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Full text of "Pieter Lastman : sein Leben und seine Kunst : ein Beitrag zur Geschichte der holländ. Malerei im XVII. Jahrh."

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KURT  FREISE 

PIETER  LASTMAN 

SEIN  LEBEN  UND  SEINE  KUNST 


KUNSTWISSENSCHAFTLICHE 
CjrrTTrkTT?V"  herausoegkbkn   in 

iolUUl-Cii>     VERBINDÜNOMITDEN 

MOXATSHKFTEN'     FÜR    ■DA'VTl    V 
KUN9TWISSESSCHAFT    -Dixi^  iJ      V 


PIETER  LASTMAN 

SEIN  LEBEN  UND  SEINE  KUNST 

EIN  BEITRAG    ZUR   GESCHICHTE    DER 
HOLLAND.   MALEREI   IM   XVIL   JAHRH. 

VON 

KURT  FREISE 


MIT  U  ABBILDUNGEN  AUF  12  TAFELN 


VERLAG  VON  KLINKHARDT  &  BIERMANN  IN  LEIPZIG 

1911 


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Den  Druck  des  Textes  dieses 
Bandes  besorgte  die  Offizin  von 
Hermann  Freise,  Parcbim  i.M., 
den  der  Tafeln  die  Offizin  von 
Julius    Klinkhardl,    Leipzig 


INHALTSÜBERSICHT 

Seite 
Vorwort VII 

EINLEITUNG 1 

LEBENSGESCHICHTE  PlETEll  LASTMANS    4 

DIE  KUNST  PIETER  LASTMANS 

Gemälde     28 

Systematisches  beschreibendes  Verzeichnis "28 

Verzeichnis  der  in  noch  bestehenden  Sammlungen  nach- 
weisbaren Gemälde 90 

Chronologisches  Verzeichnis  der  datierten  Gemälde.  ...     93 

Vergleichende  Tabelle  zum  Auffinden  der  Nummern  dieses 

Verzeichnisses    für    die   Nummern    von  Vosmaer  .  .     97 

Künstlerischer  Entwicklungsgang,  dargestellt    auf  Grund 

der  erhaltenen  Gemälde     98 

Gemälde,  die  Pietor  Lastman  mit  Unrecht  zugeschrieben 

werden     171 

Kopien  nach  Gemälden  von  Pieter  Lastman 178 

Handzeichnungen    179 

Systematisches  beschreibendes  Verzeichnis 179 

Verzeichnis  der  in  noch  bestehenden  Sammlungen  nach- 
weisbaren Handzeichnungen 196 

Chronologisches  Verzeichnis  der  datierten  Handzeich- 
nungen   198 

Vergleichende  Tabelle  zum  Auffinden  der  Nummern  dieses 

Verzeichnisses  für  die  Nummern  von  Vosmaer  .  .  .   189 

Bemerkungen  zu  den  Handzeichnungen 199 

Handzeichnungen,  die  Pieter  Lastman  mit  Unrecht  zu- 
geschrieben werden 210 

Radierungen 218 

SCHLUSS.  Berühmtheit  Pieter  Lastmans    im   Spiegel    der  alten 

Literatur  —  Bilderpreise  —  Schüler 225 

ANHANG.  Die  Beziehungen  Rembrandts  zu  seinem  Lehrer  Pieter 

Lastman .  235 

BEILAGE.  Gedichte   über  Bilder   von  Lastman 273 

NACHTRAG 277 

TAFELN 


VERZEICHNIS  DER  ABBILDUNGEN 

Tafel 

1.  Nach  P.  Last  man,  Koslümsüch I 

2.  P.  Lastman,  Zeichnung  eines  jungen  Mannes  auf  der  Wanderung  ...  I 

3.  Nicolas  Lastman    nach  P.  Lastman,   Christus   im   Garten  Gethsemane  I 

4.  S.  Frisius  n.Lastman,DerEngelmitdemjungenTobiasaufderWanderung  I 

5.  P.  Lastman,  Ruhe  auf  der  Flucht I 

6.  P.  Lastman,  Flucht  nach  Ägypten U 

7.  P.  Lastman,  Lesender  Einsiedler 11 

8.  P.  Lastman,  Abrahams  Opfer II 

9.  J.  V.  Noordt  nach  P.  Lastman,  Italienische  Landschaft 11 

10.  P.  Lastman,   Der  Engel  mit  dem  jungen  Tobias II 

11.  P.  Lastman,   Schlacht  zwischen  Konstantin  und  Maxentius III 

12.  Rembrandt  nach  P.  Lastman,  Paulus  und  Barnabas  in  Lystra    ...  III 

13.  P.  Lastman,  Paulus  und  Barnabas  m  Lystra IV 

14.  P.  Lastman,  Opferstreit  zwischen  Orest  und  Pylades V 

15.  P.  Lastman,  Susanna  und  die  beiden  Alten   .     .    .     .     , V 

16.  Rembrandt  nach  P.  Lastman,   Susanna  und  die  beiden  Alten    ...  V 

17.  P.  Lastman,  Christus  und  das  kananäische  Weib VI 

18.  P.  Lastman,   Der  Engel  entschwindet  dem  alten  und  jungen  Tobias    .    .  VI 

19.  P.  Lastman,  Diana  und  Aktäon VI 

20.  Rembrandt,  Susanna  im  Bade VII 

21.  P.  Lastman,  Bathseba  bei  der  Toilette VII 

22.  Rembrandt,  Bathseba  bei  der  Toilette VII 

23.  P.  Lastman,  Laban  verlangt  von  Rahel  die  entwendeten  Idole  zurück    .  VIII 

24.  P.  Lastman,   Abraham   und  die  drei  Engel VIII 

25.  W.  Vaillant  nach  P.  Lastman,  Jonas  wird  vom  Walfisch  ausgespien    .  VIII 

26.  P.  Lastman,   Die  Taufe  des  Kämmerers  durch  Philippus IX 

27.  P.  Lastman,    Predigt  Johannis  des  Täufers IX 

28.  Nach  P.  Lastman,   Odysseus  und  Nausikaa IX 

29.  P.  Lastman,  Der  Herr  erscheint  dem  Abraham  und  den  Seinigen    ...  X 
.SO.  P.  Lastman,  Opfer  der  Juno X 

31.  P.  Lastman,  Der  Prophet  Elisa  und  die  Sunamilin X 

32.  P.  Lastman,  Porträt XI 

.33.  P.  Lastman,  Porträt XI 

34.  M.  ter  Borch,  Porträt  des  G.  Terborch  d.  Ä XI 

35.  P.  Lastman,  Der  Engel  weckt  den  Propheten  Elias  in  der  Wüste    ...  XI 

36.  P.  Lastman  (?),  Schlafender  Satyr XI 

37.  J.  Lievens,  Der  Evangelist  Johannes XI 

38.  P.  Lastman,  DerEngelverheißtd.Manoahu. seinem WeibedieGeburtSimsons  XII 

39.  P.  Lastman,  Abschied  der  Hagar XII 

40.  P.  Lastman  (?),  König  Jerobeam  opfert  den  Götzenbildern XII 

41.  P.  Nolpe,  Juda  und  Thamar XII 

42.  P.  Lastman,  Vertreibung  der  Hagar XII 

43.  P.  Lastman  (?),  Radierung XH 

44.  P.  Lastman,  Studienzeichnung XIL 


Vorwort 


Bei  der  Zusammenstellung  des  Materials  für  die  vorliegende 
Arbeit  wurde  mir  von  den  Herren  Vorständen  der  verschiedenen 
staatlichen  oder  städtischen  Sammlungen,  sowie  von  zahlreichen 
Privatsammlern  fast  allenthalben  die  freundlichste  Unterstützung  zu 
teil.  Ich  möchte  daher  auch  an  dieser  Stelle  diesen  Herren  meinen 
verbindlichsten  Dank  aussprechen.  Weiter  fühle  ich  mich  zu  be- 
sonderem Danke  den  holländischen  Gelehrten  gegenüber  verpflichtet, 
vor  allem  Herrn  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot  im  Haag,  der  mir  Einsicht 
und  Verwertung  seiner  reichen  Notizensammlung  gestattete  und 
dadurch  meine  Arbeit  wesentlich  förderte,  ferner  den  Herren  Dr.  A. 
Bredius  und  Professor  Dr.  W.  Martin  im  Haag,  den  Herren  Direktoren 
E.  W.  Moes  und  Jhr.  B.  W.  F.  van  Riemsdijk  in  Amsterdam,  die 
mir  alle  während  meines  2V2Jährigen  Aufenthaltes  in  Holland  jederzeit 
mit  Rat  und  Tat  an  die  Hand  gingen. 

Was  die  Anlage  der  vorliegenden  Monographie  betrifft,  so 
möchte  ich  kurz  vorausschicken,  daß  ich  absichtlich  das  Verzeichnis 
der  Gemälde  vor  die  Darstellung  des  künstlerischen  Entwicklungs- 
ganges gebracht  habe  und  ebenso  den  Katalog  der  Handzeichnungen 
vor  ihre  zusammenhängende  Besprechung.  Ich  tat  es  aus  dem 
Grunde,  weil  ich  zuerst  das  zur  Behandlung  stehende  Material  dem 
Leser  geordnet  vorführen  wollte,  um  es  nachher  im  weiteren  Text 
als  bekannt  voraussetzen  und  die  sonst  dort  störenden  Bilderbe- 
schreibungen und  dergl.  in  den  Katalog  gehörenden  Dinge  weglassen 
zu  können. 

Manchem  Leser  werde  ich  mit  meinen  Ausführungen  vielleicht 
etwas  zu  ausführlich  geworden  sein  —  bei  einem  Maler  vom  Range 
Lastmans.  Das  will  ich  zugeben.  Andererseits  konnte  ich  an  manchen 
Stellen  —  meist  aus  äußeren  Gründen  —  den  Gegenstand  doch  noch 
nicht  so  ausschöpfen,  wie  ich  es  gerne  gewünscht  hätte. 


Bezüglich  des  Abbildungsmateriales  mußte  ich  mich  zu  einem 
Kompromiß  entschließen.  Am  liebsten  hätte  ich  natürlich  alle  Bilder, 
Zeichnungen  u.  a.,  worauf  ich  im  Text  Bezug  genommen  habe,  auch 
abgebildet.  Doch  wäre  dadurch  das  Buch  zu  teuer  geworden.  Bei 
der  nun  getroffenen  Auswahl  berücksichtigte  ich  in  erster  Linie 
solche  Werke,  die  bisher  noch  nicht  photographiert  oder  doch  schwer 
erhältlich  waren,  und  sah  von  der  Reproduktion  solcher  Sachen  ab, 
von  denen  Abbildungen  leicht  käuflich  oder  zugänglich  sind. 

Der  Buchhandlung  von  van  Stockum  en  Zoon  im  Haag  danke 
ich  für  die  leihweise  Überlassung  des  Klischees  des  Bildes  Paulus  und 
Bamabas  in  Lystra  des  Sammlung  Stetzki  auf  Schloß  Romanow. 

Bei  Benutzung  des  Kataloges  der  Gemälde  bitte  ich  auch  das 
im  Nachtrag  beschriebene  Bild  zu  beachten,  auf  das  mich  in  letzter 
Stunde  noch  Herr  Dr.  Hofstede  de  Groot  freundlichst  hinwies,  und 
das  ich  Dank  der  Liebenswürdigkeit  des  Besitzers,  Herrn  John  Allard 
in  Geertruidenberg,  hier  noch  mit  aufnehmen  konnte. 


Parchim  i.  M.  -n«     ^r     ü 

Der  Verfasser. 


Oktober  1910. 


EINLEITUNG 


Der  Name  Lastman  wird  fast  stets  in  Verbindung  mit 
dem  seines  großen  Schülers  Rembrandt  genannt.  Das  hat  Pieter 
Lastman  genützt  und  geschadet  zugleich.  Sein  Verhältnis  als  Lehrer 
zu  dem  unsterblichen  Rembrandt  bewahrt  auch  ihn  vor  dem  gänzlichen 
Vergessenwerden.  Aber  die  überragende  Größe  Rembrandts  läßt  den 
Künstler  Lastman  des  ungleichen  Maßstabes  wegen  zunächst  nicht 
ganz  im  richtigen  Licht  erscheinen.  Zu  seinen  Lebzeiten  war  er 
gefeiert  und  hochberühmt.  Aber  nach  seinem  Tode  verblaßte  dieser 
Ruhm  bald.  Seine  Werke  bekamen  immer  geringeren  Marktwert, 
wurden  wenig  beachtet  und  verloren  sich  ziemlich  *).  In  der  Literatur 
nannte  man  ihn  dann  nur  noch  als  Lehrer  Rembrandts  und  fügte 
hinzu,  daß  er  einstmals  ein  sehr  berühmter  Maler  gewesen  sein  soll. 
Die  Künstlerbiographen  und  Kunstschriftsteller  des  XIX.  Jahrhunderts 
tun  das  Gleiche,  geben  aber  in  späterer  Zeit  auch  ihr  eigenes 
Urteil  über  Lastmans  Kunst  ab,  so,  wie  es  sich  ihnen  aus  der  Be- 
trachtung einiger  seiner  damals  noch  seltenen  Bilder  ergab.  Es  war 
freilich  nicht  besonders  günstig  und  anerkennend.  Kugler**)  sagte 
von  unserem  Künstler,  daß  er  „auch  in  figürlichen  Gegenständen .  .  . 
nicht  übel"  sei.  Waagen  und  W.  Bürger  (Th.  Thore)  „trugen(über  Lastman) 
ungenügende  und  selbst  rohe  Ansichten  vor"  (Riegel).  Bürger  schrieb 
über  ihn  u.  a.  ***) :  „Lastman  avait  devinö  le  style  de  l'ecole  de  David 
deux  siecles  ä  l'avance.  II  fut  moins  le  precurseur  de  Rembrandt 
que  de  Guerin.  Rembrandt  ne  trouva  rien  a  prendre  de  lui,  si  ce 
n'est  peut-etre  une  certaine  Imitation  ä  la  degradation  des  ombres . . . 

♦)  J.  C.  Weyerman,  Levensbeschryvingen  (1729),  Bd.  I,  Seite  358,  spricht 
aus,  niemals  ein  Bild  von  Lastman  gesehen  zu  haben.  I.  B.  Descamps,  La  vie  des 
peintres  .  .  .  (1753  IT.,  Bd.  I,  Seite  242/43)  sagt,  es  wäre  ihm  lieber  gewesen,  anstatt 
der  Lobgedichte,  von  denen  die  Geschichtssclireiber  berichten,  einige  Gemälde  von 
Lastman  zu  sehen,  deren  er  —  sei  es  wegen  ihrer  Seltenheit  oder  aus  Zufall  —  keines 
zu  Gesicht  bekommen  habe. 

•*)  Handbuch  der  Geschichte  der  Malerei,  3.  Aufl.,  1867,  Bd.  III,  Seite  179. 

***)  Musöes  de  la  Hollande,  Bd.  II,  Seite  191. 


Lastman  a  ete  le  maitre  de  Rembrandt,  comme  Gu4rin  a  ete  le 
maitre  de  Gericault  et  d'Eugene  Delacroix".  Was  er  malte,  waren 
nach  Bürger  „kalte  Nachahmungen  der  Italiener".  Dies  letztere 
Urteil  trifft  nun  nicht  das  Richtige.  Von  wirklichen  Nachahmungen 
kann  bei  Lastman  nicht  eigentlich  die  Rede  sein.  Trotz  der  Schulung 
in  der  Haarlemer  Akademie  und  der  Studienzeit  in  Rom  blieb  Lastman 
stets  Holländer,  der  wohl  die  Italiener  „ins  derbere  Niederdeutsch" 
zu  übersetzen  versuchte,  der  sie  aber  nicht  nachahmte.  In  den 
anderen  Worten  Bürgers  kann  man  aber  doch  nicht,  wie  Hermann 
Riegel,  eine  „rohe  Ansicht"  ausgesprochen  finden.  Waagen  wird 
der  Kunst  Lastmans  aber  sehr  wohl  einigermaßen  gerecht,  wenn 
er  schreibt:  „Er  war  ein  guter  Zeichner,  seine  Köpfe  haben  öfter 
viel  Empfindung,  seine  Fleischfarbe  ist  warm  und  kräftig.  In  den 
landschaftlichen  Hintergründen,  welche  meist  eine  bedeutende 
Rolle  spielen,  merkt  man  den  Einfluß  des  Paul  Bril*)".  Erst  nach- 
dem Vosmaer  in  seinem  Rembrandt-Buch  auch  Rembrandts  Lehrer  einer 
eingehenden  Untersuchung  für  wert  befunden  hatte,  erkannte  man 
deutlicher  auch  die  historische  Bedeutung  Pieter  Lastmans  als  Bindeglied 
nicht  nur  mit  deutsch-italienischer  Auffassungsweise,  sondern  auch 
als  Vermittler  zwischen  dem  ausgesprochenen  holländischen  Akademismus 
des  XVI.  Jahrhunderts  und  der  nationalen  realistischen  Kunst  des 
XVII.  Jahrhunderts.  Riegels  Anerkennung  Lastmans  geht  jedoch 
etwas  zu  weit.  Nach  ihm  beruhte  Lastmans  kunstgeschichtliche  Be- 
deutung auch  darauf,  „daß  er  bestimmte  neue  Gedanken  malerischer 
Auffassung  verwirklichte,  daß  er  geschlossene  Stimmungen,  einseitige 
scharfe  Lichtwirkungen  ausbildete.  Schattenanlagen  und  sogar  Reize 
des  Helldunkels  darzustellen  suchte**)".  In  diesem  Sinne  sei  Lastman 
also  wahrlich  der  Vorläufer  Rembrandts.  Riegel  stützte  sich  hierfür 
besonders  auf  zwei  Werke  Lastmans,  auf  das  Bild  „David  im  Tempel 
Harfe  spielend"  von  1618  in  Braunschweig  und  vor  allem  auf  die  „Christ- 
nacht" von  1629  in  Haarlem  (die  auch  für  alle  anderen  Schriftsteller 
das  Bild  war,  in  dem  sich  Lastman  schon  ganz  rembrandtisch  zeigte). 
Dies  zweite  Gemälde  ist  nun  aber  gar  nicht  von  Lastman.  Mit 
seinem  Wegfall  aus   der   Reihe   der   Lastman'schen   Originalgemälde 

*)    Handbuch  der  deutschen  und  niederländischen  Malerschulen,  1862,  Bd.  I, 
Seite  303. 

**)    „Beiträge",  Bd.  II,  Seite  201/05. 


geht  demnach  auch  jene  Kritik  ihres  stärksten  Beleges  verlustig,  und 
das  Urteil  über  Lastmans  kunstgeschichtliche  Bedeutung  bedarf  einer 
Revision.  Auch  noch  aus  dem  weiteren  Grunde,  weil  in  den  letzten 
Jahren  einige  neue  Tatsachen  festgestellt  werden  konnten,  die  das  direkte 
Zurückgehen  Rembrandts  auf  seinen  einstigen  Lehrer  —  nicht  in 
Fragen  der  Lichtprobleme,  des  Helldunkels,  sondern  in  solchen  der 
Komposition  —  dartun.  Dies  Zurückgehen,  das  sich  nicht  nur  auf 
Kleinigkeiten  und  Nebensächlichkeiten  beschränkt,  läßt  im  Gegensatz 
zu  unserem  modernen  Empfinden  eine  Wertschätzung  Lastmans  von 
Seiten  Rembrandts  erkennen,  die  um  so  beachtenswerter  solchen 
Urteilen  gegenüber  erscheint,  nach  denen  Rembrandt  bei  Lastman 
nichts  lernen  konnte.  Diese  beiden  Gesichtspunkte  dürften  eine  neue 
Untersuchung  über  die  Kunst  Lastmans  und  sein  Verhältnis  zu 
Rembrandt  rechtfertigen.  Das  noch  vorhandene  Bildermaterial,  auf 
dem  sich  diese  Untersuchung  aufbauen  soll,  ist  im  Laufe  der  Jahre 
dem  seiner  Zeit  Vosmaer  zur  Verfügung  stehenden  gegenüber  wesentlich 
gewachsen. 

Daneben  mag  in  zweiter  Linie  gleichzeitig  das  Bild  des 
Amsterdamer  Kunstlebens  in  den  Kreisen  der  ,,Praerembrandtisten" 
(wie  Bredius  sie  einmal  nannte)  durch  die  eingehende  Behandlung  der 
Kunst  ihres  —  man  darf  wohl  mit  Recht  sagen  —  berühmtesten 
und  auch  bedeutendsten  Vertreters  etwas  an  Klarheit  gewinnen.  Die 
Aufgabe,  die  wir  uns  damit  stellen,  verspricht  unserem  künstlerischen 
Empfinden  keine  besonderen  Genüsse;  aber  sie  führt  uns  in  eine  ihrer 
kunstgeschichtlichen  Bedeutung  nach  nicht  zu  unterschätzende  Ueber- 
gangsperiode,  die  —  aus  dem  erstgenannten  Grunde  —  bisher  nur 
einer  oberflächlichen  Betrachtung  für  wert  befunden  wurde. 


1* 


LEBENSGESCHICHTE  PIETER  LASTMANS 

Die  auf  den  nachfolgenden  Seiten  gegebene  Darstellung  der 
Lebensgeschichte  Pieter  Lastmans  schließt  sich  eng  an  den  von  Dr. 
A.  Bredius  und  N.  de  Roever  in  „Oud  Holland"  *)  veröffentlichten 
ausführlichen  Aufsatz  über  unsem  Maler,  in  welchem  seine  und 
seiner  Verwandten  Lebensverhältnisse  auf  Grund  des  von  den  beiden 
holländischen  Forschern  bis  dahin  ans  Licht  gezogenen  reichen 
Urkundenmaterials  geschildert  werden.  Es  schien  mir  als  Nicht- 
hoUänder  nicht  geboten,  nach  den  reichlichen  Funden  jener 
beiden  Gelehrten  aufs  neue  eine  eigene  Durchsuchung  der 
holländischen  Archive  (die  mir  zum  großen  Teile  auch  verschlossen  ge- 
blieben wären)  vornehmen  zu  wollen.  Es  war  mir  aber  möglich,  die 
Ausführungen  von  Dr.  Bredius  und  de  Roever  noch  durch  einiges 
wenige  Material  zu  ergänzen,  durch  einige  Notizen,  die  ich  den  Herren 
E.  "W.  Moes  in  Amsterdam  und  Karl  Madsen  in  Kopenhagen  ver- 
danke, sowie  durch  ein  paar  Zusätze,  die  ich  den  mir  von  Herrn 
Dr.  0.  Hofstede  de  Groot  im  Haag  in  liebenswürdiger  Weise  zur 
Verfügung  gestellten  Originalnotizen  N.  de  Roevers  (für  den  oben 
erwähnten  Aufsatz)  noch  entnehmen  konnte. 

Im  übrigen  bemerke  ich,  daß  ich  für  diesen  biographischen 
Teil  den  Kreis  so  eng  wie  möglich  um  die  Person  Pieter  Lastmans  ge- 
zogen habe,  um  die  Darstellung  seiner  Lebensgeschichte  nicht  mit 
Nachrichten  zu  beschweren,  die  keine  direkte  Beziehung  auf  ihn 
haben,  wie  z.  B.  eine  Notiz,  die  H.  Havard  **)  über  einen  Kosmographen 
Comelis  Jansz  Lastman  brachte,  der  u.  a.  um  1620  ein  Buch 
„Schatkamer  der  grooten  Zeevaerts  Künste"  geschrieben  und  heraus- 
gegeben hat. 


*)    Bd.  IV  (1886),  Seite  1—19. 
**)    L'art  et  les  artistes  hollandais,  1879,  Bd.  I,  Seite  96ff. 


Das  Geburtsjahr  Pieter  Lastmans  läßt  sich  durch  eine  Er- 
klärung, die  Lastman  am  25.  November  1619,  als  er  „out  omtrent 
36  jaren"  (ungefähr  36  Jahre  alt)  war,  abgab,  auf  1583  feststellen. 
Diese  Angabe  wird  in  einem  Leibrentenbrief,  den  sein  Vater  am 
15.  Dezember  1588  für  seinen  damals  fünfjährigen  Sohn  Pieter  kauft«, 
bestätigt.  Damit  wären  endlich  die  vielen  falschen,  teils  durch 
flüchtiges  Lesen  der  alten  Quellen  entstandenen,  teils  aber  auch  auf 
purer  Erfindung  beruhenden  anderen  Angaben  hinfällig  geworden. 
Es  würde  zu  weit  führen,  alle  diese  Fehler  im  einzelnen  richtig  zu 
stellen;  eine  Arbeit,  die  Hermann  Riegel  bereits  1882  teilweise  vor- 
genommen hat,  der  aber  seinerseits  in  der  Angabe  des  Geburtsjahres 
auch  noch  zu  früh  griff*).  Das  richtige  Geburtsdatum  wurde  zum 
zum  ersten  Male  von  Bredius  und  de  Roever  in  ihrem  Aufsatz  in 
„Oud  Holland"  festgestellt  und  von  den  meisten  späteren  Autoren 
übernommen.  Vorher  findet  man  die  Angaben:  1562,  vielleicht  früher 
als  1580,  gegen  1580,  1580,  um  1580,  1581,  um  1581,  1582,  zwischen 
1580  und  84,  1688. 

Pieter  Lastmans  Vater  hieß  Pieter  Zeegersz.  Dieser  bediente 
sich  demnach  des  Namens  Lastman  nicht.  Auch  von  seinen  Kindern 
führten  ihn  nur  unser  Maler  und  sein  als  Kupferstecher  bekannter 
Bruder  Nicolas.  Dr.  Bredius  und  de  Roever  bemerken  hierzu,  daß  der 
Name  Lastman  ein  nicht  ungebräuchlicher  Taufname  bei  west- 
friesischen Familien  im  XV.  und  XVI.  Jahrhundert  war,  daß  er  aber 
auch  als  Patronymikon  vorkam.  Die  Geschlechtsnamen  waren  bis 
ins  XVII.  Jahrhundert  hinein  in  Amsterdam  noch  nicht  fest.  Es 
kommt  nur  sehr  selten  vor,  daß  eine  bestimmte  Anzahl  von  Brüdern 
denselben  Geschlechtsnamen  aufweist.  Ob  der  Name  Lastman  an 
Pieter  von  Vaters  oder  Großvaters  wegen  zukam,  oder  ob  er  ihn 
ajis  sonst  einem  Grunde  annahm,  ließ  sich  nicht  mehr  feststellen. 
Der  Vater  führte  ihn  jedenfalls  nicht. 

Den  Beruf  Pieter  Zeegersz'  lernen  wir  aus  den  Stadtrechnungen 
kennen,  in  denen  er  von  1568  an  als  „loopende"  oder  „reizende  bode" 
vorkommt.  Als  solcher  hatte  er  für  die  städtische  Regierung  wichtige 
Botschaften  auszurichten,  z.  B.  nach  den  südlichen  Niederlanden  und 
nach  Deutschland.     Auch  an  den  Prinzen  von  Oranien,  an  Bossu  oder 


*)    „Beiträge",  Bd.  II,  Seite  201—205. 


an  Don  Ferdinand  überbrachte  er  offizielle  Botschaften.  Er  war 
also  eine  Art  Kurier,  wie  sie  an  Fürstenhöfen  noch  heute  üblich  sind. 
Natürlich  brachte  dieser  Beruf  für  Pieter  Zeegersz  ein  unruhiges  und 
anstrengendes  Leben  mit  sich.  Er  bewohnte  im  St.  Nikolausturm  in 
Amsterdam  eine  Dienstwohnung.  Gleichzeitig  hatte  er  von  der  Stadt 
am  Fischmarkt  ein  paar  Läden  in  Miete,  ohne  daß  wir  jedoch 
Kenntnis  davon  haben,  was  er  dort  verkaufte  bezw.  verkaufen  ließ. 
Schließlich  gab  er  aber  die  Kurierstellung  auf  und  sah  sich  nach 
einem  ruhigeren  Posten  um,  den  er  auch  fand.  Am  17.  Februar 
1576  erhielt  er  zunächst  das  „adjunct-bodeambt"  an  der  Weeskamer 
in  Amsterdam,  um  am  30.  Mai  1577  dort  als  „bode"  fest  angestellt 
zu  werden.  Möglicherweise  hängt  dieser  Stellungswechsel  mit  seiner 
vor  1575  fallenden  Verheiratung  zusammen.  Jenes  „bode-ambt"  war 
ein  einträgliches  Geschäft  und  wurde  keineswegs  dem  ersten  besten 
übertragen.  Denn  mit  dem  eigentlichen  Botendienst,  der  meist  in 
Zitationen  bestand,  war  damals  noch  ein  Nebenposten  verbunden. 
Der  Bote  trat  auch  als  Verwalter  von  "Waisengütern,  wie  auch  als 
„straatvogd"  von  unverheirateten  Frauen  oder  Witwen  auf.  Hiermit 
ließ  sich  manches  verdienen.  Daher  mußte  der  „bode"  aber  auch 
administrative  Kenntnisse  besitzen.  Pieter  Zeegersz  erfreute  sich 
dieses  ruhigen  und  einträglichen  Amtes  aber  nicht  lange.  Die  Un- 
ruhen des  Jahres  1578  brachten  ihn  um  dasselbe.  Wahrscheinlich 
war  er  ein  zu  eifriger  Anhänger  der  spanisch  gesinnten  Verwaltung 
gewesen. 

Noch  vor  dem  Jahre  1575  hatte  Pieter  Zeegersz  Barbara  Jacobs 
geheiratet.  Dieser  Ehe  entsprossen  sieben  Kinder.  Das  erste 
war  ein  Knabe,  Jacob,  der  am  20.  Februar  1575  getauft  wurde,  aber 
bald  gestorben  sein  wird*).  Das  zweite  Kind  war  ebenfalls  ein 
Knabe,  Jacob  Pietersz,  der  sich  später  Jacob  Pietersz  Hardingh 
nannte.  Er  wurde  am  9.  Juli  1576  in  der  „Gude  Kerk"  in  Amster- 
dam getauft.  Der  dritte,  1578  in  Amsterdam  getaufte  Sohn  wurde 
Goldschmied  und  nannte  sich  auch  öfter  Zeeger  Pietersz  Coningh. 
Unser  Maler  Pieter  Pietersz  Lastman  erblickte  als"  viertes 
Kind  1583  das  Licht  der  Welt.  1586  wurde  Nicolas  Pietersz 
Lastman,  der  Kupferstecher,  geboren.     Der  sechste  Sohn,  Dirk  Pietersz  > 


*)    Bredius  und   de   Roever   führen   ihn    nur   in   der    Stammtafel   am    Ende 
ihres  Aufsatzes  an.    Im  Texte  selbst  sprechen  sie  nicht  von  ihm. 


n 


starb  früh.  Geburts-  und  Todesjahr  von  ihm  sind  nicht  bekannt. 
Das  jüngste  Kind  endlich,  ein  Mädchen  namens  Agnietje  Pieters, 
wurde  1B95  geboren.  Die  sechs  letztgenannten  Kinder  lernen  wir 
zuerst  aus  dem  Testament  der  Eltern  kennen. 

Das  Talent  des  Sohnes  Pieter  erkannten  die  Eltern  wohl  bald. 
Und  da  der  Vater  über  die  nötigen  Mittel  verfügte,  sorgte  er  auch 
für  eine  Ausbildung  Pieters  nach  dieser  Richtung  hin.  Durch 
Carel  van  Mander  *)  erfahren  wir,  daß  Lastmans  erster  Lehrer  Gerrit 
Pietersz  Sweelinck,  ein  Schüler  von  Cornelis  Cornelisz  van  Uaarlem 
und  ein  Bruder  des  berühmten  Organisten  Jan  Pietersz  Sweelinck  war. 
Van  Mander  teilt  ferner  mit,  daß  sich  Lastman  in  Italien  befinde, 
und  daß  auf  ihn  „goodo  hope"  sei.  Das  ist  1604,  bezw.  1603,  da 
van  Mander  sein  Buch  wohl  schon  1603  niederschrieb,  1604  das 
Erscheinungsjahr  des  gedruckten  Werkes  ist.  Diese  Reise  nach 
Italien  wird  Pieter  Lastman  gewiß  mit  Zustimmung  seines  Vaters 
unternommen  haben.  Was  dieser  nach  seiner  Amtsentsetzung  von 
1578  für  einen  Beruf  ausübte,  ist  unbekannt  geblieben.  Vielleicht 
lebte  er  als  Rentner.  Sein  meist  in  festen  Gütern  angelegtes  Ver- 
mögen, zu  dem  auch  das  von  ihm  seit  1587  bewohnte  Haus  in  der 
St.  Jansstraat  gehörte,  gestattete  das.  Auch  die  Kosten  der  Kunst- 
reise seines  Sohnes  wird  er  auf  sich  genommen  haben.  Er  mnß 
bereits  vor  dem  4.  Mai  1604  gestorben  sein,  da  an  diesem  Tage  seine 
Frau  als  Witwe  ui'kundlich  erwähnt  wird.  Wir  dürfen  aus  dieser 
Tatsache  auch  wohl  schließen,  daß  Pieter  Lastman  schon  vor  dieser 
Zeit  seine  Väterstadt  verlassen  hat.  Noch  ein  anderer  Umstand 
weist  darauf  hin,  daß  er  bereits  1603  nicht  mehr  in  Holland  war:  die 
beiden  im  Amsterdamer  Rijksprentenkabinet  befindlichen  Zeichnungen, 
die  nicht  auf  holländischem  Boden  entstanden  sein  können  und  die 
neben  dem  Namen  Lastmans  die  Jahreszahl  1603  tragen. 

In  Italien,  d.  h.  in  Rom,  schloß  sich  Lastman  an  Elsheimer 
und  dessen  Kreis  an,  dem  auch  die  beiden  Pijnas,  Thoman  von 
Hagelstein  u.  a.  angehörten.  Ihm  hat  er  auch  als  Künstler  viel  zu 
<Ianken. 

1605  müßte  Lastman  bereits  wieder  aus  Italien  zurückgekehrt 
sein,  wenn  wir  der  folgenden  Notiz,  die  sich  auf  einer  Zeichnung  von 


♦)    Hat  Schilderboeck,   1604,  Seite  294  a. 


Raf f ael  befand,  Glauben  schenken  dürfen.  *)  Auf  der  Versteigerung 
Antonie  Rutgers  Antoniesz  in  Amsterdam  am  1.  Dez.  1778  kam  eine 
Zeichnung  von  Raffael  vor,  die  unter  Nr.  3  im  Katalog  so  beschrieben 
war:  „Jesus,  spreekende  met  Mozes  en  Elias,  in  de  Wolken  op  den 
Berg  Thabor;  twee  Discipelen  ziet  men  op  de  voorgrond  slapende, 
en  Petrus  geknield,  alles  vol  expressien,  is  fraay  geteekend  met  de 
pen,  vervolgens  de  schaduw  gewassen  en  met  wit  gehoogt".  Uns 
interessiert  der  Zusatz:  „Deeze  Teekening  is  door  den  Kunstschilder 
Lastman,  1605,  uit  Italien  hier  te  Landen  gebragt".  Danach  wäre 
Lastman  also  1605  bereits  wieder  in  Holland  gewesen.  Dem  scheinen 
aber  Houbrakens  Angaben  über  Thoman  von  Hagelstein  zu  wider- 
sprechen, den  Houbraken**)  um  J605  nach  Italien  reisen  und  nach 
einem  Aufenthalt  in  (Mailand)  Neapel  und  Genua  in  Rom  insbesondere 
mit  Adam  Elsheimer,  Pieter  Lastman  und  Jan  Pijnaa  verkehren  läßt. 
Dies  Datum  1605  für  Thomans  Abreise  aus  seiner  Heimat  stellt  aber 
Houbraken  selber  nicht  als  durchaus  sicher  hin,  indem  er  wenig  weiter 
unten  schreibt:  „Wir  sehen  also,  daß  Pieter  Lastman,  den  wir  1581 
geboren  werden  ließen,  mit  24  Jahren  bereits  in  Rom  war,  wenn  wir 
annehmen,  daß  Thoman  ihn  im  Jahre  1605  dort  fand:  doch  das 
kann  nicht  als  sicher  angenommen  werden,  in  Anbetracht  des 
Umstandes,  daß  wohl  auch  einige  der  IB  Jahre,  die  Thoman  in  Italien 
gewesen  ist,  bereits  verflossen  sein  konnten,  ehe  Lastman  und  Pijnas 
nach  Italien  kamen  oder  dessen  Bekanntschaft  machten".  Oder 
man  muß  für  den  Fall,  daß  Thoman  von  Hagelstein  wirklich  erst 
1605  seine  Heimat  verlassen  haben,  danach  in  Mailand,  Genua  und 
Neapel  gewesen  und  dann  in  Rom  mit  Lastman,  Elsheimer  und  Jan 
Pijnas  zusammengetroffen  sein  sollte,  annehmen,  daß  das  alles  in 
dem  einen  Jahre  1605  geschah,  was  freilich  nicht  sehr  wahrscheinlich 
ist.  Ebenso  wenig  lassen  sich  aber  die  Angaben  zusammenreimen,  daß 
Thoman,  der  nach  Sandrart  1588  geboren  sein  soU,  1605,  —  also  mit 


*)    Den  Hinweis  auf  diese  Notiz  verdanke  ich  Herrn  Direktor  E.  W.  Moes  in 
Amsterdam. 

♦*)  De  groote  Schouburgh  der  Nederlantsche  Konstschilders  en  Schilderessen. 
II.  Aufl.  (1753),  Bd.  I.,  Seite  132.  —  Houbrakens  Quelle  ist  J.  Sandrarts  Teutsche 
Academie  (1675),  Seite  296  bezw.  Academia  Nobilissimae  Artis  pictoriae  (1683),  Seite 
288.  Am  ersten  Orte  heißt  es:  „  .  .  .  hernachmals  und  Anno  1605  hat  er  [Th.  von 
Hagelstein]  sich  nach  Italien  begeben  .  .  .  ". 

8 


17  Jahren  —  nach  Italien  kam,  sich  dort  15  Jahre  aufhielt  und 
„nach  Elsheimers  Tode,  um  den  Gram  über  diesen  Verlust  eher  zu 
zerstreuen,  in  sein  Vaterland  zurückkehrte",  wenn  dieser  Tod 
Elsheimers  nicht,  wie  früher  angenommen  wurde,  um  1620,  sondern  nach 
den  neuen  Torsohungen  Dr.  Fr.  Noacks  *)  bereits  am  11.  Dezember 
1610  eintrat,  und  daß  Elsheimer  vermutlich  mit  18  Jahren, 
um  1595,  nach  Rom  kam.  Die  Sache  ist  jedenfalls  nicht 
genügend  aufgeklärt,  um  Lastmans  Heimkehr  nach  Holland  danach 
sicher  feststellen  zu  können. 

Urkundlich  nachweisbar  ist  Lastman  jedenfalls  erst  wieder  1607  in 
Holland.  Am  1.  Mäi-z  und  den  fünf  folgenden  Tagen  dieses  Jahres  fand  in 
Amsterdam  die  Versteigerung  des  Nachlasses  von  Gillis  van  Coninxloo 
statt.  Fast  alle  Künstler  von  Amsterdam,  darunter  auch  Pieter  Lastman, 
traten  hier  als  Käufer  auf.  Ihre  Namen  wurden  vom  Sekretär  wie  üblich 
im  Katalog  notiert**).  Lastman  kaufte  damals  auch  Farben  und  Malerge- 
rätschaften. Die  hieran  angeknüpfte  Frage  von  Dr.  Bredius  und  d$ 
Roever,  ob  man  daraus  schließen  dürfe,  daß  er  erst  kurze  Zeit  wieder 
in  der  Heimat  war,  glaube  ich  nicht  bejahen  zu  müssen,  wenngleich 
die  Möglichkeit,  daß  dem  so  ist,  nicht  auszuschliessen  ist. 

Aus  dem  ganzen  folgenden  Jahrzehnt  fehlen  eigentliche  urkund- 
liche Naclirichten  über  das  Leben  unseres  Malers;  dafür  haben  wir 
aber  fast  aus  jedem  Jahre  bezeichnete  und  datierte  Gemälde,  durch 
die  er  sich  in  Amsterdam  bald  Ansehen  und  Ruhm  verschaffte. 
Doch  wäre  in  dieser  Zeit  das  Jahr  1617  hervorzuheben,  weil  in  ihm 
der  junge  Jan  Lievens  zu  Lastman  in  die  Lehre  gekommen  sein  soll, 
um  rund  zwei  Jahre,  also  bis  etwa  1619,  bei  ihm  zu  bleiben***). 

1618  finden  wir  Lastmans  Namen  samt  denen  seiner  Freunde 
und  Kunstgenossen  in  jener  poetischen  Liste  berühmter  Amsterdamer 
Maler  vom  Ritter  Theodore  Rodenburgh  aufgezählt  f). 

Auf  Lastmans  Urteil  als  Kenner  moderner  italienischer  Kunst 
mußte  man   damals  auch  Wert   legen.      Denn   aus    einer   Akte   vom 

»)    Kölnische  Zeitung  1906,  Nr.  1086;  Gemälde-Katalog  des  Kaiser  Friedrich- 
Museums  1906,  Nachtrag  (Seite  541). 

*»)    Oud  Holland,  Bd.  111.  (1885),  Seite  iG. 

•*♦)    Dr.    C.   Hofstede   de   Groot,    Arnold    Houbraken   und  seine  „Groote 
Schouburgh",  Seite  393. 

t)    Abgedruckt  in  C.  E.  Taurel,  De  Christelijke  Kunst,  XXIV,  und  in  Oud 
Holland,  Bd.  III  (188ö),  Seite  172. 


25.  November  1619  ersehen  wir,  daß  er  zusammen  mit  anderen  ein 
Gutachten  über  die  Echtheit  eines  G-emäldes  von  Caravaggio  abgab. 
Da  dies  die  Urkunde  ist,  welche  die  erste  annähernd  richtige  Be- 
stimmung seines  Geburtsdatums  ermöglichte  und  auch  die  Unterschrift 
Lastmans  zeigt,  sei  sie  hier  wiedergegeben: 

„Op  huyden  den  25  Novembris  1619  compareerden 
Mrs.  Bernaerdt  van  Someren,  out  omtrent  47  jaren,  "Willem 
van  den  Bündel,  out  omtrent  43  jaren,  Pieter  Lastman, 
out  omtrent  36  jaren,  Adriaen  van  Nyeulant,  out  omtrent 
33  jaren  en  Louys  du  Pret,  out  omtrent  30  jaren,  aUe 
gerenommeerde  schilders  wonende  binnen  deser  stede; 
mij  Notario  bekent  ende  hebben  by  wäre  woorden  in  plaetse 
van  eede  solemnel  ten  versoeke  van  Jacob  van  Nyeulant, 
als  last  hebbende  van  Franchoys  Seghers,  wonende  tot 
Antwerpen,  getuygt,  verclaert  ende  geattesteert  waerachtig 
te  wesen,  dat  het  stuck  schilderij,  namentlijk  een  Crucificx 
van  St.  Andries,  't  welck  bij  Franchoys  Seghers  voorn. 
van  Pieter  de  Wit  gecocht  is,  naer  haer  getuyges  ooch 
ende  beste  wetenschap  is  een  principael  van  Michael 
Angelo  Caravagio,  daer  voren  sy  getuigen  tselve  stuck 
oock  houdende,  seggende  oversulcs  tselve  stuck  een  prin- 
cipael van  de  voorsz.  d' Angelo  te  wesen *). 

gez.:     Bernaerdt  van  Someren  WUlem  van  den  Bündel 

Pieter  Lastman 

L.  Pret  Adriaen  van  Nieulandt 

In  allen  bisher  genannten  Dokumenten  wurde  Lastman  als  in 
Amsterdam  wohnhaft  erwähnt,  wo  er  sich  auch  —  nach  den  folgenden 
Urkunden  —  bis  zu  seinem  Tode  aufhielt.  Wenn  man  ihn  in  der 
älteren  Literatur  in  Haarlem  geboren  sein  und  dort  auch  sterben 
ließ,  so  geschah  das  wohl  nur  deshalb,  weU  man  ihn  auf  Grund  der 
falschen  Lesweise  der  Stelle  bei  van  Mander  zu  einem  Schüler  von 
Comelis  van  Haarlem  gemacht  hatte  und  der  Einfachheit  halber 
Haarlem  auch  als  Geburts-  und  Sterbeort  ansah. 


*)  Prot.  Not.  W.  Cluyt. 
10 


Sind  diese  Notizen  der  alten  Biographen  so  gut  wie  aus  der 
Luft  gegriffen,  so  steht  es  mit  einer  zuerst  von  Nagler  gemachten 
Bemerkung  über  einen  Aufenthalt  Lastraans  in  Kopenhagen  anders. 
Es  heißt  bei  Nagler*)  u.  a.:  „Von  1619 — 1620  malte  er  [Lastman] 
mit  anderen  zu  Kopenhagen  in  der  Schloßkirche  **)".  "Waagen  ***) 
und  Seubertf)  haben  diese  Notiz  auch  gebracht.  Nagler,  der 
seine  Quelle  nicht  nennt,  hatte  offenbar  die  Bilder  in  Schloß  Fre- 
deriksborg nördlich  von  Kopenhagen  im  Sinn  und  folgerte  aus  ihrem 
Vorhandensein  dort  aucli  den  Aufenthalt  Lastmans  und  anderer 
Künstler,  von  denen  in  jenem  Schlosse  auch  Gemälde  waren,  in 
Kopenhagen  selbst.  Dr.  Bredius  und  de  Roever  erwähnen  diese 
Notiz  Naglers  auch  und  verweisen  dazu  auf  das  von  Vosmaer  unter 
No.  30  seines  Kataloges  verzeichnete  Bild  der  „Kreuztragung",  das 
„se  trouvait  au  chäteau  de  Frederiksbourg  ä  [!]  Copenhague,  brüle 
en  1859".  Den  wirklichen  Sachverhalt  teilte  mir  in  liebenswürdiger 
Weise  Herr  Karl  Madsen  in  Kopenhagen  mit:  Lastman  wird  per- 
sönlich nicht  in  Kopenhagen  gewesen  sein.  Er  hat  aber  drei  Bilder 
für  den  König  Christian  IV.  gemalt,  die  zu  einem  Zyklus  gehörten, 
der  im  sogenannten  „Bedestol"  (Betzimmer  des  Königs  bei  der  Kirche 
im  Schloß  Frederiksborg)  schmückte.  [Nagler  machte  daraus  die 
„Schloßkirche  in  Kopenhagen"].  Leider  ist  jenes  interessante  Zimmer 
samt  seinen  Malereien  dem  Brande  von  1859  zum  Opfer  gefallen. 
Die  Geschichte  der  Malereien  dieses  „Bedestols"  ist  kurz  etwa 
folgende:  Wir  wissen,  daß  der  in  Helsingör  1569  geborene  Maler 
Pieter  Isaaksz;  „Kamerschilder"  Christians  IV.  von  Dänemark  ff ),  in 
der  ersten  Hälfte  des  Jahres  1618  in  Amsterdam  für  seinen  König 
von  dem  Kunsthändler  (?)  Johan  Letoir  zwei  Bilder  von  Lodevicus 
Vinsonius  oder  Lodovico  Finsonio  kaufte  und  nach  Dänemark  mit- 
nalmi  f f f ).     Er  war  in  Amsterdam  bekannt  und  sicher  mit  vielen  der 


*)    Kiinstlerlexikon  (1839). 

**)    Auch  A.  van  Nieuland  und  W.  van  Valckert  sollen  nach  Nagler  um  diese 
Zeit  in  Kopenhagen  gewesen  sein. 

***)  Handbuch  (1862),  Bd.  I,  Seile  302. 

t)  Allgemeines  KünsHerlexikon  (1878),  Bd.  II. 

tt)  Obreens  Archief,  Bd.  II,  Seite  U7. 

ttt)  A.  a.  0.,  Seite  135  IT. 

11 


dortigen  Maler  befreundet  *).  Pieter  Isaaksz  war  sicherlich  auch 
der  Vermittjer  zwischen  den  Künstlern,  welche  die  zweiundzwanzig 
neutestamentlichen  Darstellungen  für  Christians  IV.  „Bedestol"  malen 
sollten.  Denn  der  König  selber  notierte  1620  in  seinem  Schreib- 
kalender: „Am  17.  Dez.  habe  ich  Peter  Isak  1266  Rdl.  in  Spec.  ge- 
geben als  letzte  Zahlung  für  die  Gremälde,  welche  in  mein  Zimmer 
auf  Frederiksborg  gekommen  sind".  Pieter  Isaaksz  selbst  malte  die 
„Verkündigung".  Außerdem  waren  dafür  tätig  sein  Schüler  Adriaen 
van  Nieuland,  Werner  van  Valckert,  Jan  Pijnas  und  Lastman,  sicher 
alles  Freunde  von  Isaaksz.  Von  Pieter  Lastman  waren  die  „An- 
betung der  Könige",  „Christus  segnet  die  Kinder"  und  die  „Kreuz- 
tragung".  Sämtliche  Bilder  waren  auf  Kupferplatten  gemalt  und 
hatten  dieselbe  Größe  wie  die  jetzt  im  „Bedestol"  befindlichen  Ge- 
mälde Carl  Blochs.  Wir  haben  daher  keinen  Grund  anzunehmen, 
daß  jene  Künstler  aus  Holland  eigens  nach  Dänemark  reisten,  um 
an  Ort  und  Stelle  zu  arbeiten.  Sie  malten  vielmehr  in  der  Heimat 
die  von  ihnen  verlangten  Darstellungen  in  der  angegebenen  Größe  auf 
Kupferplatten,  die  nachher  in  die  Wände  des  „Bedestols"  eingelassen 
wurden  **). 

Wir  fahren  nun  fort  in  der  Aufzählung  der  von  Lastman 
Nachricht  gebenden  Urkunden,  die  nach  dem  Jahre  1620  zahlreicher 
werden. 

Im  Oktober  1623  trat  Lastman  bei  einer  gerichtlichen  Erklärung, 
welche  die  Frau  seines  Freundes,  des  Malers  Cornelis  van  der  Voort 
abgeben  mußte,  als  Zeuge  auf  ***). 


*)  Ritter  Rodenburgh  erwähnt  ihn  auch  in  dem  oben  schon  zitierten  Gedicht 
zufälligerweise  (?)  direkt  nach  Lastman.  Wir  finden  ilm  ferner  auf  der  Auktion  des 
Nachlasses  von  Gillis  van  Coninxloo  am  1. — 6.  März  (19.  Jan.  gibt  von  Wurzbach  in 
seinem  Niederl.  Künstlerlex.,  Bd.  I,  Seite  327  an)  1607  in  Amsterdam  zusammen  mit 
fünf  Schülern,  Jan  Claesz,  Huyg  Pietersz,  Franfois  Venant  und  „de  Stomme"  (Avercamp). 
Vergl.    0  u  d  H  o  1 1  a  n  d,  Bd.    III    (1885)  Seite  45/46. 

**)     Ueber    dieses    Betzimmnr    schreibt    der    dänische  Kunstschrifsteller    N.   L. 

Höyen  (Skriftes,  Bd.  I,  Seite  233):    „ Die  Werke  von  allen  diesen  Meistern, 

besonders  so  vorzügliche,  wie  hier  waren,  gehören  jetzt  zu  den  größten  Seltenheiten 
der  Galerien,  warum  schon  im  vorigen  Jahrhundert  Fremde  auf  die  Bedeutung  dieses 
Zimmers  aufmerksam  machten.  ...  Es  wäre  nicht  leicht,  jedenfalls  außerhalb 
Italiens,  ein  gleiches  zu  finden,  wo  Werke  älterer  Kunst  zu  einem  so  schönen  Ganzen 
vereinigt  waren".  (Mitteilung  von  Herrn  K.  Madsen). 
•**)    Oud  Holland,  Bd.  III  (1885),  Seite  195. 

12 


Damit  sind  wir  zu  dem  Zeitpunkt  gekommen,  in  dem  nach 
Annahme  der  meisten  Forscher  Rembrandt  für  sechs  Monate  das 
Atelier  Pieter  Lastmans  besuchte.  Ueber  die  genauere  Festsetzung 
dieser  Lehrzeit  gehen  die  Ansichten  freilich  etwas  auseinander.  Das 
vorhandene  Urkundenmaterial  über  Lastman  bietet  leider  auch  keine 
Anhaltspunkte  für  eine  sichere  Feststellung  dieses  Zeitabschnittes. 
Auf  die  scherzhafte  Erfindung  der  Quittungsurkunde  Pieter  Lastmans 
von  1627*)  braucht  hier  nicht  eingegangen  zu  werden.  Von  Wurzbach 
hat  in  gutem  Glauben  in  seinem  Rombrandtartikel  im  Nieder- 
ländischen Künstlerlexikon  dies  Jahr  angenommen,  dürfte  im 
Supplementbande  »ber  eine  Berichtigung  geben. 

Bei  der  am  12.  April  1G25  erfolgten  Verheiratung  von  Lastmans 
Schwester  Agnietje  mit  dem  Maler  Fran9ois  Venant  trat  merkwürdiger- 
weise keiner  der  Brüder  als  Zeuge  auf**).  Bredius  und  de  Roever 
erklären  das  daraus,  daß  F.  Venant  wohl  sicher  ein  Remonstrant  war, 
während  Pieter  Lastman  und  seine  Brüder  wahrscheinlich  römisch- 
katholisch  geblieben  waren***). 

Das  am  30.  April  1625  zu  Protokoll  gebrachte  Testament  des 
Kupferstechers  Nicolas  Lastman,  der  zu  dieser  Zeit  „sieck  te  bedde'' 
(krank  zu  Bett)  lag  und  am  6.  Mai  auch  schon  begraben  wurde, 
nennt  Lastman  neben  den  Kindern  seines  vor  dem  Jahre  1625  ver- 
storbenen Bruders  Jacob  Pietersz  Hardingh,  neben  seinem  Bruder 
Zeeger  Pietersz,  dem  Goldschmied,  und  seiner  Schwester  Agnietje 
Pieters  als  Erben  f). 

Am  19. /20.  April  1625  wurden  zwecks  Teilung  des  Nachlasses 
unter  die  Erben  die  hinterlassenen  Mobilien  der  am  7.  Dez.  1624 
begrabenen  Mutter  versteigert.  Dabei  wurde  aber  vieles  von 
den  Kindern  und  Enkeln  zurückgekauft.  Der  Erbschaftsteilungsver- 
trag  zwischen  den  Brüdern  Zeeger  Pietersz,  Pieter  Lastman,  der 
Schwester  Agnietje  und  ihrem  Manne  Fr.  Venant,  sowie  den  Kindern 
des  verstorbenen  Bruders  Jacob  Pietersz,  datiert  vom  15.  August 
1625  und  lautet: 


*)    Die  Urkunden  über  Rembrandt.    Erstes  Supplement.     Von  M.  C.  Visser. 
Haag,  19()6,  Seite  3. 

**)    Oud  Holland,  Bd.  IV  (1886),  Seite  20. 
•♦*)    A.  a.  0.,  Seite  21. 
t)    Obreens  Archief,  Bd.  VII,  Seite  246. 

13 


Boedelscheiding  tusschen : 

1)  Zeeger  Pietersz 

2)  Pieter  Pietersz  Lastman 

3)  Agnietje  Pieters  &  Fran9oys  Venant 

4)  Zal.    Jacob    Pietersz    kinderen     onder    voogdy    van    Willem 

Aertsz  beneven  1 — 2,  en  '6  als  erfgen.    van    Claes  Pietersz 
huns  overl.  broeder  te  zaraen  erfgen.    van  Pieter   Zeegersz 
en  Barbara  Jacobs  beide  vöör  Claes  gestorven 
liTin  ouderlyk   (elterliches)  goed  bedraagt 

volgens  taxatie  27008  — 

de  lasten  afgetrokken  22637  gl.  • 

Zeeger  Pietersz  krygt  huis  St.  Jansstraat     f  3800 
Pieter  Lastman       „       huis  Rusland  1750 

„      Taksteeg  2500 

kostgeld  van  Pr.  Lastman         64 

^         van  Claes  Pietersz         21 

Pr.  Lastmans  schuld  voortin         43 

Egbert  Cornz  Tinnegeeters 

schuld  mede  voor  tin  41 

Agnietje  Pieters  krygt   huis   St.    Jansstraat 

overd'ootmoedigeConing    3400 
erven  van  Claes  Pieters  krygen  huis  Bree- 

straat  daer  Barber  Jacobs 
is  overleden  3300 

hnis  Schoutensteegje  550 

de  minderj.  kinderen 

krygen  huis  d'  Antyksche 
schaer  4000 

15.  Aug.  1625*) 

Am  20.  August  1625  befindet  sich  Pieter  Lastman  unter  den 
zahlreichen  Künstlern,  die  auf  der  Nachlaßversteigerung  des  Cornelis 
van  der  Voort  als  Käufer  auftraten.  Mit  diesem  Künstler  hatte 
Lastman  —  wie  wir  oben  schon  sahen  —  in  freundschaftlichen  Be- 
ziehungen gestanden.     (Auf  dieser   Auktion   war   auch    ein   Original- 


*)    Register  von  Memorien  Nr.  3,  Seite  218—222. 
14 


1 


gomälde  von  Lastman,  das  einen  ziemlich  hohen  Preis  erzielte,  sowie 
eine  Kopie  nach  Lastman.)  Lastman  ersteigerte  da  „drie  vrouwen 
tronien"  (vielleicht  sind  das  die  später  in  seinem  Inventar  aufgezählten 
„drie  tronien  van  Badens,  als  Venus,  Juno  en  Pallas")  für  3.7  ü. 
und  ein  nicht  näher  beschriebenes  Bild  auf  Leinwand  für  1.11  fl. 
Aus  einer  handschriftlichen  Beischrift  im  Katalog  dieser  Versteigerung 
ersehen  wir  auch,  wo  Lastman  damals  gewohnt  hat:  „over  (gegen- 
über) de  Suyderkerk"  *),  die  von  Hendrik  de  Keyser  von  1603 — 14 
erbaut  wurde. 

Geheiratet  hat  Lastman  nicht.  Mit  seinem  Bruder  Nicolas  und 
der  Mutter  hatte  er  in  jenem  Hause  zusammengewohnt  und  nach  dem 
ziemlich  zu  gleicher  Zeit  erfolgten  Tode  dieser  Beiden  und  der  Heirat 
seiner  Schwester  änderte  er  seine  Wohnung  nicht.  (Die  Mutter  wurde 
am  7.  Dezember  1624  in  der  Oude  Kerk  in  Amsterdam  begraben;  der 
Bruder  Nicolas  am  6.  Mai  1625). 

Ende  der  zwanziger  Jahre  litt  Lastman  viel  unter  Krankheit, 
ja  so  sehr,  daß  er  1628  bereits  ans  Sterben  dachte  und  den  Notar 
Lamberti  zu  sich  kommen  ließ,  um  seinen  letzten  Willen  zum  Vorteil 
seines  Bruders  und  seiner  Schwester,  sowie  der  auch  von  Nicolas 
bedachten  Bruderskinder  und  seiner  Dienstmagd  aufsetzen  zu  lassen. 
Der  Notar  Lamberti  traf  ihn  krank  im  Bett  liegend  an,  „doch  zijn 
verstaut  ende  uytsprack  noch,  wel  hebbende".  Das  damals  aufgesetzte 
Testament  lautete: 

1628    B.  Maart.  Not.  L.  Lamberti. 

Pieter  Lasman,  schilder,  poorter  (Bürger)  deser  stede 
leggende  sieck  te  bedde  doch  zijn  verstant,  memorie  ende 
uytspraeck  noch  wel  hebbende  legateert  aan  zijn  z  (seligen) 
broeders  kinderen; 

Pieter  Jacobsz   tegenwoordig   na   Oost 

Indie  zijnde 300  gl. 

Jacob  Jacobsz 800  gl. 

Anna  Jacobs 800  gl. 

Weyntje  Jacobs 600  gl. 

Cent  Jacobsz 600  gl. 

te  erven  van  de  een  op  den  ander.  aan 


»)    Gud  Holland,  Bd.  III  (1885),  Seite  203. 


15 


Haesje  Theunis  zyn  dienstmaagt,  als  zy 
op  zyn  sterfdag  nog  by  hem  dient.     .     .     .     100  gl. 
Voorts.  in  al  zyne  van  ouders  geerfde  zoowel  als  zyne  van 
hem  zelve   geconquestreerde  goederen    tot  erfgenaam 
Zeeger  Pietersz  zyn  broeder  en 
Agnietje  Pieters  zyn  zuster 
goederen  te  erven  van  den  een  op  den  ander. 
Hy  woont  Breestraat 

getuigen  Frans  Fransz  en  Joost  Damius. 
Schlimmer  sah  es  mit  Lastmans  Gesundheitszustand  im  folgenden 
Jahre  aus,  in  dem  er  am  27.  Pebruar  wieder  nach  dem  Notar  ver- 
langte, um  das  nachstehende  Testament  zu  machen.  Er  lag  da  nicht 
nur  krank  zu  Bett,  sondern  sprach  auch  sehr  „becommerlyck".  Die 
Namens  Unterschrift  zeigt  am  besten,  wie  schwach  er  sich  befand. 
Wahrscheinlich  hatte  er  einen  Schlaganfall  gehabt. 
1629     27.  februari     Not.  L.  Lamberti 

Pieter  Lastman,  schilder,  leggende  sieck  te  bedde  ende 
spreekende  wat  becommerlyck  doch  anderzins  verstant  ende 
vyff  sinnen  wel  machtig  syndo  legateert  aan 

Haesje  Theunis,  zyne  dienstmaagt.     .     .       200  gl. 
aan  Pieter,  Jacob,  Wyntje  en   Cent  Jacobsz 

(broederskinderen)  ieder 400  gl. 

aan  Anna  Jacobs 1000  gl. 

benevens  eene  vry  gunstige  bepaling  ter  behoeve  van  de 
laatste,  Agnietje,  erfgenamen 

Zeeger  en  Agnietje,  erfgenamen 
Zeeger  executeur. 
Hy  woont  Breestraat  gez.:     Pieter  Lastman. 

Aber  auch  von  diesem  Kranksein  erholte  sich  Pieter  Lastman 
sehr  bald  wieder.  Am  2.  März  desselben  Jahres  bestätigt  er  jenes 
Testament  durch  folgenden  Zusatz: 

2.  Maart  1629 

Pieter  Lastman,  die  als  nu  kloeck  ende  gesont  geworden 
ende  syn  verstant,  spraeck  ende  vyff  sinnen  volcomentlyck 
gebryckende  was.  Conformeert  dit  bovenstaande  testament. 

gez.:     Pieter  Lastman. 

16 


Lastmans  Gesundheitszustand  muß  sich  nun  noch  einmal  so 
gebessert  haben,  daß  er  wieder  an  die  Arbeit  gehen  konnte,  wovon 
das  1630  datierte  Bild  in  Stockholm  Zeugnis  gibt. 

In  diesem  Jahre  —  am  27.  Febr.  —  sehen  wir  ihn  wieder  ein 
Gutachten  über  eine  Kopie  von  L.  Vin^on  *)  nach  einem  Bilde  von 
Caravaggio  abgeben.     Der  betreffende  Passus  dieser  Akte  lautet: 

„Op  huyden  den  27.    february  1630  heeft   Sr.  Charles    de 

Coninck,  Coopman  tot   Middelborch,    vercocht    aen    Jacob 

van  Nyeulant,  die  in  coope  aenneempt  mits  dezen  een  stuck 

schilderie,  gedaen  bij  Mr.  Louys  Vin9on  za:    naer't  principael 

gedaen  by  wijlen  Michiel  d'Angelo  da  Crawachy  za:  wesende 

een  Uytdeelinge  van  de  Paternoster  aen  de  Preeckheeren, 

en  dat  ter  somme  van  600  guldens  te  betalen  binnen  6  weecken 

of  in  2  maenden  ten  längsten  naerdat  hem  van  Nieulant't 

voorsz.  stuck  gelevert  sal  sijn,  met  deze  expresse  conditio,  dat 

tvoorsz.  stuck  schilderie  sal  moeten  sijn  t'  selve  stuck  t'  weick 

(als  geseyt  is)  bij  den  voorsz.  Louwys  Vin^on  is  gedaen,  t'  welck 

sal  staen  ter  judicature  van  Piet«r  Lasman,  Adriaen  Nieulant 

ende  Franchoys  Venant,  alle  schilders  binnen  deser  stede. .  ." 

Wie  wenig  Lastman  mehr  an  den  Tod  dachte,  zeigt  der  Umstand, 

daß  er  am  28.  Februar  des  Jahres  1631  noch  ein  Haus    erwarb   und 

zwar  das  in  der  (St.  Anthonie)  Breestraat  an  der  Ecke    des    Zuider- 

kirchhofes  gelegene  Gebäude,  „daer  de  Preeckstoel  in  de  Gevel  staet", 

d.  h.  sein  Giebel  war  mit  einer  Kanzel  geschmückt.   Lastman  bekennt 

sich  an  diesem  Tage  zu   der   Schuld    von    3475    fl.,    wobei    Cornelis 

Dankertsz     Zeuge   war,    während    Pieter    Wijbrantsz    und    Hendrik 

Laerman  (nicht  Lasman,  wie  in   Obrees   Archief,   Bd.   VI,    Seite    44 

von  Dozy  geschrieben   wird)    vor    den    Schöffen    für    diese    Summe 

Bürgschaft  leisteten.  NachVosmaer,  der  hierfür  Scheltema,  „Rembrandt", 

Ausgabe  von  1866  (Seite  52/B3)   zitiert,   haben   ihm   das   Geld    dafür 

geliehen  Jacob  Chevalier,  Samuel  Goin  und  Jacobus  Gossius,  Dr.  med. 

Von  diesen  3475  Gulden    war   ein    Drittel   innerhalb  14  Tagen,    das 

zweite  Drittel  im  Mai  und  der  Rest  am  Lichtmeßtage    zu    bezahlen. 


*)  L.  Vingon  ist  bekannter  unter  dem  Namen  Lodevicus  Finsonius;  er  war 
ein  Nachahmer  des  Caravaggio,  wurde  geboren  in  Brügge  um  1580  und  starb  in 
Amsterdam  vor  dem  1(5.  Mai  1618.  Bezeiclmete  und  datierte  Bilder  von  ihm  in  Aix, 
Arles,  Andennes,  Neapel;  vergl.  v.  VVurzbach,  KUnstlerle.xikon,  Bd.  I,  Seite  534. 


2 


17 


Am  13.  Dezember  des  Jahres  1631  wurde  Lastmans  Schwester 
Agnietje  begraben.  Von  den  Q-eschwistern  lebten  nun  nur  noch  der 
Goldschmied  Zeeger  Pietersz  Coningh  und  unser  Maler. 

Aber  er  wurde  nun  auch  wieder  aufs  Krankenlager  geworfen 
und  fühlte  sich  veranlaßt,  durch  seinen  Notar  Lamberti  abermals 
Aenderungen  in  seinem  Testament  vornehmen  zu  lassen.  Dieser 
suchte  ihn  am  13.  Mai  1632  auf.  Nicht  mehr  in  der  Wohnung  in 
der  Breestraat,  sondern  im  Hause  seines  einzigen  noch  lebenden 
Bruders  Zeeger  Pietersz  in  der  St.  Jansstraat,  wo  der  Kranke  gepflegt 
wurde.  Die  Aenderung  seines  letzten  Willens  bestand  darin,  daß  er 
diesen  seinen  Bruder  und,  falls  dieser  vor  ihm  sterben  sollte,  dessen 
Kinder  zu  Haupterben  einsetzte  mit  der  Bedingung,  daß  den  Kindern 
seines  verstorbenen  Bruders  Jacob  Pietersz  Hardingh  ein  Legat  von 
einigen  hundert  Gulden  zukommen  sollte.  Für  Anna  Jacobs  Hardingh, 
die  Jüngste  und  scheinbar  sein  Liebling,  hatte  er,  wie  auch  die  beiden 
letzten  Male  zuvor,  mehr  als  das  Doppelte  dessen,  was  den  anderen 
zugedacht  war,  ausgesetzt.  Die  Dienstmagd  dagegen  wird  in  diesem 
letzten  Testament  nicht  mehr  genannt.  Sie  war  also  nicht  mehr  in 
seinem  Dienst  oder  inzwischen  gestorben.  Jene  Legate  sollten  sich 
von  dem  einen  auf  den  andern  vererben,  wenn  sie  kinderlos  stürben. 
Ferner  wurden  noch  die  beiden  Kinder  seines  Schwagers  F.  Venant 
bedacht. 

Das  Testament  lautet: 

1632.  13.  Mei  s'  namiddags  de  klok  omtrent  half  vyff 
d'  Eersame  Pieter  Lastman,  schUder,  poorter  dezer  stede, 
uytspraecke  noch  wel  hebbende  ende  volcomentlyck  ge- 
bruyckende  herroept  alle  vroegere  testamenten  speciaal 
dat  op  27  februari  1629  voor  Not.  Lamberti  noemt  tot 
eenigen  en  universeelen  erfgenaam  zyn  broeder  Zeeger 
Pietersz  en  by  voor  overleden  zyn  kinderen,  in  alles,  de 
goederen  verbonden  en  onverbonden  van  zyn  ouders  ge- 
comen  niet  binnen  een  jaar  uitkeerende. 

aan  Pieter  Jacobsz 
Jacob  Jacobsz 
Weyntjen  Jacobs 
Cent  Jacobsz 

18 


n 


zyn  Z.  broeders  kinderen  elk  300  gl.  van  de  een  op  de  ander  als 
zy  kinderloos  sterven  en  ter  slotto  op  Zeeger  Pietersz  en 
Anna  Jacobs  800  gl. 

aan  do  twee  nagelaten  kinderen  van  zyne  Z.  zuster 
Agnietje  Pieters  geprocreert  by  Francjoys  Venant,  mede 
Schilder  samen  2400  gl.  Sterven  zy  echter  vor  hem  dan 
zal  Zeeger  Pietersz  dit  erven,  terwyl  het  geld  nooit  door 
Crediteuron  zal  mögen  worden  aangesproken. 

Wie  dit  verband  zal  trachten  los  te  maken,  verbeurt 
zyn  erfenis. 

Gepasserd  ten  huize  van  Zeeger  Pietersz  in  de  St.  Jans- 
straat,  getuigen  Pieter  Anthonisz  en  Jacob  Jansz  HoUesloot 

gez.:  Pieter  Lastman. 
Außerdem  beschloß  Lastman,  sein  Hab  und  Gut  noch  bei  seinen 
Lebzeiten  inventarisieren  zu  lassen.  Am  7.  Juli  1632  wurden  die  in 
der  Breestraat  gebliebenen  Sachen  Lastmans  durch  den  Notar 
Lamberti  im  Beisein  der  Frau  des  Zeeger  Pietersz  gebucht.  Es  war 
ein  nicht  unansehnlicher  Nachlaß,  aus  dem  im  folgenden  nur  die  auf 
Kunst  Bezug  habenden  Dinge  aufgeführt  werden  sollen: 

1)  Drie  tronien  van  Badens,  als  Venus,  Juno  en  Pallas. 

2)  Drie  lupertgens  (kleine  Leoparden). 

3)  Een  lantschapge  van  Claes  Moeyaert. 

4)  Galeytgens  (kleine  Galeeren)  nae  de  Jonge  Vroom  gedaen. 

5)  Een  groot  stuck  van  Daniel  in  do  leeuwenkuyl. 

6)  Vier  evangelisten  van  Jacob  Jordaens. 

7)  Paulus  bekeeringh  van  Pieter   Lastman    met   ebben   lijst 
(Ebenholzrahmen). 

8)  Een    graflegging   van    Pieter    Lastman    met  een   groote 
ebben  lijst. 

9)  Een  crucifix. 

10)  Een  conterfeytsel  (kleines  Porträt)  van  Goltzins. 

11)  Een    St.     Franciscus    van     Pieter    Lastman      met    een 
ebben  lijst. 

12)  Een  boerenkermisge  van  Grimmer. 

13)  Een  lantschapgen  van  Pr.  Lastman. 

14)  Zes  oude  manstronien. 

15)  Een  crucitix. 


2* 


19 


16)  Een  paertschilderij  (Pferdebild). 

17)  Een  fruytmaandje  met  vogeltjens. 

18)  Een  Ossenhooft  (Ochsenkopf). 

19)  Een  ront  conterfeytsel  van  Joan  van  Oldenbarnevel, 

20)  Een  schilderij  van  de  rijckdom. 

21)  Een  lantschap  van  Tobias  van  Grovaert  (Jansz). 

22)  Een  fruytschilderij  van  van  Essen. 

23)  Een  lantschapgen  St.  Franciscus  van  Pr.  Lastman. 

24)  Een  crucifix  van  Palmhout  (Palmholz). 

25)  Een  vrouwentronie  op  een  ovael  van  Badens. 

26)  Een  hontgen  van  Pieter  Lastman. 

27)  Een  Ste.  Peter  met  't  swaert. 

28)  Een  groot  bancket. 

29)  Een  contrefeytsel  van  Claes  Lastman. 

30)  Een  contrefeytsel  van  Cales  Oom. 

31)  Een  out  manstronie. 

32)  Een  Emaus  gedootverft  (angelegt). 

33)  Lastmans  contrefeytsel,  gedootverft. 

34)  Een  kleyn  sacrefysie,  gedootverft. 

35)  Een  vrouwe  tronie. 

36)  Een  tronie  van  Jan  Pietersz. 

37)  Een  crucifix  van  Pr.  Lastman. 

38)  t'    Vroutje    aen    de   put   van   Lastman   beyde    mit   ebben- 
lijsten. 

39)  Een  cameeltgen  van  Savery. 

40)  Een  Tobiasgen  van  Claes  Moeyaert. 

41)  Een  copytgen  van  een  ram  (Widder)  en  geyten  (Geißen). 

42)  Een  doeckgen  van  rammen  en  bockgens. 

43)  Twee  ossenhoofden  op  een  doeck. 

44)  Een  doodmanstronie  (Kopf  eines  toten  Mannes)  van  Poerbus. 

45)  Een  conterfeytsel  van  Pr.   Lastman   met    een  achtkanten 
ebben  lijst. 

46)  Een  jongenstronie. 

47)  Een  groote  Ecce  Homo. 

48)  Een  Jeronimus, 

49)  Een  schilderij  van  Paulo  en  Bamabe   (Etwa   das   berühmte 
Lastman'sche  Bild?) 


20 


50)  St.  Jans  doopsel  bij  Lastman  gedaen  (gemacht,  gemalt). 

51)  Een  Samaritaen  bij  Lastman, 
B2)  Magdalena,  na  Jan  Tengnagel. 

53)  4  Evangelisten,  copie  na  Jordaens. 

54)  Een  Joseph  en  Maria  met  Jesu  van  Lastman. 

55)  Een  copie  nae  de  graflegging  van  Lastman. 

56)  Een  drie  coningen. 

57)  Een  schilderij  van  Jacob. 

58)  Een  schilderij  van  Haman. 

59)  Een  luypaertgen  met  verscheyde  beestens. 

60)  Verschejde  vogeltgens,  copie  in  een  bortgen. 

61)  Een  ossenhooft  met  2  honden  op  een  doeck. 

62)  Eenige  paertshoofde. 

63)  Een   pauw,    een   oude   manstronie,    een    pompoentje  (kleine 
Melone  oder  Kürbis),  een  cocodril,  een  gaytge. 

64)  Een  gedootverft   lammotje,    een  copytge  van  een  pauw   eu 
pauwinnetje. 

65)  Twee  bockgens,  een  bos  druyven,  een  gansgen,  een  hontgen 
een  osgen. 

66)  Een  cleyn  hontge,  een  hanengevecht,  6  gedootverfte  bortgens, 
eenige  gevolde  doeken,  9  penseien,  een  groote  lijst. 

67)  Een  geboetseerde  (modelliert)  tronie  van  Marco  Aurelio. 

68)  2  tronien  van  playster  (aus  Gips). 

Op  't  Cantoor 

69)  Een  groot  Kunstboeck  met  printen. 

70)  Een  doos  met  siechte  lack  en  schoone  smalt. 

71)  Een  doos  vol   teyckeningen   van   peerden   ipet   wat   andere 
printen. 

72)  Een  deel    roö    (rote    Kreide)     teyckeninghen    van     Pieter 
Lastman. 

73)  Omtrent  150  boecken;  een  pongiaert  (Dolch). 

74)  Verwen,     als     schoone     blauwe     assenschytgeel,    slachgout, 
pinckeler  enz. 

75)  Thien  boeck  met  teyckeningen. 

76)  Eenige  gedruckte  printen.    droge  verwen,  heel  schoon  lack  enz. 

77)  Een  roemer  gesneden:  Alte  met  een  reys. 

21 


Von  der  letzten  Krankheit  hat  sich  Lastman  wahrscheinlich 
nicht  wieder  erholt  und  er  ist  wohl  auch  nicht  mehr  in  seiner 
Wohnung  in  der  Breestraat  gewesen.  Er  starb  im  Frühjahr  1633. 
Am  4.  April  wird  seine  Leiche  von  der  St.  Jansstraat  aus  um  Vk  Uhr 
unter  dem  Greläute  der  großen  Glocke  —  wofür  17  fl.  bezahlt 
wurden  —  zu  Grabe  getragen.  Im  Grabbuch  der  Oude  Kerk  ist 
unterm  4.  April  1633  zu  lesen:  Pieter  Lastman,  compt  uyt  Synt 
Jansstraet,  en  is  andertvier  met  de  groote  KJock  beluyt ....  f.  17. 


Pieter  Lastmans  äußere  Erscheinung  hatte  Thomas  de  Keyser 
in  einem  heute  leider  verschollenen  Gemälde  festgehalten.  Es  gibt 
auch  keinen  Stich  danach.  Nur  die  sechs  Verse  sind  bekannt,  die 
Joost  van  den  Vondel  als  Unterschrift  zu  jenem  Porträt  gedichtet 
hat.     Sie  lauten : 

OP  PETER  LASTMAN" 
DEN  APELLES  ONZER  EEUWE 

De  geest  van  Peter  voer  in  't  ordineren  speien, 
En  volghde  vrouw  Natuur  op  doeken  en  pannelen, 
Zyn  kunstgetuigen.     Toon,  wie  't  oordeel  stryken  kan, 
Of  Lastman  Fenix  was,  of  Rubens  zyn  genan. 
De  Keizer  heeft  hem  dus  den  ommetrek  gegeven: 
Maar  anders  tekend  hy  zieh  in  zyn  kunst  naer  't  leven. 

Zu  deutsch: 

AUF  PIETER  LASTMAN, 
DEN  APELLES  UNSERES  JAHRHUNDERTS 

Der  Geist  von  Peter  vergnügte  sich  mit  Komponieren 
Und  folgte  Frau  Natur  auf  Leinwand  und  auf  Holz, 
Den  Zeugen   seiner  Kunst.     Zeige,   wer  das  Urteil   fällen   kann, 
Ob  Lastman  Phönix  war,  oder  Rubens,  sein  Namensvetter. 
De  Keyser  hat  ihn  so  äußerlich  im  Bilde  festgehalten. 
Aber  anders  zeichnet  er  sich   in  seiner  Kunst   nach   dem  Leben. 
Nach  J.  van  Lennep*)    sollen   diese  Verse  Vondels   gegen    1649 
entstanden  sein.     Van  Lennep  bemerkt  dazu,    daß  der  Dichter  sie  in 

*)  „De  Werken  van  Vondel  in  verband  gebracht  met  zijn  leven  . . .  Amsterdam,  1859. 
22 


diesem  Jahre  gelegentlich  des  Todes  von  Lastman  in  Haarlem  ver- 
faßt habe.  Im  Anschluß  hieran  wurden  —  wie  Vosmaer  mitteilt*)  — 
von  dem  Haarlemer  Archivar  A.  J.  Enschede  hierüber  Nachforschungen 
angestellt;  die  Durchsuchung  der  Sterberegister  von  1640  bis  1650 
blieb  jedoch  ergebnislos.  Weder  sie,  noch  die  Tauf-  und  Heirats- 
register enthielten  den  Namen  unseres  Malers.  Deshalb  schied  schon 
Vosmaer  Haarlem  als  Geburts-  und  Sterbeort  Lastmans  aus  und 
schloß  sich  der  gewöhnlichen  Ueberlieferung,  die  Amsterdam  dafür 
nannte,  an.  Zu  seiner  Zeit  haben  aber  auch  die  in  Amsterdam  an- 
gestellten Nachforschungen  zu  keinem  sicheren  Ergebnis  geführt,  so- 
daß  er  als  Todesdatum  Lastmans  das  Jahr  1649  nur*  bedingtermaßen 
beibehielt. 

Beruht  die  Datierung  jener  Vondel'schen  Verse  auf  das  Porträt 
Lastmans  durch  van  Lennep  in  erster  Linie  auf  der  Annahme,  daß 
sie  anläßlich  des  —  angeblich  —  1649  erfolgten  Todes  Pieter  Last- 
mans gedichtet  worden  seien,  so  ist  die  Richtigkeit  ihrer  Datierung 
auch  in  Frage  gestellt.  Stützte  sich  van  Lennep  dafür  aber  mehr 
auf  stilistische  Gründe,  so  halten  wir  uns  zur  Uebung  einer  Kritik 
an  der  Datierungsfrage  dieser  Verse  für  nicht  zuständig.  Jedenfalls 
können  die  Verse  ebensogut  zu  Lebzeiten  Lastmans  gedichtet  worden 
sein,  wie  einige  Zeit  nach  seinem  Tode.  Wahrscheinlicher  ist  vielleicht 
noch  das  letztere. 


*)  „Rembrandt ",  Seite  80. 


23 


Stammtafel  der  Fani 


Jacob  Pietersz 
getauft  20.  Febr.  1575 


Jacob  Pietersz  Hardingh 

get.  9.  Juli  1576;    f  vor  1625 

verheiratet  mit 

Grietge  Centen. 


Pieter         Weyntje       Jacob  Jacobsz 
Jacobsz       Hardingh  Hardingh 

geb.  1597   geb.  vor  1599        geb.  1603 


t  vor  1637 

verheiratet 

mit 
Theunis 
Roelofsz 

Grietje 

Theunis 

verheiratet 

mit 
Hendriksz 
Hardingh 


t  vor  1637 

verheiratet  mit 

Judit  van  Baien 


Dirk 
Jacobsz 

Hardingh 
geb. 1605 

t  vor  1621 


Cent 

Jacobsz 

Hardingh 

geb. 1610 

tot  1656 


Anna 
Hardingh 
geb.    1612 


Zeeger    Pietc 

Coningh 

geboren  157 

verheiratet    n 

-     Giertje  Corne 

Clemenlia  Zeej 
verheiratet  m 
Dirk  Vennek 


Weyntje 

Centen 

Hardingh 


Pieter 

Genien 

Hardingh 


Grietje 

Centen 

Hardingh 


24 


er  Lastmans 


Zeeger  Pietersz 


Pieter  Zeegersz      dementia  Zeegers 

t  um  1603 
verheiratet   mit 
Barbara  Jacobs 


'ieter  Pieters/. 

Lastman 
loren  1583;  t  1633 


er  Zeegersz 
Lastman 


Claes    Pietersz 

Lastman 
geb.  158G;  t  1625 


Dirk  Pietersz 


Zeegers 

verheiratet  mit 

Eugenius 

Fonteyn 


Agnietje 

Pieters 

geb.  1595 

tl631 

verheiratet  mit 

F  r  a  n  9  0  i  s 

Venant 

Fran^ois 

Pieter 

Venant 

Venant 

t  1633 

t  16.33 

26 


Verzeichnis  der  Gemälde 
ans  dem  Nachlasse  der  Mutter  Pieter  Lastmans,   Barbara  Jacobs, 

die  am  20.  April  1625  in  Amsterdam  versteigert  wurden 


1)  Ein  Büd  mit  Maria 

2)  Ein  Bild  mit  Abraham  mit  den  Engeln 

3)  Ein  Bild  mit  „Munneken"  (Mönchen) 

4)  Ein  kleines  BUd  von  Emmaus 

5)  6)  Zwei  runde  Landschaften 

7)  Ein  Marienbild 

8)  Ein  Bild  mit  der  Christnacht 

9)  Eine  Landschaft  von  Govert  Jansz 

10)  Ein  BUd  mit  Maria  und  Joseph 

11)  Ein  Bild  mit  David  und  Abigail 

12)  Eine  Landschaft 

13)  Ein  Bild  der  vier  Evangelisten- 

14)  Eine  kleine  Tafel  mit  Maria  von  Dirk  Barentsz 
(15)  Eine  große  Karte 


Wahrscheinlich  befinden  sich  hierunter  auch  Gemälde  von  ihrem 
Sohn  Pieter  Lastman;  Darstellungen  wie  die  unter  Nr.  1,  2,  3,  7, 
8,  10  und  13  angeführten  hat  er  auch  gemalt. 


fl. 

1.2 

fl. 

1.9 

fl. 

1.3 

fl. 

2.3 

fl. 

4.5 

fl. 

1.— 

fl. 

6.15 

fl. 

10.10 

fl. 

2.1 

fl. 

9.— 

fl. 

5.15 

fl. 

4.— 

fl. 

15.10 

fl. 

3.3) 

26 


Verzeichnis  der  Gemälde  im  Besitze  von  dementia  Zeegers, 

der  Nichte  Pieter  Lastmans,  die  im  Jahre  1664  bei  ihrem  Schwiegersohn 

Jean  Meerman  aufbewahrt  wurden*) 


1)  Ein     Bild,     darstellend     [Jesus    und]    die     Samariterin,    von 
Lastman.**) 

2)  Ein     Bild,     darstellend     die    Einbalsamierung    Christi,     von 
Lastman. 

3)  Ein  Bild,  darstellend  den  heiligen  Laurentius  auf  dem  Rost. 

4)  Ein   Bild,    darstellend   die   Auferweckung   des  Lazarus,    von 
Jan  Lievens.***) 

5)  Ein  Porträt  von  Pieter  Lastman  f) 

6)  Ein  Porträt  von  Zeeger  Pieterszff) 

7)  Ein  Porträt  von  Albert  Eggerick. 


*)  Prot.  Not.  J.  de  Vos,  U.  Febr.  1664.    Vergl.  Oud.  Holland  IV. 
♦*)  Befand  sich  1632  in  Lastmans  Nachlaß  (Nr.  51). 
*♦♦)  In    alten   Versteigerungskatalogen    finden    wir   zwei   mal    Bilder    dieses 
Gegenstandes  von  J.  Lievens: 

a)  Versteigerung  in  Amsterdam  am  13.  April  1695,  Hoet  Bd.  I,  Seite  25 
■Nr.  8  (fl.  46). 

b)  Versteigerung  Kretschmar  in  Amsterdam  am  29.  März  1757,  Terwesten 
Seite  173  Nr.  33  (II.  20.10).  „Dit  Stuck  gaat  ook  in  Prent  nit."  Größe 
123,7  Xllli2-  Ist  wohl  das  von  Lievens  radierte  Blatt  (B.  3),  das 
von  J.  Louys  nachgestochen  wurde. 

t)  Vielleicht  das  von   Th.  de  Keyser    gemalte,   zu  dem   J.  v.  d.    Vondel   die 
bekannte  Unterschrift  dichtete  (Siehe  Seite  22). 
tt)  Des  einzigen  Lastman    überlebenden   Bruders,   des  Vaters  der  Clementia 
Zeegers.    Vielleicht  von  Lastman  gemalt. 


27 


DIE  KUNST  PIETER  LASTMANS 

Gemälde 

Systematisches    beschreibendes  Verzeichnis 

Yorhemerkungen 

In  diesem  Verzeichnis  werden  alle  Bilder  von  Pieter  Lastman, 
die  mir  im  Original,  durch.  Photographien,  durch  literarische  Quellen, 
schriftliche  oder  mündlicheMitteüungen  bekannt  geworden  sind,  beschrieben. 

Nach  .  der  Beschreibung  eines  jeden  Bildes  werden  kritische 
Notizen*)  in  aller  Kürze  gegeben,  sowie  Angaben  über  Material  und 
Grösse  (in  Zentimetern;  die  Hohe  steht  der  Breite  voran).  Danach 
folgen  Hiniveise  auf  Reproduktionen,  die  von  dem  Bilde  etwa  existieren, 
auf  die  wichtigste  Literatur  und,  soweit  es  möglich  ist,  Angaben 
über  die  Geschichte  eines  jeden  Bildes. 

Bei  den  Literaturnachweisen  werden  nur  solche  Stellen  zitiert, 
wo  ein  Bild  entweder  erstmalig  besprachest  wird,  oder  wo 
etwas  wesentliches,  neues  oder  auch  falsches,  über  ein  Bild 
vorgebracht  wird.  Von  der  Verweisung  auf  blosse  Erwähnungen  von 
Gemälden  —  wie  etwa  in  Künstlerlexicis,  wofern  für  sie  nicht  das 
eben  Gesagte  gilt  —  ist  abgesehen. 

Die  Anordnung  ist  systematisch:  Heilige  Geschichte,  Mythologie 
oder  Allegorie,  Profangeschichte,  Genre,  Porträt,  Landschaften,  Tiere 
und  Stilleben,  Unbekante  Gegenstände. 

Innerhalb  einer  jeden  Gruppe  stehen  die  in  öffentlichen  oder 
privaten  Sammlungen  noch  nachweisbaren  Bilder  in  alphabetischer 
Reihenfolge  ihrer  Aufbewahrungsorte  voran.  Dann  folgen  die  nur 
literarisch  bekannten  in  der  zeitlichen  Folge  ihres  Vorkommens. 


*)  Bemerkungen  zu  Bildern,  die  mir  nur  aus  Katalogbeschreibungen  und  dergl. 
bekannt  sind,  sind  dann  der  zitierten  Quelle  entnommen. 

28 


Die  Numerierung  ist  durchlaufend.  Nur  literarhich  bekannte 
Bilder,  die  wegen  unzureichender  Beschreibung  möglicherweise  schürt 
unter  einer  besonderen  Nummer  vorkommen,  sind  durch  Zahlen  mit 
Buchstaben  numeriert. 

Der  Buchstabe  V.  mit  einer  Zahl  dahinter  unter  unserer  Katalog- 
nummer bezieht  sich  auf  die  Nummer  des  Verzeichnisses  der  Werke 
Bieter  Lastmans  von  C.  Vosmaer  in  seinem  Buche  „Rembrandt,  sa 
vie  et  ses  oeuvres",  1877,  Seite  474  ff. 

Die  Titel  der  in  noch  bestehenden  öffentlichen  oder  privaten 
Sammlungen  nachweisbaren  Gemälde  sind  fett  und  in  Kapitalbuch- 
staben gedruckt.  Von  diesen  haben  diejenigen  Bilder,  die  mir  aus 
eigener  Anschauwig  oder  aus  guten  Photographien  bekannt  geworden 
sind,  vor  dem  Titel  einen  Stern  (*).  Die  Titel  der  übrigen  Gemälde 
sind  nur  durch  fette  Schrift  hervorgehoben. 

Die  Bezeichnungen  rechts  und  links  sind  vom  Beschauer 
aus  gemeint. 

Der  Vermerk  „Mitt.  H.  d.  G."  bedeutet,  dass  ich  die  betreffende 
Beschreibung  oder  Notiz  einer  Mitteilung  von  Herrn  Dr.  C.  Hofstede 
de  Groot  im  Haag  verdanke. 

Solche  Gemälde,  die  ich  mit  Bestimmtheit  für  keine  Original- 
arbeiten von  Bieter  Lastman  halte,  haben  in  dem  Verzeichnis  keine 
Aufnahme  gefunden.  Sie  werden  in  einem  besonderen  Abschnitt 
beschrieben  und  besprochen.  Dagegen  findet  man  hier  noch  einige 
Bilder  verzeichnet,  über  deren  Echtheit  ich  kein  entscheidendes  Urteil 
abgeben  kann. 


Systematische  Übersicht 


1)  Biblische  Geschichte Nr.       1—93 

a)  Altes  Testament „         1—39 

b)  Apokryphe  Bücher „  40 — 44a 

c)  Neues  Testament „  45 — 88 

d)  Nicht   näher   bestimmbare   bib- 
lische Darstellungen „  89 — 93 

2)  Heilige,  Einsiedler,  Mönche,  Pilger  .  „  94— 97a 

8)  Mythologie,  Allegorie „  98— lila 

4)  Profangeschichte „  112 — 116 

B)  Genredarstellungen ,,  117 — 119 

6)  Porträts ^  120—122 

7)  Landschaften „  123—131 

8)  Tiere  und  Stilleben „  132—136 

9)  Unbekannte  Gegenstände „  137 — 147 


30 


ALTES  TESTAMENT 

Adam  und  Eva  im  Paradiese. 

Versteigerung  Dirk  Kindt  u.  a.  im  Haag   am  27.  Sept.  1762  Nr.  205 

(fl.  4.12).  Kitt.  3.  d.  O. 
•  DER  HERR  ERSCHEINT  DEM  ABRAHAM  UND  DEN  SEINIGEN  2. 
AUF  DEM  ZUGE  NACH  MESOPOTAMIEN.  (I.  Mos.  12,  5-7). 
Links  vorn  kniet  in  linker  ProfiJansicht  Abraham  in  gelbem  Gewand 
und  rotem  Mantel.  Er  breitet  die  Arme  nach  unten  aus  und  blickt 
zu  dem  ganz  links  in  einer  Wolke  erscheinenden  —  auf  dem  Bilde 
aber  nicht  sichtbaren  —  Herrn  auf.  Hinter  einer  dunkeln  Kulisse 
von  Felsen  und  Gesträuch  sind  nur  die  von  der  Erscheinung  aus- 
gehenden hellen  Strahlen  zu  sehen,  gegen  die  sich  links  im  Vorder- 
grund die  dunkle  Silhouette  eines  knienden  jungen  Mannes  in 
Rückansicht  abhebt.  Zwischen  diesem  und  Abraham,  etwas  mehr 
zurück,  ein  anderer  kniender  Mann  mit  vor  der  Brust  gefalteten 
Händen  und  einem  über  die  rechte  Schulter  gelehnten  Stab.  Alle 
drei  sind  barhäuptig.  Hinter  Abraham,  auf  einem  Pferd  sitzend, 
Lot  mit  Turban  auf  dem  Kopf,  sich  demütig  zu  der  Erscheinung 
vorbeugend  und  die  Arme  über  der  Brust  kreuzend.  Weiter  nach 
rechts,  etwas  vor  ihm,  Sara,  dreiviertel  von  links  gesehen,  auf  einem 
Maulesel  sitzend  und  mit  den  Händen  eine  Gebärde  des  Staunens 
machend.  Sie  trägt  auf  dem  Kopf  einen  weißen  Turban  und  scheint 
schwanger  zu  sein.  Um  Leib  und  Hüften  hat  sie  einen  Mantel  ge- 
schlungen. Zwischen  ihr  und  Lot  ein  Diener,  der  einen  orientalischen 
Schirm  über  Sara  hält.  Vor  ihm  ein  kleiner  Junge,  unter  dem 
Maulesel  ein  großer  Hund.  Die  rechte  Hälfte  des  Bildes  ist  von 
Viehherden  eingenommen,  zwischen  denen  rechts  vom  eine  Magd  in 
Vorderansicht  kniet,  die  einen  Geflügelkorb  mit  beiden  Händen  fest- 
hält. Dahinter  eine  Rinderherde  mit  Treiber.  Im  Hintergrund  rechts 
ein  Hügel  mit  römischen  Ruinen.  Auf  einem  Weg  am  Abhang  des- 
selben fährt  ein  mit  Ochsen  bespannter  Wagen.  In  der  Mitte  ein 
obeliskartiges     Steindenkmal.       Links      im     Mittelgrund     altes,     mit 


81 


Gesträuch   bewachsenes   Gemäuer  —  Typisches   gutes  Bild   in   grau- 
grünem Gesamtton. 

Bezeichnet  oben  auf  dem  Steindenkmal:     Pietro  Lastman 

fecit  1624 
Eichenholz  80X173,5. 

Eigene  photographische  Aufnahme. 

Erwähnt  von  G.  Pauli  in  der  „Zeitschrift  für  bildende  Kunst",  1904, 
Seite  170  und  in  „Gemälde  alter  Meister  in  bremischem 
Privatbesitz",  1905,  Seite  28. 

Aufstellung  historischer  Gemälde  aus  bretnischem  Privatbesitz  in  der 
Kunsthalle  in  Bremen  im  Okt.  1904  Nr.  224  und  1909 
Nr.  15. 

Bereits  1857  in  der  Sammlung  Konsul  Lürman  in  Bremen  (Vergl. 
Parthey,  Bd.  II,  Seite  16  Nr.  1)  Nr.  84  des  handschrift- 
lichen Katalog  es,  der  sich  jetzt  in  der  Kunsthalle  in 
Bremen  befindet. 

Sammlung  August  Lürman  in  Bremen. 

3.  Die  Kararane  der  Frau  des  Abraham  auf  dem  Wege  zui*  Residenz 
des  Melchisedek. 

Bezeichnet  und  1614  datiert. 
Identisch  mit  dem  folgenden? 
Erwähnt   von   P.  v.  Semeonoff  im  Katalog  seiner  Gemäldesammlung, 

1906,  Seite  XXXI. 
Früher  Sammlung  Solovieff  in  St.  Petersburg. 

4.  Abraham  wird  nach  Besiegung  des  Kedor  Laomor  vom  Könige  von 
Sodom  und  von  Melchisedek  feierlich  empfangen.   (I.  Mo.s.  14, 17  ff.). 

Holz  78,8X112,8. 
Identisch  mit  dem  vorigen? 

Zur  Zeit  von  Parthey  (1864.  Bd.  II,  Seite  16  Nr.  2)  in  der  Sammlung 
Sollandt  in  Braunschweig. 

5.  •ABRAHAM  EMPFÄNGT  DIE  DREI  ENGEL.  (I.  Mos.  18,  2).  Links, 
fast  in  der  Mitte,  vor  einer  alten  Eiche,  welche  die  dahinter  liegende 
Wohnung  des  Abraham  z.  T.  verdeckt,  kniet  dieser  in  rechter 
Profilansicht.  Er  ist  barhäuptig,  hat  großen  weißen  Vollbart  und 
trägt  ein  amarantfarbiges  Gewand.  Mit  den  Händen  macht  er  eine 
einladende  Geste,  indem  er  zu  den  rechts  von  ihm  auf  dem  Wege 
stehenden  drei  Engeln  aufblickt.  Der  vorderste  davon,  in  linker 
Seitenansicht,  trägt  über  hellgrünem  Untergewand  einen  rosa  Mantel, 
den  er  mit  der  herabhängenden  Linken  rafft,  während  er  die 
vorgestreckte    Rechte    auf   einen    Stab    stützt.      Der    zweite   Engel, 

32 


der  links  etwas  mehr  zurücksteht,  trägt  ein  ähnliches  weißes  Kostüm, 
das  die  Brust  z.  T.  freiläßt.  Seine  rechte  Hand  streckt  er  nach 
unten  aus,  die  linke  hat  er  auf  den  auf  den  Stab  gestützten  Arm 
des  vorderen  Engels  gelegt.  Der  dritte  Engel  steht  in  der  Mitte 
zwischen  Abraham  und  dem  zweiten  Engel,  en  face  etwas  zurück, 
in  dunkelfarbigem,  unterhalb  der  Brust  gegürtetem  Mantel,  der  Brust, 
Arme  und  das  vorgesetzte  linke  Bein  unbedeckt  läßt.  Die  Rechte 
stemmt  er  in  die  Seite,  der  linke  Arm  ist  quer  über  der  Brust 
gebeugt.  Er  ist  von  dem  links  befindlichen  großen  Baum  beschattet 
und  hebt  sich  dunkel  vor  dem  grauen  Himmel  ab.  Alle  drei  haben 
große  Federflügel,  tragen  Lockenhaar,  sind  ohne  Kopfbedeckung  und 
ohne  Fußbekleidung.  Links  am  Fuße  des  dicken  Baumstammes,  von 
dessen  Laubkrone  nur  ganz  wenig  des  untersten  Teiles  sichtbar  ist, 
zwei  Pfauen  und  Blattgewächs.  Rechts  dunkle,  hügelige  und  felsige 
Landschaft.  —  „Dans  ce  tableau  Lastman  et  son  clair-obscur  sont 
ä  leur  apogee  et  c'est  son  tableau  le  plus  rembranesque"  (Briefl. 
Mitteilung  von  Herrn  P.  v.  Semeonoff). 

Bezeichnet  und  datiert  rechts  unten:  ^astman  fecit  1621. 
Eichenholz  72X101. 
Fkotographiert  von  Prokoudine-Oorsky  in  St.  Petersburg. 
Erwähnt  von   E.    Michel,    Gaz.  d.    h.    arts,  1890,  Seite  113  und  in 

„Rembrandt",  1893,  Seite  19. 
Befindet   .sich    in  Russland   seit  der  Zeit  Katharinas  II.    und  war  in 

verschiedenen  Privatsammlungen. 
Sammlung  P.  von   Semeonoff  in   St.    Petersburg,   Kat.  190C 

Nr.  260. 

Abraham  bewirtet  die  drei  Engel.  (I.  Mos.  18,  8).  Auf  einem  Vor-  6. 
platz  vor  dem  rechts  z.  T.  sichtbaren  Hause  des  Abraham  sitzen  im  '  •  '• 
Schatten  eines  großen  Baumes  links  an  einem  gedeckten  Tisch  die 
drei  Engel;  zwei  an  der  linken  Schmalseite  in  rechter  Profilansicht, 
der  dritte  hinter  dem  Tisch  an  der  Breitseite  en  face.  Der  vorderste 
Engel  hat  den  Kopf  zum  Beschauer  gewandt.  Sie  sind  in  lange 
Gewänder  gekleidet,  tragen  aber  keine  Schuhe  und  keine  Kopf- 
bedeckung. Das  lange,  auf  die  Schultern  fallende  Lockenhaar  ist  in 
der  Mitte  gescheitelt.  Rechts  neben  dem  Tisch  steht  Abraham  nach 
links  im  Profil.  Er  trägt  ein  mantelartiges  Gewand  und  streckt  beide 
Hände  aus,  um  die  Engel  zum  Essen  aufzufordern.  Rechts  hinter 
ihm  steht  in  der  geöffneten  Haustür,  über  der  man   eine   Sonnenuhr 

3  83 


sieht,   Sara   und   horcht.     Vorn    am  Boden   in   der  Mitte  Schale  und 
Tücher,  links  Blattpflanzen.     Dahinter  im  Grund,  am  Fuße  eines  mit 
italienischen  Häusern  gekrönten  Hügels,  ein  Hirt  mit  Kuhherde.  —  In 
den  Typen  und  Gebärden  ganz  charakteristisch  Lastman-artig. 
Beschrieben     nach,     einem   Schabkunstilatt    von    Jan    van     Somer 

(Wessely  Nr.  33).    37X50. 
Das  van  Somersche  Blatt  kommt  in  drei  Zuständen  vor: 

1.  ohne  die  Künstlernamen, 

2.  mit  den  Künstlernamen.!  aber  ohne  den  des  Verlegers, 

3.  mit  der  Adresse  Joan  Wils  excudit. 
Das  Original  ist  verschollen. 

7.  Loth. 

Erwähnt  im  Inventar  von  Cornelis  Groen  in  Amsterdam  vom  13.  Juni 
1652.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

8.  Ein  Bild  mit  Hagar. 

Von  Wasman  (Lastman?). 
Erwähnt   im  Inventar   der  Witwe  Claes  Andriesz  van  der  Maas,  ge- 
storben in  Leiden  am  25.  Juni  1651.     Mitteilung  von 
Dr.  A.  Bredius. 
Sa.  Abraham  vertreibt  Hagar  und  Ismael  in  einer  Landschaft. 
45,7X63,8. 
Versteigerung  J.  D.  Baron  W  Albaing  Giesenburg   in  Utrecht   am  26. 
Okt.  1775  Nr.  16.     Mitt.  E.  d.  G. 

9.  Hagar,  im  Wald  ihr  Kind  beweinend,  wird  vom  Engel  getröstet.  — 

Meisterhaft  gemalt. 

Holz  50X45. 

Versteigerung  D.  Mansveld  in  Amsterdam   am  13.  Aug.  1806  Nr.  100 

(fl.  5).     Mitt.  H.  d.  G. 

10.  "ABRAHAM  IM  BEGRIFF  DEN  ISAAK  ZU  OPFERN.    In  der  Mitte 

'  •  —  steht    Abraham,     in    Vorderansicht,    in    ziemlich    eng    anliegendem 

Gewand,  dessen  Aermel  über  die  Ellenbogen    aufgekrempt   sind ;  um 

Hals  und  Hüften   ein   schalartig   gedrehtes    Tuch.     Er   hält   mit    der 

linken  Hand  das  mit  einem  Tuch  bedeckte  Haupt  Isaaks,  der  auf  dem 

mit  Tuch  bedeckten  Altar  aus  Holzscheiten  liegt  und  mit  ängstlichem 

Gesicht  nach  rechts  in  die  Höhe  blickt.     Abraham  hält  in  der  Rechten 

das  gezückte   Schwert.     Von   oben   links    schwebt   aus    einer   Wolke 

ein  von  vier  Cherubimen  begleiteter  Engel  nieder  und  legt  seine  Linke 

auf   den   rechten    Oberarm   Abrahams.      Dieser   blickt   sich   zu   dem 

mit  der  rechten  Hand  zurück  nach  oben  weisenden  Engel  um.     Links 

34 


hinter  Isaak  in  dünnem  Gesträuch  ein  Widderkopf.  Vorn  links  am 
Boden  ein  Gewand,  die  Schwertscheide,  ein  Gürtel  und  ein  Turban. 
Rechts  in  der  Ecke  Blattgewächs,  dahinter  ein  brennendes  Feuer, 
dessen  Rauch  sich  über  die  rechte  Seite  des  Hinunels  verbreitet, 
Gebüsch  und  kleiner  Ausblick  auf  eine  Hügellandschaft.  —  Grisaille, 
direkt  aufs  braune,  nicht  grundierte  Holz  gemalt.  Das  hellste  Licht 
liegt  auf  dem  Oberkörper  Abrahams  und  auf  der  Brust  Isaaks;  es 
kommt  von  links  oben  mit  dem  Engel.     Flott  gemalt. 

Bezeichnet  mit  dem  Monogramm  links  unten  mit  weißer  Farbe:  ß 

Holz  40X32. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Erwähnt  von  E.  Michel,  Remhrandt,  Seite  19/80. 
Versteigerung   van   der  Mark   Aegidiusz   in  Amsterdam    am   25.   Aug. 

1773  Nr.  159  (fl.  6  an  P.   Yver). 
1887  von  Dr.  A.  Brediu«s  an  das  Rijksmu^eum  geschenkt. 
Rijksmuseum  in  Amsterdam,  Kat.  1908  Nr.  1425. 

•ABRAHAM  IM  BEGRIFF  DEN  ISAAK  ZU  OPFERN.  Auf  einem  11. 
Stein  in  der  Mitte  des  Vordergrundes  der  bis  auf  ein  weißes  Lenden- 
tuch nackte  Isaak  in  Vorderansicht.  Die  Hände  sind  ihm  auf  dem 
Rücken  zusammengebunden.  Abraham  steht  in  Vorderansicht  links 
daneben.  Ueber  die  linke  Schulter  trägt  er  ein  dunkelblaues  Tuch, 
das  unter  der  rechten  Hüfte  zusammengeknüpft  ist ;  dazu  einen 
weißlichen  Schal.  Der  rechte  Arm  ist  gebeugt,  die  Hand  hält  das 
gezückte  Schwert,  während  die  Linke  Isaak  beim  Kopf  faßt.  Abraham 
wendet  den  Kopf  zurück  nach  oben,  wo  der  blondhaarige  Engel  in 
ärmellosem,  dunkelblauem  Gewand  in  starker  Verkürzung  aus  einer 
dunkeln  Wolke  herniederschwebt.  Mit  der  Linken  faßt  er  den  Abraham 
bei  der  linken  Schulter.  Sein  rechter  Arm  ist  gerade  nach  links 
ausgestreckt.  Rechts  auf  einem  Felsblock  hinter  Isaak  ein  silberner 
Kelch  und  eine  Kette.  Unten  Blattpflanzen.  Links  tiefblauer 
Himmel,  während  die  rechte  Seite  sepiabraun  ist.  —  Die  Hände  des 
Engels  sind  für  Lastman  ungewöhnlich  gut  gezeichnet.  Die  Fleisch- 
farbe des  Isaak  weißlich  und  kalt.  Gesamtton  dunkelgrünlich-sepia. 
Bezeichnet  mit  dem  Monogramm  und  datiert  auf  der  Scheide  des 
Schwertes:  ß 
1616. 
Leinwand  35X41. 
Photographiert  von  Braun,  Clement  &  Co. 

3*  36 


Erwähnt   von    Bode,   Studien,    Seite   616    und    im   Bepertorium   für 

Kunstwissenschaft,  Bd.  XVI  (1893),  Seite  118.    Hier 

wird  die  Jahreszahl  1636  gelesen. 
1883  im  Besitze  von  Frau  Lacroix  in  Paris  (aus  W.  Bürgers  Nachlaß). 
Versteigerung    (Thore-Bürger)    in  Paris  am   5.  Dez.    1892   (frcs.    180 

an  Paul  Mantz). 
Versteigerung  Paul  Mantz  in  Paris  am    10.    Mai   1895   (frcs  250  an 

den  Louvre). 
Gemäldesammlung    des   Louvre  in  Paris,   Kat.  1902   Nr.  2443 Ä. 

12.  Abrahams  Opfer. 

Sammlung  Suroff  in  St.  Petersburg.  Mündliche  Mitteilung  von 
Herrn  Staatsrat  P.  Delaroff. 

12  a.  Abrahams  Opfer.  —  Skizze  (von  Lastman?) 
Etwa  die  Chrisaille  im  Bijksfnuseum? ? 
Erwähnt  im  Inventar  von  Dioderick  Heynck;  Taxation  durch  Joh.  Rosa 

und  Adriaen  Backer   am  16.  März  1676  auf  fi.  0.10. 

Mitteilung  von  Dr.  Ä.  Bredius. 

12b.  Abrahams  Opfer.  —  Kräfiig  und  ausführlich. 

Wohl  identisch  mit  einem  der  vorigen  Bilder. 

Versteigerung  Frau  S.  L.  Huygens  im  Haag  am  22.  Mai  1786  Nr.  19 
(fl.  9.10  an  van  Diest).     Mitt.  H.  d.  G. 

13.  Elieser  und  Rebekka.  (I.  Mos.  24,  17,  18).  Rechts  am  Brunnen  steht, 
den  linken  Fuß  auf  eine  Steinstufe  gestellt,  Rebekka  in  linker  Profil- 
ansicht; sie  stützt  den  Henkelkrug,  den  sie  mit  der  Linken  hält,  auf 
den  linken  Oberschenkel,  um  dem  links  stehenden  und  sich  vorbeugenden 
Elieser  zu  trinken  zu  geben.  Dieser  trägt  hohe  Schuhe,  Mantel  und 
Turban.  Links  im  Mittelgrund  eine  lagernde  Karavane,  Kamele, 
Knechte  und  Mägde.     Dahinter  erhebt  sich  auf  einem  Berg  eine  Stadt. 

Beschrieben  nach  einer  39y(^56  großen  Kreidezeichnung,  die  sich  als 
Original  von  Bieter  Lastman  im  großherzoglichen  Museum 
in  Weimar  befindet,  die  aber  sicher  nur  eine  Nachzeichnung 
nach  einem  verschollenen  Gemälde  von  Lastman  ist. 

Spezialaufnahme  von  Louis  Held  in  Weimar. 

14:.  Jakob  und  Bebekka. 

Erwähnt  im  Liventar  des  Bürgermeisters  von  Hoorn,  Dirk  van  Foreest 
(f  1718),  das  sich  im  Archiv  dieser  Familie  befindet. 
Foreest  hatte  eine  Sammlung  von  119  Gemälden,  die  im 
Verzeichnis  aber  meist  ohne  Angabe  des  Malers  auf- 
geführt werden;  sie  wurde  1833  z.  T.  versteigert.  Vergl. 
Oud  Holland,  Bd.  XXIV  (1906),  Seite  63:64. 


36 


Die  Sej^iiii!^  Jakobs.  ^^^^^^^^^^^^^^^^HF  15. 

Holz  42X55. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  16.  Mai  1831  Nr.  151  (fl.  3  an  Lamme). 
Mitt.  H.  d.  G. 

Jakob  und  Rahel  am  Brunnen.  16. 

Versteigerung  Mich.   Oudaen  in  Rotterdam  am  18.  Nov.  1766  (fl.  8,10).  ^  •  '»■ 

•LABAN,  DER  VON  JAKOB  UNI)  RAHEL  DIE  ENTWENDETEN  17. 
IDOLE  ZURÜCKVERLANGT.  (I.  Mos.  31).  Auf  der  linken  Seite,  V.  3, 
fast  in  der  Mitte  des  Bildes,  steht  Laban  nach  rechts  im  Profil  in 
karminrotem  Mantel  über  weißgegürtetem,  gelbseidenem  Rock  mit 
schwarzem,  spitzenartigem  Besatz.  An  den  Füßen  braune  Schuhe. 
Die  Rechte  ist  in  die  Seite  gestemmt,  die  Linke  im  Redegestus  vor 
die  Brust  gehalten.  Als  Kopfbedeckung  ein  großer  weißer,  mit  einem 
Reiher  gezierter  Turban.  Das  von  links  kommende  Sonnenlicht 
bringt  sein  Gesicht  in  den  Schatten,  sodaß  sich  das  scharfgeschnittene 
Profil  dunkel  gegen  den  Wolkenhimmel  abhebt.  Rechts  von  ihm 
ruht  auf  einem  über  Strohbündeln  ausgebreiteten  orientalischen  Teppich 
Rahel.  Sie  trägt  weiße,  rotgefütterte  Taille,  blaugrauen  Rock  und  um  Leib 
und  Hüften  ein  dunkelblaues  Tuch;  auf  dem  Kopf,  den  sie  auf  die 
rechte  Hand  stützt,  ein  Turban.  Der  rechte  Arm  hängt  gerade 
herunter.  Ihre  Füße  sind  bloß.  Links  neben  ihr  liegt  ein  kleines 
Kind  in  rosakarminfarbenem  Kittel,  mit  nackten  Beinen.  Zwischen 
Laban  und  Rahel,  im  Mittelgrund,  zwei  Knechte  mit  entblößtem 
Oberkörper  in  Seitenansicht.  Der  vordere  hat  ein  großes  grünes 
Tuch  aus  einöm  links  vor  ihnen  stehenden  Kasten  geholt,  in  dem  der 
andere  noch  herumkramt.  Daneben  liegen  am  Boden  Silberkannen 
und  Goldgefäße.  Weiter  hinten,  etwas  links,  steht  in  Vorderansicht 
ein  Krieger  in  Brusthamisch,  in  der  linken  Hand  einen  Speer  haltend, 
die  rechte  in  die  Seite  gestemmt,  Links  hinter  ihm  ein  Reiter  mit 
einer  Lanze.  Rechts  zwei  weitere  Reiter.  Hinter  Rahel  erhebt  sich 
Jakab,  in  grünem  Rock  und  lila  Mantel,  en  face,  die  Arme  nach 
beiden  Seiten  ausstreckend.  Rechts  dahinter  zwei  Frauen,  ein  Junge, 
der  einen  kleinen  Wachtelhund  hält.  Noch  mehr  rechts  hinten,  auf 
einem.  Koffer  sitzend,  ein  anderer  Junge  in  ockerbraunem  Anzug. 
Unterhalb  desselben  ein  runder  Geflügelkorb.  Rechts  im  Hinter- 
grund ein  Kamel  mit  Führer,  vorn  ein  großer  Messingkrug  und  ein 
Kupferkessel.     Waldige  Anhöhe.     Auf  der  linken  Seite  ein  Hügel 


87 


mit  vornehmem  Zelt,  Reitern,  Schafherde  und  einem  an  der  Brust 
vom  Bildrahmen  überschnittenen  Ochsen.  Ganz  links  vorn  ein 
schwarz-weißer  großer  Hund,  der  zu  Laban  hinaufsieht.  Blaugrauer, 
ziemlich  dünn  gemalter  Hinunel.  Bräunlicher  Gesamtton,  besonders 
in  der  Fleischfarbe  der  Männer,  während  das  Inkarnat  der  Frauen 
und  Kinder  weißlich  gehalten  ist.  Die  Hände,  besonders  die  der 
Rahel,  sind  wohl  zu  groß,  doch  fällt  es  nicht  so  sehr  auf.  —  Der 
Erhaltungszustand  des  Bildes  läßt  zu  wünschen  übrig. 

Bezeichnet  links  unten  und  datiert:     ßastman  fecit  1622. 
Holz  110X152. 
Spezialaufnahme  durch  Ä.  Lormier  in  BouLogne  s.  M. 
Nicht  identisch  mit  V.  4,  unserer  Nr.  16,  was  Vosmaer  für  möglich  halt. 
Ausführlich    besprochen    von    Bernaerd   im   Bulletin   de   la   Societe 
academique  de  Boulogne  sur  Mer,   Bd.  III  (1879 — 84), 
Seite  199  ff. 
Versteigerung   Frl.  Henriette  Popta   in  Amsterdam  am  5.  April  1697, 

Hoet,  Bd.  I,  Seite  40  Nr.  11  (fl.  56). 
1843   als   „Caravane  par    Pastman"   dem    Museum   in    Boulogne  ge- 
schenkt von  Felix  Morand. 
Städtisches   Museum   in   Boulogne  sur   Mer   Nr.  147. 

18.  Joseph,  der  Ton  seinen  Brüdern  in  den  Brunnen  geworfen  wird,  im 

Vordergrund  einer  Landschaft.   (I.  Mos.  27,  24). 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  11.  Okt.  1810  Nr.  198  (fl.  1  an  Yver).. 
Mitt.  H.  d.  G. 

19.  Ein  flüchtender  Joseph. 

Versteigerung  Jan  de  Wale   in  Amsterdam   am  12.  Mai  1706  Nr.  22. 
Mitt.  S.  d.  G. 

20.  Joseph  in  Ägypten  an  seine  Brüder  Korn  verteilend. 

Datiert  1612. 
Holz  62,1X91,8. 
Versteigerung   Mr.  Iman  Pauw   im  Haag  am  23.  Nov.  1779   Nr.  107 
(fl.  71).     Mitteilung  von  Dr.  A.  Brediu.s. 

21.  Findung  Hosis. 

Palais  der  Prinzessin  von  Oranien-Nassau.  Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

22.  Der  Engel  erscheint  dem  Gideon,  der  Weizen  in  der  Kelter  drischt. 

(Richter  6,  11). 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  17.  Aug.  1735,  Hoet,  Bd.  I,  Seite  443, 

Nr.  15,  Nr.  44  des  Originalkataloges,  (fl.  2.15). 
Vosmaer  führt  als  gleiches  oder  ähnliches  Stück  dies  von  Hoet  erwähnte  Bild 

hei  seiner  Nr.  5,  dem  Opfer  Manoalis  und  seiner  Frau,, 

38 


unse.rp.r  Nr.  25,  auf:  Halhfiguren  in  Lehensgröße,  ver- 
brannt  im  Museum  Boymans  in  Rotterdam.  Leinwand 
109yil29.  Beide  Oemälde  können  nicht  identisch  sein, 
da  hei  Hoet  genau  die  dargeMdlte  Bihelstelle,  Richter 
6,  11,  angegeben  ist,  die  nicht  über  Manoah  handelt. 
Der  Preis  von  2.15  fl.  für  ein  so  großes  Bild  dürfte 
auch  etwas  zu  gering  sein. 
Die  Gescliiclite  der  Tochter  Jeplitas.    (Richter  11).  28. 

yv^ohl  identisch  mit  dem  folgenden. 
Erwähnt  im  hiventar  von  Jean  Looten,  Deichgraf  van  de  Bemster,  vom 

13.  Juni  1676.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 
Jephta  und  seine  Tochter.  Auf  mit  Blumen  und  Palmwedeln  bestreutem  23a. 
Wege  kommt,  aus  dem  links    liegenden   Palast   tretend,    die  Tochter  » •  "• 
Jephtas,  gefolgt  von  blumengeschmückten  Dienerinnen,  als  erst-e  dem 
nach  seinem  Siege  über  Ammon  in  dichtgedrängtem   Siegeszuge  mit 
Gefangenen,  Trophäen  und  reicher  Beute  auf  Viergespannen  zurück- 
kehrenden Vater   entgegen,   der   über   die   traurige   Erfüllung   seines 
Gelöbnisses   seine   Kleider   zerreißt.  —  Prachtvolles   Bild   von   schön 
aufgebauter    figurenreicher  Komposition   und   großem  Effekt   in    der 
Beleuchtung.  —  Das  umfangreichste  Bild,  das  mir  bekannt  geworden  ist. 
Bezeichnet  links  in  der  Mitte:    P.  Lastm.  f. 
Eichenholz  121X200. 
Wohl  identisch  mit  dem  vorigen. 

Nach  dem  Versteigerungskatalog   Menke:    Versteigerung   Bürgermeister 
Willem  Six  in  Amsterdam  am  12.  Mai  1734,  Hoet,  Bd.  I, 
Seite  417  Nr.  136,  Nr.  127  des  französischen  Original- 
■     kataloges  (fl.  9.10). 
Sammlung  CHldemeester  in  Dordrecht. 
—         van  der  Aa  in  St.  Nicolas. 
Versteigerung  J.  L.  Menke  aus  Antwerpen  in  Cöln  am  27.  Okt.  1890 

Nr.  47  (260  oft). 
DER  ENGEL  ENTSCHWINDET  DEM  MANOAH  UND  SEINER  FRAU.  24. 
(Richter  13,  19).  Links  fliegt  der  Engel  in  Weiß  und  Violett  nach 
oben.  Rechts  kniet  Manoah  in  rotem  Gewand  und  gelbem  Schal. 
(Dieser  kann  vielleicht  auch  das  Futter  des  Gewandes  sein).  Hinter 
ihm  seine  Frau  in  dunkelgrünem  Kostüm  mit  weißen  Aermeln  und 
dunkelviolettem  Kopfstück.  Im  Vordergrund  ein  Schimmel  und  ein 
großer  gelbkupferner  Kessel.  —  Scheint  dem  Bild  in  Boulogne  sur 
Mer  verwandt  zu  sein. 

Voll  bezeichnet  und  1622  datiert. 


89 


Von  Holz  auf  Leinwand  übertragen  66X53.  (Das  Holz  war  ein  Ant- 
werpener Brett,  auf  dem  das  Stadtwappen  und  die  Hand  eingebrannt  war.)- 
Sammlung  Fr.  Tielbault  Sisson  in  Paris.     Mitt.  S.  d.  O. 

25.  Das  Opfer   Manoahs   und  seiner   Frau.    Links  steht  der  Engel  mit 
y.  5.  ausgebreiteten  Flügeln,  bekleidet  mit  gelber  Tunika,  karmoisinf  arbenem 

Samtmantel  mit  Goldfransen  und  weißen  Aermeln,  und  streckt  die 
rechte  Hand  über  das  anf  dem  Altar  liegende  Opferfleisch  aus. 
Manoah  und  seine  Frau  neigen  sich  in  respektvoller  Weise.  Manoah, 
ein  Alter  mit  kahlem  Kopf  und  großem  Bart,  faltet  die  Hände. 
Das  Licht  kommt  von  links,  hinter  dem  Engel  her,  dessen  Rücken 
es  beleuchtet.  Hinter  dem  Kopf  Manoahs,  der  in  starkem,  braunem 
Schatten  liegt,  heller  beleuchtet  und  in  kälterem  Kolorit,  das  Gesicht 
der  Frau,  die  über  der  Stirn  ein  weißes  Tuch  trägt.  Sie  blickt  mit 
dem  Ausdruck  des  Erstaunens,  indem  sie  den  Mund  leicht  geöffnet 
hat,  zu  dem  Engel  empor.  —  Das  größte  Gemälde  von  Lastman, 
das  Vosmaer  kannte,  ganz  im  Geschmack  der  Caravaggio-Schule. 
Halbfiguren  in  natürlicher  Größe.     Beschreibung  nach  Vosmaer. 

Leinwand  109X129. 
Erwähnt  von  Bryan  als  im  Haag  befindlich. 
Sammlung  Boymans  in  Utrecht. 
Museum  Bomans  in  Rotterdam,  Kat.  1859  Nr.  166. 
1864  beim  Brande  des  Museums  zu  Grunde  gegangen. 

26.  Samson  und  Delila  in  einem  Zimmer.  Samson  liegt  schlafend  in 
DelUas  Schoß,  während  ihm  ein  Diener  das  Haar  abschneidet.  Ferner 
ein  anderer  Diener  mit  einer  Kette  in  den  Händen  und  noch  be- 
waffnete Soldaten.  —  Schönes  Kolorit  und  ausführlich  gemalt. 

Holz  35X47,5. 
Versteigerung  D.  Mansveld  in  Amsterdam  am  13.  Aug.  1806  Nr.  101 
(fl.  11).     Mitt.  H.  d.  a. 

27.  Ruth  und  Boas.  (Ruth  2).  Boas  gibt  den  Befehl,  Ruth  Ähren  sammeln 
zu  lassen.  —  Kräftig  und  meisterhaft  gemalt. 

29X34. 
Versteigerung  in  Amsterdam  am  6.  Aug.  1816  Nr.  41.    Mitt.  H.  d.  G. 

28.  David  mit  dem  Haupte  des  Goliath  wird  empfangen.  (I.  Samuelis 
18,  6,  7).  —  Sehr  künstlerisch  und  schön  ausgeführt. 

Holz  55X72. 
Versteigermig  Anthony  Deutz  in  Amsterdam   am  7.  März  1731,  Hoet,. 
Bd.  I,  Seite  361  Nr.  19  (fl.  32). 

40 


Versteigerung  P.  J.  de  Marne/fe  in  Brüssel  am  26.  Mai  1830  Nr.  160. 
Mitt.  M.  d.  O.  , 

•DAVID  IM  TEMPEL  HARFE  SPIELEND.  In  einem  Tempel,  an  29. 
dessen  Hinterwand  sich  in  der  Mitto  die  Orgel  erhebt  und  von  dessen  V.  5. 
Decke  mehr  links  ein  goldener  Kronleuchter  mit  vier  Flammen 
herabhängt,  links  vorn  ein  nicdrieges  Podium,  dessen  recht«  Seite 
mit  einem  grünen  Samtteppich  belegt  ist.  Darauf  kniet  David  in 
blauseidenem,  reich  mit  Hermelin  besetztem  Mantel  über  einem  lila 
Gewand  und  breiter,  goldener  Kette,  dreiviertel  nach  links  gewandt 
und  begleitet  seinen  Gesang  auf  der  goldenen  Harfe.  Links  neben 
ihm  steht  auf  einem  großen  Teller  aus  getriebenem  Silber  und  Gold 
eine  große  Henkelkanno  aus  dem  gleichen  Material  vor  einem  in 
seinem  oberen  Teil  als  korinthisches,  mit  jonischen  Elementen  durch- 
setztes Kapitell  gestalteten  Altar,  auf  dem  ein  Feuer  brennt.  Zwischen 
diesem  und  der  Harfe,  mehr  zurück,  steht  ein  geharnischter  Mann 
en  face,  mit  Helm  auf  dem  Kopf,  einen  großen  Zweihänder  schulternd, 
die  linke  Hand  in  die  Seite  stemmend.  Hinter  David  im  Grunde 
des  Bildes  an  einem  Pult  der  weißbärtige  Orgelspieler.  Rechts 
hinter  David  folgen  dann  zwei  weißgekleidete  JüngUngo  mit  blondem, 
auf  die  Schultern  fallendem  Haar,  die  in  den  Händen  Weihrauch- 
becken halten.  Dann,  die  rechte  Büdseite  einnehmend,  das  Pult  der 
Sänger,  auf  dem  ein  aufgeschlagener  großer  Foliant  liegt.  Vor  der 
nach  vorn  gewandten  linken  Seite  des  Pultes  stehen  zwei  singende 
Knaben.  Hinter  ihnen,  erhöht  sitzend,  zwei  Männer  und  ein  etwas 
älterer  Knabe.  Der  vorderste  von  diesen  hat  eine  violette  Toga  über 
die  linke  Schulter  geworfen;  der  Kopf  mit  kurzgeschorenem  Haar  ist 
nach  links  gewandt.  Er  hat  scharfe  Züge,  lange  Nase,  vorspringendes 
Kinn  und  gx-oße  Ohren.  Seine  linke  Hand  liegt  auf  der  linken 
Schulter  des  neben  ihm  stehenden  Knaben,  die  rechte  ist  leicht  er- 
hoben. Zu  seiner  Rechten  sitzt  ein  anderer  Mann,  der  ebenfalls  singt 
nnd  dabei  eine  Brille  mit  der  Rechten  auf  die  scharfgebogene  Nase 
hält.  Hinter  ihnen  steht  ein  junger  Geiger,  nach  rechts  in  die 
Höhe  blickend,  wo  sich  hinter  einem  pultartigen  Aufbau  mit 
einem  über  die  Brüstung  hängenden  orientalischen  Teppich  die  an- 
deren Musiker  befinden.  Von  links  nach  rechts:  ein  Tamburin- 
schläger, der  sein  Instrument  hochhebt,  der  Posaunenbläsor  und  der 
Flötenspieler.     Vor  diesem,  etwas  niedriger,  der  Baßgeiger,  ein  junger 


41 


Mann  mit  etwas  italienischem  Kopftypus  in  blauer  Kleidung;  seine 
muskulösen  Unterarme  sind  entblößt.  Unterhalb  einer  Baßgeige  liegt 
auf  einem  architektonisch  gestalteten  Tischchen  eine  Mandoline  über 
einem  Notenbuch.  Der  Fußboden  besteht  aus  hellen  und  dunkeln 
rechteckigen  Steinplatten.  Links  vorn  sind  Nelken  bezw.  Astern 
ähnliche  Blumen  auf  den  Boden  gestreut.  Das  Licht  fällt  von  links 
oben  ein  und  beleuchtet  die  vorderen  Mittelgruppen  besonders  stark. 
Ziemlich  bunte  Farben. 

Voll  bezeichnet  rechts  unten  und  datiert:       Pietro  Laftman 

fecit  Anno  1618 
Eichenholz  78,7X116,7. 

Photographiert  von  Bruckmann.  Abgeb.  im  Braunschweiger  Oaleriewerk 
und  bei  Woltmann  und  Wörmann,  Bd.  III,  2,  Seite  669. 

Erwähnt  von  Parthey,  Bd.  II,  Seite  16  Nr.  4,  von  Riegel,  Beiträge, 
Bd.  II,  Seite  201  ff,  und  Michel,  Rembrandt,  Seite  18/19. 

Ocderie  Salsdahlum  II.  Kab.  Nr.  31. 

Herzogliche  Gemäldegalerie  in  Braunschweig,  Kat.  1900 Nr.  808. 

30.  "BATHSEBA  IM  BADE.  (II.  Samuelis  11).  Rechts  sitzt  ziemlich 
nach  links  im  Profil  die  nackte  Bathseba  z.  T.  auf  den  neben  ihr 
liegenden  Gewändern.  Sie  hält  mit  der  rechten  Hand  eine  Strähne 
ihres  Haares,  das  eine  hinter  ihr  stehende  Frau  kämmt.  Die 
Linke  hat  sie  in  die  Hüfte  gestützt.  Ihr  rechtes  Bein  hebt  eine 
Dienerin,  um  den  Fuß  mit  einem  Schwamm  zu  waschen.  Diese 
junge  Magd  beugt  sich  in  dreiviertel  Vorderverkürzung  vor.  Ihr 
Gesicht  ist  vöUig  beschattet,  während  auf  den  Rücken,  ihren  Turban 
und  die  Arme  helles  Licht  fällt.  Links  neben  ihr  am  Boden  steht 
ein  metallenes  "Waschbecken.  Noch  weiter  links,  eine  Stufe  tiefer, 
ein  Pfau  in  rechter  Seitenansicht;  dahinter  auf  einem  Steinsockel  eine 
gebauchte  Vase,  darin  eine  langstielige  Blume.  In  der  Mitte  des 
zweiten  Grundes,  vor  Bäumen,  eine  Fontäne:  ein  Putto,  der  auf 
einem  wasserspeienden  Delphin  reitet.  Links  blickt  man  auf  einen 
Park  und  den  Palast,  auf  dessen  von  Säulen  getragenem  Altan  David 
steht.  —  Eine  flüchtige  Kreidezeichnung  (30,1X39,3),  danach  von 
L.  Bramer  in  einem  Album  mit  anderen  Kopien  von  Gemälden  be- 
findet sich  im  Rijksprentenkabinet  in  Amsterdam.  Vergl.  darüber 
E.  W.  Mo  es,  Oud-Holland,  Bd.  XIII  (1895),  Seite  187  und  C.  Hof- 
stede   de   Groot,  ebenda  Seite  240. 

42 


Bezeichnet  lilreS"S!I^TO!IFSteinsockeir8ScFdatiert:     Bastman  f. 
Holz  42X63.  1619. 

Spezialaufnahme  von  ProJcoudine-Gorsky  in  St.  Petersburg.  Reproduziert 
in  den  Monatsheften  für  Kunstwissenschaft,  Bd.  11(1.909), 
Seite  302;  dort  auch  die  Bramersche  Nachzeichnung. 
Erwähnt  von  P.  v.  Semeono  ff  im  Katalog  seiner  Sammlung,  Seite 
XXXI  undAdd.,  Seite  247 ;  vom  Verfasser  in  den  Monats- 
heften für  Kunstwissenschaft,  Bd.  11  (1900),  Seite  302  ff. 
Sammlung  Z ah iclsky  in  St.  Petersburg. 

Bathseba  und  David.  30a. 

Vielleicht  identisch  mit  dem  vorigen. 

Erwähnt  im  Inventar   von  Hendrik  Bugge  van  Ring  in  Leiden  1666. 

Mitteilung  von  Dr.  Ä.  Bredius. 
Bathseba  im  Bade.  31. 

Holz  60X70.  T.IO. 

Erwähnt    im  Inventar  von  Mr.  Jacob  van  der  Lely  in  Helft,   der  am 

11.  Sept.  1795  starb.  Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 
Versteigerung  Jacob  van  der  Lely  in  Delft  1796  (fl.  2.10  an  van  Cfiesen). 
Der  Uriasbrief.     (II.  Samuelis  11).  32^ 

Bezeichnet  und  1619  datiert. 
Befand   sich   nach   einer  Mitteilung  von  Herrn  Direktor  E.   W.  Moes 

früher  in  München  und  ist  vielleicht  identisch  mit  dem 

Bild,    das   —   vne   mir   Herr    Dr.    Th.   von   Frimmel 

brieflich  mitteilte  —  früher  Herr  Dr.  Wilhelm  Schmidt 

in  München  besaß. 
Anbetung  des  goldenen  Kalbes.    (I.  Könige).  33. 

Vergl.  die  Zeichnung  in  Göttingen,  unsere  Nr.  10. 
Versteigerung  Jan  de  Wale  in  Amsterdam  am  12.  Mai  1706  Nr.  21. 
König  Jerobeam  von  Israel  opfert  den  Götzenbildern  am  Brandaltar.  34. 
(I.  Könige  13,  4).  Neben  Jerobeam  steht  der  Prophet  und  kündigt 
ihm  seinen  Untergang  an.  Jerobeam  gibt  den  Befehl,  den  Mann 
Gottes  zu  ergreifen;  dabei  verdorrt  seine  Hand.  Die  heidnischen 
Priester  sehen  staunend  zu.  —  Die  Gesichtsausdrücke  natürlich  gemalt 
und  alles  meisterhaft.  —  Dies  Gemälde  ist  vielleicht  dasjenige,  dessen 
Komposition   die  Zeichnung   in  Göttingen,    unsere  Nr.  10  wiedergibt. 

Holz  62X77. 
Versteigerung  in  Amsterdam  am  21.  Atig.  1799,  Nr.  18  (fl.  6.5  an  Doublet). 
—  Herman  ten  Kate  in   Amsterdam   am  10.  Juni  1801 

Nr.  104  (fl.  10  an  Pruysenaar).  Mitt.  H.  d.  G. 

Die  Witwe  von  Sarepta.    (I.  Könige  17,  9  ff).  $5. 


43 


Bekannt  aus  der  poetischen  Beschreibung  der  Sammlung  des  Amsterdamer 
Kaufmannes  und  Kunstliebhahers  Märten  Kretzer  von 
Lambert  van  denBos:  „Konst-kabinetvan  Märten  Kretzer" 
aus  dem  Jahre  1650. 

Erwähnt  in  Oud- Holland,  Bd.  II  (1884),  Seite  116. 

Versteigerung  Märten  Kretzer  in  Amsterdam  1671. 

36.  "DIE  SUNAMITIN  UND  DER  PROPHET  ELISA.  (II.  Könige  4,  27). 
In  der  Mitte  steht,  fast  en  face,  der  Prophet  Elisa  in  weitem  Mantel. 
Er  hält  unter  dem  linken  Arm  ein  großes  Buch  und  bedeutet  mit 
der  Linken  seinem  links  dahinterstehenden  Diener  Gehasi,  die 
Sunamitin  nicht  wegzustoßen.  Diese  kniet  links  vor  dem  Propheten, 
breitet  nach  unten  die  Arme  aus  und  wendet  den  Kopf,  der  einen 
Turban  trägt,  demütig  zu  ihm  auf.  Ihre  Kleidung  ist  phantastisch 
orientalisch,  auf  der  Brust  weit  ausgeschnitten,  die  Arme  sind  ent- 
blößt, und  über  der  linken  Schulter  liegt  ein  Tuch.  Hinter  ihr  steht 
der  gesattelte  Esel  in  linker  Profil  Stellung  und  hinter  diesem  wieder 
der  alte  Treiber,  der  in  der  linken  Hand  einen  Stock  wie  eine  Peitsche 
hält  und  den  Kopf  zu  Elisa  herumdreht.  Links  am  Bildrand  ein 
ruinöser,  mit  Pflanzen  bewachsener  Torbogen,  rechts  vorn  in  der 
Ecke  eine  große  Blattpflanze,  neben  der  etwas  zurück  an  einen 
Felsblock  gelehnt,  der  Stab  des  Propheten  liegt.  Im  Mittelgrund  der 
Berg  Karmel  mit  römischen  Ruinen. 

Holz,  Breitformat. 

Spezialaufnahme  von  Prokoudine-Oorsky  in  St.  Petersburg. 

Eine  Nachzeichnung  in  schwarzer  Kreide  nach  diesem  Bild,  von  der 
jedoch  die  rechte  Seite  mit  dem  Propheten  fehlt,  befindet 
sich  im  kgl.  Kupferstichkabinett  in  Berlin.  Das  Blatt 
gilt  dort  als  Zeichnung  von  Bieter  Lasttnan  und  soll 
Ahigail  darstellen.  Vergleiche  die  Federzeichnung 
gleichen  Gegenstandes,  unsere  Nr.  13,  die  möglicher- 
weise ein  Entwurf  zu  diesem  Gemälde  war. 

Sammlung  Zahielsky  in  St.  Petersburg. 

37.  Triumph  des  Mardochai.     (Esther  6,  11). 

V.  7.  Versteigerung  Willem  Six  in  Amsterdam  am  12.  Mai  1734,  Hoet,  Bd.  I, 
Seite  415  Nr.  99,  Nr.  100  des  französischen  Original- 
katalog es,  (ß.  18). 

38.  JONAS,  DER   VOM   WALFISCH   AUSGESPIEN   WIRD.      (Prophet 
^•14:.  Jona  2,  11).     Der   felsigen   Küste    eines  wogenden    Meeres   hat   sich 

der  phantastisch  gestaltete  Walfisch,  der   mit   seinem    Schwanz    hoch 
die  Luft    peitscht,    genähert.      Seinem  Rachen    entflieht    in    rechter 

44 


Seitenansicht  Jonas.     Er  ist  nur  ganz   wenig   durch   einen   über   die 

linke   Schulter   geworfenen   roten   Mantel    bedeckt    und   springt   mit 

weit  ausgestreckten  Händen  auf  einen    rechts    am  Strande   liegenden 

Felsblock,  über   dem   mehr   hinten,    das   Bild  abschließend,  die  steile 

Felsküste  sich  senkrecht  erhobt. 

Bezeichnet    mit    dem   Monogramm    und    der   Jahreszahl    1621 

rechts  unten  auf  dein  Felsblock. 
Holz  35X52. 

Soweit  sich  aus  dieser  Kataloghcschreihung  urteilen  läßt,  tvird  das  Bild 
die  Vorlage  zu  dem  Schabblatl  von  Wallerant  Vaillant 
(im  Gegensinn)  sein  (Wessely  Nr.  77),  das  im  Katalog 
der  Werke  Lastmans  von  Vosmaer  unter  Nr.  14  auf- 
geführt wird.  (Größe:  28,5y<,37,3).  Außerdem  gibt  es 
noch  zwei  unter  sich  nur  ganz  wenig  von  einander 
abweichende  kleine  Blätter,  die  nach  dem  Lastmanschen 
Original,  aber  in  Hochformat  von  dem  jüngeren  C. 
van  Daten  gestochen  sind  und  als  eine  Art  Reklamebild 
für  „Isaac  Boddens  tot  Amsterdam  inde  Warmoestraet 
in  Jonas"  gedient  haben  werden.  Das  eine  trägt  rechts 
obe)i  auf  dem  Felsen  das  Monogramm  Lastmans  mit 
pinxit  darunter  und  unter  dem  Stein:  C  V  Dalen. 
(Bildgröße  9,7X9,3).  J.  fculp. 

Das  andere  Blatt  ist  nur  mit  dem  Monogramm  Dolens 
aus  CVC  versehen.     (Bildgröße  9,85X9,2). 

Das  Gemälde  tvird  erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  342. 

1878  der  Berliner  Galerie  aus  Privatbesitz  zum  Kauf  angeboten. 

Versteigerung  0.  Pein  in  Cöln  am  29.  Oktober  1888  Nr.  46  (3820  off). 
Rümerskirch  u.  a.  in  München  am  23.  März  1903  Nr.  42. 

Sammlung  Otto  Pein  in  Berlin. 

•ALTTESTAMENTLICHE  DARSTELLUNG  (wohl  aus  dem  Leben  des  39. 
Propheten  Elias).  Links  steht  in  rechter  Seitenansicht  ein  alter 
Prophet  mit  langem  weißen  Bart.  Er  trägt  einen  elfenbeinweißen 
Mantel  über  dunkelbraunem,  ockergelbbraun  gegürtetem  Gewand.  Mit 
der  gesenkten  Linken  faßt  er  den  Mantel,  die  Rechte  ist  vorgestreckt. 
Rechts  vor  ihm  kniet  eine  junge  Frau  in  hellrotem  Rock  über 
dunkolzitrongelbem  Untergewand ;  auf  dem  Kopf  ein  weißer  Turban. 
Sie  hat  die  Arme  erhoben  und  blickt  zu  dem  Propheten  empor. 
Hinter  ihr  steht  ein  junger  Mann  in  dunkelbraun,  der  seine  rechte 
Hand  über  ihre  Schulter  hinwog  ihr  auf  die  Brust  legt  und  eben- 
falls zum  Propheten  aufsieht.     Links  vorn    am  Boden  liegt  der  hell- 


45 


braune  Stab  des  Propheten.  Hinter  den  Figuren  eine  torartige 
Öffnung  mit  Ausblick  auf  ein  paar  Bäume  und  den  Himmel. 

Holz  50X34. 
Yersteigerung    in    Berlin   im    Frühjahr    1909    als    „Niederländischer 

Meister"  (50  alt). 
Sammlung  Dr.  M.  J.  Binder  in  Berlin.*) 

APOKRYPHE  BÜCHER 

40.  Tobias  mit  dem  Engel  und  dem  Hund  auf  dem  Wege  nach  Medien 
T.13.  (Tobias  6,  1).     Auf   breiter   felsiger  Straße,   die  von   einer  rechts  im 

Hintergrund  auf  hohem  Berge  liegenden  festen  Stadt  von  italienischem 
Charakter  nach  rechts  zum  Vordergründe  herabführt,  kommen  der  Engel 
und  Tobias  nebeneinander  herangegangen.  Sie  sind  zur  Reise  leicht 
gekleidet  mit  einem  Rock,  der  die  Beine  freiläßt,  und  haben  jeder 
einen  großen  Wanderstab  in  der  Hand.  Vor  ihnen  läuft  der  gefleckte 
Hund  einher.  Links  zur  Seite  des  abschüssigen  Eelsgeländes  fließt 
ein  Fluß  und  bildet  zahlreiche  Wasserfälle.  Das  Ufer  links  ist  flacher 
und  mit  Bäumen  bestanden.  Ein  großer  Baumstamm  ragt  teilweise 
mit  seinem  Geäst  nach  rechts  vorn  über  den  leicht  bewölkten  Himmel. 

Beschrieben  nach  einem  Stich   von  S.  Frisius  (Plattenyröße  35,5yil6). 

Der  Stich   ist   bezeichnet   links   oben:    Pieter    Lasman 

Inv.  8.  Frisyus  Fee.     Unten   in   der   Mitte   der  Ver- 

legername:  C.   Viffcher  excudebat. 
Eigene  Aufnahme  nach  dem  im  Kupferstichkabinett  des  herzogt.  Museums 

in  Braunschweig  befindlichen  Exemplare. 

41.  *DER  ENGEL  MIT  DEM  JUNGEN  TOBIAS,  DER  DEN  FISCH  FÄNGT. 

(Tobias  6,  5).  Im  Vordergrund  rechts  steht  Tobias  in  lilafarbener 
Kleidung.  Arme  und  Beine  sind  bloß,  ebenso  wie  bei  dem  Engel. 
Tobias  bückt  sich,  um  dem  großen  Fisch,  den  er  mit  beiden  Händen 
am  Kopf  packt,  das  Maul  aufzureißen.  Rechts  von  ihm  steht  in 
linker  Seitenansicht  der  Engel  in  weiß  und  hellgrauem  Mantel,  be- 
gleitet von  einem  großen,  braunweißgefleckten  pudelartigen  Hund, 
der  rechts  von  ihm  im  Profil  steht  und  zu  Tobias  aufblickt.  Auf 
dem  rechts  ansteigenden  Terrain  liegen  ein  blauer   Mantel   und   eine 


♦)  Herrn  L.  Preibisz  verdanke  icli  den  Hinweis  auf  dieses  Bild,  Herrn  Dr.  Binder 
eine  Photographie  und  Angaben  über  Herkunft,  Größe  und  Farben. 

46 


"braune  Flasche.  Die  linke  Hälfte  des  Bildes  nimmt  ein  breiter  heller 
Fluß  mit  waldigen  Ufern  ein.  Auf  dem  rechten  Ufer  steht  unter 
Bäumen  eine  Hütte,  ferner  ein  Taubenschlag  zwischen  Gebüsch.  Vor 
der  Hütte  liegt  auf  dem  "Wasser  ein  Boot,  in  dem  sich  drei  Frauen 
befinden,  die  teils  waschen,  teils  nach  dem  Tobias  und  dem  Engel 
hinsehen,  Im  Hintergrund,  zwischem  dem  Engel  und  Tobias,  sind 
noch  drei  skizzenhaft  behandelte  Reiterfiguren  sichtbar.  —  Flott  und 
breit  gemalt,  sehr  hell  wirkend.  Koloristisch  ist  das  Bild  auf  hell- 
grün, lila  und  braun  gestimmt.  Tadellos  erhalten  (Briefl.  Mitteilung 
von  Frau  Geheimrat  Lippmann).  Das  Bild  hat  eine  gewisse  Aehn- 
Jichkeit  mit  einem  Gemälde,  das  auf  dem  „Nachtbankett  und  Masken- 
fest" von  J.  van  Winghe,  Nr.  2687  im  Rijksmuseum  in  Amsterdam, 
rechts  an  der  Rückwand  des  Gemaches  hängt. 

Holz  33X48. 
Spezialauf nähme  von  Fr.  Kullrich  in  Berlin. 
Sammlung  Frau    Geheim  rat    Lippman    in    Berlin. 

•  DER  ENGEL  RAPHAEL  YERLÄSST  DEN  ALTEN  UND  DEN  JUNGEN  42, 
•TOBIAS.  (Tobias  12,  20—22).  In  einer  Landschaft,  in  deren  V.12. 
Hintergrund  rechts  sich  auf  einem  Hügel  eine  Stadt  von  italienischem 
Charakter  mit  Mauern,  Zinnen  und  Turm  aufbaut,  kniet  vorn  in 
der  Mitte,  nach  links  im  Profil,  der  junge  Tobias.  Er  ist  barhäuptig, 
hat  langes  Haar  und  trägt  ein  hellblaues  Gewand  und  einen  braun- 
roten Mantel.  Links  hinter  ihm  kniet,  die  Arme  über  der  Brust 
gekreuzt  und  sich  demütig  verbeugend,  sein  alter  Vater  in  lilafarbenem 
Mantel.  Sein  Gesicht  ist  von  einem  grauen  Vollbart  umrahmt,  der 
Jcahle  Kopf  ohne  Bedeckung.  Er  hat  die  Augen  emporgerichtet  zu 
dem  geflügelten  Engel,  der  links,  vor  einer  dunkeln  Wolke  und  einer 
fast  schwarzen  Baumkulisse,  in  Vorderansicht,  aber  den  Kopf  zu  den 
•beiden  Knienden  gewandt,  mit  ausgestreckten  Armen  in  die  Höhe 
entschwebt.  Sein  blaß  karminrot  gemustertes,  schmutzigweißes, 
flatterndes  Gewand  ist  unter  der  Brust  gegürtet  und  läßt  diese 
•entblößt.  Der  Fleischton  ist  bei  allen  dreien  bräunlich.  Zu  Füßen 
des  Engels  liegen  goldene  und  silberne  Prunkgefäße.  Rechts  im 
Vordergrund  steht  ein  weißer,  braungefleckter  Ziegenbock  in  linker 
Seitenansicht.  Dahinter  zahlreiche  Tiere,  ein  gesattelter  Maulesel, 
•ein  Pferd,  Ziege,  Pfauen,  ein  roter  Papagei,  Kamel,  Rinderherden 
mit   Hirten.     Im   Mittelgrund   ein   bocksfüßiger,    flötender   Satyr   als 


47 


steinerne  Brunnenfigur.  Man  sieht  ferner  das  Tor  der  Stadt  am' 
Fuße  des  Hügels.  Dunkler  indigoblauer  Himmel  mit  großen  weißen  Wol- 
ken. Bräunlicher  Gesamtton,  das  Kolorit  der  Stadt  graugrün.  —  Die 
Faserung  des  Holzes  scheint  durch  die  Farbschicht  stark  hindurch. 
Bezeichnet  rechts  unten  unter  dem  Vorderfuß  des  Ziegenbockes: 
Eastman  fecit  A"  1618.  Die  letzte  Zahl  wurde  bisweilen  fälschlich 
als  3  gelesen. 

Holz  63X91,6. 
Eine  Photographie  verdanke  ich  Herrn  Inspektor  G.  V.  Blom  in  Kopenhagen. 
Erwähnt  von  E.  Michel,  Rembrandt,  Seite  19   als   „Der  Engel    er- 
scheint den  Magierkönigen" . 
Bildet  das  Pendant  zu  dem  fast  genau  so  großen  Bild  „Moses,  Wasser 
aus   dem  Felsen   schlagend",   von  Jan  Tengnagel   vom 
Jahre  1616,  Nr.  123  des  Kataloges. 
Wohl   sicher  Versteigerung   Jan  Wuhbels   in   Amsterdam   am  16.  Juli 

1792,  Nr.  196  (fl.  10  an  Yver). 
Sammlung  Graf  Moltke  in  Kopenhagen,  Kat.  1894,  Nr.  31. 

42  a.  Tobias. 

y. 11.  Erwähnt  im  Inventar  von  Rembrandt  vom  26.  Juli  1656  als  in  der 
„sydelcaemer" befindlich.  Vergl.Uofstede  de  Groot, 
Die  Urkunden  über  Rembrandt,  Seite  192,  Nr.  41. 

43.  Der  Engel  erscheint  dem  alten  Tobias,  mit  Staffage  von  J.  Lastman  [sie]. 

Holz  41X59. 
Erwähnt  von  Sofstede  de  Groot,  Die  Urkunden  über  Rembrandt, 

Seite  192,  Anmerk.  zu  Nr.  41. 
Versteigermig  P.   Yver  u.  a.  in  Amsterdam  am  31.  März  1788  Nr.  60. 

44.  *SUSAMA  UND  DIE  BEIDEN  ALTEN.  In  der  Mitte  sitzt  auf  einer 
in  linker  Seitenansicht  gegebenen  halb  sphinx-  halb  schwanenartigen 
Brunnenfigur,  über  der  ein  blauer  Mantel  liegt,  die  nackte  Susanna 
in  dreiviertel  Vorderansicht  nach  links.  Mit  der  linken  Hand  hat  sie 
ihr  weißes  Gewand  über  den  Schoß  gelegt.  Der  rechte  Area,  ist  ge- 
beugt, die  Handfläche  nach  außen  gekehrt  und  die  Finger  gespreizt. 
Den  Oberkörper  beugt  sie  etwas  vor,  während  sie  den  Kopf  ängst- 
lich zurück  nach  den  beiden  Alten  wendet,  die  rechts  hinter  ihr  vor 
dunklen  Bäumen  stehen.  Der  vorderste,  nach  links  im  Profil,  in 
langem,  lachsrosa  schülemden  Gewand  mit  weiten  Aermeln  und 
Gürtel;  an  den  Füßen  trägt  er  Schuhe,  auf  dem  Kopfe  eine  Mütze. 
Beide  Hände  hat  er  seitwärts  ausgestreckt,  mit  den  Handflächen  nach 
unten,    und    neigt   sich   im  Hinsehen    auf  Susanna    etwas  vor.     Der 

48 


zweite  steht  zwischen  jenen  beiden  mehr  zurück  im  Schatten:  er 
trägt  weiten  braunen  Mantel  über  dem  Gewand  und  turbanartige 
Kopfbedeckung.  Die  Linke  hat  er  auf  die  Brust  gelegt,  während  er 
mit  der  vorgestreckten  Rechten  auf  Susanna  weist.  Ganz  rechts  auf 
Baumästen  zwei  Pfaue.  Links  im  Hintergrund  sieht  man  auf  ein 
antikes  Tempelgebäude  in  einer  Parklandschaft.  Rechts  vom  ein 
paar  Blattpflanzen. 

Bezeichnet  links  auf  dem  Steinsockel:   T^aftman  fecit 
Holz  43X59.  1614 

Spezialaufnahme  von  einem  mir  unbekannten  Photographenin  8t.  Petersburg 
und  später  von  der  Photographischen  Gesellschaft  in  Berlin. 
Das  Bild  wurde  von  Rembrandt  flüchtig  in  Hotel  nacligezeichnet  und 
bei  seinen  Darstellungen  der  Susannageschichte  später 
verwertet.  Diese  Rötelzeichnnng  befindet  sich  im  Ber- 
liner Kupferstichkabinett  (H.  d.  O.  Nr.  45).  Vergl. 
darüber  W.  R.  Valentiners  Aufsatz  „Rembrandts 
Swiannadarstellunqen"  in  der  Zeitschrift  für  büd. 
Kunst,  N.  F.  Bd.  XIX  (1907),  Novemberheft,  wo  das  Ge- 
mälde Lastmans  erstmalig  abgebildet  ist;  ferner 
W.  Bodes  Aufsatz  in  den  Amtlichen  Berichten  aus 
den  königlichen  Kunstsammlungen,  Dez.  1908,  und 
den  des  Verfassers  in  den  Monatsheften  für  Kunst- 
wissenschaft,  Bd.  II,  Seite  304. 
Sammlung  Paul  Delaroff  in  St.  Petersburg;  seit  September  1908 
für  die  Dauer  von  2  Jahren  leihweise  im  Kaiser 
Friedrich-Museum  in  Berlin  aufgestellt. 
Susanna.  —  Sehr  schön.  44  a. 

Versteigerung  Jasper  Cromhout  u.  a.    in  Amsterdam  am  7.  Mai  1709 
Nr.  53.     Mitt.  H.  d.  G. 

NEUES  TESTAMENT 

Die  Predigt  Joliannis  des  Täufers.  45. 

Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 

Die  Predigt  Johannis  des  Täufers  vor  einer  Menge  von  Zuhörern. — Kräftig.  45  a. 

Leinwand  97,2X203,2. 
Versteigerung  in   Amsterdam   am  29.  Mai  1782  Nr.  44   (fl.  12.10  an 
Fouquef).     Mitt.  H.  d.  G. 

Predigt  Johannis  des  Täufers.  46. 

Auf  der  Zeichnungenversteigerung  W.  P.  Kops  in  Amsterdam  am  14.  V.15. 
März   1808   wurde   als   Nr.  22   eine  von  P.  C.  Haag 


49 


„naar  eene  Schildery  van  J.  [sie]  Lastman*)  uitvoerig 
met  roet  [Tinte  aus  Ruß]  gezeichnete  Predigt  Johannis 
des  Täufers,  eine  reiche  Komposition  einer  Menge  von 
Zuhörern,  für  7  fl.  zusammen  mit  einer  andern  Zeichnung 
an  Josi  verkauft.  (Erwähnt  von  van  Eynden  und  van 
der  Willigen,  Bd.  II,  Seite  264). 

46  a.  Die  Predigt  Johannis  des  Täufers  in  der  Wüste.  —  Schön  in  Grau  gemalt. 
Gemalt  1611  (nach  dem  Katalog  I.  Pauw). 
Holz  40,5X62. 
Versteigerung    Iman    Pauw   im   Haag    am  23.    Nov.    1779    Nr.    106 
(fl.  10.10).     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 
—  T.  P.  C.  Haag   im  Haag   am  31.  Dez.  1812    Nr.  27 

(fl.  4  an  Esser). 

47.  Johannes  der  Täufer.  Auf  einem  Stein  sitzt  Johannes  der  Täufer 
vor  einem  Baumstamm.  Ihm  zur  Seite  das  Lamm,  welches  die 
Vorderfüße  in  seinen  Schoß  legt.  Links  an  den  Baum  gelehnt  das 
Kreuz,  umschlungen  von  einem  Band  mit  der  Aufschrift:  Ecce  agnus 
dei.  Rechts  Ausblick  auf  eine  Landschaft.  —  Besonders  dunkle 
Karnation.  Helle  Lichtar,  glänzende  Behandlung  des  Fleisches.  War 
über    die  Elsheimerstufe   hinaus    und    dürfte    dem    Augsburger   Bild 


*)  Da  der  Zeichner  dieses  Blattes,  T.  P.  C.  Haag,  auch  eine  Grisaille  von  Lastman 
gleichen  Gegenstandes  besaß,  so  ist  man  versucht  —  und  vielleicht  mit  Recht  —  in 
jenem  Gemälde  die  Vorlage  zu  dieser  Zeichnung  zu  sehen,  trotzdem  der  Anfangs- 
buchstabe des  Vornamens  von  Lastman  mit  J  und  nicht  mit  P  angegeben  ist.  Wahr- 
scheinlich handelt  es  sich  um  einen  Druckfehler.  Das  nahmen  wir  auch  bei  unserer 
Nr.  43  an.  Vielleicht  aber  auch  zu  Unrecht,  denn  es  könnte  doch  auch  richtig  sein  und 
sich  auf  einen  Maler  J.  Lastman  beziehen,  den  wir  nur  aus  den  „biographischen 
Aanteekeningen  betreefende  voornamelijk  Amsterdamsche  schilders,  plaatsnijders,  enz. 
en  hunne  Verwandten"  kennen,  die  Mr.  A.  D.  de  Vries  Azn.  gesammelt  hat  (Oud- 
Holland  [1885]  Bd.  HI).  Auf  Seite  157  heißt  es  dort:  „20.  Mey  1650  Jan  Pietersz 
Lastman  van  A[msterdam],  schilder,  oud  21.  j.,  won[ende]  inde  Haerlemmerstraet, 
geass.  met  zijn  bestevaeder  [Großvater]  Cornelis  Jansz  Lastman,  geen  vader  hebbende, 
en  Anna  Coenraets  Poock,  van  A[msterdam],  oud  24  j.  enz." 

Ferner:  „Gedoopt  23.  Juni  1652.  Noorderkerk.  Cornelis  zoon  van  Jan  Pietersz 
Lastman  en  Anneti6n  Pouck;  Femmetien  Tijsschen  en  Trintien  Cornelis  geluigen". 
Es  gab  danach  also  wirklich  auch  einen  Maler  Jan  Pietersz  Lastman,  der  1629 
geboren  war,  aber,  da  sein  Großvater  Cornelis  Jansz  Lastman  hieß,  mit  der  Familie 
unseres  Malers  nichts  zu  tun  hat.  Eine  mit  chinesischer  Tusche  ausgeführte  Feder- 
zeichnung von  J.  Lastman,  also  vielleicht  auch  von  diesem  eben  genannten,  war  Nr.Tlder 
Zeichnungenversteigerung  in  Amsterdam  am  22.  März  1802.  Sie  wurde  zusammen 
mit  zwei  andern  Blättern  für  1  fl.  verkauft  und  stellte  dar  eine  biblische  Geschichte. 

50 


|vön"1619]    nahegestanden    naoen.      ^Bi^ielT  Mitteilung    von   Herrn 

Dr.  Th.  von  Frimmel). 

Bezeichnet  mit  dem  Monogramm  und  datiert:  ß 
Holz  62X41.  1618    (Die  beiden 

letzten  Zahlen  undeutlich.) 

Erwähnt  von  H.  Thode,  Kunstfreund,  1885,  Seite  377. 
Versteigerung  Artaria  in  Wien  im  Dez.  1884  Nr.  45. 
•Die  Predigt  Joliannis  des  Täufers.  In  einem  Waldtal  steht  links,  48. 
etwas  erhöht,  der  predigende  Johannes  d.  T.  fast  en  face  unter 
Bäumen.  Er  trägt  einen  mit  einem  Tuch  gegürteten  Mantel.  Die 
ihm  zuhörende  Volksmenge  ist  im  Kreise  um  ihn  herumgruppiert. 
Sie  besteht  aus  einem  Mann  in  orientalischer  Tracht  mit  feder- 
geschmücktem Turban  auf  dem  Kopf,  der  ganz  rechts  auf  einem 
Pferd  sitzt,  das  rechte  Bein  nach  links  über  den  Hals  des  Pferdes 
gelegt,  den  linken  Arm  in  die  Seite  gestemmt  und  den  rechten  vor 
der  Brust  gebeugt.  Links  von  ihm  in  rechter  Seitenansicht  ein  Hund. 
Es  folgt  von  links  nach  rechts  ein  älterer,  nach  rechts  im  Profil 
sitzender  Mann  in  Rock  und  über  die  rechte  Schulter  gezogenem 
Mantel.  Neben  seinem  Kopf  wird  das  von  einem  weißen  Tuch  be- 
deckte Haupt  einer  alten  Frau  mit  scharfer  Hakennase  und  spitzem 
Kinn  sichtbar.  Weiter  folgen  eine  sitzende  Frau  in  reicher  Gewandung, 
Rock  mit  Mantel  darüber,  weiße  Taille  mit  orientalischem  gemusterten 
Tuch  und  Turban;  der  linke  Arm  hängt  gerade  herunter,  der  rechte 
ist  auf  einen  ihr  zur  Seite  stehenden  Henkelkorb  gelegt.  Sie  ist  sehr 
stark  nach  hinten  zu  verkürzt  (und  stimmt  fast  genau  mit  der  Rahel 
auf  dem  Bild  in  Boulogne  sur  Mer,  unserer  Nr.  17  überein).  Neben 
ihr  zwei  Kinder.  Weiter  ein  Jüngling  in  Rückansicht,  der  nur  zum 
Teil  mit  einem  über  die  linke  Schulter  gelegten  großen  Tuch  bekleidet 
ist.  Halb  sitzend,  halb  liegend,  stützt  er  sich  auf  die  rechte  Hand, 
die  zwischen  den  Füßen  der  jungen  Frau  auf  dem  Boden  aufliegt. 
Es  folgen  drei  vom  Rücken  oder  von  rechts  sichtbare  Männer,  aber 
mehr  im  Mittelgrund  befindlich,  auf  sie  ein  in  dreiviertel  Rückansicht 
stehender  Mann  mit  großem  Buch  in  der  Rechten,  in  großem 
weitärmeligen  roten  Mantel,  der  auf  der  rechten  Schulter  nur  z.  T. 
mit  Schnürknöpfen  geschlossen  ist  und  ein  helles  Untergewand  sehen 
läßt.  Dahinter  links  ein  kleiner  sitzender  Junge  mit  langem  blonden 
Lockenhaar.  Hinter  ihm  eine  Mutter  mit  einem  kleinen  Kind  im 
Arm,  das  sie  eben  gestillt  hat;   sie  trägt  eine   eigenartige,   weiß   und 


51 


dunkel  gestreifte,  fezartige  Kopfbedeckung.  Dahinter  klettert  ein 
anderer  kleiner  Junge  auf  den  Felsen,  wo  schon  zwei  andere  sitzen; 
er  trägt  Kniehose,  aus  der  der  Hemdzipfel  hervorguckt,  und  eine 
kurze  Jacke.  Links  neben  Johannes  steht  in  Vorderansicht  noch  ein 
Mann  mit  gefalteten  Händen  in  hellem,  über  den  Kopf  gezogenem 
Mantel.  Auf  der  andern  Seite  von  Johannes  auch  ein  Alter  mit  vor 
dem  Kinn  gefalteten  Händen.  Im  Hintergrund  silhouettenhaft  zwei 
Figuren  zu  Pferd  und  eine  zu  Fuß.  Ganz  hinten  auf  einem  Wege 
zwei  weitere.  Links  ganz  vorn  eine  Blattpflanze. 
Bezeichnet:  P.  Lastman  1627. 

Holz  59,5X92. 
Lichtdruck  im  Versteigerungskatalog  Baedt  van  Oldenbarneveld. 
Versteigerung  W.    Beuckman   u.  a.    in    Äitisterdatn   am  5.    Okt.   1875 

Nr.  35  (als   „Bergpredigt,   reiche  Komposition   von  21 

Figuren,  sehr  seltsam"). 

—  d'Eve  u.  a.    in  Cöln   am  20.  März  1899  Nr.  78  (die 
Maße  hier:  61X93). 

—  Baedt  van  Oldenbarneveld  aus  dem  Haag  in  Amsterdam 
am  6.  Nov.  1900  Nr.  65  (fl.  410  an  Duits). 

49.  'TERKÜNDIGUNG  AN  MARIA.  Rechts  im  Vordergrund  kniet  die 
hl.  Jungfrau  in  dreiviertel  Vorderansicht.  Sie  ist  in  ein  hellblaues 
Gewand  mit  großem  rosa  Mantel  darüber  gekleidet,  faltet  vor  dem 
Leib  die  Hände  und  blickt  nach  link.s  zu  dem  Engel  empor.  Dieser 
kniet  fast  en  face  auf  einer  dunklen  Wolke,  trägt  über  dem  weißen 
Untergewand  eine  rote  weitärmelige  Tunika.  In  der  gesenkten  Rechten 
hält  er  den  Lilienstengel,  während  er  mit  der  erhobenen  Linken  auf 
die  oben  in  der  Mitte  in  einem  Lichtkranz  herabfliegende  Taube  weist. 
Links  vor  Maria  auf  dem  Teppich  am  Boden  ein  aufgeschlagenes 
Buch,  ein  Korb  und  eine  Katze,  die  mit  einer  Schelle  spielt. 
Bezeichnet  und  datiert:  Pjaftman  fecit 

Holz  56X39.  1618 

Photographiert  von  Prokoudine-Gorsky  in  St.  Petersburg. 
Erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  342,  von  E.  Michel,  Bembrandt, 

Seite  19. 
Erworben  1871  von  Herrn  von  Semeonoff  in  Paris  bei  einem  Trödler, 

der    es  gerade    aus   Spanien    bekommen   hatte   (briefl. 

Mitteilung  von  Herrn  von  Semeonoff). 
Sammlung   P.  v.    Semeonoff  in    St.    Petersburg,    {Kat.    1906 

Nr.  259),    die  von   der   Kais.  Eremitage   en   bloc 

angekauft  wurde. 

52 


Verkündigung  an  Maria. 

Erwähnt  im  Inventar  von  Albert  van  Ruytenhurgh  und  Wilhelmina 
Anna  von  Nassau  im  Haag  vom  8.  Sept.  1688  Nr.  16. 
Mitt.  H.  d.  O. 

Verliündigung  an  Maria. 

Erwähnt  im  Inventar  von  Danid  van  den  Bosch  im  Haag  vom  21.  Juli 
1693  Nr.  8.  Taxiert  von  dem  Maler  Johannes  v.  d. 
Brande  auf  fl.  20.     Mitt.  H.  d.  O. 

Verliündigung  der  Engel  an  die  Hirten. 

27X54  (oder  umgekehrt?). 
Versteigerung  A.  Seymour  in  London  am  4.  Juli  1896  Nr.  42.  Mitt.  H.  d.  6 
Yerkundigung  der  Engel  an  die  Hirten.  In  der  Mitte  schwebt  der 
Engel  in  Vorderansicht  mit  ausgebreiteten  Flügeln  und  Armen  auf 
einer  Wolke.  Er  neigt  den  von  langem  Lockenhaar  umrahmten  Kopf 
ein  wenig  nach  rechts  zu  den  vor  Schreck  in  die  Knie  gesunkenen 
Hirten.  Der  vorderste,  dreiviertel  von  links  hinten  gesehen,  hat  die 
Arme  ausgestreckt,  die  Hände  mit  der  Innern  Handfläche  dem  Engel 
zugekehrt.  Rechts  hinter  ihm  steht  ein  Pferd  in  dreiviertel  Rück- 
verkürzung; hinter  diesem  sind  Kopf  (nach  links  im  Profil),  Brust  und 
Hände  eines  andern  älteren  Hirten  sichtbar.  Ganz  vom  in  der  Mitte 
ein  kleiner  Hund,  der  den  Engel  anzubellen  scheint.  Diese  Gruppe 
ist  von  dem  über  dem  Engel  von  oben  hemiederkommenden  Licht- 
schein beleuchtet.  Die  linke  Seite  liegt  fast  ganz  im  Schatten.  Man 
unterscheidet  schlafende  Figuren,  eine  Hirtin,  deren  Kopf  nach  rück- 
wärts gewandt  ist,  und  hinter  ihr  links  einen  Mann,  der  den  Kopf 
auf  beide  Hände  aufgelehnt  hat.  Rechts  vom  ein  Stock  und  ein 
liegendes  Schaf. 
Beschrieben    na^ch     einem    Schabkunstblatt     von     Wallerant     VaiUant 

(Wessely  79),  das  sicher  auf  ein  Original  von  Lastman 

zurückgeht.     (Bildgröße  44,8'X36,3). 
Eigene  Aufnahme  des  Exemplar  es   im  Kupferstichkabinett  des  herzogl. 

Museums  in  Braunschweig. 

Joseph  und  Maria  mit  dem  Jesuskind. 

Erwähnt  im  Inventar  Bieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 


49  a. 


49b. 


60. 


51. 


52. 


53. 


Maria,  Joseph  und  die  Hirten. 

Versteigerung  Henriette  Popta  in  Amsterdam  am  5.  April  1697,  fibet,  »•»o« 
Bd.   1,   Seite  41   Nr.  17    (fl.   84   zusammen   mit   der 
„Anbetung  der  drei  Könige",  unserer  Nr,  56). 


58 


54.  Anbetung  der  Hirten. 

85X60. 
Versteigerung   Fels   u.    a.    in   Amsterdam   am   28.  OM.    1891    Nr.  41 
(fl.  20  an  B.  C.  Meyer). 

55.  Geburt  Christi    und   die    drei  Könige.  —  Aus    der   besten  Zeit    des 
Meisters. 

Versteigerung  Jacob  Cromhout   u.    a.    in  Amsterdam    am  7.  Mai  1709 
Nr.   70.     Mitt.  S.  d.  O. 
56.   Anbetung  der  drei  Könige. 
V.18.  Wahrscheinlich  identisch  mit  dem  folgenden. 

Versteigerurg  Henriette  Popta  in  Amsterdam  am  5.  April  1697,  Soet, 
Bd.  I,  Seite  41  Nr.  18  (fl.  84  zusammen  mit  „Maria, 
Joseph  und  die  Hirten",  unserer  Nr.  53). 

56  a.  Anbetung  der  Könige. 

V.19.  Wahrscheinlich  identisch  mit  dem  vorigen. 

Versteigerung  Willem  Six  in  Amsterdam  am  12.  Mai  1731,  Hoet,  Bd.  I, 
Seite  416  Nr.  106,  Nr.  107  des  französischen  Original- 
katalogs, (fl.  24). 

57.  Anbetung  der  Könige. 
Kupfer. 
Seit  1618121   im  sogenannten   „Bedestol"   in   Schloß   Frederiksborg    in 

Dänemark,    wo  es  beim  Brande    dieses  Schlosses  1839 

zu  Gründe  ging. 
58.  •DIE  FLUCHT  NACH  ÄGYPTEN.  In  einem  Tal  einer  Elsheimerar- 
y.20.  tigen  hübschen  italienisierenden  Landschaft  zieht  die  heilige  Famihe 
nach  rechts  ihres  Weges.  Maria  reitet  auf  einem  Maulesel,  der  in 
rechter  Seitenansicht  zu  sehen  ist.  Sie  ist  bekleidet  mit  einem  fett 
gemalten,  intensiv  schwarzen  Mantel  von  dickem  Stoff,  der  auch  über 
den  Kopf  gelegt  ist  und  sie  fast  ganz  bedeckt.  Nur  auf  dem  Leib, 
am  Hals  und  an  den  Unterarmen  kommt  das  weißlich-zinnoberfarbene 
Gewand  zum  Vorschein,  auf  dem  Haar  etwas  von  dem  weißen  Kopf- 
tuch. Von  ihrem  rechten  Fuß  sind  die  entblößten  Zehenspitzen 
sichtbar.  Mit  den  Armen  umfaßt  sie  innig  das  Christkind,  das  sein 
blondes  Lockenköpfchen  in  den  rechten  Arm  zurücklegt  und  die 
Händchen  nach  dem  Halse  der  Mutter  ausstreckt.  Maria  neigt  ihren 
schlicht  in  der  Mitte  gescheitelten  Kopf  zum  Kinde.  Sie  hat  eine 
ebenförmige  gerade  Nase,  die  Augen  sind  von  den  beim  Hinabblicken 
gesenkten  Lidern  verdeckt,  die  Brauen  laufen  in  schönem  Bogen  dar- 
über hin,     Rechts   hinter   dem  Esel   geht  Joseph:    er   trägt    stumpf- 

54' 


orangefarbenen  pelerinenartigen  Mantel,  auf  dem  Rücken  hängend 
einen  breitkrämpigen  Hut,  Beine  und  Füße  sind  bloß.  Das  scharf 
geschnittene  Gesicht  wird  von  einem  Vollbart  umrahmt.  Ueber  der 
linken  Schulter  trägt  er  sein  Handwerkszeug,  eine  große  Säge  und 
daranhängend  einen  Korb,  in  dem  sich  Hammer,  Zange  und  Hobel 
befinden.  Die  großen  Hände  ruhen  gefaltet  auf  der  Säge.  Rechts 
vorn  auf  dem  Weg  ein  Strauch.  Oben  links  ragt  ein  dunkler  be- 
laubter Baumast  in  das  Bild  hinein  und  breitet  sich  silhouettenhaft 
vor  dem  zum  Teil  gelblich  beleuchteten  Wolkenhimmel  aus.  Auf  der 
rechten  Seite  steigt  ein  von  dem  Rundtempel  von  Tivoli  bekrönter 
Hügel  an,  der  mit  Gebüsch  und  palmenartigen  Bäumen  bewachsen 
ist,  und  an  dessen  Fuß  sich  rechts  ein  Wasserfall  ergießt. 

Bezeichnet  in  der  Mitte  unten  mit  dem  Monogramm  aus  P  und  L 
nebst  einem  M  auf  dem  Horizontalstrich  des  L;  1608  datiert.  (Die 
Kataloge  von  1867  und  1883  geben  nur  ß  1608  an). 

Holz  28X24. 

Photographiert  von  H.  J.  Kouwenberg  in  Delft. 

Erwähnt  von  Kr amm,  Levens  en  werken. 

8ai7imlung  C.  Kranim  in  Utrecht. 

1865  erworben  aus  der  Sammlung  Kramm. 

Museum  Boymans  in  Rotterdam,  Kat.  1907  Nr.  163. 

•RUHE  AUF  DER  FLUCHT  NACH  ÄGYPTEN.  Im  Schatten  eines  59. 
großen  eichenartigen  Baumes  ruht  in  der  Mitte  des  Bildes  die  heilige  V.21. 
Familie.  Maria,  in  rosa  Kleid  und  weitem,  dunkelgrünem  Mantel, 
sitzt,  dreiviertel  nach  rechts  gewandt,  und  neigt  den  Kopf  zu  dem 
auf  dem  Schöße  gehaltenen  Jesuskind,  das  seine  Arme  nach  der 
Brust  der  Mutter  streckt,  während  es  den  blonden  Kopf  zum  Be- 
schauer wendet.  Rechts  daneben,  ziemlich  im  Schatten,  liegt  der 
Esel;  ferner  Joseph,  dessen  Kopf  und  rechte  Schulter  wie  auch  der 
Oberarm  beleuchtet  sind.  Er  trägt  braungelbroten  Mantel,  legt  seine 
Rechte  auf  den  Rücken  des  Esels,  während  die  Linke  auf  dem  neben 
ihm  befindlichen  Gestein  ruht.  Sein  zum  Beschauer  gerichtetes  Ge- 
sicht ist  bärtig.  Links  vorn  neben  Maria  liegt  ein  Korb  mit  Hand- 
werkszeug, ein  breitrandiger  Hut  und  ein  runder  blau  gemusterter 
Fayencekrug.  Rechts  sieht  man  in  ein  felsiges  Tal  mit  Ruinen,  in 
das  sich  ein  kleiner  Wasserfall  ergießt  und  einen  Bach  bildet. 

Bezeichnet  links  unten  auf  dem  Stein  mit  dem  Monogramm:  E 


56 


Holz  31X50. 

Eigene  photographische  Aufnahme. 

Erwähnt  von  Parthey,  Bd.  II,  Seite  16  Nr.  5. 

Versteigerung  Jos.  Valette  u.  a.  in  Amsterdam  am  6.  Aug.  1807  Nr.  121. 

Sammlung  Solly  1821. 

Königl.  Museen  in  Berlin  (Kat.  des  Vorrats  1906  Nr.  747),  von  denen 

es  1884  an  dieOemäldesammlung  der  Universität  in  Göttin  gen 

leihweise  abgegeben  wurde.     Provisorischer  Führer  1905  Nr.  6. 

60.  •  DER  BETHLEHEMITISCHE  KINDERMORD.  Vor  einem  Renaissance- 
Y.22  palast,  der  fast  die  linke  Hälfte  des  Mittelgrundes  einnimmt,  spielt 
u.so.  g^ßjj  jjg  Hauptszene  ab.  Ein  Haufe  miteinander  ringender  Weiber 
und  Kriegsknechte.  Links  vorn  liegt  eine  Mutter  ausgestreckt  am 
Boden;  über  sie  beugt  sich  ein  Kriegsknecht  mit  Turban  und  rotem 
Mantel  und  ist  im  Begriff,  den  gezückten  Dolch  dem  danebenliegen- 
den Kind  ins  Herz  zu  stoßen.  Weiter  links  hinter  dieser  Gruppe  wUl 
ein  Mann  das  Kind  einer  zu  Boden  gesunkenen  Frau  töten.  Rechts 
daneben  eine  Frau  in  rötlichlila  mit  weißem  Kopftuch,  das  einer 
phrygischen  Mütze  ähnelt,  gegen  die  ein  Krieger  in  landsknechtartiger 
Tracht  den  Dolch  erhebt.  Weiter  rechts  bejammert  eine  kniende 
Frau  mit  seitwärts  weit  ausgestreckten  Armen  die  vor  ihr  am  Boden 
liedenden  getöteten  Kinder,  Dahinter  ringen  zahlreiche  andere  Mütter 
und  Kriegsknechte  miteinander,  ebenso  auf  den  Baikonen  des  Palastes. 
Ganz  vorn  ein  Hund,  rechts  von  ihm  eine  Gruppe  von  vier  Personen. 
Eine  Mutter  in  hellblauem  Kleid  mit  gelben  Ärmeln  beugt  sich  über 
ihr  am  Boden  verblutendes  Kindchen.  Rechts  neben  diesem  ein 
kniender  betender  Mann  in  rotem  Mantel  und  mit  Turban  auf  dem 
Kopf.  Links  hinter  ihm  ein  alter  kahlköpfiger  Mann  mit  Vollbart, 
ebenfalls  kniend  und  scheinbar  zu  seinem  Nachbar  sprechend.  Hinter 
ihnen  kommt  von  rechts  aus  dem  Walde  der  Vollstrecker  des  Befehles 
des  Herodes  mit  seinem  Gefolge  herangeritten.  Sein  scheckiges  Pferd 
hat  reich  verziertes  grünes  Zaumzeug,  er  selbst  ist  in  ein  blaues  Ge- 
wand gekleidet,  über  dem  er  orangefarbenen,  mit  Hermelin  gefütter- 
ten Mantel  mit  Schnürknöpfen  trägt.  Der  bärtige  Kopf  verschwindet 
fast  unter  dem  mächtigen  weißen  Turban.  Die  Rechte  hält  den 
Zügel  sowie  ein  Schriftstück  mit  Siegel,  die  Linke  einen  langen  Ast 
als  Reitpeitsche.  Am  Sattel  Köcher  und  Bogen.  Links  hinter  ihm 
auf  braunem  Pferd  ein  anderer,  jüngerer  Mann  in  Rötlichlila  mit 
rotem,  barettähnlichem  Hut   mit  weißen   Federn    auf    dem  Kopf;    er 

56 


weist  mit  der  rechten  Hand  nach  links  auf  das  Mordgedränge  und 
wendet  den  Kopf  zurück.  Auf  dem  Rücken  hat  er  eine  Trompete. 
Ihnen  folgen  rechts  zwei  weitere  berittene  und  mit  langen  Lanzen 
bewaffnete  Männer.  Dahinter  kommen  noch  andere  Reiter  mit  Lan- 
zen und  einer  lilafarbenen  Fahne  aus  dem  Schatten  des  Waldes.  In 
der  Mitte  des  Mittelgrundes  setzt  sich  der  Kampf  der  Mütter  und 
Henker  fort  in  hübscher  hügeliger  Landschaft  mit  hohem  ruinösen 
Rundturm,  Brückenbogen  und  mit  Bäumen  bestandenen  Felspartien. 
Im  Hintergrund  ein  Rundtempel.  Das  Licht  fällt  von  links  oben 
auf  die  vordere  Hauptgruppe  und  auf  die  Berge  rechts.  —  Frühwerk. 
Holz  85,5X122,6. 

PJiotographicrt  von  Bruckmann. 

Erwähnt  von  E.  Michel,  Revue  des  deux  Mondeji,  1879,  Seite  586, 
wo  er  sich  gegen  Lastmans  Autorschaft  ausspricht,  von 
Riegel,  „Beiträge",  Bd.  II,  Seite  201  ff. 

Wahrscheinlich  Versteigerung  Laurens  van  der  Sem  in  Amsterdam 
am  19.  April  171S,  Hoet,  Bd.  I.  Seite  141  Nr.  18 
(fl.  160):     „Eon  Kinderdoding  vol  beeiden." 

1738  erworben  für  die  Galerie  Salzdahlum;    II.  Kab.  Nr.  53. 

Herzogliche  Gemäldegalerie  in  Braunschtveig,  Kat. 
1900  Nr.  209. 

Christus  segnet  die  Kinder.  Links  von  einem  Säulensockel  sitzt  in 
Drei  viertel  Vorderansicht  Christus  mit  VoUbart  und  Lockenhaar.  Er 
breitet  die  Arme  aus  und  wendet  den  Kopf  etwas  nach  rechts,  wo 
vor  ihm  eine  Frau  in  linker  Profilansioht  kniet  und  das  vor  ihr 
stehende  Kind  dem  Herrn  zuführt.  Dies  selbst  weist  mit  der  aus- 
gestreckten Rechten  auf  Christus,  sieht  aber  zum  Beschauer.  Rechts 
hinter  der  Frau  stehen  die  Jünger;  man  sieht  zwei  in  ganzer  Figur, 
von  drei  anderen  dahinter  nur  die  Köpfe.  Am  rechten  Knie  von 
Christus  steht  ein  kleiner  Junge  in  Rückansicht,  dem  seine  links  vor 
ihm  stehende  Mutter  ihre  rechte  Hand  auf  die  Schulter  legt,  um  ihn 
an  den  Herrn  heranzudrängen.  Rechts  hinter  ihr  en  face  noch  eine 
Frau  mit  turbanartiger  Kopfbedeckung  und  einem  kleinen  Kind  im 
linken  Arm. 

Kupfer. 

Datiert  1619. 

Beschrieben  nach  einer  schwachen  Skizze  in  Wasserfarben  von  F.  C.  Lund 
aus  dem  Jahre  1858,   die  sich  im  Schloß  Rosenborg  in 


61. 


57 


Kopenhagen  befitidet.     Die  Photographie  dieses  Blattes 
verdanke  ich  Herrn  Karl  Madsen. 
Seit  1619121  im  sogenannten    „Bedestol"    in    Schloß   Frederiksborg    in 
Dänemark,  wo  es  beim  Brande  des  Schlosses  im  Jahre 
1859  zu  Grunde  ging. 

63.   Die  Bergpredigt  in  einer  Landschaft. 
Holz  27,6X53. 
Nach  Parthey,  Bd.  II  (1864),  Seite  16  Nr.  7,  früher  in  der  Sammlung 
von  Heister  in  Naumburg  a.  S. 

63.  Die  Samariterin. 

Sehr  wahrscheinlich  identisch  mit  dem  folgenden. 
Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 

63  a.  Die  Samariterin. 

Sehr  wahrscheinlich  identisch  mit  dem  vorigen. 

Erwähnt  im  Nachlaß  des  Dirk  Yennekool,  des  Mannes  der  Tochter 
dementia  von  Zeeger  Pietersz,  eines  Bruders  von 
P.  Lastman,  als  dieser  gehörend.  1664  wird  es  aufbe- 
wahrt bei  ihrem  Schwiegersohn  Jean  Meerman. 

64.  'CHRISTUS  UND  DAS  KANANAISCHE  WEIB.  (Matth.  15,  25/26; 
Markus  7,  25/27).  In  der  Mitte  des  Bildes  steht  Christus  dreiviertel 
nach  links  in  ■warm-weißrosafarbigem  Gewand  und  weitem,  gelb- 
grünblauem  ManteL  Er  streckt  die  rechte  Hand  nach  links  unten 
zur  Seite  aus.  Den  Kopf  wendet  er  etwas  nach  rechts  und  blickt  auf 
einen  bartlosen  und  kahlköpfigen  Jünger  mit  scharfen  Gesichtszügen, 
der  neben  ihm  steht  und  in  reicher  mattblauer  Tracht  mit  halbge- 
öffnetem Mund  erstaunt  auf  die  rechts  in  linker  Profilansicht  kniende 
Frau  in  orientalischer  Tracht  (gelbbraun  und  weiß  mit  Gürtel  und 
Turban)  sieht.  Beide  Arme  hat  diese  bittend,  mit  den  inneren  Hand- 
flächen nach  außen,  gegen  Christus  vorgestreckt.  Links  hinter  ihr 
stehen  zwei  andere  bärtige  Jünger,  die  auf  Christus  einsprechen. 
Rechts  hinter  Christus  ein  jugendlicher  bartloser  Jünger  mit  Locken- 
haar en  face  in  einem  über  Brust  und  Schulter  geworfenen  Mantel, 
femer  zwei  nur  wenig  sichtbare  andere  männliche  Köpfe.  Hinten  im 
Mittelgrund  silhouettenhaft  zwei  Männer  in  Mänteln,  im  heller  be- 
leuchteten Hintergrund  ein  Mann  mit  Sohn  in  orientalischer  Tracht. 
Rechts  vom  am  Bildrand  steht  aufrecht  nach  links  im  Profil  ein 
bärtiger  Mann  in  weitem,  warm  rosafleischfarbenem  orientalischen, 
reich  mit  Borden  besetztem  Mantel,   graulila  Gewand  und  gelblichem 

58 


Turban.  An  den  Füßen  trägt  er  Schuhe.  Den  Kopf  hat  er  zum 
Beschauer  gerichtet.  In  der  linken  Hand  hält  er  einen  großen 
Folianten,  auf  dessen  vordere  obere  Kante  er  die  rechte  Hand  auf- 
gelegt hat.  Vorn  zwischen  der  kananäischen  Frau  und  Christus  tanzen 
zwei  Hündchen.  In  der  linken  Ecke  vom  neben  einem  kleinen 
Strauch  sitzen  zwei  blonde  Kinder,  das  eine  in  Qelbweiß,  dreiviertel 
vom  Rücken  gesehen;  das  andere,  blau  gekleidet  und  en  face,  beißt 
in  eine  Semmel.  Hinter  diesen  im  dunkeln  Schatten  eine  Stadt- 
mauer mit  Tor  darin;  daraus  drängt  in  dichter  Menge  das  Volk  hervor 
einem  Karren  nach,  auf  dem  ein  Kranker  nach  vorn  gefahren  wird. 
Hinter  Christus  erhebt  sich  ein  dunkelbrauner  ruinöser  runder  Turm, 
rechts  noch  mehr  im  Hintergrund  ein  Rundtempel.  Der  Himmel  ist 
z.  T.  warmblau  und  warmweiß  mit  weichen  großen  plastischen  Wolken.  — 
Die  Darstellung  wurde  bisher  nioht  richtig  gedeutet.  Der  Katalog 
des  Rijksmuseums  und,  ihm  folgend,  andere  sehen  in  der  dargestellten 
Szene  die  Geschichte  von  Christus,  der  einen  Aussätzigen  heilt 
(Markus  1,  40).  Der  Text  und  die  bildliche  Wiedergabe  dieser  Szene 
entsprechen  einander  aber  so  wenig,  daß  hieran  als  Hauptszene  nicht 
gedacht  werden  kann. 

Bezeichnet  mit  dem  Monogramm  und  datiert  links  unten  auf 
einem  Stein:  E 
1617 

Holz  76,8X105. 
Etwa  idcntv<ch  mit  dem  1875  von  W.  Bode  im  Kunsthandel  gesehenen 
Bild  „Christus  und  die  Ehebrecherin",  dessen  Jahres- 
zahl freilich  1621  sein  soll,  unserer  Nr.  65a? 
Photographiert  von  8emploniu.s  in  Amsterdam. 
Erwähnt  von  E.  Jacobsen ,  Repert.  f.  Kunstwissenschaft,  Bd.  XXIV 

(1901),  Seite  178. 
Versteigerung    V.  Beggs   in  Florenz    1889   (fl.  900  an   das  Rijsmus). 
Bijksmuseu m   in   Amsterdam,  Kat.  1908  Nr.  1426. 
Die  Ehebrecherin.  65. 

Erwähnt    im    Nachlaßinventar    von   Jan    Swart    in   Amsterdam   vom 

22.  März  1659.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 
Christus  und  die  Ehebrecherin.  65  a. 

Datiert  1621    (nach   einer   Mitteilung   von   Herrn  E.  W.  Moes). 
Etwa  identisch  mit  dem  Atnstcrdamer  Gemälde,  wiserer  Nr.  64? 
Erwähnt  von  Bode ,  Studien,  Seite  342. 
1875  im  Kunsthandel  in  Florenz. 


59 


66.  'AUFERWECKUNG  DES  LAZAEUS.  In  einem  offenen  Gebäude, 
aus  dem  man  rechts  auf  Ruinen  sieht,  steht  rechts,  nahe  der  Mitte, 
in  dreiviertel  Ansicht  nach  links  auf  einer  Steinstufe  erhöht  Christus 
in  violettem  Gewand  mit  Ärmeln  und  großem  roten  Mantel.  Die 
Füße  sind  bloß;  die  Linke  hängt  gerade  herunter,  während  der  rechte 
Arm  vorwärts  gebeugt  ist  und  den  Lazarus  aufstehen  heißt.  Christi 
Kopf  ist  bärtig  und  von  den  auf  die  Schultern  fallenden  Locken  um- 
rahmt. Rechts  hinter  ihm  staunende  Zuschauer  bezw.  Jünger.  Links 
vom  sitzt  Lazarus,  dreiviertel  nach  rechts  gewandt,  auf  dem  Grabe, 
Den  Kopf  wendet  er  zu  Christus,  die  vorgestreckten  Hände  faltet  er 
zum  Gebet.  Auf  dem  Kopf  ein  turbanartiges  weißes  Tuch.  Das 
weiße  Leichentuch  fällt  links  den  Rücken  entlang  und  ist  auch  über 
den  Schoß  gelegt.  Ein  junger  Mensch  mit  bloßem  Oberkörper  kniet 
rechts  von  Lazarus  und  befreit  dessen  Beine  von  dem  darum  ge- 
wickelten Tuch.  Hinter  Lazarus  im  Schatten  beugt  sich  ein  Zu- 
schauer weit  nach  rechts  vor,  um  das  Wunder  zu  sehen.  Links 
neben  ihm  zwei  weitere  Zuschauer.  Vorn  in  der  rechten  Ecke 
Martha,  die  Schwester  des  Lazarus,  in  linker  Profilansicht.  Sie  trägt 
über  grünblauem  Rock  ein  ockergelbes  Obergewand,  dessen  eckig 
ausgeschnittene  Taille  miederartig  durch  Schulterbänder  gehalten 
wird.  Die  Aermel  sind  gelblichweiß.  Sie  blickt  auf  Lazarus  und 
hält  die  rechte  Hand  vor  die  Brust.  Der  linke  Arm  hängt  gerade 
herunter.  Links  neben  ihr  etwas  zurück  ein  kleiner  Junge  mit 
blondem  Lockenkopf  in  hellblauem  Kittel.  Hinter  ihm  steht  der 
vorderste  der  übrigen  Zuschauer,  ein  alter  Mann  in  weitem,  hell- 
braunem Mantel  über  dunkelblauem  Gewand.  Die  Rechte  hat  er  vor 
der  Brust  gebeugt,  die  Linke  nach  rechts  zur  Seite  ausgestreckt. 

Holz  62X84. 
Kleine  Spezialaufnahme  von  der  Besitzerin. 
Erwähnt   von    W.  Martin   im  Bulletin    v.    d.    Ned.     Oudhk.  Bond, 

1901,  Seite  133. 
Allsstellung  in  Alkmaar  vom  4. — 13.   Okt.  1901  Nr.  50b. 
Seit  langer  Zeit  im  FamÜienbesits. 
Sammlung  Frau  K.   Witte  in  Alkmaar. 

67.  •AUFERWECKUNG    DES   LAZARUS.    Die    Szene    spielt    in    einer 
V.27.  Felsengrotte,    aus  der  hinten  ziemlich   in    der  Mitte    eine   fast  halb- 
kreisförmige Öffnung   ins  Freie  führt.     In  der  Mitte,    etwas  zurück, 
steht  Christus  fast  en  face,    die  rechte  Hand    wie  segnend   erhoben. 

60 


Cr  trägt  weißlichgrünes  Gewand  und  weißlichkarminlila  Mantel,  der 
über  die  rechte  Scliulter  geworfen  ist,  über  den  Rücken  geht  und  an 
der  andern  Seite  von  der  herabhängenden  linken  Hand  gefaßt  wird. 
Bloße  Füße.  Den  bärtigen  Kopf  umstrahlt  eine  weißlichgraue  Aureole. 
Der  Blick  ist  nach  links  vorn  gerichtet,  wo  zwei  Männer  im  Begriff 
sind,  den  zurückgelehnt  auf  dem  Rande  des  Steinsarkophages  sitzen- 
den Lazarus  aus  seinem  weißen  Totenhemd  zu  hüllen.  Den  Kopf 
lehnt  er  zurück,  der  Blick  ist  dankbar  nach  oben  gerichtet,  die 
Hände  faltet  er  vor  der  Brust.  Von  den  beiden  um  ihn  beschäftigten 
Männern  stützt  der  ältere  von  hinten  den  Oberkörper  des  Lazarus; 
der  jüngere,  mit  bloßem  Oberkörper  und  nur  mit  einer  von  einem 
blauen  Tuchgürtel  gehaltenen  violetten  Kniehose  bekleidet,  kniet  in 
linker  Profilansicht  rechts  neben  Lazarus  und  nimmt  eben  das  um 
die  Füße  gewickelte  Tuch  fort.  Ganz  links  hinter  dieser  Gruppe 
drei  voll  Erstaunen  zusehende  Personen  (von  rechts  nach  links) : 
Johannes  in  zinnoberkarminfarbenem  Mantel,  eine  Frau  in  schmutzig- 
weißgelbem Kleid  und  noch  eine  ganz  in  Blau.  Vor  dieser,  aber  noch 
hinter  dem  Sarkophag,  sieht  man  den  zum  Beschauer  blickenden 
Kopf  eines  Hundes.  Rechts  neben  Christus,  eine  Stufe  tiefer  als  er, 
kniet  die  Schwester  des  Lazarus,  Martha,  nach  links  gewandt,  auf 
dem  rechten  Knie.  Sie  trägt  hellgelblichockerfarbenes,  ausgeschnittenes 
Kostüm  und  darunter  einen  nur  am  linken  Knie  sichtbaren  grünen 
Rock,  welche  Farbe  auch  die  Ärmel  haben.  Die  Hände  sind  pathetisch 
seitwärts  nach  unten  ausgestreckt.  Der  Kopf  mit  schlichtgescheiteltem 
Haar,  das  links  aufgelöst  herunter  hängt,  ist  wenig  nach  links  gedreht, 
das  ziemlich  volle  Gesicht  fast  ganz  dem  Beschauer  zugewandt. 
Rechts  neben  Martha  steht  ein  alter  weißbärtiger  Priester  in  weißem 
Gewand  und  warmkarminzinnoberrotem  Samtmantel  mit  Kapuze, 
ockergelbem  Gürtel,  rotbraunen  Schuhen.  Er  hat  erstaunt  die  Hände 
erhoben.  Dasselbe  Staunen  spricht  sich  in  den  Stellungen  oder  Be- 
wegungen der  übrigen  Figuren  aus:  zwischen  dem  Priester  und 
Christus  etwas  mehr  zurück  eine  alte  Frau  und  ein  alter  Mann;  links 
hinter  diesem  ist  noch  ein  männlicher  Kopf  sichtbar.  Links  hinter 
Christus  zwei  weitere  männliche  Personen  innerhalb  der  Grotte. 
Außerhalb  derselben  drei  weibliche  Figuren.  Im  Ganzen  17  Figuren. 
Vorn  in  der  rechten  Ecke  kohlartige  Blattpflanzen.  "Warmbräunlicher 
Gesamtton.     Lichteinfall  von   links   oben.   —   Die   Jahreszahl   wurde 


61 


früher  fälschlich  1632  gelesen  und  im  Anschluß  hieran  wurden  falsche 

Schlüsse  auf  eine  gewisse  Rückwirkung  Rembrandts  auf  seinen  früheren 

Lehrer  gezogen. 

Bezeichnet  auf  dem  links  vorn  liegenden  Sarkophagdeckel: 

Eaftman  fecit  1622      FECIT  A  1622 
Holz  63X92. 

Photographiert  von  Bruckmann  und  L.  Levy  in  Paris  (Postkarte). 

Erwähnt  von  Kr  amm,  Levens  en  werken,  Bd.  III,  Seite  954  (er 
las  die  Jahreszahl  1633),  von  Vosmaer  (der  1632 
las),  Bode,  Repertorium  für  Kunstwissenschaft, 
Bd.  IV  (1881),  Seite  297  (der  zuerst  das  Datum 
richtig  angibt)  und  Weltmann  und  W  o  ermann, 
Geschichte  der  Malerei,  Bd.  III  2,  Seite  668. 

Versteigerung  C.  Kramm  in  Utrecht  am  7 .  Dez.  1875  Nr.  13  (ß.  300 
an  die  Haager  Galerie). 

Königl.  Gemäldegalerie  (Mauritshuis)  im  Haag,  Kat. 
1907  Nr.  393. 

67  a.  Auferweckung  des  Lazarus. 

Verkauft  von  Bieter  de  Koker  in  Amsterdam  am  16.  März  1644. 
Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

67  b.  Auferweckung  des  Lazarus. 

Verkauft  von  Lodewijk  van  der  Helst  an  Barent  Vermeiden  im  April 
1681.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

67  c.  Auferweckung  des  Lazarus. 

"V.24.  Versteigerung  Jan  Frangois  d'  Orvielle  in  Amsterdam  am  15.  Juli  1705, 
Hoet,  Bd.  I,  Seite  85  Nr.  75  (fl.  43.  15). 

67  d.  Auferweckung  des  Lazarus. 

Versteigerung  Jan  de  Wale  in  Amsterdam  am  12.  Mai  1706  Nr.  19. 
Mitt.  H.  d.  G. 

67  e.  Auferweckung  des  Lazarus.    —  „Heel  kurieus." 

y.25.  Versteigerung  Laurens  van  der  Hern  in  Amsterdam  am  19.  April  1713, 
Hoet,  Bd.  I,  Seite  148  Nr.  6  (fl.  69). 

68.  Auferweckung  des  Lazarus. 
T.26.  26,2X37,5. 

Versteigerung  Josuah  van  Belle  in  Rotterdam  am  6.  Sept.  1730,  Hoet, 
Bd.  I,  Seite  358  Nr.  79  (fl.  55). 

69.  Auferweckung  des  Lazarus.  Voll  Figuren    „extra  curieus"   und   aus- 
y.28.  führlich  gemalt. 

Versteigerung  Guerin  u.  a.  im  Haag  am  13.  Sept.  1740,  Terwesten 
Seite  28  Nr.  34  (fl.  22.  5). 

62 


Maria  Magdalena.  70. 

Verkauft   von  Pieter    de    Koker   in    Amsterdam   am    16.    März   1644. 
Mitteilung  von  Dr.  A.  Brediun. 

Christus  erscheint  Maria  Magdalena.     (Johannes  20.)  —  Flott  gemalt.  70a. 

36,8X24,3. 
Versteigerung     O.  van    Rossem   in   Amsterdam   am  8.    Februar   1733 

Nr.  67  (fl.  1.  10  an  Bekker).     Mitt.  H.  d.  O. 
<^hri8tus  im  Garten  Oethsemane.    Im   Mittelgrund   des  Bildes   kniet  71. 
auf  einem  wenig  erhöhten  Stein  Christus  fast  in  linker  Seitenansicht  '  •*^« 
mit  auf  der  Brust  gefalteten  Händen.     Er  trägt  langes  Gewand  und 
einen    über   die  rechte    Schulter   gelegten    Mantel.     Der  von   langen 
Locken   umrahmte  Kopf   blickt   gläubig   zu   den  links   über   ihm    in 
Wolken    und   Cherubimglorie    erscheinenden    zwei    Engeln,    die    die 
Marterwerkzeuge:     Kreuz,  Dornenkrone,  Lanze,  Kelch,    Säule,  Ruten, 
Peitsche    und  Stange   mit   dem  Schwamm    bringen.     Das    von    hier 
ausstrahlende   Licht   beleuchtet   Christus   ganz   hell   und    trifft   auch 
die    drei    im    Vordergrund    schlafenden    Jünger.      Qanz    rechts     ein 
eichenähnlicher  Baum.     Im  Hintergrund  rechts  sieht  man  im  Dunkeln 
die  von  Judas   geführten  Söldner   mit   zwei  Laternen   herankommen. 
In  der  Ferne  die  Silhouette   der  Stadt.     Vollmond. 
Beschrieben  nach  dem  1608  datierten  Stich  von  Lastmans  Bruder  Nicolas. 
Dieser  Stich  mißt  38,3'X.29,5  und  trägt  neben  vier  auf  die 
Darstellung  bezüglichen  lateinischen  Versen  die  Bezeich- 
nung: Petr.  La^tman  inven:  Nicola  Petri  sculp :  A°  1608. 
Er  existiert  in  2  Zuständen,   bei  dem   zweiten  ist  der 
■    Name    des   Stechers     umgeändert   in  Nicola  Lastman, 
die  Jahreszahl  fehlt. 
Vosmaer,  der  den  Nicolas  Lastman  noch  für  den  Sohn  des  Pieter  hielt,  ver- 
schlechtbesserte deshalb  —  im  Anschluß  an  Naglers  Angabe 
—  die  von  Brulliot  mit  1608  bereits  richtig  angegebene 
Jahreszahl  in  1648. 
Erwähnt    und    ikonographisch    beurteilt    von    P.    Zani,    Enciclopedia 
metodica    critico    ragionata   deUe    belle    arti,    Parma, 
MDCCCXXl,  Parte  II,   Vol.   VII,  Seite  172l73. 
Die  Originalplatte  befindet  sich   im  Besitze   von  Prof.  Dr.   W.  Martin 

im  Haag. 
Gefangennahme  Christi.    Mit   Fackeln,    Hellebarden  und  Schwertern  73. 
ausgerüstet,    umringt    die    Rotte    Kriegsknechte    den    Heiland,     bei 
welchem  Petrus  dem  an  der  Erde  liegenden  Malchus  das  Ohr  abhaut. 
Rechts  in  der  Ferne  Christus  am  Oelberg. 


Holz  57X75. 
Versteigerung  Nelles  u.  a.  in  Cöln  am  16.  Dez.  1893  Nr.  88. 

73.  Die  Kreuztragung. 
V.30.  Kupfer. 

Ueher  dies  Bild  schrieh  kurz  nadi  dem  Brande  des  Schlosses  Frederiksborg 
der  hervorragende  dänische  Kunstforscher  H.  L.  Höyen 
(Skriftes,  Bd.  I,  Seite  233),  „daß  dies  Bild  so  voll  Ernst 
und  eigentümlichem  Charakter  war,  daß  man  an  Bem- 
hrandt  denken  mußte  hei  diesem  Bild  von  seinem  Lehrer." 
Mitteilung  von   Herrn  Karl  Madsen. 

Seit  1619121  im  sogenannten  „Bedestol"  in  Schloß  Frederiksborg  in  Däne- 
mark, bei  dessen  Brand  im  Jahre  1859  es  zu  Grunde  ging. 

74.  CHRISTUS  AM  KREUZ.    Nach  Bode  nur   ein    „geringes  Gemälde". 
T.33.  Bezeichnet  Eaftman  fecit  A»  1G17. 

Holz  69X47. 
Erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  616. 
Aufstellung  in  Brüssel  1882  Nr.  118. 
Versteigerung  in  Brüssel  1860. 
Sammlung  Herzog  von  Looz-C or swar em  in  Brüssel. 

74  a.  Ein  Kruzifix. 

Erwähnt  im  Inventar  Bieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 

74b.  Christus  am  Kreuz. 

V.31.  Versteigerung  in  Amsterdam  am  13.  April  1695,  Hoet,  Bd.  I,  Seite  25 
Nr.  5  (f..  1.  15). 

74  c  Christus  am  Kreuz. 

Versteigerung  Jan  de  Wale  in  Amsterdam  am  12.  Mai  1706  Nr.  20. 
Mitt.  H.  d.  G. 

75.  Der  sterbende  Heiland  auf  dem  Kalvarienberg  zwischen  den  Mördern. 
Unter  dem  Kreuz  sieht  man  Maria  in  Ohnmacht  fallen;  sie  wird  von 
verschiedenen  Frauen  und  Jüngern  gestützt.  Kriegsoberste  und  Sol- 
daten zu  Pferd  und  zu  Fuß.  —  Natürlich  und  kräftig  gemalt  von 
H.  (sie!)  Lastman. 

Holz  92,5X137,5. 
Versteigerung  E,  W.  Greebe  in  Amsterdam  am  8.  Dez.  1788   Nr.   10 
(fl.  40  an  Jan  Koppers).     Mitt.  H.  d.  G. 

76.  Christus  am  Kreuz. 

V.32.  Bezeichnet  am  Fuße  des  Kreuzes :     P.  L.  (wohl  zusammengezogen) 

und  1625  datiert. 

Holz  83X62.  Oval. 
Versteigerung  Wwe.  P.  J  van  Oosthuyse  van  Rijsenhurg,  geb.  M.    de 


Jongh  im  Haag   am   18    Okt.   1847   (an  van    Visser). 
64 


Versteigerung  P.  J.   Tieleman  van  Streeßerk   im  Haag  am  21.  Febr. 

1859  Nr.   84.  _ 

Nach  Vosmaer  1877  im  Privatbesitz  im  Haag,  too  es   aber  nicht   mehr 

aufzufinden  ist. 

Christus  am  Kreuz.    Am  Fuße   des  Kreuzes   ein   Totenschädel   und  77. 
Totengebeine.     Auf   dem  Boden   links   zwei  Krüge   und  Lanzen.    Im 
Grunde  die  Zinnen   der  heiligen  Stadt    in  schwarzen  Dunst   gehüllt. 
^-  Zuschreibung  fraglich. 

Datiert  unten  1G13. 

Holz  44,5X40;  oben  abgerundet. 
Abbildung  im  Katalog  Schippers. 
Versteigerung  A.  Langen  in  München  am  5.  Juni  1899  Nr.  54. 

—  Schippers  u.  a.  in  Berlin  am  19.  Februar  1.900  Nr.  30. 
Christi  Abnahme  vom  Kreuz.  7S. 
.Erwähnt  im  Inventar  von  Franken  Jansz    und  Aeltge  Jacobs   in  Am- 
sterdam vom  4.  Nov.  1644  (fl.  100). 

Am  16.  Jan.  1645  bekennt  Antony  Franken,  als  Erbteil  seines  Vaters 
Jacob  Franken  und  seiner  Mutter  Aeltge  Jacobs  nach 
dem  Testament  von  1641  u.  a.  dieses  Bild  von  Lastman 
eynpfangen  zu  haben.     Mitteilungen  von  Dr.  A.  Bredius. 

Die  Kreuzabnahme.  78  a. 

Holz  71X57. 
Versteigerung  in  Amsterdam  am  1.  April  1833  Nr.  107  (fl.    16.50   an 
van  Delden). 

—  in  Amsterdam  am  27.  April  1840  Nr.  116  (fl.   12  an 
M.  van  Waay).     Mitt.  H.  d.  O. 

Einbalsamierung  der  Leiche  Christi.  79. 

Erwähnt  im  Nachlaß  des  Dirk  Vennekool,  des  Mannes  einer  Nichte  Pieter 
Lastmansunddiesergehörig.  1664in  Verwahrung/ bei  Jean 
Meerman,  ihrem  Schwiegersohn.  (Oud  Holland,  Bd.  IV). 

Grablegung  Christi.  8«. 

Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632,  ebendort 
auch  eine  Kopie  danach. 

Grablegung  Christi.  8«a. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  13.  April  1695,  Hoet,  Bd.  1,  Seite  25  V.34. 

Nr.  4  (fl.  10). 
Auferstehung  Christi.  —  Kunstvoll  und  reich  komponiert  und  gemalt.   81. 
ca.  80X70.  VUlö. 

Versteigerung  Johann  van  der  Htdk  in  Dardrecht  am  23.  April  1720, 

Hoet,  Bd.  I,  Seite  250  Nr.  25  (fl.  50). 

5  65 


81  a.  Auferstehung  Christi. 

V.36.  Versteigerung  in  Amsterdam,  Hoet,  Bd.  II,  Seite  344  Nr.  16  (fl.  450). 

82.  Befreiung   Petri    aus    dem    Gefängnis.      Im    Vordergrund   sitzt    ein 
schlafender  Soldat.  —  Sehr  schön. 

Holz  35,8X29,3. 
Versteigerung  J.  de  Kommer  in  Amsterdam  am  15.  April  1767  Nr.  190 
(fl.  49  an  Tver).     Mitt.  H.  d.  G. 

83.  Befreiung  Petri  aus  dem  Geföngiiis. 

Leinwand  62X90. 
Wahrscheinlich  identisch  mit  dem  folgenden. 
Versteigerung  in  Rotterdam  am  11.  Dez.  1851  Nr.  102.    Mitt.  H.  d.  Q. 

^3a.  Befreiung  Petri  ans  dem  Gefängnis. 

Leinwand  66X88. 
Wahrscheinlich  identisch  mit  dem  vorigen. 
Versteigerung  Roos  in  Amsterdam  am  5.  Nov.  1856. 

—  J.  F.  van  Oordt  u.  a.  in  Rotterdam  am  11.  Dez.  1856 

Nr.  37  (fl.  11  an  Slaes).     Mitt.  H.  d.  G. 

84.  »DIE     TAUFE     DES     KÄMMERERS     DURCH     PHILIPPUS.      In 
y.37.  einem   Bache    steht   in   der   Mitte    vom   der   Mohrenkämmerer    nach 

rechts  im  Profil,  nur  mit  einem  weißen,  wenig  grün  gestreiften 
Lendentuch  bekleidet,  in  demütiger  Pose  vor  dem  kahlköpfigen,  aber 
bärtigen  Philippus.  Dieser  ist  von  links  gesehen,  trägt  großen  roten 
Mantel  über  blauem  Gewand  und  hält  in  der  linken  Hand  ein  großes 
Buch;  die  Rechte  läßt  einige  Tropfen  Wasser  auf  das  entblößte 
Haupt  des  Kämmerers  fallen.  Rechts  hinter  ihm  am  Ufer  wartet 
das  Gefolge:  zwei  Mohren,  der  eine  in  reicher  Tracht,  der  vordere 
en  face  mit  gefalteten  Händen  andächtig  zusehend.  Hinter  ihm  der 
mit  zwei  Pferden  bespannte  Reisewagen.  Auf  dem  vorderen  Pferd 
sitzt  der  Kutscher  in  orientalischer  Tracht  mit  Turban  auf  dem 
Kopf.  Rechts  vor  den  Pferden  kniet  betend  ein  Jüngling  mit  langem, 
blondem  Lockenkaar.  Links  neben  ihm  liegt  eine  rote  mit  zwei 
weißen  Federn  geschmückte  Mütze.  Ganz  rechts  ein  Hund.  Den 
Hügel  im  Hintergrund  krönt  die  Ruine  des  Sibyllentempels,  auf  dem 
hinaufführenden  Wege  kleine  Figuren.  In  der  linken  Bildecke 
großes  Blattgewächs.  Graubewölkter  Himmel.  Einige  Sonnenstrahlen 
durchbrechen  die  Wolken.     Kaltblaugrüner  Gesamtton. 

Bezeichnet  rechts  unten  auf  einem  Stein:  ß  1608. 

Holz  37X56. 

66 


Photographiert  von  Bruckmann  und  Hanfstängl. 

Erwähnt  von  Brulliot,  Dictionnaire  des  Monogrammes  (1832). 

Avis  den  königlichen  Schlöfmern. 

Kaiser  Friedrich-Museum  in  Berlin,    Kat.  1906   Nr.  677. 

•DIE  TAUFE  DES  KÄMMERERS  DURCH  PHILIPPUS.  An  einem  85. 
Bache,  der  rechts  neben  der  Straße  über  Gestein  dahinfließt,  kniet 
der  noch  jugendliche  Kämmerer  in  Vorderansicht,  die  Arme  über 
der  Brust  gekreuzt;  er  trägt  einen  karminzinnoberfarbigen  Mantel 
mit  Gürtel.  Rechts  etwas  hinter  ihm  steht  Philippus  mit  großem 
Vollbart,  auch  en  face.  Er  faßt  mit  der  Linken  seinen  braunen 
Mantel,  die  Rechte  hat  den  Kopf  des  Kämmerers  mit  Wasser  be- 
sprengt. Links  hält  auf  dem  Weg  der  mit  zwei  Pferden  bespannte 
Reisewagen  in  Hinteransicht.  Davor  steht  ein  Mohrenknabe  in  lila 
Seidenrock  und  karminzinnoberrotem  Mantel,  der  in  seiner  linken 
Hand  das  halb  aufgeschlagene  große  Buch  des  Apostels  hält.  Vom 
Wagen  aus,  auf  dem  sich  eine  Decke  und  ein  Sonnenschirm  befinden, 
sehen  der  heiligen  Handlung  ein  Diener  und  der  Kutscher  zu.  Links 
am  Weg  ein  Baum.  Vorn  ein  Hund,  in  der  Mitte  etwas  Gesträuch. 
Rechts  im  Mittelgrund  ein  felsiger,  von  einer  runden  tempelartigen 
Ruine  gekrönter  Hügel,  von  dem  der  Bach  in  starkem  Gefäll  herunter- 
stürzt. Die  Pferde  und  die  Figuren  auf  dem  Wagen  heben  sich 
stark  gegen  den  hellen  Himmel  ab. 

Bezeichnet  rechts  unten  auf  einem  Steinblock  im  Bach: 

^aftman  fec 
1622 

Holz  85X115. 
Photographiert  von  Bruckmann. 
Groß  herzogliche    Kunsthalle    in    Karlsruhe,    Kat.    1909 

Nr.  772. 
•DIE  TAUFE  DES  KÄMMERERS  DURCH  PHILIPPUS.  In  der  86. 
Mitte  des  Vordergrundes  kniet,  nach  links  gewandt,  der  Mohren- 
kämmerer in  demütiger  Haltung  mit  über  der  Brust  gekreuzten 
Händen.  Er  trägt  ein  rot  und  grün  gemustertes,  weißes,  weitärmeliges 
Gewand.  Etwas  links  hinter  ihm  steht  Philippus  in  grünem  Gewand 
und  mit  lila  Mantel  über  der  linken  Schulter.  Er  hat  die  Linke  auf 
den  Rücken  des  Kämmerers  gelegt,  während  er  den  rechten  Ann 
senkt,  um  mit  der  Hand  in  das  Wasser  des  zu  ihren  Füßen  vorbei- 
fließenden Baches  zu  fassen.     Sein  bärtiges  Gesicht  ist   fast   on   face 


6* 


67 


zu  sehen.  Rechts  hinter  ihm  stehen  zwei  Orientalen  mit  Turbanen. 
Rechts  vom  Kämmerer  knien  zwei  junge  Diener  mit  langem  blonden 
Lockenhaar.  Sie  haben  die  Hände  im  Gebet  gefaltet.  Der  vorderste 
wendet  den  Kopf  etwas  nach  rechts.  Rechts  vorn  auf  einem  Pferde 
ein  Diener  in  rotem  Mantel,  mit  Turban  auf  dem  Kopf  und  Schwert 
an  der  linken  Seite.  Zwischen  ihm  und  den  Knienden  ein  großer 
Windhund.  Dahinter  der  mit  zwei  Pferden  bespannte  Wagen,  auf 
dem  zusehend  der  Kutscher  sitzt.  Ganz  links  steht  in  rechter  Seiten- 
ansicht noch  ein  Mohr  in  sattrotem  Seidengewand,  der  die  Hände 
faltet  und  einen  lilablauen,  mit  Goldfransen  verzierten  Mantel  hält. 
Links  von  ihm,  im  Mittgelgrund,  läßt  am  andern  Ufer  des  Baches 
ein  Reiter  sein  Pferd  saufen.  Der  Bach  kommt  in  vielfachem  GefäU 
von  dem  sich  rechts  hinten  steil  erhebenden  felsigen  Gebirge  herab. 
Links  von  der  Mitt«  vorn  Blattpflanzen.  —  Sehr  gut  erhalten,  ganz 
hell  und  farbig. 

Bezeichnet  rechts  unten:  ßaftman  fecit  1620. 
Holz  70X110. 
Photographiert  von  Jaeger  &  Goergen  in  München. 
Erworben  im  April  1908  aus  scliwedischem  Privatbesitz  vom  Verein 
der  Kunstfreunde  in  München   und  leihiveise 
ausgestellt  in   der  Koni  gl.  Älteren  Pinakothek 
in   München.      Mitteilung    und   Photographie    von 
Herrn  Dr.  Bassermann-Jordan. 

86  a.  Die  Taufe  des  Molirenkämmerers. 

V.39.  Versteigerung   Antony  Soevenaar   in   Amsterdam    am    15.  April  1693, 
Hoet,  Bd.  I,  Seite  17  Nr.  30  (fl.  61.10). 

86  b.  Die  Taufe  des  Mohrenkämmerers. 

Versteigerung  Jan  van  der  Vinne  in  Haarlem  am  13.  Mai  1754 
Nr.  106.     Mitt.  H.  d.  O. 

87.  Die  Bekehrung  des  Paulus. 

Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 

87  a.  Die  Bekehrung  des  Paulus. 

Erwähnt  im  Inventar  von  Jan  de  Kooker  in  Amsterdam  vom  7.  Dez.  1644. 
Taxiert  von  Lucas  Luce  und  Hendrik  ülenborch  auf 
fl.  150.  (Oud-Holland,  Bd.  XXIV  [1906],    Seite  240). 

88.  'PAULUS  UND  BARNABAS  IN  LYSTRA.    Aus  dem  Tore  der  rechts 
V.IO.  im  Hintergrund  auf   einem  Hügel   liegenden  Stadt  Lystra    ziehen    in 

langem  Zuge  die  Bewohner  hinaus;  sie  sind  bekränzt,  tragen  Fackeln, 

68 


kostbare  "Weihgeschenke  und  führen  weiße  Opferstiere  mit  sich.  An 
der  Spitze  des  im  Vordergrunde  sich  von  rechts  nach  links  bewegenden 
Zuges  steht  ein  Priester  in  linker  Seitenansicht  in  langem  weißen, 
über  den  Kopf  gezogenem  Gewände,  bekränzt  und  in  den  Händen 
ein  Gefäß  haltend;  er  ist  im  Begriff,  die  Opferbandlung  an  dem  vor 
ihm  befindlichen  Altar  zu  beginnen.  Links  hinter  ihm  stehen  auf 
einer  Erhöhung  die  vermeintlichen  Jupiter  und  Merkur  und  sprechen 
unter  abwehrenden  Gebärden  zu  dem  herandrängenden  Volk.  Paulus 
mit  langem  Bart,  in  kühlblaugrünem  Gewand  und  weißüch- 
karminrotem  Mantel.  Rechts  neben  ihm  etwas  zurück  Barnabas,  beide 
Hände  weit  von  sich  streckend  und  mit  dem  rechten  Arm  seinen 
Kopf  fast  ganz  verdeckend,  in  dunkelbraungrauem,  um  Leib  und 
Beine  gewundenem  Mantel.  Links  hinter  ihnen  erhebt  sich  altes,  mit 
Strauchwerk  bewachsenes  Gemäuer,  worauf  eine  Säule.  Unten  davor 
steht  ein  erstaunter  Zuschauer.  Vor  diesem  auf  Erhöhungen  vor 
einer  nur  als  Silhouette  sichtbaren  und  als  linker  Bildabschluß  dienen- 
den Mauer  weitere  Zuschauer.  Ganz  vorn  vor  den  Aposteln  in 
Vorderansicht  in  graugrünem  Rock  über  braunrotem  Hemd 
der  von  ihnen  geheilte  Lahme,  der  mit  der  Linken  auf  die  zu 
seinen  Füßen  liegenden  Krücken  weist.  Voller  Verwunderung 
betrachten  ihn  die  links  neben  ihm  Stehenden,  von  denen  der  eine, 
im  rechten  Profil  gesehene,  karminroten  Mantel  und  gelbbraunen 
Rock  und  auf  dem  Kopf  weißen  Turban  trägt.  Rechts  hinter  dem 
Priester  kniende  Jünglinge  in  zitronengelben,  hellkarminroten  und 
hellblauen  Gewändern  mit  Eichenkränzen  im  Haar,  Fackeln,  Schalen 
oder  Kannen  in  den  Armen  und  Händen,  in  linker  Seitenansicht. 
Weiter  ein  Stier,  neben  ihm  die  halbnackten  Treiber  mit  Beilen  und 
Pfannen  auf  den  Schultern.  Mehr  rechts  dann  eine  kniende  alte 
Frau  in  grünlichlila,  über  den  Kopf  gezogenem  Mantel  und  neben 
ihr  ein  ebenfalls  kniender  alter  Mann.  Rechts  vom  abschließend  eine 
halb  vom  Rücken  gesehene  stehende  Jünglingsfigur  in  Weiß,  einen 
Kranz  im  Haar  und  ein  Räuchergefäß  in  der  herunterhängenden 
Linken  haltend.  Hinter  ihm  der  Zug;  darin  noch  deutlich  unter- 
scheidbar ein  kleiner  Knabe  mit  großem  Kranz  im  Haar,  dann  ein 
Pferd  und,  immer  undeutlicher  werdend,  Flötenbläser,  Tamburin- 
schläger u.  s.  w.  In  der  Mitte  des  Hintergrundes  ein  hoher  Obelisk 
und  links  daneben  ein  Götterbild  aus  Stein.     In  der  Stadt  ein  großer 


69 


Rundtempel  mit  Nischenfiguren  und  Halbsäulen.  Der  bewölkte 
Himmel  in  graublauem  bezw.  weißlichem  Ton.  Die  Gebäude  graugrün, 
Obelisk  wie  Figuren  des  Mittelgrundes  bräunlich.  Vorn  am  Boden 
liegen  Blumen  ausgestreut,  weiiJe,  rote  und  blaue  Nelken  oder  Astern. 
Links  Distelpflanzen  und  Krautgewächs  sowie  antike  Skulpturenfrag- 
mente.    Lichteinfall  von  links  oben. 

Bezeichnet:  Pietro  Lastman  fecit  A°  1614. 
Holz  89,6X123,6. 
£ine    Rötelzeichnung   von   Remhrandt   nach   diesem  Bilde    befindet 
sich   in  der  Sammlung   Leon  Bonnat   in  Paris  (bezw. 
Bayonne),  H.  d.  G.  Nr.  671. 
Pendant  zu  dem   „  Opferstreit  zwischen  Orest  und  Pyladeji"    im  Rijks- 

museum  in  Ainsterdam,  unserer  Nr.  98. 
Erwähnt  von  Houbraken,  Groote  Schouhurgh,  Bd.  1,  Seite  98,  der 
erzählt,  daß  Vondel  das  Bild  in  einem  Gedicht  an 
Jan  Six  besungen  hat  (Das  Gedicht  ist  abgedruckt 
bei  C.  Weyerman  und  u.  a.  in  der  Vondelausgabe  von 
Jan  van  Lennep,  „De  Werken  van  Vondel  in  Verbond 
gebracht  met  zijn  leven  en  voorzien  van  verklaringen 
en  aanteekeningen  door  J.  v.  L.,  Amsterdam, 
1859,  Bd.  y,  Seite  767);  Hofstede  de  Groot, 
Quellenstudien,  Bd.  I,  Seite  138,  Martin,  Bulletin 
van  den  Ned.  Oudhk.  Bond,  Bd.  III,  Seite  263  und 
Bd.  VII,  Seite  187  —  192  (mit  Abbildung), 
A.  Bredius ,  Kunstchronik,  1.903,  Spalte  30  und  56; 
Amsterdam  in  de  XVII.  eeuw,  wo  es  erstmalig  abge- 
bildet ist;  Le  Journal  des  Debats,  1902,  20.  August; 
endlich  von  E.  Koloff  tn  seiner  Biographie  Rembrandts 
in  Raumers  Taschenbuch,  Bd.  V,  1854. 
Ausgestellt   in  der   kgl.  Gemäldegalerie   im  Haag   vom    18.    August    bis 

6.  Nov.  1.902. 
Das   Bild  galt  lange  für  verschollen,   bis   es   von  Prof.  Dr.  Graf  G. 
Mycielski  beim  Grafen  Stetzki  auf  Schloß  Romanow  in 
Rußland  gefunden  und  1902  von  Dr.  Bredius  als  das  von 
Vondel  besungene  Bild  erkannt  wurde. 
Sammlung  Jan  Six  in  Amsterdam   bereits   um  1648,   in   welcher   Zeit 
nach  van  Lennep  das  Vondelsche  Gedicht  entstanden  ist. 
Versteigerung  Jan  Six  in  Amsterdam  am  6.  April  1702  (fl.  230). 

—  Gerard  van  Oostrum  aus  Heusden  u.  a.  im  Haag    am 

23.  Sept.  1765,  Terwesten,  Seite  487  Nr.  2,  Nr.  114 
des  Originalkatalog  es,  fl.  60  an  Copius  für  die  Regenten 
der  Kunst- Con f er ie  im  Haag).  Vergl.  Oud-Holland, 
Bd.  XIX  (1901),  Seite  174. 

70 


Am  6".  Mai  1766  wird  ein   vergoldeter  Rahmen   um  das  Bild  gemacht. 

Vergl.   Oud-Holland,  Bd.  XIX,  Seite  175. 
Versteigerung  im  Haag  am  81.  März  1770  Nr.  3  (ß.  81  an  Muyscher). 
—  W.  van  der  Lely  aus  Delft  in  Amsterdam  am  14.  Dez. 

1772  Nr.  24  (fl.  51  an  Fouquet). 
Sammlung  Oraf  Stetzlci  aufSchloß  Romanow  (Gouvernement 

Wolhymnie  in  Rußland). 

NICHT  NÄHER  BESTIMMBARE  BIBLISCHE 
DARSTELLUNGEN 

Biblische  Gescliiclite.     —   Reiche  Komposition.     Schön  gemalt.  89. 

Holz  76,2X107,5. 
Pendant  zum  folgenden. 

Versteigerung  in  Amsterdam   am  8.  Sept.  1773  Nr.  121   (fl.  12.10  an 
Tourquet  [Fowquet?]).     Mitt.  H.  d.  G. 

Biblische  Oeschiclite.  90. 

Holz  76,2X107,5. 
Pendant  zum  vorigen. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  8.  Sept.  1773  Nr.  122  (fl.  5.5  an  van 
der  Musch).     Mitt.  H.  d.  O. 

Biblische  Geschichte.    Reiche  Komposition.  Kräftig  und  schön  gemalt.  91. 
Leinwand  97,5X160. 

Versteigerung    in    Amsterdam    am    8.    Sept.    1773   Nr.  123   (fl.    9  an 
Wubbels).     Mitt.  H.  d.  G. 

Biblische  Darstellung  in  gebirgiger  Landschaft  mit  Bäumen.  92. 

Holz  22,9X28,2. 
Etwa  das  Rotterdamer  Bild,  unsere  Nr.  58? 

Versteigerung  A.  Bredeman    in  Amsterdam   am  1.  Juli  1788  Nr.  150 
(fl.  6  an  Wubbels).     Mitt.  H.  d.  G. 

Biblische  Geschichte.  92a. 

Nachlaßversteigerung  Isaak  Knol  in  Delft  am  18.  Äug.  1794  Nr.  108. 
Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

Biblische  Komposition.     Voll  Gewühl  von  verschiedenen  Figuren.  —  93. 

Meisterhaft  behandelt. 

Holz  48X77. 
Versteigerung  J.  W.  van  Ärp  in  Amsterdam  am  19.  Juni  1800  Nr.  87 
(fl.  6  an  Coclers).    Mitt.  H.  d.  G. 


71 


HEILIGE,  EINSIEDLER,  MÖNCHE 

94.  *EIN  LESENDER  EINSIEDLER  IN   EINER  FELSENGROTTE.    la 

einer  Eelsengrotte,  die  sich  links  öffnet  und  einen  Ausblick  in  eine 
waldige  Hügellandschaft  mit  Rundtempel  und  Turm  sowie  einen 
Wasserfall  gewährt,  sitzt  rechts  vom  ein  alter  Eremit  dreiviertel  nach 
links  gewandt.  Er  hat  weißes  Haar  und  langen  Bart.  Den  leicht 
zur  Seite  geneigten  Kopf  stützt  er  auf  die  linke  Hand,  in  der  rechten 
hält  er  ein  großes,  geöffnet  auf  dem  rechten  Knie  stehendes  Buch 
mit  rotem  Schnitt,  in  dem  er  nachdenklich  liest.  An  den  Füßen 
Sandalen.  Neben  ihm  rechts  ein  als  Tisch  dienender  Steinblock,  auf 
dem  eine  dreiriemige  Geißel,  ein  Rosenkranz  und  ein  geöffnetes,  mit 
der  Rückseite  nach  vorn  an  einen  Totenkopf  gelehntes  Buch  liegen, 
während  dahinter  noch  ein  anderer  dicker  Foliant  aufrecht  steht. 
Ueber  dem  Tisch  wölbt  sich  die  mit  herunterhängenden  Schling- 
pflanzen bewachsene  Höhle,  während  sich  ganz  vorn  rechts  eine 
große  Blattpflanze  befindet.  Links  schließt  nahe  am  Rand  kulissen- 
artig die  andere  Wand  der  Grotte  das  Bild  ab.  In  der  Hintergrunds- 
landschaft sucht  ein  Bach  in  leichtem  Gefäll  nach  links  seinen  Weg. 
Bewölkter  Himmel. 

Bezeichnet  links  unten   auf   der   Steinstufe   unter   dem   rechten: 
Fuße  des  Einsiedlers:  ß 
1611. 

Holz  38X30. 
Sammlung  Baron  Leon  Janssen  in  Brüssel. 

95.  Der  heilige  Franziskus. 

Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 
95  a.  Landschaft  mit  dem  heiligen  Franziskus. 

Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 

96.  Der  heilige  Stephan. 

Etwa  identisch  mit  unserer  Nr.  97a? 

Bekannt  aus  einem  vierzeüigen  Gedicht  von  S.  Ingen ,  in  dessen 
Sammlung  „Gedichten"  in  Ä'>nsterdam  1658  erschienen^ 
Mitteilung  von  Herrn  Direktor  E.   W.  Moes. 

97.  Ein  alter  Mann  sitzt  schreibend  in  einer  Landschaft.  In  der  Land- 
schaft noch  ein  totes  Schaf  und  einige  tote  Vögel.  Im  Hintergrund 
einige  Figuren,  die  auf  einem  Felsen  stehen. 

Holz  36,7X48,7. 

72 


Versteigerung   in    Amsterdam    am   8.    Sept.    1773   Nr.   124   (fl.  8  an 

Tourquet  [Fou^quet?]).     Mitt.  H.  d.  O. 
Marterung  eines  Heiligen.     —    Breit  behandelt.  97a, 

Holz  65Xö2,B. 
Etwa  identisch  mit  dem  Heiligen  Stephan,  unserer  Nr.  96? 
Versteigerung   in   Amsterdam   am   20.    Mai  17.9.9   Nr.  212   (fl.  9.5  an 
Achtienhoven).     Mitt.  H.  d.  O. 

MYTHOLOGIE 

•OPFERSTREIT  ZWISCHEN  ÜREST  UND  PYLADES.  In  einer  98, 
hügeligen  italienischen  Landschaft  schreitet  von  einem  im  Hintergrund  V.43. 
befindlichen  Rundtempel  in  langem  Bogen  nach  rechts  vorn  ein 
Festzug,  dessen  Spitze  rechts  im  Mittelgrund  Musikanten  (ein  Pfeifer 
und  ein  Muschelhornbläser  sind  sichtbar)  bilden.  Zahlreiche  Zugteil- 
nehmer tragen  lange  Lanzen  mit  daraufgesteckten  menschlichen 
Kopfmasken.  Ganz  im  Vordergrund,  rechts,  steht  aufrecht  nach 
links  im  Profil,  in  weißer,  weit  ausgeschnittener  Taille,  eine  junge 
weibliche  Figur,  die  mit  der  linken  Hand  ihren  gelben  Rock  hebt, 
während  sie  in  der  rechten  ein  Schriftstück  hält.  Links  gleich  hinter 
ihr  ist  eine  andere  junge  weibliche  Person  sichtbar,  in  Rosa,  ebenfalls 
festlich  gekleidet,  die  sich  vorbeugt,  um  aus  einem  vor  sich  gehaltenen 
Korb  zur  Schmückung  des  Steinaltares  in  der  Mitte  Blumenguirlanden 
herauszunelimen ;  an  der  linken  Ecke  des  Altars  kniet  en  face  eine 
dritte,  blaugekleidete  Jungfrau,  die  auch  mit  dem  Anheften  der 
Blumengewinde  beschäftigt  ist.  Der  schwärzliche  Qualm  des  Altar- 
feuers steigt  in  dichtem,  leicht  gewundenem  Schwalm  empor.  Links, 
etwas  hinter  der  knienden  Jungfrau,  Orest  und  Pylades,  jener  in 
weißem,  mantelartigem  Gewand,  dieser  in  einem  von  unbestimmter 
Farbe.  Sie  stehen  sich  gegenüber  mit  gegenseitig  aufeinandergelegten 
Armen:  jeder  will  die  Schuld  auf  sich  nehmen  und  für  den  Freund 
den  Tod  erleiden.  Nächst  dem  linken  Bildrand  steht,  nach  rechts 
im  ProfiJ,  der  nur  mit  einem  Lendenschurz  bekleidete  Henker,  der 
kompositioneil  das  Gegengewicht  zu  der  auf  der  rechten  Seite  stehenden 
Jungfrau  bildet.  Er  ist  im  Begriff,  mit  der  Linken  das  Schwert  aus 
der  Scheide  zu  ziehen.  Hinter  dem  Freundespaar  im  Mittelgrund 
drängen  sich  Zuschauer  und  Teilnehmer.  Die  Farbe  des  Hintergrundes 
ist  in    blaugrünem  Ton    gehalten,    dem    sich    auch    die    Figuren,    die 

78 


Architektur  und  die  Landschaft   unterordnen.     Dunkelblauer  Himmel 
mit  weißgrauen  Wolken. 

Bezeichnet  auf  dem  Altar  ziemlich  schwer  sichtbar: 
Holz  83X126.  Pietro  Lastman  fecit  1614. 

Pendant  zu  dem  „Paulus   und   Barnabas  in   Lystra"   der  Sammlung 

Stetzki,  unserer  Nr.  88. 
Photographiert  von  Semplonius  in  Amsterdam   und   vorher   von  Franz 

Kullrich  in  Perlin. 
Erwähnt   vom  Verfasser   im    Bulletin    van    den   Ned.    Oudhk.    Bond, 
II.  Serie  Bd.  1,  Seite  39  ff.,  wo  es  auch  erstmalig   ab- 
gebildet ist. 
Das  Bild  ist  besungen  in  einem  1657  datierten  Gedicht  von  Joachim 
Oudaen,  das  1659  zum  ersten  Mal  in  dem   „Bloem- 
krans     van    Verscheyde    gedichten,"    Amsterdam,    L. 
Spillebout,  Seite  602  gedruckt  erschien.    (Vergl.  W.  Unger 
in  Oud-Solland,  Bd.  II  f  1884],  Seite  130). 
Unbekannte  Versteigerung,  Hoet,  Bd.  II,  Seite  344  Nr.  15  (fl.  900). 
Bereits  1657  in  der  Sammlung  Reinier  van  der  Wolf  in  Amsterdam. 
Versteigerung  Reinier  van  der  Wolf  in  Amsterdam  am  15.  Mai  1676. 
—  Jan  Six  in  Amsterdam  am   6.  April  1702   (fl.  200  an 

dessen  Sohn  Jan). 
Vielleicht  Versteigerung  Taets  van  Amerotigen  in  Ainsterdam  am  3.  Juli 

1805  Nr.  104  (fl.  13  an  Toselli). 
Sammlung  Konsul  Meyer-Puhiera. 

—  General  Bredow. 

Versteigerung   Fritz   Gerstel  in   Berlin   am   21.  Januar  1.908   Nr.  44 

(zurückgekauft).     In  diesem  Katalog  als  „Opferfest   zu 

Ehren  der  Diana".    Die  Jahreszahl  wird  versehentlich 

mit  1617  angegeben. 

Kunsthändler  Fritz  Gerstel  in  Berlin,    von   dem    es  das  Rijksmuseum 

Anfang  1908  erwarb. 
Rijksmuseum  in  Amsterdam,  3.  Suppl.  zum  Katalog  von 
1908  Nr.  1426a. 
99.  «ODYSSEUS  UND  NAUSIKAA.  Am  Strande  des  Meeres  kniet  ganz 
rechts  im  Vordergrund  der  bis  auf  einen  Kranz  von  Weinlaub  um 
die  Lenden  nackte  Odysseus  nach  links,  dreiviertel  vom  Rücken  ge- 
sehen, die  Arme  nach  unten  ausbreitend.  Er  blickt  zu  der  links 
stehenden,  wenig  nach  rechts  gewandten  Nausikaa  in  gelbseidenem, 
grüngegürtetem  Rock.  Über  die  Schultern  ein  nach  hinten  fallendes 
rotes  Tuch.  Hals  und  Brüste  sind  in  viereckigem  Ausschnitt  der 
Taille  entblößt.  Sie  breitet  beide  Arme  aus  und  sieht  erstaunt  zu 
Odysseus  hin.     Zwischen  beiden  liegen  vom  in  der  Mitte  am   Boden. 

74 


auf  einem  karminzinnoberroten  Tuch  Körbe  mit  Früchten,  Fleisch, 
Teller,  eine  Kanne  u.  s.  w.  Dahinter  eine  Dienerin  nach  links  im  Profil 
mit  entblößtem  Oberkörper,  dunkelgrünem  Rock,  rotem  Gürtel  und 
Turban  auf  dem  Kopf.  Sie  reicht  voller  Schrecken  einen  Korb  mit 
Wäsche  der  auf  einem  von  einem  Maultier  gezogenen  "Wagen 
befindlichen  anderen  weiblichen  Person  hinauf,  über  die  eine  Dienerin 
dahinter  einen  orientalischen  Schirm  hält.  Sie  trägt  ein  karmin- 
zinnoberfarbenes  Kleid  mit  viereckigem  mit  schwarzem  Besatz  ver- 
sehenen Brustausschnitt,  Perlenkette  um  den  Hals,  einen  schwarzen 
barettartigen  Hut  mit  orange  und  weißer  Straußenfeder  auf  dem 
Kopf  und  ist  ziemlich  en  face  gesehen.  Dahinter  sind  noch  sieben 
weitere  erschreckte  Mägde  in  ähnlichen  Kostümen  mit  dem  tiefen 
Ausschnitt  sichtbar,  ferner  links  ein  bellender  Wachtelhund.  Rechts 
beginnt  eine  bewaldete  Erhebung.  Am  Himmel  große  weiße  Wolken. 
Bezeichnet  auf  einem  Koffer  links  vom:  ß  fecit  Anno  1619 
(nicht  East.,  wie  Bode  las). 

Holz  90X115. 
Eine  weiß  gehöhte  Kreidezeichnung  nach  diesem  Bild   befindet  sich  im 
Berliner  Kupferstichkabinett  (Sammlung  von  Beckerath), 
dort  als  Original   von   Lastman,   wofür   sie   auch   von 
Bode,    Studien,    Seite  342,    gehalten    wurde.     Näheres 
hierüber  im  Abschnitt  über  die  fälschlich  P.  Lastman  zu- 
geschriebenen Handzeichnungen. 
Eine  alte  Kopie  befand  sich  als  Ä.  van  Diepenbeeck  auf  der  Versteigerung 
Amand-Kreis  und  Hubert  Düster  in  Cöln  am  4.  Okt. 
.  1886   Nr.    20   (170    t^t)    aus    der    Sammlung    Kreis. 
Vergl.  Repert.  für  Kunstwissenschaft,  Bd.  X,  Seite  68. 
Photographiert  von  Hoeflc  in  Nürnberg.  Abbildwigen  u.  a.  im   „Klass. 
Bilderschatz"  undPhilippi,  „  Die  Blüte  der  Malerei  in  Holl. " 
Radierung  von  A.  Gilbert  in  der  Oaz.  des  Beaux-Arts. 
Erwähnt    von    Paul    Ma  n  t  z   in    der    Gazette   des    Beaux-Arts,  Bd. 
XVII  (1878),  Seite  128  und  B  o  d  e,  Studien,  Seite  341. 
Sehr   wahrscheinlich  Versteigerung  J.  M.  Cok  in  Amsterdam   am  16. 
Dez.  1771  Nr.  117  (fl.  8.10  an  van  der  ScMey):  „Em 
Zinnebeeidige  Ordonnantie  (Komposition),  met  verscheide 
beeiden  (Figuren),  op  den  voorgrond  een  tapyt  (Teppich) 
waarop  diversche  Vruchfeu,  ter  zyde  een  Wagen  welke 
beladen   word.     Zeer  kloek  behandelt.     Hoog  36,   hreed 
45  duim."  (90X112,5).  —  Mitt.  H.  d.  G. 
Unbekannte  Herkunft. 
Königl.    Gemäldegalerie   in   Augsburg,   Kat.  1900  Nr.  561. 

75 


100.  •ODYSSEÜS  UND  NAUSIKAA.  In  einer  nach  rechts  ansteigenden, 
y.44.  mit  Bäumen  bestandenen  felsigen  Landschaft,  von  deren  Abhängen 
mehrere  Wasserfälle  herabströmen,  steht  vorn  in  der  Mitte  auf  einem 
Weg,  der  nach  dem  links  in  der  Feme  sichtbaren  Meere  hinführt, 
Nausikaa  in  linker  Profilansicht.  Sie  trägt  ein  gelbes  Kleid  mit 
tiefem  viereckigen  Brustausschnitt  und  weißen  Aermeln.  Um  die 
TaiUe  ein  blaugrüner  Gürtel.  Im  blonden  Lockenhaar  ein  Blumen- 
kranz. Der  rechte  Arm  ist  vor  der  Brust  gebeugt,  der  linke  gerade 
gesenkt.  Sie  blickt  erstaunt  nach  links  zu  dem  ziemlich  am  Bildrand 
knienden  und  bis  auf  ein  paar  Blätter  vor  der  Scham  nackten  Odysseus. 
Er  ist  fast  in  rechter  Profilansicht  dargestellt  und  wendet  den  Kopf 
mit  langem  ungeordneten  Haar  und  Bart  zur  Königstochter,  indem 
er  die  Hände  senkt.  Zwischen  beiden  liegen  am  Boden  auf  weißer 
Decke  ausgebreitet  reiches  Silbergeschirr,  Kannen,  Teller,  Früchte, 
Kuchen  u.  s.  w.  Dahinter  eilt  ängstlich  mit  vorgestreckten  Armen 
nach  rechts  eine  Dienerin,  die  den  Kopf  nach  Odysseus  zurückwendet. 
Ihre  Brust  ist  entblößt.  Ihr  lila  Gewand  ist  gegürtet  und  am 
Oberschenkel  mit  Schnürknöpfen  zusammengehalten  und  flattert  von 
da  ab  auseinander,  sodaß  das  nackte  rechte  Bein  sichtbar  wird;  auf 
dem  Kopf  ein  Turban.  Rechts,  etwas  hinter  ihr,  beugt  sich  eine 
ältere  weibliche  Figur  in  grünem  Kleid  mit  grünlila  Aermeln  und 
bräunlichweißem  Kragen  über  einen  Korb.  Ueber  ilir  sieht  man  die 
Köpfe  der  beiden  Maultiere,  die  den  Wagen  gezogen  haben,  von 
welchem  rechts  von  Nausikaa  noch  ein  Stück  sichtbar  ist.  Außerdem 
dort  noch  drei  Mägde,  die  Körbe  mit  Wäsche  hastig  aufladen.  Ganz 
rechts  im  Vordergrund  noch  eine  junge  Begleiterin,  dreiviertel  vom 
Rücken  nach  links  gesehen,  in  ähnlicher,  den  Oberkörper  freilassender 
rosa  Gewandung.  Sie  hat  erschreckt  die  Arme  halb  erhoben  und  die 
inneren  Handflächen  nach  außen  gekehrt.  Ihr  langes  blondes  Haar 
hängt,  zur  Hälfte  zu  einem  Zopf  geflochten,  herunter,  zum  Teil  ist 
es  aufgeknotet.  Links  von  ihr  lehnt  eine  Laute  an  einem  Baum, 
rechts  ein  Kessel  und  ein  aufgeschlagenes  Notenbuch  auf  einer 
blaugrünen  Decke.  Die  Landschaft  in  kaltgrünem  Ton,  auch  die 
vielen  Felsen  sind  grüngefärbt. 

Bezeichnet  ziemlich  unten  links:     ß 

Holz  87X124.  1609. 

Photographiert  von  Bruckmann. 

76 


Erwähnt   von    H.    Riegel,     Beiträge,    Bd.   II,  Seite    201    ff.   und 

E.  Michel,  Remhrandt,  Seite  18. 
Aus  Salzdahlum   [jetzt   SaUdahlen],    doch   zur  Zeit,   als  Eberlein  sein 

Verzeichnis  abfaßte  (1776),  nicht  in  der  Galerie. 
Ser zogliche  G emäldeg alerie   in  Braunschweig,   Katalog 

1001)  Nr.  210. 
OdysseuH  und  Nausikaa. 
Im   Versteigerungskatalog  nur  als  Schule  Lastmans  verzeichnet,  doch 

liegt   nach   Hofstede   de    Groot   kein    Grund   vor,    das 

Bild  nicht  Lastman  selber  zuzuschreiben. 
Versteigerung  de  Brugn-Tengbergen  u.  a.  in  Amsterdam  am  24.  April 

1906  Nr.  241.  Mitt.  H.  d.  G. 
•DAS  URTEIL  DES  MIDAS.  In  einer  nach  rechts  zu  einem  bewaldeten 
Hügel  ansteigenden  Landschaft  sitzt  ziemlich  in  der  Mitte  der  Preis- 
richter Tmolos  mit  Eichenkranz  im  Haar,  nackt,  nur  mit  einem 
dunkelblauen  Tuch  über  dem  Schoß,  en  face,  den  Kopf  auf  die  rechte 
Hand  gestützt  und  nach  rechts  aufblickend,  wo  Apoll  in  dankel- 
grünem Rock  mit  weitem,  lila  gefüttertem  Purpurmantel  steht,  das 
Haupt  mit  einem  Lorbeerkranz  geschmückt  und  von  einem  Strahlen- 
glanz umgeben.  Er  spielt  Geige.  Seine  Mienen  sind  ernst,  fast 
unwillig,  die  Augen  sehen  etwas  nach  rechts,  wo  ganz  am  Bildrand 
in  ockerbraunem  Mantel  und  Turban,  Midas,  bereits  mit  Eselsohren, 
steht.  Er  lacht  spöttisch  und  weist  mit  dem  Finger  nach  links,  wo 
etwas  vor  ihm  der  bocksbeinige  Pan  in  Dreiviertelansicht  nach  links 
sitzt  und  zu  Apoll  aufblickt.  In  der  linken  Hand  hat  er  die  Syrinx. 
Ein  Satyr  sitzt  links  von  ihm  in  Rückansicht  am  Boden,  stützt  sich 
auf  den  linken  Arm  und  dreht  den  Kopf  zum  Beschauer  um.  Weiter 
nach  links  am  Boden  eine  Laute,  Guitarre  und  ein  Notenheft,  dann 
eine  junge  weibliche  Figur  in  weißem,  weitausgeschnittenem  Kleid 
mit  rosa  Aermeln,  mit  bloßen  Füßen,  fast  von  der  rechten  Seite  ge- 
sehen. Sie  hält  die  Hände  im  Schoß  gefaltet,  hat  den  fast  en  face 
gesehenen  Kopf  wenig  nach  links  gerichtet.  Hinter  ihr,  auf  den 
etwas  höheren  Felsen,  zuhörende  Satyrn  und  Bacchantinnen 
sowie  an  den  Bäumen  herumkletternde  kleine  Satyrn.  Zwischen  Apoll 
und  Pan  sitzt  noch  eine  junge  weibliche  Figur  in  weit  ausgeschnittenem 
Kleid,  mit  Blumenkranz  im  Haar  und  Halskette.  Sie  hat  den  rechten 
Arm  gebeugt,  den  Zeigefinger  der  rechten  Hand  im  Aufmerken  aus- 
gestreckt und  blickt  zu  Apoll  empor.  Hinter  ihr,  links  vom  Midas, 
sind   die   Köpfe   von   drei  weiteren   Zuhörern   sichtbar.     Ganz  links 


101. 


102. 


77 


Ausblick  in  ein  Tal.     Auf  dem  Gipfel  des  Berges  im  Mittelgrund  ein 
befestigtes    Gebäude   mit   viereckigem   Turm.       Etwas    schwärzlicher 
Ton.    Dunkelgrauer  Himmel,  die  Wolken  etwas  heller.  —  Hieß  früher 
fälschlich  G.  de  Lairesse. 
Leinwand  87X127. 
Photographiert  von  Sanfstängl.  Reproduziert   im  Versteigerungskatalog 

und    im  Casseler  Galeriewerk. 
Erwähnt   von    0.  Eisenmann   in   der  Zeitschrift   für   hild.  Kunst, 

1892,  Seite  164. 
Erworben  von  Habich  im  Zwischenhandel  in  Dresden. 
Versteigerung  Habich  in  Cassel  am  9.  Mai  1892  Nr.  88  (2090  eM). 
Königl.  Gemäldegalerie  in  Cassel,  Kat.  1910  Nr.  188. 

103.  DIE  TOILETTE  DER  VENUS.  Im  Vordergrund  einer  italienischen 
Landschaft  mit  Fontäne,  Statuen  und  einer  Schloßruine  im  Mittelgrund 
liegt  Venus  inmitten  ihrer  Begleiterinnen.  Sie  ist  völlig  nackt;  nur  ein 
Zipfel  des  weißen  Tuches,  auf  dem  sie  liegt,  bedeckt  die  Scham.  (Nach 
Ansicht  von  Sir  W.  Armstrong  ist  dies  von  späterer  Hand  hinzu- 
gemalt worden).  Ihr  rechtes  Bein  hat  sie  auf  das  Knie  einer  alten, 
Knks  in  rechter  Profilansicht  knienden  Dienerin  gelegt,  welche  dies 
mit  einem  Tuch  abzutrocknen  scheint.  Rechts  hinter  der  Alten  wird 
eine  zweite,  jüngere  Dienerin  mehr  en  face  sichtbar,  die  —  wenn  ich 
nach  der  mir  zur  Verfügung  stehenden  undeutlichen  Photographie 
richtig  rate  —  eine  Schale  mit  Früchten  in  den  Händen  hält.  Venus 
selber  hat  ihre  Rechte,  in  der  sie  etwas  hält,  an  der  rechten  Hüfte 
liegen.  Sie  wendet  den  Kopf  nach  rechts  in  die  Höhe  zu  einer  neben 
ihr  knienden  und  nur  mit  einem  Lendentuch  bekleideten  Dienerin, 
die  in  dreiviertel  Rückansicht  sich  zu  ihrer  Herrin  beugt.  Rechts 
hinter  dieser  eine  andere  nackte  junge  weibliche  Figur  mit  erhobenen 
Armen,  wohl  im  Begriff,  in  ihr  Gewand  zu  schlüpfen.  Links  hinten 
ein  Wasserfall.  —  Ich  kenne  das  BUd  nur  aus  einer  ungenügenden 
Photographie  und  muß  mich  daher  eines  Urteils  über  Echtheit  und 
richtige  Deutung  des  Gegenstandes  enthalten. 

Bezeichnet  mit  dem  Monogramm. 

Leinwand  116,2X155. 
Museum  in  Cork  (Irland).*) 

*)  Herrn  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot  verdanke  ich  den  Hinweis  auf  das  Bild, 
dem  Direktor  des  Museums  in  Cork,  Herrn  W.  A.  Mulligan,  A.  R.  C.  A.,  Mitteilungen 
darüber  und  die  Photographie. 

78 


4 


•DIANA  UND  AKTÄON.  "Waldlandschaft  mit  einem  von  links  vorn  104. 
nach  rechts  hinten  fließenden  stillen  Bach.  Rechts  von  der  Mitte 
steht,  bis  zu  den  Knien  im  Wasser,  en  face  die  nackte  Diana  mit 
einer  kleinen  Mondsichel  über  der  Stirn  im  Haar.  Sie  hält 
mit  der  gesenkten  linken  Hand  das  Ende  eines  braunvioletten  Tuches 
mit  rotem  Kand  vor  die  Scham.  Das  andere  Ende  dieses  Tuches  will 
ihr  die  rechts  hinter  ihr  stehende  Dienerin  über  die  linke  Schulter 
legen ;  ihre  rechte  Schulter  und  der  Oberarm  ist  damit  bereits  bedeckt. 
Die  ebenfalls  nackte  Dienerin  trägt  ein  weißes  Kopftuch.  Diana 
blickt  nach  links  auf  Aktäon  und  zeigt  mit  der  ausgestreckten 
Rechten  auf  ihn.  Dieser  kommt  mit  zwei  Hunden  heran  und  wendet 
sich  nach  rechts.  Auf  dem  Kopf  wächst  ihm  das  Geweih.  Er  trägt 
hellbraunroten  flatternden  Mantel,  grünblauen  Schurz  über  weißlichem 
Rock  und  gelbweißen  Gürtel.  In  der  gesenkten  Linken  hält  er  einen 
Speer  und  die  Hundeleine.  Rechts  von  Diana  ihre  nackten  Begleite- 
rinnen. Ganz  vorn  sitzt  eine  in  Rückenansicht  auf  weißem,  über 
hellpurpurnem  Tuch  liegendem  Laken.  Hinter  ihr  im  Wasser  drei 
weitere,  die  eine  nach  rechts  schreitend  mit  ausgebreiteten  Armen, 
über  dem  linken  ein  olivgrünes  Tuch,  die  zweite,  rechts  von  ihr  in 
rechter  Seitenansicht,  faßt  mit  beiden  Händen  ein  über  zwei  Aste 
gehängtes  dunkles  Tuch.  Die  dritte  zwischen  diesen  mehr  zurück  en 
face  mit  ausgebreiteten  Armen.  Alle  scheinen  vor  Schreck  aufzu- 
schreien. Noch  eine  Begleiterin  mit  aufgelöstem  Haar  kauert  links 
hinter  Diana.  Rechts  vom  in  der  Ecke  liegen  Jagdspeer  und  Köcher, 
«in  Goldbrokattuch  mit  schwarzen  Galons,  ein  dunkel  smaragdgrünes 
und  weißes  Tuch.  Vom  Felsen  stürzt  ein  kleiner  Wasserfall,  im 
Bach  Schilfgewächs,  links  vorn  in  der  Ecke  Blattpflanzen.  In  der 
linken  oberen  Ecke  ist  ein  kleines  Stück  Himmel  sichtbar. 

Spuren  eines  Monogramms  rechts  unten  auf  einem  Stein. 

Holz  62X123. 
Spezialaufnahme  von  E.  Fiorillo  in  Paris. 
Sammlung  Wagenhof f- Dolch  in  Paris.*) 

*  OPFER  DER  JUNO.     Links   vor   einem  Renaissancegebäude   erhebt  105. 
sich    auf   einem  Sockel   die   weiße  Marmorstatue   der  sitzenden  Juno,  V.4ö. 


*)  Den  Hinweis  auf  das  Bild  verdanke  ich  Herrn  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot, 
eine  Photographie  und  Angaben  über  Gröüe,  Farben  u.  s.  w.  der  Liebenswürdigkeit 
von  Herrn  Wagenhofl. 

79 


in  weitem  Gewand,  mit  Kopftuch  und  Krone  darauf,  die  Rechte  in 
die  Hüfte  gestemmt,  in  der  Linken  das  Szepter  haltend.  Links  an 
ihrer  Seite  der  Pfau.  Rechts  davor  ein  Steinaltar,  auf  dem  ein 
Opferfeuer  brennt.  Um  diesen  herum  gruppieren  sich  die  Priester 
und  das  Volk.  Links,  zunächst  der  Gröttin,  ein  geigespielender  Jüng- 
ling mit  einem  Kranz  im  Haar.  Neben  ihm  ein  älterer  Mann  nach 
rechts  im  Profil  mit  weißem  Tuch  um  den  Kopf,  in  weitem  Mantel, 
mit  einem  Räuchergefäß  in  den  Händen.  Rechts  von  ihm  knien 
zwei  Jünglinge,  der  eine  mit  einer  Gans  im  Arm,  der  andere, 
vordere,  mit  einer  silbernen  Kanne  in  der  Rechten,  den  Beschauer 
ansehend.  Beide  tragen,  wie  fast  alle.  Kränze  im  Haar.  Rechts 
neben  dem  letzteren  kniet  in  Rückenansicht  ein  junger  Mann,  der 
nur  mit  einer  kurzen,  von  einem  Gürtel  gehaltenen  Hose  bekleidet 
ist.  Er  umfaßt  mit  der  Rechten  einen  Pfau,  mit  der  Linken  dessen 
Hals.  Hinter  dem  Altar  ein  Flötenbläser  und  drei  andere  Männer. 
Rechts  davor  steht  eine  Priesterin  in  reicher  Gewandung;  sie  hält  in 
den  Händen  einen  Prachtkelch.  Ein  rechts  hinter  ihr  stehender 
Diener  mit  entblößtem  Oberkörper  führt  eine  weiße  Kuh  heran, 
während  im  Vordergrund  ein  anderer  Diener  kniet,  der  im  Begriff 
ist,  ein  vor  ihm  mit  zusammengebundenen  Beinen  daliegendes  Lamm 
zu  schlachten.  Rechts  hinter  ihm  steht  ein  alter  bärtiger  Priester  in 
Weiß.  Sein  Gewand  ist  unten  mit  Mustern  aus  Pfauen  und  Orna- 
menten bestickt.  Er  hält  in  der  gesenkten  Linken  ein  großes  Buch. 
Dahinter  kommen  Leute  mit  Fackeln  heran.  Eine  hohe  korinthische 
Säule  und  Gebäude  im  Mittelgrund.  Vorn  am  Boden  Holzscheite 
und  ausgestreute  Blumen.  —  Ist  das  späteste  bekannte  Gemälde 
unseres  Malers. 

Bezeichnet  links  oben:     ^aftman  fecit 

1630. 
Holz  74X106. 
Photographiert  von  Jaeger  in  Stockholm.  Abb.  bei  John  Kruse,  Rembrandt. 
JErwähnt  von  G  öt h e  tm  Repertorium  für  Kunstwissenschaft,  Bd.  IV, 
Seite   445,    von   E.    Michel,    Rembrandt,     Seite    19 
(Michel  übersah  die  Signatur  und  Datierung  und  reiht 
das  Bild  ins  Jahr  1618),  John  Kruse,  Rembrandt,. 
hans  Konst  och  lif.    Stockholm  1907,  Seite  26. 
Erworben  1857  von  P.   W.  Orubb. 
Nationalmuseum  in  Stockholm,  Kat.  1900  Nr.  500. 

80 


Eine  Opferdarstellung.  105s. 

Erwähnt   im  Inventar  von  Herman   van  der  Ceel  in  Ddß   von  1652. 

Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 
Fyramos  und  Thisbe.  106. 

Bekannt   aus    einem    Gedicht    von    Lambert   van   den   Boh    über    die 

Sammlung  von  Märten  Kretzer  in  Amsterdam. 
Versteigerung  Märten  Kretzer  in  Amsterdam  1671. 

Pyramos  und  Thisbe.  —  Kleines  Bild.  106a. 

Erwähnt  im  Inventar  von  Willem  Spieringh  in  Delft,  der  am  23.  Juni 
1689  starb.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

Leda  mit  dem  Schwan.  107. 

Versteigerung  Jonas  Witsen   u.  a.    in  Amsterdam   am  23.  März  1717,^'^^- 
Hoet,  Bd.  I,  Seite  210  Nr.  98  (ß.  3.15  zusammen  mit 
Nr.  99,  einer  Bathseba  von  Bot). 

Herliules  und  Pallas.     In  einer   gewölbten  Grotte   rechts    ein  großer  108. 
fast  nackter   Mann,    der    ein   großes  Becken    aus   getriebenem  Metall  V.lö. 
mit  beiden  Händen  hereinträgt.     Er  hat  den  Kopf  nach  links  gewandt, 
wo  Pallas  Athene  sitzt  und  sich  nach  ihm  umsieht.     Sie  trägt  Helm, 
Speer  und  Brustharnisch.     Links  von  ihr  sitzt  eine  Eule.     Durch  den 
gewölbten  Eingang  der  Grotte  sieht  man  in  eine  Landschaft. 
Beschrieben    nach     einer    flüchtigen    Nachzeichnung    von    der    Hand 
L.    Bramers,     die     sich   mit    50    anderen    in    einem 
Album  im  Kupferstichkabinett  in  Amsterdam   befindet. 
Nr.  24  davon.  (Vergl.  Oud-Holland,  Bd.  XIII  [1895], 
Seite  187). 
Eigene  photographischc  Aufnahme. 

Diese  Nachzeichnung  stellt  wahrscheinlich  das  von  Vosmaer  unter  Nr. 
46  erwähnte,  bezeichnete  und  1625  datierte  Bild  dar, 
das  vorkam  auf  der  Versteigerung  Jan  van  Loon  in 
Delft  am  18.  Juli  1736,  Hoet,  Bd.  II,  Seite  391  Nr. 
33  (fl.  62). 

Tertumnus  und  Pomona  in    einem   Garten.    —   Ausführlich  gemalt.   109, 

Kupfer  18,9X24,8. 

Versteigerung  W.  S7nits  u.  a.  im  Haag  am  18.  Mai  1785  Nr.  175 
(fl.  12.8  an  Carre).     Mitt.  H.  d.  G. 

Heidnische    Opferdarstellung    mit    einer    großen   Menge    Menschen,  no. 
Rindvieh,  Pferde,   alte  Gebäude,   goldene   und    silberne    Trinkgefäße, 
Schalen,  Blumen  u.  s.  w.  in  einer  baumreichen  Landschaft.  —  Aller- 
schönstens  und  ausführlich  gemalt. 


81 


Holz  74,2X110. 

Vielleicht  identisch  mit  dem  „Paulus  und  Barnabas  in  Lystra", 
doch  weicht  die  Maßangabe  etwas  ab. 

Versteigerung  Taets  van  Ämerongen  in  Amsterdam  am  3.  Juli  1805 
Nr.  103  (fl.  60  an  Toselli).     Mitt.  H.  d.  Q. 

111.  Eine  Fabeldarstelluiig. 

Holz  55X78. 

Versteigerung  in  Atnsterdam  am  3.  Jan.  1831  Nr.  51  (fl.  10  an 
Roos).     Mitt.  H.  d.  G. 

llla.Eine  mythologische  Darstellung. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  17.  Dez.  1832  Nr.  122  (fl.  2.75  zu- 
sammen mit  Verst.-Kat.  Nr.  123  an  Gykema).  Mitt.  H.  d.  O. 

PROFANaESCHICHTE 

112.  'SCHLACHT    ZWISCHEN    KONSTATIN   UND   MAXENTIÜS.     Der 

Kampf  tobt  an  einem  Brückenbogen.  Das  siegreiche,  lanzen- 
bewaffnete Fußvolk  dringt  von  links  die  Brücke  hinauf,  die  im 
Mittelgrund  den  Fluß  überspannt.  Sie  bricht  in  der  Mitte  —  rechts 
oben  im  Bude  —  zusammen,  und  mit  den  Steinen  stürzen  die  Feinde 
in  den  Fluß  hinab.  Links  im  Vordergrund  liegen  am  Ufer  tot  aus- 
gestreckt ein  Krieger  in  schwarzer  Rüstung,  sein  Pferd  und  daneben 
eine  rotweiße  Fahne.  Dahinter  sprengt  ein  Reiter  in  blaugrünem 
Rock  und  flatterndem  lila  Mantel  auf  einem  Schimmel  nach  rechts 
in  den  Fluß.  Ganz  vorn  auf  derselben  Seite  steht  breitbeinig  in 
Rückenansicht  ein  Krieger  in  gelbem  Rock,  lila  Beinkleidern,  gelb- 
braunen Schuhen  und  goldenem,  federgeschmücktem  Helm;  er  sucht 
mit  einem  Speer  die  von  rechts  herandrängenden  Feinde  abzuwehren. 
Unten  rechts  im  Vordergrund  im  Fluß  ein  ziemlich  en  face  gesehener 
Reiter  in  hellblauem  Rock  und  rotem  Mantel,  der  erschreckt  nach 
links  oben  blickt.  Im  Fluß  außerdem  zahlreiche  Schwimmende  und 
Ertrinkende.  Durch  den  Brückenbogen  hindurch  sieht  man  auf  eine 
anmutige  Hügellandschaft  in  weißgelblichgrünem  Ton. 

Bezeichnet  und   datiert  links   unten:     P.  Lastman.     fecit   1613. 

Leinwand  158X165. 

Spezialaufnahme  von  ß.  Stickelmann  in  Bremen. 

Erwähnt   von    G.    Pauli,   Zeitschrift   f.  b.   Kunst,    1904,  Seite   170, 

82 


und  in  „Gemälde  alter  Meister  in  Bremischem  Privat- 
besitz",  1905,  Seite  28. 

Bereits  1710  he  fand  sich  in  der  Galerie  des  Schlosses  Salzdahlum  ein 
Gemälde  von  Lastman,  das  in  dem  handschriftlichen 
Katalog  von  Anton  Friedrich  Ha  rms ,  „Designa- 
tion derer  Künstlichen  und  Kostbahren  GemäJüden, 
■welche  in  denen  Gallerien  und  Cabinetter  des  Fürst- 
lichen Lustschlosses  S  sich  befinden  1744"*)  neben  den 
drei  anderen  noch  heute  in  der  Braunschweiger  Galerie 
befindlichen  Bildern  von  Lastman  als  viertes  aufgeführt 
ist:  „Die  Bataille  worinnen  Constantinus  M.  den 
Maxentium  überwindet,  hoch  5:7,  breit  5:0  hengt  in 
Herzogs  Zimmer."  Das  ist  gewiß  unser  Bild,  dessen 
Maße  damit  ziemlich  übereinstimmen.  Die  Galerie  zu 
Salzdahlum  wurde  in  der  Franzosenzeit  aufgelöst,  das 
Schloß  abgebrochen.  „Denan  wählte  zunächst  271 
Bilder  aus,  die  nach  Paris  geschickt  wurden;  dann 
ließ  die  westfälische  Regierung  252  nach  Cassel  schaffen 
und  überwies  200  im  Jahre  1811  der  Stadt  Braunschweig. 
Endlich  ließ  sie  400  Bilder  versteigern  .  .  ."  (Braun- 
schweiger Galerie- Katalog,  1900,  Seite  10).  So  konnte 
das  Bild  in  die  Sammlung  Lürman  in  Bremen  kommen. 

Sammlung  Joh.  Th.  Lürman  in  Bremen,  dessen  Erben  es  1904  der 
Kunsthalle  schenkten. 

Kunsthalle  in  Bremen,  Kat.  1907  Nr.  251. 

Scipio  Africaniis.  113. 

Erwähnt  im  Nachlaßinventar  von  Anthoni  van  Davelaer  in  Amsterdam 
vom  14.  Dez.   1647.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

Ein  Historienbild  mit  drei  Pferden  und  verschiedenen  Figuren.  114. 

Erwähnt  im  Nachlaßinventar  von  Ghiilielmo  Looten  in  Amsterdam  von 

1684;   taxiert   auf  fl.  150.    (Oud-Holland,    Bd.   XXV 

[1907],  Seite  244). 

Ein  Historienbild.  114a. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  11.  Mai  1756  Nr.  109  (fl.  5). 
Mift.  H.  d.  G. 

Ein  schönes  Historienbild.  114b. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am   17.  Aug.  1757,  Terwesten,  Seite  184\A2, 
Nr.  18  (ß.  23.10). 

*)  Der  Verfasser  dieser  Foliohandschriff,  der  sich  dort  nirgends  nennt,  wurde 
durch  Schriftvergleicliung  von  Dr.  Flechsig  festgestellt.  Vergl.  den  Nachtrag  zu 
H.  Riegels  Verzeichnis  der  Gemäldesammlung  von  1900.    Braunschweig  1905. 

6*  83 


114c.  Ein  Historienbild, 

Versteigerung   J.    van   Leeuwaarden,  Wwe.    P.  Merkman    in  Haarlem 
am  21.  Sept.  1773  Nr.  71.     Miü.  H.  d.  G. 

114d.Ein  Historienbild. 

Versteigerung   J.    van   Leeuwaarden,  Wwe.    P.  Merkman   in  Haarlem 
am  21.  Sept.  1773  Nr.  72.     Kitt.  H.  d.  G. 

115.  Sophonisbe  (von  Laistman  [sie]). 

Erwähnt   von  W.   Buch  an  an,   Memoirs   of  painting,   1824,  Bd.  I, 

Seite  302. 
Versteigerung   Greffiers   Fagd   in  London   am  22.  Mai  1801    Nr.  45 

(£  25  s.  14  d.  6). 

116.  Historische  Darstellung  mit  zwei  Figuren.  —  Schönes  Bild. 

Holz  54X38. 
Versteigerung  in  Amsterdam  am   9.   April  1818   Nr.  34  (fl.    14.10    an 
van  Eyk).     Mitt.  H.  d.  G. 

GENRED  ARS  TEL  LUNGEN" 

117.  Ein  Küclienstück. 

Erwähnt  im  Liventar  von  Jacob  Huych  Thomas  in  Amsterdam  von 
1610.  Am  23.  Juni  1617  im  Besitze  seiner  Frau 
Trijntje  Molenijsets.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

118.  Ein  Nachtbild. 

Sammlung  Aernout  van  Naerden  und  seiner  Frau  Johanna  van 
Zwanenhurgh  (f)  in  Amsterdam.  16.  Juni  1656.  Mit- 
teilung von  Dr.  A.  Bredius. 

119.  Ein  C'herubimsliöpfchen. 

Erwähnt  im  Testament  des  Dr.  Jan  Blom  in  Amsterdam  vom  10.  März 
1658,  in  dem  es  Jg,n  Witsen  vermacht  wird.  (Oud- 
Bolland,  Bd.  III  [1885],  Seite  64). 

PORTRÄT 

120.  Ein  kleines  Bildnis  in  achteckigem  Ebenholzrahmen. 

Unsicher,  ob  es  von  P.  Lastman  gemalt  ist  oder  ob  es  ihn  nur  darstellt. 
Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7 .  Juli  1632. 

121.  •BRUSTBILD  EINES  ETWA  50JÄHRIGEN  MANNES   mit  Schnurr- 
bart, fast  en    face,   wenig    nach    links  gewandt.     Die   Augen    etwas 

84 


zugekniffen.  Auf  dem  Kopf  eine  barettartige  Mütze.  Um  die 
Schultern  ein  mit  Borde  und  Troddel  verzierter  Mantel,  in  den  vor 
der  Brust  die  linke  Hand  gesteckt  ist.  Der  rechte  Arm  scheint  gesenkt 
zu  sein.  —  Wurde  früher  irrtümlich  dem  David  Teniers  zuge- 
schrieben. Das  Bild  stellt  vielleicht  den  älteren  Bruder  Lastmans, 
den  1578  geborenen  Goldschmied  Zeeger  Pietersz  Coningh  dar. 
Bezeichnet  mit  dem  Monogramm  und  datiert  rechts:    ß 

1628. 
Holz. 
Spezialaufnahme  von  G.  Klimmer  in  Bückeburg.     . 
Wenn  die  Deutung  des  Dargestellten  auf  Zeeger  Pietersz  richtig  ist,  so 
befand   sich    das    Bild    1G64    bei  Jean    Meerman    zu- 
sammen  mit  einigen   anderen  Bildern,   die  dieser  für 
seine  Schwiegermutter,  dementia  Zeegers,  Tochter  von 
Zeeger  Pietersz  und  Nichte  von  Pieter  Lastman,  damals 
in   Verwahrung  hatte.     Vergl.  Seite  27. 
Gemäldegalerie  im  fürstlichen  Schloß  zu  Bückeburg*). 

•BRUSTBILD  EINES  BARTLOSEN  ÄLTEREN  MANNES  in  Drei-  122. 
viertelansicht  nach  rechts.  Scharfe  lange  Nase  und  stark  vorsprin- 
gendes Kinn.  Scheinbar  zahnloser  Mund.  Hochsitzende  Ohren.  Auf 
dem  Kopf  eine  barettartige  Mütze.  Dunkles  Gewand.  —  Prof.  Dr. 
W.  Martin  hielt  das  nach  seiner  Ansicht  übermalte  Bild  ebenfalls 
für  ein  Original  von  Lastman  und  glaubte  noch  Reste  des  Mono- 
gramms zu  sehen,  in  Bückeburg  hält  man  das  Bild  mit  Bestimmtheit 
für  ein  Werk  von  David  Teniers.  Soweit  eine  Beurteilung  nach  der 
Photographie  möglich  ist,  neige  ich  mehr  der  Ansicht  von  Professor 
Martin  zu.  Allerdings  ist  die  Fleischbehandlung  feiner,  was  aber 
wohl  auf  Rechnung  der  Uebermalung  zu  setzen  ist. 

Reste  einer  Bezeichnung. 

Holz. 
Gemäld eg alerie   im   fürstlichen   Schloß  zu   Bückehur g. 

LANDSCHAFTEN 

Landschaft  123. 

Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juli  1632. 


♦)  Den  Hinweis  auf  dies  Bild  und  das  folgende  verdanke  ich  Herrn  Prof.  Dr. 
W.  Martin  im  Haag.  Se.  Durchlaucht  der  regierende  Fürst  von  Schaumburg-Lippc 
hatte   die  Güte,  mir  Photographien  danach  zur  Verfügung  zu  stellen. 


85 


123a.  Landschaft 

Erwähnt  im  Inventar  von  Aaltge  Oerritsdr,  Wwe.  Barendt  Jansz  van 
Kippen  in  Amsterdam  vom  6.  März  1657  (fl.  42). 
Mitteilung  von  Dr.  Ä.  Bredius. 

124.  Italienische    Landschaft    mit    den    Ruinen    des    Sibyllentempels    von 
V.oO.  Tivoli  rechts   oben    auf    zerklüfteten  Felsen    mit    bewohnten  Höhlen.. 

Vorn   ein  "Weg   mit   ein    paar   kleinen  Figuren.    —   Zeichnung    oder 

Gemälde? 

Beschrieben  nach  einer  Radierung  von   Jan    van  Noordt  (16,1'X,21,4), 

die  unten  fast  in  der  Mitte  siegniert  ist: 

P.  Lastman:  inv 

J.   V.  Noordt  fecit  1645. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 

125.  Italienische  Landschaft  mit  Figuren. 

y.51.  Versteigerung  in  Amsterdam  am  11.  April  1689,  Hoet,  Bd.  I,  Seite  43 
Nr.  6  (fl.  100  zusammen  mit  Kat.  Nr.  7,  einem  anderen 
nicht  näher  beschriebenen  Bild  von  Lastman,    unserer 
Nr.  145a). 
125.a£ine  Landschaft. 
25X33,7. 
Versteigerung  in  Amsterdam  am  21.  Okt.  1739  Nr.  119.  Mitt.  S.  d.  O. 

126.  Eine  scliöne  Landschaft.    Darin  ein  Mann  zu  Pferd. 

47,5X61,2. 
Versteigerung  in  Amsterdam  am  20.  März  1764  Nr.  137  (fl.  8).  Mitt.  H.  d.  G. 

127.  Eine  Landschaft  mit  verschiedenen  Figuren. 
Nachlaßversteigerung   Isaak  Knol   in  Delft   am  18.  Aug.  1794   Nr.  96. 

Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

128.  Landschaft  mit  einer  Hütte.      Im    Vordergrund    zwei    Jungen,    die 
Y.48. mit   einander   sprechen;    ein   dritter,   mit   einer   Pfeife   in  der  Hand, 
hört  zu.  —  Kräftig  und  frisch. 

Leinwand  58,5X80. 
Versteigerung  Jan  Bleuland  in  Utrecht  am  6.  Mai  1839  Nr.  201. 

129.  Landschaft. 

Erwähnt  1856  von  Dr.  Max  Schasler ,  Berlins  Kunstschätze,    Bd. 
II,  Seite  330;  von  Parthey,  Bd.  II  (1864),  Seite  16 
Nr.  12  als  in  der  Sammlung  Bartels  in  Berlin  (Nr.  lOiy 
befindlich. 

130.  Landschaft  mit  Ruinen  und  Figuren. 
Sammlung  Major  Sirrs. 

86 


I 


Versteigerung  in  London  am  IG.  Juli  1869  Nr.  64.    Mitt.  H.  d.  G. 
Gebirgsschlucht.     Durch   die   Schlucht  Blick   auf  hohe  Gebirge,   im  131. 
Vordergrund    ein  Gebirgsbach,    durch   welchen    Hirten    mit    Herden 
waten.     Fein  wirkendes  Bild  voll    Harmonie.    —    Die   Zuschreibung 
an  Lastman  dürfte  wahrscheinlich  nicht  richtig  sein. 

Leinwand  69X56. 
Versteigerung  H.   W.  Zingel   aus  Wiesbaden   in   Frankfurt  a.  M.  am 
20.  April  1909  Nr.  131. 

TIERE  UND   STILLEBEN 

Ein  kleiner  Hund.  132. 

Erwähnt  im  Inventar  Pieter  Lastmans  vom  7.  Juii  1632. 

Ein  Ochse.    Kleines  Bild.  133. 

Erwähnt  im  Inventar  Rembrandts  von  1656   als    „in   de   Agtercaemer  V.49. 

offte    Sael"    befindlich.     Hofstede  de    Oroot,  Die 

Urkunden  über  Rembrandt,  Seite  197  Nr.  119.     Vergl. 

W.  R.  Valentiner ,  Rembrandt  und  seine  Umgebung, 

Seite  108. 

Einige  Jagdgerätschaften,  die  an  einer  Mauer  hängen.  —  Sehr  natürlich   134. 
gemalt. 

Leinwand  92,5X120. 
Versteigerung   in   Amsterdam   am  26.  Juli  1775   Nr.  158  (fl.  1.15  an 

Mozis).     Mitt.  H.  d.  G. 
Ein  Stall  mit  einigen  Hühnern.     Davor   sitzen   zwei  Kaninchen.    —   135. 
Natürlich  gemalt. 

Leinwand  110X95. 
Pendant  zum  folgenden. 

Versteigerung   in   Amsterdam   am  26.  Juli  1775   Nr.    159    (fl.  4.5  an 
Oruyter).     Mitt.  H.  d.  G. 

Ein  Stall  mit  einigen  Hühnern.    Davor  sitzen  einige  Tauben.  136. 

Leinwand  110X95- 
Pendant  zum  vorigen. 

Versteigerung   in   Amsterdam   am  26.  Juli  1775   Nr.  160   (ß.  2.15   an 
Gruyter).    Mitt.  R.  d.  G. 

UNBEKANNTE  DARSTELLUNGEN 

EIN  BILD.  137. 

Sammlung  Peltzer  in  Cöln.    Mitteilung  von  Herrn  Dr.  Th.   von 
Frimmel  in  Wien. 

87 


138.  EIN  BILD. 

Privatsammlung  in  Paris.  Mitteilung  von  Serrn  Wagenhoff  in  Paris. 

139.  Ein  kleines  Bild. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  15.  Äug.  1617  (fl.  o).  Vergl.  Obreens 
Archief,  Bd.   VI,  Seite  44. 

139a.  Ein  kleines  Bild. 

Versteigerung  Cornelis  van  der  Voort  in  Amsterdam  am  13.  Mai  1625 
(fl.  36.10).  Vergl.  Obreens  Archief,  Bd.  VI,  Seite  44; 
Oud-Rolland,  Bd.  III  (1885),  Seite  198. 

140.  Ein  Bild. 

Erwähnt  in  einer  Akte  von  1636  als  im  Besitz  des  Vaters  von  Cornelis 
Aertsz  van  Beijeren  in  Amsterdam  befindlich.  Vergl. 
Oud-Eolland,  Bd.   V  (1887),  Seite  235136. 

141.  Mehrere  kunstvolle  Bilder. 

Erwähnt  von  Joost  van  den  Vondel  in  der  Vorrede  zu  seiner  Tragödie 
„Joseph  in  Dothan"  (1640)  in  der  Sammlung  Dr. 
Robert  van  der  Hoeven  in  Leiden.  Vergl.  A.  Soubraken, 
Groote  Schouburgh  [II.  Aufl.],  Bd.  I,  Seite  214. 

142.  Ein  Bild. 

Erwähnt  im  Inventar  von  A.  van  Straten  in  Delft  vom  Jahre  1651. 
Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

143.  Ein  grosses  Bild. 

Erwähnt  im  Inventar  von  Juffrouw  van  Luchtenberg  im  Haag  vom 
Jahre  1655  (fl.  12).      Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius, 

144.  Ein  oder  zwei  Bilder. 

Erwähnt  in  einer  Akte  vom  28.  Aug.  1662,  in  der  Rembrandt  einen 
Kaufvertrag  über  drei  Bilder  von  Lastman  und  Pijnas 
rückgängig  macht,  den  er  am  29.  Januar  1660mit  Lodewijk 
van  Liidick  abgeschlossen  hatte.  Vergl.  Ond-Holland, 
Bd.  11(1884),  Seite  87 ;  Kofstede  de  Qroot,  Die 
Urkunden  über  Rembrandt,  Seite  298  Nr.  253. 

145.  Ein  Bild. 

Erwähnt  im  Nachlaß  von  Sr.   Waesbergen,  Haag-Rotterdam  am  2.  Okt. 
1670  Nr.  164  (fl,.  2.12).     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 
145a.  Ein  Bild. 

Versteigerung  in  Amsterdam  am  11.  April  1689,  Hoet,  Bd.  I,  Seite  43 
Nr.  7  (fl.  100  zusammen  mit  der  „italienischen 
Landschaft,  Verst.-Kat.  Nr.  6,  unserer  Nr.  125). 

146.  Ein  oder  mehrere  Bilder. 

Zusammen   mit   Bildern   von  D.  Teniers  u.  a.  in   einem   „Konstzael" 

befindlich. 
Versteigerung  Govert  Looten   in  Amsterdam   am  31.  März  1729,  Hoet, 

Bd.  I,  Seite  334  Nr.  28  (fl.  50). 

88 


Unbekannte  Darstellung.  —   Sehr   schön  komponiert  und    sehr   gut  147. 
gemalt. 

Holz  90,8X113,8. 
Versteigerung  im  Haag  am  25.  Mai  1772  Nr.  125  (fl.  4).  Mitt.  H.  d.  Q. 


ZUSATZE  UND  VERBESSERUNGEN. 

5.  Nach  Drucklegung  der  ersten  Bogen  erfuhr  ich,  daß  die  Samm- 
lung P.  V.  Semeonoff  in  St.  Petersburg  von  der  Kaiserlichen 
Eremitage  erworben  wurde.  Dies  Bild  ist  also  jetzt  dort  zu 
finden. 

17  und  56  sind  wohl  sicher  die  zwei  Historienbilder,  die 
bereits  im  Inventar  von  Henrietta  Popta  (f  am  6.  Juni  1695  in 
Amsterdam)  erwähnt  werden.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

24.  Der  Besitzer  des  Bildes  heißt  Thiebault  (nicht  Tielbault)  Sisson. 

28  ist  V.  8. 

29  ist  V.  9,  nicht  V.  5.  —  Das  Bild  wurde  auch  von  der  Photogra- 
phischen Gesellschaft  in  Berlin  aufgenommen  und  ist  als  Photo- 
gravüre (17X20  cm)  erschienen.  Verlagsnummer  3935. 

56.  Siehe  die  Bemerkung  zu  Zus.  Nr.  17. 


89 


Verzeichnis   der   in    noch  bestehenden  Sammlungen 
nachweisbaren    Gemälde*) 


Alkmaar. 

Frau  K.  Witte: 

66.  Auferstehung  des  Lazarus. 
Amsterdam. 

mjksmuseum: 

10.  Abraham  im  Begriff  den  Isaak  zu  opfern. 
64.  Christus  und  das  kananäische  Weib. 

98.  Opferstreit  zwischen  Orest  und  Pylades. 
Augsburg. 

Königliche     Gemäldegalerie: 

99.  Odysseus  und  Nausikaa. 
Berlin. 

Kaiser   Friedrich- Museum: 

84.  Die  Taufe  des  Kämmerers  durch  Philippus. 
Kaiser    Friedrich- Museum    (Leihgabe    von    Herrn    P. 
Delaroff-St.  Petersburg): 

44.  Susanna  und  die  beiden  Alten. 
Sammlung  Dr.  J.  M.  Binder: 

39.  Alttestamentliche  Darstellung. 
Sammlung  Frau  Oeheimrat  Lipjjmann: 

41.  DerEngelmit  dem  jungen  Tobias,  derdenFisch  tötet. 

Sammlung  Otto  Pein: 

38.  Jonas,  der  vom  "Walfisch  ausgespien  wird. 


*)  In  alphabetischer  Reihenfolge  der  Aufbewahrungsorte. 


90 


Bonlogne  sur  Mer. 

Städtisches  Museum: 

17.  Laban,  der  von  Jakob  und  Rahel  die  entwendeten 
Idole  zurückverlangt. 
Braunschweig. 

Ser 2  0 gliche  Gemäldegalerie: 

29.  David  im  Tempel  Harfe  spielend. 
60.  Der  Bethlehemitische  Kindermord. 
100.  Odysseus  und  Nausikaa. 
Bremen. 

Kunsthalle: 

112.  Schlacht  zwischen  Konstantin  und  Maxentius. 
Sammlung  August  Lürman: 

2.  Der  Herr  erscheint  dem  Abraham  und  den  Seinigen 
auf  dem  Zuge  nach  Mesopotamien. 
Brüssel. 

Sammlung  Baron  L^,on  Janssen: 

94.  Ein  lesender  Einsiedler  in  einer  Felsengrotte. 
Herzog  von  Looz-Corswarem: 
74.  Christus  am  Kreuz. 
Bückeburg. 

Oalerie  im  fürstlichen  Schloß: 

121.  Brustbild  eines  etwa  50jährigen  Mannes. 

122.  Brustbild  eines  bartlosen  älteren  Mannes. 
Cassel. 

Königliche  O emäldeg alerie: 
102.  Das  Urteil  des  Midas. 
Cork. 

Mu  seum: 

lOB.  Die  Toilette  der  Venus. 
Oöttingen. 

Sammlung  der  Universität: 

59.  Ruhe  auf  der  Flucht  nach  Ägypten. 
Haag. 

Königliche  Gemäldegalerie  (Mauritshuis) : 
67.  Auferstehung  des  Lazarus. 
Karlsruhe. 

Großherzogliche  Kunst  halle: 

85.  Die  Taufe  des  Kämmerers  durch  Philippus. 


91 


Kopenhagen. 

Sammlung  Graf  Moltke: 

42.  Der  Engel  Raphael   verläßt   den   alten  und  den 
jungen  Tobias. 

München. 

Kgl.  Altere  Pinakothek  (Leihgabe  des  Vereins  der  Kunstfreunde): 
86.  Die  Taufe  des  Kämmerers  durch  Philippus. 

Paris. 

Gemäldesammlung  des  Louvre: 

11.  Abraham  im  Begriff  den  Isaak  zu  opfern. 
Sammlung  Thiebault  Sisson: 

24.  Der  Engel  entschwindet  dem  Manoah  und  seiner 
Frau. 

Sammlung  W  agenhoff  -  Dolch: 

104.  Diana  und  Aktäon. 

Petersburg. 

Kaiserliche    Eremitage   (Sammlung  P.  v.  Semeonoff): 
5.  Abraham  empfängt  die  drei  Engel. 
49.  Verkündigung  an  Maria. 
Sammlung  P.  Belara  ff : 

Siehe  Berlin,  Kaiser  Friedrich-Museum. 
Sammlung  Suroff: 

12.  Abrahams  Opfer. 
Sammlung  Z ahielsky : 

30.  Bathseba  im  Bade. 

36.  Die  Sunamitin  und  der  Prophet  Elisa. 

Schloss  Romanow. 

Sammlung  Graf  Stetzki: 

88.  Paulus  und  Bamabas  in  Lystra. 
Rotterdam. 

Museum  Boymans: 

58.  Die  Flucht  nach  Ägypten. 

Stockholm. 

Na  tionalmus  eum: 

105.  Opfer  der  Juno. 

92 


Chronologisches  Verzeichnis  der  datierten  Gemälde.*) 


1608  oder  früher. 

71.  Christus   im  Garten  Gethsemane,    Bekannt  durch  den 
Stich  von  N.  Lastman. 

1608. 

58.  DIE  FLUCHT  NACH  ÄGYPTEN.  Museum  Boymans  in  Rotterdam. 
84.  DIE  TAUFE  DES  KÄMMERERS  DURCH  PHILIPPUS.    Kaiser 
Friedrich-Museum  in  Berlin. 

1609. 

100.  ODYSSEUS  UND  NAUSIKAA.    HerzogUche  Gemäldegalerie  in 


Braun  schweig. 


1611. 


46a.  Predigt  Johannis  des  Täufers  in  der  Wüste.     Ver- 
steigerung T.  P.  C.  Haag  im  Haag  am  21.  Dez.  1812. 
94.  EIN  LESENDER  EINSIEDLER  IN  EINER  FELSiafGROTTE. 
Sammlung  Baron  Leon  Janssen  in  Brüssel. 


*)  Die  Titel  der  in  noch  bestehenden  Sammlungen  nachweisbaren  Bilder  sind 
in  Kapitalbuchstaben,  die  der  übrigen  gesperrt  gedruckt. 


1612. 

20.  Joseph    in    Ägypten    an    seine   Brüder   Korn    ver- 
teilend. Versteigerung  ImanPauw  im  Haag  am23.  Nov.  1779. 

1613. 

77.  Christus   am  Kreuz.    Versteigerung  Schippers  u.  a.  in  Berlin 
am  19.  Februar  1900. 
112.  SCHLACHT  ZWISCHEN  KONSTANTIN  UND  MAXENTIUS. 
Kunsthalle  in  Bremen. 

1614. 

3.  Die  Karawane  der  Familie   des  Abraham  auf   dem 
Wege    zur  Residenz    desMelchisedek.     Früher 
Sammlung  Solovieff  in  St.  Petersburg. 
44.  SUSANNA  UND  DIE  BEIDEN  ALTEN.  Sammlung  P.  Delarof  f 
in  St.  Petersburg. 

88.  PAULUS    UND   BAENABAS  IN  LYSTRA.     Sammlung  Graf 

Stetzki  auf  Schloß  Romanow. 
98.  OPFERSTREIT  ZWISCHEN  OREST  UND  PYLADES.     Rijks- 

museum  in  Amsterdam. 

1616. 

11.  ABRAHAM    IM   BEGRIFF    DEN  ISAAK  ZU  OPFERN.    Ge- 
mäldesammlung des  Louvre  in  Paris. 

1617. 

64.  CHRISTUS  UND  DAS  KANANÄISCHE  WEIB.     Rijksmuseum 
in  Amsterdam. 

74.  CHRISTUS  AM  KREUZ.  Sammlung  Herzog  von  Looz-Corswarem 
in  Brüssel. 

1618. 

29.  DAVID  IM  TEMPEL  HARFE    SPIELEND.     Herzogliche   Ge- 
mäldegalerie in  Braunschweig. 

42.  DER    ENGEL   RAPHAEL   VERLÄSST   DEN    ALTEN   UND 
JUNGEN  TOBIAS.  Sammlung  Graf  Moltke  in  Kopenhagen. 

94 


1618. 

49.  VERKÜNDiaUNG  AN  MARIA.    Kaiserliche    Eremitage  in  St. 
Petersburg  (Sammlung  P.  v.  Semeonoff). 

1618(0 

47.  Johannes  der  Täufer.  Versteigerung  Artaria  in  Wien  1884. 

1619. 

30.  BATHSEBA  IM  BADE.     Sammlung  Zabielsky  in  St.  Petersburg. 
32.  Der  Uriasbrief.     Früher  in  einer  Privatsammlung  in  München 

(Dr.  W.  Schmidt?). 
61.  Christus   segnet   die  Kinder.     1859  verbrannt  in  Schloß 

Frederiksborg. 
99.  ODYSSEUS  UND  NAUSIKAA.  Königl.Gemäldegal.  in  Augsburg. 

1620. 

86.  DIE  TAUFE  DES  KÄMMERERS  DURCH  PHILIPPUS.   Königl. 
Altere  Pinakothek  in  München. 

1621. 

5.  ABRAHAM  EMPFÄNGT  DIE  DREI  ENGEL.  KaiserUche  Ere- 
mitage in  St.    Petersburg    (Sammlung   P.  v.   Semeonoff). 
38.  JONAS,.  DER     VOM     WALFISCH    AUSGESPIEN     WIRD. 
Sammlung  Otto  Pein  in  Berlin. 

65a.  Christus  und  die  Ehebrecherin.     1875  im  Kunsthandel 
zu  Florenz. 

1622. 

17.  LABAN,  DER  VON  JAKOB  UND  RAHEL  DIE  ENTWENDETEN 

IDOLE   ZURÜCKVERLANGT.     Städtisches  Museum  in 

Boulogne  sur  Mer. 
24.  DER  ENGEL  ENTSCHWINDET  DEM  MANOAH  UND  SEINER 

FRAU.     Sammlung  Fr.  Thiebault  Sisson  in  Paris. 
67.  AUFERWECKUNG  DES  LAZARUS.    Königl.    Gemäldegalerie 

im  Haag. 

95 


1622. 

85.  DIE  TAUFE  DES  KÄMMERERS  DURCH  PHILIPPUS.     Groß- 
herzogliche  Kunsthalle  in  Karlsruhe. 

1624. 

2.  DER  ENGEL  ERSCHEINT  DEM  ABRAHAM  UND  DEN 
SEINIGEN  AUF  DEM  ZUGE  NACH  MESOPOTAMIEN. 
Sammlung  Aug.  Lürman  in  Bremen. 

1625. 

76.  Christus  am  Kreuz.     1877  in  Haager  Privatbesitz. 
108.  Herkules   und    Pallas.     Versteigerung   Jan   van   Loon    in 
Delft  am  18.  Juü  1736. 

1627. 

48.  Predigt   Johannis   des   Täufers.      Versteigerung   Raedt 
van  Oldenbarneveld  in  Amsterdam  am  6.  Nov.  1900. 

1628. 

121.  PORTRÄT  EINES  ETWA  50  JÄHRIGEN  MANNES.  Gemälde^ 
galerie  im  fürstlichen  Schloß  in  Bückeburg. 

1630. 
105.  OPFER  DER  JUNO.    Nationalmuseum  in  Stockholm. 


N 


96 


Vergleichende  Tabelle 

zum  Auffinden    der   Nummern    dieses  Verzeichnisses 

für  die  Nummern  von  Vosmaer 


Vosmaer-Nr. 

=  unsere  Nr. 

Vosmaer-Nr. 

=  unsere  Nr. 

1 

6 

28 

69 

2 

10 

29 

71 

3 

17 

30 

73 

4 

16 

31 

74b 

5 

25 

32 

76 

6 

2Ha 

33 

74 

7 

37 

34 

80a 

8 

28 

35 

81 

9 

29 

36 

81a 

10 

31 

37 

84 

11 

42a 

38 

**) 

12 

42 

39 

86a 

13 

40 

40 

88 

14 

38 

41 

107 

15 

46 

42 

114b 

16 

53 

43 

98 

17 

*) 

44 

100 

18 

56 

45 

105 

.  19 

56a 

46 

108 

20 

58 

47 

146 

.-.  21 

59 

48 

128 

22 

J60 

49 

133 

23 

50 

124 

24 

67c 

51 

125 

25 

67e 

52 

145a 

26 

68 

53 

♦♦»\ 

27 

67 

♦)  Anbetung  der  Hirten  im  Städtischen  Museum  in  Haarlem,   ist  nicht  von 

Pieter  Lastman. 
**)  Die  Taufe  des  Kämmerers  in  der  Großherzoglichen  Galerie  zu  Mannheim, 

ist  ein  bezeichneter  J.  Marienhof. 
♦**)  Landschaft  mit  Hütte,  früher  in  der  Liechtensteingalerie  in  Wien,  ist  nicht 

von  Pieter  Lastman. 

97 


I 


Künstlerischer  Entwicklungsgang   Pieter  Lastmans 


Über  der  frühesten  künstlerischen  Tätigkeit  Pieter  Lastmans  liegt, 
wie  es  so  oft  bei  Künstlern  der  Fall  ist,  völlige  Dunkelheit.  Von 
Bildern,  die  er  als  junger  angehender  Künstler,  vor  seiner  Reise  nach 
Italien,  gemalt  hat,  ist  nichts  mehr  erhalten  bezw.  nicht  mehr  be- 
kannt oder  erkannt.  Und  doch  muß  Lastmans  Talent  schon  ziemlich 
frühzeitig  die  Aufmerksamkeit  der  Kenner  auf  sich  gelenkt  haben, 
wie  aus  Carel  van  Manders  bekannter  Notiz  „Pieter  Lastman,  daer 
goede  hope  toe  is,  wesende  nu  in  Italie"  hervorgeht.  Wir  können 
nur  indirekt  durch  die  Vergegenwärtigung  des  Kunstkreises,  in  den 
der  Jüngling  durch  seinen  Lehrer  Gerrit  Pietersz  Sweelinck  eingeführt 
wurde,  darauf  schließen,  nach  welcher  Richtung  hin  seine  ersten 
zeichnerischen  und  malerischen  Versuche  geleitet  w^den,  und  in 
welcher  Weise   etwa   sie   sich   wohl    äußern  mußten. 

Gerrit  Pietersz  Sweelinck  war  nach  dem  Urteil  van  Manders*) 
ein  guter  Maler  und  ausgezeichneter  Glasschreiber,  „wonderveerdich  en 
aerdigh  van  handelinge,  dat  men  zijns  ghelijcke  in  zijn  tijt  qualijck  hadde 
weten  te  vinden".  Leider  können  wir  uns  bür  auch  nicht  so  sehr  an 
Gerrit  Pietersz  selbst  halten,  von  dessen  wirken  so  gut  wie  nichts 
mehr  auf  uns  gekommen  ist,  sondern  wir  müssen  wieder  auf  dessen 
zwei  Lehrer  zurückgehen,  von  denen  uns  der  eine  dann  aber  mitten 
in  jenes  Milieu  hineinversetzt. 


*)  Het  Schilderboeck,  Haarlem,  1604,  Seite  294a. 
98 


Der  erste  Lehrer  von  Gerrit  Pietersz  war  Jacob  Lenarts,  von 
dem  jedoch  gar  keine  Gemälde  mehr  erhalten  sind.  Sein  zweiter 
Lehrer  war  Cornelis  Cornelisz  van  Haarlem,  zu  dem  er  durch  Für- 
sprache des  Jacob  Rauwert*)  in  die  Lehre  gekommen  ist**).  Bei 
diesem  und  nachher  noch  während  seines  Aufenthaltes  in  Haarlem 
wird  Gerrit  Pietersz  sich  die  Fertigkeit  in  der  Darstellung  nackter 
Figuren  angeeignet  haben,  wegen  der  er  früher  gerühmt  wurde. 
Und  vom  Stil  des  Cornelis  van  Haarlem  wird  er  auch  nicht  sehr 
abgewichen  sein,  sodaß  wir  zur  Veranschaulichung  des  Kunstkreises, 
in  den  der  junge  Pieter  Lastman  kam,  an  die  Werke  des  Cornelis 
Cornelisz,  des  „manieriertesten  der  Manieristen,  des  akademischsten 
der  Akademiker"  (Weltmann  und  Woermann)  erinnern  dürfen,  durch 
die  jener  seiner  Zeit  hochberühmte  Akademikerkreis  in  plastischer 
Deutlichkeit  vor  unser  Auge  gerufen  wird:  das  heißt  die  Kunst  der 
Hendrik  Goltzius,  Carel  van  Mander,  denen  dann  wieder  die  Utrechter 
Schule  als  Pendant  gegenüberzustellen  wäre:  die  Bloemaert,  Honthorst, 
Uytenwael.  Sie  alle  sind  uns  nicht  nur  durch  zahlreiche  Gemälde,  sondern 
auch  aus  eigenen  Stichen  und  solchen  derGoltziusschüler,  Jacob  deGheyn, 
Jan  und  Hannen  Muller,  Jacob  Matham,  Jan  Saenredam  wohl  bekannt. 

Aus  Carel  van  Manders  lobender  Erwähnung  unseres  jungen 
Malers  dürfen  wir  wohl  mit  Recht  mutmaßen,  daß  Lastmans  Kunst 
sich  zunächst  ganz  in  dieser  Richtung  bewegte,  die  van  Mander 
selbst  vertrat.  Es  ist  nun  nicht  nötig,  daß  wir  uns  hier  auf  eine 
genaue  Analyse  dieses  manierierten  Stiles  einlassen.  Besonders  des 
Cornelis  Corrielisz'  Werke  begegnen  uns  in  den  Galerien  häufig 
und  prägen  sich  leicht  dem  Gedächtnis  ein. 

Für  diese  auf  dem  Studium  der  Antike  und  Michelangelos  be- 
ruhende erste  Schulung  in  Holland  war  der  natürliche  Abschluß  der 
Lehrjahre  die  Reise  nach  Rom,  die  Lastman  im  Jahre  1603  ange- 
treten haben  wird.  Aus  diesem  Jahre  stammen  die  frühesten  erhaltenen 
Arbeiten  von  seiner  Hand,  die  durch  einen  glücklichen  Fund  von 
Dr.  A.  Bredius  1882  ans    Licht  gebracht  wurden.  ***)     Es    sind    zwei 

*)  Obreens  Archief,  Bd.  I,  Seite  3i. 
**)  Van  Mander,  a.  a.  0.  Seite  293a;  H.  E.  Greve,  De  brennen  van  Karel 

van  Mander,  Haag  (10()3),  Seite  156, 
*♦♦)  Vergl.  Amslerdamsche  Courant  vom  19.  Okt.  1882,  Zeitschrift  für  bildende 

Kunst,  1883,  Seite  409  und  Oud-Holland  (1886),  Bd.  IV,  Seite  147. 

7*  99 


lavierte  Federzeichnungen  mit  je  einer  Jünglingsfigur.  Beide  tragen 
die  volle  , Bezeichnung  P.  Lafman  1603.  Landschaft  und  Tracht 
weisen  darauf  hin,  daß  die  Blätter  außerhalb  Hollands  entstanden 
sein  müssen.  Auf  dem  einen  kommt  uns  der  junge  Mann  in  einem 
bis  zu  den  Knien  reichenden  ziemlich  weitärmeligen  hemdartigen,  in 
der  Mitte  gegürtetem  Rock  aus  dünnem  Stoff,  der  am  Hals  noch  ein 
Untergewand  sehen  läßt,  mit  einem  Wanderstab  in  der  Linken  ent- 
gegen geschritten.  Die  Füße  sind  bloß,  um  den  Kopf  ist  turbanartig 
ein  Tuch  geschlungen.  Auf  dem  andern  Blatt  steht  derselbe  junge 
Wanderer  in  gleichem  Kostüm  vor  uns,  nach  links  gewandt 
und  den  Kopf  nach  vorn  drehend.  Beide  Male  befindet  er  sich 
auf  einem  Weg,  der  nach  hinten  hinab  an  eine  von  Segelfahr- 
zeugen belebte  Meeresbucht  führt,  deren  Ufer  sich  zu  steilen  Bergen 
erheben.  Der  Gesichtstypus  des  dargestellten  jungen  Mannes  hat 
etwas  Eigentümliches:  große  runde  Augen  und  eine  an  ihrem  Ende 
etwas  breite  Nase.  Der  Mund  ist  durch  die  etwas  vorgeschobene 
Unterlippe  ziemlich  häßlich.  Im  Gegensatz  zu  den  runden  Backen 
ist  das  Kinn  sehr  spitz.  Die  Blätter  sind  flott  mit  Feder  in 
Sepia  gezeichnet  und  mit  dem  Pinsel  hellblau  leicht  laviert.  Die 
Zeichnung  als  solche  verrät  noch  den  Anfänger.  Die  Gewand- 
falten sind  etwas  unklar  mit  dünnen  Strichen  angegeben,  und  nur 
die  Konturen  hat  der  20jährige  Zeichner,  gleichsam  als  wollte  er 
dadurch  die  in  der  zarteren  Strichführung  liegende  gewisse  Unsicher- 
heit verwischen,  dick  und  kräftig  nachgezogen.  Die  beiden  Blätter 
sind  wohl  als  Gelegenheitsarbeiten  zu  betrachten  und  haben  Porträt- 
charakter. Entstanden  sind  sie,  wie  das  darauf  gesetzte  Datum 
lehrt,  im  Jahre  1603,  wohl  sicher  auf  der  Reise  nach  Italien,  aber, 
wie  sich  aus  dem  Charakter  der  Landschaft  ergibt,  noch  nicht  in 
Rom  selbst.  Sie  bilden  somit  nicht  nur  die  erste  uns  bekannte  und 
beglaubigte  Arbeit  Lastmans  überhaupt,  sondern  auch  eine  solche, 
die  noch  unberührt  ist  von  den  direkten  Eindrücken  und  Einflüssen, 
die  auf  den  jungen  Künstler  in  Rom  einstürmen  sollten. 

Welcher  Art  waren  diese  Eindrücke  und  Einflüsse?  Was  zog 
den  in  der  Haarlemer  akademischen  Schule  herangebildeten  jungen 
Mann  hier  in  Rom  zunächst  und  am  stärksten  in  seinen  Bannkreis? 
Die  Antwort  auf  diese  Frage  gibt  der  Name  Elsheiraer,  in  dessen 
Freundeskreis  der  neue  nordische  Ankömmling  bald  Aufnahme   fand. 

100 


Rein  äußerlich  betrachtet  ist  das  leicht  zu  begreifen,  daß  der 
Holländer  sich  dem  Kreise  der  Landsleute*)  anschloß.  Nicht  so  ohne 
weiteres  ist  zu  erklären,  daß  Elsheimer  auch  als  Künstler  zunächst 
die  stärkste  Wirkung  auf  Lastman  ausübte,  der  doch  nach  Rom  ge- 
kommen war,  um  die  antike  und  klassische  Kunst,  vor  allem  Michelangelo 
an  Ort  und  Stelle  zu  studieren,  nicht  aber  moderne  ItaUener  oder 
gar  Deutsche!  Um  sich  darüber  klar  zu  werden,  müßte  man  eigent- 
lich die  Stellung,  die  Elsheimer  zu  jener  Zeit  in  Rom  einnahm,  einer 
ausführlichen  Betrachtung  unterziehen.  Das  ist  jedoch  eine  Arbeit, 
die  für  sich  allein  schon  umfangreiche  Studien  beansprucht,  die  aber 
noch  aussteht.  Bis  jetzt  wurde  durch  Bode  wohl  die  Kunst  des 
„römischen  Malers  deutscher  Nation"  sowie  sein  weitgehender  Einfluß 
auf  die  holländische  Malerei  des  XVII.  Jahrhunderts  dargelegt**),  aber 
noch  nicht  wurde  Elsheimers  Verhältnis  zu  den  zeitgenössischen 
italienischen  Kollegen  in  Rom,  das  damals  der  Schauplatz  eines  hoch- 
interessanten und  bewegten  Kunstlebens  war,  zum  Gegenstand  einer 
eingehenden  Untersuchung  gemacht. 

Innerhalb  der  italienischen  Kunst,  die  um  die  Jahrhundertwende 
in  zwei  sich  aufs  heftigste  befehdende  Lager  geteilt  war,  in  Eklektiker 
und  Naturalisten,  mußte  die  Elsheimersche  Kleinkunst  eine  ganz  be- 
sondere Stellung  einnehmen.  Das,  wodurch  sich  diese  von  der 
Kunstweise  der  anderen  unterschied,  war  geeignet,  bei  den  Zeitgenossen 
Aufsehen  zu  erregen.  E.  Koloff  hat  in  seiner  Studie  über  Rembrandt 
in  feinsinniger  und  prägnanter  Weise  diesen  Gegensatz  zwischen 
Elsheimer  und  den  italienischen  Künstlern  in  Rom  skizziert:  „Elsheimer 
ist  der  Vater  der  eigentlichen  Klein-  und  Feinmalerei,  womit  er  zu 
seiner  Zeit  so  allgemeines  Aufsehen  erregte,  daß  nach  Sandrarts  Ver- 
sicherung in  Rom  von  Nichts  als  von  Elsheimers  neu  erfundener 
Kunst  im  Malen  geredet  wurde.  Das  neue  der  Elsheimerschen  Manier 
bestand  nicht  bloß  in  der  Beleuchtung  und  technischen  Behandlung, 
sondern  auch  in  der  Auffassung.  Mit  der  pikanten  Art,  die  Bilder 
zu  beleuchten  und  bis  ins  Einzelnste  sorgsam  auszuführen  oder  geist- 
reich anzudeuten,  verbindet  Elsheimer  eine  originelle  Weise,  die 
biblischen  und  mythologischen  Gegenstände  aufzufassen.  Genreartige."! 
und  landschaftliches  wirken  zusammen  und  vereinigen  sich  zu  einem 

*)  Damals  rechnete  man  die  Niederländer  auch  zu  den  Deutschen. 
*♦)  Jahrbuch  der  kgl.  preuQ.  Kunstsammlungen,  1890,  und  „Studien",  Seite  231  ff. 


101 


eigenen  Ganzen.  Diese  bis  dahin  unerhörte  oder  wenigstens  unbe- 
obachtete Auffassungsweise  stand  in  schnurgeradem  Widerspruch  mit 
der  strengen  stilistischen  Historienmalerei  in  dem  Sinne  der  römischen 
und  florentinischen  Schule  zur  Zeit  Raffaels  und  Michelangelos.  Und 
es  war  wie  eine  Ironie  des  Schicksals,  daß  die  Kabinetskunst  ihre 
ersten  Blätter  und  Blüten  eben  da  trieb,  wo  die  monumentale  Kunst 
ihre  höchsten  Triumphe  gefeiert  hatte.  Dem  ganzen  Jahrhundert 
wurde  es  in  der  Schale  seiner  Kultur  zu  eng;  es  pickte  eben  überall 
durch  und  kroch  aber  nicht  überall  durch." 

Dieser  deutsche  Künstler  wurde  in  Rom  der  eigentliche  Lehr- 
meister unseres  Malers.  Nicht  als  ob  Lastman  direkt  Elsheimers 
Schüler  wurde:  der  junge  Künstler  fühlte  sich  nur  besonders  stark 
angezogen  von  der  für  ihn  gänzlich  neuen  Kunstweise  des  nordischen 
Landsmannes.  Wie  schon  angedeutet,  mußte  das  für  Lastman  einen 
Zwiespalt  ergeben,  denn  er  war  doch  eigentlich  in  anderer  Absicht 
nach  Rom  gezogen:  um  sich  (als  Manierist)  an  den  Werken  der  Antike 
und  Michelangelos  weiterzubilden.  Aber  die  Anziehungskraft,  die 
von  des  Deutschen  Werken  ausging,  siegte.  Es  mußte  schließlich 
auch  so  kommen,  und  Lastman  war  nicht  der  einzige,  dem  es  so 
ging.  Der  Umgang  mit  Elsheimer  konnte  für  ihn  aber  auch  nach 
einer  andern  Seite  ersprießlich  werden.  Elsheimer  selbst  war  nicht 
mit  geschlossenen  Augen  an  den  klassischen  Meistern  Italiens  vor- 
übergegangen. Er  selbst  hatte  deren  Werke  wohl  studiert  —  vor 
allem  Raffael,  dann  Correggio  und  Mantegna  — ■  und  selbstständig 
verarbeitet.  Seine  Anschauungen  und  seine  Fingerzeige  in  Betreff 
solcher  Studien,  derentwegen  Lastman  aus  Holland  nach  Rom  ge- 
kommen war,  konnten  diesem  letzteren  nur  von  Nutzen  sein.  Denn 
über  Lastman  mag  angesichts  der  Fülle  überwältigender  Kunstwerke 
größten  Stiles  wohl  ein  etwas  beklommenes  Gefühl  gekommen  sein, 
als  sei  er  dieser  Größe  der  Formensprache  allein  doch  nicht  ganz 
gewachsen.  Und  wenn  er  sich  daher  zunächst  in  Elsheimers  künst- 
lerische Ausdrucksweise  vertiefte,  so  ist  das  innerlich  erklärlich. 
Wichtig  ist,  das  Lastmans  Aufmerksamkeit  damit  zugleich  mehr  auf 
Raffael  hingelenkt  wurde,  während  die  Haarlemer  „Akademie",  deren 
Schüler  er   war,  vor    allem    auf  Michelangelos  Kunst    weiter    baute. 

Elsheimer  war  fernerhin  auch  derjenige,  der  Lastman  den  Weg 
weisen  konnte  bei   der  Frage,  wie  er    sich    zu    den    damals    um    die 

102 


Fährhundertwende  in  Rom  tätigen  Künstlern  stellen  sollte.  Wie 
sollte  er  sich  den  Manieristen  gegenüber  verhalten,  denen  er  nach 
seiner  Schulung  am  nächsten  stand?  wie  zu  den  an  Boden  mehr  nnd 
mehr  gewinnenden  Eklektikern?  wie  endlich  zu  den  Naturalisten? 
Hielt  er  sich  doch  gerade  zu  einer  Zeit  in  Rom  auf,  wo  der  Manie- 
rismus nach  und  nach  langsam  zurückgedrängt  wurde,  als  die  ihn 
zersetzenden  Elemente  —  von  Bologna  aus  —  auch  in  Rom  Einfluß, 
wenn  auch  nicht  dauernden  erlangten.  Agostino  und  Annibale 
Carracci  malten  damals  gerade  ihre  berühmten  Fresken  im  Palazzo 
Farnese  (Agostino  bis  1600,  Annibale  bis  1607/08),  ein  Auftrag,  bei 
dem  die  Hauptvertreter  des  römischen  Manierismus,  Federigo  Zuccaro 
(gest.  1609)  und  der  Cavaliere  d'Arpino  übergangen  worden  waren. 
Wie  gesagt,  es  war  aus  verschiedenen  Gründen  wesentlich,  daß 
Lastman  bei  einem  Künstler  wie  Elsheimer  in  Rom  Anschluß  finden 
konnte.  Und  es  ist  angesichts  dieser  Verhältnisse  auch  wieder  be- 
greiflich, wenn  Lastman  nicht  der  einzige  war,  auf  den  Elsheimer 
befruchtend  einwirkte.  Lastman  fand  andere  Landsleute  bereits  in 
Rom  als  Anhänger  und  Freunde  Elsheimers  vor,  andere  kamen  später 
neu  hinzu.  Es  bildete  sich  in  Rom  jener  für  die  Entwicklungsge- 
schichte der  holländischen  Malerei  so  bedeutsame  Kreis  nordischer 
Künstler  mit  Elsheimer  als  seinem  Mittelpunkt.  Die  meisten  dieser 
Maler  waren  nun  freilich  von  Natur  aus  nicht  Künstler  genug,  um 
sich  auch  innerlich  von  ihrem  Meister  und  Freund  dauernd  und  tief 
genug  befruchten  zu  lassen.  Sie  übernahmen  vielfach  von  ihm  nur 
Aeußerlichkeiten,  indem  sie  sich  die  Mühe  der  eigenen  Ummünzung 
der  großen  italienischen  Kunst  in  ein  kleineres  Format  ersparten. 
Und  wenn  sie  dann  wirklich  auch  selbst  vor  den  italienischen  Origi- 
nalen ihren  Studien  oblagen,  so  sahen  sie  doch  nicht  mehr  unbefangen. 
Und  ebenso  wie  sie,  die  Niederländer,  dem  deutschen  Elsheimer  nicht 
ganz  in  seine  Kunst  nachfolgen  konnten,  so  vermochten  sie  noch 
weniger  innerlich  die  Größe  der  italienischen  Kunst,  wie  sie  aus 
der  Natur  heraus  in  italienischem  Geiste  entwickelt  worden  war,  zu 
begreifen.  Sie  sahen  nur  die  nackten  Ergebnisse,  die  sie  äußerlich 
als  Rezept  benutzten.  Kein  Wunder,  daß  sie  dann  wieder  mehr  oder 
weniger  im  schematischen  Verwenden  der  angelernten  Aeußerlichkeiten 
die  große  Kunst  verflachten.  Aber  —  und  das  ist  für  ihre  nachheri- 
gen Erfolge  in  der  Heimat  wichtig:  sie  machten   sie  in    den  Nieder- 


103 


landen  dem  größeren  gebildeten  Publikum  mundgerecht.  Und  durch 
die  Uebertragung  in  ein  kleineres  Format  schufen  sie  Wanddekora- 
tionen oder  Altarstücke  in  Tafelbilder  zum  Schmucke  holländischer 
Wohnzimmer  um.  Das  gerade  ist  für  diese  Gruppe  italienisierender 
Meister,  die  die  Blütezeit  der  holländischen  Kunst  des  XVII.  Jahr- 
hunderts einleiten,  besonders  interessant,  daß  sie  durch  ihren  Aufenthalt 
in  Rom  die  schon  vorher  durch  die  Akademiker  aus  Italien  herüber- 
gebrachte äußere  Form  so  weiter  gestalteten,  daß  es  gewissermaßen 
nur  noch  der  Kraft  eines  von  innen  heraus  schaffenden  wirklichen 
Künstlers  bedurfte,  die  in  ihr  ruhenden  neuen  Elemente  zu  beleben, 
in  ihnen  in  nordischer  Weise  seelische  Empfindungen  zum  Ausdruck 
zu  bringen,  wie  es  in  Italien  zuerst  die  Eklektiker  Carracci  und  auch 
der  Naturalist  Caravaggio  nach  italienischer  Art  getan  hatten.  Das 
war  das  Neue  und  entwicklungsgeschichtlich  wichtige  in  Italien, 
daß  die  im  leeren  Manierismus  angelangte  Kunst  innerlich  beseelt 
wurde.  Die  Bedeutung  der  Vor-Rembrandtischen  Historienmaler  ist 
ähnlich,  wenn  auch  nicht  so  weit  gehend:  sie  leitet  zunächst  erst  aus 
dem  krassen  Manierismus  der  Haarlemer  Akademie  über  in  eine 
natürlichere  Auffassungsweise  und  bildet  so  den  Boden,  auf  dem 
eine  Weiterentwicklung  der  nationalen  holländischen  Kunst  wieder 
möglich  wurde. 

Der  Anteil,  der  bei  diesem  Entwicklungsprozeß  auf  Lastman 
fällt,  wird  sich  am  besten  beurteilen  lassen,  wenn  wir  bei  der  chro- 
nologischen Betrachtung  seiner  Werke  und  der  sich  daraus  ergebenden 
Darstellung  seines  eigenen  künstlerischen  Entwicklungsganges  uns 
auch  noch  klar  zu  machen  suchen,  wo  und  wie  die  Verbindungsfäden 
zwischen  ihm  und  der  Kunst,  die  in  Italien  auf  ihn  einwirken  konnte, 
geknüpft  worden  sind. 

Die  frühesten  Werke  nach  den  beiden  oben  besprochenen  Zeich- 
nungen von  Lastman,  die  wir  noch  besitzen,  lassen  uns  deutlich  erkennen, 
wie  stark  der  Einfluß  war,  den  auf  ihn  Elsheimer  in  Rom  ausgeübt 
hat.  Einigen  der  aus  dieser  Periode  erhaltenen  wenigen  Gemälde 
vermögen  wir  sogar  fast  eine  ähnliche  Sympathie  wie  denen  von 
Elsheimer  selber  entgegenzubringen. 

Bevor  wir  jedoch  zur  genaueren  Betrachtung  dieser  frühen 
Gemälde  übergehen,  haben  wir  kurz  eine  im  Amsterdamer  Rijks- 
prentenkabinet  befindliche  Reihe  von  zwölf  Kostümstichen  zu  erwähnen, 

104       , 


deren  erstes  Blatt  außer  der  auf  die  Darstellung  bezüglichen  Unter- 
schrift „Habiti  della  Nobilta  di  Fiorenza"  die  Verleger  und  den 
inventor  nennt:  I.  Covens  et  C.  Mortier  Exe,  P.  Lasman  inven. 
Die  anderen  elf  Blätter  haben  folgende  Titel:  2.  Milanesi,  3.  Paesani 
di  Genoa,  4.  II  Corso,  5.  Sardegni,  6.  Ornamenti  delli  Contadini  di 
Sicilia,  7.  Contadina  di  Lombardia,  8.  Habiti  delle  Gentildonne 
Venetiano,  9.  Vestimento  della  Juventü  Romana,  10.  Donzella  di 
iVascati,  11.  Nettunesa,  12.  Napolitani. 

Dargestellt  sind  auf  jedem  Blatt  meist  eine  männliche  und  eine 
weibliche  Figur  in  der  entsprechenden  Tracht.  Sie  nehmen  fast  die 
ganze  Fläche  der  ca.  16,7X11,5  cm  großen  Blätter  ein.  Im  Hinter- 
grund ist  dann  meistens  noch  eine  Landschaft  von  italienischem  Charakter, 
vielfach  mit  Ruinen,  angedeutet.  Die  Zeichnung  der  Figuren  ist,  be- 
sonders was  die  Extremitäten  betrifft,  nicht  sehr  geschickt  und  in 
den  Verhältnissen  nicht  immer  gelungen.  Jedenfalls  haben  die  Blätter 
keinen  künstlerischen  Wert  und  bieten  für  die  Behandlung  des  Ent- 
wicklungsganges unseres  Malers  kein  wesentliches  Moment,  zumal 
uns  auch  nicht  die  Vorzeichnungen  selbst  erhalten  sind,  sondern  nur 
die  darauf  beruhenden  Stiche.  Auch  bleibt  die  Frage  offen,  ob  die 
Ausführung  der  Stiche  von  einem  italienischen  oder  von  einem  nieder- 
ländischen Stecher  herrührt,  und  ob  die  Blätter  vornehmlich  für  Italien 
oder  für  Holland  bestimmt  waren.  Die  Technik  der  Stiche  scheint  mir 
freilich  auf  Italien  hinzuweisen  ebenso  wie  auch  die  italienischen 
Unterschriften.  Höchstwahrscheinlich  stammen  die  Vorzeichnungen 
aber  aus  der  Zeit  des  Aufenthaltes  Pieter  Lastmans  in  Italien. 

Bei  der  Betrachtung  dieses  frühen,  wesentlich  durch  Elsheimer 
gebildeten  Stiles  von  Lastman  gehen  wir  von  einer  allerdings  auch  nur 
noch  in  einem  Stich  von  Nicolas  Lastman  erhaltenen,  aber  durch  die 
darauf  befindliche  Unterschrift  und  Jahreszahl  als  authentisches 
Werk  Pieter  Lastmans  aus  dieser  frühen  Zeit  gesicherten  Komposition 
Christus  im  Garten  Gethsemane  (71)*)  aus.  Das  Blatt  trägt  in  seinem 
ersten  Zustand  die  volle  Namensunterschrift  und  die  Jahreszahl: 
„Petr.  Lastman  inven.  Nicola  Petri  sculps.  Ao  1608."  Die  Vorlage, 
wahrscheinlich  doch  ein  Gemälde,  wurde  also  von  Pieter  Lastman 
im  Jahre  1608,  vielleicht  auch  schon  früher  ausgeführt.  In  einer 
Mondscheinlandschaft  liegen  im  Vordergrund  die  drei  Jünger,    jeder 

♦)  Die  eingeklammerten  Nummern  beziehen  sich  auf  die  Nrn.  unseres  Kataloges. 


105 


in  einer  charakteristischen  Pose  —  allerdings  ohne  engeren  kompo- 
sitioneilen Zusammenhang.  Sie  lassen  mit  aller  Deutlichkeit  die  dafür 
gemachten  Einzelstudien  nach  dem  Modell  erkennen.  Den  Mittelgrund 
nimmt  links  die  im  Gebet  kniende  Christusfigur  ein,  vor  der  inmitten 
einer  Cherubimglorie  zwei  Engel  mit  den  Marterwerkzeugen  in  Wolken 
erscheinen.  Rechts  am  Rande  steht  ein  knori'iger  Eichenstamm, 
dessen  Fuß  von  einem  großblättrigen  Kürbisgewächs,  an  dem  auch 
eine  große  bimenartige  Erucht  sichtbar  ist,  umrankt  wird.  Im  dunkeln 
Hintergrund  sehen  wir  den  von  Judas  geführten  Zug  der  Kriegs- 
knechte mit  Lanzen  und  Fackeln  sich  heranbewegen.  Dahinter  erhebt 
sich  die  Stadt  und  darüber  steht  der  von  "Wolken  halb  bedeckte 
Vollmond.  Die  Gesichtstypen  der  Hauptfiguren  weisen  normale  Züge 
auf.  Johannes  liegt  zuvorderst  im  tiefen  Schlaf  der  Jugend.  Das 
von  langen  Locken  umrahmte  Haupt  ist  zurückgelehnt.  Die  Stirn 
ist  hoch,  die  Nase  schlank  und  gerade,  der  Mund  leicht  geöffnet. 
Gesicht  und  Haartracht  haben  viel  Aehnlichkeit  mit  Christus,  nur 
trägt  dieser  noch  einen  Bart  und  erscheint  dadurch  etwas  älter.  Links 
schläft  Jakobus  in  sitzender  Haltung,  den  Kopf  nach  links  geneigt 
und  auf  die  Hand  gestützt.  Auch  er  ist  jugendlich,  hat  kurzes 
dunkles  Haar  und  macht  den  Eindruck  eines  gutmütigen  Menschen. 
Rechts  hinter  Johannes  sitzt  Petrus,  die  Hände  —  die  bei  ihm  wie 
bei  den  anderen  recht  groß  ausgefallen  sind  —  über  dem  zwischen  den 
Knien  lehnenden  Schwert  gefaltet.  Sein  Kopf  ist  besonders  charak- 
teristisch: hohe  Stirn,  scharf  geschnitte  Nase,  etwas  vorspringendes 
Kinn  und  gestutzter  Vollbart,  der  die  Linie  des  Unterkiefers  deutlich 
wiederholt.  Er  hat  eine  Glatze,  aber  an  den  Seiten  und  am  Hinter- 
kopf noch  Haare.  Prägen  wir  uns  dann  noch  einige  Eigentümlich- 
keiten in  der  Formation  der  Bäume  ein,  wie  den  rechts  befindlichen 
Eichenstamm  und  hinten  die  paar  kahlen  Zweige,  an  denen  gleichsam 
Fäden  herabhängen  (worauf  allerdings  nicht  allzugroßes  Gewicht 
gelegt  zu  werden  braucht),  inmitten  der  sonst  voll  belaubten  Bäume, 
so  dürften  wir  einige  Anhaltspunkte  haben,  um  die  Hand  des  jungen 
Lastman  in  anderen  Arbeiten  wiederzuerkennen. 

"Wir  müßten  nun  versuchen  zu  untersuchen,  wie  sich  diese  Dar- 
stellung im  Einzelnen  zu  den  "Werken  Elsheimers  verhält.  Da  hätte 
ein  dasselbe  Thema  behandelndes  Gemälde  von  Elsheimer  beste 
Dienste  leisten  können.     Leider  ist  ein  solches  mit    so  vielen   anderen 

106 


im  Jahre  1864  beim  Brande  des  Museums  Boymans  in  Rotterdam  zu 
Grunde  gegangen.  Seine  von  Vosmaer*)  gegebene  Beschreibung  läßt 
aber  vermuten,  daß  sich  Lastman  sehr  eng  an  dies  Bild  angeschlossen 
hat:  „Dans  l'enclos  du  jardin,  oü  Ton  voit  au  loin  de  la  bände  armee 
et  eclairee  par  des  torches,  les  trois  disciples  sont  endormis  dans  des 
attitudes  tres-peu  ideales,  mais  bien  naturelles.  L'un  d'eux  repose 
sur  son  bras  (das  ist  unser  Jakobus),  l'autre,  les  mains  croisöes  sur  le 
ventre,  ronfle  la  tete  renversee  et  la  bouche  beante,  —  mais  comme 
il  dort!  (das  paßt  auf  den  Johannes  bei  Lastman).  Sur  une  eminence 
derriere  eux,  dans  une  petite  enceinte,  Jesus  est  agenouille  devant 
l'ange  qui  lui  apparait  dans  un  nuage  lumineux.  C'est  de  lä  qua 
j'aillit  la  lumiere  qui  reluit  chaude,  brune,  doree  autour  de  l'ange, 
illumine  l'homme  de  douleur,  et  jette  une  bände  de  lumiere  jaune-ocre, 
avec  des  blancs  jaunes,  sur  deux  des  dormeurs  et  sur  le  terrain." 
Es  macht  nach  dieser  Beschreibung  entschieden  den  Eindruck,  als 
bestünden  nähere  Beziehungen  zwischen  beiden  Bildern.  Leider  ist 
das  aber  alles,  und  auch  das  können  wir  nur  vermuten. 

Ebenfalls  1608  datiert,  aber  nur  mit  dem  Monogramm  ß  signiert, 
ist  ein  kleines  Bild  im  Museum  Boymans  in  Rotterdam.  Daß  sich 
Pieter  Lastman  dieses  Monogrammes  ß  zur  Signierung  bediente, 
dies  Bild  in  Rotterdam  von  seiner  Hand  ist,  ergibt  sich  aus  der 
stilistischen  Verwandtschaft  mit  der  eben  besprochenen  Arbeit. 
Vosmaer  ist  bei  seiner  Darstellung  des  künstlerischen  Entwicklungs- 
ganges Lastmans  von  diesem  Bildchen  mit  der  Flucht  nach  Ägypten  (58) 
ausgegangen.  Ich  glaubte  an  die  erste  Stelle  lieber  den  mit  vollem 
Namen  bezeichneten  Stich  nach  Lastman  setzen  zu  müssen,  da  wir 
ohne  weiteres  ja  nicht  annehmen  können,  daß  ß  gleichbedeutend  mit 
Pieter  Lastman  ist. 

Vergleichen  wir  die  beiden  Arbeiten,  so  finden  wir,  daß 
dem  Petrus  des  Stiches  dasselbe  Modell  zugrunde  liegt  wie  dem 
Joseph  des  Rotterdamer  Gemäldes.  Beide  haben  das  scharf  ge- 
schnittene Profil  mit  der  hohen  Stirn,  der  gebogenen  Nase,  dem  vor- 
stehenden Kinn  mit  dem  kurzgestutzten  Vollbart.  Das  spärliche 
Kopfhaar  umrahmt  in  gleicher  Weise,  wenn  auch  nicht  ganz  so 
ordentlich  gekämmt,  eine  beträchtliche  Glatze.  Den  breitrandigen  Stroh- 


*)  „Rembrandt  . 


Seite  66. 


107 


hut,  der  auf  dem  Stich  neben  Johannes  liegt,  hat  sich  hier  Joseph 
auf  den  Rücken  gehängt,  und  des  Johannes  runde  Reiseflasche  dort 
trägt  hier  Maria  am  Gürtel.  In  der  Anbi'ingung  und  Behandlung 
der  Bäume,  des  Blattwerkes  finden  wir  ebenfiills  dieselben  Merkmale. 
Auch  hier  einen  dicken  Eichenstamm  und  -ast,  dessen  dunkle  Zweige 
vor  den  hellen  Himmel  gesetzt  sind,  um  als  wirksame  Kulisse  zu 
dienen ;  auch  hier  an  einzelnen  Asten  die  herabliängenden  Fäden. 
Indessen  nimmt  die  Landschaft  auf  diesem  Bild  einen  breiteren  Raum 
ein  und  zwar  in  sehr  charakteristischer  Weise.  Schon  Vosmaer  wies 
auf  die  fast  genaue  Übereinstimmung  des  von  links  nach  rechts  an- 
steigenden und  von  dem  Rundtempelchen  von  Tivoli  bekrönten 
Hügels  mit  dem  Hügel  auf  einer  Radierung  Jan  van  Noordts  aus 
dem  Jahre  1645  nach  Lastman  hin.  In  der  Tat  müssen  die  Land- 
schaften hier  wie  dort  auf  die  gleiche  Naturstudie  zurückgehen. 
Unverkennbar  sind  auch  die  Anregungen  zu  dieser  Art  von  Land- 
schaftsauffassung. Sie  geht  auf  Elsheimer  zurück,  der  auch  bezüglich 
der  Landschaftsmalerei  großen  Einfluß  auf  seine  Landsleute  ausübte. 
In  starkem  Maße  ist  dieser  Einfluß  z.  B.  auch  bei  Paul  Brill  zu 
konstatieren,  dessen  Stilwandlung  in  der  Landschaftsauffassung  um 
diese  Zeit  durch  Elsheimer  zu  erklären  ist:  „.  .  .  er  [Brül]  studierte 
seine  Art,  dann  kopierte  er  sie  und  endlich,  als  Elsheimer  schon 
gestorben  war,  da  hat  er  sie  in  seinen  letzten  Werken,  wenn 
auch  nicht  vollständig  erreicht,  so  doch  völlig  verstanden".*) 
Recht  hübsch,  und,  wie  wir  sehen  werden,  von  Lastman  sehr  beliebt, 
ist  der  kleine  Wasserfall  rechts;  charakteristisch,  wie  der  Maler  das 
Schimmern  des  Wassers  durch  einzelne  helle  Striche  ganz  gut  zum 
Ausdruck  bringt.  Über  der  Landschaft  liegt  ein  helles  weißlichgelb- 
grünes  Licht,  das  stellenweise  die  Blätter  einzelner  Baumpartien 
stärker  beleuchtet  und  dem  Maler  Gelegenheit  bietet,  mit  dem  Spitz- 
pinsel die  einzelnen  Blätter  tapfenartig  aufzusetzen  und  damit 
Zeichnung  wie  Kolorit  zu  beleben.  Auch  darin  ist  er  ein  gelehriger 
Schüler  Elsheimers,  ohne  jedoch  die  Weichheit  und  den  bisweilen 
samtartigen  Charakter  von  dessen  ruliigen,  stülen  Wald-  und  Baum- 
massen zu  erreichen.  Lastman  ist  dazu  viel  zu  deutlich  und  auch 
zu  uneinheitlich,  indem  er  meist  durch  ein  Allzuviel  an  verschiedenen 

*)  Vergl.  die  Dissertation  von  Dr.  Anton  Mayer,  Das  Leben  und  die  Werke 
der  Brüder  Mattheus  und  Paul  Brill,  Halle  a.  S.  1907,  Seite  37  fr. 

108 


Baumarten  oder  ruinösen  Mauer-  und  Felsmassen  den  geschlossenen 
Eindruck  verdirbt.  Glücklicher  ist  er  noch  bei  den  Figuren,  denen 
©in  großer  Teil  an  der  idyllisch-friedlichen  Wirkung  dieses  Bildes 
zuzurechnen  ist.  Sie  sind  einfach  empfunden,  als  wandernde  Familie 
in  anmutiger  Landschaft.  Sie  haben  das  Nötigste  zur  Reise  mit- 
genommen; Joseph  sein  bischen  Zimmermannshandwerkszeug,  mit  dem 
er  auch  in  der  Fremde  für  den  Unterhalt  von  Weib  und  Kind  sorgen 
wird.  Zuversichtlich,  wenn  auch  ernst,  führt  er  in  stiller  Betrachtung 
das  Maultier,  auf  dem  die  heilige  Mutter  sitzt  und  das  Kind  zärtlich 
an  die  Brust  drückt.  Mit  inniger  Liebe  und  mütterlichem  Stolz 
richtet  sie  ihre  Augen  auf  den  blonden  Knaben,  der  seine  beiden 
Armchen  nach  ihr  ausstreckt.  Im  Typus  erinnert  Maria  fast  an  die 
regelmäßigen  Gesichter  einiger  Madonnen  Raffaels  (z.  B.  die  Madonna 
im  Grünen  in  Wien);  der  Ausdruck  ist  natürlich  und  einfach.  Stören 
könnten  nur  die  zu  groß  gezeichneten  Hände;  auch  die  graziös  be- 
absichtigte Bewegung  der  Linken,  die  den  Zügel  faßt,  paßt  nicht 
ganz  in  den  Rahmen.  Endlich  ist  noch  zu  bemerken,  daß  die  Gesichts- 
farbe der  Maria  ziemlich  stark  weißlich  ist,  während  Gesicht,  Hände 
und  Füße  bei  Joseph  in  einem  stark  rotbraunen  Farbenton  gehalten 
sind.  Die  Farbe  selbst  ist  überall  sehr  dick,  in  dem  tiefschwarzen 
Mantel  der  Maria,  sowie  in  der  linken  Baumkulisse  sogar  fett  auf- 
getragen. Der  deutlich  pyramidale  Aufbau  der  Figurengruppe  ist 
sicher  beabsichtigt  und  aus  dem  Studium  Raffaels  zu  erklären. 

Die  Signatur  des  Bildes  ist  ein  aus  P  und  L  gebildetes  Monogramm 
mit  einem  m  auf  dem  horizontalen  Strich  des  L.  Die  früheren  Kataloge 
haben  bei  der  Wiedergabe  der  Bezeichnung  dies  m  weggelassen.  So- 
wohl in  den  Verzeichnissen  von  1867  und  1883  ist  nur  zu  lesen:  ß  1608, 
ebenso  bei  Kramm,  der  das  Bild  ehemals  besaß  und  in  seinem  Werk 
„Levens  en  Werken  van  Ned.  Kunstenaars",  1859,  beschreibt.  Vosmaer 
gibt  das  Monogramm  irrtümlich  mit  ßas.  an.  Der  Zusatz  des  M 
(als  Anfangsbuchstabe  der  zweiten  Sübe  seines  Namens)  zu  dem  zu- 
sammengezogenen ß  findet  sich  auf  keinem  andern  der  mir  bekannten 
Gemälde  wieder. 

Das  zweite  mit  dem  Monogramm  versehene  und  ebenfalls  1608 
datierte  Werk  Lastmans,  eine  Taufe  des  Mohrenkämmerers  durch 
Philippus  (84)  befindet  sich  im  Kaiser  Friedrich  -  Museum  in  Berlin. 
Das  Bild  ist  aus  den  königl.  Schlössern,  wo  es  zu  Brulliots  Zeit  (1832) 


109 


noch  war,  in  die  Galerie  gekommen.  BruUiot  erkannte  es  aber  noch  nicht 
als  Arbeit  von  Lastman  und  hielt  es  für  das  „wenig  verdienstvolle  Werk 
eines  vlämischen  Meisters",  indem  er  noch  bemerkte,  daß  es  einem 
van  Laer  zugeschrieben  werde.  Indessen  könne  es  nicht  von  Pieter 
van  Laer  sein,  da  dieser  erst  um  1613  [?]  geboren  sei*).  Merk- 
würdig ist,  daß  Brulliot  nicht  auf  Lastman  kam,  mit  dem  er  ein 
anderes  ß  bezeichnetes  Bild  der  Berliner  Galerie  zusammenbringen 
wollte,  das  mit  diesem  jedoch  gar  nichts  zu  tun  hat:  das  heute  als 
Pieter  Vereist  katalogisierte  Bild  Nr.  875  des  Kataloges  von  1906. 
Daß  die  Taufe  des  Kämmerers  von  Lastman  gemalt  ist,  wurde 
seitdem  längst  festgestellt.  Ein  Blick  auf  das  Bild  läßt  uns,  nach- 
dem wir  die  beiden  vorigen  Werke  betrachtet  haben,  auch  sofort  in 
der  charakteristischen  Landschaft,  wie  auch  in  der  Figur  des  Philippus, 
Lastmans  Hand  erkennen.  Aber  wo  ist  die  hübsche  Natürlichkeit 
geblieben,  die  einfache  Farbengebung,  die  wir  auf  dem  Eotterdamer 
Bild  aus  demselben  Jahre  fanden?  Das  wenig  günstige  Urteil 
BruUiots  über  das  Bild  bleibt  zu  Recht  bestehen.  Kalte,  harte  und 
unangenehme  Farbigkeit  sehen  wir  hier  vor  uns.  Und  statt  natür- 
licher Bewegungen  finden  wir  gesuchte  und  leere  Statistengesten. 
Der  Flucht  nach  Ägypten  am  nächsten  kommt  noch  die  Land- 
schaft. Sie  nimmt  hier  einen  noch  größeren  Raum  ein,  beruht  aber 
auf  der  gleichen  Naturstudie  und  berührt  sich  noch  enger  mit  der 
Landschaft  auf  der  bereits  erwähnten  Radierung  von  Jan  van  Noordt. 
Von  links  nach  rechts  oben  ansteigend  erhebt  sich  ein  reich  mit  den 
verschiedenartigsten  Bäumen  bestandenes  und  von  der  Tempelruine 
von  Tivoli  gekröntes  Gebirge.  Große  kahle  Felsmassen  wechseln  ab 
mit  Gehölz  und  bilden  tiefe  Schluchten,  durch  deren  eine  —  über 
die  eine  hohe  zweibogige  Brücke  führt  —  ein  Wasserfall  in  jähem 
Sturze  herunterschießt,  um  dann  im  Vordergrund  den  für  die  Tauf- 
szene erforderlichen  Bach  zu  bilden.  Die  zeichnerische  und  malerische 
Wiedergabe  von  Bäumen,  Felsen  und  Wasser  ist  unverändert  ge- 
blieben; nur  wirkt  alles  viel  nüchterner  und  trockener. 

Ist  nun  auch  ein  sehr  großes  Gewicht  auf  die  Landschaft  gelegt, 
so  will  Lastman  die  Figuren  doch  nicht  zu  bloßer  Staffage  werden  lassen. 
Er  bringt  die  beiden  Hauptpersonen  mit  breiter  Deutlichkeit  in  den 
Vordergrund.     Der   im   Wasser   stehende   Mohrenkämmerer   ist    sehr 

*)  F.  Brulliot,  Dictionnaire  des  monogrammes  .  .  .,  München  1832. 

110 


gläubig  und  des  feierlichen  Augenblickes  sich  voll  bewußt.  Das  sollen 
die  auf  der  Brust  gefalteten  plumpen  Hände  und  die  gebeugte 
Stellung  ausdrücken.  Philippus  hat  demgegenüber  dem  Beschauer 
die  vornehme  Größe  des  bejahrten  Apostels  vor  Augen  zu  führen. 
Die  Stellungen  wirken  aber  nur  posenhaft.  —  Im  Mittel-  und  Hinter- 
grund sieht  das  Gefolge,  zum  Teil  kniend,  der  feierlichen  Zeremonie 
zu.  Selbst  der  Hund  ganz  rechts  scheint  an  dem  Vorgang  teilzu- 
nehmen; er  ist,  wenn  auch  nicht  ergriffen,  so  doch  einigermaßen 
erstaunt.  Die  Pferde  sind  sehr  schlecht  gezeichnet.  Offenbar  ohne 
Studien  nach  der  Natur.  Das  vom  Wagen  sichtbare  Stück  macht 
den  Eindruck,  als  sei  es  aus  Stein,  während  es  doch  bloß  die  kunst- 
volle Nachbildung  einer  Barockvolute  sein  soll. 

Den  etwas  ernüchternden  Eindruck  dieses  Bildes  verwischt 
ein  anderes  Gemälde:  die  kleine  Tafel  mit  der  Ruhe  auf  der  Flucht  (59) 
in  der  Universitätssammlung  in  Göttingen  (von  der  Berliner  Galerie 
leihweise  an  diese  Sammlung  abgegeben).  Es  ist  mit  dem  Monogramm 
bezeichnet,  aber  nicht  datiert.  Gleichwohl  wird  seine  Entstehung 
sicherlich  in  der  Zeit  um  1608,  vielleicht  sogar  noch  früher  als  die 
der  beiden  besprochenen  Arbeiten  anzusetzen  sein.  Hier  ist  auf  die 
Landschaft  fast  das  Hauptgewicht  gelegt.  Abgesehen  davon,  daß 
sie  einen  großen  Raum  einnimmt,  ist  sie  sorgfältig  und  fein  ausge- 
führt; im  Charakter  im  großen  und  ganzen  übereinstimmend  mit  der 
Landschaft  jener  beiden  erstbesprochenen  Bilder,  nur  fehlt  der 
Sibyllentempel.  Ferner  ist  die  rechte  Seite  wie  auf  einer  Bühne  in 
kulissenartigeri  Abständen  hell,  dunkel,  hell,  dunkel  und  wieder  hell 
beleuchtet.  Die  linke  Seite  dagegen  zeigt  den  auf  dem  Rotterdamer 
Gemälde  oben  ins  Bild  hereinragenden  Ast,  aber  dazu  ist  auch  der 
Baumstamm  in  großer  Ausführlichkeit  hinzugefügt.  Im  Schatten 
dieses  Baumes  sitzt  ausruhend  die  heilige  Familie.  Ein  ähnliches 
bescheiden  naives  Idyll,  wie  das  der  auf  der  Flucht  begriffenen  heiligen 
Familie  auf  dem  Bild  im  Museum  Boymans.  Links  am  Boden  liegt  ein 
kleines  Stilleben,  bestehend  aus  dem  wenigen  Gepäck:  Korb  und 
Handwerkszeug,  ein  Hut  und  ein  blaugemusterter  Fayencekrug.  Die 
Maria  mit  dem  Kind  erinnert  etwas  an  diejenige  auf  dem  kleinen 
Altärchen  von  Elsheimer  im  Kaiser  Friedrich-Museum.  Die  Mutter 
Gottes  sitzt  fast  ebenso  wie  hier.  Sie  neigt  den  Kopf,  der  auch  im 
Typus    dem  Lastmanschen  dieses  Bildes   verwandt   ist,    nach   rechts. 


111 


Die  Haare  sind  zur  Seite  gekämmt.  Hohe  Augenbrauen  hier  wie 
dort,  desgleichen  große  Lider.  Besonders  ähnlich  aber  ist  die  Lage 
des  rechten  Armes  und  der  rechten  Hand,  sowie  die  Anordnung  des 
Mantels  über  dem  Gewand.  Er  fällt  von  der  rechten  Schulter  herab 
und  läßt  den  Arm  sichtbar  werden.  In  gleicher  Weise  ist  er  so  über 
den  Schoß  gelegt,  daß  unter  dem  linken  Knie  das  Untergewand  zum 
Vorschein  kommt.  Der  Joseph  weicht  dagegen  im  Typus  etwas  ab 
durch  die  Locke  über  der  Stirn  und  den  eher  nach  innen  eingebogenen 
Nasenrücken;  doch  liegt  die  Veränderung  wohl  auch  zum  großen 
Teil  mit  in  der  direkten  Face-Ansicht  des  Kopfes  begründet.  Als 
Modell  für  Joseph  kann  wohl  noch  derselbe  alte  Mann  wie  vorher 
angenommen  werden.  Der  kühle  blaugrüne  Ton  und  die  sepiabraunen 
Schatten,  die  im  Bilde  vorherrschen,  dazu  die  weißgelblichen  Lichter, 
berühren  sich  mehr  mit  dem  Berliner  BUd  von  1608  als  mit  dem  in 
Rotterdam  befindlichen;  doch  mag  an  der  wärmeren  Haltung  des 
letzteren  auch  der  Firnis  etwas  Schuld  haben.  „Le  sentiment  de  ces 
Oeuvres  a  le  charme  de  la  tendresse  et  du  naturel;  jamais  Lastman 
n'a  si  bien  reussi."  Diesem  Urteil  Vosmaers  können  wir  uns  nur 
anschließen. 

Das  nächstfolgende  Datum  auf  einem  Bilde  führt  uns  in  das 
herzogliche  Museum  in  Braunschweig,  wo  sich  im  Ganzen  drei,  in 
einem  kleinen  Seitenkabinett  aufgehängte  Gemälde  von  Lastman 
befinden.  Zwei  derselben  sind  signiert  und  datiert  (1609  und  1618), 
das  dritte  ist  jedoch  ohne  Bezeichnung  oder  Datierung. 

Das  Zusammensein  dieser  drei  verschiedenartigen  Bilder  und  die 
bequeme  Vergleich ungsmöglichkeit  reizten  immer  zu  einem  Versuch  einer 
genaueren  chronologischen  Einordnung  des  nicht  signierten  Bethlehemi- 
tischen  Kindermordes  (60),  der  für  Lastman  zunächst  etwas  ungewöhnlich 
erscheint.  E.  Michel  ist  hierbei  sogar  so  weit  gegangen,  das  Bild, 
dessen  Zuschreibung  an  Lastman  auf  alter  Tradition  beruht,  unserem 
Maler  ganz  abzusprechen*),  woran  er  auch  später  noch  festzuhalten 
schien.  Denn  in  dem  Exkurs  über  den  Lehrer  Rembrandts  in  seinem 
bekannten  Rembrandtwerk  tut  er  dieses  Bildes  keiner  Erwähnung. 
Sein  absprechendes  UrteU  stützt  sich  lediglich  auf  die  Vergleichung 
mit  den  beiden  anderen  Gemälden  in  der  Braunschweiger  Galerie, 
Odysseus   und  Nausikaa    von    1609    und   David    im    Tempel    Harfe 

*)  Revue  des  deux  Mondes,  1879,  Seite  586. 
112 


spielend  von  1G18.  Nach  einer  Besprechung  an  der  zitierten  Stelle 
fährt  er  fort:  „Placoe  entre  les  deux  tableaux  que  nous  venons  de 
citer,  pouvant  par  consequent  se  proter  ä  une  comparaison  directe, 
cette  peinture  n'offre  avec  eux  aucune  analogie  ni  de  facture  ni  de 
couleur  et  c'est  evidemment  pas  de  la  meme  main;  ou  bien  les  trans- 
formations  do  l'artiste,  deja  assez  surprenantes,  seraient  faites  pour 
confondre  l'imagination."  Die  letzte  Bemerkung  scheint  mir  etwas 
übertrieben;  die  erstere  entbehrt  aber  des  Beweises.  Daraus,  daß  von 
nur  drei  Bildern  eines  nicht  ganz  zu  den  beiden  anderen  zu  passen 
scheint,  ist  noch  nicht  der  Schluß  gestattet,  daß  es  nicht  von  dem- 
selben Meister  sei.  Wenn  wir  indessen  genauere  Vergleiche  zwischen 
jenen  drei  Gemälden  anstellen,  so  werden  wir  ganz  entschieden  für 
die  Autorschaft  Lastmans  eintreten  müssen.  Es  sind  sehr  wohl 
Uebereinstimmungen  vorhanden,  wenn  auch  im  Allgemeinen  der  Beth- 
lehemitische  Kindermord  von  den  beiden  anderen  Braunschweiger 
Gemälden  abweicht.  Aber  wir  dürfen  bei  der  Frage,ob  echt  oder  unecht, 
die  übrigen,  nicht  in  Braunschweig  befindlichen  Bilder  von  Lastman 
nicht  außer  acht  lassen.  Indessen  läßt  sich  bei  dem  in  Frage  stehen- 
den Werk  auch  schon  aus  dem  Vergleich  mit  dem  OdysseusbUd  in 
Braunschweig  allein  soviel  spezifisch  „Lastmanisches"  in  dem  Beth- 
lehemitischen  Kindermord  feststellen,  daß  es  weiterer  Uebereinstimmun- 
gen mit  den  übrigen  Werken  kaum  mehr  bedarf.  Etwas  äußerliches 
z.  B.:  die  auf  der  linken  Seite  am  Boden  kniende  Mutter,  welche 
zu  dem  rechts  neben  ihr  stehenden  Knecht,  der  eben  zum  tödlichen 
Streich  auf  ihr  Knäblein  ausholt,  angsterfüllt  aufsieht,  trägt  denselben 
weißen,  mit  grünen  Streifen  verzierten  Turban  wie  die  in  der  Mitte 
des  Odysseusbildes  weglaufende  Dienerin.  Bei  genauerem  Hinsehen 
wird  man  auch  erkennen,  daß  es  sich  nicht  nur  um  dieselbe  Kopf- 
bedeckung handelt,  sondern  überhaupt  um  das  gleiche  Modell.  Noch 
ein  anderer  Kopf  auf  dem  Odysseusbild  hat  außerordentliche  Ver- 
wandtschaft mit  einem  auf  dem  Kindermord.  Dort  nämlich  die 
über  den  Korb  gebeugte  und  ängstlich  nach  links  etwas  in  die  Höhe 
blickende  Begleiterin  (mit  dem  Federschmuck  über  der  Stirn)*),  hier 
der  über  dem  oben  erwähnten  Schergen  sichtbare  Kopf  einer  Mutter. 
Nicht  nur  Haltung  und  Blick  stimmen  überein,  sondern  auch  die  Form  des 

*)  Dieser   Kopf  ist    auch    verwandt  mit   dem    einer  Frau  auf    einer  Feder- 
zeichnung unseres  Malers. 

8  113 


Gesichtsovales.  In  anderen  Köpfen  erkennen  wir  die  nämlichen  Personen 
anderer  Büder  wieder.  So  hat  der  Alte  mit  dem  Vollbart  rechts  vorn  sehr 
viel  Ähnlichkeit  mit  dem  Joseph  auf  der  Göttinger  Muhe  auf  der  Flucht, 
während  die  Frau  mit  dem  Kind  im  Arm  ganz  links  im  Mittelgrund  deutlich 
die  Erinnerung  an  die  Mutter  Gottes  auf  der  Flucht  nacht  Äegypten 
im  Museum  Boymans  in  Rotterdam  wachruft.  Und  dem  schon  er- 
wähnten Kriegsknecht  mit  dem  hübschen  charakteristischen  Kopf 
werden  wir  in  dem  Baßgeigenspieler  auf  dem  David-Büd  in  Braun- 
schweig wiederbegegnen  (um  nur  eins  von  den  Gemälden  herauszu- 
greifen, auf  denen  er  vorkommt).  Das  sind  Einzelheiten,  Kleinigkeiten, 
denen  man  einiges  Vertrauen  entgegenbringen  darf.  Ein  Blick  auf 
die  Hände  tut  ein  übriges :  nur  Lastman  kann  diese  groben,  viereckigen 
Gebilde  gezeichnet  haben.  Wenn  wir  dann  ferner  die  Landschaft, 
die  Behandlung  der  Bäume  und  Blätter  prüfen,  so  finden  wir  hier 
wie  da  das  gleiche  Abwechseln  von  dunkeln  mit  hellen  Baumgruppen, 
die  kulissenartig  hintereinander  angeordnet  sind,  weiter  an  einzelnen 
belaubten  Bäumen  auf  einmal  ein  paar  verdorrte  Aste,  an  denen  nur 
einige  Fäden  herunterhängen.  Schließlich  sei  noch  des  Hundes  Er- 
wähnung getan,  den  wir  ganz  ähnlich  auf  der  Taufe  des  Kämmerers 
in  Berlin  gesehen  haben,  wie  denn  auch  die  Rasse  der  dort  vor- 
kommenden Pferde  ihre  Heimat  auch  nicht  allzuweit  entfernt  hat 
von  derjenigen  der  Rosse,  auf  denen  die  Bevollmächtigten  des  Königs 
Herodes  herangeritten  kommen.  Zweifel  an  der  Urheberschaft  Lastmans 
können  ausgeschaltet  werden.  E.  Michel  ist  übrigens  auch  der 
einzige,  der  an  der  altüberlieferten  Zuschreibung  an  Lastman  Anstoß 
genommen  hat. 

Eine  zweite  Frage  ist  für  uns  nun  die  nach  der  zeitlichen  Ein- 
ordnung dieses  Bethlehemitischen  Kindermordes  in  das  „Werk" 
Lastmans.  Vosmaer  meint,  es  repräsentiere  eine  spätere  Periode  als 
das  1609  datierte  Odysseusbild  in  Braunschweig:  weil  es  entschieden 
einen  angenehmeren  Eindruck  mache  als  jenes  daneben  an  der  Seiten- 
wand hängende  ziemlich  derbe  Gemälde.  Auch  er  berücksichtigt  bei 
seinem  Datierungsversuch  nur  diese  drei  Braunschweiger  Bilder. 
Aber  auch  davon  abgesehen  geht  es  nicht  an,  allein  aus  der  besseren 
Qualität  eines  Bildes  in  jedem  Falle  auf  eine  spätere  Entstehungszeit 
zu  schließen.  Das  Gegenteil  trifft  gerade  bei  Meistern  zweiten  und 
dritten.  Ranges  nur  zu  oft  zu.     Dieser  ganz  allgemeine  Gesichtspunkt 

114 


allein  könnte  also  schon  eher  für  eine  frühere  Datierung  des  Bildes 
sprechen,  stünde  es  nicht  dem  1608  datierten  Rotterdamer,  sowie  dem 
Göttinger  Bilde  sehr  nahe,  viel  näher  als  dem  1609  datierten  Odysseus- 
gemälde.  Indessen  sind  zum  Beweise  noch  einige  tatsächliche  Belege 
heranzuziehen.  Abgesehen  von  den  bereits  angeführten  Berührungs- 
punkten mit  den  1608  und  um  dies  Jahr  herum  entstandenen  Ge- 
mälden ist  noch  auf  die  überaus  sorgfältige  Ausführung  der  einen 
großen  Teil  dos  Bildes  einnehmenden  Landschaft  hinzuweisen.  Auf 
die  liebevolle,  fast  kleinliche  Ausarbeitung  der  einzelnen  Baumblätter, 
der  Turmruine  (die  an  ähnliches  bei  Savery  denken  läßt),  auch  der 
Beleuchtung,  die  den  Vordergrund  etwas  in  den  Schatten  rückt,  um 
desto  helleres  Licht  auf  die  Landschaft  auszubreiten.  Der  Maler 
macht  sie  absichtlich  zu  einem  wesentlichen  Bestandteil  des  Bildes 
und  gibt  sich  bei  ihrer  Darstellung  viel  Mühe,  um  auch  so  die  Auf- 
merksamkeit des  Beschauers  für  sie  wachzurufen.  (Später  verwendet 
er  nur  noch  selten  solchen  Fleiß  auf  die  Landschaft;  sie  tritt  da 
meist  sehr  hinter  dem  Figürlichen  zurück).  Wir  gehen  wohl  gewiß 
nicht  fehl,  wenn  wir  in  der  stärkeren  Betonung  des  Landschaftlichen 
noch  die  direkte  Nachwirkung  des  Elsheimerschen  Einflusses  erkennen. 
Denn  die  Landschaft  bildete  der  deutsche  Meister  im  Laufe  seiner 
künstlerischen  Entwicklung  immer  mehr  aus,  ihr  gab  er,  je  älter  er 
wurde,  immer  größere  Feinheit  und  Selbständigkeit;  ihr  zuliebe  werden 
die  Figuren  später  nur  Staffage,  nachdem  sie  in  seiner  frühen 
Schaffensperiode  an  erster  Stelle  gestanden  hatten.  Wollen  wir 
Figürliches  bei  Elsheimer  und  Lastman  vergleichen,  so  müssen  wir 
uns  an  die  frühen  vielfigurigen  Werke  Elsheimers  halten,  etwa  an 
den  Brand  von  Troja  in  München,  wo  z.  B.  aucli  so  eine  landsknecht- 
ähnliche männliche  Figur  mit  Federbarett  links  herankommt,  wie 
wir  sie  hier  auf  Lastmans  Bethlehemitischem  Kindermord  wieder- 
finden. Auch  Vosmaer  machte  schon  darauf  aufmerksam,  daß  der 
„Herodes  zu  Pferd"  sehr  stark  an  eine  Figur  Elsheimers  auf  einem 
Stich  von  Soutman*)  erinnere.     Wir  sehen  allenthalben  engen  Anschluß 


*)  „Rembrandl",  Seite  72.  Die  (gegenseitige)  Vorzeichnung  zu  diesem  Stich, 
der  sog.  „Groütürke  zu  Pferd  mit  Gefolge",  befindet  sich  im  Britischen  Museum  in 
London,  katalogisiert  als  Soutman.  Sie  ist  wohl  von  Rubens  nach  Elsheimer;  der 
Stich  trägt  auf  dem  einen  Etat  die  Unterschrift  P.  P.  Ruh.  pinxil,  auf  dem  andern 
Adam  Elzheimer  invenit. 

8*  115 


an  Elsheimer,  und  zwar  an  dessen  frühere  Werke,  sodaß  wir  auch 
auf  diesem  Wege  eher  an  ein  frühes  Bild  Lastmans  denken  müssen. 
Demnach  möchte  ich  die  Entstehungszeit  dieses  Bethlemitischen  Kinder- 
mordes um  1608/09,  eher  noch  etwas  früher  ansetzen. 

Ob  man  es  in  die  „erste  Zeit  von  Lastmans  römischem  Aufenthalt" 
verweisen  darf,  wie  Hermann  Riegel*)  meint,  wage  ich  so  ohne  weiteres 
nicht  zu  entscheiden.  Ich  glaube  eigentlich  doch  eher,  daß  es  auf 
holländischem  Boden,  nach  der  Rückkehr  aus  Italien  gemalt  wurde. 
Die  von  Riegel  beigebrachten  Argumente  für  die  ganz  frühzeitige 
Entstehung:  „die  malerische  Behandlung,  namentlich  die  an  einigen 
Stellen  angebrachten  Halbschatten,  welche  aus  der  Schule  des  Cornelis 
van  Haarlem  herstammen,  und  das  Braun  im  Vordergrunde,  welches 
der  vlämischen  Schule  entlehnt  ist",  sind  doch  nicht  unbedingt  be- 
weiskräftig, stehen  übrigens  einer  späteren  Ansetzung  —  kurz  nach 
der  Heimkehr  aus  Rom  —  nicht  entgegen.  Denn  gerade  in  Holland 
beginnt  sehr  bald  der  Einfluß  von  Cornelis  van  Haarlem  sowohl  wie 
von  vlämischer  Seit«  bei  Lastman  fühlbar  zu  werden  und  die 
spezifisch  Elsheimerischen  Elemente  im  Stile  Lastmans  etwas  zu  ver- 
drängen. Lastman  fängt  an  sich  nach  und  nach  als  selbständiger  Künstler 
zu  fühlen.  Und  indem  er  seiner  besonderen  Neigung  nachgeht,  in 
der  er  es  später  auch  zu  einem  „ganz  persönlichen  Stil"  bringt, 
fühlt  er  sich  auch  wieder  zu  den  Meistern  hingezogen,  von  denen  er 
einst  die  ersten  Lehren  empfing.  Vor  allem  ist  es  Cornelis  van 
Haarlem,  der  in  Holland  wieder  auf  ihn  einwirkt,  sowohl  was  die 
Malweise,  wie  die  Auffassung,  ja  auch  etwas  die  Wahl  der  Vorwürfe 
betrifft;  durch  ihn  wird  er  auch  wieder  mehr  und  mehr  auf  die 
Antike  und  die  großen  Italiener  hingelenkt.  Nur  sieht  er  sie  nun- 
mehr immer  weniger  vom  Standpunkt  Elsheimers  an,  als  wie  von 
dem  der  Haarlemer  akademischen  Meister. 

In  dem  Bilde  Odysseus  und  Nausikaa  (100)  in  Braunschweig  können 
wir  diesen  holländischen  Einfluß  bereits  wahrnehmen.  Dies  Bild 
weicht  von  den  bisher  betrachteten  Frühwerken  nicht  unbeträchtlich 
ab.  Von  dem  tieferen  Nachhall  Elsheimerischer  Naivität  und  Stimmung, 
den  wir  in  den  ersten  kleinen  Büdern  noch  spüren  konnten,  ist  hier 
—  in  den  Figuren  wenigstens  —  so  gut  wie  keine  Spur  mehr 
vorhanden. 


*)  „Beiträge",  Bd.  II,  Seite  205. 

116 


Etwa  zwei  Jahre  Aufenthalt  im  Mutterlande,  zwei  Jahre  in 
einem  Kreise  von  Malern  mit  ganz  anderen  Intentionen  genügten, 
um  den  in  Lastman  solange  noch  durch  Elsheimer  zurückgedämmten 
Geschmack  an  der  gespreizten  Phrerse  neu  zu  beleben.  Gewiß,  es  ist 
nicht  zu  leugnen,  daß  auch  in  Elsheimers  frühen  Bildern  noch  wenig 
von  der  später  zu  Tage  tretenden  einfachen  Stimmung,  die  weniger 
von  seinen  Figuren  als  vielmehr  von  seinen  Landschaften  ausgeht, 
zu  finden.  Auch  feinen  EigurendarsteUungen  merkt  man  stark  die 
Modollpose  an,  es  fehlte  auch  ihm  zunächst  der  Blick  für  abgerundete 
Geschlossenheit  figürlicher  Kompositionen  und  die  Unterordnung  des 
Einzelnen  unter  das  Ganze.  Aber  es  stand  dahinter  doch  ein  Künstler, 
der,  ein  Fremdling  in  Rom,  der  italienischen  Luft  und  der  romanischen 
Ausdrucksweise  zuerst  noch  ungewohnt,  sich  aber  dennoch  auch  in 
der  künstlerischen  Landessprache  auszudrücken  versuchte,  ohne  natür- 
lich gleich  den  Akzent  des  Ausländers  abstreifen  zu  können.  Je 
länger  Elsheimer  aber  in  Rom  weilte,  um  so  deutlicher  erkannte  er 
das  Gebiet,  auf  dem  er  sich  natürlich,  seiner  persönlichen  Eigenart 
entsprechend,  gut  verständlich  machen  konnte;  und  seine  Kunst 
wurde  so  zwar  weniger  italienisch,  aber  immer  persönlicher,  klarer 
und  reiner. 

In  Lastman  dagegen  verlangte  nicht  in  erster  Linie  das,  was 
wir  eine  bestimmte  künstlerische  Grundstimmung  nennen,  nach  Aus- 
druck. Er  wollte  zunächst  wohl  nur  ein  berühmter  Maler  werden, 
und  es  lag  auf  der  Hand,  daß  er  zur  Erreichung  dieses  Zweckes  den 
Weg  einschlug,  auf  dem  er  andere  zum  gleichen  Ziel  hatte  gelangen 
sehen.  Was  dem  holländischen  Publikum,  dem  „gebildeten",  um 
diese  Zeit  gefiel,  war  leicht  herauszufinden.  Diese  Gebildeten  brauchten 
weniger  künstlerische  feine  Stimmung,  da  sie  sich  an  ihrer  eigenen 
„Bildung"  und  „Geistreichigkeit"  schadlos  hielten.  Selbst  nicht 
natürlich  in  ihrem  künstlerischen  Empfinden,  durften  es  die  Kunst- 
werke, die  ihnen  zusagen  sollten,  auch  nicht  sein.  Dabei  hatten  sie 
vor  Italien  einen  nicht  geringen  Respekt. 

Noch  ein  anderer  Umstand  wird  hierbei  für  den  Stil  Lastmans 
mitbestimmend  gewesen  sein,  nämlich  der,  daß  das  künstlerische 
Kolorit  Amsterdams  zu  der  Zeit,  als  Lastman  aas  Italien  zurück- 
gekehrt war,  durch  eine  große  Anzahl  von  aus  Antwerpen  her  ein- 
gewanderten vlämischen  Meistern  eine  ganz  besondere  Note   aufwies. 


117 


Das  waren  zwar  auch  Künstler,  die  vorher  fast  alle  in  Italien  studiert 
hatten,  aber  die  "Wirkung  der  italienischen  Kunst  und  der  Antike 
mußte  auf  sie,  die  von  Natur  lebhafteren  Südniederländer,  ganz  anders 
gewesen  sein,  als  auf  ihre  ruhigen,  schwerfälligeren  nördlichen  Stammes- 
genossen. Die  große  Zahl  der  damals  in  Amsterdam  ansässigen  und 
tätigen  vlämischen  Maler  ersehen  wir  nirgends  besser  als  aus  der 
Liste  der  auf  der  Nachlaßversteigerung  des  Gillis  van  Coninxloo  im 
Jahre  1607  als  Käufer  auftretenden  Künstler.  Es  lohnt  der  Mühe 
wohl,  ihre  Namen  hier  aufzuzählen.  Wir  finden  da  von  Malern 
Barend  van  Someren  mit  seinem  Schüler  Daniel  van  den  Bremden 
(Kupferstecher),  Pieter  Pietersz  mit  seinem  Schüler  Wijnand  Pietersz. 
Die  Maler  Christiaen  und  David  Colyns,  Adriaen  van  Nieuland, 
Frans  de  Caersgieter,  Hans  van  de  Velde;  Francjois  Badens  mit 
seinem  Schüler  Philips  Lysaert,  Gerrit  Bock  (oder  Bück)  aus  Brüssel, 
David  Vinckeboons  mit  seinen  Schülern  Jacob  Quina  und  Jacques 
van  der  Weyden,  Pieter  Stalpaert,  Dirk  Pietersz  mit  Pieter  Jans 
Snoeck,  Jan  und  Guilliam  Basse,  Hans  und  Pieter  Bol,  Joost  Goemare 
und  sein  Schwager  Jacob  Savery,  Cornelis  Ketel  mit  seinen  Schülern 
Gillis  Smissaert,  Pieter  Geelkerken  und  David  Dircksz,  femer  Frans 
Pietersz  de  Grebber  aus  Haarlem,  Com.  van  der  Voort  mit  Pieter 
Luycx,  Paul  Vredeman  de  Vries,  Gerrit  Appelman  und  Hendrik  Stock, 
Isaak  Castelyn,  Pieter  Isaaks  mit  seinen  Schülern  Jan  Claesz.,  Huyg 
Pieters,  Job  Pauwels,  Fran^ois  Venant  und  Avercamp.  Von  vielen 
dieser  Meister  kennen  wir  allerdings  keine  Werke  mehr.  Aber  auch 
schon  diejenigen,  deren  Kunst  uns  deutlich  vor  Augen  steht,  genügen, 
um  zu  zeigen,  daß  Lastman  sich  hier  in  der  Heimat  auch  wieder 
einer  stark  ausgeprägten,  aber  nicht  national  -holländischen 
Kunstrichtung  gegenübergestellt  sah;  sie  konnte  nicht  ohne  Einfluß 
auf  den  immerhin  noch  in  der  Entwicklung  begriffenen  Maler  sein. 
Wir  sehen  also,  wie  die  Verschiedenartigkeit  der  seinen  Stil  mitbe- 
stimmenden Faktoren  wächst.  Es  wird  auf  diese  Weise  auch  immer 
schwieriger,  im  einzelnen  jeden  dieser  Einflüsse  herauszusondern  und 
in  der  Intensität  seiner  Nachwirkung  abzuschätzen. 

In  dem  Braunschweiger  Odysseus  finden  wir  zunächst  wieder 
eine  Annäherung  an  Cornelis  van  Haarlem.  Am  deutlichsten  wohl 
in  der  Figur  des  Odysseus  selber.  Man  sieht  an  ihm  klar,  wie  sehr 
es  Lastman   um  den   schönen   Akt   zu   tun   war,    den   man   wohl   in 

118 


/ergleich  zu  dem  ebenfalls  in  Braunschweig  befindlichen  Bild  des 
Cornelis  van  Haarlem  Venus  und  Adonis*)  bringen  darf.  Der  Adonis 
dieses  Bildes  und  der  Odysseus  Lastmans  sind  Verwandte.  Beide 
haben  die  Starrheit  der  exakten  Modellstudie  gemeinsam,  beide  ähn- 
liche hölzern  wirkende  Arm-  und  Beinbewegungen,  beide  auch  die 
gleichartige,  zeichnerische  sowohl  wie  malerische  Behandlung.  Erstere 
mag  im  allgemeinen  korrekt,  wenn  auch  etwas  zu  abgerundet  sein, 
wo  die  Natur  in  Wirklichkeit  eckiger  ist.  Ein  Fehler,  der  z.  B.  dem 
zeichnenden  Dilettanten  häufig  passiert,  den  der  „Akademiker"  aber 
mit  Bewußtsein  begeht.  Die  Schatten  sind  flau  und  trocken  in  ihrer 
bräunlichen  Färbung.  Auch  sie  runden  und  verweichlichen  die  Form 
zu  sehr.  Die  paar  Halbschatten,  die  sich  gelegentlich  finden,  ver- 
mögen nicht  den  unangenehmen  unfesten  Charakter  der  doch  ganz 
zeichnerisch-plastisch  aufgefaßten  Figuren  zu  beheben  und  ihnen 
malerische  Reize  zu  geben.  Das  lehren  vielleicht  noch  deutlicher 
die  Falten  der  Gewänder.  Sie  sind,  wie  immer  anerkennend 
hervorgehoben  wurde,  „schön  drapiert"  —  aber  sie  haben  eben 
dadurch  an  Natürlichkeit  eingebüßt.  Betrachten  wir  z.  B.  den 
Faltenwurf  im  Rock  der  Nausikaa.  Die  Querbrechung  am  linken 
Knie.  Überall  macht  sich  das  Absichtliche  und  Gesuchte  breit, 
ohne  daß  man  gerade  die  innere  Berechtigung  des  großen 
Aufwandes  einzusehen  vermag.  "Was  die  Art  der  Kostüme  der 
Frauen  betrifft,  so  denken  wir  etwa  an  solche  auf  vlämischen 
Bildern  von  Hendrik  van  Baien  oder  beispielsweise  an  die  Kostüme 
auf  einem  dem  älteren  D.  Teniers  zugeschriebenen  Bilde  Pan,  NympJien 
und  Satyrn  im  Hofmuseum  in  Wien,  wo  die  Brüste  in  ähnlicher  Weise 
völlig  entblößt  sind  und  das  leichte  Gewand  durch  ein  über  die 
Schulter  gelegtes  Band  gehalten  wird.  Wenn  auch  nicht  anzunehmen 
ist,  daß  Lastman  direkt  von  ihnen  die  Vorbilder  für  seine  Kostüme 
nahm,  so  ist  doch  immerhin  die  Tatsache   zu   konstatieren,    daß   sich 


*)  Ein  zweites  Exemplar  in  der  Galerie  Nostitz  in  Prag.  Dies  Bild  ist  mit  dem 
Monogramm  signiert  und  war  nach  dem  Inventar  vom  Jahre  1819  auch  noch  1605 
datiert.  Nach  Riegel,  „Beiträge",  Bd.  II,  Seite  159,  ist  es  nur  eine  alte  Kopie  von 
unbekannter  Hand  des  Originals  in  Braunschweig,  während  die  Direktion  der  Nostitz'schen 
Galerie  es  für  ein  sicheres  Original  hält.  Die  Echtheitsfrage  der  beiden  Bilder  kamt 
hier  nicht  erörtert  werden.  Von  VVurzbach  erwähnt  auch  eine  bezeiclmete  und  1603 
datierte  Wiederholung  in  Stockholm. 


119 


sein  Geschmack  hierin  mit  dem  jener  Vlamen  eng  berührt.*)  Daneben 
finden  wir  zum  ersten  Mal  bei  Lastman  auf  diesem  Bild  ein  größeres 
Stillebenarrangement  aus  Silber-  und  Goldgeschirr,  wozu  die  Erzählung 
den  äußeren  Anlaß  gab.  Mit  großer  Ausführlichkeit  hat  er  diese 
fürstliche  Picknicktafel  gemalt.  Ueber  einzelne  Figuren  haben  wir 
schon  beiläufig  gesprochen.  Sie  äußern  alle  ihren  Schrecken  über 
die  Erscheinung  des  nackten  Odysseus  in  übertriebener  Gestensprache 
und  dabei  doch  in  genau  abgewogenen  Bewegungen  und  Stellungen, 
die  noch  dazu  nach  italienischen  Kompositionsregeln  in  gegenseitige 
(äußerliche)  Beziehung  gebracht  sind.  Links  der  kniende  Odysseus, 
Rechts  als  Pendant  dazu  im  Kontrapost  eine  Dienerin.  Der  gleiche 
Kunstgriff  ist  wiederholt  bei  Nausikaa  und  der  Dienerin  mit  dem 
Turban;  deren  Handbewegungen  korrespondieren  mit  denen  der 
knienden  rechts,  während  die  Gesten  der  Königstochter  mehr  denen 
des  Odysseus  entsprechen.  Das  beste  am  ganzen  Bild  bleibt  auch 
hier  die  Landschaft,  weil  sie  auf  den  unter  Elsheimers  Einfluß  ent- 
standenen Naturstudien  beruht.  "Wir  finden  die  bekannten  großen 
Eichenstämme,  aber  auch  die  feinblätterigen  Bäume  wieder,  deren 
Laub  durch  feine  Tupfen  ganz  reizvoll  wiedergegeben  wird.  Von 
abgestorbenen  Ästen  hängen  noch  ebenso  die  Fäden  herunter  wie  in 
seinen  anderen  "Wäldern,  die  gleichen  Felsen  und  "Wasserfälle  wie 
dort  beleben  hier  die  "Waldesgegend.  Ziegen  suchen  ihre  Nahrung 
am  Felsgestade,  an  dem  das  Meer  brandet.  Und  am  äußersten 
Felsenvorsprung  erhebt  sich  eine  runde  Turmruine  zum  grau  bewölkten 
Himmel.  Das  Kolorit  des  Bildes  ist  bunt  und  kühl.  Bei  männlichen 
Figuren  gibt  Lastman  dem  Fleisch  einen  rötlichbraunen  Ton,  während 
er  den  zarten  Teint  der  Frauen  als  solchen  durch  einen  weißlichen 
weniger  schön  als  deutlich  charakterisiert.  Er  schloß  sich  hierin  an 
die  allgemein  übliche  Gepflogenheit  an. 

In  eine  andere  "Welt  versetzt  uns  das  1611  datierte  Bildchen  im 
Besitze  von  Herrn  Baron  Leon  Janssen  in  Brüssel.  Ein  alter  Einsiedler  (94) 
sitzt  in  schlichtem  Mönchsgewand  in  einer  Felsengrotte  und  liest,  das 


*)  Von  Herrn  Dr.  0.  Fischel  wurde  gelegentlich  die  Frage  aufgeworfen,  ob 
vielleicht  Zusammenhänge  mit  dem  italienischen  Theater  bestehen  könnten.  Insofern 
als  auch  der  ältere  Teniers  gleiche  Kostüme  hat,  der  ja  auch  um  die  Wende  des 
Jahrhunderts  in  Italien  war,  scheint  eine  solche  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen. 
Ich  muß  aber  vorläufig  von  einer  derartigen  Untersuchung  Abstand  nehmen. 

120 


Haupt  auf  die  Hand  gestützt,  in  einem  großen  Buche.  So  tief  ist  er 
in  die  fromme  Lektüre  versunken,  daß  er  der  für  Lastman  wirk- 
lich hübschen  Landschaft  mit  den  gerundeten  Baummassen  und  dem 
lustig  plätschernden  Wald  bächl ein  im  Hintergrund  nicht  achtet. 
Gewiß,  das  Bild  vormag  uns  nicht  in  besondere  Stimmung  zu 
versetzen;  dafür  sind  der  Vordergrund,  die  Zeichnung  und  das  Kolorit 
des  Alten  viel  zu  trocken  und  kühl.  Die  Gesichtszüge,  das  Auge  des 
frommen  Asketen  vermögen  uns  auch  nicht  innerUch  näher  zu  be- 
rühren. Wir  verstehen  höchstens,  daß  sich  aus  solch'  einem  Motiv 
eine  Menge  herausholen  ließe  an  künstlerischen  Stimmungswerten. 

Bisher  haben  wir  nur  solche  Gemälde  betrachtet,  auf  denen  die 
Figuren  den  wesentlichen  Bestandteil  ausmachen.  Reine  Land- 
schaftsbilder —  mit  zurücktretender  kleiner  Figurenstaffage  — , 
wie  solche  von  Lastman  in  einigen  alten  Versteigerungskatalogen  er- 
wähnt werden,  kommen  in  dem  mir  bekannt  gewordenen  noch  er- 
haltenen Gemäldebestand  nicht  mehr  vor.  Man  darf  vielleicht,  auch 
ohne  sehr  fehlzugehen,  annehmen,  daß  derartige  Bilder  von  unserem 
Maler  nur  in  geringer  Anzahl  gemalt  worden  sind.  Denn  die  Zahl 
dieser  nur  als  Landschaft  erwähnten  Gemälde  ist  sehr  gering  im 
Verhältnis  zu  den  Figurendarstellungen,  den  Historienbildern.  Wie  er 
als  Landschafter  arbeitete,  davon  können  wir  uns  —  abgesehen  von 
den  eben  behandelten  Gemälden  —  nur  aus  zwei  graphischen  Blättern 
eine  deutlichere  Vorstellung  machen.  Die  beiden  Radierungen,  um 
die  es  sich  handelt,  sind  nicht  datiert,  werden  aber  schwerlich  einer 
späteren  Zeit  angehören  —  das  heißt  die  Vorlagen  dafür  —  und  sind 
wohl  am  besten  an  dieser  Stelle  zu  besprechen,  da  man  sie  als 
„Elsheimerisch"  zur  ersten  Periode  Lastmans  zu  rechnen  hat.  Es  sind 
zwei  im  Original  verschollene  Landschaften,  deren  eine  in  einer 
Radierung  von  S.  Frisius,  die  andere  in  einer  von  J.  van  Noordt  er- 
halten ist.  Die  Radierung  von  Simon  Frisius*),  die  als  „inventor" 
Lastman  nennt,  führt  uns  in  ganz  kleinen  Staffagefiguren  eine  Szene 
aus  der  Tobiasgeschichte  vor:  der  junge  Tobias  und  der  Eitgd  (40) 
nebst  dem  Hund  ziehen  ihres  Weges,  der  sie  durch  eine  schön 
komponierte,  wirkungsvolle  Gebirgslandschaft  führt.  Die  ganze  linke 
Seite  nimmt  ein  Fluß  ein,  der  zahlreiche  Wasserfälle   bildet   und   im 

*)  üeb.  angeblich  um  1580  in  Leeuwarden  oder  Harlingen,  gest.  vor  1628  im 
Haag,  wo  er  1614  und  später  lebte. 


121 


Hintergrund  von  einem  holxen,  von  einer  italienischen  Stadt  bekrönten 
Felsenberg  herunter  kommt.  "Wir  finden  hier  allenthalben  bekannte 
Motive  neben  gleicher  technischer  Behandlung  (soweit  das  nach  der 
Radierung  zu  erkennen  ist).  Das  rasche  Dahinfließen  des  Wassers 
wird,  besonders  da,  wo  es  über  die  Felsen  schnellt,  auch  noch  in  der 
Wiedergabe  durch  die  Radiernadel  durch  lange  helle  Linien  markiert, 
in  denen  man  noch  das  flotte  Aufsetzen  des  mit  Weiß  gefüllten  Spitz- 
pinsels nachfühlt.  Die  zwei  hohen  Brückenbogen  über  den  Fluß  im 
Hintergrund  fanden  wir  fast  ebenso  schon  auf  der  Berliner  Taufe  des 
Kämmerers  vom  Jahre  1608.  Diese  Landschaft,  von  Frisius  sauber 
in  Stichmanier  radiert,  hat  trotz  der  zusammengestellten  Komposition 
doch  etwas  anziehendes  an  sich,  einen  gewissen  großartig  romantischen 
Zug,  und  gehört  ohne  Frage  zu  den  besten  Leistungen  unseres 
Meisters.  Ob  Frisius  ein  Gemälde  oder  eine  Zeichnung  als  Vorlage 
benutzte,  läßt  sich  mit  Sicherheit  nicht  mehr  entscheiden.  Frisius, 
der  nur  wenig  älter  als  Lastman  ist,  wird  das  Blatt  wohl  vor  seinem 
Aufenthalt  im  Haag,  wo  er  seit  1614  und  später  nachweisbar  ist, 
vermutlich  in  Amsterdam  radiert  haben.  Auch  dieser  Umstand 
spräche  mit  für  eine  frühe  Entsehungszeit  des  Lastman'schen  Originals. 
Die  andere  rein  landschaftliche  Darstellung  ist  uns  durch  eine 
bezeichnete  und  datierte  Radierung  von  Jan  van  Noordt*)  überliefert. 
Auch  sie  ist  ganz  von  der  romantischen  Stimmung,  welche  die  römische 
Ruinenwelt  in  den  nordischen  Malern  wachrief,  erfüllt.  Rechts  erheben 
sich  große  Felsen,  zerklüftet  und  mit  bewohnten  Höhlen  oder  Grotten. 
Auf  der  Höhe  selbst  steht  die  Ruine  des  graziösen  Rundtempelchens 
von  Tivoli,  die  wir  nur  auf  den  frühesten  Gemälden  Lastmans  finden, 
auf  der  Flucht  nach  Äegypten  in  Rotterdam  und  auf  der  Taufe 
des  Kämmerers  in  Berlin,  beide  1608;  auch  die  Anlage  des  Berges 
ist  in  diesen  drei  Fällen  gleich.  Sie  gehen  offenbar  alle  auf  eine 
Naturstudie  zurück.  Links,  nach  einer  Einsenkung,  steigt  der  Boden 
wieder  an  und  bildet  so  die  Kulisse  für  die  in  der  Ferne  liegenden 
anderen  italienischen  Gebäude,  von  denen  uns  das  breite  runde  mit 
dem  flachen  Kuppeldach  noch  eben  in  der  Frisius'schen  Radierung 
und  auf  dem  Einsiedlerbild  von  1611  begegnete.  Das  Ganze  mit 
dem  vielen  Detail  wirkt   etwas   zu   reichlich   und   überladen    —    wie 


*)  Näheres  über  Jan  van  Noordt  hat  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot  in  Oud-Holland, 
Bd.  X.  (1892),  Seite  210(T.  gegeben. 

122 


alle  frühen  Landschaftsgründe,  die  wir  sahen.  J.  von  Noordt  hat 
das  getreulich  mit  der  Nadel  wiedergegebenen.  Daß  die  Radierung, 
auch  wenn  sie  erst  1645  geätzt  wurde,  doch  auf  eine  sehr  frühe 
Arbeit  Lastmans  zurückgehen  muß,  darf  wohl  aus  denselben  Gründen, 
die  wir  oben  anführten,  mit  ziemlicher  Sicherheit  angenommen 
werden.  Auch  bei  diesem  Blatt  ist  dagegen  nicht  genau  festzustellen, 
ob  es  auf  ein  Gemälde  oder  auf  eine  Zeichnung  Lastmans  zurückgeht. 


II 

Vosmaers  Darlegung  der  ersten  Periode  im  Entwicklungsgang 
unseres  Malers  deckt  sich  im  großen  und  ganzen  mit  dem  Bild,  das 
wir  uns  von  seiner  Tätigkeit  in  den  Anfangsjahren  seiner  künst- 
lerischen Laufbahn  machten.  Der  Vosmaer'schen  Schilderung  der 
„Uebergangszeit"  vermögen  wir  jedoch  nicht  mehr  zuzustimmen. 
Sie  erweist  sich  als  falsch,  weil  Vosmaer  zur  Grundlage  ihrer  Dar- 
stellung die  drei  Bilder  in  Braunschweig  machte,  in  denen  nach  ihm 
diese  zweite  Periode  des  Ueberganges  klar  zum  Ausdruck  kommt. 
Insofern  können  wir  Vosmaer  noch  beipflichten,  als  auch  wir  in  dem 
Odysseusbild  von  1609  die  ersten  Anfänge  einer  von  Elsheimer  wieder 
abrückenden  Kunstweise  sich  äußern  sehen,  aber  wir  wiesen  auch 
bereits  auf  den  Irrtum  hin,  den  Vosmaer  mit  der  späteren  Datierung 
des  Bcthlehemitischen  Kindermordes  begeht ;  und  wir  müssen  das  dritte 
der  Braunschweiger  Gemälde,  dessen  Jahreszahl  Vosmaer  im  Anschluß 
an  die  älteren  Kataloge  fälschlich  1613  las,  während  sie  in  "Wirklich- 
keit 1618  ist,  als  typisches  Beispiel  für  die  Uebergangszeit  also 
schon  aus  rein  zeitlichen  Gründen  ausschalten 

Den  weiteren  Verlauf  der  künstlerischen  Entwicklung  Lastmans 
stellt  Vosmaer  dar  erstens  unter  Zugrundelegung  des  caravaggiesken 
Halbfigurenbildes  Manoah  und  seine  Frau,  denen  der  Engel  erscheint, 
das  1864  im  Museum  Boymans  in  Rotterdam  verbrannt  ist.  Da  gar 
keine  Abbildung  von  dem  Bilde  mehr  vorhanden  ist,  so  können  wir 
es  in  unserer  Studie  nicht  mit  in  Rechnung  ziehen.  Auch  sonst 
vermögen  wir  ihm  als  Halbfiguren  bild  in  der  Manier  Caravaggios 


123 


nur  wenig  Bedeutung  beizumessen,  weil  es,  anscheinend  das  einzige  wirk- 
liche caravaggieske  Bild  mit  lebensgroßen  Halbfiguren,  weder  signiert 
noch  dauert  war,  sodaß  seine  Authentizität  als  Werk  Lastmans  für 
uns  durchaus  hypothetisch  bleiben  muß. 

"Weiter  baute  sich  Vosmaers  Schilderung  des  künstlerischen  Ent- 
wicklungsganges unseres  Malers  auf  dem  jetzt  im  Haag  befindlichen  Ge- 
mälde der  Auferweckung  desLazarus  auf,  dessen  von  ihm  1632  statt  1622 
gelesene  Jahreszahl  wieder  Anlaß  zu  irrigen  Folgerungen  geben  mußte.  Zu 
diesen  Trugschlüssen  kamen  zuguterletzt  auch  noch  die  im  Hinblick  auf 
das  vonLastman  angeblich  1629  gemalte  Haarlemer  Bild  der  Anbetung  der 
Hirten,  das  überhaupt  nicht  von  Lastman  herrührt*),  geäußerten 
Ansichten,  durch  die  das  Bild  vom  Ende  der  Entwicklung  unseres 
Malers  vollends  verwirrt  wurde.  Uns  stehen  zur  Behandlung  der 
nächsten  Zeit  nach  1609  bezw.  1611  vier  datierte  Gemälde  zur  Ver- 
fügung: eines  aus  dem  Jahre  1613  und  drei  1614  datierte,  von 
welchen  Vosmaer  nur  zwei  kannte,  und  diese  auch  nicht  einmal  im 
Original  oder  aus  Abbildungen,  sondern  nur  aus  Gedichten  und 
Katalogbeschreibungen  (aber  auch  wieder  nicht  ihr  Datum).  Von 
der  Existenz  der  beiden  anderen  hatte   er   aber   gar   keine  Kenntnis. 

Aus  der  Betrachtung  dieser  vier  Gemälde  werden  wir  sehen, 
daß  sie  —  solange  nicht  noch  andere  Bilder  auftauchen  —  als  die 
ersten  Vertreter  einer  anderen  Schaffensperiode  Lastmans  zu  gelten 
haben,  die  allerdings  ziemlich  plötzlich  und  unvermittelt  einzusetzen 
scheint,  wahrscheinlich  aber  nur  deshalb,  weil  sich  in  der  Reihe  der 
datierten  und  datierbaren  Werke  zwischen  1611  und  1613  eine  Lücke 
befindet.  Die  eigentliche  Übergangsperiode  muß  sich  in  diesen  Jahren 
1609 — 1611 — 1613  vollzogen  haben.  Ihr  gehören  aber  auf  keinen 
Fall  die  beiden  Bilder  Bethlehemitischer  Kindermard  und  König  David 
im  Tempel  Harfe  spielend  in  Braunschweig  an,  auf  die  Vosmaer  mit 
seine  Ausführungen  über  die  Übergangsperiode  stützt. 

Im  Jahre  1613  stellte  sich  Lastman  eine  im  Vergleich  zu  den 
von  uns  bisher  kennen  gelernten  Arbeiten  eine  besonders  große  und 
schwierige  Aufgabe,  diesmal  nicht  im  Anschluß  an  Elsheimer,  sondern 
an  Raffael.  In  diesem  Werke,  dem  großen  Gemälde  in  der  Bremer 
Kunsthalle,  das  den  Sieg  Konstantins  über  Maxentius  an  der  milvischen 

*)  Vergl.  darüber  den  Abschnitt  über  die  Pieter  Lastman  fälschlich  zuge- 
schriebenen Gemälde. 

124 


Brücke  (112)  darstellt,  steckt  andererseits  aber  auch  eine  Menge  von 
Motiven,  die  an  Rubens  denken  lassen  und  die  geradezu  zu  der 
Erwägung  führen,  ob  nicht  vielleicht  dieser  unserem  Maler  zu  jenem 
umfangreichen  Bild  den  ersten  Anstoß  gegeben  hat.  Für  die  Lösung 
dieser  Frage  wäre  es  gewiß  von  Belang,  wie  auch  sonst  sehr  interessant, 
wenn  man  den  Auftraggeber  dieses  in  der  holländischen  Kunst  viel- 
leicht überhaupt  nur  einmal,  durch  Lastman,  behandelten  Themas 
nachweisen  könnte.  Denn  daß  Lastman  nicht  aus  sich  selbst  an  jene 
große  Leinwand  herangegangen  ist,  das  mit  einiger  Sicherheit  anzu- 
nehmen, sind  wir  aus  der  ganzen  Art  des  damaligen  Betriebes,  wo 
die  Künstler  nicht  frei  —  für  Ausstellungen  etwa  —  schufen,  sondern 
Aufträge  ausführten,  wohl  berechtigt.  Noch  dazu  bei  einem  so  großen 
Gemälde  wie  dieses  hier.  Wir  können  die  Geschichte  des  Bildes  aber 
nur  bis  ins  Jahr  1710  zurückverfolgen.  Damals  befand  es  sich  in 
der  Galerie  von  Salzdahlum  und  hing  dort  „in  Herzogs  Zimmer", 
woraus  wohl  auf  eine  besondere  Wertschätzung  desselben  von  Seiten 
des  Herzogs  geschlos.sen  werden  darf.  Wer  es  vordem  besaß  und 
für  wem  es  gemalt  wurde,  entzieht  sich  leider  unserer  Kenntnis.  Es 
muß  deshalb  auch  dahingestellt  bleiben,  wie  Lastman  gerade  an  die 
Behandlung  dieses  Themas  kam.  Nachdem  die  Aufgabe  einmal  ge- 
stellt war,  mußte  er  sich  aber  des  großen  nach  Raffaels  Entwurf  in 
der  Sala  di  Constantino  des  Vatikans  von  Giulio  Romano  ausgeführten 
Freskos  erinnern,  nach  dem  er  an  Ort  und  Stelle  gewiß  auch  einige 
Studien  angefertigt  hatte.  Und  wenn  das  nicht  der  Fall  gewesen 
sein  sollte,  so  besaß  oder  kannte  er  ohne  Frage  einen  Stich  danach. 
Daß  sich  der  Elsheimerkreis  stark  nach  Raffael  bildet«,  dafür  ist 
vielleicht  die  Gruppe  des  seinen  alten  Vater  Anchises  auf  dem  Rücken 
tragenden  Aeneas  auf  Elsheimers  Bild  des  Brandes  von  Troja  in  der 
Münchener  älteren  Pinakothek  das  beredtste  Zeugnis.  Diese  Gruppe 
geht  auf  Raffaels  Brand  im  Borgo  in  der  Stanza  dell'  Incendio  zurück, 
wo  links  vorn  ganz  ähnlich  ein  junger  Mann  seinen  alten  Vater  aus 
dem  brennenden  Stadtteil  herausträgt*).  Lastmans  Konstantvischlacht 
bedeutet  aber  dem  Werke  Raffaels  gegenüber  doch  eine  durchaus 
selbständige  Bearbeitung  des  Themas.     Von  vornherein  ist  sie  natür- 

♦)  Cl.  Moeyaert  hat  diese  Gruppe  ebenfalls  —  und  zwar  in  engerer  Anlehnung 
an  Elsheimer  als  an  Raffael  —  dargestellt  auf  einer  flüchtigen,  aber  ziemlich 
großen  Zeichnung  im  Kupferstichkabinett  in  Berlin. 

125 


lieh  als  Staffeleibild  an  Umfang  viel  kleiner,  in  der  Zahl  der  Figuren 
beschränkter.  An  die  Darstellung  solcher  Massengruppen,  wie  sie 
das  Fresko  aufweist,  wagte  sich  Lastman  doch  nicht.  Er  beherrschte 
ja  auch  bei  weitem  noch  nicht  in  der  Weise  die  menschliche  Gestalt, 
um  mit  ihr  frei  und  ungezwungen  auf  dem  Bilde  schalten  und  walten 
zu  können.  Vielmehr  war  er  noch  stets  eng  ans  Modell  gebunden. 
Nehmen  wir  an,  daß  Lastman  noch  einige  Studienzeichnungen  nach 
jenem  Fresko  besaß,  so  werden  wir  bei  einer  Figur  sofort  das  Vorbild 
wiedererkennen.  Die  große  Rückenfigur  des  mit  dem  Speer  aus- 
holenden Kriegers  auf  der  linken  Seite  vorn.  Wie  dieser  spreiz- 
beinig über  dem  Halse  des  mit  seinem  Reiter  zu  Boden  gesunkenen 
Rosses  dasteht,  so  ähnlich  kämpft  auch  bei  Raffael  der  nur  mit  dem 
Panzer  bekleidete  Krieger  links  von  dem  Schimmel.  Gewiß,  im 
einzelnen  sind  kleine  Veränderungen  vorhanden,  aber  die  ganze  Figur 
selbst,  die  Haltung,  geht  weit  über  Lastmans  Auffassen  und  Gestalten 
hinaus.  Diese  Kriegerligur  kehrt  übrigens  auch  bei  Raffael  wieder, 
und  zwar  in  den  Loggien  auf  dem  Feld  Josua  heißt  die  Sonne  still- 
stehen, und  nochmals  auf  dem  mit  David  und  Goliath.  Diesen  beiden 
letzten  steht  der  Lastmansche  Krieger  sogar  noch  näher,  aber  die 
Stellung  über  dem  hingestürzten  Pferd  weist  doch  auch  auf  die 
Verwendung  jenes  Kriegers  auf  dem  Fresko  der  Konstantinschlacht 
selbst  hin.  So  ist  es  mit  noch  manchen  anderen  Figuren:  der 
Schimmelreiter  Lastmans  wird  immerhin  in  eine  gewisse  Beziehung  zu 
dem  Konstantin  des  Freskos  gebracht  werden  müssen.  Aber  im 
Ganzen  sind  doch  auch  die  einzelnen  Figuren  als  Neuschöpfungen 
Lastmans  nach  dem  lebenden  Modell  anzuerkennen.  Sein  geistiges 
Eigentum  ist  vor  allem  auch  die  ganze  Anlage  und  Komposition  auf 
der  fast  quadratischen  Fläche.  Auf  der  linken  Seite  bildet  die 
Figurenmasse  ein  rechtwinkeliges  Dreieck  mit  der  Bilddiagonalen  als 
Hypotenuse.  Auf  der  rechten  Seite  bilden  die  von  der  Brücke  in 
den  Fluß  herunterstürzenden  Krieger  die  Senkrechte;  wir  haben  also 
als  Grundschema  die  gegen  ein  Dreieck  gestellte  Senkrechte.  Sie 
geben  so  gewissermaßen  die  Seitenkulissen  für  die  Mittel-  und  Hinter- 
grundsdekoration ab,  welch'  erstere  von  dem  mächtigen  Brückenbogen 
gebildet  wird,  unter  dem  hindurch  man  dann  auf  die  den  Hintergrund 
einnehmende  italienische  Flußlandschaft  mit  Hügeln  und  Ruinen, 
blickt,  wo  sich  in  kleinem  Maßstab  der  Kampf  fortsetzt. 

126 


Die  von  der  berstenden  Brücke  rechts  herabstürzenden  Men- 
schenmassen lassen  unwillkürlich  an  Rubens  denken.  Man  kann 
sich  nicht  gut  vorstellen,  das  Lastman  ganz  von  selbst  auf  dies 
Motiv  gekommen  sein  sollte,  das  wir  bei  Raffael,  der  die  Brücke 
überhaupt  stark  in  den  Hintergrund  gerückt  und  nebensächlicher 
behandelt  hat,  nicht  finden.  Wohl  aber  wäre  es  denkbar,  daß  Lastman 
jene  Werke  mit  den  gewaltigen  Menschenstürzen  von  Rubens  kannte. 
Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  war  das  der  Fall  mit  der  Auferstehung 
der  Gerechten  in  München,  (wo  freilich  der  Zug  von  unten  nach  oben 
geht);  oder  bestehen  vielleicht  Zusammenhänge  mit  dem  apokalypti- 
schen Weih  in  München,  dessen  Entstehungszeit  um  1610/12  ange- 
nommen wird?  Oder  aber,  wie  steht  es  etwa  mit  einer  Beeinflussung 
Lastmans  durch  Rubens'  Amazonenschlacht?  Allerdings  müßte  man 
dann  mit  Max  Rooses*)  ihr  von  Rubens'  Neffen  Philipp  mit  „um 
1615"  angegebenes  Entstehungsdatum  etwas  früher,  bald  nach  der 
Rückkehr  des  Rubens  aus  Italien,  um  1610/12  annehmen.  In  diesem 
Falle  könnte  man  sich  verleitet  fühlen,  die  Arbeit  Lastmans  als  ein 
in  unmittelbarem  zeitlichen  und  kompositionellen  Anschluß  an  Rubens 
Werk  anzusehen.  Der  Amazone,  die  bei  Rubens  links  nach  dem 
Fluß  zu  reitet  und  sich  noch  gegen  ihre  Verfolger  umblickt,  entspräche 
bei  Lastman  der  ebenfalls  nach  rechts  in  das  Wasser  flüchtende 
Schimmelreiter.  Ohne  Frage  besteht  zwischen  den  beiden  Figuren 
mehr  als  eine  bloß  zufällige  Aehnlichkeit. 

Dagegen  ist  es  nicht  möglich,  daß  Lastman  von  Rubens'  eigener 
Darstellung  desselben  fl-egenstandes  beeinflußt  worden  ist.  Seine 
heute  in  der  Wallace-Collektion  in  London  befindliche  Skizze  der 
Niederlage  und  des  Todes  des  Maxentius  ist  nämlich  erst  lange  nach 
1613  entstanden.  Sie  gehörte  zu  einer  Reihe  von  12  Oelskizzen,  nach 
denen  die  Rubensschüler  die  von  König  Ludwig  XIII.  bestellten 
Kartons  für  Tapeten  mit  der  Geschichte  Konstantins  anzufertigen 
hatten.  Die  ersten  vier  dieser  Kartons  waren  Ende  November  1622 
in  Paris  eingetroffen.  Die  zwölf  Skizzen  waren  unsprünglich  in  der 
Galerie  Orl«5ans  und  wurden  dort  von  Nie.  Tardieu  gestochen.**) 

Werfen  wir  jedoch  noch  einen  Blick  auf  das  Lastmansche  Werk 
als  solches  unabhängig  von  den  Beeinflussungen,  in  seiner  Bedeutung 

*)  Rubens,  leven  en  werken,  1903,  Seite  139. 
*♦)  Vergl.  M.  Rooses,  L'Oeuvre  de  Rubens,  Bd.  III,  Seite  212 ff. 

127 


für  den  Entwicklungsgang  unseres  Malers.  Mit  diesem  Gemälde 
hat  Lastman  einen  ganz  gewaltigen  Ansatz  gemacht.  Er  stellte  sich 
vor  eine  Aufgabe,  deren  gute  Lösung  einen  ganzen  Künstler  forderte. 
Und  nach  den  voraufgegangenen  Bildern  erwartete  man  gewiß  nicht 
ein  derartiges  Werk.  Mit  Ausnahme  des  Bethlehemitischen  Kinder- 
mordes, der  jedoch  sehr  frühe  und  in  Anlehnung  an  Elsheimer,  sowie, 
was  das  Thema  betrifft,  auch  ganz  im  Sinne  der  Tradition  eine  ähn- 
liche Aufgabe  insofern  bedeutet,  als  miteinander  kämpfende  Menschen 
wiederzugeben  sind  —  so  steht  dennoch  diese  Konstantinschlacht  im 
„Werke"  Lastmans  ohne  vorbereitende  Arbeiten  da  und  blieb  auch 
ohne  Nachfolge.  Abweichend  ist  auch  die  Signatur.  W"ährend  die 
auf  den  vorher  kennengelernten  Gemälden  nur  aus  dem  Monogramm 
bestand,  trägt  dieses  Bild  den  vollen  Namen,  P.  Lastman  fecit  1613, 
in  schön  verschnörkelter  Kursivschrift,  mit  sichtbarer  Befriedigung 
auf  das  vollendete  Werk  aufgemalt. 

Mag  uns  das  Gemälde  künstlerisch  auch  nicht  völlig  befriedigen: 
angesichts  dessen,  was  um  jene  Zeit  in  Amsterdam  in  solchem  Genre 
hervorgebracht  wurde,  können  wir  ihm  unsere  Anerkennung  doch 
nicht  versagen.  Höchst  interessant  ist  das  Bild  auf  jeden  Fall  schon 
allein  des  Themas  wegen.  Und  auch  koloristisch  ist  es  nicht  einmal 
so  übel.  Es  hat,  trotz  der  kräftigen  Lokalfarben  der  verschiedenen 
Gewänder  etwas  toniges.  Als  dekoratives  Wandbild  —  losgelöst  aus 
dem  Rahmen  einer  Galerie,  wo  ihm  durch  den  sich  aufdrängenden 
Vergleich  mit  zahlreichen  künstlerisch  viel  höher  stehenden  Werken 
—  auch  aus  anderer  Zeit  —  Abbruch  getan  wird,  würde  es  seinen 
Platz  sehr  gut  ausfüllen.  Auf  Lastmans  kunstliebende  Zeitgenossen 
in  Amsterdam  wird  das  Gemälde  sicherlich  großen  Eindruck  gemacht 
haben  und  vielleicht  hat  es  den  Ruhm  unseres  Malers  eigentlich  be- 
gründet. Wichtig  ist,  daß  —  für  uns  —  mit  ihm  eine  andere  Periode 
im  Schaffen  Lastmans  einsetzt.  Von  der  mehr  beschaulichen  gemüt- 
vollen Art  Elsheimers  ist  Lastman  nun  geschieden.  Aus  dem  Maler 
kleinerer  Bilder  ist  der  Maler  großer  Historien  geworden,  der  „bedeu- 
tende Vorwürfe"  in  einer  bedeutenden  und  würdigen  Komposition 
auszuführen  gedenkt.  Er  ist  somit  den  umgekehrten  Weg  gegangen 
wie  Elsheimer:  dieser  kam  vom  „Großen"  zum  Kleinen,  zum  intimen 
Reiz  der  Natur;  Lastman,  der  sich  anfangs  in  Rom  auch  auf  diese 
Bahn  leiten  ließ,  verläßt  sie  in  Holland  nur  zu  bald  wieder.     Vielleicht 

128 


hat  das  flache  holländische  Landschaftsbild,  wo  das  an  italienische 
Höhenlinien  gewöhnte  Auge  vergeblich  nach  einem  Anhaltspunkt 
sucht,  seine  eigenen  Reize  dem  Heimgekehrten  nicht  zu  enthüllen 
vermocht,  ihn  sicher  aber  nicht  künstlerisch  anregen  können.  So 
zehrte  er  von  der  Erinnerung  und  den  mitgebrachten  Studien  und 
ließ  sich  im  übrigen  in  das  Fahrwasser  des  holländischen  Akademismus 
hineinziehen. 

Ein  zweites  1613  datiertes  Gemälde,  Christus  am  Kreuz  (77), 
das  auf  der  Versteigerung  Schippers  in  Berlin  1900  vorkam,  ist  mir 
nur  aus  der  dem  Versteigerungskatalog  beigefügten  Abbildung  in 
Autotypie  bekannt.  Danach  ist  jedoch  nicht  zu  entscheiden,  ob  das 
Bild  wirklich  von  Lastman  herrührt.  Ist  es  von  ihm,  was  mir  aber 
nicht  sehr  wahrscheinlich  vorkommt,  so  dürfte  es  nichts  wesentlich 
neues  für  seine  Entwicklung  bieten. 

Die  aus  dem  folgenden  Jahre  1614  datierenden  Gemälde  zeigen 
dagegen  den  Meister  auf  dem  nunmehr  eingeschlagenen  Wege  zur 
Historienmalerei  weiterschreiten.  Es  sind  in  erster  Linie  die  beiden 
Pendants  Faulus  und  Barnabas  in  Lystra  (88)  und  der  Opferatreit 
zwischen  Orest  und  Pylades  (fi8).  Beide  Gemälde  waren  lange  Zeit 
verschollen.  Erst  vor  wenigen  Jahren  sind  sie  wieder  aufgefunden 
und  als  die  hochberümhten  Werke,  die  sie  einst  waren,  wiedererkannt 
worden ;  das  erstere  durch  Dr.  A.  Bredius,  der  es  1902  in  Berlin 
bei  Prof.  Hauser  sah,  als  das  durch  Joost  van  den  Vondel  besungene 
Werk  Lastman  s*).  Der  Besitzer  dieses  Bildes,  Graf  Stetzki,  hatte 
dann  die  Liebenswürdigkeit,  das  Gemälde  eine  Zeitlang  leihweise 
dem  Mauritshuis  im  Haag  zu  überlassen**).  In  dem  andern,  jetzt  im 
Rijksmuseum  in  Amsterdam  befindlichen  Gemälde,  auf  das  mich  s. 
Z.,  als  es  noch  im  Berliner  Kunsthandel  war,  Herr  Dr.  Valentiner 
freundlichst  aufmerksam  machte,  konnte  ich  das  von  Joachim  Oudaen 
besungene  Bild  des  Opferstreites  zwischen  Orcst  und  Pylades  und 
—  noch  bevor  icli  etwas  von  der  Jahreszahl  neben  der  Signatur 
wußte  —  das  Pendant  zu  dem  Paulu,s  und  Barnahas  in  Lystra 
erkennen***).     Beide  Gemälde  sind  Pietro  Lastman  fecit  1614   signiert 


♦)  Kunstchronik,  1903,  Spalte  30  und  56;  Journal  des  D6bats,  1902,  Nr.  vom 

20.  August. 
♦♦)  Vergl.  W.  Martin,  Bulletin  van  den  Ned.    Gudhk.  Bond,  Bd.  III,  Seile  263. 
♦**)  Vergl.  meinen  Aufsatz  im  Bulletin  van  den  Ned.  Oudhk.  Bond,  1908,  Seite  39  ff. 


9 


129 


in  einer  ähnlichen,  nur  nicht  ganz  so  schnörkelreichen,  etwas  kursiven 
Schrift  wie  das  Bremer  Bild.  Diesmal  ist  auch  der  Vorname  voll 
ausgeschrieben  und  zwar  italienisiert :  Pietro.  Ihre  Abmessungen 
sind  gleich  und  stimmen  mit  den  in  alten  Versteigerungskatalogen 
gegebenen  Maßen  überein.  Komposition  und  Malweise  lassen  sie 
auch  deutlich  als  gleichzeitig  entstandene  Gegenstücke  erscheinen. 
Der  Inhalt  tut  ein  weiteres.  In  einem  Falle  wird  der  feste  Glaube 
zweier  Apostel  an  Gott  gefeiert  und  im  anderen  die  unverbrüchlich 
feste  Freundschaft  zweier  Jünglinge  gepriesen,  also  Glaube  und  Treue. 
Auf  jedem  Bild  spielt  ein  feierlicher  Opferzug  die  Hauptrolle. 
In  Feiertagskleidern  kommen  die  Festteilnehmer  mit  Fackeln,  Weih- 
geschenken, Opfertieren  in  langem  Zuge,  dem  die  Musik  voranschreitet, 
heranmarschiert.,  um  vorn  vor  dem  Altar  Halt  zu  machen.  Hier  be- 
finden sich  bereits  die  handelnden  Hauptpersonen  und  machen  ihre 
große  Gebärde,  auf  die  die  Festgenossen  mit  mehr  oder  weniger 
Interesse  ihre  Blicke  richten.  Bezüglich  der  Einzelheiten  in  der  Art 
und  Weise  der  Charakterisierung  der  Figuren,  der  malerischen  Be- 
handlung ist  zu  unseren  früher  gemachten  Beobachtungen  nicht 
viel  neues  hinzuzufügen.  Eigentlich  jede  Figur  ist  für  sich  nach  dem 
Modell  gezeichnet  und  dann  in  das  Kompositionsschema  eingefügt. 
Ein  innerer  Zusammenhang  der  Figuren  und  Gruppen  untereinander 
besteht  nicht.  Der  Zeichnung  der  Figuren  kann  man  Fehlerhaftigkeit 
nicht  nachsagen,  nur  daß  die  Hände  und  Füße  wie  immer  zu  groß 
und  plump  sind.  Dagegen  sind  „zijne  kleederen  natuurlijk  en  vlak 
geplooit".  Die  Farben  sind  etwas  flüssiger  aufgetragen  als  früher, 
die  Farbenstimmung  des  Ganzen  aber  ist  noch  in  jenem  kühlen,  blau- 
grünen Ton  gehalten,  der  auch  für  die  frühen  Bilder  charakteristisch 
ist.  Das  Hauptmotiv  der  Komposition,  die  große  Linie  derselben, 
bildet  der  in  weitem  Bogen  vom  Hintergrund  nach  vorn  schreitende 
Opferzug.  Über  die  Köpfe  der  Vordergrundsfiguren  läßt  sich  unge- 
fähr eine  nach  beiden  Seiten  ansteigende  Kurve  ziehen,  über  der  das 
Auge  freien  Ausblick  nach  dem  Hintergrund  mit  Tempel,  Stadt, 
Obelisk  und  Bildsäule  hat.  Bei  einem  Nebeneinanderhängen  der 
Gemälde  würde  man  dem  Paulus  und  Barnabas-Widi  wohl  den  linken, 
dem  andern  den  rechten  Platz  geben ;  die  Vordergrundsfiguren  fügen 
sich  so  in  der  Mitte  gut  aneinander  an:  an  die  aufrecht  stehende 
Jünglingsfigur  dort  ganz  rechts  schließt  sich  die  stehende  Figur   des 

130 


Henkers  ganz  links  auf  dem  Opferstreit  zwischen  Orest  und  Pylades 
an.     Beide  stehen  mit  dem  Rücken  gegeneinander. 

Bei  dem  Thema  Paulus  und  Barnaha^  in  Lystra  ist  man  geneigt, 
einige  der  zahlreichen  anderen  Behandlungen  dieser  Geschichte  zum  Ver- 
gleich mit  dem  Lastmanschen  Bilde  heranzuziehen.  Manche  wirdLastman 
vielleicht  gekannt  haben,  und  sie  mögen  vielleicht  auch  einen  gewissen 
Einfluß  auf  seine  Darstellung  ausgeübt  haben.  Daß  eines  oder  das 
andere  aber  entscheidend  gewirkt  und  seine  Komposition  wesentlich 
bestimmt  habe,  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  feststellen.  Elsheimer 
hat  das  Opfer  in  Lystra  in  einem  frühen  Bilde  (in  Frankfurt  a.  M.) 
behandelt.  Daß  er  „durch  die  Darstellung  auf  Raffaels  Teppichen 
bestimmt  wurde",  wie  Valentiner  meint*),  ist  wohl  kaum  anzunehmen, 
denn  das  Bild  ist  in  der  Komposition  und  in  Einzelheiten  völlig 
unabhängig  von  Raffael.  Und  ebenso  dürfte  Lastmans  Komposition 
dieses  Gegenstandes,  die  von  der  Elsheimers  noch  mehr  abweicht, 
als  dessen  eigene  von  Raffael  nicht  durch  Elsheimers  Bild  angeregt 
sein,  was  Valentiner  an  derselben  Stelle  auch  annimmt.  Lastman 
läßt  die  ganze  Szene  nicht  innerhalb  der  Stadt,  sondern  draußen 
vor  den  Toren  sich  abspielen.  Er  ist  auch  deutlicher,  drastischer  als 
Elsheimer  im  Erzählen  des  Vorganges.  Die  beiden  Apostel  stellt  er 
links  auf  eine  Estrade,  sodaß  sie  die  anderen  Figuren  überragen,  und 
die  ausgestreckten,  sich  scharf  vor  dem  Himmel  abhebenden  Arme 
des  Barnabas  ziehen  sofort  die  Aufmerksamkeit  des  Beschauers  zuerst 
auf  die  Helden.  Vor  allen  Dingen  hat  aber  Lastman  etwas  in  seine 
Darstellung  hineingebracht,  was  weder  bei  Raffael  noch  bei  Elsheimer 
zu  lindeu  ist:  den  langen  heranschreitenden  Zug  der  Menschen,  der 
sich  bis  weit  in  den  Hintergrund  des  Bildes  fortsetzt.  Man  i.st  ver- 
sucht, hierzu  irgend  eine  Anregung  in  dem  berühmten  Triumphzug 
Cäsars  von  Mantegna  zu  sehen,  den  Lastman  gewiß  gekannt  haben 
wird.  Indessen  läßt  sich  das  nur  ganz  vermutungsweise  sagen,  da 
Übereinstimmungen  in  Einzelheiten,  die  ein  direktes  Zurückgehen  auf 
Mantegnas  Werk  als  Vorbild  gewiß  machen  könnten,  fehlen.  Am 
ehesten  ließen  sich  auf  dem  Amsterdamer  Bild  des  Opferstreites  zwischen 
Orest  und  Pylades  die  ganz  rechts  herankommenden  Musikanten,  der 
Muschelhornbläser,  mit  denen  auf  dem  achten  Bild  des  jetzt  in  Hamton 
Court   befindlichen   Originales   von   Mantegna   vergleichen,   auch    der 

♦)  Rembrandt  und  seine  Umgebung,  Seite  108  Anmerkung  3. 


8* 


131 


Knabe  mit  dem  Tamburin  vorn  fast  in  der  Mitte  dort  mit  dem  jungen 
Triangelschläger  bei  Lastman.  Abgesehen  davon  auch  die  Masken, 
Götterbüsten,  Rüstungen  u.  s.  w.,  die  auf  Stangen  emhergetragen  werden. 

Ganz  allgemein  darf  man  wohl,  was  diese  Art  von  Festzügen 
und  Begegnungen  von  zweien  betrifft,  auf  Venedig  verweisen.  Dort 
waren  jene  Prozessionen  und  festlichen  Aufzüge  auch  in  Wirklichkeit 
in  hohem  Schwange.  Die  Maler  —  man  denke  an  Gentile  Bellini, 
Carpaccio  —  haben  sie  mit  Vorliebe  dargestellt,  ebenso  wie  man  (z.  B. 
bei  Carpaccio)  Predigten  eines  auf  einem  Postament  stehenden  Heiligen 
findet,  die  man  auch  mit  einem  gewissen  Recht  etwa  neben  Lastmans 
Opfer  in  Lystra  stellen  darf  {Predigt  des  heiligen  Steplianus  im  Louvre, 
Predigt  des  heiligen  Markus  in  BerHn*)).  In  diesem  Zusammenhange 
dürfte  auch  beiläufig  darauf  hingewiesen  werden,  daß  noch  heute  in 
Holland  bei  besonderen  Gelegenheiten  Aufzüge  sehr  beliebt  sind.  So 
werden  alle  fünf  Jahre  von  den  Universitäten  und  technischen  Hoch- 
schulen große  „Maskeraden"  veranstaltet,  bei  denen  zuweüen  auch 
die  Königin  als  Zuschauerin  zugegen  ist. 

Die  beiden  langen  Gedichte,  die  auf  die  Gemälde  gemacht  wurden, 
von  Hollands  größtem  Dichter  Joost  van  den  Vondel  das  eine,  das 
andere  von  Joachim  Oudaen,  deuten  darauf  hin,  daß  sich  die  BUder 
damals  großer  Berühmtheit  erfreuten,  d.  h.  wohl  sofort  nach  ihrem 
Entstehen  und  zu  Lebzeiten  Lastmans.  Auch  der  Umstand,  daß  sie 
sich  später,  nach  1676,  dem  Datum  der  Versteigerung  R.  v.  d.  Wolf, 
in  dessen  Besitz  das  eine  Bild  bereits  1657  war,  zusammen  in  der 
Sammlung  des  Jan  Six  befanden  (der  das  von  Vondel  besungene 
schon  lange  besaß),  weist  darauf  hin.  Und  noch  mehr  die  hohen 
Preise,  die  noch  im  Jahre  1702  für  jedes  dieser  Gemälde  bezahlt 
wurden,  nämlich  230  und  200  Gulden.  Höhere  Preise  brachten  auf 
jener  Auktion  des  Nachlasses  von  Jan  Six  nur  noch  einige  Bilder  von 
Rembrandt,  so  Nr.  38  Predigt  Johannis  des  Täufers,  Grisaille  (jetzt 
in  Berlin):  710  fl.,  Porträt  der  Saskia  (jetzt  in  Cassel,  Bode  Nr.  150): 
510  fl.,  während  Nr.  40,  ein  „sehr  gutes"  Büd  Abraham  bei  den  Engeln 
von   Rembrandt    nur   31  fl.  10  stuiver   brachte.     (Dies   letztere   wird 


*)  Rembrandt  hat  eine  Zeichnung  Carpaccios,  jetzt  im  Besitze  des  Herzogs 
von  Devonshire  in  Chatsworth,  die  auch  so  eine  Predigt  eines  Heiligen  darstellt, 
genau  kopiert.  (Abbildungen  in  Preuß.  Jahrbuch,  1894,  bei  Hofstede  de  Groots 
Aufsatz  „Entlehnungen  Rembrandts". 

132 


nach  Hofstede  de  Groot*)  das  Gemälde  in  St.  Petersburg,  Bodo 
Nr.  223  sein.  Nach  Vosmaer**)  war  es  ein  6V2:8'/2Zoll  großes  Bild, 
1646  datiert  und  von  John  Smith***)  unter  Nr.  2  beschrieben,  nach 
dem  es  in  den  Sammlungen  Benj.  West  (versteigert  1820,  290  gs.), 
J.  Haldiman  und  zuletzt  1636  in  der  Sammlung  Eichard  Sanderson  in 
London  war.  Das  Bild  der  Eremitage  ist  viel  größer,  121,5: 162,5  cm, 
und  um  1636/37  zu  datieren).  Von  anderen  Bildern,  die  auf  jener 
Versteigerung  vorkamen,  seien  noch  erwähnt:  Nr.  37  Die  drei  Könige 
von  Jan  Schorel:  30  fl.,  Nr.  41  Ein  großes  Stück,  eine  Morgenstunde 
von  Jan  Asselijn:  112  fl.,  Nr.  48  Simeon  im  Tempel  von  Jan  Lievens: 
50  fl.,  Nr.  57  Schachspieler  von  Lukas  van  Leyden:  30  fl.,  Nr.  86 
Ein  stilles  Wasser  mit  Schiffen  von  Jan  van  Goyen:  18  fl.,  Nr.  89 
Lebensgroße  Porträts  eines  Mannes  und  einer  Frau  von  Frans  Hals: 
32  fl.f).  Auch  unter  den  Preisen,  die  fär  Lastmans  Bilder  im  all- 
gemeinen bezahlt  wurden,  nehmen  die  hier  auf  der  Auktion  Jan  Six 
erzielten  —  soweit  wir  nach  den  noch  erhaltenen  Angaben  urteilen 
können  —  eine  hervorragende  Stelle  ein.  Man  muß  bedenken,  daß 
diese  Preise  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  bezahlt  wurden,  in  dessen 
Verlauf  alle  bekannten  Bilder  von  Lastman  weit  unter  100  fl. 
Marktwert  besitzen. 

Aber  auch  an  sich  betrachtet,  bedeuten  diese  beiden  Gemälde 
im  Vergleich  zu  dem,  was  Lastman  früher  malte,  einen  Fortschritt 
—  auf  dem  Gebiete  des  Historienbildes.  Mit  ihnen  hatte  er  das 
getroffen,  was  das  gebildete  Publikum  gern  hatte.  "Wo  es  sich  mit 
Behagen  in  die  ihm  bekannte  Erzählung  an  der  Hand  des  Gemäldes 
hineinversetzen  und  dieses  prüfend  mit  dem  Text  vergleichen  konnte. 
Die  langen  Gedichte  sind  so  auch  sehr  bezeichnend  für  die  Art  des 
Kunstgenießens  und  Kunstverstehens  jener  Kreise,  für  die  Lastman 
hiermit  zur  berühmten  Modegröße  wurde.  Von  nun  an  ändert  sich 
nichts  wesentliches  mehr  in  seiner  Gestaltungsweise,  er  hatte  es  nun 
nicht  mehr  weiter  nötig,  nach  Dingen  zu  suchen,  durch  die  er 
besonders  gefallen  könnte. 

*)  Die  Urkunden  über  Rembrandt,  Seite  üi. 
**)  Rembrandt  .  .  .  .,  Seite  264  und  540. 

***)  A  Catalogue  raisonnö   of  tlie  Works   of  the  most    eminent  Dutch,   Flemish 
and  French  Painters  .  .  .  .,  Bd.  VII,  London  1836. 
t)  Vergl.  Oude  Kunst  in  Nederland.   F.tsen  van  Wilm.  Steelink...  met  Tekst 
van  J.  F.  van  Someren,  Seite  10. 


133 


Fassen  wir  dies  alles  zusammen,  so  dürfen  wir  gerade  von  diesen 
beiden  Gemälden,  wozu  auch  noch  die  Konstantinschlacht  zuzurechnen 
ist,  mit  dem  meisten  Recht  als  von  seinen  „Hauptwerken'*  sprechen, 
wenn  auch  diese  Bezeichnung  noch  für  einige  andere  Gemälde  in 
Katalogen  und  dergl.  in  Anspruch  genommen  wird. 

Ein  drittes  Bild  aus  dem  Jahre  1614,  das  nach  Semeonoff*) 
die  Karawane  der  Frau  des  Abraham  auf  dem  Wege  zur  Residenz 
des  Melchisedek  (3)  darstellt,  befand  sich  früher  in  der  Sammlung 
Solovieff  in  St.  Petersburg.  Wo  das  Bild  jetzt  ist,  konnte  ich  leider 
nicht  ermitteln,  auch  ist  mir  keine  Abbildung  danach  bekannt 
geworden.  Es  wäre  eine  Vergleichung  mit  den  beiden  anderen 
Gemälden  gewiß  interessant  gewesen,  da  es  auch  wieder  einen  Zug 
von  Menschen  wie  jene  darstellt.  Und  ebenso  wäre  es  interessant 
gewesen,  ihm  das  zehn  Jahre  später  gemalte  Bild  des  Abraham  mit 
den  Seinigen  auf  dem  Wege  nach  Kanaan  in  der  Sammlung  A.  Lürman 
in  Bremen  vergleichsweise  entgegenzusetzen. 

Das  Thema  ist  in  Holland  nicht  oft  behandelt  worden.  Bei 
Moeyaert  finden  wir  es  wieder  in  dem  ehemals  in  der  Sammlung 
W.  Dahl  in  Düsseldorf  gewesenen  Bilde  von  1628,  Abraham,  der  von 
Gott  die  Weisung  erhält,  in  das  Land  Kanaan  zu  ziehen,  das  sich  jetzt 
im  Besitze  von  Herrn  D.  S.  Granaat  in  Amsterdam  befindet.  Von 
Moeyaert**)  wurde  vielleicht  Paul  Potter  angeregt,  von  dem  ein  Bild 
von  1640,  Einzug  Abrahams  in  Kanaan  vom  Germanischen  Museum 
in  Nürnberg  1892  auf  der  Versteigerung  Hoch  erworben  sein  soll***). 
(„Die  Herden  sind  hier  zum  Mittelpunkt  der  Darstellung  gemacht. 
Die  .Figuren  sind  noch  steif  und  konventionell  und  verraten,  wie 
die  Landschaft,  den  Einfluß  von  Moeyaert"  f). 

Für  Lastman  selbst  dürfte  die  Anregung  zu  solchem  Thema  aus 
Italien  gekommen  sein,  imd  zwar  von  Seiten  der  Bassani,  die  mit 
Vorliebe  solche  Vorwürfe  behandelten,  die  Gelegenheit  boten,  eine 
unterwegs  befindliche  Viehherde   mit  Hirten  darzustellen. 


*)  Katalog  seiner  Gemäldesammlung,  1906,  Seite  XXXI. 
**)  Nach  Bredius  ist  er  Paul  Potters  Lehrer  in  Amsterdam. 
***)  Ich  habe  das  Bild  im  Germanischen  Museum  nicht   linden  können,   auch 
nicht  im  Katalog  von  1909. 
t)  B  o  d  e,  Rembrandt  und  seine  Zeitgenossen,  II.  Aufl.,  Seite  178. 


134 


In  demselben  Jahre  1614  sehen  wir  Lastraan  noch  ein  anderes 
Problem  behandeln,  die  Darstellung  des  nackten  weiblichen  Körpers. 
Um  den  im  Rahmen  einer  biblischen  Geschichte  darstellen  zu  können, 
wählte  er,  wie  es  so  oft  geschah,  die  Susannaerzählung.  Das  Ge- 
mälde ist  erst  in  jüngster  Zeit  in  Deutschland  bekannt  geworden  und 
gegenwärtig  vom  Besitzer,  Herrn  Staatsrat  P.  Delaroff  in  St.  Petersburg, 
dem  Kaiser  Friedrich-Museum  zur  leihweisen  Ausstellung  überlassen 
worden.  *)  Besonderes  Interesse  verdient  das  Bild  in  erster  Linie  aus 
dem  Grunde,  weil  es  vom  jungen  Rembrandt  in  einer  Rötelzeichnung 
kopiert  wurde  und  bei  seiner  eigenen  Behandlung  des  Susannathemas 
später  nachwirkte.  Wir  werden  darauf  an  anderer  Stelle  näher  eingehen. 
Hier  ist  nur  festzustellen,  daß  das  Bild  mit  dem  rosa  schillernden 
Gewand  des  rechts  stehenden  Alten,  dem  braunen  des  andern  und 
dem  blauen  Mantel,  auf  dem  die  Susanna  sitzt,  alles  vor  einer 
dunkelgrünen  Blätterwand,  koloristisch  sehr  befriedigt.  Störend 
wirkt  nur  der  knitterige  unnatürliche  Faltenwurf  in  dem  Gewand  des 
einen  Alten.  Es  ist  nicht  ganz  klar,  ob  Lastman  dadurch  die  Dünne 
des  Stoffes  besonders  hervorheben  wollte,  oder  ob  er  damit  die  innere 
Erregung  des  in  seiner  vorgebeugten  Haltung  auch  nicht  sehr  gut 
wirkenden  Alten  auch  äußerlich  andeuten  wollte.  Jedenfalls  sind  sie 
in  diesem  Falle  besonders  fahrig  und  kraus. 

Wir  können  bei  Lastman  gewissermaßen  zwei  Hauptarten  von 
Gewandfalten  unterscheiden.  Einmal  sind  es  lange,  glatte  runde 
Faltenrücken,  bisweilen  in  grader  Lienie  verlaufend,  bisweilen  in 
Biegungen  den  Körperformen  nachgehend.  Meist  handelt  es  sich 
dann  um  Kleider  aus  schwereren  Stoffen,  vornehmlich  bei  Männern 
in  mantelartigen  Gewändern.  Aber  häufig  artet  das  auch  zur  Manier 
aus,  indem  diese  runden  Faltenrücken  sich  wenden  und  biegen,  ohne  daß 
die  Ursachen  solcher  starken  Windungen  ersichtlich  wären.  Es  verbindet 
sich  da  die  eine  Art  mit  der  andern,  die  Lastman  bei  Gewändern 
aus  dünnen  Stoffen  anzuwenden  pflegt.  Um  diese  gut  zu  charak- 
terisieren, gibt  er  ein  krauses  Hin  und  Her  vom  kleinen  Falten 
und  Fältchen,  deren  Rücken  in  solchen  Fällen,  wo  es  sich  um  knitterige 
Seidenstoffe  handelt,  durch  aufgesetzte  starke  Lichter  in  ihrer  Wirkung 
noch  verstärkt  werden.  Diese  Faltenmalerei  erinnert  dann  fast 
etwas  an  die  von  Tintoretto  und  seiner  Schule  ausgebildete  Art,   bei 

*)  Amtliche  Berichte  aus  den  Künigl.  Kunstsammlungen,  1908,  Seite  8ö. 


135 


der  eine  große  Gefahr  die  ist,  daß  der  ganze  Aufwand  an  Falten 
durch  ein  bloßes  Aufsetzen  von  hellen  hin-  und  herlaufenden  Falten- 
linien auf  dunklem  Grund  bestritten  wird. 

Der  Körper  der  Susanna  ist  ganz  hübsch,  hält  sich  aber  im 
Grunde  auf  gleicher  Stufe  wie  der  männHche  Akt  des  Odysseus  auf 
dem  Braunschweiger  Bild  von  1609.  Die  Landschaft  tritt  stark 
zurück.  Es  ist  nur  eine  dunkle  Blätterwand,  durch  die  man  links 
einen  Ausblick  auf  ein  ebenfalls  ziemlich  flächenhaft  wirkendes  tempel- 
artiges Gebäude  in  einem  Garten  hat. 

Im  Louvre  ist  Lastman  durch  ein  Bildchen  vom  Jahre  1616 
(monogrammiert)  Abraham  im  Begriff  den  Isaak  zu  opfern  (11)  nicht 
schlecht  vertreten.  Das  kleine  Gemälde  war  früher  in  W.  Bürgers 
Sammlung  und  wurde  auf  der  Versteigerung  derselben  (Mad.  Lacroix 
in  Paris,  1892)  mit  ganzen  180  frcs.  bezahlt.  Auf  der  Versteigerung 
Paul  Mantz,  1895,  gab  die  Louvreverwaltung  dafür  250  frcs.  aus. 
Der  farbige  Gesamteindruck  ist  —  im  Gegensatz  zu  jenem  Susanna- 
bild —  kühl  bei  fast  keinen  Lokalfarben;  grünlichschwärzliche 
Sepiatöne  überwiegen.  Die  Fleischfarbe  des  nackten  Isaak  ist  eben- 
falls kalt,  weißlich  mit  grünlichen  Schatten.  Allen  Farben  fehlt  der 
Zusatz  des  wärmenden  Ockers.  Die  Zeichnung  der  etwas  kompliziert 
sitzenden  Aktfigur  ist  nicht  schlecht,  aber  trocken  und  auch  etwas 
schematisch.  Jedenfalls  merkt  man  der  Figur  an,  daß  sie  von  einem 
Maler  stammt,  der  in  der  Behandlung  des  Aktes  eine  gewisse  Routine 
besitzt.  Der  in  Verkürzung  gegebene  Kopf,  ebenso  wie  der  vom 
Himmel  heranschwebende  Engel  deuten  darauf  hin,  daß  Lastman 
vor  schwierigen  perspektivischen  Zeichenproblemen  nicht  zurück- 
schreckte. 

Diese  Fassung  des  Isaakopfers  wird  wahrscheinlich  nicht  die 
erste  gewesen  sein.  Die  GrisaiUe,  die  Dr.  Bredius  dem  Rijksmuseum 
in  Amsterdam  schenkte  (10),  dürfte  wohl  vorausgegangen  sein.  Die 
Körperbehandlung  ist  da  gröber,  der  schwebende  Engel  nicht  eben 
glücklich.  Dagegen  ist  der  Abraham  der  Grisaille  dem  auf  dem 
Louvrebild  vorzuziehen. 

Ein  drittes,  sehr  grobes  Opfer  Abrahams  (12)  besitzt,  wie  mir 
Herr  Staatsrat  P.  Delaroff  mitteilte,  Herr  Suroff  in  St.  Petersburg. 
Ich  konnte  über  dies  Gemälde  leider  keine  nähere  Auskunft 
erhalten. 

136 


Dr.  Bredius*)  und  Dr.  Valentiner**)  haben  bei  Erwähnung  der 
Amsterdamer  Grisaille  bemerkt,  daß  sie  an  Rembrandts  Opfer 
Abrahams  iu  der  Eremitage  erinnere.  Nach  der  andern  Seite  hin 
kann  man  dann  auch  auf  Rubens'  Darstellung  verweisen,  die  Lastman 
vielleicht  gekannt  hat  (Original  oder  Werkstattarbeit  in  der  Sammlung 
J.  Unger  in  Cannstatt,  Abb.  bei  A.  Rosenberg,  Rubens,  Klassiker 
der  Kunst,  Bd.  V,  Seite  47),  und  am  stärksten  fast  an  ein  Gemälde 
von  Domonico  Feti  in  russischem  Privatbesitz.  Dies  entspricht 
eigentlich  genau  der  Lastmanschen  Auffassungsweise,  nur  ist  es 
größeren  Formates:  100X77  cm.  Aber  es  ist  hier  doch  auch  wieder 
sehr  fraglich,  ob  Lastman  das  Bild  des  einige  Jahre  jüngeren  itali- 
enischen Malers  selbst  gekannt  hat,  der  allerdings  auch  in  Rom  war, 
oder  ob  die  Verwandtschaft  nicht  nur  in  der  ähnlichen  künstlerischen 
Wesensart  der  beiden  begründet  liegt,  die  sich  im  Anschluß  an  die 
Eklektiker  und  Naturalisten  gebildet  hatten.  Dabei  ist  dem  D.  Feti 
als  Italiener  von  Natur  aus  mehr  Schwung  und  Größe  der  Auf- 
fassung zu  eigen. 

Aus  dem  nächsten  Jahre,  1617,  ist  uns  im  Rijksmuseum  in 
Amsterdam  ein  größeres  Gemälde  (64)  erhalten,  dessen  Darstellung 
dort  als  „Christus,  den  Aussätzigen  heilend"  gedeutet  wird.  Dieser 
vom  Katalog  dem  Bilde  gegebenen  Benennung  kann  ich  mich  nicht 
anschließen,  denn  dies  Motiv  der  Heilung  wird  nur  ganz  nebensäch- 
lich angedeutet:  links  im  Schatten,  kaum  zu  unterscheiden,  fährt  man 
einen  Kranken  —  Gichtbrüchigen  oder  Aussätzigen?  —  auf  einem 
Karren  nach  vorn  zu.     Weder  die  Heilung  des  Aussätzigen***),  noch 


*)  Im  Amsterdamer  Katalog. 

**)  Rembrandt  und  seine  Umgebung,  Seite  108. 

***)  „Und  es  kam  zu  ihm  ein  Aussätziger,  der  bat  ihn,    kniete  vor  ihm  nieder 

und  sprach  zu  ihm :    Willst  du,  so  kannst  du  mich  wold  reinigen.    Und  es  jammerte 

Jcsuni   und   reckte   die  Hand   aus,    rührte    ihn  an   und   sprach:    Ich  will's  tun;   sei 

gereinigt!    Und  als  er  also  sprach,    ging   der  Aussatz  von   ihm    und   er   ward   rein. 

Und  Jesus  bedräuete  ihn    und  trieb  ihn  alsbald  von  sich   und  sprach  zu  ihm:   Siehe 

zu,  daß   du  niemand  nichts  sagest;   sondern  gehe  hin    und  zeige  dich    dem  Priester 

und  opfere  für  deine  Reinigung    und  was  Mose  geboten  hat,    zum  Zeugnis  über   sie. 

Er  aber,  da  er  hinauskam,  luib  er  an,  und  sagte  viel  davon  und  machte  die  Geschichte 

ruchbar,   also  daß    er    liinfort   nicht  mehr  konnte  öffentlich  in  die  Stadt  gehen  .  .  " 

Markus  2, 0)  ff.    Die  beiden  anderen  Stellen  bei  Matth.  8,  2—4  und  Lukas  6, 12—14.) 

137 


die  Geschichte  vom  Gichtbrüchigen*)  kann  man  als  dargestellt  an- 
nehmen. Das  Hauptthema  wäre  doch  zu  nebensächlich  behandelt, 
und  die  kniende  weibliche  Figur  ließe  sich  dann  nicht  erklären. 
Sieht  man  also  von  der  Darstellung  der  Heilung  eines  Kranken  ab 
und  versucht  allein  die  Vordergrundsszene  zu  deuten,  so  kommen 
zwei  Geschichten  in  Frage:  die  von  der  Ehebrecherin  vor  Christus 
und  die  vom  kananäischen  Weibe.  Die  Geschichte  der  Ehebrecherin 
kann  aber  auch  nicht  dargestellt  sein,  denn  die  Komposition  weicht 
zu  sehr  vom  Bibeltext  ab.  Sie  ginge  nicht,  wie  es  im  Anschluß 
an  den  Text  gewöhnlich  der  Fall  ist,  im  Tempel  vor  sich,  und  wir 
sehen  auch  nicht,  daß  Christus  die  bekannten  Worte  auf  den  Boden 
schreibt.  Dann  bleibt  die  Geschichte  von  Christus  und  dem  kananäischen 
Weibe**)  übrig,  die  meines  Erachtens  auch  wirklich  dargestellt  ist: 
„Und  siehe,  ein  kananäisch  Weib  ging  aus  derselbigen  Grenze  und 
schrie  nach  ihm  und  sprach:  Ach  Herr,  du  Sohn  Davids,  erbarme 
dich  mein!  Und  er  antwortete  ihr  kein  Wort.  Da  traten  zu  ihm 
seine  Jünger,  baten  ihn  und  sprachen:  Laß  sie  doch  von  dir,  denn 
sie  schreit  uns  nach.  Er  antwortete  aber  und  sprach:  Ich  bin  nicht 
gesandt  denn  nur  zu  den  verlorenen  Schafen  von  dem  Hause  Israel. 
Sie  kam  aber  und  fiel  vor  ihm  nieder  und  sprach:  Herr  hilf  mir!  Er 
aber  antwortete  und  sprach:  Es  ist  nicht  fein,  daß  man  den  Kjndern 
ihr  Brot  nehme  und  werfe  es  vor  die  Hunde.  Sie  sprach:  Ja  Herr; 
aber  doch  essen  die  Hündlein  von  den  Brosamen,  die  von  ihrer 
Herren  Tisch  fallen.  Da  antwortete  Jesu  und  sprach  zu  ihr:  0  Weib, 
dein  Glaube  ist  groß,  dir  geschehe  wie  du  willst.  Und  ihre  Tochter 
ward  gesund  zu  derselbigen  Stunde."  Wir  haben  hier  auch  die 
textliche  Erklärung  für  das  Vorhandensein  der  brotessenden  Kinder 
und  der  tanzenden  Hunde,  die  Jesus'  Wort  „es  ist  nicht  fein,  daß 
man  den  Kindern  ihr  Brot  nehme  und  werfe  es  vor  die  Hunde" 
illustrieren  sollen. 

Dies  Büd  von  1617  ist  nicht  in  dem  kühl-blaugrünen  Ton  der 
frühen  Gemälde  gemalt,  sondern  in  einem  wärmeren  braunen.  Den 
weißen  großen  Wolken  des  warmblauen  Himmels  ist  auch  durch 
Znsatz   von   Ocker    die   frühere  Kühle  genommen.     Lastman  variiert 


ö"- 


*)  Matth.  9,  2. 
**)  Matth.  15,  22  ff.  (Markus  7,  24—30). 


138 


iier  auch  reichlich  in  der  Beleuchtung,  er  gibt  scharfe  Licht-  und 
Schattenkontraste,  von  denen  am  interessantesten  wohl  die  silhouetton- 
haften  Figuren  rechts  im  Mittelgrunde  sind.  Die  Neigung  hierzu 
ließ  sich  freilich  schon  auf  den  Zeichnungen  von  1603  erkennen  und 
ist  der  ganzen  Malergruppe,  zu  der  Lastman  gehört,  eigen. 
Wir  finden  solche  Figuren  später  auch  auf  Rembrandts  frühen 
Bildern  mit  Vorliebe  angebracht. 

Es  begegnet  uns  auf  diesem  Gemälde  aber  noch  etwas  anderes, 
was  wir  von  dem  bislang  ernsten,  sachlichen  Meister  eigentlich  nicht 
erwarteten:  lustige  genrehafte  Motive.  Daß  er  die  Hunde  vom 
tanzen  läßt,  und  dann  die  die  linke  Ecke  füllende  Kindergruppe.  Hier 
knüpft  Lastman  scheinbar  an  Rubens  an.  Man  vergegenwärtige  sich 
dessen  zahlreiche  Darstellungen  von  Kindergruppen,  deren  Reihe 
mit  dem  nach  Max  Rooses*)  1602  gemalten  Bild  Jtomidus  und  Rermia 
in  der  Galerie  des  Kapitols  beginnt,  das  zu  den  ersten  von  Rubens 
in  Rom  gemalten  Bildern  gehört.  Auf  dem  "Wege  über  Rubens 
dürften  aber  wieder  die  Erinnerungen  an  derartige  besonders  häufig 
bei  den  Venezianern  vorkommende  Genremotive  wachgerufen  worden 
sein.  Die  beiden  blonden  Kinder  auf  diesem  Bilde  werden  wohl 
nicht,  wie  Franz  Arp**)  meint,  allein  der  „ingenoemenheid  des 
meesters  met  de  verschijningen  van  het  dagelijksche  leven"  zu 
verdanken  sein. 

Die  Komposition  ist  ganz  nach  dem  Dreiecks schema  aufgebaut. 
Es  läßt  sich  von  links,  bei  den  Kindern  angefangen,  bis  zum  Kopf 
Christi  als  Spitze,  und  dann  wieder  nach  rechts  über  die  kananäische 
Frau,  bis  in  die  rechte  untere Bildecko  ein  Dreieck  konstruieren,  gegen  das 
die  ganz  rechts  befindliche  Standfigur  als  Gegengewicht  gestellt  ist.  Das 
Bild  ist  ganz  angefüllt  mit  Figuren,  auch  ein  Zug  Volks  fehlt  nicht, 
•wenn  er  auch  etwas  in  dem  tiefen,  wohl  im  Laufe  der  Zeit  noch 
nachgedunkelten  Schatten  links  verschwindet. 

Die  Bemerkungen  E.  Jacobsens  zu  dem  Bilde***),  daß  die 
Christusfigur  sehr  an  Rubens  erinnere  und  die  Figur  zuäußerst  rechts 
sogar  an  Rubens'  eigene  Gestalt,  sind  sehr  ansprechend.     Das  deutet 


*)  Rubens'   Leven   en   Werken,    19()3,  Seite  95.    Nach  Rosenberg  erst  1606/08 
gemalt.    Eine  zweite  Bearbeitung  dieses  Gegenstandes  befand  sich  in  Rubens'  Nachlafi. 
**)  De  hollandsche  Schilderkunst  in  de  gouden  Eeuw,  1904,  Seite  30. 
"**)  Repertorium  für  Kunstwissenschaft,  Bd.  XXIV  (1901),  Seite  178. 

139 


anch  auf  eine  nähere  Beschäftigung  Lastmans  mit  Rubens  hin.  Der 
Christuskopf  und  der  Profilkopf  des  Jüngers  rechts  neben  ihm  er- 
innern übrigens  auch  in  gewisser  Weise  an  Tizians  Zinsgroschen  in 
Dresden;  die  Gesten  von  Christus  und  dem  Jünger  rechts  neben  ihm 
auch  an  die  des  Christus  und  des  Matthäus  rechts  auf  Lionardos 
Abendmahl  (im  Gegensinn).  Der  Einfluß  Elsheimers  aber  ist  nur 
noch  in  der  schon  stark  zurücktretenden  Landschaft  zu  erkennen. 
Die  Figuren  sind  in  ihren  Bewegungen  nicht  so  steif  wie  gewöhnlich. 
Die  mittlere  Hauptgruppe  fügt  sich  leidlich  zusammen. 

Das  im  gleichen  Jahre  (1617)  gemalte  Bild  Christus  am  Kreuz  (74) 
im  Besitze  des  Herzogs  von  Looz-Corswarem  in  Brüssel  habe  ich  nicht 
gesehen.     Es  ist  nach  Bode  nur  ein  geringes  Gemälde. 

Die  Werke  des  folgenden  Jahres  1618  bieten  wieder  Neues. 
Weniger  noch  die  Verkündigung  (49)  der  in  die  Eremitage  gekommenen 
Sammlung  P.  v.  Semeonoff  in  St.  Petersburg,  ein  Bild,  das  bei 
kräftigem  Kolorit  doch  verhältnismäßig  harmonisch  im  Ton  sein  soll. 
In  der  Komposition  ist  es  nicht  sehr  glücklich.  Mit  viel  Pathos  und 
fast  übergroßer  Wichtigkeit  entledigt  sich  der  Engel  seiner  Botschaft, 
während  die  Maria  mehr  dumm  als  demutsvoll  ergeben  von  ihrer 
Lektüre  aufblickt.  Nirgends  spürt  man  etwas  von  dem  zarten  Hauch, 
mit  dem  andere  Maler  gerade  diese  Szene  in  so  verschiedenen  Graden 
und  Gefühlsnuancen  umwoben.  Das  vorn  mit  dem  Knäuel  spielende 
Kätzchen  wirkt  eher  trivial,  als  daß  es  zu  einer  traulichen  Stimmung 
im  Gemache  der  Maria  beitrüge.  Es  fehlt  überhaupt  der  Raum,  die 
liebevolle  Ausstaffierung  desselben,  wo  die  heilige  Jungfrau  vor  dem 
Erscheinen  des  Engels  ihrer  stillen  Beschäftigung  nachging.  Hier 
gebricht  es  Lastman  doch  an  dem  feineren  Empfinden;  für  die  bild- 
liche Wiedergabe  einer  solchen  innerlichen  Szene  standen  ihm  nicht 
die  erforderlichen  Ausdrucksformen  zu  Gebote. 

Den  Verkündigungsengel  finden  wir  in  dem  Gemälde  der  Sammlung 
Moltke  in  Kopenhagen  wieder,  nur  für  die  andere  Rolle,  die  er  dort 
zu  spielen  hat,  etwas  umgekleidet.  Sein  Auftreten  ist  in  diesem  Bilde, 
das  den  Abschied  des  Engels  Baphacl  von  dem  alten  und  dem  jungen 
Tobias  (42)  darstellt,  ebenso  billig  schauspielerhaft  und  äußerlich  wie 
dort.  Die  Ergebenheit,  mit  der  sie  ihm  die  Hälfte  ihrer  Schätze  als 
Beweis  der  Dankbarkeit  anbieten,  kommt  auch  nur  sehr  äußerlich 
zum  Ausdruck.     Aber  auf  das  die  rechte  Bildseite  einnehmende  Vieh 

140 


und  die  sonstigen  Reichtümer  des  Tobias  verwandte  unser  Meister 
mehr  Fleiß.  Wir  finden  uns  auf  einmal  vor  einem  Tiermaler,  der 
große  Ziegen,  Pferde,  Esel,  Pfauen,  Kamele,  Papageien,  Rinder,  Kühe 
und  Tauben  fast  um  ihrer  selbst  willen  zu  malen  scheint.  Er  leistet 
auf  diesem  Gebiete  auch  nicht  einmal  schlechte  Arbeit,  sodaß  wir 
eine  Reihe  voraufgegangener  Studien  von  Tieren  unbedingt  voraus- 
setzen müssen.  So  zeigt  der  Pfordekopf  hier,  daß  Lastman  im  Vergleich 
zu  den  hölzernen  Pferden  auf  dem  Bethlehemitischen  Kindermord  in 
Braunscliwoig  oder  auf  der  Taufe  des  Kümmerers  in  Berlin  eine 
Menge  hinzugelernt  hat.  Im  Hintergrund  baut  er  noch  einmal  wieder 
eine  italienische  Gebirgsstadt  auf  und  setzt  vor  ihre  Mauern  inmitten 
schlanker  Pinien  die  als  Fontäne  dienende  Steinfigur  eines  flöteblasenden 
Satyrn.  Das  Kolorit  ist  im  großen  und  ganzen  wieder  kühl.  Der 
Himmel  indigoblau,  oben  beinahe  schwarz ;  die  Wolken  sind  von 
unbehaglich  kaltem  weißen  Ton.  Die  Stadt  auf  dem  Hügel  ist  grau- 
grün, die  große  Wolke  hinter  dem  Engel  dunkelgraugrün. 

Bietet  dies  Gemälde  in  der  Reichhaltigkeit  der  Tierdarstellungen 
etwas  bei  Lastman  bisher  ungewohntes,  so  bringt  das  dritte  aus 
diesem  Jahre  1618  erhaltene  Bild,  David  im  Tempel  Harfe  spielend  (29) 
in  Braunschweig,  ebenfalls  neues,  insofern  als  die  Szene  in  einem 
Innenraum  vor  sich  geht  und  nicht,  wie  bisher  stets,  im  Freien. 
Wäre  das  Bild  nicht  datiert,  so  wäre  es  nicht  leicht,  innerhalb  der 
Zeit  von  1613/14  bis  1620  etwa  eine  annähernd  genaue  Datierung 
vorzunehmen.  Denn  seit  jenen  Jahren  blieb  sich  Lastmans  Stil 
ziemlich  gleich.  Höchstens  ist  er  insofern  noch  Wandlungen  unter- 
worfen, als  sich  die  Zeichnung  und  Ausführung,  je  mehr  wir  uns  den 
zwanziger  Jahren  nähern,  flauer  wird  und  erkennen  läßt,  daß  den 
einzelnen  Figuren  keine  neuen  Naturstudien  ad  hoc  mehr  zugrunde 
liegen,  daß  Lastman  vielmehr  aus  dem  Kopf  oder  nach  alten  Studien 
die  Kompositionen  zusammenstellte.  Anlaß  zu  der  Frage,  ob  der 
Stil  dieses  Gemäldes  dem  früheren  um  1613/14  oder  dem  späteren 
um  1618  näher  komme,  bietet  der  Umstand,  daß  Vosmaer  (in  Anschluß 
an  den  alten  Galeriekatalog)  die  Jahreszahl  statt  1618  als  1613  las 
und  in  dem  Bild  „encore  la  meme  maniöre"  wie  in  dem  Odysseus- 
gemälde  von  1609  und  dem  Bethlehemitischen  Kiiidermord  derselben 
Galerie  sah.  Wenn  wir  dieses  Braunschweiger  Bild  von  1618  mit 
den  beiden    berühmten  Gemälden    aus    dem  Jahre    1614  vergleichen, 

141 


so  finden  wir  in  der  Tat  auch  einige  Punkte,  die  uns  veranlassen 
könnten,  die  Entstellungszeit  desselben  mehr  um  die  Zeit  jener  beiden 
von  1614  anzunehmen.  So  z.  B.  schon  die  Bezeichnung  Pietro 
Lastman,  die  wir  auch  auf  jenen  Werken  wieder  antreffen  und  sonst 
nur  noch  einmal  auf  dem  Bilde  der  Sammlung  Ä.  Lürman  in  Bremen. 
Allerdings  mit  dem  Unterschied,  daß  sie  auf  ersteren  nicht  wie  hier 
auf  dem  Braunschweiger  und  Bremer  Bild  in  reiner  steiler  Antiqua 
geschrieben  sind.  Dann  kommen  eine  Reihe  von  Figuren  und  Motiven 
vor,  die  wir  von  jenen  beiden  Bildern  her  schon  genau  kennen. 
Wir  finden  z.  B.  den  charakteristischen  Kopf  des  Orgelspielers 
zweimal  wieder  auf  dem  Orest  und  Pylades-^ilA.  in  Amsterdam.  Der 
Knabe  rechts,  auf  dessen  linke  Schulter  der  singende  Alte  seine 
Hand  legt,  ist  dasselbe  Modell  mit  fast  genauer  Kopfhaltung  wie 
auf  dem  Lystrabild.  Auf  demselben  Stück  finden  wir  hinten  den 
Tamburinschläger.  Wohl  ließen  sich  noch  mehr  solcher  Beispiele 
und  Berührungspunkte  aufzählen,  aber  sie  sind  schließlich  doch  nicht 
beweiskräftig  genug  für  eine  Datierung  —  denn  wir  finden  ebenso 
auch  in  späteren  Gemälden,  wo  die  Jahreszahl  ganz  deutlich  ist  und 
keine  falschen  Lesarten  zuläßt,  dieselben  Figuren  wiederkehren.  Es 
ist  das  nur  dafür  ein  Beweis,  daß  Lastman  zu  verschiedenen  Zeiten 
dieselben  Modelle  und  Studien  für  verschiedene  Gemälde 
benutzte.  Der  en  face  stehende  gepanzerte  Krieger  links  hinter  dem 
Brandalter  kehrt  fast  genau  so  wieder  auf  dem  1630  gemalten  Bild 
in  Stockholm.  Vosmaers  falsche  Lesweise  der  Jahreszahl  auf  diesem 
Braunschweiger  Bilde,  1613  statt  1618,  hat  übrigens  schon  Riegel*) 
richtiggestellt,  indem  er  zugleich  auf  die  ebenfalls  oben  abgeplattete 
8  auf  der  Flucht  nach  Ägypten  im  Museum  Boymans  in  Rotterdam 
hinwies.  Die  gleiche  Form  der  8  haben  auch  die  zuvor  besprochenen 
Gemälde  der  Sammlung  Graf  Moltke  in  Kopenhagen  und  Semeonoff 
in  der  Eremitage  in  St.  Petersburg.  Dabei  will  ich  bemerken,  daß 
auch  die  Jahreszahl  des  Kopenhagener  Bildes  bisweilen  als  1613 
gelesen  wurde.  Eine  genaue  Untersuchung,  die  für  mich,  bevor  ich 
das  Bild  im  Original  sah,  vorzunehmen  Herr  Blom  in  Kopenhagen 
die  Liebenswürdigkeit  hatte,  stellte  aber  1618  als  sicher  fest. 

Das    Braun  Schweiger   Bild  ist  aus    der    ganzen  Reihe  der  noch 
bekannten  Werke   Lastmans   das    einzige,    dessen  Handlung    sich    in 

*)  „Beiträge",  Bd.  II,  Seite  204. 
142 


einem  geschlossenen  Innenraum  abspielt,  von  dem  aus  man  nirgends 
ins  Freie  sehen  kann.  Die  Beleuchtungsweise  mußte  somit  anders 
gestaltet  werden  als  in  den  übrigen  Gemälden,  d.  h.  das  kühle 
gleichmäßige  Nordlicht  haben.  Der  veränderten  Aufgabe  war  sich 
der  Künstler  bei  dem  fraglichen  Bilde  gewiß  auch  bewußt  —  aber 
nicht  gewachsen.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  Lastman 
einen  Helldunkeleffekt  im  Hintergründe  des  Raumes  hervorbringen 
wollte,  indem  er  von  links  her  einen  breiten  Lichtstrahl  über  die 
Orgel  fallen  ließ.  Auch  der  gepanzerte  Krieger  links,  dicht  hinter 
dem  Altar,  ist  zu  bescheidenen  Lichteffekten  benutzt,  indem 
sein  Panzer  das  auf  dem  Altar  bronnende  Feuer  reflektiert.  Das  ist 
aber  eigentlich  auch  alles,  was  an  Beobachtung  und  Wiedergabe  von 
künstlichen  Belouciitungseffekten  auf  dem  BUde  zu  erkennen  ist.  Im 
übrigen  sind  die  Figuren  jede  gleichmäßig  von  links  her  beleuchtet. 
Von  einer  Wirkung  des  Lichtscheines,  der  von  dem  Kronleuchter 
ausgeht,  ist  nirgends  etwas  zu  merken.  Deshalb  geht  es  nicht  an,  in 
diesem  Gemälde  etwa  eine  Vorahnung  des  späteren  Helldunkels  von 
Rembrandt  sehen  zu  wollen.  Rembrandt  wird  es  nicht  nötig  gehabt 
haben,  wenn  er  auf  Elsheimer  in  gewissen  Dingen  vielleicht  auch 
erst  durch  das  Medium  Lastmans  zurückgriff,  da,  wo  er  künstliche 
Beleuchtungseffekte  etwa  studierte,  Lastman  zu  konsultieren.  Das 
enge  Verhältnis  des  Elsheimerschen  Bildes  Jupiter  bei  PhÜemon  und 
Baucis  in  Dresden  zu  Rombrandts  Christus  und  die  Jünger  in  Emaus 
in  der  Sammlung  der  Frau  Andre-Jacquemart  in  Paris  und  der 
Rembrandtschen  Zeichnung  dazu  im  Besitze  von  Exzellenz  Bode 
(Hofstede  de  Groot  Nr.  189;  abgebildet  im  „Leidsche  Jaarboekje" 
von  1906)  habe  ich  bei  anderer  Gelegenheit  schon  einmal  dargelegt*). 

Der  Gesamteindruck  des  Gemäldes  in  Braunschweig  ist  übrigens 
eher  vlämisch  als  holländisch.  Man  denkt  an  Rubens  bei  den 
singenden  Knaben,  bei  den  verschiedenen  Musikanten  und  bei  dem 
links  hinter  dem  Altar  im  Schatten  stehenden  gepanzerten  Krieger; 
man  denkt  an  vlämische  Maler  bei  den  Sängern  auf  der  untersten 
Bank,  für  die  ich  an  ein  Bild    von  P.  van  Lint**)  im   Wiener  Hof- 


*)  The  Burlington  Magazine,  1908,  Seite  39. 

♦*)  Allerdings  ist  dieser  etwas  jünger  als  Lastman  und  kann  nicht  als  Vorbild 
für  diesen  angeführt  werden,  sondern  nur,  um  den  vlämischen  Charakter  zu 
exempUnzieren. 


143 


museum,  Nr.  1068,  erinnere,  wo  z.  B.  auch  ein  Mann  ganz  ähnlicli 
die  Brille  auf  die  Nase  hält,  wo  ähnliche  Farbentöne  und  ähnliche 
Handbewegungen  wie  hier  bei  Lastman  vorkommen. 

Ehe  wir  zur  Betrachtung  der  datierten  Werke  nach  1618  über- 
gehen, wollen  wir  ein  nicht  signiertes  und  nicht  datiertes  Gremälde, 
das  aus  der  Sammlung  Habich  1892  erworbene  Urteil  des  Midas  (102) 
in  der  königl.  Gemäldegalerie  zu  Cassel  betrachten.  Es  wird  wohl 
am  besten  an  dieser  Stelle  eingereiht.  Es  zeichnet  sich  durch  eine 
hübsche,  im  Vergleich  zu  den  früheren  Bildern  mit  einer  gewissen 
Breite  behandelte  Landschaft  mit  "Wald  und  Felspartien  aus,  die  wie 
gewöhnlich  so  komponiert  ist,  daß  das  Terrain  von  links  nach  rechts 
ansteigt  und  die  linke  obere  Ecke  einen  Ausblick  auf  den  Hintergrund 
und  den  Himmel  gewährt.  Sie  ist  —  im  Gegensatz  zu  den  frühen  Land- 
schaften —  nicht  in  einem  blaugrünen  Ton  mit  hellweiß  grünlichen  Licht- 
partien gehalten,  sondern  weist  einen  mehr  dunkelbraunen  Gesamtton  auf. 
Die  sich  im  Vordergrund  abspielende  Gescliichte  ist  den  von  den 
Künstlern  der  damaligen  Zeit  so  beliebten  Verwandlungen  Ovids 
entnommen  (aus  denen  Lastman  auch  sonst  vielfach  seine  Bildstoffe 
geschöpft  hat)  und  zu  einer  wohl  abgewogenen  Komposition  verarbeitet 
worden.  Satyrn  und  Nymphen  hören,  schön  in  einer  Pyramide 
gruppiert,  dem  Spiel  Apollos  zu.  Pan  hat  nach  seiner  Flötenleistung 
auf  der  rechten  Seite  Plalz  genommen,  legt  eben  seine  Syrinx 
neben  sich  aus  der  Hand  und  blickt  mit  offenem  Mund  auf  den 
jugendlichen  Gott,  der 

„das  goldene  Haupt  mit  parnasischen  Lorbeer  umwunden 
Schleppt  den  langen  Talar,  von  lyrischem  Blute  gesättigt; 
Und  sein  blinkendes  Spiel  voll  Elfenbeins  und  Gesteines 
Hält  in  der  Linken  der  Gott,  und  hält  in  der  Rechten  den  Schlägel. 
Stellung  und  Blick  war  würdig  der  Kunst". 
Diesen  Moment  wählte  Lastman  als  den  fruchtbarsten.     Links  neben 
Apoll  sitzt   der    sachverständige    Preisrichter    Tmolos    „frei    sein    Ohr 
von  Gebüsch;  die  Eiche  nur  gürtet  des  Hauptes  bläuliches  Haar,  und 
umwallt  die  gehöhleten  Schläfen  mit  Eicheln".     Die  anderen  Zuhörer 
achten  wohl  auf  das   göttliche  Spiel,    sind  sich   zum  Teil   aber   auch 
bewußt,  daß  sie  dabei  von  Lastman  porträtiert  werden.     Midas  selber 
steht  ganz  rechts  etwas   zurück   und   freut   sich  seiner   dummen  Be- 
merkung, die  ihm,  der  es  scheinbar  noch  gar  nicht  gemerkt  hat,    die 
Eselsohren  einbrachte. 

144 


In  der  Kostümierung  seiner  Figuren  verfährt  Lastman  ziemlich 
frei.  Es  macht  ihm  nichts  aus,  die  eine  Muse  links  vom  in  einer 
tiefausgeschnittenen  öesellschaftstoilette  —  aber  ohne  Fußbekleidung 
—  inmitten  der  bocksbeinigen  Waldgesellschaft  erscheinen  zu  lassen, 
deren  jüngere  männliche  Mitglieder  im  Takt  des  feierlichen  Götter- 
spieles an  den  Bäumen  herumklettern.  Im  Vordergrund  ist  schön 
und  malerisch  —  im  Sinne  Lastmans  —  ein  StUleben  aus  Musik- 
instrumenten und  Notenheften  hingelegt.  Die  hier  vorkommende 
Laute  und  das  Cello  verwandte  er  auch  auf  dem  vorher  besprochenen 
Bild  in  Braunschweig. 

Dies  Gemälde  wurde  früher  dem  Gerard  deLairesse  zugeschrieben, 
mit  dem  es  in  der  Auffassung  auch  eine  gewisse  Verwandtschaft  hat, 
ohne  jedoch  so  glatt  und  süßlich  in  der  Ausführung  zu  sein,  wie  die 
Maler  von  Lairesses  Sclilag  im  Ausgang  des  XVII.  Jahrhunderts. 
Gerade  im  Technischen  zeigt  sich  der  Unterschied  zwischen  Anfang 
und  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts,  während  die  Vorliebe  für  mytho- 
gische  und  historische  Darstellungen  beiden  Zeitabschnitten  gemeinsam 
ist.  Nur  ist  die  Auffassung  der  Maler  vor  Rembrandt  in  Amsterdam 
natürlicher,  derber,  holländischer  —  im  Gegensatz  zu  der  etwas 
dekadenten,  süßlich-lüsternen  der  Verfallszeit  der  holländischen 
Malerei.  Man  läßt  sich  die  gesund -braunen  Leiber  der  Lastmanschen 
Männerfiguren  gefallen,  auch  ihre  plumpen  Extremitäten  und  groben 
Physiognomien.  Daß  die  Zusclireibung  an  Lairesse  unzutreffend  ist, 
lehren  den,  der  einige  Bilder  von  unserem  Meister  gesehen  hat, 
nicht  nur  die  Hände  und  Füße,  sondern  auch  einige  bereits  bekannte 
Typen,  denen  andere  Verwandte  der  hier  Darstellten  auf  späteren 
Bildern  noch  folgen  werden. 

Ebenfalls  auf  antik  mythologisches  Gebiet  führt  uns  das  der 
Augsburger  Galerie  gehörende  Gemälde  mit  Odysseus  und  Nausikaa  (99), 
das  ß  fecit  Anno  1619  signiert  und,  wenn  man  so  sagen  darf,  das 
populärste  Bild  unseres  Meisters  ist;  jedenfalls  dasjenige,  an  das  bei 
Nennung  des  Namens  Lastman  meistens  als  „Hauptwerk"  gedacht 
wird.  Es  wird  auch  vielfach  in  den  Handbüchern  zur  Illustrierung 
von  Lastmans  Kunst  —  mit  Recht  —  abgebildet.  Denn  es  ist  in  der 
Tat  ein  durchaus  typisches  und  zugleich  besonders  ansprechendes 
Beispiel  von  des  Meisters  Kunst. 


10 


145 


Das  Gemälde  scheint  sich  auch  früher  schon  größerer  Beliebtheit 
erfreut  zu  haben;  davon  zeugt  eine  alte  Kopie,  die  1886  auf  einer 
Auktion  in  Cöln  als  A.  v.  Diepenbeeck  vorkam,  wie  auoh  die  im 
Berliner  Kupferstichkabinett  befindliche  große  Kreidenachzeichnung 
aus  der  Sammlung  A.  von  Beckerath,  die  bislang  noch  für  eine  originale 
Vorzeichnung  Lastmans  für  sein  Gemälde  gehalten  wird.  "Warum 
mit  Unrecht,  wird  an  anderer  Stelle  ausgeführt. 

Lastman  hatte,  wie  wir  bereits  gesehen  haben,  dasselbe  Thema, 
und  zwar  auch  im  gleichen  —  fruchtbarsten  —  Moment  der  Hand- 
lung, im  Jahre  1609  schon  einmal  behandelt.  Eine  Vergleichung  der 
beiden  Gemälde  wird  zur  Feststellung  etwaiger  Fortschritte  oder 
Stilwandlungen  des  Meisters  innerhalb  der  dazwischen  liegenden  zehn 
Jahre  besonders  geeignet  sein.  Auf  den  ersten  Blick  bemerkt  man 
auf  dem  späteren  Bild  eine  viel  größere  Geschlossenheit,  Klarheit  und 
Einfachheit  der  Komposition.  Die  beiden  Hauptpersonen  sind  an  die 
beiden  Bildseiten  rechts  und  links  gebracht  und  einander  wirkungs- 
voll gegenübergestellt.  Die  auf  jenem  ersten  Bild  aber  etwas  aus- 
einandergezogene Gruppe  der  Begleiterinnen  und  Dienerinnen  —  man 
kann  dort  von  einer  Gruppe  im  strengen  Sinn  eigentlich  gar  nicht 
reden  —  ist  hier  auf  einem  Wagen  ziemlich  in  der  Mitte  ungezwungen 
zusammengedrängt  und  in  das  schon  mehrfach  angewandte  pyramidale 
Kompositionsschema  gebracht,  ohne  dabei  den  Bewegungen  der 
einzelnen  Figuren  Zwang  anzutun.  Ihre  Anordnung  ergibt  sich  ganz 
natürlich  aus  den  Verrichtungen,  die  sie  vorhaben.  Gegen  diese 
geschlossene  Dreiecksmasse  auf  der  rechten  Seite  des  Bildes  ist  dann 
links  als  Senkrechte  die  allein  stehende  Figur  der  Nausikaa  ent- 
gegengestellt. Sie  wird  in  ihrer  Wirkung  noch  besonders  verstärkt 
durch  den  hellen  Himmel,  vor  dem  sie  sich  abhebt,  und  der  bei 
beträchtlicher  Tieferlegung  des  Horizontes  eine  gute  Folie  für  die 
große  Silhouette  bildet.  Davon  war  auf  dem  Braunschweiger  Bild 
noch  nichts  zu  bemerken,  wenngleich  wir  auch  hier  eine  beabsichtigte 
künstlerische  Ordnung  und  Gruppierung  der  einzelnen  Spieler  und 
Gegenspieler  sehr  wohl  beobachten  konnten,  die  im  einzelnen  nicht 
ungeschickt,  in  ihrer  Gesamtwirkung  aber  lange  nicht  so  klar  wie  in 
der  zweiten  Fassung  des  Themas  zum  Ausdruck  kam.  Sie  konnte  es 
auch  deshalb  nicht  sein,  weil  die  sorgfältig,  fast  etwas  kleinlich  aus- 
geführte abwechslungsreiche  Landschaft  gleich  einen  großen  Teil  der 

146 


Lufmerksamkeit  des  Beschauers  für  sich  in  Anspruch  nahm,  weil  die 
Figuren  mehr  wie  eine  etwas  zu  groß  ausgefallene  Staffage  wirkten. 
Hier  hingegen  haben  wir  es  nicht  mit  einer  ziemlich  groß  und  reich 
staffierton  Landschaft  zu  tun,  sondern  mit  einem  ausgesprochenen 
Historienbild,  bei  dem  der  Landschaft  nur  die  Rolle  eines  die  Handlung 
selbst  deutlicher  hervorhebenden  Hintergrundes  zu  spielen  hat.  Wir 
dürfen  darin  siclierlich  einen  nicht  zu  unterschätzenden  prinzipiellen 
Fortschritt  in  der  Kunst  Lastraans  als  Historienmaler  erblicken,  der 
mit  zu  den  Momenten  gehört,  die  auf  den  jungen  Rembrandt  von 
nachhaltiger  Bedeutung  wurden.  Unverständlich  ist  es,  wie  unter 
diesen  Umständen  Paul  Mantz  in  einer  längeren  Besprechung  des 
Bildes  in  einem  Aufsatz  über  die  Augsburger  Galerie*)  die  Nausikaa 
in  der  etv/as  vornehmer  gekleideten  anmutigen  Begleiterin  auf  dem 
Wagen  sehen  konnte.  Ein  Zweifel  darüber,  daß  es  die  einfach,  aber 
doch  reich  gekleidete  linke  Standfigur  sein  muß,  ist  doch  schon  durch 
die  Komposition  ausgeschlossen.  In  der  Gebärdensprache  ist  sich 
Lastman  aber  gegen  früher  ziemlich  gleich  geblieben.  Auch  die 
Modelle  und  Kostüme  haben  keine  allzugroßen  Änderungen  erfahren. 
Odysseus  ist  nur  etwas  kräftiger  und  haarreioher  geworden,  Nausikaa 
etwas  reifer  und  voller;  sie  ist  über  den  Anblick  des  nackten  Mannes 
nur  erstaunt,  nicht  aber  furchtsam  erschreckt  wie  vor  zehn  Jahren, 
also  ruhiger  in  den  Bewegungen.  Dasselbe  gilt  von  den  Begleiterinnen 
und  Dienerinnen.  Sie  sputen  sich  wohl,  um  möglichst  schnell  von 
dem  schlimmen  Anblick  des  hüllenlosen  Odysseus  befreit  zu  werden, 
packen  eiligst  ihre  Sachen  zusammen,  ohne  dabei  jedoch  wie  damals  in 
eine  panikähnlicho  Verwirrung  zu  geraten.  Bei  einigen  mischt  sich  in 
Mienen  und  Bewegungen  fast  sogar  eine  kleine  Freude  über  das 
seltsam  pikante  Abenteuer.  Die  Kostüme  sind  wie  ehedem  teils 
phantastisch  antikisierend,  teils  modisch  —  zeigen  aber  in  beiden 
Fällen  einen  gewissen  vläraischen  Geschmack.  Isabella  Brant  auf 
ihrem  um  1620  entstandenen  Porträt  von  Rubens  im  Haag  Susanna 
Fourment  auf  dem  um  dieselbe  Zeit  gemalten  Bild  in  der  National 
Gallery  in  London,  oder  Helene  Fourment  auf  ihrem  Münchener 
Porträt,  sind  in  sehr  ähnlicher  Weise  dekolletiert  wie  Nausikaa  und 
ihre  Begleiterin.  Diese  wieder  trägt  auch  so  einen  Federbaretthut 
wie  Susanna  und  Helene  Fourment  auf  den    erwähnten  Rubensschen 

*)  Gazette  des  beaux-Arts,  Bd.  XVlll  (1878\  Seite  128. 


10* 


147 


Bildern.  Auf  die  Ähnlichkeit  der  noch  tiefer  dekolletierten  Dienerinnen 
auf  dem  Braunschweiger  Bild  mit  den  Trachten  der  Nymphen  auf 
einem  im  Wiener  Hofmuseum  dem  älteren  Teniers  zugeschriebenen 
Gemälde,  wies  ich  dort  schon  hin.  Auf  dem  Augsburger  Bild  wären 
dafür  insbesondere  die  Korbträgerin  im  Hintergrund  und  ihre 
Begleiterinnen  mit  jenen  zu  vergleich.  Hier  wäre  noch  hinzuzufügen, 
daß  z.  B.  die  van  Baien  wie  auch  Rubens  selber  in  der  Verwendung 
solcher  luftigen  Kostüme  für  ihre  mythologischen  Frauengestalten 
sich  genüge  taten.  Und  schließlich  ist  diese  etwas  demonstrative 
Zurschaustellung  der  Brüste  wohl  auch  auf  die  Modeerfindungen 
zurückzuführen,  die  der  ausgelassenen  und  ungebundenen  Sinnen- 
freudigkeit üppiger  Vlamendamen  mehr  entsprachen  als  dem  zurück- 
haltenden und  stillen  Charakter  holländischer  Frauen. 

Mit  dem  Fehlen  der  Bestürzung  in  den  Bewegungen  der  Frauen 
ergibt  sich  für  die  Behandlung  der  Gewänder  von  selbst  auch  eine 
größere  Ruhe  im  Faltenwurf,  der  damit  zugleich  auch  großzügiger 
wird.  Im  ruhigen  Fluß  fallen  die  Falten,  während  sie  auf  dem 
Braunschweiger  Bild  im  Winde  unruhig  hin-  und  herflatterten  und 
so  auch  noch  den  an  sich  schon  unruhigen  Gesamteindruck  nach  der 
Richtung  hin  verstärkten.  Die  gleiche  Beobachtung  können  wir  an 
dem  Stilleben  am  Boden  machen,  wo  sicherlich  auch  ein  Einfluß  von 
der  vlämischen  Schule  her  mitwirken  wird.  Im  übrigen  läßt  sich 
auch  ein  Fortschritt  in  der  Sicherheit  der  Zeichnung  gegen  1609 
konstatieren,  ein  kräftiges  Gegeneinandersetzen  von  Licht  und  Schatten 
mit  markanterer  Formbehandlung,  stärkeres  Betonen  kleiner  natura- 
listischer Beobachtungen  —  die  schmutzigen  Füße  und  die  braun- 
gebrannten Hände  des  Odysseus  —  das  Einflechten  genrehafter  Motive, 
wie  hier  der  den  Fremdling  ankläffende  kleine  Hund,  Motive,  die 
aber  auch  nicht  originelle  Zutaten  Lastmans  sind,  sondern  sowohl  in 
Flandern  wie  in  Italien  massenhaft  zu  finden  sind.  Von  den  Kopf- 
typen erinnern  einige  stark  an  Figuren  des  vorher  besprochenen 
Casseler  Bildes  —  der  Kopf  der  den  Schirm  haltenden  Dienerin 
dürfte  z.  B.  identisch  sein  mit  dem  des  Apoll  dorten. 

Wir  haben  in  diesem  Augsburger  Gemälde  entschieden  das 
erfreulichste  Werk  Lastmans  aus  dieser  zweiten  Periode  zu  erkennen, 
in  der  es  gewissermaßen  den  Gipfelpunkt  bUdet. 

148 


Die  um  1619  für  den  König  Christian  IV.  von  Dänemark  ausge- 
führten drei  Gemälde,  die  mit  anderen  dessen  Hauskapelle  in  dem 
1859  abgebrannten  Schloß  Frederiksborg  schmückten  und  über  deren 
Geschichte  bereits  in  dem  die  Lebensgeschichte  Lastmans  behandelnden 
Kapitel  kurz  berichtet  wurde,  sind  damals  bei  dem  Brande  zerstört 
worden.  Nur  eine  flüchtige  und  ziemlich  rohe  Apuarellskizze  von 
F.  Lund  aus  dem  Jahre  1858  nach  einem  Bild  davon,  Christiis  segnet 
die  Kinder  (61),  zeigt  uns,  daß  jene  Gemälde  echt  Lastmansche  Produkte 
aus  diesen  Jahren  gewesen  sind.  Diesem  Thema,  aus  dem  sich  wohl 
viel  machen  ließe,  steht  Lastman  ganz  äußerlich  gegenüber.  Er  kann 
nichts  anderes  geben  als  einen  Christus  von  dem  Typus,  den  wir  von 
dem  Amsterdamer  Bilde  her  kennen,  mit  pathetisch  ausgebreiteten 
Armen;  das  bedeutet:  kommt  her  zu  mir,  und  drei  Frauen,  die  dieser 
Aufforderung  folgen  und  ihre  Kinder  zu  ihm  bringen.  Von  diesen 
wird  das  eine,  ein  kleiner  Junge,  der  sich  fromm  und  artig  mit 
gefalteten  Händen  den  Knien  des  Herrn  naht,  von  diesem  nicht 
beachtet,  weil  er  sich  um  das  Kind  in  der  Mitte  vorn  zu  bemühen 
scheint,  das  seinerseits  sich  der  Situation  recht  wenig  angemessen 
benimmt,  indem  es  sich  von  der  Mutter  fast  vordrängen  läßt  und 
statt  zu  Christus  zum  Beschauer  hinsieht.  Aber  vielleicht  wollte  es 
Lastman  gerade  gut  machen;  er  läßt  zugleich  den  Knaben  mit  dem 
rechten  Arm  auf  den  Heiland  weisen,  so,  als  wollte  er  den  Betrachter 
des  Bildes  auf  die  Hauptfigur  aufmerksam  machen.  Die  dritte, 
weiter  zurückstehende  Frau  mit  turbanartigem  Kopftuch,  trägt  ein 
Wickelkind  und  sieht  mehr  zu,  als  daß  sie  sich  aktiv  an  der  Handlung 
selbst  beteiligt.  Diese  Figuren  sind  in  die  beliebte  Dreieckskomposition 
gebracht,  gegen  die  rechts  ein  Pilaster  als  Senkrechte  gestellt  ist. 
Und  vor  diesem  stehen  dann  einige  Jünger  in  nichtssagenden  thea- 
tralischen Posen,  deren  Motive  uns  nicht  neu  sind.  Dies  Bild,  dessen 
wenig  befriedigender  künstlerischer  Gehalt  auch  aus  der  mangelhaften 
Skizze  deutlich  genug  zu  Tage  tritt,  mag  vielleicht  hinter  der 
Kreuztragung  zurückgestanden  sein.  Hierbei  mag  eine  etwas  stärker 
auftragende  Gebärdensprache,  deren  Lastman  sich  zu  bedienen 
pflegte,  weniger  unangenehm  gewirkt  haben, 
dem  Thema  mehr  in  Einklang  bringen  ließ, 
von  Ernst  und  eigentümlichem  Charakter,  daß 
bei   diesem    Bilde    von    seinem    Lehrer    denken 


weil    sie    sich   mit 

„Es   war    so    voll 

man  an  Rembrandt 

mußte",    sagt 


von 


149 


der  Kreuztragung  der  bereits  oben  zitierte  dänische  Kunstschriftsteller 
N.  L.  Höyen*). 

Noch  ein  Gemälde  aus  dem  Jahre  1619  ist  erhalten  und  von 
besonderem  Interesse.  Es  war  bis  vor  kurzem  nur  aus  einer  flüchtiseu 
Kreidezeichnung  von  Leonard  Bramer  im  Amsterdamer  Rijksprenten- 
kabinet  bekannt  und  stellt  Bathseba  hei  der  Toilette  (30)  dar.  Herr 
P.  V.  Semeonoff  erwähnte  in  seinem  Galeriekataloge  von  190S''*)  ein 
Gemälde  mit  dieser  Darstellung  im  Besitze  des  Herrn  Zabielsky  in 
St.  Petersburg,  der  so  liebenswürdig  war,  mir  auf  meine  Bitte  eine 
Photographie  desselben  zu  senden.  Meine  vorher  auf  Grund  der 
kurzen  Beschreibung  von  Herrn  v.  Semeonoff  gehegte  Vermutung, 
daß  dies  das  verschollen  geglaubte  Original  der  Bramerschen  Nach- 
zeichnung sei,  fand  ich  damit  bestätigt.  Auf  die  enge  Beziehung, 
die  zwischen  dieser  Bathseba  und  der  Rembrandts  in  der  Sammlung 
Jhr.  Steengrachts  im  Haag  besteht,  machte  schonDr.HofstededeGroot***) 
im  Anschluß  an  die  Bramersche  Skizze  aufmerksam.  An  anderer  Stelle 
bin  ich  auf  diese  Beziehung  Rembrandts  zu  Lastman  näher  einge- 
gangen!). Hier  haben  wir  das  Gemälde  als  Glied  in  der  Entwicklungsreihe 
Lastmans  zu  betrachten.  Außerordentlich  stark  betont  ist  die  Dreiecks- 
komposition der  Hauptfiguren.  Die  Sache  ist  so  weit  getrieben,  daß 
wir  von  der  linken  unteren  Ecke  nach  der  rechten  oberen  die 
Diagonale  ziehen  können,  die  zugleich  die  Hypotenuse  des  Komposi- 
tionsdreieckes mit  dem  rechten  Winkel  in  der  unteren  rechten  Bildecke 
ist.  Diese  Diagonale  beginnt  beim  Schweif  des  Pfaues,  geht  über 
ihn,  vom  Hals  zum  Kopf  der  Dienerin,  über  deren  gebeugten  Rücken 
zum  Kopf  der  Bathseba  und  von  da  zur  haarkämmenden  Alten,  um 
schließlich  bei  den  auf  einen  Stein  gelegten  Gewandstücken  zu 
endigen.  Gegen  diese  Querlinie  setzt  Lastman  aber  wie  gewöhnlich 
eine  Senkrechte,  die  hier  durch  den  wasserspeienden  Delphin  mit  dem 
Amor  darauf  gebildet  wird  und  die  sich  in  den  gesenkten  Armen 
der  Dienerin  nach  unten  fortsetzt.  Die  Säulen  des  Schloßbalkons  im 
Hintergrund  sowie  einige  Bäume  wiederholen  sie  noch  einmal.  Es 
darf  aber  wohl  auch  noch  auf  die  in  starkem  Schatten  liegende  linke 


*)  Skriftes,  Bd.  I,  Seite  233. 
**)  Seite  XXXI. 
***)  Oud-HoUand,  Bd.  XIII  (1895),  Seite  238/40. 
t)  Monatshefte  für  Kunstwissenschaff,  Bd.  II  (1909),  Seite  30211. 


150 


ä 


«Idseite  hingewiesen  werden,  die,  ebenfalls  ein  Dreieck  bildend,  der 
beleuchteten  hellen  genau  entspricht:  ihre  obere  Begrenzungslinie 
läuft  fast  mit  der  zweiton  Diagonalen  des  Bildes  zusammen,  sodaß 
in  der  Mitte,  bei  dem  Kopf  der  fußwaschenden  Dienerin  ein  stumpfer 
Winkel  entsteht,  den  die  Senkrechte  halbiert.  Lastman  hat  auch  in 
diesem  Gemälde  die  Komposition  aufs  sorgfältigste  abgewogen.  "Was 
nun  aber  die  Figuren  im  einzelnen  betrifft,  so  befriedigen  sie  unsere 
Schönheitsbegriffo  keineswegs.  Der  künstlerischen  Darstellung  eines 
vollen  weiblichen  Aktes  zeigt  sich  hier  Lastman  nicht  ganz  gewachsen. 
Was  er  malte,  ist  zwar  ohne  grobe  Verzeichnungen,  aber  oberflächlich 
und  unbeholfen  in  Ausführung  und  Auffassung.  Sie  sitzt  nicht 
fest,  mit  ihren  Armen  und  Händen  weiß  sie  nicht  wohin.*)  Für 
Lastman  selber  war  vielleicht  interessanter  die  Fußwä^cherin 
wegen  der  Haltung  mit  der  starken  Verkürzung  und  wegen  der 
grellen  Beleuchtung.  Wen  man  will,  kann  man  sie  caravaggiesk 
nennen  und  sich  dabei  des  Mannes  auf  Caravaggios  Grablegung  Christi 
im  Louvre  erinnern,  der  die  Beine  des  Herrn  umfaßt. 

Die  technische  Behandlung  scheint  —  nach  der  Photographie 
zu  urteilen  —  auch  woniger  sorgfältig  zu  sein. 

Gerade  im  Vergleich  zu  dem  1614  gemalten  Bilde  der  Susanna 
mit  den  beiden  Alten  zeigt  das  Bathsebabild,  besonders  was  die 
Behandlung  der  Aktfigur  betrifft,  eine  Verschlechterung,  die  sich 
wohl  mit  daraus  erklären  läßt,  daß  Lastman  mehr  und  mehr  das 
sorgfältige  Studium  nach  dem  Modell  vernachlässigte  und  sich  vielmehr 
auf  seine  allmählich  gewonnene  Routine  verließ.  Gegen  jene  Figur 
der  Susanna,  die  doch  immerhin  noch  von  einem  gewissen  Reiz  ist, 
fällt  diese  Bathseba  sohr  stark  ab.  „Die  Farben  sind  hart  und  geben 
dem  ganzen  einen  unruhigen  Charakter**)". 

Das  Thema  der  Darstellung  weiblicher  Aktfiguren  gibt  Ver- 
anlassung zur  Besprechung  zweier  anderer  Gemälde  mit  nackten 
Frauenfiguren.  Das  eine  befindet  sich  im  Museum  zu  Cork  und 
wird  dort  Toilette  der  Venus  (103)  betitelt.  Leider  stehen  mir  von 
dem  sehr  großen  (116,2:155)  Gemälde  nur  zwei  vollkommen  unzu- 
längliche Photographien  zur  Verfügung,  sodaß  ich  mich   weder   über 

*)  Merkwürdig  ist  die  fast  gleiche  Stellung  der  Venus  auf  A.  v.  d.  WerlTs  Bild 
„Venus  und  Amor"  in  der  Dresdener  Galerie  (Nr.  1815). 
♦*)  Briefliche  Mitteilung  von  Herrn  von  Semeonoff. 

161 


die  richtige  Zuschreibung  noch  über  die  Darstellung  als  solche 
bestimmt  äußern  kann.  Ich  behalte  mir  es  für  eine  spätere  Gelegenheit 
vor.  Entdeckt  wurde  dies  Bild  von  dem  Direktor  der  National  Gallery 
in  Dublin,  Sir  Walter  Armstrong.  (Nach  dessen  Ansicht  ist  das 
Stück  Tuch  vor  der  Scham  der  liegenden  Figur  später  hinzugemalt 
worden*)).  Auch  hier  haben  wir  streng  linearen  Aufbau  der  drei 
nackten  Figuren  in  einem  rechtwinkeligen  Dreieck,  dessen  Katheten 
parallel  dem  unteren  und  rechten  Bildrand  verlaufen,  während  der 
Hypotenusenrichtung  die  Bilddiagonale  sowie  die  Begrenzungslinie 
des  Waldes  im  Hintergrund  parallel  sind.  Was  für  die  Beleuchtung 
von  dem  Bathsebabilde  galt,  trifft  wohl  auch  für  das  Corker  Gemälde 
zu.  Die  hell  beleuchteten  nackten  Figuren  stehen  in  starkem  Gegensatz 
zu  den  beiden  bekleideten  Figuren  sowie  zu  der  Landschaft. 

Diesem  Bild  scheint  das  andere  hier  zu  besprechende  Gemälde  sehr 
nahe  zu  stehen,  auf  das  mich  jüngst  noch  Herr  Dr.  C.  Hofstede  de 
Groot  freundlichst  aufmerksam  machte.  Die  Besitzer  waren  so 
liebenswürdig,  mir  mit  einer  guten  Photographie  und  Auskünften  an 
die  Hand  zu  gehen.  Auf  dem  in  sehr  schmalem  Breitformat  gehalten 
Bild  ist  die  Geschichte  von  Diana  und  Äktäon  (104)  dargestellt.  Auf 
den  ersten  Blick  hin  ist  man  über  die  Zuschreibung  des  Bildes  an 
Lastman  überrascht,  bei  näherem  Hinzusehen  findet  man  jedoch  in 
den  weiblichen  Gesichtstypen,  in  den  Gebärden  Ähnlichkeiten  mit 
anderen  gesicherten  Lastmanschen  Figuren.  Besonders  die  dritte 
Figur  von  rechts  ist  dafür  ausschlaggebend,  deren  Gesicht  besonders 
dem  der  Engel  auf  dem  Bild  Abraham  empfängt  die  drei  Engel  der 
Sammlung  Semeonoff  ähnlich  ist.  Im  Übrigen  läßt  der  ganze  Stil 
des  Bildes  stark  an  Utrechter  Meister  denken,  etwa  an  das  Bild 
gleichen  Gegenstandes  von  Antonis  van  Montfort  in  der  Wiener 
Galerie  und  andererseits  auch  wieder  an  Italiener  des  Seicento,  an 
Domenichino  z.  B.,  dessen  berühmtem  Fest  der  Diana  in  der  Galerie 
Borghese  in  Rom  man  es  von  Ferne  etwa  an  die  Seite  stellen  möchte. 
Die  weiblichen  Aktfiguren  auf  Lastmans  Bild  erscheinen  plastischer 
und  greifbarer  als  die  des  A.  van  Montfort,  wenngleich  auch 
etwas  weichlicher,  rundlicher.  Sie  berühren  sich  da  eher  mit 
Figuren  von  A.  van  Nieulandt,  nur  daß  dieser  wie  Poelenburg 
seine  Bilder   in   viel    kleinerem   Formate    ausführte,    und   daß    seine 

*)  Briefliche  Mitteilung  von  Herrn  Direktor  W.  A.  MuUigan  in  Cork. 

152 


derartigen  Gemälde  meist  aus  späterer  Zeit  datieren,  aus  den  40er 
und  50er  Jahren.  Wie  wir  schon  wissen,  hat  A.  v.  Nieulandt  wie 
Lastman  auch  für  das  Betzimmer  Christians  IV.  in  Schloß  Frederiks- 
borg gemalt.  Was  die  Datierung  des  Bildes  betrifft,  dessen  Ausführung 
im  Gegensatz  zu  der  eben  besprochenen  Bathseha  sehr  sorgfältig, 
wenn  auch  an  einzelnen  Stellen  etwas  hart  zu  sein  scheint,  so  wage 
ich  auf  Grund  der  mir  zur  Verfügung  stehenden  Abbildung  nur 
dahin  zu  urteilen,  daß  es  zwar  nicht  zu  den  Frühwerken  gehört,  aber 
wohl  auch  nicht  in  die  spätere  Schaffensperiode. 

Im  Prinzip  ganz  dieselbe  Komposition  wie  das  Augsburger 
Odysseusbild,  nur  rechts  um  eine  Reiterfigur  bereichert,  weist  die 
1620  datierte  Taufe  des  Kämmerers  (86)  in  München  auf.  Diese  Reiter- 
figur hat  der  auf  der  linken  Seite  aufrecht  stehenden  Einzelfigur  das 
Gegengewicht  zu  halten.  (Sie  ist  auch  deshalb  interessant,  weil  sie 
von  Rembrandt  übernommen  wird).  Vorbereitet  war  sie  bereits  in 
früheren  Gemälden  durch  die  ganz  an  den  Bildrand  gerückten 
stehenden  Figuren  (mit  großem  Buch  —  auf  dem  Amsterdamer 
Gemälde  von  1617  z.  B.).  Das  Schema  ist  nun  so,  daß  sich  in  der 
Mitte  zwischen  zwei  Senkrechten  die  vielfigurige  Pyramide  aufbaut. 
Es  unterliegt  wolil  keinem  Zweifel,  daß  Lastman  auf  eine  harmonische 
klare  äußerliche  Komposition  besonderen  Wert  legte.  Und  ein 
allmählicher  Fortschritt  ist  unverkennbar  und  deutlich  fühlbar,  wenn  wir 
—  wie  vorhin  bei  dem  Odysseusbild  —  auch  hier  eine  ein  gutes  Jahrzehnt 
früher  entstandene  Darstellung  des  gleichen  Gegenstandes  zum  Vergleich 
heranziehen,  das  Berliner  Bild  von  1608.  In  beiden  Fällen  machen 
wir  dann  die  Grundbeobachtung:  das  Interesse  des  Malers  an  der 
sorgfältigen  Ausarbeitung  der  Landschaft  hat  einer  Bevorzugung  der 
Figuren  und  ihrer  kunstvollen  Anordnung  auf  der  Bildtafel  Platz 
gemacht.  Damit  steht  im  Einklang  die  früher  noch  etwas  ungeschickte, 
plumpe  Zeichnung  der  Figuren  —  im  Gegensatz  zur  Landschaft  — 
und  die  ziemlich  oberflächliche,  mehr  summarische  Behandlung  der 
Landschaft  jetzt,  1620  —  im  Gegensatz  zu  den  in  den  mannigfal- 
tigsten Stellungen  gezeichneten  Figuren,  die  deutlich  eine  lange 
Beschäftigung  mit  Modellstudien  verraten.  Je  länger  man  übrigens 
die  Figuren  des  Münchener  Bildes  betrachtet,  um  so  mehr  ge^vinnt 
es  den  Anschein,  als  sei  auch  versucht  worden,  die  äußerlichen  Posen 
der   Figuren    in    ein    gewisses   inneres    gegenseitiges    Verhältnis    zu 


1B3 


einander  zu  bringen.  Der  Diener  links  sieht  nach  rechts  auf  den 
Tautakt,  der  auch  das  Interesse  der  rechts  stehenden  Personen  in 
Anspruch  nimmt  bis  auf  einen,  den  vordersten  knienden  Jüngling, 
der  sich  nach  rechts  umwenden  muß,  um  die  Verbindung  mit  dem 
Reiter  ganz  rechts  herzustellen.  Zum  gleichen  Zweck  schaut  der 
Hund  dazwischen  noch  zu  seinem  Herrn  empor,  der  selbst  lächelnd 
zu  dem  erstgenannten  knienden  Jüngling  niederblickt.  Die  Verbindung 
der  Figuren  ist  also  auch  so,  ich  möchte  sagen,  „halbinnerlich"  her- 
gestellt, und  zugleich  wird  die  Aufmerksamkeit  auf  die  handelnde 
Hauptgruppe  hingelenkt.  Aber  im  Grunde  wird  diese  Absicht  doch 
nicht  erreicht,  sie  ist  viel  zu  stark  überwuchert  von  dem  Bestreben, 
in  einem  bestimmten  Kompositionsschema  viele  Figuren  in  möghchst 
verschiedenartigen  Stellungen  vorzuführen.  Der  Fehler  ist  eben  der, 
daß  Lastman  die  Komposition  nicht  so  sehr  von  innen  heraus 
gestaltet,  will  sagen  für  ein  bestimmtes  Thema  die  angemessenste 
Kompositionsform,  die  der  Darstellung  des  Themas  auch  ihrerseits 
künstlerisch  zugute  kommt,  sucht,  sondern  umgekehrt,  jedes  Thema 
in  eines  der  nicht  allzuzahlreichen  Grundschemata  hineinzwängt. 

Wenn  hier  auf  dem  Münchener  Bilde  die  Figuren  auch  verhältnis- 
mäßig noch  sehr  in  der  Fläche  behandelt  sind,  so  scheint  Lastman 
das  selbst  empfunden  zu  haben.  In  einer  dritten  Fassung  der  Taufe 
des  Kämmerers  (von  1622)  hat  er  das  Problem  anders  gestellt;  da 
kommt  es  ihm  überhaupt  weniger  auf  die  Zahl  der  Figuren  als 
vielmehr  auf  die  Tiefen-  und  Raumwirkung  an. 

Ein  Bild  mit  nur  wenigen  Figuren  vom  Jahre  1621  besaß  noch 
Herr  P.  von  Semeonoff  in  St.  Petersburg,  Abraham  empfängt  die  drei 
Engel  (5).  Wie  mir  der  Besitzer  freundlichst  mitteilte,  steht  das  Bild 
bezüglich  des  Helldunkels  Rembrandt  am  nächsten.  So  weit  ich  nach 
der  Photographie  urteilen  kann,  handelt  es  sich  in  der  Tat  um  eine 
ganz  interessante  Beleuchtung  —  im  Freien.  Das  Gesicht  des  im 
Profil  knienden  Abraham  liegt  im  Schatten,  ebenso  der  eine  Engel, 
der  rechts  von  ihm  in  der  Mitte  des  Budes,  am  meisten  zurück  in 
voller  Face-Ansicht  dunkel  gegen  den  hellen  Himmel  steht.  Diese 
Kontrastwirkung  ist  von  Lastman  wohl  sicher  beabsichtigt,  kommt 
auch  noch  anderwärts  vor.  Der  Horizont  ist  ganz  in  die  Tiefe  gerückt, 
wie  auf  dem  Augsburger  Odysseusbild.  Die  Landschaft  ist  nur 
nebensächlich  links  als  Kulisse  und  rechts  hinten  als  niedrige  Sühouette 

164 


behandelt.  Das  Gemälde  scheint  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auf 
die  effektvolle  Wirkung  von  hellem  Licht  und  dunklem  Schatten 
berechnet  zu  sein,  während  die  Komposition  im  Grunde  auf  Raffaela 
Darstellung  in  den  Loggien  beruht.  Daß  hier  nicht  der  für  die 
malerische  Wiedergabe  wirkungsvollste  Moment  der  biblischen  Geschichte 
von  Lastman  herausgefühlt  und  festgehalten  ist,  der  die  große  und 
weihevolle  Stimmung  auszudrücken  vermöchte,  die  in  den  paar 
Bibelworten  liegt:  „Und  als  er  seine  Augen  aufhub  und  sah,  siehe 
da  stunden  drei  Männer  vor  ihm.  Und  da  er  sie  sah,  lief  er  ihnen 
entgegen  vor  der  Tür  seiner  Hütte  und  bückte  sich  nieder  auf  die 
Erde."  Diesen  Augenblick  wählte  Raffael:  die  Engel  heißen  den 
fromm  ergebenen  Greis  sich  aufrichten,  und  für  beide  sind  die  an- 
gemessenen und  wirklich  sprechenden  Bewegungen  gegeben.  Für  den 
empfindenden  Leser  des  Bibeltextes  liegen  diese  Vorgänge  zwischen 
dem  eben  zitierten  und  dem  folgenden  Vers,  der  mit  den  Worten 
„und  sprach"  beginnt.  Denn  Abraham  wird  erst  sprechen,  nachdem 
er  von  den  Engeln  dazu  aufgefordert  worden  ist.  Diesen  Moment, 
wie  die  Engel  den  Abraham  sich  erheben  heißen,  gibt  Raffaels 
Komposition  wieder.  Lastman  dagegen  liest  beide  Verse  gleichsam 
in  einem  Atem  zusammen.  Für  ihn  bückt  sich  und  spricht  Abraham 
gleichzeitig.  Seine  Engel  haben  dann  nichts  weiter  zu  tun,  als  zu- 
zuhören. Ihre  Gesten  haben  nichts  auszudrücken.  Man  hat  das 
Gefühl,  wie  wenn  man  Schauspielern  zusieht,  die  eine  lange  Kede 
schweigend  anzuhören  haben  und  dabei  nicht  ganz  still  und  steif 
dastehen  wollen.  Die  Lastmanschen  Schauspieler  entledigen  sich 
ihrer  Rolle  nur  unzureichend,  weil  der  Regisseur  —  Lastman  —  den 
Text  nur  äußerlich  beherrscht  und  deshalb  auch  nicht  besser  zu 
interpretieren  versteht,  vor  allem  ihm  nicht  die  „bildmäßige  Erscheinung 
abzugewinnen"  vermag. 

Das  aus  demselben  Jahre  stammende  Gemälde  Jonas,  der  vom 
Walfisch  ausgespien  wird  (38)  verdankte,  wenn  es  —  wie  sehr  wahr- 
scheinlich ist  —  zu  den  in  zwei  ganz  wenig  verschiedenen  Kupfer- 
stichen von  C.  van  Dalen  d.  J.  und  dem  von  W.  Vaillant  im  Gegensinn 
geschabten  Folioblatt  das  Original  ist,  sein  Entstehen  dem  Auftrage 
eines  Kaufmannes,  der  dasselbe  gewissermaßen  als  eine  Art  Firmen- 
schild benutzte.  Dieser  Isaak  Boddens,  in  der  Warmoestraat  in 
Amsterdam  wohnend,    hatte  dann  natürlich    auch    die    kleinen  Stiche 


155 


von  van  Dalen  bestellt.  Insofern  ist  also  das  Bild  ganz  interessant, 
als  es  zu  jener  Gruppe  von  künstlerischen  Firmenschildern  zu  rechnen 
wäre.  Es  unterscheidet  sich  von  diesen  nur  insofern,  als  es  nicht 
den  Erwerbszweig  angibt,  sondern  nur  Bezug  nimmt  auf  den  Namen 
des  Hauses,  in  dem  Boddens  wohnte.  (Die  Häuser  hatten  in  Holland 
früher  meist  derartige  Namen.  Lastman  selbst  z.  B.  kaufte  das 
Haus  „zum  Predigtstuhl"  (Kanzel),  der  alte  und  der  Junge  Cuyp  — 
bis  zu  seiner  Verheiratung  —  wohnten  in  Dordrecht  in  dem  Hause 
„zum  Samson"  u.  s.  w.).  Künstlerisch  betrachtet  ist  das  Bild  aber 
von  sehr  geringem  Werte.  Höchstens  könnte  man  sich  noch  kopf- 
schüttelnd fragen:  Sollte  Lastman  etwa  wirklich  bei  der  Gestaltung 
seines  entfliehenden  Jonas  wieder  bei  Raffael  sich  haben  inspirieren 
lassen,  an  dem  Orte,  wo  er  sicher  viel  gelernt  hat,  in  den  Loggien 
im  Vatikan?  Etwa  an  dem  Gott  Vater  beim  Scheiden  von  Licht 
und  Finsternis?  Diese  Möglichkeit  braucht  nicht  ausgeschlossen  zu 
werden,  wenn  auch  vielleicht  eine  Beeinflussung  durch  die  Apollfigur 
auf  Giulio  Romanos  Fresko  im  Palazzo  Ducale  in  Mantua  noch 
größere  Wahrsclieinlichkeit  für  sich  hat*). 

Die  Auferweckung  des  Lazarus  (67)  von  1622  im  Mauritshuis  im 
Haag  ist  ein  Bild  voUer  Figuren  in  warmem,  blondem  Ton,  trotz 
der  Buntheit  der  Gewänder.  Vosmaer  fand  in  dem  Gemälde  zweierlei 
Tendenzen  zum  Ausdruck  gebracht:  die  eine  italienische,  und  die 
andere  originale.  Der  Vordergrund  ist  bestimmt  und  klar  gemalt, 
während  das  übrige  weicher  ist,  mehr  Tranzparenz  in  den  Schatten 
besitzt  und  bis  zu  einem  gewissen  Grade  den  bisher  im  „Werke" 
Lastmans  unbekannten  „charme  du  mystere",  des  Immateriellen  hat, 
der  uns  bei  Rembrandt  gefangen  nimmt.  Vosmaer,  im  Glauben,  das 
Bild  sei  1632  entstanden,  findet  darin  wirklich  „einen  Berührungspunkt 
von  Lehrer  und  Schüler,  eines  der  Glieder,  die  jenen  mittelmäßigen 
Meister  mit  dem  Genie  des  Schülers  verknüpfen.  Aber  es  drängt 
sich  dabei  die  Frage  auf:  hat  Lastman  diese  Ähnlichkeiten,  diese 
Lichtelemente  etwa  seinem  bereits  berühmten  Schüler  entlehnt  —  oder 
dürfen  wir  es  wagen,  sie  als  Keime  einer  Ai't  zu  sehen  und  zu 
fühlen  anzunehmen,  die  bei  Rembrandt  zur   höchsten  Blüte  reiften?" 


') 


Vosmaer  neigte  zu  der  zweiten  Annahme  —  weil  diese  Arbeit   nicht 
allein    stehe,    sondern   das    Bild   von    1629    des   Haarlemer  Museums 


*)  Hierauf  wies  mich  Herr  Professor  Goldschmidt  hin. 

156 


weiteres  Beweismaterial  dafür  böte.  Ist  in  dem  Haager  Bild  nun 
aber  wirklich  etwas  von  Rembrandtischem  Licht  zu  spüren?  Dann 
hätte  Vosmaer  richtig  geschlossen,  daß  in  Lastman  selbständig  eine, 
wenn  auch  noch  so  geringe,  Spur  vom  Geiste  Rembrandts  lebte,  denn 
dies  Bild  ist  in  Wirklichkeit  nicht  erst  1632  (wie  er  irrtümlich 
las),  in  dem  Entstehungsjahr  der  Anatomie,  sondern  bereits  1622  gemalt. 
Die  Möglichkeit  der  Rückbeeinflussung  des  Lehrers  durch  den  einstigen 
Schüler  besteht  nicht.  Die  gänzlich  anders  empfundene  und  gemalte 
Haarlemer  Anbetung  der  Hirten,  die  allerdings  ziemlich  stark 
Rembrandtisch,  aber  nicht  von  Pieter  Lastman  ist  und  auch  nicht 
von  1629  sein  kann  —  die  Jahreszahl  ist  gar  nicht  mehr  zu  ent- 
ziffern — ,  muß  eben  ausgeschaltet  werden  bei  dieser  Frage.  Und 
wenn  wir  nun  noch  einmal  fragen,  ob  in  der  Auferweckung  des  Lazarus 
wirklich  ein  Hauch  vom  Geiste  Rembrandts  vorauszuahnen  ist  —  so 
können  wir  schwerlich  die  Antwort  „ja"  darauf  geben.  Das  Bild 
hängt  jetzt  neben  der  1632  gemalten  Anatomie  an  derselben  Wand, 
an  der  auch  Rembrandts  Darstellung  im  Tempel  von  1631  zu  sehen  ist,  die 
Vergleichsmöglichkeiten  sind  also  gegeben.  Wo  ist  auf  Lastmans  Bild  die 
Transparenz  der  Schatten!  Alle  in  der  Grotte  befindlichen  Personen  sind 
von  einer  nicht  sichtbaren  Lichtquelle  aus  hell  beleuchtet,  sodaß  bei  vielen 
starke  Schatten  entstehen.  Von  einem  Fühlbarmtichen  des  Höhlen- 
raumes durch  die  Beleuchtung  kann  kaum  die  Rede  sein.  Wenn  im 
Hintergrund  nicht  die  Öffnung  und  der  Ausblick  ins  Freie  wäre,  so 
könnte  die  Szene  ebensogut  vor  einer  dunkeln  Wand  spielen.  Allein 
die  drei  Frauenfiguren  draußen,  von  denen  zwei  von  einem  starken 
Schatten  zum  Teil  getroffen  werden,  könnte  man  vielleicht  in 
Vosmaerschem  Sinne  deuten  wollen.  Doch  handelt  es  sich  bei  ihnen 
auch  wieder  um  Figuren,  die  sich  im  F  r  e  i  e  n ,  im  Licht  und  nicht 
im  Halbdunkel  befinden.  Meinem  Empfinden  nach  haben  wir  viel- 
mehr ein  Bild  vor  uns,  das  schon  ziemlich  stark  den  Niedergang 
Lastmanscher  Kunst  verrät.  Es  weist  nur  einen  blonderen,  warm- 
gelberen Gesamtton  auf  als  die  anderen,  es  fehlt  nämlich  fast 
jegliches  Laub,  auf  dessen  bei  Lastman  meist  sehr  blaugrün  oder 
schwärzlichbraun  getönte  Massen  ein  großer  Teil  der  kühleren 
Gesamtwirkung  dieser  Bilder  zu  setzen  ist.  Die  Typen  der  Figuren 
sind  unsympathisch,  die  Gewandbeliaudlung  ist  grob.  Der  Mantel  des 
Chiistus  macht  den  Eindruck,  als  sei  er  aus  Kuchenteig.  Die  Handlung 


157 


selbst  ist  wieder  nur  ganz  äußerlich  zur  Darstellung  gebracht,  jede 
Figur  ist  für  sich  hingestellt,  ohne  mit  den  anderen  in  innere  Be- 
ziehung gebracht  zu  sein  —  der  alte  Mangel.  Die  Komposition 
dagegen  baut  sich  wieder  nach  einem  bestimmten  Schema  auf: 
Dreieck  mit  Christus  als  Senkrechter  und  gleichzeitig  als  räumlichem 
Mittelpunkt  der  um  ihn  herumgruppierten  Zuschauer.  Aber  die 
Wirkung  ist  doch  nicht  einheitlich;  die  Figuren  erscheinen  ziemlich 
durcheinandergewürfelt. 

Sicher  etwas  früher  wird  das  weniger  gut  erhaltene  ähnliche 
Bild  im  Besitze  von  Frau  K.  Witte  ein  Alkmaar  (6G)  entstanden  sein,  das 
im  wesentlichen  mit  dem  Haager  Bild  verwandt,  aber  dunkler,  grün- 
braun im  Ton  und  flüchtiger  in  der  Ausfühmng  ist.  Die  Typen 
und  die  Haltungen  der  einzelnen  Figuren  schließen  sich  an  das 
Amsterdamer  Bild  mit  dem  kananäischen  Weibe  an,  z.  B.  Christus 
und  der  rechts  neben  ihm  stehende  Jünger.  Anderes  berührt  sich 
wieder  enger  mit  der  Auferweckung  im  Mauritshuis. 

Vosmaer  erwähnte  in  seinem  Katalog  der  Werke  Lastmans  schon 
fünf  Bilder  dieses  Gegenstandes,  die  er  aber  auf  zwei  wirklich  vor- 
handen gewesene  reduzieren  zu  dürfen  glaubte.  In  unserem  Katalog 
haben  wir  noch  vier  weitere  alte  Erwähnungen  hinzufügen  können. 
Nur  bei  einem  von  den  sieben  nicht  mehr  nachweisbaren  Stücken 
findet  sich  außer  der  Titelangabe  auch  eine  Maßangabe,  bei  unserer  Nr.  68. 
Das  war  ein  bedeutend  kleineres  Bild  als  die  beiden  in  Alkmaar  und  im 
Haag,sodaßmindestensdreiverschiedeneDarste]lungen  der  Auferweckung 
des  Lazarus  als  sicher  anzunehmen  sind.  Die  anderen  Erwähnungen 
werden  vielleicht  auf  diese  drei  Bilder  verteilt  werden  können. 

Aus  dem  Jahre  1622  sind  noch  zwei  weitere  Gemälde  erhalten, 
ein  umfangreiches  in  Boulogne  sur  Mer:  Laban  der  von  Jakob  und 
Bahel  die  entwendeten  Idole  zurückverlangt  (17),  sowie  eine  Taufe  des 
Kämmerers  in  der  Kunsthalle  zu  Karlsruhe.  Das  Bild  in  Boulogne 
sur  Mer  befindet  sich  in  einem  sehr  schlechten  Erhaltungszustand. 
Es  zeigt  uns  Lastman  auf  der  in  den  letzten  Jahren  eingeschlagenen 
Bahn  weiterschreitend :  Betonung  des  äußeren  Kompositionsschemas, 
wärmeres  Gesamtkolorit  und  Einfügung  von  genrehaften  Motiven 
sowie  Tieren.  Die  Komposition  baut  sich  rechts  zu  einem  Dreieck 
auf,  gegen  das  links  die  wuchtige  Senkrechte  (Laban)  gestellt  ist. 
Die  Fleischfarben  sind  bei  den  Männern  sehr  braun,  bei  den  Frauen 

158 


aber  —  wie  auch  früher  stets  —  weißlich  kühl  und  unangenehm 
wirkend.  Das  genrehafte  Beiwerk  nimmt  einen  ziemlich  breiten 
Ilaum  ein.  Links  vom  steht  ein  ganz  gut  gemalter  Hund,  dahinter 
sieht  man  einen  großen  Ochsenkopf  und  anderes  Vieh.  Rechts  befindet 
sich  Geschirr,  eine  Messingkanne,  Kupferkessel  und  ein  Geflügelkorb 
von  der  Art,  wie  man  sie  z.  B.  bei  Pieter  Aertsen  sehen  kann.  Daß 
wir  unter  den  Figuren  lauter  alten  Bekannten  begegnen,  kann  uns 
jetzt  nicht  mehr  wundernehmen,  ebenso,  daß  wir  sie  schon  in  ähn- 
lichen Stellungen  mehrmals  sahen.  Es  hat  keinen  Zweck,  alle  einzeln 
durchzugehen,  nur  auf  die  augenfälligsten  mag  hingewiesen  werden: 
auf  den  halbbekleideten  Mann,  der  das  Tuch  aus  dem  Koffer  geholt 
hat,  dem  der  Mann  entspricht,  der  den  Lazarus  aus  den  Tüchern 
wickelt  (auf  dem  Bild  bei  Frau  Witte  in  Alkmaar);  ferner  auf  den 
gepanzerten,  en  face  stehenden  Krieger,  der  schon  auf  dem  Braun- 
schweiger Bild  von  1G18  vorkam  und  uns  später  noch  einmal  begegnen 
wird.     Eigentümlich  ist  die    etwas    in    Unteransicht   liegende    Rahel. 

Die  Besprechung  der  Taufe  des  Kämmerers  in  München  be- 
schlossen wir  mit  einem  Hinweis  auf  ein  drittes  Gemälde  dieses 
Gegenstandes  und  auf  die  andere  Fragestellung,  von  der  aus  Lastman 
dieses  dritte  Mal  die  Komposition  gestaltete:  in  dem  Bilde  von  1622 
in  Karlsruhe  (85).  Wie  das  erste  Mal  (1608  in  Berlin)  verzichtet  er 
auf  einen  größeren  Figurenapparat  und  bringt  den  Apostel  und  den 
Kämmerer,  den  jener  tauft,  ganz  allein  im  Vordergrunde  rechts,  wo  ein 
Bach  nach  vorn  fließt.  Auf  der  linken  Bildseite  steht  auf  breiter  Straße 
der  Wagen,  der  im  Gegensatz  zur  Bewegung  des  Wassers  des  im  Bogen 
nach  vorn  fließenden  Baches  durch  seine  Richtung  und  die  starke 
Rückverkürzung  den  Beschauer  in  die  Tiefe  führt.  Somit  sehen  wir 
Lastman  sich  zwar  bezüglich  der  Figuren,  ihrer  Stellungen  und  Typen 
mehr  und  mehr  wiederholen.  Wir  müssen  ihm  aber  zugleich 
zugestehen,  daß  er  dennoch,  wenn  es  gilt,  ein  Thema  zum  zweiten 
oder  dritten  Male  zu  behandeln  (innerhalb  verschiedener  Zeitperioden), 
sich  kompositionoll  nicht  mit  dem  einst  zustandegobrachten  begnügt, 
sondern  von  neuen  Gesichtspunkten  aus  an  die  Arbeit  geht. 

Eine  Vergleichung  des  1614  gemalten  Bildes,  das  P.  v.  Semeonoff 
in  seinem  Katalog  erwähnt,  angeblich  die  Frau  des  Abraham,  Sara, 
auf  dem  Wege  zur  Residenz  des  Mdchisedek  darstellend,  dessen  jetziger 
Besitzer  leider  nicht  mehr  festzustellen  ist,  mit  einem  späteren  Bilde 


159 


ähnlichen  (bezw.  gleichen)  Gegenstandes,  hätte  vielleicht  ein  ähnliches 
Resultat  ergeben  und  die  Verstärkung  der  Raum-  und  Tiefenwirkung 
des  späteren  Werkes  gegenüber  dem  früheren  gezeigt.  Das  ver- 
hältnismäßig hübsche  Bild  im  Besitze  des  Herrn  Rechtsanwaltes 
Aug.  Lürman  in  Bremen,  das  Abraham  mit  den  Seinen,  dem  der  Herr 
das  gelobte  Land  zeigt  (2),  darstellt,  ist  1624  in  einem  ebenso  niedrigen 
Breitformat  wie  das  Aktäonbüd  der  Sammlung  Wagenhoff-Dolch 
in  Paris  gemalt.  Es  zerfällt  in  zwei  gleichgroße  Teile,  deren  Grenze 
noch  durch  das  Steindenkmal  in  der  Mitte  hervorgehoben  wird.  Links 
spielt  sich  die  eigentliche  Handlung  ab,  während  die  ganze  rechte 
Hälfte  von  Viehherden  und  Nebenfiguren  eingenommen  wird.  Das 
Thema  ist,  wie  schon  oben  angedeutet  wurde,  ziemlich  ungewöhnlich. 
Vielleicht  darf  man  aber  mit  einiger  Sicherheit  annehmen,  daß  es  auf 
venezianische  Anregungen  zurückgeht.  In  Wien  befindet  sich  z.  B. 
ein  Bild  von  Francesco  Bassano*),  auf  dem  —  wenn  auch  etwas 
anders  —  das  gleiche  Thema  dargestellt  wird.  Daß  bei  den  Bassani 
das  Beiwerk,  Geschirr,  Tiere  u.  s.  w.  eine  außerordentliche  Rolle 
spielen,  ist  zu  bekannt,  als  daß  es  noch  besonderer  Hervorhebung  be- 
dürfte. Die  Art  und  Weise,  wie  das  Vieh  im  Zuge  hingestellt  ist 
und  posiert,  ist  bei  beiden  ungefähr  gleich. 

Es  verlohnt  auch  hier  nicht,  auf  die  Einzelheiten  des  Gemäldes 
um  ihrer  selbst  willen  einzugehen.  Wir  haben  ja  schon  gesehen, 
daß  Lastman  gerade  darin  immer  weniger  erfreulich  wird  und  neues 
kaum  mehr  bietet. 

Nicht  viel  besser  ergeht  es  uns  bei  dem  Bild  der  Predigt  Johannis 
des  Täufers  (48)  vom  Jahre  1627,  das  auf  der  Versteigerung  Raedt  van 
Oldenbarnevelt  in  Amsterdam  am  6.  Nov.  1900  versteigert  wurde. 
In  der  Komposition  zeigt  es  allerdings  eine  andere  Form,  die  ja 
freilich  durch  das  Thema  mit  bedingt  war  und  die  wir  auch  von 
anderen  Meistern  angewandt  finden :  die  Gruppierung  der  Zuhörer  im 
Kreise  um  den  erhöht  stehenden  predigenden  Johannes  herum,  womit 
auch  eine  größere  Raumwirkung  in  die  Tiefe  erzielt  wird.  Noch 
mehr  macht  sich  hier  die  Ansicht  einiger  Figuren  in  starker  Unter- 
verkürzung bemerkbar,  nicht  gerade  zum  Vorteil  des  Gemäldes. 
Dann  finden  wir  zahlreiche  Modelle,  die  uns  von  früheren  Gemälden 
her  bekannt  sind,  wie  z.  B.  der  Reiter    rechts    von    der    Münchener 


*)  Katalog  Nr.  266. 

160 


Kämmerertaufe,  oder  die  sitzende  Frau  vorn  rechts  von  der  Mitte, 
die  fast  ganz  genau  so  schon  auf  dem  Bild  in  Boulogne  s.  M.  vor- 
kam. Genrehaftes,  ist  reichlich  vorhanden  und  läßt  wieder  stark  an 
die  Bassani  denken.  Z.  B.  der  kleine  Junge,  der  links  auf  die 
Mauer  klettert,  mit  dem  hinten  herausguckenden  Hemdzipfel,  ist 
direkt  eine  Bassanofigur.  Ich  verweise  auf  die  Predigt  Johannis  des 
Täufers  von  Francesco  Bassano  d.  J.  in  S.  Giacomo  dell'Orto  in 
Venedig,  wo  er  vorn  in  der  Mitte  zu  sehen  ist;  oder  auf  den  auf 
dem  Schimmel  sitzenden  Jungen  auf  dem  Bilde  Jakob  auf  der  Rück- 
kehr von  Kanaan  im  Palazzo  ducale  in  Venedig.  Auf  dem  erst- 
genannten Gemälde  finden  wir  auch  noch  andere  Motive,  die  Lastman 
entlehnt  haben  könnte;  z.  B.  der  sein  Haupt  stützende  alte  Mann  zu 
Füßen  des  Johannes,  schließlich  auch  die  Reiterfigur  rechts  (auf 
beiden  Bildern),  die  Mutter  mit  dem  Kind  im  Arm.  Bei  diesem 
wahrscheinlichen  Zurückgreifen  Lastmans  auf  die  Bassani  ist  zu  be- 
denken, daß  z.  B.  David  Teniers  der  Jüngere  „nicht  nur  ihre  Werke 
kopierte,  sondern  sich  auch  Motive  aus  ihnen  zu  eigen  machte"*) 
(vergl.  z.  B.  das  Schäferbild  in  der  Liechtensteingalerie  in  Wien, 
Zottmann,  Tafel  XIII  Nr.  29).  Und  dabei  ist  auch  an  die  beliebten 
Jahreszeiten-  und  Monatsdarstellungen  (von  van  Baien  in  München 
beispielsweise)  zu  erinnern.  „Sicherlich  ist  auch  Elsheimers  Knnst 
nicht  ganz  unberührt  von  der  Kenntnis  ihres  [der  Bassani]  Helldunkels 
geblieben**).  Aber  nicht  nur  davon,  auch  eine  bestimmte  Art  der 
Figurengruppierung  scheint  Elsheimer  ihnen  abgesehen  zu  haben; 
wie  er  z.  B.  einen  Akt  ganz  in  die  linke  Bildecke  hineinfügt.  Der 
barmherzige  Samariter  im  Louvre  (Nr.  2711)  und  der  Tod  der  Prokria 
bei  Lord  Methuen  in  Corsham  House  lassen  an  den  barmherzigen 
Samariter  von  Francesco  Bassano  im  Wiener  Hofmuseum  (Nr.  283) 
denken.  Eine  Kenntnis  der  Werke  der  Bassani  darf  bei  Lastman 
auch  deshalb  als  sicher  vorausgesetzt  werden,  weil  deren  Werke 
durch  Stech-  und  Schabkunst  eine  außerordentliche  Verbreitung  fanden. 
Schon  van  Mander***)  erzählt,  daß  Joan  Sadeler  und  seine  zwei 
Brüder  Bilder  nach  Bassano  gestochen  haben,  unter  anderen  ein 
damals  (1G04)  in  Amsterdam   bei   loan  Icket   befindliches   Ölgemälde 


*)  L.  Zottmann,  Zur  Kunst  der  Bassani,  Straßburg  (HeiU)  1908,  Seite  69. 
**)  Zottraann  a.  a.  0. 
**♦)  In  der  Lebensbeschreibung  des  Jacopo  Bassano. 


11 


161 


der  Verkündigung  der  Engel  an  die  Hirten,  ein  Bild  von  wunder- 
barer Zeichnung  und  Malweise.  Unter  den  Stichen  der  verschiedenen 
Sadeler  sind  nach  Bassano  1)  die  drei  berühmten  sogenannten  Küchen 
zu  nennen:  Christus  bei  Maria  und  Martha,  das  Gastmahl  des  reichen 
Mannes  und  der  arme  Lazarus  (von  Jan  Sadeler),  sowie  Jesus  mit 
den  Jüngern  in  Emaus  (von  Raphael  Sadeler).  Andere  Blätter  sind 
(von  Aegid.  Sadeler):  Christoph  mit  dem  Kinde  (von  1605),  Verkündigung 
an  die  Hirten;  (von  Jan  Sadeler) :  die  vier  Jahreszeiten  nach  Leandro 
Bassano;  (von  Raphael  Sadeler):  Anbetung  der  Könige,  Jesus  bei 
Martha,  die  vier  Jahreszeiten,  zwei  Landschaften  mit  vielen  Figuren 
und  Tieren. 

Weiter  ist  von  niederländischen  Künstlern,  die  nach  den  Bassani 
stachen,  auch  Com.  Galle  (1576 — 1650)  zu  nennen  mit  der  Verkün- 
digung an  die  Hirten  und  einem  armen  Lazarus  nach  J.  Bassano. 
Als  niederländischer  Nachahmer  der  Bassani  ist  zu  erwähnen  Pieter 
Corn.  van  Rijck  (geb.  in  Delft  1568;  1604  in  Haarlem  erwähnt).  Er 
war  ein  Schüler  von  Jacob  Willemsz  Delff  und  wohnte  15  Jahre  in 
Italien;  angeblich  1628  starb  er.  Van  Mander  nennt  ihn  einen 
ausgezeichneten  Nachahmer  des  Bassano.  Bezeichnete  und  datierte 
Gemälde  von  ihm  befinden  sich  in  Braunschweig  (von  1604)  und  in 
Haarlem  (von  1621);  ein  ihm  zugeschriebenes  in  Amsterdam  im 
Rijksmuseum. 

Die  ausdrückliche  Hervorhebung  der  von  Bassano  beliebten 
Tierdarstellungen  durch  van  Mander  (in  der  Biographie  des  Bassano) 
ist  jedenfalls  auch  wesentlich  für  die  Bedeutung,  die  man  den  Bassani 
in  Bezug  auf  ihren  Einfluß  auf  Lastmans  Tierdarstellungen  in  späteren 
Jahren  —  und  auch  für  die  Entwicklung  des  Tierbildes  in  Holland 
überhaupt  —  einräumen  muß.  Lastman  war  nämlich  in  der  Tat 
ein  regelrechter  Tiermaler.  Sowohl  aus  jenen  Bildern  seiner  späteren 
Periode  konnten  wir  das  erkennen,  wie  auch  deutlich  die  zahlreichen 
selbständigen  Gemälde  und  Zeichnungen  von  Tieren  dafür  sprechen, 
die  wir  in  seinem  Inventar  erwähnt  finden.  Nr.  26  (unserer  Zählung) 
stellt  einen  kleinen  Hund  dar,  der  von  ihm  selbst  gemalt  wurde. 
Andere  Stücke,  wo  der  Maler  nicht  ausdrücklich  genannt  wird,  werden 
zum  Teil  doch  auf  Lastman  zurückgehen.  Das  sind :  Kopien  nach 
einem  Widder  und  Geißen  (Nrn.  41,  42,  43),  Ocbsenkopf  (Nr.  59), 
Leopard  u.  a.,    Kopien  nach  Vögeln    (Nr.    60),    ein    Ochsenkopf    mit 

162 


zwei  Hunden  (Nr.  61),  einige  Pferdeköpfe  (Nr.  62),  ein  Pfau,  ein 
Krokodil,  eine  Geiß  (Nr.  63),  ein  Lamm,  eine  Kopie  eines  Pfaues  und 
eines  weiblichen  Pfaues  (Nr.  64),  zwei  Böcke,  Gänse,  ein  kleiner  Hund, 
ein  Ochse  (Nr.  65),  ein  kleiner  Hund,  ein  Hahnenkampf  (Nr.  66),  ein 
Kasten  mit  Zeichnungen  von  Pferden  (Nr.  71). 

Bezeichnend  ist  auch,  daß  Lastman  von  Savery,  dem  beliebten 
Tiermaler  jener  Zeit,  ein  Kamel  (wohl   ein  Gemälde)  besaß  (Nr.   39), 

Mit  der  Jahreszahl  1628  und  dem  Monogramm  ist  ein  Porträt 
eines  etiva  50jährigen  Manne,- (121)  signiert,  das  sich  mit  einem  Pendant, 
ebenfalls  einem  Männlichen  Bildnis  (lii2)  in  der  Galerie  des  fürstlichen 
Schlosses  in  Bückeburg  befindet.  Die  Bilder  galten  dort  als  Werke 
von  D.  Teniers  d.  J.  Detf  Hinweis  auf  sie  verdanke  ich  einer  freund- 
lichen Mitteilung  von  Herrn  Professor  Dr.  W.  Martin  im  Haag,  der 
sie  vor  ein  paar  Jahren  als  Werke  unseres  Malers  erkannte.  Das 
eine  ist  deutlich  signiert  und  datiert  und  kann  daher  unmöglich  von 
D.  Teniers  herrühren;  das  andere  dagegen  weist  in  der  unteren 
rechten  Ecke  nur  noch  undeutliche  Spuren  von  einem  Monogramm 
und  scheinbar  auch  von  einer  Jahreszahl  auf.  Jedenfalls  sind  sich 
die  beiden  Stücke  stilistisch  so  ähnlich,  daß  man  ihre  Entstehung 
von  ein  und  derselben  Hand  und  wohl  auch  in  ziemlich  gleicher  Zeit 
anzunehmen  berechtigt  ist.  Man  muß  dabei  nur  dem  Umstände 
Rechnung  tragen,  daß  das  zweite  Bild  stark  übermalt  ist. 

Lastman  tritt  uns  in  diesen  Bildern  das  einzige  Mal  als  Porträt- 
maler gegenüber,  zu  einer  Zeit,  wo  er  bereits  unter  Krankheit  zu 
leiden  hatte.  Denn  am  5.  März  jenes  Jahres  sahen  wir  ihn  ein  Testament 
machen  (vergl.  Seite  15).  Nicht  ganz  ein  Jahr  später  war  er  noch  heftiger 
erkrankt  und  testierte  abermals  vor  seinem  Notar  Lamberti  (vergl. 
Seite  16).  Wenn  nicht  in  der  Zeit  vor  dem  6.  März,  so  muß  nach  diesem 
Datum  jenes  erstgenannte  Porträt  (und  wahrscheinlich  auch  das 
andere)  gemalt  sein. 

Die  Bilder  sind  die  einzigen  Porträts  von  der  Hand  Lastmans, 
die  uns  erhalten  sind,  von  dem  wir  andere  in  der  Literatur  bis  jetzt 
aber  auch  nicht  erwähnt  fanden.  Man  darf  daher  wohl  annehmen, 
daß  er  nur  selten  porträtiert  hat.  Dazu  paßt  auch  die  etwas 
zaghafte  Art  der  Ausführung,  besonders  des  einen  gut  erhaltenen 
Stückes,  die  nur  durch  kloine  Tupfen  und  Strichelchen  erreichte 
Modellierung.    Die  Porträtähnlichkeit  scheint  ganz  gut  getroffen  zu  sein. 


11* 


163 


Der  Kopf  des  Mannes  mit  den  etwas  zusammengekniffenen, 
gleichsam  blinzelnden  Augen  verfügt  sogar  über  ein  leidliches  Quantum 
von  Leben.  Der  andere  freilich  ist  ziemlich  starr;  man  merkt  ihm 
das  lästige  Sitzen  zum  Porträtiertwerden  an. 

Was  nun  die  Personen  der  Dargestellten  betrifft,  so  können  wir 
darüber  nur  eine  Hypothese  vorbringen,  über  deren  größere  oder 
geringere  Wahrscheinlichkeit  der  Leser  befinden  mag.  Unter  den 
der  dementia  Zeegers,  der  Tochter  von  Lastmans  älterem  Bruder 
Zeeger  Pietersz,  gehörenden  Gemälden,  die  im  Jahre  1664  bei  ihrem 
Schwiegersohn  Jean  Meerman  aufbewahrt  wurden  (vergl.  Seite  24), 
finden  wir  an  letzter  Stelle  drei  Porträts  aufgezählt:  eins  von  Pieter 
Lastman,  eins  von  Zeeger  Pietersz,  und  eins  von  Albert  Eggerick. 
Da  Zeeger  Pietersz  kein  Maler  war,  so  kann  der  Text  nicht  so  verstanden 
werden,  als  seien  jene  Bilder  von  den  G-enannten  gemalt  worden,  sondern 
nur  so,  daß  die  Namen  der  Dargestellten  angegeben  werden.  Die 
schon  von  Bredius  und  de  Roever  ausgesprochene  Vermutung,  daß 
jenes  erstgenannte  Porträt  Pieter  Lastmans  das  von  Thomas  de 
Keyser  gemalt  sei,  zu  dem  Vondel  die  bekannten  Verse  gedichtet 
hat,  ist  wohl  möglich.  Denn  Lastman  war  im  Hause  seines  Bruders 
Zeeger  Pietersz  die  letzte  Zeit  bis  zu  seinem  Tode  gepflegt  worden 
und  hatte  ihn  in  seinem  letzten  Testament  vom  13.  Mai  1632  zum 
Universalerben  gemacht.  Nun  darf  bei  dem  datierten  Porträt  in 
Bückeburg  wohl  die  Vermutung  ausgesprochen  werden,  daß  es  mit 
dem  zweiten  der  erwähnten  Bilder,  nämlich  mit  dem  Porträt  dieses 
Bruders  Zeeger  Pietersz  identisch  ist.  Dieser  war  nämlich  von 
Lastmans  Brüdern  der  einzige,  der  1628  noch  am  Leben  war.  Darin,  daß 
Lastman  sidi  bei  ihm,  mit  dem  er  offenbar  in  besten  Beziehungen 
stand,  einmal  als  Porträtmaler  versuchte,  liegt  nichts  unwahrscheinliches, 
und  ebenso  natürlich  ist  es,  daß  die  Tochter  dieses  Zeeger  Pietersz  .das  Bild 
ihres  Vaters  (wie  auch  das  ihres  Onkels)  bewahrte.  Zeeger  Pietersz  war 
1578  geboren,  zählte  1628  also  50  Jahre,  ein  Alter,  das  der  auf  unserm 
Bilde  porträtierte  Mann  wohl  haben  kann.  Vielleicht  kann  seine  etwas  prä- 
tentiöse Kleidung,  der  verzierte  Mantel  und  die  barettartige  Kopfbedeckung 
damit  in  Zusammenhang  gebracht  werden,  daß  Zeeger  Pietersz  20  Mal 
Dekan  der  Silber-  und  Goldschmiede,  also  ein  hochgeachteter  Mann  war. 

Ob  nun  in  dem  andern  Bild  in  Bückeburg  das  dritte  der  erwähnten 
Porträts,  also  das  des  Albert  Eggerick   erhalten  ist,    kann   nur    ganz 

164 


vermutungsweise  angenommen  werden,  da  wir  über  die  Persönlich- 
keit dieses  Mannes  nicht  unterrichtet  sind.  Daß  er  zur  Familie 
unseres  Malers  in  irgend  welcher  Beziehung  stand,  ist  aus  dem 
Vorhandensein  seines  Porträts  bei  dementia  Zeegers  wahr- 
scheinlich, und  so  könnte  es  ja  auch  gekommen  sein,  daß  Lastman 
damals,  als  er  seinen  Bruder  porträtierte,  auch  ihn  malte. 

Das  spätest  datierte  Gemälde  Lastmans,  dessen  Jahreszahl  1630 
Vosmaer  noch  übersah  (sie  ist  erst  nach  ihrer  Erwähnung  im  Stock- 
holmer Galeriekatalog  von  1900  bekannt)  ist  eine  Opferdarstellung. 
Dem  links  befindlichen  Standbild  der  Juno  werden  Brandopfer  dar- 
gebracht (105).  Wir  haben  bereits  bei  dem  von  Vosmaer  und  anderen 
vermeintlich  für  ein  Spätwerk  von  1632  gehaltenen  Bilde  im  Haag 
die  Frage  gestreift,  wie  wenig  sich  eigentlich  die  Kunstweise  Lastmans 
der  seines  Schülers  Rembrandt  nähert.  Dieses  Spätbild  aus  einer  Zeit, 
wo  Rembrandt  bereits  eine  Reihe  von  Histx)rienbildern  gemalt  hatte, 
zeigt  uns  noch  einmal  den  ganzen  „reifen"  Lastman  in  seinem 
eignen  Stil.  Wir  finden  in  diesem  Bild  alle  die  Härten,  die 
ihm  von  Anfang  an  eigen  waren,  verstärkt  und  ohne  die  kleinen 
Reize,  die  der  zuerst  noch  in  ihm  wohnende  Rest  Elsheimerischer 
Auffassungsweise  sowie  die  sorgfältigere  Detailausführung  seinen 
frühen  Gemälden  verliehen.  Man  kann  vor  diesem  Bilde  nur  von 
einer  Summierung  von  Modellfiguron  sprechen,  die  selbst  für  sich 
genommen  durch  ihre  häufige  Verwendung  zu  abgegriffenen  Versatz- 
stücken geworden  sind.  Die  Landschaft  ist  ganz  verschwunden,  zwei 
Paläste  und  feine  Säule  in  ebenso  nüchterner  wie  schematischer  Auf- 
fassung und  Ausführung  geben  den  Hintergrund  ab.  Die  Wolken 
am  Himmel  wirken  grell  und  äußerlich.  Es  ist  ein  Bild,  das  wohl 
erkennen  läßt,  daß  seine  Ausführung  dem  Maler  keinerlei  Schwierig- 
keiten bereitete,  die  zahlreichen  Figuren  zu  einer  „Gruppe",  die  das 
zur  Darstellung  gewählte  Thema  illustrieren  sollte,  äußerlich  zusammen- 
zustellen. Aber  dieser  Figurenapparat  war  überall  verwendbar  und 
diesen  plumpen,  robusten  Gestalten  sieht  man  an,  daß  sie  zu  ihrem 
Schöpfer  eigentlich  in  keinem  inneren  Verhältnis  standen.  Aber  die 
Art  und  Weise,  wie  Lastman  seinen  Themen  Ausdruck  verlieh,  war 
immerhin  eine  äußere  Form,  die  für  die  Geschichten  der  Bibel  oder 
der  Mythologie  auf  holländischem  Boden  und  für  ein  holländisches 
Publikum    gewonnen    war.     Das    empfanden    die    Zeitgenossen    sehr 

165 


■wohl,  und  auch  wir  werden  das  anerkennen.  Noch  dazu,  wenn  wir 
bedenken,  daß  der  große  Künstler,  der  imstande  war,  diese  Form 
auch  innerlich  mit  Leben  zu  erfüllen  und  sie  zu  beseelen  (und  sie 
demgemäß  natürlich  auch  noch  zu  modifizieren)  der  direkte  Schüler 
unseres  Malers  Lastman  war:  Rembrandt.  Dieser  wußte  das,  was 
ihm  der  Lehrer  mit  dieser  äußeren  Form  bot,  man  darf  wohl  sagen, 
Zeit  seines  Lebens  wohl  zu  würdigen.  Es  ist  daher  nicht  mehr  als 
billig,  daß  auch  wir  ihm  die  vom  historischen  Standpunkt  aus  ge- 
bührende Anerkennung  zollen,  auch  wenn  wir  der  Kunst  Lastmans^ 
selbst  keinen  besonderen  Greschmack  abzugewinnen  vermögen. 

Der  künstlerische  Entwicklungsgang  Pieter  Lastmans  vollzog 
sich  im  großen  und  ganzen  folgerichtig  ohne  große  oder  überraschende 
plötzliche  Stilwandlungen.  Nachdem  er  einmal  in  Italien  unter 
Elsheimers  Einfluß  gekommen  war,  erlebte  er  im  weiteren  Verlaufe 
seines  in  Amsterdam  zugebrachten  Lebens  nie  wieder  einen  so  starken 
und  nachhaltigen  künstlerischen  Eindruck  von  anderer  Seite.  Und 
wenn  Lastmans  Kunstweise  sich  mit  der  Zeit  nach  und  nach  doch 
von  der  eigentlichen  Elsheimerischen  Weise  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  entfernte,  so  war  die  Kunst  des  deutschen  Meisters  doch  stets 
richtunggebend  für  die  ganze  Entwicklung  Lastmans  geblieben. 
Denn  man  kann  nicht  sagen,  daß  die  zahlreichen  anderen  Anregungen 
und  Einwirkungen,  denen  er  sonst  noch  au.'^gesetzt  war,  ihn  aus  der 
einmal  eingeschlagenen  Bahn,  die  von  Elsheimer  ausging,  gänzlich 
abgebracht  hätten.  Nur  in  Kleinigkeiten  kann  man  hie  und  da 
gewisse  fremde,  neu  hinzugekommene  Elemente  nachweisen,  oder  oft 
auch  nur  nachfühlen.  Daß  er  als  Nordländer  sich  in  Rom  an 
Elsheimer  anschloß,  war  natürlich,  Ebenso  natürlich  war,  daß  er, 
nach  Holland  wieder  zurückgekehrt,  mit  der  Elsheimerischen  Ent- 
wicklung nicht  Schritt  hielt,  sondern  vielmehr  eher  dessen  eigenen 
Entwicklungsgang  wieder  zurückging,  daß  er  nicht  beim  stimmungs- 
vollen Landschaftsbild  mit  kleinfiguriger  Staffage  endete,  sondern 
beim  vielfigurigen  Geschichtsbild.  Seine  Stärke  lag  einmal  im 
Figürlichen,  und  für  die  Landschaft  fehlten  ihm  in  Holland  die  ge- 
suchten Motive,  sodaß  er  mehr  und  mehr  auf  sie  verzichtete.  Er 
konnte  das  um  so  mehr,  als  auch  das  Publikum,  sein  Publikum 
wenigstens,  ihn  vor  allem  als  Figurenmaler  schätzte. 

166 


Von  dem,  was  am  "Wege  stand,  nahm  er  manches  in  seine 
Kunst  auf;  er  paßte  es  aber  seinen  eigenen  Ausdrucksgewohnheiten 
80  an,  daß  wir  in  seinen  Kompositionen  doch  niemals  die  fremden 
Elemente  direkt  störend  empfinden. 

Das,  wozu  man  ihn  häufig  auch  gestempelt  hat,  zu  einem 
caravaggiesken  „Brünisten",  konnten  wir  in  ihm  eigentlich  nicht 
sehen.  Caravaggios  Frühwerke,  wie  die  Ruhe  auf  der  Flucht  im 
Palazzo  Doria  in  Rom  oder  die  büßende  Magdalena  ebendort,  berühren 
sich  im  Stil  so  gut  wie  gar  nicht  mit  dem  unseres  Malers,  und 
«benso  die  Halbfigurenbilder,  als  deren  „Erfinder"  Caravaggio  gilt. 
Die  großen  Altargemälde  aus  Caravaggios  zweiter  Periode,  die  zu 
ihrer  Zeit  dem  heftigsten  Widerspruch  der  Zeitgenossen  begegneten, 
wie  der  Tod  der  Maria  (Louvre),  die  Madonna  vom  Rosenkranze  (in 
Wien),  die  Chrahlegung  im  Vatikan  und  in  Berlin  u.  a.  haben  nur 
insofern  Verwandtschaft  mit  dem  Lastmanschen  Stil,  als  sie  auch  die 
starke  Abhängigkeit  des  Malers  von  seinem  Modoll  dartun  und  dabei 
freilich  in  der  Gebärdensprache  ähnlich  starre,  etwas  äußerlich 
wirkende  Posen  aufweisen.  Von  einer  „Kellerlukenbeleuchtung"  aber 
kann  bei  Lastman  absolut  nicht  die  Rede  sein.  Im  Gegenteil,  sein 
Kolorit  ist  farbenfroh,  eher  bunt  als  schwärzlich.  Es  bleibt  der 
Naturalismus  in  der  Formbehandlung.  Der  ist  freilich  auch  bei 
Lastman  bis  zu  einem  gewissen  Grade  vorhanden,  wenngleich  er  des 
kleinen  Formates  wegen  viel  weniger  in  die  Erscheinung  tritt.  Er 
braucht  auch  nicht  unbedingt  aus  einer  Abhängigkeit  oder  Nachfolge 
von  Caravaggio  erklärt  zu  werden.  Es  ist  vielmehr  im  großen  und 
ganzen  derselbe  Naturalismus,  den  die  frühen  Figurenbilder  Elsheimers 
aufweisen.  Und  andererseits  läßt  er  sich  auch  aus  der  starken  Ab- 
hängigkeit unseres  Maler  vom  Modell  erklären.  Dennoch  soll 
Caravaggio  als  Mitbeeinflusser  des  Stiles  von  Lastman  prinzipiell  nicht 
ausgeschaltet  werden.  Denn  gerade  zu  der  Zeit,  wo  Lastman  in 
Rom  weilte,  hat  Caravaggio  dort  die  Gemüter  der  Künstlerschaft 
erregt,  sodaß  Lastman  irgendwie  zu  ihm  Stellung  genommen  haben 
wird.  Gewissermaßen  als  Beweis  dafür  können  die  beiden  erhaltenen 
Urkunden  gelten,  in  denen  wir  Lastman  mit  anderen  Gutachten  über 
die  Echtheit  eines  Bildes  von  Caravaggio  und  über  eine  Kopie  nach 
einem  solchen  abgeben  sahen.  Stellt  man  aber  die  wirklich  unter 
direktem   Einfluß   Caravaggios    stehenden   Utrechter  Maler    und    ihre 


167 


"Werke  denen  unseres  Meisters  gegenüber,  so  erkennt  man,  wie  gering 
und  allgemeiner  Natur  eigentlich  der  Eindruck  war,  den  Caravaggio 
auf  Lastman  gemacht  haben  mag. 

In  diesem  Zusammenhang  ist  des  jetzt  imLouvre  befindlichen  Bildes 
der  vier  Evangelisten  von  Jac.  Jordaens  zu  gedenken,  das  Lastman 
einst  besessen  hatte  (unsere  Nr.  6  seines  Inveatares)  und  von  dem 
in  derselben  Liste  eine  Kopie  erwähnt  wird.  Dies  ist  ein  Halbfiguren- 
bild,  das  Jordaens  nach  Max  Rooses  etwa  mit  20 — 25  Jahren  malte, 
also  in  der  Zeit  von  1613/18,  und  das  wegen  seines  Vorkommens 
in  Lastmans  Inventar  ja  bestimmt  vor  1631  entstanden  sein  muß. 
Trotzdem  Jordaens  nicht  in  Italien  war  und  auch  sonst  gerade  auf 
sein  eigenes  vlämisch  natürliches  Empfinden  hingewiesen  wird,  kann 
man  ein  Bild  dieser  Art  schon  eher  caravaggiesk  zu  nennen  versucht 
sein  als  jedes  andere  von  Lastman,  noch  dazu  wenn  man  bedenkt, 
daß  z.  B.  ein  Gemälde  von  Jordaens  in  der  Galerie  Steengracht  im 
Haag  bis  vor  ganz  kurzer  Zeit  für  ein  Werk  des  Gerard  Honthorst 
(Gherardo  dalle  Notti)  galt*),  des  Malers,  der  den  Stil  des  Caravaggio  wohl 
am  reinsten  nach  Holland  verpflanzt  hat  und  der  vornehmlich  durch 
seine  Nachtbilder  mit  künstlicher  Beleuchtung  seit  seiner  Rückkehr 
aus  Italien  im  Jahre  1622  größten  Einfluß  auf  seine  niederländischen 
Zeitgenossen  ausgeübt  hat. 

Von  jenem  Evangelistenbild  gibt  es  nun  nach  M.  Rooses**) 
noch  drei  Wiederholungen,  von  denen  die  eine  sich  im  Besitze 
von  Herrn  E.  Clemens  in  Hamburg  befindet.  Diese  ist  nach 
Rooses'  Ansicht  wahrscheinlich  die  Kopie,  von  deren  Existenz 
wir  bereits  aus  dem  Jahre  1631  (im  Inventar  Lastmans)  urkund- 
liche Nachricht  haben.  Leider  fehlt  dort  die  Namensangabe 
des  Kopisten.  Indessen  liegt  es  nahe,  anzunehmen,  daß  diese 
Kopie  von  unserm  Maler  selbst  herrührt  —  oder  von  einem  seiner 
Schüler  —  und  sie  wäre  dann  in  den  20er  Jahren  entstanden.  Da 
Lastman  das  Original  besaß,  ist  es  wohl  wahrscheinlicher,  daß  er 
selbst  die  Kopie  anfertigte  als  daß  er  eine  Kopie  nach  dem  in  seinem 
eigenen  Besitz  befindlichen  Original  erwarb.  Oder  aber  sie  ist  von 
einem  Schüler.  Zu  beachten  ist  auch,  daß  bereits  1625  im  Inventar 
seiner  Mutter  ein  Bild  der  vier  Evangelisten  auf  4  fl.  geschätzt  wird. 


*)  Siehe  Onze  Kunst,  1908,  Heft  i. 
**)  Jacob  Jordaens,  sa  vie  et  ses  oeavres,  1906,  Seite  30. 


168 


Ob  dies  identisch    mit   dem   Original   von  Jordaens   oder   der   Kopie 
ist?    Daß  es  eins    von    beiden    war,    dürfte   nicht   unwahrscheinlich, 
wenn  auch  nicht   absolut   sicher   sein.     Festeren   Bodeu   können   wir 
nur   aus   der   Stilvergleichung   gewinnen.     Wenn    M.    Rooses   in   der 
Hamburger  Kopie  mit  Wahrscheinlichkeit  die  einst  Lastman  gehörige 
annimmt,  so  wird  er  es  wohl  mit  im  Hinblick  auf  die  von   uns   aus- 
gesprochene Möglichkeit,  daß  sie  von  Lastman  ist,  getan  haben.    Ich 
kenne  das  Bild  vorläufig  erst  aus  einer  guten  Photographie,   die  mir 
der  Besitzer  freundlichst  zur  Verfügung  stellte;   danach   scheint   mir 
die  Möglichkeit,  daß  sie  von  Lastman  ist,  nicht  ausgeschlossen.  Bevor 
ich  das  Original  aber  nicht  gesehen  habe,  wage   ich  noch   kein   end- 
gültiges    Urteil     darüber     auszusprechen.       Dokumentiert    sich    mit 
dem     Vorhandensein    des    Originals     schon    ein    Interesse   Lastmans 
an    dem    jungen    Jordaens,    so    würde   es     durch   die      Anfertigung 
einer  Kopie  danach  noch   verstärkt   erscheinen.     Jedenfalls   sind   ge- 
wisse Anklänge  früher  Bilder  von  Jordaens   an  Werke  von  Lastman 
auch  sonst  manchmal  zu  konstatieren,  ohne  daß  sie  sich  freilich  fest  fassen 
ließen.     Noch    enger    ist    die   Stil  Verwandtschaft  zwischen    manchen 
Werken  von  Jordaens  und  Nie.  Moeyaert.      Man  vergleiche  z.  B.  die 
stehende  weibliche  nackte  Rückenfigur  auf  Moeyaerts  Bildern  in  Berlin 
(Odysseus   und    Nausikaa),     Nürnberg   (Der    Frühling   [von    1624!]) 
und  im  Haag  (Merkur  und  Herse  [auch  von  1624])  sowie  einer  Zeichnung 
im  Braunschweiger  Kupferstichkabinett  (Susanna  und  die  beiden  Alien) 
undauf  Jordaens^ÖMMdaH<ia(Brüssel)oderauf  dem  in  mehreren  Exempla- 
ren vorkommenden  Traum  (Kleinberger,  Paris ;  Schwerin).  Jordaens  besaß 
auch    ein  Gemälde  von  Moeyaert,    ein   Urteil  des  Midas,  das  auf  der 
am    22.  März  1734  stattgehabten  Versteigerung  der  in  seinem  Besitz 
gewesenen    Gemälde    21.10    fl.  brachte.     (Der  Versteigerungs-Katalog 
ist  bei  Hoet,  Bd.  I,  Seite  400ff  abgedruckt).     Ein  Bild  gleichen  Gegen- 
standes  von  Jordaens  befindet  sich  in  Gent.     Ferner  kommen  hinzu 
die    vielfach    von   beiden     gemalten     gleichen    Vorwürfe,    besonders 
Bacchanalien  (wie  sie  auch  Uytenbroeck  hat).     Auch  Vermeer  kopierte 
ein  frühes  Bild  von  Jordaens  auf  seinem  jetzt  im  Haag   befindlichen 
Gemälde  der  Ällegarie  des  neuen  Testaments,  nämlich  die  Kreuzigung 
Christi,  die  sich  heute  in  der  Teirninckschen  Schule  in  Antwerpen  befindet. 
Somit  führte  uns  jene  Kopie  nach  Jordaens  von  dem  Caravaggio- 
einfluß,  dem  Lastman  sich    nach    alter    Ansicht    so   besonders    stark 


169 


unterworfen  habe,  wieder  mehr  auf  den  vlämischen,  auf  den  wir  bei 
Grelegenheit  gewisser  Anlehnungen  an  Rubens  u.  s.  w.  bereits 
hinwiesen. 

Es  geht  nicht  an,  hier  am  Ende  unserer  Betrachtung  des 
des  Entwicklungsganges  Pieter  Lastmans  noch  einmal  im  Einzelnen 
alle  die  Punkte  zusammenzustellen,  wo  wir  bestimmte  Einflüsse  wahr- 
nehmen zu  können  glaubten.  Es  seien  hier  nur  die  Namen  der 
Künstler  angeführt,  von  denen  wir  Anregungen  auf  Lastman  ausgehen 
sahen.  Es  waren  zuerst  Elsheimer  in  Rom,  dann  Corn.  van  Haarlem, 
Raffael,  Rubens  und  die  Bassani.  Neben  dem  Haupteinfluß,  den 
Elsheimer  ausübte,  war  —  nach  der  Rückkehr  aus  Italien  —  mit  am 
stärksten  der  von  Flandern  ausgehende,  der  begünstigt  wurde  durch 
die  große  Zahl  der  um  diese  Zeit  in  Amsterdam  ansässigen  Ant- 
werpener Maler.  Auch  die  Bilder,  die  sich  in  Lastmans  Nachlaß 
befanden,  können  in  einem,  freilich  nicht  sehr  starken  Maße  dies 
Hinneigen  Lastmans  zur  vlämischen  Kunst  noch  bestätigen.  Wir 
finden  da  neben  zahlreichen  eigenen  Gemälden  außer  den  vier  Evan- 
gelisten von  Jacob  Jordaens  vier  Bilder  von  Fr.  Badens  (1571  —  um 
1621),  der  aus  Antwerpen  gebürtig  war  und  nach  Reisen  in  Italien 
sich  in  Amsterdam  niederließ,  wo  er  den  Beinamen  „der  italienische 
Maler"  hatte,  eine  Bauernkirmes  von  (Jacob)  Grimmer,  ebenfalls 
einem  Antwerpener  Maler,  weiter  ein  Fruchtstilleben  von  dem  Ant- 
werpener, später  in  Amsterdam  wohnhaften  (Hans  van)  Essen  (vor 
1590 — nach  1642)  und  ein  Porträt  eines  toten  Mannes  von  Poerbus. 
Ferner  ist  Savery  mit  einem  Kamel  vertreten. 

Von  Malern  der  Haarlemer  Schule  finden  wir  mit  dem  Bilde 
einer  kleinen  Galeere  (wohl  eine  kleine  Marine)  den  „jüngeren  (Cornelis 
Hendriksz)  Vroom"  und  Goltzius  mit  einem  Porträt.  Die  zu 
Lastmans  Richtung  gehörenden  Meister  vertritt  Moeyaert  mit  einer 
kleinen  Landschaft  und  einem  kleinen  Tobiasbild,  Jan  Tengnagel, 
von  dem  heute  nur  noch  drei  Gemälde  nachweisbar  sind,  nur  durch 
eine  Kopie  nach  einer  Magdalena  von  ihm.  Auch  von  dem  Land- 
schafter Govert  (Jansz),  von  dem  heute  kein  Bild  mehr  nachweisbar 
ist,  hatte  Lastman  ein  Gemälde  besessen,  eine  Landschaft  mit  einem 
Tobias,  und  von  seinem  jüngeren  Bruder  Claesz,  der  demnach  wahr- 
scheinlich nicht  nur  als  Stecher,  sondern  auch  als  Maler  tätig  war, 
ein  Porträt  und  einen  Meinen  Tobias. 

170 


Gemälde,  die  Pietep  Lastman   mit  Unrecht 
zugeschrieben  werden*) 


ASCHAFFENBURG,  Galerie  im  Köiiigl.  Scliloss,  Kat.  1902  Nr.  218. 
♦HERODIAS,  WELCHER  DER  HENKER  DAS  HAUPT  JOHANNIS 
DES  TÄUFERS  ÜBERREICHT.  Lebensgroße  Halbfiguren.  Rechts 
der  Henker  in  ockerbraunem  Gewand  dreiviertel  in  Rückansicht  nach 
links.  Er  faßt  mit  der  vorgestreckten  Hand  das  Haupt  des  Täufers  an  den 
Haaren,  um  es  auf  die  Silberschüssel  zu  legen,  die  von  der  in  der  Mitte 
stehenden  Alten  und  der  links  befindlichen  Herodias  (in  dunkelblauem 
Kleid)  gehalten  wird.  Sie  trägt  um  den  entblößten  Hals  eine  feine 
Kette  und  im  blonden  Haar  einen  Blumenkranz. 

Leinwand  65X110. 
Atis  der  Elz'schen  Sammlung. 

Iteproduziert  in  unveröffentlichte  Gemälde  alter  Meister  im  Königl.  Schloß 
zu  Aschaffenhurg,  li)06,  von  Dr.  E.  Bassermann-Jordan. 
Erwähnt  als  Lastman   „im  Stile  des  Uonthorst"    zuletzt  in   einer  Be- 
sprecJmng  dieses  Werkes  von  F.  Dülberg  in  der  Kunst- 
chronik, 1906107,  Spalte  37G. 

Das  Bild  wurde  meist  anstandslos  als  eine  Caravaggio  besonders 
nahestehende  Originalarbeit  Pieter  Lastmans  erwähnt  und  besprochen 
—  am  ausführlichsten  von  W.  Seibt**).  Es  hat  aber  mit  Lastman  nichts 
zu   tun.     Die    Gesichtstypen    weichen    gänzlich  von   den    bei  unserm 


*)  Die  in  noch  besiehenden  Sammlungen  nachweisbaren  Bilder  in  alphabetischer 
Reihenfolge  ihrer  Aufbewahrungsorte;  die  nur  in  der  Literatur  erwähnten  in  chrono- 
gischen  Folge  ihres  Vorkommens. 

**)  „Helldunkel"  2.  A.  Elsheimers  Leben  und  Wirken,  1885,  Seite  91. 

171 


Maler  gewohnten  ab.  Desgleichen  ist  die  Art  der  Faltengebung 
anders.  Auch  die  etwas  metallisch  wirkenden  Locken  weisen  auf 
einen  andern  Künstler  als  Lastman  hin.  Von  verschiedener  Seite  wurde 
schon  Bart.  Manfredi  als  Maler  dieses  Bildes  in  Vorschlag  gebracht. 
HAARLEM,  Stedelijk  Museum,  Kat.  1907  Nr.  334. 
V.l 7.  ♦ANBETUNG  DER  HIRTEN.  Auf  einer  Steinerhöhung,  zu  der  drei 
Stufen  (von  wann  ockergelber  Färbung)  hinaufführen,  sitzt  links  zu 
vorderst  Maria,  fast  en  face.  Sie  trägt  zinnoberrotes  Kleid  mit 
miederartiger  Taille,  die  die  weiten  Aermel  sowie  am  Hals  ein  großes 
Stück  des  weißen  Untergewandes  sehen  läßt.  Über  dem  Schoß  liegt 
ein  warmblaugrüner  Mantel,  auf  dem  sie  ihre  Hände  zusammenlegt. 
Im  schlicht  geordneten  Haar  ein  graublaues  schmales  Band.  Sie 
wendet  den  Kopf  etwas  nach  rechts  und  blickt  auf  das  neben  ihr 
auf  weißen  Tüchern  in  der  Krippe  liegende  Christuskind,  zu  dem 
sich  auch  ein  rechts  davon,  auf  der  obersten  Stufe  sitzender  Hirten- 
knabe wendet.  Dahinter,  zwischen  Maria  und  der  Krippe,  steht 
Joseph,  ein  bärtiger  Greis  in  gegürtetem,  kittelartigem  Gewand  von 
unbestimmter  sepiagrünlicher  Farbe.  Er  streckt  beide  Arme  seitwärts 
aus  und  blickt  nach  rechts  vorn,  wo  sich  halb  neugierig  erstaunt, 
halb  in  anbetender  Verehrung  eine  männliche  und  zwei  weibliche 
Figuren  befinden.  Zuvorderst  ein  dreiviertel  vom  Rücken  gesehener 
junger  Hirt,  ziemlich  im  Schatten.  Dahinter  stehen  zwei  Frauen, 
nach  links  gewandt,  die  vordere  in  blaßgraublauem  Kleid  von  gleichem 
Schnitt  wie  das  Marias;  im  blonden  Haar  ein  rotes  Band.  Die  zweite 
trägt  ein  dunkles  Kleid  mit  nach  unten  spitz  zulaufendem  Halsaus- 
schnitt und  rotem  Gürtel.  Rechts  im  Hintergrund  im  Dunkeln  ein 
Torweg.  Rechts  hinter  Joseph  zwei  Esel,  links  ganz  vorn  ein  tannen- 
ähnlicher Strauch,  ein  zum  Beschauer  blickender  Ochse,  ein  Ziegen- 
bock und  auf  der  untersten  Stufe  ein  Tuch.  Links  hinter  Maria  ein 
Tisch,  auf  dem  sich  eine  bauchige  Vase,  eine  Schüssel  und  ein 
helles  Tuch  befinden.  Rechts  oben  schweben  inmitten  einer  Cherubim- 
glorie zwei  Engel.  Von  der  Mitte  oben  fällt  nach  links  eine  in  der 
Mitte  geraffte  dunkle  Draperie. 

Auf  der  zweiten  Stufe  steht  in  der  Mitte  eine  Bezeichnung, 
die  immer  P.  Lastme  f.  1629.  gelesen  wurde.  In  Wirklichkeit  ist 
sie  aber  gar  nicht  mehr  zu  entziffern.  Trotz  wiederholter  sorg- 
fältigster Untersuchung  gelang  es  mir  nicht,  zu  einem  befriedigenden 

172 


Resultat  zu  kommen.  Je  länger  ich  nachsah,  um  so  mehr  gewann 
ich  den  Eindruck,  daß  die  ursprüngliche  Signatur  nicht  intakt,  sondern 
durch  spätere  Übergehungen  in  jenes  P.  Lastme  f.  umgewandelt 
wurde.  Was  darunter  stand,  ist  nicht  zu  enträtseln.  Verhältnismäßig 
deutlich  ist  noch  das  ursprüngliche  A.  vor  der  Jahreszahl,  Die  im 
Katalog  faksimilierten  Schriftzügen  entsprechen  den  Signaturen 
Lastmans  —  auch  auf  den  späteren  Bildern  —  keineswegs.  Er 
pflegte  da  durchgängig  —  wenn  er  nicht  den  Vornamen  ausschrieb 
—  das  P  mit  dem  L  zu  ß  verbunden  und  das  s  lang  zu  schreiben:  f. 
Der  hier  vorliegende  Anfangsbuchstabe  des  Familiennamens  kann 
übrigens  ursprünglich  ein  B  gewesen  sein. 

Eichenholz  60X45. 
Aus  dem  Haarlemcr  AUmännerhaus. 
Äbhildung   hei    Geffroy,   La  Hollande,   Seite  74,  und  eigene  photo- 

graphisclie  Aufnahme. 
Erwähnt  als  Lastman  von  O.  Lafenestre  in  einem  Aufsatz:  „Le 
Musce  de  Hartem"  in  der  Gaz.  d.  h.  Arts  (Per.  II, 
Tome  32,  Seite  214);  von  E.  Michel,  Remhrandt, 
Seite  20  (er  konnte  die  Jahreszahl  auch  nicht  entziffern), 
G.  Baldwin  Brotun,  M.  A.,  Rembrandt,  1907 
(London,  Duckwoorth  &  Co.),  Seite  220,  und  anderen. 
Gegen  Lastman  sprach  sich  zuerst  Hofstede  de 
Groot  in  Oud-Holland,  Bd.  XIX  (1901),  Seite  136  aus. 
Dem  Lastman  fragetveise  zugesshrieben  zuletzt  im  Katalog 
von  1904  unter  Nr.  136.  Im  Katalog  von  1907  unter 
den  Bildern  von  unbekannten  Meister n. 

Obgleich  die  Autorschaft  Lastmans  von  Hofstede  de  Groot 
bereits  löOl  als  unmöglich  hingestellt  wurde,  ging  das  Bild  noch 
lange  als  besonders  interessantes  Werk  Lastmans,  in  dem  sich,  wenn 
nicht  schon  der  Rückeinfluß  des  Schülers  auf  den  Lehrer,  so  doch 
der  kommende  Helldunkelstil  Rembrandts  deutlich  ausspricht.  Die 
«rstere  Annahme  —  bei  der  Jahreszahl  1629  —  entbehrt  nun  auch  des- 
halb der  Wahrscheinlichkeit,  weil  Rembrandt  um  1629  und  vorher 
noch  gar  nicht  in  dem  warmen  Goldton  —  der  noch  vielfach  z.  T.  auf 
den  Firnis  zurückzuführen  ist  —  malte,  sondern  um  1630  herum  noch 
einen  kühleren  grünlichen  bevorzugte.  Der  Ton  dieses  Haarlemer  Bildes 
hat  vielmehr  etwas  spätere  Werke  von  Rembrandt  zur  Voraussetzung. 

Hier  wollen  wir  nun  noch  auf  die  stilistischen  Eigentümlich- 
keiten des  Bildes  —  das,  wie  gesagt,  ohne  Rembrandt,  und  zwar  nicht 


173 


den  ganz  jungen,  nicht  denkbar  ist  —  eingehen  und  versuchen,  ob  sie 
Anhaltspunkte  für  eine  Zuschreibung  an  einen  anderen  Meister  bieten. 
Eigentümlich  ist  die  Verschiedenheit  in  der  Auffassung  und  Aus- 
führung der  Maria  und  der  übrigen  Figuren,  besonders  mit  den 
Frauen  rechts  vorn  verglichen.  Daß  sie  im  Typus  und  in  der  Tracht 
durchaus  unlastmanisch  ist,  bedarf  bei  Kenntnis  seiner  echten  Werke 
nicht  noch  einer  weiteren  Beweisführung.  Der  Gesichtstypus  dieser 
Frau  mit  dem  kleinen  Stumpfnäschen  und  dem  dunkeln  schlicht  ge- 
kämmten, hinten  in  einem  ziemlich  tief  sitzenden  Knoten  zusammen- 
genommenen Haar,  das  durch  ein  graublaues  Band  geschmückt  ist, 
weiter  die  Haltung  von  Kopf  und  Armen,  die  Schulterlinie  und  vor 
allem  der  aus  der  übrigen  Beleuchtung  ganz  herausfallende  silberige 
Ton  auf  dieser  Figur  (die,  nebenbei  gesagt,  die  hellste  des  ganzen 
Bildes  ist),  erinnerten  mich  an  ein  —  im  Ganzen  zunächst  völlig  anders 
wirkendes  —  Gemälde  von  Paulus  Bor  im  Rijksmuseum,  die 
Findung  Mosis  darstellend,  wo  ich  gewisse  Analogien  mit  der  hinter 
den  Mägden  stehenden  Königstochter  zu  finden  glaubte.  Diese  hat 
auch  solch'  einen  aparten  Haarschmuck,  sie  hat  auch  die  weichen, 
vollen  Hals-  und  Schulterlinen,  sie  hat  ganz  ähnlich  die  Hände  zu- 
sammengelegt wie  Maria  auf  unserm  Bild.  Die  weiten  Ärmel,  in 
denen  die  Dünne  des  Leinenstoffes  deutlich  zum  Ausdruck  gebracht 
ist,  darf  man  vielleicht  auch  noch  vergleichen  mit  denen  der  Magd 
ganz  links  auf  dem  Bild  von  Bor.  Vollends  übereinstimmend  aber  ist 
hier  wie  dort  die  Farbe,  ein  silberig  weißlicher  Ton  bei  dünnem 
Farbenauftrag.  Mögen  im  Übrigen  die  Bilder  verschieden  sein;  wenn 
noch  auf  die  pyramidale  Komposition  hingewiesen  sei,  und  wenn 
der  vielleicht  als  B  zu  lesende  zweite  Buchstabe  der  Signatur  etwas 
verführerisch  sein  mag,  Bor  auch  als  Maler  dieses  Bildes  in  Betracht 
zu  ziehen,  so  sei  doch  gleich  gesagt,  daß  die  übrigen  Figuren 
desselben  in  der  Zeichnung,  der  malerischen  Behandlung  und  im 
Farbenton  ganz  anders  sind.  So  verschieden,  daß  man  fast  anzu- 
nehmen versucht  ist,  die  Maria,  deren  Proportionen  auch  nicht  im 
gleichen  Verhältnis  zu  denen  der  anderen  stehen,  sei  von  einer  andern 
Hand  gemalt  wie  das  übrige.  Aber  das  kann  doch  schwerlich  der 
Fall  sein.  Meine  nur  vermutungsweise  ausgesprochene  Ansicht,  das 
Bild  sei  vielleicht  von  Paulus  Bor,  wurde  von  Dr.  Bredius,  der  ganz 
unabhängig  von   mir    auch   an   diesen  Amersfoorter  Meister   gedacht 

174 


hat,  geteilt.  Leider  ist  das  noch  bekannte  Oeuvre  des  Bor  so  klein, 
daß  sich  schwer  etwas  von  ihm  unserem  Haarlemer  Bild  an  die  Seite 
stellen  läßt,  denn  das  große  Familienbild  im  Gasthuis  zu  Amersfoort 
kann,  wenngleich  es  auch  Rembrandtisch  ist,  nicht  gut  zum  Ver- 
gleich herangezogen  werden.  Bessere  Dienste  könnte  vielleicht  die 
1886  in  Düsseldorf  als  W.  de  Poorter  ausgestellt  gewesene,  P.  Bor 
1634  bezeichnete  A)ibetung  der  Könige  aus  der  ehem.  Sammlung 
Werner  Dahl  leisten,  die  ganz  kürzlich  im  Museum  Boymans  von 
dem  jetzigen  Besitzer,  Herrn  W.  Croockewit,  leihweise  ausgestellt 
war.  *)  Gegen  Lastman  als  Maler  des  Haarlemer  Bildes 
sprechen  auch  die  Figuren  rechts  vom,  die  vielleicht  Verwandschaft 
mit  Pieter  Potter  oder  Benjamin  Cuyp  —  wenn  man  will  auch  mit 
W.  Poorter  —  haben.  Der  Name  Lastman,  der  in  Verbindung  mit 
diesem  Bilde  lange  zu  falschen  Schlußfolgerungen  Anlaß  gab,  ist 
jedenfalls  endgültig  aufzugeben,  wie  es  im  letzten  Katalog  des 
Haarlemer  Museums  (von  1907)  auch  geschehen  ist. 

MANNHEIM,  Grossherzogl.  Galerie,  Kat.  1900  Nr.  136  (alte  Nr.  113). 
*DIE  TAUFE  DES  EUNUCHEN.  V.38. 

Holz  68X92. 
Erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  341  Anmerkung,   dem   es   „soweit 
der  Jtohe  Platz  ein  bestimmtes  Urteil  zuläßt,  nicht  von 
Lastmans  Hand,  sondern  von  der  des  N.  Knupfer  zu 
sein  schien." 
Nachträgliche  Untersuchungen  haben  ergeben,  daß  das  Gemälde 
voll  bezeichnet  ist  und  zwar  JaMarienhof  fecit,  somit  ein  Werk 
dieses   im  Jahre  1650  geborenen,   unter   dem   Einfluß   Knupfers   und 
Dirck  Stoops  gebildeten  Meisters**)  ist. 

Friiher  WIEN,  Liechtensteingalerie. 

LANDSCHAFT   MIT   FIGÜRLICHER  STAFFAGE.    In  der  MittoV.53. 


*)  Vergl.  Cicerone,  1910,   Seite  630.   —    Das  Bild   war   bereits  1894  aaf  der 
Ausstellung  in  Utrecht  unter  dem  richtigen  Malcrnamen  ausgestellt. 

**)  Die  Werke  des  seinen  Lebensumständen  nach  unbekannten  Malers  Marienhof 
(t  nach  1C77  in  Utrecht),  dessen  Vornamen  auch  F.  A.  angegeben  werden,  sind  ziemlich 
selten.  Es  befinden  sich  bezeichnete  in  Cassel,  „Befreiung  Petri  aus  dem  Gefängnis", 
bez.  A.  Marienhof  f.  1649,  in  Dresden.  „Der  Baumeister  vor  dem  Herrscherpaar", 
bez.  A.  Marienhof.  f.  16i9,  in  St.  Petersburg,  „Porträt  eines  Bildhauers"  und 
„Atelier  eines  Künstlers",  bez.  F.  A.  M.hof  1648,  und  in  Cannstadt,  Sammlung 
Unger,  „Findung  Mosis",  bez.  A.  Marienhof  f  1640. 

175 


sitzt  links  neben  einem  morschen  Baumstumpf  vor  einer  Bretterhütte 
eine  junge  weibliche  Person  dreiviertel  von  vorn  gesehen.  Sie  trägt 
ein  Kleid  mit  miederartiger  Taille  über  weißem  Untergewand.  Den 
leicht  nach  links  geneigten  Kopf  stützt  sie  in  die  Rechte,  während 
die  Linke  auf  dem  auf  dem  Schoß  aufgeschlagen  daliegenden  großen 
Buch  ruht  und  ein  kleines  Kruzifix  hält.  Am  Arm  hängt  ein  Rosen- 
kranz. Links  neben  ihr  stehen  am  Boden  ein  kleiner  Henkelkorb 
und  ein  Krug.  Auf  derselben  Seite  nähert  sich  von  hinten  aus  dem 
Walde  ein  Jäger.  Er  kommt,  leise  und  behutsam  auftretend,  heran, 
den  Kopf,  auf  dem  keck  ein  Käppchen  sitzt,  spähend  zu  dem  in 
stiller  Betrachtung  dasitzenden  Mädchen  vorstreckend.  In  der  rechten 
Hand  hält  er  eine  FHnte  oder  ein  Schwert  (nach  den  Kat.  von  1873). 
Zwei  Jagdhunde  folgen  ihm.  Der  Wald  mit  großen  Laubbäumen 
erhebt  sich  dahinter  auf  ansteigendem  Terrain,  nimmt  aber  nur  die 
linke  Seite  des  Gemäldes  ein.  Die  kleinere  rechte  zeigt  einen  Blick 
aufs  Meer  (?),  in  das  ein  Bach  mündet,  der  den  ganzen  Vordergrund 
einnimmt  und  rechts  vorn  von  einem  alten  Baumstamm,  im  Mittel- 
grund von  einer  einbogigen  Brücke  überbrückt  ist. 

Holz  59X76. 
Das  Bild  war  1865  noch  in  der  Liechtensteingalerie  in  Wien  (II.  Stock 
Zimmer   1)  ausgestellt   (vergl.   Betty  Paoli,  Wiens 
Gemälde-Oallerien  in  ihrer  kunsthistorischen  Bedeutung, 
1865),  auch  noch  1873  (Katalog  der  Fürstl.  Liechten- 
steinschen  Bildergalerie  von  J.  Falke,  1873).     Aber 
im  Katalog  von  1885  wird  es  nicht  mehr  erwähnt*). 
Das  Gemälde  kann  unmöglich  von   der   Hand    Pieter   Lastmans 
sein.     Gegen  ihn  sprechen  der  Charakter  der  Landschaft,  die  graziösen 
feingliedrigen  Figuren,  deren  Gesichtstypen  und  die  Technik,  bei  der 
die  Behandlung  des  Baumschlages,  des  Grases,  der  Blätter  auf  einen 
von  Lastman  gänzlich  verschiedenen  Künstler  hinweisen. 

WÜRZBURG,   Kunstgeschiclitliclies     Museum     der     Universität, 
Kat.  1897  Nr.  447;  Inv.     Nr.  378. 
MOSES  SCHLÄGT  WASSER  AUS  DEM  FELSEN. 
50,5X43,5. 
Bezeichnet  mit  einem  unlesbaren  Namen. 


*)  Eine  Photographie  des  Bildes  verdanke   ich    der  Güte  Sr.  Durchlaucht  des 
regierenden  Fürsten  A.  von  Liechtenstein. 

176 


Als    Sliizze    von     Laslman    erwähnt    von    G.    Parthey,    Deutscher 
Bildemaal,  Bd.  II,  Seite  IG ;  damali  in  d<r  Sammlung 
Frühlich  (f  1862)  in  Würzburg. 
Nach  Hofstede  de  Groot  und  Voll   sicher   nicht  von  Lastman*). 

TOBIAS  HEILT  SEINEN  VATER. 

Bezeiclinet  mit  dem  Monogramm    G.  Dous. 
Leinwand  72X90. 
(sfing  hin  vor  1792  unter  dem  Namen  La-sfmau.f. 

Zuletzt  auf  der  Ver.steigeruug  Graf  A.  von  Stolherg  aux  Söder  in 
Hannover  am  31.  Okt.  1809. 
Ist  ein  Gemälde  von  Gerrit  Dou.  (Hofstede  de  Groot  Nr.  4). 
DIE  TAUFE  DES  EUNUCHEN.  Links  am  Ufer  eines  Kanales  hält 
der  mit  zwei  Schimmeln  bespannte  Wagen.  Rechts,  am  Wasser, 
tauft  der  Apostel  den  Mohrenkämmerer. 

Holz  12,5X18,5. 
Versteigerung  Raedt   van   Oldenharnevelt   (2.  Teil)   aus  dem  Haag  in 
Amsterdam    am   15.    April   1902    Nr.    84   (fl.  220  an 
G.  van  Gelder). 

Das  Bildchen  hat,  nach  der  kleinen  Abbildung  zu  urteilen,  nichts 
mit  Pieter  Lastman  zu  tun. 
DIE  HEILIGE  FAMILIE  IN  EINER  LANDSCHAFT. 

Kupfer  30X40. 
Versteigerung   Raedt  van  Oldenharnevelt   (2.  Teil)   aus   dem  Haag  in 
Amsterdam  am  15.  April  1902  Nr.  85  (ß.  42). 

Hat  nach  einer  Mitteilung  von   Dr.    Hofstede   de    Groot   nichts 
mit  Pieter  Lastman  zu  tun. 

PAULUS  UND  BARNABAS  IN  LYSTRA.  Im  Anschluß  an  eine 
Notiz  über  die  Entdeckung  des  Lastmanschen  Patdus  und  Barnahas- 
Bildes  beim  Grafen  Stetzki**)  durch  Dr.  A.  Bredius  veröffent- 
lichte Comte  Jean  de  Roquefeuil  in  Heft  22  von  „Las  Arts"  (Oktober 
1903)  ein  das  gleiche  Thema  behandelndes  Gemälde  (üOX^ä),  auf 
das  fast  Punkt  für  Punkt  die  Wort  beschreibung  des  Stetzkischen 
Bildes  paßte.  Nach  der  Abbildung  in  „Les  Arts"  zu  urteilen  kann  dies 
Gemälde  weder  ein  Entwurf  zu  dem  Stetzkischen  Bild  noch  über- 
haupt von  Lastman  sein. 

*)  Briefliche  Mitteilung  von  Herrn  Dr.  G.  Hock  in  VVürzburg. 
*♦)  Im    Journal    des    Döbals    vom    29.  Aug.   liX)2    und    in    Le  Petit   Journal 
vom  30.  Aug.  1902. 


12 


177 


Kopien   nach   Gemälden  von   Pieter   Lastman 

Eine  Kopie  nach  Lastman. 

Nachlaßversteigerung  Cornelis  van  der  Voort  in  Amsterdam  am  13. 
Mai  1625  (fl.  18.5).  Yergl.  Oud-HoUand,  Bd.  III 
(1885),  Seite  198. 

Jakob  liegt  und  schläft. 

Kopie  nach  Lastman. 
Bas  Bild  wird  am  11.  Sept.  1655  von    dem  Maler  Matheus  Bloem   in 

Amsterdam   für  12  fl.    verkauft.     Yergl.    Oud-Holland, 

Bd.  XXVII  (190.9),  Seite  60. 
Erwähnt   im   Inventar   von  Johannes  de  Ooy  in  Amsterdam  vom  Okt. 

1664  (fl.  12).     Mitteilung  von  Br.  A.  Bredius. 

Eine  Opferdarstellung. 

Kopie  nach  Lastman. 

Ertvähnt  in  der  Taxation  der  Oemälde  von  J.  Meurs  durch  J.  Rosa 
und  Hondecoeter  in  Amsterdam  am  17.  Mai  1678. 
Taxiert   auf  fl.   3.3.     Mitteilung  von  Dr.  A.  Bredius. 

Odysseus  und  Nausikaa. 

Kopie  nach  dem  Gemälde  Lastmans  in  Augsburg,  unserer  Nr.  99. 

Versteigerung  Amand-Kreis  und  Hubert  Düster  in  Cöln  am  4.  Oktoher 
1886  Nr.  20  als  A.  van  Diepenbeeck  (e4l  170). 

Vergl.  Thodes  Besprechung  der  Auktion  im  Repertorium  für  Kunst- 
wissenschaft, Bd.  X  (1886),  Seite  68. 


178 


Handzeichnungen*) 


Systematisches   beschreibendes  Verzeichnis 

ALTES  TESTAMENT 

*  VERSTOSSUNG  DER  HAGAR.  Ziemlich  in  der  Mitte  kommt  Abraham, 
fast  in  Vorderansicht,  heran.  Er  trägt  Schuhe,  gegürteten,  bis  zu 
den  Knien  reichenden  Rock,  Mantel  und  auf  den  Kopf  einen  großen 
Turban.  Den  bärtigen  Kopf  hat  er  im  Sprechen  nach  rechts  zu 
Hagar  gewandt.  Diese  kommt  von  rechts  in  weitem  flatternden 
Gewand  weinend  herzu,  indem  sie  sich  mit  der  rechten  Hand  die 
Tränen  aus  dem  Auge  wischt,  während  die  herabhängende  linke  eine 
Wasserkanne  hält.  Zwischen  ihr  und  Abraham,  etwas  zurück,  der 
kleine  Ismael  mit  einem  Stock  in  den  vor  sich  gehaltenen  Händen. 
Er  wendet  den  Kopf  nach  links  in  die  Höhe  zu  Abraham.  Links  als 
Kulisse  ein  Baumstamm.  Ganz  rechts  im  Hintergrund  zwei  kleine 
nebeneinander  bildeinwärts  gehende  Figuren. 

Bezeichnet  links   auf   dem   Baumstamm   mit  dem   Monogramm 
und  der  Jahreszahl  1008. 

Federzeichnung  in  Sepia  mit  Tuschlasuren.  18,2X15)^ 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Etwa  identisch  mit  unserer  Kr.  2a? 
Sammlung  Ä.  von  Beckerath  in  Berlin. 
Königl.    Kupferstichkabinett   in   Berlin. 

*ABSCHTED  DER  HAGAR.  Rechts  steht  in  linker  Seitenansicht 
Abraham  mit  großem  Turban  auf  dem  Kopf.  Er  faßt  mit  der  Linken 
seinen  Mantel,  mit  der  gesenkten  rechten  Hand  begleitet  er  seine  an 
Hagar  gerichteten  Worte.     Diese  steht  links    neben   ihm    und    beugt 


*)  Vergl.  die  Vorbemerkungen  zum  Katalog  der  Gemälde  (Seite  28/29),  die  auch 
für  dieses  Verzeichnis  gelten. 


12« 


179 


sich  etwas  vor.  An  der  rechten  Hand  faßt  sie  den  kleinen  Israael, 
der  in  der  gesenkten  Rechten  einen  Stock  hält.  Links  ein  dicker 
Baumstamm.  Im  Hintergrund  ein  italienisches  Haus  in  waldiger 
Landschaft.  —  Eher,  wenn  auch  nicht  ganz  sicher,  von  Lastman  als 
von  Moeyaert,  wie  Bode  meinte. 

Ausgeführte  Federzeichnung  in  Tusche  mit  Lasuren. 
Eigene  photograpliische  Aufnahme. 
Erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  342. 
Älbertina  in  Wien,  Inventar-Nr.  (S098. 

2  a.  Abschied  der  Hagar. 

Bezeichnet. 

Ausgeführte  Federzeichnung.    18X14,5. 
Etwa  identisch  mit  unserer  Nr.  1? 

Versteigerung  Karl   Ed.  von  Liphart   in  Leipzig   am  26.    April   1H98 
Nr.  548  (aH  46). 

'i.    Hagar  und  Ismael. 

Tuschzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung   in  Amsterdam   am   5.   Juni   1765   Nr.    144 
(fl.  1  zu.sammen   mit   Kat.-Nr.    145,    einer    Zeichnung 
von  Spranger).     Mitt.  H.  d.  O. 

4.  Hagar,  den   Ismael    an    der   Hand   führend.     Studienblatt.   —   Sehr 
schöne  Zeichnung  von  vornehmer  Haltung. 

Undeutlich  bezeichnet. 

Kreide,    leicht   getuscht   und   weiß   gehöht  auf   blauem   Papier. 
24,4X15. 
Zeichnungenversteigerung  von  Eclking  u.  a.  in  Coln  am  3.  Juni  1!X)2 
Nr.  87. 
—  Gustav  Seis  u.  a.  in  Coln  am  28.  Okt.  1903  Nr.  136. 

5.  *DER   ENGEL   ERSCHEINT   DER  HAGAR  IN  DER  WÜSTE.    Auf 

einem  Wege  sitzt  rechts  am  Fuße  eines  Baumes  Hagar,  en  face,  die 
Hände  vor  der  Brust  gefaltet  und  nach  links  zum  Engel  hinauf- 
sehend, der  aufrecht  mit  vorgestreckten  Händen  neben  ihr  steht  und 
zu  ihr  blickt.  Rechts  neben  Hagar  Korb  und  Wasserflasche.  Im 
Mittelgrund,  links  hinter  dem  Engel,  liegt  Ismael  am  Boden.  Im 
Stil  der  Braunschweiger  Zeichnung  Der  Engel  weckt  Elias  in  der  Wüste, 
unserer  Nr.  11,  nahestehend.  Im  Bremer  Kupferstichkabinett  dem 
M.  von  Uytenbroeck  zugeschrieben. 

Lavierte  Tuschzeichnung.     19,9  XI  6)3. 

180 


Eigtne  photographischc  Aufnahme. 

Kup  f  er  stichle  a  hin  et  t  der  Kunsthalle  in  Bremen. 

Ahraham  mit  den  drei  Männern. 

Lavierte  Federzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung   in   Amsterdam   am   19.    Nov.   1764  Nr.  835 
(fl.  0.10  zusammen  mit  den  Kat.-Nrn.  851  und  852  an 
J.  Smit).     Mitt.  H.  d.  O. 

Abraliam  mit  den  drei  Männern. 

Zeichnungenversteigerung  in  Amsterdam  am  19.  Nov.  1764  Nr.  887 
(fl.  2.10  zusammen  mit  den  Kat.-Nrn.  888  und  889  an 
Fouquef).     Mitt.  H.  d.  O. 

•Opfer  Abraliams.  Abraham  sieht  zum  Engel,  der  seinen  Arm  zurück- 
hält. Daneben  ein  kauernder  Bock.  Links  Bäume  und  Felsen  (Vosmaer). 
Echt  und  bedeutend  (Eisenmann).  —  Vielleicht  nur  eine  Nach- 
zeichnung nach  einem  Lastmanschen  Gemälde.  Vergl.  die  Bemerkungen 
bei  der  im  Berliner  Kabinett  befindlichen  Nach  Zeichnung  nach 
Lastmans  Bild  Der  Prophet  Elisa  und  die  Sunamitin. 

Von  später  Hand  bezeichnet  und  falsch  datiert  1598. 

Schwarze   Kreide    auf   braunem  Papier,    weiß   gehöht.     33X41. 
Die  oberen  Ecken  abgerundet. 
Erwähnt  von  Bade,  Studien,  Seite  342,  und  Eisen  mann,  Reper- 

torium  für  Kunstwissenschaft,  Bd.   VII,  Seite  221. 
Sammlung  Rudolf  Weigel  i)i  Leipzig. 
Versteigerung  Hahich  in  Stuttgart  am  27.  April  1899  Nr.  409. 

♦DER  ENGEL  YERHEISST  DEM  MANOAH  UND  SEINEM  WEIBE 
DIE  GEBURT  SIMSONS.  (Richter  13,  14).  Rechts,  nahe  der  Mitte, 
steht  auf  dem  Wege  vor  einem  Baum  der  Engel  in  linker  Seiten- 
ansicht und  gibt  dem  alten  Manoah,  der  links  von  ihm  en  face  steht 
und  auf  dem  Kopf  einen  Turban  trägt,  Verhaltungsmaßregeln  für 
sein  Weib,  indem  er  sie  der  Reihe  nach  an  den  Fingern  aufzählt. 
Manoah  erhebt  die  rechte  Hand  nach  vom,  die  Handfläche  nach 
außen.  Mit  der  Linken  faßt  er  den  Mantel.  Zwischen  dem  Engel 
und  Manoah,  etwas  zui-ück  und  von  diesem  zur  Hälfte  verdeckt,  steht 
seine  Frau  in  langem  Gewand  mit  Kopftuch,  en  face,  die  linke 
Hand  auf  die  Brust  gelegt,  zum  Engel  blickend.  Links  schließt  eine 
dunkle  Baumkulisse  das  Bild  ab.  Im  Hintergrund  Landschaft  mit 
Bäumen  und  einer  einbogigen  Steinbrücke. 
Lavierte  Tuschzeichnuug.     22,9X10,9. 


6s. 


7. 
V.7. 


8. 


181 


Eigene  photographische  Aufnahme. 

Koni  gl.  Kupferstichkabinett  in  Berlin,  Inventar  Nr.  2280. 
9.    *DER  ENGEL  ERSCHEINT  »EM  MANOAH  UND  SEINEM  WEIBE. 

Links  unter  einem  Baume  sitzt  der  Engel  fast  in  Vorderansicht  und 
verheißt  dem  rechts  neben  ihm  stehenden  alten  Ehepaar  die  Geburt 
Simsons.  Manoah,  in  linker  Profilansicht,  hat  auf  dem  Kopf  einen 
Tarban,  trägt  Mantel  und  hohe  Schuhe  und  stützt  sich  mit  beiden 
Händen  auf  einen  Stab.  Seine  Frau  steht  links  etwas  hinter  ihm. 
en  face  in  Mantel  und  Kopftuch.  Sie  hat  die  Hände  vor  der  Brust 
gefaltet.  Rechts  im  Hintergrund  in  einer  leicht  angedeuteten  Land- 
schaft zwei  kleine  vom  Rücken  gesehene  Figuren. 

Lavierte  Federzeichnung.     21,5X21. 

Wasserzeichen:   zwei  übereinanderstehende   Kreise,    darüber   ein 
Kreuz  in  einem  Oval. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Kupferstichkabinett  in  Braun  schweig. 

10.  *KÖNIGJEROBEAMOPFERT  DEM  GOLDENEN  KALB.  (I.Könige,  13,4). 
Links  unter  einem  Baum  steht  in  rechter  Seitenansicht  der  Prophet 
aus  Juda  in  rechter  Profilansicht  mit  vorgestreckten  Händen.  Der 
Kopf  ist  so  gezeichnet,  daß  das  Gesicht  sowohl  ziemlich  von  vom 
wie  auch  im  Profil  gesehen  ist.  Rechts  daneben  steht  in  linker 
Seitenansicht  Jerobeam  mit  Turban  und  zackiger  Krone  auf  dem  Kopf. 
Er  hat  den  rechten  Arm  vorgestrekt,  den  linken  gebeugt  und  den 
Zeigefinger  drohend  erhoben.  Hinter  ihm  links  kniet  ein  Krieger, 
rechts  ein  Junge,  der  ihm  die  Mantelschleppe  trägt.  Rechts  der 
Brandaltar  mit  dem  goldenen  Kalb  auf  hohem,  oben  mit  einem 
Relieffries  verzierten  Postament.  Herum  Volk  und  Priester.  Vorn 
rechts  drei  hintereinander  in  linker  Profilansicht,  der  Vorderste  ein 
Räucherbecken  schwingend.  Links  von  ihnen  hat  sich  ein  Mann  in 
Anbetung  des  Kalbes  zu  Boden  geworfen.  Hinter  ihm  ein  Krieger, 
der  das  Schwert  zieht.  Im  Hintergrund  eine  nach  links  sich  senkende 
waldige  Hügellandschaft.  —  Wohl  eher  eine  Nachzeichnung  (für  einen 
Stich?)  nach  einem  Gemälde  Lastmans,  unserer  Nr.  34?  Heißt  in 
Göttingen  „Schule  Elsheimer-Lastman?" 

Lavierte  Federzeichnung.     29,7X41,9. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  342. 
Universitäts Sammlung  in  Göttingen. 

182 


*DER  ENGEL  WECKT  DEN  ELIAS  IN  DER  WÜSTE.  (I.Könige, 2 1,5,6).  11. 
Rechts  am  Fuße  zweier  Bäume  sitzt  fast  in  Vorderansicht  der  alte 
bärtige  Elias  nach  hinten  zurückgelehnt.  Sein  Mund  ist  geöffnet, 
die  Hände  machen  eine  Staunen  oder  Bestürzung  ausdrückende 
Gebärde  zu  dem  links  daneben  en  face  stehenden  Engel,  der  den 
Kopf  nach  rechts  zu  dem  Alten  hinneigt.  In  der  vorgestrekten 
Linken  hält  er  einen  dünnen  Stab,  die  Rechte  ist  ähnlich  zur  Seite 
gehalten.  Rechts  hinter  dem  Greis  steht  eine  Flasche.  Links  vom 
zur  Seite  des  Weges  kulissenhaft  Gesträuch,  das  dunkler  als  die 
übrigen  Teile  des  Blattes  ist.  Im  Hintergrund  ist  eine  Landschaft 
angedeutet. 

Lavierte  Tuschzeichnung.     20,7X15)4. 
Eigene  pJwtographwchc  Aufnahme. 
Kupfer  Stichkabinett  in  Braunschweig  (Vorrat). 

Elisa  und  die  Witwe  mit  zwei  Kindern.    (II.  Könige,  4,  1).    In  der  12. 

Mitte  steht  der  Prophet  en  face  in  langem  Mantel,  mit  seitwärts  ^  •  *• 
ausgebreiteten  Händen  seine  Worte  begleitend.  Den  nicht  bedeckten 
bärtigen  Kopf  hat  er  etwas  nach  rechts  gewandt,  wo  die  Witwe  in 
linker  Profilansicht  steht  mit  demütig  über  der  Brust  gekreuzten 
Händen,  den  Kopf  etwas  vorneigend.  Rechts  und  links  hinter  ihr 
ihro  beiden  Knaben.  Im  Hintergrund  Ruinen,  links  ein  niedriges 
Haus  mit  undeutlichen  Figuren  davor.  —  Stellt  nicht  den  Abschied 
der  Hagar  dar,  wie  Vosmaer  u.  a.  annahmen,  da  sonst  der  zweite 
Junge  nicht  zu  erklären  wäre. 

Beschrieben  nach  einer  Radierung  von  Charles  Louis  Stieglitz,  die  die 
Unterschrift  trägt:  D' apres  leDeßein  de  Pierre  Lastmau 
qui  est  dans  une  Collection,  a  Leipfic.  0-röße  der 
Eadierung  19,8'X,15,6. 
Nach  Vosmaer  war  das  (jetzt  verschollene)  Original  in  der  Sammlung 
R.  Weigel  in  Leipzig;  (im  Katalog  dieser  Sammlung 
erwähnt  als  von  Ä.  [sie]  Lastmau).  Vo)i  Wurzbachs 
Angabe,  daß  es  in  der  Sammlung  O.  Winckler  in  Leipzig 
tvar,  ist  nicht  richtig;  dort  befand  sich  nur  ein  Exemplar 
der  Stieglitz' sehen  Radierung,  nicht  die  Origiual- 
zeichnunq  selbst*). 
Elisa  lind  die  Sunamitin.  13. 

Kapitale  lavierte  Federzeichnung. 

*)  Vergl.  Michel  Huber,   Calaloguc  raisonnö  du  cabinet  d'  eslampes  de  feu 
Monsieur  Winckler  .  .  .  h.  Leipzig  .  .  .  Leipzig  1803—1810. 

183 


Etwa  Entwurf  zu  dem  Gemälde  der  Sammlung  Zabielshy  in  St.  Peters- 
burg, unserer  Nr.  36'^ 

Zeichnungenversteigerung  in  Amsterdam  am  19.  Nov.  1764  Nr.  343 
(ß.  1  zusammen  mit  Kat.-Nrn.  341  und  342  an  Yver). 
Mitt.  H.  d.  G. 

14.  *A1TTESTAMENTLICHE  SZENE.  Drei  Männer,  von  denen  der 
eine  eine  Krone,  der  andere  einen  Turban,  der  dritte  einen  Federhut 
trägt,  verhandeln  unter  Waldbäumen  mit  einander.  Der  erste  nach 
links  im  Profil,  sich  vorbeugend  und  scheinbar  zu  dem  mit  dem  Turban 
vorgehend.  Dieser,  am  weitesten  vorn  stehend,  ist  dreiviertel  nach 
rechts  gewandt  und  hält  die  Hände  gesenkt  etwas  vor.  Rechts  hinter 
ihm  der  dritte,  zum  Teil  von  jenem  überschnitten,  en  face,  das  Gesicht 
in  rechter  Profilansicht.  Er  streckt  den  einen  Arm  nach  links  aus. 
Links  hinter  dem  vordersten  ein  kleiner  Knabe,  der  nach  links  zu 
gehen  scheint. 

Auf  der  Rückseite  von  der  gleichen  Hand  in  gleicher  Aus- 
führung ein  en  face  sitzender  Faun.  Er  ist  nackt,  hat  den  Kopf 
auf  den  gebeugten  und  auf  einer  Terrainerhöhung  ruhenden  Arm 
gestützt;  die  rechte  Hand  liegt  auf  dem  rechten  Oberschenkel.  Die 
Füße  sind  abgeschnitten.     Im  Hintergrund  Bäume. 

Wurde  früher  Jan  Lievens  zugeschrieben,  dann  von  Wörmann, 
Bode  und  Bredius  aber  für  einen  sicheren  Lastman  gehalten.  Nach 
m.  A.  möglicherweise  doch  von  Lievens. 

Federzeichnung.     19,7X15,6- 
Die  Vorderseite  ist  abgebildet  bei  Wörmann,  HandzeicJinungen  alter 
Meister  im  Kupferstichkabinett    zu  Dresden   (189619S) 
Nr.   233.     Von   beiden    Seiten    eigene  phofograpJHsche 
Aufnahmen. 
Erworben  vor  1728  oder  früher. 
Königl.  Kupfer  st  ichkabin  et  t  in  Dresden. 

1-ta.  Geschichte  aus  dem  alten  Testament. 

Federzeichnung  mit  chin.  Tusche. 
Zeichnungenversteigerung  E.  Boers  im  Haag  am  21.  Sept.  1818  Nr.  29 
(zusammen  mit  einer  Kreuzigung  und  einer  andern  alt- 
testamentlichen  Geschichte   von    unbekanntem  Meister). 
Mitt.  E.  d.  G. 

15.  Alttestamentliche  Darstellung. 

Sepiazeichnung.     23X^0. 

184 


Zeichnungenversteigerung  d'Isendoorn  ä  Blois  de  Cannenburg  in 
Amsterdam  am  19.  Aug.  1H79  Nr.  89  (ß.  42  ati  v. 
Qogh).     Mitt.  H.  d.  G'. 

NEUES  TESTAMENT 


Verkündigung  an  Maria.  16. 

Federzeichnung. 

Zeichnungenversteigerung   in   Amsterdam   am   12.  Dez.  1768  Nr.  442. 
Mitt.  H.  d.  O. 

Die  Ehebrecherin.  17. 

Lavierte  Federzeichnung. 

Zeichnungenversteigerung  in  Amsterdam  am  4.  März  1765  Nr.  35  (fl.  1 
zusammen  mit  Kat.-Nr.  34).     Mitt.  H.  d.  O. 

FuHSwaschung  Petri.  —  Sehr  schön  gezeichnet.  18. 

Rote  Kreide. 
Wohl  identisch  mit  dem  folgenden. 

ZeicJmungenversteigerung  N.  Albrechts  u.  a.  in  Amsterdam  am  11.  Mai 
1772  Nr.  520  (fl.  2).    Mitt.  U.  d.  O. 

Jesus  wäscht  dem  Petrus  die  Ffisse.  18a. 

Rote  Kreide.  "V.12. 

Wohl  identisch  mit  dem  vorigen. 

Zeichnungenversteigerung  van  der  Bussen  in  Amsterdam  am  31.  Okt. 
1774  Nr.  546  (ß.  19.5  an  Ploos  van  Amstd). 

Judas  wirft  die  Silberlinge  im  Tempel  weg.  19. 

Federzeichnung  mit  Tusche. 
Zeichnungenversteigerung  A.  de  Lange  in  Amsterdam  am  12.  Dez.  1803 
Nr.  4   (fl.  2.10  zuhämmern   mit   Kat.-Nrn.    5    und  6). 
Mitt.  H.  d.  G. 

*DIE   TAUFE  DES  MOHRENKÄMMERERS  DURCH   PHILIPPUS.  20, 

In  der  Mitte  kniet  der  Kämmerer,  die  Hände  vor  der  Brust  über- 
einandergelegt,  fast  en  face.  Rechts  von  ihm  steht  der  bärtige 
Heidenapostel  in  linker  Profilansicht  in  großem  Mantel.  Er  hält  die 
rechte  Hand  über  des  Kämmerers  Kopf;  in  der  gesenkten  Linken  hat 
er  einen  Folianten.  Rechts  von  ihm  stehen  zwei  Diener,  die  die 
Kleider  des  TäuHings  halten.  Zwischen  ihnen  und  Philippus  im 
Hintergrund  ist  ein  Pferd  des  Reisewagens  und  darauf  der  Kutscher 
angedeutet.     Die  Liandschaft   erhebt   sich   im  Hintergrund   von   links 

185 


nach  rechts.  Links  vorn  zwei  Steinblöcke.  —  Studienblatt.  Über  die 
Figuren  ist  ein  feines  Netz  gezogen.  Wohl  früh,  dem  Berliner 
Gemälde  gleichen  Gegenstandes  am  nächsten  stehend. 

Lavierte  Tuschzeichnung.     Das  ganze  Blatt  ist  mit  einer  gelben 
Lasur  übergangen.     20,7X30. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Erwähnt  von  Bade ,  Studien,  Seite  342. 
Universitätssammlung  in  Göttingen. 

21.  Paulus  und  Barnabas  in  Lystra.  —   Sehr  schön  ausgeführt,     „Raar". 
Kreidezeichnung  mit  Tuschlasuren. 

Etwa   Vor-  oder  Nachzeichnung  zu  dem  Bilde  heim  Grafen  Stetzki? 
Identisch  mit  unseren  Nrn.  25  und  37? 
Zeichnungenversteigerung  in  Amsterdam  am  28.   Okt.  1783  Nr.  48. 

—  A.  de  J.  de  Pinto   in   Amsterdam   am    11.  April  1785 
Nr.  402  (fl.  0.10  an  Yver). 

—  P.    Yver   in   Amsterdam   am  31.   März  1788   Nr.  10. 
Mitt.  H.  d.  G. 

UNBESTIMMTE  BIBLISCHE  DARSTELLUNGEN 

22  u.  Zwei  biblische  Geschichten.  —  Sehr  schön. 

23.  Federzeichnungen. 

Zeichnungenversteigerung  M.  Elgersma  u.  a.  in  Amsterdam  am  24.  März 
1766  Nr.  159  (fl.  1  zusammen  mit  Kat.-Nr.  160  an 
Yver).    Mitt.  H.  d.  G. 

24.  Biblische  Geschichte  in  einer  Landschaft. 

Lavierte  Federzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung  M.  Elgersma  u.  a.  in  Amsterdam  am  24.  März 

1766  Nr.  592  (fl.  0.6  zusammen  mit  Kat.-Nr.  591  an 
Dullinger).     Mitt.  H.  d.  G. 

24a.  Biblische  Geschichte  in  einer  Landschaft. 

Lavierte  Federzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung  P.  de  Haan  u.  a.  in  Amsterdam  am  9.  März 

1767  Nr.  1160.     Mitt.  H.  d    G. 

26.  Opferdarstellung. 

Schwarze  Kreide  mit  Tusclilasuren. 
Etwa  identisch  mit  unserer  Nr.  21? 

Zeichnutigenversteigerung  H.  Verschuuring  im  Haag  am  28.  Jan.  1771 
Nr.  719  (fl.  2).     Mitt.  H.  d.  G. 

186 


Zwei  biblische  Darstellungen. 

Feder  mit  Tuschlasuren. 
Utwa  identisch  mit  den  folgenden? 
Zeichnungenversteigerutig  N.  Albrechts  u.  a.  in  Amsterdam  am  11.  Mai 

1772  Nr.  Ö81  (fl.  O.G  zusammen  mit  Kat.-Nrn.  578—580). 

Kitt.  H.  d.  O. 

Zwei  biblisclie  Darstellungen. 

Sorgfältig  lavierte  Federzeichnungen. 
Etwa  identisch  mit  den  vorigen  ? 

Zeichnungenversteigerung  N.  Nieuhoff  in  Amsterdam  am  14.  April  1777 
Nr.  981  und  Nr.  982.     Mitt.  H.  d.  O. 

Biblische  Darstellung. 

Schwarze  Kreide  mit  Tusche. 

Zeichnungenversteigerung  R.  Assueri  in  Am-iterdam  am  10.  Nov.  1777 
Nr.  12.    Mitt.  H.  d.  O. 

Zwei  biblische  Geschichten. 

Zeichnungenversteigerung  A.deJ.  de  Pinto  in  Amsterdam  am  11.  April 
1785  Nr.  751  (ß.  0.6  zusammen  mit  Kat.-Nr.  752  an 
Fokke).     Mitt.  H.  d.  G. 

Biblische  Darstellung. 

Zeic?mungenversteigerung  in  Amsterdam  am  6.  April  1790  Nr.  69. 
Mitt.  H.  d.  G. 

Biblische  Darstellung  in  einer  baumreichen  Landschaft. 

Feder  und  Tusche. 
Zeichnungenversteigerung  Jan  Gildemeester  Jansz   in   Amsterdam   am 
■    24.  Nov.  1800  Nr.  53.    Mitt.  H.  d.  G. 

Ein  israelitischer  Priester,  der  einen  Knaben  segnet.  —  Studienblatt. 
Voll  bezeichnet. 
Federzeichnung.     17X23,5. 
Zeichnungenversteigerung   H.   M.  Montauhan    van  Swijndregt  u.  a.  in 
Amsterdam    am  5.    April   1906    Nr.    110  (fl.   30  an 
Zahn  und  Jaentsch  in  Dresden  in  Kommission). 


36  n. 
27. 


28  0. 
29. 


30. 


31  u. 
32. 


33. 


U. 


35. 


MYTHOLOGIE 


Paris  und  Oenone. 

Aquarell. 
Zeichnungenversteigerung  W.  Oudaen   in  Rotterdam   am  3.  Nov. 
Nr.  6.  (fl.  12). 


V.8. 


1766 


187 


37.  Heidnische  Opferszene.     Priester  und  eine  Menge  Figuren. 

Schwarze  Kreide  und  Tusche. 
Etwa  identisch  mit  unserer  Nr.  21? 

Zeichnungenversteigerung  E.  M.  Engelberts  in  Amsterdam  am  4.  Dez. 
1807  Nr.  8.    Mut.  S.  d.  G. 

38.  Vullian  und  Yenus.     Vulkan   mit   Helm   hält  einen  Hammer.     Venus 
V.ll-mit   Amor   hält   ein   brennendes   Herz.  —  Zuschreibung  an  Lastman 

zweifelhaft. 

Feder  mit  Sepia;  weiß  gehöht  auf  gelbem  Papier,  ca.  18X19« 
1864  in  der  Sammlung  du  Rosey. 

PROFANGESCHICHTE 

39.  Geschichtliche  Darstellung. 

Lavierte  Tuschzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung  R.  Ässueri  in  Amsterdam  am  10.  Nov.  1777 
Nr.  9.    Mitt.  H.  d.  G. 

39a.  Geschichtliche  Darstellung. 

Federzeichnung  mit  Tusche. 
Zeichnungenversteigerung  H.  Busserus  in  Amsterdam  am  21.  Okt.  1782 
Nr.  1046. 

40.  Geschichtliche  Darstellung. 

Lavierte  Tuschzeichnung. 
Zeichnungenversteigerunq  H.  Busserus  in  Amsterdam  am  21.  Okt.  1782 
Nr.  1051.     Mitt.  H.  d.  G. 

41  H.  Zwei  geschichtliche  Kompositionen. 

42.  Lavierte  Tuschzeichnungen. 
Zeichnungenversteigerung   in    Amsterdam    am  28.  April  1783  Nr.  365. 

Mitt.  H.  d.  G. 

43.  Krönung  einer  vornehmen  Persönlichkeit. 
V.  6.  Federzeichnung  mit  Tuschlasuren. 

Zeichnungenversteigerung    Gallitzin   in   Amsterdam  am  28.  April  1783 
Nr.  699  (fi.  0.12). 

44.  Historische  Darstellung. 

Zeichenversteigerung  in  Haarlem  am  23.  Sept.  1811  Nr.  40.    Mitt.  S.  d.  G. 

45.  Geschichtlicher  Umzug. 

Federzeichniing. 
Zeichnungenversteigerung  E.  Boers  im  Haag  am  21.  Sept.  1818  Nr.  19. 
Mitt.  H.  d.  G. 

188 


Pestkranke  vor  einer  Pestsfiule   Heiinng  erflehend.     Figurenreicbe  46. 

Komposition. 

Ausgeführte  Tuschzeiohnung ;  z.  Teil  laviert.     17X26,5. 
Zeichnungenversteigerung  Sigmund  Landsinger  in  München  am  14.  April 
1890  Nr.  260. 

FIÖURENSTUDIEN 

*  JUNGER  MANN  AUF  DER  WANDERUNG.  Ganze  Figur  von  vom,  47. 
auf  den  Beschauer  zuschreitend.  Er  ist  bekleidet  mit  einem  in  der 
Mitte  gegürteten,  bis  zu  den  Knien  reichenden  weitärmeligen  Rock, 
der  auf  der  Brust  einen  dreieckigen  Ausschnitt  hat,  wo  ein  anderer  " 
zugeknöpfter  Rock  mit  umgelegten  Kragen  sichtbar  wird.  Um  den 
Kopf  ein  turbanartig  geschlungenes  Tuch.  Lange  auf  die  Schultern 
herabfallende  Haare.  Das  Gesicht  hat  volle  Backen,  aber  ein  ziemlich 
spitzes  Kinn.  Große  Augen  unter  schön  geschwungenen  Brauen, 
etwas  breite  kolbige  Nase  und  dicke  vorhängende  Unterlippe.  Mit 
der  linken  Hand  faßt  er  einen  Stab,  während  er  die  rechte  wie  zum 
Oruße  seitlich  vorhält.  Er  geht  auf  einem  Weg,  der  hinten  zu  einer 
mit  großen  Schiffen  belebten  Meeresbucht  hinabführt,  deren  Ufer  sich 
links  zu  steilen  Bergen  erheben.  Im  Mittelgrund  links  zwei  vom 
Rücken  gesehene  Figuren.  Rechts  neben  dem  Weg  ein  Busch. 
Lichteinfall  etwas  von  links  oben. 

Bezeichnet  unten  links  neben  der  Mitte:  P.  Lafman  1603. 
Federzeichnung  in  Sepia  mit  blauen  Lasuren.     26,9X1V. 
Eigene  photogi'aphische  Aufnahme. 
Erwähnt    von    A.   Bredius   in    der   Zeitschrift   für  bildende  Kunst, 

1883,   Seite   409,   und  E.   W.    Mo  es,    Oud- Holland, 

Bd.  IV  (1886),  Seite  147. 
Befand  sich    in   dem    Terborch- Album   bei   Herrn  L.  T.  Zebinden   in 

Zwolle,   das   vom  Bijksprentenhabinet  erworben  wurde. 
Ri jkspr cntcnk abinet  in  Amsterdam. 

♦JUNGER  MANN  IN  EINER  LANDSCHAFT  STEHEND  nach  links  48. 
und  den  Kopf  zum  Beschauer  wendend.  Es  ist  dasselbe  Modell  in 
derselben  Kleidung  wie  auf  dem  vorigen  Blatt,  nur  hat  er  hier  über 
die  linke  Schulter  ein  Stück  Gewand  geworfen,  das  im  Winde  weht. 
Die  vorgehaltene  linke  Hand  ist  auf  den  Stock  gestüzt,  die  rechte 
liegt  auf  der  Brust  und  faßt  noch  das  über  die  Schulter  geworfene 
Gewandstück.     Auch  die   Landschaft   ist   nur   wenig   verändert:   das 


189 


gebirgige    Ufer    sowie   die    beiden    Mittelgrundfiguren   sind    auf   die 
rechte  Seite  gebracht. 

Bezeichnet  unten  in  der  Mitte:    P  Lafman  1603. 

Federzeichnung  in  Sepia  mit  blauen  Lasuren.     27X17,3. 
Eigene  fhotographische  Aufnahme. 
Literatur  wie  heim  vorigen. 
Serkunft  wie  heim  vorigen. 
Bijksprenten kabinet  in  Amsterdam. 

49.  *ZWEI  SITZENDE  MÄNNLICHE  FIGUREN  nach  rechts  in  dreiviertel 
Vorderansicht.  Links  sitzt  der  jüngere  mit  auf  die  Schultern  fallendem 
Lockenhaar.  Mit  der  rechten  Hand  hält  er  ein  auf  den  Schoß  ge- 
stelltes großes  Buch,  während  die  linke  vorgestreckt  ist.  Rechts 
daneben,  etwas  mehr  zurück  und  teilweise  von  jenem  verdeckt,  sitzt 
der  andere,  ein  älterer  kahlköpfiger  Mann  mit  Vollbart,  der  die 
Hände  auch  vorstreckt.  Vielleicht  sind  es  zwei  Apostelfiguren, 
Johannes  und  Petrus. 

Auf  der  Rückseite  ist  der  Torso  einer  männlichen  Figur, 
Beine,  Unterarm  und  ein  Stück  vom  Rumpf  von  Dilettantenhand 
hingekritzelt. 

Links  unten  von  späterer  Hand  die  Aufschrift:  Peter  Lastmann 
war  Rembrands  Lehrer. 

Sepiafederzeichnung.     37X15,1. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Sammlung  A.  von  Beckerath  in  Berlin. 
Königl.  Kup  ferst ichkahi  nett  in  Berlin. 

60.  *EIN  NACKTER  MANN  in  dreiviertel  "Wendung  nach  rechts   stehend 
mit  ausgestreckten  Armen.     Der  Kopf  in  rechter  Profilansicht. 
Auf  der  Rückseite  alt,  aber  nicht  eigenhändig  bezeichnet. 
Federzeichnung  mit  Tusche.     19X13,2. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 

Zeichnungenversteigerung  von  Eelking  u.  a.  in  Cöln  am  3.  Juni  1902 
Nr.  85  (an  Mump). 
—  (aus  skandinavischemPrivathesitz)  in  Berlin  am  25. — 27. 

Mai  1908  Nr.  299  (dl  28  an  Artaria). 
Im    Besitze  des  Verfassers. 

51.  *  STUDIE  EINER  NACKTEN  FRAU  (Potiphar?).     Sie  ist   von   vom 

gesehen  und  wendet  sich  mit    vorgestreckten   Händen,    in   denen    sie 
ein   großes   Tuch   hält,   nach   links.     Über   der   Stirn   im   Haar    eine 

190 


Reiherfoder.  —  Die  in  einem  Versteigerungskatalog  gegebene  Deutung 
als  Potiphar,  die  den  Mantel  des  Joseph  hält,  kann  richtig  sein. 

Bezeichnet  auf  der  Rückseite  alt,  aber  nicht  eigenhändig. 

Federzeichnung  mit  Tusche.     13,6X15. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Zeichnungenversteigerung   von    Eelking  u,  a.  in  Cöln  am  3.  Juni  1902 

Nr.  86  (an  Boerner  in  Leipzig). 
Kunsthändler  Fr.  Meyer  in  Dresden,  Kat.  XXXII  (1906)  Nr.  104. 
Im  Besitze   des  Verfassers. 

Sitzender  Orientale.  —  Dem  Sal.  Koninck  ganz  nahe  stehend  (Bode).  52. 

Große  Kreidezeichnung. 
Erwähnt  von  Bode ,  Studien,  Seite  343. 
Zuletzt  in  der  Sammlung  Prof.  Hasse  (f)  in  Hameln. 

♦STUDIE  EINES  KNIENDEN  ALTEN  MANNES.  Ganze  Figur  in  53. 
linker  Profilansicht.  Er  kniet  und  hat  die  Hände  über  der  Brust 
gefaltet.  Kahler  Kopf,  Vollbart,  geöffneter  Mund  imd  weit  auf- 
gerissene Augen,  Mantelartiges  Gewand  mit  weiten  Ärmeln.  Die 
Figur  war  zuerst  nicht  so  aufrecht  gezeichnet,  die  Ärmel  nur  halb- 
soweit,  auch  dünner  gezeichnet.  —  Wahrscheinlich  hat  das  Blatt  als 
Studie  für  die  Figur  des  knienden  alten  Mannes  auf  dem  Paulus  und 
Barnahas-Bild  (unserer  Nr.  88)  rechts  zwischen  dem  Knaben  mit  der 
großen  Kanne  und  der  alten  Frau  gedient;  allerdings  hat  er  hier  die 
Hände  nicht  gefaltet,  sondern  über  der  Brust  gekreuzt. 

Bezeichnet  unten  in  der  Mitte:  P.  Lafman  fecit. 

Federzeichnung  mit  Tuschlasur.     16,9X12,8. 
Spezialaufnahme  von  „The  Ärtists  Illustrator"  in  London. 
Sammlung  Sloane  Nr.  5237.10. 
British  Museum  in  London. 

Zwölf  Zeichnungen    italienischer   Kostüme.     Verschollene   Vorlagen  54. 

für  Stiche. 

1.  Habiti  della  Nobiltä  di  Fiorenza.  2.  Milanesi.  3.  Paesani 
di  Genoa.  4.  1\  Corso.  5.  Sardegni.  6.  Ornamenti  delli  Contadini 
di  Sicilia.  7.  Contadina  di  Lombardia.  8.  Habiti  delle  Gentildonne 
Venetiano.  9.  Vestimento  dolla  luventii  Romana.  10.  Donzella  di 
Frascati.     11.  Nettunesa.     12.  Napolitani. 

Das  erste  Blatt  ist  bezeichnet:  P.  Lasman  inven.  I.  Covens  et 
C.  Mortier  Exe.     Größe  ca.  16,7X11,5. 


191 


Von  den  Nrn.  1,  3.  5,  8  und  9  photographische  Spezialaufnahmen  von 
Semplonius  in  Amsterdam  nach  den  im  Rijksprenten- 
kdbinet  in  Amsterdam  befindlichen  Exemplaren. 

;55.  Sechs  kleine  Figuren. 

Federzeichnung. 

Zeichnungenversteigerung  E.  Boers  im  Haag  am  21.  Sept.  1818  Nr.  34. 
Mitt.  H.  d.  O. 

56.  Reiter  in  orientalischer  Tracht  mit  Turban   auf  dem  Kopf  in  einer 
waldigen  Landschaft.     Im  Hintergrund  ein  "Wasserfall. 

Federzeichnung.     9,5X15,5- 
Zeichnungenversteigerung  J.  M.   Vreeswijk    in    Amsterdam   am  3.  Mai 
1882  Nr.  170.     Mitt.  H.  d.  G. 

LANDSCHAFTEN  MIT  ODER  OHNE  STAFFAGE 

57.  Eine  oder  zwei  Landschaften.  —  Sehr  schön. 
Zeichnungenversteigerung   G.  Schaak  in  Amsterdam  am  28.   Okt.  1748 

Nr.  1  bzw.  2  oder  3  (es  heißt  im  Kat.:  Nr.  1 — 3, 
drei  sehr  schöne  Landschaften  von  Lastman  und 
Moeyaert).     Mitt.  H.  d.  G. 

58.  Eine  Versammlung  von  Zigeunern  in  einer  Landschaft.  —  Von  großem 

Effekt. 
Zeichnungenversteigerung  Du^  de  Tallard  in  Paris  am  22.  März  1756 

Nr.  415  (zusammen  mit  drei  anderen  Zeichnungen, 
unseren  Nrn.  74—76).     Mitt.  H.  d.  G. 

59.  Vielflgurige  Darstellung  in  einer  Landschaft. 

Flotte  lavierte  Federzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung    in    Amsterdam    am  14.  Sept.  1761    Nr.  733. 
Mitt.  H.  d.  G. 

(>0.  Eine  Landschaft. 

Zeichnungenversteigerung  H.  Verschuuring  im  Haag  am  28.  Jan.  1771 
Nr.  1393  (zusammen  mit  einer  Landschaft  vom  „ouden 
Weeninx"  und  mit  Kat.-Nr.  1394  f,.  1.10).  Mitt.H.  d.  G. 

61.  Eine  kleine  Landschaft  mit  Figuren  und  Gebäuden. 
Lavierte  Federzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung    C.    Sepp    in   Amsterdam   am   5.    Dez.    1775 
Nr.  19  (fl.  1.2  zusammen  mit  Kat.-Nrn.  17  und  18  an 
Beycn).     Mitt.  E.  d.  G. 

192 


63. 


68. 


Landschaft.  61  a 

Zeichnungenversteigerung  [Oets?]  in  Amsterdam  am  11.  März  1776 
Nr.  607  (ß.  0.14  zusammen  mit  einer  Landschaft  von 
van  Goyen  und  mit  Kat.-Nrn.  695  und  696  an  Busaeriia). 
Mitt.  H.  d.  G. 

Landschaft  mit  Staffage. 

Lavierte  Tuschzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung  N.  Marcus-  in  Amsterdam  am  15.  März  1779 

Nr.  561  (fl.  2  zusammen  mit  zwei  anderen  Zeichnungen 

an  Nachemius).     Mitt.  H.  d.  O. 

Hirt  und  Hirtin  in  einer  Landschaft. 

Tuschzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung  Juda  van  Benjamin   8r.    in   Amsterdam   am 
4.  Nov.  1782  Nr.  28.    Mitt.  H.  d.  G. 

Bauernhof  mit   Bäumen,   im  Vordergrund  Wasser.    Ausgeführt  wie  W. 
das  vorige  des  Versteigerungskataloges,    eine  analoge  Zeichnung  von  '  •  •^« 
Rembrandt. 

Feder  und  Tusche. 
Zeichnungenversteigerung  Cornelis  Ploos  van  Amstel  Jac.  Cornelisz  in 
Amsterdam  am  3.  März  1800  Nr.  3  (ß.  8  an  Coclers). 

Umwaldete  Strohhütten.  Treffliche  Helldunkelwirkung.  Äußerst  kräftig.  65. 

Bezeichnet  mit  dem  Monogramm.     Feder  und  Pinsel  in   Bister. 

12,6X24,3. 
Zeichnungenversteigerung  J.  D.  Böhm   in  Wien  am  4.  Dez.  1865  Nr. 
1319.     Mitt.  H.  d.  G. 

Bauernhof  mit  zwei  stehenden  Figuren. 
Bisterzeichnung. 

Sammlung  Syhouts. 

Zeichnungenversteigerum/  G.  Leembruggen  Jz.  in  Amsterdam  am  5. 
März  1866  Nr.  344  (ß.  1.75  an  Jonckers). 

Ruinen  eines  Gebäudes. 

Leicht  lavierte  Tuschzeichnung. 
Zeichnungenversteigerung    G.   Leembruggen   Jz.   in   Amsterdam   am  5. 
März  1866  Nr.  345  (ß.  1.50  an  van  der  Beck). 

Historische  Landschaft. 

Feder  mit  Sepia  und  Tuschlasuren. 
Zeichnungenversteigerung  A.  v.  d.   Willigen  und  A.  v.  d.  Wiüigen  Pz. 
im  Haag  am  12.  Aug.  1874  Nr.  153.    Mitt.  U.  d.  O. 


66. 
V.9. 


67. 
T.IO. 


68. 


13 


193 


UNBEKANNTE  DARSTELLUNGEN 

69.  Ein  Buch  voll  Federzeichnungen. 

V»  !•  Erwähnt  im  Inventar  Bembrandts  vom  25.  Juli  1656.  Vergl.  Ho  fstede 
de  Oroot.  Die  Urkunden  über  Bembrandt,  Seite 
204  Nr.  263. 

70.  Ein  Buch  voll  Zeichnungen  mit  roter  Kreide. 

V.  2.  Erwähnt  im  Inventar  Bembrandts  vom  25.  Juli  1656.  Vergl.  Ho  fstede 
de  Oroot,  Die  Urkunden  über  Bembrandt,  Seite 
204  Nr.  264. 

71.  Eine  Zeichnung  von  „Laadsmann'*. 
Y.3.  AO   1620. 

Erwähnt  von  J.  v.  Sandrart  als  in  seiner  eigenen  Sammlung  befindlich. 

72.  Eine  sehr  ausfülu-liche  Zeichnung. 

Zeichnungenversteigerung  G.  Schaak  in  Amsterdam  am  28.  Okt.  1748 
Nr.  6.    Mitt.  H.  d.  G. 

73.  Eine  Zeichnung. 

33,2X28. 
Zeichnungenversteigerung  J.  Tonneman  in  Amsterdam  am  31.  Okt.  1754 
Nr.  71.     Mitt.  H.  d.  G. 

74,/76.Drei  Zeichnungen. 

Zeichnungenversteigerung  Duc  de  Tallard  in  Paris  am  22,  März  1756 
Nr.  415  (zusammen  mit  einer  Versammlung  von 
Zigeunern,  unserer  Nr.  58).     Mitt.  H.  d.  G. 

77.  Federzeichnung. 

Zeichnungenversteigerung  G.  Hoet  im  Haag  am  25.  August  1760  Nr. 
882  (fl.  1  zusammen  mit  einer  Zeichnung  von  van  der 
Meulen  an  Fr.  Berghy).     Mitt.  H.  d.  G. 

77a.  Eine  Komposition. 

Zeichnungenversteigerung  in  Amsterdam  am  4.  März  1765  Nr.  83 
(fi.  1  zusammen  mit  Kat.-Nrn.  79 — 82  an  La  Galle). 
Mitt.  H.  d.  G. 

78  u.  Zwei  Kompositionen. 

'9«  Zeichnungenversteigerung  M.  Elgersma  u.  a.  in  Amsterdam  am  24. 
März  1766  Nr.  160  (fl.  1  zusammen  mit  Kat.-Nr.  159 
an  Tver).     Mitt.  H.  d.  G. 

80  u.  Zwei  Studienblätter. 
81.  Federzeichnungen. 

194 


Zeichnungenversteigerung  M.  Elgersma  u.  a.  in  Amsterdam  am  24.  März 

1766  Nr.  56,i  (fl.  1   zusammen  mit  Kat.-Nr.   062  an 
Fouquet).     Mitt.  H.  d.  O. 

Eine  Zeichnung.  82. 

Zeichnungenversteigerung  W.  Oudaen    in    Rotterdam  am  3.  Nov.  1766^  •  13. 
Nr.  38  (fl.  4  zusammen  mit  Kat.-Nr.  30). 

Eine  Zeichnung.  S2a, 

Zeichnungenverßteigerung  P.  d.  Haan  u.  a.  in  Amsterdam  am  9.  März 

1767  Nr.    1080    (zusammen    mit   zwei   anderen   von 
unbekannten  Meistern).     Mitt.  H.  d.  O. 

Eine  Zeichnung.  S2b. 

Zeichnungenversteigerung  H.  Busserus  in  Amsterdam  am  21.  Okt.  1782 
Nr.  2720.     Mitt.  H.  d.  O. 

Drei  Federzeichnungen.  83/85. 

Zeichnungenversteigerung  in  Amsterdam  am   11.  März    1789   Nr.    70. 
Mitt.  H.  d.  G. 

Eine  Zeichnung.  86. 

Kreide. 
Zeichnungenversteigerung  E.  Boers  im  Haag  am   21.    Sept.    1818  Nr. 
56    (zusammen    mit   zwei    anderen   Zeichnungen    von 
unbekannten  Meisteryi).     Mitt.  H.  d.  O. 

Vier  Skizzen.  87/90. 

Zeichnungenversteigerung  E.  Boers  im  Haag  am  21.    Sept.    1818  Nr. 

60  (zusammen  mit    einer  Zeichnung   van   J.   Luiken). 

Mitt.  H.  D.  G. 

Zwei  Federzeichnungen.  91  u. 

Zeichnungenversteigerung  E.  Boers  im  Haag   am  21.   Sept.  1818   Nr.  ^« 
75.     Mitt.  H.  d.  G. 

Fünf  Studien  auf  einem  Blatt.  93. 

Zeichnungenversteigerung  J.  van  Strij  in  Dordrecht  am  29.  April  1839 
Nr.  21.     Mitt.  H.  d.  G. 


13* 


195 


Verzeichnis  der  in  noch  bestellenden  Sammlungen 
nachweisbaren    Handzeichnungen 

Amsterdam. 

Rij  ksprentenkahioiet: 

47.  Junger  Mann  auf  der  Wanderung. 

48.  Junger  Mann  in  einer  Landschaft  stehend. 

Berlin. 

Königliches  Kup  ferst  ichkahinett : 
1.  Verstoßung  der  Hagar. 

8.  Der   Engel    verheißt   dem  Manoah    und   seinem  Weibe 
die  Geburt  Simsons. 

49.  Zwei  sitzende  männliche  Figuren. 
Der  Y  er  fasser : 

50.  Ein  nackter  Mann. 

51.  Studie  einer  nackten  Frau. 

Braunschweig. 

Kup  ferstichkabinett: 

9,  Der  Engel  erscheint  dem  Manoah   und   seinem  Weibe. 
11.  Der  Engel  weckt  den  Elias  in  der  Wüste. 

Bremen. 

Kup  ferst  ichkahin  et  f  der  Kunst  halle: 

5.  Der  Engel  erscheint  der  Hagar  in  der  Wüste. 
Dresden. 

Kö  nigliches  Kup  f  er  st  ichkahin  ett : 
14.  Alttestamentliche  Szene. 

196 


Göttiiigen. 

Univer  Hit  ät  s  Sammlung : 

10.  König  Jerobeara  opfert  dem  goldenen  Kalb. 

20.  Die  Taufe  des  Mohrenkämmerers  durch  Philippus. 

London. 

British    Museum: 

53.  Studie  eines  knienden  alten  Mannes. 

Wien. 

Alhertina: 

2.  Abschied  der  Hagar. 


197 


'    Chronologisches  Verzeichnis  der  datierten 
Handzeichnungen 

1603. 

47.  JUNGER  MANN  AUF  DER  WANDERUNG. 

48.  JUNGER  MANN  IN  EINER  LANDSCHAFT  STEHEND.   Beide 
im  Rijksprentenkabinet  in  Amsterdam. 

1608. 

7.  VERSTOSSUNG   DER    HAGAR.     Königl.    Kupferstichkabinett 
in  Berlin. 

1620. 
71.  Eine  Zeichnung.     Einst  im  Besitze  J.  v.  Sandrarts. 


Vergleichende    Tabelle    zum    Auffinden    der    Nummern 
dieses  Verzeichnisses   für  die   Nummern    von    Vosmaer 


VosmaerNr. - 

=  unsere  Nr.    | 

VosmaerNr.; 

=  unsere  Nr. 

1 

69 

8 

36 

2 

70 

9 

66 

3 

71 

10 

67 

4 

12 

11 

38 

5 

64 

12 

18a 

6 

43 

13 

82 

7 

7 

14 

54 

I 


198 


Bemerkungen   zu   den    erhaltenen   Handzeichnungen 

Bei  der  Betrachtung  der  Handzeichnungen  Pieter  Lastmans  gehen 
■wir  naturgemäß  von  den  durch  echte  Signaturen  gesicherten  Blättern 
aus  und  beginnen  mit  den  frühest  datierten  davon.  Leider  ist  die 
Anzahl  solcher  Zeichnungen  sehr  gering.  Sie  ist  zu  klein,  um  ein 
anschauliches,  lückenloses  Bild  von  der  Entwicklung  des  Meisters 
auch  auf  diesem  Gebiete  gewinnen  zu  können. 

Unter  den  mir  bekannt  gewordenen  fünfzehn  Hand  Zeichnungen 
Pieter  Lastmans  in  noch  bestehenden  Sammlungen  befinden  sich  nur 
vier  echt  signierte,  von  denen  drei  auch  datiert  sind:  zwei 
1603  und  eine  1608.  Die  beiden  ersten  sind  die  schon  oben  im 
Kapitel  über  die  Entwicklung  Lastmans  als  Maler  erwähnten  Blätter 
mit  einem  jungen  Mann  im  Amsterdamer  Rijksprentenkabinet,  die 
nicht  in  Holland,  sondern  auf  der  Reise  nach  Italien  entstanden  sein 
müssen.      Ihre   stilistischen   Eigentümlichkeiten   haben   wir   a.    a.   0. 


bereits  skizziert:  die  beiden  Zeichnungen  mußten  uns  als  einzige 
Beispiele  für  die  Kunst  Lastmans  vor  seinem  Aufenthalt  in  Rom 
dienen.  Wir  konstatierten  in  ihnen  eine  gewisse  Befangenheit,  die 
den  Anfänger  verriet ;  die  Sti-ichf ührung  ist  einerseits  ganz  zart  und 
gleichsam  etwas  ängstlich,  nicht  zielbewußt  der  Form  nachgehend, 
andererseits  äußert  sich  in  den  fest  nachgezogenen  Konturen  das 
Bestreben,  jene  Wirkung  aufzuheben  und  der  Zeichnung  mehr  Kraft 
und  Sicherheit  zu  geben.  Die  langgezogenen  Striche,  die  wenige 
Unterbrechungen  erfahren,  sind  auch  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
charakteristisch  für  eine  noch  nicht  so  geübte  Anfängerhand.  Gleich- 
wohl kommt  in  der  Gegenüberstellung  von  Hell  und  starkem  Dunkel 
der  Sonneneffekt  ganz  gut  heraus. 


199 


Bevor  wir  zu  dem  anderen  datierten  Blatt  übergehen,  sei  hier 
die  Einfügung  eines  kleinen  Exkurses  über  die  Person  des  auf  diesen 
beiden  Zeichnungen  Dargestellten  gestattet. 

Der  Umstand,  daß  die  beiden  Zeichnungen  aus  dem  vom  alten 
Gerard  Terborch  angelegten  Familienalbum  herrühren,  legt  die  Frage 
nahe,  wie  oder  warum  sie  darin  Aufnahme  fanden,  was  den  alten 
Terborch  veranlaßte,  sie  diesem  Familien album  einzuverleiben. 
Das  charakteristische  Modell  ist  auf  beiden  Blättern  dasselbe;  ohne 
Frage  ist  die  Auffassung  der  Person  porträtartig,  es  handelt  sich 
nicht  um  eine  bloße  Studienfigur.  Der  junge  Mann  hat  sich  hinge- 
stellt, um  abgezeichnet,  porträtiert  zu  werden.  Aus  dem  Vorhandensein 
dieser  P  o  r  t  r  ä  t  Zeichnung  in  dem  Familien  album  ergäbe  sich 
danach  die  Vermutung,  daß  diese  bestimmte  Persönlichkeit  mit  der 
Familie  Terborch  in  irgend  welcher  Beziehung  stehen  muß,  und 
zwar  wahrscheinlich  in  einer  verwandtschaftlichen.  Es  fragt  sich  nun, 
wer  diese  PersönUchkeit,  die  von  Lastman  im  Jahre  1603  außerhalb 
Hollands  gezeichnet  wurde,  sein  kann.  Mein  erster  Gedanke  richtete 
sich  da  auf  den  alten  Gerard  Terborch.  Diese  beiden  Zeichnungen 
möchten  vielleicht  Jugendbildnisse  des  Vaters  des  berühmten  Malers 
Gerard  Terborch  sein,  aus  dessen  "Wander-  und  Reisezeit,  die  für  die 
Familie  also  höchst  wertvolle  Andenken  sein  mußten.  Natürlich  bleibt 
an  dieser  Vermutung  viel  hypothetisches  bestehen.  Aber  einige 
Momente  für  die  Möglichkeit,  daß  wir  es  hier  mit  zwei  Jugend- 
porträts Gerard  Terborchs  d.  Ä.  zu  tun  haben,  lassen  sich  doch  anführen. 

Gerard  Terborch  d.  Ä.  wurde  im  Jahre  1584  geboren,  war  also 
1603  19  Jahre  alt.  Dies  ist  ungefähr  das  Alter  des  auf  Lastmans 
Zeichnungen  dargestellten  Jünglings.  Im  Jahre  1602  ging  Terborch 
d.  Ä.  auf  Reisen  —  und  um  diese  Zeit  kann  Lastman  die  Heimat 
auch  bereits  verlassen  haben.  1603  ist  Terborch  in  Cöln,  1604  in 
Venedig  nachweisbar  aus  Beischriften  auf  seinen  erhaltenen  Zeichnungen, 
deren  Stil  eine  gewisse  Verwandtschaft  mit  Lastman  hat.  Da  wir 
über  die  Örtlichkeit  auf  den  beiden  in  Frage  stehenden  Blättern  nur 
sagen  können,  daß  sie  nicht  in  Holland,  aber  auch  nicht  in  der 
Umgebung  Roms  zu  suchen  ist,  so  liegen  auch  hier  keine  direkten 
Hindernisse  vor.  Zumal  wenn  wir  bedenken,  daß  Terborch  —  und 
vielleicht  auch  Lastman  —  durch  Österreich  gewandert  war.  Gekannt 
haben   sich    die    beiden    fast   gleichalterigen   Künstler    sicherlich.  — 

200 


Wann  mag  nun  Terborch  in  den  Besitz  der  Zeichnungen  gekommen 
sein?  Wahrscheinlich  gleich  nach  ihrer  Entstehung.  Denn  es  wäre 
schwer  erklärlich,  warum  Terborch  später  (in  Holland)  zwei 
künstlerisch  gleich  (gering)wertige  Stücke,  die  noch  dazu  ein  und 
denselben  Jüngling  in  nur  wenig  veränderter  Pose  und  Landschaft 
darstellen,  erworben  haben  sollte,  wenn  sie  nicht  für  ihn  einen  anderen 
Wert  gehabt  hätten,  als  einen  rein  künstlerischen,  nämlich  den,  daß 
es  sich  um  die  Porträts  einer  dem  Terborch  bekannten  Persönlichkeit 
—  oder  um  seine  eigene  —  handelte.  In  beiden  Fällen  ist  die 
Wahrscheinlichkeit  größer,  daß  die  Blätter  dann  eben  gleich  nach 
dem  Entstehen  (außerhalb  Hollands)  in  Terborcha  Besitz  kamen.  Da 
der  junge  Mann  auf  der  Wanderung  im,  freilich  etwas  phantastischen, 
Reisekostüm*)  wiedergegeben  ist,  und  da  es  wohl  auf  der  Hand  liegt, 
daß  er  nicht  allein  die  weite  Tour  gemacht  hat  —  in  Begleitung 
Lastmans,  der  ihn  zeichnete,  mußte  er  ja  gewesen  sein,  —  sondern 
mit  irgend  einem  Landsmann  zusammen,  so  konnte  dieser,  vielleicht 
auch  nur  zeitweise  Gefährte,  sehr  wohl  der  fast  gleichalterige  Pieter 
Lastman  gewesen  sein.  Die  Entstehung  der  Blätter  wäre  dann  so 
zu  denken,  daß  der  eine  den  anderen  unterwegs  skizzierte,  und  daß 
der  Skizzierte  die  Blätter  als  Erinnerung  mitnahm,  aufbewahrte  — 
und  später  in  das  Familienalbum  einklebte.  Dann  kann  es  eigentlich 
nur  Terborch  d.  Ä.  selbst  sein,  zum  mindesten  muß  man  an  ihn 
denken.  Auch  weil  keine  Untersclirift,  daß  der  Vater  Terborch  dar- 
gestellt sei,  da  ist,  darf  man  eher  annehmen,  daß  es  eine  den  Familien- 
mitgliedern genau  bekannte  Persönlichkeit  war,  eben  der  Vater.  Der 
Name  des  Zeichners,  das  Entstehungsjahr,  Tracht  und  Landschaft 
sagten  ihnen  genug. 

Diese  Hypothese,  daß  beide  Zeichnungen  den  älteren  Terborch 
darstellen,  könnte  durch  ein  authentisches  Jugend  bildnis  Terborchs 
schnell  bestätigt  werden,  aber  das  fehlt  leider.  Vielleicht  vermag 
ein   Unbefangener   —   ich   selbst   will   mich   ausschUeßen    —   in   der 


*)  Man  nimmt  vielleicht  an  dem  Fehlen  der  Schuhe  bei  einem  „Reisekostüm" 
Anstoß.  Der  Wanderer  brauchte  ja  aber  nicht  die  ganze  Reise  barful}  zurückzulegen, 
sondern  mag  sich  nur  gelegentlich  auf  bequemem  Boden  der  schweren  Reiseschuhe 
entledigt  haben.  Auf  dem  van  Noordlschen  Stich  haben  wir  vorn  auch  ein  barfüßige^ 
wanderndes  Bauernehepaar;  der  Tobias  auf  der  Wanderung  mit  dem  Engel  ist  auch 
barfuß  von  Lastman  dargestellt  wie  auch  der  Joseph  auf  der  Flucht  nach  Ägypten  n.  a. 


201 


Kreidezeichnung,  die  von  „Moses  ter  Borch  [dem  jüngsten  Sohn  des 
alten  Terborch]  nae  het  leven  geteijckent  den  23  Januarij  1660"  wurde 
und  die  als  das  Porträt  des  alten  Terborch  (f  1662)  von  E.  "W.  Moes 
veröffentlicht  ist*),  Ähnlichkeiten  mit  dem  auf  Lastmans  Zeichnungen 
Dargestellten  zu  erkennen.  Ich  verweise  auf  die  etwas  klobige  Nase, 
auf  die  großen  Augenlieder  und  das  kleine  Kinn.  Ist  es  auch  an 
sich  nicht  leicht,  Ähnlichkeiten  zwischen  zwei  an  Jahren  so  weit 
auseinander  liegenden  Gesichtern  festzustellen,  so  lassen  sich  doch 
immerhin  gewisse  charakteristische  Besonderheiten  des  Gesichtes  wie 
die  hier  angeführten  auch  nach  Jahren  an  einem  Gesicht  wieder 
erkennen;  sie  scheinen  hier  doch  dem  alten  wie  dem  jungen  Manne 
gemeinsam  zu  sein. 

Wie  anfangs  schon  gesagt,  bleibt  dieser  Versuch,  die  Person 
festzustellen,  eine  Hypothese,  zu  deren  Aufstellung  das  Vorhandensein 
der  beiden  Blätter  in  dem  Terborch' sehen  Familienalbum  Anlaß  bot.  — 

Die  dritte  datierte  und  signierte  Zeichnung  Pieter 
Lastmans  (im  Kupferstichkabinett  in  Berlin)  ist  von  jenen  beiden 
in  Amsterdam  wesentHch  verschieden.  Sie  stellt  die  Vertreibung 
der  Hagar  und  Ismaels  durch  Abraham  (1)  dar  und  ist  links  an  einem 
Baumstumpf  ß  1608  signiert,  so,  wie  wir  auf  den  Gemälden  aus 
diesem  Jahre  das  Monogramm  kennen.  "Waren  jene  Zeichnungen 
von  1603  noch  etwas  unsicher  in  der  Strichführung,  so  befinden  wir 
uns  hier  vor  einem  in  seiner  Zeichenweise  durchaus  sicheren  Künstler. 
Die  Figuren  sind  flott  hingezeichnet  mit  geübten  Strichen,  von  denen 
jeder  eine  Form  des  Gewandes  anzudeuten  hat.  Auf  die  Hervor- 
bringung von  starken  Licht-  und  Schattenkontrasten  ist  kein  Wert 
gelegt  worden,  nur  der  als  Kulisse  verwandte  Baumstumpf  links 
ist  durch  Bisterlasur  stärker  markiert.  Die  Zeichenweise  als  solche 
verrät  nicht  nur  Sicherheit,  sondern  fast  schon  eine  gewisse  Routine, 
auf  jeden  Fall  schon  eine  bestimmte  Manier.  Der  Zeichner  hat  sich 
zur  Angabe  gewisser  Formen  eine  ganz  bestimmte  Strichweise 
angewöhnt,  die  immerhin  schon  auf  eine  längere  Übung  im  Zeichnen 
hinweist.  Bei  einem  Fuß  z.  B.  gibt  er  in  einem  Federzuge 
die  untere  Begrenzungslinie,  die  um  Zehen,  Sohle  und  Ballen  läuft. 
Ein  gewinkelter  kleiner  Schleifenstrich  gibt  Spann  und  obere  Zehen- 

*)  Handzeichnungen  der  holl.  und  vläm.  Schulen  im  Amsterdamer  Kupferstich- 
kabinett.    100  Reproduktionen,  Haag,  M.  Nijhoff. 

202 


begrenzung  an,  ein  paar  Querstriche  die  Zehen  selbst,  ein  kleiner 
senkrechter  Strich  den  Knöchel.  Lastman  liebt  es,  den  Konturenstrich 
häufig  zu  unterbrechen,  indem  er  im  Winkel  jeweils  nach  innen 
einbiegt,  wenn  eine  Falte  oder  ein  Gelenk  kommt.  Bei  der  Angabe 
von  kleinen  Fältchen  verwendet  er  sehr  oft  kleine  Zickzackstriche. 
Typisch  ist,  wie  er  den  Schatten  des  Fußes  am  Boden  durch  einen 
rasch  hingesetzten  Strich  —  überall  —  andeutet.  Rechts  ganz  im 
Hintergrund  der  Zeichnung,  sieht  man  zwei  Figuren,  so  wie  auch 
schon  auf  den  Zeichnungen  von  1603.  Das  Charakteristische  dieser 
Zeichnung  ist  das  Bestreben,  mit  ziemlich  knappen  Strichen  das 
Wichtigste  der  Figuren  anzugeben.  Man  möchte  fast  sagen,  daß  er 
sich  dafür  eine  Art  Formelsprache  ausgebildet  hat.  Dabei  belebt 
er  den  Strich  oft  durch  ein  Anschwellen  oder  dadurch,  daß  er  ihn 
dünner  werden  oder  spitz  auslaufen  läßt,  wie  es  die  Verwendung  der 
Feder  ja  auch  mit  sich  bringt.  So  macht  das  ganze  den  Eindruck 
einer  rasch  —  ohne  Modell  —  hingeworfenen  Skizze. 

Genau  denselben  Stil  zeigt  die  nur  in  einer  Radierung  von 
Stieglitz  erhaltene  Zeichnung,  den  Propheten  Elisa  und  die  Witwe 
mit  zwei  Kindern  (12)  darstellend.  Die  Hände  des  Elisa  sind 
in  ihrer  Bewegung  so  gut  wie  wiederholt  und  manches  andere. 
Diese  Zeichnung  ist  zwar  nicht  signiert,  aber  abgesehen  von  der 
völligen  stilistischen  Übereinstimmung  mit  dem  Berliner  Blatt  noch 
durch  die  Unterschrift  des  Stechers:  „D'apres  !e  defsin  de  Pierre 
Lastman  qui  est  dans  une  Collection  ä  Leipfic"  über  und  über 
beglaubigt. 

Die  letzte  der  durch  Signatur  als  echt  gesicherten  Zeichnungen, 
die  Figurenstudic  eines  alten  Mannes  (ö3)  im  Printroom  des  Britischen 
Museums  in  London,  die  P.  LaCman  fecit  bezeichnet  ist,  ist  offenbar 
nach  einem  Modell  gemacht  worden,  um  in  irgend  einer  Komposition 
Verwendung  zu  finden.  Wir  sehen  deutlich,  wie  die  kräftigeren 
dunklen  Tuschstriche  eine  dünner  gezeichnete  erste  Fassung  der  Figur 
verbessern.  Die  Haltung  war  erstlich  mehr  nach  vorn  gebeugt,  und 
die  Ärmel  des  Gewandes  waren  enger.  Die  endgültige  Zeichnung 
verleiht  dem  Manne  eine  ruhigere  Haltung. 

Mit  der  Strichführung  des  vorigen  Blattes  verglichen,  fällt  uns 
eine  gewisse  Zaghaftigkeit  auf.  Das  schematische,  routinierte  fehlt 
hier  gänzlich.     Es  ist  das  vielleicht  daraus  zu  erklären,  daß  Lastman 


203 


dort  eine  Komposition  hinskizziert  hat,  während  er  hier  nur  die  beste 
Stellung  eines  betenden  Greises  für  eine  bestimmte  Komposition 
ausprobierte.  Daher  wohl  auch  die  mehr  geschlossen-bildartige  Wirkung 
jenes  Berliner  Blattes,  wo  auch  die  Landschaft  angedeutet  ist,  hier 
nur  die  für  einen  bestimmten  Zweck  angefertigte  Figurenstudie.  Eine 
Komposition,  in  der  dieser  kniende  Greis,  wenn  auch  mit  noch  etwas 
veränderter  Handhaltung  vorkommt,  ist  das  Paulus  und  Barnahas- 
Bild  beim  Grafen  Stetzki.  Der  kniende  Alte  ziemlich  rechts  geht 
wohl  sicher  auf  das  gleiche  Modell  zurück  wie  die  Zeichnung,  die 
sehr  wohl  im  Hinblick  auf  dieses  Gemälde  von  1614  entstanden  sein 
kann.  Denn  ohne  Frage  beruht  diese  Komposition,  die  —  wie  wir 
wissen  —  zu  den  Hauptwerken  Lastmans  gehört,  auf  einer  ganzen 
Reihe  von  ad  hoc  gemachten  Einzelvorstudien.  Die  nochmalige 
Änderung  der  Figur  besagt  nur,  wie  sorgfältig  Lastman  dabei  zu 
Werke  ging. 

Und  nun  stehen  wir  vor  dem  Rest  der  den  Namen  Lastman 
führenden,  aber  nicht  von  ihm  eigenhändig  signierten  Handzeichnungen. 
Unter  diesen  können  wir  drei  Gruppen  unterscheiden:  1)  die  mehr 
rein  linearen  Federzeichnungen  (die  dem  datierten  Berliner  Blatt 
nahestehen),  2)  die  mehr  malerischen,  mit  dem  Pinsel  behandelten, 
räumlicher  und  bildmäßiger  wirkenden  Blätter  und  3)  die  sorgfältig 
und  sauber  ausgeführten  Zeichnungen,  die  um  ihrer  selbst  willen 
gemacht  zu  sein  scheinen. 

Eine  auch  nur  annähernde  chronologische  Bestimmung  ist  hier- 
bei so  gut  wie  völlig  ausgeschlossen.  Höchstens  könnte  man  ver- 
sucht sein,  einige  Blätter  der  ersten  Gruppe  für  früher  zu  halten, 
wie  z.  B.  die  eine  Zeichnung  in  Göttingen  (20),  die  auch  als  Vorstudie 
zu  einem  Gemälde  angesehen  werden  muß,  das  selbst  zwar  nicht 
mehr  nachweisbar  ist.  Aber  das  Thema,  die  Taufe  des  Kämmerers 
sahen  wir  auf  drei  Gemälden  aus  verschiedenen  Zeiten  durch  Lastman 
behandelt  werden.  Von  diesen  steht  die  Komposition  unserer  Zeichnung 
dem  frühesten  (von  1608  in  Berlin)  am  nächsten.  Der  Apostel  mit 
dem  Buch  in  linker  Seiten  Stellung,  der  nur  mit  einem  Lendentuch 
bedeckte,  im  Wasser  stehende  Täufling,  der  Wagen  mit  Pferd  und 
Kutscher  ziemlich  klein  im  Hintergrund  sowie  die  Landschaft  ent- 
sprechen sich.  Die  Art  zu  zeichnen  kommt  auch  der  des  Berliner 
Blattes  von  1603  am  nächsten,    wenn  es   auch    an   manchen    Stellen, 

204 


[ISO  bei  don  Füßen  und  Händen,  eingehender  behandelt,  detaillierter 
ausgeführt  ist.  Auch  das  über  die  Figuren  gelegte  Quadratnetz  weist 
darauf  hin.  Daher  denn  auch  wohl  die  detailliertere  Zeichnung  der 
Figuren,  die  sorgfältige,  abgewogene  Verteilung  der  Licht-  und 
Schattenpartien  (durch  Lasuren). 

Technisch  noch  näher  steht  der  1608  datierten  Zeichnung  in  Berlin 
eine  dort  befindliche  zweite,  die  zwei  sitzende  männliche  Figuren  (49) 
darstellt,  vielleicht  die  Evangelisten  Johannes  und  Petrus.  Auch 
hier  handelt  es  sich  möglicherweise  um  einen  Kompositionsentwurf 
für  ein  Gemälde. 

Von  den  beiden  Aktfigurcn  (50,  51)  in  meinem  Besitze,  die  ebenfalls 
zu  dieser  Gruppe  von  Federzeichnungen  gehören,  dürfte  die  weibliche 
sehr  gut  die  Studie  zu  einer  Potiphar  sein,  die  in  ihren  Händen  den 
Rock  des  flüchtenden  Joseph  hält.  Ein  Gemälde  mit  einem  flüchtenden 
Joseph  (worauf  höclist  wahrscheinlich  die  Potiphar  nicht  gefehlt 
haben  wird)  finden  wir  in  einem  Versteigerungskatalog  von  1706  (unsere 
Nr.  19)  erwähnt.  Stilistisch  gehören  beide  Aktzeichnungen  eng  zusam- 
men. Sie  scheinen  häufig  auch  zusammengeblieben  zu  sein.  Auf 
beider  Rückseiten  steht  der  Name  Pieter  Lastmans  von  derselben 
Hand  und  mit  gleicher  Tinte  geschrieben.  Auch  in  der  Sammlung 
von  Eelking  waren  beide  Blätter. 

Die  Überleitung  zu  zwei  mehr  mit  dem  Pinsel  ausgeführten 
Zeichnungen  können  zwei  in  der  Komposition  wie  in  der  Technik 
sich  völlig  gleichende  Stücke  bilden.  Das  eine  stellt  dar  den  Engel,  der 
die  Hagar  in  der  Wüste  tröstet  (5)  (als  M.  v.  Uytenbroeck  im  Kupferstich- 
kabinett der  Kunsthalle  in  Bremen),  das  andere  den  Engel,  der  den 
Elias  in  der  Wüste  tvecktim  (11)  (Vorrat  des  Braunschweiger  Kupferstich- 
kabinetts). In  der  Strichführung  erkennen  wir  leicht  die  bei  der 
Berliner  Zeichnung  von  1608  festgestellten  Charakteristika  wieder: 
die  kleinen  Zickzackfältchen  z.  B.,  dann  die  Haltung  des  rechten 
Armes  und  der  Hand  des  Engels  (auf  dem  Blatt  in  Bremen),  die 
Behandlung  der   Füße   (besonders   auf   dem   Braunschweiger   Stück). 


Auf  diesem  ist  auch  die  Baumkulisse  links   so 


gut 


wie   gleich,    und 


wenn  auch  auf  der  Bremer  Zeichnung  der  Baumstamm  selber  fehlt, 
«0  haben  doch  beide  Blätter  mit  der  Berliner  Zeichnung  die  Art 
und  Weise  gemeinsam,  wie  am  Rande  der  festen  Masse  des  Baum- 
stammes (bezw.    der  Erderhebung)   das  Blätterwerk    entlang   gefülirt 


205 


ist.  Durch  Lasuren  mit  Tusche  ist  die  Licht-  und  Schattenwirkung 
nur  verstärkt,  die  Landschaft  vertieft,  indem  im  Mittelgrunde  vor 
dem  helleren  Hintergrund  noch  eine  Baumkulisse  von  mittlerem  Ton 
eingeschoben  ist.  Beide  Blätter  dürfen  daher  wohl  auch  zeitlich  in 
die  Nähe  der  Berliner  Zeichnung  von  1608  gerückt  werden. 

Noch  kräftiger  ist  die  Lichtwirkung  auf  den  beiden  Zeichnungen 
mit  Manoah  und  seinem  Weibe,  denen  der  Engel  die  Gehurt  Simsons 
angekündigt,  von  denen  sich  die  eine  in  Berlin  (8),  die  andere  in  Braun- 
schweig (9)  befindet.  Hier  ist  in  der  bezüglich  dei  Strichführung  den 
vorigen  gleichgebliebenen  Technik  nur  durch  noch  stärkere  Schattierung 
mit  dem  Pinsel  in  noch  dunkleren  Tönen  eine  Veränderung  zur  mehr 
malerischen,  effektvollen  BUdwirkung  des  Blattes  eingetreten.  In 
der  Grundauffassung  sind  sich  alle  vier  aber  ganz  gleich  geblieben. 
Ebenso  ist  in  der  Typik,  in  den  Gesten  und  in  der  Gewandung 
wenig  Abwechselung  zu  verspüren.  Der  Engel  mit  der  stark  gewölbten 
Stirn,  wie  diese  durch  einen  halbkreisförmigen  Pinselstrich  markiert 
ist,  ist  auf  dem  angeblichen  Uytenbroeck  in  Bremen  und  dem 
Braunschweiger  Blatt  mit  dem  Engel,  der  Manoah  und  seinem  Weihe 
die  Gehurt  Simsons  ansagt,  gleich. 

Diesen  flott  und  kräftig  hingeworfenen  Blättern  gegenüber  muten 
zwei  andere  Zeichnungen,  die  Lastman  zugeschrieben  werden,  in 
ihrer  sauberen  Ausführung  etwas  fremdartig  an.  Und  sie  selbst 
unter  sich  weisen  auch  noch  kleine  Verschiedenheiten  auf.  Das  eine 
Blatt  (in  der  Albertina  in  Wien)  stellt  auch  eine  Verabschiedung  der 
Hagar  durch  Abraham  (2)  dar  in  einer  sorgfältig  ausgeführten  hügeligen 
Waldlandschaft  mit  italienischem  Gebäude.  Die  ganz  andere,  für  sich 
alleinstehende  Art  der  Ausführung  erschwert  ein  sicheres  Urteil  sehr, 
da  so  gut  wie  keine  technischen  Vergleichsmomente  mit  herangezogen 
werden  können.  Der  Baum  als  Kulisse  links  genügt  doch  nicht,  und 
außerdem  ist  er  auch  anders  behandelt.  Der  eigenartig  wiedergegebene 
Nadelbaum  im  Hintergrund  ließe  an  den  ähnlich  behandelten  ganz 
links  auf  dem  Bilde  der  Taufe  des  Kämmerers  in  Berlin  denken,  auch 
das  Laub  der  anderen  Bäume  rechts  käme  dem  Baumschlag  auf 
jenem  Gemälde  am  nächsten.  Aber  das  sind  immerhin  technisch  nur 
indirekte  Vergleichsmomente  allgemeiner  Natur,  wozu  auch  die  sorg- 
fältige Behandlung  und  der  große  Raum,  den  die  Landschaft  ein- 
nimmt, kommt,    die  auch  jenem  Berliner  Bild  von  1608  entsprechen. 

206 


fT)er  Fuß  Abrahams  ist  sehr  ähnlich  dem  des  Apostels  Philippus  auf 
der  Göttinger  Zeichnung  mit  der  Taufe  des  Kümmeren),  Aber  die 
Gesichtstypen  sind  wesentlich  anders,  weniger  grob  vor  allem  als  die 
bei  Lastman  üblichen.  Bei  Annahme  der  Autorschaft  Lastmans  auf 
Grund  dieser  Berührungspunkte  müßte  man  die  Entstehungszeit  der 
Wiener  Zeichnung  auch  etwa  in  die  frühere  Periode  Lastmans  setzen. 
AVir  hätten  dann  eine  sorgfältig  ausgeführte  frühe  Zeichnung  im 
Gegensatz  zu  der  flotten  Skizze  von  1608  in  Berlin.  Bodos  Bemerkung*), 
daß  diese  Zeichnung  vielleicht  von  Moeyaert  herrühren  könnte,  läßt 
erkennen,  daß  auch  ihm  die  Zeichnung  von  Lastmans  gewöhnlicher 
Art  abzuweichen  schien.  Man  könnte  ihr  von  Moeyaertschen  Blättern 
allerdings  auch  eine  in  gewisser  Beziehung  als  stilverwandt  gegen- 
überstellen, wenn  diese  Zeichnung  auch  in  anderem  Material  —  in 
Kreide  —  ausgeführt  ist:  das  Blatt  Ruth  und  Boas  im  Rijksprenten- 
kabinet  in  Amsterdam.  (Man  beachte  z.  B.  den  Kinderkopf).  Aber 
für  eine  bestimmte  Zuweisung  dos  Blattes  an  Moeyaert  reichen  die 
sonstigen  Stilübereinstimmungen  doch  zu  wenig  aus.  Es  steht 
Lastman  doch  näher  als  jenem,  wonngleich  ich  es  für  ihn  auch  nur 
bedingtermaßen  in  Anspruch  zu  nehmen  wage. 

Die  zweite  sorgfältige  Federzeichnung  (10)  (in  Göttingen  als  „Schule 
Elsheimer-Lastman?")  mutet  in  ihren  fehlerlosen  und,  besonders  was 
die  Komposition  der  zahlreichen  Figuren  angeht,  gar  keine  Ver- 
besserungen aufweisenden  Ausführung  von  vornherein  eher  wie  eine 
Nachzeichnung  nach  einem  fertigen  Vorbild  an.  Die  Möglichkeit, 
darin  eine  Nachzeichnung  nach  dem  im  Versteigerungskataloge  H. 
ten  Kate  von  1801  oberflächlich  beschriebenen  Gemälde  König  Jeroheam 
opfert  den  Oötzenbildei-n  am  Brandaltar  (unserer  Nr.  34)  sehen  zu  dürfen, 
scheint  mir  vorhanden  zu  sein.  Auf  Lastman  dürfte  sie  aber  sicher 
zurückgehen,  denn  einzelne  Typen,  wie  z.  B.  die  zweite  Figur  von 
rechts,  tragen  ganz  das  Gepräge  des  Lastmanschen  Stiles  in  sich. 
Daß  die  Zeichnung  ein  Entwurf  zu  einem  danach  auszuführenden 
Gemälde  ist,  scheint  mir  wegen  der  fast  trockenen  Akkuratesse  der 
Ausführung  ausgeschlossen.  Eher  ist  an  eine  Vorzeichnung  zu  einem 
Stich  zu  denken  (Behandlung  des  Baumschlages  und  der  Wolken). 

Unsicher  bleibt  mein  Urteil  auch  gegenüber  der  Federzeichnung 
in  Dresden  (14),  in  der  ich  nicht  recht  die  Hand  Lastmans  zu  erkennen 

*)  Sludien,  Seile  342. 


207 


vermag.  Insbesondere  ist  es  die  Art  zu  schattieren,  die  völlig  ab- 
weichend ist  von  allen  bisher  betrachteten  Zeichnungen  Lastmans. 
Sie  ist  fahrig  kritzelnd  und  unsicher.  Die  Wiedergabe  der  Füße 
und  Hände  nicht  nur  ungeschickt,  sondern  direkt  hölzern  und  nichts- 
sagend. Für  Lastman  bedurfte  es  viel  weniger  Aufwand,  um 
deutlicher  und  richtiger  auszudrücken,  was  er  wollte.  Die  dritte  Figur 
mit  dem  Federhut  ist  in  ihrer  Stellung  kaum  zu  verstehen  —  wie 
auch  der  ganze  dargestellte  Vorgang  dunkel  bleibt. 

Etwas  besser  ist  die  auf  der  Rückseite  befindliche  Nacktfigur 
eines  schlafenden  Satyrn,  die  offenbar  nach  einem  Modell  gezeichnet 
ist.  Aber  auch  hier,  z.  B.  bei  der  rechten  Hand,  ist  eine  mehr  als 
schwache  Stelle,  auch  hier  nichts  von  der  charakteristischen  Strich- 
weise, der  Glied  für  Glied,  aber  sicher  vorgehenden  Art  zu  zeichnen 
bei  Lastman.  Die  Schattierung  ist  ebenso  ohne  ersichtliche  Zweck- 
mäßigkeit kritzelnd  wie  auf  der  Vorderseite.  Früher  wurden  diese 
Zeichnungen  in  Dresden  dem  Jan  Lievens  zugeschrieben.  Aber  in 
neuerer  Zeit  hat  man  Lastman  als  sicheren  Autor  in  Anspruch  genommen. 
Der  Name  Lievens  läßt  sich  meines  Erachtens  hier  aber  doch  nicht 
ohne  weiteres  von  der  Hand  weisen.  Zum  mindesten  ist  er  im 
Hinblick  auf  zwei  Radierungen  (B.  4  und  B.  9)  von  Jan  Lievens 
diskutabel.  Auch  auf  diesen  Radierungen  treffen  wir  die  ganz 
eigentümliche  Art  zu  schattieren  bei  dem  Stein  und  dem  Baumstamm 
an,  und  in  der  Schattierung  einzelner  Partien  der  Gewandfalten 
scheinen  mir  auch  Analogien  zu  der  Schattenbehandlung  auf 
dem  Körper  des  schlafenden  Satyrn  zu  bestehen,  wenn  auch  natür- 
licherweise auf  der  Zeichnung  roher  und  flüchtiger  als  auf  den 
Radierungen. 

Von  den  Rötelzeichnungen  Lastmans,  deren  Rembrandt  z.  B. 
ein  ganzes  Buch  voll  besaß,  ist  nichts  mehr  nachweisbar,  auch  so 
gut  wie  keine  Rötelzeichnungen  finden  wir  in  alten  Versteigerungs- 
katalogen erwähnt.  Die  Rötelzeichnung  im  Museum  der  schönen 
Künste  in  Budapest,  Juda  und  Thamar,  halte  ich  nicht  für  eine  Arbeit 
Lastmans ;  warum,  wird  im  nächsten  Abschnitt  dargelegt  werden. 

Von  den  ebenfalls  nur  in  beschränkter  Anzahl  bekannten 
Zeichnungen  in  schwarzer  Kreide  —  sowohl  in  existierenden  Sammlungen 
wie  aus  literarischen  Notizen  oder  Katalogbeschreibungen  —  kann 
ich   die    beiden    großen    Stücke,    die    ich    im    Berliner   Kupferstich- 

208 


4 


kabinett  gesehen  habe,  nur  als  Nachzeichnungen  nach  Gemälden 
Lastmans  anerkennen. 

Die  von  Vosmaer*),  Bode**)  u.  a.  erwähnte,  von  späterer  Hand 
bezeichnete  und  mit  1598  unmöglich  richtig  datierte  große  Kreide- 
zeichnung des  Opfer  Ährahams (7),  ebenso  wie  die  von  Bode**)  in  der 
Sammlung  des  (seitdem  lange  verstorbenen)  Professors  Hasse  in 
Hameln  erwähnte  große  Kreidezeichnung  eines  sitzenden  Orientalen  (52) 
kenne  ich  leider  nicht.  Ich  kann  sie,  da  genauere  Beschreibungen 
und  Abbildungen  fehlen,  nicht  in  das  Bereich  meiner  Studie  ziehen. 
Ist  jenes  Ojjfer  Abrahame  auf  ebensolches  dunkelbraunes  Papier  ge- 
zeichnet und  in  derselben  sorgfältigen  Technik  ausgeführt  wie  die 
nicht  ganz  richtig  auf  Ahigail  gedeutete  Zeichnung  im  Berliner 
Kupferstichkabinett,  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  daß  in  ihr  auch 
eher  eine  Nachzeichnung  nach  einem  (der  bekannten?)  Gemälde 
mit  dem  Opfer  Abrahams  von  Lastman  zu  sehen  ist.  Die  Höhe 
beider  Zeichnungen  ist  gleich. 

Zusammenfassend  sei  schließlich  noch  einmal  konstatiert,  daß 
die  uns  bekannten  authentischen  Zeichnungen  Lastmans  (die  doch 
verhältnismäßig  selten  geworden  sind;  Vosmaer  hatte  aus  eigener 
Anschauung  gar  keine  gekannt)  durchgehends  in  Tusche  oder  Sepia 
mit  Feder  und  Pinsel  ausgeführt  sind;  daß  sich  hierin  ein  künstlerisches 
Weiterschreiten  nur  in  den  ersten  Jahren  zwischen  1603  und  1608 
feststellen  läßt,  daß  die  übrigen  echten  Zeichnungen  im  Grunde 
aber  dasselbe  mehr  oder  weniger  angenehme  Gepräge  haben,  und  daß 
die  etwas  verschiedene  technische  Behandlung  einzelner  Blätter  keinen 
sicheren  Schluß  auf  frühere  oder  spätere  Entstehungszeit  gestattet. 
Einige  Blätter,  die  bisher  den  Namen  Lastmans  trugen,  konnten  wir 
nicht  so  unbedingt  als  Arbeiten  von  seiner  Hand  ansprechen. 

Einige  andere  Zeichnungen,  deren  Autor  bestimmt  nicht  unser 
Maler  ist,  finden  im  folgenden  Kapitel  eine  kurze  kritische  Besprechung. 


*)  „Rembrandt",  Seite  480  Nr.  7. 
**)  Studien,  Seite  342. 


U 


209 


Handzeichnungen,  die  Pieter  Lastman  mit   Unrecht 
zugeschrieben  werden 

BERLIN,    Köiiigl.  Kiipfersticliliabinett,  Inv.  Nr.  5339. 
*ODYSSEUS  UND  NAUSIKAA. 

Kreide,  weiß  gehöht  auf  graubraunem  Papier.     32X51)3. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 
Erwähnt  von  Bade,  Studien,  Seite  342. 
Sammlung  von  Beckerath  in  Berlin. 

Die  Zeichnung  stimmt  überein  mit  dem  monogrammierten  und 
1619  datierten  Gemälde  Lastmans  in  Augsburg  und  galt  für  eine 
Studie  des  Meisters  zu  diesem  Bilde.  Eine  genaue  Vergleichung  von 
Zeichnung  und  Gemälde  ergibt  jedoch  die  Unmöglichkeit,  in  diesem 
Blatt  einen  Entwurf  oder  eine  Vorstudie  zu  sehen.  Es  ist  vielmehr 
•eine  flott  hingeworfene  und  dabei  doch  bis  in  die  kleinsten  Details 
mit  dem  Gemälde  übereinstimmende  Nach  Zeichnung.  Damit  wird 
die  Autorschaft  Lastmans  rein  psychologisch  schon  sehr  hypothetisch 
gemacht.  Der  Stil  der  Zeichnung  hat  mit  den  bekannten  echten 
Blättern  von  Lastman  nichts  gemeinsam. 

Wer  freilich  der  Zeichner  dieses  Blattes  war,  diese  Frage  bleibt 
noch  offen.  Vielleicht  könnte  Nie.  Moeyaert  in  Betracht  kommen. 
*  DER  PROPHET  ELISA  UND  DIE  SUNAMITIN.  Vor  einem  nach 
links  im  Profil  stehenden  Esel  mit  gesenktem  Kopf  kniet  die  Sunamitin, 
dreiviertel  von  vorn  gesehen,  den  mit  einem  Tuch  turbanartig  um- 
schlungenen Kopf  nach  rechts  oben  wendend.  Sie  trägt  ein  weites 
mantelartiges  Gewand,  das  die  Unterarme  frei  läßt.  Die  Hände  mit 
gespreizten  Fingern  und  die  Handflächen  nach  außen  kehrend,  streckt 

210 


sie  nach  beiden  Seiten  aus.  Ihr  Gesichtstypus  deckt  sich  mit  dem 
des  öfter  verwendeten  weiblichen  Modellea  (der  kananäischen  Frau 
auf  dem  Bilde  im  Rijksmuseum,  der  Eahel  auf  dem  in  Boulogne 
sur  Mer,  der  Sarah  auf  dem  Gemälde  der  Sammlung  A.  Lürman  in 
Bremen  und  der  sitzenden  Frau  auf  dem  Bilde  der  Predigt  Johannis 
des  Täufers  der  Versteigerung  Raedt  van  Oldenbameveld  in  Amsterdam). 
Rechts  dahinter  steht  ein  junger  Mann  (Gehasi),  der  seine  linke  Hand 
auf  die  Schultor  der  Frau  legt  und  auch  den  Kopf  nach  rechts  oben 
wendet.  Hinter  dem  Esel,  mehr  in  der  Mitte,  ein  älterer  Mann  mit 
Stock,  ebenfalls  nach  rechts  oben  blickend.  Vor  der  Brust  des  jungen 
Mannes  ist  noch  eine  Hand  sichtbar,  die  zu  einer  Figur  gehört, 
welche  auf  der  rechten,  fehlenden  Seite  des  Blattes  gewesen  sein 
muß.  Die  Darstellung  wird  im  Berliner  Kabinett  und  von  Bode 
irrtümlich  als  Ähigail  gedeutet.  Es  stellt  aber  die  Sunamitin  dar, 
was  durch  die  Auffindung  des  Gemäldes  in  der  Sammlung  Zabielsky 
in  St.  Petersburg  bestätigt  wird. 

Sorgfältige,  etwas  trocken  ausgeführte,  weiß  gehöhte  Kreide- 
zeichnung auf  dunkelbraun  lasiertem  Papier. 

Bezeichnet  links  unten  LA8TMAN.     33X28. 
Die  photographische  Aufnahme  ist  tvegeti   der   dunkelbraunen  Färbung 
des  Papieres,  auf  dem  sich  die  schwarzen  Kreidestriche 
nicht  abheben,  so  gut  wie  unmöglich. 
Erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  342. 

Die  Zeichnung  stimmt  mit  der  linken  Seite  des  Bildes  der 
Sammlung  Zabielsky  genau  überein,  so  genau,  daß  es  sich  nur  um 
eine  Nachzeichnung  handeln  kann,  zumal  hier  die  Möglichkeit,  es 
mit  einem  Entwurf  oder  einer  Vorstudie  zu  tun  zu  haben,  wegen 
der  trockenen  Korrektheit  und  der  genauen  Übereinstimmung  von 
Zeichnung  und  Bild  wegfällt.  Auch  für  dies  Blatt  läßt  sich  ein 
Autor  nicht  feststellen,  auch  kein  eventuell  in  Frage  kommender  in 
Vorschlag  bringen.  Die  Zeichnung  ist  in  der  Technik  jeder  persön- 
lichen Note  bar  —  von  Lastman  dürfte  sie  auf  keinen  Fall  sein. 
Die  rechte  Seite,  auf  der  der  Prophet  Elisa  stand,  und  dessen  Hand 
man  noch  ganz  rechts  auf  dem  vorliegenden  Blatte  sieht,  ist  vielleicht 
abgeschitten  worden  und  verloren  gegangen.  Möglicherweise  kam  es 
dem  Zeichner  aber  auch  nur  auf  diese  dargestellte  Gruppe  an  und  nicht 
auf  eine  Wiedergabe  des  ganzen  Bildes.  Ein  Bruch  in  der  Mitte  des 
Blattes  ist  nicht  wahrscheinlich,   da  die  Mittellinie  auf  dem  Gemälde 


14* 


211 


viel  weiter  rechts  verläuft.     Auch  ist  links  die  auf  dem  Bilde  befind- 
liche Landschaftskulisse  weggelassen. 

Ausführung  und  Höhe  sind  dieselben  wie  auf  dem  Blatt 
Abrahams  Opfer  der  Versteigerung  Weigel  (unserer  Nr.  7).  Wenn 
man  dann  für  die  ursprüngliche  Breite  des  Blattes  wie  dort  41  cm 
annimmt,  so  hat  man  hier  noch  13  cm  rechts  zu  ergänzen,  auf  denen  die 
Figur  des  Propheten  gut  Platz  finden  konnte.  Das  Wahrscheinliche 
ist  doch  wohl,  daß  der  Prophet  auch  mit  auf  dem  Blatte  gezeichnet  war. 

BREMEN,  Kupferstichkabinett  der  Kunsthalle. 

*  KÖNIG  DAVID  HARFE  SPIELEND. 

Grisaillemalerei  in  Wasserfarben.  Die  Hauptlinien  sind  in  brauner 
Tusche  mit  dem  Pinsel  aufgelegt,  die  Lichter  mit  Deckweiß  aufgesetzt. 

28,5X36,9. 

Ohne  Signatur.     Rechts  unten  steht:    1  fackz 
Eigene  photographische  Aufnahme. 

Stilistisch  hat  das  Blatt  nichts  mit  Lastman  zu  tun,  auch 
technisch  weicht  es  von  dem  uns  bekannten  vollkommen  ab. 

Frageweise  und  mit  Vorbehalt  schlage  ich  als  Autor  Matthias 
Scheits  vor,  dessen  Zeichnungen,  insbesondere  die  der  Sternschen 
Bilderbibel,  mir  freilich  im  Original  nichtbekannt  sind,  so  daß  ich  nur 
auf  Grund  einiger  Abildungen  vermutungsweise  auf  ihn  als  Zeichner 
des  Bremer  Blattes  hinweisen  kann.  Mir  scheint  dieses  jedoch  der 
von  Lichtwark*)  abgebildeten  Vorlage  für  den  König  David  der 
Sternschen  Bilderbibel  weit  näher  zu  stehen  als  den  bekannten 
Zeichnungen  Lastmans. 

Als  Entwurf  für  diese  Bibel  selbst  kann  das  Blatt  allerdings 
nicht  in  Frage  kommen,  da  alle  Darstellungen  im  Hochformat  ge- 
halten werden  mußten.  Aber  es  braucht  darum  nicht  ausgeschlossen 
zu  sein,  daß  Scheits,  „der  als  Beobachter  des  Lebens  in  Bildern  und 
Zeichnungen  das  Querformat  bevorzugende  Künstler"  (Lichtwark)  zu- 
nächst auch  hie  und  da  Vorstudien  in  diesem  Format  ausführte. 
Und  weiter  ist  von  den  Skizzen  zu  der  Sternschen  Bibel,  von  denen 
die  Hamburger  Kunsthalle  eine  ganze  Reihe  erworben  hat,  zu  sagen: 
„einige  sind  wie  seine  Zeichnungen  mit  der  Feder  hingeworfen  und 
leicht  angetuscht.     Hier  fehlt  alles  Detail,    das   konnten    die   Stecher 


*)  Matthias  Scheits,  Hamburg,  1899,  Seite  143. 
212 


eigenem  hinzutun  [vielleicht  sind  das  die  spätesten  Blätter?]. 
Die  meisten  Vorlagen  scheinen  jedoch  sehr  sorgfältig  in  Grau  mit 
Ölfarben  auf  Papier  gemalt  zu  sein."  (Lichtwark).  Eine  Grisaille  ist 
auch  die  Bremer  Zeichnung.  Wenn  sie  nicht  in  Ölfarbe  ausgeführt 
ist,  so  wäre  das  wohl  oben  daraus  zu  erklären,  daß  sie  nur  als 
"Vorstudie  von  Scheits  selbst  betrachtet  wurde.  Ich  behalte  mir  vor, 
bei  späterer  Gelegenheit  die  Vergleichung  mit  jenen  Scheits'schen 
Originalen  eingehender  vorzunehmen. 

BUDAPEST,  Kupferstlchkabinett  im  Museum  der  schönen  Künste. 

*  JUDA  UND  THAMAR.  Juda  und  Thamar  sitzen  nach  links  gewandt 
rechts  unter  einem  Baum.  Thamar  hat  ihr  rechtes  Bein  über  Judas 
Knie  gelegt.  Ihre  Brust  ist  entblößt,  der  Kopf  etwas  zurückgelehnt. 
In  der  herabhängenden  linken  Hand  hält  sie  Judas  Stab  und  ein 
Schleiertuch.  Juda,  mit  federgeschmücktem,  breitrandigem  Hut,  hat 
seine  linke  Hand  um  ihre  Schultern  gelegt  und  wendet  den  Kopf  zu 
ihr.     Links  am  Boden  zwei  Windhunde. 

Rötel  26X20. 

Erwähnt  und  abgebildet    in  „Handzeichnungen    alter   Meister   in    der 

Albertina    u.    a.    Sammlungen",    hgg.     von    Schön- 

brunner    und    Meder,    Bd.    III,    Nr.    258;    von 

Kramm,  De  Levens  en  Werken  der  hoUandsche  .  .  . 

Konstschilders,    Bd.    IV,    Seite   954;   Zeitschrift    für 

bildende  Kunst,  Juni  1908. 

Es   ist    häufig    auf    den    „auffallenden    Zusammenhang"    dieser 

Rötelzeichnung  mit  der  Lastman  zugeschriebenen  bekannten  Radierung 

Juda  und  Thamar  hingewiesen  worden.     Die  Ähnlichkeit  der  beiden 

Blätter  beruht  aber  allein  auf  der  Komposition.     Stilistisch  sowie   in 

den  Typen  sind  beide  völlig   von   einander   verschieden;    sie   können 

daher  auch  keinesfalls  auf  einen  und   denselben  Autor   zurückgehen. 

Aber  ich  vermag  auch   in   der   Budapester   Rötelzeichnung   für   sich 

genommen  nicht  die  Hand  Lastmans  zu  erkennen.     Die  Bewegungen 

der  Hände  sind   für  Lastman    viel  zu   graziös,  die  Hände  selbst  viel 

zu  fein  und  elegant  geformt,  der  Faltenwurf    des    dünnen  Gewandes 

der  Thamar  viel  flüssiger,    als   wir   es   sonst   von    Lastman   gewöhnt 

sind,  die  Strichfülirung    lange    nicht    so    sich   aus    einzelnen    kleinen 

schnörkelartigen  Stückchen  zusammensetzend,  sondern  mehr  ineinander 

übergehend.     Überhaupt  deutet   die   ganze  Erscheinung    der  Figuren 

auf  eine  spätere  Zeit,  sie  muten   eigentlich   auch   fast   unholländisch 


213 


an,  eher  vlämisch,  wie  z.  B.  die  beiden  Windhunde  an  F.  Snyders 
erinnern.  Die  gewiß  unrichtige  Zuschreibung  des  Blattes  an  Lastman 
dürfte  vielleicht  auf  jenen  äußerlichen  Zusammenhang  mit  der  auch 
nur  angeblich vonLastmanherrührendenRadierung  zurückzuführen  sein. 

KOPENHAGEN,  Königl.  Kupferstichkabinett. 

*SKIZZE  ZUM  BARMHERZIGEN  SAMARITER. 
Erwähnt  als  Lastman  von  Bode,  Studien,  Seite  343. 

Ist  sicher  nicht  von  Lastman.  Viel  eher,  ja  so  gut  wie  sicher, 
ist  das  Blatt  dem  Nie.  Moeyaert  zuzuschreiben  und  diente 
als  Vorzeichnung  für  eine  Radierung. 

Die  auf  der  Kopenhagener  Zeichnung  dargestellte  Szene  gibt 
nun  nicht  den  barmherzigen  Samariter  wieder,  sondern  wohl  das 
Begräbnis  des  alten  Tobias.  Es  würde  somit  sehr  gut  als  abschließendes 
Blatt  der  von  Moeyaert  bekannten  vier  Radierungen  aus  der  Tobias- 
geschichte*) angesehen  werden  können.  Eine  denselben  Gegenstand 
behandelnde  und  ähnlich  aufgefaßte  Zeichnung  von  Moeyaert  befindet 
sich  im  Bremer  Kupferstichkabinett. 

Die  Photographie  der  Kopenhagener  Zeichnung  verdanke  ich 
der  Güte  von  Herrn  Karl  Madsen  in  Kopenhagen. 

LEIPZIG,  Kupferstichkabinett  des  Stadt.  Museums. 

Vorderseite:  *TAUFE  DES  MOHRENKÄMMERERS  DURCH 
PHILIPPUS.  Links  vorn  tauft  der  en  face  stehende  bärtige  Philippus 
den  im  Wasser  stehenden,  die  Hände  über  der  Brust  kreuzenden 
Kämmerer,  der  nur  ein  Tuch  um  die  Lenden  hat.  Rechts  von  ihnen 
knien  zwei  lockige  Knaben  in  linker  Seitenansicht;  der  vorderste  von 
ihnen  hält  dem  Mohren  ein  großes  aufgeschlagenes  Buch  vor,  der 
andere  trägt  in  den  Händen  den  Turban  und  die  Kleider  des  Täuflings. 
Hinter  dieser  Gruppe  steht  der  Reisewagen,  der  von  zwei  Pferden 
gezogen  wird.  Auf  ihm  befinden  sich  drei  männliche  Figuren,  davon 
der  eine  ein  Mohr,  der  einen  aufgespannten  Schirm  hält.  Rechts 
davor  zwei  Reiterfiguren  nach  links  gewandt;  der  vorderste  scheint 
gepanzert  zu  sein.  Rechts  weiter  zurück  sprengt  noch  ein  Reiter  in 
wehendem  Mantel  und  mit  Turban  auf  dem  Kopf  zu  Pferde  nach 
vom  heran.  Links  im  Hintergrund  ist  eine  Landschaft  leicht  ange- 
deutet.    Oben  über  der  die   Komposition   abschließenden   Linie   noch 

*)  V.  d.  Kellen  Nr.  17—20. 
214 


•«in   Rand   mit   in   Kreide   gezeichneten    Wolken.     Im   ganzen   zehn 
Figuren  und  fünf  Pferde. 

Braun  lavierte  Federzeichnung,  unter  der  noch  Bleistiftspuren 
^der  Vorzeichnung)   durchscheinen.      Ziemlich   grobes   Papier. 

28,7X42,3. 

Rechts  unten  ein  Monogramm  aus  F  und  V  und  16.... 

Die  ganze  Art  der  technischen  Behandlung  sowie  die  grobe, 
geringe  Qualität  als  Zeichnung  schließen  die  Autorschaft  Lastmans 
aus.  Vielmehr  trägt  auch  dies  Blatt  den  Charakter  einer  Nach- 
zeichnung nach  einem  (bis  jetzt  allerdings  noch  verschollenen)  Gemälde 
Pieter  Lastmans.  Jenes  Original  war  eine  vierte  Redaktion  des 
Themas  der  Kämmerertaufe,  die  den  Stücken  in  München  und  in 
Karlsruhe  stilistisch  am  nächsten  stand  und  wohl  auch  um  dieselbe 
Zeit,  rund  1620,  enstanden  sein  dürfte.  Die  Komposition  schließt 
sich  eng  an  die  des  Augsburger  Odysseusbildes  an. 

Das  aus  F  und  V  gebildete  Monogramm  vermag  ich  nicht  zu  deuten. 

Rückseite:  Links  ist  ganz  blaß  undeutlich  eine  große 
weibliche  Figur  in  ausgeschnittenem  Kleid  und  mit  zum  Beschauer 
gewandtem  Kopf  zu  sehen,  rechts  davon  noch  ein  kleinerer  Kopf 
ebenso  undeutlich.  Die  erstere  Figur  ist  —  soweit  es  zu  erkennen 
ist  —  der  links  auf  dem  Casseler  Midasurteil  knienden  weiblichen 
sehr  nahe  verwandt.  Rechts  davon  eine  Federskizze  zweier  Gewand- 
figuren, en  face.  Rechts  davon,  etwas  höher,  eine  männliche  Akt- 
figur fast  in  Vorderansicht,  die  linke  Hand  in  die  Hüfte  gestemmt, 
die  nach  unten  etwas  vorgestreckte  rechte  auf  einen  (nur  durch  einen 
dünnen  Strich  angedeuteten)  Stock  gestützt.  Rechts  davon  laufen 
zwei  weitere  nackte  Figuren  nach  links.  Die  vorderste,  weibliche, 
hält  in  der  gesenkten  rechten  Hand  einen  kurzen  dicken  Stock  (?), 
die  andere  hat  sie  erhoben.  —  Ganz  links  ebenfalls  Versuche  zu  einem 
Monogramm  aus  F  und  V.  Unten  von  späterer  Hand  der  Name: 
Lastman  —  6,  offenbar  eine  Preisangabe. 

Über  die  Zeichnungen  dieser  Rückseite  ist  sehr  schwer  ein  Urteil 
zu  gewinnen.  Es  wäre  vielleicht  nicht  ausgeschlossen,  daß  die  mit 
der  Feder  gezeichneten  Akte  von  unserm  Maler  herrühren  und  daß 
das  Blatt  später,  als  es  im  Besitz  eines  anderen  war,  wieder  benutzt 
wurde  zu  der  Nachzeichnung  nach  einem  Gemälde  von  Lastman. 
Spezialaufnahme  beider  Seiten  von  H.  Walter  in  Leipzig. 


215 


LONDON,  British  Museum. 

*  GRUPPE  AUS  EINEM  TRIUMPH.  Links  vorn  eine  Kniefigur  nach 
links;  dahinter  drei  andere  nach  links  gehende,  die  eine  mit  einer 
Fackel,  die  andere  einen  Korb  vor  sich  hertragend.  Ganz  links  ein 
Kind,  rechts  ein  Schaf.     Links  scheint  ein  Stück  abgeschnitten  zu  sein. 

Kreide  auf  grauem  Papier.     22,7X18,5. 
Spezialaufnahme  von  The  Artists  Illustrators  Ltd.  in  London. 
Sammlung  Sloane  5226 — 31. 

Die  Zuschreibung  an  Lastman  läßt   sich   durch   nichts    stützen; 
eher  ist  an  Moeyaert  zu  denken.     Entwurf  (oder  Nachzeichnung?). 
*ISAAK,  JAKOB  UND  ESAU. 

Kreide  auf  grauem  Papier.     26,6X21,5. 
Spezialaufnahme  von  The  Artists  Illustrators  Ltd.  in  London. 
Sammlung  Sloane  5226 — 39. 

Die  Zuschreibung  an  Lastman  ist  unzutreffend.  Das  Blatt  steht 
eher  Bronchhorst  näher. 

PARIS,  Handzeichnungensammlung    des    Louvre    (Vorrat;    nicht 
ausgestellt). 
*ZWEI  LANDSCHAFTEN,  die  jede   rechts   oben   von   später  Hand 
Lastman  bezeichnet  worden  sind. 

Bleistift  mit  zarten  Tuschlasuren.     13,3X19,6  und  15,1X18. 
Eigene  photographische  Aufnahmen. 

Wie  die  Blätter  zu  der  Bezeichnung  Lastman  gekommen  sind, 
ist  mir  unbegreiflich.  Es  ist  nichts  da,  was  an  Lastman  auch  nur 
entfernt  irgendwie  erinnern  könnte. 

WEIMAR,  Grossherzogl.  Museum. 
*ELIESER  UND  REBEKKA  AM  BRUNNEN. 

Kreide   mit  Tuschlasuren.     Fleischpartien,    Haare   und   Gewand 
mit  Rötel;  anderes,  wie  z.  B.  der  Turban  Eliesers,  mit  Bleistift  über- 
arbeitet.    Weiß  gehöhte  Stellen.     39X56. 
Spezialaufnahme  von  Louis  Held  in  Weimar. 

Beschreibung  in  unserm  Gemäldekatalog,  Nr.  13.  Die  Aus- 
führung des  Blattes  ist  zu  peinlich  und  gequält,  als  daß  man  es  für 
eine  Originalarbeit  ansehen  könnte.  Sehr  wahrscheinlich  ist  es  eine 
Nachzeichnung  nach  einem  verschollenen  Gemälde.  Typen  und 
Komposition  lassen  keinen  Zweifel  darüber  bestehen,  daß  das  Vorbild 
von  Pieter  Lastman  war. 

216 


"WIEN,  Albertiiia. 

*  ABSCHIED  JAKOBS  VON  LABAN. 

Wurde   früher    mit   Unrecht   Lastman    zugeschrieben.     Ist    von 
Nie.  Moeyaert,  worauf  zuerst  Dr.  Jos.  Medor  hinwies. 
Inventar  Nr.  8099. 

Tuschzeichnung  auf  blauem  Papier.     26,5X43,3. 
Abgebildet  in  „Handzeichnungen  alter  Meister  .  .  .  hgg.  von  Schön- 
hrunner  und  Meder,  Bd.  VIII,  Blatt  HiK).    Erwähnt 
von    Bode,    Studien,    Seite   842,    als    „dem    Bramer 
verwandt"  und  von  von  Wurzbach  als  Lastman. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 

*  LABAN  SUCHT  DIE  GERAUBTEN  IDOLE. 

Inventar  Nr.  8100. 

Tuschzeichnung  auf  blauem  Papier. 
Eigene  photographische  Aufnahme. 

Erwähnt  von  Bode,  Studien,  Seite  342,   und   von    von    Wurzbach 
als  Lastman. 

Nicht   von   Lastman.     Durch   Dr.   Jos.   Meder   mit   Recht    dem 
Nie  Moeyaert  zugeschrieben. 
*RUTH  UND  NOEMI. 

Abbildung  in  „Handzeichnungen  alter  Meister  ....  ligg.  v.  Schön- 
brunner  und  Meder,  Bd.   VII.,  Nr.  743; 

*RUTHS  ÄHRENLESE. 

Abbildung  am  selben  Orte  wie  das  vorige,  Bd.   VI.,  Nr.  712. 

Beide  Blätter  hat  A.  v.  Wurzbach  Lastman  zugeschrieben,  sie 
haben  mit  diesem  aber  nichts  zu  tun,  müssen  vielmehr  von  einem 
Rembrandtschüler  sein.  Von  Barend  Fabritius?  Vergleiche  dessen 
Bild  Ruth  und  Boas  in  der  Sammlung  P.  v.  Semeonoff  in  St.  Peters- 
burg (Kat.  1906  Nr.  156).  Der  Rubensschule,  der  sie  von  Schönbrunner 
und  Meder  zugerechnet  wurden,  scheinen  sie  m.  A.  nach  nicht  an- 
zugehören. 


217 


Radierungen 

Das  bekannteste  Blatt,  das  nach  alter  Tradition  Pieter  Lastman 
selbst  radiert  haben  soll,  stellt  Juda  und  Thamar  unter  einem  Baume 
sitzend  dar*).  Es  mißt  21,4X17,4  cm  und  kommt  in  zwei  Platten- 
zuständen vor,  einem  (seltenen)  vor  der  Schrift  und  einem,  der  ein 
dickes  Monogramm  ß  in  links  oben  auf  dem  Baumstamm  trägt. 
Nun  wurde  zwar  schon  von  Vosmaer  —  im  Anschluß  an  Ph.  van 
der  Kellen  —  die  Ausführung  der  Radierung,  zumal  auf  dem  2. 
Zustand  ^(astman)  nur  als  Inventor  angegeben  wird,  durch 
Lastman  stark  in  Zweifel  gezogen.  Van  der  Kellen  und  andere 
(z.  B.  Koloff  schon**))  glaubten  vielmehr  mit  Sichei'heit  die  Hand 
J.  van  Noordts,  der  laut  Signatur  im  Jahre  1645  die  schon  früher 
erwähnte  italienische  Landschaft  nach  einer  Vorlage  von  Lastman 
radiert  hat,  auch  in  dieser  Radierung  Judo,  und  Thamar  erkennen  zu 
müssen.  Die  Ausführung  der  Radierung,  welche  unverkennbar  die 
Schulung  an  Rembrandt  verrät,  durch  Lastman  schien  mir  nie  wahr- 
scheinlich. Nach  dem,  wie  wir  Lastman  aus  seinen  G-emälden  und 
Zeichnungen  kennen,  kann  eine  Radierung,  deren  technische  Feinheit 
und  zarte  Strichführung  so  ganz  unvereinbar  ist  mit  der  doch  stets 
etwas  groben  Ausführung  der  authentischen  Werke  Lastmans, 
unmöglich  von  dessen  Hand  herrühren.  Da  sich  nun  die  voll  signierte 
Landschaftsradierung  nach  Lastman  von  Jan  van  Noordt  stilistisch 
vollkommen  mit   dieser   deckt,  besonders   in   der   zarten   Behandlung 


*)  Bartsch  Nr.  74.    Rovinski  Nr.  432. 
**)  In  der  Rembrandtbiographie  in  Raumers  Histor.  Taschenbuch,  Bd.  V  (1854), 
Seite  580  (Anmerkung  61  zu  Seite  495). 

218 


des  Laubwerkes,  so  liegt  kein  Grund  vor,  diesen  nicht  auch  hier  als 
Radierer  anzunehmen. 

Es  fragt  sich  nun  weiter  —  um  die  Tradition,  die  den  Namen 
Lastman  nun  einmal  mit  diesem  Blatt  in  Zusammenhang  gebracht 
hat,  nicht  ohne  weiteres  bei  Steite  zu  schieben  —  darum,  ob  Lastman 
denn  als  Inventor  in  Betracht  kommen  kann.  Sehen  wir  uns  also 
die  beiden  Figuren  an.  Sie  stehen  freilich,  was  Zeichnung,  Propor- 
tionen und  Ausdruck  betrifft,  über  dem  Niveau  der  sonstigen  Arbeiten 
Lastmans.  Und  für  den  Kopftypus  der  Thamar  finden  wir  im  Oeuvre 
Lastmans  keinen  entsprechenden  wieder.  Der  Kopf  des  Juda  dagegen 
läßt  sich  eher  als  ein  Lastmanscher  Kopftypus  alter  Männer  an- 
sprechen. Er  kommt  vielleicht  dem  Manoah  auf  der  Berliner 
Zeichnung  (unserer  Nr.  8)  am  nächsten.  Die  Gewänder  entsprechen  auch 
der  Art  Lastmanscher  Kostümierungsweise.  Für  den  Schleier  und  die 
Halskette  der  Thamar  dürfte  vielleicht  eine  Analogie  in  dem  dem  Zeichner 
unseres  Blattes  gewiß  bekannt  gewesenen  Kupferstich  der  Thamar 
von  H.  Goltzius  (B.  1.)  zu  sehen  sein.  Setzt  man  einige  Verbesserungen 
—  z.  B.  in  den  Proportionen  der  Hände  —  auf  Rechnung  des  Radierers, 
so  läßt  sich  weiter  kein  Grund  gegen  die  Autorschaft  Lastmans  für 
die  Ausführung  der  Vorlage,  sei  es,  daß  sie  eine  Zeichnung  oder  ein 
Gemälde  war,  anführen. 

Nun  bleibt  bei  diesem  Blatt  noch  eine  weitere  Frage  zu  beant- 
worten, nämlich  die,  wie  es  sich  mit  der  3S,7y<^4:9,b  cm  großen 
Land  Schaftsradierung  Pieter  Nolpes  verhält,  die  ganz  links  genau 
dieselbe  Gruppe  von  Juda  und  Thamar  zeigt.  Geht  Nolpe  hier  auf 
die  Originalvorlage  von  Lastman  zurück  oder  auf  die  van  Noordt'sche 
Radierung?  Oder  auch:  welcher  von  beiden  hält  sich  genauer  an 
das  Original  Lastmans,  J.  van  Noordt  oder  Pieter  Nolpe?  Hierauf 
kann  nur  vermutungsweise  eine  Antwort  gegeben  werden,  die  der 
Eindruck  des  Nolpeschen  Blattes  als  Bildganzes  diktiert.  Es  sieht 
hier  ganz  so  aus,  als  sei  die  Gruppe  von  Juda  und  Thamar  in  die 
Landschaft  nachträglich  hineingesetzt,  oder  vielmehr,  als  sei  die 
Landschaft  zu  der  Figurengruppo  hinzugefügt  worden.  Weil  die 
Radierung  van  Noordts  (und  wahrscheinlich  auch  das  Original)  links 
dicht  am  Rande  abschließen,  tat  Nolpe  das  auch.  Wenn  er  außerdem 
aber  noch  eine  große  Landschaft  geben  wollte,  so  ließ  sich  diese 
besser  nach  rechts  hin  fortsetzen.     Diese  Landschaft  ist  nun  durchaus 


219 


nicht  im  Charakter  Lastmans  *).  Gegen  Lastman  spricht  vorn 
rechts  die  kleine  Pflanzen-  und  Gräsersilhouette;  dagegen  war 
echt  Lastmanisch  die  Eckfüllung  durch  die  Lattichpflanze  auf  der 
Radierung  van  Noordts.  Auch  die  Art  und  Weise,  wie  hinter  die 
Figuren  eine  Blätterwand  auf  Nolpes  Radierung  gebracht  ist,  läßt 
darauf  schließen,  daß  Nolpe  nicht  auf  das  Original  zurückgegangen 
ist,  sondern  auf  die  Radierung  van  Noordts,  und  daß  er  da  die  rechts 
von  Juda  befindlichen  Aste  (die  so,  wie  sie  am  dicken  Stamm  entlang 
emporranken,  wohl  für  Lastman  charakteristisch  sind)  zu  dem  sich 
nach  links  hinter  den  Figuren  ausbreitenden  Gebüsch  mitverwertet 
hat.  Jedenfalls  läßt  die  Landschaft  wohl  an  Nolpes  Bilder  im  Stile 
Pieter  Molijns  denken,  aber  keine  von  denen  Lastmans  kann  als 
gleichartig  ihr  an  die  Seite  gestellt  werden.  Der  Annahme  Vosmaers**), 
daß  die  Radierung  wahrscheinlich  nach  einem  Gemälde  Lastmans 
ausgeführt  sei,  weil  rechts  in  der  Ecke  die  von  Lastman  bevorzugten 
großen  Blätter  wären  (?),  vermag  ich  mich  daher  auch  nicht  anzu- 
schließen. Vielmehr  liegt  die  Vermutung  sehr  nahe,  daß  die  Radierung 
Nolpes  als  Ganzes  dem  Original  Lastmans  nicht  genau  entspricht, 
sondern  viel  eher  —  ja  wahrscheinlich  —  die  van  Noordtsche  Radierung. 
Merkwürdig  ist,  daß  Nolpe  das  Blatt  nur  „Pieter  Nolpe  fecit  et  Excudit" 
signiert  hat,  während  er  es  für  gewöhnlich  nicht  unterläßt,  auch  den 
Inventor  zu  nennen.  Hat  er  diesen  im  vorliegenden  Falle,  wo  er 
sich  also  wahrscheinlich  an  das  van  Noordtsche  Blatt  hielt,  nicht 
gekannt  (?),  oder  war  er  der  Ansicht,  als  sei  die  von  ihm  hinzugefügte 
Landschaft  die  Hauptsache,  die  Figuren  aber  nur  Staffage,  deren 
Inventor  nicht  besonders  erwähnt  zu  werden  brauchte? 

Eine  Ölkopie  nach  der  Radierung  van  Noordts  (Holz,  30X22  cm), 
die  nach  der  Inschrift  auf  dem  Rahmen  früher  einmal  Dietrich  zu- 
geschrieben wurde,  sah  ich  als  „Nach  P.  Lastman''  unter  Nr.  244 
katalogisiert  unter  der  bei  Lepke  in  Berlin  am  6.  März  1906  zur 
Versteigerung  gelangten  Sammlung  alter  Meister. 


*)  Ch.  Blanc  schreibt  sie  scheinbar  dem  Pieter  Potter  zu,  nach  dem  Nolpe 
mehrere  ziemlich  gleichgroße  Blätter  aus  der  Geschichte  des  Propheten  Elias  (jedoch 
in  etwas  anderer  Ausführung)  radiert  hat.  Er  zitiert  unser  Blatt,  Manuel  d'amateur 
d'estampes,  Bd.  III,  Seite  102  unter  Nr.  2  als  „Juda  el  Thamar,  dans  un  paysage 
P.  Lastman  et  Peter  Potter.    In  fol.  en  large. 

**)  Rembrandt,  Seite  80. 

220 


Bleiben  bei  diesem  Blatt  Juda  und  Thamar  doch  noch  einige 
Punkte  nicht  ganz  sichergestellt,  so  bringt  eine  zweite  Radierung, 
die  von  Rovinski  unter  Nr.  433  seines  Atlas'  als  „tout-ä-fait  authentique" 
reproduziert  wird,  ein  neues  Fragestück  mit  sich.  Dies  kleine 
(11,3X9,2  cm),  zart  radierte  Blatt  zeigt  einen  nach  rechts  gewandten 
Mann  (Christus)  im  Gebet  (Brustbild),  der  eine  gewisse  Verwandtschaft 
mit  dem  Kopfe  des  betenden  Christus  auf  dem  Stich  von  N.  Lastman 
üach  Pieters  Christus  im  Oarten  Oethsemane  hat.  Sonst  aber  mutet 
der  Typus  ganz  vlämisch  an  und  ebenso  läßt  die  Strichfiihrung 
der  Radierung  eher  an  vläraische  Kupferstecher  als  an  holländische 
Radierer  denken.  Man  würde  das  Blatt  gewiß  nicht  mit  Lastman  in 
Verbindung  gebracht  haben,  stünde  nicht  rechts  oben  in  sehr  schwer 
lesbaren,  ganz  dünnen  Schriftzügen  in  Spiegelschrift  eine  Bezeichnung, 
die  in  der  Tat  Lastman  fecit  zu  losen  ist.  Nur  der  Buchstabe  des 
Vornamens  sieht  eher  wie  ein  I  aus,  sicher  nicht  wie  ein  P.  Wenn 
die  Radierung  im  Druck  auch  nicht  besonders  gut  herausgekommen 
ist,  so  trägt  sie  doch  nicht  den  Charakter  einer  Anfängerarbeit, 
sondern  setzt  schon  eine  längere  Beschäftigung  mit  der  Radiernadel 
voraus.  Dadurch  wird  die  Schwierigkeit  für  uns  aber  noch  größer. 
Denn  nehmen  wir  auf  Grund  der  Bezeichnung  Lastman  als  Autor 
dieses  Kopfes  an  —  und  das  muß  man  doch  zunächst  —  so  ergeben 
sich  für  die  Einreihung  dieser  Arbeit  in  das  „Werk"  Lastmans  aus 
stilistischen  Gründen  große  Schwierigkeiten.  Und  eine  Lösung  des 
Problems  ist  aus  Mangel  an  Vergleichungsmaterial  vorläufig  unmög- 
lich. Es  bleibt  nichts  anderes  übrig,  als  der  Signatur  und  dem  Blatte 
selbst  gegenüber  eine  gewisse  Skepsis  zu  bewahren.  Denn  womöglich 
ist  die  Radierung  nicht  unserem  Maler,  sondern  den  schon  oben 
(Seite  50)  erwähnten  J.  Lastman  zuzuweisen. 

Durchaus  unsicher,  ja  wohl  unbedingt  falsch,  ist  die  Zuschreibung 
der  Radierung  Ein  Mann  gibt  einem  Knaben  ein  Almosen,  dessen 
Inventor  nach  der  Signatur  „M  S  inv"  Maerten  Sorgh,  und  dessen 
Radierer  nach  dem  rechts  befindlichen  Monogramm  ß  unser  Meister 
sein  soll.  Beide  Auslegungen  der  Monogramme  sind  willkürlich. 
Weder  in  das  Oeuvre  von  M.  Sorgh  läßt  sich  das  Blatt  gut  einreihen, 
noch  in  das  Lastmans.  Das  Monogramm  ß  ist  aber  nicht  allein 
von  unserm  Maler  gebraucht  worden,  sondern  hat  auch  anderen 
Künstlern,  deren  Namen  mit  P  und  L  beginnen,  dazu  gedient.    Das- 


221 


selbe  gilt  natürlich  aucli  für  die  Buchstaben  M.  S.  Stilistisch  und 
technisch  weicht  das  Blatt  von  jedem  der  beiden  vorigen  völlig  ab. 
Mit  den  Gemälden  und  Zeichnungen  Lastmans  sind  ebenfalls  gar 
keine  Berührungspunkte  zu  entdecken.  Das  bloße  Monogramm  kann 
deshalb  keineswegs  als  ausreichender  G-rund  für  eine  Zuschreibung 
an  Lastman  angesehen  werden.  Rovinski  hatte  es  zwar  auch  noch 
als  sicherlich  echte  Radierung  Lastmans  in  seinem  Atlas  unter  Nr.  43-1 
abgebildet,  während  schon  Vosmaer  es  unserem  Maler  absprach, 
freilich  nur  deshalb,  weil  es  das  Monogramm  MS  (M.  Sorgh)  trüge. 
Offenbar  übersah  er  das  zweite  Monogramm,  dessen  er  auch  in  seinem 
Katalog  (auf  Seite  -iSl  Nr.  3)  keiner  Erwähnung  tut. 

Eine  andere  Radierung,  eine  Frau  in  einem  Fenster  darstellend, 
die  von  Bartsch,  App.  52  unter  den  unbekannten  Rembrandt-artigen 
Blättern  aufgeführt  wird,  von  anderen  —  Huber  und  Nagler  z.  B.  — 
aber  unserem  Maler  zugeschrieben  wird,  habe  ich  in  keinem  der  von 
mir  besuchten  Kabinette  gesehen.  Wenn  es,  wie  von  Vosmaer*)  an- 
gegeben wird,  1654  datiert  ist,  dürfte  es  schon  aus  diesem  Grund 
unmöglich  ein  Original  von  Lastman  sein.  Rovinski**)  sagt  von  ihm, 
es  habe  gar  keine  Ähnlichkeit  mit  den  anderen  Stücken  Lastmans. 

Das  von  Vosmaer  (u.  a.  wie  Nagler,  Huber,  P.  Yver,  Kramm) 
unter  Nr.  2  auf  Seite  481  erwähnte  Blatt  Une  femme  assise  sous  une 
voüte,  la  tete  enveloppee  d'une  voile  ist  mir  auch  nicht  bekannt  ge- 
worden, sodaß  ich  über  die  Richtigkeit  der  Zuschreibung  zu  urteilen 
nicht  in  der  Lage  bin.  Aller  Voraussicht  nach  dürfte  es  aber  auch 
nicht  von  Lastman  sein. 

Endlich  ist  noch  eine  Radierung  roit  zwei  Frauen,  die  ein  Buch 
halten,  bisweilen  als  Arbeit  Lastmans  erwähnt  worden,  die  zugleich 
aber  auch  als  Arbeit  von  Jan  Lievens***)  oder  Verbecq  angesprochen 
wirdf).     Mit  Lastman  scheint  mir  dieselbe  nichts  zu   tun   zu   haben. 

Das  Ergebnis  dieser  kurzen  Betrachtung  der  mit  dem  Namen 
unserers  Meisters  in  Verbindung  gebrachton  Radierungen  konnte  aus 
Mangel  an  gesichertem  und  beweiskräftigem  Material  leider  nicht 
befriedigender  sein.     Jene  Zuschreibungen  beruhten  sämtlich  auf  der 


*)  Seite  481. 
**)  Text,  Nach  Nr.  U  B. 
***)  Als  Lievens  liegt  es  z.  B.  im  Berliner  Kabinett  aus. 
t)  Rovinski,  Atlas  Nr.  151. 


222 


Tradition.  Nur  bei  dem  zuerst  behandelten  Blatt  Juda  und  Thamar 
konnten  wir  die  Autorschaft  Lastmans  für  die  Vorlage  zu  der  von 
J.  van  Noordt  ausgeführten  Radierung  mit  einiger  Gewißheit  an- 
nehmen. Dem  zweiten  Blatte  gegenüber  konnten  wir  uns,  trotz  der 
darauf  befindlichen  aber  undeutlichen  Bezeichnung,  nur  sehr  skeptisch 
verhalten.  Der  Rest  war  entweder  unmöglich  mit  dem  Stil  unseres 
Malers  sowohl  wie  mit  dem  der  beiden  ersten  Blätter  in  Einklang 
zu  bringen  bezw.  nicht  nachzuprüfen.  Solange  nicht  gewichtige  Be- 
weise an  die  Stelle  der  bloßen  Zuschreibungen  treten,  liegt  kein 
Grund  vor,  diese  Sachen  dem  Oeuvre  Pieter  Lastmans  einzureihen. 
Die  Frage,  die  sich  uns  in  Anbetracht  dieser  Sachlage  aufdrängt: 
hat  denn  Lastman  überhaupt  die  Radiernadel  gehandhabt,  dürfte 
daher  auch  eher  mit  Nein  als  mit  Ja  zu  beantworten  sein.  Damit 
braucht  ja  nicht  gesagt  zu  sein,  daß  seine  Schüler,  Lievens  und 
Rembrandt,  nicht  doch  Gelegenheit  hatten,  in  seinem  Atelier  zu 
radieren.  Es  läßt  sich  indessen  nicht  mehr  genau  feststellen,  in 
welche  Zeit  die  ersten  Radierversuche  dieser  beiden  Meister  fallen, 
ob  die  gewiß  frühen  Blätter  des  Lievens  —  die  dem  Lastmanschen 
Stil  besonders  nahe  stehen  —  bereits  während  seiner  Lehrzeit  bei 
Lastman  entstanden  sind  oder  später.   Die  Entstehungszeit  alles  dessen. 


was    wir    von    Rembrandt    an 


Radierungen 


besitzen,  ist  jedenfalls 
längere  Zeit  nach  seiner  kurzen  Lehrzeit  bei  Lastman  anzusetzen. 
Worauf  sich  F.  Lippraanns  Vermutung,  daß  wir  bei  Lastman  die 
neue  Weise  der  Licht-  und  Schattenbehandlung  in  der  Radierung  als 
wirklich  vor  Rembrandt  liegend  *)  stützt,  entzieht  sich  meiner  sicheren 
Kenntnis.  Wahrscheinlich  dachte  er  an  das  Blatt  Juda  und  Thamar, 
das  —  wenn  wir  mit  Recht  Jan  van  Noordt  als  Radierer  annehmen 
—  aber  gewißlich  nicht  vor  Rembrandt  entstanden  sein  wird. 
Jan  van  Noordt  war  ein  zu  unselbständiger  Künstler,  als  daß  er  sich 
vor  Rembrandt  aus  sich  selbst  heraus  zu  einer  solchen  Radierweise 
hätte  aufschwingen  können.  Außerdem  ist  sie  im  Anschluß  an 
das  andere  gesicherte  und  datierte  Blatt  Jan  van  Noordts  nach 
P.  Lastman  wohl  auch  in  die  vierziger  Jahre  zu  setzen.  Merkwürdig 
ist,  daß  in  van  Noordts  Gemälden  keine  Spur  von  Rembrandts  Schule 
zu  entdecken  ist,  während  er  sich  sonst  durchaus  als  Elektiker 
mit  vlämischen  Einflüssen  zeigt,  sodaß  seine  Werke  bisweilen  als 
*)  Der  Kupferstich,  Handbuch  der  königl.  Museen  zu  Berlin,  Seile  138. 


223 


Jacob  Jordaens,  J.  B.  Weenix  und  Bar.  Graat  gehen,  oder  aber  sie 
erinnern  an  Berchem,  Mommers,  G.  v.  d.  Eeckhout  und  Hobbema*). 
Am  unerklärlichsten  nach  all  diesem  ist  aber  endlich  die  von 
Bartsch**)  zuerst  gebrachte  Notiz,  wonach  Lastman  gegen  1626 
kolorierte  Kupferstiche  herausgebracht  habe.  Nagler***)  erzählt 
diese  durch  nichts  bewiesene  Geschichte,  für  die  Bartsch  auch  keine 
Quelle  angibt,  wieder,  und  man  kann  noch  in  neueren  Büchern,  wie 
z.  B.  in  dem  von  Henri  Delaborde,  „La  Gravüre",  im  Kapitel  über 
den  farbigen  Kupferstich,  dessen  Erfindung  das  Verdienst  des  Frank- 
furter Leblond  ist,  unsern  Maler  erwähnt  finden.  Seine  ersten  Ver- 
suche dürften  ebenso  wie  die  wenig  späteren  des  Vlamen  [!]  Seghers 
[gemeint  ist  natürlich  der  Holländer  Hercules  Segers]  nicht  ganz 
vergessen  werden.  Was  Bartsch  von  Lastman  über  das  Verfahren 
sagt,  paßt  für  die  Radierungen  von  Hercules  Segers.  Vielleicht, 
wahrscheinhch,  liegt  irgend  eine  Verwechslung  oder  sonst  ein  Ver- 
sehen vor,  wodurch  der  Name  Lastmans  in  diesen  Zusammenhang 
gebracht  wurde.  Für  uns  kann  es  nur  sehr  unwahrscheinlich  bleiben, 
daß  der  Maler,  von  dem  wir  keine  einzige  wirklich  authentische 
OriginaLradierung  kennen,  die  ersten  Versuche  auf  dem  Gebiete  des 
farbigen  Kupferstiches  unternommen  habe,  zumal  auch  hiervon  nicht 
eine  sichtbare  Spur  mehr  zurückgeblieben  istf). 


\ 


*)  Vergl.  C.    Hofstede  de  Groot,    Joan  van  Noordt  in  Oud-Holland.  Bd.  X 
(1892),  Seite  210ff. 

**)  Anleitung  zur  Kupferstichkunst,  1821,  Seite  25. 
*♦*)  Künstlerlexikon  (1839). 
t)  Die  Verwirrung  in  dieser  Frage  wird  noch  dadurch  beleuchtet,  daßKramm 
im  Artikel  Nicolas  Lastman  sagt:  „L.  Heller  berichtet  auch,  daß  er  auch  in 
Farben  gedruckte  Radierungen  verfertigt  haben  soll."  Heller  sagt  das  nicht  von 
Nicolas,  sondern  von  Pieter  Lastman  (im  Anschluß  an  Naglers  Mitteilung).  Le 
Blanc  hat  Lasman  gelesen  und  hierzu  einen  besonderen  Artikel  geschrieben. 

224 


SCHLUSS 

Pieter  Lastman  ist  als  typischer  Vertreter  einer  neuen  Richtung 
der  Historienmalerei  in  Holland,  die  ihre  erste  Ausbildung  in  Amster- 
dam vor  dem  Auftreten  Rembrandts  in  der  holländischen  Hauptstadt 
fand  und  die  im  XVI.  Jahrhundert  vorherrschende  Kirchenmalorei 
großen  Stiles  ablöste,  entwicklungsgeschichtlich  von  nicht  zu  unter- 
schätzender Bedeutung.  Der  Erfolg,  den  er  und  die  mit  ihm  gleich- 
strebenden Maler  wie  z.  B.  die  beiden  Pijnas,  Jan  Tengnagel,  Cl. 
Moeyaert  u.  a.  zu  ihrer  Zeit  mit  ihren  Werken  beim  Publikum  hatten, 
gründete  sich  nun  freilich  weniger  auf  die  künstlerischen  Qualitäten 
ihrer  Gemälde  als  vielmehr  auf  die  vermeintliche  historische  Treue, 
die  ihre  Arbeiten  auszeichnen  sollte.  Damit  ist  zugleich  der  Grund 
angedeutet,  weshalb  ihr  Ruhm  auch  nur  von  geringer  Dauer  sein 
konnte.  Denn  die  große  „Sachkenntnis",  die  sie  zu  ihrer  Zeit  in 
ihren  Werken  zu  entwickeln  schienen,  mußte  sich  mit  dem  weiteren 
Fortschreiton  der  Wissenschaft  bald  als  ziemlich  geringwertig  erweisen. 
Die  große  Beliebtheit,  deren  sich  die  meisten  Maler  dieser  Richtung 
bei  ihren  Zeitgenossen  erfreuen  durften,  ist  für  uns  vornehmlich 
aus  den  oft  erstaunlich  hohen  Preisen,  die  damals  für  ihre  Bilder 
bezahlt  wurden,  zu  erkennen.  Es  liegen  aber  bei  manchen  auch 
darauf  hindeutende  literarische  Notizen  vor,  die  ausdrücklich  von 
ihrem  Ruhme  sprechen.  So  auch  bei  Pieter  Lastman.  Freilich 
verdankt  er  dies  zum  großen  Teil  auch  dem  Umstände,  daß  er  das 
Glück  hatte,  Rembrandt  zum  Schüler  zu  bekommen;  denn  die 
Gelegenheit,  seiner  rühmend  zu  gedenken  —  wenn  auch  meist  nur 
kurz  im  Vorübergehen  —  bot  sich  für  die  alten  Kunstschriftsteller 
ebenso  wie  für  die  neueren  in  den  Biographien  Rembrandts.  Sonst 
wäre  er  vielleicht  doch  ebenso  vergessen  worden  wie  einmal  schon 
seine  Werke,  deren  Zahl  jetzt,  wo  das  Interesse  für  Rembrandt  und 


15 


225 


alles,  was  mit  ihm  in  Beziehung  steht,  zu  einer  früher  nie  erreichten 
Höhe  gewachsen  ist,  auch  ständig  größer  wird.  Wir  wollen  im 
folgenden  die  literarischen  Nachrichten  aus  dem  XVII.  Jahrhundert, 
in  denen  von  dem  berühmten  Pieter  Lastman  gesprochen  wird, 
in  chronologischer  Reihenfolge  aufführen. 

1604  Carel  van  M  a  n  d  e  r  ist  der  erste,  der  sich  lobend  über 
das  Talent  des  noch  jungen  Malers  äußerst  und  ihm 
gewissermaßen  eine  Zukunft  voraussagt:  „Pieter  Lastman, 
daer  goede  hope  toe  is,  wesende  nu  in  Italie". 
Um  1631  sagt  Constantin  Huygens  in  seiner  Autobiographie*): 
„Quos  historiographos  pictores,  nescio  an  parum  proprie, 
nuncupare  soleo,  nee  pauciores  neque  adeo  minores  Belgium 
meo  saeculo  edidit  ut  Petrum  Isacium,  Lastmanium, 
Pinassium,  Amstelodamenses;  tum  Biommartium,  Honthor- 
stium,  Bruggium,  Baburium  Ultrajectinos.  Hagiensem 
Everardum  Masium,  Antuerpienses  Snijderium,  fwographum 
(dies  "Wort  ist  im  Text  undeutlich  geschrieben),  Abrahamum 
lanssenium,  Dijckium,  alios,  plerosque  summos  artifices  et 
mihi  familiäres  nisi  nomine  tenüs  non  attingam, 
omnium  ..."**) 
1641  J.  Orlers  nennt  in  seiner  „Beschrijvinge  der  Stadt 
Leyden"***)  Lastman  einen  „  vermaerden  (berühmten)  schilder, 
woonende  tot  Amsterdamme". 
Um  1646 (?)  ist  Vondels  bekannte  und  oben  schon  wiedergegebene 
Strophe  auf  das  von  Th.  de  Keyser  gemalte  Porträt  Pieter 
Lastmans  zu  datieren. 
Um  1648  Vondels  Gedicht  auf  Lastmans  Bild  Paulus  und  Barnabas 
in  Lystra. 

In  der  „Stemme  Poezy"  faßt  Vondel  sein  Urteil  über 
Lastman  dahin  zusammen:  „dat  de  ordonnantien  van  den 
Schilder  Lastman  aerdiglijk  woelden,  en  gevoeglijk  koppelden; 

*)  Vollständig  herausgegeben  von  Dr.  J.  A.  Worp  in  den  „Bijdragen  en 
Mededeelingen  van  het  Historisch  Genoolschap",  Bd.  VIII  (1897),  Seite  1—122.  Nur 
die  die  Künstler  betreffenden  Passagen  in  Oud-HoUand,  Bd.  IX  (1891),  Seite  106—136. 

**)  Zu  bemerken  ist,  daß  er  den  Cornelis  van  Haarlem  bereits  nicht  mehr  für 
gut  und  dem  Zeitgeschmack  entsprechend  hält. 
***)  Zweite  Ausgabe,  Leiden  16il,  Seite  375. 

226 


dat  zijn  naakto  Beeiden  wel   geteekend,   en   de   draperyen 
breed  en  vlak  waaren  geplooit,    en  de  koleuren   zuyverlijk 
vloeyden*)". 
1657  J.  Oudaens  Gedicht  auf  Lastmans  Bild  des  Opferstreitea 

zwischen  Orest  und  Pylades. 
1675  Joachim  Sandrart  in  der  „Academia  Todesca  della 
....  Pictura**):  „Er  (Rembrandt)  machte  seinen  Anfang  zu 
Amsterdam  bey  dem  })erühraten  Laszman  . . .  *• 
1678  endlich  erwähnt  S.  van  Hoogstraten  in  seiner  „In- 
leyding  tot  de  Hooge  Schoole  der  Schilderkonst***)  unter 
den  vornehmsten  Malern  seines  Jahrhunderts  auch  Lastman: 

„ ZOO  zal  ik  oenige  met  naemen  aenwijzen,  die  meest 

op't  gros  der  konst  en  de  edelste  verkiezing  hebben  gezien. 
Als  daer  is  geweest  Strazio  Voluto  of  Gilliam  Fennout, 
Lastman,  Miereveit,  Theodorus  Babuere,  Pieter  Fransen  de 
Grebber  ....  Pieter  Leely, .  .  .  Hondhorsd,  Ravesteyn  . . . 
Rembrandt . . .  Jaques  de  Bakker,  Govert  Flink,  Gerrit 
Douw,  Stokkade,  Jan  Lievens,  Mieris,  Doudeins,  de  Baen ..." 
Als  Ergänzung  dieser  Urteile  mag  dann  eine  Tabelle  der  noch 
bekannten  Preise,  die  im  Laufe  der  verschiedenen  Zeiten  für  Bilder 
von  Lastman  bezahlt  wurden,  dienen.  Die  hosten  Preise  sind  da 
900  fl.  (wahrscheinlich  in  der  Mitte  des  XVII.  Jahrhunderts  für  das 
Orest  und  Pylades-Bild),  470  fl.  vor  dem  Jahre  1752  (wahrscheinlich 
aber  auch  noch  in  der  Mitte  des  XVII.  Jahrhunderts)  für  eine 
Auferstehung  Christi,  beide  auf  unbekannten  Auktionen.  Die  nächst- 
höchsten Preise  erziehlten  1702  auf  der  Versteigerung  des  Nachlasses 
von  Jan  Six  die  beiden  berühmten  Gemälde  Patüus  und  Barnabas  in 
Lystra  und  Opferstreit  zwischen  Orest  und  Pylades  mit  230  fl.  und 
200  fl.  Im  Übrigen  ist  der  Durchschnittspreis  nach  dem  vorliegenden 
Material  im  XVII.  Jahrhundert  etwa  46  fl.  ohne  Einrechnung  der 
beiden  oben  angeführton  hohen  Preise,  mit  ihnen  etwa  130  fl.;  in  der 
ersten  Hälfte  des  XVIII.  Jahrhunders  etwa  60  fl.,  in  der  zweiten 
Hälfte  dagegen  nur  etwa  18  fl.     In  der  ersten  Hälfte  des  XIX.  Jahr- 


*)  ZitiertvonHoiibiaken,2.  Aufl.,  1753,  Bd.  I.Seite98;  von  CampoWeyerraan 
Bd.  I,  Seite  358  nachgeschrieben. 

♦*)  Nürnberg,  KiTö,  XXII.  Kapitel,  Seite  326  a. 
*♦*)  Rolterdam,  1678,  Seite  257. 


15* 


227 


hunderts  sinkt  der  Durchschnittspreis  in  Holland  auf  12  fl.  In  der  zweiten 
Hälfte  des  XIX.  Jahrhunderts,  eigentlich  erst  seit  den  70er  Jahren, 
stellt  er  sich  dann  (für  die  in  Holland  verkauften  Bilder)  auf  328  fl. 
Diese  Durchschnittssumme  vergrößert  sich  noch  bedeutend,  fast  um 
das  doppelte,  wenn  man  auch  die  außerhalb  Hollands  versteigerten 
Gemälde  berücksichtigt.  Wir  rechnen  dabei  die  Mark  zu  60  cts.  und 
den  Frank  zu  50  cts.  Der  Durchschnittspreis  pro  Bild  beläuft  sich 
dann  auf  rund  600  fl.,  ein  Zeichen,  wie  überhaupt  die  Gemäldepreise  in 
unserer  Zeit  auf  eine  riesige  Höhe  getrieben  sind,  die  eigentlich  in 
keinem  Verhältnis  zu  früher  steht,  auch  wenn  man  bedenkt,  daß  der 
Geldwert  früher  viel  größer  war  wie  heute.  Ein  Gulden  im  XVII. 
Jahrhundert  hatte  den  Wert  von  ungefähr  2,50  fl.  heutiger  Währung. 
Es  spiegelt  sich  somit  auch  in  diesen  nackten  Zahlen  das  Bild  der 
Wertschätzung  Lastmans  im  Laufe  der  Jahrhunderte  deutlich  wider. 
Es  entspricht  im  großen  und  ganzen  demjenigen,  das  wir  uns  auch 
sonst  davon  gemacht  haben. 

Tabelle 

Die  in  Klammern  hinter  die  Preise  gesetzten  Zahlen  beziehen  sich  auf  die 
Nummern  unseres  Verzeichnisses  der  Gemälde  Pieter  Lastmans. 


1600 

1700                   1                   1800 

ü 

1 

2 

3 

4 

6 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

20 

21 

22 

5  fl.  (135). 

230  fl.  (88);  200  fl.  (98). 
43.15  fl.  (67  c). 

160  fl.  (60);  69  fl.  (67  e). 

3.15  fl.  U07). 
50  fl.  (81). 

6  fl.  (93). 
10fl.(34);25£14s.6d(115). 

13  fl.  (98);  60  fl.  (110). 
5  fl.  (9);  11  fl.  (26). 

1  fl.  (18). 
4  fl.  (46  a). 

14.10  fl.  (116). 

228 


IttOO 

1700 

1800 

23 

2.i 

25 

36.10  fl.  (135a). 

26 

27 

28 

2!) 

50  a.  (146). 

•M) 

55  11.  (68). 

31 

32  fl.  (28);  24  fl.  (56  a). 

3  fl.  (15);   10  fl.  (111). 

32 

2.75  fl.  (lila). 

33 

1.10  fl.  (70a). 

16.15  fl.  (78a). 

3t 

iJ.lOH.  (23a);  ISO.  (37); 
24  fl.  (56a). 

35 

2.15  fl.  (22). 

36 

62  fl.  (108;. 

37 

38 

3i» 

40 

22.5  fl.  (69). 

12  11.  (78a). 

U 

42 

43 

U 

10011.(78).     150  fl.  (87a). 

•io 

■«) 

17 

48 

4i) 

50 

51 

52 

53 

54 

55 

12  fl.  (143). 

56 

5  fl.  (114a). 

U  fl.  (aSa). 

57 

42  fl.  (123  a). 

23.10  fl.  (114b). 

58 

59 

. 

GO 

Gl 

62 

4.12  fl.  (1). 

63 

64 

8  fl.  (126). 

(io 

60  fl.  (88). 

66 

8.10  fl.  (16). 

67 

49  11.  (82). 

68 

69 
70 

2.12  11.  (145). 

81  fl.  (881. 

71 

8.10  fl.  (99). 

72 

51  fl.  (88);    4  fl.  (147). 

73 

6  fl.  (10):  12.10  n.  (89); 

6.5fl.(90);9ß-(9i);8n-W. 

229 


1600 

1700 

1800 

74 

75 

1.15  fl.  (134);  4.5  fl.  (135); 
2.15  fl.  (136). 

300  fl.  (67). 

76 

77 
78 

0.10  n.  (12a). 

79 

■ 

71fl.(20);  10.10  fl.  (46  a). 

80 

81 

■ 

82 

12.10  fl.  (45a). 

83 

8-i 

150  fl.  (114). 

85 

12.8  fl.  (109). 

86 

9.10  fl.  (12  b). 

87 

88 

40  H.  (75);  6  fl.  (92). 

3820  M  (38). 

89 

100  fl.  (125  u.  145a). 

900  fl.  (64). 

90 

260  .«  (23  a). 

91 

20  fl.  (54). 

92 

10  fl.  (42). 

180frcs.(ll);2090.«(102j. 

93 

20  fl.  (49b);  61.10  fl.  (86a). 

94 

95 

1.15  fl.  (74b);  lOfl.  (80a). 

96 

2.10  fl.  (31). 

250  frcs.  (11). 

97 

56fl.(17);84fl.(53u.ö6). 

98 

99 

6.5  fl.  (34);  9.5  fl.  (97a). 

1900 

410  (fl.  48).                         ' 

Man  sollte  annehmen,  daß  ein  Maler  von  dem  Rufe  Lastmans 
großen  Zulauf  von  Schülern  gehabt  haben  müsse.  Aber  es  entzieht 
sich  das  unserer  sicheren  Beurteilung,  da  man  nicht  weiß,  ob  Lastman 
viele  Schüler  annahm  oder  nicht.  Jedenfalls  sind  uns  als  wirkliche 
Schüler  Lastmans  literarisch  nur  vier  Maler  überliefert:  Pieter  Pietersz 
Nedek,  Jan  Albert  Rootius,  Jan  Lievens  und  Rembrandt. 

Von  Pieter  Pietersz  N  e  d  e  k ,  einem  aus  Amsterdam  gebürtigen 
Landschaftsmaler,  der  nach  Houbraken*)  um  1616  geboren  und  an- 
geblich TOjährig  um  1686  unverheiratet  starb,  sind  leider  keine  Werke 
mehr  erhalten  (bezw.  bekannt).  Es  läßt  sich  also  auch  nicht  mehr 
feststellen,  in  wie  weit  seine  Kunst  von  Lastman  beeinflußt  worden 
ist,  ja  ob  das  überhaupt  der  Fall  war. 

Aus  den  noch  erhaltenen  Werken  des  Jan  Albertsz  Rootius 
oder   Roodtseus,    eines   in   Hoorn   um    1615   geborenen    Porträt- 


*)  Groote  Schouburgh,  Bd.  II,  Seite  27. 


230 


und  Stillobenmalers,  der  auch  in  Hoom  um  1674  starb,  würde  man 
nicht  erkennen    können,    daß  er  der  Schüler  Lastmans  gewesen  ist.*) 

Auch  Jan  Lievens,  der  dritte  und  nach  Rembrandt  berühm- 
teste Schüler  unseres  Malers,  verrät  in  seinen  Gemälden  wie  in  der 
größten  Zahl  seiner  Radierungen  nicht  die  Schule  Lastmans,  die  er 
einige  Jalire  vor  Rembrandt,  etwa  1617 — 1619,  zwei  Jahre  lang 
durchmachte.  Nur  einige  wenige  frühe  Arbeiten  lassen  Einflüsse 
seines  Lehrers  erkennen.  So  sind  ganz  in  Lastman'schem  Geiste  zwei 
Radierungen  gehalten,  die  daher  wohl  auch  vor  seinen  Reisen  und 
vor  der  Zeit,  wo  er  unter  Rembrandts  Einfluß  steht,  entstanden  sein 
werden.  Das  eine  Blatt  (B.  4,  Rovinski  44)  stellt  den  jugendlichen, 
Apostel  Johannes  dar,  in  einer  Landschaft  kniend  mit  einem  großen 
Buch  und  nach  oben  blickend,  links  der  Adler  (der  aber  sehr  wenig 
einem  solchen  gleicht)  und  darüber  Schreibgerät.  Man  ist  fast  versucht, 
diese  Figur  derjenigen  des  lockigen  Jünglings  auf  Lastmans 
Münchener  Bilde  z.  B.  (Taufe  des  Kämmerers  von  1619)  gegenüber- 
zustellen, so  sehr  erinnert  er  in  Haltung,  Typus  und  Auffassung  an 
diese  Eigur.  Das  Modell  wurde  von  Lastman  sehr  häufig  benutzt, 
und  es  wäre  somit  denkbar,  daß  die  genannte  Radierung  auf  eine 
Studienzeichnung  des  Lievens  im  Atelier  Lastmans  zurückginge  — 
wobei  unentschieden  bleiben  mag,  ob  die  Ausführung  der  Radierung 
selbst  auch  auf  Lievens  zurückgeht  (oder  wie  von  Wurzbach  annimmt, 
auf  La  Hire).  Die  Stellung  des  Folianten  auf  dem  Oberschenkel  des 
rechten  Beines  ist  auch  verwandt  mit  der  auf  dem  Einsiedlerbild  von 
1611  in  Brüssel  bei  Baron  L.  Janssen. 

Die  gleiche  Lastmanartige  Auffassungsweise  zeigt  das  I  L  fec 
bezeichnete  Blatt  B.  9,  der  sogenannte  kniende  Mann  oder  das 
Oiifer  Oedeons**),  das  genau  dieselbe  Hand  des  Radierers  wie  das 
vorige  verrät.  Der  Gesichtstypus  dos  Mannes  erinnert  etwas  an  den 
des  Mohrenkämmerers  auf  Lastmans  Gemälde  in  Karlsruhe. 


♦)  l'oilräts  von  Rootius  im  Rijksmuseum  in  Amsterdam  (Nrn.  2057  von  16<j1,  2058 
von  1662),  in  Hoorn''(drei  große  Schiitzenstücke)  und  auf  den  Auktionen  Freund  1906, 
Wedewer  1899,  VV.  Dalil  1905.  Nach  von  Wurzbach  war  ein  Hauptwerk  1894  in  der 
Sammlung  Quarin  Willemis  in  Utrecht;  ein  Forträt  der  Elisabeth  Wyba,  bez.  und 
16iC  datiert.  Ein  Stilleben  in  Amsterdam  (Nr.  2059),  bezeichnet,  aber  ohne  Vornamen, 
wird  ihm  dort  nur  frageweise  zugeschrieben. 

**)  Die  richtige  Deutung  Blattes  ist  die:    I.  Mose,    28,8,  Jakob  salbl  den  Stein» 
auf  dem  er  geruht.    (Nach  einer  freundl.  Mitteilung  von  Herrn  Burchardt). 


231 


Zu  Lievens'  anderen  Blättern  wie  B.  5,  der  heilige  Hieronymus, 
B.  6,  der  heilige  Franziskus  in  der  Grotte,  ist  anzumerken,  daß  Lastman 
solche  Bilder  auch  gemalt  hat,  und  daß  in  seinem  Inventar  zwei 
Gemälde  seiner  Hand,  die  den  heiligen  Franziskus  darstellen,  auf- 
geführt werden. 

Auch  die  Zeichnung  in  Dresden  Merkur  und  Argos  (abgebildet 
bei  "Wörmann,  Handzeichnungen  im  Dresdener  Kupferstichkabinett 
Nr.  257),  sowie  die  danach  gefertigte  Radierung  B.  10  ist  ziemlich 
Lastmanartig. 

Und  ebenso  müssen  zwei  Lievens'sche  Kompositionen,  die  uns 
in  Radierungen  von  J.  van  Vliet  erhalten  sind,  unter  die  Werke 
gerechnet  werden,  die  noch  stark  unter  dem  Einflüsse  Lastmans 
stehen.  Der  Umstand,  daß  sie  von  van  Vliet  radiert  wurden,  weist 
ja  auch  auf  ihre  frühe  Entstehungszeit  hin.  Es  sind  die  beiden  in 
der  rohen  Auffassung  weit  über  Lastman  noch  hinausgehenden  Blätter 
Isaak  und  Esau,  B.  2,  und  Susanna  und  die  beiden  Alten,  B.  3. 

Im  Übrigen  weicht  diese  Nachwirkung  Lastmans  bald  dem 
Einflüsse  Rembrandts,  um  nach  auch  nicht  langer  Dauer  dem 
vlämischen,  mehr  akademischen  Platz  zu  machen.  (Lievens  lebte  von 
1634 — 1643  in  Antwerpen). 

Für  die  Beziehungen  Rembrandts  zu  seinem  Lehrer  Lastman, 
d.  h.  für  die  in  den  Werken  des  ersteren  noch  sichtbaren  Nach- 
wirkungen der  halbjährigen  Studienzeit  im  Atelier  Lastmans  ließen 
sich  bis  vor  kurzem  nur  Hinweise  auf  die  Uebermittelung  einer  Reihe 
von  Kompositionsarten,  von  gewissen  Sujets  und  Motiven  durch  den 
Lehrer  geben.  Erst  in  den  letzten  Jahren  konnten  durch  die  Auffindung 
zweier  Gemälde  von  Lastman  zwfei  Zeichnungen  Rembrandts  als 
direkte  Kopien  nach  diesen  Bildern  erkannt  werden.  Daraus  ergaben 
sich  dann  eine  Reihe  interessanter  Folgerungen  für  die  Entstehungs- 
geschichte einiger  Gemälde  Rembrandts,  die  uns  zeigen,  daß 
Rembrandt  seinen  einstigen  Lahrer  sehr  wohl  zu  schätzen  wußte,  daß 
er  dessen  Kunst  gewiß  viel  höher  bewertete,  als  es  unserem  modernen 
Empfinden  richtig  scheinen  will.  Die  eingehende  Besprechung  aller 
dieser  auf  Rembrandts  Beziehungen  zu  Lastman  abzielenden  Fragen 
würde  den  Rahmen  dieses  Schlußkapitels  unserer  Monographie  über 
Pieter  Lastman  sprengen.  Wir  werden  sie  daher  im  Anhang  für 
sich  allein  behandeln. 

282 


Hier  wollen  wir  zum  Schluß  nur  noch  einen  kurzen  Blick  auf 
jüngere  Zeitgenossen  Lastmans  werfen,  auf  welche  dieser,  ohne  daß 
sie  direkt  seine  Schüler  gewesen  wären,  doch  einen  gewissen  Einfluß 
ausgeübt  hat.  Eigentlich  kommt  da  nur  Claes  Cornelisz  Moeyaert  in 
Betracht,  der  aber  nur  mit  einem  Teile  seiner  Werke  der  vor- 
Rembr  and  tischen  Gruppe  von  Historienmalern  angehört.  Von  der 
ganzen,  um  Lustman  zu  ordnenden  Gruppe  ist  er  der  vielseitigste 
und  in  zahlreichen  Werken  auch  künstlerisch  höchststehende.  Er  ging 
wie  Lastman  zunächst  in  Italien  von  Elsheimer  aus  (den  er  freilich 
nicht  mehramLeben  traf,  da  Elsheimer  nach  den  neuesten  Forschungen 
von  Dr.  Fr.  Noak  in  Rom  bereits  am  11.  Dezember  1610  gestorben  ist  *) ), 
wofür  der  beste  Beweis  das  Bildchen  in  Dresden  Joseph  im  Brunnen 
ist,  das  lange  Jahre  für  ein  besonders  gutes  Werk  Elsheimers  gehalten 
wurde,  bis  (!s  nach  dem  Dresdener  Galeriekatalog  von  1906  auf  Grund 
von  Zweifeln,  die  Weizsäcker  ausgesprochen  hat,  neuerlich  geprüft 
und  als  Moeyaert  anerkannt  wurde.  Bei  dem  Bilde  Merkur  der 
Herse  erscheinend  vom  Jahre  1624  im  Haag,  diente  ihm  nach 
Bode**)  Elsheimers  „köstliche  Darstellung  des  gleichen  Gegen- 
standes in  den  Uffizien  als  Vorbild". 

Lastman  am  nächsten  steht  das  Bild  Odysseus  und  Nausikaa 
in  Berlin  im  Vorrat  (Nr.  344). 

An  Lastman  läßt  des  Gegenstandes  wegen  auch  die  Zeichnung 
im  Kupferstichkabinett  in  Berlin  Opferstreit  zwischen  Orest  und  Pylades 
denken.  Aber  Moeyaert  verfügt  doch  über  genügend  persönlichen  Stil 
und  weiter  über  ein  leichteres  eigenes  Entwicklungsvermögen,  sodaß  wir 
ihn  bald  aus  diesem  vor-Rembrandtischen  Kreis  herauswachsen  sehen. 
Sein  umfangreiches  „Werk"  werde  ich  später  einmal  zusammen- 
stellen und  auf  Grund  davon  seine  Entwicklung  darzulegen 
versuchen. 

Bei  den  anderen  zu  dieser  Gruppe  gehörenden  Malern,  die  mit 
Lastman  annähernd  gleichaltrig  sind,  den  beidenPijnas,  Jan Tengnagel***), 

*)  Kölnische  Zeitung,  liKHi,  Nr.  108G.  Berliner  Katalog  (Kaiser  Friedrich- 
Museum),  1900,  Nachtrag. 

**)  Jahrbuch  der  kgl.  preuß.  Kunstsammlungen,  Bd.  I,  Seite  75. 
***)  Von  ihm  kann  ich  vorläufig  nur  noch  zwei  Historienbilder   nachweisen;  das 
eine  von  1612  in  der  Sammlung  Delaroff  in  St.  Petersburg,    das  andere  von  1616  in 
der  Sammlung   Graf  Moltke    in    Kopenhagen.     Ein    groOes   Schützenstück    von   1613 
befindet  sich  im  Rijksmuseum  in  Amsterdam  (Nr.  2291). 


233 


in  gewissem  Sinne  auch  M.  van  Uytenbroeck  und  Pieler  Potter^ 
kann  man  schon  nicht  mehr  gut  von  einem  Einfluß  Lastmans 
sprechen.  Sie  sind  unter  ähnlichen  Bedingungen  künstlerisch  heran- 
gewachsen und  verfolgen  in  gleicher  künstlerischer  Art  dieselben  Ziele. 
Nach  Rembrandts  Erscheinen  verblaßte  der  Ruhm  all  dieser 
Künstler  schnell. 


234 


II 
I 


ANHANG 


Die  Beziehungen  Rembrandts  zu  seinem  Lehrer 
Pieter  Lastman 


Bei  der  Behandlung  der  Frage,  in  wie  weit  Pieter  Lastman 
einen  Einfluß  auf  die  Maler  seiner  Zeit  gewonnen  hat,  konzentriert 
sich  das  Hauptinteresse  naturgemäß  auf  das  Verhältnis  Lastmans  zu 
seinem  Schüler  Rombrandt:  Was  konnte  Rembrandt  in  den  sechs 
Monaten,  die  er  im  Atelier  Lastmans  verbrachte,  lernen?  Hat 
Lastman  irgend  welchen  wesentlichen  Einfluß  auf  seinen  großen 
Schüler  ausgeübt,  und  war  dieser  Einfluß  dann  von  nachhaltiger 
Wirkung  und  Dauer? 

Auf  den  ersten  Blick  will  es  so  scheinen,  als  könnte  angesichts 
zweier  Maler  von  künstlerisch  so  verschiedenem  Range  von  irgend- 
welcher fördernden  Einwirkung  von  Seiten  I^astmans  kaum  die  Rede 
sein.  Man  hatte,  wie  wir  oben  schon  sahen,  auch  dazu  geneigt, 
diesen  Einfluß  auf  ein  paar  Äußerlichkeiten  herabzudrücken  und  im 
übrigen  gegen  Ende  von  Lastmans  Laufbahn  noch  eine  rückwirkende 
Beeinflussung  Rembrandts  auf  den  einstigen  Lehrer  zu  konstxuieren. 
Das  geschah  freilich  zu  Unrecht  auf  Grund  eines  Bildes,  das  aus  dem 
„AVerke"  Lastmans  auszuscheiden  ist,  und  weiter  infolge  der  falschen 
Lesung  der  Jahreszahl  auf  dem  Haager  Bild  der  Auferwcckung  des 
Lazarus.  Ja  es  ist  merkwürdig,  daß  überhaupt  kein  einziges  Moment 
vorliegt,  das  darüber  Aufschluß  gibt,  wie  sich  nun  eigentlich  der 
einstige  Lehrer  seinem  berühmt  werdenden  Schüler  gegenüber  ver- 
hielt, wie  er  über  dessen  Weiterentwicklung  dachte.  Gewiß  liegt  das 
mit  daran,  daß  Lastman  doch  nur  eine  sehr  kurze  Zeit  Rembrandts 
Tätigkeit  in  Amsterdam  und  den  beginnenden  Ruhm  des  jungen 
Künstlers  verfolgen  konnte,  da  er  bereits  Anfang  April  des  Jahres 
1G33  starb. 

237 


Im  Gegensatz  hierzu,  und  für  uns  eigentlich  zunächst  nur  schwer 
verständlich,  steht  die  Tatsache,  daß  Rembrandt  seinem  einstigen 
Lehrer,  dem  „Künstler"  Lastman,  scheinbar  stets,  noch  lange  bis 
nach  dessen  Tode,  ein  gutes  Andenken  bewahrt  hat.  Dafür  sprechen 
einmal  das  Inventar  Rembrandts  von  1656  und  noch  deutlicher  eine 
Reihe  von  „Entlehnungen"  Rembrandts  von  Lastman,  die  in  den 
letzten  Jahren  nachgewiesen  werden  konnten.  Immerhin  bleibt  es 
für  uns  heute  Lebende  nicht  leicht  begreiflich,  daß  ein  Künstler  wie 
Rembrandt  überhaupt  auf  Lastman  als  „Vorbild",  von  den  sich  etwas 
lernen  ließ,  zurückgreifen  konnte.  Denn  „Lastmans  nüchterne 
Phantasie,  seine  bestimmte  trockene  Art  des  Vortrages,  sein  falsches 
Pathos  entsprechen  unserer  künstlerischen  Empfindung  so  wenig,  daß 
man  den  Künstler  meist  nur  noch  als  den  Lehrer  Rembrandts  erwähnt; 
und  auch  als  solchem  pflegt  man  ihm  wenig  Ehre  zu  geben.  .  .  ."*). 

Unsere  Aufgabe  in  diesem  Abschnitte  soll  die  sein,  den  Be- 
ziehungen Rembrandts  zu  Lastman  näher  nachzugehen.  Dabei  werden 
wir  uns  hüten  luüssen,  in  solchen  Fällen,  wo  es  sich  nur  um  stilistische 
Übereinstimmungen  allgemeiner  Natur  handelt,  im  Feststellen  von 
„Entlehnungen"  und  Einflüssen  zu  kleinlich  zu  sein.  Da  werden  wir 
uns  auf  eine  Auswahl  besonders  charakteristicherBelege  aus  Rembrandts 
Werken  beschränken  —  denn  wir  dürfen  in  der  Beziehung  Lastman 
nicht  so  sehr  persönlich  als  „Vorbild"  für  Rembrandt  ansehen,  als 
vielmehr  jene  ganze  Richtung  der  Historienmalerei  im  ersten  Viertel 
des  XVII.  Jahrhunderts  in  Amsterdam,  als  deren  Hauptvertreter 
freilich  Pieter  Lastman  gelten  kann. 

Früher  hat  man  sich  bei  der  Besprechung  der  in  Rembrandts 
Werken  noch  sichtbaren  Nachwirkungen  der  halbjährigen  Studien- 
zeit im  Atelier  Lastmans  mit  dem  Hinweis  auf  die  Übermittlung 
einer  Reihe  von  Kompositionsschemen,  von  gewissen  Sujets  und  Mo- 
tiven durch  den  Lehrer,  auf  das  Vorkommen  von  großen  lattich- 
artigen Blattpflanzen,  auf  die  häufige  Verwendung  orientalisierender 
Gewänder,  vermischt  mit  mancherlei  antiken  und  modernen  Elementen, 
auf  das  bunte,  etwas  harte  Kolorit  und  dergl.  begnügen  müssen. 
Erst   die   letzten  Jahre   haben   auch   einige   sehr   interessante  Belege 


*)  W.  Bode   in   den    Amtlichen   Berichten   aus   den   kgl.   Kunstsammlungen, 
1908,  Seite  58. 

238 


ein  direktes  Zurückgreifen  Rembrandts  auf  seinen  ehemaligen  Lehrer  za 
Tage  gefördert.  Mit  diesen  wollen  wir  uns  hier  vornehmlich  beschäftigen. 
Die  erste  derartige  nachweisbare  direkte  Beziehung  Rembrandts 
zu  Lastman  stellte  Prof.  Dr.  W.  Martin  fest.  Er  erkannte  als  erster, 
daß  die  im  Besitz  von  Leon  Bonnat  befindliche  (29,5  :  44,3  cm)  große 
Rötelzeichnung:  Hofstede  de  Groot  Nr.  671  eine  Nachzeichnung  eines 
Lastmanschen  Gemäldes  durch  Rembrandt  ist.  Sie  wird  bei  Hofstede 
de  Groot*)  beschrieben  als:  Große  Opferszene  [Jephta  und  seine 
Tochter?].  Im  Vordergrunde  rechts  Priester  und  Anbetende,  von 
denen  mehrere  Schwerter  tragen.  Im  Hintergrund  eine  Stadt." 
Als  diese  Zeichnung  1906  zur  Rembrandtausstellung  nach  Leidefi  kam, 
wies  Martin  darauf  hin**),  daß  die  Darstellung  als  Paultm  und 
Barnabas  in  Lystra  zu  deuten  sei,  und  daß  es  sich  um  eine  Kopie 
des  1614  datierten  Oelgemäldes  gleichen  Gegenstandes  von  Pieter 
Lastman  im  Besitze  des  Grafen  Stetzki  auf  Schloß  Romanow 
handelt***).  Rembrandt  hat  hier  in  der  Tat  jenes  einst  hochbe- 
rühmte, von  Vondel  besungene  Gemälde  abgezeichnet  und  zwar  — 
nach  dem  Stil  des  Blattes  zu  urteilen  —  im  Anfang  der  dreißiger 
Jahre.  In  welcher  Absicht  das  geschah?  Aller  Wahrscheinlichkeit 
nach,  um  diese  Zeichnung  als  Kompositionsvorbild  für  ein  eigenes 
Gemälde  zu  verwenden.  Dabei  mag  zunächst  dahingestellt  bleiben, 
ob  auch  für  eine  Darstellung  von  Paulus  und  Barnabas  in  Lystra, 
oder  für  eine  andere.  Zu  diesem  Schlüsse  berechtigen  uns  einmal 
die  zahlreichen  sogenannten  „Entlehnungen"  Rembrandts  aus  den 
Werken  verschiedener  anderer  Meistert),  die  Rembrandt  fast  sämt- 
lich später  in  eigenen  Arbeiten  verwertet  hat  —  natürlich  in  selbst- 
ständiger und  persönlicher  Verarbeitung.  Dann  aber  ergibt  auch 
die  Vergleichung  dieser  Rembrandt'schen  Nachzeichnung  mit  dem 
Originalgemälde  die  Zulässigkeit   einer  solchen  Annahme.     Denn  aus 

*)  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot,  Die  Handzeichnungen  Rembrandts,  Versuch 
eines  beschreibenden  und  kritischen  Katalogs.  Uitgegeven  door  Teylers  Tweede 
Genootschap.    Haarlem,  1906. 

*♦)  Bulletin  van  den  Ned.  Oudhk.  Bond,  Bd.  VII  (1906),  Seile  187. 
**♦)  Dies  Bild  war  1902  zeilweise  in  der  Königl.  Gemäldegalerie  im  Haag  aus- 
gestellt  und    aus  diesem  Anlaß   von  Martin    im  Bulletin    v.   d.  Ned.  Oudhk.  Bond, 
Bd.  111,  Seite  263  ff.,  besprochen  worden. 

t)  Zum  ersten  Male  von  Dr.  C.  Hofstede  de  Groot  zusammengestellt  im 
preußischen  Jahrbuch,  189-4. 


239 


verschiedenen  kleinen  Abänderungen,  die  Rembrandt  vornahm,  können 
■wir  erkennen,  daß  es  diesem  nicht  so  sehr  darauf  ankam,  sich  von 
Lastmans  Bild  als  solchem  eine  genaue  Skizze  aufzubewahren  — 
dann  hätte  er  sich  gewiß  ein  wenig  mehr  Zeit  zu  einer  ausgefüllt  teren 
Zeichnung  genommen.  Vielmehr  interessierte  ihn  die  Komposition 
des  Lastman'schen  Gemäldes,  und  ihretwegen  machte  er  sich  jene 
Rötelskizze.  Im  Hinblick  auf  die  beabsichtigte  spätere  eigene  Ver- 
wendung der  Komposition  sind  dann  die  kleinen,  aber  doch  nicht 
unwesentlichen  Veränderungen,  die  er  schon  bei  der  ersten  flüchtigen 
Abschrift  anbrachte,  ganz  erklärlich.  Sie  sind  gegenüber  dem  Ge- 
mälde Lastmans  zugleich  Verbesserungen. 

Zunächst  hat  Rembrandt  die  Armhaltungen  der  beiden  Apostel 
verändert.  Bei  ihm  streckt  der  vordere  (Paulus)  die  beiden  Arme 
vor,  während  der  rechts  mehr  zurückstehende  Barnabas  sie  vor  der 
Brust  zu  halten  scheint.  Bei  Lastman  ist  es  umgekehrt.  Offenbar 
wollte  Rembrandt  bei  diesem  Apostel  erstens  die  Verdeckung  des 
Kopfes  durch  seinen  rechten  Arm  vermeiden,  und  zweitens  die  sich 
scharf  vom  hellen  Himmel  abhebenden  Arme  und  Hände,  die  direkt 
unschön  wirken,  wegbringen.  Vielleicht  in  gleicher  Absicht,  um  die 
starke  Silhouettenwirkung  vor  dem  hellen  Himmel  zu  vermeiden, 
brachte  er  rechts  von  der  hinter  Paulus  befindlichen  Säule  Laub- 
werk an,  vor  dem  dieser  nun  steht.  Eine  auch  inhaltliche  Verbesserung 
ist  ferner  darin  zu  erblicken,  daß  auf  der  Zeichnung  der  links  vor 
dem  Postament  stehende  Mann,  der  von  den  Aposteln  soeben  geheilte 
Lahme,  nicht  wie  bei  Lastman  beide  Arme  gesenkt  hat,  sondern  den 
linken  Arm  beugt  und  mit  der  Hand  zu  den  Aposteln  emporweist. 
Deutlicher  wird  dadurch  seine  Handlung:  er  erzählt  —  nicht 
dem  Beschauer,  sondern  dem  ganz  links  stehenden  Orientalen  — 
das  Wunder,  das  jene  Leute  dort  oben  auf  dem  Postament  an  ihm 
eben  vollbracht  haben.  Es  genügt,  daß  er  mit  einer  Hand  auf  die 
am  Boden  liegenden  Krücken  weist.  Gleichzeitig  ist  so  der  Zu- 
sammenhang dieser  bei  Lastman  ganz  für  sich  dastehenden  Gruppe 
mit  den  beiden  Aposteln  durch  eine  bloße  Handbewegung  unge- 
zwungen, natürlich  und  deutlich  hergestellt. 

Man  vergleiche  nun  weiter.  Dadurch,  daß  der  rechts  am 
Postament  stehende  Priester  ein  wenig  mehr  nach  rechts  und  etwas 
mehr  zurück  gerückt  ist,    ist  wieder    ein  gut  Teil   mehr  Klarheit  ins 

240 


Bild  gekommen.  Man  sieht  jetzt  deutlich  die  Ecke  des  Postaments, 
auf  dem  die  Apostel  stehen.  Dann  hatRembrandt  weiter  die  vordere 
Begrenzungslinie  der  Figuren  gleichmäßig  parallel  dem  unteren  Bild- 
rando  verlaufen  lassen,  wodurch  für  den  Beschauer  die  Empfindung, 
einen  geschlossenen  Zug  vor  Augen  zu  haben,  wesentlich  verstärkt 
wird.  Überhaupt  wirkt  in  Rembrandts  flüchtiger  Skizze  der  von 
rechts  herankommende  Zug  viel  einheitlicher  und  geschlossener  als 
bei  Lastman.  Es  ist  Bewegung  in  ihm,  wo  Lastman  nur  zu- 
sammengestellte posierende  Modellfiguren  gibt.  Rembrandt  bringt 
Leben  in  das  Ganze.  Und  noch  eins  scheint  mir  wesentlich  für  die 
"Wirkung  der  großen  Länge  des  Zuges:  Rembrandt  überschneidet 
ihn  rechts,  wo  er  sich  in  großem  Bogen  umwendet,  fast  in  seiner 
ganzenBreite.  NureineFigur  desGliedes  läßt  er  nochsehen.  Lastmangibt 
auch  hier  den  Zug  so  gut  wie  in  seiner  ganzen  Breite.  So  wird  der  Bogen, 
den  er  beschreibt,  viel  kleiner;  kleiner  auch  der  Raum,  den  der  Zug 
durchschreitet.  Das  sind  alles  gewiß  nicht  geringwertige  Verbesserungen, 
die  durch  scheinbar  unwesentliche  Veränderungen  bewerkstelligt  wurden. 
Von  den  beiden  Erklärungen,  die  Martin  für  diese  Veränderungen 
gibt,  wird  hierdurch  die  erste  ziemlich  wahrscheinlich  gemacht,  daß 
nämlich  Rembrandt  das  Bild  in  der  Absicht  kopierte,  bei  späterer 
Gelegenheit  dasselbe  Thema  einmal  zu  behandeln  und  dann  die 
Lastmansche  Komposition  zu  vei"werten.  —  Der  zweiten,  von  Martin 
als  wahrscheinlicher  angenommenen  Möglichkeit  vermag  ich  nicht  so 
ohne  weiteres  zuzustimmen:  „daß  Rembrandt  wahrscheinlich,  als 
Lastman  1633  gestorben  war,  dessen  Meisterwerk  wiedergesehen  hat 
—  vielleicht,  als  es  öffentlich  verkauft  wurde  — ,  und  daß  er  dann, 
sei  es  aus  dem  Kopf,  sei  es  flüchtig  aus  der  Ferne,  diese  Skizze 
machte."  „Das  würde,"  nach  Martin,  „das  Verhältnis  zwischen 
Gemälde  und  Zeichnung  völlig  erklären,  würde  die  Verwechslung  der 
Apostelhaltungen,  die  verschiedene  Lage  der  Krücken,  das  starke 
Markieren  des  weißen  Stieres  im  Hintergrund  und  andere  Kleinig- 
keiten deutlich  machen."  Hiergegen  ist  einzuwenden,  daß  der  Stier 
bei  Lastman  noch  viel  stärker  markiert  zu  sein  scheint  als  bei 
Rembrandt;  die  Veränderung  der  Apostelhaltungen  kann  ich  mir  aber 
nicht  so  als  Gedächtnisfehler,  oder  weil  er  sie  aus  der  Ferne  nicht 
deutlich  genug  sah  —  er  sah  doch  andere  Kleinigkeiten  richtig!  — 
erklären,  denn  die  sind  auf  Lastmans  Bild  doch  zu  deutlich.   Außer- 


16 


241 


dem  wäre  es  Rembrandt  wohl  gewiß  möglich  gewesen,  das  Bild 
auch  aus  der  Nähe  nochmals  anzusehen.  Die  Krücken  des  Geheilten 
liegen  allerdings  verschieden,  doch  dürfte  Rembrandt  ihnen  als  für 
die  Komposition  unwichtigen  Nebensachen  —  wie  überhaupt  auch 
die  am  Boden  verstreuten  Blumen  u.  s.  w.  ganz  summarisch  behandelt 
sind  —  keinen  AVert  beigelegt  haben.  Nicht  denken  hann  ich  mir 
aber,  daß  er  die  Skizze  aus  dem  Kopfe  angefertigt  habe ;  denn  dazu 
stimmt  sie  doch  wieder  zu  genau  mit  dem  Gemälde  überein,  gerade 
auch  in  unwesentlichen  Kleinigkeiten.  Ich  glaube  bestimmt,  daß  die 
angeführten  Abänderungen  von  Rembrandt  bewußt  und  in  der  oben 
angegebenen  Absicht  vorgenommen  wurden. 

Die  handschriftliche  Notiz  unten  endlich,  die  Martin  „en  vooruyt 
is  een  jonck  kint"  wohl  richtig  ließt,  deutet  eher  darauf  hin,  daß 
Rembrandt  beim  Zeichnen  das  Gemälde  selbst  vor  sich  hatte,  und 
daß  er  zur  Korrektur  der  als  „junges  Kind"  nicht  ganz  deutlich 
herausgekommenen  Figur  vorn  in  der  Mitte  (vooruyt),  nicht  links 
hinter  dem  geheilten  Lahmen,  wie  Martin  meint,  darunter  schrieb. 
Wenn,  wie  Martin  möglich  sein  läßt,  Rembrandt  wahrscheinlich  nach 
dem  Tode  Lastmans,  etwa  bei  einer  öffentlichen  Versteigerung,  dessen 
Meisterwerk  gesehen  hat,  so  ist  dazu  zu  bemerken,  daß  die  „schilderij 
van  Paulo  en  Barnabe",  die  ohne  Angabe  des  Malers  in  dem  von 
Lastman  selbst  nicht  lange  vor  seinem  Tode  veranlaßten  Inventar 
vom  Juli  1632  aufgeführt  wird  (Nr.  49  unserer  Zählung)  nicht  un- 
bedingt jenes  von  Rembrandt  kopierte  Gemälde  zu  sein  braucht. 
Aber  wenn  auch :  es  fand  gleich  nach  Lastmans  Tod  keine  Auktion 
seines  Nachlasses  statt  und  meines  Wissens  auch  später  nicht.  Es 
müßte  also  eine  andere  Versteigerung  um  1630/33  gewesen  sein,  auf 
der  Rembrandt  es  gesehen  und  nach-  gezeichnet  haben  kann. 

Wir  fragen  nun  nicht  ohne  Berechtigung,  ob  es  ein  Gemälde 
oder  eine  Radierung  von  Rembrandt  gibt,  wo  wir  diese  Nachzeich- 
nung nach  Lastmans  berühmtem  Bild  bewußt  als  Studie  verwertet 
wiederfinden  können.  Ein  Gemälde  von  Rembrandt  mit  einer 
Darstellung  von  Paulus  und  Barnabas  in  Lystra  gibt  es  nicht  mehr, 
auch  keine  Radierung.  Aber  die  Skizze  wurde  nach  der  Ansicht  von 
Frau  J.  Goekoop-de  Jongh  die  „Grundlage  für  das  Grisaillebild  der 
Predigt  Johannis   des  Täufers   in   Berlin   (aus  der   Zeit  um    1635)  *), 

*)  Bulletin  v.  d.  Ned.  Oudhk.  Bond.  Bd.  VIII,  Seite  40  ff. 
242 


•wenn  RSSWäfidt  auch  in  der  Wahl  des  Themas  ganz  er  selber  blieb." 
Frau  Goekoop  beweist  ihre  Ansicht  mit  folgenden  Sätzen : 

„Nach  (Lastmans)  Vorbild  ließ  Rembrandt  die  Aufstellung  sich 
in  die  Breite  ausdehnen,  setzte  er  die  Hauptfigur  hoch  in  eine  Ecke." 

„In  der  Nachfolge  an  ihn  (Lastman)  entstand  die  Haltung  von 
Johannes  dem  Täufer,  wie  er  sich  mit  ausgestrektem  Arm  zu  der 
Menge  beugt." 

„So  (in  Nachfolge  an  Lastman  entstand)  die  Abrundung  des 
Hintergi-undes  hinter  ihm  (Johannes)  durch  eine  massive  Festheit, 
um  seiner  Silhouette  mehr  Relief  zu  geben." 

„So  die  sich  vorlehnende  Halbfigur  des  zuhörenden  Mannes 
hinter  dem  Kopf  von  Johannes  ..." 

„So  das  Freilassen  von  Raum  dicht  vor  den  Füßen  des  Täufers, 
um  seine  ganze  Gestalt  sehen  zu  lassen,  das  Stützen  der  Hauptfigur 
durch  zwei  vertikale  Linien  an  beiden  Seiten  —  hier  die  Gruppe 
der  drei  Priester  an  der  einen  Seite,  die  dunkle  Masse  der  im  Schatten 
stehenden  Personen  an  der  andern." 

„So  die  Bewegung  der  Menge,  die  von  dem  erhöhten  Punkt  zur 
Ebene  kommt." 

„So  der  Bau  der  Landschaft  mit  dem  Tal  zwischen  beiden 
Hügeln  und  der  Stadt  mit  dem  breit  abgeschnittenen  Turm  im 
Hintergrund." 

„So  das  scharfe  „uitsteken"  (Betonen)  der  vertikalen  Linie  in 
der  Breite  des  Ganzen  —  hier  Kaisersäule   an  Stelle  des  Obelisken". 

Nicht  allen  diesen  von  Frau  Goekoop  angeführten  Gründen 
wird  man  ohne  weiteres  voll  beipflichten  können,  sondern  nur  wenigen, 
und  selbst  diese  scheinen  nicht  prägnant  und  speziell  genug,  um 
eine  so  starke  Beeinflussung  Rembrandts  durch  jenes  Bild  von 
Lastman  als  so  sicher  hinzustellen,  wie  es  Frau  Goekoop-de  Jongh 
tut.  Sie  gesteht  nachher  auch  schließlich  selber,  daß  das  Besondere 
von  Rembrandts  „Bearbeitung"  das  sei,  „daß  er  die  eigentliche  Be- 
wegung zum  Stillstand  brachte,  indem  er  der  Menge  im  Vordergrund 
eine  sitzende  und  zuhörende  Haltung  gab  und  die  noch  Heran- 
kommenden in  Schatten  hüllte".  Die  von  Rembrandt  gewählte 
Komposition  ergibt  sich  nun  aber  eigentlich  zu  leicht  aus  dem  auch 
von  anderen  Malern  schon  häufig  behandelten  Thema  selbst,  als  daß 
man  ein  Zurückgehen   auf   eine  Komposition,    die   er,    wie   wir   auf 


16* 


243 


Grund  unserer  eigenen  Betrachtung  der  Zeichnung  annahmen,  nicht 
zum  wenigsten  gerade  der  Bewegung  des  Zuges  wegen  sich  in  der 
Skizze  notiert  hat,  für  sehr  wahrscheinlich  halten  sollte  bei  einer 
Darstellung,  wo  die  Volksmassen  gar  nicht  in  der  Bewegung  zu 
geben  sind.  Es  mag  zugegeben  werden,  daß  gewisse  allgemeine, 
mehr  zufällige  Beziehungen  —  wie  bei  vielen  anderen  Rembrandt'schen 
Kompositionen  —  vorhanden  sind.  Und  so  glaubte  auch  Prof. 
Martin  die  von  Frau  Goekop-de  Jongh  vertretene  Ansicht  in  diesem 
Sinne  einschränken,  d.  h.  nur  verallgemeinert  gelten  lassen  zu  müssen. 
Er  fand  damit  aber  Widerspruch  bei  Prof.  Dr.  Jhr.  Six,  der  Frau 
Goekop-de  Jonghs  Argumenten  beipflichtete  und  das,  was  sie  von 
dem  Gegenstand  nach  seiner  Ansicht  noch  nicht  erschöpfend  be- 
handelt hatte,  nachtrug*).  Prof.  Dr.  Jhr.  Six  wies  auf  die  Geschichte 
jener  aus  „negen  (neun)  lapjes  doek"  zusammengesetzten  Grisaille 
hin,  daß  um  dieselbe  rings  herum  von  Rembrandt  selber  später  ein 
großes  Stück  angesetzt  worden  sei,  und  erörterte  dann  die  Frage, 
wann  Rembrandt  diese  Vergrößerung  vorgenommen  habe:  ob  wenig 
später  nach  Entstehung  des  ursprünglichen  Mittelstückes,  oder  später 
um  1656.  Dies  Datum  sucht  Jhr.  Six  dann  zu  beweisen.  Diese 
Fragen  gehören  aber  nicht  mehr  in  den  Rahmen  unserer  Betrachtungen. 
Wir  wollen  nur  auf  die  Punkte  eingehen,  die  sich  bei  den  Aus- 
führungen von  Jhr.  Six  mit  der  Beziehung  der  beiden  Bilder  zu  ein- 
ander befassen.  „Six  [der  spätere  Bürgermeister  von  Amsterdam, 
Rembrandts  Freund]  hat  1656  von  Rembrandt  die  Grisaille  von 
1638**),  eine  Ei'innerung  [Rembrandts]  an  sein  [Six]  eigenes  Stück  von 
Lastman***),  kaufen  wollen.  Als  nun  Rembrandt  seine  eigene  Arbeit 
wieder  ansah,  hat  er  das  Vorhandene  erneuert  und  sich  auch  das 
Recht  vorbehalten,  danach  eine  Radierung  zu  machen,  die  aber  nicht 
zur  Ausführung  kam  .  .  .".  Rembrandt  hat  außer  den  Zusätzen  im 
Vordergrund  „auch  das  Zuströmen  von  allen  Völkern  zu  der  Heils- 
lehre besser  herauskommen  lassen".  „In  dem  ursprünglichen  Stück 
von  1638  ist  ebenso  wie  bei  Lastman  die  Darstellung  noch  eng  vom 
Rahmen  umschlossen.     Oben  wird  der  Obelisk   bis  zu  dem  Rand  ge- 


*)  Bulletin  van  den  Ned.  Oudhk.  Bond,  Bd.  VIII  (1907),  Seile  1-il  ff. 
**)  Nach  Bode  und  Valentiner  ist  sie  1635'36  zu  datieren. 
***)  Lastmans  Paulus  und  Barnabas-Gemälde   befand  sich  bereits  1648  im  Be- 
sitz von  Jan  Six. 

244 


gangen  sein,  der  Kopf,  der  jetzt  darauf  steht,  hat,  so  meine  ich 
[Jhr.  Six]  später  die  Spitze  ersetzt  und  wird  anders  auch  gerade  bis 
zum  Rahmen  gekommen  sein.  Rechts  schloß  die  Gruppe  hinter 
Johannes  die  Darstellung  ab.  In  die  Ecke  links  paßt  ganz  die 
sitzende  Frau,  über  der  noch  eine  halbe  Figur  eine  kräftige  Be- 
grenzung fortsetzte.  Wie  es  mit  den  Schriftgelehrten  in  der  Mitte 
der  Leinwand  steht,  kann  ich  [Jhr.  Six]  ohne  nähere  Untersuchung 
des  Stückes  nicht  sicher  sagen.  Sie  stehen  jetzt  mit  den  Füßen  auf 
dem  untersten  Streifen  und  auf  der  schönen  Photogravüre,  die  ich 
[Jhr.  Six]  vor  mir  liegen  habe,  scheinen  wenigstens  die  zwei 
vordersten  eine  spätere  Hand  zu  verraten.  Die  Gruppe  fehlt  auch 
bei  Lastman."*)  Im  Verfolg  seines  Aufsatzes  kommt  Jhr.  Six  noch 
weiter  auf  die  Nachtwachefrage  zu  sprechen  und  in  Verbindung 
hiermit  auf  die  lebensgroße  eigenhändige  Wiederholung  der  Figuren 
von  Christus  als  Gärtner  mit  Maria  Magdalena  (jetzt  im  Rijksmuseum) 
nach  einer  im  Besitz  von  Herrn  Carl  Hausmann  in  Pyrmont  be- 
findlichen Landschaft  mit  dem  angeblich  von  Rubens  hineingemalten 
„Noli  me  tangere".**) 

Auf  diesen  Aufsatz  von  Jhr.  Six  hin  stellte  Prof.  Martin  die 
Frage:  sind  denn  wirklich  stichhaltige  Gründe  da,  um  mit  Bestimmt- 
heit annehmen  zu  dürfen,  daß  Rembrandt  seine  Skizze  nach  Lastmans 
Lystra-Bild  in  der  Berliner  Fredigt  Johannis  des  Täufers  „verwerkt" 
(verarbeitet)  hat?  AVie  mir  scheint  mit  Recht;  ich  vermochte  in  der 
ersten  Fassung  der  Täuferpredigt  in  der  Komposition  nur  einen  „sehr 
erklärlichen  A-usfluß  der  allgemeinen  Kompositionsweise  von  derartigen 
Stücken  in  dieser  Zeit"  zu  sehen,  wobei  ja  die  Kenntnis  der  Lastmanschen 
Komposition  einiges  mit  hineingebracht  haben  mag;  aber  von  einer 
direkten  Benutzung  jener  Komposition  in  dem  Rembrandtschen  Bilde 
kann  nicht  gesprochen  werden.  Und  wenn  Jhr.  Six  sein  kurzes 
Nachwort  zu  Martins  Einwand  mit  dem  Satze  beginnt,  Martins  Be- 
hauptungen schwankten  so  vage  zwischen  ja  und  nein  hin  und  her, 
daß  es  schwer  sei,  ihnen  beizukommen,  so  trifft  das  denn  doch  nicht 
zu.     Martin  sagt  deutlich  genug:  „von  einem  Einfluß  oder  selbst  einer 


*)  Jhr.  Six  nimmt  also  eine  ziemlich  enge,  auch  in  Einzelheiten  sich  fiuOernde 
Beziehung  der  beiden  Bilder  zu  einander  an. 

*♦)  loh  sah  dies  Bild  1909  im  Haag;   die    Figuren   können    nicht   von    Rubens 
selbst  sein. 


245 


Verarbeitung  von  Motiven  von  Lastman  kann  nicht  die  Rede  sein." 
Gewiß:  Ob  Rembrandt  seine  Skizze  nach  Lastmans  Lystra-Bild  bei 
der  angeblichen  Verarbeitung  vor  sich  gehabt  hat  oder  nicht,  ist  bei 
einem  Künstler  wie  er  eine  „sinnlose  Frage".  Aber  sie  wurde  gar 
nicht  gestellt.  Es  kam  darauf  an,  ob  Rembrandt  seine  Zeichnung 
bezw.  Lastmans  Gemälde  im  Geiste  vor  sich  gehabt  hat  und  in 
bewußter  Anlehnung  daran  seine  Komposition  der 
Johannespredigt  gestaltet  hat.  Diese  Frage  beantwortet  Martin 
mit  nein,  indem  er  eine  (ganz  natürliche)  Nachwirkung  der  ganzen 
Richtung  zugibt  —  einen  allgemeinen  Einfluß,  der  auch  in  anderen, 
schon  früher  immer  angeführten  Elementen  zu  erkennen  ist.  Und 
wenn  Jhr.  Six  seine  Replik  damit  schließt,  daß  Rembrandts  eigene 
Zeichnung  (nach  Lastmans  Bild)  seine  Kenntnis  dieser  Motiven- 
kombination unleugbar  mache,  so  stellt  er  damit  eine  Tatsache  noch 
einmal  fest,  die  Niemand  geleugnet  oder  angegriffen  hat.  Und  wenn 
er  im  Vordersatz  dazu  sagt,  Niemand  behaupte,  daß  Rembrandt  seinem 
Lehrer  in  allen  Figuren  sklavisch  gefolgt  sei,  so  hat  er  damit  auch 
recht:  Niemand  hat  das  behauptet  —  wohl  aber  hat  Frau  Goekoop- 
de  Jongh  zu  beweisen  gesucht,  daß  die  Johannespredigt  in 
ihrer  Komposition  und  in  einzelnen  Figuren  unter 
starkem,  direktem  Einfluß  dieses  Lastman'schen  Gemäldes 
stehe;  und  sie  hat  Punkt  für  Punkt  die  Momente,  die  das 
im  einzelnen  beweisen  sollten,  aufgereiht.  Daß  sie  nur  hat 
sagen  wollen,  Rembrandt  habe,  als  er  die  Grisaille  malte,  Lastmans 
Bild  schon  gekannt,  kann  man  schlecht  annehmen,  denn  daß  Rembrandt 
Lastmans  Komposition  kannte,  das  war,  wie  Jhr.  Six  ganz  richtig 
sagt,  vorher  schon  aus  dem  bloßen  Vorhandensein  jener  Nachzeichnung 
im  Besitze  Leon  Bonnats  bekannt. 

Davon,  daß  nach  Valentiner  Rembrandts  Predigt  Johannis  des- 
Täufers in  Berlin  mit  Elsheimers  Werken  in  Zusammenhang  stehen 
soll,  erwähnt  weder  Frau  Goekoop-de  Jongh  noch  Jhr.  Six  etwas. 
Valentiner  sagt  in  seinem  schon  öfter  zitierten  Buch  „Rembrandt 
und  seine  Umgebung"  auf  Seite  95/96:  „Im  Zusammenhang  mit 
Elsheimers  Werken  steht  wohl  auch  Rembrandts  Komposition  der 
Predigt  Johannis  des  Täufers  auf  dem  Berliner  Bild.  Wenigstens 
hat  Elsheimer  den  Stoff  schon  in  einem  Rembrandt  verwandten 
Sinne  behandelt.     Auch  bei  ihm  umgibt  eine  sehr  zahlreiche  Menschen- 

246 


menge  mit  Gestalten  aus  der  verschiedensten  Herren  Länder  in 
mannigfachem  Kostüm  und  Kopfbedeckungen  den  Täufer  in  einer 
waldigen  Landschaft,  die  auf  der  einen  Seite  einen  Blick  in  die 
Ferne  erlaubt.  Von  den  beiden  in  Betracht  kommenden  Bildern  in 
München  und  Mannlieim  erinnert  das  letztgenannte  in  der  Anordnung 
des  auf  erhöhtem  Standpunkt  seitlich  stehenden  Predigers  mehr  an 
die  Komposition  Eembrandts  und  könnte  diesem,  da  der  Täufer  links 
steht,  durch  einen  Stich,  falls  es  einen  solchen  gab,  bekannt  geworden 
sein*).  Möglich  ist  es  freilich  auch,  daß  dem  Künstler  die  Kom- 
position durch  Lastman  vermittelt  worden  ist,  von  dem  ein  derartiges 
Gemälde  existiert  haben  soll."  Man  hat  also  die  Wahl  zwischen 
diesen  beiden  Meistern.  "Will  man  eher  an  Lastman  denken,  so  darf 
man  jedenfalls  nicht  dessen  Bilder  außer  Acht  lassen,  die  dasselbe 
Thema  behandelten,  sondern'  muß  zunächst  diese  einmal  mit  Rem- 
brandts  Komposition  vergleichen.  Valentiner  konnte  nur  im  An- 
schluß an  Vosmaer  auf  eine  Zeichnung  von  P.  C.  Haag  nach  einem 
solchen  Gemälde  verweisen.  Aus  unserm  Katalog  der  Gemälde 
Lastmans  ist  zu  ersehen,  daß  Lastman  sogar  öfter  diesen  Gegen- 
stand behandelt  hat.  Einmal  wurde  eine  Predigt  Johannis  des 
Täufern  im  Inventar  von  1632  erwähnt.  Ferner  kam  ein  derartiges 
97,2  X  203,2  cm  großes  Bild  1782  in  einer  Amsterdamer  Versteigerung 
vor;  drittens  existierte  eine  dies  Thema  behandelnde  Grisaille,  die  im 
Jahre  1611  von  Lastman  ausgeführt  war  (nach  der  wahrscheinlich 
die  auch  von  Valentiner  erwähnte  Zeichnung  von  P.  C.  Haag  an- 
gefertigt war)  und  endlich  wurden  noch  zwei  verschiedene  Gemälde 
dieses  Gegenstandes  in  den  letzten  Jahrzehnten  auf  Versteigerungen 
in  Wien  (1884)  und  in  Amsterdam  (1900)  verkauft.  Will  man  also 
in  Eembrandts  Predigt  Johannis  des  Täufers  Lastmaneinflüsse,  Last- 
manverarbeitungen suchen,  so  müßten,  wie  gesagt,  zunächst  einmal 
diese  Darstellungen  des  Lehrers  zum  Vergleich  heranzuziehen  sein. 
Und  am  nächsten  läge  eine  Gegenüberstellung  mit  der  Grisaille  von 
Lastman.     Leider   ist   diese,    wie   alle   anderen,    bis  auf  ein  Gemälde 


*)  Das  Bild  in  Mannheim  ist  m.  A.  nach  jedoch  nicht  von  Elsheimer.  Valen- 
tiner meiiit  zu  diesen  Bildein  an,  daß  sie  bei  Bode  noch  nicht  genannt  seien.  Für 
das  Mannheimer  ist  das  richtig.  Das  Münchoner  erwähnte  Bode  dagegen  wohl, 
auf  Seile  279  (Studien),  aber  er  httlt  es  nur  für  die  Arbeit  eines  Nachfolgers  von 
Elsheimer. 

247 


verschollen.  Nur  von  dem  zuletzt  erwähnten  Bild,  dessen  gegen- 
wärtigen Besitzer  ich  allerdings  auch  nicht  mehr  ermitteln  konnte, 
ist  eine  Abbildung  vorhanden,  welche  die  Vergleichung  wenigstens 
dieser  beiden  Kompositionen  gestattet.  Wir  finden  hier  zwar  auch 
eine  Komposition,  wo  das  zuhörende  Volk  lagernd  oder  stehend  im 
Kreise  um  Johannes  den  Täufer  herumgruppiert  ist.  Sonst  aber  ist 
nichts  da,  was  auf  Rembrandts  Kenntnis  und  eventuelle  Verwertung 
dieser  Lastman'schen  Komposition  in  der  Berliner  Grisaille  hin- 
weisen könnte.  Das  hindert  jedoch  nicht,  daß  bei  einer  der  anderen 
Fassungen  es  geschehen  sein  kann. 

Wohl  aber  lassen  sich  in  einer  anderen  Arbeit  Rembrandts 
gewisse  Übereinstimmungen  mit  jenem  Lastman'schen  Täufer-Bild 
fesstellen,  die  jedenfalls  einen  engeren  Zusammenhang  dartun,  als  die 
Momente,  die  Frau  Goekoop-de  Jongh  für  den  angeblichen  Einfluß 
des  Lystra-^ildes  Lastmans  auf  die  Komposition  der  Berliner  Grisaille 
von  Rembrandt  hervorhebt.  Diese  Arbeit  ist  Rembrandts  Radierung 
des  Predigenden  Christus,  B.  67,  aus  der  Zeit  um  1652.  Christus 
steht  in  der  Mitte  erhöht  mit  im  Grunde  gleicher  —  nur  innerlich 
ausdrucksvollerer  —  Hand-  und  Armhaltung.  Die  Zuhörer  sind  im 
Kreise  um  ihn  herumgruppiert  und  hierbei  sind  folgende  Analogien 
festzustellen.  Ganz  links  eine  abschließende  Standfigur  in  dunklem 
Mantel.  Rechts  von  dieser,  zu  Füßen  von  Cristus,  ein  aufmerksam 
zuhörender  sitzender  Alter,  der  seinen  Kopf  in  die  Hand  stützt.  Bei 
Lastman  in  die  Rechte  und  damit  das  Gesicht  zum  Teil  verdeckend; 
bei  Rembrandt  in  die  Linke,  sodaß  der  Profilkopf,  dessen  Gesichts- 
seite bei  Lastman  sich  außerdem  auch  noch  im  Schatten  befindet, 
deutlich  sichtbar  ist.  Man  hört  mit  ihm  den  Worten  Christi  zu. 
Ihm  entspricht  rechts  vom  Heiland  ein  anderer  sitzender  alter,  zu- 
hörender Mann  auf  beiden  Kompositionen.  Vorn  zwei  am  Boden 
hockende  Figuren;  die  eine  weibliche  in  Rückenansicht  entspräche 
der  Rückenfigur  des  jungen  Mannes  bei  Lastman,  der  rechts  daneben 
mehr  in  Seitenansicht  gelagerten  der  Alte  bei  Rembrandt,  dessen 
linker  Arm  wie  bei  jener  gerade  herunterhängt.  Genreartige  Motive 
sind  auf  beiden  Kompositionen  vorhanden  und  wir  dürfen  für  das 
bei  Rembrandt  vorn  auf  dem  Boden  liegende  kleine  Kind  wohl  an 
Lastmans  Neigung,  derartige  Kinderfiguren  einzuführen,  verweisen. 
Es  liegt  mir  fern,   mit  Bestimmtheit  hier   eine   direkte  Beeinflussung 

248 


oder  gar  „Entlehnung"  Rembrandts  von  Lastman  annehmen  zu 
wollen.  Ich  fähre  dies  Blatt  in  erster  Linie  als  Gegenstück  zu  der 
von  Frau  Goekoop-de  Jongh  festgestellten  Nachwirkung  des  Last- 
manschen Lystrabildes  in  Rembrandts  Predigt  Johannis  des  Täufera 
an,  und  weil  ich  diese  gewissen  kompositionellon  Übereinstimmungen 
zwischen  Lastmans  Täuferpredigt  und  Ilembrandts  Radierung  nicht 
ganz  übergehen  wollte. 

„Wenn  Rembrandts  Johannes  auf  der  Berliner  Grisaille  von 
RaffaelsPawZws  in  Athen  abstammt,  aber  durch  das  Medium  von  Lastmans 
Paulus  und  Barnahas  in  Lystra,  was  schon  ausreichend  der  Obelisk 
und  der  Bogen  im  Hintergrund,  um  von  dem  allgemeinen  Bau  der 
Komposition  zu  schweigen,  bewiesen  wird",  wie  Jhr.  Six  in  seiner 
Replik  schließlich  noch  ausführt,  nachdem  er  im  Satze  vorher  „die 
Frage,  ob  wir  auch  bei  Rembrandt  sowohl  wie  bei  Lastman  e  tutti 
quanti  an  eine  regelrechte  Nachfolge  von  Raffael  denken  müssen, 
sofort  verneinend  beantworten  zu  müssen  meinte,  so  darf  bezüglich 
der  Armbewegung  dieses  predigenden  Christus  der  Radierung  mit 
ebenso  viel  Berechtigung  gesagt  werden,  sie  gehe  auf  dem  Wege 
über  den  predigenden  Johannes  d.  T.  Lastmans  auf  den  thronenden 
Christus  der  JJisputa  von  Raffael  zurück. 

Festeren  Boden  bezüglich  des  Nachweises  der  Nachwirkungen 
einer  Komposition  von  Lastman  in  Werken  Rembrandts  betreten  wir 
wieder  bei  der  Betrachtung  der  Rötel  Zeichnung  Susanna  und  die 
beiden  Alten  im  Berliner  Kupforstichkabinett  (Hofstede  de  Groot 
Nr.  45).  Daß  diese  Zeichnung  eine  Kopie  nach  einem  Gemälde  von 
Lastman  ist,  wurde  erst  Anfang  1907  bekannt,  als  Herr  Staatsrat 
P.  Delaroff  auf  meine  Bitte  eine  Photographie  des  in  seinem  Besitze 
befindlichen  Gemäldes  dieses  Gegenstandes  anfertigen  ließ  und  diese 
Photographie  nach  Berlin  zu  Exzellenz  Bode  und  nach  dem  Haag 
zu  Herrn  Dr.  Hofstede  de  Groot  und  mir  sandte.  Die  Überein- 
stimmung der  bekannten,  bei  Lippmann  reproduzierten  frühen  Rem- 
brandtzeichnung  mit  jener  Komposition  Lastmans  war  sofort  zu  er- 
kennen und  wurde  zugleich  in  Berlin  wie  im  Haag  bemerkt.  Herr 
Dr.  Valentiner,  der  die  Photographie  in  Berlin  auch  sah,  hat  sie 
dann  als  erster  publiziert  und  zum  Ausgangspunkt  seines  interessanten 
Aufsatzes  über  Rembrandts  Susannadarstellungen  gemacht*).    Er  wies 

*)  Zeitschrift  für  bildende  Kunst,  Novemberheft  19()7. 


249 


nach,  in  wie  weit  die  Susannadarstellungen  Rembrandts  mit  jener 
Lastmanschen  Komposition  zusammenhängen,  wie  der  Meister  zuerst 
in  engerer,  dann  in  immer  freierer  Verwendung  das  Thema  wieder- 
holt behandelte,  bis  daraus  die  endgültige  Lösung  in  dem  bekannten 
Gemälde  von  1647  des  Kaiser  Friedrich-Museums  gewonnen  wurde. 
Valentiner  beleuchtet  ausführlich  den  künstlerischen  Fortschritt,  den 
die  erste  Fassung  des  Susannavorwurfes  durch  Rembrandt  in  dem 
kleinen  Haager  Bild  von  1637  gegenüber  dem  Opus  Lastmans  be- 
deutet. Auch  bei  der  Nachzeichnung  nach  dem  Lastmanschen,  jetzt 
Herrn  Delaroff  gehörenden  Gemälde  hat  Rembrandt  genau  wie  bei 
der  oben  besprochenen  Kopie  des  Lystra-Bildes  gleich  während  des 
Skizzierens  einige  Veränderungen  vorgenommen,  die  man  nur  als 
Verbesserungen  ansehen  kann.  In  der  Haltung  der  Susanna  liegt 
mehr  Aktion,  ist  mehr  die  Angst  des  erschreckten  Weibes  zum 
Ausdruck  gebracht.  Welcher  Unterschied  im  Blick!  Bei  Lastman 
sieht  Susanna  nach  rechts  oben,  eigentlich  ins  Leere.  Rembrandts 
Susanna  sieht  ängstlich  und  zugleich  fast  drohend  zu  dem  stehenden 
Alten,  und  dessen  —  auch  etwas  von  seinem  Vorbild  bei  Lastman 
abweichende  —  Haltung  scheint  fast  eine  Rückwirkung  jenes  Blickes 
der  keuschen  Frau  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Während  er  bei 
Lastman  sich  lüstern  vorbeugt,  steht  er  hier  aufrecht  und  ist  fast 
etwas  zurückgewichen.  Er  scheint  an  Susanna  die  Worte  zu  richten: 
Siehe  der  Garten  ist  zugeschlossen  und  niemand  siehet  uns  und  wir 
sind  entbrannt  in  deiner  Liebe;  darum  so  tu  unseren  Willen.  Willst 
Du  aber  nicht,  so  wollen  wir  auf  Dich  bekennen,  das  wir  einen  jungen 
Gesellen  bei  Dir  gefunden  haben,  und  daß  Du  Deine  Mägde  darum 
habest  hinausgeschickt.  Deshalb  ist  auch  seine  rechte  Handstellung 
von  Rembrandt  umgekehrt  worden  —  die  nach  oben  gekehrte  Hand- 
fläche können    wir    uns    leichter    als    Begleitgestus    der    bedingenden 

Worte willst  Du  aber    nicht,  so ansehen.     Die    nach 

unten  gehaltenen  inneren  Handflächen  der  ausgebreiteten  Arme  bei 
Lastman  sind  schwerlich  als  die  Rede  begleitend  aufzufassen. 
Übrigens  macht  bei  diesem  der  zweite  Alte  jenen  Gestus,  ohne  daß 
er  aber  zu  sprechen  scheint.  Rembrandt  rückt  ihn  dafür  näher  an 
Susanna  heran.  Es  war  von  ihm  nur  geschickt,  den  Sprecher  auch 
die  bezeichnende  Handbewegung  machen  zu  lassen.  Auch  die  für 
Lastman   charakteristische,    aber   ziemlich   ausdruckslose,    pathetische 

250 


Taltung  der  recnten  Hand  der  Susanna  hat  Rembrandt  gleich  beim 
Nachzeichnen  verworfen  —  ohne  freiUch  im  Augenblick  dafür  eine 
deutliche  andere  einzusetzen.  Erst  auf  dem  Haager  Bilde  sehen  wir 
eine  Lösung:  da  deckt  diese  rechte  Hand  die  Scham,  während  der 
linke  Arm  gebeugt  und  schützend  vor  die  Brust  gehalten  ist.  Im 
Beiwerk  und  in  der  landschaftlichen  Anlage  hat  Rembrandt  keine 
Änderungen  eintreten  lassen,  bis  auf  einen  Pfau,  der  aufgeschreckt 
ist  und  aufflattert,  weil  er  dem  vorderen  Alten  zu  nahe  gekommen 
ist,  während  bei  Lastman  beide  ruhig  auf  den  Zweigen  sitzen. 

Die  zweite  Stufe  nach  dieser  Rötelzeichnung  bildet  die  um 
1635  zu  datierende  Federzeichnung  (Hofstede  de  Groot  Nr.  46)  in 
Berlin,  auf  der  Susanna  bereits  die  Stellung  wie  auf  dem  kleinen 
bald  danach  entstandenen  Ölbild  im  Mauritshuis  im  Haag,  nun 
mehr  in  Vorderansicht,  eingenommen  hat.  Jene  Federzeichnung  mit 
Lastman  verglichen,  zeigt  dessen  ganzes  Unvermögen,  dieser  Dar- 
stellung psychologisch  überzeugenden  bildlichen  Ausdruck  zu  geben. 
Da  versagt  er  vollständig.  Seine  Figuren  bleiben  posierende  Modelle 
ohne  inneren  Zusammenhang.  Bei  Rembrandt  gibt  es  hier  keine 
Undeutlichkeit  mehr,  „alles  ist  Aktion,  alles  auf  den  einen  spannenden 
Moment  eingestellt"  (Bode*)). 

In  dem  Haager  kleinen  Bild  von  1637  erinnert  nur  das  Beiweik 
und  die  Hintergrundskulisse  an  Lastman,  allerdings  spielt  dabei  noch 
ein  anderes  Gemälde  von  Lastman  mit  hinein,  die  Bathaeha  der 
Sammlung  Zabielsky  in  St.  Petersburg:  in  der  Hintergrundsarchitektur, 
wie  hinter  der  dunkeln  Baumkulisse  die  Schloßfassade  mit  einem 
Terrassenbau  davor  zu  sehen  ist,  forner  die  runde  Urne,  die  auf  dem 
Steinpostaraont  steht.  Nach  Bode**)  geht  Rembrandt  in  seiner  sechs 
Jahre  später  gemalten  Bathseba  bei  der  Toilette  der  Sammlung 
Steengracht  im  Haag  „wieder  stärker  auf  das  damals  vielleicht  in 
seinem  Besitz  befindliche  Gemälde  seines  Lelirers  zurück,  trotz  des 
verschiedenen  Motivs.  Das  ganze  Lokal  wie  die  Stellung  der  nackten 
Frauengostalt  verrät  dies  Vorbild." 


*)  „Pieter  Lastmans  Gemälde  der  Susanna  mit  den  Alten  und  seine  Beziehungen 
zu  den  Darstellungen  des  i;leichen  Motivs  von  Rembrandt"  in  den  Amtlichen  Berichten 
aus  den  kgl.  Kunstsammlungen,  Dezember  1908,  Seite  58. 
♦♦)  A.  a.  (.).,  Seite  59. 


251 


Danach  folgen  Vorbereitungen  für  das  Berliner  Susannabild  in 
mehreren  Zeichnungen:  im  Amsterdamer  Kupferstichkabiuett  (Hofstede 
de  Groot  Nr.  1167)  im  Gegensinn,  die  aber  gleich  verworfen  wurde; 
zu  den  beiden  Alten  auf  drei  Zeichnungen  bei  Mr.  J.  P.  Heseltine  in 
London,  zur  Susanna  im  Berliner  Kabinett  (Hofstede  de  Groot  Nr.  44). 
Auch  der  Studienkopf  des  Alten  mit  der  Pelzkappe  ist  als  Vor- 
bereitung für  das  Gemälde  von  1647  anzusehen.  Von  diesem  kam 
im  Juni  1909  noch  eine  Variante  in  der  Versteigerung  B.  P.  W(idener) 
aus  Ph(iladelphia)  in  Amsterdam  vor,  die  früher  Herrn  Nardus  in 
Suresnes  gehörte.  Die  Echtheit  dieses  Bildes  wurde  von  Valentiner 
für  fraglich  gehalten*),  wogegen  jedoch  Bode  jüngst  sein  Urteil 
geltend  machte  und  es  für  echt  erklärte**).  Das  ausgeführte  Berliner 
Gemälde  selbst  läßt  den  Gedanken  an  Lastman  kaum  mehr  auf- 
kommen und  ist  in  der  ganzen  Auffassung  grundverschieden  von 
dessen  allerdings  fast  drei  Jahrzehnte  früher  entstandenem  Werke. 

Die  Frage,  wann  und  bei  welcher  Gelegenheit  Rembrandt  das 
Lastmansche  Susanna-Bild  nachgezeichnet  hat,  kann  nicht  mehr  mit 
Sicherheit  beantwortet  werden.  Bode  äußert  sich  hierzu  so:  „..  .  daß 
dieser  [Rembrandt]  die  Zeichnung  angefertigt  haben  sollte,  als  er 
(wahrscheinlich  im  Jahre  1623)  bei  Lastman  in  der  Lehre  war,  ist 
durch  die  meisterhafte  Sicherheit  der  Behandlung  ganz  ausgeschlossen. 
Man  hat  angenommen,  daß  sie  1633  gelegentlich  der  NacLlaßver- 
steigerung  Lastmans  entstanden  sein  könnte;  pflegte  doch  Rem- 
brandt auf  solchen  Versteigerungen  nicht  zu  fehlen  und  sich  gelegent- 
lich von  Bildern,  die  ihn  besonders  interessierten,  flüchtige  Skizzen  zu 
machen.  Aber  der  Umstand,  daß  auf  der  Rückseite  der  Zeichnung 
Notizen  von  seiner  Hand  über  die  Anfertigung  von  Kopien  nach  ein 
paar  seiner  Bilder  aus  der  Zeit  um  1635  sich  finden,  macht  es  wahr- 
scheinlich, daß  die  Zeichnung  gleichzeitig  mit  diesen  entstand.  Dies 
wii'd  auch  dadurch  bestätigt,  daß  gerade  damals  die  Studien  zu  einer 
eigenen  Komposition  des  gleichen  Motivs  beginnen;  denn  um  1635 
ist  nach  ihrer  Technik  und  Auffassung  die  flüchtige  Federzeichnung 
mit  der  Komposition  der  Susanna  mit  den  beiden  Alten  im  Berliner 
Kupferstichkabinett."     Zu    der  Bemerkung,    daß  Rembrandt   es   viel- 


*)  Rembrandt,  Klassiker  der  Kunst,  III.  Auflage,  1909,  Seite  540. 

**)  Zeitschrift  für  bildende  Kunst,  Oktoberheft  1909,  Seite  6.     Ebenso  Hofstede 

de  Groot  in  „Onze  Kunst'',  Dezemberheft  1909. 

252 


leicht  bei  der  Naclilaßverstoigerung  Lastmans  gesehen  und  nacbge- 
zeichnot  hätte,  ist  zu  wiederholen,  was  schon  früher  gelegentlich  der 
Nachzeichnung  nach  Lastmans  Lystra-Bild  gesagt  wurde.  Lastmans 
Susanna  befand  sich  1632,  ^/i  Jahre  vor  Lastmans  Tod,  bestimmt 
nicht  mehr  in  seinem  Besitz,  wie  aus  dem  in  diesem  Jahre  im  Juli 
aufgestellten  Inventar  Lastmans  zu  ersehen  ist.  Und  außerdem  fand 
eine  Versteigerung  von  Lastmans  Nachlaß  nicht  statt,  da  Lastman 
ein  Testament  gemacht  hatte,  in  dem  er  seinen  Bruder  Zeeger 
Pietersz  zum  Universalerben  eingesetzt  hatte. 

Aufs  engste  mit  Rembrandts,  auf  Lastman  zurückgehenden 
Susannadarstellungen  hängen  auch  seine  beiden  Baihseba-Bilder,  die 
die  Schöne  bei  der  Toilette  zeigen,  zusammen.  Schon  vor  der 
Wiederauffindung  des  das  gleiche  Thema  behandelnden  Original- 
gemäldes von  Lastman  im  Besitze  des  Herrn  Zabielsky  in  St.  Peters- 
burg ließ  sich  für  die  Bathseba  Rembrandts  in  der  Sammlung  Steen- 
gracht  im  Haag  mit  Sicherheit  feststellen,  daß  sie  im  Anschluß  an 
jenes  Lastmansche  Gemälde  entstanden  ist.  Man  kannte  nämlich 
im  Amsterdamer  Rijksprentenkabinet  eine  flüchtige  Nachzeichnung 
in  schwarzer  Kreide  von  L.  Bramer  nach  jenem  bis  vor  kurzem  ver- 
.schoUen  geglaubten  BUde  und  nach  Besprechung  jener  Nachzeichnung, 
die  zusammen  mit  vielen  anderen  in  einem  Album  vereinigt  sind, 
durch  E.  W.  Moes  in  Oud  Holland  wies  Dr.  Hofstede  de  Groot  auf 
die  engen  Beziehungen  zwischen  beiden  Darstellungen  hin.  Seitdem 
wurde  das  Lastmansche  Originalgemälde  wiedergefunden,  und  die 
genaue  Vergleichung  der  beiden  Bilder  ist  möglich  geworden.  Aus 
ihr  ergibt  sich  mit  Sicherheit,  daß  Rembrandt  auch  hier  bewußt  auf 
seinen  einstigen  Lehrer  zurückgegriffen  hat,  ebenso  wie  bei  der  Dar- 
stellung der  Susanna.  Das  höchst  Interessante  hierbei  ist  die  Tat- 
sache, daß  Rembrandt  in  den  verhältnismäßig  seltenen  Fällen,  wo  er 
einen  nackten  weiblichen  Körper  im  Gemälde  darstellte,  zweimal  direkt 
auf  Lastman  zurückging.  Weibliche  Aktfiguren  hat  Rembrandt  nur 
in  folgenden  Bildern  wiedergegeben:  1)  Diana  im  Bade  beim  Kunst- 
händler Warneck  in  Paris*),  2)  Andromeda  im  Haag  (Sammlung 
Bredius),  3)  Sogenannte  Danae  in   der  Eremitage   in  St.  Petersburg, 


*)  Valentiner,  Rembrandt  (Klassiker  der  Kunst),  Seite  20.  Von  Rembrandt 
selbst  auch  radiert,  B.  201;  eine  Zeichnung  (nach  rechts  gewandt),  die  die  Vorstudie 
dazu  sein  wird,  ist  in  London  im  Brit.  Museum  (Hofstede  de  Groot  Nr.  893). 

253 


4)  Susannna  im  Bade  (Haag,  Mauritshuis),  5)  Batliseba  (Haag, 
SammluDg  Steengracht),  6)  Susanna  in  Berlin,  7)  Rembrandt  Hendrikje 
onalend  (Glasgow),  8)  Batliseba  im  Louvre.  Bei  diesen  Gemälden 
handelt  es  sich  eigentlich  nur  in  zwei  Fällen  um  eine  Komposition 
von  mehreren  Figuren,  unter  denen  der  weibliche  Akt  die  Hauptrolle 
spielt:  in  der  Steengracht'schen  Bathseba  und  in  der  Berliner  Susanna. 
(Auf  dem  Glasgower  Gemälde  befinden  sich  nur  zwei  Figuren).  Die 
übrigen  Bilder  sind  eigentlich  Einzelfiguren. 

Für  die  kompositioneile  Gestaltung  der  beiden  andern  Themata, 
die  ein  sorgfältiges  Abwägen  der  Komposition  erforderten,  unterließ 
es  Rembrandt  nicht,  den  ehemaligen  Lehrer  um  Rat  anzugehen.  Zu 
ihrer  Lösung  studierte  er  vorher  die  Lastmanschen  Gemälde,  die 
diese  beiden  Geschichten  darstellten.  Wie  er  dabei  für  das  Susanua- 
bild  verfuhr,  sahen  wir  schon. 

Bei  der  1643  datierten,  außerordentlich  durchgeführten  Bathseba 
der  Sammlung  Steengracht  lehnte  er  sich  kompositionell  eigentlich 
noch  enger  an  sein  Vorbild  an  als  vorher  bei  der  ersten  Fassung 
der  Susanna  (im  Mauritshuis).  Merkwürdig  ist  dabei,  daß  wir  aber 
für  diese  Darstellung  der  Bathseba  gar  keine  zeichnerischen  Studien 
besitzen  (oder  kennen).  Es  wäre  aber  nicht  unmöglich,  daß  Rembrandt 
bei  dieser  Bathseba,  wo  die  Handlung  ganz  ruhig  ist,  wo  es  sich 
mehr  um  ein  „Zustandsbild"  handelt,  im  Gegensatz  zur  Susanna,  wo 
der  fruchtbarste  Moment  einer  aufs  Höchste  gespannten  Aktion  im 
Bilde  festzuhalten  war,  eher  auf  solche  Vorstudien  —  mei.'^t  Be- 
wegungsstudien —  verzichten  konnte.  Die  Tätigkeiten,  die  hier 
die  beiden  Mägde  verrichten,  hatte  er  sich  einzeln  ja  auch  bereits  in 
Gemälden  ohne  Aktfigur  behandelt*).  Natürlich  wird  Rembrandt 
trotzdem  nicht  ganz  ohne  Weiteres  das  Gemälde  selbst  in  Angriff 
genommen  haben,  aber  es  waren  wohl  gewiß  nicht  so  eingehende 
und  sorgfältige  Vorarbeiten  nötig.  Wie  wir  bei  der  Betrachtung  der 
Haager  Susanna  schon  sahen,  hat  er  für  das  Beiwerk,  die  Landschaft 
und  den  Palast  seine  Studien  nach  dem  Lastmanschen  Susanna- 
bild vom  1614  mitbenutzt.  1619  entstand  Lastmans  Bathseba.  Wie 
Rembrandt  dann  auch  diese  Komposition  Lastmans  in  seinem  eigenen 


*)  „Junges  Mädchen  (Bathseba?)  bei  der  Toilette"  in  der  Galerie  Liechtenstein 
in  Wien  (Haarkämmen);  ., Bathseba  nach  dem  Bade"  von  16.S2  im  Museum  zu  Renne& 
(Schneiden  der  Fußnägel  durch  eine  alte  Frau). 

2B4 


Oemälde  verbesserte  und  dadurch  die  Szene  inhaltlich  vertieft  hat, 
lehrt  die  genaue  Vergleichung  der  beiden  Arbeiten,  die  ich  an  anderer 
Stelle  bereits  angestellt  habe*).  Rembrandt,  der  sein  Gemälde  von 
innen  aufbaute,  mußte  vor  allem  die  Hauptfigur  auch  kompositionell 
in  den  Mittelpunkt  rücken.  Bathseba,  die  Trägerin  der  Handlung, 
wurde  für  ihn  damit  auch  das  Zentrum  für  Farben  und  Licht,  die 
sicli  hier  zusammenfinden,  um  nach  außen  zum  Beschauer  weiter- 
gegeben zu  werden.  Bei  Lastman  spürt  man  nichts  von  einer  solchen 
künstlerischen  Durcharbeitung;  bei  ihm  sitzt  Bathseba  rechts  dicht 
voi'n;  die  Zehen  dos  linken  Fußes  werden  fast  vom  untern  Bildrand 
berührt.  Mit  dem  Licht  des  Frauenkörpers  rivalisiert  das  daneben 
auf  dem  Sitz  liegende  weiße  Gewand,  wetteifern  die  durch  den 
schroffen  Gegensatz  mit  tiefstem  Schatten  noch  besonders  grell 
leuchtenden  Arme  der  den  Fuß  der  Bathseba  waschenden  Dienerin, 
sowie  der  sehr  unorganisch  in  der  Luft  schwebende,  auf  dem  Delphin 
reitende  Putto  in  der  Mitte  des  Bildes.  Lastman  ließ  sich  bei  seiner 
Komposition  eben  von  ganz  anderen  Gesichtspunkten  leiten  als 
Rembrandt.  Er  hatte  sein  äußerliches  Linienschema,  in  das  er  die 
Figuren  einordnete,  ohne  dabei  weiter  auf  den  Inhalt  oder  die 
koloristische  Einheit  besondere  Rücksicht  zu  nehmen.  Rembrandt 
ging  umgekehrt  von  der  prägnantesten  Wiedergabe  des  Themas 
durch  die  künstlerischen  Ausdrucksmittel  aus.  Dabei  war  Lastmans 
Kompositionsschema  in  diesem  Falle  gar  nicht  einmal  so  einfach. 
Die  handelnden  Personen  sind  rechts  in  ein  rechtwinkeliges  Dreieck 
hineinkomponiert,  dessen  Hypotenuse  sich  mit  der  einen  Diagonalen 
deckt.  Dieser  hell  beleuchteten  Dreiecksmasse  entspricht  links  eine 
im  Schatten  liegende  andere,  deren  Hypotenuse  mit  der  zweiten 
Diagonalen  zwar  nicht  ganz  zusammenfällt,  ihr  aber  in  kleinem 
Abstände  parallel  läuft.  Den  so  durch  die  beiden  Hypotenusen  ge- 
bildeten stumpfen  "Winkel  halbiert  die  Senkrechte  der  Delphinfontäne. 
Diese  Senkrechte  wird  wiederholt  in  den  Säulen  der  Schloßterrasse. 
Für  die  Natürlichkeit  der  Bewegungen  der  Figuren  war  die  Ein- 
zwängung in  dies  Schema  verhängnisvoll.  Die  Bathseba  sitzt  nicht 
fest;  man  hat  das  peinliche  Gefühl,  als  ob  sie  nur  balanziere  und 
jeden  Augenblick  das  Gleichgewicht  verlieren  könne.  Das  linke 
(Stütz)bein  ist  nur  ganz  ungenügend  als  solches  charakterisiert  — 
*)  Monatshefte  für  Kunstwissenschaft,  Bd.  II  (1909),  Seite  302  ff. 


255 


man  vergleiche  das  bei  Rembrandt  damit!     Und  das  andere,  von  der 
Dienerin    gehaltene,    würde    schwer    herunterfallen,    sobald    diese    es 
losließe.     Bei  Rembrandt  hingegen  ruht  das  Bein  fest  auf  dem  Knie 
der  Alten  und  trägt  auch  sein  Teil  zur  Festigkeit  der   ganzen  Figur 
bei.     Der  gleiche  Umwandlungsprozeß   ist  auf   Rembrandts   Bild   bei 
den  Armen,  dem  Oberkörper  vorgenommen.     Dieser  ist  bei  Rembrandt 
faßt  gerade  aufgerichtet;  nur  ganz  leise  neigt  er  sich  nach  vorn,  um 
in  dem  rechten  Arm  eine  Stütze  zu  finden.     Bei  Lastman  knickt  der 
Oberkörper  gleichsam  zusammen;  es  entsteht  ein  gefährlicher  Winkel 
zwischen  dem  Rumpf  und   dem   gehobenen   Bein.     Der   rechte  Arm, 
der  hier   eigentlich   stützen   müßte,   ist   —    auch   wieder   Ecken   und 
"Winkel  bildend  —  gebeugt,  und  die  Hand   greift   bedeutungslos   ins 
Haar,  während    der   andere   freibleibende   Arm   auch   nur   einen  Ver- 
legenheitsgestas  macht.     Noch  mehr  kommt  hinzu:    Bathseba  ist    die 
Trägerin  der  Handlung,  auf  sie  muß  also    auch   die   Aufmerksamkeit 
des  Beschauers  in  erster  Linie  gelenkt  werden.     Aus  diesem    Grunde 
wohl  blickt  sie   bei   Rembrandt   aus   dem   Bilde   heraus   gerade   zum 
Beschauer,  festen,  ruhigen,  stolzen  Auges.     Dessen  Blick  gleitet  dann 
von  ihrem   Kopf   aus   weiter:    über   die   goldenen   Haarsträhne,   dem 
Strich  des  Kammes  folgend,  und  dann  die  leichtgeschwungenen  Arm- 
linien der  im  Helldunkel  stehenden  Dienerin  entlang  zu  dieser  selbst. 
An  die   Stelle    der    häßlichen    Alten    bei    Lastman,    die    den    feinen 
stimmungbildenden    Reiz    des    Haarkämmens     auch    nicht    im    Ent- 
ferntesten aufkommen  läßt,  hat  Rembrandt  eine  junge   Dienerin   ge- 
bracht;   eine    Negerin,    deren    Hautfarbe    sich    so    von    selbst    dem 
Gesamtton  unterordnet.     Ahnliche  störende  Kontraste  bei  der  andern 
Magd  auf  Lastmans  Bild,  wo  das  Waschen  des  Fußes  ebenfalls  nicht 
so    ruhige,    weniger    auffällige    Bewegungen    gestattet    wie    das    Be- 
schneiden der  Nägel    durch   die   stille   bejahrte   Frau   zu   Füßen   der 
Bathseba    bei  Rembrandt.      Daß    dieser    die    beiden    Dienerinnen    in 
ihrer  Beschäftigung  die  Rollen  tauschen  ließ,  erklärt  sich  wohl  leicht 
aus  dem    feineren   Empfinden    Rembrandts,    der    auf   solche    starken, 
aber    billigen    Kontrastwirkungen    zwischen    der    Person    und    ihrer 
Tätigkeit  absichtlich    verzichtete.      Daß    er    an    die    Stelle    des    Fuß- 
waschens  das  Nägelschneiden  setzte,  scheint  mir  in    erster   Linie    mit 
dem  Bestreben  nach  Beruhigung  der  Handlung,  insbesondere  bei  den 
nebensächlichen  Figuren,  innerlich  begründet  zu  sein.  Äußerlicher  — 

256 


•wenn  auch  nicht  unmöglich  —  ist  die  Zurückführung  auf  Tintoretto, 
dor  dies  Motiv  des  Nägelschneidens  bei  seiner  Srxsanna  nach  dem  Bade 
im  Salon  Carrö  im  Louvre  bereits  gewählt  hat*). 

Natürlich  mußte  aus  solchen  künstlerischen  Rücksichten  auf 
die  Gosamtstimmung  auch  das  Beiwerk  mehr  zurücktreten,  im  Ein- 
zelnen wie  im  Allgemeinen.  Der  auf  dem  Delphin  reitende  Putto 
war  vollends  ganz  unmöglich.  Dagegen  behielt  Rembrandt  den 
Pfau  als  Raumfüllung  der  rechten  unteren  Ecke  noch  bei. 

Eine  ganz  ähnliche  Zeichnung  (aber  in  schwarzer  Kreide), 
wie  die  beiden  als  Kopien  von  Rembrandt  nach  Gemälden  Lastmans 
erkannten  in  der  Sammlung  Leon  Bonnat  (Paulus  und  Barnabas  in 
Lydra)  und  im  Berliner  Kupferstichkabinett  (Susanna  und  die  beiden 
Alten)  befindet  sich  in  der  Albertina  in  Wien  und  stellt  dar  den 
Joseph,  der  an  seine  Brüder  Getreide  austeilen  laß.  Sie  wurde  von 
Alois  Riegl  im  Jahrbuch  der  Sammlungen  des  Allerhöchsten  Kaiser- 
hauses in  Band  XXIII  (1902)  auf  Tafel  XIII  reproduziert  und  eben- 
falls von  Schönbrunner  und  Meder  in  ihrem  Hand  Zeichnungen  werk  in 
Band  X,  Blatt  Nr.  1099.  Vergleicht  man  sie  mit  jenen  beiden 
Rötelnachzeichnungen,  die  auch  so  gut  wie  im  selben  Format  aus- 
geführt sind,  so  drängt  sich  einem  die  Vermutung  auf,  diese  Zeich- 
nung möchte  vielleicht  auch  die  Kopie  irgend  eines  Gemäldes  von 
einem  andern  Maler  sein.  Herr  Dr.  Hofstede  de  Groot  verwies  mich 
gelegentlich  auf  die  große  Radierung  von  B.  Breenberg**),  die  das 
gleiche  Thema  darstellt:  ob  vielleicht  auf  diese  Komposition  jene 
Wiener  Kreideskizze  zurückgehen  könne.  Dem  ist  jedoch  nicht  so. 
Trotzdem  kann  die  oben  geäußerte  Vermutung  bestehen  bleiben. 
Lastman  hat  z.  B.  auch  ein  Gemälde,  das  diese  Geschichte  behandelt, 
gemalt,  im  Jahre  1612,  wie  wir  aus  dem  Versteigerungskatalog  Iman 
Pauw  im  Haag  vom  Jahre  1779  erfahren  haben.  Da  die  Komposition 
der  Zeichnung  von  Rembrandt  verwandt  ist  derjenigen  des  Last- 
manschen Lystrabildes,  das  zwei  Jahre  später  als  das  eben  erwähnte 
Bild  von  Lastman  Joseph  Korn  verteilend  entstanden  ist,  da  auch 
die  Landschaft  im  Hintergrund  Elemente  aufweist,  die  auch  auf 
jenem  Lystra-Bild  vorkommen  —  Rundtempel,  Säule  (freilich  statt 
des  Obelisken)  — ,  da  ferner  auch  rechts  oben  so  eine  sich  aufstützende 

*)  Vergl.  hierzu  auch  Valentiner,  Rembrandt  und  seine  Umgebung,  Seite  84, 
**)  Auch  von  Jan  de  Bisschop  nachradiert. 


17 


257 


und  heruntersehende  Figur  wie  links  auf  dem  Lystrabilde  zu  be- 
merken ist,  so  •braucht  die  Möglichkeit,  auch  hier  die  Nachzeichnung 
einer  Lastmanschen  Komposition  durch  Rembrandt  erhalten  zu  sehen, 
nicht  ganz  von  der  Hand  gewiesen  zu  werden.  Vielleicht  bringt  ein 
glücklicher  Zufall  auch  hier  noch  einmal  das  dazugehörige  Gemälde 
zum  Vorschein. 

Unter  Rembrandts  Handzeichnungen  glaubte  Fritz  Saxl  auch 
noch  eine  bisher  unbeachtet  gebliebene  „Entlehnung"  Rembrandts 
von  Lastman  entdeckt  zu  haben,  die  „immerhin  zu  Gunsten  der 
Persönlichkeit  Lastmans  spricht,  als  Rembrandt  selbst  25  Jahre 
nachdem  er  die  Schule  dieses  Meisters  verlassen  hatte,  in  diesem 
Falle  das  Motiv,  ja  sogar  die  Komposition  von  ihm  entlehnt  hat""^). 
Saxl  will  in  Rembrandts  Zeichnung  Juda  und  Thamar  (früher  im 
Besitz  von  Rudolf  Kann,  Hofstede  de  Groot  Nr.  789)  eine  Über- 
nahme der  ganzenKomposition  wie  auch  vieler  Details 
von  der  in  Budapest  im  Museum  der  schönen  Künste  (nicht  mehr 
in  der  Nationalgalerie,  wie  Saxl  meint)  befindlichen  Rötelzeichnung, 
sowie  der  Radierung  (nicht  Stich,  wie  Saxl  immer  sagt)  gleichen 
Gegenstandes  von  Lastman  erkennen.  Oft  seien  aber  Verschieden- 
heiten vorhanden,  die  sich  beim  Vergleiche  der  Rembrandtschen 
Zeichnung  mit  den  „Stich"  Lastmans  nicht  finden  und  umgekehrt, 
so  z.  B.  habe  die  Thamar  auf  der  Zeichnung  Lastmans  keinen 
Schleier,  wohl  aber  auf  der  Lastmanschen  Radierung.  Dagegen 
zeige  in  beiden  Zeichnungen  (der  von  Rembrandt  und  der  von  Lastman) 
Judas  Kopf  dieselben  Züge,  ohne  daß  dies  in  Rembrandts  Zeichnung 
und  Lastmans  „Stich"  der  Fall  wäre.  „Daraus",  so  folgert  Saxl, 
„müssen  wir  schließen,  daß  es  eine  weitere  Vorstudie  zu  Lastmans 
Stich  war,  die  Rembrandt  vorlag  und  Ideen  sowohl  aus  der  Budapester 
Zeichnung,  als  auch  aus  dem  „Stiche"  enthielt.  Sie  gehörte  ohne 
Zweifel  zu  seinen  Zeichnungen,  die  unter  Nr.  263  und  264  (Zählung 
H.  d.  G.)  in  Konkursinventare  Rembrandts  aufgeführt  werden."  Für 
diese  Folgerung  scheinen  mir  die  Prämissen  nicht  stichhaltig  genug  za 
sein.  Zunächst  darf  man  wohl  fragen,  ob  denn  Rembrandt  hier 
wirklich   die  „ganze  Komposition   wie   auch   viele  Details"    von   den 


*)  Zeitschrift  für  bildende  Kunst,  Janiheft  1908. 

258 


beiden  Lastmanschen  Blättern  übernommen  hat.  Ich  kann  nicht 
finden,  daß  die  ganze  Komposition  von  Rombrandt  übernommen 
wurde,  denn  die  Thamar  sitzt  ganz  anders  als  auf  den  beiden 
Lastraanscben  „Vorbildern".  Sie  hockt  am  Boden  und  zwar  nicht 
auf  dem  Boin  dos  Juda,  über  dessen  anderes  sie  ihr  linkes  bezw. 
rechtes  legt.  Saxl  begnügt  sich  mit  dieser  Behauptung  und  erwähnt 
von  den  vielen  Details  nur  das  Kopftuch.  Daß  Rembrandt  die  Thamar 
einen  Schleier  (oder  ein  Kopftuch,  wie  Saxl  sagt)  tragen  ließ,  ist  auf 
ganz  natürliche  Weise  aus  dem  Bibeltext  zu  erklären,  wo  das  aus- 
drücklich gesagt  wird.  Dafür  brauchte  er  sich  nicht  erst  von  Lastman 
anregen  zu  lassen  oder  aber  für  eine  bestimmte  Form  desselben. 
Auf  Lastmans  Radierung  ist  der  Schleier  aber  von  ganz  anderer  Art 
wie  auf  Rembrandts  Zeichnung.  „Er  kam  also  vielleicht  dem  auf 
jener  uns  unbekannten  Lastmanschen  Vorstudie  zu  dieser  Radierung 
näher"  !  ?  Nun,  mit  dieser  nur  angenommenen  Zeichnung  Lastmans 
dürfen  wir  doch  nichts  beweisen  wollen.  Es  mag  ja  sein,  daß  es 
eine  solche  unter  den  in  Rembrandts  Besitz  gewesenen  zwei  Mappen 
mit  Zeichnungen  Lastmans  gab,  ganz  „ohne  Zweifel",  wie  Saxl  meint, 
ist  das  aber  durchaus  nicht,  sondern  nur  eine  reine  Annahme  Saxls. 

Drei  Blätter  Lastmans  habe  also  Rembrandt  —  nachdem  er 
25  Jahre  aus  dessen  Schule  war  —  für  einen  solchen  flüchtigen 
Zeichnungsentwurf  wie  diesen  vorliegenden  benutzt!  Um  hier  zu 
überzeugen,  hätte  Saxl  seine  Argumentation  doch  etwas  ausführlicher 
und  vor  allem  auf  einer  festeren  Basis  gestalten  müssen.  Was  nun 
vollends  die  Entlehnung  bei  Lastman  betrifft,  so  ist  darauf  hin- 
zuweisen, daß  die  Budapester  Zeichnuag  Juda  and  Thamar  niemals 
von  Lastman  sein  kann,  wie  oben  (Seite  213)  ausgeführt  wurde. 
Sie  fällt   mit    ihrer   Eleganz   völlig   aus    dem  Stil    Lastmans   heraus. 

Die  nochmalige,  allerdings  freiere  Benutzung  der  Komposition 
Lastmans,  die  nach  „Feststellung"  der  ersten  „Entlehnung"  unschwer 
für  die  Mittelgruppe  der  in  der  Sammlung  Gottfried  Eysler  in  Wien 
befindlichen  Zeichnung  des  verlorenen  Sohnes  unter  den  Dirnen  (Hof- 
stede  de  Groot  Nr.  1512)  zu  erkennen  sein  soll,  wie  Saxl  im  zweiten 
Teil  seines  kurzen  Aufsatzes  meint,  wird  einmal  nach  unseren  obigen 
Einwänden  auch  sehr  fraglich.  Und  die  Punkte,  die  Saxl  weiter  als 
beweisend  anführt,  kann  ich  nicht  für  beweißkräftig  erachten:  Diese 
habe   „große  Ähnlichkeit   mit   der   Budapester  Zeichnung 


Zeichnung 


17* 


269 


Lastmans  [die  nicht  von  Lastman  ist]:  man  beachte,  daß  beide  von 
rechts  nach  links  sitzen"  —  das  ist  doch  wohl  allzu  allgemein,  und 
außerdem  sitzen  sie  hier  bei  E-embrandt  nicht  einmal  von  rechts  nach 
links,  sondern  en  face  — ,  hier  wie  dort  die  Frau  auf  dem  Schoß 
des  Mannes  —  was  sich  aber  wahrhaftig  auch  aus  dem  Thema  fast 
von  selbst  ergibt  und  nicht  erst  durch  Lastman  angeregt  zu  werden 
brauchte.     Sie  sitzt  auch  ganz  anders  auf  dem  Schoß. 

Von  Details:  das  Ohrgehänge  —  kann  das  beweiskräftig  sein? 
„Und  vieles  andere".  Was  eigentlich?  Dann  stimmen  freihch  die 
Handhaltung  des  verlorenen  Sohnes,  der  etwas  geneigte,  streng  im 
Profil  gesehene  Kopf  der  Dirne  mit  der  Handhaltung  des  Juda  und 
dem  Kopf  der  Thamar  auf  dem  „Stiche"  Lastmans  überein.  Die 
Anmerkung,  die  Saxl  hierzu  macht,  daß  es  für  das  Verhältnis  der 
beiden  Zeichnungen  charakteristisch  sei,  daß  bei  Rembrandt  der  Pokal 
in  der  Hand  der  Dirne  etwas  Unorganisches,  gleichsam  nachträglich 
Hinzugekommenes  habe,  erklärlich  sei,  wenn  man  bedenke,  daß  Last- 
man den  Pokal  überhaupt  nicht  hat;  diese  Anmerkung  scheint  mir 
denn  doch  die  an  und  für  sich  schon  mehr  als  hypothetische  Ab- 
hängigkeit Rembrandts  von  Lastman  zu  einer  allzu  sklavischen  zu 
stempeln  und  der  Kunst  Rembrandts  (25  Jahre  nach  der  kurzen 
Lehrzeit  bei  Lastman!)  ein  allzu  schlechtes  Zeugnis  auszustellen. 
Solch  eine  Abhängigkeit  und  Schwäche  Rembrandts  um  die  50er 
Jahre  —  in  welclier  Zeit  Saxl  diese  Zeichnung  entstanden  sein 
läßt  —  kann  ich  mir  nicht  vorstellen,  am  wenigsten  in  solchen  Zeich- 
nungen, wo  es  es  sich  um  eine  plötzliche  Eingabe  des  Künstlers  handelt. 

Angesichts  der  in  Frage  stehenden  Zeichnung  von  Rembrandt 
überhaupt  kann  ich  es  nicht  unterlassen,  auf  einige  andere  schwache 
Stellen  derselben  hinzuweisen.  Die  Hand  der  Dirne,  die  den  Pokal 
hält,  ist  überhaupt  kaum  zu  erkennen.  Mehr  als  schlecht  sind  die 
Hände  der  Lautenschlägerin!  Das  sind  gar  keine  Hände.  Meines 
Erachtens  stehen  wir  da  vor  Mängeln,  die  bei  Rembrandt  in  den 
50er  Jahren  eigentlich  nicht  für  möglich  gehalten  werden  sollten. 
Indessen  wir  kämen  so  zu  einer  Untersuchung  über  die  Echtheit 
dieser  Zeichnung,  die  über  den  Rahmen  unserer  Erörterungen  weit 
hinausgeht. 

Dies  Beispiel  von  „Entlehnungen"  Rembrandts  von  Lastman 
zeigt,  wie  vorsichtig  man  bei  der  Feststellung  von  solchen  sein  muß, 

260 


und  wie  gewagt  es  ist,  weitere  Schlüsse  daraus  zu  ziehen.  Wenn 
dieselben  nicht  klarer  und  handgreiflicher  sind  als  in  diesem  vor- 
liegenden Fall,  und  wenn  sie  sich  nicht  aus  ganz  charakteristischen 
Übereinstimmungen  ergeben,  die  ein  Zurückgehen  des  einen  Künstlers 
auf  den  andern  als  unumgänglich  notwendig  voraussetzen  lassen,  so 
kann  höchstens  im  Allgemeinen  von  Anklängen  gesprochen  werden, 
die  aber  nur  zu  häufig  auch  rein  zufälliger  Natur  sein  können. 

So  dürfen  wir  bei  den  Übereinstimmungen,  oder  besser  in  den 
stilistisch  verwandten  Zügen,  die  im  „Werke"  Rembrandts  häufig  an 
Lastman  und  seine  wahlverwandten  Kunstbrüder  denken  lassen,  von 
Fall  zu  Fall  nicht  unbedingt  nach  bestimmten  Vorbildern  suchen 
wollen,  wenn  sie  sich  nicht  mit  noch  erhaltenen  authentischen 
Kompositionen  näher  vergleichen  lassen. 

Zu  solchen  Arbeiten,  die  sehr  stark  die  Nachwirkungen  der 
Schule  Lastmans  und  zwar  in  der  frühen  Zeit  Rembrandts  verraten, 
gehört  ein  Gemälde,  das  bisweilen  für  ein  Werk  von  Lastman  er- 
klärt wurde.  Es  ist  das  Bild,  das  im  Jahre  1905  im  Besitz  des 
holländischen  Malers  Simon  Maris  auftauchte,  dann  in  die  seitdem 
wieder  aufgelöste  Sammlung  Gustav  Ritter  Hoschek  von  Mühlheim 
in  Prag*)  kam,  und  den  Propheten  Bileam  darstellt  (Nr.  101  des 
Kataloges  der  Sammlung  Hoschek  von  Prof.  Martin,  1907).  Bode, 
Bredius  und  Valentiner  halten  das  Bild  für  einen  frühen  Rembrandt 
aus  der  Zeit  um  1626/27,  der  Lastman  besonders  nahe  steht.  Hofstede 
de  Groot  dagegen  zweifelte  die  Autorschaft  Rembrandts  an**).  Was 
seine  Verwandtschaft  mit  Lastmans  Stil  betrifft,  so  ist  diese  unver- 
kennbar. Das  Pathetische,  die  Art  und  Weise  des  Farbenauftrages, 
die  Blattpflanzen,  erinnern  an  diesen.  Aber  die  Typen  sind  z.  B. 
doch  bereits  ganz  anders,  Ausdruck,  Stellung  und  Haltung  der  beiden 
Reiteräguren  rechts  hinten  spezifisch  rembrandtisch.  Von  Bode  ist 
das  Gemälde  in  der  Zeitschrift  für  bildende  Kunst,  Oktoberheft  1905, 


*)  Unter  den  am  2^.  März  1909  in  Wien  versteigerten  Gemälden  dieser  Sammlnog 
befand  es  sicli  niclit;  auch  nicht  unter  denjenigen  daraus,  die  der  Kunsthändler 
J.  Gondslikker  in  Amsterdam  schon  vorher  gekauft  hatte. 

**)  Zuletzt  in  seinem  Aufsatz  „Nieuwontdekte  Rembrandts"  in  Onze  Kunst, 
Dezeniberheft  1909.  „Die  Brücke,  die  bei  Lastman  beginnt,  leitet  ebensogut  zu  seinem 
andern  Scliüler  J.  Lievens  und  vielleicht  auch  noch  anderen  uns  vorläufig  noch  un- 
bekannten Schülern  wie  zu  Rembrandt."' 


261 


und  von  Valentiner  in  Onze  Kunst,  1907,  besprochen  worden,  von 
von  Frimmel  in  seinen  Blättern  für  Gemäldekunde,  Bd.  III,  Seite 
245/46.  Ich  persönlich  hege  die  Vermutung,  daß  wir  es  hier  viel- 
leicht nur  mit  dem  Torso  eines  Frühwerkes  von  Rembrandt  zu  tun 
haben,  den  wir  aber  mit  Hülfe  eines  Bildes  von  G.  C.  Bleecker  im 
Museum  Boymans  in  Rotterdam  in  der  Komposition  der  linken  Seite 
annähernd  rekonstruieren  können.  Der  Engel  auf  dem  Hoschek'schen 
Bild  scheint  mir  eine  spätere  Zutat  zu  sein  und  nicht  dem  ursprüng- 
lichen Zustande  zu  entsprechen.  Er  befindet  sich  zunächst  einmal  an 
einer  Stelle,  wo  er  gar  nicht  hingehört.  Der  Sinn  der  ganzen  Szene 
wird  so  direkt  aufgehoben.  Nach  dem  ßibeltext  muß  der  Engel  dem 
Bileam  entgegentreten,  er  müßte  hier  also  ganz  links  vor  ihm  stehen. 
Man  darf  aus  der  Tatsache,  daß  Rembrandt  in  seinen  Kompositionen 
möglichst  klar  und  in  genauer  Anlehnung  an  den  Text  die  Erzählung 
darzustellen  pflegte,  wohl  annehmen,  daß  er  auch  hier  den  Engel 
ursprünglich  dahin  gestellt  haben  wird,  wo  er  hingehört.  Nun  strahlte 
von  der  Gestalt  des  Engels  das  HimmelsMcht  aus,  dessen  Schatten- 
wirkung teilweise  noch  deutlich  genug  beobachtet  werden  kann.  Es 
kam  mit  dem  Engel  ursprünglich  von  links,  etwas  von  vorn  her  und 
nicht  von  links  hinten.  Das  hatte  Sinn.  Jetzt  dagegen  bestrahlt  das 
von  links  herkommende  Licht  den  von  rechts  hinter  dem  Bileam 
heranfliegenden  Engel  sowohl  wie  auch  den  Bileam.  Ein  drittes 
Moment  gegen  Rembrandt  als  Maler  des  Engels  in  dieser  Fassung 
scheint  mir  die  glattere  flauere  Malweise  im  Gegensatz  zu  der  fetten, 
ja  pastosen  der  anderen  Figuren  zu  sein.  —  Aber  nun  drängt  sich 
die  Frage  auf,  wo  der  Engel  auf  dieser  Tafel  links  Platz  gefunden 
haben  mag.  Die  Antwort  hierauf  wäre  der  Hinweis  auf  das  Malbrett, 
das  in  der  Mitte  gesprungen  ist,  da,  wo  die  beiden  Bretter  zusammen- 
gesetzt sind.  Nun  wäre  es  doch  wohl  möglich,  daß  das  Malbrett 
ursprünglich  aus  drei  Brettern  bestanden  hat,  und  daß  dieses  dritte, 
auf  dem  ein  stehender  Engel  gerade  Platz  hatte,  abgebrochen  und 
verloren  gegangen  ist.  Dann  ergibt  sich  auch  für  die  Komposition 
das  so  oft  von  Rembrandt  und  Lastman  angewandte  Schema  der 
neben  ein  Dreieck  gestellten  Senkrechten.  Und  dann  kam  auch  die 
Landschaft  mehr  als  jetzt  zu  ihrem  Rechte. 

Das     eingangs     erwähnte    Gemälde    gleicher    Darstellung    von 
Gerrit  Claesz.     Bleecker  in  Rotterdam  ist  gewiß  unter  starkem  Einfluß- 

262 


iioses  frühen  Rembrandt  entstanden  —  man  vergleiche  beispielsweise 
die  im  Schatten  befindlichen  Figuren  rechts,  sowie  das  Drauflos- 
schlagon  dos  Biloam  auf  seinen  Esel.  Wie  Bleecker  einzelne  kleine 
Züge  von  Rembrandt  entlehnt  hat,  so  wird  er  sicherlich  auch  in  der 
Anordnung  des  vom  Text  unbedingt  als  vor  dem  Bileam  stehend 
geforderten  Engels  nach  seinem  Vorbild  gerichtet  haben,  wenn  er 
auch  die  von  Rembrandt  absichtlich  gewählte  Komposition  der 
Pyramide  gegenüber  einer  Senkrechten  scheinbar  nicht  verstanden 
oder  nicht  gemerkt  und  daher  in  seinem  Gemälde  auch  verwischt 
oder  aber  auch  nicht  gewollt  hat.  Dem  „Vollender"  unseres  Bildes 
von  Remdrandt  blieb  zur  Einführung  des  Engels  nur  der  Raum 
links  hinter  Bileam  übrig. 

Fast  noch  stärker  an  Lastman  erinnert  das  Anfang  1909  im 
englischen  Kunsthandel*)  entdeckte  Frühwerk  von  Rembrandt,  das 
den  jungen  David  darstellt,  wie  er  nach  Erlegung  des  Riesen  Goliath 
dessen  Haupt  und  Schwort  dem  König  Saul  überreicht.  Auch  hier 
ist  neben  dem  hellen  kühlen  Kolorit,  in  dem  Gelb,  Hellblau  und  Rosa 
dominieren,  vor  allem  die  Art  der  Komposition  ganz  im  Sinne 
Lastmans  gestaltet.  Einzelne  Figuren,  besonders  der  Reiter  links, 
läßt  uns  an  die  Gestalten  auf  der  Taufe  des  Kämmerers  in  München 
und  der  Predigt  Johannis  des  Täufers  der  Versteigerung  Raedt  van 
Oldenbarnevelt  denken.  Der  König  Saul,  der  ganz  im  Profil  steht, 
ruft  die  Erinnerung  etwa  an  den  stehenden  Laban  auf  Lastmans  Bild 
in  Boulogne  sur  Mer  wach.  Beachtet  darf  werden,  daß  Lastman 
auch  ein  Bild  gemalt  hatte,  auf  dem  David  mit  dem  Haupte  des 
Goliath  feierlich  empfangen  wird  (unsere  Nr.  28).  Leider  ist  dies 
Gemälde  nicht  mehr  erhalten. 

Bode  datiert  das  neuentdeckte  Bild  um  1630,  indem  er  auf  die 
Bedeutung  des  Gemäldes  als  ersten  glücklichen  Versuch  einer  figuren- 
reichen Komposition  hinweist,  durch  die  es  Bilder  wie  die  DarsteUung 
im  Tempel  von  1629  (Sammlung  Beit),  den  Judas  die  Sdberlinge 
zurückbringend  bei  Baron  Schickler,  die  Taufe  des  Eunuchen  u.  s.  f. 
weit  überrage,  und  daß  es  daher   wohl   nicht   in   den    ersten   Jahren 


*)  Auf  einer  Auktion  bei  Robinson  &  Fischer  in  London  wurde  es  als 
G.  V.  d.  Ecckhout  für  9'/.3  Guineas  von  Frank  R.  Richardson  in  London  erworben. 
Später  ging  es  in  den  Besitz  des  Kunsthändlers  Heinemann  in  München  über,  der  es 
der  alten  Pinakothek  leihweise  überließ. 

268 


des  Künstlers  entstanden  sein  werde.  Die  Jahreszahl  ist  undeutlich. 
Erst  -wurde  1625,  dann  1627  gelesen,  während  Bode  1631  lesen  zu 
müssen  glaubte,  was  wieder  auffallend  spät  wäre  für  die  Eigentüm- 
lichkeiten des  Bildes*).  Fritz  Stahl  hält  das,  was  als  2  gedeutet  wird, 
für  einen  bloßen  Schnörkel  und  das,  was  als  5  bezw.  7  gedeutet 
wird,  für  31.  Für  diese  Datierung  führt  er  als  besonderen  Grund 
den  an,  daß  er  in  dem  Jünglingskopf,  der  hinter  der  gebeugten 
Grestalt  Samuels  herausragt,  ein  Selbstporträt  des  damals  25jährigen 
Künstlers  sieht.  «Oder,  da  bei  der  skizzenhaften  Malerei  das  Wort 
Porträt  vielleicht  zu  stark  erscheint,  will  ich  sagen:  er  hat  diesem 
Kopf  seine  Züge  gegeben." 

Zu  einem  Vergleich  mit  Lastman  reizt  auch  stark  das  nur  aus 
der  van  Vlietschen  Eadierung  und  aus  alten  Kopien  bekannte  Bild 
der  Taufe  des  Kämmerers  von  Rembrandt,  die  mit  zu  den  frühesten 
Werken  des  Meisters  gehörte  und  die  eigentlich  auch  in  der  Auf- 
fassung Lastman  am  nächsten  steht.  Von  Lastman  selber  besitzen 
wir  bekanntlich  noch  drei  datierte  Gemälde,  die  diesen  Gegenstand 
behandeln,  sowie  eine  Zeichnung  und  eine  Nachzeichnung  nach  einem 
verschollenen  Gemälde.  Welcher  von  diesen  Darstellungen  steht  nun 
das  Rembrandtsche  Frühwerk  am  nächsten?  Wenn  ihm  bei  der 
Komposition  seines  Bildes  Lastman  vorgeschwebt  haben  sollte,  so 
waren  es  dessen  beiden  letzten  Fassungen.  Ein  Hauptunterschied 
aber,  der  von  wesentlichem  Einfluß  auf  die  kompositionelle  Gestaltung 
sein  mußte,  besteht  von  vornherein  in  der  Wahl  des  Hochformates 
von  Seiten  Rembrandts  im  Gegensatz  zu  Lastman.  Das  mußte  ge- 
wisse Verschiebungen  in  der  Anordnung  der  Figuren  notwendig  zur 
Folge  haben.  So  sehen  wir  Rembrandt,  der  eigentlich  nur  drei 
Figuren  verwendet,  diese  in  einer  Senkrechten  übereinander  anordnen. 
Vorn  in  der  Mitte  den  knienden  Täufling,  dann  stehend  den  taufen- 
den Philippus  und  dahinter  auf  einer  Erderhebung  und  zu  Pferde 
den  Wagenführer.     Der  Wagen,    wie    der   Teppich   hinten    über   die 

*)  Bis  jetzt  wurde  das  Bild  besprochen  in  Burlington  Magazine,  Juliheft  1909, 
von  Bode  in  der  Zeitschrift  für  bildende  Kunst,  Oktoberheft  1909.  Abbildungen  in 
beiden  Aufsätzen;  ferner  im  „Tag"  vom  16.  März  1909  und  im  „Weltspiegel''  vom 
1.  August  1909.  (Diese  war  also  nicht  die  erste  in  Deutschland  publizierte  Abbildung, 
wie  F.  Stahl  im  Text  zu  jener  Abbildung  im  Weltspiegel  behauptet.)  Die  Abmessungen 
des  Bildes  betragen  lOVo  X  15  inches.  Hofstede  de  Groot  besprach  das  Bild  auch 
noch  ganz  kurz  in  „Onze  Kunst",  Dezemberhefl  1909. 

264 


Kückenlehne  und  eine  zweite  niedrigere  Stütze  gelegt  ist,  und  der 
darüber  ausgespannte  Schirm  erinnern,  abgesehen  von  den  beisäch- 
lichen Lattichpflanzen,  am  stärksten  an  Lastmans  Bild  von  1C22  in 
Karlsruhe.  Und  dann  wird  auch  das  bunte  Kolorit  als  „lastmanisch" 
angesprochen  werden  dürfen,  soweit  man  aus  der  Oldenburgor  — 
wohl  der  besten  —  Kopie  schließen  darf.  Aber  in  anderem  erkennen 
wir  doch  schon  den  Rembrandt.  Auch  hier  bringt  er,  ähnlich  wie 
auf  dem  Bileam-^ilde,  rechts  im  Hintergrund  im  Schatten  einige  zu- 
schauende Figuren  aus  dem  Gefolge  an,  das  Lastman  im  Gegensatz 
dazu  gerade  auf  seinem  Münchener  Bild  mit  breiter  Behaglichkeit 
dicht  um  die  Hauptfiguren  hcrumgruppierte. 

Bemerkenswert  ist,  daß  Rembrandt  beim  zweiten  Male,  wo  er 
die  Taufe  des  Kämmerers  darstellte,  in  der  Radierung  B.  98  vom 
Jalire  1641,  sich  relativ  viel  enger  an  Lastman  anschloß,  aber  auch 
wieder  an  die  beiden  späteren  Gemälde  von  ihm.  Von  einem  näheren 
Eingehen  auf  Einzelheiten  sehe  ich  ab,  weil  die  Autorschaft  Rem- 
brandts    für  diese  Radierung  nicht  unzweifelhaft  feststeht. 

Ein  anderes  Motiv  gibt  aber  noch  einmal  Veranlassung  —  auch 
freilich  mehr  im  Allgemeinen  —  nach  einem  Vorbild  bei  Lastman 
zu  suchen.  Es  sind  das  die  Heiligen-  und  Einsiedlerfigiiren,  von 
denen  uns  auch  eine  von  Lastman  (bei  Herrn  Baron  L.  Janssen  in 
Brüssel)  vom  Jahre  IGll  erhalten  ist;  aber  hier  zeigt  sich  schon  von 
Anfang  an  die  hohe  künstlerische  Ueberlegenheit  Rembrandts  seinem 
Lehrer  gegenüber.  Der  Paulus  im  Gefängnis  in  Stuttgart,  das 
früiieste  Bild  dieser  Art  von  Rembrandt,  bedeutet  eine  solche  Ver- 
schiedenheit in  der  künstlerischen  Fragestellung,  daß  einen  die  be- 
gonnene Gegenüberstellung  fast  schon  reut.  Hier  wird  das  Licht 
eingeführt  als  künstlerisches  Ausdrucksmittel  und  gleichzeitig  als 
wirkungsvolles  Moment  zur  Verstärkung  des  geistigen  Gehaltes  des 
Bildgedankens.  Bezeichnend  ist,  daß  Rembrandt  auch  eine  bestimmte 
Persönlichkeit  in  einem  bestimmten  Zustand  wählt  —  so  kann  er  die 
ihm  zu  Gebote  stehenden  kiinstleiischen  Ausdrucksmöglichkeiten  besser 
abmessen,  als  wenn  er  nur  den  lesenden  Einsiedler  gäbe  wie  Lastman. 
Es  liegt  in  der  ganzen  Konzeption  des  Rembrandt' sehen  Paulus  viel 
mehr  geistige  oder  seelische  Aktion,  und  das  ist  eigentlich  durch- 
cehends  der  Fall  bei  den  Frühwerken  Rembrandts.  Es  sei  nur  auf 
einen  kleinen,  scheinbar  äußerlichen  Zug   hingewiesen,    der   aber   für 


265 


den  Inhalt  der  Bilder  von  einschneidender  Bedeutung  ist:  Die  Art 
des  Sitzens,  die  Fuß-  und  Beinstellung  ist  bei  beiden  Figuren  ziemlich 
gleich.  Aber  die  Funktion  der  den  Kopf  stützenden  Hand  ist  ver- 
schieden. Bei  Lastman  ruht  der  Kopf  leicht  geneigt  zur  Seite  in 
der  Hand,  der  Arm  stützt  sich  selbst  auf  den  Tisch.  Die  Folge 
davon  ist,  daß  im  Beschauer  der  Eindruck  geweckt  wird:  der  lesende 
Greis  fängt  an  müde  zu  werden  —  noch  dazu  wenn  wir  bedenken, 
daß  er  den  großen  Folianten  unmöglich  lange  Zeit  in  dieser  Stellung 
halten  kann.  Auch  hier  muß  bald  eine  Erschlaffung  des  ausge- 
streckten Armes,  eine  Unterbrechung  des  Lesens,  der  Tätigkeit  des 
Mannes  stattfinden.  Umgekehrt  geht  der  Weg  bei  Rembrandt.  Da 
hebt  die  geistige  Tätigkeit  erst  an.  Paulus  stützt  den  aufrecht  ge- 
haltenen Kopf  wohl  unter  dem  Kinn  auf  die  Hand  —  aber  nur 
scheinbar.  Diese  Hand  hat  wirklich  nicht  den  Kopf  zu  stützen,  sie 
ist  vielmehr  unwillkürlich  an  Kinn  und  Mund  geführt  auf  Grund 
einer  Beobachtung  des  Künstlers,  daß  diese  Handhaltung  gewisser- 
maßen eine  Reflexbewegung  eines  scharf  nachsinnenden  Menschen  ist. 
Sie  verstärkt  also  unsere  Vorstellung,  daß  dieser  Mann  nachsinnt. 
Damit  geht  zusammen  die  Lage  des  Buches  auf  dem  rechten  Ober- 
schenkel. Im  dem  Detail  des  herumliegenden  Beiwerkes  verraten 
sich  fleißige  Naturstudien;  „der  zwanzigjährige  Jüngling  zeigt  sich 
in  der  schlagenden  Wirkung  des  Sonnenlichtes  seinen  Lehrern  über- 
legen, und  ebenso  steht  er  auch  in  Ernst  und  Größe  der  Auffassung 
weit  über  ihnen.  .  .  .  Der  Künstler  ist  in  diesem  frühen  Bilde  bereits 
in  der  Auffassung,  in  der  Wahl  seines  Gegenstandes  und  in  der 
Lichtgebung  ganz  eigenartig,  ganz  er  selbst."*) 

Eine  ganz  allgemeine  Bemerkung  zur  Stellung,  die  Lastman  als 
Vermittler  zwischen  italienischer  Barockkunst  und  nordischer  einnimmt, 
scheint  mir  hier  angebracht  zu  sein.  Alois  Riegls  Ausführungen  über 
das  Wesen  der  italienischen  Barockkunst  und  ihr  Verhältnis  zur 
nordischen  mögen  einmal  kurz  auf  unsern  Fall  angewandt  werden. 
„Die  italienische  Kunst  schildert,  wie  alle  christliche  Kunst,  Handlungen 
und  Folgewirkungen  innerer  Bewegungen,  seelischer  Antriebe.  Dabei 
legt  sie  aber  den  Hauptakzent  auf  die  äußere  Handlung.  Die 
germanische  Kunst  schildert  das  gleiche,  legt  aber  den  Hauptakzent 
auf  die  seelische  Bewegung:    sie  schildert   seelische   Bewegungen   als 

*)  Bode,  Studien,  Seite  365/66. 

266 


Motivo  körperlicher  Handlungen.  Das  heißt,  das  Seelische  ist  im 
germanischen  Kunstwollon  von  vornherein  das  Stärkere.  Das  Seelische 
ist  das  Unkörperliche,  Unfaßbare,  Immaterielle;  daher  die  Passivität 
der  Germanen  dem  Faßbaren,  Bildbaren  in  der  Kunst  von  Haus  aus 
gegenüber."  Lastman  war,  als  er  nach  Rom  kam,  von  Anfang  an 
schon  auf  jenes  spezifisch  Italienische  vorbereitet  worden  —  er  kam 
in  Rom  aber  gleich  in  den  Kreis  des  Deutschen  Elsheimer,  auf  den 
Riegls  Worte  über  die  nordische  Kunst  durchaus  zutreffen.  Aber 
Lastman  suchte  gleichzeitig  auch  das  Faßbare,  Bildbare,  das  ihm  hier 
in  der  italienischen  Kunst  überall  entgegentrat,  sich  anzueignen,  seine 
seelische  Ausdrucksmöglichkeit  zu  bereichern.  ,Nun  wird  dieses 
Seelische  in  der  italienischen  Barockkunst  gesteigert:  Annäherung  an 
das  Nordische."  Auch  hier  erklärt  sich  Lastmans  gewisse  Bevor- 
zugung der  modernen  Italiener  gegenüber  Michelangelo  und  Raffael. 
Aber  „in  gleichem  Maße  wird  auch  die  körperliclie  Handlung  ge- 
steigert: das  ist  das  unaustilgbar  Italienische  (ist  die  innere  Aufregung 
größer,  so  muß  sie  sich  auch  stärker  nach  außen  Luft  machen),  und 
dieses  Zusammensein  beiler  Elemente  empfinden  wir  als  Widerspruch. 
Betende  Figur  wie  oben :  innere  seelische  Aufregung,  gesteigert  gegen 
die  Renaissance,  aber  zugleich  äußere  Bewegung:  konvulsivische 
Zuckungen.  Man  vergleiche  daneben  Rembrandt:  je  inniger  seine 
Figuren  beten,  desto  ruhiger  werden  sie  äußerlich,  desto  weniger 
äußere  Handlung,  körperliche  Bewegung."  Ruhiger  und  inniger  wird 
Rembrandt  mehr  und  mehr  mit  dem  Fortschreiten  seiner  Entwicklung. 
Seine  Anfänge  berühren  sich  aber  oft  sehr  stark  mit  dem  Barock  — 
das  ihm  gewiß  auch  mit  durch  Lastman  vermittelt  wurde,  freilich 
nur  in  verwässerter,  viel  äußerlicherer  und  doch  auch  bereits  nordisch 
gemäßigter  Weise.  Er  selbst  aber  bringt  in  seiner  Kunst  nun  erst 
noch  einen  starken  barocken  Auftackt  an  äußerlicher  Bewegung. 
Denken  wir  z.  B.  an  die  Frankfurter  Blendung  Siinsons  von  1636. 
Aber  das  ist  nur  Übergang.  Rembrandts  weitere  Entwicklung  voll- 
zieht sich  gesetzmäßig  wieder  nach  innen  zu.  Jene  barocke  Periode 
in  Rembrandts  Entwicklung  war  aber  gewiß  kein  Hemmnis.  Es  gab 
vielmehr  dem  Nordländer  Veranlassung,  das  Studium  körperlicher 
Handlungen  als  Wirkung  seelischer  Bewegung  in  weitem  Maße  aus- 
zudehnen, und  wir  sehen  Rembrandt  auch  hier  im  Anfang  die 
Anregung  von  den  in  Rom  gebildeten  Historienmalern,  Lastman  u.  a. 


267 


schöpfen.  Was  diese  „Übergangsmeister''  der  auf  barocke  Vorbilder 
zurückgehenden  Gebärden-  und  Gestensprache  ihrer  Figuren  an 
innerem  Leben  nicht  zu  geben  vermochten,  das  konnte  Rembrandt. 
Sehen  wir  z.  B.  die  Hanna  auf  der  Darstelhing  Christi  im  Tempel 
(Hamburg,  Sammlung  Weber)  an:  gewiß,  sie  hat  ihre  Hände  pathe- 
tisch segnend  ausgebreitet  —  aber  dennoch:  die  leere  Pose  Lastmans 
ist  das  schon  nicht  mehr.  Das  gleiche  ließe  sich  bei  manchen  anderen 
Bildern  E-embrandts,  auf  denen  diese  oder  jene  Figur  an  Lastman 
und  seinen  Kreis  erinnert,  sagen:  wie  z.  B.  der  Wagen  mit  dem  zu- 
schauenden Kutscher  auf  dem  Gemälde  des  Raubes  der  Europa  in 
dem  Besitz  der  Princesse  de  Broglie  in  Paris  an  den  Wagen  und 
Kutscher  auf  Lastmans  Taufe  des  Kämmerers  in  Karlsruhe  erinnert, 
das  Opfer  Abrahams  in  der  Eremitage  (1635)  an  die  Amsterdamer 
Grisaille  Lastmans  (woi'auf  Bredius  und  Valentiner  hingewiesen  haben), 
weiter  bei  der  Figur  des  hinter  dem  alten  Tobias  knienden  jungen 
Tobias  auf  dem  Gemälde  Der  Engel  verläßt  den  Tobias  (1637)  im 
Louvre,  bei  dem  Abschied  der  Hagar  beim  Earl  of  Denbigh  in  Newnham 
Paddox,  oder  von  den  Radierungen  auf  dem  Blatt  B.  30  Verstoßung 
der  Hagar*)  (1633)  zur  Figur  des  Abraham,  zu  den  drei  Orientalen, 
B.  118,  der  „kleinen"  Auferweckung  des  Lazaruz,  B.  72**),  dem 
Triumph  des  Mardocliäus,  B.  40,  Christus  imd  die  Samariterin,  B.  71. 
Auch  unter  den  Handzeichnungen  ist  manches  Lastman  verwandte 
Blatt  zu  finden  —  ohne  daß  man  das  direkte  Vorbild  angeben  könnte 
und  darf.  Denn  es  wäre  kleinlich,  wollte  man  jedesmal  direkte  Ab- 
hängigkeit festzustellen  suchen,  wo  es  sich  um  natürliche  allgemeine 
künstlerische  Schaffensbedingungen  handelt. 

Man  hat  darauf  verwiesen,  daß  Lastman  seinem  Schüler  eine 
Reihe  von  Motiven  übermittelt  habe,  weil  wir  mehrere  Sujets  Lastmans 
im  „Werke"  von  Rerabrandt   wieder  behandelt   ßnden.      In   der   Tat 


*)  Vergl.  hierüber  N.  Reslorf,  Rembrandtiana  im  Repertorium  für  Kunsl- 
wissenschaft,  1908,  Seite  l.ö9fT.  Beeinflussung  der  Hagar  durch  Savoldos  Maria 
Magdalena  und  des  Ismael  durch  die  Figur  des  gekrönten  Zoroaster  auf  Raffaels 
„Schule  von  Athen". 

**)  Diese  steht  eigentlich  Pijnas  näher;  vergl.  das  von  C.  J.  Holmes  im  Burlington 
Magazine,  Novemberheft  1907,  veröffenilichte  Bild,  das  damals  im  Besitze  der  Carllon 
Galleries  war,  und  das  in  Aschaffenburg,  das  zuerst  Dr.  E.  Bassermann- Jordan  publi- 
zierte (Unveröffentlichte  Gemälde  aus  bayrischem  Staatsbesitz,  I.  Die  Galerie  im 
königl.  Schloß  in  Aschaffenburg.    1907). 

268 


wurden  fast  alle  eben  angeführten  Szenen  auch  von  Lastman  gemalt 
—  aber  nicht  nur  von  ihm,  sondern  auch  von  den  anderen  Zeit- 
genossen. Diese  biblischen  oder  mythologischen  Sujets  sind  über- 
haupt nicht  einmal  etwas  Besonderes  der  holländischen  Kunst,  sondern 
sie  finden  sich  allenthalben  in  Italien,  in  Venedig  wie  in  Rom  und 
sonstwo  behandelt.  Aber  —  das  darf  wohl  hervorgehoben  werden  — 
Lastman  und  seine  Kunstgenossen  machten  diese  Darstellungen  für 
das  holländische  Publikum  schmackhafter,  indem  sie  sie  in  ein  aus 
antiken  und  modernen  Elementen  zusammengesetztes  Gewand  kleideten 
und  in  ein  kleineres,  dem  holländischen  Wohnraum  angepaßtes 
Format  übertrugen. 

Valentiner  wies  auch  darauf  hin,  daß  Rembrandt  im  Jahre  1656 
ein  kleines  Bild  mit  einem  Ochsen,  ein  „ossie",  von  Lastman  besaß, 
und  knüpft  daran  die  Frage:  Stellte  dies  Gemälde  wie  die  bekannten 
Rembrandts  einen  geschlachteten  Ochsen  dar,  wie  fast  anzunehmen 
ist?  Ich  glaube  nun  doch  nicht,  daß  Lastman  einen  derartigen  ge- 
schlachteten Ochsen  gemalt  hat.  Es  scheint  mir  wahrscheinlicher  zu 
sein,  daß  dies  „ossie"  von  Lastman  im  Besitze  Rembrandts  eine  ge- 
wöhnliche Studie  nach  einem  Ochsen  gewesen  ist.  Denn  Lastman, 
wie  auch  Pijnas  und  Moeyaert  und  die  anderen,  haben  bekanntlich 
häufig  Ochsen  und  andere  Haustiere  auf  ihren  Gemälden  angebracht 
und  auch  für  sich  gemalt.  Wir  sprachen  oben  von  Lastman  als  von 
einem  regelrechten  Tiermaler.  Zu  beachten  ist,  daß  im  Text  des  In- 
ventares  von  Rembrandt  kurz  vor  Lastmans  „ossie"  unter  Nr.  108 
der  Zählung  von  Hofstede  de  Groot  „een  ossie  naer't  leven  van 
Rembrandt"  vorkommt,  ebenso  wie  unter  Nr.  249  „een  dito  (Kunst- 
buch) vol  teeckoninge  van  Rembrandt,  bestaende  in  beesten  nae't 
leven";  unter  Nr.  305  ferner  „een  paert  nae't  leven"  und  unter 
Nr.  36  „twee  haesewinden  (Windhunde)  nae't  leven".  Rembrandt 
zeichnete  also  auch  Ochsen  nach  dem  Leben,  und  zwar  fanden  auf 
der  Radierung  B.  45,  Anbetung  der  Hirten  mit  der  Lampe,  rechts 
zwei  Rinder  ähnliche  Verwendung  wie  auf  Lastmanschen  Bildern. 
Mit  unbedingter  Sicherheit  läßt  sich  ja  die  Möglichkeit,  daß  Valen- 
tiners VeiTQutung  richtig  ist,  nicht  abweisen.  Aber  das  Natürlichere 
ist  doch,  dem  Worte  „ossie"  nicht  gleich  den  Sinn  „geschlachteter 
Ochse"  unterzulegen,  da  wir  bei  Lastman  wohl  Studien  nach  lebenden 
Haustieren     in     Menge    annehmen     müssen,     aber    keinen    einzigen 

269 


Anhaltspunkt  dafür  haben,  daß  er  wie  Rembrandt  geschlachtete 
Tiere  malte. 

Die  Verwendung  der  roten  Kreide  durch  Rembrandt  im  An- 
schluß an  Lastman  —  weil  sich  in  Rembrandts  Inventar  eine  Mappe 
mit  Rötelzeichnungen  von  Lastman  verzeichnet  findet  —  muß  auch 
wohl  verallgemeinert  werden.  Da  es  keine  besondere  Eigentümlich- 
keit nur  Lastmans  war,  mit  Rötel  zu  zeichnen,  sondern  da  allgemein 
von  diesem  wie  anderen  Meistern  der  Rötel  benutzt  wurde,  darf  man 
Lastman  doch  wohl  nicht  allein  als  den  hinstellen,  der  Rembrandt 
auf  die  Verwendung  dieses  Zeichenmaterials  gebracht  habe.  Mit 
demselben  Rechte  könnten  auch  die  Pijnas  und  andere  Künstler  ge- 
nannt werden,  von  denen  sich  in  den  Mappen  mit  Handzeichnungen, 
die  Rembrandt  von  den  Hauptmeistern  der  ganzen  Welt  besaß,  sicher 
auch   manches   mit   Rötel   gezeichnete   Blatt    befunden    haben   wird. 

Von  einer  „Manier  auf  Kupfer  zu  malen"  darf  man  bei  Last- 
man nicht  gut  sprechen.  Es  sind  sehr  wenige  Bilder  noch  nach- 
weisbar (unsere  Nrn.  65,  61,  73  und  109),  die  er  auf  dieses  Material 
gemalt  hat;  erhalten  ist  kein  einziges.  Mag  sein,  daß  hie  und  da 
in  Lastmans  Atelier  diese  „Manier"  gepflegt  wurde.  Die  wenigen 
Gemälde,  die  Rembrandt  auf  Kupfer  ausführte,  lassen  sich  gewiß 
auch  leicht  ohne  eine  direkte  Vermittlung  dieses  von  Elsheimer  und 
Künstlern    des    XVI.    Jahrhunderts    bevorzugten    Materiales    denken. 

Näher  und  direkter  schließt  sich  der  junge  Rembrandt  wieder 
in  der  Art  der  Farbenbehandlung,  des  etwas  fetten  Farbenauftrages 
an  seinen  Lehrer  an,  im  Handwerklichen,  Lernbaren  also.  Das  sehen 
wir  leicht  und  deutlich  aus  seinen  frühen  Gemälden,  beginnend  mit 
dem  Paulus  im  Gefängnis,  dem  Geldwechsler,  dem  Bileam,  David  u.  s.  w. 

Ebenso  deutlich  zeigt  sich  in  der  Art  zu  komponieren  öfter  ein 
sehr  enger  Anschluß  Rembrandts  an  Lastman.  Wir  hatten  bereits 
oben  Gelegenheit,  auf  Lastmans  Vorliebe  für  die  Dreieckskomposition, 
gegen  die  eine  Senkrechte  gestellt  ist,  hinzuweisen.  Dasselbe  Schema 
fanden  wir  auch  bei  Rembrandt  in  einer  Reihe  von  Werken  deutlich 
ausgeprägt  wieder.  So  sehen  wir  sie  beim  Simeon  im  Tempel  im 
Haag,  im  Christus  vor  Pilatus  in  der  National  Gallery  in  London, 
in  der  Aufrichtung  des  Kreuzes  in  München,  auch  in  der  Kreuz- 
abnahme dort,  in  dem  Bild  Diana  und  Äktäon  beim  Fürsten  zu 
Salm-Salm  in  Anholt;  von  den  Radierungen  •*.  B.  das  Hituderigulden- 

270 


hlatt,  die  Darstellung  im  Tempel  (B.  83),  die  Rückkehr  des  verlorenen 
Sohnes  (B.  91). 

Dabei  darf  aber  nicht  übersehen  werden,  daß  Rembrandt  zur 
Vorliebe  für  den  Aufbau  der  Komposition  im  spitzen  Dreieck  als 
solchem  —  also  ohne  die  dazu  in  Gegens'Btz  gestellte  Senkrechte  — 
auch  durch  das  Studium  Raffaels  geführt  wurde.  Vergl.  hierzu  Valen- 
tiners Bemerkungen  in  seinem  schon  mehrmals  zitierten  Buch  „Rem- 
brandt und  seine  Umgebung",  Seite  90/91. 

Wir  haben  gesehen,  daß  Rembrandt  in  einzelnen  Fällen  nach- 
weislich direkt  auf  Lastman  zurückgegangen  ist  und  daß,  wie  immer, 
wenn  von  Lastman  und  seinem  Schüler  die  Rede  war,  hervorgehoben 
wurde,  in  Rembrandts  Werken  zahlreiche  Anklänge  an  den  Stil 
Lastmans  vorkommen.  Während  wir  die  ersteren  Fälle  ausführlich 
betrachteten,  glaubten  wir  aber  bezüglich  der  letzteren  darauf  hin- 
weisen zu  müssen,  daß  man  in  diesen  allgemeinen  Berührungspunkten 
mehr  die  Wirkung  der  ganzen  Gruppe  von  vor-Rembrandtischen 
Historienmalern  in  Amsterdam  erkennen  muß,  als  den  von  Lastman 
persönlich  ausgeübten  Einfluß. 

Merkwürdig  bleibt  es  jedenfalls,  daß  Rembrandt  noch  in  späteren 
Jahren  auf  Lastman  direkt  zurückgreift  und  ihn  für  die  Gestaltung 
gewisser  Gemälde  als  Vorbild  benutzt.  Insbesondere  wenn  wir  — 
soweit  es  möglich  ist  —  den  verhältnismäßig  sehr  geringen  Einfluß 
vergleichen,  den  Lastman  auf  andere,  weniger  begabte  Schüler 
ausgeübt  hat. 

Wir  wollen  schließen  mit  einem  Hinweis  auf  jene  häufig  an- 
geführte Reihe  von  Malern,  die  sich  aus  dem  Zurückverfolgen  der 
jeweiligen  Lehrer  ergibt  und  die  bei  Grünewald  beginnt  und  mit 
Rembrandt  schließt.  Grünewalds  Schüler  war  der  Mainzer  Hans 
Grimmer;  dieser  ist  der  Lehrer  von  Ph.  Uffenbach,  und  dessen 
Schüler  wieder  war  Elsheimer.  Elsheimer  aber  ist  wesentlich  be- 
teiligt an  der  Ausbildung  Lastmans,  und  dieser  ist  Rembrandts 
Lehrer.  Diese  Kette  fügt  sich  so  auf  dem  Papier  leicht  zusammen. 
Ob  man  bei  einem  genauen  Untersuchen  der  tatsächlichen  Verhält- 
nisse an  der  Hand  des  Bildermateriales  auch  die  gleiche  Kontinuität 
in  der  Fortbildung  des  koloristischen  Elementes,  das  in  Rembrandt 
seinen  höchsten  Ausdruck  erhält,  wird  wahrnehmen  könnnen,  ist  eine 
andere  Frage.     Jedenfalls    sahen  wir  bei  Lastman,   gerade  was  diese 


271 


Seite  seiner  Kunst  und  Vorläuferschaft  von  Rembrandt  betrifft,  eine 
Lücke:  daß  Rembrandt  seinem  Lehrer  Lastman,  was  die  Farben- 
und  Lichtprobleme  betrifft,  eigentlich  nicbts  zu  danken  hat, 
■während  wir  ihn  wohl  in  Fragen  der  Komposition  und  anderer  mehr 
formaler  Dinge  sich  Lastman  zum  Vorbild  nehmen  sahen. 


272 


BEILAGE 


Gedichte  über  Gemälde  von  Pietep  Lastman 


Zu  Nr.  35 
(Seite  43/44) 


Ach  Laslman  sien  ick  weder  an 
U  brave  Konst,  jae  (oover-swieren 
Door  eyndeloose  lof  te  vieren 
In  't  Vrouwken  van  Sarepta  slaen  ? 
(L.  V.  d.  Bos). 


Zu  Nr.  88 
(Seite  68  ff) 


Lastmans 

Offerstaetsi  van  Listren 

Aen 

lOAN  SIX 


Wat  dunkt  u,  kunstgeleerde  Six? 
Wie  had  de  Schickkunst  oit  zoo  fix 
Als  Lastman,  waert  de  Tekenkroon 
T'ontvangen  voor  Sint  Pauwels  troon, 
Toen  hy  zyn  wunderwerck   van  IJstren 
Zoo  versch  vertoonde,  als  beurde  't  gistren. 
-    Dit  tuight  uw  hemelsch  tafereel, 
Daer  onze  Apelles  zyn  tooneel 
En  gront  met  volle  Kennis  bouwt, 
F.n  ZOO  deze  Offerstaetsi  lioudl, 
Dat  zelf  de  geest  van  Rome  en  Griecken 
Noit  hooger  zweefde  met  zyn  wiecken. 
Met  welck  een'  zwaey  van  staetigheit 
En  Prieslerlycke  majesteit 
Verschynt  alt  Heidensch  Priesterdom 
Voor  d'oude  stadt,  vol  yvers  om 
Te  wieroocken  voor  Kristus  Boden, 
Hier  aengezien  voor  Griecksche  Goden! 


Men  acht  dat  hier  in  menschenschyo 
Merkuur  en  Dondergodt  Jupyn 
Verschynen,  om  den  Jongeling, 
Die  ilus  op  krucken  ging,  en  hing, 
Te  heelen,  zonder  kunst  van  kruiden. 
Dat  stuck  verbaest   veel  duizent  luiden. 
De  Kreupel  tuight  dees  wonderdaet, 
Daer  hy  op  zyne  beenen  staet; 
De  kruck  voor  zyne  voeten  leit; 
D'Uitheemsche  luistert    wat  hem  zeit 
De  buurvrouw,  die  den  lamgeboren 
Gekend  heeft  menigh  jaer  te  voren. 
Hoe  schoon  verschiet  die  lange  ry. 
Van  verre  (laeuw,  en  dichter  by 
AI  sterker,  voor's  aenschouwers  oogh! 
Hoe  deist  de  poort,  en  kerck,  zoo  hoogh 
En  ront  gebouwt,  Jupyn  ter  eere, 
Op  datze  ons  noch  de  bouwkunst  leere! 


18 


273 


Hoe  stemt  de  strael  van  ons  gezicht 
Mel  elcks  hoe  grootheit,  en  met  licht 
En  schaduw  van  een  ieder  zaeck ! 
Hielt  vrouw  Natuur  om  heur  vermaeck 
Voorheen  de  hant  aen  eenigh  Schilder, 
Zoo  doet  zy't  hier,  en  nergens  milder. 
Een  rykdom  en  verscheidenheit 
Van  toestel  nadert,  en  geleit 
Bekranste  en  witte  stieren  vast 
Naer  d'ofTerplaets,  op's  Priesters  last, 
Op  veel,  tamboer,  en  lier,  en  fluiten, 
Langs't  ryck  bestroide  padt  naer  biiiten. 
Hier  blaecken  fackels  licht  en  klaer 
Hier  rieckt  de  wieroockkandelaer. 
Hier  glinstren  wieroockvat,  lampet, 
En  goude  schotel,  op  dien  Iredt. 
De  byl,  en  bloetpan  op  het  slaghten 
Van  vee  en  offerhande  wachten. 
Een  kenner  ziet  hier,  heel  vernoeght, 
Hoe  d'eene  personaedje  voeght 
By  ander;  en  hoe  elcks  gelaet 
En  ampt,  gelyck  een  zangers  maet, 
Zyn  'plicht  bewaert :  hoe kleene  engrooten 
Hier  trefin,  als  op  een'  galm  van  noten. 


Zoo  stuit  ten  lesle  d'ommegang, 
Daer  't  outer  wacht,  en  al  te  lang 
Verlangte  naer  den  offerwyn. 
Nu  wil  d'  Aertspriester  van  Jupyn 
In  't  wit,  bekranst  met  eicke  blaren, 
D'  Apostels  eeren  op  d'  altaren. 
Maer  zie  om  hoogh,hoe  't  heiligh  paer, 
Met  woorden,  banden  en  gebaer, 
Van  't  Heidensch  gruwelotfer  yst, 
En  OITermans,  en  scharen  wyst 
Naer  Godt,  wiens  eere  altare  passen. 
Zy  roepen:  wy  zyn  stof  en  asschen. 
Gby  zultze  stracks  van  booven  neSr 
Zie  springen,  Godts  en  Jesus  eer 
Beschütten,  en  van  harteleet 
En  rouw  verscheuren  elck  zyn  kleet, 
Op  dat  men  bloet  noch  wynkelck  störte, 
En  daetlyck  d'  offerstaetsi  gehörte. 
Wat  waer't  een  jaramer,  zoo't  geschree- 
Van  een'  oproerigen  Hebreeuw      [uw 
Den  drang  van  Griecken  holp  op  ruy 
Omt  met  een  steene  hagelbuy 
Te  pletleren,  te  slaen  met  vuisten 
De  Kruisgezanten  des  Gekruisten. 


Dat  ons  Sint  Pauwels  staf  behoe. 
Men  wyde  hem  't  altaersluck  toe, 
Daer  Lastman,  om  zyn  kunst  befaemt, 
Den  dienst  der  ofgoon  noch  beschaemt 

Met  zyne  Kristgewyde  verven. 

Hy  leve  onsterflyck  na  zyn  sterven. 

(J.  v.  d.  Vondel). 


Zu  Nr.  98 
(Seite  73  fr) 


Lastmans 

Offer-Stryd  tusschen 

Pylades   en  Orestes 

Aen  den  Heer 
Reinier  van  der  Wolf 


Of  schoon,  konstryke  Van  der  Wolf, 
Vergetelheid  den  naam  bedolf 
Van  dees'  beroemden  Konstenaar, 
Die  heerlyk  uitbeeld  aan  't  altaar 
Den  trouwen  Lyfstryd,  daar  twee  Vrinden 
Elkand'ren  tot  de  dood  beminden. 


Bedreventheid  riep  overluid, 
De  schikkunst  brengt  haar'  Meester  uit, 
Die  als  hy  zulk  een  toonstuk  kleed, 
Vernuft,  en  vlyt,    en  schal  besteed, 
Gelukkig,  zinryk,  stout,  en  schrander: 
Die  lof  kom  Lastman,  en  geen'  ander'. 


274 


0  Grioxe  Gryshcid,  hier  toe  strekt 
IJw  toestel,  die  zieh  kleed  en  dekl 
Met  diep  geheim,  en  werkt  en  maalt 
Op  stof,  daar  maalkonsl  stof  uithaalt ; 
Dees  houdze,   door  pencoel  en  verven, 
Na  ZOO  veel  eeuwen  vry  van  sterven. 

Orestes,  van  den  schrik  geraakt 
Voor's  nioeders  schim  bebloed  en  naakt, 
()m  zieh  van  zulk  een  'vloek  t'  ontslaan, 
Trekt  na  de  Tauiische  Diaan ; 
En  Pyladcs  verzelt    zyn'  niakker. 
In  pUcht  en  vriendscliap  vlug  en  wakker. 

De  Koning  Thoas,  of  het  zy 
IJit  aangenome  razerny 
Van  menschen-oiTer,  schriklyk  werk! 
Of  nit  vermoeden,  dat  haar  kerk 
En  beeld  belaagt  wierd,  heet  die  gasten 
Als  tempelschendeis  aan  le  tasten: 

En,  mits  zieh  zyn  bedanken  vest 
Op  snoode  diefstal  van  Orest, 
Wil  dat  aan  't  afgodinne-beeld 
De  droeve  Orestes  zy  gekeeld, 
(iekapt,  gekorven  oin  te  branden : 
0  Godverwaten  Offerhanden! 

Men  ziet  den  toestel  al  bereid; 
Een  sleep  die  d'afgodinne  leid, 
Met  hoofdcn,  die  op  staken  staan, 
Rondsom  haar  henen,  en  voor  aan 
De  prieslors,  met  körnet  en  pypen : 
Men  zouw  't  gestel  met  banden  grypen. 

Hier  eiert  een  wakk're  maagden  schaar 
Met  blocmkrans  en  fcstoen  't  allaar; 
Het  lofwerk  leit  als  verscli  geplukt, 
En  bol  van  blad,  en  ongedrukt. 
Men  Staat  om  't  offer  uit  le  lezen, 
Maar  Ivvyffclt  wie  Oiest  mag  wezen. 


Orest,  op  dat  hy  buiten  blaam 
Zyn'vriendverschoon,meltzelvzyn'naam; 
Maar  Pylades  hier  legen  aan, 
Zoekt  gy  den  schald'gcn  ?  laat  hem  gaan; 
Wat  wil  ik  myn  misdryf  verbloemen, 
Ik  ben  de  man,  my  moet  men  doemen. 

En  met  dit  zeggen  treed  hy  toe, 
Om  onversaagl,  en  blyte  raoe, 
Zyn'vriendten  dienst, den  schrik  ten  trota, 
Den  slag  t'  ontvangen  van  een  knods 
Die  hy  een  lyfschut  op  ziet  hellen : 
De  forssert  mikt  om  wis  te  treffen ; 

Wien,  eer  zyn  band  zieh  vallen  laat, 
Orest  met  yver  legen  staat, 
Op  dat  hy  zelf  het  vonnis  ly : 
Zyn  vriend  verwerpt  die  razerny ; 
Zoo  't  trouwens  razerny  mag  beten, 
Zyn'  halsvriend  niet  te  goe  te  weten. 

Hier  ziet  m'een  nooit  gehoorden  stryd, 
Waar  van  de  nyd  den  roem  benyd ; 
De  nyd,  die  eerst  genoegen  nam 
Waar  twist  ontstond,  of  unrust  quam, 
Nu  kroptse  en  wrokis'  om  dat  zy  keven, 
Die  't  noit  en  deden  van  hun  leven. 

Hoe  is  't,  ü  Lastman,  u  gelukt! 
Hoe  hebt  gy   alles  uitgedrukt, 
Gevoegt,  verdeelt,  de  kunst  geraakt; 
En  tot  een  weerga  toegemaakt. 
Van  't  heerlyk  OITerwerk  van  Lisl'ren, 
Dit.Toonstuk  der  beroerade  twist'ren. 

Zoo  't  Vondel  nn  zyn'  zwang'ren  geest 
(Die  vroeg   is  op  Ceilon  geweest, 
En  Hulft  betreurde  in's  doods-gevaar 
Eer  't  iemant  wist;  en't  wierde  waar; 
Zoo  als  't  hem  voor  Kolombo  griefde) 
Te  lecnen  tot  dit  werk  geliefde ; 


Zoo  stond  dit  Stuk,  zoo  wel  als  dat 
In  moer  dan  goude  lyst  gevat: 
Nu  mag  myn  flnauwe  pen  en  slem 
(Konstryke  Van  der  Wolf)   en  hem, 
En  uw  Taf'reel   tot  schaduw  strekken; 
Ik  hoop  zy  zal  het  niet  bevlekken. 

(J.  Oudaen). 


18* 


275 


Zu  Nr.  106  Pyramis  en  Thisbe 

(Seite  81)  Daer  sien  ick  weer  en  bloedigh  stael 

t'Geen's  Minnaers  eygen  hant  bemorste, 
Gewet  op  Maeghdelycke  börste, 
En  ilucx  daer  op  een  purpre  strael. 

Den  Jongelingh  in  't  groene  gras 
t'Geen  't  bloet  dat  uyt  syn  borst  quam  straelen 
Met  droevigh  root  gaet  overmalen, 
Jae  rooder  als  het  selven  was. 

Waer  sa^h  men  ooyt  een  bleecke  mont 
Sog  wel  met  doot  en  doot  snick  kampen, 
De  Min  verwoedt,  door  soo  veel  rampen 
En  't  hart  door  Min  ter  doodt  verwondtV 

Als  hier,  6  Lastman,  u  penceel 
Verruckt  door  ongemeene  weelde 
Van  konst  en  verv,  weet  uyt  te  beeiden, 
Op  't  treurigh  gloeyende  paneeL 

(L.  V.  d.  Bos). 


2y  ^j  Qß  Op  een  St.  Steven  van  Lastman 

(Seite  72)   zi^t  'Steven  steent   hier  niet,  om  dat  grove  Steenen 

Hem  pletten  borst  en  hooft,  en  springen  voor  de  scheenen; 
0  neen,  hy  steent  alhier  om  dat  de  grove  steenen 
Zyn  Steenigers  niet  zouden  springen  voor  de  scheenen. 

(S.  Ingen). 


276 


NACHTRAG 


«1.  »AUFERSTEHUNG  CHRISTI.  Links  oben  entschwebt  inmitten  einer 
Cherubimglorie  der  bis  auf  einen  weißen  Lendengurt  nackte  Heiland 
mit  seitwärts  ausgebreiteten  Armen,  den  von  einem  Lichtschein  um- 
gebenen Kopf  nach  links  in  die  Höhe  gewandt.  Etwas  rechts  darunter 
hebt  der  in  Weiß  gekleidete  Engel  mit  großen  Flügeln  mit  beiden 
Händen  die  Grabplatte  auf.  Der  von  Christus  ausgehende  helle  Licht- 
schein fällt  auf  den  Engel  und  die  Wärter  im  Vordergrund.  Von 
diesen  enteilt  ein  in  orientalische  Tracht  gekleideter  mit  großem 
Turban  auf  dem  nach  links  zum  Herrn  zurückgewandten  Kopf,  die 
Augen  weit  geöffnet,  die  Arme  erhoben  und  die  Handflächen  nach 
außen  gekehrt,  nach  rechts  vorn.  Er  wird  vom  Licht  nur  links  ge- 
streift, sodaß  sich  seine  Figur  fast  ganz  im  Schatten  befindet.  Links 
von  ihm  liegt  schlafend  ein  junger  Krieger  in  landsknechtähnlicher 
Tracht  mit  Federbarett  auf  dem  in  die  linke  Hand  gestützten  Kopf. 
Rechts  zu  seinen  Füßen  am  Boden  eine  umgefallene  große  Laterne. 
Rechts  von  dem  Orientalen  hockt  am  Boden,  ziemlich  in  Vorderansicht, 
ein  Wächter,  der  über  den  Schultern  einen  Panzer  trägt,  über  Kopf 
und  Rücken  aber  ein  Löwenfell;  seine  Unterarme  und  Beine  sind 
nackt.  Links  etwas  hinter  ihm  ist  ein  dritter  Wächter  rücklings  wie 
vom  Blitze  getroffen  zu  Boden  gefallen ;  Augen  und  Mund  sind  auf- 
gerissen, die  Arme  nach  vorn  ausgestreckt.  Hinter  ihm  rechts, 
ziemlich  im  Schatten,  sitzt  noch  ein  gepanzerter  und  behelmter 
Wächter,  der  beide  Hände  vors  Gesicht  hält.  Rechts  von  diesem, 
ganz  im  Schatten,  sieht  man  die  drei  Frauen  mit  Gefäßen  heran- 
kommen. In  der  Ecke  rechts  vorn  ein  Schwert,  ein  gefüllter  Köcher, 
zwei  Würfel,  Spielkarten,  ein  Tuch  und  eine  Korbflasche.  — 
Interessantes  frühes  Gemälde,  dem  das  Original  des  Schabkunstblattes 


277 


von  W.  Vaillant,  Verkündigung  der  Engel  an  die  Hirten  (unsere  Nr.  51) 
und  auch  das  des  Stiches  von  Nicolas  Lastman  von  1608,  Christus 
im  Garten  Gethsemane  (unsere  Nr.  71)  nahe  stehen.  Vielleicht  ge- 
hörten die  Bilder  zu  einer  Serie,  der  man  auch  das  ziemlich  gleich- 
große, ebenfalls  im  Hochformat  gehaltene  Bild  der  Anbetung  der 
Hirten  (unsere  Nr.  54)  sowie  andere  Darstellungen  der  Geschichte 
Jesu,  von  denen  uns  nur  die  Titel  (ohne  Maßangaben)  überliefert 
sind,  zurechnen  darf.  Lebhaft  bewegte  Handlung,  starke  Licht-  und 
Schattenkontraste. 

Holz  82X58,5. 

Bezeichnet:   ßASTMAN  FECIT  ANNO  1610. 
Spezialaufnahme  von  H.  J.  Tollens  in  Dordrecht. 
WoJil  sicher  identisch  mit  dem  Bilde  der  Versteigerung  Johan  van  der 
Hulk  in  Dordrecht   am  23.  April  1720,   Hoet,    Bd.  I, 
Seite  250  Nr.  25  (fl.  50),  unserer  Nr.  81. 
Seit  ca.  200  Jahren  in  der  Familie  des  jetzigen  Besitzers. 
Sammlung  John  Allard   in    Geertruidenberg. 


278 


TAFELN 


1.  Nach  P.  Lastman:   Kostiimstich. 


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2.  P.  Laatman: 

Zeichiiunff. 


Amsteruani, 
Kijkaprentrnkabioet. 


'A.  Nicolas  Lastman  n;u  li  P.  Lastman. 

Christus  im  (larten  (u-thscmane. 


Stich. 


4.  S.  Frisius  na<  h  P.  Lastman: 

Der  KitKt'l  mit  dem  jungen  Tobias 
nuf  di>r  Wanderung.  Radierung. 


ft.  P.  La:>tinau. 

Ruhe  auf  der  Flucht. 


Güttiii^Ln.   L  ::..Li3itats&animIung. 


6.  P.  LaBtman;,_ 

Flucht  nach  Ägypten. 


Rotterdam,  7.  P.  Lastman:  Brunei. 

Museum  Boymans.  Lcst-ndt-r  Ein«iedlcr.     rPboto  nach  BaroD  L.  Ji 

einer  A(|uareltkopic  des  Vcrfaifert) 


8.  P.  Lastman; 
Abrahams  Opfer. 


Amsterdam. 
Kijksmuseuu. 


U.  J.  van  NoorJt  n.t.li  p.  Laatman: 


ItalicniKhe  Landschaft. 
Radieruof . 


10.  P.  Laatman: 

Der  Engel  mit  dem  jungnn  Tobias. 


Berlin. 

Krau  Gebeimrat  Lippmaan. 


II.  P.  Lastman:  Schlacht  zwischen  Konstantin  uiul  Masentius. 


Bremen.  Kucuthalle. 


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12.  Rembrandt  nach  P.  Lastman:   I'aulus  mul  Uani.thas  m  I.vsti.>.     KotcUciv  Iuiuqs; . 


Saiumlunc  Liam  Booaat. 


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14.  P.  Lastman: 

Opferitrcit  zwischen  Orcst  und  I*yladf 


Amsterdam, 

Rijlc«niij*fum 


16.  P.  Lastman: 

Sasanna  und  die  beiden  Alton, 


St.  Peteraburs. 
Sammliin}?  P.  lh*Uroff. 


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16.  Rembrandt  naih  P.  L»tm«n: 

SusAiina  unü  die  beiden  Alten,     R5teUeichnung. 


Berlin. 

K«!.  KupfentichlubtBvtt. 


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18.  P.  Lastmftn: 

Der  Engol  cntsrliwin« 

ft  (Irin  alten  und  iuntfcn  Tohia». 

Kopenhagen. 

Sammhini;   Maltk<>. 

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1».  P.  Lastman:   Di.uKi  uml  Akrion. 


Paris,  M,  :  1  i,   i;   \\  .ig.-nhoft-D«lch. 


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28.  P.  Laatman: 

Laban  verlangt  von  Kahol  die  cntwcnduten  Idolf  zurück. 


BouIoene-sur-Mer. 


24.  P.  Lastman: 

Abraham  uml  <lie  drei  Engel. 


St.  Pctursburg, 

Kais.  Eremitage  (äammlung  P,  v.  Scmconoffj. 


25.  W.  Vatllant  nach  P.  Lastman: 

Jonas  wird  vom  \Val6ach  ausgespi«».     Scfaabkuostblatt. 


26.  P.  Lastman: 

Die  Taufe  de»  Kämmerers  durch  Philippun. 


München, 

Alte  Pinakothek. 


n.  P.  Lastmnn:    l'ft-diyt  Jutniuiis  des  Tiiufi-rs 


88.    Nach  P.    Lnstm.in: 

Odysscus  und  Nausikaa 


Kr\.  Kupfer»tichkabiaett. 


29.  P.  Lastman :  Der  Hirr  crschpint  dem  Abraham  und  Aon  S*"inig«^n. 


Bremen.  Sammlung  A.  Lurman. 


yo.  P.  Lastman:    Optcr  ik-r  Juno. 


Stockholm,  Nalional^alcrie. 


ai.  P.  Lastman: 

Der  l'roplK't    Kiis.t  und  die    Sun.imitin. 


St.  Petersburg, 
Sammlunc  /abicUliy. 


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82.  P.  Lastman: 
Porträt. 


Bückeburj^, 

GaltTie  im  fürstlichen  ScbloO, 


8;i.  P.  Lnstman:  Bückcbur^;. 

Portr.it.  (Valerie  im  fürstlicfarii  Schloli. 


84.  M.  ter  Borch:  Amaterdam, 

PortrUtde»  ü.  Terborch  Kijksprcntcokabinct. 

(1.  A.    Kreideieichnutig;. 


^y^^^c^Iii 


3i.  P.  Lastman:  BnuMChwelc. 

Drr  Engfl  weckt  den         Kupferstichkabioett. 

Propheten  Elias  in  der 

Wüste. 


3U.  P.  Lastinan  (?) :       Dresden, 
Schlafcndor   Satyr.       K^l.  Ktipferstichkab. 
Fcdorzoichnung:. 


37.  Jao  Ucvcns . 

Der  Evangelist  Johannes.   Radiarunf. 


3«.  P.  Lastman:  Berlin.  K^l.  Kii|.f.T>t:,  lil(..liMn-tt, 

Der  Engel  verluißt  di'in  Manoall  und  si'iiu'm  Wcibi- 
die  Geburt  Sinisoiis.  Lavierte  Federzeichnung 


SU.  P.  l.^_;..._. 

Federz«ichoanK. 


Wien.  AllMftiu. 


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40.  P.  Lastman  (?): 

König  Jerobeam  opfert  den  Götzenbildern.     Zeichnung. 


OSttingen. 


41.  P.  Nolpe:  Juda  und  Thamar.     Stich. 


i:>.  P.  Lastman  ^?): 
Kadierung. 


48.  P.  Lastman;  Amsterdam, 

Vertreibung  der  Hagar.  Kijksprentenkabinot. 

Federzeichnung. 


43.  P.  Lastman: 

Studienzeichnung. 


Londor 
British  .\i 


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ND 
653 
L3F7 
1911 


Frelse,  Kurt 

Pieter  Lastaan: 
lind  seine  Kunst 


sein  Leben 


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