanlagen  und  -Maschinen),  2.  —  Ijindner : 
Maschinenkunde,  3;  Maschinenfabrikation,  2;  Mechanische 
Technologie,  2 ;  Technisches  Zeichnen  fiir  Chemiker,  Übungen, 
2;  Technologische  Exkursionen.  —  Bergmann:  Doppelte 
Buchführung  fiir  technische  Anlagen,  i.  — 

Bunte:  Chemische  Technologie  I:  Gärungsgewerbe, 
Zuckerfabrikation,  Brennerei,  Brauerei  etc.,  2,  II:  Wasser,  Be- 
leuchtungstechnik, 2 ;  Metallurgie,  l ;  Industrielle  Feuerungen, 
i;  Übungen  in  der  technischen  Analyse  (mit  Eitner),  für 
Chemiker,  4,  für  Maschineningenieure,  3 ;  Arbeiten  im  chemisch- 
technischen Laboratorium,  5  Tage;  Übungen  in  der  technischen 
Analyse  für  Vorgerücktere,  tägl. ;  Technologische  Exkursionen. 

—  Engler:  Anorganische  Experimentalchemie,  4;  Chemisches 
Kolloquium,  I ;  Theoretische  Chemie,  I ;  Chemisches  Labora- 
torium, 5  Tage.  —  IjeBlano:  Überblick  über  die  theoretische 
und  technische  Elektrochemie,  2:  Physikalische  Chemie  I: 
Stöchiometrie,  2;  Physikalisch-chemisches  und  elektrochemi- 
sches Laboratorium,  5  Tage.  —  Dieckhoff:  Pharmazeutische 
Chemie,  2;    Gerichtliche  Chemie,  i;    Analytische  Chemie,  i. 

—  Eitner:  Methoden  der  technischen  Analyse,  2.  —  Haber: 
Chemische  Technologie  der  Faserstoffe  I:  Faserstoffe,  Teer- 
farbenfabrikation, 2;  Chemie  der  Gase,  2;  Gaschemische  (Zun- 
gen (mit  Bunte),  2;  Ausgewählte  Kapitel  der  chemischen 
Technologie  vom  Standpunkte  der  physikalischen  Chemie,  2, 

—  EZast:  Industrie  der  Fette  und  Harze  einschliesslich  Petro- 
leumindustrie, 2.  —  Rupp:  Chemische  und  mikroskopische 
rntersuchung  der  Nahrungsmittel  und  Gebrauchsgegenstände, 
Übungen,  2.  —  SohoU:  Chemie  der  Benzolderivate  I  und  11, 

2.  —  Wöbler:  Analytische  Chemie  II,  2.  — 

Hausen  er:  Elementare  und  analytische  Geometrie  der 
Ebene  und  des  Raumes,  2,  Übungen,  i ;  Arithmetik  und  Al- 
gebra, 2,  Übungen,  i.  —  Heun:  Theoretische  Mechanik  I 
und  II,  4,  Übungen,  2;  Behandlung  von  Problemen  der  theo- 
retischen Mechanik,  2.  —  N".  U.:  Höhere  Mathematik  I,  6, 
Übungen,  2.  —  Schur:  Darstellende  Geometrie  I  und  II,  4, 
ibungen,  4;  Graphische  Statik,  2,  Übungen,  2.  —  Wede- 
kind: Höhere  Mathematik  II,  3.  —  Dlsteli:  Projektions- 
lehre mit  Übungen,  2;  Elemente  der  höheren  Mathematik  mit 
Übungen,  i.  —  Haid:  Praktische  Geometrie,  3;  Höhere  Geo- 
däsie, 3;  Geodätisches  Praktikum  I,  für  Ingenieure,  Forst- 
studierende und  Geometer,  2,  III,  ftlr  Geometer,  3;  Methode 
der  kleinsten  Quadrate,  2.  — 

Universität  Kiel. 

Weber:  Einleitung  in  die  theoretische  Physik,  4;  Physi- 
kalische Masseinheiten,  i  g.\  Ausgewählte  physikalische  Mes- 
sungen und  Untersuchungen,  tägl.  ausser  Sonnabend;  Physi- 
kalisches Kollocjuium,   2.    —   Iienard:    Experimentalphysik: 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


595 


Allgemeine  Physik,  Akustik,  Wärmelehre,  4;  Physikalisches 
Praktikum  für  Anfänger,  zugleich  fiir  Chemiker,  Mediziner, 
Pharmazeuten,  7;  Physikalische  Untersuchungen  Fortge- 
schrittener, tägl.  ausser  Sonnabend ;  Besprechung  physikalischer 
Fragen,  i  g,  — 

Olaisen:  Organische  Experimentalchemie,  4 ;  Chemisches 
Praktikum  I,  in  der  anorganischen  Abteilung  (mit  Biltz) 
a)  halbtägig,  b)  ganztägig,  tägl.  ausser  Sonnabend,  II,  in  der 
organischen  Abteilung,  nur  ganztägig,  tägl.  —  Rügheimer: 
Über  die  Alkaloide  und  deren  Ermittelung  bei  Vergiftungs- 
fällen, I ;  Über  pharmazeutisch  wichtige  Alkaloide,  zur  Er- 
gänzung der  vorhergehenden  Vorlesung,  I4tägig,  i  g.\  Ober 
chemische  Dynamik,  2.  —  Biltz:  Chemie  der  Metalle  (Fort- 
setzung des  Kollegs  über  anorganische  Experimentalchemie),  3; 
Physikalische  Chemie  der  Aggregatzustände,  2.  —  XSmmer- 
ling:  Agrikulturchemie  (praktischer  Teil),  lg.  —  Berend: 
Über  die  Synthesen  der  organischen  Chemie,  2.  —  Stoehr: 
Ausgewählte  Kapitel  der  organischen  Chemie,  i.  —  FeiBt: 
Chemie  der  Benzolderivate,  2;  Besprechung  neuerer  Arbeiten 
auf  dem  Gebiete  der  organischen  Chemie  (4.  Serie),  Htägig,  g,  — 

Pochhammer :  Elemente  der  Zahlentheorie,  3 ;  Einleitung 
in  die  Funktionentheorie,  3;  Übungen  im  mathematischen 
Seminar,  lg,  —  Harzer:  Mechanik  des  Himmels  (Schluss).  3; 
Übungen  im  numerischen  Rechnen,  i  g\  Übungen  an  den  In- 
strumenten der  Sternwarte,  g,  —  Btäokel:  Integralrechnung, 
3;  Differentialgeometrie  krummer  Flächen,  3;  Natürliche  Geo- 
metrie der  Kurven,  i  g.\  Übungen  im  mathematischen  Seminar, 
lg.  —  Kreutz :  Theorie  der  speziellen  Störungen,  2 ;  Astro- 
nomische Übungen,  i  ^.  —  Weinnoldt:  Darstellende  Geo- 
metrie, Parallelprojektion  und  Perspektive,  4.  — 

Universität  Königsberg. 

Pape:  Experimentalphysik  II:  Elektrizität  und  Magnetis- 
mus, Akustik,  Optik,  5;  Physikalisches  Praktikum;  Dioptrik, 
lg.  —  Volkmann:  Theorie  der  Wärme,  4;  Physikalisch- 
praktische Übungen,  für  Anfänger  und  Vorgerückte,  6;  Phy- 
sikalisch-theoretische ÜDungen  im  mathematisch-physikalischen 
Seminar,  lg.  —  Cohn:  Potentialtheorie,  3;  Ausgewählte 
Kapitel  der  Geodäsie,  2  g.  — 

liOBSen:  Anorganische  Experimentalchemie,  6;  Chemisches 
Praktikum,  tägl.;  Kleines  chemisches  Praktikum;  Ausgewählte 
Kapitel  der  theoretischen  Chemie,  lg.  —  Klinger:  An- 
organische Chemie,  4;  Darstellung  und  Prüfung  offizineller 
Arzneimittel,  2 ;  Übungen  im  Laboratorium,  tägl.  ausser  Sonn- 
abend ;  Besprechung  neuerer  chemischer  Arbeiten  (mit  Kippen- 
berger),  lg.  —  Stutzer:  Die  Chemie  der  tierischen  Er- 
nährung, 4;  Grosses  chemisches  Praktikum,  tägl.;  Kleines 
chemisches  Praktikum,  lo;  Seminaristische  Übungen  aus  dem 
Gebiete  der  Agrikulturchemie,^.  —  Bloohmann:  Technische 
Chemie  I:  Metallurgie,  2;  Über  die  fiir  analytische  Unter- 
suchungen, sowie  für  die  chemisch-technischen  Betriebe  be- 
stehenden Vereinbarungen  und  gesetzlichen  Bestimmungen,  i  g. 
—  Kippenberger:  Ausgewählte  Kapitel  der  Chemie,  2;  Tech- 
nik der  elektrochemischen  Betriebsanlagen,  lg.  —  Xiöwen- 
herz:  Einleitung  in  die  organische  Chemie,  i;  Die  Grund- 
lebren der  physikalischen  Chemie  für  Mediziner  und  Chemiker, 
I  g\  Repetitorium  der  Physik  fürMediziner  und  Chemiker,  ig.  — 

Struve:  Einleitung  in  die  Himmelsmechanik,  3 ;  Stönmgs- 
theorie  für  Fortgeschrittene,  g.\  Übungen  im  Beobachten  und 
Rechnen,  zweimal,  g.  —  Meyer;  Integralrechnung,  4,  Übun- 
gen, I  g.\  Anwendungen  der  Differentialrechnung  auf  Geo- 
metrie (Differentialgeometrie),  4,  Übungen,  lg,  —  Schoen- 
flies:  Anwendungen  der  elliptischen  Funktionen  auf  Geo- 
metrie, Mechanik  und  mathematische  Physik,  4;  Übungen  im 
mathematischen  Seminar,  2  g.  —  Saalsohütz :  Einleitung  in 
die  algebraische  Analysis,  4,  Übungen,  i  g.\  Theorie  der  Fouricr- 
sehen  Reihen,  2  g.  —  Vahlen:  Invariantentheorie,  3;  Theorie 
der  geometrischen  Konstruktionen  (Schluss),  lg.  — 

Universität  Lausanne. 

Henri  Dufour :  Experimentalphysik :  Wärmelehre,  Akus- 
tik, geometr.  Optik,  5 ;  Landwirtschaftliche  Meteorologie,  2  g. ; 
Praktische  Arbeiten  im  Laboratorium  für  Anfanger,  i  Nach- 
mittag; Ausgewählte  Kapitel  der  Physik,  3.  —  Mayor:  Me- 
chanik, 5,  Übungen,  l ;  Mathematische  Physik,  2 ;  Graphische 
Statik  I,  2.  —  Palaz:  Elektrotechnik  I:  Theoretischer  Teil, 
3,  II:  Verteilung  der  elektrischen  Energie,  3,  Übungen;  Elek- 


trische Installationen,  2;  Elektromechanische  Konstruktionen, 
2;  Arbeiten  im  Laboratorium  für  Elektrotechniker. —  Qaillard: 
Elektromechanische  Konstruktionen,  2.  —  Mercanton:  Aus- 
gewählte Kapitel  der  theoretischen  und  experimentellen  Physik, 
l;  Elektrische  Messungen  I,  i,  III,  i.  —  Bonard:  Die  Phy- 
sik der  krystallisierten  Materie,  l.  —  P.  Dutolt:  Physikalische 
Chemie,  2,  Übungen,  4;  Theoretische  Elektrochemie,  2;  An- 
gewandte Elektrochemie,  2;    Arbeiten  im  Laboratorium,  tägl. 

—  Reise:   Theoretische  Photographie  und  Praktikum,  2.  — 

Brunner:  Anorganische  Chemie,  5;  Toxikologie,  i; 
Aromatische  Reihe  (Fortsetzung),  i  g.\  Arbeiten  im  Labora- 
torium,  tägl.  ausser  Sonnabend;   Pharmazeutische  Chemie,    2. 

—  Chuard:  Volumetrische  Analyse,  i;  Ausgewählte  Ka|iitel 
der  landwirtschaftlichen  Chemie,  2;  Spezielle  Chenüe  (Ein- 
führung in  die  technische  Chemie),  2.  —  Brdlaz:  Technische 
Analyse,  i;  Technische  Chemie  II:  Spezieller  Kurs,  2.  — 
Pelet:  Technische  Chemie,  Herstellung  der  chemischen  Pro- 
dukte I,  2;  Die  Farbstoffe  I,  2;  Parfümerien  und  synthetische 
Arzneimittel,  2;  Laboratorium  der  industriellen  Chemie,  4  Nach- 
mittage. —  Bourget:  Physiologische  Chemie  mit  Übungen, 
I   Nachmittag.  — 

Amstein:  Differential-  und  Integralrechnung  I,  6,  Übun- 
gen, 2,  11,2,  Übungen,  2;  Funktionentheorie,  3;  FUemente  der 
Differential-  und  Integralrechnung  (fiir  die  Studierenden  der 
Physik  und  Naturwissenschaften),  3.  —  Joly:  Beschreibende 
Geometrie  I,  5,  Übungen,  1  Nachmittag;  Analytische  Geo- 
metrie, 2 ;  Geometrie  der  Lage,  2 ;  Flächenkurven,  2.  —  Mail- 
lard:  Astronomie:  Sphärische  Trigonometrie,  sphärische  Astro- 
nomie etc.,  3;  Mathematische  Entwicklung  der  Elemente  der 
himmlischen  Mechanik,  i.  — 

Universität  Leipzig. 

Wiener:  Experimentalphysik  II:  Licht,  Magnetismus, 
Elektrizität,  5;  Selbständige  physikalische  Arbeiten  für  Vor- 
geschrittene, tägl.;  Physikalisches  Praktikum,  9;  Physikalisches 
Kolloquium,  2g.  —  v.  Oettingen :  Meteorologie,  ig.  — 

Wislioenus;  Organische  Experimentalchemie,  5;  Aus- 
gewählte Kapitel  aus  der  Chemie  der  Metalle,  iV'2  S'^  Chemi- 
sches Vollpraktikum,  für  Analytiker,  tägl.,  für  Vorgerücktere 
(mit  Stobbe  und  Rassow),  tägl.;  Chemisches  Halbpraktikum, 
tägl.  ausser  Sonnabend.  —  Ostwald;  Elemente  der  allge- 
meinen und  physikalischen  Chemie,  3 ;  Chemisches  Praktikum, 
tägl.;  Physik alisch-chemisi;hes  Praktikum,  tägl.;  Besprechung 
wissenschaftlicher  Arbeiten,  lg.  —  Beckmann;  Anorganische 
Chemie  mit  besonderer  Berücksichtigung  ihrer  Anwendung,  5 ; 
Besprechung  pharmazeutisch-chemischer  Präparate  (organischer 
Teil),  2 g.\  Chemisches  Praktikum,  tägl.;  Arbeiten  auf  dem 
Gebiete  der  Nahrungsmittelchemie,  tägl.;  Pharmazeutisch-toxi- 
kologisches Praktikum,  halbtägig;  Chemisches  Praktikum  für 
Mediziner.  —  Stobbe:  Organische  Experimentalchemie  III: 
Die  heterozyklischen  Verbindungen,  2;  Chemie  der  Kohlen- 
stoffringe (Verbindungen  mit  kondensierten  Benzolkemen,  Poly- 
methylene  und  hydroaromatische  Substanzen),  i.  —  Wagner: 
Einführung  in  die  Analyse,  i;  Chemisches  Praktikum  für 
Lehrer  (Analyse  und  Schulversuche),  tägl.  —  Rassow:  Che- 
mische Technologie,  organische  Betriebe  (Cellulose,  landwirt- 
schaftliche Gewerbe,  Fette,  natürliche  Farbstoffe),  mit  Exkur- 
sionen, 2 ;  Chemische  Technologie  der  Teerfarbstoffe,  2.  — 
liUther:  Besprechung  neuerer  Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der 
anorganischen  Chemie,  2,  Seminar,  i  g,  —  Bodenstein :  An- 
gewandte Elektrochemie,  2.  —  Henze:  Ausgewählte  Kapitel 
der  organischen  Chemie,  2.  —  Reinisch:  Lötrohrübungen 
((jualitativ),  2.   —  Rothmund:  Wird  später  ankündigen.  — 

Neumann:  Differential^  und  Integralrechnung,  4;  Mathe- 
matisches Seminar,  2  g.  —  Bruns :  Wahrscheinlichkeitsrech- 
nung und  Kollektivmasslehre,  4 ;  Mechanik  des  Himmels,  2 ; 
Praktische  Übungen  in  der  Sternwarte  (mit  Peter),  g.  — 
Mayer:  Variationsrechnung,  4.  —  Holder:  Elliptische  Funk- 
tionen, 4 ;  Partielle  Differentialgleichungen,  2 ;  Mathematisches 
Seminar,  i  ^>  —  Bngel:  Determinanten  und  algebraische 
Gleichungen,  4,  Übungen,  i  g.\  Theorie  der  Transformations- 
gruppen  (Fortsetzimg),  2,  Übungen,  i  ^.  —  Peter:  Astrono- 
mische Ortsbestimmungen,  i ;  Übungen  im  Berechnen  von  Ephe- 
meriden  und  Bahnen,  I.  —  Hau8dor£f:  Analytische  Mechanik, 
3,  Übungen,  i  ^.  —  Xiiebmann:  Analytische  Geometrie  des 
Raumes,  2 ;  Theorie  der  bestimmten  Integrale,  2 ;  Darstellende 
Geometrie,  2,  Übungen,  lg,  — 


596 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


Universität  Marburg. 

Richars:  Experimentalphysik:  Lehre  von  der  Wärme, 
dem  Magnetismus  und  der  Elektrizität,  5  i  Physikalisches  Prak- 
tikum (mit  Feussner),  6;  Leitung  selbständiger  Untersuchun- 
gen, tägl.;   Physikalisches  Kolloquium    (mit  Feussner),   2  g. 

—  Feussner:  Die  Lehre  von  der  Wärme,  besonders  mecha- 
nische Wärmetheorie,  4.  — 

Zincke:  Allgemeine  Chemie  II:  Organische  Chemie  ßr 
Chemiker  und  Mediziner,  5;  Repetitorium  über  anorganische 
Chemie  f\ir  Mediziner,  I ;  Praktische  Übungen  in  der  allge- 
meinen und  analytischen  Chemie,  sowie  selbständige  chemische 
Arbeiten  (mit  Schenck),  tägl;  Praktisch-chemischer  Kursus 
für  Mediziner  (mit  Schenck),  4,  —  B,  Schmidt:  Organische 
Chemie  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Pharmazie  und 
Medizin,  6;  Über  Prüfung  der  Arzneimittel,  i;  Praktische 
Übungen  in  der  analytischen  und  forensischen  Chemie,  sowie 
in   der  Untersuchung  der  Nahrungs-   und   Genussmittel,   tägl. 

—  Schaum:  Physikalische  Chemie,  3;  Mathematische  Er- 
gänzungen zur  physikalischen  Chemie,  i  g.;  Interferenz  und 
Polarisation,  i.  —  Fittlca:  Analytische  Chemie,  4;  Altere 
Geschichte  der  Chemie,  i.  —  N".  W. :  Chemie  der  mensch- 
lichen Nahrungs-  und  Genussmittel,  2;  Ausmittelung  der  Gifte, 

1  ^.  —  Schenck:  Spezielle  anorganische  Chemie,  3;  Elektro- 
chemisches Praktikum,  3.  —  Beissert:  Chemie  der  Benzol- 
derivate, 2.  — 

Schottky:  Algebraische  Analysis,  3;  Elliptische  Funk- 
tionen, 4 ;  Mathematisches  Seminar,  2  g,  —  Hess :  Integral- 
rechnung, 5;  Sphärische  Trigonometrie  und  deren  Anwen- 
dungen, 2 ;  Übungen  des  mathematischen  Seminars :  a)  für  An- 
fänger, lV2>  l>)  ^  Vorgeschrittene,  172»  —  v.  Dalwig^k: 
Analytische  Geometrie  des  Raumes  (besonders  Flächen  zweiten 
Grades),  4 ;  Analytische  und  graphische  Statik  mit  Übungen,  2 ; 
Höhere  Kapitel  aus  der  analytischen  Geometrie,  lg.  —  Jung: 
Algebra,  4;  Differential-  und  Integralrechnung  im  Anschluss 
an  Nemsts  Differentialrechnung  (filr  Chemiker),  4,  — 

Universität  München. 

Röntgen:  Experimentalphysik  I,  5;  Praktische  Übungen 
im  Laboratorium  (mit  Graetz  und  Zehn  der),  4;  Anleitung 
zu  selbständigen  Arbeiten,    tägl.;    Physikalisches  Kolloquium, 

2  g.  —  Qraetz:  Analytische  Mechanik,  5;  Elektronentheorie, 
I.  —  Zehnder:  Über  Kathodenstrahlen,  X-Strahlen  und  ver- 
wandte Strahlen,  mit  Demonstrationen,  i.  —  Donle:  Ein- 
führung in  die  elektromagnetische  Theorie  des  Lichtes,  2.  — 
£rk:  Allgemeine  Meteorologie  und  Klimatologie,  unter  be- 
sonderer Berücksichtigung  der  Forst-  und  Landwirte,  4;  An- 
leitung zu  selbständigen  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Meteoro- 
logie, tägl.  g.  — 

V.  Baeyer :  Unorganische  Experimentalchemie,  5 ;  Prak- 
tische Übungen  im  chemischen  Laboratorium  (mit  K.  Hof- 
mann und  Piloty  in  der  unorganischen,  mit  Königs  und 
Willstätter  in  der  organischen  Abteilung),  tägl.  ausser  Sonn- 
abend. —  Hilger:  Pharmazeutische  Chemie  I,  4;  Die  wissen- 
schaftlichen Grundlagen  der  Nahrungsmittelchemie:  Gärungs- 
erscheinungen, Gärungsgewerbe,  Milch-  und  Molkereiprodukte, 
2  g. ;  Grundzflgc  der  physiologischen  Chemie,  i  g. ;  Chemisches 
Praktikum:  Arbeiten  auf  dem  Gesamtgebiete  der  angewandten 
Chemie,  speziell  der  Nahrungsmittel,  physiologische  Chemie 
und  elektrochemische  Arbeiten  (mit  Weinland),  halb-  und 
ganztägig.  —  Königs:  Alkaloide,  Jg.  —  K.  Hofmann: 
Spezielle  unorganische  Experimentalchemie:  Metalloide  und 
Schwermetalle,  3 ;  Praktikum  fUr  Gasanalyse,  4 ;  Praktikum  für 
Spektralanalyse,  2.  —  Piloty ;  Analytische  Chemie  (qualitative 
und  quantitative  Gewichtsanalyse),  3;  Elektrolytisches  Prak- 
tikum, ganztägig.  —  Willstätter:  Benzolderivate,  4;  Kon- 
versatorium  über  organische  Chemie,  i.  —  Dieckmann: 
Chemie  der  Fettreihe,  2.  —  H.  Weinland:  Prüfung  und 
Wertbestimraung  der  Arzneimittel  nach  dem  deutschen  Arznei- 
buch 2.  (organischer)  Teil,   lg.  — 

Q.Bauer:  Vorlesung  noch  unbestimmt;  Mathematisches 
Seminar,  2  g.  —  P.  Lindemann :  Theorie  der  Funktionen 
einer  komplexen  Variabein,  4;  Anwendungen  der  Infinitesimal- 
rechnung auf  die  Theorie  der  Kurven  und  Flächen  im  Räume,  4; 
Über  das  Problem  der  Quadratur  des  Kreises,  2;  Mathematisches 
Seminar,  iV2^-  —  Pringshelm:  Differentialrechnung,  5; 
Zahlentheorie,  3.  —  Brunn:  Einleitimg  in  die  mathematische 
Auffassung  der  Natunvisseuschaften  nebst  Elementen  der  me- 


chanischen Wärmetheorie,  (Ür  Chemiker,  4;  Probleme  der 
Analysis  situs,  2.  —  Döhlemsnn:  Darstellende  Geometrie  I, 
4,  Übungen,  3;  Die  Transformation  durch  reziproke  Radien 
und  deren  Anwendungen,  2 ;  Kinematik  (Geometrie  der  Bewe- 
&*"^ß)»  I  ^'  —  ^^-  V-  Weber:  Analytische  Geometrie  der 
Ebene,  mit  Übungen,  5;  Differentialgleichungen,  4.  —  Korn: 
Mathematische  Vorkenntnisse  zum  Studium  der  theoretischen 
Physik,  5 ;  Das  Problem  der  Eigenschwingungen  kompressibler 
Systeme,  2^.  —  Qottler:  Algebraische  Analysis,  4.  —  Seeli- 
ger: Die  Grundlehren  der  Astronomie  in  elementarer  Dar- 
stellung, 4;  Astronomisches  Kolloquium,  ^.  —  Anding;  Bahn- 
bestimmung der  Planeten  und  Kometen,  4;  Wahrscheinlichkeits- 
rechnung und  Methode  der  kleinsten  Quadrate,  2.  — 

Technische  Hochschule  München. 

Ebert:  Experimentalphysik:  Mechanik,  Wärmelehre,  Rei- 
bungs-,  Berührungs-  und  Thermoelektrizität,  6;  Physikalisches 
Praktikum,  4  oder  8;  Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Unter- 
suchungen auf  dem  Gebiete  der  Physik,  48.  —  Ejioblauoh: 
Technisch-physikalisches  Praktikum,  4;  Anleitung  zur  Aus- 
führung wissenschaftlicher  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  tech- 
nischen Physik,  48;  Anwendungen  der  Thermodynamik  auf 
physikalisch-chemische  Erscheinungen,  2.  —  Fischer:  Mecha- 
nische Wärmetheorie,  2,  Übungen,  i.  —  Schröter:  Mecha- 
nische Wärnietheorie  (Technische  Thermodynamik),  2,  Übgn.,  i; 
Theoretische  Maschinenlehre  I,  3,  11,2,  Übungen,  2.  —  Bmden: 
Grundzüge  der  Theorie  der  Fourier sehen  Reihen,  Kugelfunk- 
tionen und  Cylinderfiinktionen  und  Anwendung  derselben  auf 
physikalische  Probleme,  3;  Übungen  in  der  Anwendung  der 
harmonischen  Funktionen  auf  physikalische  Probleme,  i.  — 
!Eidelmann:  Photographie  mit  besonderer  Berücksichtigung 
der  Lichtpause-  und  Vervielfältigungsprozesse,  i.  —  Voit: 
Angewandte  Physik:  Heizung,  Ventilation,  Akustik  der  Ge- 
bäude, Blitzableiter,  3;  Elektrotechnik  für  Maschineningenieure 
und  Chemiker,  2;  Beleuchtungstechnik  und  Konstruktion  der 
Bogenlampen,  2 ;  Telegraphie  und  Telephonie,  2.  —  Heinke : 
Grundzüge  der  Elektrotechnik,  2 ;  Elektrotechnische  Messkunde, 
2;  Elektrotechnisches  Praktikum  I:  Messtechnik  und  Photo- 
metrie, 8,  für  Vorgeschrittene,  20  bis  32;  Elektrische  Arbeits 
Übertragung  und  Centralanlagen,  2.  —  Qleiolunann:  Elek- 
trische Schalt-  und  Regulierapparate,  i ;  Elektrische  Bahnen, 
2.  —  Ossanna:  Elektrotechnisches  Praktikum  II:  Mes 
sungen  an  Maschinen,  Gleichrichtern  und  Transformatoren, 
8;  Theorie  und  Konstruktion  der  elektrischen  Maschinen 
I:  Gleichstrommaschinen  und  Umformer,  3,  III:  Transforma- 
toren und  Asynchronmotoren,  3;  Entwerfen  von  elektrischen 
Maschinen,  4.  —  v.  Lossow:  Konstruktionslehre  der  Ma- 
schinenteile I,  6;  Entwerfen  von  Maschinenteilen  I,  für  Ma- 
schineningenieure, 8,  für  Elektroingenieure,  6;  Dampfkessel 
und  deren  Feuerungen,  2.  —  UltSCh:  Konstruktionslehre  der 
Arbeitsmaschinen  I,  2,  II,  2;  Entwerfen  von  Arbeltsmaschinen 
I,  6;  Elementare  Mechanik  als  Einleitung  in  die  allgemeine 
Maschinenlehre,  2;  Allgemeine  Maschinenlehre  a)  Maschinen- 
teile, b)  Arbeitsmaschinen  I,  3.  —  Camerer:  Wasserkraft- 
maschinen, 6.  —  Liynen:  Entwerfen  von  Dampfmaschinen, 
8;  Konstruktionslehre  der  Eisenbahnmaschinen,  4.  —  v.  Xiinde: 
Theorie  der  Kältemaschinen,  2.  —  V.  Hoyer:  Mechanische 
Technologie  I,  6.  — 

Mathmann:  Unorganische  Experimentalchemie  einschl. 
der  Grundzüge  der  physikalischen  Chemie,  6;  Chemisches 
Praktikum  im  analytischen  und  elektrochemischen  Laborato- 
rium, 10  bis  30;  Spezielle  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der 
unorganischen  Chemie  und  der  Elektrochemie,  30.  —  BchultB: 
Chemisches  Praktikum  im  organischen  Laboratorium,  20  bis 
30;  Chemische  Technologie  I,  2,  II,  4;  Praktikum  im  chemisch- 
technischen I^aboratorium,  20  bis  30.  —  SSibner:  Chemie  der 
Benzolderivate  I,  2.  —  Rohde:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der 
organischen  Chemie  mit  Berücksichtigung  der  Tageslitteratur, 
I.  —  Ijipp:  Analytische  Chemie  der  Metalle  und  Metalloide 
nebst  Gewichts-  imd  Massanalyse  II,  2;  Brennmaterialien  und 
Feuerungsanlagen  mit  Einschluss  der  technischen  Gasanalyse 
I,  2.  —  Hofer:  Theoretische  Elektrochemie,  2.  —  Baur: 
Chemische  Kosraographie,  i.  —  Xiintner:  Chemische  Tech- 
nologie des  Wassers  und  der  Kohlenhydrate  I,  3;  Gärungs- 
chemisches Praktikum,  30;  Technologie  imd  Warenkunde  II, 
für  Zolldienstaspiranten,  4.  — 

V.  Braunmühl:  Algebraische  Analysb  und  Trigono- 
metrie,   4,  Übungen,    i ;    Projektivischc  Geometrie   in  synthe- 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.    No.  24. 


597 


tischer  Behandlung,  4,  Übungen,  i ;  Mathematisch-historisches 
Seminar,  2.  —  Finsterwalder:  Höhere  Mathematik  I,  6, 
Übungen,  3;  Theorie  der  optischen  Instrumente,  2.  —  V.  Dyok: 
Höhere  Mathematik  III,  5,  Übungen,  3;  Mathematisches  Seminar 
(Kolloquium),  (mit  Finsterwalder),  2;  Einleitung  in  die 
analytische  Mechanik,  4.  —  Anding:  Wahrscheinlichkeits- 
rechnung und  Methode  der  kleinsten  Quadrate,  2.  —  Bur- 
mester:  Darstellende  Geometrie,  4,  Übungen,  4.  —  Schmidt: 
Vermessungskunde  I,  4,  Praktikum  I,  2  oder  4;  Höhere  Geo- 
däsie und  Ausgleichungsrechnung,  4;  Katastermessungen,  3, 
Praktikum  lll,  8;  Kartierungsfibungen,  4.  —  Bisohoff:  Aus- 
gleichungsrechnung (Praktikum),  i ;  Mechanisches  und  gra- 
phi.sches  Rechnen,  i.  —  QUnther:  Methodik  der  mathema- 
tischen Geographie,  i.  —  Foppl:  Technische  Mechanik 
einschliesslich  der  Elemente  der  graphischen  Statik  und  der 
analytischen  Mechanik  II:  Graphische  Statik,  3,  III:  Festig- 
keitslehre, 4,  Übungen,  2.  —  Kutta:  Einleitung  in  die  Elasti- 
zitätstheorie und  Hydrodynamik,  3.  — 

Universität  Münster. 

Hittorf:  Liest  nicht.  —  Heydweiller:  Experimental- 
physik II:  Akustik,  Magnetismus,  Elektrizität,  Optik,  4;  Theo- 
retische Optik,  2;  Physikalische  Übungen,  3  oder  6;  Wissen- 
schaftliche Untersuchungen  im  physikalischen  Institut,  tdgl.; 
Physikalisches  und  physikalisch -chemisches  Kolloquium,  2  g. 

—  Reinganum:  Hydrodynamik,  2.  — 

Balkowaki:  Organische  Chemie  II:  Die  cyklischen  (aro- 
matischen) Verbindungen,  4;  Die  Schwermetalle,  2^.;  Prak- 
tische Übungen  und  Leitung  wissenschaftlicher  Arbeiten,  35. 

—  König:  Analytische  Chemie  I,  i;  Chemie  der  mensch- 
lichen Nahrungs-  und  Genussmittel,  2  g.\  Übungen  im  agri- 
kulturchemischen Laboratorium,  39  g.  —  Kassner:  Pharma- 
zeutische Chemie  (organischer  Teil)  mit  Demonstrationen  und 
Experimenten,  4 ;  Ausgewählte  Kapitel  der  chemischen  Techno- 
logie mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Brennstoffe  und  ihrer 
Ausnutzung,  i;  Pharmazeutisch-chemische  und  toxikologische 
Übungen  im  Laboratorium.  Darstellung  chemischer  Präparate. 
Für  Geübtere  Bearbeitung  wissenschaftlicher  oder  technischer 
Themata,  30;  Massanalyse,  \  g,  — 

KiUing:  Analytische  Mechanik  II,  4;  Analytische  Geo- 
metrie II,  3,  Übungen,  i  g. ;  Theorie  der  Transformations- 
gruppen, 2;  Übungen  des  mathematischen  Unterseminars,  2  g. 

—  V.  liilienthal:  Differential-  und  Integralrechnung  II,  4; 
Einleitung  in  die  Theorie  der  Differentialgleichungen,  4;  Übun- 
gen des  mathematischen  Oberseminars,  \  g,  —  Dehn :  Ellip- 
tische Funktionen,  3;  Graphische  Statik,  2;  Übungen  zur 
Funktionentheorie,  \  g.  — 

Universität  Prag. 

Iieoher:  Experimentalphysik  I,  5 ;  Anleitung  zu  selbstän- 
digen Untersuchungen,  tägl.  g.  —  v.  Q^itler:  Physikalisches 
Praktikum  I  für  Physiker  und  Mathematiker,  6,  für  Chemiker 
und  Naturhistoriker,  3;  Physikali.sche  Messmethoden,  2;  Theorie 
der  verdünnten  Lösungen,  2. — Ijippioh :  Theoretische  Mechanik, 
3;  Potentialtheorie,  2;  Mathematisches  Seminar,  z  g,  —  Spi- 
taler:   Allgemeine  Meteorologie  I,  3;   Ozeanographie,  i.  — 

Qoldsohmiedt:  Anorganische  Chemie,  5;  Chemische 
Experimentierübungen,  2;  Chemische  Übungen,  ganz-  und  halb- 
^^S^S»  ^^1'»  ^ür  Mediziner,  10;  Übungen  in  sanitätspolizeilich- 
chemischen  Untersuchungen,  halbtägig,  tägl.  ausser  Sonnabend ; 
Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Untersuchungen  für  Vorgeschrit- 
tene, tägl.  g.  —  Qintl:  Anleitung  zur  Ausführung  gerichtlich- 
chemischer  Untersuchungen  mit  praktischen  Übungen,  4.  — 
Brunner:  Pharmazeutische  Chemie,  5.  —  V.  Oarzarolli: 
Analytische  Chemie  mit  Demonstrationen,  3.  —  Meyer:  Übun- 
gen in  chemischen  Berechnungen,  i.  —  Kirpal:  Pyridinderi- 
vate,  I.  — 

Pick:  Differential- u.  Integralrechnung,  5;  Mathematisches 
Seminar,  2  g,  —  Qmeiner:  Analytische  Geometrie,  3;  Doppel- 
integrale, 2 ;  Analytisch-geometrische  Übungen,  \  g.  —  Weiss : 
Elemente  der  darstellenden  Geometrie,  2.  —  Weinek:  Sphä- 
rische Astronomie  II,  3.  —  Oppenheim :  Elemente  der  höheren 
Geodäsie,  2 ;  Geschichte  der  Astronomie  von  Newton  bis  in  die 
neueste  Zeit,  i. — 

Technische  Hochschule  Prag. 

M".  N.:  Physik,  5;  Ausgewählte  Kapitel  für  Chemiker,  2. 

—  Pulnj:    Allgemeine    Elektrotechnik,    4,    Repetitorium,    3; 


Ausgewählte     Kapitel     der    Wechselstromelektrotechnik,     i. 

—  Fichl:  Meteorologie  \md  Klimatologie,  3.  —  Doerfel: 
Maschinenlehre,  5,  Repetitorium,  2;  Maschinenbau  II,  2,  Re- 
petitorium, 4. — Baudiss:  Maschinenbau  II,  4,  Repetitorium, 
6;  Maschinenbau,  ausgewählte  Kapitel,  2.  —  Stark:  Enzy- 
klopädie der  Mechanik  II,  2;  Mechanik  I,  6,  Repetitorium, 
I ;  Graphische  Statik,  2,  Repetitorium,  2 ;  Materialienlehre,  i ; 
Baumechanik    I,    fUr  Hörer    des  kulturtechnischen  Kurses,    2. 

—  Schieber.  Allgemeine  Maschinenkunde,  3;  Technisches 
Zeichnen  (Maschineuzeichnen),    4;    Maschinenbau  I   (l.  Teil), 

2,  I  (2.  Teil),  4,  Repetitorium,  8.  —  Iffikolasohek:  Mecha- 
nische Technologie  I,  5,  III,  5.  — 

Qintl:  Allgemeine  Experimentalchemie  der  Mineralstoffe, 
5 ;  Allgemeine  Experimentalchemie  der  Kohlenstoffverbindungen, 
4;  Praktische  Übungen  in  der  Ausführung  chemischer  Opera- 
tionen und  Darstellung  von  Präparaten,  6;  Analytische 
Chemie  (qualitative),  2;  Praktische  Übungen  in  der  quali- 
tativen Analyse,  19;  Analytische  Chemie  (quantitative), 
Repetitorium,  2;  Praktische  Übungen  in  der  quantitativen 
Analyse,  24 ;  Anleitung  zur  Ausfuhrung  wissenschaftlicher  Unter- 
suchungen für  Geübtere,  15;  Chemie  der  Nahrungs-  und  Ge- 
nussmittel und  über  die  Methode  der  chemischen  Untersuchung 
derselben,  2,  Repetitorium,  6.  —  Storch:  Physikalische  Me- 
thoden der  Untersuchung  von  Nahrungsmitteln,  i,  Repetitorium, 
2;  Chemie  der  Metalle  und  technischen  Metallgewinnung,  2; 
Massanalyse  und  chemische  Arithmetik,  i ;  Physikalische  Chemie, 
Elektrochemie,  3;  Theorie  der  cyklischen  Verbindungen,  2; 
Anleitung  zur  Ausführung  wissenschaftlicher  Untersuchungen 
für  Geübtere,  15.  —  Czapek:  Mikroskopierübungen,  3;  Tech- 
nische Mykologie,  2 ;  Warenkunde  und  technische  Mikroskopie, 

3.  —  Zulkowski:  Chemische  Technologie  anorganischer 
Stoffe  I,  6V2;  Übungen  im  chemisch-technischen  Laboratorium, 
ao;  Übungen  über  praktische  Unterweisung  in  der  chemischen 
Untersuchung  von  Rohstoffen  und  Gebrauchsartikeln,  4.  — 
Qintl  Jan.:  Enzyklopädie  der  technischen  Chemie,  2;  Prak- 
tische Übungen  in  der  Ausflihrung  von  Heizgasuntersuchungen, 
I ;  Elementaranalyse  organischer  Verbindungen,  2,  Repetitorium, 
2.  — 

Weiss:  Mathematik  I,  6,  Repetitorium,  2;  Elemente  der 
höheren  Mathematik,  6,  Repetitorium,  i ;  Analytische  Mecha- 
nik, 2.  —  Qrünwald:  Mathematik  II,  5,  Repetitorium,  2; 
Differentialgleichungen  und  deren  Anwendung  auf  Geometrie 
und  Mechanik,  2.  —  Janisoh:  Darstellende  Geometrie,  4, 
Repetitorium,  8 ;  Geometrie  der  Lage,  3.  —  Ruth :  Elemente 
der  niederen  Geodäsie,  3,  Repetitorium,  2 ;  Niedere  Geodäsie  I, 
41/21  Repetitorium,  2;  Höhere  Geodäsie,  3,  Repetitorium,  2; 
Technisches  Zeichnen  A:  Plan-  und  Terrainzeichnen,  4;  Geo- 
dätisches Rechnen,  2.  — 


Universität  Rostock. 

Matthiessen:  Experimentalphysik  II:  Wellenlehre,  Akustik, 
Wärme,  Magnetismus,  Elektrizität,  5 ;  Theorie  der  Interferenzen, 
2;  Kleines  physikalisches  Praktikum  für  Mediziner,  Mathe- 
matiker, Chemiker  und  Pharmazeuten,  12;  Grosses  physikalisches 
Praktikum  für  Geübtere  (mit  Wach  smuth),  tägl.  —  Wachs- 
muth:  Mechanische  Wärmetheorie,  3;  Physikalisches  Kollo- 
quium (mit  Kümmell),  I4tägig,  2g,  —Kümmell:  Thermo- 
chemie, 2;  Atomtheorie,  i;  Kleines  physikalisch-chemisches 
Praktikum,  3;  Grosses  physikalisch-chemisches  Praktikum 
(Leitung  selbständiger  Arbeiten),    tägl.  ausser  Sonnabend.    — 

Michaelis:  Organische  Chemie,  5;  Chemische  Übungen 
im  Laboratorium:  a)  Grosses  Praktikum,  tägl.  ausser  Sonn- 
abend, b)  Kleines  Praktikum,  9,  c)  Übungen  für  Mediziner,  4, 
d)  f^  Nahrungsmittelchemiker,  4;  Pharmazeutische  Präparaten- 
kunde, 2^.  —  Heinrich:  Grosses  agrikulturchemisches  Prak- 
tikum, tägl.  —  Stoermer:  Analytische  Experimentalchemie, 
4;  Gerichtliche  Chemie,  2;  Repetitorium  der  anorganischen 
Chemie,  3.  —  Kunckell:  Titriermethoden  des  Arzneibuches 
und  Repetitorium  der  pharmazeutischen  Chemie,  2 ;  Einführung 
in  die  Nahrungsmittelanalyse  für  Pharmazeuten,   i  ^.  — 

Staude:  Analytische  Geometrie  des  Raumes,  4;  Ellip- 
tische Funktionen,  4;  Mathematisches  Seminar,  \  g,  — 

Universität  Strassburg. 

Braun:  Experimentalphysik  II:  Akustik,  Wärme,  Elek- 
trizität, 5;  Physikalische  Übungen,  5  oder  10;  Übersichtskursus 


598 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24. 


für  Mediziner,  3;  Wissenschaftliche  physikalische  Arbeiten, 
tägl.  ausser  Sonnabend;  Physikalisches  Kollo(|uium,  2  g.  — 
Cohn:  Elektrodynamik  mit  Einschluss  der  elektromagnetischen 
Theorie  des  Lichts,  3,  Seminaristische  Übungen,  \  g.  — 
Zenneck:  Elektromagnetische  Schwingungen  (experimentell) 
II:  Schnelle  Schwingungen  und  deren  praktische  Verwendung, 
I.  —  Hergesell:  Grundzüge  der  Meteorologie,  2;  Meteoro- 
logische Arbeiten  im  meteorologischen  Institut,  tägl.  g.  — 
Cantor:  Physikalische  Chemie,  2,  Praktische  Übungen,  4.  — 

Thiele:  Experimentalchemie,  anorganischer  Teil,  5;  Che- 
mische Übungen  und  Untersuchungen  im  Laboratorium,  tägl. 
ausser  Sonnabend.  —  Rose:  Chemische  Technologie  der 
Metalloide,  5.  —  Erlenmeyer:  Repetitorium  der  organischen 
Chemie,  2 ;  Chemisches  Praktikum  (Ür  Anfanger  und  Geübtere 
(mit  Kreutz),  tägl.  —  KÖhl:  Grundzüge  der  theoretischen 
Chemie,  2.  —  Kreutz:  Die  Zusammensetzung  und  Unter- 
suchung der  menschlichen  Nahrungsmittel  und  der  Nachweis 
der  Verfälschungen,  i.  —  Kohlschütter:  Spezielle  anorga- 
nische Chemie  I,  3;  Praktikum  för  Gasanalyse,  3.  —  Schar: 
Pharmakognosie,  4 ;  Toxikologie  (für  Pharmazeuten),  2 ;  Phar- 
makognostische  Demonstrationen,  i  g.\  Übungen  und  Unter- 
suchungen im  Laboratorium  des  pharmazeutischen  Instituts, 
tägl.  ausser  Sonnabend ;  Pharmakognostisches  Praktikum,  4.  — 

Roth:  Algebraische  Analysis  und  Determinanten,  3 ;  Ana- 
lytische Geometrie  des  Raumes,  2;  Gewöhnliche  Differential- 
gleichungen, 2  g.  —  Krazer :  Differential-  und  Integralrech- 
nung, 4;  Analytische  Geometrie  der  Ebene,  3;  Übungen  des 
mathematischen  Seminars  (untere  Abteilung),  2.  —  Reye: 
Geometrie  der  Lage,  3;  Analytische  Mechanik,  2;  Übungen 
des  mathematischen  Seminars,  2  g,—  Weber:  Die  partiellen 
Differentialgleichungen  der  mathematischen  Physik,  4;  Aus- 
gewählte Kapitel  der  Algebra,  2 ;  Mathematisches  Oberseminar, 
I V2;  Mathematisches  Kolloquium,  I4tägig.  —  Becker:  Theorie 
der  speziellen  Störungen  und  Einleitung  in  die  Theorie  der 
allgemeinen  Störungen,  3;  Die  Doppel-  und  mehrfachen  Sterne, 
I ;  Astronomische  Beobachtungen  an  den  Instrumenten  der 
Sternwarte;  Seminaristische  Übungen  (Kolloquium),  g.  — 
WislicenuB:  Photometrie  des  Himmels,  i;  Geometrische 
Optik,  I ;  Die  Grundlehren  der  Astronomie  in  gemeinverständ- 
licher Darstellung,  i  g. ;  Besprechung  der  neuesten  litterarischen 
Erscheinungen  auf  astronomischem  Gebiete,  lg.  — 

Technische  Hochschule  Stuttgart. 

Koch:  Experimentalphysik:  Mechanik,  Akustik,  Wärme, 
Elektrostatik,  4;  Übungen  im  physikalischen  Laboratorium, 
tägl. ;  Theoretische  Physik :  Potentialtheorie  in  Anwendung  auf 
Elektrostatik  und  Magnetismus,  elektrische  Ströme,  2;  Mete- 
orologie, I.  —  Englisch:  Theoretische  Photographie  mit 
Demonstrationen,  i.  — Veesenmeyer:  Elektrotechnik,  6 ;  Die 
Gleichstromerzeuger,  3;  Elektrotechnische  Konstruktionsübun- 
gen, 8.  —  Herrmann:  Grundzüge  der  Telegraphie  und  Tele- 
phonie,  2;  Theorie  der  Wechselströme,  2. —  Dietrich:  Elektro- 
technische Messkunde,  4 ;  Übungen  im  elektrotechnischen  Labora- 
torium IT,  für  Vorgerücktere  (mit  Herrmann,  Heinrich  und 
Brühn),  täglich  ausser  Sonnabend;  Elektrotechnisches  Semi- 
nar (mit  Veesenmeyer  und  Herrmann),  i.  —  Auten- 
rieth:  Technische  Mechanik,  6,  Übungen  II  für  Maschinen- 
ingenieure, 2.  —  V.  Weyrauch:  Mechanische  Wärme- 
theorie, 4.  —  Berg:  Maschinenzeichnen,  8;  Schattenkonstruk- 
tionen und  Perspektive  für  Maschineningenieure,  8;  Pumpen, 
Übungen,  4.  —  JSmst:  Maschineuelemente  (mit  Kirner),  6, 
Konstruktionsübungen,  ii;  Hebezeuge  (mit  Kirn  er),  2.  — 
Thomann:  Fabrikanlagen  I,  i,  II  mit  Übungen,  2;  Maschinen- 
konstruktionen (mit  Dietrich),  10 ;  Maschinenkunde  mit  Übun- 
gen, 4.  —  Bantlin:  Dampfmaschinen,  6;  Elastizitätslehre,  2, 
Übimgen,  i;  Maschinenkonstruktionen  (mit  Kloth),  8  oder  6. 
—  V.Bach:  Ingenieurlaboratorium  mit  Übungen  (mit  Roser), 
4;  Erörterungen  für  Maschineningenieure,  i.  —  NalliDger: 
Eisenbahnfahrzeuge,  3.  — 

Hell:  Allgemeine  Experimentalchemie,  4;  Übungen  im 
Laboratorium  für  allgemeineChemie  (mitKe  hrer,  Kau  ff  mann 
und  Gansser);  Organische  Chemie,  5.  —  Kehrer:  Ana- 
lytische Chemie,  2.  —  Schmidt:  Ausgewählte  Kapitel  der 
analytischen  Chemie,  2;  Praktische  Arbeitsmethoden  der  orga- 
nischen Chemie,  2;  Populäre  Vorlesungen  über  Chemie,  2.  — 
Kaufßnann:  Physikalische  Chemie,  l;  Chemisch-physika- 
lisches Kolloquium,  I ;  Repetitorium  der  anorganischen  Chemie, 


2.  —  Seel:  Chemisch-pharmazeutisches  Praktikum,  4;  Aus- 
gewählte Kapitel  der  pharmazeutischen  Chemie,  2;  Gewinnung, 
Untersuchung  und  Beurteilung  der  wichtigsten  Nahrungs-  und 
Genussmittel,  lg.  —  N.  N. :  Chemie  der  Nahrungsmittel,  Ge- 
nussmittel und  Gebrauchsgegenstände,  2.  —  Spindler:  Phy- 
siologisch-chemische Analyse,  2.  —  Philip:  Massanalyse,  i. 

—  HaUBSermann:  Technische  Chemie,  2;  Chemische  Techno- 
logie der  Brenn- und  Leuchtstoffe,  2;  Farbenchemie,  3;  Übungen 
im  Laboratorium  für  chemische  Technologie  (mit  Schmidt).  — 

Hohenner:  Trigonometrie,  2,  Übungen,  i  oder  2;  PUm- 
und  Geländezeichnen  II  (mit  Heer  und  EoU),  2:  Kataster- 
messungen mit  Übungen,  4;  Markscheidekunst,  i,  Übungen,  i. 

—  Roth:  Niedere  Analysis,  4.  —  Bretschneider :  Repeti- 
tionen  in  niederer  Mathematik,  i.  —  Cranz:  Elemente 
der  Differential-  und  Integralrechnung  mit  Übungen,  4.  — 
Beuschle:  Analytische  Geometrie  der  Ebene  (mit  Roth), 
Übungen,  l;  Analytische  Geometrie  des  Raumes  (mit  Roth), 
2,  Übungen,  i ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  neueren  analy- 
tischen Geometrie  der  Ebene  und  des  Raumes  einschliesslich 
Invariantentheorie,  3;  Differential-  und  Integralrechnung  11 
(mit  Roth),  2,  Übungen,  2,  III  (mit  Roth),  2,  Übungen,  i; 
Mathematisches  Seminar  (mit  Mehmke),  i.  —  Wölffing: 
Höhere  Algebra,  3;  Variationsrechnung,  I  ^.  —  Mehmke; 
Darstellende  Geometrie  (mit  Roth),  4,  Übungen,  6;  Synthe- 
tische Geometrie  (mit  Roth), 3,  Übungen,  I ;  Graphisches  Rech- 
nen, I.  —  N.  N. :  Schattenkonstruktionen  und  Beleuchtungs- 
kunde, 4.  —  Hammer:  Praktische  Geometrie,  3,  Übungen, 
10;  Ausgleichungsrechnung  nach  der  Methode  der  kleinsten 
Quadrate,  2;  Abbildungen  der  Erdoberfläche  auf  die  Ebene 
(Kartenprojektionen),  i,  Übungen,  i;  Astronomische  Zeit- und 
direkte  geographische  Ortsbestimmung,  2,  Übungen.  — 

Universität  Tübingen. 

Paschen:  Experimentalphysik  II:  Schall,  Wärme,  Mag- 
netismus, Elektrizität,  5;  Physikalische  Übungen  ftir  Anfanger, 
8;  Physikalisches  Kolloquium,  i;  Selbständige  Untersuchungen, 
tägl.  —  Waitz:  Einleitung  in  die  theoretische  Ph3rsik  und 
Theorie  der  Wärme,  3,  Übungen,  2;  Meteorologie,  i.  — 

V.  Hüfner:  Organische  Chemie,  4;  Praktisch-chemische 
Übungen  für  Anfanger  (mit  Küster),  I  (qualitativ),  6,  U 
(quantitativ),  6 ;  Leitung  physiologisch-chemischer  Arbeiten  fdr 
Geübtere,  tägl.  —  WisUcenuB :  Anorganische  Experimental- 
chemie, 5;  Praktische  Übungen  im  chemischen  Laboratorium, 
für  Anorganiker,  ganz-  und  halbtägig,  flir  Organiker  (mit 
B  ü  1  o  w),  tägl.  ausser  Sonnabend ;  Leitung  selbständiger  Arbeiten. 

—  Bülow:  Chemie  des  Benzols  und  seiner  Derivate,  2 ;  Leitung 
selbständiger  Untersuchungen,  tägl.;  Ausgewählte  Kapitel  aus 
der  organischen  Grossindustrie,  I.  —  Küster:  Chemie  der 
Nahrungs- und  Genussmittel,  2;  Repetitorium  der  anorganischen 
Chemie  für  Mediziner,  2.  —  Wedekind:  Moderne  organische 
Probleme,  i ;  Chemie  der  Fettreihe  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  Kohlensäurederivate  und  der  Cyanverbindungen, 
2.  —  Dimroth:  Natürliche  organische  Farbstoffe,  i;  Leitung 
selbständiger  Untersuchungen,  tägl.    — 

V.  Brill:  Einführung  in  die  höhere  Mathematik,  4;  Über 
nichtstarre  Systeme  und  die  Mechanik  von  Hertz,  3;  Übungen 
im  mathematischen  Seminar,  2.  —  Stahl :  Höhere  Algebra,  3 ; 
Anwendungen  der  Funktionentheorie,  4;  Übungen  im  mathe- 
matischen Seminar,  2.  —  Maurer:  Bestimmte  Integrale,  2; 
Differentialgleichungen,  2:  Einleitung  in  die  Theorie  derTemär- 
formen,  I,  Übungen,  i;  Übungen  in  der  höheren  Analj-sis,  2. — 

Universität  Wien. 

V.  Lang:  Experimentalphysik  für  Philosophen  und  Medi- 
ziner I,  4.  —  Boltzmann :  Analytische  Mechanik,  $ ;  Mathe- 
matisch-physikalisches Seminar ,  i ;  Mathematische  Ergänz- 
ungen zur  Experimentalphysik,  i  ^.  —  Sxner:  Experi- 
mentalphysik, 5;  Physikalisches  Praktikum  für  Lehramts- 
kandidaten, 6;  Physikalisches  Praktikum  für  Chemiker 
und  Naturhistoriker,  5;  Physikalische  Übungen  für  Vorge- 
schrittene, tägl.;  Physikalisches  Konversatorium,  lg.  — 
Jäger:  Elemente  der  theoretischen  Physik  III:  Elektrizität 
und  Magnetismus,  3;  Akustik,  2.  —  Moser:  Experiment.il- 
physik  für  Hörer  der  ^fedizin  und  der  Philosophie  (insbesondere 
Elektrizität  und  Optik),  3;  Physikalische  Bedeutung  mathe- 
matischer Begriffe,  2;    Demonstrationen  und  Übungen  an  und 


Physikalische  Zeitschrift.     3.  Jahrgang.     No.  24, 


599 


mit  physikalischen  Apparaten  als  Ergänzung  der  Experimental- 
vorlesung,  i.  —  liSonpa:  Physikalisches  Praktikum  (für  Medi- 
ziner), 2.  —  Benndorf :  Übungen  im  physikalischen  Rechnen, 
2.  —  V.  Schweidler:  Die  elektrischen  Entladungen  in  Gasen, 
2.  —  Meyer:  Elektrochemie,  i.  —  Hasenohrl:  Mechanische 
Wärmetheorie,  2.  —  Mache:  Elektrodynamik,  2.  —  Hann: 
Allgemeine  Meteorologie,  2;  Ausgewählte  Kapitel  aus  der 
Physik  der  Atmosphäre,  i*/2;  Über  Meeresströmungen  und 
Meereswellen,  i.  —  Pernter:   Meteorologische  Optik,  3.  — 

liieben:  Experimentalchemie  I:  Anorganische  Chemie, 
5;  Chemische  Übungen  für  Anfänger,  40;  Chemische  Übungen 
für  Mediziner,  4;  Arbeiten  im  IL  chemischen  Laboratorium, 
fiir  Vorgeschrittene,  tägl.  —  Wegsoheider:  Theoretische 
und  physikalische  Chemie  I,  5;  Chemische  Übungen  für  An- 
fänger, 40;  Arbeiten  im  L  chemischen  Laboratorium  ftlr  Vor- 
geschrittene, tägl.  —  Iiippmann:  Organische  Chemie  I: 
Chemie  der  Methanderivate,  3;  Chemische  Übgn.  för  An- 
fänger, 40;  Arbeiten  Im  chemischen  Laboratorium,  für  Vor- 
geschrittene, tägl.  —  Herzig:  Analytische  Chemie  (quali- 
tativer Teil),  2;  Analytische  Chemie  (quantitativer  Teil),  2;  Üb- 
ungen aus  pharmazeutischer  Chemie  für  Pharmazeuten  im  IV. 
Semester,  40.  —  Fossek:  Liest  nicht.  —  Zeisel:  Die  Zucker- 
arten, 2.  —  Schacherl:  Ausgewählte  Kapitel  aus  der  Nahrungs- 
mittelkunde, insbesondere  für  Kandidaten  der  Nahrungsmittelex- 
pertise, 3.  — Blau:  Terpene  und  Kampfer,!.  —  Vortmann: 
Liest  nicht.  —  Pomeranz :  Theoretische  Chemie,  2.  —  Franke : 
Anleitung  zur  chemischen  Analyse,  i;  Methoden  der  qualitativen 
Analyse,  i.  —  Pollak:  Geschichte  der  Chemie,  2;  Orga- 
nische Technologie,  I.  — Wenzel:  Anorganische  Technologie 
(Metallurgie),  i;  Über  die  physikalischen  Eigenschaften  der 
chemischen  Verbindimgen,  i.  — 

V.  Escherich:  Elemente  der  Differential-  und  Integral- 
rechnung (unter  besonderer  Berücksichtigimg  der  Bedürfnisse 
der  Naturhistoriker,  Physiker,  Chemiker,  Mediziner  und  Ver- 
sicherungsmathematiker), 5,  Übungen,  i;  Proseminar  fiir 
Mathematik,  i;  Seminar  für  Mathematik,  2.  —  Qegen- 
bauer:  Integral-  und  Variationsrechnung,  3;  Theorie 
der  Kugel-  und  Cylinderfunktionen  mit  Anwendungen 
auf  Probleme  der  theoretischen  Physik,  2;  •  Übungen  im 
mathematischen  Proseminar,  i ;  Übungen  im  mathematischen 
Seminar,  2.  —  Mertens:  Zahlentheorie,  5;  Übungen  im 
mathematischen  Seminar,  2 ;  Übungen  im  mathematischen  Pro- 
seminar, I.  —  Kohn:  Einleitung  in  die  synthetische  Geo- 
metrie, 4,  Übungen,  i  g\  Invariantentheorie  mit  geometrischen 
Anwendungen,  2.  —  Tauber:  Versicheningsmathematik,  4, 
Übungen,  2.  —  Elaaohke:  Einführung  in  die  mathematische 
Statistik  II,  3.  —  Zsigmondy:  Liest  nicht.  —  Plemelj:  Po- 
tentialtheorie, 2.  —  Daublebsky  v.  Stemeok:  Anwendungen 
der  Differential-  und  Integralrechnung  auf  die  Geometrie,  2; 
Additive  Zahlentheorie,  I.  —  Carda:  Einführung  in  die 
Theorie  der  Berührungstransformationen,  3.  — Weiss:  Theorie 
der  Sonnenfinsternisse  und  verwandten  Erscheinungen,  2; 
Theorie  der  Feuermeteore,  2.  —  v.  Hepperger:  Sphärische 
Astronomie,  4:  Photometrie,  i  g.  —  Schräm:  Methode  der 
kleinsten  Quadrate,  i.  —  Biartl:  Elemente  der  darstellenden 
Geometrie  mit  Konstruktionsübungen,  4;  Geodätische  Koor- 
dinaten mit  Rechenübungen,   11/2-  — 

Technische  Hochschule  Wien. 

Ditscheiner:  Allgemeine  und  technische  Physik,  5; 
Optik  für  die  Hörer  des  geodätischen  Kurses,  2;  Physik  für 
Chemiker,  2.  Übungen,  I.  —  Hochenegg:  Elektrotechnik,  4, 
Praktische  Übungen  und  Unteisuchungen,  4.  —  Sahulka: 
Theorie  der  Wechselströme  und  deren  Anwendung  in  der 
Praxis,  3.  — -  Beithoffer:  Elektrische  Kraftübertragung  mittels 
Wechselstromes,  2.  —  JüUig:  Elektrische  Telegraphie  und 
Eisenbahnsignalwesen,  2.  —  Liznar:  Meteorologie  und  die 
wichtigsten  Lehren  der  Klimatologie  fiir  Ingenieure,  2.  — 
Strache:  Beleuchtungswesen,  2.  —  Kobes:  Theoretische 
Maschinenlehre,  4.  —  N.  N.:  Maschinenbau  I,  4V2,  Kon- 
struktionsübungen,  14 V2,  H,  5-  —  V.  Hauffe:  Konstruktions- 
übungen zum  Maschinenbau  II,  10.  —  Slnglaender:  Allge- 
gemeine  Maschinenkunde,  3;  Maschinenzeichnen,  6.  —  Meter: 
Feuerungstechnik,  Heizung,  Lüftung  und  sonstige  gesundheits- 
technische Ausbildung  von  Wohn-,  Fabriks-  und  öffentlichen 
Gebäuden,  3;  Heizung  und  Lüftung  von  Wohnräumen,  i.  — 
V.  Stockert:    Eisenbahn-Betriebsmittel,  2;  Eisenbahnbetrieb, 


3.  —  Kick:  Mechanische  Technologie  I,  5,  III,  5.  —  Haupt- 
fleisch:  Mechanische  Technologie  III,  5.  — 

Bauer:  Allgemeine  Experimentalchemie  I:  Anorganische 
Chemie,  5,  Übungen,  20.  — Vortmann:  Analytische  Chemie, 

4,  Übungen,  20.  —  Wegscheider:  Theoretische  und  physi- 
kalische Chemie  I  und  II,  5.  —  Faweck:  Technische  Elektro- 
chemie, 2.  —  Iiippmann:  Chemie  der  Benzolderivate,  2.  — 
Suida:  Die  wichtigsten  Kapitel  aus  der  Chemie  der  aroma- 
tischen Verbindungen,  2.  —  Bamberger:  Enzyklopädie  der 
technischen  Chemie,  3;  Praktische  Übungen  in  der  Ausführung 
technischer  Proben,  3.  —  Feitier:  Ausgewählte  Kapitel  aus 
der  physikalischen  und  theoretischen  Chemie,  i.  —  Ulzer: 
Technische  Analyse  organischer  Stoffe,  2.  —  V.  Jüptner: 
Chemische  Technologie  der  anorganischen  Stoffe,  5,  Übungen 
20;  Technische  Feuerungen.  —  M".  N.:  Chemische  Techno- 
logie der  organischen  Stoffe,  5,  Übungen,  20.  ~  v.  Hohnel: 
Warenkunde  und  technische  Mikroskopie,  4,  Übungen,  4.  — 
Eder:  Photochemie  und  angewandte  Photographie,  i;  Photo- 
graphisches Praktikum,  4.  — 

Alle:  Mathematik  I,  5,  Korrepetitionen ,  2.  —  Czu- 
ber:  Mathematik  II,  5;  Grundlehren  der  höheren  Mathe- 
matik ,  4 ,  Korrepetitionen ,  2 ;  Wahrscheinlichkeitsrech- 
nung, 3.  —  Sersawy:  Versicherungsmathematik,  I,  3, 
II,  4.  —  TS,  JA,'.  Darstellende  Geometrie,  4;  Konstruk- 
tives Zeichnen,  6.  —  Schmid:  Darstellende  Geometrie  und 
konstruktives  Zeichnen,  4,  Konstruktives  Zeichnen,  6;  Projek- 
tive Geometrie  I,  2,  Konstruktionsübungen,  2.  —  Finger: 
Elemente  der  reinen  Mechanik  in  Verbindung  mit  graphischer 
Statik,  5;  Enzyklopädie  der  Mechanik,  4;  Analytische  Me- 
chanik, 2.  —  Zsigmondy:  Elemente  der  reinen  Mechanik  in 
Verbindung  mit  graphischer  Statik,  5.  —  Tetmajer:  Tech- 
nische Mechanik  I,  4,  Übungen,  2.  —  Hermanek:  Hydro- 
mechanik, ausgewählte  Kapitel,  i  oder  2.  —  Schell:  Elemente 
der  niederen  Geodäsie,  4^2»  Praktische  Übungen;  Praktische 
Geometrie,  4V2;  Praktische  Übungen;  Situationszeichnen,  4. 
—  Tinter:  Methode  der  kleinsten  Quadrate,  iV2»  Sphärische 
Astronomie,  3 ;  Höhere  Geodäsie,  3 ;  Übungen  im  Beobachten 
und  Rechnen,  3;  Geodätische  Rechenübungen,  272»  — 

Universität  Würzburg. 

Wien:  Experimentalphysik  I:  Mechanik,  Akustik,  Wärme, 
Magnetismus,  5;  Praktische  Übungen  im  physikalischen  In- 
stitut, 4  und  10;  Anleitung  zu  selbständigen  Arbeiten,  tägl.  — 
Des  Coudres:  Elektrizität  und  Magnetismus  (Maxwellsche 
Theorie),  3 ;  Wechselströme,  Theorie  und  Praxis,  2  g.  — 
Seite:  Einführung  in  die  theoretische  Behandlung  physika- 
lischer Fragen  an  der  Hand  von  Beispielen,  i.  — ' 

Hantssch:  Anorganische  Experimentalchemie,  5;  Ana- 
lytisch-chemisches Praktikum  (mit  Tafel),  a)  ganztägig,  b) 
halbtägig,  c)  für  Mediziner,  4;  Vollpraktikum  für  präparative 
Arbeiten,  tägl,;  Anleitung  zu  selbständigen  Untersuchungen 
(mit  Tafel),  tägl.  —  Medicus:  Chemische  Technologie,  4; 
Gerichtliche  Chemie,  2;  Praktikum  für  Pharmazeuten,  halb- 
tägig; Kurs  technisch-chemischer  Analysen,  zwei  halbe  Tage; 
Praktikum  in  allen  Richtungen  der  angewandten  Chemie  und 
Nahrungsmittelanalyse,  —  halb-  oder  ganztägig.  —  N.  N.:  Ana- 
lytische Chemie  (Experimentalvorlesung,  zugleich  zur  Ergänzung 
des  analytisch-chemischen  Praktikums),  3.  —  Tafel:  Iso- 
cyklische  Verbindungen,  2.  —  Reitzenstein:  Die  Entwick- 
lung der  chemischen  Zeichensprache  und  Nomenklatur,  2.  — 
liCy:  Chemische  Statik  und  Dynamik,  2.  — 

Prjrm:  Differentialrechnung  mit  Einleitung  in  die  höhere 
Analysis,  4,  Übungen,  2  g,\  Theorie  der  Funktionen  einer 
komplexen  Veränderlichen,  4;  Ausgewählte  Kapitel  der  Funk- 
tionentheorie, 2g.  —  Voss:  Algebra,  4;  Analytische  Mecha- 
nik 1,4;  Mathematisches  Seminar,  2  g.  —  Selling:  Integration 
der  gewöhnlichen  Differentialgleichungen,  3;  Theorie  der  Pla- 
netenbewegungen, 3;  Beschreibende  Astronomie,  lg. — ROBt: 
Darstellende  Geometrie  I,  4;  Einleitung  in  die  analytische 
Geometrie  der  Ebene,  3;  Elemente  der  Determinantentheorie, 

Universität  Zürich. 

Kleiner:  Experimentalphysik,  5;  Theoretische  Physik,  2 , 
Physikalische  Übungen  für  Kandidaten  des  Sekundarlehramts; 
2;  Physikalisches  Praktikum  für  Anfanger,  V2  Tag;  Physi- 
kalisches Vollpraktikum   für  Vorgerücktere    (mit    Schaufel- 


6oo 


Physikalische  Zeitschrift     3.  Jahrgang.     No.  24. 


berger),  tägl    —    Sohaufelberger:    Repetitorium  der  Ex- 
perimentalphysik, I ;  Elektrotechnik,  2.  — 

Werner:  Anorganische  Experimentalchemie,  $;  Stereo- 
chemie II,  i;  Organische  Chemie  ü,  för  Chemiker,  2;  Che- 
misch-analytisches Praktikum  fUr  Chemiker,  tagl. ;  Chemisches 
Praktikum  fÄr  Vorgerücktere  (praparative  Arbeiten,  Ausführung 
selbständiger  Arbeiten),  tägl.;  Elektrochemische  Übungen,  2 
Nachmittage^.;  Tech aisch-chemische Übungen,  i Nachmittag^.; 
Chemisches  lialbpraktikum,  fiir  Studierende  der  Naturwissen- 
schaften, halbtägig.  —  Abeljans:  Qualitative  chemische  Ana- 
lyse, 2 ;  Chemisches  Kolloquium,  i  g. ;  Chemisches  Praktikum 
fiir  Mediziner  und  Veterinäre,  3  Tage ;  Anleitung  lu  medizinisch- 
chemischen Arbeiten  im  Laboratorium,  i ;  Chemisches  Prak- 
tikum fiir  Studierende  der  Naturwissenschaften,  3  Tage ;  Che- 
misches Praktikum  fiir  Anfanger  und  Vorgerücktere  (Nicht- 
chemiker),  tägl.;  Chemisches  Praktikum  fiir  Lehramtskandidaten, 
2V2  Tage;  Chemische  Übungen  fftr  Lehramtskandidaten,  2.  — 
Schall:  Leitfähigkeit,  Lösungsmittel  und  Lösungstheorie,  2; 
Die  innere  Reibung  der  Flüssigkeiten  und  Lösungen,  ig,  — 
Pfeiffer:  Terpene  und  Campher,  1;  Ausgewählte  Kapitel  aus 
der  Fettchemie,  für  Chemiker,  i.  — 

Burkhardt:  Elemente  der  Differential-  und  Integral- 
rechnung, 4;  Funktionen  komplexer  Grössen,  3;  Potential- 
theorie II,  I;  Mathematisches  Seminar,  2  g.  —  Elraft:  All- 
gemeine Elektrizitätstheorie,  4;  Analytische  Theorie  der  Kurven 
und  Flächen,  4.  —  Weiler;  Analytische  Geometrie  I,  3—4; 
Darstellende  Geometrie  I,  3:  Synthetische  Geometrie  I,  3; 
Analytische  Geometrie  mit  Übungen,  für  Lehramtskandidaten, 
2.  —  Qubler:  Algebra  mit  Übungen,  für  Lehramtskandidaten, 
2;  Inhalt  und  Methode  des  mathematischen  Unterrichts  an 
Mittelschulen,  2 ;  Moderne  Geometrie  des  Dreiecks,  i ;  Ele- 
mentar-mathematische Übungen,  i.  —  Wolfer:  Einleitung  in 
die  Astronomie,  3,  Übungen,  2 ;  Theorie  der  Finsternisse  und 
verwandten  Erscheinungen,  2.  — 


Technische  Hochschule  Zürich. 

H.  F.  Weber:  Physik,  4,  Repetitorium,  i;  Prinzipien, 
Apparate  und  Messmethoden  der  Elektrotechnik,  4 ;  Wechsel- 
stromsysteme und  Wechselstrommotoren,  2;  Elektromechanik, 
2;  Elektrotechnisches  Laboratorium,  8  oder  16;  Wissenschaft- 
liche Arbeiten  in  den  physikalischen  Laboratorien,  8,  12  oder 
24;  Experimentelle  Untersuchungen  in  Wechselstrom  und  an 
Wechselstrommotoren,  4.  —  Weise:  Physik,  4,  Repetitorium, 
I ;  Optique  th^orique  et  exp^mentale,  2 ;  Physikalisches 
Praktikum  för  Anfanger,  4  und  8 ;  Traveaux  sdentifiques,  4,  8 
oder  24.  —  Schweitser:  Gleichstrommotoren,  i ;  Physik,  4, 
Repetitorium,  i.  —  Deniler:  Bau  und  Betrieb  elektrischer 
Bahnen  II,  2 ;  Ausgewählte  Abschnitte  über  angewandte  Elektro- 
technik,  i.  —  Tobler:  Elektrische  Signalapparate  für  Eisen- 
bahnen, 2 ;  Ausgewählte  Kapitel  aus  dem  Gebiete  der  Schwach- 
stromtechnik, 1^.;  Militärtelegraphie  und  -Telephonie,  i.  — 
Wyssling:  Elektrische  Centnüanlagen  II,  2,  Übungen  und 
Konstruktionen,  3 ;  Elektrische  Kraftübertragung  und  Beleuch- 
tung, 3.  Repetitorium.  i.  —  Weilenmann:  Meteorologie  und 
Klimatologie,  7.  —  Stodola:  Dampfmaschinenbau  I:  Steue- 
rungen, Regulatoren,  4,  Übungen,  2 ;  Gasmotoren  (Einleitung), 
I ;  Dampfkessel  und  ausgewählte  Kapitel  des  Dampfmaschinen- 
baues, 2;  Maschinenkonstruieren  und  Entwerfen  vollständiger 
Dampfkraftanlagen,  6;  Übungen  in  der  kalorischen  Abteilung, 
V2  Tag.  —  Pr&sil:  Hydraulische  Motoren  und  Pumpen  II,  4, 
Repetitorium,  i ;  Konstruktionsübungen,  12,  über  Fabrikanlagen, 
4;  Ausgewählte  Kapitel  über  hydraulische  Anlagen  aller  Art, 
2,  Übungen,  V2  Tag.  —  £scher:  Mechanische  Technologie  II : 
Metallverarbeitung,  2,  Repetitorium,  i ;  Mechanische  Technologie 
IV:  Spinnerei  und  Weberei  (Fortsetzung),  2;  Maschinenlehre, 
4,  Übungen,  4;  Müllerei,  2;  Technologisches  Praktikum,  4. 
—  Farny:  Bau  von  Dynamomaschinen  II,  2;  Maschinen- 
konstruieren, 6.  —  Fliegner:  Theoretische  Maschinenlehre 
II:  Wärmetheorie  und  Dampfmaschinen,  4,  Übungen,  3.  — 
Herzog:  Mechanik  II,  4,  Repetitorium,  i,  Übungen,  2;  Aus- 


gewählte Kapitel  der  Mechanik,  2.  —  Meyer:  Maschinen- 
zeichnen, I,  Übungen,  4;  Maschinenbau  (Elemente),  5,  Re- 
petitorium, I ,  Konstruktionsübungen,  10.  —  Bohcile:  Bau- 
statik, 3,  Übungen,  a;  Technologie  des  materiaux  de  con- 
struction  II:  fer  et  acier,  2,  Repetitorium,  i ;  Übungen  in  Eisen - 
konstruktionen,  3.  —  A.  Weber:  Mechanik  und  Maschinen- 
lehre, 4,  Repetitorium,  i;  Maschinenlehre,  2,  Repetitorium,  i, 
Konstruktionsübungen,  4 ;  Industrielle  Einrichtungen  und  Bauten, 
2,  Konstruktionsübungen,  2.  —  Barbleri:  Photographie!,  2; 
Photographisches  Praktikum,  2.  — 

Bamberger:  Anorganische  Chemie,  6,  Repe^torium,  i; 
Organische  Chemie  II :  Benzolderivate,  2,  Repetitorium,  i ; 
Analytisch-chemisches  Praktikum,  16,  24,  filr  Vorgerücktere, 
tägl.  —  Bosshard:  Beurteilung  und  Reinigung  des  Wassers 
fUr  technische  Zwecke,  namenüich  ftir  Dampfkesselspeisung,  i. 
—  Treadwell:  Analytische  Chemie  I,  2;  Gasanalyse  mit 
Übungen,  i ;  Lebensmittelanaljrse  mit  Übungen,  2 ;  Chemie,  2, 
Repetitorium,  i ;  Analytisch- chemisches  Praktikum,  16  und  24, 
fftr  Vorgerücktere,  tägl.  —  Ck>n8tam:  Physikalische  Chemie, 
2 ;  Physikalisch-chemisches  Kolloquium,  i  g, ;  Anwendungen  phy  - 
sikalischer Methoden  in  der  Chemie  (mit  Lorenz),  Vs*^^!  Phy- 
sikalisch-chemisches Vollpraktikum  für  Vorgerücktere  (mit  Lo- 
renz), tägl.  —  Iiorens:  Allgemeine  Elektrochemie,  2;  Chemi- 
sche Dynamik  (Kinetik),  I ;  Elektrochemisches  Praktikum  fUr  An- 
fanger, 4,  fUr  Vorgerücktere,  15.  —  Qnehm:  Bleicherei,  Fär- 
berei und  Farbstoffe,  4,  Repetitorium,  i ;  Technisch-chemisches 
Praktikum,  16  und  24,  für  Vorgerücktere,  tägl.  —  Hartwich: 
Pharmakognosie,  5;  Toxikologie,  2;  Technische  Botanik  I: 
Fasern  und  Stärke,  2;  Pharmazeutisch-chemisches  Praktikum, 
1 2 ;  Mikroskopische  Untersuchung  pharmazeutischer  Drogen ,  2 ; 
Pharmakognostische  Übungen  für  Vorgerücktere,  tägl.;  Che- 
mische Untersuchung  von  Nahrungs-  und  Genussmitteln,  tägl. ; 
Mikroskopierübungen  in  der  Nahrungsmittelkunde,  2  halbe 
Tage;  Gerichtiich-chemisches  Praktikum,  4  halbe  Tage.  — 
liUnge :  Anorganische  chemische  Technologie,  4,  Repetitorium, 
I ;  Heizung,  2 ;  Metallurgie,  2,  Repetitorium,  i ;  Technisch- 
chemisches Praktikum,  16  und  24,  für  Vorgerücktere,  tägl.  — 
SohulBe:  Anorganische  Chemie  mit  Repetitorium,  4;  Agri- 
kulturchemie I :  Pflanzenemährungslehre,  2 ;  Landwirtschaftlich- 
chemische Technologie  (Zucker-  und  Spiritusfabrikation,  Chemie 
des  Molkereiwesens),  2;  Übungen  im  agrikulturchemischen 
Laboratorium,  8;  Agrikulturchemisches  Praktikum  fUr  Vor- 
gerücktere, tägl.  —  Winterstein:  Chemie  der  Milch  und 
Milchprodukte,  2;  Untersuchung  landwirtschaftlich  wichtiger 
Produkte,  i ;  Besprechung  physiologisch-chemischer  Arbeiten, 
2.  — 

Hurwiti :  Differentialrechnung,  4,  Repetitorium,  i , 
Übungen,  2;  Differentialgleichungen,  4,  Übungen,  i.  — 
Beyel:  Geometrische  Einleitung  in  die  graphische  Statik, 
2 ;  Rechenschieber  mit  Übungen,  i ;  Darstellende  Geometrie, 
2.  —  Deoher:  Vermessungskunde,  5,  Repetitorium,  i,  Ver- 
messungsübungen, 2;  Erdmessung,  mit  Repetitorium,  2;  Geo- 
dätisches Praktikum,  2,  —  W.  Fiedler:  Darstellende  Geo- 
metrie, 4,  Repetitorium,  i,  Übungen,  4;  Geometrie  der  Lage, 
4.  —  Franel:  Calcul  differentiel,  4,  R^p^tition,  i,  Exerdces,  2; 
Theorie  des  ^quations  differentielles,  4,  R^p^tition,  i.  — 
Qeiser:  Analytische  Geometrie,  4,  Repetitorium,  i;  Elemente 
der  Ballistik,  i.  —  Himoh:  Theorie  der  linearen  Differential- 
gleichungen, 2.  —  J.  Keller:  Mathematik,  4;  Theorie  der 
Centralprojektion  mit  Anwendung  auf  die  praktische  Perspek- 
tive, 2;  Projektivische  Reihen  und  Büschel  mit  Anwendung 
auf  die  konstruktive  Theorie  der  Kegelschnitte,  2;  Auflösung 
der  allgemeinen  Gleichungen  III.  und  IV.  Grades,  sowie  be- 
liebiger Gleichungen  durch  Annäherung,  2.  —  Kraft:  All- 
gemeine Elastizitätstheorie,  4.  —  Ijacombe:  G^om^trie  de- 
scriptive,  2  und  4,  Exercices,  4,  R^petition,  i;  G^om6trie  de 
Position,  2;  Mathematisches  Seminar,  2.  —  Hebstein:  Ka- 
tastervermessuDg,  3,  Übungen,  2 ;  Kartenprojektionen,  i ;  An- 
wendung der  geodätischen  Linie  auf  Geodäsie,  2.  —  Rudio: 
Höhere  Mathematik,  5,  Übungen,  2.  —  Wolfer:  Einleitung 
in  die  Astronomie,  3,  Übungen,  2;  Theorie  der  Finsternisse  und 
verwandten  Erscheinungen,  2.  — 


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Für  die  Redaktion  verantwortlich  Professor  Dr.  H.  Th.  Simon  in  Oöttingen.  —  Verlag  von  S.  Hirzel  in  Leipzig. 

Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


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