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Full text of "Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Send, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen, Gothischen und Deutschen"

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Vergleichende  Grammatik 

flrs 

Sanskrit,    Send,    Armenischen, 

Griechischen,  Lateinischen,  Litauischen,  Altslavischen, 

G ethischen  und  Deutschen 


FRANZ  BOPP, 


Zweite  gänzlicti  umgearbeitete  Ausgabe. 


1 
Erster  Band.        / 


(Alltor  und  Verleger  behalten  sich  das  Recht  der  IJbersetzung 
in  fremde  Sprachen  vor.) 


Berlin 

Ferd.  Dümmler's   Verlagsbuchhandlung. 

Paris:   Friedrich  Klincksieck,   rue  de  Lille   11. 

1857. 


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Vorrede  zur  ersten  Ausgabe. 


Ich  beabsichtige  in  diesem  Buche  eine  vergleichende,  alles 
Verwandte  zusammenfassende  Beschreibung  des  Organismus 
der  auf  dem  Titel  genannten  Sprachen,  eine  Erforschung 
ihrer  physischen  und  mechanischen  Gesetze  und  des  Ursprungs 
der  die  grammatischen  Verhältnisse  bezeichnenden  Formen. 
Nur  das  Geheimnifs  der  Wurzeln  oder  des  Benennungs- 
grundes der  UrbegrifFe  lassen  wir  unangetastet;  wir  unter- 
suchen nicht,  warum  z.  B.  die  W"urzel  /  gehen  und  nicht 
stehen,  oder  warum  die  Laut-Gruppirung  ST  HA  oder  STA 
stehen  und  nicht  gehen  bedeute.  Aufserdem  aber  ver- 
suchen wir,  die  Sprache  gleichsam  im  Werden  und  in  ihrem 
Entwickelungsgange  zu  verfolgen,  aber  auf  eine  Weise,  dafs 
diejenigen,  welche  das  von  ihnen  für  unerklärbar  Gehaltene 
nicht  erklärt  wissen  wollen,  vielleicht  weniger  Anstofs  in 
diesem  Buche  finden  werden,  als  sie  von  der  hier  ausge- 
sprochenen Tendenz  erwarten  könnten.  In  den  meisten 
Fällen  eingibt  sich  die  Urbedeutung  und  somit  der  Ursprung 
der  grammatischen  Formen  von  selbst,  durch  die  Erweiterung 
unseres  sprachlichen  Gesichtskreises  und  durch  die  Confron- 
tirung  der  seit  Jahrtausenden  von  einander  getrennten,  aber 
noch  unverkennbare  Familienzüge  an  sich  tragenden  Stamm- 
schwestern. In  der  Behandlung  unserer  europäischen  Spra- 
chen mufste  in  der  That  eine  neue  Epoche  eintreten  durch 
die  Entdeckung  eines  neuen  sprachlichen  Welttheils,  nämlich 


IV  r'nrrede  zur  ersten  Ausgabe. 

des  Sanskrit"),  von  dem  es  sich  erwiesen  hat,  dafs  es  in 
seiner  grammatischen  Einrichtung  in  der  innigsten  Beziehung 
zum  Griechischen,  Lateinischen,  Germanischen  etc.  steht,  so 
dafs  es  erst  dem  Begreifen  des  grammatischen  Verbandes 
der  beiden  klassisch  genannten  Sprachen  unter  sich,  wie 
auch  des  Verhältnisses  derselben  zum  Germanischen,  Li- 
tauischen, Slavischen  eine  feste  Grundlage  gegeben  hat. 
Wer  hätte  vor  einem  halben  Jahrhundert  es  sich  träumen 
lassen,  dafs  uns  aus  dem  fernsten  Orient  eine  Sprache  würde 
zugeführt  werden,  die  das  Griechische  in  allen  seinen  ihm 
als  Eigenthum  zugetrauten  Form-Vollkommenheiten  begleitet, 
zuw^eilen  überbietet,  und  überall  dazu  geeignet  ist,  den  im 
Griechischen  bestehenden  Dialekten -Kampf  zu  schlichten, 
indem  sie  uns  sagt,  w^o  ein  jeder  derselben  das  Achteste, 
Alteste  aufbewahrt  hat. 

Die  Beziehungen  der  Alt-Lidischen  Sprache  zu  ihren 
europäischen  Schwestern  sind  zum  Theil  so  handgreiflich, 
dafs  sie  von  jedem,  der  jener  Sprache  auch  nur  aus  der 
Ferne  seinen  Blick  zuwendet,  wahrgenommen  werden  müs- 
sen; zum  Theil  aber  auch  so  versteckt,  so  tief  in  die  ge- 
heimsten Gänge  des  Sprachorganismus  eingreifend,  dafs  man 
jede  einzelne  ihr  zu  vergleichende  Sprache,  wie  auch  sie 
selber,  von  neuen  Gesichtspunkten  aus  betrachten,  und  alle 
Strenge  grammatischer  Wissenschaft  und  Methode  anAvenden 
mufs,  um  die  verschiedenen  Grammatiken  als  ursprünglich 
Eine  zu  erkennen  und  darzustellen.  Die  Semitischen  Spra- 
chen sind  von  einer  derberen  Natur,  und,  das  Lexicalische 
und  Syntaktische  abgerechnet,  von  einer  höchst  sparsamen 
Einrichtung;  sie  hatten  wenig  zu  verlieren  und  mufsten  das, 
was  ihnen  vom  Anbeginn  mitgegeben  war,  allen  zukünftigen 


*)  Sanskjta  (§.  l)  bedeutet  geschmückt,  vollendet,  vollkom- 
nien,  in  Bezug  auf  Sprache  soviel  als  klassisch,  und  Ist  also 
geeignet  den  ganzen  Stamm  zu  bezeichnen.  Es  besteht  aus  den 
Elementen  sam  mit  und  krta  (^oiw.  kr f as ,  krtä,  krtam)  ge- 
macht, mit  eingeschobenem  euphonischem  s  (§§.  18,  96). 


Zeiten  überliefern.  Die  wurzclhafte  ConsonanLen-Dieiheit 
(§.  107),  welche  diesen  Stamm  vor  anderen  auszeichnet,  war 
allein  schon  hinreichend,  jedes  ihm  angehörende  Individuum 
kenntlich  zu  machen.  Das  Familienband  hingegen,  welches 
den  indisch-europäischen  Sprachstamm  umschlingt,  ist  zwar 
nicht  weniger  allgemein,  aber  in  den  meisten  Richtungen 
von  unendlich  feinerer  Beschaflenheit.  Die  Glieder  dieses 
Stammes  brachten  aus  ihrer  ersten  Jugendperiode  eine  über- 
aus reichhaltige  Ausstattung,  und  in  einer  unbeschränkten 
Conipositions-  und  Agglutinations-Fähigkeit  (§.  108)  auch 
die  Mittel  dazu  mit.  Sie  konnten,  weil  sie  vieles  hatten, 
auch  vieles  einbüfsen  und  dennoch  sprachliches  Leben  tra- 
gen; und  durch  vielfache  Verluste,  vielfache  Veränderungen, 
Laut- Unterdrückungen,  Umwandlungen  und  Verschiebungen 
sind  die  alten  Stammschwestern  einander  fast  unkenntlich 
geworden.  Wenigstens  ist  es  Thatsache,  dafs  das  noch  am 
meisten  am  Tage  liegende  Verhältnifs  des  Lateinischen  zum 
Griechischen  zwar  niemals  ganz  übersehen,  aber  doch  bis 
auf  unsere  Zeit  gröblich  verkannt  worden  ist,  und  dafs  die 
in  grammatischer  Beziehung  nur  mit  sich  selbst,  oder  mit 
solchem,  was  ihres  Stammes  ist,  vermischte  Römersprache 
auch  jetzt  noch  als  Mischsprache  angesehen  zu  werden  pflegt, 
weil  sie  in  der  That  vieles  hat,  was  zum  Griechischen  ge- 
halten sehr  heterogen  klingt,  obwohl  die  Elemente,  woraus 
solche  Formen  entsprungen,  dem  Griechischen  und  anderen 
Schwestersprachen  nicht  fremd  sind,  wie  ich  dies  zum  Theil 
schon  in  meinem  Conjugations-System*)  zu  zeigen  versucht  habe. 


*)  Frankfurt  a.  M.  l,Sl6.  Eine  Übersetzung  meiner  englischen 
Umarbeitung  dieser  Schrift  {Analyticnl  Comparison  nf  ihe  Sanscrit, 
Greek,  Latin  and  2'eutonic  Languages ,  in  den  Annah  of  Oriental 
Literature,  Lond.  I>s20),  von  Dr.  Pacht,  findet  sich  im  zweiten 
und  dritten  Hefle  des  2.  Jahrg.  von  Seebodes  neuem  Archiv  für 
Phil,  und  Pädagogik.  Grimms  meisterhafte  deutsche  Grauniiallk 
war  mir  leider  bei  Abfassung  der  englischen  Umarbeitung  noch  nicht 
bekannt  geworden,  und  Ich  konnte  damals  für  die  aifgermanlschen 
Dialekte  nur  HIckes  und  Fulda  benutzen. 


VI  Von  tdc  zur  ersten  Ausgabt. 

Die  enge  Verwandtschaft  der  klassischen  mit  den  ger- 
manischen Sprachen  ist  —  zahh^eiche  Wortvergleichungen 
ohne  Princip  und  Kritik  abgerechnet  —  vor  Erscheinung  des 
asiatischen  Vermittelungsgliedes  fast  ganz  übersehen  worden, 
obwohl  der  Umgang  mit  dem  Gothischen  schon  anderthalb 
Jahrhunderte  zählt,  das  Gothische  aber  in  seiner  Grammatik 
so  vollkommen  und  in  seinen  Verhältnissen  so  klar  ist,  dafs, 
^venn  es  früher  eine  streng  systematische  Sprachvergleichung 
und  Sprach -Anatomie  gegeben  hätte,  die  durchgreifende  Be- 
ziehung desselben —  und  somit  des  Gesammt-Germanischen  — 
zur  Griechen-  und  Rümer-Sprache  längst  enthüllt,  nach  allen 
Richtungen  verfolgt,  und  gegenwärtig  von  jedem  Philologen 
verstanden  und  anerkannt  sein  müfste.  Denn  was  ist  wich- 
tiger und  kann  dringender  von  den  Bearbeitern  der  klassi- 
schen Sprachen  verlangt  werden ,  als  die  Ausgleichung 
derselben  mit  unserer  Muttersprache  in  ihrer  ältesten,  voll- 
kommensten Gestalt?  Seitdem  das  Sanskrit  an  unserem 
sprachlichen  Horizont  aufgegangen  ist,  läfst  sich  auch  dieses 
von  tiefer  eingehenden  grammatischen  Untersuchungen  in 
irgend  einem  ihm  verwandten  Sprachgebiete  nicht  mehr 
ausschliefsen,  was  auch  den  bewährtesten  und  umsichtigsten 
Forschern  in  diesem  Fache  nicht  in  den  Sinn  kommt.")    Man 

*)  Wir  verweisen  auf  W.  v.  Humboldts  höchst  gewichtvolles 
Urtheil  über  die  Utientbehrlichkeit  des  Sanskrit  in  der  Sprachkunde 
und  derjenigen  Art  Geschieht^',  die  damit  zusammenhängt  (Indische 
BIbl.  I.  153).  Auch  aus  Grimms  Vorrede  zur  zweiten  Ausgabe 
seiner  trefflichen  Grammatik  mögen  einige  zu  beherzigende  Worte 
hier  an  Ihrem  Platze  stehen  (I.  VI):  ,,So  wenig  der  erhabenere 
Stand  des  Lat.  und  Griechischen  fiir  alle  Fälle  der  deutschen  Gram- 
matik ausreicht,  in  welcher  noch  einzelne  Saiten  reiner  und  tiefer 
anschlagen,  eben  so  wird,  nach  A.W.Schlegels  treffender  Be- 
merkung, die  weit  vollendetere  indische  Grammatik  wiederum  jenen 
zum  Correctiv  dienen.  Der  Dialecl,  den  uns  die  Geschichte  als  den 
ältesten,  unverdorbensten  weist,  mufs  zuletzt  auch  für  die  allgemeine 
Darstellung  des  Stamms  die  tiefste  Regel  darbieten  und  dann  bisher 
entdeckte  Gesetze  der  späteren  Mundarten  reformieren,  ohne  sie 
sämmlllch  aufzuheben." 


Vorrede  zur  ersten  Aussähe.  VII 

fürchte  nicht,  dafs  die  pralitische  GriindHchkeit  in  der  utra- 
que  Ungua,  worauf  es  dem  Philologen  am  meisten  ankommt, 
durch  Verhreitung  über  zu  vielerlei  Sprachen  beeinträchtigt 
werde;  denn  das  Vielartige  verschwindet,  wenn  es  als  ein- 
artig erkannt  und  dargestellt,  und  das  falsche  Licht,  welches 
ihm  die  Farbe  des  Vielartigen  auftrug,  beseitigt  ist.  Ein 
anderes  ist  es  auch  eine  Sprache  lernen,  ein  anderes  sie 
lehren,  d.  h.  ihren  Organismus  und  Mechanismus  beschreiben; 
der  Lernende  mag  sich  in  der  engsten  Gränze  halten  und 
über  die  zu  erlernende  Sprache  nicht  hinaussehen;  des  Leh- 
renden Blick  aber  mufs  über  die  engen  Schranken  eines 
oder  zweier  Individuen  einer  Sprachfamilie  hinausreichen, 
er  mufs  die  Zeugnisse  der  sämratlichen  Stammgenossen  um 
sich  versammeln,  um  dadurch  Leben,  Ordnung  und  orga- 
nischen Zusammenhang  in  das  auszubreitende  Sprachmaterial 
der  zunächst  vorliegenden  Sprache  zu  bringen.  Solches  zu 
erstreben  scheint  mir  wenigstens  die  gerechteste  Anforderung 
unserer  Zeit,  welche  seit  einigen  Jahrzehnden  uns  die  Mittel 
dazu  an  die  Hand  gegeben  hat. 

Die  Zend-Grammatik  konnte  einzig  auf  dem  Wege  einer 
strengen,  geregelten  Etymologie,  welche  Unbekanntes  auf 
Bekanntes,  Vieles  auf  Weniges  zurückzuführen  hat,  wieder 
gewonnen  werden;  denn  diese  merkwürdige,  in  vielen  Punkten 
über  das  Sanskrit  hinausreichende  und  dieses  verbessernde, 
in  seiner  Theorie  begreiflicher  machende  Sprache,  scheint 
den  Bekennern  von  Zoroasters  Schriften  nicht  mehr  ver- 
ständHch  zu  sein;  denn  Rask,  der  Gelegenheit  hatte  sich 
davon  zu  überzeugen,  sagt  ausdrücklich  (bei  v.  d.  Hagen 
p.  33),  dafs  ihre  verlorene  Kunde  erst  wieder  entdeckt  wer- 
den müsse.  Auch  glauben  wir  beweisen  zu  können,  dafs 
der  Pehlvi- Übersetzer  des  von  Anquetil  (T.  II,  p.  433  fF.) 
edirten  Zend-Vocabulars  die  grammatische  Geltung  der  von 
ihm  übertragenen  Zend -Wörter  häufig  höchst  mangelhaft 
erkannt  hat.  Es  zeigen  sich  darin  die  sonderbarsten  Ver- 
slöfse,  und  das  schiefe  Verhältnifs  von  An qu etil s  französi- 
scher Übersetzung  zu  den  Zend-Ausdrücken  ist  meistens  dem 


VllI  Vorrede  zur  ersten  Ausgabe. 

Mifsverhältnisse  der  Pehlvi- Erklärungen  zum  Zendisohen 
Original  beizumessen.  Fast  alle  obliquen  Casus  kommen 
darin  nach  und  nach  zur  Ehre  als  Nominative  zu  gelten; 
auch  die  Numeri  sind  zuweilen  verkannt;  dann  findet  man 
Casus-Formen  vom  Pehlvi -Übersetzer  als  Verbal -Personen 
ausgegeben,  auch  diese  unter  sich  verwechselt,  oder  durch 
abstrakte  Nomina  übersetzt.  Einige  in  der  Note  gegebene 
Belege   mögen  dies  beurkunden').     Anquetil    bemerkt,    so 

*)  Ich  gebe  die  Zend- Ausdrücke  nach  der  In  §.  30  ff.  ausein- 
andergesetzten Schreibart,  mit  Beifügung  der  Original -Schrift, 
Avelche  in  diesem  Buche  zum  erstenmal  Im  Druck  erscheint  und  vor 
kurzem  Im  Auftrage  der  K.  Akademie  der  Wissenschaften  von  Hrn. 
Götz  Ig  nach  dem  VorbMde  des  von  Hrn.  Burnouf  lithographisch 
edirten  Codex  verfertigt  worden.  Die  Pehlvi -Wörter  gebe  ich 
genau  nach  Anquetil  (II.  ^1)5  ff.):  ^£^v*.uCwU  ahmäkem  YlfJiüüV, 
P.  rournnu  (vgl.  p.  502  roman  n  o  s) ,  A.  je ,  mni;  «.^'^ij  >?>'••*-' 
ahuhya  honis  (mit  dualer  Endung  §.  21.5),  P.  avaeh,  A.  bon, 
excellent;  );0^^<^*  aete  hl,  ii,  P.  v  arm  an  Is,  A.  lui;  g^^^ 
anhem  ich  war  oder  auch  ich  bin,  P.  djanounad  er  ist, 
A.  il  est;  '-«^>C^3^  anheus  mundl,  P.  akhe,  A.  le  rtionde; 
r^^^^^vU>>sW  av  ais  aiim  horum,  P.  v  armous  chan  ii,  A. 
eux ;  ^(\3ivU/vUj  baraiti  fert,  P.  dadrouneschne  das  Tra- 
gen {e sehne  bildet  Im  Pehlvi  abstracte  Substantive),  A.  //  parte, 
il  execute,  porter ;  »^ -^j  bis  zweimal,  ^ .  dou  zwei,  A.  deux ; 
bereteb'i'6  (<^^^^^^^^0^\Ji  baraitiby 6  ferentibus?  jedenfidls 
ein  pluraler  Dativ- Ablativ),  P.  dadr ounes ohne  das  Tragen, 
K.  porler;  JÜCO  /'e  tu  i,  P.  /  o  ?/  t  u ,  A.  toi;  vU^«xU(\3  täca  eaque 
(neut.  §.2  31),  P.  zakedj,  A.  ce ;  ^(xjvU^g-a/d  der  geschla- 
gene (vgl.  Skr.  liatns  von  han),  P.  maitouned  er  schlägt, 
A.  il  frappe;  ^C^^^kV^  g  anat  er  schlug,  P.  rnaitnunes chne 
das  Schlagen,  K.  f rapper ;  %\/?(^yyiJ  zanthra  per  genitorem, 
P.  zarhounad  gignit,  A.  il  engendre;  ■^^^(XJOü  stri  femina, 
P.  vakad,  K.  femelle ;  ^^/(>OJü  strini  feminam,  P.  vakad, 
K.fernelle;  ^V^^vVJUjVJÜ  stäraJim  stellarum,  P.  setaran, 
A.  les  etoiles ;  ^s.mjj^O'-^^^vVJ^  fra-dnfäi  dem  gegebenen 
oder  vorzüglich  gegebenen,  P.  feraz  de  he  sehne  (nom. 
actionis),  K.  donner  abondamment ;  g*^^*XfG}{^%.V^  gae  tlio n  an  m 
mundorum,  P.  guehan  (vgl.  qL^),  A.  Ic  mondc;  vV'^v^A)^v^v.U(p 


Vorrede  zur  ersten  Ausgabe.  IX 

viel  ich  weifs,  nirgends   elvvas  über  das  Alter  des  gedachten 
Vocabulars,    während    er    das    Alter    eines    anderen,    worin 


gn turne a  locumque,  V.  gah,  X.  Heu ;  «^/«.U)  tiars  des  Men- 
schen, P.  guebna  Iiarnat  advak,  h.  un  hortinic;  M/^xn  nara 
zwei  Menschen,  P.  guebna  ha  ma  f  dou ,  A .  deu.r  hornmes ; 
g^Cv)K*.'^i/^^AX>t  ndir  ikananm  fe  n»  i  n  a  r  ii  ni ,  V.nairik  hnmal 
s  e ,  A.  trois  (ou  plusieursj  femrnes  ;  Qy^^i^/ G'  t hrjanm  t  r  I  u  n) , 
P.  sepin,  \.  troisieme ;  ♦-^►'fO^^b*.*.'^  valirnernca  p  ra  e  c  !  a  r  u  ni  q  n  e 
P.  rjeacjc/zwe  ad  oratio,  K.  je  fais  neaesch;  ^vmj^vV^  vahmdi 
praeclaro,  V.  neaesch  konam.  adorationem  f  a  c  I  o  ,  K.  je 
bt'nis  et  fais  neaesch.  Ich  bestehe  nicht  auf  der  Überselzung  des 
Adjectivs  «.u^u^  vahrna  durch  praeclarus,  aber  dessen  bin  ich 
gewifs,  dafs  vahtnem  uniJ  vahmdi  nichts  anders  als  Accus,  und 
Dativ  des  Stammes  vahma  sind,  und  dafs  an  eine  Möglichkeit,  dafs 
ivMJ^s.u^  vahmdi  die  erste  Pers.  eines  Verbums  sein  könnte,  gar 
nicht  zu  denken  ist.  Anquetil  gibt  aber  auch  —  in  der  von  ihm 
"versuchten  Interh'near-Version  des  Anfangs  des  V.  S.  —  zwei  an- 
dere einleuchtende,  mit  der  Partikel  ».OfvJ  ca  und  verbundene  Dative 
als  erste  Pers.  sg.Praes.,n*ändi(h  <\i^^^fOjl G'\ys.\j^^^<\^(jr c s  n  a  o  thr di~ 
ca,  K^J^^^.y}^^OJ^^^\}^<\J):^^  fräs  as  tayae-ca  (s.  §.164)  durch 
„placere  cupio,  vota  facio".  Man  sieht  also  aus  den  hier 
gegebenen  Beispielen,  die  ich  leicht  um  vieles  verniehren  könnte, 
dafs  der  Pehlvi- Übersetzer  des  betreffenden  Vocabulars  eben  so 
wenig  als  Anquetil  eine  grammatische  Kenntnifs  der  Zend-Sprachc 
hatte,  und  dafs  beide  dieselbe  mehr  im  Geiste  eines  flexions-armeii 
Idioms  auffafsten,  so  dafs,  wie  im  Pehlvi  und  Neupersischen,  die 
grammatische  Geltung  der  Glieder  eines  Satzes  mehr  aus  ihrer 
Stellung  als  aus  ihren  Endnngen  erkannt  werden  müfste.  Auch 
sagt  Anquetil  (II.  425)  ausdrücklich:  La  construction  dans  la 
langue  Zende,  semblable  en  cela  aujc  autres  idiornes  de  VOrient,  est 
astreinte  ä  peu  de  regles  ( !  ).  La  formation  des  tems  des  Verbes  y 
est  a-peu-pres  la  meme  que  dans  le  Persan,  plus  trainante  cepandant, 
parce  qu'elle  est  accompagnee  de  toutes  les  voyelles  (^\).  Wie  mag 
es  sich  nun  mit  der  vor  mehr  als  drei  Jahrhunderten  aus  dem  Pehlvi 
geflossenen  Sanskrit- Übersetzung  des  Izeschne  verhallen?  Diese 
Frage  wird  uns  gewifs  recht  bald  Hr.  E.  Burnouf  beantworten, 
der  bereits  in  einem  h()chst  interessanten  Auszug  seines  Comment. 
über  den   V.   S.  {Nouv.  jnum.  Asiat.  T.  J.   p.  321  ff.)   zwei  Stellen 


X  Vunedc  zur  ersten  Aussähe. 

Pehlvi  durch  Persisch  erläutert  wird,  auf  vier  Jahrhunderte 
angibt.  Es  wird  also  auch  das  in  Rede  stehende  keiner 
sehr  späten  Zeit  angehören,  vielmehr  mufste  das  Bedürfnifs 
zu  Zend-Erklärungen  viel  früher  gefühlt  werden  als  zu  sol- 
chen der  Pehlvi-Sprache,  welche  den  Parsen  viel  länger  als 
Zend  geläufig  geblieben.  Es  war  also  eine  schöne  Aufgabe 
unserer  europäischen  Sanskrit- Philologie ,  eine  in  Indien  so 
zu  sagen  unter  den  Augen  des  Sanskrit  nicht  mehr  ver- 
standene, gleichsam  verschüttete  Stammgenossin  w^iederum 
an  das  Licht  zu  ziehen;  eine  Aufgabe,  die  noch  nicht  ganz 
gelöst  ist,  aber  ohne  Zweifel  es  werden  wird.  Was  Rask 
in  seiner  im  Jahre  1826  erschienenen  und  durch  v,  d.  Ha  gen s 
Übersetzung  allgemeiner  zugänglich  gemachten  Schrift  „Über 
das  Alter  und  die  Echtheit  der  Zendsprache  und  des  Zend- 
Avesta"  zuerst  Zuverlässiges  über  diese  Sprache  mitgetheilt 
hat,  mufs  als  erster  Versuch  hoch  in  Ehren  gehalten  werden. 
Durch  Berichtigung:  der  Geltung  der  Buchstaben  verdankt 
diesem    geistreichen  Forscher,    dessen   frühzeitigen  Tod   wir 

davon  mitgetheilt  und  trefflic  h  erliiutert  hat.  Sie  sind  aber  zu  kurz, 
um  darauf  zu  kühne  Folgerungen  von  dem  Ganzen  zu  gründen; 
auch  ist  ihr  Inhalt  von  der  Art,  dafs  die  flexions-arme  Pehlvi-Sprache 
dem  Zendischcn  Original  ziemlich  von  Wort  zu  Wort  folgen  konnte. 
Die  eine  Stelle  bedeutet:  „Ich  rufe  an,  ich  verherrliche  den  vortreff- 
h'chen  reinen  Segen  und  den  voitrefflichen  Menschen,  den  reinen, 
und  den  strengen,  starken  Dämi-ähnlichen  (?  vgl.  Skr.  upamäna 
Ähnlichkeit  >ind  V.  S.  p.  42^  ddmois  drugo)  Izet."  Höchst 
auffallend  und  von  schlechter  Vorbedeutung  ist  es  aber,  dafs  Ne- 
riosengh  oder  sein  Pehlvi-V^orgängcr  den  weiblichen  Genit. 
dahmajäo  als  pluralen  Gen.  auffafst,  da  dieser  Ausdruck  doch 
offenbar,  wie  Burnouf  sehr  richtig  bemerkt  hat,  nur  ein  Epithel 
von  dfritois  ist.  Ich  enthalte  mich  über  die  mifslichen  Ansdriicke 
ddmois  uparnanaJie  zu  reden,  und  begnüge  mich,  die  Möglich- 
keit einer  anderen  Auffassung  angedeutet  zu  haben,  als  die  von 
Burnouf  sehr  gründlich  besprochene  und  auf  IS  eri  os  en  gh  sich 
stützende.  Die  zweite  Stelle  bedeutet:  Ich  rufe  an,  Ich  verherrliche 
die  Sterne,  der»  Mond,  die  Sonne,  die  anfangsloscn  Lichter,  die 
selbslgcschaffencn. 


Vorrede  zur  ersten  yiusgaöe.  XI 

tief  beklagen,    die  Zend- Sprache  ein  natürlicheres  Ansehen. 
Von  drei   Wörtern   aus    verschiedenen  Declinationen  gibt  er 
die  Singular- Beugung,    wenngleich   noch   mit   empfindlichen 
Lücken,    gerade    an    solchen  Stellen,    wo   die  Zend -Formen 
von    höchstem    Interesse    sind,     und    unter    anderen    dieser 
Sprache  diejenige  Unabhängigkeit   von    dem  Sanskrit    geben, 
welche  Rask,  vielleicht  in  zu  hohem   Grade,  für  das  Zend 
in  Anspruch  nimmt,  welches  wir  ebenfalls  nicht  als  blofsen 
Dialekt  des  Sanskrit  aufgefafst  wissen  wollen,  sondern  dem 
wir    eine    ähnliche    sprachliche   Selbstständigkeit   zugestehen 
müssen,    wie   etwa    dem  Lateinischen  gegenüber  dem  Grie- 
chischen,   oder    dem  Alt- Nordischen  in  Beziehung  zum  Go- 
thischen.      Im   Übrigen    verweise   ich    auf  meine   Recension 
über  Rasks   und  v.  Bohlens  Zendschriften    in    den  Jahrb. 
für    wissenschaftliche   Kritik    (Dec.  1831),    so    wie    auf  eine 
frühere  (März  1831)  über  E.  Burnoufs    verdienstvolle  Lei- 
stungen in  diesem  neu  eröffneten  Felde.     Meine  dort  nieder- 
gelegten,   aus    den    von  Burnouf  in  Paris    und    von  Ols- 
hausen    in   Hamburg    edirten    Original -Texten    geschöpften 
Beobachtungen  erstrecken   sich   bereits  über  alle  Theile  der 
Zend- Grammatik,    und    es   blieb    mir   daher  hier  nur  übris", 
dieselben  weiter  zu  begründen,  zu  ergänzen,  einiges  zu  be- 
richtigen  und    auf  eine  Weise  anzuordnen,    dafs  der  Leser 
an  der  Hand  der  ihm  bekannten  Sprachen  auf  die  leichteste 
Art  mit  dieser  wiedergefundenen  Schwestersprache  bekannt 
gemacht   würde.      Um    nicht    den    Zugang    zum    Zend    und 
Sanskrit   durch    die    für   viele   abschreckende  und  für  jeden 
verdriefsliche    Arbeit    neu    zu    erlernender   Schriften    zu    er- 
schweren, habe  ich  den  Originalschriften  jedesmal  die  Aus- 
sprache  nach    einem  consequenten  Systeme  beigefügt;    oder 
wo,  zur  Raum-Ersparung,  nur  eine  Schrift  gegeben  worden, 
ist  es  die  Römische.     Vielleicht   ist   aber   der  so  eingeschla- 
gene Weg    auch   der   bequemste,    um   den  Leser   nach   und 
nach  in  die  Kenntnifs  der  Urschriften  einzuführen. 

Da    in    diesem  Buche    die   Sprachen,    worüber    es    sich 
verbreitet,  ihrer  selbst  willen,  d.  h.  als  Gegenstand  und  nicht 


XII  Vorrede  zur  ersten  Ausgabe. 

als  Mitlei  der  Erkcnntnifs  behandelt  werden,  und  mehr  eine 
Physik  oder  Physiologie  derselben  zu  geben  versucht  wird, 
als  eine  Anleitung  sie  praktisch  zu  handhaben:  so  konnten 
manche  Einzelnheiten,  die  zur  Characteristik  des  Ganzen 
nichts  Wesentliches  beitragen,  ausgelassen,  und  dadurch  für 
die  Erörterung  des  Wichtigeren,  tiefer  in  das  Sprach-Leben 
Eingreifenden  mehr  Raum  gewonnen  werden;  und  hierdurch, 
wie  durch  eine  strenge,  alles  zu  einander  Gehörige  und  sich 
wechselseitig  Aufklärende,  unter  Einen  Gesichtspunkt  brin- 
gende Methode,  ist  es  mir,  wie  ich  mir  schmeichle,  gelungen, 
auf  verhältnifsmäfsig  engem  Raum  die  Haupt-Ereignisse 
vieler  reichbegabter  Sprachen  oder  grofsartiger  Dialekte  einer 
untergegangener  Stamm -Sprache  zu  einem  Ganzen  zu  ver- 
einigen. Auf  das  Germanische  ist  hierbei  ganz  vorzügliche 
Sorgfalt  verwendet  worden,  und  es  mufste  dies  geschehen, 
wenn  nach  Grimms  vortrefflichem  Werke  noch  Erweiterun- 
gen und  Berichigungen  in  der  theoretischen  Auffassung  seiner 
Verhältnifs-Formen  gegeben  werden,  neue  Verwandtschafts- 
Beziehungen  aufgedeckt,  oder  bereits  erkannte  schärfer 
begränzt,  und  bei  jedem  Schritte  der  Grammatik  die  Rath- 
gebende  Stimme  der  asiatischen  wie  der  europäischen  Stamm- 
schwestern so  genau  wie  möglich  beachtet  werden  sollte. 
Was  die  in  der  Behandlung  der  germanischen  Grammatik 
befolgte  Methode  anbelangt,  so  ist  es  die,  dafs  ich  überall 
vom  Gothischen  als  dem  wahren  Leitstern  deutscher  Gram- 
matik ausging,  und  dieses  gleichzeitig  mit  den  älteren  Spra- 
chen und  dem  Litauischen  auseinander  setzte.  Am  Schlüsse 
einer  jeden  Casus-Lehre  werden  tabellarische  Überblicke  der 
gewonnenen  Resultate  gegeben,  wobei  natürlich  alles  auf 
die  genaueste  Absonderung  der  Endungen  vom  Stamme  an- 
kommt, die  nicht,  wie  gewöhnlich  geschieht,  nach  Willkühr 
durfte  vorgenommen  werden,  so  dafs  ein  Stück  des  Stammes 
in  das  Gebiet  der  Flexion  gezogen  wird,  wodurch  die  Ab- 
theilung nicht  nur  unnütz,  sondern  sogar  schädlich,  Irrthum 
an  den  Tag  gelegt  oder  veranlafst  wird.  Wo  keine  Endung 
ist,    darf  auch  keine  dem  Scheine  nach  hingestellt  werden; 


Vorrede  zur  ers/eti  Aussähe.  XIII 

wir  geben  also  S.  175  die  Nominative  x^^P^?  terra,  glha  etc, 
als  flexionslos  (§.  137);  die  Theilung  gih-a  verführt  zur 
Annahme,  als  wäre  a  die  Endung,  während  es  nur  die  Ver- 
kürzung des  6  (aus  altem  d  §.  69)  des  Thema's  ist ").  In 
gewissen  Fällen  ist  es  hei  Sprachen,  die  sich  selber  nicht 
mehr  recht  verstehen,  aufserordentlich  schwierig,  die  richtige 
Abtheilung  zu  treffen  und  die  Schein -Endungen  von  den 
wirklichen  zu  unterscheiden.  Ich  habe  solche  Schwierig- 
keiten dem  Leser  niemals  verborgen,  sondern  vielmehr  überall 
recht  hervorzuheben  gesucht. 

Berlin,  im  März  1833. 

Der  Verfasser. 


*)  Der  einfache,  schon  anderwärts  von  mir  ausgesprochene  und 
nur  aus  dem  Sanskrit  genau  erkennbare  Satz,  dafs  das  Gothische  6 
die  Länge  des  a  ist,  und  somit,  wo  es  verkürzt  wird,  nur  a,  dieses 
aber  im  Verlängerungsfalle  nur  6  werden  kann,  erstreckt  seinen  Ein- 
flufs  auf  die  ganze  Grammatik  und  W^ortblldung,  und  erklärt  z.  B. 
wie  von  dags  Tag  (Thema  DAGA),  ohne  Ablaut  das  Adjectiv  -dogs 
(DOGA)  -tägig  entspringen  kann;  denn  es  ist  diese  Ableitung 
genau  von  derselben  Art  als  wenn  Im  Sanskrit  rägatn  argenteus 
von  ragata  argentum  kommt,  wovon  mehr  in  der  Folge.  Über- 
haupt ist  das  reine,  von  consonantlschen  und  anderen  umgestaltenden 
Einflüssen,  mit  seltenen  Ausnahmen,  unabhängige  Indische  Vocal- 
system  aufserordentlich  aufklärend  für  die  Germanische  Grammatik, 
und  es  stützt  sich  darauf  hauptsächlich  n^elne  von  Grimm  sehr  we- 
sentlich abweichende  Theorie  des  Ablauts,  den  ich  nach  mechanischen 
Gesetzen  erkläre,  mit  einigen  Modlflcatlonen  meiner  früheren  Be- 
stimmungen (Berl.  Jahrb.  Febr.  1827),  während  er  bei  Grimm  eine 
dynamische  Bedeutung  hat.  Die  Verglelchung  mit  dem  Griechischen 
und  Lat.  Vocalismus,  ohne  steten  Hinterhalt  A&?,  Sanskritischen,  ist 
für  das  Germanische,  wie  mir  scheint,  in  vielen  Fällen  mehr  trübend 
als  aufklärend,  da  das  Gothische  in  seinem  Vocalsystem  meistens  ur- 
sprünglicher, wenigstens  consequenter  ist  als  das  Griechische  und 
Lateinische,  welches  letztere  sein  ganzes  Vocal- Reich  aufbietet, 
wenngleich  nicht  ohne  durchblickende  Gesetze,  um  dem  Einen 
Indischen   a  zu   antworten   {septimus  für  saptamas,   ipiatuor  für 


Vorrede  zur  zweiten  Ausgabe. 


^u  den  in  der  ersten  Ausgabe  behandelten  Sprachen  habe 
ich  in  der  vorliegenden  noch  das  Armenische  gezogen;  doch 
bin  ich  erst  bei  Betrachtung  des  Singular- Ablativs,  dessen 
armenische  Form  schon  in  der  ersten  Ausgabe  (p.  1272) 
mit  der  sendischen  vermittelt  worden,  zu  dem  Entschlüsse 
gelangt,  die  genannte  Sprache  nunmehr  in  ihrem  ganzen 
Organismus  zu  durchforschen  und  ihre  zum  Theil  sehr  ver- 
borgen liegenden  Beziehungen  zum  Sanskrit,  Send  und  deren 
europäischen  Schwestersprachen  an  das  Licht  zu  ziehen,  so 
w^eit  dies  nicht  schon  durch  andere  geschehen  war.  Der 
Ausgangspunkt  meiner  erneuerten  Untersuchung  über  das 
Armenische  war  der  letzte  Buchstabe  unseres  Alphabets, 
nämlich  das  z,  dessen  Laut  in  der  armenischen  Schrift  durch 
g  (=  U)  bezeichnet  wird,  welches  ich  jedoch,  um  Verwechs- 
lungen mit  dem  französischen  z  vorzubeugen,  durch  z  um- 
schreibe (p.  370).  Nachdem  sich  das  griechische  ^  =  «^;» 
abgesehen  von  den  Fällen  wo  es  als  Umstellung  von  ab  steht 
(z.B.  in  'AS-v^vci^s) ,  als  Entartung  des  Lautes  unseres  y,  des 
sanskritischen  j\  y  erwiesen  hatte  (§.  ID),  lag  es  nahe,  die 
Frage  aufzuwerfen,  ob  nicht  von  den  verschiedenen  arme- 
nischen Buchstaben,  welche  der  Aussprache  nach  einen 
f-Laut  mit  einem  nachklingenden  Zischlaut  in  sich  vereini- 
gen, einer  oder  der  andere  entweder  durchgreifend  oder 
gelegentlich   als   Entartung    des   Halbvocals  /  zu   fassen    sei, 


Vorrede  zur  ziveiten  Ausgabe.  XV 

und  ob  nicht  auf  diese  Weise  mehrere  bisher  dunkel  ge- 
bÜebene  Stellen  im  armenischen  Sprachbau  ilire  Aufklärung 
finden  würden.  Bei  Untersuchung  diesei  Frage  hat  sich 
mir  das  g  z,  welches  eine  grofse  Rolle  in  der  armenischen 
Grammatik  spielt,  überall,  wo  es  in  Flexionen  erscheint, 
oder  für  sich  allein  als  Flexionsbuchstabe  steht,  als 
Spröfsling  eines  sanskritischem  71^  y ,  d.  h.  des  Lautes  des 
deutschen  und  lateinischen  j,  des  consonantischen  eng- 
lischen y,  ergeben.  Es  hat  sieb  auf  diese  Weise  unter 
anderen  herausgestellt,  dafs  das  armenische  Futurum  seiner 
Bildung  nach  dem  sanskritischen  Precativ,  d.  h.  dem  Optativ 
des  griechischen  Aorists,  entspricht,  in  derselben  Weise  wie 
längst  das  lateinische  Futurum  der  beiden  letzten  Conjuga- 
tionen  sich  als  identisch  mit  dem  skr.  Potentialis,  d.  h.  mit 
dem  Praesens  des  griech.  Optativs  und  germanischen  Con- 
junctivs,  erwiesen  hat*).  Wir  haben  also  einerseits  im 
Lateinischen  Formen  wie  /eres,  feret  gegenüber  dem  griech. 
(l>ipoLg,  (pipcL,  goth.  bairai-s ,  hairai,  althochd.  here-s ,  here, 
skr.  6dre-s,  Bdi^e-t;  andererseits  im  Armenischen  Formen 
wie  ta-ze-s,  ta-ze  (dabis ,  dahit),  aus  ta-ye-s,  ta-ye, 
gegenüber  dem  skr.  de-ya-s,  de-ya-t  (aus  dd-ya-s, 
dd-yd'-t)  und  griech.  dotTj;,  doiT]^  aus  ^o-jr^-c,^  de-//]  (p.  373). 
Auf  das  Praesens  des  griechischen  Optativs,  d.  h.  auf 
den  sanskritischen  Potentialis,  stützt  sich  das  armenische 
Praesens  des  Gonjunctivs ,  wieder  mit  g  z  für  skr.  Z[^  y, 
griech.  t;  doch  kann  ich  dem  Armenischen  nur  einen  ein- 
zigen einfachen  Conjunctiv  zugestehen,  nämlich  den  des 
Verb,  subst. ,  mit  welchem  sich  die  attributiven  Verba  im 
Conjunctiv  verbinden  (p.  371  f.).  —  In  der  Casusbildung  ent- 
spricht g  z  als  Endung  des  Dat.,  Abi.,  Gen.  pl.  dem  j)^  y 
der  skr.  Endung  üyas  (p.  425)  und  dagegen  X  C,  gleichsam 
die  Media  des  g  z,  im  Singulardativ  m-^  „mir"  dem  y  der 
skr.  Endung  hyam  (p.  421  ff.).  Im  Allgemeinen  kam  es  mir 
bei  der  Untersuchung  desDeclinationssystems  im  Armenischen, 

')    S.  Conjugatlonssysteni.   Frankf.  a.  M.   1SI6.   p.  .98. 


XVI  f'orreJe  zur  ziveiien  Ausgrabt. 

wie  früher  im  Gothischen,  Litauischen  und  Slavischen, 
liauptsächlich  darauf  an,  die  wahren  Endhuchstaben  der 
Wortstämnie  zu  ermitteln,  besonders  bei  der  vooalischen 
Declination.  Das  wichtigste  Ergebnifs  war,  dafs  das  sans- 
kritische a  am  Ende  männlicher  Wortstämme  im  Armeni- 
schen sich  in  drei  Formen  gespalten  und  somit  drei  ver- 
schiedene Declinationen  erzeugt  hat,  eine  a-,  eine  o-  und 
eine  w- Declination  (p.  366  f.),  wovon  die  eine  gleichsam  in 
gothischer  Gestalt  erscheint  (vulf-s  aus  vvlfa-s),  die  zweite 
in  griechisch- lateinisch -slavischer,  und  die  dritte  dem  Ver- 
hältnisse gleicht,  in  welchem  die  althochdeutschen  Plural- 
Dative  wie  icolfu-m  zu  gothischen  wie  vuJfa-m  stehen.  Das 
Armenische  zeigt  uns  Plural-Dative  wie  varasu-£ ,  als  des- 
sen Stamm,  wie  die  Abtheilung' zeigt,  ich  varasu  (Eber) 
ansehe  und  in  dessen  /il  u  ich  eine  Schwächung  des  schlie- 
fsenden a  des  skr.  Schwesterwortes  vardhd  erkenne,  wel- 
chem ich  es  p.  499  ff.  als  iMuster  der  i^-Fraction  der  ur- 
sprünglichen a- Declination  gegenübergestellt  habe.  Stellt 
man  auf  diese  Weise  das  wahre  Thema  der  armenischen 
Wörter  fest,  ohne  die  a- Stämme  zu  übersehen  (p.  359), 
so  gewinnen  auch  die  Wortvergleichungen,  die  man  bisher 
zwischen  dem  Armenischen  und  dem  Sanskrit  oder  anderen 
indo- europäischen  Sprachen  angestellt  hat,  eine  festere  Be- 
gründung und  ein  gröfseres  Interesse,  weil  die  Ähnlichkeiten 
schärfer  hervortreten  durch  die  treue  Erhaltung  oder  nur 
geringe  Entstellung  des  Endbuchstaben  des  Stammes.  Man 
vergleiche  also  z.  B.  das  armenische  m«ni^  tap  Hitze,  in 
Berücksichtigung,  dafs  tapo  sein  Thema  ist,  lieber  mit  dem 
sanskritischen  gleichbedeutenden  Stamme  tdi^a  als  mit  dessen 
Wurzel  tap  brennen,  und  mit  dem  skr.  Stamme  sdvaka 

*)  Man  hüte  sich  in  dem  arn»enischen  hl.  u  einen  langen  Vocal 
zu  erkennen,  wozu  die  Schrift  veranlassen  könnte.  Er  ist  kurz, 
wie  auch  Petermann  annimmt  (Gramm,  p.  39),  und  entspricht, 
wo  er  nicht  als  Schwächung  von  a  erscheint,  in  vergleichbaren 
Wörtern  dem  skr.  u,  z.B.  in  dustr  (nom.  acc.  voc.)  =  skr.  </f/- 
h)tdr   (thema),   allslav.  duster  (ebenfalls  ihema,  s.  p.  516). 


Vorrede,  zur  z^veilcii  Ausgabe.  XVII 

fullus,  catulus  (Wz.  svi  wachsen,  zusammengezogen 
6'w)  lieber  den  armen.  Stamm  ^iliu/^iu  savaka  Kind,  als 
dessen  verstümmelten  Nominativ  savak  ");  mit  ^j%  dhi 
Schlange  (§r.  s'xO  l'cber  den  armen.  Stamm  o^^  ö'Ci  als 
den  Nom.  (zugleich  Acc.)  o^,  der  zu  seinem  Stamm  sich 
gerade  so  verhält,  wie  z.  B.  der  ahd.  Nom.  Acc.  (/ast  zu 
seinem   Stamme  gasti. 

Was  den  Charakter  des  Armenischen  im  Allgemeinen 
anbelangt,  so  gehört  dasselbe,  nämlich  das  alte  oder  gelehrte 
Armenische,  zu  den  am  vollständigsten  erhaltenen  Idiomen 
unseres  grofsen  Stammes;  es  hat  zwar  die  Fähigkeit  die 
Geschlechter  zu  unterscheiden  verloren  und  behandelt  alle 
Wörter  wie  Masculina  (p.  367);  es  hat  auch  den  Dual  ein- 
gebüfst,  der  heute  noch  im  Slovenischen  und  Böhmischen  in 
voller  Blüte  steht;  allein  es  flectirt  seine  Substantive  und 
Adjective  noch  ganz  nach  altem  Princip;  es  hat  im  Singular 
eben  so  viel  Casus  (die  blofsen  Umschreibungen  nicht  mit- 
gerechnet) als  das  Lateinische,  und  entbehrt  im  Plural  blofs 
eine  besondere  Form  für  den  Genitiv,  den  es  in  den  meisten 
Wortklassen  durch  den  Dativ -Ablativ  ersetzt.  In  der  Ab- 
wandlung der  Verba  wetteifert  es  noch  vortheilhafter  mit 
dem  Lateinischen,  als  in  der  Beugung  der  Nomina;  es  be- 
zeichnet die  Personen  mit  den  uralten  Endungen  und  hat 
namentlich  das  m  der  ersten  Person  im  Praesens  nirgends 
untergehen  lassen  (auch  nicht  in  der  heutigen  Vulgär -Spra- 
che); es  gleicht  in  dieser  Beziehung  dem  Slovenischen  und 
Serbischen,  und  unter  den  keltischen  Sprachen  dem  Irlän- 
dischen; dagegen  hat  es  in  der  3.  Pluralperson  hinter  dem 
Ausdruck  der  Mehrheit  {n)  den  der  Person  verloren,  wie 
das  Neuhochdeutsche;  es  setzt  daher  bereu  sie  tragen 
dem   skr.  Bdranti,    dor.  <\)ipovTi^    lat.ferunt,    goth.  hairand, 

*)  Die  beiden  Wörter  sind,  meines  Wissens,  bis  jetzt  noch 
nicht  mit  einander  verglichen  worden;  man  würde  sich  aber,  wenn 
es  gesehen  wäre,  damit  begnügt  haben,  den  armen.  Nominativ  dem 
skr.  Thema  gegenüberzustellen,  da  a  eben  so  wenig  als  o,  u  und  / 
als  Endlaut  armeiu'scher  Wortstämme  erkannt  war. 


XVIII  Vorrtde  zur  ziveilen  Ausmale. 

althochd.  herant,  mhd.  bereut,  neubochd.  hären  (gehäreti)  ge- 
genüber. In  Ansebung  der  Tempora  stebt  das  Arnienlscbe 
mit  dem  Latciniscben  insofern  auf  gleicbem  Fiifse  als  es 
Avie  dieses,  abgeseben  von  den  peripbrastiscben  Temporen, 
Perfeet  und  Plusquamperfeet,  zwei  Praeterita  besitzt,  und,  wie 
oben  bemerkt,  ein  Futurum  von  modalem  Ursprung.  Die 
Vergangenbeitstempora  sind  das  Imperfeet  —  worin  icb  bei 
attributiven  Verben,  wie  im  Lateiniscben,  ein  angewacbsenes 
Hülfsverbum  erkenne  —  und  ein  Aorist,  den  icb  wie  das 
lateinische  Perfeet  mit  dem  skr.  vielförmigen  Praeteritum 
(der  Form  nach  =  griecb.  Aorist)  vermittele  (p.  373  ff.). 

Da  das  Armeniscbe  dem  iranischen  Zweige  unserer 
Spracbfamibe  angehört,  so  war  es  mir  wichtig  wahrzuneh- 
men, dafs  es  sich,  wie  das  Ossetische,  in  manchen  Einzelhei- 
ten seines  Lautsyslems  und  seiner  Grammatik  auf  ältere 
Sprachzustände  stützt,  als  diejenigen  sind,  die  uns  die  Sprache 
der  Achämeniden  und  das  Send  darbieten  (p.  430  f.).  Die 
erstgenannte  Sprache  ist  erst  nach  dem  Beginn  der  früheren 
Ausgabe  dieses  Buches  aus  dem  Reiche  des  Verborgenen 
wieder  in  das  des  Bekannten  eingetreten;  die  Verkündigungen 
des  Darius  Hystaspis  sind,  hauptsächlich  durch  Rawdinson's 
grofsartige  Leistungen,  wieder  verständlich  geworden.  Vor 
dem  Send  behauptet  diese  Sprache  den  Vortheil,  dafs  ihre 
Existenz,  ihre  Heimatb  und  Lebenszeit  durch  untrügliche 
Monumente  verbürgt  sind,  so  dafs  niemand  daran  zweifeln 
kann,  dafs  diese  Sprache  wirklich  gesprochen  wurde,  und 
zwar  im  Wesentlichen  so,  wie  wir  sie  jetzt  lesen,  während 
die  Echtheit  der  Sendsprache  nur  eine  innere  Gewähr  an 
sich  trägt  und  auf  dem  Umstände  beruht,  dafs  sie  uns 
Formen  zeigt,  wie  sie  von  der  Theorie  der  vergleichenden 
Grammatik  des  ganzen  Sprachstamms  verlangt  werden,  nicht 
aber  erfunden  sein  können.  Die  im  Sanskrit  scheinbar  ent- 
schlafenen Ablative  (p.  178)  wären  im  Send  schwerlich  un- 
ter der  Hand  eines  Sprachbildners  gleichsam  in  oskischer  und 
altlateinischer  Form  wieder  auferweckt  worden,  und  den 
sanskritischen  Imperativen  auf  Iii  würden   keine    sendischeu 


Forrede  zur  zweiten  Ausgabe.  XIX 

auf  di  oder  di  —  mehr  ini  Einklang  mit  den  giieeliischen 
auf  ^L  —  gegenübertreten.  Mediale  Formen  auf  maid'e 
würden  uns  ebenfalls  nicht  geboten  worden  sein,  denn  sie 
gleichen  durch  ihr  d  mehr  den  griechischen  auf  /ifS-a  als 
den  sanskritischen  auf  mähe.  —  Merkwürdig  ist  es,  dafs  die 
iranischen  Sprachen,  das  Armenische  mitbegrilTen,  in  man- 
chen Laut-Entartungen,  die  sie  erfahren  haben,  den  slavischen 
und  lettischen  Sprachen  begegnen  (p.  126).  Ich  erwähne 
hier  nur  die  auffallende  Übereinstinunung  des  sendischen 
asem  ich,  und  des  armenischen  es  mit  dem  litauischen  as , 
altslav.  asü")^  gegenüber  dem  skr.  ahdin  (=  agam,  §.  23), 
griech.  lat.  lyw^  ego,  goth.  ik.  Auf  solche  Begegnungen  darf 
man  aber  nicht  die  Vcrmuthung  gründen,  dafs  die  lettischen 
lind  slavischen  Sprachen  den  iranischen  näher  stehen,  als 
dem  streng  indischen  Zweig;  sie  beruhen  vielmehr  auf  der 
{\ti\  Gutturalen  aller  Sprachen  inwohnenden  Neigung  sich 
gelegentlich  zu  Zischlauten  abzuschwächen.  Darin  können 
sich  wohl  zufällig  in  einem  und  demselben  Worte  zwei  Spra- 
chen oder  Sprachgruppen  einander  begegnen.  Anders  ver- 
liält  es  sich  mit  solchen  Laut-Entstellungen,  die  dem  Sanskrit 
mit  den  iranischen  Sprachen  gemein  sind,  namentlich  mit 
der  Entstehung  des  palatalen  s  (aus  ursprünglichem  k),  wel- 
chem die  lettischen  und  slavischen  Sprachen  in  den  meisten 
vergleichbaren  Wörtern  ebenfalls  einen  Zischlaut  gegenüber 
stellen  und  woraus  ich,  wie  aus  manchen  grammatischen 
Entstellungen,  welche  die  letto-slavischen  und  indo-iranischen 
Sprachen  mit  einander  theilen,  die  Folgerung  gezogen  habe, 
dafs  die  erstgenannten  Idiome  später  als  alle  übrigen  euro- 
päischen Glieder  unserer  grofsen  Sprachfamilie  von  der 
asiatischen  Stammsprache  sich  getrennt  haben").  Ich  kann 
darum  auch  zwischen  den  germanischen  Sprachen  einerseits 
und   den   lettischen   und    slavischen   andererseits,    abgesehen 

*)  Aus  Versehen  steht  p.  127  A3  as  (nach  Dobrowsky)  für 
A3Z    asu. 

**)  S.  §§.  21%  i45,  2H,  21 4,  26,5  und  vgl.  Kuhn  in  Weber's 
indischen  Studien  I,  p.  324, 


XX  yoirede  zur  Ziveilcn  Aiisgnhe. 

von  Wort- Entlehnungen,  kein  specielles  Verwandtschafts- 
verhältnifs  annehmen,  d.  h.  kein  anderes,  als  dasjenige,  wel- 
ches auf  ihrer  gemeinschaftlichen  ursprünglichen  Identität 
mit  den  asiatischen  Schwestersprachen  beruht,  während  die 
lettischen  und  slavischen  Sprachen  unter  sich  von  einem 
engeren  Bande  umschlungen  sind  °).  Obwohl  ich  zugebe, 
dafs  die  germanischen  Sprachen  den  slavischen  und  lettischen 
in  ihrem  grammatischen  Bau  mehr  gleichen  als  den  klassi- 
schen, und  viel  mehr  als  den  keltischen,  so  finde  ich  doch  im 
Gothischen,  dem  ältesten  und  am  treuesten  erhaltenen  Gliede 
der  germanischen  Sprachgruppe,  nichts,  was  dazu  nöthigen 
könnte,  es  mit  den  slavischen  oder  lettischen  Sprachen  in 
ein  engeres,  gleichsam  europäisches  Familienband  zu  brin- 
gen; man  müfste  denn  ein  zu  grofses  Gewicht  auf  den 
Umstand  legen,  dafs  die  gothischen  Plural-Dative  wie  sunu-m 
filiis  den  litauischen  w^ie  sünü-mus  (die  ältere  Form)  und 
altslavischen  wie  süno-mü  mehr  gleichen  als  den  lateinischen 
wie  portu-hus.  Der  Weg  des  Übergangs  einer  Media  in  den 
organgemäfsen  Nasal  ist  aber  so  leicht  gefunden,  dafs  zwei 
Sprachen  darin  in  einem  besonderen  Falle  sich  wohl  zufäl- 
lig begegnen  können.  Diese  Begegnung  ist  nicht  so  über- 
raschend, wie  die,  wodurch  das  Lateinische  und  Send  zu 
einem  Zahladverbium  bis  zweimal  und  zu  einem  Ausdruck 
der  Zahl  zwei  durch  hi  (am  Anfange  von  Compos.)  gelangt 
sind,  indem  sie  gemeinschaftlich,  aber  unabhängig  von  ein- 
ander, von  dem  sanskritischen  clvis,  dvi  das  d  aufgegeben 
und  zum  Ersatz  das  v  z\x  h  erhärtet  haben,  während  das 
Griechische,  dem  doch  das  Lateinische  viel  näher  steht  als 
dem  Send,  in  anderer  Weise  aus  dvis,  dci  sich  bequemere 
Formen  (6^,  bi)  bereitet  hat.  —  In  den  meisten  Fällen,  wo 
die  germanischen  und  slavischen  oder  lettischen  Sprachen 
eine  recht  schlagende  Ähnlichkeit  mit  einander  darbieten,  und 
vom  Griechischen  und  Lateinischen  verlassen  scheinen,  steht 

*)  Anderer  Meinung  sind  J.  Grimm  (Geschichte  der  I).  Spr. 
dS^S  p.  1030)  und  Schleicher  (Formenlehre  der  kirchensl.  Sprache 
p.  10  f.  und  Beiträge  etc.  von  Kuhn  und  Schleicher  p.  11  ff.) 


Vorrede  zur  zweiten  Ausgabe.  XXI 

jenen  das  Sanskrit  oder  Send  als  Vermittler  zur  Seite.  Wenn 
ich  Recht  habe,  den  slavischen  Imperativ  als  ursprünglich 
identisch  mit  unserem  Conjunctiv  und  dem  skr.  Potentialis 
aufzufassen;  so  gibt  es  gewifs  keine  schlagendere  Überein- 
stimmung als  die  zwischen  slovenischen  Formen  wie  delaj-va 
(wir  beide  sollen  arbeiten)  und  gothischen  wie  5ß^Va^-^;a 
(wir  beide  mögen  tragen),  obgleich  die  genannten  Verba 
der  beiden  Sprachen  gerade  nicht  zu  einer  und  derselben 
Conjugationsklasse  gehören.  Die  gothische  Form  entspricht 
dem  sanskritischen  gleichbedeutenden  üdre-va  (aus  Barai-va, 
§.2  Anm.)  und  dem  sendischen  s.v'^'^ ^*xO sXJi  baraiva  (p.  60). 
Um  auch  einen  merkwürdigen  Fall  aus  dem  Declinations- 
system  anzuführen,  so  sind  die  gothischen  Genitive  wie 
sunau-s  (Thema  sunu)  hinsichtlich  der  Flexion  ganz  identisch 
mit  litauischen  wie  das  gleichbedeutende  sü7iaü-s;  allein  die 
entsprechenden  sanskritischen  Genitive  wie  sünö'-s,  eine 
Zusammenziehung  von  sunau-s  (p.  7),  machen  auch  hier 
die  Vermittelung  zwischen  den  beiden  europäischen  Schwe- 
steridiomen und  überheben  uns  der  Nothwendigkeit,  auf  den 
Grund  der  so  auffallenden  Übereinstimmungen,  wie  die  eben 
gezeigten,  eine  ganz  specielle  Verwandtschaft  der  betreffen- 
den Volksstämme  anzunehmen. 

In  der  ersten  Ausgabe  dieses  Buches  bin  ich  in  Bezug 
auf  das  Altslavische  hauptsächlich  auf  die  Grammatik  von 
Dobrowsky  beschränkt  gewesen,  welche  viele  Formen  dar- 
bietet, die  eher  russisch  als  altslavisch  genannt  werden  könn- 
ten. Da  z  (s.  p.  138)  im  Russischen  keine  phonetische  Gel- 
tung mehr  hat,  so  läfst  es  Dobrowsky  in  den  zahlreichen 
Endungen,  worin  es  im  Altslavischen  vorkommt,  ganz  weg 
und  gibt  uns  z.  B.  rah  als  Muster  des  Nom.  Acc.  sg.  einer 
Wortklasse,  die  ich  schon  in  der  ersten  Ausgabe  (§.  257) 
mit  den  sanskritischen  Masculinstämmen  auf  a  und  mit 
Grimm 's  erster  männlicher  Declination  starker  Form  ver- 
mittelt habe,  welche  letztere  ebenfalls  im  Nom.  Acc.  sg.  den 
Endvocal  des  Stammes,  und  im  Accusativ  (im  Hochdeutschen 
schon  im  Nom.)  auch   das  Casuszeichen   eingebüfst  hat.     Es 


XXII  Vorrede  zur  za>eiUJi  Ausgabe. 

Avürde  also  rah  (servus,  servum),  wenn  dies  die  richlige 
Aussprache  von  pAKZ  wäre,  auch  mit  dem  Armenischen  auf 
gleichem  Fufse  stehen,  da  dieses  bei  allen  seinen  vocalischen 
Stämmen  den  Endlaut  im  Nom.  Acc.  sg.  unterdrückt.  Das 
schliefsende  k  (0  läfst  Dobrowsky  ebenfalls  überall  weg, 
wo  es  im  Russischen  dem  Laute  nach  verschwunden,  aber 
graphisch  durch  das  im  Russischen  lautlose  b  vertreten  ist. 
Er  gibt  daher  der  3.  Pers.  sg.  Praes.  die  Endung  T  ')  für 
russisch  m'b  =  t  und  nur  den  wenigen  Verben,  welche  in 
der  ersten  P.  sg.  die  Endung  3ik  ml  haben,  gibt  er  in  der 
3.  Person  die  Endung  TL  ti.  Die  üngenauigkeiten  und  gra- 
phischen Entstellungen,  wie  die  eben  erwähnten,  waren  aber 
für  die  vergleichende  Grammatik  insofern  wenig  störend, 
als  man  auch  in  Formen  wie  nov  (d.  h.  novu)  novus,  no- 
vum,  die  Verwandtschaft  mit  griechischen  wie  vioc,^  viov,  la- 
teinischen wie  710VU-S ,  nocu-m  (=  skr.  ndva-s,  ndva-m) 
nicht  verkennen  konnte,  sobald  man  novo  als  das  wahre 
Thema  des  betreffenden  Wortes  und  die  Nothwendigkeit  der 
Unterdrückung  der  consonantischen  Casus-Endungen  erkannt 
hatte.  Formen  wie  I5E3ET  erfährt  (nach  Dobrowsky 's 
Schreibung)  liefsen  sich  mit  derselben  Sicherheit  mit  sans- 
kritischen wie  vdh-a-ti  vergleichen,  wie  solche  auf  »rb  ti. 
So  lange  man  aber  nach  Do  br  o  wsky  veset  sprach,  und  in 
der  ersten  Pluralperson  vesem ,  im  Aorist  vesoch,  vesochom 
(für  vesochü,  vesochomü),  mufste  das  in  §.  92.  m  erwähnte 
Lautgesetz  so  gefafst  werden,  wie  es  in  den  lebenden  sla- 
vischen  Sprachen  gilt,  dafs  nämlich  die  ursprünglichen  End- 
consonanten  abfallen  mufsten,  die  jetzt  am  Ende  stehenden 
aber  ursprüngUch  sämmtlich  einen  Vocal  hinter  sich  hatten. 
Insofern  haben  mir  die  slavischen  Sprachen  durch  dieses 
Gesetz  ihren  Beistand  in  Bezug  auf  die  germanischen  geleistet, 

*)  Ich  habe  In  der  4.  Ablhellung  der  ersten  Ausg.  dieses  Buches 
nach  Kopitar  (Glagolita)  die  von  Dobrowsky  aufgegebenen  b 
wieder  hergestellt  und  h  durch  /  übertragen.  In  der  vorliegenden 
Ausg.  folge  ich  in  Bezug  auf  das  all^lavische  Sprarhmaterial  überall 
den  trefllichen  Schriften  von  Miklosich. 


Vorrede  zur  zivciten  Ausgabe,  XXIII 

als  dasselbe  mich  veranlafst  hat  zu  untersuchen,  ob  nicht 
die  vocalisclien  Ausgänge  vieler  gothischen  Formen,  gegen- 
über consonanlischen  der  am  treueslen  erhaltenen  Schwester- 
sprachen, auf  einem  allgemeinen  Gesetz  beruhen,  und  ob 
die  schliefsenden  ^- Laute,  die  wir  in  vielen  germanischen 
Endungen  treffen,  nicht  alle  ursprünglich  einen  Vocal  hinter 
sich  hatten.  Meine  Vermuthung  hat  sich  in  dieser  Beziehung 
bestätigt,  imd  ich  habe  das  Gesetz  der  Unterdrückung  schlie- 
fsender  ^- Laute  schon  in  der  2.  Abtheilung  der  ersten  Aus- 
gabe (1835)  p.  399  dargelegt'). 

*)  Die  selir  inleressanten  Formen  tiuhailh,  bairaith  und  svignjaith, 
worauf  zuerst  v.  (xabelentz  und  Lobe  in  ihrer  Ausgabe  des  Ul- 
fdas  (L  i>.,51.5)  aufnjerksam  gemacht  haben,  waren  mir  damals  nicht 
bekannt.  Sie  würden  dem  in  l\ede  stehenden  Gesetze  widersprechen, 
wenn  sie  wirklich  dem  Artiv  angehörten  und  somit  bairaith  auf  das 
skr.  ijitret  er  möge  tragen  sich  stützte.  Ich  fasse  sie  jedoch  als 
Medialformen  und  stelle  daher  bairaith  dem  sendlschen  k\J(><^^^oJ) sxn 
haraita,  skr.  bäreta,  griech.  (pSDGlTO  gegenüber.  Ich  nehme 
an,  dafs  für  bairaith  früher  bairaida  stand  (vgl.  das  Praes.  pass.  bair- 
-a-da  -=.  skr.  b'är-a-te,  gr.  (pso-s-rai.  Nach  Verlust  des  schliefsen- 
den a  mufste  die  Media  in  die  dem  Wort-Ende  besser  zusagende 
Aspirata  übergehen  (§.  91-  ^'O*  ^^^^  '^'^  ^^"^  Neutralstamme  haubida 
(Gen.  haubidis)  der  Nomin.  Acc.  haubith  kommt,  so  von  dem  als 
organisch  vorauszusetzenden  bairai-da  das  bestehende  bairaith.  Es 
haben  sich  also  die  gothischen  Passiva,  die  sämmtllch  ihrem  Ursprünge 
nach  dem  sanskritischen,  sendlschen  und  altpersischen  Medium  ent- 
sprechen, In  der  3.  Singularperson  in  zwei  Formen  gespalten,  die 
eine,  vorherrschende,  hat  dem  als  Urform  vorauszusetzenden  bairai- 
da =  send.  barai-la  ein  u  beigefügt,  also  bairai-dau  (vgl.  Sanskrit- 
formen wie  dadäu  er  setzte  gegenüber  dem  send,  rfac^a);  die 
andere  hat,  wie  eben  bemerkt,  wie  die  sämmtllchen  Slngular-Accusa- 
sative  männb'cher  und  neutraler  o-Stämme,  das  schliefsende  a  unter- 
drückt und  dem  /-Laut  die  Gestalt  gegeben,  die  dem  Wort-Ende  am 
besten  zusagt.  Ich  erinnere  hierbei  an  die  doppelte  Form,  welche 
die  sanskritischen  Pronomlnal-Neutra  auf/  Im  Gothischen  gewonnen 
haben,  indem  entweder  der  schliefsende  /-Laut  nach  dem  in  Rede 
stehenden  Gesetz  unterdrückt  worden,  oder  demselben,  zu  seiner 
Hettung,  ein  unorganisches  a  beigefügt  wurde  (p.  155  Anm.  *). 


XXIV  Vorrede  zur  zweiten  Ausgabe. 

Ich  nenne  den  Sprachstamm,  dessen  wichtigsle  Gheder 
in  diesem  Buche  zu  einem  Ganzen  vereinigt  werden,  den 
indo- europäischen,  wozu  der  Umstand  berechtigt,  dafs  mit 
Ausnahme  des  finnischen  Sprachzweiges,  so  wie  des  ganz 
vereinzelt  stehenden  Baskischen  und  des  von  den  Arabern 
uns  hinterlassenen  semitischen  Idioms  der  Insel  Maltha  alle 
übi'igen  europäischen  Sprachen,  die  klassischen,  altitalischen, 
germanischen,  slavischen,  keltischen  und  das  Albanesische, 
ihm  angehören.  Die  häufig  gebrauchte  Benennung  „indo- 
germanisch" kann  ich  nicht  billigen,  Aveil  ich  keinen  Grund 
kenne,  warum  in  dem  Namen  des  umfassendsten  Sprach- 
stamms gerade  die  Germanen  als  Vertreter  der  übrigen  ur- 
verwandten Völker  unseres  Erdtheils,  sowohl  der  Vorzeit 
als  der  Gegen^vart,  hervorzuheben  seien.  Ich  würde  die 
Benennung  „indo -klassisch"  vorziehen,  weil  das  Griechische 
und  Lateinische,  besonders  das  erstere,  den  Grundtypus  un- 
serer Sprachfamilie  treuer  als  irgend  ein  anderes  europäisches 
Idiom  bewahrt  haben.  Darum  meidet  wohl  auch  Wilhelm 
von  Humboldt  die  Benennung  indo-germanisch,  zu 
deren  Gebrauch  er  oft  Veranlassung  gehabt  hätte  in  seinem 
grofsen  Werke  „Über  die  Kawi- Sprache",  dessen  geistvolle 
Einleitung  „  Über  die  Verschiedenheit  des  menschlichen 
Sprachbaues"  dem  sprachlichen  Universum  gewidmet  ist. 
Er  nennt  unseren  Stamm  den  sanskritischen,  und  diese  Be- 
nennung ist  darum  sehr  passend,  weil  sie  keine  Nationalität, 
sondern  eine  Eigenschaft  hervorhebt,  ^voran  alle  Glieder 
des  vollkommensten  Sprachstamms  mehr  oder  weniger  Theil 
nehmen;  diese  Benennung  dürfte  darum  vielleicht,  auch  we- 
gen ihrer  Kürze,  in  der  Folge  über  alle  anderen  den  Sieg 
davon  tragen.  Für  jetzt  ziehe  ich  aber  noch,  des  allgemei- 
neren Verständnisses  wegen,  die  Benennung  indo-euro- 
pÄiscH  (oder  indisch-europäisch)  vor,  die  auch  bereits, 
sowie  die  entsprechende  im  Englischen  und  Französischen, 
eine  grofse  Verbreitung  gewonnen  hat. 

Berlin,  im  August  1857. 

Der  Verfasser. 


Nominalw  sg.      §.  147.  1.  305 

Unter  den  lateinischen  Adjectiven  könnte  das  schliefsende  s 
von  vetus,  wenigstens  im  Neutrum,  darüber  Zweifel  erregen, 
ob  es  dem  ursprünglich  mit  s  schliefsenden  Stamme  ange- 
höre {veter-is  aus  vetisis,  e  wegen  des  r),  oder  ob  es  als  Casus- 
zeichen misbräuchlich  vom  Masc.  und  Fem.  auch  in  das 
Neutrum  eingedrungen  sei?  Gewifs  ist,  dafs  vetus  in  sei- 
nem Ursprünge  identisch  ist  mit  srog,  feto;,  F£r£(cr)-o$,  und 
somit  ursprünglich  Jahr  bedeutet").  Man  könnte  also  vetus 
im  Masc.  und  Fem.  den  griechischen  Formen  wie  rpLErri-g 
gegenüberstellen  und  im  Neutrum  solchen  wie  rpizrig.  —  Es 
mag  passend  sein,  hier  noch  daran  zu  erinnern,  dafs  im  La- 
teinischen auch  die  Conjugation  eine  Form  mit  schliefsendem 
s  darbietet,  bei  welcher  es  zweifelhaft  scheinen  könnte,  ob 
dasselbe  dem  Thema  oder  der  Flexion  angehört;  ich  meine 
die  Form  es  du  bist,  von  der  gleichlautenden  Wurzel,  wo- 
von es-t,  es-tis,  er-am,  er-o  (aus  es-am^  es-o),  ziemhch  ähn- 
lich der  Erscheinung,  wornach  z.  B.  Cerer-is,  gegenüber  dem 
Nom.  Cere-s,  (für  Ceres-s)  steht,  nur  dafs  Cere-s  eine  vocalische 
Entschädigung  für  den  unterdrückten  Gonson.  erlangt  hat, 
Dafs  das  s  von  es  du  bist  der  Personbezeichnung  und  nicht 
der  Wurzel  angehört,  darf  um  so  mehr  mit  Zuversicht  an- 
genommen werden,  als  das  Lateinische  ein  wahres  Bedürf- 
nifs  fühlt,  die  2te  P.  sg.  —  den  Imperat.  ausgenommen  — 
nicht  unbezeichnet  zu  lassen.  So  ist  auch  das  s  des  goth. 
i-s  du  bist  Personzeichen,  und  nicht  wie  das  der  3ten 
Person  (is-t)  radical,  weil  auch  das  Gothische  im  wirklichen 
Praesens  —  Praeterita  mit  gegenwärtiger  Bedeutung  nicht 
mitgerechnet  —  sich  den  Personcharakter  s  niemals  entziehen 
läfst.  Es  mufs  also  die  Erklärung  von  is  aus  is-s  so  ge- 
fafst  werden,  dafs  das  erste,  nicht  das  zweite  s  unterdrückt 
worden,   wie   auch   das  Sanskrit  in  dsi  du  bist  (für  ds-si 


)  Im  Albaneslschen  heifst  vJeT  und  vje&  Jahr,  und  vjST&aQ 
jährig.  Letzteres  stimmt  zum  skr.  vatsara-s  Jahr,  die  beiden 
ersten  zvivatsd-sW,  (s.  die  oben  p.  12  erwähnte  Schrift  p.  2f.  und 
p.  83  Anm.  56). 

L  20 


306  Bildunt;   der   Casus.      §.  147.  2.   148. 

dor.  za-'O-i)  von  den  beiden  zu  erwartenden  s  gevvifs  das  erste, 
nicht  das  2te  aufgegeben  hat. 

2)  Wir  wenden  uns  zum  Litauischen,  um  zu  bemerken, 
dafs  der  Stamm  menes  Mond  und  Monat")  im  Nom  sg. 
das  s  unterdrückt  und  den  vorhergehenden  Vocal  zu  ü  er- 
weitert; daher  onenü  nach  Analogie  von  Formen  wie  ahnu 
Stein  (von  ahnen,  s.  §.  140)  und  sesu  Schwester  von  seser 
(§.144).  In  den  obliquen  Casus  erweitert  sich  der  Stamm 
menes  meistens  durch  den  Zusatz  von  ia  (einsylbig),  daher 
Genit.  menesiö,  oder  durch  ein  blofses  ^,  namentlich  im  Instru- 
mentalis sg.  menesi-mi. 

148.  Bei  Neutren  ist  im  ganzen  indo- europäischen 
Sprachstamm  der  Nominativ  identisch  mit  dem  Accusativ, 
wovon  §.  152  ff.  gehandelt  wird.  Wir  geben  hier  einen 
Überblick  der  Nominativ- Bildung,  und  wählen  für  die  ver- 
schiedenen Ausgänge  und  Geschlechter  der  Stämme,  sowohl 
für  diesen,  als,  soweit  es  zweckmäfsig  ist,  für  alle  übrigen 
Casus,  folgende  Beispiele.  Sanskrit:  3^^  dsva  m.  Pferd, 
m  ha  m.  wer?,  ZJ^  dana  n.  Gabe,  ff  ta  n.  dieses,  55f^ 
dsvd  f.  Stute,  ^  kd  f.  welche?,  qffT  jpdti  m.  Herr, 
Gatte,  qjfff  prf^i  f.  Liebe,  Freude,  ^]X^  varin.  Was- 
ser, \\^7:^^  Bdvantt  {.  die  seiende,  gg  sii/iw  m.  Sohn, 
^7\  kdnu  f.  Kinnbacken,  TT^  mddu  n.  Honig,  Wein, 
öpcl  vadu  f.  Frau,  ytl  9^  ^'  f-  Stier,  Kuh,  %  ndu  f. 
Schiff,  511^  '"^^  f-  Bede,  \\^9-^J)drant  m.,  in  der  ge- 
schwächten Form  HfrL  ^'«^«^  (§•  129)  tragend,  er- 
haltend, von  vr:?^  Bar,  VJ  Br,  cl.  1.,  55r5^5^  dsman  m. 
Stein*'),  f]\l\r[^na7nann.  Name,  ^Jfl"^"^  Örd^tai-  m.  Bru- 
der, 'Tf^J\^duhitd7' L  Tochter,  15^'^'^  data r  m.  Geber 


*)  =  skr.  mäs  woraus  wahrscheinlich  im  Lit.  zuerst  mens  und 
hieraus,  durch  ein  eingefügtes  e^  menes  geworden;  vgl.  lat.  mensi-s, 

gr.  fJLYiv  für  jJLYivg  (gen.  fJ.YiV'Og  für  f^yivT-og, 

**)  Im  Veda-DIalekt  auch  Blitz  und  Wolke.  Hieraufstützt 
sich  höchst  wahrscheinlich  das  sendische  ^vC^JJvV  as  man  Himmel 
und  pers.  qU^^  asm  an  id. 


Nominatii'   sg.     §.  148.  307 

(s.§.127),  ^^EJii^vdcas  n.  Rede.  Send:  ^•efjüwu  aspa  m. 
Pferd  (§.50),  <«^*5  /(;a  m.  wer?,  ^*J^^K^JJ  data  n.  datum, 
<«^*C0  ^a  n.  dieses,  ^*^»J^ev  Äi>va  f.  Zunge,  "^mj^  kd  f. 
welche?,  ^co^wue;  ^a^7^  m.  (s.  §.  41)  Herr,  ^(XJ^^^^aju  dfrtti 
f.  Seegen,  i/^vc^  vairi  n.  Wasser,  ■?Joa^^«^«>>vUj  6a- 
vainti  f.  die  seiende,  >öJs.*^*qj  p  asu  m.  zahmes  Thier, 
>/vO(\3  ^a7^w  f.  Körper,  XLi^'^  madu  n.  Wein,  \>^^'(^gau 
(s.  §.123)  m.  f.  Stier,  Kuh,  ^^vu^  ^^c'  f.  Rede,  (^^vu7vvj 
harant  oder  C^^£^^  harent,  geschwächt  oo^'^oj^  harat 
m.  tragend,  J^^'g^^^' asman  m.  Himmel,  /^'G^*^/  ndman 
n.  Name,  7vc«(>o^vo2j  Z>r«^ar  m.  Bruder,  ^^«-'S^p  >4  dug'- 
c?a?' f.  Tochter,  7<vu(V)vcu^  ddtdr  m.  Geber,  Schöpfer, 
jL>*.u^vu^  vacas")  n.  Wort.      Die  griechischen  und  lateini- 


*)  Obwohl  skr.  as  im  Send  nach  §.  56^^^  am  Wort- Ende  zu  \  6 
wird,  so  glaube  ich  doch  jetzt  im  Thema  den  Zischlaut  und  den  vor- 
hergehenden Vocal  beibehalten  zu  müssen,  indem  man  von  einem 
Stamme  vaco  nicht  zu  Formen  wie  v acanha ,  vacanhö  der  ob- 
liquen Casus  gelangen  könnte,  wohl  aber  nach  §.  56^^^  von  ^^xJn^s^Ji^ 
vacas ,  da  hinter  a  im  Send  JLJ  s  der  regelmäfsige  Vertreter  des  skr. 
g  s  ist.  Man  beachte,  dafs  auch  im  Sanskrit  kein  Thema  vdcas  auf- 
gestellt werden  könnte,  wenn  man  bei  Wortstämmen  das  Lautgesetz 
beobachten  wollte,  dafs  schllefsendes  g  ^  nur  vor  einem  anfangenden 
/,  /  unverändert  bleibt,  vor  einer  Pause  aber  zu  Visarga  (I  h)  wird, 
ein  Gesetz,  welches  wir  auch  bei  Aufstellung  der  Wurzeln  und  gram- 
matischen Endungen  unberücksichtigt  lassen.  Brockhaus  läfst  in 
seinem  Glossar  die  im  Sanskrit  mit  as  schliefsenden  Stämme  Im  Send 
auf /?  mit  vorangehendem  Nasal  ausgehen,  was  mir  darum  unpassend 
scheint,  weil  die  Umwandlung  von  ^  «y  in  QJJ^  nh  nur  zwischen 
zwei  Vocalen,  nicht  aber  am  Wort-Ende  eintreten  kann,  auch  nicht, 
im  Fall  der  folgende  Vocal  ein  /-Laut  ist,  so  dafs  der  Locat.  vacahi 
nicht  von  einem  Stamme  vacanh  entspringen  kann  {s.^.sG).  Es  hat 
also  vacas  am  meisten  Anspruch  als  Thema  zu  gelten,  und  man  gelangt 
von  hier  aus  nach  bestimmten  Lautgesetzen  sowohl  zu  der  flexions- 
losen Form  vaco^  als  auch  zu  vacahi^  v acanha  etc.  und  vacas 
selber  erscheint  in  den  flexionslosen  Casus  unter  dem  Schutze  der 
enklitischen  Partikel  ca^  wobei  jedoch  nicht  der  Palatal -Laut  die 
Veranlassung  zum  jj  ^  ,  In  Vorzug  vor  anderen  Zischlauten  ist,  son- 

20' 


308 


Bildung   der   Casus.    14S. 


sehen  Beispiele  bedürfen  hier  keiner  Erwähnung;  vom  Litaui- 
schen und  Gothischen  wählen  wir  die  Stämme :  1.  pona  m. 
Herr,  g.  vulfa  m.  Wolf,  1.  ka,  g.  liva  m.  wer?,  1.  gera  u. 
gut,  ta  n.  dieses,  g.  daura  n.  Thor  (skr.  ^J^  dvara  n.), 
tha  n.  das,  dieses,  1.  äswa  f.  Stute,  g.  gibo  f.  Gabe 
(§.69),  Imo  i.  welche?,  1.  ^^w^/ m.  Verwandt  er,  ^.  gasti  ra. 
Fremder,  i  m.  er,  n.  es,  1.  awi  f.  Schaf  (skr.  dvi  m. 
Schaf,  f.  Schafmutter,  vgl.  oms,  oV;),  g.  ansti  L  Gnade, 
1.  sünü  m.  Sohn,  g.  sunu  id.,  handu  f.  Hand,  1.  platii  n. 
breit  (skr.  prt'ü,  gr.  TiXarij) ,  g.  faihu  n.  Vermögen, 
1.  dugant  ')  m.  wachsend,  g.  fijand  m.  Feind,  1.  akmen  m. 
Stein,  g.  aliman  m.  Geist,  naman  n.  Name,  brothar  m. 
Bruder,  1.  dukter,  g.  dauhtar  f.  Tochter. 


Sanskrit  Send 

m.  dsva-s  aspo  ^) 

ra.  Äa-5  /:o  ^) 

n.    dd'na-m  ddte-m 


n.    ^a-^ 
f.    (isva 
f.    Äa 
m.  pdti-s 

ra 

f.    priti-s 
n.    vo^^'i 

n 

ra.  Bdvanti 


ta-d 
hisva  ^) 
ka 
paiti-s 


dfriti-s 
vairi 


Griech. 

'ltttto-c, 

dwpc-v 
ro 

TTCCTL-g 

TTOpTi-C, 


Lit. 

X 


bavainti  ^) 


Gothisch 

vulf-s 

hva-s 

daur 

tha-ta 

giba 

hvo 

hosti-s     genü-s     gast's 

i-s  i-s 

turri-s    awi-s       anst'-s 

mare       

i-d  .... 


Lat. 

equu-s  pöna-s 

ka-s 

dönu-m  gera 

is-tu-d  ta-i 

equa  dswa 


i-ta 


s.§.121 


dem  vielmehr  das  vorhergehende  a\  denn  vacas  würde  auch  vor 
den  oben  (p.  279)  erwähnten,  dentalisch  anfangenden  enklitischen  te 
und  thwä  erscheinen,  wenn  dieselben  Veranlassung  hätten  mit 
vacas   in  Verbindung  zu  treten. 

*)  Diesen  und  andere  consonantlsch  endigenden  Stämme  geben 
wir  nur  in  denjenigen  Casus,  welche  sich  von  späteren  vocalischen 
Zusätzen  rein  erhalten  haben. 

*)  Mitca:  aspasca^  s.  §.  135  Anm.3.  '^)  Mit  ca:  hisväca 
1.  C.        '^)    Mit  da:  h  avainttca  1.  C. 


Sanskrit 

m. 

sünü-s 

f. 

hdmi-s 

n. 

mddu 

f. 

V  a  d'u-  s 

m. 

f.  gdu-s  ") 

f. 

ndu-s 

f. 

vdk 

m. 

Bar  an 

m. 

dsmd 

n. 

nama 

m. 

öratd 

f. 

duhita 

m. 

data 

n. 

vdcas 

AccMsalw   s^'.     §.  141).  309 

Send  Griech.         Lat.  Lit.  Gothisch 

pasu-s  vEKv-g  pecu-s     sünu-s     sunu-s 

tanu-s  yivv-g  socru-s    handu-s 

mad'u  fjii^v  pecü        platu       faihu 

gdi(,-s  ^)  ßov-g  hos         

VCLV-C,  

Vdk'-S  07T-C,  

baran-s  ^ipuov  feren-s    dugän-s   ßjand-s 

asma^)  daifjiujv  sermo       akmu       ahma 

ndma  raXav  nomen     namo 

hrdta'')  vraTi^p  frdter     brothar 

dug'd'a  ®)  ^vydrrip  mdter      duhte        dauhtar 

ddta"^)  doT^fip  dator      

vaco  ^^)  tnoc,  genus      


Accusativ. 

449.  Der  Charakter  des  Aecusativs  ist  m  im  Sanskrit, 
Send  und  Lateinischen;  im  Griechischen  und  Altpreufsischen 
y,  n  (s.  §,  18).  Im  Litauischen  steht  das  im  gegenwärtigen 
Sprachzustande  verstummte  Nasalzeichen,  welches  wir  nach 
§.  20.  durch  n  umschreiben;  daher  dewa-n  deum  =  dewa 
gegenüber  dem  altpreufs.  deiwa-n,  skr.  devd-m  *).    Im  Gothi- 


^)  S.  §.122.  5)  S.  §.  123.  6)  Mit  ^a:  asmäca  s.  §.135 
Anm.  3  Schlufs.  ^)  Mit  ca:  brdideal,  c.  ^)  Mit  ca:  dug- 
ddca  1.  C.        ^)  Mit  ca:  ddtdca  1.  C.        ^  °)  Mit  ca:  vacasca  1.  C. 

*)  Ich  verzichte  jetzt,  und  zwar  schon  von  8.274  an,  auf  die 
Unterscheidung  des  litauischen  geschliffenen  und  gestofsenen  Tons, 
und  bezeichne  ohne  Rücksicht  auf  diesen  Unterschied,  In  Überein- 
stimmung mit  Schleicher  (Gramm,  p.  11),  den  Ton  der  langen 
Vocale  durch  ,  und  den  der  kurzen  durch  ,  obwohl  ich  diese  Be- 
zeichnungsart nicht  ganz  bllh'ge ;  denn  nimmt  man  mit  Schleicher 
an,  dafs  es  nur  einen  Accent  Im  Litauischen  gebe,  so  wäre  es 
auch  passend,  denselben  überall  durch  den  Acutus  auszudrücken  und 


310  liildung   der  Casus.      §.  149. 

sehen  ist  die  Accusativ-Endung  an  Substantiven  spurlos  unter- 
gegangen, bei  Pronominen  der  3ten  Person  aber,  den  Artikel 


die  Länge  besonders,  entweder  durch  das  prosodlsche  Längezeichen, 
oder  durch  zu  bezeichnen,  also  deiva-s  oder  dewa-s  (gegen- 
über dem  skr.  oxytonirten  dSoä-s  Gott)  und  dagegen  z.B.  wilka-s 
Wolf  (/  ),  grüda-s  ein  Korn  (w) ,  für  wilka-s^  grüda-s\  es  gründet 
sich  jedoch  die  Betonung  kurzer  Vocale  durch  den  Gravis  auf  eine 
alte  Gewohnheit  (s.  Ruhig  bei  Mielcke  p.  1 1  f.),  von  der  ich  mich  für 
jetzt  nicht  entfernen  will.  Wenn  ich  aber  den  geschliffenen 
Ton  in  diesem  Buche  von  dem  gestofsenen  oder  Acutus 
nicht  unterscheide,  so  möchte  ich  doch  die  Existenz  des  ersteren 
nicht  leugnen,  und  macke  darauf  aufmerksam,  dafs  auch  das  dem  Li- 
tauischen zunächst  verwandte  Lettische  zwei  Accente  hat,  den  „ge- 
stofsenen" und  „gehaltenen"  oder  „gezogenen",  deren  Verwechse- 
lung nach  Rosen  berger  (Formenlehre  derLettischen  Sprache  §.  15) 
ein  lettisches  Ohr  noch  mehr  verletzt  und  auch  gröfsere  Misverständ- 
nisse  veranlassen  kann,  als  die  unrichtige  Aussprache  einzelner  Buch- 
staben. Der  gezogene  Ton  kann  auf  kurzen  wie  auf  langen  Vocalen 
ruhen  und  es  unterscheiden  sich  zuweilen  zwei  im  Übrigen  völlig 
gleichlautende  Wörter  sehr  wesentlich  in  ihrer  Bedeutung,  öderes 
gestalten  sich  dieselben  Lautgruppen  zu  zwei  ganz  verschiedenen 
Wörtern,  je  nachdem  sie  mit  gestofsenem  oder  gezogenem  Ton  ge- 
sprochen werden:  so  heifst  w^ls  mit  gestofsenem  Ton  „er  wird 
wälzen"  und  mit  gezogenem  „Teufel";  rrüt  {rniht)  mit  gesto- 
fsenem Ton  ,,t  aus  eben",  mit  gezogenem  „treten";  deli  {dehli) 
mit  gestofsenem  Ton  „Söhne",  mit  gezogenem  ,, Brett".  Es  er- 
innert dies  an  das  Verfahren,  wornach  das  Chinesische  durch  seine 
verschiedenen  Betonungsarten  aus  einer  und  derselben  einsylbigen 
Lautgruppe  sehr  verschiedene  Wörter  macht,  die  unter  sich  nichts 
gemein  haben.  Es  kommen  aber  auch  nicht  selten  im  Lettischen  die 
beiden  Betonungsarten  in  einer  und  derselben  Wurzel  vor;  es  hat 
z.  B.  mir  sterben  (=  skr.  mar,  mr,  lat.  rnor)  im  Infinitiv  mir-i  den 
gezogenen  oder  gehaltenen  Ton,  und  im  Praesens  mir-stu  den  ge- 
stofsenen (Rosenb.  p.  19)-  Über  die  Art,  wie  der  gezogene  oder 
gehaltene  Ton  von  dem  gestofsenen  oder  Acutus  sich  unterscheidet, 
bemerkt  R OS enb erger  (p.  17  Anm.)  blofs,  dafs  er  ungefähr  so  aus- 
gesprochen werde,  wie  man  in  Kurland  die  Familiennamen:  Behr, 
Bär,  Hahn  ausspreche.      Auch  ohne  zu  wissen,  wie  die  Kurländcr 


j4ccusatw  sg.     §.    149.  311 

mitbegriffen,  so  wie  bei  starken,  d.  h.  mit  einem  Pron. 
verbundenen  Adjeetiven  (s.  §.  287  f.)  hat  sich  dieselbe,  ebenso 
wie  im  Hochdeutschen  (bis  heute)  behauptet,  doch  nur  an 
Mascuhnen,  während  das  Femininum  auch  m  diesen  Wort- 
klassen auf  die  Casusbezeichnung  verzichtet  hat.  Das  ur- 
sprünghche  m  hat  sich  in  n  verwandelt,  und  diesem  ist, 
gleichsam  zu  seinem  Schutze  (s.  §.  18)  ein  a  zur  Seite  ge- 
treten; daher  goth.  tlia-na  den,  diesen  =  skr.  to-m,  alt- 
preufs.  sta-n^  sto-n,  lit.  ta-n  =  to,  griech.  tc-v^  lat.  is-tu-m; 
dagegen  im  Fem.  tho  für  skr.  td-m.,  dor.  ra-v,  altpreufs. 
sta-n,  sto-n,  lit.  ta-n  =  ta,  lat.  is-ta-m.  Das  Hochdeutsche 
hat  den  vocalischen  Zusatz  der  goth.  Accusativ-Endung  wie- 
der fallen  lassen;  dafs  es  ihn  aber  früher  gehabt  habe,  ist 
kaum  zu  bezweifeln,  weil  sonst  der  schüefsende  Nasal,  wie 


die  deutschen  Familiennamen  aussprechen,  kann  man  doch  aus  dieser 
Vergleichung  soviel  entnehmen,  dafs  der  gezogene  Ton  des  Letti- 
schen nicht  hlofs  wie  der  Acutus  die  Bestimmung  hat,  die  Tonsylbe 
mehrsylblger   Wörter   hervorzuheben   und    einsylbige    selbständige 
Wörter  von  tonlosen  Encllticis  zu  unterscheiden,  sondern  auch,  wie 
die  chinesischen  Tonarten,  eine  besondere  Modulation  der  Stimme 
anzudeuten.   —     Um    aber   wieder   zum  Litauischen    zurückzukeh- 
ren, so    habe  Ich    noch    zu    bemerken,   dafs   ich    die  Qualität  der 
<?-Laute,  —  Kurschat's  helles  und  dumpfes  e  —   nicht  unterscheide, 
sondern  nur  die  Länge  und  den  Accent  berücksichtige,  indem  Ich  e, 
sowohl  für  helles  als  für  dumpfes  e,  wo  es  tonlos  Ist,  schreibe,  und 
dagegen  e  für  jedes  betonte  kurze,  und  e  oder  e  für  helles  und  dum- 
pfes langes  e  setze,  je  nachdem  es  betont  Ist  oder  nicht.      Etymolo- 
gisch kann  e  sowohl  sanskritisches  e  (=  o/),  als  5^  d  vertreten.     So 
lange  es  aber  noch  an  einem  die  Quantität  und  die  Tonsylbe  genau 
bezeichnenden  Wörterbuche  fehlt,  können  dieselben  auch  bei  Wort- 
verglelchungen,  sowohl  bei  den  e- Lauten   als  bei  andern  Vocalen, 
nicht  überall   angegeben   werden.      So   habe    Ich  früher  dem   skr. 
sünvSs  das  litauische   sunü-s   gegenübergestellt,  aber   erst   durch 
Kurschat's  Beiträge  (Königsberg  1849)  H,  p.  106  erfahren,  dafs  das 
erste  u  lang  Ist  {sunü-s),  und  dafs  somit  das  Ganze  dem  skr.  Schwe- 
sterwort sowohl  im  Laut  als  in  der  Betonung  auf  das  genaueste  ent- 
spricht. 


312  Bilduns  der   Casus.     §.   149. 

im  Gen.  pl.  und  in  der  Isten  P.  sg.  des  Conjunct.  höchst 
wahrscheinlich  unterdrückt  worden  wäre  (vgl.  §.  18  und  92 
p.  157  f.)  Man  vergleiche  das  ahd.  i-n  ihn  mit  dem  goth. 
i-na  und  altlat.  i-m.  Darin  behauptet  das  Hochdeutsche 
einen  Vorzug  vor  dem  Gothischen,  dafs  es  den  Accusativ- 
Charakter  auch  an  Substantiven  nicht  ganz  hat  untergehen 
lassen,  sondern  ihn  im  Alt-  und  Mhd.  an  männlichen  Eigen- 
namen noch  standhaft  geschützt  hat;  z.  B.  ahd.  hluodo- 
wiga-n^  hartmuota-n ,  petrusa-n\  mhd.  swride-n,  parzifdle-n, 
j6hannese-n.  Selbst  im  Nhd.  sind  Accusative  wie  FFilhelme-n, 
Ludwige-n  noch  gestattet;  wenngleich  veraltet  (s.  Grimm 
p.  767,  770,  773).  Aufser  bei  Eigennamen  hat  sich  im  Ahd. 
auch  das  Casuszeichen  n  noch  an  den  Substantiven  Izot  Gott, 
truhtin  Herr,  fater  Vater  und  man  Mensch,  Mann  be- 
hauptet, daher  kota-n,  truhtina-n,  truhtine-n,  fatera-n '),  mari- 
na-n^  wobei  zu  beachten,  dafs  dies  mit  Ausnahme  von 
mamia-n  sämmtlich  W^örter  sind,  die  mit  Ehrfurcht  ge- 
sprochen werden,  woraus  sich  das  längere  Beharren  an  der 
alten  Form  erklären  läfst.  Hinsichtlich  der  Form  manna-n 
ist  zu  berücksichtigen,  dafs  das  Gothische  sowohl  einen 
Stamm  mana^  als  einen  erweiterten  Stamm  mannan  besitzt, 
letzteres  zugleich  Accusativ,  womit  man  das  ahd.  mannan 
identificiren  könnte,  so  dafs  also  das  schliefsende  n  hier 
staminhaft  wäre.  Wie  dem  aber  auch  sei,  so  möchte  ich 
nicht  sagen,  dafs  die  Accusative  auf  n  der  Eigennamen  und 
der  Benennungen  von  Gott,  Herr  und  Vater  eigentlich  der 
Adjectiv-Declination  angehören,  da  von  ältester  Zeit  her  in 
unserem  Sprachstamm  den  Substantiven  ebenso  wie  den 
Pronominen  und  Adjectiven  ein  Nasal  im  Accus,  masc.  und 
fem.  (bei  «-Stämmen  auch  im  Neutrum)  zukommt,  so  dafs 
es  nicht  befremden  kann,  wenn  einige  gleichsam  priviligirte 


*)  Ich  theile /a/era-n ,  nicht /a/cr-an  analog  dem  sVt.  püdr-arn^ 
weil  anzunehmen,  dafs  dieses  Wort  im  Ahd.  in  den  meisten  Casus 
durch  einen  vocalischen  Zusatz  zur  ersten  starken  Dechnalion  ühcr- 
gegangcn  sei. 


Accusativ   sg.      §.    150.    151.  313 

Wörter,  und  eine  ganze  Wortklasse  (die  Eigennamen)  die 
alte  Erbschaft  bewahrt  haben.  —  Erwähnung  verdient  hier 
noch,  dafs  im  Send  die  Stämme  auf  ya  und  v«,  Avie  bereits 
bemerkt  worden  (§.42  p.  73),  diese  Sylben  vor  dem  Accu- 
sativcharakter  m  zu  t  und  ü  zusammenziehen.  Ziemlich  ähn- 
lich verfährt  das  Gothische  bei  Substantivstämmen  auf/a, 
va,  indem  es  z.B.  aus  den  Stämmen  harja  Heer,  hairdja 
Hirt,  thiva  Knecht,  die  Accus ative /mn,  ÄmVc?e,  ^Äm  (gegen 
saii)  (p.  279)  bildet;  dagegen  schützt  dasselbe  vor  der  er- 
haltenen Casus-Endung  na  das  schliefsende  a  des  Stammes, 
daher  midja-na  medium  (adj.),  qviva-na  vivum,  wie  im 
Skr.  mdd'ya-m,  gtva-on. 

150.  Consonantisch  endigende  Stämme  setzen  im  Sans- 
krit, Send  und  Lateinischen  dem  Casuszeichen  m  einen  Binde- 
vocal  vor,  nämlich  a  im  Sanskrit,  e  im  Send  und  Latei- 
nischen; daher  z.B.  skr.  Bratar-a-m,  send,  hrdtar-e-m, 
IsLt.  f7'dtr-e-m.  Das  Griechische  hat  hinter  dem  als  Binde- 
vocal  angefügten  a  den  wirklichen  Casus  -  Charakter  aufge- 
geben, daher  z.  B.  (pspovT-a  gegen  skr.  Bdrant-a-m,  send, 
harant- e- m,  lat.  ferent-e-m. 

151.  Einsylbige  Wörter  auf  t,  ü  und  du,  setzen  im 
Sanskrit,  gleich  den  consonantischen  Stämmen,  am  statt  des 
blofsen  m  als  Accusativ- Endung,  wahrscheinlich  um  auf 
diesem  Wege  zur  Mehrsylbigkeit  zu  gelangen.  So  bilden  Bt 
Furcht  und  ndu  Schiff  nicht  ßi-m,  ndu~m  —  wie  das 
Griechische  vav-v  erwarten  liefse  —  sondern  Biy-am,  nav-am. 
Hierzu  stimmen  die  griechischen  Stämme  auf  ed,  indem  diese 
E-a,  aus  £F-a,  für  iv-v  setzen;  z.  B.  ßa(jiKi{v)ci  für  ßacnXsv-v. 
Es  ist  aber  Unrecht,  wenn  man  im  Lateinischen  em  als  die 
wahre,  ursprünglich  einzige  Accusativ-Endung  ansehen  will, 
und  für  lupu-m,  hora-m,  fructu-m,  die-m  ein  älteres  lupo-em, 
hora-em,  fructu-em,  die-em  verlangt.  Dafs  der  blofse  Nasal 
zur  Bezeichnung  des  Accusativs  hinreichte,  und  ein  vorlau- 
fender Vocal  nur  aus  Noth  beigegeben  wurde,  dies  beweist 
die  Geschichte  unseres  ganzen  Sprachstammes,  und  würde 
sich  ohne  Sanskrit  und  Send  durch  das  Griechische,  Litauische, 


314  liilduns  der   Casus.      §.  152. 

Altpreufsisclie  und  Gothische  schon  hinlänglich  begründen 
lassen.  Das  lateinische  em  im  Acc.  3.  Decl.  ist  von  doppelter 
Art,  einmal  gehört  das  e  zum  Stamme  und  steht  wie  in 
unzähligen  Fällen  für  i,  und  e-m  von  igne-m  (skr.  agni-m) 
steht  dann  dem  indischen  i-m,  sendischen  6-m,  griechischen  i-v, 
altpreufs.  i-n  {asti-n  rem),  lit.  ^-7^,  gothischen  i-na  (von  zna 
ihn)  gegenüber.  Ausnahmsweise  hat  sich,  doch  in  echt 
lateinischen  Wörtern  nur  bei  Femininen,  denen  der  ^-Laut 
besonders  zusagt  '),  das  stammhafte  i  unverändert  behauptet, 
in  Formen  wie  siti-m^  tussi-m^  Tiheri-m,  Mhi-m,  Hispali-m. 
Im  Accus,  consonantisch  endigender  Stämme  entspricht  das  e 
von  e-m  dem  indischen  a,  daher  ped-em  =  skr.  pdd-amy 
gr.  7r6d-a(v);  so  auch  in  den  in  ihrer  Art  einzigen  Formen 
grii-em,  su-em  (von  grü,  sü),  welche  schön  zu  sanskritischen 
Aceusativen  wie  düv-am  (euphonisch  für  Bu-am)  von  Öü^ 
nom.  Bü-s  terra,  stimmen.  So  auch  im  Genitiv  gru-is, 
su-is  gegenüber  den  sanskritischen  Genitiven  wie  Uuv-ds. 
Offenbar  ist  im  Lateinischen  die  Einsylbigkeit  der  Stämme 
grü^  sü  '")  Veranlassung,  dafs  sie  nicht  der  vierten  Decl. 
folgen,  wie  im  Sanskrit  der  Declinations- Unterschied  der 
Stämme  wie  Bit,  Bi  von  solchen  wie  vadu',  nadt  auf  der 
Sylbenzahl  beruht. 

152.  Die  sanskritischen  und  sendischen  Neutralstämme 
auf  a  und  ihre  Verwandten  im  Griech.,  Lateinischen  und 
Altpreufsischen,  setzen  wie  die  beiden  natürhchen  Geschlech- 
ter einen  Nasal  zum  Zeichen  des  Accusativs,  und  führen 
dieses  weniger  persönliche,  weniger  lebendige,  und  daher  zu 
dem  Accusativ  wie  für  das  Neutrum  schon  zum  Nominativ 
geeignete  Zeichen,  auch  in  den  Nominativ  ein;  daher  z.  B. 
skr.  sdyana-m,  send,  sayane-'ni  Lager;  so  im  Lateini- 
schen und  Griechischen  donu-rriy  ^wpo-v,  im  Preufs.  kawyda-n 


*)  S.  §§.  119.  131.  p.  269. 

**)  Vgl.gr.  (TU-?,  ^-^7  ^l^d.  sü  Sau,  skr.  sü  am  Ende  von 
Compp.  die  gebärende.  Im  Acc.  stimmt  su-cm  zu  ^ciT[^ 
süv-am^   im  Gen.  su-is  zu    suv-äs. 


Accuxalw  sg,     §.  152.  315 

was?  hilUto-n  gesagtes  (s.  „Über  die  Sprache  der  alten 
Preufsen"  p.  25).  —  Alle  anderen  Substantiv-  und  Adjectiv- 
stämme  bleiben,  mit  wenigen  Ausnahmen  im  Lateinischen, 
im  Nomin.  und  Accusativ  ohne  Casuscharakter,  und  setzen 
den  nackten  Stamm,  der  aber  im  Lateinischen  ein  schlie- 
fsendes  i  durch  das  verwandte  e  ersetzt;  so  entspricht  mare 
für  mari  dem  skr.  vari  Wasser.  Das  Griechische  läfst 
gleich  dem  Sanskrit,  Send  und  Altpreufs.  das  i  unverändert  — 
^^pL-g^  tdpL^  wie  im  Sanskrit  suci-s,  suci  rein,  im  Altpreufs. 
arwi-s,  arwi  wahr.  Beispiele  neutraler  w-Stämme,  die  zu- 
gleich die  Stelle  des  Nom.  und  Accus,  vertreten,  sind  im 
Skr.  mdcTu  Honig,  Wein,  dsru  Thräne,  svddu  süfs; 
im  Send  vohu  Reichthum  (skr.  vdsu);  im  Gr.  fxE^'v,  daKpv, 
Tjdu;  im  Lat.  pecüy  genü^  im  Gothischen /aVÄw  Vermögen 
(ursprünglich  Vieh),  hardu  hartes;  im  Lit.  saldü  süfs  es; 
im  Altpreufs.  pecku  Vieh.  Die  Länge  des  u  im  Latei- 
nischen ist  unorganisch  und  wahrscheinlich  aus  den  obli- 
quen Casus,  wo  die  Länge  aus  den  unterdrückten  Casus- 
Endungen  sich  erklärt,  in  den  Nom.  Acc.  Voc.  übergegangen. 
Wenn  schhefsendes  u  im  Lateinischen  immer  lang  ist,  so  ist 
wohl  auch  immer  ein  Grund  zu  dieser  Länge  vorhanden; 
Leim  Ablativ  z.  B.  erklärt  sich  die  Länge  des  ursprünglich 
kurzen  u  als  Ersatz  des  weggefallenen  Casuszeichens  d^  wo- 
durch auch  das  Ö  der  2.  Decl.  lang  wird.  Die  ursprüng- 
liche Kürze  des  u  der  vierten  Declination  erkennt  man  übri- 
gens aus  dem  Dativ  pl.  ü-bus.  —  Das  g  in  gr.  Wörtern  wie 
yiyog,  fjLEvog,  ivysvig  ist  bereits  in  §.  128  als  dem  Stamme  an- 
gehörend erklärt  worden;  so  verhält  es  sich  mit  dem  latei- 
nischen s  in  Neutris  wie  genus,  corpus,  gravius;  es  ist  die 
ältere  Gestalt  des  r  der  obliquen  Casus  wie  gener-is,  corpo- 
r-is,  gravior-is  (s.  §.  127).  —  Auch  das  g  neutraler  Stämme 
auf  T,  z.  B.  in  rETv<\)6g^  ripag,  sehe  ich  nicht  als  Casuszeichen, 
sondern  als  Verwechslung  mit  r  an,  welches  am  Ende  nicht 
geduldet,  sondern  entweder  abgeworfen  (juIXt,  Trpayixa)  oder 
mit  dem  verwandten  c  vertauscht  wird ,   wie   z.  B.  in  npog 


316  Bildung   der   Casus.      §.  Iö2. 

aus  TrpoTi^  skr.  prdti").    —    Im  Lateinischen   ist   es  als  eine 
Verirrung  des  Sprachgeistes  anzusehen,  dafs  die  meisten  mit 


*)  Zudieser  Ansicht,  weicheich  schon  inmelner  Abhandlung  „Über 
einige  Demonstratlvstämme  und  ihren  Zusammenhang  mit  verschiede- 
nen Praepositlonen  und  Conjunctionen"  (Berlin  IS 30  belDümmler) 
p.  4-6  entwickelt  habe,  stimmt  Im  Wesentlichen,  was  seitdem  Har- 
tu  ng  In  seinem  schätzbaren  Werke  „Über  die  Casus"  S.  152  ff.  über 
diesen  Gegenstand  gesagt  hat,  wo  auch  das  ^  von  YiTrao  aus  T  erklärt 
wird.  Das  Sanskrit  scheint  aber  dem  0  von  YjTrao  einen  anderen  Ur- 
sprung nachzuweisen,  denn  zu  TJ^'Rfäkri  (aus  ja kari)  Leber 
(ebenfalls  Neutrum)  stimmt  sowohl  jecur  wie  Yjirao  —  durch  den 
gewöhnlichen  Wechsel  zwischen  k  und  p  —  und  beide  verdanken 
ihm  ihr  r,  wie  7]7raT-og  sein  r.  tiTrar-og  sollte  y]7Taor-cg  lauten, 
{iir  skr.  fdkrt-as  aus  fdkari-as.  —  Ein  Nebenthema  von  Jj"^^ 
jäkrt  ist  fdkan^  woraus  die  schwachen  Casus  gebildet  werden 
können,  z.  B.  der  Genit.  ydkn-as  neben  ydkrt-as.  —  Analog 
mit  jaÄrr/ geht  im  Sanskrit  nur  noch  s  akr t^\\%\^  Gen.  s  akrtas 
oder  s  aknas  ,  dessen  Wurzel  (mit  verlorenem  Verbum)  jj^  s  ak, 
aus  kak,  zu  sein  scheint,  womit  man  das  lat.  caco,  gr,  KCtKKaw,  llt. 
s^iku  ,,caco",  Irland,  cac  „  animal  excrements",  cacach  „dlrty, 
flith  y",  cacÄö/m  „I  go  to  stool",  jeac/zraZ/Ä  „ fllth,  dirt"  ver- 
gleichen möge.  Der  Zischlaut  der  letztgenannten  Form  scheint  wie 
der  von  ^J^fl"^  akrt ^  jedoch  unabhängig  vom  Sanskrit,  aus  k  ent- 
standen zu  sein.  Wenn  aber  Y[7raD  für  viTrar,  und  YiTrarog  für  Y\7raDTog 
steht,  so  soll  daraus  nicht  gefolgert  werden,  dafs  bei  allen  analogen 
Formen,  unter  andern  z.  B.  bei  (p^sa^,  (poeccT-  og ,  sT^ao ,  £iSaTO-g 
(s.Kuhn,  Zeltschr.  IL  l4j)  in  den  flexionslosen  Casus  ein  schllefsen- 
des  T  und  in  den  übrigen  ein  0  vor  dem  T  verloren  gegangen  sei. 
Wenn  aber  das  D,  z.  B.  von  cpoeao  in  seinem  Ursprung  identisch  ist 
mit  dem  T  von  (poearog,  so  erklärt  es  sich,  wie  mir  scheint,  am  besten 
als  Entartung  eines  ?,  wie  in  den  oben  (p.  42)  erwähnten  Dialekt- 
formen, also  ipDsao  aus  (posag  für  (p^sar^  wie  Ke^ag  aus  Ksoar; 
Tveioap  aus  dem  wirklich  vorhandenen  TreToag  (neben  ireoag).  In 
einzelnen  Fallen  mag  auch  das  T  der  obliquen  Casus  aus  einem  älte- 
ren (T  entstanden  sein,  wofür  der  Umstand  spricht,  dafs  die  Formen 
auf  aOy  ar-og  zum  Thell  Abstracta  sind  und  somit  als  ursprünglich 
identisch  mit  denen  auf  o?,  6(0") -o?  für  skr.  ns,  as-as  (s.  §.  128)  be- 
trachtet werden  können ;  also  &'aj,  ^zarcg  aus  heag^  SeaTog,  woraus 


Acciisaiw  sg,    §.  ir>3.  3i7 

einem  Consonanten  endigenden  Adjeetivstämme  das  Nomi- 
nativzeichen s  der  beiden  natürlichen  Geschlechter  im  Neu- 
trum beibehalten,  und,  als  gehörte  es  zum  Stamme  in  die- 
sem Genus  auch  auf  den  Accusativ  ausdehnen,  wie  capac-s^ 
feliC'S^  soUr{t)-s^  aman(t)-s.  Überhaupt  ist  im  Lateinischen 
bei  consonantischen  Stämmen  das  Gefühl  für  die  Geschlechts- 
unterscheidung sehr  abgestumpft,  da  auch  das  Femin.  vom 
MascuL,  gegen  das  vom  Sanskrit,  Send,  Griechischen  und 
Gothischen  befolgte  Princip,  nicht  mehr  unterschieden  wird. 
153.  Den  gothischen  Substantiven  fehlt  bei  Neutren 
wie  bei  Masculinen  das  Casuszeichen  m,  und  die  Neutral- 
stämme auf  a  stehen  daher  auf  gleicher  Stufe  mit  den  i~ 
-u-  und  consonantischen  Stämmen  der  verwandten  Sprachen, 
dadurch,  dafs  sie  im  Nomin.  und  Accus,  ohne  alle  Fle- 
xion sind.  Man  vergleiche  in  Ansehung  der  Gestalt  dieser 
Casus  daur(a)  mit  dem  gleichbedeutenden  skr.  dvara-m. 
Neutrale  Substantive  auf  i  gibt  es  im  Gothischen  nicht,  mit 
Ausnahme  des  Numeralstammes  thri  (s.  §.310)  und  Prono- 
minalstammes i  (§.  362).  Dagegen  gewinnen  die  Substantiven 
Stämme  auf  ja  durch  Unterdrückung  des  a  im  Nom.  und 
Accus,  sing.  (vgl.  §.  135)  in  diesen  Casus  das  Ansehen  von 
^-Stämmen,  z.  B.  vom  Stamme  reikja  Reich  (skr.  rd'gya 
ebenfalls  Neutrum)  kommt  in  den  genannten  Casus  reiki, 
gegenüber  dem  skr.  ragya-m.  Das  Fehlen  neutraler  z-Stämme 
bei  germanischen  Substantiven  und  Adjectiven  ist  um  so 
weniger  befremdend,  als  auch  in  dem  verwandten  Sanskrit, 
Send  und  Griechischen  der  entsprechende  Ausgang  im  Neu- 
trum nicht  sehr  häufig  ist.  —  Im  Litauischen  ist  das  Neutrum 
bei  Substantiven  ganz  ausgestorben  und  hat  nur  bei  Pro- 
nominen  und  Adjectiven,  wo  letztere  auf  Pronomina  bezo- 
gen werden,    eine   Spur  zurückgelassen.     Adjectiv- Stämme 


auch  Öecg^  ^eovg  (d£S(G')-og).  Dagegen  gehört  das  In  seiner  Art 
einzige  Femininum  SafJLao,  oaixctQTog  offenbar  einem  Stamme 
oaixaoT  an,  wozu  sich  oajJLao  ungefähr  so  verhält  wie  Im  Lateini- 
schen cor  zum  Stamme  cord  =z  skr.  hid  aus  hard. 


318  Bildung   der   Casus.      §.    154. 

auf  u  haben  in  diesem  Falle  den  Nom.  und  Acc.  sing.,  im 
Einklang  mit  den  verwandten  Sprachen,  ohne  Casuszeichen; 
z.B.  darkü  häfslich  steht  als  Nom.  und  Acc.  neut.  dem 
männlichen  Nom.  darkii-s,  Acc.  därku-n  gegenüber.  Dieser 
Analogie  folgen  aber  im  Litauischen  auch  die  Adjectiv-Stämme 
auf  a,  und  so  steht  z.B.  gera  gutes  als  Nom.  und  Acc. 
gegenüber  den  männlichen,  mit  Gasuszeichen  versehenen 
Formen,  gera-s,  gera-n. 

154.  Es  fragt  sich  ob  das  m  als  Zeichen  des  Nom. 
und  Acc.  der  Neutra  (vom  Vocativ  ist  es  im  Skr.  und  Send 
ausgeschlossen)  ursprünglich  nicht  blofs  auf  die  a- Stämme 
beschränkt  war,  sondern  auch  den  i-  und  w-Stämmen  sich 
anfügte,  so  dafs  man  im  Skr.  für  vd'ri  ursprünglich  vari-m^ 
für  mddu  mdd'u-m  gesagt  hätte?  Ich  möchte  das  ursprüng- 
liche Vorhandensein  solcher  Formen  nicht  leugnen;  denn 
warum  sollten  die  a- Stämme  allein  das  Bedürfnifs  gefühlt 
haben,  den  Nomin.  und  Accus,  der  Neutra  nicht  ohne  ein 
Verhältnifs-  oder  Persönlichkeits-Zeichen  zu  lassen?  Wahr- 
scheinhcher  ist  es,  dafs  die  a- Stämme  nur  fester  an  der 
einmal  angenommenen  Endung  hafteten,  weil  sie  bei  weitem 
die  zahlreichsten  sind,  und  somit  der  Zerstörung  der  Zeit 
durch  eine  gröfsere  Macht  der  Analogie  stärkeren  Wider- 
stand leisten  konnten,  auf  dieselbe  Weise,  wie  das  Verbum 
subst.,  ebenfalls  wegen  seines  häufigen  Gebrauchs,  die  Ur- 
üexion  weniger  in  Vergessenheit  gerathen  liefs,  und  im  Ger- 
manischen manche  Erzeugnisse  der  ältesten  Periode  unseres 
Sprachstammes  bis  auf  unsere  Zeit  überhefert  hat;  z.  B. 
den  Nasal  zur  Bezeichnung  der  ersten  Person  in  bi-n^  ahd. 
6^-m,  skr.  Bdvd-mi.  Im  Sanskrit  fehlt  es  nicht  an  einem, 
wenn  gleich  ganz  vereinzelt  dastehenden  Beispiel  eines  m 
als  Nominativzeichen  eines  z- Stammes;  und  zwar  kommt 
diese  Form  in  der  Pronominal- Declination  vor,  die  überall 
am  längsten  den  ÜberUeferungen  der  Vorzeit  getreu  bleibt. 
Ich  meine  die  Interrogativform  ki-m  was?  vom  Stamme 
Ä^,  der  wohl  auch  ein  ki-t  im  Sanskrit  gezeugt  haben  mag, 
das  im  lateinischen  qiii-d  erhalten  ist,  und  welches  ich  auch 


Accusativ  sg.      §.  155.    156.  319 

in  dem  skr. Encliticum  cit^  erweicht  aus^^-^,  wiedererkenne. 
Sonst  kommen  im  Skr.  i-  oder  w-Stämme  von  Pronominen  im 
Nom.  Acc.  neut.  nicht  vor,  denn  amü  jener  substituirt  adds, 
und  i  dieser  verbindet  sich  mit  dam  (idcim  dieses). 
Über  das  ursprüngliche  Verfahren  der  consonantischea 
Stämme,  im  Nom.  Accus,  der  Neutra,  gibt  die  Pronominal- 
Dechnation  keinen  Aufschlufs,  da  alle  Grundformen  der  Pro- 
nomina auf  Vocale,  und  zwar  meistens  auf  a  ausgehen. 

155.  Pronominalstämme  auf  a  setzen  im  Sanskrit  ^, 
im  Send  "^d  als  Flexion  des  Nom.  und  Acc.  neut.  Das 
Gothische  setzt,  wie  im  Accus,  masc.  na  für  m  oder  w,  so 
hier  ta  für  blofses  t,  und  überträgt  diese  wie  andere  Eigen- 
heiten der  Pronominal- Declination,  gleich  den  übrigen  ger- 
manischen Dialekten,  auch  auf  die  adjectiven  a- Stämme, 
z.B.  hlindata  coecum,  midja-ta  medium").  Das  Hoch- 
deutsche setzt  in  der  älteren  Periode  z  statt  des  gothischen 
t  (§.  87),  in  der  neuesten  5.  Der  Pronominalstamm  i  (spä- 
ter e)  folgt  im  Germanischen,  wie  im  Lateinischen,  der  Ana- 
logie der  alten  a- Stämme,  und  das  Lateinische  setzt,  wie 
im  alten  Ablativ,  d  statt  t.  Das  Griechische  mufste  alle 
^- Laute  am  Ende  aufgeben  (§.86.2));  der  Unterschied  der 
pronominalen  von  der  gewöhnlichen  o- Declination  besteht 
also  in  dieser  Beziehung  blofs  in  der  Abwesenheit  aller  Fle- 
xion; aus  diesem  Unterschiede  und  dem  Zeugnifs  der  ver- 
wandten Sprachen  erkennt  man  aber  auch,  dafs  z.  B.  t6  ur- 
sprünglich TOT  oder  rod  gelautet  habe,  denn  ein  rov  wäre 
wie  im  männhchen  Accus,  unverändert  geblieben.  Vielleicht 
haben  wir  einen  Überrest  einer  Neutral-FIexion  t  in  orrt,  so 
dafs  oT-Ti  zu  theilen  wäre,  und  also  das  doppelte  r  in  die- 
ser Form,  eben  so  w^enig  als  das  doppelte  o-  in  Formen  wie 
opecr-o-t  (§.  128)  einen  blofs  metrischen  Grund  hätte  (Butt- 
mann p.  85). 

156.  Den  Ursprung  des  neutralen  Casuszeichens  t  fin- 
den wir  in  dem  Pronominalstamm  f|"  ta  er,  dieser  (gr.  ro, 


^)   Über  den  Grund  dieser  Erscheinung  s.  §.  287  f. 


320  Bildung   der   Casus.     §.    157. 

goth.  tha  etc.),  und  einen  überzeugenden  Beweis  für  die 
Richtigkeit  dieser  Erklärung  darin,  dafs  f{fL  '^^"^  ^s,  die- 
ses mit  "^  sa  er,  dieser,  und  ^  sa  sie,  diese,  in  dem- 
selben Gegensatze  in  Ansehung  des  Stammes  steht,  wie  t 
als  neutrales  Casuszeichen  mit  dem  nominativen  s  männ- 
licher und  weiblicher  Nomina  (§.  134).  Auch  das  m  des 
Accusativs,  welches  die  Neutra  schon  im  Nominat.  setzen, 
ist,  wie  ich  nicht  zweifle,  von  pronominalem  Ursprung;  und 
es  ist  merkwürdig,  dafs  die  zusammengesetzten  Pronominal- 
stämme i-md  dieser,  dieses  und  a-mü  jener,  jenes 
(fem.  ima^  amu)  eben  so  wenig  als  ta,  td  im  Nom.  masc. 
und  fem.  vorkommen,  sondern  das  Sanskrit  substituirt  dem 
Stamme  amü  im  Nom.  masc.  und  fem.  sg.  die  Form  asdü^ 
deren  s  also  zum  m  von  amü-m  illum,  amü-sya  illius 
und  andern  obliquen  Casus  in  demselben  Verhältnisse  steht,  wie 
unter  den  Casusendungen  das  Zeichen  des  männhch-weiblichea 
Nominativs  zum  m  des  Accusativs  und  neutralen  Nominativs. 
Auch  heifst  im  Send  IS:^'^^  imad  dieses  (Nom.  Acc),  aber 
nicht  im 6  dieser,  sondern  ^n^<^  aem  (aus  35f?Tq^  aydm^ 
s.  p.  72  Anm.f)  und  9:>3  tm  (aus  ^t\^  iydm)  diese.  Vom 
Griech.  berücksichtige  man  den  nur  im  Accus,  vorkommenden 
Pronominalstamm  jut,  welcher  sich  in  Ansehung  seines  Vocals 
zmTI  ma  (in  dem  zusammengesetzten  Stamm  ^Tf  i-md)  ver- 
hält, wief^fiTL  hi-m  was?  zu  ^7^  ka-s  wer?  Die  gothische 
neutrale  Endung  ta  stimmt  in  Ansehung  der  Lautverschiebung 
(§.  86)  zum  lateinischen  d  [id,  istud);  dieses  lat.  d  aber  scheint 
mir  eine  Herabsinkung  vom  älteren  t,  wie  z.  B.  das  b  von  ab 
aus  dem  p  des  verwandten  ^^q"  dpa,  cItto  hervorgegan- 
gen ist,  und  das  d  der  altlateinischen  Ablative  (g.  181)  auf 
das  skr.  t  sich  stützt. 

157.  Dem  oben  erwähnten  skr.  ta-t,  send,  ta-d, 
goth.  tha-ta.  gr.  t6  steht  im  Litauischen  tai  (dieses)  gegen- 
über, und  ich  glaube  jetzt,  in  Abweichung  von  meiner  frühe- 
ren Ansicht  (erste  Ausg.  p.  185)  in  dessen  i-Laut  die  Ver- 
schmelzung eines  ^- Lauts  zu  erkennen,  in  derselben  Weise, 
wie  wir  im  Ossetischen  den  Vocal  i  als  Vertreter  von  t  und  8 


Accusativ  sg.    §.  157.  321 

erkannt  haben  (s.  p.  120).  Auch  fehlt  es  dem  Litauischen 
nicht  an  Formen,  wo  ^  die  Stelle  eines  ursprünglichen  s 
einnimmt;  sie  finden  sich  in  der  2ten  P.  sg.  des  Aorists,  wo 
ai  dem  skr.  a-s  gegenübersteht,  z.B.  in  sukal  du  drehtest 
als  Analog:on  sanskritischer  Aoriste  wie  dhud'as  du  wufs- 
test.  Hiervon  später  mehr;  hier  aber  erinnere  ich  noch  an 
eine  ähnliche  Erscheinung  in  einer  nicht  zum  indo-europäi- 
schen  Stamme  gehörenden  Sprache,  nämlich  im  Tibetanischen, 
wo  z.B.,  worauf  Böhthngk  aufmerksam  macht*),  zwar  las 
geschrieben  wird,  dieses  aber  wie  lai  gesprochen  wird.  — 
Das  Altpreufsische  hat  bei  den  Pronominal -Neutren  den 
schHefsenden  ?^-Laut  ganz  schwinden  lassen,  daher  sta  das, 
dieses,  y(;a  was?;  letzteres  =  ved.  '3(\^kat^  send.  tSi*''^  kad. 
Die  im  §.148  erwähnten  Wörter  bilden  im  Accusativ: 


Sanskrit 

Send 

Griech. 

Lat. 

Lit. 

Goth. 

m. 

äsva-m 

aspe-m 

'iTTTTO-V 

equu-m 

pona-n 

vulf 

ra. 

ka-m 

ke-m 

ka-n 

Jiva-na 

n. 

dana-m 

ddte-m 

dwpo-v 

donu-m 

gera 

daur' 

n. 

ta-t 

ta-d 

1 

is'tu-d 

ta-i 

tha-ta 

f. 

dsvd-m 

hisva-nm 

')(fjopül-v 

equa-m 

dswa-n 

giba 

f. 

kd-m 

ka-nm 

hvo') 

m. 

pdti-m 

paitt-m 

TToa-L-v 

hoste-m 

genti-n 

gast' 

m. 

x-m 

i-na 

f. 

priti-m 

dfrtti-m 

TTOpTL-V 

turri-m 

dwi-n 

anst* 

n. 

vari 

vairi 

Idpl 

mare 

n. 

i-d 

i'ta 

*)   Beiträge  zur  russischen  Grammatik,  Bull,  hist.-philol.  der  St. 
Petersburger  Akad.  T.  VIII. 

*)  Man  sollte  hv6-na^  oder,  mit  Verkürzung  des  Stammes,  hva-na 
erwarten,  was  dem  Masc.  gleich  wäre.  In  Ansehung  der  verlorenen 
Casusendung  berücksichtige  man,  dafs  überhaupt  die  Feminina  weni- 
ger standhaft  in  Überlieferung  der  alten  Flexionen  sind  (vgl.  §.  136). 
Was  schon  das  Sanskrit  Im  Nominativ  sich  zu  Schulden  kommen 
läfst.  Indem  es  kd  für  kd-s  setzt  (§.137),  thut  das  Gothlsche,  auf  die- 
sem Wege  der  Zerstörung  weiter  gehend,  auch  im  Accusativ. 
I.  21 


322 

Lat.  Jjt.  Gotli. 


1. 
m 

u  uuu/ 

sünü- 

OL  (,-  1 

m 

pa8Ü-m 

viy.v-v 

pecu-m 

sünu-n 

sunu 

f. 

kdnu- 

■  m 

ta7iü-m 

yBVV'V 

socru-m 

handle 

n. 

mddu 

m  a  du 

fJii^V 

pecti 

platu 

failiu 

f. 

V  a  d'u-  m 

i.gd-m  ^) 

nav-am 

ga-nm 

ßov-v 

hov-em 

m 

f. 

VCLV-V 

f. 

vac-am 

OTT-a 

vöc-em 

m.  l)drant-am  harent-em  (^ipovT-cL  ferent-em fijand 

ni.  dsmdn-am  asman-em  daA\xcv'CL  sermon-em akman 

n.  nd'ma  ndma  rdXav       nömen        nanio 

m.  dratar-amhrdtar-em  TvcLrip-a  frdtr-em    hrothar 

f.  duhitdr-am  dug'd'ar-em^vyoLTip-amdtr-em    dauhtar 

m.  ddtar-am  ddtdr-em  dor-qp^a,    dator-em    

n.  vdcas  vaco  ^)        enog         genus         

Instrumentalis. 

158.  Der  Instrumentalis  wird  im  Sanskrit  durch  d  be- 
zeichnet, und  diese  Flexion  ist,  wie  ich  glaube,  eine  Ver- 
längerung des  Pronominalstamms  a  und  identisch  mit  der 
aus  diesem  Pronomen  entsprungenen  Praeposition  d  an, 
hin,  bis.  Im  Send  erscheint  das  Casuszeichen  in  der  Regel 
verkürzt  (s.  §.  118),  selbst  da,  wo  diese  Endung  mit  einem 
vorhergehenden  saj  a  des  Stammes  in  Eins  zerflossen  ist,  so 
dafs  in  diesem  Falle  die  Grundform  und  der  Instrumentalis 
völhg  gleich  sind;  z.B.  ^«-'t^^^^^  sausa  mit  Willen, 
^•t^i^vu^vo  asausa  ohne  Willen  (V.  S.  p.  12),  ^v^^vu^^r^ 
5 Äii/öjwfwa  actione,  kommt  oft  vor;  vu^^u  ana  durch  die- 
sen, v«.'(>o£^jji(>o^voe^  paiti-bereta  allevato.  Nur  bei 
einsylbigen  Stämmen  auf  <^'  a  zeigt  sich  im  Instr.  ein  lan- 
ges a;  so  ^Mjjf^  qd  proprio  (V.  S.  p.46)  von  dem  Stamme 
vujj^  qa  (skr.  ^5f  sva  §.  35).  Im  Sanskrit  wird  den  mit 
kurzen  Vocalen   endigenden   Stämmen   gen.  masc.   und  fem. 


-)    Aus  g'ai^-am,  s.  §.  I22.  ^)    ^Wi  ca:  v ac as  ca. 


Instrumentalis  sg.     §.  lo9.  323 

ein  euphonisches  n  beigefügt,  ein  schliefsendes  a  aber,  wie 
in  mehreren  anderen  Casus,  m  Jf  e  umgewandelt,  und,  wie 
ich  glaube ,  durch  den  Einflufs  dieser  Stammbeschwerung 
das  d  des  Casussuffixes  verkürzt;  daher  z.  B.  dsve-n-a, 
agni-n-d^  vdri-n-d  (s.  §.  17^\),  sünü-n-d^  mddu-n-d; 
von  dsva  etc.  Die  Veda's  zeigen  aber  noch  Überreste  von 
Bildungen  ohne  euphonisches  n,  wie  z.  B.  mahitva  aus 
mahitva-d  von  mahitva  Gröfse,  mahitvana  von  ma- 
hitvand  id.,  vrs'atva  von  vrs'atvd  Regen,  svdpnay-d 
(aus  svapne-d,  s.  p.  295)  von  svdpna  Schlaf,  icrü-y-d 
für  urü-n-d  von  urü  grof  s,  mit  euphonischem  q^i/  (§.  43), 
prabdkav-d  Yon  prabdhu  aus  bdhü  Arm  mit  der  Praep. 
pra,  mddv-d  von  mddu  n.  Honig.  Zur  Veda-Form 
svdpnayd  liefert  die  gewöhnhche  Sprache  Analoga  durch 
mdyd  durch  mich  und  tvdyd  durch  dich,  von  den 
Stämmen  ma  und  tva,  deren  a  in  diesem  Casus  wie  im 
Locat.  in  e  übergeht.  Auch  aus  ^a#^  m.  Herr,  und  sdlci  m. 
Freund  bildet  die  gewöhnliche  Sprache  Instrumentale  ohne 
eingeschobenes  n^  nämhch  paty-d,  sdUy-d").  Feminina 
lassen  niemals  ein  euphonisches  n  zu,  allein  d  geht  wie  vor 
einigen  anderen  vocalischen  Endungen  in  ^  e  über,  d.  h.  es 
mischt  sich  ein  i  bei,  und  d  verkürzt  sich  tm  ^  a  (s.  p.  295) ; 
daher  dsvay-d  (aus  dsve-hd).  Das  Send  folgt  hierin  der 
Analogie  des  Sanskrit. 

159.  Da  e  im  Goth.  nach  §.  69.  2)  eben  so  wie  6  die 
Stelle  des  d  vertritt,  so  entsprechen  die  von  Grimm  (p,  790 
und  798)  als  Instrumentale  aufgefafsten  Formen  the,  hve, 
von  dem  Demonstrativstamm  tha  und  dem  interrogativen 
hva,  sehr  merkwürdig  den  sendischen  Instrumentalen  wie 
^*^Ü^  q'd  vom  Stamme  <«-'^  q'a  und  dem  vedischen  tvd 
durch  dich.  Wir  müssen  aber  auch  noch  sve  in  das  Ge- 
biet der  am  treusten  erhaltenen  Instrumentalformen  ziehen; 


*)  Am  Ende  von  Compositen  folgt  pdti  in  allen  Casus  der 
regelmäfsigen  Declln.,  gelegentlich  auch  im  elnfachenZustande,  daher 
päti-n-d  (Nal.  17.  4l). 

21' 


324  Bildinii;   der   Casus.      ^.  160. 

dabei  ist  si^e,  ans  sva^  auch  in  Ansehung  des  Stammes  mit 
vojiv  qd^  aus  qa^  verwandt  ").  Die  Bedeutung  von  sve  ist 
„Avie"  (cJj),  und  das  im  Hochdeutschen  aus  8va  oder  soe  her- 
vorgegangene 80  (auch  8U0  =  8wo)  bedeutet  sowohl  wie  als 
so  etc.  Die  Gasusverhältnisse  die  durch  wie  und  so  aus- 
gedrückt werden  sind  aber  echt  instrumentaHsch  ").  —  Die 
angelsächsische  Form  für  sve  ist  8vd^  wobei  das  Colorit  des 
sendischen  «^^^  qd  am  treuesten  erhalten  ist.  Das  gothische" 
sva  so  ist,  seiner  Form  nach,  blofs  die  Verkürzung  von 
sv^,  da  a  die  Kürze  sowohl  von  e  als  von  6  ist;  durch 
diese  Verkürzung  ist  aber  8va  identisch  mit  seinem  Thema 
geworden,  eben  so  wie  z.B.  ^<'\^^  ana  im  Send  nach  §.158 
von  seinem  Thema  nicht  unterschieden  ist. 

160.  Dem  gothischen  tlie  und  hve  entsprechen,  abge- 
sehen vom  Stamme,  im  Althochdeutschen  die  Formen  diu^ 
liwiu""'^).  Auch  hat  sich  von  einem  Demonstrativ-Stamme  hi 
die  Form  hiu  in  der  Composition  hiutu  für  hiu-tagu  (an 
diesem  Tage,  heute,  s.  Grimm  S.794)  erhalten,  obwohl 
die  Bedeutung  hier  eigentlich  locativ  ist.  Das  Gothische  hat 
dafür  den  Dativ  hmima-  daga  (s.  §.  396).  —  Auch  an  Sub- 
stantiv- und  Adjectivstämmen  masc.  neutr.  auf  a  und  i  hat 
diese  Endung  u  sich  behauptet,  wenngleich  nur  in  spar- 
samem Gebrauch,  vorzügHch  nach  der  Praep.  mit,  z.  B.  mit 


*)  S.  §.  35.  Grimms  Vermuthungen  über  die  Formen  sva  und 
jpe  (III,  43)  scheinen  mir  unhaltbar,  auch  ist  eine  Erklärung  dieser 
Formen  ohne  die  Vermittelung  des  Sanskrit  und  Send  unmöglich. 
Mehr  hierüber  bei  den  Pronomlnen. 

**)  Wenn  man  wie  als  „durch  welches  Mittel,  aufweiche  Art 
oder  Welse",  und  „so"  als  „durch  dieses  Mittel,  auf  diese  Art"  auffafst. 
In  jedem  Falle  gibt  es  unter  den  acht  Casus  der  Sanskritsprache  kei- 
nen, der  geeigneter  wäre  an  dem  Relativ  und  Demonstrativ  die  Be- 
deutungen wie  und  so  auszudrücken. 

***)  Vielleicht  <i/'w,  Äfv/a  zu  sprechen  (s.  §.86.  1.).  Der  Stamm  des 
ersteren  entspricht  dem  skr.  ^  tya  (§.  35.5),  wovon  man  nach 
vedisch-sendlschem  Prinzip  einen  Instrument.  ^:jjj  tyd  zu  erwarten 
hätte.   Über  den  Stamm  von  hwiu  Qiuiu)  s.  §.  388. 


Instrumcnlnlis  sg.     §.   160.  325 

eidu  mit  Eid,  7nit  wortu  mit  Wort,  7)tit  cuatu  mit  gu- 
tem, mit  kast-u  mit  Gast;  von  den  Stämmen  eida,  wortay 
cuota^  kasU  (mit  Umlaut  kesti).  Hierbei  ist  es  wichtig  zu 
bemerken,  dafs  der  Instr.  im  Skr.  sehr  häufig,  und  zwar 
meistens  für  sich  allein,  gelegentlich  aber  auch  in  Gemein- 
schaft mit  der  Praep.  sahd  mit,  das  sociative  Verhältnifs 
ausdrückt.  —  Was  das  formelle  Verhältnifs  der  althoch- 
deutschen Formen  wie  kast-u  (für  kasti-ic  oder  kesti-u)  zu 
solchen  wie  wortu  anbelangt,  so  ist  zu  beachten,  dafs  in 
ersteren  das  u  ganz  der  Casusbezeichnung  angehört,  und 
dem  skr.  ä  und  sendischen,  aus  d  gekürzten,  a  von  C[r?T[ 
pdty-d  (aus  pdti-d),  ^c«^^vUj>owV(y  pataij-a,  aus  pdti^ 
faiti  Herr,  entspricht.  Das  schhefsende  i  des  Stammes 
wird  im  Althochd.  unterdrückt,  wie  nach  Willkür  im  Genitiv 
pl.,  wo  nach  Verschiedenheit  der  Quellen  sowohl  kesti-o  — 
oder  mit  e  für  z,  keste-o  —  als  kest-o  vorkommt,  wobei  jedoch 
der  Umlaut  der  letztgenannten  Form  auf  das  frühere  Dasein 
eines  i  oder  j  hinweist.  Merkwürdig  ist  die  Form  lau  (von 
hin- tu  heute,  an  diesem  Tage),  wo,  wie  mir  scheint, 
die  Einsilbigkeit  des  Stammes  Jii  dazu  beigetragen  hat,  dafs 
sein  Vocal  vor  der  Instrumental-Endung  sich  nicht  hat  ver- 
drängen lassen.  —  Das  u  der  Formen  wie  eidu,  wortu, 
swertic  (mit  swertu  mit  Schwert,  vom  Stamme  swertd) 
fasse  ich  als  Vereinigung  des  Endvocals  des  Stammes  auf« 
und  des  a  der  Casus-Endung;  d.h.  das  ^J  d  (aus  a-j-a) 
vedischer  Formen  wie  TTT^r^f  mahitva  aus  mahitva-d, 
hat  sich  zuerst  wie  im  Send  gekürzt  und  von  da  zu  u  ge- 
schwächt'). 


*)  Für  lang  kann  ich,  gegen  Grimms  Meinung,  das  instrumen- 
tale w,  auch  abgesehen  von  seiner  Entstehung  aus  kurzem  a,  nicht 
gelten  lassen;  denn  erstens  erscheint  es  bei  Notker  an  den  Prono- 
minalformen diu  etc.  nicht  clrcumflectirt  (andere  Instrumentale  der 
Art  kommen  bei  ihm  nicht  vor);  zweitens  wird  es,  wie  andere  kurze 
AT,  mit  o  vertauscht  (§.  77),  daher  z.  B.  ano,  wro  (neben  (viu),  ivio-äh\ 
drittens  kann  die  Länge  dieses  u  aus  den  gothlschcn  Formen  i/ie,  hve. 


326  Bildung   der   Casus.      §.   161.  162. 

161.  Das  Litauische  stimmt  im  Instrumentalis  seiner 
männlichen  a-Stämme  insofern  zum  Althochdeutschen,  als  es 
ebenfalls  ein  kurzes  u  statt  des,  aus  der  Vereinigung  des 
stammhaften  a  und  des  ursprünghchen  a-Lauts  der  Endung, 
zu  erwartenden  langen  d  zeigt;  daher  z.  B.  dewü  gegenüber 
dem  vedischen  c^em' *)  und  sendischen  ^>>a)*-^  daiva.  Die 
litauischen  weiblichen  Stämme  auf  a  (ursprünglich  ä 
§.  118)  zeigen  keinen  vocahschen  Unterschied  zwischen  Nom. 
und  Instr.;  man  darf  aber  annehmen,  dafs  das  stammhafte  a 
das  der  Casus -Endung  verschluckt  habe,  und  somit  z.B. 
merga  Magd  (nom)  im  gleichlautenden  Instr.  aus  merga-a 
zusammengeflossen  sei.  Formen  dieser  Art  kommen  bei 
Femininstämmen  auf  d  auch  in  vedischen  Instrumentalen 
vor;  z.B.  d'ard  aus  d'drd-d  für  das  gewöhnUche  d'aray-d 
(s.  Benf.  S.  V.  Gloss.  s.  v.).  In  allen  übrigen  Wortklassen 
zeigt  das  Litauische  mi  als  singulare  Instrumental-Endung  *'), 
welche  offenbar  mit  der  Endung  mis  {==  skr.  üis^  send,  bis 
oder  bis  desselben  Casus  im  Plural  zusammenhängt  (s.  §.216). 
Man  vergleiche  awi-mi  durch  das  Schaf,  swiu-mi  durch 
den  Sohn  mit  den  entsprechenden  Plural -Casus  awi-mis, 
sünu-mis  und  mit  den  skr.  Schwesterformen  dvi-Uis  durch 
die  Schafe,  sünü-bis  durch  die  Söhne. 

162.  Wir  kehren  zum  Send  zurück,  um  zu  bemerken, 
dafs  durch  den  euphonischen  Einflufs  eines  vorhergehenden, 
aus  u  entstandenen  v,  das  a  der  Instrumental-Endung  zu  ^  6 


sve  nicht  gefolgert  werden,  weil  diese,  aller  Wahrscheinh'chkeit  nach, 
die  Erhaltung  des  langen  Vocals  ihrer  Einsylbigkeit  verdanken  (vgl. 
§.  137). 

*)  Theoretisch  gebildet  nach  Formen  wie  mahitud  etc.  (§.  15S). 
Über  den  wandernden  Accent  in  einem  grofsen  Theile  der  litaui- 
schen MascuHnstämme  auf  a  s.  Kurschat  (Beiträge  II.  47. ff.)  und 
Schleicher  p.  176  ff. 

**)  Formen  wie  akie  (neben  aki-m))  gehören  einem  erweiterten 
Stamme  auf  ia  (euphonisch  zV,  s.  p.  1 'i7)  an. 


Instrument cilis  sg.    §.  162.  327 

werden  kann.  °)  So  linden  wir  im  3ten  Fargard  des  Vend. 
mehrmals  4^>>5'^^  bdsvo  mit  entschieden  instrumentaler 
Bedeutung").  Mit  unverändertem  a  steht  dagegen  bdsv-a 
brachio  im  18ten  Farg.,  bei  Westergaard  p.  466  mit  der 
Variante  hdsava,  deren  mittleres  a  ich  jetzt  lieber  als 
euphonische  Einschiebung  oder  Bindevocal  fasse,  denn  als 
Guna-Vocal  gleich  dem  des  oben  (§.  158)  erwähnten  vedi- 
schen  pr ab äkavä"^").  Als  euphonische  Einschiebung  fasse 
ich  jetzt  auch  das  dem  y  vorstehende  a  des  Instrument. 
*.v^i^.v(I^^^Jqy  ha¥ay-a  {üt  sVt.  sdJcy-d,  von  5« Xi'^i  Freund, 
welches  in  seiner  Decl.  an  den  Eigenthümlichkeiten  von  q^T^f 
j>  d  ti  theilnimmt.  Femininstämme  auf  i  unterdrücken  die  Casus- 
Endung  und  zeigen  das  nackte  Thema,  daher  i0oyj)?0üvu7^ 
frasrüiti  (V.  S.  p.43),  welches  von  Neriosengh  durch 
den  Instr.  ^öT^HT  svdi^ena  (mit  Laut)  übersetzt  wird  *f). 
Der  Veda- Dialekt  gestattet  ähnliche  Unterdrückungen  der 
Instrumental -Endung  an  weiblichen  z- Stämmen,  verlängert 
aber  zum  Ersatz  den  Endvocal  des  Stammes,  daher  mati\ 
d'tti ,    sus'tuti,    von    matt   etc.       Ich     erinnere    vorläufig 

*)  S.  §.  32  Schlufs,  wo  der  vorliegende,  das  schliefsende 
a  betreffende  Fall,  überseiien  worden. 

)    das  ina  bä  s  v  6  mit  dem  rechten  Arm,  liavoya  bdsvo 
mit  dem  linken  Arm. 

***)  Als  ein  zwischen  zwei  Consonanten  eingeschobener  Binde- 
vocal erscheint  unter  andern  auch  a  öfter  in  dem  Possess.  hava  sein 
neben  hi^a  für  skr.  sva^  und  o  für  a  wegen  eines  vorhergehenden  if 
inhavöja  link  (für  skr.  savjd)^  wovon  oben  der  gleichlautende 
Instrumentalis.  —  Zu  bäsv-a  stimmen  vedische  Instrumentale  wie 
paso-ä    von /7a^w  Vi  e  h. 

\)  S.  Burnouf  „Etudes  sur  la  langue  et  sur  les  textes  Zends" 
p.  220.  Etymologisch  entspricht  der  skr.  Stamm  pras  ruti  (Wz.  s  ru 
hören).  Was  die  Länge  des  li  des  send.  Ausdrucks  anbelangt,  so 
kann  ich  nicht  mit  Burnouf  dem  Accent,  den  wir  nicht  kennen,  einen 
Elnflufs  auf  Ihre  Erzeugung  zugestehen  —  „la  voyelle  u  est  allongee, 
plutot  par  rinfluence  de  Taccent,  que  par  sulte  de  rinattentlon  des 
copistes"  —  sondern  ich  berufe  mich  in  dieser  Beziehung  auf  §.  h\. 


328 


Bildung   der  Casus.     §.  163. 


an  eine  ähnliche  Erscheinung  im  Dual  der  i-  und  w-Stämme 
masc.  und  fem.  des  klassischen  Sanskrit  (§.  210). 

163.     Die    in   §.  148   aufgestellten   Stämme   und   einige 
andere  bilden  im  Instrumentalis: 


Sanskrit 

Send 

Lit. 

Ahd. 

m. 

dsve-n-a  ') 

aspa 

ponü 

eidu 

n. 

mahitva 

ddta 

wortu 

f. 

dsvay-d 

hisvay-a 

.... 

f. 

d'ard  ') 



dswa 

.... 

m. 

pdty-d 

patay-a 

genti-mi 

kast'- 

f. 

jprity-d 

d/rtti  ^) 

awi-mi 



f. 

Bdvanty-d 

havainty-a 



.... 

m. 

sünü-n-d 

pasv-a  ") 

sünu-mi 

.... 

f. 

Jidnv-d 

ta7iv-a 

.... 

f. 

vaäv-d! 

.... 

m.f. 

gdv-d 

gav-a 

.... 

f. 

ndv-a 

.... 

f. 

vdc-d! 

vdc-a 

.... 

m. 

Bdrat-d 

harent-a 

.... 

m. 

dsman-d 

asman-a 

.... 

n. 

n  am  n-d 

ndman~a 

.... 

m. 

Br  atr  -  d 

hrdthr-a 



*)  Ich  kenne  im  Veda-Dialekt  keine  Mascullnst'amme  auf  a  mit 
Instrumentalen  auf^  furc-n-a,  wenn  man  nicht  ivd  durch  dich 
hierherziehen  will,  dessen Nom.  i^l.yusme  (ved.),  Acc.  j« ^  man  der 
Form  nach  männlich  sind.  Für  Neutra  halte  Ich  auch  die  schon  in  der 
Isten  Ausg.  meiner  kleineren  Sanskritgramm.  (lS34  p.  319,  2.  Ausg. 
p.  328)  als  Instrumentale  nach  sendlschem  Princlp  gefafsten  Adverbia 
des  klassischen  Sanskrit  daks  ind  südlich  (eigentlich  rechts)  und 
uttarä  nördlich,  so  das  vedlsche  j  op/a  links  (Benf.'s  vollst. 
Gramm,  p.  297).  Man  vergleiche  also  hiermit  die  althochdeutschen 
Adjectiv- Instrumentale  wie  cuatu  {mit  cuatu  mit  Gutem). 

2)  S.  §.  l6l.  3)  Vgl.  ved.  ma/i".  ^)  ved.  ;?aj  y«,  s.  p.  2S5. 
Anm.  *=^*). 


• 

Dativ  sg.  §.  164. 

329 

Sanskrit 

Send 

Lil. 

Ähd. 

f. 

duhitr-a 

dugd^er-a 

.... 

in, 

dätr-a 

ddthr-a 

.... 

n. 

vdcas-ä 

vacanh-a 

.... 

Dativ. 

164.  Im  Sanskrit  und  Send  ist  e  (bei  Femin.  auch  äi)  die 
Bezeichnung  des  Dativs,  welche  ihrem  Ursprünge  nach  wahr- 
scheinhch  dem  Demonstrativ-Stamme  e  anheimfällt  —  wovon 
der  Nomin.  aydm  (aus  e-i-am)  dieser  —  der  aber  selbst, 
wie  es  scheint,  nur  eine  Erweiterung  des  Stammes  a  ist, 
woraus  die  meisten  Casus  dieses  Pron.  entspringen  [a-smdi, 
a-smat^  a-smin  etc.),  und  wobei  zu  berücksichtigen  ist, 
dafs  auch  die  gewöhnlichen  a- Stämme  im  Skr.  in  vielen 
Casus  diesen  Vocal  durch  Beimischung  eines  i  zu  e  erweitern. 
—  Einfache  Femininstämme  auf  ^\  d  (z.  B.  Bd  Glanz, 
sutd'  Tochter)  und  die  mehrsylbigen  auf  ^  und  ;37  u  er- 
weitern die  Dativ-Endung  e  stets  zu  di\  während  die  e  i  n  - 
sylbigen  Femininstämme  auf  %  und  u  (ausgenommen  nackte 
Wurzeln  am  Ende  von  Compp.  im  Sinne  des  Part,  praes.) 
und  die  Femininstämme  auf  %  und  u  (sämmtlich  mehrsylbig), 
nach  Willkür  die  Endung  e  oder  di  annehmen  können.  Ein 
schliefsendes  d  erweitert  sich  vor  der  Endung  di  zu  dy  (aus 
di  s.  p.  295),  daher  dsvdy-di  von  dsvd.  Stämme  auf  i 
und  u  erhalten  im  Masc.  regelmäfsig,  im  Femin.  aber  nur 
vor  e,  nicht  vor  der  gewichtvolleren  weiblichen  Endung  di, 
die  Guna-Steigerung;  Neutralstämme  mit  vocalischem  Aus- 
gang fügen  ein  euphonisches  n  (nach  §.  17*).  n)  ein;  daher 
z.  B.  agndy-e,  sündv-e  von  agni  m.  Feuer,  sünü  m. 
Sohn,  prctay-e  oder  prity-di,  d'endv-e  oder  d'e7iv-d{, 
von  priti  L  Freude,  d'enü  L  Milchkuh;  vari-n-e^md- 
d'u-n-e  von  vd'ri  n.  Wasser,  mdd'u  n.  Honig,  Wein. 
Im  Send  haben  weibliche  d-  und  /-Stämme,  gleich  dem  Skr., 
di  zur  Endung;  man  sagt  aber  nicht  hisvdy-di,  sondern 
iMAJi^a^»»j^^  hisvay-di  (=  skr.  gihvay-di)  vom  Stamme 


330  Bildung   der   Casus.      §.  165.  166. 

hisvd,  indem  lange  Vocale  in  der  vorletzten  Sylbe  Lei 
inehrsylbigen  Stämmen  sehr  häufig  verkürzt  werden.  Die 
Stämme  auf  ^  i  haben  in  Verbindung  mit  der  Partikel  «-u^ 
ca  am  treusten  die  skr.  Form  bewahrt,  und  zeigen  in  die- 
sem Falle  die  Form  vO^;ovv*^icu  ay-ai-ca  (s.  §.33  p.  60), 
z.  B.  vv^^ü^-^-'^i^^-'C^XJ^^^-'^  karstayaica  und  des  Pflügens 
wegen,  um  zu  pflügen  (V.  S.  p.  198)  von /;ar5^^  f.  Ohne 
ca  aber  findet  man  fast  einzig  die  Form  ^^  ee  (s.  §.31), 
z.  B.  ^^^i^^'^  qaretee  um  zu  essen,  von  i(>o$7<*.'ji^ 
qareti  f.  das  Essen.  Die  Stämme  auf  >  u  können  so- 
wohl Guna  annehmen  —  wie  z.  B.  ^»^^^^^Ip  vanhav-e 
von  >ev3^^  vanhu  rein  —  als  auch  nicht,  z.  B.  ;o>>^*^*/ 
o'at'v-e  von  >03Jü^  ratic  grofs,  Herr.  Die  gunalose  Form 
ist  die  gewöhnlichere.  Man  findet  auch  ein  euphonisches 
^^  y  zwischen  Stamm  und  Endung  eingeschoben  (§.  43), 
z.B.  /ü^i>/'-*'*00  tanu-y-e  von  tanu  f.  Körper,  kommt 
oft  vor. 

165.  Die  skr.  Stämme  auf  a  fügen  dem  Casuszeichen 
e  noch  ein  a  bei;  aus  e  aber  (=  a-i-i)  und  a  wird  aya'., 
und  dieses  gibt  mit  dem  a  des  Stammes  äya^  also  dsväya 
equo.  Hieraus  könnte  das  sendische  ^^«MjejaJ«.^  aspdi  durch 
Unterdrückung  des  schliefsenden  a  entstonden  sein,  wornach 
der  vorhergehende  Halbvocal  zu  seiner  Vocal-Natur  zurück- 
kehren mufste.  Man  kann  aber  auch,  was  ich  lieber  thue, 
annehmen,  dafs  das  Send  dem  dativen  e  niemals  ein  a  bei- 
gefügt habe,  und  dafs  dies  im  Sanskrit  eine  spätere,  nach 
der  Sprachtrennung  eingetretene  Erscheinung  sei,  denn  aus 
a-i'  e  wird  ganz  regelrecht  di.  Auch  bildet  das  Skr.  aus 
dem,  den  Pronominen  dritter  Person  beitretenden  Anhänge- 
pronomen sma  den  Dativ  smdi  (aus  sma-c),  und  so  stimmt 
z.B.  kdsmdi  wem?  zum  sendischen  ^»^^'i^exv^  kalimdi. 

166.  Das  im  vorhergehenden  §.  erwähnte  Anhänge- 
pronomen sma,  welches  nicht  nur  im  Singular,  sondern 
auch,  und  zwar  bei  den  Pronom.  der  beiden  ersten  Personen, 
im  Plural  zwischen  Stamm  und  Endung  sich  eindrängt,  gibt, 
wenn  man  es    nicht   von   beiden  absondert   —    wie  ich  dies 


Dativ  sg.     §.  166.  331 

zuerst  in  meinem  ausführlichen  Lehrgebäude  (1827  §.  266) 
versucht  habe  —  der  Pronominal- Declination  das  Ansehen 
einer  grüfseren  Eigenthümlichkeit,  als  sie  in  der  That  hat. 
Da  diese  Partikel  auch  in  den  verwandten  europäischen 
Sprachen  sich  w^iederlindet,  und  dort,  w^ie  ich  zum  Theii 
schon  anderwärts  gezeigt  habe,  manche  Declinations-Räthsel 
auflöst,  so  wollen  wir  sie  hier  sogleich  bei  ihrem  ersten 
Auftreten,  so  weit  es  uns  möglich  ist,  durch  alle  ihre  Ver- 
richtungen und  Entstellungen  verfolgen.  Im  Send  hat  sich 
sma  nach  §.  53  zu  hma  umgestaltet,  und  auch  im  Präkrit 
und  Päli  ist  im  Plural  der  beiden  ersten  Personen  das  s  zu 
g  h  (s.  §.  23)  geworden,  und  aufserdem  hat  sich,  durch 
Umstellung  der  beiden  Consonanten,  die  Sylbe  hma  zu  7)1  ha 
verdreht;  z.  B.  Präkrit:  55[r%  am  he  wir  (ajUjueg),  Päli: 
55f^^r^I^L  CL'^^h^^kam^  S.  ^£5^^^«-'  ahmdkem  r^fxwv.  Vom 
präkrit-pälischen  mha  gelangen  wir  zum  gothischen  nsa  in 
u-nsa-ra  tJjucüv,  u-nsi-s")  nobis,  nos.  Dadurch,  dafs  das 
Gothische  den  Zischlaut  unverändert  gelassen,  steht  es  auf 
einer  älteren  Stufe  als  Päli  und  Präkrit,  hingegen  durch  die 
Umwandlung  des  m  in  n  —  zur  bequemeren  Verbindung 
mit  dem  folgenden  s  —  auf  einer  späteren.  Wir  können 
daher  nicht  mehr,  wie  wir  früher  in  Übereinstimmung  mit 
Grimm*')  gethan  haben,  das  ns  von  uns  nos  als  gewöhn- 
liche Accusativ-Endung  annehmen  —  vgl.  vulfa-ns,  gasti-7is, 
sunu-ns  —  und  von  da,  als  wäre  es  Eigenthum  des  Stam- 
mes geworden,  in  einige  andere  Casus  eintreten  und  mit 
neuen  Casus-Endungen  verknüpfen  lassen.  Hiergegen  sträubt 
sich  auch  die  zweite  Person,  wo  isvis  (i-svi-s)  im  Accus, 
steht,  und  doch  sind  im  Wesentlichen  die  beiden  ersten 
Personen  in  ihrer  Declination  identisch;  uns  nobis,  nos 
steht    also    für    unsi-s    (aus  unsa-s),    und   dieses  hat  s  'zum 


*)   Mit  Verwandlung  des  a  in  i  nach  §.  67. 

**)  I.  813.  ^.funsara  scheint  aus  dem  Accusativ  uns  abgeleitet, 
nicht  anders  der  Dativ  unsis,  welcher  nebst  izvis  dem  Dativ  sing, 
parallel  auslautet."    Vgl.  I.  813.  34. 


332  ßilduns  der   Casus.      §.  167.  168. 

Casus-Suffix,  und  u-nsa  (geschwächt  u-nsi)  als  zusammen- 
gesetzten Stamm.  Auch  können  wir  das  u  von  unsa-ra 
nostri  etc.  nicht  mehr  als  das  vocalisirte  v  von  veis  wir 
ansehen,  obwohl  das  ^  von  isvara  vestri  etc.  nichts  anders 
als  das  vocalisirte  ^  von  jus  ihr  sein  kann;  denn  auch  im 
Sanskrit  geht  die  Sylbe  IJ  Iju  (nom.  yuyäm  ihr,  s.  §.  43) 
durch  alle  obliquen  Casus,  während  bei  der  ersten  Person 
das  oL  ^  '^'on  ^?TH^  vaydm  wir  auf  den  Nominativ  be- 
schränkt ist,  die  obliquen  Casus  aber  einen  Stamm  ^  a  mit 
dem  Anhängepronomen  sma  verbinden.  Dieses  a  ist  nun 
im  Gothischen  durch  den  Einüufs  der  folgenden  Liquida 
zu  u  geworden;  daher  unsa-ra  etc.  für  ansa-ra  (§.66). 

167.  So  wie  im  Send  das  sanskritische  Possessivum 
^^  sva  unter  verschiedenen  Umgebungen  in  sehr  verschie- 
denen Gestalten  sich  zeigt ") ,  so  glaube  ich  das  Anhänge- 
pronomen ;^  sma  im  Gothischen  unter  sechs  Gestalten 
nachweisen  zu  können;  nämlich  als  nsa^  sva,  nka,  nq^oa,  mma 
und  s.  Die  erste  ist  bereits  erörtert  worden;  die  zweite  — 
sua,  und  in  geschwächter  Form  svi  —  findet  sich  bei  dem 
Pronomen  der  zweiten  Person  an  derselben  Stelle,  wo  das 
der  ersten  nsa  {nsi)  hat,  und  während  in  den  verwandten 
asiatischen  Sprachen  (Sanskrit,  Send,  Pali,  Präkrit),  sowie 
im  Griech.  und  Litauischen,  die  beiden  Pronomina  im  Plural 
vollkommen  parallel  laufen,  indem  sie  das  Anhängepronomen 
entweder  in  seiner  Urgestalt,  oder  auf  gleiche  Weise  ver- 
ändert zeigen,  ist  im  Gothischen  dadurch  ein  Zwiespalt  zwi- 
schen den  beiden  ersten  Personen  eingetreten,  dafs  bei  ihnen 
die  Sylbe  sma  auf  doppelte  Weise  sich  umgestaltet  hat. 
Die  Form  sva  (aus  sma)  beruht  erstens  auf  der  nicht  be- 
fremdenden Erweichung  des  s  zu  s  (§.86.5),  zweitens  auf 
dem  sehr  gewöhnlichen  Wechsel  zwischen  m  und  v  "). 

168.  Vom  Gothischen  abwärts  hat  sich  die  Partikel 
sma    in    den    germanischen    Dialekten    beim    Pronomen    der 


*)    S.  Jahrb.  für  wissensch.  Kritik.    März  183!.    S.  37()  ff. 

**)    S.  §.20  Sclilufs  und  verglclcli.  Acccnliiatlonssystem  Anm.  J4. 


Batio  SS.    §.  168.  333 

zweiten  Person  noch  mehr  entstellt  durch  die  Ausscheidung 
des  Zischlauts.  Das  althochdeutsche  i-wa-r  verhält  sich  zum 
gothischen  i-sva-ra  ungefähr  wie  der  Homerische  Genitiv 
Toio  ZU  dem  überhomerischen  sanskritischen  tdsya.  Ver- 
gliche man,  ohne  Vermittelung  des  Gothischen,  das  althoch- 
deutsche i-wa-i\  i-u,  i-wi-li^  mit  dem  skr.  yu-sma-kam^ 
yu-smd-Vyam^  yu-s'ma-n,  und  mit  dem  litauischen  ^w-sw, 
ju-mus^  jus:  so  würde  man  es  als  ausgemacht  ansehen,  dafs 
das  w  oder  u  dem  Stamme  angehöre,  nicht  aber  der  ent- 
stellte Überrest  eines  weitverbreiteten  Anhängepronomens 
sei,  und  man  würde  unrichtig  iw-m\  iw-ih,  iu,  für  i-wa-r  etc. 
theilen.  Auch  hegte  ich  früher  jene  Ansicht;  eine  wieder- 
holte Untersuchung  und  der  seitdem  durch  das  Send,  Präkrit 
und  Pali  erweiterte  Gesichtskreis  gewährt  mir  aber  die  feste 
Überzeugung,  dafs  die  gothische  Zwischensylhe  sva  im  Hoch- 
deutschen nicht  untergegangen,  sondern  dafs  ein  Theil  da- 
von bis  auf  unsere  Zeiten  sich  erhalten  habe  (e-ue-r  aus 
i-sva-ra)\  dagegen  ist  das  u  des  Stammes  ju  (JT  yu),  wie  im 
Gothischen,  so  auch  schon  in  der  ältesten  Gestalt  des  Hoch- 
deutschen in  den  obliquen  Casus  verschollen,  sowohl  im 
Plural  als  im  Dual  *),  und  das  goth.  i-sva-ra^  ahd.  i-wa-r  etc. 
stehen  für  ju-sva-ra^  ju-wa-r.  Das  Altsächsische  und  Angel- 
sächsische zeigen  sich  indessen,  gleich  dem  Litauischen,  in 
Ansehung  der  Stammbewahrung  vollständiger  als  das  Go- 
thische, und  führen  das  w,  welches  im  Ags.  o  geworden, 
durch  alle  obliquen  Casus  durch:  iu-we-i\  eo-ve-r  vestri  etc. 
Stellte  man  blofs  die  beiden  historischen  Endpunkte  der 
hier  behandelten  Formen,  die  sanskritische  und  neudeutsche 
Gestalt  einander  gegenüber,  so  müfste  die  Behauptung  sehr 
paradox  erscheinen,  dafs  euer  und  ^^^TT^Hv  yusmakam 
mit  einander  verwandt  seien,  und  zwar  so,  dafs  das  u  von 


*)  Um  so  merkwürdiger  ist  das  In  der  nordfriesischen  Volks- 
sprache noch  erhaltene  u  (Grimm  Sl4.  rf)),  wo  z.  V».  ju-nke-r,  ju-nk 
In  Ansehung  des  Stammes  vor  dem  gothischen  i-nqva-ra ,  i-nqvi-s 
sich  vorthellhaft  auszeichnet. 


334  Bildung  der  Casus.     §.  169. 

euer  nichts  mit  dem  u  von  ST  2/w   gemein  habe,   sondern  in 
dem  m  der  Sylbe  ^^q"  sma  seinen  Ursprung  finde. 

169.  Die  Unterscheidung  des  Duals  und  Plurals,  in  den 
obliquen  Casus  der  beiden  ersten  Personen,  ist  im  Germa- 
nischen nicht  organisch;  denn  die  beiden  Mehrzahlen  unter- 
scheiden sich  ursprünglich  nur  durch  die  Casus-Endungen. 
Diese  sind  aber  bei  unseren  Pronominen  im  Gothischen  die- 
selben, und  der  Unterschied  zwischen  den  beiden  Mehrzahlen 
scheint  im  Stamme  zu  liegen  —  unka-ra  vcorV,  unsa-ra  tJjucüv, 
inqva-ra  a-(|)cüVv,  isva-ra  vfjiwv.  —  Allein  aus  einer  genaueren 
Analyse  der  Formen  in  beiden  Mehrzahlen,  und  aus  der 
Aufklärung,  die  uns  die  verwandten  asiatischen  Sprachen 
darbieten,  ergibt  sich,  dafs  auch  der  eigentliche  Stamm  in 
beiden  Mehrzahlen  identisch  sei,  und  nur  das  damit  verbun- 
dene Anhängepronomen  sma  auf  doppelte  Weise  sich  ent- 
stellt habe,  wornach  dann  die  eine  Form  im  Dual,  die  andere 
im  Plural  sich  festgesetzt  hat.  Die  erstere  kommt  der  Präkrit- 
Päli-Form  I^  mha  am  nächsten,  indem  sie  wie  diese,  doch 
unabhängig  von  derselben,  das  alte  s  in  einen  Guttural  ver- 
w^andelt  hat,  was  auch  das  Sanskrit  in  einem  andern,  in 
seiner  Art  einzigen  Falle  gethan  hat,  nämlich  in  der  Isten  P. 
sg.  med.  des  Verbum  subst.,  wo  ^  he  für  se,  dieses  aber 
für  as-me  steht  (3.  P.  s-te  für  as-te).  —  Die  zweite  Person 
setzt  im  Gothischen  qv  (=  kv)  für  k,  während  die  übrigen 
Dialekte  dem  Guttural  in  beiden  Personen  dieselbe  Gestalt 
lassen:  ahd.  u-^icha-r,  i-ncha-v^  alts.  u-nke-r^  i-nke-r\  angels. 
u-nce-i\  i-nce-r.  Es  wäre  demnach  erwiesen,  dafs  Dual  und 
Plural  der  beiden  ersten  Personen  nicht  organisch  oder  ur- 
sprünglich verschieden  sind ,  sondern,  als  verschiedenartige 
Verdrehungen  und  Verstümmelungen,  einer  und  derselben 
Urform  angehören,  und  dafs  somit  diese  beiden  Pronomina 
eben  so  wenig  als  die  übrigen  und  alle  Substantiven  De- 
clinationen  den  alten  Dual  behauptet  haben.  —  Was  das 
V  in  dem  gothischen  i-nqva  (=  i-7ikva  für  ju-nkva)  anbelangt, 
so  beruht  dasselbe  auf  der  oben  (p.  109)  erwähnten  Neigung 
zur  Verbindung  eines   euphonischen  v   mit   einem   vorherge- 


üniiv  sg.     ^.  170.  171.  172.  335 

henden  Guttural,  dessen  sich  jedoch  das  Anhängepronomen 
in  der  ersten  Person  enthalten  hat,  und  hierauf  gründet  sich 
der  ganze  Unterschied  zwischen  nqva  von  i-nqva  und  nka 
von  u-nka. 

170.  Die  fünfte  Form  in  welcher  ;^q"  sma  in  der  gothi- 
schen  Declination  auftritt,  ist  diejenige,  welche  mir  zuerst 
bemerkbar  geworden,  und  die  ich  bereits  in  den  Annais  of 
Oriental  Liter ature  (1820  p.  16)  hervorgehoben  habe.  Das 
dort  gesagte,  wornach  der  Dativ  sg.  thamma  (dem,  diesem) 
durch  Assimilation  aus  tha-sma  entstanden,  fand  ich  durch 
die  seitdem  von  Vater  herausgegebene  Grammatik  der  Sprache 
der  alten  Preufsen  insofern  unterstützt,  als  hier  im  Singular- 
Dativ  der  Pronominal -Dechnation  das  s  des  in  Rede  ste- 
henden Anhängepronomens  unverändert  geblieben  ist,  so 
dafs  z.  B.  ka-smu  wem?  dem  skr.  hd-smdi  und  goth. 
hva-mma  gegenüber  steht. 

171.  Auch  das  Umbrische  hat,  wie  Aufrecht  und 
Kirchhof  gezeigt  haben  (Die  Umbrischen  Sprachdenkmäler 
p.  133  f.  u.  p.  137)  im  Dativ  der  Pronominaldeclination  die 
Verbindung  sm  unseres  Anhängepronomens  unverändert  be- 
hauptet, namentlich  in  e-smei  oder  e-sme  diesem  \in6. pu-sme 
wem?  und  welchem  (relat.).  Letzteres,  mit^  für  ursprüng- 
liches ^,  stimmt  zum  skr.  kd-smdi,  altpreufs.  ka-smu  und 
goth.  hva-mma;  ersteres  ist  hinsichtlich  seiner  Stammsylbe 
insofern  zweideutig,  als  e  sowohl  ein  skr.  a  (wie  z.  B.  in 
eS't  er  ist  =5^75^^  ds-ti),  als  ein  ^  ^  vertreten  kann.  Steht 
es,  wie  ich  am  liebsten  annehme,  für  a,  so  entspricht  e-smei, 
e-sme  dem  skr.  a-smdi  diesem  (§.366);  steht  es  aber  für 
t,  wie  die  genannten  Gelehrten  annehmen,  so  hat  man  sich 
dafür  im  Sanskrit  ein  verlorenes  i-smdi  (euphonisch  für 
i-smdi)  zu  denken,  worauf  der  goth.  Dativ  i-mma,  ahd. 
i-mu,  unser  ihm  sich  stützen  (s.  §.  362).  Von  lateinischen 
und  griechischen  Überresten  des  skr.  Anhängepronomens  sma 
wird  später  die  Rede  sein. 

172.  Die  sechste  gothische  Form  für  das  skr.  Anhänge- 
pronomen sma   hat    von    diesem    nur    das  s  übrig  behalten 


336  Bildung   der   Casus.      §.  172. 

und  cischeiDt  unter  andern  in  den  Dativen  mi-s  mihi,  thi-s 
tibi,  si-s  si-bi,  wobei  zu  berücksichtigen,  dafs  auch  im 
Send  und  Prakrit  das  betreffende  Anhängepronoraen  in  den 
Singular  der  beiden  ersten  Personen  eingedrungen  ist,  wo 
sich  das  Sanskrit  davon  fern  gehalten  hat.  Belegen  läfst 
sich  jedoch  im  Send  nur  der  Locativ  der  3ten  P.  ^g^y<yJ^^^ 
fwa-h 7)1-1  in  dir  (aus  fwa-smt)  für  skr.  tvdy-i,  und  ich 
folgere  daraus  bei  der  ersten  P.  ma-hm-t.  Das  Prakrit 
zeigt  tu-ma-sm-i  in  dir,  und  mit  Assimilation  tu-ma- 
-mm-i^  auch  tu-me  (aus  ttc-ma),  und  ta'i  (aus  tvai  =  skr. 
tvdy-i^  und  bei  der  ersten  P.  ma-ma-sm-i  oder  ma-ma- 
-mm-t  neben  ma-e  (wahrscheinlich  aus  ma-me  =  ma-ma-i) 
und  ma'i.  Mehrere  dieser  Formen  zeigen  das  Anhänge- 
pronomen doppelt,  wenigstens  zweifle  ich  nicht  daran,  dafs 
z.B.  tu-ma-smi,  tu-ma-mmi^  ma-ma-smi  ma-ma-mmi 
Verstümmelungen  sind  von  tu-s tna-smi  etc.  Doppelt  er- 
scheint das  Anhängepronomen  auch  in  gothischen  Formen 
wie  u-nsi-s  nobis,  i-svi-s  vobis  und  den  analogen  Dual- 
formen, denn  das  letzte  s  entspricht  offenbar  dem  der  Sin- 
gularformen mi-s^  thu-s  und  ist  nur  dem  Anscheine  nach 
eine  Casus -Endung.  Auch  das  s  von  vei-s  wir  undi  jus 
ihr  gilt  mir  seinem  Ursprünge  nach  nicht  als  Ausdruck  des 
Casusverhältnisses,  sondern  als  Verstümmelung  des  Anhänge- 
pronomens ^TJ  sma,  Avovon  im  Veda- Dialekt  der  Plurai- 
Nomin.  sme  {sme  nach  §.21)  in  a-sm^  wir,  yu-sme 
ihr.  Von  letzterem  hat  auch  das  Send,  gleichsam  um  einen 
Commentar  zur  Etymologie  der  germanischen  und  litauischen 
Schwesterform  zu  liefern,  den  Ausgang  me  abgelegt  und 
dabei  den  vorhergehenden  w-Laut  verlängert,  so  dafs  ^MJK).^*ü 
yüs')  im  buchstäblichen  Einklang  mit  dem  Wt.jüs  steht,  wäh- 
rend das  u  des  goth.  jus  wahrscheinhch  kurz  ist,  also  gleich 
dem  des  vedischen  yu-sme  und  des  Thema's  der  obhquen 
Casus  des  klassischen  Sanskrit.     Die  Vocalverlängerung   des 


*)   S.  Burnouf,  Ya(:na  Notes  p.  75.5.  und  121.  1. 


Daiiv  sg,     §.  173.  337 

send.  yÜ8  ist  wahrscheinlich  nur  ein  Ersatz  für  die  Ver- 
stümmelung des  Anhängepronomens. 

173.  Im  Litauischen  ist  das  Anhängepronoraen  sma  mit 
Verlust  des  anfangenden  s  —  wie  in  der  Mitte  der  oben 
erwähnten  präkritischen  Formen  wie  tuma-mmi  und  in  alt- 
hochd.  Dativen  wie  i-mu  ihm  —  auch  in  die  Declination 
der  Adjective  eingedrungen  und  zeigt  sich  hier  in  Dativen 
wie  gerä-mui  (verstümmelt  gerd-m)  gutem  und  in  Locativen 
wie  gera-mc  verstümmelt  gera-m.  Von  hier  aus  hat  sich 
im  Lettischen  das  weit  verbreitete  m  unseres  Anhängepro- 
nomens auch  den  männlichen  Substantiven  mitgetheilt,  welche 
sämmtlich  m  als  scheinbaren  Ausdruck  des  Dativverhältnisses 
zeigen,  daher  weja-m  (geschrieben  wehja-m)  vento,  letu-m 
(leetu-m)  pluviae,  gegenüber  den  Feminindativen  wie  akkai 
puteo  (nom.  akka),  uppei  rivo  (nom.  uppe  aus  uppia^  vgl. 
p.  147),  sirdt"*)  cordi  (Thema  ebenso,  nom.  sirds  für  sirdi-s, 
wie  im  Goth.  ansts  für  ansti-s). 

Das  Päli  undPräkrit  übertragen  ebenfalls  unser  Anhänge- 
pronomen, sowohl  auf  Substantive  wie  auf  Adjective  (mit 
Ausschlufs  der  Feminina) ,  und  zwar  die  erstgenannte  Sprache 
im  Ablat.  und  Locativ  *"),  sofern  der  Stamm  vocahsch  endet 
oder  einen  Endconsonanten  in  den  betreffenden  Casus  ab- 
wirft. Dies  führt  uns  zu  den  auf  umbrischen  Sprachdenk- 
mälern zahlreich  vorkommenden  Substantiv -Locativen  auf 
me^  worin  ich  mit  Lassen  "")  den  Verlust  eines  s  annehme, 


*)  Ich  bezeichne  im  Lettischen  das  harte  s  (gewöhnlich  durchstrl- 
chene/)  durch  s  und  das  gelinde  wie  im  Slavischen  (s.  p.  15l)  durch 
.y,  und  so  auch  das  harte  aspirirte  s  durch  /  und  das  gelinde  durch  /. 

**)   Der  Dativ  wird  durch  den  Genitiv  ersetzt. 

***)  Beiträge  zur  Deutung  der  Eugublnischen  Tafeln  (Bonn,  1833) 
p.  38  ff.  Wenn  aber  der  genannte  Gelehrte  (p.  4ü),  welcher  bei 
dieser  Gelegenheit  auch  des  gothlschen  Dativs  thamrna  gedenkt, 
die  erste  Wahrnehmung,  dafs  tharnma  aus  thasma  zu  erklären  sei 
und  auf  das  skr.  täsmäi  s\(^  stütze,  J.  Grimm  zuschreibt,  so  hat 
er  übersehen,  dafs  dieser  selber  an  der  citirten  Stelle  (Gramm.  2.  Ausg. 
I.  22 


338  Bilduns   der   Casus.      §.   17'!. 

174.  Im  Femininum  sollte  das  skr.  Anhängepronomen 
sma  entweder  smd  oder  smt  lauten  (vgl.  §.119);  zur  An- 
nahme eines  Stammes  sind  gibt  jedoch  die  Pronominal- 
declination  im  Sanskrit  keine  Veranlassung;  nimmt  man 
aber  smt  als  weiblichen  Stamm  an,  so  erklären  sich  Dative 
wie  td-sy-di^  Genitiv-Ablative  wie  td-sy-ds  und  Locative 
w^ie  td-sy-dm  als  Verstümmelungen  von  -smy-di^  -smy- 
'ds,  - s 7)iy -  dm,  nach  Ansilo^ie  Yon  na dy-di,  nady-dfs,  na~ 
dy-am,  vom  weiblichen  Stamme  na  dt.  Dafs  es  Formen 
wie  ta-smy-di  etc.,  denen  im  Laufe  der  Zeit  die  Häufung 
dreier  Gonsonanten  an  einem  Encliticum  zu  beschwerlich 
gefallen  sein  mag,  in  einer  früheren  Sprachperiode  wirklich 
gegeben  habe,  folgere  ich  aus  dem  Send,  welches,  wie  schon 
in  den  Jahrbüchern  für  wissenschaftliche  Kritik  (März  1831 
p. 380)  bewiesen  worden,  die  volle  Form  hmt  (aus  smt) 
nicht  ganz  hat  untergehen  lassen;  denn  wir  finden  hier  For- 
men wie  yahmya  (zu  theilen  ya-hmy-a)  als  weibliche 
Locative  und  zugleich  als  Instrumentale.  Im  erstgenannten 
Casus  zeigt  das  Send  regelmäfsig  a  für  skr.  dm  (s.  §.  201), 
und  somit  setzt  ya-hmy-a  eine  skr.  Form  ?J^T?T1TL  ya- 
smy-dm  statt  des  wirklich  bestehenden,  aber  verstümmel- 
ten yd-sy-dm  voraus,  welches  letztere  einem  Thema  yast 
für  yasmt  angehört.  Als  Instrumentalis  hat  das  sendische 
ya-limy-a  im  Sanskrit  keinen  Anhaltspunkt,  weil  in  diesem 
Casus  die  skr.  Pronomina  der  gewöhnlichen  Declination  fol- 
gen, d.h.  sich  des  Anhängepronomens  enthalten,  also  ye-n-a 
m.  n.,  ydy-d  f.,  nicht  ya-sme-n-a,  ya-s(m)y-d.  Für 
a-hmy-a  durch  diese  zeigt  der  Veda-Dialekt  die  einfache 
Form  ay-a  nach  Analogie  von  dsvay-d,  und  im  Masc. 
Neut.  e-n-a,  auch  e-n-d\  während  im  klassischen  Skr.  der 
Stamm  a  und  sein  Fem.  d  den  Instr.   ganz  verloren  haben. 


I.  p.  826)  auf  die  Annah  of  Oriental  Literature  verweist,  wo  ich  bei 
Erklärung  des  der.  l\X\xi  aus  la"jUi,  skr.  äsrni^  darauf  aufmerksam  ge- 
macht habe,  dafs  nach  demselben  Princip  das  skr.  täsmdi  im  Goth. 
zu  Ihamma  geworden  sei. 


Dativ  sg.    §.  175.  339 

Im  Loc.  fem.  steht  a-sya-m  (aus  a-smya-m)  dem  send. 
a-hmy-a  gegenüber.  Im  Dativ,  Gen.  und  Ablativ  hat  auch 
das  Send  das  weibhehe  Anhängepronomen  nicht  in  seiner 
vollen  Gestalt  bewahrt,  sondern  hat  hier,  im  Nachtheil  gegen 
das  Skr.,  nicht  nur  das  w,  sondern  auch  den  Feminincharak- 
ter /,  d.  h.  seinen  euphonischen  Vertreter  ?/,  schv^^inden  lassen, 
daher  gAuev3*'  anhäo  (§.  56^\)  hujus  f.  (kommt  oft  vor) 
für  a-hrny-do.  Statt  anhdo  =  skr.  a-sy-ds  findet  man 
auch  SAuev^^«.^  ainhdo^  wo  das  dagewesene  y  gewisser- 
mafsen  in  der  vorhergehenden  Sylbe  seinen  Reflex  zurück- 
gelassen hat  (§.  41).  Von  einem  anderen  Demonstrativ- 
stamme finden  wir  den  weiblichen  Dativ  ^^*^ev3^>>vv  avan- 
hdi  für  ava-hmy-di,  und  den  Ablativ  J2^^3^>>*-*^  avan- 
hdd  für  ava-hmy-dd. 

175.  Mit  den  oben  erwähnten  Sendformen  steht  das 
Gothische  insofern  in  Einklang,  als  es  ebenfalls  von  dem 
vorauszusetzenden  weiblichen  Stamme  smi  nur  den  Anfangs- 
cons.  bewahrt  hat,  und  zwar  als  s  (z  §.  86.5)),  daher  z.B.  thi~ 
s-ai  dat.,  thi-s-os  gen.,  gegenüber  dem  skr.  td-sy-di, 
td-sy-ds.  Von  letzterer  Form  später;  in  erster  er  und  ana- 
logen Formen  der  gothischen  Pronominaldeclination  entspricht 
ai  der  sanskritischen  und  sendischen  weiblichen  Dativ-Endung 
äi").  Ob  aber  auch  in  den  Dativen  der  weiblichen  Sub- 
stantivstämme auf  6  {=  d  §.  69)  das  ganze  a^,  z.  B.  von 
gihai  dono,  der  Casus-Endung  zuzuschreiben  sei,  oder  nur 
das  2,  als  Überrest  der  Endung  a^;  ob  gib-ai  oder  giha-i 
zu  theilen  sei,  ist  schwer  zu  entscheiden.  In  letzterem  Falle 
würde  giha-i  mit  den  lateinischen  Formen  wie  equae  =  equa-i^ 
und  litauischen  wie  äswai  (äs'wa-i)  auf  gleichem  Fufse 
stehen.     Man   könnte    auch   Formen   wie  gihai   so    fassen, 


*)  Die  In  der  ersten  Ausg.  §.  l6off.  versuchte  Vermittelung  des 
german.  Dativs  mit  dem  skr.  und  send.  Instr.,  wozu  besonders  die 
Dative  der  männlichen  /-Stämme  Veranlassung  gaben  {gasta  yon 
gasti)^  Ist  bereits  in  der  3.  Ablh.  (p.  511  ff.)  zurückgenommen,  und 
dort  dergerm.Dat.  wie  früher  als  wirklicherDatlv  dargestellt  worden. 

22' 


340  Bildung   der   Casus.      §.    17'). 

dafs  der  Endvocal  des  Stammes  zur  Zeit,  wo  er  noch  nicht 
zu  6  entartet  war  und  als  d  erschien,  mit  dem  a-Laut  der 
Endung  ai  sich  vereinigte,  wie  im  Sanskrit  aus  ä-^e  (=  ai) 
und  aus  d-t'J^di  nach  den  Contractionsregeln  nur  di  wer- 
den kann.  —  Bei  allen  männlichen  und  neutralen  Stämmen 
und  auch  bei  den  weiblichen  auf  i  u,  n  und  ?'  hat  das  Ger- 
manische, schon  im  Gothischen,  die  Dativ-Endung  ganz  ver- 
loren. Bei  consonantisch  endigenden  Stämmen  und  bei  denen 
auf  u  liegt  dies  ganz  klar  am  Tag;  man  vergleiche  hrothr^ 
dauhtr  mit  den  entsprechenden  skr.  Dativen  Bratr-e,  du- 
]iitr-e\  namin  mit  T\\t^  nd'mn-e  und  dem  lat.  nomin-i; 
sunau  filio  und  analoge  weibliche  Formen,  z.  B.  kinnau 
genae,  mit  skr.  sündv-e,  hdnav-e.  So  wie  aber  das  au 
von  sunau^  kinnau  nur  die  Gunirung  des  stammhaften  u  ist, 
so  kann  ich  auch  in  dem  ai  von  anstai  nur  das  ^7\^  ay  (aus 
e  =  ai)  sanskritischer  weibhcher  Dative  wie  pritay-e  er- 
kennen. Dagegen  ist  hinter  dem  gunirenden  a  männlicher 
Dative  wie  gasta,  vom  Stamme  gasti,  das  thematische  i  weg- 
gefallen, also  gasta  für  gastai,  wie  bei  Passiv- Formen  wie 
hairada  für  hairadai  =  gr.  <\)ipcrai,  skr.  med.  ddrate  (aus 
Bdratai)  das  letzte  Element  des  Diphthongs  ai  verschwun- 
den ist.  Von  dem  a  der  Formen  wie  gasta  unterscheidet 
sich  das  a  derjenigen  wie  vidfa  lupo,  daura  portae 
(in  Grimm's  erster  starker  Deck)  dadurch,  dafs  es  kein 
Guna-Vocal,  sondern  stammhaft  ist;  es  mufs  aber  auch  hin- 
ter diesem  a  früher  ein  i  gestanden  haben,  und  zwar  als 
Dativcharakter,  der  auch  dem  oben  mit  rf^IT  tdsmdi  ver- 
mittelten thamma  und  analogen  Formen,  sowie  den  alt- 
preufsischen  wie  kasmu  =  skr.  kdsmdi  entwichen  ist.  Da- 
gegen zeigen  die  altpreufsischen  weiblichen  Pronominaldative, 
n  den  am  treuesten  erhaltenen  Formen,  si-ei,  nach  kurzen 
Vocalen  ssi-ei"),  gegenüber  dem  skr.  -sy-di  und  goth.  -s-ai; 
daher  z.B.  stei-si-ei  oder  ste-ssi-ei  für  skr.  td- sy-di,  goth. 
thi'S-ai. 


*)    S.  Über  die  Sprache   der  alten  Preufsen  p.  10. 


Dativ  SS.     §.  176.  177.  341 

176.  Die  litauischen  Substantive  haben  i  oder  ei  als 
Dativ-Endung;  letztere  findet  sich  jedoch  nur  an  weiblichen 
z- Stämmen  "),  und  man  kann  sie  daher  mit  dem  eben  er- 
wähnten altpreufsischen  ei  der  weiblichen  Pronominal-Decli- 
nation  vermitteln  (stei-si-ei).  Es  wäre  also  dwi-ei  (zweisyl- 
big)  ovi  sowohl  hinsichtlich  des  Stammes  als  der  Endung 
identisch  mit  dem  sanskritischen  dvy-di,  euphonisch  für 
avi-di,  von  dvi  f.  Mutterschaf,  wovon  auch,  wie  vom 
männhchen  dvi,  dvay-e,  wofür  das  Gothische  im  Fem. 
avai  und  im  Masc.  ava  (s.  §.  340)  zeigen  würde,  wenn  das 
Stammwort  von  avist7'  (them.  avistra  Schaf  st  all)  sich  er- 
halten hätte  oder  zu  belegen  wäre,  und  den  beiden  Ge- 
schlechtern angehörte.  Der  litauische  Dativcharakter  i,  der 
vom  skr.  Diphthong  e  =  ai  nur  den  Schlufstheil  bewahrt  hat, 
kommt  an  consonantisch  endigenden  Stämmen  nicht  vor,  da 
diese  im  Dativ,  wie  überhaupt  in  den  meisten  Casus,  sich 
durch  den  Zusatz  von  i  oder  m  erweitern*");  mit  schliefsenden 
Vocalen  vereinigt  sich  derselbe  zu  einem  Diphthong,  wobei 
das  männliche  a  sich  zu  u  schwächt,  also  wUkui  lupo  vom 
Stamme  wllka,  wie  sünui  von  sünh.  Das  weibliche,  ursprüng- 
lich lange,  a  bleibt  unverändert,  also  dswai  equae.  Zu 
Formen  wie  wilkui  stimmen  merkwürdig  die  zu  derselben 
Declination,  d.  h.  zu  den  sanskritischen  männlich-neutralen 
a-Stämmen,  gehörenden  oskischen  Dative  wie  Maniid,  Ahel- 
lanüi,  Nüvlanüi  (s.  Mommsen's  Oskische  Studien  p.  32). 
Übereinstimmungen  dieser  Art  sind  natürlich  immer  zum 
Theil  zufälhg,  da  urverwandte  Sprachen  leicht  auf  dem  Wege 
der  Entartung  einander  begegnen  können. 

177.     Die  griechischen  Dative  stimmen  im  Singular  wie 
im  Plural   zu    den   sanskritischen   und   sendischen  Locativen 


*)  Die  männlichen  Stämme  auf  i  bilden  den  Dativ  aus  einem  er- 
weiterten Stamme  auf  la,  daher  genciui  (zweisylblg  wie  yoön w/, 
s.  Kurschat  IL  p.  267). 

**)  Über  altslavische  Dative  consonantisch  endigender  Stämme 
s.  §.267. 


342  Bildufig  der   Casus.      §.  177. 

(s.  §§.  195.  250  f.),  dagegen  fasse  ich  jetzt,  in  Cbereinstimmung 
mit  Ag.  Benary,  das  lange  t  des  lat.  Dativs  als  Vertreter 
des  skr.  Dativcharakters  e  aus  ai.  Es  hat  sich  also  der 
Schlufstheil  des  ursprünglichen  Diphthongs  zur  Entschädi- 
gung für  den  weggefallenen  ersten  Theil  verlängert,  wie  in 
Pluralnominativen  wie  isti,  Uli,  lupt  (s.  §.228).  Dagegen  ist 
kurzes  i,  wo  es  ursprünglich  am  Wort-Ende  stand,  im  La- 
teinischen entweder  wie  im  Goth.  unterdrückt  °),  oder  zu  e 
geworden  (s.  §.  8  p.  19);  in  keinem  zuverlässigen  Falle 
aber  zu  i.  Auch  ist  zu  berücksichtigen,  dafs  im  Plural  der 
lateinische  Dativ -Ablativ  auf  den  entsprechenden  Casus  des 
Sanskrit  und  Send,  und  nicht  wie  der  griech.  Dativ  auf  den 
Locativ  sich  stützt  (§.244);  ferner  dafs  mi-ht,  ti-bt,  si-bt 
ihrem  Ursprünge  nach  entschieden  dem  Dativ  angehören 
(§.  215),  dessen  Endung  in  i-bt,  u-bt,  ali-bi.  ali-cu-bt,  utru-bt 
locative  Bedeutung  angenommen  hat.  Beachtung  verdient 
auch  bei  Entscheidung  in  der  vorliegenden  Frage,  dafs  das 
Oskische  und  Umbrische  neben  dem  Dativ  einen  wirklichen 
Locativ  besitzen,  und  dafs  im  Umbrischen  wirklich  e  =  skr.  e 
als  Dativ-Endung  bei  consonantischen  Stämmen  vorkommt "), 


*)    Z.  B.  jwm,  es,  est  wie  goth.  im,  is,  ist,  gegen  gr.  ilJL-fJLl,  eT-G'l, 
8(771,  skr.  ds-mi,  ä-si,  äs-ti,  llt.  es-mi,  es-i,  es-ti. 

^)  Die  umbrische  Schrift  unterscheidet  zwar  nicht  zwischen  kur- 
zem und  langem  <?,  ich  zweifle  aber  nicht  daran,  dafs  es  an  den 
von  Aufrecht  und  Kirchhof  (p.  4l)  angegebenen  Stellen  lang  sei; 
auch  steht  ihm  im  Oskischen  öfter  ei  gegenüber.  Man  vergleiche  das 
diphthongische  e  Im  Latein,  und  Althochdeutschen  (§.2  Anm.  u.  §.5). 
Das  Oskische  setzt  Im  Dativ  consonantlsch  endigender  Stämme  ei  als 
Casus-Endung,  welches  sich  zum  umbrischen  und  sanskritisch -sendi- 
schen  i^=.ai  verhält,  wie  das  gr.  £i,  z.B.  von  etat,  zum  skr. e  von  emi 
ich  gehe.  Beispiele i^wa/^/ar-c/  quaestori,  medikei  magistratui. 
Das  altlat.  ei  als  Ausdruck  des  langen  /  kann  hier  nicht  in  Betracht 
kommen,  wenngleich  das  lange  /selber  In  den  meisten  Fällen  nur  der 
Überrest  eines  Diphthongs  ist  und  entweder  für  ai,  ei  oder  oi  steht. 
Zuweilen  aber  ist  die  Verlängerung  des  i  die  Entschädigung  für  eine 


Daflv  sg.     §.  178.  3-13 

Z.B.  in  nomn-e  für  skr.  namn-e,  send,  ndmain-e,  lat.  no- 
min-i;  patr-e  für  skr.  pitr-e  (aus  patr-c).  —  Betrachten 
wir  aber  den  lat.  Dativ  seinem  Ursprünge  nach  als  echten 
Dativ,  so  dürfen  wir  z.  B.  ped-t  nicht  mit  dem  gr.  no^-i  = 
skr.  Loc.  pad-i,  sondern  nur  mit  dem  skr.  pad-e  (aus 
pad-ai)  zusammenstellen; /Vrm^-/'  nicht  mit  dem  gr.  (^spovr-i, 
send.  Loc.  harent-i  (skr.  Ödrat-i)^  sondern  mit  dem  send. 
Dativ  barent-e^  barentai-ca  i^s>J  p.  60)  feren- 
tique  —  skr.  Ödrat-e.  In  der  4ten  Declin.  entspricht 
fructU'i,  abgesehen  von  der  Sylbenzahl  und  der  Quantität 
des  i-Lauts,  den  litauischen  Dativen  wie  sunui  (zweisylbig) 
für  skr.  sündv-e.  Die  o - Declination  hat  in  der  klassischen 
Latinität  den  Casuscharakter  verloren  und  zum  Ersatz  das 
stammhafte  ö  verlängert;  doch  bietet  die  alte  Sprache  For- 
men dar  wie  populoi  Romanoi,  die  wir  also  den  oskischen 
wie  Maniüi  und  litauischen  wie  pönui  dem  Herrn  gegen- 
überstellen. In  der  Pronominal -Declination  hat  sich  das 
Casuszeichen  in  Vorzug  vor  dem  Endvocal  des  Stammes  be- 
hauptet, daher  isf-t  für  istoi  oder  üto;  so  im  Fem.  isf-t  für 
istai  oder  istae.  Die  altlateinischen  Dative  wie  familiai  und 
die  oskischen  wie  toutai  populo  stimmen  zu  litauischen  wie 
dswai  equae.  Das  Umbrische  hat  hier  nach  sanskritischem 
Princip  ai  zu  e  zusammengezogen  {tute,  später  tote).  Bei 
lateinischen  *- Stämmen  fliefst  das  z  des  Stammes  mit  dem  6 
der  Casus-Endung  zusammen,  also  hosti  aus  hosti-t. 

178.  Zum  ÜberbHck  der  Dativ-Bildung  diene  folgende 
Zusammenstellung  (s.  §.  148),  von  welcher  ich  die  vocalisch 
endigenden  Neutralstämme  ausschliefse. 

Sanskrit  Send  Lat.  Lit.  Gothisch 

dsvdya  aspdi  equö  ponui  vulfa 

kd'Smdi  ka-hmdi        cu-i^)         ka-m^)         hva-mma 


unterdrückte  nachfolgende  Sylbe,  z.  B.  in  der  Endung  bi  {nr  skr. 
Ityam  (von  tü^yam  tibi),  wofür  man  im  Lat.  biurn  zu  erwarten 
hätte. 

')    S.  §.  389.       ^)    Altpr.  Ä:a-jmw. 


344 


Bildung   der   Casus.     §.    179. 


Sanskrit 

Send 

Lat. 

Lit. 

Golhisch 

dsvdy-di 

hisvay-di 

equa-i 

dswa-i 

gibai  ^ ) 

pdtay-e  ') 

fate-P.  ^) 

hoste 

') 

gasta 

fritay-e  ^) 

dfrite-e  *) 

turri 

dwi-ei 

anstai 

Bdva7ity-di 

havainty-di     

td-sy-di 

aita-nh-di 

') 

thi-s-tti 

sündv-e 

pasv-e 

pecu-i 

siinu-i  ^ 

°)    sunau 

hdnav-e  ^  ^) 

tanu-y-e 

socru-t 



kinnau 

vadv-di 

gdv-e 

gdv-e 

bov-t 

nav-e 



vdc-e 

vdc-e 

VQC-t 

Bdrat-e 

harent-e 

ferent-i 

ßjand 

dsman-e 

asmain-e 

sermon-t 

ahmin 

namn-e 

ndmain-e 

nömin-t 

namin 

brdftr-e 

hrdthr-e 

frdtr-i 

bröthr 

duhitr-e 

dug'd'er-e  ^  ' 

') 

dauhtr 

ddtr-e 

ddtr-e 

dator-i 

vdcas-e 

vacanli-e 

gener-t 



Ablativ. 

179.  Der  Ablativ  hat  im  Skr.  t  zu  seinem  Charakter, 
über  dessen  Ursprung,  sobald  man  den  Einflufs  der  Prono- 
mina auf  die  Casusbildung  erkannt  hat,   man  nicht  im  Un- 


3)  S.  §.  175.  '*)  Ich  setze  die  regelmäfsige,  d.  h.  gunirte  Form, 
welche  am  Ende  von  Compp.  sich  behauptet  hat,  s.  p.  323.  ^)  In 
Verbindung  mit  ca  Vend.  S.  p.  473  «.v^^wV^^CTSvOe;  paityaica 
==  skr.  >9a/f/eca,  s.  §§.4l,  47.  ^)  S.  §.  l76.  '')  oder  pri  ty-äi. 
8)  '^lii  ca  *XJ^^s>J^^<yi^-::i7^^^JJ  äfritajai-ca.  ^)  S.  §§.  174. 
349.  ^  °)  zweisylbig.  ^')  oder  hänv-di.  ^  ^)  Das  £  e  von 
^/^(2^p  >  ^  dug  de  re  und  des  Instrum.  «-«-♦/£(2.^p  >  A  dug  d  era 
steht  blofs  als  Bindevocal  zur  Vermeidung  der  unbequemen  Verbin- 
dung von  3  Consonanten.  Ich  folgere  diese  Formen  aus  dem  beleg- 
baren Plural-Genitiv  ^X^^£<S.v£^>3  dugdcranm.,  Vend.  S.  p.  472, 
wo  dug  d  eranin   für  dugderanm  zu  lesen. 


Ablativ  sg.     §.  180.  345 

gewissen  bleiben  kann,  da  man  sogleich  auf  den  Demon- 
strativstamm ta  geführt  wird,  der  schon  im  neutralen  Nomin. 
und  Accus,  die  Natur  eines  Casuszeichens  angenommen  hat, 
und  den  wir  auch  später  beim  Verbum  die  Function  einer 
Personal-Endung  werden  übernehmen  sehen.  Dieser  Ablativ- 
Charakter  hat  sich  jedoch  im  Skr.  nur  bei  den  Stämmen 
auf  a  behauptet,  welches  vor  demselben  verlängert  wird, 
was  den  indischen  Grammatikern,  denen  die  Englischen  ge- 
folgt sind,  Anlafs  gab,  WsV.  ^^  ^^^  Ablativ -Endung  aufzu- 
stellen. Man  hätte  demnach  anzunehmen,  dafs  in  dsvdt 
das  a  des  Stammes  mit  dem  ä  der  Endung  verschmol- 
zen sei*). 

180.  Im  Send  hat  zuerst  E.  Burnouf")  den  Ablativ- 
Charakter  an  einer  Wortklasse  nachgewiesen,  die  ihn  im 
Sanskrit  verloren  hat,  und  woraus  schon  hinlänglich  hervor- 
geht, dafs  im  Skr.  ein  blofses  t  und  nicht  dt  die  wahre 
Ablativ -Bezeichnung  sei.  Wir  meinen  die  Declination  auf 
>  u,  w^ovon  später  *"").     Was    die  Stämme   auf  a  anbelangt, 


*)  Auf  das  Willkürliche  und  Unbegründete  dieser  Annahme  habe 
ich  schon  in  meinem  ausführlichen  Lehrgebäude  (l827  §  158  Anm. 
und  §.  264)  aufmerksam  gemacht,  und  aus  den  Ablativen  der  Pronom. 
der  beiden  ersten  Personen  (jnat,  tvat)  gefolgert,  dafs  entweder  at 
mit  kurzem  a,  oder  richtiger  ein  blofses  /  als  Ablativ -Endung  ange- 
sehen werden  müfste.  Diese  Ansicht  unterstützte  Ich  In  der  lateini- 
schen Ausgabe  meiner  Gramm,  dadurch,  dafs  auch  im  Altlateinischen 
ein  blofses  d  als  Suffix  des  Ablativs  erscheint.  Noch  nachdrücklicher 
aber  wurde  seitdem  die  Richtigkeit  meiner  Auffassung  des  skr.  Abla- 
tivs durch  das  Send  bekräftigt,  weil  dasselbe  in  einem  engeren  und 
einleuchtenderen  Verhältnifs  zum  Sanskrit  steht  als  das  Lateinische. 
)    Nouveau  Journal  Asiatique  1829«  T.  III.  311. 

***)  Den  meisten  übrigen  sendlschen  Wortklassen,  namentlich 
den  Stämmen  auf  a,  i  und  denen  mit  consonantischem  Ausgang,  habe 
ich  zuerst  eine  vom  Genitiv  abweichende  Form  des  Abi.  s^.  nachge- 
wiesen, in  den  Jahrbüchern  für  wissenschaftliche  Kritik,  März  1831 
p.  381  und  in  der  lateinischen  Ausgabe  meiner  Sanskrit- Gramm. 
(1832)  p.  32 A  f. 


3i6  Bildung  der  Casus.   180. 

^velche  im  Skr.  allein  den  Ablativ  bewahrt  haben,  so  wird 
auch  im  Send  der  kurze  Vocal  verlängert,  und  so  stimmt 
52ajj5?ev£^  vehrkd'd  lupo  zu  ^^ffL  "^T^d-t  (p.  68). 
Stämme  auf  i  i  haben  im  Ablativ  6%-d.  woraus  man  auf 
skr.  Ablative  wie  pate-t,  prtte-t  schliefsen  kann  (§.33), 
welche  durch  Gunirung  des  Endvocals  mit  den  Genitiven 
auf  e-s  übereinstimmen  würden.  Der  Send-Avesta  bietet 
jedoch  nur  wenige  Belege  für  solche  Ablativ -Formen  auf 
S^>^  öi-d;  ihre  erste  Wahrnehmung  verdanke  ich  dem 
Worte  Ss.'^^OO'?^^^^^  äfrttoid  benedictione  in  einer 
anderwärts  erklärten  und  mehrmals  wiederkehrenden  Stelle 
des  Vendidad  (gramm.  crit.  p.  325).  Beispiele  von  männ- 
lichen Stämmen  sind  vielleicht  Sv'^V^05^H3>CO^^vu^  ^%^yj? 
ragoidsaratustroid  „instituti  one  saratustrica"  (V.  S. 
p.  86),  wenn  anders  ^^^^  ragi^  was  mir  sonst  nicht  vor- 
gekommen, ein  Mascul.  ist;  der  Adjectivstamm  saratustri 
aber  gehört  den  drei  Geschlechtern  an.  —  Die  Stämme  auf  w 
haben  im  Ablativ  1^*-^  au-d,  }o>c  eu-d,  S^'»  v-ad  und 
J2^u>>«x*  av-ad^  und  an  keiner  Wortklasse,  der  auf  a  aus- 
genommen, läfst  sich  der  Ablativ  zahlreicher  belegen,  wenn- 
gleich nur  an  einer  kleinen  Anzahl  von  Wörtern,  deren 
ablativer  Gebrauch  sehr  häufig  ist;  z.B.  j^c'^^-v^v^u  anhau-d 
mundo;  von  >€>'3^  anhu^  }c\}xxj^>m^  tanau-d  oder 
j2^v>>^^'(>0  tanv-ad,  oder  j2^u>>4x«^vU(>o  tanav-ad,  corpore, 
von  >/^'C0  tanu.  Den  Ablativ  auf  ^>c  eu-d  belegt  Bur- 
nouf  (Yagna  Notes  p.  8)  durch  die  Form  J2s.^pi/i^v.«^  main- 
yeu-d^   von    mainyiL    Geist").   —    Die    mit   Consonanten 

*)  Da  Burnouf  1.  c.  auf  die  erste  Ausgabe  dieses  Buches  p.  2ü0fT. 
(soll  helfsen  2lO)  verweist,  so  hätte  ich  nicht  nüthig  darauf  aufmerk- 
sam zu  machen,  dafs  die  erste  Abtheilung  der  ersten  Ausgabe  meiner 
vergl.  Gramm.  (§.  1  —  §«250)  früher  erschienen  Ist  als  Burnouf's 
^^Commentaire  sur  le  Yag7ia''\  obwohl  die  früher  ausgegebene  Vor- 
rede des  eben  genannten  Werkes  die  Unterschrift  vom  15.  Februar 
1833  trägt,  die  melnige  aber  die  vom  März  desselben  Jahres.  Diesen 
Umstand  scheint  Hr.  Prof  Spiegel  nicht  in  Erwägung  gezogen 
zu  haben,  als  er  mir  an  einer  schon  in  der  btcn  Ablh.  der  !.  Ausg. 


Ablatw  SS.    §.  180.  347 

endigenden  Stämme  können  das  ablative  g^  d  eben  so  wenig 
als  das  aecusative  m  unmittelbar  anschliefsen,  und  haben  ad 
als  Endung,  die  sich  vielfach  belegen  läfst;  z.  B.  ^»-»ej^x^ 
aj?-acZaquä,  ^2:^^^^^^  dthr-ad  igne,  J2^<-7^%t^^'(v)  cas- 
man- ad  ocn\o^  }^^l^^y^^l  ndonh an- ad  ndt.s,o,  S^'ii?^ 
fZrw(/-afZ  daemone,  JS^*^^^^  vts-a(Z  loco  (vgl.  w(?ws  nach 
§.  21).     Wegen  der  leichten  Verwechslung  des  «^  a  mit  ^^^  a, 


dieses  Buches  (p.  l469)  besprochenen  Stelle  das  unverdiente  Lob  zu 
Theil  werden  liefs,  die  Sendformen,  wie  sie  sich  vornehmlich  aus 
Burnouf's  Forschungen  ergeben  haben  sollen,  in  meiner  verglei- 
^  chenden  Grammatik  grolsentheils  zusammengestellt  zu  haben.  Was 
aber  nicht  vorhanden  war,  konnte  auch  nicht  zusammengestellt  wer- 
den; übrigens  hat  auch  Burnouf  in  seinem  vortrefflichen  Commen- 
tar,  welcher  leider  unvollendet  geblieben  ist,  nur  da,  wo  sich  bei  Er- 
krdrung  von  Textstellen  Veranlassung  dazu  darbot,  grammatische 
Sendformen  besprochen,  und  ichh'atte,  wenn  Ich  blofs  auf  die  von  Ihm 
zuerst  an  das  Licht  gezogenen  Formen  beschränkt  gewesen  wäre, 
an  den  meisten  Stellen  dieses  vergleichenden  Sprachwerkes  das  Send 
ganz  unberührt  lassen  müssen  ,  während  Ich  mit  Hülfe  eigener  Beob- 
achtungen in  demselben  den  ersten  Grundrifs  einer  Sendgrammatik, 
verflochten  mit  der  Beschreibung  des  Organismus  der  wichtigsten 
übrigen  Glieder  unseres  grofsen  Sprachstamms,  glaube  niedergelegt 
zu  haben.  Mit  den  von  Burnouf  gelegentlich  angestellten  Ver- 
gleichuDgen  sendischer  Formen  mit  denen  der  europäischen  Schwe- 
stersprachen bin  ich  nicht  überall  einverstanden,  unter  andern  damit 
nicht,  dafs  er  in  der  oben  (p.  2)  erwähnten  Recenslon  einige  Bil- 
dungen des  sendlschen  Potentlalls  mit  ähnlichen  Erscheinungen  Ats 
griech.  Conjunctivs  identlficlrt  hat,  indem  er  z.B.  (in  dem  besonderen 
Abdruck  p.  Al)  dem  sendlschen  4jU(>o^«.u/»jui  haraeta  (Ich  lese  jetzt 
baraita^  s.  p.  60)  und  dem  skr.  liäreta  das  griech.  (peOYirat  statt 
ipeooiro  (s.  §.  699)  gegenüberstellt.  Dem  skr.  ^dreta  gleicht  aller- 
dings äufserlich  in  der  vorletzten  Sylbe  die  gr.  Conjunctivform  (p6oy\- 
Tai  mehr  als  die  Optative  (peooiro ,  was  aber  nicht  hindert,  dafs  oi 
(neben  ei  und  ai)  der  wahre  Vertreter  des  skr.  e  und  send.  ^  e  oder 
^vu  ai  ist,  und  dafs  mit  dem  sanskritischen  und  sendlschen  sogenann- 
ten Potentlalls  kein  anderer  griechischer  Modus  als  der  Optativ  in 
einem  wirklichen  historischen  Zusammenhang  steht. 


348  Bildung   der   Casus.      §,  181. 

findet  man  zuweilen  auch  fehlerhaft  J2^  dd  für  £^*.'  a  J; 
so  V.S.  p.  338.  'jövuj(v^vu^Aj\>^ujuj  saucant-dd  für  -\>^JJ 
S^^-'O^^^^-'^vJ  saucant-ad  lucente.  —  Die  weiblichen 
Stämme  auf  *^^  d  und  -jJ  t  haben  dagegen  rechtmäfsig  die 
Endung  S^  <id  als  Analogon  zu  der  skr.  weiblichen  Ge- 
nitiv-Endung ^[^  ds  (woraus  im  Send  S*^  ao);  z.  B. 
^os^M^^^^J^JXf^  c?aÄwa^-ac?  praeclara  von  vcu^v^  dahmd^ 
J2^^i«.*''^«x»>>7>  urvaray-dd  arbore  von  vmj7vv>>?>  ^^/•. 
vard^  ^S^ib^^^^)^  barefry-dd  ^enitrice  von -jJ^^^^^ 
harefrt  ").  —  Wenn  nun  gleich  der  Ablativ  dem  Send  für 
alle  Declinationen  genügend  nachgewiesen  ist,  und  auch  das 
ablative  Verhältnifs  meistens  durch  den  wirklichen  Ablativ 
bezeichnet  wird,  so  findet  man  doch  nicht  selten  auch  den 
Genitiv  an  der  Stelle  des  Ablativs,  und  sogar  Adjective  im 
Genitiv,  in  Beziehung  auf  Substantive  im  Ablativ.  So  lesen 
wir  V.  S.  pag.  479  S^*-'/^  S^^'Oü^^  j^vMjev^»^^  cv^aj^v^v 
•^^V/^^*-*^^^J^*^G  haca  avanhdd^")  visad  yad  md.s- 
dayahiois  „ex  hac  terra  quidem  mas  dayasnica". 

181.  Zum  Send  stimmt  in  Ansehung  der  Ablativ -Be- 
zeichnung das  Alt-Römische,  und  auf  der  Columna  rostrata 
und  dem  S.  C.  de  Bacclianalihus  enden  alle  Ablative,  mit 
Ausnahme  der  hierdurch  verdächtigen  Unterschrift  des  S.  C. 
in  agro  Teurano  und  des  offenbar  verstümmelten  praesente 
der  C.  R.  **'),  mit  <i,  so  dafs  es  zu  bewundern  ist,  dafs  man 


*)   Vendidad  Sadepag.  463:   -^Im^Gm^    \^'^<iy^L  cuCJIu^^ 

CC/Cr>(2^  yata  vehrko  c  athwar  e-g  angro  nis  dar  edair- 
yäd  bareirjdd  haca  put  r em  ,,wie  ein  W olf,  ein  vier- 
füfsiger,  losreifst  vo  n  d  er  Gebärer  i  n  das  Kind".  Dieser 
Satz  ist  auch  als  Belegstelle  für  die  Intensiv-Form  von  \^  ichtigkeit 
(vgl.  kleinere  Sanskritgr.  §.  501).  Der  Codex  theilt  aber  unrichtig 
nisdare    dairjdd. 

**)   Über  diese  Form  s.  §.  174  Schlufs. 

*)  S.  das  Facsimile  bei  Ritsch  1  ^^Tnscriptin  quae  fcriur  Columnac 
Rostvatrae  Ducllianac",    wo  praesenlc  am  Schlüsse  i\zs   erhaltenen 


Ablatio   sg,     §.  181.  349 

die  Ablativkraft  dieses  Buchstaben  übersehen,  und  mit  dem 
leeren  Namen  eines  paragogischen  d  sich  begnügen  konnte. 
Die  consonantischen  Stämme  setzen  ed  oder  id  als  Ablativ- 
Suffix,  wie  sie  im  Acc.  em  statt  eines  blofsen  m  haben. 
Formen  wie  dictator-ed^  covention-id  stimmen  daher  zu  sen- 
dischen  wie  saucant-ad  dthr-ad  (lucente  igne),  wäh- 
rend navale-d")  praeda-d,  in  alto-d  mari-d  wie  die  oben  er- 
wähnten Sendformen  S^^ü^*-*^  ragoi-d  institutione, 
}oh^.v^s.\j^  tan  au -d  corpore  etc.,  und  im  Skr.  dsvd-t 
equo  einen  blofsen  ^-Laut  zur  Ablativbezeichnung  haben. 
Auch  das  Oskische  zeigt  das  Ablativzeichen  d  in  allen  De- 
clinationen,  und  zwar  bei  Substantiven  und  Adjectiven  ohne 
eine  einzige  Ausnahme  auf  den  erhaltenen  Denkmälern;  daher 
z.B.  touta-d  populo,  Äwva-c?  pecunia,  suva-d  sua,  prei- 
vafü-d  privat o,  dolu-d  mallu-d  dolo  malo,  slaagi-d  fine, 
praesent-id  praesente,  convention-id  conventione,  lig-ud 
lege.  Die  Pronomina  unterdrücken  aber  vor  dem  enkliti- 
schen k  (vgl.  lat.  ho-c,  hd-c)  den  Ablativcharakter,  da  dk  am 
Wort-Ende  unerträglich  wäre;  daher  z.B.  iü-k  eo*"),  eisa-k 


Theiles  der  9ten  Zelle.  In  die  Lücke  fällt  das  d  der  Endung  und 
sumod  nebst  dem  anfangenden  d  von  dictatored. 

*)   Hier  gehört  das  e  dem  zwischen  e  und  /  wechselnden  Stamme. 

**)  Man  kann  diese  Form,  sowie  den  Acc.  ion-k  und  diejenigen 
Formen  des  lat.  i-s,  ea,  i-d,  welche  zur  2ten  und  isten  Decl.  gehören, 
zum  skr.  Reiativstamme  ja,  fem. /d  ziehen,  welcher  Im  Litauischen 
und  Slavischen  die  Bedeutung  er,  sie  übernommen  hat.  Es  wäre 
demnach  Im  Lat.  z.  B.  eu-m  aus  iu-m  (von  z  kommt  i-rn)^  und  dieses 
aus  yw-7w  =  skr.  ^'Hya-Tn^  lit.  yV-n  (euphon.  für /'a-n,  dat.  ya-w  = 
skr.  jd-s  mäi)  entstanden.  Hiergegen  läfst  sich  freilich  einwenden, 
dafs  das  skr.  j  =/  am  Wort-Anfänge  im  Lat.  als  Halbvocai  sich  be- 
hauptet hat  (z,  B.  j'ecur,  jungo,  juvenis).  Dies  hindert  aber  nicht,  der 
Vermuthung  Raum  zu  geben,  dafs  die  Vocallsirung,  welche  der  alte 
Halbvocai  im  Lat.  hinter  Consonanten,  im  Innern  des  Wortes,  regel- 
mäfslg  erfahren  hat,  in  einem  besonderen  Falle  auch  am  Anfange  ein- 
getreten sei.  Wenn  dem  so  Ist,  so  stützt  sich  z/ auf  ?j/e  z=z  jai^  wie 
7«/ auf  ^  ke  zzz  kai,  eo-rum  (aus  io-runi)  auf  je -j  am,  wie  quo-rum 
auf /cc  -s  dm  etc. 


350  Bildimg  der  Casus.      §.  182.  ISS'^).  1. 

eä.  Letzteres  vergleiche  man  in  Ansehung  des  Stammes  mit 
dem  skr.  es'd  dieser,  es'a!  diese,  obgleich  diese  Stämme 
auf  den  gleichlautenden  Nominativ  beschränkt  sind.  Hier- 
von später  mehr. 

182.  In  der  klassischen  Latinität  scheint  eine  Art  von 
versteinerter  Ablativ -Form  in  dem  Anhängepronomen  met 
enthalten  zu  sein,  welches  von  der  ersten  Person  auch  auf 
die  übrigen  übertragen  sein  mag  und  zum  Sanskrit-Ablativ 
mat  von  mir  stimmt.  Es  könnte  aber  auch  met  ein  anfan- 
gendes s  abgelegt  haben,  und  für  smet  stehen,  und  so  dem 
in  §.  165  ff.  erklärten  Anhängepronomen  ^q"  sma  anheim- 
fallen, und  mit  dessen  Ablativ  smät  verglichen  werden,  zu 
dem  es  in  einem  ähnlichen  Verhältnifs  steht  wie  memor  (für 
smesmor)  zu  smar,  smr  sich  erinnern.  Die  Verbindung 
dieser  Sylbe  mit  den  Pronominen  der  drei  Personen  bedürfte 
dann  keiner  Entschuldigung,  da  auch  5^  sma,  wie  gezeigt 
w^orden,  an  alle  Personen  sich  anschliefst,  obwohl  es  selber 
als  ein  Pronomen  der  dritten  Person  aufgefafst  werden  mufs. 
Auch  die  Conjunction  sed  ist  gewifs  nichts  anders  als  der 
Ablativ  des  Reflexivs;  auch  kommt  sed  zweimal  im  S.  C.  de 
Bacch.  als  einleuchtendes  Pronomen,  und  zwar  von  inter 
regiert  vor,  wobei  man  annehmen  mag,  dafs  inter  mit  dem 
Ablat.  construirt  werden  konnte,  oder  dafs  auch  in  der  alten 
Sprache  der  Accus,  mit  dem  Ablat.  bei  den  geschlechtlosen 
Pronominen  gleichlautete;  für  letzteres  spricht  der  accusative 
Gebrauch  von  ted  und  med  bei  Plautus. 

183^).  l)  Im  Sanskrit  drückt  der  Ablativ  die  Entfernung 
von  einem  Orte,  das  Verhältnifs  woher  aus,  und  dies  ist 
die  wahre,  ursprüngliche  Bestimmung  dieses  Casus,  welcher 
das  Lateinische  noch  bei  Städte -Namen  treu  gebHeben  ist. 
Vom  Verhältnisse  woher  wird  aber  der  Ablativ  im  Sans- 
krit auch  auf  das  ursächliche  Verhältnifs  übertragen,  indem 
das,  warum  etwas  geschieht,  als  Ort  aufgefafst  wird,  von 
dem  eine  Handlung  ausgeht.  Auf  diese  Weise  berühren 
sich  die  Gebiete  des  Ablativs  und  Instrumentalis,  und  f{7T 
tena  (§.158)  und  "^^J^^X^täsmät  können  beide  deshalb 


Ablatw  SS.    §.  183").  1.  351 

ausdrücken.  In  adverbialischem  Gebrauch  greift  der  Ablativ 
noch  weiter  um  sich ,  und  bezeichnet  an  einigen  Wörtern 
Verhältnisse,  die  sonst  dem  Ablativ  fremd  sind.  Im  Grie- 
chischen mögen  die  Adverbia  auf  w<;  als  Schw^esterformen 
des  skr.  Ablativs  angesehen  werden,  so  dafs  cü-;  von  Stäm- 
men auf  0  zum  skr.  d-t  von  Stämmen  auf«  sich  verhielte, 
wie  z.  B.  ^idw-cTi  zu  dddd-ti.  So  mag  denn  z.  B.  Ojua)-^  dem 
skr.  samd'-t  „aus  ähnlichem"  sowohl  in  der  Endung  wie 
iin  Stamme  verwandt  sein.  Am  Ende  eines  Wortes  war 
im  Griech.  der  Übergang  von  ^-Lauten  in  5  nothwendig, 
wenn  sie  nicht  ganz  unterdrückt  werden  sollten'),  und  wir 
haben  in  §.  152  neutrale  Stämme  auf  r  ihren  Endbuchstaben 
in  den  flexionslosen  Casus  durch  die  Umwandlung  in  $  vor 
gänzlichem  Untergang  retten  sehen.  Wir  erklären  daher 
Adverbia  wie  o/xoj-g,  ourcu-g,  cJ-5  aus  ojjlw-t,  ovtw-t,  cJ-t,  oder 
ofjLUü^d'  etc.,  und  dies  ist  der  einzige  Weg,  diese  Bildungen  mit 
den  verwandten  Sprachen  zu  vermitteln,  und  es  ist  nicht  glaub- 
lich, dafs  das  Griech.  für  dieses  adverbiale  Verhältnifs  eine  ganz 
eigenthümliche  Form  geschaffen  haben  sollte,  eben  so  wenig 
als  man  andere,  dem  Griech.  allein  eigenthümliche  Casus- 
Endungen  aufweisen  kann.  Das  Verhältnifs  in  den  Adver- 
bien auf  w-;  ist  dasselbe  wie  das  von  lateinischen  Ablativ- 
Formen  wie  hoc  modo,  quo  modo,  raro,  perpetuo.  —  Bei  con- 
sonantischen  Stämmen  sollte  man,  im  Einklänge  mit  sendi- 
schen  Ablativen  wie  S^7^'^t^^*(vJ  casman-ad  oculo,  og, 
für  OT  als  Endung  erwarten;  allein  dann  wäre  die  ablative 
Adverbial-Endung  mit  der  des  Genitivs  identisch;  dieses  und 
die  überwiegende  Analogie  der  Adverbia  aus  0- Stämmen 
mag  Formen  wie  a^^pöv-u^Q,  herbeigeführt  haben,  die  in  An- 
sehung  ihrer  Endung    sich    mit  den   sendischen   weiblichen 


*)  Wie  z.B.  in  o\jtu)  neben  ovTU)-g,  woe,  a(pvw,  und  in  Adver- 
bien von  Praepositionen  —  e^w,  avu),  tcutu)  etc.  —  Hierbei  ist  es 
zweckmäfsig,  daran  zu  erinnern,  dafs  auch  im  Skr.  die  Ablativ-Endung 
an  Adverbien  von  Praepositionen  vorkommt,  wie  z.  B.  in  ad  äs  tat 
unten,  purästut  vorn  etc. 


352  Bildung  der   Casus.      §.  183").  2. 

Ablativen  wie  jo^i^/G^/vVj  harethry-dd  vergleichen 
lassen.  Auch  müssen  wir,  in  Ansehung  der  ungesetzlichen 
Länge  dieser  Adverbial-Endung,  an  den  attischen  Genitiv  auf 
WC,  für  cc,  erinnern.  —  Als  Ablative,  mit  verlorenem  ^-Laut, 
können  auch  die  dorischen  Pronominal- Adverbia  tiw^  tcv-w, 
avTw,  rr^vw  gefafst  werden  (Ahrens  Diall.  II.  374),  zumal  sie 
wirkliche  Ablativ -Bedeutung  haben  und  die  Stelle  der 
x\dverbia  auf  Bsv  =  skr.  tas,  lat.  tus  (§.  421)  vertreten,  also 
z.  B.  TTOü  aus  TTWT,  dcm  Sinne  nach  =  ttc^ev,  skr.  kütas  wo- 
her?. In  T'rjvuj'^Ev,  T'rjvw^-s  wäre  demnach  eine  Überladung  des 
Ablativ-Ausdrucks,  wie  wenn  im  Sanskrit  an  die  Ablative 
mat  von  mir,  tvat  von  dir,  noch  das  Suffix  tas,  wel- 
ches für  sich  allein  die  Stelle  des  Ablativcharakters  vertre- 
ten kann,  angefügt  wird  [mat-tas,  tvat-tas). 

2)  Da  das  Gothische,  wie  gezeigt  worden,  in  Folge 
eines  durchgreifenden  Lautgesetzes  alle  ^-Laute  am  ur- 
sprüngli  eben  Wort-Ende  aufgegeben  hat  (s.  §.  86. 2.  5.), 
so  kann  hier  der  sanskritische  Ausgang  d-t  nicht  genauer 
als  durch  6  vertreten  sein  (s.  §.  69.  I.);  ich  fasse  daher  die 
das  echt  ablative  Verhältnifs  woher?  ausdrückenden,  von 
Pronominen  oder  Praepositionen  entsprungenen  Adverbia  wie 
thathro  von  da,  hvathrö  woher?,  aljathrö  anders- 
woher, dalathro  von  unten,  als  Ablative,  welchen  ein 
Thema  auf  tlira  zum  Grunde  liegt,  welches  Suffix  offenbar 
mit  dem  später  zu  besprechenden  thara  zusammenhängt 
(s.  §.  292)  und  also  eines  Vocals  vor  dem  r  verlustig  gegan- 
gen ist,  wie  das  Lateinische  in  Formen  wie  utrius^  utrt,  ex-trd 
(gegen  exterd),  con-trd.  Es  hängt  daher  hva-thro  mit  livathar 
(them.  hvathara)  wer  von  zweien?  zusammen  (mit  Aufhe- 
bung der  Beschränkung  auf  die  Zahl  zwei),  und  thathro  mit 
dem  sanskritischen,  noch  unbelegten  ta-tara  dieser  oder 
jener  von  zweien,  aljathrö  mit  ^^jr^rf^  anyatard  einer 
von  zweien,  dalathro  von  unten  (vgl.  dal,  them.  dala 
Thal  als  unteres)  mit  dd'ara  der  untere,  dessen  Com- 
parativ  ad'aratara  lauten  würde;  es  enthält  aber,  meiner 
Meinung  nach,  selber  schon  ein  Coraparativsuffix  (d'ara  für 


Ablatw  sg.    §.  183").  2.  353 

tara).  Die  übrigen  gothischen  Ablativ-Adverbia  dieser  Art 
sind:  allathro  von  allen  Selten,  jai7ithro  von  dort,  von 
jenem  Orte,  fairrathrö  von  f e rn ,  iupathro  von  oben, 
utatliro  von  aufsen.  —  Viele  andere  gothische  Adverbia 
auf  0,  wie  z.B.  sinteino  immer  (vom  Adjectivstamme  sin- 
teina  continuus,  serapiternus),  galeiko  similiter  (them. 
galeika  s  i  m  i  1  i  s) ,  sniumundo  eilends,  aTuovdaiujc, ,  spranto 
subito,  andaugjo  palam  (vgl.  skr.  sdks'at  angesichts 
aus  sa  mit  und  aks'a  Auge  im  Abi.),  dürfen  nun,  obwohl 
ihnen  die  ablative  Bedeutung  abgeht,  wie  vielen  lateinischen 
Adverbien  mit  ablativer  Form  (raro,  perpetuo,  continuo  etc.), 
ebenfalls  als  Ablative,  theils  von  verlorenen,  theils  von  er- 
haltenen Adjectivstämmen  auf  a,  ja,  angesehen  werden,  da 
die  schwachen  Adjective,  mit  Stämmen  auf  an,  mit  deren 
neutralen  Accusativen  die  Adverbia  auf  6  sich  identificiren 
liefsen  (s.  Grimm  III.  p.  101),  verhältnifsmäfsig  junge  Er- 
zeugnisse sind,  aus  einer  Zeit,  wo  die  Adverbia  wie  spranto, 
sniumundo,  andaugjo,  als  Schwesterformen  lateinischer  wie 
subito  und  griechischer  wie  a-novdaiijoc,,  sanskritischer  wie 
sdks'dt  schon  geschaffen  waren.  Aus  thata  andaneitho  im 
Gegentheil,  eigentlich  das  Entgegengesetzte,  contra- 
rium,  als  Übersetzung  oder  Nachahmung  des  griech.  romav- 
TLov,  2.  Cor.  II.  7,  wo  andaneitho  entschieden  der  Nomin. 
Acc.  neut.  des  Stammes  andaneithan  ist,  möchte  ich  keine 
Folgerung  ziehen  in  Bezug  auf  die  entschiedenen  Adverbia 
auf  0  ohne  vorangehenden  Artikel;  eben  so  wenig  aus  thridjo"), 
welches  an  den  beiden  Stellen,  wo  es  vorkommt  (2.  Cor.  XII. 
14;  XIII.  1.),  das  Dcmonstr.  thata  nach  sich  hat,  also  thridjo 
thata  zum  dritten  Mal,  wörtlich  dieses  dritte,  gegen- 
über dem  griech.  rpiTov  und  rpirov  tovto.  Hier  ist  also  thridjo 
entschiedenes    Neutrum    des    Ordnungszahlwortes    mit    der 


)   Ich  habe  diese  Form  in  der  ersten  Ausg.  mit  Unrecht  aus  ihrem 
vorauszusetzenden  Primitivstamm  thridja  =  skr.  trti y  a  zu  erklären 
und  mit  dem  Ablat.  trtiyä-t^  lat.  tertio  zu  vermitteln  gesucht. 
I.  23 


354  Bildung   der   Casus.      §.  183'').  3. 

nach    §.  140   im    Nom.    Acc.    nöthlgen    Unterdrückung    des 
staramhaften  n  und  Verlängerung  des  a  zu  6. 

3)  Das  Altpersische,  welches  schliefsende  T-  und 
Zischlaute  hinter  einem  vorhergehenden  a  oder  d  regel- 
mäfsie^  unterdrückt,  kann  den  sanskritischen  Ablativen  auf 
d't  und  sendischen  auf  S^  d-d,  von  Stämmen  auf  a,  nichts 
anders  als  Formen  auf  d  gegenüberstellen,  w^odurch  der 
Ablativ  dem  Instrumentalis  äufserlich  gleich  geworden  ist, 
was  uns  aber  nicht  abhalten  darf,  f5r.^y.^f|.>^^.|y.>^.-. m" 
kahugiyd  Cambyse  (Beb.  I.  40),  parsa  Per siä  (N.R.  18) 
und  andere  analoge  Bildungen  auf  a,  welche  von  der  Prae- 
position  hacd  von,  aus,  aufserhalb,  regiert  werden, 
als  echte  Ablative  anzuerkennen  °),  obgleich  dieser  Casus 
häufiger  durch  das  Suffix  ta  für  skr.  tas,  wie  im  Präkrit 
durch  das  daraus  entstandene  TüJ  dö  ausgedrückt  wird. 
Jenen  altpersischen  Ablativen  auf  d  stehen  als  Schwester- 
formen mit  gleicher  Verstümmelung  nach  ähnlichem,  aber  all- 
gemeinerem Lautgesetze  (s.  §.  86  2.  b.)  die  gothischen  auf  6  =  d, 
wie  hvathrö  woher?  gegenüber.  Es  mag  hier  sogleich  be- 
merkt werden,  dafs,  meiner  Überzeugung  nach,  auch  das 
Altslavische  noch  Überreste  der  Ablativ-Bildung  hat,  natür- 
lich ebenfalls  mit  der  nach  §.  92.  m.  unvermeidlichen  Unter- 
drückung des  schliefsenden  ^-Lauts,  wodurch  sie  den  erwähn- 
ten altpersischen  und  gothischen  Ablativen  parallel  laufen. 
Sie  finden  sich  in  der  Pronominaldeclination  und  gelten  als 
Adverbia,  haben  aber,  wenigstens  zwei  derselben,  die  ablative 
Bedeutung  mit  der  locativen  vertauscht,  während  das  dritte 
„wohin?"  bedeutet,  wie  im  Lateinischen  die  Ablative  quö^ 
eo^illö  adverbialisch  auch  wohin,  dahin,  dorthin  bedeu- 
ten und  im  Sanskrit  das  Suffix  tas,  welches  dazu  bestimmt 
ist,  die  Entfernung  von  einem  Orte,  also  das  ablative  Ver- 


*)  Ich  habe  mich  schon  im  Monatsbericht  d.  Ak.  der  W.  vom 
J.  I84s  p.  33  in  obigem  Sinne  gegen  Benfey  ausgesprochen,  wel- 
cher die  betreffenden  Formen  als  Instrumentale  fafst,  und  die  Praep. 
hacä  sowohl  den  Abi.  als  den  lustr.  regieren  läfst. 


Ablativ  sg.      §.    IgS'^).  3.  355 

hältnifs  auszudrücken,  an  Pronominalformen  auch  mit  loca- 
tiver  Bedeutung,  und  zugleich  mit  accusativer,  die  Richtung 
nach  einem  Orte  ausdrückend,  vorkommt  ').  Es  kann  daher 
keinen  Anstofs  erregen,  wenn  ich  die  altslavischen  Formen 
tamo  dort,  jamo  wo  (relat.)  und  kamo  wohin?  ihrem 
Ursprünge  nach  als  Ablative  auffasse.  Sie  enthalten  das 
oben  (§.  167.  ff.)  besprochene  Anhängepronomen  mit  Verlust 
des  5,  wie  im  Litauischen  und  Hochdeutschen.  Da  nun  der 
Dativ  TOMOy  tomu  diesem  zum  skr.  tdsmdi,  altpr. 
steS'Smu,  Vit.  ta-m,  goth.  tha-mma  stimmt,  und  der  Locativ 
TOML  tomi  in  diesem  zum  skr.  td-smin,  send,  ta-hmi"'*), 
so  kann  tamo  dort  nur  dem  skr.  Abi.  tdsmdt  anheim- 
fallen; denn  über  den  Dativ,  Locativ  und  Ablativ  hinaus  er- 
streckt sich  von  uralter  Zeit  her  das  Anhängepronoraen 
nicht.  Es  hat  sich  also  das  lange  d  des  skr.  -smd-t  wahr- 
scheinhch  zuerst  gekürzt,  und  das  kurze  a  ist  wie  überall 
am  Ende  der  altslavischen  Wortstämme  zu  o  geworden 
(s.  §.  92.  a.  und  §.  257).  Das  mediale  kurze  a  des  skr. 
td- smd-t  hat  sich  aber  in  der  slav.  Schwesterform  behaup- 
tet, während  es  in  to-mu,  und  to-mi^  der  überwiegenden  Nei- 
gung zur  Schwächung  zu  o  gefolgt  ist,  was  gewifs  nicht 
hindert,  in  to-mu,  to-mi,  ta-mo  einen  gemeinschaftlichen  Stamm 
=  skr.  lit.  ta,  goth.  tha,  gr.  to  zu  erkennen.  So  wie  tamo 
der  Neigung  zur  Schwächung  des  a  zu  o  widerstanden,  so 
hat  sich  ßlMO  jamo  wo  (relat.)  =  skr.  yd- smd-t  (von 
welchem,  aus  welchem,  weshalb)  von  dem  euphonischen 
Einflüsse  des  Halbvocals  frei  gehalten  und  ist  auch  darum  be- 
achtungswerth,  weil  es  die  Relativbedeutung  des  skr.  Stammes 
7X  2/a  bewahrt  hat,  welcher  sonst  in  den  lettischen  und  slavi- 
schen  Sprachen  die  Bedeutung  „er"  übernommen  hat;  z.  B. 


*)  So  in  einer  Stelle  des  Mahäbhärata  (Des  Brahmanen  We h- 
kla  ge  L  20.  p.  5J) :  yatah  kseman  tato  ganturn  (euphonisch 
für  yatas,  tatas)  wo  Glück,  dahin  (ist)  zu  gehen. 

**)  Nicht  zu  belegen,  steht  aber  theoretisch  fest  (s.  §.  201). 

23  • 


356  Bildung    der   Casus.     §.  183").  4. 

\\t.  ja-m,  altsl.  \^MOy  je-mu  ihm;  hoc.  \\l.  ja-me ,  slav.  KMK 
jeml").  —  Ka-mo  wohin?  (slovenisch  ko-mo)  gehört  zum 
skr.  kd-smd-t  und  hat  sich  von  der  Zusammensetzung  frei 
gehalten,  die  wir  sonst  an  den  slav.  Interrog.  wahrnehmen 
(s.  §.  388). 

4)  Der  ossetischen  Ablative  auf  ei  für  e-t  ist  bereits 
gedacht  worden*"*),  wir  wenden  uns  daher  jetzt  zum  Arme- 
nischen, dessen  Ablativ  Fr.  Wi  n  dis  chmann,  in  seiner 
Abhandlung  „Die  Grundlage  des  Armenischen  im  arischen 
Sprachstamme  **")  noch  eine  räthselhafte  Erscheinung  nennt 
(p.  28).  Ich  glaube  aber,  dafs  man  zu  berücksichtigen  hat, 
dafs  auch  dieses ,  zum  iranischen  Zweig  unseres  Sprach- 
stammes gehörende  Idiom,  die  ^- Laute  vom  ursprüng- 
lichen Wort-Ende  verdrängt  hat,  daher  z.  B.  in  der  3ten  P. 
praes.  her-e'])^   er  trägt,  gegenüber  der  ersten  P.  her-e-m 


*)  Sollte  das  mit  Jamo  gleichbedeutende  amo  nicht  eine  Ver- 
stümmelung von  Jarno  sein,  sondern  umgekehrt  Jamo  aus  amo  durch 
den  beliebten  Vorschlag  eines  J  entstanden  sein,  so  würde  a-mo  zum 
skr.  Demonstrallvstamm  a  gehören  und  das  Ganze  zum  Abi.  a-smd-t. 

**)  S.  p.  120,  wozu  hier  noch  zu  bemerken,  dafs  Jtamei.,  welches 
nicht  nur  woher?,  sondern  auch  von  wem?  und  durch  wen?  be- 
deutet, wie  überhaupt  die  ossetischen  Ablative  s^.  und  pl.  In  dem  von 
G.Rosen  behandelten  südossetischen  Dialekt  zugleich  Ablativ  und 
Instrumentalis  ist.  Dafs  aber  die  Endung  ei  auf  den  sanskritischen 
und  send.  Ablativ  und  nicht  auf  den  Instrumentalls  sich  stützt,  sieht 
man  aus  dem  Anhängepronomen,  wodurch  Aamet  (k a-me-i)  als 
=  skr.  kd-s  mä-t,  send.ka-hmd-d  sich  darstellt;  so  u-mei {u-rne-i) 
von  ihm,  durch  ihn  als  =  skr.  a-smd-t^  send,  a-hmd-d  von 
diesem,  während  im  Instr.  nicht  ka-mei,  sondern  Af^jf=rsend. 
Aa,  skr.  ke-n-a  zu  erwarten  wäre. 

***)  Abhandlungen  der  k.  bayer.  Akad.  d.  Wiss.  1.  Gl.  Abth.  II. 
Bd.  IV. 

-|-)  Da  die  Endungen  m,  s  der  ersten  und  zweiten  P.  das  /  der 
skr.  Endungen  mi,  si  abgelegt  haben ,  so  braucht  man  auch  das  i  der 
Endung  f^  ti  Im  Armenischen  nicht  mitzurechnen,  sondern  wir  dür- 
fen ber-e  aus  vorangegangenem  ber-e-t  erklären. 


Ablativ  SS.  §.  183''>.  k.  357 

und  der  zweiten  her-e-s,  wobei  der  Klassenvocal  Ir  e  =  skr. 
und  send,  a,  wie  mir  scheint,  zur  Entschädigung  für  den 
unterdrückten  ^-Laut  zu  ^  e  sich  verlängert  hat.  Ich  fasse 
daher  auch  das  ^  e  der  Ablative  wie  htm  an- e  (them.  himan 
Grundlage)  als  Verstümmelung  von  e^  und  stelle  himan-e 
den  sendischen  Ablativen  wie  das  oben  erwähnte  casman-ad 
und  den  altlatein.   wie  covention-id^  dictator-ed  gegenüber '). 


*)    P  eter  mann  (Gramm,  p.  10S  ff.)  fafst  e«  als  die  ursprüngliche 
Endung  Aes  Ablativs  s^.  und  erkennt  darin  eine  verstümmelte  Praepo- 
sltlon  ^ij-  end  ,^in  ,  c  um,  p  e  r,  prop  ter,  sub"  1.  c.  p.  255).    Er  be- 
ruft sich  dabei  auf  die  Pronomina  der  beiden  ersten  Personen  (Ablat. 
inen,  gen)  und  der  Demonstrativa,  Indem  er  den  Ausgang  ne  Im 
Abi.  der  letzteren  (nmane,  ainrnane)   als  Umstellung  von   en  be- 
trachtet.     Ich  würde  aber,  wenn  ne  wirklich  eine  Umstellung  von 
en  wäre,  in  dem  e  dieser  Sylbe  die  wahre  Ablativ-Endung  erkennen, 
und  somit  auch  dieses  e  als  Verstümmelung  von  et  fassen  und  In  dem 
blofsen  n  ein  pronominales  Encllticum  erkennen,  etwa  wie  in  dem  c 
Aes  lat.  ho-c  oder  In  der  Sylbe  nam  von  quisnam  etc. ,  oder  in  dem 
ch  unserer  Accusative  mi-ch,  di-ch,  si-ch  (goth.  mi-k,  thu-k,  si-k 
s.  §.  S2b^\).    Aber  auch,  wenn,  was  ich  für  das  Richtige  halte,  ne  die 
Urform  des  Ausgangs  der  betreffenden  Ablative  Ist  und  somit  ine-n, 
9  ^-Aj  Verstümmelungen  von  ine-ne\  qe-ne  sind,  erkenne  ich  in 
diesem  Zusatz  eine  angetretene  Partikel,  die  sich  als  solche  haupt- 
sächlich dadurch  bewährt,  dafs  sie  auch  im  Plural-Ablativ  hinter  der 
eigentlichen  Casus-Endung  vorkommt  (^n^uA^  no  -za-ne  von  die- 
sen, wo  za,  wie  ich  nicht  zweifle,  eine  vollständigere  Form  der  In 
der  Regel  aus  einem    blofsen  g  z    bestebenden  Casus  -  Endung   ist, 
woran  in  der  gewöhnlichen  DecIInatlon  zugleich  der  Dativ  und  Ge- 
nitiv pl.  thellnehmen  (s.  §.2 15).    Ich  sehe  aber  keinen  Grund,  anzu- 
nehmen, dafs  in  einer  früheren  Sprachperlode  auch  die  übrigen  Pro- 
nomina und  die  sämmtllchen  Substantive  und  Adjective  an  diesem 
enclltischen  ne  oder  n  Thell  genommen  haben.    Sollte  dies  aber  der 
Fall  gewesen  sein,  und  ist  ne  oder  n  wirklich  der  Überrest  einer  ver- 
dunkelten Praepositlon ,  so  müfste  doch  der  von  ihr  regierte  Ablativ 
ursprünglich  auch  eine  Casus-Endung  gehabt  haben  ,  In  welcher  man 
die  Verstümmelung  der  sanskritischen  Ablativ -Endung  t  erkennen 
dürfte.      Ich  erinnere  an  das  altpers.  ma  von  m'w  =.  skr.  ma/,  mit 
lautgesetzlicher  Unterdrückung  des  schliefsenden  /. 


358  Bildung  der  Casus.      §.   183").  4. 

In  der  Declination  der  a-Stämme  ')  stimmt  ^  e  zum  skr.  d-ti 
send.  J2^  «-(^j  altpers.  und  pali'schen  a,  z.  B.  stane""), 
vom  Stamme  s^anaL and,  zum  skr.  sfd^nd-t,  send,  stdnd-d, 
pal.  ^'awa  (gegen  utl^uiL^  akan-e  ab  oculo  vom  Stamme 
akan  =  skr.  aks'an);  denn  das  armenische  ^  ^  stützt  sich 
meistens  auf  das  skr.  ^J  d.  In  der  Pronominaldeclination, 
die,  wie  Windisch  mann  gezeigt  hat,  auch  im  Armenischen 
das  oben  (§,  167  ff.)  besprochene  Anhängepronomen  sma, 
mit  dem  so  gewöhnlichen  Verlust  des  5,  gerettet  hat,  finden 
wir  Ablative  auf  me  gegenüber  den  sanskritischen  aui smd-t, 
sendischen  auf  hmd-d  und  pal.  auf  smd  oder  hmd.  Denn, 
wenn  man  Pronominal  -  Ablative  auf  me  mit  den  Dativen 
aufm  —  z.B.  or-me  (mit  Praep.  A-or-m^)  quo  (relat.)  mit 
oru-m  cui  —  vergleicht,  so  bleibt  nichts  anderes  übrig,  als 
me  mit  skr.  -smd-t,  und  das  dative  m  (vollständiger  ma 
bei  Demonstrativen,  z.B.  n-ma)  mit  skr.  smdi  zu  vermit- 
teln. Es  hat  also  die  armenische  Pronominal -Declination 
im  Dativ  genau  dieselbe  Verstümmelung  erfahren,  wie  die 
litauische  und  neuhochdeutsche.  Man  vergleiche  daher  das 
m  von  oru-m  cui  (nach  heutiger  Aussprache  woru-m)  mit 
dem  der  litauischen  Formen  wie  ka-m  wem?  (für  altpreufs. 
ka-smu,  skr.  kd-sindi)  und  neuhochdeutschen  wie  we-m,  de-m. 
Aus  der  Pronominal-DecHnation  ist  im  Armenischen  das  An- 


*)  Den  wahren  Endbuchstaben  der  vocallsch  endigenden  Wort- 
stämme erkennt  man  im  Singular  am  besten  aus  dem  Instrumentalls, 
dessen  f,  hinter  Consonanten  ö,  F  r.  W  I  n  d  I  s  c  h  m  a  n  n  (1.  c.  p.  26  f.) 
scharfsinnig  aus  dem  b  verwandter  sanskritischer  Casus -Endungen 
erklärt  (s.  §.  215  ff.).  Es  mag  daher  hier  auf  eine  merkwürdige,  wenn- 
gleich zufäUIge,  Begegnung  des  Armenischen  mit  den  lettischen  und 
slavischen  Sprachen  aufmerksam  gemacht  werden,  in  welchen  die  sin- 
gulare Instrumental-Endung  (litauisch  mi)  ebenfalls  mit  der  pluralen 
(llt.  mis  =  skr.  b  is)  zusammenhängt. 

**)  Ich  lasse  absichtlich  dlePraepositlonweg,  die  vor  Consonanten 
als  J,  vor  Vocalen  als  K  (aus»  erscheint,  und  In  letzterem  Falle  gra- 
phisch mit  dem  regierten  Worte  verbunden  wird. 


Ablativ  sg.     §.  183'').  4.  359 

hängepronomen,  wie  im  Pali  und  Prakrit  und  Lettischen, 
auch  in  die  substantivische  eingedrungen,  jedoch  mit  Be- 
schränkung auf  die  Stämme  auf  o  (Decl.  IV.),  welches  vor 
dem  in  Rede  stehenden  m  in  «l  u  übergeht,  daher  z.  B. 
mardu-m  ho  mini  neben  mardoi  (spr.  mardo).  Wenn  aber 
auch  bei  Ablativen  dieser  Wortklasse  das  Anhänge- 
pronomen vorkommt  (Petermann  p.  109),  nur  mit  unter- 
drücktem Endvocal  des  Stammes  (ag-me,  dat.  agu-m)^  so 
kann  dies  nicht  befremden,  da  dem  Ablativ  wie  dem  Dativ 
in  der  Pronominaldeclination  das  Anhängepronomen  zukommt. 
Ich  sehe  daher  in  solchen  Ablativen  durchaus  keinen  Grund, 
sie  vom  Dativ  abzuleiten,  oder  überhaupt  im  Armenischen 
den  Ablativ  aus  dem  Dativ  entspringen  zu  lassen.  — 
Bei  Stämmen  auf  i  *)  fasse  ich  die  Ablativ -Endung  e, 
z.  B.  von  u[inui^  sirte  corde,  als  Gunirung  des  stamm- 
haften ^,  so  dafs  also  die  Ablative  dieser  armenischen  De- 
clination  den  sanskritischen  Genitiv -Ablativen  auf  es  (im 
Ablat.  aus  e-t^  s.  p.  178)  und  den  sendischen  Ablativen  auf 
^\  oi-d,  von  Stämmen  auf  ^  i  gegenüberzustellen  sind.  Man 
vergleiche  also  sirte  mit  skr.  Ablativen  wie  agnef-s  igne, 
aus  agne'-t,  vom  Stamme  agni.  Einige  Beispiele  mit  armen. 
^  e  gegenüber  dem  skr.  Diphthong  e  aus  ai  sind:  if-^u^  ^es-q 


*)  Petermann's  .3te  Declination.  Sie  ist  wie  der  genannte 
Gelehrte  (p.  136)  bemerkt,  von  allen  die  zahlreichste.  Der  sogenannte 
Charakter  ist  aber  offenbar  nichts  anders,  als  der  Endvocal  des  Stam- 
mes, den  das  Armenische  Im  Nom.  Acc.  Voc.  unterdrückt,  und  zwar 
bei  a-  und  i-Stämmen  in  Übereinstimmung  mit  dem  Gothischen;  also 
wie  hier  gast-s,  gast,  gast!  ^  vom  Stamme  gasti,  so  im  Armen, 
z.  B.  u\ipui  sirt  Herz  in  den  3  Casus  (abgesehen  von  der  im  Acc. 
vortretenden  Praepositlon),  dagegen  Im  Inslrum.  sirti-v^  Im  Gen. 
Dat.  Abi.  plur.  u\ipui^g  sirti-z  ^  im  Instr.  pl.  sirti-vq  ,  Der  ent- 
sprechende skr.  und  lateinische  Stamm  endet  zwar  mit  d  (skr.  hrd 
aus  hard,  lat.  cord)^  allein  das  Armen,  hat  Ihn  wie  das  litauische  s  ir- 
di-s  zur  Bequemlichkeit  der  Declln.  durch  den  Zusatz  eines  /  erwei- 
tert. Man  mag  daher  im  Instr.  sg.  das  armen,  sirti-v  (aus  sirdi-b) 
dem  llt.  sirdi-mi  (aus  sirdi-bi,,  s.  §.  161)  gegenüberslellen. 


360  Bildung  der   Casus.     §.   i%'^'^).  h. 

Haar  vom  skr.  Stamme  ^f^f  kesa,  ^tf^  meg  Nebel,  vom 
skr.  Stamme  meg'd  Wolke,  m^^  teg  Lanze  von  der  skr. 
Wurzel  tig  schärfen  (aus  tig)^  gunirt  teg^  daher  fjs^^^ 
tegas  Schärfe,  Glanz  *).  In  Bezug  auf  den  doppelten 
Ursprung  des  armen,  e  =  skr.  ä  und  e  vergleiche  man  den 
des  latein.  e  (§.  5). 

Zum  Überblick  der  Ablativbildung  mögen  folgende  Zu- 
sammenstellungen dienen: 

Skr.  dsvd-t,  s.  aspd-d,  lat.  alto-d,  osk.  preivafü-d, 
gr.  ofjL(jü-g  (=  skr.  sama-t),  altpers.  kabugiyd,  armen,  stane 
(=  skr.  st'and't  neut),  osset.  arsei  (=  skr.  rksd-t  urso 
aus  drks'dt). 

Skr.  kd-smd-ty  s.  ka-hmd-d,  oss.  Jca-mei^  arm. 
or-me"")^  slav.  ka-mo. 

Send,  urvarayd'd,  skv.  urvdrdy-ds""*)^  \aX.  praeda-d, 
osk.  touta-d. 

Send,  dfritoi-d,  skr.  prite-s^  lat.  navale-d -f) ^  osk. 
slaagi-d,  armen,  sirde. 


*)  S.  Bottich  er  in  Zeitschr.  d.  D.  M.  Ges.  IV.  p.  363.  n.  264  u. 
über  me  g  =  J^^  rneg  d  nr.  l69. 

**)  Die  Vergleichung  gilt  hier  natürlich,  wie  überhaupt  bei  diesen 
Zusammenstellungen  nur  der  Bildung  und  nicht  dem  Stamme,  da  es 
nicht  möglich  ist,  in  den  verschiedenen  Wortklassen  nur  Wörter  von 
gleichem  Stamme  einander  gegenüber  zu  stellen. 

***)  S.  p.  178.  Das  send,  urvard  bedeutet  Baum,  das  skr. 
urvdrd  Fruchtfeld. 

-j-)  Man  könnte  auch  navali-d  nach  Analogie  von  mari-d  erwarten. 
Sollte  das  e  zu  einer  Zeit,  wo  schliefsende  Consonanten  noch  keinen 
kürzenden  Einflufs  auf  den  vorhergehenden  Vocal  hatten,  lang  ge- 
wesen sein,  so  könnte  hier  das  i  als  Gunirung  des  i  und  somit  als 
regelrechter  Vertreter  des  skr.  c  (s.  §.  5)  gefafst  werden.  Es  wäre 
also  navale-d  hinsichtlich  des  vorauszusetzenden  e  dem  wirklich  be- 
stehenden des  Plurals  navale-s  (s.  §.  230)  gleichzustellen.  In  Bezug 
auf  mhri-d  könnte  bemerkt  werden,  dafs  im  Sanskrit  die  Neutral- 
st'amme  auf/  und  u  die  Gunirung  weniger  lieben,  als  die  Masc.  und 
Feminina,  daher  im  Vocat.  für  väre,  mddo  auch  vdri,  mddu. 


^Ahlatw  sg.    §.  183*).  1.  361 

Send.  haretWy-dd^  skr.  dartry-as. 

Send,  anhau-d  (c>«x«§.  32),  mainyeu-d^  skr.  süno-Sy 
lat.  magistratu-d. 

Send,  tanau-dy  tanv-ad,  skr.  tanö'-s^  tanv-as^  altp. 
hdhiraus   (?  s.  p.  178  Anm.). 

Send,  vts-ad,  skr.  vis-ds"). 

Send,  saucant- ad  splendente,  skr.  socat-as  (ved.), 
id.  lat.  praesent-ed,  osk.  praesent-id. 

Send,  cas'man-ady  skr.  vdrtman-as  (via),  lat.  coven- 
tion-id'"'),  arm.  himan-e. 

Send,  ddfi'- ad '""'),  lat.  dictator-ed,  arm.  duster -e. 

183^>.  1)  Das  Armenische,  dessen  Ablativ,  nach  einer 
früheren  gelegenthchen  Andeutung  (l.Ausg.  p.  1272),  hier  zum 
ersten  Mal  ausführlicher  als  Bildungsgenosse  desselben  Casus 
anderer  indo- europäischer  Sprachen  besprochen  worden, 
unterscheidet  in  der  consonantischen  Declination  (abgesehen 
von  Fremdwörtern  wie  z.  B.  Jdam)  in  Übereinstimmung  mit 
den  germanischen  Sprachen  hauptsächlich  zwei  Klassen  von 
Wörtern,  nämhch  Stämme  auf  n  und  solche  auf  r.  Die 
Declination  der  ersteren  ist,  wie  unsere  sogenannte  schwache 
Declination,  sehr  zahlreich,  und  läfst,  wie  überhaupt  die  con- 
sonantische  Declin.,   den  Genitiv  und  Dativ  ohne  Gasuszei- 


*j  Das  send,  r/j  f.  bedeutet  Ort,  das  skr.  v/j'  als  Fem.  Ein - 
ga n  g ,  als  Masc.  e i  n  M a  n  n  der  3ten  Kaste. 

**)  Da  das  Geschlecht  In  diesem  Casus  keinen  Unterschied  in  der 
Flexion  begründet,  so  mag  hier  auch  ein  Femininum  In  der  Gesell- 
schaft von  Neutren  erscheinen.  Das  Armenische  unterscheidet  über- 
haupt keine  Geschlechter. 

**)  Ich  folgere  diese  Form  aus  dem  Genit.  da/r-(^,  sowie  aus 
dem  belegbaren  a /r  -  o  c?  igne  vom  Stamme  a^ar.  Yon  dug  dar 
Tochter  kann  der  Abi.  nicht  wohl  anders  als  dug d er-ad  (eupho- 
nisch für  dugdr-ad,  vgl.  p.  344)  lauten,  womit  das  arm.  duster-i 
zu  vergleichen,  welcheswie  das  altslav.  ^ZlUTH  rf«  j/i  (nom.).  Gen. 
duster-e,  den  ursprünglichen  Guttural  wegen  des  folgenden  /  In 
einen  Zischlaut  verwandelt  hat. 


362  Bildung  der  Casus.      §.  183^').  1. 

chen,  daher  ah  an  oculi,  oculo,  wie  im  Althochd.  augin; 
so  düster  filiae,  als  Gen.  und  Dat.,  in  merkwürdigem  Ein- 
klang mit  dem  althochdeutschen  tohter,  gegenüber  dem  goth. 
dauhtr-s^  dauhtr.  Zu  der  Verstümmelung,  welche  die  beiden 
letztgenannten  Formen,  so  wie  die  analogen  Masculina  wie 
brothr-s^  bröthr  (gegenüber  dem  Nom.  Acc.  bröthar,  daiihtar) 
erfahren  haben,  stimmen  im  Armenischen  die  Nominative*) 
akn  oculus,  dustr  filia  und  ähnliche  Formen.  Man  darf 
also  bei  der  Betrachtung  der  armenischen  Declination  nicht, 
wie  gewöhnlich  geschieht,  vom  Nominativ  sg.  ausgehen  und 
annehmen,  dafs  ein  Theil  der  obhquen  Casus  bei  Wörtern 
auf  n  und  r  einen  Vocal  zwischen  diese  Buchstaben  und 
den  vorhergehenden  Cons.  einschieben,  oder  sich  im  Innern 
erweitern  (Windischm.  1.  c.  p.  26),  sondern  man  mufs  um- 
gekehrt dem  Nominativ  eine  Neigung  zur  Zusammenziehung 
oder  Verkürzung,  die  oft  grofse  Härten  hervorbringt,  zuge- 
stehen. Während  vocalisch  endigende  Stämme  gröfstentheils 
ihren  Endvocal  im  Nom.  unterdrücken,  stofsen  die  consonan- 
tischen  den  vorangehenden  Vocal  aus.  Gewifs  ist,  dafs  akn 
oculus  nicht  zum  skr.  Stamme  dks'i  gehört,  sondern  zu 
dem  Nebenstamme  aksan^  woraus  die  schwächsten  Casus 
dieses  unregelmäfsigen  Wortes  entspringen  (kl.  Sanskritgr. 
§.  169),  in  welchen  das  vorletzte  a  wie  im  armenischen  Nom. 
Acc.  Voc.  ausgestofsen  wird.  Man  darf  also  lul^  akn  hin- 
sichthch  des  verstümmelten  Stammes  dem  skr.  Dat.  und  Gen. 
aksn-e^  aksn-as  gegenüberstellen,  und  umgekehrt,  den 
armen.  Dat.  und  Gen.  akan  *')  dem  skr.  vollen  Stamme 
aksan^  wovon  im  Locativ  (der  an  dem  starken  Thema 
theilnehmen  kann)  aksan-i  (über  n  s.  §.  17^^)  oder  aks'n-i. 
So  wienunuiifuÄ  aÄ;aw  als  Dat.  und  Gen.  formell  identisch  ist 
mit  dem  skr.  Stamme  aksan^  goth.  augan^  so  ist  duster  als  Dat. 


*)  Zugleich  Vocative  und  Accusative,  nur  dafs  letzteren  überall 
die  Praeposltlon  ^  s  präfigirt  wird. 

**)  Im  Pluralnom.  iu^ni%^  akun-q  hat  sich  das  alte  a,  wie  sehr 
häufig,  zu  u  geschwächt,  ungefähr  wie  in  althochdeutschen  Plural- 
dativen wie  tagu-m  gegenüber  den  gothischen  wie  daga-m. 


Ablatio  sg.     §.  183*).  1.  363 

und  Gen.  identisch  mit  dem  skr.  Stamme  dtihitdr,  gr.  ^-vyarsp, 
goth.  dauhtar^  während  der  Nom.  dustr  zum  skr.  duhitr  (vor 
Consonanten  duhitr)  zum  griech.  ^vyaTp ,  goth.  dauhtr  der 
schwachen  Casus  stimmt,  z.B.  zum  Dat.  duhitr  -  ^ ^  ^vyarp-i 
(letzteres  eigenthch  ein  Loc),  goth.  dauhthr.  Hinsichth'ch  des 
Wortbildungssuffixes  stimmt  das  oben  erwähnte  himan-e  zu 
dem  skr.  Suffix  man^  welches  auch  in  der  german.  schwachen 
Declination  eine  wichtige  Rolle  spielt  (s.  §.  799).  Vielleicht 
ist  "^fttHub  himan  Grundlage,  Nom.  himn^  identisch  mit 
dem  skr.  st'man  Grenze  (Wz.  si  binden),  mit  der  in  den 
iranischen  Sprachen  gesetzmäfsigen  Umwandlung  des  s  in  h. 
Jt-a-man  Zahn,  nom.  atamn  gilt  mir  als  essender,  von 
der  skr.  Wz.  ad,  goth.  at,  lit.  ed  fressen,  wovon  ed-mene  f. 
(aus  -menja)  Maul.  Das  armenische  Verbum  der  betreffen- 
den Wurzel  hat  den  alten  a-Laut  zu  u  geschwächt  {nLuiirtP 
utem  ich  esse),  während  die  Zahnbenennung  den  Grund- 
vocal  bewahrt,  und  einen  Hülfsvocal  zwischen  die  Conso- 
nanten der  Wurzel  und  des  Suffixes  eingeschoben  hat,  wie 
z.  B.  der  althochdeutsche  bildungsverwandte  Stamm  wahs-a- 
mon  (nom.  wahs-a-mo)  Frucht  als  wachsende,  wofür  man 
im  Goth.  vahs-man,  Nom.  -ma  zu  erwarten  hätte  (s.  §.  140). 
Von  den  hierher  gehörenden  armen.  Wörtern  erwähne  ich 
noch  den  Stamm  ^utb  8 an  Hund  (=  skr.  svan),  dessen  Nom. 
sun  auf  die  skr.  zusammengezogene  Form  der  schwächsten 
Casus  (iun,  gr.  y.vv)  sich  stützt.  —  Es  fehlt  unter  den  arme- 
nischen ?^-Stämmen,  welche  in  Joh.  J.  Schröder's  Thesau- 
rus linguae  Armenicae  die  drei  ersten  Declinationen  begreifen, 
auch  nicht  an  Formen,  welche  im  Nominativ,  nach  uraltem 
Princip  (s.  §.  139ff),  den  Nasal  abwerfen ;  da  aber  zugleich, 
wie  vor  dem  erhaltenen  w,  der  V  o  c  a  1  der  Endsylbe  unter- 
drückt wird,  so  gewinnen  wir  auf  diese  Weise  Formen,  die 
mit  unseren  neuhochdeutschen  Formen  wie  Bär,  Ochs,  Mensch, 
Nachbar,  von  den  Stämmen  Bären,  Ochsen")   (skr.  uks'an, 


*)   Der  armen.  Stamm  irqutb  es  an,  nom,  esn  (skr.  üksan,  nom. 
üksa)  hat  den  Guttural  aufgegeben  und  gleicht  in  dieser  Beziehung 


364  Bilduns  der  Casus.      §.    183*).  1. 

nom.  uks'ci)  Menschen^  Nachbarn^  auf  gleichem  Fufse  stehen. 
Beispiele  dieser  Art  im  Armenischen  sind:  rj^iu^LAim  galust 
Ankunft,  mtu^nuutn  pahust  Schutz,  Jün^bq^  snund  Er- 
ziehung, Genitiv:  g alustean^  pahustean,  snundean 
(s.  Schröder's  2te  DecL).  —  Aufser  den  Stämmen  auf  w 
und  r  (p  r  od.  n.  r)  gibt  es  in  der  consonantischen  Decli- 
nation  nur  noch  Stämme  auf  ij_g  (Schröder's  4te  DecL). 
Da  aber  dieser  Buchstabe  bekanntHch  mit  l  verwandt  ist 
und  auch  im  Alphabet  die  Stelle  des  griech-  X  einnimmt  *), 
da  ferner  die  Liquidae  r  und  l  fast  identisch  sind  (s.  §.  20), 
so  darf  man  auch  eine  Urverw^andtschaft  zwischen  q^g^  und 
r  annehmen  und  Ersetzungen  des  ursprünglichen  ?•  durch 
armen.  q_g'  erwarten.  Eine  solche  findet  sich  z.B.  in  der  Be- 
nennung   des    Bruders,     trqg^^ujp    eghair^    welches    ich    mit 


dem  Verhältnifs  des  send,  a//  Auge  zum  skr.  äksi.  Hinsichtlich 
der  Schwächung  des  a  zu  /  In  der  Endsylbe  des  Stammes  stimmt  der 
Genitiv  und  Dativ  esin  sehr  schön  zum  althochd.  ohsin  derselben 
Casus,  und  zum  goth.  auhsin-s,  auhsin.  So  wie  der  goth.  Stamm 
auhsan  und  alle  analogen  Bildungen,  so  schwankt  auch  das  armenische 
Schwesterwort  und  alle  übrigen  von  Schröder's  3ter  Declln.  zwi- 
schen a  und  I  in  den  Endsylben.  Es  lautet  z.  B.  der  Instr.  esamb 
(lautgesetzllch  {nr  e  s  an-b)^  und  im  Plural  steht  bqiuhg  esanz  als 
Dat.  Abi.  Gen.  (s.  §.  2 15)  dem  Nominativ  esin-q  gegenüber.  Über- 
haupt ist  die  Bewahrung  des  ursprünglichen  a-Lauts  In  dieser  armen. 
Declln.  vorherrschend,  und  der  geschwächte  Vocal  /  erscheint  im 
Plural  nur  im  Nominativ  —  der  überhaupt,  wie  der  singularische, 
Stammschwächungen  liebt —  und  in  den  auf  Ihn  sich  stützenden  Casus, 
und  im  Singular  blofs  Im  Gen.  Dativ,  während  der  Abi.  gleich  dem 
Nom.  den  Vocal  ganz  aufgibt  (esn-e)  und  in  dieser  Beziehung  den 
skr.  Formen  wie  ndmn-as  gleicht. 

*)  Die  dem  Griechischen  fehlenden  Buchstaben  sind  im  armen. 
Alphabet  zwischen  die  auch  im  Griechischen  vorhandenen  Lautzeichen 
eingeschoben ;  n  g  aber  nimmt  wie  ein  echtes  /  wirklich  die  Stelle 
des  griech.  A  ein  und  reiht  sich  an  k  (^)  mittelst  der  dem  Gr.  fehlen- 
den Buchstaben  4  h  und  X  ^.  Die  Stelle  des  gr.  ^  nimmt  q^s  ein, 
woraus  erhellt,  dafs  zur  Zeit  der  Anordnung  des  armen.  Alphabets  » 
als  gelindes  s  galt. 


Ablativ  sg.      §.  183*).  1.  365 

Diefenbach')  aus  hrair  erkläre,  mit  der  im  Armenischen 
beliebten  Umstellung  der  Liquida  und  einem  vorgeschobenen 
Hülfsvocal.  In  beiden  Beziehungen  gleicht  also  die  armen. 
Bruderbenennung  der  oben  (p.  121)  erwähnten  ossetischen 
(arvade).  In  hlijui  ugt  Kameel,  eine  grofse  Entstellung  des 
skr.  us'tra,  ist  ebenfalls  das  alte  r  von  seiner  ursprüng- 
lichen Stelle  weiter  zurückgetreten ;  ich  erkenne  nämlich  hier 
in  dem  ij_g  nicht  etwa  das  skr.  /,  sondern  die  Umwand- 
lung des  r.  In  Schröder's  4ter  Declination,  deren  Stämme 
sämmtlich  auf  q_g'  ausgehen,  das  dem  ij_g  vorangehende  e 
aber  im  Nom.  und  den  ihm  gleichlautenden  Casus  unter- 
drücken, finden  wir  unter  andern  die  Benennung  des  Ster- 
nes in  der  Form  uiumlrq_  as t eg'  (ihem),  Nom.  astg\  worin 
man,  das  g  als  =  r  gefafst,  leicht  das  vedische  stdr,  str, 
send.  std7'  {stdre  §.  30)  und  griech.  da-rrip  erkennt.  Zu 
letzterem  stimmt  der  armenische  Ausdruck  auch  durch  den 
vorgetretenen  Hülfsvocal,  ohne  welchen  der  Nomin.  (stg) 
unaussprechbar  wäre.  Durch  diesen  Hülfsvocal  gewinnt 
der  betreffende  armen.  Ausdruck  fast  das  Ansehen  eines 
griechischen  Lehnworts,  wenn  man  unbeachtet  läfst,  dafs 
das  Armenische  ebenso  wie  das  Griechische  und  Ossetische 
solche  vocalische  Vorschläge  liebt.  Wir  haben  einen  sol- 
chen bereits  oben  in  e-gbair  erkannt,  und  ich  erwähne 
hier  noch,  zum  Belege  dieser  Erscheinung,  die  Entstellung 
des  sanskritischen  na  man  (thema)  Name  in  der  armeni- 
schen Form  a-nun,  wo  hl.  u  die  Schwächung  des  skr.  a, 
goth.  a  (them.  naman)  ist,  und  die  Sylbe  man  nur  ihren 
Nasal  zurückgelassen  hat.  Hinsichtlich  des  vocalischen  Vor- 
schlags begegnet  das  Armenische  hier  wieder  dem  Griechi- 
schen (o-vojua).  —  Unter  den  armenischen  Stämmen  auf  ä-^ 
eg'  finden  sich  auch  mehrere  Composita  auf  I^lrinlrq_  keteg\ 
Nom.  kefg";  z.  B.  qarketg  Steinhaufen.  Dieses  keteg 
erinnert  an  das  skr.  kse'tra  Feld,  Platz,  dessen  Endsylbe 
sich  leicht  zu  tar  umstellt  und   aus  diesem  zu   teg   entartet 


*)  Jahrb.  für  wiss.  Krit.  Sept.  is43,  p.  447. 


366  Bildung  der   Casus.      §.  183*).  1. 

haben  konnte,  da  hr  e  Im  Armenischen  der  gewöhnlichste 
Vertreter  des  skr.  ^  a  ist.  Auch  n  o  und  nt.  u  erscheinen 
sehr  häufig  für  sanskritisches  a,  weshalb  sich  die  sanskri- 
tische Wortklasse  auf  a,  welcher  die  griechische  und  latei- 
nische 2te  und  die  gothische  Iste  (starke)  Declination  ent- 
sprechen, im  Armenischen  in  drei  Declinationen  gespalten 
hat  *).  Die  erste  begreift  Stämme  auf  m  a,  die  zweite  Stämme 
auf  17,  die  dritte  solche  auf  nt.  u,  welche  im  Instrum.  in 
respectiver  Ordnung  auf  a-v,  o-v  und  u  (letzteres  ohne 
Casus-Endung)  ausgehen  (s.  Schröders  6te,  9te  und  lOte 
Declination).  Ein  Beispiel  der  a-Declination  ist  bereits  oben 
(p. 358)  durch  tana,  nom.  tan  (=  skr.  stana-m  Ort),  Instr. 
miuLuiL.  tana-v,  gegeben  worden;  ein  Beispiel  der  o-Declina- 
tion  ist  iPuifitj^n  mardo  Mensch,  nom.  mard^  gen.  mardoi 
(spr.  mardo),  instr.  mardo-v.  Die  etymologische  Bedeutung 
von  mardo  ist  sterblicher,  obwohl  es  sich  wahrscheinlich 
auf  den  skr.  Stamm  mrtd  gestorben,  oder  vielmehr  auf 
dessen  Urform  marta  stützt,  wie  das  griech.  ^poio,  aus  juporo, 
und  dieses  umstellt  aus  juopro.  Es  ist  demnach  das  o  des 
armenischen  Stammes  identisch  mit  dem  Endvocal  des  griech. 
Schwesterwortes.  Zu  derselben  Wurzel,  wozu  mard  gehört, 
ziehe  ich  auch  marmin  „Körper  als  sterblicher,  ver- 
gänglicher**)" (them.  marmno,  auch  m arm wi  nach  Schrö- 
ders 7.  Decl.)  und  erkenne  darin  das  skr.  Suffix  mäna^  send. 
mana  oder  mna^  griech.  jusvo,  in  derselben  Gestalt,  die  es 
im  lat.  mnö  von  al-u-mnö,  P^ert-u-mnÖ  gewonnen  hat.  Zum 
griech.  Stamme  dw-po  stimmt  in  Wz.  und  Suffix  der  gleich- 
bedeutende armenische  tnnL[in  turo,  Nom.  tur,  von  der  skr. 
Wz.  da,  deren  d  sich  im  Armen.  wahrscheinHch  zuerst  ge- 
kürzt und  von  da  zu  nt.  u  geschwächt  hat.  Im  Stamme 
dio  (für  dwo),  nom.  dl  „deus  fictus,  idolum",  gen.  dioi 
(spr.  dio)  erkenne  ich  das  skr.  devd  mit  Verstümmelung  des 
Diphthongs  ai  (zusammengezogen  e)  zu  \i  i.    Ar'C.at  (m^^uij^)^ 


*)   h  e  fehlt  als  Ausgang  der  Wortstämme. 

**)   Das  skr.  mur-ii  Körper  gehört  zu  derselben  Wurzel. 


Ablatio  sg.      §.    183*),    2.  3G7 

them.  a7^^afo,  stützt  sich  auf  das  skr.  ragatd-vi  Silber 
als  glänzendes,  mit  Umstellung  von  ra  zu  ar,  wie  im  lat. 
argentum  und  dem  zu  derselben  skr.  Wz.  J\^  rag  (aus 
rag)  gehörenden  griech.  aoyvpog.  In  dem  Suffix  uno,  Nom. 
im,  von  Formen  wie  fi/fuinLü  getun  „sciens,  conscius" 
erkenne  ich  das  skr.  Suffix  a^ia,  gr.  avo  (s.  §.  930).  Beispiele 
von  Stämmen  auf  "^  u  (Schröder's  lOte  Decl.)  für  skr.  a 
sind  Ä6"ww  Seh  aar,  ni^quint.  ugtu  Kameel  (s.  p.  365)  k"4j}*- 
kowu  Kuh,  Nominativ:  heii^  ug't^  kow.  Ersteres  stimmt 
zum  skr.  send  fem.  Heer*),  wozu  wir  uns  einen  männ- 
lichen Stamm  se'na  zu  denken  haben,  da  das  Armenische, 
welches  keine  Geschlechter  unterscheidet,  eigentlich  nur  Mas- 
culina  hat,  wie  im  Skr.  die  geschlechtlosen  Pronomina  der 
beiden  ersten  Personen  durch  die  Accusative  pl.  asmd\ 
yusman  sich  als  Masculina  erweisen.  So  ist  denn  auch 
der  armen.  Stamm  kowu  Kuh,  lÜom.  ^nil_kow^  formellein 
Masculinum  und  stützt  sich  auf  den  sanskritischen  Stamm 
gava  Rind,  welches  nur  in  Compositen  vorkommt  und  mit 
U"^  puii  für  puns  (in  den  starken  Casus  pumdns)  Manu 
zu  pungava-s  Stier,  eigentlich  männliches  Rind,  sich 
vereinigt.  Man  kann  aber  auch  den  armenischen  Stamm 
kowu  vom  skr.  gö  (aus  gau)  so  ableiten,  dafs  man  dem 
Diphthong  o  (oder  vielmehr  seinem  Vorfahr  au),  den  das 
Armenische  nicht  zu  decliniren  versteht,  ein  u  als  Schwä- 
chung eines  älteren  a  beifügte;  so  entstände  kowu,  und  hier- 
aus durch  Apokope  der  Nomin.  koiv  *').  So  hat  auch  der 
skr.  Stamm  ndu  Schiff  sich  zu  ^iulhl.  navu  erweitert, 
Avovon  der  Nom.  nav,  während  der  lat.  Stamm  navi  den 
Zusatz  eines  i  erhalten  hat. 

2)     Da  wir   uns  in  der  Folge  noch  öfter  mit  dem  Ar- 
menischen werden  zu  beschäftigen  haben,  so  scheint  es  pas- 


*)  Von  .yi  binden,    also  eigentlich  das  Zusammengefügte, 
Verbundene;  man  vergleiche  in  dieser  Beziehung  unser  Bande. 

**)   Das  mediale  n  o  entspricht  als  Entartung  eines  ursprünglichen 
a  dem  gr.  o  von  /3o(fjc^  etc.,  sowie  dem  lat.  o  von  öopis  etc. 


368  Bildutifi   der    Casus.     §.  183^).   2. 

send,  um  das  bisher  Versäumte  in  müglichsLer  Kürze  nach- 
zuholen, hier  das  armenische  Alphabet  vollständig  herzu- 
setzen und  den  verschiedenen  Buchstaben  ihre  Vertreter  in 
europäischer  Schrift,  mit  den  als  zweckmäfsig  erachteten 
diakritischen  Zeichen,  gegenüberzustellen: 
1.     lu   a 


2. 

[^  ^1 

3. 

'i  y 

4. 

.t  d 

5. 

h  e""") 

6. 

^  s  (weiches   6-). 

7. 

1^  e 

8. 

IL  '^ 

9. 

^t 

10. 

(h  i  (franz.  j,    slav.  >k). 

11. 

/,  i 

12. 

Li 

13. 

/,,  // 

14. 

i   i  (rf»)  •") 

')  über  die  jetzige  Geltung  der  säinintllchen  Matae  s.  p.  ICI, 
wobei  jedoch  zu  bemerken,  dafs  die  jetzige  Ausspraclie  öfter  nach 
früherer  Verschiebung  wieder  zum  Urlaut  zurückgekehrt  ist,  indem 
z.  B.  die  Media  der  skr.  Wurzel  ^[  da  früher  in  Übereinstimmung 
mit  dem  germanischen  Consonantenverschiebungsgeselz  zu  w  z=z  i 
geworden  ist  {miuiT t a  rn  ich  gebe),  m  aber  In  der  heutigen  Aus- 
sprache die  Geltung  dits  d  gewonnen  hat;  so  dafs  also  jetzt  wieder 
darn  dem  skr.  dddämi,  und  das  du  gibst  der  gleichlautenden 
lat.  Schwesterform  gegenübersteht. 

)  wird  jetzt,  wie  das  slav.  'Ji,  mit  vorschlagendem  j  ausgespro- 
chen, s.  §.92.  e.  und  über  ähnliche  Erscheinungen  im  Albanesischen 
die  oben  (p.  12  Anm.)  erwähnte  Schrift. 

)  Nach  Schröder,  der  diesen  Lucbstaben  durch  dz  um- 
schreibt, ist  In  demselben  ein  welcher  Zischlaut  enthalten,  in  a  (nr. 
17)  aber  ein  harter,  weshalb  Schröder  den  letzteren  durch  ds  dar- 
stellt. Ich  schreibe  beide  mit  griech.  <^,  dem  ich,  wo  es  die  Ver- 
bindung eines  d  mit   gelindem  s  (.s)  darstellen    soll,    einen  Punkt 


Ablalii>   SS.     §.   183*).  2. 

15. 

l^k 

16. 

^h 

17. 

X  K  (ds) 

18. 

q^g   (aus  l  oder  r  s.  p.  364) 

19. 

ZT  g   {ds) 

20. 

iPm 

369 


21.    j  h  (anfaDgendes  sanftes  h),  i  *) 


untersetze.  Etymologisch  sind  die  beiden  armenischen  Laute  inso- 
fern identisch,  als  sie  beide  in  Wörtern,  welche  mit  sanskritischen 
verwandt  sind,  öfter  die  palatalc  Media  vertreten  (fj^  g  r=  ds^  s.  §.  l4) 
doch  ^  ^  häufiger  als  X  ^.  Man  vergleiche  il^iublrj^^  nanel  zeu- 
ge n  mit  der  skr.  Wz.  g- 0^2  id. ;  ^A^  ^<?r  alt  mit  gär  an  t  (schwach 
g  ärat  alt),  gr.  ysoavT;  lup&iuP^  artat  Silber  mit  rag  atä\  ^uibJi 
gan^  Schatz  mit  gangd  Schatzkammer.  Sowie  aber  die 
sanskritischen  Palatale  selber  nur  Entartungen  von  Gutturalen  sind, 
so  hat  auch  das  Armenische  sein  &  i  und  ^  ^  nicht  selten  selbständig  aus 
Gutturalen  erzeugt,  namentlich  aus  ä  =  weichem ')(,  (s.  §.  2i);  z.  B.  in 
o^  05  Schlange  =  skr.  ahi-s  (ved.  dhi-s^  gr.  £%t-^)  ,  ^^/-^ 
b/wn  Schnee,  skr.  himd-m  (Wz.  ///),  b«  Pferd,  skr.  hayd-s 
(Wz.  Äi);  Xkihh  iei-n  Hand  (them.  ieran^  gen.  dat.  ierin) 
stimmt  in  seiner  Wurzel  zum  sVr.Jidr  ana-rn  Hand  als  nehmende, 
und  im  Suffix  zu  3^rl  ««  (§•  924).  Ein  Beispiel  mit  &  ^  für  skr.  h  ist 
iPb^  me<s  grofs  (them.  m  e  <^a  ,  instr.  rne^ a-v)  =  ved.  mäha-s. 

*)  Das  anfangende  j  fi  (nach  der  jetzigen  Aussprache)  ist  seinem 
Ursprünge  nach  überall  die  Entartung  des  Lautes  unseres  7,  des  skr. 
Jl  /;  z.  B.  in  j^l^/_  K  asel  opfern  von  der  skr.  Wz.  JJ^^  yog 
id.  So  in  den  Eigennamen  wie  H'akobus ,  H'udas ,  H'osep  eic. 
In  der  Mitte,  und  in  einigen  einsylbigen  Wörtern  auch  am  Ende,  bil- 
det j  mit  vorangehendem  tu  a  und  «  o  die  Diphthonge  ai  und  w/,  in- 
dem n  o  in  dieser  Verbindung  wie  u  gesprochen  wird  (Petermann 
p.3l);  daher  z  B.  utji_ail  alius  =  skr.  an/d-s,  [nju  luis  lux  = 
skr.  ruc^  nom.  ruk.  Am  Wort-Ende,  einige  einsylbige  Wörter  aus- 
genommen, wird  dasj  /  dieser  Diphthonge  nicht  mehr  ausgesprochen, 
doch  behalte  ich  es  bei  Übertragung  in  lat.  Schrift,  in  Übereinstim- 
mung mit  Windischmann  (welcher  «iy,  nj  durch  ay,  oy  darstellt) 
bei.  Man  mag  dieses  verstummte  i  mit  dem  ^loirasubscr.  vergleichen. 
Der  vorhergehende  Vocal  wird  lang,  z.  B.  Juifiq.nj  mardoi  z=:mardU). 

\.  24 


L' 

n    O") 

^C    (ti) 

"i  P 

t9  {ds) 

«.  r  (hartes  r) 

u  s 

t/^W 

m   t 

p  r  (weiches  r) 

370  Bildung   der   Casus.      §.    IS,'^*».  2. 

22.    ^  n 
23. 
24. 
25. 

26. 
27. 
28. 
29. 
30. 
31. 
32. 

33.  g  z  (ts,  deutsches  z) 

34.  i_  V  (unser  *ü)  vorVocalen;  w  vor  Conso- 

nanten  und  gelegentlich  schhefsend  "). 

35.  ij,  p 

36.  ^  q"  (wie  send.  ^  q'  häufig  für  skr.  sv, 

s.  §.  35). 

37.  o  0 

38.  q,f. 

Da  die  armenische  Schrift,  wie  die  vorstehende  Liste 
zeigt,  einen  grofsen  Reichthum  an  Buchstaben  besitzt,  welche 
wie  unser  z  =  ts,  das  griech.  ^  =  ^o-  und  englische  J  =  ds\ 
einen  ^-Laut  mit  einem  Zischlaut  in  sich  vereinigen,  so  dür- 
fen wir  nicht  unterlassen,  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  nicht 
einer  oder  mehrere  dieser  Buchstaben  gelegentlich  oder  regel- 
mäfsig   aus   dem  Laute  unseres  j  hervorgegangen  seien,  wie 


*)  Wird  jetzt  am  Anfange  der  Wörter  mit  einem  vorschlagenden 
tv  ausgesprochen  (wo);  mitj  bildet  es  den  Diphthong  i//,  der  vielleicht 
früher  oi  gesprochen  wurde.  Dafs  das  einfache  n  etymologisch,  wie 
das  gnech.' O  fJLiiCOOV  und  slav.  0,  dem  skr.  a  entspricht,  ist  bereits  be- 
merkt worden  (s.  p.  366).  Schröder  gibt  dem  n  in  jeder  Stelle  des 
Wortes  die  Aussprache  ue  oder  uo» 

**)  In  Verbindung  mit  vorangehendem  n  o  drückt  l.  den  Vocal  u 
(kurz)  aus,  daher  z.B.  q.nLMinp  dustr  Tochter  (them.  duster) 
für  skr.  duhitä   (them.  duhitär)  ,  släV.  duslig  gen.  duster-  e. 


Ablalh   s^.      §.  1H3^).  2.  4  371 

dies  oben  (§.  19)  hinsichtlich  des  griech.  ^  gez-eigt  worden? 
Ich  habe  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  den  armenischen 
Sprachbau  untersucht,  und  glaube  entdeckt  zu  haben,  dafs 
fj  i  =  ts,  welches  in  der  armenischen  Grammatik,  sowohl 
in  der  Declination  der  Nomina  und  Pronomina,  als  in  der 
Conjugation  der  Verba  eine  sehr  wichtige  Rolle  spielt,  über- 
all, wo  es  als  Flexionsbuchstabe  vorkommt,  sich  aus  dem 
Laute  unseres  j,  des  skr.  j\  y,  erklären  läfst,  und  dafs,  wenn 
man  ihm  diesen  Ursprung  zuschreibt,  die  betreffenden  For- 
men sich  mit  analogen  sanskritischen,  welche  7\^  y  darbieten, 
vermitteln  lassen.  Von  den  Casus -Endungen,  die  ein  n  z 
enthalten,  wird  in  Kurzem  die  Rede  sein  *);  hier  aber  scheint 
es  mir  zweckmäfsig,  im  Voraus  einen  Blick  auf  die  Conju- 
gation zu  werfen,  weil  diese  und  die  Declination  der  Sub- 
stantive und  Pronomina  sich  wechselseitig  einander  aufklä- 
ren. Ich  beginne  mit  dem  Conjunctiv  des  Praesens.  Hier 
steht  beim  Verbum  substantivum  Ifgl^iT  Hem  dem  skr.  Poten- 
tiahs  syäm  gegenüber.  Letzteres  steht  für  asydm,  wie 
s-mas  wir  sind  für  asmds,  dor.  I^jus^',  lit.  es-me.  Das 
Armen,  hat  wie  das  Griech.  den  VVurzelvocal  behauptet, 
und  zwar  mit  der  sehr  gewöhnlichen  Schwächung  des  a  zu 
t,  wie  im  griech.  Imper.  ta-^i.  Der  Zischlaut  ist  dem  armen. 
Verbum  subst.  durchgreifend  entschwunden,  wenn  er  nicht, 
wie  ich  vermuthe,  in  der  3ten  P.  sg.  des  Imperf.  zu  r  ge- 
worden ist,  daher  ^^  er  (erat)  =  ved.  «5,  send,  as,  dor. 
r^c,  (s.  §.  532);  dagegen  entspricht  in  der  2tenP.  ^ftp  eir  (=  skr. 
asis)  das  r  für  s  dem  Personalzeichen.  Das  ^  e,  für  b  e  des 
Praesens  em  ich  bin,  ist  v^^ahrscheinlich  Folge  des  Aug- 
ments. Fassen  wir  nun  im  Conjunctiv  das  g  z  als  Vertreter 
des  y,  welches  wir  hier  wie  im  Skr.  durch  y  schreiben  wol- 
len, so  stimmen  iyem^  iyes^  iye  schön  zum  gr.  ur^v^  zirig, 
BLT]  (aus  Ecrtrjv  etc.  für  eajriv)  und  zum  skr.  (a)sydm,  [a)syd$i 
(a)sydt.  Die  attributiven  Verba  verbinden  sich,  wie  mir 
scheint,  im  Praes.  Conjunct.  mit  dem  Verbum  subst.,  daher 

*)    S.  §§.  215.  244. 

24" 


372  ♦  Bildung   der    Casus.      §.  183*^  2. 

sir-iiem  amem  aus  sir-iyem,  ungefähr  wie  d\\\'Ai.  fac-swiy 
welches,  wenigstens  foruiell,  nichts  anders  als  die  Verbindung 
der  Wz.  mit  dem  Conjunct.  von  su7n  ist.    In  der  2ten  armen. 
Conjugation  bildet  das  i  von  iiem  mit  dem  vorangehenden 
a  den  Diphthong  ai,  daher  luqiujglrir  agaizem    molam    aus 
ag'a-iyem.     Hinter  dem  ni_  u   der   3ten  Conjug.    fällt   das  i 
des  Hülfsverbums  ab,  daher  von  {og'-u-m  sino  der  Conjunct. 
ß-nnni-gnuir  t'og'uzum^    fog'uius,    fog'uzu,    aus    fog'uyum^ 
-yus,  yu.      Das   u   der   Endungen,   statt   des   e   der   beiden 
ersten  Conjugationen,    erklärt   sich  durch  den  assimilirenden 
Einflufs  des  u  der  vorhergehenden  Sylbe  aus  dem  ursprüng- 
lichen d.     Sollte   aber   im    Conjunctiv  praes.    der   3ten  Con- 
jugation   das    Verbum  subst.   nicht   enthalten    sein,    so  mufs 
man  Formen  ^vie  tog-u-ium  mit  sanskritischen  Potentialen 
der  8ten  Klasse  (s.  p.  220),  z.  B.  mit  tan-u-ya-m  (exten- 
dam),  -yä'-s^  y^'-^  vermitteln;    aber  auch  bei  dieser  Auf- 
fassung das  u  der  3ten  Sylbe  der  Assimilationskraft  des  u  der 
2ten  zuschreiben.   —   Das  armen.  Futurum  halte  ich,  seinem 
Ursprünge    nach,  für    den  Conjunctiv    des    Aorists,    wie    das 
lateinische  Futurum  der  Sten  und  4ten  Conjug.  längst  als  Con- 
junct.   des    Praesens    dargestellt   worden    (s.  §.  692),    wobei 
daran  zu  erinnern,  dafs  auch  im  Veda-Dialekt  die  Modi  des 
Aorists  hinsichtlich  ihrer  Bedeutung  denen  des  Praes.  gleich 
stehen,  und  dafs  im  klassischen  Sanskrit  der  sogenannte  Pre- 
cativ  nichts  ist  als  der  Potentialis  oder  Optativ  des  Aorists. 
Man  vergleiche  Z>'i^-z/a'-^  er  möge  sein  m\tdüü-t  er  war. 
Ist  nun    aber   das    armen.  Futurum    identisch   mit   dem    skr. 
Precativ,  oder  griech.  Optativ  des  Aorists,  so  darf  man  darin 
auch  eine  Vertretung  des    skr.  Modal-Ausdrucks  -^j  yd  und 
des  griech.  lt^  (aus  jr^^  z.  B.    von   do-try-v,    oo-tV^-$,   ^c-iri  (aus 
do-jrj-v  etc.)    erwarten.      Diese    Vertretung    finde    ich   in    der 
Sylbe  glr  ze   oder   iw,   beide   für  ia   (nach    meiner   Theorie 
aus  ye,  yu),  und  in  dem  blofsen  g  z  der  1.  P.  sg.,  z.  B.  von 
inut-g   ta-z    dabo,    ta-ze-s    dabis,    ta-ze  dabit,  ta-zu-q 
(für  ta-zu-mq)  dabimus,  ta-ze-n  dabunt.    In  der  2ten 
P.  pl.,  wo  das  alte  d  der  Sylbe  TW  yd  sich  zu  i  geschwächt 


Ablaliv   sg.      §.    183*).  2.  373 

hat,  wird  durch  den  Einflufs  dieses  i  das  g  i  tm  ^g  (  =  ds), 
daher  miu^i^  tagiq  dabitis.  Wir  gerathen  also  hier  ge- 
wissermafseii  in  das  Gebiet  des  Prakrit,  wo  das  skr.  7\^  y 
sehr  gewöhnlich  zu  ji  ^  geworden,  d.  h.  von  der  Aussprache 
des  deutschen  und  italiänischen  j  zu  der  des  englischen  über- 
gegangen ist.  Stellen  wir  nun  sowohl  für  g  i  als  für  ^  g 
den  ursprünglichen  ^-Laut  mit  der  graphischen  Bezeich- 
nung durch  y  wieder  her,  so  stimmt  das  armen.  Futurum 
insofern  genauer  zum  griechischen  Optat.  des  Aorists,  als 
zum  sanskritischen  Precativ,  als  letzterer  in  den  meisten 
Personen,  nach  Analogie  des  griech.  doiria-av,  das  Verbum 
subst.  der  Hauptwurzel  anschliefst.  Die  genaueste  Überein- 
stimmung findet  in  der  2ten  P.  sg.  der  drei  Sprachen  statt. 
Man  vergleiche: 

Sanskrit  Griechisch  Armenisch 

de-ya-sam  ')  do-ir^-v  ^«-^ 

de-ya-s  do-iri-c,  ta-ye-s 

di-ya-t  bo-ir\  ta-ye 

de-ya-sma  do-iri-\xev  ta-yu-q 

de-ya-sta  öo-lti-tb  ta-yi-q 

de-ya-sus  **)  do-Ts^v  ta-ye-n 

Im  Aorist  des  Indicativs  hat  das  in  Rede  stehende  ar- 
menische Verbum  das  wurzelhafte  a  zu.  u  geschwächt  — 
eine  Schwächung  die  im  Arm.  sehr  häufig  eintritt  —  in  der 
3ten  P.  sg.  aber  ganz  abgeworfen;  daher  e-tu,  e-tu-r  (aus 
e-tu-s)^  e-t,  gegenüber  dem  skr.  d-dd-m^  d-dd-s,  d-dd-t, 
gr.  E-^cü-v,  s-ö^cu-;,  l-^Ui\  In  der  3.  P.  pl.  stimmt  e-tu-n^  abge- 
sehen von  der  Vocal-Entartung  in  den  beiden  Sprachen,  schön 
zum  dorischen  und  epischen  l-do-v  gegen  skr.  d-du-s  für 
ursprüngliches  a-dd-nt.  —  Diejenigen  armenischen  Aoriste 
indic.,  welche  in  der  1.  P.  sg.  3Lui  g[i  zi  ausgehen,  erkläre 
ich    aus    der    skr.    lOten  Klasse,    worauf   die    germanische 


*)    Für  dd-yd  -s  am  ^  s.  §.  705. 
)    Aus  de-y  ä  'S  ant. 


374  Bildung   der   Casus.      §.  183^).  2. 

schwache  Conjug.  sich  stützt,  und  ich  erkläre  demnach  das 
a  f,  z.  B.  von  ^ji  Izi  ich  füllte  an  (^  als  Verstümmelung 
von  pl)  aus  dem  skr.  ?^  ^,  z.  B.  von  pdr-d)jd)ni  ich  fülle 
(y^'z.par,  pf  cl.  10),  womit  das  betreffende  armen.  Verbuni 
verwandt  ist.  Diese  Klasse  von  Verben  entbehrt  im  Sans- 
krit des  Aorists  und  ersetzt  ihn  durch  reduplicirte  Formen 
wie  z.B.  dcucuram  ich  stahl,  welches  mit  dem  Charak- 
ter aya  (in  den  allgemeinen  Tempp.  ay)  nichts  zu  thun  hat 
und  mit  dem  Praes.  c6r-dyd-mi  und  Imperf.  dcor-aya-m 
nur  wurzelhaft,  nicht  bildungsverwandt  ist.  Das  Armenische 
aber,  welches  im  Imperfect  das  Verb,  subst.  an  das  Verbalthema 
des  Hauptverbums  anfügt,  benutzt  bei  dieser  Klasse  von 
Verben  die  Form  des  skr.  Imperfccts  zu  seinem  Aorist "). 
Wenn  aber  die  Aoriste  der  regelinäfsigen  Verba  der  armen. 
Isten  und  2ten  Conjug.  in  ihren  Formen  auf  Ifßji  eii,  lugfi 
aii  auf  den  Ausgang  '^Z[^  ay  der  skr.  lOten  Kl.  sich  stützen, 
so  braucht  daraus  nicht  nothwendig  gefolgert  zu  werden, 
dafs  auch  die  Specialtempora  dieser  Verba  zur  skr.  lOten 
Klasse  gehören,  denn  es  könnten  ja  die  Specialtempora  zur 
starken,  die  allgemeinen  aber  zur  schwachen  Conjugation 
gehören  (wenn  man  Grimm's  Terminologie  auch  auf  das 
Armenische  übertragen  will),  ungefähr  wie  im  Latein,  z.  B. 
sero  (aus  seso  s.  p.  218)  und  strepo  zur  starken,  se-vi^ 
strep-ui,  aber,  wegen  des  angetretenen  Hülfsverbums,  zur 
schwachen  Conjugation  gehören,  und  umgekehrt  spondeo 
zur  schwachen,  spopo7idi  zur  starken.  Es  könnten  aber 
auch  im  Armenischen  sir-e-m  ich  liebe  und  ag'-a-m 
ich  mahle  (die  Musterverba  bei  Peter  mann)  in  ihrem 
Klassenvocal    eine    Kürzung    oder    Verstümmelung    erfahren 


*)  Man  vergleiche  in  dieser  Beziehung  die  litauischen  Aoriste  wie 
fe  s  koj au  (Ruhlg's  4te  Conjug.),  welches  deutlicher  als  sein  Prae- 
sens j'eskau  (Ich  suche)  den  Charakter  der  skr.  lOten  Klasse  an 
sich  trägt  (vgl.  p.  229)  und  sich  eben  so  wenig  als  die  armenischen 
Aoriste  auf  zi-=zji  darum  kümmert,  dafs  das  Skr.  In  dieser  Conju- 
gationsklasse  den  Aorist  indic.  hat  verloren  gehen  lassen. 


Ablativ   SS.      §.    183^).  2.  375 

haben,    so    dafs    sir-e-m   für    sir-e-m    und    ag-a-m    für 
ag-ai-m  stünde;  e-m  wäre  dann  wie  das  präkritische  ^-mi 
und  althochd.    e-m    von   Grimm's    3ter   schwacher  Gonjug. 
eine   Zusammenziehung   von   ayd-mi  (s.  p.  227/.);    eben  so 
ai  des  vorausgesetzten    ag-ai-m.     Das  Futurum,  d.h.  der 
die  Stelle  des  Fut.  vertretende  Conjunct.  (skr.  Potent.),  setzt 
an  den  indicativen  Aoriststamm    auf  g  i    den    oben   bespro- 
chenen, iml  g  2  =   skr.  z\^y   beginnenden   Modus -Exponen- 
ten, und  zwar  in  der  ersten  P.  sg.,  welche  keinen  Personal- 
Ausdruck  hat,  mittelst  eines  Bindevocals  i  {ujifthijlig  sirez-i-s^ 
turiutßjig  ag'az-i-z),  in  den  übrigen  Personen  aber  unmittelbar, 
und  es  geht  dann  das  g  z  des  Aoriststammes   vor   dem  des 
Futur-  oder  vielmehr  Moduscharakters  in  s  über  (s.  Peter- 
mann p.  207/.),  in  welcher  Beziehung  ich  an  den  in  §.  102  f. 
besprochenen  Übergang  von  ^-Lauten  —  das  alt-  und  mittel- 
hochd.  z  =   arm.  g  z  mitbegriffen   —    vor  andern  ^-Lauten 
in  s  erinnern;  also  sires-ze-s  amabis,  agas-ze-s  mol^s., 
aus  sirez-ze-Sf   ag'az-ze-s,    wie  im  Alt-   und  Mhd.  weis-t 
du   weifst,   für   weiz-t.     In    sanskritische   Lautverhältnisse 
umgesetzt  ergäbe  sich  aus  agaszes^   d.  h.  aus  seinem  Aus- 
gangspunkt  agazzes  (abgesehen  vom  g'  aus  r   oder   l)    die 
Form    agay-yd-s.      Das    Sanskrit    wirft    aber    bei    seinen 
Precativen   (d.  h.  Potentialen    des  Aorists)    der  lOten  Klasse 
und  Causalform  den  Klassencharakter  351SL  ^V  (^^^  allgemei- 
nen Tempp.)  ab,    daher    cor-ya-s   du    mögest  stehlen, 
ved-ya-s  du  mögest  wissen  machen,  fÜT  coray-yd-s, 
veday-yd-s.     Ich  glaube  die  beiden  letzten  Formen  als  die 
organischen  voraussetzen  zu  müssen  und  mache  darauf  auf- 
merksam, dafs  auch  vor  dem  Gerundialsuffix  3/ a  der  Klassen- 
oder Gausalcharakter  ay  in  der  Regel  verschwindet  (d-ved- 
-ya    für    d-ved-ay-ya) ,    hier   jedoch    nicht    ganz    spurlos 
untergegangen  ist,  sondern  in  dem  Falle  sich  behauptet  hat, 
wo  ein  wurzelhaftes  a  unverlängert  bleibt;   daher   vi-gan- 
ay-ya   im    Gegensatze    zu    Formen    wie    ni-pdt-ya    (von 
ni-p dt-ay    niederfallen    machen),  wo  die    Causalform 
auch    nach   Unterdrückung    ihres    Charakters    ay    durch    die 


376  Bildung  der  Casus.    183*).  2. 

Verlängerung  des  Wurzelvocals  sich  hinlänglich  bemerklich 
macht.  So  erkennt  man  in  hod-ya-s  du  mögest  wissen 
machen  (für  das  vorauszusetzende  doct-ay-yds)  das  Cau- 
sale  an  der  Guna- Steigerung,  welche  diese  Form  hinlänghch 
von  hud~ya-s  du  mögest  wissen  unterscheidet.  Ich 
mache  noch  darauf  aufmerksam,  dafs  das  Sanskrit  aus  Ab- 
neigung gegen  die  Verbindung  zweier  7\^  y,  die  es  nur  im 
äufsersten  Nothfall  gestattet  (wie  oben  in  viganay-yd)  auch 
vor  dem  Passiv-Charakter  ya  den  Causalcharakter  ^7\^  ay 
unterdrückt;  daher  z.B.  mdr-yd-te  er  wird  getödtet 
(sterben  gemacht),  wofür  eigentlich  maray-^a-^^  stehen 
sollte.  Ich  darf  nicht  unterlassen ,  dem  armenischen  g  z 
als  Abkömmling  eines  j\  y  (j)  auch  Analoga  im  Send  nach- 
zuweisen, indem  hier  die  skr.  Wurzel  ??ia?',  mr  sterben 
im  Causale  das  skr.  7\^y  in  (vJ  c,  der  Aussprache  nach  =  ts\ 
umgewandelt  hat,  daher  merec^  und  mit  vorgeschobenem 
Nasal,  merenc"),  tödten,  d.h.  sterben  machen  (=  skr. 
mdray)^  wovon  der  Imper.  med.  merencanuha  tödte 
(=  skr.  mdrdyasva  s.  §.  721)  und  das  Nom.  agentis  (mit 
Verwandlung  des  c  in  (xT//,  wegen  des  folgenden  t)  merek'- 
tdr  Mörder,  ferner  das  Desiderat,  med.  mimarelcsanuha 
(2.  P.  imper.  med.),  mimarek'sdite  (3.  P.  conjunct.).  Ich 
glaube  aber  nicht  mit  Burnouf,  dafs  auch  das  Substantiv 
mahrka  Tod  von  diesem  Causale  stamme,  da  der  Tod 
nicht  vom  Tödten,  sondern  vom  Sterben  benannt  ist.  Ich 
erkenne  vielmehr  in  mahr-ka  das  gewöhnliche  Bildungs- 
suffix ka,  skr.  ^  ka,  mit  dessen  Fem.  wahrscheinlich  unsere 
Abstracta  auf  ww^,  ahd.  unga^  zusammenhangen  (s.  §.  950).  — 
Es  gibt  noch  einen  andern  Fall  im  Send,  wo  der  skr.  Halb- 
vocal  7\^y  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  zu  (vJ  c  =  ^5'  ge- 
worden ist,  von  hier  aber,  wegen  der  unmittelbaren  Verbin- 
dung mit  einem  folgenden  Zischlaut,  in  <jr  U  überging;  ich 


*)  S.  Burnouf  in  der  oben  (p.  2)  erwähnten  Recension  p.  37, 
wo  jedoch  des  mir  unzweifelhaft  scheinenden  Zusammenhangs  dieser 
Form  mit  dem  skr,  Causale  nicht  gedacht  worden. 


Ceiiitiv   sg.     §.  ISd.  377 

meine  die  Form  ^o^wv^OCT  Icsmad  (über  k's  s.  §.  52)  für 
skr.  yusmdt  (Pron.  2.  P.  pL).  Das  TJ^  y  der  Anfangssylbe 
TJyu^  welche  das  Send  in  Formen  \\\t  yüsma  d,  yüsmdkem^ 
abgesehen  von  der  Quantität,  unverändert  gelassen  hat,  ist  in 
der  Form  Icsmad")  schwerlich  mit  einem  Sprung  zum 
Guttural  geworden,  sondern  ich  glaube,  dafs  aus  yu  zu- 
nächst cu  oder  cw,  und  hieraus,  nach  Unterdrückung  des 
Vocals,  <Jj  U  geworden  sei;  denn  die  Verbindung  es  oder  cd 
wäre  dem  Send  eben  so  unerträglich,  als  dem  Sanskrit  die 
Verbindung  Tiq^  c  5  oder  t)^  c/,  daher  z.B.  vdks-ü  von 
?;ac  Rede.  —  Ich  erwähne  nun  noch  ein  im  Armenischen 
vereinzelt  stehendes  Wort,  in  welchem  ein  sanskritisches 
?L  y^  wie  oben  (p.  373)  in  der  zweiten  Pluralpers.  des  Fu- 
turums, zu  f_g  =  ds'  geworden  ist;  nämlich  iT^^  meg  Mitte, 
Avelches  offenbar  dem  skr.  mdd'ya  entspricht,  womit  es  auch 
Petermann  p.  26  vermittelt  hat;  ich  glaube  aber  nicht, 
dafs  in  dem  arm.  2_g  =  ds  das  skr.  d'  sammt  dem  j\  y 
vertreten  sei,  so  dafs  das,  der  Aussprache  nach,  in  g  ent- 
haltene d  das  skr.  ^  d\  und  der  Zischlaut  das  J]^  y  ver- 
trete, sondern  ich  nehme  Wegfall  des  y  d'  und  Entschädi- 
gung für  dasselbe  durch  die  Verlängerung  des  vorhergehen- 
den Vocals  {e  =  d)  an,  so  dafs  das  ganze  ^g  nichts  als  die 
Entartung  des  skr.  T)^  y  sei,  wie  oben  (p,  32)  das  gr.  C  von 
axi-^^i,  (pv-l^a  aus  dem  y  des  vorauszusetzenden  ö"x^d-ya,  (\)vy-joL 
erklärt  worden. 

Genitiv. 

184.  In  keinem  Casus  stehen  die  verschiedenen  Glieder 
des  indo- europäischen  Sprachstamms  in  einem  so  vollstän- 
digen Einklang  als  im  Genitiv  sg.,  nur  dafs  im  Lateinischen 
die  beiden  ersten  Declinationen,  nebst  der  fünften,  so  wie 
die  beiden  ersten  Personen  der  Pronomina,  die  alte  Endung 
verloren  und   durch  die   des   alten  Locativs    ersetzt  haben. 


*)     Hieraus    durch   Einschiebung    eines   Bindevocals   /es  am  ad, 
ksamäkem  etc.  (s.  Brockhaus,  Index  p.  250). 


378  Büduns  der  Casus.      §.  185.    186. 

Die  Sanskrit- Endungen  des  Geuitivs  sind  5,  as,  sya  und 
ds.  Die  beiden  ersten  sind  den  drei  Geschlechtern  gemein- 
schaftlich, doch  ist  as  im  klassischen  Skr.  hauptsächlich  auf 
die  consonantischen  Stämme  beschränkt"),  und  verhält  sich 
daher  zu  5,  wie  im  Accus,  am  zu  m,  und  im  sendischen 
Ablativ  ad  zu  d. 

185.  Vor  dem  Genitivzeichen  ;^  s  erhalten  die  Vocale 
i  und  u  Guna,  und  an  dieser  Steigerung  nimmt  das  Send, 
und  in  beschränkterem  Grade  auch  das  Litauische  und  Go- 
thische  Theil.  Alle  w-Stämme  setzen  nämlich  im  Litauischen 
und  Gothischen  ihrem  Endvocal  ein  a  vor,  daher  entspricht 
L  sünaü-s  und  g.  sunau-s  dem  skr.  sü?io-s  (filii)  aus 
sünau-s.  Bei  den  z-Stämmen  beschränkt  sich  die  Gunirung 
im  Gothischen  auf  die  Feminina;  so  stimmt  anstai-s  gratiae 
zu  ^\(\^prite-s.  Über  litauische  Genitive  der  t- Stämme 
s.  §.  193.  Das  Hochdeutsche  hat  bei  allen  Femininen  das 
Genitivzeichen,  schon  in  der  ältesten  Periode,  aufgegeben; 
bei  consonantischen  Stämmen  (§§.  125,  127)  fehlt  ihm  auch 
in  den  übrigen  Geschlechtern  die  Genitivbezeichnung. 

186.  Die  Form,  w^elche  die  sanskritische  Genitiv-En- 
dung nach  Consonanten  gleichsam  nothgedrungen  annimmt 
(§.  94),  nämlich  as  für  5,  ist  im  Griechischen,  in  der  Gestalt 
c^,  auch  auf  die  Vocale  i  und  v  und  die  mit  v  schliefsenden 
Diphthonge  übergegangen,  und  Genitive  wie  TrcasL-g,  vex^v-;, 
die  §.  185  gemäfs  wären,  sind  unerhört,  sondern  Trcdi-og, 
vIkv-oc,  stimmen  wie  ncd-o'^  zu  sanskritischen  Genitiven  der 
Consonanten- Stämme,  wie  pad-ds  pedis,  vdc-ds  vocis. 
Das  Lateinische  hingegen  stimmt  mehr  zu  den  übrigen 
Schwestersprachen,  doch  ohne  Guna;  so  ist  hosti-s  gleich 
dem  goth.  Gen.  gasti-s.     Bei  den  w-Stäramen  (4.  Deck)  mag 


*)  Aufserdem  findet  sie  sich  nur  noch  bei  einsylbigen  Stämmen 
auf  a  (am  Ende  von  Compp.),  /*,  u,  a/ und  aw  (bi/-äs,  bruv-ds^ 
nuo-äs)  und  bei  Neutris  auf  /  und  m,  die  durch  Annahme  eines 
euphonischen  7z  In  den  meisten  Casus  der  Consonanicn-Declinatlon 
gleichkommen. 


Gcniliv   SS.      §.  1S7.  379 

die  Verlängerung  des  u  den  Guna  ersetzen,  oder  richtiger, 
diese  Wortklasse  folgte  dem  griechischen  oder  consonanti- 
schen  Princip,  und  der  vor  s  abgefallene  Vocal  wurde  durch 
die  Verlängerung  des  u  ersetzt.  Das  S.  C.  de  Bacch.  liefert 
den  Gen.  senatu-os  im  griechischen  Gewand.  Sonst  erklärt 
sich  die  Endung  is  der  consonantischen  Stämme  besser  aus 
dem  skr.  as  als  aus  dem  gr.  o;,  weil  das  alte  skr.  a  auch 
an  vielen  anderen  Stellen  im  Lat.  sich  zu  i  geschwächt  hat, 
wie  häufig  im  Gothischen  (§§.  66,  67).  Es  kommt  aber  im 
Altlateinischen  auch  us  als  Vertreter  der  skr.  Genitiv-Endung 
as  vor,  z.B.  nominus  für  nominis  =  skr.  7iamn-as  im  S.  C. 
de  Bacchanalihus.  Andere  Inschriften  belegen  die  Genitive 
Venerus^  Castorus^  Cererus,  exercituus  (s.  Härtung  „Über  die 
Casus"  p.  161). 

187.  In  Ansehung  des  eben  erwähnten  senatu-os  ist  es 
wichtig  zu  bemerken,  dafs  im  Send  die  w- Stämme,  anstatt 
im  Genitiv  ein  blofses  s  anzusetzen,  wie  ^n3>ci^/i^^  main- 
yeu-s  Geistes  von  mainyu,  auch  nach  Art  der  Conso- 
nanten-Stämme  \  o  (aus  as)  anfügen  können  (vgl.  S.  316); 
daher  z.  B.  ^>>ev3^  danhv-6  oder  'V>>'^'^3^  danhav-6 
für  danheu- s  loci  von  >e>'3^  danhu.  Im  Veda-Dialekt 
können  sowohl  die  Stämme  auf  ^  als  die  auf  u  im  Genitiv 
die  Endung  as  annehmen,  mit  Unterlassung  der  Gunirung, 
daher  stimmen  z.B.  ary-ds,  pasv-as  (von  art  Feind, 
pasü  Thier)  zu  griechischen  Genitiven  wie  7rdcn-og,  vIkv-oc,. 
Aus  as  ist  durch  Schwächung  des  a  zu.  u  die  Endung  us 
entsprungen;  diese  findet  sich  im  klassischen  Sanskrit  an 
den  Stämmen  ^a^^  Herr,  Gatte  und  sdJci  Freund,  wo- 
von 'pdty-us^  sdk'y-us;  für  ersteres  steht  jedoch  am  Ende 
von  Compp.  regelmäfsig  pate-s.  Die  Endung  us  gestattet 
auch  noch  eine  seltene  Klasse  von  Adjectiven  auf  tt  (oder 
ni)  und  fei  (s.  kl.  Skr.  Gramm.  §.  162).  Man  vergleiche  mit 
diesen  Genitiven  auf  us  die  oben  erwähnten  altlateinischen 
wie  nomin-US,  deren  Endung  wir  jedoch  als  ein  selbststän- 
diges Erzeugnifs  aus  dem  ursprünglichen  as  ansehen,  ebenso 
die  etruskische  Genitiv-Endung  us,  an  consonantischen  Stäm- 


350  ßildiing   der   Casus.     §.  188. 

nien,  in  Formen  wie  Jimthial-us,   Tanchfil-us  (s.  O.  M  üller, 
„Die  Etrusker"  p.  63). 

188.  Die  Stämme  auf  ^  a  und  die  Pronoraina  der 
dritten  Person,  wovon  jedoch  nur  amii  mit  einem  andern 
Vocal  als  a  endet,  haben  im  Skr.  im  Masc.  und  Neutr.  die  vollere 
Genitivbezeichnung  5?/ a;  daher  z.B.  vrka-sya  lupi,  td-sya 
hujus  etc.,  amu-s'ya  illius  (§.  21*'.).  Im  Send  erscheint 
diese  Endung  meistens  in  der  Gestalt  von  he  (§.42);  daher 
z.B.  ^OO'^^-'^^ev^^  vehrkahe  \\i^\,  ^üev;ü^^^^>)^  tüirye- 
-he  quarti  für  tüirya-he.  Zwei  andere  Formen,  wo- 
durch die  skr.  Endung  sya  im  Send  vertreten  ist,  sind  '*wJii€>' 
hyd  und  *^^^i^  qyd  (s.  p.  63).  Sie  finden  sich  beide  in 
dem  oben  (p.  56)  erwähnten  Dialekt,  in  welchem,  wie  im 
Altpersischen  und  gelegentlich,  doch  nur  in  gewissen  Endun- 
gen, auch  im  Veda-Dialekt  das  skr.  kurze  a  am  Wort-Ende 
verlängert  wird.  Auch  begegnet  die  sendische  Dialektform 
hyd  wirklich  der  gleichlautenden  altpersischen  Genitiv-Endung 
hyd''),  z.B.  von  martiy a-hyd  hominis.  Beispiel  eines 
sendischen  Genitivs  auf  hyd  ist  as a-hyd  puri,  welches 
Neriosengh  an  der  von  Burnouf  (Yagna,  Notes  p.  139) 
mitgetheilten  Stelle  durch  CTlTJf^  punyasya  übersetzt.  Ein 
Beispiel  auf  qyd  ist  das  schon  oben  (p.  63)  erwähnte  sp  en- 
taqyd  sancti.  Die  Endung  hyd  findet  sich  auch  an  dem 
Pronomen  der  2ten  Person  in  Verbindung  mit  dem  Stamme 
t'wa,  daher  t'wa-hyd  tui,  Avofür  man  im  Sanskrit  tva-sya 
zu  erwarten  hätte.  Dafs  es  eine  solche  Form  gegeben  habe 
und  wahrscheinlich  auch  bei  der  ersten  Person  eine  Form 
ma-sya,  glaube  ich  nicht  nur  aus  der  erwähnten  Sendform, 
sondern  auch  daraus  folgern   zu    dürfen,   dafs   das  Altpreu- 


*)  Über  die  Veranlassung  zur  Kürzung  des  ä  der  altpers.  Genitiv- 
Endung  bei  Monatsnamen,  welche  mit  dem  darauf  folgenden  allge- 
meinen Ausdruck  des  Monats  eine  Art  Compositum  bilden,  habe  ich 
mich  bereits  im  Monatsbericht  der  Akad.  der  Wiss.  März  18/|S  p.  135 
ausgesprochen.  Ein  Beispiel  ist  vijahnahya  mdJijd  i\cs 
V '  i )  a  k'  n  a  -  M  o  n  a  t  s. 


Geniliv  sg.      §.188.  381 

fsisclie  seine  Genitiv-Endung  se  oder  sei  (hinter  kurzen  Voca- 
len  ssci)^  worin  man  leicht  das  skr.  sya  wiedererkennt,  nicht 
nur  bei  den  Pronominen  der  3ten  Person,  sondern  auch  bei 
denen  der  beiden  ersten  zeigt,  so  dafs  twai-se  tui  dem 
send,  fwa-hyd  (aus  fwa-syd)  gegenübersteht,  während  die 
erste  Person  die  Form  mai-sei  zeigt,  wofür  der  in  Rede 
stehende  sendische  Dialekt  ein  unbelegbares  ma-hyd  er- 
warten läfst.  —  Ob  das  r  der  Endung  ra  oder  r  im  Genit. 
der  armenischen  Pronomina,  z.  B.  von  no-7'a  illius  (nom. 
na,  also  o  eine  Schwächung  von  a)  in  irgend  einer  Weise 
mit  der  skr.  Endung  sya  zusammenhängt,  ist  schwer  zu 
sagen.  Da  s  in  den  iranischen  Sprachen  vor  Vocalen  und 
Ilalbvocalen  gewöhnlich  zu  h  geworden  oder  ganz  verschwun- 
den ist,  so  kann  man  Bedenken  tragen,  in  dem  r  der  gedach- 
ten Endungen  den  Anfangsconsonanten  des  skr.  sya  oder 
altpers.  imd  send,  hyd  zu  erkennen,  und  vielleicht  vorziehen, 
das  r  der  betreffenden  armen.  Endung  als  den  Vertreter 
des  y  von  sya,  hyd  anzusehen,  da  dieser  Halbvocal  im 
Armen,  öfter  zu  l  geworden  ist  *"),  l  und  7^  aber  fast  als 
identisch  zu  betrachten  sind.  Da  jedoch  r  auch  im  Genitiv 
plur.  der  beiden  ersten  Personen  vorkommt,  wo  eine  Ver- 
jnittelung  dieser  Liquida  mit  einem  skr.  T\^  y  unmöglich  ist, 
so  fasse  ich  die,  ein  r  enthaltenden  armenischen  Genitive 
sing,  und  plur.  am  liebsten  als  Possessiva,  und  erinnere  in 
dieser  Beziehung  an  das  Hindostanische  (s.  die  Anmerkung 
zu  §.  340);  die  skr.  Genitiv -Endung  sya  aber,  d.  h.  ihren 
Halbvocal  mit  Verlust  seiner  Umgebung,  erkenne  ich  in  dem  j 
der  armenischen  Genitive  auf  "^,  "/  und  in  dem  ^  i  von 
Schröder's  6ter  Dechnation,  welche  ihr  stammhaftes  a  vor 
der  Casus-Endung  unterdrückt,  wenn  nicht  vielleicht  anzu- 
nehmen ist,  dafs  das  a  des  Stammes  sich  im  Genitiv  und 
Dativ  zu  *  geschwächt  habe,  dafs  also  z.  B.  das  i  von  stanz 
des  Landes  identisch  sei  mit   dem  a  des   Stammes  (Instr. 

*)  Aufser  der  oben  (p.  38)  erwähnten  Benennung  der  Leber  zeu- 
gen auch  fni^S  /a(J  J  o  c  h,  l^^l_^^/^l  verbinden  (skr.  y  ug  jüngere 
für  die  Verwandtschaft  des  /  mit  J\    y  (Windischm  ann  p.  17). 


3g2  Bildung  der  Casus.      §.  188. 

,stana-v),  während  es,  wenn  man  sta7i-i  theilt,  dem  y  des 
skr.  und  send,  sfana-sya,  itana-liyd  entspricht.  Daran 
aber  zweifle  ich  kaum,  dafs  das  j  von  ifiuptinj  mardo-i 
hominis  (Petermann's  4.  Decl.)  —  obgleich  es  nicht  mehr 
gesprochen  wird,  sondern  seinen  Ersatz  in  der  Verlängerung 
des  vorhergehenden  Vocals  findet  (s.  p.  369)  —  dem  skr.  y  von 
tnrtd-sya  (aus  marta^sya)  entspricht,  und  so  unter  andern 
auch  das  j  von  "p"j  oro-i  (spr.  oro)  cujus  (relat.)  dem 
y  des  skr.  yd-sya,  dessen  stammhaftes  T[^y\m  Armen,  zu 
r  geworden  ist,  dem  dann  ein  im  Armenischen  beliebter 
Vorschlagsvocal  voran  getreten  ist.  Will  man  diese  Erklä- 
rung des  Relativs  nicht  zugeben,  so  mufs  man  doch  oro  als 
sein  Thema  gelten  lassen  und  im  Nom.  or  die  Unterdrückung 
seines  Endvocals  annehmen.  Man  vergleiche  noch,  da  uij^ 
ail  anderer  (them.  ailo)  ein  anerkannter  Verwandter  des 
skr.  Stammes  anyd  (gr.  oKKc)  ist,  den  Genitiv  uij^nj  ailo-i 
(spr.  ailo)  mit  dem  sanskritischen  anyd-sya  und  gr.  oXKolo 
(s.  §.  189).  Hinter  "l.  u  (als  Entartung  von  5R  d)  ist  das 
armenische  Genitivzeichen  auch  graphisch  verschwunden, 
was  auf  eine  sehr  frühzeitige  Unterdrückung  des  j  in  dieser 
Stellung  hindeutet;  man  vergleiche  i/l^ol  iigtu  cameli 
mit  dem  skr.  ustra-sya  (s.  p.  367).  So  steht  auch  im  Instr. 
ug'tu  ohne  Casuszeichen,  oder,  mit  Bewahrung  des  ursprüng- 
lichen a:  ugHa-v.  Von  cfuii/sam  Stunde  (Schröder's  Mus- 
terbeispiel) lautet  der  Gen.  samu,  der  Instr.  eben  so  oder 
sama-v").  Bei  Stämmen  auf/r  i  läfst  es  sich  nicht  unterscheiden, 
ob  der  Vocal,  z.B.  von  srti  cordis,  cordi  (s.  p.  359)  dem 


*)  Ich  glaube  in  diesem  Worte  den  skr.  Stamm  y  ama  {^^the  eighth 
pari  of  a  day,  a  watch  of  three  fiours"*^)  zu  erkennen,  mit  dem  Über- 
gang des  Lautes  unseres  ;'  (=  skr.  q^  j)  in  den  des  französischen  /, 
wobei  daran  zu  erinnern,  dafs  auch  im  Send  gelegentlich  eb  /  Tür 
skr.  a  j  vorkommt.  Ein  Beispiel  ist  füsem  ihr  gegenüber  dem 
sanskritischen  füyäm.  Ich  kenne  jedoch  im  Send  kein  anderes  Wort, 
in  welchem  eb  /  die  Stelle  eines  skr./  einnimmt,  und  auch  im 
Armen,  kenne  ich  bis  jetzt  kein  anderes  Beispiel  mit  cA  /  als  nuith- 
mafslichem  Vertreter  eines  skr.  q  j. 


Genitw  sg.       S-  189.  383 

Stamme  angehört,  wie  z.  B.  im  aUhochd.  ensti  (nom.  acc. 
anst),  oder  der  Casusbezeichnung.  —  Genitive  auf  tu,  fin- 
den sich,  wie  es  scheint,  fast  nur  in  fremden  Eigennamen, 
die  eine  ähnhche  Stamm-Erweiterung  erfahren,  wie  im  Alt- 
hochdeutschen, wo  z.  B.  von  petrus  der  Accus,  petrusa-n 
kommt  (s.  p.  312  und  Grimm  p.  767).  —  Es  bleibt  noch 
die  Frage  zu  beantworten  übrig,  ob  diejenigen  armenischen 
Dative,  welche  in  ihrer  Flexion  vom  Genitiv  nicht  unter- 
schieden sind,  auch  in  ihrem  Ursprung  mit  demselben  iden- 
tisch sind?  Ich  mufs  diese  Frage  verneinen,  denn  wenn, 
wie  dies  im  Prakrit  der  Fall  ist,  der  Genitiv  auch  im  Armen, 
zugleich  das  Dativ- Verhältnifs  ausdrückte,  so  würde  wahr- 
scheinlich in  beiden  Zahlen,  oder  im  Singular  in  allen  Wort- 
Massen,  der  Genitiv  zugleich  den  Dativ  vertreten;  es  würde 
z.B.  der  Genitiv  ailoi  (=  ailö)  des  anderen  zugleich 
dem  andern  bedeuten.  Es  endet  aber  der  Dativ  in  der 
Declination  der  Pronomina  (die  der  beiden  ersten  Personen 
ausgenommen)  auf  m  oder  ma,  und  so  steht  namenthch  ailu-m 
dem  sanskritischen  Dativ  anyd-smdi  gegenüber,  während  in 
der  Substantivdeclination  das  verstummte  ^,  z.  B.  von  mardoi 
ho  mini  mit  dem  der  sendischen  Dative  wie  aspdi  überein- 
stimmt. Der  Aussprache  nach  stimmt  mardoi  =^  mardo  zu 
lateinischen  Dativen  wie  lupo  aus  lupoi.  Diejenigen  armeni- 
schen Dative,  welche,  wie  z.  B.  stani  (=  send,  standi)  vom 
Stamme  umiubiu  stana  den  Endvocal  des  Stammes  vor  dem 
Casuszeichen  unterdrückt  haben,  stehen  in  dieser  Beziehung 
mit  den  lateinischen  Dativen  der  Pronominaldeclination  auf 
gleichem  Fufse,  wo  z.  B.  ilU,  ipst  aus  illoi,  ipsoi  verstüm- 
melt sind. 

189.  Dem  Griechischen  haben  wir  schon  anderwärts 
einen  Überrest  der  Genitiv-Endung  3^  sya  nachgewiesen  '), 
und  zwar  gerade  an  Stellen,  wo  sie  zuerst  erwartet  werden 


)  „Über  das  Demonstrativum  und  den  Ursprung  der  Casus''  in 
den  Abhandlungen  der  historisch-philol.  KI.  der  Akad.  der  Wiss.  aus 

dem  J.  1S26,  p.  lOO. 


384  nUdung  der   Casus.      §.  189. 

darf.  Da  die  Stämme  auf  ^  a  den  griechischen  auf  o  ent- 
sprechen, a  aber  im  Griechischen  am  äufsersten  Rande  der 
Wörter  zwischen  zwei  Vocalen  gewöhnlich  verdrängt  wurde, 
so  hege  ich  nicht  den  geringsten  Zweifel,  dafs  die  altepische 
Genitiv-Endung  auf  lg  eine  Verstümmelung  sei  von  a-io^  und 
dafs  z.  B.  in  rdo  =  ff^?J  td-sya  (nach  bengalischer  Aus- 
sprache tosyo)  das  erste  o  dem  Stamme,  und  nur  lo  der 
Casusbezeichnung  angehöre.  Was  aber  den  Verlust  des  o- 
in  Tcio  anbelangt,  so  bietet  uns  die  gr.  Grammatik  noch  ein 
anderes  olo  dar,  dem  ein  a-  abgeht,  dessen  Nothwendigkeit 
und  ursprüngliches  Vorhandensein  aber  Niemand  bezweifeln 
kann;  Uidcaa  und  die  uralte  Stellung  des  1^  in  der  zweiten 
Person  zeugen  für  didcLo-o  statt  ^l^glo^  wie  für  IXzyza-o  statt 
zXiycv,  eben  so  wie  das  indische  td-sya  für  ro-c-tc  statt 
Toio.  In  der  gewöhnlichen  Sprache  ist  nach  dem  a-  auch 
das  i  ausgefallen,  und  das  übrigbleibende  o  der  Endung  mit 
dem  des  Stammes  zu  ov  zusammengezogen,  daher  rcv  aus 
To-o.  Die  Homerische  Form  ao  [Bcpiao,  kivuao)  gehört  eben- 
falls hierher,  und  steht  für  a-io,  und  dieses  für  a-aio.  Das 
Lateinische  hat,  wie  es  scheint,  unser  ^jf  sya  zu.  jus  um- 
stellt, mit  der  beliebten  Umwandlung  des  alten  a  vor  schlie- 
fsendem  s  zu  u,  wie  z.  B.  in  eqmc-s,  ovi-bus,  ed-i-mus,  gegen- 
über den  gleichbedeutenden  sanskritischen  Formen  dsva-Sj 
dvi-Uyas,  ad-mds.  Es  gibt  aber  noch  eine  andere  Art, 
die  lat.  Endung  jus  mit  dem  Skr.  zu  vermitteln,  worauf 
ebenfalls  schon  in  der  ersten  Ausgabe  dieses  Buches  (p.  497) 
aufmerksam  gemacht  worden,  woTUAch  jus  eine  Verstümme- 
lung von  sjus  wäre  und  auf  die  oben  (p.  175)  erwähnten 
sanskritischen  weiblichen  Pronominal-Genitive  auf  syds  sich 
stützte.  Es  wäre  demnach  cu-jus  =  skr.  kd-syis,  goth. 
hvi-sos,  und  wäre,  vom  Femininum  aus,  mifsbräuchlich  in 
die  beiden  anderen  Geschlechter  eingedrungen;  ein  Verfah- 
ren, welches  Aveniger  auffallend  wäre,  als  dafs  im  Altsäch- 
sischen der  Ausdruck  der  2ten  Person  plur.  praes.  zu- 
gleich als  Ausdruck  der  ersten  und  dritten  Person  gilt. 
Jedenfalls  fmdet   in    der    lateinischen  Pronominaldeclination 


Genitw  sg.    §.  189.  385 

eine  Geschlechtsverwirrung  hinsichtlich  der  Genitiv-Endung 
statt;  denn  wenn  z.B.  cu-jus  (in  der  älteren  Sprache  quoius)  auf 
das  skr.  kd-sya  masc.  neutr.  sich  stützt,  so  pafst  diese  Form 
nicht  für  das  Femininum,  da  die  Endung  ^Jj"  sya  und  ihre 
Analoga  im  Send,  Altpersischen,  Altpreufsischen  und  Alt- 
slavischen (s.  §.  269)  auf  das  Masculinum  und  Neutrum  be- 
schränkt sind.  Es  bleibt  uns  also  die  Wahl,  cujus  —  wel- 
ches uns  als  Musterform  der  Singular-Genitive  in  der  latei- 
nischen Pronominaldeclination  gelten  mag  —  da  es  in  den 
drei  Geschlechtern  steht,  entweder  aus  dem  männhch-neu- 
tralen  skr.  kd-sya^  oder  aus  dem  weiblichen  kd-syds  zu 
erklären,  und  in  letzterem  Falle  den  Ausfall  eines  s  vor 
dem  j  anzunehmen  und  den  Übergang  eines  langen  d  zu  u, 
wahrscheinlich  durch  die  Mittelstufe  eines  kurzen  a,  wobei 
unter  andern  an  das  Verhältnifs  der  pluralen  Genitiv-Endung 
rum  zur  sanskritischen  5^1^  sdm  zu  erinnern  wäre.  Die 
Unterdrückung  eines  mittleren  s  wäre  auch  eingetreten, 
wenn  Corssen*)  Recht  hat, /ws  aus /w  für  skr.  sya  durch 
Antretung  einer  neuen  Genitiv-Endung  an  die  alte  zu  erklä- 
ren, in  derselben  Weise,  wie  offenbar  in  den  äolisch  -  dori- 
schen Formen  wie  lixovc,^  ^f^^og,  ifjisvg  (für  Ijuoib)  zwei  Genitiv- 
Endungen  vereinigt  sind.  Mit  dieser  Erklärung  liefse  sich 
auch  die  Ansicht  verbinden,  dafs  die  so  entstandene  Endung 
jus  nur  dem  Mascul.  und  Neutrum  zukomme,  dafs  aber  das 
weibliche  -jus  auf  das  skr.  syds  (aus  smy-ds)  sich  stütze, 
wozu  unter  andern  auch  das  altslav.yaw  von  TOfA  to-jan  hujus 
(fem.)  gegenüber  dem  männhch-neutralen  to-go  gehört  (§.  271). 
Ist  aber  das  lat.  -jus  im  Masc.  und  Neut.  eine  Umstellung 
von  sju,  so  könnte  die  Umstellung  in  dem  Gefühle  erzeugt 
oder  begünstigt  worden  sein,  dafs  dem  Genitiv  ein  schlie- 
fsendes  s  zukomme.  Umstellungen,  besonders  von  Halb- 
vocalen  und  Liquiden,  kommen  übrigens  in  unserem  Sprach- 
stamme häufig  vor,  und  was  namentlich  das  Lateinische  an- 
belangt, so  erwähne  ich  hier  nur  tertius  aus  tretius  für  tri- 


*)  Neue  Jahrbücher  der  Phil.  u.  Paed.  Bd.  68.  1853.  p.  237. 
I.  25 


386  Bild  uns  der  Casus.      §,    189. 

tius,  ter  aus  tre,  skr.  tris,  gr.  rp'g,  creo  aus  cero,  skr.  Wz. 
^«7%  kr  machen,  argentum  aus  ragentum^  skr.  ragatd-m 
(p.  367),  pulmo  aus  plumo,  gr.  Trvevfxuov.  —  Fafst  man  mit 
Aufrecht  und  Kirchhoff  (Umbr.  Sprachd.  p.  118)  die 
oskische  Endung  eis  im  Genitiv  der  2ten  Declination  so,  dafs 
das  e  eine  Schwächung  des  ü  oder  o  des  Stammes  sei,  und 
also  blofs  is  der  Gasusbezeichnung  zukomme,  so  darf  man 
auch  in  diesem  is  eine  Umstellung  annehmen,  also  z.  B. 
Jbellaneis  aus  Jbellane-si,  und  so  auch  eise-is  hujus  aus 
eise-si"),  denn  der  zweiten  Declination,  wozu  auch  die  mei- 
sten Pronomina  gehören,  kommt  im  Masc.  und  Neut.  nur 
eine  vocalisch  schliefsende  und  mit  s  beginnende  Endung  zu; 
erklärt  man  also  hier  is  aus  si,  so  ergibt  sich  eine  klare 
Analogie  mit  der  skr.  Endung  sga,  welche  nach  Abfall  des 
a  zu  si  werden  mufste.  In  den  Genitiven  der  oskischen 
Stämme  auf  ^  fasse  ich  das  ei,  z.  B.  von  He7'entate{-s,  in 
Übereinstimmung  mit  den  genannten  Gelehrten  (p.  122),  als 
Gunirung  des  stammhaften  i,  so  dafs  also  hier  nach  sanskri- 
tischem Princip  blofs  s  die  Casus-Endung,  und  ei  dem  skr.  e, 
z.B.  von  agne^-s  (aus  agnai-s)  des  Feuers  entspricht*"). 
Die  consonantisch  endigenden  Stämme  erweitern,  wie  die 
lateinischen  im  Nominativ  plur.  (s.  §.  226),  den  Stamm  durch 
ein  beigefügtes  i  und  guniren  dasselbe,  ebenfalls  wie  die 
lat.  Pluralnominative.    Wir  haben  also  im  Oskischen  nirgends 


*)  Im  Skr.  hätte  man  vom  Pronominalstamm  esd  dieser,  der 
auf  den  Nomin.  beschränkt  ist,  einen  Genitiv  es  d-sja  zu  erwarten. 

**)  Dem  Dativ  der  oskischen  /-Stämme,  z.Y*.  Herentatei^  kann 
ich  eine  Casus-Endung  nicht  zugestehen.  Ich  erkenne  nämlich  in 
dem  ei  das  skr.  ay  aus  a/,  z.  B.  von  agnäy-e  ignl,  woraus,  nach 
Unterdrückung  der  Casus-Endung,  agne  (aus  älterem  agnai)  wer- 
den miifste.  Hierzu  stimmt  das  oskische  Herentatei  (mit  e  fiir  a)  so- 
wie die  gothlschen  Dative  wie  anstai  (p.  34o).  Im  Umbrischen  hat 
auch  die  ite  Declln.,  welche  im  Oskischen  sich  mit  der  2ten  vereinigt 
hat,  den  Dativ-Charakter  verloren;  alsomanw  wie  im  Gothlschen  hau- 
dau^  nur  ohne  Guna. 


Genitw  sg.    §.  190.  387 

eine  organische  Genitiv -Endung  auf  ^5,  die  man  dem  skr. 
as  von  pacl-ds  und  dem  gr.  05  von  ncd-oc,  und  lat.  is  von 
jped-is  oder  altlateinischen  us  von  nomin~us^  Vener-us  (s.  p.  186) 
gegenüberstellen  könnte,  und  wir  werden  hierdurch  um  so 
mehr  berechtigt,  das  oskische  ?5,  welches  in  der  2ten  Decli- 
nation  und  in  jener  der  Pronomina  dem  skr.  sya^  altpreufs. 
se  und  griech.  10  [0-16)  gegenübersteht,  als  Umstellung  von 
si  zu  fassen.  —  Während  das  lat.  jus  von  cu-jus  etc.,  wenn 
es  auf  die  skr.  männlich -neutrale  Endung  sya  von  kd-sya 
sich  stützt,  misbräuchlich  auch  in  das  Femininum  eingedrun- 
gen ist,  haben  sich  die  altitahschen  Dialekte  im  Genitiv  sg. 
der  Pronomina  in  der  rechten  Schranke  gehalten,  indem  sie 
die  vollere  Endung  2*5  (aus  s^)  vom  Femininum  ausschliefsen; 
wenigstens  zeigt  das  Umbrische  den  Genitiv  era-r  illius 
(aus  ei'a-s)^  woraus  hervorgeht,  dafs  das  Oskische,  in  wel- 
chem uns  keine  weiblichen  Pronominal-Genitive  erhalten  sind, 
dem  oben  erwähnten  männlichen  eise-is  ein  weibliches  eisa-s 
gegenübergestellt  haben  wird,  nach  dessen  Analogie  man  im 
Lateinischen,  in  einem  früheren  Sprachzustand,  weibliche 
Pronominalgenitive  wie  qud-s,  hd-s,  ed-s,  illd-s,  tpsd-s,  istd-s 
zu  erwarten  hätte.  Im  Stamme  könnte  das  oben  erwähnte 
umbrische  Pronomen,  dessen  männlicher  Genitiv  erer  (aus 
ereis)  lautet,  mit  dem  des  skr.  add-s  jenes  (aus  ada-t)  zu- 
sammentreffen (s.  §.  350)  und  somit  sein  r  aus  d  erzeugt 
haben,  wie  das  lateinische  meiHdies  (s.  §.  17^^). 

190.  Im  Litauischen  bezeichnen  die  Masculinstämme 
auf  a  den  Genitiv  durch  0,  daher  dewö  dei,  kö  cujus.  In 
diesem  ö  erkenne  ich  blofs  die  Verlängerung  des  Endvocals 
des  Stammes  (s.  p.  134)  zum  Ersatz  der  unterdrückten 
Casus-Endung,  die  dem  Altpreufsischen,  welches  deiwa-s  dem 
h't.  dewö  und  skr.  devd-sya  gegenüberstellt,  verblieben  ist. 
Das  Lettische  hat  wie  das  Slavische  den  ursprünglichen 
a-Laut  des  Stammes  im  Genitiv  bewahrt,  das  Casuszeichen 
aber  ebenfalls  aufgegeben,  daher  deewa  (dewd)  *).  In  Abwei- 


)   Ich  habe  mich  in  obigem  Sinne  zuerst  in  meiner  Abhandl.  über 


388  Bildung   der  Casus.      §.  190. 

chung  von  dieser  Auffassung  erklärt  Schleicher  (Beiträge  etc. 
von  Kuhn  u.  Schleicher  p.  115  u.  119)  das  lit.  ö  im  Genitiv 
der  männlichen  a- Stämme  als  Zusammenxiehung  von  aja 
aus  asja.  Es  hätten  sich  also  nach  Ausfall  desjr  die  beiden 
kurzen  a  zu  der  entsprechenden  Länge  vereinigt.  Ich  würde 
mich,  wenn  ich  diese  Ansicht  über  die  Entstehung  des  lit. 
Genitivs  dewö  theilte,  auf  eine  ähnliche  Entstehung  des  goth. 
6  aus  skr.  aya  berufen,  in  Formen  wie  laig-6-s ,  laig-6-th 
=  leh'dya-si^  leh-aya-ti").  Eine  nachdrückhche  Unter- 
stützung würde  diese  Erklärung  dadurch  gewinnen,  wenn 
man  unbedingt  mit  Schleicher  annehmen  könnte,  dafs 
schliefsendes  s  im  Litauischen  nicht  abfalle.  Ich  erinnere 
dagegen  an  den  Verlust  des  schliefsenden  s  in  den  Dual- 
Endungen  der  ersten  und  zweiten  Person  praes.  auf  wa, 
ta  für  skr.  vas^  fas  und  goth.  os  (aus  a-vas),  fs  (aus  tas). 
Den  Verlust  eines  schliefsenden  s  zeigt  das  Litauische  auch 
im  Genitiv  du.  in  Übereinstimmung  mit  dem  Send,  welches 
hier  \  o  dem  skr.  6s  gegenüberstellt  (s.  §.  225).  Wie  dem 
aber  auch  sei,  so  mufs  den  altpreufsischen  Genitiven  wie 
deiwa-s,  wenn  auch  keine  entscheidende,  doch  eine  wohl  zu 
berücksichtigende  Stimme  bei  Erklärung  der  litauischen 
Schwesterform  dewö  eingeräumt  werden.  Es  mögen  aber 
die  altpreufsischen  Genitive  auf  a-s  selber  aus  a-sja  =  skr. 


die  Sprache  der  alten  Preufsen  ausgesprochen,  während  ich  früher 
(erste  Ausg.  §.  190)  an  eine  Entstehung  des  lit.  ö  aus  as  nach  s endi- 
schem Princip  dachte. 

*)  S.  p.  228.  Indemlitauischen  ö  von7<r/Är-Ö-me  (wir  s  uchen), 
worauf  sich  S  chleich  er  (1.  c.  p.  119)  beruft,  erkenne  ich  blofs  das 
erste  a  des  skr.  Klassencharakters  a/a,  welches  in  der  betreffenden 
lit.  Conjugatlon  eine  unorganische  Verlängerung  erfahren  hat.  Dafür 
zeugt  das  Praet.y'e"^  Ä:öyaw,  ^\.jesköjö-me^  sowie  auch  die  Prae- 
sensformen  wie  raudöju^nsVv.  r6d-dyd-mi  (s.  p.  229).  Über- 
haupt geht  das  Litauische  etwas  verschwenderisch  mit  seinem  stets  lan- 
gen o  um,  und  zeigt  im  Du.  und  PI.  des  Aorists  auch  für  das  s  c  h  1  i  e  - 
fs  e  n  d  e  a  von  5^7J  aya  ein  o",  daher  je sk-o jö-wa,  jesk-öjo- 
-  ia,  je  sk-o  jo  -me ,  j  e  s  k-o  jo  -t  e. 


Genilw  sg,   §.  191.  380 

asya  durch  Wegfall  der  Sjlbe  2J  ya  entstanden  sein,  so 
dafs  also  die  Sjlbe  ^Zl{  sya  sich  in  doppelter  Weise 
entstellt  hätte,  einmal  durch  blofse  Verdrängung  des  Halb- 
vocals,  wodurch  se  für  sje^  und  dann  durch  Unterdrückung 
des  Voeals  dieser  Sylbe,  ungefähr  wie  im  Griechischen  die 
Endung  ai  der  2.  P.  praes.  (das  dor.  la-ai  ausgenommen)  zu  5 
verstümmelt  worden,  so  dafs  z.  B.  dt'don-^  dem  skr.  ddddsi 
gegenübersteht.  Vor  der  verstümmclteren  Endung  s  hat  das 
Altpreufsische  den  schweren  a-Laut  des  Stammes  bewahrt, 
während  es  ihn  vor  der  volleren  Endung  se  in  e  oder  ei 
verwandelt  hat.  Man  könnte  auch  das  i  des  letzteren  durch 
Zurücktretung  aus  der  Endung  in  die  vorhergehende  Sylbe 
erklären ,  so  dafs  z.  B.  stei-se  aus  ste-sie  entstanden  wäre, 
und  bei  den  Pronominen  der  beiden  ersten  Personen  (die 
das  alte  a  im  Stamme  bewahren)  mai-se  aus  ma-sie^ 
twai'Se  aus  twa-sie,  ungefähr  wie  in  der  griech.  2ten  P. 
praes.  und  fut.  (^ip-st-g  aus  (psp-s-ai  =  skr.  Ödr-a-si^  dou- 
(TH-c,  aus  duo^a^-ui   =   skr.  dd-syd-si. 

191.  Das  Gothische  hat  eben  so  wenig  als  das  Litauische 
und  Lettische  einen  Überrest  der  volleren  Genitiv-Endung 
sya  bewahrt,  und  die  gothischen  a- Stämme  sind  in  diesem 
Casus  den  i- Stämmen  gleich,  weil  a  vor  schliefsendem  s 
nach  §.  67  zu  i  sich  geschwächt  hat;  also  vulfi-s  für  mäfa-s^ 
wie  denn  auch  im  Altsächsischen  die  entsprechende  Decl. 
noch  a-8  neben  es ^  wenn  gleich  seltener,  darbietet;  also 
daga-s  des  Tages  gegenüber  dem  gothischen  dagis.  Die 
consonantischen  Stämme,  die  auf  nd  ausgenommen,  haben 
im  Gothischen  ebenfalls  ein  blofses  s  zum  Casuszeichen; 
daher  ahmin-s,  hrothr-s  (§.  132).  Die  Participialsubstantiv- 
stämme  auf  nd  (p.  260)  enden  im  Genitiv  auf  25;  diese  Form 
belegt  Mafsmann  (Skeireins  p.  153)  durch  nasjandis  sal- 
vatoris.  Vielleicht  nöthigte  hier  der  Umstand  zu  einer  ab- 
weichenden Form,  dafs  ein  Genitiv  nasjand-s  vom  Nom.  sg. 
und  Nomin.  Acc.  pl.  nicht  unterschieden  wäre,  während 
den  Genitiven  wie  ahmin-s^  hrothr-s,  dauhtr-s  kein  gleich- 
lautender   Casus    gegenübersteht.      Übrigens    konnten    auch 


390  Bildung  der   Casus.     §.  191. 

Genitive  wie  vulfi-s^  gastis,  von  den  Stämmen  vulfa,  gasti, 
auf  das  Sprachgefühl,  dem  das  wahre  Thema  der  verschie- 
denen Wortklassen  nicht  mehr  klar  vorschwebte,  leicht  den 
Eindruck  machen,  dafs  is  die  wahre  Genitiv -Endung  sei, 
und  dafs  also  auch  vulf-is,  gast-is  zu  theilen  sei,  und  dem- 
gemäfs  auch  nasjand-is.  Obwohl  das  is  der  letztgenannten 
Form  sich  leicht  aus  der  skr.  Genitiv- Endung  as  der  con- 
sonantisch  endigenden  Stämme  erklären  liefse,  so  glaube  ich 
doch  nicht,  dafs  die  ?itZ-Stämme  in  Vorzug  vor  r-  und  n-Stäm- 
men  eine  vollere  Genitiv-Endung  bewahrt  haben,  und  ich  nehme 
lieber  eine  Thema-Erweiterung  an,  wodurch  der  Stamm 
auf  ncl  =  skr.  lat.  gr.  nt^  vt,  entweder  in  die  i-  oder  a-De- 
clinat.  eingeführt  worden.  Ich  theile  also  nasjandi-s. 
Sollten  sich  Plural -Dative  wie  nasjanda-m,  welches  v.  Ga- 
belentz  und  Lobe  in  ihr  Schema  dieser  Declination  auf- 
nehmen, wirklich  belegen  lassen,  oder  gäbe  es  wirkhch  im 
Gothischen  Formen  auf  nda,  von  Participial-Substantiven,  als 
Anfangsglieder  zusammengesetzter  Wörter,  so  wäre  natür- 
lich nasjanda  als  unorganische  Erweiterung  des  Primitiv- 
stammes nasjand  anzunehmen.  —  Zu  den  gothischen  Geni- 
tiven wie  hrothr-s  stimmt  das  sendische  nar-s  viri,  hominis. 
Sonst  aber  ist  im  Send  o,  aus  ursprünghchem  as  (nach  g.  56*), 
die  Genitiv-Endung  der  Stämme  auf  r,  im  Einklang  mit  den 
Genitiven  anderer  Stämme  mit  consonantischem  Ausgang, 
jedoch  mit  Unterdrückung  des,  dem  r  vorangehenden  Vocals, 
nach  dem  Princip  der  schwächsten  Casus  (§.130)  und 
analog  den  griech.  Formen  wie  Trarp-o;,  ixr,Tp-o;,  und  latei- 
nischen wie  patr-is,  mdtr-is.  Man  vergleiche  hiermit  die 
von  Burnouf  (Yagna  p.  363  Anm.  und  p.  241  ff.)  nachge- 
wiesenen Genitive  da  fr- 6  datoris  oder  Creator  is,  und 
nafedr-o  nepötis,  letzteres  euphonisch  für  naptr-o  (§.40). 
Von  dtar  Feuer  kommt  der  Genit.  öfter  in  Verbindung 
mit  ca  vor  (dtras-ca  ignisque).  Es  erhellt  hieraus,  dafs 
nar  die  ihm  eigenthümhche,  dem  Gothischen  sich  nähernde 
Form  nar-s  blofs  seiner  Einsylbigkeit  zu  verdanken  hat.  — 
Das  Sanskrit  zeigt  bei  allen   mit  r  wechselnden   Stämmen 


Genitiv  sg.      §.  192.  391 

auf  ar  oder  dr  (§.  127)  im  Genitiv  und  dem  ihm  gleichlau- 
tenden Ablativ,  ur  ohne  Casus-Endung,  daher  z.B.  öratu?' 
fratris,  mdtür  matris,  ddtür  datoris.  Das  w  ist  offen- 
bar eine  Schwächung  von  a,  also  z.  B.  ddtür  aus  ddtdr^ 
w^ahrscheinhch  als  Umstellung  von  ddtra,  mit  Verlust 
des  Casuszeichens,  durch  dessen  Wiederherstellung  die  Form 
datr-as  dem  erwähnten  sendischen  ddt'r-6  analog  wäre. 

192.  Die  Feminina  haben  im  Sanskrit  bei  vocalisch 
endigenden  Stämmen  eine  vollere  Genitiv- Endung,  nämhch 
«5  für  blofses  8  (s.  p.  244),  und  zwar  so,  dafs  die  kurzendi- 
genden Stämme  auf  i  und  u  nach  Willkür  entweder  blofses 
s  oder  ds  gebrauchen  können,  und  statt  prtte^s^  hdnö-s 
Siuch  prtti/'ds,  hdnv-ds  gesagt  wird.  Die  langen  Vocale  d, 
'i,  u  haben  jedesmal  ^[^  ds"),  daher  dsvdi/-ds,  Ödvan- 
ty-ds,  vadv-d^s.  Diese  Endung  ds  lautet  im  Send  nach 
§.56*).  «0,  daher  8^^>«.«-*»J^ev  hisvay-do,  S^^^CQ^^^*»^ 
havainty-do.  Bei  Stämmen  auf  ^  i  und  >  u  ist  mir  diese 
Endung  nicht  vorgekommen;  neben  "^^-Vco-?^^^*^^  dfrttoi-s, 
w>^>c^vC'(V5  taneu-s  oder  ^»l^^'^tanv-ö,  \»^^^l<*-^^tanav-6, 
kein  S^ii^^^J^^*^  dfrUy-do,  8^>>/^«^*(>o  tanv-do.  Die 
verwandten  europäischen  Sprachen  zeigen  im  Fem.  keine 
stärkere  Endung  als  im  Masc.  und  Neut. ;  das  Gothische 
zeigt  jedoch  eine  Neigung  zu  gröfserer  Fülle  im  weiblichen 
Genitiv  dadurch ,  dafs  die  o-Stämme  diesen  Vocal  im  Gegen- 
satz zum  Nom.  und  Accus,  bewahren,  die  ^- Stämme  aber, 
wie  oben  gezeigt  worden,  diesen  Vocal  guniren,  während 
Masculina  ihm  keine  Verstärkung  geben.  Man  vergleiche 
giho-s  mit  dem  flexionslosen  und  stammverkürzten  Nom.  und 
Accus,  giba,  und  anstai-s  mit  gasti-s.  Über  pronominale  Ge- 
nitive wie  thi-so-s  s.  §.  172.  Auch  das  Griech.  schützt  in 
seinen  Fem.  1.  Deck  die  ursprüngliche  Vocal-Länge  bei 
Wörtern,   welche    den  Nom.  und  Accus,  geschwächt  haben; 


*)   Nur  die  wenigen  einsylbigen  Wörter  auf/  und  u  machen  eine 
Ausnahme  (s.  kl.  Sanskritgr.  §.  1,30). 


392  Bildung  der  Casus.      §.   193. 

daher  a-^vpdg,  Mova-rjg  gegen  (r(l)vpoL,  a-(l)vpav,  Mova-a,  MovacLv").  Auch 
steht  im  Lateinischen  d-s,  mit  der  ursprünglichen  Länge  des 
Stammes  (famüid-s,  escd-s^  terrd-s)  im  Gegensatze  zu  familiä^ 
familiä-m  etc.  Von  einer  Entlehnung  dieser  Genitivformen 
aus  dem  Griechischen  kann  nicht  die  Rede  sein;  sie  sind 
gerade  so,  wie  man  sie  als  Eigenthum  einer  Sprache,  die  s 
zum  Genitiv-Charakter  hat,  erwarten  kann.  Dafs  aber  diese, 
ursprünglich  gewifs  über  alle  a- Stämme  verbreitete  Form 
nach  und  nach  bis  auf  wenige  Überreste  ausgestorben  ist, 
und  dafs  die  Sprache  sich  dann  anders  beholfen  hat  (s.  §.  200), 
ist  dem  gewöhnlichen  Schicksale  der  Sprachen  gemäfs,  die 
von  ihrem  alten  Stammgut  immer  mehr  einbüfsen.  —  Im 
Oskischen  enden  alle  Genitive  der  ersten  Deck  auf  a-s  (d-s), 
ebenso  im  Umbrischen,  nur  dafs  hier  die  jüngeren  Denk- 
mäler r  für  s  zeigen,  wodurch  sie  den  Genitiven  der  ent- 
sprechenden Wortklasse  im  Altnordischen  gleichen,  wo  z.  B. 
giöfa-r  dem  goth.  gibo-s  gegenübersteht.  Oskische  Beispiele 
sind:  eitua-s  familiae,  pecuniae,  scrifta-s  scriptae,  tnai" 
ma-s  maximae,  molta-s  mulctae.  Umbrische:  fameria-s 
Fumperia-s  familiae  Pompiliae,  Nonia-r  Noniae.  Auch 
dem  Etruskischen  sind  Genitive  auf  aa  oder  es  von  weib- 
lichen Eigennamen  auf  «,  ia  nachgewiesen  (O.  Müller  1.  c. 
p.  63) ;  so  Marchas^  Senties,  von  Marcha^  Sentia ""). 

193.  Das  Litauische  gleicht  in  seinem  Genitiv  äsw6-$, 
für  ds'wä-s,  dem  Gothischen,  und  ersetzt  auch  in  einigen 
anderen  Casus  das  weibliche  ä  durch  ö.  Die  gröfstentheils 
weiblichen  Stämme  auf  i  haben  Guna  wie  im  Gothischen, 
jedoch  mit  Zusammenziehung  von  ai  zu  e,  wie  im  Sanskrit; 


*)  Die  attische  Endung  wg  ist  vielleicht  eine  vollständige  Über- 
lieferung des  sanskritischen  äs,  so  dals  Formen  wie  TToXe-wg  zu 
prity-as  stimmen.  Wenngleich  das  gr.  w?  nicht  auf  das  Fem.  be- 
schränkt ist,  so  ist  es  doch  vom  Neutrum  ausgeschlossen  (acrreo?), 
und  die  überwiegende  Anzahl  der  t-Stämme  ist  weiblich. 

**)  In  derForm  auf  e^  mag  das  vorangehende  /  einen  asslmlllren- 
dcn  EInflufs  auf  den  folgenden  Vocal  geübt  haben  (vgl.  p.  l47  f.). 


Genitiv  sg.    §.  194.  393 

daher  awe-s  ovis  ')  gegenüber  dem  skr.  dve-s  (von  ^^rfcf 
avi  Mutterschaf)  und  den  gothischen  Genitiven  wie  an- 
stai-s.  Auch  bei  Masculinstämmen  hat  das  Litauische,  und 
zwar  in  Vorzug  vor  dem  Gothischen,  die  Gunirung  bewahrt; 
daher  gente-s.  Das  Altpersische  setzt  die  Vriddhi- Steige- 
rung (s.  p.  46)  statt  der  Gunirung,  d.  h.  d  statt  a,  daher 
cispdi-s  als  Genitiv  des  Stammes  cispi  (Teispes,  Beb.  I,  6) 
cicikrdi-s'  des  Cicik'ri  (1.  c.  IL  9),  wo  also  das  d  dem 
send,  ö  der  Genitive  auf  ois  entspricht  (§.  33).  Wo  aber, 
bei  Monatsnamen,  ais  für  dis  steht,  ist  dies  schon  ander- 
wärts demselben  Grunde  zugeschrieben  worden,  woraus  oben 
(§.  188)  Genitive  auf  hya  für  das  gewöhnliche  hyd  erklärt 
worden.  Es  steht  nämlich  auch  den  Genitiven  auf  ais  immer 
mdhyd  des  Monats,  womit  sie  ein  unechtes  Compositum 
bilden,  zur  Seite;  z.B.  hdgayadais'  mdhyd  des  Bäga- 
yad'i-Monats  (1.  c.  L  ^^), 

194.  Was  den  Ursprung  der  Form  anbelangt,  wodurch 
im  Genitiv  der  bezeichnete  Gegenstand  personificirt  wird, 
mit  dem  Nebenbegriff  des  räumlichen  Verhältnisses,  so  kehrt 
die  Sprache  in  diesem  Casus  wieder  zu  demselben  Prono- 
men zurück,  woraus  in  §.  134  der  Nominativ  erklärt  worden. 
Auch  für  die  vollere  Endung  gibt  es  ein  Pronomen,  näm- 
lich ^  sya,  welches  nur  in  den  Veda's  vorkommt  (vgl. 
§.  ^^)  und  dessen  s  in  den  obHquen  Casus,  wie  im  Neutrum, 
ebenfalls  durch  t  ersetzt  wird  (s.  §.  353) ,  so  dafs  sya  zu 
tya-m  und  tya-t  in  demselben  Verhältnifs  steht,  wie  sa 
zu   ta-m^    ta-t      Offenbar   sind   daher    in   sya,    tya   die 


*)  Die  Schreibart  awi^.s  scheint  ein  blofser  graphischer  Misbrauch 
zu  sein,  da  /vor  langem  e  nach  Kurschat  nicht  ausgesprochen  wird, 
und  auch  nirgends  in  dieser  Stellung  eine  etymologische  Begründung 
hat,  weshalb  ich  es  jetzt  in  Übereinstimmung  mit  Schleicher  weg- 
lasse. Dazu  rechtfertigt  auch,  was  die  Genitive  der  /-Stämme  an- 
belangt, das  Altpreufslsche,  welches  sich  der  Gunirung  enthält, 
daher  z.  B.  pergimni-s,  preigimni-s,  von  den  Stammen  yperg^mm/  Ge- 
burt, preigimni  Art. 


394  Bildung  der   Casus.     §.  194. 

Stämme  sa,  ta  enthalten,  mit  unterdrücktem  Vocal  und  ver- 
bunden mit  dem  Relativstamme  Di  ya.  —  Das  Albanesische, 
w^elehes  der  alten  Casus -Endungen  gröfstentheils  verlustig 
gegangen  ist,  hat  sich,  was  wichtig  ist  zu  beachten,  für  den 
Genitiv  eine  neue  Endung  im  alten  Geiste  unseres  Sprach- 
stammes geschaffen,  wenn  ich  Recht  habe,  in  dem  u  und  i 
der  unbestimmten  Genitive  Pronomina  der  3ten  Person 
zu  erkennen').  Es  ist  gewifs  kein  Zufall,  dafs  nur  diejeni- 
gen albanesischen  Substantive,  welche  in  der  bestimmten 
Declination  u  als  hinten  angehängten  Artikel  gebrauchen, 
im  Genitiv  der  unbestimmten  Declination  mit  u  schliefsen, 
und  dagegen  diejenigen,  welche  t  als  Artikel  anfügen,  auch 
im  Genitiv  der  unartikulirten  Declin.  auf  i  ausgehen.  Man 
vergleiche  z.B.,  in  v.  Hahns  2ter  Declination,  x^fv-uui^o;  (nom. 
acc.  yJEv)  mit  dem  gleichlautenden  artikulirten  Nomin.  yJEv-i 
0  KtJouy,  und  in  v.  Hahn's  3ter  Declination:  iiU-u  (piXov  (eine 
zufällige  Begegnung  mit  der  gr.  Genitiv-Endung  ov)  mit  dem 
artikulirten  Nominativ  ju/x-w  o  (^iXog.  Die  bestimmte  De- 
clination setzt  im  Genitiv  (zugleich  Dativ)  hinter  die  Genitiv- 
Endungen  t,  u  ein  T  als  Artikel*"),  wenigstens  glaube  ich 
Formen  wie  xJevlt  tcv  Kvvog,  fjLinuT  rov  ^lXcv  so  zergliedern  zu 
müssen,  dafs  der  dem  r  vorangehende  Vocal  die  Genitiv- 
Endung  sei,  so  dafs  kjevtr,  jjllkut  buchstäblich  -/.vvog-rcv^  ^iXcv- 
Tox)  bedeuten.  Der  Ursprung  des  suffigirten  Artikels  l  und 
der  gleichlautenden  Genitiv-Endung  findet  sich  entweder  in 
dem  skr.  Demonstrativstamm  z,  oder,  was  mir  jetzt  wahr- 
scheinlicher ist,  in  dem  Relativstamme  TJiya^  der  im  Litaui- 
schen „er"  bedeutet  (vgl.  l.  c.  Anm.  9).  Den  Ursprung  des 
IC  von  \xUu  Freundes  und  der  Freund  erkenne  ich  in 
dem  V  des  skr.  Reflexivstammes  sva^  der  sich  auch  in  man- 
chen anderen  Functionen  im  Alban.  zu  ii  zusammengezogen 


*)  S.  die  oben  (p.  12  Anm.)  erwähnte  Schrift  p.  7  und  p. 60  Anm.  13, 
und  über  die  pronominale  Herkunft  der  weiblichen  Genitiv-Endung  e, 
z.  B.  von  ^t-e  {alyog)  1.  c.  p.  62  Anm.  17. 

**)  Dieses  T  ist  verwandt  mit  dem  skr.  Dcnjonslrallvstamm  fa 
(s.  §.  J4y),  dem  goth.  tha  (nach  §.  S7)  und  gricch.  7C. 


Genitw  SS,     §.  194.  395 

hat  (vgl.  1.  c.  p.  22  ff.).  Gehört  aber  i  zum  skr.  Relativ- 
stamm, der  einen  Bestandtheil  der  Demonstrativstämme  s-ya 
und  t-ya  ausmacht,  so  ergibt  sich  hieraus  die  ursprüng- 
liche Identität  der  Genitiv -Endung  von  yjiv-i  Hundes  und 
des  i  der  griechischen  Genitive  wrie  to^Xo  und  des  verstumm- 
ten armenischen  ,  i  der  Genitive  wie  tfiupq^nj  mardoi  = 
ßpOTOW  (s.  p.381). 

Es  folgt  hier  der  Überblick  der  Genitivbildung: 

Sanskrit  Send  Griech,         Lat.  Lit.  Golh. 

m.  dsva-sya  aspa-he       Inno-Lo     j)6n6     vulfi-s 

m.  ka-sya  ka-he  cu-jus       kö         hvi-s 

f.     dsvdy-äs  hisvay-do    x^9^~^    terrä-s      ds'wö-s  gibo-s 

m.  pdte-s  ^)  patoi-s  hosti-8      gente-s  gasti-s 

ary-ds  noai-oc,     

f.    prite-s  dfrttoi-s       turri-s     awe-s    anstai-s 

prtty-ds  (^■udE-wc,    

f.     Udvanty-ds  havainty-do 

m.  süno-s  paseu-s         pecü-s     sünaü-s  sunau-s 

pasv-ds  pasv-o  ^)       veKV'Og    senatu-os 

f.    hdno-s  taneu-s         soa^ü-s     kinnau-s 

hdnv-ds  tanv-ö^)       yivv^og      

f.     vad'v-as  

m.LgO'S  geu-s  ßo(F)-o5    hov-is       

f.     ndv-ds  vä(F)-o$    

f.     vdc-ds  vdc-ö  ^)         oTT-og        voc-is       

m.  Bdi^at-as  barent-ö^)    ^ipovT-o<;ferent-is 

m.  d im an-as  asman-ö'^)   datixav-og  sermo-  ahiien-s ahmin-s 

n-is 

n.    ndmn-as  näman-o  ^)  rdXav-og  nomin-is namin-s 

VOL.  örd'tur  brdtV-6  ^)     Trarp-og  frdtr-is     bröthr-s 

f.     duhitür  dug'd'er-o ^)  ^v-yarrp-og  mdtr-is  dukter-s  dauhtr-s 

m.  ddtür  da  fr- 6'^)       dorrjp-og  datör-is 

n.   vdcas-as  vacanh-ö^)lnE{a)-og  gener-is 

<)   Am  Ende  von  Compp. ;  einfach  päty-us  s.  §.  187. 

2)    s.  §.  1  S5  Anm.  3. 

^)   Auch  \^^.\O^^J%  haraiö  mag  vorkommen,  s.  §.  1.51. 


396  Bildung   der   Casus.      §.  195.  196.  197. 

L  o  c  a  t  i  V. 

195.  Dieser  Casus  hat  im  Sanskrit  und  Send  i  zu  sei- 
nem Charakter,  und  hat  im  Griechischen  das  Geschäft  des 
Dativs  übernommen,  aber  auch  die  locative  Bedeutung  nicht 
untergehen  lassen,  daher  z.  B.  Awdwvt,  MapaS-wvi,  SaXa/xm, 
dypwi  oIkoi^  XoifJidL'')  und  übertragen  auf  Zeit:  ty]  avT?]  rHJ^ipci^ 
vvktL  So  im  Sanskrit  1^51^  divase  am  Tage,  fr^fsj 
nisi  in  der  Nacht. 

196.  Mit  einem  vorhergehenden  ^T  a  des  Stammes  geht 
das  locative  i  in  e  über  (§.2),  eben  so  im  Send;  doch  steht 
hier  auch  ^\  6i  für  ^  e  (§.  33),  so  dafs  das  Send  hierdurch 
den  griechischen  Dativen  w^ie  oIkoi^  iioi  und  aoi  sehr  nahe 
kommt,  in  denen  das  i  noch  nicht  zum  subscriptum  herab- 
gesunken und  durch  die  Erweiterung  des  Stammvocals  ersetzt 
worden  ist.  Zu  den  genannten  Formen  stimmt  ^'V^^(2-^.-i*^*G 
maidyoi  in  der  Mitte,  vs^omit  das  griech.  ixia-aoi  (durch 
Assimilation  aus  juscr/ot,  s.  p.32f.)  zu  vergleichen  ist.  Man  hüte 
sich  aber,  diese  und  ähnliche  Erscheinungen  als  Folge  einer 
specielleren  Vervi^andtschaft  zwischen  dem  Griechischen  und 
Send  anzusehen. 

197.  Sehr  merkwürdig  stimmen  im  Litauischen,  dem 
ein  eigentlicher  Locativ  zu  Gebote  steht,  die  Stämme  auf  a 
in  diesem  Casus  zum  Sanskrit  und  Send,  indem  sie  dieses  a 
mit  dem  alten  locativen  t,  welches  nirgends  mehr  rein  er- 
scheint, zu  e  zusammenziehen;  daher  stimmt  z.  B.  dewe  in 
Gott,  vom  Stamme  dewa,  zu  ?;^  deve^  ;ü>>;ü'^  daive. 
Der  Umstand,  dafs  das  lit.  e  im  Locativ  der  a-Stämme  kurz 
ist  (s.  Kurschat  IL  p.  47),  darf  uns  nicht  hindern,  es  sei- 
ner Entstehung  nach  als  Diphthong  zu  fassen,  da  die  zu- 
sammengezogenen Diphthonge  der  Kürzung  unterworfen 
sind,  in  welcher  Beziehung  ich  an  das  althochdeutsche  e  in 
Conjunctiven  wie  here  feram,  ferat,  im  Gegensatze  zu 
herS'S,  heremes,  heret  erinnere  (s.  §.  81)  sowie  an  das  lat.  e 
von  amem^  amet  gegen  ames^  amemus,  ametis.  Auch  zeugt 
das  slavische  '^je,  im  Locat.  der  entsprechenden  Wortklasse 


Lacativ  sg,      §.    198.  397 

(s.  §.  268),  für  die  ursprüngliche  Länge  des  litauischen  ^, 
da  '!>  in  der  Regel  dem  skr.  e  begegnet  (s.  §.  92.  ^.).  Das 
Lettische  hat  den  ^-Laut  des  Locativcharakters  unterdrückt 
und  zum  Ersatz  den  vorhergehenden  a-Laut  verlängert,  daher 
z.B.  rata  im  Rade  gegenüber  dem  lit.  rate  id.  und  skr. 
rdfe  im  Wagen.  Diese  Form  spricht  deutlich  für  die 
verhältnifsraäfsig  späte  Zusammenziehung  von  ai  zu  e  im 
lit.  Locativ  der  betreffenden  Wortklasse.  Hierbei  ist  es 
auch  w^ichtig  zu  beachten,  dafs  das  Lettische  in  den  Prono- 
minallocativen  den  Schlufstheil  des  Diphthongs  a^,  und  zwar 
in  gedehnter  Form,  bewahrt  hat;  daher  tat  \x\.  dem,  in 
diesem,  wofür  im  Lit.,  mit  Anfügung  des  oben  (§.  165  ff.) 
besprochenen  Anhängepronomens,  ta-me.  Das  Sanskrit  würde, 
wenn  -sma  in  diesem  Casus  der  regelmäfsigen  Declination 
folgte,  tdsme  zeigen. 

198.  Die  männlichen  Stämme  auf  ^  ^  und  "^u,  und 
nach  Willkür  auch  die  weiblichen,  haben  eine  abweichende 
Locativ-Endung  im  Sanskrit,  nämhch  öw,  wovor  i  und  u 
abfallen,  ausgenommen  bei  pdti  Herr  und  sdJH  Freund, 
welche  ihr  i  in  seiner  euphonischen  Umwandlung  zu  q^  y 
beibehalten;  d-dihtv  pdty-du^  sdMy-du,  —  Erwägt  man  die 
in  §.  56*\  gezeigte  Vocalisirung  des  s  zu  w,  und  dafs  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  auch  im  Dual  ^J  du  aus  531^  ds 
hervorgegangen  ist  (§.  206),  ferner  den  Umstand,  dafs  im 
Send  die  Masculinstämme  auf  ^  und  u  ebenfalls  Genitiv-En- 
dungen mit  locativer  Bedeutung  setzen,  so  wird  man  sehr 
geneigt,  in  diesem  ^f  du,  aus  ^^TRL  ^^'  eine  Art  attischer, 
d.  h.  erweiterter  Genitiv-Endung  zu  erkennen.  Wären  aber 
die  Locative  auf  du  blofs  auf  die  w-Stämme  beschränkt,  so 
läge  nichts  näher,  als  in  ihrem  du,  eine  blofse  Seigerung  des 
Endvocals  des  Stammes  zu  erkennen  "),  wie  oben  (p.  340) 
in  den  goth.  Dativen  wie  sunau,  kinnau,  denen  wir  nun  auf 
diese  Weise  die  sanskritischen  Locative  sündu,  hdndu 
gegenüberstellen    müfsten.     Es  pafst  aber   diese   Erklärung 


*)   Vgl.  Benfey,  vollst.  Gramm,  p.  302. 


398  Bildung   der   Casus.      §.  191). 

nicht  ZU  Locativen  wie  agndu  von  agni  Feuer,  denn  da 
u  schwerer  als  i  ist,  und  die  vocalischen  Entartungen  am 
gewöhnlichsten  in  Schwächungen  bestehen,  eine  Umwandlung 
von  i  in  das  schwerere  u  aber  im  Sanskrit  nirgends  vor- 
kommt, so  kann  man  nicht  wohl  annehmen,  dafs  z.  B.  agni 
Feuer,  dvi  Schaf,  deren  i  sich  durch  die  verwandten 
Sprachen  als  uralt  erweist,  ihren  Locativ  aus  einem  Neben- 
stamme agnu^  avu  gebildet  haben,  und  dafs  ein  ähnliches 
Verfahren  bei  allen  anderen  männlichen  ^- Stämmen  (und 
nach  Willkür  auch  bei  weiblichen)  eingetreten  sei,  ausge- 
nommen bei  den  oben  erwähnten  Locativen  pdty-du,  sd- 
Icij-du,  bei  welchen  sich  du  deutlich  als  Casus-Endung,  das 
y  aber  als  regelmäfsige  Umwandlung  des  stammhaften  i  zu 
erkennen  gibt. 

199.  Das  Send  setzt  bei  den  t^-Stämmen  statt  des  Lo- 
cativs  gewöhnlich  die  Genitiv-Endung  ^  6  (aus  3^^^  as),  wäh- 
rend bei  genitiver  Bedeutung  die  Form  *^>c  eu-s  gebräuch- 
licher ist;  so  lesen  wir  i.  B.  im  V.  S.  p.  337  ^^<-'00;ü^* 
i(>o^ivo»(V3jLJvu  Jg^^-'^C  "r>>2>'3^  aitahmi  anhvö  yad  ast- 
vainti  in  hoc  mundo  quidem  existente.  Diese  sen- 
dische  Endung  6  (aus  a-hu)  verhält  sich  nun  zur  sanskriti- 
schen du,  wie  kurzes  zu  langem  a,  und  die  beiden  Locativ- 
Endungen  unterscheiden  sich  nur  durch  die  Quantität  des 
ersten  Gliedes  des  Diphthongs.  Dagegen  finden  wir  an  dem 
weibhchen  Stamme  >/«-«-*00  tanu^  Körper  sehr  häufig  die 
echte  Locativ -Form  ^»l^(^  tanv-z.  —  Analoge  Formen 
auf  v-i,  oder  mit  Guna  av-i,  zeigt  auch  der  Veda- Dialekt, 
namentlich  tanv-i  (von  tanü  fem.  Körper),  gleichsam  als 
Vorbild  der  gleichlautenden  Sendform,  und  dagegen  mit 
Guna  foTOTf^  vis'nav-i,  von  dem  männlichen  Stamme  vis'nu 
(s.  Benf.  Gloss.  zum  Samaveda).  Von  sünü  Sohn  erwähnt 
Benf.  (Vollst.  Gramm,  p.  302)  den  Locativ  stindv-i,  wozu 
trefflich  das  altslavische  sünov-i  (Loc.  und  Dat.)  stimmt.  — 
Bei  Stämmen  auf  i  setzt  das  Send  die  gewöhnliche  Genitiv- 
Endung  6i-s  mit  locativer  Bedeutung;  so  z.  B.  im  V.  S.  p. 
234.    -H?^V/^^^'^i^J^*^^    Si*-'rü    ^l'^Q^^'l    ^^    ahmi 


T^caliv  sg.     §.  200.  399 

namdne    yad    mcisday as'iiois    „in    liac    terra   quidem 
masdayas'nica". 

200.  Durch  das  Send  sind  wir  nun  bereits  genöthigt, 
ein  Bündnifs  zwischen  Genitiv  und  Locativ  anzuerkennen, 
und,  wie  wir  den  Locativ  durch  den  Genitiv  haben  ersetzen 
sehen,  so  werden  wir  im  Lateinischen  ein  Ersetzen  des  Ge- 
nitivs  durch  den  Locativ  anerkennen  müssen.  Durch  die 
formelle  Übereinstimmung  der  betreffenden  lateinischen  und 
sanskritischen  Endung  und  durch  den  Umstand,  dafs  nur  bei 
den  beiden  ersten  Declinationen  der  Genitiv  mit  locativer 
Bedeutung  vorkommt  [Bomae,  CortntM,  humi),  nicht  bei  der 
dritten,  oder  im  Plural  [ruri,  nicht  ruris),  ist  zuerst  Fr. 
Rosen  veranlafst  worden,  den  lateinischen  Genitiv  der  bei- 
den ersten  Declinationen  als  entlehnt  vom  alten  Locativ  zu 
bezeichnen;  eine  Ansicht,  die  ich  längst  auch  zur  meinigen 
gemacht  habe,  und  die  ich  jetzt  auch  durch  das  Oskische 
und  Umbrische  unterstützt  sehe.  Diese  beiden  Dialekte 
setzen  ihren  Genitiv,  der  überall  seine  eigentliche  Endung 
bewahrt  hat,  niemals  mit  locativer  Bedeutung,  und  sie  be- 
sitzen, wenigstens  das  Umbrische,  einen  wirklichen,  vom 
Genitiv  unterschiedenen  Locativ,  welcher  im  Oskischen,  in 
der  ersten  Declination,  gleich  dem  Dativ  auf  ai  ausgeht,  in 
der  zweiten  aber  vom  Dativ  auf  ui  sich  durch  den  Ausgang 
f^  unterscheidet  *).  Beispiele  sind:  esai  viai  mefiai  „in  ea 
via  media";  muinikei  terei  „in  terra  communi"  (terum 
ist  Neutrum).  In  dem  Diphthong  ei  vertritt  das  e  den  End- 
vocal  des  Stammes,  in  welcher  Beziehung  man  den  lat. 
Vocativ  der  2.  Deck  vergleichen  mag  (s.  §.  204),  und  das 
Ganze  mit  dem  sanskritischen,  aus  ai  zusammengezogenen 
Diphthong  e  von  dive  in  equo.  Was  den  umbrischen 
Locativ  anbelangt,  so  sehe  ich  mich  jetzt  nach  wiederhol- 
ter Untersuchung  genöthigt,  die  oben  (p.  337)  und  schon 
früher  in  meinem  vergleichenden  Accentuationssystem  des 
Sanskrit  und   Griechischen  (p.  ^6)  in  Übereinstimmung  mit 

*)   S.  M  0  m  m  s  e  n ,  Oskische  Studien  p.  26  f.  und  p.  3 1  f. 


^(^Q  Bildung   der   Casus.      §.   200. 

Lassen  gegebene  Erklärung  zurückzunehmen.   Ich  kann  aber 
auch  nicht  mit  Aufrecht  und  Kirchhoff  (1.  c.  p.  111)    die 
vollständigere  Form  der  Endsylbe,  mem"),  mit  der  skr.  Dativ- 
Endung  dyam   (s.  §.  215)   vermitteln,    obwohl   ich  ebenfalls 
auf  diese  Endung,   schon   in   der  ersten  Ausg.,  die  Sylbe  hi 
der  latein.  Locativ-Adverbia  ihi^  uhi  etc.  zurückgeführt  habe, 
und  auch  an  dem  Übergang  des  skr.  ö  in  den  organgemäfsen 
Nasal  keinen   grofsen   Anstofs    nehmen   würde   (vgl.  §.  215). 
Es  ist  aber  wichtig  zu  beachten,  dafs  in  der  ersten  Dcclina- 
tion  die  Formen  auf  mem,  men,  me  oder  blofses  m,  wo  sie 
das    echt     locative    Verhältnifs    andeuten,    statt   des    a    des 
Stammes  ein  e  zeigen.    Käme  dieses  e  auch  da  vor,  wo  die  be- 
treffenden Formen  die  Richtung  nach  einem  Orte  ausdrücken, 
welches    Verhältnifs    im  Sanskrit    in    der  Regel    durch   den 
Accusativ  ausgedrückt  wird,  so  könnte  man  in  jenem  e  eine 
durch    das    Gewicht    der    hinzutretenden    Sylbe    veranlafste 
Schwächung   des    stammhaften  a   erkennen.      Dies   ist  aber 
nicht  der  Fall,   sondern  das  a  des  Stammes  bleibt,  wo  der 
Zielort  gemeint  ist,  unverändert,  also  tota-me  in  die  Stadt 
(welches  jedoch   selber   nicht  vorkommt)    gegen   tote-me  in 
der  Stadt,  wie  im  Lateinischen  gesagt  wird  in  urbem^  und 
dagegen   mit  locativer   Bedeutung   in  urhe,   und   analog   im 
Deutschen   in   die  Stadt   gegen   in  der  Stadt,    nur    dafs  wir 
den  Dativ  zur  Umschreibung  des  Ruheorts  setzen.     Ist  nun 
im  umbrischen  tote-me  (in  der  Stadt)   eine  wirkhche  Lo- 
cativ-Endung    enthalten,    so    steckt   sie   in   dem  e   der  2ten 
Sylbe,  welches  höchst  wahrscheinlich  lang  und  eine  Zusam- 
menziehung von   ai  ist.     Nothwendig   ist  es   aber  nicht,  in 
tote-me  eine  Locativ-Endung  zu  erkennen,  denn  da  tote  (tote) 
der   Dativ  von  tota  ist,   so    steht    der  Annahme    nichts  im 
Wege,  dafs  der  Dativ  in  Verbindung  mit  meniy  me  etc.  und 


*)  Sie  kommt  nur  2mal  vor,  und  dafür  dreimal  men  (1.  c.  §.  24,  3 
und  4  b) ;  sehr  zahlreich  belegt  aber  ist  mr,  wofür  gelegentlich  auch 
ein  blofses  m. 


Locatio  sg.    §.  200.  401 

gelegentlich  auch  für  sich  allein*)  das  locative  Verhältnifs 
ausdrücke,  dafs  aber  die  Richtung  wohin,  oder  der  Ziel- 
ort, durch  den  Accusativ  in  Verbindung  mit  den  genannten 
Sylben  ausgedrückt  werde.  Da  aber  die  Verdoppelung 
eines  Consonanten  in  der  umbrischen  Schrift,  wie  in  der 
altlateinischen,  nicht  bezeichnet  wird  (s.  Aufr.  u.  Kirchh. 
§.  13),  so  haben  die  Singular- Accusative  in  Verbindung  mit 
dem  mit  m  anfangenden  Encliticum  —  welches  ich  für  eine 
Postposition  halte  —  nicht  die  Fähigkeit,  sich  durch  die 
graphische  Darstellung  bemerklich  zu  machen.  Wir  dürfen 
also  z.  B.  Akeruniamem,  arvamen,  ricbiname  als  =  Akeruniam- 
mem  etc.  auffassen,  oder  wir  müssen  annehmen,  dafs  der 
Accusativ  vor  dem  folgenden  m  der  angehängten  Postposi- 
tion sein  m  verhere,  zumal  er  auch  im  einfachen  Zustande 
öfter  ohne  m  erscheint  (1.  c.  p.  110),  weshalb  es  nicht  be- 
fremden kann,  dafs  der  Zielort  gelegenthch  durch  Formen 
auf  a  ohne  angefügtes  Verhältnifs  wort  vorkommt,  da  kein 
Casus  mehr  als  der  Accusativ  dazu  geeignet  ist,  für  sich 
allein  die  Richtung  nach  einem  Orte  auszudrücken,  wie 
dies,  abgesehen  vom  Sanskrit,  im  Lateinischen  bei  Städte- 
namen der  Fall  ist.  In  der  2ten  umbrischen  Declination 
findet  eine  Unterscheidung  des  Ruheortes  vom  Zielorte  nicht 
statt,  d.  h.  die  angehängte  Postposition  kommt  hier  blofs  in 
Verbindung  mit  dem  Accusativ,  oder  dieser  allein  mit  ab- 
gelegtem Casuszeichen  vor;  z.  B.  vuku-men,  esumc-men^ 
esunu-me,  anglo-me^  perto-me^  carso-me^  somo  (1.  c.  p.  118), 
wofür  man  auch  vukum-men  etc.  sprechen  könnte.  Bei  den 
^■- Stämmen  stimmen  locative  Formen  auf  i-men,  i-me^  i-m^ 
e-me^  e-m,  e  zu  den  Accusativen  auf  m,  em,  e.  In  rus-e-me, 
von  dem  consonantischen  Stamme  rus,  ist  das  e  wahrschein- 
lich Bindevocal  (1.  c.  p.  128)  und  das  flexionslose  rus  der 
neutrale  Accusativ.  Als  Bindevocal  mag  auch  das  e  der 
Plural -Locative   auf  em  gelten,   wenn  nicht  etwa  hier  em 


*)   A  u  f  r  e  c  h  t  und  K  i  r  c  h  h  o  f  f  (p.  113)  erwähnen  rupinie^  sate^ 
Akerunie^  lovine^  tote  rubine^  sdliate  als  den  Ruheort  bezeichnend. 

L  26 


402  Bildung   der   Casus.      §.   201. 

eine  blofse  Umstellung  von  me  ist,  zur  Erleichterung  der 
Verbindung  mit  dem  vorangehenden  /,  worin  ich  die  ge- 
wöhnliche pluralische  Accusatlv- Endung  erkenne  (s.  §.  215, 
2.),  wobei  es  wichtig  ist  zu  beachten  dafs  die  Formen  auf 
f-em  niemals  eigentliche  Locative  sind,  sondern  blofs  den 
Zielort  bezeichnen  (1.  c.  p.  114),  was  um  so  mehr  berechtigt, 
sie  als  Accusative  mit  einer  angefügten  Postposition  zu 
erklären.  Der  Neigung  zur  Abwerfung  eines  schliefsenden 
m  folgt  das  Umbrische  auch  bei  diesen  Bildungen,  so  dafs 
die  angehängte  Postposition  im  Plural  meistens  aus  einem 
blofsen  e  besteht,  oder  ganz  verschwunden  wäre,  im  Fall 
dieses  e  ein  blofser  Bindevocal  ist.  Man  könnte  in  dieser 
Beziehung  die  griechischen  Accusative  wie  oTv-a  gegenüber 
den  sanskritischen  wie  vac-a-m  vergleichen.  Zur  Unter- 
stützung der  Ansicht,  dafs  die  scheinbare  Casus-Endung  der 
iimbrischen  Locative  nichts  als  eine  zur  Postposition  gewor- 
dene Praeposition  sei,  mufs  noch  daran  erinnert  werden, 
dafs  das  Umbrische  überhaupt  die  Verhältnifswörter  gerne 
hinten  anfügt  (I.e.  p.  153 ff).  So  erscheint  die  dem  Umbri- 
schen  eigenthümliche  Praeposition  tu  oder  to  aus,  von, 
nur  im  Verein  mit  den  von  ihr  regierten  Ablativen.  Auch 
ar  =  lat.  ad  wird  dem  von  ihm  regierten  Substantive  stets 
angehängt,  kommt  aber  auch  als  Praeflx  vor  Verbalwurzeln 
vor.  Wir  kehren  zum  Lateinischen  zurück,  um  zu  bemer- 
ken, dafs  sich  die  Adverbia  auf  e  der  2ten  Declination  als 
Locative  fassen  lassen,  während  die  auf  6  Ablative  sind; 
es  wäre  also  z.  B.  nove  =  skr.  ndve  (im  neuen),  von 
dessen  Diphthong  e  =  ai  der  Genitiv  novt  nur  das  Schlufs- 
Element  bewahrt  hat. 

201.  Die  Pronomina  dritter  Person  haben  im  Sanskrit 
7TL  i'n,  statt  i  im  Locativ,  und  das  a  des  Anhängeprono- 
mens S77ia  wird  ehdirt  (s.  .§.  165),  daher  z.B.  tdsiiiin  in 
ihm,  k  asm  in  in  wem?  Dieses  n  erstreckt  sich  nicht  auf 
die  beiden  ersten  Personen  —  deren  Locativ  mdy-i^  tvdy-i 
lautet  —  und  fehlt  im  Send  auch  bei  denen  der  dritten; 
daher  z.B.  ^^  ahmi  in   diesem.  —  Was   den  Ursprung 


Localw  sg.      §.  202.  403 

des  auf  den  Ort  oder  die  Zeit  des  Verharrens  hindeuten- 
den i  anbelangt,  so  ist  er  leicht  gefunden,  sobald  man  i  als 
Wurzel  eines  Demonstrativums  erkannt  hat,  die  aber  den 
indischen  Grammatikern,  wie  die  wahre  Gestalt  aller  ande- 
ren Pronominalwurzeln,  entgangen  ist. 

202.  Die  mit  langen  einfachen  Vocalen  endigenden 
weiblichen  Stämme  haben  im  Sanskrit  eine  eigenthümliche 
Locativ-Endung,  nämlich  dm^  woran  nach  Willkür  auch  die 
Feminina  auf  kurzes  i  und  u  Theil  nehmen  können,  w^äh- 
rend  die  einsylbigen  weiblichen  Stämme  auf  langes  i  und 
ü  für  dm  auch  das  gewöhnliche  ^  i  zulassen;  daher  z.B. 
Biy-am  oder  Biy-i  in  Furcht,  von  öt.  —  Im  Send  hat 
sich  diese  Endung  dm  zu  a  verstümmelt  (vgl.  §.  215),  da- 
her z.  B.  vVi^CvV/^ü  yahmy-a  in  welcher  von  ■:AQ^'yv 
yahmt  (vgl.  §.  172).  Diese  Endung  scheint  aber  im  Send 
weniger  Ausbreitung  zu  haben  als  im  Sanskrit,  und  auf 
die  Femininstämme  auf  i  und  u  nicht  anwendbar  zu  sein.  — 
Das  Litauische  hat  wie  das  Send  von  der  Endung  dm  den 
Nasal  verloren  und  zeigt  bei  seinen  weiblichen  Stäm- 
men auf  a  im  Locativ  öj-e  gegenüber  dem  skr.  dy-dm, 
also  dswöj-e  (=  skr.  dsvdy-dm)^  wobei  das/  einen  assi- 
milirenden  Einflufs  auf  den  folgenden  Vocal  geübt  haben 
mag  (vgl.  p.  146  f.).  Bei  Stämmen  auf  *  gesellt  sich  zu  die- 
sem i  noch  der  entsprechende  Halbvocal  y,  das  %  selber 
aber  verlängert  sich  zu  y  (=^),  daher  awyj-e  gegenüber 
dem  skr.  dvy-dm  (euphonisch  für  avi-dm)  von  35[f5("  dvi 
Mutterschaf').  Die  Casus-Endung  kann- im  Litauischen 
bei  Stämmen  auf  i  auch  wegfallen,  daher  awy  (awi).     Da 


*)  Es  mag  bei  dieser  Gelegenheit  bemerkt  werden,  dafs  im  Pali 
regelmäfsig  das  schliefsende  i  der  Wortstämme  vor  vocallsch  anfan- 
gender Casus -Endung  zu  iy  (=  lit.  ij)  wird,  daher  z.  B.  von  ratti 
fem.  Nacht  der  Locatlv^f^^  rattiy-an^  oder  IJ^^TTT  rattiy-ä, 
letzteres  mit  unterdrücktem  Nasal,  wodurch  diese  Form,  abgesehen 
von  der  bewahrten  Länge  des  Vocals,  ti^tn  Endungen  der  litauischen 
Formen  wie  awyj-e  sehr  nahe  kommt. 

26' 


404  Bildung   der   Casus.      §.    203. 

aber  die  z-Stämme  in  der  genannten  Sprache  gröfstenthells 
weiblich  sind,  so  mag  ihre  Analogie  auch  auf  die  iMascu- 
linstämme  auf  i  eingewirkt  haben,  so  dafs  diese  ebenfalls 
im  Locativ  ij-e  zeigen,  a.\so  ge/itij-e  in  dem  Verwand- 
ten. Befremdender  ist  es,  dafs  auch  die  w- Stämme,  ob- 
wohl sie  sämmtlich  männlich  sind,  an  der  Endung  j-e 
theilnehmen,  also  süm/j-e"),  wofür  jedoch,  nach  Schlei- 
cher (p.  190),  auch  sümd^  welches  sich  vom  Dativ  5wnwi  (s. 
§.  176)  blofs  durch  die  Accentuation  unterscheidet.  Wenn 
aber  die  locative  Form  sü?iui,  welche  Ruhig  und  Mielcke 
nicht  kennen,  eine  alte  Begründung  hat,  und  nicht  eine  Zu- 
sammenziehung von  sünuje  ist,  so  stimmt  sie  schön  zu  dem 
oben  erwähnten  sendischen  und  vedischen  tanv-i  (vom 
weiblichen  Stamme  tanii)  und  unterscheidet  sich  von  dem- 
selben blofs  durch  die  Beibehaltung  des  Vocals  w,  der  im 
Sanskrit  und  Send,  lautgesetzlich  zu  v  werden  mufste.  Man 
vero-leiche  auch  die  gunirte  männliche  Vedaform  sündv-i 
und  das  analoge  slav.  siinov-i. 

203.  Wir  geben  hier  einen  Überblick  des  sanskriti- 
schen, sendischen  und  litauischen  Locativs  und  des  bildungs- 
verwandten griechischen  Dativs. 

Sanskrit.  Send.  Litauisch.  Griechisch. 

m.       dsve  *)  aspe  pöne  lttttw 

m.  n.  hd-sm-in  ka-hm-i  ha-nie  

f.         dsvdy-dm          hisvay-a^  dswöj-e  x^P^^) 

m.      pdty-dti  ^)  ^)  ttoo-l-l 

f.  prt'£-du  ^)  TTOpTL'i 

prtty-dm  ,         awyj-e  

*)  Vielleicht  besser  sünu-j-e  zu  theilen,  wie  in  Pali-Locativen 
von  weiblichen  Stämmen  auf  w,  z.^.  y  ägu-y-an  o^tt  yägu-jr-d 
(vgl.  §.  43)  im  Opfer. 

1)  Vgl.  lat.  equf^  humi^  Corinifii,  ams  equoi  etc.,  und  dagegen  nove 
(aus  novai)  mit  jq^  nävi  im  neuen  (§.  200  Schlufs). 

2)  Vgl.  lat.  equae^  Romae,  alt  equai,  Romai  (p.  12). 

3)  S.  §.  li^S.      '*)   Nach  Analogie  der  Feminina. 


Localiv 


§.  203. 


405 


Sanskrit. 

Send. 

Litauisch. 

Griechisch. 

n. 

vari-n-% 
ddvanty-dm 

tdpl-L 

f. 

havainty-a? 

m. 

sun-dü  ^) 
sündv-i  **) 
hdn-du 
tanv-i  ^) 

sünüi 

VEKV-L 

f. 

tanv-i 

yzvV'i 

n 

in  d  d'u  -7i-i 

jUE^-U-t 

f 

vad'v-am 
f.  gdv-i 

m. 

gav-%^ 

ßo(F)-t' 

f. 

ndv-i 

vä(F)-i 

f. 

vdc'i 

vdc'i 

OTT-t 

m. 

Bdrat-i 

harent-i 

(pipovT-t 

m. 

asman-i 

asmain-i 

daifjLcv-L 

n. 

namn-i  ^) 

ndmain-i 

rdkav-i 

m. 

drd:tar-i') 

brdfr-i?') 

vrarp-L 

f. 

duhitdr-i  ^) 

dugd'er-i  ^) 

^vycLTp-i 

m. 

ddtdr-i  ^) 

ddfr-i'>  ') 

^OTTjP'i 

n. 

vdcas-i 

vacah-i 

£7r£(o-)-t 

ö)    Vedlsch  s.  §.  ^99^ 

6)  Oder  nä  man -i,  s.  kl.  Sanskrit- Gr.  §.  191. 

7)  Die  Stämme,  in  deren  Endsylbe  ar  oder  är  mit  r  wechselt, 
zeigen  sämmtlich  im  Locat.  ar-i^  während  die  allgemeine  Theorie 
der  schwächsten  Casus  die  Unterdrückung  des,  dem  thematischen  r  vor- 
angehenden Vücals  erwarten  liefse,  also  z.B.  pitr-i  für  pitär-i^ 
gegenüber  dem  gr.  Dativ  Traro-i,  s.  p.  271. 

8)  Die  Ausstofsung  des,  dem  r  im  Stamme  vorangehenden,  Vocals, 
nach  demPrincip  der  übrigen  schwächsten  Casus,  ist  mir  wahrschein- 
licher als  die  Beibehaltung  desselben,  also  b'räiri,  ddiri^  wie  z.  B. 
im  Gen.  brätr-o,  dätr-6^  und  im  Gen.  pl.  b  rät  r-anm^  dätr- 
anm.  Dagegen  behält  das  Send  bei  Stämmen  auf  an  den  Vocal, 
auch  wenn  ihm  nur  ein  Consonant  vorhergeht,  in  allen  schwachen 
Casus  in  der  Regel  bei;  daher  oben  nämain-i  für  skr.  nämn-i 
oder  näman-i\  im  Dativ  und  Gen.  ndmaine^  n  am  an  6  für  skr. 
nämn-e^  ndmn-as  \  s.  in  Brockhaus's  Index  die  aus  da  man 
und  ndman  entspringenden  Casus. 

^)   Für  dugdr-i  s.  p.  Zkh.   Anm.    12.     Man  könnte  aber  auch 


406  Bilduns   der   Casus.      §.  204. 

V  o  c  a  t  i  V. 
204.  Im  Vocativ  der  drei  Zahlen  zieht  das  Sanskrit 
den  Ton  auf  die  erste  Sjlbe  des  Stammes  zurück,  im  Fall 
er  nicht  von  Haus  aus  auf  derselben  ruht*),  daher  z.  B. 
pitar  Vater,  de'vav  Schwager  (Bruder  des  Man- 
nes), matar  Mutter,  duliitar  Tochter,  ragaputra 
Königs  söhn,  gegenüber  den  Accusativen  j9z^a;*-aw,  devdr- 
am,  mdtdram^  duhitdr a7n^  rag aputrdm.  Das  Griechi- 
sche hat  einige  Überreste  dieser  Betonungsart  bewahrt, 
namentlich  stehen  die  Vocative  ttcltep^  dasp,  /^^^^p,  Bv/arsp'"') 
zu  ihren  Accusativen  Traripa^  daipu,  ^vyaripci  in  demselben 
Ton  - Verhältnifs  wie  die  erwähnten  sanskritischen  Vocative 
zu  den  ihrigen.    Dagegen  mufs  bei  zusammengesetzten  Wör- 


dugdeiri  und   analog   im   Ddiiiy  du g d  e  ire   erwarten  (s.  §.  4l. 
p.  71). 

)  In  Bezug  auf  die  Lehre  der  Indischen  Grammatiker,  da fs  Voca- 
tive und  Verba,  wenn  letzteren  nicht  durch  gewisse  accentschützende 
Wörter  der  Ton  bewahrt  wird,  nur  am  Anfange  des  Satzes  betont 
w^erden,  verweise  ich  auf  mein  vergleichendes  Accentuatlonssystem 
Anm.  37.  Hier  nur  soviel,  dafs  es  unmöglich  Ist,  dafs  Vocative  wie 
rägapu  tr  a  oder  Verbalformen  wie  ab  avis  y  ämahi  wir  wären 
(med.)  an  irgend  einer  Stelle  des  Satzes  ganz  tonlos  sein  können. 

**)  Der  Nominativ  der  beiden  letzten  Formen  mufs  ursprünglich 
gleich  dem  skr.  rnätä^  duhitd  oxytonirt  gewesen  sein;  denn  dafs 
der  Ton  der  Endsylbe  des  Stammes  zukommt,  erhellt  aus  der  ganzen 
Decllnatlon  dieser  Wörter.  Eine  elgenthümliche  Bewandtnifs  hat  es, 
in  Betreff  der  Betonung,  mit  der  Decllnatlon  von  dvv\o.  Hier  Ist  das  a 
nur  ein  unorganischer  Vorschlag,  der  sich  aber  mit  Ausnahme  des  Nom. 
s^.  in  allen  starken  Casus  (s.  §.  129)  den  Ton  aneignet,  also  nicht 
nur  aveo  =  skr.  nar^  sondern  auch  av^oa^  avo^e,  av^^sg,  av^oag, 
gegenüber  dem  skr.  nur a  m ^  ndräu.  ndr  as  (nom.  voc.  pl.).  In 
den  schwachen  Casus  sinkt  dagegen  nach  dem  Princlp  der  einsylblgen 
Wörter  der  Ton  auf  die  Endung,  daher  z.  B.  Oivb^i  gegenüber  dem 
skr.  Locat.  nar-i  (vgl.  p.  272).  Der  Dat.  pl.  macht,  weil  er  dreisyl- 
big  ist,  eine  Ausnahme;  daher  ih^^(X'(Ti  aus  dvaD-(Ti  (s.  §.  254)  für 
skr.  Loc.  nr-s  ü  aus  nar-s  ü. 


Vocativ  SS.      §.  205.  407 

tern   im    griechischen  Vocativ    sg.    die  Betonung  des  Wort- 
Anfangs    dem    Umstände     zugeschrieben   werden,    dafs    die 
griech.  Composita  in  der  Regel  die  möglichst  weite  Zurück- 
ziehung des  Accents  verlangen,  so  dafs  also  der  Vocat.  ivb(ii\i.ov 
die  dem  Wortstamme  zukommende  Betonung  hat,  während 
im  Nomin.  sudatjucuv  der  Ton  aus  bekanntem  Grunde  von  sei- 
nem Stammsitze  herabsinken  mufste.  —  Was  die  Form  des 
Vocativs  sg.  im   indo- europäischen  Sprachstamm   anbelangt, 
so    hat   derselbe    entweder    gar  kein  Casuszeichen,   oder  ist 
identisch  mit  dem  Nominativ;  ersteres  ist  das  Princip,  letz- 
teres die   praktische   Entartung   und  beschränkt  sich  im  Skr. 
auf  einsjlbige  Stämme  mit  vocalischem  Ausgang,  daher  z.  B. 
HRL  ^'•'^   Furcht!   wie  ><t'-$;   und  so  auch  gdu-s^  näu-s 
im    Gegensatze   zum   gr.  ßov,    vcvo.     Ein  schliefsendes   a   der 
Wortstämme   bleibt   im   Skr.    und    Send    unverändert;     im 
Litauischen  wird  es  zu  e  geschwächt  ') ;  und  auch  das  Grie- 
chische und  Lateinische  ziehen  in  dem  flexionslosen  Vocativ 
der   entsprechenden  Declination  ein  kurzes  e  dem  o  oder  u 
vor,    welche    unter   dem   Schutze   von   Endungen   als   End- 
buchstaben des  Stammes  erscheinen.     Man  hüte  sich  also   in 
tTTTre,  eque  Casus-Endungen  zu  erkennen;  diese  Formen  ver- 
halten sich  zu  dsva  wie  ttIvte^   quinque  zu  pdnca^  und  das 
alte  a,  welches  in  innoc,  als  o,  in  equus  als  ü  erscheint,  hat 
endungslos   die  Gestalt   e   angenommen.  —    Die  consonanti- 
schen  Stämme  behalten  im  Send,  wenn  sie  s  im  Nominativ 
haben,  dasselbe  auch  im  Vocativ  bei ;  so  haben  wir  mehrmals 
beim    Partie,   praes.   die   Gestalt   des  Nomin.  im  Sinne    des 
Voc.  gefunden. 

205.     Die   Stämme    auf  i  und  u  haben   im   Skr.  Guna, 
die  Neutra  jedoch  auch  den  reinen  Vocal;  dagegen  verkür- 

*)  Das  Altpreufsische  kann  bei  seinen  männh'chen  Stämmen  auf 
a  diesen  Vocal  unverändert  lassen,  oder  dafür  e  setzen,  oder  die  Form 
des  Nominativs  gebrauchen;  daher  deiwa  Gott!  (=  skr.  deva)^ 
oder  deiive  (=  llt.  dfive)^  oder,  wie  im  Nominativ,  deiivs  (Nomi- 
nativ auch  deiwas).  Das  Lettische  setzt  durchgreifend  den  Nomi- 
nativ statt  des  verlorenen  Vocativs. 


408  Bildung  der  Casus.      §.  205. 

zen  die  mehrsylbigen  Feminina  auf  t  und  ü  diese  Endvocale, 
während  ein  schliefsendes  '^\  d  xm  e  wird;  d.h.  es  schwächt 
sich  die  letzte  Hälfte  des  a,  =  a-f-  a,  zu  i,  welches  mit  der 
ersten  Hälfte  zu  e  zusammengezogen  wird.  Die  Sprache 
aber  beabsichtigt,  sowohl  bei  Erweiterung  wie  bei  Verkür- 
zung des  Endvocals,  offenbar  ein  und  dasselbe  Ziel,  nur 
auf  entgegengesetztem  Wege,  und  zwar  einen  gewissen 
Nachdruck  bei  der  Anrede.  —  Zur  Guna-Form  '^\  6,  aus 
a  H-  w,  stimmen  merkwürdig  das  Gothische  und  Litaui- 
sche durch  Formen  wie  sunau,  si'inaü,  gleich  dem  skr. 
SU710  ").  Gothische  Feminin-Stämme  auf  i  sind  bei  Ulfilas 
im  Vocat.  nicht  belegbar;  da  sie  aber  in  anderen  Beziehun- 
gen den  w-Stämmen  parallel  laufen,  und  wie  diese  im  Gen. 
und  Dativ  Guna  haben,  so  zweifle  ich  kaum  an  Vocativen 
wie  anstai.  —  Die  weiblichen  w- Stämme  sind  im  Vocativ 
ebenfalls  nicht  zu  belegen,  da  sie  aber  in  allen  belegbaren 
Casus  der  Analogie  der  männlichen  w- Stämme  folgen, 
so  darf  man  wohl  Vocative  wie  liandau"")  ohne  Beden- 
ken dem  männlichen  sunau,  magau  gegenüberstellen.    Männ- 


*)  Das  Send  kann  ein  schliefsendes  >  u  nach  Willkür  entweder 
guniren  oder  nicht,  und  man  findet  sowohl  \b^l^^t^  maiiiyo  als 
>^^p«.u^  mainyu  als  Vocativ  von  >üpvO^  mainyu  Geist.  Da- 
gegen habe  ich  ein  schliefsendes  /  nur  ohne  Guna  gefunden,  und  zwar 
öfter  i(>0i«.*^e>yt?ai7i  Herr!;  soV. S.  p.456.  V/'-^^G^*'*/  vc<f£x^iev^»u> 
^(\)^v«.'e^  US  ihis  ta  namdnd-paiti  ,, siehe  auf,  Orts-Herr!" 

**)  V.  Gabelentz  und  Loebe  (p.  64)  setzen  handu,  aber  auch 
sunu,  letzteres  offenbar  aus  Versehen,  denn  die  Form  sunau  ist  von 
Grimm  schon  in  der  ersten  Ausgabe  seiner  Grammatik  dreimal  be- 
legt, und  magau  einmal.  Wir  dürfen  uns  also  die  schöne  Analogie, 
welche  solche  Vocative  mit  dem  Sanskrit  und  Litauischen  darbieten, 
nicht  entziehen  lassen.  Da  sich  aber  der  Vocativ  von  allen  Casus 
am  schwersten  belegen  läfst,  weil  leblose  Gegenstände  nicht  leicht 
angeredet  werden,  so  dürfte  man  bei  diesem  Casus  nicht  unterlassen, 
für  die  Formen,  die  man  ansetzt,  Belegstellen  aus  der  betreffenden 
Wortklasse  zu  geben.  So  bin  ich  auch  jetzt  darüber  zweifelhaft,  ob 
die  Stämme  auf  n  (die  schwache  Declin.)  gleich  dem  Sanskrit   das 


Vocativ  SS.     §.  205.  409 

liehe  Stämme  auf  i  Laben  im  Gothisehen,  gleich  den  männ- 
lich-neutralen a- Stämmen,  ihren  Endvocal  im  Vocat.,  eben 
so  wie  im  Accus,  und  Nominat.,  verloren;  daher  mdf\ 
daur\  gast'.  Dagegen  gunirt  das  Litauische  in  den  beiden 
Geschlechtern  ein  schliefsendes  i  eben  so  wie  w,  daher  gente 
Verwandter!  awe  Schaf!  wie  im  Skr.  pdte,  dve.  —  Die 
Adjective  sind  im  Germanischen  in  Ansehung  des  Vocativs 
von  der  alten  Bahn  abgewichen,  und  behalten  das  Casus- 
zeichen des  Nominativs  bei;  daher  z.  B.  goth.  blind' -s  blin- 
der! Diesem  ungesetzlichen  Gebrauch  des  Nominativzeichens 
folgen  im  Alt-Nordischen  auch  die  Substantive.  —  Das  Grie- 
chische hat  seine  Vocative  noch  ziemlich  zahlreich  vom  No- 
minativzeichen rein  erhalten,  und  setzt  in  manchen  Wort- 
klassen den  nackten  Stamm,  oder  diejenige  Verstümmelung 
desselben,  welche  Wohllautsgesetze  oder  Verweichlichung 
nothwendig  machten;  daher  z.  B.  raXav  gegen  rdkag,  x^P^^^ 
für  X'^P^^^'^  §^b^^  X'^P^^''9^  ^^^  für  Tratd  gegen  Traig.  Bei  Gut- 
tural-und  Labialstämmen  ist,  weil  k;  und  ttc,  (^,  \p)  sehr 
beliebte  Verbindungen  sind,  denen  auch  die  Schrift  durch 
besondere  Buchstaben  gehuldigt  hat,  die  Sprache  das  Zeichen 
des  Nomin.  im  Vocativ  nicht  wieder  los  geworden.  Doch 
ist  der  Vocativ  ava  neben  ava^  merkwürdig,  und  lautet  so, 
wie  ihn  ein  Thema  ayaxr,  dem  im  flexionslosen  Zustande 
wieder  >ct,  noch  auch  füglich  das  k  gelassen  werden  konnte, 
erwarten  läfst.  „Übrigens  ist  leicht  zu  denken  (sagt  Butt- 
mann S.  180),  dafs  besonders  diejenigen  Gegenstände,  wel- 
che nicht  gewöhnlich  angeredet  werden,  wenn  einmal  der 
Fall  eintritt,  lieber  die  Form  des  Nom.  behalten,  wie  5 
TTovg' *).  —  Das  Lateinische  hat  den  vom  Griech.  vorbereite- 


Thema  als  Vocativ  gebrauchen,  oder  den  Nominativ,  ob  also  der 
Stamm  hanan  im  Vocat.  eben  so  lautet,  oder  hana, 

*)  Diesem  Umstand  mag  auch  das  Neutrum  der  o- Stämme  die 
Wiedereinführung  des  Casuszeicbens  v  verdanken,  während  das  Skr, 
den  nackten  Stamm  setzt.  Aufserdem  mag  auch  der  Umstand  ge- 
wirkt haben,  dafs  der  Grieche  sich  von  der  nackten  Grundform  im 


410 


Bildung   der   Casus.      §.  205. 


ten  Weg  der  Entartung  des  Vocativs  weiter  verfolgt,  und 
setzt  statt  dessen,  mit  Ausnahme  des  Masc.  2.  Decl.,  über- 
all den  Nominativ.  —  Die  in  §.  148.  genannten  Substantiv- 
Stämme   bilden  im  Vocativ: 

Sanskrit.  Send.  Griech.      Latein.       Lit.       Gothisch. 


m. 

n. 

f. 

m. 

f. 

n. 

f. 

m. 

f. 

n. 

f. 


asva 
da  na 
dsve 
pdte 
prtte 
vari 
Ödvanti 
suno 
hdno 
mdd'u 
vddu 
m.L  gdu-s 
f.       ndu-s 
vdk 
daran 
dsman 
na  man 
Bratar 
dühitar 
dd'tar 
vdcas 


aspa 

ddta 
hisva  *) 
paiti 

dfvtti 
vairi 

havainti 
pasu 

tanu 
mactu 


LTTTTE 

dwpO'V 
Xwpä 

TToai 

TTOpTL 


VEKV 


eque      po7ie      vulf 

donu-m daur^ 

equa      dswa     giha 
hosti-s  gente     gast' 
turri-s  awi      a^istai? 
mare      


pecu-s   sünau   sunau 
socru-s kinnau 


gau-s 


pecic 
hos 


f. 

m. 

m. 

n. 

m. 

f. 

m. 

n. 


vdk'-s? 
haraii-s 
asman 
ndman 
hrdtare^) 
dugdare  ^] 
ddtare  ^) 
vaco 


ßcv 

vav  

C7r~';  voc-s      

^ipwv  feren-s  dugän-sfijand2 

datfjLcv  sermo    ahnü     ahma? 

raXav  nomen namo? 

Trdrsp  frdter    hröthar 

^vycLTsp  mdter    dukte    dauhtar 

doryjp  dator     

Inoc,  ^)  geims    


Voc.  leichter  entwöhnte,  weil  sie  am  Anfange  von  Compositen  viel 
seltener  als  im  Sanskrit  in  ihrer  ganzen  Reinheit  erscheint  (s.  §.  112). 

O  So  drväs pa  als  Vocativ  von  drväs pä^  Name  eines  weibli- 
chen Genius  (wörtlich  b  es  fand  ige  Pferde  habend),  aus  drva^ 
=  skr.  druvä^  und  a>y/?a(s.  Burnouf,  Ya^na  p.  42sf.).  Auch  der 
Veda-Dialekt  zeigt  Vocative  dieser  Art,  d.  h.  Kürzung  eines  langen 
weiblichen  d  statt  dessen  Umwandlung  In  e.  Im  klassischen  Sanskrit 
folgen  dieser  Analogie  drei  Wörter,  welche  Mutter  bedeuten,  näm- 
lich akkd,  arnbä,  alla\  \oc>dkka  etc.;  vcd.  auch  dmbe  für  dmba. 

0    S.  §.4-i.  3)    S.  §.  12S. 


Nominativ,   Accusuliv,   Vocatio   dual,   §.  206.   207.  411 


Dual 

Nominativ,  Accusativ,   Vocativ. 

206.  Diese  drei  Casus  haben  im  Sanskrit  bei  Masc.  und 
Fem.  die  Endung  du,  welche  wahrscheinlich  au5  ds  durch 
Vocahsirung  des  s  entstanden  (vgl.  §.  56 *>  und  198),  und 
somit  nur  eine  Verstärkung  der  Plural-Endung  as  ist.  Der 
Dual  liebt,  Aveil  ihm  eine  klarere  Anschauung  zum  Grunde 
liegt  als  der  unbestimmten  Vielheit,  zu  stärkerem  Nach- 
druck und  lebendigerer  Personificirung,  die  breitesten  En- 
dungen, sowohl  in  den  genannten  Casus  als  in  den  übrigen. 
Man  vergleiche  auch  beim  Neutrum  das  lange  i  des  Duals 
mit  dem  kurzen  des  Plurals,  z.B.  S^^nfTT  dsrunt  mit  55fSrfQT 
dsrüni,  von  dsru  Thräne  (s.  §.  17*-'). 

207.  Während  das  Präkrit  und  Pali  den  Dual  einge- 
büfst  haben,  hat  ihn  das  Send  noch  bewahrt,  doch  so,  dafs 
man  statt  desselben  auch  häufig  den  Plural  findet,  und  z.  B.  im 
V.  S.  p.  203.  ^i^«Jü^'^>/£eO  ^\^  d  ienubyascid,  bis  zu 
den  Knie  en,  mit  pluraler  Endung  steht.  Beim  Verbum  ist  der 
Dual  noch  seltener,  doch  ist  er  auch  hier  nicht  ganz  unterge- 
gangen und  durch  mehrere  Stellen  des  V.  S.  belegbar').  Die 
skr.  Endung  du  findet  sich  an  den  entsprechenden  Stellen 
im  Send  in  der  Gestalt  von  S*ai  ao,  welches  nach  §.  56 *> 
zugleich  für  die  skr.  Endung  ds  steht,  und  einen  nachdrück- 
lichen Beweis  abgibt,  dafs  die  skr.  Dual-Endung  du  nichts 
anders  als  eine  Entartung  von  ds  sei,  und  zwar  eine  gele- 
gentliche, nur  einmal  oder  zweimal  (s.  §.  198)  in  der  Gram- 
matik sich  zeigende,  während  das  hierdurch  vom  Skr.  ge- 
gebene Beispiel  vom  Send  zum  allgemeinen  Princip  erhoben 
worden.  Diese  Ansicht  wird  fast  zur  unumstöfslichen  That- 
sache,  dadurch,  dafs  das  Send  sogar  im  Dual  den  Zischlaut 


*)   Vgl.  Gramm,  crit.  add.  ad  r.  137. 


412  Bildung  der  Casus.      §.   207. 

vor  der  Partikel  «^(vJ  ca  wirklich  bewahrt  hat,  und  doi-ca 
sagt,  nicht  do-ca,  wie  zu  erwarten  wäre,  wenn  im  Skr.  die 
Dual -Endung  du  die  ursprüngliche  Gestalt  und  nicht 
eine  Entartung  von  ds  wäre.  So  lesen  wir  im  V.  S. 
p.  225  '^A>^jügAU(>o^u(>o^7£^vU  vwj^aj$Au>>?>e>>  hurvdos-cd 
.  .  .  ameretat-dos-cd"). —  Was  Anquetil  in  seinem  Vo- 
cabular  (p.  456)  naereke'ido  schreibt  und  durch  ,,deux 
femmes''  übersetzt,  kann  nichts  anderes  als  S*^iivU^i/i^■MJ^ 
ndirikay-do  sein,  vom  Stamme  <mj^^/^vmj^  ndirikd.  Die 
Form  gJAiiivU^Ä^^vvxj^  ndirikaydo  ist  aber  offenbar  echter 


*)  Vgl.  Anquetllll,  175.  Die  beiden  Genien,  welche  A  nqu  etil 
^.^Khordad''''  und  ^^Amerdad''''  schreibt,  erscheinen  sehr  häufig  Im  Dual, 
auch  mit  der  Endung  bya  (§.  215),  obwohl  jeder  für  sich  Im  slngu- 
laren  Verhältnlfs  steht;  also  mit  dem  im  Texte  l.  c.  vorangehenden  toi 
übe  (so  zu  lesen  für  ^♦am>  ubai)  diesebelden  (Ge  nien)  Haur- 
vat  und  A  m  ertat.  Es  erklart  sich  diese  Erscheinung,  wie  schon  In 
der  ersten  Ausgabe  (p.  246)  vermuthet  worden,  nach  dem  Princlp  der 
vedlschen  copulatlven  Compositen,  w'xtpitar  ä-niätar ä  Vater  und 
Mutter,  wörtlich  Trara £-/a>]T50£,  wo  jedes  der  verbundenen  Wörter 
die  Summe  des  Ganzen  ausdrückt  (s.  §.  972).  —  Für  hurväos  c  d  Ist 
haurväos  cd  zu  lesen  (s.  Westergaard's  Zendavesta  p.66.  lt.), 
mit  >cu  au  für  a  nach  §.  46.  Die  vollständige  Form  des  Namens  die- 
ses Genius  lautet  Im  Stamme /iowr^o/«/?  (d.h.  Ganzheit),  woraus 
zunächst  haurvat  (wovon  der  Instr.  Dat.  Abi.  du.  haurvadby a) 
und  hieraus,  mit  Ablegung  des  ganzen  Suffixes,  .^ai/rpai=skr.  ja  reo. 
Der  Stamm  amer  etdt^  etymologisch  Unsterbli  c  hkelt,  verkürzt 
häufig  das  a  seiner  Endsylbe,  daher  oben  ameretatdos-cd  und 
analog  im  Instr.  Dat.  Abi.  amer etadbya.  Dagegen  zeigt  der 
Acc.  sQ^.  die  unverstümmelte  Form  ameretdtem.  In  Ihrem  Ab- 
leitungssuffix stimmen  die  Namen  dieser  beiden  weiblichen  Genien 
zum  lat.  tdt  und  griech.  7V\T.  Man  vergleiche,  abgesehen  vom  Prl- 
mitlvum,  ameretdtem  mit  dem  lat.  immortalitdtem.  Das  Prl- 
mitivum  des  send.  Ausdrucks  kommt  im  V.  S.  nicht  vor,  es  stützt  sich 
aber  wahrscheinlich  auf  das  skr.  amära  unsterblich;  wo  nicht, 
so  mufs  man  ein  sanskritisches  amar  voraussetzen,  dessen  r  nach 
§.  44  den  Zusatz  eines  c  nicht  entbehren  könnte. 


Nominatw,  Accusativ,  Vocativ   dual.   §.  208.   209.  413 

als  ^5i^^^«^J  ndirihe,  wie  nach  sanskritischem  Princip 
(§.  213)  von  einem  weiblichen  Stamme  ndirikd  müfste 
gebildet  werden.  —  Von  >J^^  hdsu  Arm  führt  Rask  die 
Form  S*^>>^*-*^  bdsvdo  Arme  an,  ohne  zu  bemerken,  dafs 
es  ein  Dual  sei:  es  gehört  aber  offenbar  zu  diesem  Nume- 
rus, der  bei  den  Armen  wohl  zu  erwarten  ist;  auch  bildet 
>J^^  hdsu  im  Nom.  plur.  \»J^^  bdsvö  oder  \»^J^^ 
bdsavo. 

208.  Im  Veda -Dialekt  findet  man  die  Endung  ^J  du 
häufig  zu  d  verstümmelt,  so  dafs  das  letzte  Element  des 
Diphthongs  unterdrückt  ist;  daher  z.  B.  asvin-d  die  bei- 
den Aswinen,  von  asvin;  uÖa  devd'  die  beiden  Göt- 
ter, von  tcBd  devd;  rd'gdnd  die  beiden  Könige,  von 
rag  an.  Im  Send  ist  die  aus  do  verstümmelte  Endung 
ebenfalls  gebräuchlich,  und  zwar  häufiger  als  die  vollstän- 
digere; namentlich  freut  es  uns,  das  genannte  indische, 
durch  seine  jugendliche  Schönheit  berühmte  Zwillingspaar 
auch  am  Himmel  des  Ormusd  glänzen  zu  sehen.  Wir 
lesen  nämhch  im  42.  Ha  des  Yas'na  -^<'^Q^  ^xu^vMj^^ejjjvu 
;t^^vu^a^wv^^  <^^a;»  aspind-cd  yavano  yasamaide 
„Asvinosque  juvenes  veneramur",  was  Anquetil 
übersetzt  durch  ^,je  fais  Izeschne  ä  l'excellent  toujours  [suh- 
sistanty\  Das  sanskritische  asvind  kann  nämlich  im  Send 
nichts  anderes  als  aspind  oder  aspina  geben  (§.  50);  be- 
merkenswerth  aber  ist  an  dieser  Stelle  der  Plural  yavan-6 
(aus  yavanas)  in  Bezug  auf  den  Dual  aspind;  er  liefert 
einen  neuen  Beweis,  dafs  in  dem  erhaltenen  Zustande  des 
Send  der  Dual  schon  seinem  Untergang  nahe  war;  wie  denn 
auch  das  auf  nominale  Dual-Formen  sich  beziehende  Ver- 
bum  meistens  im  Plural  gefunden  wird. 

209.  Von  der  Veda-Endung  d  und  dem  im  Send  dafür 
stehenden  kurzen  a  ')  gelangt  man  leicht  zum  griechischen 


*)    So  z.  B.  V.  S.  p.  23.     <U(\3<AjU(>0^^£^vV  «A>(\5wU>>?>a/e>'  haur- 
vata   ameret ata   die   beiden  Haurvat's    und  Amertat's; 


4  1 4  Bildung  der  Casus.     §.  209. 

dualen  s,  da  dieser  Vocal  am  Ende  sehr  gern  das  alte 
ä  vertritt;  und  wie  oben  im  Vocativ  (§.  204)  iWs  für 
asva,  aspa  stand,  so  entspricht  nun  auch  hier  av^p-s  (mit 
euphonischem  d)  dem  vedischen  jq"^  ndr-d  und  sendischen 
nar-a.  Wenngleich  auch  w  nach  §.  4  sehr  häufig  für  ^ 
d  steht,  so  hüte  man  sich  doch,  etwa  mitw  als  Analogen 
von  dsvd  zu  betrachten  (s.  §.  211).  Dafs  aber  das  htaui- 
sche  duale  u  der  männlichen  Stämme  auf  a  mit  der  ge- 
dachten vedischen  und  sendischen  Dual-Endung  zusammen- 
hange, d.  h.  aus  ä  hervorgegangen  sei,  kann  ich  um  so 
weniger  bezweifeln,  als  auch  bei  den  übrigen  Declinationen 
der  litauische  Dual  in  diesem  Casus  auf  das  genaueste 
mit  dem  Skr.  übereinstimmt,  und  das  litauische  u  auch  an 
manchen  anderen  Stellen  der  Vertreter  eines  alten  ä  ist  (s. 
§.  161);  man  vergleiche  also  z.  B.  dewii  zwei  Götter  mit 
dem  vedischen  deva  und  sendischen  *x.^»^sxj^  daiva.  Die 
Pronomina  der  3ten  Person  zeigen  ü  (s.  p.  135)  für  w, 
verbinden  sich  aber  mit  dem  Zahlworte  du  zwei,  (Schlei- 
cher p.  195),  daher  z.  B.  tu  du  diese  beiden,  anudu  jene 
beiden,  y^c?w  sie  beide.  Im  Accusativ  du.  fügt  man  ge- 
wöhnhch  in  allen  DecHnationen  dem  Endvocal,  nach  Ana- 
logie des  Acc.  sg.,  das  Nasalzeichen  bei,  welches  aber  im 
Dual  keine  etymologische  Begründung  hat,  und  da  es  über- 
haupt nicht  mehr  ausgesprochen  wird  (s.  §.10),  hier  füg- 
lich weggelassen  werden  kann,  wie  es  auch  Schleicher 
wirkHch   gethan    hat  ').     Ich    schreibe    demnach    d€wü    so- 


dem  Sinne  nach:  Haurvat  und  Amertat,  die  beiden  (acc); 
p.  136  und  öfter  dva  nar  a  zwei  Menschen.  Überhaupt  scheint 
langes  ä  der  betreffenden  Dual -Endung  nur  in  dem  oben  (p.  56)  er- 
wähnten Dialekt  vorzukommen,  der  nach  Analogie  des  Altpersischen 
auch  die  ursprünglich  kurzen  a  am  Wort -Ende  verlängert,  daher 
oben  as  pinä-cä  für  .  .ca.  Es  können  also  sendische  Duale  auf  a, 
sofern  sie  In  den  zu  dem  abweichenden  Dialekt  gehörenden  Kapiteln 
des  Yasna  erscheinen,  für  die  Theorie  der  Casusbildung  keinen  Werth 
haben. 

*)  Ich  habe  mich  schon  in  meinem  vergleichenden  Accentuatlons- 


Nominativ^   Accusatw,   Vocativ   dual.      §.  210.   211.         415 

wohl  im  Accus,  als  im  Nom.  und  Vocativ,  und  in  letzterem 
Casus  gegenüber  dem  vedischen  devd^  mit  zurückgezogenem 
Accent  (nach  §.  204). 

210.  Männliche  und  weibliche  Stämme  auf  i  und  u 
unterdrücken  im  Sanskrit  die  duale  Casus-Endung,  und  ver- 
längern zum  Ersatz  den  Endvocal  des  Stammes  in  dieser 
flexionslosen  Form;  also  pdtt  von  pdti,  sünu  von  sünü. 
Vor  diesen  verstümmelten  Formen  zeichnet  sich  vortheilhaft 
das  in  §.  207  erwähnte  send.  ^»J^^  bdsv-äo  Arme  (von 
bdsu)  aus.  Es  fehlt  aber  auch  dem  Send  nicht  an  der 
verstümmelten  Form,  die  sogar  die  im  V.  S.  allein  beleg- 
bare ist.  Von  >^ip^*g  mainyu  Geist  finden  wir  häufig 
den  Dual  a)^^/^^'^  mainyu,  dagegen  für  ^Ji^^  eresü 
zwei  Finger  die  verkürzte  und  daher  mit  dem 
Thema  identische  Form  >Si^i  eresu  (V.  S.  p.  318:  <^'>>^ 
>Si^i  dva  eresu). 

211.  Das  Litauische  stützt  sich  bei  seinen  i-  und  w- 
Stämmen  auf  das  erwähnte  sanskritische  Princip  der  Unter- 
drückung der  Endung,  doch  unterläfst  es  die  Verlängerung 
des  Stammvocals,  oder  vielmehr,  es  hat  das  ursprünghch 
verlängerte  t  und  ü  im  Laufe  der  Zeit  wieder  in  seine  Kürze 
zurücktreten  lassen;  daher  awi  zwei  Schafe,  sünü  zwei 
Söhne  für  skr.  avt  (nom.  acc.  voc.),  sünu  (nom.  acc), 
sunü  Vocativ.  Jedenfalls  ist  die  Übereinstimmung  der  litaui- 
schen und  sanskritischen  Formen  in  den  betreffenden  Wort- 
klassen so  grofs,  dafs  man  sie  kaum  für  zufällig  halteu 
kann.  Gründen  sich  aber  die  litauischen  Formen,  und  die 
analogen  altslavischen  wie  kosti  zwei  Knochen,  auf  Über- 
lieferung aus  der  Zeit  der  Identität  der  lettischen  und  slavi- 
schen  Sprachen  mit  dem  Sanskrit,  so  erkenne  ich  in  dieser 
Begegnung  einen  neuen  Beweis  der  verhältnifsmäfsig  späten 
Absonderung  der  lettischen  und  slavischen  Idiome  von  ihren 


System  (1854.  Anm.  151 )  gegen  den  Gebrauch  des  lautlosen  Nasal- 
zeichens im  Acc.  du.  ausgesprochen  und  I.  c.  p.  88  sünu  die  beiden 
Söhne  im  Acc.  wie  im  Nom.  dem  skr.  sünü  gegenübergestellt. 


416  Bildung  der   Casus.      §.212. 

asiatischen  Schwestersprachen,  (vergl.  §.  21'*)  p.  39),  während 
griechische  Formen  wie  Trcai-i,  Tropn-s,  vekv-s,  yzvv-E  auf  eine 
Zeit  sich  stützen,  wo  im  Sanskrit  die  männlichen  und  weib- 
lichen Stämme  auf  i  und  u  in  den  in  Rede  stehenden  Dual- 
Casus  noch  Endungen  hatten.  Dagegen  hat  das  Griechische  in 
Formen  wie  Ittttuo,  Movaci  die  Casus-Endung  aufgegeben,  und 
dieselbe  nach  dem  Princip  der  sanskritischen  Formen  wie  dvt, 
8unu  —  aber  unabhängig  vom  Sanskrit  —  durch  Verlängerung 
des  Staramvocals  ersetzt,  der  zwar  in  der  griech.  ersten  De- 
clination,  seinem  Ursprünge  nach,  überall  ein  langes  a 
ist,  aber  doch  im  Singular  nicht  überall  seine  Länge  und 
die  alte  a-Qualität  bewahrt  hat,  also  Du.  Moiiö-ä  gegen  Sg. 
Mowa,  xEc^aXcT  gegen  y.E^aXr\^  aus  xsc^aXä. 

212.  Die  Neutra  haben  im  sanskritischen  Dual  der  be- 
treffenden Casus  nicht  du  sondern  1  zur  Endung,  wie  sie 
im  Plural  nicht  a5,  sondern  kurzes  z  haben.  Ein  schhefsen- 
des  a  des  Stammes  geht  mit  diesem  x  in  e  über  (§.  2),  da- 
her z.  B.  sate^  zwei  hundert  aus  sata-i.  Andere  Vocale 
setzen  ein  euphonisches  ti  ein,  daher  z.  B.  "^J^TW  ganu-n-t 
diebeidenKniee.  Im  Send  folgen  die  mit  a  oder  einem  Con- 
sonanten  endigenden  Stämme  dem  Princip  des  Sanskrit,  da- 
her lOpOi'^JiJ  (kommt  oft  vor)  für  skr.  säte  (§.  41),  ^iM 
^oPev3^J«.^*<2>^  duye  hasanlire  zwei  tausend  (§.  54)  für 
^  g-^^  dve  sahdsre").  Beispiel  eines  sendischen  Duals 
von  consonantischem  Stamm  ist  ■jjp^'goü^'-'^vj  casmaint 
die  beiden  Augen  (s.  Burnouf,  Yasna  p.  497),  welches 
abgesehen  von  dem  nach  §.  41  eingefügten  euphonischen 
i  genau  zu  skr.  Formen  wie  vdrtmant  zwei  Wege  stimmt. 
Man  findet  aber  auch  das  y  %  der  Casus-Endung  gekürzt, 
z.  B.  in  dem  oben  (p.  269)  erwähnten  i^l^^-^-'i^vv  asauni; 
so  in  i€>'>5vO^  vanuhi,  umstellt  aus  vanhvi,  von 
vanhu  gut.  Diese  Kürzung  ist,  wie  es  scheint,  als  Regel 
anzusehen,  denn  auf  die  Vocallänge  in  dem  obigen  casmaint 
ist,  meiner  Meinung   nach,   darum   kein  Gewicht  zu  legen, 


*)   Über  das  Verhältnifs  von  duje  zum  skr.  dve  s.  §.  A3. 


Nominativ,   Accusativ,    Vncatio   dual.     §.  213.  417 

weil  das  Kapitel  des  Yas'na,  worin  dieser  Ausdruck  vor- 
kommt, dem  oben  (§.  188)  erwähnten  Dialekt  angehört,  der 
die  Verlängerung  kurzer  Endvocale  liebt.  —  Die  entspre- 
chende skr.  Form  für  das  erwähnte  vanuh-i  ist  vdsu-n-ty 
mit  euphonischem  w,  woran  das  Send  keinen  Antheil  nimmt 
(s.  §.  133). 

213.  Das  Griechische  verzichtet  in  den  in  Rede  stehen- 
den Casus  auf  eine  das  Neutrum  von  den  beiden  natürli- 
chen Geschlechtern  unterscheidende  Endung;  das  Sanskrit 
aber  hat  scheinbar  das  oben  erwähnte  neutrale  -i  auch  auf 
die  weibhchen  a- Stämme  ausgedehnt.  Allein  die  Begeg- 
nung der  weiblichen  Formen  wie  dsve  zwei  Stuten  mit 
dem  neutralen  dane  zwei  Gaben  ist,  wie  das  Send  uns 
belehrt,  nur  äufserlich,  und  die  beiden  Formen  kommen 
auf  ganz  verschiedenen  Wegen  sich  entgegen,  und  verhalten 
sich  zu  einander  so,  dafs  in  dane  (aus  d d n a -h  t)  wiMich 
eine  Dual -Endung,  und  zwar  die  gewöhnliche  der  Neutra 
enthalten  ist,  in  dsve  aber  die  männhch- weibliche  Endung 
du  (aus  ds  §.  206)  vermifst  wird,  jedoch  aus  der  in  §.  207 
erwähnten  Sendform  S^^^^vu^^^^^^a*^  ndirihay-do ^  zwei 
Frauen,  wieder  hergestellt  werden  kann.  Ich  glaube  näm- 
lich, dafs  53%  dsve  aus  asv  ay-du  so  entsprungen  oder 
verstümmelt  sei,  dafs,  nach  Abfall  der  Endung,  der  vorher- 
gehende Halbvocal  zu  seiner  Vocal- Natur  zurückgekehrt 
ist  und  mit  dem  d  des  Stammes  sich  diphthongirt  hat 
(s.  §.  2  und  vgl.  p.  227 f.).  Der  Dual  dsve  hätte  also  nur 
eine  Schein -Endung,  d.h.  eine  Erweiterung  des  Stammes, 
welche  ursprünglich  die  wirkliche  Casus-Endung  begleitete. 
Im  Send  kommt  jedoch  die  verstümmelte  weibliche  Dual- 
form auf  ;o  e  ebenfalls  vor,  und  ist  sogar  die  vorherr- 
schende*); allein  es  ist  merkwürdig  und  für  meine  Behaup- 


*)  Ich  welfs  Formen  wie  ndirikayäo  im  V.  S.  als  Dual  nicht 
zu  belegen,  denn  im  löten  Fargard  des  Vendidad,  wo  dieser  Ausdruck 
mehrmals  vorkommt,  ist  es  der  Genitiv  sing,  und  es  gründet  sich  hier 
der  Ausgang  da  auf  die  skr.  welMIche  Genitiv  -Endung  ds.      Sollte 

I.  27 


418  Bildung    der   Casus.     §.  213. 

tung  eine  schöne  Unterstützung,  dafs  auch  diese  verstüm- 
melte Form  auf  ;t)  e,  wo  die  Anhängepartikel  ♦.^.'(vj  ca  ihr  zur 
Seite  steht,  das  Casuszeichen  6'  bewahrt  hat;  und  wie  oben 
^Mj^jü5xu(>OvV(>o£7£^».u  amer  etat' dos-  c  d  „die  beiden 
Amertat's",  so  finden  wir  V.  S.  p.  58  «•»-•(vjJD^üt^c^«^' 
^Ü0^^£<2^0t?  ames'es-ca  spente  „und  die  beiden  A  m- 
schaspant's"  („non-conniven tesque  Sanctas",  vgl. 
^firq"  amis'a  und  Nalus  V.  25,  26  u.  s.  §.  50) ").  Die  Form 
JLJ^  es-  ist  aus  dem  aus  §.  207  zu  erwartenden  vollständi- 
gen »uS«^^^vc«  ay-doS'  so  zu  erklären,  dafs  nach  Ausfall 
des  S«^  öö  das  vorhergehende  ay  zu  e  zusammengezogen 
Averden  mufste,  gerade  wie  p.  227  im  Präkrit  emi  aus  skr. 
aydmi  durch  Ausstofsung  des  d  geworden.  —  Die  Entste- 
hung von  5^^  dsve  aus  dsvay-du  können  wir  auch  noch 
dadurch  unterstützen,  dafs  im  Veda-Dialekt  auch  die  weib- 
lichen ^-Stämme  der  Dual-Endung  du  verlustig  gehen  können, 
und  dann  den  nackten  Stamm  zeigen;  so  in  den  Schollen 
zu  Panini  ÖTT^T^  3mH%T  vd'rdht  updndhdu  „Eber- 
lederne Schuhe"  für  vd'rdhydu;  so  yaJivt  die  bei- 
den grofsen  für  yahvydü  (Rigv.  m.  VI.  h.  17,  7).  Eine 
analoge  Sendform  ist  '?Jt^y>>c(V3  tevtst  die  beiden  star- 
ken (vom  gleichlautenden  weiblichen  Stamme),  welches  öfter 
als  Epitheton  der  beiden  Genien  Khordad  und  Amertat  vor- 
kommt**). 


aber  die  in  Anquetil's  Glossar  als  Dual  gegebene  und  durch  ^^deux 
femmes''''  übersetzte  Form  auf  einem  Misverständnlfs  beruhen,  so 
würde  mich  dies  nicht  abhalten,  die  skr.  weibliche  Dual- Endung 
auf  e  als  Verstümmelung  von  aj-du7.\x  erklären,  und  wie  bei  den  Dua- 
len auf/  und  ü  die  Unterdrückung  der  Casus-Endung  anzunehmen. 

*)  Der  lithographirte  Codex  hat  hier  oJ^yX}^>^c^sM  ames  e s  ca, 
allein  c  findet  sich  häufig,  aber  wie  es  scheint  fehlerhaft,  an  der  Stelle 
des  ;o;  vgl.  1.  c.  S.  88.  ^^J^i^^  ^ü^cg*^*  amese  s'pente  und 
s.  §.  31. 

**)  ^'^g^'  das  vedlsche  ^flf // a  stark  und  /?at;/// Stärke,  Kraft.  Auch 
das  send,  tevis  t  kommt  als  abstraktes  Substantivum  vor,  und  wird 


Nominativ,   yiccusatii),  Vocativ  dual.   §.  214.  419 

214.  Zu  den  sanskritischen  und  sendischen  weiblichen 
Dual -Formen  auf  e  stimmen  litauische  auf  i,  also  äswi 
zwei  Stuten  =  skr.  dsve.  Es  ist  also  dem  Litauischen 
von  dem  Diphthong  e  —  ai  nur  das  Schlufs-Element  verbhe- 
ben, Avährend  das  altslavische  sein  't  (je),  dessen  ursprüng- 
licher Laut  offenbar  e  gewesen  ist  (s.  p.  140),  dem  skr.  e 
gegenüberstellt,  also  Bli/^OB'Jb  vidovje  zwei  Witt  wen  = 
skr.  vid'ave.  Da  ich  die,  der  wahren  Casus-Endung  beraub- 
ten weiblichen  Duale  auf  e  im  Sanskrit  und  Send  als  Folge 
einer  erst  nach  der  frühesten  Sprachtrennung  eingetretenen 
Entartung  ansehe,  so  betrachte  ich  diese  Begegnung  mit  dem 
Litauischen  und  Altslavischen  als  einen  neuen  Beweis  der 
späteren  Trennung  der  letztgenannten  Idiome  von  ihren  asia- 
tischen Schwestersprachen.  —  Das  Lateinische  hat  nur  bei  duo 
und  amho  einen  zum  Griechischen  stimmenden  Überrest  des 
Duals  bewahrt,  der  aber  in  den  obliquen  Casus  durch  Plu- 
ral-Endungen ersetzt  wird. 

Es  folgt  hier  ein  Überblick  der  Bildung  des  Nomina- 
tivs und  Accusativs  dual.,  welche,  unter  Berücksichtigung 
des  sanskritischen  Accentgesetzes  (§.  204),  zugleich  die  Stelle 
des  Vocativs  vertreten. 

Sanskrit  Send  Griechisch       Litauisch 

m.   dsvdu  aspdo  

dsvd  aspa  'Unw  pönü 

n.    dd'ne  ddte  dwpw  

f.     dsve  hisve  x^P^  äs'wi 

m.  pdti  paitt?  noai^t  ^) 

f.    priti  dfrttt?  TTopTL-e         awi 

n.    V  ari-n- 1  'Idpi-B  

von  B  u  rn  o u  f  (Yagna,  Notes  p.  \h9  Anm.  27)  durch  „e  n  e  r g  i  e" über- 
setzt. Die  Wz.  ist  tu^  welche  im  Skr.  wachsen,  im  Send  können 
bedeutet.  Man  vergleiche  unter  andern  das  wallisische  tyv-u  wach- 
sen. —  Auch  utayüitt  kommt  als  weiblicher  Dual  öfter  In  Bezug  auf 
die  genannten  Genien  vor.  Was  es  bedeutet,  welfs  ich  nicht,  allein 
sein  Thema  schliefst  höchst  wahrscheinlich  ebenfalls  mit  langem  /. 
^ )  Aus  erweitertem  Stamme  auf  ia. 

27*' 


420  Bildimg   der   Casus.      §.  21;'. 

Sanskrit  Send                  Griechisch         Litauisch 

f.       Bdvanty-dii  havainty-äo      

ädvantt  havaintt  

m.     sünu  pasu                     viviv-z           sünü 

f.       Iidnu  tanii  yivv-s  

m.     mdctu-n-L  mactv-i  \xi^-z         

f.       vadv-dü  

m.i.gd'v-du  gdv-do  

gav-d  gdv-a?  ßc(F)-£  

f.       nd'v-du  


naV'd  va(F)-s 

f.       vac-dic  vdc-do  


vac-a  vac-a  ctt-s 

m.     Ö  drant-du  harant-do         .... 


Bdrant-d  h  arant-a  (biccv~~£ 

m.     dsmdn-du  asma^i^do  

dsmdn-d  a  s  m  an-a  daLixcv-E 

n.      nd'mn-t  namain-i  tclXclv-e 

m.     Brd'tar-du  hrdtar-do  

draiar-d  hr  dtar-  a  Trarip-s 

f.       duhitdr-du  dugdar-do  

duhitdr-d  dugd'ar-a  S'vyarip-i 

m.     ddtar-du  ddtdr-ao  

ddtar-d  ddtdr-a  dorr^p-B 

n.      vdcas-i  £7r£(c-)-£ 


Instrumentalis,  Dativ,  Ablativ. 
215.  1.  Diese  drei  Casus  haben  im  sanskritischen  und 
sendischen  Dual  eine  gemeinschafthche  Endung,  wahrend  im 
Griechischen  der  Genitiv  sich  an  den  Dativ  angeschlossen, 
und  seine  Endung  von  da  entlehnt  hat.  Sie  lautet  im  Skr. 
VZTTH.  ^l/^'^h  welches  sich  im  Send  meistens  zu  ^c'^^J  bya 
verstümmelt  hat,  während  die  vollständige  Endung  byanm 
die  man  nach  §.  61  in  dieser  Gestalt  zu  erwarten  hat,  nur 
in  einem  einzigen  Worte  erscheint,  welches  Augenbraue 
bedeutet  und  wurzelhaft  mit  dem  skr.    hril    verwandt    ist, 


Instrumentalis,    Dativ,    Ablativ    dual.       §.  215.  1.  421 

aber  in  keinem  anderen  Casus  als  den  in  Fede  stehenden 
vorkommt  ").  Verwandt  mit  der  Endung  Bydm  sind  im 
Sanskrit  die  Endungen  Byam,  liyam^  Byas  und  Bis,  wo- 
von die  erste  nur  im  Dativ  pl.  der  beiden  ersten  Personen 
(asmd'b'ydm,  yus'md-Uyarn)  und  in  tü-Öyam  tibi  er- 
scheint, während  die  erste  Person  im  Dativ  sg.  hyam  für 
dyam  zeigt,  in  Folge  einer  Verstümmelung,  welche  öfter 
vorkommt  (s.  p.  43)  und  wodurch  sich  md-hy  am  zu  tu- 
Byam  verhält  wie  im  Lateinischen  mi-hi  zu  ti-hi,  si-bi,  i-bi, 
u-bi,  ali-bi,  utru-bi;  aus  ti-ß  etc.  Ich  glaube  aber  jetzt,  dafs 
das  Lateinische  sein  hi  von  mi-hi  nicht  aus  seinem  asiatischen 
Stammsitze  mitgebracht,  sondern  selbständig  aus  ß  erzeugt 
hat,  wie  im  Spanischen  ein  anfangendes/ meistens  zu  h  ge- 
worden, im  Lateinischen  selber  ho7'dus  aus  fordus  entstan- 
den und  somit  hinsichtlich  seines  h  zum  skr.  ^' von  Bdrdmi 
ich  trage  in  demselben  Verhältnisse  steht,  wie  die  Endung 
hi  zur  sanskritischen  Byam  von  tüByam.  Das  Armenische 
zeigt  beim  Pronomen  der  Isten  P.  ^  ^,  und  bei  dem  der  2ten 
q_s  als   Casus-Endung,   daher  p^^  in-'C,  mir,  ^^^  (^Vs  dir. 


*)  Sein  Thema  ist  brvat^  wovon  hr vadby anm  nach  §.39 
(p.  68).  Derlithographirte  Codex  Ats,  V.  S.  trennt  jedoch  überall  bei 
diesem  Worte  die  Endung  vom  Stamme  und  zeigt  p.  269  zweimal 
brvad  bjafim  und  dafür  p.  321  und  322  barvad  byanm^  wo  das 
a  hinter  dem  ä,  wenn  die  Lesart  eine  Begründung  hat,  als  Hülfsvocal 
zur  Vermeidung  der  Härte  der  unbequemen  Consonantenhäufungam 
Wortanfange  anzusehen  ist.  Was  die  verstümmelte  Form  bya  an- 
belangt, welche  B  urn  ouf  früher  als  Plural-Endung  gefafst  und  dem 
skr.  iyas  gegenübergestellt  hat  (vgl.  Ya^na  p.  158 ff.),  so  habe  ich 
dieselbe  schon  In  den  Jahrb.  für  wiss.  Kritik  (März  1831  p.  380)  als 
Verstümmelung  der  skr.  Dual-Endung  Itydm  dargestellt;  denn  darin 
ist  das  Send  sehr  standhaft,  dafs  es  dem  skr.  Ausgang  as  immer  \  6 
oder,  unter  dem  Schutze  eines  antretenden  Enchticums,  dJvU  as  ge- 
genüberstellt. Auf  die  Endung  byäiÜT  bya^  worauf  B  urn  ouf  I.  c. 
p.  159  aufmerksam  macht,  kann  ich  darum  kein  Gewicht  legen,  weil 
sie  sich  höchst  wahrscheinlich  einzig  und  allein  In  dem  Nebendialekt 
findet,  der  überall  am  Wort-Ende  das  kurze  a  verlängert. 


422  Bildung   der   Casus.      §.   215.  1. 

Ich  erkenne  sowohl  in  dem  ^  ^  als  in  dem  ^  s  die  Entar- 
tung des  skr.  7\^y  der  Endung  Byam  oder  hyam,  und  erinnere 
vorläuGg,  was  den  Verlust  des  Anfangs  -  Consonanten  der 
Endung  anbelangt,  an  die  griech.  Dual-Endung  tv  ((.'tttto-iv, 
Mova-cL-iv)  für  skr.  dydm  (§.  221),  und  an  das  dorische  iv 
von  te4v  dir  (=  3^^^L  ^w-%«m),  l/x'-Ty  mir.  Man  sage 
nicht,  dafs  man  besser  thue,  da  ^  ^  oft  dem  skr.  h  begeg- 
net (s.  p.  369),  die  Dativ-Endung  von  in-L,  mir,  die  bis 
jetzt  unerklärt  geblieben  ist,  mit  dem  Anfangsbuchstaben 
der  skr.  Endung  hyam  zu  identificiren.  Ich  thue  dies 
darum  nicht,  weil  diejenigen  ^  ä,  welche  wir  oben  (p.  43) 
aus  \J^d"{dh)  und  Vl^  B  (bh)  durch  Verlust  des  Grundlautes 
haben  entstehen  sehen,  sich  durch  die  iranischen  Sprachen 
gröfstentheils  als  verhältnifsmäfsig  späte  Erzeugnisse  aus- 
weisen, so  dafs  z.B.  dem  skr.  ha  von  i-hd  hier  (aus  i-da\ 
sa-hd  mit  (aus  sa-d'd)  im  Send  i-d'a^  ha-d'a  und  viele  ähn- 
liche Bildungen  gegenüberstehen.  Für  mähe  aus  made  = 
gr.  jusS-a  in  der  1.  P.  pl.  med.  zeigt  das  Send  maide  oder 
maide,  für  l%fl  hitd  gesetzt,  aus  dHta,  liefert  es  data 
oder,  mit  der  Praep.  ni,  nid'dta  niedergelegt.  Nur  die 
Wz.  l^^J  San  geschlagen,  stützt  sich  in  ihrem  Anfangsbuch- 
staben auf  ein  im  Skr.  (^r^  han)  aus  d  hervorgegangenes 
A,  dem  also  eine  ältere  Existenz  als  den  übrigen  h  dieser 
Art  zugestanden  werden  mufs.  Dagegen  bleiben  die  aus  v^ 
d  hervorgegangenen  ^  h  im  Send  ohne  alle  Unterstützung, 
indem  das  h  von  gr  ah  nehmen  (ved.  graJ))  im  Send  als  h^  f 
oder  w  erscheint;  für  ITW^  mdhyam  mir  aber  findet  sich  in 
dem  besonderen  Dialekt,  welcher  die  kurzen  Endvocale  ver- 
längert, die  Form  maibyd  (mit  cd:  maihydcd)  mit  Unterdrü- 
ckung des  schhefsenden  m,  wie  in  der  Dual-Endung  bya*).  — 
Erklärt  man  nun  aber  das  armenische  ^  t,  des  Dativs  w-^  mir 


*)  Benfey,  welcher  in  seiner  Schrift  „Einige  Beiträge  zur  Er- 
klärung des  Zend"  (aus  den  Götting.  gelehrten  Anz.  vom  Jahre 
1850)  p.  10  zuerst  auf  diese  sehr  interessante  Form  aufmerksam  ge- 
macht und  rnaibjäcd  durch  „und  mir'  übersetzt  hat,  nimmt  jedoch 


Instrumentalis,   Dativ,   Ablativ   dual.    §.  215.  2,  423 

aus  dem  y  des  skr.  hyam  und  sendischen  hyd^  so  ist  zu 
Lerücksichtigen,  das  g  i  (der  gewöhnliche  Vertreter  des  y 
sanskritischer  Flexionen)  hinter  Liquiden  gerne  zu  ^  ^  oder 
^  C  wird  (Petermann  p.  63,  205,  233).  Hinsichthch  des  q^  s 
yoii  ^^l^  qe-s  dir  ist  zu  bemerken,  dafs  auch  dieser  Buch- 
stabe mit  dem  sanskritischen  7\^  y  verwandt  ist'),  zu  dem 
er  sich  ungefähr  so  verhält,  wie  der  Aussprache  nach  das 
französische  j  (weiches  s)  zum  lateinischen  j^  oder  wie  das 
send.  §  (eb)  von  yüsem  ihr  zum  ?/  des  skr.  yüydm  (§.  59). 
2)  Der  dritte  Verwandte  der  oben  erwähnten  skr.  Dual- 
Endung  dydm,  nämhch  öyas,  erscheint  als  regelmäfsiger  Aus- 
druck des  Dat.  und  Ablat.  plur.  Ihm  entspricht  im  Send  byo, 
mit  ca  und:  dyas-ca  (§.  135  Anm.  3),  im  Lateinischen  hus 
(wofür  man  hius  erwarten  sollte),  und  wahrscheinlich  auch 


an  dem  langen  d  von  maibya  Anstofs,  weil  er  nicht  berücksichtigt 
bat,  dafs  die  betreffende  Stelle  (V.  S.  p.  l68),  so  wie  die  beiden  ande- 
ren, wo  maihy  äcä^  oAex  maibya  allein  vorkommt,  zu  dem,  die  End- 
vocale  verlängernden  Dialekte  gehören;  er  l'afst  daher  die  Möglichkeit 
zu,  dafs  maibya  eine  Dualform  sein  könne,  obwohl  es  sich  viel  schwe- 
rer mit  dem  skr.  äväbyäm  uns  beiden  als  mit  mdhyam  mir 
vermitteln  läfst,  wenn  man  letzteres,  wie  ich  es  schon  in  der  lat. 
Ausg.  meiner  Gramm.  (iS32  §.  io4)  gethan  habe,  als  Verstümmelung 
von  rnä-Ü yam  fafst.  —  Die  Form  maibyo^  worin  Spiegel 
(Weber's  Indische  Studien  L  p.  307)  das  skr.  mdhyam  zu  erkennen 
glaubt,  fasse  ich  dagegen  als  pluralen  Dativ,  indem  Ich  annehme,  dafs  die 
skr.  Endung  byam  von  ^^;_^v?7^l  asmdbyam  durch  die  ge- 
wöhnliche Dativ-Endung  ersetzt,  der  Stamm  asmd  aber  der  Sylbe 
as  verlustig  gegangen  sei,  wie  im  neupersischen  ma  wir,  welches 
ich  in  formeller  Beziehung  eben  sowenig  als  den  Plural  von  t/z  e« 
ich  (=  skr.  mam  mich)  anerkennen  kann,  aXssumd  ihr  als  den 
von  /M  du,  da  sumd  offenbar  auf  den  Schlufsthell  des  skr.  Stammes 
yu-smd^  mit  Einfügung  eines  Hülfsvocals,  sich  stützt  (s.  §.  i^k  und 
vgl.  Benfey  l.  c.  p.  1 1  f.). 

*)  Bötticher  I.  c.  p.  358  vergleicht  Jiupq^mars  Grenze  mit 
dem  skr.  maryd  id.  und  P  ete  rmann  macht  auf  die  gelegentlich  im 
Innern  des  Wortes  zwischen  zwei  Vocalen  eintretende  Erweichung 
desgz'in  ^s  aufmerksam. 


424  Bildung  der   Casus.      §.  215.  2. 

his  von  no-bis,  vo-his,  wenn  diese  Formen  nicht  ihrem  Ur- 
sprünge nach  einem  anderen  Casus  angehören  (s.  §.  216), 
so  dafs  bis  auf  die  skr.  Endung  Bis  sich  stützen  würde. 
Stammt  aber  das  lat.  bis  eben  so  wie  bus  von  der  skr. 
Endung  üyas,  so  verhält  es  sich  zu  der  vorauszusetzenden 
Form  bius,  wie  der  adverbiale  Comparativ  magis  zu  seiner 
hypothetischen  Urform  magius  (woraus  majus  durch  Aus- 
stofsung  des  g)^  während  umgekehrt  die  gewöhnliche  Form 
hus  ein  lautliches  Analogon  in  dem  Comparativ  minus,  aus 
minius,  findet.  Im  Litauischen  ist  mus  die  ältere  und  voll- 
ständigere Form  der  pluralen  Dativ-Endung  (s.  Schleicher 
p.  175),  welche  Ruhig  und  Mielcke  nur  den  Pronominen 
der  beiden  ersten  Personen  zugestehen.  Aus  mu-mus  nobis 
un^  jii-mus  vobis  konnte  jedoch  leicht  die  Folgerung  ge- 
zogen werden,  dafs,  wie  ich  auch  in  der  ersten  Ausgabe 
angenommen  habe,  die  Endung  mus,  wofür  jetzt  ms,  in 
früherer  Zeit  sich  über  alle  Plural- Dative  erstreckt  haben 
müsse.  Das  Altpreufsische  hat  den  alten  a-Laut  der  skr. 
Endung  Öyas  bewahrt,  hat  aber  dem  s  einen  unorganischen 
Nasal  vorgeschoben,  daher  maus  für  mas.  Hinsichtlich  des 
eingeschobenen  n  erinnere  ich  an  das  Verhältnifs  des  lat. 
ensi-s,  mensi-s  zum  skr.  asi-s  Schwert,  mdsa-s  Monat. 
Von  der  verstümmelten  litauischen  Endung  ms,  für  mus,  ge- 
langen wir  durch  eine  weitere  Verstümmelung  zum  goth. 
m,  z.  B.  von  sunu-m  gegenüber  dem  lit.  sünü-mus,  sünü-msy 
skr.    sünu-Öyas    und  lateinischen  Formen  wie  portubus"). 


*)  In  Bezug  auf  die  Vertauschung  der  labialen  Media  mit  dem 
organgemäfsen  Nasal  vergleiche  man  das  Verhältnifs  der  sendischen 
Wurzel  mru  zu  der  skr.  brü  sprechen  (§.  63).  Als  Beweis  eines 
speciellen  Verwandtschaftsverhältnisses  zwischen  den  germanischen 
Sprachen  einerseits  und  den  lettischen  und  slavischen  andererseits 
möchte  ich  die  Erscheinung  nicht  gelten  lassen,  dafs  die  beiden 
Sprachgruppen  im  Dativ  pl.  einen  Nasal  statt  eines  zu  erwartenden 
b  zeigen,  während  in  einem  anderen  Falle  die  lettischen  und  slavi- 
schen Sprachen,  das  Altpreufsische  ausgenommen,  eine  Media  statt  n 


Instrumentalis,  Dativ,  Ablatio  dual.    §.  215.  2.  425 

So  wie  das  Germanische,  so  hat  auch  das  Umbrische  von 
der  in  Rede  stehenden  Endung  nur  den  Anfangs-Consonan- 
ten  erhalten  und  zwar  in  Gestalt  von  /,  jedoch  mit  mis- 
Lräuchlicher  Übertragung  in  den  Accusativ,  d.  h.  z.  B.  tri-f 
(rpiag)  =  skr.  tri-dyds,  lat.  tri-bus^  lit.  ti^i-ms,  goth.  thri-m"). 
Dem  Armenischen,  welches  die  in  Rede  stehende  Casus - 
Endung  vom  Dativ-Ablativ  auch  in  den  Genitiv  übertragen 
hat,  ist  von  dem  skr.  Byas  ebenfalls  nur  Ein  Consonant 
verbheben,  jedoch  nicht  der  erste,  sondern  der  zweite,  näm- 
lich das  7\^  y  \n  Gestalt  von  g  i,  wobei  ich  wieder  vor 
Allem  an  das  griech.  ^  —  gleichsam  die  Media  des  armen. 
^  0  —  z.  B.  von  dajua^£-T£  für  skr.  damdya-ta  erinnern  (§. 
19)  und  auf  das  verweisen  mufs,|  was  oben  (p.  371  ff.) 
über  das  g  z  gesagt  worden,  welches  in  den  interessantesten 
Formen  der  armenischen  Gonjugation  als  Vertreter  des  skr. 
7\^  y  vorkommt.  Es  unterstützen  sich  also  in  dieser  Bezie- 
hung Casus-  Tempus- und  Modus- Bildung  einander  wech- 
selseitig, und  ich  trage  nicht  im  Geringsten  Bedenken,  den 
sanskritischen  Formen  wie  z.  B.  dhi-Byas  den  und  von  den 
Schlangen  (ved.  Accent)  nicht  nur  das  sendische  asi-byo, 
lat.  angui-hus  und  litau.  angi-mus,  sondern  auch  das  arme- 
nische oXfig  ot^i-z  als  stamm  -  und  bildungsverwandt  gegen- 
überzustellen, so  sonderbar  es  auch  scheinen  müfste,  wenn 
man  ohne  Hülfe  des  Sanskrit,  welches  soviel  Sprachräthsel 
des  indo-europäischen  Stammes  zu  lösen  im  Stande  ist,  die 
armenische  Endung  g  z  mit  dem  lateinischen  hus  und  lit. 
mus  oder  ms  zu  vermitteln  suchte,  es  sei  denn,  dafs  man 
irrthümlich  das   armen,  z  mit  dem   Endbuchstaben  der  lat. 


zeigen,  die  germanischen  Sprachen  aber  dem  alten  System  treu  ge- 
blieben sind;  ich  meine  die  Benennung  der  Zahl  9  (s.  §.  317).  Ein 
specielles  Verwandtschaftsverhältnifs  der  germanischen  Sprachen  mit 
den  letto-slavischen  kann  ich,  abgesehen  von  Wort-Entlehnungen, 
überhaupt  nicht  anerkennen. 

*)   Ist  zwar  nicht  zu  belegen,  darf  aber  mit  Sicherheit  aus  dem 
Nom.  threi'S  und  dem  althoch.  Dat.  dri-m  gefolgert  werden. 


426  Bildung  der   Casus,      §.   215.  2. 

und  litauischen  Endung  identiflciren  wollte,  was  sich  darum 
nicht  rechtfertigen  liefse,  weil  schliefsendes  s  im  Armen,  zwar 
gelegentlich  zu  q  (s.  §.  216),  nirgends  aber  zw  g  i  geworden 
ist,  während  zu  Gunsten  der  Annahme,  dafs  ^  i  in  den  be- 
treffenden Endungen  aus  7\^  y  (^=j)  entsprungen  sei,  der  Um- 
stand spricht,  dafs  wir  oben  (p.  421  f.)  in  in-'^  (mir)  ein  ^  ^ 
—  welches  sich  zu  ^  i  verhält  wie  eine  Media  zur  organge- 
mäfsen  Tenuis  —  dem  skr.  TJ^  y  der  Endung  hyam  haben 
gegenübertreten  sehen,  und  dafs  im  Ablativ  pl.  der  beiden 
ersten  Personen  ein  ^  g  das  g  z  der  gewöhnlichen  Decli- 
nation  vertritt  {i  men-g  anobis,  i  X^en-g  a  vobis),  in  der- 
selben Weise,  wie  wir  oben  (p.  372  f.)  im  Futurum,  in  einer 
besonderen  Stellung,  nämlich  vor  ^,  ein  ^  g  statt  g  i  als 
Vertreter  des  7)^  y  des  skr.  Precativ- Charakters  yd  gefun- 
den haben,  und  wie  das  Ossetische,  welches,  als  ein  iranisches 
Idiom,  mancherlei  merkwürdige  Begegnungen  mit  dem  Arme- 
nischen darbietet,  in  seinem  Futurum  dem  7\^  y  des  skr. 
sya  regelmäfsig  ein  g  {=  ds),  d.  h.  den  Laut  des  armeni- 
schen ^   gegenüberstellt  *).  Wollte  man  aber  die  Entstehung 


*)  Sollte  das  ossetische  Futurum  vor  dem  g- ,  z.B.  von  car-gi-sfam 
wir  werden  leben  (G.  Rosen  p.  2(i)  nicht  ein  s  (oder  h  für  s)  ver- 
loren haben,  so  würde  Ich  dieses  Fut.  eben  so  wie  das  armenische  auf 
den  skr.  Precativ,  d.  h.  Aorist  des  Potentialis,  zurückführen.  In  den 
Sylben  stam^  siut\  sti  des  Piur.  erkennt  man  leicht  das  Verb,  subst., 
d.h.  dieskr.  Wz.  j  t  ä  stehen,  auch  sein,  also  car-g  i-s  tarn  soviel 
als  leben  werdend  sind  wir.  Räthselhaft  schien  mir  lange  das 
n  der  Singularformen  wie  c'ar-g /-/ian  Ich  werde  leben.  Ich 
fasse  es  jetzt  so,  dafs  Ich  einen  Übergang  der  Media  von  da  r?  Ich 
bin  In  den  organgemäfsen  Nasal  annehme,  also  analog  dem  Über- 
gang des  b  in  m  In  den  litauischen  und  gothlschen  Casus -Endungen 
rnus^  ms^  m.  Das  d  von  dan  fasse  Ich  als  Erweichung  des  skr.  / 
oder  send.  /  von  siä^  s  tä^  welches  nach  Verlust  des  s  leicht  zur  Me- 
dia herabsinken  konnte.  In  der  2.  Pers.  s^.  hat  die  zusammengesetzte 
Form,  In  Vorzug  vor  der  einfachen,  den  Personal-Ausdruck  bewahrt, 
also:  car-gi-na-s  leben  werdend  bist  du,  gegen  da  ,,du 
bist." 


Instrumentalis,  Datw,   Ablatw   dual.     §.  215.  2.  427 

des  armen,  g  i  aus  y  ==  j  m  der  in  Rede  stehenden  Casus- 
Endung  und  den  oben  (p.  371  ff.)  erwähnten  Verbalformen 
darum  bestreiten,  weil  man  keine  Wurzeln  nachweisen  kann, 
welche  ein  anfangendes  oder  schliefsendes  ^  i  für  sans- 
kritisches ^L  y  zeigen,  so  müfste  man  aus  ähnlichem  Grunde 
auch  leugnen,  dafs  das  oben  (p.  42)  besprochene  dialec- 
tische  p  in  griechischen  Endungen  die  Entartung  eines  c,  sei, 
oder,  wie  auch  Rask')  und  Grimm  (I.  p.  828)  annehmen, 
das  m  in  litauischen  und  gothischen  Pluraldativen  aus  der 
organgemäfsen  Media  [h)  sich  erweicht  habe,  weil  aufser  in 
Casus-Endungen,  man  sonst  in  den  lettischen  und  germani- 
schen Sprachen  kein  m  (oder  n)  für  älteres  b  nachweisen 
kann,  während  im  Send  das  m  von  mrü  sprechen  für 
skr.  h  von  hrü  als  ein  in  seiner  Art  einziges  Phänomen 
dasteht.  —  Bei  Stämmen  auf  a  behauptet  das  Armenische 
diesen  Endvocal  wie  das  Litauische  und  Gothische  vor  der 
in  Rede  stehenden  Casus-Endung  unverändert,  während  das 
Sanskrit  dem  a  ein  i  beimischt  (woraus  e  =  a^),  so  dafs 
z.  ^.  mege^-Byas  vom  Stamme  megd  Wolke,  kese-1)yas 
vom  Stamme  ke^ia  Haar,  dem  armenischen  miga-i^  gisa-z 
gegenüberstehen,  welche  beiden  Formen  hinsichtlich  der 
Reinerhaltung  ihres  stammhaften  a  besser  zu  litauischen 
und  gothischen  Dativen  wie  wilka-mus  [wilka-ms)^  vulfa-m 
lupis,  als  zu  den  eben  erwähnten  sanskritischen  stimmen. 
Das  i  von  miga-z^  gisa-z  ist  der  Schlufstheil  des  sanskriti- 
schen Dipthongs  e  =  ai  im  Innern  des  Wortes,  dagegen  haben 
die  des  Endvocals  des  Stammes  beraubten,  und  also  ein- 
sylbigen  Formen,  wie  z.  B.  der  Nom.  sg.  meg^  ges^  plur. 
meg-q\  ges-q^  den  alten  Diphthong  ai  in  der  Zusammenzie- 
hung zu  ^  bewahrt.  In  dev  Daemon  =  skr.  devd-s  Gott 
hat  sich  der  Dipthong  b  e  z\x  ^  e  gekürzt,  welches  jedoch 
in   den  mehrsylbigen  Casus   ebenfalls   durch  i  ersetzt    wird, 


*)  In  der  oben  (p.  Il9  Anni.*)  erwähnten  Schrift  (bei  Vater 
p.  1-4),  wo  die  lliauisclien  Endungen  ms  (mus)  und  mis  von  tri-ms, 
iri-mis  mit  dem  lat.  bus  von  tri-bus  verglichen  worden. 


428  Bildung  der   Casus.    §.  215.    2. 

daher  Dativ,  Ablativ,  Gen.  pl.  diva-z  gegenüber  dem  lit. 
dewa-mus  und  skr.  deve-Byas.  Auf  demselben  Princip,  wo- 
rauf im  Armenischen  bei  vielen  Wörtern  der  vocalische  Un- 
terschied zwischen  dem  Nom.  und  den  ihm  analogen  Casus 
einerseits,  und  denjenigen,  welche  den  Endvocal  des  Stam- 
mes wieder  herstellen  oder  wenigstens  eine  Sylbe  mehr  haben 
als  der  Nominativ,  andererseits  beruht,  gründet  sich  auch 
die  Erscheinung,  dafs  viele  Wörter  in  der  zweiten  Casus- 
reihe einen  Vocal  im  Innern  des  Thema's  überspringen;  da- 
her steht  z.  B.  gegenüber  dem  Nominativ  sg.  hasuk  Arm,  vom 
Stamme  basuka  =  skr.  h  dhuka"),  der  Dat.,  Abi.,  Gen.  pl. 
haska-i,  und  vom  Stamme  guho  Grube  (mit  o  für  skr.  a 
des  Stammes  kü'paiA.^  s.  p.  366  f.)  der  Nom.  guh  gegenüber 
dem  Gen.  Dat.  sg.  gh-i,  Instr.  gbo-v,  Dat.  Abi.  Gen.  pl. 
gho-2.  Der  Stamm  duster  Tochter  (=  skr.  duhitdr),  wel- 
cher im  Nom.  dustr  des  e  der  Endsylbe  verlustig  gegangen 
ist,  unterdrückt  in  den  Casus,  welche  dieses  e  bewahrt  haben, 
den  Vocal  der  ersten  Sjlbe,  daher  im  Dat.  Abi.  Gen.  pl. 
dster-z  für  skr.  duliitr'-hyas\  von  sirti  Herz  lautet  der 
Nom.  sg.  sirt^  der  in  Rede  stehende  Plural- Casus  aber 
"C^ts  srti-z,  trotz  der  grofsen  Härte  eines  mit  S7't  anfangen- 
den Wortes  *").  Bequemer  als  der  Stamm  sirti  ist  der  oben 
erwähnte  Stamm  o^^  o^^  Schlange  =  skr.  dhi  (p.  369), 
und  unter  andern  auch  der  Stamm  ^uhjoP^fi  l^anofi  ^^connais- 
sant,  connUf  amV  (nom.  ^anof),  weil  diese  Wörter  die 
Wurzelsjlbe  überall  unverstümmelt  lassen;  daher  bildet 
letzteres  in  dem  in  Rede  stehenden  Casus  ^lu^o^/r^  ^anöfi-z 
=  gnd'ti-Byas  (them.  gnd'ti  Verwandter,  eigentlich 
Bekannter).  Das  skr.  Suffix  ti^  welches  uns  hier  im 
Armenischen  in  der  Gestalt  P^f  fi  entgegentritt,  findet  sich 
in  der  genannten  Sprache  auch  in  der  Gestalt  "»/»  ti^  z.  B. 
in  dem  Stamme  sast%  (Nom.  säst.  Dat.  Abi.  Gen.  pl.  sasti-z). 


*)   Von  bdhü  Arm,  jedoch  mit  veränderter  Bedeutung. 
**)    Aus  Versehen  steht  oben  (p.  359)  siite^  sirti-v^  sirti-z%  sirli-i^q  ^ 
für  srle  etc.,  und  p.  36 1  düstere  für  dster-e. 


Instrumentalis^   Dativ,  Ablativ   dual.     §.  216.  429 

vorausgesetzt,  dafs  dieses  Wort,  wie  ich  nicht  zweifle,  zum 
skr.  Stamme  sds-ti  gehört  °).  Es  beweist  also  auch  die 
Wortbildungslehre,  dafs  die  volle  Gestalt  der  Bildungs- 
suffixe, welche  das  Armenische  mit  dem  Sanskrit  und  ande- 
ren Schwestersprachen  gemein  hat,  nicht  im  Nominativ  zu 
suchen  ist,  wo  man  sie  fast  nirgends  findet,  sondern  in  der 
2ten  Gasusreihe,  und  vorzugsweise  im  Dativ,  Abi.,  Genit.  pl., 
dessen  Endung  g  2  sich  immer  dem  wahren  Endbuchstaben 
des  Stammes  anschliefst,  und  zwar  bei  Stämmen  auf  n  in 
Vorzug  vor  dem  Sanskrit  und  Send,  welche  das  schliefsende 
n  vor  den  mit  V7[^  b'i/,  ^^  hy  anfangenden  Gasus- Endun- 
gen abwerfen,  ebenso  das  Gothische  vor  m  für  6,  so 
dafs  z.  B.  der  gothische  Stamm  augan  Auge  =  armen. 
akan  den  Pluraldativ  auga-m  (für  augan-m)  dem  armeni- 
schen akan-i  und  den  skr.  Formen  wie  dsma-Byas  lapi- 
dibus,  na'ma-^'^a^  nominibus  (für  dsman-dyas,  na~ 
man-üyas)  gegenüberstellt. 

216.  Der  vierte  Verwandte  der  skr.  Dual -Endung 
Bydm  ist  Bis  als  Bezeichnung  des  pluralen  Instrumentalis. 
Das  Send  zeigt  dafür  ^-M^  bis  (im  Nebendialekt  bis),  das 
Litauische  mis  (vergl.  §.  161)  und  das  Armenische  p^  hq 
oder  f-^  '^9."")'  ^^^  ^^^  skr.  Form  Bis  und  send,  bis 
genauer  entsprechende  Form  bq  hat  sich,  wie  das  b  im 
Singular  (p.  358)  nur  hinter  Gonsonanten  behauptet,  wobei  n 
durch  Verwandelung  in  m  sich  der  labialen  Media  anbequetm. 
Man  vergleiche  mit  dem  skr.  dhi-Bis  durch  die  Schlan- 
gen, dem  send,  asi-bis  und  Htauischen  angi-mis  das  armen. 
oXfiL.^  6'C,i'vq\  und  mit  skr.  Formen  wie  dsma-Bis  (für 
dsman-Bis),  sendischen  wie  asma-bis,   für  asman-bis, 


*)  Die  Wz.  s  äs  bedeutet  im  Skr.  befehlen,  beherrschen , 
lehren,  strafen,  und  das  armen,  .faj^,  them.  jöj/i,  nach  Aue  her 
^^reprimende^  correction^  chätiment''''  etc. 

**)  Für  >  V  auch  i/^«',  was  dem  Laute  nach  identisch  ist  mit  /_,  wo 
dieses  consonantische  Geltung  hat.  Hinter  n  o  steht  ^tv,  weil  ni.  den 
Lautr/  ausdrückt,  s.  Pctermann  p.  55f.  Dasselbe  gilt  für  denlnstr.sg. 


430  Bildung    der    Casus.      §.   216. 

armenische  wie  akam-hq^  vom  Stamme  akan.  Dem  skr. 
duhitf'öis  durch  die  Töchter  entspricht  das  armen. 
q.umtrpp^  dstev-bq,  zusammengezogen  aus  duster-hq  (s.  p. 
428).  Die  Entstehung  des  armen.  ^  q  aus  ursprünglichem 
s  in  der  vorhegenden  Endung  kann  keinem  Zweifel  unter- 
worfen sein,  obwohl  der  Übergang  eines  skr.  s  in  armen. 
^  q  —  eben  so  wie  der  von  "^  y  \n  g  z  —  nur  in  gram- 
matischen Endungen  sich  wahrnehmen  läfst  (vergl.  p.  427), 
hier  aber  auch  an  Stellen,  wo  man  ihn  am  wenigsten  erwar- 
ten sollte,  nämlich  in  Formen,  wo  dem  schliefsenden  ^  s 
des  Sanskrit  ein  a  oder  ä  vorangeht,  in  welcher  Stellung 
das  schliefsende  s  im  Altpersischen  schon  zur  Zeit  des  Darius 
Hjstaspis  spurlos  verschwunden  war,  und  auch  im  Send 
nicht  ungestört  geblieben  ist  (s.  §.  56*^).  Das  Armenische 
zeigt  im  Nomin.  pl.  Formen  wie  ges-q  Haare  (für  skr. 
ke'sds)  und  in  der  ersten  Pers.  pl.  solche  wie  her-e-mq  für 
skr.  ödr-d-mas,  ved.  Bar- d-masi^  send,  har-d-mahi, 
altpers.  har -d-maliy  *).  Im  Plural  -  Nomativ  hat  zu- 
erst Petermann  (p.  115)  das  armen.  ^  q  als  Entartung 
von^gefafst;  dafs  aber  auch  das  schliefsende  s,  wo  es  hin- 
ter langem  d  stand,  im  Armenischen  sich  gelegentlich  u  n- 
verändert  behauptet  hat,  ist  oben  gezeigt  worden  an 
Formen  wie  uiw-gb-u  ta-ze-s  dabis  für  skr.  de-ya-s,  gr. 
do-i'7]-5  (s.  p.  372),  wofür  im  Send  dd-ydo,  im  Altpers. 
dd-yd  zu  erwarten  wäre.  In  Formen  wie  her-e-s  du  trägst 
entspricht  das  arm.  s  dem  skr.  si  (Bdr-a-si),  dem  sendi- 
schen  hi  (har-a-hi)  und  altpers.  hy  (bar-a-hj).  Das  Ar- 
menische steht  also,  und  ich  glaube  hinzufügen  zu  dürfen, 
auch  das  Ossetische,  in  Bezug  auf  das  s  auf  einer  älteren 
Stufe  als  das  Altpersische  und  Send;  jene  beiden  Idiome 
deuten  auf  eine  Sprachperiode  hin,  wo  im  iranischen  Zweig 
unseres  grofsen  Sprachstammes  die  Umwandlung  des  s  in 
h,  oder  die  Unterdrückung  oder  Vocahsirung   des  s  c  h  1  i  e- 


*)   Ist  nur  theoretisch  gebildet  nach  Analogie  wirklich  vorkom- 
mender Formen. 


Instruinenlnlis.   Datio,  Ablativ  dual.     §.  217.  431 

fs  enden  s  noch  nicht  zu  dem  Grade  gediehen  war,  der 
uns  im  AJtpersischen  und  Send  vorHegt,  da  im  Armen,  und 
Ossetischen  ein  s  der  skr.  Personal -Endung  si  gegenüber- 
steht; z.B.  im  ossetischen  car-i-s  du  lebst  für  skr.  rH'ftT 
cdr-a-si,  send,  iev^o^o.«^  car-a-hi  du  gehst.  Man  kann 
nicht  sagen,  dafs  hier  das  i  von  car-i-s  und  analogen 
Formen  die  Veranlassung  der  Bewahrung  des  s  sei,  da  die- 
ses i  erst  in  verhältnifsmäfsig  später  Zeit  aus  a  (durch  den 
assimilirenden  Einüufs  des  verschwundenen  i  der  Personal- 
Endung)  erzeugt  ist,  und  das  h  des  sendischen  car-a-hi, 
wenn  es  jemals  im  Ossetischen  bestanden  hätte,  nach  Um- 
wandlung des  vorhergehenden  a  in  i  nicht  wieder  in  seine  Ur- 
form s  hätte  zurückkehren  können.  Übrigens  zeigt  das  Osse- 
tische im  Futurum  auch  den  Personal -Charakter  5  hinter  a, 
z.B.  in  dem  oben  erwähnten  car-gi-na-s  du  wirst  leben. 
217.  Dafs  die  griechischen  Endungen  (|)iv,  <^i  mit 
denjenigen  verwandt  sind,  welche  im  Sanskrit  mit  d  anfan- 
gen, liegt  am  Tage.  Es  fragt  sich  aber,  ob  (\)iv,  ^i  sowohl 
im  Singular  als  im  Plural  auf  eine  und  dieselbe  sanskritische 
Endung  sich  stützen,  oder  ob  sie  im  Singular,  gleich  dem 
latein.  bi  von  ti-hi,  si-bi  und  den  locativen  Adverbien  i-bi 
u-bi  etc.,  und  wie  das  umbrische  fe  von  i-fe  dort,  auf 
die  sanskritische  singulare  Dativ-Endung  von  tü-Byam  dir 
sich  stützen,  im  Plur.  aber  entweder  auf  die  skr.  Instru- 
mental-Endung Bis  (woraus  im  Präkrit  hin),  oder  auf 
die  Dativ- Ablativ-Endung  V7X^  Uyas;  in  beiden  Fällen  mit 
dem  nicht  befremdenden  Übergang  von  s  in  v  (s.  §.  97)? 
Eine  zuverläfsige  Entscheidung  dieser  Frage  ist  nicht  mög- 
lich; ich  gebe  aber  jetzt,  in  Abweichung  von  meinen  frühe- 
ren Erklärungsversuchen,  der  Vermittelung  der  pluralischen 
Endung  (f)Lv,  (pL  mit  der  skr.  Dativ- Ablativ-Endung  Uyas 
den  Vorzug,  so  dafs  also,  hinsichtlich  der  Zusammenziehung 
von  JJ(  ya  ZM  ^,  das  gr.  (j)iv  im  Plural  dem  lat.  bis  von  nobis, 
vobis  (s.  p.  423  f.)  entsprechen  würde,  während  im  Singular 
(bi  oder  <piv,  z.  B.  von  avTO(j)L,  yj^i  ßi^^t^^h  >is^aXri(j)LVy  (jipyfrpYjcpLVf 
7ua\o.firi<\)Lv  eben    so  wie   das  lat.  bi  von  ti-bi,  si-bi,  i-bi  etc. 


432  Bllduns  der  Casus.     §.  217. 

mit  dem  skr.  Byam  von  tu-Byam  zu  identificiren  wäre. 
Die  skr.  Endungen  h'yam  und  öyas,  wovon  erstere  blofs 
den  Dativ,  letztere  zugleich  den  Ablativ  ausdrückt,  passen 
für  alle  Verhältnisse,  welche  man  in  der  homerischen  Spra- 
che durch  ^Lv  oder  ^l  (^vovon  letzteres  wahrscheinlich  nur 
eine  Verstümmelung  des  ersteren)  ausgedrückt  findet,  da 
der  griechische  Dativ,  wie  der  lateinische  Ablativ,  auch  das 
locative  und  instrumentale  Verhältnifs  zu  bezeichnen  im 
Stande  ist.  Doch  steht,  wo  das  locative  Verhältnifs  ausge- 
drückt wird,  den  in  Rede  stehenden  Formen  häufig  eine 
Praeposition  voran,  wie  z.  B.  in  in  avTo^L,  nap  avTc<\)i,  da- 
selbst, In  iKpic(\)i  auf  dem  Verdeck,  nap  ox£^c|)t  beim 
Wagen;  aber  ohne  Praeposition:  naXdfxr^cpLv  in  der  Hand, 
^i)pr^(l)L  draufsen,  eigentlich  an  der  Thüre  oder  vor  der 
Thüre,  KE(paKri(pLv  (KaßsTv)  heim  Koi^i,  opso(|)i  auf  den  B  er- 
gen.  Beispiele  mit  Instrumentalbedeutung  sind:  k-ipr(^L 
(Xd^EO-^'aL)  mit  der  anderen  (Hand),  Kpar^pr^i^L  ßL'ri(pLv 
durch  gewaltige  Kraft,  T(pL  mit  Macht,  als  einziger 
Überrest  des  Stammes  l  (vgl.  lat.  vis).  Als  Ablativ  erscheint 
die  Form  auf  (pLv,  cpt  fast  nur  mit  Praepositionen,  die  in  der 
gewöhnlichen  Sprache  den  Genitiv  regieren,  denen  aber  der, 
die  Entfernung  von  einem  Orte  ausdrückende  Ablativ  bes- 
ser zukommt  als  der  für  dieses  Verhältnifs  wenig  geeignete 
Genitiv;  daher  z.  B.  dno  vavcptv,  ly.  ^-eo^lv,  Avofür  man  im 
Sanskrit  den  blofsen  Ablativ  näuÜyds,  deve-dyas  (  := 
devai-Byas)  setzen  würde.  Als  Ausdruck  des  echt  dati- 
ven  Verhältnisses  erscheint  die  Endung  (^lv  in  w;  <|^P>f"P>J 
i^p'qTpy](\>Lv  dpr^yr\\  ^EocpLV  \xr^a-Twp  drdXaMToc,.  Streng  genitiven 
Gebrauch  kann  man  der  Form  auf  (^iv,  ^i  ganz  absprechen, 
obwohl  er  nicht  befremdend  wäre,  da  Genitiv  und  Dativ 
in  ihrer  Bedeutung  sich  nahe  berühren,  wie  denn  auch  im 
griech.  Dual  der  Genitiv  an  der  Endung  des  Dativs  durchgrei- 
fend Theil  nimmt,  und  im  armenischen  Plural  der  Dativ  und 
Ablativ  ihre  Endung  auch  auf  den  Genitiv  übertragen  haben 
(p.  425).  Zu  den  Genitiv -Formen  auf  (|)iv,  (^l  ohne  vorher- 
gehende  Praep.  rechnet  man  'IXtot^a-  {xXvrd  teix^o),  welches 


Instrument  aus,    Dafw,   Ablatio   dual.     §.    218.  433 

sich  jedoch  an  der  betreffenden  Stelle  sehr  gut  als  Locativ 
fassen  läfst,  ,,zu  Ilios";  ferner  öaxpuo(|)ty  [ocraz  mjiTuXavro), 
wo  das  Verhältnifs  ein  echt  instrumentales  ist ,  und  der 
Umstand,  dafs  die  gewöhnliche  Sprache  das  betreffende  Ver- 
bum  mit  dem  zu  ihm  nicht  passenden  Genitiv  construirt, 
nicht  dazu  berechtigt,  daxpv6(l)Lv,  —  welches  man  an  dieser 
Stelle  ins  Sanskrit  durch  den  Instrument,  asruüis  überse- 
tzen müfste  —  als  Genitiv  zu  fassen.  In  oaas  daKpv6(^iv 
ripcravTo  „die  Augen  wurden  trocken  von  Thränen", 
ist  das  durch  daKpvci\)Lv  ausgedrückte  Verhältnifs  ein  abla- 
tives,  und  man  würde  hier  im  Sanskrit  dsruJJyas  setzen. — 
Dem  Accusativ  ist  die  Endung  (f)t,  (\)iv  ebenfalls  fremd,  auch 
erscheint  sie  nicht  im  Gefolge  von  Praepositionen,  die  sonst 
mit  dem  Accus,  vorkommen,  mit  der  einzigen  Ausnahme 
von  Ic,  lvyr^(\>Lv  bei  Hesiod  (vgl.  Buttmann  p.  205).  Was  die 
Meinung  der  alten  Grammatiker,  dafs  (|)i,  (^iv  auch  im  No- 
minativ und  Vocativ  stehen  könne,  und  die  Unzweckmäfsig- 
keit  des  t  subscr.  vor  dieser  Endung  im  Dativ  sing,  erster 
Decl.  anbelangt,  so  verweisen  wir  auf  das,  was  Buttmann 
(S.  205)   mit  Recht  dagegen  eingewendet  hat. 

218.  Von  consonantisch  endigenden  Stämmen  kommen 
fast  nur  die  in  §.  128  gedachten  Neutra  auf  c,  in  Verbindung 
mit  (|)i,  (^Lv  vor,  in  Formen  wie  ox^^-^h  opza-<^i,  aryj^Ea--(l)iv, 
die  man  misverstanden  hat,  weil  das  vor  vocalischen  En- 
dungen ausfallende  a  nicht  als  Eigenthum  des  Stammes 
erkannt  war.  Von  anderen  Consonanten  ist  y  der  einzige, 
und  unter  den  v -Stämmen  xotvXyj^ov  der  einzige,  welcher 
in  Verbindung  mit  (\)lv  vorkommt,  und,  weil  v  mit  (j) 
schwerer  als  er  sich  verbindet,  einen  Hülfsvocal  o  annimmt  — 
KOTvXYj^ov-O'CpLv  —  Dach  Analogie-  zusammengesetzter  Wörter 
wie  Kvy-o-2-apü-yjg.  Diesem  Beispiele  folgt  ohne  Noth  auch 
^oLKpv  —  dciKpv6(pLy  für  skr.  dsru-Uyas  —  während  va.\)-(\>iv-> 
abgesehen  von  der  Betonung,  ganz  dem  skr.  ndu-Byds 
gleichsteht,  wie  denn  der  Stamm  yciv  auch  in  Zusammenset- 
zungen des  Bindevocals  o  sich  enthält,  weshalb  man  z.  B. 
vavara^lxQy  mit  sanskritischen  Compos.  wie  ndu-sfa  im 
I.  28 


4.14  Bildung   der   Casus.      §.  'J 1 9. 

Schiffe  stehend  (seiend)  vergleichen  mag.  —  Das  Sans- 
krit wandelt  bei  den  durch  das  Suffix  «5  =  griech.  sc,  05 
gebildeten  Wortstämmen  das  genannte  Suffix  \or  den  mit 
B  anfangenden  Casus -Endungen  in  0  (=  au  aus  ar)  um, 
eine  Umwandlung,  die  sonst  nur  am  Ende  der  Wörter  vor- 
kommt (s.  §.  22);  es  stehen  daher  Formen  wie  vaco-Byas 
im  Nachtheil  gegen  griechische  wie  oyjiCT-<^iv. —  Will  man  im 
Griechischen  die  Endung  c^ti^,  c/)t  überall,  wo  sie  vorkommt, 
mit  der  skr.  Endung  Byam  vermitteln,  so  hat  man  für  For- 
men wie  ^so-(\>iv,  6aKpvo'<^iv,  va.V'<^i\\  ox^(y-(^iv  im  Sanskrit  keinen 
anderen  Vergleichungspunkt  als  die  Dative  der  beiden  ersten 
Personen  [asmdByam  nobis,  yus'mddyam  vobis),  die 
aber,  wie  die  Ablative  asmdt  a  nobis,  yusmdt  a  vobis, 
ihrer  Form  nach  Singulare  sind,  wobei  es  wichtig  ist  zu 
beachten,  dafs  nicht  einmal  das  Send  an  der  misbräuch- 
lichen  Versetzung  der  Endung  VSflL  %«^^  in  den  Plural 
Theil  nimmt,  sondern  in  dem  oben  (p.  423)  erwähnten  mai- 
hyo  nobis  eine  echte  Plural -Endung  zeigt,  woraus  man 
folgern  kann,  dafs  die  skr.  Formen  asmdByam,  yusmd- 
Byam  verhältnifsmäfsig  jung  sind,  und  dafs  man  zur  Zeit 
der  Identität  des  Sanskrit  und  Send  asme-Byas,  yusme- 
Byas,  oder  vielmehr  asmaiByas,  yus'maiByas  gesagt  hat. 
Zu  den  pluralen  Ablativen  asmdt,  yusmdt,  mit  singularer 
Form,  bietet  das  Send  ebenfalls  keine  Analoga  dar,  sondern 
das  oben  erwähnte  maihyo  würde,  wenn  Gelegenheit  dazu 
vorhanden  wäre,  höchst  wahrscheinhch  auch  im  Sinne  des 
Ablativs  auftreten. 

219.  Um  aber  zur  skr.  Dual -Endung  V?TrH.  ^yäm 
zurückzukehren,  so  ist  noch  zu  bemerken,  dafs  schliefsendes 
^  a  vor  derselben  verlängert  wird;  daher  dsvdBydm  für 
dsvaBydm.  Es  leidet  kaum  einen  Zweifel,  dafs  diese  Ver- 
längerung sich  auch  auf  die  verwandte  Plural -Endung  Bis 
erstreckte,  und  dafs  daher  von  dsva  auch  dsvd-Bis  gebil- 
det wurde.  Die  gewöhnhche  Sprache  hat  aber  diese  Form 
zu  dsvdis  verstümmelt,  was  sich  leicht  aus  dsvdBis  durch 
Ausstofsuog  des  B  erklärt,  denn  ^  di  ist  nach  ^.2  =  d-hi. 


Inslrurnentalis,    Dativ,    Ablativ    dual,      §.    219.  435 

Diese  Ansicht,  die  ich  schon  früher  ausgecprochen  habe*), 
kann  ich  nun  durch  neue  Beweisgründe  unterstützen.  Erstens 
bilden,  was  mir  damals  bei  dieser  Erörterung  nicht  vor- 
schwebte, die  Pronomina  der  beiden  ersten  Personen  aus 
ihrem  Anhängepronomen  sma  wirklich  smd-öis,  daher 
asmd'Bis^  yus'maBis,  welche  Formen  mit  dem  von  mir 
angenommenen  dsvd-Bis  in  demselben  Verhältnisse  stehen, 
wie  die  Accusative  asman,  yusntd'n  zu  dsvdn  equos. 
Zweitens  hat  sich  meine  theoretisch  gewonnene  Ansicht  seit- 
dem durch  den  Veda- Dialekt  in  soweit  factisch  bestätigt, 
als  hier  aus  einem  schliefsenden  a  zwar  nicht  d-5is,  aber 
doch  e-Uis  gebildet  wird,  nach  Analogie  der  Dativ -Abla- 
tive wie  dsve-Öyas\  daher  z.B.  dsve-Üis  per  equos 
von  dsva.  Zu  dieser  Veda-Form  stimmt  in  der  gewöhnlichen 
Sprache  die  Pronominalform  e-Bis  per  hos,  die  man  nun 
füglich  von  dem  Pronominalstamm  ^  a  ableiten  mufs,  der 
überhaupt  in  der  Declin.  von  iddm  die  Hauptrolle  spielt. 
Wenn  nun  einerseits  vom  Pronomen  a  die  Form  e-Uis, 
andererseits  von  asmd  und  yusind  die  Formen  asondBis^ 
yusmd'Bis  entspringen,  und  w^enn  an  erstere  Form  der 
Veda -Dialekt  in  seinen  Substantiv  -  und  Adjectivstämmen 
auf  a  sich  anschliefst,  so  geht  daraus  keineswegs  die  Noth- 
wendigkeit  hervor,  dafs  dem  verstümmelten  dis  ein  e-Bis 
zum  Grunde  liege,  was  niemals  zu  dis  führen  könnte'*). 
Wohl  aber  konnte  dBis  zu  eBis  werden,  nach  Analogie 
der  Dativ -Ablative  auf  e-Byas  und  anderer  Formen,  in 
w^elchen  e  als  Entartung  von  d  steht,  z.  B.  in  medialen 
Dualformen   Avie  Bdrete  aus  Bar-a-dte  '""'). 

*)   Abhandl.  der  historisch -philol.  Klasse  der  Akad.  d.  Wiss.  aus 
dem  J.  1826.   p.  79- 

**)  Aus  e bis  würde  nach  Ausstofsung  des  6'  nicht  äis^  sondern 
ajis  entstehen,  denn  e  =  a  -|-  /  kann  mit  einem  folgenden  i  nicht 
XU  einem  Diphthong,  oder,  da  es  selbst  schon  ein  Diphthong  ist,  zu 
einem  Trlphthong  vereinigt  werden. 

***)  Das  vedische  J^2^^|  nadyäis  für  nadi-bis  sehe  ich  nicht 
als  eine  Verstümmelung  von  nadi-Üis  an   —  denn  nach  Aussto- 

28* 


.J,3G  Bildtnis    der    Casus.       i^.  220. 

220.  Das  Präkrit  bat  den  vorn  VeJa- Dialekt  ange- 
fangenen Weg  vollends  zurückgelegt,  und  auch  das  d  von 
üsma-öls,  yusma-d is,  sowie  im  Locativ  plur.  das  von 
asmd'-su,  yusma-su  zu  e  umgestaltet,  daher  59^r^T^  amhe- 
liin.,  Uimhe-hin,  amhe-su,  tumhe-su.  Aufserdem  schliefsen 
im  Prakrit  alle  anderen  a- Stämme,  sowohl  Pronomina  als 
Substantive  und  Adjective,  den  Instrum.  plur.  mit  e-hin^ 
und  so  stimmt  z.  B.  kusume-hin  floribus  (von  kusunid) 
zum  vedischen  kusume-dis.  Ehe  aber  die  Formen  auf 
e-b'is,  e-hi'ii  durch  Umwandlung  des  a  in  ^  aus  äbis  ent- 
standen waren,  mufste  schon  aus  dieser  ältesten  Form,  auf 
dem  Wege  der  Ausstofsung  und  Zusammenziehung,  uis 
entstanden  sein.  Diese  Form  besteht  auch  schon  in  den 
Veda's  neben  der  auf  edis\  z.  B.  yagndis^  arkdis.  Im 
Send  ist  die  zusammengezogene  Form  dis  die  einzige  be- 
legbare, und  zwar  aufserordentlich  häufig.  Auch  im  Litaui- 
schen haben  die  männlichen  Stämme  auf  a,  in  Abweichung 
von  allen  übrigen,  den  Anfangsconsonanten  der  Casus -En- 
dung verloren;  daher  z.B.  deiuais  durch  die  Götter,  in 
merkwürdigem  Einklang  mit  dem  skr.  devdis  und  sendi- 
schen  ••HJi'-*^»;ü«-*^  daivdis.  Die  litauischen  Mascuhn- 
stämme  auf  ia  (=  ja),  Nom.  ^-s,  zeigen  eis  für  iais  (s. 
p.  146),  daher  z.  B.  wälgeis  vom  Stamme  wälgia^  nom. 
wälgi-s,  Speise  als  zu  essende").  Das  Altpersische  stimmt 
in  seinen  Instrumentalen  der  a- Stämme  zu  den  vedischen 
Formen  auf  e-Bis^  jedoch  mit  Bewahrung  des  ursprüng- 
lichen Diphthongs  ai  (p.  8),  daher  hagai-his  von  haga 
Gott.  Instrumentale  dieser  Art  sind  zahlreich  zu  belegen; 
dagegen    erkläre    ich    das    oft   vorkommende   rauca-bis  ") 

Isung  des  b  würde  nadi's  aus  nadi  -}- i s  werden  —  sondern  für 
einen  ganz  gewöhnlichen  Instrument.,  wozu  eine  Erweiterung  des 
Stammes  nadi  zw  nadya  anzunehmen  ist. 

*)    VFäJgau  i  c  h  e  s  s  e.   Vgl.  skr.  Participia  fut.  pass.  auf  ja  (§.  sys). 

**)  N  a  c  h  T  a  g  e  n,  immer  mit  vorangehendem  Zahlzeichen  ;  wo- 
bei daran  zu  erinnern,  dafs  auch  im  Sanskrit  der  Instr.  häu6g  das  Ver- 
hällnils  nach  ausdrückt. 


Inslrurnciilalis,    Ualiv,    Ablativ  dual.     i^.  'J'il.  iO  l 

aas  einem  Stamme  auf  w,  welches  nach  sapskrit-sendlschem 
Prinzip  vor  consonantisch  anfangenden  Casus -Endungen 
unterdrückt  wird  "). 

221.  Vor  der  Dual -Endung  <^'^^y  bya  entfernt  sich 
das  Send  bei  seinen  a- Stämmen  auf  ähnliche  Weise  vom 
Sanskrit,  wie  die  vedischen  und  prakritischen  Instrumentale 
auf^  e-öis,  e-hiri  von  den  ursprünglichen  auf  a-Z^'i 5  {asmd- 
l)is,  }/us'md''ßis);  es  setzt  nämlich  /ü<^'  ai  (s.  p.  60)  für 
a;  aus  aspai-hya  wird  aber  nach  §.41  aspaii-bya. 
So  im  Vendidad  ^«►'yy^/>0«^<£,iy^<2^  oj^^^^<Kf»<iy  hvaiibya 
pddhaiibya  suis  pedibus  =  skr.  svdByd'm  pd'dd- 
öydm;  '^•i^i;ü«^*C0iJü^^5  sastaiibya  (skr.  hdstdbydm) 
manibus.  Man  findet  aber  auch  in  diesem  Casus  den 
skr.  Diphthong  e  durch  send.  6i  vertreten  (§.  33),  z.  B.  in 
-«-'^^^>  uboibya  ambobus  (V.  S.  p.  305).  Stellt  man 
in  dieser  Form  den  verlorenen  Nasal  wieder  her,  und  nimmt 
man  an,  dafs,  was  ich  nicht  bezweifle,  die  griechische  Dual- 
Endung  Lv  eine  Verstümmelung  des  sanskritischen  öydm 
sei  °°),  so  kann  man  mit  dem  erwähnten  *^*^<^"^>  loböi- 
bya  die  Homerischen  Formen  wie  wiJ.cL-'iv  vergleichen,  wo 
demnach  das  erste  l  auf  die  Seite  des  Stammes,  den  es  er- 
weitert, das  andere  auf  die  der  Endung  fallen  mufs.  Die 
dritte  Declination  könnte  durch  ihre  Formen  wie  b'aiiicvciv 
zur  Vermuthung  Anlafs  geben,  dafs  oiv  und  nicht  lv  die 
wahre  Endung  sei;  die  letztere  ergibt  sich  aber  aus  den 
beiden  ersten  Declinationen,  wo  sich  lv  und  nicht  civ  an  den 
Endvocal  des  Stammes  anschliefst  (MouVa-tv,  Xcyo-Lv)-,  bei  der 
dritten  erklären  wir  daher  das  o  vor  lv  auf  dieselbe  W^eise, 


*)  Raucan  erweist  sich  als  Neutrum  durch  den  Acc.  sg.  rauca^ 
Beh.  I.  20:  ks  apa-va  r auc a- pati-vd  entweder  bei  Nacht 
oder  bei  Tag,  wo  auch  ksapa  als  neutraler  Acc.  von  einem 
Stamme  auf  «az  zu  fassen  ist,  der  zumsend.  ksapan^  Dat.  ksafn-e., 
stimmt.  Als  Acc.  s^.  erscheint  rauca  auch  Beh.  III.  8,  wo  !.  rauca 
„den  ersten  Tag"  bedeutet. 

^*)  Durch  Herausstofsung  des  Labials,  wie  in  l^^itl  ds  i^dis  auä 
dsvdb  is^  und  durch  Zusammenziehung  von  2(1*^!    y  dm  zu  tv. 


438  Bildung   der    Casus.      §.  222. 

wie  §.  218  vor  (^iv  {KOTvXridov-o-ipLv),  d.  h.  als  Bindevocal.  der 
von  den  Stämmen,  die  ihn  nothwendig  hatten,  d.  h.  von 
den  consonantischen,  in  die,  welche  ihn  entbehren  könnten 
—  in  die  Stämme  auf  l  und  v  —  eingedrungen  ist,  wie  über- 
haupt bei  der  dritten  Declin.  die  consonantischen  Stämme 
den  Ton  angegeben,  und  den  Vocalen  l  und  v  ihren  Weg 
vorgezeichnet  haben.  Nothwendig  dürfte  aber  auch  der 
Bindevocal  o  zwischen  Consonanten  und  der  Endung  lv 
nicht  erscheinen,  da  man  sehr  bequem  c^atjuov-tv  sagen  könnte, 
allein  das  o  von  dctijuovotv  stammt  offenbar  von  einer  Zeit 
her,  wo  dem  lv  noch  der  Consonant  vorstand,  den  die  ent- 
sprechende Sanskrit- Endung  Bydm  erwarten  läfst;  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  ein  (|),  also  öaLficv-o-tv  aus  6atjuov-o- 
4)iv  ').  Wir  hätten  also  hier  ein  anderes  4)lv  als  das,  wel- 
ches wir  §.  217  aus  di/am,  öyas  zu  erklären  versuchten; 
der  Nasal  steht  im  dualischen  [(\i)Lv  ganz  legitim  für  seinen 
Vorfahr  m,  wie  in  der  Regel  am  Ende  der  Wörter.  Um 
uns  noch  mehr  zu  vergegenwärtigen,  wie  ganz  gleiche  For- 
men als  Entartungen  von  verschiedenartigen  Vorgängern  in 
der  Sprache  sich  festsetzen,  so  erwäge  man  die  Form 
sTVTTTov  als  erste  Person  sing,  und  dritte  plur.,  einmal  aus 
iTVTTTofji^  dann  aus  irvTrrovT. 

222.  Das  Litauische  zeigt  m  in  der  Endung  des  dualen 
Instrumentalis  und  Dativs,  z.  B.  in  dewa-m  gegenüber  dem 
skr.  deva-Byäm.  Dieses  m  hat  aber  nichts  mit  dem  schlie- 
fsenden m  der  verwandten  sanskritischen  Endung   oder  mit 


*)  Der  Bindevocal  o  vor  der  Dual- Endung  iv  hat  also  eine  ganz 
gleiche  Veranlassung  mit  dem  des  possessiven  Suffixes  £vt,  welches 
schon  anderwärts  mit  dem  skr.  vant  verglichen  worden.  KvT  mufste 
also  ursprünglich  F£i/T  lauten,  und  der  Bindevocal,  den  das  DIgamma 
nach  consonantischen  Stämmen  nothwendig  oder  wünschenswerth 
machte,  und  der  von  da  über  die  gesamnite  dritte  Declinatlon  sich 
verbreitet  hat,  ist  auch  nach  dem  Abfall  des  DIgamma  geblieben,  und 
so  stimmt  7rvo-o-eig  zu  ttvooTv  aus  7tvo-o-'lv\  dagegen  Tvoo-sig  zu 
7V0CIV  (aus  TVOO-'l'v). 


InslnintenLalis,    DalU,    Ablativ    dual        '^.  2-3.  439 

dem  griech.  v  von  B'ormen  wie  '^loiv  zu  thun,  sondern  es 
entspricht,  wie  das  m  der  Endungen  mis  und  mi«5  (oder 
ins)  dem  Anfangsconsonanten  der  verwandten  skr.  Endung 
(s.  p.  424).  Dafür  zeugt  die  entsprechende  Endung  im  Alt- 
slavischen, welches  von  der  skr.  p]ndung  öydm  auch  den 
Vocal  gerettet  hat  und  z.  B.  novo-ma  (m.  n.),  nova-ma  (fem.) 
dem  skr.  ndvd-Bydrn  (them.  m.  n.  ndva  neu,  f.  ndvd) 
gegenüberstellt.  Aber  auch  abgesehen  vom  Slavischen,  wäre 
es  doch  unmöglich,  die  litauische  Endung  m  mit  dem  End- 
laut des  skr.  Uydm  zu  vermitteln,  weil  schliefsendes  m  im 
Litauischen  sich  sonst  nirgends  behauptet  hat,  sondern  ent- 
weder unterdrückt  worden  —  auch  in  den  Fällen  wo  die 
Schrift  noch  sein  früheres  Dasein  beurkundet  (s.  §.  10)  — 
oder  zu  u  geworden  ist,  z.  B.  in  der  1.  P.  sg.  des  Aorists, 
wo  überall  au  dem  skr.  am  gegenübersteht,  wie  im  goth. 
Conjunct.  praet.  Jau  dem  skr.  ydm  entspricht  (s.  §.  18. 
p.  31). 

223.  Was  den  Ursprung  der  mit  V^  By  (aus  öi)  an- 
fangenden skr.  Casussufßxe  l)i-s^  By-am^  öy-dm  und  By-as 
anbelangt,  so  müssen  wir  zuvörderst  auf  ihre  Verwandt- 
schaft mit  der  Praeposition  5f[H  (^^ ^  ^n»  hin,  gegen  (wo- 
von abH'tas  herbei)  aufmerksam  machen.  In  aBi  selbst  ist 
aber  bi  offenbar  ebenfalls  Endung,  und  das  demonstrative  a 
das  Thema,  so  dafs  diese  Praeposition  in  Ansehung  ihres  Aus- 
gangs als  verwandt  mit  dem  lateinischen  ti-bi^  si-bi,  i-bi 
etc.  anzusehen  ist,  gerade  wie  eine  andere,  vom  Prono- 
minalstamme a  entsprungene  Praeposition,  nämhch  d-di 
über,  in  den  griechischen  locativen  Adverbien  wie  o-S-i, 
TTo-S-t,  akXo-ä-L,  ovpavd'^L  ihre  Analoga  findet  (§.  16).  Ver- 
wandt mit  dem  Suffix  fy[  d'i  ist  ^  ha,  eine  Entartung 
von  d'a  (p.  43),  welches  sich  im  Send  in  einigen  locativen 
Pronominal-Adverbien,  und  in  der  Praeposition  Aa- <:/'«  mit, 
(für  skr.  sa-hd,  s.  §.  420)  erhalten  hat.  Vom  Griechischen  ver- 
gleiche man  B-a  von  avS-a,  EVTcw^a,  gegen  S-sv  von  evS-si/,  IjjleB-bv 
etc.  aus  %T^  d'fis  für  f[q^  tas  in  5^'cjq  a-dds  unter, 
unten.     Das   'dL  d'  in    diesen  Bildungen    steht  nämlich   als 


440  Bilduns   der   Casus.      §.  224. 

VerschiebuLig  des  t,  uad  kommt  auf  diese  Weise  noch  in 
einigen  anderen  Bildungen  vor  °).  Es  erklärt  sich  daher 
cZa,  d'i  aus  dem  Demonstrativstamm  "^  ta\  aber  dem  Bi  von 
al)i  (gr.  ajut^t)  ist  es  schwerer  seinen  Ursprung  nachzuwei- 
sen. Ich  vermuthe  den  Abfall  eines  anfangenden  Conso- 
nanten.  Wie  im  Griechischen  auch  (fjiv  für  o-^^Ty  gebraucht 
wird,  und  wie  im  Skr.  vinsdti  zwanzig  einleuchtend  eine 
Verstümmelung  von  dvinsati  ist,  und  im  Send  "^^J  bis 
zweimal,  ♦-<>'^i(^^  hitya  der  zweite  gesagt  wird  für 
dvis  dvitya,  (skr.  dvitt'ya),  so  mag  fij  ^i  mit  dem 
Pronominalstamm  sva  oder  svi  identisch  sein  (wovon  das 
gr.  a-(^H;^  a(^iv^  c/jtV  etc.),  und  zwar  so,  dafs  nach  Abfall  des 
s  der  folgende  Halbvocal  sich  in  ähnlicher  W^eise  verstärkt 
oder  erhärtet  hätte,  wie  in  dem  s endischen  ^-^^  his^ 
^♦i^(V^   hitya  und  dem  lat.  bis,  bi  (bi-pes,  s.  §.  309). 

224.     Zum    Überbhck    der    behandelten    Dual-Endung, 
im  Skr.,  Send,  Griech.  und  Litauischen,  diene: 

Sanskrit  Send  Griechisch  Litauisch 

m.     dsvd-öydm        aspaii-hya        itttto-iv  p6na-7ii  ^) 

f.       d SV d - Uy d m       hisvd-bya  y^jopa-iv  dsw Ö-m  * ) 

m.    p)^i^'bydm        paiti-bya  TTcat-c-Lv        geiiti-m  ^) 

m.     sünü-bydm      pasu-bya  vexv-c-Lv         sünü-m  ^) 

f.       hdnu-bydm       tanu-hya  -/ew-c-lv         

f.       vdg-byd'ni  ?  ctt-c-Tv  

m.     bdrad-üydm    baran-hya  ")    (\>zp6vT-c-Lv      


*)  Unter  andern  in  der  zweiten  Pluralperson  medli,  wo  »^.-^  d  ve 
und  %,^X|     d  vam  {'nr  "i^^  tv  e^  f^^L  ^^'^^^  (^S^'  ^^^^  A\i). 

^)  S.  §.222.  2)  oder  vVyMtc?aj  harenbya;  so  V.  S.  p.  9 
'^^^^^\iSO iS  i>erescnhya\  jedoch  auch,  nach  einer  anderen  Les- 
art, beresanbja  (s.  1j  ur  n  o  uf  YaCna  p.  332).  Ich  habe  mit  Un- 
recht dieses  Participium  in  der  1.  Ausg.  durch  glänzend  übersetzt 
und  von  ^JJsl  b  rag  glänzen  abgeleitet.  Da  aber  Neriosengh  in 
der  von  B  u  r  n  o  u  f  (1.  c.  p.  34s)  mitgetheilten  skr.  Übersetzung  diesen 
Ausdruck  durch  mahattara  (sehr  grofs)  überträgt,  so  führt 
uns  diese  Übersetzung  zum  skr.  vrhänt  (schwach  vrhät  grofs, 


Genitiv,    Locativ   Juni.    §.225.  411 

Sanskrit  Send  Griechisch  Litauiscli 

111.     dsma-Bydm  ^)  asma-bya  ^)      (5^ai]uoV-o-iv  

m.     h'ratr-Jjydm      brdtar-e-hya  narip-o-iv  

11.      vdcö-Bydm  ^)  vace-hya  ^)       E7ri{a)-o-Lv  

Genitiv,   Looativ. 


225.     Diese   beiden   Casus    haben    im    Skr.    die  gemein- 
g  05,  welche   mit   der   singi 


schaftliche  Endung  05,  welche   mit   der    singularen    Genitiv 


Endung  verwandt  sein  mag.  Beispiele  sind:  dsvay-os  (von. 
dsva  und  dsvd)"),  pdty-6s,  hdnv-os,  vdc-os,  Bratr-ös^ 
vdcas-os.  Das  Send  hat  den  Zischlaut  dieser  Endung  auf- 
gegeben, und  zeigt  ^  6  für  ^^-^  ös^  namentlich  in  den 
zuerst  von  Burnouf  (Yagna,  Notes  p.  122)  als  Dual-Loca- 
tive  gefafsten  Formen  ^»ev3v  •V<>^jVj>  uboyö  anhvo  in 
den  beiden  Welten  (nach  An qi: etil  „dans  ce  monde"), 
deren  erste  dem  skr.  uBdy-6s  entspricht  (über  das  6  nach 
h  s.  p.  58  f.),  und  die  zweite  den  sanskritischen  Formen  wie 
sicnv-ö^s,  hd7iv-6s,  von  sümc,  hdnu.  Einen  dritten  Beleg 
dieses  Casus  erkenne  ich  in  der  Form  sastay-6  (=  skr. 
hdstay-ös  vom  Stamme  Jidsta  m.  Hand),  V.  S.  p.  354: 
kafd  asdi  druge'm  dyanm  sastayö,  d.h.  wie  mag  ich 
dem  Reinen  die  Drug'  geben  in  die  Hände  (in 
die  Gewalt)?     Anquetil   übersetzt:  „  Comment  moi  pur, 

eigentlich  wachsend,  womit  auch  Burnouf  das  betreffencle  Send- 
Wort  vermittelt.  —  Man  beachte  in  dem  in  Rede  stehenden  Casus  des 
Part,  praes.,  sowie  auch  in  dem  öfter  vorkommenden  Dat.  Ablat.  pl., 
den  sonst  nur  schliefsend  und  vor  Vocalen  und  den  Halbvocalen  ^^ 
/  und  >>  V  erscheinenden  Nasal  }.  Es  ist  also  die  in  §.  60  aufgestellte 
Regel  so  zu  berichtigen,  dafs  t  nicht  nur  am  Ende  und  vor  den  Halb- 
vocalen ^^  y  und  >>  V,  sondern  auch  vor  b^  vielleicht  wegen  des- 
sen naher  Verwandtschaft  mit  i;,  dem  ^^  vorgezogen  wird,  so  dafs 
also  die  Stämme  auf  (>0>y  nt^  wenn  sie,  wie  dies  beim  Part,  praes. 
der  Fall  ist,  vor  den  mit  b  anfangenden  Casus-Endungen  den  Nasal  in 
Vorzug  vor  dem  if-Laut  beibehalten,  ibr^^  in  )  umwandeln  müssen. 

3)   S.  p.  429.      ")   S.  p.  434.      5)   S.  §.31,  p.  56. 

*)    S.  p.  294  f.   Anm. '*). 


442  JiHduTig   der   Casus.      ^.    2'J.K 

mettrai-je  Ja  main  sur  le  Daroudj?"  —  Dem  Litauischen 
glaubte  ich  früher  (erste  Ausg.  §.  225)  eine  duale  Genitiv- 
Endung  absprechen  zu  müssen,  indem  ich  annahm,  dafs  die 
Genitiv-Endung  ü  des  Duals  mit  der  gleichlautenden  des 
Plurals  in  ihrem  Ursprung  identisch  sei  *).  Da  aber  das 
Altslavische  eine  eigene  Form  für  den  Genitiv  du.  hat  *°), 
dessen  Endung  oy  w,  in  den  3  Geschlechtern,  schon  in  der 
2ten  Abth.  der  früheren  Ausg.  (§.  273)  mit  dem  skr.  ös 
vermittelt  worden,  \vobei  ich  OKOH)  oboj'-u  (am  bor  um, 
ambarum)  dem  ebenfalls  für  die  3  Geschlechter  geltenden 
skr.  uBdy-os  *"*)  gegenübergestellt  habe,  so  glaube  ich  jetzt, 
dafs  auch  das  lit.  dioej-ü  duorum,  duarum  in  seinem  Ur- 
sprünge identisch  sei  mit  dem  skr.  Genitiv -Loc.  dvdy-os  (in 
den  3  Geschlechtern),  wofür  man  im  Send  dvay-6  oder 
dvoy-o  zu  erwarten  hat.  Gehört  aber  das  ü  von  dwej-ü  zur 
skr.-sendischen  Dual-Endung:  ^T^[^  os,  \  o,  so  darf  man 
auch  das  ü  anderer  Dual -Genitive  für  eine  wirkliche  Dual- 
Endung  halten,  und  z.B.  awi-u  der  beiden  S  chafe,  trotz 
seiner  lautlichen  Übereinstimmung  mit  awi-u  ovium  mit  dem 
skr.  Genit.-Locativ  du.  avy-os  identificiren.  Die  Substantiv- 
und  Adjectivstämme  auf«,  6  (nom.  «5,  a),  welche  den  sanskriti- 
schen auf«  (m.n.),  d  (fem.)  entsprechen,  lassen  im  Litauischen, 
wie  die  entsprechenden  Wortklassen  im  Altslavischen,  ihren 
Endvocal  des  Stammes  in  dem  der  Endung  untergehen,  und 
zwar  in  den  beiden  Zahlen ;  daher  z.  B.  im  Litauischen 
dew'ü  der  beiden  Götter,  auch  der  Götter,  im  Dual 
=  skr.  devdy-6s,  im  Plural  =  devä-n-dm;  so  dd'w-ü  der 
Leiden  Stuten  und  der  Stuten  =  skr.  dsvay-os  und 
pl.  dsvd-n-dm. 


*)    Der  Locativ  fehlt  dem  Litauischen  im  Dual. 

**)  Sie  ist  wie  die  entsprechende  Endung  5g[[^  o.?  im  Sanskrit 
dem  Genitiv  und  Locativ  gemeinschafth'ch.  Dem  Litauischen  fehlt 
dagegen  der  Locativ  im  Dual. 

***)    Im  Masc.  Neut.  vom  Stamme  üb  d^  Im  Fem.  von  uöd  . 


N(i/nittfi/i\',    Focu/iif  pL      §.  226.  4^13 


PI 


urai 


Nominativ,   Vocativ. 

226.  Masculina  und  Feminina  haben  im  Skr.  as  als  En- 
dung desNom.pl.,  womit,  abgesehen  vom  skr.  Accent  (§.204), 
in  allen  Gliedern  unseres  Sprachstammes  der  Vocativ  identisch 
ist.  Die  Endung  as  betrachte  ich  als  eine  Erweiterung  des  sin- 
gularen  Nominativzeichens  <s,  so  dafs  in  dieser  Erweiterung 
des  Casussuffixes  eine  symbolische  Andeutung  der  Mehrheit 
liege;  auch  fehlt,  wie  im  Sing,  und  Dual,  so  auch  im  Plu- 
ral dem  Neutrum  das  für  dasselbe  zu  persönliche  s.  Im 
Send  ist  5f^  as  nach  §.  So*-*  zu  6  geworden,  oder  zu  Oü».*.' 
as  vor  den  Anhänge-Partikeln  ca  und  cid\  das  Griech.  zeigt 
Ei;,  unter  Beschränkung  von  §.  228''';  das  Lateinische,  Litaui- 
sche, und  meistens  auch  das  Gothische,  haben  von  der  En- 
dung as  den  Vocal  verloren.  Das  ^  lateinischer  Formen  wie 
voce-s ,  fratre-s  ziehe  ich  ebenso  wie  das  von  ove-s  (=  skr. 
dvay-as,  gr.  oi'-Eg)  und  wie  das  lit.  y  (spr.  i)  von  dwy-s 
und  das  goth.  ei  (==  t)  von  gastei-s  zum  Stamme,  indem  ich 
annehme,  dafs  den  ursprünglichen  Endconsonanten,  im  Latei- 
nischen, in  diesem  Casus  ein  i  beigetreten  sei,  welches  wie 
das  legitime  i,  z.  B.  des  Stammes  om,  gunirt  wird ').  Man 
vergleiche  gothische  Formen  wie  ahman-s,  litauische  wie 
dkmen-s  Steine,    dükter-s   Töchter")  mit   sanskritischen 


*)  Ich  habe  diese  Ansicht  zuerst  in  meinem  Vocalismus  (1836  p. 
203)  und  später  in  der  5ten  Abthl.  der  ersten  Ausgabe  dieses  Buches, 
p.  Uli,  ausgesprochen. 

**)  Ich  gebe  die  Formen  äkmen-s^  dükter-s  nach  Schlei- 
cher (p.  1.92f.),  welcher  bemerkt,  dafs  die  Form  äkmeny-s  in 
Grammatiken  und  Büchern  nichts  lauge.  Sie  kann  jedoch  nicht 
rein  erfunden  sein,  sondern  gehört,  wie  die  meisten  Casus  der  Stämme 
auf  n  zu  einem  durch  /  erweiterten  Thema.  Ich  habe  darum,  da  ich 
die  Form  ahm  en-s  nicht  kannte,  in  der  ersten  Ausgabe  (p.  272)  die 
Stelle,  welche  akmeny-s  in  den  Grammatiken  einnimmt,   leer  ge- 


4.J4  liilJuDg   der   Casus.      §.  226. 

wie  dsmcui-as ,  duhitdr-as ,  sendisclien  wie  a^man-6, 
asman-aS'Ca,  dugd'er-o,  dugd'er-as-ca^  griecliischen  wie 
6aijuoy-s$,  ^vyaL-ip'Sc,.  Das  Armenische  hat,  wie  bereits  be- 
merkt worden  (s.  p.  430)  den  Zischlaut  der  skr.  Endung  as 
in  ^  q  verwandelt,  und  den  Vocal  gleich  dem  Gothischen, 
Litauischen  und  Lateinischen  aufgegeben;  daher  stimmt  z  B. 
dster-q  Töchter  zum  litauischen  dukter-s,  und  akun-q  oculi 
zu  gothischen  und  litauischen  Formen  wie  ahman-s^  dkmen-s. 
Was  den  Umstand  anbelangt,  dafs  auch  Wörter,  die  wie 
akn  Auge  ihrem  Ursprünge  nach  Neutra  sind,  das  Casus- 
zeichen q  zeigen,  so  ist  zu  berücksichtigen,  dafs,  wie  bereits 
bemerkt  worden,  im  Armenischen  die  drei  Geschlechter  in 
dem  Masculinum  zusammentreffen  *).  Das  u  von  akun-q^ 
ist  schon  oben  als  Schwächung  des  a  des  Stammes  akan 
(skr.  aksan)  erklärt  worden;  es  verhält  sich  zu  diesem  a 
wie  das  althochd.  u  von  kamen  (mit  verlorenem  Casus- 
zeichen) zum  gothischen  hancm-s.  Diejenigen  Stämme  auf 
an,  w^elche  ihr  a  im  Genitiv  und  Dativ  sg.  zu  i  schwächen 
(Schröder's  3te,  Aucher's  8te  Declin.),  behalten  diese  Schwä- 
chung auch  im  Nom.  pL,  daher  gleicht  trqj^j^  esin-q  boves 
(vom  Stamme  emii,  gen.  dat.  sg.  edn)  mehr  dem  goth.  Gen. 
sg.  auhsin-s  als  dem  Nom.  pl.  aiihsan-s.  Die  Analogie,  in 
welcher  bei  dieser  armen.  Declinat.  der  Nom.  pl.  hinsichtlich 
der  Vocalschwächung  mit  dem  Genitiv-Dativ  sg.  steht,  darf 
uns  aber  eben  so  wenig  veranlassen,  den  in  Rede  stehenden 
Plural- Casus  bei  einem  Theile  der  ?i- Stämme  vom  Genitiv 
oder  Dativ  sg.  abzuleiten,  als  man  bei  den  vocalisch  endigen- 


I 


lassen.  Die  Form  dukt  er  es^  welche  sich  bei  Ruhig  und  Mielcke 
für  Schleicher's  dukter-s  findet,  scheint  mir  jetzt  noch  verdäch- 
tiger als  akrnenj-s  .,  denn  von  dem  durch  i  erweiterten  Stamme, 
dem  die  meisten  Casus  der  ursprünglichen  Stämme  auf  r  angehören, 
sollte  man  dukterj-s  erwarten. 

*)  S.  p.  .367  und  über  ein  ähnliches  Verfahren  in  den  iberischen 
Sprach<Mi  „Die  kaukasischen  Glieder  des  indo-curopäischcn  Sjuach- 
stammcs"  p.  5  ff. 


Norninalio,    Vocativ  pl.      §. 'i'JT).  ^445 

Jen  Stämmen  den  Plural-Nomiii.  aus  dem  des  Singulars  darum 
entspringen  lassen  darf,  weil  er  ebenso  wie  dieser  den  End- 
vocal  des  Thema's  unterdrückt.  Durch  diese  Unterdrückung 
gleichen  die  armenischen  Pluralnominative,  wenn  man  zu- 
gibt dafs  ihr  ^  q  eine  Entstellung  des  ursprünglichen  s 
sei  '),  den  goth.  Nominativen  des  Singulars  von  Stämmen 
auf  a  und  ^;  wie  also  z.  B.  vulf-s,  gast-s,  von  den  Stämmen 

*)  Darin,  dafs  diese  Entartung  von  s  zu  y  nur  in  Endungen  vor- 
kommt, nicht  aber  an  Wurzeln  und  Wortstämmen,  steht  das  arme- 
nische <7  auf  gleichem  Fuise  mit^  z,  welches  ebenfalls  nur  in  Endun- 
gen als  Entartung  eines  Buchstaben  vorkommt,  mit  dessen  Laut  (;  = 
skr.  jj  j)  er  eben  so  wenig  Ähnlichkeit  hat  als  .g  y  mit  s.  Auf  das  Ver- 
h'ältnils  des  7  von  (^un  Schlaf,  theni.  quno,  verstümmelt  qno  (mit 
o  für  skr.  a,  s.  p.  366  f.)  und  ^nj['  q  uir  Schwester  zu  den  s  der  skr. 
Stämme  ssfdpna  Traum,  sväsdr  Schwester,  dürfen  wir  uns 
nicht  berufen,  da  die  Lautgruppe  ^cl  -^'^  "^  allen  iranischen  Sprachen 
regelmälsig  zu  einem  Guttural  geworden  ist  (s.  §.  35)  und  man  da- 
her auch  annehmen  könnte,  dafs  dieser  Guttural,  z.  B.  der  erwähnten 
armenischen  Wörter  und  ihrer sendlschen  Schwesterformen  qafna^ 
qanhar  (euphonisch  q  anhare)  die  Erhärtung  des  f  sei,  wie  auch, 
was  wichtig  ist  zu  beachten,  das  v  des  skr.  ^STI  s  väs  ura  (aus  ;^qI 
SV.)  Schwiegervater  in  dem  armen,  ul^truni^p  skesur  (them.  ske- 
sura^  verstümmelt  j/cejrß,  instr.  skesra-v)  S  ch^vi  ege  r  mutt  er  sich 
gutturallsirt  hat,  und  auch,  was  ich  jetzt  glaube  annehmen  zu  müssen, 
das  ^9  der  obliquen  Singular-Casus  desPronom.  der  ::ten  P.  nichts  als 
die  Erhärtung  des  v  des  skr.  Stammes  tva  ist,  dessen  a  in  dem  flexions- 
losen Genitiv  q  o  7.110  (vgl.  p.  366  f.)  und  in  anderen  obliquen  Casus  zu 
h  e  geschwächt  worden,  während  das  e  des  Ablativs  qi-n  eine  Ver- 
längerung im  Sinne  von  p.  3.58  erfahren  hat.  —  In  Bezug  auf  das  vor- 
hin erwähnte  qun  Schlaf  mufs  ich  noch  bemerken,  dafs  ich  In  sei- 
nem u  nichts  als  die  Schwächung  des  a  des  skr.  und  send.  Schwester- 
wortes {s  V  äpna^  qafnd)  erkenne,  und  dafs  meiner  Überzeugung 
nach  B  Ott  icher  (1.  c.  p.  iG^)  Unrecht  hat,  wenn  er  aus  dem  skr. 
svapna  die  Folgerung  ziehen  will,  dafs  ^ntjü  qun  ursprünglich  chovn 
müsse  gesprochen  worden  sein  {ov  wäre  dann  eine  Umstellung  von 
vo)  ;  denn  jedenfalls  ist  das  ^  q  des  armenischen  Wortes  eben  so  wie 
das  ü4  4  des  sendlschen  der  etymologische  Vertreter  der  sanskriti- 
schen Laulgruppe  ^^  sv. 


446  lUMiius   der    Casus.      §.  227.    228''). 

vulfa,  gasti,  so  z.  B.  im  Armen,  ges-q  Haare,  oa^  ö^-q 
Schlangen,  von  den  Stämmen  gesa  (geschwächt  gisd)  = 
skr.  kesa,  6'Qi  =  skr.  dhi,  gr.  e'xi. 

227.  Mit  einem  vorhergehenden  a  des  Stammes  zer- 
fliefst  im  Skr.  das  a  der  Endung  as  zu.  d\  so  entspricht 
vr'kds  (Wölfe),  aus  varka-has,  dem  gothischen  vuljos 
aus  vulfa-as  (§.  69).  Nur  in  dieser  Verwachsung  mit 
dem  Stammvocal  hat  jedoch  das  Gothische  die  vollstän- 
dige Endung  geschützt;  sonst  aber  ist,  sowohl  an  vocah- 
schen  wie  an  consonantischen  Stämmen,  vom  alten  as  blofs 
s  geblieben,  wie  überhaupt  der  Ausgang  as  in  gothischen 
mehrsylbigen  Formen  überall  entweder  zu  is  oder  s 
geschwächt  worden  ist  (vgl.  §g.  135.  191);  daher  z.  B. 
sunju-s^  ahman-s  für  suniv-as,  ahman-as.  —  Auch  d  wird 
im  Skr.  mit  der  Endung  as  zu  ds  zusammengezogen; 
daher  53^^T^  dsvds  (equae)  aus  dsvd-as.  Dem 
gothischen  gibös  vom  Stamme  gibo  kann  aber,  wegen  des 
eben  Gesagten,  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  werden, 
ob  es  ein  blofses  5,  oder  as  (mit  dem  Stammvocal  zu  o  = 
d  verwachsen)  zur  Casusbezeichnung  habe.  —  Analog  dem 
gothischen  gibös  sind  litauische  Formen  wie  ds'wos^  >velches 
man,  vom  rein  litauischen  Standpunkte  aus,  äsivö-s  theilen 
müfste  (wie  im  Gen.  sg.  §.  193) ;  dann  wäre  es  analog  den 
Plural-Nominativen  dwy-s  Schafe,  sunü-s  Söhne,  dukter-s 
Töchter,  dkmen-s  Steine.  Fafst  man  aber  ds'wös  als 
ungeschmälerte  Überlieferung  aus  der  Zeit  der  Einheit  unse- 
res Sprachstammes,  so  zerfällt  es  in  die  Elemente  ds'ivä-as 
oder  dswö-as  (ö  =  ä  p.  134). 

228'').  Die  männlichen  Pronominal-Stämme  auf  a  ent- 
halten sich  im  Sanskrit,  Send  und  Gothischen  der  vollen  No- 
minativbezeichnung, und  erweitern  statt  dessen  den  Stamm 
durch  ein  beitretendes  ^,  welches  im  Skr.  nach  §.  2  mit  dem 
stammhaften   a   -lm  JJ  e  wird'),    wofür  im   Send  ;ü  e  oder 


I 


*)    Da  5^  flf  in  vielen  anderen    Casus  sich  zujje  erweitert,  und 
hiermit  erst  die  Casus -Kudungen  verbunden  werden,   so  hat  man 


NomifHi/w,    Vocalw  pl.      §.    228*'.  417 

^^  Ol  Steht;  daher  z.  B.  skr.  ^  te^  send.  jüOö  t^^  goth.  j^/mi 
diese,  gegenüber  den  weiblichen  Formen  rTI^L  ^^^^  S*^CO 
^«0  (§.  56*)),  thös.  Jenem  entspricht  im  Griechischen  loi 
(dorisch  für  oi)\  es  ist  aber  im  Griech.  und  Lateinischen 
dieses,  die  Endung  as  (e;,  5)  praktisch  ersetzende  i  nicht 
bei  den  männlichen  Pronominalstämmen  auf  0,  ö  (=  3^  a 
§.  116)  stehen  geblieben,  sondern  alle  anderen  Stämme  der 
zweiten  wie  der  ersten  Decl.  haben  im  Griech.  und  Lat. 
daran  ein  Beispiel  genommen;  daher  'inTvoi^  X'^P^'-  für  LTTTTo-sg, 
X(Jopa-ig;  equi  (aus  equoi)^  equae  (aus  equai).  Die  lat.  fünfte 
Decl.,  obwohl  sie  ihrem  Ursprünge  nach  mit  der  ersten 
identisch  ist  (p.  147  f.),  hat  das  s  der  Casus-Endung  geschützt, 
daher  res  wie  im  Skr.  cisvds  aus  dsvä-as.  Das  Litaui- 
sche hat  dem  Misbrauch  der  in  Rede  stehenden  Pronomi- 
nalflexion, oder  richtiger  Flexionslosigkeit,  engere  Grenzen 
gesetzt  als  das  Griech.  und  Lat.;  es  sagt  zwar  z.  B.  dewai 
(=  3-sot',  du,  dwi),  aber  nicht  äswai^  sondern  äs'wÖSy  gegen- 
über dem  lat.  equae. 

228 *\     Wenn  das  Altlateinische  im  Nom.  pl.  der  zwei- 
ten Decl.  neben  Formen  auf  t  [ei)  auch  Formen  auf  eis,   es 


guten  Grund  anzunehmen,  dafs  in  ^  ie  und  ähnlichen  Formen  gar 
keine  Casusbezeichnung  enthalten  sei,  und  dafs  die  Pronomina  als 
reine  Persönlichkeitswörter  in  diesem  Casus  sich  durch  sich  selbst 
schon  hinlänglich  personlficirt  finden,  wie  Im  Singular  sa  für  sas  ge- 
sagt wird,  Im  Skr.  wie  im  Gothlschen,  und  Im  Gr.  0  für  0?,  während 
im  Lateinischen  neben  ü-fe  auch  ipse  und  i/Ie  des  Nominativzeichens 
beraubt  sind.  Diese  Ansicht  unterstützt  sich  noch  ganz  besonders 
dadurch,  dafs  ^^J  ami  illi  durch  die  meisten  obliquen  Casus, 
wie  ami  'h  yas  Ulis,  ami  -  s  dm  Illorum,  offenbar  als  nacktes 
Thema  sich  ausweist.  Die  im  Send-Avesta  vorkommende  Form 
vU^jLJce^^y^  vispes-ca  omnesque  (V.  S.  p.  49,  55^i,  555),  als 
Zusammenziehung  von  vis pay-as  -ca  aufgefafst  (vgl.  p.  4l8),  läfst 
vermuthen,  dafs  an  ^  /^  und  ähnliche  flexionslose  Formen  auch  die 
Endung  as  sich  anschllefsen  konnte,  also  tay-as.  Im  Send  steht  die 
Pronominal-Form  auf  e  meistens  auch  Im  Accus,  plur.,  und  so  steht 
auch  das  genannte  vis  pes  -ca  1.  c.  wirklich  als  Accusativ. 


448  Bildung   der   Casus.     §.  228*). 

und  is  zeigt,  —  wie  z.  B.  vireis,  gnateis,  facteis,  populeis,  lei- 
hereis, [co)iscr)iptes,  duomvires,  magistres,  ministris")  —  so  kann 
daraus,  meines  Erachtens,  nicht  gefolgert  werden,  dafs  die 
Formen  auf  t  oder  ei  nur  Verstümmelungen  der  Formen 
auf  eis  seien;  denn  der  nahe  Zusammenhang  des  Lateini- 
schen mit  dem  Griechischen,  dessen  Pluralnominative  auf 
oi,  ai  in  den  lateinischen  auf  ei,  c,  ai,  ae  sich  abspiegeln, 
bürgt  für  das  Alter  und  gewissermafsen  für  die  in  die  Zeit 
der  Identität  des  Lateinischen  und  Griechischen  hinaufrei- 
chende Begründung  der  vocalisch  endigenden  Pluralnomina- 
tive der  2ten  Declination,  die  auch  im  Genitiv  plur.,  ebenso 
wie  die  Iste  und  5te,  eine  im  Sanskrit,  Send,  Germanischen, 
Altpreufsischen  und  Slavischen  auf  die  Pronomina  beschränkte 
Endung  aufgenommen  hat.  Dies  hindert  aber  nicht  anzu- 
nehmen, dafs  das  Altlateinische  im  Pluralnominativ  der  2ten 
Declin.,  neben  den,  auf  altem  Übergriff  der  Pronominaldec- 
lination  in  die  gewöhnhche,  beruhenden  Formen  auf  ei,  i, 
auch  organische  Formen  mit  bewahrtem  Casuszeichen  s  be- 
sitze, die  jedoch,  auch  in  der  ältesten  Sprachperiode,  gegen 
die  überwiegende  Menge  der  nach  der  Pronominaldeclina- 
tion  gebildeten  Nominative  sehr  in  der  Minorität  sich  befin- 
den, während  umgekehrt  auch  in  der  Pronominal- Declina- 
tion Formen  wie  ques  für  qui  (im  S.  C.  de  Bacchan.),  hisce 
für  htce""),  eis  für  w,  erscheinen,  wenn  man  diese  nicht, 
was  ich  vorziehe,  von  Stämmen  auf  i  ableiten  will,  wie 
que-m,  qui-bus  und  den  altlat.  Acc.  i-m  =  goth.  in-a:  also 
que-s  [que-s)  nach  dem  Princip  von  ove-s,  skr.  dvay-as. 
Stehen  aber  Substantive  und  adjective  Pluralnominative  auf 
eis  —  is  (virei'S,  leiherei-s)  mit  den  vorherrschenden  auf  ei, 
t  in  einem  solchen  Zusammenhang,  dafs  sie  entweder  die 
Erzeugten  oder  die  Erzeuger  der  letzteren  sind,  so  trage  ich 
kein  Bedenken,  in  Übereinstimmung  mit  Pott,  das  Erstere 


*)    S.  Ritschi,  Monumenta  epigraphica  tria  p.  18 f. 

**)   Über   die  muthmafsllche  Verwandtschaft  von  hi-c  mit  qui  s. 


Nominal w,    P^ocatw  pl.      §.   228*).  449 

anzunehmen,  dafs  also  an  die  Plurale  auf  pA  noch  eine 
neue  Nominativ -Endung  nach  dem  Princip  der  3ten  Decl. 
angetreten  sei,  wobei  an  die  Häufung  von  Casus-Endungen 
in  den  oben  (p.  385)  besprochenen  Singular- Genitiven  wie 
£jU£i)$  zu  erinnern  wäre,  und  zugleich  an  die  vedischen  Plu- 
ralnominative wie  devas-as  (s.  §.  229).  —  Im  Oskischen 
und  Umbrischen  enthalten  sich  sowohl  die  Substantive  und 
Adjective  als  die  Pronomina  selber  der  weit  verbreiteten 
pluralen  Nominativform  auf  ^,  und  es  finden  sich  in  der 
2ten  Declin.  des  erstgenannten  Dialekts  männliche  Plural- 
Nominative  auf  US,  wovon  zuerst  Peter  (Hallische  Litera- 
turzeitung Mai  1842  p.  47)  Belege  nachgewiesen  hat,  durch 
NManüs  Nolani  und  Abellanus  Jbellani"):  so  in  der  Pro- 
nominaldeclin.pw5  qui.  Als  Pluralnominativ  der  Isten  Declin. 
erweist  sich  durch  Aufrecht's  und  Kirchhoff 's  Untersu- 
chung die  Form  scriftas  scriptae  und  analog  j9ö55  quae  *'). 
Das  Umbrische  zeigt  in  der  älteren  Periode  männliche  Plural- 
nominative auf  OS  (2.  Declin.)  und  weibliche  auf  as,  und  in 
der  späteren  dafür  o-r,  a-r;  doch  sind  in  diesem  Dialekt 
pronominale  Pluralnominative  nicht  zu  belegen.  Um  aber 
wieder  zu  den  altlatein.  Pluralnominativen  auf  eis  oder  es 
zurückzukehren,  so  lassen  sie  sich  weder  mit  den  oskischen 
Pluralen  auf  üs,  noch  mit  den  umbrischen  auf  os  oder  o-r 
vermitteln,  oder  doch  nur  hinsichtlich  des  Casuszeichens  5; 
ist  aber  dieses  s  nicht,  wie  oben  angedeutet,  an  den,  nach 
der  Pronominaldeclination  gebildeten  Pluralnominativ  als 
Pleonasmus  angetreten,  so  halte  ich  die  Form  auf  es  (es) 
für  die  ältere,  und  erkläre  vires ,  duomvii^es  nach  der  ^- 
Declination,  also  aus  den  Stämmen  viri,  duomviri,  mit  Guna 
(§.  230),  wie  ove-s  =  ovais  aus  ovi.  Von  der  Form  auf  es 
=  ais  gelangt  man  dann  zu  der  auf  eis  (wahrscheinlich  der 


*)   Vgl.  Aufrecht  und  Kirchhoff,   Umbr.  Sprachd.  p.  l63ff. 

**)  L.  c.  p.  113  wird  eine  Stelle  der  tab.  Bant,  (25):  pas  ex.  aiscen 
ligis  jcn/if«j  je/ durch  „quae  ex  hisce  legibus  scriptae  sunt" 
übersetzt. 

I.  29 


450  Bildung   der   Casus.      §.   228^). 

Aussprache  nach  =  t-s),  wie  im  Dat.  sg.,  wo  in  dem  i  (z.  B. 
\ on  ped'i  =  skr.  p ade)  der  Schlufstheil  des  Diphthongs 
at,  mit  Verlängerung,  enthalten  ist  (s.  §.  176).  Ist  nun  aber, 
was  ich  für  sehr  wahrscheinlich  halte,  in  den  in  Rede  ste- 
henden Pluralnominativen  die  lat.  o-Declination  zur  z-Dech- 
nat.  übergewandert,  so  ist  dies  eine  ähnliche  Erscheinung, 
wie  wenn  z.  B.  die  Stämme  anno,  jugö  in  der  Composition 
sich  zu  enni  (s.  §.  6),  jugi  schwächen  {bienni-s,  bijugi-s), 
und  daher  im  Nom.  pl.  m.  enne-s,  juge-s  für  anm,  jugt  zei- 
gen. —  Hinsichtlich  des  Verlustes  des  Endvocals  des  Stam- 
mes, welchen  die  gewöhnlichen  Pluralnominative  auf  t  er- 
fahren haben,  in  Formen  wie  equi,  istt,  ilU  (für  equoi  etc.), 
mufs  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  dafs  im  Litaui- 
schen, welches  bei  männlichen  Stämmen  auf  a  =  lat.  ö  an 
Substantiven  den  vollen  Diphthong  bewahrt  hat  —  also 
wilkai  V^ölfe  —  bei  analogen  Adjectivstämmen  nur  der 
Schlufstheil  des  zu  erwartenden  Diphthongs  übrig  gebheben 
ist,  daher  z.  B.  geri  boni  (für  gerai),  vom  Stamme  gera. 
Das  Slavische  dehnt  die  Verstümmelung  des  Diphthongs 
auch  auf  die  Substantive  und  Pronomina  aus ,  daher 
BA1»KH  vlüki  lupi  für  vlükoi  vom  Stamme  vlüko,  so  TH 
ti  hi,  OHH  oni  illi,  von  den  Stämmen  to,  ono.  Dagegen 
zieht  das  Litau. ,  gleich  dem  Sanskrit,  in  der  Pronominal- 
declin.  den  Diphthong  ai  zu  e  (gewöhnlich  ie  geschrieben) 
zusammen;  daher  te\\\  =  skr.  te  (goth.  thai^  dor.  toi').  Diese 
Begegnung  mit  dem  Skr.  betrachte  ich  nach  p.  7  als  zu- 
fäüig;  auch  nimmt  das  Altpreufsische  daran  keinen  Antheil, 
sondern  zeigt  bei  prominalen,  wie  bei  Substantiven  und  selbst 
bei  adjectiven  Masculinstämmen  auf  a  den  Diphthong  ai,  oder 
gelegentlich  dafür  ei  und.  o^,  letzteres  gleichsam  im  griechi- 
schen Gewände;  daher  z.B.    stai  ot  "),    quai    und    quoi   qui 

*)  Die  Pronomina,  den  Artikel  mltbegriffen,  gebrauchen  im  Plu- 
ral aller  Casus  die  Mascullnformen  zugleich  als  Feminina,  so  dafs  stai 
nicht  nur  ol  sondern  auch  a/,  und  stans  (vgl.  goth.  thans)  nicht  nur 
Tüxjq.,  sondern  auch  ra?  bedeutet.  Von  tan-s  er  (them.  tanna)  fin- 
den wir  den  Pluralnom.  tannei. 


Nortniiafw,    Vocativ  pl.    §.  229.  451 

(interrog.  und  relat.),  tawai  patres,  swintai  s  a  n  c  t  i ;  von  den 
Stämmen  sta,  ka^  tawa^  swinta.  —  Das  Althochdeutsche  hat 
nach  §.  79  in  den  in  Rede  stehenden  Pluralnominativen  den 
goth.  Diphthong  ai  zu  e  zusammengezogen,  im  Fall  nicht 
anzunehmen,  dafs  dieses  e  als  schutzloser  Endvocal  in  den 
erhaltenen  Sprachquellen  überall  kurz  sei  (s.  §.  81).  Jeden- 
falls war  es  usrprünglich  lang,  und  so  dürfen  wir  beim  Arti- 
kel die  oder  die  dem  vedisclien  tye,  vom  Stamme  fSf  tya, 
gegenüberstellen  (s.   §.  355). 

229.  Im  Veda- Dialekt  finden  sich  Pluralnominative 
auf  dsas  von  männlichen  Stämmen  auf  a  und  weibHchen 
auf  a,  z.  B.  devasas  von  devd  Gott,  dümäsas  von 
dumd  Rauch,  pdvakasas  von  pdvaka  pura').  Hierauf 
stützen  sich  im  Send  Formen  auf  ^ev^^  donhö  (nach 
§.  56^^),  die  jedoch  hier  misbräuchlich  auch  in  den  Accus,  ein- 
gedrungen sind,  z.  B.  vehrkdonho  lupi,  lupos  (V.  S.  p.  468 
als  Acc).  So  auch  1.  c.  Icsvaiwdonho,  als  Epithet  von  asyo 
Schlangen,  ebenfalls  als  Accusativ;  so  mas'ydonho  im  30. 
Ha  des  Yasna,  wo  es,  von  dadad  er  gab  regiert,  die  Stelle 
des  Dativs  vertritt  und  von  Neriosengh  durch  iqTT^^V7:ri 
manusy eByah'  (hominibus)  übersetzt  wird  (s.  Burnouf, 
Yagna  Notes  p.  83).  Die  meisten  übrigen  belegbaren  For- 
men dieser  Art,  wie  yasatdonho^  von  yasata:,  eigentlich 
verehrungswürdig,  dann  die  Genien  dieses  Namens, 
stehen  jedoch  als  Nominative  männlicher  a- Stämme  "*);  es 
fehlt  aber,  wie  es  scheint,  im  Send   ganz  an  weiblichen 


)  Die  weiblichen  Formen  auf  dsas  waren  mir  früher  entgangen, 
s.  liierüber  Böhtlingk,  Chrest.  p.  377.  Der  Ursprung  dieser  Formen 
erklärt  sich  meines  Erachtens  dadurch,  dafs  an  den  schon  gebildeten 
Plural-Nominativ,  dessen  Endung  in  ihrer  Verschmelzung  mit  dem  a 
oder  d  des  Stammes  weniger  fühlbar  ist,  noch  einmal  die  Endung  as 
hinzutrat,  also  cturndsas  aus  dümäs  -^  as.  Dieser  schon  frü- 
her gegebenen  Erklärung  stimmt  auch  Burnouf  bei  (Ya^na,  Notes 
p.  74). 

**)   S.  Burnouf,  Yagna  Notes  p.  73 ff. 

29* 


4')^  nHJunS   ehr   Casus.      i^.  23(1. 

Plnralformen  aui^  a  07ih6.  —  Im  Ällpersischen  ist  aus  dem  skr. 
Ausgang  dsas  männlicher  Pluralnominative  regelrecht  aha 
geworden,  daher  bagdha  Götter,  vom  Stamme  haga.  Es 
gilt  aber  die  Endung  aha  insofern  für  veraltet,  als  sie  sich 
nur  in  der  Benennung  Gottes  behauptet  hat,  in  welcher 
Beziehung  ich  in  Erinnerung  bringe,  was  oben  (p.  312)  über 
die  Accusative  sg.  auf  n  in  den  althochd.  Ausdrücken  für 
Gott,  Herr  und  Vater  gesagt  worden.  Die  übrigen  Mascu- 
linformen  auf  a,  deren  Pluralnominativ  auf  altpersischen  In- 
schriften vorkommt,  zeigen  d  für  skr.  ds  mit  der  nach 
§.  11  p.  22  hinter  a  und  d  nöthigen  Unterdrückung  des 
Zischlautes ;  es  gleichen  daher  Plural  -  Nominative  wie 
martiyd  Menschen  (eigentlich  mortales)  vom  Stamme 
martiya  (ved.  mdrtya)  den  althochdeutschen  wie  wolfd 
Wölfe.  Es  hat  nämlich  das  Hochdeutsche  schon  in  der 
ältesten  Periode  im  Nachtheil  gegen  das  Gothische  das  5  des 
Pluralnominativs  aller  Substantivdeclinationen  verloren  (vgl. 
p.  157). 

230.  Stämme  auf  i  und  u  haben  im  Skr.  Guna,  da- 
her pdtay-as,  sündv-as  für  paty-as,  sünv-as.  Diesen 
Guna  hat  auch  das  Gothische  bewahrt,  jedoch  in  seiner  ge- 
schwächten Gestalt  i  (§.  27),  welches  vor  u  zu  j  wird;  da- 
her sunju-s  Söhne  (für  suniu-s  aus  siinau-s),  eine  Form, 
welche  ohne  die  dem  Germanischen  nachgewiesene  Guna- 
Theorie  unbegreiflich  wäre.  Bei  den  ^- Stämmen  zerfliefst 
das  Guna-^  mit  dem  des  Stammes  zu  langem  i  (geschrieben 
ei  §.  70),  daher  gastei-s,  a7istei-s  von  den  Stämmen  gasti, 
ansti  (vergl.  S.  205).  Das  Send  setzt  bei  i/- Stämmen 
nach  Willkür  Guna  oder  nicht,  daher  <V>>»^^*''<2;  pasv-6 
oder  pasav-o;  dagegen  scheinen  die  z-Stämme  nur  gestei- 
gerte Formen  zu  gestatten,  während  sie  im  Accusativ  pl. 
vor  der  gleichlautenden  Endung  sowohl  gunalose  als  gu- 
nirte  Formen  zeigen;  daher  z.  B.  vay-o  von  vi  Vogel, 
sarafiistray-o  als  Vocativ,  von  sarafusf7'i  soroastri- 
cus;  fravasay-o  von  fravasi  fem.  (s.  Brockhaus, 
Glossar).  —    Das    Litauische  verlängert    schliefsendes  i  und 


jS'orninatu-,     f'^oralw    pl.      v^.    -,'}().  453 

w,  daher  dwy-s  Schafe  für  skr.  dvaij-as,  sunü-s  Söhne') 
für    skr.   sÜ7ido-as.     Das    Lateinische    ersetzt   bei    seinen    u- 
Stämmen  (4.  Deck)  die  Gunirung  durch  Verlängerung,  also 
fructü'S  gegenüber    dem    Singular  fructü-s\    es    gunirt    aber 
ein   schliefsendes  ^,    mit  Zusammenziehung   von    ai  zu  e  (s. 
§.5),  daher  ove-s  für  skr.  dvay-as.    Zur  Unterstützung  der 
oben  (§.  226)    ausgesprochenen    Ansicht,    dafs    consonantisch 
endigende  Stämme,  im  Lateinischen,  in  den  in  Rede  stehen- 
den Casus  ein  unorganisches  i  anfügen,  und  dafs  daher  z.  B. 
voce-s^ferente-s  nicht  von  voc,  fereiit^  sondern  von  vöci,  ferenti 
kommen,  mag  hier  noch  daran  erinnert  werden,  dafs  man- 
che   consonantisch    schliefsende    Wörter    und    Wortklassen, 
unter    anderen    die    Participialstämme  auf  nt,   auch    vor  der 
Neutral-Endung  a  und  Genitiv-Endung  um  den  Stamm  durch 
i  erweitern,    und    dafs    die   skr.    Stämme  yüvan  '^nn^  und 
SV  an  Hund   im   Lat.    sogar    im   Nom.  sg.  den  Zusatz  eines 
*  erhalten  haben  [juveni-s^  cani-s),  w^ährend  sie  im  Gen.  pl. 
davon  frei  geblieben  sind;    ferner  dafs  i,  weil  es  der  leich- 
teste der  Grundvocale  ist,  auch  in  anderen  Gliedern  unseres 
Sprachstammes    gerne   den   consonantisch    endigenden  Stäm- 
men beitritt,  so  dafs  z.  B.  im  Litauischen  und  Altslavischen 
die  Stämme    auf  7i    und  r  nur   wenige  Casus    aus   dem    ur- 
sprünglichen Stamme  bilden,  die  meisten  aber  aus  Stämmen 
auf  m,  o'i.     Im  Altpreufsischen    bilden  die  Participialstämme 
auf  nt  nur   den   Nom.    sg.    masc.    aus    dem   ursprüngHchen 
Stamme,    die    übrigen    Casus    aber   aus    einem   erweiterten 
Thema    auf    nti;    im    Althochdeutschen,    anderer    germani- 
scher Dialekte  nicht  zu  gedenken,  bilden  diejenigen  Zahlwör- 
ter,   deren   Stamm   im    Skr.   auf  n   endet,    ihre    Casus    aus 
einem  Stamme  auf  ni,  daher  Nom.  m.  sibuni,  niun%  zehani^ 
neut.  sibuni-u,  niuni-u^  zeeni-u.   Im  Armenischen  hat  die  Be- 
nennung der  Zahl  zehn  (nom.  sg.  mmub  tasn^  them.  tasan  = 
skr.    das  an  ^    instr.    tasam-h)   im   einfachen   Zustande   kei- 


)    S.  Schleicherp.  190.  —    Kurschat  p.  105  setzt  kurzes  u 
und  läfst  bei  Stämmen  auf  /  sowohl  Kürze  als  Länge  zu. 


,|54  Bildung   der   Casus.      §.  230. 

nen  Zusatz,,  allein  die  zusammengesetzten  Zahlwörter  von 
20  —  90  haben  das  Thema  durch  den  Zusatz  eines  i  erweitert, 
daher  z.  B.  von  ^uivU  q-san  zwanzig  der  Instr.  sg.  q-sa- 
ni-v"),  der  Dat.  Abi.  Gen.  pl.  q-sani-i.  —  Eine  schöne 
Unterstützung  findet  auch  meine  Erklärung  der  lateinischen 
Pluralnominative  wie  voce-s,  ferente-s^  fratre-s  aus  erweiter- 
ten Stämmen  auf  i  durch  das  Oskische.  In  diesem  Dialekt 
lassen  sich  zwar  Pluralnominative  consonantisch  endigender 
Stämme  nicht  belegen,  allein  er  erweitert  dieselben  schon 
im  Genitiv  sg.  durch  den  Zusatz  eines  i  (s.  p.  386 f.),  und  man 
darf  mit  gutem  Grund  erwarten,  dafs  diese  Stammerwei- 
terung nicht  auf  den  genannten  Casus  beschränkt  war,  son- 
dern dafs  auch  das  i  des  Accus,  medicim  dem  erweiterten 
Stamme  angehört,   und   nicht   auf  das   skr.  a  und  griech.  a 


*)  In  den  übrigen  Zusammensetzungen  dieser  Art  hat  sich  das  a 
der  Zahl  zehn  zu  u  geschwächt  {eres un  .V\  g  arasun  Ao  etc.)^  in 
A-N  elcher  Beziehung  man  das  ^oth.  taihun  zehn,  ihem.  iaihuni,  ver- 
gleichen mag.  In  dem  q  von  q-san  zwanzig  erkenne  ich  mit 
Windischmann  (1.  c.  p.  .>2)  die  Erhärtung  eines  v  (vgl.  p.  '\h5)\ 
es  ist  also,  wenn  diese  Auffassung  richtig  ist,  nur  der  Mittelpunkt  des 
skr.  Stammes  dva,  geschwächt  di>i\  doch  möchte  ich  nicht  q-san 
von  dem  skr.  vinsdti  ableiten;  sondern  ich  lasse  die  in  Rede  ste- 
henden Zahlcomposita  auf  armenischem  Boden  erwachsen,  d.  h.,  ich 
erkenne  in  ihrem  Schlufstheile  das  armen,  tasan  zehn  mit  Verlust 
der  Anfangssylbe  und  thematischem  Zusatz  eines  i.  Man  vergleiche 
in  Bezug  auf  diese  Neubildungen  unter  anderen  unsere  deutschen 
Composita  wie  zwanzig,  dreifsig  (s.  die  Anm.  zu  §.  320).  Erkennt  man 
aber  in  dem  q  von  q  -san  zwanzig  das  v  der  uralten  Zahlbenennung, 
so  darf  man  auch,  wie  mir  scheint,  in  dem  ij  k  des  sehr  räthselhaft 
scheinenden  h^l^nt^^  erku-q  zwei  eine  Im  Armenischen  beliebte 
Gutturalisirung  eines  ursprünglichen  v  erkennen.  Stellt  man  dieses 
wieder  her,  und  fafst  man  das  r  als  Schwächung  von  d,  wie  im  tahiti- 
sehen  rua  zwei  gegenüber  dem  malaylschen  und  neuseeländischen 
dua,  und  Im  lat.  meridies  (s.  §.  17"^),  so  gewinnt  man  den  Stamm 
edvu,  mit  e  als  vocallschem  Vorschlag  (vgl.  p.  36'i  f.).  In  dem  u  des 
Stammes  erku  aus  edvu  erkenne  Ich  die  Schwächung  des  skr.  a  von  dva 
(vgl.  p.  .567),  worauf  auch  der  goth.  Stamm  tva  (§.  309)  sich  stützt. 


Norninativ,     Vocativ  />[.     §.   231.  455 

von  Formen  wie  Bdrant-am,  (pipovr-a  sich  stützt.  Auch 
das  i  des  Ahlat.  'praesentid  möchte  ich  jetzt,  in  Abweichung 
von  p.  361,  der  Endung  entziehen  (also  praeseoiti-d)  und  nur 
das  ü  von  ligüd,  lege  mit  dem  a  sendischer  Ablative  wie 
ap-ad  vermitteln.  Der  Dativ  [medikei)  läfst  sich  sowohl 
aus  medik  erklären  (nach  p.  342),  als  mit  Aufrecht  und 
Kirch  ho  ff  (Umbrische  Sprachd.  p.  127)  aus  mediki,  da 
die  entschiedenen  *- Stämme  im  Dativ  auf  ei  ausgehen.  — 
Zum  Sanskrit  zurückkehrend  mufs  ich  noch  bemerken,  dafs 
im  Veda-Diaiekt  die  Stämme  auf  i  und  u  diese  Vocale  im  Nom. 
Voc.  pl.  in  Analogie  mit  dem  Send  auch  ungunirt  lassen  kön- 
nen, daher  z.B.  ary-äs,  mumuksv-äs ,  pdrayis'nv-as,  von 
ari^  mumuksü^  pdrayisnu  (s.  Benfey,  vollst.  Gr.  p.  305). 
Zu  Formen  dieser  Art  stimmen,  abgesehen  von  der  im  Skr. 
eintretenden  euphonischen  Umwandlung  des  **,  u  in  den 
entsprechenden  Halbvocal,  am  besten  die  griechischen  wie 
TToa-L-Eg,  vEKV-sg.  Hinsichtlich  des  Send  ist  noch  zu  bemerken, 
dafs  statt  der  Gunirung  des  u  auch  die  Vriddhisteigerung, 
d.  h.  dv  für  av  eintreten  kann.  So  in  ^>>ajuev^vO^ 
dainhdvo  provinciae,  neben  dainhvo  (von  dainhu); 
auch  ^>>ujuev3A;^  danhdvo  und  danhvo  id.,  von  danhu 
(s.  Brockhaus,  Glossar  p.  367).  Vriddhi-  statt  Guna-Steige- 
rung  des  i  zeigt  frdyo  von  tri  drei. 

231.     Die  Neutra  haben  im  Send,  wie  in  den  verwand- 
ten   europäischen    Sprachen,    ein    kurzes    a   zur   Endung"); 


*)  So  einfach  diese  Sache  scheint,  so  schwer  ist  es  mir  gewesen, 
hierüber  eine  feste  Überzeugung  zu  gewinnen,  obwohl  ich  gleich  von 
Anfang  an  meine  Aufmerksamkeit  daraufgerichtet  habe.  Von  den  a- 
Stämmen  hatte  bereits  Burnouf  (Noup.  Journ,  Asiat.  III.  309,  3I0) 
die  plurale  Neutralform  gegeben,  und  treffende  Verglelchungen  mit 
dem  Goth.  und  Gricch.  etc.  angestellt.  Allein  aus  Formen  wie  hu- 
rnata  b  c  n  e  -  c  o  g  i  t  a  t  a,  liükta  b  en  e-dict  a  kann  man  ni<ht  er- 
kennen, was  eigentlich  die  neutrale  Plural -Endung  ist;  weil  man, 
vom  Skr.  ausgehend,  anzunehmen  versucht  wird,  dafs  die  wahre  En- 
dung in  diesen  Formen  abgefallen,  und  entweder  durch  Verlänge- 
rung  des   Endvocals    ersetzt    sei    oder    nicht.      Man    mufste   also 


456  Bildung    der   Casus.     §.  231. 

vielleicht    der   Überrest    des   vollständigen,    den    natürlichen 
Geschlechtern  gehörenden   «5,   nach   Ablegung    des    für  das 


seine  Aufmerksamkeit  auf  Stämme  mit  anderem  Ausgang  als  a 
richten,  vorzüglich  auf  solche,  welche  mit  einem  Consonanten 
schliefsen.  Die  Untersuchung  über  diesen  Gegenstand  wird  aber 
sehr  erschwert,  dadurch,  dals  das  Send,  was  man  nicht  erwarten 
konnte,  ohne  Rücksicht  auf  das  Geschlecht  des  Singulars,  jedes  No- 
men im  Plural  gerne  zum  Neutrum  macht,  eine  Neigung,  die  so  weit 
geht,  dafs  die  zahlreichen  a-Stämme  hierdurch  den  männlichen  Nomi- 
nativ, abgesehen  von  den  oben  (§.  229)  besprochenen  Formen  auf 
äonho,  ganz  verloren  haben,  den  männlichen  Accus,  aber  nur  noch 
sparsam  zeigen.  Wenn  z.  B.  mas  ya  Mensch  im  Plural-Nom.  eben- 
falls masya  lautet  (mit  cö:  masfä-ca),  so  ist  es  jetzt  meine  Über- 
zeugung, dafs  dieses  plurale  mas  ja  oder  masyä  nicht  etwa  eine 
Verstümmelung  von  masydo  sei,  aus  mas y äs  (§.  56*^)  —  da  an 
keiner  anderen  Stelle  der  Send-Grammatik  «x«  a  oder  vcu  ä  für  jy|^i 
äs  steht  —  sondern  dafs  diese  Form  dem  Neutrum  angehöre.  Es 
beruht  aber  die  Ersetzung  der  Plural -Mascullna  durch  Neutra  auf 
einem  tiefen  Sprachgefühl,  denn  in  der  Mehrheit  tritt  Geschlecht  und 
Persönlichkeit  offenbar  sehr  in  den  Hintergrund.  Die  Persönlichkeit 
des  Einzelnen  geht  unter  in  der  abstracten  endlosen  todten  Vielheit, 
und  wir  können  insofern  das  Send  für  seine  Geschlechts-Scheue,  im 
Plural,  nur  rühmen.  Tadeln  müssen  wir  es  aber  darum,  dafs  es  die 
Adjective  oder  Pronomina  nicht  überall  in  Einklang  bringt  mit  den 
Substantiven,  worauf  sie  sich  beziehen,  und  dafs  es  in  dieser  Hinsicht 
eine  wahre  Geschlechtsverwirrung  und  Zerrüttung  zeigt,  was  auch 
die  Untersuchung  über  diesen  Gegenstand  sehr  erschwert  hat.  So 
finden  wir  im  Vendidad  öfter //jaro  (fem.)  s  ata  drei  hundert 
und  cai ward  (masc.)  s  ata  vier  hundert,  als  Accusative,  obwohl 
s  ata  (nom,  sg.  s  atem)  einleuchtend  ein  Neutrum  Ist;  dagegen  fin- 
den wir  V.  S.  p.  237  td  nar-a  yd  „jene  Menschen,  welche" 
(sämmtlich Neutra).  —  Ich  thelle  nar-a^  obwohl  die  Form  auch  einem 
Thema  nara(=skr.  j;f7  nara)  angehören  könnte,  welches  ebenfalls 
vorkommt,  aber  viel  seltener  als  nar  (r=  skr.  nar.^  nr),  wovon  auch 
der  männliche  Plural  nar-as  -ca  hominesque  (V.  S.  p.  197,  19S). 
Jedenfalls  ist  unser  nara,  man  mag  es  vom  gleichlautenden  Stamme 
oder  von  nar  ableiten,  sehr  wichtig  zur  Begründung  des  eben  auf- 
gestellten Satzes,  dafs  ein  Wort,  welches  im  Singular  Mascullnum 
ist,  im  Plural  zum  Neutrum  werden  kann,  denn  als  Neutrum  erweist 


Nominatii',    P^ocath  pl.     §.231.  457 

todte    sprachliche    Geschlecht   zu    persönlichen  6*.     Dieses   a 
bleibt   dann   im   Accus.,    wie    auch   die    Masc.   und   Fem.  in 


sich  nara  an  der  betreffenden  Stelle  durch  seine  Umgebung  tä  und 
y  ä^  wofür,  wenn  das  Substantiv  männlich  wäre,  ie  und  je  oder/di 
stehen  müfste.  Ich  kann  daher  B  u  r  n  o  u  f's  Ansicht  nicht  thellen,  wel- 
cher (Ya^na,  Notes  p.33)  diejenigen  Plural-Nomlnatlve  auf  a,  wel- 
che zu  gleichlautenden  Stämmen  gehören,  welche  im  Singular  männ- 
lich sind,  als  identisch  mit  dem  Thema  darstellt.  Aufserllch  wäre 
allerdings  nara^  wenn  man  es  vom  gleichlautenden  Stamme  ableitet, 
identisch  mit  dem  Thema,  wie  auch  das  oben  erwähnte  rnasya 
ho  min  es  von  seinem  Thema  nicht  unterschieden  ist;  allein  diese 
Identität  erklärt  sich  aus  der  durchgreifenden  Neigung  des  Send,  lan- 
ges a  am  Ende  mehrsylbiger  Wörter  zu  kürzen  (s.  §.  lis). 
An  consonantischen  Neutralstämmen  zeigt  sich  a  deutlich  als  Casus- 
Endung.  Von  vac  Wort  kommt  sehr  häufig  vac-a  als  Plural- 
Accusativ  vor  (s.  die  Belegstellen  in  B  rockh  aus's  Index  p.  310).  Ich 
erwähne  nur  aita  vaca  (^«x»  p.  60)  diese  Worte  (V.  S.  p.  79), 
wo  sich  vaca  durch  das  vorangehende  Pron.  deutlich  als  Neutrum 
ausweist.  Zweimal  finden  wir  vaca  für  vaca  (V.  S.  pp.  24,  3-4), 
ob  fehlerhaft,  oder  ob  auch  neben  dem  weiblichen  Stamme  vac  ein 
neutraler  anzunehmen  ist,  mag  dahingestellt  bleiben.  Von  asavan 
rein  findet  sich  sehr  häufig  der  neutrale  Plural  as  av an-a.  Es  er- 
hellt aus  dieser  Form,  wenn  sie  wirklich  vom  Stamme  auf  n  und  nicht 
vom  unorganischen,  äufserst  seltenen  Stamme  asaoana  kommt,  dafs 
die  drei  gleichen  Casus  des  Plurals  des  Neutrums  im  Send  wie  im 
Sanskrit  zu  den  sta  rke  n  Casus  gehören,  denn  der  Stamm  a/a^ari 
erfährt  in  den  schwächsten  die  Zusammenziehung  zu  >\>«.u^4.u  as  ~ 
aun  oder  >>vuj^».u  asdun  (s.  §.  13l).  Diese  Theorie  bestätigt  sich 
auch  durch  eine  sehr  interessante  Form,  welche  Burnouf  (Ya^na 
p.  44.9)  aus  dem  Yast-Sade  anführt,  ohne  jedoch  mit  ihrer  Etymo- 
logie und  ihrer  Casus -Endung  sich  zu  beschäftigen.  Er  übersetzt 
l.c.p.  450  uroanta  dadväonha  durch  „des  amis  genereux" 
(Anquetil  durch  „mes  amis").  Den  2ten  Ausdruck  könnte 
man,  um  die  Bedeutung  Freund  zu  begründen,  mit  der  sanskri- 
tischen Wurzel  de  lieben,  schützen  (eigentlich  da  s.  p.  209), 
vermitteln.  Er  ist  seiner  Bildung  nach  offenbar  ein  Participium 
des  reduplicirten  Praet.  (s.  §.  787),  welches  im  Veda-Dlalekt  auch 
häufig  mit  gegenwärtiger  Bedeutung  vorkommt;  dagegen  ist  ur- 
vant-a  „genereux"  höchst  wahrscheinlich  das  Pari,  praes.  der 


458  Bildung   der    Casus.      S.  231. 

diesem  Casus  grofsenlheils  ebenfalls  as  (send.  \  o,  vc^^jj^u 
as-ca)  haben.  Beispiele  sind  «x*^vc«>>v«.«^^vc«  asavan-a 
pura,  "^'^j^^-^Ji^JJ  here^ant-a  magna,  alta  (eigentlich 
crescentia);  sxj^^^L  vac-a  verba,  vv/vv.»»  nar-a  ho- 
mines.  Bei  Wortstämmen  auf  a  zeifliefst  die  Endung  mit 
dem  Stammvocal;  das  so  erwachsene  d  hat  sich  aber  im 
erhaltenen  Zustande  der  Sprache,  nach  oft  erwähntem  Prin- 
cip,  wieder  verkürzt,  und  nur  an  einsylbigen  Stämmen  und 
vor  angehängten  Partikeln  sich  behauptet.  Das  Gothische 
und  Send  stehen  in  dieser  Beziehung  sehr  merkwürdig  auf 
einer  und  derselben  Stufe,  denn  man  sagt  tlio  haec  (für 
ihd  §.  69)  aus  THAa.,  kvo  quae  für  HFAa,  aber  daura 
von  DAURA:,  wie  im  Send  *ax>(\3  td  haec,  ^^<^^^^  yd 
quae,  gegen  «x'^^o  aga  peccata  vom  Stamme  aga.     Man 


Wz.  uro  (wahrscheinlich  sich  bewegen),  wovon  auch  uro- an 
Seele  (als  sich  bewegende,  s.  Gloss.  scr.  a.  isl:  rr.  uro 
und  arv).  Es  stimmt  also  urvant-a  zu  griechischen  Formen  wie 
(pSQOvr-a.  —  Man  könnte  auch  urvanta  dad  väonh-a.,  wenn  wirk- 
lich einer  der  beiden  Ausdrücke,  wie  Anquetll's  traditionelle  Über- 
setzung will  ,,Fre  unde  "  bedeutet,  und  das  andere  nach  Burnouf 
„genereux",  in  urvanta  das  Substantiv  und  In  d  ad  v  do  nha  das 
Adjectiv  erkennen,  so  dafs  letzteres  eigentlich  gebend  (von  da 
geben),  sodann  freigebig  bedeuten  würde.  Es  ist  aber  schwer,  aus 
dem  Stamme  urvant  den  Freund  herauszubringen.  Wie  dem  aber 
auch  sei,  mir  kommt  es  hier  hauptsächlich  nur  darauf  an,  dais , 
was  nicht  bestritten  werden  kann,  dadvaonha  der  neutrale  Plural- 
norainatlv  eines  Wortes  ist,  welches  seiner  Bildung  nach  dem  skr. 
Part,  des  redupliclrten  Praet.  entspricht,  welches  in  den  starken  Casus 
auf  vdns^  und  daher  nach  §.  2  34,  im  Nom.  Acc.  Voc.  pl.  neut.  auf 
väns-i  ausgeht;  ferner  dafs  urvanta  einem  Stamme  auf /2^  ange- 
hört, und  wahrscheinlich  seiner  Bildung  nach  ein  Part,  praes.  ist. 
Wenn  es  wurzelhaft  mit  urva  verwandt  ist,  welches  Nerlosengh 
durch  37^^5^ff7  utkr s  tatara^  d.  h.  sehr  hoch  (in  di  e  Höh  e 
gezogen)  sehr  vorzüglich,  und  Burnouf  (Etudes,  150)  durch 
„glorieux"  übersetzt,  so  mufs  auch  dieser  x\usdruck,  welchen  Bur- 
nouf mit  ;27i  W''  grofs  (verstümmelt  aus  varu)  zu  vernillleln 
sucht,  von  einer  Wurzel  uro  (mit  a  als  Suffix)  abgeleitet  werden. 


ISosninaliv,    Focat'w  pl.     §.  232.  459 

wird  daher  vom  Gothischen  nicht  sagen  dürfen,  dafs  das  a 
des  Stammes  vor  dem  der  Endung  abgefallen  sei,  denn  es 
konnte  nicht  abfallen,  weil  Stammvocal  und  Endung  von 
jeher  mit  einander  verwachsen  waren.  Die  alte  Länge 
konnte  aber  gekürzt  werden;  dies  ist  das  Schicksal  der 
langen  Vocalc,  besonders  am  Ende  der  Wörter.  Man  wird 
also  auch  vom  griech.  rct  dcupa  und  vom  latein.  dona  nicht 
sagen  dürfen,  dafs  das  a  ganz  der  Endung  angehöre.  Die- 
ses a  ist  ein  altes  Erbgut  aus  ältester  Vorzeit,  aus  der  Zeit, 
wo  die  zweite  Declination,  um  mich  so  auszudrücken,  ihre 
Stänmie  mit  a  endete.  Dieses  ä  ist  seitdem  im  Griech.  zu 
0  oder  e  (§.  204),  im  Lat.  zu  w,  o  oder  e  geworden,  und 
nur  im  pluralen  Neutrum  hat  sich  die  alte  Qualität  behaup- 
tet, und  das  aus  a  -f-  a  erwachsene  ä  hat  sich  verkürzt. 
Dieses  ä  aber,  seinen  Söhnen  o,  e^  ü  gegenüber,  mag  immer 
noch  für  einen  gewichtigeren.  Stamm  und  Endung  vereini- 
genden Ausgang  gelten,  als  wenn  etwa  dcü/so  oder  (Scups,  donö^ 
done  als  plurales  Neutrum  stünde. 

232.  Stämme  auf  u  zeigen  im  Send  vor  der  Neutral- 
Endung  a  entweder  Gunasteigerung  oder  blofse  Umwand- 
lung des  u  in  v.  Eine  gunirte  Form  ist  ydtav-a  (von 
ydtu  Zauberei),  welches  im  ersten  Fargard  des  Vendidad 
(V.  S.  p.  120,  bei  Olshausen  p. 7)  als  Accus,  erscheint:  aga 
ydtava  die  Sünden  Zaubereien").  Beispiel  einer  nicht 
gunirten  Pluralform  ist  pes6~tanv-a^  von  peso-tanUy 
w^örtlich  der  hintere  Körper,  dann  Schlag  auf  den 
hinteren  Körper.  In  letzterem  Sinne  kommt  der  Plu- 
ral pesotanva  sechsmal  am  Anfange  des  I5ten  Fargard 
des  Vendidad  vor  **).     Unterdrückung  der  neutralen  Plural- 


*)  Nach  Anquetil  „la  Magie  tres-mauvaise'\  vgl.  Benfey  S.V. 
Gloss.  s.  y.  f  dtu-däna  „böser  Geist". 

**)  Die  betreffende  Stelle  lautet:  ainhad  haca  skjaut- 
nävaresa  ata  bav  ainti  p  e  s  6-t  anv  a^  d.h.  „hac  pro  facti 
peractione  tum  sunt  verbera  posteriori  corpori  inflicta".  So  schon 
in  der  Isten  Ausgabe  (§.  242   p.  2S0);   dagegen   übersetzt   Spie- 


460  Bildung   der   Casus.      §.   '23'J. 

Enduiig  a  mit  Ersatz  durch  die  Verlängerung  eines  vorher- 
gehenden u  zeigt  sich  in  dem  oft  vorkommenden  vöhü 
Reichthümer,  vom  Stamme  vöhu.  —  Was  die  Neutral- 
stämme auf  i  anbelangt,  so  glaubte  ich  früher  in  gara  (V. 
S.  p.  46),  welches  Anquetil  durch  montagnes  übersetzt, 
eine  neutralisirte  Form  des  sonst  als  Fem.  gebrauchten 
gairi  zu  erkennen  ").  Die  Lesart  hat  sich  aber  durch  die 
Vergleichung   der   Handschriften   und    durch    die   von   Bur- 


gel  nach  der  traditionellen  Pehlwl- Übersetzung  ,, Dadurch  wird 
er  zum  Sünder  nx\A  P  es  ho  tanu  s^\  Treuer  Anquetil:  ,,  Celiil 
qui  commet  celte  action,  seia  coupable  du  Tanafour".  GewKs 
ist,  dafs  an  dieser  Stelle  pes  6-tanva  kein  Singular- Nominativ 
sein  kann,  und  dafs,  wenn  man  es  durch  Pcsofanus  wieder- 
gibt, dann  von  einem  Sünder  keine  Rede  sein  kann,  denn  dieser 
müfste  durch  pes  6  vertreten  sein,  wenn  Spiegel  oder  die  traditio- 
nelle PehlwI-Übersetzung  Recht  hätte,  an  anderen  Stellen  den  Aus- 
druck pes  6  (Nom.  anstatt  des  Thema's  pes  a)  Im  Sinne  von  sünd- 
llch  zu  fassen.  So  z.  B.  im  4ten  Farg.  des  Vend.  (V.  S.  p.  1.55): 
aitahe  paiti  p  e  s  o  -  tanvi  duye  saite  upäsanananrn 
upäso  id^  d.  h.  wörtlich :  diesem  auf  den  hinteren  Körper 
zweihundert  Schlage  schlage  man  (schlage  er).  Spie- 
gel aber  übersetzt  (Avesta  p.  P5  nr.  69):  „Man  schlage  diesem 
sünd liehen  Körper  zwei  hundert  Schläge",  bemerkt  je- 
doch in  einer  Note,  dafs  dieser  häufig  wiederkehrende  Satz  nur  eine 
Schwierigkeit  habe,  nämlich  die  Übersetzung  von  peso-tanus. 
Ich  zweifle  aber  nicht  im  Geringsten  daran,  dafs  der  Stamm  pesa 
mit  dem  skr.  pas  cdt  (Ablativ  eines  verlorenen  Adject.  pas  c a)  hin- 
ten, hernach,  zusammenhängt,  welches  hinsichtlich  seiner  Knd- 
sylbe  mit  ca  von  ucca  hoch  und  nica  n  le  dr  I  g  (aus  w  /  au  f  und 
/2f  nieder)  zusammenhangen  mag,  und  womit  anderwärts  auch  das 
pers.  pes,  post,  dein  de,  das  Vit.  pas  h  e  i ,  paskui  \\e  mach,  das 
ht.post,  posterus  und  das  albaneslsche  yoa^  nach  (räumlich  und  zeit- 
lich) vermittelt  worden  (s.  die  oben  p.  12  Anm.  erwähnte  Schrift  p.  i). 
*)  Die  Abwesenheit  des  inneren  i  vor  dem  r  könnte  nicht  befrem- 
den, da  gairi  euphonisch  für  gari  (§.  4l)  steht,  und  daher  sein 
inneres  i  In  den  Fällen,  wo  auf  das  r  kein  i  oder/  folgt,  aufgeben 
mufs,  wie  z.  B.  im  Gen.  s^.  garöis. 


Nnminn/ii>.    Focnfic  pl.     §.  2.')3.  461 

noiif  (Etiides  p.  394)  mitgetheilte  Übersetzung  Neriosengh's 
als    falsch    erwiesen.      Auch    die   Erklärung   von   ky  a    oder 
kaya  quae  als  Nom.  plur.    des   Neutralstammes   ki  ist  mir 
jetzt   etwas   verdächtig   geworden,    und    zwar    dadurch,  dafs 
im    Veda- Dialekt    ein    defectiver    Interrogativstamm    kaya 
vorkommt,    der  jedoch  nur  einen  Singular-Genitiv  kdyasya 
gezeugt    oder   hinterlassen   hat,    welcher   in   Verbindung   mit 
]TJi^\   cit  (kdyasyacit)  cujuscunque  bedeutet  (Rigv.  1.  27. 
8).    Es  könnte  aber  von  einem  sendischen  neutralen  Interro- 
gativ  ki,  wovon  im  Skr.  ki-7n  was?,  ein  Plural-Nominativ 
kay-a  (mit   Guna)  keineswegs   befremden.     Die  Lesart  kya 
erregt  dagegen  Anstofs  wegen  der  Verletzung  einer  Lautregel 
(§.  47),  wornach  man  ^*-*ii^  k'ya  zu  erwarten  hätte.    Kommt 
aber   kaya  als  gunirte  Form  wirklich  vom  Stamme  ki,  wie 
oben  §.  232)  ydtav-a  von  ydtu,  so  darf  man  es,  abgesehen 
von   der  Gunirung,  den  griechischen  Formen  wie  Tot-a,  Tdpi-a, 
den    lateinischen    wie    tria,    mari-a,    dem    gothischen    thrij-a 
(euphonisch  für  thri-a)  von  thrija-hunda  dreihundert,  und 
ij-a  vom  Stamme  z  er  gegenüberstellen.     Das  Althochdeut- 
sche hat  die  uralte  Neutral-Endung  a  zw  u  geschwächt,  und 
gewährt  bei  den  Numeralstämmen  auf  i  die  sehr  interessan- 
ten   Neutral -Formen    dr^i-u  3,  fieri-u  4,  finfi-u  (finui-u  = 
ßnvi-u)    5,  sehsi-u  6,  sihuni-u  7,  niuni-u  9,   zeni-u  10.    In 
allen  übrigen  Wortklassen  hat  das  Althochdeutsche  die  neu- 
trale Plural-Endung  w  verloren;  es  zeigt  z.B.  h'erzun  corda 
für  gothisch  hairton-a   (s.  §.  141).     Bei    Substantivstämmen 
auf  a  hat  es  auch    den   Stammvocal  eingebüfst,  daher  wort 
für   goth.   vaicrd-a   aus  vaurda-a.     Über  Formen  wie  hüsinc 
Häuser  s.  §.  242. 

233.  Hinsichtlich  der  sendischen  Neutra  mit  consonan- 
tischem  Ausgang  des  Thema's  mufs  hier  noch  bemerkt  wer- 
den, dafs  Stämme  auf  Oü».v  as  (=  skr.  as),  die  nach  §.  231 
unter  Berücksichtigung  von  §.  56*>  im  Nomin.,  Accus.,  Vo- 
cat.  pl.  auf  <yjzy^  anh-a  ausgehen  sollten,  statt  dessen 
den  Ausgang  S*^  do  zeigen,  daher  ^*^^i:y^xj/  raiccdo  Lich- 
ter,   ^^<'^'»  vacdo  Worte,  von  den  Stämmen  raucas, 


462  Bilduris    der    Casus.      §.   234. 

vacaL  Diesen  Formen  auf  «o,  die  zuerst  von  Burnouf 
als  Plurale  neutraler  Stämme  auf  as  (oder  anh,  s.  p.  307 
Anm.)  dargestellt  worden '),  kann  ich  jedoch  eine  wirkliche 
Casus-Endung  nicht  zugestehen,  sondern  ich  nehme  an,  dafs 
die  eigentliche  Casus-Endung  a  weggefallen  sei,  das  Thema 
aber  die  Vocalverlängerung  beibehalten  habe,  die  den  Neu- 
tren auf  as  in  den  drei  starken  Casus  des  Plurals  zukommt 
(s.  p.  266).  Von  ^xlf^  vdcas  kommt  im  Skr.  der  Plural 
(nom.  acc.  voc.)  vacdns-i  (mit  eingeschobenem  Nasal  nach 
§.  234),  wofür  man  im  Send  vveV5S*^(v)«^'>>  vacdonh-a 
zu  erwarten  hätte,  wofür  nach  unterdrückter  Casus-Endung 
vacdo.  Dieses  vacdo  verhält  sich  zu  der  vorausgesetzten 
Urform  vacdonha  ungefähr  so,  wie  oben  (§.  56*))  der 
endungslose  Singular- Nominativ  h^^  mdo  Mond  (aus 
mds)  zu  seinem  Instrum.  ^vev^S^^  mdon-ha.  Noch  näher 
grenzt  an  unseren  Fall  die  Erscheinung,  dafs  der  männliche 
Stamm  vanhu-dds  Gutes  gebend  (euphonisch  -ddo)  im 
Nom.  plur.  sowohl  endungslos  erscheint,  —  also  in  der 
Form  vanhuddo,  gleich  dem  ebenfalls  flexionslosen  Nom. 
sg. '*)  —  als  auch  mit  der  Endung  6  =  skr.  as  in  der 
Form  vanhu'ddonho  (V.  S.  p.  72). 

234.  Das  Sanskrit  setzt  dem  sendisch- europäischen  a 
des  Nom.  Acc.  Voc.  pl.  neut.  ein  i  entgegen,  welches  ich 
für  die  Entartung  eines  älteren  a  halte ,  wie  unter  andern 
das  von  pitdr  Vater  (them.)  gegenüber  dem  a  des  lat. 
jpater^  gr.  Trar-qp,  goth.  fadar,  und  gegenüber  dem  d  der 
Wz.  m  pd  erhalten,  herrschen,  wovon  auch  die  indi- 
schen Grammatiker  die  Vaterbenennung  ableiten.  —  Kurze 
Endvocale   werden  vor   der   Casus -Endung  ^  i  verlängert, 


I 


*)  Ich  habe  sie  in  der  ersten  Ausgabe  irrthümlieh  von  weiblichen 
Stammen  auf  c  abgeleitet,  indem  ich  eine  Erweiterung  der  skr.  Endung 
as  zu  äs  (wie  im  Dual)  annahm;  aus  äs  aber  hätte  im  Send  äo  wer- 
den müssen. 

**)  So  in  einer  von  Burnouf,  Yacna  Notes  p.  74,  besprochenen 
Stelle  des  Yas  na. 


Nofninn/w,     Vocalk'  ph      §.  '234.  463 

und  ein  euphonisches  n  (oder  n  nach  §.  17^^)  wird  zwischen 
Stamm  und  Casus-Endung  eingeschoben,  daher  dand-n~i^ 
■vart-n-i,  mddii-n-i,  von  dd'na,  vari^  mdd'u.  Im  Veda- 
Dialekt  findet  man  für  d-n-i  auch  häufig  a,  z.  B.  visvd 
omnia  für  visvd -n-i.  Eine  analoge  Verstümmelung  findet 
sich  bei  den  Stämmen  tri  drei  und  furu  viel,  wovon  in 
den  Veda's  sowohl  die  regelmäfsigen  Plurale  tri-n-i^piiru- 
n-i,  als  auch  die  Formen  trt  und  purü'  vorkommen. 
Vielleicht  aber  sind  die  letzteren  Formen  nebst  visvd  und 
analogen  Bildungen  nicht  aus  den  Formen  auf  ni  durch 
Ablegung  dieser  Sylbe  entstanden,  sondern  stammen  aus 
einer  Zeit,  wo  noch  im  Sanskrit  wie  in  den  klassischen 
Sprachen,  und  im  Gothischen,  Altslavischen  und  Send, 
a  die  Endung  der  in  Rede  stehenden  Casus  war,  so  dafs 
das  d  von  visvd  und  analogen  Formen  die  regelmäfsige 
Zusammenziehung  von  a-a  wäre  (visvd  aus  visva-a)y 
während  t7'i  und  puru  zum  Ersatz  der  weggefallenen  En- 
dung a  den  Endvocal  des  Stammes  verlängert  hätten,  in 
welcher  Beziehung  die  dualen  Masculin-  und  Femininformen 
auf  fc,  ü,  von  Stämmen  auf  ^,  u,  zu  vergleichen  wären 
(§.  210).  —  Consonantisch  endigende  Neutralstämme,  mit 
Ausnahme  derjenigen,  welche  auf  eine  Liquida  oder  einen 
Nasal  ausgehen,  verstärken  im  Sanskrit  das  Thema  in  den 
drei  starken  Plural -Casus  auf  i  durch  einen  eingefügten 
Nasal,  der  sich  nach  dem  Endconsonanten  des  Stammes 
richtet;  aufserdem  verlängern  die  mit  den  Suffixen  as,  us 
und  is  schliefsenden  Wörter  den  Vocal  dieser  Suffixe.  Da- 
her z.  B.  Jirnd-i  von  hrd  Herz,  danaldmbi  von  dana- 
IdB  Reichthum  erlangend,  mdndnsi  von  mdnas 
Geist,  Herz  (Wz.  man  denken),  cdhs'üns'i  von  cdksus 
Auge  (Wz.  cahs  sagen,  im  Veda-Dial.  sehen).  Dagegen 
catvar-i  von  catvd'r  vier  (schwach  catür),  namdn-'^ 
von  nd'man  (stark  ndmdn)  Namen.  Man  vergleiche  mit 
nd'mdn-i,    *ius    nd^mdn-a,    das     send,    ndman-a"),    lat. 


')   Kommt  zwar  nicht  vor,  kann  aber  mit  Sicherheit  aus  anderen 


454  Bildung   der  Casus.      §.  235. 

nomin-a,  goth.  namn-a  ") ,  altslav.  imen-a  (aus  nimen-a)  und 
griech.  Formen  wie  raXav-a. 

235.  Wir  geben  hier  einen  Überblick  der  Bildung  des 
Pluralnominativs  und  des  damit  identischen  Vocativs  und 
neutralen  Accusativs,  wobei  jedoch  hinsichtlich  der  Beto- 
nung des  skr.  Vocativs  das  in  §.  204  erwähnte  Gesetz  zu 
berücksichtigen  ist. 

Sansk.                 Send            Griech.        Latein.          Lit.  Goth. 

m.     dsvds  ^)  vulfos 

dsvdsas  ^)    aspdonho  ^) 

m.     te  te  toi  is-tt        ti  thai 

in innoi  ^)  equi  ^)    jpoiiai  ^) 

n.      dand-7i-i  "*)  ddta  doopa        dona       daura 

f.       dsvds  hisvdo        S.§.228^\S.^.22S^\  äs wos     gihos 

f.        tds  tdo  S.§.228^).S.§.228'^).  ^^s  tMs 

m.    pdtay-as       jpatay-6  ^)     ttcctl^sc,    hoste-s^)genty-s  gastei-s 
f.       prt'tay-as      dfritay-6  ^)  TrcpTL-sg  tu7're-s^)äwy-s      anstei-s 

n.      vdri-n-i        var-a?  tdpi-a      mari-a    tlirij-a^) 

f.       Bdvanty-as    havainty-6^) 

m.     sundc-as       pasav-o  ®)     vIkv-sc,    pecü-s     sünü-s     sunju-s 

neutralen  Plural- Casus  consonantlsch  endigender  Stamme  gefolgert 
werden,  besonders  aus  asavan-a  (p.  457),  woraus  auch  erhellt,  dafs 
die  Stämme  auf  an  das  a  ihrer  Endsylbe  in  den  starken  Casus  nicht  ver- 
längern, zumal  das  Send  die  langen  Vocale  in  Penultima  der  Formen 
von  mehr  als  zwei  Sylben  nicht  liebt,  und  ursprüngliche  Längen  an 
dieser  Stelle  meistens  gekürzt  hat;  so  dafs  ndmän- a.,  welches  ur- 
sprünglich bestanden  haben  mag,  nach  diesem  Grundsatze  zu  nd- 
ma  na  werden  mufste. 

*)  Im  Gegensatze  zu  Formen  wie  hair/ön-a,  augen-a^  gaju- 
kon-a  (nach  §.  l4l),  welche  durch  die  Vocalverlängerung  (goth. 
6  z=:ä  S.  69.  1)  besser  als  namn-a,  aus  namon-a,  zum  skr.  na  - 
mdn-i,  aus  ndmdn-a,  stimmen. 

<)  S.  p.4j6.  2)  S.  §.229.  3)  S.  §.228''>.  Über  altlat.  Formen 
auf  eij,  es  s.  §.  228*^  über  litauische  Adjectivformen  wie  g^<rr/  boni 
p.  4.50.  '*)  Vedlsch  c?aV/a  s.  p.  463.  *)  S.  §.  135  Anm.  3.  ^)  S. 
§.226.      '')   S.  p.  461.    8^  oder /?aj  p-o,  s.  §.  230  und  über  analoge 


Accusativ    pl.      §.   236.  465 

Sansk.  Send.  Griech.        Lat.  \\\.  Goth. 

f.  hdnav-as  tanav-6  ^)     yiw-^     socric-s handju-s 

n.  madü-n-i  madv-a^^)     iii^v-a    pecu-a    

f.  vadv-as  

m.f.  gav-as  geu-s  ^*)        ßo(F)-sg       '^)       

f.  nd'v-as  vol(F)-£c, 

f.  vac-as  vdc-o  ^)         ott-e;  ^^)       

m.  Udt'ant-as  harent-o  ^)    (\)Epov--Eg       '^)       ßjand-s 

m.  dsmdn-as  asman-6  ^)   6aiiJ.ov-zc,       ^^)      dkmen-s  ahman-s 

n.  namdn-i  ndman-a^^)  raXav-u  nomin-a namn-a^'*) 

m.  I)7^ata7'-as  hrdtar-6  ^)   Trarip-Eg        ^^)       **) 

f.  duhitdr-as  dugd'ar-6^)  ^vyaTip-Eg    ^^)       dükter-s      ^^) 

m.  ddtd'r-as  ddtar-ö  *)    dorrip-zg        *^)       

n.  vdcdns-i  vacdo  ^^)        E7rE((T)-cL  gener-a 

Accusativ. 
236.  Die  mit  einem  kurzen  Vocal  endigenden  Mascu- 
linstämme  setzen  im  Skr.  n  an  und  verlängern  den  End- 
vocal  des  Stammes,  daher  dsvd-n,  pdtt-n,  sünu-n  etc. 
Man  könnte  an  eine  Verwandtschaft  dieses  n  mit  dem  m 
des  Singular-Accusativs  denken,  wie  beim  Verbum  die  En- 
dung d7ii  (1.  Pers.  sg.  Imperat.)  offenbar  aus  ^\f^  dmi 
hervorgegangen  ist.  Die  verwandten  Dialekte  sprechen  aber 
zu  Gunsten  von  Grimm's  scharfsinniger  Vermuthung,  dafs 
das  skr.  n  im  Acc.  pl.  masc.  eine  Verstümmelung  von  ns 
sei,    welches    dem    Goth.    vollständig   —  vulfa-ns,    gastt-ns^ 


Verla -Formen  p.  45.5.  ^)  oder  tanv-6.  ^°)  oder  madav-a. 
^')  Man  sollte  gav-6  ^  gav-as  -c  ah  ov  esqu^^  oder  gdv-o^gäv- 
as  -ca  erwarten;  allein  »^>c(U  geus  lesen  wir  im  V.  S.  p.  255,  Z.  9 
in  Verbindung  mit  den  Pronominalneutren  tä  illa, /a  quae,  was 
nach  §.  231  Anm.  nicht  befremden  kann.  ^^)  B ove-s  kommt  \on. 
dem  erweiterten  Stamme  bovi,  s.  §.  22b.  ^^)  S.  p.  453 ff..  ^^)  S. 
§.231.  15)  Die  Stämme  auf  ar  bilden  den  Plural,  mit  Ausnahme 
des  Gen.,  aus  Stämmen  aus  r«,  daher  brothrju-s,  dauht  rju  - s, 
wie  sunju-s.  In  der  Sylbe  ru  erkenne  ich  eine  blofse  Umstellung 
von  ar,  mit  Schwächung  des  a  zu  u.     ^^)   S.  §.  233. 


30 


466  Bildung  der   Casus.    §.  236. 

sunu-ns  —  den  meisten  übrigen  Schwesterspraehen  aber 
getheilt  geblieben  ist,  indem  das  Skr.  nach  §.  94  den  letz- 
ten der  beiden  Consonanten  aufgegeben,  und  den  Endvocal 
des  Stammes  verlängert  hat,  während  das  griech.  'lttkovc,  den 
Zischlaut  geschützt  hat,  das  v  aber  zu  v  sich  hat  verflüchti- 
gen lassen.  Es  verhält  sich  in  der  That  'Innov;  zu  Utvovc,  wie 
TVTZTovcn  zu  TVTrTovdL  aus  TüTTTOvri.  Dem  Gesagten  (schon  in 
der  ersten  Ausgabe  §.  236)  kann  ich  nun  noch  beifügen, 
dafs  sich  im  Griechischen  die  theoretisch  erschlossenen 
Accusativformen  wie  tWovg  dialektisch  (im  Kretischen  und 
Archivischen)  wirklich  erhalten  haben,  obwohl  sie  bis  jetzt 
nur  sparsam  belegt  sind  (s.  Ahrens  Diall.  IL  §.  14,  1 ). 
Das  1.  c.  erwähnte  tovc,  stimmt  trefflich  zum  goth.  tha-ns. 
Das  Altpreufsische,  welches  ebenfalls,  in  schönem  Vorzug 
vor  dem  Litauischen,  im  Acc.  plur.  das  diesem  Casus  zu- 
kommende n  sammt  dem  s  bewahrt  hat,  zeigt  z.  B.  deiwa-ns 
deos  gegenüber  dem  litauischen  dewu-s  und  skr.  devd^-n, 
und  es  verhält  sich  dieses  deiwa-ns  zum  lit.  dewu-s  ungefähr 
wie  das  oben  erwähnte  tov-c,  zum  gewöhnlichen  rovg.  Aus 
dem  von  Ahrens  1.  c.  erwähnten  kretischen  TTpEt/suTaV; 
möchte  ich  jedoch  nicht  die  Folgerung  ziehen,  dafs  auch 
den  Femininen  der  Isten  Declin.  Accusative  auf  civ-c,  zu- 
kommen, da  Masculina  und  Feminina  der  ersten  Dechna- 
tion  im  Griechischen  ihrem  Ursprünge  nach  weiter  aus  ein- 
ander hegen  als  im  Lateinischen,  und  man  allen  Grund 
hätte,  aus  der  griech.  Isten  Declinat.  nach  Verschiedenheit 
des  Geschlechtes  zwei  zu  machen.  Gewifs  ist,  dafs  den 
Accusativen  pl.  der  griech.  Femininstämme  der  ersten  Decl. 
wieder  im  Sanskrit  Accusative  auf  ti,  noch  im  Goth.  solche 
auf  ns  gegenüberstehen,  sondern  in  beiden  Sprachen  Formen 
mit  blofsem  s  als  Casus-Endung").  Was  die  äolischen  For- 


*)  Im  Altpreufsischen  ist  der  Plural  der  Masculina  in  allen  Casus 
auch  in  den  der  entsprechenden  Feminina  eingedrungen,  so  dafs 
z.^.  gennai  fe  m  in  a  e  und  genn  a-ns  feminas  der  Form  nach 
Masculina  sind  und  zu  c/e  itvaf  di  i,  deiwa-ns  deos  stimmen. 


ylcciisntw  pL      §.  236.  467 

men  wie  jusyaXai;,  Tstjuaig,  vuju(|)aii;  anbelangt  (Härtung  Casus 
p.  263;  Ahrens  Diall.  I.  p.  71  f.),  so  kann  man  annehmen, 
dafs  sie  der  Analogie  der  Masculina  wie  to^,  a-TpcLrayoii;^  vofj.oig 
(aus  Tovg  etc.)  gefolgt  sind,  ohne  dafs  man  genöthigt  ist,  aus 
den  weiblichen  Formen  auf  aig  ältere  auf  av;  zu  folgern. 
Ich  berufe  mich  in  dieser  Beziehung  vorläuGg  auf  die  weib- 
lichen Dative  auf  cllc,,  älter  ai-a-L,  gegenüber  den  männlichen 
auf  ag,  clctl,  obwohl  das  t  nur  beim  Masc.  eine  alte  Begrün- 
dung hat,  wo  OL  auf  das  skr.  e  =  ai  sich  stützt  (s.  §.  251). 
Sollten  aber  die  äolischen  weiblichen  Accusative  auf  atg 
wirklich  aus  vorangegangenem  avg  entstanden  sein,  in  ähn- 
licher Weise,  wie  z.  B.  das  dor.  fiiXaig  aus  fj-iXavg,  rvil'aig  aus 
Tvipayg,  so  überragt  das  Griechische  in  solchen  Formen  das 
Sanskrit  und  Gothische,  da  ersteres  in  weiblichen  Accusa- 
tiven  nirgends  n,  und  letzteres  zwar  weibliche  Accusative 
wie  ansti-ns,  handu-ns  zeigt,  aber  doch,  worauf  es  hier  vor- 
züglich ankäme,  keine  Formen  wie  gibö-ns,  sondern  dafür 
gibo-s.  Dies  hindert  uns  freilich  nicht  anzunehmen,  dafs  in 
der  Urperiode  unseres  Sprachstamms  ns  der  Ausgang  aller 
männlichen  und  weiblichen  Plural -Accusative  gewesen  sei, 
und  ich  fasse  bei  diesem  ns  das  blofse  s  als  das  wahre 
Casus  -  oder  Persönlichkeitszeichen  (wie  im  Nom.  sg.  und 
plur.),  und  nehme  an,  dafs,  wie  in  der  3ten  Pluralperson 
der  Verba,  die  Mehrheit  symbolisch  durch  eine  Form -Er- 
weiterung, nämlich  durch  Einfügung  eines  Nasals,  was  fast 
einer  blofsen  Vocalverlängerung  gleichkommt,  angedeutet 
sei.  Man  vergleiche  also  griechische  Accusative  wie  'innGvg^ 
aus  mnovg^  mit  Formen  wie  (pipovaL  aus  (pspovat,  und  dieses 
aus  (pipcvn  =  skr.  ddranti,  gegenüber  dem  singularen  VflfrT 
ddr-a-ti.  In  die  ursprüngliche  Form  ns  hat  sich  das 
Sanskrit,  in  der  gewöhnlichen  Sprache,  so  getheilt,  dafs  bei 
vocalisch  endigenden  Stämmen  (die  einsylbigen  ausgenom- 
men) den  Masculinen  blofs  das  w,  den  Femininen  blofs  das  s 
verblieben  ist;  Ashtv  dsvd-n  equos  (von  dsva)  gegen  dsvd-s 
equas  (von  dsvd),  pdti-n  dominos  (wonpdti)  gegenpri- 
tt-s  gaudia  (von  pr  d'^i),  sünu-n  filios  (von  sünü)  gegen 

30* 


4f)8  Bildung   der   Casus.      §.  236. 

hdntl-s  maxillas  (von  hcuiu).  Man  sieht  aus  diesen  Bei- 
spielen, (lafs  kurze  Vocale  vor  der  in  Rede  stehenden  Casus- 
Endung  verlängert  werden,  eine  Verlängerung,  die  zugleich 
mit  dem  Nasal  der  vollständigen  Form  ns  zur  symbolisclien 
Andeutung  der  Mehrheit  durch  Form -Erweiterung  beiträgt; 
denn  dafs  diese  Verlängerung  bei  Formen  wie  dsvd-n, 
pdtt-n,  sünii'-n  nicht,  wie  ich  früher  annahm  (erste  Ausg. 
erste  Abth.  1833  p.  273)  eine  Entschädigung  ist  für  die 
Verstümmelung  der  Casus -Endung,  erhellt  aus  den,  seit- 
dem') an  das  Licht  getretenen  vedischen  Plural-Accusativen 
auf  nr  von  männlichen  Stämmen  auf  i  und  u,  in  Formen 
wie  ^t^  giri-n)\  ^irj  rtu-nr  \on  giri  Berg,  r^w  Jah- 
reszeit; denn  dafs  das  r  dieser  Formen  aus  s  entstanden 
ist,  und  girt'ns,  rtuns^  als  Analoga  gothischer  Accusative 
wie  gasti-7is,  sunu-ns,  die  vorauszusetzenden  Urformen 
sind,  erhellt  daraus,  dafs  die  Formen  auf  nr  in  Veda-Texten 
nur  vor  Vocalen,  gelegentlich  auch  vor  7\^  y-,  '^'^^  und  g 
h  erscheinen,  also  überhaupt  nur  vor  Buchstaben,  welche 
die  euphonische  Umwandlung  eines  schliefsenden  s  in  r  ver- 
langen *°).  —  Das  Lateinische  zeigt  bei  seinen  männlichen 
Stämmen  auf  Ö  im  Accus,  pl.  6-s  gegenüber  dem  griech. 
cv-c,  aus  cy-;;  wir  dürfen  also  in  der  Verlängerung  des  o 
einen  Ersatz  des  weggefallenen  n  erkennen,  und  equö-s  aus 
equon-s   den   dorischen   Formen    wie   rwc,   vofjuvg  —   aus  tcv^<; 


*)  Durch  Fr.  R  o  s  e  n's  Aufgabe  des  Isten  Ruches  des  RIgveda 
(London  I8'i2). 

**)  Das  Rigveda-Prätis  äk  ya  fafst  das  r  vedischer  Formen  wie  die 
oben  erwähnten  als  Umwandlung  des  n  der  gewöhnlichen  Sprache; 
es  wäre  demnach  das  /?  von  girin^  rtün  in  den  entsprechenden  Veda- 
Formen  doppelt  vertreten,  einmal  durch  r,  und  dann  durch  den  ihm 
vorangehenden  Nasal  (s.  Roth  ,,Zur  Litt,  und  Geschichte  des  Weda" 
p.  72  und  Regnier,  Jour.  Asiat.  Sept.  Oct.  1856  p.  268f.).  Die 
Richtigkeit  der  obigen  Auffassung  erhellt  dagegen,  auch  abgesehen 
von  den  verwandten  europäischen  Sprachen,  aus  dem,  was  In  §.  239 
über  die  entsprechenden  Sendforraen  (schon  in  der  Isten  Ausgabe) 
bemerkt  wird. 


Accusalw    pl.      §.   2o6.  469 

vo\iovc^,  nicht  aus  tcvc,  vofiovg  —  gegenüberstellen.  In  der 
ersten  Declination  stimmt  equd-s  zum  skr.  dsvd-s,  griechi- 
schen Formen  wie  x^V^-g,  gothischen  wie  giho-s  (aus  gibd-s), 
litauischen  wie  ds'wa-s;  doch  ist  das  litauische  a  kurz,  und 
zwar,  wie  ich  glaube,  aus  dem  Grunde,  weil  es  nicht  wie 
das  ö  =  ä  des  Nominativs  aswös  auf  sanskritisches  a  -+-  a 
von  dsvds  (aus  dsvd-as)  sich  stützt,  sondern  auf  das 
blofse  d  von  dsvd-s  „equas".  So  steht  bei  den  litaui- 
schen ^- Stämmen,  sowohl  in  weiblichen  als  männlichen, 
im  Accus,  pl.  i-s  gegenüber  dem  skr.  t-s  fem.,  i-7i  masc, 
z.B.  awi'S  für  skr.  dvt-s^  von  dvi  fem.  Mutterschaf, 
und  dagegen  im  Nom.  i-s  (geschrieben  ij-s)  für  skr.  ay-as^ 
z.B.  äwy-s,  d.  h.  «'iüz-s,  für  skr.  dvay-as.  So  auch  bei  den, 
sämmtlich  männlichen,  2^ -Stämmen  im  Acc.  pl  u-s  für  skr. 
ü-n  aus  ü-ns,  im  Nom.  aber  ü-s  für  skr.  av-as\  daher 
sünii-s  =  skr.  sünu-n[s)  filios,  gegen  sunit-s  =  skr. 
sündv-as  filii.  Die  männlichen  Stämme  auf  a  haben  im 
Litauischen  diesen  Vocal  vor  dem  Accusativ-Charakter  s  zu  u 
geschwächt,  daher  dewü-s  für  skr.  deva-n(s)  und  altpreufs. 
deiwa-ns.  Um  aber  wieder  zum  Lateinischen  zurückzukeh- 
ren, so  ist  es  schwer  zu  entscheiden,  ob  bei  den  i-Stämmen, 
und,  was  dasselbe  ist,  bei  den  durch  i  erweiterten  conso- 
nantisch  endigenden  Stämmen,  ferner  bei  w- Stämmen  (der 
4ten  Deck),  die  äufserliche  Identität  des  Accus,  und  Nom. 
pl.  darauf  beruhe,  dafs  der  Nomin.  zugleich  als  Accus,  ge- 
braucht werde,  oder  ob  im  Accus,  die  Verstümmelung  von 
ns  zu  blofsem  s  eine  Entschädigung  durch  Erweiterung  des 
Stammes  veranlafst  habe,  und  zwar  so,  dafs  das  unter- 
drückte n  bei  den  Stämmen  auf  ^  durch  Gunirung  dieses 
Vocals,  —  wodurch  e  =  ai  —  und  bei  Stämmen  auf  u 
durch  Verlängerung  ersetzt  sei,  aho  fructii-s  {üt  fructu-ns^ 
ungefähr  wie  im  Griech.  im  Nom.  sg.  Bsrnv")-;  für  detxvw-g, 
vom  Stamme  östxvuvT,  oder  jxiXa-g  für  fiiXav-g.  Ich  ziehe  die 
letztere  Auffassung  vor,  weil  ich  das  Latein,  in  Betreff  des 
Acc.  pl.  nicht  ohne  Noth  tiefer  stellen  möchte  als  das  heu- 
tige Litauische. 


470  Bildung   der   Casus.      §.  237. 

237.  ])  Consonantisch  endigende  Stämme  und  e  I  n- 
sylbige  mit  vocalischem  Ausgang,  setzen  im  Sanskrit 
as  als  plurale  Accusativ-Endung,  daher  z.  B.  pdd-as, 
nd'ü-as  gegenüber  dem  griechischen  7ro(^-a$,  va(F)cic,  (dor.). 
Das  a  ist  hier  höchst  wahrscheinlich,  wie  im  Sinirular 
(pdd-a-m^  nav-a-m)  nur  ein  Bindevocal,  welcher  bei  con- 
sonantisch endigenden  Stämmen  unentbehrlich  ^var,  zumal 
in  einer  Zeit,  wo  der  Endung  noch  der  ihr  zukommende 
Nasal  voranging;  denn  pad-ns  wäre  eben  so  unmöglich  als 
man  in  der  3tenP.pl.  vid-nti  statt  vid-d-nti  (sie  wis- 
sen) sagen  könnte,  w^as  der  1.  P.  vid-mds,  2.  P.  vit-td 
analog  wäre.  E  i  n  s  j  1  b  i  g  e  Wörter  mit  langem  Endvocal 
des  Thema's  folgen  aber  im  Sanskrit  in  vielen  Punkten  der 
consonantischen  Declination,  und  im  Griech.  überhaupt  die 
Stämme  auf  t,  v,  ev,  od,  av]  darum  können  im  Skr.  Plural- 
Accusative  wie  drüv-a-s^  Öiy-a-s^  von  Brü  Augenbraue, 
Öl  Furcht,  eben  so  wenig  auffallen,  als  im  Griechischen  sol- 
che wie  TTocTL-a-g,  7rop-L-a-g^  vixv-a-;,  yEvv-a-c,,  zumal  bei  Weg- 
lassung des  Bindevocals  der  Acc.  pl.  dem  Nom.  sg.  gleich- 
lauten würde,  wie  denn  auch  im  Sanskrit  bei  mehrsylbigen 
Femininstämmen  auf  ü,  deren  es  jedoch  nur  wenige  gibt, 
die  beiden  Casus  wirklich  gleichlauten,  indem  z.  B.  vadu-s 
sowohl  femina  als  feminas  bedeutet,  während  bei 
mehrsylbigen  Femininstämmen  auf  t  der  Plural -Accusativ, 
z.  B.  ndrt-s  feminas,  vom  Nom.  sg.  (jidri)  nur  zufällig 
dadurch  unterschieden  ist,  dafs  letzterer  seines  Casuszei- 
chens verlustig  gegangen  ist  (s.  §.  137).  Ursprünghch  aber 
mufste  der  Nom.  sg.  ndrt-s  lauten  und  der  Plural- Accus. 
närt-ns,  oder  vielmehr  mit  volltönendem  n,  statt  Anus- 
vära,  ndrt-ns. 

2)  Das  Gothische  hat  bei  seinen  consonantisch  endi- 
genden Stämmen  den  Bindevocal  a  des  Accus,  pl.  aufgege- 
ben (vgl.  §.  67),  ebenso  das  der  Endung  zukommende  n, 
daher  fijand-s,  ahman-s  (von  fijand  Feind,  als  hassender, 
ahman  Geist),   gegenüber  griechischen  Formen  wie  (\>ipovr- 


Accusntw  ph      §.  237.  471 

a-;,  ^aLfjiOv~a-g,  sanskritischen  wie  ßdi^at-a-s   (für  ödrant- 
a-s  nach  §.   129),  d^man-a-s. 

3)  Das  Armenische  zeigt  in  allen  Wortklassen  ein 
blofses  s  als  Casus -Endung  des  Acc.  pl. ,  wobei  zu  beach- 
ten, dafs  in  dieser  Sprache,  welche  keine  Geschlechter  un- 
terscheidet, alle  declinirbaren  Wörter  eigentlich  Masculina 
sind.  Wir  dürfen  daher  z.  B.  uilinilUu  akun-s")  oculos  vorn 
Stamme  akan,  obwohl  das  skr.  Schwesterwort  Neutrum  ist, 
den  gothischen  Formen  wie  ahman-s  gegenüberstellen.  Vom 
Stamme  ^^/»^  Ochs  (Nom.  Acc.  sg.  esn),  geschwächt  aus 
esan,  kommt  esin-s,  gegenüber  dem  goth.  auhsan-s  und  skr. 
üks'an-a-s.  Vocalisch  endigende  Stämme  unterdrücken  den 
Endvocal  wie  in  anderen  Formen  der  ersten  Tempusreihe "'), 
daher  z.B.  wnasakar-s  noxios,  eigentlich  noxam  facien- 
tes,  für  skr.  vindsa~kard-n(s),  gegenüber  gothischen 
Formen  wie  vulfa-ns  und  litauischen  wie  diwu-s.  Von  dem 
oben  (p.  425)  erwähnten  Stamme  oX\t  ö^^  Schlange  kommt 
6^-s  für  skr.  dhi'n[s)  (ved.  Accent),  lit.  angi-s,  gr.  EX^-a-$, 
und  gegenüber  gothischen  Formen  wie  gasti-ns,  ansti-ns. 
Jedenfalls  bestätigt  auch  das  Armenische  den  Satz,  dafs 
den   skr.  männlichen  Plural- Accusativen  auf  n  ältere    For- 


*)    Mit  u  für  a  in  der  Endsylbe  wie  im  Nominativ  (p.  444). 

**)  Es  scheint  zweckm'äfsig,  die  armenischen  Casus  in  zwei  Klassen 
einzutheilen  ;  zur  ersten  rechne  ich  den  Nom.  Acc.  Voc.  der  zwei 
Zahlen,  zur  zweiten  alle  übrigen  Casus.  Die  erste  Casiisreihe  unter- 
drückt bei  Stämmen,  welche  auf  einen  Vocal  ausgehen,  diesen  Vocal, 
während  im  Gothischen  die  Stämme  auf  a  und  /  nur  in  den  drei  ge- 
nannten Casus  des  Singulars  den  Endvocal  aufgegeben  haben.  —  Die 
zweite  armenische  Casusreihe  unterdrückt  bei  vielen  Wörtern,  ohne 
dafs  sich  dafür  ein  bestimmtes  Gesetz  aufstellen  liefse,  einen  Vocal 
im  Innern  des  Wortes.  Den  bereits  oben  angeführten  Beispielen 
will  ich  hier  noch  den  Stamm  miso  Fleisch  beifügen,  dessen  schlle- 
fsendes  o  dem  skr.  a  von  man  sä  entspricht,  aber  in  der  ersten  Casus- 
reihe aufgegeben  wird,  während  in  der  zweiten  mso  als  Thema 
steht,  wovon  z.B.  der  Dat.  Abi.  Gen.  pl.  mso-z\,  trotz  der  höchst 
unbequemen  Lautgruppe  rns  am  Wort-Anfänge. 


472  Bildung   der   Casus.     §.  237. 

nien  auf  ns  oder  ns  vorangegangen  sein  mufsten.  Wenn 
aber  das  skr.  5  des  Pluralnominativs  im  Armenischen  in  der 
Regel  zu  .^  q  geworden  (p.  430),  das  5  des  Accus,  aber 
geblieben  ist,  so  mag  der  Grund  in  dem  n  liegen,  welches 
wohl  auch  im  Armenischen  in  einer  älteren  Sprachperiode 
dem  s  des  Acc.  pl.  wird  vorangegangen  sein,  und  dasselbe 
vor  der  Umwandlung  in  q  wird  geschützt  haben.  —  Was 
das  ij^s  anbelangt,  welches  den  armenischen  Accusativen 
sowohl  im  Singular  als  im  Plural  vorgesetzt  wird,  so  halte 
ich  es  für  einen  auf  den  Accusativ  beschränkten  Artikel, 
d.  h.  für  ein  Pronomen,  obwohl  es  den  Pronominen  selber, 
sowohl  den  bestimmten  als  den  unbestimmten  vorgesetzt 
wird,  und  man  z.  B.  mich,  dich  nicht  anders  ausdrücken 
kann  als  durch  s-is,  s-q'es,  d.  h.,  wie  ich  glaube,  wörtlich 
den  mich,  den  dich,  wobei  daran  zu  erinnern,  dafs  man 
im  Sanskrit,  des  Nachdrucks  wiegen,  sagen  kann  so  lidm,  d.h. 
wörtlich  dieser  ich,  c6'  lyw.  Mit  Ausnahme  der  Pronomina 
wird  aber  das  in  Rede  stehende  ^  s  nur  den  Accusativen 
der  bestimmten  Declination  vorgesetzt  (Peter mann 
p.  101),  die  sich  jedoch  von  der  unbestimmten  nur 
im  Accusativ  unterscheidet.  Man  drückt  z.  B.  Brod  (panem) 
durch  ^lug  haz  aus,  aber  das  Brod  (rov  aprov)  durch  shaz^ 
während  der  Nominativ  haz  sowohl  cipro^  als  c  aproc, 
bedeutet,  und  der  Genitiv  hazi  sowohl  Brodes  als 
des  Brodes.  Es  scheint  mir  daher  nicht  ganz  passend, 
dafs  man  in  den  Paradigmen  der  armenischen  Grammati- 
ken den  Accusativen  der  beiden  Zahlen  stets  ein  ^  a^  prae- 
figirt,  als  wäre  dieser  Buchstabe  der  Ausdruck  des  Accusa- 
tivverhältnisses ,  während  in  der  That  in  den  armenischen 
Accusativen  ein  Casusverhältnifs  eben  so  wenig  formell  aus- 
gedrückt ist,  als  in  den  gothischen  wie  vulf  lupum,  gast 
hospitem,  swiu  filium.  Die  Lehre  von  dem  Gebrauche 
des  armen.  Präflxes  ^  s  gehört,  streng  genommen,  in  die 
Syntax.  Was  aber  den  Ursprung  dieses  praeügirten  Arti- 
kels anbelangt,  so  ist  es  schwer,  darüber  etwas  Zuverlässi- 
ges zu   sagen.    An  den  skr.  Stamm  sa  er,  dieser,  jener, 


Accusaliv  pl.      §.  237.  473 

worauf  der  gotb.  und  griech.  Artikel  im  Nominativ  sich 
stützt,  darf  man  sich  behufs  seiner  Erklärung  nicht  wen- 
den, da  man  bis  jetzt  keine  Beispiele  nachweisen  konnte, 
in  welchen  ein  armenisches  ^  s  dem  skr.  harten  ^  5  gegen- 
über stünde.  Da  aber  7^  s  als  Entartung  des  skr.  q^  v/ 
vorkommt,  und  wir  dasselbe  oben  (p.  422  f.)  als  Vertreter  der 
sanskritischen  Dativ- Endung  Byam  von  tü-Byam  wahrge- 
nommen haben,  so  scheint  es  mir  nicht  unwahrscheinlich, 
dafs  der  armenische  praefigirte  Artikel  den  mittleren  Buch- 
staben des  sanskritischen  Demonstrativstammes  tya,  (nom. 
sya)  enthalte,  der  auch  im  Hochdeutschen  und  Altsäch- 
sischen die  Stelle  des  Artikels  übernommen  hat,  und 
selbst  im  Altpersischen  in  solchen  Constructionen  vorkommt, 
wo  er,  meiner  Meinung  nach,  am  besten  als  Artikel  gefafst 
wird.  Man  findet  ihn  erstens  vor  Substantiven,  wel- 
che als  Apposition  einem  anderen  Substantiv  zur  Seite  ste- 
hen; daher  z.  B.  gaumdta  hya  magus  Gaumäta  der 
Magier  (kommt  öfter  vor),  Acc.  gaumdtam  tyam  ma- 
guni  Gaum.  den  Magier  (ebenfalls  mehrmals);  zweitens, 
vor  Adjectiven,  welche  auf  ein  vorangehendes  Substantiv  sich 
beziehen;  z.  B.  kdra  hya  hdhiruviya  har'uva  populus 
o  Babilonicus  totus  (Beb.  I.  79);  kdra  hya  hami- 
triya  populus  o  inimicus,  Beb.  II.  31;  weiter  unten: 
avam  kdram  tyam  hamitriyam  illum  populum  tov 
inimicum;  drittens,  zuweilen  vor  Genitiven,  welchen  das 
Substantiv.  Avovon  sie  regiert  werden,  nachfolgt;  z.  B.  hyd 
(fem.)  am  die  am  taumd  unser  Stamm,  wörtlich  to  rJixwv 
yivoc,  (Beb.  I.  8);  hya  Izuraus  putra  0  Kvpov  vloc,  (I.  39,  53; 
III.  25;  IV.  9,  27);  viertens,  sehr  häufig,  als  nachgesetzten 
Artikel  hinter  Substantiven  Singular-Nominativen  und  Accu- 
sativen,  auf  welche  ein  von  ihnen  regierter  Genitiv,  oder 
auch  ein  Locativ  als  Vertreter  des  Genitivs  folgt,  z.  B. 
kdra  hya  naditahirahyd  exercitus  6  Naditabiri 
(Beb.  I.  85);  avam  kdram  tyam  nad'itahirahyd  illum 
exercitum  rov  Naditabiri  (I.  88.  89);  avam  kdram 
tyam   hdbirauv   (loc.)  illum    populum    rov    Babilone 


474  Bildung  der  Casus.      §.   237. 

(III.  84,  85).  Steht  aber  das  Substanth%  worauf  der  ihm 
nachfolgende  Genitiv  (oder  Locativ)  sich  bezieht,  in  einem 
anderen  Casus  als  im  Nominativ  oder  Accusativ,  so  wird 
ihm  kein  Artikel  nachgesetzt,  so  dafs  in  dieser  Beziehung 
das  Altpersische  dem  Armenischen  sehr  nahe  kommt,  da 
letzteres  seinen  praefigirteu  Artikel  auf  den  Accusativ  der 
beiden  Zahlen  beschränkt.  Dagegen  hat  im  Neupersischen  das 
sogenannte  t  isd/et,  welches  den  Substantiven,  worauf  ein 
Genitiv  oder  ein  Adjectiv  folgt,  angehängt  wird,  und  worin 
zuerst  Lassen')  ein  Pronomen  erkannt  hat,  einen  umfas- 
senderen Gebrauch  als  der  altpersische  nachgesetzte  Artikel 
hya,  tyam.  Da  aber  das  Pehlevi,  Parsi  und  Neupersische 
der  Sprache  der  Achämeniden  näher  stehen  als  dem  Send, 
so  scheint  es  mir  passender,  jenes  i  mit  ty a  oder  hya  zu 
vermitteln,  als  mit  dem  s endischen  ya^  welches  ebenfalls 
die  Stelle  eines  nachgesetzten  Artikels  vertreten  kann,  ent- 
>veder  declinirt,  oder  in  der  neutralen  Nominativ-Accusativ- 
Form  yad^  welche  als  Indeclinabile  die  Stelle  der  obliquen 
Casus  vertreten  kann;  daher  z.  B.  alimi  nmdne  yad  mds- 
dayasnois  in  diesem  Hause  dem  mas  dayasnischen 
(V.  S.  p.  192),  haca  avanhdd  tanvad  yad  daivö^ 
gataydo  aus  diesem  Körper  dem  Daiva-geschlage- 
nen  (Burnouf,  Ya^na  Notes  p.  6,  7);  rat'avö  asahe  yad 
vahistahe  domini  puritatis  rr^c,  sanctissimae  (s. 
Brockhaus,  Glossar  p.  386).  Statt  des  Accusativs  ist  die 
Form  yad  in  Beziehung  auf  Älasculina  und  Feminina  weni- 
ger beliebt,  sondern  es  erscheint,  wenn  das  Substantiv,  wo- 
rauf der  Artikel  sich  bezieht,  im  Accus,  steht,  der  Artikel 
meistens  im  Accus,  des  betreffenden  Geschlechtes,  also  bei 
Masculinen  in  der  Form  yim^  und  bei  Femininen  in  der 
von  yanm\  daher  z.  B.  im  9ten  Kapitel  des  Yas^ia  (s. 
Burnouf,  Etudes  p.  188  ff.):  yo  sanad  asim  sravarem 
yim  aspo-garem  nere- garem  yim  vis'avantem  sairi- 
tem  (letzteres   =   skr.  hdritam)  „welcher  tödtete  (die) 


*)    Zeilschrift  für  die  Kunde  des  Morgcnl.  Bd.  6.  p.  54s. 


Accusaliv  pl.      §.  237.  475 

Schlange  (die)  schnelle,  die  Pferde-vcr  schlin- 
gende, Menschen  -  verschlingende,  die  giftige, 
grüne".  Wollte  man  an  dieser  und  ähnlichen  Stellen  yiinti 
als  Relativ  fassen,  wie  es  Neriosengh  huchstäblich,  aber 
ganz  unpassend,  durch  das  skr.  1/ am  überträgt"),  so  müfste 
man  annehmen,  dafs  das  Relativ  in  Folge  einer  Attraction 
in  Constructionen  dieser  Art  in  den  Casus  gesetzt  werde, 
in  welchem  das  Substantiv  steht,  auf  welches  es  sich  be- 
zieht, und  dafs  dann  das  Adjectiv,  welches  hinter  einem 
wirklichen,  das  nominative  Verhältnifs  ausdrückenden  Rela- 
tiv im  Nominativ  stehen  müfste,  ebenfalls  in  den  Casus 
seines  Substantivs  gesetzt  werde,  so  dafs  unsere  Stelle 
eigentlich  zu  übersetzen  wäre:  „welcher  tödtete  die 
schnelle  Schlange,  welche  Pferde- verschlingend, 
Menschen- verschlingend,  welche  giftig,  grün". 
In  dieser  Weise  könnte  man  sich  auch  in  Betreff  des  Alt- 
persischen helfen,  da  hier  der  Stamm  tya  (nom.  hya)^ 
der  im  Skr.  blofs  Demonstrativum  ist,  auch  als  entschiede- 
nes Relativum  gebraucht  wird,  indem  das  skr.  Relativum 
7J  ya  dem  Altpersischen  ganz  fehlt.  Die  Constructionen 
werden  aber  sehr  matt  und  unbeholfen,  wenn  man  z.  B. 
den  Darius  sagen  läfst:  „Gaumäta,  welcher  (ein)  Ma- 
gier" statt  „Gaumäta  der  Magier",  und  „Volk,  wel- 
ches babilonisches",  statt  „Volk  das  babilonische". 


*)  Vgl.  L  a  SS  en  (1.  c),  welcher  g'aw 772  j/m  s  ug d  6  -  s  ajanem 
wörtlich  durch  „regionem  quam  ^ugdhae  situm"  übersetzt.  Gewlfs 
aber  ist,  dafs,  wenn  das  Lateinische  einen  Artikel  hätte,  derselbe  hier 
zur  Übersetzung  von  ji  777  an  seinem  Platze  wäre.  Ich  übersetze, 
indem  ich  mich  des  grlech.  Artikels  bediene  und  das  Compositum 
s  ugd  6-  s  ayana  als  den  Namen  des  Landes  fasse:  „regionem 
7Yiv  S  ugd'6-s  ayanam  (creavi)".  Das  sendische  gava  Land 
(diCC.  g dum  aus  g' a p e^m)  ist  männlich,  dather yim  TOV.  Burnouf, 
Ya^na  Notes  p.  55  übersetzt  die  betreffende  Stelle  des  ersten  Kapitels 
des  Vend.  durch  ,,secundum  locorumque  provinciarumque  excellen- 
tissimum  ordinavi  ego  qui  (sum)  Ahura  multlscius,  terram  in  qua 
^ugdha  jacet". 


476  Bild  uns   der   Casus.      §.  238. 

Ich  fasse  im  Gegentheil  lieber  auch  im  Send  den  Nomina- 
tiv 2/(5,  fem.  yd,  an  den  Stellen,  wo  er  sich  auf  den  Singu- 
lar-Nominativ eines  Substantivs  oder  Pronomens  bezieht, 
im  Falle  das  folgende  Substantiv  nur  als  Apposition  des 
vorangehenden  Wortes  erscheint,  ebenfalls  als  Artikel,  und 
übersetze  daher  z.  B.  asevi  yö  ahurä-masddo^  tum 
yo  ahurö-masddo,  hd  driil^s  yd  nasus  lieber  durch 
„ich  der  Ahura-Mas  das,  du  der  Ahur  a-Mas  d  äs, 
jene  Drug'  die  Nas'u",  als  durch  „ich  welcher  Ah., 
du  welcher  Ah.,  jene  Drug'  welche  Nas'u".  Viel- 
leicht stammt  auch  das  sendische  ya,  wo  es  die  Stelle  des 
Artikels  vertritt,  nicht  vom  skr.  Relativstamme,  sondern 
von  dem  zusammengesetzten  f?X  tya  (aus  ta-ya)  und  im 
Nominativ  von  ;^  sya  (aus  sa-ya,  s.  §.  353).  In  Bezug  auf 
den  Verlust  des  anfangenden  Consonanten  wäre  dann  daran 
zu  erinnern,  dafs  aus  dem  skr.  dvis  zweimal  und  dvi- 
tVya  der  zweite  im  Send  his,  hitya  (für  vis.  vi  tya) 
geworden  ist.  Wie  dem  aber  auch  sei,  so  ist  es  wichtig 
zu  beachten,  dafs  das  Altpersische  und  Send  wenigstens 
einen  Anfang  zum  Gebrauch  des  Artikels  gemacht  haben; 
dafs  der  altpersische  Artikel  identisch  ist  mit  dem  hoch- 
deutschen und  altsächsischen;  dafs  das  Armenische  seinen 
Artikel  uur  im  Accusativ  gebraucht,  und  dafs  das  Neuper- 
sische den  Genitiven  und  Accusativen  stets  ein  i  als  Artikel 
voranstellt,  der  jedoch  graphisch  mit  dem  vorangehenden 
Substantiv  verbunden  wird  "):  daher  z.  B.  peder-i  tv.  , 
wörtlich  Trarr^p  o  a-ov,  ptl-i  biisurk  (der)  Elephant  der 
grofse,  plur.  ptldn-i  busurk  (die)  Elephanten  die 
grofsen. 

238.  Das  Send  stellt  dem  skr.  as  im  Acc.  pl.  inasc. 
und  fem.  bei  consonantisch  endigenden  Stämmen  regelrecht 
0,  mit  ca  (und)  ai-ca  gegenüber;  es  dehnt  diese  Endung 
aber  auch,  nach  Analogie  des  Griechischen,  auf  Stämme  auf 

*)    Im  Peliievi  und  Parsi  findet  man  ihn  auch  noch  getrennt  als 
sclbsländlgcs  Wort. 


AccusnliK^  pl.      §.  239.  477 

i  und  u  aus,  und  zwar  nach  Willkür  mit  Guna  oder  ohne 
Guna;  daher  von  gairi  Berg  (euphonisch  für  gari  s. 
§.  42)  sowohl  garay-ö  als  gairy-6\  von  fri  drei 
sowohl  fray-as-ca  (tresquc)  als  fry-as-ca  *),  wovon 
letzteres  dem  griech.  rpiac,  sehr  nahe  kommt;  von  ratu 
Herr  sowohl  rafwö  (V.  S.  p.  25)  als,  und  zwar  sehr  oft, 
ratavö.  Bei  weiblichen  Stämmen  auf  i  und  u  findet  man 
zuweilen  auch  die  dem  Skr.  entsprechenden  Formen  auf  ^HJ:jJ 
■t-s,  *^\^  ü-s,  z.  B.  gairt-s  montes  (V.  S.  p.  313),  eve^u-s 
pontes  '*).  Weibliche  Stämme  auf  i  fügen  blofs  s  an;  da- 
her z.  B.  asaunt-s  (^^'-•)  puras. 

239.  Die  männlichen  Stämme  auf  <<^  a,  wo  sie  nicht 
durch  das  Neutrum  ersetzt  werden  (p.  456  Anm.),  haben 
im  Acc.  an  (vgl.  §.  61),  z.  B.  yG^  iman  hos,  kommt  oft 
vor,  X^C^XJiJ^^-'G  maiiistan  maximos  (V.  S.  p.  65).  Vor 
der  Partikel  ^'(vj  ca  bleibt  der  Zischlaut  erhalten,  und  diese 
Formen  sind  viel  zahlreicher  zu  belegen,  z.  B.  ^<-*(vJJiJX^t^$G^<^ 
amesans-ca  non-conni ventesque,  ^<''(vJJLi"jy>/<5^G  man- 
thrans-ca  sermonesque,  ^<(^JüyGOü/^v<^  aismans-ca 
lignaque,  <«.*(vJJüy^^/(\5JLJ^-<^^  vdstryans-ca  agricolas- 
que"").  Merkwürdig  ist  die  ¥ovm  ^*J^>Xi^l>^>^^'^^^  athaic- 

*)  Auch  In  den  Veda's  gibt  es  vereinzelt  stehende  Accusative 
auf  öj  aus  Stammen  auf  z  und  u  und  sogar  aus  mehrsylbigen  Stämmen 
auf/,  wie  nady-äs  für  nadi-s  von  na  dt  Flufs.  S.  ßenfey, 
vollst.  Gramm,  p.  307. 

**)  Die  Begegnung  mit  griech.  Formen  wie  TTOorfg^  yevv<;  halte 
ich  für  zufallig,  sov\'ohl  darum,  well  griechische  Formen  dieser  Art 
nicht  auf  das  Fem.  und  auch  nicht  auf  den  Acc.  beschränkt  sind,  als 
auch  darum,  weil  Ich  die  aus  einem  blofsen  s  bestehenden  Accusatlv- 
Endungen  sanskritischer  und  sendlscher  Feminina  für  verhältnifs- 
mäfslg  junge  Erscheinungen  halte;  für  jünger  als  die  gothlschen  For- 
men wie  anst-ins^  handu-ns . 

***)  Ich  glaubte  früher  (Jahrbücher  für  wiss.  Kritik,  März  1831, 
p.  37.5)  durch  solche  Formen  die  EInschlebung  eines  euphonischen 
s  im  Send  belegen  zu  können,  nach  Analogie  von  §..95.  Allein,  wenn 
diese  EInschlebung  nicht  durch  Fälle  bewiesen  werden  kann,  in  wel- 


478  Bild  uns  der   Casus.      §.  239. 

run-ann-ca  pre sbyterosqu  e  (V.  S.  p.  65),  weil  man 
sonst  keinen  Grund  hat  ein  Thema  athauruna  anzuneh- 
men, und  diese  Form  demnach  beweisen  würde,  dafs  auch 
consonantische  Stämme  die  Flexion  ns,  jedoch  mit  einem 
unvermeidlichen  Hülfsvocal,  annehmen  konnten:  wenn  sie 
nicht  etwa  so  aufzufassen  ist,  dafs  sie  bei  misleitetem 
Sprachgefühl,  durch  die  überwiegende  Analogie  der  a- 
Stämme  herbeigezogen  sei.  Wichtiger  als  dieses  ->vw»(jIu 
«A.«^ijj'^^>/  athaurunansca  sind  daher  die  Accusative 
w»^>c7«xf)  nareus  homines,  und  '^>^y^>^  streus  Stel- 
las, die  sehr  oft  vorkommen,  während  wir  von  /^^(xjvvu 
dtar  Feuer  nicht  '^>c7<TCuj  dfr-eus,  sondern  ^7<5^ax> 
dfr-6  gefunden  haben,  wobei  zu  bemerken  ist,  dafs  dtar 
von  anderen  Wörtern  auf  r  auch  darin  sich  entfernt,  dafs 
es  im  Nominativ  sg.  nicht  <v^sxkj  dta,  sondern  w«h^7vU(>ovuj 
dtars  bildet.  —  Wie  erklärt  sich  aber  die  Endung  eus? 
Ich  glaube  nicht  anders  denn  aus  ^y  ans  durch  Vocali- 
sirung  des  n  (wie  in  Xoyov;),  worauf  nach  §.  31  das  <<-♦  a  zu 
c  e  wurde;  der  Zischlaut  aber,  der  nach  <*-•  a  und  y  an 
ein  JL>  s  ist,  mufs  nach  >  w  als  *H?  5  erscheinen.  Auch 
finden  wir  V.  S.  p.  311  wirklich  ^X^^5/  ner-ans,  im 
Sinne  eines  Dativs:  vuj7>eva.«  ^\xjßjs,v^  ^^^6/  S^'  yj^vuj^ 
V/^'^'^'^*  ddidi  at  nerans  inasdd  ahurd  asauno  etc. 
„da  quidem  hominibus,  magne  Ahure!  puris". 

Anmerkung.      Zum  sendischen  ner  -  a-ns  stimmt  das  vedische 
;TO"  nfns  und,  mit  Visarga  für  j,  :t:  nfnh.    Beide  Formen  kom- 


chen  kein  Grund  zur  Annahme  eines  ursprünglichen,  durch  die  Par- 
tikel «x'fvi  ca  blofs  geschützten  Zischlauts  vorhanden  ist  (vgl.  §.  135 
Anm.  3),  so  sind  die  obigen  Beispiele  viel  v\'ichüger,  um  einen  neuen 
Beweis  für  den  Satz  abzugeben,  dafs  ns  die  ursprüngliche  Bezeich- 
nung männlicher  Plural- Accusative  von  vocallsch  ausgehenden  The- 
men sei.  Der  Superlativ  ^^^i^^J^J^^'^^i^ i^  veretrasans- 
tema.,  wovon  später,  kann  als  Ableitung  von  einem  Partlclpial- 
Nomlnatlv  angesehen  werden.  Andere  Fälle,  die  Anlafs  geben  könn- 
ten, Im  Send  ein  euphonisches  s  nach  n  anzunehmen,  sind  mir  nir- 
gends vorgekommen. 


Accusafiv  pL    §.   240.  479 

men  jedoch  nur  vor  anfangendem  f»  vor,  und  dagegen  rfj  nfnr 
vor  Vocalen  *).  Da  ^  /•  der  Aussprache  nach  =  r/Ist,  so  fasse 
ich  diese  Formen,  wie  auch  die  der  gewöhnlichen  Sprache,  wie 
z.  B.  rifn  ■=.  nri-n  viros,  pity  -n  ■=  pitri-n  TTaTEOaQ,  dä- 
tf-n  rzr  datrt-n  ooTYjO-aQ  so,  dafs  ich  bei  den  mit  r  wechseln- 
den Stämmen  auf  ar,  oder  är  für  den  Acc.  und  Gen.  pl.  Stämme 
auf  ri,  als  Umstellnng  von  ar,  är,  mit  Schwächung  des  a,  a  zu 
/  annehme,  also  p  itrl -  n  von  pitri  für  pitr a  3ius pilar,  unge- 
fähr wie  im  GothIschen/(ac?rM-/7j  von  fadru,  {uv  fadra  aus  fadar. 
Diese  schon  anderwärts  (Kl.  Sanskrit- Gramm.  2.  Ausg.  1846 
§.  12  Anm.  **)  gegebene  Erklärung  sehe  ich  nun  durch  eine, 
mir  damals  unbekannte,  in  ihrer  Art  einzige  Form  unterstützt, 
worauf  zuerst  Benfey  (Vollst.  Skr.  Gr.  p.  307)  aufmerksam  ge- 
macht hat.  Es  findet  sich  nämlich  im  Maha-Bhärata  III.  S  l. 
1292''i  pitäras  (vor  taia)^  welches  vortrefflich  zum  griech. 
irare^ag  stimmt.  Vollkommener  aber  ist  das  erwähnte  sendische 
ne  r  ans  ^  wofür  man  im  Skr.  nar-  a-ns^  und  demnach  für 
pitär-a- s  pitar-a-ns^  und  im  Griechischen  7raT60-a-vg 
zu  erwarten  hätte.  Zu  den  Sendformen  wie  >C^C€X5<^J'*^*G  ^^^i- 
stan  maximos  stimmen  vedische  auf  a^l  für  dn^  welche  in 
denselben  Stellungen  vorkommen,  wo  Stämme  auf  /und  u  inr 
ünr  für  //2,  ün  (aus  ins^  uns)  zeigen  und  durch  ihr  n  beweisen, 
dafs  hinter  demselben  ein  Buchstabe  gestanden  hat,  der  die  Um- 
wandlung des  vollen  j:i  n  in  einen  geschwächten  Nasal  nöthig 
machte,  wie  auch  die  sendlschen  Formen  auf  ^^  an  ihr  n  gewifs 
nur  dem  Umstände  verdanken,  dafs  hinter  dem  Nasal  ein  OJ  s 
stand,  welches  keinen  anderen  Nasal  als  n  vor  sich  verträgt  (s. 
§.  6l),  während  für  skr.  schliefsendes  ?1  n  im  Send  nur  1  n  zu  er- 
warten ist.  Auf  dasselbe  Princip,  worauf  die  ved.  Plural-Accusa- 
tive  auf  arl  beruhen,  stützen  sich  auch  ved.  Singular-Nominative 
wie  T^^  mahä  n  mn  gnus  (vor  Vocalen);  diese  zeugen  für  ein 
dagewesenes  Nominativzeichen  in  Gestalt  eines  r  für  s  (vgl. 
§.  138). 

240.  Da  a  im  Skr.  unter  allen  Buchstaben  am  häu- 
figsten als  Ausgang  männlicher  Stämme  vorkommt,  und  die 
Neigung  in  der  Geschichte  unseres  Sprachstamms  nicht  zu 
verkennen  ist,  im  gesunkeneren  Zustande  einer  Sprache  die 

*)   Vgl.  p.  468  und  s.  Regnier  1.  c.  p.  269  nr.  30,  34. 


480  Bildung  der   Casus.      §.  240. 

unbequemere  consonantisclie  Declination  durch  einen  unor- 
ganischen Zusatz  in  die  vocalische  einzuführen,  so  scheint 
es  mir  keinem  Zweifel  unterworfen  zu  sein,  dafs  die  neu- 
persische Plural-Endung  dn^  die  auf  die  Benennung  leben- 
der Geschöpfe  beschränkt  ist,  identisch  sei  mit  dem  skr. 
55f[r^  an  iva  männlichen  Plural- Accusativ;  so  stimmt  z.  B. 
^^jA  merddoi  homines  zu  T\'^\r\^mdrtdn  id.*).  Im  Alt- 
persischen wird  n  am  Wort -Ende,  und  in  der  Mitte  vor 
Consonanten,  nicht  geschrieben,  während  m  zwar  schliefsend, 
nicht  aber  im  Inneren  des  Wortes,  im  Fall  ein  Consonant 
darauf  folgt,  durch  die  Schrift  vertreten  ist,  so  dafs  wir  oben 
(p.  354)  den  Namen  Cambyses  durch  kabugiya  vertreteu 
gesehen  haben,  und  der  Name  Indiens  (send,  hendu)  in 
der  Keilschrift  durch  hid'u  (zu  lesen  liind'u)  ausgedrückt 
wird  "').  Wollte  man  aber  annehmen,  dafs  im  Altpers.  die 
nicht  geschriebenen  Nasale,  wo  sie  hingehören,  auch  nicht 
gesprochen  wurden,  so  würde  die  Sprache  des  Darius  Hys- 
taspis  gegen  das  heutige  Persische  in  dieser  Beziehung  im 
Nachtheil  stehen,  und  man  müfste  z.  B.  dem  neupers.  herend 
sie  tragen  (für  skr.  Ödranti,  send,  barenti,  goth.  bai- 
rand)  ein  altpersisches  baratiy  gegenüberstellen,  was  zwar 
der  Schrift,  aber  gewifs  nicht  der  Aussprache  gemäfs  wäre 
(vgl.  Oppert  „Das  Lautsystem  des  Altp."  p.  33).  Man 
dürfte  dann  auch  die  neupersischen  Plurale  wie  merddn 
nicht  mit  skr.  Accusativen  auf  dn  und  s endischen  auf  an, 
ans  {nerans)  vermitteln,  sondern  man  müfste  q^  dn  eher 
mit  Spiegel  (Höfer's  Zeitschrift  I.  p.  220)  von  skr.  Plu- 
ralgenitiven auf  a-w-am,  send,  a-n-anm  herleiten,  was  mir 
wenig  zusagt,  da  der  Genitiv  viel  weniger  als  der  Accusa- 
tiv dazu  geeignet  ist,  über  einen  ganzen  Numerus  sich  zu  er- 
strecken,  wie  dies  unter  anderen  bei  den  spanischen  Pluralen 

*)  So  hat  Im  Spanischen  der  ganze  Plural  die  Endung  des  lateini- 
schen Accusativs. 

**)  Über  muthmafsliche  Plural- Accusallve  auf  ins  (ohne  graphi- 
schen Ausdruck  des  Anusvara)  s.  Monatsbericht  der  Ak.  d.  Wiss.  iSiS 
p.  136  f. 


Accusativ  pl.      §.  241.  481 

auf  08  und  as,  und  bei  den  französischen  Possessiven  sowohl 
im  Singular  als  im  Plural  der  B'all  ist,  da  mon^  ton,  son 
offenbar  auf  mewm,  tuum,  suum,  und  dagegen  mes,  tes,  ses 
im  Masc.  auf  meos,  tuos,  suos,  und  im  Fem.  auf  meas  etc. 
sich  stützen.  Was  das  persische  tsdn  sie  (:lvtol)  anbelangt, 
welches  Spiegel  1.  c.  p.  222  auf  das  send,  ais'anm,  skr. 
es  dm  hör  um  zurückführt,  so  erkläre  ich  es  aus  dem 
Stamme  J7^  esd  dieser,  der,  wenn  er  vollständige  Decli- 
nation  hätte,  die  er  im  Oskischen  und  Umbrischen  gewon- 
nen hat  (obwohl  nicht  durchgreifend  belegbar),  im  skr.  Acc. 
pl.  es  an  zeigen  würde.  Zur  Erklärung  von  er»  men  ich 
bedürfen  wir  ebenfalls  nicht  eines  Genitivs  (altpers.  mand, 
send,  mana),  sondern  es  genügt  uns  der  dem  Skr.  und  Alt- 
pers. gemeinschaftliche  Accus,  mdm,  wozu  sich  men  unge- 
fähr so  verhält,  wie  das  franz.  Possessiv  mo7i  zum  latein. 
Accus,  meum^  oder  wie  die  griechischen  und  altpreufs.  Accu- 
salive  auf  n  zu  den  ursprünglichen  auf  m. 

241.  Wenn  nun  die  Endung  q^  an  der  Lebendigen 
an  ein  lebendes  Geschlecht  der  alten  Sprachen  sich  an- 
schliefst, so  wird  das  todte  Neutrum  dazu  geeignet  sein, 
uns  Auskunft  über  diejenige  neupersische  Plural-Endung  zu 
geben,  die  den  Benennungen  lebloser  Gegenstände  ange- 
hängt wird.  Ein  dem  Neutrum  vorzüglich  eigenthümliches 
Wortbildungssuffix  ist  ^[^  as  (§.  128),  welches  im  Send, 
im  Verhältnifs  zu  dem  geringen  Umfang  seiner  uns  erhalte- 
nen Litteratur,  noch  zahlreicher  ist  als  im  Sanskrit.  Im  No- 
minativ, Accusativ,  Vocativ  mufsten  diese  Neutra  ursprüng- 
lich auf  anha,  oder,  nach  dem  Princip  der  starken  Casus, 
auf  donha  ausgehen  (vgl.  p.  457),  wofür  jedoch,  mit  Unter- 
drückung der  Casus -Endung,  do  (s.  §.  233).  Im  Altpersi- 
schen, vs^o  sich  Plural-Neutra  der  in  Rede  stehenden  Wort- 
klasse nicht  belegen  lassen,  hätte  man,  gegenüber  den  vor- 
ausgesetzten s  endischen  Bildungen,  Formen  auf  dhd  oder 
ahd  zu  erwarten,  da  schliefsendes  a,  wo  es  von  Haus 
aus  am  Wort-Ende  stand,  im  Altpersischen  verlängert  wird. 
Dafs   im  Hochdeutschen    ein   grofser   Theil  der  Neutra    im 

I.  31 


4^2  BilJims   der    Casus.      §.  242. 

Plural  ihren  Stamm  durch  dasselbe  Suffix  erweitern, 
woraus  ich  das  h  persischer  Plurale  wie  rüshd")  Tage 
(ursprünglich  zu  theilen  rüsh-ä)  erkläre,  ist  bereits  be- 
merkt worden  (s.  p.  461).  Durch  den  Übergang  des  alten 
s  in  r  gleichen  aber  die  althochdeutschen  Plurale  wie  Msir 
Häuser,  chelbir  Kälber  mehr  den  lateinischen  Formen 
wie  gener-a,  oper-a^  als  den  persischen  auf  A-ö,  oder  den 
sanskritischen  auf  dns-i  aus  dns-a  (§.  234).  Vgl.  Grimm 
p.  622  u.  631. 

242.     Es    folgt  hier    ein   Überblick   der   Accusativ- Bil- 
dung"): 

Sanskrit  Send  Griecli,  Lat.  Lit.  Goth. 

m.       dsvd-n  aspa-n  Inno-vi    equö-s    pönü-s    vulfa-ns 

f.         dsvd-s  hisvd-o  x^P^'9    equd-s    dswa-s   gibo-s 

f.         td-s  td-o  ra-g         is-td-s    ta-s         tho-s 

m.      pdti-n  paity-6  ^)  7ro(n-ag    hoste-s    genti-s     gasti-ns 

f.        priti-s  dfrify-6  ^)  nopn-ac,  turre-s    awi-s      ansti-ns 

f.         Bdvantt-s  havainti-s  

m.       sünu-n  pasv-o  ^)  viKv-ac,    pecü-s     sünu-s    sunu-ns 

f.         hdnü-s  tanv-ö  "*)  yivv-ag     socrü-s    handu-ns 

f.         vad'u-s  

m.  f.  gds  *)  gdu-s  ^)  ^c[t)-clc,         ^)       

*)  Vgl.  den  sendischen  Stamm  rawc'a^  (ija.*)  Li  cht,  Nom.  Acc. 
Voc.  pl.  raucdo  für  raucäonha^  oder  r auc anha^  euphonisch 
(ur  raucdha^  raucaha  (s.  §.  56**^). 

**)  Über  das  Armenische  s,  p.  47 1  ff.  und  über  die  Neutral-Accusa- 
tive  den  gleichlautenden  Nominativ  p.  464 f.. 

1)  Oder  ypüt  /  ß/-d,    mit  c'o:  paity-as-ca^  patay-as-ca. 

2)  Oder  afritay-6^  oder  äfriti-s\  mit  ca\  äfrity-as  -ca  etc. 

3)  Oder /?a  J  ot' -  d  ;  mitca:  p  as  v  as  -ca^  pas  av  as  -c  a. 
*)    Oder  tanav-6^  od.  t anu-s^  mit  ca:  tanvas  -ca  etc. 
s)    Aus  gäo-as^  wie  im  Sing,  gäm  aus  gdv-arn^  s.  p.  253. 

6)  Aus  dem  skr.  gas  hätte  man  gxu^  gdo  zu  erwarten  (s.  §.  56*^; 
die  Form  gdu-s  aber,  welche  sehr  oft  vorkommt,  entspringt  aus  dem 
sikr.  starken  Thema  j\\  gdu,  durch  Anfügung  eines  blofsen  s  als  Ca- 
suszeichen, nach  Analogie  der  Formen  wie  as  auni-s  von  asauni 
s.  §.  238.     ")   Bovi-s  aus  dem  erweiterten  Stamme  ^oc/,  s.  §.  226. 


Inslrurnentalis  pl.     §.   243.  483 

Sanskrit               Send  Griech.  Lat.           Lit.           Goth. 

f.    nav-as  m{v)'CL(;    

.    vac-as  vac-o    )  ott-olc,  )  

m.  Bdrat-as  harent-o  ®)  (^ipovr-a:,  ^)  

m.  dsman-as  asman-6  ®)  dai/icv-ag  ')  ahman-8 

m.  Bratf-n^°)  bräf7'-eus?*^)  Trarip-ag  ')  

f.    duhitf-s^^)  dugder-eus'^  ^-vyarip-cLc,  '*)  

m.  ddtf-n  *°)  ddfr-eus?  ^^)  doTrjp-ag  ^)  

Instrumentalis. 
243.  Die  BilduDg  dieses  Casus  und  was  damit  zu- 
sammenhängt, ist  bereits  in  §.  215-224  auseinandergesetzt 
Avorden;  hier  genügt  daher  eine  den  Überblick  erleichternde 
Zusammenstellung  der  im  Sanskrit,  Send  und  Litauischen 
sich  entsprechenden  Formen '). 

Sanskrit                                Send  Litauisch 

"  m.  dsvd- IS  aspd- is  pona-is  j;) 

f.     dsvd -Bis  hisvd'bis  '['Y)  dswÖ~mis 

m.  pdti'Bis  paiti-his  genti-mis 


8)    Mit  ca\  -asca\  s.  §.  135.  Anm.  3.       9)    S.  p.  469- 
lo)   S.  p.  479.      ^0   S.  p.  478.      i2)   ==  duhitri-s ^  von  einem 
vorauszusetzenden   Stamme  duhitri^  umstellt  und  geschwächt  aus 
duhitar^  vgl,  p.  479. 

*)   Über  das  Armenische  s.  p.  471  ff. 

f)  S.  §.  220.  -|-f)  Die  Formen  auf  ä/j  scheinen  auf  den  beson- 
deren Dialekt  beschränkt  zu  sein  (s.  p.  56),  der  sich  vorzüglich  durch 
Verlängerung  kurzer  Endvocale  zu  erkennen  gibt.  In  den  zu  die- 
sem Dialekt  gehörenden  Kapiteln  des  Yasna  ist  aber  der  Instr.  pl.  viel 
zahlreicher  als  im  gewöhnlichen  Dialekt  zu  belegen.  Hierher  gehören 
g  enä-bis^  gau-bis  (\y*xi)^  vidaivad-his  (^«^),  mane-hts  (s. 
p.56),  roce-Ä/j,  rauce-bts^  (s.  die  Belegstellen  inBrockhaus*s 
Index).  Zum  gewöhnlichen  Dialekt  gehören  aslsanäiti-bis  (im 
9.Kapitel  des  Yasna),  vom  Stamme  astsanäiti  nicht  gebärend, 
MXi^aibis  (^^u)  durch  diese  =  skr.  nfiq^e^ /^,  vom  Stamme 
o,  nach  dem  Princip  der  vedischen  Instrumentale  wie  äs  oeb  is.  Im 
Hthographirten  Codex  des  V.  S.  (p.  45)  ist  die  Form  asisanäitibis 

31' 


48  i  Bildung   der   Casus.      §.  i>44. 


Sanskrit 

Send 

Litauisch 

f. 

dvi'bis  ff t) 

dfrtti'his 

awi-mis 

f. 

Bdvanti-Bis 

bavainti-his 

m. 

sünü'öis 

pasu'bis 

sünu-mis 

f. 

go'-Öis 

g  au- bis 

m. 

dsma-Bis 

asma-bis 

n. 

ndma-Bis 

ndma-bis 

n. 

vdco-öis 

vace-bis 

Dativ,  Ablativ. 
244.  Des  Suffixes  dieser  beiden  Casus,  wovon  jedoch 
das  Gothische  und  Litauische  nur  den  ersten  besitzen,  ist 
bereits  in  §.  215.  2  gedacht  worden,  sowie  auch  des  Um- 
standes,  dafs  im  Armenischen  auch  der  Genitiv  plur.  an  der 
im  Sanskrit,  Send  und  Latein,  nur  für  den  Dativ  und  Ab- 
lativ bestimmten  Endung  Theil  nimmt.  Dem  latein.  bus  ist 
in  der  ersten,  zweiten,  und  (nach  Nonius)  gelegentlich 
auch  in  der  vierten  Decl.  nur  das  5  geblieben,  denn  das  i 
von  lupt-s,  terrt-s,  spect-s  (für  speci-bus  aus  specu-bus)  mufs 
dem  Stamme  gelassen  werden.  Lupt-s  steht  für  lupö-bus,  da- 
für zeugen  ambo-bus^  duö-bus.  Von  6-bus  gelangte  die  Sprache 
—  durch  gleiche  Erleichterung  des  Endvocals  des  Stammes, 
wie  sie  am  Anfange  von  Compositen  stattfindet  (multi-plex  für 
mvltu-plex  oder  multö-plex  wovon  später)  —  zu  i-bus  (parrn- 
bus,  amici-bus,  dii-bus,  vgl.  Härtung  p.  262).  In  der  ersten 
Decl.  hat  sich  d-bus  ziemlich  zahlreich  erhalten,  es  fehlt 
aber  an  der  Mittelstufe  i-hus;  doch  ist  die  Sprache  schwer- 
lich von  d-bus  sogleich  zu  i-s  übergesprungen ,  sondern 
d-bus  schwächte  das  stammhafte  d  zu  ^,  welches    sich  zum 


sonderbar  zerspalten  in  drei  Wörter:  asi  sänditi  bis^  die  ich 
schon  in  der  ersten  Ausg.  (p.  1.95)  zu  einem  Ganzen  vereinigt  habe, 
dessen  dritte  Sylbe  jedoch  kurz  sein  mufs  (s.  Burnouf,  Etudes  p. 
280  ff.).  Anstöfsig  ist  aber  der  Diphthong  ^^ax>  di  in  der  4ten  Sylbe, 
wo  man  ^ou  ar  zu  erwarten  hat,  was  aber  keine  der  von  B  ur  neu f 
verglichenen  Handschriften  darbietet,  fff)  Von  dvi  Mutter- 
schaf. 


Daliv,    Ablatio  ^/.   §.  244.  485 

Ersatz  für  das  ausgefallene  hu  verlängerte,  also  terri-s  aus 
terri-bus  für  terrd-hus,  wie  mdlo  aus  mävolo.  —  Man  ver- 
gleiche : 

Sanskrit  Send  Lat  Lil.  Goth. 

m.dsve-dyas^)   aspaii-hjo '^)  equi-s  pÖna-mus^)vulfa'm^) 

f.    dsvd-dyas       huvd-hyo        equd-bus        dswö-mus   gibo-m^) 
m.pati-Byas        paiti-byo        hosti-bus        genti-mus    gasti-m 
f.  prtti-dyas      dfrtti-byo       turri-bus        awi-mus       ansti-m 

m.  Bdvantt-Byas  bavainti-byo 

m.  sünü-Byas      pasu-byo        pecu-bus  *)    sünü-mus     sunu-m 

f.    vdg-Byds        voc-i-bus        

m.  Bdrad-öyas     baren-byS  ^)  ferent-i-bus    

m.  dsma-dyas      asma-byo        sermon-i-bus ahma-m 

vc\.  Bratr-dyas     brdtar-e-byo  frdtr-i-bus     

n.  vdco-öyas       vace-byo  ^)     gener-i-bus     

Anmerkung.  Das  Oskische  zeigt  in  der  2ten  Declination  plu- 
rale  Dativ- Ablative  auf  ww  oder  ow,  z.B.  zikolois  ^  nesimois^ 
ligatüis  Nuvlanüis  (Mommsen,  Osk.  Stud.  p.  39).  In  der 
ersten  Decl.  hat  man  ais  zu  erwarten,  was  sich  im  Umbrischen 
regelrecht  zu  es  zusammengezogen  hat  (Au fr.  u.  KIrchh.  p. 
Il4,  ll).  Es  bliebe  also  is  als  wirkliche  Casus-Endung,  welche 
Au  fr.  u.  Kirch  h.  1.  c.  mit  der  skr.  Instrumental -Endung  bis 
vermitteln.  Ich  wende  mich  aber,  im  Fall  das  ganze  is  der  Ca- 
sus-Endung zukommt,  lieber  an  die  Dativ-Ablativ-Endung  VZT^ 
bfas,  und  erkenne  in  is  eine  Zusammenziehung  von  jas,  wie 
in  der  griech.  Dual-Endung  iv  {littto-lv,  ^/^woa-tv)  eine  Zusam- 
menziehung von  fdm  der  vollständigen  Endung  VJ[[T1  ^yäm 
(§.  22l).  Ich  erinnere  auch  noch  an  das  lateln.  bis  von  no-bis^ 
vo-bis,  welches  oben  (p.424)  aus  bius  für  skr.  bjas  erklärt  wor- 
den. Sollte  die  Sylbe  is  im  Dat.  Abi.  der  lat.  isten  und  2ten 
DecünatioQ  mit  den  erwähnten  oskischen  und  umbrischen  For- 


*)    S.  p.  295  Anm.       «)   V^^A^^'<^^^  s-  §§•  ^U  ^35  Anm.  3. 

3)  S.  p.  434.  '*)  Ich  habe  den  nur  in  wenigen  Casus  belegbaren 
männlichen  Stamm  pecu  wegen  seiner  Verwandtschaft  mit  >a:J«.ue^ 
pasu  gewählt  und  durch  alle  Casus  durchgeführt,  und  glaube  daher 
auch  bier  das  ursprüngliche  u-bus  für  das  entartete  i~bus  setzen 
zu  dürfen.      ^)   S.  p.  440.   Anm.  2.       ^)    S.  §.  31. 


486  Bildung   der   Casus.     §.  244. 

men  in  Zusammenhang  gebracht  werden,  so  hätte  es  keine 
Schwierigkeit,  die  Sylbe  is  in  der  ersten  Declln.  aus  ais  und 
in  der  zweiten  aus  ois  zu  erklären,  und  die  Verlängerung  des  i  als 
Entschädigung  für  den  weggefallenen  ersten  Theil  ^t&  Diph- 
thongs zu  fassen,  wie  im  Nom.  pl.  equi  aus  equoi  =  gr.  ITTTTOL 
(p.447)  und  im  Dat.  sg.  der  Pronominal  Decllnatlon  Uli  aus  illoi 
(p.  34i).  Ich  ziehe  aber  vor,  um  die  lateinischen  Dative  wie 
equis^  mensis  nicht  aus  dem  Zusammenhang  mit  den  vollständige- 
ren Formen  wie  du6-bus^  ambo-bus^  parvi-bus^  amici-bus^  duä- 
bus.,  ambä-bus^  equä-bus  herauszureifsen,  sie  aus  Formen  die- 
ser Art,  in  oben  (p.  484)  angegebener  Weise,  hervorgehen  zu 
lassen.  Auch  ist  zu  berücksichtigen,  dafs  im  Lateinischen,  abge- 
sehen von  zusammengesetzten  Formen  wie  acqulro  (s.  p.  18), 
der  Diphthong  ai  sonst  nirgends  zu  /  geworden  ist,  sondern  ent- 
weder zu  e  (hieraus  /durch  den  EInflufs  schllefsender  Conso- 
nanten),  oder  zu  ae,  oder  zu  ä\  letzteres  Im  Fall  die  Conjunctlv- 
formen  wie  feräs^  ferämus  eben  so  wie  die  Futurformen  wie 
fere-s ,  feremus  auf  sanskritische  Potentiale,  griechische  Opta- 
tive und  gothlsche  Conjunctlve  wie  bairai-s  ^  bairai-ma  sich 
stützen.  Was  die  Entstehung  von  /  aus  oi  und  die  Möglichkeit 
anbelangt,  Dativ-Ablative  wie  lupis  mit  oskischen  auf  oz'j  zu  ver- 
mitteln, so  dürfen  wir  das  ganz  vereinzelt  stehende,  von  Festus 
überlieferte  oUoes  (ab  olloes  dicebant  pro  ab  Ulis)  nicht  uner- 
wähnt lassen,  wo  oe  offenbar,  wie  überall,  als  =  oi  zu  fassen  Ist. 
Hierbei  aber  ist  zu  berücksichtigen,  dafs  die  Pronomlnal-Declina- 
tlon  überhaupt  manche  Abweichungen  von  der  gewöhnlichen  dar- 
bietet, und  dafs  auch  im  Goth.  die  Pronominalstämme  auf  a  im 
Dativ  pl.  den  Diphthong  ai  dem  skr.  e  (aus  ai)  gegenüberstellen, 
daher  thai-m  gegenüber  dem  skr.  männlich-neutralen  te-ljyas 
aus  tai-b y as^  g^g^"  vulfa-m  lupis  für  skr.  vrke-byas.  Es 
könnte  demnach  auch  das  erwähnte  altlat.  olloes  In  olloe-s  =  olloi-s 
zerlegt  werden,  so  dafs  hier  von  der  skr.  Casus-Endung  b^y  a  s  nur 
das  schliefsende  s  übrig  geblieben  wäre.  Nach  dieser  zVuffassung 
könnten  aber  auch  die  oskischen  Formen  auf  o/V  oder  üis  so  zerlegt 
werden,  dafs  nur  das  s  der  Casus-Endung  anhelm  fiele,  dafs  also 
zikoloi-s  etc.  zu  theilen  wäre.  Bei  den  weiblichen  Formen  auf 
ai-s^  wenn  sich  solche  belegen  llefsen,  wäre  dann  das  /  mlsbräuch- 
lich  aus  der  männlich-neutralen  Decllnatlon  eingedrungen,  wie 
auch  im  Gothischen  thai-m  nicht  nur  dem   skr.   ti-^yas  aus 


Ceni/n^   pl.     §.  24,7.  487 

tai^b yas  gegenübersteht,  sondern  auch,  statt  i^^s  zu  erwarten- 
den thö-rn^  dem  weiblichen  fffVJflR  ^^-^J">y»  und  wie  im 
Griechischen  das  i  in  weiblichen  Dativen  (ursprünglich  Loca 
tiven)  auf  «f-o*«,  ai-g  ein  Misbrauch  ist  (s.  §.  25l).  Wir  könn- 
ten noch  welter  gehen,  und  auch  das  i  der  altlateinischen  For- 
men wie  arnici-bus^  parvi-bus^  dii-bus  als  den  Schlufslheil  des 
Diphthongs  oi  erklären  und  demnach  diibus^  ^ws,  dioi-bus^  dem 
skr.  deve-byas  aus  de vai-b y as  gegenüberstellen.  Das  6 
von  duo-bus ^  ambo-bus  Heise  sich  dagegen  durch  die  Verlän- 
gerung rechtfertigen,  welche  im  Sanskrit  das  kurze  a  vor  der 
Dual -Endung  byäm  erfährt  (§.  219),  obgleich  die  duale  Casus- 
Endung  im  Latein,  durch  eine  plurale  ersetzt  ist,  also  duo- 
busj  ambo-bus  iür  slir.  dpa -bydm^  üb  d  -b yd  m. 


Genitiv. 

245.  Der  Genitiv  pl.  hat  im  Skr.  bei  Substantiven 
und  Adjectiven  die  Endung  dm,  im  Send  anm  nach  §.  61. 
Das  griech.  wv  verhält  sich  zur  Urform  der  Endung  wie 
ididwv  zu  ^?;^r3^  cidaddm  (§§.  4.  18);  das  latein.  hat 
Avie  immer  den  labialen  End-Nasal  in  seiner  Urgestalt  be- 
wahrt, durch  seinen  Einflufs  aber  den  vorhergehenden  Vo- 
cai  verkürzt,  daher  ped-um  (=  skr.  jpad-am),  dessen  u 
die  Stelle  eines  kurzen  a  vertritt,  wie  in  equum  =  ^^IHTL 
dsva-m,  Xnno-v.  Das  Germanische  hat  den  schliefsenden 
Nasal  aufgegeben  (s.  §.  18);  im  Gothischen  zeigt  sich  aber 
das  nun  übrigbleibende  ^\  d  in  zwei  Gestalten,  und  da- 
durch ist  ein  unorganischer  Unterschied  zwischen  der  weib- 
lichen Genitiv-Endung  und  der  männlich-neutralen  eingetre- 
ten, indem  das  vollere  6  nur  den  weiblichen  6-  und  n- 
Stämmen  geblieben  ist.  Das  Litauische  zeigt  ü  für  35[T^  «^^j 
daher  z.  B.  akmen-u  lapidum  gegenüber  dem  sanskritischen 
dsman-dm.  Das  Altpreufsische  hat  dagegen  den  Nasal  in 
Gestalt  eines  n  bewahrt  (§.  18)  und  den  Vocal  aufgegeben; 
daher  z.  B.  swinta-n  sanctorum  (wie  im  Acc.  sg.),  nidru- 
wingi-n  incredulorum.  Letzteres  vergleiche  man  mit 
lateinischen  Formen  wie  hosti-um,  tri-um. 


488  Bildung  der   Casus,      §.    246.   247.   248. 

246.  Vocalisch  endigende  Stämme,  mit  theils  noth- 
wendiger,  theils  willkürlicher  Ausnahme  der  einsylbigen, 
setzen  im  Skr.  ein  euphonisches  n  (oder  n  nach  §.  17^^)  zwi- 
schen Endung  und  Stamm,  dessen  Endvocal,  wenn  er  kurz 
ist,  verlängert  wird.  Diese  Einschiebung  scheint  uralt  zu 
sein,  weil  das  Send,  wenn  gleich  in  beschränkterem  Grade, 
daran  Theil  nimmt,  namentlich  bei  allen  Stämmen  auf  s.\j 
a  und  sAju  «,  daher  gv^>v«.»e>»3üvu  aspa-n-anm,  9>c^NV>>J'^ev 
hisva-n-anm.  Zu  letzterem  stimmen  sehr  merkwürdig 
die  im  Althochdeutschen,  Altsächs.  und  Angelsächs.  in  der 
entsprechenden  Wortklasse  vorkommenden  Genitive  auf 
0-71-6,  e-n-a,  daher  ahd.  und  altsächs.  geho-n-ö,  ags.  gife-n-a. 
S.  §,  133. 

247.  Die  Stämme  auf  kurzes  und  langes  i  finden  wir 
im  Send,  wenn  sie  mehrsylbig  sind,  ebenfalls  nur  mit  eupho- 
nischem n;  dagegen  setzen  die  einsylbigen  i- Stämme  die 
Endung  unmittelbar  an,  entweder  mit  gunirtem  oder  rei- 
nem Endvocal;  so  fry-anm  oder  fray-anm  trium  von 
fri\  vay'anm  avium  von  vi.  Die  Stämme  auf  >  u  lassen 
sowohl  die  unmittelbare  Anschliefsung,  als  die  Einschiebung 
des  euphonischen  7i  zu;  doch  finde  ich  von  dem  männlichen 
>vXJ*,c'e;  pasu  nur  pasv-an'm,  dagegen  habe  ich  von  weib- 
lichen Stämmen  wie  >i*xj^  tanu  Körper,  >jlj^c»i  nasu 
Leiche  (vgl.  vi>iv  nach  §.  21)  bis  jetzt  nur  u-n-anm  ge- 
funden. 

248.  Die  Pronomina  der  3ten  Person  haben  im  Skr. 
gTTL  8dm  für  531TL  dm,  und  dies  mag  die  ursprüngliche, 
früher  allgemeine  Gestalt  des  Casussuffixes  sein,  so  dafs 
dm  eigentlich  nur  die  Endung  der  Endung  wäre,  das  mit 
dem  Gen.-  sg.  zusammenhangende  5  aber  die  Hauptsache. 
Wenn  dem  so  ist,  so  mufs  jedoch  die  Verstümmelung  die- 
ser Endung  an  Substantiven  und  Adjectiven  als  uralt  an- 
erkannt werden,  denn  das  Gothische,  welches  sich  im  Plu- 
ral-Nominativ so  genau  in  der  alten  Grenze  hielt  (§.  228), 
läfst  auch  dem  Zischlaut  im  Genitiv  keinen  weiteren  Um- 
fang, nur   dafs   die   starken  Adjective,    weil  sie,  wenigstens 


GeniUv  pl.     §.  248.  489 

in  den  meisten  Casus,  ein  Pronomen  angefügt  haben  (s. 
287 f.),  auch  an  dieser  pronominalen  Genitiv- Endung  Theil 
nehmen;  daher  ilii-^e  (§.  86.  5)  =  skr.  te-sCm")  horum, 
illorum,  thi-^o  =  skr.  ta-sdm  harum,  illarum;  blind- 
aise  caecorum,  hlindaiso  caecarum.  Das  Sanskrit  erwei- 
tert, wie  aus  dem  angeführten  Beispiele  erhellt,  das  a  männ- 
licher und  neutraler  Stämme  zu  e  (s.  p.  296),  wofür  im 
Send  ;ü^  a^,  daher  z.  B.  aitaisanm  horum  m.  n.  für 
skr.  etesäm,  dagegen  im  Femin.  aitdonhanm  für  skr. 
etasdm  (nach  §.  56^)).  Es  mag  dahingestellt  bleiben,  ob 
das  i  gothischer  Formen  wie  thi-se  nur  die  Schwächung 
des  stammhaften  a  ist  (also  thi-se  für  tha-se),  oder  der 
Schlufstheil  des  Diphthongs  j^  e  =  ai.  Jedenfalls  aber 
sollte  im  Femininum  ^Ao-so  dem  skr.  ta-sdm  gegenüber- 
stehen; es  hat  aber,  wie  es  scheint,  das  Beispiel  des  Masc. 
und  Neutr.  verführerisch  auf  das  Femininum  eingewirkt, 
was  um  so  leichter  geschehen  konnte,  als  das  Fem.  durch 
seine  Endung  so  sich  hinlänglich  vom  Masc.  und  Neutrum 
unterscheidet.  Das  Altslavische,  in  dessen  Endung  ^Z  chü 
wir  die  skr.  Endung  sdm  erkannt  haben  (s.  p.  144),  hat 
die  männlich -neutrale  Form  ebenfalls  auch  auf  das  Fem. 
übertragen  und  zeigt  z.  B.  T-b^^  tje-chü  nicht  nur  im 
Masc.  und  Neutrum  für  skr.  te-sdm,  sondern  auch  im  Fem. 
für  skr.  ta-sdm  (über  "t  für  skr.  e  s.  §.  92.  e.).  Das  Alt- 
preufsische  zeigt  die  in  Rede  stehende  plurale  Genitiv-En- 
dung in  der  Gestalt  son  (über  n  für  m  s.  §.  18)  und  be- 
schränkt diese  Endung  eben  so  w^ie  das  Gothische  sein  se^ 
so,  und  das  Altslav.  sein  ^^  chü,  auf  die  Pronominaldeclina- 
tion,  wo  sie  jedoch  auch  in  der  ersten  und  zweiten  P.  sich 
findet;  also  nicht  nur  stei-son  horum,  harum,  sondern 
auch  nou-son  i^^jucoy,  iou-son  ujucov.  Diese  Formen  sind  ihrer 
Endung  nach  organischer  als  die  sanskritischen  Formen 
asmd!-kam,  yus'ma-kam  (s.  §.  340),  wofür  man  asme- 
sdm,  yusme-idm  zu  erwarten  hätte,   deren  ursprüngHche 

*)   /  für  s  nach  §.  2l*^ 


490  Bildung   der   Casus,      §.  218. 

Existenz  aus  dem  vedischen  Nominativ  asme\  yusme^  (wie 
^  te  hi,  illi)  gefolgert  werden  kann.  Auch  das  Altslavi- 
sche zeigt  die  in  Rede  stehende  pronominale  Genitiv-Endung 
an  den  Pronominen  der  beiden  ersten  Personen,  und  zwar 
in  der  treuer  erhaltenen  Form  CZ  sü,  daher  na-sü  -qfxwv, 
va-sü  v{Ji<jöv  (s.  p.  154  Anm.).  Ich  glaube  jetzt,  dafs  man  auch 
die  litauischen  Plural -Genitive  der  beiden  ersten  Personen, 
musu,  jusu^  in  mu-su,  Jü-su  zerlegen  nmfs;  hierzu  nöthigt, 
besonders  bei  der  2ten  Pers.,  das  altpreufs.  iu-son^  wofür 
das  Sanskrit,  wenn  es  aus  dem  ersten  Theile  des  zusam- 
mengesetzten Stammes  yu-smd  einen  Genitiv  gebildet 
hätte,  yu'sdm  (vgl.  ^HJ^IH-  cLtnu-sdm  illarum)  zeigen 
•würde.  —  Das  Hochdeutsche  hat  in  der  in  Rede  stehenden 
Casus -Endung  den  alten  Zischlaut  in  r  verwandelt,  daher 
z.  B.  im  Althochdeutschen  dc-ro  (in  den  3  Geschlechtern), 
von  dessen  Endung  dem  Neuhochdeutschen  nur  das  r  ver- 
blieben ist.  Dem  Lateinischen  ziemt  rum  für  sum  (§.  22), 
daher  z.  B.   istorum,  istdrum  *). 


*)  Dieses  rum  ist,  wie  die  Eigenthümllchkeit  des  Plural- Nom. 
(§.228),  von  der  Pronominal-Decl.  auch  in  die  ganze  zweite,  erste,  und 
die  mit  letzterer  ursprünglich  identische  fünfte  Declln.  (s.  p.  i47f.) 
eingedrungen,  oder  dahin  zurückgekehrt.  Diese  Fortpflanzung  der 
rwm-Endung  auf  die  genannten  Decllnatlonen  war  um  so  leichter, 
als  alle  Pronomina,  im  Gen.  pl.,  der  zweiten  und  ersten  Decl.  ange- 
hören. Erhalten  sind  aber  auch,  besonders  In  der  alten  Sprache, 
Formen,  die  dafür  zeugen,  dafs  nicht  zu  aller  Zeit  die  Sprache  der 
Zurückführung  der  Endung  rum  gleich  günstig  war  (de'-um^  soci'-urn^ 
amphor* -um,,  agricol'-um  etc.).  Dagegen  scheint  aber  auch  die  En- 
dung rum  einen  Versuch  gemacht  zu  haben,  sich  in  der  ,3ten  Decllna- 
tion  festzusetzen,  in  den  von  Varro  und  Charisius  überlieferten 
Formen  wie  bove-rum^  Jove-rum^  lapide-rum,,  rege-rum^  nuc''-rum  ; 
die  ich  jetzt  am  liebsten  so  erkläre,  dafs  ich  eine  Erweiterung  des 
Stammes  durch  den  beliebten  Zusatz  eines  /annehme,  wie  in  den  Plu- 
ralnominativen wie  bove-s^  rege-s,  \on  den  erweiterten  Stämmen  bovi, 
regi  (§.  226),  deren  i  vor  r  nach  §.  84  zu  e  werden  nuifste,  also  bm^e- 
rum^  rege-rum  für  bovi-rum^  regi-rum^  wofür  nach  dem  gewöhnlichen 
Princlp  der  /-Stämme  bovi-um^  regi-um  stehen  müfstc.      Das  lat.  rum 


Genitw    pl.      §.   249.  491 

249.     Wir  geben  hier  einen  Überblick  der  Bildung  des 
Plural-Genitivs: 


und  skr.  säm  läfst  gr.  (Tüov  erwarten;  dies  fehlt  aber  sogar  bei  den 
Pronom.,  so  dafs  das  Griech.  in  dieser  Beziehung  Im  strengsten  Ge- 
gensätze zum  Lat.  steht.  Die  Formen  auf  a-uöv^  e-oüv  (z.  B.  avTa-wv^ 
avTE-üoVy  dyooa-üüv,  dyooe-Oüv)  deuten  jedoch  auf  einen  ausgefalle- 
nen Consonanten.  Die  Annahme  des  Ausfalls  eines  er  (vgl.  §.  128) 
rechtfertigen  aufser  dem  Lateinischen  auch  das  Umbrische  und  Oski- 
sche,  wobei  es  wichtig  Ist  zu  beachten,  dafs  die  letztgenannten  Dia- 
lekte nur  bei  der  ersten  Declinatlon,  der  erstere  rum,  der  letztere  zum 
zeigt,  bei  der  zweiten  aber  beide  um  oder  ow,  vor  welcher  Endung 
der  Endvocal  des  Stammes,  wie  in  latein.  Formen  wie  soci'-um^  abfällt; 
daher  z.  B.  im  UmhYischcn  Abellan'-um,  Nuvlan*-um^  zicoV-om  (die- 
rum),  im  Gegensatze  zu  eisa-zun-k  egma-zum  „illarum  rerum" 
(nach  K i r c h h o ff).  Das  oskische  z  ist,  wie  Aufrecht  u.  Kirch- 
hoff (Umbr.  Sprachd.  p.  107  f  Anm.***)  gezeigt  haben,  ein  welches 
s^  wenigstens  in  der  Mitte  der  Wörter,  und  es  stimmt  insofern  merk- 
würdig zum  goth.  z  (welches  ich  nach  §.  86.  5  durch  s  ausdrücke), 
dafs  es  bei  Veranlassung  zur  Lautschwächung  aus  hartem  s  hervor- 
geht, daher  iz-ic  dieser  aus  is  mit  dem  enklitischen  /c,  wie  im  Gothi- 
schen  iz-ei  (Js-ei)  welcher  aus  is  er  mit  der  relativen  Partikel  ei 
(l.  c.  p.  108).  Ich  möchte  aber  auch  dem  anfangenden  z  von  zico- 
lus^  welches  zuerst  von  Peter  (l.  c.  p.  51l)  im  Sinne  von  Tag 
gefafst  worden,  keine  andere  Geltung  geben  als  die  eines  gelinden  s^ 
auch  wenn  es,  wie  Au  fr.  u.  Kirchh.  annehmen,  mit  dem  lat.  diecula 
zusammenhangen  sollte.  Ich  fasse  es  aber  lieber,  in  Übereinstim- 
mung mit  Peter  und  Lange,  als  wurzelhaft  und  bildungsverwandt 
mit  seculum.  Man  braucht  jedoch  die  beiden  Wörter,  das  lateinische 
und  oskische,  nicht  von  secare  abzuleiten,  sondern  man  kann  sich,  da 
Zeitbenennungen  häufig  von  Wurzeln  stammen,  welche  Bewegung 
ausdrücken,  an  die  Wurzel  sec  (skr.  sac  aus  sak  gehen,  folgen) 
wenden.  Ich  erinnere  beiläufig  daran,  dafs  im  Skr.  die  Zeit  im  All- 
gemeinen unter  andern  durch  amdsa  (von  am.  gehen)  ausgedrückt 
wird,  auf  dessen  Wurzel  (am  gehen)  ich  in  meiner  Abhandlung 
über  die  Celtischen  Sprachen,  p.  5,  das  lat.  annus  (aus  amnus)  zu- 
zückgefiihrt  habe.  Hiervon  stammt  Im  Skr.  auch  amäti-s  eben- 
falls Zeit,  womit  I.  C.  das  llt.  amzi-s  (them.  amzia^  g^"«  anriziö") 
verglichen  worden.    P i ctet  („De  l'affinite"  etc.  p.  9)  zieht  zum  skr. 


492 


Bildung  der   Casus.      §.  249. 


Sansk.  Send          Griech.        Latein.                Lit.                Goth. 

Hl.      dsvd-n-  dspa-n-    'ltot-uov     equo-i^um  pon-ü      vulf'-e 

-dm  -ahm 

m.n.  te'-sdm  aitai-        r'-oJv        isto-rum     t'-ü           thi-se 

sanm 

f.       dsvd-n-  hisva-n-   x^P^-^^  equd-rum  ds'w'-ü     geho-n-o^) 

-dm  -anm 

f.       td'-sdm  donhanm   rd-Mv       istd-rum     t'-ü          thi-so 

m.  n.  tri-n-  try-           rpi-wv      tri-um        trij-ü        thrij-e 

-am^)  -anm 

f.       pritt-n-  dfriti-n-    Tropri-uov  turri-um     awi-ü  ^)  anst'-e 

'dm  -anm 

in.     sünu-n-  pasv-         vek-u-wv    pecu-um     sün'-u      suniv-e^) 

-dm,  anm 


amdsa,  d.  h.  zur  Wz.  desselben,  das  irländische  am,  das  wallisclie 
a^jer  und  nlederbretannlsche  a/wzer,  sämmtlich  „Zeit"  bedeutend. 
Um  aber  wieder  zum  lat.  Pluralgenitiv  zurückzukehren,  so  möchte 
ich  jetzt  die  Verlängerung  des  stammhaften  oin  Formen  wie  equorum, 
quo-rurn  (letzteres  =skr.  ke  -s  dm  aus  kai-  s  ä  ni^  vom  Interrogativ- 
stamme ka)  als  Entschädigung  für  ein  weggefallenes  i  erklären,  wie 
im  Dat.  sg.  (p.  ^ki).  Überhaupt  hat  die  Länge  des  o  in  der  lateini- 
schen 2ten  Decllnat.  überall  eine  Veranlassung.  Nur  im  Gen.  pl. 
würde  sie  ohne  Veranlassung  sein,  wenn  man  nicht  auf  das  skr.  e  und 
sendische  ^vU  ai  zurückgehen  wollte.  Bei  den  entsprechenden 
Femininstämmen  ist  der  Endvocal  des  Stammes  von  Haus  aus  lang, 
daher  steht  hier  quä-rum  passend  dem  skr.  kä-s am  gegenüber. 

1)  Althochdeutsch,  s.  §.  2h6\  goth.  gib*-6,  ^)  Kommt  oft  vor 
und  entspricht  dem  skr.  ^^TT^TTL  a-^a/w  harum,  earum  (§.  56*^)  ; 
von  vvü(^  ta  wäre  täonhanm  zu  erwarten,  was  ich  nicht  belegen 
kann.  Die  zusammengesetzten  (mehrsylbigen )  Pronominalstämme 
verkürzen  die  vorletzte  Sylbe,  daher  ^'^ev^(\5/0vc  ai-tanhanm^ 
nicht  aitdonhanm^  wie  man  aus  0(i|4^|i-L  ^to.-sdm  erwarten 
könnte. 

3)  Vedisch;  in  der  gewöhnlichen  Sprache /r«/a-n-a  m,  von 
dem  auf  diesen  Casus  beschränkten  erweiterten  Stamme  traya. 

'^)   Zwelsylbig.      ^)    S.  p.  25S. 


GenilU^   pl.      §.   249.  493 

Sansk.         Send         Griech.           Latein.               Lit.  Goth. 

f.       hanu-n-  tanu-n-  ysvii-cyv       socru-um      handiv-e^) 

'dm  -anm 

m.  f.  gdv-dm  gav-anm  ßo(Fywv    bov-um         

f.       ndv'drn vä(F)-ct)v     

f.       vdc'dm  vdc-anmoTT-üov        v6c-um  

m.n.  Bdrat-     harent-   (\>zpoyT-m  s.  p.  453 fijand-e 

dm  anm  ^) 

m.      asman-  asman-   datjuoVcüv  sermon-um  akmen-u  ahman-e 

dm         anm 

m.      ndr-dm  hrdfr-    narip-wv  frdtr-um       hrothr-e 

'^)  anm 

f.       svdsj'-      äug  der-  ^^vyarip'wvmdtr-um      dukter-u  dauhtr-e 

dm^)      anm 

m.  ^)      ddfr-      boTr\p-m    dator-um      

anm^^) 
n.      vdcaS'     vacanh-  E7ri(a-)'U)v  gener-um      ,  . 

dm         anm 


6)  Oder  auch  G>O*00,^'^'^^  barantanm  wie  im  V.  S.  p.  1  51. 
g>0>(K)^^vU^ijvUJLJ  s  auc  antanm  lucentium,  dagegen  auch  häu- 
fig s  auc  e  nf  anrn. 

7)  Vedisch  (vom  Stamme  nar^  n.r  Ma  n  n)  =  send,  nar-anm^ 
welches  letztere  im  Gegensatze  zu  Formen  wie  brät r-anm^  ätr- 
atim  (ignium),  wegen  seiner  Einsylblgkeit  den  Stamm vocal  beibe- 
hält. Die  gewöhnlichen  Sanskrit-Genitive  von  Stämmen  auf  ar,  r, 
wie  z.  B.  Ä  ra /r-n-am,  dwÄ/^r-n- 4m,  gehören  wie  die  analogen 
Accusative  eigentlich  zur  /-Declination  (s.  p.  479). 

s)  Vedisch  (Rigv.  I.  GS^  4),  vom  Stamme  sväsär^  sväsr 
Schwester;  es  stimmt  also,  abgesehen  von  der  Unterdrückung  des 
Vocals  der  2ten  Sylbe  des  Stammes,  zum  lat.  soror-um^  wofür  man 
im  Skr.  s  vdsär-ain  zu  erwarten  hätte.  ^)    dätf-n-ämzzz 

<\l  JllIfPR    ddtri-n-äm  stammt  von  dätri^  s.  p.  479. 

<o)  Ich  folgere  diese  Form  aus  anderen  schwachen  Casus  der  be- 
treffenden Wortklasse,  so  wie  aus  dem  belegbaren  brätr-anm. 


494  Bildung   der    Casus.      §.  250.   251. 

Locativ. 

250.  Der  Charakter  des  Plural -Locativs  ist  im  Sans- 
krit ^  SU,  welches  der  Verwandlung  in  ^  su  unterworfen 
ist  (§.  21),  wofür  im  Send  >t^  su  steht  (§.  52),  während 
aus  "^  SU  nach  §.  53  >ev  hu  geworden  ist.  Die  gewöhn- 
lichere Form  für  su  und  hu  (wofür  auch  sw,  hu)  ist  jedoch 
^♦>>tjü  sva,  ^'»^y  hva^  was  auf  ein  skr.  "^^  sva  führt. 
Dies  scheint  mir  die  Urgestalt  der  Endung,  denn  nichts  ist 
gewöhnlicher  im  Skr.  als  dafs  die  Sylben  va  und  ya  sich 
ihres  Vocals  entledigen  und  dann  den  Halbvocal  vocalisiren, 
wie  z.B.  '^■^  uktd  gesagt  für  vaktd.  Somit  ist  die  An- 
nahme der  indischen  Verstümmelung  der  Endung  viel  wahr- 
scheinlicher als  die  einer  sendischen  Erweiterung  derselben 
durch  ein  später  zugetretenes  a,  zumal  da  sich  in  keinem 
anderen  Falle  ein  ähnlicher  Nachwuchs  begründen  läfst^ 
Ist  aber  ^^  sva  die  Urgestalt  der  Endung,  so  ist  sie  iden- 
tisch mit  dem  Reflexiv -Possessiv- Stamme  ^5|"  sva,  wovon 
mehr  in  der  Folge.  —  Im  Griechischen  entspricht  die  Dativ- 
Endung  ai  (mit  V  ephelk.  aiv),  deren  l  ich  jetzt  nicht  mehr 
als  Entartung  des  u  der  skr.  Endung  su,  sondern  als 
Schwächung  des  a  der  vollständigen  Form  sva  auffasse, 
wie  ich  auch  schon  in  der  ersten  Ausg.  (§.  228)  das  i  des 
lat.  si-hi  (für  sui-hi)  aus  dem  a  des  skr.  Stammes  sva  er- 
klärt habe,  und  ebenso  das  t  des  griechischen  Stammes  a(^L 
(§.  341). 

251.  Die  Stämme  auf  ig"  a  fügen  diesem  Vocal,  wie 
in  vielen  anderen  Casus,  ein  i  bei;  aus  a-^i  aber  wird  U 
e,  dem  das  griech.  ot  entspricht,  daher  iWot-o-t  =  skr. 
dsve-s'Uf  send.  «^'>>i^A?^<'*eJ»u«.*-*  aspaisva.  Von  hier  ist 
das  i  im  Griech.  auch  auf  die  a-  7]-Stämme  übergegangen, 
während  im  Skr.  und  Send  d  rein  bleibt;  daher  ^^|^ 
dsvd'Su,  'X*»evvvu>>5'iev  hisvdhva,  wozu  am  besten  die 
Locative  von  Städte-Namen  stimmen,  wie  HKaraLaaiv,  OXuju- 
mäa-Ly  'A^YjVYjc-L  (Buttmann  §.  116.  Anm.  6.)'). 


*)   Die  gewöhnliche  Endung  oig,  aig  (oi-gj  «t-c),  als  Verstumme- 


Localiv  pl,     §.  2o'J.  495 

252.  Dafs  in  altepischen,  äolischen  und  dorischen 
Dativen  wie  i:zv')(^za(ji^  opEcrat  das  erste  o-  dem  Stamme  an- 
gehört, ist  bereits  bemerkt  worden  (s.  §.  128).  Sie  ent- 
sprechen den  sanskritischen  Locativen  wie  vdcas-su  (nach 
§.  251  aus  vdcas-sva),  welchem  das  griechische  zTrsa-at  (aus 
FEXEcr-aL)  entspricht.  Die  in  der  ersten  Ausg.  p.  292  ausge- 
sprochene Vermuthung,  dafs  Formen  wie  kvvso-o-l,  vBuvsa-cn, 
yvmUsacn,  TrdvreaaL  aus  erweiterten  Stämmen  auf  eg  entsprun- 
gen seien,  und  dafs  das  beigetretene  Suffix  mit  dem  der 
althochdeutschen  Plurale  wie  hüsWy  chelhir  verwandt  sei 
(§.  241),  ist  mir  jetzt  weniger  zusagend  als  eine  seitdem 
von  Aufrecht  (Zeitschrift  I.  p.  118)  gegebene  Erklärung, 
^vornach  in  Formen  dieser  Art  aai  für  ofl  stünde,  so  dafs 
also  dieselbe  regressive  Assimilation  eingetreten  wäre,  die 
ich  oben  (p.  34)  bei  der  Erklärung  von  riaa-apsg  aus  TsVpa- 
peg  für  skr.  catvaras  angenommen  habe.  Es  mufs  also  in 
Formen  wie  xw-£-o-trt,  wie  wir  jetzt  theilen,  das  s  als  Binde- 
vocal  aufgefafst  werden,  wofür  im  Dorischen  der  Tafeln 
von  Heraklea  (s.  Ahrens  II.  230)  a  erscheint  {npaa-aovT^ 
a-aat,  vTrapxovT'a-a-aLV,  TVOLovr-a-crai ").  Auch  die  Stämme  auf 
£;  gestatten  aufser  der  unmittelbaren  Anfügung  der  Endung 
den  Bindevocal,  vor  welchem  dann,  wie  vor  den  Vocalen 
der  Casus-Endungen,  das  a-  ausfällt,  also  Ini-E-aai  (aus  Inso-- 
-E-aai)  neben  eTrsa-cn.  Da  die  vocalisch  endigenden  Stämme 
der  3ten  Dechnation  im  Genitiv  sg.  (§.  185)  und  im  Gen. 
Dativ  du.  (§.  221)  dem  Princip    der   consonantischen   Decli- 


lung  von  ot-(7f,  ai-(Ti  aufgefafst,  und  so  mit  der  dritten  Declin.  in  Ein- 
klang gebracht,  verliert  hierdurch  ihre  scheinbare  Verwandtschaft  mit 
der  sanskritischen  verstümmelten  Instrumental-Eudung  äis  (§.  219), 
woran  ich  früher  gedacht  hatte,  weil  der  griech,  Dativ  auch  als  In- 
strum, gebraucht  wird  (Abhandl.  der  hist.  phllol.  Kl.  der  K.  Akad.  der 
Wiss.  aus  dem  J.  1826.  p.  80). 

*)  Das  a  oder  s  von  dvSoctTO'iv  oder  dvooio'Tiv  kann  man  als 
thematisch  fassen,  da  der  auf  das  skr.  nar  sich  stützende  griech. 
Stamm  eigentlich  dvso^  aus  dvao,  lautet ;  s.  p.  498.   Anm.  3. 


496  Bildung   der   Casus.      §.  253. 

nation  folgen,  so  kann  es  nicht  befremden,  dafs  sie  auch 
vor  der  pluralen  Dativ-Endung  den  Bindevocal  e  gestatten, 
in  Formen  w^ie  vz>iV'S-a-(n  (neben  vixv-a-cn),  lx^v-b-c(jl,  ttcXl-b- 
aai  (neben  ncKi-z-ai),  dLaXvai-E-craL,  va(F)-£-o'ö-i,  ,6c(F)-£-ö-o-i.  Mit 
den  beiden  letzteren  vergleiche  man  das  skr.  ndu-sü, 
go-su,  send,  gau-s'va  (?).  Auf  progressiver  Assimilation 
beruhen  wahrscheinlich  die  Formen  yovvoLo-'cn  und  dwiiaa-ai^ 
aus  yowar-o-i,  düüiiar-a-L,  vielleicht  auch  noa-ai  aus  nod-ai^  vgl. 
skr.  pat'SÜ^  lautgesetzlich  für  pad-sü 

253.  Das  Litauische  zeigt  im  Loc.  pl.  die  Endungen  sa, 
SU  oder  5^,  oder,  und  zwar  am  gewöhnlichsten,  wie  das  Let- 
tische, ein  blofses  5  als  Endung").  Schleicher  hält  su  für 
die  ursprüngliche  Form  und  bemerkt  (p.  172),  dafs  ältere 
Schriften  bald  sa  bald  se,  die  ältesten  aber  meist  su  zeigen. 
Wenn  aber,  was  schwerlich  der  Fall  ist,  die  Form  5a  nicht 
ganz  von  den  ältesten  Schriften  ausgeschlossen  ist,  so  be- 
harre ich  bei  der  schon  in  der  ersten  Ausgabe  ausgespro- 
chenen Ansicht,  dafs  sa  die  ursprüngliche  Form,  und  ihr  a 
identisch  sei  mit  dem  Vocal  der  oben  vorausgesetzten  skr. 
Endung  sva  und  der  im  Send  wirklich  bestehenden  Endun- 
gen  sva^   hva"");    denn   von   sa   gelangt   man   leicht   durch 


*)  Dafs  Ruhig  und  M  i  e  1  c  k  e,  deren  Autorität  ich  früher  in  die- 
ser Beziehung  gefolgt  bin,  die  Endung  sa  als  eine  blofs  weibliche, 
und  dagegen  se  als  nur  dem  Masc.  zukommend  dargestellt  haben, 
beruht,  wie  Schleicher  gezeigt  hat,  auf  einem  Irrthum,  der  mich 
jedoch  nicht  veranlassen  konnte,  die  beiden  Endungen  ihrem  Ur- 
sprünge nach  als  verschieden  darzustellen,  sondern  ich  habe  sie  schon 
in  der  ersten  Ausg.  beide  von  dem  vorausgesetzten  skr.  sva  abge- 
leitet, und  dabei  an  das  gothische  Sprachverfahren  erinnert,  wornach 
im  Gen.  pl.  die  Endung  6  blofs  an  Femininen,  die  Endung  e  aber 
in  den  drei  Geschlechtern  vorkommt,  obwohl  sie  beide  aus  gleicher 
Quelle  fliefsen  (s.  §.  245). 

**)  Das  Altpersische  zeigt  suvd.,  uvä^  mit  regelrechter  Verlänge- 
rung des  schliefsenden  fl;  die  Endung  uvd  ist  eine  Verstümmelung 
von  huvd  und  ihr  u  wie  das  von  s  uvd  eine  euphonische  Einfügung, 
indem  das  Altpersische  die  unmittelbare  Verbindung  der  Halbvocale 


Locath  pL    §.  254.  497 

ganz  gewöhnliche  Vocalschwächungen  zu  su  und  8e\  be- 
fremdend aber  wäre  der  Übergang  von  u  zu  a.  In  Bezug 
auf  den  Verlust  des  Halbvocals  der  skr.  Lautgruppe  ^5|- 
sva^  im  Litauischen,  erinnere  ich  noch  an  das  Verhältnifs 
des  \\l.  sä'pna-s  Traum  und  sesu  Schwester  zum  gleich- 
bedeutenden skr.  svdpna-s,  svdsd.  Bei  säwa-s,  sawä  suus, 
sua  für  skr.  sva-s,  svd  ist  der  unbehebten  Verbindung  von 
sw  durch  Einfügung  eines  Bindevocals  vorgebeugt,  der  im 
Mascul.  wegen  seiner  Betonung  lang  ist. 

254.  Es  folgt  hier  ein  Überblick  des  sanskritischen, 
sendischen,  litauischen  Plural-Locativs  und  des  ihm  entspre- 
chenden griechischen  Dativs: 

Sanskrit  Send  lit.  Griech. 

m.    dsvS'Su       aspai-s'va     ponü-se       'inTtoi-aL 
f.      dsvd-su      hisvd'hva      dswo-se      'OXvfxTriä^ak,  x^P^^-o"* 
f.      prt'ti-su    dfr  tti-sva  ^ )  awi-se         vropTL-ai 
m.    sünü-s^u     pasu-sva       sünü-se        viytV'O-L 

JXkÄ.gO'Su  gaU'Sva'^        ßov-a-i 

f.      ndu-8Ü        vav-oTL 

f.      vdk-sVi        vdk'-sva?        ott-ctl 

-m.n.ddrat'Su (pipov-a-i 

m.    dsma-su     asma-hva  ^) datjuo-crt 


V  und /mit  einem  vorangehenden  Consonanten  (ä  vor/ ausgenom- 
men) nicht  liebt,  und  daher  den  v  und  y  den  entsprechenden  Vocal 
vorsetzt.  In  Folge  dieses  Gesetzes  lautet  auch  der  sanskritische 
Prononiinalstamm  sva  (wovon  wie  gesagt,  die  plurale  Locatlv- 
Endung  abstammt)  im  Altpersischen  huva^  und  fiir  tvam  du  steht 
t  UV  am. 

^)  Ich  habe  keine  Belege  für  den  Locat.  sendlscher  /-Stämme;  er 
kann  aber  nur  analog  dem  der  m- Stämme  sein,  welcher  öfter  vor- 
kommt. 

2)  So  im  Vend.  Sade  p.  500  «.u>>eV^g^ÄAi^  dämahva  von 
J^«g*Aju^  dam  an, 

I.  32 


498  Bildung    der   Casus.      §.    254. 

Sanskrit  Send                             Lit.                 Griech. 

rn.     Bra!tr'8u    brätar-es'va      Trarpa-ai  ^) 

n.      vdcaS'Su    vaco-hva  ^)        BTrea-a-t 


3)  Das  a  In  dieser  Form  ist  nicht,  wie  man  gewöhnlich  annimmt, 
ein  Blndevocal,  sondern  beruht  auf  einer  Umstellung,  wie  e6Da}iCV 
für  goßfljcci' und  Im  Sanskrit  «ira  Ar  j/a  mz  ic  h  werde  sehen  für 
darks yämi  (Skr.  Gramm.  §.  34*^);  so  77arDa'Tl(  vgl.  rerDa(Ti)  Tdr 
TTCLTaDüri  (vgl.  TeCTG'aoG't),  welches  durch  Bewahrung  des  ursprüng- 
lichen Vocals  besser  als  Trareoa,  Trareoeg  etc.  zum  skr.  Stamm  pitär 
stimmt.  Ähnliches  gilt  von  dem  Dativ  aoi/ao*/,  indem  das  Thema 
von  aov-c?,  wie  aus  dem  verwandten  ny]i/,  aQY\V^  ähh'f^v  erhellt,  einen 
Vocal  zwischen  dem  ü  und  v  ausgestolsen  hat,  der  im  Dativ  pl.  in  der 
Gestalt  eines  a,  und  von  seiner  Stelle  verschoben,  wieder  erscheint. 
So  OLvhooiü'i  für  ai/afl-(7i  gegenüber  dem  skr.  nr~su  aus  nar-s  u. 

^)  Im  V.  S.  p.  h9d  finden  wir  die  analogen  Plural -Locative 
^*»V^\^^J>  usirohva  und  s.V^'^^^iV^^^^  fi  s  ap  ohv  a\  An- 
quetil  übersetzt  ersteres  durch  „au  lever  du  soleiV  und  letzteres 
durch  „a  la  nuit^\  Diese  Formen  können  aber  unmöglich  anders  als 
aus  Themen  auf  JLJvU  as  («^  6  §.  56^^^)  erklärt  werden.  Die  meisten 
Casus  des  letzteren,  in  anderen  Casus  häufig  vorkommenden  Wortes, 
entspringen  aus  einem  Thema  auf  /«.u  a  r,  und  wenn  nun  ^ s^J(iJ^xf-^(^^^ 
f(s apar  mit  ^Qj<x*^-^(Xr ks ap 6  wechselt,  so  ist  dies  ein  ähnlicher 
Fall  wie  wenn  im  Sanskrit  dhan  Tag  einige  Casus  aus  dhas  bildet 
(woraus  d?io  in  dhobis  etc.)  und  neben  diesem  dhas  auch  ein 
Thema  dhar  besteht.  Die  Anomalie  des  sanskritischen  Tages 
scheint  im  Send  ganz  und  gar  auf  die  Nacht  übergegangen  zu  sein, 
indem  dieser  auch  ein  Thema  auf /i,  nämlich  ^Mf^J^xJ^^i^CxT k  s  a p a  n 
zu  Gebote  steht,  wovon  wir  den  Genit.  plur.  g^^^^xf-^i^arksa/' 
nanm  —  analog  mit  5^^Jp  aÄ «am  rfi>rwm,  über  das^/füre^/? 
s,  g.  40  —  in  Verbindung  mit  dem  weiblichen  Zahlwort  ^X^^*H^i(>0 
tisranm  triam  finden  (V.  S.  p.  246);  dann  lesen  wir  l.  c.  S.  16^ 
as  nanmca  (=3^^:^  dhndnca)  k  s  af  anafimc  a  (\\es  k  s  af- 
nanmca)  dierumque  noctiumque.  Im  Sanskrit  hat  sich  aus  dhan 
durch  das  Suffix  adle  abgeleitete,  aber  gleichbedeutende  Form  ah  na 
entwickelt,  die  jedoch  nur  am  Ende  einiger  Composita  vorkommt 
(wie  pürvdhna  der  frühere  Theil  des  Tages)  und  in  dem 
adverbialen  Dativ  aÄAz^j«  bald,  sogleich.  Das  Send  aber,  des- 
sen Nacht -Benennung  auch  in  dieser  Beziehung  nicht  hinter  dem 


Bildung   der   Casus.      §.  25o.  499 

255.  Nach  Darlegung  der  Bildungsgesetze  der  einzel- 
nen Casus  mag  es  zur  Erleichterung  des  Überblicks  passend 
sein,  Beispiele  der  wichtigsten  Wortklassen  in  ihrer  zusam- 
menhängenden Declination  herzusetzen.  Wir  gehen  hierbei 
vom  Sanskrit  aus,  und  gehen  zu  den  übrigen  Sprachen  in 
der  Ordnung  über,  wie  sie  sich  in  den  besonderen  Fällen 
am  treuesten  in  ihrer  Urgestalt  bewahrt  haben*). 

Männliche   Stämme  auf  a,  griechisch  o,  lateinisch 
o,  armenisch  a,  o,   u  (s.  p.  366f.),  altslavisch  o. 
Singular. 
Nom.      skr.  dsva- 8,  \\t. pona-s,  s.  aspo^  mit  ca:  aspas-cdy 
gr.   ^TTTTc-g,    1.  equu-s,   altslav.    bazkz  vlükü  Wolf, 
g.  vulf'-s^  ahd.  wolf,  arm.  iPi;^^  meg    Wolke    (instr. 
miga-v^    s.  p.   427),  i/^^^  mard'  Mensch  *),  ilutputq^ 
waras'   Eber^). 
Acc.        skr.  dsva-m,  s.  aspe-m,  1.  equu-m,  altpreufs.  dei- 


Sanskrit  zurückbleibt,  verfügt  freier  über  eine  ähnliche  Ableitung, 
sMmM*-*-i^^  k'safna;  wir  finden  davon  den  Loc^iiiv  fcsafnS,  was 
man  zwar  auch  als  Dativ  von  ksapan  erklären  könnte;  allein  es  steht 
ihm  V.  S.  p.  163  der  unzweideutige  adjectivische  Locativ  \Oß^*J^} 
naime  (von  naima  halb)  voran.  —  Man  vergleiche  auch  1.  c. 
S.  l49,  wo  ^j^vUwvoCw"aj7(T3  ^Jijü<u  ^»7(73  iira  asni  iira 
Jcsafne  an  diesem  Tage,  in  dieser  Nacht  bedeutet,  mit  dem 
locativen  Adverbium  ♦x»/<73  iira  hier,  im  Sinne  eines  locativen 
Demonstrativs. 

*)  Ich  nehme  auch  das  Altslavische  in  diese  Zusammenstellung 
auf,  mit  Verweisung  auf  die  betreffenden  Bildungsgesetze  in  den  fol- 
genden Paragraphen. 

<)  Them.  mardo  (s.  p.  366)  =  skr.  märta^  gr.  ßoOTO.  ^as  skr. 
märta  Mensch  als  Sterblicher  (vorzüglich  im  Veda- Dialekt) 
hat  die  volle  Form  der  Wurzel  bewahrt  und  entfernt  sich  von  mrtd 
gestorben  auch  durch  die  Betonung,  obwohl  das  Substantiv  und 
das  Particip.  ursprünglich  Eins  sind. 

*)    Thera.  warasu  =  skr.  varäh  ä. 

32  • 


500  Bilduns   der  Casus.      §.  255. 

wa-n,  gr.  'Uttc-v  ^  lit.  jpona-n^  slav.  vlükü,  g.  vulf, 
ahd.  wolf\  arm.  ??i^^',  mard\  waras'  ^). 

Instr.  skr.  dsve-n-a,  s.  aspa,  lit.  pönü,  ahd.  wolf-u,  arm. 
miga-v   (s.  p.  358),  mardo-w,  warasu,  slav.  vlükö-mi. 

Dat.  skr.  ctsvdya,  s.  aspdi,  1.  pdnu-i  (zweisylbig),  1. 
populo-i  Romano-i^  equo,  arm.  wi^-t  (s.  p.  383), 
mardo-i  (spr.  mardo ,  1.  c),  wa^^asu,  g.  vulfa,  ahd. 
wolfa,  Wölfe,  slav.   vlüku. 

Abi.  skr.  dsvd-t,  s.  aspd-d,  1.  alto-d^  osk.  prewatu-d, 
arm.  m^^ß  (p.  358),  mardoi  (spr.  mardö)  *),  warasu 
oder  warase  ^). 

Genit.  skr.  dsva-sya,  gr.  r7r7ro-(o-)to ,  s.  aspa-he,  dialek- 
tisch aspa-hyd  oder  aspa~1cyd  (s.  §.  188),  osk. 
suveis  (suve-is  aus  suve-si)  sui  =  skr.  svd-sya, 
altpr.  deiwa-Sy  altsächs.  wera-s  (viri)  =  skr.  vard- 
sya,  ahd.  wolfe-s  ^),  g.  vulfi-s,  lit.  po;iö,  arm.  mz^-* 
(s.  p.  381  f.),  mardo'i  (spr.  mard6\  warasu,  slav.  vZwÄra. 


3)  Über  den  praefigirten  Artikel  der  armenischen  Accusative  sg. 
und  plur.  s.p.472f.. 

*)  Das  j  /hat  in  den  Ablativen  der  o-Stämme  nicht  wie  sonst  am 
Wort-Ende  eine  etymologische  Begründung,  sondern  steht,  wie  mir 
scheint,  blofs  zur  Andeutung  der  Länge  des  vorhergehenden  n  o;  man 
darf  also  mit  vollem  Recht  die  Ablative  von  Petermann's  Ster  De- 
clination  den  lateinischen  der  zweiten  gegenüberstellen,  also  mardo 
wie  im  Latein,  lupo  ^  oder,  um  zwei  verwandte  Wörter  zu  wählen, 
*"Pl!U  ^^^^  ^^  ^^^*  T^^  ^-^  (2"s  arksät)  wie  im  Lateinischen  wrjo 
auswr^o-d.  Man  vergleiche  mit  dem  armenischen  Stamme  argo  auch 
den  griech.  aoKTO  aus  d^^o.  Ich  fasse  das  Verhältnifs  des  armen. 
Stammes  argo  zum  skr.  drks  a  (hypothetische  Urform  für  rksa)  so, 
dafs  ich  in  dem  arm.  ^  g  blofs  die  Erweichung  und  Palatalisirung 
des  skr.  harten  Gutturals  erkenne,  und  Abfall  des  Zischlauts  annehme, 
während  der  lat.  Stamm  urso   den  Guttural  verloren  hat. 

5)  Die  Form  warase  beruht  wahrscheinlich  auf  der  ursprünglichen 
Identität  der  armenischen  w-Stämme  mit  den  o-Stammen  und  ist  also 
analog  mit  mige  =  skr.  me  g  ä-  t. 

^)   Da  das  Althochd.  dem  Altsächs.  naher  steht  als  dem  Gothi- 


Bildung    der    Casus.      §.   255.  501 

Loc.  skr.  dsve  (aus  dsva-i),  s.  ai^pe,  maidyoi  (§.  196), 
lit.  'pöne,  slav.  BAZK'li  vlicke").  gr.  Dat.  ^lttttw  (oiKoiy 
fxoL,  0-ot),  1.  Gen.  equ'i  (nove  =  ^^  wav^  im  neuen)- 

Voc.  skr.  dsva,  s.  aspa,  altpr.  deiwa,  deiwe ,  lit.  ^onö' 
slav.  v/w^^,  gr.  iTTTTf,  1.  eque,  g.  vw^'',  ahd.  woJT,  arm. 
meg\  marcC^  waras. 

Dual. 
Nom.  Acc.  Voc.  skr.   dsvdu^    ved.   dsvd,   s.    aspdo^   aspUj 

slav.  vlüka,  lit.  pönu. 
Instr.   D.  Abi.     skr.  dsvd-öydm,  s.  aspaii-bya^  gr.  D.  G. 

tTTTTo-ti^,    slav.   Instr.   D.    vlüko-ma,   lit.   I.  D. 

Gen.  Loc.  skr.    dsvay-6s,    s.   aspay-6,    slav     oboj-u 

(amborum),  vlük'-u^  lit.  Gen.  ^on'-w. 

Plural. 
N.   V.     skr.  dsvds,   ved.   dsvdsas,    s.   aspdonho,   g.   vw^- 

/o5,   osk.   Ahellanus^    ahd.   wolfd  (s.    p.   157),    arm. 

meg''q\  mard'-q,  waras -q   (s.  p.  444  f.). 
Acc.        skr.    a6fva-w(5),    s.   aspa-n   (mit    ca:    aspans-ca 

equosque),  g.  vulfa-ns^   altpr.  deiioa-ns^   gr.   iTTTroi/g 

sehen,  so  mufs  man  annehmen,  dafs  das  e  von  wolfe-s  unmittelbar  aus 
o  entsprungen  sei,  und  nicht  aus  dem  /  des  goth.  vulfi-s  (s.  §.  67). 

*)  Ich  werde  in  Folge  dessen,  was  in  §.  92.  e.  über  die  Etymolo- 
gie des  altslav.  %  gesagt  worden,  diesen  Buchstaben  von  nun  an  in 
latein.  Schrift  durch  e  ausdrücken,  und  je  blofs  zur  Darstellung  des  K 
gebrauchen,  welches  sich  von  't  in  seinem  Ursprünge  wesentlich  da- 
durch unterscheidet,  dafs  der  in  ihm  enthaltene  e-Laut  in  allen  ver- 
gleichbaren Formen  auf  das  skr.  kurze  a  sich  stützt  und  dessen  7  auch 
öfter  eine  etymologische  Begründung  hat,  wie  z.  B.  im  MOpK  morje 
Meer  (euphonisch  für  morjo  mit  o  =  skr.  a,  s.  §.  257),  dessen  /  aus 
ursprünglichem  i  hervorgegangen  ist  und  dem  i  des  lat.  Stammes  mari 
entspricht.  In  Plural -Nominativen  wie  rOCTHK  (Gäste),  wel- 
ches ich  gostij-e  theilc,  ist  ij  die  euphonische  Entwickelung  aus  dem 
stammhaften  i  und  stimmt  zu  analogen  Erscheinungen  im  Pali  (s.  p. 
409  Anm.). 


502  Bildung    der   Casus.     §.  255. 

(aus  iTTTTo-vg  s.  p.  466),  lat.  equö-s,  lit.  pönü-s,  arm. 

7neg'-s^  mard'-s^  waras-s,    slav.  BAZKZl   vlükü^   ahd. 

wol/ä. 
Instr.      skr.  dsväisy  s.  aspdis^  lit.  ponais,  slav.  vlükü,  ved. 

dsve-äis,  aülpers.  bagai-bi8\  sum.  miga-vq\  mardo-vq\ 

waram-q. 
D.Abi,  skr.  dsve-Ut/as,  s.  aspaii-byS  {mit  ca:  -byas-ca), 

1.    duS-bus,    ambo-bus,    amici-bus    (§.   244),   amicUs, 

lit.  D.  pona-mus  ^  ponä-msy  slav.  D.   vlüko-mü,  g.  D. 

vul/a-m,   ahd.  wol/u-m,    arm.   Dat.  Abi.  Gen.  tPftif-utg 

miga-z^  mardo-z,  warasu-z  (p.  425  fF). 
Gen.        skr.  dsvd-n-dm,  s.   aspa-n-anm,   1.  soci-um,   gr. 

LTTTT-wv   (aus   tTTTTo-cüv),    altpr.    deiwa-n,   lit.  pon'-ü^    g. 

vulf'-e,  ahd.  wol/'-o,  slav.  vlük'-ü. 
h.gr.D.  skr.  dsvS' SU,  s.  aspai-sva,  aspai-su,  Vit. pönü-sa, 

pÖnü-su,  ponü-se,  pdnü-s,  gr.  Innoi-cn,  slav.   BAZK'tvZ 

Neutrale  Stämme  auf  a,   griechisch   o,  lateinisch 
0,  alts lavisch  o. 

Singular. 
N.  Acc.     skr.   dana-m,    s.  ddte-m,   1.   donu-m,   gr.  öcupo-v, 
altpr.  büUto-n  dictum,   lit.  ^/ra,  slav.  ^tAO    c?«to 
Werk,  g.  daur\  ahd.  ^or. 
Vocat.       skr.  dd'na,  s.  data,  slav.  c?e/o,  g.    daur\  ahd.  ^or*. 
Übrigens  wie  das  Masculinum. 

Dual. 

N.  A.  V.  skr.  dd!ne,  s.  (ia^^,  slav.  ^tA't  c?^^^'. 
Übrigens  wie  das  Masculinum. 

Plural. 

N.  A.  V.  skr.  dand^n-i^  ved.  dd'nd^  s.  c?ato,  gr.  dw^a,  g. 
daura,  slav.  c^e^a,  ahd.  #ör'. 
Übrigens  wie  das  Masculinum. 


I 
^ 


< 


Bildung    der   Casus.      §,  255.  503 

Anmerkung  1.      Im   Instrumentalis    der  a- Stämme  läfst  Bur- 
nouf  (Ya^na  p.  99 f.  Note  74)beldensendischen  a-Stämmen  For- 
men mit  eingeschobenem  n  zu,  so  dafs  der  Ausgang  a-n-a  dem 
skr.  e-n-a  von  äs  vi-n-a^   däne-n-a  entspräche.       Er  be- 
ruft sich  unter  andern  auf  die  Form  *A.M«x«^»3ü^a.»^  maismana 
urinä,  welches  er  von  einem  Stamme  auf  ma  ableitet,  während 
ich  darin  das  Suffix  man  erkenne  (s.  §.  796)  und  somit  Im  In- 
strum, maisman-a  theile.      Was  die  von  B  ur  nouf  (1.  c.  p. 
100  Note)  erwähnten  Instrumentale  masana^  srayana  und 
vanhana  anbelangt,  so  beharre  ich  um  so  lieber  bei  der  schon 
in  der  ersten  Ausg.  ausgesprochenen  Ansicht,  dafs  sie  von  Stäm- 
men auf  an  kommen  (dafs  also  masan-a  etc.  zuthellen  ist),  als 
sich  seitdem  zu  masan  Gröfse  das  entsprechende  und  gleich- 
bedeutende vedische  rnahan  gefunden  hat,  und  zwar  ebenfalls 
nur  im  Instrumentalis  (rnahn-ä^  s.  Benfey  Gloss.  zum  S.  V.). 
Den  Instrumentalis  des  Interrogativs,  welcher  sehr  oft  in  der 
Form  Ä^ana  vorkommt,  erkläre  ich  aus  einem  zusammengesetzten 
Stamme  kana,  welcher  in  seinem  Schlufsbestandthelle  zu  dem  des 
skr.  a-na^  e-na  (s.§.369ff.),  gr-  JCSii^O,  ;iy|i/o,T>li^o,  und  altpreufs. 
ta-nna*)^  Nom.  ta-ns  „er"  stimmt,  welches  letztere  offenbar 
mit  dem  skr.  Stamme  ta  er,  dieser,  jener  (s.  §.  343)  ver- 
wandt ist.     Dafs  Ich  auch  den  altpersischen  Stämmen  auf  «keine 
Instrumentale  mit  eingefügtem  n  zugestehe,  ist  schon  anderwärts 
bemerkt  worden  (Monatsbericht  d.  K.  Ak   d.  Wiss.  1848  p.  133). 
Anmerkung  2.      In  der  in  Rede  stehenden  Wortklasse  verdienen 
noch  die  Singulargenitive  des  Messapischen  eine  nähere  Betrach- 
tung.     Sie  enden  sämmtllch  auf  hi  **)  und  erinnern  darum  so- 
gleich an  die  altpersischen  und  sendischen  auf  hyä  für  skr.  sya 
(s.  §.  188).    Da  aber  das  Messapische  eben  so  wenig  als  irgend  ein 
anderes  europäisches  Idiom  zum  iranischen  Zweige  unseres  gro- 
fsen  Sprachstammes  gehört,  so  kann  diese  specielle  Begegnung 
des  Messapischen  mit  dem  Send  und  Altpersischen  nur  für  zufällig 
gelten,  d.  h.  sie  erklärt  sich  aus  der  nahen  Lautverwandtschaft 


*)  Über  die  im  Altpreufsischen  nach  kurzen  Vocalen  beliebte  Ver- 
doppelung der  Liquidae  und  Zischlaute  s.  meine  Abhandlung  über  die 
genannte  Sprache  p.  iO. 

**)  S.  Mommsen  „Die  unteritalischen  Dialekte"  p.  80 ff.  und 
VI.  p.  l42ff. 


504  Bildung   der   Casus.      §.  255. 

zwischen  s  und  h  (vgl.  §.  53»)^  die  sich  zwar  vorzugsweise  an 
den  iranischen  Sprachen  bemerklich  macht,  In  welchen  jedoch 
die  Schwächung  von  s  zu  h  gerade  in  den  grammatischen  En- 
dungen am  spätesten  eingetreten  ist,  wie  oben  (p.430f.)  aus  dem 
Armenischen  und  Ossetischen  gefolgert  worden.      Das    i   der 
messap.  Endung  hi  ist  wie  das  des   gr.  lO  die  Vocalisirung  des 
sanskritischen  und  iranischen  Halbvocals  der  Endung  Jja,  hyä\ 
das  messapische  hi  und  gr.  lo  ergänzen  sich  also  einander  insofern 
wechselseitig,  als  ersteres  den  Consonanten  {h  für  s\  letzteres 
den  Vocal  (o  für  a)  der  ursprünglichen  Endung  bewahrt  hat. 
Ich  möchte  aber  aus  dem  Messapischen  nicht  die  Folgerung  zie- 
hen, dafs  den  grlech.  Genitiven  auf  to  solche  auf  io  vorangegan- 
gen seien,  denn  warum  sollte  nicht  ein  <T  eben  so  gut  als  andere 
Consonanten   gelegentlich,    oder    an    bestimmten    Stellen   der 
Grammatik,  ausgefallen  sein,  wie  z.B.  T  in  Formen  wie  (peosi  aus 
(beo-e-Tt,  skr.  b  dr-a-ti^  prakrit.  5  o  r-a-<i/ oder  V|T7"  6«'' ai? 
Die  Verwandtschaft  des  Messapischen  und  Griechischen  nöthigt, 
wie  mir  scheint,  eben  so  wenig  dazu,  sanskritische  Genitive  auf 
a-sya  im  Griech.  zuerst  zu  0-zo,  und  von  hier  zu  oio  werden  zu 
lassen,  als  man  aus  latein.  Formen  wie  gener-is  die  Folgerung 
ziehen  müfste,  dafs  die  in  §.  12S  besprochenen  griech.  Neutral- 
stämme auf  0^,  tg  (für  skr.  as)  ihr  o"  zwischen  zwei  Vocalen  zu- 
erst in  D  verwandelt  und  dann  das  D  aufgegeben  hätten,  dafs  also 
dem  Genitiv  yevB-og  eine  Form  «yeys^-o?  vorangegangen   sei. 
Trotz   der  sehr   nahen  Verwandtschaft   der  beiden  klassischen 
Sprachen  —  die  offenbar  erst  auf  europäischem  Boden  sich  ge- 
trennt haben  —  folgt  doch  jede  der  beiden  Zwillingsschwestern 
in  speclellen  Fällen  ihrer  besonderen  Neigung.  —    Die  Nomina- 
tive der  vorliegenden  Wortklasse  enden  Im  Messapischen  entwe- 
der auf  a-s  oder  auf  o-s.     In  ersterem  Falle  gleichen  sie  den 
sanskritischen  und  litauischen  Nominativen  wie  de  t^a-j  (Gott), 
dewa-s^  in  letzterem  den  griechischen  wie  ^zo-g  und  den  sla- 
vlschen  Stämmen  wie  vluko  Wolf  =  skr.  vrka  (aus  varka)^ 
lit.  wMka^  oder  den  armenischen  wie  arS^ato  Silber  =:  skr, 
rag  ata  (p.  367).      Den  Nominativen  auf  o-j  stehen  im  Genitiv 
vorherrschend  Formen  auf  ai-hi^  seltener  solche  au(  i-hi  gegen- 
über (Mommsen  p.  80f.,  Stier  l.  c.  p.  l43),  und  ich  vermuthe, 
dafs  das  dem  stammhaften  a  beigerügte  /  durch  den  rückwirken- 
den euphonischen  Einflufs  des  schliefsenden  /  erzeugt  sei,  nach 


Bildung  der  Casus,      §.  255.  505 

dem  Princlp  des  germanischen  Umlauts,  und  'ähnlicher  Erschei- 
nungen im  Send  (§.  4l),  obwohl  in  der  letztgenannten  Spra- 
che gerade  das  h  den  rückwirkenden  Einflufs  eines  folgenden  i 
hemmt,  und  daher  z.  B.  bar-a-hi  du  trägst  der  3ten  P.  b ar ^ 
ai-ti  =  skr/Aa r-a-^i  gegenüber  steht. —  Die  messapischen 
Stämme  auf  o  zeigen  im  Genitiv  vorherrschend  i-hi  ( z.  B. 
fj.00iii-hi  (gegenüber  dem  Nom.  iJLOO'/CO-g),  was  ich  für  eine  Ver- 
stümmelung von  Ol- hl  und  somit,  hinsichtlich  des/,  ebenfalls  für 
ein  euphonisches  Produkt  des  i  der  Endung  halte,  zumal  es  auch 
an  Formen  auf  oi-Äj  und  o-hi  (letzteres  ohne  euphonisches  i) 
nicht  ganz  fehlt,  und  auch  einigemal  i-/ii  für  ai-hi\  gegenüber 
Nominativen  auf  a- j,  vorkommt  (Stier  p.  l43).  Ob  die  For- 
men auf  eihi  (TiOaS'eliei/il^  Ka^aoeihl)  aus  oihi  oder  aihi  ge- 
schwächt sind,  kann  in  Ermangelung  des  entsprechenden  Nomin. 
nicht  entschieden  werden. —  Sollten  die  oben  (p.  386)  bespro- 
chenen oskischen  Genitive  auf  eis  der  2ten  Declination  den 
Ausgang  is  nicht  durch  Umstellung  aus  si  gewonnen  haben,  so 
würde  ich  jetzt  eis  als  Verstümmelung  von  ei-sizzz  messap.  ei-hi 
fassen,  und  in  dem  /  von  ei-s  die  gebliebene  Rückwirkung  des 
verlorenen  schliefsenden  /  erkennen. 

Weibliche    Stämme    auf    a,    gothisch    und    litaui- 
sch   0,    altslavisch   a. 

Singular. 

Nom.      skr.  dsvd,   gr.   x^V^»  li*-  äsf^a,   s.  kisva,  1.   equa^ 

g.  giba,  ahd.  geba,  slav.  Bk/^OBA  vidova  (vidua). 
Accus,    skr.   dsvä-Trif  1.  equa-m,   s.  hisva-nm,  gr.  x^P^-'^i 

altpreufs.    ganna-n,    genna-n    (feminara),     slav. 

Bb/^CB;^  vidovu-n^  lit.  äswa-n^  g.  giba^  ahd.  geba. 
Instr.      skr.   dsvay-ä^  ved.    dsvd   (§.  161),   s.  hisvay-d^ 

slav.    Bb^OBOl?^    vidovoj'Un^  lit.  mwa, 
Dativ     skr.  dsvdy-di,  s.  hisvay-di,  1.  equa-i,  equae,  lit. 

äs'wa-i  (zweisylbig) ,  slav.  Bb/^OB't  vtdove,    g.  gibai 

(§.  175),  ahd.  gebu,  gebo, 
Ablativ  s.  hisvay-dd^  skr.  dsvdy-ds  (aus  -dt  s.  p.  178), 

1.  praeda-d,  osk.  toiäa-d. 
4 


506  Bildung    der    Casus.      §.    255. 

Genitiv  skr.  dsvcty-ds^  s.  hisvay-do,  gr.  yjjop^-^y  1-  teri^d-s, 

lit.  dswö'8,   g.  giho-s,   ahd.   geha,    später  geho^  slav. 

Bb^OBZl  vidovü, 
L.gr. D.  skr.    dsvdy-dm,    s.    hisvay-a    (?  s.  §.  202),    lit. 

dswöj-e,     slav.    Bb^OB'fe    vidove,    gr.     X"^V^>     x^M^^' 

(§.  125). 
Voc.        skr.    dkka   (p.  410  Anm.    1),    dsve,    s.  hisva^    gr. 

Xu//:ä,   1.    ^5'wa,   g.  ^2*6«,   ahd.  ^e^a,   lit.  aswa^    slav. 

vr<^ovo  (s.  §.  272). 

Dual. 

N.  A.  V.    skr.  dsve,  s.  hisve,  slav.   Bb/^OB't    vidove   (s.  p. 

501  Anm.),  lit.  äswi  (§.  214). 
1.  D.  Abi.  skr.  dsvd-dydm,  s.  hisvd-bya,  gr.  D.  G.  x^P^-'-^y 

slav.  I.  D.  vidova-ma.  lit.  I.  D.  dswö-m. 
Gen.  Loc.  skr.  dsvay-6s,  s.  hisvay-6(?),  slav.  vidov'-u,  lit. 

G.  ds'w'-ü. 

Plural. 
N.  V.      skr.  dsvds,  osk.  scriftas   (nom.),  lit.  dswös,  g.  gibos, 

s.  hisvdo,  ahd.  ^eöo,  slav.  vidovü. 
Accus,    skr.   dsvd-s,   1.  equd-s,    gr.    x^P^-9^   ^^^*   dswa-s,  g. 

gibS'S,  s.  hisvdo,  ahd.  ^e^ö,  slav.  vidovü. 
Instr.      dsvd'BiSt   s.  hisvd-bis,   lit.  dswö-mis,  slav.  'üzc?o- 

D.Abi,  skr.  dsvd-Byas,  s.  kisvd-byo  (mite«;  -byas-ca),  1. 

equd-bus,  lit.  D.  dswo-mus,  später  ds'wö-ms,  slav.  D. 

vidova-müy  g.  gibo-m,  ahd.  gebo-m. 
Genitiv  skr.   dsva-n-dm,   s.  hisva-n-anm,   ahd.  gebo-9iS, 

gr.  x^P^'^^i   ^'   ccmphor'-um,   g.  gib'- 6,   lit.  ds'iv'-ü, 

slav.  vidov'ü. 
L.gr.D.  skr.  dsvd-su,  s.  hisvd-hva^  lit.  dswö-sa^  dswö-su, 

äs'wö'se,   aswö'Sy   slav.   Bb^OBA-VZ    vidova-cM,    gr. 


Bildung   der   Casus,      §.  255.  507 

Weibliche    Stämme    auf  i"). 

Singular. 

Nom.      skr.  pri'ti-s^  s.  dfrtti-s,  gr.  Tropn-g,  1.  turri-s,  lit. 

awUs,    g.  anst'-s,   slav.  HOIUTK  nos'ti   Nacht,   ahd. 

anst\  arm.  o^  o^' •'). 
Acc.         skr.  prtti'm^  1.  turri-m^    s.  äfritt-m^    gr.  nopri-v^ 

altpreufs.   nahti-n   noctem,   lit.   dwi-n^   slav.   nos'tii 

g.  und  ahd.  «ws^',  arm.  o^'. 
Instr.      skr.  prt'ty-d,  s.  dfrtty-a,  slav.  HOUJTHI^  nostij-un^ 

lit.  awi-mi^  arm.  ö^t-v"'). 
Dativ      skr.  prt'tay-e  oder  prt'ty-di  (s.  §.  164),  s.  dfrtte-e^ 

mit  ca:  dfritay-e-ca,   1.    ^wrn,   lit.   äwi-ei  (zweisylbig 

s.  §.  176),  slav.  MOS  ^2,  g.  anstaiy  ahd.  ^7^s^^,  arm.  o■;^. 
Ablativ  s.  dfrttoi-d,  skr.  prite-s  (aus  prtte-t,  s.  p.  178) 

oder  prt'ty-ds   (aus  prtty-dt)^   1.    navale-d  (s.   p. 

360  Anm.  f),  arm.  o^^  (s.  p.  359). 
Genitiv  skr.  prite-s   oder  prity-ds^  s.  dfrttöi-s,  g.  ans- 

toi-s,  lit.  awe-s,  1.  turri-s,  gr.  nopTL-og,  (^vas-wg^  slav. 

nosti,  ahd.  ^wsf«,  arm.  o^i. 
Locat.     skr.  prif-du  od. prt'ty -dm,  lit.  awyj-e,  slav.  wo/^^. 

*)  Von  einem  skr.  Mascullnstamme  auf*  mögen  hier  die  von  dem 
weiblichen  Paradigma  abweichenden  Casus  genügen.  Von  agni 
Feuer  kommt  der  Instr.  sg.  agni-n-ä  (dagegen  von /?a^/  Herr, 
sdki  Freund:  päty-d^  sdky-ä^  s.  §.  323)  und  der  Acc.  pl. 
agni  -n. 

**)  Obwohl  die  armenischen  Wörter,  wie  bemerkt  worden  (p, 
367),  ihrer  Flexion  nach  sämmtlich  männlich  sind,  so  haben  sie  doch 
nur  solche  Casus -Endungen,  welche  in  den  verwandten  Sprachen 
dem  Mascul.  und  Fem.  gemeinsam  sind,  weshalb  hier  der  Stamm 
o^i  Schlange  (=  skr.  dhi  masc.)  im  Verein  mit  Femininen  der 
Schwestersprachen  erscheinen  mag. 

***)  Die  armenischen  Instrumentale  sg.,  und  in  den  meisten  DeclI- 
natlonen  auch  die  litauischen  und  slavischen,  gehören  nach  ihrem 
Bildungsprinclp  nicht  hierher,  mögen  aber  dennoch,  wegen  ihrer 
merkwürdigen  Übereinstimmung  mit  einander,  hier  einen  Platz  fin- 
den (s.  §.  358.    xVnm.  *). 


508  Bildung   der   Casus.    §.  255. 

Vocat.  skr.  prtte,  1.  aive,  g.  anstai  (?),  s.  dfrtti,  gr. 
TTopTL,  slav.  nos'ti,  ahd.  anst\  arm.  o^. 

Dual. 

N.  A.  V.     sVv.pritt^  s.  dfritt?,  \it.  awi,  sldiW.  nosti. 

I.  D.  Abi.  skr.    priti-Bydm,    s.    dfrtti-bya,     gr.    D.    G. 

TTopTi-o-Lv,  slav.  I.  D.  nosti-ma.,  lit.  I.  D.  ai^f-?n. 
Gen.  Loc.  skr.    iprt'ty-os^    s.    dfrtty-o?,    slav.   NOUJTHIO 

nos'tij-u,  lit.  Gen.  aiüi-zi  (zweisylbig). 

Plural. 
N.  V.      skr.  pri'tay-as ,  s.  dfrtfay-o,    mit  ca:  dfritay- 
as-ca,   gr.    Tropn-Eg,   1.  turre-s  (p.  453),    g.    anstei-s, 
lit.  ai6'?/-5  (=  äwi-s),  slav.  nosti"),  ahd.  ^ns^z",  arm. 

Accus,  skr.  ^r^^t-5,  s.  dfrttay-ö,  dfrify-6,  dfriti-s, 
mit  ca:  dfritay-as-ca  etc.,  gr.  Trcpri-cLg,  Tropn-*;, 
g.  ansti-ns,  lit.  a^t'^-5,  arm.  o^'-5,  slav.  HOUJTHH 
nostij,  ahd.  ^W5^i. 


*)  Dagegen  II/^THK  puntij-e  vom  männlichen  Stamme  /?wn/» 
Weg. —  Zu  dem,  was  in  §.  93. A-.  über  die  Bezeichnung  des  Lautes 
unseres  7  im  Altslavischen  gesagt  worden,  ist  hier  noch  nachzutra- 
gen, dafs  in  den  Fällen,  wo  der  y-Laut  mit  einem  vorhergehenden 
Vocal  zu  Einer  Sylbe  sich  vereinigt,  derselbe  in  den  jüngeren  Hand- 
schriften und  in  gedruckten  Büchern  durch  II  ausgedrückt  wird,  in 
den  älteren  Handschriften  aber  durch  ein  blofses  H.  Ich  habe  in 
der  früheren  Ausgabe  für  dieses  H  =7  in  lateinischer  Schrift  i  ge- 
setzt, welche  Bezeichnung  ich  jetzt  für  den  Laut  des  oben  (p.  92.  &.) 
besprochenen,  ganz  kurzen  i  (b)  verwende,  während  ichy  sowohl  für 
das,  eine  Sylbe  beginnende/  (K)  7'w,  Kye  etc.),  als  für  das  schliefsende 
(H)  setze.  Die  Neigung  zu  der  In  wenigen  Sprachen  beliebten  Laut- 
verbindung i)  thellt  das  Slavische  mit  dem  Altpersischen,  wo  die  san- 
skritischen Endungen  auf /in  der  Regel  noch  den  Zusatz  des  entspre- 
chenden Halbvocals/  (unser;)  erhalten,  wie  auch  einem  schliefsenden 
u  noch  der  entsprechende  Halbvocal  v  zur  Seite  tritt  (s.  Monatsbe- 
richt 1848  p.  l40).  Das  Altslavische  zieht  auch  den  Diphthongen  a<*, 
tfi,  «/,  oi,  uj,  ui  die  Lautgruppen  o/,    fy,  c/,  oy,  uy,  wy  vor,  deren  y 


Bildung  der  Caius.      §.  255.  509 

Instr.      skr.   priti^Uis,    s.    dfrtti-bis,    arm.     6'Qi-vq\     lit. 
awi-mis,  slav.  nostl-mi. 


ebenfalls  in  den  späteren  Handschriften  und  in  Drucken  durch 
i/L  bezeichnet  wird  (also  AM,  Elf,  'JiM,  ZIH,  OVfi).  — •  Wo  aber  H 
mit  dem  vorhergehenden  Vocal  keinen  Diphthong  bildet,  soll  es, 
nach  Miklosich  (s.  vergleichende  Lautlehre  p.  Ulf.  und  p.  28)  wie 
yV  ausgesprochen  werden,  so  dafs  also  z.  B.  OAH  =:  rür;  (Para  dl  es), 
aber  der  Plural  pAH  =  raji  wäre.  Ich  setze  jedoch  für  das  unbezeich- 
nete  H  in  lateinischer  Schrift  überall  ein  blofses  i  und  mache  hier  nur 
darauf  aufmerksam,  dafs  dieses  i  hinter  Vocalen  eine  Sylbe  für  sich 
bildet  und  nicht  mit  dem  vorhergehenden  Vocal  zu  einem  Diphthong 
sich  vereinigt,  da  das  Altslavische  das  i  als  Schlufstheil  von  Diphthon- 
gen nicht  kennt,  sondern  dafür  den  entsprechenden  Halbvocal  ge- 
braucht, also  z.  B.  MOli  moj  meus  gegenüber  dem  zweisylbigen 
Plural  MON  moi.  Es  mag  dahingestellt  bleiben,  ob  letzteres  mo-i 
oder  mo-ji  auszusprechen  ist;  im  letzteren  Falle  wäre,  streng  genom- 
men, moj-i  zvi  theilen,  denn  der  Stamm  ist  mojo  (s.  §.258),  der  Nom. 
sg.  würde  ohne  eine  specielle  Anomalie  der  yo-Stämme  moju  (MOJX 
statt  MOH  moj  lauten,  und  der  Plural-Nominativ  wo/V,  wenn  dies  die 
richtige  Aussprache  von  MOH  ist,  wäre  analog  mit  vluk-i  Wölfe=: 
lit.  ivilkai  (zu  theilen  wilka-i^  zweisilbig).  Ist  aber  moi  zu  lesen, 
so  ist  in  dieser  und  analogen  Formen  von  Stämmen  auf  jo  die  Casus- 
Endung  sammt  dem  Endvocal  des  Stammes  abgefallen,  und  das  «wäre 
die  Vocalisirung  des  Halbvocalsy  des  Stammes  mojo.  Jedenfalls  wäre 
es  eine  mangelhafte  graphische  Darstellung,  wenn  die  Sylbe yVdurch 
blofses  H  ausgedrückt  würde,  während  doch  die  Schrift  andere  Syl- 
ben,  welche  mit 7  anfangen,  mit  Doppelbuchstaben  wie  121  (=7*0), 
K  {==.}€)  bedacht  hat.  Kopltar  scheint  das  H,  wo  es  nicht  (in  jün- 
geren Handschriften)  mit  dem  Kürzezeichen  versehen  Ist  (H),  über- 
all als  reines  i  zu  fassen,  denn  er  bemerkt  ausdrücklich  (Glagollta 
p.  51),  dafs  die  Sylben  //  und  jo  fehlen.  Über  die  Veranlassung  des 
Fehlens  der  Sylbe  jo  s.  §.  92.Ä:. ;  fehlt  aber  wirklich  auch  die  Sylbe 
7/ aus  Abneigung  gegen  die  Vereinigung  des  7  mit  dem  ihm  entspre- 
chenden Vocal  am  Schlüsse  einer  Sylbe,  so  steht  in  dieser  Beziehung 
das  Slovenische  über  dem  Altslavischen,  welches  es  unter  anderen 
auch  darin  überbietet,  dafs  es  alle  seine  Praesentia  in  der  1.  P.  s^, 
aufm  (für  skr.  mi)  ausgehen  läfst,  während  das  Altslavlsche,  mit  Aus- 
nahme weniger  Verba  auf  mi  ^  das  alle  m  überall  zu  n  getrübt  hat. 


510  Bildung    der    Casus,      §.  255. 

D.  Abi.  skr.  priti-Byas,  s.  äfriti-hyo^  mit  ca\  dfrtti- 
hyas-ca,  1.  turri-bus,  lit.  D.  awi-mus  später  awi-ms, 
slav.  D.  nos'te-mü,  g.  D.  ansti-m,  ahd.  ensti-m,  ensti-n, 
arm.  D.  Abi.  G.  o^t-i  (s.  p.  425). 

Genitiv  skr.  priti-n-dm^  s.  dfriti^n-anm^  1.  turri-um^  gr. 
TTOßTL-wv,  lit.  awi'U  (zweisylbig),  altpreufs.  nidruwin- 
gi-n  (m.  incredulorum),  ahd.  ensti-o,  g.  ansf-e, 
slav.   HOLUTHH  nostij. 

Locat.  s.  dfrtti-s'va  (od.  -sw),  skr.  prt'ti-su^  lit.  awi-sä, 
Sil,  'Se,  slav.    HOUJTEVZ  noste-chü,    gr.  D.  7r6pn-cn. 

Neutrale  Stämme  aufi. 

Singular. 
N.  A.  V.     skr.  vd'r%  s.  vairi,  gr.  fc^pi,  1.  war^. 
Übrigens  wie  das  Masculinum. 

Dual. 

N.  A.  V.     skr.   vd'ri-n-'t  (über  ^  s.  §.  17*)). 
Übrigens  wie  das  Masculinum. 

Plural. 

N.  A.  V.     skr.  vari-n-i,  s.  var'-a  (?)*),  gr.  fd/Oi-a,  1.  mar- 
i-a,  g.  thrij-a  (rpict),    ahd.  c?7'z-w  (s.  p.  461). 
Übrigens  wie  das  Masculinum. 

Männliche  Stämme  auf  w,  gr.  v,  altslav.  z   w. 
Singular. 

Nom.       skr.   sunu-s^   lit.    sünü-s,   g.   sunu-s,   s.  pasu-Sy   1. 

pecu-s,  gr.  vsx-u-g,  slav.    CZIHK    5www  (Sohn). 
Acc.        skr.  5tmw-m,  1.  pecu-m,  s.  pasü-m,  gr.  vsxij-v,  lit. 

5wnw-w,  g.  «www,  slav.  sünü. 


*)  Aufser  der  oben(p.  460)  als  falsch  erwiesenen  Lesart  gara 
kommt  diese  Form,  was  l.  c.  übersehen  worden,  noch  einmal  vor  und 
zwar  in  einer  Stelle  des  lOten  Kap.  des  Yasna  (V.  S.  p.  49,  beiWes- 
tergaard  p.  30)  wo  Anquetil  gara  paiti  durch  „sur  les  mon- 
tagnes"  übersetzt;  höchst  wahrscheinlich  mit  Recht. 


Bildung   der   Casus.      §.   255.  511 

Instr.      skr.  sunu-n-d  (ved.  prabahav-ä  von  prabdhu^ 

s.  §.  158),  s.  pasv-a. 
Dat.        skr.  sündv-e,   s. pasv~e,  L  pecu-t,  Vit.  sünu-i  {zwei- 

sylbig),  slav.  sünov-i,  g.  sunau. 
Abi.        s.  pasau-d  (\}sxj  §.32),  paseu-d,   1.   magistratu-d, 

skr.  süno-s  aus  süno-t  (p.  178). 
Gen.        skr.    sünö'-s    (aus    sünau-s),    ved.  pasv-as,    lit. 

sünau-s,     g.    sunau-s^    s.    paseu-s^     pasv-o    (aus 

pasv'üs),    1.   pecü'Sy    senafu-os,     gr.    vE>tv-og,    slav. 

CZlHOy   5?mw. 
Loc.        skr.    5wn'-aw,    ved.  sündv-i,   sl.  sünov-i,  lit.  5wwM^ 

(zweisylbig). 
Voc.        skr.    swno    (aus   sünau),    lit.   sünaü,   g.   sunau ^    s. 
pasUi  gr.  vExt),  slav.    tZlHOV  5ünw. 

Dual. 
N.  A.  V.     skr.  n.  a.  Äwnw'i  voc.   sunü,  s.  pasu,   lit.  «wnzV, 

slav.    CZINZI  5W71M. 
I.  D.  Abi.  skr.  sünü-äydm,   s.  pasu-hya^   gr.  D.  G.  vekd- 

o-tv,  slav.  I.  D.  süno-ma^  lit.  sünü-m  (§.  222). 
Gen.  Loc.  skr.  sünv-os^  s.  pasv-o,  lit.  G.  5ww'-w. 

Plural. 

N.  V.  skr.  n.  sündv-as,  voc.  ^w'wav-a«,  gr.  V£>ct;-e$,  s. 

pasv-o  (mit  ca:  pa SV as-ca),  \. pecü-s,  ^.  sunju-s 

(für  suniu-s  aus  sunau-s,  §.  230),  lit.  ^wni^-«,  slav. 

sünov-e. 
Aceusativ   skr.  sunu-n{s),   g.  sunu-ns,  1.  pecü-s,  lit.  sünü-s^ 

s.  pasv-6   (mit  ca:  pasv-as-ca),  gr.  v£>cD-ct$. 
Instrum.     skr.  sunü-Uis,  s.  pasu-hisy  lit.  *wwM-witV,  slav. 

Dat.  Abi.    skr.  sünu-Byas^  s.  pasu-hyOj  l. pecii-huSf  lit.  D. 

sünü-mus,  g.  sunu-m. 
Genitiv       skr.    sunu-n-dm,    s.    pasü-aww,    1.  pecu-um, 

gr.  y^j^Tj-cuv,  g.  suniv-e,  lit.  sün-u. 


512 


Bildung  der  Casus.      §.  255. 


Locativ       skr.  sünü-s'u,   s.  pasu-sva  (od.  pa8u-su),  Vit. 
sünü-sä,  -Sil,  -se,  -5,  gr.  D.  vbkv-cj-l. 
Anmerkung.      Weibliche    Stämme   auf  u  weichen  im  Sanskrit 
von  der  Decllnatlon  der   männlichen  genau  eben  so  ab,  wie 
S.  507f.  UtfrT/'^' ^'  ^-  ^^^  ^fu  ^8^i  m. 

Neutrale  Stämme  aufw,  gr.  u. 
Singular. 
N.  A.  V.     skr.  mddu,  s.  madu,   gr.   jueS-d,  1.  pecü,  ^.  faihu. 
Übrigens  wie  das  Masculinum. 

Dual. 

N.  A.  V.     skr.  mdctu-n-i,  s,  mactv-i 

Übrigens  wie  das  Masculinum. 

Plural. 

N.  A.  V.     skr.  mddu-n-%  s.  madv-a,  gr.  jusS-u-a,  1. pecu-a. 
Übrigens  wie  das   Masculinum. 


Consonantische  Stämme. 

Singular. 

Sanskr. 

Send. 

Lat. 

Griech. 

Thema 

väc 

vdc 

voc 

3t 

OK 

Nomin. 

vdk 

vdk- 8 

voc-s 

OTT-g 

Accusativ 

vac-am 

vdc-em 

voc-em 

OTT-a 

Instrum. 

vdc-a') 

vdc-d 

Dativ 

A     1          Af 

vac-e 

vdc-e 

VOC-l 

Ablativ 

vdc-ds  ^) 

vdc-ad 

v6c-e{d) 

Genitiv 

vdc'ds 

vdc-d') 

v6c-is 

OTT-C;    *) 

L.  gr.  D. 

vdc-i 

vdc-i 

3             / 

OTT-t 

Vocativ 

vdk 

vdk''S(?) 

voc-s 

07r~g 

*)  über  die   Betonung   der  einsylblgen  Wörter   im  Skr.    und 
Griechischen  mit  Rücksicht  auf  starke  und  schwache  Casus  s.  p.  271  ff. 

*)    Aus  väc-d(,  s.  p.  178. 
^)     Mii  ca:  väcas -ca. 


Bildung   der  Casus.      §.  2on. 


513 


Sanskr. 

N.  A.  V.     vac-du 
vedisch    vac-d 
I.  D.  Abi.  vdg-öyd'm 
Gen.  Loc.   vdc-6's 


N.  V.  vd'c-  as 

Accus.  vac-as 

Instrum.  vag -Bis 

D.  Abi.  vdg-Byds 

Genitiv  vdo-am 

L.  gr.  D.  vdk-su 


Dual. 

Send  Lat.                  Griech. 

vdc-do  

vac-a  07r-£ 

?  D.   G.  OTT-O-l 

vdc-  0?  

Plural. 

vac-0  ^)  "")            OTT^sg 

vac-0    )  07r-cf,c, 

?  

?  voc-i-bus  ^) 

vdc-anm  v6c-um          ott^wv 

vdIc'Sva?       oTT-ai 


Singular. 

Sanskr.  Send  Griech. 

Them.      Bdrant  ^)     harant^)  <\)ipovT 

Nora.        daran  haran-s  (pipwv 

Ace.  ödrant-am  harent-em  ^ipon-oi 

Instr.        Bdrat'd       harent-a  

Dat.         ädrat-e        harent-e  ferent-t    ßjand 


Latein.  Goth. 

ferent  ßjand  ^) 
feren-s  fijand-s 
ferent-em  fijand 


^)  S.  §  226.  ^)  Man  kann  auch  voci-hus  theilen  und  wie  Im  Nom. 
Acc.  eine  Erweiterung  des  Stammes  durch  /  annehmen.  In  dersel- 
ben Weise  kann  man  auch  das  0  in  griechischen  Dualformen  der  3ten 
Declin.  (oTTOii/,  ttociolv  etc.)  und  am  Anfange  von  Compositen  wie 
7ro6o7reoYi ,  (pvtrioXoyGg  als  Stamm-Erweiterung  ansehen,  wodurch 
das  betreffende  Wort  aus  der  3ten  in  die  zweite  Declinat.  eingeführt 
wird.  Man  vergleiche  in  dieser  Beziehung  Päli-Formen  wie  caran- 
ti-bi^  Instr.  pl.  von  einem  aus  carant  (gehend)  erweiterten 
Stamme  caranta^  ungefähr  wie  im  Griech.  (psoovTOlv  ((pSüOVTO-lv) 
aus  dem  durch  o  =  skr.  a  erweiterten  Stamme  (psoovTO. 

^)  Schwach  Äaro^,  s.  p.  266 f.  Überhaupt  behält  das  Sanskrit 
bei  den  ursprünglich  auf  m  ausgehenden  Wortstämmen  den  Nasal 
nur  in  den  starken  Casus.  ^)  oder  barent,  ^)  Feind,  als 
Hassender,  s.  §.  125  p.  260. 

I.  33 


514  Bildung   der   Casus.      ^.  255. 

Sanskr.  Send  Griech.  Lat.  Goth. 

Abi.  ädrat-as  '*)  harent-ad    ferent-e[d) 

Genitiv    Bdrat-as      harent-6  ^)  (plpovr-o;  ferent-is  fijandis  ^) 

L.  gr.  D.  Bdrat-i        harent-i       (pipovr-i  

Vocativ   Bdran  baran-s       (j)ipwv  feren-s      fijand 

Dual. 

N.  A.  V.  Bdrant-du  harant-do 

ved.      Bdrant-d  harant-a      ^ipovr-^       

I.  D.  Ab.  Bdrad-  haran-hya  (^zpovr-o-iv 

gr.  D.  G.    Bydm  ')  ') 

G.  L.      Bdrat-os  harent-o?    

Plural. 

N.  V.       Bdrant-as    harent-o '^ )  (^ipovr-zc,  s.  §.  226.  ßjand-s 

Acc.  Bdrat-as      harent-6^)  c^ipovr-ag  fijand-s 

Instr.        Bdrad-Bis    haran-his    

D.  Abi.    Bdrad-Byasharan-hyo *°)  **) 

Gen.        Bdt'at'dm     bareht-       (pspovr-wv  ^*)      fijand-e 

anm  ^°) 

L.  gr.  D.  Bdrat-su      ^ipov-ai  

Singular. 
Thema  m.  skr.  dsman  Stein,  s.  asman  Himmel,  ^v.^ou\xo]/^  1. 

sermony  g.  ahman  Geist,  ahd.  ohson  Ochs,  lit.  aJemen 

Stein,    slav.    KA3IEH    harnen  id.,    arm.    utliu^   akan 

Auge  (s.  p.  362),  bqulb  esan  Ochs. 
Nom.      skr.  dsrnd^  s.  asma^  1.  sermo,  lit.  akmu,  slav.  kamü, 

g.  ahma,  ahd.  ohso,  gr.  ^aijucüv,  arm.  akn,  esn. 
Accus,    skr.   dsmdn-am,  s.    asman-em,  1.   sermön-eni,  gr. 

daiixov-cLy  g.  ahman.,  ahd.  ohson^  arm.  akn,  esn, 

*)    aus  Äara^-a/,  s.  p.  178.    ^)  Äare'/2/-o  j -co  feren  tisque. 

6)   S.  §.  191.      ^)   S.  p.  440.   Anm.  2.      s)   S.  p.  513.   Anm.  4. 

9)  Mit  ca:  barent-as'ca.  *°)  S.  p.  513.  Anm.  4.  ^^)  fijan- 
da-m^  von  dem  durch  a  erweiterten  Stamme /yonda,  vgl.  p.  513. 
Anm.  4. 


Bildung  der  Casus.    §.  255.  5l5 

Instr.       skr.   dsman-d,  s.    asman-a,   arm.  akam-h,  esam-b 

(s.  p.  358.   Anra.  '). 
Dativ      skr.    dsman-e^    s.    asmain-e,    1.    sermon-t^    slav. 

kamen-i^    g.  ahmin^  ahd.  ohsin,  arm.  «^aw,  ^si/i. 
Ablativ  skr.    diman-as    (aus    dsman-at    s.    p.    178),    s. 

asman-ad^  1.  serm6n-e(d)^  arm.  akan-e,  esan-e. 
Genitiv  skr.    dsman-as,     s.    asman-o   (mit   ca:    asman- 

as-ca),   gr.   daifxov-og   1.    sermon-is,    g.   ahmins^   lit. 

akmen-s,  slav.  kamen-e,  ahd.  ohsin,  arm.  «^«w,  m'w. 
L.gr.D.  skr.  dsman-i,  s.  asmain-%  slav.  kamen-i^  gr.  6'ai^ov-L. 
Vocativ  skr.    dsman^   s.  asman,    gr.  (J^aijuov,  arm.  a^n,  ^s«, 

1.  sermo,  g.  ahma?,  ahd.  oÄso,  1.  akmu,  slav.  Äiamw. 

Dual. 
N.  A.  V.    skr.   dsman-du,   ved.   dsmdn-d,  s.  dsman-do 

od.  dsman-a,  gr.  daijuov-s. 
I.  D.  Abi.  skr.  dsma-ßydm,   s.  asma-bya,  gr.  D.  G.  (^oti- 

fjLov-o-Lv  (s.  p.  513.  Anm.  4). 
Gen.  Loc.  skr.    dsman-6s,   s.   asman-ö  ?,    lit.  G.  akmen-u 

(s.  p.  442). 

Plural. 
N.  V.      skr.    dsmdn-  as,    s.    asman-o    (mit   ca:    asman- 

as-ca)j  gr.  t^atjuov-eg,  g.  ahman-s,  lit.  akmen-s,   arm. 

akun-q\  esin-q,  slav.  kamen-e,  ahd.  ohsun  od.  ohson. 
Accus,    skr.  dsman-as,  s.   aSman-o   (asman-as-ca)^  gr. 

doLLfxoy-ag,  g.  ahman-s,  arm.  akun-s,  esin-s,  ahd.  ohsun, 

ohson. 
Instr.      skr.  dsma-Bis,  s.  asma-his,  arm.  akam-hq\  esam-hq. 
D.  Abi.  skr.    dsma-Byas,    s.    asma-byd   (mit    ca:    asma- 

hy as-ca),   g.  D.  ahma-m,  ahd.  ohsö-m  '),   arm.   D. 

Abi.  G.  akan-i,  esan-z  ^). 


*)  Die  unorganische  Länge  des  o  im  Dativ  ohso-m  und  Genit. 
ohs6n-6  mag  durch  das  Beispiel  der  äufserlich  gleichen  Formen  der 
weiblichen  o-Stämme  veranlafst  sein,  wo  wir  oben  (p.  506)  gebo-m^ 
gebd-n-o  aus  dem  Stamme  g-eÄd  Gab  e  haben  entspringen  sehen. 

^)   S.  p.  425  ff.    Über  das  lat.  sermönibus  s.  p.  513  Anm.  4. 

33' 


5  ]  6  Bi/dut}g   der    Casus.      ^.  255. 

Genit.     skr.  dsmaii-dm,  s.  asman-anm,  1.  sermön-um.  g. 

ahma7i-e^  ahd.  ohsön-o,  lit.  akmeii-y.. 
L.gr.D.  skr.  ahna-su,  s.  ahna-hva,  gr.  6a.Lfic-TL. 

Singular. 
Thema  neut.  skr.  7id'man,  s.  ndman,    gr.  raXav,    g.  hairtan 

Herz,    ahd.    herzan,    herzuji,    1.    nomen,    nomin, 

slav.  ^;?i6;^  Name. 
Nom.  Acc.  skr.  nd'ma,  s.  ndma,   g.  hairto,  ahd.  herza,    gr. 

rclXciv,  1.  nomen,  slav.   H3IA  ^V/^an. 
Vocativ       skr.   na  man    oder  nama,   s.  na  man,  gr.  ra>.ai', 

1.  nomen,  g.  hairtö,  ahd.  herza,  slav.  iwa^i. 

Dual. 
N.  A.  V.  skr.  namn-t,  s.  ndmain-i,  slav.  imen-i. 

Plural. 
N.    Acc.   V.  skr.    namdn-i,    s.  ndmän-a,    gr.    rdXav-u,    g. 
hairt67i-a,  1.  7i6min-a,  slav.  imen-a,  ahd.  herzthi. 

Singular. 
Thema        skr.  duJiitdr  Tochter,  s.  dugdar,  gr.  BvyoLrsp, 

1.  mdtei',  g.  daichtar ,  ahd.  tohter,  lit.  duhter,  arm. 

q.nLjjin/rp  duste7\  slav.  ^ZlUTEp    düstev. 
Nomin.        skr.    duhita,    s.    dugdta,   lit.  dukti,    slav.  düsti, 

g.  dauhtar,  ahd.  tohter,  gr.  ^nj-ydr-qp,  1.  mdter,  arm. 

Accus.         skr.   duhitdr-am,    s.    dugdar-em,   1.   mdtr-em^ 

gr.    2vyarip-a,    slav.    düs'ter-e ,    g.    dauhtar,    ahd. 

tohter,  arm.  dustr. 
Instrum.      skr.  duhitr-a,  s.  dug'der-a,  arm.  dster-b  (s.  p. 

358.   Anm.  '). 
Dativ  skr.  duhitr-e,  s.  dugd'er-e  (s.  p.  344  Anm.  12), 

1.   mdtr-t,   slav.    düster-i,   g.   dauhtr,    ahd.    tohter, 

arm.  c^sf^r. 
Ablativ       skr.  duhitür,  s.  dugd'er-ad^  1.  mdt)'-e{d),  arm. 


Bitdung   der   Casus.      s^.  2.15.  517 

Genitiv        skr.  duhitür^    s.   dugd'er-6,   mit   ca:    dugder- 

as-ca,    gr.   ^vya.Tp-6;,    1.  mätr-is,   lit.  dukter-s,  g. 

dauhtV'S,  slav.  düster-e^    ahd.    tohter^    arm.    Js^^r. 
L.  gr.  D.    skr.  duhitdr-i  (s.  p.  405  Anm.  7),  s.  dugd'er-iy 

slav.  düs'ter-i. 
Vocativ       skr.  dühitar ^  gr.  S-u'yarfp,  g.   dauhtar,  ahd.  tohter, 

arm.  dustr,  1.  mdter^  s.  dugdare  (§.  44). 

Dual. 
N.  A.  V.     skr.    nom.    acc.    duhitdr-du^    ved.    duhitdr-d^ 

voc.    duhitar-du ,    ved.    dühitar-d\    s.    dug~ 

d'ar-do  od.  dugd'ar-a^  gr.  S'vyarip-s. 
I.  D.  Abi.  skr.  duhitr-öydm,  s.  dugd'ar-e-hya,  gr.  D.  G. 

^vyarip-O'iv  (s.  p.   513.  Anm.  4.). 
Gen.  Loc.  skr.  duhitr-ö's^  s.  dugd'er-6  ?,  slav.  düster-u^  lit. 

Gen.  dukter-u. 

Plural. 

Nom.  Voc.  skr.    nom.     duhitdr-as ^    voc.     dühitar-as ^    s. 

dugd'ar-o  ^    mit   ca:   dugd'ar-as-ca,   gr,  ^•^)ya- 

rip-sg,  lit.  dükter-s,  arm.  dster-q   ^). 
Accusativ    skr.     duhitf-s     (=    duhitrt-s    pag.    483),    s. 

dug'd'eV'ö?,   mit  ca:   dug'd'er-as-ca,  gr.  S-i'/a- 

rip-ag,  arm.  dster-s. 
Instrum.     skr.  duhitr-Bis^  s.  dugd^er-e-his^  arm.  dsfer-bq 

(s.  §.  216).  ■ 

D.  Abi.       skr.    dukitr-b'yas,   s.    dugd'er-e-byo,   arm.  D. 

A.  G.  dster-z. 
Genitiv        skr.  <:?wÄ^^r'-M-am  ^),  ved.  szjasr-am  (sororum 

p.  493),   s.  dugd'er-anm^   \.  mdtr-um^   gr.   S-uya- 

rip-üüv,  g.  dauhtr-e,  lit.  dukter-u,  slav.  düster-ü. 


^)   Aus  dster-s^  s.  p.  444.     Über  das  latein.  mätre-s  §.  226;  über 
gotb.  Formen  wie  dauhtrju-s  p.  465.    Anm.  15. 

2)   =  duhitri  -n-äm^  vom  Stamme  rfw// // r/,  gehört,  streng 
genommen,  eben  so  wenig  als  der  Acc.  duhitf-s  hierher. 


518  Bildung   der   Casus.      §.  255. 

L.  gr.  D.  skr.  duhitr-su,  gr.  Sruyarpd-ai  (aus  S-vyardp-aL,  p. 
498.  Anm.  3). 

Singular. 

Them.  n.  skr.  ndBas  Luft,  Himmel,  slav.  nehos^  nehes^), 
gr.  vi<^o<;^  vi(\>zc,  *),  s.  manas  Geist,  lat.  genus^  gener, 

N.  A.  V.  skr.  ndBas^  gr.  vi^cc,^  lat.  gemcs^  s.  mano,  mit 
ca:  manas-ca,  slav.  nebo  (s.  §.  92.  w.). 

Instrum.      skr.  nddas-d^  s.  mananh-a  ^). 

Dativ  skr.   ndBas-e,    s.    mananh-e,    slav.    nehes-i^    1. 

Ablativ        skr.  ndöas-as   (aus   ndöas-at  p.  178),  s.  wa- 

nanh-adf  1.  gener'e{d). 
Genitiv        skr.    ndöas-as ,    s.    mananh-6    (mit    ca:    ma- 


*)  Der  vocallsche  Unterschied  zwischen  den  flexionslosen  Casus 
{ye(pog^  slav.  neÄo)  gründet  sich,  wie  schon  in  der  ersten  Ausg.  (§.932 
Anm.  **)  bemerkt  worden,  In  den  beiden  Sprachen  höchst  wahr- 
scheinlich darauf,  dafs  die  mit  Casus-Endungen  belasteten  Formen  im 
Stamme  das  leichtere  e  dem  schwereren  o  vorziehen.  Auf  dem  Gra- 
vitätssystem  beruht  auch  Im  Lat.  das  Vocal-Verhältnlfs  zwischen  dem 
e  von  gener-is  etc.  und  dem  u  von  genus,  so  wie  das  von  Formen  wie 
corpor-is  zu  dem  u  der  flexionslosen  Formen.  S.  §.  8  Schlufs,  wo 
aus  Versehen  die  Angabe  des  Gewichtsverhältnisses  zwischen  griech. 
s,  >}  und  0,  u;  fehlt. 

2)  Burnouf  bemerkt  in  seiner  oben  (p.  2  Anm.  *)  erwähnten 
Recenslon  (in  dem  besonderen  Abdruck  p.  ll),  dafs  die  Instrumen- 
tal-Endung bei  dieser  Wortklasse  vorherrschend  lang  sei.  Es  waren 
mir  ebenfalls  Formen  dieser  Art  mit  langem  d  genug  aufgefallen, 
allein  an  Stellen,  wo,  in  dem  besonderen  Dialekt  (s.  §.  188)  auch  die 
ursprünglich  kurzen  a  am  Ende  verlängert  erscheinen,  und  die  Ich 
also  nicht  in  Ansehlag  bringen  wollte;  auch  darf  man  die  Fälle  nicht 
mitrechnen,  wo  durch  die  Partikel  sxj^  ca  ein  vorhergehendes  vuj  d 
in  seiner  ursprünglichen  Länge  geschützt  wird.  Nach  Abzug  dieser 
beiden  Klassen  von  Formen  auf  anfid  dürfte  wohl  die  Zählung  nicht 
ungünstig  für  das  oben  gesetzte  kurze  a  ausfallen,  im  Fall  sich  über- 
haupt in  dem  gewöhnlichen  Dialekt  ein  Instr.  auf  a/i/ta  ohne  ange- 
hängtes ca  nachweisen  läfst. 


I 
I 


Bildung   der   Casus.      §.  256.  519 

nanh-as-ca)y    gr.     vE<j)£(a-)-og,    1.    gener-is^    slav. 
nebes-e. 
L.  gr.  D.    skr.    ndbas-i,    slav.    nebes-i,    s.    man  ah- i.    gr. 

V£(|)£(0')-t. 

Dual. 
N.  A.  V.     skr.  ndbas-iy  slav.  nebes-i  s.  manah-i. 
I.  D.  Abi.   skr.    ndBo'Bydm,    s.    mane-bya^     gr.     D.    G. 

v£4)£(j-)-o-tv  (s.  p.  513.  Anm.  4). 
Gen.  Loc.  skr.  naÖas-ö^  s.  mananh-ö  7^  slav.  nehes-u. 

Plural. 

N.  A.  V.     skr.  ndädns-i,    s.  manäo  aus  mandonh-a    (s. 

§.  233),  slav.  nebes-a,  gr.  v£4'£(ö-)-a,  1.  gener-a. 
Instrum.      skr.  ndBo-bis,  s.  mane-bis  (s.  p.  56f.). 
Dat.  Abi.    skr.  ndUö-bgas ,  s.  mane-byö  (s.  p.  56 f.). 
Genitiv        skr.  ndBas-dm,  s.   mananh-anm^    1.  gener-um, 

gr.  y£(|)£(cr)-oüv,  slav.  nebes-ü. 
Loc.  gr.  D.  skr.    ndbas-su    od.   ndäah-su^    s.   mano  -hva^ 

gr.  v£4)£ir-j-t. 

Altslavische  Declination. 
256.  Wir  müssen,  um  die  wahren  Casussuffixe  des 
Altslavischen  mit  denen  der  verwandten  Sprachen  verglei- 
chen zu  können,  vor  allem  die  Endbuchstaben  der  vor- 
kommenden Thema -Arten  zu  ermitteln  suchen,  da  sie  im 
Singular -Nominativ  meistens  sich  abgeschhffen  oder  ent- 
stellt haben,  wornach  es  das  Ansehen  gewonnen  hat,  als 
wenn  diese  Buchstaben,  wo  sie  in  den  obliquen  Casus  wie- 
der hervortreten,  entweder  der  Casus -Endung  angehörten, 
oder  eine  dem  Stamme  wie  der  Endung  fremde  Einfügung 
wären,  die  von  Dobrowsky  Augment  genannt  wird.  Es 
werden  nach  Erkenntnifs  des  wahren  Stammgebiets  die 
Casus-Endungen  in  vielen  Punkten  sich  ganz  anders  gestal- 
ten als  Dobrowsky  sie  darstellt  (p.  460),  mit  welchem 
wir  z.  B.  nicht  den  Neutren  eine  Nominativ-Endung  o  oder 


520  Bildung  der   Casus 

e  einräumen  können,  wohl  aber  den  Vortheil,  den  Endvo- 
cal  des  Thema  s  in  diesem  Casus  treuer  als  das  Masculinura 
bewahrt  zu  haben.  Für  den  praktischen  Sprachgebrauch, 
und  wenn  man  sich  blofs  innerhalb  der  Grenzen  des  slavi- 
schen  Sprachgebiets  halten  will,  mag  indessen  alles  das  als 
Flexion  angenommen  werden,  was  gewöhnlich  als  solche 
dargestellt  wurde.  Uns  kommt  es  aber  hier  nicht  darauf 
an,  diejenigen  Sylben  als  Vertreter  grammatischer  Verhält- 
nisse zu  betrachten,  die  dem  Gefühle  des  Sprechenden  als 
solche  sich  darstellen,  sondern  nur  solche,  die  urkund- 
lich durch  die  Sprachgeschichte  sich  als  solche  ausweisen, 
und  seit  Jahrtausenden  als  solche  bestanden  haben. 

257.  Den  männlichen  und  neutralen  Stämmen  auf 
$[  a  entsprechen  im  Altslavischen,  wie  im  Griechischen, 
Stämme  auf  o  *),  welcher  Vocal  im  Nom.  Acc.  sg.  zu  X 
ü  geworden,  im  Neutrum  aber  unverändert  geblieben  ist, 
eben  so  am  Anfange  von  Compositen,  wo  nach  ältestem 
Frincip  das  nackte  Thema  verlangt  wird;  z.B.  novü  nowis 
erscheint  in  mehreren  Compositen  als  novo  (NOBOpO>K^ENZ 
7iovo-rosdenü  neugeboren),  ist  aber  dann  nicht  als  das 
Neutrum  novo  novum  aufzufassen,  sondern  als  das  dem 
Masc.  und  Neutr.  gemeinschaftliche  Thema,  in  welchem  noch 
kein  Geschlechts -Unterschied  angedeutet  ist.  Den  deutlich- 
sten Beweis,  dafs  die  in  Rede  stehende  Wortklasse  der  in- 
dischen, litauischen,  gothischen  auf  a  entspricht,  liefern  ihre 
weiblichen  Stämme  auf  a  (für  ^\  d),  so  dafs  z.  B.  der  Form 
rabü  (für  rabo)  Knecht  ein  Fem.  raba  Magd  gegenüber- 
steht. Namentlich  entsprechen  alle  altslav.  primitiven  Ad- 
jective,  d.  h.  die  mit  indefiniter  Dechnation,  den  sanskriti- 
schen auf  a-5,  «,  a-m,  griech.  c-g,  tj  (a),  o-v,  latein.  tc-s,  a, 


*)  Dialektisch  hat  sich  in  gewissen  Casus  das  'ältere  a  behauptet, 
z.B.  Im  Slovenlschen  vor  allen  mit  m  anfangenden  Flexionen  der  drei 
Zahlen,  wie  z.  B.  tula-m  durch  den  Köcher.  Im  Stamme  ent- 
spricht dieses  Wort  dem  gleichbedeutenden  skr.  tüna  (§.  20  u.  Gloss. 
Scrt.  a.  18  i7  p.  l46). 


im   AUslavischen,      §.  258.    259.  521 

u-m\  so  sehr  man  auch  vom  äufseren  Anschein  sich  ver- 
leiten lassen  könnte,  in  den  Adjectiven,  welche  im  Nom. 
masc.  auf  k  i  und  im  Neutrum  auf  6  enden,  wie  z.B.  CMHK 
81711  caeruleus,  CHNE  sine  caeruleum,  die  Analoga  der 
lateinischen  Adjective  wie  miti-s^  mite  zu  suchen. 

258.  Ich  erkenne  aber  in  den  Adjectiven  wie  das  eben 
genannte,  und  in  den  ähnlich  beschaffenen  Substantiven  wie 
KNA3I1  knansi  Fürst,  more  Meer,  solche  Stämme,  die 
ohne  die  in  §.  92.  k.  erwähnte  euphonische  Erscheinung, 
auf/ö  ausgehen  müfsten,  woraus /e,  und  hieraus  im  Nom. 
Acc.  masc.  —  gemäfs  der  in  diesen  Casus  eintretenden  Un- 
terdrückung des  Endvocals  des  Stammes  —  k  *,  und  im 
Neutrum  ^,  mit  erhaltenem  Vocal  und  gewichenem  j.  Diese 
Stämme  entsprechen  also  den  indischen  auf  Sj"  ?/a,  griechi- 
schen und  lateinischen  auf  to ,  iq^  nom.  acc.  m-s,  iu-m 
(ayic-^,  ayto-v,  sociu-s,  proeliu-m).  Die  Feminina  liefern  wie- 
derum den  praktischen  Beweis  der  Richtigkeit  dieser  Theo- 
rie, denn  den  skr.  Femininstämmen  auf  7J]  yd  (gr.  la,  lat. 
ia  und  ie)  entsprechen  slavische  auf  ja^  und  diese  Form 
steht  im  flexionslosen  Nominal,  dem  männlichen  Ausgang  k 
l  und  neutralen  e  gegenüber;  daher  z.B.  CHNKV  sinja  cae- 
rulea gegen  sini  caeruleus  und  5mö  caeruleum.  Wenn 
dem /der  männlichen  Stämme  auf  ^o  ein  Vocal  vorhergeht, 
so  wird  das  j,  im  Falle  der  Unterdrückung  des  0,  nach  Ver- 
schiedenheit der  Casus  entweder  zu  H  i  oder  es  bleibt  / 
(geschrieben  fi)  und  bildet  mit  dem  vorhergehenden  Vocal 
einen  Diphthong  (s.  p.  508  Anm.);  daher  z.  B.  koau  kraj 
margo,  marginem,  instrum.  KO^HMH  kräi-mi,  vom  männ- 
lichen Stamme  krajo'^  UJOVil  s'uj  si nister,  von  sujo  =  skr. 
savyd,  nom.  m.  savyd-s;  KO^KHÜ  bostj  diyinus,  vom  Stamme 
hosy'o. 

259.  Die  altslavischen  männlich-neutralen  Stämme  auf 
jo  ')   mit  ihren  Fem.   auf  Ja   sind  ihrer  Herkunft  nach  von 


)   Ich  lasse,  wo  ich  das  Thema  setze,  das  in  §.  92.  k.  enthaltene 
Wohllautsgesetz  unberücksichtigt,   und    gebe  z.  B.  srudizjo  als 


522  Bildung   der  Casus 

dreierlei  Art:  1)  solche,  wo,  wie  in  s'ujo  =  ^o^  savyd 
sinister,  sowohl  der  Halbvocal  wie  der  folgende  Vocal 
von  frühester  Spraehperiode  an  zum  Wortstamme  gehört, 
und  dieser  Fall  ist  vielleicht  der  seltenste.  2)  solche,  die 
ursprünglich  mit  i  schlössen,  dem  ein  unorganisches  o  bei- 
getreten ist,  wie  im  Litauischen  die  männhchen  Stämme 
auf  i  in  einigen  Casus  in  die  Declination  auf  ia  (ie)  um- 
schlagen (s.  p.  344,  419).  Hierher  gehört  z.  B.  morjo^ 
Nom.  Acc.  more,  Meer,  dessen  e  also  von  dem  im  Lat. 
aus  mari  entarteten  mare  weit  abliegt,  so  dafs  dem  gedach- 
ten lat.  e  vielmehr  das  slav.  j  entspricht,  welches  im  Gen. 
morja,  Dat.  morju^  wieder  hervortaucht;  das  latein.  Wort 
aber  müfste,  um  mit  dem  slavischen  zu  einer  Klasse  zu 
gehören,  im  Nom.  mariu-m  lauten.  Die  dritte  Art  von  jo- 
Stämmen  ist  die,  wo  jo  =  skr.  7X  yci  als  secundäres  Suffix, 
ohne  Einflufs  auf  die  Bedeutung,  an  ein  vorangehendes 
angetreten  ist,  in  derselben  Weise  wie  das  entsprechende 
lit.  Suffix  ia  in  den  obliquen  Casus  an  die  Participial- 
suffixe  nt  und  us  (letzteres  =  skr.  us"  in  den  schwächsten 
Casus  des  Part,  des  reduplicirten  Praeter.)  angetreten  ist 
(s.  §.  787  und  ein  Analogon  im  Goth.  §.  788).  So  im  Alt- 
slavischen teljo^  nom.  TEAk  teil  gegenüber  dem  skr.  Suffix 
tdr  (schwach  tr  oder  ^r),  gr.  T>]p,  Top  (nom.  Twp),  lat.  t6r\ 
z.B.  BAAr04t>TEAI\  blogO'deteli,  them.  -deteljo  (hene  Tic  u.s)^ 
in  seinem  Schlufstheil  =  skr.  ctdtar,  d^dtr  Schöpfer, 
Macher. 

260.  Den  sanskritischen  weiblichen  Stämmen  auf  ^\ 
d  entsprechen,  wie  schon  bemerkt  worden,  altslavische  auf 
«,  z.  B.  Bb^OBA   vidova   (them.   u.   nom.)   für   skr.   vidavd 


Thema  von  cpZ^bUE  srudize  (Herz,  Nom.  Acc),  wenngleich 
letzteres  nichts  anderes  als  das  nach  jenem  Wohllautsgesetze  modi- 
ficlrte  Thema,  d.h.  ohne  Flexion  ist,  wie  z.B.  im  Skr.  vdc  als  Thema 
gesetzt  wird,  obwohl  c  am  Ende  eines  Wortes  nicht  stehen  darf,  son- 
dern in  k  übergeht,  wie  in  dem  mit  dem  Thema  eigentlich  identischen 
Nomin.  väk. 


im   Allslavischen.      §.    260.    !26l.  523 

Wittwc,  HOBA  nova  =  skr.  ndvd  „nova".  —  Unter  den 
Stämmen  auf  i  gibt  es  im  Altslavischen  keine  Neutra,  und 
auch  nur  eine  kleine  Anzahl  von  Masculinen  (»vie  im  Litau.), 
die  Dobr.  p.  469  als  Anomala  aufstellt,  als  wären  sie  blofs 
Abarten  seiner  zweiten  männl.  Declination;  sie  sind  aber 
derselben  wesentlich  fremd,  eben  weil  sie  ihr  Thema  mit  i 
enden,  jene  mit  o,  zum  Theil  mit  jü  (§.  263).  Nur  im  Nom. 
Acc.  sg.  begegnen  sich,  aus  verschiedenen  Gründen,  diese 
drei  Wortklassen,  und  z.  B.  gosti  Gast,  von  gosti  (goth. 
gastiy  lat.  hosti),  stimmt  zu  kHAUK  knanzi  Fürst,  von  knan- 
zjo,  und  zu  vract  Arzt,  aus  vracjü.  Die  ursprünglich 
mit  n  schüefsenden  männlichen  Stämme  —  es  gibt  deren 
nur  wenige  —  bilden  die  meisten  Casus  aus  einem  durch 
i  erweiterten  Stamme,  z.  B.  kamen  Stein  (skr.  ^^STT^L 
dsman)  erweitert  sich  zu  kameni  und  geht  dann  nach  gosti. 
261.  Den  sanskritischen  weiblichen  Stämmen  auf  i 
entsprechen  zahlreiche  altslavische  Stämme  gleichen  Aus- 
gangs (s.  p.  507 ff.),  namentlich  begegnet  das  Slavische  dem 
Sanskrit  in  der  Bildung  weiblicher  Abstractstämme  auf  ti, 
wie  pa-man-ti  Gedächtnifs,  Nom.  nAMATb  pamanti,  wie 
im  Sanskrit  mati  (für  manti)  Geist,  Meinung,  von 
Tl't^^man  denken  (\^\.  memini^  mens,  fJiivog).  Diese  Wörter 
schwächen  zwar  im  Nom.  Acc.  ihr  H  zu  h  ^",  überschreiten 
aber  in  keinem  Casus  ihr  ursprüngliches  Stammgebiet  durch 
einen  unorganischen  Zusatz,  und  man  darf  sie  daher  durch- 
aus nicht  als  gleichstämmig  mit  der  Mehrheit  der  im  Nom. 
Acc.  sg.  ähnlich  ausgehenden  Masculinen  ansehen.  Gemisch- 
ter Natur  aber  ist  Dobrowsky's  dritte  weibliche  Dechna- 
tion,  mit  dem  Musterbeispiel  uEpKOBk  zerkovi,  wofür  nach 
Miklosich  (Lexicon)  upZKZBh.  zrüküvi  zu  lesen.  Die 
ältere  Form  des  Nominativs  aber  ist  upZKZl  zrükü"),  nach 
Analogie  von  CBEKOZi  svekrü  Schwiegermutter,  woraus 
ich  schon  in  der  ersten  Ausg.   die  Folgerung  gezogen  habe, 


*)   S.  Miklosich,  Formenlehre  der  altslavischen  Spr.  2.  Ausg. 
p.  55. 


524  Bild  uns   der   Casus 

dafs  XI  ü  der  wahre  Ausgang  des  Thema's  dieser  wenig 
zahlreichen  Declination  ist,  und  dafs  ihr  zi  w,  wenigstens 
Lei  einem  Theile  der  ihr  zufallenden  Wörter,  auf  das  skr. 
u  sich  stützt,  denn  svekrü  stimmt  trefflich  zum  skr.  Stamme 
svasrü  und  lat.  socru.  Der  Nom.  lautet  im  Skr.  svas- 
rü-s,  welchem,  abgesehen  von  der  Vocalkürzung,  das  lat. 
socru-s  entspricht,  dessen  Casus-Endung  im  Slav.  nach  §.  92. 
m.  verschwinden  mufste.  Was  die  fernere  Declination  der 
weiblichen  Stämme  auf  zi  ü  anbelangt,  so  stützt  sich  die- 
selbe nicht  auf  die  der  sanskritischen  mehrsylbigen 
Stämme  wie  s^Jas?'w,  vad'ü\  sondern  auf  die  der  einsyl- 
bigen,  wie  Brü  Augenbraue,  Bü  Erde;  dies  erhellt, 
wie  mir  scheint,  am  deutlichsten  aus  dem  Accus.  upZKZBE 
srüküü-e,  eine  sehr  interessante  Form,  die  ich  erst  durch 
Miklosich  kennen  gelernt  habe.  Dobrowsky  setzt  zer- 
kovi,  wie  im  IJfominativ;  diese  Form  gehört  aber  nicht  einem 
ü-Stamme,  sondern  einem  V-Stamme  an,  und  stimmt  daher 
zunostl  nox,  noctem  (p.  507).  Dagegen  stimmt  das  eben 
erwähnte  zrüküv-e  ecclesiam  zu  sanskritischen  Formen  wie 
6rüi)-am^  Büv-am,  womit  wir  oben  die  lateinischen  5w-em, 
gru-em  verglichen  haben  *).  So  wie  zrüküü-e  ecclesiam 
zum  skr.  druv-a7n^  büv-am  sich  verhält,  so  auch  der 
gleichlautende  Genitiv  zrüküv-e  zu  öruv-ds,  Buv-ds.  Ge- 
genüber den  Genitiven  sanskritischer  mehrsylbiger  22-Stämme 
wie  vadv-d's  hätte  man  im  Altslavischen  eine  Endung  zi 
ü  zu  erwarten  (s.  §.  271).  Zum  skr.  Locativ  Bruv-i,  Buv-i 
stimmt  das  slav.  zrüküv-i^  welches  zugleich  als  Dativ  gilt, 
als  solcher  aber  wahrscheinlich  auf  sanskritische  Formen 
wie  Bruv-e\  Buv-e  sich  stützt  (§.  267).  Im  Gen.  pl.  stimmt 
zrüküv-ü  zum  skr.  Brtiv-d'm,  Buv-d'm.  Was  die  übrigen 
Casus  der  slavischen  Stämme   auf  zi  ü  anbelangt,  so  haben 


*)  S.  p.  3l4.  Überhaupt  stimmen  die  beiden  Wörter,  mit  Aus- 
nahme der  Casus,  welche  von  einem  durch  /  erweiterten  Stamme 
kommen  —  sue-s,  grue-s  (vgl.  §.  226),  sui-bus^  grui-bus  —  zur  De- 
clination der  skr.  einsylbigen  Femininstämme  auf  ü. 


im    AUsl avischen.      §.   262.  525 

sie  sämmtlich  das  Thema  entweder  durch  ein  angefügtes 
«,  oder  durch  a  erweitert,  und  zwar  so,  dafs  nur  die  con- 
sonantisch  anfangenden  Casus-Endungen  an  ein  Thema  auf 
a  sich  anschliefsen,  daher  z.  B.  zrüküva-mi  durch  die  Kir- 
chen, zrüküva-chü  in  den  Kirchen;  dagegen  z.  B.  npZKZ- 
BHI^  zrühüüij-un  durch  die  Kirche,  zrüküvi  die  Kir- 
chen (nom.  acc,  zugleich  voc),  nach  Analogie  von  nosti. 

262.  Die  sanskritische  «^-Declinalion  ist  im  Altslavi- 
schen blofs  durch  Masculina  vertreten.  Ein  Beispiel  ist 
C21HZ  sünü  Sohn,  welches  als  Nomin.  dem  sanskritischen 
sünü-s,  lit.  sünii-s,  und  als  Accus,  dem  skr.  sünü-m,  lit. 
8unu-n  ")  entspricht.  Die  Casuszeichen  s  und  m  mufsten 
ten  nach  §.  92.  m.  im  Slavischen  abfallen.  Da  aber  auch 
die  altslavischen  o- Stämme  im  Nom.  Acc.  ihren  Endvocal 
zu  ^  ü  schwächen,  so  ist  sünü  filius,  filium  von  dem 
oben  (p.  499 f.)  erwähnten  vlilkü  lupus,  lupum,  lit.  wU- 
ka-s,  wilka-n  eben  so  wenig  im  Ausgang  unterschieden, 
als  im  Lateinischen  lupus,  lupum  (alt  lupo-s,  lupo-m)  von 
fructu-s,  fructu-m,  letzteres  mit  organischem  u  =  skr.  w, 
gr.  -ü.  Zweideutig  sind  auch  die  Casus,  in  welchen  o  der 
Casus -Endung  vorangeht,  weil  o  am  gewöhnlichsten  der 
Vertreter  des  sanskr.  a  ist;  da  aber  auch  "^  u  'wa  Altsla- 
vischen gelegentlich  zu  o  geworden  ist,  so  habe  ich  oben 
(p.  511)  die  betreffenden  Casus  zur  skr.  w-Declination  ge- 
zogen. Die  1.  c.  aufgestellten  Formen  sind  jedoch  zum 
Theil  von  sehr  seltenem  Gebrauch,  und  werden  in  der  Re- 
gel durch  Formen  der  o-Declination  ersetzt;  so  namentlich 
der  Genitiv  CZINOV  s'dnu  (=  Ht.  sünaü-s)  durch  siina,  der 
gleichlautende  Vocativ  (=  lit.  sünau)  durch  süne,  und  der 
Nom.  Acc.  Voc.  du.  sünü  (=  lit.  sünu)  durch  süna  *°).  —  Einige 

*)  Über  die  Zurückziehung  des  Accents  in  den  litauischen  starken 
Casus  s.  p.  274. 

**)  Über  die  selteneren  Formen  s.  Miklosich,  Formenlehre 
2.  Ausg.  p.  l4,  15.  Der  Genitiv  auf  oy  u  ist  zwar  an  dem  Stamme 
sünu  nicht  belegt,  wohl  aber  an  anderen  Stämmen,  die  zur  w-Decli- 
nation  gehören. 


526  Bildung    der   Casus 

Casus  der  altslavischen  i^-Declination  erkläre  ich  aus  einem 
durch  0  erweiterten  Stamme,  mit  Gunirung  des  ursprüng- 
lichen Endvocals,  daher  sünovo,  wie  im  Sanskrit  z.  B. 
mdnavd  Mensch  (als  Abkömmling  des  Manu),  vom  Primi- 
tivstamme manu  (s.  §.  918).  Man  vergleiche  auch  die  sla- 
vische  Stamm -Erweiterung  mit  der  griechischen,  in  Dual- 
formen auf  o-tv,  wie  z.  B.  vsKuotv  (s.  p.  513.  Anm.  4),  und 
berücksichtige  das  in  einigen  Casus  den  weiblichen  Stäm- 
men auf  ZI  ü  beigefügte  weibliche  a,  wodurch  z.  B.  iiOZ- 
KZBAVÄ  zrühüva-chü  in  den  Kirchen  zu  Formen  w\q  vid- 
ova-chü  =  skr.  vid'avd-su  stimmt  (s.  §.  279).  In  derselben 
Weise  stimmt  der  Loc.  cziHOB'ivz  sünove-chü  zu  BAZKtVÄ 
vlüke-chü  =  skr.  vfke-su.  Der  Instrum.  pl.  sünovü  stimmt 
als  Spröfsling  eines  Stammes  siinovo  zu  Formen  wie  vlükü 
(§.  277)  =  lit.  wilkais,  skr.  vfkdis  (aus  varkdis),  send. 
vehrkdis,  und  kann  unmöglich  anders  als  aus  einem  Stamme 
auf  0  =  skr.,  lit.,  send,  a  erklärt  werden.  Die  übrigen 
Casus,  welche  ich  von  dem  erweiterten  Stamme  sünovo  ab- 
leite, sind,  im  Plural:  der  Dativ  sünovo-mü,  analog  mit 
vlüko-mü  (p.  502),  der  Acc.  sünovü  analog  mit  vlükü  (p.  502); 
der  Genitiv  sÜ7iov-ü  analog  mit  vlük'-ü  (1.  c.) ;  und  im  Dual: 
der  Genitiv,  Locativ  sünov-u  analog  mit  vlük'-u  (p.  501). 
Es  können  aber  auch  die  ursprünglichen  w-Stämme  im  Alt- 
slavischen in  allen  Casus  wie  die  auf  o  (aus  a)  declinirt 
werden,  und  umgekehrt  die  ursprünghchen  o-Stämme  nach 
Art  der  w- Stämme  *).  Doch  haben  sich  die  Adjective  in 
der  unbestimmten  Declination,  d.  h.  der  einfachen, 
überall  in  ihrer  ursprünglichen  Grenze  behauptet,  und  es 
kommen  z.  B.  vom  männUchen  Stamme  dohro  gut  (nom. 
acc.  /lOBOZ  dohru)  keine  Formen  vor  wie  dohrov-i,  dohrov-e^ 


*)  Miklosich  gibt  (I.  c.  p.  l4)  von  ra^a  Knecht  (them.  rabo) 
die  ihm  als  o-Slaram  zukommende  Declination  und  p.  25  diejenige, 
welche  in  den  oben  angegebenen  Casus  der  sanskritischen  w-Decli- 
nation  entspricht.  Dagegen  fleclirt  er  in  der  ersten  Ausgabe  p.  1 
sünu  nach  der  o-Declination. 


im  Altslawischen.      §.  26.3.     264.  527 

sondern  dafür  blofs  dohru  als  Dat.,  ^OBO'li  dohre  als  Loc, 
dohri  als  Nominativ  pl.;  und  so  alles  Übrige  nach  vlükü  (p, 
499  fF.).  Die  sanskritisch-litauische  w-Declination  ist  den  alt- 
slavischen  Adjectiven  ganz  entschwunden,  daher  ist  z.  B. 
der  skr.  Stamm  mrdü  zart,  weich  (aus  mradu,  com- 
par.  mrddiyas)  im  Altslav.  zu  mlado  geworden  und  geht 
nach  dobro^    daher  Nom.  m.  f.  n.  mladü,  mlada,  mlado. 

263.  So  wie  bei  den  Stämmen  auf  o  =  skr.  lit.  a  ein 
vorangehendes  j  einen  Unterschied  der  Declination  hervor- 
bringt, den  wir  in  §.  258  als  rein  euphonisch  dargestellt 
haben,  so  tritt  dieselbe  Erscheinung  auch  bei  den  Stämmen 
auf  Z  ü  ein,  vermöge  welcher  der  Guna-Form  ov  die  Form 
jev  oder   ev,  und  eben  so  je  oder  e  dem  für  z  u  stehenden 

0  von  Formen  wie  süno-mi  durch  den  Sohn,  süno-ma  den 
beiden  oder  durch  die  beiden  Söhne,  gegenübersteht. 
Es  gibt  aber,  wie  es  scheint,  keine  organische  Stämme  auf 
jü  gegenüber  sanskritischen  auf  ^  yu  und  litauischen  auf 
m,  wie  z.  B.  steg-iu-s  Dachdecker  (etymol.  blofs  Decker), 
dessen  Suffix  dem  skr.  yu  entspricht,  wovon  später.  Die 
slavischen  Stämme  a.u£  jü  sind  entweder  Entartungen  von 
Stämmen  auf  jo  und  führen  als  solche  zu  sanskritischen 
^^f  2T  y^  ^^d  litauischen  auf  m;  oder  sie  stammen  von 
männlichen  Stämmen  auf  i  durch  Anfügung  eines  unorgani- 
schen X  ^-  So  führt  Dobrowski  (p.  468)  unter  andern  die 
Dative  ognev-i  igni  und  kamenev-i  lapidi  an,  wofür  das 
Sanskrit  die  Stämme  agni  und  dsman  (aus  dkman)  dar- 
bietet. Insofern  passen  die  Dative  ognev-i  und  kamenev-i 
zusammen,  als  die  altslavischen  Stämme  auf  n  einen  Theil 
ihrer  Casus  aus  einem  durch  i  erweiterten  Stamme  bilden. 
Von  dem  Stamme  kameni  ist  also,  durch  einen  ferneren  un- 
organischen Zusatz,  ein  Stamm  kamenjü  entsprungen,  wel- 
cher den  Dativ  kamenev-i  erzeugt  hat. 

264.  Die  consonantischen  Stämme  enden  im  Altslavi- 
schen auf  w,  r,  s  oder  ^,  haben  aber  sämmtlich  in  den  meisten 
Casus  unorganische  vocalische  Zusätze  erhalten,  vorzügHch 


528  Bildung   der   Casus 

t  °),  oder  auch  o  =■  skr.  a,  worüber  das  Nähere  bei  Be- 
trachtung der  einzelnen  Casus.  Bei  der  oben  (p.  514  ff.) 
gegebenen  Zusammenstellung  des  Altslavischen  mit  den  ver- 
wandten Sprachen  habe  ich  nur  diejenigen  Casus  der  con- 
sonantischen  Declination  aufgenommen,  welche  von  den  un- 
erweiterten Stämmen  kommen.  —  Die  Stämme  auf  n  sind 
entweder  männlich  oder  neutral,  und  stimmen  in  ihrem  Bil- 
dungssuffix zum  skr.  7nan  (§  §.  799.  801).  Die  Stämme  aufs 
sind  sämmtHch  Neutra  und  entsprechen,  wie  bereits  bemerkt 
worden,  in  ihrem  Bildungssuffix  dem  skr,  «5,  griech.  og,  £5, 
lat.  W5,  er  (p.  128).  Da  sie  wie  die  griechischen  Schwester- 
formen in  den  flexionslosen  Casus  (nom.  acc.  voc.  sg.)  an- 
statt des  leichteren  e  das  schwerere  0  haben,  so  gleichen 
sie  durch  die  nach  §.  92.  m.  nöthig  werdende  Unterdrückung 
des  Endconsonanten  des  Stammes  in  diesen  Casus  den  Neu- 
tralstämmen auf  0  (wie  novo  novum),  und  es  ist  darum 
nicht  befremdend,  dafs  manche  neutrale  Stämme  auf  0 
—  gleichsam  verführt  durch  ihre  Analogie  mit  dem  0  der 
Stämme  auf  s  —  in  den  Casus,  wo  die  letzteren  das  im 
Nom.  Acc.  Voc.  verlorene  s  wieder  aufnehmen,  gelegentlich 
ebenfalls  ihr  Thema  durch  den  Zusatz  eines  s  erweitern. 
Dies  thun  jedoch  nur  Substantive,  niemals  die  neutralen 
A  dj  e  c  t  i  V- Stämme  auf  0;  es  gibt  z.B.  keine  Genitive 
wie  noves-e  gegenüber  dem,  mit  dem  Stamme  identischen 
Nom.  Acc.  Voc.  novo.  Dagegen  kann  das  Subst.  ^"tAO 
delo  Werk  seine  Casus  nach  der  5 -Declination  bilden"), 
während  umgekehrt  die  organischen  s-Stämme  auch  sämmt- 
lich  nach  der  o-DecHnation  flectirt  werden  können  (Miklos. 
1.  c.  p.  58),  so  dafs  also  z.  B.  statt  des  organischen  Genitivs 
(s.  §.  269)  nebes-e,  =  skr.  nddas-as,  auch  neba  gesagt  wer- 


*)  Hierunter  sind  die  Veränderungen  des  i  in  e  oder  i,  denen 
die  ursprünglichen  i-Stämme  unterworfen  sind,  mitbegriffen.  S.  die 
Declination  des  Stammes  nosti^.  507  ff. 

**)  Also  z.  B.  Gen.  diles-e  neben  dila^  Dat.  deUs-i  neben  delu. 


im   Allslavischen.      §.   264.  529 

den  konnte,  wenn  auch  vielleicht  diese  Form  gerade 
zufällig  nicht  zu  helegen  ist. —  Die  Stämme  auf  t  sind 
ebenfalls  Neutra;  sie  haben  sämmtlich  den  nasalirten  Vo- 
cal  A  an  als  vorletzten  Buchstaben,  womit  sie  in  den  fle- 
xionslosen Casus  schliefsen,  da  nach  §.  92.  m.  das  stamm- 
hafte t  am  Wort-Ende  abfallen  mufs.  Man  vergleiche  da- 
her z.  B.  TEAA  telan  Kalb,  plur.  telant-a,  osUan  Esel- 
chen, plur.  osUant-a  mit  griechischen  Formen  wie  larcly^ 
laravT-a,  (|)£/:oy,  (pipovr-a.  In  der  That  halte  ich  das  Bildungs- 
suffix der  in  Rede  stehenden  slav.  Wortklasse  für  identisch 
mit  dem  des  Part,  praes.  und  mache  im  voraus  darauf  auf- 
merksam, dafs  auch  das  skr.  Suffix  fa  des  perfectischen  Pas- 
sivparticipium's  Derivata  aus  Substantiven  bildet,  wie  pali- 
td-s  fruchtbegabt,  vom  Stamme  j/a^a  Frucht  Über  ähn- 
liche Erscheinungen  in  den  verwandten  Sprachen  s.  §.  824  f. 
Was  aber  die  altslavischen  Neutralstämme  auf  AT  eint  an- 
belangt, so  ist  z.  B.  osilan  (them.  osilant  Eselchen)  ge- 
wissermafsen  ein  angehender  Esel  (von  osilü^  them. 
osllo  Esel),  detan  Knäbchen,  ein  angehender  Knabe, 
von  dem,  wie  es  scheint,  nur  am  Anfange  von  Compositen 
vorkommenden  Primitivstamme  /^tTO  deto  ').  Zu  mehreren 
Bildungen  auf  ant  fehlt  das  entsprechende  Stammwort; 
z.  B.  zum  oben  erwähnten  telan  Kalb,  dessen  Primitivum 
Ochs  oder  Kuh  bedeutet  haben  mufs  (vgl.  sloven.  telege^ 
plur.  f.  O  c h  s  e  n  j  o  c  h,  teliti  5ö  k  a  1  b  e  n).  Die  wirklichen  Prae- 
sens-Participia  stehen  gegen  die  in  Rede  stehende  Wort- 
klasse insofern  im  Nachtheil,  als  jene  in  den  obliquen 
Casus  den  auf  t  ausgehenden  Urstamm  durch  einen  unor- 
ganischen Zusatz  erweitern  (s.  §.  783),  wobei  daran  zu  er- 
innern, dafs  auch  im  Gothischen  die  Participial-Substantive 
—  wie  z.  B.  frijonds  Freund   als   liebender  —  vor  den 


*)  Dies  ist  eigentlich  ein  Passivparticipium  und  entspricht  dem 
send,  dä-ta  geschaffen,  gemacht,  welches  im  Skr.  dd~tä 
lauten  sollte,  wofür  unregelmäfsig  hitä  (s.  p.  43). 

I.  34 


530  Bildung   der   Casus 

eigentlichen   Parliciplen   praes.    sich  durch  treues  Festhalten 
am  Urstamme  auszeichnen"). 

265.  An  die  in  §.  144  erwähnte  Wortklasse  auf  r 
reihen  sich  im  Altslavischen  die  weiblichen  Stämme  mater 
Mutter  (=  skr.  mdtdr,  dorisch  fjLärsp)  und  düster  Toch- 
ter =  skr.  duhitdr,  gr.  ^Dyarep.  Über  die  von  dem  uner- 
weiterten Thema  entsprungenen  Casus  s.  p.  516 ff.;  die  übri- 
gen kommen  von  den  durch  i  erweiterten  Stämmen  materu 
düsteri  und  gehen  nach  7wsti  (them.),  Nom.  NOUJTK  nosHi 
Nacht.  Die  Nominative  mati,  c?^//^^  entbehren,  meiner  Über- 
zeugung nach,  das  stammhafte  r  nicht  in  Folge  des  in  §.  92. 
m.  besprochenen  Lautgesetzes,  sondern  darum,  weil  schon 
vor  der  Trennung  der  slavischen  und  lettischen  Sprachen 
von  ihren  asiatischen  Schwestern  das  r  dem  Nominativ  ent- 
wichen war  (s.  §.  144).  Gründete  sich  aber  der  Verlust 
des  r  der  slav.  Nominative  mati,  düsti  auf  das  erwähnte 
Lautgesetz,  so  würde  dafür  höchst  wahrscheinlich  mate, 
düste  stehen,  da  das  betreffende  Gesetz  nur  die  Unter- 
drückung des  schliefsenden  Consonanten  vorschreibt,  nicht 
aber  die  Umwandlung  eines  vorhergehenden  e  in  i.  Erklärt 
man  aber  mati^  diis'ti  aus  dem  skr.  Nom.  mdtä\  duhitd'  und 
gibt  man  zu,  dafs  der  Nominativ  einerseits  und  die  obli- 
quen Casus  andererseits  gewissermafsen  in  einem  themati- 
schen Gegensatze  zu  einander  stehen,  so  kann  der  vocali- 
sche  Unterschied  zwischen  dem  i  von  mati,  düsti  und  dem 
^,  z.B.  des  Acc.  mater-e^  düster-e  {=^  skr.  mdtdr-am^  du- 
kitdr-am)   nicht  befremden  *"*).     Das   mit   dem  Slavischen 

*)  S.  p.  260,  u.  über  die  altslavlschen  Particlpla  praes.  §.  783  mit  Be- 
rücksichtigung des  oben  (p.  152  f )  erwähnten  Lautgesetzes.  Im  Nom. 
Acc.  Voc.  s^.  neut.  stimmt  z.  B.  VBiAAA  chvalaii  lau  d  ans  (Mik- 
los.  I.  c.  p.  36)  zu  den  oben  erwähnten  Formen  wie  telan.  Der  Ge- 
nitiv des  Part.  soWie^  chpalant-e  lauten,  wofür  jedoch  chvalans  ta^  um- 
stellt aus  chvalafitsa  und  dieses  für  chvalantja  (s.  p.  153  Ende). 

**)  Wenn  Schleicher  (Beiträge  etc.  von  Kuhn  und  Seh  lel- 
cher  p.  il2)  bemerkt,  dafs  ich  In  meiner  Abhandlung  über  die  Spra- 
che der  alten  Preufsen  (p.  8)  bei  Besprechung  der  obigen  Erscheinung 


im   Altslavischen.      §.266.  t531 

sehr  nahe  verwandte  Litauische  unterstützt  durch  seine 
Nominative  möte^  dukte^  sesu,  von  den  Stämmen  möter,  duk- 
ter,  sescr  (die  einzigen  auf  r),  sehr  nachdrückHch  den  Satz, 
dafs  die  analogen  slavischen  Formen  den  Verlust  ihres  r 
einer  uralten,  aus  der  Zeit  der  Identität  der  lettischen  und 
slavischen  Sprachen  mit  dem  Sanskrit,  Altpersischen  und 
Send  stammenden  Gewohnheit,  und  nicht  dem  mehr  er- 
wähnten Lautgesetze  verdanken. 

266.  Betrachten  wir  nun  näher  die  Bildung  der  ver- 
schiedenen Casus  und  zwar  zunächst  die  des  Singular-Nomi- 
nativs und  Accusativs.  Diese  beiden  Casus  haben  nach  §.  92. 
m.  die  Casuszeichen  s  und  m  verloren,  mit  Ausnahme  der 
Femininstämme  auf  a,  in  deren  Accusativ  der  oben  (p.  135) 
erwähnte  schwache  Nasallaut  das  ursprüngliche  m  und 
altpreufsische  w,  z.  B,  von  genna-n  fem  in  am,  vertritt,  und 
die  Umwandlung  des  alten  a  in  u  veranlafst,  in  welcher 
Beziehung  ich  an  das  Verhältnifs  der  lateinischen  pluralen 
Genitiv-Endung  um  zum  skr.  dm  (pedum  =  skr.  pad-ä^m) 
erinnere.  Man  vergleiche  Bh^OBN%  vidovu-n  mit  dem  skr. 
vidavä-m  und  latein.  vidua-m\  novu-n  mit  skr.  ndvd-m, 
lat.  nova-m;  dagegen  novü  novus,  novum  (them.  novo,  s. 
§.  257)  mit  skr.  ndva-s,  ndva-m,  lat.  novus,  novu-m,  gr. 
v£0-$,  vEO'V.  Die  Stämme  auf  r,  deren  Nominativ  besprochen 
worden  (§.  265),  zeigen  im  Accusativ,  sofern  sie  nicht  zur 
i-Declination  überwandern,  e,  welches  offenbar  nur  der 
Bindevocal  ist  (ursprünghch  a),  womit  das  verlorene  Casus- 
zeichen  an   den   Stamm   angefügt  worden.     Man  vergleiche 


das  Verfahren  des  Slavischen  bei  den  Stammen  auf  es  übersehen  habe, 
so  mufs  ich  in  Erinnerung  bringen,  dafs  ich  auf  dieses  Verfahren  schon 
in  der  früheren  Ausgabe  dieses  Buches  (§.  255.  /.  und  §.  264),  in  der 
vorliegenden  Ausgabe  (§.  92.  m.  und  p.  113)  aufmerksam  gemacht, 
und  dafs  ich  die  meisten  altslavlschen  Casus-Endungen  nur  durch  Be- 
achtung des  Gesetzes,  wornach  die  ursprünglichen  Endconsonanten 
unterdrückt  worden,  mit  dem  Sanskrit  und  anderen  verwandten  Spra- 
chen vermittelt  habe. 

34* 


532  Bildimg   drr    Casus 

mater-e  (s.  Mikl.  1.  c.  §.  67)  mit  dem  skr.  mdtdr-a-m, 
send,  mätar-e-m,  1.  matr-e-m,  dor.  juärso-a.  Die  männli- 
chen Stämme  auf  n  zeigen  im  Nom.  zi  ü  für  skr.  a,  lit.  ü 
(§.  140),  daher  k<AMS1  kamü  Stein  =  lit.  akmü\  skr.  dsmd. 
Wäre  der  Endconsonant  erst  auf  slav.  Boden  nach  §.  92. 
on.  unterdrückt  worden,  so  wäre  aus  Jcamen  höchst  wahr- 
scheinlich käme,  nicht  kamil  geworden,  und  das  Litauische, 
welches  die  Verbindung  ns  am  Wort-Ende  verträgt,  würde 
das  n  sammt  dem  Casuszeichen  bewahrt  haben,  also  akmen-s 
für  akmu  zeigen,  dessen  ü  offenbar  auf  das  skr.  d  von  dsmd 
sich  stützt  (s.  p.  135).  Die  Neutralstämme  auf  eh  haben 
den  Endeons,  des  Stammes  im  Nom.  Acc.  Voc.  nicht  ganz 
untergehen  lassen,  oder  sie  haben  ihn  in  der  geschwächten 
Form  n  wieder  herangezogen;  daher  stimmt  hma  iman 
Namen  (aus  nimaii)  besser  zum  lat.  nomen  als  zum  skr. 
nd'ma,  send,  ndma  und  goth.  namö.  —  Im  Instrum.  zeigen 
alle  Masculina  und  Neutra  die  Endung  mk  mi  (vgl.  §.  161 
und  über  das  Armen,  p.  358);  dagegen  wäre  diese  Endung 
den  Femininen  fremd,  wenn  nicht,  wie  ich  vermuthe,  die  weib- 
liche Endung  th  tin  hinsichtlich  ihres  n  eine  Verstümmelung 
von  31h.  'ini  ist,  wie  in  der  ersten  P.  sg.  des  Praesens  der 
meisten  Verba  u-7i  dem  skr.  d-mi  gegenüber  steht.  Ich 
glaube  nämhch,  dafs  z.  B.  der  Instrumentalis  Bb40BOJ^ 
vidovoj-un  —  vom  Stamme  (zugleich  Nom.)  vidova  —  zum 
skr.  vidavay-d  sich  so  verhält,  dafs  an  die  schon  vorhan- 
dene alt-indische  oder  ursprüngliche  Casus -Endung  noch 
eine  neue  angetreten  sei,  und  dafs  deren  ältere  Gestalt  mi 
sich  zu  n  verstümmelt  habe.  In  Bezug  auf  die  Anhäufung 
zweier  gleichbedeutender  Casus -Endungen  erinnere  ich  an 
ein  ähnliches  Verfahren  des  Veda- Dialekts  und  Send,  im 
Nom.  plur.  (§.  229).  —  Die  weiblichen  Stämme  auf  H  i 
wandeln  diesen  Vocal  vor  der  Endung  ^  w'i  in  ij  um,  wie 
überhaupt,  auch  bei  Masculinen,  i  zwischen  einem  Conso- 
nanten  und  folgenden  Vocal  zu  ij  wird,  daher  nostij-un 
durch  die  Nacht,  wie  im  Päli  rattiy-d  vom  Stamme 
ratti  (vgl.  p.  403  Anm.). 


im   AUslavischcn.      §.    267.   26S.  533 

267.  Der  Dativ  ist  bei  consonantischen  Stämmen  und 
Lei  denen  auf  z  t^,  =  skr.  u^  scheinbar  identisch  mit  dem 
Locativ,  und  zeigt  die  Endung  *,  daher  z.  B.  sünov-i^ 
kamen-i,  mater-i^  nehes-i  gegenüber  den  sanskritischen  Loca- 
tiven  sündv-i  (vedisch),  ds7nan-i^  mdtdr-i,  ndöas-t. 
Doch  glaube  ich  jetzt,  dafs  das  i  im  Dativ  auf  den  skr.  Da- 
tiv-Charakter e  =  ai  sich  stützt,  und  von  dem  ursprüngh*- 
chen  Diphthong,  gleich  den  litauischen  und  lateinischen 
Dativen,  nur  den  Schlufstheil  bewahrt  hat,  wie  im  Nomin. 
pl.  der  männlichen  o-Stämme,  wo  vlük'-iW öl £e  dem  litaui- 
schen wilka-i  (zweisylbig),  und  TH  ti  diese  dem  dorischen 
TOI,  goth.  ihai,  skr.  te,  lit.  te  und  lett.  tee  (=  te)  gegenüber- 
steht. Zu  dieser  Ansicht  veranlafst  mich  vorzugsweise  der 
Umstand,  dafs  bei  den  meisten  altslavischen  Wortklassen 
der  Dativ  und  Locativ  streng  geschieden  sind.  Bei  den 
männhchen  und  neutralen  o- Stämmen  stützt  sich  das  't  e, 
z.  B.  von  NOB'Ji  nove  (in  novo),  auf  das  skr.  e  von  ndve 
(aus  nava-i),  und  auf  das  litauische  e  von  Formen  wie 
wilke  (slav.  BAZK'i  vlüke);  dagegen  das  OV  «^  des  Dativs 
vlüku  auf  das  litauische  ui  von  wilkui  (§.  176);  es  ist  somit 
eines  i  verlustig  gegangen.  In  der  Pronominaldeclination 
stimmt  TOMOy  to-mio  diesem  zum  skr.  td-smdi  und  lit. 
td-mui  (veraltet),  tä-m,  und  der  Loc.  T0-3ib  to-mi  zum  skr. 
td'Smin  und  litauischen  tu-mi. 

268.  Bei  den  weiblichen  a- Stämmen  stützt  sich  das 
"Ji  ^,  als  Zusammenziehung  von  a%  im  Loc.  auf  das  skr.  dy 
und  litauische  öj^  z.  B.  von  dsvarj-d m,  lit.  dswöj-e  (in 
equä,  s.  §.  202);  daher  vtdove  —  skr.  vid'avdy-dm,  p;^K't 
runke  (in  manu)  =  lit.  rayiköj-e.  Im  Dativ  stimmt  das  % 
€  des  slav.  runke  zum  lit.  ai  von  rankai  (§.  176).  Die 
Stämme  auf  h  z,  sowohl  die  männlichen  als  weiblichen, 
enden  im  Dativ  und  Locativ  mit  dem  Endbuchstaben  des 
Stammes,  daher  gosti  sowohl  hospiti  als  in  hospite; 
noiti  sowohl  nocti  als  in  nocte.  Es  mag  angenommen 
werden,  dafs  hier  der  Casuscharakter  i  mit  dem  des  Stam- 
mes, wie  in  lateinischen  Dativen   wie   om  =  ovi-l^   turrt  = 


534  Bildung   der   Casus 

turri-t^  zusammengeflossen  sei.  Bei  männlichen  und  neutra- 
len Stämmen  auf/o  und  ^w,  und  bei  den  weiblichen  auf^a, 
zieht  sich  diese  Sylbe  im  Locativ,  bei  letzteren  auch  im 
Dativ,  zu  i  zusammen,  ohne  dafs  ein  Casuszeichen  ange- 
fügt wird,  daher  z.  B.  KHA3H  hiansi  im  Fürsten,  AHUH 
lizi  im  Antlitze,  vraci  im  Arzte,  voll  voluntati  und 
in  voluntate,  von  den  Stämmen  knamjo  masc,  lizjo  neut., 
vracjü  masc,  volja  fem. 

269.  Im  Genitiv  hat  die  in  den  verwandten  Sprachen 
an  consonantische  Stämme  sich  anschliefsende  Endung  a«, 
öS,  is  nach  §.  92.  m.  das  s  ablegen  müssen,  der  Vocal  aber 
erscheint  als  e  an  allen  consonantisch  endigenden  Stämmen, 
sowie  an  den  Femininstämmen  auf  Xl  ü  (§.  261),  daher 
stimmt  imen-e  des  Namens  zu  »TTH^  nä'mn-as,  no- 
min-is;  nehes-e  des  Himmels  zu  r^Vi*dtt_  nddas-as, 
v£(|)£(o-)-o$ ;  mater-e  zu  mdtr-is^  fjLTiTp-og;  svekiHv-e  (socrüs) 
zu  Formen  wie  Bruv-ds  ( super cilii),  c(\)p\)'0<;.  Dieser 
Analogie  folgen  auch  die  Pronominalformen  men-e  mei, 
teb-e  tui,  seh-e  sui,  welchen  Qnen^  teh^  seh  als  Thema 
gilt.  Die  sanskritische  vollere  Genitiv- Endung  3^^  sya 
erkennen  wir  in  der  pronominalen  Genitiv-Endung  go,  z.  B. 
von  to-go  =  rT^  td-sya  (§.  188).  Diese  Zusammen- 
stellung dürfte  allein  statt  alles  Beweises  hinreichen;  zum 
Überflufs  berücksichtige  man  die  so  leicht  eintretende  Er- 
härtung des  Halbvocals  j  zu  g  und  im  Präkrit  zu  sj^  ^ 
(§.  19,  p.  31);  endUch  den  höchsten  Grad  von  Unwahr- 
scheinlichkeit,  dafs  das  Slavische  sich  eine,  allen  verwand- 
ten Sprachen  fremde,  ganz  neue  Genitiv-Endung  geschaffen 
habe.  Nimmt  man  nun  das  g  der  Endung  go  für  eine  Erhär- 
tung (aus  y,  skr.  7\^  y)  an,  so  hat  das  Altslavische  von  der 
Endung  sya  gerade  eben  so  viel  bewahrt  als  das  Griechi- 
sche, und  es  entspsicht  go  dem  griech.  10  (§.  189),  und 
namentlich  to-go  hujus  dem  gr.  tc-w.  Da  aber  im  Slav. 
die  Zischlaute  leicht  mit  Gutturalen  wechseln  (s.  §.  92.  g.\ 
so  könnte  man  auch  vermuthen,  dafs  das  g  von  go  die 
Entartung  des  sanskritischen  s,  und   der  Halbvocal  von  ^^ 


im  Allslavischen,      §.   26^.  535 

sya  verschwunden  sei.  Doch  ist  nicht  zu  übersehen,  dafs 
sonst  im  Altslav.  nur  Y^  niemals  die  gutturale  Media  an  die 
Stelle  eines  ursprünglichen  Zischlauts  getreten  ist.  Es  fehlt 
aber  auch  dem  Altslavischen  nicht  an  einer  vereinzelt  ste- 
henden pronominalen  Genitivform  auf  so,  die  mir  bei  Ab- 
fassung von  §.  269  der  ersten  Ausgabe  dieses  Buches  nicht 
gegenwärtig  war,  und  worauf  ich  erst  in  der  dritten  Ab- 
theilung (§.  400)  aufmerksam  gemacht  habe;  ich  meine  die 
Form  iikCO  clso  cujus?  (neutr.),  auch  ceso.  Ich  kann  aber 
auf  diese  Form  nicht  mehr  so  viel  Gewicht  legen  wie  früher, 
weil  ciso ,  ceso,  was  ich  erst  aus  Miklosich's  grammati- 
schen Schriften  erfahren  habe  °),  einen  thematischen  Charak- 
ter dadurch  annehmen,  dafs  sich  daran  noch  die  Endung 
go  anschliefsen  kann  (ciso-go,  ceso-gö),  und  dafs  daraus  auch 
die  Dative  und  Locative  ciso-mu,  ceso-mu,  ctso-ini,  ceso-mi 
entspringen,  gegenüber  den  einfacheren  Formen  ci-mu,  ce-mi. 
Man  kann  darum  ciso  für  einen  zusammengesetzten  Prono- 
minalstamm  halten,  nach  Art  des  nur  im  Nom.  und  Acc. 
vorkommenden  cito  quid.  Während  der  Schlufstheil  dieser 
componirten,  aber  flexionslosen.  Form  cito  dem  gr.  Stamme 
To  und  skr.  ta  entspricht,  könnte  so  von  61 -so,  ce-so  mit 
dem  skr.  Stamme  sa  (§.  345)  und  griech.  o  vermittelt  wer- 
den, während  unser  se-r  von  diesem'  (ahd.  de-ser,  fem.  de- 
siu)  auf  den  skr.  Demonstrativstamm  sya,  fem.  syd  sich 
stützt  (§.  357),  das  Altsächsische  und  Angelsächsische  aber 
in  diesem  zusammengesetzten  Demonstrativ  sich  an  dem 
sanskritisch-gothischen  Stamme  sa  halten.  Man  mag  den 
altsächsischen  Dativ  ~su-mu  von  the-su-mu  diesem  (masc. 
neutr.)  mit  dem  altslav.  so-mü  des  oben  erwähnten  cl-so-mü^ 
ce-so-mü  wem?  (neutr.)  vergleichen.  Es  könnte  aber  auch 
das  slav.  ci-so,  ce-so  so  gefafst  werden,  dafs  sein  s  erst  auf 
slavischem  Boden  aus  t  entsprungen  sei,  so  dafs  die  Neu- 
tralstämme cito  und  ciso  ursprünglich  Eins  wären.  Um 
aber  zur  slavischen  Genitiv-Endung  go  zurückzukehren,  so 


')   L.  c.  p.  67  f.,   vergleichende  Gramm.  III.  p.  67  f. 


536  Bildung   der   Casus 

Steht  soviel  fest,  dafs  diese  Endung,  was  auch  Miklosich 
zugibt,  mit  der  sanskritischen  sya  zusammenhängt,  sei 
es,  dafs  ihr  g  eine  Erhärtung  des  Halbvocals  7]^  y  sei, 
oder  eine  Entartung  des  Zischlauts.  Schleicher  (Formen- 
lehre p.  235)  und  Miklosich  (1.  c.  p.  61)  unterstützen  die 
erstere  Auffassung. 

270.  Die  Substantiven  und  adjectiven  (indefiniten)  o- 
Stämme  haben,  im  Nachtheil  gegen  die  an  der  alten  Form 
festhaltenden  Pronomina,  die  Genitiv-Endung  go  eingebüfst, 
dafür  aber,  zum  Ersatz  für  die  weggefallene  Endung,  das  alte 
a  des  Stammes  behauptet,  statt  es  nach  §.  92.  a.  zu  o  zu 
schwächen;  daher  raha  servi,  nova  ( =  skr.  ndva-syd) 
novi  (vgl.  §.  190).  Die  w- Stämme  stellen  regelrecht  ov  w, 
als  gunirte  Form  (s.  §.  92./.),  dem  sanskritischen  0-5,  litaui- 
schen und  gothischen  aus  gegenüber,  mit  der  nach  §.  92. 
m.  nöthigen  Unterdrückung  des  s,  also  CZINOV  sünu  filii 
gegenüber  dem  skr.  siino^-s^  lit.  sünau-s^  goth.  sunau-s. 
Die  z-Stämme,  sowohl  die  männlichen  als  weiblichen,  zeigen 
das  nackte  Thema,  also  gosti  für  goth.  gasti-s^  lat.  hosti-s, 
und  nosti  noctis  gegenüber  dem  lit.  nakte-s  und  sanskri- 
tischen und  gothischen  Formen  wie  ^]r\^^prite-s,  ansfai-s 
(§.  185). 

271.  Die  weiblichen  Stämme  auf  a  verändern,  mit 
Ausnahme  derjenigen  mit  vorletztem  j\  jenes  a  im  Genitiv 
in  ZI  ü,  daher  vodii  aquae  von  voda.  Ich  schreibe  dieses 
ZI  ü  eben  so  wie  das  des  Nom.  Acc.  Voc.  pl.  dem  euphoni- 
schen Einflufs  des  ursprünglich  die  Form  schliefsenden  s  zu  (s. 
§.  92.  d.).  Hinter  y  steht  a  an  für  zi  ü,  sowohl  im  Gen.  sg.  als 
im  Nom.  Acc.  Voc.  pl.,  daher  bOAIA  voljan  voluntatis  und 
voluntates.  So  auch  in  der  weiblichen  Pronominal-Declina- 
tion  Formen  wie  TOhA  tojan  gegenüber  dem  skr.  td-syds 
und  analogen  goth.  Formen  wie  thi-sos  (§.  174)  und  alt- 
preufsischen  wie  stei-ses.  Es  läfst  sich  der  Nasallaut  in 
den  gedachten  altslavischen  Formen  nicht  wohl  anders  er- 
klären denn  als  Umwandlung  des  5,  welches  die  betreffen- 
den Casus   im   Sanskrit,   Litauischen  und  Gothischen,   und. 


im   Allslavischen.      §.   271.    27'J.  537 

mit  Ausnahme  des  Nom.  Voc.  pl.,  auch  in  den  klassischen 
Sprachen  am  Wort-Ende  zeigen.  Ich  erinnere  in  Beziehung 
auf  die  Nasahrung  des  schhefsenden  s  an  die  nräkritische 
Endung  J^  hin  für  skr.  Bis  und  an  griechische  Formen 
wie  (f)ipofj.sv  (dor.  -jus;),  (^ipsrov  für  skr.  Ödrdmas,  Bdrafas, 
dar  ata  s  (§.  97).  Merkwürdig  aber  ist  es,  dafs  im  Alt- 
slavischen  der  Halbvocal  j  einen  schützenden  Einflufs  auf 
das  am  Ende  der  folgenden  Sylbe  gestandene  s  ausübt,  so 
dafs  dasselbe  nicht  ganz  untergegangen,  sondern  zu  n  ge- 
worden ist.  Die  Wirkung  dieses  Einflufses  ist  auch  in  den 
Formen  geblieben,  welche  das  y  lautgesetzlich  unterdrückt 
haben  (s.  §.  92.  h  p.  146),  daher  z.  B.  von  ^OVIIIA  dusa 
Seele  (für  dusja  aus  duchja  =  \\t.  düsiä)  der  Gen.  sg.  und 
N.  V.  pl.  ^^oyuJA  dusa-n,  gegenüber  dem  litauischen  düsig-s, 
düsö-s,  und  der  gleichlautende  Acc.  pl.  /^OVUJA  dusa-n  ge- 
genüber dem  litauischen  düsiä-s. 

272.  Im  Vocativ,  welcher  wie  in  den  verwandten 
Sprachen  ohne  Casussuflix  ist  (§.  204),  schwächt  sich  o  zu 
e  {^)  und  a  zu  0  (§.  92.  a.),  daher  ist  nove  (von  novo  neu), 
für  skr.  ndva  identisch  mit  dem  lat.  wou^"  und  stimmt  zum 
griech.  yi{F)E  und  litauischen  Formen  Avie  pöne  (s.  p.  407); 
von  voda  Wasser  kommt  vodo ,  von  volja  aber  vole  für 
voljo;  vom  Stamme  knansjo  Fürst:  kname  ")  für  knansje. 
Die  Stämme  auf  z  ü  guniren  ihr  ^  zu  OV  w  (§.  92./.),  daher 
CZlNOy  SÜ71U  Sohn,  gegenüber  dem  skr.  suno,  lit.  sünaüy 
goth.  sunau  (§.  205).  Gewöhnlicher  aber  wandern  die 
Stämme  auf  ü,  im  Fall  dem  Endvocal  nicht  ein  j  vorher- 
geht, zur  o-Declination  über,  also  süne,  im  Nachtheil  gegen 
BpA^oy  vracu  Arzt  vom  Stamme  vracjü.  Es  äufsert  also 
auch  hier,  wie  oben  (§.  274)  in  den  Formen  auf  y^m,  das 
j  einen  schützenden  Einflufs  auf  den  nachfolgenden  Theil 
des  Wortes.—  Die  Stämme  auf  i  sind  im  Vocativ,  wie  im 
Send  und   Griechischen,   identisch   mit  dem    Thema;   daher 


)   3  "^  vor  e  wird  >K  s  . 


538  Bildung   der   Casus 

gosti  Gast,  nosti  Nacht,  wie  im  Send  paiti^  dfiitix  im 
Griechischen  Trocrt,  ncpru 

Dual. 

273.  Durch  Bewahrung  eines  Duals  üherhietet  das 
Altslavische  das  Gothische,  dem  beim  Nomen  dieser  Nume- 
rus abgeht;  es  übertrifft  in  demselben  an  treuerer  Erhal- 
tung der  Endungen  das  Litauische,  und  ist  um  einen  Casus 
reicher  als  das  Griechische.  Die  Übereinstimmung  mit  dem 
Sanskrit  und  Send  ist  unverkennbar;  man  vergleiche: 

Sanskrit  Send  Altslavisch 

N.  A.  ^)  ra.         uÖa  (amboyed.)    uhd  oha 

f.  n.     uBe'  übe  obe  s.  p.  501. 

Anm. 
I.D.  Abi.  m.  f.  n.  uöa-Öydm  uboi-hya    I.D.  obe-ma") 

G.  L.  m.  f.  n.    uBdy-6s  ub6y-6        oboj-u^) 

Das  sanskritische  neutrale  uBe  besteht  nach  §.  212  aus  dem 
Thema  uhd  in  Verschmelzung  mit  dem  Casussuflix  t^  und 
das  weibliche  uBe  ist  eine  Verstümmelung  von  uöay-du, 
und  somit  ohne  Casus-Endung  (§.  213).  —  Die  männhchen 
und   weiblichen   Stämme    auf   h   i  behalten  dieses  i  unver- 


')  Zugleich  Vocativ,  abgesehen  von  der  im  Sanskrit  nach  §.  20  i 
nöthigen  Zurückziehung  des  Accents. 

2)  Über  die  Endung  ma  s.  §.  222.  Das  vorangehende  %  e  für  o 
des  Stammes  erscheint  nur  in  derPronomlnaideclination,  welcher  die 
Ausdrücke  für  zwei  und  beide  folgen.  Dagegen  findet  sich  im  Send 
der  Diphthong  /ü*-*-'  ^^  oder  i^  d  / ,  ersterer  mit  beigefügtem  /  nach 
§.  4l,  in  allen  männlich-neutralen  Stämmen  auf«  (§.42l). 

3)  Nur  in  der  Pronominal-Declination  (s.  die  vorangehende  Anni.) 
zeigen  die  männlich -neutralen  Wortstämme  auf  o  und  die  weibli- 
chen auf  a  im  G.  L.  du.  oj-u  gegenüber  dem  skr.  af-6s  und  sendi- 
schen  ay-6  oder  6y-6\  dagegen  unterdrücken  die  Substantiv- und 
\djectivstämme  auf  o,  a  diese  Vocale  vor  der  Casus-Endung;  daher 
i'luk'-u  der  beiden  Wölfe,  für  skr.  vr  kay-6s  ^  send,  vehr- 
kaj-6\  und  vi'dov'-u  der  beiden  Wi  ttwe  n  für  skr.  v  id  av  ay  -6  s 
(s.  §.  225). 


im  All  slawischen.      §.  273.  539 

ändert  bei,  statt  der  im  Sanskrit  und  Send  eintretenden 
Verlängerung  (s.  §.  210 f.);  man  vergleiche  gosti  zwei  Gäste, 
nosti  zwei  Nächte  mit  skr.  Formen  Avie  ^a^t5  ^r 6 '^^  und 
litauischen  wie  awi  (s.  p.  219).  Die  Stämme  auf  ä  ü  fol- 
gen demselben  Princip  und  stellen  z.  B.  caiNZl  sünü  zwei 
Söhne  dem  skr.  sunu  und  litauischen  sünh  gegenüber 
(p.  419),  wobei  daran  zu  erinnern,  dafs  zi  ü  etymologisch 
meistens  =  skr.  ;3^  u  ist  (§.  92.  c).  Doch  sind  Dualformen 
w^ie  sünü  selten  *);  gewöhnlicher  gehen  die  «^-Stämme  in  den 
in  Rede  stehenden  Casus  zur  o-Declination  über,  wornach 
also  süna  nach  Analogie  von  vlüka.  —  Sehr  merkwürdig  sind 
die  Neutralformen  auf  i  consonantischer  Stämme,  z.  B. 
imen-i,  nebes-i,  telant-i  "),  sofern  ihr  i  wirklich  Casus-Endung 
ist,  und  somit  dem  sanskritischen  t  (send,  i)  von  Formen 
wie  namn-i  (send,  ndmain-i),  ndUas-t,  Bdrat-t'""*)  ent- 
spricht. Zu  dieser  Annahme  berechtigt  sehr  entschieden  der 
Umstand,  dafs  das  aus  a  -i^  t  erwachsene  e  sanskritischer 
Duale  neutraler  a- Stämme  im  Altslavischen  durch  %  ver- 
treten ist,  und  daher  z.  B.  oben  OB.b  obe  dem  skr.  uBe 
(aus  uUa-i)  gegenübersteht.  Warum  sollte  also  nicht  auch 
imen-i,  nehes-i  dem  skr.  namn-t^  ndBas-t  gegenüberge- 
stellt werden  dürfen?  Obwohl  die  altslavischen  consonan- 
tischen  Stämme  in  mehreren  Casus  der  ^-Dechnation  folgen 
(vorzügüch  vor  consonantisch  anfangenden  Endungen),  so 
gibt  es  doch  im  Slavischen  keine  neutralen  ^-Stämme, 
deren  Analogie  auf  die  Flexion  der  consonantischen 
Neutralstämme  in  den  in  Rede  stehenden  Casus  hätte  ein- 
wirken können.  Erwägung  verdient  auch,  dafs,  wenn 
man  das  i  von  imeni,  nebesi,  telanti  als  Casus-Endung,  und 


*)   Belege  gibt  Miklosich  1.  c.  p.  15f. 

*)  Ich  habe  diese  Formen  erst  durch  Miklosich  kennen  ge- 
lernt, und  darum  in  der  ersten  Ausgabe  noch  nicht  Rücksicht  darauf 
nehmen  können. 

)  Für  h  ärant-i^  vom  schwachen  Participialstammc  b^ä rai^  aus 
b  ara7it. 


540  Bildutig   der   Casus 

nicht  als  Endbuchstaben  eines  erweiterten  Stammes  fafst, 
alsdann  alle  Casus  mit  vocalisch  anfangender  Endung  aus 
dem  ursprünglichen  Thema  entspringen.  Anders  verhält  es 
sich  mit  den  männlichen  Stämmen  auf  w,  z.  B.  mit 
kamen  Stein;  dieser  bildet  nicht  nur  den  Nom.  Acc.  Voc.  du. 
hameni  entschieden  aus  einem  z-Stamme,  sondern  stellt  auch 
im  Gen.  Loc.  kamenij-u")  (wie  gostij-u)  dem  neutralen  ime?i-u, 
und  im  Gen.  pl.  K<\MENHII  kamenij  "")  dem  neutralen  imen-ü 
gegenüber.  —  Was  die  Formen  auf  %  e  anbelangt,  welche 
im  Nom.  Acc.  Voc.  du.  consonantischer  Stämme  gewöhn- 
lich die  Stelle  der  organischen  auf  i  vertreten  (imene, 
nehese,  telante  für  imen-i  etc.),  so  stammen  sie  offenbar  von 
einem  durch  o  erweiterten  Stamme,  also  die  erwähnten  Bei- 
spiele von  den  Stämmen  inieno ,  neheso  ^  telanto ^  wie  auch 
die  Locative  plur.  der  consonantischen  Stämme  sämmtlich 
von  einem  durch  o  erweiterten  Thema  kommen,  welches 
im  genannten  Casus  %\rk  c-chü  dem  sanskritischen  esic 
gegenüberstellt. 

PluraL 

274.  Die  skr.  Endung  «5,  griech.  sc,  des  Nom.  Voc. 
plur.  hat  sich  in  der  Gestalt  von  ^,  nämlich  mit  nothwen- 
diger  Unterdrückung  des  Endconsonanten,  behauptet.  Man 
vergleiche  z.  B.  sünov-e  Söhne,  kamen-e  Steine  mit  dem 
skr.  sündv-as^  dsmän-as  und  griech.  Formen  wie  vsxu-s^, 
^atjuoy-E$;  ferner  gostij-e  Gäste  mit  sanskritischen  und  grie- 
chischen Formen  wie  jpdtay-as^  ncai-zg.  Dagegen  erschei- 
nen die  weiblichen  Formen  nosti  Nächte,  materi  Mütter 
(letzteres  von  dem  durch  i  erweiterten  Stamme)  ohne  Ca- 
sus-Endung.    Man  mag  hiermit  eine  ähnliche  Declinations- 


*)   Mit  ij  für  blolses  j  nach  altpersischem  und  pali'schem  Prlncip, 
vgl.  p.  403.  Anni. 

**)    Die  Casus -Endung  ist  verloren  wie  bei  echten   z-Stännnen, 
Z.  B.  bei  sosfij^  nos  lij  für  gostij-u^  nos  tij-u. 


im   Alislavischen.      §.    27.^.  541 

schwäche  des  Hochdeutschen  vergleichen,  welches  schon  in 
seiner  ältesten  Periode  das  Casuszeichen  5  im  Genitiv  sg.  der 
Feminina  verloren  hat,  während  die  starken  M  a  s  c  u  1  i  n  a 
es  geschützt  haben ;  daher  z.B.  ensti  gratiae  gegen  gaste-s 
hospitis.  —  In  Bezug  auf  altslavische  Plurale  wie  vidovii, 
voljan,  von  den  Stämmen  vidova,  volja,  verweise  ich  auf  §. 
271,  und  in  Bezug  auf  Formen  wie  vlük'-i  Wölfe  als  Ver- 
stümmelung von  vlükoi  oder  vlükoj  (vgl.  ?\.uxci,  lit.  wilkai 
p.  450).  —  Die  Neutra  haben  in  Gemeinschaft  mit  dem 
Send,  Griechischen,  Lateinischen  und  Gothischen  a  als  En- 
dung des  Nom.  Acc.  Voc.  pl.;  daher  z.  B.  imen-a  gegenüber 
dem  sendischen  ndman-a^  lat.  nomin-a,  goth.  namn-a  und 
griechischen  Formen  wie  fj.BXci.v-a.  Nehes-a  übertrifft  das 
griechische  vi(\)z[cr)-a  durch  Bewahrung  des  Endconsonanten 
des  Stammes;  telant-a  Kälber  stimmt  schön  zu  griechi- 
schen Formen  wie  iVrair-a,  XvaavT^ct  (s.  p.  529);  Formen 
wie  ^tAA  (vom  Stamme  J^^öWerk)  stimmen  zu  sendischen, 
griechischen,  lateinischen  und  gothischen  Formen  wie  «.u^xjvuj^ 
data,  ö'ujpa,  dona,  dau7'a.  Überall  ist  dieser  Wortklasse  der 
Endvocal  des  Stammes,  weil  es  ein  a  ist  oder  war,  in  dem 
Vocal  der  Endung  untergegangen  (s.  p.  458 f.). 

275.  Der  Accusativ  plur.  hat  bei  allen  männlichen 
und  weiblichen  Stämmen  die  Casus-Endung  verloren,  weil 
sie  höchstwahrscheinlich,  wie  im  Litauischen,  aus  einem  blo- 
fsen  s  bestand ,  welches,  nachdem  das  oft  erwähnte  aus- 
nahmslose Lautgesetz  (§.  92.  m.)  sich  geltend  gemacht  hatte, 
unterdrückt  werden  mufste.  Stämme  auf  0  und  a  —  die 
auf  ya  ausgenommen  —  haben  in  diesem  Casus  ihren  End- 
vocal, wie  mir  scheint,  durch  den  rückwirkenden  Einüufs 
des  früher  nachfolgenden  5,  in  ü  verwandelt  (s.  §.  271),  da- 
her bedeutet  novü  sowohl  novos  als  novas,  je  nachdem  es 
vom  Stamme  novo  oder  von  nova  kommt.  Von  den  Stäm- 
men gosti  Gast  und  nos'ti  Nacht  kommen  die  gleichlauten- 
den Accusative  pl.  gost%  nos'ti^  im  Nachtheil  gegen  litauische 
Formen  wie  genti-s^  awi-s  (s.  p.  482).  Stämme  auf  z  ü 
bilden   ihren  Acc.   pl.    aus    erweiterten    Stämmen    auf  ovo, 


5  i2  Bildung   der   Casus 

daher  simovii  filios;    Stämme    auf  n  und  r  erweitern  sich 
durch  2,  daher  kameni^  mateH. 

276.  Im  Instrumentalis  zeigen  Stämme  auf  o  und  die- 
jenigen, welche  dem  ursprünglichen  Ausgang  ein  o  beifügen, 
XI  ü  als  Endung,  worin  ich  das  sanskritisch -sendische  dis 
und  litauische  ais  erkenne,  mit  nothwendiger  Unterdrückung 
des  s  und  mit  Verlust  des  Schlufselements  des  uralten  Diph- 
thongs; das  ZI  ü  ist  also,  wie  im  Accus.,  der  Vertreter  des 
stammhaften  o.  Man  vergleiche  vlükil  durch  die  Wölfe 
mit  dem  litauischen  toilkais,  skr.  vfkdis^  s.  vehrkdis. 
So  sünoi'ü,  wie7iü,  nebesil,  telantü^  von  den  erweiterten  Stäm- 
men sünovo,  imefio,  nebeso ,  telanto.  —  Die  Stämme  auf  jo, 
sowohl  männliche  als  neutrale,  zeigen  in  diesem  Casus  H 
i  für  den  nach  der  allgemeinen  Regel  zu  erwartenden 
Ausgang  jü,  daher  z.  B.  3l0pH  mori  (vielleicht  moiji  zu 
sprechen)  vom  Stamme  morjo  Meer. 

277.  Diejenigen  Wortklassen,  welche  im  gewöhnlichen 
Sanskrit  und  im  Send  die  plurale  Instrumental-Endung  TH^ 
5is^  "-M^  bis  unverstümmelt  bewahrt  haben,  zeigen  im 
Altslavischen  die  Endung  mi  gegenüber  dem  lit.  mis  (nach 
§.  92.^.),  daher  z.B.  vidova-mi  =  skv.  vidavd-Öis  durch 
die  Witt  wen;  p;^KA.MH  runka-mi  =  lit.  rankö-mis  durch 
die  Hände.  Die  Stämme  auf  h  i  schwächen  diesen  Vocal 
vor  der  Endung  mi  zu  b  «,  daher  gostl-mi,  nosHi-mi  gegen- 
über litauischen  Formen  wie  genti-mis^  awi-mis  und  sans- 
kritischen wie  pdti-äis^  prt'ti-öis,  armenischen  wie  6':,i-vq 
(§.  216).  Dieser  Analogie  folgen  die  männlichen  Stämme 
auf  n  und  die  weiblichen  auf  r,  indem  sie  diesen  Casus 
nach  der  *-Declination  bilden;  daher  kameni-mi,  düsteri-mi 
gegenüber  den  litauischen,  ebenfalls  durch  ein  unorganisches 
i  im  Thema  erweiterten  Formen  akmeoii-mis,  dukteri-mis.  — 
Im  Dativ  plur.  erscheint  in  allen  Wortklassen  mü  als  En- 
dung, worin  man  leicht  die  Schwächung  und  Verstümme- 
lung des  litauischen  mus  für  skr.  dyas^  lat.  bus  erkennt 
(p.  424),  zumal  die  Unterdrückung  des  schhefsenden  s  nach 
§.  92.  k.  nothwendig  war.     Die  Stämme   auf  i  verwandeln 


im  Ahslavtsrlien.      §.   27^.  543 

diesen  Vocal  vor  der  Endung  mü  in  e,  und  alle  consonan- 
tischen  Stämme  der  drei  Geschlechter  gehen  in  diesem  Casus 
zur  2-Declination  über;  daher  nicht  nur  goste-mü,  noste-mü, 
sondern  auch  ka^ienemZ  kamene-mü^  düstere-mü,  nebese-mü^ 
telante-mü.  Es  kann  auffallen,  dafs,  während  vor  der  In- 
strumental-Endung MH  fni  ein  stammhaftes  ^  zu  z"  wird,  vor 
der  Dativ-Endung  mZ  'fnü  nicht  ebenfalls  h  i  an  die  Stelle  des 
staramhaften  h  i  tritt,  sondern  statt  dessen  ^,  also  z.  B. 
goste-mü^  noste-mü  im  Gegensatze  zu  gosti-mi,  nosti-mi. 
Warum  nicht  auch  goste-mü^  noste-mül  oder  warum  nicht 
auch  goste-m%  noste-mil  Ich  glaube,  der  Grund  liegt  in  dem 
Gewichte  der  Endung.  Die  Endung  mü  bildet  nur  eine  halbe 
Sylbe,  und  vor  ihr  behalten  die  Stämme  auf  i  ihre  ganze 
Sylbenzahl,  wenn  gleich  mit  Veränderung  des  i  zu  e.  Die 
Instrumental -Endung  mi  bildet  dagegen  eine  volle  Sylbe, 
und  vor  ihr  w^ird  die  Endsylbe  der  Stämme  auf  i  halbirt 
durch  Umwandlung  des  H  «  in  b  i^  welches  nur  eine  halbe 
Sylbe  bildet.  Auf  demselben  Princip  beruht  der  themati- 
sche Unterschied  zwischen  den  singularen  Instrumentalen  auf 
mi^  und  den  pluralen  aufm.  Vor  dem  halbsylbigen  tyii  des 
Singulars  behalten  die  Stämme  gosti^  nosti  und  ähnliche  ihre 
Zweisylbigkeit,  mit  Umwandlung  des  i  in  e\  also  goste-mi 
durch  den  Gast,  nos'te-mi  duT eh.  die  Nacht,  im  Ge- 
gensatze   zu   den   Pluralformen  gostt-mt,  nosti-mi, 

278.  Die  sanskritische  plurale  Genitiv -Endung  dm 
mufste  natürlich  im  Slavischen  ihres  Endconsonanten  nach 
feststehendem  Lautgesetze  verlustig  gehen;  es  hat  aber  auch 
der  Vocal,  im  Fall  die  Endung  nicht  ganz  unterdrückt 
wird,  eine  grofse  Schwächung  erfahren;  nämlich  die  zu  z 
ü,  welches  gegen  das  lange  ü  der  sämmtlichen  litauischen 
Plural  -  Genitive  sehr  im  Nachtheil  steht.  Man  vergleiche 
hamen-ü  mit  dem  litauischen  akmen-u  und  sanskritischen 
dsman-äm;  imen-ü  nominum  mit  dem  skr.  nd'mn-äm, 
lat.  nomin-um,  goth.  namn-e.  Demselben  Princip  folgen 
neBes-ü  (=  skr.  ndBas-dm,  gr.  vB(pi(cr)-u)v )  und  telant-ü; 
letzteres     gegenüber    griechischen    Formen     wie     laravT-uDv. 


Ij^4:  Bildung    der   Casus 

Stämme  auf  o  und  a  unterdrücken  den  Endvocal  vor  der 
Casus- Endung,  daher  vlük'-ü  luporum,  runlz-ü  manuum 
gegenüber  dem  litauischen  tc\W-ü^  ranh'-ü  und  lateinischen 
Formen  wie  soci-um,  ampJior' -  um.  Dagegen  haben  die  i- 
Stämme  die  Casus-Endung  eingebüfst;  auf  einen  dagewese- 
nen Vocal  der  Endung  deutet  aber  die  Umwandlung  des 
stammhaften  i  in  mi  ij,  z.  B.  in  rOCTHÜ  gostij  hospitum, 
HOIÜTHII  nostij  noctium  (aus  gostij-ü,  nostij-ü)^  welche 
Formen  wegen  der  Umwandlung  von  i  in  ij,  statt  in  blo- 
fses  y,  zu  Nominativen  wie  gostij-e  Gäste  (§.  274)  stimmen. 
Vereinzelt  steht  der  Genitiv  desant-u  (Miklos.  1.  c.  p.  51), 
vom  weiblichen  Stamme  desanti  zehn;  er  gleicht  hinsicht- 
lich der  Unterdrückung  des  stammhaften  i  vor  der  Casus- 
Endung  den  gothischen  Genitiven  wie  gast'-e,  anst'-e,  im 
Nachtheil  gegen  litauische  wie  awi-ü  ovium  (zweisylbig). — 
Die  Pronominal- Declination  zeigt  yz  diu  als  Vertreter  der 
skr.  Endung  5 am  oder  s'äm^),  altpreufs.  son  (s.  §.  248), 
daher  t'^VZ  te-chü  horum  für  skr.  tesdm  m.  n.  und  zu- 
gleich für  das  weibliche  td'-säm,  wofür  man  im  Altslavi- 
schen ta-cliü  erwarten  sollte. 

279.  Die  Endung  des  Locativs  pl.  ist  der  eben  erwähn- 
ten des  Genitivs  der  Pronominaldeclination  gleichlautend, 
also  yz  chü^  und  zwar  in  allen  Wortklassen,  wie  die  ent- 
sprechende skr.  Endung  su  (oder  s'u  nach  §.  21),  deren 
Zischlaut  in  den  slavischen  Sprachen  erst  nach  ihrer  Tren- 
nung von  den  lettischen  zu  einem  aspirirten  Guttural  ge- 
worden ist  (s.  p.  144),  denn  das  Litauische  zeigt  statt  der 
altslavischen  Endung  yz  chü  die  Formen  sa,  5w,  se  oder 
blofses  s  (§.  253).  Da  wir  1.  c.  die  skr.  Endung  su  als 
Verstümmelung  von  sva  und  ihr  u  als  Vocalisirung  des  51 
V  gefafst  haben,  so  fragt  es  sich,  ob  auch  das  slavische  z 
ü  der  vorhegenden  Endung  als  Vocalisirung  von  b  v  zu 
fassen  sei,  oder  ob  in  der  slavischen  Endung  der  Halbvocal 
übersprungen  und    das    z  u  wie  in  der  oben  besprochenen 


*)  Über  y  für  urspriingliclies  s  oder  s  s.  p.  1  Vi. 


im  Altslawischen.      §.280.  545 

GenItIv-Endung  die  Stelle  eines  a-Lauts  vertritt.  Ich  halte 
die  letztere  Auffassung  für  die  richtige,  in  Folge  dessen, 
was  oben  (§.  253)  über  das  Verhältnifs  der  litauischen 
Endung  SU  zu  der  mir  als  organischer  geltenden  Endung  5«, 
und  über  das  A-^erhältnifs  des  lit.  sdpna-s  Traum  zum  skr. 
svdpna-s  gesagt  worden.  Den  Verlust  eines  v  hinter  s 
zeigt  auch  das  slav.  s^s^ya  Schwester,  oi£enbar  f^är  svestra. 
Schhefsendes  o  =  a  geht  vor  der  Endung  vz  chü  in  '!> 
e  über,  wie  im  Skr.  a  in  e,  dagegen  bleibt  <\a  =  skr.  a 
unverändert;  daher  z.B.  nove-chü  in  no vis  (m.  n.)  für  skr. 
ndvS-s'Ui  send,  navai-s'va  (;o^)i  oder  navai-su^  und 
dagegen  nova-chü  gegenüber  dem  sanskritischen  weiblichen 
ndvd-su,  send,  navd-hva.  Die  Stämme  auf  i  verwandeln 
diesen  Vocal  vor  der  Endung  chü  in  e,  und  die  consonan- 
tischen  Stämme  gehen  im  Plurallocativ  zur  ^-Declination 
über;  daher  goste-chü,  nos'te-chü,  und  analog  z.B.  kamene-chü, 
nebese-chü,  von   den   erweiterten  Stämmen  kameni,  nebesi"*). 


*)  Benfey  (Glossar  zum  S.  V.  p.  7o)  will  In  dem  d  der  altpers. 
pluralen  Locativ-Endung  supä,  uvä  (für  huvd)  und  in  dem  sendischen 
sva,  hva  eine  Postposition  erkennen,  weil  im  Veda-Dialekt  den  Lo- 
cativen  zuweilen  die  Praepositlon  5g"[  ä  nachgesetzt  wird.  Ich  habe 
mich  schon  anderwärts  (Monatsbericht  1848,  März  p.  i44)  gegen  diese 
Auffassung  ausgesprochen,  sowie  auch  gegen  die  Ansicht,  dafs  das  d 
der  Singularformen  dahyauvd  im  Lande  (Benf.  1.  c.  p.  85  liest  dah- 
fuod)  sich  auf  vedlsche  Locative  auf  m  mit  beigefügter  Praepositlon  d 
stütze.  Ich  fasse  das  d  von  dahyauvd  als  Casusbezeichnung  und  zwar 
am  liebsten  als  weibliche  Locativ-Endung,  und  als  Verstümmelung  der 
sanskritischen  Endung  dm  (s.  §.  202). 


-»>S-o«$««»^«*- 


35 


Bcrichlioun«[en  und  Zusätze. 


s.  z. 

s.  z. 

4  15  lies  rinan  statt  rnan. 

74  11  V.  u.  mit  St.  der  (mit 

9    5  V.  u.  svdsdram. 
11  12  V.  U.  ur\c, 

Zusammenziehung). 
77    1  beizufügen  „und  r\ 

»    4  V.  u.  tistema. 

»     8  taBna  st.  taEma. 

13    7  V.  u.  H/it. 

17  10  V.  u.  nalcd-s  statt 

80    2  e£/^^<2;jü. 
84    5  sao  st.  2;ßo. 

wa/;'a-5. 

88  §.  60.  Üb.  den  Gebrauch 

19  11  V.  u.     •  . 

des  i  s.  auchp.  440  f. 

21    7  V.  u.  Je  St.  £ 

Anm.  2. 

2217  ;^' St.  £ 

92  10  an  statt  an. 

28  15  KTdofJLCLL, 

30  10  (^  p). 

31  §.  19.   Ausgenommen  sind 

»15  beizufügen  ^^  sh  u. 
95  18  oü/:a. 

die  Fälle,  wo  'C  für  ^a- 
als  Umstellung  von  cr$ 

111  22  qviwitlis,  qvumthi. 
114  10  Die  Abwerfung  schhe- 

steht  ('A^-^fvaCs). 

fsender  ^Laute  findet 

36    6  hir-u-mes. 

im  Altpersischen  nur 

43    7  s'xw. 

hinter  a  und  d  statt; 

»  20  grahljun. 

47      7  IXiTTOl/. 

hinter  anderen  Voca- 
len  geht  schUefsendes 

63  13  V.  u.  vorhergehende  st. 
folgende. 

t  in  s^  über. 
114  15  bairith. 

65    5  V.  u.  manasali. 

134.  Aufser   der,   im  Litau. 

6711  ^Mjjxjjj  itd. 

durch     den     Accent 

69  19  >;$^^(v\ 

veranlafsten      Länge 

7011/«/^^(^W5. 
»  13  Media  (^>)  st.  dumpfe  (/). 
71    9  V.  u.  caimain-t. 

ursprünglich     kurzer 
Laute ,     finden     sich 
auch       Verlängerun- 

Berichtigungen    und  Zusätze. 


oll 


s.  z. 


gen,  welche,  wie  mir 
scheint,  als  Entschädi- 
gung für  die  Verstüm- 
melung   einer    nach- 
folgenden  grammati- 
schen Endung  dienen; 
namentlich       verlän- 
gern  die  männlichen 
Stämme   auf   a    die- 
sen   Vocal    vor    der 
pluralen    Dativ  -  En- 
dung   ms     für    mus, 
daher  ponä-ms,   statt 
des  veralteten  pöna- 
mus.     Im  Instrumen- 
talis und  Dativ  du.  er- 
weist sich  p6nä-m  (so 
p.  440  zu  lesen  für  j?o- 
na-m)  durch  das  Sla- 
vische    als    Verstüm- 
melung von  p6na-ma. 
Die  sanskritischenFor- 
men  wie  dsvä-dydm 
liefsen,  wenn  sich  die 
ursprüngliche    Länge 
vor   der   Endung   im 
Litauischen    behaup- 
tet hätte,  p6nö-m  od. 
ponö-ma  erwarten. — 
Unerklärlich  erscheint 
blofs     das     lange     ä 
zweier  vereinzelt  ste- 
hender  Verba:    hälii 
ich  werde   weifs, 
und  sälii  ich  friere 


s.  z. 

(Kurschat  11.  p. 
4 55  f.).  Sic  sind  viel- 
leicht Verstümmelun- 
gen von  haltu,  saltic 
und  somit  Denomi- 
nativa  der  Adjective 
balta-s  weifs,  s  al- 
ias kalt. 
136  11  V.  u.  gostechü. 
»    10  V.  u.  ii;^TEBO>K/r,b. 

138  14  V.  u.  pZ/i/bTH. 
»    11  V.  u.  düva. 

139  19  Im.  Nom.  und  Acc. 
»    14  V.  u.  vidovii. 

140  2  Über  die  spätere  Um- 

schreibung des  k 
durch  e,  von  p.  501 
an,  s.  p.  501.  Anm. 

141  14, 13  Y.n.kügdje^  kügda. 
143    9  junü  St.  junü. 
14411  V.  u.  böse. 

145  §.  92.  k.  ist  zu  ergänzen 

nach  p.  508  Anm. 
177    2  as  St.  as. 

»     14  V.  u.  k'urau-s. 
189  21  divtva. 
197  13  *  statt  {. 
215    8  zu  theilen  tuo-s,  tuo-t 
221 17  sranf. 
226    4  V.  u.  aud-i-t. 
229    6  V.  u.  sudd. 
239  18  Icrrig. 
243    1  V.  u.  kimali 

249  21  laraa-a. 

250  6  juMs-ei. 


548 


Berichtigungen    und  Zusätze. 


S.     Z. 

275  17  Brdtd^  Bratar. 
»    22  ragd. 

287  4  V.  u.  bares- 
»      1  V.  u.  heres. 

288  15  dtmdn  st.  dtman. 

304  13  ?'-Stämmen. 

305  7  V.  u.  is  St.  ?5. 

307  8  vdc. 

308  20  send.  ^a. 
316  15  V.  u.  YiTrapj. 

321  22  ^^7i2^z-7i. 

322  2  V.  u.  neut.  statt  fem. 

323  13  mddv-d. 

»      1  V.  u.  pdti-n-d. 
327  15  svdrma. 
32814  /^a?^?;-a. 

»    13  V.  u.  brdtr-a. 
329    Idugd^er-a. 

»      3  ddfr-a. 
333    6  V.  u.  yus'mdhanfi. 
336    9  tu-ma-sni-i. 
337 11  V.    u.    zu  berichtigen 

nachS.  400  ff. 
338    7  -smy-dL 
340  10  dauhtr  st.  dauhtr. 

»     5  V.  u.  in  statt  72. 
351    7  ojucü-^. 

»     iD  o|ucü-$,  ofJLW-r. 

359  15  ü^uif  5r^^. 

»  7  V.  u.  5r^i-i\ 

»  6  V.  u.  uftuifiß  srti'Z. 

»  2  V.  u.  5r^i-v. 

360  1  meg. 

y>    18  5r^^  St.  sirde. 

361  11  f/5f^r-('. 


s.    z. 

361  13  V.  u.  send.  vU  st.  v/s. 
»       4  V.  u.  dster-e. 

362  2  (?s^er. 

»    17  tilge  gröfstentheils. 

»      6  V.  u,  ^5fer. 

»  Anm.  ")  ist  hinsichtlich 
des  Accus,  zu  berich- 
tigen nach  p.  472. 

363  3  duhitr. 

364  2   O-UJ/ntMUi, 

366  12  stana^  stan,  sfd'^ia-m. 
»    13  umiubiuL.  stana-v. 
»      5  V.  u.  dl  statt  dl. 

370    1  V.  u.  düstiy  düster-e. 

379    5  V.  u.  Ict. 

394  14  kJEv-i. 

398  §.  199.  Einen  Locativ 
auf  gwcu  von  einem 
weiblichen  Stamme 
auf  u  belegt  Bur- 
nouf,  Yagna  p.  513, 
durch  die  Form 
gjiu(vj£7c€;  peretdo 
(V.  S.  p.  424),  von 
jperetu  Brücke. 

405    9  V.  u.  hrdtri, 
»      8  V.  u.  hr dir- anm. 

416    3  V.  u.  casmaini. 

421    5  asmd'dyam, 

429    7  V.  u.  dsman-Bis. 
»      3  V.  u.  i_  St.  >. 

432  15  opscrcpL. 

435    8  dsvdn. 

437  7  V.  u.  raiica-pati-vd, 

438  12  V.  u.  deicä-m. 


Berichligungen    und  Zusätze, 


549 


s.  z. 

440  19  ponä-m. 

444  Die  von  Petermann 
(pag.  94)  erwähnten 
Plurale  auf  er,  ear,  an, 
ean  enthalten  keine 
Casus -Endung,  son- 
dern das  Ganze  ge- 
hört zum  Stamme, 
und  man  kann  die 
Erweiterung,  welche 
derselbe  im  Verhält- 
nifs  zum  Singular  er- 
fahren hat,  ungefähr 
so  fassen,  wie  die 
unserer  Plurale,  wie 
Kinder,  Häuser, 
Gräber  (s.  §.  241), 
Männer,  Geister, 
oder  auch  wie  die 
unserer  weibl.  Plu- 
rale von  Grimm 's 
erster  starker  Decli- 
nation  (wie  z.  B.  Ga- 
ben), welche  das  voca- 
lisch  endende  Thema 
des  Singulars  durch  n 
erweitert  haben.  Im 
Armen,  macht  die 
Vulgärsprache  einen 
fast  regelmäfsigen  Ge- 
brauch von  den  im 
Thema  erweiterten 
Pluralen  oder  Collec- 


tiven  (s.  Schröder 
p.307f.  und  Cirbied 
p.  745  xT.),  besonders 
von  denen  auf  r,  die 
sich  aber  durch  ihre 
Declination  als  Singu- 
lare darstellen.  So 
kommt  z.  B.  von  ^^mg 
haz  Brod  (them.  hazi) 
der  Plural,  oder  viel- 
mehr das  Gollectivum 
hazer  (nom.  acc.  voc), 
als  dessen  Thema 
durch  den  endungslo- 
sen Genitiv  hazeru 
und  durch  den  Instr. 
hazerO'W  sich  hazeru 
ausweist.  Im  klassi- 
schen Armen,  kommt 
von  gir  Buchstabe 
(instr.  gro-w ,  vergl. 
skr.  grant'  schrei- 
ben) das  Gollecti- 
vum grean  Bücher, 
Schriften  (nom.  acc. 
voc),  Gen.  grenoi 
(sprich  greno),  vom 
Stamme  greano;  aber 
auch  mit  pluralischen 
Endungen  der  Nom. 
grean-q\  D.  Abi.  Gen. 
grena-z  (vom  Stamme 
grena)\  von  nplruip 
orear    Menschen  *) 


'')   Ohne  singulare  Nebenform,    wenn  nicht,  wie  ich  vermulhe, 


550  Berichlisungen   und  Zusätze, 

kommt     der    Genitiv  Thema      is'aii       zum 

oreroi  (spr.  orero)  und  Grunde    liegt,   womit 

auch    der   echte    plu-  man    das  lat.  asinu-s, 

rale    Nominativ    ore-  goth.  asilu-s ,  lit.  dsi- 

ar-q.    Gegenüber  von  la-  s ^     altslav.     oselü 

^^t-V  Esel  findet  sich  (  them.     oselo)     ver- 

der       Plural       finuL^  gleichen    möge,     mit 

isan-q      asiui,      D.  Berücksichtigung   der 

Abi.  G.   isan-i,    wel-  leichten ^er tausch ung 

eben      Formen       ein  der  Liquidae,  woraus 


wlip  air  Mann  damit  zusammenhängt,  welches  die  meisten  Casus 
von  einem  Stamme  luftutb  aran  (zusammengezogen  lupb  arn)  bildet. 
Ich  setze  die  vollständige  Decllnatlon  dieses  Interessanten  Wortes 
her.  Singular:  N.  A.  V.  air.  Gen.  D.  arn,  Instr.  aram-b  (euphonisch 
für  aran-b)^  Abi.  arn-e.  Plural:  N.  A.  V.  ar-q  ,  Instr.  aram-bq  ,  D. 
Abi.  G.  aran-z.  Analog  mit  aram-bq  ,  aran-z  kann  auch  hair  Vater 
(Gen.  Dat.  hor^  einige  Casus  aus  einem  durch  an  erweiterten  Thema 
bilden,  so  dafs  der  Instr.  sowohl  har-bq  als  haram-bq  lautet,  und  der 
D.  Abi.  G.  sowohl  har-z  als  haran-z  (s.  Petermann  p.  1 'i2).  In 
Bezug  auf  die  Stammerweiterung  mag  an  das  VerhäUnlls  des  gothl- 
schen /a<fre//i  Eltern  zu /adar  Vater,  sowie  an  das  des  englischen 
hrethren  zu  brother  erinnert  werden.  Dafs  hair  mit  der  Vaterbenen- 
iiung  anderer  Indo-europälscher  Sprachen  zusammenhängt,  und  an- 
fangendes f>  im  Armen,  in  der  Regel  zu  h  geworden  ist,  ist  bekannt; 
das  i  hinter  dem  a  scheint  mir  durch  den  EinHufs  der  schllefscnden 
Liquida  herbeigezogen  zu  sein;  ebenso  das  von  qoir  Schwester 
—  gegenüber  dem  send,  qanhar  (them.),  skr.  sväsdr  —  und  das 
von  rnair  Mutter.  Man  könnte,  um  noch  einmal  zur  armen. 
Benennung  des  Mannes  zurückzukehren,  das  a  des  Stammes  aran 
als  einen  blofsen  phonetischen  Vorschlag  betrachten  (vgl.  p.  365), 
wie  das  a  des  griech.  avY\D  gegenüber  dem  skr.  Stamme /io/, /i.r, 
ISom.  nä;  die  Sylbe  ran  mülste  dann  als  Umstellung  von  nar  gefafst 
werden,  zumal  das  Armenische  solche  Umstellungen  begünstigt  (vgl. 
p.  365).  Ist  aber  das  oben  erwähnte  orear  mit  dem  Stamme  aran 
verwandt,  so  mufs  man  darin  eine  redupllclrte  Form  erkennen,  also 
orear  aus  oror  oder  arar  erklären,  oder  man  mufs  Ihr  schllefsendcs  r 
als  Entartung  von  n  fassen,  und  somit  orear  als  =  orcan  darstellen. 


Berichtigungen    und  Zusätze. 


551 


auch  gefolgert  wer- 
den kann,  dafs  die 
Collectiva  auf  ai\  ear 
und  die  auf  an,  ean 
in  ihrem  Bildungssuf- 
fix ursprünglich  Eins 
sind,  abgesehen  von 
den  Formen,  avo  nicht, 
wie  bei  der  Benen- 
nung des  Esels,  der 
Singular  eine  Ver- 
stümmelung des  Plu- 
ralstammes ist.  Wenn 
dem  so  ist,  so  würde 
ich  die  Formen  mit  n 
für  die  ursprünghchen 
halten. 


N.    Z. 

462  15  mdonh-a. 

463  16  vUvd. 

»      4  V.  u.  namcin-i, 

464  8  V.  u.  augon-a. 

466  11  Argivischen. 

467  2  V.  u.  pri- . 

470  4  ya(F)-a,^ 

471  10  hqt^  emi. 
473    9  V.  u.  Beh. 

477  18,  19  manfram-ca. 
»    21  afaic-, 

478  9  afaurunmisca. 

»  14  V.  u.  ad   St.  at 
483  13  v.u. §.21 6  St. p. 471  fF. 
485  5  V.  u.  424  St.  434. 


Gedruckt  in  der  akademischen  Buchdruckerei. 


YERZEICHNISS 

VON 

WERKEN 

AUS  DEM  GEBIETE  DER 

SPRACHFORSCHUNG 

ERSCHIENEN 


jFerö.  ^iimmlei:^  ©erlag^fiucfiljanbUmg 

in  ^Etlin» 


September  1857. 


BERLIN, 

GEDRUCKT  BEI  A.  W.  SCHADE,    GRÜNSTRASSE  18. 

1857. 


A.    Allgemeine  Sprachwissenschaft. 


System  der  Sprachwissenschaft,  von  K.  W.  L.  Heyse. 
Nach  dessen  Tode  herausgegeben  von  Dr.  H.  Steinthal, 
Privatdocenten  an  der  Universität  zu  Berhn.  1856.  gr.  8. 
geh.     2  Thlr.  15  Sgr. 

Durch  die  Veröflentlichung  dieses  Werkes,  das  die  allgemeinen  Er- 
gebnisse der  neueren  Sprachwissenschaft  mit  seltener  Klarheit,  Kürze 
und  Uebersichtlichkeit  darstellt,  wird  nicht  nur  allen  Sprachforschern 
von  Fach,  zu  welcher  Richtung  sie  sich  auch  bekennen  mögen,  sondern 
überhaupt  Allen,  die  irgend  ein  Interesse  an  Sprachwissenschaft  nehmen, 
ein  nicht  geringer  Dienst  erwiesen  sein.  Ein  Beurtheiler  (Georg  Curtius) 
im  literar.  Centralblatt  sagt  über  dieses  Werk: 

„Dies  Werk,  in  welchem  wir  eine  der  gediegensten  Arbeiten  auf  dem 
Gebiete  der  Sprachwissenschaft  zu  begrüfsen  haben,  ist  die  reife  Frucht 
eines  vorzugsweise  der  allgemeinen  Sprachforschung  gewidmeten  Lebens. 
—  Durch  den  Reichthum  des  Inhaltes  und  die  glückliche  Form  ist  es 
geeignet,  für  längere  Zeit  ein  Hauptwerk  für  alle  hier  einschlagenden 
Forschungen  zu  bleiben.  Ganz  besonders  aber  möchten  wir  es  allen 
Denen  empfehlen,  welche  an  Schule  und  Universität  Sprache  zu  lehren 
berufen  sind"  u.  s.  w. 

lieber  den  Ursprung  der  Sprache  von  Jacob  Griram. 
Aus  den  Abhandlungen  der  königlichen  Akademie  der  Wis- 
senschaften vom  Jahre  1851.  Dritte  Auflage.  1852.  gr.  8. 
geh.    15  Sgr. 

Es  war  vor  allem  die  Thunlichkeit  einer  Untersuchung  über  den 
Ursprung  der  Sprache  zu  erweisen.  Nachdem  hierauf  dargethan  wor- 
den, dafs  die  Sprache  dem  Menschen  weder  von  Gott  unmittelbar  aner- 
schaffen, noch  geoffenbart  sein  könne,  wird  sie  als  Erzeugnifs  freier 
menschlicher  Denkkraft  betrachtet.    Alle  Sprachen  bilden  eine  geschieht- 


Allgemeine  Sprachwissenschaft. 


liehe  Gemeinschaft  und  knüpfen  die  Welt  an  einander.  In  ihrer  Ent 
Wicklung  werden  drei  Hauptperioden  unterschieden,  welche  mit  meister- 
hafter Feinheit  und  Durchsichtigkeit  geschildert  werden. 

Der  Ursprung  der  Sprache  im  Zusammenhange  mit  den 
letzten  Frao-en  alles  Wissens.  Eine  Darstellung:  der  An- 
sichten  Wilhelm  'con  HumboldfSj  verglichen  mit  denen  Her- 
ders  und  Hamanns  von  Dr.  H.  Steinthal.  1851.  gr.  8. 
geh.     15  Sgr.     (Vergl.  S.  8. :  Sprachwiss.  Abhandl.) 

Es  lag  dem  Verfasser  vorzüglich  daran,  die  Gebildeten  überhaupt, 
besonders  aber  die  Metaphysiker  und  Psychologen  auf  die  hohe  Wich- 
tigkeit der  Frage  nach  dem  Ursprünge  der  Sprache  dadurch  aufmerksam 
zu  machen,  dafs  er  den  Zusammenhang  derselben  mit  dem  Verhältnifs 
von  Gott  und  Mensclien,  Unendlichem  und  Endlichem,  Leben  und  Tod, 
Allgemeinem  und  Einzelnem  nachwies.  Aufserdem  hat  er  seine  frühereu 
Arbeiten  über  W.  v.  Humboldt  hiermit  ergänzen  gewollt. 

lieber  die  Verschiedenheit  des  menschlichen  Sprachbaues 
und  ihren  Einflufs  auf  die  geistige  Entwicklung  des  Men- 
schengeschlechts von  Wilhelm  von  Humboldt.  1836. 
gr.  4.     geh.     4  Thlr. 

In  diesem  Werke  hat  der  berühmte  Verfasser  den  Kern  seines 
ideellen  Lebens  niedergelegt.  Wie  er  darin  eine  Anschauungsweise  der 
Sprachwissenschaft  vom  Standpunkte  der  Weltgeschichte  aus  begründet, 
eben  so  sehr  lehrt  er  darin  eine  Weltanschauung  von  dem  Standpunkte 
der  Sprache  aus.  Beginnend  mit  der  Betrachtung  der  die  geistige  Ent- 
wickelung  des  Menschengeschlechts  hauptsächlich  bestimmenden  Momente 
(§.  1 — 6)  gelangt  er  zur  Sprache,  als  einem  vorzüglichen  Erklärungs- 
grunde jenes  Entwickelungsganges  (§.  7).  Er  zeichnet  die  Richtuug  vor, 
welche  die  Sprachforschung  zu  nehmen  hat,  um  ihren  Gegenstand  in 
dieser  Weise  zu  beurtheilen  (§.  8)  und  wird  dadurch  zu  einer  tiefereu 
Darlegung  des  Wesens  der  Sprache  geführt  (§.9—12).  Sodann  genauer 
auf  das  Sprachverfahren  eingehend,  stellt  er  die  allgemeinsten  und  alle 
Theile  der  Sprache  durchdringenden  Eigeuthümlichkeiteu  derselben  dar 
(§.  13—18),  nach  welchen  er  sie  classificirt  (§.  19).  Als  den  Punkt 
aber,  von  dem  die  Vollendung  der  Sprache,  ihre  Entwickelungsfähigkeit 
und  ihr  Einflufs  auf  den  Volksgeist  abhängt,  hebt  er  die  gröfsere  oder 
geringere  Stärke  der  synthetischen  Kraft  derselben  hervor  und  führt 
den  Nachweis  sowohl  rücksichtlich  der  indoeuropäischen,  als  der  semi- 
tischen, amerikanischen  und  der  einsylbigen  Sprachen  (§.  21  —  24).  Die 
Beantwortung  der  Frage,  ob  der  mehrsilbige  Sprachbau  aus  der  Eiu- 
sylbigkeit  hervorgegangen  sei,  bildet  den  Schlufs  (§.  25)  dieses  grofs- 
artigen  Werkes, 


Allgemeine  Sprachwissenschaft. 


Grammatik,  Logik  und  Psychologie,  ihre  Principien  und 
ihr  Verhältnifs  zu  einander,  von  Dr.  H.  Steinthal,  Pri- 
vatdocenten  für  allgemeine  Sprachwissenschart  an  der  Uni- 
versität zu  Berlin.     J855.    gr.  8.    geh.   2  Thlr.   15  Sgr. 

In  diesem  Buclie  stellt  der  Verf.,  dessen  frühere  kleine  Schriften 
eine  ungewöhnliche  Aufmerksamkeit  erregt  haben ,  seine  sprachwissen- 
schaftliche Grundansicht  in  erwünschter  Ausführlichkeit  dar.  Sein  Be- 
mühen ist  vorzüglich  daraufgerichtet,  den  BegrilF  der  Innern  Sprachform 
zu  entwickeln,  hierdurch  der  Grammatik  einen  eigenthümlichen  Boden 
anzuweisen,  sie  besonders  scharf  von  der  Logik  abzuscheiden  und  mit 
der  Psychologie  in  enge  Verbindung  zu  bringen.  Das  Buch  zerfällt  in 
drei  Theile.  Der  erste  weist  die  falsche  Begründung  durch  die  Logik 
zurück;  der  zweite  stellt  ausführlich  das  Verhältnifs  zwischen  Logik  und 
Grammatik  dar,  wobei  die  wichtigsten  Punkte  dieser  beiden  Wissen- 
schaften vergleichend  zur  Sprache  kommen;  der  dritte,  der  aber  die 
Hälfte  des  Buches  umfafst,  legt  die  eigenthümlichen  Principien  der 
Grammatik  und  ihr  psychologisches  Wesen  dar. 

lieber  den  Naturlaut  von  Joh.  Carl  Ed.  Buschmann. 
[Besondrer  Abdruck  aus  den  Abhandlungen  der  Königl. 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  aus  dem  Jahre 
1852.]    1852.    gr.  4.    geh.    15  Sgr. 

Der  Verf.  bemüht  sich  zu  zeigen,  dafs  aus  der  Thatsache,  dafs 
■für  die  Begriffe  der  nächsten  Verwandtschaftsverhältnisse  fast  in  allen 
Sprachen  ähnlich  klingende  Laute  vorhanden  sind,  kein  Schlufs  auf  eine 
allgemeine  Verwandtschaft  der  Sprachen  gezogen  werden  dürfe.  Er  be- 
zeichnet diese  einfachsten,  aus  dem  Munde  der  Kinder  zuerst  vernom- 
menen und  folglich  den  Kindern  geläufigsten  Laute,  die  eben  deshalb 
von  allen  Völkern  rn  gleicher  Weise  auf  die  Begrifl'e  von  Vater,  Mutter 
u.  s.  w.  übertragen  werden,  mit  dem  Namen  Natur  laut  und  stellt  sie 
für  grofse  Reihen  von  Sprachen  in  Tabellen  auf. 

Die  Sprachwissenschaft  Wilhelm  von  Humboldts  und  die 

Hegeische  Philosophie  von  Dr.  H.  Steinthal.    1848.  gr.  8. 
geh.    20  Sgr.    (Vergl.  S.  8:    Sprachwiss.  Abhandl.) 

Es  lag  dem  Verfasser  zunächst  und  zu  allermeist  daran,  die  ünhalt- 
barkeit  der  dialektischen  Methode  Hegels  dadurch  zu  beweisen,  dafs  er 
zu  zeigen  suchte,  wie  diese  über  sich  selbst  hinaus  zur  genetischen  treibt, 
welcher  Wilhelm  v.  Humboldt  huldigt.  Hierauf  giebt  er  eine  Darstel- 
lung der  Grundlagen  und  des  Ziels  der  Sprachwissenschaft  Humboldt's 
mit  beständiger  Zurückweisung  der  unberechtigten  Forderungen  und 
gehaltlosen  Leistungen  der  Dialektik. 


Allgemeine  Sprachwissenschaft. 


Die  Classification  der  Sprachen  dargestellt  als  die  Ent- 
wicklung der  Sprachidee  von  Dr.  H.  Steinthal.  1850. 
gr.  8.      geh.     15  Sgr. 

(Vergl.  S.  8.  Sprachwissenschaftl.  Abhandl. ) 

Diese  Schrift  enthält  zuerst  eine  Kritik  der  bisherigen  Sprachclassi- 
ficationen  und  damit  der  heutigen  Sprachwissenschaft  überhaupt.  Beson- 
ders ausführlich  wird  Willielm  v.  Humboldt  nach  seiner  genialen,  wie 
nach  seiner  mangelhaften  Seite  dargestellt-  Darauf  giebt  der  Verfasser 
nach  einer  neuen  Auffassungsweise  des  Wesens  der  Sprache  eine  Ein- 
theilung  der  Sprachen  in  dreizehn  Classen  nach  einer  den  natürlichen 
Pflanzen-  und  Thiersystemeu  analogen  Methode. 


lieber  den  Dualis  von  Wilhelm  von  Humboldt. 
1828.     gr.  4.     12iSgr. 

Diese  Abhandlung  dürfte  aus  manchen  Gründen  Humboldt's  schönste 
und  tiefste  Arbeit  genannt  werden;  auch  wirft  sie  auf  viele  wichtige 
Stellen  seines  gröfseren  Werkes  ein  sehr  erwünschtes  Licht.  Die  Noth- 
wendigkeit  solcher  Untersuchungen  über  einzelne  grammatische  Formen 
wird  vom  Verfasser  selbst  im  Eingange  dargestellt.  Nach  der  Ueber- 
sicht  des  räumlichen  Umfanges  der  Sprachstämme,  in  denen  sich  die 
Dualform  findet,  wird  die  Natur  derselben  zuerst  nach  der  Beobachtung 
der  Sprachen  selbst  bestimmt,  dann  in  tiefster  Weise  aus  allgemeinen 
Ideen  abgeleitet,  mit  Berücksichtigung  der  phantasievollen  und  rein  ver- 
ständigen Seite  der  Sprache. 

lieber  die  Verwandtschaft  der  Ortsadverbien  mit  dem 
Pronomen  in  einigen  Sprachen  von  Wilhelm  von  Hum- 
boldt.    1830.     gr.  4.     10  Sgr. 

Eine  Darstellung  des  Pronomens  selbst  leitet  diese  Abhandlung  ein, 
in  welcher  durch  das  Beispiel  der  Pronomina  der  Sprache  der  Tonga- 
oder Freundschaftsinseln  und  anderer  malayischer  Sprachen,  ferner  der 
chinesischen,  japanischen  und  endlich  besonders  der  armenischen  Sprache 
gezeigt  wird,  wie  die  Pronomina  aus  den  Ortsadverbien  hergenommen 
werden  können. 

De  pronomine  relative  commentatio  philosophico-philo- 
logica  cum  excursu  de  nominativi  particula.  Scripsit 
H.  Steinthal,  Dr.  Adjecta  est  tabula  lithographica  Signa 
Sinica  continens.  1847.   gr.  8.   geh.  20  Sgr. 

(Vergl.    S.  8.  Sprachwissenschaftl.  Abhandl.) 

Der  Verfasser  sucht  die  Bedeutung  des  Pronomen  relativum  für  d^s 


Allgemeine  Sprachwissenschaft. 


Satzgefüge  aufzufinden.  Die  Untersuchung  beginnt  mit  dem  einfachsten 
Satze.  Indem  nämlich  der  Verfasser  sogleich  von  Anbeginn  die  philo- 
sophische Reflexion  mit  den  Thatsachen  verbindet  und  nach  der  gegen- 
seitigen Durchdringung  beider  strebt,  zeigt  sich,  dafs  in  den  niedriger 
stehenden  Sprachen  das  Pronomen  relativum  sclion  zur  Bezeichnung  der 
einfachsten  Satzverhältnisse,  vorzüglich  aber  als  Partikel  des  Attributs 
verwandt  wird.  Stufenweise  wird  die  weitere  Entvvickelung  des  Satzes, 
die  schärfere  Absonderung  und  formelle  Ausbildung  des  Pronomen  re- 
lativum, wie  endlich  in  immer  steigender  Vollendung  der  Organisation 
der  Sprachen  verfolgt,  welche  drei  Punkte,  als  mit  einander  Hand  in 
Hand  gehend,  in  engerem  Zusammenhange  betrachtet  werden.  Diese 
kleine  Schrift,  die  erste  des  Verfassers,  enthält  den  Keim  zu  allen  sei-, 
nen  folgenden  Arbeiten  und  ist  besonders  ein  guter  Kommentar  zu  sei- 
ner Classification  der  Sprachen. 

Frauennamen  aus  Blumen  von  Jacob  Grimm,  vorge- 
lesen in  der  akademie  am  12.  Februar  1852.  gr.  4.  geh. 
(Vergriffen.)     12  Sgr. 


Zwei  sprachvergleichende  Abhandlungen: 

1 )  Ueber  die  Anordnung  und  Vervt^andtschaft  des 
Semitischen,  Indischen,  Aethiopischen,  Alt -Persischen  und 
Alt  -  Aegyptischen  Alphabets. 

2 )  Ueber  den  Ursprung  und  die  Verwandtschaft  der 
Zahlwörter  in  der  Indogermanischen,  Semitischen  und  Kop- 
tischen Sprache, 

von  Dr.  Richard  Lepsius.    1837.    gr.  8.    geh.     1  Thlr. 

Der  Verfasser  führt  in  der  ersten  Abhandlung  mit  Scharfsinn  und 
Gelehrsamkeit  die  Satze  durch,  dafs  1)  die  Ordnung  der  Buchstaben  im 
alten  semitischen  Alphabete  nach  einem  organischen  Principe  gemacht 
ist,  dafs  diese  Anordnung  aber  2)  genau  und  vom  ersten  Buchstaben 
an  mit  der  historischen  Entwickelung  des  Sprachorganismus  überein- 
stimmt, woraus  folgt,  dafs  3)  das  semitische  Alphabet  sich  nur  allmählig 
und  zugleich  mit  der  Sprache  selbst  so  gebildet  habe,  wie  wir  es  vor- 
finden. Hierdurch  wird  sein  Ursprung  in  die  Anfänge  der  Geschichte, 
und  jedenfalls  vor  die  Trennung  des  semitischen,  ägyptischen  und  indo- 
europäischen Stammes  gesetzt.  Dies  führt  auf  eine  Vergleichung  des 
semitischen  Alphabets  mit  dem  indischen  und  den  Hieroglyphen,  und 
wird  der  gemeinschaftliche  Ursprung  dieser  drei  erhärtet.  Dasselbe 
doppelte  Interesse,  die  Verwandtschaft  jener  drei  Sprachstämme,  wie  den 
wnigen  organischen  Zusammenhang  von  Sprache  und  Schrift  nachzuwei- 


8  Allgemeine  Sprachwissenschaft. 


sen,  herrscht  auch  in  der  zweiten  Abhandlung.  Es  wird  demgemäfs  aufser 
der  Verwandtschaft  der  ägyptischen,  semitischen  und  indo- europäischen 
Zahlen  auch  die  Uehereinstimmung  zwischen  der  Bildung  der  Zahlwörter 
durch  Zusammensetzung  mit  dem  ägyptischen  Ziffersysteme  von  der  Zahl 
vier  an  bis  zehn  dargelegt.  Die  durchaus  einfachen  drei  ersten  Zah- 
len aber  werden  auf  Pronominalstämme  zurückgeführt.  Der  Verfasser 
geht  hierauf  zu  den  Spuren  des  Duodecimalsystems  und  dem  Decimal- 
system  über  und  schliefst  nach  einer  Abschweifung  über  die  Bildung 
der  Ordinalia  das  Ganze  mit  einer  IVachweisimg  der  ursprünglichen 
Feminiüformen  der  Zahlwörter. 


Die  Entwicklung  der  Schrift.  Nebst  einem  offenen  Send- 
schreiben an  Herrn  Prof.  Pott.  Von  Dr.  H.  Steinthal. 
1852.    gr.  8.    geh.    22^  Sgr.    (Vergh  das  folgende  Werk.) 

Diese  Abhandlung  zerfällt  in  einen  allgemeinen  und  einen  besonderu 
Theil.  Im  erstem  wird  der  Begriff  der  Schrift  erörtert,  wobei  der  Verf. 
in  seiner  bekannten  Weise  an  W.  v.  Humboldt  anknüpft,  ihn  kritisirend, 
begründend  und  weiterführend.  Sein  Gesichtspunkt  ist  der  psychologi- 
sche, von  welchem  aus  im  andern  Theile  der  Abhandlung  die  verschiede- 
nen Schriftarten  als  die  Entwicklungsstufen  des  Begriffes  der  Schrift  in 
folgender  Reihenfolge  dargestellt  werden:  Die  Schriftmalerei  der  wilden 
Nordamerikaner  und  der  Mexikaner;  die  Bilderschrift  der  Chinesen  und  Ae- 
gypter,  welche  mit  einander  verglichen  werden.  Den  übrigen  bekannteren 
Schriftarten,  welche  leichter  erledigt  werden  konnten,  wird  in  der  Ent- 
wicklungsreihe, die  endlich  mit  den  Runen  schliefst,  die  ihnen  gebüh- 
rende Stelle  angewiesen.  —  Das  Sendschreiben  stellt  des  Verf.  Verhält- 
nifs  zu  Humboldt  dar  und  bespricht  die  innere  Form  und  die  Classi- 
fication der  Sprachen. 

Gesammelte  sprachwissenschaftliche  Abhandlungen  von 
Dr.  H.  Steinthah     1856.     gr.  8.     geh.     1  Thlr.   15  Sgr. 

Sämmtliche  bisher  einzeln  erschienene  Abhandlungen:  De  prono- 
mine  relative;  Die  Sprachwissenschaft  Wilhelm  von  Hum- 
boldts; Die  Classification  der  Sprachen;  Der  Ursprung  der 
Sprache;  Die  Entwicklung  der  Schrift  (zusammen  ca.  34  Bogen, 
im  Ladenpreise  von  über  3  Thlr.),  sind  hier  auf  den  Wunsch  des  Herrn 
Verfassers  zu  einem  Bande  mit  besonderem  Titel  vereinigt. 


Indogermanische  Sprachen.     Im  Allgemeinen. 


B.    Indogermanische  Sprachen. 


Im  Allgemeinen. 

Ueber  die  Namen  des  Donners.  Eine  akademische  Ab- 
handlung, vorgelesen  am  12.  Mai  1853.  Von  Jacob  Grimm. 
1855.     gr.  4.     geh.     12  Sgr. 

Diese  Abhandlung  giebt  die  Etymologieen  der  Ausdrücke  für  Don- 
ner in  der  deutschen  sowie  in  den  übrigen  indogermanischen  Sprachen. 
Es  werden  aber  auch  die  finnischen  (oder  uralischen)  Sprachen  zur 
Vergleichung  herbeigezogen ,  wobei  sich  überraschende  Zusammenstim- 
mungen in  Laut  und  Begriff  ergeben.  Diese  erhalten  noch  tiefere  und 
umfassendere  Bedeutung  dadurch,  dafs  sie  Hand  in  Hand  mit  mytholo- 
gischen Beziehungen  gehen.  Vier  Excurse  dienen  zur  Ergänzung  und 
genaueren  Begründung  einzelner  Punkte.  Namentlich  zeigt  Auslauf  A, 
dafs  aufser  den  vorgeführten  Beziehungen  zwischen  finnischer  und  deut- 
scher Zunge  in  den  Namen  des  Donners  auch  sonst  noch  ein  Zusammen- 
treffen beider  nicht  selten  ist  und  Auslauf  C  betrachtet  die  griechische 
Motionsform  i'/?,  eux. 

Ueber  den  Liebesgott  von  Jacob  Grimm.  Gelesen  in 
der  Akademie  am  6.  Januar  1851.  1851.  gr.  4.  geh. 
(Vergriffen.)     7J  Sgr. 

Ueber  den  Personenwechsel  in  der  Rede,  von  Jacob 
Grimm.  Aus  den  Abhandlungen  der  Königl.  Akademie 
der  Wissenschaften  zu  Berlin  1856.    gr.  4.    cart.     22  Sgr. 


Vergleichende  Grammatik  des  Sanskrit,  Send,  Armeni- 
schen, Griechische«,  Lateinischen,  Litauischen,  Altslavischen, 
Gothischen  und  Deutschen  von  Franz  Bopp.  Zweite, 
gänzlich  umgearbeitete  Ausgabe.  Erster  Band.  Erste  Hälfte. 
1856.     Zweite  Hälfte.     1857.     gr.  8.     geh.     ä  2  Thlr. 

Die  vergleichende  Grammatik,  das  Endergebnifs  der  vielseitigen 
Forschungen   des  Verfassers,   hat  vor  allen   übrigen  Werken   desselben 


10  Indogermanische  Sprachen.     Im  Allgemeinen. 

der  Sprachvergleichung  einen  festen  Grund  und  Boden  geschaffen.  Der 
Zweck  der  darin  geführten  Untersuchungen  ist  ein  doppelter.  Wenn 
einerseits  nachgewiesen  wird,  dafs  die  indo-europäischen  Sprachen  in  den 
von  ihnen  ausgebildeten  Sprachformen  entweder  eine  vollkommene  Iden- 
tität zeigen  oder  zur  Darstellung  derselben  sich  verwandter  Mittel  be- 
dienen, ist  andererseits  das  unablässige  Streben  des  Verfassers  darauf 
gerichtet,  der  Entstehung  und  Bedeutung  dieser  Sprachformen  auf  die 
Spur  zu  kommen  und  so  den  Organismus  des  Sprachkörpers  zu  erken- 
nen. Dient  die  erstere  dieser  engverknüpften  Richtungen  vorzüglich 
dazu,  die  Geschichte  der  Sprache  aufzuhellen,  so  sucht  die  andere  das 
"Wesen  derselben  zu  ergründen,  d.  h.  in  der  letzten  Instanz  den  Schleier 
zu  lüften,  welcher  das  Verhältnifs  zwischen  dem  Gedanken  und  dem 
lautlichen  Ausdruck  desselben  bedeckt  hält.  — 

Diese  neue  umgearbeitete  Auflage  erscheint  in  drei  Bänden  von 
dreifsig  bis  vierzig  Bogen  zum  Preise  von  4  Thlr.  für  den  Band,  wel- 
cher Preis  aber  nur  bis  zum  Erscheinen  des  dritten  Bandes 
gilt;  sobald  das  Werk  vollständig  geworden,  tritt  unwiderruflich  ein 
Ladenpreis  von  15  Thlr.  für  das  ganze  Werk,  und  von  5  Thlr.  für  die 
einzelnen  Bände  ein. 

In  drei  Jahren  wird  dasselbe  vollständig  erschienen  sein.  Die  erste 
Abtheilung  des  zweiten  Bandes  wird  nächste  Oster- Messe  ausgegeben 
werden. 

Vergleichendes  Accentuations System  nebst  einer  gedräng- 
ten Darstellung  der  grammatischen  Uebereinstimmungen  des 
Sanskrit  mid  Griechischen  von  Franz  Bopp.  1854.  gr.  8. 
geh.     2  Thlr.' 

In  der  indo-europäischen  Sprachfamilie  lassen  in  Bezug  auf  die 
Accentuatiou  nur  das  Sanskrit  und  das  Griechische  eine  durchgreifende 
Vergleichuug  unter  einander  zu.  Um  die  Uebereinstiramuug  beider  Spra- 
chen hinsichtlich  ihres  Accentuationsverfahrens  in  allen  Einzelnheiten 
nachzuweisen,  war  es  nothwendig  den  ganzen  Sprachorganismus  in  Be- 
trachtung zu  ziehen,  so  dafs  die  obige  Schrift  aufscr  der  vergleichenden 
Accentuationslehre,  die  ihre  eigentliche  Bestimmung  ist,  auch  die  Grund- 
züge einer  vergleichenden  Formenlehre  der  betreffenden  Sprachen  dar- 
bietet, wobei  es  nicht  vermieden  werden  konnte,  gelegentlich  auch  an- 
deren Gliedern  der  indo-europäischen  Sprachfamilie  einen  Blick  zuzu- 
wenden. Am  ausführlichsten  ist  die  Wortbildung  behandelt  worden  und 
am  Schlüsse  eine  tabellarische  Zusammenstellung  der  gewonnenen  Re- 
sultate gegeben,  wodurch  Jeder  leicht  zu  der  Ueberzeugung  gelangen 
wird,  dafs  in  diesem  Theile  der  Grammatik  die  Jahrtausende,  welche  das 
Griechische  vom  Sanskrit  trennen,  es  nicht  vermocht  haben,  in  Bezug 
auf  Form  und  Betonung  in  der  einen  oder  andern  der  verglichenen  Spra- 


Indogermanische  Sprachen.     Im  Allgemeinen.     ,  11 

chen  solche  Aenderungen  hervorzubringen,  die  nur  einen  augenblicklichen 
Zweifel  an  der  urspünglichen  Identität  derselben  veranlassen  könnten. 

lieber  einige  Demonstrativstämme  und  ihren  Zusammen- 
hang mit  verschiedenen  Präpositionen  und  Conjunctionen  im 
Sanskrit  und  den  mit  ihm  verwandten  Sprachen  von  Franz 
Bopp.     1830.    gr.  4.     TrJSgr. 

lieber  den  Einfluss  der  Pronomina  auf  die  Wortbildung 
im  Sanskrit  und  den  mit  ihm  verwandten  Sprachen  von 
Franz  Bopp.     1832.     gr.  4.     7|  Sgr. 

Zeitschrift  für  vergleichende  Sprachforschung  auf  dem 
Gebiete  des  Deutschen,  Griechischen  und  Lateinischen, 
begründet  von  Dr.  Theodor  Aufrecht,  Privatdocenten 
an  der  Universität  zu  Berlin,  und  Dr.  Adalbert  Kuhn? 
Professor  am  Cölnischen  Gymnasium  ebendaselbst,  fortge- 
führt von  letzterem.  Band  I— VI  1851—57.  cart.  ä  3^  Thlr. 
Der  Band  von  6  Heften  zum  Subscriptionspreise  von  3  Thlr. 
Band  VII  Heft  1  erscheint  noch  im  Laufe  des  Jahres  1857. 

Diese  Zeitschrift  will  durch  eine  kritische  Ergründung  der  genann- 
ten drei  Sprachen,  besonders  aber  des  etymologischen  Theils  derselben, 
deren  ursprüngliche  Form  wiederaufbauen  und  indem  sie  auf  die  frühe- 
sten Perioden  derselben  zurückgeht  und  dem  Gange  der  Sprache  folgt, 
also  genetisch,  die  Bedeutung  der  ausgebildeten  Formen  erforschen.  — 
Zu  diesem  Zweck  wendet  sich  die  Untersuchung  bald  einer  der  drei 
Sprachen  unter  Berücksichtigung  ihrer  Dialekte  mehr  oder  weniger  aus- 
schliefslich  zu,  bald  vergleicht  sie  zwei  derselben  oder  alle  drei  unter 
einander,  indem  sie,  wo  es  erforderlich  ist,  das  Sanskrit  als  die  älteste 
Schwester  dieser  drei  zu  Rathe  zieht.  Hierdurch  fällt  nicht  selten  Licht 
auf  die  älteste  Geschichte  der  europäischen  Volksstämme  und  namentlich 
auf  den  Zusammenhang  derselben  in  der  Periode  ihrer  Sprachbildung. 

Durch  die  Beschränkung  auf  eine  kleinere  Zahl  von  Sprachen  wird 
der  Vortheil  erreicht,  die  einzelnen  Sprachen  schärfer  zu  erfassen,  als  es 
bei  der  Ausdehnung  über  ein  gröfseres  Gebiet  möglich  wäre;  für  die 
gewählten  Sprachen  aber  entschied  man  sich,  weil  sie  unter  den  indo- 
europäischen zu  der  reichsten  Entwickelung  gelangt  sind  und  ferner  weil 
die  Werke,  die  in  denselben  niedergelegt,  für  unsere  Bildung  so  bedeut- 
sam sind,  dafs  ihre  Grammatik  der  gründlichen  Erforschung  wohl  vor- 
züglich würdig  ist.  Durch  Besonnenheit  der  Methode,  sowie  durch  Klar- 
heit und  Bündigkeit  der  Darstellung  wird  sich  die  Zeitschrift  jedem  Phi- 
lologen empfehlen, 


12  Indogermanische  Sprachen.     Sanskrit. 


Beiträge  zur  vergleichenden  Sprachforschung  auf  dem 
Gebiete  der  arischen,  celtischen  und  slawischen  Sprachen, 
herausgegeben  von  A.  Kuhn  und  A.  Schleicher.  Sup- 
plement zur  Zeitschrift  für  vergleichende  Sprachforschung. 
I.  Bd.,  Heft  1.    1856.  Heft  2.    1857.   gr.  8.  geh.  ä  1  Thlr. 

Der  Zeitsclu'ift  für  vergleichende  Sprachforschung  treten  hiermit 
Supplementhefte  au  die  Seite,  in  welchen  diejenigen  Sprachen  des  indo- 
germanischen Sprachstammes  vergleichend  behandelt  werden  sollen,  die 
bei  der  Zeitschrift  grundsätzlich  ausgeschlossen  werden,  also  namentlich 
das  Sanskrit,  die  slawischen  und  celtischen  Sprachen. 

Aus  dem  reichen  Inhalte  der  ersten  beiden  Hefte  begnügen  wir  uns 
folgende  Arbeiten  hier  anzuführen:  Schleicher,  Kurzer  abrifs  der  ge- 
schichte  der  slawischen  spräche;  Spiegel,  Cyrus  und  Kuru.  Cambyses 
und  Kamboja;  Kiepert,  Andeutungen  zu  Untersuchungen  über  denari- 
schen character  der  medischen  spräche;  Pott,  üeber  die  erste  person 
des  Imperativs:  Miclosich,  Verba  intensiva  im  altslovenischen;  Pictet, 
Iren  und  Arier-,  Aufrecht,  Celtica;  Spiegel,  Zur  altbactrischen  syn- 
tax;  Bugge,  Vermischtes  aus  der  spräche  der  Zigeuner;  Ebel,  Celtische 
Studien;  Whitney,  Beiträge  zur  theorie  des  sanskrit  verbalacceuts; 
Miclosich,  Das  suffix -!>  (-ü)  im  altslovenischen. 


Sanskrit. 

Glossarium  Sanskritum  in  quo  omnes  radices  et  vocabula 
usitatissima  explicantur  et  cum  vocabulis  Graecis,  Latinis, 
Germanicis,  Litthuanicis ,  Sclavicis,  Celticis  comparantur  a 
Francisco  Bopp.  Fase.  tres.  1847.  gr.  4.    6  Thlr.  20  Sgr. 

Für  die  Leetüre  der  bis  jetzt  zugänglichsten  und  verbreitetsten 
Sanscritwerke  bestimmt,  hat  das  Glossar  den  Vorzug,  dafs  die  Bedeu- 
tungen derW  örter  nicht  auf  frühere  Autorität  angenommen,  sondern 
fast  durchgängig  aus  den  behandelten  Schriftstellern  nachgewiesen  sind. 
Wichtig  wird  es  überdies  durch  die  Fülle  von  Wortvergleichungen  aus 
dem  gesammten  Bereich  der  verwandten  Sprachen  und  die  kritische  Un- 
tersuchung des  Wurzel vorrathes. 

Atharva-Veda-Sanhita,  herausgegeben  von  R.Roth  und 
W.D.Whitney.  Erste  Abtheilung.  1855.  hoch  4.  geh. 
8  Thlr.  Zweite  Abtheilung  (das  zwanzigste  Buch  des 
Atharva-Veda.)     1856.     hoch  4.    geh.  1  Thlr.  15  Sgr. 


Indogermanische  Sprachen.     Sanskrit.  13 


Hiermit  ist  der  Text  dieses  Veda  vollständig  ausgegeben. 

Die  dritte  Abtlieilung  wird  eine  Einleitung  in  den  Atharva-Yeda, 
kritische  und  erklärende  Noten  und  verschiedene  andere  Beilagen  ent- 
halten. 

The  white  Yajurveda  edited  by  Dr.  Albrecht  Weber. 
Parti.  The  Väjasaneyi-Sanhitä  in  the  Mädhyandina  and 
the  Känva-Qäkhä  with  the  commentary  of  Mahidhara. 
1849  —'52.     gr.  4.     cart.     21  Thlr.  20  Sgr. 

Part  II.  The  Qatapatha-Brähmana  in  the  Mädhy- 
andina-Qäkha  with  extracts  made  from  the  commentaries 
of  Säjana,  'Harisvämin  and  Dvivedaganga.  1849  —  56. 
gr.  4.     cart.     24  Thlr.  20  Sgr. 

Part  III.  The  Qrautasütra  of  Kätyäyana  with  extracts 
from  the  commentaries  ofKarka  and  Yajnikadeva.  No.  1  —  3. 
1856.  57.     gr.  4.     geh.     9  Thlr. 

Brahma-Vaivarta-Puräni  specimen.  Textum  e  codice  ma- 
nuscripto  bibliothecae  regiae  Berolinensis  edidit  interpreta- 
tionem  Latinam  adjecit  et  commentationem  mythologicam 
et  criticam  praemisit  Ad.  Fr.  Stenzler.   1829.    4.    20  Sgr. 

Diluvium  cum  tribus  aliis  Maha-Bharati  praestantissimis 
episodiis  primus  edidit  Franciscus  Bopp.  Fasciculus 
primus,  quo  continetur  textus  Sanscritus.  1829.  4. 
2  Thlr.  20  Sgr. 

Hierzu   die  deutsche  L'ebersetzung : 

Die  Sündfiuth,  nebst  drei  anderen  der  wichtigsten  Epi- 
soden des  Mahä-Bhärata.  Aus  der  Ursprache  übersetzt 
von  Franz  Bopp.     J839.    8.      20  Sgr. 

Ghatacarparam,  Das  zerbrochene  Gefäfs,  ein  sanskriti- 
sches Gedicht,  herausgegeben,  übersetzt,  nachgeahmt  und 
erläutert  von  G.  M.  Dur  seh.    1828.    4.     20  Sgr. 

Kshiticavancavalicharitam,  a  Chronicle  of  the  family  of 
Räja  Krishnachandra  of  Navadvipa,  Bengal.  Edited  and 
translated  by  W.  Pertsch.    1852.    gr.  8.    geh.  2  Thlr. 

Mälavikä  und  Agnimitra.  Ein  Drama  des  Kälidäsa  in 
fünf  Akten.  Zum  ersten  Male  aus  dem  Sanskrit  übersetzt 
von  Albrecht  Weber.    1856.    8.    geh.  1  Thlr. 


14  Indogeiinamsche  Sprachen.     Griechisch. 

Päraskaras  Grihya-Sutra.  —  Glückwunsch  Sr.  Excellenz 
Herrn  Freiherrn  Alexander  von  Humboldt  zum  4.  Au- 
gust 1855  dargebracht  von  Dr.  Adolph  Friedrich  Stenz- 
1er,  ord.  Prof.  der  orientalischen  Sprachen  an  der  Königl. 
Universität  zu  Breslau.  Nebst  einem  Bruchstück  aus  Päras- 
karas Darstellung  der  heiligen  Gebräuche  der  Inder.  1855. 
gr.  4.     geh.     7^  Sgr. 

Upalekha  de  Kramapätha  libellus.  Textum  Sanscritum 
recensuit,  varietatem  lectionis,  prolegomena,  versionem  La- 
tinam,  notas,  indicem  adjecit  Dr.  G.  Pertsch.  1854. 
gr.  8.    geh.  1  Thlr.   10  Sgr. 

Urvasia,  fabula  Calidasi.  Textum  Sanscritum  edidit,  in- 
terpretationem  Latinam  et  notas  illustrantes  adjecit  Ro- 
bertus  Lenz,  Dr.  Ph.     1833.     4.     geh.     4  Thlr. 

Yajnavalkya's  Gesetzbuch,  Sanskrit  und  Deutsch  heraus- 
gegeben von  Dr.  Ad.  Fr.  Stenzler.  1849.  gr.  8.  geh. 
2  Thlr.  20  Sgr. 


Griechisch. 


De  nominum  Graecorum  fonnatione  linguarum  cognata- 
rum  ratione  habita  scripsit  Dr.  G.  Curtius.  1842.  gr.  4 
geh.     20  Sgr. 

Die  Wortbildung  war,  wie  sehr  auch  deren  Wichtigkeit  seit  Butt- 
mann einleuchtete,  der  Schwierigkeiten  wegen,  die  sich  bei  Beschränkung 
auf  die  eine  Sprache  überall  darboten,  in  den  Grammatiken  stiefmütter- 
lich und  überdies  stets  so  behandelt  worden,  dafs  primäre  und  secun- 
däre  Ableitungen  zusammengeworfen  wurden.  Der  Verfasser  spricht 
sich  zuerst  über  den  Unterschied  beider  aus  und  geht  sodaun,  nachdem 
die  wichtige  Yoruntersuchimg  über  gewisse,  weder  zur  Yerbalwurzel, 
noch  zum  Affix  gehörige  euphonische  Laute  erledigt  ist,  zur  Darstellung 
der  griechischen  primären  Wortbildung  über.  Die  ableitenden  Affixe 
sind  hier  nach  ihrer  formellen  Verwandtschaft  geordnet,  ihre  Entstehung 
und  ihr  Verhältnifs  zu  den  identischen  lateinischen  und  sanskritischen, 
sodann  die  mannigfachen  Umgestaltungen  nachgewiesen,  welche  einzelne 


Indogermanische  Sprachen.     Griechisch.  15 


im  Griechischen  erfahren  haben.  Die  Klarheit  der  Darstellung  macht 
die  Abhandlung  selbst  dem  in  der  Sprachvergleichung  minder  Geübten 
fruchtbar. 

Etymologisches  Wörterbuch  der  griechischen  Sprache 
zur  Uebersicht  der  Wortbildung  nach  den  Endsylben  ge- 
ordnet von  Dr.  W.  Pape.    1836.    Lex.  8.     2  Thlr.  15  Sgr. 

Die  mit  vieler  Emsigkeit  und  Aufopferung  ausgeführte  Arbeit  des 
Verfassers  führt  uns  gleichsam  in  den  Haushalt  der  griechischen  Sprache 
ein.  Die  nach  den  Endungen  übersichtlich  geordnete  Zusammenstellung 
der  Wörter  gereicht  zu  mannigfachem  Nutzen:  bei  dem  Nomen  und  den 
Partikeln  lernen  wir,  obgleich  eine  strenge  Sonderung  der  Einsicht  des 
Lesers  überlassen  bleibt,  die  mit  gleicher  Ableitungs-  oder  Flexions- 
endung gebildeten  Wortstämme  kennen,  während  bei  der  Conjugation 
es  von  Wichtigkeit  ist,  den  ganzen  Vorrath  der  den  einzelnen  Classen 
anheimfallenden  Verben  übersehen  zu  können.  Aber  auch  für  die  Accent- 
lehre  ist  der  möglich  gemachte  Ueberblick  willkommen,  und  für  die 
Composition,  deren  wissenschaftliche  Bearbeitung  noch  mangelt,  besteht 
keine  ähnlich  reiche  Sammlung. 

De  conjugatione  in  ^l  linguae  Sanscritae  ratione  habita 
scripsit  Dr.  A.  Kuhn.     1837.     8.     10  Sgr. 

Die  Conjugation  auf  ^a,  die  in  unseren  Grammatiken  noch  im- 
mer als  die  unregelmäfsige  betrachtet  wird,  erweist  sich  durch  Ver- 
gleichung  des  verwandten  Sprachkreises  als  die  ursprüngliche  und  die- 
jenige, welche  Personalendungen  und  Eigenthümlichkeiten  der  Conjugation 
am  treuesten  bewahrt  hat.  Der  Verfasser,  welcher  sich  eine  möglichst 
erschöpfende  Behandlung  jener  Conjugation  zur  Aufgabe  gestellt  hat, 
betrachtet  zunächst  die  Personalendungen,  denen  mit  Hülfe  des  Sanskrit 
sowohl  ilire  ältere  Form,  als  (und  hierbei  namentlich  bietet  sich  eine 
Reihe  scharfsinniger  Beobachtungen  dar)  ihre  Bedeutung  nachgewiesen 
wird.  Der  zweite  Theil  des  Buches  behandelt  sodann  die  Bildung  der 
einzelnen  Zeiten  mit  durchgängiger  Hervorhebung  der  dieselben  unter- 
scheidenden Merkmale  und  untersuchender  Berücksichtigung  der  Dialect- 
eigenheiten. 

Grammatik  der  griechischen  Vulgarsprache  in  historischer 
Entwicklung  von  Prof.  Dr.  F.  W.  A.  Mullach.  1856. 
gr.  8.     geh.     2  Thlr.  20  Sgr. 

Diese  Grammatik,  der  eine  umfassende,  aus  den  Quellen  geschöpfte 
Geschichte  der  griechischen  Sprache  von  den  ältesten  Zeiten  bis  jetzt 
als  Einleitung  in  47  §§.  (107  SS.)  vorangeht,  ist  als  eine  wichtige  Er- 
gänzung der  bisherigen  griechischen  Grammatiken  zu  betrachten,  die  nur 
die  Schriftsprache  zu  behandeln  pflegen. 


16  Indogermanische  Sprachen.     Lateinisch  und  Altitalisch. 


Grammatik  des  Neutestamentlichen  Sprachgebrauchs.  Im 
Anschlüsse  an  Ph.  Butt  mann 's  Griechische  Grammatik 
bearbeitet  von  Alex.  Buttmann.  Erste  Abtheilung. 
Formenlehre.     1857.     gr.  8.     geh.     10  Sgr. 


Lateinisch  und  Altitalisch. 

Theorie  generale  de  Taccentuation  latine  suivie  de  re- 
cherches  sur  les  inscriptions  accentuees  et  d'un  examen  des 
vues  de  M.  Bopp  sur  Thistoire  de  l'accent  par  Henri  Weil 
et  Louis  Benloew,  Professeurs  do  faculte.  1855.  gr.  8. 
geh.     2  Thlr.  20  Sgr. 

Der  lateinische  Accent  liat  noch  zu  wenig  die  Anfmcrksamkeit  der 
Grammatiker  auf  sicli  gezogen.  Einfacher  als  der  griechische,  bietet  er 
doch  der  interessanten  Erscheinungen  gar  viele  dar.  Gegenwärtige  Be- 
arbeitung desselben  durch  zwei  Philologen,  welche  Schüler  Böckh's 
und  Bopp  "'s  zugleich  sind  und  mit  der  genauesten  Kenntnifs  des  klas- 
sischen Alterthums  die  Ergebnisse,  die  Principien  und  die  Methode  der 
neuen  comparativen  Grammatik  verbinden,  dürfte  jene  Lücke  in  der  phi- 
lologischen Forschung  fast  vollständig  ausfüllen.  Der  lateinische  Accent 
wird  hier  nicht  blos  an  sich  und  nach  seinem  vielseitigen  Einflüsse  auf 
die  Gestalt  und  Abänderung  der  Wörter  betrachtet,  es  wird  ferner  hier- 
bei nicht  blos  nach  wahrhaft  geschichtlicher  Methode  seine  Entwicklung 
in  den  verschiedenen  Epochen  des  Lebens  der  lateinischen  Sprache  aus- 
führlich dargestellt;  sondern  es  wird  auch  am  Accente  die  Stelhuig  nach- 
gewiesen, welche  überhaupt  die  lateinische  Spraclie  in  der  Geschiclite 
des  indo -europäischen  Stammes  einnimmt,  indem  sie  in  die  Mitte  tritt 
zwischen  das  alterthümlichere  Accentuationssystem  des  Sanskritischen 
und  Griechischen  einerseits  und  das  der  modernen  Sprachen  andrerseits. 


Die  umbrischen  Sprachdenkmäler.  Ein  Versuch  zur  Deu- 
tung derselben  von  Dr.  S.  Th.  Aufrecht  und  A.  Kirch- 
hoff. (1849  —  51.)  Zwei  Theile  in  einem  Bande,  gr.  4. 
mit  10  lith.  Tafeln.     1851.    cart.     10  Thlr. 

Die  lateinische  Sprache,  welche  in  Folge  der  wenigen  literarischen 
Ausbildung,  die  ihr  in  ältester  Zeit  zu  Theil  wurde,  bis  die  Bekannt- 
schaft mit  der  griechischen  Literatur  ihren  Einflufs  ausübte,  in  einem  fort- 


Indogermanische  Sprachen.     Lateinisch  und  Altitalisch.  17 


währenden  Auflösnngsprocesse  begriffen  war,  mufs  durch  die  Verglei- 
chung  mit  den  italischen  Sprachüberresten  mannigfaclie  Aufklärung  erlan- 
gen,  gerade  so.  wie  die  einzelnen  griechischen  oder  deutschen  Mundarten 
in  dem  sie  zusammengehalten  werden,  einander  vielfach  ergänzen  und 
erläutern. 

Die  umbrischen  Sprachreste,  welche  wegen  ihres  bedeutenden  Um- 
fanges  schon  früher  Gegenstand  angestrengter  Forschung  gCAvesen  waren, 
gewähren  das  doppelte  Interesse,  dafs  aus  ihnen  einerseits  eine  ziemlich 
vollständige  Uebersicht  des  umbrischen  Idioms  sich  zusammenstellen 
läfst,  andererseits  ihr  Inhalt  viele  Seiten  des  römischen  religiösen  Lebens 
in  helles  Licht  setzen  kann.  Die  Lösung  dieser  zweifachen  Aufgabe  war 
der  Zweck  des  vorliegenden  Werkes.  Zunächst  kam  es  darauf  an,  eine 
möglichst  erschöpfende  Grammatik  der  umbrischen  Sprache  zu  schaffen 
und  den  Nachweis  zu  liefern,  dafs  dieselbe  mit  der  lateinischen  in 
schwesterlichem  Verhältnisse  stehe.  Der  erste  Band  beschäftigt  sich 
nun  damit,  die  umbrische  Laut-  und  Formlehre  zu  entwickeln,  wobei 
die  Analogie  mit  den  verwandten  Sprachen  durchgängig  zu  Grunde  ge- 
legt wurde.  Die  Lautlehre  beginnt  mit  dem  Vokalsystem,  erweist  des- 
sen Uebereinstimmung  mit  dem  lateinischen  namentlich  in  der  Abneigung 
gegen  die  Diphthonge  und  sucht  den  Ursprung  der  einzelnen  Vokale 
durch  Herbeiziehung  eines  gröfseren  Sprachkreises  zu  ergründen.  Auch 
bei  den  Konsonanten  ist  überall  deren  Entstehungsgeschichte  und  Ver- 
hältnifs  zu  einander  erforscht  worden,  so  dafs  der  noch  in  unseren  Ta- 
gen sehr  vernachlässigten  lateinischen  Lautlehre  nicht  geringer  Aufschlufs 
daraus  erwächst.  Noch  wichtiger  wird  aber  die  Formenlehre,  weil  das 
Umbrische  viele  Flexionen  besitzt,  welche  im  Lateinischen  entweder  ver- 
altet oder  verstümmelt  sind.  Die  Darstellung  begnügt  sich  aber  nicht 
mit  der  Zusammenstellung  der  ähnlichen  oder  identischen  Formen,  son- 
dem  sucht  wo  möglich  deren  Ursprung  zu  ermitteln. 

Im  zweiten  Theile  werden  die  im  ersten  aufgestellten  Formen  aus- 
führlich begründet  und  die  sprachliche  Deutung  der  Denkmäler  so  geübt, 
dafs  die  Verfasser  sich  stets  der  Grenzen  bewufst  bleiben,  welche  durch 
die  Dunkelheit  des  Gegenstandes  gesteckt  sind  und  deren  Ueberschrei- 
tung  ihre  Vorgänger  in  sehr  sonderbare  Verirruugen  geführt  hatte.  Durch 
das  beigefügte  vollständige  Glossar  und  den  genauen  Abdruck  der  Tafeln 
sind  die  Leser  nach  allen  Seiten  in  den  Stand  gesetzt,  sich  ein  selbst- 
ständiges Urtheil  zu  verschaffen  und  die  noch  nicht  zum  Abschlufs  ge- 
langte Forsclmng  weiterzuführen. 


18  Germanische  Sprachen. 


Germanische  Sprachen. 

Crescentia  ein  niderrheinisches  Gedicht  aus  dem  zwölf- 
ten Jahrhundert,  herausgegeben  von  Oskar  Schade.  1853. 
gr.  8.    geh.     1  Thh-. 

Der  Herausgeber  hat  in  ohigem  Gedicht,  das  bis  jetzt  in  der  Kaiser- 
chrouik  als  dazu  gehörig  und  davon  untrennbar  betrachtet  wurde,  ein 
selbständiges  strophisches  Werk  von  einem  andern  Verfasser,  als  dem 
Redactor  der  Kaiserchronik,  erkannt.  In  der  Einleitung  weist  derselbe 
zum  ersten  Male  in  einigen  anderen  Gedichten  des  zwölften  Jahrhunderts 
eine  feste  Regel  des  Versbaues  und  der  Sprachform  nach.   — 

Die  deutschen  Ortsnamen  mit  besonderer  Berücksichti- 
gung der  ursprünglich  wendischen  in  der  Mittelmark  und 
Niederlausitz  von  AI.  Butt  mann,  Professor.  1856.  8.  geh. 
17-i  Sgr. 

„Wir  unsererseits  wünschen  der  kleineu  Schrift  besonders  deshalb 
eine  allgemeinere  Beachtung,  weil  sie  einige  sehr  wichtige  Fundamental- 
sätze über  die  Entstehung  und  die  Umwandehmg  von  Ortsnamen  auf 
eine  klare  und  überzeugende  Weise  zur  Anschauung  bringt.  —  Lehr- 
sätze, welche  nicht  blos  für  Deutschland,  sondern  für  alle  diejenigen 
Länder  gelten,  in  denen  Völker  verschiedener  Zunge  gelebt  haben." 

Zeitschrift  für  allgemeine  Erdkunde. 

Ueber  die  Bedeutung  des  Namens  der  Städte  Berlin  und 
Cöln  von  C.  A.  F.  Mahn.    1848.     8.   geh.     5  Sgr. 

Ueber  den  Ursprung  und  die  Bedeutung  des  Namens 
Preussen  von  C.  A.  F.  Mahn.     1850.     8.     creh.     5  Sgr. 

Der  Verfasser  prüft  die  vor  ihm  versuchten  Erklärungen  der  ^NTamen 
Berlin  und  Preufsen,  und  da  sie  sich  unhaltbar  zeigen,  giebt  er  neue, 
welche,  die  Schwierigkeiten,  die  den  früheren  entgegenstanden,  vermei- 
dend, auch  durch  positive  Gründe  höchst  wahrscheinlich,  um  nicht  zu 
sagen  gewifs,  gemacht  werden.  Der  Werth  der  beiden  Arbeiten  wird 
nicht  blos  durch  andere  gelegentliche  Etymologien,  sondern  auch  dadurch 
erhöht,  dafs  der  Akt  der  ^sameugebung  au  Völker  und  Städte  nach  allen 
Mögliclikeiten  dargelegt  wird  und  dadurch  für  alle  hierher  gehörenden 
Untersuchungen  anregende  Fingerzeige  gegeben  werden. 


Littauisch  -  Slavisch.  1 9 


Etymologische  Untersuchungen  über  geographische  Namen 
von  C.  A.  F.  Mahn,  Dr.  Erste  Lieferung.  Einleitung. 
Bedeutung  des  Flulsnamens  Spree.    1856.    8.    geh.   5  Sgr. 

Aufser  der  ausführlichen  Erklärung  des  Namens  der  Spree  werden 
in  der  Einleitung  und  sonst  gelegentlich  neue  und  hinlänglich  entwickelte 
Deutungen  der  Namen  Italien,  Germauen,  Skandinavier,  Pelasger,  Sicu- 
1er,  Serben,  Skythen,  Iberer  und  des  Tcltowgaus  aufgewiesen  und  ver- 
sucht, welche  die  aus  den  falschen  und  mifslungcnen  Etymologieen  ge- 
zogenen Folgerungen  und  Ergebnisse  aufheben  oder  bedeutend  modifi- 
ciren. 


Littauisch  -  Slavisch. 


Ueber  die  Sprache  der  alten  Preussen  in  ihren  verwandt- 
schaftlichen Beziehungen  von  Franz  Bopp.  Gelesen  in 
der  Akademie  der  Wissenschaften  am  24.  Mai  1849,  am 
25,  Juli  1850  und  am  24.  Februar  1852.  1853.  gr.  4. 
geh.     1  Thir. 

Mit  gewohnter  Meisterschaft  unterwirft  der  Verfasser  in  dieser  Schrift 
das  einzige  zuverlässige  altpreufsische  Sprachdenkmal,  das  uns  erhalten 
ist,  die  Uebersetzung  nämlich  des  kleinen  Luther'schen  Katechismus,  einer 
grammatischen  Sichtung,  nnd  zviar  hauptsächlich  diejenigen  Formen,  die 
dem  Littauischen  und  Lettischen  gegenüber  besondere  Beachtung  ver- 
dienen, insofern  sie  diese  mehrfach  durch  treuere  Bewahrung  des  nr- 
spriinglichen  Gepräges  übertreffen.  Somit  bildet  diese  Schrift  einen  höchst 
willkommenen  Beitrag  zu  der  „Vergleichenden  Grammatik",  in  welcher 
nur  das  Littauische  zur  Vergleichung  mit  den  indo -germanischen  Spra- 
chen herangezogen  ist.  In  der  Einleitung  wird  auch  die  allmählige  Ab- 
trennung der  letzteren  von  der  asiatischen  Muttersprache  besprochen  und, 
wie  bisher,  die  Absonderung  der  lettisch-slavischen  Idiome  von  derselben 
später  gesetzt,  als  die  der  klassischen,  germanischen  oder  keltischen. 

Littauische  Volkslieder,  gesammelt,  kritisch  bearbeitet 
und  metrisch  übersetzt  von  G.  H.  F.  Nesselmann.  Mit 
einer  Musikbeilage.    1853.    Lex.  8.   geh.    3  Thlr.  10  Sgr. 

Bei  der  Wichtigkeit  der  littauischen  Sprache  für  die  vergleichende 
Erforschung  der  indo -europäischen  Sprachen  dürfte  eine  Sammlung  lit- 
tauischer  Volkslieder  mit  gegenüberstehender  —  dem  Text  möglichst 
Wörthch  sich  anschliefsender  —  Uebersetzung  von  grofsem  Interesse  für 


20 


Celtisch. 


Sprachforscher  sein.  —  Der  Herausgeber  benutzte  alles  ihm  nur  irgend 
erreichbare  gedruckte,  wie  handschriftliche  Material.  Hierdurch,  sowie 
durch  Correctheit  des  Textes  und  Genauigkeit  der  Uebersetzung  läfst  die 
Sammlung  alle  früheren  weit  hinter  sich.  Auch  der  strophischen  Ab- 
theilung wurde  sorgfältig  Rechnung  getragen. 


Celtisch. 

lieber  Marcellus  Burdigalensis  von  Jacob  Grimm. 
Gelesen  in  der  Akademie  der  Wissenschaften  am  28.  Juni 
1847.     1849.     gr.  4.     geh.     15  Sgr. 

Ein  Buch  de  medicamentis^  welches  von  Marcellus  mit  dem  Beina- 
men Burdigalensis  oder  Empiricus,  dem  Leibarzte  Theodosius  des  Grofsen, 
geschrieben  ist,  vom  medicinischen  Standpunkte  aus  unbedeutend,  er- 
schlofs  dem  sinnigen  Auge  des  Verfassers  nach  anderer  Seite  hin  einen 
anziehenden  Schatz.  Marcellus  nämlich,  von  Geburt,  wie  der  erste  Bei- 
name ausdrückt,  ein  Gallier  (aus  Bourdeaux),  theilt  hin  und  wieder  gal- 
lische Kräuternamen  mit,  welche  in  dieser  Abhandlung  den  entsprechen- 
den Wörtern  der  heutigen  keltischen  Dialekte  gegenübergestellt  werden 
und  unverkennbar  anzeigen,  dafs  die  im  4.  Jahrhundert  in  Aquitanien 
herrschende  Sprache  sich  mehr  der  irischen  und  gälischen  Mundart,  als 
der  armorischen  anschliefst.  Dann  werden  die  abergläubischen,  von  Mar- 
cellus aus  dem  Munde  des  Volkes  erkundeten  Heilmittel,  gewifs  von 
hohem  Alterthum  und  weiter  Verbreitung,  mitgetheilt,  und  darauf  hin- 
gewiesen, wie  sie  die  alten  Zustände,  die  Poesie  und  Sitte  der  euro- 
päischen Völker  mannigfach  aufhellen.  Ganz  unmittelbar  für  die  Sprach- 
wissenschaft aber  ist  die  Erklärung  einer  bisher  unverständlichen  Formel 
wichtig,  in  ^^elcher  nunmehr  das  überhaupt  bekannte  älteste  Denkmal 
gallischer  Sprache  aufgewiesen  wird. 

lieber  die  MarceUischen  Formeln  von  Jacob  Grimm 
und  Adolph  Pictet.  Aus  den  Abhandhmgen  der  königl. 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin.  1855.  gr.  4. 
geh.     8  Sgr. 

Die  in  der  vorhergehenden  Schrift  gemachte  Entdeckung,  dafs  ein- 
zelne der  von  Marcellus  Burdigalensis,  einem  aus  Aquitanien  gebürtigen 
Gallier,  verzeichneten  abergläubischen  Heilformeln  und  Zaubersprüche 
in  keltischer  Sprache  abgefafst  seien  und  aus  ihr  gedeutet  werden  könn- 
ten, wird  weiter  verfolgt.  Schon  gegebene  Erklärungen  werden  mit 
neuen  Beweisen  unterstützt,  andere  neu  dargeboten. 


Romanische  Sprachen.  21 


Romanische  Sprachen. 

Etymologische  Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  der  Ro- 
manischen Sprachen  von  C.  A.  F.  Mahn,  Dr.  Specimen 
I— VIII  oder  No.  1—56.     1855.     8.     16  Sgr. 

Diese  Untersuchungen  sind  gewissermafsen  als  eine  Fortsetzung  und 
Ergänzung  von  Diez'  etymologischem  Wörterbuch  der  Roraauischen 
Sprachen  zu  betrachten,  indem  der  Verfasser  hanptsächlicli  solclie  roma- 
nische Wörter  einer  in  der  Regel  ausführlicheren  etymologischen  Unter- 
suchung unterwirft,  von  denen  Diez  noch  keine  Etymologie  gegeben  hat 
oder  bei  denen  er  eine  Frage  nach  derselben  aufvvirft  oder  bei  denen 
endlich  der  Verfasser  mehr  oder  weniger  von  Diez  abweicht. 

De  elementis  Germanicis  potissimum  linguae  Franco- 
gallicae  scripsit  Ludovicus  Schacht,  Phil.  Dr.  1853. 
gr.  8.     geh.     12  Sgr. 

Der  Verfasser  stellt  in  einem  Glossarium  möglichst  vollständig  alle 
durch  das  Deutsche  etymologisch  erklärbaren  Wörter  der  französischen 
Sprache  zusammen.  Eine  vorangeschickte  allgemeine  Einleitung  setzt  die 
historischen  und  verwandtschaftlichen  Beziehungen  des  Französischen  zum 
Deutschen  wie  zu  seinen  übrigen  Bestandtheilen  auseinander, 

Syntax  der  neufranzösischen  Sprache.  Ein  Beitrag  zur 
geschichtlich -vergleichenden  Sprachforschung  von  Dr.  Ed. 
Mätzner.     Zwei  Theile.     1843.45.     gr.  8.     4  Thlr. 

Die  bisher  gewöhnlich  nur  auf  den  etymologischen  Theil  der  Sprach- 
wissenschaft angewandte  vergleichende  Methode  liefert  hier  auch  in  der 
Syntax  die  schönsten  Ergebnisse.  Zur  Erklärung  der  französischen  Con- 
structionen  sucht  der  Verfasser  zunächst  in  den  verschwisterten  roma- 
nischen Sprachen,  besonders  auch  im  Altfranzösischen  und  Provenzalischen 
die  analogen  Erscheinungen  auf.  Er  dehnt  aber  den  Kreis  der  Ver- 
gleichung  auch  auf  die  klassischen  Sprachen  und  endlich  selbst  auf  die 
semitischen  aus.  Dabei  besitzt  der  Verfasser  die  so  seltene  Vereinigung 
umfassender  historischer  Forschungen  mit  einem  tiefen  philosophischen 
Blick.  Von  den  beiden  Theilen  behandelt  der  erste  den  Satz,  der  andere 
das  Satzgefüge  und  die  Periode. 


22  Romanische  Sprachen. 


Altfranzösische  Lieder,  berichtigt  und  erläutert  mit  Be- 
zug auf  die  provenzalische ,  altitalienisclie  und  mittelhoch- 
deutsche Liederdichtung  nebst  einem  altfranzösischen  Glossar 
von  Eduard  Mätzner.    1853.   gr.  8.  geh.  2  Thlr.  15  Sgr. 

Diese  Saiiinilnng  von  altfranzösischen  Liedern  bietet  nicht  sowohl 
einen  jener  Text-Abdrucke  nach  französischen  Handschriften,  die  an  vie- 
len Stellen  jedes  Yerständiiifs  nnmöglich  erscheinen  lassen,  sondern  viel- 
mehr eine  kritische  Bearbeitung  bereits  anderweitig  publicirter  Texte, 
durch  welche  dieselben  erst  recht  leserlich  werden.  —  Mit  dieser  kriti- 
schen Behandlung  hängt  die  Deutung  eng  zusammen.  Zur  Erläuterung, 
theilweise  selbst  zur  Wortkritik,  wurden  vom  Herausgeber  die  altitaliä- 
nischen,  wie  die  provenzalischen  und  mittelhochdeutschen  lyrischen  Dich- 
tungen herbeigezogen.  Abgesehen  von  dem  Nutzen,  den  eine  derartige 
Vergleichnng  nach  dieser  Seite  hin  gewährte,  ist  es  aber  auch  an  und 
für  sich  interessant,  die  wesentlichen  der  mittelalterlichen  Kunstlyrik  ver- 
schiedener Länder  gemeinsamen  Züge  zu  verfolgen,  und  auch  hierauf 
waren   die  Bemühungen  des  Herausgebers  gerichtet. 

Das  Glossarium  endlich  ist  dazu  bestimmt,  minder  Geübten  das  Stu- 
dium einer  veralteten  Sprache  zu  erleichtern,  ohne  deren  gründliche  Er- 
forschung die  Kenntnifs  des  Neu  französischen  lückenhaft  bleiben  mufs. 
Es  berücksichtigt  die  Abstammung  der  Worte  und  giebt  zugleich  die 
nächst  verwandten  Wortformen  der  westromanischen  Idiome,  sowie  des 
Englischen. 


Die  Werke  der  Troubadours,  in  provenzalischer  Sprache, 
nach  Raijnonard ,  Eochegnde^  Diez  und  nach  den  Hand- 
schriften.   Herausoregeben  von  Dr.  C.  A.  F.  Mahn. 

Lyrische  Abtheilung.  Bd.  I.  1846.  8.  geh.  2  Thlr. 
Bd.  IL  Lief.  1  u.  2.  1855.  57.  8.  geh.  a  15  Sgr.  Bd.  IV. 
1853.    8.    geh.  2  Thlr. 

Epische  Abtheilung.  Bd.  L  Girariz  de  Rossilho, 
nach  der  Pariser  Handschrift  herausgegeben  von  Dr.  C. 
Hofmann,  Prof.  an  der  Universität  zu  München,  Mit- 
glied der  Königl.  Bayerischen  Akademie  der  Wissenschaf- 
ten.    Lief.  1  —  3.     1855  —  57.     8.    geh.  a  15  Sgr. 

Eine  neue  Ausgabe  sämmtlicher  Werke  der  provenzalischen  Trou- 
badours Avar  wegen  der  Seltenheit  und  Unvollständigkeit  des  bekannten 
Kaynouard'schen  Werkes  nothwendig  geworden,  besonders  auch  seitdem 
man  immer  allgemeiner  zu  erkennen  anfing,  dafs  aufser  dem  historischen 


Romanische  Sprachen.  23 


und  litterarischen  Interesse  der  provenzalischen  Sprache  für  das  Studium 
der  romanischen  Sprachen  dieselbe  Wichtigkeit  zukommt,  als  der  gotiii- 
schen  für  das  der  germanischen  Sprachen. 

Der  erste  Band  der  lyrischen  Abtheilung  enthält  aufser  der  ausführ- 
lichen Vorrede,  in  welcher  auf  den  Nutzen  und  die  Wichtigkeit  des 
Studiums  der  provenzalischen  Sprache  und  Litteratur  aufmerksam  ge- 
macht, und  besonders  die  Wichtigkeit  desselben  für  die  historische  und 
vergleichende  Sprachforschung  hervorgehoben  wird,  in  chronologischer 
Ordnung  277  Gedichte  von  20  Troubadours  in  einem  höchst  correcten 
Abdruck. 

Lieferung  1.  und  2.  des  zweiten  Bandes  enthalten  die  Dichter  Peirol 
und  Guillem  von  Saint-Didier,  den  Mönch  von  Monlaudon^  21  Gedichte 
von  Anmut  Daniel,  und  etwa  14  Gedichte  (von  60)  des  Gaucelm  Faidit^ 

Der  vierte  Band  umfafst  sämmtliche  gröfsere  und  kleinere  Gedichte, 
99  an  der  Zahl,  eines  der  umfangreichsten  und  bedeutendsten  Dichter, 
des  Girant  Riquier ,  und  zwar  ganz  neu  nach  den  beiden  Pariser  Ori- 
ginalhandschriften  herausgegeben. 

Die  bis  jetzt  ausgegebenen  drei  Lieferungen  des  ersten  Bandes  der 
epischen  Abtheilung  der  Werke  der  Troubadours  enthalten  den  ganzen 
Text  des  Girartz  de  Rosülho.  Die  vierte  und  letzte  Lieferung  wird  die 
Einleitung  und  die  kritischen  und  erklärenden  Anmerkungen  und  ein 
Glossar  enthalten. 

Die  Biographieen  der  Troubadours,  in  provenzalischer 
Sprache.  Herausgegeben  von  Dr.  C.  A.  F.  Mahn.  1853. 
8.     geh.     15  Sgr. 

Eine  neue  und  besondere  Ausgabe  der  Biographieen  der  Troubadours 
in  provenzalischer  Sprache  schien  wünschenswerth,  nicht  nur  an  und 
für  sich  wegen  des  anziehenden  und  oft  sehr  merkwürdigen  litterarischen 
und  geschichtlichen  Inhalts ,  sondern  auch  weil  dieselben  in  Folge  ihrer 
Leichtigkeit  und  Verständlichkeit  als  erstes  Lese-  und  Uebungsbuch  für 
Anfänger  dienen  können,  die  durch  dieselben  sehr  zweckmäfsig  auf  die 
Lesung  der  bei  Meitem  schwierigeren  Gedichte  selbst  vorbereitet  werden. 
Einen  besonderen  Vorzug  erhält  diese  neue  Ausgabe  dadurch,  dafs  die 
ersten  48  Biographieen,  vermöge  einer  von  dem  Herausgeber  gemachten 
Abschrift,  treu  nach  den  Pariser  Handschriften  gegeben  werden;  die 
übrigen  sind  nach  Raynouard  abgedruckt.  Einige  kritische  Bemerkungen 
und  wörtliche  Uebersetzungen  sind  beigefügt  worden. 

Gedichte  der  Troubadours  in  provenzalischer  Sprache, 
zum  ersten  Mal  und  treu  nach  den  Handschriften  heraus- 
gegeben.   Mit  kritischen  und  erklärenden  Anmerkungen  von 


24  Iberisch -Baskisch. 


Dr.  C.  A.  F.  Mahn.    Bd.  I.    Lief.  1  —5.   1856.    8.    geh. 
2  Thlr.   15  Sgr.     Bd.  IL  Lief.  1.  2.     1856.  57.     ä  15  Sgr. 

Gegen^värtige  Ausgabe  von  Gedichten  der  Troubadours  in  proven- 
zalischer  Sprache  ist  dazu  bestimmt,  die  kritische  Ausgabe  sämmtlicher 
Werke  der  Troubadours  mit  Vergleichung  aller  Handschriften  vorzube- 
reiten, dieselbe  einstweilen  zu  ersetzen,  und  auch  nachher  noch  einen 
urkundlich -handschriftlichen  "VVerth  zu  behaupten.  Die  Gedichte  sind 
daher  ganz  treu  nach  bestimmten  Handscliriften  gegeben,  und  die  Be- 
sprechung und  Verbesserung  des  Textes  ist  den  kritischen  Anmerkungen 
überwiesen.  Es  sind  im  Ganzen  300  Lieder  und  gröfsere  Gedichte,  die 
hier  gröfstentheils  zum  ersten  Mal  gedruckt  erscheinen  Die  Zahl  der 
ungedruckten  verhält  sich  zu  den  bereits  gedruckten  wie  250  :  50. 
Sämmtliche  Gedichte  sind  aus  sieben  Handschriften  der  Pariser  Kaiserl. 
Bibliothek  und  des  Arsenals,  sowie  aus  vier  englischen  Handschriften 
gezogen,  die  durch  ein  Zusammentreffen  von  günstigen  Umständen  wie- 
der neu  aufgefunden  und  zum  Theil  in  Besitz  von  Privatpersonen  und 
an  schwer  zugängliclien  Orten  in  die  Hände  des  Herausgebers  gelangten. 

Peire  Vidal's  Lieder,  herausgegeben  von  Dr.  K.  Bartsch, 
Conservator  der  Bibliothek  am  Germanischen  Museum.  8. 
geh.    1857.    2  Thlr. 

Kritiscli  bearbeiteter  Text  mit  ausführlicher  Einleitung  über  des 
Dichters  Leben,  metrische  und  sprachliche  Eigenthümlichkeiten,  Reim- 
verzeichnifs,  Glossarium  u.  s.  w. 


Iberisch  -  Baskisch. 


Prüfung  der  Untersuchungen  über  die  Urbewohner  Hi- 
spaniens  vermittelst  der  baskischen  Sprache  von  Wilhelm 
von  Humboldt.     1821.     4.     geh.     2  Thlr.   10  Sgr. 

Diese  Schrift  enthält  nicht  blos  eine  Kritik  der  früheren  so  dürfti- 
gen und  unvollkommenen  Untersuchungen  über  die  Urbewohner  Spaniens. 
Vielmehr  wird  mit  musterhafter  Gründlichkeit  und  Klarheit  dargethan, 
dafs  die  vielen  altiberischen,  von  Griechen  und  Römern  überlieferten 
Ortsnamen  aus  der  vaskischen  Sprache  herstammen,  und"  somit  die  That- 
sache  zur  Gewifsheit  erhoben,  dafs  die  heutige  Sprache  der  Yasken, 
natürlich  mit  den  durch  die  Zeit  hervorgebrachten  Veränderungen,  auch 
die  der  alten  Iberer  war,  und  dafs  ferner  diese  nur  ein  Volk  mit  nur 


Aegyptisch.  25 


einer  von  den  celtisclien  ganz  verschiedenen  Sprache  ansniachten  und 
als  die  ursprüngliclisten  Bewolnier  über  die  ganze  Halbinsel  verbreitet 
waren,  nur  mit  Gelten  untermischt  und  theilweise  zu  Celtiberern  ver- 
schmolzen; denn  die  vereinzelten  punischen  und  griechischen  Colonieen 
können,   wie    die   römischen  Besatzungen,   nicht  in  Betracht  kommen. 

Denkmäler  der  baskischen  Sprache.  Herausojegeben  von 
Dr.  C.  A.  F.  Mahn.     1857.    8.    geh.    (Unter  der  Presse). 

Enthält  hauptsächlich  seltene  unzugängliche  oder  ganz  unbekannte 
Baskische  Texte  z.  B.  aus  dem  Neuen  Testament  von  1571,  aus  Axular"'s 
Gueroco  guero  von  1(J42,  aus  Oihenart's  und  Garibay's  Sprichwörtern, 
epische  Gedichte  über  den  Cantabrischen  Krieg  und  die  Schlacht  bei 
Roncesvalles,  Urkunden  aus  dem  6.  und  8.  Jahrhundert,  Uebersetzungen 
aus  den  klassischen  Sprachen,  ganz  besonders  bisher  unbekannte  kleinere 
Lieder 


C,    Aegyptisch, 


De  natura  et  indole  linguae  popularis  Aegyptiorum  dis- 
seruit  H,  Brugsch.  (fasciculus  prior.)  1850.  gr.  8.  geh. 
15  Sgr. 


Grammaire  demotique  contenant  les  principes  generaux 
de  la  langue  et  de  l'ecriture  populaires  des  anciens  Egyp- 
tiens  par  Henri  Brugsch,  de  l'universite  royale  de  Berlin. 
Avec  un  tableau  de  signes  demotiques  et  dix  planches  y 
annexees.     1855.     foh    cart.     25  Thh*. 

Diese  Grammatik  enthält  eine  vollständige  und  wissenschaftliche 
Darstellung  desjenigen  ägyptischen  Dialectes,  welcher  zu  den  Zeiten  der 
letzten  Pharaonen,  der  Griechen  und  Römer  in  Aegjpten  gesprochen  und 
geschrieben  wurde.  Nicht  nur  sind  die  grammatischen  Formen  und  ihre 
graphisclie  Darstellung  bis  in  die  kleinsten  Details  wiedergefunden,  son- 
dern auch  mit  reichlichen  Beispielen  unterstützt  worden,  welche  sich 
dem  Verf.  in  allen  Museen  Europas  und  in  Aegypten  iu  Fülle  darboten. 


26  Aeg}'ptisch. 


Um  die  Einheit  des  Ganzen  und  die  Brauclibarkeit  für  das  Studium 
des  Aegyptischen  zu  erhöhen,  hat  der  Verf.  überall  die  etwaige  ent- 
sprechende hieroglyphische  Form  (mit  steter  Hinweisung  auf  die  Gram- 
maire  egyptienne  Champollion's  d.  j.)  hi  Parallele  gestellt  und  natürlich 
als  Hauptbeweismittel  für  die  Richtigkeit  der  gewonnenen  grammatischen 
Bedeutung  das  Koptische  herbeigezogen,  gestützt  auf  die  Grammatiken 
Peyron's^  vorzüglich  aber  ScJiwnrtze's.  Um  ein  Beispiel  für  die  Aus- 
dehnung der  gewonnenen  Formen  zu  geben,  welche  im  Vergleich  mit 
Champolliou's  eben  genannter  hieroglyphischer  Grammatik  weit  über 
dieselbe  hinausgeht,  so  bemerken  wir,  dafs  vom  Verbum  allein  achtzehn 
verschiedene  Formen  aufgefunden  worden  sind,  während  deren  Zahl  im 
Hieroglyphischeu  kaum  die  Hälfte  davon  übersteigt. 

Zehn  Tafeln  geben  die  genauesten  und  treuesten  Facsimiles  von 
verschiedenen  demotischen  Inschriften  aus  den  Museen  von  Paris,  Ley- 
den,  Turin,  Dresden  und  aus  Aegypten, 

Die  Verlagshandluug  hat  zu  diesem  Werke  die  ganze  demotische 
Schrift  in  mehr  als  dreihundert  Haupttypen  schneiden  und  giefsen  lassen, 
worüber  das  folgende  „Memoire''  Auskunft  zu  geben  bestimmt  ist. 

Memoire  sur  la  «i'eproduction  imprimee  des  caracteres 
de  Tancieime  ecriture  demotique  des  Egyptiens,  au  moyen 
de  types  mobiles  et  de  rimprimerie;  par  Henry  Brugsch, 
de  l'universite  royale  de  Berlin.    1855.    4.    geh.    7.^  Sgr. 

Koptische  Grammatik  von  Dr.  M.  G.  Schwartze, 
ehem.  Prof.  der  Koptischen  Sprache  an  der  Kgl.  Friedrich 
Wilhelms  -  Universität  zu  Berlin,  herausgegeben  nach  des 
Verfassers  Tode  von  Dr.  H.  Steinthal,  Docenten  an  der- 
selben Universität.     1850.     gr.  8.    cart.     5  Thlr.   10  Sgr. 

Diese  Grammatik  liefert  die  Thatsadien  so  vollständig  und  sorgfiiltig, 
wie  sie  bisher  noch  nirgends  gefunden  worden  sind.  Dabei  erstreckt 
sie  sich  über  alle  drei  koptischen  Dialecte  in  gleicher  AVeise.  Was  ihr 
aber  den  gröfsten  Vorzug  giebt,  ist  die  comparativ-genetische  Methode, 
welclier  überhaupt  die  neueste  Sprachwissenschaft  ihren  Aufschwung 
verdankt,  luid  welclie  liier  vom  Verfasser  mit  Scharfsiini  und  Umsiclit 
angewandt  ist.  Es  ist  hier  zum  ersten  Male  eine  w  issenschaftliche  Laut- 
lehre der  koptischen  Sprache  gegeben,  welclie  die  sichere  Basis  für  die 
Formenlehre  bildet.  Höchst  schätzenswerthe  Notizen  über  die  Syntax  sind 
aus  den  Papieren  des  Verfassers  vom  Herausgeber  angehängt. 


Semitische  Sprachen.  —   Arabisch.     Syrisch.  27 


D,    Semitische  Sprachen. 


Arabisch. 

Ibn  'Akils  Commentar  zur  Alfijja  des  Ibn  Mälik  aus  dem 
Arabischen  zum  ersten  Male  übersetzt  von  F.  Dieterici, 
Dr.  Ph.,  a.  o.  Professor  an  der  Universität  zu  Berlin.  1852. 
gr.  8.     geh.     4  Thlr. 


Syrisch. 

Lexicon  linguae  Syriacae.  Collegit  digessit  edidit  Ge- 
orgius  Henricus  Bernstein.  Fasciculus  primus.  Fol. 
2  Thlr.  20  Sgr. 

Seit  einer  Reilie  von  Jahren  wurde  dem  Erscheinen  des  obigen 
Werkes  mit  Verlangen  entgegengesehen.  Es  ist  bekannt  (vgl.  Zeitschrift 
d.  deutschen  morgen).  Gesellschaft  Bd.  III.  1849.  S.  385),  dafs  der  Ver- 
fasser desselben  länger  als  ein  Menschenalter  hindurch  Vorarbeiten  zu 
einem  ausfijhrlichen  syrischen  Wörterbuche  gemacht,  zu  dem  Ende  alle 
gedruckt  vorliegenden  syrischen  Schriften  aufmerksam  durchgelesen  und 
sorgfältig  excerpirt.  Reisen  nach  England  und  Italien  zur  Benutzung  der 
dortigen  Bibliotheken  für  seine  Zwecke  unternommen  und  das  dem  sy- 
rischen Lexikographen  unentbehrliche  syrisch -arabische  Wörterbuch  des 
Bar-Bahlul  sich  abschriftlich  verschafft,  sowie  Auszüge  aus  dem  des 
Bar -Ali  gemacht  hat. 

Nach  diesen  Vorbereitungen  wurde  ihm  durch  v.  Frähn's  Vermit- 
telung  die  Vergünstigung  zu  Theil,  aus  Lorsbach's  Vorarbeiten  zu  einem 
syrischen  Wörterbuche,  welche  dieser  Gelehrte  seinem  Handexemplare 
von  Castelli- Michaelis  Lexicon  beigeschrieben  und  welche  sich  in  dem 
Romänzoff'schen  Museum  zu  St.  Petersburg  befinden,  mit  Allerhöchster 
Erlaubnifs  Sr.  Majestät  des  verewigten  Kaisers  Nikolaus  auf  kurze  Zeit 
zur  Durchsicht  und  Benutzung  zugesandt  zu  erhalten.  Zu  gleichem 
Zwecke  wurde  ihm  auch  Arnoldi's  Handexemplar  des  Castelli -Michael, 
syrischen  Wörterbuches,  welchem  der  Besitzer  Zusätze  und  Berichtigun- 
gen beigefügt  hat  und  welches  Eigenlhum  der  Universitäts- Bibliothek 
in  Marburg  geworden  ist,  durcn  die  Güte  des  Herrn  Bibliothekars  rait- 
getheilt. 


28  Finnisch -tartarische  Sprachen. 

Als  nun  diese  reichen  Materialien  beisammen  waren  und  der  Ver- 
fasser vor  acht  Jahren  an  die  Ausarbeitung  des  Werkes  ging,  schuf  er 
im  Verein  mit  dem  verstorbenen  schwedischen  Professor  Tullberg  und 
seinerseits  in  der  Absicht,  sie  für  das  Lexicon  zu  benutzen,  eine  neue 
syrische  Schrift,  mit  welcher  auch  die  ßreslauer  üniversitats- Buch- 
druckerei durch  die  Liberalität  des  Herrn  Ministers  v  Raumer  Excellenz 
versehen  worden  ist  und  welche  dem  Werke  nicht  nur  zur  besonderen 
Zierde  gereicht,  sondern  auch  den  grofsen  Gewinn  gewährt,  dafs  es  un- 
ter den  Augen  des  Verfassers  gedruckt  und  der  Druck  von  ihm  selbst 
überwacht  werden  kann. 

Wir  haben  die  Ausgabe  des  Werkes  in  Heften  beschlossen,  um  den 
Orientalisten  stets  möglichst  schnell  die  vollendeten  Abtheilungen  des- 
selben zur  Benutzung  zu  übergeben.  Hefte  von  18  — 20  Bogen  werden 
in  möglichst  kurzen  Zwischenräumen  dem  gegenwärtigen  folgen. 

Zum  Schlüsse  unserer  Ankündigung  erlauben  wir  uns  auf  die  Worte 
hinzuweisen,  welche  einer  der  ersten  Kenner  der  syrischen  Sprache, 
Herr  Professor  Dr.  Rödiger  in  Halle,  nach  der  Einsicht  in  die  ersten 
Bogen  dieses  Werkes  über  dasselbe  (Zeitschrift  der  deutschen  morgenl. 
Gesellschaft  Bd.  IX.   1856.   S.  760)  ausgesprochen  hat: 

,,Was  ich  vou  Bernstein's  Syrischem  Lexikon  gesehen  habe,  ent- 
,, spricht  vollständig,  den  hohen  Erwartungen,  die  m  ir  davon  liegten. 
,,Es  ist  die  reife  Frucht  jahrelangen  unermüdlichen  FlciTses,  der  um- 
,, sichtigsten  und  sorgfältigsten  Benutzung  eines  reichen  handschrift- 
„lichcn  niaterials,  der  ausgedehntesten  Lcctüre  und  einer  iiiuster- 
,, haften  Akribie,  ein  Werk,  auf  welches  die  deutsche  Wissenschaft 
,, stolz  sein  wird.'' 


E.    Finnisch- tartarische  Sprachen. 


Ueber  die  Sprache  und  Schrift  der  XJiguren  von  Julius 
Klaproth.  Mit  einer  Kuj3fertafel  und  einer  Vignette. 
(Nur  in  zweihundert  Exemplaren  gedruckt.)  fol.  Vergl. 
über  dieselbe  S.  31.  unter  Verzeichnifs. 

Diese  Abhandlung  ist  von  einer  älteren  unter  demselben  Titel  er- 
schienenen desselben  Verfassers  zu  unterscheiden.  liier  werden  aus 
einem  uigurisch- chinesischen  Vocabular,  welches  aus  dem  kaiserlichen 
Uebersetzungsiustitute  zu  Peking  stammt  und  jetzt  in  der  Bibliothek  zu 


Malayisch-polynesische  Sprachen.  29 


Paris  sich  befindet,  die  in  ihm  enthaltenen  achthundert  iiigurischen  Wör- 
ter milgctheilt  und  mit  den  entsprechenden  anderer  lürkisch-tartarischer 
Diaiccte  zusammengestellt.  Aufserdem  werden  drei  uigurische  Schreiben 
an  die  chinesischen  Kaiser  der  Dynastie  Ming  als  Sprachprobe  gegeben. 
Hierauf  folgt  die  aus  Abulgasi  und  besonders  den  chinesischen  Schrift- 
stellern geschöpfte,  theilweise  durch  europäische  Zeugnisse  bestätigte 
Geschichte  der  Uiguren,  welche  die  einstige  Macht  dieses  Stammes  und 
übereinstimmend  mit  der  Sprache  seinen  türkischen  Ursprung  und  seine 
Verschiedenheit  von  den  Tanguten  beweist.  Die  nigurische  Schrift  ist 
eine  Tochter  der  syrischen  und  Mutter  der  mongolischen,  kalmückischen 
und  mandschurischen,  wie  sowohl  die  Form  der  Buchstaben  selbst,  als 
auch  einheimische  Schriftsteller  lehren. 

Das  Zahlwort  in  der  tschudischen  Sprachclasse ,  wie 
auch  im  Türkischen,  Tungusischen  und  Mongolischen  von 
Wilhelm  Schott.  Aus  den  Abhandlungen  der  Akade- 
mie a.  d.  J.  1853.  1853.     gr.  4.    geh.     15  Sgr. 


F.    Malayisch-polynesische  Sprachen. 


Ueber  die  Kawi- Sprache  auf  der  Insel  Java,  nebst  einer 
Einleitung  über  die  Verschiedenheit  des  menschlichen  Sprach- 
baues und  ihren  Einflufs  auf  die  geistige  Entwickelung  des 
Menschengeschlechts  von  Wi Ihelm  von  Humboldt.  Drei 
Bände.    1836.    gr.  4.    18  Thlr.  15  Sgr. 

Der  erste  Band  dieses  Werkes  enthält  aufser  der  Einleitung,  von 
der  die  oben  aufgeführte  Schrift  ein  besonderer  Abdruck  ist,  das  erste 
Buch:  über  die  Verbindung  zwischen  Indien  und  Java.  Da  die  Kawi- 
Sprache  das  Erzeugnifs  dieser  Verbindung  ist,  so  wird  hier  gewisser- 
mafsen  die  Entstehung  derselben  nachgewiesen.  Die  Verbreitung  des 
Buddhismus  über  Java  und  andere  Inseln  des  östlichen  Archipels  wird 
aus  den  Ueberresten  von  Tempeln  und  Bildwerken,  Inschriften  und 
Sagen,  wie  auch  aus  einzelnen  Kennzeichen  aufs  Gründlichste  darge- 
than.  —  Das  zweite  Buch  (IL  Bd.)  enthält  die  Analyse  der  Kawi-Sprache. 
Nach  einigen  Notizen  über  die  Literatur  und  die  Hülfsmittel  zur  Erfor- 


30  Malayisch-polynesische  Sprachen. 

schling  derselben  wird  ihre  grammatische  Form,  wie  sie  sich  aus  der 
behutsamsten  Betrachtung  der  Texte  ergab,  dargestellt,  um  die  Natur  der- 
selben zu  bestimmen  und  zu  zeigen  und  mit  Beweisen  zu  belegen,  wie 
sie  in  dem  Kreise  der  Sprachen,  zu  welchen  sie  zu  rechnen  ist,  classi- 
ficirt  werden  miifs.  —  Dies  nöthigte  den  Verfasser  im  dritten  Buche 
auf  den  malayischen  Sprachstamm  überhaupt  einzugehen.  Nach  der  all- 
gemeinen Ohara cterisirung  und  Eintheiliing  desselben  werden  zuerst  die 
einzelnen  Sprachen  des  westlichen  Zweiges  mit  dem  bekannten  feinen 
Takt  des  Verfassers  für  Auffassung  eigenthümlicher  Gestaltungen  vor- 
geführt. — 

Der  dritte  Band  umfafst  die  Sprachen  der  Südsee-Inselu,  den  andern 
Zweig  des  malayischen  Stammes.  Diese  leider  von  Humboldt  nicht  voll- 
endete Arbeit  hat  ihre  Ergänzung  durch  einen  jüngeren,  auf  dem  Gebiete 
der  Sprachwissenschaft  rühmlichst  bekannten  Gelehrten,  Herrn  Professor 
Buschmann j  erhalten,  welcher  in  umfassendster  Weise  nicht  nur  die 
Sprachen  der  Südsee-Inseln  unter  sich,  sondern  auch  diese  mit  dem  oben 
erwähnten  westlichen  Zweige,  den  im  engern  Sinne  malayisch  genannten 
Sprachen,  verglichen  hat. 

lieber  die  Verwandtschaft  der  malayisch -polynesischen 
mit  den  indisch-europäischen  Sprachen  von  Franz  Bopp. 
1841.     gr,  4.     2  Thlr.  20  Sgr. 

Der  berühmte  Verfasser  führt  in  dieser  Abhandlung  den  Bev\  eis,  dafs 
der  malayisch-polynesische  Spraclizweig  ein  Abkömmling  des  Sanskrit-Stam- 
mes ist,  dafs  er  zu  demselben  in  einem  töchterlichen  Verhältnisse  steht,  wäh- 
rend die  meisten  europäischen  Sprachklassen  dem  Sanskrit  schAvesterlich 
die  Hand  reichen.  Es  wird  die  Annahme  gerechtfertigt,  dafs  das  Sans- 
krit, und  zwar  zu  einer  Zeit,  avo  es  in  noch  ursprünglicherem  Zustande, 
als  in  welchem  es  uns  bekannt  ist,  sich  befand,  und  viel  durchgreifender 
und  gewaltsamer  als  das  Lateinische  in  die  romanischen  Sprachen,  in 
die  malayisch -polynesischen  sich  aufgelöst  habe.  Letztere  sind  nur 
Trümmer  eines  verfallenen  Sprachorganismus,  sie  sind  aus  der  gram- 
matischen Bahn,  in  der  sich  ihre  Muttersprache  bewegt  hat,  heraus- 
getreten. Die  Untersuchung  kann  sich  darum  hier  nicht  mit  der  Gram- 
matik beschäftigen,  sondern  es  werden  Wörter  aus  allen  Redetheilen 
mit  Sanskritwörtern  verglichen,  und  ihre  auffallende  Aehnlichkeit  mit 
denselben  bestätigt  die  obige  Ansicht. 


Chinesisch  und  Hinterindisch.  31 


G.    Chinesisch  und  Hinterindisch. 


Vocabularium  Sinicum  concinnavit  Guilelraus  Schott. 
1844.    gr.  4.    geh.     1  Thlr.  10  Sgr. 

Zur  Beurteilung  der  annamitisohen  Schrift  und  Sprache 
von  Wilhelm  Schott.  Aus  den  Abhandlungen  der  Kö- 
nighchen  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin.  1855. 
gr.  4.     geh.     8  Sgr. 

Die  Abhandlung  stellt  die  Eigenthümlichkeiten  der  annamitischen 
Schrift  und  Sprache  dar,  und  zwar  die  letztere  in  den  Lauten  der  gram- 
matischen Construction,  im  Gegensatz  zur  chinesischen.  Ein  Anhang 
erklärt  die  Namen  Anuam,  Tung-Kingl  (Tonquin)  und  Conchinchina. 

Verzeichniss  der  Chinesischen  und  Mandschuischen  Bü- 
cher und  Handschriften  der  Königl.  Bibliothek  zu  Berhn. 
Verfafst  von  Julius  K 1  a  p  r  o  t  h.  Herausgegeben  auf  Befehl 
Seiner  Majestät  des  Königs  von  Preulsen.  Paris  1822. 
gr.  fol.  (188  pp.  u.  Vni. )  Angehängt  ist  eine  Abhand- 
lung: Ueber  die  Sprache  und  Schrift  der  Uiguren.  (68  pp.) 
Mit  einer  Kupfertafel  und  einer  Vignette.  (Nur  in  zwei- 
hundert Exemplaren  gedruckt.)  Vergl.  über  dieselbe  S.  28. 
d.  V.     fol.     16  Thlr.  15  Sgr. 

Chinesische  Sprachlehre  von  Wilhelm  Schott.  Zum 
Gebrauche  bei  Vorlesungen  und  zur  Selbstunterweisung. 
1857.     gr.  4.    geh.    2  Thlr.  20  Sgr. 


32  Amerikanische  Sprachen. 


H.    Amerikanische  Sprachen. 


Ueber  die  Aztekischen  Ortsnamen  von  Joh.  Carl  Ed. 
Buschmann.  Erste  Abtheiking.  [Besondrer  Abdruck  aus 
den  Abhandlungen  der  Königlichen  Akademie  der  Wissen- 
schaften zu  Berlin  aus  dem  Jahre  1852.]  1853.  gr.  4. 
geh.     2  Thlr. 

Inhalt:  I.  Einleitung.  IT.  Aztlan  und  die  aztekische  Sprache. 
III.  Merkwürdigkeiten  der  mexikanischen  Sprache.  IV.  Hieroglyphische 
Gemälde.  V.  Einwanderung  von  Norden.  VI.  Wanderungen  und  älteste 
Geschichte.  VII.  Verbreitung  aztekischer  Ortsnamen  im  Allgemeinen 
und  im  nördlichen  Mexico.  VIII.  Guatemala.  IX.  Nicaragua.  X.  Gua- 
temala (Schlufs).     XI.  Wiederkehr  der  Ortsnamen. 

Der  athapaskische  Sprachstamm  dargestellt  von  Joh. 
Carl  Ed.  Buschmann.  Aus  den  Abhandlungen  der 
Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  1855.  1856. 
gr.  4.     cart.     2  Thlr. 

Die  Sprachen  Kizh  und  Netela  von  Neu-Californien  von 
Joh.  Carl  Ed.  Buschmann.  Aus  den  Abhandlungen  der 
Königl.    Akademie    der    Wissenschaften    zu    Berhn    1855. 

1856.  gr.  4.  geh.     12  Sgr. 

Die  Pimasprache  und  die  Sprache  der  ^oloschen  von  Joh. 
Carl  Ed.  Buschmann.  Aus  den  Abhandlungen  der 
Königl.    Akademie     der    Wissenschaften    zu    Berlin    1856. 

1857.  gr.  4.     cart.    1   Thlr. 


p 
515 

B6 

1856 
B.l 
pt.2 


Bopp,   Franz 

Vergleichende  Grammatik 
des  Sanskrit 


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