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KURT FREISE
PIETER LASTMAN
SEIN LEBEN UND SEINE KUNST
KUNSTWISSENSCHAFTLICHE
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MOXATSHKFTEN' FÜR ■DA'VTl V
KUN9TWISSESSCHAFT -Dixi^ iJ V
PIETER LASTMAN
SEIN LEBEN UND SEINE KUNST
EIN BEITRAG ZUR GESCHICHTE DER
HOLLAND. MALEREI IM XVIL JAHRH.
VON
KURT FREISE
MIT U ABBILDUNGEN AUF 12 TAFELN
VERLAG VON KLINKHARDT & BIERMANN IN LEIPZIG
1911
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Den Druck des Textes dieses
Bandes besorgte die Offizin von
Hermann Freise, Parcbim i.M.,
den der Tafeln die Offizin von
Julius Klinkhardl, Leipzig
INHALTSÜBERSICHT
Seite
Vorwort VII
EINLEITUNG 1
LEBENSGESCHICHTE PlETEll LASTMANS 4
DIE KUNST PIETER LASTMANS
Gemälde 28
Systematisches beschreibendes Verzeichnis "28
Verzeichnis der in noch bestehenden Sammlungen nach-
weisbaren Gemälde 90
Chronologisches Verzeichnis der datierten Gemälde. ... 93
Vergleichende Tabelle zum Auffinden der Nummern dieses
Verzeichnisses für die Nummern von Vosmaer . . 97
Künstlerischer Entwicklungsgang, dargestellt auf Grund
der erhaltenen Gemälde 98
Gemälde, die Pietor Lastman mit Unrecht zugeschrieben
werden 171
Kopien nach Gemälden von Pieter Lastman 178
Handzeichnungen 179
Systematisches beschreibendes Verzeichnis 179
Verzeichnis der in noch bestehenden Sammlungen nach-
weisbaren Handzeichnungen 196
Chronologisches Verzeichnis der datierten Handzeich-
nungen 198
Vergleichende Tabelle zum Auffinden der Nummern dieses
Verzeichnisses für die Nummern von Vosmaer . . . 189
Bemerkungen zu den Handzeichnungen 199
Handzeichnungen, die Pieter Lastman mit Unrecht zu-
geschrieben werden 210
Radierungen 218
SCHLUSS. Berühmtheit Pieter Lastmans im Spiegel der alten
Literatur — Bilderpreise — Schüler 225
ANHANG. Die Beziehungen Rembrandts zu seinem Lehrer Pieter
Lastman . 235
BEILAGE. Gedichte über Bilder von Lastman 273
NACHTRAG 277
TAFELN
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN
Tafel
1. Nach P. Last man, Koslümsüch I
2. P. Lastman, Zeichnung eines jungen Mannes auf der Wanderung ... I
3. Nicolas Lastman nach P. Lastman, Christus im Garten Gethsemane I
4. S. Frisius n.Lastman,DerEngelmitdemjungenTobiasaufderWanderung I
5. P. Lastman, Ruhe auf der Flucht I
6. P. Lastman, Flucht nach Ägypten U
7. P. Lastman, Lesender Einsiedler 11
8. P. Lastman, Abrahams Opfer II
9. J. V. Noordt nach P. Lastman, Italienische Landschaft 11
10. P. Lastman, Der Engel mit dem jungen Tobias II
11. P. Lastman, Schlacht zwischen Konstantin und Maxentius III
12. Rembrandt nach P. Lastman, Paulus und Barnabas in Lystra ... III
13. P. Lastman, Paulus und Barnabas m Lystra IV
14. P. Lastman, Opferstreit zwischen Orest und Pylades V
15. P. Lastman, Susanna und die beiden Alten . . . . , V
16. Rembrandt nach P. Lastman, Susanna und die beiden Alten ... V
17. P. Lastman, Christus und das kananäische Weib VI
18. P. Lastman, Der Engel entschwindet dem alten und jungen Tobias . . VI
19. P. Lastman, Diana und Aktäon VI
20. Rembrandt, Susanna im Bade VII
21. P. Lastman, Bathseba bei der Toilette VII
22. Rembrandt, Bathseba bei der Toilette VII
23. P. Lastman, Laban verlangt von Rahel die entwendeten Idole zurück . VIII
24. P. Lastman, Abraham und die drei Engel VIII
25. W. Vaillant nach P. Lastman, Jonas wird vom Walfisch ausgespien . VIII
26. P. Lastman, Die Taufe des Kämmerers durch Philippus IX
27. P. Lastman, Predigt Johannis des Täufers IX
28. Nach P. Lastman, Odysseus und Nausikaa IX
29. P. Lastman, Der Herr erscheint dem Abraham und den Seinigen ... X
.SO. P. Lastman, Opfer der Juno X
31. P. Lastman, Der Prophet Elisa und die Sunamilin X
32. P. Lastman, Porträt XI
.33. P. Lastman, Porträt XI
34. M. ter Borch, Porträt des G. Terborch d. Ä XI
35. P. Lastman, Der Engel weckt den Propheten Elias in der Wüste ... XI
36. P. Lastman (?), Schlafender Satyr XI
37. J. Lievens, Der Evangelist Johannes XI
38. P. Lastman, DerEngelverheißtd.Manoahu. seinem WeibedieGeburtSimsons XII
39. P. Lastman, Abschied der Hagar XII
40. P. Lastman (?), König Jerobeam opfert den Götzenbildern XII
41. P. Nolpe, Juda und Thamar XII
42. P. Lastman, Vertreibung der Hagar XII
43. P. Lastman (?), Radierung XH
44. P. Lastman, Studienzeichnung XIL
Vorwort
Bei der Zusammenstellung des Materials für die vorliegende
Arbeit wurde mir von den Herren Vorständen der verschiedenen
staatlichen oder städtischen Sammlungen, sowie von zahlreichen
Privatsammlern fast allenthalben die freundlichste Unterstützung zu
teil. Ich möchte daher auch an dieser Stelle diesen Herren meinen
verbindlichsten Dank aussprechen. Weiter fühle ich mich zu be-
sonderem Danke den holländischen Gelehrten gegenüber verpflichtet,
vor allem Herrn Dr. C. Hofstede de Groot im Haag, der mir Einsicht
und Verwertung seiner reichen Notizensammlung gestattete und
dadurch meine Arbeit wesentlich förderte, ferner den Herren Dr. A.
Bredius und Professor Dr. W. Martin im Haag, den Herren Direktoren
E. W. Moes und Jhr. B. W. F. van Riemsdijk in Amsterdam, die
mir alle während meines 2V2Jährigen Aufenthaltes in Holland jederzeit
mit Rat und Tat an die Hand gingen.
Was die Anlage der vorliegenden Monographie betrifft, so
möchte ich kurz vorausschicken, daß ich absichtlich das Verzeichnis
der Gemälde vor die Darstellung des künstlerischen Entwicklungs-
ganges gebracht habe und ebenso den Katalog der Handzeichnungen
vor ihre zusammenhängende Besprechung. Ich tat es aus dem
Grunde, weil ich zuerst das zur Behandlung stehende Material dem
Leser geordnet vorführen wollte, um es nachher im weiteren Text
als bekannt voraussetzen und die sonst dort störenden Bilderbe-
schreibungen und dergl. in den Katalog gehörenden Dinge weglassen
zu können.
Manchem Leser werde ich mit meinen Ausführungen vielleicht
etwas zu ausführlich geworden sein — bei einem Maler vom Range
Lastmans. Das will ich zugeben. Andererseits konnte ich an manchen
Stellen — meist aus äußeren Gründen — den Gegenstand doch noch
nicht so ausschöpfen, wie ich es gerne gewünscht hätte.
Bezüglich des Abbildungsmateriales mußte ich mich zu einem
Kompromiß entschließen. Am liebsten hätte ich natürlich alle Bilder,
Zeichnungen u. a., worauf ich im Text Bezug genommen habe, auch
abgebildet. Doch wäre dadurch das Buch zu teuer geworden. Bei
der nun getroffenen Auswahl berücksichtigte ich in erster Linie
solche Werke, die bisher noch nicht photographiert oder doch schwer
erhältlich waren, und sah von der Reproduktion solcher Sachen ab,
von denen Abbildungen leicht käuflich oder zugänglich sind.
Der Buchhandlung von van Stockum en Zoon im Haag danke
ich für die leihweise Überlassung des Klischees des Bildes Paulus und
Bamabas in Lystra des Sammlung Stetzki auf Schloß Romanow.
Bei Benutzung des Kataloges der Gemälde bitte ich auch das
im Nachtrag beschriebene Bild zu beachten, auf das mich in letzter
Stunde noch Herr Dr. Hofstede de Groot freundlichst hinwies, und
das ich Dank der Liebenswürdigkeit des Besitzers, Herrn John Allard
in Geertruidenberg, hier noch mit aufnehmen konnte.
Parchim i. M. -n« ^r ü
Der Verfasser.
Oktober 1910.
EINLEITUNG
Der Name Lastman wird fast stets in Verbindung mit
dem seines großen Schülers Rembrandt genannt. Das hat Pieter
Lastman genützt und geschadet zugleich. Sein Verhältnis als Lehrer
zu dem unsterblichen Rembrandt bewahrt auch ihn vor dem gänzlichen
Vergessenwerden. Aber die überragende Größe Rembrandts läßt den
Künstler Lastman des ungleichen Maßstabes wegen zunächst nicht
ganz im richtigen Licht erscheinen. Zu seinen Lebzeiten war er
gefeiert und hochberühmt. Aber nach seinem Tode verblaßte dieser
Ruhm bald. Seine Werke bekamen immer geringeren Marktwert,
wurden wenig beachtet und verloren sich ziemlich *). In der Literatur
nannte man ihn dann nur noch als Lehrer Rembrandts und fügte
hinzu, daß er einstmals ein sehr berühmter Maler gewesen sein soll.
Die Künstlerbiographen und Kunstschriftsteller des XIX. Jahrhunderts
tun das Gleiche, geben aber in späterer Zeit auch ihr eigenes
Urteil über Lastmans Kunst ab, so, wie es sich ihnen aus der Be-
trachtung einiger seiner damals noch seltenen Bilder ergab. Es war
freilich nicht besonders günstig und anerkennend. Kugler**) sagte
von unserem Künstler, daß er „auch in figürlichen Gegenständen . . .
nicht übel" sei. Waagen und W. Bürger (Th. Thore) „trugen(über Lastman)
ungenügende und selbst rohe Ansichten vor" (Riegel). Bürger schrieb
über ihn u. a. ***) : „Lastman avait devinö le style de l'ecole de David
deux siecles ä l'avance. II fut moins le precurseur de Rembrandt
que de Guerin. Rembrandt ne trouva rien a prendre de lui, si ce
n'est peut-etre une certaine Imitation ä la degradation des ombres . . .
♦) J. C. Weyerman, Levensbeschryvingen (1729), Bd. I, Seite 358, spricht
aus, niemals ein Bild von Lastman gesehen zu haben. I. B. Descamps, La vie des
peintres . . . (1753 IT., Bd. I, Seite 242/43) sagt, es wäre ihm lieber gewesen, anstatt
der Lobgedichte, von denen die Geschichtssclireiber berichten, einige Gemälde von
Lastman zu sehen, deren er — sei es wegen ihrer Seltenheit oder aus Zufall — keines
zu Gesicht bekommen habe.
•*) Handbuch der Geschichte der Malerei, 3. Aufl., 1867, Bd. III, Seite 179.
***) Musöes de la Hollande, Bd. II, Seite 191.
Lastman a ete le maitre de Rembrandt, comme Gu4rin a ete le
maitre de Gericault et d'Eugene Delacroix". Was er malte, waren
nach Bürger „kalte Nachahmungen der Italiener". Dies letztere
Urteil trifft nun nicht das Richtige. Von wirklichen Nachahmungen
kann bei Lastman nicht eigentlich die Rede sein. Trotz der Schulung
in der Haarlemer Akademie und der Studienzeit in Rom blieb Lastman
stets Holländer, der wohl die Italiener „ins derbere Niederdeutsch"
zu übersetzen versuchte, der sie aber nicht nachahmte. In den
anderen Worten Bürgers kann man aber doch nicht, wie Hermann
Riegel, eine „rohe Ansicht" ausgesprochen finden. Waagen wird
der Kunst Lastmans aber sehr wohl einigermaßen gerecht, wenn
er schreibt: „Er war ein guter Zeichner, seine Köpfe haben öfter
viel Empfindung, seine Fleischfarbe ist warm und kräftig. In den
landschaftlichen Hintergründen, welche meist eine bedeutende
Rolle spielen, merkt man den Einfluß des Paul Bril*)". Erst nach-
dem Vosmaer in seinem Rembrandt-Buch auch Rembrandts Lehrer einer
eingehenden Untersuchung für wert befunden hatte, erkannte man
deutlicher auch die historische Bedeutung Pieter Lastmans als Bindeglied
nicht nur mit deutsch-italienischer Auffassungsweise, sondern auch
als Vermittler zwischen dem ausgesprochenen holländischen Akademismus
des XVI. Jahrhunderts und der nationalen realistischen Kunst des
XVII. Jahrhunderts. Riegels Anerkennung Lastmans geht jedoch
etwas zu weit. Nach ihm beruhte Lastmans kunstgeschichtliche Be-
deutung auch darauf, „daß er bestimmte neue Gedanken malerischer
Auffassung verwirklichte, daß er geschlossene Stimmungen, einseitige
scharfe Lichtwirkungen ausbildete. Schattenanlagen und sogar Reize
des Helldunkels darzustellen suchte**)". In diesem Sinne sei Lastman
also wahrlich der Vorläufer Rembrandts. Riegel stützte sich hierfür
besonders auf zwei Werke Lastmans, auf das Bild „David im Tempel
Harfe spielend" von 1618 in Braunschweig und vor allem auf die „Christ-
nacht" von 1629 in Haarlem (die auch für alle anderen Schriftsteller
das Bild war, in dem sich Lastman schon ganz rembrandtisch zeigte).
Dies zweite Gemälde ist nun aber gar nicht von Lastman. Mit
seinem Wegfall aus der Reihe der Lastman'schen Originalgemälde
*) Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen, 1862, Bd. I,
Seite 303.
**) „Beiträge", Bd. II, Seite 201/05.
geht demnach auch jene Kritik ihres stärksten Beleges verlustig, und
das Urteil über Lastmans kunstgeschichtliche Bedeutung bedarf einer
Revision. Auch noch aus dem weiteren Grunde, weil in den letzten
Jahren einige neue Tatsachen festgestellt werden konnten, die das direkte
Zurückgehen Rembrandts auf seinen einstigen Lehrer — nicht in
Fragen der Lichtprobleme, des Helldunkels, sondern in solchen der
Komposition — dartun. Dies Zurückgehen, das sich nicht nur auf
Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten beschränkt, läßt im Gegensatz
zu unserem modernen Empfinden eine Wertschätzung Lastmans von
Seiten Rembrandts erkennen, die um so beachtenswerter solchen
Urteilen gegenüber erscheint, nach denen Rembrandt bei Lastman
nichts lernen konnte. Diese beiden Gesichtspunkte dürften eine neue
Untersuchung über die Kunst Lastmans und sein Verhältnis zu
Rembrandt rechtfertigen. Das noch vorhandene Bildermaterial, auf
dem sich diese Untersuchung aufbauen soll, ist im Laufe der Jahre
dem seiner Zeit Vosmaer zur Verfügung stehenden gegenüber wesentlich
gewachsen.
Daneben mag in zweiter Linie gleichzeitig das Bild des
Amsterdamer Kunstlebens in den Kreisen der ,,Praerembrandtisten"
(wie Bredius sie einmal nannte) durch die eingehende Behandlung der
Kunst ihres — man darf wohl mit Recht sagen — berühmtesten
und auch bedeutendsten Vertreters etwas an Klarheit gewinnen. Die
Aufgabe, die wir uns damit stellen, verspricht unserem künstlerischen
Empfinden keine besonderen Genüsse; aber sie führt uns in eine ihrer
kunstgeschichtlichen Bedeutung nach nicht zu unterschätzende Ueber-
gangsperiode, die — aus dem erstgenannten Grunde — bisher nur
einer oberflächlichen Betrachtung für wert befunden wurde.
1*
LEBENSGESCHICHTE PIETER LASTMANS
Die auf den nachfolgenden Seiten gegebene Darstellung der
Lebensgeschichte Pieter Lastmans schließt sich eng an den von Dr.
A. Bredius und N. de Roever in „Oud Holland" *) veröffentlichten
ausführlichen Aufsatz über unsem Maler, in welchem seine und
seiner Verwandten Lebensverhältnisse auf Grund des von den beiden
holländischen Forschern bis dahin ans Licht gezogenen reichen
Urkundenmaterials geschildert werden. Es schien mir als Nicht-
hoUänder nicht geboten, nach den reichlichen Funden jener
beiden Gelehrten aufs neue eine eigene Durchsuchung der
holländischen Archive (die mir zum großen Teile auch verschlossen ge-
blieben wären) vornehmen zu wollen. Es war mir aber möglich, die
Ausführungen von Dr. Bredius und de Roever noch durch einiges
wenige Material zu ergänzen, durch einige Notizen, die ich den Herren
E. "W. Moes in Amsterdam und Karl Madsen in Kopenhagen ver-
danke, sowie durch ein paar Zusätze, die ich den mir von Herrn
Dr. 0. Hofstede de Groot im Haag in liebenswürdiger Weise zur
Verfügung gestellten Originalnotizen N. de Roevers (für den oben
erwähnten Aufsatz) noch entnehmen konnte.
Im übrigen bemerke ich, daß ich für diesen biographischen
Teil den Kreis so eng wie möglich um die Person Pieter Lastmans ge-
zogen habe, um die Darstellung seiner Lebensgeschichte nicht mit
Nachrichten zu beschweren, die keine direkte Beziehung auf ihn
haben, wie z. B. eine Notiz, die H. Havard **) über einen Kosmographen
Comelis Jansz Lastman brachte, der u. a. um 1620 ein Buch
„Schatkamer der grooten Zeevaerts Künste" geschrieben und heraus-
gegeben hat.
*) Bd. IV (1886), Seite 1—19.
**) L'art et les artistes hollandais, 1879, Bd. I, Seite 96ff.
Das Geburtsjahr Pieter Lastmans läßt sich durch eine Er-
klärung, die Lastman am 25. November 1619, als er „out omtrent
36 jaren" (ungefähr 36 Jahre alt) war, abgab, auf 1583 feststellen.
Diese Angabe wird in einem Leibrentenbrief, den sein Vater am
15. Dezember 1588 für seinen damals fünfjährigen Sohn Pieter kauft«,
bestätigt. Damit wären endlich die vielen falschen, teils durch
flüchtiges Lesen der alten Quellen entstandenen, teils aber auch auf
purer Erfindung beruhenden anderen Angaben hinfällig geworden.
Es würde zu weit führen, alle diese Fehler im einzelnen richtig zu
stellen; eine Arbeit, die Hermann Riegel bereits 1882 teilweise vor-
genommen hat, der aber seinerseits in der Angabe des Geburtsjahres
auch noch zu früh griff*). Das richtige Geburtsdatum wurde zum
zum ersten Male von Bredius und de Roever in ihrem Aufsatz in
„Oud Holland" festgestellt und von den meisten späteren Autoren
übernommen. Vorher findet man die Angaben: 1562, vielleicht früher
als 1580, gegen 1580, 1580, um 1580, 1581, um 1581, 1582, zwischen
1580 und 84, 1688.
Pieter Lastmans Vater hieß Pieter Zeegersz. Dieser bediente
sich demnach des Namens Lastman nicht. Auch von seinen Kindern
führten ihn nur unser Maler und sein als Kupferstecher bekannter
Bruder Nicolas. Dr. Bredius und de Roever bemerken hierzu, daß der
Name Lastman ein nicht ungebräuchlicher Taufname bei west-
friesischen Familien im XV. und XVI. Jahrhundert war, daß er aber
auch als Patronymikon vorkam. Die Geschlechtsnamen waren bis
ins XVII. Jahrhundert hinein in Amsterdam noch nicht fest. Es
kommt nur sehr selten vor, daß eine bestimmte Anzahl von Brüdern
denselben Geschlechtsnamen aufweist. Ob der Name Lastman an
Pieter von Vaters oder Großvaters wegen zukam, oder ob er ihn
ajis sonst einem Grunde annahm, ließ sich nicht mehr feststellen.
Der Vater führte ihn jedenfalls nicht.
Den Beruf Pieter Zeegersz' lernen wir aus den Stadtrechnungen
kennen, in denen er von 1568 an als „loopende" oder „reizende bode"
vorkommt. Als solcher hatte er für die städtische Regierung wichtige
Botschaften auszurichten, z. B. nach den südlichen Niederlanden und
nach Deutschland. Auch an den Prinzen von Oranien, an Bossu oder
*) „Beiträge", Bd. II, Seite 201—205.
an Don Ferdinand überbrachte er offizielle Botschaften. Er war
also eine Art Kurier, wie sie an Fürstenhöfen noch heute üblich sind.
Natürlich brachte dieser Beruf für Pieter Zeegersz ein unruhiges und
anstrengendes Leben mit sich. Er bewohnte im St. Nikolausturm in
Amsterdam eine Dienstwohnung. Gleichzeitig hatte er von der Stadt
am Fischmarkt ein paar Läden in Miete, ohne daß wir jedoch
Kenntnis davon haben, was er dort verkaufte bezw. verkaufen ließ.
Schließlich gab er aber die Kurierstellung auf und sah sich nach
einem ruhigeren Posten um, den er auch fand. Am 17. Februar
1576 erhielt er zunächst das „adjunct-bodeambt" an der Weeskamer
in Amsterdam, um am 30. Mai 1577 dort als „bode" fest angestellt
zu werden. Möglicherweise hängt dieser Stellungswechsel mit seiner
vor 1575 fallenden Verheiratung zusammen. Jenes „bode-ambt" war
ein einträgliches Geschäft und wurde keineswegs dem ersten besten
übertragen. Denn mit dem eigentlichen Botendienst, der meist in
Zitationen bestand, war damals noch ein Nebenposten verbunden.
Der Bote trat auch als Verwalter von "Waisengütern, wie auch als
„straatvogd" von unverheirateten Frauen oder Witwen auf. Hiermit
ließ sich manches verdienen. Daher mußte der „bode" aber auch
administrative Kenntnisse besitzen. Pieter Zeegersz erfreute sich
dieses ruhigen und einträglichen Amtes aber nicht lange. Die Un-
ruhen des Jahres 1578 brachten ihn um dasselbe. Wahrscheinlich
war er ein zu eifriger Anhänger der spanisch gesinnten Verwaltung
gewesen.
Noch vor dem Jahre 1575 hatte Pieter Zeegersz Barbara Jacobs
geheiratet. Dieser Ehe entsprossen sieben Kinder. Das erste
war ein Knabe, Jacob, der am 20. Februar 1575 getauft wurde, aber
bald gestorben sein wird*). Das zweite Kind war ebenfalls ein
Knabe, Jacob Pietersz, der sich später Jacob Pietersz Hardingh
nannte. Er wurde am 9. Juli 1576 in der „Gude Kerk" in Amster-
dam getauft. Der dritte, 1578 in Amsterdam getaufte Sohn wurde
Goldschmied und nannte sich auch öfter Zeeger Pietersz Coningh.
Unser Maler Pieter Pietersz Lastman erblickte als" viertes
Kind 1583 das Licht der Welt. 1586 wurde Nicolas Pietersz
Lastman, der Kupferstecher, geboren. Der sechste Sohn, Dirk Pietersz >
*) Bredius und de Roever führen ihn nur in der Stammtafel am Ende
ihres Aufsatzes an. Im Texte selbst sprechen sie nicht von ihm.
n
starb früh. Geburts- und Todesjahr von ihm sind nicht bekannt.
Das jüngste Kind endlich, ein Mädchen namens Agnietje Pieters,
wurde 1B95 geboren. Die sechs letztgenannten Kinder lernen wir
zuerst aus dem Testament der Eltern kennen.
Das Talent des Sohnes Pieter erkannten die Eltern wohl bald.
Und da der Vater über die nötigen Mittel verfügte, sorgte er auch
für eine Ausbildung Pieters nach dieser Richtung hin. Durch
Carel van Mander *) erfahren wir, daß Lastmans erster Lehrer Gerrit
Pietersz Sweelinck, ein Schüler von Cornelis Cornelisz van Uaarlem
und ein Bruder des berühmten Organisten Jan Pietersz Sweelinck war.
Van Mander teilt ferner mit, daß sich Lastman in Italien befinde,
und daß auf ihn „goodo hope" sei. Das ist 1604, bezw. 1603, da
van Mander sein Buch wohl schon 1603 niederschrieb, 1604 das
Erscheinungsjahr des gedruckten Werkes ist. Diese Reise nach
Italien wird Pieter Lastman gewiß mit Zustimmung seines Vaters
unternommen haben. Was dieser nach seiner Amtsentsetzung von
1578 für einen Beruf ausübte, ist unbekannt geblieben. Vielleicht
lebte er als Rentner. Sein meist in festen Gütern angelegtes Ver-
mögen, zu dem auch das von ihm seit 1587 bewohnte Haus in der
St. Jansstraat gehörte, gestattete das. Auch die Kosten der Kunst-
reise seines Sohnes wird er auf sich genommen haben. Er mnß
bereits vor dem 4. Mai 1604 gestorben sein, da an diesem Tage seine
Frau als Witwe ui'kundlich erwähnt wird. Wir dürfen aus dieser
Tatsache auch wohl schließen, daß Pieter Lastman schon vor dieser
Zeit seine Väterstadt verlassen hat. Noch ein anderer Umstand
weist darauf hin, daß er bereits 1603 nicht mehr in Holland war: die
beiden im Amsterdamer Rijksprentenkabinet befindlichen Zeichnungen,
die nicht auf holländischem Boden entstanden sein können und die
neben dem Namen Lastmans die Jahreszahl 1603 tragen.
In Italien, d. h. in Rom, schloß sich Lastman an Elsheimer
und dessen Kreis an, dem auch die beiden Pijnas, Thoman von
Hagelstein u. a. angehörten. Ihm hat er auch als Künstler viel zu
<Ianken.
1605 müßte Lastman bereits wieder aus Italien zurückgekehrt
sein, wenn wir der folgenden Notiz, die sich auf einer Zeichnung von
♦) Hat Schilderboeck, 1604, Seite 294 a.
Raf f ael befand, Glauben schenken dürfen. *) Auf der Versteigerung
Antonie Rutgers Antoniesz in Amsterdam am 1. Dez. 1778 kam eine
Zeichnung von Raffael vor, die unter Nr. 3 im Katalog so beschrieben
war: „Jesus, spreekende met Mozes en Elias, in de Wolken op den
Berg Thabor; twee Discipelen ziet men op de voorgrond slapende,
en Petrus geknield, alles vol expressien, is fraay geteekend met de
pen, vervolgens de schaduw gewassen en met wit gehoogt". Uns
interessiert der Zusatz: „Deeze Teekening is door den Kunstschilder
Lastman, 1605, uit Italien hier te Landen gebragt". Danach wäre
Lastman also 1605 bereits wieder in Holland gewesen. Dem scheinen
aber Houbrakens Angaben über Thoman von Hagelstein zu wider-
sprechen, den Houbraken**) um J605 nach Italien reisen und nach
einem Aufenthalt in (Mailand) Neapel und Genua in Rom insbesondere
mit Adam Elsheimer, Pieter Lastman und Jan Pijnaa verkehren läßt.
Dies Datum 1605 für Thomans Abreise aus seiner Heimat stellt aber
Houbraken selber nicht als durchaus sicher hin, indem er wenig weiter
unten schreibt: „Wir sehen also, daß Pieter Lastman, den wir 1581
geboren werden ließen, mit 24 Jahren bereits in Rom war, wenn wir
annehmen, daß Thoman ihn im Jahre 1605 dort fand: doch das
kann nicht als sicher angenommen werden, in Anbetracht des
Umstandes, daß wohl auch einige der IB Jahre, die Thoman in Italien
gewesen ist, bereits verflossen sein konnten, ehe Lastman und Pijnas
nach Italien kamen oder dessen Bekanntschaft machten". Oder
man muß für den Fall, daß Thoman von Hagelstein wirklich erst
1605 seine Heimat verlassen haben, danach in Mailand, Genua und
Neapel gewesen und dann in Rom mit Lastman, Elsheimer und Jan
Pijnas zusammengetroffen sein sollte, annehmen, daß das alles in
dem einen Jahre 1605 geschah, was freilich nicht sehr wahrscheinlich
ist. Ebenso wenig lassen sich aber die Angaben zusammenreimen, daß
Thoman, der nach Sandrart 1588 geboren sein soU, 1605, — also mit
*) Den Hinweis auf diese Notiz verdanke ich Herrn Direktor E. W. Moes in
Amsterdam.
♦*) De groote Schouburgh der Nederlantsche Konstschilders en Schilderessen.
II. Aufl. (1753), Bd. I., Seite 132. — Houbrakens Quelle ist J. Sandrarts Teutsche
Academie (1675), Seite 296 bezw. Academia Nobilissimae Artis pictoriae (1683), Seite
288. Am ersten Orte heißt es: „ . . . hernachmals und Anno 1605 hat er [Th. von
Hagelstein] sich nach Italien begeben . . . ".
8
17 Jahren — nach Italien kam, sich dort 15 Jahre aufhielt und
„nach Elsheimers Tode, um den Gram über diesen Verlust eher zu
zerstreuen, in sein Vaterland zurückkehrte", wenn dieser Tod
Elsheimers nicht, wie früher angenommen wurde, um 1620, sondern nach
den neuen Torsohungen Dr. Fr. Noacks *) bereits am 11. Dezember
1610 eintrat, und daß Elsheimer vermutlich mit 18 Jahren,
um 1595, nach Rom kam. Die Sache ist jedenfalls nicht
genügend aufgeklärt, um Lastmans Heimkehr nach Holland danach
sicher feststellen zu können.
Urkundlich nachweisbar ist Lastman jedenfalls erst wieder 1607 in
Holland. Am 1. Mäi-z und den fünf folgenden Tagen dieses Jahres fand in
Amsterdam die Versteigerung des Nachlasses von Gillis van Coninxloo
statt. Fast alle Künstler von Amsterdam, darunter auch Pieter Lastman,
traten hier als Käufer auf. Ihre Namen wurden vom Sekretär wie üblich
im Katalog notiert**). Lastman kaufte damals auch Farben und Malerge-
rätschaften. Die hieran angeknüpfte Frage von Dr. Bredius und d$
Roever, ob man daraus schließen dürfe, daß er erst kurze Zeit wieder
in der Heimat war, glaube ich nicht bejahen zu müssen, wenngleich
die Möglichkeit, daß dem so ist, nicht auszuschliessen ist.
Aus dem ganzen folgenden Jahrzehnt fehlen eigentliche urkund-
liche Naclirichten über das Leben unseres Malers; dafür haben wir
aber fast aus jedem Jahre bezeichnete und datierte Gemälde, durch
die er sich in Amsterdam bald Ansehen und Ruhm verschaffte.
Doch wäre in dieser Zeit das Jahr 1617 hervorzuheben, weil in ihm
der junge Jan Lievens zu Lastman in die Lehre gekommen sein soll,
um rund zwei Jahre, also bis etwa 1619, bei ihm zu bleiben***).
1618 finden wir Lastmans Namen samt denen seiner Freunde
und Kunstgenossen in jener poetischen Liste berühmter Amsterdamer
Maler vom Ritter Theodore Rodenburgh aufgezählt f).
Auf Lastmans Urteil als Kenner moderner italienischer Kunst
mußte man damals auch Wert legen. Denn aus einer Akte vom
») Kölnische Zeitung 1906, Nr. 1086; Gemälde-Katalog des Kaiser Friedrich-
Museums 1906, Nachtrag (Seite 541).
*») Oud Holland, Bd. 111. (1885), Seite iG.
•*♦) Dr. C. Hofstede de Groot, Arnold Houbraken und seine „Groote
Schouburgh", Seite 393.
t) Abgedruckt in C. E. Taurel, De Christelijke Kunst, XXIV, und in Oud
Holland, Bd. III (188ö), Seite 172.
25. November 1619 ersehen wir, daß er zusammen mit anderen ein
Gutachten über die Echtheit eines G-emäldes von Caravaggio abgab.
Da dies die Urkunde ist, welche die erste annähernd richtige Be-
stimmung seines Geburtsdatums ermöglichte und auch die Unterschrift
Lastmans zeigt, sei sie hier wiedergegeben:
„Op huyden den 25 Novembris 1619 compareerden
Mrs. Bernaerdt van Someren, out omtrent 47 jaren, "Willem
van den Bündel, out omtrent 43 jaren, Pieter Lastman,
out omtrent 36 jaren, Adriaen van Nyeulant, out omtrent
33 jaren en Louys du Pret, out omtrent 30 jaren, aUe
gerenommeerde schilders wonende binnen deser stede;
mij Notario bekent ende hebben by wäre woorden in plaetse
van eede solemnel ten versoeke van Jacob van Nyeulant,
als last hebbende van Franchoys Seghers, wonende tot
Antwerpen, getuygt, verclaert ende geattesteert waerachtig
te wesen, dat het stuck schilderij, namentlijk een Crucificx
van St. Andries, 't welck bij Franchoys Seghers voorn.
van Pieter de Wit gecocht is, naer haer getuyges ooch
ende beste wetenschap is een principael van Michael
Angelo Caravagio, daer voren sy getuigen tselve stuck
oock houdende, seggende oversulcs tselve stuck een prin-
cipael van de voorsz. d' Angelo te wesen *).
gez.: Bernaerdt van Someren WUlem van den Bündel
Pieter Lastman
L. Pret Adriaen van Nieulandt
In allen bisher genannten Dokumenten wurde Lastman als in
Amsterdam wohnhaft erwähnt, wo er sich auch — nach den folgenden
Urkunden — bis zu seinem Tode aufhielt. Wenn man ihn in der
älteren Literatur in Haarlem geboren sein und dort auch sterben
ließ, so geschah das wohl nur deshalb, weU man ihn auf Grund der
falschen Lesweise der Stelle bei van Mander zu einem Schüler von
Comelis van Haarlem gemacht hatte und der Einfachheit halber
Haarlem auch als Geburts- und Sterbeort ansah.
*) Prot. Not. W. Cluyt.
10
Sind diese Notizen der alten Biographen so gut wie aus der
Luft gegriffen, so steht es mit einer zuerst von Nagler gemachten
Bemerkung über einen Aufenthalt Lastraans in Kopenhagen anders.
Es heißt bei Nagler*) u. a.: „Von 1619 — 1620 malte er [Lastman]
mit anderen zu Kopenhagen in der Schloßkirche **)". "Waagen ***)
und Seubertf) haben diese Notiz auch gebracht. Nagler, der
seine Quelle nicht nennt, hatte offenbar die Bilder in Schloß Fre-
deriksborg nördlich von Kopenhagen im Sinn und folgerte aus ihrem
Vorhandensein dort aucli den Aufenthalt Lastmans und anderer
Künstler, von denen in jenem Schlosse auch Gemälde waren, in
Kopenhagen selbst. Dr. Bredius und de Roever erwähnen diese
Notiz Naglers auch und verweisen dazu auf das von Vosmaer unter
No. 30 seines Kataloges verzeichnete Bild der „Kreuztragung", das
„se trouvait au chäteau de Frederiksbourg ä [!] Copenhague, brüle
en 1859". Den wirklichen Sachverhalt teilte mir in liebenswürdiger
Weise Herr Karl Madsen in Kopenhagen mit: Lastman wird per-
sönlich nicht in Kopenhagen gewesen sein. Er hat aber drei Bilder
für den König Christian IV. gemalt, die zu einem Zyklus gehörten,
der im sogenannten „Bedestol" (Betzimmer des Königs bei der Kirche
im Schloß Frederiksborg) schmückte. [Nagler machte daraus die
„Schloßkirche in Kopenhagen"]. Leider ist jenes interessante Zimmer
samt seinen Malereien dem Brande von 1859 zum Opfer gefallen.
Die Geschichte der Malereien dieses „Bedestols" ist kurz etwa
folgende: Wir wissen, daß der in Helsingör 1569 geborene Maler
Pieter Isaaksz; „Kamerschilder" Christians IV. von Dänemark ff ), in
der ersten Hälfte des Jahres 1618 in Amsterdam für seinen König
von dem Kunsthändler (?) Johan Letoir zwei Bilder von Lodevicus
Vinsonius oder Lodovico Finsonio kaufte und nach Dänemark mit-
nalmi f f f ). Er war in Amsterdam bekannt und sicher mit vielen der
*) Kiinstlerlexikon (1839).
**) Auch A. van Nieuland und W. van Valckert sollen nach Nagler um diese
Zeit in Kopenhagen gewesen sein.
***) Handbuch (1862), Bd. I, Seile 302.
t) Allgemeines KünsHerlexikon (1878), Bd. II.
tt) Obreens Archief, Bd. II, Seite U7.
ttt) A. a. 0., Seite 135 IT.
11
dortigen Maler befreundet *). Pieter Isaaksz war sicherlich auch
der Vermittjer zwischen den Künstlern, welche die zweiundzwanzig
neutestamentlichen Darstellungen für Christians IV. „Bedestol" malen
sollten. Denn der König selber notierte 1620 in seinem Schreib-
kalender: „Am 17. Dez. habe ich Peter Isak 1266 Rdl. in Spec. ge-
geben als letzte Zahlung für die Gremälde, welche in mein Zimmer
auf Frederiksborg gekommen sind". Pieter Isaaksz selbst malte die
„Verkündigung". Außerdem waren dafür tätig sein Schüler Adriaen
van Nieuland, Werner van Valckert, Jan Pijnas und Lastman, sicher
alles Freunde von Isaaksz. Von Pieter Lastman waren die „An-
betung der Könige", „Christus segnet die Kinder" und die „Kreuz-
tragung". Sämtliche Bilder waren auf Kupferplatten gemalt und
hatten dieselbe Größe wie die jetzt im „Bedestol" befindlichen Ge-
mälde Carl Blochs. Wir haben daher keinen Grund anzunehmen,
daß jene Künstler aus Holland eigens nach Dänemark reisten, um
an Ort und Stelle zu arbeiten. Sie malten vielmehr in der Heimat
die von ihnen verlangten Darstellungen in der angegebenen Größe auf
Kupferplatten, die nachher in die Wände des „Bedestols" eingelassen
wurden **).
Wir fahren nun fort in der Aufzählung der von Lastman
Nachricht gebenden Urkunden, die nach dem Jahre 1620 zahlreicher
werden.
Im Oktober 1623 trat Lastman bei einer gerichtlichen Erklärung,
welche die Frau seines Freundes, des Malers Cornelis van der Voort
abgeben mußte, als Zeuge auf ***).
*) Ritter Rodenburgh erwähnt ihn auch in dem oben schon zitierten Gedicht
zufälligerweise (?) direkt nach Lastman. Wir finden ilm ferner auf der Auktion des
Nachlasses von Gillis van Coninxloo am 1. — 6. März (19. Jan. gibt von Wurzbach in
seinem Niederl. Künstlerlex., Bd. I, Seite 327 an) 1607 in Amsterdam zusammen mit
fünf Schülern, Jan Claesz, Huyg Pietersz, Franfois Venant und „de Stomme" (Avercamp).
Vergl. 0 u d H o 1 1 a n d, Bd. III (1885) Seite 45/46.
**) Ueber dieses Betzimmnr schreibt der dänische Kunstschrifsteller N. L.
Höyen (Skriftes, Bd. I, Seite 233): „ Die Werke von allen diesen Meistern,
besonders so vorzügliche, wie hier waren, gehören jetzt zu den größten Seltenheiten
der Galerien, warum schon im vorigen Jahrhundert Fremde auf die Bedeutung dieses
Zimmers aufmerksam machten. ... Es wäre nicht leicht, jedenfalls außerhalb
Italiens, ein gleiches zu finden, wo Werke älterer Kunst zu einem so schönen Ganzen
vereinigt waren". (Mitteilung von Herrn K. Madsen).
•**) Oud Holland, Bd. III (1885), Seite 195.
12
Damit sind wir zu dem Zeitpunkt gekommen, in dem nach
Annahme der meisten Forscher Rembrandt für sechs Monate das
Atelier Pieter Lastmans besuchte. Ueber die genauere Festsetzung
dieser Lehrzeit gehen die Ansichten freilich etwas auseinander. Das
vorhandene Urkundenmaterial über Lastman bietet leider auch keine
Anhaltspunkte für eine sichere Feststellung dieses Zeitabschnittes.
Auf die scherzhafte Erfindung der Quittungsurkunde Pieter Lastmans
von 1627*) braucht hier nicht eingegangen zu werden. Von Wurzbach
hat in gutem Glauben in seinem Rombrandtartikel im Nieder-
ländischen Künstlerlexikon dies Jahr angenommen, dürfte im
Supplementbande »ber eine Berichtigung geben.
Bei der am 12. April 1G25 erfolgten Verheiratung von Lastmans
Schwester Agnietje mit dem Maler Fran9ois Venant trat merkwürdiger-
weise keiner der Brüder als Zeuge auf**). Bredius und de Roever
erklären das daraus, daß F. Venant wohl sicher ein Remonstrant war,
während Pieter Lastman und seine Brüder wahrscheinlich römisch-
katholisch geblieben waren***).
Das am 30. April 1625 zu Protokoll gebrachte Testament des
Kupferstechers Nicolas Lastman, der zu dieser Zeit „sieck te bedde''
(krank zu Bett) lag und am 6. Mai auch schon begraben wurde,
nennt Lastman neben den Kindern seines vor dem Jahre 1625 ver-
storbenen Bruders Jacob Pietersz Hardingh, neben seinem Bruder
Zeeger Pietersz, dem Goldschmied, und seiner Schwester Agnietje
Pieters als Erben f).
Am 19. /20. April 1625 wurden zwecks Teilung des Nachlasses
unter die Erben die hinterlassenen Mobilien der am 7. Dez. 1624
begrabenen Mutter versteigert. Dabei wurde aber vieles von
den Kindern und Enkeln zurückgekauft. Der Erbschaftsteilungsver-
trag zwischen den Brüdern Zeeger Pietersz, Pieter Lastman, der
Schwester Agnietje und ihrem Manne Fr. Venant, sowie den Kindern
des verstorbenen Bruders Jacob Pietersz, datiert vom 15. August
1625 und lautet:
*) Die Urkunden über Rembrandt. Erstes Supplement. Von M. C. Visser.
Haag, 19()6, Seite 3.
**) Oud Holland, Bd. IV (1886), Seite 20.
•♦*) A. a. 0., Seite 21.
t) Obreens Archief, Bd. VII, Seite 246.
13
Boedelscheiding tusschen :
1) Zeeger Pietersz
2) Pieter Pietersz Lastman
3) Agnietje Pieters & Fran9oys Venant
4) Zal. Jacob Pietersz kinderen onder voogdy van Willem
Aertsz beneven 1 — 2, en '6 als erfgen. van Claes Pietersz
huns overl. broeder te zaraen erfgen. van Pieter Zeegersz
en Barbara Jacobs beide vöör Claes gestorven
liTin ouderlyk (elterliches) goed bedraagt
volgens taxatie 27008 —
de lasten afgetrokken 22637 gl. •
Zeeger Pietersz krygt huis St. Jansstraat f 3800
Pieter Lastman „ huis Rusland 1750
„ Taksteeg 2500
kostgeld van Pr. Lastman 64
^ van Claes Pietersz 21
Pr. Lastmans schuld voortin 43
Egbert Cornz Tinnegeeters
schuld mede voor tin 41
Agnietje Pieters krygt huis St. Jansstraat
overd'ootmoedigeConing 3400
erven van Claes Pieters krygen huis Bree-
straat daer Barber Jacobs
is overleden 3300
hnis Schoutensteegje 550
de minderj. kinderen
krygen huis d' Antyksche
schaer 4000
15. Aug. 1625*)
Am 20. August 1625 befindet sich Pieter Lastman unter den
zahlreichen Künstlern, die auf der Nachlaßversteigerung des Cornelis
van der Voort als Käufer auftraten. Mit diesem Künstler hatte
Lastman — wie wir oben schon sahen — in freundschaftlichen Be-
ziehungen gestanden. (Auf dieser Auktion war auch ein Original-
*) Register von Memorien Nr. 3, Seite 218—222.
14
1
gomälde von Lastman, das einen ziemlich hohen Preis erzielte, sowie
eine Kopie nach Lastman.) Lastman ersteigerte da „drie vrouwen
tronien" (vielleicht sind das die später in seinem Inventar aufgezählten
„drie tronien van Badens, als Venus, Juno en Pallas") für 3.7 ü.
und ein nicht näher beschriebenes Bild auf Leinwand für 1.11 fl.
Aus einer handschriftlichen Beischrift im Katalog dieser Versteigerung
ersehen wir auch, wo Lastman damals gewohnt hat: „over (gegen-
über) de Suyderkerk" *), die von Hendrik de Keyser von 1603 — 14
erbaut wurde.
Geheiratet hat Lastman nicht. Mit seinem Bruder Nicolas und
der Mutter hatte er in jenem Hause zusammengewohnt und nach dem
ziemlich zu gleicher Zeit erfolgten Tode dieser Beiden und der Heirat
seiner Schwester änderte er seine Wohnung nicht. (Die Mutter wurde
am 7. Dezember 1624 in der Oude Kerk in Amsterdam begraben; der
Bruder Nicolas am 6. Mai 1625).
Ende der zwanziger Jahre litt Lastman viel unter Krankheit,
ja so sehr, daß er 1628 bereits ans Sterben dachte und den Notar
Lamberti zu sich kommen ließ, um seinen letzten Willen zum Vorteil
seines Bruders und seiner Schwester, sowie der auch von Nicolas
bedachten Bruderskinder und seiner Dienstmagd aufsetzen zu lassen.
Der Notar Lamberti traf ihn krank im Bett liegend an, „doch zijn
verstaut ende uytsprack noch, wel hebbende". Das damals aufgesetzte
Testament lautete:
1628 B. Maart. Not. L. Lamberti.
Pieter Lasman, schilder, poorter (Bürger) deser stede
leggende sieck te bedde doch zijn verstant, memorie ende
uytspraeck noch wel hebbende legateert aan zijn z (seligen)
broeders kinderen;
Pieter Jacobsz tegenwoordig na Oost
Indie zijnde 300 gl.
Jacob Jacobsz 800 gl.
Anna Jacobs 800 gl.
Weyntje Jacobs 600 gl.
Cent Jacobsz 600 gl.
te erven van de een op den ander. aan
») Gud Holland, Bd. III (1885), Seite 203.
15
Haesje Theunis zyn dienstmaagt, als zy
op zyn sterfdag nog by hem dient. . . . 100 gl.
Voorts. in al zyne van ouders geerfde zoowel als zyne van
hem zelve geconquestreerde goederen tot erfgenaam
Zeeger Pietersz zyn broeder en
Agnietje Pieters zyn zuster
goederen te erven van den een op den ander.
Hy woont Breestraat
getuigen Frans Fransz en Joost Damius.
Schlimmer sah es mit Lastmans Gesundheitszustand im folgenden
Jahre aus, in dem er am 27. Pebruar wieder nach dem Notar ver-
langte, um das nachstehende Testament zu machen. Er lag da nicht
nur krank zu Bett, sondern sprach auch sehr „becommerlyck". Die
Namens Unterschrift zeigt am besten, wie schwach er sich befand.
Wahrscheinlich hatte er einen Schlaganfall gehabt.
1629 27. februari Not. L. Lamberti
Pieter Lastman, schilder, leggende sieck te bedde ende
spreekende wat becommerlyck doch anderzins verstant ende
vyff sinnen wel machtig syndo legateert aan
Haesje Theunis, zyne dienstmaagt. . . 200 gl.
aan Pieter, Jacob, Wyntje en Cent Jacobsz
(broederskinderen) ieder 400 gl.
aan Anna Jacobs 1000 gl.
benevens eene vry gunstige bepaling ter behoeve van de
laatste, Agnietje, erfgenamen
Zeeger en Agnietje, erfgenamen
Zeeger executeur.
Hy woont Breestraat gez.: Pieter Lastman.
Aber auch von diesem Kranksein erholte sich Pieter Lastman
sehr bald wieder. Am 2. März desselben Jahres bestätigt er jenes
Testament durch folgenden Zusatz:
2. Maart 1629
Pieter Lastman, die als nu kloeck ende gesont geworden
ende syn verstant, spraeck ende vyff sinnen volcomentlyck
gebryckende was. Conformeert dit bovenstaande testament.
gez.: Pieter Lastman.
16
Lastmans Gesundheitszustand muß sich nun noch einmal so
gebessert haben, daß er wieder an die Arbeit gehen konnte, wovon
das 1630 datierte Bild in Stockholm Zeugnis gibt.
In diesem Jahre — am 27. Febr. — sehen wir ihn wieder ein
Gutachten über eine Kopie von L. Vin^on *) nach einem Bilde von
Caravaggio abgeben. Der betreffende Passus dieser Akte lautet:
„Op huyden den 27. february 1630 heeft Sr. Charles de
Coninck, Coopman tot Middelborch, vercocht aen Jacob
van Nyeulant, die in coope aenneempt mits dezen een stuck
schilderie, gedaen bij Mr. Louys Vin9on za: naer't principael
gedaen by wijlen Michiel d'Angelo da Crawachy za: wesende
een Uytdeelinge van de Paternoster aen de Preeckheeren,
en dat ter somme van 600 guldens te betalen binnen 6 weecken
of in 2 maenden ten längsten naerdat hem van Nieulant't
voorsz. stuck gelevert sal sijn, met deze expresse conditio, dat
tvoorsz. stuck schilderie sal moeten sijn t' selve stuck t' weick
(als geseyt is) bij den voorsz. Louwys Vin^on is gedaen, t' welck
sal staen ter judicature van Piet«r Lasman, Adriaen Nieulant
ende Franchoys Venant, alle schilders binnen deser stede. . ."
Wie wenig Lastman mehr an den Tod dachte, zeigt der Umstand,
daß er am 28. Februar des Jahres 1631 noch ein Haus erwarb und
zwar das in der (St. Anthonie) Breestraat an der Ecke des Zuider-
kirchhofes gelegene Gebäude, „daer de Preeckstoel in de Gevel staet",
d. h. sein Giebel war mit einer Kanzel geschmückt. Lastman bekennt
sich an diesem Tage zu der Schuld von 3475 fl., wobei Cornelis
Dankertsz Zeuge war, während Pieter Wijbrantsz und Hendrik
Laerman (nicht Lasman, wie in Obrees Archief, Bd. VI, Seite 44
von Dozy geschrieben wird) vor den Schöffen für diese Summe
Bürgschaft leisteten. NachVosmaer, der hierfür Scheltema, „Rembrandt",
Ausgabe von 1866 (Seite 52/B3) zitiert, haben ihm das Geld dafür
geliehen Jacob Chevalier, Samuel Goin und Jacobus Gossius, Dr. med.
Von diesen 3475 Gulden war ein Drittel innerhalb 14 Tagen, das
zweite Drittel im Mai und der Rest am Lichtmeßtage zu bezahlen.
*) L. Vingon ist bekannter unter dem Namen Lodevicus Finsonius; er war
ein Nachahmer des Caravaggio, wurde geboren in Brügge um 1580 und starb in
Amsterdam vor dem 1(5. Mai 1618. Bezeiclmete und datierte Bilder von ihm in Aix,
Arles, Andennes, Neapel; vergl. v. VVurzbach, KUnstlerle.xikon, Bd. I, Seite 534.
2
17
Am 13. Dezember des Jahres 1631 wurde Lastmans Schwester
Agnietje begraben. Von den Q-eschwistern lebten nun nur noch der
Goldschmied Zeeger Pietersz Coningh und unser Maler.
Aber er wurde nun auch wieder aufs Krankenlager geworfen
und fühlte sich veranlaßt, durch seinen Notar Lamberti abermals
Aenderungen in seinem Testament vornehmen zu lassen. Dieser
suchte ihn am 13. Mai 1632 auf. Nicht mehr in der Wohnung in
der Breestraat, sondern im Hause seines einzigen noch lebenden
Bruders Zeeger Pietersz in der St. Jansstraat, wo der Kranke gepflegt
wurde. Die Aenderung seines letzten Willens bestand darin, daß er
diesen seinen Bruder und, falls dieser vor ihm sterben sollte, dessen
Kinder zu Haupterben einsetzte mit der Bedingung, daß den Kindern
seines verstorbenen Bruders Jacob Pietersz Hardingh ein Legat von
einigen hundert Gulden zukommen sollte. Für Anna Jacobs Hardingh,
die Jüngste und scheinbar sein Liebling, hatte er, wie auch die beiden
letzten Male zuvor, mehr als das Doppelte dessen, was den anderen
zugedacht war, ausgesetzt. Die Dienstmagd dagegen wird in diesem
letzten Testament nicht mehr genannt. Sie war also nicht mehr in
seinem Dienst oder inzwischen gestorben. Jene Legate sollten sich
von dem einen auf den andern vererben, wenn sie kinderlos stürben.
Ferner wurden noch die beiden Kinder seines Schwagers F. Venant
bedacht.
Das Testament lautet:
1632. 13. Mei s' namiddags de klok omtrent half vyff
d' Eersame Pieter Lastman, schUder, poorter dezer stede,
uytspraecke noch wel hebbende ende volcomentlyck ge-
bruyckende herroept alle vroegere testamenten speciaal
dat op 27 februari 1629 voor Not. Lamberti noemt tot
eenigen en universeelen erfgenaam zyn broeder Zeeger
Pietersz en by voor overleden zyn kinderen, in alles, de
goederen verbonden en onverbonden van zyn ouders ge-
comen niet binnen een jaar uitkeerende.
aan Pieter Jacobsz
Jacob Jacobsz
Weyntjen Jacobs
Cent Jacobsz
18
n
zyn Z. broeders kinderen elk 300 gl. van de een op de ander als
zy kinderloos sterven en ter slotto op Zeeger Pietersz en
Anna Jacobs 800 gl.
aan do twee nagelaten kinderen van zyne Z. zuster
Agnietje Pieters geprocreert by Francjoys Venant, mede
Schilder samen 2400 gl. Sterven zy echter vor hem dan
zal Zeeger Pietersz dit erven, terwyl het geld nooit door
Crediteuron zal mögen worden aangesproken.
Wie dit verband zal trachten los te maken, verbeurt
zyn erfenis.
Gepasserd ten huize van Zeeger Pietersz in de St. Jans-
straat, getuigen Pieter Anthonisz en Jacob Jansz HoUesloot
gez.: Pieter Lastman.
Außerdem beschloß Lastman, sein Hab und Gut noch bei seinen
Lebzeiten inventarisieren zu lassen. Am 7. Juli 1632 wurden die in
der Breestraat gebliebenen Sachen Lastmans durch den Notar
Lamberti im Beisein der Frau des Zeeger Pietersz gebucht. Es war
ein nicht unansehnlicher Nachlaß, aus dem im folgenden nur die auf
Kunst Bezug habenden Dinge aufgeführt werden sollen:
1) Drie tronien van Badens, als Venus, Juno en Pallas.
2) Drie lupertgens (kleine Leoparden).
3) Een lantschapge van Claes Moeyaert.
4) Galeytgens (kleine Galeeren) nae de Jonge Vroom gedaen.
5) Een groot stuck van Daniel in do leeuwenkuyl.
6) Vier evangelisten van Jacob Jordaens.
7) Paulus bekeeringh van Pieter Lastman met ebben lijst
(Ebenholzrahmen).
8) Een graflegging van Pieter Lastman met een groote
ebben lijst.
9) Een crucifix.
10) Een conterfeytsel (kleines Porträt) van Goltzins.
11) Een St. Franciscus van Pieter Lastman met een
ebben lijst.
12) Een boerenkermisge van Grimmer.
13) Een lantschapgen van Pr. Lastman.
14) Zes oude manstronien.
15) Een crucitix.
2*
19
16) Een paertschilderij (Pferdebild).
17) Een fruytmaandje met vogeltjens.
18) Een Ossenhooft (Ochsenkopf).
19) Een ront conterfeytsel van Joan van Oldenbarnevel,
20) Een schilderij van de rijckdom.
21) Een lantschap van Tobias van Grovaert (Jansz).
22) Een fruytschilderij van van Essen.
23) Een lantschapgen St. Franciscus van Pr. Lastman.
24) Een crucifix van Palmhout (Palmholz).
25) Een vrouwentronie op een ovael van Badens.
26) Een hontgen van Pieter Lastman.
27) Een Ste. Peter met 't swaert.
28) Een groot bancket.
29) Een contrefeytsel van Claes Lastman.
30) Een contrefeytsel van Cales Oom.
31) Een out manstronie.
32) Een Emaus gedootverft (angelegt).
33) Lastmans contrefeytsel, gedootverft.
34) Een kleyn sacrefysie, gedootverft.
35) Een vrouwe tronie.
36) Een tronie van Jan Pietersz.
37) Een crucifix van Pr. Lastman.
38) t' Vroutje aen de put van Lastman beyde mit ebben-
lijsten.
39) Een cameeltgen van Savery.
40) Een Tobiasgen van Claes Moeyaert.
41) Een copytgen van een ram (Widder) en geyten (Geißen).
42) Een doeckgen van rammen en bockgens.
43) Twee ossenhoofden op een doeck.
44) Een doodmanstronie (Kopf eines toten Mannes) van Poerbus.
45) Een conterfeytsel van Pr. Lastman met een achtkanten
ebben lijst.
46) Een jongenstronie.
47) Een groote Ecce Homo.
48) Een Jeronimus,
49) Een schilderij van Paulo en Bamabe (Etwa das berühmte
Lastman'sche Bild?)
20
50) St. Jans doopsel bij Lastman gedaen (gemacht, gemalt).
51) Een Samaritaen bij Lastman,
B2) Magdalena, na Jan Tengnagel.
53) 4 Evangelisten, copie na Jordaens.
54) Een Joseph en Maria met Jesu van Lastman.
55) Een copie nae de graflegging van Lastman.
56) Een drie coningen.
57) Een schilderij van Jacob.
58) Een schilderij van Haman.
59) Een luypaertgen met verscheyde beestens.
60) Verschejde vogeltgens, copie in een bortgen.
61) Een ossenhooft met 2 honden op een doeck.
62) Eenige paertshoofde.
63) Een pauw, een oude manstronie, een pompoentje (kleine
Melone oder Kürbis), een cocodril, een gaytge.
64) Een gedootverft lammotje, een copytge van een pauw eu
pauwinnetje.
65) Twee bockgens, een bos druyven, een gansgen, een hontgen
een osgen.
66) Een cleyn hontge, een hanengevecht, 6 gedootverfte bortgens,
eenige gevolde doeken, 9 penseien, een groote lijst.
67) Een geboetseerde (modelliert) tronie van Marco Aurelio.
68) 2 tronien van playster (aus Gips).
Op 't Cantoor
69) Een groot Kunstboeck met printen.
70) Een doos met siechte lack en schoone smalt.
71) Een doos vol teyckeningen van peerden ipet wat andere
printen.
72) Een deel roö (rote Kreide) teyckeninghen van Pieter
Lastman.
73) Omtrent 150 boecken; een pongiaert (Dolch).
74) Verwen, als schoone blauwe assenschytgeel, slachgout,
pinckeler enz.
75) Thien boeck met teyckeningen.
76) Eenige gedruckte printen. droge verwen, heel schoon lack enz.
77) Een roemer gesneden: Alte met een reys.
21
Von der letzten Krankheit hat sich Lastman wahrscheinlich
nicht wieder erholt und er ist wohl auch nicht mehr in seiner
Wohnung in der Breestraat gewesen. Er starb im Frühjahr 1633.
Am 4. April wird seine Leiche von der St. Jansstraat aus um Vk Uhr
unter dem Greläute der großen Glocke — wofür 17 fl. bezahlt
wurden — zu Grabe getragen. Im Grabbuch der Oude Kerk ist
unterm 4. April 1633 zu lesen: Pieter Lastman, compt uyt Synt
Jansstraet, en is andertvier met de groote KJock beluyt .... f. 17.
Pieter Lastmans äußere Erscheinung hatte Thomas de Keyser
in einem heute leider verschollenen Gemälde festgehalten. Es gibt
auch keinen Stich danach. Nur die sechs Verse sind bekannt, die
Joost van den Vondel als Unterschrift zu jenem Porträt gedichtet
hat. Sie lauten :
OP PETER LASTMAN"
DEN APELLES ONZER EEUWE
De geest van Peter voer in 't ordineren speien,
En volghde vrouw Natuur op doeken en pannelen,
Zyn kunstgetuigen. Toon, wie 't oordeel stryken kan,
Of Lastman Fenix was, of Rubens zyn genan.
De Keizer heeft hem dus den ommetrek gegeven:
Maar anders tekend hy zieh in zyn kunst naer 't leven.
Zu deutsch:
AUF PIETER LASTMAN,
DEN APELLES UNSERES JAHRHUNDERTS
Der Geist von Peter vergnügte sich mit Komponieren
Und folgte Frau Natur auf Leinwand und auf Holz,
Den Zeugen seiner Kunst. Zeige, wer das Urteil fällen kann,
Ob Lastman Phönix war, oder Rubens, sein Namensvetter.
De Keyser hat ihn so äußerlich im Bilde festgehalten.
Aber anders zeichnet er sich in seiner Kunst nach dem Leben.
Nach J. van Lennep*) sollen diese Verse Vondels gegen 1649
entstanden sein. Van Lennep bemerkt dazu, daß der Dichter sie in
*) „De Werken van Vondel in verband gebracht met zijn leven . . . Amsterdam, 1859.
22
diesem Jahre gelegentlich des Todes von Lastman in Haarlem ver-
faßt habe. Im Anschluß hieran wurden — wie Vosmaer mitteilt*) —
von dem Haarlemer Archivar A. J. Enschede hierüber Nachforschungen
angestellt; die Durchsuchung der Sterberegister von 1640 bis 1650
blieb jedoch ergebnislos. Weder sie, noch die Tauf- und Heirats-
register enthielten den Namen unseres Malers. Deshalb schied schon
Vosmaer Haarlem als Geburts- und Sterbeort Lastmans aus und
schloß sich der gewöhnlichen Ueberlieferung, die Amsterdam dafür
nannte, an. Zu seiner Zeit haben aber auch die in Amsterdam an-
gestellten Nachforschungen zu keinem sicheren Ergebnis geführt, so-
daß er als Todesdatum Lastmans das Jahr 1649 nur* bedingtermaßen
beibehielt.
Beruht die Datierung jener Vondel'schen Verse auf das Porträt
Lastmans durch van Lennep in erster Linie auf der Annahme, daß
sie anläßlich des — angeblich — 1649 erfolgten Todes Pieter Last-
mans gedichtet worden seien, so ist die Richtigkeit ihrer Datierung
auch in Frage gestellt. Stützte sich van Lennep dafür aber mehr
auf stilistische Gründe, so halten wir uns zur Uebung einer Kritik
an der Datierungsfrage dieser Verse für nicht zuständig. Jedenfalls
können die Verse ebensogut zu Lebzeiten Lastmans gedichtet worden
sein, wie einige Zeit nach seinem Tode. Wahrscheinlicher ist vielleicht
noch das letztere.
*) „Rembrandt ", Seite 80.
23
Stammtafel der Fani
Jacob Pietersz
getauft 20. Febr. 1575
Jacob Pietersz Hardingh
get. 9. Juli 1576; f vor 1625
verheiratet mit
Grietge Centen.
Pieter Weyntje Jacob Jacobsz
Jacobsz Hardingh Hardingh
geb. 1597 geb. vor 1599 geb. 1603
t vor 1637
verheiratet
mit
Theunis
Roelofsz
Grietje
Theunis
verheiratet
mit
Hendriksz
Hardingh
t vor 1637
verheiratet mit
Judit van Baien
Dirk
Jacobsz
Hardingh
geb. 1605
t vor 1621
Cent
Jacobsz
Hardingh
geb. 1610
tot 1656
Anna
Hardingh
geb. 1612
Zeeger Pietc
Coningh
geboren 157
verheiratet n
- Giertje Corne
Clemenlia Zeej
verheiratet m
Dirk Vennek
Weyntje
Centen
Hardingh
Pieter
Genien
Hardingh
Grietje
Centen
Hardingh
24
er Lastmans
Zeeger Pietersz
Pieter Zeegersz dementia Zeegers
t um 1603
verheiratet mit
Barbara Jacobs
'ieter Pieters/.
Lastman
loren 1583; t 1633
er Zeegersz
Lastman
Claes Pietersz
Lastman
geb. 158G; t 1625
Dirk Pietersz
Zeegers
verheiratet mit
Eugenius
Fonteyn
Agnietje
Pieters
geb. 1595
tl631
verheiratet mit
F r a n 9 0 i s
Venant
Fran^ois
Pieter
Venant
Venant
t 1633
t 16.33
26
Verzeichnis der Gemälde
ans dem Nachlasse der Mutter Pieter Lastmans, Barbara Jacobs,
die am 20. April 1625 in Amsterdam versteigert wurden
1) Ein Büd mit Maria
2) Ein Bild mit Abraham mit den Engeln
3) Ein Bild mit „Munneken" (Mönchen)
4) Ein kleines BUd von Emmaus
5) 6) Zwei runde Landschaften
7) Ein Marienbild
8) Ein Bild mit der Christnacht
9) Eine Landschaft von Govert Jansz
10) Ein BUd mit Maria und Joseph
11) Ein Bild mit David und Abigail
12) Eine Landschaft
13) Ein Bild der vier Evangelisten-
14) Eine kleine Tafel mit Maria von Dirk Barentsz
(15) Eine große Karte
Wahrscheinlich befinden sich hierunter auch Gemälde von ihrem
Sohn Pieter Lastman; Darstellungen wie die unter Nr. 1, 2, 3, 7,
8, 10 und 13 angeführten hat er auch gemalt.
fl.
1.2
fl.
1.9
fl.
1.3
fl.
2.3
fl.
4.5
fl.
1.—
fl.
6.15
fl.
10.10
fl.
2.1
fl.
9.—
fl.
5.15
fl.
4.—
fl.
15.10
fl.
3.3)
26
Verzeichnis der Gemälde im Besitze von dementia Zeegers,
der Nichte Pieter Lastmans, die im Jahre 1664 bei ihrem Schwiegersohn
Jean Meerman aufbewahrt wurden*)
1) Ein Bild, darstellend [Jesus und] die Samariterin, von
Lastman.**)
2) Ein Bild, darstellend die Einbalsamierung Christi, von
Lastman.
3) Ein Bild, darstellend den heiligen Laurentius auf dem Rost.
4) Ein Bild, darstellend die Auferweckung des Lazarus, von
Jan Lievens.***)
5) Ein Porträt von Pieter Lastman f)
6) Ein Porträt von Zeeger Pieterszff)
7) Ein Porträt von Albert Eggerick.
*) Prot. Not. J. de Vos, U. Febr. 1664. Vergl. Oud. Holland IV.
♦*) Befand sich 1632 in Lastmans Nachlaß (Nr. 51).
*♦♦) In alten Versteigerungskatalogen finden wir zwei mal Bilder dieses
Gegenstandes von J. Lievens:
a) Versteigerung in Amsterdam am 13. April 1695, Hoet Bd. I, Seite 25
■Nr. 8 (fl. 46).
b) Versteigerung Kretschmar in Amsterdam am 29. März 1757, Terwesten
Seite 173 Nr. 33 (II. 20.10). „Dit Stuck gaat ook in Prent nit." Größe
123,7 Xllli2- Ist wohl das von Lievens radierte Blatt (B. 3), das
von J. Louys nachgestochen wurde.
t) Vielleicht das von Th. de Keyser gemalte, zu dem J. v. d. Vondel die
bekannte Unterschrift dichtete (Siehe Seite 22).
tt) Des einzigen Lastman überlebenden Bruders, des Vaters der Clementia
Zeegers. Vielleicht von Lastman gemalt.
27
DIE KUNST PIETER LASTMANS
Gemälde
Systematisches beschreibendes Verzeichnis
Yorhemerkungen
In diesem Verzeichnis werden alle Bilder von Pieter Lastman,
die mir im Original, durch. Photographien, durch literarische Quellen,
schriftliche oder mündlicheMitteüungen bekannt geworden sind, beschrieben.
Nach . der Beschreibung eines jeden Bildes werden kritische
Notizen*) in aller Kürze gegeben, sowie Angaben über Material und
Grösse (in Zentimetern; die Hohe steht der Breite voran). Danach
folgen Hiniveise auf Reproduktionen, die von dem Bilde etwa existieren,
auf die wichtigste Literatur und, soweit es möglich ist, Angaben
über die Geschichte eines jeden Bildes.
Bei den Literaturnachweisen werden nur solche Stellen zitiert,
wo ein Bild entweder erstmalig besprachest wird, oder wo
etwas wesentliches, neues oder auch falsches, über ein Bild
vorgebracht wird. Von der Verweisung auf blosse Erwähnungen von
Gemälden — wie etwa in Künstlerlexicis, wofern für sie nicht das
eben Gesagte gilt — ist abgesehen.
Die Anordnung ist systematisch: Heilige Geschichte, Mythologie
oder Allegorie, Profangeschichte, Genre, Porträt, Landschaften, Tiere
und Stilleben, Unbekante Gegenstände.
Innerhalb einer jeden Gruppe stehen die in öffentlichen oder
privaten Sammlungen noch nachweisbaren Bilder in alphabetischer
Reihenfolge ihrer Aufbewahrungsorte voran. Dann folgen die nur
literarisch bekannten in der zeitlichen Folge ihres Vorkommens.
*) Bemerkungen zu Bildern, die mir nur aus Katalogbeschreibungen und dergl.
bekannt sind, sind dann der zitierten Quelle entnommen.
28
Die Numerierung ist durchlaufend. Nur literarhich bekannte
Bilder, die wegen unzureichender Beschreibung möglicherweise schürt
unter einer besonderen Nummer vorkommen, sind durch Zahlen mit
Buchstaben numeriert.
Der Buchstabe V. mit einer Zahl dahinter unter unserer Katalog-
nummer bezieht sich auf die Nummer des Verzeichnisses der Werke
Bieter Lastmans von C. Vosmaer in seinem Buche „Rembrandt, sa
vie et ses oeuvres", 1877, Seite 474 ff.
Die Titel der in noch bestehenden öffentlichen oder privaten
Sammlungen nachweisbaren Gemälde sind fett und in Kapitalbuch-
staben gedruckt. Von diesen haben diejenigen Bilder, die mir aus
eigener Anschauwig oder aus guten Photographien bekannt geworden
sind, vor dem Titel einen Stern (*). Die Titel der übrigen Gemälde
sind nur durch fette Schrift hervorgehoben.
Die Bezeichnungen rechts und links sind vom Beschauer
aus gemeint.
Der Vermerk „Mitt. H. d. G." bedeutet, dass ich die betreffende
Beschreibung oder Notiz einer Mitteilung von Herrn Dr. C. Hofstede
de Groot im Haag verdanke.
Solche Gemälde, die ich mit Bestimmtheit für keine Original-
arbeiten von Bieter Lastman halte, haben in dem Verzeichnis keine
Aufnahme gefunden. Sie werden in einem besonderen Abschnitt
beschrieben und besprochen. Dagegen findet man hier noch einige
Bilder verzeichnet, über deren Echtheit ich kein entscheidendes Urteil
abgeben kann.
Systematische Übersicht
1) Biblische Geschichte Nr. 1—93
a) Altes Testament „ 1—39
b) Apokryphe Bücher „ 40 — 44a
c) Neues Testament „ 45 — 88
d) Nicht näher bestimmbare bib-
lische Darstellungen „ 89 — 93
2) Heilige, Einsiedler, Mönche, Pilger . „ 94— 97a
8) Mythologie, Allegorie „ 98— lila
4) Profangeschichte „ 112 — 116
B) Genredarstellungen ,, 117 — 119
6) Porträts ^ 120—122
7) Landschaften „ 123—131
8) Tiere und Stilleben „ 132—136
9) Unbekannte Gegenstände „ 137 — 147
30
ALTES TESTAMENT
Adam und Eva im Paradiese.
Versteigerung Dirk Kindt u. a. im Haag am 27. Sept. 1762 Nr. 205
(fl. 4.12). Kitt. 3. d. O.
• DER HERR ERSCHEINT DEM ABRAHAM UND DEN SEINIGEN 2.
AUF DEM ZUGE NACH MESOPOTAMIEN. (I. Mos. 12, 5-7).
Links vorn kniet in linker ProfiJansicht Abraham in gelbem Gewand
und rotem Mantel. Er breitet die Arme nach unten aus und blickt
zu dem ganz links in einer Wolke erscheinenden — auf dem Bilde
aber nicht sichtbaren — Herrn auf. Hinter einer dunkeln Kulisse
von Felsen und Gesträuch sind nur die von der Erscheinung aus-
gehenden hellen Strahlen zu sehen, gegen die sich links im Vorder-
grund die dunkle Silhouette eines knienden jungen Mannes in
Rückansicht abhebt. Zwischen diesem und Abraham, etwas mehr
zurück, ein anderer kniender Mann mit vor der Brust gefalteten
Händen und einem über die rechte Schulter gelehnten Stab. Alle
drei sind barhäuptig. Hinter Abraham, auf einem Pferd sitzend,
Lot mit Turban auf dem Kopf, sich demütig zu der Erscheinung
vorbeugend und die Arme über der Brust kreuzend. Weiter nach
rechts, etwas vor ihm, Sara, dreiviertel von links gesehen, auf einem
Maulesel sitzend und mit den Händen eine Gebärde des Staunens
machend. Sie trägt auf dem Kopf einen weißen Turban und scheint
schwanger zu sein. Um Leib und Hüften hat sie einen Mantel ge-
schlungen. Zwischen ihr und Lot ein Diener, der einen orientalischen
Schirm über Sara hält. Vor ihm ein kleiner Junge, unter dem
Maulesel ein großer Hund. Die rechte Hälfte des Bildes ist von
Viehherden eingenommen, zwischen denen rechts vom eine Magd in
Vorderansicht kniet, die einen Geflügelkorb mit beiden Händen fest-
hält. Dahinter eine Rinderherde mit Treiber. Im Hintergrund rechts
ein Hügel mit römischen Ruinen. Auf einem Weg am Abhang des-
selben fährt ein mit Ochsen bespannter Wagen. In der Mitte ein
obeliskartiges Steindenkmal. Links im Mittelgrund altes, mit
81
Gesträuch bewachsenes Gemäuer — Typisches gutes Bild in grau-
grünem Gesamtton.
Bezeichnet oben auf dem Steindenkmal: Pietro Lastman
fecit 1624
Eichenholz 80X173,5.
Eigene photographische Aufnahme.
Erwähnt von G. Pauli in der „Zeitschrift für bildende Kunst", 1904,
Seite 170 und in „Gemälde alter Meister in bremischem
Privatbesitz", 1905, Seite 28.
Aufstellung historischer Gemälde aus bretnischem Privatbesitz in der
Kunsthalle in Bremen im Okt. 1904 Nr. 224 und 1909
Nr. 15.
Bereits 1857 in der Sammlung Konsul Lürman in Bremen (Vergl.
Parthey, Bd. II, Seite 16 Nr. 1) Nr. 84 des handschrift-
lichen Katalog es, der sich jetzt in der Kunsthalle in
Bremen befindet.
Sammlung August Lürman in Bremen.
3. Die Kararane der Frau des Abraham auf dem Wege zui* Residenz
des Melchisedek.
Bezeichnet und 1614 datiert.
Identisch mit dem folgenden?
Erwähnt von P. v. Semeonoff im Katalog seiner Gemäldesammlung,
1906, Seite XXXI.
Früher Sammlung Solovieff in St. Petersburg.
4. Abraham wird nach Besiegung des Kedor Laomor vom Könige von
Sodom und von Melchisedek feierlich empfangen. (I. Mo.s. 14, 17 ff.).
Holz 78,8X112,8.
Identisch mit dem vorigen?
Zur Zeit von Parthey (1864. Bd. II, Seite 16 Nr. 2) in der Sammlung
Sollandt in Braunschweig.
5. •ABRAHAM EMPFÄNGT DIE DREI ENGEL. (I. Mos. 18, 2). Links,
fast in der Mitte, vor einer alten Eiche, welche die dahinter liegende
Wohnung des Abraham z. T. verdeckt, kniet dieser in rechter
Profilansicht. Er ist barhäuptig, hat großen weißen Vollbart und
trägt ein amarantfarbiges Gewand. Mit den Händen macht er eine
einladende Geste, indem er zu den rechts von ihm auf dem Wege
stehenden drei Engeln aufblickt. Der vorderste davon, in linker
Seitenansicht, trägt über hellgrünem Untergewand einen rosa Mantel,
den er mit der herabhängenden Linken rafft, während er die
vorgestreckte Rechte auf einen Stab stützt. Der zweite Engel,
32
der links etwas mehr zurücksteht, trägt ein ähnliches weißes Kostüm,
das die Brust z. T. freiläßt. Seine rechte Hand streckt er nach
unten aus, die linke hat er auf den auf den Stab gestützten Arm
des vorderen Engels gelegt. Der dritte Engel steht in der Mitte
zwischen Abraham und dem zweiten Engel, en face etwas zurück,
in dunkelfarbigem, unterhalb der Brust gegürtetem Mantel, der Brust,
Arme und das vorgesetzte linke Bein unbedeckt läßt. Die Rechte
stemmt er in die Seite, der linke Arm ist quer über der Brust
gebeugt. Er ist von dem links befindlichen großen Baum beschattet
und hebt sich dunkel vor dem grauen Himmel ab. Alle drei haben
große Federflügel, tragen Lockenhaar, sind ohne Kopfbedeckung und
ohne Fußbekleidung. Links am Fuße des dicken Baumstammes, von
dessen Laubkrone nur ganz wenig des untersten Teiles sichtbar ist,
zwei Pfauen und Blattgewächs. Rechts dunkle, hügelige und felsige
Landschaft. — „Dans ce tableau Lastman et son clair-obscur sont
ä leur apogee et c'est son tableau le plus rembranesque" (Briefl.
Mitteilung von Herrn P. v. Semeonoff).
Bezeichnet und datiert rechts unten: ^astman fecit 1621.
Eichenholz 72X101.
Fkotographiert von Prokoudine-Oorsky in St. Petersburg.
Erwähnt von E. Michel, Gaz. d. h. arts, 1890, Seite 113 und in
„Rembrandt", 1893, Seite 19.
Befindet .sich in Russland seit der Zeit Katharinas II. und war in
verschiedenen Privatsammlungen.
Sammlung P. von Semeonoff in St. Petersburg, Kat. 190C
Nr. 260.
Abraham bewirtet die drei Engel. (I. Mos. 18, 8). Auf einem Vor- 6.
platz vor dem rechts z. T. sichtbaren Hause des Abraham sitzen im ' • '•
Schatten eines großen Baumes links an einem gedeckten Tisch die
drei Engel; zwei an der linken Schmalseite in rechter Profilansicht,
der dritte hinter dem Tisch an der Breitseite en face. Der vorderste
Engel hat den Kopf zum Beschauer gewandt. Sie sind in lange
Gewänder gekleidet, tragen aber keine Schuhe und keine Kopf-
bedeckung. Das lange, auf die Schultern fallende Lockenhaar ist in
der Mitte gescheitelt. Rechts neben dem Tisch steht Abraham nach
links im Profil. Er trägt ein mantelartiges Gewand und streckt beide
Hände aus, um die Engel zum Essen aufzufordern. Rechts hinter
ihm steht in der geöffneten Haustür, über der man eine Sonnenuhr
3 83
sieht, Sara und horcht. Vorn am Boden in der Mitte Schale und
Tücher, links Blattpflanzen. Dahinter im Grund, am Fuße eines mit
italienischen Häusern gekrönten Hügels, ein Hirt mit Kuhherde. — In
den Typen und Gebärden ganz charakteristisch Lastman-artig.
Beschrieben nach, einem Schabkunstilatt von Jan van Somer
(Wessely Nr. 33). 37X50.
Das van Somersche Blatt kommt in drei Zuständen vor:
1. ohne die Künstlernamen,
2. mit den Künstlernamen.! aber ohne den des Verlegers,
3. mit der Adresse Joan Wils excudit.
Das Original ist verschollen.
7. Loth.
Erwähnt im Inventar von Cornelis Groen in Amsterdam vom 13. Juni
1652. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
8. Ein Bild mit Hagar.
Von Wasman (Lastman?).
Erwähnt im Inventar der Witwe Claes Andriesz van der Maas, ge-
storben in Leiden am 25. Juni 1651. Mitteilung von
Dr. A. Bredius.
Sa. Abraham vertreibt Hagar und Ismael in einer Landschaft.
45,7X63,8.
Versteigerung J. D. Baron W Albaing Giesenburg in Utrecht am 26.
Okt. 1775 Nr. 16. Mitt. E. d. G.
9. Hagar, im Wald ihr Kind beweinend, wird vom Engel getröstet. —
Meisterhaft gemalt.
Holz 50X45.
Versteigerung D. Mansveld in Amsterdam am 13. Aug. 1806 Nr. 100
(fl. 5). Mitt. H. d. G.
10. "ABRAHAM IM BEGRIFF DEN ISAAK ZU OPFERN. In der Mitte
' • — steht Abraham, in Vorderansicht, in ziemlich eng anliegendem
Gewand, dessen Aermel über die Ellenbogen aufgekrempt sind ; um
Hals und Hüften ein schalartig gedrehtes Tuch. Er hält mit der
linken Hand das mit einem Tuch bedeckte Haupt Isaaks, der auf dem
mit Tuch bedeckten Altar aus Holzscheiten liegt und mit ängstlichem
Gesicht nach rechts in die Höhe blickt. Abraham hält in der Rechten
das gezückte Schwert. Von oben links schwebt aus einer Wolke
ein von vier Cherubimen begleiteter Engel nieder und legt seine Linke
auf den rechten Oberarm Abrahams. Dieser blickt sich zu dem
mit der rechten Hand zurück nach oben weisenden Engel um. Links
34
hinter Isaak in dünnem Gesträuch ein Widderkopf. Vorn links am
Boden ein Gewand, die Schwertscheide, ein Gürtel und ein Turban.
Rechts in der Ecke Blattgewächs, dahinter ein brennendes Feuer,
dessen Rauch sich über die rechte Seite des Hinunels verbreitet,
Gebüsch und kleiner Ausblick auf eine Hügellandschaft. — Grisaille,
direkt aufs braune, nicht grundierte Holz gemalt. Das hellste Licht
liegt auf dem Oberkörper Abrahams und auf der Brust Isaaks; es
kommt von links oben mit dem Engel. Flott gemalt.
Bezeichnet mit dem Monogramm links unten mit weißer Farbe: ß
Holz 40X32.
Eigene photographische Aufnahme.
Erwähnt von E. Michel, Remhrandt, Seite 19/80.
Versteigerung van der Mark Aegidiusz in Amsterdam am 25. Aug.
1773 Nr. 159 (fl. 6 an P. Yver).
1887 von Dr. A. Brediu«s an das Rijksmu^eum geschenkt.
Rijksmuseum in Amsterdam, Kat. 1908 Nr. 1425.
•ABRAHAM IM BEGRIFF DEN ISAAK ZU OPFERN. Auf einem 11.
Stein in der Mitte des Vordergrundes der bis auf ein weißes Lenden-
tuch nackte Isaak in Vorderansicht. Die Hände sind ihm auf dem
Rücken zusammengebunden. Abraham steht in Vorderansicht links
daneben. Ueber die linke Schulter trägt er ein dunkelblaues Tuch,
das unter der rechten Hüfte zusammengeknüpft ist ; dazu einen
weißlichen Schal. Der rechte Arm ist gebeugt, die Hand hält das
gezückte Schwert, während die Linke Isaak beim Kopf faßt. Abraham
wendet den Kopf zurück nach oben, wo der blondhaarige Engel in
ärmellosem, dunkelblauem Gewand in starker Verkürzung aus einer
dunkeln Wolke herniederschwebt. Mit der Linken faßt er den Abraham
bei der linken Schulter. Sein rechter Arm ist gerade nach links
ausgestreckt. Rechts auf einem Felsblock hinter Isaak ein silberner
Kelch und eine Kette. Unten Blattpflanzen. Links tiefblauer
Himmel, während die rechte Seite sepiabraun ist. — Die Hände des
Engels sind für Lastman ungewöhnlich gut gezeichnet. Die Fleisch-
farbe des Isaak weißlich und kalt. Gesamtton dunkelgrünlich-sepia.
Bezeichnet mit dem Monogramm und datiert auf der Scheide des
Schwertes: ß
1616.
Leinwand 35X41.
Photographiert von Braun, Clement & Co.
3* 36
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 616 und im Bepertorium für
Kunstwissenschaft, Bd. XVI (1893), Seite 118. Hier
wird die Jahreszahl 1636 gelesen.
1883 im Besitze von Frau Lacroix in Paris (aus W. Bürgers Nachlaß).
Versteigerung (Thore-Bürger) in Paris am 5. Dez. 1892 (frcs. 180
an Paul Mantz).
Versteigerung Paul Mantz in Paris am 10. Mai 1895 (frcs 250 an
den Louvre).
Gemäldesammlung des Louvre in Paris, Kat. 1902 Nr. 2443 Ä.
12. Abrahams Opfer.
Sammlung Suroff in St. Petersburg. Mündliche Mitteilung von
Herrn Staatsrat P. Delaroff.
12 a. Abrahams Opfer. — Skizze (von Lastman?)
Etwa die Chrisaille im Bijksfnuseum? ?
Erwähnt im Inventar von Dioderick Heynck; Taxation durch Joh. Rosa
und Adriaen Backer am 16. März 1676 auf fi. 0.10.
Mitteilung von Dr. Ä. Bredius.
12b. Abrahams Opfer. — Kräfiig und ausführlich.
Wohl identisch mit einem der vorigen Bilder.
Versteigerung Frau S. L. Huygens im Haag am 22. Mai 1786 Nr. 19
(fl. 9.10 an van Diest). Mitt. H. d. G.
13. Elieser und Rebekka. (I. Mos. 24, 17, 18). Rechts am Brunnen steht,
den linken Fuß auf eine Steinstufe gestellt, Rebekka in linker Profil-
ansicht; sie stützt den Henkelkrug, den sie mit der Linken hält, auf
den linken Oberschenkel, um dem links stehenden und sich vorbeugenden
Elieser zu trinken zu geben. Dieser trägt hohe Schuhe, Mantel und
Turban. Links im Mittelgrund eine lagernde Karavane, Kamele,
Knechte und Mägde. Dahinter erhebt sich auf einem Berg eine Stadt.
Beschrieben nach einer 39y(^56 großen Kreidezeichnung, die sich als
Original von Bieter Lastman im großherzoglichen Museum
in Weimar befindet, die aber sicher nur eine Nachzeichnung
nach einem verschollenen Gemälde von Lastman ist.
Spezialaufnahme von Louis Held in Weimar.
14:. Jakob und Bebekka.
Erwähnt im Liventar des Bürgermeisters von Hoorn, Dirk van Foreest
(f 1718), das sich im Archiv dieser Familie befindet.
Foreest hatte eine Sammlung von 119 Gemälden, die im
Verzeichnis aber meist ohne Angabe des Malers auf-
geführt werden; sie wurde 1833 z. T. versteigert. Vergl.
Oud Holland, Bd. XXIV (1906), Seite 63:64.
36
Die Sej^iiii!^ Jakobs. ^^^^^^^^^^^^^^^^HF 15.
Holz 42X55.
Versteigerung in Amsterdam am 16. Mai 1831 Nr. 151 (fl. 3 an Lamme).
Mitt. H. d. G.
Jakob und Rahel am Brunnen. 16.
Versteigerung Mich. Oudaen in Rotterdam am 18. Nov. 1766 (fl. 8,10). ^ • '»■
•LABAN, DER VON JAKOB UNI) RAHEL DIE ENTWENDETEN 17.
IDOLE ZURÜCKVERLANGT. (I. Mos. 31). Auf der linken Seite, V. 3,
fast in der Mitte des Bildes, steht Laban nach rechts im Profil in
karminrotem Mantel über weißgegürtetem, gelbseidenem Rock mit
schwarzem, spitzenartigem Besatz. An den Füßen braune Schuhe.
Die Rechte ist in die Seite gestemmt, die Linke im Redegestus vor
die Brust gehalten. Als Kopfbedeckung ein großer weißer, mit einem
Reiher gezierter Turban. Das von links kommende Sonnenlicht
bringt sein Gesicht in den Schatten, sodaß sich das scharfgeschnittene
Profil dunkel gegen den Wolkenhimmel abhebt. Rechts von ihm
ruht auf einem über Strohbündeln ausgebreiteten orientalischen Teppich
Rahel. Sie trägt weiße, rotgefütterte Taille, blaugrauen Rock und um Leib
und Hüften ein dunkelblaues Tuch; auf dem Kopf, den sie auf die
rechte Hand stützt, ein Turban. Der rechte Arm hängt gerade
herunter. Ihre Füße sind bloß. Links neben ihr liegt ein kleines
Kind in rosakarminfarbenem Kittel, mit nackten Beinen. Zwischen
Laban und Rahel, im Mittelgrund, zwei Knechte mit entblößtem
Oberkörper in Seitenansicht. Der vordere hat ein großes grünes
Tuch aus einöm links vor ihnen stehenden Kasten geholt, in dem der
andere noch herumkramt. Daneben liegen am Boden Silberkannen
und Goldgefäße. Weiter hinten, etwas links, steht in Vorderansicht
ein Krieger in Brusthamisch, in der linken Hand einen Speer haltend,
die rechte in die Seite gestemmt, Links hinter ihm ein Reiter mit
einer Lanze. Rechts zwei weitere Reiter. Hinter Rahel erhebt sich
Jakab, in grünem Rock und lila Mantel, en face, die Arme nach
beiden Seiten ausstreckend. Rechts dahinter zwei Frauen, ein Junge,
der einen kleinen Wachtelhund hält. Noch mehr rechts hinten, auf
einem. Koffer sitzend, ein anderer Junge in ockerbraunem Anzug.
Unterhalb desselben ein runder Geflügelkorb. Rechts im Hinter-
grund ein Kamel mit Führer, vorn ein großer Messingkrug und ein
Kupferkessel. Waldige Anhöhe. Auf der linken Seite ein Hügel
87
mit vornehmem Zelt, Reitern, Schafherde und einem an der Brust
vom Bildrahmen überschnittenen Ochsen. Ganz links vorn ein
schwarz-weißer großer Hund, der zu Laban hinaufsieht. Blaugrauer,
ziemlich dünn gemalter Hinunel. Bräunlicher Gesamtton, besonders
in der Fleischfarbe der Männer, während das Inkarnat der Frauen
und Kinder weißlich gehalten ist. Die Hände, besonders die der
Rahel, sind wohl zu groß, doch fällt es nicht so sehr auf. — Der
Erhaltungszustand des Bildes läßt zu wünschen übrig.
Bezeichnet links unten und datiert: ßastman fecit 1622.
Holz 110X152.
Spezialaufnahme durch Ä. Lormier in BouLogne s. M.
Nicht identisch mit V. 4, unserer Nr. 16, was Vosmaer für möglich halt.
Ausführlich besprochen von Bernaerd im Bulletin de la Societe
academique de Boulogne sur Mer, Bd. III (1879 — 84),
Seite 199 ff.
Versteigerung Frl. Henriette Popta in Amsterdam am 5. April 1697,
Hoet, Bd. I, Seite 40 Nr. 11 (fl. 56).
1843 als „Caravane par Pastman" dem Museum in Boulogne ge-
schenkt von Felix Morand.
Städtisches Museum in Boulogne sur Mer Nr. 147.
18. Joseph, der Ton seinen Brüdern in den Brunnen geworfen wird, im
Vordergrund einer Landschaft. (I. Mos. 27, 24).
Versteigerung in Amsterdam am 11. Okt. 1810 Nr. 198 (fl. 1 an Yver)..
Mitt. H. d. G.
19. Ein flüchtender Joseph.
Versteigerung Jan de Wale in Amsterdam am 12. Mai 1706 Nr. 22.
Mitt. S. d. G.
20. Joseph in Ägypten an seine Brüder Korn verteilend.
Datiert 1612.
Holz 62,1X91,8.
Versteigerung Mr. Iman Pauw im Haag am 23. Nov. 1779 Nr. 107
(fl. 71). Mitteilung von Dr. A. Brediu.s.
21. Findung Hosis.
Palais der Prinzessin von Oranien-Nassau. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
22. Der Engel erscheint dem Gideon, der Weizen in der Kelter drischt.
(Richter 6, 11).
Versteigerung in Amsterdam am 17. Aug. 1735, Hoet, Bd. I, Seite 443,
Nr. 15, Nr. 44 des Originalkataloges, (fl. 2.15).
Vosmaer führt als gleiches oder ähnliches Stück dies von Hoet erwähnte Bild
hei seiner Nr. 5, dem Opfer Manoalis und seiner Frau,,
38
unse.rp.r Nr. 25, auf: Halhfiguren in Lehensgröße, ver-
brannt im Museum Boymans in Rotterdam. Leinwand
109yil29. Beide Oemälde können nicht identisch sein,
da hei Hoet genau die dargeMdlte Bihelstelle, Richter
6, 11, angegeben ist, die nicht über Manoah handelt.
Der Preis von 2.15 fl. für ein so großes Bild dürfte
auch etwas zu gering sein.
Die Gescliiclite der Tochter Jeplitas. (Richter 11). 28.
yv^ohl identisch mit dem folgenden.
Erwähnt im hiventar von Jean Looten, Deichgraf van de Bemster, vom
13. Juni 1676. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Jephta und seine Tochter. Auf mit Blumen und Palmwedeln bestreutem 23a.
Wege kommt, aus dem links liegenden Palast tretend, die Tochter » • "•
Jephtas, gefolgt von blumengeschmückten Dienerinnen, als erst-e dem
nach seinem Siege über Ammon in dichtgedrängtem Siegeszuge mit
Gefangenen, Trophäen und reicher Beute auf Viergespannen zurück-
kehrenden Vater entgegen, der über die traurige Erfüllung seines
Gelöbnisses seine Kleider zerreißt. — Prachtvolles Bild von schön
aufgebauter figurenreicher Komposition und großem Effekt in der
Beleuchtung. — Das umfangreichste Bild, das mir bekannt geworden ist.
Bezeichnet links in der Mitte: P. Lastm. f.
Eichenholz 121X200.
Wohl identisch mit dem vorigen.
Nach dem Versteigerungskatalog Menke: Versteigerung Bürgermeister
Willem Six in Amsterdam am 12. Mai 1734, Hoet, Bd. I,
Seite 417 Nr. 136, Nr. 127 des französischen Original-
■ kataloges (fl. 9.10).
Sammlung CHldemeester in Dordrecht.
— van der Aa in St. Nicolas.
Versteigerung J. L. Menke aus Antwerpen in Cöln am 27. Okt. 1890
Nr. 47 (260 oft).
DER ENGEL ENTSCHWINDET DEM MANOAH UND SEINER FRAU. 24.
(Richter 13, 19). Links fliegt der Engel in Weiß und Violett nach
oben. Rechts kniet Manoah in rotem Gewand und gelbem Schal.
(Dieser kann vielleicht auch das Futter des Gewandes sein). Hinter
ihm seine Frau in dunkelgrünem Kostüm mit weißen Aermeln und
dunkelviolettem Kopfstück. Im Vordergrund ein Schimmel und ein
großer gelbkupferner Kessel. — Scheint dem Bild in Boulogne sur
Mer verwandt zu sein.
Voll bezeichnet und 1622 datiert.
89
Von Holz auf Leinwand übertragen 66X53. (Das Holz war ein Ant-
werpener Brett, auf dem das Stadtwappen und die Hand eingebrannt war.)-
Sammlung Fr. Tielbault Sisson in Paris. Mitt. S. d. O.
25. Das Opfer Manoahs und seiner Frau. Links steht der Engel mit
y. 5. ausgebreiteten Flügeln, bekleidet mit gelber Tunika, karmoisinf arbenem
Samtmantel mit Goldfransen und weißen Aermeln, und streckt die
rechte Hand über das anf dem Altar liegende Opferfleisch aus.
Manoah und seine Frau neigen sich in respektvoller Weise. Manoah,
ein Alter mit kahlem Kopf und großem Bart, faltet die Hände.
Das Licht kommt von links, hinter dem Engel her, dessen Rücken
es beleuchtet. Hinter dem Kopf Manoahs, der in starkem, braunem
Schatten liegt, heller beleuchtet und in kälterem Kolorit, das Gesicht
der Frau, die über der Stirn ein weißes Tuch trägt. Sie blickt mit
dem Ausdruck des Erstaunens, indem sie den Mund leicht geöffnet
hat, zu dem Engel empor. — Das größte Gemälde von Lastman,
das Vosmaer kannte, ganz im Geschmack der Caravaggio-Schule.
Halbfiguren in natürlicher Größe. Beschreibung nach Vosmaer.
Leinwand 109X129.
Erwähnt von Bryan als im Haag befindlich.
Sammlung Boymans in Utrecht.
Museum Bomans in Rotterdam, Kat. 1859 Nr. 166.
1864 beim Brande des Museums zu Grunde gegangen.
26. Samson und Delila in einem Zimmer. Samson liegt schlafend in
DelUas Schoß, während ihm ein Diener das Haar abschneidet. Ferner
ein anderer Diener mit einer Kette in den Händen und noch be-
waffnete Soldaten. — Schönes Kolorit und ausführlich gemalt.
Holz 35X47,5.
Versteigerung D. Mansveld in Amsterdam am 13. Aug. 1806 Nr. 101
(fl. 11). Mitt. H. d. a.
27. Ruth und Boas. (Ruth 2). Boas gibt den Befehl, Ruth Ähren sammeln
zu lassen. — Kräftig und meisterhaft gemalt.
29X34.
Versteigerung in Amsterdam am 6. Aug. 1816 Nr. 41. Mitt. H. d. G.
28. David mit dem Haupte des Goliath wird empfangen. (I. Samuelis
18, 6, 7). — Sehr künstlerisch und schön ausgeführt.
Holz 55X72.
Versteigermig Anthony Deutz in Amsterdam am 7. März 1731, Hoet,.
Bd. I, Seite 361 Nr. 19 (fl. 32).
40
Versteigerung P. J. de Marne/fe in Brüssel am 26. Mai 1830 Nr. 160.
Mitt. M. d. O. ,
•DAVID IM TEMPEL HARFE SPIELEND. In einem Tempel, an 29.
dessen Hinterwand sich in der Mitto die Orgel erhebt und von dessen V. 5.
Decke mehr links ein goldener Kronleuchter mit vier Flammen
herabhängt, links vorn ein nicdrieges Podium, dessen recht« Seite
mit einem grünen Samtteppich belegt ist. Darauf kniet David in
blauseidenem, reich mit Hermelin besetztem Mantel über einem lila
Gewand und breiter, goldener Kette, dreiviertel nach links gewandt
und begleitet seinen Gesang auf der goldenen Harfe. Links neben
ihm steht auf einem großen Teller aus getriebenem Silber und Gold
eine große Henkelkanno aus dem gleichen Material vor einem in
seinem oberen Teil als korinthisches, mit jonischen Elementen durch-
setztes Kapitell gestalteten Altar, auf dem ein Feuer brennt. Zwischen
diesem und der Harfe, mehr zurück, steht ein geharnischter Mann
en face, mit Helm auf dem Kopf, einen großen Zweihänder schulternd,
die linke Hand in die Seite stemmend. Hinter David im Grunde
des Bildes an einem Pult der weißbärtige Orgelspieler. Rechts
hinter David folgen dann zwei weißgekleidete JüngUngo mit blondem,
auf die Schultern fallendem Haar, die in den Händen Weihrauch-
becken halten. Dann, die rechte Büdseite einnehmend, das Pult der
Sänger, auf dem ein aufgeschlagener großer Foliant liegt. Vor der
nach vorn gewandten linken Seite des Pultes stehen zwei singende
Knaben. Hinter ihnen, erhöht sitzend, zwei Männer und ein etwas
älterer Knabe. Der vorderste von diesen hat eine violette Toga über
die linke Schulter geworfen; der Kopf mit kurzgeschorenem Haar ist
nach links gewandt. Er hat scharfe Züge, lange Nase, vorspringendes
Kinn und gx-oße Ohren. Seine linke Hand liegt auf der linken
Schulter des neben ihm stehenden Knaben, die rechte ist leicht er-
hoben. Zu seiner Rechten sitzt ein anderer Mann, der ebenfalls singt
nnd dabei eine Brille mit der Rechten auf die scharfgebogene Nase
hält. Hinter ihnen steht ein junger Geiger, nach rechts in die
Höhe blickend, wo sich hinter einem pultartigen Aufbau mit
einem über die Brüstung hängenden orientalischen Teppich die an-
deren Musiker befinden. Von links nach rechts: ein Tamburin-
schläger, der sein Instrument hochhebt, der Posaunenbläsor und der
Flötenspieler. Vor diesem, etwas niedriger, der Baßgeiger, ein junger
41
Mann mit etwas italienischem Kopftypus in blauer Kleidung; seine
muskulösen Unterarme sind entblößt. Unterhalb einer Baßgeige liegt
auf einem architektonisch gestalteten Tischchen eine Mandoline über
einem Notenbuch. Der Fußboden besteht aus hellen und dunkeln
rechteckigen Steinplatten. Links vorn sind Nelken bezw. Astern
ähnliche Blumen auf den Boden gestreut. Das Licht fällt von links
oben ein und beleuchtet die vorderen Mittelgruppen besonders stark.
Ziemlich bunte Farben.
Voll bezeichnet rechts unten und datiert: Pietro Laftman
fecit Anno 1618
Eichenholz 78,7X116,7.
Photographiert von Bruckmann. Abgeb. im Braunschweiger Oaleriewerk
und bei Woltmann und Wörmann, Bd. III, 2, Seite 669.
Erwähnt von Parthey, Bd. II, Seite 16 Nr. 4, von Riegel, Beiträge,
Bd. II, Seite 201 ff, und Michel, Rembrandt, Seite 18/19.
Ocderie Salsdahlum II. Kab. Nr. 31.
Herzogliche Gemäldegalerie in Braunschweig, Kat. 1900 Nr. 808.
30. "BATHSEBA IM BADE. (II. Samuelis 11). Rechts sitzt ziemlich
nach links im Profil die nackte Bathseba z. T. auf den neben ihr
liegenden Gewändern. Sie hält mit der rechten Hand eine Strähne
ihres Haares, das eine hinter ihr stehende Frau kämmt. Die
Linke hat sie in die Hüfte gestützt. Ihr rechtes Bein hebt eine
Dienerin, um den Fuß mit einem Schwamm zu waschen. Diese
junge Magd beugt sich in dreiviertel Vorderverkürzung vor. Ihr
Gesicht ist vöUig beschattet, während auf den Rücken, ihren Turban
und die Arme helles Licht fällt. Links neben ihr am Boden steht
ein metallenes "Waschbecken. Noch weiter links, eine Stufe tiefer,
ein Pfau in rechter Seitenansicht; dahinter auf einem Steinsockel eine
gebauchte Vase, darin eine langstielige Blume. In der Mitte des
zweiten Grundes, vor Bäumen, eine Fontäne: ein Putto, der auf
einem wasserspeienden Delphin reitet. Links blickt man auf einen
Park und den Palast, auf dessen von Säulen getragenem Altan David
steht. — Eine flüchtige Kreidezeichnung (30,1X39,3), danach von
L. Bramer in einem Album mit anderen Kopien von Gemälden be-
findet sich im Rijksprentenkabinet in Amsterdam. Vergl. darüber
E. W. Mo es, Oud-Holland, Bd. XIII (1895), Seite 187 und C. Hof-
stede de Groot, ebenda Seite 240.
42
Bezeichnet lilreS"S!I^TO!IFSteinsockeir8ScFdatiert: Bastman f.
Holz 42X63. 1619.
Spezialaufnahme von ProJcoudine-Gorsky in St. Petersburg. Reproduziert
in den Monatsheften für Kunstwissenschaft, Bd. 11(1.909),
Seite 302; dort auch die Bramersche Nachzeichnung.
Erwähnt von P. v. Semeono ff im Katalog seiner Sammlung, Seite
XXXI undAdd., Seite 247 ; vom Verfasser in den Monats-
heften für Kunstwissenschaft, Bd. 11 (1900), Seite 302 ff.
Sammlung Z ah iclsky in St. Petersburg.
Bathseba und David. 30a.
Vielleicht identisch mit dem vorigen.
Erwähnt im Inventar von Hendrik Bugge van Ring in Leiden 1666.
Mitteilung von Dr. Ä. Bredius.
Bathseba im Bade. 31.
Holz 60X70. T.IO.
Erwähnt im Inventar von Mr. Jacob van der Lely in Helft, der am
11. Sept. 1795 starb. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Versteigerung Jacob van der Lely in Delft 1796 (fl. 2.10 an van Cfiesen).
Der Uriasbrief. (II. Samuelis 11). 32^
Bezeichnet und 1619 datiert.
Befand sich nach einer Mitteilung von Herrn Direktor E. W. Moes
früher in München und ist vielleicht identisch mit dem
Bild, das — vne mir Herr Dr. Th. von Frimmel
brieflich mitteilte — früher Herr Dr. Wilhelm Schmidt
in München besaß.
Anbetung des goldenen Kalbes. (I. Könige). 33.
Vergl. die Zeichnung in Göttingen, unsere Nr. 10.
Versteigerung Jan de Wale in Amsterdam am 12. Mai 1706 Nr. 21.
König Jerobeam von Israel opfert den Götzenbildern am Brandaltar. 34.
(I. Könige 13, 4). Neben Jerobeam steht der Prophet und kündigt
ihm seinen Untergang an. Jerobeam gibt den Befehl, den Mann
Gottes zu ergreifen; dabei verdorrt seine Hand. Die heidnischen
Priester sehen staunend zu. — Die Gesichtsausdrücke natürlich gemalt
und alles meisterhaft. — Dies Gemälde ist vielleicht dasjenige, dessen
Komposition die Zeichnung in Göttingen, unsere Nr. 10 wiedergibt.
Holz 62X77.
Versteigerung in Amsterdam am 21. Atig. 1799, Nr. 18 (fl. 6.5 an Doublet).
— Herman ten Kate in Amsterdam am 10. Juni 1801
Nr. 104 (fl. 10 an Pruysenaar). Mitt. H. d. G.
Die Witwe von Sarepta. (I. Könige 17, 9 ff). $5.
43
Bekannt aus der poetischen Beschreibung der Sammlung des Amsterdamer
Kaufmannes und Kunstliebhahers Märten Kretzer von
Lambert van denBos: „Konst-kabinetvan Märten Kretzer"
aus dem Jahre 1650.
Erwähnt in Oud- Holland, Bd. II (1884), Seite 116.
Versteigerung Märten Kretzer in Amsterdam 1671.
36. "DIE SUNAMITIN UND DER PROPHET ELISA. (II. Könige 4, 27).
In der Mitte steht, fast en face, der Prophet Elisa in weitem Mantel.
Er hält unter dem linken Arm ein großes Buch und bedeutet mit
der Linken seinem links dahinterstehenden Diener Gehasi, die
Sunamitin nicht wegzustoßen. Diese kniet links vor dem Propheten,
breitet nach unten die Arme aus und wendet den Kopf, der einen
Turban trägt, demütig zu ihm auf. Ihre Kleidung ist phantastisch
orientalisch, auf der Brust weit ausgeschnitten, die Arme sind ent-
blößt, und über der linken Schulter liegt ein Tuch. Hinter ihr steht
der gesattelte Esel in linker Profil Stellung und hinter diesem wieder
der alte Treiber, der in der linken Hand einen Stock wie eine Peitsche
hält und den Kopf zu Elisa herumdreht. Links am Bildrand ein
ruinöser, mit Pflanzen bewachsener Torbogen, rechts vorn in der
Ecke eine große Blattpflanze, neben der etwas zurück an einen
Felsblock gelehnt, der Stab des Propheten liegt. Im Mittelgrund der
Berg Karmel mit römischen Ruinen.
Holz, Breitformat.
Spezialaufnahme von Prokoudine-Oorsky in St. Petersburg.
Eine Nachzeichnung in schwarzer Kreide nach diesem Bild, von der
jedoch die rechte Seite mit dem Propheten fehlt, befindet
sich im kgl. Kupferstichkabinett in Berlin. Das Blatt
gilt dort als Zeichnung von Bieter Lasttnan und soll
Ahigail darstellen. Vergleiche die Federzeichnung
gleichen Gegenstandes, unsere Nr. 13, die möglicher-
weise ein Entwurf zu diesem Gemälde war.
Sammlung Zahielsky in St. Petersburg.
37. Triumph des Mardochai. (Esther 6, 11).
V. 7. Versteigerung Willem Six in Amsterdam am 12. Mai 1734, Hoet, Bd. I,
Seite 415 Nr. 99, Nr. 100 des französischen Original-
katalog es, (ß. 18).
38. JONAS, DER VOM WALFISCH AUSGESPIEN WIRD. (Prophet
^•14:. Jona 2, 11). Der felsigen Küste eines wogenden Meeres hat sich
der phantastisch gestaltete Walfisch, der mit seinem Schwanz hoch
die Luft peitscht, genähert. Seinem Rachen entflieht in rechter
44
Seitenansicht Jonas. Er ist nur ganz wenig durch einen über die
linke Schulter geworfenen roten Mantel bedeckt und springt mit
weit ausgestreckten Händen auf einen rechts am Strande liegenden
Felsblock, über dem mehr hinten, das Bild abschließend, die steile
Felsküste sich senkrecht erhobt.
Bezeichnet mit dem Monogramm und der Jahreszahl 1621
rechts unten auf dein Felsblock.
Holz 35X52.
Soweit sich aus dieser Kataloghcschreihung urteilen läßt, tvird das Bild
die Vorlage zu dem Schabblatl von Wallerant Vaillant
(im Gegensinn) sein (Wessely Nr. 77), das im Katalog
der Werke Lastmans von Vosmaer unter Nr. 14 auf-
geführt wird. (Größe: 28,5y<,37,3). Außerdem gibt es
noch zwei unter sich nur ganz wenig von einander
abweichende kleine Blätter, die nach dem Lastmanschen
Original, aber in Hochformat von dem jüngeren C.
van Daten gestochen sind und als eine Art Reklamebild
für „Isaac Boddens tot Amsterdam inde Warmoestraet
in Jonas" gedient haben werden. Das eine trägt rechts
obe)i auf dem Felsen das Monogramm Lastmans mit
pinxit darunter und unter dem Stein: C V Dalen.
(Bildgröße 9,7X9,3). J. fculp.
Das andere Blatt ist nur mit dem Monogramm Dolens
aus CVC versehen. (Bildgröße 9,85X9,2).
Das Gemälde tvird erwähnt von Bode, Studien, Seite 342.
1878 der Berliner Galerie aus Privatbesitz zum Kauf angeboten.
Versteigerung 0. Pein in Cöln am 29. Oktober 1888 Nr. 46 (3820 off).
Rümerskirch u. a. in München am 23. März 1903 Nr. 42.
Sammlung Otto Pein in Berlin.
•ALTTESTAMENTLICHE DARSTELLUNG (wohl aus dem Leben des 39.
Propheten Elias). Links steht in rechter Seitenansicht ein alter
Prophet mit langem weißen Bart. Er trägt einen elfenbeinweißen
Mantel über dunkelbraunem, ockergelbbraun gegürtetem Gewand. Mit
der gesenkten Linken faßt er den Mantel, die Rechte ist vorgestreckt.
Rechts vor ihm kniet eine junge Frau in hellrotem Rock über
dunkolzitrongelbem Untergewand ; auf dem Kopf ein weißer Turban.
Sie hat die Arme erhoben und blickt zu dem Propheten empor.
Hinter ihr steht ein junger Mann in dunkelbraun, der seine rechte
Hand über ihre Schulter hinwog ihr auf die Brust legt und eben-
falls zum Propheten aufsieht. Links vorn am Boden liegt der hell-
45
braune Stab des Propheten. Hinter den Figuren eine torartige
Öffnung mit Ausblick auf ein paar Bäume und den Himmel.
Holz 50X34.
Yersteigerung in Berlin im Frühjahr 1909 als „Niederländischer
Meister" (50 alt).
Sammlung Dr. M. J. Binder in Berlin.*)
APOKRYPHE BÜCHER
40. Tobias mit dem Engel und dem Hund auf dem Wege nach Medien
T.13. (Tobias 6, 1). Auf breiter felsiger Straße, die von einer rechts im
Hintergrund auf hohem Berge liegenden festen Stadt von italienischem
Charakter nach rechts zum Vordergründe herabführt, kommen der Engel
und Tobias nebeneinander herangegangen. Sie sind zur Reise leicht
gekleidet mit einem Rock, der die Beine freiläßt, und haben jeder
einen großen Wanderstab in der Hand. Vor ihnen läuft der gefleckte
Hund einher. Links zur Seite des abschüssigen Eelsgeländes fließt
ein Fluß und bildet zahlreiche Wasserfälle. Das Ufer links ist flacher
und mit Bäumen bestanden. Ein großer Baumstamm ragt teilweise
mit seinem Geäst nach rechts vorn über den leicht bewölkten Himmel.
Beschrieben nach einem Stich von S. Frisius (Plattenyröße 35,5yil6).
Der Stich ist bezeichnet links oben: Pieter Lasman
Inv. 8. Frisyus Fee. Unten in der Mitte der Ver-
legername: C. Viffcher excudebat.
Eigene Aufnahme nach dem im Kupferstichkabinett des herzogt. Museums
in Braunschweig befindlichen Exemplare.
41. *DER ENGEL MIT DEM JUNGEN TOBIAS, DER DEN FISCH FÄNGT.
(Tobias 6, 5). Im Vordergrund rechts steht Tobias in lilafarbener
Kleidung. Arme und Beine sind bloß, ebenso wie bei dem Engel.
Tobias bückt sich, um dem großen Fisch, den er mit beiden Händen
am Kopf packt, das Maul aufzureißen. Rechts von ihm steht in
linker Seitenansicht der Engel in weiß und hellgrauem Mantel, be-
gleitet von einem großen, braunweißgefleckten pudelartigen Hund,
der rechts von ihm im Profil steht und zu Tobias aufblickt. Auf
dem rechts ansteigenden Terrain liegen ein blauer Mantel und eine
♦) Herrn L. Preibisz verdanke icli den Hinweis auf dieses Bild, Herrn Dr. Binder
eine Photographie und Angaben über Herkunft, Größe und Farben.
46
"braune Flasche. Die linke Hälfte des Bildes nimmt ein breiter heller
Fluß mit waldigen Ufern ein. Auf dem rechten Ufer steht unter
Bäumen eine Hütte, ferner ein Taubenschlag zwischen Gebüsch. Vor
der Hütte liegt auf dem "Wasser ein Boot, in dem sich drei Frauen
befinden, die teils waschen, teils nach dem Tobias und dem Engel
hinsehen, Im Hintergrund, zwischem dem Engel und Tobias, sind
noch drei skizzenhaft behandelte Reiterfiguren sichtbar. — Flott und
breit gemalt, sehr hell wirkend. Koloristisch ist das Bild auf hell-
grün, lila und braun gestimmt. Tadellos erhalten (Briefl. Mitteilung
von Frau Geheimrat Lippmann). Das Bild hat eine gewisse Aehn-
Jichkeit mit einem Gemälde, das auf dem „Nachtbankett und Masken-
fest" von J. van Winghe, Nr. 2687 im Rijksmuseum in Amsterdam,
rechts an der Rückwand des Gemaches hängt.
Holz 33X48.
Spezialauf nähme von Fr. Kullrich in Berlin.
Sammlung Frau Geheim rat Lippman in Berlin.
• DER ENGEL RAPHAEL YERLÄSST DEN ALTEN UND DEN JUNGEN 42,
•TOBIAS. (Tobias 12, 20—22). In einer Landschaft, in deren V.12.
Hintergrund rechts sich auf einem Hügel eine Stadt von italienischem
Charakter mit Mauern, Zinnen und Turm aufbaut, kniet vorn in
der Mitte, nach links im Profil, der junge Tobias. Er ist barhäuptig,
hat langes Haar und trägt ein hellblaues Gewand und einen braun-
roten Mantel. Links hinter ihm kniet, die Arme über der Brust
gekreuzt und sich demütig verbeugend, sein alter Vater in lilafarbenem
Mantel. Sein Gesicht ist von einem grauen Vollbart umrahmt, der
Jcahle Kopf ohne Bedeckung. Er hat die Augen emporgerichtet zu
dem geflügelten Engel, der links, vor einer dunkeln Wolke und einer
fast schwarzen Baumkulisse, in Vorderansicht, aber den Kopf zu den
•beiden Knienden gewandt, mit ausgestreckten Armen in die Höhe
entschwebt. Sein blaß karminrot gemustertes, schmutzigweißes,
flatterndes Gewand ist unter der Brust gegürtet und läßt diese
•entblößt. Der Fleischton ist bei allen dreien bräunlich. Zu Füßen
des Engels liegen goldene und silberne Prunkgefäße. Rechts im
Vordergrund steht ein weißer, braungefleckter Ziegenbock in linker
Seitenansicht. Dahinter zahlreiche Tiere, ein gesattelter Maulesel,
•ein Pferd, Ziege, Pfauen, ein roter Papagei, Kamel, Rinderherden
mit Hirten. Im Mittelgrund ein bocksfüßiger, flötender Satyr als
47
steinerne Brunnenfigur. Man sieht ferner das Tor der Stadt am'
Fuße des Hügels. Dunkler indigoblauer Himmel mit großen weißen Wol-
ken. Bräunlicher Gesamtton, das Kolorit der Stadt graugrün. — Die
Faserung des Holzes scheint durch die Farbschicht stark hindurch.
Bezeichnet rechts unten unter dem Vorderfuß des Ziegenbockes:
Eastman fecit A" 1618. Die letzte Zahl wurde bisweilen fälschlich
als 3 gelesen.
Holz 63X91,6.
Eine Photographie verdanke ich Herrn Inspektor G. V. Blom in Kopenhagen.
Erwähnt von E. Michel, Rembrandt, Seite 19 als „Der Engel er-
scheint den Magierkönigen" .
Bildet das Pendant zu dem fast genau so großen Bild „Moses, Wasser
aus dem Felsen schlagend", von Jan Tengnagel vom
Jahre 1616, Nr. 123 des Kataloges.
Wohl sicher Versteigerung Jan Wuhbels in Amsterdam am 16. Juli
1792, Nr. 196 (fl. 10 an Yver).
Sammlung Graf Moltke in Kopenhagen, Kat. 1894, Nr. 31.
42 a. Tobias.
y. 11. Erwähnt im Inventar von Rembrandt vom 26. Juli 1656 als in der
„sydelcaemer" befindlich. Vergl.Uofstede de Groot,
Die Urkunden über Rembrandt, Seite 192, Nr. 41.
43. Der Engel erscheint dem alten Tobias, mit Staffage von J. Lastman [sie].
Holz 41X59.
Erwähnt von Sofstede de Groot, Die Urkunden über Rembrandt,
Seite 192, Anmerk. zu Nr. 41.
Versteigermig P. Yver u. a. in Amsterdam am 31. März 1788 Nr. 60.
44. *SUSAMA UND DIE BEIDEN ALTEN. In der Mitte sitzt auf einer
in linker Seitenansicht gegebenen halb sphinx- halb schwanenartigen
Brunnenfigur, über der ein blauer Mantel liegt, die nackte Susanna
in dreiviertel Vorderansicht nach links. Mit der linken Hand hat sie
ihr weißes Gewand über den Schoß gelegt. Der rechte Area, ist ge-
beugt, die Handfläche nach außen gekehrt und die Finger gespreizt.
Den Oberkörper beugt sie etwas vor, während sie den Kopf ängst-
lich zurück nach den beiden Alten wendet, die rechts hinter ihr vor
dunklen Bäumen stehen. Der vorderste, nach links im Profil, in
langem, lachsrosa schülemden Gewand mit weiten Aermeln und
Gürtel; an den Füßen trägt er Schuhe, auf dem Kopfe eine Mütze.
Beide Hände hat er seitwärts ausgestreckt, mit den Handflächen nach
unten, und neigt sich im Hinsehen auf Susanna etwas vor. Der
48
zweite steht zwischen jenen beiden mehr zurück im Schatten: er
trägt weiten braunen Mantel über dem Gewand und turbanartige
Kopfbedeckung. Die Linke hat er auf die Brust gelegt, während er
mit der vorgestreckten Rechten auf Susanna weist. Ganz rechts auf
Baumästen zwei Pfaue. Links im Hintergrund sieht man auf ein
antikes Tempelgebäude in einer Parklandschaft. Rechts vom ein
paar Blattpflanzen.
Bezeichnet links auf dem Steinsockel: T^aftman fecit
Holz 43X59. 1614
Spezialaufnahme von einem mir unbekannten Photographenin 8t. Petersburg
und später von der Photographischen Gesellschaft in Berlin.
Das Bild wurde von Rembrandt flüchtig in Hotel nacligezeichnet und
bei seinen Darstellungen der Susannageschichte später
verwertet. Diese Rötelzeichnnng befindet sich im Ber-
liner Kupferstichkabinett (H. d. O. Nr. 45). Vergl.
darüber W. R. Valentiners Aufsatz „Rembrandts
Swiannadarstellunqen" in der Zeitschrift für büd.
Kunst, N. F. Bd. XIX (1907), Novemberheft, wo das Ge-
mälde Lastmans erstmalig abgebildet ist; ferner
W. Bodes Aufsatz in den Amtlichen Berichten aus
den königlichen Kunstsammlungen, Dez. 1908, und
den des Verfassers in den Monatsheften für Kunst-
wissenschaft, Bd. II, Seite 304.
Sammlung Paul Delaroff in St. Petersburg; seit September 1908
für die Dauer von 2 Jahren leihweise im Kaiser
Friedrich-Museum in Berlin aufgestellt.
Susanna. — Sehr schön. 44 a.
Versteigerung Jasper Cromhout u. a. in Amsterdam am 7. Mai 1709
Nr. 53. Mitt. H. d. G.
NEUES TESTAMENT
Die Predigt Joliannis des Täufers. 45.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
Die Predigt Johannis des Täufers vor einer Menge von Zuhörern. — Kräftig. 45 a.
Leinwand 97,2X203,2.
Versteigerung in Amsterdam am 29. Mai 1782 Nr. 44 (fl. 12.10 an
Fouquef). Mitt. H. d. G.
Predigt Johannis des Täufers. 46.
Auf der Zeichnungenversteigerung W. P. Kops in Amsterdam am 14. V.15.
März 1808 wurde als Nr. 22 eine von P. C. Haag
49
„naar eene Schildery van J. [sie] Lastman*) uitvoerig
met roet [Tinte aus Ruß] gezeichnete Predigt Johannis
des Täufers, eine reiche Komposition einer Menge von
Zuhörern, für 7 fl. zusammen mit einer andern Zeichnung
an Josi verkauft. (Erwähnt von van Eynden und van
der Willigen, Bd. II, Seite 264).
46 a. Die Predigt Johannis des Täufers in der Wüste. — Schön in Grau gemalt.
Gemalt 1611 (nach dem Katalog I. Pauw).
Holz 40,5X62.
Versteigerung Iman Pauw im Haag am 23. Nov. 1779 Nr. 106
(fl. 10.10). Mitteilung von Dr. A. Bredius.
— T. P. C. Haag im Haag am 31. Dez. 1812 Nr. 27
(fl. 4 an Esser).
47. Johannes der Täufer. Auf einem Stein sitzt Johannes der Täufer
vor einem Baumstamm. Ihm zur Seite das Lamm, welches die
Vorderfüße in seinen Schoß legt. Links an den Baum gelehnt das
Kreuz, umschlungen von einem Band mit der Aufschrift: Ecce agnus
dei. Rechts Ausblick auf eine Landschaft. — Besonders dunkle
Karnation. Helle Lichtar, glänzende Behandlung des Fleisches. War
über die Elsheimerstufe hinaus und dürfte dem Augsburger Bild
*) Da der Zeichner dieses Blattes, T. P. C. Haag, auch eine Grisaille von Lastman
gleichen Gegenstandes besaß, so ist man versucht — und vielleicht mit Recht — in
jenem Gemälde die Vorlage zu dieser Zeichnung zu sehen, trotzdem der Anfangs-
buchstabe des Vornamens von Lastman mit J und nicht mit P angegeben ist. Wahr-
scheinlich handelt es sich um einen Druckfehler. Das nahmen wir auch bei unserer
Nr. 43 an. Vielleicht aber auch zu Unrecht, denn es könnte doch auch richtig sein und
sich auf einen Maler J. Lastman beziehen, den wir nur aus den „biographischen
Aanteekeningen betreefende voornamelijk Amsterdamsche schilders, plaatsnijders, enz.
en hunne Verwandten" kennen, die Mr. A. D. de Vries Azn. gesammelt hat (Oud-
Holland [1885] Bd. HI). Auf Seite 157 heißt es dort: „20. Mey 1650 Jan Pietersz
Lastman van A[msterdam], schilder, oud 21. j., won[ende] inde Haerlemmerstraet,
geass. met zijn bestevaeder [Großvater] Cornelis Jansz Lastman, geen vader hebbende,
en Anna Coenraets Poock, van A[msterdam], oud 24 j. enz."
Ferner: „Gedoopt 23. Juni 1652. Noorderkerk. Cornelis zoon van Jan Pietersz
Lastman en Anneti6n Pouck; Femmetien Tijsschen en Trintien Cornelis geluigen".
Es gab danach also wirklich auch einen Maler Jan Pietersz Lastman, der 1629
geboren war, aber, da sein Großvater Cornelis Jansz Lastman hieß, mit der Familie
unseres Malers nichts zu tun hat. Eine mit chinesischer Tusche ausgeführte Feder-
zeichnung von J. Lastman, also vielleicht auch von diesem eben genannten, war Nr.Tlder
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 22. März 1802. Sie wurde zusammen
mit zwei andern Blättern für 1 fl. verkauft und stellte dar eine biblische Geschichte.
50
|vön"1619] nahegestanden naoen. ^Bi^ielT Mitteilung von Herrn
Dr. Th. von Frimmel).
Bezeichnet mit dem Monogramm und datiert: ß
Holz 62X41. 1618 (Die beiden
letzten Zahlen undeutlich.)
Erwähnt von H. Thode, Kunstfreund, 1885, Seite 377.
Versteigerung Artaria in Wien im Dez. 1884 Nr. 45.
•Die Predigt Joliannis des Täufers. In einem Waldtal steht links, 48.
etwas erhöht, der predigende Johannes d. T. fast en face unter
Bäumen. Er trägt einen mit einem Tuch gegürteten Mantel. Die
ihm zuhörende Volksmenge ist im Kreise um ihn herumgruppiert.
Sie besteht aus einem Mann in orientalischer Tracht mit feder-
geschmücktem Turban auf dem Kopf, der ganz rechts auf einem
Pferd sitzt, das rechte Bein nach links über den Hals des Pferdes
gelegt, den linken Arm in die Seite gestemmt und den rechten vor
der Brust gebeugt. Links von ihm in rechter Seitenansicht ein Hund.
Es folgt von links nach rechts ein älterer, nach rechts im Profil
sitzender Mann in Rock und über die rechte Schulter gezogenem
Mantel. Neben seinem Kopf wird das von einem weißen Tuch be-
deckte Haupt einer alten Frau mit scharfer Hakennase und spitzem
Kinn sichtbar. Weiter folgen eine sitzende Frau in reicher Gewandung,
Rock mit Mantel darüber, weiße Taille mit orientalischem gemusterten
Tuch und Turban; der linke Arm hängt gerade herunter, der rechte
ist auf einen ihr zur Seite stehenden Henkelkorb gelegt. Sie ist sehr
stark nach hinten zu verkürzt (und stimmt fast genau mit der Rahel
auf dem Bild in Boulogne sur Mer, unserer Nr. 17 überein). Neben
ihr zwei Kinder. Weiter ein Jüngling in Rückansicht, der nur zum
Teil mit einem über die linke Schulter gelegten großen Tuch bekleidet
ist. Halb sitzend, halb liegend, stützt er sich auf die rechte Hand,
die zwischen den Füßen der jungen Frau auf dem Boden aufliegt.
Es folgen drei vom Rücken oder von rechts sichtbare Männer, aber
mehr im Mittelgrund befindlich, auf sie ein in dreiviertel Rückansicht
stehender Mann mit großem Buch in der Rechten, in großem
weitärmeligen roten Mantel, der auf der rechten Schulter nur z. T.
mit Schnürknöpfen geschlossen ist und ein helles Untergewand sehen
läßt. Dahinter links ein kleiner sitzender Junge mit langem blonden
Lockenhaar. Hinter ihm eine Mutter mit einem kleinen Kind im
Arm, das sie eben gestillt hat; sie trägt eine eigenartige, weiß und
51
dunkel gestreifte, fezartige Kopfbedeckung. Dahinter klettert ein
anderer kleiner Junge auf den Felsen, wo schon zwei andere sitzen;
er trägt Kniehose, aus der der Hemdzipfel hervorguckt, und eine
kurze Jacke. Links neben Johannes steht in Vorderansicht noch ein
Mann mit gefalteten Händen in hellem, über den Kopf gezogenem
Mantel. Auf der andern Seite von Johannes auch ein Alter mit vor
dem Kinn gefalteten Händen. Im Hintergrund silhouettenhaft zwei
Figuren zu Pferd und eine zu Fuß. Ganz hinten auf einem Wege
zwei weitere. Links ganz vorn eine Blattpflanze.
Bezeichnet: P. Lastman 1627.
Holz 59,5X92.
Lichtdruck im Versteigerungskatalog Baedt van Oldenbarneveld.
Versteigerung W. Beuckman u. a. in Äitisterdatn am 5. Okt. 1875
Nr. 35 (als „Bergpredigt, reiche Komposition von 21
Figuren, sehr seltsam").
— d'Eve u. a. in Cöln am 20. März 1899 Nr. 78 (die
Maße hier: 61X93).
— Baedt van Oldenbarneveld aus dem Haag in Amsterdam
am 6. Nov. 1900 Nr. 65 (fl. 410 an Duits).
49. 'TERKÜNDIGUNG AN MARIA. Rechts im Vordergrund kniet die
hl. Jungfrau in dreiviertel Vorderansicht. Sie ist in ein hellblaues
Gewand mit großem rosa Mantel darüber gekleidet, faltet vor dem
Leib die Hände und blickt nach link.s zu dem Engel empor. Dieser
kniet fast en face auf einer dunklen Wolke, trägt über dem weißen
Untergewand eine rote weitärmelige Tunika. In der gesenkten Rechten
hält er den Lilienstengel, während er mit der erhobenen Linken auf
die oben in der Mitte in einem Lichtkranz herabfliegende Taube weist.
Links vor Maria auf dem Teppich am Boden ein aufgeschlagenes
Buch, ein Korb und eine Katze, die mit einer Schelle spielt.
Bezeichnet und datiert: Pjaftman fecit
Holz 56X39. 1618
Photographiert von Prokoudine-Gorsky in St. Petersburg.
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 342, von E. Michel, Bembrandt,
Seite 19.
Erworben 1871 von Herrn von Semeonoff in Paris bei einem Trödler,
der es gerade aus Spanien bekommen hatte (briefl.
Mitteilung von Herrn von Semeonoff).
Sammlung P. v. Semeonoff in St. Petersburg, {Kat. 1906
Nr. 259), die von der Kais. Eremitage en bloc
angekauft wurde.
52
Verkündigung an Maria.
Erwähnt im Inventar von Albert van Ruytenhurgh und Wilhelmina
Anna von Nassau im Haag vom 8. Sept. 1688 Nr. 16.
Mitt. H. d. O.
Verliündigung an Maria.
Erwähnt im Inventar von Danid van den Bosch im Haag vom 21. Juli
1693 Nr. 8. Taxiert von dem Maler Johannes v. d.
Brande auf fl. 20. Mitt. H. d. O.
Verliündigung der Engel an die Hirten.
27X54 (oder umgekehrt?).
Versteigerung A. Seymour in London am 4. Juli 1896 Nr. 42. Mitt. H. d. 6
Yerkundigung der Engel an die Hirten. In der Mitte schwebt der
Engel in Vorderansicht mit ausgebreiteten Flügeln und Armen auf
einer Wolke. Er neigt den von langem Lockenhaar umrahmten Kopf
ein wenig nach rechts zu den vor Schreck in die Knie gesunkenen
Hirten. Der vorderste, dreiviertel von links hinten gesehen, hat die
Arme ausgestreckt, die Hände mit der Innern Handfläche dem Engel
zugekehrt. Rechts hinter ihm steht ein Pferd in dreiviertel Rück-
verkürzung; hinter diesem sind Kopf (nach links im Profil), Brust und
Hände eines andern älteren Hirten sichtbar. Ganz vom in der Mitte
ein kleiner Hund, der den Engel anzubellen scheint. Diese Gruppe
ist von dem über dem Engel von oben hemiederkommenden Licht-
schein beleuchtet. Die linke Seite liegt fast ganz im Schatten. Man
unterscheidet schlafende Figuren, eine Hirtin, deren Kopf nach rück-
wärts gewandt ist, und hinter ihr links einen Mann, der den Kopf
auf beide Hände aufgelehnt hat. Rechts vom ein Stock und ein
liegendes Schaf.
Beschrieben na^ch einem Schabkunstblatt von Wallerant VaiUant
(Wessely 79), das sicher auf ein Original von Lastman
zurückgeht. (Bildgröße 44,8'X36,3).
Eigene Aufnahme des Exemplar es im Kupferstichkabinett des herzogl.
Museums in Braunschweig.
Joseph und Maria mit dem Jesuskind.
Erwähnt im Inventar Bieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
49 a.
49b.
60.
51.
52.
53.
Maria, Joseph und die Hirten.
Versteigerung Henriette Popta in Amsterdam am 5. April 1697, fibet, »•»o«
Bd. 1, Seite 41 Nr. 17 (fl. 84 zusammen mit der
„Anbetung der drei Könige", unserer Nr, 56).
58
54. Anbetung der Hirten.
85X60.
Versteigerung Fels u. a. in Amsterdam am 28. OM. 1891 Nr. 41
(fl. 20 an B. C. Meyer).
55. Geburt Christi und die drei Könige. — Aus der besten Zeit des
Meisters.
Versteigerung Jacob Cromhout u. a. in Amsterdam am 7. Mai 1709
Nr. 70. Mitt. S. d. O.
56. Anbetung der drei Könige.
V.18. Wahrscheinlich identisch mit dem folgenden.
Versteigerurg Henriette Popta in Amsterdam am 5. April 1697, Soet,
Bd. I, Seite 41 Nr. 18 (fl. 84 zusammen mit „Maria,
Joseph und die Hirten", unserer Nr. 53).
56 a. Anbetung der Könige.
V.19. Wahrscheinlich identisch mit dem vorigen.
Versteigerung Willem Six in Amsterdam am 12. Mai 1731, Hoet, Bd. I,
Seite 416 Nr. 106, Nr. 107 des französischen Original-
katalogs, (fl. 24).
57. Anbetung der Könige.
Kupfer.
Seit 1618121 im sogenannten „Bedestol" in Schloß Frederiksborg in
Dänemark, wo es beim Brande dieses Schlosses 1839
zu Gründe ging.
58. •DIE FLUCHT NACH ÄGYPTEN. In einem Tal einer Elsheimerar-
y.20. tigen hübschen italienisierenden Landschaft zieht die heilige Famihe
nach rechts ihres Weges. Maria reitet auf einem Maulesel, der in
rechter Seitenansicht zu sehen ist. Sie ist bekleidet mit einem fett
gemalten, intensiv schwarzen Mantel von dickem Stoff, der auch über
den Kopf gelegt ist und sie fast ganz bedeckt. Nur auf dem Leib,
am Hals und an den Unterarmen kommt das weißlich-zinnoberfarbene
Gewand zum Vorschein, auf dem Haar etwas von dem weißen Kopf-
tuch. Von ihrem rechten Fuß sind die entblößten Zehenspitzen
sichtbar. Mit den Armen umfaßt sie innig das Christkind, das sein
blondes Lockenköpfchen in den rechten Arm zurücklegt und die
Händchen nach dem Halse der Mutter ausstreckt. Maria neigt ihren
schlicht in der Mitte gescheitelten Kopf zum Kinde. Sie hat eine
ebenförmige gerade Nase, die Augen sind von den beim Hinabblicken
gesenkten Lidern verdeckt, die Brauen laufen in schönem Bogen dar-
über hin, Rechts hinter dem Esel geht Joseph: er trägt stumpf-
54'
orangefarbenen pelerinenartigen Mantel, auf dem Rücken hängend
einen breitkrämpigen Hut, Beine und Füße sind bloß. Das scharf
geschnittene Gesicht wird von einem Vollbart umrahmt. Ueber der
linken Schulter trägt er sein Handwerkszeug, eine große Säge und
daranhängend einen Korb, in dem sich Hammer, Zange und Hobel
befinden. Die großen Hände ruhen gefaltet auf der Säge. Rechts
vorn auf dem Weg ein Strauch. Oben links ragt ein dunkler be-
laubter Baumast in das Bild hinein und breitet sich silhouettenhaft
vor dem zum Teil gelblich beleuchteten Wolkenhimmel aus. Auf der
rechten Seite steigt ein von dem Rundtempel von Tivoli bekrönter
Hügel an, der mit Gebüsch und palmenartigen Bäumen bewachsen
ist, und an dessen Fuß sich rechts ein Wasserfall ergießt.
Bezeichnet in der Mitte unten mit dem Monogramm aus P und L
nebst einem M auf dem Horizontalstrich des L; 1608 datiert. (Die
Kataloge von 1867 und 1883 geben nur ß 1608 an).
Holz 28X24.
Photographiert von H. J. Kouwenberg in Delft.
Erwähnt von Kr amm, Levens en werken.
8ai7imlung C. Kranim in Utrecht.
1865 erworben aus der Sammlung Kramm.
Museum Boymans in Rotterdam, Kat. 1907 Nr. 163.
•RUHE AUF DER FLUCHT NACH ÄGYPTEN. Im Schatten eines 59.
großen eichenartigen Baumes ruht in der Mitte des Bildes die heilige V.21.
Familie. Maria, in rosa Kleid und weitem, dunkelgrünem Mantel,
sitzt, dreiviertel nach rechts gewandt, und neigt den Kopf zu dem
auf dem Schöße gehaltenen Jesuskind, das seine Arme nach der
Brust der Mutter streckt, während es den blonden Kopf zum Be-
schauer wendet. Rechts daneben, ziemlich im Schatten, liegt der
Esel; ferner Joseph, dessen Kopf und rechte Schulter wie auch der
Oberarm beleuchtet sind. Er trägt braungelbroten Mantel, legt seine
Rechte auf den Rücken des Esels, während die Linke auf dem neben
ihm befindlichen Gestein ruht. Sein zum Beschauer gerichtetes Ge-
sicht ist bärtig. Links vorn neben Maria liegt ein Korb mit Hand-
werkszeug, ein breitrandiger Hut und ein runder blau gemusterter
Fayencekrug. Rechts sieht man in ein felsiges Tal mit Ruinen, in
das sich ein kleiner Wasserfall ergießt und einen Bach bildet.
Bezeichnet links unten auf dem Stein mit dem Monogramm: E
56
Holz 31X50.
Eigene photographische Aufnahme.
Erwähnt von Parthey, Bd. II, Seite 16 Nr. 5.
Versteigerung Jos. Valette u. a. in Amsterdam am 6. Aug. 1807 Nr. 121.
Sammlung Solly 1821.
Königl. Museen in Berlin (Kat. des Vorrats 1906 Nr. 747), von denen
es 1884 an dieOemäldesammlung der Universität in Göttin gen
leihweise abgegeben wurde. Provisorischer Führer 1905 Nr. 6.
60. • DER BETHLEHEMITISCHE KINDERMORD. Vor einem Renaissance-
Y.22 palast, der fast die linke Hälfte des Mittelgrundes einnimmt, spielt
u.so. g^ßjj jjg Hauptszene ab. Ein Haufe miteinander ringender Weiber
und Kriegsknechte. Links vorn liegt eine Mutter ausgestreckt am
Boden; über sie beugt sich ein Kriegsknecht mit Turban und rotem
Mantel und ist im Begriff, den gezückten Dolch dem danebenliegen-
den Kind ins Herz zu stoßen. Weiter links hinter dieser Gruppe wUl
ein Mann das Kind einer zu Boden gesunkenen Frau töten. Rechts
daneben eine Frau in rötlichlila mit weißem Kopftuch, das einer
phrygischen Mütze ähnelt, gegen die ein Krieger in landsknechtartiger
Tracht den Dolch erhebt. Weiter rechts bejammert eine kniende
Frau mit seitwärts weit ausgestreckten Armen die vor ihr am Boden
liedenden getöteten Kinder, Dahinter ringen zahlreiche andere Mütter
und Kriegsknechte miteinander, ebenso auf den Baikonen des Palastes.
Ganz vorn ein Hund, rechts von ihm eine Gruppe von vier Personen.
Eine Mutter in hellblauem Kleid mit gelben Ärmeln beugt sich über
ihr am Boden verblutendes Kindchen. Rechts neben diesem ein
kniender betender Mann in rotem Mantel und mit Turban auf dem
Kopf. Links hinter ihm ein alter kahlköpfiger Mann mit Vollbart,
ebenfalls kniend und scheinbar zu seinem Nachbar sprechend. Hinter
ihnen kommt von rechts aus dem Walde der Vollstrecker des Befehles
des Herodes mit seinem Gefolge herangeritten. Sein scheckiges Pferd
hat reich verziertes grünes Zaumzeug, er selbst ist in ein blaues Ge-
wand gekleidet, über dem er orangefarbenen, mit Hermelin gefütter-
ten Mantel mit Schnürknöpfen trägt. Der bärtige Kopf verschwindet
fast unter dem mächtigen weißen Turban. Die Rechte hält den
Zügel sowie ein Schriftstück mit Siegel, die Linke einen langen Ast
als Reitpeitsche. Am Sattel Köcher und Bogen. Links hinter ihm
auf braunem Pferd ein anderer, jüngerer Mann in Rötlichlila mit
rotem, barettähnlichem Hut mit weißen Federn auf dem Kopf; er
56
weist mit der rechten Hand nach links auf das Mordgedränge und
wendet den Kopf zurück. Auf dem Rücken hat er eine Trompete.
Ihnen folgen rechts zwei weitere berittene und mit langen Lanzen
bewaffnete Männer. Dahinter kommen noch andere Reiter mit Lan-
zen und einer lilafarbenen Fahne aus dem Schatten des Waldes. In
der Mitte des Mittelgrundes setzt sich der Kampf der Mütter und
Henker fort in hübscher hügeliger Landschaft mit hohem ruinösen
Rundturm, Brückenbogen und mit Bäumen bestandenen Felspartien.
Im Hintergrund ein Rundtempel. Das Licht fällt von links oben
auf die vordere Hauptgruppe und auf die Berge rechts. — Frühwerk.
Holz 85,5X122,6.
PJiotographicrt von Bruckmann.
Erwähnt von E. Michel, Revue des deux Mondeji, 1879, Seite 586,
wo er sich gegen Lastmans Autorschaft ausspricht, von
Riegel, „Beiträge", Bd. II, Seite 201 ff.
Wahrscheinlich Versteigerung Laurens van der Sem in Amsterdam
am 19. April 171S, Hoet, Bd. I. Seite 141 Nr. 18
(fl. 160): „Eon Kinderdoding vol beeiden."
1738 erworben für die Galerie Salzdahlum; II. Kab. Nr. 53.
Herzogliche Gemäldegalerie in Braunschtveig, Kat.
1900 Nr. 209.
Christus segnet die Kinder. Links von einem Säulensockel sitzt in
Drei viertel Vorderansicht Christus mit VoUbart und Lockenhaar. Er
breitet die Arme aus und wendet den Kopf etwas nach rechts, wo
vor ihm eine Frau in linker Profilansioht kniet und das vor ihr
stehende Kind dem Herrn zuführt. Dies selbst weist mit der aus-
gestreckten Rechten auf Christus, sieht aber zum Beschauer. Rechts
hinter der Frau stehen die Jünger; man sieht zwei in ganzer Figur,
von drei anderen dahinter nur die Köpfe. Am rechten Knie von
Christus steht ein kleiner Junge in Rückansicht, dem seine links vor
ihm stehende Mutter ihre rechte Hand auf die Schulter legt, um ihn
an den Herrn heranzudrängen. Rechts hinter ihr en face noch eine
Frau mit turbanartiger Kopfbedeckung und einem kleinen Kind im
linken Arm.
Kupfer.
Datiert 1619.
Beschrieben nach einer schwachen Skizze in Wasserfarben von F. C. Lund
aus dem Jahre 1858, die sich im Schloß Rosenborg in
61.
57
Kopenhagen befitidet. Die Photographie dieses Blattes
verdanke ich Herrn Karl Madsen.
Seit 1619121 im sogenannten „Bedestol" in Schloß Frederiksborg in
Dänemark, wo es beim Brande des Schlosses im Jahre
1859 zu Grunde ging.
63. Die Bergpredigt in einer Landschaft.
Holz 27,6X53.
Nach Parthey, Bd. II (1864), Seite 16 Nr. 7, früher in der Sammlung
von Heister in Naumburg a. S.
63. Die Samariterin.
Sehr wahrscheinlich identisch mit dem folgenden.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
63 a. Die Samariterin.
Sehr wahrscheinlich identisch mit dem vorigen.
Erwähnt im Nachlaß des Dirk Yennekool, des Mannes der Tochter
dementia von Zeeger Pietersz, eines Bruders von
P. Lastman, als dieser gehörend. 1664 wird es aufbe-
wahrt bei ihrem Schwiegersohn Jean Meerman.
64. 'CHRISTUS UND DAS KANANAISCHE WEIB. (Matth. 15, 25/26;
Markus 7, 25/27). In der Mitte des Bildes steht Christus dreiviertel
nach links in ■warm-weißrosafarbigem Gewand und weitem, gelb-
grünblauem ManteL Er streckt die rechte Hand nach links unten
zur Seite aus. Den Kopf wendet er etwas nach rechts und blickt auf
einen bartlosen und kahlköpfigen Jünger mit scharfen Gesichtszügen,
der neben ihm steht und in reicher mattblauer Tracht mit halbge-
öffnetem Mund erstaunt auf die rechts in linker Profilansicht kniende
Frau in orientalischer Tracht (gelbbraun und weiß mit Gürtel und
Turban) sieht. Beide Arme hat diese bittend, mit den inneren Hand-
flächen nach außen, gegen Christus vorgestreckt. Links hinter ihr
stehen zwei andere bärtige Jünger, die auf Christus einsprechen.
Rechts hinter Christus ein jugendlicher bartloser Jünger mit Locken-
haar en face in einem über Brust und Schulter geworfenen Mantel,
femer zwei nur wenig sichtbare andere männliche Köpfe. Hinten im
Mittelgrund silhouettenhaft zwei Männer in Mänteln, im heller be-
leuchteten Hintergrund ein Mann mit Sohn in orientalischer Tracht.
Rechts vom am Bildrand steht aufrecht nach links im Profil ein
bärtiger Mann in weitem, warm rosafleischfarbenem orientalischen,
reich mit Borden besetztem Mantel, graulila Gewand und gelblichem
58
Turban. An den Füßen trägt er Schuhe. Den Kopf hat er zum
Beschauer gerichtet. In der linken Hand hält er einen großen
Folianten, auf dessen vordere obere Kante er die rechte Hand auf-
gelegt hat. Vorn zwischen der kananäischen Frau und Christus tanzen
zwei Hündchen. In der linken Ecke vom neben einem kleinen
Strauch sitzen zwei blonde Kinder, das eine in Qelbweiß, dreiviertel
vom Rücken gesehen; das andere, blau gekleidet und en face, beißt
in eine Semmel. Hinter diesen im dunkeln Schatten eine Stadt-
mauer mit Tor darin; daraus drängt in dichter Menge das Volk hervor
einem Karren nach, auf dem ein Kranker nach vorn gefahren wird.
Hinter Christus erhebt sich ein dunkelbrauner ruinöser runder Turm,
rechts noch mehr im Hintergrund ein Rundtempel. Der Himmel ist
z. T. warmblau und warmweiß mit weichen großen plastischen Wolken. —
Die Darstellung wurde bisher nioht richtig gedeutet. Der Katalog
des Rijksmuseums und, ihm folgend, andere sehen in der dargestellten
Szene die Geschichte von Christus, der einen Aussätzigen heilt
(Markus 1, 40). Der Text und die bildliche Wiedergabe dieser Szene
entsprechen einander aber so wenig, daß hieran als Hauptszene nicht
gedacht werden kann.
Bezeichnet mit dem Monogramm und datiert links unten auf
einem Stein: E
1617
Holz 76,8X105.
Etwa idcntv<ch mit dem 1875 von W. Bode im Kunsthandel gesehenen
Bild „Christus und die Ehebrecherin", dessen Jahres-
zahl freilich 1621 sein soll, unserer Nr. 65a?
Photographiert von 8emploniu.s in Amsterdam.
Erwähnt von E. Jacobsen , Repert. f. Kunstwissenschaft, Bd. XXIV
(1901), Seite 178.
Versteigerung V. Beggs in Florenz 1889 (fl. 900 an das Rijsmus).
Bijksmuseu m in Amsterdam, Kat. 1908 Nr. 1426.
Die Ehebrecherin. 65.
Erwähnt im Nachlaßinventar von Jan Swart in Amsterdam vom
22. März 1659. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Christus und die Ehebrecherin. 65 a.
Datiert 1621 (nach einer Mitteilung von Herrn E. W. Moes).
Etwa identisch mit dem Atnstcrdamer Gemälde, wiserer Nr. 64?
Erwähnt von Bode , Studien, Seite 342.
1875 im Kunsthandel in Florenz.
59
66. 'AUFERWECKUNG DES LAZAEUS. In einem offenen Gebäude,
aus dem man rechts auf Ruinen sieht, steht rechts, nahe der Mitte,
in dreiviertel Ansicht nach links auf einer Steinstufe erhöht Christus
in violettem Gewand mit Ärmeln und großem roten Mantel. Die
Füße sind bloß; die Linke hängt gerade herunter, während der rechte
Arm vorwärts gebeugt ist und den Lazarus aufstehen heißt. Christi
Kopf ist bärtig und von den auf die Schultern fallenden Locken um-
rahmt. Rechts hinter ihm staunende Zuschauer bezw. Jünger. Links
vom sitzt Lazarus, dreiviertel nach rechts gewandt, auf dem Grabe,
Den Kopf wendet er zu Christus, die vorgestreckten Hände faltet er
zum Gebet. Auf dem Kopf ein turbanartiges weißes Tuch. Das
weiße Leichentuch fällt links den Rücken entlang und ist auch über
den Schoß gelegt. Ein junger Mensch mit bloßem Oberkörper kniet
rechts von Lazarus und befreit dessen Beine von dem darum ge-
wickelten Tuch. Hinter Lazarus im Schatten beugt sich ein Zu-
schauer weit nach rechts vor, um das Wunder zu sehen. Links
neben ihm zwei weitere Zuschauer. Vorn in der rechten Ecke
Martha, die Schwester des Lazarus, in linker Profilansicht. Sie trägt
über grünblauem Rock ein ockergelbes Obergewand, dessen eckig
ausgeschnittene Taille miederartig durch Schulterbänder gehalten
wird. Die Aermel sind gelblichweiß. Sie blickt auf Lazarus und
hält die rechte Hand vor die Brust. Der linke Arm hängt gerade
herunter. Links neben ihr etwas zurück ein kleiner Junge mit
blondem Lockenkopf in hellblauem Kittel. Hinter ihm steht der
vorderste der übrigen Zuschauer, ein alter Mann in weitem, hell-
braunem Mantel über dunkelblauem Gewand. Die Rechte hat er vor
der Brust gebeugt, die Linke nach rechts zur Seite ausgestreckt.
Holz 62X84.
Kleine Spezialaufnahme von der Besitzerin.
Erwähnt von W. Martin im Bulletin v. d. Ned. Oudhk. Bond,
1901, Seite 133.
Allsstellung in Alkmaar vom 4. — 13. Okt. 1901 Nr. 50b.
Seit langer Zeit im FamÜienbesits.
Sammlung Frau K. Witte in Alkmaar.
67. •AUFERWECKUNG DES LAZARUS. Die Szene spielt in einer
V.27. Felsengrotte, aus der hinten ziemlich in der Mitte eine fast halb-
kreisförmige Öffnung ins Freie führt. In der Mitte, etwas zurück,
steht Christus fast en face, die rechte Hand wie segnend erhoben.
60
Cr trägt weißlichgrünes Gewand und weißlichkarminlila Mantel, der
über die rechte Scliulter geworfen ist, über den Rücken geht und an
der andern Seite von der herabhängenden linken Hand gefaßt wird.
Bloße Füße. Den bärtigen Kopf umstrahlt eine weißlichgraue Aureole.
Der Blick ist nach links vorn gerichtet, wo zwei Männer im Begriff
sind, den zurückgelehnt auf dem Rande des Steinsarkophages sitzen-
den Lazarus aus seinem weißen Totenhemd zu hüllen. Den Kopf
lehnt er zurück, der Blick ist dankbar nach oben gerichtet, die
Hände faltet er vor der Brust. Von den beiden um ihn beschäftigten
Männern stützt der ältere von hinten den Oberkörper des Lazarus;
der jüngere, mit bloßem Oberkörper und nur mit einer von einem
blauen Tuchgürtel gehaltenen violetten Kniehose bekleidet, kniet in
linker Profilansicht rechts neben Lazarus und nimmt eben das um
die Füße gewickelte Tuch fort. Ganz links hinter dieser Gruppe
drei voll Erstaunen zusehende Personen (von rechts nach links) :
Johannes in zinnoberkarminfarbenem Mantel, eine Frau in schmutzig-
weißgelbem Kleid und noch eine ganz in Blau. Vor dieser, aber noch
hinter dem Sarkophag, sieht man den zum Beschauer blickenden
Kopf eines Hundes. Rechts neben Christus, eine Stufe tiefer als er,
kniet die Schwester des Lazarus, Martha, nach links gewandt, auf
dem rechten Knie. Sie trägt hellgelblichockerfarbenes, ausgeschnittenes
Kostüm und darunter einen nur am linken Knie sichtbaren grünen
Rock, welche Farbe auch die Ärmel haben. Die Hände sind pathetisch
seitwärts nach unten ausgestreckt. Der Kopf mit schlichtgescheiteltem
Haar, das links aufgelöst herunter hängt, ist wenig nach links gedreht,
das ziemlich volle Gesicht fast ganz dem Beschauer zugewandt.
Rechts neben Martha steht ein alter weißbärtiger Priester in weißem
Gewand und warmkarminzinnoberrotem Samtmantel mit Kapuze,
ockergelbem Gürtel, rotbraunen Schuhen. Er hat erstaunt die Hände
erhoben. Dasselbe Staunen spricht sich in den Stellungen oder Be-
wegungen der übrigen Figuren aus: zwischen dem Priester und
Christus etwas mehr zurück eine alte Frau und ein alter Mann; links
hinter diesem ist noch ein männlicher Kopf sichtbar. Links hinter
Christus zwei weitere männliche Personen innerhalb der Grotte.
Außerhalb derselben drei weibliche Figuren. Im Ganzen 17 Figuren.
Vorn in der rechten Ecke kohlartige Blattpflanzen. "Warmbräunlicher
Gesamtton. Lichteinfall von links oben. — Die Jahreszahl wurde
61
früher fälschlich 1632 gelesen und im Anschluß hieran wurden falsche
Schlüsse auf eine gewisse Rückwirkung Rembrandts auf seinen früheren
Lehrer gezogen.
Bezeichnet auf dem links vorn liegenden Sarkophagdeckel:
Eaftman fecit 1622 FECIT A 1622
Holz 63X92.
Photographiert von Bruckmann und L. Levy in Paris (Postkarte).
Erwähnt von Kr amm, Levens en werken, Bd. III, Seite 954 (er
las die Jahreszahl 1633), von Vosmaer (der 1632
las), Bode, Repertorium für Kunstwissenschaft,
Bd. IV (1881), Seite 297 (der zuerst das Datum
richtig angibt) und Weltmann und W o ermann,
Geschichte der Malerei, Bd. III 2, Seite 668.
Versteigerung C. Kramm in Utrecht am 7 . Dez. 1875 Nr. 13 (ß. 300
an die Haager Galerie).
Königl. Gemäldegalerie (Mauritshuis) im Haag, Kat.
1907 Nr. 393.
67 a. Auferweckung des Lazarus.
Verkauft von Bieter de Koker in Amsterdam am 16. März 1644.
Mitteilung von Dr. A. Bredius.
67 b. Auferweckung des Lazarus.
Verkauft von Lodewijk van der Helst an Barent Vermeiden im April
1681. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
67 c. Auferweckung des Lazarus.
"V.24. Versteigerung Jan Frangois d' Orvielle in Amsterdam am 15. Juli 1705,
Hoet, Bd. I, Seite 85 Nr. 75 (fl. 43. 15).
67 d. Auferweckung des Lazarus.
Versteigerung Jan de Wale in Amsterdam am 12. Mai 1706 Nr. 19.
Mitt. H. d. G.
67 e. Auferweckung des Lazarus. — „Heel kurieus."
y.25. Versteigerung Laurens van der Hern in Amsterdam am 19. April 1713,
Hoet, Bd. I, Seite 148 Nr. 6 (fl. 69).
68. Auferweckung des Lazarus.
T.26. 26,2X37,5.
Versteigerung Josuah van Belle in Rotterdam am 6. Sept. 1730, Hoet,
Bd. I, Seite 358 Nr. 79 (fl. 55).
69. Auferweckung des Lazarus. Voll Figuren „extra curieus" und aus-
y.28. führlich gemalt.
Versteigerung Guerin u. a. im Haag am 13. Sept. 1740, Terwesten
Seite 28 Nr. 34 (fl. 22. 5).
62
Maria Magdalena. 70.
Verkauft von Pieter de Koker in Amsterdam am 16. März 1644.
Mitteilung von Dr. A. Brediun.
Christus erscheint Maria Magdalena. (Johannes 20.) — Flott gemalt. 70a.
36,8X24,3.
Versteigerung O. van Rossem in Amsterdam am 8. Februar 1733
Nr. 67 (fl. 1. 10 an Bekker). Mitt. H. d. O.
<^hri8tus im Garten Oethsemane. Im Mittelgrund des Bildes kniet 71.
auf einem wenig erhöhten Stein Christus fast in linker Seitenansicht ' •*^«
mit auf der Brust gefalteten Händen. Er trägt langes Gewand und
einen über die rechte Schulter gelegten Mantel. Der von langen
Locken umrahmte Kopf blickt gläubig zu den links über ihm in
Wolken und Cherubimglorie erscheinenden zwei Engeln, die die
Marterwerkzeuge: Kreuz, Dornenkrone, Lanze, Kelch, Säule, Ruten,
Peitsche und Stange mit dem Schwamm bringen. Das von hier
ausstrahlende Licht beleuchtet Christus ganz hell und trifft auch
die drei im Vordergrund schlafenden Jünger. Qanz rechts ein
eichenähnlicher Baum. Im Hintergrund rechts sieht man im Dunkeln
die von Judas geführten Söldner mit zwei Laternen herankommen.
In der Ferne die Silhouette der Stadt. Vollmond.
Beschrieben nach dem 1608 datierten Stich von Lastmans Bruder Nicolas.
Dieser Stich mißt 38,3'X.29,5 und trägt neben vier auf die
Darstellung bezüglichen lateinischen Versen die Bezeich-
nung: Petr. La^tman inven: Nicola Petri sculp : A° 1608.
Er existiert in 2 Zuständen, bei dem zweiten ist der
■ Name des Stechers umgeändert in Nicola Lastman,
die Jahreszahl fehlt.
Vosmaer, der den Nicolas Lastman noch für den Sohn des Pieter hielt, ver-
schlechtbesserte deshalb — im Anschluß an Naglers Angabe
— die von Brulliot mit 1608 bereits richtig angegebene
Jahreszahl in 1648.
Erwähnt und ikonographisch beurteilt von P. Zani, Enciclopedia
metodica critico ragionata deUe belle arti, Parma,
MDCCCXXl, Parte II, Vol. VII, Seite 172l73.
Die Originalplatte befindet sich im Besitze von Prof. Dr. W. Martin
im Haag.
Gefangennahme Christi. Mit Fackeln, Hellebarden und Schwertern 73.
ausgerüstet, umringt die Rotte Kriegsknechte den Heiland, bei
welchem Petrus dem an der Erde liegenden Malchus das Ohr abhaut.
Rechts in der Ferne Christus am Oelberg.
Holz 57X75.
Versteigerung Nelles u. a. in Cöln am 16. Dez. 1893 Nr. 88.
73. Die Kreuztragung.
V.30. Kupfer.
Ueher dies Bild schrieh kurz nadi dem Brande des Schlosses Frederiksborg
der hervorragende dänische Kunstforscher H. L. Höyen
(Skriftes, Bd. I, Seite 233), „daß dies Bild so voll Ernst
und eigentümlichem Charakter war, daß man an Bem-
hrandt denken mußte hei diesem Bild von seinem Lehrer."
Mitteilung von Herrn Karl Madsen.
Seit 1619121 im sogenannten „Bedestol" in Schloß Frederiksborg in Däne-
mark, bei dessen Brand im Jahre 1859 es zu Grunde ging.
74. CHRISTUS AM KREUZ. Nach Bode nur ein „geringes Gemälde".
T.33. Bezeichnet Eaftman fecit A» 1G17.
Holz 69X47.
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 616.
Aufstellung in Brüssel 1882 Nr. 118.
Versteigerung in Brüssel 1860.
Sammlung Herzog von Looz-C or swar em in Brüssel.
74 a. Ein Kruzifix.
Erwähnt im Inventar Bieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
74b. Christus am Kreuz.
V.31. Versteigerung in Amsterdam am 13. April 1695, Hoet, Bd. I, Seite 25
Nr. 5 (f.. 1. 15).
74 c Christus am Kreuz.
Versteigerung Jan de Wale in Amsterdam am 12. Mai 1706 Nr. 20.
Mitt. H. d. G.
75. Der sterbende Heiland auf dem Kalvarienberg zwischen den Mördern.
Unter dem Kreuz sieht man Maria in Ohnmacht fallen; sie wird von
verschiedenen Frauen und Jüngern gestützt. Kriegsoberste und Sol-
daten zu Pferd und zu Fuß. — Natürlich und kräftig gemalt von
H. (sie!) Lastman.
Holz 92,5X137,5.
Versteigerung E, W. Greebe in Amsterdam am 8. Dez. 1788 Nr. 10
(fl. 40 an Jan Koppers). Mitt. H. d. G.
76. Christus am Kreuz.
V.32. Bezeichnet am Fuße des Kreuzes : P. L. (wohl zusammengezogen)
und 1625 datiert.
Holz 83X62. Oval.
Versteigerung Wwe. P. J van Oosthuyse van Rijsenhurg, geb. M. de
Jongh im Haag am 18 Okt. 1847 (an van Visser).
64
Versteigerung P. J. Tieleman van Streeßerk im Haag am 21. Febr.
1859 Nr. 84. _
Nach Vosmaer 1877 im Privatbesitz im Haag, too es aber nicht mehr
aufzufinden ist.
Christus am Kreuz. Am Fuße des Kreuzes ein Totenschädel und 77.
Totengebeine. Auf dem Boden links zwei Krüge und Lanzen. Im
Grunde die Zinnen der heiligen Stadt in schwarzen Dunst gehüllt.
^- Zuschreibung fraglich.
Datiert unten 1G13.
Holz 44,5X40; oben abgerundet.
Abbildung im Katalog Schippers.
Versteigerung A. Langen in München am 5. Juni 1899 Nr. 54.
— Schippers u. a. in Berlin am 19. Februar 1.900 Nr. 30.
Christi Abnahme vom Kreuz. 7S.
.Erwähnt im Inventar von Franken Jansz und Aeltge Jacobs in Am-
sterdam vom 4. Nov. 1644 (fl. 100).
Am 16. Jan. 1645 bekennt Antony Franken, als Erbteil seines Vaters
Jacob Franken und seiner Mutter Aeltge Jacobs nach
dem Testament von 1641 u. a. dieses Bild von Lastman
eynpfangen zu haben. Mitteilungen von Dr. A. Bredius.
Die Kreuzabnahme. 78 a.
Holz 71X57.
Versteigerung in Amsterdam am 1. April 1833 Nr. 107 (fl. 16.50 an
van Delden).
— in Amsterdam am 27. April 1840 Nr. 116 (fl. 12 an
M. van Waay). Mitt. H. d. O.
Einbalsamierung der Leiche Christi. 79.
Erwähnt im Nachlaß des Dirk Vennekool, des Mannes einer Nichte Pieter
Lastmansunddiesergehörig. 1664in Verwahrung/ bei Jean
Meerman, ihrem Schwiegersohn. (Oud Holland, Bd. IV).
Grablegung Christi. 8«.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juli 1632, ebendort
auch eine Kopie danach.
Grablegung Christi. 8«a.
Versteigerung in Amsterdam am 13. April 1695, Hoet, Bd. 1, Seite 25 V.34.
Nr. 4 (fl. 10).
Auferstehung Christi. — Kunstvoll und reich komponiert und gemalt. 81.
ca. 80X70. VUlö.
Versteigerung Johann van der Htdk in Dardrecht am 23. April 1720,
Hoet, Bd. I, Seite 250 Nr. 25 (fl. 50).
5 65
81 a. Auferstehung Christi.
V.36. Versteigerung in Amsterdam, Hoet, Bd. II, Seite 344 Nr. 16 (fl. 450).
82. Befreiung Petri aus dem Gefängnis. Im Vordergrund sitzt ein
schlafender Soldat. — Sehr schön.
Holz 35,8X29,3.
Versteigerung J. de Kommer in Amsterdam am 15. April 1767 Nr. 190
(fl. 49 an Tver). Mitt. H. d. G.
83. Befreiung Petri aus dem Geföngiiis.
Leinwand 62X90.
Wahrscheinlich identisch mit dem folgenden.
Versteigerung in Rotterdam am 11. Dez. 1851 Nr. 102. Mitt. H. d. Q.
^3a. Befreiung Petri ans dem Gefängnis.
Leinwand 66X88.
Wahrscheinlich identisch mit dem vorigen.
Versteigerung Roos in Amsterdam am 5. Nov. 1856.
— J. F. van Oordt u. a. in Rotterdam am 11. Dez. 1856
Nr. 37 (fl. 11 an Slaes). Mitt. H. d. G.
84. »DIE TAUFE DES KÄMMERERS DURCH PHILIPPUS. In
y.37. einem Bache steht in der Mitte vom der Mohrenkämmerer nach
rechts im Profil, nur mit einem weißen, wenig grün gestreiften
Lendentuch bekleidet, in demütiger Pose vor dem kahlköpfigen, aber
bärtigen Philippus. Dieser ist von links gesehen, trägt großen roten
Mantel über blauem Gewand und hält in der linken Hand ein großes
Buch; die Rechte läßt einige Tropfen Wasser auf das entblößte
Haupt des Kämmerers fallen. Rechts hinter ihm am Ufer wartet
das Gefolge: zwei Mohren, der eine in reicher Tracht, der vordere
en face mit gefalteten Händen andächtig zusehend. Hinter ihm der
mit zwei Pferden bespannte Reisewagen. Auf dem vorderen Pferd
sitzt der Kutscher in orientalischer Tracht mit Turban auf dem
Kopf. Rechts vor den Pferden kniet betend ein Jüngling mit langem,
blondem Lockenkaar. Links neben ihm liegt eine rote mit zwei
weißen Federn geschmückte Mütze. Ganz rechts ein Hund. Den
Hügel im Hintergrund krönt die Ruine des Sibyllentempels, auf dem
hinaufführenden Wege kleine Figuren. In der linken Bildecke
großes Blattgewächs. Graubewölkter Himmel. Einige Sonnenstrahlen
durchbrechen die Wolken. Kaltblaugrüner Gesamtton.
Bezeichnet rechts unten auf einem Stein: ß 1608.
Holz 37X56.
66
Photographiert von Bruckmann und Hanfstängl.
Erwähnt von Brulliot, Dictionnaire des Monogrammes (1832).
Avis den königlichen Schlöfmern.
Kaiser Friedrich-Museum in Berlin, Kat. 1906 Nr. 677.
•DIE TAUFE DES KÄMMERERS DURCH PHILIPPUS. An einem 85.
Bache, der rechts neben der Straße über Gestein dahinfließt, kniet
der noch jugendliche Kämmerer in Vorderansicht, die Arme über
der Brust gekreuzt; er trägt einen karminzinnoberfarbigen Mantel
mit Gürtel. Rechts etwas hinter ihm steht Philippus mit großem
Vollbart, auch en face. Er faßt mit der Linken seinen braunen
Mantel, die Rechte hat den Kopf des Kämmerers mit Wasser be-
sprengt. Links hält auf dem Weg der mit zwei Pferden bespannte
Reisewagen in Hinteransicht. Davor steht ein Mohrenknabe in lila
Seidenrock und karminzinnoberrotem Mantel, der in seiner linken
Hand das halb aufgeschlagene große Buch des Apostels hält. Vom
Wagen aus, auf dem sich eine Decke und ein Sonnenschirm befinden,
sehen der heiligen Handlung ein Diener und der Kutscher zu. Links
am Weg ein Baum. Vorn ein Hund, in der Mitte etwas Gesträuch.
Rechts im Mittelgrund ein felsiger, von einer runden tempelartigen
Ruine gekrönter Hügel, von dem der Bach in starkem Gefäll herunter-
stürzt. Die Pferde und die Figuren auf dem Wagen heben sich
stark gegen den hellen Himmel ab.
Bezeichnet rechts unten auf einem Steinblock im Bach:
^aftman fec
1622
Holz 85X115.
Photographiert von Bruckmann.
Groß herzogliche Kunsthalle in Karlsruhe, Kat. 1909
Nr. 772.
•DIE TAUFE DES KÄMMERERS DURCH PHILIPPUS. In der 86.
Mitte des Vordergrundes kniet, nach links gewandt, der Mohren-
kämmerer in demütiger Haltung mit über der Brust gekreuzten
Händen. Er trägt ein rot und grün gemustertes, weißes, weitärmeliges
Gewand. Etwas links hinter ihm steht Philippus in grünem Gewand
und mit lila Mantel über der linken Schulter. Er hat die Linke auf
den Rücken des Kämmerers gelegt, während er den rechten Ann
senkt, um mit der Hand in das Wasser des zu ihren Füßen vorbei-
fließenden Baches zu fassen. Sein bärtiges Gesicht ist fast on face
6*
67
zu sehen. Rechts hinter ihm stehen zwei Orientalen mit Turbanen.
Rechts vom Kämmerer knien zwei junge Diener mit langem blonden
Lockenhaar. Sie haben die Hände im Gebet gefaltet. Der vorderste
wendet den Kopf etwas nach rechts. Rechts vorn auf einem Pferde
ein Diener in rotem Mantel, mit Turban auf dem Kopf und Schwert
an der linken Seite. Zwischen ihm und den Knienden ein großer
Windhund. Dahinter der mit zwei Pferden bespannte Wagen, auf
dem zusehend der Kutscher sitzt. Ganz links steht in rechter Seiten-
ansicht noch ein Mohr in sattrotem Seidengewand, der die Hände
faltet und einen lilablauen, mit Goldfransen verzierten Mantel hält.
Links von ihm, im Mittgelgrund, läßt am andern Ufer des Baches
ein Reiter sein Pferd saufen. Der Bach kommt in vielfachem GefäU
von dem sich rechts hinten steil erhebenden felsigen Gebirge herab.
Links von der Mitt« vorn Blattpflanzen. — Sehr gut erhalten, ganz
hell und farbig.
Bezeichnet rechts unten: ßaftman fecit 1620.
Holz 70X110.
Photographiert von Jaeger & Goergen in München.
Erworben im April 1908 aus scliwedischem Privatbesitz vom Verein
der Kunstfreunde in München und leihiveise
ausgestellt in der Koni gl. Älteren Pinakothek
in München. Mitteilung und Photographie von
Herrn Dr. Bassermann-Jordan.
86 a. Die Taufe des Molirenkämmerers.
V.39. Versteigerung Antony Soevenaar in Amsterdam am 15. April 1693,
Hoet, Bd. I, Seite 17 Nr. 30 (fl. 61.10).
86 b. Die Taufe des Mohrenkämmerers.
Versteigerung Jan van der Vinne in Haarlem am 13. Mai 1754
Nr. 106. Mitt. H. d. O.
87. Die Bekehrung des Paulus.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
87 a. Die Bekehrung des Paulus.
Erwähnt im Inventar von Jan de Kooker in Amsterdam vom 7. Dez. 1644.
Taxiert von Lucas Luce und Hendrik ülenborch auf
fl. 150. (Oud-Holland, Bd. XXIV [1906], Seite 240).
88. 'PAULUS UND BARNABAS IN LYSTRA. Aus dem Tore der rechts
V.IO. im Hintergrund auf einem Hügel liegenden Stadt Lystra ziehen in
langem Zuge die Bewohner hinaus; sie sind bekränzt, tragen Fackeln,
68
kostbare "Weihgeschenke und führen weiße Opferstiere mit sich. An
der Spitze des im Vordergrunde sich von rechts nach links bewegenden
Zuges steht ein Priester in linker Seitenansicht in langem weißen,
über den Kopf gezogenem Gewände, bekränzt und in den Händen
ein Gefäß haltend; er ist im Begriff, die Opferbandlung an dem vor
ihm befindlichen Altar zu beginnen. Links hinter ihm stehen auf
einer Erhöhung die vermeintlichen Jupiter und Merkur und sprechen
unter abwehrenden Gebärden zu dem herandrängenden Volk. Paulus
mit langem Bart, in kühlblaugrünem Gewand und weißüch-
karminrotem Mantel. Rechts neben ihm etwas zurück Barnabas, beide
Hände weit von sich streckend und mit dem rechten Arm seinen
Kopf fast ganz verdeckend, in dunkelbraungrauem, um Leib und
Beine gewundenem Mantel. Links hinter ihnen erhebt sich altes, mit
Strauchwerk bewachsenes Gemäuer, worauf eine Säule. Unten davor
steht ein erstaunter Zuschauer. Vor diesem auf Erhöhungen vor
einer nur als Silhouette sichtbaren und als linker Bildabschluß dienen-
den Mauer weitere Zuschauer. Ganz vorn vor den Aposteln in
Vorderansicht in graugrünem Rock über braunrotem Hemd
der von ihnen geheilte Lahme, der mit der Linken auf die zu
seinen Füßen liegenden Krücken weist. Voller Verwunderung
betrachten ihn die links neben ihm Stehenden, von denen der eine,
im rechten Profil gesehene, karminroten Mantel und gelbbraunen
Rock und auf dem Kopf weißen Turban trägt. Rechts hinter dem
Priester kniende Jünglinge in zitronengelben, hellkarminroten und
hellblauen Gewändern mit Eichenkränzen im Haar, Fackeln, Schalen
oder Kannen in den Armen und Händen, in linker Seitenansicht.
Weiter ein Stier, neben ihm die halbnackten Treiber mit Beilen und
Pfannen auf den Schultern. Mehr rechts dann eine kniende alte
Frau in grünlichlila, über den Kopf gezogenem Mantel und neben
ihr ein ebenfalls kniender alter Mann. Rechts vom abschließend eine
halb vom Rücken gesehene stehende Jünglingsfigur in Weiß, einen
Kranz im Haar und ein Räuchergefäß in der herunterhängenden
Linken haltend. Hinter ihm der Zug; darin noch deutlich unter-
scheidbar ein kleiner Knabe mit großem Kranz im Haar, dann ein
Pferd und, immer undeutlicher werdend, Flötenbläser, Tamburin-
schläger u. s. w. In der Mitte des Hintergrundes ein hoher Obelisk
und links daneben ein Götterbild aus Stein. In der Stadt ein großer
69
Rundtempel mit Nischenfiguren und Halbsäulen. Der bewölkte
Himmel in graublauem bezw. weißlichem Ton. Die Gebäude graugrün,
Obelisk wie Figuren des Mittelgrundes bräunlich. Vorn am Boden
liegen Blumen ausgestreut, weiiJe, rote und blaue Nelken oder Astern.
Links Distelpflanzen und Krautgewächs sowie antike Skulpturenfrag-
mente. Lichteinfall von links oben.
Bezeichnet: Pietro Lastman fecit A° 1614.
Holz 89,6X123,6.
£ine Rötelzeichnung von Remhrandt nach diesem Bilde befindet
sich in der Sammlung Leon Bonnat in Paris (bezw.
Bayonne), H. d. G. Nr. 671.
Pendant zu dem „ Opferstreit zwischen Orest und Pyladeji" im Rijks-
museum in Ainsterdam, unserer Nr. 98.
Erwähnt von Houbraken, Groote Schouhurgh, Bd. 1, Seite 98, der
erzählt, daß Vondel das Bild in einem Gedicht an
Jan Six besungen hat (Das Gedicht ist abgedruckt
bei C. Weyerman und u. a. in der Vondelausgabe von
Jan van Lennep, „De Werken van Vondel in Verbond
gebracht met zijn leven en voorzien van verklaringen
en aanteekeningen door J. v. L., Amsterdam,
1859, Bd. y, Seite 767); Hofstede de Groot,
Quellenstudien, Bd. I, Seite 138, Martin, Bulletin
van den Ned. Oudhk. Bond, Bd. III, Seite 263 und
Bd. VII, Seite 187 — 192 (mit Abbildung),
A. Bredius , Kunstchronik, 1.903, Spalte 30 und 56;
Amsterdam in de XVII. eeuw, wo es erstmalig abge-
bildet ist; Le Journal des Debats, 1902, 20. August;
endlich von E. Koloff tn seiner Biographie Rembrandts
in Raumers Taschenbuch, Bd. V, 1854.
Ausgestellt in der kgl. Gemäldegalerie im Haag vom 18. August bis
6. Nov. 1.902.
Das Bild galt lange für verschollen, bis es von Prof. Dr. Graf G.
Mycielski beim Grafen Stetzki auf Schloß Romanow in
Rußland gefunden und 1902 von Dr. Bredius als das von
Vondel besungene Bild erkannt wurde.
Sammlung Jan Six in Amsterdam bereits um 1648, in welcher Zeit
nach van Lennep das Vondelsche Gedicht entstanden ist.
Versteigerung Jan Six in Amsterdam am 6. April 1702 (fl. 230).
— Gerard van Oostrum aus Heusden u. a. im Haag am
23. Sept. 1765, Terwesten, Seite 487 Nr. 2, Nr. 114
des Originalkatalog es, fl. 60 an Copius für die Regenten
der Kunst- Con f er ie im Haag). Vergl. Oud-Holland,
Bd. XIX (1901), Seite 174.
70
Am 6". Mai 1766 wird ein vergoldeter Rahmen um das Bild gemacht.
Vergl. Oud-Holland, Bd. XIX, Seite 175.
Versteigerung im Haag am 81. März 1770 Nr. 3 (ß. 81 an Muyscher).
— W. van der Lely aus Delft in Amsterdam am 14. Dez.
1772 Nr. 24 (fl. 51 an Fouquet).
Sammlung Oraf Stetzlci aufSchloß Romanow (Gouvernement
Wolhymnie in Rußland).
NICHT NÄHER BESTIMMBARE BIBLISCHE
DARSTELLUNGEN
Biblische Gescliiclite. — Reiche Komposition. Schön gemalt. 89.
Holz 76,2X107,5.
Pendant zum folgenden.
Versteigerung in Amsterdam am 8. Sept. 1773 Nr. 121 (fl. 12.10 an
Tourquet [Fowquet?]). Mitt. H. d. G.
Biblische Oeschiclite. 90.
Holz 76,2X107,5.
Pendant zum vorigen.
Versteigerung in Amsterdam am 8. Sept. 1773 Nr. 122 (fl. 5.5 an van
der Musch). Mitt. H. d. O.
Biblische Geschichte. Reiche Komposition. Kräftig und schön gemalt. 91.
Leinwand 97,5X160.
Versteigerung in Amsterdam am 8. Sept. 1773 Nr. 123 (fl. 9 an
Wubbels). Mitt. H. d. G.
Biblische Darstellung in gebirgiger Landschaft mit Bäumen. 92.
Holz 22,9X28,2.
Etwa das Rotterdamer Bild, unsere Nr. 58?
Versteigerung A. Bredeman in Amsterdam am 1. Juli 1788 Nr. 150
(fl. 6 an Wubbels). Mitt. H. d. G.
Biblische Geschichte. 92a.
Nachlaßversteigerung Isaak Knol in Delft am 18. Äug. 1794 Nr. 108.
Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Biblische Komposition. Voll Gewühl von verschiedenen Figuren. — 93.
Meisterhaft behandelt.
Holz 48X77.
Versteigerung J. W. van Ärp in Amsterdam am 19. Juni 1800 Nr. 87
(fl. 6 an Coclers). Mitt. H. d. G.
71
HEILIGE, EINSIEDLER, MÖNCHE
94. *EIN LESENDER EINSIEDLER IN EINER FELSENGROTTE. la
einer Eelsengrotte, die sich links öffnet und einen Ausblick in eine
waldige Hügellandschaft mit Rundtempel und Turm sowie einen
Wasserfall gewährt, sitzt rechts vom ein alter Eremit dreiviertel nach
links gewandt. Er hat weißes Haar und langen Bart. Den leicht
zur Seite geneigten Kopf stützt er auf die linke Hand, in der rechten
hält er ein großes, geöffnet auf dem rechten Knie stehendes Buch
mit rotem Schnitt, in dem er nachdenklich liest. An den Füßen
Sandalen. Neben ihm rechts ein als Tisch dienender Steinblock, auf
dem eine dreiriemige Geißel, ein Rosenkranz und ein geöffnetes, mit
der Rückseite nach vorn an einen Totenkopf gelehntes Buch liegen,
während dahinter noch ein anderer dicker Foliant aufrecht steht.
Ueber dem Tisch wölbt sich die mit herunterhängenden Schling-
pflanzen bewachsene Höhle, während sich ganz vorn rechts eine
große Blattpflanze befindet. Links schließt nahe am Rand kulissen-
artig die andere Wand der Grotte das Bild ab. In der Hintergrunds-
landschaft sucht ein Bach in leichtem Gefäll nach links seinen Weg.
Bewölkter Himmel.
Bezeichnet links unten auf der Steinstufe unter dem rechten:
Fuße des Einsiedlers: ß
1611.
Holz 38X30.
Sammlung Baron Leon Janssen in Brüssel.
95. Der heilige Franziskus.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
95 a. Landschaft mit dem heiligen Franziskus.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
96. Der heilige Stephan.
Etwa identisch mit unserer Nr. 97a?
Bekannt aus einem vierzeüigen Gedicht von S. Ingen , in dessen
Sammlung „Gedichten" in Ä'>nsterdam 1658 erschienen^
Mitteilung von Herrn Direktor E. W. Moes.
97. Ein alter Mann sitzt schreibend in einer Landschaft. In der Land-
schaft noch ein totes Schaf und einige tote Vögel. Im Hintergrund
einige Figuren, die auf einem Felsen stehen.
Holz 36,7X48,7.
72
Versteigerung in Amsterdam am 8. Sept. 1773 Nr. 124 (fl. 8 an
Tourquet [Fou^quet?]). Mitt. H. d. O.
Marterung eines Heiligen. — Breit behandelt. 97a,
Holz 65Xö2,B.
Etwa identisch mit dem Heiligen Stephan, unserer Nr. 96?
Versteigerung in Amsterdam am 20. Mai 17.9.9 Nr. 212 (fl. 9.5 an
Achtienhoven). Mitt. H. d. O.
MYTHOLOGIE
•OPFERSTREIT ZWISCHEN ÜREST UND PYLADES. In einer 98,
hügeligen italienischen Landschaft schreitet von einem im Hintergrund V.43.
befindlichen Rundtempel in langem Bogen nach rechts vorn ein
Festzug, dessen Spitze rechts im Mittelgrund Musikanten (ein Pfeifer
und ein Muschelhornbläser sind sichtbar) bilden. Zahlreiche Zugteil-
nehmer tragen lange Lanzen mit daraufgesteckten menschlichen
Kopfmasken. Ganz im Vordergrund, rechts, steht aufrecht nach
links im Profil, in weißer, weit ausgeschnittener Taille, eine junge
weibliche Figur, die mit der linken Hand ihren gelben Rock hebt,
während sie in der rechten ein Schriftstück hält. Links gleich hinter
ihr ist eine andere junge weibliche Person sichtbar, in Rosa, ebenfalls
festlich gekleidet, die sich vorbeugt, um aus einem vor sich gehaltenen
Korb zur Schmückung des Steinaltares in der Mitte Blumenguirlanden
herauszunelimen ; an der linken Ecke des Altars kniet en face eine
dritte, blaugekleidete Jungfrau, die auch mit dem Anheften der
Blumengewinde beschäftigt ist. Der schwärzliche Qualm des Altar-
feuers steigt in dichtem, leicht gewundenem Schwalm empor. Links,
etwas hinter der knienden Jungfrau, Orest und Pylades, jener in
weißem, mantelartigem Gewand, dieser in einem von unbestimmter
Farbe. Sie stehen sich gegenüber mit gegenseitig aufeinandergelegten
Armen: jeder will die Schuld auf sich nehmen und für den Freund
den Tod erleiden. Nächst dem linken Bildrand steht, nach rechts
im ProfiJ, der nur mit einem Lendenschurz bekleidete Henker, der
kompositioneil das Gegengewicht zu der auf der rechten Seite stehenden
Jungfrau bildet. Er ist im Begriff, mit der Linken das Schwert aus
der Scheide zu ziehen. Hinter dem Freundespaar im Mittelgrund
drängen sich Zuschauer und Teilnehmer. Die Farbe des Hintergrundes
ist in blaugrünem Ton gehalten, dem sich auch die Figuren, die
78
Architektur und die Landschaft unterordnen. Dunkelblauer Himmel
mit weißgrauen Wolken.
Bezeichnet auf dem Altar ziemlich schwer sichtbar:
Holz 83X126. Pietro Lastman fecit 1614.
Pendant zu dem „Paulus und Barnabas in Lystra" der Sammlung
Stetzki, unserer Nr. 88.
Photographiert von Semplonius in Amsterdam und vorher von Franz
Kullrich in Perlin.
Erwähnt vom Verfasser im Bulletin van den Ned. Oudhk. Bond,
II. Serie Bd. 1, Seite 39 ff., wo es auch erstmalig ab-
gebildet ist.
Das Bild ist besungen in einem 1657 datierten Gedicht von Joachim
Oudaen, das 1659 zum ersten Mal in dem „Bloem-
krans van Verscheyde gedichten," Amsterdam, L.
Spillebout, Seite 602 gedruckt erschien. (Vergl. W. Unger
in Oud-Solland, Bd. II f 1884], Seite 130).
Unbekannte Versteigerung, Hoet, Bd. II, Seite 344 Nr. 15 (fl. 900).
Bereits 1657 in der Sammlung Reinier van der Wolf in Amsterdam.
Versteigerung Reinier van der Wolf in Amsterdam am 15. Mai 1676.
— Jan Six in Amsterdam am 6. April 1702 (fl. 200 an
dessen Sohn Jan).
Vielleicht Versteigerung Taets van Amerotigen in Ainsterdam am 3. Juli
1805 Nr. 104 (fl. 13 an Toselli).
Sammlung Konsul Meyer-Puhiera.
— General Bredow.
Versteigerung Fritz Gerstel in Berlin am 21. Januar 1.908 Nr. 44
(zurückgekauft). In diesem Katalog als „Opferfest zu
Ehren der Diana". Die Jahreszahl wird versehentlich
mit 1617 angegeben.
Kunsthändler Fritz Gerstel in Berlin, von dem es das Rijksmuseum
Anfang 1908 erwarb.
Rijksmuseum in Amsterdam, 3. Suppl. zum Katalog von
1908 Nr. 1426a.
99. «ODYSSEUS UND NAUSIKAA. Am Strande des Meeres kniet ganz
rechts im Vordergrund der bis auf einen Kranz von Weinlaub um
die Lenden nackte Odysseus nach links, dreiviertel vom Rücken ge-
sehen, die Arme nach unten ausbreitend. Er blickt zu der links
stehenden, wenig nach rechts gewandten Nausikaa in gelbseidenem,
grüngegürtetem Rock. Über die Schultern ein nach hinten fallendes
rotes Tuch. Hals und Brüste sind in viereckigem Ausschnitt der
Taille entblößt. Sie breitet beide Arme aus und sieht erstaunt zu
Odysseus hin. Zwischen beiden liegen vom in der Mitte am Boden.
74
auf einem karminzinnoberroten Tuch Körbe mit Früchten, Fleisch,
Teller, eine Kanne u. s. w. Dahinter eine Dienerin nach links im Profil
mit entblößtem Oberkörper, dunkelgrünem Rock, rotem Gürtel und
Turban auf dem Kopf. Sie reicht voller Schrecken einen Korb mit
Wäsche der auf einem von einem Maultier gezogenen "Wagen
befindlichen anderen weiblichen Person hinauf, über die eine Dienerin
dahinter einen orientalischen Schirm hält. Sie trägt ein karmin-
zinnoberfarbenes Kleid mit viereckigem mit schwarzem Besatz ver-
sehenen Brustausschnitt, Perlenkette um den Hals, einen schwarzen
barettartigen Hut mit orange und weißer Straußenfeder auf dem
Kopf und ist ziemlich en face gesehen. Dahinter sind noch sieben
weitere erschreckte Mägde in ähnlichen Kostümen mit dem tiefen
Ausschnitt sichtbar, ferner links ein bellender Wachtelhund. Rechts
beginnt eine bewaldete Erhebung. Am Himmel große weiße Wolken.
Bezeichnet auf einem Koffer links vom: ß fecit Anno 1619
(nicht East., wie Bode las).
Holz 90X115.
Eine weiß gehöhte Kreidezeichnung nach diesem Bild befindet sich im
Berliner Kupferstichkabinett (Sammlung von Beckerath),
dort als Original von Lastman, wofür sie auch von
Bode, Studien, Seite 342, gehalten wurde. Näheres
hierüber im Abschnitt über die fälschlich P. Lastman zu-
geschriebenen Handzeichnungen.
Eine alte Kopie befand sich als Ä. van Diepenbeeck auf der Versteigerung
Amand-Kreis und Hubert Düster in Cöln am 4. Okt.
. 1886 Nr. 20 (170 t^t) aus der Sammlung Kreis.
Vergl. Repert. für Kunstwissenschaft, Bd. X, Seite 68.
Photographiert von Hoeflc in Nürnberg. Abbildwigen u. a. im „Klass.
Bilderschatz" undPhilippi, „ Die Blüte der Malerei in Holl. "
Radierung von A. Gilbert in der Oaz. des Beaux-Arts.
Erwähnt von Paul Ma n t z in der Gazette des Beaux-Arts, Bd.
XVII (1878), Seite 128 und B o d e, Studien, Seite 341.
Sehr wahrscheinlich Versteigerung J. M. Cok in Amsterdam am 16.
Dez. 1771 Nr. 117 (fl. 8.10 an van der ScMey): „Em
Zinnebeeidige Ordonnantie (Komposition), met verscheide
beeiden (Figuren), op den voorgrond een tapyt (Teppich)
waarop diversche Vruchfeu, ter zyde een Wagen welke
beladen word. Zeer kloek behandelt. Hoog 36, hreed
45 duim." (90X112,5). — Mitt. H. d. G.
Unbekannte Herkunft.
Königl. Gemäldegalerie in Augsburg, Kat. 1900 Nr. 561.
75
100. •ODYSSEÜS UND NAUSIKAA. In einer nach rechts ansteigenden,
y.44. mit Bäumen bestandenen felsigen Landschaft, von deren Abhängen
mehrere Wasserfälle herabströmen, steht vorn in der Mitte auf einem
Weg, der nach dem links in der Feme sichtbaren Meere hinführt,
Nausikaa in linker Profilansicht. Sie trägt ein gelbes Kleid mit
tiefem viereckigen Brustausschnitt und weißen Aermeln. Um die
TaiUe ein blaugrüner Gürtel. Im blonden Lockenhaar ein Blumen-
kranz. Der rechte Arm ist vor der Brust gebeugt, der linke gerade
gesenkt. Sie blickt erstaunt nach links zu dem ziemlich am Bildrand
knienden und bis auf ein paar Blätter vor der Scham nackten Odysseus.
Er ist fast in rechter Profilansicht dargestellt und wendet den Kopf
mit langem ungeordneten Haar und Bart zur Königstochter, indem
er die Hände senkt. Zwischen beiden liegen am Boden auf weißer
Decke ausgebreitet reiches Silbergeschirr, Kannen, Teller, Früchte,
Kuchen u. s. w. Dahinter eilt ängstlich mit vorgestreckten Armen
nach rechts eine Dienerin, die den Kopf nach Odysseus zurückwendet.
Ihre Brust ist entblößt. Ihr lila Gewand ist gegürtet und am
Oberschenkel mit Schnürknöpfen zusammengehalten und flattert von
da ab auseinander, sodaß das nackte rechte Bein sichtbar wird; auf
dem Kopf ein Turban. Rechts, etwas hinter ihr, beugt sich eine
ältere weibliche Figur in grünem Kleid mit grünlila Aermeln und
bräunlichweißem Kragen über einen Korb. Ueber ilir sieht man die
Köpfe der beiden Maultiere, die den Wagen gezogen haben, von
welchem rechts von Nausikaa noch ein Stück sichtbar ist. Außerdem
dort noch drei Mägde, die Körbe mit Wäsche hastig aufladen. Ganz
rechts im Vordergrund noch eine junge Begleiterin, dreiviertel vom
Rücken nach links gesehen, in ähnlicher, den Oberkörper freilassender
rosa Gewandung. Sie hat erschreckt die Arme halb erhoben und die
inneren Handflächen nach außen gekehrt. Ihr langes blondes Haar
hängt, zur Hälfte zu einem Zopf geflochten, herunter, zum Teil ist
es aufgeknotet. Links von ihr lehnt eine Laute an einem Baum,
rechts ein Kessel und ein aufgeschlagenes Notenbuch auf einer
blaugrünen Decke. Die Landschaft in kaltgrünem Ton, auch die
vielen Felsen sind grüngefärbt.
Bezeichnet ziemlich unten links: ß
Holz 87X124. 1609.
Photographiert von Bruckmann.
76
Erwähnt von H. Riegel, Beiträge, Bd. II, Seite 201 ff. und
E. Michel, Remhrandt, Seite 18.
Aus Salzdahlum [jetzt SaUdahlen], doch zur Zeit, als Eberlein sein
Verzeichnis abfaßte (1776), nicht in der Galerie.
Ser zogliche G emäldeg alerie in Braunschweig, Katalog
1001) Nr. 210.
OdysseuH und Nausikaa.
Im Versteigerungskatalog nur als Schule Lastmans verzeichnet, doch
liegt nach Hofstede de Groot kein Grund vor, das
Bild nicht Lastman selber zuzuschreiben.
Versteigerung de Brugn-Tengbergen u. a. in Amsterdam am 24. April
1906 Nr. 241. Mitt. H. d. G.
•DAS URTEIL DES MIDAS. In einer nach rechts zu einem bewaldeten
Hügel ansteigenden Landschaft sitzt ziemlich in der Mitte der Preis-
richter Tmolos mit Eichenkranz im Haar, nackt, nur mit einem
dunkelblauen Tuch über dem Schoß, en face, den Kopf auf die rechte
Hand gestützt und nach rechts aufblickend, wo Apoll in dankel-
grünem Rock mit weitem, lila gefüttertem Purpurmantel steht, das
Haupt mit einem Lorbeerkranz geschmückt und von einem Strahlen-
glanz umgeben. Er spielt Geige. Seine Mienen sind ernst, fast
unwillig, die Augen sehen etwas nach rechts, wo ganz am Bildrand
in ockerbraunem Mantel und Turban, Midas, bereits mit Eselsohren,
steht. Er lacht spöttisch und weist mit dem Finger nach links, wo
etwas vor ihm der bocksbeinige Pan in Dreiviertelansicht nach links
sitzt und zu Apoll aufblickt. In der linken Hand hat er die Syrinx.
Ein Satyr sitzt links von ihm in Rückansicht am Boden, stützt sich
auf den linken Arm und dreht den Kopf zum Beschauer um. Weiter
nach links am Boden eine Laute, Guitarre und ein Notenheft, dann
eine junge weibliche Figur in weißem, weitausgeschnittenem Kleid
mit rosa Aermeln, mit bloßen Füßen, fast von der rechten Seite ge-
sehen. Sie hält die Hände im Schoß gefaltet, hat den fast en face
gesehenen Kopf wenig nach links gerichtet. Hinter ihr, auf den
etwas höheren Felsen, zuhörende Satyrn und Bacchantinnen
sowie an den Bäumen herumkletternde kleine Satyrn. Zwischen Apoll
und Pan sitzt noch eine junge weibliche Figur in weit ausgeschnittenem
Kleid, mit Blumenkranz im Haar und Halskette. Sie hat den rechten
Arm gebeugt, den Zeigefinger der rechten Hand im Aufmerken aus-
gestreckt und blickt zu Apoll empor. Hinter ihr, links vom Midas,
sind die Köpfe von drei weiteren Zuhörern sichtbar. Ganz links
101.
102.
77
Ausblick in ein Tal. Auf dem Gipfel des Berges im Mittelgrund ein
befestigtes Gebäude mit viereckigem Turm. Etwas schwärzlicher
Ton. Dunkelgrauer Himmel, die Wolken etwas heller. — Hieß früher
fälschlich G. de Lairesse.
Leinwand 87X127.
Photographiert von Sanfstängl. Reproduziert im Versteigerungskatalog
und im Casseler Galeriewerk.
Erwähnt von 0. Eisenmann in der Zeitschrift für hild. Kunst,
1892, Seite 164.
Erworben von Habich im Zwischenhandel in Dresden.
Versteigerung Habich in Cassel am 9. Mai 1892 Nr. 88 (2090 eM).
Königl. Gemäldegalerie in Cassel, Kat. 1910 Nr. 188.
103. DIE TOILETTE DER VENUS. Im Vordergrund einer italienischen
Landschaft mit Fontäne, Statuen und einer Schloßruine im Mittelgrund
liegt Venus inmitten ihrer Begleiterinnen. Sie ist völlig nackt; nur ein
Zipfel des weißen Tuches, auf dem sie liegt, bedeckt die Scham. (Nach
Ansicht von Sir W. Armstrong ist dies von späterer Hand hinzu-
gemalt worden). Ihr rechtes Bein hat sie auf das Knie einer alten,
Knks in rechter Profilansicht knienden Dienerin gelegt, welche dies
mit einem Tuch abzutrocknen scheint. Rechts hinter der Alten wird
eine zweite, jüngere Dienerin mehr en face sichtbar, die — wenn ich
nach der mir zur Verfügung stehenden undeutlichen Photographie
richtig rate — eine Schale mit Früchten in den Händen hält. Venus
selber hat ihre Rechte, in der sie etwas hält, an der rechten Hüfte
liegen. Sie wendet den Kopf nach rechts in die Höhe zu einer neben
ihr knienden und nur mit einem Lendentuch bekleideten Dienerin,
die in dreiviertel Rückansicht sich zu ihrer Herrin beugt. Rechts
hinter dieser eine andere nackte junge weibliche Figur mit erhobenen
Armen, wohl im Begriff, in ihr Gewand zu schlüpfen. Links hinten
ein Wasserfall. — Ich kenne das BUd nur aus einer ungenügenden
Photographie und muß mich daher eines Urteils über Echtheit und
richtige Deutung des Gegenstandes enthalten.
Bezeichnet mit dem Monogramm.
Leinwand 116,2X155.
Museum in Cork (Irland).*)
*) Herrn Dr. C. Hofstede de Groot verdanke ich den Hinweis auf das Bild,
dem Direktor des Museums in Cork, Herrn W. A. Mulligan, A. R. C. A., Mitteilungen
darüber und die Photographie.
78
4
•DIANA UND AKTÄON. "Waldlandschaft mit einem von links vorn 104.
nach rechts hinten fließenden stillen Bach. Rechts von der Mitte
steht, bis zu den Knien im Wasser, en face die nackte Diana mit
einer kleinen Mondsichel über der Stirn im Haar. Sie hält
mit der gesenkten linken Hand das Ende eines braunvioletten Tuches
mit rotem Kand vor die Scham. Das andere Ende dieses Tuches will
ihr die rechts hinter ihr stehende Dienerin über die linke Schulter
legen ; ihre rechte Schulter und der Oberarm ist damit bereits bedeckt.
Die ebenfalls nackte Dienerin trägt ein weißes Kopftuch. Diana
blickt nach links auf Aktäon und zeigt mit der ausgestreckten
Rechten auf ihn. Dieser kommt mit zwei Hunden heran und wendet
sich nach rechts. Auf dem Kopf wächst ihm das Geweih. Er trägt
hellbraunroten flatternden Mantel, grünblauen Schurz über weißlichem
Rock und gelbweißen Gürtel. In der gesenkten Linken hält er einen
Speer und die Hundeleine. Rechts von Diana ihre nackten Begleite-
rinnen. Ganz vorn sitzt eine in Rückenansicht auf weißem, über
hellpurpurnem Tuch liegendem Laken. Hinter ihr im Wasser drei
weitere, die eine nach rechts schreitend mit ausgebreiteten Armen,
über dem linken ein olivgrünes Tuch, die zweite, rechts von ihr in
rechter Seitenansicht, faßt mit beiden Händen ein über zwei Aste
gehängtes dunkles Tuch. Die dritte zwischen diesen mehr zurück en
face mit ausgebreiteten Armen. Alle scheinen vor Schreck aufzu-
schreien. Noch eine Begleiterin mit aufgelöstem Haar kauert links
hinter Diana. Rechts vom in der Ecke liegen Jagdspeer und Köcher,
«in Goldbrokattuch mit schwarzen Galons, ein dunkel smaragdgrünes
und weißes Tuch. Vom Felsen stürzt ein kleiner Wasserfall, im
Bach Schilfgewächs, links vorn in der Ecke Blattpflanzen. In der
linken oberen Ecke ist ein kleines Stück Himmel sichtbar.
Spuren eines Monogramms rechts unten auf einem Stein.
Holz 62X123.
Spezialaufnahme von E. Fiorillo in Paris.
Sammlung Wagenhof f- Dolch in Paris.*)
* OPFER DER JUNO. Links vor einem Renaissancegebäude erhebt 105.
sich auf einem Sockel die weiße Marmorstatue der sitzenden Juno, V.4ö.
*) Den Hinweis auf das Bild verdanke ich Herrn Dr. C. Hofstede de Groot,
eine Photographie und Angaben über Gröüe, Farben u. s. w. der Liebenswürdigkeit
von Herrn Wagenhofl.
79
in weitem Gewand, mit Kopftuch und Krone darauf, die Rechte in
die Hüfte gestemmt, in der Linken das Szepter haltend. Links an
ihrer Seite der Pfau. Rechts davor ein Steinaltar, auf dem ein
Opferfeuer brennt. Um diesen herum gruppieren sich die Priester
und das Volk. Links, zunächst der Gröttin, ein geigespielender Jüng-
ling mit einem Kranz im Haar. Neben ihm ein älterer Mann nach
rechts im Profil mit weißem Tuch um den Kopf, in weitem Mantel,
mit einem Räuchergefäß in den Händen. Rechts von ihm knien
zwei Jünglinge, der eine mit einer Gans im Arm, der andere,
vordere, mit einer silbernen Kanne in der Rechten, den Beschauer
ansehend. Beide tragen, wie fast alle. Kränze im Haar. Rechts
neben dem letzteren kniet in Rückenansicht ein junger Mann, der
nur mit einer kurzen, von einem Gürtel gehaltenen Hose bekleidet
ist. Er umfaßt mit der Rechten einen Pfau, mit der Linken dessen
Hals. Hinter dem Altar ein Flötenbläser und drei andere Männer.
Rechts davor steht eine Priesterin in reicher Gewandung; sie hält in
den Händen einen Prachtkelch. Ein rechts hinter ihr stehender
Diener mit entblößtem Oberkörper führt eine weiße Kuh heran,
während im Vordergrund ein anderer Diener kniet, der im Begriff
ist, ein vor ihm mit zusammengebundenen Beinen daliegendes Lamm
zu schlachten. Rechts hinter ihm steht ein alter bärtiger Priester in
Weiß. Sein Gewand ist unten mit Mustern aus Pfauen und Orna-
menten bestickt. Er hält in der gesenkten Linken ein großes Buch.
Dahinter kommen Leute mit Fackeln heran. Eine hohe korinthische
Säule und Gebäude im Mittelgrund. Vorn am Boden Holzscheite
und ausgestreute Blumen. — Ist das späteste bekannte Gemälde
unseres Malers.
Bezeichnet links oben: ^aftman fecit
1630.
Holz 74X106.
Photographiert von Jaeger in Stockholm. Abb. bei John Kruse, Rembrandt.
JErwähnt von G öt h e tm Repertorium für Kunstwissenschaft, Bd. IV,
Seite 445, von E. Michel, Rembrandt, Seite 19
(Michel übersah die Signatur und Datierung und reiht
das Bild ins Jahr 1618), John Kruse, Rembrandt,.
hans Konst och lif. Stockholm 1907, Seite 26.
Erworben 1857 von P. W. Orubb.
Nationalmuseum in Stockholm, Kat. 1900 Nr. 500.
80
Eine Opferdarstellung. 105s.
Erwähnt im Inventar von Herman van der Ceel in Ddß von 1652.
Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Fyramos und Thisbe. 106.
Bekannt aus einem Gedicht von Lambert van den Boh über die
Sammlung von Märten Kretzer in Amsterdam.
Versteigerung Märten Kretzer in Amsterdam 1671.
Pyramos und Thisbe. — Kleines Bild. 106a.
Erwähnt im Inventar von Willem Spieringh in Delft, der am 23. Juni
1689 starb. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Leda mit dem Schwan. 107.
Versteigerung Jonas Witsen u. a. in Amsterdam am 23. März 1717,^'^^-
Hoet, Bd. I, Seite 210 Nr. 98 (ß. 3.15 zusammen mit
Nr. 99, einer Bathseba von Bot).
Herliules und Pallas. In einer gewölbten Grotte rechts ein großer 108.
fast nackter Mann, der ein großes Becken aus getriebenem Metall V.lö.
mit beiden Händen hereinträgt. Er hat den Kopf nach links gewandt,
wo Pallas Athene sitzt und sich nach ihm umsieht. Sie trägt Helm,
Speer und Brustharnisch. Links von ihr sitzt eine Eule. Durch den
gewölbten Eingang der Grotte sieht man in eine Landschaft.
Beschrieben nach einer flüchtigen Nachzeichnung von der Hand
L. Bramers, die sich mit 50 anderen in einem
Album im Kupferstichkabinett in Amsterdam befindet.
Nr. 24 davon. (Vergl. Oud-Holland, Bd. XIII [1895],
Seite 187).
Eigene photographischc Aufnahme.
Diese Nachzeichnung stellt wahrscheinlich das von Vosmaer unter Nr.
46 erwähnte, bezeichnete und 1625 datierte Bild dar,
das vorkam auf der Versteigerung Jan van Loon in
Delft am 18. Juli 1736, Hoet, Bd. II, Seite 391 Nr.
33 (fl. 62).
Tertumnus und Pomona in einem Garten. — Ausführlich gemalt. 109,
Kupfer 18,9X24,8.
Versteigerung W. S7nits u. a. im Haag am 18. Mai 1785 Nr. 175
(fl. 12.8 an Carre). Mitt. H. d. G.
Heidnische Opferdarstellung mit einer großen Menge Menschen, no.
Rindvieh, Pferde, alte Gebäude, goldene und silberne Trinkgefäße,
Schalen, Blumen u. s. w. in einer baumreichen Landschaft. — Aller-
schönstens und ausführlich gemalt.
81
Holz 74,2X110.
Vielleicht identisch mit dem „Paulus und Barnabas in Lystra",
doch weicht die Maßangabe etwas ab.
Versteigerung Taets van Ämerongen in Amsterdam am 3. Juli 1805
Nr. 103 (fl. 60 an Toselli). Mitt. H. d. Q.
111. Eine Fabeldarstelluiig.
Holz 55X78.
Versteigerung in Atnsterdam am 3. Jan. 1831 Nr. 51 (fl. 10 an
Roos). Mitt. H. d. G.
llla.Eine mythologische Darstellung.
Versteigerung in Amsterdam am 17. Dez. 1832 Nr. 122 (fl. 2.75 zu-
sammen mit Verst.-Kat. Nr. 123 an Gykema). Mitt. H. d. O.
PROFANaESCHICHTE
112. 'SCHLACHT ZWISCHEN KONSTATIN UND MAXENTIÜS. Der
Kampf tobt an einem Brückenbogen. Das siegreiche, lanzen-
bewaffnete Fußvolk dringt von links die Brücke hinauf, die im
Mittelgrund den Fluß überspannt. Sie bricht in der Mitte — rechts
oben im Bude — zusammen, und mit den Steinen stürzen die Feinde
in den Fluß hinab. Links im Vordergrund liegen am Ufer tot aus-
gestreckt ein Krieger in schwarzer Rüstung, sein Pferd und daneben
eine rotweiße Fahne. Dahinter sprengt ein Reiter in blaugrünem
Rock und flatterndem lila Mantel auf einem Schimmel nach rechts
in den Fluß. Ganz vorn auf derselben Seite steht breitbeinig in
Rückenansicht ein Krieger in gelbem Rock, lila Beinkleidern, gelb-
braunen Schuhen und goldenem, federgeschmücktem Helm; er sucht
mit einem Speer die von rechts herandrängenden Feinde abzuwehren.
Unten rechts im Vordergrund im Fluß ein ziemlich en face gesehener
Reiter in hellblauem Rock und rotem Mantel, der erschreckt nach
links oben blickt. Im Fluß außerdem zahlreiche Schwimmende und
Ertrinkende. Durch den Brückenbogen hindurch sieht man auf eine
anmutige Hügellandschaft in weißgelblichgrünem Ton.
Bezeichnet und datiert links unten: P. Lastman. fecit 1613.
Leinwand 158X165.
Spezialaufnahme von ß. Stickelmann in Bremen.
Erwähnt von G. Pauli, Zeitschrift f. b. Kunst, 1904, Seite 170,
82
und in „Gemälde alter Meister in Bremischem Privat-
besitz", 1905, Seite 28.
Bereits 1710 he fand sich in der Galerie des Schlosses Salzdahlum ein
Gemälde von Lastman, das in dem handschriftlichen
Katalog von Anton Friedrich Ha rms , „Designa-
tion derer Künstlichen und Kostbahren GemäJüden,
■welche in denen Gallerien und Cabinetter des Fürst-
lichen Lustschlosses S sich befinden 1744"*) neben den
drei anderen noch heute in der Braunschweiger Galerie
befindlichen Bildern von Lastman als viertes aufgeführt
ist: „Die Bataille worinnen Constantinus M. den
Maxentium überwindet, hoch 5:7, breit 5:0 hengt in
Herzogs Zimmer." Das ist gewiß unser Bild, dessen
Maße damit ziemlich übereinstimmen. Die Galerie zu
Salzdahlum wurde in der Franzosenzeit aufgelöst, das
Schloß abgebrochen. „Denan wählte zunächst 271
Bilder aus, die nach Paris geschickt wurden; dann
ließ die westfälische Regierung 252 nach Cassel schaffen
und überwies 200 im Jahre 1811 der Stadt Braunschweig.
Endlich ließ sie 400 Bilder versteigern . . ." (Braun-
schweiger Galerie- Katalog, 1900, Seite 10). So konnte
das Bild in die Sammlung Lürman in Bremen kommen.
Sammlung Joh. Th. Lürman in Bremen, dessen Erben es 1904 der
Kunsthalle schenkten.
Kunsthalle in Bremen, Kat. 1907 Nr. 251.
Scipio Africaniis. 113.
Erwähnt im Nachlaßinventar von Anthoni van Davelaer in Amsterdam
vom 14. Dez. 1647. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Ein Historienbild mit drei Pferden und verschiedenen Figuren. 114.
Erwähnt im Nachlaßinventar von Ghiilielmo Looten in Amsterdam von
1684; taxiert auf fl. 150. (Oud-Holland, Bd. XXV
[1907], Seite 244).
Ein Historienbild. 114a.
Versteigerung in Amsterdam am 11. Mai 1756 Nr. 109 (fl. 5).
Mift. H. d. G.
Ein schönes Historienbild. 114b.
Versteigerung in Amsterdam am 17. Aug. 1757, Terwesten, Seite 184\A2,
Nr. 18 (ß. 23.10).
*) Der Verfasser dieser Foliohandschriff, der sich dort nirgends nennt, wurde
durch Schriftvergleicliung von Dr. Flechsig festgestellt. Vergl. den Nachtrag zu
H. Riegels Verzeichnis der Gemäldesammlung von 1900. Braunschweig 1905.
6* 83
114c. Ein Historienbild,
Versteigerung J. van Leeuwaarden, Wwe. P. Merkman in Haarlem
am 21. Sept. 1773 Nr. 71. Miü. H. d. G.
114d.Ein Historienbild.
Versteigerung J. van Leeuwaarden, Wwe. P. Merkman in Haarlem
am 21. Sept. 1773 Nr. 72. Kitt. H. d. G.
115. Sophonisbe (von Laistman [sie]).
Erwähnt von W. Buch an an, Memoirs of painting, 1824, Bd. I,
Seite 302.
Versteigerung Greffiers Fagd in London am 22. Mai 1801 Nr. 45
(£ 25 s. 14 d. 6).
116. Historische Darstellung mit zwei Figuren. — Schönes Bild.
Holz 54X38.
Versteigerung in Amsterdam am 9. April 1818 Nr. 34 (fl. 14.10 an
van Eyk). Mitt. H. d. G.
GENRED ARS TEL LUNGEN"
117. Ein Küclienstück.
Erwähnt im Liventar von Jacob Huych Thomas in Amsterdam von
1610. Am 23. Juni 1617 im Besitze seiner Frau
Trijntje Molenijsets. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
118. Ein Nachtbild.
Sammlung Aernout van Naerden und seiner Frau Johanna van
Zwanenhurgh (f) in Amsterdam. 16. Juni 1656. Mit-
teilung von Dr. A. Bredius.
119. Ein C'herubimsliöpfchen.
Erwähnt im Testament des Dr. Jan Blom in Amsterdam vom 10. März
1658, in dem es Jg,n Witsen vermacht wird. (Oud-
Bolland, Bd. III [1885], Seite 64).
PORTRÄT
120. Ein kleines Bildnis in achteckigem Ebenholzrahmen.
Unsicher, ob es von P. Lastman gemalt ist oder ob es ihn nur darstellt.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7 . Juli 1632.
121. •BRUSTBILD EINES ETWA 50JÄHRIGEN MANNES mit Schnurr-
bart, fast en face, wenig nach links gewandt. Die Augen etwas
84
zugekniffen. Auf dem Kopf eine barettartige Mütze. Um die
Schultern ein mit Borde und Troddel verzierter Mantel, in den vor
der Brust die linke Hand gesteckt ist. Der rechte Arm scheint gesenkt
zu sein. — Wurde früher irrtümlich dem David Teniers zuge-
schrieben. Das Bild stellt vielleicht den älteren Bruder Lastmans,
den 1578 geborenen Goldschmied Zeeger Pietersz Coningh dar.
Bezeichnet mit dem Monogramm und datiert rechts: ß
1628.
Holz.
Spezialaufnahme von G. Klimmer in Bückeburg. .
Wenn die Deutung des Dargestellten auf Zeeger Pietersz richtig ist, so
befand sich das Bild 1G64 bei Jean Meerman zu-
sammen mit einigen anderen Bildern, die dieser für
seine Schwiegermutter, dementia Zeegers, Tochter von
Zeeger Pietersz und Nichte von Pieter Lastman, damals
in Verwahrung hatte. Vergl. Seite 27.
Gemäldegalerie im fürstlichen Schloß zu Bückeburg*).
•BRUSTBILD EINES BARTLOSEN ÄLTEREN MANNES in Drei- 122.
viertelansicht nach rechts. Scharfe lange Nase und stark vorsprin-
gendes Kinn. Scheinbar zahnloser Mund. Hochsitzende Ohren. Auf
dem Kopf eine barettartige Mütze. Dunkles Gewand. — Prof. Dr.
W. Martin hielt das nach seiner Ansicht übermalte Bild ebenfalls
für ein Original von Lastman und glaubte noch Reste des Mono-
gramms zu sehen, in Bückeburg hält man das Bild mit Bestimmtheit
für ein Werk von David Teniers. Soweit eine Beurteilung nach der
Photographie möglich ist, neige ich mehr der Ansicht von Professor
Martin zu. Allerdings ist die Fleischbehandlung feiner, was aber
wohl auf Rechnung der Uebermalung zu setzen ist.
Reste einer Bezeichnung.
Holz.
Gemäld eg alerie im fürstlichen Schloß zu Bückehur g.
LANDSCHAFTEN
Landschaft 123.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juli 1632.
♦) Den Hinweis auf dies Bild und das folgende verdanke ich Herrn Prof. Dr.
W. Martin im Haag. Se. Durchlaucht der regierende Fürst von Schaumburg-Lippc
hatte die Güte, mir Photographien danach zur Verfügung zu stellen.
85
123a. Landschaft
Erwähnt im Inventar von Aaltge Oerritsdr, Wwe. Barendt Jansz van
Kippen in Amsterdam vom 6. März 1657 (fl. 42).
Mitteilung von Dr. Ä. Bredius.
124. Italienische Landschaft mit den Ruinen des Sibyllentempels von
V.oO. Tivoli rechts oben auf zerklüfteten Felsen mit bewohnten Höhlen..
Vorn ein "Weg mit ein paar kleinen Figuren. — Zeichnung oder
Gemälde?
Beschrieben nach einer Radierung von Jan van Noordt (16,1'X,21,4),
die unten fast in der Mitte siegniert ist:
P. Lastman: inv
J. V. Noordt fecit 1645.
Eigene photographische Aufnahme.
125. Italienische Landschaft mit Figuren.
y.51. Versteigerung in Amsterdam am 11. April 1689, Hoet, Bd. I, Seite 43
Nr. 6 (fl. 100 zusammen mit Kat. Nr. 7, einem anderen
nicht näher beschriebenen Bild von Lastman, unserer
Nr. 145a).
125.a£ine Landschaft.
25X33,7.
Versteigerung in Amsterdam am 21. Okt. 1739 Nr. 119. Mitt. S. d. O.
126. Eine scliöne Landschaft. Darin ein Mann zu Pferd.
47,5X61,2.
Versteigerung in Amsterdam am 20. März 1764 Nr. 137 (fl. 8). Mitt. H. d. G.
127. Eine Landschaft mit verschiedenen Figuren.
Nachlaßversteigerung Isaak Knol in Delft am 18. Aug. 1794 Nr. 96.
Mitteilung von Dr. A. Bredius.
128. Landschaft mit einer Hütte. Im Vordergrund zwei Jungen, die
Y.48. mit einander sprechen; ein dritter, mit einer Pfeife in der Hand,
hört zu. — Kräftig und frisch.
Leinwand 58,5X80.
Versteigerung Jan Bleuland in Utrecht am 6. Mai 1839 Nr. 201.
129. Landschaft.
Erwähnt 1856 von Dr. Max Schasler , Berlins Kunstschätze, Bd.
II, Seite 330; von Parthey, Bd. II (1864), Seite 16
Nr. 12 als in der Sammlung Bartels in Berlin (Nr. lOiy
befindlich.
130. Landschaft mit Ruinen und Figuren.
Sammlung Major Sirrs.
86
I
Versteigerung in London am IG. Juli 1869 Nr. 64. Mitt. H. d. G.
Gebirgsschlucht. Durch die Schlucht Blick auf hohe Gebirge, im 131.
Vordergrund ein Gebirgsbach, durch welchen Hirten mit Herden
waten. Fein wirkendes Bild voll Harmonie. — Die Zuschreibung
an Lastman dürfte wahrscheinlich nicht richtig sein.
Leinwand 69X56.
Versteigerung H. W. Zingel aus Wiesbaden in Frankfurt a. M. am
20. April 1909 Nr. 131.
TIERE UND STILLEBEN
Ein kleiner Hund. 132.
Erwähnt im Inventar Pieter Lastmans vom 7. Juii 1632.
Ein Ochse. Kleines Bild. 133.
Erwähnt im Inventar Rembrandts von 1656 als „in de Agtercaemer V.49.
offte Sael" befindlich. Hofstede de Oroot, Die
Urkunden über Rembrandt, Seite 197 Nr. 119. Vergl.
W. R. Valentiner , Rembrandt und seine Umgebung,
Seite 108.
Einige Jagdgerätschaften, die an einer Mauer hängen. — Sehr natürlich 134.
gemalt.
Leinwand 92,5X120.
Versteigerung in Amsterdam am 26. Juli 1775 Nr. 158 (fl. 1.15 an
Mozis). Mitt. H. d. G.
Ein Stall mit einigen Hühnern. Davor sitzen zwei Kaninchen. — 135.
Natürlich gemalt.
Leinwand 110X95.
Pendant zum folgenden.
Versteigerung in Amsterdam am 26. Juli 1775 Nr. 159 (fl. 4.5 an
Oruyter). Mitt. H. d. G.
Ein Stall mit einigen Hühnern. Davor sitzen einige Tauben. 136.
Leinwand 110X95-
Pendant zum vorigen.
Versteigerung in Amsterdam am 26. Juli 1775 Nr. 160 (ß. 2.15 an
Gruyter). Mitt. R. d. G.
UNBEKANNTE DARSTELLUNGEN
EIN BILD. 137.
Sammlung Peltzer in Cöln. Mitteilung von Herrn Dr. Th. von
Frimmel in Wien.
87
138. EIN BILD.
Privatsammlung in Paris. Mitteilung von Serrn Wagenhoff in Paris.
139. Ein kleines Bild.
Versteigerung in Amsterdam am 15. Äug. 1617 (fl. o). Vergl. Obreens
Archief, Bd. VI, Seite 44.
139a. Ein kleines Bild.
Versteigerung Cornelis van der Voort in Amsterdam am 13. Mai 1625
(fl. 36.10). Vergl. Obreens Archief, Bd. VI, Seite 44;
Oud-Rolland, Bd. III (1885), Seite 198.
140. Ein Bild.
Erwähnt in einer Akte von 1636 als im Besitz des Vaters von Cornelis
Aertsz van Beijeren in Amsterdam befindlich. Vergl.
Oud-Eolland, Bd. V (1887), Seite 235136.
141. Mehrere kunstvolle Bilder.
Erwähnt von Joost van den Vondel in der Vorrede zu seiner Tragödie
„Joseph in Dothan" (1640) in der Sammlung Dr.
Robert van der Hoeven in Leiden. Vergl. A. Soubraken,
Groote Schouburgh [II. Aufl.], Bd. I, Seite 214.
142. Ein Bild.
Erwähnt im Inventar von A. van Straten in Delft vom Jahre 1651.
Mitteilung von Dr. A. Bredius.
143. Ein grosses Bild.
Erwähnt im Inventar von Juffrouw van Luchtenberg im Haag vom
Jahre 1655 (fl. 12). Mitteilung von Dr. A. Bredius,
144. Ein oder zwei Bilder.
Erwähnt in einer Akte vom 28. Aug. 1662, in der Rembrandt einen
Kaufvertrag über drei Bilder von Lastman und Pijnas
rückgängig macht, den er am 29. Januar 1660mit Lodewijk
van Liidick abgeschlossen hatte. Vergl. Ond-Holland,
Bd. 11(1884), Seite 87 ; Kofstede de Qroot, Die
Urkunden über Rembrandt, Seite 298 Nr. 253.
145. Ein Bild.
Erwähnt im Nachlaß von Sr. Waesbergen, Haag-Rotterdam am 2. Okt.
1670 Nr. 164 (fl,. 2.12). Mitteilung von Dr. A. Bredius.
145a. Ein Bild.
Versteigerung in Amsterdam am 11. April 1689, Hoet, Bd. I, Seite 43
Nr. 7 (fl. 100 zusammen mit der „italienischen
Landschaft, Verst.-Kat. Nr. 6, unserer Nr. 125).
146. Ein oder mehrere Bilder.
Zusammen mit Bildern von D. Teniers u. a. in einem „Konstzael"
befindlich.
Versteigerung Govert Looten in Amsterdam am 31. März 1729, Hoet,
Bd. I, Seite 334 Nr. 28 (fl. 50).
88
Unbekannte Darstellung. — Sehr schön komponiert und sehr gut 147.
gemalt.
Holz 90,8X113,8.
Versteigerung im Haag am 25. Mai 1772 Nr. 125 (fl. 4). Mitt. H. d. Q.
ZUSATZE UND VERBESSERUNGEN.
5. Nach Drucklegung der ersten Bogen erfuhr ich, daß die Samm-
lung P. V. Semeonoff in St. Petersburg von der Kaiserlichen
Eremitage erworben wurde. Dies Bild ist also jetzt dort zu
finden.
17 und 56 sind wohl sicher die zwei Historienbilder, die
bereits im Inventar von Henrietta Popta (f am 6. Juni 1695 in
Amsterdam) erwähnt werden. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
24. Der Besitzer des Bildes heißt Thiebault (nicht Tielbault) Sisson.
28 ist V. 8.
29 ist V. 9, nicht V. 5. — Das Bild wurde auch von der Photogra-
phischen Gesellschaft in Berlin aufgenommen und ist als Photo-
gravüre (17X20 cm) erschienen. Verlagsnummer 3935.
56. Siehe die Bemerkung zu Zus. Nr. 17.
89
Verzeichnis der in noch bestehenden Sammlungen
nachweisbaren Gemälde*)
Alkmaar.
Frau K. Witte:
66. Auferstehung des Lazarus.
Amsterdam.
mjksmuseum:
10. Abraham im Begriff den Isaak zu opfern.
64. Christus und das kananäische Weib.
98. Opferstreit zwischen Orest und Pylades.
Augsburg.
Königliche Gemäldegalerie:
99. Odysseus und Nausikaa.
Berlin.
Kaiser Friedrich- Museum:
84. Die Taufe des Kämmerers durch Philippus.
Kaiser Friedrich- Museum (Leihgabe von Herrn P.
Delaroff-St. Petersburg):
44. Susanna und die beiden Alten.
Sammlung Dr. J. M. Binder:
39. Alttestamentliche Darstellung.
Sammlung Frau Oeheimrat Lipjjmann:
41. DerEngelmit dem jungen Tobias, derdenFisch tötet.
Sammlung Otto Pein:
38. Jonas, der vom "Walfisch ausgespien wird.
*) In alphabetischer Reihenfolge der Aufbewahrungsorte.
90
Bonlogne sur Mer.
Städtisches Museum:
17. Laban, der von Jakob und Rahel die entwendeten
Idole zurückverlangt.
Braunschweig.
Ser 2 0 gliche Gemäldegalerie:
29. David im Tempel Harfe spielend.
60. Der Bethlehemitische Kindermord.
100. Odysseus und Nausikaa.
Bremen.
Kunsthalle:
112. Schlacht zwischen Konstantin und Maxentius.
Sammlung August Lürman:
2. Der Herr erscheint dem Abraham und den Seinigen
auf dem Zuge nach Mesopotamien.
Brüssel.
Sammlung Baron L^,on Janssen:
94. Ein lesender Einsiedler in einer Felsengrotte.
Herzog von Looz-Corswarem:
74. Christus am Kreuz.
Bückeburg.
Oalerie im fürstlichen Schloß:
121. Brustbild eines etwa 50jährigen Mannes.
122. Brustbild eines bartlosen älteren Mannes.
Cassel.
Königliche O emäldeg alerie:
102. Das Urteil des Midas.
Cork.
Mu seum:
lOB. Die Toilette der Venus.
Oöttingen.
Sammlung der Universität:
59. Ruhe auf der Flucht nach Ägypten.
Haag.
Königliche Gemäldegalerie (Mauritshuis) :
67. Auferstehung des Lazarus.
Karlsruhe.
Großherzogliche Kunst halle:
85. Die Taufe des Kämmerers durch Philippus.
91
Kopenhagen.
Sammlung Graf Moltke:
42. Der Engel Raphael verläßt den alten und den
jungen Tobias.
München.
Kgl. Altere Pinakothek (Leihgabe des Vereins der Kunstfreunde):
86. Die Taufe des Kämmerers durch Philippus.
Paris.
Gemäldesammlung des Louvre:
11. Abraham im Begriff den Isaak zu opfern.
Sammlung Thiebault Sisson:
24. Der Engel entschwindet dem Manoah und seiner
Frau.
Sammlung W agenhoff - Dolch:
104. Diana und Aktäon.
Petersburg.
Kaiserliche Eremitage (Sammlung P. v. Semeonoff):
5. Abraham empfängt die drei Engel.
49. Verkündigung an Maria.
Sammlung P. Belara ff :
Siehe Berlin, Kaiser Friedrich-Museum.
Sammlung Suroff:
12. Abrahams Opfer.
Sammlung Z ahielsky :
30. Bathseba im Bade.
36. Die Sunamitin und der Prophet Elisa.
Schloss Romanow.
Sammlung Graf Stetzki:
88. Paulus und Bamabas in Lystra.
Rotterdam.
Museum Boymans:
58. Die Flucht nach Ägypten.
Stockholm.
Na tionalmus eum:
105. Opfer der Juno.
92
Chronologisches Verzeichnis der datierten Gemälde.*)
1608 oder früher.
71. Christus im Garten Gethsemane, Bekannt durch den
Stich von N. Lastman.
1608.
58. DIE FLUCHT NACH ÄGYPTEN. Museum Boymans in Rotterdam.
84. DIE TAUFE DES KÄMMERERS DURCH PHILIPPUS. Kaiser
Friedrich-Museum in Berlin.
1609.
100. ODYSSEUS UND NAUSIKAA. HerzogUche Gemäldegalerie in
Braun schweig.
1611.
46a. Predigt Johannis des Täufers in der Wüste. Ver-
steigerung T. P. C. Haag im Haag am 21. Dez. 1812.
94. EIN LESENDER EINSIEDLER IN EINER FELSiafGROTTE.
Sammlung Baron Leon Janssen in Brüssel.
*) Die Titel der in noch bestehenden Sammlungen nachweisbaren Bilder sind
in Kapitalbuchstaben, die der übrigen gesperrt gedruckt.
1612.
20. Joseph in Ägypten an seine Brüder Korn ver-
teilend. Versteigerung ImanPauw im Haag am23. Nov. 1779.
1613.
77. Christus am Kreuz. Versteigerung Schippers u. a. in Berlin
am 19. Februar 1900.
112. SCHLACHT ZWISCHEN KONSTANTIN UND MAXENTIUS.
Kunsthalle in Bremen.
1614.
3. Die Karawane der Familie des Abraham auf dem
Wege zur Residenz desMelchisedek. Früher
Sammlung Solovieff in St. Petersburg.
44. SUSANNA UND DIE BEIDEN ALTEN. Sammlung P. Delarof f
in St. Petersburg.
88. PAULUS UND BAENABAS IN LYSTRA. Sammlung Graf
Stetzki auf Schloß Romanow.
98. OPFERSTREIT ZWISCHEN OREST UND PYLADES. Rijks-
museum in Amsterdam.
1616.
11. ABRAHAM IM BEGRIFF DEN ISAAK ZU OPFERN. Ge-
mäldesammlung des Louvre in Paris.
1617.
64. CHRISTUS UND DAS KANANÄISCHE WEIB. Rijksmuseum
in Amsterdam.
74. CHRISTUS AM KREUZ. Sammlung Herzog von Looz-Corswarem
in Brüssel.
1618.
29. DAVID IM TEMPEL HARFE SPIELEND. Herzogliche Ge-
mäldegalerie in Braunschweig.
42. DER ENGEL RAPHAEL VERLÄSST DEN ALTEN UND
JUNGEN TOBIAS. Sammlung Graf Moltke in Kopenhagen.
94
1618.
49. VERKÜNDiaUNG AN MARIA. Kaiserliche Eremitage in St.
Petersburg (Sammlung P. v. Semeonoff).
1618(0
47. Johannes der Täufer. Versteigerung Artaria in Wien 1884.
1619.
30. BATHSEBA IM BADE. Sammlung Zabielsky in St. Petersburg.
32. Der Uriasbrief. Früher in einer Privatsammlung in München
(Dr. W. Schmidt?).
61. Christus segnet die Kinder. 1859 verbrannt in Schloß
Frederiksborg.
99. ODYSSEUS UND NAUSIKAA. Königl.Gemäldegal. in Augsburg.
1620.
86. DIE TAUFE DES KÄMMERERS DURCH PHILIPPUS. Königl.
Altere Pinakothek in München.
1621.
5. ABRAHAM EMPFÄNGT DIE DREI ENGEL. KaiserUche Ere-
mitage in St. Petersburg (Sammlung P. v. Semeonoff).
38. JONAS,. DER VOM WALFISCH AUSGESPIEN WIRD.
Sammlung Otto Pein in Berlin.
65a. Christus und die Ehebrecherin. 1875 im Kunsthandel
zu Florenz.
1622.
17. LABAN, DER VON JAKOB UND RAHEL DIE ENTWENDETEN
IDOLE ZURÜCKVERLANGT. Städtisches Museum in
Boulogne sur Mer.
24. DER ENGEL ENTSCHWINDET DEM MANOAH UND SEINER
FRAU. Sammlung Fr. Thiebault Sisson in Paris.
67. AUFERWECKUNG DES LAZARUS. Königl. Gemäldegalerie
im Haag.
95
1622.
85. DIE TAUFE DES KÄMMERERS DURCH PHILIPPUS. Groß-
herzogliche Kunsthalle in Karlsruhe.
1624.
2. DER ENGEL ERSCHEINT DEM ABRAHAM UND DEN
SEINIGEN AUF DEM ZUGE NACH MESOPOTAMIEN.
Sammlung Aug. Lürman in Bremen.
1625.
76. Christus am Kreuz. 1877 in Haager Privatbesitz.
108. Herkules und Pallas. Versteigerung Jan van Loon in
Delft am 18. Juü 1736.
1627.
48. Predigt Johannis des Täufers. Versteigerung Raedt
van Oldenbarneveld in Amsterdam am 6. Nov. 1900.
1628.
121. PORTRÄT EINES ETWA 50 JÄHRIGEN MANNES. Gemälde^
galerie im fürstlichen Schloß in Bückeburg.
1630.
105. OPFER DER JUNO. Nationalmuseum in Stockholm.
N
96
Vergleichende Tabelle
zum Auffinden der Nummern dieses Verzeichnisses
für die Nummern von Vosmaer
Vosmaer-Nr.
= unsere Nr.
Vosmaer-Nr.
= unsere Nr.
1
6
28
69
2
10
29
71
3
17
30
73
4
16
31
74b
5
25
32
76
6
2Ha
33
74
7
37
34
80a
8
28
35
81
9
29
36
81a
10
31
37
84
11
42a
38
**)
12
42
39
86a
13
40
40
88
14
38
41
107
15
46
42
114b
16
53
43
98
17
*)
44
100
18
56
45
105
. 19
56a
46
108
20
58
47
146
.-. 21
59
48
128
22
J60
49
133
23
50
124
24
67c
51
125
25
67e
52
145a
26
68
53
♦♦»\
27
67
♦) Anbetung der Hirten im Städtischen Museum in Haarlem, ist nicht von
Pieter Lastman.
**) Die Taufe des Kämmerers in der Großherzoglichen Galerie zu Mannheim,
ist ein bezeichneter J. Marienhof.
♦**) Landschaft mit Hütte, früher in der Liechtensteingalerie in Wien, ist nicht
von Pieter Lastman.
97
I
Künstlerischer Entwicklungsgang Pieter Lastmans
Über der frühesten künstlerischen Tätigkeit Pieter Lastmans liegt,
wie es so oft bei Künstlern der Fall ist, völlige Dunkelheit. Von
Bildern, die er als junger angehender Künstler, vor seiner Reise nach
Italien, gemalt hat, ist nichts mehr erhalten bezw. nicht mehr be-
kannt oder erkannt. Und doch muß Lastmans Talent schon ziemlich
frühzeitig die Aufmerksamkeit der Kenner auf sich gelenkt haben,
wie aus Carel van Manders bekannter Notiz „Pieter Lastman, daer
goede hope toe is, wesende nu in Italie" hervorgeht. Wir können
nur indirekt durch die Vergegenwärtigung des Kunstkreises, in den
der Jüngling durch seinen Lehrer Gerrit Pietersz Sweelinck eingeführt
wurde, darauf schließen, nach welcher Richtung hin seine ersten
zeichnerischen und malerischen Versuche geleitet w^den, und in
welcher Weise etwa sie sich wohl äußern mußten.
Gerrit Pietersz Sweelinck war nach dem Urteil van Manders*)
ein guter Maler und ausgezeichneter Glasschreiber, „wonderveerdich en
aerdigh van handelinge, dat men zijns ghelijcke in zijn tijt qualijck hadde
weten te vinden". Leider können wir uns bür auch nicht so sehr an
Gerrit Pietersz selbst halten, von dessen wirken so gut wie nichts
mehr auf uns gekommen ist, sondern wir müssen wieder auf dessen
zwei Lehrer zurückgehen, von denen uns der eine dann aber mitten
in jenes Milieu hineinversetzt.
*) Het Schilderboeck, Haarlem, 1604, Seite 294a.
98
Der erste Lehrer von Gerrit Pietersz war Jacob Lenarts, von
dem jedoch gar keine Gemälde mehr erhalten sind. Sein zweiter
Lehrer war Cornelis Cornelisz van Haarlem, zu dem er durch Für-
sprache des Jacob Rauwert*) in die Lehre gekommen ist**). Bei
diesem und nachher noch während seines Aufenthaltes in Haarlem
wird Gerrit Pietersz sich die Fertigkeit in der Darstellung nackter
Figuren angeeignet haben, wegen der er früher gerühmt wurde.
Und vom Stil des Cornelis van Haarlem wird er auch nicht sehr
abgewichen sein, sodaß wir zur Veranschaulichung des Kunstkreises,
in den der junge Pieter Lastman kam, an die Werke des Cornelis
Cornelisz, des „manieriertesten der Manieristen, des akademischsten
der Akademiker" (Weltmann und Woermann) erinnern dürfen, durch
die jener seiner Zeit hochberühmte Akademikerkreis in plastischer
Deutlichkeit vor unser Auge gerufen wird: das heißt die Kunst der
Hendrik Goltzius, Carel van Mander, denen dann wieder die Utrechter
Schule als Pendant gegenüberzustellen wäre: die Bloemaert, Honthorst,
Uytenwael. Sie alle sind uns nicht nur durch zahlreiche Gemälde, sondern
auch aus eigenen Stichen und solchen derGoltziusschüler, Jacob deGheyn,
Jan und Hannen Muller, Jacob Matham, Jan Saenredam wohl bekannt.
Aus Carel van Manders lobender Erwähnung unseres jungen
Malers dürfen wir wohl mit Recht mutmaßen, daß Lastmans Kunst
sich zunächst ganz in dieser Richtung bewegte, die van Mander
selbst vertrat. Es ist nun nicht nötig, daß wir uns hier auf eine
genaue Analyse dieses manierierten Stiles einlassen. Besonders des
Cornelis Corrielisz' Werke begegnen uns in den Galerien häufig
und prägen sich leicht dem Gedächtnis ein.
Für diese auf dem Studium der Antike und Michelangelos be-
ruhende erste Schulung in Holland war der natürliche Abschluß der
Lehrjahre die Reise nach Rom, die Lastman im Jahre 1603 ange-
treten haben wird. Aus diesem Jahre stammen die frühesten erhaltenen
Arbeiten von seiner Hand, die durch einen glücklichen Fund von
Dr. A. Bredius 1882 ans Licht gebracht wurden. ***) Es sind zwei
*) Obreens Archief, Bd. I, Seite 3i.
**) Van Mander, a. a. 0. Seite 293a; H. E. Greve, De brennen van Karel
van Mander, Haag (10()3), Seite 156,
*♦♦) Vergl. Amslerdamsche Courant vom 19. Okt. 1882, Zeitschrift für bildende
Kunst, 1883, Seite 409 und Oud-Holland (1886), Bd. IV, Seite 147.
7* 99
lavierte Federzeichnungen mit je einer Jünglingsfigur. Beide tragen
die volle , Bezeichnung P. Lafman 1603. Landschaft und Tracht
weisen darauf hin, daß die Blätter außerhalb Hollands entstanden
sein müssen. Auf dem einen kommt uns der junge Mann in einem
bis zu den Knien reichenden ziemlich weitärmeligen hemdartigen, in
der Mitte gegürtetem Rock aus dünnem Stoff, der am Hals noch ein
Untergewand sehen läßt, mit einem Wanderstab in der Linken ent-
gegen geschritten. Die Füße sind bloß, um den Kopf ist turbanartig
ein Tuch geschlungen. Auf dem andern Blatt steht derselbe junge
Wanderer in gleichem Kostüm vor uns, nach links gewandt
und den Kopf nach vorn drehend. Beide Male befindet er sich
auf einem Weg, der nach hinten hinab an eine von Segelfahr-
zeugen belebte Meeresbucht führt, deren Ufer sich zu steilen Bergen
erheben. Der Gesichtstypus des dargestellten jungen Mannes hat
etwas Eigentümliches: große runde Augen und eine an ihrem Ende
etwas breite Nase. Der Mund ist durch die etwas vorgeschobene
Unterlippe ziemlich häßlich. Im Gegensatz zu den runden Backen
ist das Kinn sehr spitz. Die Blätter sind flott mit Feder in
Sepia gezeichnet und mit dem Pinsel hellblau leicht laviert. Die
Zeichnung als solche verrät noch den Anfänger. Die Gewand-
falten sind etwas unklar mit dünnen Strichen angegeben, und nur
die Konturen hat der 20jährige Zeichner, gleichsam als wollte er
dadurch die in der zarteren Strichführung liegende gewisse Unsicher-
heit verwischen, dick und kräftig nachgezogen. Die beiden Blätter
sind wohl als Gelegenheitsarbeiten zu betrachten und haben Porträt-
charakter. Entstanden sind sie, wie das darauf gesetzte Datum
lehrt, im Jahre 1603, wohl sicher auf der Reise nach Italien, aber,
wie sich aus dem Charakter der Landschaft ergibt, noch nicht in
Rom selbst. Sie bilden somit nicht nur die erste uns bekannte und
beglaubigte Arbeit Lastmans überhaupt, sondern auch eine solche,
die noch unberührt ist von den direkten Eindrücken und Einflüssen,
die auf den jungen Künstler in Rom einstürmen sollten.
Welcher Art waren diese Eindrücke und Einflüsse? Was zog
den in der Haarlemer akademischen Schule herangebildeten jungen
Mann hier in Rom zunächst und am stärksten in seinen Bannkreis?
Die Antwort auf diese Frage gibt der Name Elsheiraer, in dessen
Freundeskreis der neue nordische Ankömmling bald Aufnahme fand.
100
Rein äußerlich betrachtet ist das leicht zu begreifen, daß der
Holländer sich dem Kreise der Landsleute*) anschloß. Nicht so ohne
weiteres ist zu erklären, daß Elsheimer auch als Künstler zunächst
die stärkste Wirkung auf Lastman ausübte, der doch nach Rom ge-
kommen war, um die antike und klassische Kunst, vor allem Michelangelo
an Ort und Stelle zu studieren, nicht aber moderne ItaUener oder
gar Deutsche! Um sich darüber klar zu werden, müßte man eigent-
lich die Stellung, die Elsheimer zu jener Zeit in Rom einnahm, einer
ausführlichen Betrachtung unterziehen. Das ist jedoch eine Arbeit,
die für sich allein schon umfangreiche Studien beansprucht, die aber
noch aussteht. Bis jetzt wurde durch Bode wohl die Kunst des
„römischen Malers deutscher Nation" sowie sein weitgehender Einfluß
auf die holländische Malerei des XVII. Jahrhunderts dargelegt**), aber
noch nicht wurde Elsheimers Verhältnis zu den zeitgenössischen
italienischen Kollegen in Rom, das damals der Schauplatz eines hoch-
interessanten und bewegten Kunstlebens war, zum Gegenstand einer
eingehenden Untersuchung gemacht.
Innerhalb der italienischen Kunst, die um die Jahrhundertwende
in zwei sich aufs heftigste befehdende Lager geteilt war, in Eklektiker
und Naturalisten, mußte die Elsheimersche Kleinkunst eine ganz be-
sondere Stellung einnehmen. Das, wodurch sich diese von der
Kunstweise der anderen unterschied, war geeignet, bei den Zeitgenossen
Aufsehen zu erregen. E. Koloff hat in seiner Studie über Rembrandt
in feinsinniger und prägnanter Weise diesen Gegensatz zwischen
Elsheimer und den italienischen Künstlern in Rom skizziert: „Elsheimer
ist der Vater der eigentlichen Klein- und Feinmalerei, womit er zu
seiner Zeit so allgemeines Aufsehen erregte, daß nach Sandrarts Ver-
sicherung in Rom von Nichts als von Elsheimers neu erfundener
Kunst im Malen geredet wurde. Das neue der Elsheimerschen Manier
bestand nicht bloß in der Beleuchtung und technischen Behandlung,
sondern auch in der Auffassung. Mit der pikanten Art, die Bilder
zu beleuchten und bis ins Einzelnste sorgsam auszuführen oder geist-
reich anzudeuten, verbindet Elsheimer eine originelle Weise, die
biblischen und mythologischen Gegenstände aufzufassen. Genreartige."!
und landschaftliches wirken zusammen und vereinigen sich zu einem
*) Damals rechnete man die Niederländer auch zu den Deutschen.
*♦) Jahrbuch der kgl. preuQ. Kunstsammlungen, 1890, und „Studien", Seite 231 ff.
101
eigenen Ganzen. Diese bis dahin unerhörte oder wenigstens unbe-
obachtete Auffassungsweise stand in schnurgeradem Widerspruch mit
der strengen stilistischen Historienmalerei in dem Sinne der römischen
und florentinischen Schule zur Zeit Raffaels und Michelangelos. Und
es war wie eine Ironie des Schicksals, daß die Kabinetskunst ihre
ersten Blätter und Blüten eben da trieb, wo die monumentale Kunst
ihre höchsten Triumphe gefeiert hatte. Dem ganzen Jahrhundert
wurde es in der Schale seiner Kultur zu eng; es pickte eben überall
durch und kroch aber nicht überall durch."
Dieser deutsche Künstler wurde in Rom der eigentliche Lehr-
meister unseres Malers. Nicht als ob Lastman direkt Elsheimers
Schüler wurde: der junge Künstler fühlte sich nur besonders stark
angezogen von der für ihn gänzlich neuen Kunstweise des nordischen
Landsmannes. Wie schon angedeutet, mußte das für Lastman einen
Zwiespalt ergeben, denn er war doch eigentlich in anderer Absicht
nach Rom gezogen: um sich (als Manierist) an den Werken der Antike
und Michelangelos weiterzubilden. Aber die Anziehungskraft, die
von des Deutschen Werken ausging, siegte. Es mußte schließlich
auch so kommen, und Lastman war nicht der einzige, dem es so
ging. Der Umgang mit Elsheimer konnte für ihn aber auch nach
einer andern Seite ersprießlich werden. Elsheimer selbst war nicht
mit geschlossenen Augen an den klassischen Meistern Italiens vor-
übergegangen. Er selbst hatte deren Werke wohl studiert — vor
allem Raffael, dann Correggio und Mantegna — ■ und selbstständig
verarbeitet. Seine Anschauungen und seine Fingerzeige in Betreff
solcher Studien, derentwegen Lastman aus Holland nach Rom ge-
kommen war, konnten diesem letzteren nur von Nutzen sein. Denn
über Lastman mag angesichts der Fülle überwältigender Kunstwerke
größten Stiles wohl ein etwas beklommenes Gefühl gekommen sein,
als sei er dieser Größe der Formensprache allein doch nicht ganz
gewachsen. Und wenn er sich daher zunächst in Elsheimers künst-
lerische Ausdrucksweise vertiefte, so ist das innerlich erklärlich.
Wichtig ist, das Lastmans Aufmerksamkeit damit zugleich mehr auf
Raffael hingelenkt wurde, während die Haarlemer „Akademie", deren
Schüler er war, vor allem auf Michelangelos Kunst weiter baute.
Elsheimer war fernerhin auch derjenige, der Lastman den Weg
weisen konnte bei der Frage, wie er sich zu den damals um die
102
Fährhundertwende in Rom tätigen Künstlern stellen sollte. Wie
sollte er sich den Manieristen gegenüber verhalten, denen er nach
seiner Schulung am nächsten stand? wie zu den an Boden mehr nnd
mehr gewinnenden Eklektikern? wie endlich zu den Naturalisten?
Hielt er sich doch gerade zu einer Zeit in Rom auf, wo der Manie-
rismus nach und nach langsam zurückgedrängt wurde, als die ihn
zersetzenden Elemente — von Bologna aus — auch in Rom Einfluß,
wenn auch nicht dauernden erlangten. Agostino und Annibale
Carracci malten damals gerade ihre berühmten Fresken im Palazzo
Farnese (Agostino bis 1600, Annibale bis 1607/08), ein Auftrag, bei
dem die Hauptvertreter des römischen Manierismus, Federigo Zuccaro
(gest. 1609) und der Cavaliere d'Arpino übergangen worden waren.
Wie gesagt, es war aus verschiedenen Gründen wesentlich, daß
Lastman bei einem Künstler wie Elsheimer in Rom Anschluß finden
konnte. Und es ist angesichts dieser Verhältnisse auch wieder be-
greiflich, wenn Lastman nicht der einzige war, auf den Elsheimer
befruchtend einwirkte. Lastman fand andere Landsleute bereits in
Rom als Anhänger und Freunde Elsheimers vor, andere kamen später
neu hinzu. Es bildete sich in Rom jener für die Entwicklungsge-
schichte der holländischen Malerei so bedeutsame Kreis nordischer
Künstler mit Elsheimer als seinem Mittelpunkt. Die meisten dieser
Maler waren nun freilich von Natur aus nicht Künstler genug, um
sich auch innerlich von ihrem Meister und Freund dauernd und tief
genug befruchten zu lassen. Sie übernahmen vielfach von ihm nur
Aeußerlichkeiten, indem sie sich die Mühe der eigenen Ummünzung
der großen italienischen Kunst in ein kleineres Format ersparten.
Und wenn sie dann wirklich auch selbst vor den italienischen Origi-
nalen ihren Studien oblagen, so sahen sie doch nicht mehr unbefangen.
Und ebenso wie sie, die Niederländer, dem deutschen Elsheimer nicht
ganz in seine Kunst nachfolgen konnten, so vermochten sie noch
weniger innerlich die Größe der italienischen Kunst, wie sie aus
der Natur heraus in italienischem Geiste entwickelt worden war, zu
begreifen. Sie sahen nur die nackten Ergebnisse, die sie äußerlich
als Rezept benutzten. Kein Wunder, daß sie dann wieder mehr oder
weniger im schematischen Verwenden der angelernten Aeußerlichkeiten
die große Kunst verflachten. Aber — und das ist für ihre nachheri-
gen Erfolge in der Heimat wichtig: sie machten sie in den Nieder-
103
landen dem größeren gebildeten Publikum mundgerecht. Und durch
die Uebertragung in ein kleineres Format schufen sie Wanddekora-
tionen oder Altarstücke in Tafelbilder zum Schmucke holländischer
Wohnzimmer um. Das gerade ist für diese Gruppe italienisierender
Meister, die die Blütezeit der holländischen Kunst des XVII. Jahr-
hunderts einleiten, besonders interessant, daß sie durch ihren Aufenthalt
in Rom die schon vorher durch die Akademiker aus Italien herüber-
gebrachte äußere Form so weiter gestalteten, daß es gewissermaßen
nur noch der Kraft eines von innen heraus schaffenden wirklichen
Künstlers bedurfte, die in ihr ruhenden neuen Elemente zu beleben,
in ihnen in nordischer Weise seelische Empfindungen zum Ausdruck
zu bringen, wie es in Italien zuerst die Eklektiker Carracci und auch
der Naturalist Caravaggio nach italienischer Art getan hatten. Das
war das Neue und entwicklungsgeschichtlich wichtige in Italien,
daß die im leeren Manierismus angelangte Kunst innerlich beseelt
wurde. Die Bedeutung der Vor-Rembrandtischen Historienmaler ist
ähnlich, wenn auch nicht so weit gehend: sie leitet zunächst erst aus
dem krassen Manierismus der Haarlemer Akademie über in eine
natürlichere Auffassungsweise und bildet so den Boden, auf dem
eine Weiterentwicklung der nationalen holländischen Kunst wieder
möglich wurde.
Der Anteil, der bei diesem Entwicklungsprozeß auf Lastman
fällt, wird sich am besten beurteilen lassen, wenn wir bei der chro-
nologischen Betrachtung seiner Werke und der sich daraus ergebenden
Darstellung seines eigenen künstlerischen Entwicklungsganges uns
auch noch klar zu machen suchen, wo und wie die Verbindungsfäden
zwischen ihm und der Kunst, die in Italien auf ihn einwirken konnte,
geknüpft worden sind.
Die frühesten Werke nach den beiden oben besprochenen Zeich-
nungen von Lastman, die wir noch besitzen, lassen uns deutlich erkennen,
wie stark der Einfluß war, den auf ihn Elsheimer in Rom ausgeübt
hat. Einigen der aus dieser Periode erhaltenen wenigen Gemälde
vermögen wir sogar fast eine ähnliche Sympathie wie denen von
Elsheimer selber entgegenzubringen.
Bevor wir jedoch zur genaueren Betrachtung dieser frühen
Gemälde übergehen, haben wir kurz eine im Amsterdamer Rijks-
prentenkabinet befindliche Reihe von zwölf Kostümstichen zu erwähnen,
104 ,
deren erstes Blatt außer der auf die Darstellung bezüglichen Unter-
schrift „Habiti della Nobilta di Fiorenza" die Verleger und den
inventor nennt: I. Covens et C. Mortier Exe, P. Lasman inven.
Die anderen elf Blätter haben folgende Titel: 2. Milanesi, 3. Paesani
di Genoa, 4. II Corso, 5. Sardegni, 6. Ornamenti delli Contadini di
Sicilia, 7. Contadina di Lombardia, 8. Habiti delle Gentildonne
Venetiano, 9. Vestimento della Juventü Romana, 10. Donzella di
iVascati, 11. Nettunesa, 12. Napolitani.
Dargestellt sind auf jedem Blatt meist eine männliche und eine
weibliche Figur in der entsprechenden Tracht. Sie nehmen fast die
ganze Fläche der ca. 16,7X11,5 cm großen Blätter ein. Im Hinter-
grund ist dann meistens noch eine Landschaft von italienischem Charakter,
vielfach mit Ruinen, angedeutet. Die Zeichnung der Figuren ist, be-
sonders was die Extremitäten betrifft, nicht sehr geschickt und in
den Verhältnissen nicht immer gelungen. Jedenfalls haben die Blätter
keinen künstlerischen Wert und bieten für die Behandlung des Ent-
wicklungsganges unseres Malers kein wesentliches Moment, zumal
uns auch nicht die Vorzeichnungen selbst erhalten sind, sondern nur
die darauf beruhenden Stiche. Auch bleibt die Frage offen, ob die
Ausführung der Stiche von einem italienischen oder von einem nieder-
ländischen Stecher herrührt, und ob die Blätter vornehmlich für Italien
oder für Holland bestimmt waren. Die Technik der Stiche scheint mir
freilich auf Italien hinzuweisen ebenso wie auch die italienischen
Unterschriften. Höchstwahrscheinlich stammen die Vorzeichnungen
aber aus der Zeit des Aufenthaltes Pieter Lastmans in Italien.
Bei der Betrachtung dieses frühen, wesentlich durch Elsheimer
gebildeten Stiles von Lastman gehen wir von einer allerdings auch nur
noch in einem Stich von Nicolas Lastman erhaltenen, aber durch die
darauf befindliche Unterschrift und Jahreszahl als authentisches
Werk Pieter Lastmans aus dieser frühen Zeit gesicherten Komposition
Christus im Garten Gethsemane (71)*) aus. Das Blatt trägt in seinem
ersten Zustand die volle Namensunterschrift und die Jahreszahl:
„Petr. Lastman inven. Nicola Petri sculps. Ao 1608." Die Vorlage,
wahrscheinlich doch ein Gemälde, wurde also von Pieter Lastman
im Jahre 1608, vielleicht auch schon früher ausgeführt. In einer
Mondscheinlandschaft liegen im Vordergrund die drei Jünger, jeder
♦) Die eingeklammerten Nummern beziehen sich auf die Nrn. unseres Kataloges.
105
in einer charakteristischen Pose — allerdings ohne engeren kompo-
sitioneilen Zusammenhang. Sie lassen mit aller Deutlichkeit die dafür
gemachten Einzelstudien nach dem Modell erkennen. Den Mittelgrund
nimmt links die im Gebet kniende Christusfigur ein, vor der inmitten
einer Cherubimglorie zwei Engel mit den Marterwerkzeugen in Wolken
erscheinen. Rechts am Rande steht ein knori'iger Eichenstamm,
dessen Fuß von einem großblättrigen Kürbisgewächs, an dem auch
eine große bimenartige Erucht sichtbar ist, umrankt wird. Im dunkeln
Hintergrund sehen wir den von Judas geführten Zug der Kriegs-
knechte mit Lanzen und Fackeln sich heranbewegen. Dahinter erhebt
sich die Stadt und darüber steht der von "Wolken halb bedeckte
Vollmond. Die Gesichtstypen der Hauptfiguren weisen normale Züge
auf. Johannes liegt zuvorderst im tiefen Schlaf der Jugend. Das
von langen Locken umrahmte Haupt ist zurückgelehnt. Die Stirn
ist hoch, die Nase schlank und gerade, der Mund leicht geöffnet.
Gesicht und Haartracht haben viel Aehnlichkeit mit Christus, nur
trägt dieser noch einen Bart und erscheint dadurch etwas älter. Links
schläft Jakobus in sitzender Haltung, den Kopf nach links geneigt
und auf die Hand gestützt. Auch er ist jugendlich, hat kurzes
dunkles Haar und macht den Eindruck eines gutmütigen Menschen.
Rechts hinter Johannes sitzt Petrus, die Hände — die bei ihm wie
bei den anderen recht groß ausgefallen sind — über dem zwischen den
Knien lehnenden Schwert gefaltet. Sein Kopf ist besonders charak-
teristisch: hohe Stirn, scharf geschnitte Nase, etwas vorspringendes
Kinn und gestutzter Vollbart, der die Linie des Unterkiefers deutlich
wiederholt. Er hat eine Glatze, aber an den Seiten und am Hinter-
kopf noch Haare. Prägen wir uns dann noch einige Eigentümlich-
keiten in der Formation der Bäume ein, wie den rechts befindlichen
Eichenstamm und hinten die paar kahlen Zweige, an denen gleichsam
Fäden herabhängen (worauf allerdings nicht allzugroßes Gewicht
gelegt zu werden braucht), inmitten der sonst voll belaubten Bäume,
so dürften wir einige Anhaltspunkte haben, um die Hand des jungen
Lastman in anderen Arbeiten wiederzuerkennen.
"Wir müßten nun versuchen zu untersuchen, wie sich diese Dar-
stellung im Einzelnen zu den "Werken Elsheimers verhält. Da hätte
ein dasselbe Thema behandelndes Gemälde von Elsheimer beste
Dienste leisten können. Leider ist ein solches mit so vielen anderen
106
im Jahre 1864 beim Brande des Museums Boymans in Rotterdam zu
Grunde gegangen. Seine von Vosmaer*) gegebene Beschreibung läßt
aber vermuten, daß sich Lastman sehr eng an dies Bild angeschlossen
hat: „Dans l'enclos du jardin, oü Ton voit au loin de la bände armee
et eclairee par des torches, les trois disciples sont endormis dans des
attitudes tres-peu ideales, mais bien naturelles. L'un d'eux repose
sur son bras (das ist unser Jakobus), l'autre, les mains croisöes sur le
ventre, ronfle la tete renversee et la bouche beante, — mais comme
il dort! (das paßt auf den Johannes bei Lastman). Sur une eminence
derriere eux, dans une petite enceinte, Jesus est agenouille devant
l'ange qui lui apparait dans un nuage lumineux. C'est de lä qua
j'aillit la lumiere qui reluit chaude, brune, doree autour de l'ange,
illumine l'homme de douleur, et jette une bände de lumiere jaune-ocre,
avec des blancs jaunes, sur deux des dormeurs et sur le terrain."
Es macht nach dieser Beschreibung entschieden den Eindruck, als
bestünden nähere Beziehungen zwischen beiden Bildern. Leider ist
das aber alles, und auch das können wir nur vermuten.
Ebenfalls 1608 datiert, aber nur mit dem Monogramm ß signiert,
ist ein kleines Bild im Museum Boymans in Rotterdam. Daß sich
Pieter Lastman dieses Monogrammes ß zur Signierung bediente,
dies Bild in Rotterdam von seiner Hand ist, ergibt sich aus der
stilistischen Verwandtschaft mit der eben besprochenen Arbeit.
Vosmaer ist bei seiner Darstellung des künstlerischen Entwicklungs-
ganges Lastmans von diesem Bildchen mit der Flucht nach Ägypten (58)
ausgegangen. Ich glaubte an die erste Stelle lieber den mit vollem
Namen bezeichneten Stich nach Lastman setzen zu müssen, da wir
ohne weiteres ja nicht annehmen können, daß ß gleichbedeutend mit
Pieter Lastman ist.
Vergleichen wir die beiden Arbeiten, so finden wir, daß
dem Petrus des Stiches dasselbe Modell zugrunde liegt wie dem
Joseph des Rotterdamer Gemäldes. Beide haben das scharf ge-
schnittene Profil mit der hohen Stirn, der gebogenen Nase, dem vor-
stehenden Kinn mit dem kurzgestutzten Vollbart. Das spärliche
Kopfhaar umrahmt in gleicher Weise, wenn auch nicht ganz so
ordentlich gekämmt, eine beträchtliche Glatze. Den breitrandigen Stroh-
*) „Rembrandt .
Seite 66.
107
hut, der auf dem Stich neben Johannes liegt, hat sich hier Joseph
auf den Rücken gehängt, und des Johannes runde Reiseflasche dort
trägt hier Maria am Gürtel. In der Anbi'ingung und Behandlung
der Bäume, des Blattwerkes finden wir ebenfiills dieselben Merkmale.
Auch hier einen dicken Eichenstamm und -ast, dessen dunkle Zweige
vor den hellen Himmel gesetzt sind, um als wirksame Kulisse zu
dienen ; auch hier an einzelnen Asten die herabliängenden Fäden.
Indessen nimmt die Landschaft auf diesem Bild einen breiteren Raum
ein und zwar in sehr charakteristischer Weise. Schon Vosmaer wies
auf die fast genaue Übereinstimmung des von links nach rechts an-
steigenden und von dem Rundtempelchen von Tivoli bekrönten
Hügels mit dem Hügel auf einer Radierung Jan van Noordts aus
dem Jahre 1645 nach Lastman hin. In der Tat müssen die Land-
schaften hier wie dort auf die gleiche Naturstudie zurückgehen.
Unverkennbar sind auch die Anregungen zu dieser Art von Land-
schaftsauffassung. Sie geht auf Elsheimer zurück, der auch bezüglich
der Landschaftsmalerei großen Einfluß auf seine Landsleute ausübte.
In starkem Maße ist dieser Einfluß z. B. auch bei Paul Brill zu
konstatieren, dessen Stilwandlung in der Landschaftsauffassung um
diese Zeit durch Elsheimer zu erklären ist: „. . . er [Brül] studierte
seine Art, dann kopierte er sie und endlich, als Elsheimer schon
gestorben war, da hat er sie in seinen letzten Werken, wenn
auch nicht vollständig erreicht, so doch völlig verstanden".*)
Recht hübsch, und, wie wir sehen werden, von Lastman sehr beliebt,
ist der kleine Wasserfall rechts; charakteristisch, wie der Maler das
Schimmern des Wassers durch einzelne helle Striche ganz gut zum
Ausdruck bringt. Über der Landschaft liegt ein helles weißlichgelb-
grünes Licht, das stellenweise die Blätter einzelner Baumpartien
stärker beleuchtet und dem Maler Gelegenheit bietet, mit dem Spitz-
pinsel die einzelnen Blätter tapfenartig aufzusetzen und damit
Zeichnung wie Kolorit zu beleben. Auch darin ist er ein gelehriger
Schüler Elsheimers, ohne jedoch die Weichheit und den bisweilen
samtartigen Charakter von dessen ruliigen, stülen Wald- und Baum-
massen zu erreichen. Lastman ist dazu viel zu deutlich und auch
zu uneinheitlich, indem er meist durch ein Allzuviel an verschiedenen
*) Vergl. die Dissertation von Dr. Anton Mayer, Das Leben und die Werke
der Brüder Mattheus und Paul Brill, Halle a. S. 1907, Seite 37 fr.
108
Baumarten oder ruinösen Mauer- und Felsmassen den geschlossenen
Eindruck verdirbt. Glücklicher ist er noch bei den Figuren, denen
©in großer Teil an der idyllisch-friedlichen Wirkung dieses Bildes
zuzurechnen ist. Sie sind einfach empfunden, als wandernde Familie
in anmutiger Landschaft. Sie haben das Nötigste zur Reise mit-
genommen; Joseph sein bischen Zimmermannshandwerkszeug, mit dem
er auch in der Fremde für den Unterhalt von Weib und Kind sorgen
wird. Zuversichtlich, wenn auch ernst, führt er in stiller Betrachtung
das Maultier, auf dem die heilige Mutter sitzt und das Kind zärtlich
an die Brust drückt. Mit inniger Liebe und mütterlichem Stolz
richtet sie ihre Augen auf den blonden Knaben, der seine beiden
Armchen nach ihr ausstreckt. Im Typus erinnert Maria fast an die
regelmäßigen Gesichter einiger Madonnen Raffaels (z. B. die Madonna
im Grünen in Wien); der Ausdruck ist natürlich und einfach. Stören
könnten nur die zu groß gezeichneten Hände; auch die graziös be-
absichtigte Bewegung der Linken, die den Zügel faßt, paßt nicht
ganz in den Rahmen. Endlich ist noch zu bemerken, daß die Gesichts-
farbe der Maria ziemlich stark weißlich ist, während Gesicht, Hände
und Füße bei Joseph in einem stark rotbraunen Farbenton gehalten
sind. Die Farbe selbst ist überall sehr dick, in dem tiefschwarzen
Mantel der Maria, sowie in der linken Baumkulisse sogar fett auf-
getragen. Der deutlich pyramidale Aufbau der Figurengruppe ist
sicher beabsichtigt und aus dem Studium Raffaels zu erklären.
Die Signatur des Bildes ist ein aus P und L gebildetes Monogramm
mit einem m auf dem horizontalen Strich des L. Die früheren Kataloge
haben bei der Wiedergabe der Bezeichnung dies m weggelassen. So-
wohl in den Verzeichnissen von 1867 und 1883 ist nur zu lesen: ß 1608,
ebenso bei Kramm, der das Bild ehemals besaß und in seinem Werk
„Levens en Werken van Ned. Kunstenaars", 1859, beschreibt. Vosmaer
gibt das Monogramm irrtümlich mit ßas. an. Der Zusatz des M
(als Anfangsbuchstabe der zweiten Sübe seines Namens) zu dem zu-
sammengezogenen ß findet sich auf keinem andern der mir bekannten
Gemälde wieder.
Das zweite mit dem Monogramm versehene und ebenfalls 1608
datierte Werk Lastmans, eine Taufe des Mohrenkämmerers durch
Philippus (84) befindet sich im Kaiser Friedrich - Museum in Berlin.
Das Bild ist aus den königl. Schlössern, wo es zu Brulliots Zeit (1832)
109
noch war, in die Galerie gekommen. BruUiot erkannte es aber noch nicht
als Arbeit von Lastman und hielt es für das „wenig verdienstvolle Werk
eines vlämischen Meisters", indem er noch bemerkte, daß es einem
van Laer zugeschrieben werde. Indessen könne es nicht von Pieter
van Laer sein, da dieser erst um 1613 [?] geboren sei*). Merk-
würdig ist, daß Brulliot nicht auf Lastman kam, mit dem er ein
anderes ß bezeichnetes Bild der Berliner Galerie zusammenbringen
wollte, das mit diesem jedoch gar nichts zu tun hat: das heute als
Pieter Vereist katalogisierte Bild Nr. 875 des Kataloges von 1906.
Daß die Taufe des Kämmerers von Lastman gemalt ist, wurde
seitdem längst festgestellt. Ein Blick auf das Bild läßt uns, nach-
dem wir die beiden vorigen Werke betrachtet haben, auch sofort in
der charakteristischen Landschaft, wie auch in der Figur des Philippus,
Lastmans Hand erkennen. Aber wo ist die hübsche Natürlichkeit
geblieben, die einfache Farbengebung, die wir auf dem Eotterdamer
Bild aus demselben Jahre fanden? Das wenig günstige Urteil
BruUiots über das Bild bleibt zu Recht bestehen. Kalte, harte und
unangenehme Farbigkeit sehen wir hier vor uns. Und statt natür-
licher Bewegungen finden wir gesuchte und leere Statistengesten.
Der Flucht nach Ägypten am nächsten kommt noch die Land-
schaft. Sie nimmt hier einen noch größeren Raum ein, beruht aber
auf der gleichen Naturstudie und berührt sich noch enger mit der
Landschaft auf der bereits erwähnten Radierung von Jan van Noordt.
Von links nach rechts oben ansteigend erhebt sich ein reich mit den
verschiedenartigsten Bäumen bestandenes und von der Tempelruine
von Tivoli gekröntes Gebirge. Große kahle Felsmassen wechseln ab
mit Gehölz und bilden tiefe Schluchten, durch deren eine — über
die eine hohe zweibogige Brücke führt — ein Wasserfall in jähem
Sturze herunterschießt, um dann im Vordergrund den für die Tauf-
szene erforderlichen Bach zu bilden. Die zeichnerische und malerische
Wiedergabe von Bäumen, Felsen und Wasser ist unverändert ge-
blieben; nur wirkt alles viel nüchterner und trockener.
Ist nun auch ein sehr großes Gewicht auf die Landschaft gelegt,
so will Lastman die Figuren doch nicht zu bloßer Staffage werden lassen.
Er bringt die beiden Hauptpersonen mit breiter Deutlichkeit in den
Vordergrund. Der im Wasser stehende Mohrenkämmerer ist sehr
*) F. Brulliot, Dictionnaire des monogrammes . . ., München 1832.
110
gläubig und des feierlichen Augenblickes sich voll bewußt. Das sollen
die auf der Brust gefalteten plumpen Hände und die gebeugte
Stellung ausdrücken. Philippus hat demgegenüber dem Beschauer
die vornehme Größe des bejahrten Apostels vor Augen zu führen.
Die Stellungen wirken aber nur posenhaft. — Im Mittel- und Hinter-
grund sieht das Gefolge, zum Teil kniend, der feierlichen Zeremonie
zu. Selbst der Hund ganz rechts scheint an dem Vorgang teilzu-
nehmen; er ist, wenn auch nicht ergriffen, so doch einigermaßen
erstaunt. Die Pferde sind sehr schlecht gezeichnet. Offenbar ohne
Studien nach der Natur. Das vom Wagen sichtbare Stück macht
den Eindruck, als sei es aus Stein, während es doch bloß die kunst-
volle Nachbildung einer Barockvolute sein soll.
Den etwas ernüchternden Eindruck dieses Bildes verwischt
ein anderes Gemälde: die kleine Tafel mit der Ruhe auf der Flucht (59)
in der Universitätssammlung in Göttingen (von der Berliner Galerie
leihweise an diese Sammlung abgegeben). Es ist mit dem Monogramm
bezeichnet, aber nicht datiert. Gleichwohl wird seine Entstehung
sicherlich in der Zeit um 1608, vielleicht sogar noch früher als die
der beiden besprochenen Arbeiten anzusetzen sein. Hier ist auf die
Landschaft fast das Hauptgewicht gelegt. Abgesehen davon, daß
sie einen großen Raum einnimmt, ist sie sorgfältig und fein ausge-
führt; im Charakter im großen und ganzen übereinstimmend mit der
Landschaft jener beiden erstbesprochenen Bilder, nur fehlt der
Sibyllentempel. Ferner ist die rechte Seite wie auf einer Bühne in
kulissenartigeri Abständen hell, dunkel, hell, dunkel und wieder hell
beleuchtet. Die linke Seite dagegen zeigt den auf dem Rotterdamer
Gemälde oben ins Bild hereinragenden Ast, aber dazu ist auch der
Baumstamm in großer Ausführlichkeit hinzugefügt. Im Schatten
dieses Baumes sitzt ausruhend die heilige Familie. Ein ähnliches
bescheiden naives Idyll, wie das der auf der Flucht begriffenen heiligen
Familie auf dem Bild im Museum Boymans. Links am Boden liegt ein
kleines Stilleben, bestehend aus dem wenigen Gepäck: Korb und
Handwerkszeug, ein Hut und ein blaugemusterter Fayencekrug. Die
Maria mit dem Kind erinnert etwas an diejenige auf dem kleinen
Altärchen von Elsheimer im Kaiser Friedrich-Museum. Die Mutter
Gottes sitzt fast ebenso wie hier. Sie neigt den Kopf, der auch im
Typus dem Lastmanschen dieses Bildes verwandt ist, nach rechts.
111
Die Haare sind zur Seite gekämmt. Hohe Augenbrauen hier wie
dort, desgleichen große Lider. Besonders ähnlich aber ist die Lage
des rechten Armes und der rechten Hand, sowie die Anordnung des
Mantels über dem Gewand. Er fällt von der rechten Schulter herab
und läßt den Arm sichtbar werden. In gleicher Weise ist er so über
den Schoß gelegt, daß unter dem linken Knie das Untergewand zum
Vorschein kommt. Der Joseph weicht dagegen im Typus etwas ab
durch die Locke über der Stirn und den eher nach innen eingebogenen
Nasenrücken; doch liegt die Veränderung wohl auch zum großen
Teil mit in der direkten Face-Ansicht des Kopfes begründet. Als
Modell für Joseph kann wohl noch derselbe alte Mann wie vorher
angenommen werden. Der kühle blaugrüne Ton und die sepiabraunen
Schatten, die im Bilde vorherrschen, dazu die weißgelblichen Lichter,
berühren sich mehr mit dem Berliner BUd von 1608 als mit dem in
Rotterdam befindlichen; doch mag an der wärmeren Haltung des
letzteren auch der Firnis etwas Schuld haben. „Le sentiment de ces
Oeuvres a le charme de la tendresse et du naturel; jamais Lastman
n'a si bien reussi." Diesem Urteil Vosmaers können wir uns nur
anschließen.
Das nächstfolgende Datum auf einem Bilde führt uns in das
herzogliche Museum in Braunschweig, wo sich im Ganzen drei, in
einem kleinen Seitenkabinett aufgehängte Gemälde von Lastman
befinden. Zwei derselben sind signiert und datiert (1609 und 1618),
das dritte ist jedoch ohne Bezeichnung oder Datierung.
Das Zusammensein dieser drei verschiedenartigen Bilder und die
bequeme Vergleich ungsmöglichkeit reizten immer zu einem Versuch einer
genaueren chronologischen Einordnung des nicht signierten Bethlehemi-
tischen Kindermordes (60), der für Lastman zunächst etwas ungewöhnlich
erscheint. E. Michel ist hierbei sogar so weit gegangen, das Bild,
dessen Zuschreibung an Lastman auf alter Tradition beruht, unserem
Maler ganz abzusprechen*), woran er auch später noch festzuhalten
schien. Denn in dem Exkurs über den Lehrer Rembrandts in seinem
bekannten Rembrandtwerk tut er dieses Bildes keiner Erwähnung.
Sein absprechendes UrteU stützt sich lediglich auf die Vergleichung
mit den beiden anderen Gemälden in der Braunschweiger Galerie,
Odysseus und Nausikaa von 1609 und David im Tempel Harfe
*) Revue des deux Mondes, 1879, Seite 586.
112
spielend von 1G18. Nach einer Besprechung an der zitierten Stelle
fährt er fort: „Placoe entre les deux tableaux que nous venons de
citer, pouvant par consequent se proter ä une comparaison directe,
cette peinture n'offre avec eux aucune analogie ni de facture ni de
couleur et c'est evidemment pas de la meme main; ou bien les trans-
formations do l'artiste, deja assez surprenantes, seraient faites pour
confondre l'imagination." Die letzte Bemerkung scheint mir etwas
übertrieben; die erstere entbehrt aber des Beweises. Daraus, daß von
nur drei Bildern eines nicht ganz zu den beiden anderen zu passen
scheint, ist noch nicht der Schluß gestattet, daß es nicht von dem-
selben Meister sei. Wenn wir indessen genauere Vergleiche zwischen
jenen drei Gemälden anstellen, so werden wir ganz entschieden für
die Autorschaft Lastmans eintreten müssen. Es sind sehr wohl
Uebereinstimmungen vorhanden, wenn auch im Allgemeinen der Beth-
lehemitische Kindermord von den beiden anderen Braunschweiger
Gemälden abweicht. Aber wir dürfen bei der Frage,ob echt oder unecht,
die übrigen, nicht in Braunschweig befindlichen Bilder von Lastman
nicht außer acht lassen. Indessen läßt sich bei dem in Frage stehen-
den Werk auch schon aus dem Vergleich mit dem OdysseusbUd in
Braunschweig allein soviel spezifisch „Lastmanisches" in dem Beth-
lehemitischen Kindermord feststellen, daß es weiterer Uebereinstimmun-
gen mit den übrigen Werken kaum mehr bedarf. Etwas äußerliches
z. B.: die auf der linken Seite am Boden kniende Mutter, welche
zu dem rechts neben ihr stehenden Knecht, der eben zum tödlichen
Streich auf ihr Knäblein ausholt, angsterfüllt aufsieht, trägt denselben
weißen, mit grünen Streifen verzierten Turban wie die in der Mitte
des Odysseusbildes weglaufende Dienerin. Bei genauerem Hinsehen
wird man auch erkennen, daß es sich nicht nur um dieselbe Kopf-
bedeckung handelt, sondern überhaupt um das gleiche Modell. Noch
ein anderer Kopf auf dem Odysseusbild hat außerordentliche Ver-
wandtschaft mit einem auf dem Kindermord. Dort nämlich die
über den Korb gebeugte und ängstlich nach links etwas in die Höhe
blickende Begleiterin (mit dem Federschmuck über der Stirn)*), hier
der über dem oben erwähnten Schergen sichtbare Kopf einer Mutter.
Nicht nur Haltung und Blick stimmen überein, sondern auch die Form des
*) Dieser Kopf ist auch verwandt mit dem einer Frau auf einer Feder-
zeichnung unseres Malers.
8 113
Gesichtsovales. In anderen Köpfen erkennen wir die nämlichen Personen
anderer Büder wieder. So hat der Alte mit dem Vollbart rechts vorn sehr
viel Ähnlichkeit mit dem Joseph auf der Göttinger Muhe auf der Flucht,
während die Frau mit dem Kind im Arm ganz links im Mittelgrund deutlich
die Erinnerung an die Mutter Gottes auf der Flucht nacht Äegypten
im Museum Boymans in Rotterdam wachruft. Und dem schon er-
wähnten Kriegsknecht mit dem hübschen charakteristischen Kopf
werden wir in dem Baßgeigenspieler auf dem David-Büd in Braun-
schweig wiederbegegnen (um nur eins von den Gemälden herauszu-
greifen, auf denen er vorkommt). Das sind Einzelheiten, Kleinigkeiten,
denen man einiges Vertrauen entgegenbringen darf. Ein Blick auf
die Hände tut ein übriges : nur Lastman kann diese groben, viereckigen
Gebilde gezeichnet haben. Wenn wir dann ferner die Landschaft,
die Behandlung der Bäume und Blätter prüfen, so finden wir hier
wie da das gleiche Abwechseln von dunkeln mit hellen Baumgruppen,
die kulissenartig hintereinander angeordnet sind, weiter an einzelnen
belaubten Bäumen auf einmal ein paar verdorrte Aste, an denen nur
einige Fäden herunterhängen. Schließlich sei noch des Hundes Er-
wähnung getan, den wir ganz ähnlich auf der Taufe des Kämmerers
in Berlin gesehen haben, wie denn auch die Rasse der dort vor-
kommenden Pferde ihre Heimat auch nicht allzuweit entfernt hat
von derjenigen der Rosse, auf denen die Bevollmächtigten des Königs
Herodes herangeritten kommen. Zweifel an der Urheberschaft Lastmans
können ausgeschaltet werden. E. Michel ist übrigens auch der
einzige, der an der altüberlieferten Zuschreibung an Lastman Anstoß
genommen hat.
Eine zweite Frage ist für uns nun die nach der zeitlichen Ein-
ordnung dieses Bethlehemitischen Kindermordes in das „Werk"
Lastmans. Vosmaer meint, es repräsentiere eine spätere Periode als
das 1609 datierte Odysseusbild in Braunschweig: weil es entschieden
einen angenehmeren Eindruck mache als jenes daneben an der Seiten-
wand hängende ziemlich derbe Gemälde. Auch er berücksichtigt bei
seinem Datierungsversuch nur diese drei Braunschweiger Bilder.
Aber auch davon abgesehen geht es nicht an, allein aus der besseren
Qualität eines Bildes in jedem Falle auf eine spätere Entstehungszeit
zu schließen. Das Gegenteil trifft gerade bei Meistern zweiten und
dritten. Ranges nur zu oft zu. Dieser ganz allgemeine Gesichtspunkt
114
allein könnte also schon eher für eine frühere Datierung des Bildes
sprechen, stünde es nicht dem 1608 datierten Rotterdamer, sowie dem
Göttinger Bilde sehr nahe, viel näher als dem 1609 datierten Odysseus-
gemälde. Indessen sind zum Beweise noch einige tatsächliche Belege
heranzuziehen. Abgesehen von den bereits angeführten Berührungs-
punkten mit den 1608 und um dies Jahr herum entstandenen Ge-
mälden ist noch auf die überaus sorgfältige Ausführung der einen
großen Teil dos Bildes einnehmenden Landschaft hinzuweisen. Auf
die liebevolle, fast kleinliche Ausarbeitung der einzelnen Baumblätter,
der Turmruine (die an ähnliches bei Savery denken läßt), auch der
Beleuchtung, die den Vordergrund etwas in den Schatten rückt, um
desto helleres Licht auf die Landschaft auszubreiten. Der Maler
macht sie absichtlich zu einem wesentlichen Bestandteil des Bildes
und gibt sich bei ihrer Darstellung viel Mühe, um auch so die Auf-
merksamkeit des Beschauers für sie wachzurufen. (Später verwendet
er nur noch selten solchen Fleiß auf die Landschaft; sie tritt da
meist sehr hinter dem Figürlichen zurück). Wir gehen wohl gewiß
nicht fehl, wenn wir in der stärkeren Betonung des Landschaftlichen
noch die direkte Nachwirkung des Elsheimerschen Einflusses erkennen.
Denn die Landschaft bildete der deutsche Meister im Laufe seiner
künstlerischen Entwicklung immer mehr aus, ihr gab er, je älter er
wurde, immer größere Feinheit und Selbständigkeit; ihr zuliebe werden
die Figuren später nur Staffage, nachdem sie in seiner frühen
Schaffensperiode an erster Stelle gestanden hatten. Wollen wir
Figürliches bei Elsheimer und Lastman vergleichen, so müssen wir
uns an die frühen vielfigurigen Werke Elsheimers halten, etwa an
den Brand von Troja in München, wo z. B. aucli so eine landsknecht-
ähnliche männliche Figur mit Federbarett links herankommt, wie
wir sie hier auf Lastmans Bethlehemitischem Kindermord wieder-
finden. Auch Vosmaer machte schon darauf aufmerksam, daß der
„Herodes zu Pferd" sehr stark an eine Figur Elsheimers auf einem
Stich von Soutman*) erinnere. Wir sehen allenthalben engen Anschluß
*) „Rembrandl", Seite 72. Die (gegenseitige) Vorzeichnung zu diesem Stich,
der sog. „Groütürke zu Pferd mit Gefolge", befindet sich im Britischen Museum in
London, katalogisiert als Soutman. Sie ist wohl von Rubens nach Elsheimer; der
Stich trägt auf dem einen Etat die Unterschrift P. P. Ruh. pinxil, auf dem andern
Adam Elzheimer invenit.
8* 115
an Elsheimer, und zwar an dessen frühere Werke, sodaß wir auch
auf diesem Wege eher an ein frühes Bild Lastmans denken müssen.
Demnach möchte ich die Entstehungszeit dieses Bethlemitischen Kinder-
mordes um 1608/09, eher noch etwas früher ansetzen.
Ob man es in die „erste Zeit von Lastmans römischem Aufenthalt"
verweisen darf, wie Hermann Riegel*) meint, wage ich so ohne weiteres
nicht zu entscheiden. Ich glaube eigentlich doch eher, daß es auf
holländischem Boden, nach der Rückkehr aus Italien gemalt wurde.
Die von Riegel beigebrachten Argumente für die ganz frühzeitige
Entstehung: „die malerische Behandlung, namentlich die an einigen
Stellen angebrachten Halbschatten, welche aus der Schule des Cornelis
van Haarlem herstammen, und das Braun im Vordergrunde, welches
der vlämischen Schule entlehnt ist", sind doch nicht unbedingt be-
weiskräftig, stehen übrigens einer späteren Ansetzung — kurz nach
der Heimkehr aus Rom — nicht entgegen. Denn gerade in Holland
beginnt sehr bald der Einfluß von Cornelis van Haarlem sowohl wie
von vlämischer Seit« bei Lastman fühlbar zu werden und die
spezifisch Elsheimerischen Elemente im Stile Lastmans etwas zu ver-
drängen. Lastman fängt an sich nach und nach als selbständiger Künstler
zu fühlen. Und indem er seiner besonderen Neigung nachgeht, in
der er es später auch zu einem „ganz persönlichen Stil" bringt,
fühlt er sich auch wieder zu den Meistern hingezogen, von denen er
einst die ersten Lehren empfing. Vor allem ist es Cornelis van
Haarlem, der in Holland wieder auf ihn einwirkt, sowohl was die
Malweise, wie die Auffassung, ja auch etwas die Wahl der Vorwürfe
betrifft; durch ihn wird er auch wieder mehr und mehr auf die
Antike und die großen Italiener hingelenkt. Nur sieht er sie nun-
mehr immer weniger vom Standpunkt Elsheimers an, als wie von
dem der Haarlemer akademischen Meister.
In dem Bilde Odysseus und Nausikaa (100) in Braunschweig können
wir diesen holländischen Einfluß bereits wahrnehmen. Dies Bild
weicht von den bisher betrachteten Frühwerken nicht unbeträchtlich
ab. Von dem tieferen Nachhall Elsheimerischer Naivität und Stimmung,
den wir in den ersten kleinen Büdern noch spüren konnten, ist hier
— in den Figuren wenigstens — so gut wie keine Spur mehr
vorhanden.
*) „Beiträge", Bd. II, Seite 205.
116
Etwa zwei Jahre Aufenthalt im Mutterlande, zwei Jahre in
einem Kreise von Malern mit ganz anderen Intentionen genügten,
um den in Lastman solange noch durch Elsheimer zurückgedämmten
Geschmack an der gespreizten Phrerse neu zu beleben. Gewiß, es ist
nicht zu leugnen, daß auch in Elsheimers frühen Bildern noch wenig
von der später zu Tage tretenden einfachen Stimmung, die weniger
von seinen Figuren als vielmehr von seinen Landschaften ausgeht,
zu finden. Auch feinen EigurendarsteUungen merkt man stark die
Modollpose an, es fehlte auch ihm zunächst der Blick für abgerundete
Geschlossenheit figürlicher Kompositionen und die Unterordnung des
Einzelnen unter das Ganze. Aber es stand dahinter doch ein Künstler,
der, ein Fremdling in Rom, der italienischen Luft und der romanischen
Ausdrucksweise zuerst noch ungewohnt, sich aber dennoch auch in
der künstlerischen Landessprache auszudrücken versuchte, ohne natür-
lich gleich den Akzent des Ausländers abstreifen zu können. Je
länger Elsheimer aber in Rom weilte, um so deutlicher erkannte er
das Gebiet, auf dem er sich natürlich, seiner persönlichen Eigenart
entsprechend, gut verständlich machen konnte; und seine Kunst
wurde so zwar weniger italienisch, aber immer persönlicher, klarer
und reiner.
In Lastman dagegen verlangte nicht in erster Linie das, was
wir eine bestimmte künstlerische Grundstimmung nennen, nach Aus-
druck. Er wollte zunächst wohl nur ein berühmter Maler werden,
und es lag auf der Hand, daß er zur Erreichung dieses Zweckes den
Weg einschlug, auf dem er andere zum gleichen Ziel hatte gelangen
sehen. Was dem holländischen Publikum, dem „gebildeten", um
diese Zeit gefiel, war leicht herauszufinden. Diese Gebildeten brauchten
weniger künstlerische feine Stimmung, da sie sich an ihrer eigenen
„Bildung" und „Geistreichigkeit" schadlos hielten. Selbst nicht
natürlich in ihrem künstlerischen Empfinden, durften es die Kunst-
werke, die ihnen zusagen sollten, auch nicht sein. Dabei hatten sie
vor Italien einen nicht geringen Respekt.
Noch ein anderer Umstand wird hierbei für den Stil Lastmans
mitbestimmend gewesen sein, nämlich der, daß das künstlerische
Kolorit Amsterdams zu der Zeit, als Lastman aas Italien zurück-
gekehrt war, durch eine große Anzahl von aus Antwerpen her ein-
gewanderten vlämischen Meistern eine ganz besondere Note aufwies.
117
Das waren zwar auch Künstler, die vorher fast alle in Italien studiert
hatten, aber die "Wirkung der italienischen Kunst und der Antike
mußte auf sie, die von Natur lebhafteren Südniederländer, ganz anders
gewesen sein, als auf ihre ruhigen, schwerfälligeren nördlichen Stammes-
genossen. Die große Zahl der damals in Amsterdam ansässigen und
tätigen vlämischen Maler ersehen wir nirgends besser als aus der
Liste der auf der Nachlaßversteigerung des Gillis van Coninxloo im
Jahre 1607 als Käufer auftretenden Künstler. Es lohnt der Mühe
wohl, ihre Namen hier aufzuzählen. Wir finden da von Malern
Barend van Someren mit seinem Schüler Daniel van den Bremden
(Kupferstecher), Pieter Pietersz mit seinem Schüler Wijnand Pietersz.
Die Maler Christiaen und David Colyns, Adriaen van Nieuland,
Frans de Caersgieter, Hans van de Velde; Francjois Badens mit
seinem Schüler Philips Lysaert, Gerrit Bock (oder Bück) aus Brüssel,
David Vinckeboons mit seinen Schülern Jacob Quina und Jacques
van der Weyden, Pieter Stalpaert, Dirk Pietersz mit Pieter Jans
Snoeck, Jan und Guilliam Basse, Hans und Pieter Bol, Joost Goemare
und sein Schwager Jacob Savery, Cornelis Ketel mit seinen Schülern
Gillis Smissaert, Pieter Geelkerken und David Dircksz, femer Frans
Pietersz de Grebber aus Haarlem, Com. van der Voort mit Pieter
Luycx, Paul Vredeman de Vries, Gerrit Appelman und Hendrik Stock,
Isaak Castelyn, Pieter Isaaks mit seinen Schülern Jan Claesz., Huyg
Pieters, Job Pauwels, Fran^ois Venant und Avercamp. Von vielen
dieser Meister kennen wir allerdings keine Werke mehr. Aber auch
schon diejenigen, deren Kunst uns deutlich vor Augen steht, genügen,
um zu zeigen, daß Lastman sich hier in der Heimat auch wieder
einer stark ausgeprägten, aber nicht national -holländischen
Kunstrichtung gegenübergestellt sah; sie konnte nicht ohne Einfluß
auf den immerhin noch in der Entwicklung begriffenen Maler sein.
Wir sehen also, wie die Verschiedenartigkeit der seinen Stil mitbe-
stimmenden Faktoren wächst. Es wird auf diese Weise auch immer
schwieriger, im einzelnen jeden dieser Einflüsse herauszusondern und
in der Intensität seiner Nachwirkung abzuschätzen.
In dem Braunschweiger Odysseus finden wir zunächst wieder
eine Annäherung an Cornelis van Haarlem. Am deutlichsten wohl
in der Figur des Odysseus selber. Man sieht an ihm klar, wie sehr
es Lastman um den schönen Akt zu tun war, den man wohl in
118
/ergleich zu dem ebenfalls in Braunschweig befindlichen Bild des
Cornelis van Haarlem Venus und Adonis*) bringen darf. Der Adonis
dieses Bildes und der Odysseus Lastmans sind Verwandte. Beide
haben die Starrheit der exakten Modellstudie gemeinsam, beide ähn-
liche hölzern wirkende Arm- und Beinbewegungen, beide auch die
gleichartige, zeichnerische sowohl wie malerische Behandlung. Erstere
mag im allgemeinen korrekt, wenn auch etwas zu abgerundet sein,
wo die Natur in Wirklichkeit eckiger ist. Ein Fehler, der z. B. dem
zeichnenden Dilettanten häufig passiert, den der „Akademiker" aber
mit Bewußtsein begeht. Die Schatten sind flau und trocken in ihrer
bräunlichen Färbung. Auch sie runden und verweichlichen die Form
zu sehr. Die paar Halbschatten, die sich gelegentlich finden, ver-
mögen nicht den unangenehmen unfesten Charakter der doch ganz
zeichnerisch-plastisch aufgefaßten Figuren zu beheben und ihnen
malerische Reize zu geben. Das lehren vielleicht noch deutlicher
die Falten der Gewänder. Sie sind, wie immer anerkennend
hervorgehoben wurde, „schön drapiert" — aber sie haben eben
dadurch an Natürlichkeit eingebüßt. Betrachten wir z. B. den
Faltenwurf im Rock der Nausikaa. Die Querbrechung am linken
Knie. Überall macht sich das Absichtliche und Gesuchte breit,
ohne daß man gerade die innere Berechtigung des großen
Aufwandes einzusehen vermag. "Was die Art der Kostüme der
Frauen betrifft, so denken wir etwa an solche auf vlämischen
Bildern von Hendrik van Baien oder beispielsweise an die Kostüme
auf einem dem älteren D. Teniers zugeschriebenen Bilde Pan, NympJien
und Satyrn im Hofmuseum in Wien, wo die Brüste in ähnlicher Weise
völlig entblößt sind und das leichte Gewand durch ein über die
Schulter gelegtes Band gehalten wird. Wenn auch nicht anzunehmen
ist, daß Lastman direkt von ihnen die Vorbilder für seine Kostüme
nahm, so ist doch immerhin die Tatsache zu konstatieren, daß sich
*) Ein zweites Exemplar in der Galerie Nostitz in Prag. Dies Bild ist mit dem
Monogramm signiert und war nach dem Inventar vom Jahre 1819 auch noch 1605
datiert. Nach Riegel, „Beiträge", Bd. II, Seite 159, ist es nur eine alte Kopie von
unbekannter Hand des Originals in Braunschweig, während die Direktion der Nostitz'schen
Galerie es für ein sicheres Original hält. Die Echtheitsfrage der beiden Bilder kamt
hier nicht erörtert werden. Von VVurzbach erwähnt auch eine bezeiclmete und 1603
datierte Wiederholung in Stockholm.
119
sein Geschmack hierin mit dem jener Vlamen eng berührt.*) Daneben
finden wir zum ersten Mal bei Lastman auf diesem Bild ein größeres
Stillebenarrangement aus Silber- und Goldgeschirr, wozu die Erzählung
den äußeren Anlaß gab. Mit großer Ausführlichkeit hat er diese
fürstliche Picknicktafel gemalt. Ueber einzelne Figuren haben wir
schon beiläufig gesprochen. Sie äußern alle ihren Schrecken über
die Erscheinung des nackten Odysseus in übertriebener Gestensprache
und dabei doch in genau abgewogenen Bewegungen und Stellungen,
die noch dazu nach italienischen Kompositionsregeln in gegenseitige
(äußerliche) Beziehung gebracht sind. Links der kniende Odysseus,
Rechts als Pendant dazu im Kontrapost eine Dienerin. Der gleiche
Kunstgriff ist wiederholt bei Nausikaa und der Dienerin mit dem
Turban; deren Handbewegungen korrespondieren mit denen der
knienden rechts, während die Gesten der Königstochter mehr denen
des Odysseus entsprechen. Das beste am ganzen Bild bleibt auch
hier die Landschaft, weil sie auf den unter Elsheimers Einfluß ent-
standenen Naturstudien beruht. "Wir finden die bekannten großen
Eichenstämme, aber auch die feinblätterigen Bäume wieder, deren
Laub durch feine Tupfen ganz reizvoll wiedergegeben wird. Von
abgestorbenen Ästen hängen noch ebenso die Fäden herunter wie in
seinen anderen "Wäldern, die gleichen Felsen und "Wasserfälle wie
dort beleben hier die "Waldesgegend. Ziegen suchen ihre Nahrung
am Felsgestade, an dem das Meer brandet. Und am äußersten
Felsenvorsprung erhebt sich eine runde Turmruine zum grau bewölkten
Himmel. Das Kolorit des Bildes ist bunt und kühl. Bei männlichen
Figuren gibt Lastman dem Fleisch einen rötlichbraunen Ton, während
er den zarten Teint der Frauen als solchen durch einen weißlichen
weniger schön als deutlich charakterisiert. Er schloß sich hierin an
die allgemein übliche Gepflogenheit an.
In eine andere "Welt versetzt uns das 1611 datierte Bildchen im
Besitze von Herrn Baron Leon Janssen in Brüssel. Ein alter Einsiedler (94)
sitzt in schlichtem Mönchsgewand in einer Felsengrotte und liest, das
*) Von Herrn Dr. 0. Fischel wurde gelegentlich die Frage aufgeworfen, ob
vielleicht Zusammenhänge mit dem italienischen Theater bestehen könnten. Insofern
als auch der ältere Teniers gleiche Kostüme hat, der ja auch um die Wende des
Jahrhunderts in Italien war, scheint eine solche Möglichkeit nicht ausgeschlossen.
Ich muß aber vorläufig von einer derartigen Untersuchung Abstand nehmen.
120
Haupt auf die Hand gestützt, in einem großen Buche. So tief ist er
in die fromme Lektüre versunken, daß er der für Lastman wirk-
lich hübschen Landschaft mit den gerundeten Baummassen und dem
lustig plätschernden Wald bächl ein im Hintergrund nicht achtet.
Gewiß, das Bild vormag uns nicht in besondere Stimmung zu
versetzen; dafür sind der Vordergrund, die Zeichnung und das Kolorit
des Alten viel zu trocken und kühl. Die Gesichtszüge, das Auge des
frommen Asketen vermögen uns auch nicht innerUch näher zu be-
rühren. Wir verstehen höchstens, daß sich aus solch' einem Motiv
eine Menge herausholen ließe an künstlerischen Stimmungswerten.
Bisher haben wir nur solche Gemälde betrachtet, auf denen die
Figuren den wesentlichen Bestandteil ausmachen. Reine Land-
schaftsbilder — mit zurücktretender kleiner Figurenstaffage — ,
wie solche von Lastman in einigen alten Versteigerungskatalogen er-
wähnt werden, kommen in dem mir bekannt gewordenen noch er-
haltenen Gemäldebestand nicht mehr vor. Man darf vielleicht, auch
ohne sehr fehlzugehen, annehmen, daß derartige Bilder von unserem
Maler nur in geringer Anzahl gemalt worden sind. Denn die Zahl
dieser nur als Landschaft erwähnten Gemälde ist sehr gering im
Verhältnis zu den Figurendarstellungen, den Historienbildern. Wie er
als Landschafter arbeitete, davon können wir uns — abgesehen von
den eben behandelten Gemälden — nur aus zwei graphischen Blättern
eine deutlichere Vorstellung machen. Die beiden Radierungen, um
die es sich handelt, sind nicht datiert, werden aber schwerlich einer
späteren Zeit angehören — das heißt die Vorlagen dafür — und sind
wohl am besten an dieser Stelle zu besprechen, da man sie als
„Elsheimerisch" zur ersten Periode Lastmans zu rechnen hat. Es sind
zwei im Original verschollene Landschaften, deren eine in einer
Radierung von S. Frisius, die andere in einer von J. van Noordt er-
halten ist. Die Radierung von Simon Frisius*), die als „inventor"
Lastman nennt, führt uns in ganz kleinen Staffagefiguren eine Szene
aus der Tobiasgeschichte vor: der junge Tobias und der Eitgd (40)
nebst dem Hund ziehen ihres Weges, der sie durch eine schön
komponierte, wirkungsvolle Gebirgslandschaft führt. Die ganze linke
Seite nimmt ein Fluß ein, der zahlreiche Wasserfälle bildet und im
*) üeb. angeblich um 1580 in Leeuwarden oder Harlingen, gest. vor 1628 im
Haag, wo er 1614 und später lebte.
121
Hintergrund von einem holxen, von einer italienischen Stadt bekrönten
Felsenberg herunter kommt. "Wir finden hier allenthalben bekannte
Motive neben gleicher technischer Behandlung (soweit das nach der
Radierung zu erkennen ist). Das rasche Dahinfließen des Wassers
wird, besonders da, wo es über die Felsen schnellt, auch noch in der
Wiedergabe durch die Radiernadel durch lange helle Linien markiert,
in denen man noch das flotte Aufsetzen des mit Weiß gefüllten Spitz-
pinsels nachfühlt. Die zwei hohen Brückenbogen über den Fluß im
Hintergrund fanden wir fast ebenso schon auf der Berliner Taufe des
Kämmerers vom Jahre 1608. Diese Landschaft, von Frisius sauber
in Stichmanier radiert, hat trotz der zusammengestellten Komposition
doch etwas anziehendes an sich, einen gewissen großartig romantischen
Zug, und gehört ohne Frage zu den besten Leistungen unseres
Meisters. Ob Frisius ein Gemälde oder eine Zeichnung als Vorlage
benutzte, läßt sich mit Sicherheit nicht mehr entscheiden. Frisius,
der nur wenig älter als Lastman ist, wird das Blatt wohl vor seinem
Aufenthalt im Haag, wo er seit 1614 und später nachweisbar ist,
vermutlich in Amsterdam radiert haben. Auch dieser Umstand
spräche mit für eine frühe Entsehungszeit des Lastman'schen Originals.
Die andere rein landschaftliche Darstellung ist uns durch eine
bezeichnete und datierte Radierung von Jan van Noordt*) überliefert.
Auch sie ist ganz von der romantischen Stimmung, welche die römische
Ruinenwelt in den nordischen Malern wachrief, erfüllt. Rechts erheben
sich große Felsen, zerklüftet und mit bewohnten Höhlen oder Grotten.
Auf der Höhe selbst steht die Ruine des graziösen Rundtempelchens
von Tivoli, die wir nur auf den frühesten Gemälden Lastmans finden,
auf der Flucht nach Äegypten in Rotterdam und auf der Taufe
des Kämmerers in Berlin, beide 1608; auch die Anlage des Berges
ist in diesen drei Fällen gleich. Sie gehen offenbar alle auf eine
Naturstudie zurück. Links, nach einer Einsenkung, steigt der Boden
wieder an und bildet so die Kulisse für die in der Ferne liegenden
anderen italienischen Gebäude, von denen uns das breite runde mit
dem flachen Kuppeldach noch eben in der Frisius'schen Radierung
und auf dem Einsiedlerbild von 1611 begegnete. Das Ganze mit
dem vielen Detail wirkt etwas zu reichlich und überladen — wie
*) Näheres über Jan van Noordt hat Dr. C. Hofstede de Groot in Oud-Holland,
Bd. X. (1892), Seite 210(T. gegeben.
122
alle frühen Landschaftsgründe, die wir sahen. J. von Noordt hat
das getreulich mit der Nadel wiedergegebenen. Daß die Radierung,
auch wenn sie erst 1645 geätzt wurde, doch auf eine sehr frühe
Arbeit Lastmans zurückgehen muß, darf wohl aus denselben Gründen,
die wir oben anführten, mit ziemlicher Sicherheit angenommen
werden. Auch bei diesem Blatt ist dagegen nicht genau festzustellen,
ob es auf ein Gemälde oder auf eine Zeichnung Lastmans zurückgeht.
II
Vosmaers Darlegung der ersten Periode im Entwicklungsgang
unseres Malers deckt sich im großen und ganzen mit dem Bild, das
wir uns von seiner Tätigkeit in den Anfangsjahren seiner künst-
lerischen Laufbahn machten. Der Vosmaer'schen Schilderung der
„Uebergangszeit" vermögen wir jedoch nicht mehr zuzustimmen.
Sie erweist sich als falsch, weil Vosmaer zur Grundlage ihrer Dar-
stellung die drei Bilder in Braunschweig machte, in denen nach ihm
diese zweite Periode des Ueberganges klar zum Ausdruck kommt.
Insofern können wir Vosmaer noch beipflichten, als auch wir in dem
Odysseusbild von 1609 die ersten Anfänge einer von Elsheimer wieder
abrückenden Kunstweise sich äußern sehen, aber wir wiesen auch
bereits auf den Irrtum hin, den Vosmaer mit der späteren Datierung
des Bcthlehemitischen Kindermordes begeht ; und wir müssen das dritte
der Braunschweiger Gemälde, dessen Jahreszahl Vosmaer im Anschluß
an die älteren Kataloge fälschlich 1613 las, während sie in "Wirklich-
keit 1618 ist, als typisches Beispiel für die Uebergangszeit also
schon aus rein zeitlichen Gründen ausschalten
Den weiteren Verlauf der künstlerischen Entwicklung Lastmans
stellt Vosmaer dar erstens unter Zugrundelegung des caravaggiesken
Halbfigurenbildes Manoah und seine Frau, denen der Engel erscheint,
das 1864 im Museum Boymans in Rotterdam verbrannt ist. Da gar
keine Abbildung von dem Bilde mehr vorhanden ist, so können wir
es in unserer Studie nicht mit in Rechnung ziehen. Auch sonst
vermögen wir ihm als Halbfiguren bild in der Manier Caravaggios
123
nur wenig Bedeutung beizumessen, weil es, anscheinend das einzige wirk-
liche caravaggieske Bild mit lebensgroßen Halbfiguren, weder signiert
noch dauert war, sodaß seine Authentizität als Werk Lastmans für
uns durchaus hypothetisch bleiben muß.
"Weiter baute sich Vosmaers Schilderung des künstlerischen Ent-
wicklungsganges unseres Malers auf dem jetzt im Haag befindlichen Ge-
mälde der Auferweckung desLazarus auf, dessen von ihm 1632 statt 1622
gelesene Jahreszahl wieder Anlaß zu irrigen Folgerungen geben mußte. Zu
diesen Trugschlüssen kamen zuguterletzt auch noch die im Hinblick auf
das vonLastman angeblich 1629 gemalte Haarlemer Bild der Anbetung der
Hirten, das überhaupt nicht von Lastman herrührt*), geäußerten
Ansichten, durch die das Bild vom Ende der Entwicklung unseres
Malers vollends verwirrt wurde. Uns stehen zur Behandlung der
nächsten Zeit nach 1609 bezw. 1611 vier datierte Gemälde zur Ver-
fügung: eines aus dem Jahre 1613 und drei 1614 datierte, von
welchen Vosmaer nur zwei kannte, und diese auch nicht einmal im
Original oder aus Abbildungen, sondern nur aus Gedichten und
Katalogbeschreibungen (aber auch wieder nicht ihr Datum). Von
der Existenz der beiden anderen hatte er aber gar keine Kenntnis.
Aus der Betrachtung dieser vier Gemälde werden wir sehen,
daß sie — solange nicht noch andere Bilder auftauchen — als die
ersten Vertreter einer anderen Schaffensperiode Lastmans zu gelten
haben, die allerdings ziemlich plötzlich und unvermittelt einzusetzen
scheint, wahrscheinlich aber nur deshalb, weil sich in der Reihe der
datierten und datierbaren Werke zwischen 1611 und 1613 eine Lücke
befindet. Die eigentliche Übergangsperiode muß sich in diesen Jahren
1609 — 1611 — 1613 vollzogen haben. Ihr gehören aber auf keinen
Fall die beiden Bilder Bethlehemitischer Kindermard und König David
im Tempel Harfe spielend in Braunschweig an, auf die Vosmaer mit
seine Ausführungen über die Übergangsperiode stützt.
Im Jahre 1613 stellte sich Lastman eine im Vergleich zu den
von uns bisher kennen gelernten Arbeiten eine besonders große und
schwierige Aufgabe, diesmal nicht im Anschluß an Elsheimer, sondern
an Raffael. In diesem Werke, dem großen Gemälde in der Bremer
Kunsthalle, das den Sieg Konstantins über Maxentius an der milvischen
*) Vergl. darüber den Abschnitt über die Pieter Lastman fälschlich zuge-
schriebenen Gemälde.
124
Brücke (112) darstellt, steckt andererseits aber auch eine Menge von
Motiven, die an Rubens denken lassen und die geradezu zu der
Erwägung führen, ob nicht vielleicht dieser unserem Maler zu jenem
umfangreichen Bild den ersten Anstoß gegeben hat. Für die Lösung
dieser Frage wäre es gewiß von Belang, wie auch sonst sehr interessant,
wenn man den Auftraggeber dieses in der holländischen Kunst viel-
leicht überhaupt nur einmal, durch Lastman, behandelten Themas
nachweisen könnte. Denn daß Lastman nicht aus sich selbst an jene
große Leinwand herangegangen ist, das mit einiger Sicherheit anzu-
nehmen, sind wir aus der ganzen Art des damaligen Betriebes, wo
die Künstler nicht frei — für Ausstellungen etwa — schufen, sondern
Aufträge ausführten, wohl berechtigt. Noch dazu bei einem so großen
Gemälde wie dieses hier. Wir können die Geschichte des Bildes aber
nur bis ins Jahr 1710 zurückverfolgen. Damals befand es sich in
der Galerie von Salzdahlum und hing dort „in Herzogs Zimmer",
woraus wohl auf eine besondere Wertschätzung desselben von Seiten
des Herzogs geschlos.sen werden darf. Wer es vordem besaß und
für wem es gemalt wurde, entzieht sich leider unserer Kenntnis. Es
muß deshalb auch dahingestellt bleiben, wie Lastman gerade an die
Behandlung dieses Themas kam. Nachdem die Aufgabe einmal ge-
stellt war, mußte er sich aber des großen nach Raffaels Entwurf in
der Sala di Constantino des Vatikans von Giulio Romano ausgeführten
Freskos erinnern, nach dem er an Ort und Stelle gewiß auch einige
Studien angefertigt hatte. Und wenn das nicht der Fall gewesen
sein sollte, so besaß oder kannte er ohne Frage einen Stich danach.
Daß sich der Elsheimerkreis stark nach Raffael bildet«, dafür ist
vielleicht die Gruppe des seinen alten Vater Anchises auf dem Rücken
tragenden Aeneas auf Elsheimers Bild des Brandes von Troja in der
Münchener älteren Pinakothek das beredtste Zeugnis. Diese Gruppe
geht auf Raffaels Brand im Borgo in der Stanza dell' Incendio zurück,
wo links vorn ganz ähnlich ein junger Mann seinen alten Vater aus
dem brennenden Stadtteil herausträgt*). Lastmans Konstantvischlacht
bedeutet aber dem Werke Raffaels gegenüber doch eine durchaus
selbständige Bearbeitung des Themas. Von vornherein ist sie natür-
♦) Cl. Moeyaert hat diese Gruppe ebenfalls — und zwar in engerer Anlehnung
an Elsheimer als an Raffael — dargestellt auf einer flüchtigen, aber ziemlich
großen Zeichnung im Kupferstichkabinett in Berlin.
125
lieh als Staffeleibild an Umfang viel kleiner, in der Zahl der Figuren
beschränkter. An die Darstellung solcher Massengruppen, wie sie
das Fresko aufweist, wagte sich Lastman doch nicht. Er beherrschte
ja auch bei weitem noch nicht in der Weise die menschliche Gestalt,
um mit ihr frei und ungezwungen auf dem Bilde schalten und walten
zu können. Vielmehr war er noch stets eng ans Modell gebunden.
Nehmen wir an, daß Lastman noch einige Studienzeichnungen nach
jenem Fresko besaß, so werden wir bei einer Figur sofort das Vorbild
wiedererkennen. Die große Rückenfigur des mit dem Speer aus-
holenden Kriegers auf der linken Seite vorn. Wie dieser spreiz-
beinig über dem Halse des mit seinem Reiter zu Boden gesunkenen
Rosses dasteht, so ähnlich kämpft auch bei Raffael der nur mit dem
Panzer bekleidete Krieger links von dem Schimmel. Gewiß, im
einzelnen sind kleine Veränderungen vorhanden, aber die ganze Figur
selbst, die Haltung, geht weit über Lastmans Auffassen und Gestalten
hinaus. Diese Kriegerligur kehrt übrigens auch bei Raffael wieder,
und zwar in den Loggien auf dem Feld Josua heißt die Sonne still-
stehen, und nochmals auf dem mit David und Goliath. Diesen beiden
letzten steht der Lastmansche Krieger sogar noch näher, aber die
Stellung über dem hingestürzten Pferd weist doch auch auf die
Verwendung jenes Kriegers auf dem Fresko der Konstantinschlacht
selbst hin. So ist es mit noch manchen anderen Figuren: der
Schimmelreiter Lastmans wird immerhin in eine gewisse Beziehung zu
dem Konstantin des Freskos gebracht werden müssen. Aber im
Ganzen sind doch auch die einzelnen Figuren als Neuschöpfungen
Lastmans nach dem lebenden Modell anzuerkennen. Sein geistiges
Eigentum ist vor allem auch die ganze Anlage und Komposition auf
der fast quadratischen Fläche. Auf der linken Seite bildet die
Figurenmasse ein rechtwinkeliges Dreieck mit der Bilddiagonalen als
Hypotenuse. Auf der rechten Seite bilden die von der Brücke in
den Fluß herunterstürzenden Krieger die Senkrechte; wir haben also
als Grundschema die gegen ein Dreieck gestellte Senkrechte. Sie
geben so gewissermaßen die Seitenkulissen für die Mittel- und Hinter-
grundsdekoration ab, welch' erstere von dem mächtigen Brückenbogen
gebildet wird, unter dem hindurch man dann auf die den Hintergrund
einnehmende italienische Flußlandschaft mit Hügeln und Ruinen,
blickt, wo sich in kleinem Maßstab der Kampf fortsetzt.
126
Die von der berstenden Brücke rechts herabstürzenden Men-
schenmassen lassen unwillkürlich an Rubens denken. Man kann
sich nicht gut vorstellen, das Lastman ganz von selbst auf dies
Motiv gekommen sein sollte, das wir bei Raffael, der die Brücke
überhaupt stark in den Hintergrund gerückt und nebensächlicher
behandelt hat, nicht finden. Wohl aber wäre es denkbar, daß Lastman
jene Werke mit den gewaltigen Menschenstürzen von Rubens kannte.
Aller Wahrscheinlichkeit nach war das der Fall mit der Auferstehung
der Gerechten in München, (wo freilich der Zug von unten nach oben
geht); oder bestehen vielleicht Zusammenhänge mit dem apokalypti-
schen Weih in München, dessen Entstehungszeit um 1610/12 ange-
nommen wird? Oder aber, wie steht es etwa mit einer Beeinflussung
Lastmans durch Rubens' Amazonenschlacht? Allerdings müßte man
dann mit Max Rooses*) ihr von Rubens' Neffen Philipp mit „um
1615" angegebenes Entstehungsdatum etwas früher, bald nach der
Rückkehr des Rubens aus Italien, um 1610/12 annehmen. In diesem
Falle könnte man sich verleitet fühlen, die Arbeit Lastmans als ein
in unmittelbarem zeitlichen und kompositionellen Anschluß an Rubens
Werk anzusehen. Der Amazone, die bei Rubens links nach dem
Fluß zu reitet und sich noch gegen ihre Verfolger umblickt, entspräche
bei Lastman der ebenfalls nach rechts in das Wasser flüchtende
Schimmelreiter. Ohne Frage besteht zwischen den beiden Figuren
mehr als eine bloß zufällige Aehnlichkeit.
Dagegen ist es nicht möglich, daß Lastman von Rubens' eigener
Darstellung desselben fl-egenstandes beeinflußt worden ist. Seine
heute in der Wallace-Collektion in London befindliche Skizze der
Niederlage und des Todes des Maxentius ist nämlich erst lange nach
1613 entstanden. Sie gehörte zu einer Reihe von 12 Oelskizzen, nach
denen die Rubensschüler die von König Ludwig XIII. bestellten
Kartons für Tapeten mit der Geschichte Konstantins anzufertigen
hatten. Die ersten vier dieser Kartons waren Ende November 1622
in Paris eingetroffen. Die zwölf Skizzen waren unsprünglich in der
Galerie Orl«5ans und wurden dort von Nie. Tardieu gestochen.**)
Werfen wir jedoch noch einen Blick auf das Lastmansche Werk
als solches unabhängig von den Beeinflussungen, in seiner Bedeutung
*) Rubens, leven en werken, 1903, Seite 139.
*♦) Vergl. M. Rooses, L'Oeuvre de Rubens, Bd. III, Seite 212 ff.
127
für den Entwicklungsgang unseres Malers. Mit diesem Gemälde
hat Lastman einen ganz gewaltigen Ansatz gemacht. Er stellte sich
vor eine Aufgabe, deren gute Lösung einen ganzen Künstler forderte.
Und nach den voraufgegangenen Bildern erwartete man gewiß nicht
ein derartiges Werk. Mit Ausnahme des Bethlehemitischen Kinder-
mordes, der jedoch sehr frühe und in Anlehnung an Elsheimer, sowie,
was das Thema betrifft, auch ganz im Sinne der Tradition eine ähn-
liche Aufgabe insofern bedeutet, als miteinander kämpfende Menschen
wiederzugeben sind — so steht dennoch diese Konstantinschlacht im
„Werke" Lastmans ohne vorbereitende Arbeiten da und blieb auch
ohne Nachfolge. Abweichend ist auch die Signatur. W"ährend die
auf den vorher kennengelernten Gemälden nur aus dem Monogramm
bestand, trägt dieses Bild den vollen Namen, P. Lastman fecit 1613,
in schön verschnörkelter Kursivschrift, mit sichtbarer Befriedigung
auf das vollendete Werk aufgemalt.
Mag uns das Gemälde künstlerisch auch nicht völlig befriedigen:
angesichts dessen, was um jene Zeit in Amsterdam in solchem Genre
hervorgebracht wurde, können wir ihm unsere Anerkennung doch
nicht versagen. Höchst interessant ist das Bild auf jeden Fall schon
allein des Themas wegen. Und auch koloristisch ist es nicht einmal
so übel. Es hat, trotz der kräftigen Lokalfarben der verschiedenen
Gewänder etwas toniges. Als dekoratives Wandbild — losgelöst aus
dem Rahmen einer Galerie, wo ihm durch den sich aufdrängenden
Vergleich mit zahlreichen künstlerisch viel höher stehenden Werken
— auch aus anderer Zeit — Abbruch getan wird, würde es seinen
Platz sehr gut ausfüllen. Auf Lastmans kunstliebende Zeitgenossen
in Amsterdam wird das Gemälde sicherlich großen Eindruck gemacht
haben und vielleicht hat es den Ruhm unseres Malers eigentlich be-
gründet. Wichtig ist, daß — für uns — mit ihm eine andere Periode
im Schaffen Lastmans einsetzt. Von der mehr beschaulichen gemüt-
vollen Art Elsheimers ist Lastman nun geschieden. Aus dem Maler
kleinerer Bilder ist der Maler großer Historien geworden, der „bedeu-
tende Vorwürfe" in einer bedeutenden und würdigen Komposition
auszuführen gedenkt. Er ist somit den umgekehrten Weg gegangen
wie Elsheimer: dieser kam vom „Großen" zum Kleinen, zum intimen
Reiz der Natur; Lastman, der sich anfangs in Rom auch auf diese
Bahn leiten ließ, verläßt sie in Holland nur zu bald wieder. Vielleicht
128
hat das flache holländische Landschaftsbild, wo das an italienische
Höhenlinien gewöhnte Auge vergeblich nach einem Anhaltspunkt
sucht, seine eigenen Reize dem Heimgekehrten nicht zu enthüllen
vermocht, ihn sicher aber nicht künstlerisch anregen können. So
zehrte er von der Erinnerung und den mitgebrachten Studien und
ließ sich im übrigen in das Fahrwasser des holländischen Akademismus
hineinziehen.
Ein zweites 1613 datiertes Gemälde, Christus am Kreuz (77),
das auf der Versteigerung Schippers in Berlin 1900 vorkam, ist mir
nur aus der dem Versteigerungskatalog beigefügten Abbildung in
Autotypie bekannt. Danach ist jedoch nicht zu entscheiden, ob das
Bild wirklich von Lastman herrührt. Ist es von ihm, was mir aber
nicht sehr wahrscheinlich vorkommt, so dürfte es nichts wesentlich
neues für seine Entwicklung bieten.
Die aus dem folgenden Jahre 1614 datierenden Gemälde zeigen
dagegen den Meister auf dem nunmehr eingeschlagenen Wege zur
Historienmalerei weiterschreiten. Es sind in erster Linie die beiden
Pendants Faulus und Barnabas in Lystra (88) und der Opferatreit
zwischen Orest und Pylades (fi8). Beide Gemälde waren lange Zeit
verschollen. Erst vor wenigen Jahren sind sie wieder aufgefunden
und als die hochberümhten Werke, die sie einst waren, wiedererkannt
worden ; das erstere durch Dr. A. Bredius, der es 1902 in Berlin
bei Prof. Hauser sah, als das durch Joost van den Vondel besungene
Werk Lastman s*). Der Besitzer dieses Bildes, Graf Stetzki, hatte
dann die Liebenswürdigkeit, das Gemälde eine Zeitlang leihweise
dem Mauritshuis im Haag zu überlassen**). In dem andern, jetzt im
Rijksmuseum in Amsterdam befindlichen Gemälde, auf das mich s.
Z., als es noch im Berliner Kunsthandel war, Herr Dr. Valentiner
freundlichst aufmerksam machte, konnte ich das von Joachim Oudaen
besungene Bild des Opferstreites zwischen Orcst und Pylades und
— noch bevor icli etwas von der Jahreszahl neben der Signatur
wußte — das Pendant zu dem Paulu,s und Barnahas in Lystra
erkennen***). Beide Gemälde sind Pietro Lastman fecit 1614 signiert
♦) Kunstchronik, 1903, Spalte 30 und 56; Journal des D6bats, 1902, Nr. vom
20. August.
♦♦) Vergl. W. Martin, Bulletin van den Ned. Gudhk. Bond, Bd. III, Seile 263.
♦**) Vergl. meinen Aufsatz im Bulletin van den Ned. Oudhk. Bond, 1908, Seite 39 ff.
9
129
in einer ähnlichen, nur nicht ganz so schnörkelreichen, etwas kursiven
Schrift wie das Bremer Bild. Diesmal ist auch der Vorname voll
ausgeschrieben und zwar italienisiert : Pietro. Ihre Abmessungen
sind gleich und stimmen mit den in alten Versteigerungskatalogen
gegebenen Maßen überein. Komposition und Malweise lassen sie
auch deutlich als gleichzeitig entstandene Gegenstücke erscheinen.
Der Inhalt tut ein weiteres. In einem Falle wird der feste Glaube
zweier Apostel an Gott gefeiert und im anderen die unverbrüchlich
feste Freundschaft zweier Jünglinge gepriesen, also Glaube und Treue.
Auf jedem Bild spielt ein feierlicher Opferzug die Hauptrolle.
In Feiertagskleidern kommen die Festteilnehmer mit Fackeln, Weih-
geschenken, Opfertieren in langem Zuge, dem die Musik voranschreitet,
heranmarschiert., um vorn vor dem Altar Halt zu machen. Hier be-
finden sich bereits die handelnden Hauptpersonen und machen ihre
große Gebärde, auf die die Festgenossen mit mehr oder weniger
Interesse ihre Blicke richten. Bezüglich der Einzelheiten in der Art
und Weise der Charakterisierung der Figuren, der malerischen Be-
handlung ist zu unseren früher gemachten Beobachtungen nicht
viel neues hinzuzufügen. Eigentlich jede Figur ist für sich nach dem
Modell gezeichnet und dann in das Kompositionsschema eingefügt.
Ein innerer Zusammenhang der Figuren und Gruppen untereinander
besteht nicht. Der Zeichnung der Figuren kann man Fehlerhaftigkeit
nicht nachsagen, nur daß die Hände und Füße wie immer zu groß
und plump sind. Dagegen sind „zijne kleederen natuurlijk en vlak
geplooit". Die Farben sind etwas flüssiger aufgetragen als früher,
die Farbenstimmung des Ganzen aber ist noch in jenem kühlen, blau-
grünen Ton gehalten, der auch für die frühen Bilder charakteristisch
ist. Das Hauptmotiv der Komposition, die große Linie derselben,
bildet der in weitem Bogen vom Hintergrund nach vorn schreitende
Opferzug. Über die Köpfe der Vordergrundsfiguren läßt sich unge-
fähr eine nach beiden Seiten ansteigende Kurve ziehen, über der das
Auge freien Ausblick nach dem Hintergrund mit Tempel, Stadt,
Obelisk und Bildsäule hat. Bei einem Nebeneinanderhängen der
Gemälde würde man dem Paulus und Barnabas-Widi wohl den linken,
dem andern den rechten Platz geben ; die Vordergrundsfiguren fügen
sich so in der Mitte gut aneinander an: an die aufrecht stehende
Jünglingsfigur dort ganz rechts schließt sich die stehende Figur des
130
Henkers ganz links auf dem Opferstreit zwischen Orest und Pylades
an. Beide stehen mit dem Rücken gegeneinander.
Bei dem Thema Paulus und Barnaha^ in Lystra ist man geneigt,
einige der zahlreichen anderen Behandlungen dieser Geschichte zum Ver-
gleich mit dem Lastmanschen Bilde heranzuziehen. Manche wirdLastman
vielleicht gekannt haben, und sie mögen vielleicht auch einen gewissen
Einfluß auf seine Darstellung ausgeübt haben. Daß eines oder das
andere aber entscheidend gewirkt und seine Komposition wesentlich
bestimmt habe, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Elsheimer
hat das Opfer in Lystra in einem frühen Bilde (in Frankfurt a. M.)
behandelt. Daß er „durch die Darstellung auf Raffaels Teppichen
bestimmt wurde", wie Valentiner meint*), ist wohl kaum anzunehmen,
denn das Bild ist in der Komposition und in Einzelheiten völlig
unabhängig von Raffael. Und ebenso dürfte Lastmans Komposition
dieses Gegenstandes, die von der Elsheimers noch mehr abweicht,
als dessen eigene von Raffael nicht durch Elsheimers Bild angeregt
sein, was Valentiner an derselben Stelle auch annimmt. Lastman
läßt die ganze Szene nicht innerhalb der Stadt, sondern draußen
vor den Toren sich abspielen. Er ist auch deutlicher, drastischer als
Elsheimer im Erzählen des Vorganges. Die beiden Apostel stellt er
links auf eine Estrade, sodaß sie die anderen Figuren überragen, und
die ausgestreckten, sich scharf vor dem Himmel abhebenden Arme
des Barnabas ziehen sofort die Aufmerksamkeit des Beschauers zuerst
auf die Helden. Vor allen Dingen hat aber Lastman etwas in seine
Darstellung hineingebracht, was weder bei Raffael noch bei Elsheimer
zu lindeu ist: den langen heranschreitenden Zug der Menschen, der
sich bis weit in den Hintergrund des Bildes fortsetzt. Man i.st ver-
sucht, hierzu irgend eine Anregung in dem berühmten Triumphzug
Cäsars von Mantegna zu sehen, den Lastman gewiß gekannt haben
wird. Indessen läßt sich das nur ganz vermutungsweise sagen, da
Übereinstimmungen in Einzelheiten, die ein direktes Zurückgehen auf
Mantegnas Werk als Vorbild gewiß machen könnten, fehlen. Am
ehesten ließen sich auf dem Amsterdamer Bild des Opferstreites zwischen
Orest und Pylades die ganz rechts herankommenden Musikanten, der
Muschelhornbläser, mit denen auf dem achten Bild des jetzt in Hamton
Court befindlichen Originales von Mantegna vergleichen, auch der
♦) Rembrandt und seine Umgebung, Seite 108 Anmerkung 3.
8*
131
Knabe mit dem Tamburin vorn fast in der Mitte dort mit dem jungen
Triangelschläger bei Lastman. Abgesehen davon auch die Masken,
Götterbüsten, Rüstungen u. s. w., die auf Stangen emhergetragen werden.
Ganz allgemein darf man wohl, was diese Art von Festzügen
und Begegnungen von zweien betrifft, auf Venedig verweisen. Dort
waren jene Prozessionen und festlichen Aufzüge auch in Wirklichkeit
in hohem Schwange. Die Maler — man denke an Gentile Bellini,
Carpaccio — haben sie mit Vorliebe dargestellt, ebenso wie man (z. B.
bei Carpaccio) Predigten eines auf einem Postament stehenden Heiligen
findet, die man auch mit einem gewissen Recht etwa neben Lastmans
Opfer in Lystra stellen darf {Predigt des heiligen Steplianus im Louvre,
Predigt des heiligen Markus in BerHn*)). In diesem Zusammenhange
dürfte auch beiläufig darauf hingewiesen werden, daß noch heute in
Holland bei besonderen Gelegenheiten Aufzüge sehr beliebt sind. So
werden alle fünf Jahre von den Universitäten und technischen Hoch-
schulen große „Maskeraden" veranstaltet, bei denen zuweüen auch
die Königin als Zuschauerin zugegen ist.
Die beiden langen Gedichte, die auf die Gemälde gemacht wurden,
von Hollands größtem Dichter Joost van den Vondel das eine, das
andere von Joachim Oudaen, deuten darauf hin, daß sich die BUder
damals großer Berühmtheit erfreuten, d. h. wohl sofort nach ihrem
Entstehen und zu Lebzeiten Lastmans. Auch der Umstand, daß sie
sich später, nach 1676, dem Datum der Versteigerung R. v. d. Wolf,
in dessen Besitz das eine Bild bereits 1657 war, zusammen in der
Sammlung des Jan Six befanden (der das von Vondel besungene
schon lange besaß), weist darauf hin. Und noch mehr die hohen
Preise, die noch im Jahre 1702 für jedes dieser Gemälde bezahlt
wurden, nämlich 230 und 200 Gulden. Höhere Preise brachten auf
jener Auktion des Nachlasses von Jan Six nur noch einige Bilder von
Rembrandt, so Nr. 38 Predigt Johannis des Täufers, Grisaille (jetzt
in Berlin): 710 fl., Porträt der Saskia (jetzt in Cassel, Bode Nr. 150):
510 fl., während Nr. 40, ein „sehr gutes" Büd Abraham bei den Engeln
von Rembrandt nur 31 fl. 10 stuiver brachte. (Dies letztere wird
*) Rembrandt hat eine Zeichnung Carpaccios, jetzt im Besitze des Herzogs
von Devonshire in Chatsworth, die auch so eine Predigt eines Heiligen darstellt,
genau kopiert. (Abbildungen in Preuß. Jahrbuch, 1894, bei Hofstede de Groots
Aufsatz „Entlehnungen Rembrandts".
132
nach Hofstede de Groot*) das Gemälde in St. Petersburg, Bodo
Nr. 223 sein. Nach Vosmaer**) war es ein 6V2:8'/2Zoll großes Bild,
1646 datiert und von John Smith***) unter Nr. 2 beschrieben, nach
dem es in den Sammlungen Benj. West (versteigert 1820, 290 gs.),
J. Haldiman und zuletzt 1636 in der Sammlung Eichard Sanderson in
London war. Das Bild der Eremitage ist viel größer, 121,5: 162,5 cm,
und um 1636/37 zu datieren). Von anderen Bildern, die auf jener
Versteigerung vorkamen, seien noch erwähnt: Nr. 37 Die drei Könige
von Jan Schorel: 30 fl., Nr. 41 Ein großes Stück, eine Morgenstunde
von Jan Asselijn: 112 fl., Nr. 48 Simeon im Tempel von Jan Lievens:
50 fl., Nr. 57 Schachspieler von Lukas van Leyden: 30 fl., Nr. 86
Ein stilles Wasser mit Schiffen von Jan van Goyen: 18 fl., Nr. 89
Lebensgroße Porträts eines Mannes und einer Frau von Frans Hals:
32 fl.f). Auch unter den Preisen, die fär Lastmans Bilder im all-
gemeinen bezahlt wurden, nehmen die hier auf der Auktion Jan Six
erzielten — soweit wir nach den noch erhaltenen Angaben urteilen
können — eine hervorragende Stelle ein. Man muß bedenken, daß
diese Preise Anfang des 18. Jahrhunderts bezahlt wurden, in dessen
Verlauf alle bekannten Bilder von Lastman weit unter 100 fl.
Marktwert besitzen.
Aber auch an sich betrachtet, bedeuten diese beiden Gemälde
im Vergleich zu dem, was Lastman früher malte, einen Fortschritt
— auf dem Gebiete des Historienbildes. Mit ihnen hatte er das
getroffen, was das gebildete Publikum gern hatte. "Wo es sich mit
Behagen in die ihm bekannte Erzählung an der Hand des Gemäldes
hineinversetzen und dieses prüfend mit dem Text vergleichen konnte.
Die langen Gedichte sind so auch sehr bezeichnend für die Art des
Kunstgenießens und Kunstverstehens jener Kreise, für die Lastman
hiermit zur berühmten Modegröße wurde. Von nun an ändert sich
nichts wesentliches mehr in seiner Gestaltungsweise, er hatte es nun
nicht mehr weiter nötig, nach Dingen zu suchen, durch die er
besonders gefallen könnte.
*) Die Urkunden über Rembrandt, Seite üi.
**) Rembrandt . . . ., Seite 264 und 540.
***) A Catalogue raisonnö of tlie Works of the most eminent Dutch, Flemish
and French Painters . . . ., Bd. VII, London 1836.
t) Vergl. Oude Kunst in Nederland. F.tsen van Wilm. Steelink... met Tekst
van J. F. van Someren, Seite 10.
133
Fassen wir dies alles zusammen, so dürfen wir gerade von diesen
beiden Gemälden, wozu auch noch die Konstantinschlacht zuzurechnen
ist, mit dem meisten Recht als von seinen „Hauptwerken'* sprechen,
wenn auch diese Bezeichnung noch für einige andere Gemälde in
Katalogen und dergl. in Anspruch genommen wird.
Ein drittes Bild aus dem Jahre 1614, das nach Semeonoff*)
die Karawane der Frau des Abraham auf dem Wege zur Residenz
des Melchisedek (3) darstellt, befand sich früher in der Sammlung
Solovieff in St. Petersburg. Wo das Bild jetzt ist, konnte ich leider
nicht ermitteln, auch ist mir keine Abbildung danach bekannt
geworden. Es wäre eine Vergleichung mit den beiden anderen
Gemälden gewiß interessant gewesen, da es auch wieder einen Zug
von Menschen wie jene darstellt. Und ebenso wäre es interessant
gewesen, ihm das zehn Jahre später gemalte Bild des Abraham mit
den Seinigen auf dem Wege nach Kanaan in der Sammlung A. Lürman
in Bremen vergleichsweise entgegenzusetzen.
Das Thema ist in Holland nicht oft behandelt worden. Bei
Moeyaert finden wir es wieder in dem ehemals in der Sammlung
W. Dahl in Düsseldorf gewesenen Bilde von 1628, Abraham, der von
Gott die Weisung erhält, in das Land Kanaan zu ziehen, das sich jetzt
im Besitze von Herrn D. S. Granaat in Amsterdam befindet. Von
Moeyaert**) wurde vielleicht Paul Potter angeregt, von dem ein Bild
von 1640, Einzug Abrahams in Kanaan vom Germanischen Museum
in Nürnberg 1892 auf der Versteigerung Hoch erworben sein soll***).
(„Die Herden sind hier zum Mittelpunkt der Darstellung gemacht.
Die .Figuren sind noch steif und konventionell und verraten, wie
die Landschaft, den Einfluß von Moeyaert" f).
Für Lastman selbst dürfte die Anregung zu solchem Thema aus
Italien gekommen sein, imd zwar von Seiten der Bassani, die mit
Vorliebe solche Vorwürfe behandelten, die Gelegenheit boten, eine
unterwegs befindliche Viehherde mit Hirten darzustellen.
*) Katalog seiner Gemäldesammlung, 1906, Seite XXXI.
**) Nach Bredius ist er Paul Potters Lehrer in Amsterdam.
***) Ich habe das Bild im Germanischen Museum nicht linden können, auch
nicht im Katalog von 1909.
t) B o d e, Rembrandt und seine Zeitgenossen, II. Aufl., Seite 178.
134
In demselben Jahre 1614 sehen wir Lastraan noch ein anderes
Problem behandeln, die Darstellung des nackten weiblichen Körpers.
Um den im Rahmen einer biblischen Geschichte darstellen zu können,
wählte er, wie es so oft geschah, die Susannaerzählung. Das Ge-
mälde ist erst in jüngster Zeit in Deutschland bekannt geworden und
gegenwärtig vom Besitzer, Herrn Staatsrat P. Delaroff in St. Petersburg,
dem Kaiser Friedrich-Museum zur leihweisen Ausstellung überlassen
worden. *) Besonderes Interesse verdient das Bild in erster Linie aus
dem Grunde, weil es vom jungen Rembrandt in einer Rötelzeichnung
kopiert wurde und bei seiner eigenen Behandlung des Susannathemas
später nachwirkte. Wir werden darauf an anderer Stelle näher eingehen.
Hier ist nur festzustellen, daß das Bild mit dem rosa schillernden
Gewand des rechts stehenden Alten, dem braunen des andern und
dem blauen Mantel, auf dem die Susanna sitzt, alles vor einer
dunkelgrünen Blätterwand, koloristisch sehr befriedigt. Störend
wirkt nur der knitterige unnatürliche Faltenwurf in dem Gewand des
einen Alten. Es ist nicht ganz klar, ob Lastman dadurch die Dünne
des Stoffes besonders hervorheben wollte, oder ob er damit die innere
Erregung des in seiner vorgebeugten Haltung auch nicht sehr gut
wirkenden Alten auch äußerlich andeuten wollte. Jedenfalls sind sie
in diesem Falle besonders fahrig und kraus.
Wir können bei Lastman gewissermaßen zwei Hauptarten von
Gewandfalten unterscheiden. Einmal sind es lange, glatte runde
Faltenrücken, bisweilen in grader Lienie verlaufend, bisweilen in
Biegungen den Körperformen nachgehend. Meist handelt es sich
dann um Kleider aus schwereren Stoffen, vornehmlich bei Männern
in mantelartigen Gewändern. Aber häufig artet das auch zur Manier
aus, indem diese runden Faltenrücken sich wenden und biegen, ohne daß
die Ursachen solcher starken Windungen ersichtlich wären. Es verbindet
sich da die eine Art mit der andern, die Lastman bei Gewändern
aus dünnen Stoffen anzuwenden pflegt. Um diese gut zu charak-
terisieren, gibt er ein krauses Hin und Her vom kleinen Falten
und Fältchen, deren Rücken in solchen Fällen, wo es sich um knitterige
Seidenstoffe handelt, durch aufgesetzte starke Lichter in ihrer Wirkung
noch verstärkt werden. Diese Faltenmalerei erinnert dann fast
etwas an die von Tintoretto und seiner Schule ausgebildete Art, bei
*) Amtliche Berichte aus den Künigl. Kunstsammlungen, 1908, Seite 8ö.
135
der eine große Gefahr die ist, daß der ganze Aufwand an Falten
durch ein bloßes Aufsetzen von hellen hin- und herlaufenden Falten-
linien auf dunklem Grund bestritten wird.
Der Körper der Susanna ist ganz hübsch, hält sich aber im
Grunde auf gleicher Stufe wie der männHche Akt des Odysseus auf
dem Braunschweiger Bild von 1609. Die Landschaft tritt stark
zurück. Es ist nur eine dunkle Blätterwand, durch die man links
einen Ausblick auf ein ebenfalls ziemlich flächenhaft wirkendes tempel-
artiges Gebäude in einem Garten hat.
Im Louvre ist Lastman durch ein Bildchen vom Jahre 1616
(monogrammiert) Abraham im Begriff den Isaak zu opfern (11) nicht
schlecht vertreten. Das kleine Gemälde war früher in W. Bürgers
Sammlung und wurde auf der Versteigerung derselben (Mad. Lacroix
in Paris, 1892) mit ganzen 180 frcs. bezahlt. Auf der Versteigerung
Paul Mantz, 1895, gab die Louvreverwaltung dafür 250 frcs. aus.
Der farbige Gesamteindruck ist — im Gegensatz zu jenem Susanna-
bild — kühl bei fast keinen Lokalfarben; grünlichschwärzliche
Sepiatöne überwiegen. Die Fleischfarbe des nackten Isaak ist eben-
falls kalt, weißlich mit grünlichen Schatten. Allen Farben fehlt der
Zusatz des wärmenden Ockers. Die Zeichnung der etwas kompliziert
sitzenden Aktfigur ist nicht schlecht, aber trocken und auch etwas
schematisch. Jedenfalls merkt man der Figur an, daß sie von einem
Maler stammt, der in der Behandlung des Aktes eine gewisse Routine
besitzt. Der in Verkürzung gegebene Kopf, ebenso wie der vom
Himmel heranschwebende Engel deuten darauf hin, daß Lastman
vor schwierigen perspektivischen Zeichenproblemen nicht zurück-
schreckte.
Diese Fassung des Isaakopfers wird wahrscheinlich nicht die
erste gewesen sein. Die GrisaiUe, die Dr. Bredius dem Rijksmuseum
in Amsterdam schenkte (10), dürfte wohl vorausgegangen sein. Die
Körperbehandlung ist da gröber, der schwebende Engel nicht eben
glücklich. Dagegen ist der Abraham der Grisaille dem auf dem
Louvrebild vorzuziehen.
Ein drittes, sehr grobes Opfer Abrahams (12) besitzt, wie mir
Herr Staatsrat P. Delaroff mitteilte, Herr Suroff in St. Petersburg.
Ich konnte über dies Gemälde leider keine nähere Auskunft
erhalten.
136
Dr. Bredius*) und Dr. Valentiner**) haben bei Erwähnung der
Amsterdamer Grisaille bemerkt, daß sie an Rembrandts Opfer
Abrahams iu der Eremitage erinnere. Nach der andern Seite hin
kann man dann auch auf Rubens' Darstellung verweisen, die Lastman
vielleicht gekannt hat (Original oder Werkstattarbeit in der Sammlung
J. Unger in Cannstatt, Abb. bei A. Rosenberg, Rubens, Klassiker
der Kunst, Bd. V, Seite 47), und am stärksten fast an ein Gemälde
von Domonico Feti in russischem Privatbesitz. Dies entspricht
eigentlich genau der Lastmanschen Auffassungsweise, nur ist es
größeren Formates: 100X77 cm. Aber es ist hier doch auch wieder
sehr fraglich, ob Lastman das Bild des einige Jahre jüngeren itali-
enischen Malers selbst gekannt hat, der allerdings auch in Rom war,
oder ob die Verwandtschaft nicht nur in der ähnlichen künstlerischen
Wesensart der beiden begründet liegt, die sich im Anschluß an die
Eklektiker und Naturalisten gebildet hatten. Dabei ist dem D. Feti
als Italiener von Natur aus mehr Schwung und Größe der Auf-
fassung zu eigen.
Aus dem nächsten Jahre, 1617, ist uns im Rijksmuseum in
Amsterdam ein größeres Gemälde (64) erhalten, dessen Darstellung
dort als „Christus, den Aussätzigen heilend" gedeutet wird. Dieser
vom Katalog dem Bilde gegebenen Benennung kann ich mich nicht
anschließen, denn dies Motiv der Heilung wird nur ganz nebensäch-
lich angedeutet: links im Schatten, kaum zu unterscheiden, fährt man
einen Kranken — Gichtbrüchigen oder Aussätzigen? — auf einem
Karren nach vorn zu. Weder die Heilung des Aussätzigen***), noch
*) Im Amsterdamer Katalog.
**) Rembrandt und seine Umgebung, Seite 108.
***) „Und es kam zu ihm ein Aussätziger, der bat ihn, kniete vor ihm nieder
und sprach zu ihm : Willst du, so kannst du mich wold reinigen. Und es jammerte
Jcsuni und reckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will's tun; sei
gereinigt! Und als er also sprach, ging der Aussatz von ihm und er ward rein.
Und Jesus bedräuete ihn und trieb ihn alsbald von sich und sprach zu ihm: Siehe
zu, daß du niemand nichts sagest; sondern gehe hin und zeige dich dem Priester
und opfere für deine Reinigung und was Mose geboten hat, zum Zeugnis über sie.
Er aber, da er hinauskam, luib er an, und sagte viel davon und machte die Geschichte
ruchbar, also daß er liinfort nicht mehr konnte öffentlich in die Stadt gehen . . "
Markus 2, 0) ff. Die beiden anderen Stellen bei Matth. 8, 2—4 und Lukas 6, 12—14.)
137
die Geschichte vom Gichtbrüchigen*) kann man als dargestellt an-
nehmen. Das Hauptthema wäre doch zu nebensächlich behandelt,
und die kniende weibliche Figur ließe sich dann nicht erklären.
Sieht man also von der Darstellung der Heilung eines Kranken ab
und versucht allein die Vordergrundsszene zu deuten, so kommen
zwei Geschichten in Frage: die von der Ehebrecherin vor Christus
und die vom kananäischen Weibe. Die Geschichte der Ehebrecherin
kann aber auch nicht dargestellt sein, denn die Komposition weicht
zu sehr vom Bibeltext ab. Sie ginge nicht, wie es im Anschluß
an den Text gewöhnlich der Fall ist, im Tempel vor sich, und wir
sehen auch nicht, daß Christus die bekannten Worte auf den Boden
schreibt. Dann bleibt die Geschichte von Christus und dem kananäischen
Weibe**) übrig, die meines Erachtens auch wirklich dargestellt ist:
„Und siehe, ein kananäisch Weib ging aus derselbigen Grenze und
schrie nach ihm und sprach: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme
dich mein! Und er antwortete ihr kein Wort. Da traten zu ihm
seine Jünger, baten ihn und sprachen: Laß sie doch von dir, denn
sie schreit uns nach. Er antwortete aber und sprach: Ich bin nicht
gesandt denn nur zu den verlorenen Schafen von dem Hause Israel.
Sie kam aber und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr hilf mir! Er
aber antwortete und sprach: Es ist nicht fein, daß man den Kjndern
ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. Sie sprach: Ja Herr;
aber doch essen die Hündlein von den Brosamen, die von ihrer
Herren Tisch fallen. Da antwortete Jesu und sprach zu ihr: 0 Weib,
dein Glaube ist groß, dir geschehe wie du willst. Und ihre Tochter
ward gesund zu derselbigen Stunde." Wir haben hier auch die
textliche Erklärung für das Vorhandensein der brotessenden Kinder
und der tanzenden Hunde, die Jesus' Wort „es ist nicht fein, daß
man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde"
illustrieren sollen.
Dies Büd von 1617 ist nicht in dem kühl-blaugrünen Ton der
frühen Gemälde gemalt, sondern in einem wärmeren braunen. Den
weißen großen Wolken des warmblauen Himmels ist auch durch
Znsatz von Ocker die frühere Kühle genommen. Lastman variiert
ö"-
*) Matth. 9, 2.
**) Matth. 15, 22 ff. (Markus 7, 24—30).
138
iier auch reichlich in der Beleuchtung, er gibt scharfe Licht- und
Schattenkontraste, von denen am interessantesten wohl die silhouetton-
haften Figuren rechts im Mittelgrunde sind. Die Neigung hierzu
ließ sich freilich schon auf den Zeichnungen von 1603 erkennen und
ist der ganzen Malergruppe, zu der Lastman gehört, eigen.
Wir finden solche Figuren später auch auf Rembrandts frühen
Bildern mit Vorliebe angebracht.
Es begegnet uns auf diesem Gemälde aber noch etwas anderes,
was wir von dem bislang ernsten, sachlichen Meister eigentlich nicht
erwarteten: lustige genrehafte Motive. Daß er die Hunde vom
tanzen läßt, und dann die die linke Ecke füllende Kindergruppe. Hier
knüpft Lastman scheinbar an Rubens an. Man vergegenwärtige sich
dessen zahlreiche Darstellungen von Kindergruppen, deren Reihe
mit dem nach Max Rooses*) 1602 gemalten Bild Jtomidus und Rermia
in der Galerie des Kapitols beginnt, das zu den ersten von Rubens
in Rom gemalten Bildern gehört. Auf dem "Wege über Rubens
dürften aber wieder die Erinnerungen an derartige besonders häufig
bei den Venezianern vorkommende Genremotive wachgerufen worden
sein. Die beiden blonden Kinder auf diesem Bilde werden wohl
nicht, wie Franz Arp**) meint, allein der „ingenoemenheid des
meesters met de verschijningen van het dagelijksche leven" zu
verdanken sein.
Die Komposition ist ganz nach dem Dreiecks schema aufgebaut.
Es läßt sich von links, bei den Kindern angefangen, bis zum Kopf
Christi als Spitze, und dann wieder nach rechts über die kananäische
Frau, bis in die rechte untere Bildecko ein Dreieck konstruieren, gegen das
die ganz rechts befindliche Standfigur als Gegengewicht gestellt ist. Das
Bild ist ganz angefüllt mit Figuren, auch ein Zug Volks fehlt nicht,
•wenn er auch etwas in dem tiefen, wohl im Laufe der Zeit noch
nachgedunkelten Schatten links verschwindet.
Die Bemerkungen E. Jacobsens zu dem Bilde***), daß die
Christusfigur sehr an Rubens erinnere und die Figur zuäußerst rechts
sogar an Rubens' eigene Gestalt, sind sehr ansprechend. Das deutet
*) Rubens' Leven en Werken, 19()3, Seite 95. Nach Rosenberg erst 1606/08
gemalt. Eine zweite Bearbeitung dieses Gegenstandes befand sich in Rubens' Nachlafi.
**) De hollandsche Schilderkunst in de gouden Eeuw, 1904, Seite 30.
"**) Repertorium für Kunstwissenschaft, Bd. XXIV (1901), Seite 178.
139
anch auf eine nähere Beschäftigung Lastmans mit Rubens hin. Der
Christuskopf und der Profilkopf des Jüngers rechts neben ihm er-
innern übrigens auch in gewisser Weise an Tizians Zinsgroschen in
Dresden; die Gesten von Christus und dem Jünger rechts neben ihm
auch an die des Christus und des Matthäus rechts auf Lionardos
Abendmahl (im Gegensinn). Der Einfluß Elsheimers aber ist nur
noch in der schon stark zurücktretenden Landschaft zu erkennen.
Die Figuren sind in ihren Bewegungen nicht so steif wie gewöhnlich.
Die mittlere Hauptgruppe fügt sich leidlich zusammen.
Das im gleichen Jahre (1617) gemalte Bild Christus am Kreuz (74)
im Besitze des Herzogs von Looz-Corswarem in Brüssel habe ich nicht
gesehen. Es ist nach Bode nur ein geringes Gemälde.
Die Werke des folgenden Jahres 1618 bieten wieder Neues.
Weniger noch die Verkündigung (49) der in die Eremitage gekommenen
Sammlung P. v. Semeonoff in St. Petersburg, ein Bild, das bei
kräftigem Kolorit doch verhältnismäßig harmonisch im Ton sein soll.
In der Komposition ist es nicht sehr glücklich. Mit viel Pathos und
fast übergroßer Wichtigkeit entledigt sich der Engel seiner Botschaft,
während die Maria mehr dumm als demutsvoll ergeben von ihrer
Lektüre aufblickt. Nirgends spürt man etwas von dem zarten Hauch,
mit dem andere Maler gerade diese Szene in so verschiedenen Graden
und Gefühlsnuancen umwoben. Das vorn mit dem Knäuel spielende
Kätzchen wirkt eher trivial, als daß es zu einer traulichen Stimmung
im Gemache der Maria beitrüge. Es fehlt überhaupt der Raum, die
liebevolle Ausstaffierung desselben, wo die heilige Jungfrau vor dem
Erscheinen des Engels ihrer stillen Beschäftigung nachging. Hier
gebricht es Lastman doch an dem feineren Empfinden; für die bild-
liche Wiedergabe einer solchen innerlichen Szene standen ihm nicht
die erforderlichen Ausdrucksformen zu Gebote.
Den Verkündigungsengel finden wir in dem Gemälde der Sammlung
Moltke in Kopenhagen wieder, nur für die andere Rolle, die er dort
zu spielen hat, etwas umgekleidet. Sein Auftreten ist in diesem Bilde,
das den Abschied des Engels Baphacl von dem alten und dem jungen
Tobias (42) darstellt, ebenso billig schauspielerhaft und äußerlich wie
dort. Die Ergebenheit, mit der sie ihm die Hälfte ihrer Schätze als
Beweis der Dankbarkeit anbieten, kommt auch nur sehr äußerlich
zum Ausdruck. Aber auf das die rechte Bildseite einnehmende Vieh
140
und die sonstigen Reichtümer des Tobias verwandte unser Meister
mehr Fleiß. Wir finden uns auf einmal vor einem Tiermaler, der
große Ziegen, Pferde, Esel, Pfauen, Kamele, Papageien, Rinder, Kühe
und Tauben fast um ihrer selbst willen zu malen scheint. Er leistet
auf diesem Gebiete auch nicht einmal schlechte Arbeit, sodaß wir
eine Reihe voraufgegangener Studien von Tieren unbedingt voraus-
setzen müssen. So zeigt der Pfordekopf hier, daß Lastman im Vergleich
zu den hölzernen Pferden auf dem Bethlehemitischen Kindermord in
Braunscliwoig oder auf der Taufe des Kümmerers in Berlin eine
Menge hinzugelernt hat. Im Hintergrund baut er noch einmal wieder
eine italienische Gebirgsstadt auf und setzt vor ihre Mauern inmitten
schlanker Pinien die als Fontäne dienende Steinfigur eines flöteblasenden
Satyrn. Das Kolorit ist im großen und ganzen wieder kühl. Der
Himmel indigoblau, oben beinahe schwarz ; die Wolken sind von
unbehaglich kaltem weißen Ton. Die Stadt auf dem Hügel ist grau-
grün, die große Wolke hinter dem Engel dunkelgraugrün.
Bietet dies Gemälde in der Reichhaltigkeit der Tierdarstellungen
etwas bei Lastman bisher ungewohntes, so bringt das dritte aus
diesem Jahre 1618 erhaltene Bild, David im Tempel Harfe spielend (29)
in Braunschweig, ebenfalls neues, insofern als die Szene in einem
Innenraum vor sich geht und nicht, wie bisher stets, im Freien.
Wäre das Bild nicht datiert, so wäre es nicht leicht, innerhalb der
Zeit von 1613/14 bis 1620 etwa eine annähernd genaue Datierung
vorzunehmen. Denn seit jenen Jahren blieb sich Lastmans Stil
ziemlich gleich. Höchstens ist er insofern noch Wandlungen unter-
worfen, als sich die Zeichnung und Ausführung, je mehr wir uns den
zwanziger Jahren nähern, flauer wird und erkennen läßt, daß den
einzelnen Figuren keine neuen Naturstudien ad hoc mehr zugrunde
liegen, daß Lastman vielmehr aus dem Kopf oder nach alten Studien
die Kompositionen zusammenstellte. Anlaß zu der Frage, ob der
Stil dieses Gemäldes dem früheren um 1613/14 oder dem späteren
um 1618 näher komme, bietet der Umstand, daß Vosmaer (in Anschluß
an den alten Galeriekatalog) die Jahreszahl statt 1618 als 1613 las
und in dem Bild „encore la meme maniöre" wie in dem Odysseus-
gemälde von 1609 und dem Bethlehemitischen Kiiidermord derselben
Galerie sah. Wenn wir dieses Braunschweiger Bild von 1618 mit
den beiden berühmten Gemälden aus dem Jahre 1614 vergleichen,
141
so finden wir in der Tat auch einige Punkte, die uns veranlassen
könnten, die Entstellungszeit desselben mehr um die Zeit jener beiden
von 1614 anzunehmen. So z. B. schon die Bezeichnung Pietro
Lastman, die wir auch auf jenen Werken wieder antreffen und sonst
nur noch einmal auf dem Bilde der Sammlung Ä. Lürman in Bremen.
Allerdings mit dem Unterschied, daß sie auf ersteren nicht wie hier
auf dem Braunschweiger und Bremer Bild in reiner steiler Antiqua
geschrieben sind. Dann kommen eine Reihe von Figuren und Motiven
vor, die wir von jenen beiden Bildern her schon genau kennen.
Wir finden z. B. den charakteristischen Kopf des Orgelspielers
zweimal wieder auf dem Orest und Pylades-^ilA. in Amsterdam. Der
Knabe rechts, auf dessen linke Schulter der singende Alte seine
Hand legt, ist dasselbe Modell mit fast genauer Kopfhaltung wie
auf dem Lystrabild. Auf demselben Stück finden wir hinten den
Tamburinschläger. Wohl ließen sich noch mehr solcher Beispiele
und Berührungspunkte aufzählen, aber sie sind schließlich doch nicht
beweiskräftig genug für eine Datierung — denn wir finden ebenso
auch in späteren Gemälden, wo die Jahreszahl ganz deutlich ist und
keine falschen Lesarten zuläßt, dieselben Figuren wiederkehren. Es
ist das nur dafür ein Beweis, daß Lastman zu verschiedenen Zeiten
dieselben Modelle und Studien für verschiedene Gemälde
benutzte. Der en face stehende gepanzerte Krieger links hinter dem
Brandalter kehrt fast genau so wieder auf dem 1630 gemalten Bild
in Stockholm. Vosmaers falsche Lesweise der Jahreszahl auf diesem
Braunschweiger Bilde, 1613 statt 1618, hat übrigens schon Riegel*)
richtiggestellt, indem er zugleich auf die ebenfalls oben abgeplattete
8 auf der Flucht nach Ägypten im Museum Boymans in Rotterdam
hinwies. Die gleiche Form der 8 haben auch die zuvor besprochenen
Gemälde der Sammlung Graf Moltke in Kopenhagen und Semeonoff
in der Eremitage in St. Petersburg. Dabei will ich bemerken, daß
auch die Jahreszahl des Kopenhagener Bildes bisweilen als 1613
gelesen wurde. Eine genaue Untersuchung, die für mich, bevor ich
das Bild im Original sah, vorzunehmen Herr Blom in Kopenhagen
die Liebenswürdigkeit hatte, stellte aber 1618 als sicher fest.
Das Braun Schweiger Bild ist aus der ganzen Reihe der noch
bekannten Werke Lastmans das einzige, dessen Handlung sich in
*) „Beiträge", Bd. II, Seite 204.
142
einem geschlossenen Innenraum abspielt, von dem aus man nirgends
ins Freie sehen kann. Die Beleuchtungsweise mußte somit anders
gestaltet werden als in den übrigen Gemälden, d. h. das kühle
gleichmäßige Nordlicht haben. Der veränderten Aufgabe war sich
der Künstler bei dem fraglichen Bilde gewiß auch bewußt — aber
nicht gewachsen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Lastman
einen Helldunkeleffekt im Hintergründe des Raumes hervorbringen
wollte, indem er von links her einen breiten Lichtstrahl über die
Orgel fallen ließ. Auch der gepanzerte Krieger links, dicht hinter
dem Altar, ist zu bescheidenen Lichteffekten benutzt, indem
sein Panzer das auf dem Altar bronnende Feuer reflektiert. Das ist
aber eigentlich auch alles, was an Beobachtung und Wiedergabe von
künstlichen Belouciitungseffekten auf dem BUde zu erkennen ist. Im
übrigen sind die Figuren jede gleichmäßig von links her beleuchtet.
Von einer Wirkung des Lichtscheines, der von dem Kronleuchter
ausgeht, ist nirgends etwas zu merken. Deshalb geht es nicht an, in
diesem Gemälde etwa eine Vorahnung des späteren Helldunkels von
Rembrandt sehen zu wollen. Rembrandt wird es nicht nötig gehabt
haben, wenn er auf Elsheimer in gewissen Dingen vielleicht auch
erst durch das Medium Lastmans zurückgriff, da, wo er künstliche
Beleuchtungseffekte etwa studierte, Lastman zu konsultieren. Das
enge Verhältnis des Elsheimerschen Bildes Jupiter bei PhÜemon und
Baucis in Dresden zu Rombrandts Christus und die Jünger in Emaus
in der Sammlung der Frau Andre-Jacquemart in Paris und der
Rembrandtschen Zeichnung dazu im Besitze von Exzellenz Bode
(Hofstede de Groot Nr. 189; abgebildet im „Leidsche Jaarboekje"
von 1906) habe ich bei anderer Gelegenheit schon einmal dargelegt*).
Der Gesamteindruck des Gemäldes in Braunschweig ist übrigens
eher vlämisch als holländisch. Man denkt an Rubens bei den
singenden Knaben, bei den verschiedenen Musikanten und bei dem
links hinter dem Altar im Schatten stehenden gepanzerten Krieger;
man denkt an vlämische Maler bei den Sängern auf der untersten
Bank, für die ich an ein Bild von P. van Lint**) im Wiener Hof-
*) The Burlington Magazine, 1908, Seite 39.
♦*) Allerdings ist dieser etwas jünger als Lastman und kann nicht als Vorbild
für diesen angeführt werden, sondern nur, um den vlämischen Charakter zu
exempUnzieren.
143
museum, Nr. 1068, erinnere, wo z. B. auch ein Mann ganz ähnlicli
die Brille auf die Nase hält, wo ähnliche Farbentöne und ähnliche
Handbewegungen wie hier bei Lastman vorkommen.
Ehe wir zur Betrachtung der datierten Werke nach 1618 über-
gehen, wollen wir ein nicht signiertes und nicht datiertes Gremälde,
das aus der Sammlung Habich 1892 erworbene Urteil des Midas (102)
in der königl. Gemäldegalerie zu Cassel betrachten. Es wird wohl
am besten an dieser Stelle eingereiht. Es zeichnet sich durch eine
hübsche, im Vergleich zu den früheren Bildern mit einer gewissen
Breite behandelte Landschaft mit "Wald und Felspartien aus, die wie
gewöhnlich so komponiert ist, daß das Terrain von links nach rechts
ansteigt und die linke obere Ecke einen Ausblick auf den Hintergrund
und den Himmel gewährt. Sie ist — im Gegensatz zu den frühen Land-
schaften — nicht in einem blaugrünen Ton mit hellweiß grünlichen Licht-
partien gehalten, sondern weist einen mehr dunkelbraunen Gesamtton auf.
Die sich im Vordergrund abspielende Gescliichte ist den von den
Künstlern der damaligen Zeit so beliebten Verwandlungen Ovids
entnommen (aus denen Lastman auch sonst vielfach seine Bildstoffe
geschöpft hat) und zu einer wohl abgewogenen Komposition verarbeitet
worden. Satyrn und Nymphen hören, schön in einer Pyramide
gruppiert, dem Spiel Apollos zu. Pan hat nach seiner Flötenleistung
auf der rechten Seite Plalz genommen, legt eben seine Syrinx
neben sich aus der Hand und blickt mit offenem Mund auf den
jugendlichen Gott, der
„das goldene Haupt mit parnasischen Lorbeer umwunden
Schleppt den langen Talar, von lyrischem Blute gesättigt;
Und sein blinkendes Spiel voll Elfenbeins und Gesteines
Hält in der Linken der Gott, und hält in der Rechten den Schlägel.
Stellung und Blick war würdig der Kunst".
Diesen Moment wählte Lastman als den fruchtbarsten. Links neben
Apoll sitzt der sachverständige Preisrichter Tmolos „frei sein Ohr
von Gebüsch; die Eiche nur gürtet des Hauptes bläuliches Haar, und
umwallt die gehöhleten Schläfen mit Eicheln". Die anderen Zuhörer
achten wohl auf das göttliche Spiel, sind sich zum Teil aber auch
bewußt, daß sie dabei von Lastman porträtiert werden. Midas selber
steht ganz rechts etwas zurück und freut sich seiner dummen Be-
merkung, die ihm, der es scheinbar noch gar nicht gemerkt hat, die
Eselsohren einbrachte.
144
In der Kostümierung seiner Figuren verfährt Lastman ziemlich
frei. Es macht ihm nichts aus, die eine Muse links vom in einer
tiefausgeschnittenen öesellschaftstoilette — aber ohne Fußbekleidung
— inmitten der bocksbeinigen Waldgesellschaft erscheinen zu lassen,
deren jüngere männliche Mitglieder im Takt des feierlichen Götter-
spieles an den Bäumen herumklettern. Im Vordergrund ist schön
und malerisch — im Sinne Lastmans — ein StUleben aus Musik-
instrumenten und Notenheften hingelegt. Die hier vorkommende
Laute und das Cello verwandte er auch auf dem vorher besprochenen
Bild in Braunschweig.
Dies Gemälde wurde früher dem Gerard deLairesse zugeschrieben,
mit dem es in der Auffassung auch eine gewisse Verwandtschaft hat,
ohne jedoch so glatt und süßlich in der Ausführung zu sein, wie die
Maler von Lairesses Sclilag im Ausgang des XVII. Jahrhunderts.
Gerade im Technischen zeigt sich der Unterschied zwischen Anfang
und Ende des XVII. Jahrhunderts, während die Vorliebe für mytho-
gische und historische Darstellungen beiden Zeitabschnitten gemeinsam
ist. Nur ist die Auffassung der Maler vor Rembrandt in Amsterdam
natürlicher, derber, holländischer — im Gegensatz zu der etwas
dekadenten, süßlich-lüsternen der Verfallszeit der holländischen
Malerei. Man läßt sich die gesund -braunen Leiber der Lastmanschen
Männerfiguren gefallen, auch ihre plumpen Extremitäten und groben
Physiognomien. Daß die Zusclireibung an Lairesse unzutreffend ist,
lehren den, der einige Bilder von unserem Meister gesehen hat,
nicht nur die Hände und Füße, sondern auch einige bereits bekannte
Typen, denen andere Verwandte der hier Darstellten auf späteren
Bildern noch folgen werden.
Ebenfalls auf antik mythologisches Gebiet führt uns das der
Augsburger Galerie gehörende Gemälde mit Odysseus und Nausikaa (99),
das ß fecit Anno 1619 signiert und, wenn man so sagen darf, das
populärste Bild unseres Meisters ist; jedenfalls dasjenige, an das bei
Nennung des Namens Lastman meistens als „Hauptwerk" gedacht
wird. Es wird auch vielfach in den Handbüchern zur Illustrierung
von Lastmans Kunst — mit Recht — abgebildet. Denn es ist in der
Tat ein durchaus typisches und zugleich besonders ansprechendes
Beispiel von des Meisters Kunst.
10
145
Das Gemälde scheint sich auch früher schon größerer Beliebtheit
erfreut zu haben; davon zeugt eine alte Kopie, die 1886 auf einer
Auktion in Cöln als A. v. Diepenbeeck vorkam, wie auoh die im
Berliner Kupferstichkabinett befindliche große Kreidenachzeichnung
aus der Sammlung A. von Beckerath, die bislang noch für eine originale
Vorzeichnung Lastmans für sein Gemälde gehalten wird. "Warum
mit Unrecht, wird an anderer Stelle ausgeführt.
Lastman hatte, wie wir bereits gesehen haben, dasselbe Thema,
und zwar auch im gleichen — fruchtbarsten — Moment der Hand-
lung, im Jahre 1609 schon einmal behandelt. Eine Vergleichung der
beiden Gemälde wird zur Feststellung etwaiger Fortschritte oder
Stilwandlungen des Meisters innerhalb der dazwischen liegenden zehn
Jahre besonders geeignet sein. Auf den ersten Blick bemerkt man
auf dem späteren Bild eine viel größere Geschlossenheit, Klarheit und
Einfachheit der Komposition. Die beiden Hauptpersonen sind an die
beiden Bildseiten rechts und links gebracht und einander wirkungs-
voll gegenübergestellt. Die auf jenem ersten Bild aber etwas aus-
einandergezogene Gruppe der Begleiterinnen und Dienerinnen — man
kann dort von einer Gruppe im strengen Sinn eigentlich gar nicht
reden — ist hier auf einem Wagen ziemlich in der Mitte ungezwungen
zusammengedrängt und in das schon mehrfach angewandte pyramidale
Kompositionsschema gebracht, ohne dabei den Bewegungen der
einzelnen Figuren Zwang anzutun. Ihre Anordnung ergibt sich ganz
natürlich aus den Verrichtungen, die sie vorhaben. Gegen diese
geschlossene Dreiecksmasse auf der rechten Seite des Bildes ist dann
links als Senkrechte die allein stehende Figur der Nausikaa ent-
gegengestellt. Sie wird in ihrer Wirkung noch besonders verstärkt
durch den hellen Himmel, vor dem sie sich abhebt, und der bei
beträchtlicher Tieferlegung des Horizontes eine gute Folie für die
große Silhouette bildet. Davon war auf dem Braunschweiger Bild
noch nichts zu bemerken, wenngleich wir auch hier eine beabsichtigte
künstlerische Ordnung und Gruppierung der einzelnen Spieler und
Gegenspieler sehr wohl beobachten konnten, die im einzelnen nicht
ungeschickt, in ihrer Gesamtwirkung aber lange nicht so klar wie in
der zweiten Fassung des Themas zum Ausdruck kam. Sie konnte es
auch deshalb nicht sein, weil die sorgfältig, fast etwas kleinlich aus-
geführte abwechslungsreiche Landschaft gleich einen großen Teil der
146
Lufmerksamkeit des Beschauers für sich in Anspruch nahm, weil die
Figuren mehr wie eine etwas zu groß ausgefallene Staffage wirkten.
Hier hingegen haben wir es nicht mit einer ziemlich groß und reich
staffierton Landschaft zu tun, sondern mit einem ausgesprochenen
Historienbild, bei dem der Landschaft nur die Rolle eines die Handlung
selbst deutlicher hervorhebenden Hintergrundes zu spielen hat. Wir
dürfen darin siclierlich einen nicht zu unterschätzenden prinzipiellen
Fortschritt in der Kunst Lastraans als Historienmaler erblicken, der
mit zu den Momenten gehört, die auf den jungen Rembrandt von
nachhaltiger Bedeutung wurden. Unverständlich ist es, wie unter
diesen Umständen Paul Mantz in einer längeren Besprechung des
Bildes in einem Aufsatz über die Augsburger Galerie*) die Nausikaa
in der etv/as vornehmer gekleideten anmutigen Begleiterin auf dem
Wagen sehen konnte. Ein Zweifel darüber, daß es die einfach, aber
doch reich gekleidete linke Standfigur sein muß, ist doch schon durch
die Komposition ausgeschlossen. In der Gebärdensprache ist sich
Lastman aber gegen früher ziemlich gleich geblieben. Auch die
Modelle und Kostüme haben keine allzugroßen Änderungen erfahren.
Odysseus ist nur etwas kräftiger und haarreioher geworden, Nausikaa
etwas reifer und voller; sie ist über den Anblick des nackten Mannes
nur erstaunt, nicht aber furchtsam erschreckt wie vor zehn Jahren,
also ruhiger in den Bewegungen. Dasselbe gilt von den Begleiterinnen
und Dienerinnen. Sie sputen sich wohl, um möglichst schnell von
dem schlimmen Anblick des hüllenlosen Odysseus befreit zu werden,
packen eiligst ihre Sachen zusammen, ohne dabei jedoch wie damals in
eine panikähnlicho Verwirrung zu geraten. Bei einigen mischt sich in
Mienen und Bewegungen fast sogar eine kleine Freude über das
seltsam pikante Abenteuer. Die Kostüme sind wie ehedem teils
phantastisch antikisierend, teils modisch — zeigen aber in beiden
Fällen einen gewissen vläraischen Geschmack. Isabella Brant auf
ihrem um 1620 entstandenen Porträt von Rubens im Haag Susanna
Fourment auf dem um dieselbe Zeit gemalten Bild in der National
Gallery in London, oder Helene Fourment auf ihrem Münchener
Porträt, sind in sehr ähnlicher Weise dekolletiert wie Nausikaa und
ihre Begleiterin. Diese wieder trägt auch so einen Federbaretthut
wie Susanna und Helene Fourment auf den erwähnten Rubensschen
*) Gazette des beaux-Arts, Bd. XVlll (1878\ Seite 128.
10*
147
Bildern. Auf die Ähnlichkeit der noch tiefer dekolletierten Dienerinnen
auf dem Braunschweiger Bild mit den Trachten der Nymphen auf
einem im Wiener Hofmuseum dem älteren Teniers zugeschriebenen
Gemälde, wies ich dort schon hin. Auf dem Augsburger Bild wären
dafür insbesondere die Korbträgerin im Hintergrund und ihre
Begleiterinnen mit jenen zu vergleich. Hier wäre noch hinzuzufügen,
daß z. B. die van Baien wie auch Rubens selber in der Verwendung
solcher luftigen Kostüme für ihre mythologischen Frauengestalten
sich genüge taten. Und schließlich ist diese etwas demonstrative
Zurschaustellung der Brüste wohl auch auf die Modeerfindungen
zurückzuführen, die der ausgelassenen und ungebundenen Sinnen-
freudigkeit üppiger Vlamendamen mehr entsprachen als dem zurück-
haltenden und stillen Charakter holländischer Frauen.
Mit dem Fehlen der Bestürzung in den Bewegungen der Frauen
ergibt sich für die Behandlung der Gewänder von selbst auch eine
größere Ruhe im Faltenwurf, der damit zugleich auch großzügiger
wird. Im ruhigen Fluß fallen die Falten, während sie auf dem
Braunschweiger Bild im Winde unruhig hin- und herflatterten und
so auch noch den an sich schon unruhigen Gesamteindruck nach der
Richtung hin verstärkten. Die gleiche Beobachtung können wir an
dem Stilleben am Boden machen, wo sicherlich auch ein Einfluß von
der vlämischen Schule her mitwirken wird. Im übrigen läßt sich
auch ein Fortschritt in der Sicherheit der Zeichnung gegen 1609
konstatieren, ein kräftiges Gegeneinandersetzen von Licht und Schatten
mit markanterer Formbehandlung, stärkeres Betonen kleiner natura-
listischer Beobachtungen — die schmutzigen Füße und die braun-
gebrannten Hände des Odysseus — das Einflechten genrehafter Motive,
wie hier der den Fremdling ankläffende kleine Hund, Motive, die
aber auch nicht originelle Zutaten Lastmans sind, sondern sowohl in
Flandern wie in Italien massenhaft zu finden sind. Von den Kopf-
typen erinnern einige stark an Figuren des vorher besprochenen
Casseler Bildes — der Kopf der den Schirm haltenden Dienerin
dürfte z. B. identisch sein mit dem des Apoll dorten.
Wir haben in diesem Augsburger Gemälde entschieden das
erfreulichste Werk Lastmans aus dieser zweiten Periode zu erkennen,
in der es gewissermaßen den Gipfelpunkt bUdet.
148
Die um 1619 für den König Christian IV. von Dänemark ausge-
führten drei Gemälde, die mit anderen dessen Hauskapelle in dem
1859 abgebrannten Schloß Frederiksborg schmückten und über deren
Geschichte bereits in dem die Lebensgeschichte Lastmans behandelnden
Kapitel kurz berichtet wurde, sind damals bei dem Brande zerstört
worden. Nur eine flüchtige und ziemlich rohe Apuarellskizze von
F. Lund aus dem Jahre 1858 nach einem Bild davon, Christiis segnet
die Kinder (61), zeigt uns, daß jene Gemälde echt Lastmansche Produkte
aus diesen Jahren gewesen sind. Diesem Thema, aus dem sich wohl
viel machen ließe, steht Lastman ganz äußerlich gegenüber. Er kann
nichts anderes geben als einen Christus von dem Typus, den wir von
dem Amsterdamer Bilde her kennen, mit pathetisch ausgebreiteten
Armen; das bedeutet: kommt her zu mir, und drei Frauen, die dieser
Aufforderung folgen und ihre Kinder zu ihm bringen. Von diesen
wird das eine, ein kleiner Junge, der sich fromm und artig mit
gefalteten Händen den Knien des Herrn naht, von diesem nicht
beachtet, weil er sich um das Kind in der Mitte vorn zu bemühen
scheint, das seinerseits sich der Situation recht wenig angemessen
benimmt, indem es sich von der Mutter fast vordrängen läßt und
statt zu Christus zum Beschauer hinsieht. Aber vielleicht wollte es
Lastman gerade gut machen; er läßt zugleich den Knaben mit dem
rechten Arm auf den Heiland weisen, so, als wollte er den Betrachter
des Bildes auf die Hauptfigur aufmerksam machen. Die dritte,
weiter zurückstehende Frau mit turbanartigem Kopftuch, trägt ein
Wickelkind und sieht mehr zu, als daß sie sich aktiv an der Handlung
selbst beteiligt. Diese Figuren sind in die beliebte Dreieckskomposition
gebracht, gegen die rechts ein Pilaster als Senkrechte gestellt ist.
Und vor diesem stehen dann einige Jünger in nichtssagenden thea-
tralischen Posen, deren Motive uns nicht neu sind. Dies Bild, dessen
wenig befriedigender künstlerischer Gehalt auch aus der mangelhaften
Skizze deutlich genug zu Tage tritt, mag vielleicht hinter der
Kreuztragung zurückgestanden sein. Hierbei mag eine etwas stärker
auftragende Gebärdensprache, deren Lastman sich zu bedienen
pflegte, weniger unangenehm gewirkt haben,
dem Thema mehr in Einklang bringen ließ,
von Ernst und eigentümlichem Charakter, daß
bei diesem Bilde von seinem Lehrer denken
weil sie sich mit
„Es war so voll
man an Rembrandt
mußte", sagt
von
149
der Kreuztragung der bereits oben zitierte dänische Kunstschriftsteller
N. L. Höyen*).
Noch ein Gemälde aus dem Jahre 1619 ist erhalten und von
besonderem Interesse. Es war bis vor kurzem nur aus einer flüchtiseu
Kreidezeichnung von Leonard Bramer im Amsterdamer Rijksprenten-
kabinet bekannt und stellt Bathseba hei der Toilette (30) dar. Herr
P. V. Semeonoff erwähnte in seinem Galeriekataloge von 190S''*) ein
Gemälde mit dieser Darstellung im Besitze des Herrn Zabielsky in
St. Petersburg, der so liebenswürdig war, mir auf meine Bitte eine
Photographie desselben zu senden. Meine vorher auf Grund der
kurzen Beschreibung von Herrn v. Semeonoff gehegte Vermutung,
daß dies das verschollen geglaubte Original der Bramerschen Nach-
zeichnung sei, fand ich damit bestätigt. Auf die enge Beziehung,
die zwischen dieser Bathseba und der Rembrandts in der Sammlung
Jhr. Steengrachts im Haag besteht, machte schonDr.HofstededeGroot***)
im Anschluß an die Bramersche Skizze aufmerksam. An anderer Stelle
bin ich auf diese Beziehung Rembrandts zu Lastman näher einge-
gangen!). Hier haben wir das Gemälde als Glied in der Entwicklungsreihe
Lastmans zu betrachten. Außerordentlich stark betont ist die Dreiecks-
komposition der Hauptfiguren. Die Sache ist so weit getrieben, daß
wir von der linken unteren Ecke nach der rechten oberen die
Diagonale ziehen können, die zugleich die Hypotenuse des Komposi-
tionsdreieckes mit dem rechten Winkel in der unteren rechten Bildecke
ist. Diese Diagonale beginnt beim Schweif des Pfaues, geht über
ihn, vom Hals zum Kopf der Dienerin, über deren gebeugten Rücken
zum Kopf der Bathseba und von da zur haarkämmenden Alten, um
schließlich bei den auf einen Stein gelegten Gewandstücken zu
endigen. Gegen diese Querlinie setzt Lastman aber wie gewöhnlich
eine Senkrechte, die hier durch den wasserspeienden Delphin mit dem
Amor darauf gebildet wird und die sich in den gesenkten Armen
der Dienerin nach unten fortsetzt. Die Säulen des Schloßbalkons im
Hintergrund sowie einige Bäume wiederholen sie noch einmal. Es
darf aber wohl auch noch auf die in starkem Schatten liegende linke
*) Skriftes, Bd. I, Seite 233.
**) Seite XXXI.
***) Oud-HoUand, Bd. XIII (1895), Seite 238/40.
t) Monatshefte für Kunstwissenschaff, Bd. II (1909), Seite 30211.
150
ä
«Idseite hingewiesen werden, die, ebenfalls ein Dreieck bildend, der
beleuchteten hellen genau entspricht: ihre obere Begrenzungslinie
läuft fast mit der zweiton Diagonalen des Bildes zusammen, sodaß
in der Mitte, bei dem Kopf der fußwaschenden Dienerin ein stumpfer
Winkel entsteht, den die Senkrechte halbiert. Lastman hat auch in
diesem Gemälde die Komposition aufs sorgfältigste abgewogen. "Was
nun aber die Figuren im einzelnen betrifft, so befriedigen sie unsere
Schönheitsbegriffo keineswegs. Der künstlerischen Darstellung eines
vollen weiblichen Aktes zeigt sich hier Lastman nicht ganz gewachsen.
Was er malte, ist zwar ohne grobe Verzeichnungen, aber oberflächlich
und unbeholfen in Ausführung und Auffassung. Sie sitzt nicht
fest, mit ihren Armen und Händen weiß sie nicht wohin.*) Für
Lastman selber war vielleicht interessanter die Fußwä^cherin
wegen der Haltung mit der starken Verkürzung und wegen der
grellen Beleuchtung. Wen man will, kann man sie caravaggiesk
nennen und sich dabei des Mannes auf Caravaggios Grablegung Christi
im Louvre erinnern, der die Beine des Herrn umfaßt.
Die technische Behandlung scheint — nach der Photographie
zu urteilen — auch woniger sorgfältig zu sein.
Gerade im Vergleich zu dem 1614 gemalten Bilde der Susanna
mit den beiden Alten zeigt das Bathsebabild, besonders was die
Behandlung der Aktfigur betrifft, eine Verschlechterung, die sich
wohl mit daraus erklären läßt, daß Lastman mehr und mehr das
sorgfältige Studium nach dem Modell vernachlässigte und sich vielmehr
auf seine allmählich gewonnene Routine verließ. Gegen jene Figur
der Susanna, die doch immerhin noch von einem gewissen Reiz ist,
fällt diese Bathseba sohr stark ab. „Die Farben sind hart und geben
dem ganzen einen unruhigen Charakter**)".
Das Thema der Darstellung weiblicher Aktfiguren gibt Ver-
anlassung zur Besprechung zweier anderer Gemälde mit nackten
Frauenfiguren. Das eine befindet sich im Museum zu Cork und
wird dort Toilette der Venus (103) betitelt. Leider stehen mir von
dem sehr großen (116,2:155) Gemälde nur zwei vollkommen unzu-
längliche Photographien zur Verfügung, sodaß ich mich weder über
*) Merkwürdig ist die fast gleiche Stellung der Venus auf A. v. d. WerlTs Bild
„Venus und Amor" in der Dresdener Galerie (Nr. 1815).
♦*) Briefliche Mitteilung von Herrn von Semeonoff.
161
die richtige Zuschreibung noch über die Darstellung als solche
bestimmt äußern kann. Ich behalte mir es für eine spätere Gelegenheit
vor. Entdeckt wurde dies Bild von dem Direktor der National Gallery
in Dublin, Sir Walter Armstrong. (Nach dessen Ansicht ist das
Stück Tuch vor der Scham der liegenden Figur später hinzugemalt
worden*)). Auch hier haben wir streng linearen Aufbau der drei
nackten Figuren in einem rechtwinkeligen Dreieck, dessen Katheten
parallel dem unteren und rechten Bildrand verlaufen, während der
Hypotenusenrichtung die Bilddiagonale sowie die Begrenzungslinie
des Waldes im Hintergrund parallel sind. Was für die Beleuchtung
von dem Bathsebabilde galt, trifft wohl auch für das Corker Gemälde
zu. Die hell beleuchteten nackten Figuren stehen in starkem Gegensatz
zu den beiden bekleideten Figuren sowie zu der Landschaft.
Diesem Bild scheint das andere hier zu besprechende Gemälde sehr
nahe zu stehen, auf das mich jüngst noch Herr Dr. C. Hofstede de
Groot freundlichst aufmerksam machte. Die Besitzer waren so
liebenswürdig, mir mit einer guten Photographie und Auskünften an
die Hand zu gehen. Auf dem in sehr schmalem Breitformat gehalten
Bild ist die Geschichte von Diana und Äktäon (104) dargestellt. Auf
den ersten Blick hin ist man über die Zuschreibung des Bildes an
Lastman überrascht, bei näherem Hinzusehen findet man jedoch in
den weiblichen Gesichtstypen, in den Gebärden Ähnlichkeiten mit
anderen gesicherten Lastmanschen Figuren. Besonders die dritte
Figur von rechts ist dafür ausschlaggebend, deren Gesicht besonders
dem der Engel auf dem Bild Abraham empfängt die drei Engel der
Sammlung Semeonoff ähnlich ist. Im Übrigen läßt der ganze Stil
des Bildes stark an Utrechter Meister denken, etwa an das Bild
gleichen Gegenstandes von Antonis van Montfort in der Wiener
Galerie und andererseits auch wieder an Italiener des Seicento, an
Domenichino z. B., dessen berühmtem Fest der Diana in der Galerie
Borghese in Rom man es von Ferne etwa an die Seite stellen möchte.
Die weiblichen Aktfiguren auf Lastmans Bild erscheinen plastischer
und greifbarer als die des A. van Montfort, wenngleich auch
etwas weichlicher, rundlicher. Sie berühren sich da eher mit
Figuren von A. van Nieulandt, nur daß dieser wie Poelenburg
seine Bilder in viel kleinerem Formate ausführte, und daß seine
*) Briefliche Mitteilung von Herrn Direktor W. A. MuUigan in Cork.
152
derartigen Gemälde meist aus späterer Zeit datieren, aus den 40er
und 50er Jahren. Wie wir schon wissen, hat A. v. Nieulandt wie
Lastman auch für das Betzimmer Christians IV. in Schloß Frederiks-
borg gemalt. Was die Datierung des Bildes betrifft, dessen Ausführung
im Gegensatz zu der eben besprochenen Bathseha sehr sorgfältig,
wenn auch an einzelnen Stellen etwas hart zu sein scheint, so wage
ich auf Grund der mir zur Verfügung stehenden Abbildung nur
dahin zu urteilen, daß es zwar nicht zu den Frühwerken gehört, aber
wohl auch nicht in die spätere Schaffensperiode.
Im Prinzip ganz dieselbe Komposition wie das Augsburger
Odysseusbild, nur rechts um eine Reiterfigur bereichert, weist die
1620 datierte Taufe des Kämmerers (86) in München auf. Diese Reiter-
figur hat der auf der linken Seite aufrecht stehenden Einzelfigur das
Gegengewicht zu halten. (Sie ist auch deshalb interessant, weil sie
von Rembrandt übernommen wird). Vorbereitet war sie bereits in
früheren Gemälden durch die ganz an den Bildrand gerückten
stehenden Figuren (mit großem Buch — auf dem Amsterdamer
Gemälde von 1617 z. B.). Das Schema ist nun so, daß sich in der
Mitte zwischen zwei Senkrechten die vielfigurige Pyramide aufbaut.
Es unterliegt wolil keinem Zweifel, daß Lastman auf eine harmonische
klare äußerliche Komposition besonderen Wert legte. Und ein
allmählicher Fortschritt ist unverkennbar und deutlich fühlbar, wenn wir
— wie vorhin bei dem Odysseusbild — auch hier eine ein gutes Jahrzehnt
früher entstandene Darstellung des gleichen Gegenstandes zum Vergleich
heranziehen, das Berliner Bild von 1608. In beiden Fällen machen
wir dann die Grundbeobachtung: das Interesse des Malers an der
sorgfältigen Ausarbeitung der Landschaft hat einer Bevorzugung der
Figuren und ihrer kunstvollen Anordnung auf der Bildtafel Platz
gemacht. Damit steht im Einklang die früher noch etwas ungeschickte,
plumpe Zeichnung der Figuren — im Gegensatz zur Landschaft —
und die ziemlich oberflächliche, mehr summarische Behandlung der
Landschaft jetzt, 1620 — im Gegensatz zu den in den mannigfal-
tigsten Stellungen gezeichneten Figuren, die deutlich eine lange
Beschäftigung mit Modellstudien verraten. Je länger man übrigens
die Figuren des Münchener Bildes betrachtet, um so mehr ge^vinnt
es den Anschein, als sei auch versucht worden, die äußerlichen Posen
der Figuren in ein gewisses inneres gegenseitiges Verhältnis zu
1B3
einander zu bringen. Der Diener links sieht nach rechts auf den
Tautakt, der auch das Interesse der rechts stehenden Personen in
Anspruch nimmt bis auf einen, den vordersten knienden Jüngling,
der sich nach rechts umwenden muß, um die Verbindung mit dem
Reiter ganz rechts herzustellen. Zum gleichen Zweck schaut der
Hund dazwischen noch zu seinem Herrn empor, der selbst lächelnd
zu dem erstgenannten knienden Jüngling niederblickt. Die Verbindung
der Figuren ist also auch so, ich möchte sagen, „halbinnerlich" her-
gestellt, und zugleich wird die Aufmerksamkeit auf die handelnde
Hauptgruppe hingelenkt. Aber im Grunde wird diese Absicht doch
nicht erreicht, sie ist viel zu stark überwuchert von dem Bestreben,
in einem bestimmten Kompositionsschema viele Figuren in möghchst
verschiedenartigen Stellungen vorzuführen. Der Fehler ist eben der,
daß Lastman die Komposition nicht so sehr von innen heraus
gestaltet, will sagen für ein bestimmtes Thema die angemessenste
Kompositionsform, die der Darstellung des Themas auch ihrerseits
künstlerisch zugute kommt, sucht, sondern umgekehrt, jedes Thema
in eines der nicht allzuzahlreichen Grundschemata hineinzwängt.
Wenn hier auf dem Münchener Bilde die Figuren auch verhältnis-
mäßig noch sehr in der Fläche behandelt sind, so scheint Lastman
das selbst empfunden zu haben. In einer dritten Fassung der Taufe
des Kämmerers (von 1622) hat er das Problem anders gestellt; da
kommt es ihm überhaupt weniger auf die Zahl der Figuren als
vielmehr auf die Tiefen- und Raumwirkung an.
Ein Bild mit nur wenigen Figuren vom Jahre 1621 besaß noch
Herr P. von Semeonoff in St. Petersburg, Abraham empfängt die drei
Engel (5). Wie mir der Besitzer freundlichst mitteilte, steht das Bild
bezüglich des Helldunkels Rembrandt am nächsten. So weit ich nach
der Photographie urteilen kann, handelt es sich in der Tat um eine
ganz interessante Beleuchtung — im Freien. Das Gesicht des im
Profil knienden Abraham liegt im Schatten, ebenso der eine Engel,
der rechts von ihm in der Mitte des Budes, am meisten zurück in
voller Face-Ansicht dunkel gegen den hellen Himmel steht. Diese
Kontrastwirkung ist von Lastman wohl sicher beabsichtigt, kommt
auch noch anderwärts vor. Der Horizont ist ganz in die Tiefe gerückt,
wie auf dem Augsburger Odysseusbild. Die Landschaft ist nur
nebensächlich links als Kulisse und rechts hinten als niedrige Sühouette
164
behandelt. Das Gemälde scheint bis zu einem gewissen Grade auf
die effektvolle Wirkung von hellem Licht und dunklem Schatten
berechnet zu sein, während die Komposition im Grunde auf Raffaela
Darstellung in den Loggien beruht. Daß hier nicht der für die
malerische Wiedergabe wirkungsvollste Moment der biblischen Geschichte
von Lastman herausgefühlt und festgehalten ist, der die große und
weihevolle Stimmung auszudrücken vermöchte, die in den paar
Bibelworten liegt: „Und als er seine Augen aufhub und sah, siehe
da stunden drei Männer vor ihm. Und da er sie sah, lief er ihnen
entgegen vor der Tür seiner Hütte und bückte sich nieder auf die
Erde." Diesen Augenblick wählte Raffael: die Engel heißen den
fromm ergebenen Greis sich aufrichten, und für beide sind die an-
gemessenen und wirklich sprechenden Bewegungen gegeben. Für den
empfindenden Leser des Bibeltextes liegen diese Vorgänge zwischen
dem eben zitierten und dem folgenden Vers, der mit den Worten
„und sprach" beginnt. Denn Abraham wird erst sprechen, nachdem
er von den Engeln dazu aufgefordert worden ist. Diesen Moment,
wie die Engel den Abraham sich erheben heißen, gibt Raffaels
Komposition wieder. Lastman dagegen liest beide Verse gleichsam
in einem Atem zusammen. Für ihn bückt sich und spricht Abraham
gleichzeitig. Seine Engel haben dann nichts weiter zu tun, als zu-
zuhören. Ihre Gesten haben nichts auszudrücken. Man hat das
Gefühl, wie wenn man Schauspielern zusieht, die eine lange Kede
schweigend anzuhören haben und dabei nicht ganz still und steif
dastehen wollen. Die Lastmanschen Schauspieler entledigen sich
ihrer Rolle nur unzureichend, weil der Regisseur — Lastman — den
Text nur äußerlich beherrscht und deshalb auch nicht besser zu
interpretieren versteht, vor allem ihm nicht die „bildmäßige Erscheinung
abzugewinnen" vermag.
Das aus demselben Jahre stammende Gemälde Jonas, der vom
Walfisch ausgespien wird (38) verdankte, wenn es — wie sehr wahr-
scheinlich ist — zu den in zwei ganz wenig verschiedenen Kupfer-
stichen von C. van Dalen d. J. und dem von W. Vaillant im Gegensinn
geschabten Folioblatt das Original ist, sein Entstehen dem Auftrage
eines Kaufmannes, der dasselbe gewissermaßen als eine Art Firmen-
schild benutzte. Dieser Isaak Boddens, in der Warmoestraat in
Amsterdam wohnend, hatte dann natürlich auch die kleinen Stiche
155
von van Dalen bestellt. Insofern ist also das Bild ganz interessant,
als es zu jener Gruppe von künstlerischen Firmenschildern zu rechnen
wäre. Es unterscheidet sich von diesen nur insofern, als es nicht
den Erwerbszweig angibt, sondern nur Bezug nimmt auf den Namen
des Hauses, in dem Boddens wohnte. (Die Häuser hatten in Holland
früher meist derartige Namen. Lastman selbst z. B. kaufte das
Haus „zum Predigtstuhl" (Kanzel), der alte und der Junge Cuyp —
bis zu seiner Verheiratung — wohnten in Dordrecht in dem Hause
„zum Samson" u. s. w.). Künstlerisch betrachtet ist das Bild aber
von sehr geringem Werte. Höchstens könnte man sich noch kopf-
schüttelnd fragen: Sollte Lastman etwa wirklich bei der Gestaltung
seines entfliehenden Jonas wieder bei Raffael sich haben inspirieren
lassen, an dem Orte, wo er sicher viel gelernt hat, in den Loggien
im Vatikan? Etwa an dem Gott Vater beim Scheiden von Licht
und Finsternis? Diese Möglichkeit braucht nicht ausgeschlossen zu
werden, wenn auch vielleicht eine Beeinflussung durch die Apollfigur
auf Giulio Romanos Fresko im Palazzo Ducale in Mantua noch
größere Wahrsclieinlichkeit für sich hat*).
Die Auferweckung des Lazarus (67) von 1622 im Mauritshuis im
Haag ist ein Bild voUer Figuren in warmem, blondem Ton, trotz
der Buntheit der Gewänder. Vosmaer fand in dem Gemälde zweierlei
Tendenzen zum Ausdruck gebracht: die eine italienische, und die
andere originale. Der Vordergrund ist bestimmt und klar gemalt,
während das übrige weicher ist, mehr Tranzparenz in den Schatten
besitzt und bis zu einem gewissen Grade den bisher im „Werke"
Lastmans unbekannten „charme du mystere", des Immateriellen hat,
der uns bei Rembrandt gefangen nimmt. Vosmaer, im Glauben, das
Bild sei 1632 entstanden, findet darin wirklich „einen Berührungspunkt
von Lehrer und Schüler, eines der Glieder, die jenen mittelmäßigen
Meister mit dem Genie des Schülers verknüpfen. Aber es drängt
sich dabei die Frage auf: hat Lastman diese Ähnlichkeiten, diese
Lichtelemente etwa seinem bereits berühmten Schüler entlehnt — oder
dürfen wir es wagen, sie als Keime einer Ai't zu sehen und zu
fühlen anzunehmen, die bei Rembrandt zur höchsten Blüte reiften?"
')
Vosmaer neigte zu der zweiten Annahme — weil diese Arbeit nicht
allein stehe, sondern das Bild von 1629 des Haarlemer Museums
*) Hierauf wies mich Herr Professor Goldschmidt hin.
156
weiteres Beweismaterial dafür böte. Ist in dem Haager Bild nun
aber wirklich etwas von Rembrandtischem Licht zu spüren? Dann
hätte Vosmaer richtig geschlossen, daß in Lastman selbständig eine,
wenn auch noch so geringe, Spur vom Geiste Rembrandts lebte, denn
dies Bild ist in Wirklichkeit nicht erst 1632 (wie er irrtümlich
las), in dem Entstehungsjahr der Anatomie, sondern bereits 1622 gemalt.
Die Möglichkeit der Rückbeeinflussung des Lehrers durch den einstigen
Schüler besteht nicht. Die gänzlich anders empfundene und gemalte
Haarlemer Anbetung der Hirten, die allerdings ziemlich stark
Rembrandtisch, aber nicht von Pieter Lastman ist und auch nicht
von 1629 sein kann — die Jahreszahl ist gar nicht mehr zu ent-
ziffern — , muß eben ausgeschaltet werden bei dieser Frage. Und
wenn wir nun noch einmal fragen, ob in der Auferweckung des Lazarus
wirklich ein Hauch vom Geiste Rembrandts vorauszuahnen ist — so
können wir schwerlich die Antwort „ja" darauf geben. Das Bild
hängt jetzt neben der 1632 gemalten Anatomie an derselben Wand,
an der auch Rembrandts Darstellung im Tempel von 1631 zu sehen ist, die
Vergleichsmöglichkeiten sind also gegeben. Wo ist auf Lastmans Bild die
Transparenz der Schatten! Alle in der Grotte befindlichen Personen sind
von einer nicht sichtbaren Lichtquelle aus hell beleuchtet, sodaß bei vielen
starke Schatten entstehen. Von einem Fühlbarmtichen des Höhlen-
raumes durch die Beleuchtung kann kaum die Rede sein. Wenn im
Hintergrund nicht die Öffnung und der Ausblick ins Freie wäre, so
könnte die Szene ebensogut vor einer dunkeln Wand spielen. Allein
die drei Frauenfiguren draußen, von denen zwei von einem starken
Schatten zum Teil getroffen werden, könnte man vielleicht in
Vosmaerschem Sinne deuten wollen. Doch handelt es sich bei ihnen
auch wieder um Figuren, die sich im F r e i e n , im Licht und nicht
im Halbdunkel befinden. Meinem Empfinden nach haben wir viel-
mehr ein Bild vor uns, das schon ziemlich stark den Niedergang
Lastmanscher Kunst verrät. Es weist nur einen blonderen, warm-
gelberen Gesamtton auf als die anderen, es fehlt nämlich fast
jegliches Laub, auf dessen bei Lastman meist sehr blaugrün oder
schwärzlichbraun getönte Massen ein großer Teil der kühleren
Gesamtwirkung dieser Bilder zu setzen ist. Die Typen der Figuren
sind unsympathisch, die Gewandbeliaudlung ist grob. Der Mantel des
Chiistus macht den Eindruck, als sei er aus Kuchenteig. Die Handlung
157
selbst ist wieder nur ganz äußerlich zur Darstellung gebracht, jede
Figur ist für sich hingestellt, ohne mit den anderen in innere Be-
ziehung gebracht zu sein — der alte Mangel. Die Komposition
dagegen baut sich wieder nach einem bestimmten Schema auf:
Dreieck mit Christus als Senkrechter und gleichzeitig als räumlichem
Mittelpunkt der um ihn herumgruppierten Zuschauer. Aber die
Wirkung ist doch nicht einheitlich; die Figuren erscheinen ziemlich
durcheinandergewürfelt.
Sicher etwas früher wird das weniger gut erhaltene ähnliche
Bild im Besitze von Frau K. Witte ein Alkmaar (6G) entstanden sein, das
im wesentlichen mit dem Haager Bild verwandt, aber dunkler, grün-
braun im Ton und flüchtiger in der Ausfühmng ist. Die Typen
und die Haltungen der einzelnen Figuren schließen sich an das
Amsterdamer Bild mit dem kananäischen Weibe an, z. B. Christus
und der rechts neben ihm stehende Jünger. Anderes berührt sich
wieder enger mit der Auferweckung im Mauritshuis.
Vosmaer erwähnte in seinem Katalog der Werke Lastmans schon
fünf Bilder dieses Gegenstandes, die er aber auf zwei wirklich vor-
handen gewesene reduzieren zu dürfen glaubte. In unserem Katalog
haben wir noch vier weitere alte Erwähnungen hinzufügen können.
Nur bei einem von den sieben nicht mehr nachweisbaren Stücken
findet sich außer der Titelangabe auch eine Maßangabe, bei unserer Nr. 68.
Das war ein bedeutend kleineres Bild als die beiden in Alkmaar und im
Haag,sodaßmindestensdreiverschiedeneDarste]lungen der Auferweckung
des Lazarus als sicher anzunehmen sind. Die anderen Erwähnungen
werden vielleicht auf diese drei Bilder verteilt werden können.
Aus dem Jahre 1622 sind noch zwei weitere Gemälde erhalten,
ein umfangreiches in Boulogne sur Mer: Laban der von Jakob und
Bahel die entwendeten Idole zurückverlangt (17), sowie eine Taufe des
Kämmerers in der Kunsthalle zu Karlsruhe. Das Bild in Boulogne
sur Mer befindet sich in einem sehr schlechten Erhaltungszustand.
Es zeigt uns Lastman auf der in den letzten Jahren eingeschlagenen
Bahn weiterschreitend : Betonung des äußeren Kompositionsschemas,
wärmeres Gesamtkolorit und Einfügung von genrehaften Motiven
sowie Tieren. Die Komposition baut sich rechts zu einem Dreieck
auf, gegen das links die wuchtige Senkrechte (Laban) gestellt ist.
Die Fleischfarben sind bei den Männern sehr braun, bei den Frauen
158
aber — wie auch früher stets — weißlich kühl und unangenehm
wirkend. Das genrehafte Beiwerk nimmt einen ziemlich breiten
Ilaum ein. Links vom steht ein ganz gut gemalter Hund, dahinter
sieht man einen großen Ochsenkopf und anderes Vieh. Rechts befindet
sich Geschirr, eine Messingkanne, Kupferkessel und ein Geflügelkorb
von der Art, wie man sie z. B. bei Pieter Aertsen sehen kann. Daß
wir unter den Figuren lauter alten Bekannten begegnen, kann uns
jetzt nicht mehr wundernehmen, ebenso, daß wir sie schon in ähn-
lichen Stellungen mehrmals sahen. Es hat keinen Zweck, alle einzeln
durchzugehen, nur auf die augenfälligsten mag hingewiesen werden:
auf den halbbekleideten Mann, der das Tuch aus dem Koffer geholt
hat, dem der Mann entspricht, der den Lazarus aus den Tüchern
wickelt (auf dem Bild bei Frau Witte in Alkmaar); ferner auf den
gepanzerten, en face stehenden Krieger, der schon auf dem Braun-
schweiger Bild von 1G18 vorkam und uns später noch einmal begegnen
wird. Eigentümlich ist die etwas in Unteransicht liegende Rahel.
Die Besprechung der Taufe des Kämmerers in München be-
schlossen wir mit einem Hinweis auf ein drittes Gemälde dieses
Gegenstandes und auf die andere Fragestellung, von der aus Lastman
dieses dritte Mal die Komposition gestaltete: in dem Bilde von 1622
in Karlsruhe (85). Wie das erste Mal (1608 in Berlin) verzichtet er
auf einen größeren Figurenapparat und bringt den Apostel und den
Kämmerer, den jener tauft, ganz allein im Vordergrunde rechts, wo ein
Bach nach vorn fließt. Auf der linken Bildseite steht auf breiter Straße
der Wagen, der im Gegensatz zur Bewegung des Wassers des im Bogen
nach vorn fließenden Baches durch seine Richtung und die starke
Rückverkürzung den Beschauer in die Tiefe führt. Somit sehen wir
Lastman sich zwar bezüglich der Figuren, ihrer Stellungen und Typen
mehr und mehr wiederholen. Wir müssen ihm aber zugleich
zugestehen, daß er dennoch, wenn es gilt, ein Thema zum zweiten
oder dritten Male zu behandeln (innerhalb verschiedener Zeitperioden),
sich kompositionoll nicht mit dem einst zustandegobrachten begnügt,
sondern von neuen Gesichtspunkten aus an die Arbeit geht.
Eine Vergleichung des 1614 gemalten Bildes, das P. v. Semeonoff
in seinem Katalog erwähnt, angeblich die Frau des Abraham, Sara,
auf dem Wege zur Residenz des Mdchisedek darstellend, dessen jetziger
Besitzer leider nicht mehr festzustellen ist, mit einem späteren Bilde
159
ähnlichen (bezw. gleichen) Gegenstandes, hätte vielleicht ein ähnliches
Resultat ergeben und die Verstärkung der Raum- und Tiefenwirkung
des späteren Werkes gegenüber dem früheren gezeigt. Das ver-
hältnismäßig hübsche Bild im Besitze des Herrn Rechtsanwaltes
Aug. Lürman in Bremen, das Abraham mit den Seinen, dem der Herr
das gelobte Land zeigt (2), darstellt, ist 1624 in einem ebenso niedrigen
Breitformat wie das Aktäonbüd der Sammlung Wagenhoff-Dolch
in Paris gemalt. Es zerfällt in zwei gleichgroße Teile, deren Grenze
noch durch das Steindenkmal in der Mitte hervorgehoben wird. Links
spielt sich die eigentliche Handlung ab, während die ganze rechte
Hälfte von Viehherden und Nebenfiguren eingenommen wird. Das
Thema ist, wie schon oben angedeutet wurde, ziemlich ungewöhnlich.
Vielleicht darf man aber mit einiger Sicherheit annehmen, daß es auf
venezianische Anregungen zurückgeht. In Wien befindet sich z. B.
ein Bild von Francesco Bassano*), auf dem — wenn auch etwas
anders — das gleiche Thema dargestellt wird. Daß bei den Bassani
das Beiwerk, Geschirr, Tiere u. s. w. eine außerordentliche Rolle
spielen, ist zu bekannt, als daß es noch besonderer Hervorhebung be-
dürfte. Die Art und Weise, wie das Vieh im Zuge hingestellt ist
und posiert, ist bei beiden ungefähr gleich.
Es verlohnt auch hier nicht, auf die Einzelheiten des Gemäldes
um ihrer selbst willen einzugehen. Wir haben ja schon gesehen,
daß Lastman gerade darin immer weniger erfreulich wird und neues
kaum mehr bietet.
Nicht viel besser ergeht es uns bei dem Bild der Predigt Johannis
des Täufers (48) vom Jahre 1627, das auf der Versteigerung Raedt van
Oldenbarnevelt in Amsterdam am 6. Nov. 1900 versteigert wurde.
In der Komposition zeigt es allerdings eine andere Form, die ja
freilich durch das Thema mit bedingt war und die wir auch von
anderen Meistern angewandt finden : die Gruppierung der Zuhörer im
Kreise um den erhöht stehenden predigenden Johannes herum, womit
auch eine größere Raumwirkung in die Tiefe erzielt wird. Noch
mehr macht sich hier die Ansicht einiger Figuren in starker Unter-
verkürzung bemerkbar, nicht gerade zum Vorteil des Gemäldes.
Dann finden wir zahlreiche Modelle, die uns von früheren Gemälden
her bekannt sind, wie z. B. der Reiter rechts von der Münchener
*) Katalog Nr. 266.
160
Kämmerertaufe, oder die sitzende Frau vorn rechts von der Mitte,
die fast ganz genau so schon auf dem Bild in Boulogne s. M. vor-
kam. Genrehaftes, ist reichlich vorhanden und läßt wieder stark an
die Bassani denken. Z. B. der kleine Junge, der links auf die
Mauer klettert, mit dem hinten herausguckenden Hemdzipfel, ist
direkt eine Bassanofigur. Ich verweise auf die Predigt Johannis des
Täufers von Francesco Bassano d. J. in S. Giacomo dell'Orto in
Venedig, wo er vorn in der Mitte zu sehen ist; oder auf den auf
dem Schimmel sitzenden Jungen auf dem Bilde Jakob auf der Rück-
kehr von Kanaan im Palazzo ducale in Venedig. Auf dem erst-
genannten Gemälde finden wir auch noch andere Motive, die Lastman
entlehnt haben könnte; z. B. der sein Haupt stützende alte Mann zu
Füßen des Johannes, schließlich auch die Reiterfigur rechts (auf
beiden Bildern), die Mutter mit dem Kind im Arm. Bei diesem
wahrscheinlichen Zurückgreifen Lastmans auf die Bassani ist zu be-
denken, daß z. B. David Teniers der Jüngere „nicht nur ihre Werke
kopierte, sondern sich auch Motive aus ihnen zu eigen machte"*)
(vergl. z. B. das Schäferbild in der Liechtensteingalerie in Wien,
Zottmann, Tafel XIII Nr. 29). Und dabei ist auch an die beliebten
Jahreszeiten- und Monatsdarstellungen (von van Baien in München
beispielsweise) zu erinnern. „Sicherlich ist auch Elsheimers Knnst
nicht ganz unberührt von der Kenntnis ihres [der Bassani] Helldunkels
geblieben**). Aber nicht nur davon, auch eine bestimmte Art der
Figurengruppierung scheint Elsheimer ihnen abgesehen zu haben;
wie er z. B. einen Akt ganz in die linke Bildecke hineinfügt. Der
barmherzige Samariter im Louvre (Nr. 2711) und der Tod der Prokria
bei Lord Methuen in Corsham House lassen an den barmherzigen
Samariter von Francesco Bassano im Wiener Hofmuseum (Nr. 283)
denken. Eine Kenntnis der Werke der Bassani darf bei Lastman
auch deshalb als sicher vorausgesetzt werden, weil deren Werke
durch Stech- und Schabkunst eine außerordentliche Verbreitung fanden.
Schon van Mander***) erzählt, daß Joan Sadeler und seine zwei
Brüder Bilder nach Bassano gestochen haben, unter anderen ein
damals (1G04) in Amsterdam bei loan Icket befindliches Ölgemälde
*) L. Zottmann, Zur Kunst der Bassani, Straßburg (HeiU) 1908, Seite 69.
**) Zottraann a. a. 0.
**♦) In der Lebensbeschreibung des Jacopo Bassano.
11
161
der Verkündigung der Engel an die Hirten, ein Bild von wunder-
barer Zeichnung und Malweise. Unter den Stichen der verschiedenen
Sadeler sind nach Bassano 1) die drei berühmten sogenannten Küchen
zu nennen: Christus bei Maria und Martha, das Gastmahl des reichen
Mannes und der arme Lazarus (von Jan Sadeler), sowie Jesus mit
den Jüngern in Emaus (von Raphael Sadeler). Andere Blätter sind
(von Aegid. Sadeler): Christoph mit dem Kinde (von 1605), Verkündigung
an die Hirten; (von Jan Sadeler) : die vier Jahreszeiten nach Leandro
Bassano; (von Raphael Sadeler): Anbetung der Könige, Jesus bei
Martha, die vier Jahreszeiten, zwei Landschaften mit vielen Figuren
und Tieren.
Weiter ist von niederländischen Künstlern, die nach den Bassani
stachen, auch Com. Galle (1576 — 1650) zu nennen mit der Verkün-
digung an die Hirten und einem armen Lazarus nach J. Bassano.
Als niederländischer Nachahmer der Bassani ist zu erwähnen Pieter
Corn. van Rijck (geb. in Delft 1568; 1604 in Haarlem erwähnt). Er
war ein Schüler von Jacob Willemsz Delff und wohnte 15 Jahre in
Italien; angeblich 1628 starb er. Van Mander nennt ihn einen
ausgezeichneten Nachahmer des Bassano. Bezeichnete und datierte
Gemälde von ihm befinden sich in Braunschweig (von 1604) und in
Haarlem (von 1621); ein ihm zugeschriebenes in Amsterdam im
Rijksmuseum.
Die ausdrückliche Hervorhebung der von Bassano beliebten
Tierdarstellungen durch van Mander (in der Biographie des Bassano)
ist jedenfalls auch wesentlich für die Bedeutung, die man den Bassani
in Bezug auf ihren Einfluß auf Lastmans Tierdarstellungen in späteren
Jahren — und auch für die Entwicklung des Tierbildes in Holland
überhaupt — einräumen muß. Lastman war nämlich in der Tat
ein regelrechter Tiermaler. Sowohl aus jenen Bildern seiner späteren
Periode konnten wir das erkennen, wie auch deutlich die zahlreichen
selbständigen Gemälde und Zeichnungen von Tieren dafür sprechen,
die wir in seinem Inventar erwähnt finden. Nr. 26 (unserer Zählung)
stellt einen kleinen Hund dar, der von ihm selbst gemalt wurde.
Andere Stücke, wo der Maler nicht ausdrücklich genannt wird, werden
zum Teil doch auf Lastman zurückgehen. Das sind : Kopien nach
einem Widder und Geißen (Nrn. 41, 42, 43), Ocbsenkopf (Nr. 59),
Leopard u. a., Kopien nach Vögeln (Nr. 60), ein Ochsenkopf mit
162
zwei Hunden (Nr. 61), einige Pferdeköpfe (Nr. 62), ein Pfau, ein
Krokodil, eine Geiß (Nr. 63), ein Lamm, eine Kopie eines Pfaues und
eines weiblichen Pfaues (Nr. 64), zwei Böcke, Gänse, ein kleiner Hund,
ein Ochse (Nr. 65), ein kleiner Hund, ein Hahnenkampf (Nr. 66), ein
Kasten mit Zeichnungen von Pferden (Nr. 71).
Bezeichnend ist auch, daß Lastman von Savery, dem beliebten
Tiermaler jener Zeit, ein Kamel (wohl ein Gemälde) besaß (Nr. 39),
Mit der Jahreszahl 1628 und dem Monogramm ist ein Porträt
eines etiva 50jährigen Manne,- (121) signiert, das sich mit einem Pendant,
ebenfalls einem Männlichen Bildnis (lii2) in der Galerie des fürstlichen
Schlosses in Bückeburg befindet. Die Bilder galten dort als Werke
von D. Teniers d. J. Detf Hinweis auf sie verdanke ich einer freund-
lichen Mitteilung von Herrn Professor Dr. W. Martin im Haag, der
sie vor ein paar Jahren als Werke unseres Malers erkannte. Das
eine ist deutlich signiert und datiert und kann daher unmöglich von
D. Teniers herrühren; das andere dagegen weist in der unteren
rechten Ecke nur noch undeutliche Spuren von einem Monogramm
und scheinbar auch von einer Jahreszahl auf. Jedenfalls sind sich
die beiden Stücke stilistisch so ähnlich, daß man ihre Entstehung
von ein und derselben Hand und wohl auch in ziemlich gleicher Zeit
anzunehmen berechtigt ist. Man muß dabei nur dem Umstände
Rechnung tragen, daß das zweite Bild stark übermalt ist.
Lastman tritt uns in diesen Bildern das einzige Mal als Porträt-
maler gegenüber, zu einer Zeit, wo er bereits unter Krankheit zu
leiden hatte. Denn am 5. März jenes Jahres sahen wir ihn ein Testament
machen (vergl. Seite 15). Nicht ganz ein Jahr später war er noch heftiger
erkrankt und testierte abermals vor seinem Notar Lamberti (vergl.
Seite 16). Wenn nicht in der Zeit vor dem 6. März, so muß nach diesem
Datum jenes erstgenannte Porträt (und wahrscheinlich auch das
andere) gemalt sein.
Die Bilder sind die einzigen Porträts von der Hand Lastmans,
die uns erhalten sind, von dem wir andere in der Literatur bis jetzt
aber auch nicht erwähnt fanden. Man darf daher wohl annehmen,
daß er nur selten porträtiert hat. Dazu paßt auch die etwas
zaghafte Art der Ausführung, besonders des einen gut erhaltenen
Stückes, die nur durch kloine Tupfen und Strichelchen erreichte
Modellierung. Die Porträtähnlichkeit scheint ganz gut getroffen zu sein.
11*
163
Der Kopf des Mannes mit den etwas zusammengekniffenen,
gleichsam blinzelnden Augen verfügt sogar über ein leidliches Quantum
von Leben. Der andere freilich ist ziemlich starr; man merkt ihm
das lästige Sitzen zum Porträtiertwerden an.
Was nun die Personen der Dargestellten betrifft, so können wir
darüber nur eine Hypothese vorbringen, über deren größere oder
geringere Wahrscheinlichkeit der Leser befinden mag. Unter den
der dementia Zeegers, der Tochter von Lastmans älterem Bruder
Zeeger Pietersz, gehörenden Gemälden, die im Jahre 1664 bei ihrem
Schwiegersohn Jean Meerman aufbewahrt wurden (vergl. Seite 24),
finden wir an letzter Stelle drei Porträts aufgezählt: eins von Pieter
Lastman, eins von Zeeger Pietersz, und eins von Albert Eggerick.
Da Zeeger Pietersz kein Maler war, so kann der Text nicht so verstanden
werden, als seien jene Bilder von den G-enannten gemalt worden, sondern
nur so, daß die Namen der Dargestellten angegeben werden. Die
schon von Bredius und de Roever ausgesprochene Vermutung, daß
jenes erstgenannte Porträt Pieter Lastmans das von Thomas de
Keyser gemalt sei, zu dem Vondel die bekannten Verse gedichtet
hat, ist wohl möglich. Denn Lastman war im Hause seines Bruders
Zeeger Pietersz die letzte Zeit bis zu seinem Tode gepflegt worden
und hatte ihn in seinem letzten Testament vom 13. Mai 1632 zum
Universalerben gemacht. Nun darf bei dem datierten Porträt in
Bückeburg wohl die Vermutung ausgesprochen werden, daß es mit
dem zweiten der erwähnten Bilder, nämlich mit dem Porträt dieses
Bruders Zeeger Pietersz identisch ist. Dieser war nämlich von
Lastmans Brüdern der einzige, der 1628 noch am Leben war. Darin, daß
Lastman sidi bei ihm, mit dem er offenbar in besten Beziehungen
stand, einmal als Porträtmaler versuchte, liegt nichts unwahrscheinliches,
und ebenso natürlich ist es, daß die Tochter dieses Zeeger Pietersz .das Bild
ihres Vaters (wie auch das ihres Onkels) bewahrte. Zeeger Pietersz war
1578 geboren, zählte 1628 also 50 Jahre, ein Alter, das der auf unserm
Bilde porträtierte Mann wohl haben kann. Vielleicht kann seine etwas prä-
tentiöse Kleidung, der verzierte Mantel und die barettartige Kopfbedeckung
damit in Zusammenhang gebracht werden, daß Zeeger Pietersz 20 Mal
Dekan der Silber- und Goldschmiede, also ein hochgeachteter Mann war.
Ob nun in dem andern Bild in Bückeburg das dritte der erwähnten
Porträts, also das des Albert Eggerick erhalten ist, kann nur ganz
164
vermutungsweise angenommen werden, da wir über die Persönlich-
keit dieses Mannes nicht unterrichtet sind. Daß er zur Familie
unseres Malers in irgend welcher Beziehung stand, ist aus dem
Vorhandensein seines Porträts bei dementia Zeegers wahr-
scheinlich, und so könnte es ja auch gekommen sein, daß Lastman
damals, als er seinen Bruder porträtierte, auch ihn malte.
Das spätest datierte Gemälde Lastmans, dessen Jahreszahl 1630
Vosmaer noch übersah (sie ist erst nach ihrer Erwähnung im Stock-
holmer Galeriekatalog von 1900 bekannt) ist eine Opferdarstellung.
Dem links befindlichen Standbild der Juno werden Brandopfer dar-
gebracht (105). Wir haben bereits bei dem von Vosmaer und anderen
vermeintlich für ein Spätwerk von 1632 gehaltenen Bilde im Haag
die Frage gestreift, wie wenig sich eigentlich die Kunstweise Lastmans
der seines Schülers Rembrandt nähert. Dieses Spätbild aus einer Zeit,
wo Rembrandt bereits eine Reihe von Histx)rienbildern gemalt hatte,
zeigt uns noch einmal den ganzen „reifen" Lastman in seinem
eignen Stil. Wir finden in diesem Bild alle die Härten, die
ihm von Anfang an eigen waren, verstärkt und ohne die kleinen
Reize, die der zuerst noch in ihm wohnende Rest Elsheimerischer
Auffassungsweise sowie die sorgfältigere Detailausführung seinen
frühen Gemälden verliehen. Man kann vor diesem Bilde nur von
einer Summierung von Modellfiguron sprechen, die selbst für sich
genommen durch ihre häufige Verwendung zu abgegriffenen Versatz-
stücken geworden sind. Die Landschaft ist ganz verschwunden, zwei
Paläste und feine Säule in ebenso nüchterner wie schematischer Auf-
fassung und Ausführung geben den Hintergrund ab. Die Wolken
am Himmel wirken grell und äußerlich. Es ist ein Bild, das wohl
erkennen läßt, daß seine Ausführung dem Maler keinerlei Schwierig-
keiten bereitete, die zahlreichen Figuren zu einer „Gruppe", die das
zur Darstellung gewählte Thema illustrieren sollte, äußerlich zusammen-
zustellen. Aber dieser Figurenapparat war überall verwendbar und
diesen plumpen, robusten Gestalten sieht man an, daß sie zu ihrem
Schöpfer eigentlich in keinem inneren Verhältnis standen. Aber die
Art und Weise, wie Lastman seinen Themen Ausdruck verlieh, war
immerhin eine äußere Form, die für die Geschichten der Bibel oder
der Mythologie auf holländischem Boden und für ein holländisches
Publikum gewonnen war. Das empfanden die Zeitgenossen sehr
165
■wohl, und auch wir werden das anerkennen. Noch dazu, wenn wir
bedenken, daß der große Künstler, der imstande war, diese Form
auch innerlich mit Leben zu erfüllen und sie zu beseelen (und sie
demgemäß natürlich auch noch zu modifizieren) der direkte Schüler
unseres Malers Lastman war: Rembrandt. Dieser wußte das, was
ihm der Lehrer mit dieser äußeren Form bot, man darf wohl sagen,
Zeit seines Lebens wohl zu würdigen. Es ist daher nicht mehr als
billig, daß auch wir ihm die vom historischen Standpunkt aus ge-
bührende Anerkennung zollen, auch wenn wir der Kunst Lastmans^
selbst keinen besonderen Greschmack abzugewinnen vermögen.
Der künstlerische Entwicklungsgang Pieter Lastmans vollzog
sich im großen und ganzen folgerichtig ohne große oder überraschende
plötzliche Stilwandlungen. Nachdem er einmal in Italien unter
Elsheimers Einfluß gekommen war, erlebte er im weiteren Verlaufe
seines in Amsterdam zugebrachten Lebens nie wieder einen so starken
und nachhaltigen künstlerischen Eindruck von anderer Seite. Und
wenn Lastmans Kunstweise sich mit der Zeit nach und nach doch
von der eigentlichen Elsheimerischen Weise bis zu einem gewissen
Grade entfernte, so war die Kunst des deutschen Meisters doch stets
richtunggebend für die ganze Entwicklung Lastmans geblieben.
Denn man kann nicht sagen, daß die zahlreichen anderen Anregungen
und Einwirkungen, denen er sonst noch au.'^gesetzt war, ihn aus der
einmal eingeschlagenen Bahn, die von Elsheimer ausging, gänzlich
abgebracht hätten. Nur in Kleinigkeiten kann man hie und da
gewisse fremde, neu hinzugekommene Elemente nachweisen, oder oft
auch nur nachfühlen. Daß er als Nordländer sich in Rom an
Elsheimer anschloß, war natürlich, Ebenso natürlich war, daß er,
nach Holland wieder zurückgekehrt, mit der Elsheimerischen Ent-
wicklung nicht Schritt hielt, sondern vielmehr eher dessen eigenen
Entwicklungsgang wieder zurückging, daß er nicht beim stimmungs-
vollen Landschaftsbild mit kleinfiguriger Staffage endete, sondern
beim vielfigurigen Geschichtsbild. Seine Stärke lag einmal im
Figürlichen, und für die Landschaft fehlten ihm in Holland die ge-
suchten Motive, sodaß er mehr und mehr auf sie verzichtete. Er
konnte das um so mehr, als auch das Publikum, sein Publikum
wenigstens, ihn vor allem als Figurenmaler schätzte.
166
Von dem, was am "Wege stand, nahm er manches in seine
Kunst auf; er paßte es aber seinen eigenen Ausdrucksgewohnheiten
80 an, daß wir in seinen Kompositionen doch niemals die fremden
Elemente direkt störend empfinden.
Das, wozu man ihn häufig auch gestempelt hat, zu einem
caravaggiesken „Brünisten", konnten wir in ihm eigentlich nicht
sehen. Caravaggios Frühwerke, wie die Ruhe auf der Flucht im
Palazzo Doria in Rom oder die büßende Magdalena ebendort, berühren
sich im Stil so gut wie gar nicht mit dem unseres Malers, und
«benso die Halbfigurenbilder, als deren „Erfinder" Caravaggio gilt.
Die großen Altargemälde aus Caravaggios zweiter Periode, die zu
ihrer Zeit dem heftigsten Widerspruch der Zeitgenossen begegneten,
wie der Tod der Maria (Louvre), die Madonna vom Rosenkranze (in
Wien), die Chrahlegung im Vatikan und in Berlin u. a. haben nur
insofern Verwandtschaft mit dem Lastmanschen Stil, als sie auch die
starke Abhängigkeit des Malers von seinem Modoll dartun und dabei
freilich in der Gebärdensprache ähnlich starre, etwas äußerlich
wirkende Posen aufweisen. Von einer „Kellerlukenbeleuchtung" aber
kann bei Lastman absolut nicht die Rede sein. Im Gegenteil, sein
Kolorit ist farbenfroh, eher bunt als schwärzlich. Es bleibt der
Naturalismus in der Formbehandlung. Der ist freilich auch bei
Lastman bis zu einem gewissen Grade vorhanden, wenngleich er des
kleinen Formates wegen viel weniger in die Erscheinung tritt. Er
braucht auch nicht unbedingt aus einer Abhängigkeit oder Nachfolge
von Caravaggio erklärt zu werden. Es ist vielmehr im großen und
ganzen derselbe Naturalismus, den die frühen Figurenbilder Elsheimers
aufweisen. Und andererseits läßt er sich auch aus der starken Ab-
hängigkeit unseres Maler vom Modell erklären. Dennoch soll
Caravaggio als Mitbeeinflusser des Stiles von Lastman prinzipiell nicht
ausgeschaltet werden. Denn gerade zu der Zeit, wo Lastman in
Rom weilte, hat Caravaggio dort die Gemüter der Künstlerschaft
erregt, sodaß Lastman irgendwie zu ihm Stellung genommen haben
wird. Gewissermaßen als Beweis dafür können die beiden erhaltenen
Urkunden gelten, in denen wir Lastman mit anderen Gutachten über
die Echtheit eines Bildes von Caravaggio und über eine Kopie nach
einem solchen abgeben sahen. Stellt man aber die wirklich unter
direktem Einfluß Caravaggios stehenden Utrechter Maler und ihre
167
"Werke denen unseres Meisters gegenüber, so erkennt man, wie gering
und allgemeiner Natur eigentlich der Eindruck war, den Caravaggio
auf Lastman gemacht haben mag.
In diesem Zusammenhang ist des jetzt imLouvre befindlichen Bildes
der vier Evangelisten von Jac. Jordaens zu gedenken, das Lastman
einst besessen hatte (unsere Nr. 6 seines Inveatares) und von dem
in derselben Liste eine Kopie erwähnt wird. Dies ist ein Halbfiguren-
bild, das Jordaens nach Max Rooses etwa mit 20 — 25 Jahren malte,
also in der Zeit von 1613/18, und das wegen seines Vorkommens
in Lastmans Inventar ja bestimmt vor 1631 entstanden sein muß.
Trotzdem Jordaens nicht in Italien war und auch sonst gerade auf
sein eigenes vlämisch natürliches Empfinden hingewiesen wird, kann
man ein Bild dieser Art schon eher caravaggiesk zu nennen versucht
sein als jedes andere von Lastman, noch dazu wenn man bedenkt,
daß z. B. ein Gemälde von Jordaens in der Galerie Steengracht im
Haag bis vor ganz kurzer Zeit für ein Werk des Gerard Honthorst
(Gherardo dalle Notti) galt*), des Malers, der den Stil des Caravaggio wohl
am reinsten nach Holland verpflanzt hat und der vornehmlich durch
seine Nachtbilder mit künstlicher Beleuchtung seit seiner Rückkehr
aus Italien im Jahre 1622 größten Einfluß auf seine niederländischen
Zeitgenossen ausgeübt hat.
Von jenem Evangelistenbild gibt es nun nach M. Rooses**)
noch drei Wiederholungen, von denen die eine sich im Besitze
von Herrn E. Clemens in Hamburg befindet. Diese ist nach
Rooses' Ansicht wahrscheinlich die Kopie, von deren Existenz
wir bereits aus dem Jahre 1631 (im Inventar Lastmans) urkund-
liche Nachricht haben. Leider fehlt dort die Namensangabe
des Kopisten. Indessen liegt es nahe, anzunehmen, daß diese
Kopie von unserm Maler selbst herrührt — oder von einem seiner
Schüler — und sie wäre dann in den 20er Jahren entstanden. Da
Lastman das Original besaß, ist es wohl wahrscheinlicher, daß er
selbst die Kopie anfertigte als daß er eine Kopie nach dem in seinem
eigenen Besitz befindlichen Original erwarb. Oder aber sie ist von
einem Schüler. Zu beachten ist auch, daß bereits 1625 im Inventar
seiner Mutter ein Bild der vier Evangelisten auf 4 fl. geschätzt wird.
*) Siehe Onze Kunst, 1908, Heft i.
**) Jacob Jordaens, sa vie et ses oeavres, 1906, Seite 30.
168
Ob dies identisch mit dem Original von Jordaens oder der Kopie
ist? Daß es eins von beiden war, dürfte nicht unwahrscheinlich,
wenn auch nicht absolut sicher sein. Festeren Bodeu können wir
nur aus der Stilvergleichung gewinnen. Wenn M. Rooses in der
Hamburger Kopie mit Wahrscheinlichkeit die einst Lastman gehörige
annimmt, so wird er es wohl mit im Hinblick auf die von uns aus-
gesprochene Möglichkeit, daß sie von Lastman ist, getan haben. Ich
kenne das Bild vorläufig erst aus einer guten Photographie, die mir
der Besitzer freundlichst zur Verfügung stellte; danach scheint mir
die Möglichkeit, daß sie von Lastman ist, nicht ausgeschlossen. Bevor
ich das Original aber nicht gesehen habe, wage ich noch kein end-
gültiges Urteil darüber auszusprechen. Dokumentiert sich mit
dem Vorhandensein des Originals schon ein Interesse Lastmans
an dem jungen Jordaens, so würde es durch die Anfertigung
einer Kopie danach noch verstärkt erscheinen. Jedenfalls sind ge-
wisse Anklänge früher Bilder von Jordaens an Werke von Lastman
auch sonst manchmal zu konstatieren, ohne daß sie sich freilich fest fassen
ließen. Noch enger ist die Stil Verwandtschaft zwischen manchen
Werken von Jordaens und Nie. Moeyaert. Man vergleiche z. B. die
stehende weibliche nackte Rückenfigur auf Moeyaerts Bildern in Berlin
(Odysseus und Nausikaa), Nürnberg (Der Frühling [von 1624!])
und im Haag (Merkur und Herse [auch von 1624]) sowie einer Zeichnung
im Braunschweiger Kupferstichkabinett (Susanna und die beiden Alien)
undauf Jordaens^ÖMMdaH<ia(Brüssel)oderauf dem in mehreren Exempla-
ren vorkommenden Traum (Kleinberger, Paris ; Schwerin). Jordaens besaß
auch ein Gemälde von Moeyaert, ein Urteil des Midas, das auf der
am 22. März 1734 stattgehabten Versteigerung der in seinem Besitz
gewesenen Gemälde 21.10 fl. brachte. (Der Versteigerungs-Katalog
ist bei Hoet, Bd. I, Seite 400ff abgedruckt). Ein Bild gleichen Gegen-
standes von Jordaens befindet sich in Gent. Ferner kommen hinzu
die vielfach von beiden gemalten gleichen Vorwürfe, besonders
Bacchanalien (wie sie auch Uytenbroeck hat). Auch Vermeer kopierte
ein frühes Bild von Jordaens auf seinem jetzt im Haag befindlichen
Gemälde der Ällegarie des neuen Testaments, nämlich die Kreuzigung
Christi, die sich heute in der Teirninckschen Schule in Antwerpen befindet.
Somit führte uns jene Kopie nach Jordaens von dem Caravaggio-
einfluß, dem Lastman sich nach alter Ansicht so besonders stark
169
unterworfen habe, wieder mehr auf den vlämischen, auf den wir bei
Grelegenheit gewisser Anlehnungen an Rubens u. s. w. bereits
hinwiesen.
Es geht nicht an, hier am Ende unserer Betrachtung des
des Entwicklungsganges Pieter Lastmans noch einmal im Einzelnen
alle die Punkte zusammenzustellen, wo wir bestimmte Einflüsse wahr-
nehmen zu können glaubten. Es seien hier nur die Namen der
Künstler angeführt, von denen wir Anregungen auf Lastman ausgehen
sahen. Es waren zuerst Elsheimer in Rom, dann Corn. van Haarlem,
Raffael, Rubens und die Bassani. Neben dem Haupteinfluß, den
Elsheimer ausübte, war — nach der Rückkehr aus Italien — mit am
stärksten der von Flandern ausgehende, der begünstigt wurde durch
die große Zahl der um diese Zeit in Amsterdam ansässigen Ant-
werpener Maler. Auch die Bilder, die sich in Lastmans Nachlaß
befanden, können in einem, freilich nicht sehr starken Maße dies
Hinneigen Lastmans zur vlämischen Kunst noch bestätigen. Wir
finden da neben zahlreichen eigenen Gemälden außer den vier Evan-
gelisten von Jacob Jordaens vier Bilder von Fr. Badens (1571 — um
1621), der aus Antwerpen gebürtig war und nach Reisen in Italien
sich in Amsterdam niederließ, wo er den Beinamen „der italienische
Maler" hatte, eine Bauernkirmes von (Jacob) Grimmer, ebenfalls
einem Antwerpener Maler, weiter ein Fruchtstilleben von dem Ant-
werpener, später in Amsterdam wohnhaften (Hans van) Essen (vor
1590 — nach 1642) und ein Porträt eines toten Mannes von Poerbus.
Ferner ist Savery mit einem Kamel vertreten.
Von Malern der Haarlemer Schule finden wir mit dem Bilde
einer kleinen Galeere (wohl eine kleine Marine) den „jüngeren (Cornelis
Hendriksz) Vroom" und Goltzius mit einem Porträt. Die zu
Lastmans Richtung gehörenden Meister vertritt Moeyaert mit einer
kleinen Landschaft und einem kleinen Tobiasbild, Jan Tengnagel,
von dem heute nur noch drei Gemälde nachweisbar sind, nur durch
eine Kopie nach einer Magdalena von ihm. Auch von dem Land-
schafter Govert (Jansz), von dem heute kein Bild mehr nachweisbar
ist, hatte Lastman ein Gemälde besessen, eine Landschaft mit einem
Tobias, und von seinem jüngeren Bruder Claesz, der demnach wahr-
scheinlich nicht nur als Stecher, sondern auch als Maler tätig war,
ein Porträt und einen Meinen Tobias.
170
Gemälde, die Pietep Lastman mit Unrecht
zugeschrieben werden*)
ASCHAFFENBURG, Galerie im Köiiigl. Scliloss, Kat. 1902 Nr. 218.
♦HERODIAS, WELCHER DER HENKER DAS HAUPT JOHANNIS
DES TÄUFERS ÜBERREICHT. Lebensgroße Halbfiguren. Rechts
der Henker in ockerbraunem Gewand dreiviertel in Rückansicht nach
links. Er faßt mit der vorgestreckten Hand das Haupt des Täufers an den
Haaren, um es auf die Silberschüssel zu legen, die von der in der Mitte
stehenden Alten und der links befindlichen Herodias (in dunkelblauem
Kleid) gehalten wird. Sie trägt um den entblößten Hals eine feine
Kette und im blonden Haar einen Blumenkranz.
Leinwand 65X110.
Atis der Elz'schen Sammlung.
Iteproduziert in unveröffentlichte Gemälde alter Meister im Königl. Schloß
zu Aschaffenhurg, li)06, von Dr. E. Bassermann-Jordan.
Erwähnt als Lastman „im Stile des Uonthorst" zuletzt in einer Be-
sprecJmng dieses Werkes von F. Dülberg in der Kunst-
chronik, 1906107, Spalte 37G.
Das Bild wurde meist anstandslos als eine Caravaggio besonders
nahestehende Originalarbeit Pieter Lastmans erwähnt und besprochen
— am ausführlichsten von W. Seibt**). Es hat aber mit Lastman nichts
zu tun. Die Gesichtstypen weichen gänzlich von den bei unserm
*) Die in noch besiehenden Sammlungen nachweisbaren Bilder in alphabetischer
Reihenfolge ihrer Aufbewahrungsorte; die nur in der Literatur erwähnten in chrono-
gischen Folge ihres Vorkommens.
**) „Helldunkel" 2. A. Elsheimers Leben und Wirken, 1885, Seite 91.
171
Maler gewohnten ab. Desgleichen ist die Art der Faltengebung
anders. Auch die etwas metallisch wirkenden Locken weisen auf
einen andern Künstler als Lastman hin. Von verschiedener Seite wurde
schon Bart. Manfredi als Maler dieses Bildes in Vorschlag gebracht.
HAARLEM, Stedelijk Museum, Kat. 1907 Nr. 334.
V.l 7. ♦ANBETUNG DER HIRTEN. Auf einer Steinerhöhung, zu der drei
Stufen (von wann ockergelber Färbung) hinaufführen, sitzt links zu
vorderst Maria, fast en face. Sie trägt zinnoberrotes Kleid mit
miederartiger Taille, die die weiten Aermel sowie am Hals ein großes
Stück des weißen Untergewandes sehen läßt. Über dem Schoß liegt
ein warmblaugrüner Mantel, auf dem sie ihre Hände zusammenlegt.
Im schlicht geordneten Haar ein graublaues schmales Band. Sie
wendet den Kopf etwas nach rechts und blickt auf das neben ihr
auf weißen Tüchern in der Krippe liegende Christuskind, zu dem
sich auch ein rechts davon, auf der obersten Stufe sitzender Hirten-
knabe wendet. Dahinter, zwischen Maria und der Krippe, steht
Joseph, ein bärtiger Greis in gegürtetem, kittelartigem Gewand von
unbestimmter sepiagrünlicher Farbe. Er streckt beide Arme seitwärts
aus und blickt nach rechts vorn, wo sich halb neugierig erstaunt,
halb in anbetender Verehrung eine männliche und zwei weibliche
Figuren befinden. Zuvorderst ein dreiviertel vom Rücken gesehener
junger Hirt, ziemlich im Schatten. Dahinter stehen zwei Frauen,
nach links gewandt, die vordere in blaßgraublauem Kleid von gleichem
Schnitt wie das Marias; im blonden Haar ein rotes Band. Die zweite
trägt ein dunkles Kleid mit nach unten spitz zulaufendem Halsaus-
schnitt und rotem Gürtel. Rechts im Hintergrund im Dunkeln ein
Torweg. Rechts hinter Joseph zwei Esel, links ganz vorn ein tannen-
ähnlicher Strauch, ein zum Beschauer blickender Ochse, ein Ziegen-
bock und auf der untersten Stufe ein Tuch. Links hinter Maria ein
Tisch, auf dem sich eine bauchige Vase, eine Schüssel und ein
helles Tuch befinden. Rechts oben schweben inmitten einer Cherubim-
glorie zwei Engel. Von der Mitte oben fällt nach links eine in der
Mitte geraffte dunkle Draperie.
Auf der zweiten Stufe steht in der Mitte eine Bezeichnung,
die immer P. Lastme f. 1629. gelesen wurde. In Wirklichkeit ist
sie aber gar nicht mehr zu entziffern. Trotz wiederholter sorg-
fältigster Untersuchung gelang es mir nicht, zu einem befriedigenden
172
Resultat zu kommen. Je länger ich nachsah, um so mehr gewann
ich den Eindruck, daß die ursprüngliche Signatur nicht intakt, sondern
durch spätere Übergehungen in jenes P. Lastme f. umgewandelt
wurde. Was darunter stand, ist nicht zu enträtseln. Verhältnismäßig
deutlich ist noch das ursprüngliche A. vor der Jahreszahl, Die im
Katalog faksimilierten Schriftzügen entsprechen den Signaturen
Lastmans — auch auf den späteren Bildern — keineswegs. Er
pflegte da durchgängig — wenn er nicht den Vornamen ausschrieb
— das P mit dem L zu ß verbunden und das s lang zu schreiben: f.
Der hier vorliegende Anfangsbuchstabe des Familiennamens kann
übrigens ursprünglich ein B gewesen sein.
Eichenholz 60X45.
Aus dem Haarlemcr AUmännerhaus.
Äbhildung hei Geffroy, La Hollande, Seite 74, und eigene photo-
graphisclie Aufnahme.
Erwähnt als Lastman von O. Lafenestre in einem Aufsatz: „Le
Musce de Hartem" in der Gaz. d. h. Arts (Per. II,
Tome 32, Seite 214); von E. Michel, Remhrandt,
Seite 20 (er konnte die Jahreszahl auch nicht entziffern),
G. Baldwin Brotun, M. A., Rembrandt, 1907
(London, Duckwoorth & Co.), Seite 220, und anderen.
Gegen Lastman sprach sich zuerst Hofstede de
Groot in Oud-Holland, Bd. XIX (1901), Seite 136 aus.
Dem Lastman fragetveise zugesshrieben zuletzt im Katalog
von 1904 unter Nr. 136. Im Katalog von 1907 unter
den Bildern von unbekannten Meister n.
Obgleich die Autorschaft Lastmans von Hofstede de Groot
bereits löOl als unmöglich hingestellt wurde, ging das Bild noch
lange als besonders interessantes Werk Lastmans, in dem sich, wenn
nicht schon der Rückeinfluß des Schülers auf den Lehrer, so doch
der kommende Helldunkelstil Rembrandts deutlich ausspricht. Die
«rstere Annahme — bei der Jahreszahl 1629 — entbehrt nun auch des-
halb der Wahrscheinlichkeit, weil Rembrandt um 1629 und vorher
noch gar nicht in dem warmen Goldton — der noch vielfach z. T. auf
den Firnis zurückzuführen ist — malte, sondern um 1630 herum noch
einen kühleren grünlichen bevorzugte. Der Ton dieses Haarlemer Bildes
hat vielmehr etwas spätere Werke von Rembrandt zur Voraussetzung.
Hier wollen wir nun noch auf die stilistischen Eigentümlich-
keiten des Bildes — das, wie gesagt, ohne Rembrandt, und zwar nicht
173
den ganz jungen, nicht denkbar ist — eingehen und versuchen, ob sie
Anhaltspunkte für eine Zuschreibung an einen anderen Meister bieten.
Eigentümlich ist die Verschiedenheit in der Auffassung und Aus-
führung der Maria und der übrigen Figuren, besonders mit den
Frauen rechts vorn verglichen. Daß sie im Typus und in der Tracht
durchaus unlastmanisch ist, bedarf bei Kenntnis seiner echten Werke
nicht noch einer weiteren Beweisführung. Der Gesichtstypus dieser
Frau mit dem kleinen Stumpfnäschen und dem dunkeln schlicht ge-
kämmten, hinten in einem ziemlich tief sitzenden Knoten zusammen-
genommenen Haar, das durch ein graublaues Band geschmückt ist,
weiter die Haltung von Kopf und Armen, die Schulterlinie und vor
allem der aus der übrigen Beleuchtung ganz herausfallende silberige
Ton auf dieser Figur (die, nebenbei gesagt, die hellste des ganzen
Bildes ist), erinnerten mich an ein — im Ganzen zunächst völlig anders
wirkendes — Gemälde von Paulus Bor im Rijksmuseum, die
Findung Mosis darstellend, wo ich gewisse Analogien mit der hinter
den Mägden stehenden Königstochter zu finden glaubte. Diese hat
auch solch' einen aparten Haarschmuck, sie hat auch die weichen,
vollen Hals- und Schulterlinen, sie hat ganz ähnlich die Hände zu-
sammengelegt wie Maria auf unserm Bild. Die weiten Ärmel, in
denen die Dünne des Leinenstoffes deutlich zum Ausdruck gebracht
ist, darf man vielleicht auch noch vergleichen mit denen der Magd
ganz links auf dem Bild von Bor. Vollends übereinstimmend aber ist
hier wie dort die Farbe, ein silberig weißlicher Ton bei dünnem
Farbenauftrag. Mögen im Übrigen die Bilder verschieden sein; wenn
noch auf die pyramidale Komposition hingewiesen sei, und wenn
der vielleicht als B zu lesende zweite Buchstabe der Signatur etwas
verführerisch sein mag, Bor auch als Maler dieses Bildes in Betracht
zu ziehen, so sei doch gleich gesagt, daß die übrigen Figuren
desselben in der Zeichnung, der malerischen Behandlung und im
Farbenton ganz anders sind. So verschieden, daß man fast anzu-
nehmen versucht ist, die Maria, deren Proportionen auch nicht im
gleichen Verhältnis zu denen der anderen stehen, sei von einer andern
Hand gemalt wie das übrige. Aber das kann doch schwerlich der
Fall sein. Meine nur vermutungsweise ausgesprochene Ansicht, das
Bild sei vielleicht von Paulus Bor, wurde von Dr. Bredius, der ganz
unabhängig von mir auch an diesen Amersfoorter Meister gedacht
174
hat, geteilt. Leider ist das noch bekannte Oeuvre des Bor so klein,
daß sich schwer etwas von ihm unserem Haarlemer Bild an die Seite
stellen läßt, denn das große Familienbild im Gasthuis zu Amersfoort
kann, wenngleich es auch Rembrandtisch ist, nicht gut zum Ver-
gleich herangezogen werden. Bessere Dienste könnte vielleicht die
1886 in Düsseldorf als W. de Poorter ausgestellt gewesene, P. Bor
1634 bezeichnete A)ibetung der Könige aus der ehem. Sammlung
Werner Dahl leisten, die ganz kürzlich im Museum Boymans von
dem jetzigen Besitzer, Herrn W. Croockewit, leihweise ausgestellt
war. *) Gegen Lastman als Maler des Haarlemer Bildes
sprechen auch die Figuren rechts vom, die vielleicht Verwandschaft
mit Pieter Potter oder Benjamin Cuyp — wenn man will auch mit
W. Poorter — haben. Der Name Lastman, der in Verbindung mit
diesem Bilde lange zu falschen Schlußfolgerungen Anlaß gab, ist
jedenfalls endgültig aufzugeben, wie es im letzten Katalog des
Haarlemer Museums (von 1907) auch geschehen ist.
MANNHEIM, Grossherzogl. Galerie, Kat. 1900 Nr. 136 (alte Nr. 113).
*DIE TAUFE DES EUNUCHEN. V.38.
Holz 68X92.
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 341 Anmerkung, dem es „soweit
der Jtohe Platz ein bestimmtes Urteil zuläßt, nicht von
Lastmans Hand, sondern von der des N. Knupfer zu
sein schien."
Nachträgliche Untersuchungen haben ergeben, daß das Gemälde
voll bezeichnet ist und zwar JaMarienhof fecit, somit ein Werk
dieses im Jahre 1650 geborenen, unter dem Einfluß Knupfers und
Dirck Stoops gebildeten Meisters**) ist.
Friiher WIEN, Liechtensteingalerie.
LANDSCHAFT MIT FIGÜRLICHER STAFFAGE. In der MittoV.53.
*) Vergl. Cicerone, 1910, Seite 630. — Das Bild war bereits 1894 aaf der
Ausstellung in Utrecht unter dem richtigen Malcrnamen ausgestellt.
**) Die Werke des seinen Lebensumständen nach unbekannten Malers Marienhof
(t nach 1C77 in Utrecht), dessen Vornamen auch F. A. angegeben werden, sind ziemlich
selten. Es befinden sich bezeichnete in Cassel, „Befreiung Petri aus dem Gefängnis",
bez. A. Marienhof f. 1649, in Dresden. „Der Baumeister vor dem Herrscherpaar",
bez. A. Marienhof. f. 16i9, in St. Petersburg, „Porträt eines Bildhauers" und
„Atelier eines Künstlers", bez. F. A. M.hof 1648, und in Cannstadt, Sammlung
Unger, „Findung Mosis", bez. A. Marienhof f 1640.
175
sitzt links neben einem morschen Baumstumpf vor einer Bretterhütte
eine junge weibliche Person dreiviertel von vorn gesehen. Sie trägt
ein Kleid mit miederartiger Taille über weißem Untergewand. Den
leicht nach links geneigten Kopf stützt sie in die Rechte, während
die Linke auf dem auf dem Schoß aufgeschlagen daliegenden großen
Buch ruht und ein kleines Kruzifix hält. Am Arm hängt ein Rosen-
kranz. Links neben ihr stehen am Boden ein kleiner Henkelkorb
und ein Krug. Auf derselben Seite nähert sich von hinten aus dem
Walde ein Jäger. Er kommt, leise und behutsam auftretend, heran,
den Kopf, auf dem keck ein Käppchen sitzt, spähend zu dem in
stiller Betrachtung dasitzenden Mädchen vorstreckend. In der rechten
Hand hält er eine FHnte oder ein Schwert (nach den Kat. von 1873).
Zwei Jagdhunde folgen ihm. Der Wald mit großen Laubbäumen
erhebt sich dahinter auf ansteigendem Terrain, nimmt aber nur die
linke Seite des Gemäldes ein. Die kleinere rechte zeigt einen Blick
aufs Meer (?), in das ein Bach mündet, der den ganzen Vordergrund
einnimmt und rechts vorn von einem alten Baumstamm, im Mittel-
grund von einer einbogigen Brücke überbrückt ist.
Holz 59X76.
Das Bild war 1865 noch in der Liechtensteingalerie in Wien (II. Stock
Zimmer 1) ausgestellt (vergl. Betty Paoli, Wiens
Gemälde-Oallerien in ihrer kunsthistorischen Bedeutung,
1865), auch noch 1873 (Katalog der Fürstl. Liechten-
steinschen Bildergalerie von J. Falke, 1873). Aber
im Katalog von 1885 wird es nicht mehr erwähnt*).
Das Gemälde kann unmöglich von der Hand Pieter Lastmans
sein. Gegen ihn sprechen der Charakter der Landschaft, die graziösen
feingliedrigen Figuren, deren Gesichtstypen und die Technik, bei der
die Behandlung des Baumschlages, des Grases, der Blätter auf einen
von Lastman gänzlich verschiedenen Künstler hinweisen.
WÜRZBURG, Kunstgeschiclitliclies Museum der Universität,
Kat. 1897 Nr. 447; Inv. Nr. 378.
MOSES SCHLÄGT WASSER AUS DEM FELSEN.
50,5X43,5.
Bezeichnet mit einem unlesbaren Namen.
*) Eine Photographie des Bildes verdanke ich der Güte Sr. Durchlaucht des
regierenden Fürsten A. von Liechtenstein.
176
Als Sliizze von Laslman erwähnt von G. Parthey, Deutscher
Bildemaal, Bd. II, Seite IG ; damali in d<r Sammlung
Frühlich (f 1862) in Würzburg.
Nach Hofstede de Groot und Voll sicher nicht von Lastman*).
TOBIAS HEILT SEINEN VATER.
Bezeiclinet mit dem Monogramm G. Dous.
Leinwand 72X90.
(sfing hin vor 1792 unter dem Namen La-sfmau.f.
Zuletzt auf der Ver.steigeruug Graf A. von Stolherg aux Söder in
Hannover am 31. Okt. 1809.
Ist ein Gemälde von Gerrit Dou. (Hofstede de Groot Nr. 4).
DIE TAUFE DES EUNUCHEN. Links am Ufer eines Kanales hält
der mit zwei Schimmeln bespannte Wagen. Rechts, am Wasser,
tauft der Apostel den Mohrenkämmerer.
Holz 12,5X18,5.
Versteigerung Raedt van Oldenharnevelt (2. Teil) aus dem Haag in
Amsterdam am 15. April 1902 Nr. 84 (fl. 220 an
G. van Gelder).
Das Bildchen hat, nach der kleinen Abbildung zu urteilen, nichts
mit Pieter Lastman zu tun.
DIE HEILIGE FAMILIE IN EINER LANDSCHAFT.
Kupfer 30X40.
Versteigerung Raedt van Oldenharnevelt (2. Teil) aus dem Haag in
Amsterdam am 15. April 1902 Nr. 85 (ß. 42).
Hat nach einer Mitteilung von Dr. Hofstede de Groot nichts
mit Pieter Lastman zu tun.
PAULUS UND BARNABAS IN LYSTRA. Im Anschluß an eine
Notiz über die Entdeckung des Lastmanschen Patdus und Barnahas-
Bildes beim Grafen Stetzki**) durch Dr. A. Bredius veröffent-
lichte Comte Jean de Roquefeuil in Heft 22 von „Las Arts" (Oktober
1903) ein das gleiche Thema behandelndes Gemälde (üOX^ä), auf
das fast Punkt für Punkt die Wort beschreibung des Stetzkischen
Bildes paßte. Nach der Abbildung in „Les Arts" zu urteilen kann dies
Gemälde weder ein Entwurf zu dem Stetzkischen Bild noch über-
haupt von Lastman sein.
*) Briefliche Mitteilung von Herrn Dr. G. Hock in VVürzburg.
*♦) Im Journal des Döbals vom 29. Aug. liX)2 und in Le Petit Journal
vom 30. Aug. 1902.
12
177
Kopien nach Gemälden von Pieter Lastman
Eine Kopie nach Lastman.
Nachlaßversteigerung Cornelis van der Voort in Amsterdam am 13.
Mai 1625 (fl. 18.5). Yergl. Oud-HoUand, Bd. III
(1885), Seite 198.
Jakob liegt und schläft.
Kopie nach Lastman.
Bas Bild wird am 11. Sept. 1655 von dem Maler Matheus Bloem in
Amsterdam für 12 fl. verkauft. Yergl. Oud-Holland,
Bd. XXVII (190.9), Seite 60.
Erwähnt im Inventar von Johannes de Ooy in Amsterdam vom Okt.
1664 (fl. 12). Mitteilung von Br. A. Bredius.
Eine Opferdarstellung.
Kopie nach Lastman.
Ertvähnt in der Taxation der Oemälde von J. Meurs durch J. Rosa
und Hondecoeter in Amsterdam am 17. Mai 1678.
Taxiert auf fl. 3.3. Mitteilung von Dr. A. Bredius.
Odysseus und Nausikaa.
Kopie nach dem Gemälde Lastmans in Augsburg, unserer Nr. 99.
Versteigerung Amand-Kreis und Hubert Düster in Cöln am 4. Oktoher
1886 Nr. 20 als A. van Diepenbeeck (e4l 170).
Vergl. Thodes Besprechung der Auktion im Repertorium für Kunst-
wissenschaft, Bd. X (1886), Seite 68.
178
Handzeichnungen*)
Systematisches beschreibendes Verzeichnis
ALTES TESTAMENT
* VERSTOSSUNG DER HAGAR. Ziemlich in der Mitte kommt Abraham,
fast in Vorderansicht, heran. Er trägt Schuhe, gegürteten, bis zu
den Knien reichenden Rock, Mantel und auf den Kopf einen großen
Turban. Den bärtigen Kopf hat er im Sprechen nach rechts zu
Hagar gewandt. Diese kommt von rechts in weitem flatternden
Gewand weinend herzu, indem sie sich mit der rechten Hand die
Tränen aus dem Auge wischt, während die herabhängende linke eine
Wasserkanne hält. Zwischen ihr und Abraham, etwas zurück, der
kleine Ismael mit einem Stock in den vor sich gehaltenen Händen.
Er wendet den Kopf nach links in die Höhe zu Abraham. Links als
Kulisse ein Baumstamm. Ganz rechts im Hintergrund zwei kleine
nebeneinander bildeinwärts gehende Figuren.
Bezeichnet links auf dem Baumstamm mit dem Monogramm
und der Jahreszahl 1008.
Federzeichnung in Sepia mit Tuschlasuren. 18,2X15)^
Eigene photographische Aufnahme.
Etwa identisch mit unserer Kr. 2a?
Sammlung Ä. von Beckerath in Berlin.
Königl. Kupferstichkabinett in Berlin.
*ABSCHTED DER HAGAR. Rechts steht in linker Seitenansicht
Abraham mit großem Turban auf dem Kopf. Er faßt mit der Linken
seinen Mantel, mit der gesenkten rechten Hand begleitet er seine an
Hagar gerichteten Worte. Diese steht links neben ihm und beugt
*) Vergl. die Vorbemerkungen zum Katalog der Gemälde (Seite 28/29), die auch
für dieses Verzeichnis gelten.
12«
179
sich etwas vor. An der rechten Hand faßt sie den kleinen Israael,
der in der gesenkten Rechten einen Stock hält. Links ein dicker
Baumstamm. Im Hintergrund ein italienisches Haus in waldiger
Landschaft. — Eher, wenn auch nicht ganz sicher, von Lastman als
von Moeyaert, wie Bode meinte.
Ausgeführte Federzeichnung in Tusche mit Lasuren.
Eigene photograpliische Aufnahme.
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 342.
Älbertina in Wien, Inventar-Nr. (S098.
2 a. Abschied der Hagar.
Bezeichnet.
Ausgeführte Federzeichnung. 18X14,5.
Etwa identisch mit unserer Nr. 1?
Versteigerung Karl Ed. von Liphart in Leipzig am 26. April 1H98
Nr. 548 (aH 46).
'i. Hagar und Ismael.
Tuschzeichnung.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 5. Juni 1765 Nr. 144
(fl. 1 zu.sammen mit Kat.-Nr. 145, einer Zeichnung
von Spranger). Mitt. H. d. O.
4. Hagar, den Ismael an der Hand führend. Studienblatt. — Sehr
schöne Zeichnung von vornehmer Haltung.
Undeutlich bezeichnet.
Kreide, leicht getuscht und weiß gehöht auf blauem Papier.
24,4X15.
Zeichnungenversteigerung von Eclking u. a. in Coln am 3. Juni 1!X)2
Nr. 87.
— Gustav Seis u. a. in Coln am 28. Okt. 1903 Nr. 136.
5. *DER ENGEL ERSCHEINT DER HAGAR IN DER WÜSTE. Auf
einem Wege sitzt rechts am Fuße eines Baumes Hagar, en face, die
Hände vor der Brust gefaltet und nach links zum Engel hinauf-
sehend, der aufrecht mit vorgestreckten Händen neben ihr steht und
zu ihr blickt. Rechts neben Hagar Korb und Wasserflasche. Im
Mittelgrund, links hinter dem Engel, liegt Ismael am Boden. Im
Stil der Braunschweiger Zeichnung Der Engel weckt Elias in der Wüste,
unserer Nr. 11, nahestehend. Im Bremer Kupferstichkabinett dem
M. von Uytenbroeck zugeschrieben.
Lavierte Tuschzeichnung. 19,9 XI 6)3.
180
Eigtne photographischc Aufnahme.
Kup f er stichle a hin et t der Kunsthalle in Bremen.
Ahraham mit den drei Männern.
Lavierte Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 19. Nov. 1764 Nr. 835
(fl. 0.10 zusammen mit den Kat.-Nrn. 851 und 852 an
J. Smit). Mitt. H. d. O.
Abraliam mit den drei Männern.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 19. Nov. 1764 Nr. 887
(fl. 2.10 zusammen mit den Kat.-Nrn. 888 und 889 an
Fouquef). Mitt. H. d. O.
•Opfer Abraliams. Abraham sieht zum Engel, der seinen Arm zurück-
hält. Daneben ein kauernder Bock. Links Bäume und Felsen (Vosmaer).
Echt und bedeutend (Eisenmann). — Vielleicht nur eine Nach-
zeichnung nach einem Lastmanschen Gemälde. Vergl. die Bemerkungen
bei der im Berliner Kabinett befindlichen Nach Zeichnung nach
Lastmans Bild Der Prophet Elisa und die Sunamitin.
Von später Hand bezeichnet und falsch datiert 1598.
Schwarze Kreide auf braunem Papier, weiß gehöht. 33X41.
Die oberen Ecken abgerundet.
Erwähnt von Bade, Studien, Seite 342, und Eisen mann, Reper-
torium für Kunstwissenschaft, Bd. VII, Seite 221.
Sammlung Rudolf Weigel i)i Leipzig.
Versteigerung Hahich in Stuttgart am 27. April 1899 Nr. 409.
♦DER ENGEL YERHEISST DEM MANOAH UND SEINEM WEIBE
DIE GEBURT SIMSONS. (Richter 13, 14). Rechts, nahe der Mitte,
steht auf dem Wege vor einem Baum der Engel in linker Seiten-
ansicht und gibt dem alten Manoah, der links von ihm en face steht
und auf dem Kopf einen Turban trägt, Verhaltungsmaßregeln für
sein Weib, indem er sie der Reihe nach an den Fingern aufzählt.
Manoah erhebt die rechte Hand nach vom, die Handfläche nach
außen. Mit der Linken faßt er den Mantel. Zwischen dem Engel
und Manoah, etwas zui-ück und von diesem zur Hälfte verdeckt, steht
seine Frau in langem Gewand mit Kopftuch, en face, die linke
Hand auf die Brust gelegt, zum Engel blickend. Links schließt eine
dunkle Baumkulisse das Bild ab. Im Hintergrund Landschaft mit
Bäumen und einer einbogigen Steinbrücke.
Lavierte Tuschzeichnuug. 22,9X10,9.
6s.
7.
V.7.
8.
181
Eigene photographische Aufnahme.
Koni gl. Kupferstichkabinett in Berlin, Inventar Nr. 2280.
9. *DER ENGEL ERSCHEINT »EM MANOAH UND SEINEM WEIBE.
Links unter einem Baume sitzt der Engel fast in Vorderansicht und
verheißt dem rechts neben ihm stehenden alten Ehepaar die Geburt
Simsons. Manoah, in linker Profilansicht, hat auf dem Kopf einen
Tarban, trägt Mantel und hohe Schuhe und stützt sich mit beiden
Händen auf einen Stab. Seine Frau steht links etwas hinter ihm.
en face in Mantel und Kopftuch. Sie hat die Hände vor der Brust
gefaltet. Rechts im Hintergrund in einer leicht angedeuteten Land-
schaft zwei kleine vom Rücken gesehene Figuren.
Lavierte Federzeichnung. 21,5X21.
Wasserzeichen: zwei übereinanderstehende Kreise, darüber ein
Kreuz in einem Oval.
Eigene photographische Aufnahme.
Kupferstichkabinett in Braun schweig.
10. *KÖNIGJEROBEAMOPFERT DEM GOLDENEN KALB. (I.Könige, 13,4).
Links unter einem Baum steht in rechter Seitenansicht der Prophet
aus Juda in rechter Profilansicht mit vorgestreckten Händen. Der
Kopf ist so gezeichnet, daß das Gesicht sowohl ziemlich von vom
wie auch im Profil gesehen ist. Rechts daneben steht in linker
Seitenansicht Jerobeam mit Turban und zackiger Krone auf dem Kopf.
Er hat den rechten Arm vorgestrekt, den linken gebeugt und den
Zeigefinger drohend erhoben. Hinter ihm links kniet ein Krieger,
rechts ein Junge, der ihm die Mantelschleppe trägt. Rechts der
Brandaltar mit dem goldenen Kalb auf hohem, oben mit einem
Relieffries verzierten Postament. Herum Volk und Priester. Vorn
rechts drei hintereinander in linker Profilansicht, der Vorderste ein
Räucherbecken schwingend. Links von ihnen hat sich ein Mann in
Anbetung des Kalbes zu Boden geworfen. Hinter ihm ein Krieger,
der das Schwert zieht. Im Hintergrund eine nach links sich senkende
waldige Hügellandschaft. — Wohl eher eine Nachzeichnung (für einen
Stich?) nach einem Gemälde Lastmans, unserer Nr. 34? Heißt in
Göttingen „Schule Elsheimer-Lastman?"
Lavierte Federzeichnung. 29,7X41,9.
Eigene photographische Aufnahme.
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 342.
Universitäts Sammlung in Göttingen.
182
*DER ENGEL WECKT DEN ELIAS IN DER WÜSTE. (I.Könige, 2 1,5,6). 11.
Rechts am Fuße zweier Bäume sitzt fast in Vorderansicht der alte
bärtige Elias nach hinten zurückgelehnt. Sein Mund ist geöffnet,
die Hände machen eine Staunen oder Bestürzung ausdrückende
Gebärde zu dem links daneben en face stehenden Engel, der den
Kopf nach rechts zu dem Alten hinneigt. In der vorgestrekten
Linken hält er einen dünnen Stab, die Rechte ist ähnlich zur Seite
gehalten. Rechts hinter dem Greis steht eine Flasche. Links vom
zur Seite des Weges kulissenhaft Gesträuch, das dunkler als die
übrigen Teile des Blattes ist. Im Hintergrund ist eine Landschaft
angedeutet.
Lavierte Tuschzeichnung. 20,7X15)4.
Eigene pJwtographwchc Aufnahme.
Kupfer Stichkabinett in Braunschweig (Vorrat).
Elisa und die Witwe mit zwei Kindern. (II. Könige, 4, 1). In der 12.
Mitte steht der Prophet en face in langem Mantel, mit seitwärts ^ • *•
ausgebreiteten Händen seine Worte begleitend. Den nicht bedeckten
bärtigen Kopf hat er etwas nach rechts gewandt, wo die Witwe in
linker Profilansicht steht mit demütig über der Brust gekreuzten
Händen, den Kopf etwas vorneigend. Rechts und links hinter ihr
ihro beiden Knaben. Im Hintergrund Ruinen, links ein niedriges
Haus mit undeutlichen Figuren davor. — Stellt nicht den Abschied
der Hagar dar, wie Vosmaer u. a. annahmen, da sonst der zweite
Junge nicht zu erklären wäre.
Beschrieben nach einer Radierung von Charles Louis Stieglitz, die die
Unterschrift trägt: D' apres leDeßein de Pierre Lastmau
qui est dans une Collection, a Leipfic. 0-röße der
Eadierung 19,8'X,15,6.
Nach Vosmaer war das (jetzt verschollene) Original in der Sammlung
R. Weigel in Leipzig; (im Katalog dieser Sammlung
erwähnt als von Ä. [sie] Lastmau). Vo)i Wurzbachs
Angabe, daß es in der Sammlung O. Winckler in Leipzig
tvar, ist nicht richtig; dort befand sich nur ein Exemplar
der Stieglitz' sehen Radierung, nicht die Origiual-
zeichnunq selbst*).
Elisa lind die Sunamitin. 13.
Kapitale lavierte Federzeichnung.
*) Vergl. Michel Huber, Calaloguc raisonnö du cabinet d' eslampes de feu
Monsieur Winckler . . . h. Leipzig . . . Leipzig 1803—1810.
183
Etwa Entwurf zu dem Gemälde der Sammlung Zabielshy in St. Peters-
burg, unserer Nr. 36'^
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 19. Nov. 1764 Nr. 343
(ß. 1 zusammen mit Kat.-Nrn. 341 und 342 an Yver).
Mitt. H. d. G.
14. *A1TTESTAMENTLICHE SZENE. Drei Männer, von denen der
eine eine Krone, der andere einen Turban, der dritte einen Federhut
trägt, verhandeln unter Waldbäumen mit einander. Der erste nach
links im Profil, sich vorbeugend und scheinbar zu dem mit dem Turban
vorgehend. Dieser, am weitesten vorn stehend, ist dreiviertel nach
rechts gewandt und hält die Hände gesenkt etwas vor. Rechts hinter
ihm der dritte, zum Teil von jenem überschnitten, en face, das Gesicht
in rechter Profilansicht. Er streckt den einen Arm nach links aus.
Links hinter dem vordersten ein kleiner Knabe, der nach links zu
gehen scheint.
Auf der Rückseite von der gleichen Hand in gleicher Aus-
führung ein en face sitzender Faun. Er ist nackt, hat den Kopf
auf den gebeugten und auf einer Terrainerhöhung ruhenden Arm
gestützt; die rechte Hand liegt auf dem rechten Oberschenkel. Die
Füße sind abgeschnitten. Im Hintergrund Bäume.
Wurde früher Jan Lievens zugeschrieben, dann von Wörmann,
Bode und Bredius aber für einen sicheren Lastman gehalten. Nach
m. A. möglicherweise doch von Lievens.
Federzeichnung. 19,7X15,6-
Die Vorderseite ist abgebildet bei Wörmann, HandzeicJinungen alter
Meister im Kupferstichkabinett zu Dresden (189619S)
Nr. 233. Von beiden Seiten eigene phofograpJHsche
Aufnahmen.
Erworben vor 1728 oder früher.
Königl. Kupfer st ichkabin et t in Dresden.
1-ta. Geschichte aus dem alten Testament.
Federzeichnung mit chin. Tusche.
Zeichnungenversteigerung E. Boers im Haag am 21. Sept. 1818 Nr. 29
(zusammen mit einer Kreuzigung und einer andern alt-
testamentlichen Geschichte von unbekanntem Meister).
Mitt. E. d. G.
15. Alttestamentliche Darstellung.
Sepiazeichnung. 23X^0.
184
Zeichnungenversteigerung d'Isendoorn ä Blois de Cannenburg in
Amsterdam am 19. Aug. 1H79 Nr. 89 (ß. 42 ati v.
Qogh). Mitt. H. d. G'.
NEUES TESTAMENT
Verkündigung an Maria. 16.
Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 12. Dez. 1768 Nr. 442.
Mitt. H. d. O.
Die Ehebrecherin. 17.
Lavierte Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 4. März 1765 Nr. 35 (fl. 1
zusammen mit Kat.-Nr. 34). Mitt. H. d. O.
FuHSwaschung Petri. — Sehr schön gezeichnet. 18.
Rote Kreide.
Wohl identisch mit dem folgenden.
ZeicJmungenversteigerung N. Albrechts u. a. in Amsterdam am 11. Mai
1772 Nr. 520 (fl. 2). Mitt. U. d. O.
Jesus wäscht dem Petrus die Ffisse. 18a.
Rote Kreide. "V.12.
Wohl identisch mit dem vorigen.
Zeichnungenversteigerung van der Bussen in Amsterdam am 31. Okt.
1774 Nr. 546 (ß. 19.5 an Ploos van Amstd).
Judas wirft die Silberlinge im Tempel weg. 19.
Federzeichnung mit Tusche.
Zeichnungenversteigerung A. de Lange in Amsterdam am 12. Dez. 1803
Nr. 4 (fl. 2.10 zuhämmern mit Kat.-Nrn. 5 und 6).
Mitt. H. d. G.
*DIE TAUFE DES MOHRENKÄMMERERS DURCH PHILIPPUS. 20,
In der Mitte kniet der Kämmerer, die Hände vor der Brust über-
einandergelegt, fast en face. Rechts von ihm steht der bärtige
Heidenapostel in linker Profilansicht in großem Mantel. Er hält die
rechte Hand über des Kämmerers Kopf; in der gesenkten Linken hat
er einen Folianten. Rechts von ihm stehen zwei Diener, die die
Kleider des TäuHings halten. Zwischen ihnen und Philippus im
Hintergrund ist ein Pferd des Reisewagens und darauf der Kutscher
angedeutet. Die Liandschaft erhebt sich im Hintergrund von links
185
nach rechts. Links vorn zwei Steinblöcke. — Studienblatt. Über die
Figuren ist ein feines Netz gezogen. Wohl früh, dem Berliner
Gemälde gleichen Gegenstandes am nächsten stehend.
Lavierte Tuschzeichnung. Das ganze Blatt ist mit einer gelben
Lasur übergangen. 20,7X30.
Eigene photographische Aufnahme.
Erwähnt von Bade , Studien, Seite 342.
Universitätssammlung in Göttingen.
21. Paulus und Barnabas in Lystra. — Sehr schön ausgeführt, „Raar".
Kreidezeichnung mit Tuschlasuren.
Etwa Vor- oder Nachzeichnung zu dem Bilde heim Grafen Stetzki?
Identisch mit unseren Nrn. 25 und 37?
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 28. Okt. 1783 Nr. 48.
— A. de J. de Pinto in Amsterdam am 11. April 1785
Nr. 402 (fl. 0.10 an Yver).
— P. Yver in Amsterdam am 31. März 1788 Nr. 10.
Mitt. H. d. G.
UNBESTIMMTE BIBLISCHE DARSTELLUNGEN
22 u. Zwei biblische Geschichten. — Sehr schön.
23. Federzeichnungen.
Zeichnungenversteigerung M. Elgersma u. a. in Amsterdam am 24. März
1766 Nr. 159 (fl. 1 zusammen mit Kat.-Nr. 160 an
Yver). Mitt. H. d. G.
24. Biblische Geschichte in einer Landschaft.
Lavierte Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung M. Elgersma u. a. in Amsterdam am 24. März
1766 Nr. 592 (fl. 0.6 zusammen mit Kat.-Nr. 591 an
Dullinger). Mitt. H. d. G.
24a. Biblische Geschichte in einer Landschaft.
Lavierte Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung P. de Haan u. a. in Amsterdam am 9. März
1767 Nr. 1160. Mitt. H. d G.
26. Opferdarstellung.
Schwarze Kreide mit Tusclilasuren.
Etwa identisch mit unserer Nr. 21?
Zeichnutigenversteigerung H. Verschuuring im Haag am 28. Jan. 1771
Nr. 719 (fl. 2). Mitt. H. d. G.
186
Zwei biblische Darstellungen.
Feder mit Tuschlasuren.
Utwa identisch mit den folgenden?
Zeichnungenversteigerutig N. Albrechts u. a. in Amsterdam am 11. Mai
1772 Nr. Ö81 (fl. O.G zusammen mit Kat.-Nrn. 578—580).
Kitt. H. d. O.
Zwei biblisclie Darstellungen.
Sorgfältig lavierte Federzeichnungen.
Etwa identisch mit den vorigen ?
Zeichnungenversteigerung N. Nieuhoff in Amsterdam am 14. April 1777
Nr. 981 und Nr. 982. Mitt. H. d. O.
Biblische Darstellung.
Schwarze Kreide mit Tusche.
Zeichnungenversteigerung R. Assueri in Am-iterdam am 10. Nov. 1777
Nr. 12. Mitt. H. d. O.
Zwei biblische Geschichten.
Zeichnungenversteigerung A.deJ. de Pinto in Amsterdam am 11. April
1785 Nr. 751 (ß. 0.6 zusammen mit Kat.-Nr. 752 an
Fokke). Mitt. H. d. G.
Biblische Darstellung.
Zeic?mungenversteigerung in Amsterdam am 6. April 1790 Nr. 69.
Mitt. H. d. G.
Biblische Darstellung in einer baumreichen Landschaft.
Feder und Tusche.
Zeichnungenversteigerung Jan Gildemeester Jansz in Amsterdam am
■ 24. Nov. 1800 Nr. 53. Mitt. H. d. G.
Ein israelitischer Priester, der einen Knaben segnet. — Studienblatt.
Voll bezeichnet.
Federzeichnung. 17X23,5.
Zeichnungenversteigerung H. M. Montauhan van Swijndregt u. a. in
Amsterdam am 5. April 1906 Nr. 110 (fl. 30 an
Zahn und Jaentsch in Dresden in Kommission).
36 n.
27.
28 0.
29.
30.
31 u.
32.
33.
U.
35.
MYTHOLOGIE
Paris und Oenone.
Aquarell.
Zeichnungenversteigerung W. Oudaen in Rotterdam am 3. Nov.
Nr. 6. (fl. 12).
V.8.
1766
187
37. Heidnische Opferszene. Priester und eine Menge Figuren.
Schwarze Kreide und Tusche.
Etwa identisch mit unserer Nr. 21?
Zeichnungenversteigerung E. M. Engelberts in Amsterdam am 4. Dez.
1807 Nr. 8. Mut. S. d. G.
38. Vullian und Yenus. Vulkan mit Helm hält einen Hammer. Venus
V.ll-mit Amor hält ein brennendes Herz. — Zuschreibung an Lastman
zweifelhaft.
Feder mit Sepia; weiß gehöht auf gelbem Papier, ca. 18X19«
1864 in der Sammlung du Rosey.
PROFANGESCHICHTE
39. Geschichtliche Darstellung.
Lavierte Tuschzeichnung.
Zeichnungenversteigerung R. Ässueri in Amsterdam am 10. Nov. 1777
Nr. 9. Mitt. H. d. G.
39a. Geschichtliche Darstellung.
Federzeichnung mit Tusche.
Zeichnungenversteigerung H. Busserus in Amsterdam am 21. Okt. 1782
Nr. 1046.
40. Geschichtliche Darstellung.
Lavierte Tuschzeichnung.
Zeichnungenversteigerunq H. Busserus in Amsterdam am 21. Okt. 1782
Nr. 1051. Mitt. H. d. G.
41 H. Zwei geschichtliche Kompositionen.
42. Lavierte Tuschzeichnungen.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 28. April 1783 Nr. 365.
Mitt. H. d. G.
43. Krönung einer vornehmen Persönlichkeit.
V. 6. Federzeichnung mit Tuschlasuren.
Zeichnungenversteigerung Gallitzin in Amsterdam am 28. April 1783
Nr. 699 (fi. 0.12).
44. Historische Darstellung.
Zeichenversteigerung in Haarlem am 23. Sept. 1811 Nr. 40. Mitt. S. d. G.
45. Geschichtlicher Umzug.
Federzeichniing.
Zeichnungenversteigerung E. Boers im Haag am 21. Sept. 1818 Nr. 19.
Mitt. H. d. G.
188
Pestkranke vor einer Pestsfiule Heiinng erflehend. Figurenreicbe 46.
Komposition.
Ausgeführte Tuschzeiohnung ; z. Teil laviert. 17X26,5.
Zeichnungenversteigerung Sigmund Landsinger in München am 14. April
1890 Nr. 260.
FIÖURENSTUDIEN
* JUNGER MANN AUF DER WANDERUNG. Ganze Figur von vom, 47.
auf den Beschauer zuschreitend. Er ist bekleidet mit einem in der
Mitte gegürteten, bis zu den Knien reichenden weitärmeligen Rock,
der auf der Brust einen dreieckigen Ausschnitt hat, wo ein anderer "
zugeknöpfter Rock mit umgelegten Kragen sichtbar wird. Um den
Kopf ein turbanartig geschlungenes Tuch. Lange auf die Schultern
herabfallende Haare. Das Gesicht hat volle Backen, aber ein ziemlich
spitzes Kinn. Große Augen unter schön geschwungenen Brauen,
etwas breite kolbige Nase und dicke vorhängende Unterlippe. Mit
der linken Hand faßt er einen Stab, während er die rechte wie zum
Oruße seitlich vorhält. Er geht auf einem Weg, der hinten zu einer
mit großen Schiffen belebten Meeresbucht hinabführt, deren Ufer sich
links zu steilen Bergen erheben. Im Mittelgrund links zwei vom
Rücken gesehene Figuren. Rechts neben dem Weg ein Busch.
Lichteinfall etwas von links oben.
Bezeichnet unten links neben der Mitte: P. Lafman 1603.
Federzeichnung in Sepia mit blauen Lasuren. 26,9X1V.
Eigene photogi'aphische Aufnahme.
Erwähnt von A. Bredius in der Zeitschrift für bildende Kunst,
1883, Seite 409, und E. W. Mo es, Oud- Holland,
Bd. IV (1886), Seite 147.
Befand sich in dem Terborch- Album bei Herrn L. T. Zebinden in
Zwolle, das vom Bijksprentenhabinet erworben wurde.
Ri jkspr cntcnk abinet in Amsterdam.
♦JUNGER MANN IN EINER LANDSCHAFT STEHEND nach links 48.
und den Kopf zum Beschauer wendend. Es ist dasselbe Modell in
derselben Kleidung wie auf dem vorigen Blatt, nur hat er hier über
die linke Schulter ein Stück Gewand geworfen, das im Winde weht.
Die vorgehaltene linke Hand ist auf den Stock gestüzt, die rechte
liegt auf der Brust und faßt noch das über die Schulter geworfene
Gewandstück. Auch die Landschaft ist nur wenig verändert: das
189
gebirgige Ufer sowie die beiden Mittelgrundfiguren sind auf die
rechte Seite gebracht.
Bezeichnet unten in der Mitte: P Lafman 1603.
Federzeichnung in Sepia mit blauen Lasuren. 27X17,3.
Eigene fhotographische Aufnahme.
Literatur wie heim vorigen.
Serkunft wie heim vorigen.
Bijksprenten kabinet in Amsterdam.
49. *ZWEI SITZENDE MÄNNLICHE FIGUREN nach rechts in dreiviertel
Vorderansicht. Links sitzt der jüngere mit auf die Schultern fallendem
Lockenhaar. Mit der rechten Hand hält er ein auf den Schoß ge-
stelltes großes Buch, während die linke vorgestreckt ist. Rechts
daneben, etwas mehr zurück und teilweise von jenem verdeckt, sitzt
der andere, ein älterer kahlköpfiger Mann mit Vollbart, der die
Hände auch vorstreckt. Vielleicht sind es zwei Apostelfiguren,
Johannes und Petrus.
Auf der Rückseite ist der Torso einer männlichen Figur,
Beine, Unterarm und ein Stück vom Rumpf von Dilettantenhand
hingekritzelt.
Links unten von späterer Hand die Aufschrift: Peter Lastmann
war Rembrands Lehrer.
Sepiafederzeichnung. 37X15,1.
Eigene photographische Aufnahme.
Sammlung A. von Beckerath in Berlin.
Königl. Kup ferst ichkahi nett in Berlin.
60. *EIN NACKTER MANN in dreiviertel "Wendung nach rechts stehend
mit ausgestreckten Armen. Der Kopf in rechter Profilansicht.
Auf der Rückseite alt, aber nicht eigenhändig bezeichnet.
Federzeichnung mit Tusche. 19X13,2.
Eigene photographische Aufnahme.
Zeichnungenversteigerung von Eelking u. a. in Cöln am 3. Juni 1902
Nr. 85 (an Mump).
— (aus skandinavischemPrivathesitz) in Berlin am 25. — 27.
Mai 1908 Nr. 299 (dl 28 an Artaria).
Im Besitze des Verfassers.
51. * STUDIE EINER NACKTEN FRAU (Potiphar?). Sie ist von vom
gesehen und wendet sich mit vorgestreckten Händen, in denen sie
ein großes Tuch hält, nach links. Über der Stirn im Haar eine
190
Reiherfoder. — Die in einem Versteigerungskatalog gegebene Deutung
als Potiphar, die den Mantel des Joseph hält, kann richtig sein.
Bezeichnet auf der Rückseite alt, aber nicht eigenhändig.
Federzeichnung mit Tusche. 13,6X15.
Eigene photographische Aufnahme.
Zeichnungenversteigerung von Eelking u, a. in Cöln am 3. Juni 1902
Nr. 86 (an Boerner in Leipzig).
Kunsthändler Fr. Meyer in Dresden, Kat. XXXII (1906) Nr. 104.
Im Besitze des Verfassers.
Sitzender Orientale. — Dem Sal. Koninck ganz nahe stehend (Bode). 52.
Große Kreidezeichnung.
Erwähnt von Bode , Studien, Seite 343.
Zuletzt in der Sammlung Prof. Hasse (f) in Hameln.
♦STUDIE EINES KNIENDEN ALTEN MANNES. Ganze Figur in 53.
linker Profilansicht. Er kniet und hat die Hände über der Brust
gefaltet. Kahler Kopf, Vollbart, geöffneter Mund imd weit auf-
gerissene Augen, Mantelartiges Gewand mit weiten Ärmeln. Die
Figur war zuerst nicht so aufrecht gezeichnet, die Ärmel nur halb-
soweit, auch dünner gezeichnet. — Wahrscheinlich hat das Blatt als
Studie für die Figur des knienden alten Mannes auf dem Paulus und
Barnahas-Bild (unserer Nr. 88) rechts zwischen dem Knaben mit der
großen Kanne und der alten Frau gedient; allerdings hat er hier die
Hände nicht gefaltet, sondern über der Brust gekreuzt.
Bezeichnet unten in der Mitte: P. Lafman fecit.
Federzeichnung mit Tuschlasur. 16,9X12,8.
Spezialaufnahme von „The Ärtists Illustrator" in London.
Sammlung Sloane Nr. 5237.10.
British Museum in London.
Zwölf Zeichnungen italienischer Kostüme. Verschollene Vorlagen 54.
für Stiche.
1. Habiti della Nobiltä di Fiorenza. 2. Milanesi. 3. Paesani
di Genoa. 4. 1\ Corso. 5. Sardegni. 6. Ornamenti delli Contadini
di Sicilia. 7. Contadina di Lombardia. 8. Habiti delle Gentildonne
Venetiano. 9. Vestimento dolla luventii Romana. 10. Donzella di
Frascati. 11. Nettunesa. 12. Napolitani.
Das erste Blatt ist bezeichnet: P. Lasman inven. I. Covens et
C. Mortier Exe. Größe ca. 16,7X11,5.
191
Von den Nrn. 1, 3. 5, 8 und 9 photographische Spezialaufnahmen von
Semplonius in Amsterdam nach den im Rijksprenten-
kdbinet in Amsterdam befindlichen Exemplaren.
;55. Sechs kleine Figuren.
Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung E. Boers im Haag am 21. Sept. 1818 Nr. 34.
Mitt. H. d. O.
56. Reiter in orientalischer Tracht mit Turban auf dem Kopf in einer
waldigen Landschaft. Im Hintergrund ein "Wasserfall.
Federzeichnung. 9,5X15,5-
Zeichnungenversteigerung J. M. Vreeswijk in Amsterdam am 3. Mai
1882 Nr. 170. Mitt. H. d. G.
LANDSCHAFTEN MIT ODER OHNE STAFFAGE
57. Eine oder zwei Landschaften. — Sehr schön.
Zeichnungenversteigerung G. Schaak in Amsterdam am 28. Okt. 1748
Nr. 1 bzw. 2 oder 3 (es heißt im Kat.: Nr. 1 — 3,
drei sehr schöne Landschaften von Lastman und
Moeyaert). Mitt. H. d. G.
58. Eine Versammlung von Zigeunern in einer Landschaft. — Von großem
Effekt.
Zeichnungenversteigerung Du^ de Tallard in Paris am 22. März 1756
Nr. 415 (zusammen mit drei anderen Zeichnungen,
unseren Nrn. 74—76). Mitt. H. d. G.
59. Vielflgurige Darstellung in einer Landschaft.
Flotte lavierte Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 14. Sept. 1761 Nr. 733.
Mitt. H. d. G.
(>0. Eine Landschaft.
Zeichnungenversteigerung H. Verschuuring im Haag am 28. Jan. 1771
Nr. 1393 (zusammen mit einer Landschaft vom „ouden
Weeninx" und mit Kat.-Nr. 1394 f,. 1.10). Mitt.H. d. G.
61. Eine kleine Landschaft mit Figuren und Gebäuden.
Lavierte Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung C. Sepp in Amsterdam am 5. Dez. 1775
Nr. 19 (fl. 1.2 zusammen mit Kat.-Nrn. 17 und 18 an
Beycn). Mitt. E. d. G.
192
63.
68.
Landschaft. 61 a
Zeichnungenversteigerung [Oets?] in Amsterdam am 11. März 1776
Nr. 607 (ß. 0.14 zusammen mit einer Landschaft von
van Goyen und mit Kat.-Nrn. 695 und 696 an Busaeriia).
Mitt. H. d. G.
Landschaft mit Staffage.
Lavierte Tuschzeichnung.
Zeichnungenversteigerung N. Marcus- in Amsterdam am 15. März 1779
Nr. 561 (fl. 2 zusammen mit zwei anderen Zeichnungen
an Nachemius). Mitt. H. d. O.
Hirt und Hirtin in einer Landschaft.
Tuschzeichnung.
Zeichnungenversteigerung Juda van Benjamin 8r. in Amsterdam am
4. Nov. 1782 Nr. 28. Mitt. H. d. G.
Bauernhof mit Bäumen, im Vordergrund Wasser. Ausgeführt wie W.
das vorige des Versteigerungskataloges, eine analoge Zeichnung von ' • •^«
Rembrandt.
Feder und Tusche.
Zeichnungenversteigerung Cornelis Ploos van Amstel Jac. Cornelisz in
Amsterdam am 3. März 1800 Nr. 3 (ß. 8 an Coclers).
Umwaldete Strohhütten. Treffliche Helldunkelwirkung. Äußerst kräftig. 65.
Bezeichnet mit dem Monogramm. Feder und Pinsel in Bister.
12,6X24,3.
Zeichnungenversteigerung J. D. Böhm in Wien am 4. Dez. 1865 Nr.
1319. Mitt. H. d. G.
Bauernhof mit zwei stehenden Figuren.
Bisterzeichnung.
Sammlung Syhouts.
Zeichnungenversteigerum/ G. Leembruggen Jz. in Amsterdam am 5.
März 1866 Nr. 344 (ß. 1.75 an Jonckers).
Ruinen eines Gebäudes.
Leicht lavierte Tuschzeichnung.
Zeichnungenversteigerung G. Leembruggen Jz. in Amsterdam am 5.
März 1866 Nr. 345 (ß. 1.50 an van der Beck).
Historische Landschaft.
Feder mit Sepia und Tuschlasuren.
Zeichnungenversteigerung A. v. d. Willigen und A. v. d. Wiüigen Pz.
im Haag am 12. Aug. 1874 Nr. 153. Mitt. U. d. O.
66.
V.9.
67.
T.IO.
68.
13
193
UNBEKANNTE DARSTELLUNGEN
69. Ein Buch voll Federzeichnungen.
V» !• Erwähnt im Inventar Bembrandts vom 25. Juli 1656. Vergl. Ho fstede
de Oroot. Die Urkunden über Bembrandt, Seite
204 Nr. 263.
70. Ein Buch voll Zeichnungen mit roter Kreide.
V. 2. Erwähnt im Inventar Bembrandts vom 25. Juli 1656. Vergl. Ho fstede
de Oroot, Die Urkunden über Bembrandt, Seite
204 Nr. 264.
71. Eine Zeichnung von „Laadsmann'*.
Y.3. AO 1620.
Erwähnt von J. v. Sandrart als in seiner eigenen Sammlung befindlich.
72. Eine sehr ausfülu-liche Zeichnung.
Zeichnungenversteigerung G. Schaak in Amsterdam am 28. Okt. 1748
Nr. 6. Mitt. H. d. G.
73. Eine Zeichnung.
33,2X28.
Zeichnungenversteigerung J. Tonneman in Amsterdam am 31. Okt. 1754
Nr. 71. Mitt. H. d. G.
74,/76.Drei Zeichnungen.
Zeichnungenversteigerung Duc de Tallard in Paris am 22, März 1756
Nr. 415 (zusammen mit einer Versammlung von
Zigeunern, unserer Nr. 58). Mitt. H. d. G.
77. Federzeichnung.
Zeichnungenversteigerung G. Hoet im Haag am 25. August 1760 Nr.
882 (fl. 1 zusammen mit einer Zeichnung von van der
Meulen an Fr. Berghy). Mitt. H. d. G.
77a. Eine Komposition.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 4. März 1765 Nr. 83
(fi. 1 zusammen mit Kat.-Nrn. 79 — 82 an La Galle).
Mitt. H. d. G.
78 u. Zwei Kompositionen.
'9« Zeichnungenversteigerung M. Elgersma u. a. in Amsterdam am 24.
März 1766 Nr. 160 (fl. 1 zusammen mit Kat.-Nr. 159
an Tver). Mitt. H. d. G.
80 u. Zwei Studienblätter.
81. Federzeichnungen.
194
Zeichnungenversteigerung M. Elgersma u. a. in Amsterdam am 24. März
1766 Nr. 56,i (fl. 1 zusammen mit Kat.-Nr. 062 an
Fouquet). Mitt. H. d. O.
Eine Zeichnung. 82.
Zeichnungenversteigerung W. Oudaen in Rotterdam am 3. Nov. 1766^ • 13.
Nr. 38 (fl. 4 zusammen mit Kat.-Nr. 30).
Eine Zeichnung. S2a,
Zeichnungenverßteigerung P. d. Haan u. a. in Amsterdam am 9. März
1767 Nr. 1080 (zusammen mit zwei anderen von
unbekannten Meistern). Mitt. H. d. O.
Eine Zeichnung. S2b.
Zeichnungenversteigerung H. Busserus in Amsterdam am 21. Okt. 1782
Nr. 2720. Mitt. H. d. O.
Drei Federzeichnungen. 83/85.
Zeichnungenversteigerung in Amsterdam am 11. März 1789 Nr. 70.
Mitt. H. d. G.
Eine Zeichnung. 86.
Kreide.
Zeichnungenversteigerung E. Boers im Haag am 21. Sept. 1818 Nr.
56 (zusammen mit zwei anderen Zeichnungen von
unbekannten Meisteryi). Mitt. H. d. O.
Vier Skizzen. 87/90.
Zeichnungenversteigerung E. Boers im Haag am 21. Sept. 1818 Nr.
60 (zusammen mit einer Zeichnung van J. Luiken).
Mitt. H. D. G.
Zwei Federzeichnungen. 91 u.
Zeichnungenversteigerung E. Boers im Haag am 21. Sept. 1818 Nr. ^«
75. Mitt. H. d. G.
Fünf Studien auf einem Blatt. 93.
Zeichnungenversteigerung J. van Strij in Dordrecht am 29. April 1839
Nr. 21. Mitt. H. d. G.
13*
195
Verzeichnis der in noch bestellenden Sammlungen
nachweisbaren Handzeichnungen
Amsterdam.
Rij ksprentenkahioiet:
47. Junger Mann auf der Wanderung.
48. Junger Mann in einer Landschaft stehend.
Berlin.
Königliches Kup ferst ichkahinett :
1. Verstoßung der Hagar.
8. Der Engel verheißt dem Manoah und seinem Weibe
die Geburt Simsons.
49. Zwei sitzende männliche Figuren.
Der Y er fasser :
50. Ein nackter Mann.
51. Studie einer nackten Frau.
Braunschweig.
Kup ferstichkabinett:
9, Der Engel erscheint dem Manoah und seinem Weibe.
11. Der Engel weckt den Elias in der Wüste.
Bremen.
Kup ferst ichkahin et f der Kunst halle:
5. Der Engel erscheint der Hagar in der Wüste.
Dresden.
Kö nigliches Kup f er st ichkahin ett :
14. Alttestamentliche Szene.
196
Göttiiigen.
Univer Hit ät s Sammlung :
10. König Jerobeara opfert dem goldenen Kalb.
20. Die Taufe des Mohrenkämmerers durch Philippus.
London.
British Museum:
53. Studie eines knienden alten Mannes.
Wien.
Alhertina:
2. Abschied der Hagar.
197
' Chronologisches Verzeichnis der datierten
Handzeichnungen
1603.
47. JUNGER MANN AUF DER WANDERUNG.
48. JUNGER MANN IN EINER LANDSCHAFT STEHEND. Beide
im Rijksprentenkabinet in Amsterdam.
1608.
7. VERSTOSSUNG DER HAGAR. Königl. Kupferstichkabinett
in Berlin.
1620.
71. Eine Zeichnung. Einst im Besitze J. v. Sandrarts.
Vergleichende Tabelle zum Auffinden der Nummern
dieses Verzeichnisses für die Nummern von Vosmaer
VosmaerNr. -
= unsere Nr. |
VosmaerNr.;
= unsere Nr.
1
69
8
36
2
70
9
66
3
71
10
67
4
12
11
38
5
64
12
18a
6
43
13
82
7
7
14
54
I
198
Bemerkungen zu den erhaltenen Handzeichnungen
Bei der Betrachtung der Handzeichnungen Pieter Lastmans gehen
■wir naturgemäß von den durch echte Signaturen gesicherten Blättern
aus und beginnen mit den frühest datierten davon. Leider ist die
Anzahl solcher Zeichnungen sehr gering. Sie ist zu klein, um ein
anschauliches, lückenloses Bild von der Entwicklung des Meisters
auch auf diesem Gebiete gewinnen zu können.
Unter den mir bekannt gewordenen fünfzehn Hand Zeichnungen
Pieter Lastmans in noch bestehenden Sammlungen befinden sich nur
vier echt signierte, von denen drei auch datiert sind: zwei
1603 und eine 1608. Die beiden ersten sind die schon oben im
Kapitel über die Entwicklung Lastmans als Maler erwähnten Blätter
mit einem jungen Mann im Amsterdamer Rijksprentenkabinet, die
nicht in Holland, sondern auf der Reise nach Italien entstanden sein
müssen. Ihre stilistischen Eigentümlichkeiten haben wir a. a. 0.
bereits skizziert: die beiden Zeichnungen mußten uns als einzige
Beispiele für die Kunst Lastmans vor seinem Aufenthalt in Rom
dienen. Wir konstatierten in ihnen eine gewisse Befangenheit, die
den Anfänger verriet ; die Sti-ichf ührung ist einerseits ganz zart und
gleichsam etwas ängstlich, nicht zielbewußt der Form nachgehend,
andererseits äußert sich in den fest nachgezogenen Konturen das
Bestreben, jene Wirkung aufzuheben und der Zeichnung mehr Kraft
und Sicherheit zu geben. Die langgezogenen Striche, die wenige
Unterbrechungen erfahren, sind auch bis zu einem gewissen Grade
charakteristisch für eine noch nicht so geübte Anfängerhand. Gleich-
wohl kommt in der Gegenüberstellung von Hell und starkem Dunkel
der Sonneneffekt ganz gut heraus.
199
Bevor wir zu dem anderen datierten Blatt übergehen, sei hier
die Einfügung eines kleinen Exkurses über die Person des auf diesen
beiden Zeichnungen Dargestellten gestattet.
Der Umstand, daß die beiden Zeichnungen aus dem vom alten
Gerard Terborch angelegten Familienalbum herrühren, legt die Frage
nahe, wie oder warum sie darin Aufnahme fanden, was den alten
Terborch veranlaßte, sie diesem Familien album einzuverleiben.
Das charakteristische Modell ist auf beiden Blättern dasselbe; ohne
Frage ist die Auffassung der Person porträtartig, es handelt sich
nicht um eine bloße Studienfigur. Der junge Mann hat sich hinge-
stellt, um abgezeichnet, porträtiert zu werden. Aus dem Vorhandensein
dieser P o r t r ä t Zeichnung in dem Familien album ergäbe sich
danach die Vermutung, daß diese bestimmte Persönlichkeit mit der
Familie Terborch in irgend welcher Beziehung stehen muß, und
zwar wahrscheinlich in einer verwandtschaftlichen. Es fragt sich nun,
wer diese PersönUchkeit, die von Lastman im Jahre 1603 außerhalb
Hollands gezeichnet wurde, sein kann. Mein erster Gedanke richtete
sich da auf den alten Gerard Terborch. Diese beiden Zeichnungen
möchten vielleicht Jugendbildnisse des Vaters des berühmten Malers
Gerard Terborch sein, aus dessen "Wander- und Reisezeit, die für die
Familie also höchst wertvolle Andenken sein mußten. Natürlich bleibt
an dieser Vermutung viel hypothetisches bestehen. Aber einige
Momente für die Möglichkeit, daß wir es hier mit zwei Jugend-
porträts Gerard Terborchs d. Ä. zu tun haben, lassen sich doch anführen.
Gerard Terborch d. Ä. wurde im Jahre 1584 geboren, war also
1603 19 Jahre alt. Dies ist ungefähr das Alter des auf Lastmans
Zeichnungen dargestellten Jünglings. Im Jahre 1602 ging Terborch
d. Ä. auf Reisen — und um diese Zeit kann Lastman die Heimat
auch bereits verlassen haben. 1603 ist Terborch in Cöln, 1604 in
Venedig nachweisbar aus Beischriften auf seinen erhaltenen Zeichnungen,
deren Stil eine gewisse Verwandtschaft mit Lastman hat. Da wir
über die Örtlichkeit auf den beiden in Frage stehenden Blättern nur
sagen können, daß sie nicht in Holland, aber auch nicht in der
Umgebung Roms zu suchen ist, so liegen auch hier keine direkten
Hindernisse vor. Zumal wenn wir bedenken, daß Terborch — und
vielleicht auch Lastman — durch Österreich gewandert war. Gekannt
haben sich die beiden fast gleichalterigen Künstler sicherlich. —
200
Wann mag nun Terborch in den Besitz der Zeichnungen gekommen
sein? Wahrscheinlich gleich nach ihrer Entstehung. Denn es wäre
schwer erklärlich, warum Terborch später (in Holland) zwei
künstlerisch gleich (gering)wertige Stücke, die noch dazu ein und
denselben Jüngling in nur wenig veränderter Pose und Landschaft
darstellen, erworben haben sollte, wenn sie nicht für ihn einen anderen
Wert gehabt hätten, als einen rein künstlerischen, nämlich den, daß
es sich um die Porträts einer dem Terborch bekannten Persönlichkeit
— oder um seine eigene — handelte. In beiden Fällen ist die
Wahrscheinlichkeit größer, daß die Blätter dann eben gleich nach
dem Entstehen (außerhalb Hollands) in Terborcha Besitz kamen. Da
der junge Mann auf der Wanderung im, freilich etwas phantastischen,
Reisekostüm*) wiedergegeben ist, und da es wohl auf der Hand liegt,
daß er nicht allein die weite Tour gemacht hat — in Begleitung
Lastmans, der ihn zeichnete, mußte er ja gewesen sein, — sondern
mit irgend einem Landsmann zusammen, so konnte dieser, vielleicht
auch nur zeitweise Gefährte, sehr wohl der fast gleichalterige Pieter
Lastman gewesen sein. Die Entstehung der Blätter wäre dann so
zu denken, daß der eine den anderen unterwegs skizzierte, und daß
der Skizzierte die Blätter als Erinnerung mitnahm, aufbewahrte —
und später in das Familienalbum einklebte. Dann kann es eigentlich
nur Terborch d. Ä. selbst sein, zum mindesten muß man an ihn
denken. Auch weil keine Untersclirift, daß der Vater Terborch dar-
gestellt sei, da ist, darf man eher annehmen, daß es eine den Familien-
mitgliedern genau bekannte Persönlichkeit war, eben der Vater. Der
Name des Zeichners, das Entstehungsjahr, Tracht und Landschaft
sagten ihnen genug.
Diese Hypothese, daß beide Zeichnungen den älteren Terborch
darstellen, könnte durch ein authentisches Jugend bildnis Terborchs
schnell bestätigt werden, aber das fehlt leider. Vielleicht vermag
ein Unbefangener — ich selbst will mich ausschUeßen — in der
*) Man nimmt vielleicht an dem Fehlen der Schuhe bei einem „Reisekostüm"
Anstoß. Der Wanderer brauchte ja aber nicht die ganze Reise barful} zurückzulegen,
sondern mag sich nur gelegentlich auf bequemem Boden der schweren Reiseschuhe
entledigt haben. Auf dem van Noordlschen Stich haben wir vorn auch ein barfüßige^
wanderndes Bauernehepaar; der Tobias auf der Wanderung mit dem Engel ist auch
barfuß von Lastman dargestellt wie auch der Joseph auf der Flucht nach Ägypten n. a.
201
Kreidezeichnung, die von „Moses ter Borch [dem jüngsten Sohn des
alten Terborch] nae het leven geteijckent den 23 Januarij 1660" wurde
und die als das Porträt des alten Terborch (f 1662) von E. "W. Moes
veröffentlicht ist*), Ähnlichkeiten mit dem auf Lastmans Zeichnungen
Dargestellten zu erkennen. Ich verweise auf die etwas klobige Nase,
auf die großen Augenlieder und das kleine Kinn. Ist es auch an
sich nicht leicht, Ähnlichkeiten zwischen zwei an Jahren so weit
auseinander liegenden Gesichtern festzustellen, so lassen sich doch
immerhin gewisse charakteristische Besonderheiten des Gesichtes wie
die hier angeführten auch nach Jahren an einem Gesicht wieder
erkennen; sie scheinen hier doch dem alten wie dem jungen Manne
gemeinsam zu sein.
Wie anfangs schon gesagt, bleibt dieser Versuch, die Person
festzustellen, eine Hypothese, zu deren Aufstellung das Vorhandensein
der beiden Blätter in dem Terborch' sehen Familienalbum Anlaß bot. —
Die dritte datierte und signierte Zeichnung Pieter
Lastmans (im Kupferstichkabinett in Berlin) ist von jenen beiden
in Amsterdam wesentHch verschieden. Sie stellt die Vertreibung
der Hagar und Ismaels durch Abraham (1) dar und ist links an einem
Baumstumpf ß 1608 signiert, so, wie wir auf den Gemälden aus
diesem Jahre das Monogramm kennen. "Waren jene Zeichnungen
von 1603 noch etwas unsicher in der Strichführung, so befinden wir
uns hier vor einem in seiner Zeichenweise durchaus sicheren Künstler.
Die Figuren sind flott hingezeichnet mit geübten Strichen, von denen
jeder eine Form des Gewandes anzudeuten hat. Auf die Hervor-
bringung von starken Licht- und Schattenkontrasten ist kein Wert
gelegt worden, nur der als Kulisse verwandte Baumstumpf links
ist durch Bisterlasur stärker markiert. Die Zeichenweise als solche
verrät nicht nur Sicherheit, sondern fast schon eine gewisse Routine,
auf jeden Fall schon eine bestimmte Manier. Der Zeichner hat sich
zur Angabe gewisser Formen eine ganz bestimmte Strichweise
angewöhnt, die immerhin schon auf eine längere Übung im Zeichnen
hinweist. Bei einem Fuß z. B. gibt er in einem Federzuge
die untere Begrenzungslinie, die um Zehen, Sohle und Ballen läuft.
Ein gewinkelter kleiner Schleifenstrich gibt Spann und obere Zehen-
*) Handzeichnungen der holl. und vläm. Schulen im Amsterdamer Kupferstich-
kabinett. 100 Reproduktionen, Haag, M. Nijhoff.
202
begrenzung an, ein paar Querstriche die Zehen selbst, ein kleiner
senkrechter Strich den Knöchel. Lastman liebt es, den Konturenstrich
häufig zu unterbrechen, indem er im Winkel jeweils nach innen
einbiegt, wenn eine Falte oder ein Gelenk kommt. Bei der Angabe
von kleinen Fältchen verwendet er sehr oft kleine Zickzackstriche.
Typisch ist, wie er den Schatten des Fußes am Boden durch einen
rasch hingesetzten Strich — überall — andeutet. Rechts ganz im
Hintergrund der Zeichnung, sieht man zwei Figuren, so wie auch
schon auf den Zeichnungen von 1603. Das Charakteristische dieser
Zeichnung ist das Bestreben, mit ziemlich knappen Strichen das
Wichtigste der Figuren anzugeben. Man möchte fast sagen, daß er
sich dafür eine Art Formelsprache ausgebildet hat. Dabei belebt
er den Strich oft durch ein Anschwellen oder dadurch, daß er ihn
dünner werden oder spitz auslaufen läßt, wie es die Verwendung der
Feder ja auch mit sich bringt. So macht das ganze den Eindruck
einer rasch — ohne Modell — hingeworfenen Skizze.
Genau denselben Stil zeigt die nur in einer Radierung von
Stieglitz erhaltene Zeichnung, den Propheten Elisa und die Witwe
mit zwei Kindern (12) darstellend. Die Hände des Elisa sind
in ihrer Bewegung so gut wie wiederholt und manches andere.
Diese Zeichnung ist zwar nicht signiert, aber abgesehen von der
völligen stilistischen Übereinstimmung mit dem Berliner Blatt noch
durch die Unterschrift des Stechers: „D'apres !e defsin de Pierre
Lastman qui est dans une Collection ä Leipfic" über und über
beglaubigt.
Die letzte der durch Signatur als echt gesicherten Zeichnungen,
die Figurenstudic eines alten Mannes (ö3) im Printroom des Britischen
Museums in London, die P. LaCman fecit bezeichnet ist, ist offenbar
nach einem Modell gemacht worden, um in irgend einer Komposition
Verwendung zu finden. Wir sehen deutlich, wie die kräftigeren
dunklen Tuschstriche eine dünner gezeichnete erste Fassung der Figur
verbessern. Die Haltung war erstlich mehr nach vorn gebeugt, und
die Ärmel des Gewandes waren enger. Die endgültige Zeichnung
verleiht dem Manne eine ruhigere Haltung.
Mit der Strichführung des vorigen Blattes verglichen, fällt uns
eine gewisse Zaghaftigkeit auf. Das schematische, routinierte fehlt
hier gänzlich. Es ist das vielleicht daraus zu erklären, daß Lastman
203
dort eine Komposition hinskizziert hat, während er hier nur die beste
Stellung eines betenden Greises für eine bestimmte Komposition
ausprobierte. Daher wohl auch die mehr geschlossen-bildartige Wirkung
jenes Berliner Blattes, wo auch die Landschaft angedeutet ist, hier
nur die für einen bestimmten Zweck angefertigte Figurenstudie. Eine
Komposition, in der dieser kniende Greis, wenn auch mit noch etwas
veränderter Handhaltung vorkommt, ist das Paulus und Barnahas-
Bild beim Grafen Stetzki. Der kniende Alte ziemlich rechts geht
wohl sicher auf das gleiche Modell zurück wie die Zeichnung, die
sehr wohl im Hinblick auf dieses Gemälde von 1614 entstanden sein
kann. Denn ohne Frage beruht diese Komposition, die — wie wir
wissen — zu den Hauptwerken Lastmans gehört, auf einer ganzen
Reihe von ad hoc gemachten Einzelvorstudien. Die nochmalige
Änderung der Figur besagt nur, wie sorgfältig Lastman dabei zu
Werke ging.
Und nun stehen wir vor dem Rest der den Namen Lastman
führenden, aber nicht von ihm eigenhändig signierten Handzeichnungen.
Unter diesen können wir drei Gruppen unterscheiden: 1) die mehr
rein linearen Federzeichnungen (die dem datierten Berliner Blatt
nahestehen), 2) die mehr malerischen, mit dem Pinsel behandelten,
räumlicher und bildmäßiger wirkenden Blätter und 3) die sorgfältig
und sauber ausgeführten Zeichnungen, die um ihrer selbst willen
gemacht zu sein scheinen.
Eine auch nur annähernde chronologische Bestimmung ist hier-
bei so gut wie völlig ausgeschlossen. Höchstens könnte man ver-
sucht sein, einige Blätter der ersten Gruppe für früher zu halten,
wie z. B. die eine Zeichnung in Göttingen (20), die auch als Vorstudie
zu einem Gemälde angesehen werden muß, das selbst zwar nicht
mehr nachweisbar ist. Aber das Thema, die Taufe des Kämmerers
sahen wir auf drei Gemälden aus verschiedenen Zeiten durch Lastman
behandelt werden. Von diesen steht die Komposition unserer Zeichnung
dem frühesten (von 1608 in Berlin) am nächsten. Der Apostel mit
dem Buch in linker Seiten Stellung, der nur mit einem Lendentuch
bedeckte, im Wasser stehende Täufling, der Wagen mit Pferd und
Kutscher ziemlich klein im Hintergrund sowie die Landschaft ent-
sprechen sich. Die Art zu zeichnen kommt auch der des Berliner
Blattes von 1603 am nächsten, wenn es auch an manchen Stellen,
204
[ISO bei don Füßen und Händen, eingehender behandelt, detaillierter
ausgeführt ist. Auch das über die Figuren gelegte Quadratnetz weist
darauf hin. Daher denn auch wohl die detailliertere Zeichnung der
Figuren, die sorgfältige, abgewogene Verteilung der Licht- und
Schattenpartien (durch Lasuren).
Technisch noch näher steht der 1608 datierten Zeichnung in Berlin
eine dort befindliche zweite, die zwei sitzende männliche Figuren (49)
darstellt, vielleicht die Evangelisten Johannes und Petrus. Auch
hier handelt es sich möglicherweise um einen Kompositionsentwurf
für ein Gemälde.
Von den beiden Aktfigurcn (50, 51) in meinem Besitze, die ebenfalls
zu dieser Gruppe von Federzeichnungen gehören, dürfte die weibliche
sehr gut die Studie zu einer Potiphar sein, die in ihren Händen den
Rock des flüchtenden Joseph hält. Ein Gemälde mit einem flüchtenden
Joseph (worauf höclist wahrscheinlich die Potiphar nicht gefehlt
haben wird) finden wir in einem Versteigerungskatalog von 1706 (unsere
Nr. 19) erwähnt. Stilistisch gehören beide Aktzeichnungen eng zusam-
men. Sie scheinen häufig auch zusammengeblieben zu sein. Auf
beider Rückseiten steht der Name Pieter Lastmans von derselben
Hand und mit gleicher Tinte geschrieben. Auch in der Sammlung
von Eelking waren beide Blätter.
Die Überleitung zu zwei mehr mit dem Pinsel ausgeführten
Zeichnungen können zwei in der Komposition wie in der Technik
sich völlig gleichende Stücke bilden. Das eine stellt dar den Engel, der
die Hagar in der Wüste tröstet (5) (als M. v. Uytenbroeck im Kupferstich-
kabinett der Kunsthalle in Bremen), das andere den Engel, der den
Elias in der Wüste tvecktim (11) (Vorrat des Braunschweiger Kupferstich-
kabinetts). In der Strichführung erkennen wir leicht die bei der
Berliner Zeichnung von 1608 festgestellten Charakteristika wieder:
die kleinen Zickzackfältchen z. B., dann die Haltung des rechten
Armes und der Hand des Engels (auf dem Blatt in Bremen), die
Behandlung der Füße (besonders auf dem Braunschweiger Stück).
Auf diesem ist auch die Baumkulisse links so
gut
wie gleich, und
wenn auch auf der Bremer Zeichnung der Baumstamm selber fehlt,
«0 haben doch beide Blätter mit der Berliner Zeichnung die Art
und Weise gemeinsam, wie am Rande der festen Masse des Baum-
stammes (bezw. der Erderhebung) das Blätterwerk entlang gefülirt
205
ist. Durch Lasuren mit Tusche ist die Licht- und Schattenwirkung
nur verstärkt, die Landschaft vertieft, indem im Mittelgrunde vor
dem helleren Hintergrund noch eine Baumkulisse von mittlerem Ton
eingeschoben ist. Beide Blätter dürfen daher wohl auch zeitlich in
die Nähe der Berliner Zeichnung von 1608 gerückt werden.
Noch kräftiger ist die Lichtwirkung auf den beiden Zeichnungen
mit Manoah und seinem Weibe, denen der Engel die Gehurt Simsons
angekündigt, von denen sich die eine in Berlin (8), die andere in Braun-
schweig (9) befindet. Hier ist in der bezüglich dei Strichführung den
vorigen gleichgebliebenen Technik nur durch noch stärkere Schattierung
mit dem Pinsel in noch dunkleren Tönen eine Veränderung zur mehr
malerischen, effektvollen BUdwirkung des Blattes eingetreten. In
der Grundauffassung sind sich alle vier aber ganz gleich geblieben.
Ebenso ist in der Typik, in den Gesten und in der Gewandung
wenig Abwechselung zu verspüren. Der Engel mit der stark gewölbten
Stirn, wie diese durch einen halbkreisförmigen Pinselstrich markiert
ist, ist auf dem angeblichen Uytenbroeck in Bremen und dem
Braunschweiger Blatt mit dem Engel, der Manoah und seinem Weihe
die Gehurt Simsons ansagt, gleich.
Diesen flott und kräftig hingeworfenen Blättern gegenüber muten
zwei andere Zeichnungen, die Lastman zugeschrieben werden, in
ihrer sauberen Ausführung etwas fremdartig an. Und sie selbst
unter sich weisen auch noch kleine Verschiedenheiten auf. Das eine
Blatt (in der Albertina in Wien) stellt auch eine Verabschiedung der
Hagar durch Abraham (2) dar in einer sorgfältig ausgeführten hügeligen
Waldlandschaft mit italienischem Gebäude. Die ganz andere, für sich
alleinstehende Art der Ausführung erschwert ein sicheres Urteil sehr,
da so gut wie keine technischen Vergleichsmomente mit herangezogen
werden können. Der Baum als Kulisse links genügt doch nicht, und
außerdem ist er auch anders behandelt. Der eigenartig wiedergegebene
Nadelbaum im Hintergrund ließe an den ähnlich behandelten ganz
links auf dem Bilde der Taufe des Kämmerers in Berlin denken, auch
das Laub der anderen Bäume rechts käme dem Baumschlag auf
jenem Gemälde am nächsten. Aber das sind immerhin technisch nur
indirekte Vergleichsmomente allgemeiner Natur, wozu auch die sorg-
fältige Behandlung und der große Raum, den die Landschaft ein-
nimmt, kommt, die auch jenem Berliner Bild von 1608 entsprechen.
206
fT)er Fuß Abrahams ist sehr ähnlich dem des Apostels Philippus auf
der Göttinger Zeichnung mit der Taufe des Kümmeren), Aber die
Gesichtstypen sind wesentlich anders, weniger grob vor allem als die
bei Lastman üblichen. Bei Annahme der Autorschaft Lastmans auf
Grund dieser Berührungspunkte müßte man die Entstehungszeit der
Wiener Zeichnung auch etwa in die frühere Periode Lastmans setzen.
AVir hätten dann eine sorgfältig ausgeführte frühe Zeichnung im
Gegensatz zu der flotten Skizze von 1608 in Berlin. Bodos Bemerkung*),
daß diese Zeichnung vielleicht von Moeyaert herrühren könnte, läßt
erkennen, daß auch ihm die Zeichnung von Lastmans gewöhnlicher
Art abzuweichen schien. Man könnte ihr von Moeyaertschen Blättern
allerdings auch eine in gewisser Beziehung als stilverwandt gegen-
überstellen, wenn diese Zeichnung auch in anderem Material — in
Kreide — ausgeführt ist: das Blatt Ruth und Boas im Rijksprenten-
kabinet in Amsterdam. (Man beachte z. B. den Kinderkopf). Aber
für eine bestimmte Zuweisung dos Blattes an Moeyaert reichen die
sonstigen Stilübereinstimmungen doch zu wenig aus. Es steht
Lastman doch näher als jenem, wonngleich ich es für ihn auch nur
bedingtermaßen in Anspruch zu nehmen wage.
Die zweite sorgfältige Federzeichnung (10) (in Göttingen als „Schule
Elsheimer-Lastman?") mutet in ihren fehlerlosen und, besonders was
die Komposition der zahlreichen Figuren angeht, gar keine Ver-
besserungen aufweisenden Ausführung von vornherein eher wie eine
Nachzeichnung nach einem fertigen Vorbild an. Die Möglichkeit,
darin eine Nachzeichnung nach dem im Versteigerungskataloge H.
ten Kate von 1801 oberflächlich beschriebenen Gemälde König Jeroheam
opfert den Oötzenbildei-n am Brandaltar (unserer Nr. 34) sehen zu dürfen,
scheint mir vorhanden zu sein. Auf Lastman dürfte sie aber sicher
zurückgehen, denn einzelne Typen, wie z. B. die zweite Figur von
rechts, tragen ganz das Gepräge des Lastmanschen Stiles in sich.
Daß die Zeichnung ein Entwurf zu einem danach auszuführenden
Gemälde ist, scheint mir wegen der fast trockenen Akkuratesse der
Ausführung ausgeschlossen. Eher ist an eine Vorzeichnung zu einem
Stich zu denken (Behandlung des Baumschlages und der Wolken).
Unsicher bleibt mein Urteil auch gegenüber der Federzeichnung
in Dresden (14), in der ich nicht recht die Hand Lastmans zu erkennen
*) Sludien, Seile 342.
207
vermag. Insbesondere ist es die Art zu schattieren, die völlig ab-
weichend ist von allen bisher betrachteten Zeichnungen Lastmans.
Sie ist fahrig kritzelnd und unsicher. Die Wiedergabe der Füße
und Hände nicht nur ungeschickt, sondern direkt hölzern und nichts-
sagend. Für Lastman bedurfte es viel weniger Aufwand, um
deutlicher und richtiger auszudrücken, was er wollte. Die dritte Figur
mit dem Federhut ist in ihrer Stellung kaum zu verstehen — wie
auch der ganze dargestellte Vorgang dunkel bleibt.
Etwas besser ist die auf der Rückseite befindliche Nacktfigur
eines schlafenden Satyrn, die offenbar nach einem Modell gezeichnet
ist. Aber auch hier, z. B. bei der rechten Hand, ist eine mehr als
schwache Stelle, auch hier nichts von der charakteristischen Strich-
weise, der Glied für Glied, aber sicher vorgehenden Art zu zeichnen
bei Lastman. Die Schattierung ist ebenso ohne ersichtliche Zweck-
mäßigkeit kritzelnd wie auf der Vorderseite. Früher wurden diese
Zeichnungen in Dresden dem Jan Lievens zugeschrieben. Aber in
neuerer Zeit hat man Lastman als sicheren Autor in Anspruch genommen.
Der Name Lievens läßt sich meines Erachtens hier aber doch nicht
ohne weiteres von der Hand weisen. Zum mindesten ist er im
Hinblick auf zwei Radierungen (B. 4 und B. 9) von Jan Lievens
diskutabel. Auch auf diesen Radierungen treffen wir die ganz
eigentümliche Art zu schattieren bei dem Stein und dem Baumstamm
an, und in der Schattierung einzelner Partien der Gewandfalten
scheinen mir auch Analogien zu der Schattenbehandlung auf
dem Körper des schlafenden Satyrn zu bestehen, wenn auch natür-
licherweise auf der Zeichnung roher und flüchtiger als auf den
Radierungen.
Von den Rötelzeichnungen Lastmans, deren Rembrandt z. B.
ein ganzes Buch voll besaß, ist nichts mehr nachweisbar, auch so
gut wie keine Rötelzeichnungen finden wir in alten Versteigerungs-
katalogen erwähnt. Die Rötelzeichnung im Museum der schönen
Künste in Budapest, Juda und Thamar, halte ich nicht für eine Arbeit
Lastmans ; warum, wird im nächsten Abschnitt dargelegt werden.
Von den ebenfalls nur in beschränkter Anzahl bekannten
Zeichnungen in schwarzer Kreide — sowohl in existierenden Sammlungen
wie aus literarischen Notizen oder Katalogbeschreibungen — kann
ich die beiden großen Stücke, die ich im Berliner Kupferstich-
208
4
kabinett gesehen habe, nur als Nachzeichnungen nach Gemälden
Lastmans anerkennen.
Die von Vosmaer*), Bode**) u. a. erwähnte, von späterer Hand
bezeichnete und mit 1598 unmöglich richtig datierte große Kreide-
zeichnung des Opfer Ährahams (7), ebenso wie die von Bode**) in der
Sammlung des (seitdem lange verstorbenen) Professors Hasse in
Hameln erwähnte große Kreidezeichnung eines sitzenden Orientalen (52)
kenne ich leider nicht. Ich kann sie, da genauere Beschreibungen
und Abbildungen fehlen, nicht in das Bereich meiner Studie ziehen.
Ist jenes Ojjfer Abrahame auf ebensolches dunkelbraunes Papier ge-
zeichnet und in derselben sorgfältigen Technik ausgeführt wie die
nicht ganz richtig auf Ahigail gedeutete Zeichnung im Berliner
Kupferstichkabinett, so liegt die Vermutung nahe, daß in ihr auch
eher eine Nachzeichnung nach einem (der bekannten?) Gemälde
mit dem Opfer Abrahams von Lastman zu sehen ist. Die Höhe
beider Zeichnungen ist gleich.
Zusammenfassend sei schließlich noch einmal konstatiert, daß
die uns bekannten authentischen Zeichnungen Lastmans (die doch
verhältnismäßig selten geworden sind; Vosmaer hatte aus eigener
Anschauung gar keine gekannt) durchgehends in Tusche oder Sepia
mit Feder und Pinsel ausgeführt sind; daß sich hierin ein künstlerisches
Weiterschreiten nur in den ersten Jahren zwischen 1603 und 1608
feststellen läßt, daß die übrigen echten Zeichnungen im Grunde
aber dasselbe mehr oder weniger angenehme Gepräge haben, und daß
die etwas verschiedene technische Behandlung einzelner Blätter keinen
sicheren Schluß auf frühere oder spätere Entstehungszeit gestattet.
Einige Blätter, die bisher den Namen Lastmans trugen, konnten wir
nicht so unbedingt als Arbeiten von seiner Hand ansprechen.
Einige andere Zeichnungen, deren Autor bestimmt nicht unser
Maler ist, finden im folgenden Kapitel eine kurze kritische Besprechung.
*) „Rembrandt", Seite 480 Nr. 7.
**) Studien, Seite 342.
U
209
Handzeichnungen, die Pieter Lastman mit Unrecht
zugeschrieben werden
BERLIN, Köiiigl. Kiipfersticliliabinett, Inv. Nr. 5339.
*ODYSSEUS UND NAUSIKAA.
Kreide, weiß gehöht auf graubraunem Papier. 32X51)3.
Eigene photographische Aufnahme.
Erwähnt von Bade, Studien, Seite 342.
Sammlung von Beckerath in Berlin.
Die Zeichnung stimmt überein mit dem monogrammierten und
1619 datierten Gemälde Lastmans in Augsburg und galt für eine
Studie des Meisters zu diesem Bilde. Eine genaue Vergleichung von
Zeichnung und Gemälde ergibt jedoch die Unmöglichkeit, in diesem
Blatt einen Entwurf oder eine Vorstudie zu sehen. Es ist vielmehr
•eine flott hingeworfene und dabei doch bis in die kleinsten Details
mit dem Gemälde übereinstimmende Nach Zeichnung. Damit wird
die Autorschaft Lastmans rein psychologisch schon sehr hypothetisch
gemacht. Der Stil der Zeichnung hat mit den bekannten echten
Blättern von Lastman nichts gemeinsam.
Wer freilich der Zeichner dieses Blattes war, diese Frage bleibt
noch offen. Vielleicht könnte Nie. Moeyaert in Betracht kommen.
* DER PROPHET ELISA UND DIE SUNAMITIN. Vor einem nach
links im Profil stehenden Esel mit gesenktem Kopf kniet die Sunamitin,
dreiviertel von vorn gesehen, den mit einem Tuch turbanartig um-
schlungenen Kopf nach rechts oben wendend. Sie trägt ein weites
mantelartiges Gewand, das die Unterarme frei läßt. Die Hände mit
gespreizten Fingern und die Handflächen nach außen kehrend, streckt
210
sie nach beiden Seiten aus. Ihr Gesichtstypus deckt sich mit dem
des öfter verwendeten weiblichen Modellea (der kananäischen Frau
auf dem Bilde im Rijksmuseum, der Eahel auf dem in Boulogne
sur Mer, der Sarah auf dem Gemälde der Sammlung A. Lürman in
Bremen und der sitzenden Frau auf dem Bilde der Predigt Johannis
des Täufers der Versteigerung Raedt van Oldenbameveld in Amsterdam).
Rechts dahinter steht ein junger Mann (Gehasi), der seine linke Hand
auf die Schultor der Frau legt und auch den Kopf nach rechts oben
wendet. Hinter dem Esel, mehr in der Mitte, ein älterer Mann mit
Stock, ebenfalls nach rechts oben blickend. Vor der Brust des jungen
Mannes ist noch eine Hand sichtbar, die zu einer Figur gehört,
welche auf der rechten, fehlenden Seite des Blattes gewesen sein
muß. Die Darstellung wird im Berliner Kabinett und von Bode
irrtümlich als Ähigail gedeutet. Es stellt aber die Sunamitin dar,
was durch die Auffindung des Gemäldes in der Sammlung Zabielsky
in St. Petersburg bestätigt wird.
Sorgfältige, etwas trocken ausgeführte, weiß gehöhte Kreide-
zeichnung auf dunkelbraun lasiertem Papier.
Bezeichnet links unten LA8TMAN. 33X28.
Die photographische Aufnahme ist tvegeti der dunkelbraunen Färbung
des Papieres, auf dem sich die schwarzen Kreidestriche
nicht abheben, so gut wie unmöglich.
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 342.
Die Zeichnung stimmt mit der linken Seite des Bildes der
Sammlung Zabielsky genau überein, so genau, daß es sich nur um
eine Nachzeichnung handeln kann, zumal hier die Möglichkeit, es
mit einem Entwurf oder einer Vorstudie zu tun zu haben, wegen
der trockenen Korrektheit und der genauen Übereinstimmung von
Zeichnung und Bild wegfällt. Auch für dies Blatt läßt sich ein
Autor nicht feststellen, auch kein eventuell in Frage kommender in
Vorschlag bringen. Die Zeichnung ist in der Technik jeder persön-
lichen Note bar — von Lastman dürfte sie auf keinen Fall sein.
Die rechte Seite, auf der der Prophet Elisa stand, und dessen Hand
man noch ganz rechts auf dem vorliegenden Blatte sieht, ist vielleicht
abgeschitten worden und verloren gegangen. Möglicherweise kam es
dem Zeichner aber auch nur auf diese dargestellte Gruppe an und nicht
auf eine Wiedergabe des ganzen Bildes. Ein Bruch in der Mitte des
Blattes ist nicht wahrscheinlich, da die Mittellinie auf dem Gemälde
14*
211
viel weiter rechts verläuft. Auch ist links die auf dem Bilde befind-
liche Landschaftskulisse weggelassen.
Ausführung und Höhe sind dieselben wie auf dem Blatt
Abrahams Opfer der Versteigerung Weigel (unserer Nr. 7). Wenn
man dann für die ursprüngliche Breite des Blattes wie dort 41 cm
annimmt, so hat man hier noch 13 cm rechts zu ergänzen, auf denen die
Figur des Propheten gut Platz finden konnte. Das Wahrscheinliche
ist doch wohl, daß der Prophet auch mit auf dem Blatte gezeichnet war.
BREMEN, Kupferstichkabinett der Kunsthalle.
* KÖNIG DAVID HARFE SPIELEND.
Grisaillemalerei in Wasserfarben. Die Hauptlinien sind in brauner
Tusche mit dem Pinsel aufgelegt, die Lichter mit Deckweiß aufgesetzt.
28,5X36,9.
Ohne Signatur. Rechts unten steht: 1 fackz
Eigene photographische Aufnahme.
Stilistisch hat das Blatt nichts mit Lastman zu tun, auch
technisch weicht es von dem uns bekannten vollkommen ab.
Frageweise und mit Vorbehalt schlage ich als Autor Matthias
Scheits vor, dessen Zeichnungen, insbesondere die der Sternschen
Bilderbibel, mir freilich im Original nichtbekannt sind, so daß ich nur
auf Grund einiger Abildungen vermutungsweise auf ihn als Zeichner
des Bremer Blattes hinweisen kann. Mir scheint dieses jedoch der
von Lichtwark*) abgebildeten Vorlage für den König David der
Sternschen Bilderbibel weit näher zu stehen als den bekannten
Zeichnungen Lastmans.
Als Entwurf für diese Bibel selbst kann das Blatt allerdings
nicht in Frage kommen, da alle Darstellungen im Hochformat ge-
halten werden mußten. Aber es braucht darum nicht ausgeschlossen
zu sein, daß Scheits, „der als Beobachter des Lebens in Bildern und
Zeichnungen das Querformat bevorzugende Künstler" (Lichtwark) zu-
nächst auch hie und da Vorstudien in diesem Format ausführte.
Und weiter ist von den Skizzen zu der Sternschen Bibel, von denen
die Hamburger Kunsthalle eine ganze Reihe erworben hat, zu sagen:
„einige sind wie seine Zeichnungen mit der Feder hingeworfen und
leicht angetuscht. Hier fehlt alles Detail, das konnten die Stecher
*) Matthias Scheits, Hamburg, 1899, Seite 143.
212
eigenem hinzutun [vielleicht sind das die spätesten Blätter?].
Die meisten Vorlagen scheinen jedoch sehr sorgfältig in Grau mit
Ölfarben auf Papier gemalt zu sein." (Lichtwark). Eine Grisaille ist
auch die Bremer Zeichnung. Wenn sie nicht in Ölfarbe ausgeführt
ist, so wäre das wohl oben daraus zu erklären, daß sie nur als
"Vorstudie von Scheits selbst betrachtet wurde. Ich behalte mir vor,
bei späterer Gelegenheit die Vergleichung mit jenen Scheits'schen
Originalen eingehender vorzunehmen.
BUDAPEST, Kupferstlchkabinett im Museum der schönen Künste.
* JUDA UND THAMAR. Juda und Thamar sitzen nach links gewandt
rechts unter einem Baum. Thamar hat ihr rechtes Bein über Judas
Knie gelegt. Ihre Brust ist entblößt, der Kopf etwas zurückgelehnt.
In der herabhängenden linken Hand hält sie Judas Stab und ein
Schleiertuch. Juda, mit federgeschmücktem, breitrandigem Hut, hat
seine linke Hand um ihre Schultern gelegt und wendet den Kopf zu
ihr. Links am Boden zwei Windhunde.
Rötel 26X20.
Erwähnt und abgebildet in „Handzeichnungen alter Meister in der
Albertina u. a. Sammlungen", hgg. von Schön-
brunner und Meder, Bd. III, Nr. 258; von
Kramm, De Levens en Werken der hoUandsche . . .
Konstschilders, Bd. IV, Seite 954; Zeitschrift für
bildende Kunst, Juni 1908.
Es ist häufig auf den „auffallenden Zusammenhang" dieser
Rötelzeichnung mit der Lastman zugeschriebenen bekannten Radierung
Juda und Thamar hingewiesen worden. Die Ähnlichkeit der beiden
Blätter beruht aber allein auf der Komposition. Stilistisch sowie in
den Typen sind beide völlig von einander verschieden; sie können
daher auch keinesfalls auf einen und denselben Autor zurückgehen.
Aber ich vermag auch in der Budapester Rötelzeichnung für sich
genommen nicht die Hand Lastmans zu erkennen. Die Bewegungen
der Hände sind für Lastman viel zu graziös, die Hände selbst viel
zu fein und elegant geformt, der Faltenwurf des dünnen Gewandes
der Thamar viel flüssiger, als wir es sonst von Lastman gewöhnt
sind, die Strichfülirung lange nicht so sich aus einzelnen kleinen
schnörkelartigen Stückchen zusammensetzend, sondern mehr ineinander
übergehend. Überhaupt deutet die ganze Erscheinung der Figuren
auf eine spätere Zeit, sie muten eigentlich auch fast unholländisch
213
an, eher vlämisch, wie z. B. die beiden Windhunde an F. Snyders
erinnern. Die gewiß unrichtige Zuschreibung des Blattes an Lastman
dürfte vielleicht auf jenen äußerlichen Zusammenhang mit der auch
nur angeblich vonLastmanherrührendenRadierung zurückzuführen sein.
KOPENHAGEN, Königl. Kupferstichkabinett.
*SKIZZE ZUM BARMHERZIGEN SAMARITER.
Erwähnt als Lastman von Bode, Studien, Seite 343.
Ist sicher nicht von Lastman. Viel eher, ja so gut wie sicher,
ist das Blatt dem Nie. Moeyaert zuzuschreiben und diente
als Vorzeichnung für eine Radierung.
Die auf der Kopenhagener Zeichnung dargestellte Szene gibt
nun nicht den barmherzigen Samariter wieder, sondern wohl das
Begräbnis des alten Tobias. Es würde somit sehr gut als abschließendes
Blatt der von Moeyaert bekannten vier Radierungen aus der Tobias-
geschichte*) angesehen werden können. Eine denselben Gegenstand
behandelnde und ähnlich aufgefaßte Zeichnung von Moeyaert befindet
sich im Bremer Kupferstichkabinett.
Die Photographie der Kopenhagener Zeichnung verdanke ich
der Güte von Herrn Karl Madsen in Kopenhagen.
LEIPZIG, Kupferstichkabinett des Stadt. Museums.
Vorderseite: *TAUFE DES MOHRENKÄMMERERS DURCH
PHILIPPUS. Links vorn tauft der en face stehende bärtige Philippus
den im Wasser stehenden, die Hände über der Brust kreuzenden
Kämmerer, der nur ein Tuch um die Lenden hat. Rechts von ihnen
knien zwei lockige Knaben in linker Seitenansicht; der vorderste von
ihnen hält dem Mohren ein großes aufgeschlagenes Buch vor, der
andere trägt in den Händen den Turban und die Kleider des Täuflings.
Hinter dieser Gruppe steht der Reisewagen, der von zwei Pferden
gezogen wird. Auf ihm befinden sich drei männliche Figuren, davon
der eine ein Mohr, der einen aufgespannten Schirm hält. Rechts
davor zwei Reiterfiguren nach links gewandt; der vorderste scheint
gepanzert zu sein. Rechts weiter zurück sprengt noch ein Reiter in
wehendem Mantel und mit Turban auf dem Kopf zu Pferde nach
vom heran. Links im Hintergrund ist eine Landschaft leicht ange-
deutet. Oben über der die Komposition abschließenden Linie noch
*) V. d. Kellen Nr. 17—20.
214
•«in Rand mit in Kreide gezeichneten Wolken. Im ganzen zehn
Figuren und fünf Pferde.
Braun lavierte Federzeichnung, unter der noch Bleistiftspuren
^der Vorzeichnung) durchscheinen. Ziemlich grobes Papier.
28,7X42,3.
Rechts unten ein Monogramm aus F und V und 16....
Die ganze Art der technischen Behandlung sowie die grobe,
geringe Qualität als Zeichnung schließen die Autorschaft Lastmans
aus. Vielmehr trägt auch dies Blatt den Charakter einer Nach-
zeichnung nach einem (bis jetzt allerdings noch verschollenen) Gemälde
Pieter Lastmans. Jenes Original war eine vierte Redaktion des
Themas der Kämmerertaufe, die den Stücken in München und in
Karlsruhe stilistisch am nächsten stand und wohl auch um dieselbe
Zeit, rund 1620, enstanden sein dürfte. Die Komposition schließt
sich eng an die des Augsburger Odysseusbildes an.
Das aus F und V gebildete Monogramm vermag ich nicht zu deuten.
Rückseite: Links ist ganz blaß undeutlich eine große
weibliche Figur in ausgeschnittenem Kleid und mit zum Beschauer
gewandtem Kopf zu sehen, rechts davon noch ein kleinerer Kopf
ebenso undeutlich. Die erstere Figur ist — soweit es zu erkennen
ist — der links auf dem Casseler Midasurteil knienden weiblichen
sehr nahe verwandt. Rechts davon eine Federskizze zweier Gewand-
figuren, en face. Rechts davon, etwas höher, eine männliche Akt-
figur fast in Vorderansicht, die linke Hand in die Hüfte gestemmt,
die nach unten etwas vorgestreckte rechte auf einen (nur durch einen
dünnen Strich angedeuteten) Stock gestützt. Rechts davon laufen
zwei weitere nackte Figuren nach links. Die vorderste, weibliche,
hält in der gesenkten rechten Hand einen kurzen dicken Stock (?),
die andere hat sie erhoben. — Ganz links ebenfalls Versuche zu einem
Monogramm aus F und V. Unten von späterer Hand der Name:
Lastman — 6, offenbar eine Preisangabe.
Über die Zeichnungen dieser Rückseite ist sehr schwer ein Urteil
zu gewinnen. Es wäre vielleicht nicht ausgeschlossen, daß die mit
der Feder gezeichneten Akte von unserm Maler herrühren und daß
das Blatt später, als es im Besitz eines anderen war, wieder benutzt
wurde zu der Nachzeichnung nach einem Gemälde von Lastman.
Spezialaufnahme beider Seiten von H. Walter in Leipzig.
215
LONDON, British Museum.
* GRUPPE AUS EINEM TRIUMPH. Links vorn eine Kniefigur nach
links; dahinter drei andere nach links gehende, die eine mit einer
Fackel, die andere einen Korb vor sich hertragend. Ganz links ein
Kind, rechts ein Schaf. Links scheint ein Stück abgeschnitten zu sein.
Kreide auf grauem Papier. 22,7X18,5.
Spezialaufnahme von The Artists Illustrators Ltd. in London.
Sammlung Sloane 5226 — 31.
Die Zuschreibung an Lastman läßt sich durch nichts stützen;
eher ist an Moeyaert zu denken. Entwurf (oder Nachzeichnung?).
*ISAAK, JAKOB UND ESAU.
Kreide auf grauem Papier. 26,6X21,5.
Spezialaufnahme von The Artists Illustrators Ltd. in London.
Sammlung Sloane 5226 — 39.
Die Zuschreibung an Lastman ist unzutreffend. Das Blatt steht
eher Bronchhorst näher.
PARIS, Handzeichnungensammlung des Louvre (Vorrat; nicht
ausgestellt).
*ZWEI LANDSCHAFTEN, die jede rechts oben von später Hand
Lastman bezeichnet worden sind.
Bleistift mit zarten Tuschlasuren. 13,3X19,6 und 15,1X18.
Eigene photographische Aufnahmen.
Wie die Blätter zu der Bezeichnung Lastman gekommen sind,
ist mir unbegreiflich. Es ist nichts da, was an Lastman auch nur
entfernt irgendwie erinnern könnte.
WEIMAR, Grossherzogl. Museum.
*ELIESER UND REBEKKA AM BRUNNEN.
Kreide mit Tuschlasuren. Fleischpartien, Haare und Gewand
mit Rötel; anderes, wie z. B. der Turban Eliesers, mit Bleistift über-
arbeitet. Weiß gehöhte Stellen. 39X56.
Spezialaufnahme von Louis Held in Weimar.
Beschreibung in unserm Gemäldekatalog, Nr. 13. Die Aus-
führung des Blattes ist zu peinlich und gequält, als daß man es für
eine Originalarbeit ansehen könnte. Sehr wahrscheinlich ist es eine
Nachzeichnung nach einem verschollenen Gemälde. Typen und
Komposition lassen keinen Zweifel darüber bestehen, daß das Vorbild
von Pieter Lastman war.
216
"WIEN, Albertiiia.
* ABSCHIED JAKOBS VON LABAN.
Wurde früher mit Unrecht Lastman zugeschrieben. Ist von
Nie. Moeyaert, worauf zuerst Dr. Jos. Medor hinwies.
Inventar Nr. 8099.
Tuschzeichnung auf blauem Papier. 26,5X43,3.
Abgebildet in „Handzeichnungen alter Meister . . . hgg. von Schön-
hrunner und Meder, Bd. VIII, Blatt HiK). Erwähnt
von Bode, Studien, Seite 842, als „dem Bramer
verwandt" und von von Wurzbach als Lastman.
Eigene photographische Aufnahme.
* LABAN SUCHT DIE GERAUBTEN IDOLE.
Inventar Nr. 8100.
Tuschzeichnung auf blauem Papier.
Eigene photographische Aufnahme.
Erwähnt von Bode, Studien, Seite 342, und von von Wurzbach
als Lastman.
Nicht von Lastman. Durch Dr. Jos. Meder mit Recht dem
Nie Moeyaert zugeschrieben.
*RUTH UND NOEMI.
Abbildung in „Handzeichnungen alter Meister .... ligg. v. Schön-
brunner und Meder, Bd. VII., Nr. 743;
*RUTHS ÄHRENLESE.
Abbildung am selben Orte wie das vorige, Bd. VI., Nr. 712.
Beide Blätter hat A. v. Wurzbach Lastman zugeschrieben, sie
haben mit diesem aber nichts zu tun, müssen vielmehr von einem
Rembrandtschüler sein. Von Barend Fabritius? Vergleiche dessen
Bild Ruth und Boas in der Sammlung P. v. Semeonoff in St. Peters-
burg (Kat. 1906 Nr. 156). Der Rubensschule, der sie von Schönbrunner
und Meder zugerechnet wurden, scheinen sie m. A. nach nicht an-
zugehören.
217
Radierungen
Das bekannteste Blatt, das nach alter Tradition Pieter Lastman
selbst radiert haben soll, stellt Juda und Thamar unter einem Baume
sitzend dar*). Es mißt 21,4X17,4 cm und kommt in zwei Platten-
zuständen vor, einem (seltenen) vor der Schrift und einem, der ein
dickes Monogramm ß in links oben auf dem Baumstamm trägt.
Nun wurde zwar schon von Vosmaer — im Anschluß an Ph. van
der Kellen — die Ausführung der Radierung, zumal auf dem 2.
Zustand ^(astman) nur als Inventor angegeben wird, durch
Lastman stark in Zweifel gezogen. Van der Kellen und andere
(z. B. Koloff schon**)) glaubten vielmehr mit Sichei'heit die Hand
J. van Noordts, der laut Signatur im Jahre 1645 die schon früher
erwähnte italienische Landschaft nach einer Vorlage von Lastman
radiert hat, auch in dieser Radierung Judo, und Thamar erkennen zu
müssen. Die Ausführung der Radierung, welche unverkennbar die
Schulung an Rembrandt verrät, durch Lastman schien mir nie wahr-
scheinlich. Nach dem, wie wir Lastman aus seinen G-emälden und
Zeichnungen kennen, kann eine Radierung, deren technische Feinheit
und zarte Strichführung so ganz unvereinbar ist mit der doch stets
etwas groben Ausführung der authentischen Werke Lastmans,
unmöglich von dessen Hand herrühren. Da sich nun die voll signierte
Landschaftsradierung nach Lastman von Jan van Noordt stilistisch
vollkommen mit dieser deckt, besonders in der zarten Behandlung
*) Bartsch Nr. 74. Rovinski Nr. 432.
**) In der Rembrandtbiographie in Raumers Histor. Taschenbuch, Bd. V (1854),
Seite 580 (Anmerkung 61 zu Seite 495).
218
des Laubwerkes, so liegt kein Grund vor, diesen nicht auch hier als
Radierer anzunehmen.
Es fragt sich nun weiter — um die Tradition, die den Namen
Lastman nun einmal mit diesem Blatt in Zusammenhang gebracht
hat, nicht ohne weiteres bei Steite zu schieben — darum, ob Lastman
denn als Inventor in Betracht kommen kann. Sehen wir uns also
die beiden Figuren an. Sie stehen freilich, was Zeichnung, Propor-
tionen und Ausdruck betrifft, über dem Niveau der sonstigen Arbeiten
Lastmans. Und für den Kopftypus der Thamar finden wir im Oeuvre
Lastmans keinen entsprechenden wieder. Der Kopf des Juda dagegen
läßt sich eher als ein Lastmanscher Kopftypus alter Männer an-
sprechen. Er kommt vielleicht dem Manoah auf der Berliner
Zeichnung (unserer Nr. 8) am nächsten. Die Gewänder entsprechen auch
der Art Lastmanscher Kostümierungsweise. Für den Schleier und die
Halskette der Thamar dürfte vielleicht eine Analogie in dem dem Zeichner
unseres Blattes gewiß bekannt gewesenen Kupferstich der Thamar
von H. Goltzius (B. 1.) zu sehen sein. Setzt man einige Verbesserungen
— z. B. in den Proportionen der Hände — auf Rechnung des Radierers,
so läßt sich weiter kein Grund gegen die Autorschaft Lastmans für
die Ausführung der Vorlage, sei es, daß sie eine Zeichnung oder ein
Gemälde war, anführen.
Nun bleibt bei diesem Blatt noch eine weitere Frage zu beant-
worten, nämlich die, wie es sich mit der 3S,7y<^4:9,b cm großen
Land Schaftsradierung Pieter Nolpes verhält, die ganz links genau
dieselbe Gruppe von Juda und Thamar zeigt. Geht Nolpe hier auf
die Originalvorlage von Lastman zurück oder auf die van Noordt'sche
Radierung? Oder auch: welcher von beiden hält sich genauer an
das Original Lastmans, J. van Noordt oder Pieter Nolpe? Hierauf
kann nur vermutungsweise eine Antwort gegeben werden, die der
Eindruck des Nolpeschen Blattes als Bildganzes diktiert. Es sieht
hier ganz so aus, als sei die Gruppe von Juda und Thamar in die
Landschaft nachträglich hineingesetzt, oder vielmehr, als sei die
Landschaft zu der Figurengruppo hinzugefügt worden. Weil die
Radierung van Noordts (und wahrscheinlich auch das Original) links
dicht am Rande abschließen, tat Nolpe das auch. Wenn er außerdem
aber noch eine große Landschaft geben wollte, so ließ sich diese
besser nach rechts hin fortsetzen. Diese Landschaft ist nun durchaus
219
nicht im Charakter Lastmans *). Gegen Lastman spricht vorn
rechts die kleine Pflanzen- und Gräsersilhouette; dagegen war
echt Lastmanisch die Eckfüllung durch die Lattichpflanze auf der
Radierung van Noordts. Auch die Art und Weise, wie hinter die
Figuren eine Blätterwand auf Nolpes Radierung gebracht ist, läßt
darauf schließen, daß Nolpe nicht auf das Original zurückgegangen
ist, sondern auf die Radierung van Noordts, und daß er da die rechts
von Juda befindlichen Aste (die so, wie sie am dicken Stamm entlang
emporranken, wohl für Lastman charakteristisch sind) zu dem sich
nach links hinter den Figuren ausbreitenden Gebüsch mitverwertet
hat. Jedenfalls läßt die Landschaft wohl an Nolpes Bilder im Stile
Pieter Molijns denken, aber keine von denen Lastmans kann als
gleichartig ihr an die Seite gestellt werden. Der Annahme Vosmaers**),
daß die Radierung wahrscheinlich nach einem Gemälde Lastmans
ausgeführt sei, weil rechts in der Ecke die von Lastman bevorzugten
großen Blätter wären (?), vermag ich mich daher auch nicht anzu-
schließen. Vielmehr liegt die Vermutung sehr nahe, daß die Radierung
Nolpes als Ganzes dem Original Lastmans nicht genau entspricht,
sondern viel eher — ja wahrscheinlich — die van Noordtsche Radierung.
Merkwürdig ist, daß Nolpe das Blatt nur „Pieter Nolpe fecit et Excudit"
signiert hat, während er es für gewöhnlich nicht unterläßt, auch den
Inventor zu nennen. Hat er diesen im vorliegenden Falle, wo er
sich also wahrscheinlich an das van Noordtsche Blatt hielt, nicht
gekannt (?), oder war er der Ansicht, als sei die von ihm hinzugefügte
Landschaft die Hauptsache, die Figuren aber nur Staffage, deren
Inventor nicht besonders erwähnt zu werden brauchte?
Eine Ölkopie nach der Radierung van Noordts (Holz, 30X22 cm),
die nach der Inschrift auf dem Rahmen früher einmal Dietrich zu-
geschrieben wurde, sah ich als „Nach P. Lastman'' unter Nr. 244
katalogisiert unter der bei Lepke in Berlin am 6. März 1906 zur
Versteigerung gelangten Sammlung alter Meister.
*) Ch. Blanc schreibt sie scheinbar dem Pieter Potter zu, nach dem Nolpe
mehrere ziemlich gleichgroße Blätter aus der Geschichte des Propheten Elias (jedoch
in etwas anderer Ausführung) radiert hat. Er zitiert unser Blatt, Manuel d'amateur
d'estampes, Bd. III, Seite 102 unter Nr. 2 als „Juda el Thamar, dans un paysage
P. Lastman et Peter Potter. In fol. en large.
**) Rembrandt, Seite 80.
220
Bleiben bei diesem Blatt Juda und Thamar doch noch einige
Punkte nicht ganz sichergestellt, so bringt eine zweite Radierung,
die von Rovinski unter Nr. 433 seines Atlas' als „tout-ä-fait authentique"
reproduziert wird, ein neues Fragestück mit sich. Dies kleine
(11,3X9,2 cm), zart radierte Blatt zeigt einen nach rechts gewandten
Mann (Christus) im Gebet (Brustbild), der eine gewisse Verwandtschaft
mit dem Kopfe des betenden Christus auf dem Stich von N. Lastman
üach Pieters Christus im Oarten Oethsemane hat. Sonst aber mutet
der Typus ganz vlämisch an und ebenso läßt die Strichfiihrung
der Radierung eher an vläraische Kupferstecher als an holländische
Radierer denken. Man würde das Blatt gewiß nicht mit Lastman in
Verbindung gebracht haben, stünde nicht rechts oben in sehr schwer
lesbaren, ganz dünnen Schriftzügen in Spiegelschrift eine Bezeichnung,
die in der Tat Lastman fecit zu losen ist. Nur der Buchstabe des
Vornamens sieht eher wie ein I aus, sicher nicht wie ein P. Wenn
die Radierung im Druck auch nicht besonders gut herausgekommen
ist, so trägt sie doch nicht den Charakter einer Anfängerarbeit,
sondern setzt schon eine längere Beschäftigung mit der Radiernadel
voraus. Dadurch wird die Schwierigkeit für uns aber noch größer.
Denn nehmen wir auf Grund der Bezeichnung Lastman als Autor
dieses Kopfes an — und das muß man doch zunächst — so ergeben
sich für die Einreihung dieser Arbeit in das „Werk" Lastmans aus
stilistischen Gründen große Schwierigkeiten. Und eine Lösung des
Problems ist aus Mangel an Vergleichungsmaterial vorläufig unmög-
lich. Es bleibt nichts anderes übrig, als der Signatur und dem Blatte
selbst gegenüber eine gewisse Skepsis zu bewahren. Denn womöglich
ist die Radierung nicht unserem Maler, sondern den schon oben
(Seite 50) erwähnten J. Lastman zuzuweisen.
Durchaus unsicher, ja wohl unbedingt falsch, ist die Zuschreibung
der Radierung Ein Mann gibt einem Knaben ein Almosen, dessen
Inventor nach der Signatur „M S inv" Maerten Sorgh, und dessen
Radierer nach dem rechts befindlichen Monogramm ß unser Meister
sein soll. Beide Auslegungen der Monogramme sind willkürlich.
Weder in das Oeuvre von M. Sorgh läßt sich das Blatt gut einreihen,
noch in das Lastmans. Das Monogramm ß ist aber nicht allein
von unserm Maler gebraucht worden, sondern hat auch anderen
Künstlern, deren Namen mit P und L beginnen, dazu gedient. Das-
221
selbe gilt natürlich aucli für die Buchstaben M. S. Stilistisch und
technisch weicht das Blatt von jedem der beiden vorigen völlig ab.
Mit den Gemälden und Zeichnungen Lastmans sind ebenfalls gar
keine Berührungspunkte zu entdecken. Das bloße Monogramm kann
deshalb keineswegs als ausreichender G-rund für eine Zuschreibung
an Lastman angesehen werden. Rovinski hatte es zwar auch noch
als sicherlich echte Radierung Lastmans in seinem Atlas unter Nr. 43-1
abgebildet, während schon Vosmaer es unserem Maler absprach,
freilich nur deshalb, weil es das Monogramm MS (M. Sorgh) trüge.
Offenbar übersah er das zweite Monogramm, dessen er auch in seinem
Katalog (auf Seite -iSl Nr. 3) keiner Erwähnung tut.
Eine andere Radierung, eine Frau in einem Fenster darstellend,
die von Bartsch, App. 52 unter den unbekannten Rembrandt-artigen
Blättern aufgeführt wird, von anderen — Huber und Nagler z. B. —
aber unserem Maler zugeschrieben wird, habe ich in keinem der von
mir besuchten Kabinette gesehen. Wenn es, wie von Vosmaer*) an-
gegeben wird, 1654 datiert ist, dürfte es schon aus diesem Grund
unmöglich ein Original von Lastman sein. Rovinski**) sagt von ihm,
es habe gar keine Ähnlichkeit mit den anderen Stücken Lastmans.
Das von Vosmaer (u. a. wie Nagler, Huber, P. Yver, Kramm)
unter Nr. 2 auf Seite 481 erwähnte Blatt Une femme assise sous une
voüte, la tete enveloppee d'une voile ist mir auch nicht bekannt ge-
worden, sodaß ich über die Richtigkeit der Zuschreibung zu urteilen
nicht in der Lage bin. Aller Voraussicht nach dürfte es aber auch
nicht von Lastman sein.
Endlich ist noch eine Radierung roit zwei Frauen, die ein Buch
halten, bisweilen als Arbeit Lastmans erwähnt worden, die zugleich
aber auch als Arbeit von Jan Lievens***) oder Verbecq angesprochen
wirdf). Mit Lastman scheint mir dieselbe nichts zu tun zu haben.
Das Ergebnis dieser kurzen Betrachtung der mit dem Namen
unserers Meisters in Verbindung gebrachton Radierungen konnte aus
Mangel an gesichertem und beweiskräftigem Material leider nicht
befriedigender sein. Jene Zuschreibungen beruhten sämtlich auf der
*) Seite 481.
**) Text, Nach Nr. U B.
***) Als Lievens liegt es z. B. im Berliner Kabinett aus.
t) Rovinski, Atlas Nr. 151.
222
Tradition. Nur bei dem zuerst behandelten Blatt Juda und Thamar
konnten wir die Autorschaft Lastmans für die Vorlage zu der von
J. van Noordt ausgeführten Radierung mit einiger Gewißheit an-
nehmen. Dem zweiten Blatte gegenüber konnten wir uns, trotz der
darauf befindlichen aber undeutlichen Bezeichnung, nur sehr skeptisch
verhalten. Der Rest war entweder unmöglich mit dem Stil unseres
Malers sowohl wie mit dem der beiden ersten Blätter in Einklang
zu bringen bezw. nicht nachzuprüfen. Solange nicht gewichtige Be-
weise an die Stelle der bloßen Zuschreibungen treten, liegt kein
Grund vor, diese Sachen dem Oeuvre Pieter Lastmans einzureihen.
Die Frage, die sich uns in Anbetracht dieser Sachlage aufdrängt:
hat denn Lastman überhaupt die Radiernadel gehandhabt, dürfte
daher auch eher mit Nein als mit Ja zu beantworten sein. Damit
braucht ja nicht gesagt zu sein, daß seine Schüler, Lievens und
Rembrandt, nicht doch Gelegenheit hatten, in seinem Atelier zu
radieren. Es läßt sich indessen nicht mehr genau feststellen, in
welche Zeit die ersten Radierversuche dieser beiden Meister fallen,
ob die gewiß frühen Blätter des Lievens — die dem Lastmanschen
Stil besonders nahe stehen — bereits während seiner Lehrzeit bei
Lastman entstanden sind oder später. Die Entstehungszeit alles dessen.
was wir von Rembrandt an
Radierungen
besitzen, ist jedenfalls
längere Zeit nach seiner kurzen Lehrzeit bei Lastman anzusetzen.
Worauf sich F. Lippraanns Vermutung, daß wir bei Lastman die
neue Weise der Licht- und Schattenbehandlung in der Radierung als
wirklich vor Rembrandt liegend *) stützt, entzieht sich meiner sicheren
Kenntnis. Wahrscheinlich dachte er an das Blatt Juda und Thamar,
das — wenn wir mit Recht Jan van Noordt als Radierer annehmen
— aber gewißlich nicht vor Rembrandt entstanden sein wird.
Jan van Noordt war ein zu unselbständiger Künstler, als daß er sich
vor Rembrandt aus sich selbst heraus zu einer solchen Radierweise
hätte aufschwingen können. Außerdem ist sie im Anschluß an
das andere gesicherte und datierte Blatt Jan van Noordts nach
P. Lastman wohl auch in die vierziger Jahre zu setzen. Merkwürdig
ist, daß in van Noordts Gemälden keine Spur von Rembrandts Schule
zu entdecken ist, während er sich sonst durchaus als Elektiker
mit vlämischen Einflüssen zeigt, sodaß seine Werke bisweilen als
*) Der Kupferstich, Handbuch der königl. Museen zu Berlin, Seile 138.
223
Jacob Jordaens, J. B. Weenix und Bar. Graat gehen, oder aber sie
erinnern an Berchem, Mommers, G. v. d. Eeckhout und Hobbema*).
Am unerklärlichsten nach all diesem ist aber endlich die von
Bartsch**) zuerst gebrachte Notiz, wonach Lastman gegen 1626
kolorierte Kupferstiche herausgebracht habe. Nagler***) erzählt
diese durch nichts bewiesene Geschichte, für die Bartsch auch keine
Quelle angibt, wieder, und man kann noch in neueren Büchern, wie
z. B. in dem von Henri Delaborde, „La Gravüre", im Kapitel über
den farbigen Kupferstich, dessen Erfindung das Verdienst des Frank-
furter Leblond ist, unsern Maler erwähnt finden. Seine ersten Ver-
suche dürften ebenso wie die wenig späteren des Vlamen [!] Seghers
[gemeint ist natürlich der Holländer Hercules Segers] nicht ganz
vergessen werden. Was Bartsch von Lastman über das Verfahren
sagt, paßt für die Radierungen von Hercules Segers. Vielleicht,
wahrscheinhch, liegt irgend eine Verwechslung oder sonst ein Ver-
sehen vor, wodurch der Name Lastmans in diesen Zusammenhang
gebracht wurde. Für uns kann es nur sehr unwahrscheinlich bleiben,
daß der Maler, von dem wir keine einzige wirklich authentische
OriginaLradierung kennen, die ersten Versuche auf dem Gebiete des
farbigen Kupferstiches unternommen habe, zumal auch hiervon nicht
eine sichtbare Spur mehr zurückgeblieben istf).
\
*) Vergl. C. Hofstede de Groot, Joan van Noordt in Oud-Holland. Bd. X
(1892), Seite 210ff.
**) Anleitung zur Kupferstichkunst, 1821, Seite 25.
*♦*) Künstlerlexikon (1839).
t) Die Verwirrung in dieser Frage wird noch dadurch beleuchtet, daßKramm
im Artikel Nicolas Lastman sagt: „L. Heller berichtet auch, daß er auch in
Farben gedruckte Radierungen verfertigt haben soll." Heller sagt das nicht von
Nicolas, sondern von Pieter Lastman (im Anschluß an Naglers Mitteilung). Le
Blanc hat Lasman gelesen und hierzu einen besonderen Artikel geschrieben.
224
SCHLUSS
Pieter Lastman ist als typischer Vertreter einer neuen Richtung
der Historienmalerei in Holland, die ihre erste Ausbildung in Amster-
dam vor dem Auftreten Rembrandts in der holländischen Hauptstadt
fand und die im XVI. Jahrhundert vorherrschende Kirchenmalorei
großen Stiles ablöste, entwicklungsgeschichtlich von nicht zu unter-
schätzender Bedeutung. Der Erfolg, den er und die mit ihm gleich-
strebenden Maler wie z. B. die beiden Pijnas, Jan Tengnagel, Cl.
Moeyaert u. a. zu ihrer Zeit mit ihren Werken beim Publikum hatten,
gründete sich nun freilich weniger auf die künstlerischen Qualitäten
ihrer Gemälde als vielmehr auf die vermeintliche historische Treue,
die ihre Arbeiten auszeichnen sollte. Damit ist zugleich der Grund
angedeutet, weshalb ihr Ruhm auch nur von geringer Dauer sein
konnte. Denn die große „Sachkenntnis", die sie zu ihrer Zeit in
ihren Werken zu entwickeln schienen, mußte sich mit dem weiteren
Fortschreiton der Wissenschaft bald als ziemlich geringwertig erweisen.
Die große Beliebtheit, deren sich die meisten Maler dieser Richtung
bei ihren Zeitgenossen erfreuen durften, ist für uns vornehmlich
aus den oft erstaunlich hohen Preisen, die damals für ihre Bilder
bezahlt wurden, zu erkennen. Es liegen aber bei manchen auch
darauf hindeutende literarische Notizen vor, die ausdrücklich von
ihrem Ruhme sprechen. So auch bei Pieter Lastman. Freilich
verdankt er dies zum großen Teil auch dem Umstände, daß er das
Glück hatte, Rembrandt zum Schüler zu bekommen; denn die
Gelegenheit, seiner rühmend zu gedenken — wenn auch meist nur
kurz im Vorübergehen — bot sich für die alten Kunstschriftsteller
ebenso wie für die neueren in den Biographien Rembrandts. Sonst
wäre er vielleicht doch ebenso vergessen worden wie einmal schon
seine Werke, deren Zahl jetzt, wo das Interesse für Rembrandt und
15
225
alles, was mit ihm in Beziehung steht, zu einer früher nie erreichten
Höhe gewachsen ist, auch ständig größer wird. Wir wollen im
folgenden die literarischen Nachrichten aus dem XVII. Jahrhundert,
in denen von dem berühmten Pieter Lastman gesprochen wird,
in chronologischer Reihenfolge aufführen.
1604 Carel van M a n d e r ist der erste, der sich lobend über
das Talent des noch jungen Malers äußerst und ihm
gewissermaßen eine Zukunft voraussagt: „Pieter Lastman,
daer goede hope toe is, wesende nu in Italie".
Um 1631 sagt Constantin Huygens in seiner Autobiographie*):
„Quos historiographos pictores, nescio an parum proprie,
nuncupare soleo, nee pauciores neque adeo minores Belgium
meo saeculo edidit ut Petrum Isacium, Lastmanium,
Pinassium, Amstelodamenses; tum Biommartium, Honthor-
stium, Bruggium, Baburium Ultrajectinos. Hagiensem
Everardum Masium, Antuerpienses Snijderium, fwographum
(dies "Wort ist im Text undeutlich geschrieben), Abrahamum
lanssenium, Dijckium, alios, plerosque summos artifices et
mihi familiäres nisi nomine tenüs non attingam,
omnium ..."**)
1641 J. Orlers nennt in seiner „Beschrijvinge der Stadt
Leyden"***) Lastman einen „ vermaerden (berühmten) schilder,
woonende tot Amsterdamme".
Um 1646 (?) ist Vondels bekannte und oben schon wiedergegebene
Strophe auf das von Th. de Keyser gemalte Porträt Pieter
Lastmans zu datieren.
Um 1648 Vondels Gedicht auf Lastmans Bild Paulus und Barnabas
in Lystra.
In der „Stemme Poezy" faßt Vondel sein Urteil über
Lastman dahin zusammen: „dat de ordonnantien van den
Schilder Lastman aerdiglijk woelden, en gevoeglijk koppelden;
*) Vollständig herausgegeben von Dr. J. A. Worp in den „Bijdragen en
Mededeelingen van het Historisch Genoolschap", Bd. VIII (1897), Seite 1—122. Nur
die die Künstler betreffenden Passagen in Oud-HoUand, Bd. IX (1891), Seite 106—136.
**) Zu bemerken ist, daß er den Cornelis van Haarlem bereits nicht mehr für
gut und dem Zeitgeschmack entsprechend hält.
***) Zweite Ausgabe, Leiden 16il, Seite 375.
226
dat zijn naakto Beeiden wel geteekend, en de draperyen
breed en vlak waaren geplooit, en de koleuren zuyverlijk
vloeyden*)".
1657 J. Oudaens Gedicht auf Lastmans Bild des Opferstreitea
zwischen Orest und Pylades.
1675 Joachim Sandrart in der „Academia Todesca della
.... Pictura**): „Er (Rembrandt) machte seinen Anfang zu
Amsterdam bey dem })erühraten Laszman . . . *•
1678 endlich erwähnt S. van Hoogstraten in seiner „In-
leyding tot de Hooge Schoole der Schilderkonst***) unter
den vornehmsten Malern seines Jahrhunderts auch Lastman:
„ ZOO zal ik oenige met naemen aenwijzen, die meest
op't gros der konst en de edelste verkiezing hebben gezien.
Als daer is geweest Strazio Voluto of Gilliam Fennout,
Lastman, Miereveit, Theodorus Babuere, Pieter Fransen de
Grebber .... Pieter Leely, . . . Hondhorsd, Ravesteyn . . .
Rembrandt . . . Jaques de Bakker, Govert Flink, Gerrit
Douw, Stokkade, Jan Lievens, Mieris, Doudeins, de Baen ..."
Als Ergänzung dieser Urteile mag dann eine Tabelle der noch
bekannten Preise, die im Laufe der verschiedenen Zeiten für Bilder
von Lastman bezahlt wurden, dienen. Die hosten Preise sind da
900 fl. (wahrscheinlich in der Mitte des XVII. Jahrhunderts für das
Orest und Pylades-Bild), 470 fl. vor dem Jahre 1752 (wahrscheinlich
aber auch noch in der Mitte des XVII. Jahrhunderts) für eine
Auferstehung Christi, beide auf unbekannten Auktionen. Die nächst-
höchsten Preise erziehlten 1702 auf der Versteigerung des Nachlasses
von Jan Six die beiden berühmten Gemälde Patüus und Barnabas in
Lystra und Opferstreit zwischen Orest und Pylades mit 230 fl. und
200 fl. Im Übrigen ist der Durchschnittspreis nach dem vorliegenden
Material im XVII. Jahrhundert etwa 46 fl. ohne Einrechnung der
beiden oben angeführton hohen Preise, mit ihnen etwa 130 fl.; in der
ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunders etwa 60 fl., in der zweiten
Hälfte dagegen nur etwa 18 fl. In der ersten Hälfte des XIX. Jahr-
*) ZitiertvonHoiibiaken,2. Aufl., 1753, Bd. I.Seite98; von CampoWeyerraan
Bd. I, Seite 358 nachgeschrieben.
♦*) Nürnberg, KiTö, XXII. Kapitel, Seite 326 a.
*♦*) Rolterdam, 1678, Seite 257.
15*
227
hunderts sinkt der Durchschnittspreis in Holland auf 12 fl. In der zweiten
Hälfte des XIX. Jahrhunderts, eigentlich erst seit den 70er Jahren,
stellt er sich dann (für die in Holland verkauften Bilder) auf 328 fl.
Diese Durchschnittssumme vergrößert sich noch bedeutend, fast um
das doppelte, wenn man auch die außerhalb Hollands versteigerten
Gemälde berücksichtigt. Wir rechnen dabei die Mark zu 60 cts. und
den Frank zu 50 cts. Der Durchschnittspreis pro Bild beläuft sich
dann auf rund 600 fl., ein Zeichen, wie überhaupt die Gemäldepreise in
unserer Zeit auf eine riesige Höhe getrieben sind, die eigentlich in
keinem Verhältnis zu früher steht, auch wenn man bedenkt, daß der
Geldwert früher viel größer war wie heute. Ein Gulden im XVII.
Jahrhundert hatte den Wert von ungefähr 2,50 fl. heutiger Währung.
Es spiegelt sich somit auch in diesen nackten Zahlen das Bild der
Wertschätzung Lastmans im Laufe der Jahrhunderte deutlich wider.
Es entspricht im großen und ganzen demjenigen, das wir uns auch
sonst davon gemacht haben.
Tabelle
Die in Klammern hinter die Preise gesetzten Zahlen beziehen sich auf die
Nummern unseres Verzeichnisses der Gemälde Pieter Lastmans.
1600
1700 1 1800
ü
1
2
3
4
6
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
5 fl. (135).
230 fl. (88); 200 fl. (98).
43.15 fl. (67 c).
160 fl. (60); 69 fl. (67 e).
3.15 fl. U07).
50 fl. (81).
6 fl. (93).
10fl.(34);25£14s.6d(115).
13 fl. (98); 60 fl. (110).
5 fl. (9); 11 fl. (26).
1 fl. (18).
4 fl. (46 a).
14.10 fl. (116).
228
IttOO
1700
1800
23
2.i
25
36.10 fl. (135a).
26
27
28
2!)
50 a. (146).
•M)
55 11. (68).
31
32 fl. (28); 24 fl. (56 a).
3 fl. (15); 10 fl. (111).
32
2.75 fl. (lila).
33
1.10 fl. (70a).
16.15 fl. (78a).
3t
iJ.lOH. (23a); ISO. (37);
24 fl. (56a).
35
2.15 fl. (22).
36
62 fl. (108;.
37
38
3i»
40
22.5 fl. (69).
12 11. (78a).
U
42
43
U
10011.(78). 150 fl. (87a).
•io
■«)
17
48
4i)
50
51
52
53
54
55
12 fl. (143).
56
5 fl. (114a).
U fl. (aSa).
57
42 fl. (123 a).
23.10 fl. (114b).
58
59
.
GO
Gl
62
4.12 fl. (1).
63
64
8 fl. (126).
(io
60 fl. (88).
66
8.10 fl. (16).
67
49 11. (82).
68
69
70
2.12 11. (145).
81 fl. (881.
71
8.10 fl. (99).
72
51 fl. (88); 4 fl. (147).
73
6 fl. (10): 12.10 n. (89);
6.5fl.(90);9ß-(9i);8n-W.
229
1600
1700
1800
74
75
1.15 fl. (134); 4.5 fl. (135);
2.15 fl. (136).
300 fl. (67).
76
77
78
0.10 n. (12a).
79
■
71fl.(20); 10.10 fl. (46 a).
80
81
■
82
12.10 fl. (45a).
83
8-i
150 fl. (114).
85
12.8 fl. (109).
86
9.10 fl. (12 b).
87
88
40 H. (75); 6 fl. (92).
3820 M (38).
89
100 fl. (125 u. 145a).
900 fl. (64).
90
260 .« (23 a).
91
20 fl. (54).
92
10 fl. (42).
180frcs.(ll);2090.«(102j.
93
20 fl. (49b); 61.10 fl. (86a).
94
95
1.15 fl. (74b); lOfl. (80a).
96
2.10 fl. (31).
250 frcs. (11).
97
56fl.(17);84fl.(53u.ö6).
98
99
6.5 fl. (34); 9.5 fl. (97a).
1900
410 (fl. 48). '
Man sollte annehmen, daß ein Maler von dem Rufe Lastmans
großen Zulauf von Schülern gehabt haben müsse. Aber es entzieht
sich das unserer sicheren Beurteilung, da man nicht weiß, ob Lastman
viele Schüler annahm oder nicht. Jedenfalls sind uns als wirkliche
Schüler Lastmans literarisch nur vier Maler überliefert: Pieter Pietersz
Nedek, Jan Albert Rootius, Jan Lievens und Rembrandt.
Von Pieter Pietersz N e d e k , einem aus Amsterdam gebürtigen
Landschaftsmaler, der nach Houbraken*) um 1616 geboren und an-
geblich TOjährig um 1686 unverheiratet starb, sind leider keine Werke
mehr erhalten (bezw. bekannt). Es läßt sich also auch nicht mehr
feststellen, in wie weit seine Kunst von Lastman beeinflußt worden
ist, ja ob das überhaupt der Fall war.
Aus den noch erhaltenen Werken des Jan Albertsz Rootius
oder Roodtseus, eines in Hoorn um 1615 geborenen Porträt-
*) Groote Schouburgh, Bd. II, Seite 27.
230
und Stillobenmalers, der auch in Hoom um 1674 starb, würde man
nicht erkennen können, daß er der Schüler Lastmans gewesen ist.*)
Auch Jan Lievens, der dritte und nach Rembrandt berühm-
teste Schüler unseres Malers, verrät in seinen Gemälden wie in der
größten Zahl seiner Radierungen nicht die Schule Lastmans, die er
einige Jalire vor Rembrandt, etwa 1617 — 1619, zwei Jahre lang
durchmachte. Nur einige wenige frühe Arbeiten lassen Einflüsse
seines Lehrers erkennen. So sind ganz in Lastman'schem Geiste zwei
Radierungen gehalten, die daher wohl auch vor seinen Reisen und
vor der Zeit, wo er unter Rembrandts Einfluß steht, entstanden sein
werden. Das eine Blatt (B. 4, Rovinski 44) stellt den jugendlichen,
Apostel Johannes dar, in einer Landschaft kniend mit einem großen
Buch und nach oben blickend, links der Adler (der aber sehr wenig
einem solchen gleicht) und darüber Schreibgerät. Man ist fast versucht,
diese Figur derjenigen des lockigen Jünglings auf Lastmans
Münchener Bilde z. B. (Taufe des Kämmerers von 1619) gegenüber-
zustellen, so sehr erinnert er in Haltung, Typus und Auffassung an
diese Eigur. Das Modell wurde von Lastman sehr häufig benutzt,
und es wäre somit denkbar, daß die genannte Radierung auf eine
Studienzeichnung des Lievens im Atelier Lastmans zurückginge —
wobei unentschieden bleiben mag, ob die Ausführung der Radierung
selbst auch auf Lievens zurückgeht (oder wie von Wurzbach annimmt,
auf La Hire). Die Stellung des Folianten auf dem Oberschenkel des
rechten Beines ist auch verwandt mit der auf dem Einsiedlerbild von
1611 in Brüssel bei Baron L. Janssen.
Die gleiche Lastmanartige Auffassungsweise zeigt das I L fec
bezeichnete Blatt B. 9, der sogenannte kniende Mann oder das
Oiifer Oedeons**), das genau dieselbe Hand des Radierers wie das
vorige verrät. Der Gesichtstypus dos Mannes erinnert etwas an den
des Mohrenkämmerers auf Lastmans Gemälde in Karlsruhe.
♦) l'oilräts von Rootius im Rijksmuseum in Amsterdam (Nrn. 2057 von 16<j1, 2058
von 1662), in Hoorn''(drei große Schiitzenstücke) und auf den Auktionen Freund 1906,
Wedewer 1899, VV. Dalil 1905. Nach von Wurzbach war ein Hauptwerk 1894 in der
Sammlung Quarin Willemis in Utrecht; ein Forträt der Elisabeth Wyba, bez. und
16iC datiert. Ein Stilleben in Amsterdam (Nr. 2059), bezeichnet, aber ohne Vornamen,
wird ihm dort nur frageweise zugeschrieben.
**) Die richtige Deutung Blattes ist die: I. Mose, 28,8, Jakob salbl den Stein»
auf dem er geruht. (Nach einer freundl. Mitteilung von Herrn Burchardt).
231
Zu Lievens' anderen Blättern wie B. 5, der heilige Hieronymus,
B. 6, der heilige Franziskus in der Grotte, ist anzumerken, daß Lastman
solche Bilder auch gemalt hat, und daß in seinem Inventar zwei
Gemälde seiner Hand, die den heiligen Franziskus darstellen, auf-
geführt werden.
Auch die Zeichnung in Dresden Merkur und Argos (abgebildet
bei "Wörmann, Handzeichnungen im Dresdener Kupferstichkabinett
Nr. 257), sowie die danach gefertigte Radierung B. 10 ist ziemlich
Lastmanartig.
Und ebenso müssen zwei Lievens'sche Kompositionen, die uns
in Radierungen von J. van Vliet erhalten sind, unter die Werke
gerechnet werden, die noch stark unter dem Einflüsse Lastmans
stehen. Der Umstand, daß sie von van Vliet radiert wurden, weist
ja auch auf ihre frühe Entstehungszeit hin. Es sind die beiden in
der rohen Auffassung weit über Lastman noch hinausgehenden Blätter
Isaak und Esau, B. 2, und Susanna und die beiden Alten, B. 3.
Im Übrigen weicht diese Nachwirkung Lastmans bald dem
Einflüsse Rembrandts, um nach auch nicht langer Dauer dem
vlämischen, mehr akademischen Platz zu machen. (Lievens lebte von
1634 — 1643 in Antwerpen).
Für die Beziehungen Rembrandts zu seinem Lehrer Lastman,
d. h. für die in den Werken des ersteren noch sichtbaren Nach-
wirkungen der halbjährigen Studienzeit im Atelier Lastmans ließen
sich bis vor kurzem nur Hinweise auf die Uebermittelung einer Reihe
von Kompositionsarten, von gewissen Sujets und Motiven durch den
Lehrer geben. Erst in den letzten Jahren konnten durch die Auffindung
zweier Gemälde von Lastman zwfei Zeichnungen Rembrandts als
direkte Kopien nach diesen Bildern erkannt werden. Daraus ergaben
sich dann eine Reihe interessanter Folgerungen für die Entstehungs-
geschichte einiger Gemälde Rembrandts, die uns zeigen, daß
Rembrandt seinen einstigen Lahrer sehr wohl zu schätzen wußte, daß
er dessen Kunst gewiß viel höher bewertete, als es unserem modernen
Empfinden richtig scheinen will. Die eingehende Besprechung aller
dieser auf Rembrandts Beziehungen zu Lastman abzielenden Fragen
würde den Rahmen dieses Schlußkapitels unserer Monographie über
Pieter Lastman sprengen. Wir werden sie daher im Anhang für
sich allein behandeln.
282
Hier wollen wir zum Schluß nur noch einen kurzen Blick auf
jüngere Zeitgenossen Lastmans werfen, auf welche dieser, ohne daß
sie direkt seine Schüler gewesen wären, doch einen gewissen Einfluß
ausgeübt hat. Eigentlich kommt da nur Claes Cornelisz Moeyaert in
Betracht, der aber nur mit einem Teile seiner Werke der vor-
Rembr and tischen Gruppe von Historienmalern angehört. Von der
ganzen, um Lustman zu ordnenden Gruppe ist er der vielseitigste
und in zahlreichen Werken auch künstlerisch höchststehende. Er ging
wie Lastman zunächst in Italien von Elsheimer aus (den er freilich
nicht mehramLeben traf, da Elsheimer nach den neuesten Forschungen
von Dr. Fr. Noak in Rom bereits am 11. Dezember 1610 gestorben ist *) ),
wofür der beste Beweis das Bildchen in Dresden Joseph im Brunnen
ist, das lange Jahre für ein besonders gutes Werk Elsheimers gehalten
wurde, bis (!s nach dem Dresdener Galeriekatalog von 1906 auf Grund
von Zweifeln, die Weizsäcker ausgesprochen hat, neuerlich geprüft
und als Moeyaert anerkannt wurde. Bei dem Bilde Merkur der
Herse erscheinend vom Jahre 1624 im Haag, diente ihm nach
Bode**) Elsheimers „köstliche Darstellung des gleichen Gegen-
standes in den Uffizien als Vorbild".
Lastman am nächsten steht das Bild Odysseus und Nausikaa
in Berlin im Vorrat (Nr. 344).
An Lastman läßt des Gegenstandes wegen auch die Zeichnung
im Kupferstichkabinett in Berlin Opferstreit zwischen Orest und Pylades
denken. Aber Moeyaert verfügt doch über genügend persönlichen Stil
und weiter über ein leichteres eigenes Entwicklungsvermögen, sodaß wir
ihn bald aus diesem vor-Rembrandtischen Kreis herauswachsen sehen.
Sein umfangreiches „Werk" werde ich später einmal zusammen-
stellen und auf Grund davon seine Entwicklung darzulegen
versuchen.
Bei den anderen zu dieser Gruppe gehörenden Malern, die mit
Lastman annähernd gleichaltrig sind, den beidenPijnas, Jan Tengnagel***),
*) Kölnische Zeitung, liKHi, Nr. 108G. Berliner Katalog (Kaiser Friedrich-
Museum), 1900, Nachtrag.
**) Jahrbuch der kgl. preuß. Kunstsammlungen, Bd. I, Seite 75.
***) Von ihm kann ich vorläufig nur noch zwei Historienbilder nachweisen; das
eine von 1612 in der Sammlung Delaroff in St. Petersburg, das andere von 1616 in
der Sammlung Graf Moltke in Kopenhagen. Ein groOes Schützenstück von 1613
befindet sich im Rijksmuseum in Amsterdam (Nr. 2291).
233
in gewissem Sinne auch M. van Uytenbroeck und Pieler Potter^
kann man schon nicht mehr gut von einem Einfluß Lastmans
sprechen. Sie sind unter ähnlichen Bedingungen künstlerisch heran-
gewachsen und verfolgen in gleicher künstlerischer Art dieselben Ziele.
Nach Rembrandts Erscheinen verblaßte der Ruhm all dieser
Künstler schnell.
234
II
I
ANHANG
Die Beziehungen Rembrandts zu seinem Lehrer
Pieter Lastman
Bei der Behandlung der Frage, in wie weit Pieter Lastman
einen Einfluß auf die Maler seiner Zeit gewonnen hat, konzentriert
sich das Hauptinteresse naturgemäß auf das Verhältnis Lastmans zu
seinem Schüler Rombrandt: Was konnte Rembrandt in den sechs
Monaten, die er im Atelier Lastmans verbrachte, lernen? Hat
Lastman irgend welchen wesentlichen Einfluß auf seinen großen
Schüler ausgeübt, und war dieser Einfluß dann von nachhaltiger
Wirkung und Dauer?
Auf den ersten Blick will es so scheinen, als könnte angesichts
zweier Maler von künstlerisch so verschiedenem Range von irgend-
welcher fördernden Einwirkung von Seiten I^astmans kaum die Rede
sein. Man hatte, wie wir oben schon sahen, auch dazu geneigt,
diesen Einfluß auf ein paar Äußerlichkeiten herabzudrücken und im
übrigen gegen Ende von Lastmans Laufbahn noch eine rückwirkende
Beeinflussung Rembrandts auf den einstigen Lehrer zu konstxuieren.
Das geschah freilich zu Unrecht auf Grund eines Bildes, das aus dem
„AVerke" Lastmans auszuscheiden ist, und weiter infolge der falschen
Lesung der Jahreszahl auf dem Haager Bild der Auferwcckung des
Lazarus. Ja es ist merkwürdig, daß überhaupt kein einziges Moment
vorliegt, das darüber Aufschluß gibt, wie sich nun eigentlich der
einstige Lehrer seinem berühmt werdenden Schüler gegenüber ver-
hielt, wie er über dessen Weiterentwicklung dachte. Gewiß liegt das
mit daran, daß Lastman doch nur eine sehr kurze Zeit Rembrandts
Tätigkeit in Amsterdam und den beginnenden Ruhm des jungen
Künstlers verfolgen konnte, da er bereits Anfang April des Jahres
1G33 starb.
237
Im Gegensatz hierzu, und für uns eigentlich zunächst nur schwer
verständlich, steht die Tatsache, daß Rembrandt seinem einstigen
Lehrer, dem „Künstler" Lastman, scheinbar stets, noch lange bis
nach dessen Tode, ein gutes Andenken bewahrt hat. Dafür sprechen
einmal das Inventar Rembrandts von 1656 und noch deutlicher eine
Reihe von „Entlehnungen" Rembrandts von Lastman, die in den
letzten Jahren nachgewiesen werden konnten. Immerhin bleibt es
für uns heute Lebende nicht leicht begreiflich, daß ein Künstler wie
Rembrandt überhaupt auf Lastman als „Vorbild", von den sich etwas
lernen ließ, zurückgreifen konnte. Denn „Lastmans nüchterne
Phantasie, seine bestimmte trockene Art des Vortrages, sein falsches
Pathos entsprechen unserer künstlerischen Empfindung so wenig, daß
man den Künstler meist nur noch als den Lehrer Rembrandts erwähnt;
und auch als solchem pflegt man ihm wenig Ehre zu geben. . . ."*).
Unsere Aufgabe in diesem Abschnitte soll die sein, den Be-
ziehungen Rembrandts zu Lastman näher nachzugehen. Dabei werden
wir uns hüten luüssen, in solchen Fällen, wo es sich nur um stilistische
Übereinstimmungen allgemeiner Natur handelt, im Feststellen von
„Entlehnungen" und Einflüssen zu kleinlich zu sein. Da werden wir
uns auf eine Auswahl besonders charakteristicherBelege aus Rembrandts
Werken beschränken — denn wir dürfen in der Beziehung Lastman
nicht so sehr persönlich als „Vorbild" für Rembrandt ansehen, als
vielmehr jene ganze Richtung der Historienmalerei im ersten Viertel
des XVII. Jahrhunderts in Amsterdam, als deren Hauptvertreter
freilich Pieter Lastman gelten kann.
Früher hat man sich bei der Besprechung der in Rembrandts
Werken noch sichtbaren Nachwirkungen der halbjährigen Studien-
zeit im Atelier Lastmans mit dem Hinweis auf die Übermittlung
einer Reihe von Kompositionsschemen, von gewissen Sujets und Mo-
tiven durch den Lehrer, auf das Vorkommen von großen lattich-
artigen Blattpflanzen, auf die häufige Verwendung orientalisierender
Gewänder, vermischt mit mancherlei antiken und modernen Elementen,
auf das bunte, etwas harte Kolorit und dergl. begnügen müssen.
Erst die letzten Jahre haben auch einige sehr interessante Belege
*) W. Bode in den Amtlichen Berichten aus den kgl. Kunstsammlungen,
1908, Seite 58.
238
ein direktes Zurückgreifen Rembrandts auf seinen ehemaligen Lehrer za
Tage gefördert. Mit diesen wollen wir uns hier vornehmlich beschäftigen.
Die erste derartige nachweisbare direkte Beziehung Rembrandts
zu Lastman stellte Prof. Dr. W. Martin fest. Er erkannte als erster,
daß die im Besitz von Leon Bonnat befindliche (29,5 : 44,3 cm) große
Rötelzeichnung: Hofstede de Groot Nr. 671 eine Nachzeichnung eines
Lastmanschen Gemäldes durch Rembrandt ist. Sie wird bei Hofstede
de Groot*) beschrieben als: Große Opferszene [Jephta und seine
Tochter?]. Im Vordergrunde rechts Priester und Anbetende, von
denen mehrere Schwerter tragen. Im Hintergrund eine Stadt."
Als diese Zeichnung 1906 zur Rembrandtausstellung nach Leidefi kam,
wies Martin darauf hin**), daß die Darstellung als Paultm und
Barnabas in Lystra zu deuten sei, und daß es sich um eine Kopie
des 1614 datierten Oelgemäldes gleichen Gegenstandes von Pieter
Lastman im Besitze des Grafen Stetzki auf Schloß Romanow
handelt***). Rembrandt hat hier in der Tat jenes einst hochbe-
rühmte, von Vondel besungene Gemälde abgezeichnet und zwar —
nach dem Stil des Blattes zu urteilen — im Anfang der dreißiger
Jahre. In welcher Absicht das geschah? Aller Wahrscheinlichkeit
nach, um diese Zeichnung als Kompositionsvorbild für ein eigenes
Gemälde zu verwenden. Dabei mag zunächst dahingestellt bleiben,
ob auch für eine Darstellung von Paulus und Barnabas in Lystra,
oder für eine andere. Zu diesem Schlüsse berechtigen uns einmal
die zahlreichen sogenannten „Entlehnungen" Rembrandts aus den
Werken verschiedener anderer Meistert), die Rembrandt fast sämt-
lich später in eigenen Arbeiten verwertet hat — natürlich in selbst-
ständiger und persönlicher Verarbeitung. Dann aber ergibt auch
die Vergleichung dieser Rembrandt'schen Nachzeichnung mit dem
Originalgemälde die Zulässigkeit einer solchen Annahme. Denn aus
*) Dr. C. Hofstede de Groot, Die Handzeichnungen Rembrandts, Versuch
eines beschreibenden und kritischen Katalogs. Uitgegeven door Teylers Tweede
Genootschap. Haarlem, 1906.
*♦) Bulletin van den Ned. Oudhk. Bond, Bd. VII (1906), Seile 187.
**♦) Dies Bild war 1902 zeilweise in der Königl. Gemäldegalerie im Haag aus-
gestellt und aus diesem Anlaß von Martin im Bulletin v. d. Ned. Oudhk. Bond,
Bd. 111, Seite 263 ff., besprochen worden.
t) Zum ersten Male von Dr. C. Hofstede de Groot zusammengestellt im
preußischen Jahrbuch, 189-4.
239
verschiedenen kleinen Abänderungen, die Rembrandt vornahm, können
■wir erkennen, daß es diesem nicht so sehr darauf ankam, sich von
Lastmans Bild als solchem eine genaue Skizze aufzubewahren —
dann hätte er sich gewiß ein wenig mehr Zeit zu einer ausgefüllt teren
Zeichnung genommen. Vielmehr interessierte ihn die Komposition
des Lastman'schen Gemäldes, und ihretwegen machte er sich jene
Rötelskizze. Im Hinblick auf die beabsichtigte spätere eigene Ver-
wendung der Komposition sind dann die kleinen, aber doch nicht
unwesentlichen Veränderungen, die er schon bei der ersten flüchtigen
Abschrift anbrachte, ganz erklärlich. Sie sind gegenüber dem Ge-
mälde Lastmans zugleich Verbesserungen.
Zunächst hat Rembrandt die Armhaltungen der beiden Apostel
verändert. Bei ihm streckt der vordere (Paulus) die beiden Arme
vor, während der rechts mehr zurückstehende Barnabas sie vor der
Brust zu halten scheint. Bei Lastman ist es umgekehrt. Offenbar
wollte Rembrandt bei diesem Apostel erstens die Verdeckung des
Kopfes durch seinen rechten Arm vermeiden, und zweitens die sich
scharf vom hellen Himmel abhebenden Arme und Hände, die direkt
unschön wirken, wegbringen. Vielleicht in gleicher Absicht, um die
starke Silhouettenwirkung vor dem hellen Himmel zu vermeiden,
brachte er rechts von der hinter Paulus befindlichen Säule Laub-
werk an, vor dem dieser nun steht. Eine auch inhaltliche Verbesserung
ist ferner darin zu erblicken, daß auf der Zeichnung der links vor
dem Postament stehende Mann, der von den Aposteln soeben geheilte
Lahme, nicht wie bei Lastman beide Arme gesenkt hat, sondern den
linken Arm beugt und mit der Hand zu den Aposteln emporweist.
Deutlicher wird dadurch seine Handlung: er erzählt — nicht
dem Beschauer, sondern dem ganz links stehenden Orientalen —
das Wunder, das jene Leute dort oben auf dem Postament an ihm
eben vollbracht haben. Es genügt, daß er mit einer Hand auf die
am Boden liegenden Krücken weist. Gleichzeitig ist so der Zu-
sammenhang dieser bei Lastman ganz für sich dastehenden Gruppe
mit den beiden Aposteln durch eine bloße Handbewegung unge-
zwungen, natürlich und deutlich hergestellt.
Man vergleiche nun weiter. Dadurch, daß der rechts am
Postament stehende Priester ein wenig mehr nach rechts und etwas
mehr zurück gerückt ist, ist wieder ein gut Teil mehr Klarheit ins
240
Bild gekommen. Man sieht jetzt deutlich die Ecke des Postaments,
auf dem die Apostel stehen. Dann hatRembrandt weiter die vordere
Begrenzungslinie der Figuren gleichmäßig parallel dem unteren Bild-
rando verlaufen lassen, wodurch für den Beschauer die Empfindung,
einen geschlossenen Zug vor Augen zu haben, wesentlich verstärkt
wird. Überhaupt wirkt in Rembrandts flüchtiger Skizze der von
rechts herankommende Zug viel einheitlicher und geschlossener als
bei Lastman. Es ist Bewegung in ihm, wo Lastman nur zu-
sammengestellte posierende Modellfiguren gibt. Rembrandt bringt
Leben in das Ganze. Und noch eins scheint mir wesentlich für die
"Wirkung der großen Länge des Zuges: Rembrandt überschneidet
ihn rechts, wo er sich in großem Bogen umwendet, fast in seiner
ganzenBreite. NureineFigur desGliedes läßt er nochsehen. Lastmangibt
auch hier den Zug so gut wie in seiner ganzen Breite. So wird der Bogen,
den er beschreibt, viel kleiner; kleiner auch der Raum, den der Zug
durchschreitet. Das sind alles gewiß nicht geringwertige Verbesserungen,
die durch scheinbar unwesentliche Veränderungen bewerkstelligt wurden.
Von den beiden Erklärungen, die Martin für diese Veränderungen
gibt, wird hierdurch die erste ziemlich wahrscheinlich gemacht, daß
nämlich Rembrandt das Bild in der Absicht kopierte, bei späterer
Gelegenheit dasselbe Thema einmal zu behandeln und dann die
Lastmansche Komposition zu vei"werten. — Der zweiten, von Martin
als wahrscheinlicher angenommenen Möglichkeit vermag ich nicht so
ohne weiteres zuzustimmen: „daß Rembrandt wahrscheinlich, als
Lastman 1633 gestorben war, dessen Meisterwerk wiedergesehen hat
— vielleicht, als es öffentlich verkauft wurde — , und daß er dann,
sei es aus dem Kopf, sei es flüchtig aus der Ferne, diese Skizze
machte." „Das würde," nach Martin, „das Verhältnis zwischen
Gemälde und Zeichnung völlig erklären, würde die Verwechslung der
Apostelhaltungen, die verschiedene Lage der Krücken, das starke
Markieren des weißen Stieres im Hintergrund und andere Kleinig-
keiten deutlich machen." Hiergegen ist einzuwenden, daß der Stier
bei Lastman noch viel stärker markiert zu sein scheint als bei
Rembrandt; die Veränderung der Apostelhaltungen kann ich mir aber
nicht so als Gedächtnisfehler, oder weil er sie aus der Ferne nicht
deutlich genug sah — er sah doch andere Kleinigkeiten richtig! —
erklären, denn die sind auf Lastmans Bild doch zu deutlich. Außer-
16
241
dem wäre es Rembrandt wohl gewiß möglich gewesen, das Bild
auch aus der Nähe nochmals anzusehen. Die Krücken des Geheilten
liegen allerdings verschieden, doch dürfte Rembrandt ihnen als für
die Komposition unwichtigen Nebensachen — wie überhaupt auch
die am Boden verstreuten Blumen u. s. w. ganz summarisch behandelt
sind — keinen AVert beigelegt haben. Nicht denken hann ich mir
aber, daß er die Skizze aus dem Kopfe angefertigt habe ; denn dazu
stimmt sie doch wieder zu genau mit dem Gemälde überein, gerade
auch in unwesentlichen Kleinigkeiten. Ich glaube bestimmt, daß die
angeführten Abänderungen von Rembrandt bewußt und in der oben
angegebenen Absicht vorgenommen wurden.
Die handschriftliche Notiz unten endlich, die Martin „en vooruyt
is een jonck kint" wohl richtig ließt, deutet eher darauf hin, daß
Rembrandt beim Zeichnen das Gemälde selbst vor sich hatte, und
daß er zur Korrektur der als „junges Kind" nicht ganz deutlich
herausgekommenen Figur vorn in der Mitte (vooruyt), nicht links
hinter dem geheilten Lahmen, wie Martin meint, darunter schrieb.
Wenn, wie Martin möglich sein läßt, Rembrandt wahrscheinlich nach
dem Tode Lastmans, etwa bei einer öffentlichen Versteigerung, dessen
Meisterwerk gesehen hat, so ist dazu zu bemerken, daß die „schilderij
van Paulo en Barnabe", die ohne Angabe des Malers in dem von
Lastman selbst nicht lange vor seinem Tode veranlaßten Inventar
vom Juli 1632 aufgeführt wird (Nr. 49 unserer Zählung) nicht un-
bedingt jenes von Rembrandt kopierte Gemälde zu sein braucht.
Aber wenn auch : es fand gleich nach Lastmans Tod keine Auktion
seines Nachlasses statt und meines Wissens auch später nicht. Es
müßte also eine andere Versteigerung um 1630/33 gewesen sein, auf
der Rembrandt es gesehen und nach- gezeichnet haben kann.
Wir fragen nun nicht ohne Berechtigung, ob es ein Gemälde
oder eine Radierung von Rembrandt gibt, wo wir diese Nachzeich-
nung nach Lastmans berühmtem Bild bewußt als Studie verwertet
wiederfinden können. Ein Gemälde von Rembrandt mit einer
Darstellung von Paulus und Barnabas in Lystra gibt es nicht mehr,
auch keine Radierung. Aber die Skizze wurde nach der Ansicht von
Frau J. Goekoop-de Jongh die „Grundlage für das Grisaillebild der
Predigt Johannis des Täufers in Berlin (aus der Zeit um 1635) *),
*) Bulletin v. d. Ned. Oudhk. Bond. Bd. VIII, Seite 40 ff.
242
•wenn RSSWäfidt auch in der Wahl des Themas ganz er selber blieb."
Frau Goekoop beweist ihre Ansicht mit folgenden Sätzen :
„Nach (Lastmans) Vorbild ließ Rembrandt die Aufstellung sich
in die Breite ausdehnen, setzte er die Hauptfigur hoch in eine Ecke."
„In der Nachfolge an ihn (Lastman) entstand die Haltung von
Johannes dem Täufer, wie er sich mit ausgestrektem Arm zu der
Menge beugt."
„So (in Nachfolge an Lastman entstand) die Abrundung des
Hintergi-undes hinter ihm (Johannes) durch eine massive Festheit,
um seiner Silhouette mehr Relief zu geben."
„So die sich vorlehnende Halbfigur des zuhörenden Mannes
hinter dem Kopf von Johannes ..."
„So das Freilassen von Raum dicht vor den Füßen des Täufers,
um seine ganze Gestalt sehen zu lassen, das Stützen der Hauptfigur
durch zwei vertikale Linien an beiden Seiten — hier die Gruppe
der drei Priester an der einen Seite, die dunkle Masse der im Schatten
stehenden Personen an der andern."
„So die Bewegung der Menge, die von dem erhöhten Punkt zur
Ebene kommt."
„So der Bau der Landschaft mit dem Tal zwischen beiden
Hügeln und der Stadt mit dem breit abgeschnittenen Turm im
Hintergrund."
„So das scharfe „uitsteken" (Betonen) der vertikalen Linie in
der Breite des Ganzen — hier Kaisersäule an Stelle des Obelisken".
Nicht allen diesen von Frau Goekoop angeführten Gründen
wird man ohne weiteres voll beipflichten können, sondern nur wenigen,
und selbst diese scheinen nicht prägnant und speziell genug, um
eine so starke Beeinflussung Rembrandts durch jenes Bild von
Lastman als so sicher hinzustellen, wie es Frau Goekoop-de Jongh
tut. Sie gesteht nachher auch schließlich selber, daß das Besondere
von Rembrandts „Bearbeitung" das sei, „daß er die eigentliche Be-
wegung zum Stillstand brachte, indem er der Menge im Vordergrund
eine sitzende und zuhörende Haltung gab und die noch Heran-
kommenden in Schatten hüllte". Die von Rembrandt gewählte
Komposition ergibt sich nun aber eigentlich zu leicht aus dem auch
von anderen Malern schon häufig behandelten Thema selbst, als daß
man ein Zurückgehen auf eine Komposition, die er, wie wir auf
16*
243
Grund unserer eigenen Betrachtung der Zeichnung annahmen, nicht
zum wenigsten gerade der Bewegung des Zuges wegen sich in der
Skizze notiert hat, für sehr wahrscheinlich halten sollte bei einer
Darstellung, wo die Volksmassen gar nicht in der Bewegung zu
geben sind. Es mag zugegeben werden, daß gewisse allgemeine,
mehr zufällige Beziehungen — wie bei vielen anderen Rembrandt'schen
Kompositionen — vorhanden sind. Und so glaubte auch Prof.
Martin die von Frau Goekop-de Jongh vertretene Ansicht in diesem
Sinne einschränken, d. h. nur verallgemeinert gelten lassen zu müssen.
Er fand damit aber Widerspruch bei Prof. Dr. Jhr. Six, der Frau
Goekop-de Jonghs Argumenten beipflichtete und das, was sie von
dem Gegenstand nach seiner Ansicht noch nicht erschöpfend be-
handelt hatte, nachtrug*). Prof. Dr. Jhr. Six wies auf die Geschichte
jener aus „negen (neun) lapjes doek" zusammengesetzten Grisaille
hin, daß um dieselbe rings herum von Rembrandt selber später ein
großes Stück angesetzt worden sei, und erörterte dann die Frage,
wann Rembrandt diese Vergrößerung vorgenommen habe: ob wenig
später nach Entstehung des ursprünglichen Mittelstückes, oder später
um 1656. Dies Datum sucht Jhr. Six dann zu beweisen. Diese
Fragen gehören aber nicht mehr in den Rahmen unserer Betrachtungen.
Wir wollen nur auf die Punkte eingehen, die sich bei den Aus-
führungen von Jhr. Six mit der Beziehung der beiden Bilder zu ein-
ander befassen. „Six [der spätere Bürgermeister von Amsterdam,
Rembrandts Freund] hat 1656 von Rembrandt die Grisaille von
1638**), eine Ei'innerung [Rembrandts] an sein [Six] eigenes Stück von
Lastman***), kaufen wollen. Als nun Rembrandt seine eigene Arbeit
wieder ansah, hat er das Vorhandene erneuert und sich auch das
Recht vorbehalten, danach eine Radierung zu machen, die aber nicht
zur Ausführung kam . . .". Rembrandt hat außer den Zusätzen im
Vordergrund „auch das Zuströmen von allen Völkern zu der Heils-
lehre besser herauskommen lassen". „In dem ursprünglichen Stück
von 1638 ist ebenso wie bei Lastman die Darstellung noch eng vom
Rahmen umschlossen. Oben wird der Obelisk bis zu dem Rand ge-
*) Bulletin van den Ned. Oudhk. Bond, Bd. VIII (1907), Seile 1-il ff.
**) Nach Bode und Valentiner ist sie 1635'36 zu datieren.
***) Lastmans Paulus und Barnabas-Gemälde befand sich bereits 1648 im Be-
sitz von Jan Six.
244
gangen sein, der Kopf, der jetzt darauf steht, hat, so meine ich
[Jhr. Six] später die Spitze ersetzt und wird anders auch gerade bis
zum Rahmen gekommen sein. Rechts schloß die Gruppe hinter
Johannes die Darstellung ab. In die Ecke links paßt ganz die
sitzende Frau, über der noch eine halbe Figur eine kräftige Be-
grenzung fortsetzte. Wie es mit den Schriftgelehrten in der Mitte
der Leinwand steht, kann ich [Jhr. Six] ohne nähere Untersuchung
des Stückes nicht sicher sagen. Sie stehen jetzt mit den Füßen auf
dem untersten Streifen und auf der schönen Photogravüre, die ich
[Jhr. Six] vor mir liegen habe, scheinen wenigstens die zwei
vordersten eine spätere Hand zu verraten. Die Gruppe fehlt auch
bei Lastman."*) Im Verfolg seines Aufsatzes kommt Jhr. Six noch
weiter auf die Nachtwachefrage zu sprechen und in Verbindung
hiermit auf die lebensgroße eigenhändige Wiederholung der Figuren
von Christus als Gärtner mit Maria Magdalena (jetzt im Rijksmuseum)
nach einer im Besitz von Herrn Carl Hausmann in Pyrmont be-
findlichen Landschaft mit dem angeblich von Rubens hineingemalten
„Noli me tangere".**)
Auf diesen Aufsatz von Jhr. Six hin stellte Prof. Martin die
Frage: sind denn wirklich stichhaltige Gründe da, um mit Bestimmt-
heit annehmen zu dürfen, daß Rembrandt seine Skizze nach Lastmans
Lystra-Bild in der Berliner Fredigt Johannis des Täufers „verwerkt"
(verarbeitet) hat? AVie mir scheint mit Recht; ich vermochte in der
ersten Fassung der Täuferpredigt in der Komposition nur einen „sehr
erklärlichen A-usfluß der allgemeinen Kompositionsweise von derartigen
Stücken in dieser Zeit" zu sehen, wobei ja die Kenntnis der Lastmanschen
Komposition einiges mit hineingebracht haben mag; aber von einer
direkten Benutzung jener Komposition in dem Rembrandtschen Bilde
kann nicht gesprochen werden. Und wenn Jhr. Six sein kurzes
Nachwort zu Martins Einwand mit dem Satze beginnt, Martins Be-
hauptungen schwankten so vage zwischen ja und nein hin und her,
daß es schwer sei, ihnen beizukommen, so trifft das denn doch nicht
zu. Martin sagt deutlich genug: „von einem Einfluß oder selbst einer
*) Jhr. Six nimmt also eine ziemlich enge, auch in Einzelheiten sich fiuOernde
Beziehung der beiden Bilder zu einander an.
*♦) loh sah dies Bild 1909 im Haag; die Figuren können nicht von Rubens
selbst sein.
245
Verarbeitung von Motiven von Lastman kann nicht die Rede sein."
Gewiß: Ob Rembrandt seine Skizze nach Lastmans Lystra-Bild bei
der angeblichen Verarbeitung vor sich gehabt hat oder nicht, ist bei
einem Künstler wie er eine „sinnlose Frage". Aber sie wurde gar
nicht gestellt. Es kam darauf an, ob Rembrandt seine Zeichnung
bezw. Lastmans Gemälde im Geiste vor sich gehabt hat und in
bewußter Anlehnung daran seine Komposition der
Johannespredigt gestaltet hat. Diese Frage beantwortet Martin
mit nein, indem er eine (ganz natürliche) Nachwirkung der ganzen
Richtung zugibt — einen allgemeinen Einfluß, der auch in anderen,
schon früher immer angeführten Elementen zu erkennen ist. Und
wenn Jhr. Six seine Replik damit schließt, daß Rembrandts eigene
Zeichnung (nach Lastmans Bild) seine Kenntnis dieser Motiven-
kombination unleugbar mache, so stellt er damit eine Tatsache noch
einmal fest, die Niemand geleugnet oder angegriffen hat. Und wenn
er im Vordersatz dazu sagt, Niemand behaupte, daß Rembrandt seinem
Lehrer in allen Figuren sklavisch gefolgt sei, so hat er damit auch
recht: Niemand hat das behauptet — wohl aber hat Frau Goekoop-
de Jongh zu beweisen gesucht, daß die Johannespredigt in
ihrer Komposition und in einzelnen Figuren unter
starkem, direktem Einfluß dieses Lastman'schen Gemäldes
stehe; und sie hat Punkt für Punkt die Momente, die das
im einzelnen beweisen sollten, aufgereiht. Daß sie nur hat
sagen wollen, Rembrandt habe, als er die Grisaille malte, Lastmans
Bild schon gekannt, kann man schlecht annehmen, denn daß Rembrandt
Lastmans Komposition kannte, das war, wie Jhr. Six ganz richtig
sagt, vorher schon aus dem bloßen Vorhandensein jener Nachzeichnung
im Besitze Leon Bonnats bekannt.
Davon, daß nach Valentiner Rembrandts Predigt Johannis des-
Täufers in Berlin mit Elsheimers Werken in Zusammenhang stehen
soll, erwähnt weder Frau Goekoop-de Jongh noch Jhr. Six etwas.
Valentiner sagt in seinem schon öfter zitierten Buch „Rembrandt
und seine Umgebung" auf Seite 95/96: „Im Zusammenhang mit
Elsheimers Werken steht wohl auch Rembrandts Komposition der
Predigt Johannis des Täufers auf dem Berliner Bild. Wenigstens
hat Elsheimer den Stoff schon in einem Rembrandt verwandten
Sinne behandelt. Auch bei ihm umgibt eine sehr zahlreiche Menschen-
246
menge mit Gestalten aus der verschiedensten Herren Länder in
mannigfachem Kostüm und Kopfbedeckungen den Täufer in einer
waldigen Landschaft, die auf der einen Seite einen Blick in die
Ferne erlaubt. Von den beiden in Betracht kommenden Bildern in
München und Mannlieim erinnert das letztgenannte in der Anordnung
des auf erhöhtem Standpunkt seitlich stehenden Predigers mehr an
die Komposition Eembrandts und könnte diesem, da der Täufer links
steht, durch einen Stich, falls es einen solchen gab, bekannt geworden
sein*). Möglich ist es freilich auch, daß dem Künstler die Kom-
position durch Lastman vermittelt worden ist, von dem ein derartiges
Gemälde existiert haben soll." Man hat also die Wahl zwischen
diesen beiden Meistern. "Will man eher an Lastman denken, so darf
man jedenfalls nicht dessen Bilder außer Acht lassen, die dasselbe
Thema behandelten, sondern' muß zunächst diese einmal mit Rem-
brandts Komposition vergleichen. Valentiner konnte nur im An-
schluß an Vosmaer auf eine Zeichnung von P. C. Haag nach einem
solchen Gemälde verweisen. Aus unserm Katalog der Gemälde
Lastmans ist zu ersehen, daß Lastman sogar öfter diesen Gegen-
stand behandelt hat. Einmal wurde eine Predigt Johannis des
Täufern im Inventar von 1632 erwähnt. Ferner kam ein derartiges
97,2 X 203,2 cm großes Bild 1782 in einer Amsterdamer Versteigerung
vor; drittens existierte eine dies Thema behandelnde Grisaille, die im
Jahre 1611 von Lastman ausgeführt war (nach der wahrscheinlich
die auch von Valentiner erwähnte Zeichnung von P. C. Haag an-
gefertigt war) und endlich wurden noch zwei verschiedene Gemälde
dieses Gegenstandes in den letzten Jahrzehnten auf Versteigerungen
in Wien (1884) und in Amsterdam (1900) verkauft. Will man also
in Eembrandts Predigt Johannis des Täufers Lastmaneinflüsse, Last-
manverarbeitungen suchen, so müßten, wie gesagt, zunächst einmal
diese Darstellungen des Lehrers zum Vergleich heranzuziehen sein.
Und am nächsten läge eine Gegenüberstellung mit der Grisaille von
Lastman. Leider ist diese, wie alle anderen, bis auf ein Gemälde
*) Das Bild in Mannheim ist m. A. nach jedoch nicht von Elsheimer. Valen-
tiner meiiit zu diesen Bildein an, daß sie bei Bode noch nicht genannt seien. Für
das Mannheimer ist das richtig. Das Münchoner erwähnte Bode dagegen wohl,
auf Seile 279 (Studien), aber er httlt es nur für die Arbeit eines Nachfolgers von
Elsheimer.
247
verschollen. Nur von dem zuletzt erwähnten Bild, dessen gegen-
wärtigen Besitzer ich allerdings auch nicht mehr ermitteln konnte,
ist eine Abbildung vorhanden, welche die Vergleichung wenigstens
dieser beiden Kompositionen gestattet. Wir finden hier zwar auch
eine Komposition, wo das zuhörende Volk lagernd oder stehend im
Kreise um Johannes den Täufer herumgruppiert ist. Sonst aber ist
nichts da, was auf Rembrandts Kenntnis und eventuelle Verwertung
dieser Lastman'schen Komposition in der Berliner Grisaille hin-
weisen könnte. Das hindert jedoch nicht, daß bei einer der anderen
Fassungen es geschehen sein kann.
Wohl aber lassen sich in einer anderen Arbeit Rembrandts
gewisse Übereinstimmungen mit jenem Lastman'schen Täufer-Bild
fesstellen, die jedenfalls einen engeren Zusammenhang dartun, als die
Momente, die Frau Goekoop-de Jongh für den angeblichen Einfluß
des Lystra-^ildes Lastmans auf die Komposition der Berliner Grisaille
von Rembrandt hervorhebt. Diese Arbeit ist Rembrandts Radierung
des Predigenden Christus, B. 67, aus der Zeit um 1652. Christus
steht in der Mitte erhöht mit im Grunde gleicher — nur innerlich
ausdrucksvollerer — Hand- und Armhaltung. Die Zuhörer sind im
Kreise um ihn herumgruppiert und hierbei sind folgende Analogien
festzustellen. Ganz links eine abschließende Standfigur in dunklem
Mantel. Rechts von dieser, zu Füßen von Cristus, ein aufmerksam
zuhörender sitzender Alter, der seinen Kopf in die Hand stützt. Bei
Lastman in die Rechte und damit das Gesicht zum Teil verdeckend;
bei Rembrandt in die Linke, sodaß der Profilkopf, dessen Gesichts-
seite bei Lastman sich außerdem auch noch im Schatten befindet,
deutlich sichtbar ist. Man hört mit ihm den Worten Christi zu.
Ihm entspricht rechts vom Heiland ein anderer sitzender alter, zu-
hörender Mann auf beiden Kompositionen. Vorn zwei am Boden
hockende Figuren; die eine weibliche in Rückenansicht entspräche
der Rückenfigur des jungen Mannes bei Lastman, der rechts daneben
mehr in Seitenansicht gelagerten der Alte bei Rembrandt, dessen
linker Arm wie bei jener gerade herunterhängt. Genreartige Motive
sind auf beiden Kompositionen vorhanden und wir dürfen für das
bei Rembrandt vorn auf dem Boden liegende kleine Kind wohl an
Lastmans Neigung, derartige Kinderfiguren einzuführen, verweisen.
Es liegt mir fern, mit Bestimmtheit hier eine direkte Beeinflussung
248
oder gar „Entlehnung" Rembrandts von Lastman annehmen zu
wollen. Ich fähre dies Blatt in erster Linie als Gegenstück zu der
von Frau Goekoop-de Jongh festgestellten Nachwirkung des Last-
manschen Lystrabildes in Rembrandts Predigt Johannis des Täufera
an, und weil ich diese gewissen kompositionellon Übereinstimmungen
zwischen Lastmans Täuferpredigt und Ilembrandts Radierung nicht
ganz übergehen wollte.
„Wenn Rembrandts Johannes auf der Berliner Grisaille von
RaffaelsPawZws in Athen abstammt, aber durch das Medium von Lastmans
Paulus und Barnahas in Lystra, was schon ausreichend der Obelisk
und der Bogen im Hintergrund, um von dem allgemeinen Bau der
Komposition zu schweigen, bewiesen wird", wie Jhr. Six in seiner
Replik schließlich noch ausführt, nachdem er im Satze vorher „die
Frage, ob wir auch bei Rembrandt sowohl wie bei Lastman e tutti
quanti an eine regelrechte Nachfolge von Raffael denken müssen,
sofort verneinend beantworten zu müssen meinte, so darf bezüglich
der Armbewegung dieses predigenden Christus der Radierung mit
ebenso viel Berechtigung gesagt werden, sie gehe auf dem Wege
über den predigenden Johannes d. T. Lastmans auf den thronenden
Christus der JJisputa von Raffael zurück.
Festeren Boden bezüglich des Nachweises der Nachwirkungen
einer Komposition von Lastman in Werken Rembrandts betreten wir
wieder bei der Betrachtung der Rötel Zeichnung Susanna und die
beiden Alten im Berliner Kupforstichkabinett (Hofstede de Groot
Nr. 45). Daß diese Zeichnung eine Kopie nach einem Gemälde von
Lastman ist, wurde erst Anfang 1907 bekannt, als Herr Staatsrat
P. Delaroff auf meine Bitte eine Photographie des in seinem Besitze
befindlichen Gemäldes dieses Gegenstandes anfertigen ließ und diese
Photographie nach Berlin zu Exzellenz Bode und nach dem Haag
zu Herrn Dr. Hofstede de Groot und mir sandte. Die Überein-
stimmung der bekannten, bei Lippmann reproduzierten frühen Rem-
brandtzeichnung mit jener Komposition Lastmans war sofort zu er-
kennen und wurde zugleich in Berlin wie im Haag bemerkt. Herr
Dr. Valentiner, der die Photographie in Berlin auch sah, hat sie
dann als erster publiziert und zum Ausgangspunkt seines interessanten
Aufsatzes über Rembrandts Susannadarstellungen gemacht*). Er wies
*) Zeitschrift für bildende Kunst, Novemberheft 19()7.
249
nach, in wie weit die Susannadarstellungen Rembrandts mit jener
Lastmanschen Komposition zusammenhängen, wie der Meister zuerst
in engerer, dann in immer freierer Verwendung das Thema wieder-
holt behandelte, bis daraus die endgültige Lösung in dem bekannten
Gemälde von 1647 des Kaiser Friedrich-Museums gewonnen wurde.
Valentiner beleuchtet ausführlich den künstlerischen Fortschritt, den
die erste Fassung des Susannavorwurfes durch Rembrandt in dem
kleinen Haager Bild von 1637 gegenüber dem Opus Lastmans be-
deutet. Auch bei der Nachzeichnung nach dem Lastmanschen, jetzt
Herrn Delaroff gehörenden Gemälde hat Rembrandt genau wie bei
der oben besprochenen Kopie des Lystra-Bildes gleich während des
Skizzierens einige Veränderungen vorgenommen, die man nur als
Verbesserungen ansehen kann. In der Haltung der Susanna liegt
mehr Aktion, ist mehr die Angst des erschreckten Weibes zum
Ausdruck gebracht. Welcher Unterschied im Blick! Bei Lastman
sieht Susanna nach rechts oben, eigentlich ins Leere. Rembrandts
Susanna sieht ängstlich und zugleich fast drohend zu dem stehenden
Alten, und dessen — auch etwas von seinem Vorbild bei Lastman
abweichende — Haltung scheint fast eine Rückwirkung jenes Blickes
der keuschen Frau zum Ausdruck zu bringen. Während er bei
Lastman sich lüstern vorbeugt, steht er hier aufrecht und ist fast
etwas zurückgewichen. Er scheint an Susanna die Worte zu richten:
Siehe der Garten ist zugeschlossen und niemand siehet uns und wir
sind entbrannt in deiner Liebe; darum so tu unseren Willen. Willst
Du aber nicht, so wollen wir auf Dich bekennen, das wir einen jungen
Gesellen bei Dir gefunden haben, und daß Du Deine Mägde darum
habest hinausgeschickt. Deshalb ist auch seine rechte Handstellung
von Rembrandt umgekehrt worden — die nach oben gekehrte Hand-
fläche können wir uns leichter als Begleitgestus der bedingenden
Worte willst Du aber nicht, so ansehen. Die nach
unten gehaltenen inneren Handflächen der ausgebreiteten Arme bei
Lastman sind schwerlich als die Rede begleitend aufzufassen.
Übrigens macht bei diesem der zweite Alte jenen Gestus, ohne daß
er aber zu sprechen scheint. Rembrandt rückt ihn dafür näher an
Susanna heran. Es war von ihm nur geschickt, den Sprecher auch
die bezeichnende Handbewegung machen zu lassen. Auch die für
Lastman charakteristische, aber ziemlich ausdruckslose, pathetische
250
Taltung der recnten Hand der Susanna hat Rembrandt gleich beim
Nachzeichnen verworfen — ohne freiUch im Augenblick dafür eine
deutliche andere einzusetzen. Erst auf dem Haager Bilde sehen wir
eine Lösung: da deckt diese rechte Hand die Scham, während der
linke Arm gebeugt und schützend vor die Brust gehalten ist. Im
Beiwerk und in der landschaftlichen Anlage hat Rembrandt keine
Änderungen eintreten lassen, bis auf einen Pfau, der aufgeschreckt
ist und aufflattert, weil er dem vorderen Alten zu nahe gekommen
ist, während bei Lastman beide ruhig auf den Zweigen sitzen.
Die zweite Stufe nach dieser Rötelzeichnung bildet die um
1635 zu datierende Federzeichnung (Hofstede de Groot Nr. 46) in
Berlin, auf der Susanna bereits die Stellung wie auf dem kleinen
bald danach entstandenen Ölbild im Mauritshuis im Haag, nun
mehr in Vorderansicht, eingenommen hat. Jene Federzeichnung mit
Lastman verglichen, zeigt dessen ganzes Unvermögen, dieser Dar-
stellung psychologisch überzeugenden bildlichen Ausdruck zu geben.
Da versagt er vollständig. Seine Figuren bleiben posierende Modelle
ohne inneren Zusammenhang. Bei Rembrandt gibt es hier keine
Undeutlichkeit mehr, „alles ist Aktion, alles auf den einen spannenden
Moment eingestellt" (Bode*)).
In dem Haager kleinen Bild von 1637 erinnert nur das Beiweik
und die Hintergrundskulisse an Lastman, allerdings spielt dabei noch
ein anderes Gemälde von Lastman mit hinein, die Bathaeha der
Sammlung Zabielsky in St. Petersburg: in der Hintergrundsarchitektur,
wie hinter der dunkeln Baumkulisse die Schloßfassade mit einem
Terrassenbau davor zu sehen ist, forner die runde Urne, die auf dem
Steinpostaraont steht. Nach Bode**) geht Rembrandt in seiner sechs
Jahre später gemalten Bathseba bei der Toilette der Sammlung
Steengracht im Haag „wieder stärker auf das damals vielleicht in
seinem Besitz befindliche Gemälde seines Lelirers zurück, trotz des
verschiedenen Motivs. Das ganze Lokal wie die Stellung der nackten
Frauengostalt verrät dies Vorbild."
*) „Pieter Lastmans Gemälde der Susanna mit den Alten und seine Beziehungen
zu den Darstellungen des i;leichen Motivs von Rembrandt" in den Amtlichen Berichten
aus den kgl. Kunstsammlungen, Dezember 1908, Seite 58.
♦♦) A. a. (.)., Seite 59.
251
Danach folgen Vorbereitungen für das Berliner Susannabild in
mehreren Zeichnungen: im Amsterdamer Kupferstichkabiuett (Hofstede
de Groot Nr. 1167) im Gegensinn, die aber gleich verworfen wurde;
zu den beiden Alten auf drei Zeichnungen bei Mr. J. P. Heseltine in
London, zur Susanna im Berliner Kabinett (Hofstede de Groot Nr. 44).
Auch der Studienkopf des Alten mit der Pelzkappe ist als Vor-
bereitung für das Gemälde von 1647 anzusehen. Von diesem kam
im Juni 1909 noch eine Variante in der Versteigerung B. P. W(idener)
aus Ph(iladelphia) in Amsterdam vor, die früher Herrn Nardus in
Suresnes gehörte. Die Echtheit dieses Bildes wurde von Valentiner
für fraglich gehalten*), wogegen jedoch Bode jüngst sein Urteil
geltend machte und es für echt erklärte**). Das ausgeführte Berliner
Gemälde selbst läßt den Gedanken an Lastman kaum mehr auf-
kommen und ist in der ganzen Auffassung grundverschieden von
dessen allerdings fast drei Jahrzehnte früher entstandenem Werke.
Die Frage, wann und bei welcher Gelegenheit Rembrandt das
Lastmansche Susanna-Bild nachgezeichnet hat, kann nicht mehr mit
Sicherheit beantwortet werden. Bode äußert sich hierzu so: „.. . daß
dieser [Rembrandt] die Zeichnung angefertigt haben sollte, als er
(wahrscheinlich im Jahre 1623) bei Lastman in der Lehre war, ist
durch die meisterhafte Sicherheit der Behandlung ganz ausgeschlossen.
Man hat angenommen, daß sie 1633 gelegentlich der NacLlaßver-
steigerung Lastmans entstanden sein könnte; pflegte doch Rem-
brandt auf solchen Versteigerungen nicht zu fehlen und sich gelegent-
lich von Bildern, die ihn besonders interessierten, flüchtige Skizzen zu
machen. Aber der Umstand, daß auf der Rückseite der Zeichnung
Notizen von seiner Hand über die Anfertigung von Kopien nach ein
paar seiner Bilder aus der Zeit um 1635 sich finden, macht es wahr-
scheinlich, daß die Zeichnung gleichzeitig mit diesen entstand. Dies
wii'd auch dadurch bestätigt, daß gerade damals die Studien zu einer
eigenen Komposition des gleichen Motivs beginnen; denn um 1635
ist nach ihrer Technik und Auffassung die flüchtige Federzeichnung
mit der Komposition der Susanna mit den beiden Alten im Berliner
Kupferstichkabinett." Zu der Bemerkung, daß Rembrandt es viel-
*) Rembrandt, Klassiker der Kunst, III. Auflage, 1909, Seite 540.
**) Zeitschrift für bildende Kunst, Oktoberheft 1909, Seite 6. Ebenso Hofstede
de Groot in „Onze Kunst'', Dezemberheft 1909.
252
leicht bei der Naclilaßverstoigerung Lastmans gesehen und nacbge-
zeichnot hätte, ist zu wiederholen, was schon früher gelegentlich der
Nachzeichnung nach Lastmans Lystra-Bild gesagt wurde. Lastmans
Susanna befand sich 1632, ^/i Jahre vor Lastmans Tod, bestimmt
nicht mehr in seinem Besitz, wie aus dem in diesem Jahre im Juli
aufgestellten Inventar Lastmans zu ersehen ist. Und außerdem fand
eine Versteigerung von Lastmans Nachlaß nicht statt, da Lastman
ein Testament gemacht hatte, in dem er seinen Bruder Zeeger
Pietersz zum Universalerben eingesetzt hatte.
Aufs engste mit Rembrandts, auf Lastman zurückgehenden
Susannadarstellungen hängen auch seine beiden Baihseba-Bilder, die
die Schöne bei der Toilette zeigen, zusammen. Schon vor der
Wiederauffindung des das gleiche Thema behandelnden Original-
gemäldes von Lastman im Besitze des Herrn Zabielsky in St. Peters-
burg ließ sich für die Bathseba Rembrandts in der Sammlung Steen-
gracht im Haag mit Sicherheit feststellen, daß sie im Anschluß an
jenes Lastmansche Gemälde entstanden ist. Man kannte nämlich
im Amsterdamer Rijksprentenkabinet eine flüchtige Nachzeichnung
in schwarzer Kreide von L. Bramer nach jenem bis vor kurzem ver-
.schoUen geglaubten BUde und nach Besprechung jener Nachzeichnung,
die zusammen mit vielen anderen in einem Album vereinigt sind,
durch E. W. Moes in Oud Holland wies Dr. Hofstede de Groot auf
die engen Beziehungen zwischen beiden Darstellungen hin. Seitdem
wurde das Lastmansche Originalgemälde wiedergefunden, und die
genaue Vergleichung der beiden Bilder ist möglich geworden. Aus
ihr ergibt sich mit Sicherheit, daß Rembrandt auch hier bewußt auf
seinen einstigen Lehrer zurückgegriffen hat, ebenso wie bei der Dar-
stellung der Susanna. Das höchst Interessante hierbei ist die Tat-
sache, daß Rembrandt in den verhältnismäßig seltenen Fällen, wo er
einen nackten weiblichen Körper im Gemälde darstellte, zweimal direkt
auf Lastman zurückging. Weibliche Aktfiguren hat Rembrandt nur
in folgenden Bildern wiedergegeben: 1) Diana im Bade beim Kunst-
händler Warneck in Paris*), 2) Andromeda im Haag (Sammlung
Bredius), 3) Sogenannte Danae in der Eremitage in St. Petersburg,
*) Valentiner, Rembrandt (Klassiker der Kunst), Seite 20. Von Rembrandt
selbst auch radiert, B. 201; eine Zeichnung (nach rechts gewandt), die die Vorstudie
dazu sein wird, ist in London im Brit. Museum (Hofstede de Groot Nr. 893).
253
4) Susannna im Bade (Haag, Mauritshuis), 5) Batliseba (Haag,
SammluDg Steengracht), 6) Susanna in Berlin, 7) Rembrandt Hendrikje
onalend (Glasgow), 8) Batliseba im Louvre. Bei diesen Gemälden
handelt es sich eigentlich nur in zwei Fällen um eine Komposition
von mehreren Figuren, unter denen der weibliche Akt die Hauptrolle
spielt: in der Steengracht'schen Bathseba und in der Berliner Susanna.
(Auf dem Glasgower Gemälde befinden sich nur zwei Figuren). Die
übrigen Bilder sind eigentlich Einzelfiguren.
Für die kompositioneile Gestaltung der beiden andern Themata,
die ein sorgfältiges Abwägen der Komposition erforderten, unterließ
es Rembrandt nicht, den ehemaligen Lehrer um Rat anzugehen. Zu
ihrer Lösung studierte er vorher die Lastmanschen Gemälde, die
diese beiden Geschichten darstellten. Wie er dabei für das Susanua-
bild verfuhr, sahen wir schon.
Bei der 1643 datierten, außerordentlich durchgeführten Bathseba
der Sammlung Steengracht lehnte er sich kompositionell eigentlich
noch enger an sein Vorbild an als vorher bei der ersten Fassung
der Susanna (im Mauritshuis). Merkwürdig ist dabei, daß wir aber
für diese Darstellung der Bathseba gar keine zeichnerischen Studien
besitzen (oder kennen). Es wäre aber nicht unmöglich, daß Rembrandt
bei dieser Bathseba, wo die Handlung ganz ruhig ist, wo es sich
mehr um ein „Zustandsbild" handelt, im Gegensatz zur Susanna, wo
der fruchtbarste Moment einer aufs Höchste gespannten Aktion im
Bilde festzuhalten war, eher auf solche Vorstudien — mei.'^t Be-
wegungsstudien — verzichten konnte. Die Tätigkeiten, die hier
die beiden Mägde verrichten, hatte er sich einzeln ja auch bereits in
Gemälden ohne Aktfigur behandelt*). Natürlich wird Rembrandt
trotzdem nicht ganz ohne Weiteres das Gemälde selbst in Angriff
genommen haben, aber es waren wohl gewiß nicht so eingehende
und sorgfältige Vorarbeiten nötig. Wie wir bei der Betrachtung der
Haager Susanna schon sahen, hat er für das Beiwerk, die Landschaft
und den Palast seine Studien nach dem Lastmanschen Susanna-
bild vom 1614 mitbenutzt. 1619 entstand Lastmans Bathseba. Wie
Rembrandt dann auch diese Komposition Lastmans in seinem eigenen
*) „Junges Mädchen (Bathseba?) bei der Toilette" in der Galerie Liechtenstein
in Wien (Haarkämmen); ., Bathseba nach dem Bade" von 16.S2 im Museum zu Renne&
(Schneiden der Fußnägel durch eine alte Frau).
2B4
Oemälde verbesserte und dadurch die Szene inhaltlich vertieft hat,
lehrt die genaue Vergleichung der beiden Arbeiten, die ich an anderer
Stelle bereits angestellt habe*). Rembrandt, der sein Gemälde von
innen aufbaute, mußte vor allem die Hauptfigur auch kompositionell
in den Mittelpunkt rücken. Bathseba, die Trägerin der Handlung,
wurde für ihn damit auch das Zentrum für Farben und Licht, die
sicli hier zusammenfinden, um nach außen zum Beschauer weiter-
gegeben zu werden. Bei Lastman spürt man nichts von einer solchen
künstlerischen Durcharbeitung; bei ihm sitzt Bathseba rechts dicht
voi'n; die Zehen dos linken Fußes werden fast vom untern Bildrand
berührt. Mit dem Licht des Frauenkörpers rivalisiert das daneben
auf dem Sitz liegende weiße Gewand, wetteifern die durch den
schroffen Gegensatz mit tiefstem Schatten noch besonders grell
leuchtenden Arme der den Fuß der Bathseba waschenden Dienerin,
sowie der sehr unorganisch in der Luft schwebende, auf dem Delphin
reitende Putto in der Mitte des Bildes. Lastman ließ sich bei seiner
Komposition eben von ganz anderen Gesichtspunkten leiten als
Rembrandt. Er hatte sein äußerliches Linienschema, in das er die
Figuren einordnete, ohne dabei weiter auf den Inhalt oder die
koloristische Einheit besondere Rücksicht zu nehmen. Rembrandt
ging umgekehrt von der prägnantesten Wiedergabe des Themas
durch die künstlerischen Ausdrucksmittel aus. Dabei war Lastmans
Kompositionsschema in diesem Falle gar nicht einmal so einfach.
Die handelnden Personen sind rechts in ein rechtwinkeliges Dreieck
hineinkomponiert, dessen Hypotenuse sich mit der einen Diagonalen
deckt. Dieser hell beleuchteten Dreiecksmasse entspricht links eine
im Schatten liegende andere, deren Hypotenuse mit der zweiten
Diagonalen zwar nicht ganz zusammenfällt, ihr aber in kleinem
Abstände parallel läuft. Den so durch die beiden Hypotenusen ge-
bildeten stumpfen "Winkel halbiert die Senkrechte der Delphinfontäne.
Diese Senkrechte wird wiederholt in den Säulen der Schloßterrasse.
Für die Natürlichkeit der Bewegungen der Figuren war die Ein-
zwängung in dies Schema verhängnisvoll. Die Bathseba sitzt nicht
fest; man hat das peinliche Gefühl, als ob sie nur balanziere und
jeden Augenblick das Gleichgewicht verlieren könne. Das linke
(Stütz)bein ist nur ganz ungenügend als solches charakterisiert —
*) Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. II (1909), Seite 302 ff.
255
man vergleiche das bei Rembrandt damit! Und das andere, von der
Dienerin gehaltene, würde schwer herunterfallen, sobald diese es
losließe. Bei Rembrandt hingegen ruht das Bein fest auf dem Knie
der Alten und trägt auch sein Teil zur Festigkeit der ganzen Figur
bei. Der gleiche Umwandlungsprozeß ist auf Rembrandts Bild bei
den Armen, dem Oberkörper vorgenommen. Dieser ist bei Rembrandt
faßt gerade aufgerichtet; nur ganz leise neigt er sich nach vorn, um
in dem rechten Arm eine Stütze zu finden. Bei Lastman knickt der
Oberkörper gleichsam zusammen; es entsteht ein gefährlicher Winkel
zwischen dem Rumpf und dem gehobenen Bein. Der rechte Arm,
der hier eigentlich stützen müßte, ist — auch wieder Ecken und
"Winkel bildend — gebeugt, und die Hand greift bedeutungslos ins
Haar, während der andere freibleibende Arm auch nur einen Ver-
legenheitsgestas macht. Noch mehr kommt hinzu: Bathseba ist die
Trägerin der Handlung, auf sie muß also auch die Aufmerksamkeit
des Beschauers in erster Linie gelenkt werden. Aus diesem Grunde
wohl blickt sie bei Rembrandt aus dem Bilde heraus gerade zum
Beschauer, festen, ruhigen, stolzen Auges. Dessen Blick gleitet dann
von ihrem Kopf aus weiter: über die goldenen Haarsträhne, dem
Strich des Kammes folgend, und dann die leichtgeschwungenen Arm-
linien der im Helldunkel stehenden Dienerin entlang zu dieser selbst.
An die Stelle der häßlichen Alten bei Lastman, die den feinen
stimmungbildenden Reiz des Haarkämmens auch nicht im Ent-
ferntesten aufkommen läßt, hat Rembrandt eine junge Dienerin ge-
bracht; eine Negerin, deren Hautfarbe sich so von selbst dem
Gesamtton unterordnet. Ahnliche störende Kontraste bei der andern
Magd auf Lastmans Bild, wo das Waschen des Fußes ebenfalls nicht
so ruhige, weniger auffällige Bewegungen gestattet wie das Be-
schneiden der Nägel durch die stille bejahrte Frau zu Füßen der
Bathseba bei Rembrandt. Daß dieser die beiden Dienerinnen in
ihrer Beschäftigung die Rollen tauschen ließ, erklärt sich wohl leicht
aus dem feineren Empfinden Rembrandts, der auf solche starken,
aber billigen Kontrastwirkungen zwischen der Person und ihrer
Tätigkeit absichtlich verzichtete. Daß er an die Stelle des Fuß-
waschens das Nägelschneiden setzte, scheint mir in erster Linie mit
dem Bestreben nach Beruhigung der Handlung, insbesondere bei den
nebensächlichen Figuren, innerlich begründet zu sein. Äußerlicher —
256
•wenn auch nicht unmöglich — ist die Zurückführung auf Tintoretto,
dor dies Motiv des Nägelschneidens bei seiner Srxsanna nach dem Bade
im Salon Carrö im Louvre bereits gewählt hat*).
Natürlich mußte aus solchen künstlerischen Rücksichten auf
die Gosamtstimmung auch das Beiwerk mehr zurücktreten, im Ein-
zelnen wie im Allgemeinen. Der auf dem Delphin reitende Putto
war vollends ganz unmöglich. Dagegen behielt Rembrandt den
Pfau als Raumfüllung der rechten unteren Ecke noch bei.
Eine ganz ähnliche Zeichnung (aber in schwarzer Kreide),
wie die beiden als Kopien von Rembrandt nach Gemälden Lastmans
erkannten in der Sammlung Leon Bonnat (Paulus und Barnabas in
Lydra) und im Berliner Kupferstichkabinett (Susanna und die beiden
Alten) befindet sich in der Albertina in Wien und stellt dar den
Joseph, der an seine Brüder Getreide austeilen laß. Sie wurde von
Alois Riegl im Jahrbuch der Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser-
hauses in Band XXIII (1902) auf Tafel XIII reproduziert und eben-
falls von Schönbrunner und Meder in ihrem Hand Zeichnungen werk in
Band X, Blatt Nr. 1099. Vergleicht man sie mit jenen beiden
Rötelnachzeichnungen, die auch so gut wie im selben Format aus-
geführt sind, so drängt sich einem die Vermutung auf, diese Zeich-
nung möchte vielleicht auch die Kopie irgend eines Gemäldes von
einem andern Maler sein. Herr Dr. Hofstede de Groot verwies mich
gelegentlich auf die große Radierung von B. Breenberg**), die das
gleiche Thema darstellt: ob vielleicht auf diese Komposition jene
Wiener Kreideskizze zurückgehen könne. Dem ist jedoch nicht so.
Trotzdem kann die oben geäußerte Vermutung bestehen bleiben.
Lastman hat z. B. auch ein Gemälde, das diese Geschichte behandelt,
gemalt, im Jahre 1612, wie wir aus dem Versteigerungskatalog Iman
Pauw im Haag vom Jahre 1779 erfahren haben. Da die Komposition
der Zeichnung von Rembrandt verwandt ist derjenigen des Last-
manschen Lystrabildes, das zwei Jahre später als das eben erwähnte
Bild von Lastman Joseph Korn verteilend entstanden ist, da auch
die Landschaft im Hintergrund Elemente aufweist, die auch auf
jenem Lystra-Bild vorkommen — Rundtempel, Säule (freilich statt
des Obelisken) — , da ferner auch rechts oben so eine sich aufstützende
*) Vergl. hierzu auch Valentiner, Rembrandt und seine Umgebung, Seite 84,
**) Auch von Jan de Bisschop nachradiert.
17
257
und heruntersehende Figur wie links auf dem Lystrabilde zu be-
merken ist, so •braucht die Möglichkeit, auch hier die Nachzeichnung
einer Lastmanschen Komposition durch Rembrandt erhalten zu sehen,
nicht ganz von der Hand gewiesen zu werden. Vielleicht bringt ein
glücklicher Zufall auch hier noch einmal das dazugehörige Gemälde
zum Vorschein.
Unter Rembrandts Handzeichnungen glaubte Fritz Saxl auch
noch eine bisher unbeachtet gebliebene „Entlehnung" Rembrandts
von Lastman entdeckt zu haben, die „immerhin zu Gunsten der
Persönlichkeit Lastmans spricht, als Rembrandt selbst 25 Jahre
nachdem er die Schule dieses Meisters verlassen hatte, in diesem
Falle das Motiv, ja sogar die Komposition von ihm entlehnt hat""^).
Saxl will in Rembrandts Zeichnung Juda und Thamar (früher im
Besitz von Rudolf Kann, Hofstede de Groot Nr. 789) eine Über-
nahme der ganzenKomposition wie auch vieler Details
von der in Budapest im Museum der schönen Künste (nicht mehr
in der Nationalgalerie, wie Saxl meint) befindlichen Rötelzeichnung,
sowie der Radierung (nicht Stich, wie Saxl immer sagt) gleichen
Gegenstandes von Lastman erkennen. Oft seien aber Verschieden-
heiten vorhanden, die sich beim Vergleiche der Rembrandtschen
Zeichnung mit den „Stich" Lastmans nicht finden und umgekehrt,
so z. B. habe die Thamar auf der Zeichnung Lastmans keinen
Schleier, wohl aber auf der Lastmanschen Radierung. Dagegen
zeige in beiden Zeichnungen (der von Rembrandt und der von Lastman)
Judas Kopf dieselben Züge, ohne daß dies in Rembrandts Zeichnung
und Lastmans „Stich" der Fall wäre. „Daraus", so folgert Saxl,
„müssen wir schließen, daß es eine weitere Vorstudie zu Lastmans
Stich war, die Rembrandt vorlag und Ideen sowohl aus der Budapester
Zeichnung, als auch aus dem „Stiche" enthielt. Sie gehörte ohne
Zweifel zu seinen Zeichnungen, die unter Nr. 263 und 264 (Zählung
H. d. G.) in Konkursinventare Rembrandts aufgeführt werden." Für
diese Folgerung scheinen mir die Prämissen nicht stichhaltig genug za
sein. Zunächst darf man wohl fragen, ob denn Rembrandt hier
wirklich die „ganze Komposition wie auch viele Details" von den
*) Zeitschrift für bildende Kunst, Janiheft 1908.
258
beiden Lastmanschen Blättern übernommen hat. Ich kann nicht
finden, daß die ganze Komposition von Rombrandt übernommen
wurde, denn die Thamar sitzt ganz anders als auf den beiden
Lastraanscben „Vorbildern". Sie hockt am Boden und zwar nicht
auf dem Boin dos Juda, über dessen anderes sie ihr linkes bezw.
rechtes legt. Saxl begnügt sich mit dieser Behauptung und erwähnt
von den vielen Details nur das Kopftuch. Daß Rembrandt die Thamar
einen Schleier (oder ein Kopftuch, wie Saxl sagt) tragen ließ, ist auf
ganz natürliche Weise aus dem Bibeltext zu erklären, wo das aus-
drücklich gesagt wird. Dafür brauchte er sich nicht erst von Lastman
anregen zu lassen oder aber für eine bestimmte Form desselben.
Auf Lastmans Radierung ist der Schleier aber von ganz anderer Art
wie auf Rembrandts Zeichnung. „Er kam also vielleicht dem auf
jener uns unbekannten Lastmanschen Vorstudie zu dieser Radierung
näher" ! ? Nun, mit dieser nur angenommenen Zeichnung Lastmans
dürfen wir doch nichts beweisen wollen. Es mag ja sein, daß es
eine solche unter den in Rembrandts Besitz gewesenen zwei Mappen
mit Zeichnungen Lastmans gab, ganz „ohne Zweifel", wie Saxl meint,
ist das aber durchaus nicht, sondern nur eine reine Annahme Saxls.
Drei Blätter Lastmans habe also Rembrandt — nachdem er
25 Jahre aus dessen Schule war — für einen solchen flüchtigen
Zeichnungsentwurf wie diesen vorliegenden benutzt! Um hier zu
überzeugen, hätte Saxl seine Argumentation doch etwas ausführlicher
und vor allem auf einer festeren Basis gestalten müssen. Was nun
vollends die Entlehnung bei Lastman betrifft, so ist darauf hin-
zuweisen, daß die Budapester Zeichnuag Juda and Thamar niemals
von Lastman sein kann, wie oben (Seite 213) ausgeführt wurde.
Sie fällt mit ihrer Eleganz völlig aus dem Stil Lastmans heraus.
Die nochmalige, allerdings freiere Benutzung der Komposition
Lastmans, die nach „Feststellung" der ersten „Entlehnung" unschwer
für die Mittelgruppe der in der Sammlung Gottfried Eysler in Wien
befindlichen Zeichnung des verlorenen Sohnes unter den Dirnen (Hof-
stede de Groot Nr. 1512) zu erkennen sein soll, wie Saxl im zweiten
Teil seines kurzen Aufsatzes meint, wird einmal nach unseren obigen
Einwänden auch sehr fraglich. Und die Punkte, die Saxl weiter als
beweisend anführt, kann ich nicht für beweißkräftig erachten: Diese
habe „große Ähnlichkeit mit der Budapester Zeichnung
Zeichnung
17*
269
Lastmans [die nicht von Lastman ist]: man beachte, daß beide von
rechts nach links sitzen" — das ist doch wohl allzu allgemein, und
außerdem sitzen sie hier bei E-embrandt nicht einmal von rechts nach
links, sondern en face — , hier wie dort die Frau auf dem Schoß
des Mannes — was sich aber wahrhaftig auch aus dem Thema fast
von selbst ergibt und nicht erst durch Lastman angeregt zu werden
brauchte. Sie sitzt auch ganz anders auf dem Schoß.
Von Details: das Ohrgehänge — kann das beweiskräftig sein?
„Und vieles andere". Was eigentlich? Dann stimmen freihch die
Handhaltung des verlorenen Sohnes, der etwas geneigte, streng im
Profil gesehene Kopf der Dirne mit der Handhaltung des Juda und
dem Kopf der Thamar auf dem „Stiche" Lastmans überein. Die
Anmerkung, die Saxl hierzu macht, daß es für das Verhältnis der
beiden Zeichnungen charakteristisch sei, daß bei Rembrandt der Pokal
in der Hand der Dirne etwas Unorganisches, gleichsam nachträglich
Hinzugekommenes habe, erklärlich sei, wenn man bedenke, daß Last-
man den Pokal überhaupt nicht hat; diese Anmerkung scheint mir
denn doch die an und für sich schon mehr als hypothetische Ab-
hängigkeit Rembrandts von Lastman zu einer allzu sklavischen zu
stempeln und der Kunst Rembrandts (25 Jahre nach der kurzen
Lehrzeit bei Lastman!) ein allzu schlechtes Zeugnis auszustellen.
Solch eine Abhängigkeit und Schwäche Rembrandts um die 50er
Jahre — in welclier Zeit Saxl diese Zeichnung entstanden sein
läßt — kann ich mir nicht vorstellen, am wenigsten in solchen Zeich-
nungen, wo es es sich um eine plötzliche Eingabe des Künstlers handelt.
Angesichts der in Frage stehenden Zeichnung von Rembrandt
überhaupt kann ich es nicht unterlassen, auf einige andere schwache
Stellen derselben hinzuweisen. Die Hand der Dirne, die den Pokal
hält, ist überhaupt kaum zu erkennen. Mehr als schlecht sind die
Hände der Lautenschlägerin! Das sind gar keine Hände. Meines
Erachtens stehen wir da vor Mängeln, die bei Rembrandt in den
50er Jahren eigentlich nicht für möglich gehalten werden sollten.
Indessen wir kämen so zu einer Untersuchung über die Echtheit
dieser Zeichnung, die über den Rahmen unserer Erörterungen weit
hinausgeht.
Dies Beispiel von „Entlehnungen" Rembrandts von Lastman
zeigt, wie vorsichtig man bei der Feststellung von solchen sein muß,
260
und wie gewagt es ist, weitere Schlüsse daraus zu ziehen. Wenn
dieselben nicht klarer und handgreiflicher sind als in diesem vor-
liegenden Fall, und wenn sie sich nicht aus ganz charakteristischen
Übereinstimmungen ergeben, die ein Zurückgehen des einen Künstlers
auf den andern als unumgänglich notwendig voraussetzen lassen, so
kann höchstens im Allgemeinen von Anklängen gesprochen werden,
die aber nur zu häufig auch rein zufälliger Natur sein können.
So dürfen wir bei den Übereinstimmungen, oder besser in den
stilistisch verwandten Zügen, die im „Werke" Rembrandts häufig an
Lastman und seine wahlverwandten Kunstbrüder denken lassen, von
Fall zu Fall nicht unbedingt nach bestimmten Vorbildern suchen
wollen, wenn sie sich nicht mit noch erhaltenen authentischen
Kompositionen näher vergleichen lassen.
Zu solchen Arbeiten, die sehr stark die Nachwirkungen der
Schule Lastmans und zwar in der frühen Zeit Rembrandts verraten,
gehört ein Gemälde, das bisweilen für ein Werk von Lastman er-
klärt wurde. Es ist das Bild, das im Jahre 1905 im Besitz des
holländischen Malers Simon Maris auftauchte, dann in die seitdem
wieder aufgelöste Sammlung Gustav Ritter Hoschek von Mühlheim
in Prag*) kam, und den Propheten Bileam darstellt (Nr. 101 des
Kataloges der Sammlung Hoschek von Prof. Martin, 1907). Bode,
Bredius und Valentiner halten das Bild für einen frühen Rembrandt
aus der Zeit um 1626/27, der Lastman besonders nahe steht. Hofstede
de Groot dagegen zweifelte die Autorschaft Rembrandts an**). Was
seine Verwandtschaft mit Lastmans Stil betrifft, so ist diese unver-
kennbar. Das Pathetische, die Art und Weise des Farbenauftrages,
die Blattpflanzen, erinnern an diesen. Aber die Typen sind z. B.
doch bereits ganz anders, Ausdruck, Stellung und Haltung der beiden
Reiteräguren rechts hinten spezifisch rembrandtisch. Von Bode ist
das Gemälde in der Zeitschrift für bildende Kunst, Oktoberheft 1905,
*) Unter den am 2^. März 1909 in Wien versteigerten Gemälden dieser Sammlnog
befand es sicli niclit; auch nicht unter denjenigen daraus, die der Kunsthändler
J. Gondslikker in Amsterdam schon vorher gekauft hatte.
**) Zuletzt in seinem Aufsatz „Nieuwontdekte Rembrandts" in Onze Kunst,
Dezeniberheft 1909. „Die Brücke, die bei Lastman beginnt, leitet ebensogut zu seinem
andern Scliüler J. Lievens und vielleicht auch noch anderen uns vorläufig noch un-
bekannten Schülern wie zu Rembrandt."'
261
und von Valentiner in Onze Kunst, 1907, besprochen worden, von
von Frimmel in seinen Blättern für Gemäldekunde, Bd. III, Seite
245/46. Ich persönlich hege die Vermutung, daß wir es hier viel-
leicht nur mit dem Torso eines Frühwerkes von Rembrandt zu tun
haben, den wir aber mit Hülfe eines Bildes von G. C. Bleecker im
Museum Boymans in Rotterdam in der Komposition der linken Seite
annähernd rekonstruieren können. Der Engel auf dem Hoschek'schen
Bild scheint mir eine spätere Zutat zu sein und nicht dem ursprüng-
lichen Zustande zu entsprechen. Er befindet sich zunächst einmal an
einer Stelle, wo er gar nicht hingehört. Der Sinn der ganzen Szene
wird so direkt aufgehoben. Nach dem ßibeltext muß der Engel dem
Bileam entgegentreten, er müßte hier also ganz links vor ihm stehen.
Man darf aus der Tatsache, daß Rembrandt in seinen Kompositionen
möglichst klar und in genauer Anlehnung an den Text die Erzählung
darzustellen pflegte, wohl annehmen, daß er auch hier den Engel
ursprünglich dahin gestellt haben wird, wo er hingehört. Nun strahlte
von der Gestalt des Engels das HimmelsMcht aus, dessen Schatten-
wirkung teilweise noch deutlich genug beobachtet werden kann. Es
kam mit dem Engel ursprünglich von links, etwas von vorn her und
nicht von links hinten. Das hatte Sinn. Jetzt dagegen bestrahlt das
von links herkommende Licht den von rechts hinter dem Bileam
heranfliegenden Engel sowohl wie auch den Bileam. Ein drittes
Moment gegen Rembrandt als Maler des Engels in dieser Fassung
scheint mir die glattere flauere Malweise im Gegensatz zu der fetten,
ja pastosen der anderen Figuren zu sein. — Aber nun drängt sich
die Frage auf, wo der Engel auf dieser Tafel links Platz gefunden
haben mag. Die Antwort hierauf wäre der Hinweis auf das Malbrett,
das in der Mitte gesprungen ist, da, wo die beiden Bretter zusammen-
gesetzt sind. Nun wäre es doch wohl möglich, daß das Malbrett
ursprünglich aus drei Brettern bestanden hat, und daß dieses dritte,
auf dem ein stehender Engel gerade Platz hatte, abgebrochen und
verloren gegangen ist. Dann ergibt sich auch für die Komposition
das so oft von Rembrandt und Lastman angewandte Schema der
neben ein Dreieck gestellten Senkrechten. Und dann kam auch die
Landschaft mehr als jetzt zu ihrem Rechte.
Das eingangs erwähnte Gemälde gleicher Darstellung von
Gerrit Claesz. Bleecker in Rotterdam ist gewiß unter starkem Einfluß-
262
iioses frühen Rembrandt entstanden — man vergleiche beispielsweise
die im Schatten befindlichen Figuren rechts, sowie das Drauflos-
schlagon dos Biloam auf seinen Esel. Wie Bleecker einzelne kleine
Züge von Rembrandt entlehnt hat, so wird er sicherlich auch in der
Anordnung des vom Text unbedingt als vor dem Bileam stehend
geforderten Engels nach seinem Vorbild gerichtet haben, wenn er
auch die von Rembrandt absichtlich gewählte Komposition der
Pyramide gegenüber einer Senkrechten scheinbar nicht verstanden
oder nicht gemerkt und daher in seinem Gemälde auch verwischt
oder aber auch nicht gewollt hat. Dem „Vollender" unseres Bildes
von Remdrandt blieb zur Einführung des Engels nur der Raum
links hinter Bileam übrig.
Fast noch stärker an Lastman erinnert das Anfang 1909 im
englischen Kunsthandel*) entdeckte Frühwerk von Rembrandt, das
den jungen David darstellt, wie er nach Erlegung des Riesen Goliath
dessen Haupt und Schwort dem König Saul überreicht. Auch hier
ist neben dem hellen kühlen Kolorit, in dem Gelb, Hellblau und Rosa
dominieren, vor allem die Art der Komposition ganz im Sinne
Lastmans gestaltet. Einzelne Figuren, besonders der Reiter links,
läßt uns an die Gestalten auf der Taufe des Kämmerers in München
und der Predigt Johannis des Täufers der Versteigerung Raedt van
Oldenbarnevelt denken. Der König Saul, der ganz im Profil steht,
ruft die Erinnerung etwa an den stehenden Laban auf Lastmans Bild
in Boulogne sur Mer wach. Beachtet darf werden, daß Lastman
auch ein Bild gemalt hatte, auf dem David mit dem Haupte des
Goliath feierlich empfangen wird (unsere Nr. 28). Leider ist dies
Gemälde nicht mehr erhalten.
Bode datiert das neuentdeckte Bild um 1630, indem er auf die
Bedeutung des Gemäldes als ersten glücklichen Versuch einer figuren-
reichen Komposition hinweist, durch die es Bilder wie die DarsteUung
im Tempel von 1629 (Sammlung Beit), den Judas die Sdberlinge
zurückbringend bei Baron Schickler, die Taufe des Eunuchen u. s. f.
weit überrage, und daß es daher wohl nicht in den ersten Jahren
*) Auf einer Auktion bei Robinson & Fischer in London wurde es als
G. V. d. Ecckhout für 9'/.3 Guineas von Frank R. Richardson in London erworben.
Später ging es in den Besitz des Kunsthändlers Heinemann in München über, der es
der alten Pinakothek leihweise überließ.
268
des Künstlers entstanden sein werde. Die Jahreszahl ist undeutlich.
Erst -wurde 1625, dann 1627 gelesen, während Bode 1631 lesen zu
müssen glaubte, was wieder auffallend spät wäre für die Eigentüm-
lichkeiten des Bildes*). Fritz Stahl hält das, was als 2 gedeutet wird,
für einen bloßen Schnörkel und das, was als 5 bezw. 7 gedeutet
wird, für 31. Für diese Datierung führt er als besonderen Grund
den an, daß er in dem Jünglingskopf, der hinter der gebeugten
Grestalt Samuels herausragt, ein Selbstporträt des damals 25jährigen
Künstlers sieht. «Oder, da bei der skizzenhaften Malerei das Wort
Porträt vielleicht zu stark erscheint, will ich sagen: er hat diesem
Kopf seine Züge gegeben."
Zu einem Vergleich mit Lastman reizt auch stark das nur aus
der van Vlietschen Eadierung und aus alten Kopien bekannte Bild
der Taufe des Kämmerers von Rembrandt, die mit zu den frühesten
Werken des Meisters gehörte und die eigentlich auch in der Auf-
fassung Lastman am nächsten steht. Von Lastman selber besitzen
wir bekanntlich noch drei datierte Gemälde, die diesen Gegenstand
behandeln, sowie eine Zeichnung und eine Nachzeichnung nach einem
verschollenen Gemälde. Welcher von diesen Darstellungen steht nun
das Rembrandtsche Frühwerk am nächsten? Wenn ihm bei der
Komposition seines Bildes Lastman vorgeschwebt haben sollte, so
waren es dessen beiden letzten Fassungen. Ein Hauptunterschied
aber, der von wesentlichem Einfluß auf die kompositionelle Gestaltung
sein mußte, besteht von vornherein in der Wahl des Hochformates
von Seiten Rembrandts im Gegensatz zu Lastman. Das mußte ge-
wisse Verschiebungen in der Anordnung der Figuren notwendig zur
Folge haben. So sehen wir Rembrandt, der eigentlich nur drei
Figuren verwendet, diese in einer Senkrechten übereinander anordnen.
Vorn in der Mitte den knienden Täufling, dann stehend den taufen-
den Philippus und dahinter auf einer Erderhebung und zu Pferde
den Wagenführer. Der Wagen, wie der Teppich hinten über die
*) Bis jetzt wurde das Bild besprochen in Burlington Magazine, Juliheft 1909,
von Bode in der Zeitschrift für bildende Kunst, Oktoberheft 1909. Abbildungen in
beiden Aufsätzen; ferner im „Tag" vom 16. März 1909 und im „Weltspiegel'' vom
1. August 1909. (Diese war also nicht die erste in Deutschland publizierte Abbildung,
wie F. Stahl im Text zu jener Abbildung im Weltspiegel behauptet.) Die Abmessungen
des Bildes betragen lOVo X 15 inches. Hofstede de Groot besprach das Bild auch
noch ganz kurz in „Onze Kunst", Dezemberhefl 1909.
264
Kückenlehne und eine zweite niedrigere Stütze gelegt ist, und der
darüber ausgespannte Schirm erinnern, abgesehen von den beisäch-
lichen Lattichpflanzen, am stärksten an Lastmans Bild von 1C22 in
Karlsruhe. Und dann wird auch das bunte Kolorit als „lastmanisch"
angesprochen werden dürfen, soweit man aus der Oldenburgor —
wohl der besten — Kopie schließen darf. Aber in anderem erkennen
wir doch schon den Rembrandt. Auch hier bringt er, ähnlich wie
auf dem Bileam-^ilde, rechts im Hintergrund im Schatten einige zu-
schauende Figuren aus dem Gefolge an, das Lastman im Gegensatz
dazu gerade auf seinem Münchener Bild mit breiter Behaglichkeit
dicht um die Hauptfiguren hcrumgruppierte.
Bemerkenswert ist, daß Rembrandt beim zweiten Male, wo er
die Taufe des Kämmerers darstellte, in der Radierung B. 98 vom
Jalire 1641, sich relativ viel enger an Lastman anschloß, aber auch
wieder an die beiden späteren Gemälde von ihm. Von einem näheren
Eingehen auf Einzelheiten sehe ich ab, weil die Autorschaft Rem-
brandts für diese Radierung nicht unzweifelhaft feststeht.
Ein anderes Motiv gibt aber noch einmal Veranlassung — auch
freilich mehr im Allgemeinen — nach einem Vorbild bei Lastman
zu suchen. Es sind das die Heiligen- und Einsiedlerfigiiren, von
denen uns auch eine von Lastman (bei Herrn Baron L. Janssen in
Brüssel) vom Jahre IGll erhalten ist; aber hier zeigt sich schon von
Anfang an die hohe künstlerische Ueberlegenheit Rembrandts seinem
Lehrer gegenüber. Der Paulus im Gefängnis in Stuttgart, das
früiieste Bild dieser Art von Rembrandt, bedeutet eine solche Ver-
schiedenheit in der künstlerischen Fragestellung, daß einen die be-
gonnene Gegenüberstellung fast schon reut. Hier wird das Licht
eingeführt als künstlerisches Ausdrucksmittel und gleichzeitig als
wirkungsvolles Moment zur Verstärkung des geistigen Gehaltes des
Bildgedankens. Bezeichnend ist, daß Rembrandt auch eine bestimmte
Persönlichkeit in einem bestimmten Zustand wählt — so kann er die
ihm zu Gebote stehenden kiinstleiischen Ausdrucksmöglichkeiten besser
abmessen, als wenn er nur den lesenden Einsiedler gäbe wie Lastman.
Es liegt in der ganzen Konzeption des Rembrandt' sehen Paulus viel
mehr geistige oder seelische Aktion, und das ist eigentlich durch-
cehends der Fall bei den Frühwerken Rembrandts. Es sei nur auf
einen kleinen, scheinbar äußerlichen Zug hingewiesen, der aber für
265
den Inhalt der Bilder von einschneidender Bedeutung ist: Die Art
des Sitzens, die Fuß- und Beinstellung ist bei beiden Figuren ziemlich
gleich. Aber die Funktion der den Kopf stützenden Hand ist ver-
schieden. Bei Lastman ruht der Kopf leicht geneigt zur Seite in
der Hand, der Arm stützt sich selbst auf den Tisch. Die Folge
davon ist, daß im Beschauer der Eindruck geweckt wird: der lesende
Greis fängt an müde zu werden — noch dazu wenn wir bedenken,
daß er den großen Folianten unmöglich lange Zeit in dieser Stellung
halten kann. Auch hier muß bald eine Erschlaffung des ausge-
streckten Armes, eine Unterbrechung des Lesens, der Tätigkeit des
Mannes stattfinden. Umgekehrt geht der Weg bei Rembrandt. Da
hebt die geistige Tätigkeit erst an. Paulus stützt den aufrecht ge-
haltenen Kopf wohl unter dem Kinn auf die Hand — aber nur
scheinbar. Diese Hand hat wirklich nicht den Kopf zu stützen, sie
ist vielmehr unwillkürlich an Kinn und Mund geführt auf Grund
einer Beobachtung des Künstlers, daß diese Handhaltung gewisser-
maßen eine Reflexbewegung eines scharf nachsinnenden Menschen ist.
Sie verstärkt also unsere Vorstellung, daß dieser Mann nachsinnt.
Damit geht zusammen die Lage des Buches auf dem rechten Ober-
schenkel. Im dem Detail des herumliegenden Beiwerkes verraten
sich fleißige Naturstudien; „der zwanzigjährige Jüngling zeigt sich
in der schlagenden Wirkung des Sonnenlichtes seinen Lehrern über-
legen, und ebenso steht er auch in Ernst und Größe der Auffassung
weit über ihnen. . . . Der Künstler ist in diesem frühen Bilde bereits
in der Auffassung, in der Wahl seines Gegenstandes und in der
Lichtgebung ganz eigenartig, ganz er selbst."*)
Eine ganz allgemeine Bemerkung zur Stellung, die Lastman als
Vermittler zwischen italienischer Barockkunst und nordischer einnimmt,
scheint mir hier angebracht zu sein. Alois Riegls Ausführungen über
das Wesen der italienischen Barockkunst und ihr Verhältnis zur
nordischen mögen einmal kurz auf unsern Fall angewandt werden.
„Die italienische Kunst schildert, wie alle christliche Kunst, Handlungen
und Folgewirkungen innerer Bewegungen, seelischer Antriebe. Dabei
legt sie aber den Hauptakzent auf die äußere Handlung. Die
germanische Kunst schildert das gleiche, legt aber den Hauptakzent
auf die seelische Bewegung: sie schildert seelische Bewegungen als
*) Bode, Studien, Seite 365/66.
266
Motivo körperlicher Handlungen. Das heißt, das Seelische ist im
germanischen Kunstwollon von vornherein das Stärkere. Das Seelische
ist das Unkörperliche, Unfaßbare, Immaterielle; daher die Passivität
der Germanen dem Faßbaren, Bildbaren in der Kunst von Haus aus
gegenüber." Lastman war, als er nach Rom kam, von Anfang an
schon auf jenes spezifisch Italienische vorbereitet worden — er kam
in Rom aber gleich in den Kreis des Deutschen Elsheimer, auf den
Riegls Worte über die nordische Kunst durchaus zutreffen. Aber
Lastman suchte gleichzeitig auch das Faßbare, Bildbare, das ihm hier
in der italienischen Kunst überall entgegentrat, sich anzueignen, seine
seelische Ausdrucksmöglichkeit zu bereichern. ,Nun wird dieses
Seelische in der italienischen Barockkunst gesteigert: Annäherung an
das Nordische." Auch hier erklärt sich Lastmans gewisse Bevor-
zugung der modernen Italiener gegenüber Michelangelo und Raffael.
Aber „in gleichem Maße wird auch die körperliclie Handlung ge-
steigert: das ist das unaustilgbar Italienische (ist die innere Aufregung
größer, so muß sie sich auch stärker nach außen Luft machen), und
dieses Zusammensein beiler Elemente empfinden wir als Widerspruch.
Betende Figur wie oben : innere seelische Aufregung, gesteigert gegen
die Renaissance, aber zugleich äußere Bewegung: konvulsivische
Zuckungen. Man vergleiche daneben Rembrandt: je inniger seine
Figuren beten, desto ruhiger werden sie äußerlich, desto weniger
äußere Handlung, körperliche Bewegung." Ruhiger und inniger wird
Rembrandt mehr und mehr mit dem Fortschreiten seiner Entwicklung.
Seine Anfänge berühren sich aber oft sehr stark mit dem Barock —
das ihm gewiß auch mit durch Lastman vermittelt wurde, freilich
nur in verwässerter, viel äußerlicherer und doch auch bereits nordisch
gemäßigter Weise. Er selbst aber bringt in seiner Kunst nun erst
noch einen starken barocken Auftackt an äußerlicher Bewegung.
Denken wir z. B. an die Frankfurter Blendung Siinsons von 1636.
Aber das ist nur Übergang. Rembrandts weitere Entwicklung voll-
zieht sich gesetzmäßig wieder nach innen zu. Jene barocke Periode
in Rembrandts Entwicklung war aber gewiß kein Hemmnis. Es gab
vielmehr dem Nordländer Veranlassung, das Studium körperlicher
Handlungen als Wirkung seelischer Bewegung in weitem Maße aus-
zudehnen, und wir sehen Rembrandt auch hier im Anfang die
Anregung von den in Rom gebildeten Historienmalern, Lastman u. a.
267
schöpfen. Was diese „Übergangsmeister'' der auf barocke Vorbilder
zurückgehenden Gebärden- und Gestensprache ihrer Figuren an
innerem Leben nicht zu geben vermochten, das konnte Rembrandt.
Sehen wir z. B. die Hanna auf der Darstelhing Christi im Tempel
(Hamburg, Sammlung Weber) an: gewiß, sie hat ihre Hände pathe-
tisch segnend ausgebreitet — aber dennoch: die leere Pose Lastmans
ist das schon nicht mehr. Das gleiche ließe sich bei manchen anderen
Bildern E-embrandts, auf denen diese oder jene Figur an Lastman
und seinen Kreis erinnert, sagen: wie z. B. der Wagen mit dem zu-
schauenden Kutscher auf dem Gemälde des Raubes der Europa in
dem Besitz der Princesse de Broglie in Paris an den Wagen und
Kutscher auf Lastmans Taufe des Kämmerers in Karlsruhe erinnert,
das Opfer Abrahams in der Eremitage (1635) an die Amsterdamer
Grisaille Lastmans (woi'auf Bredius und Valentiner hingewiesen haben),
weiter bei der Figur des hinter dem alten Tobias knienden jungen
Tobias auf dem Gemälde Der Engel verläßt den Tobias (1637) im
Louvre, bei dem Abschied der Hagar beim Earl of Denbigh in Newnham
Paddox, oder von den Radierungen auf dem Blatt B. 30 Verstoßung
der Hagar*) (1633) zur Figur des Abraham, zu den drei Orientalen,
B. 118, der „kleinen" Auferweckung des Lazaruz, B. 72**), dem
Triumph des Mardocliäus, B. 40, Christus imd die Samariterin, B. 71.
Auch unter den Handzeichnungen ist manches Lastman verwandte
Blatt zu finden — ohne daß man das direkte Vorbild angeben könnte
und darf. Denn es wäre kleinlich, wollte man jedesmal direkte Ab-
hängigkeit festzustellen suchen, wo es sich um natürliche allgemeine
künstlerische Schaffensbedingungen handelt.
Man hat darauf verwiesen, daß Lastman seinem Schüler eine
Reihe von Motiven übermittelt habe, weil wir mehrere Sujets Lastmans
im „Werke" von Rerabrandt wieder behandelt ßnden. In der Tat
*) Vergl. hierüber N. Reslorf, Rembrandtiana im Repertorium für Kunsl-
wissenschaft, 1908, Seite l.ö9fT. Beeinflussung der Hagar durch Savoldos Maria
Magdalena und des Ismael durch die Figur des gekrönten Zoroaster auf Raffaels
„Schule von Athen".
**) Diese steht eigentlich Pijnas näher; vergl. das von C. J. Holmes im Burlington
Magazine, Novemberheft 1907, veröffenilichte Bild, das damals im Besitze der Carllon
Galleries war, und das in Aschaffenburg, das zuerst Dr. E. Bassermann- Jordan publi-
zierte (Unveröffentlichte Gemälde aus bayrischem Staatsbesitz, I. Die Galerie im
königl. Schloß in Aschaffenburg. 1907).
268
wurden fast alle eben angeführten Szenen auch von Lastman gemalt
— aber nicht nur von ihm, sondern auch von den anderen Zeit-
genossen. Diese biblischen oder mythologischen Sujets sind über-
haupt nicht einmal etwas Besonderes der holländischen Kunst, sondern
sie finden sich allenthalben in Italien, in Venedig wie in Rom und
sonstwo behandelt. Aber — das darf wohl hervorgehoben werden —
Lastman und seine Kunstgenossen machten diese Darstellungen für
das holländische Publikum schmackhafter, indem sie sie in ein aus
antiken und modernen Elementen zusammengesetztes Gewand kleideten
und in ein kleineres, dem holländischen Wohnraum angepaßtes
Format übertrugen.
Valentiner wies auch darauf hin, daß Rembrandt im Jahre 1656
ein kleines Bild mit einem Ochsen, ein „ossie", von Lastman besaß,
und knüpft daran die Frage: Stellte dies Gemälde wie die bekannten
Rembrandts einen geschlachteten Ochsen dar, wie fast anzunehmen
ist? Ich glaube nun doch nicht, daß Lastman einen derartigen ge-
schlachteten Ochsen gemalt hat. Es scheint mir wahrscheinlicher zu
sein, daß dies „ossie" von Lastman im Besitze Rembrandts eine ge-
wöhnliche Studie nach einem Ochsen gewesen ist. Denn Lastman,
wie auch Pijnas und Moeyaert und die anderen, haben bekanntlich
häufig Ochsen und andere Haustiere auf ihren Gemälden angebracht
und auch für sich gemalt. Wir sprachen oben von Lastman als von
einem regelrechten Tiermaler. Zu beachten ist, daß im Text des In-
ventares von Rembrandt kurz vor Lastmans „ossie" unter Nr. 108
der Zählung von Hofstede de Groot „een ossie naer't leven van
Rembrandt" vorkommt, ebenso wie unter Nr. 249 „een dito (Kunst-
buch) vol teeckoninge van Rembrandt, bestaende in beesten nae't
leven"; unter Nr. 305 ferner „een paert nae't leven" und unter
Nr. 36 „twee haesewinden (Windhunde) nae't leven". Rembrandt
zeichnete also auch Ochsen nach dem Leben, und zwar fanden auf
der Radierung B. 45, Anbetung der Hirten mit der Lampe, rechts
zwei Rinder ähnliche Verwendung wie auf Lastmanschen Bildern.
Mit unbedingter Sicherheit läßt sich ja die Möglichkeit, daß Valen-
tiners VeiTQutung richtig ist, nicht abweisen. Aber das Natürlichere
ist doch, dem Worte „ossie" nicht gleich den Sinn „geschlachteter
Ochse" unterzulegen, da wir bei Lastman wohl Studien nach lebenden
Haustieren in Menge annehmen müssen, aber keinen einzigen
269
Anhaltspunkt dafür haben, daß er wie Rembrandt geschlachtete
Tiere malte.
Die Verwendung der roten Kreide durch Rembrandt im An-
schluß an Lastman — weil sich in Rembrandts Inventar eine Mappe
mit Rötelzeichnungen von Lastman verzeichnet findet — muß auch
wohl verallgemeinert werden. Da es keine besondere Eigentümlich-
keit nur Lastmans war, mit Rötel zu zeichnen, sondern da allgemein
von diesem wie anderen Meistern der Rötel benutzt wurde, darf man
Lastman doch wohl nicht allein als den hinstellen, der Rembrandt
auf die Verwendung dieses Zeichenmaterials gebracht habe. Mit
demselben Rechte könnten auch die Pijnas und andere Künstler ge-
nannt werden, von denen sich in den Mappen mit Handzeichnungen,
die Rembrandt von den Hauptmeistern der ganzen Welt besaß, sicher
auch manches mit Rötel gezeichnete Blatt befunden haben wird.
Von einer „Manier auf Kupfer zu malen" darf man bei Last-
man nicht gut sprechen. Es sind sehr wenige Bilder noch nach-
weisbar (unsere Nrn. 65, 61, 73 und 109), die er auf dieses Material
gemalt hat; erhalten ist kein einziges. Mag sein, daß hie und da
in Lastmans Atelier diese „Manier" gepflegt wurde. Die wenigen
Gemälde, die Rembrandt auf Kupfer ausführte, lassen sich gewiß
auch leicht ohne eine direkte Vermittlung dieses von Elsheimer und
Künstlern des XVI. Jahrhunderts bevorzugten Materiales denken.
Näher und direkter schließt sich der junge Rembrandt wieder
in der Art der Farbenbehandlung, des etwas fetten Farbenauftrages
an seinen Lehrer an, im Handwerklichen, Lernbaren also. Das sehen
wir leicht und deutlich aus seinen frühen Gemälden, beginnend mit
dem Paulus im Gefängnis, dem Geldwechsler, dem Bileam, David u. s. w.
Ebenso deutlich zeigt sich in der Art zu komponieren öfter ein
sehr enger Anschluß Rembrandts an Lastman. Wir hatten bereits
oben Gelegenheit, auf Lastmans Vorliebe für die Dreieckskomposition,
gegen die eine Senkrechte gestellt ist, hinzuweisen. Dasselbe Schema
fanden wir auch bei Rembrandt in einer Reihe von Werken deutlich
ausgeprägt wieder. So sehen wir sie beim Simeon im Tempel im
Haag, im Christus vor Pilatus in der National Gallery in London,
in der Aufrichtung des Kreuzes in München, auch in der Kreuz-
abnahme dort, in dem Bild Diana und Äktäon beim Fürsten zu
Salm-Salm in Anholt; von den Radierungen •*. B. das Hituderigulden-
270
hlatt, die Darstellung im Tempel (B. 83), die Rückkehr des verlorenen
Sohnes (B. 91).
Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß Rembrandt zur
Vorliebe für den Aufbau der Komposition im spitzen Dreieck als
solchem — also ohne die dazu in Gegens'Btz gestellte Senkrechte —
auch durch das Studium Raffaels geführt wurde. Vergl. hierzu Valen-
tiners Bemerkungen in seinem schon mehrmals zitierten Buch „Rem-
brandt und seine Umgebung", Seite 90/91.
Wir haben gesehen, daß Rembrandt in einzelnen Fällen nach-
weislich direkt auf Lastman zurückgegangen ist und daß, wie immer,
wenn von Lastman und seinem Schüler die Rede war, hervorgehoben
wurde, in Rembrandts Werken zahlreiche Anklänge an den Stil
Lastmans vorkommen. Während wir die ersteren Fälle ausführlich
betrachteten, glaubten wir aber bezüglich der letzteren darauf hin-
weisen zu müssen, daß man in diesen allgemeinen Berührungspunkten
mehr die Wirkung der ganzen Gruppe von vor-Rembrandtischen
Historienmalern in Amsterdam erkennen muß, als den von Lastman
persönlich ausgeübten Einfluß.
Merkwürdig bleibt es jedenfalls, daß Rembrandt noch in späteren
Jahren auf Lastman direkt zurückgreift und ihn für die Gestaltung
gewisser Gemälde als Vorbild benutzt. Insbesondere wenn wir —
soweit es möglich ist — den verhältnismäßig sehr geringen Einfluß
vergleichen, den Lastman auf andere, weniger begabte Schüler
ausgeübt hat.
Wir wollen schließen mit einem Hinweis auf jene häufig an-
geführte Reihe von Malern, die sich aus dem Zurückverfolgen der
jeweiligen Lehrer ergibt und die bei Grünewald beginnt und mit
Rembrandt schließt. Grünewalds Schüler war der Mainzer Hans
Grimmer; dieser ist der Lehrer von Ph. Uffenbach, und dessen
Schüler wieder war Elsheimer. Elsheimer aber ist wesentlich be-
teiligt an der Ausbildung Lastmans, und dieser ist Rembrandts
Lehrer. Diese Kette fügt sich so auf dem Papier leicht zusammen.
Ob man bei einem genauen Untersuchen der tatsächlichen Verhält-
nisse an der Hand des Bildermateriales auch die gleiche Kontinuität
in der Fortbildung des koloristischen Elementes, das in Rembrandt
seinen höchsten Ausdruck erhält, wird wahrnehmen könnnen, ist eine
andere Frage. Jedenfalls sahen wir bei Lastman, gerade was diese
271
Seite seiner Kunst und Vorläuferschaft von Rembrandt betrifft, eine
Lücke: daß Rembrandt seinem Lehrer Lastman, was die Farben-
und Lichtprobleme betrifft, eigentlich nicbts zu danken hat,
■während wir ihn wohl in Fragen der Komposition und anderer mehr
formaler Dinge sich Lastman zum Vorbild nehmen sahen.
272
BEILAGE
Gedichte über Gemälde von Pietep Lastman
Zu Nr. 35
(Seite 43/44)
Ach Laslman sien ick weder an
U brave Konst, jae (oover-swieren
Door eyndeloose lof te vieren
In 't Vrouwken van Sarepta slaen ?
(L. V. d. Bos).
Zu Nr. 88
(Seite 68 ff)
Lastmans
Offerstaetsi van Listren
Aen
lOAN SIX
Wat dunkt u, kunstgeleerde Six?
Wie had de Schickkunst oit zoo fix
Als Lastman, waert de Tekenkroon
T'ontvangen voor Sint Pauwels troon,
Toen hy zyn wunderwerck van IJstren
Zoo versch vertoonde, als beurde 't gistren.
- Dit tuight uw hemelsch tafereel,
Daer onze Apelles zyn tooneel
En gront met volle Kennis bouwt,
F.n ZOO deze Offerstaetsi lioudl,
Dat zelf de geest van Rome en Griecken
Noit hooger zweefde met zyn wiecken.
Met welck een' zwaey van staetigheit
En Prieslerlycke majesteit
Verschynt alt Heidensch Priesterdom
Voor d'oude stadt, vol yvers om
Te wieroocken voor Kristus Boden,
Hier aengezien voor Griecksche Goden!
Men acht dat hier in menschenschyo
Merkuur en Dondergodt Jupyn
Verschynen, om den Jongeling,
Die ilus op krucken ging, en hing,
Te heelen, zonder kunst van kruiden.
Dat stuck verbaest veel duizent luiden.
De Kreupel tuight dees wonderdaet,
Daer hy op zyne beenen staet;
De kruck voor zyne voeten leit;
D'Uitheemsche luistert wat hem zeit
De buurvrouw, die den lamgeboren
Gekend heeft menigh jaer te voren.
Hoe schoon verschiet die lange ry.
Van verre (laeuw, en dichter by
AI sterker, voor's aenschouwers oogh!
Hoe deist de poort, en kerck, zoo hoogh
En ront gebouwt, Jupyn ter eere,
Op datze ons noch de bouwkunst leere!
18
273
Hoe stemt de strael van ons gezicht
Mel elcks hoe grootheit, en met licht
En schaduw van een ieder zaeck !
Hielt vrouw Natuur om heur vermaeck
Voorheen de hant aen eenigh Schilder,
Zoo doet zy't hier, en nergens milder.
Een rykdom en verscheidenheit
Van toestel nadert, en geleit
Bekranste en witte stieren vast
Naer d'ofTerplaets, op's Priesters last,
Op veel, tamboer, en lier, en fluiten,
Langs't ryck bestroide padt naer biiiten.
Hier blaecken fackels licht en klaer
Hier rieckt de wieroockkandelaer.
Hier glinstren wieroockvat, lampet,
En goude schotel, op dien Iredt.
De byl, en bloetpan op het slaghten
Van vee en offerhande wachten.
Een kenner ziet hier, heel vernoeght,
Hoe d'eene personaedje voeght
By ander; en hoe elcks gelaet
En ampt, gelyck een zangers maet,
Zyn 'plicht bewaert : hoe kleene engrooten
Hier trefin, als op een' galm van noten.
Zoo stuit ten lesle d'ommegang,
Daer 't outer wacht, en al te lang
Verlangte naer den offerwyn.
Nu wil d' Aertspriester van Jupyn
In 't wit, bekranst met eicke blaren,
D' Apostels eeren op d' altaren.
Maer zie om hoogh,hoe 't heiligh paer,
Met woorden, banden en gebaer,
Van 't Heidensch gruwelotfer yst,
En OITermans, en scharen wyst
Naer Godt, wiens eere altare passen.
Zy roepen: wy zyn stof en asschen.
Gby zultze stracks van booven neSr
Zie springen, Godts en Jesus eer
Beschütten, en van harteleet
En rouw verscheuren elck zyn kleet,
Op dat men bloet noch wynkelck störte,
En daetlyck d' offerstaetsi gehörte.
Wat waer't een jaramer, zoo't geschree-
Van een' oproerigen Hebreeuw [uw
Den drang van Griecken holp op ruy
Omt met een steene hagelbuy
Te pletleren, te slaen met vuisten
De Kruisgezanten des Gekruisten.
Dat ons Sint Pauwels staf behoe.
Men wyde hem 't altaersluck toe,
Daer Lastman, om zyn kunst befaemt,
Den dienst der ofgoon noch beschaemt
Met zyne Kristgewyde verven.
Hy leve onsterflyck na zyn sterven.
(J. v. d. Vondel).
Zu Nr. 98
(Seite 73 fr)
Lastmans
Offer-Stryd tusschen
Pylades en Orestes
Aen den Heer
Reinier van der Wolf
Of schoon, konstryke Van der Wolf,
Vergetelheid den naam bedolf
Van dees' beroemden Konstenaar,
Die heerlyk uitbeeld aan 't altaar
Den trouwen Lyfstryd, daar twee Vrinden
Elkand'ren tot de dood beminden.
Bedreventheid riep overluid,
De schikkunst brengt haar' Meester uit,
Die als hy zulk een toonstuk kleed,
Vernuft, en vlyt, en schal besteed,
Gelukkig, zinryk, stout, en schrander:
Die lof kom Lastman, en geen' ander'.
274
0 Grioxe Gryshcid, hier toe strekt
IJw toestel, die zieh kleed en dekl
Met diep geheim, en werkt en maalt
Op stof, daar maalkonsl stof uithaalt ;
Dees houdze, door pencoel en verven,
Na ZOO veel eeuwen vry van sterven.
Orestes, van den schrik geraakt
Voor's nioeders schim bebloed en naakt,
()m zieh van zulk een 'vloek t' ontslaan,
Trekt na de Tauiische Diaan ;
En Pyladcs verzelt zyn' niakker.
In pUcht en vriendscliap vlug en wakker.
De Koning Thoas, of het zy
IJit aangenome razerny
Van menschen-oiTer, schriklyk werk!
Of nit vermoeden, dat haar kerk
En beeld belaagt wierd, heet die gasten
Als tempelschendeis aan le tasten:
En, mits zieh zyn bedanken vest
Op snoode diefstal van Orest,
Wil dat aan 't afgodinne-beeld
De droeve Orestes zy gekeeld,
(iekapt, gekorven oin te branden :
0 Godverwaten Offerhanden!
Men ziet den toestel al bereid;
Een sleep die d'afgodinne leid,
Met hoofdcn, die op staken staan,
Rondsom haar henen, en voor aan
De prieslors, met körnet en pypen :
Men zouw 't gestel met banden grypen.
Hier eiert een wakk're maagden schaar
Met blocmkrans en fcstoen 't allaar;
Het lofwerk leit als verscli geplukt,
En bol van blad, en ongedrukt.
Men Staat om 't offer uit le lezen,
Maar Ivvyffclt wie Oiest mag wezen.
Orest, op dat hy buiten blaam
Zyn'vriendverschoon,meltzelvzyn'naam;
Maar Pylades hier legen aan,
Zoekt gy den schald'gcn ? laat hem gaan;
Wat wil ik myn misdryf verbloemen,
Ik ben de man, my moet men doemen.
En met dit zeggen treed hy toe,
Om onversaagl, en blyte raoe,
Zyn'vriendten dienst, den schrik ten trota,
Den slag t' ontvangen van een knods
Die hy een lyfschut op ziet hellen :
De forssert mikt om wis te treffen ;
Wien, eer zyn band zieh vallen laat,
Orest met yver legen staat,
Op dat hy zelf het vonnis ly :
Zyn vriend verwerpt die razerny ;
Zoo 't trouwens razerny mag beten,
Zyn' halsvriend niet te goe te weten.
Hier ziet m'een nooit gehoorden stryd,
Waar van de nyd den roem benyd ;
De nyd, die eerst genoegen nam
Waar twist ontstond, of unrust quam,
Nu kroptse en wrokis' om dat zy keven,
Die 't noit en deden van hun leven.
Hoe is 't, ü Lastman, u gelukt!
Hoe hebt gy alles uitgedrukt,
Gevoegt, verdeelt, de kunst geraakt;
En tot een weerga toegemaakt.
Van 't heerlyk OITerwerk van Lisl'ren,
Dit.Toonstuk der beroerade twist'ren.
Zoo 't Vondel nn zyn' zwang'ren geest
(Die vroeg is op Ceilon geweest,
En Hulft betreurde in's doods-gevaar
Eer 't iemant wist; en't wierde waar;
Zoo als 't hem voor Kolombo griefde)
Te lecnen tot dit werk geliefde ;
Zoo stond dit Stuk, zoo wel als dat
In moer dan goude lyst gevat:
Nu mag myn flnauwe pen en slem
(Konstryke Van der Wolf) en hem,
En uw Taf'reel tot schaduw strekken;
Ik hoop zy zal het niet bevlekken.
(J. Oudaen).
18*
275
Zu Nr. 106 Pyramis en Thisbe
(Seite 81) Daer sien ick weer en bloedigh stael
t'Geen's Minnaers eygen hant bemorste,
Gewet op Maeghdelycke börste,
En ilucx daer op een purpre strael.
Den Jongelingh in 't groene gras
t'Geen 't bloet dat uyt syn borst quam straelen
Met droevigh root gaet overmalen,
Jae rooder als het selven was.
Waer sa^h men ooyt een bleecke mont
Sog wel met doot en doot snick kampen,
De Min verwoedt, door soo veel rampen
En 't hart door Min ter doodt verwondtV
Als hier, 6 Lastman, u penceel
Verruckt door ongemeene weelde
Van konst en verv, weet uyt te beeiden,
Op 't treurigh gloeyende paneeL
(L. V. d. Bos).
2y ^j Qß Op een St. Steven van Lastman
(Seite 72) zi^t 'Steven steent hier niet, om dat grove Steenen
Hem pletten borst en hooft, en springen voor de scheenen;
0 neen, hy steent alhier om dat de grove steenen
Zyn Steenigers niet zouden springen voor de scheenen.
(S. Ingen).
276
NACHTRAG
«1. »AUFERSTEHUNG CHRISTI. Links oben entschwebt inmitten einer
Cherubimglorie der bis auf einen weißen Lendengurt nackte Heiland
mit seitwärts ausgebreiteten Armen, den von einem Lichtschein um-
gebenen Kopf nach links in die Höhe gewandt. Etwas rechts darunter
hebt der in Weiß gekleidete Engel mit großen Flügeln mit beiden
Händen die Grabplatte auf. Der von Christus ausgehende helle Licht-
schein fällt auf den Engel und die Wärter im Vordergrund. Von
diesen enteilt ein in orientalische Tracht gekleideter mit großem
Turban auf dem nach links zum Herrn zurückgewandten Kopf, die
Augen weit geöffnet, die Arme erhoben und die Handflächen nach
außen gekehrt, nach rechts vorn. Er wird vom Licht nur links ge-
streift, sodaß sich seine Figur fast ganz im Schatten befindet. Links
von ihm liegt schlafend ein junger Krieger in landsknechtähnlicher
Tracht mit Federbarett auf dem in die linke Hand gestützten Kopf.
Rechts zu seinen Füßen am Boden eine umgefallene große Laterne.
Rechts von dem Orientalen hockt am Boden, ziemlich in Vorderansicht,
ein Wächter, der über den Schultern einen Panzer trägt, über Kopf
und Rücken aber ein Löwenfell; seine Unterarme und Beine sind
nackt. Links etwas hinter ihm ist ein dritter Wächter rücklings wie
vom Blitze getroffen zu Boden gefallen ; Augen und Mund sind auf-
gerissen, die Arme nach vorn ausgestreckt. Hinter ihm rechts,
ziemlich im Schatten, sitzt noch ein gepanzerter und behelmter
Wächter, der beide Hände vors Gesicht hält. Rechts von diesem,
ganz im Schatten, sieht man die drei Frauen mit Gefäßen heran-
kommen. In der Ecke rechts vorn ein Schwert, ein gefüllter Köcher,
zwei Würfel, Spielkarten, ein Tuch und eine Korbflasche. —
Interessantes frühes Gemälde, dem das Original des Schabkunstblattes
277
von W. Vaillant, Verkündigung der Engel an die Hirten (unsere Nr. 51)
und auch das des Stiches von Nicolas Lastman von 1608, Christus
im Garten Gethsemane (unsere Nr. 71) nahe stehen. Vielleicht ge-
hörten die Bilder zu einer Serie, der man auch das ziemlich gleich-
große, ebenfalls im Hochformat gehaltene Bild der Anbetung der
Hirten (unsere Nr. 54) sowie andere Darstellungen der Geschichte
Jesu, von denen uns nur die Titel (ohne Maßangaben) überliefert
sind, zurechnen darf. Lebhaft bewegte Handlung, starke Licht- und
Schattenkontraste.
Holz 82X58,5.
Bezeichnet: ßASTMAN FECIT ANNO 1610.
Spezialaufnahme von H. J. Tollens in Dordrecht.
WoJil sicher identisch mit dem Bilde der Versteigerung Johan van der
Hulk in Dordrecht am 23. April 1720, Hoet, Bd. I,
Seite 250 Nr. 25 (fl. 50), unserer Nr. 81.
Seit ca. 200 Jahren in der Familie des jetzigen Besitzers.
Sammlung John Allard in Geertruidenberg.
278
TAFELN
1. Nach P. Lastman: Kostiimstich.
s
w
^^^^Vr/
i^^
■»1
2. P. Laatman:
Zeichiiunff.
Amsteruani,
Kijkaprentrnkabioet.
'A. Nicolas Lastman n;u li P. Lastman.
Christus im (larten (u-thscmane.
Stich.
4. S. Frisius na< h P. Lastman:
Der KitKt'l mit dem jungen Tobias
nuf di>r Wanderung. Radierung.
ft. P. La:>tinau.
Ruhe auf der Flucht.
Güttiii^Ln. L ::..Li3itats&animIung.
6. P. LaBtman;,_
Flucht nach Ägypten.
Rotterdam, 7. P. Lastman: Brunei.
Museum Boymans. Lcst-ndt-r Ein«iedlcr. rPboto nach BaroD L. Ji
einer A(|uareltkopic des Vcrfaifert)
8. P. Lastman;
Abrahams Opfer.
Amsterdam.
Kijksmuseuu.
U. J. van NoorJt n.t.li p. Laatman:
ItalicniKhe Landschaft.
Radieruof .
10. P. Laatman:
Der Engel mit dem jungnn Tobias.
Berlin.
Krau Gebeimrat Lippmaan.
II. P. Lastman: Schlacht zwischen Konstantin uiul Masentius.
Bremen. Kucuthalle.
^^^, 'i-»r
<'■-■■
12. Rembrandt nach P. Lastman: I'aulus mul Uani.thas m I.vsti.>. KotcUciv Iuiuqs; .
Saiumlunc Liam Booaat.
i
o
X
14. P. Lastman:
Opferitrcit zwischen Orcst und I*yladf
Amsterdam,
Rijlc«niij*fum
16. P. Lastman:
Sasanna und die beiden Alton,
St. Peteraburs.
Sammliin}? P. lh*Uroff.
I
16. Rembrandt naih P. L»tm«n:
SusAiina unü die beiden Alten, R5teUeichnung.
Berlin.
K«!. KupfentichlubtBvtt.
:^
' '^^^Ht
■'■'''*^W
»• «»■ fCTSL ' 1
^■«««f^»'%-, «^
18. P. Lastmftn:
Der Engol cntsrliwin«
ft (Irin alten und iuntfcn Tohia».
Kopenhagen.
Sammhini; Maltk<>.
H
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1». P. Lastman: Di.uKi uml Akrion.
Paris, M, : 1 i, i; \\ .ig.-nhoft-D«lch.
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28. P. Laatman:
Laban verlangt von Kahol die cntwcnduten Idolf zurück.
BouIoene-sur-Mer.
24. P. Lastman:
Abraham uml <lie drei Engel.
St. Pctursburg,
Kais. Eremitage (äammlung P, v. Scmconoffj.
25. W. Vatllant nach P. Lastman:
Jonas wird vom \Val6ach ausgespi«». Scfaabkuostblatt.
26. P. Lastman:
Die Taufe de» Kämmerers durch Philippun.
München,
Alte Pinakothek.
n. P. Lastmnn: l'ft-diyt Jutniuiis des Tiiufi-rs
88. Nach P. Lnstm.in:
Odysscus und Nausikaa
Kr\. Kupfer»tichkabiaett.
29. P. Lastman : Der Hirr crschpint dem Abraham und Aon S*"inig«^n.
Bremen. Sammlung A. Lurman.
yo. P. Lastman: Optcr ik-r Juno.
Stockholm, Nalional^alcrie.
ai. P. Lastman:
Der l'roplK't Kiis.t und die Sun.imitin.
St. Petersburg,
Sammlunc /abicUliy.
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82. P. Lastman:
Porträt.
Bückeburj^,
GaltTie im fürstlichen ScbloO,
8;i. P. Lnstman: Bückcbur^;.
Portr.it. (Valerie im fürstlicfarii Schloli.
84. M. ter Borch: Amaterdam,
PortrUtde» ü. Terborch Kijksprcntcokabinct.
(1. A. Kreideieichnutig;.
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3i. P. Lastman: BnuMChwelc.
Drr Engfl weckt den Kupferstichkabioett.
Propheten Elias in der
Wüste.
3U. P. Lastinan (?) : Dresden,
Schlafcndor Satyr. K^l. Ktipferstichkab.
Fcdorzoichnung:.
37. Jao Ucvcns .
Der Evangelist Johannes. Radiarunf.
3«. P. Lastman: Berlin. K^l. Kii|.f.T>t:, lil(..liMn-tt,
Der Engel verluißt di'in Manoall und si'iiu'm Wcibi-
die Geburt Sinisoiis. Lavierte Federzeichnung
SU. P. l.^_;..._.
Federz«ichoanK.
Wien. AllMftiu.
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40. P. Lastman (?):
König Jerobeam opfert den Götzenbildern. Zeichnung.
OSttingen.
41. P. Nolpe: Juda und Thamar. Stich.
i:>. P. Lastman ^?):
Kadierung.
48. P. Lastman; Amsterdam,
Vertreibung der Hagar. Kijksprentenkabinot.
Federzeichnung.
43. P. Lastman:
Studienzeichnung.
Londor
British .\i
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UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
ND
653
L3F7
1911
Frelse, Kurt
Pieter Lastaan:
lind seine Kunst
sein Leben
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