Vergleichende Grammatik
flrs
Sanskrit, Send, Armenischen,
Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen,
G ethischen und Deutschen
FRANZ BOPP,
Zweite gänzlicti umgearbeitete Ausgabe.
1
Erster Band. /
(Alltor und Verleger behalten sich das Recht der IJbersetzung
in fremde Sprachen vor.)
Berlin
Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung.
Paris: Friedrich Klincksieck, rue de Lille 11.
1857.
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3./
Vorrede zur ersten Ausgabe.
Ich beabsichtige in diesem Buche eine vergleichende, alles
Verwandte zusammenfassende Beschreibung des Organismus
der auf dem Titel genannten Sprachen, eine Erforschung
ihrer physischen und mechanischen Gesetze und des Ursprungs
der die grammatischen Verhältnisse bezeichnenden Formen.
Nur das Geheimnifs der Wurzeln oder des Benennungs-
grundes der UrbegrifFe lassen wir unangetastet; wir unter-
suchen nicht, warum z. B. die W"urzel / gehen und nicht
stehen, oder warum die Laut-Gruppirung ST HA oder STA
stehen und nicht gehen bedeute. Aufserdem aber ver-
suchen wir, die Sprache gleichsam im Werden und in ihrem
Entwickelungsgange zu verfolgen, aber auf eine Weise, dafs
diejenigen, welche das von ihnen für unerklärbar Gehaltene
nicht erklärt wissen wollen, vielleicht weniger Anstofs in
diesem Buche finden werden, als sie von der hier ausge-
sprochenen Tendenz erwarten könnten. In den meisten
Fällen eingibt sich die Urbedeutung und somit der Ursprung
der grammatischen Formen von selbst, durch die Erweiterung
unseres sprachlichen Gesichtskreises und durch die Confron-
tirung der seit Jahrtausenden von einander getrennten, aber
noch unverkennbare Familienzüge an sich tragenden Stamm-
schwestern. In der Behandlung unserer europäischen Spra-
chen mufste in der That eine neue Epoche eintreten durch
die Entdeckung eines neuen sprachlichen Welttheils, nämlich
IV r'nrrede zur ersten Ausgabe.
des Sanskrit"), von dem es sich erwiesen hat, dafs es in
seiner grammatischen Einrichtung in der innigsten Beziehung
zum Griechischen, Lateinischen, Germanischen etc. steht, so
dafs es erst dem Begreifen des grammatischen Verbandes
der beiden klassisch genannten Sprachen unter sich, wie
auch des Verhältnisses derselben zum Germanischen, Li-
tauischen, Slavischen eine feste Grundlage gegeben hat.
Wer hätte vor einem halben Jahrhundert es sich träumen
lassen, dafs uns aus dem fernsten Orient eine Sprache würde
zugeführt werden, die das Griechische in allen seinen ihm
als Eigenthum zugetrauten Form-Vollkommenheiten begleitet,
zuw^eilen überbietet, und überall dazu geeignet ist, den im
Griechischen bestehenden Dialekten -Kampf zu schlichten,
indem sie uns sagt, w^o ein jeder derselben das Achteste,
Alteste aufbewahrt hat.
Die Beziehungen der Alt-Lidischen Sprache zu ihren
europäischen Schwestern sind zum Theil so handgreiflich,
dafs sie von jedem, der jener Sprache auch nur aus der
Ferne seinen Blick zuwendet, wahrgenommen werden müs-
sen; zum Theil aber auch so versteckt, so tief in die ge-
heimsten Gänge des Sprachorganismus eingreifend, dafs man
jede einzelne ihr zu vergleichende Sprache, wie auch sie
selber, von neuen Gesichtspunkten aus betrachten, und alle
Strenge grammatischer Wissenschaft und Methode anAvenden
mufs, um die verschiedenen Grammatiken als ursprünglich
Eine zu erkennen und darzustellen. Die Semitischen Spra-
chen sind von einer derberen Natur, und, das Lexicalische
und Syntaktische abgerechnet, von einer höchst sparsamen
Einrichtung; sie hatten wenig zu verlieren und mufsten das,
was ihnen vom Anbeginn mitgegeben war, allen zukünftigen
*) Sanskjta (§. l) bedeutet geschmückt, vollendet, vollkom-
nien, in Bezug auf Sprache soviel als klassisch, und Ist also
geeignet den ganzen Stamm zu bezeichnen. Es besteht aus den
Elementen sam mit und krta (^oiw. kr f as , krtä, krtam) ge-
macht, mit eingeschobenem euphonischem s (§§. 18, 96).
Zeiten überliefern. Die wurzclhafte ConsonanLen-Dieiheit
(§. 107), welche diesen Stamm vor anderen auszeichnet, war
allein schon hinreichend, jedes ihm angehörende Individuum
kenntlich zu machen. Das Familienband hingegen, welches
den indisch-europäischen Sprachstamm umschlingt, ist zwar
nicht weniger allgemein, aber in den meisten Richtungen
von unendlich feinerer Beschaflenheit. Die Glieder dieses
Stammes brachten aus ihrer ersten Jugendperiode eine über-
aus reichhaltige Ausstattung, und in einer unbeschränkten
Conipositions- und Agglutinations-Fähigkeit (§. 108) auch
die Mittel dazu mit. Sie konnten, weil sie vieles hatten,
auch vieles einbüfsen und dennoch sprachliches Leben tra-
gen; und durch vielfache Verluste, vielfache Veränderungen,
Laut- Unterdrückungen, Umwandlungen und Verschiebungen
sind die alten Stammschwestern einander fast unkenntlich
geworden. Wenigstens ist es Thatsache, dafs das noch am
meisten am Tage liegende Verhältnifs des Lateinischen zum
Griechischen zwar niemals ganz übersehen, aber doch bis
auf unsere Zeit gröblich verkannt worden ist, und dafs die
in grammatischer Beziehung nur mit sich selbst, oder mit
solchem, was ihres Stammes ist, vermischte Römersprache
auch jetzt noch als Mischsprache angesehen zu werden pflegt,
weil sie in der That vieles hat, was zum Griechischen ge-
halten sehr heterogen klingt, obwohl die Elemente, woraus
solche Formen entsprungen, dem Griechischen und anderen
Schwestersprachen nicht fremd sind, wie ich dies zum Theil
schon in meinem Conjugations-System*) zu zeigen versucht habe.
*) Frankfurt a. M. l,Sl6. Eine Übersetzung meiner englischen
Umarbeitung dieser Schrift {Analyticnl Comparison nf ihe Sanscrit,
Greek, Latin and 2'eutonic Languages , in den Annah of Oriental
Literature, Lond. I>s20), von Dr. Pacht, findet sich im zweiten
und dritten Hefle des 2. Jahrg. von Seebodes neuem Archiv für
Phil, und Pädagogik. Grimms meisterhafte deutsche Grauniiallk
war mir leider bei Abfassung der englischen Umarbeitung noch nicht
bekannt geworden, und Ich konnte damals für die aifgermanlschen
Dialekte nur HIckes und Fulda benutzen.
VI Von tdc zur ersten Ausgabt.
Die enge Verwandtschaft der klassischen mit den ger-
manischen Sprachen ist — zahh^eiche Wortvergleichungen
ohne Princip und Kritik abgerechnet — vor Erscheinung des
asiatischen Vermittelungsgliedes fast ganz übersehen worden,
obwohl der Umgang mit dem Gothischen schon anderthalb
Jahrhunderte zählt, das Gothische aber in seiner Grammatik
so vollkommen und in seinen Verhältnissen so klar ist, dafs,
^venn es früher eine streng systematische Sprachvergleichung
und Sprach -Anatomie gegeben hätte, die durchgreifende Be-
ziehung desselben — und somit des Gesammt-Germanischen —
zur Griechen- und Rümer-Sprache längst enthüllt, nach allen
Richtungen verfolgt, und gegenwärtig von jedem Philologen
verstanden und anerkannt sein müfste. Denn was ist wich-
tiger und kann dringender von den Bearbeitern der klassi-
schen Sprachen verlangt werden , als die Ausgleichung
derselben mit unserer Muttersprache in ihrer ältesten, voll-
kommensten Gestalt? Seitdem das Sanskrit an unserem
sprachlichen Horizont aufgegangen ist, läfst sich auch dieses
von tiefer eingehenden grammatischen Untersuchungen in
irgend einem ihm verwandten Sprachgebiete nicht mehr
ausschliefsen, was auch den bewährtesten und umsichtigsten
Forschern in diesem Fache nicht in den Sinn kommt.") Man
*) Wir verweisen auf W. v. Humboldts höchst gewichtvolles
Urtheil über die Utientbehrlichkeit des Sanskrit in der Sprachkunde
und derjenigen Art Geschieht^', die damit zusammenhängt (Indische
BIbl. I. 153). Auch aus Grimms Vorrede zur zweiten Ausgabe
seiner trefflichen Grammatik mögen einige zu beherzigende Worte
hier an Ihrem Platze stehen (I. VI): ,,So wenig der erhabenere
Stand des Lat. und Griechischen fiir alle Fälle der deutschen Gram-
matik ausreicht, in welcher noch einzelne Saiten reiner und tiefer
anschlagen, eben so wird, nach A.W.Schlegels treffender Be-
merkung, die weit vollendetere indische Grammatik wiederum jenen
zum Correctiv dienen. Der Dialecl, den uns die Geschichte als den
ältesten, unverdorbensten weist, mufs zuletzt auch für die allgemeine
Darstellung des Stamms die tiefste Regel darbieten und dann bisher
entdeckte Gesetze der späteren Mundarten reformieren, ohne sie
sämmlllch aufzuheben."
Vorrede zur ersten Aussähe. VII
fürchte nicht, dafs die pralitische GriindHchkeit in der utra-
que Ungua, worauf es dem Philologen am meisten ankommt,
durch Verhreitung über zu vielerlei Sprachen beeinträchtigt
werde; denn das Vielartige verschwindet, wenn es als ein-
artig erkannt und dargestellt, und das falsche Licht, welches
ihm die Farbe des Vielartigen auftrug, beseitigt ist. Ein
anderes ist es auch eine Sprache lernen, ein anderes sie
lehren, d. h. ihren Organismus und Mechanismus beschreiben;
der Lernende mag sich in der engsten Gränze halten und
über die zu erlernende Sprache nicht hinaussehen; des Leh-
renden Blick aber mufs über die engen Schranken eines
oder zweier Individuen einer Sprachfamilie hinausreichen,
er mufs die Zeugnisse der sämratlichen Stammgenossen um
sich versammeln, um dadurch Leben, Ordnung und orga-
nischen Zusammenhang in das auszubreitende Sprachmaterial
der zunächst vorliegenden Sprache zu bringen. Solches zu
erstreben scheint mir wenigstens die gerechteste Anforderung
unserer Zeit, welche seit einigen Jahrzehnden uns die Mittel
dazu an die Hand gegeben hat.
Die Zend-Grammatik konnte einzig auf dem Wege einer
strengen, geregelten Etymologie, welche Unbekanntes auf
Bekanntes, Vieles auf Weniges zurückzuführen hat, wieder
gewonnen werden; denn diese merkwürdige, in vielen Punkten
über das Sanskrit hinausreichende und dieses verbessernde,
in seiner Theorie begreiflicher machende Sprache, scheint
den Bekennern von Zoroasters Schriften nicht mehr ver-
ständHch zu sein; denn Rask, der Gelegenheit hatte sich
davon zu überzeugen, sagt ausdrücklich (bei v. d. Hagen
p. 33), dafs ihre verlorene Kunde erst wieder entdeckt wer-
den müsse. Auch glauben wir beweisen zu können, dafs
der Pehlvi- Übersetzer des von Anquetil (T. II, p. 433 fF.)
edirten Zend-Vocabulars die grammatische Geltung der von
ihm übertragenen Zend -Wörter häufig höchst mangelhaft
erkannt hat. Es zeigen sich darin die sonderbarsten Ver-
slöfse, und das schiefe Verhältnifs von An qu etil s französi-
scher Übersetzung zu den Zend-Ausdrücken ist meistens dem
VllI Vorrede zur ersten Ausgabe.
Mifsverhältnisse der Pehlvi- Erklärungen zum Zendisohen
Original beizumessen. Fast alle obliquen Casus kommen
darin nach und nach zur Ehre als Nominative zu gelten;
auch die Numeri sind zuweilen verkannt; dann findet man
Casus-Formen vom Pehlvi -Übersetzer als Verbal -Personen
ausgegeben, auch diese unter sich verwechselt, oder durch
abstrakte Nomina übersetzt. Einige in der Note gegebene
Belege mögen dies beurkunden'). Anquetil bemerkt, so
*) Ich gebe die Zend- Ausdrücke nach der In §. 30 ff. ausein-
andergesetzten Schreibart, mit Beifügung der Original -Schrift,
Avelche in diesem Buche zum erstenmal Im Druck erscheint und vor
kurzem Im Auftrage der K. Akademie der Wissenschaften von Hrn.
Götz Ig nach dem VorbMde des von Hrn. Burnouf lithographisch
edirten Codex verfertigt worden. Die Pehlvi -Wörter gebe ich
genau nach Anquetil (II. ^1)5 ff.): ^£^v*.uCwU ahmäkem YlfJiüüV,
P. rournnu (vgl. p. 502 roman n o s) , A. je , mni; «.^'^ij >?>'••*-'
ahuhya honis (mit dualer Endung §. 21.5), P. avaeh, A. bon,
excellent; );0^^<^* aete hl, ii, P. v arm an Is, A. lui; g^^^
anhem ich war oder auch ich bin, P. djanounad er ist,
A. il est; '-«^>C^3^ anheus mundl, P. akhe, A. le rtionde;
r^^^^^vU>>sW av ais aiim horum, P. v armous chan ii, A.
eux ; ^(\3ivU/vUj baraiti fert, P. dadrouneschne das Tra-
gen {e sehne bildet Im Pehlvi abstracte Substantive), A. // parte,
il execute, porter ; »^ -^j bis zweimal, ^ . dou zwei, A. deux ;
bereteb'i'6 (<^^^^^^^^0^\Ji baraitiby 6 ferentibus? jedenfidls
ein pluraler Dativ- Ablativ), P. dadr ounes ohne das Tragen,
K. porler; JÜCO /'e tu i, P. / o ?/ t u , A. toi; vU^«xU(\3 täca eaque
(neut. §.2 31), P. zakedj, A. ce ; ^(xjvU^g-a/d der geschla-
gene (vgl. Skr. liatns von han), P. maitouned er schlägt,
A. il frappe; ^C^^^kV^ g anat er schlug, P. rnaitnunes chne
das Schlagen, K. f rapper ; %\/?(^yyiJ zanthra per genitorem,
P. zarhounad gignit, A. il engendre; ■^^^(XJOü stri femina,
P. vakad, K. femelle ; ^^/(>OJü strini feminam, P. vakad,
K.fernelle; ^V^^vVJUjVJÜ stäraJim stellarum, P. setaran,
A. les etoiles ; ^s.mjj^O'-^^^vVJ^ fra-dnfäi dem gegebenen
oder vorzüglich gegebenen, P. feraz de he sehne (nom.
actionis), K. donner abondamment ; g*^^*XfG}{^%.V^ gae tlio n an m
mundorum, P. guehan (vgl. qL^), A. Ic mondc; vV'^v^A)^v^v.U(p
Vorrede zur ersten Ausgabe. IX
viel ich weifs, nirgends elvvas über das Alter des gedachten
Vocabulars, während er das Alter eines anderen, worin
gn turne a locumque, V. gah, X. Heu ; «^/«.U) tiars des Men-
schen, P. guebna Iiarnat advak, h. un hortinic; M/^xn nara
zwei Menschen, P. guebna ha ma f dou , A . deu.r hornmes ;
g^Cv)K*.'^i/^^AX>t ndir ikananm fe n» i n a r ii ni , V.nairik hnmal
s e , A. trois (ou plusieursj femrnes ; Qy^^i^/ G' t hrjanm t r I u n) ,
P. sepin, \. troisieme ; ♦-^►'fO^^b*.*.'^ valirnernca p ra e c ! a r u ni q n e
P. rjeacjc/zwe ad oratio, K. je fais neaesch; ^vmj^vV^ vahmdi
praeclaro, V. neaesch konam. adorationem f a c I o , K. je
bt'nis et fais neaesch. Ich bestehe nicht auf der Überselzung des
Adjectivs «.u^u^ vahrna durch praeclarus, aber dessen bin ich
gewifs, dafs vahtnem uniJ vahmdi nichts anders als Accus, und
Dativ des Stammes vahma sind, und dafs an eine Möglichkeit, dafs
ivMJ^s.u^ vahmdi die erste Pers. eines Verbums sein könnte, gar
nicht zu denken ist. Anquetil gibt aber auch — in der von ihm
"versuchten Interh'near-Version des Anfangs des V. S. — zwei an-
dere einleuchtende, mit der Partikel ».OfvJ ca und verbundene Dative
als erste Pers. sg.Praes.,n*ändi(h <\i^^^fOjl G'\ys.\j^^^<\^(jr c s n a o thr di~
ca, K^J^^^.y}^^OJ^^^\}^<\J):^^ fräs as tayae-ca (s. §.164) durch
„placere cupio, vota facio". Man sieht also aus den hier
gegebenen Beispielen, die ich leicht um vieles verniehren könnte,
dafs der Pehlvi- Übersetzer des betreffenden Vocabulars eben so
wenig als Anquetil eine grammatische Kenntnifs der Zend-Sprachc
hatte, und dafs beide dieselbe mehr im Geiste eines flexions-armeii
Idioms auffafsten, so dafs, wie im Pehlvi und Neupersischen, die
grammatische Geltung der Glieder eines Satzes mehr aus ihrer
Stellung als aus ihren Endnngen erkannt werden müfste. Auch
sagt Anquetil (II. 425) ausdrücklich: La construction dans la
langue Zende, semblable en cela aujc autres idiornes de VOrient, est
astreinte ä peu de regles ( ! ). La formation des tems des Verbes y
est a-peu-pres la meme que dans le Persan, plus trainante cepandant,
parce qu'elle est accompagnee de toutes les voyelles (^\). Wie mag
es sich nun mit der vor mehr als drei Jahrhunderten aus dem Pehlvi
geflossenen Sanskrit- Übersetzung des Izeschne verhallen? Diese
Frage wird uns gewifs recht bald Hr. E. Burnouf beantworten,
der bereits in einem h()chst interessanten Auszug seines Comment.
über den V. S. {Nouv. jnum. Asiat. T. J. p. 321 ff.) zwei Stellen
X Vunedc zur ersten Aussähe.
Pehlvi durch Persisch erläutert wird, auf vier Jahrhunderte
angibt. Es wird also auch das in Rede stehende keiner
sehr späten Zeit angehören, vielmehr mufste das Bedürfnifs
zu Zend-Erklärungen viel früher gefühlt werden als zu sol-
chen der Pehlvi-Sprache, welche den Parsen viel länger als
Zend geläufig geblieben. Es war also eine schöne Aufgabe
unserer europäischen Sanskrit- Philologie , eine in Indien so
zu sagen unter den Augen des Sanskrit nicht mehr ver-
standene, gleichsam verschüttete Stammgenossin w^iederum
an das Licht zu ziehen; eine Aufgabe, die noch nicht ganz
gelöst ist, aber ohne Zweifel es werden wird. Was Rask
in seiner im Jahre 1826 erschienenen und durch v, d. Ha gen s
Übersetzung allgemeiner zugänglich gemachten Schrift „Über
das Alter und die Echtheit der Zendsprache und des Zend-
Avesta" zuerst Zuverlässiges über diese Sprache mitgetheilt
hat, mufs als erster Versuch hoch in Ehren gehalten werden.
Durch Berichtigung: der Geltung der Buchstaben verdankt
diesem geistreichen Forscher, dessen frühzeitigen Tod wir
davon mitgetheilt und trefflic h erliiutert hat. Sie sind aber zu kurz,
um darauf zu kühne Folgerungen von dem Ganzen zu gründen;
auch ist ihr Inhalt von der Art, dafs die flexions-arme Pehlvi-Sprache
dem Zendischcn Original ziemlich von Wort zu Wort folgen konnte.
Die eine Stelle bedeutet: „Ich rufe an, ich verherrliche den vortreff-
h'chen reinen Segen und den voitrefflichen Menschen, den reinen,
und den strengen, starken Dämi-ähnlichen (? vgl. Skr. upamäna
Ähnlichkeit >ind V. S. p. 42^ ddmois drugo) Izet." Höchst
auffallend und von schlechter Vorbedeutung ist es aber, dafs Ne-
riosengh oder sein Pehlvi-V^orgängcr den weiblichen Genit.
dahmajäo als pluralen Gen. auffafst, da dieser Ausdruck doch
offenbar, wie Burnouf sehr richtig bemerkt hat, nur ein Epithel
von dfritois ist. Ich enthalte mich über die mifslichen Ansdriicke
ddmois uparnanaJie zu reden, und begnüge mich, die Möglich-
keit einer anderen Auffassung angedeutet zu haben, als die von
Burnouf sehr gründlich besprochene und auf IS eri os en gh sich
stützende. Die zweite Stelle bedeutet: Ich rufe an, Ich verherrliche
die Sterne, der» Mond, die Sonne, die anfangsloscn Lichter, die
selbslgcschaffencn.
Vorrede zur ersten yiusgaöe. XI
tief beklagen, die Zend- Sprache ein natürlicheres Ansehen.
Von drei Wörtern aus verschiedenen Declinationen gibt er
die Singular- Beugung, wenngleich noch mit empfindlichen
Lücken, gerade an solchen Stellen, wo die Zend -Formen
von höchstem Interesse sind, und unter anderen dieser
Sprache diejenige Unabhängigkeit von dem Sanskrit geben,
welche Rask, vielleicht in zu hohem Grade, für das Zend
in Anspruch nimmt, welches wir ebenfalls nicht als blofsen
Dialekt des Sanskrit aufgefafst wissen wollen, sondern dem
wir eine ähnliche sprachliche Selbstständigkeit zugestehen
müssen, wie etwa dem Lateinischen gegenüber dem Grie-
chischen, oder dem Alt- Nordischen in Beziehung zum Go-
thischen. Im Übrigen verweise ich auf meine Recension
über Rasks und v. Bohlens Zendschriften in den Jahrb.
für wissenschaftliche Kritik (Dec. 1831), so wie auf eine
frühere (März 1831) über E. Burnoufs verdienstvolle Lei-
stungen in diesem neu eröffneten Felde. Meine dort nieder-
gelegten, aus den von Burnouf in Paris und von Ols-
hausen in Hamburg edirten Original -Texten geschöpften
Beobachtungen erstrecken sich bereits über alle Theile der
Zend- Grammatik, und es blieb mir daher hier nur übris",
dieselben weiter zu begründen, zu ergänzen, einiges zu be-
richtigen und auf eine Weise anzuordnen, dafs der Leser
an der Hand der ihm bekannten Sprachen auf die leichteste
Art mit dieser wiedergefundenen Schwestersprache bekannt
gemacht würde. Um nicht den Zugang zum Zend und
Sanskrit durch die für viele abschreckende und für jeden
verdriefsliche Arbeit neu zu erlernender Schriften zu er-
schweren, habe ich den Originalschriften jedesmal die Aus-
sprache nach einem consequenten Systeme beigefügt; oder
wo, zur Raum-Ersparung, nur eine Schrift gegeben worden,
ist es die Römische. Vielleicht ist aber der so eingeschla-
gene Weg auch der bequemste, um den Leser nach und
nach in die Kenntnifs der Urschriften einzuführen.
Da in diesem Buche die Sprachen, worüber es sich
verbreitet, ihrer selbst willen, d. h. als Gegenstand und nicht
XII Vorrede zur ersten Ausgabe.
als Mitlei der Erkcnntnifs behandelt werden, und mehr eine
Physik oder Physiologie derselben zu geben versucht wird,
als eine Anleitung sie praktisch zu handhaben: so konnten
manche Einzelnheiten, die zur Characteristik des Ganzen
nichts Wesentliches beitragen, ausgelassen, und dadurch für
die Erörterung des Wichtigeren, tiefer in das Sprach-Leben
Eingreifenden mehr Raum gewonnen werden; und hierdurch,
wie durch eine strenge, alles zu einander Gehörige und sich
wechselseitig Aufklärende, unter Einen Gesichtspunkt brin-
gende Methode, ist es mir, wie ich mir schmeichle, gelungen,
auf verhältnifsmäfsig engem Raum die Haupt-Ereignisse
vieler reichbegabter Sprachen oder grofsartiger Dialekte einer
untergegangener Stamm -Sprache zu einem Ganzen zu ver-
einigen. Auf das Germanische ist hierbei ganz vorzügliche
Sorgfalt verwendet worden, und es mufste dies geschehen,
wenn nach Grimms vortrefflichem Werke noch Erweiterun-
gen und Berichigungen in der theoretischen Auffassung seiner
Verhältnifs-Formen gegeben werden, neue Verwandtschafts-
Beziehungen aufgedeckt, oder bereits erkannte schärfer
begränzt, und bei jedem Schritte der Grammatik die Rath-
gebende Stimme der asiatischen wie der europäischen Stamm-
schwestern so genau wie möglich beachtet werden sollte.
Was die in der Behandlung der germanischen Grammatik
befolgte Methode anbelangt, so ist es die, dafs ich überall
vom Gothischen als dem wahren Leitstern deutscher Gram-
matik ausging, und dieses gleichzeitig mit den älteren Spra-
chen und dem Litauischen auseinander setzte. Am Schlüsse
einer jeden Casus-Lehre werden tabellarische Überblicke der
gewonnenen Resultate gegeben, wobei natürlich alles auf
die genaueste Absonderung der Endungen vom Stamme an-
kommt, die nicht, wie gewöhnlich geschieht, nach Willkühr
durfte vorgenommen werden, so dafs ein Stück des Stammes
in das Gebiet der Flexion gezogen wird, wodurch die Ab-
theilung nicht nur unnütz, sondern sogar schädlich, Irrthum
an den Tag gelegt oder veranlafst wird. Wo keine Endung
ist, darf auch keine dem Scheine nach hingestellt werden;
Vorrede zur ers/eti Aussähe. XIII
wir geben also S. 175 die Nominative x^^P^? terra, glha etc,
als flexionslos (§. 137); die Theilung gih-a verführt zur
Annahme, als wäre a die Endung, während es nur die Ver-
kürzung des 6 (aus altem d §. 69) des Thema's ist "). In
gewissen Fällen ist es hei Sprachen, die sich selber nicht
mehr recht verstehen, aufserordentlich schwierig, die richtige
Abtheilung zu treffen und die Schein -Endungen von den
wirklichen zu unterscheiden. Ich habe solche Schwierig-
keiten dem Leser niemals verborgen, sondern vielmehr überall
recht hervorzuheben gesucht.
Berlin, im März 1833.
Der Verfasser.
*) Der einfache, schon anderwärts von mir ausgesprochene und
nur aus dem Sanskrit genau erkennbare Satz, dafs das Gothische 6
die Länge des a ist, und somit, wo es verkürzt wird, nur a, dieses
aber im Verlängerungsfalle nur 6 werden kann, erstreckt seinen Ein-
flufs auf die ganze Grammatik und W^ortblldung, und erklärt z. B.
wie von dags Tag (Thema DAGA), ohne Ablaut das Adjectiv -dogs
(DOGA) -tägig entspringen kann; denn es ist diese Ableitung
genau von derselben Art als wenn Im Sanskrit rägatn argenteus
von ragata argentum kommt, wovon mehr in der Folge. Über-
haupt ist das reine, von consonantlschen und anderen umgestaltenden
Einflüssen, mit seltenen Ausnahmen, unabhängige Indische Vocal-
system aufserordentlich aufklärend für die Germanische Grammatik,
und es stützt sich darauf hauptsächlich n^elne von Grimm sehr we-
sentlich abweichende Theorie des Ablauts, den ich nach mechanischen
Gesetzen erkläre, mit einigen Modlflcatlonen meiner früheren Be-
stimmungen (Berl. Jahrb. Febr. 1827), während er bei Grimm eine
dynamische Bedeutung hat. Die Verglelchung mit dem Griechischen
und Lat. Vocalismus, ohne steten Hinterhalt A&?, Sanskritischen, ist
für das Germanische, wie mir scheint, in vielen Fällen mehr trübend
als aufklärend, da das Gothische in seinem Vocalsystem meistens ur-
sprünglicher, wenigstens consequenter ist als das Griechische und
Lateinische, welches letztere sein ganzes Vocal- Reich aufbietet,
wenngleich nicht ohne durchblickende Gesetze, um dem Einen
Indischen a zu antworten {septimus für saptamas, ipiatuor für
Vorrede zur zweiten Ausgabe.
^u den in der ersten Ausgabe behandelten Sprachen habe
ich in der vorliegenden noch das Armenische gezogen; doch
bin ich erst bei Betrachtung des Singular- Ablativs, dessen
armenische Form schon in der ersten Ausgabe (p. 1272)
mit der sendischen vermittelt worden, zu dem Entschlüsse
gelangt, die genannte Sprache nunmehr in ihrem ganzen
Organismus zu durchforschen und ihre zum Theil sehr ver-
borgen liegenden Beziehungen zum Sanskrit, Send und deren
europäischen Schwestersprachen an das Licht zu ziehen, so
w^eit dies nicht schon durch andere geschehen war. Der
Ausgangspunkt meiner erneuerten Untersuchung über das
Armenische war der letzte Buchstabe unseres Alphabets,
nämlich das z, dessen Laut in der armenischen Schrift durch
g (= U) bezeichnet wird, welches ich jedoch, um Verwechs-
lungen mit dem französischen z vorzubeugen, durch z um-
schreibe (p. 370). Nachdem sich das griechische ^ = «^;»
abgesehen von den Fällen wo es als Umstellung von ab steht
(z.B. in 'AS-v^vci^s) , als Entartung des Lautes unseres y, des
sanskritischen j\ y erwiesen hatte (§. ID), lag es nahe, die
Frage aufzuwerfen, ob nicht von den verschiedenen arme-
nischen Buchstaben, welche der Aussprache nach einen
f-Laut mit einem nachklingenden Zischlaut in sich vereini-
gen, einer oder der andere entweder durchgreifend oder
gelegentlich als Entartung des Halbvocals / zu fassen sei,
Vorrede zur ziveiten Ausgabe. XV
und ob nicht auf diese Weise mehrere bisher dunkel ge-
bÜebene Stellen im armenischen Sprachbau ilire Aufklärung
finden würden. Bei Untersuchung diesei Frage hat sich
mir das g z, welches eine grofse Rolle in der armenischen
Grammatik spielt, überall, wo es in Flexionen erscheint,
oder für sich allein als Flexionsbuchstabe steht, als
Spröfsling eines sanskritischem 71^ y , d. h. des Lautes des
deutschen und lateinischen j, des consonantischen eng-
lischen y, ergeben. Es hat sieb auf diese Weise unter
anderen herausgestellt, dafs das armenische Futurum seiner
Bildung nach dem sanskritischen Precativ, d. h. dem Optativ
des griechischen Aorists, entspricht, in derselben Weise wie
längst das lateinische Futurum der beiden letzten Conjuga-
tionen sich als identisch mit dem skr. Potentialis, d. h. mit
dem Praesens des griech. Optativs und germanischen Con-
junctivs, erwiesen hat*). Wir haben also einerseits im
Lateinischen Formen wie /eres, feret gegenüber dem griech.
(l>ipoLg, (pipcL, goth. bairai-s , hairai, althochd. here-s , here,
skr. 6dre-s, Bdi^e-t; andererseits im Armenischen Formen
wie ta-ze-s, ta-ze (dabis , dahit), aus ta-ye-s, ta-ye,
gegenüber dem skr. de-ya-s, de-ya-t (aus dd-ya-s,
dd-yd'-t) und griech. dotTj;, doiT]^ aus ^o-jr^-c,^ de-//] (p. 373).
Auf das Praesens des griechischen Optativs, d. h. auf
den sanskritischen Potentialis, stützt sich das armenische
Praesens des Gonjunctivs , wieder mit g z für skr. Z[^ y,
griech. t; doch kann ich dem Armenischen nur einen ein-
zigen einfachen Conjunctiv zugestehen, nämlich den des
Verb, subst. , mit welchem sich die attributiven Verba im
Conjunctiv verbinden (p. 371 f.). — In der Casusbildung ent-
spricht g z als Endung des Dat., Abi., Gen. pl. dem j)^ y
der skr. Endung üyas (p. 425) und dagegen X C, gleichsam
die Media des g z, im Singulardativ m-^ „mir" dem y der
skr. Endung hyam (p. 421 ff.). Im Allgemeinen kam es mir
bei der Untersuchung desDeclinationssystems im Armenischen,
') S. Conjugatlonssysteni. Frankf. a. M. 1SI6. p. .98.
XVI f'orreJe zur ziveiien Ausgrabt.
wie früher im Gothischen, Litauischen und Slavischen,
liauptsächlich darauf an, die wahren Endhuchstaben der
Wortstämnie zu ermitteln, besonders bei der vooalischen
Declination. Das wichtigste Ergebnifs war, dafs das sans-
kritische a am Ende männlicher Wortstämme im Armeni-
schen sich in drei Formen gespalten und somit drei ver-
schiedene Declinationen erzeugt hat, eine a-, eine o- und
eine w- Declination (p. 366 f.), wovon die eine gleichsam in
gothischer Gestalt erscheint (vulf-s aus vvlfa-s), die zweite
in griechisch- lateinisch -slavischer, und die dritte dem Ver-
hältnisse gleicht, in welchem die althochdeutschen Plural-
Dative wie icolfu-m zu gothischen wie vuJfa-m stehen. Das
Armenische zeigt uns Plural-Dative wie varasu-£ , als des-
sen Stamm, wie die Abtheilung' zeigt, ich varasu (Eber)
ansehe und in dessen /il u ich eine Schwächung des schlie-
fsenden a des skr. Schwesterwortes vardhd erkenne, wel-
chem ich es p. 499 ff. als iMuster der i^-Fraction der ur-
sprünglichen a- Declination gegenübergestellt habe. Stellt
man auf diese Weise das wahre Thema der armenischen
Wörter fest, ohne die a- Stämme zu übersehen (p. 359),
so gewinnen auch die Wortvergleichungen, die man bisher
zwischen dem Armenischen und dem Sanskrit oder anderen
indo- europäischen Sprachen angestellt hat, eine festere Be-
gründung und ein gröfseres Interesse, weil die Ähnlichkeiten
schärfer hervortreten durch die treue Erhaltung oder nur
geringe Entstellung des Endbuchstaben des Stammes. Man
vergleiche also z. B. das armenische m«ni^ tap Hitze, in
Berücksichtigung, dafs tapo sein Thema ist, lieber mit dem
sanskritischen gleichbedeutenden Stamme tdi^a als mit dessen
Wurzel tap brennen, und mit dem skr. Stamme sdvaka
*) Man hüte sich in dem arn»enischen hl. u einen langen Vocal
zu erkennen, wozu die Schrift veranlassen könnte. Er ist kurz,
wie auch Petermann annimmt (Gramm, p. 39), und entspricht,
wo er nicht als Schwächung von a erscheint, in vergleichbaren
Wörtern dem skr. u, z.B. in dustr (nom. acc. voc.) = skr. </f/-
h)tdr (thema), allslav. duster (ebenfalls ihema, s. p. 516).
Vorrede, zur z^veilcii Ausgabe. XVII
fullus, catulus (Wz. svi wachsen, zusammengezogen
6'w) lieber den armen. Stamm ^iliu/^iu savaka Kind, als
dessen verstümmelten Nominativ savak "); mit ^j% dhi
Schlange (§r. s'xO l'cber den armen. Stamm o^^ ö'Ci als
den Nom. (zugleich Acc.) o^, der zu seinem Stamm sich
gerade so verhält, wie z. B. der ahd. Nom. Acc. (/ast zu
seinem Stamme gasti.
Was den Charakter des Armenischen im Allgemeinen
anbelangt, so gehört dasselbe, nämlich das alte oder gelehrte
Armenische, zu den am vollständigsten erhaltenen Idiomen
unseres grofsen Stammes; es hat zwar die Fähigkeit die
Geschlechter zu unterscheiden verloren und behandelt alle
Wörter wie Masculina (p. 367); es hat auch den Dual ein-
gebüfst, der heute noch im Slovenischen und Böhmischen in
voller Blüte steht; allein es flectirt seine Substantive und
Adjective noch ganz nach altem Princip; es hat im Singular
eben so viel Casus (die blofsen Umschreibungen nicht mit-
gerechnet) als das Lateinische, und entbehrt im Plural blofs
eine besondere Form für den Genitiv, den es in den meisten
Wortklassen durch den Dativ -Ablativ ersetzt. In der Ab-
wandlung der Verba wetteifert es noch vortheilhafter mit
dem Lateinischen, als in der Beugung der Nomina; es be-
zeichnet die Personen mit den uralten Endungen und hat
namentlich das m der ersten Person im Praesens nirgends
untergehen lassen (auch nicht in der heutigen Vulgär -Spra-
che); es gleicht in dieser Beziehung dem Slovenischen und
Serbischen, und unter den keltischen Sprachen dem Irlän-
dischen; dagegen hat es in der 3. Pluralperson hinter dem
Ausdruck der Mehrheit {n) den der Person verloren, wie
das Neuhochdeutsche; es setzt daher bereu sie tragen
dem skr. Bdranti, dor. <\)ipovTi^ lat.ferunt, goth. hairand,
*) Die beiden Wörter sind, meines Wissens, bis jetzt noch
nicht mit einander verglichen worden; man würde sich aber, wenn
es gesehen wäre, damit begnügt haben, den armen. Nominativ dem
skr. Thema gegenüberzustellen, da a eben so wenig als o, u und /
als Endlaut armeiu'scher Wortstämme erkannt war.
XVIII Vorrtde zur ziveilen Ausmale.
althochd. herant, mhd. bereut, neubochd. hären (gehäreti) ge-
genüber. In Ansebung der Tempora stebt das Arnienlscbe
mit dem Latciniscben insofern auf gleicbem Fiifse als es
Avie dieses, abgeseben von den peripbrastiscben Temporen,
Perfeet und Plusquamperfeet, zwei Praeterita besitzt, und, wie
oben bemerkt, ein Futurum von modalem Ursprung. Die
Vergangenbeitstempora sind das Imperfeet — worin icb bei
attributiven Verben, wie im Lateiniscben, ein angewacbsenes
Hülfsverbum erkenne — und ein Aorist, den icb wie das
lateinische Perfeet mit dem skr. vielförmigen Praeteritum
(der Form nach = griecb. Aorist) vermittele (p. 373 ff.).
Da das Armeniscbe dem iranischen Zweige unserer
Spracbfamibe angehört, so war es mir wichtig wahrzuneh-
men, dafs es sich, wie das Ossetische, in manchen Einzelhei-
ten seines Lautsyslems und seiner Grammatik auf ältere
Sprachzustände stützt, als diejenigen sind, die uns die Sprache
der Achämeniden und das Send darbieten (p. 430 f.). Die
erstgenannte Sprache ist erst nach dem Beginn der früheren
Ausgabe dieses Buches aus dem Reiche des Verborgenen
wieder in das des Bekannten eingetreten; die Verkündigungen
des Darius Hystaspis sind, hauptsächlich durch Rawdinson's
grofsartige Leistungen, wieder verständlich geworden. Vor
dem Send behauptet diese Sprache den Vortheil, dafs ihre
Existenz, ihre Heimatb und Lebenszeit durch untrügliche
Monumente verbürgt sind, so dafs niemand daran zweifeln
kann, dafs diese Sprache wirklich gesprochen wurde, und
zwar im Wesentlichen so, wie wir sie jetzt lesen, während
die Echtheit der Sendsprache nur eine innere Gewähr an
sich trägt und auf dem Umstände beruht, dafs sie uns
Formen zeigt, wie sie von der Theorie der vergleichenden
Grammatik des ganzen Sprachstamms verlangt werden, nicht
aber erfunden sein können. Die im Sanskrit scheinbar ent-
schlafenen Ablative (p. 178) wären im Send schwerlich un-
ter der Hand eines Sprachbildners gleichsam in oskischer und
altlateinischer Form wieder auferweckt worden, und den
sanskritischen Imperativen auf Iii würden keine sendischeu
Forrede zur zweiten Ausgabe. XIX
auf di oder di — mehr ini Einklang mit den giieeliischen
auf ^L — gegenübertreten. Mediale Formen auf maid'e
würden uns ebenfalls nicht geboten worden sein, denn sie
gleichen durch ihr d mehr den griechischen auf /ifS-a als
den sanskritischen auf mähe. — Merkwürdig ist es, dafs die
iranischen Sprachen, das Armenische mitbegrilTen, in man-
chen Laut-Entartungen, die sie erfahren haben, den slavischen
und lettischen Sprachen begegnen (p. 126). Ich erwähne
hier nur die auffallende Übereinstinunung des sendischen
asem ich, und des armenischen es mit dem litauischen as ,
altslav. asü")^ gegenüber dem skr. ahdin (= agam, §. 23),
griech. lat. lyw^ ego, goth. ik. Auf solche Begegnungen darf
man aber nicht die Vcrmuthung gründen, dafs die lettischen
lind slavischen Sprachen den iranischen näher stehen, als
dem streng indischen Zweig; sie beruhen vielmehr auf der
{\ti\ Gutturalen aller Sprachen inwohnenden Neigung sich
gelegentlich zu Zischlauten abzuschwächen. Darin können
sich wohl zufällig in einem und demselben Worte zwei Spra-
chen oder Sprachgruppen einander begegnen. Anders ver-
liält es sich mit solchen Laut-Entstellungen, die dem Sanskrit
mit den iranischen Sprachen gemein sind, namentlich mit
der Entstehung des palatalen s (aus ursprünglichem k), wel-
chem die lettischen und slavischen Sprachen in den meisten
vergleichbaren Wörtern ebenfalls einen Zischlaut gegenüber
stellen und woraus ich, wie aus manchen grammatischen
Entstellungen, welche die letto-slavischen und indo-iranischen
Sprachen mit einander theilen, die Folgerung gezogen habe,
dafs die erstgenannten Idiome später als alle übrigen euro-
päischen Glieder unserer grofsen Sprachfamilie von der
asiatischen Stammsprache sich getrennt haben"). Ich kann
darum auch zwischen den germanischen Sprachen einerseits
und den lettischen und slavischen andererseits, abgesehen
*) Aus Versehen steht p. 127 A3 as (nach Dobrowsky) für
A3Z asu.
**) S. §§. 21% i45, 2H, 21 4, 26,5 und vgl. Kuhn in Weber's
indischen Studien I, p. 324,
XX yoirede zur Ziveilcn Aiisgnhe.
von Wort- Entlehnungen, kein specielles Verwandtschafts-
verhältnifs annehmen, d. h. kein anderes, als dasjenige, wel-
ches auf ihrer gemeinschaftlichen ursprünglichen Identität
mit den asiatischen Schwestersprachen beruht, während die
lettischen und slavischen Sprachen unter sich von einem
engeren Bande umschlungen sind °). Obwohl ich zugebe,
dafs die germanischen Sprachen den slavischen und lettischen
in ihrem grammatischen Bau mehr gleichen als den klassi-
schen, und viel mehr als den keltischen, so finde ich doch im
Gothischen, dem ältesten und am treuesten erhaltenen Gliede
der germanischen Sprachgruppe, nichts, was dazu nöthigen
könnte, es mit den slavischen oder lettischen Sprachen in
ein engeres, gleichsam europäisches Familienband zu brin-
gen; man müfste denn ein zu grofses Gewicht auf den
Umstand legen, dafs die gothischen Plural-Dative wie sunu-m
filiis den litauischen w^ie sünü-mus (die ältere Form) und
altslavischen wie süno-mü mehr gleichen als den lateinischen
wie portu-hus. Der Weg des Übergangs einer Media in den
organgemäfsen Nasal ist aber so leicht gefunden, dafs zwei
Sprachen darin in einem besonderen Falle sich wohl zufäl-
lig begegnen können. Diese Begegnung ist nicht so über-
raschend, wie die, wodurch das Lateinische und Send zu
einem Zahladverbium bis zweimal und zu einem Ausdruck
der Zahl zwei durch hi (am Anfange von Compos.) gelangt
sind, indem sie gemeinschaftlich, aber unabhängig von ein-
ander, von dem sanskritischen clvis, dvi das d aufgegeben
und zum Ersatz das v z\x h erhärtet haben, während das
Griechische, dem doch das Lateinische viel näher steht als
dem Send, in anderer Weise aus dvis, dci sich bequemere
Formen (6^, bi) bereitet hat. — In den meisten Fällen, wo
die germanischen und slavischen oder lettischen Sprachen
eine recht schlagende Ähnlichkeit mit einander darbieten, und
vom Griechischen und Lateinischen verlassen scheinen, steht
*) Anderer Meinung sind J. Grimm (Geschichte der I). Spr.
dS^S p. 1030) und Schleicher (Formenlehre der kirchensl. Sprache
p. 10 f. und Beiträge etc. von Kuhn und Schleicher p. 11 ff.)
Vorrede zur zweiten Ausgabe. XXI
jenen das Sanskrit oder Send als Vermittler zur Seite. Wenn
ich Recht habe, den slavischen Imperativ als ursprünglich
identisch mit unserem Conjunctiv und dem skr. Potentialis
aufzufassen; so gibt es gewifs keine schlagendere Überein-
stimmung als die zwischen slovenischen Formen wie delaj-va
(wir beide sollen arbeiten) und gothischen wie 5ß^Va^-^;a
(wir beide mögen tragen), obgleich die genannten Verba
der beiden Sprachen gerade nicht zu einer und derselben
Conjugationsklasse gehören. Die gothische Form entspricht
dem sanskritischen gleichbedeutenden üdre-va (aus Barai-va,
§.2 Anm.) und dem sendischen s.v'^'^ ^*xO sXJi baraiva (p. 60).
Um auch einen merkwürdigen Fall aus dem Declinations-
system anzuführen, so sind die gothischen Genitive wie
sunau-s (Thema sunu) hinsichtlich der Flexion ganz identisch
mit litauischen wie das gleichbedeutende sü7iaü-s; allein die
entsprechenden sanskritischen Genitive wie sünö'-s, eine
Zusammenziehung von sunau-s (p. 7), machen auch hier
die Vermittelung zwischen den beiden europäischen Schwe-
steridiomen und überheben uns der Nothwendigkeit, auf den
Grund der so auffallenden Übereinstimmungen, wie die eben
gezeigten, eine ganz specielle Verwandtschaft der betreffen-
den Volksstämme anzunehmen.
In der ersten Ausgabe dieses Buches bin ich in Bezug
auf das Altslavische hauptsächlich auf die Grammatik von
Dobrowsky beschränkt gewesen, welche viele Formen dar-
bietet, die eher russisch als altslavisch genannt werden könn-
ten. Da z (s. p. 138) im Russischen keine phonetische Gel-
tung mehr hat, so läfst es Dobrowsky in den zahlreichen
Endungen, worin es im Altslavischen vorkommt, ganz weg
und gibt uns z. B. rah als Muster des Nom. Acc. sg. einer
Wortklasse, die ich schon in der ersten Ausgabe (§. 257)
mit den sanskritischen Masculinstämmen auf a und mit
Grimm 's erster männlicher Declination starker Form ver-
mittelt habe, welche letztere ebenfalls im Nom. Acc. sg. den
Endvocal des Stammes, und im Accusativ (im Hochdeutschen
schon im Nom.) auch das Casuszeichen eingebüfst hat. Es
XXII Vorrede zur za>eiUJi Ausgabe.
Avürde also rah (servus, servum), wenn dies die richlige
Aussprache von pAKZ wäre, auch mit dem Armenischen auf
gleichem Fufse stehen, da dieses bei allen seinen vocalischen
Stämmen den Endlaut im Nom. Acc. sg. unterdrückt. Das
schliefsende k (0 läfst Dobrowsky ebenfalls überall weg,
wo es im Russischen dem Laute nach verschwunden, aber
graphisch durch das im Russischen lautlose b vertreten ist.
Er gibt daher der 3. Pers. sg. Praes. die Endung T ') für
russisch m'b = t und nur den wenigen Verben, welche in
der ersten P. sg. die Endung 3ik ml haben, gibt er in der
3. Person die Endung TL ti. Die üngenauigkeiten und gra-
phischen Entstellungen, wie die eben erwähnten, waren aber
für die vergleichende Grammatik insofern wenig störend,
als man auch in Formen wie nov (d. h. novu) novus, no-
vum, die Verwandtschaft mit griechischen wie vioc,^ viov, la-
teinischen wie 710VU-S , nocu-m (= skr. ndva-s, ndva-m)
nicht verkennen konnte, sobald man novo als das wahre
Thema des betreffenden Wortes und die Nothwendigkeit der
Unterdrückung der consonantischen Casus-Endungen erkannt
hatte. Formen wie I5E3ET erfährt (nach Dobrowsky 's
Schreibung) liefsen sich mit derselben Sicherheit mit sans-
kritischen wie vdh-a-ti vergleichen, wie solche auf »rb ti.
So lange man aber nach Do br o wsky veset sprach, und in
der ersten Pluralperson vesem , im Aorist vesoch, vesochom
(für vesochü, vesochomü), mufste das in §. 92. m erwähnte
Lautgesetz so gefafst werden, wie es in den lebenden sla-
vischen Sprachen gilt, dafs nämlich die ursprünglichen End-
consonanten abfallen mufsten, die jetzt am Ende stehenden
aber ursprüngUch sämmtlich einen Vocal hinter sich hatten.
Insofern haben mir die slavischen Sprachen durch dieses
Gesetz ihren Beistand in Bezug auf die germanischen geleistet,
*) Ich habe In der 4. Ablhellung der ersten Ausg. dieses Buches
nach Kopitar (Glagolita) die von Dobrowsky aufgegebenen b
wieder hergestellt und h durch / übertragen. In der vorliegenden
Ausg. folge ich in Bezug auf das all^lavische Sprarhmaterial überall
den trefllichen Schriften von Miklosich.
Vorrede zur zivciten Ausgabe, XXIII
als dasselbe mich veranlafst hat zu untersuchen, ob nicht
die vocalisclien Ausgänge vieler gothischen Formen, gegen-
über consonanlischen der am treueslen erhaltenen Schwester-
sprachen, auf einem allgemeinen Gesetz beruhen, und ob
die schliefsenden ^- Laute, die wir in vielen germanischen
Endungen treffen, nicht alle ursprünglich einen Vocal hinter
sich hatten. Meine Vermuthung hat sich in dieser Beziehung
bestätigt, imd ich habe das Gesetz der Unterdrückung schlie-
fsender ^- Laute schon in der 2. Abtheilung der ersten Aus-
gabe (1835) p. 399 dargelegt').
*) Die selir inleressanten Formen tiuhailh, bairaith und svignjaith,
worauf zuerst v. (xabelentz und Lobe in ihrer Ausgabe des Ul-
fdas (L i>.,51.5) aufnjerksam gemacht haben, waren mir damals nicht
bekannt. Sie würden dem in l\ede stehenden Gesetze widersprechen,
wenn sie wirklich dem Artiv angehörten und somit bairaith auf das
skr. ijitret er möge tragen sich stützte. Ich fasse sie jedoch als
Medialformen und stelle daher bairaith dem sendlschen k\J(><^^^oJ) sxn
haraita, skr. bäreta, griech. (pSDGlTO gegenüber. Ich nehme
an, dafs für bairaith früher bairaida stand (vgl. das Praes. pass. bair-
-a-da -=. skr. b'är-a-te, gr. (pso-s-rai. Nach Verlust des schliefsen-
den a mufste die Media in die dem Wort-Ende besser zusagende
Aspirata übergehen (§. 91- ^'O* ^^^^ '^'^ ^^"^ Neutralstamme haubida
(Gen. haubidis) der Nomin. Acc. haubith kommt, so von dem als
organisch vorauszusetzenden bairai-da das bestehende bairaith. Es
haben sich also die gothischen Passiva, die sämmtllch ihrem Ursprünge
nach dem sanskritischen, sendlschen und altpersischen Medium ent-
sprechen, In der 3. Singularperson in zwei Formen gespalten, die
eine, vorherrschende, hat dem als Urform vorauszusetzenden bairai-
da = send. barai-la ein u beigefügt, also bairai-dau (vgl. Sanskrit-
formen wie dadäu er setzte gegenüber dem send, rfac^a); die
andere hat, wie eben bemerkt, wie die sämmtllchen Slngular-Accusa-
sative männb'cher und neutraler o-Stämme, das schliefsende a unter-
drückt und dem /-Laut die Gestalt gegeben, die dem Wort-Ende am
besten zusagt. Ich erinnere hierbei an die doppelte Form, welche
die sanskritischen Pronomlnal-Neutra auf/ Im Gothischen gewonnen
haben, indem entweder der schliefsende /-Laut nach dem in Rede
stehenden Gesetz unterdrückt worden, oder demselben, zu seiner
Hettung, ein unorganisches a beigefügt wurde (p. 155 Anm. *).
XXIV Vorrede zur zweiten Ausgabe.
Ich nenne den Sprachstamm, dessen wichtigsle Gheder
in diesem Buche zu einem Ganzen vereinigt werden, den
indo- europäischen, wozu der Umstand berechtigt, dafs mit
Ausnahme des finnischen Sprachzweiges, so wie des ganz
vereinzelt stehenden Baskischen und des von den Arabern
uns hinterlassenen semitischen Idioms der Insel Maltha alle
übi'igen europäischen Sprachen, die klassischen, altitalischen,
germanischen, slavischen, keltischen und das Albanesische,
ihm angehören. Die häufig gebrauchte Benennung „indo-
germanisch" kann ich nicht billigen, Aveil ich keinen Grund
kenne, warum in dem Namen des umfassendsten Sprach-
stamms gerade die Germanen als Vertreter der übrigen ur-
verwandten Völker unseres Erdtheils, sowohl der Vorzeit
als der Gegen^vart, hervorzuheben seien. Ich würde die
Benennung „indo -klassisch" vorziehen, weil das Griechische
und Lateinische, besonders das erstere, den Grundtypus un-
serer Sprachfamilie treuer als irgend ein anderes europäisches
Idiom bewahrt haben. Darum meidet wohl auch Wilhelm
von Humboldt die Benennung indo-germanisch, zu
deren Gebrauch er oft Veranlassung gehabt hätte in seinem
grofsen Werke „Über die Kawi- Sprache", dessen geistvolle
Einleitung „ Über die Verschiedenheit des menschlichen
Sprachbaues" dem sprachlichen Universum gewidmet ist.
Er nennt unseren Stamm den sanskritischen, und diese Be-
nennung ist darum sehr passend, weil sie keine Nationalität,
sondern eine Eigenschaft hervorhebt, ^voran alle Glieder
des vollkommensten Sprachstamms mehr oder weniger Theil
nehmen; diese Benennung dürfte darum vielleicht, auch we-
gen ihrer Kürze, in der Folge über alle anderen den Sieg
davon tragen. Für jetzt ziehe ich aber noch, des allgemei-
neren Verständnisses wegen, die Benennung indo-euro-
pÄiscH (oder indisch-europäisch) vor, die auch bereits,
sowie die entsprechende im Englischen und Französischen,
eine grofse Verbreitung gewonnen hat.
Berlin, im August 1857.
Der Verfasser.
Nominalw sg. §. 147. 1. 305
Unter den lateinischen Adjectiven könnte das schliefsende s
von vetus, wenigstens im Neutrum, darüber Zweifel erregen,
ob es dem ursprünglich mit s schliefsenden Stamme ange-
höre {veter-is aus vetisis, e wegen des r), oder ob es als Casus-
zeichen misbräuchlich vom Masc. und Fem. auch in das
Neutrum eingedrungen sei? Gewifs ist, dafs vetus in sei-
nem Ursprünge identisch ist mit srog, feto;, F£r£(cr)-o$, und
somit ursprünglich Jahr bedeutet"). Man könnte also vetus
im Masc. und Fem. den griechischen Formen wie rpLErri-g
gegenüberstellen und im Neutrum solchen wie rpizrig. — Es
mag passend sein, hier noch daran zu erinnern, dafs im La-
teinischen auch die Conjugation eine Form mit schliefsendem
s darbietet, bei welcher es zweifelhaft scheinen könnte, ob
dasselbe dem Thema oder der Flexion angehört; ich meine
die Form es du bist, von der gleichlautenden Wurzel, wo-
von es-t, es-tis, er-am, er-o (aus es-am^ es-o), ziemhch ähn-
lich der Erscheinung, wornach z. B. Cerer-is, gegenüber dem
Nom. Cere-s, (für Ceres-s) steht, nur dafs Cere-s eine vocalische
Entschädigung für den unterdrückten Gonson. erlangt hat,
Dafs das s von es du bist der Personbezeichnung und nicht
der Wurzel angehört, darf um so mehr mit Zuversicht an-
genommen werden, als das Lateinische ein wahres Bedürf-
nifs fühlt, die 2te P. sg. — den Imperat. ausgenommen —
nicht unbezeichnet zu lassen. So ist auch das s des goth.
i-s du bist Personzeichen, und nicht wie das der 3ten
Person (is-t) radical, weil auch das Gothische im wirklichen
Praesens — Praeterita mit gegenwärtiger Bedeutung nicht
mitgerechnet — sich den Personcharakter s niemals entziehen
läfst. Es mufs also die Erklärung von is aus is-s so ge-
fafst werden, dafs das erste, nicht das zweite s unterdrückt
worden, wie auch das Sanskrit in dsi du bist (für ds-si
) Im Albaneslschen heifst vJeT und vje& Jahr, und vjST&aQ
jährig. Letzteres stimmt zum skr. vatsara-s Jahr, die beiden
ersten zvivatsd-sW, (s. die oben p. 12 erwähnte Schrift p. 2f. und
p. 83 Anm. 56).
L 20
306 Bildunt; der Casus. §. 147. 2. 148.
dor. za-'O-i) von den beiden zu erwartenden s gevvifs das erste,
nicht das 2te aufgegeben hat.
2) Wir wenden uns zum Litauischen, um zu bemerken,
dafs der Stamm menes Mond und Monat") im Nom sg.
das s unterdrückt und den vorhergehenden Vocal zu ü er-
weitert; daher onenü nach Analogie von Formen wie ahnu
Stein (von ahnen, s. §. 140) und sesu Schwester von seser
(§.144). In den obliquen Casus erweitert sich der Stamm
menes meistens durch den Zusatz von ia (einsylbig), daher
Genit. menesiö, oder durch ein blofses ^, namentlich im Instru-
mentalis sg. menesi-mi.
148. Bei Neutren ist im ganzen indo- europäischen
Sprachstamm der Nominativ identisch mit dem Accusativ,
wovon §. 152 ff. gehandelt wird. Wir geben hier einen
Überblick der Nominativ- Bildung, und wählen für die ver-
schiedenen Ausgänge und Geschlechter der Stämme, sowohl
für diesen, als, soweit es zweckmäfsig ist, für alle übrigen
Casus, folgende Beispiele. Sanskrit: 3^^ dsva m. Pferd,
m ha m. wer?, ZJ^ dana n. Gabe, ff ta n. dieses, 55f^
dsvd f. Stute, ^ kd f. welche?, qffT jpdti m. Herr,
Gatte, qjfff prf^i f. Liebe, Freude, ^]X^ varin. Was-
ser, \\^7:^^ Bdvantt {. die seiende, gg sii/iw m. Sohn,
^7\ kdnu f. Kinnbacken, TT^ mddu n. Honig, Wein,
öpcl vadu f. Frau, ytl 9^ ^' f- Stier, Kuh, % ndu f.
Schiff, 511^ '"^^ f- Bede, \\^9-^J)drant m., in der ge-
schwächten Form HfrL ^'«^«^ (§• 129) tragend, er-
haltend, von vr:?^ Bar, VJ Br, cl. 1., 55r5^5^ dsman m.
Stein*'), f]\l\r[^na7nann. Name, ^Jfl"^"^ Örd^tai- m. Bru-
der, 'Tf^J\^duhitd7' L Tochter, 15^'^'^ data r m. Geber
*) = skr. mäs woraus wahrscheinlich im Lit. zuerst mens und
hieraus, durch ein eingefügtes e^ menes geworden; vgl. lat. mensi-s,
gr. fJLYiv für jJLYivg (gen. fJ.YiV'Og für f^yivT-og,
**) Im Veda-DIalekt auch Blitz und Wolke. Hieraufstützt
sich höchst wahrscheinlich das sendische ^vC^JJvV as man Himmel
und pers. qU^^ asm an id.
Nominatii' sg. §. 148. 307
(s.§.127), ^^EJii^vdcas n. Rede. Send: ^•efjüwu aspa m.
Pferd (§.50), <«^*5 /(;a m. wer?, ^*J^^K^JJ data n. datum,
<«^*C0 ^a n. dieses, ^*^»J^ev Äi>va f. Zunge, "^mj^ kd f.
welche?, ^co^wue; ^a^7^ m. (s. §. 41) Herr, ^(XJ^^^^aju dfrtti
f. Seegen, i/^vc^ vairi n. Wasser, ■?Joa^^«^«>>vUj 6a-
vainti f. die seiende, >öJs.*^*qj p asu m. zahmes Thier,
>/vO(\3 ^a7^w f. Körper, XLi^'^ madu n. Wein, \>^^'(^gau
(s. §.123) m. f. Stier, Kuh, ^^vu^ ^^c' f. Rede, (^^vu7vvj
harant oder C^^£^^ harent, geschwächt oo^'^oj^ harat
m. tragend, J^^'g^^^' asman m. Himmel, /^'G^*^/ ndman
n. Name, 7vc«(>o^vo2j Z>r«^ar m. Bruder, ^^«-'S^p >4 dug'-
c?a?' f. Tochter, 7<vu(V)vcu^ ddtdr m. Geber, Schöpfer,
jL>*.u^vu^ vacas") n. Wort. Die griechischen und lateini-
*) Obwohl skr. as im Send nach §. 56^^^ am Wort- Ende zu \ 6
wird, so glaube ich doch jetzt im Thema den Zischlaut und den vor-
hergehenden Vocal beibehalten zu müssen, indem man von einem
Stamme vaco nicht zu Formen wie v acanha , vacanhö der ob-
liquen Casus gelangen könnte, wohl aber nach §. 56^^^ von ^^xJn^s^Ji^
vacas , da hinter a im Send JLJ s der regelmäfsige Vertreter des skr.
g s ist. Man beachte, dafs auch im Sanskrit kein Thema vdcas auf-
gestellt werden könnte, wenn man bei Wortstämmen das Lautgesetz
beobachten wollte, dafs schllefsendes g ^ nur vor einem anfangenden
/, / unverändert bleibt, vor einer Pause aber zu Visarga (I h) wird,
ein Gesetz, welches wir auch bei Aufstellung der Wurzeln und gram-
matischen Endungen unberücksichtigt lassen. Brockhaus läfst in
seinem Glossar die im Sanskrit mit as schliefsenden Stämme Im Send
auf /? mit vorangehendem Nasal ausgehen, was mir darum unpassend
scheint, weil die Umwandlung von ^ «y in QJJ^ nh nur zwischen
zwei Vocalen, nicht aber am Wort-Ende eintreten kann, auch nicht,
im Fall der folgende Vocal ein /-Laut ist, so dafs der Locat. vacahi
nicht von einem Stamme vacanh entspringen kann {s.^.sG). Es hat
also vacas am meisten Anspruch als Thema zu gelten, und man gelangt
von hier aus nach bestimmten Lautgesetzen sowohl zu der flexions-
losen Form vaco^ als auch zu vacahi^ v acanha etc. und vacas
selber erscheint in den flexionslosen Casus unter dem Schutze der
enklitischen Partikel ca^ wobei jedoch nicht der Palatal -Laut die
Veranlassung zum jj ^ , In Vorzug vor anderen Zischlauten ist, son-
20'
308
Bildung der Casus. 14S.
sehen Beispiele bedürfen hier keiner Erwähnung; vom Litaui-
schen und Gothischen wählen wir die Stämme : 1. pona m.
Herr, g. vulfa m. Wolf, 1. ka, g. liva m. wer?, 1. gera u.
gut, ta n. dieses, g. daura n. Thor (skr. ^J^ dvara n.),
tha n. das, dieses, 1. äswa f. Stute, g. gibo f. Gabe
(§.69), Imo i. welche?, 1. ^^w^/ m. Verwandt er, ^. gasti ra.
Fremder, i m. er, n. es, 1. awi f. Schaf (skr. dvi m.
Schaf, f. Schafmutter, vgl. oms, oV;), g. ansti L Gnade,
1. sünü m. Sohn, g. sunu id., handu f. Hand, 1. platii n.
breit (skr. prt'ü, gr. TiXarij) , g. faihu n. Vermögen,
1. dugant ') m. wachsend, g. fijand m. Feind, 1. akmen m.
Stein, g. aliman m. Geist, naman n. Name, brothar m.
Bruder, 1. dukter, g. dauhtar f. Tochter.
Sanskrit Send
m. dsva-s aspo ^)
ra. Äa-5 /:o ^)
n. dd'na-m ddte-m
n. ^a-^
f. (isva
f. Äa
m. pdti-s
ra
f. priti-s
n. vo^^'i
n
ra. Bdvanti
ta-d
hisva ^)
ka
paiti-s
dfriti-s
vairi
Griech.
'ltttto-c,
dwpc-v
ro
TTCCTL-g
TTOpTi-C,
Lit.
X
bavainti ^)
Gothisch
vulf-s
hva-s
daur
tha-ta
giba
hvo
hosti-s genü-s gast's
i-s i-s
turri-s awi-s anst'-s
mare
i-d ....
Lat.
equu-s pöna-s
ka-s
dönu-m gera
is-tu-d ta-i
equa dswa
i-ta
s.§.121
dem vielmehr das vorhergehende a\ denn vacas würde auch vor
den oben (p. 279) erwähnten, dentalisch anfangenden enklitischen te
und thwä erscheinen, wenn dieselben Veranlassung hätten mit
vacas in Verbindung zu treten.
*) Diesen und andere consonantlsch endigenden Stämme geben
wir nur in denjenigen Casus, welche sich von späteren vocalischen
Zusätzen rein erhalten haben.
*) Mitca: aspasca^ s. §. 135 Anm.3. '^) Mit ca: hisväca
1. C. '^) Mit da: h avainttca 1. C.
Sanskrit
m.
sünü-s
f.
hdmi-s
n.
mddu
f.
V a d'u- s
m.
f. gdu-s ")
f.
ndu-s
f.
vdk
m.
Bar an
m.
dsmd
n.
nama
m.
öratd
f.
duhita
m.
data
n.
vdcas
AccMsalw s^'. §. 141). 309
Send Griech. Lat. Lit. Gothisch
pasu-s vEKv-g pecu-s sünu-s sunu-s
tanu-s yivv-g socru-s handu-s
mad'u fjii^v pecü platu faihu
gdi(,-s ^) ßov-g hos
VCLV-C,
Vdk'-S 07T-C,
baran-s ^ipuov feren-s dugän-s ßjand-s
asma^) daifjiujv sermo akmu ahma
ndma raXav nomen namo
hrdta'') vraTi^p frdter brothar
dug'd'a ®) ^vydrrip mdter duhte dauhtar
ddta"^) doT^fip dator
vaco ^^) tnoc, genus
Accusativ.
449. Der Charakter des Aecusativs ist m im Sanskrit,
Send und Lateinischen; im Griechischen und Altpreufsischen
y, n (s. §, 18). Im Litauischen steht das im gegenwärtigen
Sprachzustande verstummte Nasalzeichen, welches wir nach
§. 20. durch n umschreiben; daher dewa-n deum = dewa
gegenüber dem altpreufs. deiwa-n, skr. devd-m *). Im Gothi-
^) S. §.122. 5) S. §. 123. 6) Mit ^a: asmäca s. §.135
Anm. 3 Schlufs. ^) Mit ca: brdideal, c. ^) Mit ca: dug-
ddca 1. C. ^) Mit ca: ddtdca 1. C. ^ °) Mit ca: vacasca 1. C.
*) Ich verzichte jetzt, und zwar schon von 8.274 an, auf die
Unterscheidung des litauischen geschliffenen und gestofsenen Tons,
und bezeichne ohne Rücksicht auf diesen Unterschied, In Überein-
stimmung mit Schleicher (Gramm, p. 11), den Ton der langen
Vocale durch , und den der kurzen durch , obwohl ich diese Be-
zeichnungsart nicht ganz bllh'ge ; denn nimmt man mit Schleicher
an, dafs es nur einen Accent Im Litauischen gebe, so wäre es
auch passend, denselben überall durch den Acutus auszudrücken und
310 liildung der Casus. §. 149.
sehen ist die Accusativ-Endung an Substantiven spurlos unter-
gegangen, bei Pronominen der 3ten Person aber, den Artikel
die Länge besonders, entweder durch das prosodlsche Längezeichen,
oder durch zu bezeichnen, also deiva-s oder dewa-s (gegen-
über dem skr. oxytonirten dSoä-s Gott) und dagegen z.B. wilka-s
Wolf (/ ), grüda-s ein Korn (w) , für wilka-s^ grüda-s\ es gründet
sich jedoch die Betonung kurzer Vocale durch den Gravis auf eine
alte Gewohnheit (s. Ruhig bei Mielcke p. 1 1 f.), von der ich mich für
jetzt nicht entfernen will. Wenn ich aber den geschliffenen
Ton in diesem Buche von dem gestofsenen oder Acutus
nicht unterscheide, so möchte ich doch die Existenz des ersteren
nicht leugnen, und macke darauf aufmerksam, dafs auch das dem Li-
tauischen zunächst verwandte Lettische zwei Accente hat, den „ge-
stofsenen" und „gehaltenen" oder „gezogenen", deren Verwechse-
lung nach Rosen berger (Formenlehre derLettischen Sprache §. 15)
ein lettisches Ohr noch mehr verletzt und auch gröfsere Misverständ-
nisse veranlassen kann, als die unrichtige Aussprache einzelner Buch-
staben. Der gezogene Ton kann auf kurzen wie auf langen Vocalen
ruhen und es unterscheiden sich zuweilen zwei im Übrigen völlig
gleichlautende Wörter sehr wesentlich in ihrer Bedeutung, öderes
gestalten sich dieselben Lautgruppen zu zwei ganz verschiedenen
Wörtern, je nachdem sie mit gestofsenem oder gezogenem Ton ge-
sprochen werden: so heifst w^ls mit gestofsenem Ton „er wird
wälzen" und mit gezogenem „Teufel"; rrüt {rniht) mit gesto-
fsenem Ton ,,t aus eben", mit gezogenem „treten"; deli {dehli)
mit gestofsenem Ton „Söhne", mit gezogenem ,, Brett". Es er-
innert dies an das Verfahren, wornach das Chinesische durch seine
verschiedenen Betonungsarten aus einer und derselben einsylbigen
Lautgruppe sehr verschiedene Wörter macht, die unter sich nichts
gemein haben. Es kommen aber auch nicht selten im Lettischen die
beiden Betonungsarten in einer und derselben Wurzel vor; es hat
z. B. mir sterben (= skr. mar, mr, lat. rnor) im Infinitiv mir-i den
gezogenen oder gehaltenen Ton, und im Praesens mir-stu den ge-
stofsenen (Rosenb. p. 19)- Über die Art, wie der gezogene oder
gehaltene Ton von dem gestofsenen oder Acutus sich unterscheidet,
bemerkt R OS enb erger (p. 17 Anm.) blofs, dafs er ungefähr so aus-
gesprochen werde, wie man in Kurland die Familiennamen: Behr,
Bär, Hahn ausspreche. Auch ohne zu wissen, wie die Kurländcr
j4ccusatw sg. §. 149. 311
mitbegriffen, so wie bei starken, d. h. mit einem Pron.
verbundenen Adjeetiven (s. §. 287 f.) hat sich dieselbe, ebenso
wie im Hochdeutschen (bis heute) behauptet, doch nur an
Mascuhnen, während das Femininum auch m diesen Wort-
klassen auf die Casusbezeichnung verzichtet hat. Das ur-
sprünghche m hat sich in n verwandelt, und diesem ist,
gleichsam zu seinem Schutze (s. §. 18) ein a zur Seite ge-
treten; daher goth. tlia-na den, diesen = skr. to-m, alt-
preufs. sta-n^ sto-n, lit. ta-n = to, griech. tc-v^ lat. is-tu-m;
dagegen im Fem. tho für skr. td-m., dor. ra-v, altpreufs.
sta-n, sto-n, lit. ta-n = ta, lat. is-ta-m. Das Hochdeutsche
hat den vocalischen Zusatz der goth. Accusativ-Endung wie-
der fallen lassen; dafs es ihn aber früher gehabt habe, ist
kaum zu bezweifeln, weil sonst der schüefsende Nasal, wie
die deutschen Familiennamen aussprechen, kann man doch aus dieser
Vergleichung soviel entnehmen, dafs der gezogene Ton des Letti-
schen nicht hlofs wie der Acutus die Bestimmung hat, die Tonsylbe
mehrsylblger Wörter hervorzuheben und einsylbige selbständige
Wörter von tonlosen Encllticis zu unterscheiden, sondern auch, wie
die chinesischen Tonarten, eine besondere Modulation der Stimme
anzudeuten. — Um aber wieder zum Litauischen zurückzukeh-
ren, so habe Ich noch zu bemerken, dafs ich die Qualität der
<?-Laute, — Kurschat's helles und dumpfes e — nicht unterscheide,
sondern nur die Länge und den Accent berücksichtige, indem Ich e,
sowohl für helles als für dumpfes e, wo es tonlos Ist, schreibe, und
dagegen e für jedes betonte kurze, und e oder e für helles und dum-
pfes langes e setze, je nachdem es betont Ist oder nicht. Etymolo-
gisch kann e sowohl sanskritisches e (= o/), als 5^ d vertreten. So
lange es aber noch an einem die Quantität und die Tonsylbe genau
bezeichnenden Wörterbuche fehlt, können dieselben auch bei Wort-
verglelchungen, sowohl bei den e- Lauten als bei andern Vocalen,
nicht überall angegeben werden. So habe Ich früher dem skr.
sünvSs das litauische sunü-s gegenübergestellt, aber erst durch
Kurschat's Beiträge (Königsberg 1849) H, p. 106 erfahren, dafs das
erste u lang Ist {sunü-s), und dafs somit das Ganze dem skr. Schwe-
sterwort sowohl im Laut als in der Betonung auf das genaueste ent-
spricht.
312 Bilduns der Casus. §. 149.
im Gen. pl. und in der Isten P. sg. des Conjunct. höchst
wahrscheinlich unterdrückt worden wäre (vgl. §. 18 und 92
p. 157 f.) Man vergleiche das ahd. i-n ihn mit dem goth.
i-na und altlat. i-m. Darin behauptet das Hochdeutsche
einen Vorzug vor dem Gothischen, dafs es den Accusativ-
Charakter auch an Substantiven nicht ganz hat untergehen
lassen, sondern ihn im Alt- und Mhd. an männlichen Eigen-
namen noch standhaft geschützt hat; z. B. ahd. hluodo-
wiga-n^ hartmuota-n , petrusa-n\ mhd. swride-n, parzifdle-n,
j6hannese-n. Selbst im Nhd. sind Accusative wie FFilhelme-n,
Ludwige-n noch gestattet; wenngleich veraltet (s. Grimm
p. 767, 770, 773). Aufser bei Eigennamen hat sich im Ahd.
auch das Casuszeichen n noch an den Substantiven Izot Gott,
truhtin Herr, fater Vater und man Mensch, Mann be-
hauptet, daher kota-n, truhtina-n, truhtine-n, fatera-n '), mari-
na-n^ wobei zu beachten, dafs dies mit Ausnahme von
mamia-n sämmtlich W^örter sind, die mit Ehrfurcht ge-
sprochen werden, woraus sich das längere Beharren an der
alten Form erklären läfst. Hinsichtlich der Form manna-n
ist zu berücksichtigen, dafs das Gothische sowohl einen
Stamm mana^ als einen erweiterten Stamm mannan besitzt,
letzteres zugleich Accusativ, womit man das ahd. mannan
identificiren könnte, so dafs also das schliefsende n hier
staminhaft wäre. Wie dem aber auch sei, so möchte ich
nicht sagen, dafs die Accusative auf n der Eigennamen und
der Benennungen von Gott, Herr und Vater eigentlich der
Adjectiv-Declination angehören, da von ältester Zeit her in
unserem Sprachstamm den Substantiven ebenso wie den
Pronominen und Adjectiven ein Nasal im Accus, masc. und
fem. (bei «-Stämmen auch im Neutrum) zukommt, so dafs
es nicht befremden kann, wenn einige gleichsam priviligirte
*) Ich theile /a/era-n , nicht /a/cr-an analog dem sVt. püdr-arn^
weil anzunehmen, dafs dieses Wort im Ahd. in den meisten Casus
durch einen vocalischen Zusatz zur ersten starken Dechnalion ühcr-
gegangcn sei.
Accusativ sg. §. 150. 151. 313
Wörter, und eine ganze Wortklasse (die Eigennamen) die
alte Erbschaft bewahrt haben. — Erwähnung verdient hier
noch, dafs im Send die Stämme auf ya und v«, Avie bereits
bemerkt worden (§.42 p. 73), diese Sylben vor dem Accu-
sativcharakter m zu t und ü zusammenziehen. Ziemlich ähn-
lich verfährt das Gothische bei Substantivstämmen auf/a,
va, indem es z.B. aus den Stämmen harja Heer, hairdja
Hirt, thiva Knecht, die Accus ative /mn, ÄmVc?e, ^Äm (gegen
saii) (p. 279) bildet; dagegen schützt dasselbe vor der er-
haltenen Casus-Endung na das schliefsende a des Stammes,
daher midja-na medium (adj.), qviva-na vivum, wie im
Skr. mdd'ya-m, gtva-on.
150. Consonantisch endigende Stämme setzen im Sans-
krit, Send und Lateinischen dem Casuszeichen m einen Binde-
vocal vor, nämlich a im Sanskrit, e im Send und Latei-
nischen; daher z.B. skr. Bratar-a-m, send, hrdtar-e-m,
IsLt. f7'dtr-e-m. Das Griechische hat hinter dem als Binde-
vocal angefügten a den wirklichen Casus - Charakter aufge-
geben, daher z. B. (pspovT-a gegen skr. Bdrant-a-m, send,
harant- e- m, lat. ferent-e-m.
151. Einsylbige Wörter auf t, ü und du, setzen im
Sanskrit, gleich den consonantischen Stämmen, am statt des
blofsen m als Accusativ- Endung, wahrscheinlich um auf
diesem Wege zur Mehrsylbigkeit zu gelangen. So bilden Bt
Furcht und ndu Schiff nicht ßi-m, ndu~m — wie das
Griechische vav-v erwarten liefse — sondern Biy-am, nav-am.
Hierzu stimmen die griechischen Stämme auf ed, indem diese
E-a, aus £F-a, für iv-v setzen; z. B. ßa(jiKi{v)ci für ßacnXsv-v.
Es ist aber Unrecht, wenn man im Lateinischen em als die
wahre, ursprünglich einzige Accusativ-Endung ansehen will,
und für lupu-m, hora-m, fructu-m, die-m ein älteres lupo-em,
hora-em, fructu-em, die-em verlangt. Dafs der blofse Nasal
zur Bezeichnung des Accusativs hinreichte, und ein vorlau-
fender Vocal nur aus Noth beigegeben wurde, dies beweist
die Geschichte unseres ganzen Sprachstammes, und würde
sich ohne Sanskrit und Send durch das Griechische, Litauische,
314 liilduns der Casus. §. 152.
Altpreufsisclie und Gothische schon hinlänglich begründen
lassen. Das lateinische em im Acc. 3. Decl. ist von doppelter
Art, einmal gehört das e zum Stamme und steht wie in
unzähligen Fällen für i, und e-m von igne-m (skr. agni-m)
steht dann dem indischen i-m, sendischen 6-m, griechischen i-v,
altpreufs. i-n {asti-n rem), lit. ^-7^, gothischen i-na (von zna
ihn) gegenüber. Ausnahmsweise hat sich, doch in echt
lateinischen Wörtern nur bei Femininen, denen der ^-Laut
besonders zusagt '), das stammhafte i unverändert behauptet,
in Formen wie siti-m^ tussi-m^ Tiheri-m, Mhi-m, Hispali-m.
Im Accus, consonantisch endigender Stämme entspricht das e
von e-m dem indischen a, daher ped-em = skr. pdd-amy
gr. 7r6d-a(v); so auch in den in ihrer Art einzigen Formen
grii-em, su-em (von grü, sü), welche schön zu sanskritischen
Aceusativen wie düv-am (euphonisch für Bu-am) von Öü^
nom. Bü-s terra, stimmen. So auch im Genitiv gru-is,
su-is gegenüber den sanskritischen Genitiven wie Uuv-ds.
Offenbar ist im Lateinischen die Einsylbigkeit der Stämme
grü^ sü '") Veranlassung, dafs sie nicht der vierten Decl.
folgen, wie im Sanskrit der Declinations- Unterschied der
Stämme wie Bit, Bi von solchen wie vadu', nadt auf der
Sylbenzahl beruht.
152. Die sanskritischen und sendischen Neutralstämme
auf a und ihre Verwandten im Griech., Lateinischen und
Altpreufsischen, setzen wie die beiden natürhchen Geschlech-
ter einen Nasal zum Zeichen des Accusativs, und führen
dieses weniger persönliche, weniger lebendige, und daher zu
dem Accusativ wie für das Neutrum schon zum Nominativ
geeignete Zeichen, auch in den Nominativ ein; daher z. B.
skr. sdyana-m, send, sayane-'ni Lager; so im Lateini-
schen und Griechischen donu-rriy ^wpo-v, im Preufs. kawyda-n
*) S. §§. 119. 131. p. 269.
**) Vgl.gr. (TU-?, ^-^7 ^l^d. sü Sau, skr. sü am Ende von
Compp. die gebärende. Im Acc. stimmt su-cm zu ^ciT[^
süv-am^ im Gen. su-is zu suv-äs.
Accuxalw sg, §. 152. 315
was? hilUto-n gesagtes (s. „Über die Sprache der alten
Preufsen" p. 25). — Alle anderen Substantiv- und Adjectiv-
stämme bleiben, mit wenigen Ausnahmen im Lateinischen,
im Nomin. und Accusativ ohne Casuscharakter, und setzen
den nackten Stamm, der aber im Lateinischen ein schlie-
fsendes i durch das verwandte e ersetzt; so entspricht mare
für mari dem skr. vari Wasser. Das Griechische läfst
gleich dem Sanskrit, Send und Altpreufs. das i unverändert —
^^pL-g^ tdpL^ wie im Sanskrit suci-s, suci rein, im Altpreufs.
arwi-s, arwi wahr. Beispiele neutraler w-Stämme, die zu-
gleich die Stelle des Nom. und Accus, vertreten, sind im
Skr. mdcTu Honig, Wein, dsru Thräne, svddu süfs;
im Send vohu Reichthum (skr. vdsu); im Gr. fxE^'v, daKpv,
Tjdu; im Lat. pecüy genü^ im Gothischen /aVÄw Vermögen
(ursprünglich Vieh), hardu hartes; im Lit. saldü süfs es;
im Altpreufs. pecku Vieh. Die Länge des u im Latei-
nischen ist unorganisch und wahrscheinlich aus den obli-
quen Casus, wo die Länge aus den unterdrückten Casus-
Endungen sich erklärt, in den Nom. Acc. Voc. übergegangen.
Wenn schhefsendes u im Lateinischen immer lang ist, so ist
wohl auch immer ein Grund zu dieser Länge vorhanden;
Leim Ablativ z. B. erklärt sich die Länge des ursprünglich
kurzen u als Ersatz des weggefallenen Casuszeichens d^ wo-
durch auch das Ö der 2. Decl. lang wird. Die ursprüng-
liche Kürze des u der vierten Declination erkennt man übri-
gens aus dem Dativ pl. ü-bus. — Das g in gr. Wörtern wie
yiyog, fjLEvog, ivysvig ist bereits in §. 128 als dem Stamme an-
gehörend erklärt worden; so verhält es sich mit dem latei-
nischen s in Neutris wie genus, corpus, gravius; es ist die
ältere Gestalt des r der obliquen Casus wie gener-is, corpo-
r-is, gravior-is (s. §. 127). — Auch das g neutraler Stämme
auf T, z. B. in rETv<\)6g^ ripag, sehe ich nicht als Casuszeichen,
sondern als Verwechslung mit r an, welches am Ende nicht
geduldet, sondern entweder abgeworfen (juIXt, Trpayixa) oder
mit dem verwandten c vertauscht wird , wie z. B. in npog
316 Bildung der Casus. §. Iö2.
aus TrpoTi^ skr. prdti"). — Im Lateinischen ist es als eine
Verirrung des Sprachgeistes anzusehen, dafs die meisten mit
*) Zudieser Ansicht, weicheich schon inmelner Abhandlung „Über
einige Demonstratlvstämme und ihren Zusammenhang mit verschiede-
nen Praepositlonen und Conjunctionen" (Berlin IS 30 belDümmler)
p. 4-6 entwickelt habe, stimmt Im Wesentlichen, was seitdem Har-
tu ng In seinem schätzbaren Werke „Über die Casus" S. 152 ff. über
diesen Gegenstand gesagt hat, wo auch das ^ von YiTrao aus T erklärt
wird. Das Sanskrit scheint aber dem 0 von YjTrao einen anderen Ur-
sprung nachzuweisen, denn zu TJ^'Rfäkri (aus ja kari) Leber
(ebenfalls Neutrum) stimmt sowohl jecur wie Yjirao — durch den
gewöhnlichen Wechsel zwischen k und p — und beide verdanken
ihm ihr r, wie 7]7raT-og sein r. tiTrar-og sollte y]7Taor-cg lauten,
{iir skr. fdkrt-as aus fdkari-as. — Ein Nebenthema von Jj"^^
jäkrt ist fdkan^ woraus die schwachen Casus gebildet werden
können, z. B. der Genit. ydkn-as neben ydkrt-as. — Analog
mit jaÄrr/ geht im Sanskrit nur noch s akr t^\\%\^ Gen. s akrtas
oder s aknas , dessen Wurzel (mit verlorenem Verbum) jj^ s ak,
aus kak, zu sein scheint, womit man das lat. caco, gr, KCtKKaw, llt.
s^iku ,,caco", Irland, cac „ animal excrements", cacach „dlrty,
flith y", cacÄö/m „I go to stool", jeac/zraZ/Ä „ fllth, dirt" ver-
gleichen möge. Der Zischlaut der letztgenannten Form scheint wie
der von ^J^fl"^ akrt ^ jedoch unabhängig vom Sanskrit, aus k ent-
standen zu sein. Wenn aber Y[7raD für viTrar, und YiTrarog für Y\7raDTog
steht, so soll daraus nicht gefolgert werden, dafs bei allen analogen
Formen, unter andern z. B. bei (p^sa^, (poeccT- og , sT^ao , £iSaTO-g
(s.Kuhn, Zeltschr. IL l4j) in den flexionslosen Casus ein schllefsen-
des T und in den übrigen ein 0 vor dem T verloren gegangen sei.
Wenn aber das D, z. B. von cpoeao in seinem Ursprung identisch ist
mit dem T von (poearog, so erklärt es sich, wie mir scheint, am besten
als Entartung eines ?, wie in den oben (p. 42) erwähnten Dialekt-
formen, also ipDsao aus (posag für (p^sar^ wie Ke^ag aus Ksoar;
Tveioap aus dem wirklich vorhandenen TreToag (neben ireoag). In
einzelnen Fallen mag auch das T der obliquen Casus aus einem älte-
ren (T entstanden sein, wofür der Umstand spricht, dafs die Formen
auf aOy ar-og zum Thell Abstracta sind und somit als ursprünglich
identisch mit denen auf o?, 6(0") -o? für skr. ns, as-as (s. §. 128) be-
trachtet werden können ; also &'aj, ^zarcg aus heag^ SeaTog, woraus
Acciisaiw sg, §. ir>3. 3i7
einem Consonanten endigenden Adjeetivstämme das Nomi-
nativzeichen s der beiden natürlichen Geschlechter im Neu-
trum beibehalten, und, als gehörte es zum Stamme in die-
sem Genus auch auf den Accusativ ausdehnen, wie capac-s^
feliC'S^ soUr{t)-s^ aman(t)-s. Überhaupt ist im Lateinischen
bei consonantischen Stämmen das Gefühl für die Geschlechts-
unterscheidung sehr abgestumpft, da auch das Femin. vom
MascuL, gegen das vom Sanskrit, Send, Griechischen und
Gothischen befolgte Princip, nicht mehr unterschieden wird.
153. Den gothischen Substantiven fehlt bei Neutren
wie bei Masculinen das Casuszeichen m, und die Neutral-
stämme auf a stehen daher auf gleicher Stufe mit den i~
-u- und consonantischen Stämmen der verwandten Sprachen,
dadurch, dafs sie im Nomin. und Accus, ohne alle Fle-
xion sind. Man vergleiche in Ansehung der Gestalt dieser
Casus daur(a) mit dem gleichbedeutenden skr. dvara-m.
Neutrale Substantive auf i gibt es im Gothischen nicht, mit
Ausnahme des Numeralstammes thri (s. §.310) und Prono-
minalstammes i (§. 362). Dagegen gewinnen die Substantiven
Stämme auf ja durch Unterdrückung des a im Nom. und
Accus, sing. (vgl. §. 135) in diesen Casus das Ansehen von
^-Stämmen, z. B. vom Stamme reikja Reich (skr. rd'gya
ebenfalls Neutrum) kommt in den genannten Casus reiki,
gegenüber dem skr. ragya-m. Das Fehlen neutraler z-Stämme
bei germanischen Substantiven und Adjectiven ist um so
weniger befremdend, als auch in dem verwandten Sanskrit,
Send und Griechischen der entsprechende Ausgang im Neu-
trum nicht sehr häufig ist. — Im Litauischen ist das Neutrum
bei Substantiven ganz ausgestorben und hat nur bei Pro-
nominen und Adjectiven, wo letztere auf Pronomina bezo-
gen werden, eine Spur zurückgelassen. Adjectiv- Stämme
auch Öecg^ ^eovg (d£S(G')-og). Dagegen gehört das In seiner Art
einzige Femininum SafJLao, oaixctQTog offenbar einem Stamme
oaixaoT an, wozu sich oajJLao ungefähr so verhält wie Im Lateini-
schen cor zum Stamme cord =z skr. hid aus hard.
318 Bildung der Casus. §. 154.
auf u haben in diesem Falle den Nom. und Acc. sing., im
Einklang mit den verwandten Sprachen, ohne Casuszeichen;
z.B. darkü häfslich steht als Nom. und Acc. neut. dem
männlichen Nom. darkii-s, Acc. därku-n gegenüber. Dieser
Analogie folgen aber im Litauischen auch die Adjectiv-Stämme
auf a, und so steht z.B. gera gutes als Nom. und Acc.
gegenüber den männlichen, mit Gasuszeichen versehenen
Formen, gera-s, gera-n.
154. Es fragt sich ob das m als Zeichen des Nom.
und Acc. der Neutra (vom Vocativ ist es im Skr. und Send
ausgeschlossen) ursprünglich nicht blofs auf die a- Stämme
beschränkt war, sondern auch den i- und w-Stämmen sich
anfügte, so dafs man im Skr. für vd'ri ursprünglich vari-m^
für mddu mdd'u-m gesagt hätte? Ich möchte das ursprüng-
liche Vorhandensein solcher Formen nicht leugnen; denn
warum sollten die a- Stämme allein das Bedürfnifs gefühlt
haben, den Nomin. und Accus, der Neutra nicht ohne ein
Verhältnifs- oder Persönlichkeits-Zeichen zu lassen? Wahr-
scheinhcher ist es, dafs die a- Stämme nur fester an der
einmal angenommenen Endung hafteten, weil sie bei weitem
die zahlreichsten sind, und somit der Zerstörung der Zeit
durch eine gröfsere Macht der Analogie stärkeren Wider-
stand leisten konnten, auf dieselbe Weise, wie das Verbum
subst., ebenfalls wegen seines häufigen Gebrauchs, die Ur-
üexion weniger in Vergessenheit gerathen liefs, und im Ger-
manischen manche Erzeugnisse der ältesten Periode unseres
Sprachstammes bis auf unsere Zeit überhefert hat; z. B.
den Nasal zur Bezeichnung der ersten Person in bi-n^ ahd.
6^-m, skr. Bdvd-mi. Im Sanskrit fehlt es nicht an einem,
wenn gleich ganz vereinzelt dastehenden Beispiel eines m
als Nominativzeichen eines z- Stammes; und zwar kommt
diese Form in der Pronominal- Declination vor, die überall
am längsten den ÜberUeferungen der Vorzeit getreu bleibt.
Ich meine die Interrogativform ki-m was? vom Stamme
Ä^, der wohl auch ein ki-t im Sanskrit gezeugt haben mag,
das im lateinischen qiii-d erhalten ist, und welches ich auch
Accusativ sg. §. 155. 156. 319
in dem skr. Encliticum cit^ erweicht aus^^-^, wiedererkenne.
Sonst kommen im Skr. i- oder w-Stämme von Pronominen im
Nom. Acc. neut. nicht vor, denn amü jener substituirt adds,
und i dieser verbindet sich mit dam (idcim dieses).
Über das ursprüngliche Verfahren der consonantischea
Stämme, im Nom. Accus, der Neutra, gibt die Pronominal-
Dechnation keinen Aufschlufs, da alle Grundformen der Pro-
nomina auf Vocale, und zwar meistens auf a ausgehen.
155. Pronominalstämme auf a setzen im Sanskrit ^,
im Send "^d als Flexion des Nom. und Acc. neut. Das
Gothische setzt, wie im Accus, masc. na für m oder w, so
hier ta für blofses t, und überträgt diese wie andere Eigen-
heiten der Pronominal- Declination, gleich den übrigen ger-
manischen Dialekten, auch auf die adjectiven a- Stämme,
z.B. hlindata coecum, midja-ta medium"). Das Hoch-
deutsche setzt in der älteren Periode z statt des gothischen
t (§. 87), in der neuesten 5. Der Pronominalstamm i (spä-
ter e) folgt im Germanischen, wie im Lateinischen, der Ana-
logie der alten a- Stämme, und das Lateinische setzt, wie
im alten Ablativ, d statt t. Das Griechische mufste alle
^- Laute am Ende aufgeben (§.86.2)); der Unterschied der
pronominalen von der gewöhnlichen o- Declination besteht
also in dieser Beziehung blofs in der Abwesenheit aller Fle-
xion; aus diesem Unterschiede und dem Zeugnifs der ver-
wandten Sprachen erkennt man aber auch, dafs z. B. t6 ur-
sprünglich TOT oder rod gelautet habe, denn ein rov wäre
wie im männhchen Accus, unverändert geblieben. Vielleicht
haben wir einen Überrest einer Neutral-FIexion t in orrt, so
dafs oT-Ti zu theilen wäre, und also das doppelte r in die-
ser Form, eben so w^enig als das doppelte o- in Formen wie
opecr-o-t (§. 128) einen blofs metrischen Grund hätte (Butt-
mann p. 85).
156. Den Ursprung des neutralen Casuszeichens t fin-
den wir in dem Pronominalstamm f|" ta er, dieser (gr. ro,
^) Über den Grund dieser Erscheinung s. §. 287 f.
320 Bildung der Casus. §. 157.
goth. tha etc.), und einen überzeugenden Beweis für die
Richtigkeit dieser Erklärung darin, dafs f{fL '^^"^ ^s, die-
ses mit "^ sa er, dieser, und ^ sa sie, diese, in dem-
selben Gegensatze in Ansehung des Stammes steht, wie t
als neutrales Casuszeichen mit dem nominativen s männ-
licher und weiblicher Nomina (§. 134). Auch das m des
Accusativs, welches die Neutra schon im Nominat. setzen,
ist, wie ich nicht zweifle, von pronominalem Ursprung; und
es ist merkwürdig, dafs die zusammengesetzten Pronominal-
stämme i-md dieser, dieses und a-mü jener, jenes
(fem. ima^ amu) eben so wenig als ta, td im Nom. masc.
und fem. vorkommen, sondern das Sanskrit substituirt dem
Stamme amü im Nom. masc. und fem. sg. die Form asdü^
deren s also zum m von amü-m illum, amü-sya illius
und andern obliquen Casus in demselben Verhältnisse steht, wie
unter den Casusendungen das Zeichen des männhch-weiblichea
Nominativs zum m des Accusativs und neutralen Nominativs.
Auch heifst im Send IS:^'^^ imad dieses (Nom. Acc), aber
nicht im 6 dieser, sondern ^n^<^ aem (aus 35f?Tq^ aydm^
s. p. 72 Anm.f) und 9:>3 tm (aus ^t\^ iydm) diese. Vom
Griech. berücksichtige man den nur im Accus, vorkommenden
Pronominalstamm jut, welcher sich in Ansehung seines Vocals
zmTI ma (in dem zusammengesetzten Stamm ^Tf i-md) ver-
hält, wief^fiTL hi-m was? zu ^7^ ka-s wer? Die gothische
neutrale Endung ta stimmt in Ansehung der Lautverschiebung
(§. 86) zum lateinischen d [id, istud); dieses lat. d aber scheint
mir eine Herabsinkung vom älteren t, wie z. B. das b von ab
aus dem p des verwandten ^^q" dpa, cItto hervorgegan-
gen ist, und das d der altlateinischen Ablative (g. 181) auf
das skr. t sich stützt.
157. Dem oben erwähnten skr. ta-t, send, ta-d,
goth. tha-ta. gr. t6 steht im Litauischen tai (dieses) gegen-
über, und ich glaube jetzt, in Abweichung von meiner frühe-
ren Ansicht (erste Ausg. p. 185) in dessen i-Laut die Ver-
schmelzung eines ^- Lauts zu erkennen, in derselben Weise,
wie wir im Ossetischen den Vocal i als Vertreter von t und 8
Accusativ sg. §. 157. 321
erkannt haben (s. p. 120). Auch fehlt es dem Litauischen
nicht an Formen, wo ^ die Stelle eines ursprünglichen s
einnimmt; sie finden sich in der 2ten P. sg. des Aorists, wo
ai dem skr. a-s gegenübersteht, z.B. in sukal du drehtest
als Analog:on sanskritischer Aoriste wie dhud'as du wufs-
test. Hiervon später mehr; hier aber erinnere ich noch an
eine ähnliche Erscheinung in einer nicht zum indo-europäi-
schen Stamme gehörenden Sprache, nämlich im Tibetanischen,
wo z.B., worauf Böhthngk aufmerksam macht*), zwar las
geschrieben wird, dieses aber wie lai gesprochen wird. —
Das Altpreufsische hat bei den Pronominal -Neutren den
schHefsenden ?^-Laut ganz schwinden lassen, daher sta das,
dieses, y(;a was?; letzteres = ved. '3(\^kat^ send. tSi*''^ kad.
Die im §.148 erwähnten Wörter bilden im Accusativ:
Sanskrit
Send
Griech.
Lat.
Lit.
Goth.
m.
äsva-m
aspe-m
'iTTTTO-V
equu-m
pona-n
vulf
ra.
ka-m
ke-m
ka-n
Jiva-na
n.
dana-m
ddte-m
dwpo-v
donu-m
gera
daur'
n.
ta-t
ta-d
1
is'tu-d
ta-i
tha-ta
f.
dsvd-m
hisva-nm
')(fjopül-v
equa-m
dswa-n
giba
f.
kd-m
ka-nm
hvo')
m.
pdti-m
paitt-m
TToa-L-v
hoste-m
genti-n
gast'
m.
x-m
i-na
f.
priti-m
dfrtti-m
TTOpTL-V
turri-m
dwi-n
anst*
n.
vari
vairi
Idpl
mare
n.
i-d
i'ta
*) Beiträge zur russischen Grammatik, Bull, hist.-philol. der St.
Petersburger Akad. T. VIII.
*) Man sollte hv6-na^ oder, mit Verkürzung des Stammes, hva-na
erwarten, was dem Masc. gleich wäre. In Ansehung der verlorenen
Casusendung berücksichtige man, dafs überhaupt die Feminina weni-
ger standhaft in Überlieferung der alten Flexionen sind (vgl. §. 136).
Was schon das Sanskrit Im Nominativ sich zu Schulden kommen
läfst. Indem es kd für kd-s setzt (§.137), thut das Gothlsche, auf die-
sem Wege der Zerstörung weiter gehend, auch im Accusativ.
I. 21
322
Lat. Jjt. Gotli.
1.
m
u uuu/
sünü-
OL (,- 1
m
pa8Ü-m
viy.v-v
pecu-m
sünu-n
sunu
f.
kdnu-
■ m
ta7iü-m
yBVV'V
socru-m
handle
n.
mddu
m a du
fJii^V
pecti
platu
failiu
f.
V a d'u- m
i.gd-m ^)
nav-am
ga-nm
ßov-v
hov-em
m
f.
VCLV-V
f.
vac-am
OTT-a
vöc-em
m. l)drant-am harent-em (^ipovT-cL ferent-em fijand
ni. dsmdn-am asman-em daA\xcv'CL sermon-em akman
n. nd'ma ndma rdXav nömen nanio
m. dratar-amhrdtar-em TvcLrip-a frdtr-em hrothar
f. duhitdr-am dug'd'ar-em^vyoLTip-amdtr-em dauhtar
m. ddtar-am ddtdr-em dor-qp^a, dator-em
n. vdcas vaco ^) enog genus
Instrumentalis.
158. Der Instrumentalis wird im Sanskrit durch d be-
zeichnet, und diese Flexion ist, wie ich glaube, eine Ver-
längerung des Pronominalstamms a und identisch mit der
aus diesem Pronomen entsprungenen Praeposition d an,
hin, bis. Im Send erscheint das Casuszeichen in der Regel
verkürzt (s. §. 118), selbst da, wo diese Endung mit einem
vorhergehenden saj a des Stammes in Eins zerflossen ist, so
dafs in diesem Falle die Grundform und der Instrumentalis
völhg gleich sind; z.B. ^«-'t^^^^^ sausa mit Willen,
^•t^i^vu^vo asausa ohne Willen (V. S. p. 12), ^v^^vu^^r^
5 Äii/öjwfwa actione, kommt oft vor; vu^^u ana durch die-
sen, v«.'(>o£^jji(>o^voe^ paiti-bereta allevato. Nur bei
einsylbigen Stämmen auf <^' a zeigt sich im Instr. ein lan-
ges a; so ^Mjjf^ qd proprio (V. S. p.46) von dem Stamme
vujj^ qa (skr. ^5f sva §. 35). Im Sanskrit wird den mit
kurzen Vocalen endigenden Stämmen gen. masc. und fem.
-) Aus g'ai^-am, s. §. I22. ^) ^Wi ca: v ac as ca.
Instrumentalis sg. §. lo9. 323
ein euphonisches n beigefügt, ein schliefsendes a aber, wie
in mehreren anderen Casus, m Jf e umgewandelt, und, wie
ich glaube , durch den Einflufs dieser Stammbeschwerung
das d des Casussuffixes verkürzt; daher z. B. dsve-n-a,
agni-n-d^ vdri-n-d (s. §. 17^\), sünü-n-d^ mddu-n-d;
von dsva etc. Die Veda's zeigen aber noch Überreste von
Bildungen ohne euphonisches n, wie z. B. mahitva aus
mahitva-d von mahitva Gröfse, mahitvana von ma-
hitvand id., vrs'atva von vrs'atvd Regen, svdpnay-d
(aus svapne-d, s. p. 295) von svdpna Schlaf, icrü-y-d
für urü-n-d von urü grof s, mit euphonischem q^i/ (§. 43),
prabdkav-d Yon prabdhu aus bdhü Arm mit der Praep.
pra, mddv-d von mddu n. Honig. Zur Veda-Form
svdpnayd liefert die gewöhnhche Sprache Analoga durch
mdyd durch mich und tvdyd durch dich, von den
Stämmen ma und tva, deren a in diesem Casus wie im
Locat. in e übergeht. Auch aus ^a#^ m. Herr, und sdlci m.
Freund bildet die gewöhnliche Sprache Instrumentale ohne
eingeschobenes n^ nämhch paty-d, sdUy-d"). Feminina
lassen niemals ein euphonisches n zu, allein d geht wie vor
einigen anderen vocalischen Endungen in ^ e über, d. h. es
mischt sich ein i bei, und d verkürzt sich tm ^ a (s. p. 295) ;
daher dsvay-d (aus dsve-hd). Das Send folgt hierin der
Analogie des Sanskrit.
159. Da e im Goth. nach §. 69. 2) eben so wie 6 die
Stelle des d vertritt, so entsprechen die von Grimm (p, 790
und 798) als Instrumentale aufgefafsten Formen the, hve,
von dem Demonstrativstamm tha und dem interrogativen
hva, sehr merkwürdig den sendischen Instrumentalen wie
^*^Ü^ q'd vom Stamme <«-'^ q'a und dem vedischen tvd
durch dich. Wir müssen aber auch noch sve in das Ge-
biet der am treusten erhaltenen Instrumentalformen ziehen;
*) Am Ende von Compositen folgt pdti in allen Casus der
regelmäfsigen Declln., gelegentlich auch im elnfachenZustande, daher
päti-n-d (Nal. 17. 4l).
21'
324 Bildinii; der Casus. ^. 160.
dabei ist si^e, ans sva^ auch in Ansehung des Stammes mit
vojiv qd^ aus qa^ verwandt "). Die Bedeutung von sve ist
„Avie" (cJj), und das im Hochdeutschen aus 8va oder soe her-
vorgegangene 80 (auch 8U0 = 8wo) bedeutet sowohl wie als
so etc. Die Gasusverhältnisse die durch wie und so aus-
gedrückt werden sind aber echt instrumentaHsch "). — Die
angelsächsische Form für sve ist 8vd^ wobei das Colorit des
sendischen «^^^ qd am treuesten erhalten ist. Das gothische"
sva so ist, seiner Form nach, blofs die Verkürzung von
sv^, da a die Kürze sowohl von e als von 6 ist; durch
diese Verkürzung ist aber 8va identisch mit seinem Thema
geworden, eben so wie z.B. ^<'\^^ ana im Send nach §.158
von seinem Thema nicht unterschieden ist.
160. Dem gothischen tlie und hve entsprechen, abge-
sehen vom Stamme, im Althochdeutschen die Formen diu^
liwiu""'^). Auch hat sich von einem Demonstrativ-Stamme hi
die Form hiu in der Composition hiutu für hiu-tagu (an
diesem Tage, heute, s. Grimm S.794) erhalten, obwohl
die Bedeutung hier eigentlich locativ ist. Das Gothische hat
dafür den Dativ hmima- daga (s. §. 396). — Auch an Sub-
stantiv- und Adjectivstämmen masc. neutr. auf a und i hat
diese Endung u sich behauptet, wenngleich nur in spar-
samem Gebrauch, vorzügHch nach der Praep. mit, z. B. mit
*) S. §. 35. Grimms Vermuthungen über die Formen sva und
jpe (III, 43) scheinen mir unhaltbar, auch ist eine Erklärung dieser
Formen ohne die Vermittelung des Sanskrit und Send unmöglich.
Mehr hierüber bei den Pronomlnen.
**) Wenn man wie als „durch welches Mittel, aufweiche Art
oder Welse", und „so" als „durch dieses Mittel, auf diese Art" auffafst.
In jedem Falle gibt es unter den acht Casus der Sanskritsprache kei-
nen, der geeigneter wäre an dem Relativ und Demonstrativ die Be-
deutungen wie und so auszudrücken.
***) Vielleicht <i/'w, Äfv/a zu sprechen (s. §.86. 1.). Der Stamm des
ersteren entspricht dem skr. ^ tya (§. 35.5), wovon man nach
vedisch-sendlschem Prinzip einen Instrument. ^:jjj tyd zu erwarten
hätte. Über den Stamm von hwiu Qiuiu) s. §. 388.
Instrumcnlnlis sg. §. 160. 325
eidu mit Eid, 7nit wortu mit Wort, 7)tit cuatu mit gu-
tem, mit kast-u mit Gast; von den Stämmen eida, wortay
cuota^ kasU (mit Umlaut kesti). Hierbei ist es wichtig zu
bemerken, dafs der Instr. im Skr. sehr häufig, und zwar
meistens für sich allein, gelegentlich aber auch in Gemein-
schaft mit der Praep. sahd mit, das sociative Verhältnifs
ausdrückt. — Was das formelle Verhältnifs der althoch-
deutschen Formen wie kast-u (für kasti-ic oder kesti-u) zu
solchen wie wortu anbelangt, so ist zu beachten, dafs in
ersteren das u ganz der Casusbezeichnung angehört, und
dem skr. ä und sendischen, aus d gekürzten, a von C[r?T[
pdty-d (aus pdti-d), ^c«^^vUj>owV(y pataij-a, aus pdti^
faiti Herr, entspricht. Das schhefsende i des Stammes
wird im Althochd. unterdrückt, wie nach Willkür im Genitiv
pl., wo nach Verschiedenheit der Quellen sowohl kesti-o —
oder mit e für z, keste-o — als kest-o vorkommt, wobei jedoch
der Umlaut der letztgenannten Form auf das frühere Dasein
eines i oder j hinweist. Merkwürdig ist die Form lau (von
hin- tu heute, an diesem Tage), wo, wie mir scheint,
die Einsilbigkeit des Stammes Jii dazu beigetragen hat, dafs
sein Vocal vor der Instrumental-Endung sich nicht hat ver-
drängen lassen. — Das u der Formen wie eidu, wortu,
swertic (mit swertu mit Schwert, vom Stamme swertd)
fasse ich als Vereinigung des Endvocals des Stammes auf«
und des a der Casus-Endung; d.h. das ^J d (aus a-j-a)
vedischer Formen wie TTT^r^f mahitva aus mahitva-d,
hat sich zuerst wie im Send gekürzt und von da zu u ge-
schwächt').
*) Für lang kann ich, gegen Grimms Meinung, das instrumen-
tale w, auch abgesehen von seiner Entstehung aus kurzem a, nicht
gelten lassen; denn erstens erscheint es bei Notker an den Prono-
minalformen diu etc. nicht clrcumflectirt (andere Instrumentale der
Art kommen bei ihm nicht vor); zweitens wird es, wie andere kurze
AT, mit o vertauscht (§. 77), daher z. B. ano, wro (neben (viu), ivio-äh\
drittens kann die Länge dieses u aus den gothlschcn Formen i/ie, hve.
326 Bildung der Casus. §. 161. 162.
161. Das Litauische stimmt im Instrumentalis seiner
männlichen a-Stämme insofern zum Althochdeutschen, als es
ebenfalls ein kurzes u statt des, aus der Vereinigung des
stammhaften a und des ursprünghchen a-Lauts der Endung,
zu erwartenden langen d zeigt; daher z. B. dewü gegenüber
dem vedischen c^em' *) und sendischen ^>>a)*-^ daiva. Die
litauischen weiblichen Stämme auf a (ursprünglich ä
§. 118) zeigen keinen vocahschen Unterschied zwischen Nom.
und Instr.; man darf aber annehmen, dafs das stammhafte a
das der Casus -Endung verschluckt habe, und somit z.B.
merga Magd (nom) im gleichlautenden Instr. aus merga-a
zusammengeflossen sei. Formen dieser Art kommen bei
Femininstämmen auf d auch in vedischen Instrumentalen
vor; z.B. d'ard aus d'drd-d für das gewöhnUche d'aray-d
(s. Benf. S. V. Gloss. s. v.). In allen übrigen Wortklassen
zeigt das Litauische mi als singulare Instrumental-Endung *'),
welche offenbar mit der Endung mis {== skr. üis^ send, bis
oder bis desselben Casus im Plural zusammenhängt (s. §.216).
Man vergleiche awi-mi durch das Schaf, swiu-mi durch
den Sohn mit den entsprechenden Plural -Casus awi-mis,
sünu-mis und mit den skr. Schwesterformen dvi-Uis durch
die Schafe, sünü-bis durch die Söhne.
162. Wir kehren zum Send zurück, um zu bemerken,
dafs durch den euphonischen Einflufs eines vorhergehenden,
aus u entstandenen v, das a der Instrumental-Endung zu ^ 6
sve nicht gefolgert werden, weil diese, aller Wahrscheinh'chkeit nach,
die Erhaltung des langen Vocals ihrer Einsylbigkeit verdanken (vgl.
§. 137).
*) Theoretisch gebildet nach Formen wie mahitud etc. (§. 15S).
Über den wandernden Accent in einem grofsen Theile der litaui-
schen MascuHnstämme auf a s. Kurschat (Beiträge II. 47. ff.) und
Schleicher p. 176 ff.
**) Formen wie akie (neben aki-m)) gehören einem erweiterten
Stamme auf ia (euphonisch zV, s. p. 1 'i7) an.
Instrument cilis sg. §. 162. 327
werden kann. °) So linden wir im 3ten Fargard des Vend.
mehrmals 4^>>5'^^ bdsvo mit entschieden instrumentaler
Bedeutung"). Mit unverändertem a steht dagegen bdsv-a
brachio im 18ten Farg., bei Westergaard p. 466 mit der
Variante hdsava, deren mittleres a ich jetzt lieber als
euphonische Einschiebung oder Bindevocal fasse, denn als
Guna-Vocal gleich dem des oben (§. 158) erwähnten vedi-
schen pr ab äkavä"^"). Als euphonische Einschiebung fasse
ich jetzt auch das dem y vorstehende a des Instrument.
*.v^i^.v(I^^^Jqy ha¥ay-a {üt sVt. sdJcy-d, von 5« Xi'^i Freund,
welches in seiner Decl. an den Eigenthümlichkeiten von q^T^f
j> d ti theilnimmt. Femininstämme auf i unterdrücken die Casus-
Endung und zeigen das nackte Thema, daher i0oyj)?0üvu7^
frasrüiti (V. S. p.43), welches von Neriosengh durch
den Instr. ^öT^HT svdi^ena (mit Laut) übersetzt wird *f).
Der Veda- Dialekt gestattet ähnliche Unterdrückungen der
Instrumental -Endung an weiblichen z- Stämmen, verlängert
aber zum Ersatz den Endvocal des Stammes, daher mati\
d'tti , sus'tuti, von matt etc. Ich erinnere vorläufig
*) S. §. 32 Schlufs, wo der vorliegende, das schliefsende
a betreffende Fall, überseiien worden.
) das ina bä s v 6 mit dem rechten Arm, liavoya bdsvo
mit dem linken Arm.
***) Als ein zwischen zwei Consonanten eingeschobener Binde-
vocal erscheint unter andern auch a öfter in dem Possess. hava sein
neben hi^a für skr. sva^ und o für a wegen eines vorhergehenden if
inhavöja link (für skr. savjd)^ wovon oben der gleichlautende
Instrumentalis. — Zu bäsv-a stimmen vedische Instrumentale wie
paso-ä von /7a^w Vi e h.
\) S. Burnouf „Etudes sur la langue et sur les textes Zends"
p. 220. Etymologisch entspricht der skr. Stamm pras ruti (Wz. s ru
hören). Was die Länge des li des send. Ausdrucks anbelangt, so
kann ich nicht mit Burnouf dem Accent, den wir nicht kennen, einen
Elnflufs auf Ihre Erzeugung zugestehen — „la voyelle u est allongee,
plutot par rinfluence de Taccent, que par sulte de rinattentlon des
copistes" — sondern ich berufe mich in dieser Beziehung auf §. h\.
328
Bildung der Casus. §. 163.
an eine ähnliche Erscheinung im Dual der i- und w-Stämme
masc. und fem. des klassischen Sanskrit (§. 210).
163. Die in §. 148 aufgestellten Stämme und einige
andere bilden im Instrumentalis:
Sanskrit
Send
Lit.
Ahd.
m.
dsve-n-a ')
aspa
ponü
eidu
n.
mahitva
ddta
wortu
f.
dsvay-d
hisvay-a
....
f.
d'ard ')
dswa
....
m.
pdty-d
patay-a
genti-mi
kast'-
f.
jprity-d
d/rtti ^)
awi-mi
f.
Bdvanty-d
havainty-a
....
m.
sünü-n-d
pasv-a ")
sünu-mi
....
f.
Jidnv-d
ta7iv-a
....
f.
vaäv-d!
....
m.f.
gdv-d
gav-a
....
f.
ndv-a
....
f.
vdc-d!
vdc-a
....
m.
Bdrat-d
harent-a
....
m.
dsman-d
asman-a
....
n.
n am n-d
ndman~a
....
m.
Br atr - d
hrdthr-a
*) Ich kenne im Veda-Dialekt keine Mascullnst'amme auf a mit
Instrumentalen auf^ furc-n-a, wenn man nicht ivd durch dich
hierherziehen will, dessen Nom. i^l.yusme (ved.), Acc. j« ^ man der
Form nach männlich sind. Für Neutra halte Ich auch die schon in der
Isten Ausg. meiner kleineren Sanskritgramm. (lS34 p. 319, 2. Ausg.
p. 328) als Instrumentale nach sendlschem Princlp gefafsten Adverbia
des klassischen Sanskrit daks ind südlich (eigentlich rechts) und
uttarä nördlich, so das vedlsche j op/a links (Benf.'s vollst.
Gramm, p. 297). Man vergleiche also hiermit die althochdeutschen
Adjectiv- Instrumentale wie cuatu {mit cuatu mit Gutem).
2) S. §. l6l. 3) Vgl. ved. ma/i". ^) ved. ;?aj y«, s. p. 2S5.
Anm. *=^*).
•
Dativ sg. §. 164.
329
Sanskrit
Send
Lil.
Ähd.
f.
duhitr-a
dugd^er-a
....
in,
dätr-a
ddthr-a
....
n.
vdcas-ä
vacanh-a
....
Dativ.
164. Im Sanskrit und Send ist e (bei Femin. auch äi) die
Bezeichnung des Dativs, welche ihrem Ursprünge nach wahr-
scheinhch dem Demonstrativ-Stamme e anheimfällt — wovon
der Nomin. aydm (aus e-i-am) dieser — der aber selbst,
wie es scheint, nur eine Erweiterung des Stammes a ist,
woraus die meisten Casus dieses Pron. entspringen [a-smdi,
a-smat^ a-smin etc.), und wobei zu berücksichtigen ist,
dafs auch die gewöhnlichen a- Stämme im Skr. in vielen
Casus diesen Vocal durch Beimischung eines i zu e erweitern.
— Einfache Femininstämme auf ^\ d (z. B. Bd Glanz,
sutd' Tochter) und die mehrsylbigen auf ^ und ;37 u er-
weitern die Dativ-Endung e stets zu di\ während die e i n -
sylbigen Femininstämme auf % und u (ausgenommen nackte
Wurzeln am Ende von Compp. im Sinne des Part, praes.)
und die Femininstämme auf % und u (sämmtlich mehrsylbig),
nach Willkür die Endung e oder di annehmen können. Ein
schliefsendes d erweitert sich vor der Endung di zu dy (aus
di s. p. 295), daher dsvdy-di von dsvd. Stämme auf i
und u erhalten im Masc. regelmäfsig, im Femin. aber nur
vor e, nicht vor der gewichtvolleren weiblichen Endung di,
die Guna-Steigerung; Neutralstämme mit vocalischem Aus-
gang fügen ein euphonisches n (nach §. 17*). n) ein; daher
z. B. agndy-e, sündv-e von agni m. Feuer, sünü m.
Sohn, prctay-e oder prity-di, d'endv-e oder d'e7iv-d{,
von priti L Freude, d'enü L Milchkuh; vari-n-e^md-
d'u-n-e von vd'ri n. Wasser, mdd'u n. Honig, Wein.
Im Send haben weibliche d- und /-Stämme, gleich dem Skr.,
di zur Endung; man sagt aber nicht hisvdy-di, sondern
iMAJi^a^»»j^^ hisvay-di (= skr. gihvay-di) vom Stamme
330 Bildung der Casus. §. 165. 166.
hisvd, indem lange Vocale in der vorletzten Sylbe Lei
inehrsylbigen Stämmen sehr häufig verkürzt werden. Die
Stämme auf ^ i haben in Verbindung mit der Partikel «-u^
ca am treusten die skr. Form bewahrt, und zeigen in die-
sem Falle die Form vO^;ovv*^icu ay-ai-ca (s. §.33 p. 60),
z. B. vv^^ü^-^-'^i^^-'C^XJ^^^-'^ karstayaica und des Pflügens
wegen, um zu pflügen (V. S. p. 198) von /;ar5^^ f. Ohne
ca aber findet man fast einzig die Form ^^ ee (s. §.31),
z. B. ^^^i^^'^ qaretee um zu essen, von i(>o$7<*.'ji^
qareti f. das Essen. Die Stämme auf > u können so-
wohl Guna annehmen — wie z. B. ^»^^^^^Ip vanhav-e
von >ev3^^ vanhu rein — als auch nicht, z. B. ;o>>^*^*/
o'at'v-e von >03Jü^ ratic grofs, Herr. Die gunalose Form
ist die gewöhnlichere. Man findet auch ein euphonisches
^^ y zwischen Stamm und Endung eingeschoben (§. 43),
z.B. /ü^i>/'-*'*00 tanu-y-e von tanu f. Körper, kommt
oft vor.
165. Die skr. Stämme auf a fügen dem Casuszeichen
e noch ein a bei; aus e aber (= a-i-i) und a wird aya'.,
und dieses gibt mit dem a des Stammes äya^ also dsväya
equo. Hieraus könnte das sendische ^^«MjejaJ«.^ aspdi durch
Unterdrückung des schliefsenden a entstonden sein, wornach
der vorhergehende Halbvocal zu seiner Vocal-Natur zurück-
kehren mufste. Man kann aber auch, was ich lieber thue,
annehmen, dafs das Send dem dativen e niemals ein a bei-
gefügt habe, und dafs dies im Sanskrit eine spätere, nach
der Sprachtrennung eingetretene Erscheinung sei, denn aus
a-i' e wird ganz regelrecht di. Auch bildet das Skr. aus
dem, den Pronominen dritter Person beitretenden Anhänge-
pronomen sma den Dativ smdi (aus sma-c), und so stimmt
z.B. kdsmdi wem? zum sendischen ^»^^'i^exv^ kalimdi.
166. Das im vorhergehenden §. erwähnte Anhänge-
pronomen sma, welches nicht nur im Singular, sondern
auch, und zwar bei den Pronom. der beiden ersten Personen,
im Plural zwischen Stamm und Endung sich eindrängt, gibt,
wenn man es nicht von beiden absondert — wie ich dies
Dativ sg. §. 166. 331
zuerst in meinem ausführlichen Lehrgebäude (1827 §. 266)
versucht habe — der Pronominal- Declination das Ansehen
einer grüfseren Eigenthümlichkeit, als sie in der That hat.
Da diese Partikel auch in den verwandten europäischen
Sprachen sich w^iederlindet, und dort, w^ie ich zum Theii
schon anderwärts gezeigt habe, manche Declinations-Räthsel
auflöst, so wollen wir sie hier sogleich bei ihrem ersten
Auftreten, so weit es uns möglich ist, durch alle ihre Ver-
richtungen und Entstellungen verfolgen. Im Send hat sich
sma nach §. 53 zu hma umgestaltet, und auch im Präkrit
und Päli ist im Plural der beiden ersten Personen das s zu
g h (s. §. 23) geworden, und aufserdem hat sich, durch
Umstellung der beiden Consonanten, die Sylbe hma zu 7)1 ha
verdreht; z. B. Präkrit: 55[r% am he wir (ajUjueg), Päli:
55f^^r^I^L CL'^^h^^kam^ S. ^£5^^^«-' ahmdkem r^fxwv. Vom
präkrit-pälischen mha gelangen wir zum gothischen nsa in
u-nsa-ra tJjucüv, u-nsi-s") nobis, nos. Dadurch, dafs das
Gothische den Zischlaut unverändert gelassen, steht es auf
einer älteren Stufe als Päli und Präkrit, hingegen durch die
Umwandlung des m in n — zur bequemeren Verbindung
mit dem folgenden s — auf einer späteren. Wir können
daher nicht mehr, wie wir früher in Übereinstimmung mit
Grimm*') gethan haben, das ns von uns nos als gewöhn-
liche Accusativ-Endung annehmen — vgl. vulfa-ns, gasti-7is,
sunu-ns — und von da, als wäre es Eigenthum des Stam-
mes geworden, in einige andere Casus eintreten und mit
neuen Casus-Endungen verknüpfen lassen. Hiergegen sträubt
sich auch die zweite Person, wo isvis (i-svi-s) im Accus,
steht, und doch sind im Wesentlichen die beiden ersten
Personen in ihrer Declination identisch; uns nobis, nos
steht also für unsi-s (aus unsa-s), und dieses hat s 'zum
*) Mit Verwandlung des a in i nach §. 67.
**) I. 813. ^.funsara scheint aus dem Accusativ uns abgeleitet,
nicht anders der Dativ unsis, welcher nebst izvis dem Dativ sing,
parallel auslautet." Vgl. I. 813. 34.
332 ßilduns der Casus. §. 167. 168.
Casus-Suffix, und u-nsa (geschwächt u-nsi) als zusammen-
gesetzten Stamm. Auch können wir das u von unsa-ra
nostri etc. nicht mehr als das vocalisirte v von veis wir
ansehen, obwohl das ^ von isvara vestri etc. nichts anders
als das vocalisirte ^ von jus ihr sein kann; denn auch im
Sanskrit geht die Sylbe IJ Iju (nom. yuyäm ihr, s. §. 43)
durch alle obliquen Casus, während bei der ersten Person
das oL ^ '^'on ^?TH^ vaydm wir auf den Nominativ be-
schränkt ist, die obliquen Casus aber einen Stamm ^ a mit
dem Anhängepronomen sma verbinden. Dieses a ist nun
im Gothischen durch den Einüufs der folgenden Liquida
zu u geworden; daher unsa-ra etc. für ansa-ra (§.66).
167. So wie im Send das sanskritische Possessivum
^^ sva unter verschiedenen Umgebungen in sehr verschie-
denen Gestalten sich zeigt ") , so glaube ich das Anhänge-
pronomen ;^ sma im Gothischen unter sechs Gestalten
nachweisen zu können; nämlich als nsa^ sva, nka, nq^oa, mma
und s. Die erste ist bereits erörtert worden; die zweite —
sua, und in geschwächter Form svi — findet sich bei dem
Pronomen der zweiten Person an derselben Stelle, wo das
der ersten nsa {nsi) hat, und während in den verwandten
asiatischen Sprachen (Sanskrit, Send, Pali, Präkrit), sowie
im Griech. und Litauischen, die beiden Pronomina im Plural
vollkommen parallel laufen, indem sie das Anhängepronomen
entweder in seiner Urgestalt, oder auf gleiche Weise ver-
ändert zeigen, ist im Gothischen dadurch ein Zwiespalt zwi-
schen den beiden ersten Personen eingetreten, dafs bei ihnen
die Sylbe sma auf doppelte Weise sich umgestaltet hat.
Die Form sva (aus sma) beruht erstens auf der nicht be-
fremdenden Erweichung des s zu s (§.86.5), zweitens auf
dem sehr gewöhnlichen Wechsel zwischen m und v ").
168. Vom Gothischen abwärts hat sich die Partikel
sma in den germanischen Dialekten beim Pronomen der
*) S. Jahrb. für wissensch. Kritik. März 183!. S. 37() ff.
**) S. §.20 Sclilufs und verglclcli. Acccnliiatlonssystem Anm. J4.
Batio SS. §. 168. 333
zweiten Person noch mehr entstellt durch die Ausscheidung
des Zischlauts. Das althochdeutsche i-wa-r verhält sich zum
gothischen i-sva-ra ungefähr wie der Homerische Genitiv
Toio ZU dem überhomerischen sanskritischen tdsya. Ver-
gliche man, ohne Vermittelung des Gothischen, das althoch-
deutsche i-wa-i\ i-u, i-wi-li^ mit dem skr. yu-sma-kam^
yu-smd-Vyam^ yu-s'ma-n, und mit dem litauischen ^w-sw,
ju-mus^ jus: so würde man es als ausgemacht ansehen, dafs
das w oder u dem Stamme angehöre, nicht aber der ent-
stellte Überrest eines weitverbreiteten Anhängepronomens
sei, und man würde unrichtig iw-m\ iw-ih, iu, für i-wa-r etc.
theilen. Auch hegte ich früher jene Ansicht; eine wieder-
holte Untersuchung und der seitdem durch das Send, Präkrit
und Pali erweiterte Gesichtskreis gewährt mir aber die feste
Überzeugung, dafs die gothische Zwischensylhe sva im Hoch-
deutschen nicht untergegangen, sondern dafs ein Theil da-
von bis auf unsere Zeiten sich erhalten habe (e-ue-r aus
i-sva-ra)\ dagegen ist das u des Stammes ju (JT yu), wie im
Gothischen, so auch schon in der ältesten Gestalt des Hoch-
deutschen in den obliquen Casus verschollen, sowohl im
Plural als im Dual *), und das goth. i-sva-ra^ ahd. i-wa-r etc.
stehen für ju-sva-ra^ ju-wa-r. Das Altsächsische und Angel-
sächsische zeigen sich indessen, gleich dem Litauischen, in
Ansehung der Stammbewahrung vollständiger als das Go-
thische, und führen das w, welches im Ags. o geworden,
durch alle obliquen Casus durch: iu-we-i\ eo-ve-r vestri etc.
Stellte man blofs die beiden historischen Endpunkte der
hier behandelten Formen, die sanskritische und neudeutsche
Gestalt einander gegenüber, so müfste die Behauptung sehr
paradox erscheinen, dafs euer und ^^^TT^Hv yusmakam
mit einander verwandt seien, und zwar so, dafs das u von
*) Um so merkwürdiger ist das In der nordfriesischen Volks-
sprache noch erhaltene u (Grimm Sl4. rf)), wo z. V». ju-nke-r, ju-nk
In Ansehung des Stammes vor dem gothischen i-nqva-ra , i-nqvi-s
sich vorthellhaft auszeichnet.
334 Bildung der Casus. §. 169.
euer nichts mit dem u von ST 2/w gemein habe, sondern in
dem m der Sylbe ^^q" sma seinen Ursprung finde.
169. Die Unterscheidung des Duals und Plurals, in den
obliquen Casus der beiden ersten Personen, ist im Germa-
nischen nicht organisch; denn die beiden Mehrzahlen unter-
scheiden sich ursprünglich nur durch die Casus-Endungen.
Diese sind aber bei unseren Pronominen im Gothischen die-
selben, und der Unterschied zwischen den beiden Mehrzahlen
scheint im Stamme zu liegen — unka-ra vcorV, unsa-ra tJjucüv,
inqva-ra a-(|)cüVv, isva-ra vfjiwv. — Allein aus einer genaueren
Analyse der Formen in beiden Mehrzahlen, und aus der
Aufklärung, die uns die verwandten asiatischen Sprachen
darbieten, ergibt sich, dafs auch der eigentliche Stamm in
beiden Mehrzahlen identisch sei, und nur das damit verbun-
dene Anhängepronomen sma auf doppelte Weise sich ent-
stellt habe, wornach dann die eine Form im Dual, die andere
im Plural sich festgesetzt hat. Die erstere kommt der Präkrit-
Päli-Form I^ mha am nächsten, indem sie wie diese, doch
unabhängig von derselben, das alte s in einen Guttural ver-
w^andelt hat, was auch das Sanskrit in einem andern, in
seiner Art einzigen Falle gethan hat, nämlich in der Isten P.
sg. med. des Verbum subst., wo ^ he für se, dieses aber
für as-me steht (3. P. s-te für as-te). — Die zweite Person
setzt im Gothischen qv (= kv) für k, während die übrigen
Dialekte dem Guttural in beiden Personen dieselbe Gestalt
lassen: ahd. u-^icha-r, i-ncha-v^ alts. u-nke-r^ i-nke-r\ angels.
u-nce-i\ i-nce-r. Es wäre demnach erwiesen, dafs Dual und
Plural der beiden ersten Personen nicht organisch oder ur-
sprünglich verschieden sind , sondern, als verschiedenartige
Verdrehungen und Verstümmelungen, einer und derselben
Urform angehören, und dafs somit diese beiden Pronomina
eben so wenig als die übrigen und alle Substantiven De-
clinationen den alten Dual behauptet haben. — Was das
V in dem gothischen i-nqva (= i-7ikva für ju-nkva) anbelangt,
so beruht dasselbe auf der oben (p. 109) erwähnten Neigung
zur Verbindung eines euphonischen v mit einem vorherge-
üniiv sg. ^. 170. 171. 172. 335
henden Guttural, dessen sich jedoch das Anhängepronomen
in der ersten Person enthalten hat, und hierauf gründet sich
der ganze Unterschied zwischen nqva von i-nqva und nka
von u-nka.
170. Die fünfte Form in welcher ;^q" sma in der gothi-
schen Declination auftritt, ist diejenige, welche mir zuerst
bemerkbar geworden, und die ich bereits in den Annais of
Oriental Liter ature (1820 p. 16) hervorgehoben habe. Das
dort gesagte, wornach der Dativ sg. thamma (dem, diesem)
durch Assimilation aus tha-sma entstanden, fand ich durch
die seitdem von Vater herausgegebene Grammatik der Sprache
der alten Preufsen insofern unterstützt, als hier im Singular-
Dativ der Pronominal -Dechnation das s des in Rede ste-
henden Anhängepronomens unverändert geblieben ist, so
dafs z. B. ka-smu wem? dem skr. hd-smdi und goth.
hva-mma gegenüber steht.
171. Auch das Umbrische hat, wie Aufrecht und
Kirchhof gezeigt haben (Die Umbrischen Sprachdenkmäler
p. 133 f. u. p. 137) im Dativ der Pronominaldeclination die
Verbindung sm unseres Anhängepronomens unverändert be-
hauptet, namentlich in e-smei oder e-sme diesem \in6. pu-sme
wem? und welchem (relat.). Letzteres, mit^ für ursprüng-
liches ^, stimmt zum skr. kd-smdi, altpreufs. ka-smu und
goth. hva-mma; ersteres ist hinsichtlich seiner Stammsylbe
insofern zweideutig, als e sowohl ein skr. a (wie z. B. in
eS't er ist =5^75^^ ds-ti), als ein ^ ^ vertreten kann. Steht
es, wie ich am liebsten annehme, für a, so entspricht e-smei,
e-sme dem skr. a-smdi diesem (§.366); steht es aber für
t, wie die genannten Gelehrten annehmen, so hat man sich
dafür im Sanskrit ein verlorenes i-smdi (euphonisch für
i-smdi) zu denken, worauf der goth. Dativ i-mma, ahd.
i-mu, unser ihm sich stützen (s. §. 362). Von lateinischen
und griechischen Überresten des skr. Anhängepronomens sma
wird später die Rede sein.
172. Die sechste gothische Form für das skr. Anhänge-
pronomen sma hat von diesem nur das s übrig behalten
336 Bildung der Casus. §. 172.
und cischeiDt unter andern in den Dativen mi-s mihi, thi-s
tibi, si-s si-bi, wobei zu berücksichtigen, dafs auch im
Send und Prakrit das betreffende Anhängepronoraen in den
Singular der beiden ersten Personen eingedrungen ist, wo
sich das Sanskrit davon fern gehalten hat. Belegen läfst
sich jedoch im Send nur der Locativ der 3ten P. ^g^y<yJ^^^
fwa-h 7)1-1 in dir (aus fwa-smt) für skr. tvdy-i, und ich
folgere daraus bei der ersten P. ma-hm-t. Das Prakrit
zeigt tu-ma-sm-i in dir, und mit Assimilation tu-ma-
-mm-i^ auch tu-me (aus ttc-ma), und ta'i (aus tvai = skr.
tvdy-i^ und bei der ersten P. ma-ma-sm-i oder ma-ma-
-mm-t neben ma-e (wahrscheinlich aus ma-me = ma-ma-i)
und ma'i. Mehrere dieser Formen zeigen das Anhänge-
pronomen doppelt, wenigstens zweifle ich nicht daran, dafs
z.B. tu-ma-smi, tu-ma-mmi^ ma-ma-smi ma-ma-mmi
Verstümmelungen sind von tu-s tna-smi etc. Doppelt er-
scheint das Anhängepronomen auch in gothischen Formen
wie u-nsi-s nobis, i-svi-s vobis und den analogen Dual-
formen, denn das letzte s entspricht offenbar dem der Sin-
gularformen mi-s^ thu-s und ist nur dem Anscheine nach
eine Casus -Endung. Auch das s von vei-s wir undi jus
ihr gilt mir seinem Ursprünge nach nicht als Ausdruck des
Casusverhältnisses, sondern als Verstümmelung des Anhänge-
pronomens ^TJ sma, Avovon im Veda- Dialekt der Plurai-
Nomin. sme {sme nach §.21) in a-sm^ wir, yu-sme
ihr. Von letzterem hat auch das Send, gleichsam um einen
Commentar zur Etymologie der germanischen und litauischen
Schwesterform zu liefern, den Ausgang me abgelegt und
dabei den vorhergehenden w-Laut verlängert, so dafs ^MJK).^*ü
yüs') im buchstäblichen Einklang mit dem Wt.jüs steht, wäh-
rend das u des goth. jus wahrscheinhch kurz ist, also gleich
dem des vedischen yu-sme und des Thema's der obhquen
Casus des klassischen Sanskrit. Die Vocalverlängerung des
*) S. Burnouf, Ya(:na Notes p. 75.5. und 121. 1.
Daiiv sg, §. 173. 337
send. yÜ8 ist wahrscheinlich nur ein Ersatz für die Ver-
stümmelung des Anhängepronomens.
173. Im Litauischen ist das Anhängepronoraen sma mit
Verlust des anfangenden s — wie in der Mitte der oben
erwähnten präkritischen Formen wie tuma-mmi und in alt-
hochd. Dativen wie i-mu ihm — auch in die Declination
der Adjective eingedrungen und zeigt sich hier in Dativen
wie gerä-mui (verstümmelt gerd-m) gutem und in Locativen
wie gera-mc verstümmelt gera-m. Von hier aus hat sich
im Lettischen das weit verbreitete m unseres Anhängepro-
nomens auch den männlichen Substantiven mitgetheilt, welche
sämmtlich m als scheinbaren Ausdruck des Dativverhältnisses
zeigen, daher weja-m (geschrieben wehja-m) vento, letu-m
(leetu-m) pluviae, gegenüber den Feminindativen wie akkai
puteo (nom. akka), uppei rivo (nom. uppe aus uppia^ vgl.
p. 147), sirdt"*) cordi (Thema ebenso, nom. sirds für sirdi-s,
wie im Goth. ansts für ansti-s).
Das Päli undPräkrit übertragen ebenfalls unser Anhänge-
pronomen, sowohl auf Substantive wie auf Adjective (mit
Ausschlufs der Feminina) , und zwar die erstgenannte Sprache
im Ablat. und Locativ *"), sofern der Stamm vocahsch endet
oder einen Endconsonanten in den betreffenden Casus ab-
wirft. Dies führt uns zu den auf umbrischen Sprachdenk-
mälern zahlreich vorkommenden Substantiv -Locativen auf
me^ worin ich mit Lassen "") den Verlust eines s annehme,
*) Ich bezeichne im Lettischen das harte s (gewöhnlich durchstrl-
chene/) durch s und das gelinde wie im Slavischen (s. p. 15l) durch
.y, und so auch das harte aspirirte s durch / und das gelinde durch /.
**) Der Dativ wird durch den Genitiv ersetzt.
***) Beiträge zur Deutung der Eugublnischen Tafeln (Bonn, 1833)
p. 38 ff. Wenn aber der genannte Gelehrte (p. 4ü), welcher bei
dieser Gelegenheit auch des gothlschen Dativs thamrna gedenkt,
die erste Wahrnehmung, dafs tharnma aus thasma zu erklären sei
und auf das skr. täsmäi s\(^ stütze, J. Grimm zuschreibt, so hat
er übersehen, dafs dieser selber an der citirten Stelle (Gramm. 2. Ausg.
I. 22
338 Bilduns der Casus. §. 17'!.
174. Im Femininum sollte das skr. Anhängepronomen
sma entweder smd oder smt lauten (vgl. §.119); zur An-
nahme eines Stammes sind gibt jedoch die Pronominal-
declination im Sanskrit keine Veranlassung; nimmt man
aber smt als weiblichen Stamm an, so erklären sich Dative
wie td-sy-di^ Genitiv-Ablative wie td-sy-ds und Locative
w^ie td-sy-dm als Verstümmelungen von -smy-di^ -smy-
'ds, - s 7)iy - dm, nach Ansilo^ie Yon na dy-di, nady-dfs, na~
dy-am, vom weiblichen Stamme na dt. Dafs es Formen
wie ta-smy-di etc., denen im Laufe der Zeit die Häufung
dreier Gonsonanten an einem Encliticum zu beschwerlich
gefallen sein mag, in einer früheren Sprachperiode wirklich
gegeben habe, folgere ich aus dem Send, welches, wie schon
in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik (März 1831
p. 380) bewiesen worden, die volle Form hmt (aus smt)
nicht ganz hat untergehen lassen; denn wir finden hier For-
men wie yahmya (zu theilen ya-hmy-a) als weibliche
Locative und zugleich als Instrumentale. Im erstgenannten
Casus zeigt das Send regelmäfsig a für skr. dm (s. §. 201),
und somit setzt ya-hmy-a eine skr. Form ?J^T?T1TL ya-
smy-dm statt des wirklich bestehenden, aber verstümmel-
ten yd-sy-dm voraus, welches letztere einem Thema yast
für yasmt angehört. Als Instrumentalis hat das sendische
ya-limy-a im Sanskrit keinen Anhaltspunkt, weil in diesem
Casus die skr. Pronomina der gewöhnlichen Declination fol-
gen, d.h. sich des Anhängepronomens enthalten, also ye-n-a
m. n., ydy-d f., nicht ya-sme-n-a, ya-s(m)y-d. Für
a-hmy-a durch diese zeigt der Veda-Dialekt die einfache
Form ay-a nach Analogie von dsvay-d, und im Masc.
Neut. e-n-a, auch e-n-d\ während im klassischen Skr. der
Stamm a und sein Fem. d den Instr. ganz verloren haben.
I. p. 826) auf die Annah of Oriental Literature verweist, wo ich bei
Erklärung des der. l\X\xi aus la"jUi, skr. äsrni^ darauf aufmerksam ge-
macht habe, dafs nach demselben Princip das skr. täsmdi im Goth.
zu Ihamma geworden sei.
Dativ sg. §. 175. 339
Im Loc. fem. steht a-sya-m (aus a-smya-m) dem send.
a-hmy-a gegenüber. Im Dativ, Gen. und Ablativ hat auch
das Send das weibhehe Anhängepronomen nicht in seiner
vollen Gestalt bewahrt, sondern hat hier, im Nachtheil gegen
das Skr., nicht nur das w, sondern auch den Feminincharak-
ter /, d. h. seinen euphonischen Vertreter ?/, schv^^inden lassen,
daher gAuev3*' anhäo (§. 56^\) hujus f. (kommt oft vor)
für a-hrny-do. Statt anhdo = skr. a-sy-ds findet man
auch SAuev^^«.^ ainhdo^ wo das dagewesene y gewisser-
mafsen in der vorhergehenden Sylbe seinen Reflex zurück-
gelassen hat (§. 41). Von einem anderen Demonstrativ-
stamme finden wir den weiblichen Dativ ^^*^ev3^>>vv avan-
hdi für ava-hmy-di, und den Ablativ J2^^3^>>*-*^ avan-
hdd für ava-hmy-dd.
175. Mit den oben erwähnten Sendformen steht das
Gothische insofern in Einklang, als es ebenfalls von dem
vorauszusetzenden weiblichen Stamme smi nur den Anfangs-
cons. bewahrt hat, und zwar als s (z §. 86.5)), daher z.B. thi~
s-ai dat., thi-s-os gen., gegenüber dem skr. td-sy-di,
td-sy-ds. Von letzterer Form später; in erster er und ana-
logen Formen der gothischen Pronominaldeclination entspricht
ai der sanskritischen und sendischen weiblichen Dativ-Endung
äi"). Ob aber auch in den Dativen der weiblichen Sub-
stantivstämme auf 6 {= d §. 69) das ganze a^, z. B. von
gihai dono, der Casus-Endung zuzuschreiben sei, oder nur
das 2, als Überrest der Endung a^; ob gib-ai oder giha-i
zu theilen sei, ist schwer zu entscheiden. In letzterem Falle
würde giha-i mit den lateinischen Formen wie equae = equa-i^
und litauischen wie äswai (äs'wa-i) auf gleichem Fufse
stehen. Man könnte auch Formen wie gihai so fassen,
*) Die In der ersten Ausg. §. l6off. versuchte Vermittelung des
german. Dativs mit dem skr. und send. Instr., wozu besonders die
Dative der männlichen /-Stämme Veranlassung gaben {gasta yon
gasti)^ Ist bereits in der 3. Ablh. (p. 511 ff.) zurückgenommen, und
dort dergerm.Dat. wie früher als wirklicherDatlv dargestellt worden.
22'
340 Bildung der Casus. §. 17').
dafs der Endvocal des Stammes zur Zeit, wo er noch nicht
zu 6 entartet war und als d erschien, mit dem a-Laut der
Endung ai sich vereinigte, wie im Sanskrit aus ä-^e (= ai)
und aus d-t'J^di nach den Contractionsregeln nur di wer-
den kann. — Bei allen männlichen und neutralen Stämmen
und auch bei den weiblichen auf i u, n und ?' hat das Ger-
manische, schon im Gothischen, die Dativ-Endung ganz ver-
loren. Bei consonantisch endigenden Stämmen und bei denen
auf u liegt dies ganz klar am Tag; man vergleiche hrothr^
dauhtr mit den entsprechenden skr. Dativen Bratr-e, du-
]iitr-e\ namin mit T\\t^ nd'mn-e und dem lat. nomin-i;
sunau filio und analoge weibliche Formen, z. B. kinnau
genae, mit skr. sündv-e, hdnav-e. So wie aber das au
von sunau^ kinnau nur die Gunirung des stammhaften u ist,
so kann ich auch in dem ai von anstai nur das ^7\^ ay (aus
e = ai) sanskritischer weibhcher Dative wie pritay-e er-
kennen. Dagegen ist hinter dem gunirenden a männlicher
Dative wie gasta, vom Stamme gasti, das thematische i weg-
gefallen, also gasta für gastai, wie bei Passiv- Formen wie
hairada für hairadai = gr. <\)ipcrai, skr. med. ddrate (aus
Bdratai) das letzte Element des Diphthongs ai verschwun-
den ist. Von dem a der Formen wie gasta unterscheidet
sich das a derjenigen wie vidfa lupo, daura portae
(in Grimm's erster starker Deck) dadurch, dafs es kein
Guna-Vocal, sondern stammhaft ist; es mufs aber auch hin-
ter diesem a früher ein i gestanden haben, und zwar als
Dativcharakter, der auch dem oben mit rf^IT tdsmdi ver-
mittelten thamma und analogen Formen, sowie den alt-
preufsischen wie kasmu = skr. kdsmdi entwichen ist. Da-
gegen zeigen die altpreufsischen weiblichen Pronominaldative,
n den am treuesten erhaltenen Formen, si-ei, nach kurzen
Vocalen ssi-ei"), gegenüber dem skr. -sy-di und goth. -s-ai;
daher z.B. stei-si-ei oder ste-ssi-ei für skr. td- sy-di, goth.
thi'S-ai.
*) S. Über die Sprache der alten Preufsen p. 10.
Dativ SS. §. 176. 177. 341
176. Die litauischen Substantive haben i oder ei als
Dativ-Endung; letztere findet sich jedoch nur an weiblichen
z- Stämmen "), und man kann sie daher mit dem eben er-
wähnten altpreufsischen ei der weiblichen Pronominal-Decli-
nation vermitteln (stei-si-ei). Es wäre also dwi-ei (zweisyl-
big) ovi sowohl hinsichtlich des Stammes als der Endung
identisch mit dem sanskritischen dvy-di, euphonisch für
avi-di, von dvi f. Mutterschaf, wovon auch, wie vom
männhchen dvi, dvay-e, wofür das Gothische im Fem.
avai und im Masc. ava (s. §. 340) zeigen würde, wenn das
Stammwort von avist7' (them. avistra Schaf st all) sich er-
halten hätte oder zu belegen wäre, und den beiden Ge-
schlechtern angehörte. Der litauische Dativcharakter i, der
vom skr. Diphthong e = ai nur den Schlufstheil bewahrt hat,
kommt an consonantisch endigenden Stämmen nicht vor, da
diese im Dativ, wie überhaupt in den meisten Casus, sich
durch den Zusatz von i oder m erweitern*"); mit schliefsenden
Vocalen vereinigt sich derselbe zu einem Diphthong, wobei
das männliche a sich zu u schwächt, also wUkui lupo vom
Stamme wllka, wie sünui von sünh. Das weibliche, ursprüng-
lich lange, a bleibt unverändert, also dswai equae. Zu
Formen wie wilkui stimmen merkwürdig die zu derselben
Declination, d. h. zu den sanskritischen männlich-neutralen
a-Stämmen, gehörenden oskischen Dative wie Maniid, Ahel-
lanüi, Nüvlanüi (s. Mommsen's Oskische Studien p. 32).
Übereinstimmungen dieser Art sind natürlich immer zum
Theil zufälhg, da urverwandte Sprachen leicht auf dem Wege
der Entartung einander begegnen können.
177. Die griechischen Dative stimmen im Singular wie
im Plural zu den sanskritischen und sendischen Locativen
*) Die männlichen Stämme auf i bilden den Dativ aus einem er-
weiterten Stamme auf la, daher genciui (zweisylblg wie yoön w/,
s. Kurschat IL p. 267).
**) Über altslavische Dative consonantisch endigender Stämme
s. §.267.
342 Bildufig der Casus. §. 177.
(s. §§. 195. 250 f.), dagegen fasse ich jetzt, in Cbereinstimmung
mit Ag. Benary, das lange t des lat. Dativs als Vertreter
des skr. Dativcharakters e aus ai. Es hat sich also der
Schlufstheil des ursprünglichen Diphthongs zur Entschädi-
gung für den weggefallenen ersten Theil verlängert, wie in
Pluralnominativen wie isti, Uli, lupt (s. §.228). Dagegen ist
kurzes i, wo es ursprünglich am Wort-Ende stand, im La-
teinischen entweder wie im Goth. unterdrückt °), oder zu e
geworden (s. §. 8 p. 19); in keinem zuverlässigen Falle
aber zu i. Auch ist zu berücksichtigen, dafs im Plural der
lateinische Dativ -Ablativ auf den entsprechenden Casus des
Sanskrit und Send, und nicht wie der griech. Dativ auf den
Locativ sich stützt (§.244); ferner dafs mi-ht, ti-bt, si-bt
ihrem Ursprünge nach entschieden dem Dativ angehören
(§. 215), dessen Endung in i-bt, u-bt, ali-bi. ali-cu-bt, utru-bt
locative Bedeutung angenommen hat. Beachtung verdient
auch bei Entscheidung in der vorliegenden Frage, dafs das
Oskische und Umbrische neben dem Dativ einen wirklichen
Locativ besitzen, und dafs im Umbrischen wirklich e = skr. e
als Dativ-Endung bei consonantischen Stämmen vorkommt "),
*) Z. B. jwm, es, est wie goth. im, is, ist, gegen gr. ilJL-fJLl, eT-G'l,
8(771, skr. ds-mi, ä-si, äs-ti, llt. es-mi, es-i, es-ti.
^) Die umbrische Schrift unterscheidet zwar nicht zwischen kur-
zem und langem <?, ich zweifle aber nicht daran, dafs es an den
von Aufrecht und Kirchhof (p. 4l) angegebenen Stellen lang sei;
auch steht ihm im Oskischen öfter ei gegenüber. Man vergleiche das
diphthongische e Im Latein, und Althochdeutschen (§.2 Anm. u. §.5).
Das Oskische setzt Im Dativ consonantlsch endigender Stämme ei als
Casus-Endung, welches sich zum umbrischen und sanskritisch -sendi-
schen i^=.ai verhält, wie das gr. £i, z.B. von etat, zum skr. e von emi
ich gehe. Beispiele i^wa/^/ar-c/ quaestori, medikei magistratui.
Das altlat. ei als Ausdruck des langen / kann hier nicht in Betracht
kommen, wenngleich das lange /selber In den meisten Fällen nur der
Überrest eines Diphthongs ist und entweder für ai, ei oder oi steht.
Zuweilen aber ist die Verlängerung des i die Entschädigung für eine
Daflv sg. §. 178. 3-13
Z.B. in nomn-e für skr. namn-e, send, ndmain-e, lat. no-
min-i; patr-e für skr. pitr-e (aus patr-c). — Betrachten
wir aber den lat. Dativ seinem Ursprünge nach als echten
Dativ, so dürfen wir z. B. ped-t nicht mit dem gr. no^-i =
skr. Loc. pad-i, sondern nur mit dem skr. pad-e (aus
pad-ai) zusammenstellen; /Vrm^-/' nicht mit dem gr. (^spovr-i,
send. Loc. harent-i (skr. Ödrat-i)^ sondern mit dem send.
Dativ barent-e^ barentai-ca i^s>J p. 60) feren-
tique — skr. Ödrat-e. In der 4ten Declin. entspricht
fructU'i, abgesehen von der Sylbenzahl und der Quantität
des i-Lauts, den litauischen Dativen wie sunui (zweisylbig)
für skr. sündv-e. Die o - Declination hat in der klassischen
Latinität den Casuscharakter verloren und zum Ersatz das
stammhafte ö verlängert; doch bietet die alte Sprache For-
men dar wie populoi Romanoi, die wir also den oskischen
wie Maniüi und litauischen wie pönui dem Herrn gegen-
überstellen. In der Pronominal -Declination hat sich das
Casuszeichen in Vorzug vor dem Endvocal des Stammes be-
hauptet, daher isf-t für istoi oder üto; so im Fem. isf-t für
istai oder istae. Die altlateinischen Dative wie familiai und
die oskischen wie toutai populo stimmen zu litauischen wie
dswai equae. Das Umbrische hat hier nach sanskritischem
Princip ai zu e zusammengezogen {tute, später tote). Bei
lateinischen *- Stämmen fliefst das z des Stammes mit dem 6
der Casus-Endung zusammen, also hosti aus hosti-t.
178. Zum ÜberbHck der Dativ-Bildung diene folgende
Zusammenstellung (s. §. 148), von welcher ich die vocalisch
endigenden Neutralstämme ausschliefse.
Sanskrit Send Lat. Lit. Gothisch
dsvdya aspdi equö ponui vulfa
kd'Smdi ka-hmdi cu-i^) ka-m^) hva-mma
unterdrückte nachfolgende Sylbe, z. B. in der Endung bi {nr skr.
Ityam (von tü^yam tibi), wofür man im Lat. biurn zu erwarten
hätte.
') S. §. 389. ^) Altpr. Ä:a-jmw.
344
Bildung der Casus. §. 179.
Sanskrit
Send
Lat.
Lit.
Golhisch
dsvdy-di
hisvay-di
equa-i
dswa-i
gibai ^ )
pdtay-e ')
fate-P. ^)
hoste
')
gasta
fritay-e ^)
dfrite-e *)
turri
dwi-ei
anstai
Bdva7ity-di
havainty-di
td-sy-di
aita-nh-di
')
thi-s-tti
sündv-e
pasv-e
pecu-i
siinu-i ^
°) sunau
hdnav-e ^ ^)
tanu-y-e
socru-t
kinnau
vadv-di
gdv-e
gdv-e
bov-t
nav-e
vdc-e
vdc-e
VQC-t
Bdrat-e
harent-e
ferent-i
ßjand
dsman-e
asmain-e
sermon-t
ahmin
namn-e
ndmain-e
nömin-t
namin
brdftr-e
hrdthr-e
frdtr-i
bröthr
duhitr-e
dug'd'er-e ^ '
')
dauhtr
ddtr-e
ddtr-e
dator-i
vdcas-e
vacanli-e
gener-t
Ablativ.
179. Der Ablativ hat im Skr. t zu seinem Charakter,
über dessen Ursprung, sobald man den Einflufs der Prono-
mina auf die Casusbildung erkannt hat, man nicht im Un-
3) S. §. 175. '*) Ich setze die regelmäfsige, d. h. gunirte Form,
welche am Ende von Compp. sich behauptet hat, s. p. 323. ^) In
Verbindung mit ca Vend. S. p. 473 «.v^^wV^^CTSvOe; paityaica
== skr. >9a/f/eca, s. §§.4l, 47. ^) S. §. l76. '') oder pri ty-äi.
8) '^lii ca *XJ^^s>J^^<yi^-::i7^^^JJ äfritajai-ca. ^) S. §§. 174.
349. ^ °) zweisylbig. ^') oder hänv-di. ^ ^) Das £ e von
^/^(2^p > ^ dug de re und des Instrum. «-«-♦/£(2.^p > A dug d era
steht blofs als Bindevocal zur Vermeidung der unbequemen Verbin-
dung von 3 Consonanten. Ich folgere diese Formen aus dem beleg-
baren Plural-Genitiv ^X^^£<S.v£^>3 dugdcranm., Vend. S. p. 472,
wo dug d eranin für dugderanm zu lesen.
Ablativ sg. §. 180. 345
gewissen bleiben kann, da man sogleich auf den Demon-
strativstamm ta geführt wird, der schon im neutralen Nomin.
und Accus, die Natur eines Casuszeichens angenommen hat,
und den wir auch später beim Verbum die Function einer
Personal-Endung werden übernehmen sehen. Dieser Ablativ-
Charakter hat sich jedoch im Skr. nur bei den Stämmen
auf a behauptet, welches vor demselben verlängert wird,
was den indischen Grammatikern, denen die Englischen ge-
folgt sind, Anlafs gab, WsV. ^^ ^^^ Ablativ -Endung aufzu-
stellen. Man hätte demnach anzunehmen, dafs in dsvdt
das a des Stammes mit dem ä der Endung verschmol-
zen sei*).
180. Im Send hat zuerst E. Burnouf") den Ablativ-
Charakter an einer Wortklasse nachgewiesen, die ihn im
Sanskrit verloren hat, und woraus schon hinlänglich hervor-
geht, dafs im Skr. ein blofses t und nicht dt die wahre
Ablativ -Bezeichnung sei. Wir meinen die Declination auf
> u, w^ovon später *""). Was die Stämme auf a anbelangt,
*) Auf das Willkürliche und Unbegründete dieser Annahme habe
ich schon in meinem ausführlichen Lehrgebäude (l827 § 158 Anm.
und §. 264) aufmerksam gemacht, und aus den Ablativen der Pronom.
der beiden ersten Personen (jnat, tvat) gefolgert, dafs entweder at
mit kurzem a, oder richtiger ein blofses / als Ablativ -Endung ange-
sehen werden müfste. Diese Ansicht unterstützte Ich In der lateini-
schen Ausgabe meiner Gramm, dadurch, dafs auch im Altlateinischen
ein blofses d als Suffix des Ablativs erscheint. Noch nachdrücklicher
aber wurde seitdem die Richtigkeit meiner Auffassung des skr. Abla-
tivs durch das Send bekräftigt, weil dasselbe in einem engeren und
einleuchtenderen Verhältnifs zum Sanskrit steht als das Lateinische.
) Nouveau Journal Asiatique 1829« T. III. 311.
***) Den meisten übrigen sendlschen Wortklassen, namentlich
den Stämmen auf a, i und denen mit consonantischem Ausgang, habe
ich zuerst eine vom Genitiv abweichende Form des Abi. s^. nachge-
wiesen, in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, März 1831
p. 381 und in der lateinischen Ausgabe meiner Sanskrit- Gramm.
(1832) p. 32 A f.
3i6 Bildung der Casus. 180.
^velche im Skr. allein den Ablativ bewahrt haben, so wird
auch im Send der kurze Vocal verlängert, und so stimmt
52ajj5?ev£^ vehrkd'd lupo zu ^^ffL "^T^d-t (p. 68).
Stämme auf i i haben im Ablativ 6%-d. woraus man auf
skr. Ablative wie pate-t, prtte-t schliefsen kann (§.33),
welche durch Gunirung des Endvocals mit den Genitiven
auf e-s übereinstimmen würden. Der Send-Avesta bietet
jedoch nur wenige Belege für solche Ablativ -Formen auf
S^>^ öi-d; ihre erste Wahrnehmung verdanke ich dem
Worte Ss.'^^OO'?^^^^^ äfrttoid benedictione in einer
anderwärts erklärten und mehrmals wiederkehrenden Stelle
des Vendidad (gramm. crit. p. 325). Beispiele von männ-
lichen Stämmen sind vielleicht Sv'^V^05^H3>CO^^vu^ ^%^yj?
ragoidsaratustroid „instituti one saratustrica" (V. S.
p. 86), wenn anders ^^^^ ragi^ was mir sonst nicht vor-
gekommen, ein Mascul. ist; der Adjectivstamm saratustri
aber gehört den drei Geschlechtern an. — Die Stämme auf w
haben im Ablativ 1^*-^ au-d, }o>c eu-d, S^'» v-ad und
J2^u>>«x* av-ad^ und an keiner Wortklasse, der auf a aus-
genommen, läfst sich der Ablativ zahlreicher belegen, wenn-
gleich nur an einer kleinen Anzahl von Wörtern, deren
ablativer Gebrauch sehr häufig ist; z.B. j^c'^^-v^v^u anhau-d
mundo; von >€>'3^ anhu^ }c\}xxj^>m^ tanau-d oder
j2^v>>^^'(>0 tanv-ad, oder j2^u>>4x«^vU(>o tanav-ad, corpore,
von >/^'C0 tanu. Den Ablativ auf ^>c eu-d belegt Bur-
nouf (Yagna Notes p. 8) durch die Form J2s.^pi/i^v.«^ main-
yeu-d^ von mainyiL Geist"). — Die mit Consonanten
*) Da Burnouf 1. c. auf die erste Ausgabe dieses Buches p. 2ü0fT.
(soll helfsen 2lO) verweist, so hätte ich nicht nüthig darauf aufmerk-
sam zu machen, dafs die erste Abtheilung der ersten Ausgabe meiner
vergl. Gramm. (§. 1 — §«250) früher erschienen Ist als Burnouf's
^^Commentaire sur le Yag7ia''\ obwohl die früher ausgegebene Vor-
rede des eben genannten Werkes die Unterschrift vom 15. Februar
1833 trägt, die melnige aber die vom März desselben Jahres. Diesen
Umstand scheint Hr. Prof Spiegel nicht in Erwägung gezogen
zu haben, als er mir an einer schon in der btcn Ablh. der !. Ausg.
Ablatw SS. §. 180. 347
endigenden Stämme können das ablative g^ d eben so wenig
als das aecusative m unmittelbar anschliefsen, und haben ad
als Endung, die sich vielfach belegen läfst; z. B. ^»-»ej^x^
aj?-acZaquä, ^2:^^^^^^ dthr-ad igne, J2^<-7^%t^^'(v) cas-
man- ad ocn\o^ }^^l^^y^^l ndonh an- ad ndt.s,o, S^'ii?^
fZrw(/-afZ daemone, JS^*^^^^ vts-a(Z loco (vgl. w(?ws nach
§. 21). Wegen der leichten Verwechslung des «^ a mit ^^^ a,
dieses Buches (p. l469) besprochenen Stelle das unverdiente Lob zu
Theil werden liefs, die Sendformen, wie sie sich vornehmlich aus
Burnouf's Forschungen ergeben haben sollen, in meiner verglei-
^ chenden Grammatik grolsentheils zusammengestellt zu haben. Was
aber nicht vorhanden war, konnte auch nicht zusammengestellt wer-
den; übrigens hat auch Burnouf in seinem vortrefflichen Commen-
tar, welcher leider unvollendet geblieben ist, nur da, wo sich bei Er-
krdrung von Textstellen Veranlassung dazu darbot, grammatische
Sendformen besprochen, und ichh'atte, wenn Ich blofs auf die von Ihm
zuerst an das Licht gezogenen Formen beschränkt gewesen wäre,
an den meisten Stellen dieses vergleichenden Sprachwerkes das Send
ganz unberührt lassen müssen , während Ich mit Hülfe eigener Beob-
achtungen in demselben den ersten Grundrifs einer Sendgrammatik,
verflochten mit der Beschreibung des Organismus der wichtigsten
übrigen Glieder unseres grofsen Sprachstamms, glaube niedergelegt
zu haben. Mit den von Burnouf gelegentlich angestellten Ver-
gleichuDgen sendischer Formen mit denen der europäischen Schwe-
stersprachen bin ich nicht überall einverstanden, unter andern damit
nicht, dafs er in der oben (p. 2) erwähnten Recenslon einige Bil-
dungen des sendlschen Potentlalls mit ähnlichen Erscheinungen Ats
griech. Conjunctivs identlficlrt hat, indem er z.B. (in dem besonderen
Abdruck p. Al) dem sendlschen 4jU(>o^«.u/»jui haraeta (Ich lese jetzt
baraita^ s. p. 60) und dem skr. liäreta das griech. (peOYirat statt
ipeooiro (s. §. 699) gegenüberstellt. Dem skr. ^dreta gleicht aller-
dings äufserlich in der vorletzten Sylbe die gr. Conjunctivform (p6oy\-
Tai mehr als die Optative (peooiro , was aber nicht hindert, dafs oi
(neben ei und ai) der wahre Vertreter des skr. e und send. ^ e oder
^vu ai ist, und dafs mit dem sanskritischen und sendlschen sogenann-
ten Potentlalls kein anderer griechischer Modus als der Optativ in
einem wirklichen historischen Zusammenhang steht.
348 Bildung der Casus. §, 181.
findet man zuweilen auch fehlerhaft J2^ dd für £^*.' a J;
so V.S. p. 338. 'jövuj(v^vu^Aj\>^ujuj saucant-dd für -\>^JJ
S^^-'O^^^^-'^vJ saucant-ad lucente. — Die weiblichen
Stämme auf *^^ d und -jJ t haben dagegen rechtmäfsig die
Endung S^ <id als Analogon zu der skr. weiblichen Ge-
nitiv-Endung ^[^ ds (woraus im Send S*^ ao); z. B.
^os^M^^^^J^JXf^ c?aÄwa^-ac? praeclara von vcu^v^ dahmd^
J2^^i«.*''^«x»>>7> urvaray-dd arbore von vmj7vv>>?> ^^/•.
vard^ ^S^ib^^^^)^ barefry-dd ^enitrice von -jJ^^^^^
harefrt "). — Wenn nun gleich der Ablativ dem Send für
alle Declinationen genügend nachgewiesen ist, und auch das
ablative Verhältnifs meistens durch den wirklichen Ablativ
bezeichnet wird, so findet man doch nicht selten auch den
Genitiv an der Stelle des Ablativs, und sogar Adjective im
Genitiv, in Beziehung auf Substantive im Ablativ. So lesen
wir V. S. pag. 479 S^*-'/^ S^^'Oü^^ j^vMjev^»^^ cv^aj^v^v
•^^V/^^*-*^^^J^*^G haca avanhdd^") visad yad md.s-
dayahiois „ex hac terra quidem mas dayasnica".
181. Zum Send stimmt in Ansehung der Ablativ -Be-
zeichnung das Alt-Römische, und auf der Columna rostrata
und dem S. C. de Bacclianalihus enden alle Ablative, mit
Ausnahme der hierdurch verdächtigen Unterschrift des S. C.
in agro Teurano und des offenbar verstümmelten praesente
der C. R. **'), mit <i, so dafs es zu bewundern ist, dafs man
*) Vendidad Sadepag. 463: -^Im^Gm^ \^'^<iy^L cuCJIu^^
CC/Cr>(2^ yata vehrko c athwar e-g angro nis dar edair-
yäd bareirjdd haca put r em ,,wie ein W olf, ein vier-
füfsiger, losreifst vo n d er Gebärer i n das Kind". Dieser
Satz ist auch als Belegstelle für die Intensiv-Form von \^ ichtigkeit
(vgl. kleinere Sanskritgr. §. 501). Der Codex theilt aber unrichtig
nisdare dairjdd.
**) Über diese Form s. §. 174 Schlufs.
*) S. das Facsimile bei Ritsch 1 ^^Tnscriptin quae fcriur Columnac
Rostvatrae Ducllianac", wo praesenlc am Schlüsse i\zs erhaltenen
Ablatio sg, §. 181. 349
die Ablativkraft dieses Buchstaben übersehen, und mit dem
leeren Namen eines paragogischen d sich begnügen konnte.
Die consonantischen Stämme setzen ed oder id als Ablativ-
Suffix, wie sie im Acc. em statt eines blofsen m haben.
Formen wie dictator-ed^ covention-id stimmen daher zu sen-
dischen wie saucant-ad dthr-ad (lucente igne), wäh-
rend navale-d") praeda-d, in alto-d mari-d wie die oben er-
wähnten Sendformen S^^ü^*-*^ ragoi-d institutione,
}oh^.v^s.\j^ tan au -d corpore etc., und im Skr. dsvd-t
equo einen blofsen ^-Laut zur Ablativbezeichnung haben.
Auch das Oskische zeigt das Ablativzeichen d in allen De-
clinationen, und zwar bei Substantiven und Adjectiven ohne
eine einzige Ausnahme auf den erhaltenen Denkmälern; daher
z.B. touta-d populo, Äwva-c? pecunia, suva-d sua, prei-
vafü-d privat o, dolu-d mallu-d dolo malo, slaagi-d fine,
praesent-id praesente, convention-id conventione, lig-ud
lege. Die Pronomina unterdrücken aber vor dem enkliti-
schen k (vgl. lat. ho-c, hd-c) den Ablativcharakter, da dk am
Wort-Ende unerträglich wäre; daher z.B. iü-k eo*"), eisa-k
Theiles der 9ten Zelle. In die Lücke fällt das d der Endung und
sumod nebst dem anfangenden d von dictatored.
*) Hier gehört das e dem zwischen e und / wechselnden Stamme.
**) Man kann diese Form, sowie den Acc. ion-k und diejenigen
Formen des lat. i-s, ea, i-d, welche zur 2ten und isten Decl. gehören,
zum skr. Reiativstamme ja, fem. /d ziehen, welcher Im Litauischen
und Slavischen die Bedeutung er, sie übernommen hat. Es wäre
demnach Im Lat. z. B. eu-m aus iu-m (von z kommt i-rn)^ und dieses
aus yw-7w = skr. ^'Hya-Tn^ lit. yV-n (euphon. für /'a-n, dat. ya-w =
skr. jd-s mäi) entstanden. Hiergegen läfst sich freilich einwenden,
dafs das skr. j =/ am Wort-Anfänge im Lat. als Halbvocai sich be-
hauptet hat (z, B. j'ecur, jungo, juvenis). Dies hindert aber nicht, der
Vermuthung Raum zu geben, dafs die Vocallsirung, welche der alte
Halbvocai im Lat. hinter Consonanten, im Innern des Wortes, regel-
mäfslg erfahren hat, in einem besonderen Falle auch am Anfange ein-
getreten sei. Wenn dem so Ist, so stützt sich z/ auf ?j/e z=z jai^ wie
7«/ auf ^ ke zzz kai, eo-rum (aus io-runi) auf je -j am, wie quo-rum
auf /cc -s dm etc.
350 Bildimg der Casus. §. 182. ISS'^). 1.
eä. Letzteres vergleiche man in Ansehung des Stammes mit
dem skr. es'd dieser, es'a! diese, obgleich diese Stämme
auf den gleichlautenden Nominativ beschränkt sind. Hier-
von später mehr.
182. In der klassischen Latinität scheint eine Art von
versteinerter Ablativ -Form in dem Anhängepronomen met
enthalten zu sein, welches von der ersten Person auch auf
die übrigen übertragen sein mag und zum Sanskrit-Ablativ
mat von mir stimmt. Es könnte aber auch met ein anfan-
gendes s abgelegt haben, und für smet stehen, und so dem
in §. 165 ff. erklärten Anhängepronomen ^q" sma anheim-
fallen, und mit dessen Ablativ smät verglichen werden, zu
dem es in einem ähnlichen Verhältnifs steht wie memor (für
smesmor) zu smar, smr sich erinnern. Die Verbindung
dieser Sylbe mit den Pronominen der drei Personen bedürfte
dann keiner Entschuldigung, da auch 5^ sma, wie gezeigt
w^orden, an alle Personen sich anschliefst, obwohl es selber
als ein Pronomen der dritten Person aufgefafst werden mufs.
Auch die Conjunction sed ist gewifs nichts anders als der
Ablativ des Reflexivs; auch kommt sed zweimal im S. C. de
Bacch. als einleuchtendes Pronomen, und zwar von inter
regiert vor, wobei man annehmen mag, dafs inter mit dem
Ablat. construirt werden konnte, oder dafs auch in der alten
Sprache der Accus, mit dem Ablat. bei den geschlechtlosen
Pronominen gleichlautete; für letzteres spricht der accusative
Gebrauch von ted und med bei Plautus.
183^). l) Im Sanskrit drückt der Ablativ die Entfernung
von einem Orte, das Verhältnifs woher aus, und dies ist
die wahre, ursprüngliche Bestimmung dieses Casus, welcher
das Lateinische noch bei Städte -Namen treu gebHeben ist.
Vom Verhältnisse woher wird aber der Ablativ im Sans-
krit auch auf das ursächliche Verhältnifs übertragen, indem
das, warum etwas geschieht, als Ort aufgefafst wird, von
dem eine Handlung ausgeht. Auf diese Weise berühren
sich die Gebiete des Ablativs und Instrumentalis, und f{7T
tena (§.158) und "^^J^^X^täsmät können beide deshalb
Ablatw SS. §. 183"). 1. 351
ausdrücken. In adverbialischem Gebrauch greift der Ablativ
noch weiter um sich , und bezeichnet an einigen Wörtern
Verhältnisse, die sonst dem Ablativ fremd sind. Im Grie-
chischen mögen die Adverbia auf w<; als Schw^esterformen
des skr. Ablativs angesehen werden, so dafs cü-; von Stäm-
men auf 0 zum skr. d-t von Stämmen auf« sich verhielte,
wie z. B. ^idw-cTi zu dddd-ti. So mag denn z. B. Ojua)-^ dem
skr. samd'-t „aus ähnlichem" sowohl in der Endung wie
iin Stamme verwandt sein. Am Ende eines Wortes war
im Griech. der Übergang von ^-Lauten in 5 nothwendig,
wenn sie nicht ganz unterdrückt werden sollten'), und wir
haben in §. 152 neutrale Stämme auf r ihren Endbuchstaben
in den flexionslosen Casus durch die Umwandlung in $ vor
gänzlichem Untergang retten sehen. Wir erklären daher
Adverbia wie o/xoj-g, ourcu-g, cJ-5 aus ojjlw-t, ovtw-t, cJ-t, oder
ofjLUü^d' etc., und dies ist der einzige Weg, diese Bildungen mit
den verwandten Sprachen zu vermitteln, und es ist nicht glaub-
lich, dafs das Griech. für dieses adverbiale Verhältnifs eine ganz
eigenthümliche Form geschaffen haben sollte, eben so wenig
als man andere, dem Griech. allein eigenthümliche Casus-
Endungen aufweisen kann. Das Verhältnifs in den Adver-
bien auf w-; ist dasselbe wie das von lateinischen Ablativ-
Formen wie hoc modo, quo modo, raro, perpetuo. — Bei con-
sonantischen Stämmen sollte man, im Einklänge mit sendi-
schen Ablativen wie S^7^'^t^^*(vJ casman-ad oculo, og,
für OT als Endung erwarten; allein dann wäre die ablative
Adverbial-Endung mit der des Genitivs identisch; dieses und
die überwiegende Analogie der Adverbia aus 0- Stämmen
mag Formen wie a^^pöv-u^Q, herbeigeführt haben, die in An-
sehung ihrer Endung sich mit den sendischen weiblichen
*) Wie z.B. in o\jtu) neben ovTU)-g, woe, a(pvw, und in Adver-
bien von Praepositionen — e^w, avu), tcutu) etc. — Hierbei ist es
zweckmäfsig, daran zu erinnern, dafs auch im Skr. die Ablativ-Endung
an Adverbien von Praepositionen vorkommt, wie z. B. in ad äs tat
unten, purästut vorn etc.
352 Bildung der Casus. §. 183"). 2.
Ablativen wie jo^i^/G^/vVj harethry-dd vergleichen
lassen. Auch müssen wir, in Ansehung der ungesetzlichen
Länge dieser Adverbial-Endung, an den attischen Genitiv auf
WC, für cc, erinnern. — Als Ablative, mit verlorenem ^-Laut,
können auch die dorischen Pronominal- Adverbia tiw^ tcv-w,
avTw, rr^vw gefafst werden (Ahrens Diall. II. 374), zumal sie
wirkliche Ablativ -Bedeutung haben und die Stelle der
x\dverbia auf Bsv = skr. tas, lat. tus (§. 421) vertreten, also
z. B. TTOü aus TTWT, dcm Sinne nach = ttc^ev, skr. kütas wo-
her?. In T'rjvuj'^Ev, T'rjvw^-s wäre demnach eine Überladung des
Ablativ-Ausdrucks, wie wenn im Sanskrit an die Ablative
mat von mir, tvat von dir, noch das Suffix tas, wel-
ches für sich allein die Stelle des Ablativcharakters vertre-
ten kann, angefügt wird [mat-tas, tvat-tas).
2) Da das Gothische, wie gezeigt worden, in Folge
eines durchgreifenden Lautgesetzes alle ^-Laute am ur-
sprüngli eben Wort-Ende aufgegeben hat (s. §. 86. 2. 5.),
so kann hier der sanskritische Ausgang d-t nicht genauer
als durch 6 vertreten sein (s. §. 69. I.); ich fasse daher die
das echt ablative Verhältnifs woher? ausdrückenden, von
Pronominen oder Praepositionen entsprungenen Adverbia wie
thathro von da, hvathrö woher?, aljathrö anders-
woher, dalathro von unten, als Ablative, welchen ein
Thema auf tlira zum Grunde liegt, welches Suffix offenbar
mit dem später zu besprechenden thara zusammenhängt
(s. §. 292) und also eines Vocals vor dem r verlustig gegan-
gen ist, wie das Lateinische in Formen wie utrius^ utrt, ex-trd
(gegen exterd), con-trd. Es hängt daher hva-thro mit livathar
(them. hvathara) wer von zweien? zusammen (mit Aufhe-
bung der Beschränkung auf die Zahl zwei), und thathro mit
dem sanskritischen, noch unbelegten ta-tara dieser oder
jener von zweien, aljathrö mit ^^jr^rf^ anyatard einer
von zweien, dalathro von unten (vgl. dal, them. dala
Thal als unteres) mit dd'ara der untere, dessen Com-
parativ ad'aratara lauten würde; es enthält aber, meiner
Meinung nach, selber schon ein Coraparativsuffix (d'ara für
Ablatw sg. §. 183"). 2. 353
tara). Die übrigen gothischen Ablativ-Adverbia dieser Art
sind: allathro von allen Selten, jai7ithro von dort, von
jenem Orte, fairrathrö von f e rn , iupathro von oben,
utatliro von aufsen. — Viele andere gothische Adverbia
auf 0, wie z.B. sinteino immer (vom Adjectivstamme sin-
teina continuus, serapiternus), galeiko similiter (them.
galeika s i m i 1 i s) , sniumundo eilends, aTuovdaiujc, , spranto
subito, andaugjo palam (vgl. skr. sdks'at angesichts
aus sa mit und aks'a Auge im Abi.), dürfen nun, obwohl
ihnen die ablative Bedeutung abgeht, wie vielen lateinischen
Adverbien mit ablativer Form (raro, perpetuo, continuo etc.),
ebenfalls als Ablative, theils von verlorenen, theils von er-
haltenen Adjectivstämmen auf a, ja, angesehen werden, da
die schwachen Adjective, mit Stämmen auf an, mit deren
neutralen Accusativen die Adverbia auf 6 sich identificiren
liefsen (s. Grimm III. p. 101), verhältnifsmäfsig junge Er-
zeugnisse sind, aus einer Zeit, wo die Adverbia wie spranto,
sniumundo, andaugjo, als Schwesterformen lateinischer wie
subito und griechischer wie a-novdaiijoc,, sanskritischer wie
sdks'dt schon geschaffen waren. Aus thata andaneitho im
Gegentheil, eigentlich das Entgegengesetzte, contra-
rium, als Übersetzung oder Nachahmung des griech. romav-
TLov, 2. Cor. II. 7, wo andaneitho entschieden der Nomin.
Acc. neut. des Stammes andaneithan ist, möchte ich keine
Folgerung ziehen in Bezug auf die entschiedenen Adverbia
auf 0 ohne vorangehenden Artikel; eben so wenig aus thridjo"),
welches an den beiden Stellen, wo es vorkommt (2. Cor. XII.
14; XIII. 1.), das Dcmonstr. thata nach sich hat, also thridjo
thata zum dritten Mal, wörtlich dieses dritte, gegen-
über dem griech. rpiTov und rpirov tovto. Hier ist also thridjo
entschiedenes Neutrum des Ordnungszahlwortes mit der
) Ich habe diese Form in der ersten Ausg. mit Unrecht aus ihrem
vorauszusetzenden Primitivstamm thridja = skr. trti y a zu erklären
und mit dem Ablat. trtiyä-t^ lat. tertio zu vermitteln gesucht.
I. 23
354 Bildung der Casus. §. 183''). 3.
nach §. 140 im Nom. Acc. nöthlgen Unterdrückung des
staramhaften n und Verlängerung des a zu 6.
3) Das Altpersische, welches schliefsende T- und
Zischlaute hinter einem vorhergehenden a oder d regel-
mäfsie^ unterdrückt, kann den sanskritischen Ablativen auf
d't und sendischen auf S^ d-d, von Stämmen auf a, nichts
anders als Formen auf d gegenüberstellen, w^odurch der
Ablativ dem Instrumentalis äufserlich gleich geworden ist,
was uns aber nicht abhalten darf, f5r.^y.^f|.>^^.|y.>^.-. m"
kahugiyd Cambyse (Beb. I. 40), parsa Per siä (N.R. 18)
und andere analoge Bildungen auf a, welche von der Prae-
position hacd von, aus, aufserhalb, regiert werden,
als echte Ablative anzuerkennen °), obgleich dieser Casus
häufiger durch das Suffix ta für skr. tas, wie im Präkrit
durch das daraus entstandene TüJ dö ausgedrückt wird.
Jenen altpersischen Ablativen auf d stehen als Schwester-
formen mit gleicher Verstümmelung nach ähnlichem, aber all-
gemeinerem Lautgesetze (s. §. 86 2. b.) die gothischen auf 6 = d,
wie hvathrö woher? gegenüber. Es mag hier sogleich be-
merkt werden, dafs, meiner Überzeugung nach, auch das
Altslavische noch Überreste der Ablativ-Bildung hat, natür-
lich ebenfalls mit der nach §. 92. m. unvermeidlichen Unter-
drückung des schliefsenden ^-Lauts, wodurch sie den erwähn-
ten altpersischen und gothischen Ablativen parallel laufen.
Sie finden sich in der Pronominaldeclination und gelten als
Adverbia, haben aber, wenigstens zwei derselben, die ablative
Bedeutung mit der locativen vertauscht, während das dritte
„wohin?" bedeutet, wie im Lateinischen die Ablative quö^
eo^illö adverbialisch auch wohin, dahin, dorthin bedeu-
ten und im Sanskrit das Suffix tas, welches dazu bestimmt
ist, die Entfernung von einem Orte, also das ablative Ver-
*) Ich habe mich schon im Monatsbericht d. Ak. der W. vom
J. I84s p. 33 in obigem Sinne gegen Benfey ausgesprochen, wel-
cher die betreffenden Formen als Instrumentale fafst, und die Praep.
hacä sowohl den Abi. als den lustr. regieren läfst.
Ablativ sg. §. IgS'^). 3. 355
hältnifs auszudrücken, an Pronominalformen auch mit loca-
tiver Bedeutung, und zugleich mit accusativer, die Richtung
nach einem Orte ausdrückend, vorkommt '). Es kann daher
keinen Anstofs erregen, wenn ich die altslavischen Formen
tamo dort, jamo wo (relat.) und kamo wohin? ihrem
Ursprünge nach als Ablative auffasse. Sie enthalten das
oben (§. 167. ff.) besprochene Anhängepronomen mit Verlust
des 5, wie im Litauischen und Hochdeutschen. Da nun der
Dativ TOMOy tomu diesem zum skr. tdsmdi, altpr.
steS'Smu, Vit. ta-m, goth. tha-mma stimmt, und der Locativ
TOML tomi in diesem zum skr. td-smin, send, ta-hmi"'*),
so kann tamo dort nur dem skr. Abi. tdsmdt anheim-
fallen; denn über den Dativ, Locativ und Ablativ hinaus er-
streckt sich von uralter Zeit her das Anhängepronoraen
nicht. Es hat sich also das lange d des skr. -smd-t wahr-
scheinhch zuerst gekürzt, und das kurze a ist wie überall
am Ende der altslavischen Wortstämme zu o geworden
(s. §. 92. a. und §. 257). Das mediale kurze a des skr.
td- smd-t hat sich aber in der slav. Schwesterform behaup-
tet, während es in to-mu, und to-mi^ der überwiegenden Nei-
gung zur Schwächung zu o gefolgt ist, was gewifs nicht
hindert, in to-mu, to-mi, ta-mo einen gemeinschaftlichen Stamm
= skr. lit. ta, goth. tha, gr. to zu erkennen. So wie tamo
der Neigung zur Schwächung des a zu o widerstanden, so
hat sich ßlMO jamo wo (relat.) = skr. yd- smd-t (von
welchem, aus welchem, weshalb) von dem euphonischen
Einflüsse des Halbvocals frei gehalten und ist auch darum be-
achtungswerth, weil es die Relativbedeutung des skr. Stammes
7X 2/a bewahrt hat, welcher sonst in den lettischen und slavi-
schen Sprachen die Bedeutung „er" übernommen hat; z. B.
*) So in einer Stelle des Mahäbhärata (Des Brahmanen We h-
kla ge L 20. p. 5J) : yatah kseman tato ganturn (euphonisch
für yatas, tatas) wo Glück, dahin (ist) zu gehen.
**) Nicht zu belegen, steht aber theoretisch fest (s. §. 201).
23 •
356 Bildung der Casus. §. 183"). 4.
\\t. ja-m, altsl. \^MOy je-mu ihm; hoc. \\l. ja-me , slav. KMK
jeml"). — Ka-mo wohin? (slovenisch ko-mo) gehört zum
skr. kd-smd-t und hat sich von der Zusammensetzung frei
gehalten, die wir sonst an den slav. Interrog. wahrnehmen
(s. §. 388).
4) Der ossetischen Ablative auf ei für e-t ist bereits
gedacht worden*"*), wir wenden uns daher jetzt zum Arme-
nischen, dessen Ablativ Fr. Wi n dis chmann, in seiner
Abhandlung „Die Grundlage des Armenischen im arischen
Sprachstamme **") noch eine räthselhafte Erscheinung nennt
(p. 28). Ich glaube aber, dafs man zu berücksichtigen hat,
dafs auch dieses , zum iranischen Zweig unseres Sprach-
stammes gehörende Idiom, die ^- Laute vom ursprüng-
lichen Wort-Ende verdrängt hat, daher z. B. in der 3ten P.
praes. her-e'])^ er trägt, gegenüber der ersten P. her-e-m
*) Sollte das mit Jamo gleichbedeutende amo nicht eine Ver-
stümmelung von Jarno sein, sondern umgekehrt Jamo aus amo durch
den beliebten Vorschlag eines J entstanden sein, so würde a-mo zum
skr. Demonstrallvstamm a gehören und das Ganze zum Abi. a-smd-t.
**) S. p. 120, wozu hier noch zu bemerken, dafs Jtamei., welches
nicht nur woher?, sondern auch von wem? und durch wen? be-
deutet, wie überhaupt die ossetischen Ablative s^. und pl. In dem von
G.Rosen behandelten südossetischen Dialekt zugleich Ablativ und
Instrumentalis ist. Dafs aber die Endung ei auf den sanskritischen
und send. Ablativ und nicht auf den Instrumentalls sich stützt, sieht
man aus dem Anhängepronomen, wodurch Aamet (k a-me-i) als
= skr. kd-s mä-t, send.ka-hmd-d sich darstellt; so u-mei {u-rne-i)
von ihm, durch ihn als = skr. a-smd-t^ send, a-hmd-d von
diesem, während im Instr. nicht ka-mei, sondern Af^jf=rsend.
Aa, skr. ke-n-a zu erwarten wäre.
***) Abhandlungen der k. bayer. Akad. d. Wiss. 1. Gl. Abth. II.
Bd. IV.
-|-) Da die Endungen m, s der ersten und zweiten P. das / der
skr. Endungen mi, si abgelegt haben , so braucht man auch das i der
Endung f^ ti Im Armenischen nicht mitzurechnen, sondern wir dür-
fen ber-e aus vorangegangenem ber-e-t erklären.
Ablativ SS. §. 183''>. k. 357
und der zweiten her-e-s, wobei der Klassenvocal Ir e = skr.
und send, a, wie mir scheint, zur Entschädigung für den
unterdrückten ^-Laut zu ^ e sich verlängert hat. Ich fasse
daher auch das ^ e der Ablative wie htm an- e (them. himan
Grundlage) als Verstümmelung von e^ und stelle himan-e
den sendischen Ablativen wie das oben erwähnte casman-ad
und den altlatein. wie covention-id^ dictator-ed gegenüber ').
*) P eter mann (Gramm, p. 10S ff.) fafst e« als die ursprüngliche
Endung Aes Ablativs s^. und erkennt darin eine verstümmelte Praepo-
sltlon ^ij- end ,^in , c um, p e r, prop ter, sub" 1. c. p. 255). Er be-
ruft sich dabei auf die Pronomina der beiden ersten Personen (Ablat.
inen, gen) und der Demonstrativa, Indem er den Ausgang ne Im
Abi. der letzteren (nmane, ainrnane) als Umstellung von en be-
trachtet. Ich würde aber, wenn ne wirklich eine Umstellung von
en wäre, in dem e dieser Sylbe die wahre Ablativ-Endung erkennen,
und somit auch dieses e als Verstümmelung von et fassen und In dem
blofsen n ein pronominales Encllticum erkennen, etwa wie in dem c
Aes lat. ho-c oder In der Sylbe nam von quisnam etc. , oder in dem
ch unserer Accusative mi-ch, di-ch, si-ch (goth. mi-k, thu-k, si-k
s. §. S2b^\). Aber auch, wenn, was ich für das Richtige halte, ne die
Urform des Ausgangs der betreffenden Ablative Ist und somit ine-n,
9 ^-Aj Verstümmelungen von ine-ne\ qe-ne sind, erkenne ich in
diesem Zusatz eine angetretene Partikel, die sich als solche haupt-
sächlich dadurch bewährt, dafs sie auch im Plural-Ablativ hinter der
eigentlichen Casus-Endung vorkommt (^n^uA^ no -za-ne von die-
sen, wo za, wie ich nicht zweifle, eine vollständigere Form der In
der Regel aus einem blofsen g z bestebenden Casus - Endung ist,
woran in der gewöhnlichen DecIInatlon zugleich der Dativ und Ge-
nitiv pl. thellnehmen (s. §.2 15). Ich sehe aber keinen Grund, anzu-
nehmen, dafs in einer früheren Sprachperlode auch die übrigen Pro-
nomina und die sämmtllchen Substantive und Adjective an diesem
enclltischen ne oder n Thell genommen haben. Sollte dies aber der
Fall gewesen sein, und ist ne oder n wirklich der Überrest einer ver-
dunkelten Praepositlon , so müfste doch der von ihr regierte Ablativ
ursprünglich auch eine Casus-Endung gehabt haben , In welcher man
die Verstümmelung der sanskritischen Ablativ -Endung t erkennen
dürfte. Ich erinnere an das altpers. ma von m'w =. skr. ma/, mit
lautgesetzlicher Unterdrückung des schliefsenden /.
358 Bildung der Casus. §. 183"). 4.
In der Declination der a-Stämme ') stimmt ^ e zum skr. d-ti
send. J2^ «-(^j altpers. und pali'schen a, z. B. stane""),
vom Stamme s^anaL and, zum skr. sfd^nd-t, send, stdnd-d,
pal. ^'awa (gegen utl^uiL^ akan-e ab oculo vom Stamme
akan = skr. aks'an); denn das armenische ^ ^ stützt sich
meistens auf das skr. ^J d. In der Pronominaldeclination,
die, wie Windisch mann gezeigt hat, auch im Armenischen
das oben (§, 167 ff.) besprochene Anhängepronomen sma,
mit dem so gewöhnlichen Verlust des 5, gerettet hat, finden
wir Ablative auf me gegenüber den sanskritischen aui smd-t,
sendischen auf hmd-d und pal. auf smd oder hmd. Denn,
wenn man Pronominal - Ablative auf me mit den Dativen
aufm — z.B. or-me (mit Praep. A-or-m^) quo (relat.) mit
oru-m cui — vergleicht, so bleibt nichts anderes übrig, als
me mit skr. -smd-t, und das dative m (vollständiger ma
bei Demonstrativen, z.B. n-ma) mit skr. smdi zu vermit-
teln. Es hat also die armenische Pronominal -Declination
im Dativ genau dieselbe Verstümmelung erfahren, wie die
litauische und neuhochdeutsche. Man vergleiche daher das
m von oru-m cui (nach heutiger Aussprache woru-m) mit
dem der litauischen Formen wie ka-m wem? (für altpreufs.
ka-smu, skr. kd-sindi) und neuhochdeutschen wie we-m, de-m.
Aus der Pronominal-DecHnation ist im Armenischen das An-
*) Den wahren Endbuchstaben der vocallsch endigenden Wort-
stämme erkennt man im Singular am besten aus dem Instrumentalls,
dessen f, hinter Consonanten ö, F r. W I n d I s c h m a n n (1. c. p. 26 f.)
scharfsinnig aus dem b verwandter sanskritischer Casus -Endungen
erklärt (s. §. 215 ff.). Es mag daher hier auf eine merkwürdige, wenn-
gleich zufäUIge, Begegnung des Armenischen mit den lettischen und
slavischen Sprachen aufmerksam gemacht werden, in welchen die sin-
gulare Instrumental-Endung (litauisch mi) ebenfalls mit der pluralen
(llt. mis = skr. b is) zusammenhängt.
**) Ich lasse absichtlich dlePraepositlonweg, die vor Consonanten
als J, vor Vocalen als K (aus» erscheint, und In letzterem Falle gra-
phisch mit dem regierten Worte verbunden wird.
Ablativ sg. §. 183''). 4. 359
hängepronomen, wie im Pali und Prakrit und Lettischen,
auch in die substantivische eingedrungen, jedoch mit Be-
schränkung auf die Stämme auf o (Decl. IV.), welches vor
dem in Rede stehenden m in «l u übergeht, daher z. B.
mardu-m ho mini neben mardoi (spr. mardo). Wenn aber
auch bei Ablativen dieser Wortklasse das Anhänge-
pronomen vorkommt (Petermann p. 109), nur mit unter-
drücktem Endvocal des Stammes (ag-me, dat. agu-m)^ so
kann dies nicht befremden, da dem Ablativ wie dem Dativ
in der Pronominaldeclination das Anhängepronomen zukommt.
Ich sehe daher in solchen Ablativen durchaus keinen Grund,
sie vom Dativ abzuleiten, oder überhaupt im Armenischen
den Ablativ aus dem Dativ entspringen zu lassen. —
Bei Stämmen auf i *) fasse ich die Ablativ -Endung e,
z. B. von u[inui^ sirte corde, als Gunirung des stamm-
haften ^, so dafs also die Ablative dieser armenischen De-
clination den sanskritischen Genitiv -Ablativen auf es (im
Ablat. aus e-t^ s. p. 178) und den sendischen Ablativen auf
^\ oi-d, von Stämmen auf ^ i gegenüberzustellen sind. Man
vergleiche also sirte mit skr. Ablativen wie agnef-s igne,
aus agne'-t, vom Stamme agni. Einige Beispiele mit armen.
^ e gegenüber dem skr. Diphthong e aus ai sind: if-^u^ ^es-q
*) Petermann's .3te Declination. Sie ist wie der genannte
Gelehrte (p. 136) bemerkt, von allen die zahlreichste. Der sogenannte
Charakter ist aber offenbar nichts anders, als der Endvocal des Stam-
mes, den das Armenische Im Nom. Acc. Voc. unterdrückt, und zwar
bei a- und i-Stämmen in Übereinstimmung mit dem Gothischen; also
wie hier gast-s, gast, gast! ^ vom Stamme gasti, so im Armen,
z. B. u\ipui sirt Herz in den 3 Casus (abgesehen von der im Acc.
vortretenden Praepositlon), dagegen Im Inslrum. sirti-v^ Im Gen.
Dat. Abi. plur. u\ipui^g sirti-z ^ im Instr. pl. sirti-vq , Der ent-
sprechende skr. und lateinische Stamm endet zwar mit d (skr. hrd
aus hard, lat. cord)^ allein das Armen, hat Ihn wie das litauische s ir-
di-s zur Bequemlichkeit der Declln. durch den Zusatz eines / erwei-
tert. Man mag daher im Instr. sg. das armen, sirti-v (aus sirdi-b)
dem llt. sirdi-mi (aus sirdi-bi,, s. §. 161) gegenüberslellen.
360 Bildung der Casus. §. i%'^'^). h.
Haar vom skr. Stamme ^f^f kesa, ^tf^ meg Nebel, vom
skr. Stamme meg'd Wolke, m^^ teg Lanze von der skr.
Wurzel tig schärfen (aus tig)^ gunirt teg^ daher fjs^^^
tegas Schärfe, Glanz *). In Bezug auf den doppelten
Ursprung des armen, e = skr. ä und e vergleiche man den
des latein. e (§. 5).
Zum Überblick der Ablativbildung mögen folgende Zu-
sammenstellungen dienen:
Skr. dsvd-t, s. aspd-d, lat. alto-d, osk. preivafü-d,
gr. ofjL(jü-g (= skr. sama-t), altpers. kabugiyd, armen, stane
(= skr. st'and't neut), osset. arsei (= skr. rksd-t urso
aus drks'dt).
Skr. kd-smd-ty s. ka-hmd-d, oss. Jca-mei^ arm.
or-me"")^ slav. ka-mo.
Send, urvarayd'd, skv. urvdrdy-ds""*)^ \aX. praeda-d,
osk. touta-d.
Send, dfritoi-d, skr. prite-s^ lat. navale-d -f) ^ osk.
slaagi-d, armen, sirde.
*) S. Bottich er in Zeitschr. d. D. M. Ges. IV. p. 363. n. 264 u.
über me g = J^^ rneg d nr. l69.
**) Die Vergleichung gilt hier natürlich, wie überhaupt bei diesen
Zusammenstellungen nur der Bildung und nicht dem Stamme, da es
nicht möglich ist, in den verschiedenen Wortklassen nur Wörter von
gleichem Stamme einander gegenüber zu stellen.
***) S. p. 178. Das send, urvard bedeutet Baum, das skr.
urvdrd Fruchtfeld.
-j-) Man könnte auch navali-d nach Analogie von mari-d erwarten.
Sollte das e zu einer Zeit, wo schliefsende Consonanten noch keinen
kürzenden Einflufs auf den vorhergehenden Vocal hatten, lang ge-
wesen sein, so könnte hier das i als Gunirung des i und somit als
regelrechter Vertreter des skr. c (s. §. 5) gefafst werden. Es wäre
also navale-d hinsichtlich des vorauszusetzenden e dem wirklich be-
stehenden des Plurals navale-s (s. §. 230) gleichzustellen. In Bezug
auf mhri-d könnte bemerkt werden, dafs im Sanskrit die Neutral-
st'amme auf/ und u die Gunirung weniger lieben, als die Masc. und
Feminina, daher im Vocat. für väre, mddo auch vdri, mddu.
^Ahlatw sg. §. 183*). 1. 361
Send. haretWy-dd^ skr. dartry-as.
Send, anhau-d (c>«x«§. 32), mainyeu-d^ skr. süno-Sy
lat. magistratu-d.
Send, tanau-dy tanv-ad, skr. tanö'-s^ tanv-as^ altp.
hdhiraus (? s. p. 178 Anm.).
Send, vts-ad, skr. vis-ds").
Send, saucant- ad splendente, skr. socat-as (ved.),
id. lat. praesent-ed, osk. praesent-id.
Send, cas'man-ady skr. vdrtman-as (via), lat. coven-
tion-id'"'), arm. himan-e.
Send, ddfi'- ad '""'), lat. dictator-ed, arm. duster -e.
183^>. 1) Das Armenische, dessen Ablativ, nach einer
früheren gelegenthchen Andeutung (l.Ausg. p. 1272), hier zum
ersten Mal ausführlicher als Bildungsgenosse desselben Casus
anderer indo- europäischer Sprachen besprochen worden,
unterscheidet in der consonantischen Declination (abgesehen
von Fremdwörtern wie z. B. Jdam) in Übereinstimmung mit
den germanischen Sprachen hauptsächlich zwei Klassen von
Wörtern, nämhch Stämme auf n und solche auf r. Die
Declination der ersteren ist, wie unsere sogenannte schwache
Declination, sehr zahlreich, und läfst, wie überhaupt die con-
sonantische Declin., den Genitiv und Dativ ohne Gasuszei-
*j Das send, r/j f. bedeutet Ort, das skr. v/j' als Fem. Ein -
ga n g , als Masc. e i n M a n n der 3ten Kaste.
**) Da das Geschlecht In diesem Casus keinen Unterschied in der
Flexion begründet, so mag hier auch ein Femininum In der Gesell-
schaft von Neutren erscheinen. Das Armenische unterscheidet über-
haupt keine Geschlechter.
**) Ich folgere diese Form aus dem Genit. da/r-(^, sowie aus
dem belegbaren a /r - o c? igne vom Stamme a^ar. Yon dug dar
Tochter kann der Abi. nicht wohl anders als dug d er-ad (eupho-
nisch für dugdr-ad, vgl. p. 344) lauten, womit das arm. duster-i
zu vergleichen, welcheswie das altslav. ^ZlUTH rf« j/i (nom.). Gen.
duster-e, den ursprünglichen Guttural wegen des folgenden / In
einen Zischlaut verwandelt hat.
362 Bildung der Casus. §. 183^'). 1.
chen, daher ah an oculi, oculo, wie im Althochd. augin;
so düster filiae, als Gen. und Dat., in merkwürdigem Ein-
klang mit dem althochdeutschen tohter, gegenüber dem goth.
dauhtr-s^ dauhtr. Zu der Verstümmelung, welche die beiden
letztgenannten Formen, so wie die analogen Masculina wie
brothr-s^ bröthr (gegenüber dem Nom. Acc. bröthar, daiihtar)
erfahren haben, stimmen im Armenischen die Nominative*)
akn oculus, dustr filia und ähnliche Formen. Man darf
also bei der Betrachtung der armenischen Declination nicht,
wie gewöhnlich geschieht, vom Nominativ sg. ausgehen und
annehmen, dafs ein Theil der obhquen Casus bei Wörtern
auf n und r einen Vocal zwischen diese Buchstaben und
den vorhergehenden Cons. einschieben, oder sich im Innern
erweitern (Windischm. 1. c. p. 26), sondern man mufs um-
gekehrt dem Nominativ eine Neigung zur Zusammenziehung
oder Verkürzung, die oft grofse Härten hervorbringt, zuge-
stehen. Während vocalisch endigende Stämme gröfstentheils
ihren Endvocal im Nom. unterdrücken, stofsen die consonan-
tischen den vorangehenden Vocal aus. Gewifs ist, dafs akn
oculus nicht zum skr. Stamme dks'i gehört, sondern zu
dem Nebenstamme aksan^ woraus die schwächsten Casus
dieses unregelmäfsigen Wortes entspringen (kl. Sanskritgr.
§. 169), in welchen das vorletzte a wie im armenischen Nom.
Acc. Voc. ausgestofsen wird. Man darf also lul^ akn hin-
sichthch des verstümmelten Stammes dem skr. Dat. und Gen.
aksn-e^ aksn-as gegenüberstellen, und umgekehrt, den
armen. Dat. und Gen. akan *') dem skr. vollen Stamme
aksan^ wovon im Locativ (der an dem starken Thema
theilnehmen kann) aksan-i (über n s. §. 17^^) oder aks'n-i.
So wienunuiifuÄ aÄ;aw als Dat. und Gen. formell identisch ist
mit dem skr. Stamme aksan^ goth. augan^ so ist duster als Dat.
*) Zugleich Vocative und Accusative, nur dafs letzteren überall
die Praeposltlon ^ s präfigirt wird.
**) Im Pluralnom. iu^ni%^ akun-q hat sich das alte a, wie sehr
häufig, zu u geschwächt, ungefähr wie in althochdeutschen Plural-
dativen wie tagu-m gegenüber den gothischen wie daga-m.
Ablatio sg. §. 183*). 1. 363
und Gen. identisch mit dem skr. Stamme dtihitdr, gr. ^-vyarsp,
goth. dauhtar^ während der Nom. dustr zum skr. duhitr (vor
Consonanten duhitr) zum griech. ^vyaTp , goth. dauhtr der
schwachen Casus stimmt, z.B. zum Dat. duhitr - ^ ^ ^vyarp-i
(letzteres eigenthch ein Loc), goth. dauhthr. Hinsichth'ch des
Wortbildungssuffixes stimmt das oben erwähnte himan-e zu
dem skr. Suffix man^ welches auch in der german. schwachen
Declination eine wichtige Rolle spielt (s. §. 799). Vielleicht
ist "^fttHub himan Grundlage, Nom. himn^ identisch mit
dem skr. st'man Grenze (Wz. si binden), mit der in den
iranischen Sprachen gesetzmäfsigen Umwandlung des s in h.
Jt-a-man Zahn, nom. atamn gilt mir als essender, von
der skr. Wz. ad, goth. at, lit. ed fressen, wovon ed-mene f.
(aus -menja) Maul. Das armenische Verbum der betreffen-
den Wurzel hat den alten a-Laut zu u geschwächt {nLuiirtP
utem ich esse), während die Zahnbenennung den Grund-
vocal bewahrt, und einen Hülfsvocal zwischen die Conso-
nanten der Wurzel und des Suffixes eingeschoben hat, wie
z. B. der althochdeutsche bildungsverwandte Stamm wahs-a-
mon (nom. wahs-a-mo) Frucht als wachsende, wofür man
im Goth. vahs-man, Nom. -ma zu erwarten hätte (s. §. 140).
Von den hierher gehörenden armen. Wörtern erwähne ich
noch den Stamm ^utb 8 an Hund (= skr. svan), dessen Nom.
sun auf die skr. zusammengezogene Form der schwächsten
Casus (iun, gr. y.vv) sich stützt. — Es fehlt unter den arme-
nischen ?^-Stämmen, welche in Joh. J. Schröder's Thesau-
rus linguae Armenicae die drei ersten Declinationen begreifen,
auch nicht an Formen, welche im Nominativ, nach uraltem
Princip (s. §. 139ff), den Nasal abwerfen ; da aber zugleich,
wie vor dem erhaltenen w, der V o c a 1 der Endsylbe unter-
drückt wird, so gewinnen wir auf diese Weise Formen, die
mit unseren neuhochdeutschen Formen wie Bär, Ochs, Mensch,
Nachbar, von den Stämmen Bären, Ochsen") (skr. uks'an,
*) Der armen. Stamm irqutb es an, nom, esn (skr. üksan, nom.
üksa) hat den Guttural aufgegeben und gleicht in dieser Beziehung
364 Bilduns der Casus. §. 183*). 1.
nom. uks'ci) Menschen^ Nachbarn^ auf gleichem Fufse stehen.
Beispiele dieser Art im Armenischen sind: rj^iu^LAim galust
Ankunft, mtu^nuutn pahust Schutz, Jün^bq^ snund Er-
ziehung, Genitiv: g alustean^ pahustean, snundean
(s. Schröder's 2te DecL). — Aufser den Stämmen auf w
und r (p r od. n. r) gibt es in der consonantischen Decli-
nation nur noch Stämme auf ij_g (Schröder's 4te DecL).
Da aber dieser Buchstabe bekanntHch mit l verwandt ist
und auch im Alphabet die Stelle des griech- X einnimmt *),
da ferner die Liquidae r und l fast identisch sind (s. §. 20),
so darf man auch eine Urverw^andtschaft zwischen q^g^ und
r annehmen und Ersetzungen des ursprünglichen ?• durch
armen. q_g' erwarten. Eine solche findet sich z.B. in der Be-
nennung des Bruders, trqg^^ujp eghair^ welches ich mit
dem Verhältnifs des send, a// Auge zum skr. äksi. Hinsichtlich
der Schwächung des a zu / In der Endsylbe des Stammes stimmt der
Genitiv und Dativ esin sehr schön zum althochd. ohsin derselben
Casus, und zum goth. auhsin-s, auhsin. So wie der goth. Stamm
auhsan und alle analogen Bildungen, so schwankt auch das armenische
Schwesterwort und alle übrigen von Schröder's 3ter Declln. zwi-
schen a und I in den Endsylben. Es lautet z. B. der Instr. esamb
(lautgesetzllch {nr e s an-b)^ und im Plural steht bqiuhg esanz als
Dat. Abi. Gen. (s. §. 2 15) dem Nominativ esin-q gegenüber. Über-
haupt ist die Bewahrung des ursprünglichen a-Lauts In dieser armen.
Declln. vorherrschend, und der geschwächte Vocal / erscheint im
Plural nur im Nominativ — der überhaupt, wie der singularische,
Stammschwächungen liebt — und in den auf Ihn sich stützenden Casus,
und im Singular blofs Im Gen. Dativ, während der Abi. gleich dem
Nom. den Vocal ganz aufgibt (esn-e) und in dieser Beziehung den
skr. Formen wie ndmn-as gleicht.
*) Die dem Griechischen fehlenden Buchstaben sind im armen.
Alphabet zwischen die auch im Griechischen vorhandenen Lautzeichen
eingeschoben ; n g aber nimmt wie ein echtes / wirklich die Stelle
des griech. A ein und reiht sich an k (^) mittelst der dem Gr. fehlen-
den Buchstaben 4 h und X ^. Die Stelle des gr. ^ nimmt q^s ein,
woraus erhellt, dafs zur Zeit der Anordnung des armen. Alphabets »
als gelindes s galt.
Ablativ sg. §. 183*). 1. 365
Diefenbach') aus hrair erkläre, mit der im Armenischen
beliebten Umstellung der Liquida und einem vorgeschobenen
Hülfsvocal. In beiden Beziehungen gleicht also die armen.
Bruderbenennung der oben (p. 121) erwähnten ossetischen
(arvade). In hlijui ugt Kameel, eine grofse Entstellung des
skr. us'tra, ist ebenfalls das alte r von seiner ursprüng-
lichen Stelle weiter zurückgetreten ; ich erkenne nämlich hier
in dem ij_g nicht etwa das skr. /, sondern die Umwand-
lung des r. In Schröder's 4ter Declination, deren Stämme
sämmtlich auf q_g' ausgehen, das dem ij_g vorangehende e
aber im Nom. und den ihm gleichlautenden Casus unter-
drücken, finden wir unter andern die Benennung des Ster-
nes in der Form uiumlrq_ as t eg' (ihem), Nom. astg\ worin
man, das g als = r gefafst, leicht das vedische stdr, str,
send. std7' {stdre §. 30) und griech. da-rrip erkennt. Zu
letzterem stimmt der armenische Ausdruck auch durch den
vorgetretenen Hülfsvocal, ohne welchen der Nomin. (stg)
unaussprechbar wäre. Durch diesen Hülfsvocal gewinnt
der betreffende armen. Ausdruck fast das Ansehen eines
griechischen Lehnworts, wenn man unbeachtet läfst, dafs
das Armenische ebenso wie das Griechische und Ossetische
solche vocalische Vorschläge liebt. Wir haben einen sol-
chen bereits oben in e-gbair erkannt, und ich erwähne
hier noch, zum Belege dieser Erscheinung, die Entstellung
des sanskritischen na man (thema) Name in der armeni-
schen Form a-nun, wo hl. u die Schwächung des skr. a,
goth. a (them. naman) ist, und die Sylbe man nur ihren
Nasal zurückgelassen hat. Hinsichtlich des vocalischen Vor-
schlags begegnet das Armenische hier wieder dem Griechi-
schen (o-vojua). — Unter den armenischen Stämmen auf ä-^
eg' finden sich auch mehrere Composita auf I^lrinlrq_ keteg\
Nom. kefg"; z. B. qarketg Steinhaufen. Dieses keteg
erinnert an das skr. kse'tra Feld, Platz, dessen Endsylbe
sich leicht zu tar umstellt und aus diesem zu teg entartet
*) Jahrb. für wiss. Krit. Sept. is43, p. 447.
366 Bildung der Casus. §. 183*). 1.
haben konnte, da hr e Im Armenischen der gewöhnlichste
Vertreter des skr. ^ a ist. Auch n o und nt. u erscheinen
sehr häufig für sanskritisches a, weshalb sich die sanskri-
tische Wortklasse auf a, welcher die griechische und latei-
nische 2te und die gothische Iste (starke) Declination ent-
sprechen, im Armenischen in drei Declinationen gespalten
hat *). Die erste begreift Stämme auf m a, die zweite Stämme
auf 17, die dritte solche auf nt. u, welche im Instrum. in
respectiver Ordnung auf a-v, o-v und u (letzteres ohne
Casus-Endung) ausgehen (s. Schröders 6te, 9te und lOte
Declination). Ein Beispiel der a-Declination ist bereits oben
(p. 358) durch tana, nom. tan (= skr. stana-m Ort), Instr.
miuLuiL. tana-v, gegeben worden; ein Beispiel der o-Declina-
tion ist iPuifitj^n mardo Mensch, nom. mard^ gen. mardoi
(spr. mardo), instr. mardo-v. Die etymologische Bedeutung
von mardo ist sterblicher, obwohl es sich wahrscheinlich
auf den skr. Stamm mrtd gestorben, oder vielmehr auf
dessen Urform marta stützt, wie das griech. ^poio, aus juporo,
und dieses umstellt aus juopro. Es ist demnach das o des
armenischen Stammes identisch mit dem Endvocal des griech.
Schwesterwortes. Zu derselben Wurzel, wozu mard gehört,
ziehe ich auch marmin „Körper als sterblicher, ver-
gänglicher**)" (them. marmno, auch m arm wi nach Schrö-
ders 7. Decl.) und erkenne darin das skr. Suffix mäna^ send.
mana oder mna^ griech. jusvo, in derselben Gestalt, die es
im lat. mnö von al-u-mnö, P^ert-u-mnÖ gewonnen hat. Zum
griech. Stamme dw-po stimmt in Wz. und Suffix der gleich-
bedeutende armenische tnnL[in turo, Nom. tur, von der skr.
Wz. da, deren d sich im Armen. wahrscheinHch zuerst ge-
kürzt und von da zu nt. u geschwächt hat. Im Stamme
dio (für dwo), nom. dl „deus fictus, idolum", gen. dioi
(spr. dio) erkenne ich das skr. devd mit Verstümmelung des
Diphthongs ai (zusammengezogen e) zu \i i. Ar'C.at (m^^uij^)^
*) h e fehlt als Ausgang der Wortstämme.
**) Das skr. mur-ii Körper gehört zu derselben Wurzel.
Ablatio sg. §. 183*), 2. 3G7
them. a7^^afo, stützt sich auf das skr. ragatd-vi Silber
als glänzendes, mit Umstellung von ra zu ar, wie im lat.
argentum und dem zu derselben skr. Wz. J\^ rag (aus
rag) gehörenden griech. aoyvpog. In dem Suffix uno, Nom.
im, von Formen wie fi/fuinLü getun „sciens, conscius"
erkenne ich das skr. Suffix a^ia, gr. avo (s. §. 930). Beispiele
von Stämmen auf "^ u (Schröder's lOte Decl.) für skr. a
sind Ä6"ww Seh aar, ni^quint. ugtu Kameel (s. p. 365) k"4j}*-
kowu Kuh, Nominativ: heii^ ug't^ kow. Ersteres stimmt
zum skr. send fem. Heer*), wozu wir uns einen männ-
lichen Stamm se'na zu denken haben, da das Armenische,
welches keine Geschlechter unterscheidet, eigentlich nur Mas-
culina hat, wie im Skr. die geschlechtlosen Pronomina der
beiden ersten Personen durch die Accusative pl. asmd\
yusman sich als Masculina erweisen. So ist denn auch
der armen. Stamm kowu Kuh, lÜom. ^nil_kow^ formellein
Masculinum und stützt sich auf den sanskritischen Stamm
gava Rind, welches nur in Compositen vorkommt und mit
U"^ puii für puns (in den starken Casus pumdns) Manu
zu pungava-s Stier, eigentlich männliches Rind, sich
vereinigt. Man kann aber auch den armenischen Stamm
kowu vom skr. gö (aus gau) so ableiten, dafs man dem
Diphthong o (oder vielmehr seinem Vorfahr au), den das
Armenische nicht zu decliniren versteht, ein u als Schwä-
chung eines älteren a beifügte; so entstände kowu, und hier-
aus durch Apokope der Nomin. koiv *'). So hat auch der
skr. Stamm ndu Schiff sich zu ^iulhl. navu erweitert,
Avovon der Nom. nav, während der lat. Stamm navi den
Zusatz eines i erhalten hat.
2) Da wir uns in der Folge noch öfter mit dem Ar-
menischen werden zu beschäftigen haben, so scheint es pas-
*) Von .yi binden, also eigentlich das Zusammengefügte,
Verbundene; man vergleiche in dieser Beziehung unser Bande.
**) Das mediale n o entspricht als Entartung eines ursprünglichen
a dem gr. o von /3o(fjc^ etc., sowie dem lat. o von öopis etc.
368 Bildutifi der Casus. §. 183^). 2.
send, um das bisher Versäumte in müglichsLer Kürze nach-
zuholen, hier das armenische Alphabet vollständig herzu-
setzen und den verschiedenen Buchstaben ihre Vertreter in
europäischer Schrift, mit den als zweckmäfsig erachteten
diakritischen Zeichen, gegenüberzustellen:
1. lu a
2.
[^ ^1
3.
'i y
4.
.t d
5.
h e""")
6.
^ s (weiches 6-).
7.
1^ e
8.
IL '^
9.
^t
10.
(h i (franz. j, slav. >k).
11.
/, i
12.
Li
13.
/,, //
14.
i i (rf») •")
') über die jetzige Geltung der säinintllchen Matae s. p. ICI,
wobei jedoch zu bemerken, dafs die jetzige Ausspraclie öfter nach
früherer Verschiebung wieder zum Urlaut zurückgekehrt ist, indem
z. B. die Media der skr. Wurzel ^[ da früher in Übereinstimmung
mit dem germanischen Consonantenverschiebungsgeselz zu w z=z i
geworden ist {miuiT t a rn ich gebe), m aber In der heutigen Aus-
sprache die Geltung dits d gewonnen hat; so dafs also jetzt wieder
darn dem skr. dddämi, und das du gibst der gleichlautenden
lat. Schwesterform gegenübersteht.
) wird jetzt, wie das slav. 'Ji, mit vorschlagendem j ausgespro-
chen, s. §.92. e. und über ähnliche Erscheinungen im Albanesischen
die oben (p. 12 Anm.) erwähnte Schrift.
) Nach Schröder, der diesen Lucbstaben durch dz um-
schreibt, ist In demselben ein welcher Zischlaut enthalten, in a (nr.
17) aber ein harter, weshalb Schröder den letzteren durch ds dar-
stellt. Ich schreibe beide mit griech. <^, dem ich, wo es die Ver-
bindung eines d mit gelindem s (.s) darstellen soll, einen Punkt
Ablalii> SS. §. 183*). 2.
15.
l^k
16.
^h
17.
X K (ds)
18.
q^g (aus l oder r s. p. 364)
19.
ZT g {ds)
20.
iPm
369
21. j h (anfaDgendes sanftes h), i *)
untersetze. Etymologisch sind die beiden armenischen Laute inso-
fern identisch, als sie beide in Wörtern, welche mit sanskritischen
verwandt sind, öfter die palatalc Media vertreten (fj^ g r= ds^ s. §. l4)
doch ^ ^ häufiger als X ^. Man vergleiche il^iublrj^^ nanel zeu-
ge n mit der skr. Wz. g- 0^2 id. ; ^A^ ^<?r alt mit gär an t (schwach
g ärat alt), gr. ysoavT; lup&iuP^ artat Silber mit rag atä\ ^uibJi
gan^ Schatz mit gangd Schatzkammer. Sowie aber die
sanskritischen Palatale selber nur Entartungen von Gutturalen sind,
so hat auch das Armenische sein & i und ^ ^ nicht selten selbständig aus
Gutturalen erzeugt, namentlich aus ä = weichem ')(, (s. §. 2i); z. B. in
o^ 05 Schlange = skr. ahi-s (ved. dhi-s^ gr. £%t-^) , ^^/-^
b/wn Schnee, skr. himd-m (Wz. ///), b« Pferd, skr. hayd-s
(Wz. Äi); Xkihh iei-n Hand (them. ieran^ gen. dat. ierin)
stimmt in seiner Wurzel zum sVr.Jidr ana-rn Hand als nehmende,
und im Suffix zu 3^rl «« (§• 924). Ein Beispiel mit & ^ für skr. h ist
iPb^ me<s grofs (them. m e <^a , instr. rne^ a-v) = ved. mäha-s.
*) Das anfangende j fi (nach der jetzigen Aussprache) ist seinem
Ursprünge nach überall die Entartung des Lautes unseres 7, des skr.
Jl /; z. B. in j^l^/_ K asel opfern von der skr. Wz. JJ^^ yog
id. So in den Eigennamen wie H'akobus , H'udas , H'osep eic.
In der Mitte, und in einigen einsylbigen Wörtern auch am Ende, bil-
det j mit vorangehendem tu a und « o die Diphthonge ai und w/, in-
dem n o in dieser Verbindung wie u gesprochen wird (Petermann
p.3l); daher z B. utji_ail alius = skr. an/d-s, [nju luis lux =
skr. ruc^ nom. ruk. Am Wort-Ende, einige einsylbige Wörter aus-
genommen, wird dasj / dieser Diphthonge nicht mehr ausgesprochen,
doch behalte ich es bei Übertragung in lat. Schrift, in Übereinstim-
mung mit Windischmann (welcher «iy, nj durch ay, oy darstellt)
bei. Man mag dieses verstummte i mit dem ^loirasubscr. vergleichen.
Der vorhergehende Vocal wird lang, z. B. Juifiq.nj mardoi z=:mardU).
\. 24
L'
n O")
^C (ti)
"i P
t9 {ds)
«. r (hartes r)
u s
t/^W
m t
p r (weiches r)
370 Bildung der Casus. §. IS,'^*». 2.
22. ^ n
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33. g z (ts, deutsches z)
34. i_ V (unser *ü) vorVocalen; w vor Conso-
nanten und gelegentlich schhefsend ").
35. ij, p
36. ^ q" (wie send. ^ q' häufig für skr. sv,
s. §. 35).
37. o 0
38. q,f.
Da die armenische Schrift, wie die vorstehende Liste
zeigt, einen grofsen Reichthum an Buchstaben besitzt, welche
wie unser z = ts, das griech. ^ = ^o- und englische J = ds\
einen ^-Laut mit einem Zischlaut in sich vereinigen, so dür-
fen wir nicht unterlassen, die Frage aufzuwerfen, ob nicht
einer oder mehrere dieser Buchstaben gelegentlich oder regel-
mäfsig aus dem Laute unseres j hervorgegangen seien, wie
*) Wird jetzt am Anfange der Wörter mit einem vorschlagenden
tv ausgesprochen (wo); mitj bildet es den Diphthong i//, der vielleicht
früher oi gesprochen wurde. Dafs das einfache n etymologisch, wie
das gnech.' O fJLiiCOOV und slav. 0, dem skr. a entspricht, ist bereits be-
merkt worden (s. p. 366). Schröder gibt dem n in jeder Stelle des
Wortes die Aussprache ue oder uo»
**) In Verbindung mit vorangehendem n o drückt l. den Vocal u
(kurz) aus, daher z.B. q.nLMinp dustr Tochter (them. duster)
für skr. duhitä (them. duhitär) , släV. duslig gen. duster- e.
Ablalh s^. §. 1H3^). 2. 4 371
dies oben (§. 19) hinsichtlich des griech. ^ gez-eigt worden?
Ich habe von diesem Gesichtspunkte aus den armenischen
Sprachbau untersucht, und glaube entdeckt zu haben, dafs
fj i = ts, welches in der armenischen Grammatik, sowohl
in der Declination der Nomina und Pronomina, als in der
Conjugation der Verba eine sehr wichtige Rolle spielt, über-
all, wo es als Flexionsbuchstabe vorkommt, sich aus dem
Laute unseres j, des skr. j\ y, erklären läfst, und dafs, wenn
man ihm diesen Ursprung zuschreibt, die betreffenden For-
men sich mit analogen sanskritischen, welche 7\^ y darbieten,
vermitteln lassen. Von den Casus -Endungen, die ein n z
enthalten, wird in Kurzem die Rede sein *); hier aber scheint
es mir zweckmäfsig, im Voraus einen Blick auf die Conju-
gation zu werfen, weil diese und die Declination der Sub-
stantive und Pronomina sich wechselseitig einander aufklä-
ren. Ich beginne mit dem Conjunctiv des Praesens. Hier
steht beim Verbum substantivum Ifgl^iT Hem dem skr. Poten-
tiahs syäm gegenüber. Letzteres steht für asydm, wie
s-mas wir sind für asmds, dor. I^jus^', lit. es-me. Das
Armen, hat wie das Griech. den VVurzelvocal behauptet,
und zwar mit der sehr gewöhnlichen Schwächung des a zu
t, wie im griech. Imper. ta-^i. Der Zischlaut ist dem armen.
Verbum subst. durchgreifend entschwunden, wenn er nicht,
wie ich vermuthe, in der 3ten P. sg. des Imperf. zu r ge-
worden ist, daher ^^ er (erat) = ved. «5, send, as, dor.
r^c, (s. §. 532); dagegen entspricht in der 2tenP. ^ftp eir (= skr.
asis) das r für s dem Personalzeichen. Das ^ e, für b e des
Praesens em ich bin, ist v^^ahrscheinlich Folge des Aug-
ments. Fassen wir nun im Conjunctiv das g z als Vertreter
des y, welches wir hier wie im Skr. durch y schreiben wol-
len, so stimmen iyem^ iyes^ iye schön zum gr. ur^v^ zirig,
BLT] (aus Ecrtrjv etc. für eajriv) und zum skr. (a)sydm, [a)syd$i
(a)sydt. Die attributiven Verba verbinden sich, wie mir
scheint, im Praes. Conjunct. mit dem Verbum subst., daher
*) S. §§. 215. 244.
24"
372 ♦ Bildung der Casus. §. 183*^ 2.
sir-iiem amem aus sir-iyem, ungefähr wie d\\\'Ai. fac-swiy
welches, wenigstens foruiell, nichts anders als die Verbindung
der Wz. mit dem Conjunct. von su7n ist. In der 2ten armen.
Conjugation bildet das i von iiem mit dem vorangehenden
a den Diphthong ai, daher luqiujglrir agaizem molam aus
ag'a-iyem. Hinter dem ni_ u der 3ten Conjug. fällt das i
des Hülfsverbums ab, daher von {og'-u-m sino der Conjunct.
ß-nnni-gnuir t'og'uzum^ fog'uius, fog'uzu, aus fog'uyum^
-yus, yu. Das u der Endungen, statt des e der beiden
ersten Conjugationen, erklärt sich durch den assimilirenden
Einflufs des u der vorhergehenden Sylbe aus dem ursprüng-
lichen d. Sollte aber im Conjunctiv praes. der 3ten Con-
jugation das Verbum subst. nicht enthalten sein, so mufs
man Formen ^vie tog-u-ium mit sanskritischen Potentialen
der 8ten Klasse (s. p. 220), z. B. mit tan-u-ya-m (exten-
dam), -yä'-s^ y^'-^ vermitteln; aber auch bei dieser Auf-
fassung das u der 3ten Sylbe der Assimilationskraft des u der
2ten zuschreiben. — Das armen. Futurum halte ich, seinem
Ursprünge nach, für den Conjunctiv des Aorists, wie das
lateinische Futurum der Sten und 4ten Conjug. längst als Con-
junct. des Praesens dargestellt worden (s. §. 692), wobei
daran zu erinnern, dafs auch im Veda-Dialekt die Modi des
Aorists hinsichtlich ihrer Bedeutung denen des Praes. gleich
stehen, und dafs im klassischen Sanskrit der sogenannte Pre-
cativ nichts ist als der Potentialis oder Optativ des Aorists.
Man vergleiche Z>'i^-z/a'-^ er möge sein m\tdüü-t er war.
Ist nun aber das armen. Futurum identisch mit dem skr.
Precativ, oder griech. Optativ des Aorists, so darf man darin
auch eine Vertretung des skr. Modal-Ausdrucks -^j yd und
des griech. lt^ (aus jr^^ z. B. von do-try-v, oo-tV^-$, ^c-iri (aus
do-jrj-v etc.) erwarten. Diese Vertretung finde ich in der
Sylbe glr ze oder iw, beide für ia (nach meiner Theorie
aus ye, yu), und in dem blofsen g z der 1. P. sg., z. B. von
inut-g ta-z dabo, ta-ze-s dabis, ta-ze dabit, ta-zu-q
(für ta-zu-mq) dabimus, ta-ze-n dabunt. In der 2ten
P. pl., wo das alte d der Sylbe TW yd sich zu i geschwächt
Ablaliv sg. §. 183*). 2. 373
hat, wird durch den Einflufs dieses i das g i tm ^g ( = ds),
daher miu^i^ tagiq dabitis. Wir gerathen also hier ge-
wissermafseii in das Gebiet des Prakrit, wo das skr. 7\^ y
sehr gewöhnlich zu ji ^ geworden, d. h. von der Aussprache
des deutschen und italiänischen j zu der des englischen über-
gegangen ist. Stellen wir nun sowohl für g i als für ^ g
den ursprünglichen ^-Laut mit der graphischen Bezeich-
nung durch y wieder her, so stimmt das armen. Futurum
insofern genauer zum griechischen Optat. des Aorists, als
zum sanskritischen Precativ, als letzterer in den meisten
Personen, nach Analogie des griech. doiria-av, das Verbum
subst. der Hauptwurzel anschliefst. Die genaueste Überein-
stimmung findet in der 2ten P. sg. der drei Sprachen statt.
Man vergleiche:
Sanskrit Griechisch Armenisch
de-ya-sam ') do-ir^-v ^«-^
de-ya-s do-iri-c, ta-ye-s
di-ya-t bo-ir\ ta-ye
de-ya-sma do-iri-\xev ta-yu-q
de-ya-sta öo-lti-tb ta-yi-q
de-ya-sus **) do-Ts^v ta-ye-n
Im Aorist des Indicativs hat das in Rede stehende ar-
menische Verbum das wurzelhafte a zu. u geschwächt —
eine Schwächung die im Arm. sehr häufig eintritt — in der
3ten P. sg. aber ganz abgeworfen; daher e-tu, e-tu-r (aus
e-tu-s)^ e-t, gegenüber dem skr. d-dd-m^ d-dd-s, d-dd-t,
gr. E-^cü-v, s-ö^cu-;, l-^Ui\ In der 3. P. pl. stimmt e-tu-n^ abge-
sehen von der Vocal-Entartung in den beiden Sprachen, schön
zum dorischen und epischen l-do-v gegen skr. d-du-s für
ursprüngliches a-dd-nt. — Diejenigen armenischen Aoriste
indic., welche in der 1. P. sg. 3Lui g[i zi ausgehen, erkläre
ich aus der skr. lOten Klasse, worauf die germanische
*) Für dd-yd -s am ^ s. §. 705.
) Aus de-y ä 'S ant.
374 Bildung der Casus. §. 183^). 2.
schwache Conjug. sich stützt, und ich erkläre demnach das
a f, z. B. von ^ji Izi ich füllte an (^ als Verstümmelung
von pl) aus dem skr. ?^ ^, z. B. von pdr-d)jd)ni ich fülle
(y^'z.par, pf cl. 10), womit das betreffende armen. Verbuni
verwandt ist. Diese Klasse von Verben entbehrt im Sans-
krit des Aorists und ersetzt ihn durch reduplicirte Formen
wie z.B. dcucuram ich stahl, welches mit dem Charak-
ter aya (in den allgemeinen Tempp. ay) nichts zu thun hat
und mit dem Praes. c6r-dyd-mi und Imperf. dcor-aya-m
nur wurzelhaft, nicht bildungsverwandt ist. Das Armenische
aber, welches im Imperfect das Verb, subst. an das Verbalthema
des Hauptverbums anfügt, benutzt bei dieser Klasse von
Verben die Form des skr. Imperfccts zu seinem Aorist ").
Wenn aber die Aoriste der regelinäfsigen Verba der armen.
Isten und 2ten Conjug. in ihren Formen auf Ifßji eii, lugfi
aii auf den Ausgang '^Z[^ ay der skr. lOten Kl. sich stützen,
so braucht daraus nicht nothwendig gefolgert zu werden,
dafs auch die Specialtempora dieser Verba zur skr. lOten
Klasse gehören, denn es könnten ja die Specialtempora zur
starken, die allgemeinen aber zur schwachen Conjugation
gehören (wenn man Grimm's Terminologie auch auf das
Armenische übertragen will), ungefähr wie im Latein, z. B.
sero (aus seso s. p. 218) und strepo zur starken, se-vi^
strep-ui, aber, wegen des angetretenen Hülfsverbums, zur
schwachen Conjugation gehören, und umgekehrt spondeo
zur schwachen, spopo7idi zur starken. Es könnten aber
auch im Armenischen sir-e-m ich liebe und ag'-a-m
ich mahle (die Musterverba bei Peter mann) in ihrem
Klassenvocal eine Kürzung oder Verstümmelung erfahren
*) Man vergleiche in dieser Beziehung die litauischen Aoriste wie
fe s koj au (Ruhlg's 4te Conjug.), welches deutlicher als sein Prae-
sens j'eskau (Ich suche) den Charakter der skr. lOten Klasse an
sich trägt (vgl. p. 229) und sich eben so wenig als die armenischen
Aoriste auf zi-=zji darum kümmert, dafs das Skr. In dieser Conju-
gationsklasse den Aorist indic. hat verloren gehen lassen.
Ablativ SS. §. 183^). 2. 375
haben, so dafs sir-e-m für sir-e-m und ag-a-m für
ag-ai-m stünde; e-m wäre dann wie das präkritische ^-mi
und althochd. e-m von Grimm's 3ter schwacher Gonjug.
eine Zusammenziehung von ayd-mi (s. p. 227/.); eben so
ai des vorausgesetzten ag-ai-m. Das Futurum, d.h. der
die Stelle des Fut. vertretende Conjunct. (skr. Potent.), setzt
an den indicativen Aoriststamm auf g i den oben bespro-
chenen, iml g 2 = skr. z\^y beginnenden Modus -Exponen-
ten, und zwar in der ersten P. sg., welche keinen Personal-
Ausdruck hat, mittelst eines Bindevocals i {ujifthijlig sirez-i-s^
turiutßjig ag'az-i-z), in den übrigen Personen aber unmittelbar,
und es geht dann das g z des Aoriststammes vor dem des
Futur- oder vielmehr Moduscharakters in s über (s. Peter-
mann p. 207/.), in welcher Beziehung ich an den in §. 102 f.
besprochenen Übergang von ^-Lauten — das alt- und mittel-
hochd. z = arm. g z mitbegriffen — vor andern ^-Lauten
in s erinnern; also sires-ze-s amabis, agas-ze-s mol^s.,
aus sirez-ze-Sf ag'az-ze-s, wie im Alt- und Mhd. weis-t
du weifst, für weiz-t. In sanskritische Lautverhältnisse
umgesetzt ergäbe sich aus agaszes^ d. h. aus seinem Aus-
gangspunkt agazzes (abgesehen vom g' aus r oder l) die
Form agay-yd-s. Das Sanskrit wirft aber bei seinen
Precativen (d. h. Potentialen des Aorists) der lOten Klasse
und Causalform den Klassencharakter 351SL ^V (^^^ allgemei-
nen Tempp.) ab, daher cor-ya-s du mögest stehlen,
ved-ya-s du mögest wissen machen, fÜT coray-yd-s,
veday-yd-s. Ich glaube die beiden letzten Formen als die
organischen voraussetzen zu müssen und mache darauf auf-
merksam, dafs auch vor dem Gerundialsuffix 3/ a der Klassen-
oder Gausalcharakter ay in der Regel verschwindet (d-ved-
-ya für d-ved-ay-ya) , hier jedoch nicht ganz spurlos
untergegangen ist, sondern in dem Falle sich behauptet hat,
wo ein wurzelhaftes a unverlängert bleibt; daher vi-gan-
ay-ya im Gegensatze zu Formen wie ni-pdt-ya (von
ni-p dt-ay niederfallen machen), wo die Causalform
auch nach Unterdrückung ihres Charakters ay durch die
376 Bildung der Casus. 183*). 2.
Verlängerung des Wurzelvocals sich hinlänglich bemerklich
macht. So erkennt man in hod-ya-s du mögest wissen
machen (für das vorauszusetzende doct-ay-yds) das Cau-
sale an der Guna- Steigerung, welche diese Form hinlänghch
von hud~ya-s du mögest wissen unterscheidet. Ich
mache noch darauf aufmerksam, dafs das Sanskrit aus Ab-
neigung gegen die Verbindung zweier 7\^ y, die es nur im
äufsersten Nothfall gestattet (wie oben in viganay-yd) auch
vor dem Passiv-Charakter ya den Causalcharakter ^7\^ ay
unterdrückt; daher z.B. mdr-yd-te er wird getödtet
(sterben gemacht), wofür eigentlich maray-^a-^^ stehen
sollte. Ich darf nicht unterlassen , dem armenischen g z
als Abkömmling eines j\ y (j) auch Analoga im Send nach-
zuweisen, indem hier die skr. Wurzel ??ia?', mr sterben
im Causale das skr. 7\^y in (vJ c, der Aussprache nach = ts\
umgewandelt hat, daher merec^ und mit vorgeschobenem
Nasal, merenc"), tödten, d.h. sterben machen (= skr.
mdray)^ wovon der Imper. med. merencanuha tödte
(= skr. mdrdyasva s. §. 721) und das Nom. agentis (mit
Verwandlung des c in (xT//, wegen des folgenden t) merek'-
tdr Mörder, ferner das Desiderat, med. mimarelcsanuha
(2. P. imper. med.), mimarek'sdite (3. P. conjunct.). Ich
glaube aber nicht mit Burnouf, dafs auch das Substantiv
mahrka Tod von diesem Causale stamme, da der Tod
nicht vom Tödten, sondern vom Sterben benannt ist. Ich
erkenne vielmehr in mahr-ka das gewöhnliche Bildungs-
suffix ka, skr. ^ ka, mit dessen Fem. wahrscheinlich unsere
Abstracta auf ww^, ahd. unga^ zusammenhangen (s. §. 950). —
Es gibt noch einen andern Fall im Send, wo der skr. Halb-
vocal 7\^y aller Wahrscheinlichkeit nach zu (vJ c = ^5' ge-
worden ist, von hier aber, wegen der unmittelbaren Verbin-
dung mit einem folgenden Zischlaut, in <jr U überging; ich
*) S. Burnouf in der oben (p. 2) erwähnten Recension p. 37,
wo jedoch des mir unzweifelhaft scheinenden Zusammenhangs dieser
Form mit dem skr, Causale nicht gedacht worden.
Ceiiitiv sg. §. ISd. 377
meine die Form ^o^wv^OCT Icsmad (über k's s. §. 52) für
skr. yusmdt (Pron. 2. P. pL). Das TJ^ y der Anfangssylbe
TJyu^ welche das Send in Formen \\\t yüsma d, yüsmdkem^
abgesehen von der Quantität, unverändert gelassen hat, ist in
der Form Icsmad") schwerlich mit einem Sprung zum
Guttural geworden, sondern ich glaube, dafs aus yu zu-
nächst cu oder cw, und hieraus, nach Unterdrückung des
Vocals, <Jj U geworden sei; denn die Verbindung es oder cd
wäre dem Send eben so unerträglich, als dem Sanskrit die
Verbindung Tiq^ c 5 oder t)^ c/, daher z.B. vdks-ü von
?;ac Rede. — Ich erwähne nun noch ein im Armenischen
vereinzelt stehendes Wort, in welchem ein sanskritisches
?L y^ wie oben (p. 373) in der zweiten Pluralpers. des Fu-
turums, zu f_g = ds' geworden ist; nämlich iT^^ meg Mitte,
Avelches offenbar dem skr. mdd'ya entspricht, womit es auch
Petermann p. 26 vermittelt hat; ich glaube aber nicht,
dafs in dem arm. 2_g = ds das skr. d' sammt dem j\ y
vertreten sei, so dafs das, der Aussprache nach, in g ent-
haltene d das skr. ^ d\ und der Zischlaut das J]^ y ver-
trete, sondern ich nehme Wegfall des y d' und Entschädi-
gung für dasselbe durch die Verlängerung des vorhergehen-
den Vocals {e = d) an, so dafs das ganze ^g nichts als die
Entartung des skr. T)^ y sei, wie oben (p, 32) das gr. C von
axi-^^i, (pv-l^a aus dem y des vorauszusetzenden ö"x^d-ya, (\)vy-joL
erklärt worden.
Genitiv.
184. In keinem Casus stehen die verschiedenen Glieder
des indo- europäischen Sprachstamms in einem so vollstän-
digen Einklang als im Genitiv sg., nur dafs im Lateinischen
die beiden ersten Declinationen, nebst der fünften, so wie
die beiden ersten Personen der Pronomina, die alte Endung
verloren und durch die des alten Locativs ersetzt haben.
*) Hieraus durch Einschiebung eines Bindevocals /es am ad,
ksamäkem etc. (s. Brockhaus, Index p. 250).
378 Büduns der Casus. §. 185. 186.
Die Sanskrit- Endungen des Geuitivs sind 5, as, sya und
ds. Die beiden ersten sind den drei Geschlechtern gemein-
schaftlich, doch ist as im klassischen Skr. hauptsächlich auf
die consonantischen Stämme beschränkt"), und verhält sich
daher zu 5, wie im Accus, am zu m, und im sendischen
Ablativ ad zu d.
185. Vor dem Genitivzeichen ;^ s erhalten die Vocale
i und u Guna, und an dieser Steigerung nimmt das Send,
und in beschränkterem Grade auch das Litauische und Go-
thische Theil. Alle w-Stämme setzen nämlich im Litauischen
und Gothischen ihrem Endvocal ein a vor, daher entspricht
L sünaü-s und g. sunau-s dem skr. sü?io-s (filii) aus
sünau-s. Bei den z-Stämmen beschränkt sich die Gunirung
im Gothischen auf die Feminina; so stimmt anstai-s gratiae
zu ^\(\^prite-s. Über litauische Genitive der t- Stämme
s. §. 193. Das Hochdeutsche hat bei allen Femininen das
Genitivzeichen, schon in der ältesten Periode, aufgegeben;
bei consonantischen Stämmen (§§. 125, 127) fehlt ihm auch
in den übrigen Geschlechtern die Genitivbezeichnung.
186. Die Form, w^elche die sanskritische Genitiv-En-
dung nach Consonanten gleichsam nothgedrungen annimmt
(§. 94), nämlich as für 5, ist im Griechischen, in der Gestalt
c^, auch auf die Vocale i und v und die mit v schliefsenden
Diphthonge übergegangen, und Genitive wie TrcasL-g, vex^v-;,
die §. 185 gemäfs wären, sind unerhört, sondern Trcdi-og,
vIkv-oc, stimmen wie ncd-o'^ zu sanskritischen Genitiven der
Consonanten- Stämme, wie pad-ds pedis, vdc-ds vocis.
Das Lateinische hingegen stimmt mehr zu den übrigen
Schwestersprachen, doch ohne Guna; so ist hosti-s gleich
dem goth. Gen. gasti-s. Bei den w-Stäramen (4. Deck) mag
*) Aufserdem findet sie sich nur noch bei einsylbigen Stämmen
auf a (am Ende von Compp.), /*, u, a/ und aw (bi/-äs, bruv-ds^
nuo-äs) und bei Neutris auf / und m, die durch Annahme eines
euphonischen 7z In den meisten Casus der Consonanicn-Declinatlon
gleichkommen.
Gcniliv SS. §. 1S7. 379
die Verlängerung des u den Guna ersetzen, oder richtiger,
diese Wortklasse folgte dem griechischen oder consonanti-
schen Princip, und der vor s abgefallene Vocal wurde durch
die Verlängerung des u ersetzt. Das S. C. de Bacch. liefert
den Gen. senatu-os im griechischen Gewand. Sonst erklärt
sich die Endung is der consonantischen Stämme besser aus
dem skr. as als aus dem gr. o;, weil das alte skr. a auch
an vielen anderen Stellen im Lat. sich zu i geschwächt hat,
wie häufig im Gothischen (§§. 66, 67). Es kommt aber im
Altlateinischen auch us als Vertreter der skr. Genitiv-Endung
as vor, z.B. nominus für nominis = skr. 7iamn-as im S. C.
de Bacchanalihus. Andere Inschriften belegen die Genitive
Venerus^ Castorus^ Cererus, exercituus (s. Härtung „Über die
Casus" p. 161).
187. In Ansehung des eben erwähnten senatu-os ist es
wichtig zu bemerken, dafs im Send die w- Stämme, anstatt
im Genitiv ein blofses s anzusetzen, wie ^n3>ci^/i^^ main-
yeu-s Geistes von mainyu, auch nach Art der Conso-
nanten-Stämme \ o (aus as) anfügen können (vgl. S. 316);
daher z. B. ^>>ev3^ danhv-6 oder 'V>>'^'^3^ danhav-6
für danheu- s loci von >e>'3^ danhu. Im Veda-Dialekt
können sowohl die Stämme auf ^ als die auf u im Genitiv
die Endung as annehmen, mit Unterlassung der Gunirung,
daher stimmen z.B. ary-ds, pasv-as (von art Feind,
pasü Thier) zu griechischen Genitiven wie 7rdcn-og, vIkv-oc,.
Aus as ist durch Schwächung des a zu. u die Endung us
entsprungen; diese findet sich im klassischen Sanskrit an
den Stämmen ^a^^ Herr, Gatte und sdJci Freund, wo-
von 'pdty-us^ sdk'y-us; für ersteres steht jedoch am Ende
von Compp. regelmäfsig pate-s. Die Endung us gestattet
auch noch eine seltene Klasse von Adjectiven auf tt (oder
ni) und fei (s. kl. Skr. Gramm. §. 162). Man vergleiche mit
diesen Genitiven auf us die oben erwähnten altlateinischen
wie nomin-US, deren Endung wir jedoch als ein selbststän-
diges Erzeugnifs aus dem ursprünglichen as ansehen, ebenso
die etruskische Genitiv-Endung us, an consonantischen Stäm-
350 ßildiing der Casus. §. 188.
nien, in Formen wie Jimthial-us, Tanchfil-us (s. O. M üller,
„Die Etrusker" p. 63).
188. Die Stämme auf ^ a und die Pronoraina der
dritten Person, wovon jedoch nur amii mit einem andern
Vocal als a endet, haben im Skr. im Masc. und Neutr. die vollere
Genitivbezeichnung 5?/ a; daher z.B. vrka-sya lupi, td-sya
hujus etc., amu-s'ya illius (§. 21*'.). Im Send erscheint
diese Endung meistens in der Gestalt von he (§.42); daher
z.B. ^OO'^^-'^^ev^^ vehrkahe \\i^\, ^üev;ü^^^^>)^ tüirye-
-he quarti für tüirya-he. Zwei andere Formen, wo-
durch die skr. Endung sya im Send vertreten ist, sind '*wJii€>'
hyd und *^^^i^ qyd (s. p. 63). Sie finden sich beide in
dem oben (p. 56) erwähnten Dialekt, in welchem, wie im
Altpersischen und gelegentlich, doch nur in gewissen Endun-
gen, auch im Veda-Dialekt das skr. kurze a am Wort-Ende
verlängert wird. Auch begegnet die sendische Dialektform
hyd wirklich der gleichlautenden altpersischen Genitiv-Endung
hyd''), z.B. von martiy a-hyd hominis. Beispiel eines
sendischen Genitivs auf hyd ist as a-hyd puri, welches
Neriosengh an der von Burnouf (Yagna, Notes p. 139)
mitgetheilten Stelle durch CTlTJf^ punyasya übersetzt. Ein
Beispiel auf qyd ist das schon oben (p. 63) erwähnte sp en-
taqyd sancti. Die Endung hyd findet sich auch an dem
Pronomen der 2ten Person in Verbindung mit dem Stamme
t'wa, daher t'wa-hyd tui, Avofür man im Sanskrit tva-sya
zu erwarten hätte. Dafs es eine solche Form gegeben habe
und wahrscheinlich auch bei der ersten Person eine Form
ma-sya, glaube ich nicht nur aus der erwähnten Sendform,
sondern auch daraus folgern zu dürfen, dafs das Altpreu-
*) Über die Veranlassung zur Kürzung des ä der altpers. Genitiv-
Endung bei Monatsnamen, welche mit dem darauf folgenden allge-
meinen Ausdruck des Monats eine Art Compositum bilden, habe ich
mich bereits im Monatsbericht der Akad. der Wiss. März 18/|S p. 135
ausgesprochen. Ein Beispiel ist vijahnahya mdJijd i\cs
V ' i ) a k' n a - M o n a t s.
Geniliv sg. §.188. 381
fsisclie seine Genitiv-Endung se oder sei (hinter kurzen Voca-
len ssci)^ worin man leicht das skr. sya wiedererkennt, nicht
nur bei den Pronominen der 3ten Person, sondern auch bei
denen der beiden ersten zeigt, so dafs twai-se tui dem
send, fwa-hyd (aus fwa-syd) gegenübersteht, während die
erste Person die Form mai-sei zeigt, wofür der in Rede
stehende sendische Dialekt ein unbelegbares ma-hyd er-
warten läfst. — Ob das r der Endung ra oder r im Genit.
der armenischen Pronomina, z. B. von no-7'a illius (nom.
na, also o eine Schwächung von a) in irgend einer Weise
mit der skr. Endung sya zusammenhängt, ist schwer zu
sagen. Da s in den iranischen Sprachen vor Vocalen und
Ilalbvocalen gewöhnlich zu h geworden oder ganz verschwun-
den ist, so kann man Bedenken tragen, in dem r der gedach-
ten Endungen den Anfangsconsonanten des skr. sya oder
altpers. imd send, hyd zu erkennen, und vielleicht vorziehen,
das r der betreffenden armen. Endung als den Vertreter
des y von sya, hyd anzusehen, da dieser Halbvocal im
Armen, öfter zu l geworden ist *"), l und 7^ aber fast als
identisch zu betrachten sind. Da jedoch r auch im Genitiv
plur. der beiden ersten Personen vorkommt, wo eine Ver-
jnittelung dieser Liquida mit einem skr. T\^ y unmöglich ist,
so fasse ich die, ein r enthaltenden armenischen Genitive
sing, und plur. am liebsten als Possessiva, und erinnere in
dieser Beziehung an das Hindostanische (s. die Anmerkung
zu §. 340); die skr. Genitiv -Endung sya aber, d. h. ihren
Halbvocal mit Verlust seiner Umgebung, erkenne ich in dem j
der armenischen Genitive auf "^, "/ und in dem ^ i von
Schröder's 6ter Dechnation, welche ihr stammhaftes a vor
der Casus-Endung unterdrückt, wenn nicht vielleicht anzu-
nehmen ist, dafs das a des Stammes sich im Genitiv und
Dativ zu * geschwächt habe, dafs also z. B. das i von stanz
des Landes identisch sei mit dem a des Stammes (Instr.
*) Aufser der oben (p. 38) erwähnten Benennung der Leber zeu-
gen auch fni^S /a(J J o c h, l^^l_^^/^l verbinden (skr. y ug jüngere
für die Verwandtschaft des / mit J\ y (Windischm ann p. 17).
3g2 Bildung der Casus. §. 188.
,stana-v), während es, wenn man sta7i-i theilt, dem y des
skr. und send, sfana-sya, itana-liyd entspricht. Daran
aber zweifle ich kaum, dafs das j von ifiuptinj mardo-i
hominis (Petermann's 4. Decl.) — obgleich es nicht mehr
gesprochen wird, sondern seinen Ersatz in der Verlängerung
des vorhergehenden Vocals findet (s. p. 369) — dem skr. y von
tnrtd-sya (aus marta^sya) entspricht, und so unter andern
auch das j von "p"j oro-i (spr. oro) cujus (relat.) dem
y des skr. yd-sya, dessen stammhaftes T[^y\m Armen, zu
r geworden ist, dem dann ein im Armenischen beliebter
Vorschlagsvocal voran getreten ist. Will man diese Erklä-
rung des Relativs nicht zugeben, so mufs man doch oro als
sein Thema gelten lassen und im Nom. or die Unterdrückung
seines Endvocals annehmen. Man vergleiche noch, da uij^
ail anderer (them. ailo) ein anerkannter Verwandter des
skr. Stammes anyd (gr. oKKc) ist, den Genitiv uij^nj ailo-i
(spr. ailo) mit dem sanskritischen anyd-sya und gr. oXKolo
(s. §. 189). Hinter "l. u (als Entartung von 5R d) ist das
armenische Genitivzeichen auch graphisch verschwunden,
was auf eine sehr frühzeitige Unterdrückung des j in dieser
Stellung hindeutet; man vergleiche i/l^ol iigtu cameli
mit dem skr. ustra-sya (s. p. 367). So steht auch im Instr.
ug'tu ohne Casuszeichen, oder, mit Bewahrung des ursprüng-
lichen a: ugHa-v. Von cfuii/sam Stunde (Schröder's Mus-
terbeispiel) lautet der Gen. samu, der Instr. eben so oder
sama-v"). Bei Stämmen auf/r i läfst es sich nicht unterscheiden,
ob der Vocal, z.B. von srti cordis, cordi (s. p. 359) dem
*) Ich glaube in diesem Worte den skr. Stamm y ama {^^the eighth
pari of a day, a watch of three fiours"*^) zu erkennen, mit dem Über-
gang des Lautes unseres ;' (= skr. q^ j) in den des französischen /,
wobei daran zu erinnern, dafs auch im Send gelegentlich eb / Tür
skr. a j vorkommt. Ein Beispiel ist füsem ihr gegenüber dem
sanskritischen füyäm. Ich kenne jedoch im Send kein anderes Wort,
in welchem eb / die Stelle eines skr./ einnimmt, und auch im
Armen, kenne ich bis jetzt kein anderes Beispiel mit cA / als nuith-
mafslichem Vertreter eines skr. q j.
Genitw sg. S- 189. 383
Stamme angehört, wie z. B. im aUhochd. ensti (nom. acc.
anst), oder der Casusbezeichnung. — Genitive auf tu, fin-
den sich, wie es scheint, fast nur in fremden Eigennamen,
die eine ähnhche Stamm-Erweiterung erfahren, wie im Alt-
hochdeutschen, wo z. B. von petrus der Accus, petrusa-n
kommt (s. p. 312 und Grimm p. 767). — Es bleibt noch
die Frage zu beantworten übrig, ob diejenigen armenischen
Dative, welche in ihrer Flexion vom Genitiv nicht unter-
schieden sind, auch in ihrem Ursprung mit demselben iden-
tisch sind? Ich mufs diese Frage verneinen, denn wenn,
wie dies im Prakrit der Fall ist, der Genitiv auch im Armen,
zugleich das Dativ- Verhältnifs ausdrückte, so würde wahr-
scheinlich in beiden Zahlen, oder im Singular in allen Wort-
Massen, der Genitiv zugleich den Dativ vertreten; es würde
z.B. der Genitiv ailoi (= ailö) des anderen zugleich
dem andern bedeuten. Es endet aber der Dativ in der
Declination der Pronomina (die der beiden ersten Personen
ausgenommen) auf m oder ma, und so steht namenthch ailu-m
dem sanskritischen Dativ anyd-smdi gegenüber, während in
der Substantivdeclination das verstummte ^, z. B. von mardoi
ho mini mit dem der sendischen Dative wie aspdi überein-
stimmt. Der Aussprache nach stimmt mardoi =^ mardo zu
lateinischen Dativen wie lupo aus lupoi. Diejenigen armeni-
schen Dative, welche, wie z. B. stani (= send, standi) vom
Stamme umiubiu stana den Endvocal des Stammes vor dem
Casuszeichen unterdrückt haben, stehen in dieser Beziehung
mit den lateinischen Dativen der Pronominaldeclination auf
gleichem Fufse, wo z. B. ilU, ipst aus illoi, ipsoi verstüm-
melt sind.
189. Dem Griechischen haben wir schon anderwärts
einen Überrest der Genitiv-Endung 3^ sya nachgewiesen '),
und zwar gerade an Stellen, wo sie zuerst erwartet werden
) „Über das Demonstrativum und den Ursprung der Casus'' in
den Abhandlungen der historisch-philol. KI. der Akad. der Wiss. aus
dem J. 1S26, p. lOO.
384 nUdung der Casus. §. 189.
darf. Da die Stämme auf ^ a den griechischen auf o ent-
sprechen, a aber im Griechischen am äufsersten Rande der
Wörter zwischen zwei Vocalen gewöhnlich verdrängt wurde,
so hege ich nicht den geringsten Zweifel, dafs die altepische
Genitiv-Endung auf lg eine Verstümmelung sei von a-io^ und
dafs z. B. in rdo = ff^?J td-sya (nach bengalischer Aus-
sprache tosyo) das erste o dem Stamme, und nur lo der
Casusbezeichnung angehöre. Was aber den Verlust des o-
in Tcio anbelangt, so bietet uns die gr. Grammatik noch ein
anderes olo dar, dem ein a- abgeht, dessen Nothwendigkeit
und ursprüngliches Vorhandensein aber Niemand bezweifeln
kann; Uidcaa und die uralte Stellung des 1^ in der zweiten
Person zeugen für didcLo-o statt ^l^glo^ wie für IXzyza-o statt
zXiycv, eben so wie das indische td-sya für ro-c-tc statt
Toio. In der gewöhnlichen Sprache ist nach dem a- auch
das i ausgefallen, und das übrigbleibende o der Endung mit
dem des Stammes zu ov zusammengezogen, daher rcv aus
To-o. Die Homerische Form ao [Bcpiao, kivuao) gehört eben-
falls hierher, und steht für a-io, und dieses für a-aio. Das
Lateinische hat, wie es scheint, unser ^jf sya zu. jus um-
stellt, mit der beliebten Umwandlung des alten a vor schlie-
fsendem s zu u, wie z. B. in eqmc-s, ovi-bus, ed-i-mus, gegen-
über den gleichbedeutenden sanskritischen Formen dsva-Sj
dvi-Uyas, ad-mds. Es gibt aber noch eine andere Art,
die lat. Endung jus mit dem Skr. zu vermitteln, worauf
ebenfalls schon in der ersten Ausgabe dieses Buches (p. 497)
aufmerksam gemacht worden, woTUAch jus eine Verstümme-
lung von sjus wäre und auf die oben (p. 175) erwähnten
sanskritischen weiblichen Pronominal-Genitive auf syds sich
stützte. Es wäre demnach cu-jus = skr. kd-syis, goth.
hvi-sos, und wäre, vom Femininum aus, mifsbräuchlich in
die beiden anderen Geschlechter eingedrungen; ein Verfah-
ren, welches Aveniger auffallend wäre, als dafs im Altsäch-
sischen der Ausdruck der 2ten Person plur. praes. zu-
gleich als Ausdruck der ersten und dritten Person gilt.
Jedenfalls fmdet in der lateinischen Pronominaldeclination
Genitw sg. §. 189. 385
eine Geschlechtsverwirrung hinsichtlich der Genitiv-Endung
statt; denn wenn z.B. cu-jus (in der älteren Sprache quoius) auf
das skr. kd-sya masc. neutr. sich stützt, so pafst diese Form
nicht für das Femininum, da die Endung ^Jj" sya und ihre
Analoga im Send, Altpersischen, Altpreufsischen und Alt-
slavischen (s. §. 269) auf das Masculinum und Neutrum be-
schränkt sind. Es bleibt uns also die Wahl, cujus — wel-
ches uns als Musterform der Singular-Genitive in der latei-
nischen Pronominaldeclination gelten mag — da es in den
drei Geschlechtern steht, entweder aus dem männhch-neu-
tralen skr. kd-sya^ oder aus dem weiblichen kd-syds zu
erklären, und in letzterem Falle den Ausfall eines s vor
dem j anzunehmen und den Übergang eines langen d zu u,
wahrscheinlich durch die Mittelstufe eines kurzen a, wobei
unter andern an das Verhältnifs der pluralen Genitiv-Endung
rum zur sanskritischen 5^1^ sdm zu erinnern wäre. Die
Unterdrückung eines mittleren s wäre auch eingetreten,
wenn Corssen*) Recht hat, /ws aus /w für skr. sya durch
Antretung einer neuen Genitiv-Endung an die alte zu erklä-
ren, in derselben Weise, wie offenbar in den äolisch - dori-
schen Formen wie lixovc,^ ^f^^og, ifjisvg (für Ijuoib) zwei Genitiv-
Endungen vereinigt sind. Mit dieser Erklärung liefse sich
auch die Ansicht verbinden, dafs die so entstandene Endung
jus nur dem Mascul. und Neutrum zukomme, dafs aber das
weibliche -jus auf das skr. syds (aus smy-ds) sich stütze,
wozu unter andern auch das altslav.yaw von TOfA to-jan hujus
(fem.) gegenüber dem männhch-neutralen to-go gehört (§. 271).
Ist aber das lat. -jus im Masc. und Neut. eine Umstellung
von sju, so könnte die Umstellung in dem Gefühle erzeugt
oder begünstigt worden sein, dafs dem Genitiv ein schlie-
fsendes s zukomme. Umstellungen, besonders von Halb-
vocalen und Liquiden, kommen übrigens in unserem Sprach-
stamme häufig vor, und was namentlich das Lateinische an-
belangt, so erwähne ich hier nur tertius aus tretius für tri-
*) Neue Jahrbücher der Phil. u. Paed. Bd. 68. 1853. p. 237.
I. 25
386 Bild uns der Casus. §, 189.
tius, ter aus tre, skr. tris, gr. rp'g, creo aus cero, skr. Wz.
^«7% kr machen, argentum aus ragentum^ skr. ragatd-m
(p. 367), pulmo aus plumo, gr. Trvevfxuov. — Fafst man mit
Aufrecht und Kirchhoff (Umbr. Sprachd. p. 118) die
oskische Endung eis im Genitiv der 2ten Declination so, dafs
das e eine Schwächung des ü oder o des Stammes sei, und
also blofs is der Gasusbezeichnung zukomme, so darf man
auch in diesem is eine Umstellung annehmen, also z. B.
Jbellaneis aus Jbellane-si, und so auch eise-is hujus aus
eise-si"), denn der zweiten Declination, wozu auch die mei-
sten Pronomina gehören, kommt im Masc. und Neut. nur
eine vocalisch schliefsende und mit s beginnende Endung zu;
erklärt man also hier is aus si, so ergibt sich eine klare
Analogie mit der skr. Endung sga, welche nach Abfall des
a zu si werden mufste. In den Genitiven der oskischen
Stämme auf ^ fasse ich das ei, z. B. von He7'entate{-s, in
Übereinstimmung mit den genannten Gelehrten (p. 122), als
Gunirung des stammhaften i, so dafs also hier nach sanskri-
tischem Princip blofs s die Casus-Endung, und ei dem skr. e,
z.B. von agne^-s (aus agnai-s) des Feuers entspricht*").
Die consonantisch endigenden Stämme erweitern, wie die
lateinischen im Nominativ plur. (s. §. 226), den Stamm durch
ein beigefügtes i und guniren dasselbe, ebenfalls wie die
lat. Pluralnominative. Wir haben also im Oskischen nirgends
*) Im Skr. hätte man vom Pronominalstamm esd dieser, der
auf den Nomin. beschränkt ist, einen Genitiv es d-sja zu erwarten.
**) Dem Dativ der oskischen /-Stämme, z.Y*. Herentatei^ kann
ich eine Casus-Endung nicht zugestehen. Ich erkenne nämlich in
dem ei das skr. ay aus a/, z. B. von agnäy-e ignl, woraus, nach
Unterdrückung der Casus-Endung, agne (aus älterem agnai) wer-
den miifste. Hierzu stimmt das oskische Herentatei (mit e fiir a) so-
wie die gothlschen Dative wie anstai (p. 34o). Im Umbrischen hat
auch die ite Declln., welche im Oskischen sich mit der 2ten vereinigt
hat, den Dativ-Charakter verloren; alsomanw wie im Gothlschen hau-
dau^ nur ohne Guna.
Genitw sg. §. 190. 387
eine organische Genitiv -Endung auf ^5, die man dem skr.
as von pacl-ds und dem gr. 05 von ncd-oc, und lat. is von
jped-is oder altlateinischen us von nomin~us^ Vener-us (s. p. 186)
gegenüberstellen könnte, und wir werden hierdurch um so
mehr berechtigt, das oskische ?5, welches in der 2ten Decli-
nation und in jener der Pronomina dem skr. sya^ altpreufs.
se und griech. 10 [0-16) gegenübersteht, als Umstellung von
si zu fassen. — Während das lat. jus von cu-jus etc., wenn
es auf die skr. männlich -neutrale Endung sya von kd-sya
sich stützt, misbräuchlich auch in das Femininum eingedrun-
gen ist, haben sich die altitahschen Dialekte im Genitiv sg.
der Pronomina in der rechten Schranke gehalten, indem sie
die vollere Endung 2*5 (aus s^) vom Femininum ausschliefsen;
wenigstens zeigt das Umbrische den Genitiv era-r illius
(aus ei'a-s)^ woraus hervorgeht, dafs das Oskische, in wel-
chem uns keine weiblichen Pronominal-Genitive erhalten sind,
dem oben erwähnten männlichen eise-is ein weibliches eisa-s
gegenübergestellt haben wird, nach dessen Analogie man im
Lateinischen, in einem früheren Sprachzustand, weibliche
Pronominalgenitive wie qud-s, hd-s, ed-s, illd-s, tpsd-s, istd-s
zu erwarten hätte. Im Stamme könnte das oben erwähnte
umbrische Pronomen, dessen männlicher Genitiv erer (aus
ereis) lautet, mit dem des skr. add-s jenes (aus ada-t) zu-
sammentreffen (s. §. 350) und somit sein r aus d erzeugt
haben, wie das lateinische meiHdies (s. §. 17^^).
190. Im Litauischen bezeichnen die Masculinstämme
auf a den Genitiv durch 0, daher dewö dei, kö cujus. In
diesem ö erkenne ich blofs die Verlängerung des Endvocals
des Stammes (s. p. 134) zum Ersatz der unterdrückten
Casus-Endung, die dem Altpreufsischen, welches deiwa-s dem
h't. dewö und skr. devd-sya gegenüberstellt, verblieben ist.
Das Lettische hat wie das Slavische den ursprünglichen
a-Laut des Stammes im Genitiv bewahrt, das Casuszeichen
aber ebenfalls aufgegeben, daher deewa (dewd) *). In Abwei-
) Ich habe mich in obigem Sinne zuerst in meiner Abhandl. über
388 Bildung der Casus. §. 190.
chung von dieser Auffassung erklärt Schleicher (Beiträge etc.
von Kuhn u. Schleicher p. 115 u. 119) das lit. ö im Genitiv
der männlichen a- Stämme als Zusammenxiehung von aja
aus asja. Es hätten sich also nach Ausfall desjr die beiden
kurzen a zu der entsprechenden Länge vereinigt. Ich würde
mich, wenn ich diese Ansicht über die Entstehung des lit.
Genitivs dewö theilte, auf eine ähnliche Entstehung des goth.
6 aus skr. aya berufen, in Formen wie laig-6-s , laig-6-th
= leh'dya-si^ leh-aya-ti"). Eine nachdrückhche Unter-
stützung würde diese Erklärung dadurch gewinnen, wenn
man unbedingt mit Schleicher annehmen könnte, dafs
schliefsendes s im Litauischen nicht abfalle. Ich erinnere
dagegen an den Verlust des schliefsenden s in den Dual-
Endungen der ersten und zweiten Person praes. auf wa,
ta für skr. vas^ fas und goth. os (aus a-vas), fs (aus tas).
Den Verlust eines schliefsenden s zeigt das Litauische auch
im Genitiv du. in Übereinstimmung mit dem Send, welches
hier \ o dem skr. 6s gegenüberstellt (s. §. 225). Wie dem
aber auch sei, so mufs den altpreufsischen Genitiven wie
deiwa-s, wenn auch keine entscheidende, doch eine wohl zu
berücksichtigende Stimme bei Erklärung der litauischen
Schwesterform dewö eingeräumt werden. Es mögen aber
die altpreufsischen Genitive auf a-s selber aus a-sja = skr.
die Sprache der alten Preufsen ausgesprochen, während ich früher
(erste Ausg. §. 190) an eine Entstehung des lit. ö aus as nach s endi-
schem Princip dachte.
*) S. p. 228. Indemlitauischen ö von7<r/Är-Ö-me (wir s uchen),
worauf sich S chleich er (1. c. p. 119) beruft, erkenne ich blofs das
erste a des skr. Klassencharakters a/a, welches in der betreffenden
lit. Conjugatlon eine unorganische Verlängerung erfahren hat. Dafür
zeugt das Praet.y'e"^ Ä:öyaw, ^\.jesköjö-me^ sowie auch die Prae-
sensformen wie raudöju^nsVv. r6d-dyd-mi (s. p. 229). Über-
haupt geht das Litauische etwas verschwenderisch mit seinem stets lan-
gen o um, und zeigt im Du. und PI. des Aorists auch für das s c h 1 i e -
fs e n d e a von 5^7J aya ein o", daher je sk-o jö-wa, jesk-öjo-
- ia, je sk-o jo -me , j e s k-o jo -t e.
Genilw sg, §. 191. 380
asya durch Wegfall der Sjlbe 2J ya entstanden sein, so
dafs also die Sjlbe ^Zl{ sya sich in doppelter Weise
entstellt hätte, einmal durch blofse Verdrängung des Halb-
vocals, wodurch se für sje^ und dann durch Unterdrückung
des Voeals dieser Sylbe, ungefähr wie im Griechischen die
Endung ai der 2. P. praes. (das dor. la-ai ausgenommen) zu 5
verstümmelt worden, so dafs z. B. dt'don-^ dem skr. ddddsi
gegenübersteht. Vor der verstümmclteren Endung s hat das
Altpreufsische den schweren a-Laut des Stammes bewahrt,
während es ihn vor der volleren Endung se in e oder ei
verwandelt hat. Man könnte auch das i des letzteren durch
Zurücktretung aus der Endung in die vorhergehende Sylbe
erklären , so dafs z. B. stei-se aus ste-sie entstanden wäre,
und bei den Pronominen der beiden ersten Personen (die
das alte a im Stamme bewahren) mai-se aus ma-sie^
twai'Se aus twa-sie, ungefähr wie in der griech. 2ten P.
praes. und fut. (^ip-st-g aus (psp-s-ai = skr. Ödr-a-si^ dou-
(TH-c, aus duo^a^-ui = skr. dd-syd-si.
191. Das Gothische hat eben so wenig als das Litauische
und Lettische einen Überrest der volleren Genitiv-Endung
sya bewahrt, und die gothischen a- Stämme sind in diesem
Casus den i- Stämmen gleich, weil a vor schliefsendem s
nach §. 67 zu i sich geschwächt hat; also vulfi-s für mäfa-s^
wie denn auch im Altsächsischen die entsprechende Decl.
noch a-8 neben es ^ wenn gleich seltener, darbietet; also
daga-s des Tages gegenüber dem gothischen dagis. Die
consonantischen Stämme, die auf nd ausgenommen, haben
im Gothischen ebenfalls ein blofses s zum Casuszeichen;
daher ahmin-s, hrothr-s (§. 132). Die Participialsubstantiv-
stämme auf nd (p. 260) enden im Genitiv auf 25; diese Form
belegt Mafsmann (Skeireins p. 153) durch nasjandis sal-
vatoris. Vielleicht nöthigte hier der Umstand zu einer ab-
weichenden Form, dafs ein Genitiv nasjand-s vom Nom. sg.
und Nomin. Acc. pl. nicht unterschieden wäre, während
den Genitiven wie ahmin-s^ hrothr-s, dauhtr-s kein gleich-
lautender Casus gegenübersteht. Übrigens konnten auch
390 Bildung der Casus. §. 191.
Genitive wie vulfi-s^ gastis, von den Stämmen vulfa, gasti,
auf das Sprachgefühl, dem das wahre Thema der verschie-
denen Wortklassen nicht mehr klar vorschwebte, leicht den
Eindruck machen, dafs is die wahre Genitiv -Endung sei,
und dafs also auch vulf-is, gast-is zu theilen sei, und dem-
gemäfs auch nasjand-is. Obwohl das is der letztgenannten
Form sich leicht aus der skr. Genitiv- Endung as der con-
sonantisch endigenden Stämme erklären liefse, so glaube ich
doch nicht, dafs die ?itZ-Stämme in Vorzug vor r- und n-Stäm-
men eine vollere Genitiv-Endung bewahrt haben, und ich nehme
lieber eine Thema-Erweiterung an, wodurch der Stamm
auf ncl = skr. lat. gr. nt^ vt, entweder in die i- oder a-De-
clinat. eingeführt worden. Ich theile also nasjandi-s.
Sollten sich Plural -Dative wie nasjanda-m, welches v. Ga-
belentz und Lobe in ihr Schema dieser Declination auf-
nehmen, wirklich belegen lassen, oder gäbe es wirkhch im
Gothischen Formen auf nda, von Participial-Substantiven, als
Anfangsglieder zusammengesetzter Wörter, so wäre natür-
lich nasjanda als unorganische Erweiterung des Primitiv-
stammes nasjand anzunehmen. — Zu den gothischen Geni-
tiven wie hrothr-s stimmt das sendische nar-s viri, hominis.
Sonst aber ist im Send o, aus ursprünghchem as (nach g. 56*),
die Genitiv-Endung der Stämme auf r, im Einklang mit den
Genitiven anderer Stämme mit consonantischem Ausgang,
jedoch mit Unterdrückung des, dem r vorangehenden Vocals,
nach dem Princip der schwächsten Casus (§.130) und
analog den griech. Formen wie Trarp-o;, ixr,Tp-o;, und latei-
nischen wie patr-is, mdtr-is. Man vergleiche hiermit die
von Burnouf (Yagna p. 363 Anm. und p. 241 ff.) nachge-
wiesenen Genitive da fr- 6 datoris oder Creator is, und
nafedr-o nepötis, letzteres euphonisch für naptr-o (§.40).
Von dtar Feuer kommt der Genit. öfter in Verbindung
mit ca vor (dtras-ca ignisque). Es erhellt hieraus, dafs
nar die ihm eigenthümhche, dem Gothischen sich nähernde
Form nar-s blofs seiner Einsylbigkeit zu verdanken hat. —
Das Sanskrit zeigt bei allen mit r wechselnden Stämmen
Genitiv sg. §. 192. 391
auf ar oder dr (§. 127) im Genitiv und dem ihm gleichlau-
tenden Ablativ, ur ohne Casus-Endung, daher z.B. öratu?'
fratris, mdtür matris, ddtür datoris. Das w ist offen-
bar eine Schwächung von a, also z. B. ddtür aus ddtdr^
w^ahrscheinhch als Umstellung von ddtra, mit Verlust
des Casuszeichens, durch dessen Wiederherstellung die Form
datr-as dem erwähnten sendischen ddt'r-6 analog wäre.
192. Die Feminina haben im Sanskrit bei vocalisch
endigenden Stämmen eine vollere Genitiv- Endung, nämhch
«5 für blofses 8 (s. p. 244), und zwar so, dafs die kurzendi-
genden Stämme auf i und u nach Willkür entweder blofses
s oder ds gebrauchen können, und statt prtte^s^ hdnö-s
Siuch prtti/'ds, hdnv-ds gesagt wird. Die langen Vocale d,
'i, u haben jedesmal ^[^ ds"), daher dsvdi/-ds, Ödvan-
ty-ds, vadv-d^s. Diese Endung ds lautet im Send nach
§.56*). «0, daher 8^^>«.«-*»J^ev hisvay-do, S^^^CQ^^^*»^
havainty-do. Bei Stämmen auf ^ i und > u ist mir diese
Endung nicht vorgekommen; neben "^^-Vco-?^^^*^^ dfrttoi-s,
w>^>c^vC'(V5 taneu-s oder ^»l^^'^tanv-ö, \»^^^l<*-^^tanav-6,
kein S^ii^^^J^^*^ dfrUy-do, 8^>>/^«^*(>o tanv-do. Die
verwandten europäischen Sprachen zeigen im Fem. keine
stärkere Endung als im Masc. und Neut. ; das Gothische
zeigt jedoch eine Neigung zu gröfserer Fülle im weiblichen
Genitiv dadurch , dafs die o-Stämme diesen Vocal im Gegen-
satz zum Nom. und Accus, bewahren, die ^- Stämme aber,
wie oben gezeigt worden, diesen Vocal guniren, während
Masculina ihm keine Verstärkung geben. Man vergleiche
giho-s mit dem flexionslosen und stammverkürzten Nom. und
Accus, giba, und anstai-s mit gasti-s. Über pronominale Ge-
nitive wie thi-so-s s. §. 172. Auch das Griech. schützt in
seinen Fem. 1. Deck die ursprüngliche Vocal-Länge bei
Wörtern, welche den Nom. und Accus, geschwächt haben;
*) Nur die wenigen einsylbigen Wörter auf/ und u machen eine
Ausnahme (s. kl. Sanskritgr. §. 1,30).
392 Bildung der Casus. §. 193.
daher a-^vpdg, Mova-rjg gegen (r(l)vpoL, a-(l)vpav, Mova-a, MovacLv"). Auch
steht im Lateinischen d-s, mit der ursprünglichen Länge des
Stammes (famüid-s, escd-s^ terrd-s) im Gegensatze zu familiä^
familiä-m etc. Von einer Entlehnung dieser Genitivformen
aus dem Griechischen kann nicht die Rede sein; sie sind
gerade so, wie man sie als Eigenthum einer Sprache, die s
zum Genitiv-Charakter hat, erwarten kann. Dafs aber diese,
ursprünglich gewifs über alle a- Stämme verbreitete Form
nach und nach bis auf wenige Überreste ausgestorben ist,
und dafs die Sprache sich dann anders beholfen hat (s. §. 200),
ist dem gewöhnlichen Schicksale der Sprachen gemäfs, die
von ihrem alten Stammgut immer mehr einbüfsen. — Im
Oskischen enden alle Genitive der ersten Deck auf a-s (d-s),
ebenso im Umbrischen, nur dafs hier die jüngeren Denk-
mäler r für s zeigen, wodurch sie den Genitiven der ent-
sprechenden Wortklasse im Altnordischen gleichen, wo z. B.
giöfa-r dem goth. gibo-s gegenübersteht. Oskische Beispiele
sind: eitua-s familiae, pecuniae, scrifta-s scriptae, tnai"
ma-s maximae, molta-s mulctae. Umbrische: fameria-s
Fumperia-s familiae Pompiliae, Nonia-r Noniae. Auch
dem Etruskischen sind Genitive auf aa oder es von weib-
lichen Eigennamen auf «, ia nachgewiesen (O. Müller 1. c.
p. 63) ; so Marchas^ Senties, von Marcha^ Sentia "").
193. Das Litauische gleicht in seinem Genitiv äsw6-$,
für ds'wä-s, dem Gothischen, und ersetzt auch in einigen
anderen Casus das weibliche ä durch ö. Die gröfstentheils
weiblichen Stämme auf i haben Guna wie im Gothischen,
jedoch mit Zusammenziehung von ai zu e, wie im Sanskrit;
*) Die attische Endung wg ist vielleicht eine vollständige Über-
lieferung des sanskritischen äs, so dals Formen wie TToXe-wg zu
prity-as stimmen. Wenngleich das gr. w? nicht auf das Fem. be-
schränkt ist, so ist es doch vom Neutrum ausgeschlossen (acrreo?),
und die überwiegende Anzahl der t-Stämme ist weiblich.
**) In derForm auf e^ mag das vorangehende / einen asslmlllren-
dcn EInflufs auf den folgenden Vocal geübt haben (vgl. p. l47 f.).
Genitiv sg. §. 194. 393
daher awe-s ovis ') gegenüber dem skr. dve-s (von ^^rfcf
avi Mutterschaf) und den gothischen Genitiven wie an-
stai-s. Auch bei Masculinstämmen hat das Litauische, und
zwar in Vorzug vor dem Gothischen, die Gunirung bewahrt;
daher gente-s. Das Altpersische setzt die Vriddhi- Steige-
rung (s. p. 46) statt der Gunirung, d. h. d statt a, daher
cispdi-s als Genitiv des Stammes cispi (Teispes, Beb. I, 6)
cicikrdi-s' des Cicik'ri (1. c. IL 9), wo also das d dem
send, ö der Genitive auf ois entspricht (§. 33). Wo aber,
bei Monatsnamen, ais für dis steht, ist dies schon ander-
wärts demselben Grunde zugeschrieben worden, woraus oben
(§. 188) Genitive auf hya für das gewöhnliche hyd erklärt
worden. Es steht nämlich auch den Genitiven auf ais immer
mdhyd des Monats, womit sie ein unechtes Compositum
bilden, zur Seite; z.B. hdgayadais' mdhyd des Bäga-
yad'i-Monats (1. c. L ^^),
194. Was den Ursprung der Form anbelangt, wodurch
im Genitiv der bezeichnete Gegenstand personificirt wird,
mit dem Nebenbegriff des räumlichen Verhältnisses, so kehrt
die Sprache in diesem Casus wieder zu demselben Prono-
men zurück, woraus in §. 134 der Nominativ erklärt worden.
Auch für die vollere Endung gibt es ein Pronomen, näm-
lich ^ sya, welches nur in den Veda's vorkommt (vgl.
§. ^^) und dessen s in den obHquen Casus, wie im Neutrum,
ebenfalls durch t ersetzt wird (s. §. 353) , so dafs sya zu
tya-m und tya-t in demselben Verhältnifs steht, wie sa
zu ta-m^ ta-t Offenbar sind daher in sya, tya die
*) Die Schreibart awi^.s scheint ein blofser graphischer Misbrauch
zu sein, da /vor langem e nach Kurschat nicht ausgesprochen wird,
und auch nirgends in dieser Stellung eine etymologische Begründung
hat, weshalb ich es jetzt in Übereinstimmung mit Schleicher weg-
lasse. Dazu rechtfertigt auch, was die Genitive der /-Stämme an-
belangt, das Altpreufslsche, welches sich der Gunirung enthält,
daher z. B. pergimni-s, preigimni-s, von den Stammen yperg^mm/ Ge-
burt, preigimni Art.
394 Bildung der Casus. §. 194.
Stämme sa, ta enthalten, mit unterdrücktem Vocal und ver-
bunden mit dem Relativstamme Di ya. — Das Albanesische,
w^elehes der alten Casus -Endungen gröfstentheils verlustig
gegangen ist, hat sich, was wichtig ist zu beachten, für den
Genitiv eine neue Endung im alten Geiste unseres Sprach-
stammes geschaffen, wenn ich Recht habe, in dem u und i
der unbestimmten Genitive Pronomina der 3ten Person
zu erkennen'). Es ist gewifs kein Zufall, dafs nur diejeni-
gen albanesischen Substantive, welche in der bestimmten
Declination u als hinten angehängten Artikel gebrauchen,
im Genitiv der unbestimmten Declination mit u schliefsen,
und dagegen diejenigen, welche t als Artikel anfügen, auch
im Genitiv der unartikulirten Declin. auf i ausgehen. Man
vergleiche z.B., in v. Hahns 2ter Declination, x^fv-uui^o; (nom.
acc. yJEv) mit dem gleichlautenden artikulirten Nomin. yJEv-i
0 KtJouy, und in v. Hahn's 3ter Declination: iiU-u (piXov (eine
zufällige Begegnung mit der gr. Genitiv-Endung ov) mit dem
artikulirten Nominativ ju/x-w o (^iXog. Die bestimmte De-
clination setzt im Genitiv (zugleich Dativ) hinter die Genitiv-
Endungen t, u ein T als Artikel*"), wenigstens glaube ich
Formen wie xJevlt tcv Kvvog, fjLinuT rov ^lXcv so zergliedern zu
müssen, dafs der dem r vorangehende Vocal die Genitiv-
Endung sei, so dafs kjevtr, jjllkut buchstäblich -/.vvog-rcv^ ^iXcv-
Tox) bedeuten. Der Ursprung des suffigirten Artikels l und
der gleichlautenden Genitiv-Endung findet sich entweder in
dem skr. Demonstrativstamm z, oder, was mir jetzt wahr-
scheinlicher ist, in dem Relativstamme TJiya^ der im Litaui-
schen „er" bedeutet (vgl. l. c. Anm. 9). Den Ursprung des
IC von \xUu Freundes und der Freund erkenne ich in
dem V des skr. Reflexivstammes sva^ der sich auch in man-
chen anderen Functionen im Alban. zu ii zusammengezogen
*) S. die oben (p. 12 Anm.) erwähnte Schrift p. 7 und p. 60 Anm. 13,
und über die pronominale Herkunft der weiblichen Genitiv-Endung e,
z. B. von ^t-e {alyog) 1. c. p. 62 Anm. 17.
**) Dieses T ist verwandt mit dem skr. Dcnjonslrallvstamm fa
(s. §. J4y), dem goth. tha (nach §. S7) und gricch. 7C.
Genitw SS, §. 194. 395
hat (vgl. 1. c. p. 22 ff.). Gehört aber i zum skr. Relativ-
stamm, der einen Bestandtheil der Demonstrativstämme s-ya
und t-ya ausmacht, so ergibt sich hieraus die ursprüng-
liche Identität der Genitiv -Endung von yjiv-i Hundes und
des i der griechischen Genitive wrie to^Xo und des verstumm-
ten armenischen , i der Genitive wie tfiupq^nj mardoi =
ßpOTOW (s. p.381).
Es folgt hier der Überblick der Genitivbildung:
Sanskrit Send Griech, Lat. Lit. Golh.
m. dsva-sya aspa-he Inno-Lo j)6n6 vulfi-s
m. ka-sya ka-he cu-jus kö hvi-s
f. dsvdy-äs hisvay-do x^9^~^ terrä-s ds'wö-s gibo-s
m. pdte-s ^) patoi-s hosti-8 gente-s gasti-s
ary-ds noai-oc,
f. prite-s dfrttoi-s turri-s awe-s anstai-s
prtty-ds (^■udE-wc,
f. Udvanty-ds havainty-do
m. süno-s paseu-s pecü-s sünaü-s sunau-s
pasv-ds pasv-o ^) veKV'Og senatu-os
f. hdno-s taneu-s soa^ü-s kinnau-s
hdnv-ds tanv-ö^) yivv^og
f. vad'v-as
m.LgO'S geu-s ßo(F)-o5 hov-is
f. ndv-ds vä(F)-o$
f. vdc-ds vdc-ö ^) oTT-og voc-is
m. Bdi^at-as barent-ö^) ^ipovT-o<;ferent-is
m. d im an-as asman-ö'^) datixav-og sermo- ahiien-s ahmin-s
n-is
n. ndmn-as näman-o ^) rdXav-og nomin-is namin-s
VOL. örd'tur brdtV-6 ^) Trarp-og frdtr-is bröthr-s
f. duhitür dug'd'er-o ^) ^v-yarrp-og mdtr-is dukter-s dauhtr-s
m. ddtür da fr- 6'^) dorrjp-og datör-is
n. vdcas-as vacanh-ö^)lnE{a)-og gener-is
<) Am Ende von Compp. ; einfach päty-us s. §. 187.
2) s. §. 1 S5 Anm. 3.
^) Auch \^^.\O^^J% haraiö mag vorkommen, s. §. 1.51.
396 Bildung der Casus. §. 195. 196. 197.
L o c a t i V.
195. Dieser Casus hat im Sanskrit und Send i zu sei-
nem Charakter, und hat im Griechischen das Geschäft des
Dativs übernommen, aber auch die locative Bedeutung nicht
untergehen lassen, daher z. B. Awdwvt, MapaS-wvi, SaXa/xm,
dypwi oIkoi^ XoifJidL'') und übertragen auf Zeit: ty] avT?] rHJ^ipci^
vvktL So im Sanskrit 1^51^ divase am Tage, fr^fsj
nisi in der Nacht.
196. Mit einem vorhergehenden ^T a des Stammes geht
das locative i in e über (§.2), eben so im Send; doch steht
hier auch ^\ 6i für ^ e (§. 33), so dafs das Send hierdurch
den griechischen Dativen w^ie oIkoi^ iioi und aoi sehr nahe
kommt, in denen das i noch nicht zum subscriptum herab-
gesunken und durch die Erweiterung des Stammvocals ersetzt
worden ist. Zu den genannten Formen stimmt ^'V^^(2-^.-i*^*G
maidyoi in der Mitte, vs^omit das griech. ixia-aoi (durch
Assimilation aus juscr/ot, s. p.32f.) zu vergleichen ist. Man hüte
sich aber, diese und ähnliche Erscheinungen als Folge einer
specielleren Vervi^andtschaft zwischen dem Griechischen und
Send anzusehen.
197. Sehr merkwürdig stimmen im Litauischen, dem
ein eigentlicher Locativ zu Gebote steht, die Stämme auf a
in diesem Casus zum Sanskrit und Send, indem sie dieses a
mit dem alten locativen t, welches nirgends mehr rein er-
scheint, zu e zusammenziehen; daher stimmt z. B. dewe in
Gott, vom Stamme dewa, zu ?;^ deve^ ;ü>>;ü'^ daive.
Der Umstand, dafs das lit. e im Locativ der a-Stämme kurz
ist (s. Kurschat IL p. 47), darf uns nicht hindern, es sei-
ner Entstehung nach als Diphthong zu fassen, da die zu-
sammengezogenen Diphthonge der Kürzung unterworfen
sind, in welcher Beziehung ich an das althochdeutsche e in
Conjunctiven wie here feram, ferat, im Gegensatze zu
herS'S, heremes, heret erinnere (s. §. 81) sowie an das lat. e
von amem^ amet gegen ames^ amemus, ametis. Auch zeugt
das slavische '^je, im Locat. der entsprechenden Wortklasse
Lacativ sg, §. 198. 397
(s. §. 268), für die ursprüngliche Länge des litauischen ^,
da '!> in der Regel dem skr. e begegnet (s. §. 92. ^.). Das
Lettische hat den ^-Laut des Locativcharakters unterdrückt
und zum Ersatz den vorhergehenden a-Laut verlängert, daher
z.B. rata im Rade gegenüber dem lit. rate id. und skr.
rdfe im Wagen. Diese Form spricht deutlich für die
verhältnifsraäfsig späte Zusammenziehung von ai zu e im
lit. Locativ der betreffenden Wortklasse. Hierbei ist es
auch w^ichtig zu beachten, dafs das Lettische in den Prono-
minallocativen den Schlufstheil des Diphthongs a^, und zwar
in gedehnter Form, bewahrt hat; daher tat \x\. dem, in
diesem, wofür im Lit., mit Anfügung des oben (§. 165 ff.)
besprochenen Anhängepronomens, ta-me. Das Sanskrit würde,
wenn -sma in diesem Casus der regelmäfsigen Declination
folgte, tdsme zeigen.
198. Die männlichen Stämme auf ^ ^ und "^u, und
nach Willkür auch die weiblichen, haben eine abweichende
Locativ-Endung im Sanskrit, nämhch öw, wovor i und u
abfallen, ausgenommen bei pdti Herr und sdJH Freund,
welche ihr i in seiner euphonischen Umwandlung zu q^ y
beibehalten; d-dihtv pdty-du^ sdMy-du, — Erwägt man die
in §. 56*\ gezeigte Vocalisirung des s zu w, und dafs aller
Wahrscheinlichkeit nach auch im Dual ^J du aus 531^ ds
hervorgegangen ist (§. 206), ferner den Umstand, dafs im
Send die Masculinstämme auf ^ und u ebenfalls Genitiv-En-
dungen mit locativer Bedeutung setzen, so wird man sehr
geneigt, in diesem ^f du, aus ^^TRL ^^' eine Art attischer,
d. h. erweiterter Genitiv-Endung zu erkennen. Wären aber
die Locative auf du blofs auf die w-Stämme beschränkt, so
läge nichts näher, als in ihrem du, eine blofse Seigerung des
Endvocals des Stammes zu erkennen "), wie oben (p. 340)
in den goth. Dativen wie sunau, kinnau, denen wir nun auf
diese Weise die sanskritischen Locative sündu, hdndu
gegenüberstellen müfsten. Es pafst aber diese Erklärung
*) Vgl. Benfey, vollst. Gramm, p. 302.
398 Bildung der Casus. §. 191).
nicht ZU Locativen wie agndu von agni Feuer, denn da
u schwerer als i ist, und die vocalischen Entartungen am
gewöhnlichsten in Schwächungen bestehen, eine Umwandlung
von i in das schwerere u aber im Sanskrit nirgends vor-
kommt, so kann man nicht wohl annehmen, dafs z. B. agni
Feuer, dvi Schaf, deren i sich durch die verwandten
Sprachen als uralt erweist, ihren Locativ aus einem Neben-
stamme agnu^ avu gebildet haben, und dafs ein ähnliches
Verfahren bei allen anderen männlichen ^- Stämmen (und
nach Willkür auch bei weiblichen) eingetreten sei, ausge-
nommen bei den oben erwähnten Locativen pdty-du, sd-
Icij-du, bei welchen sich du deutlich als Casus-Endung, das
y aber als regelmäfsige Umwandlung des stammhaften i zu
erkennen gibt.
199. Das Send setzt bei den t^-Stämmen statt des Lo-
cativs gewöhnlich die Genitiv-Endung ^ 6 (aus 3^^^ as), wäh-
rend bei genitiver Bedeutung die Form *^>c eu-s gebräuch-
licher ist; so lesen wir i. B. im V. S. p. 337 ^^<-'00;ü^*
i(>o^ivo»(V3jLJvu Jg^^-'^C "r>>2>'3^ aitahmi anhvö yad ast-
vainti in hoc mundo quidem existente. Diese sen-
dische Endung 6 (aus a-hu) verhält sich nun zur sanskriti-
schen du, wie kurzes zu langem a, und die beiden Locativ-
Endungen unterscheiden sich nur durch die Quantität des
ersten Gliedes des Diphthongs. Dagegen finden wir an dem
weibhchen Stamme >/«-«-*00 tanu^ Körper sehr häufig die
echte Locativ -Form ^»l^(^ tanv-z. — Analoge Formen
auf v-i, oder mit Guna av-i, zeigt auch der Veda- Dialekt,
namentlich tanv-i (von tanü fem. Körper), gleichsam als
Vorbild der gleichlautenden Sendform, und dagegen mit
Guna foTOTf^ vis'nav-i, von dem männlichen Stamme vis'nu
(s. Benf. Gloss. zum Samaveda). Von sünü Sohn erwähnt
Benf. (Vollst. Gramm, p. 302) den Locativ stindv-i, wozu
trefflich das altslavische sünov-i (Loc. und Dat.) stimmt. —
Bei Stämmen auf i setzt das Send die gewöhnliche Genitiv-
Endung 6i-s mit locativer Bedeutung; so z. B. im V. S. p.
234. -H?^V/^^^'^i^J^*^^ Si*-'rü ^l'^Q^^'l ^^ ahmi
T^caliv sg. §. 200. 399
namdne yad mcisday as'iiois „in liac terra quidem
masdayas'nica".
200. Durch das Send sind wir nun bereits genöthigt,
ein Bündnifs zwischen Genitiv und Locativ anzuerkennen,
und, wie wir den Locativ durch den Genitiv haben ersetzen
sehen, so werden wir im Lateinischen ein Ersetzen des Ge-
nitivs durch den Locativ anerkennen müssen. Durch die
formelle Übereinstimmung der betreffenden lateinischen und
sanskritischen Endung und durch den Umstand, dafs nur bei
den beiden ersten Declinationen der Genitiv mit locativer
Bedeutung vorkommt [Bomae, CortntM, humi), nicht bei der
dritten, oder im Plural [ruri, nicht ruris), ist zuerst Fr.
Rosen veranlafst worden, den lateinischen Genitiv der bei-
den ersten Declinationen als entlehnt vom alten Locativ zu
bezeichnen; eine Ansicht, die ich längst auch zur meinigen
gemacht habe, und die ich jetzt auch durch das Oskische
und Umbrische unterstützt sehe. Diese beiden Dialekte
setzen ihren Genitiv, der überall seine eigentliche Endung
bewahrt hat, niemals mit locativer Bedeutung, und sie be-
sitzen, wenigstens das Umbrische, einen wirklichen, vom
Genitiv unterschiedenen Locativ, welcher im Oskischen, in
der ersten Declination, gleich dem Dativ auf ai ausgeht, in
der zweiten aber vom Dativ auf ui sich durch den Ausgang
f^ unterscheidet *). Beispiele sind: esai viai mefiai „in ea
via media"; muinikei terei „in terra communi" (terum
ist Neutrum). In dem Diphthong ei vertritt das e den End-
vocal des Stammes, in welcher Beziehung man den lat.
Vocativ der 2. Deck vergleichen mag (s. §. 204), und das
Ganze mit dem sanskritischen, aus ai zusammengezogenen
Diphthong e von dive in equo. Was den umbrischen
Locativ anbelangt, so sehe ich mich jetzt nach wiederhol-
ter Untersuchung genöthigt, die oben (p. 337) und schon
früher in meinem vergleichenden Accentuationssystem des
Sanskrit und Griechischen (p. ^6) in Übereinstimmung mit
*) S. M 0 m m s e n , Oskische Studien p. 26 f. und p. 3 1 f.
^(^Q Bildung der Casus. §. 200.
Lassen gegebene Erklärung zurückzunehmen. Ich kann aber
auch nicht mit Aufrecht und Kirchhoff (1. c. p. 111) die
vollständigere Form der Endsylbe, mem"), mit der skr. Dativ-
Endung dyam (s. §. 215) vermitteln, obwohl ich ebenfalls
auf diese Endung, schon in der ersten Ausg., die Sylbe hi
der latein. Locativ-Adverbia ihi^ uhi etc. zurückgeführt habe,
und auch an dem Übergang des skr. ö in den organgemäfsen
Nasal keinen grofsen Anstofs nehmen würde (vgl. §. 215).
Es ist aber wichtig zu beachten, dafs in der ersten Dcclina-
tion die Formen auf mem, men, me oder blofses m, wo sie
das echt locative Verhältnifs andeuten, statt des a des
Stammes ein e zeigen. Käme dieses e auch da vor, wo die be-
treffenden Formen die Richtung nach einem Orte ausdrücken,
welches Verhältnifs im Sanskrit in der Regel durch den
Accusativ ausgedrückt wird, so könnte man in jenem e eine
durch das Gewicht der hinzutretenden Sylbe veranlafste
Schwächung des stammhaften a erkennen. Dies ist aber
nicht der Fall, sondern das a des Stammes bleibt, wo der
Zielort gemeint ist, unverändert, also tota-me in die Stadt
(welches jedoch selber nicht vorkommt) gegen tote-me in
der Stadt, wie im Lateinischen gesagt wird in urbem^ und
dagegen mit locativer Bedeutung in urhe, und analog im
Deutschen in die Stadt gegen in der Stadt, nur dafs wir
den Dativ zur Umschreibung des Ruheorts setzen. Ist nun
im umbrischen tote-me (in der Stadt) eine wirkhche Lo-
cativ-Endung enthalten, so steckt sie in dem e der 2ten
Sylbe, welches höchst wahrscheinlich lang und eine Zusam-
menziehung von ai ist. Nothwendig ist es aber nicht, in
tote-me eine Locativ-Endung zu erkennen, denn da tote (tote)
der Dativ von tota ist, so steht der Annahme nichts im
Wege, dafs der Dativ in Verbindung mit meniy me etc. und
*) Sie kommt nur 2mal vor, und dafür dreimal men (1. c. §. 24, 3
und 4 b) ; sehr zahlreich belegt aber ist mr, wofür gelegentlich auch
ein blofses m.
Locatio sg. §. 200. 401
gelegentlich auch für sich allein*) das locative Verhältnifs
ausdrücke, dafs aber die Richtung wohin, oder der Ziel-
ort, durch den Accusativ in Verbindung mit den genannten
Sylben ausgedrückt werde. Da aber die Verdoppelung
eines Consonanten in der umbrischen Schrift, wie in der
altlateinischen, nicht bezeichnet wird (s. Aufr. u. Kirchh.
§. 13), so haben die Singular- Accusative in Verbindung mit
dem mit m anfangenden Encliticum — welches ich für eine
Postposition halte — nicht die Fähigkeit, sich durch die
graphische Darstellung bemerklich zu machen. Wir dürfen
also z. B. Akeruniamem, arvamen, ricbiname als = Akeruniam-
mem etc. auffassen, oder wir müssen annehmen, dafs der
Accusativ vor dem folgenden m der angehängten Postposi-
tion sein m verhere, zumal er auch im einfachen Zustande
öfter ohne m erscheint (1. c. p. 110), weshalb es nicht be-
fremden kann, dafs der Zielort gelegenthch durch Formen
auf a ohne angefügtes Verhältnifs wort vorkommt, da kein
Casus mehr als der Accusativ dazu geeignet ist, für sich
allein die Richtung nach einem Orte auszudrücken, wie
dies, abgesehen vom Sanskrit, im Lateinischen bei Städte-
namen der Fall ist. In der 2ten umbrischen Declination
findet eine Unterscheidung des Ruheortes vom Zielorte nicht
statt, d. h. die angehängte Postposition kommt hier blofs in
Verbindung mit dem Accusativ, oder dieser allein mit ab-
gelegtem Casuszeichen vor; z. B. vuku-men, esumc-men^
esunu-me, anglo-me^ perto-me^ carso-me^ somo (1. c. p. 118),
wofür man auch vukum-men etc. sprechen könnte. Bei den
^■- Stämmen stimmen locative Formen auf i-men, i-me^ i-m^
e-me^ e-m, e zu den Accusativen auf m, em, e. In rus-e-me,
von dem consonantischen Stamme rus, ist das e wahrschein-
lich Bindevocal (1. c. p. 128) und das flexionslose rus der
neutrale Accusativ. Als Bindevocal mag auch das e der
Plural -Locative auf em gelten, wenn nicht etwa hier em
*) A u f r e c h t und K i r c h h o f f (p. 113) erwähnen rupinie^ sate^
Akerunie^ lovine^ tote rubine^ sdliate als den Ruheort bezeichnend.
L 26
402 Bildung der Casus. §. 201.
eine blofse Umstellung von me ist, zur Erleichterung der
Verbindung mit dem vorangehenden /, worin ich die ge-
wöhnliche pluralische Accusatlv- Endung erkenne (s. §. 215,
2.), wobei es wichtig ist zu beachten dafs die Formen auf
f-em niemals eigentliche Locative sind, sondern blofs den
Zielort bezeichnen (1. c. p. 114), was um so mehr berechtigt,
sie als Accusative mit einer angefügten Postposition zu
erklären. Der Neigung zur Abwerfung eines schliefsenden
m folgt das Umbrische auch bei diesen Bildungen, so dafs
die angehängte Postposition im Plural meistens aus einem
blofsen e besteht, oder ganz verschwunden wäre, im Fall
dieses e ein blofser Bindevocal ist. Man könnte in dieser
Beziehung die griechischen Accusative wie oTv-a gegenüber
den sanskritischen wie vac-a-m vergleichen. Zur Unter-
stützung der Ansicht, dafs die scheinbare Casus-Endung der
iimbrischen Locative nichts als eine zur Postposition gewor-
dene Praeposition sei, mufs noch daran erinnert werden,
dafs das Umbrische überhaupt die Verhältnifswörter gerne
hinten anfügt (I.e. p. 153 ff). So erscheint die dem Umbri-
schen eigenthümliche Praeposition tu oder to aus, von,
nur im Verein mit den von ihr regierten Ablativen. Auch
ar = lat. ad wird dem von ihm regierten Substantive stets
angehängt, kommt aber auch als Praeflx vor Verbalwurzeln
vor. Wir kehren zum Lateinischen zurück, um zu bemer-
ken, dafs sich die Adverbia auf e der 2ten Declination als
Locative fassen lassen, während die auf 6 Ablative sind;
es wäre also z. B. nove = skr. ndve (im neuen), von
dessen Diphthong e = ai der Genitiv novt nur das Schlufs-
Element bewahrt hat.
201. Die Pronomina dritter Person haben im Sanskrit
7TL i'n, statt i im Locativ, und das a des Anhängeprono-
mens S77ia wird ehdirt (s. .§. 165), daher z.B. tdsiiiin in
ihm, k asm in in wem? Dieses n erstreckt sich nicht auf
die beiden ersten Personen — deren Locativ mdy-i^ tvdy-i
lautet — und fehlt im Send auch bei denen der dritten;
daher z.B. ^^ ahmi in diesem. — Was den Ursprung
Localw sg. §. 202. 403
des auf den Ort oder die Zeit des Verharrens hindeuten-
den i anbelangt, so ist er leicht gefunden, sobald man i als
Wurzel eines Demonstrativums erkannt hat, die aber den
indischen Grammatikern, wie die wahre Gestalt aller ande-
ren Pronominalwurzeln, entgangen ist.
202. Die mit langen einfachen Vocalen endigenden
weiblichen Stämme haben im Sanskrit eine eigenthümliche
Locativ-Endung, nämlich dm^ woran nach Willkür auch die
Feminina auf kurzes i und u Theil nehmen können, w^äh-
rend die einsylbigen weiblichen Stämme auf langes i und
ü für dm auch das gewöhnliche ^ i zulassen; daher z.B.
Biy-am oder Biy-i in Furcht, von öt. — Im Send hat
sich diese Endung dm zu a verstümmelt (vgl. §. 215), da-
her z. B. vVi^CvV/^ü yahmy-a in welcher von ■:AQ^'yv
yahmt (vgl. §. 172). Diese Endung scheint aber im Send
weniger Ausbreitung zu haben als im Sanskrit, und auf
die Femininstämme auf i und u nicht anwendbar zu sein. —
Das Litauische hat wie das Send von der Endung dm den
Nasal verloren und zeigt bei seinen weiblichen Stäm-
men auf a im Locativ öj-e gegenüber dem skr. dy-dm,
also dswöj-e (= skr. dsvdy-dm)^ wobei das/ einen assi-
milirenden Einflufs auf den folgenden Vocal geübt haben
mag (vgl. p. 146 f.). Bei Stämmen auf * gesellt sich zu die-
sem i noch der entsprechende Halbvocal y, das % selber
aber verlängert sich zu y (=^), daher awyj-e gegenüber
dem skr. dvy-dm (euphonisch für avi-dm) von 35[f5(" dvi
Mutterschaf'). Die Casus-Endung kann- im Litauischen
bei Stämmen auf i auch wegfallen, daher awy (awi). Da
*) Es mag bei dieser Gelegenheit bemerkt werden, dafs im Pali
regelmäfsig das schliefsende i der Wortstämme vor vocallsch anfan-
gender Casus -Endung zu iy (= lit. ij) wird, daher z. B. von ratti
fem. Nacht der Locatlv^f^^ rattiy-an^ oder IJ^^TTT rattiy-ä,
letzteres mit unterdrücktem Nasal, wodurch diese Form, abgesehen
von der bewahrten Länge des Vocals, ti^tn Endungen der litauischen
Formen wie awyj-e sehr nahe kommt.
26'
404 Bildung der Casus. §. 203.
aber die z-Stämme in der genannten Sprache gröfstenthells
weiblich sind, so mag ihre Analogie auch auf die iMascu-
linstämme auf i eingewirkt haben, so dafs diese ebenfalls
im Locativ ij-e zeigen, a.\so ge/itij-e in dem Verwand-
ten. Befremdender ist es, dafs auch die w- Stämme, ob-
wohl sie sämmtlich männlich sind, an der Endung j-e
theilnehmen, also süm/j-e"), wofür jedoch, nach Schlei-
cher (p. 190), auch sümd^ welches sich vom Dativ 5wnwi (s.
§. 176) blofs durch die Accentuation unterscheidet. Wenn
aber die locative Form sü?iui, welche Ruhig und Mielcke
nicht kennen, eine alte Begründung hat, und nicht eine Zu-
sammenziehung von sünuje ist, so stimmt sie schön zu dem
oben erwähnten sendischen und vedischen tanv-i (vom
weiblichen Stamme tanii) und unterscheidet sich von dem-
selben blofs durch die Beibehaltung des Vocals w, der im
Sanskrit und Send, lautgesetzlich zu v werden mufste. Man
vero-leiche auch die gunirte männliche Vedaform sündv-i
und das analoge slav. siinov-i.
203. Wir geben hier einen Überblick des sanskriti-
schen, sendischen und litauischen Locativs und des bildungs-
verwandten griechischen Dativs.
Sanskrit. Send. Litauisch. Griechisch.
m. dsve *) aspe pöne lttttw
m. n. hd-sm-in ka-hm-i ha-nie
f. dsvdy-dm hisvay-a^ dswöj-e x^P^^)
m. pdty-dti ^) ^) ttoo-l-l
f. prt'£-du ^) TTOpTL'i
prtty-dm , awyj-e
*) Vielleicht besser sünu-j-e zu theilen, wie in Pali-Locativen
von weiblichen Stämmen auf w, z.^. y ägu-y-an o^tt yägu-jr-d
(vgl. §. 43) im Opfer.
1) Vgl. lat. equf^ humi^ Corinifii, ams equoi etc., und dagegen nove
(aus novai) mit jq^ nävi im neuen (§. 200 Schlufs).
2) Vgl. lat. equae^ Romae, alt equai, Romai (p. 12).
3) S. §. li^S. '*) Nach Analogie der Feminina.
Localiv
§. 203.
405
Sanskrit.
Send.
Litauisch.
Griechisch.
n.
vari-n-%
ddvanty-dm
tdpl-L
f.
havainty-a?
m.
sun-dü ^)
sündv-i **)
hdn-du
tanv-i ^)
sünüi
VEKV-L
f.
tanv-i
yzvV'i
n
in d d'u -7i-i
jUE^-U-t
f
vad'v-am
f. gdv-i
m.
gav-%^
ßo(F)-t'
f.
ndv-i
vä(F)-i
f.
vdc'i
vdc'i
OTT-t
m.
Bdrat-i
harent-i
(pipovT-t
m.
asman-i
asmain-i
daifjLcv-L
n.
namn-i ^)
ndmain-i
rdkav-i
m.
drd:tar-i')
brdfr-i?')
vrarp-L
f.
duhitdr-i ^)
dugd'er-i ^)
^vycLTp-i
m.
ddtdr-i ^)
ddfr-i'> ')
^OTTjP'i
n.
vdcas-i
vacah-i
£7r£(o-)-t
ö) Vedlsch s. §. ^99^
6) Oder nä man -i, s. kl. Sanskrit- Gr. §. 191.
7) Die Stämme, in deren Endsylbe ar oder är mit r wechselt,
zeigen sämmtlich im Locat. ar-i^ während die allgemeine Theorie
der schwächsten Casus die Unterdrückung des, dem thematischen r vor-
angehenden Vücals erwarten liefse, also z.B. pitr-i für pitär-i^
gegenüber dem gr. Dativ Traro-i, s. p. 271.
8) Die Ausstofsung des, dem r im Stamme vorangehenden, Vocals,
nach demPrincip der übrigen schwächsten Casus, ist mir wahrschein-
licher als die Beibehaltung desselben, also b'räiri, ddiri^ wie z. B.
im Gen. brätr-o, dätr-6^ und im Gen. pl. b rät r-anm^ dätr-
anm. Dagegen behält das Send bei Stämmen auf an den Vocal,
auch wenn ihm nur ein Consonant vorhergeht, in allen schwachen
Casus in der Regel bei; daher oben nämain-i für skr. nämn-i
oder näman-i\ im Dativ und Gen. ndmaine^ n am an 6 für skr.
nämn-e^ ndmn-as \ s. in Brockhaus's Index die aus da man
und ndman entspringenden Casus.
^) Für dugdr-i s. p. Zkh. Anm. 12. Man könnte aber auch
406 Bilduns der Casus. §. 204.
V o c a t i V.
204. Im Vocativ der drei Zahlen zieht das Sanskrit
den Ton auf die erste Sjlbe des Stammes zurück, im Fall
er nicht von Haus aus auf derselben ruht*), daher z. B.
pitar Vater, de'vav Schwager (Bruder des Man-
nes), matar Mutter, duliitar Tochter, ragaputra
Königs söhn, gegenüber den Accusativen j9z^a;*-aw, devdr-
am, mdtdram^ duhitdr a7n^ rag aputrdm. Das Griechi-
sche hat einige Überreste dieser Betonungsart bewahrt,
namentlich stehen die Vocative ttcltep^ dasp, /^^^^p, Bv/arsp'"')
zu ihren Accusativen Traripa^ daipu, ^vyaripci in demselben
Ton - Verhältnifs wie die erwähnten sanskritischen Vocative
zu den ihrigen. Dagegen mufs bei zusammengesetzten Wör-
dugdeiri und analog im Ddiiiy du g d e ire erwarten (s. §. 4l.
p. 71).
) In Bezug auf die Lehre der Indischen Grammatiker, da fs Voca-
tive und Verba, wenn letzteren nicht durch gewisse accentschützende
Wörter der Ton bewahrt wird, nur am Anfange des Satzes betont
w^erden, verweise ich auf mein vergleichendes Accentuatlonssystem
Anm. 37. Hier nur soviel, dafs es unmöglich Ist, dafs Vocative wie
rägapu tr a oder Verbalformen wie ab avis y ämahi wir wären
(med.) an irgend einer Stelle des Satzes ganz tonlos sein können.
**) Der Nominativ der beiden letzten Formen mufs ursprünglich
gleich dem skr. rnätä^ duhitd oxytonirt gewesen sein; denn dafs
der Ton der Endsylbe des Stammes zukommt, erhellt aus der ganzen
Decllnatlon dieser Wörter. Eine elgenthümliche Bewandtnifs hat es,
in Betreff der Betonung, mit der Decllnatlon von dvv\o. Hier Ist das a
nur ein unorganischer Vorschlag, der sich aber mit Ausnahme des Nom.
s^. in allen starken Casus (s. §. 129) den Ton aneignet, also nicht
nur aveo = skr. nar^ sondern auch av^oa^ avo^e, av^^sg, av^oag,
gegenüber dem skr. nur a m ^ ndräu. ndr as (nom. voc. pl.). In
den schwachen Casus sinkt dagegen nach dem Princlp der einsylblgen
Wörter der Ton auf die Endung, daher z. B. Oivb^i gegenüber dem
skr. Locat. nar-i (vgl. p. 272). Der Dat. pl. macht, weil er dreisyl-
big ist, eine Ausnahme; daher ih^^(X'(Ti aus dvaD-(Ti (s. §. 254) für
skr. Loc. nr-s ü aus nar-s ü.
Vocativ SS. §. 205. 407
tern im griechischen Vocativ sg. die Betonung des Wort-
Anfangs dem Umstände zugeschrieben werden, dafs die
griech. Composita in der Regel die möglichst weite Zurück-
ziehung des Accents verlangen, so dafs also der Vocat. ivb(ii\i.ov
die dem Wortstamme zukommende Betonung hat, während
im Nomin. sudatjucuv der Ton aus bekanntem Grunde von sei-
nem Stammsitze herabsinken mufste. — Was die Form des
Vocativs sg. im indo- europäischen Sprachstamm anbelangt,
so hat derselbe entweder gar kein Casuszeichen, oder ist
identisch mit dem Nominativ; ersteres ist das Princip, letz-
teres die praktische Entartung und beschränkt sich im Skr.
auf einsjlbige Stämme mit vocalischem Ausgang, daher z. B.
HRL ^'•'^ Furcht! wie ><t'-$; und so auch gdu-s^ näu-s
im Gegensatze zum gr. ßov, vcvo. Ein schliefsendes a der
Wortstämme bleibt im Skr. und Send unverändert; im
Litauischen wird es zu e geschwächt ') ; und auch das Grie-
chische und Lateinische ziehen in dem flexionslosen Vocativ
der entsprechenden Declination ein kurzes e dem o oder u
vor, welche unter dem Schutze von Endungen als End-
buchstaben des Stammes erscheinen. Man hüte sich also in
tTTTre, eque Casus-Endungen zu erkennen; diese Formen ver-
halten sich zu dsva wie ttIvte^ quinque zu pdnca^ und das
alte a, welches in innoc, als o, in equus als ü erscheint, hat
endungslos die Gestalt e angenommen. — Die consonanti-
schen Stämme behalten im Send, wenn sie s im Nominativ
haben, dasselbe auch im Vocativ bei ; so haben wir mehrmals
beim Partie, praes. die Gestalt des Nomin. im Sinne des
Voc. gefunden.
205. Die Stämme auf i und u haben im Skr. Guna,
die Neutra jedoch auch den reinen Vocal; dagegen verkür-
*) Das Altpreufsische kann bei seinen männh'chen Stämmen auf
a diesen Vocal unverändert lassen, oder dafür e setzen, oder die Form
des Nominativs gebrauchen; daher deiwa Gott! (= skr. deva)^
oder deiive (= llt. dfive)^ oder, wie im Nominativ, deiivs (Nomi-
nativ auch deiwas). Das Lettische setzt durchgreifend den Nomi-
nativ statt des verlorenen Vocativs.
408 Bildung der Casus. §. 205.
zen die mehrsylbigen Feminina auf t und ü diese Endvocale,
während ein schliefsendes '^\ d xm e wird; d.h. es schwächt
sich die letzte Hälfte des a, = a-f- a, zu i, welches mit der
ersten Hälfte zu e zusammengezogen wird. Die Sprache
aber beabsichtigt, sowohl bei Erweiterung wie bei Verkür-
zung des Endvocals, offenbar ein und dasselbe Ziel, nur
auf entgegengesetztem Wege, und zwar einen gewissen
Nachdruck bei der Anrede. — Zur Guna-Form '^\ 6, aus
a H- w, stimmen merkwürdig das Gothische und Litaui-
sche durch Formen wie sunau, si'inaü, gleich dem skr.
SU710 "). Gothische Feminin-Stämme auf i sind bei Ulfilas
im Vocat. nicht belegbar; da sie aber in anderen Beziehun-
gen den w-Stämmen parallel laufen, und wie diese im Gen.
und Dativ Guna haben, so zweifle ich kaum an Vocativen
wie anstai. — Die weiblichen w- Stämme sind im Vocativ
ebenfalls nicht zu belegen, da sie aber in allen belegbaren
Casus der Analogie der männlichen w- Stämme folgen,
so darf man wohl Vocative wie liandau"") ohne Beden-
ken dem männlichen sunau, magau gegenüberstellen. Männ-
*) Das Send kann ein schliefsendes > u nach Willkür entweder
guniren oder nicht, und man findet sowohl \b^l^^t^ maiiiyo als
>^^p«.u^ mainyu als Vocativ von >üpvO^ mainyu Geist. Da-
gegen habe ich ein schliefsendes / nur ohne Guna gefunden, und zwar
öfter i(>0i«.*^e>yt?ai7i Herr!; soV. S. p.456. V/'-^^G^*'*/ vc<f£x^iev^»u>
^(\)^v«.'e^ US ihis ta namdnd-paiti ,, siehe auf, Orts-Herr!"
**) V. Gabelentz und Loebe (p. 64) setzen handu, aber auch
sunu, letzteres offenbar aus Versehen, denn die Form sunau ist von
Grimm schon in der ersten Ausgabe seiner Grammatik dreimal be-
legt, und magau einmal. Wir dürfen uns also die schöne Analogie,
welche solche Vocative mit dem Sanskrit und Litauischen darbieten,
nicht entziehen lassen. Da sich aber der Vocativ von allen Casus
am schwersten belegen läfst, weil leblose Gegenstände nicht leicht
angeredet werden, so dürfte man bei diesem Casus nicht unterlassen,
für die Formen, die man ansetzt, Belegstellen aus der betreffenden
Wortklasse zu geben. So bin ich auch jetzt darüber zweifelhaft, ob
die Stämme auf n (die schwache Declin.) gleich dem Sanskrit das
Vocativ SS. §. 205. 409
liehe Stämme auf i Laben im Gothisehen, gleich den männ-
lich-neutralen a- Stämmen, ihren Endvocal im Vocat., eben
so wie im Accus, und Nominat., verloren; daher mdf\
daur\ gast'. Dagegen gunirt das Litauische in den beiden
Geschlechtern ein schliefsendes i eben so wie w, daher gente
Verwandter! awe Schaf! wie im Skr. pdte, dve. — Die
Adjective sind im Germanischen in Ansehung des Vocativs
von der alten Bahn abgewichen, und behalten das Casus-
zeichen des Nominativs bei; daher z. B. goth. blind' -s blin-
der! Diesem ungesetzlichen Gebrauch des Nominativzeichens
folgen im Alt-Nordischen auch die Substantive. — Das Grie-
chische hat seine Vocative noch ziemlich zahlreich vom No-
minativzeichen rein erhalten, und setzt in manchen Wort-
klassen den nackten Stamm, oder diejenige Verstümmelung
desselben, welche Wohllautsgesetze oder Verweichlichung
nothwendig machten; daher z. B. raXav gegen rdkag, x^P^^^
für X'^P^^^'^ §^b^^ X'^P^^''9^ ^^^ für Tratd gegen Traig. Bei Gut-
tural-und Labialstämmen ist, weil k; und ttc, (^, \p) sehr
beliebte Verbindungen sind, denen auch die Schrift durch
besondere Buchstaben gehuldigt hat, die Sprache das Zeichen
des Nomin. im Vocativ nicht wieder los geworden. Doch
ist der Vocativ ava neben ava^ merkwürdig, und lautet so,
wie ihn ein Thema ayaxr, dem im flexionslosen Zustande
wieder >ct, noch auch füglich das k gelassen werden konnte,
erwarten läfst. „Übrigens ist leicht zu denken (sagt Butt-
mann S. 180), dafs besonders diejenigen Gegenstände, wel-
che nicht gewöhnlich angeredet werden, wenn einmal der
Fall eintritt, lieber die Form des Nom. behalten, wie 5
TTovg' *). — Das Lateinische hat den vom Griech. vorbereite-
Thema als Vocativ gebrauchen, oder den Nominativ, ob also der
Stamm hanan im Vocat. eben so lautet, oder hana,
*) Diesem Umstand mag auch das Neutrum der o- Stämme die
Wiedereinführung des Casuszeicbens v verdanken, während das Skr,
den nackten Stamm setzt. Aufserdem mag auch der Umstand ge-
wirkt haben, dafs der Grieche sich von der nackten Grundform im
410
Bildung der Casus. §. 205.
ten Weg der Entartung des Vocativs weiter verfolgt, und
setzt statt dessen, mit Ausnahme des Masc. 2. Decl., über-
all den Nominativ. — Die in §. 148. genannten Substantiv-
Stämme bilden im Vocativ:
Sanskrit. Send. Griech. Latein. Lit. Gothisch.
m.
n.
f.
m.
f.
n.
f.
m.
f.
n.
f.
asva
da na
dsve
pdte
prtte
vari
Ödvanti
suno
hdno
mdd'u
vddu
m.L gdu-s
f. ndu-s
vdk
daran
dsman
na man
Bratar
dühitar
dd'tar
vdcas
aspa
ddta
hisva *)
paiti
dfvtti
vairi
havainti
pasu
tanu
mactu
LTTTTE
dwpO'V
Xwpä
TToai
TTOpTL
VEKV
eque po7ie vulf
donu-m daur^
equa dswa giha
hosti-s gente gast'
turri-s awi a^istai?
mare
pecu-s sünau sunau
socru-s kinnau
gau-s
pecic
hos
f.
m.
m.
n.
m.
f.
m.
n.
vdk'-s?
haraii-s
asman
ndman
hrdtare^)
dugdare ^]
ddtare ^)
vaco
ßcv
vav
C7r~'; voc-s
^ipwv feren-s dugän-sfijand2
datfjLcv sermo ahnü ahma?
raXav nomen namo?
Trdrsp frdter hröthar
^vycLTsp mdter dukte dauhtar
doryjp dator
Inoc, ^) geims
Voc. leichter entwöhnte, weil sie am Anfange von Compositen viel
seltener als im Sanskrit in ihrer ganzen Reinheit erscheint (s. §. 112).
O So drväs pa als Vocativ von drväs pä^ Name eines weibli-
chen Genius (wörtlich b es fand ige Pferde habend), aus drva^
= skr. druvä^ und a>y/?a(s. Burnouf, Ya^na p. 42sf.). Auch der
Veda-Dialekt zeigt Vocative dieser Art, d. h. Kürzung eines langen
weiblichen d statt dessen Umwandlung In e. Im klassischen Sanskrit
folgen dieser Analogie drei Wörter, welche Mutter bedeuten, näm-
lich akkd, arnbä, alla\ \oc>dkka etc.; vcd. auch dmbe für dmba.
0 S. §.4-i. 3) S. §. 12S.
Nominativ, Accusuliv, Vocatio dual, §. 206. 207. 411
Dual
Nominativ, Accusativ, Vocativ.
206. Diese drei Casus haben im Sanskrit bei Masc. und
Fem. die Endung du, welche wahrscheinlich au5 ds durch
Vocahsirung des s entstanden (vgl. §. 56 *> und 198), und
somit nur eine Verstärkung der Plural-Endung as ist. Der
Dual liebt, Aveil ihm eine klarere Anschauung zum Grunde
liegt als der unbestimmten Vielheit, zu stärkerem Nach-
druck und lebendigerer Personificirung, die breitesten En-
dungen, sowohl in den genannten Casus als in den übrigen.
Man vergleiche auch beim Neutrum das lange i des Duals
mit dem kurzen des Plurals, z.B. S^^nfTT dsrunt mit 55fSrfQT
dsrüni, von dsru Thräne (s. §. 17*-').
207. Während das Präkrit und Pali den Dual einge-
büfst haben, hat ihn das Send noch bewahrt, doch so, dafs
man statt desselben auch häufig den Plural findet, und z. B. im
V. S. p. 203. ^i^«Jü^'^>/£eO ^\^ d ienubyascid, bis zu
den Knie en, mit pluraler Endung steht. Beim Verbum ist der
Dual noch seltener, doch ist er auch hier nicht ganz unterge-
gangen und durch mehrere Stellen des V. S. belegbar'). Die
skr. Endung du findet sich an den entsprechenden Stellen
im Send in der Gestalt von S*ai ao, welches nach §. 56 *>
zugleich für die skr. Endung ds steht, und einen nachdrück-
lichen Beweis abgibt, dafs die skr. Dual-Endung du nichts
anders als eine Entartung von ds sei, und zwar eine gele-
gentliche, nur einmal oder zweimal (s. §. 198) in der Gram-
matik sich zeigende, während das hierdurch vom Skr. ge-
gebene Beispiel vom Send zum allgemeinen Princip erhoben
worden. Diese Ansicht wird fast zur unumstöfslichen That-
sache, dadurch, dafs das Send sogar im Dual den Zischlaut
*) Vgl. Gramm, crit. add. ad r. 137.
412 Bildung der Casus. §. 207.
vor der Partikel «^(vJ ca wirklich bewahrt hat, und doi-ca
sagt, nicht do-ca, wie zu erwarten wäre, wenn im Skr. die
Dual -Endung du die ursprüngliche Gestalt und nicht
eine Entartung von ds wäre. So lesen wir im V. S.
p. 225 '^A>^jügAU(>o^u(>o^7£^vU vwj^aj$Au>>?>e>> hurvdos-cd
. . . ameretat-dos-cd"). — Was Anquetil in seinem Vo-
cabular (p. 456) naereke'ido schreibt und durch ,,deux
femmes'' übersetzt, kann nichts anderes als S*^iivU^i/i^■MJ^
ndirikay-do sein, vom Stamme <mj^^/^vmj^ ndirikd. Die
Form gJAiiivU^Ä^^vvxj^ ndirikaydo ist aber offenbar echter
*) Vgl. Anquetllll, 175. Die beiden Genien, welche A nqu etil
^.^Khordad'''' und ^^Amerdad'''' schreibt, erscheinen sehr häufig Im Dual,
auch mit der Endung bya (§. 215), obwohl jeder für sich Im slngu-
laren Verhältnlfs steht; also mit dem im Texte l. c. vorangehenden toi
übe (so zu lesen für ^♦am> ubai) diesebelden (Ge nien) Haur-
vat und A m ertat. Es erklart sich diese Erscheinung, wie schon In
der ersten Ausgabe (p. 246) vermuthet worden, nach dem Princlp der
vedlschen copulatlven Compositen, w'xtpitar ä-niätar ä Vater und
Mutter, wörtlich Trara £-/a>]T50£, wo jedes der verbundenen Wörter
die Summe des Ganzen ausdrückt (s. §. 972). — Für hurväos c d Ist
haurväos cd zu lesen (s. Westergaard's Zendavesta p.66. lt.),
mit >cu au für a nach §. 46. Die vollständige Form des Namens die-
ses Genius lautet Im Stamme /iowr^o/«/? (d.h. Ganzheit), woraus
zunächst haurvat (wovon der Instr. Dat. Abi. du. haurvadby a)
und hieraus, mit Ablegung des ganzen Suffixes, .^ai/rpai=skr. ja reo.
Der Stamm amer etdt^ etymologisch Unsterbli c hkelt, verkürzt
häufig das a seiner Endsylbe, daher oben ameretatdos-cd und
analog im Instr. Dat. Abi. amer etadbya. Dagegen zeigt der
Acc. sQ^. die unverstümmelte Form ameretdtem. In Ihrem Ab-
leitungssuffix stimmen die Namen dieser beiden weiblichen Genien
zum lat. tdt und griech. 7V\T. Man vergleiche, abgesehen vom Prl-
mitlvum, ameretdtem mit dem lat. immortalitdtem. Das Prl-
mitivum des send. Ausdrucks kommt im V. S. nicht vor, es stützt sich
aber wahrscheinlich auf das skr. amära unsterblich; wo nicht,
so mufs man ein sanskritisches amar voraussetzen, dessen r nach
§. 44 den Zusatz eines c nicht entbehren könnte.
Nominatw, Accusativ, Vocativ dual. §. 208. 209. 413
als ^5i^^^«^J ndirihe, wie nach sanskritischem Princip
(§. 213) von einem weiblichen Stamme ndirikd müfste
gebildet werden. — Von >J^^ hdsu Arm führt Rask die
Form S*^>>^*-*^ bdsvdo Arme an, ohne zu bemerken, dafs
es ein Dual sei: es gehört aber offenbar zu diesem Nume-
rus, der bei den Armen wohl zu erwarten ist; auch bildet
>J^^ hdsu im Nom. plur. \»J^^ bdsvö oder \»^J^^
bdsavo.
208. Im Veda -Dialekt findet man die Endung ^J du
häufig zu d verstümmelt, so dafs das letzte Element des
Diphthongs unterdrückt ist; daher z. B. asvin-d die bei-
den Aswinen, von asvin; uÖa devd' die beiden Göt-
ter, von tcBd devd; rd'gdnd die beiden Könige, von
rag an. Im Send ist die aus do verstümmelte Endung
ebenfalls gebräuchlich, und zwar häufiger als die vollstän-
digere; namentlich freut es uns, das genannte indische,
durch seine jugendliche Schönheit berühmte Zwillingspaar
auch am Himmel des Ormusd glänzen zu sehen. Wir
lesen nämhch im 42. Ha des Yas'na -^<'^Q^ ^xu^vMj^^ejjjvu
;t^^vu^a^wv^^ <^^a;» aspind-cd yavano yasamaide
„Asvinosque juvenes veneramur", was Anquetil
übersetzt durch ^,je fais Izeschne ä l'excellent toujours [suh-
sistanty\ Das sanskritische asvind kann nämlich im Send
nichts anderes als aspind oder aspina geben (§. 50); be-
merkenswerth aber ist an dieser Stelle der Plural yavan-6
(aus yavanas) in Bezug auf den Dual aspind; er liefert
einen neuen Beweis, dafs in dem erhaltenen Zustande des
Send der Dual schon seinem Untergang nahe war; wie denn
auch das auf nominale Dual-Formen sich beziehende Ver-
bum meistens im Plural gefunden wird.
209. Von der Veda-Endung d und dem im Send dafür
stehenden kurzen a ') gelangt man leicht zum griechischen
*) So z. B. V. S. p. 23. <U(\3<AjU(>0^^£^vV «A>(\5wU>>?>a/e>' haur-
vata ameret ata die beiden Haurvat's und Amertat's;
4 1 4 Bildung der Casus. §. 209.
dualen s, da dieser Vocal am Ende sehr gern das alte
ä vertritt; und wie oben im Vocativ (§. 204) iWs für
asva, aspa stand, so entspricht nun auch hier av^p-s (mit
euphonischem d) dem vedischen jq"^ ndr-d und sendischen
nar-a. Wenngleich auch w nach §. 4 sehr häufig für ^
d steht, so hüte man sich doch, etwa mitw als Analogen
von dsvd zu betrachten (s. §. 211). Dafs aber das htaui-
sche duale u der männlichen Stämme auf a mit der ge-
dachten vedischen und sendischen Dual-Endung zusammen-
hange, d. h. aus ä hervorgegangen sei, kann ich um so
weniger bezweifeln, als auch bei den übrigen Declinationen
der litauische Dual in diesem Casus auf das genaueste
mit dem Skr. übereinstimmt, und das litauische u auch an
manchen anderen Stellen der Vertreter eines alten ä ist (s.
§. 161); man vergleiche also z. B. dewii zwei Götter mit
dem vedischen deva und sendischen *x.^»^sxj^ daiva. Die
Pronomina der 3ten Person zeigen ü (s. p. 135) für w,
verbinden sich aber mit dem Zahlworte du zwei, (Schlei-
cher p. 195), daher z. B. tu du diese beiden, anudu jene
beiden, y^c?w sie beide. Im Accusativ du. fügt man ge-
wöhnhch in allen DecHnationen dem Endvocal, nach Ana-
logie des Acc. sg., das Nasalzeichen bei, welches aber im
Dual keine etymologische Begründung hat, und da es über-
haupt nicht mehr ausgesprochen wird (s. §.10), hier füg-
lich weggelassen werden kann, wie es auch Schleicher
wirkHch gethan hat '). Ich schreibe demnach d€wü so-
dem Sinne nach: Haurvat und Amertat, die beiden (acc);
p. 136 und öfter dva nar a zwei Menschen. Überhaupt scheint
langes ä der betreffenden Dual -Endung nur in dem oben (p. 56) er-
wähnten Dialekt vorzukommen, der nach Analogie des Altpersischen
auch die ursprünglich kurzen a am Wort -Ende verlängert, daher
oben as pinä-cä für . .ca. Es können also sendische Duale auf a,
sofern sie In den zu dem abweichenden Dialekt gehörenden Kapiteln
des Yasna erscheinen, für die Theorie der Casusbildung keinen Werth
haben.
*) Ich habe mich schon in meinem vergleichenden Accentuatlons-
Nominativ^ Accusatw, Vocativ dual. §. 210. 211. 415
wohl im Accus, als im Nom. und Vocativ, und in letzterem
Casus gegenüber dem vedischen devd^ mit zurückgezogenem
Accent (nach §. 204).
210. Männliche und weibliche Stämme auf i und u
unterdrücken im Sanskrit die duale Casus-Endung, und ver-
längern zum Ersatz den Endvocal des Stammes in dieser
flexionslosen Form; also pdtt von pdti, sünu von sünü.
Vor diesen verstümmelten Formen zeichnet sich vortheilhaft
das in §. 207 erwähnte send. ^»J^^ bdsv-äo Arme (von
bdsu) aus. Es fehlt aber auch dem Send nicht an der
verstümmelten Form, die sogar die im V. S. allein beleg-
bare ist. Von >^ip^*g mainyu Geist finden wir häufig
den Dual a)^^/^^'^ mainyu, dagegen für ^Ji^^ eresü
zwei Finger die verkürzte und daher mit dem
Thema identische Form >Si^i eresu (V. S. p. 318: <^'>>^
>Si^i dva eresu).
211. Das Litauische stützt sich bei seinen i- und w-
Stämmen auf das erwähnte sanskritische Princip der Unter-
drückung der Endung, doch unterläfst es die Verlängerung
des Stammvocals, oder vielmehr, es hat das ursprünghch
verlängerte t und ü im Laufe der Zeit wieder in seine Kürze
zurücktreten lassen; daher awi zwei Schafe, sünü zwei
Söhne für skr. avt (nom. acc. voc.), sünu (nom. acc),
sunü Vocativ. Jedenfalls ist die Übereinstimmung der litaui-
schen und sanskritischen Formen in den betreffenden Wort-
klassen so grofs, dafs man sie kaum für zufällig halteu
kann. Gründen sich aber die litauischen Formen, und die
analogen altslavischen wie kosti zwei Knochen, auf Über-
lieferung aus der Zeit der Identität der lettischen und slavi-
schen Sprachen mit dem Sanskrit, so erkenne ich in dieser
Begegnung einen neuen Beweis der verhältnifsmäfsig späten
Absonderung der lettischen und slavischen Idiome von ihren
System (1854. Anm. 151 ) gegen den Gebrauch des lautlosen Nasal-
zeichens im Acc. du. ausgesprochen und I. c. p. 88 sünu die beiden
Söhne im Acc. wie im Nom. dem skr. sünü gegenübergestellt.
416 Bildung der Casus. §.212.
asiatischen Schwestersprachen, (vergl. §. 21'*) p. 39), während
griechische Formen wie Trcai-i, Tropn-s, vekv-s, yzvv-E auf eine
Zeit sich stützen, wo im Sanskrit die männlichen und weib-
lichen Stämme auf i und u in den in Rede stehenden Dual-
Casus noch Endungen hatten. Dagegen hat das Griechische in
Formen wie Ittttuo, Movaci die Casus-Endung aufgegeben, und
dieselbe nach dem Princip der sanskritischen Formen wie dvt,
8unu — aber unabhängig vom Sanskrit — durch Verlängerung
des Staramvocals ersetzt, der zwar in der griech. ersten De-
clination, seinem Ursprünge nach, überall ein langes a
ist, aber doch im Singular nicht überall seine Länge und
die alte a-Qualität bewahrt hat, also Du. Moiiö-ä gegen Sg.
Mowa, xEc^aXcT gegen y.E^aXr\^ aus xsc^aXä.
212. Die Neutra haben im sanskritischen Dual der be-
treffenden Casus nicht du sondern 1 zur Endung, wie sie
im Plural nicht a5, sondern kurzes z haben. Ein schhefsen-
des a des Stammes geht mit diesem x in e über (§. 2), da-
her z. B. sate^ zwei hundert aus sata-i. Andere Vocale
setzen ein euphonisches ti ein, daher z. B. "^J^TW ganu-n-t
diebeidenKniee. Im Send folgen die mit a oder einem Con-
sonanten endigenden Stämme dem Princip des Sanskrit, da-
her lOpOi'^JiJ (kommt oft vor) für skr. säte (§. 41), ^iM
^oPev3^J«.^*<2>^ duye hasanlire zwei tausend (§. 54) für
^ g-^^ dve sahdsre"). Beispiel eines sendischen Duals
von consonantischem Stamm ist ■jjp^'goü^'-'^vj casmaint
die beiden Augen (s. Burnouf, Yasna p. 497), welches
abgesehen von dem nach §. 41 eingefügten euphonischen
i genau zu skr. Formen wie vdrtmant zwei Wege stimmt.
Man findet aber auch das y % der Casus-Endung gekürzt,
z. B. in dem oben (p. 269) erwähnten i^l^^-^-'i^vv asauni;
so in i€>'>5vO^ vanuhi, umstellt aus vanhvi, von
vanhu gut. Diese Kürzung ist, wie es scheint, als Regel
anzusehen, denn auf die Vocallänge in dem obigen casmaint
ist, meiner Meinung nach, darum kein Gewicht zu legen,
*) Über das Verhältnifs von duje zum skr. dve s. §. A3.
Nominativ, Accusativ, Vncatio dual. §. 213. 417
weil das Kapitel des Yas'na, worin dieser Ausdruck vor-
kommt, dem oben (§. 188) erwähnten Dialekt angehört, der
die Verlängerung kurzer Endvocale liebt. — Die entspre-
chende skr. Form für das erwähnte vanuh-i ist vdsu-n-ty
mit euphonischem w, woran das Send keinen Antheil nimmt
(s. §. 133).
213. Das Griechische verzichtet in den in Rede stehen-
den Casus auf eine das Neutrum von den beiden natürli-
chen Geschlechtern unterscheidende Endung; das Sanskrit
aber hat scheinbar das oben erwähnte neutrale -i auch auf
die weibhchen a- Stämme ausgedehnt. Allein die Begeg-
nung der weiblichen Formen wie dsve zwei Stuten mit
dem neutralen dane zwei Gaben ist, wie das Send uns
belehrt, nur äufserlich, und die beiden Formen kommen
auf ganz verschiedenen Wegen sich entgegen, und verhalten
sich zu einander so, dafs in dane (aus d d n a -h t) wiMich
eine Dual -Endung, und zwar die gewöhnliche der Neutra
enthalten ist, in dsve aber die männhch- weibliche Endung
du (aus ds §. 206) vermifst wird, jedoch aus der in §. 207
erwähnten Sendform S^^^^vu^^^^^^a*^ ndirihay-do ^ zwei
Frauen, wieder hergestellt werden kann. Ich glaube näm-
lich, dafs 53% dsve aus asv ay-du so entsprungen oder
verstümmelt sei, dafs, nach Abfall der Endung, der vorher-
gehende Halbvocal zu seiner Vocal- Natur zurückgekehrt
ist und mit dem d des Stammes sich diphthongirt hat
(s. §. 2 und vgl. p. 227 f.). Der Dual dsve hätte also nur
eine Schein -Endung, d.h. eine Erweiterung des Stammes,
welche ursprünglich die wirkliche Casus-Endung begleitete.
Im Send kommt jedoch die verstümmelte weibliche Dual-
form auf ;o e ebenfalls vor, und ist sogar die vorherr-
schende*); allein es ist merkwürdig und für meine Behaup-
*) Ich welfs Formen wie ndirikayäo im V. S. als Dual nicht
zu belegen, denn im löten Fargard des Vendidad, wo dieser Ausdruck
mehrmals vorkommt, ist es der Genitiv sing, und es gründet sich hier
der Ausgang da auf die skr. welMIche Genitiv -Endung ds. Sollte
I. 27
418 Bildung der Casus. §. 213.
tung eine schöne Unterstützung, dafs auch diese verstüm-
melte Form auf ;t) e, wo die Anhängepartikel ♦.^.'(vj ca ihr zur
Seite steht, das Casuszeichen 6' bewahrt hat; und wie oben
^Mj^jü5xu(>OvV(>o£7£^».u amer etat' dos- c d „die beiden
Amertat's", so finden wir V. S. p. 58 «•»-•(vjJD^üt^c^«^'
^Ü0^^£<2^0t? ames'es-ca spente „und die beiden A m-
schaspant's" („non-conniven tesque Sanctas", vgl.
^firq" amis'a und Nalus V. 25, 26 u. s. §. 50) "). Die Form
JLJ^ es- ist aus dem aus §. 207 zu erwartenden vollständi-
gen »uS«^^^vc« ay-doS' so zu erklären, dafs nach Ausfall
des S«^ öö das vorhergehende ay zu e zusammengezogen
Averden mufste, gerade wie p. 227 im Präkrit emi aus skr.
aydmi durch Ausstofsung des d geworden. — Die Entste-
hung von 5^^ dsve aus dsvay-du können wir auch noch
dadurch unterstützen, dafs im Veda-Dialekt auch die weib-
lichen ^-Stämme der Dual-Endung du verlustig gehen können,
und dann den nackten Stamm zeigen; so in den Schollen
zu Panini ÖTT^T^ 3mH%T vd'rdht updndhdu „Eber-
lederne Schuhe" für vd'rdhydu; so yaJivt die bei-
den grofsen für yahvydü (Rigv. m. VI. h. 17, 7). Eine
analoge Sendform ist '?Jt^y>>c(V3 tevtst die beiden star-
ken (vom gleichlautenden weiblichen Stamme), welches öfter
als Epitheton der beiden Genien Khordad und Amertat vor-
kommt**).
aber die in Anquetil's Glossar als Dual gegebene und durch ^^deux
femmes'''' übersetzte Form auf einem Misverständnlfs beruhen, so
würde mich dies nicht abhalten, die skr. weibliche Dual- Endung
auf e als Verstümmelung von aj-du7.\x erklären, und wie bei den Dua-
len auf/ und ü die Unterdrückung der Casus-Endung anzunehmen.
*) Der lithographirte Codex hat hier oJ^yX}^>^c^sM ames e s ca,
allein c findet sich häufig, aber wie es scheint fehlerhaft, an der Stelle
des ;o; vgl. 1. c. S. 88. ^^J^i^^ ^ü^cg*^* amese s'pente und
s. §. 31.
**) ^'^g^' das vedlsche ^flf // a stark und /?at;/// Stärke, Kraft. Auch
das send, tevis t kommt als abstraktes Substantivum vor, und wird
Nominativ, yiccusatii), Vocativ dual. §. 214. 419
214. Zu den sanskritischen und sendischen weiblichen
Dual -Formen auf e stimmen litauische auf i, also äswi
zwei Stuten = skr. dsve. Es ist also dem Litauischen
von dem Diphthong e — ai nur das Schlufs-Element verbhe-
ben, Avährend das altslavische sein 't (je), dessen ursprüng-
licher Laut offenbar e gewesen ist (s. p. 140), dem skr. e
gegenüberstellt, also Bli/^OB'Jb vidovje zwei Witt wen =
skr. vid'ave. Da ich die, der wahren Casus-Endung beraub-
ten weiblichen Duale auf e im Sanskrit und Send als Folge
einer erst nach der frühesten Sprachtrennung eingetretenen
Entartung ansehe, so betrachte ich diese Begegnung mit dem
Litauischen und Altslavischen als einen neuen Beweis der
späteren Trennung der letztgenannten Idiome von ihren asia-
tischen Schwestersprachen. — Das Lateinische hat nur bei duo
und amho einen zum Griechischen stimmenden Überrest des
Duals bewahrt, der aber in den obliquen Casus durch Plu-
ral-Endungen ersetzt wird.
Es folgt hier ein Überblick der Bildung des Nomina-
tivs und Accusativs dual., welche, unter Berücksichtigung
des sanskritischen Accentgesetzes (§. 204), zugleich die Stelle
des Vocativs vertreten.
Sanskrit Send Griechisch Litauisch
m. dsvdu aspdo
dsvd aspa 'Unw pönü
n. dd'ne ddte dwpw
f. dsve hisve x^P^ äs'wi
m. pdti paitt? noai^t ^)
f. priti dfrttt? TTopTL-e awi
n. V ari-n- 1 'Idpi-B
von B u rn o u f (Yagna, Notes p. \h9 Anm. 27) durch „e n e r g i e" über-
setzt. Die Wz. ist tu^ welche im Skr. wachsen, im Send können
bedeutet. Man vergleiche unter andern das wallisische tyv-u wach-
sen. — Auch utayüitt kommt als weiblicher Dual öfter In Bezug auf
die genannten Genien vor. Was es bedeutet, welfs ich nicht, allein
sein Thema schliefst höchst wahrscheinlich ebenfalls mit langem /.
^ ) Aus erweitertem Stamme auf ia.
27*'
420 Bildimg der Casus. §. 21;'.
Sanskrit Send Griechisch Litauisch
f. Bdvanty-dii havainty-äo
ädvantt havaintt
m. sünu pasu viviv-z sünü
f. Iidnu tanii yivv-s
m. mdctu-n-L mactv-i \xi^-z
f. vadv-dü
m.i.gd'v-du gdv-do
gav-d gdv-a? ßc(F)-£
f. nd'v-du
naV'd va(F)-s
f. vac-dic vdc-do
vac-a vac-a ctt-s
m. Ö drant-du harant-do ....
Bdrant-d h arant-a (biccv~~£
m. dsmdn-du asma^i^do
dsmdn-d a s m an-a daLixcv-E
n. nd'mn-t namain-i tclXclv-e
m. Brd'tar-du hrdtar-do
draiar-d hr dtar- a Trarip-s
f. duhitdr-du dugdar-do
duhitdr-d dugd'ar-a S'vyarip-i
m. ddtar-du ddtdr-ao
ddtar-d ddtdr-a dorr^p-B
n. vdcas-i £7r£(c-)-£
Instrumentalis, Dativ, Ablativ.
215. 1. Diese drei Casus haben im sanskritischen und
sendischen Dual eine gemeinschafthche Endung, wahrend im
Griechischen der Genitiv sich an den Dativ angeschlossen,
und seine Endung von da entlehnt hat. Sie lautet im Skr.
VZTTH. ^l/^'^h welches sich im Send meistens zu ^c'^^J bya
verstümmelt hat, während die vollständige Endung byanm
die man nach §. 61 in dieser Gestalt zu erwarten hat, nur
in einem einzigen Worte erscheint, welches Augenbraue
bedeutet und wurzelhaft mit dem skr. hril verwandt ist,
Instrumentalis, Dativ, Ablativ dual. §. 215. 1. 421
aber in keinem anderen Casus als den in Fede stehenden
vorkommt "). Verwandt mit der Endung Bydm sind im
Sanskrit die Endungen Byam, liyam^ Byas und Bis, wo-
von die erste nur im Dativ pl. der beiden ersten Personen
(asmd'b'ydm, yus'md-Uyarn) und in tü-Öyam tibi er-
scheint, während die erste Person im Dativ sg. hyam für
dyam zeigt, in Folge einer Verstümmelung, welche öfter
vorkommt (s. p. 43) und wodurch sich md-hy am zu tu-
Byam verhält wie im Lateinischen mi-hi zu ti-hi, si-bi, i-bi,
u-bi, ali-bi, utru-bi; aus ti-ß etc. Ich glaube aber jetzt, dafs
das Lateinische sein hi von mi-hi nicht aus seinem asiatischen
Stammsitze mitgebracht, sondern selbständig aus ß erzeugt
hat, wie im Spanischen ein anfangendes/ meistens zu h ge-
worden, im Lateinischen selber ho7'dus aus fordus entstan-
den und somit hinsichtlich seines h zum skr. ^' von Bdrdmi
ich trage in demselben Verhältnisse steht, wie die Endung
hi zur sanskritischen Byam von tüByam. Das Armenische
zeigt beim Pronomen der Isten P. ^ ^, und bei dem der 2ten
q_s als Casus-Endung, daher p^^ in-'C, mir, ^^^ (^Vs dir.
*) Sein Thema ist brvat^ wovon hr vadby anm nach §.39
(p. 68). Derlithographirte Codex Ats, V. S. trennt jedoch überall bei
diesem Worte die Endung vom Stamme und zeigt p. 269 zweimal
brvad bjafim und dafür p. 321 und 322 barvad byanm^ wo das
a hinter dem ä, wenn die Lesart eine Begründung hat, als Hülfsvocal
zur Vermeidung der Härte der unbequemen Consonantenhäufungam
Wortanfange anzusehen ist. Was die verstümmelte Form bya an-
belangt, welche B urn ouf früher als Plural-Endung gefafst und dem
skr. iyas gegenübergestellt hat (vgl. Ya^na p. 158 ff.), so habe ich
dieselbe schon In den Jahrb. für wiss. Kritik (März 1831 p. 380) als
Verstümmelung der skr. Dual-Endung Itydm dargestellt; denn darin
ist das Send sehr standhaft, dafs es dem skr. Ausgang as immer \ 6
oder, unter dem Schutze eines antretenden Enchticums, dJvU as ge-
genüberstellt. Auf die Endung byäiÜT bya^ worauf B urn ouf I. c.
p. 159 aufmerksam macht, kann ich darum kein Gewicht legen, weil
sie sich höchst wahrscheinlich einzig und allein In dem Nebendialekt
findet, der überall am Wort-Ende das kurze a verlängert.
422 Bildung der Casus. §. 215. 1.
Ich erkenne sowohl in dem ^ ^ als in dem ^ s die Entar-
tung des skr. 7\^y der Endung Byam oder hyam, und erinnere
vorläuGg, was den Verlust des Anfangs - Consonanten der
Endung anbelangt, an die griech. Dual-Endung tv ((.'tttto-iv,
Mova-cL-iv) für skr. dydm (§. 221), und an das dorische iv
von te4v dir (= 3^^^L ^w-%«m), l/x'-Ty mir. Man sage
nicht, dafs man besser thue, da ^ ^ oft dem skr. h begeg-
net (s. p. 369), die Dativ-Endung von in-L, mir, die bis
jetzt unerklärt geblieben ist, mit dem Anfangsbuchstaben
der skr. Endung hyam zu identificiren. Ich thue dies
darum nicht, weil diejenigen ^ ä, welche wir oben (p. 43)
aus \J^d"{dh) und Vl^ B (bh) durch Verlust des Grundlautes
haben entstehen sehen, sich durch die iranischen Sprachen
gröfstentheils als verhältnifsmäfsig späte Erzeugnisse aus-
weisen, so dafs z.B. dem skr. ha von i-hd hier (aus i-da\
sa-hd mit (aus sa-d'd) im Send i-d'a^ ha-d'a und viele ähn-
liche Bildungen gegenüberstehen. Für mähe aus made =
gr. jusS-a in der 1. P. pl. med. zeigt das Send maide oder
maide, für l%fl hitd gesetzt, aus dHta, liefert es data
oder, mit der Praep. ni, nid'dta niedergelegt. Nur die
Wz. l^^J San geschlagen, stützt sich in ihrem Anfangsbuch-
staben auf ein im Skr. (^r^ han) aus d hervorgegangenes
A, dem also eine ältere Existenz als den übrigen h dieser
Art zugestanden werden mufs. Dagegen bleiben die aus v^
d hervorgegangenen ^ h im Send ohne alle Unterstützung,
indem das h von gr ah nehmen (ved. graJ)) im Send als h^ f
oder w erscheint; für ITW^ mdhyam mir aber findet sich in
dem besonderen Dialekt, welcher die kurzen Endvocale ver-
längert, die Form maibyd (mit cd: maihydcd) mit Unterdrü-
ckung des schhefsenden m, wie in der Dual-Endung bya*). —
Erklärt man nun aber das armenische ^ t, des Dativs w-^ mir
*) Benfey, welcher in seiner Schrift „Einige Beiträge zur Er-
klärung des Zend" (aus den Götting. gelehrten Anz. vom Jahre
1850) p. 10 zuerst auf diese sehr interessante Form aufmerksam ge-
macht und rnaibjäcd durch „und mir' übersetzt hat, nimmt jedoch
Instrumentalis, Dativ, Ablativ dual. §. 215. 2, 423
aus dem y des skr. hyam und sendischen hyd^ so ist zu
Lerücksichtigen, das g i (der gewöhnliche Vertreter des y
sanskritischer Flexionen) hinter Liquiden gerne zu ^ ^ oder
^ C wird (Petermann p. 63, 205, 233). Hinsichthch des q^ s
yoii ^^l^ qe-s dir ist zu bemerken, dafs auch dieser Buch-
stabe mit dem sanskritischen 7\^ y verwandt ist'), zu dem
er sich ungefähr so verhält, wie der Aussprache nach das
französische j (weiches s) zum lateinischen j^ oder wie das
send. § (eb) von yüsem ihr zum ?/ des skr. yüydm (§. 59).
2) Der dritte Verwandte der oben erwähnten skr. Dual-
Endung dydm, nämhch öyas, erscheint als regelmäfsiger Aus-
druck des Dat. und Ablat. plur. Ihm entspricht im Send byo,
mit ca und: dyas-ca (§. 135 Anm. 3), im Lateinischen hus
(wofür man hius erwarten sollte), und wahrscheinlich auch
an dem langen d von maibya Anstofs, weil er nicht berücksichtigt
bat, dafs die betreffende Stelle (V. S. p. l68), so wie die beiden ande-
ren, wo maihy äcä^ oAex maibya allein vorkommt, zu dem, die End-
vocale verlängernden Dialekte gehören; er l'afst daher die Möglichkeit
zu, dafs maibya eine Dualform sein könne, obwohl es sich viel schwe-
rer mit dem skr. äväbyäm uns beiden als mit mdhyam mir
vermitteln läfst, wenn man letzteres, wie ich es schon in der lat.
Ausg. meiner Gramm. (iS32 §. io4) gethan habe, als Verstümmelung
von rnä-Ü yam fafst. — Die Form maibyo^ worin Spiegel
(Weber's Indische Studien L p. 307) das skr. mdhyam zu erkennen
glaubt, fasse ich dagegen als pluralen Dativ, indem Ich annehme, dafs die
skr. Endung byam von ^^;_^v?7^l asmdbyam durch die ge-
wöhnliche Dativ-Endung ersetzt, der Stamm asmd aber der Sylbe
as verlustig gegangen sei, wie im neupersischen ma wir, welches
ich in formeller Beziehung eben sowenig als den Plural von t/z e«
ich (= skr. mam mich) anerkennen kann, aXssumd ihr als den
von /M du, da sumd offenbar auf den Schlufsthell des skr. Stammes
yu-smd^ mit Einfügung eines Hülfsvocals, sich stützt (s. §. i^k und
vgl. Benfey l. c. p. 1 1 f.).
*) Bötticher I. c. p. 358 vergleicht Jiupq^mars Grenze mit
dem skr. maryd id. und P ete rmann macht auf die gelegentlich im
Innern des Wortes zwischen zwei Vocalen eintretende Erweichung
desgz'in ^s aufmerksam.
424 Bildung der Casus. §. 215. 2.
his von no-bis, vo-his, wenn diese Formen nicht ihrem Ur-
sprünge nach einem anderen Casus angehören (s. §. 216),
so dafs bis auf die skr. Endung Bis sich stützen würde.
Stammt aber das lat. bis eben so wie bus von der skr.
Endung üyas, so verhält es sich zu der vorauszusetzenden
Form bius, wie der adverbiale Comparativ magis zu seiner
hypothetischen Urform magius (woraus majus durch Aus-
stofsung des g)^ während umgekehrt die gewöhnliche Form
hus ein lautliches Analogon in dem Comparativ minus, aus
minius, findet. Im Litauischen ist mus die ältere und voll-
ständigere Form der pluralen Dativ-Endung (s. Schleicher
p. 175), welche Ruhig und Mielcke nur den Pronominen
der beiden ersten Personen zugestehen. Aus mu-mus nobis
un^ jii-mus vobis konnte jedoch leicht die Folgerung ge-
zogen werden, dafs, wie ich auch in der ersten Ausgabe
angenommen habe, die Endung mus, wofür jetzt ms, in
früherer Zeit sich über alle Plural- Dative erstreckt haben
müsse. Das Altpreufsische hat den alten a-Laut der skr.
Endung Öyas bewahrt, hat aber dem s einen unorganischen
Nasal vorgeschoben, daher maus für mas. Hinsichtlich des
eingeschobenen n erinnere ich an das Verhältnifs des lat.
ensi-s, mensi-s zum skr. asi-s Schwert, mdsa-s Monat.
Von der verstümmelten litauischen Endung ms, für mus, ge-
langen wir durch eine weitere Verstümmelung zum goth.
m, z. B. von sunu-m gegenüber dem lit. sünü-mus, sünü-msy
skr. sünu-Öyas und lateinischen Formen wie portubus").
*) In Bezug auf die Vertauschung der labialen Media mit dem
organgemäfsen Nasal vergleiche man das Verhältnifs der sendischen
Wurzel mru zu der skr. brü sprechen (§. 63). Als Beweis eines
speciellen Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den germanischen
Sprachen einerseits und den lettischen und slavischen andererseits
möchte ich die Erscheinung nicht gelten lassen, dafs die beiden
Sprachgruppen im Dativ pl. einen Nasal statt eines zu erwartenden
b zeigen, während in einem anderen Falle die lettischen und slavi-
schen Sprachen, das Altpreufsische ausgenommen, eine Media statt n
Instrumentalis, Dativ, Ablatio dual. §. 215. 2. 425
So wie das Germanische, so hat auch das Umbrische von
der in Rede stehenden Endung nur den Anfangs-Consonan-
ten erhalten und zwar in Gestalt von /, jedoch mit mis-
Lräuchlicher Übertragung in den Accusativ, d. h. z. B. tri-f
(rpiag) = skr. tri-dyds, lat. tri-bus^ lit. ti^i-ms, goth. thri-m").
Dem Armenischen, welches die in Rede stehende Casus -
Endung vom Dativ-Ablativ auch in den Genitiv übertragen
hat, ist von dem skr. Byas ebenfalls nur Ein Consonant
verbheben, jedoch nicht der erste, sondern der zweite, näm-
lich das 7\^ y \n Gestalt von g i, wobei ich wieder vor
Allem an das griech. ^ — gleichsam die Media des armen.
^ 0 — z. B. von dajua^£-T£ für skr. damdya-ta erinnern (§.
19) und auf das verweisen mufs,| was oben (p. 371 ff.)
über das g z gesagt worden, welches in den interessantesten
Formen der armenischen Gonjugation als Vertreter des skr.
7\^ y vorkommt. Es unterstützen sich also in dieser Bezie-
hung Casus- Tempus- und Modus- Bildung einander wech-
selseitig, und ich trage nicht im Geringsten Bedenken, den
sanskritischen Formen wie z. B. dhi-Byas den und von den
Schlangen (ved. Accent) nicht nur das sendische asi-byo,
lat. angui-hus und litau. angi-mus, sondern auch das arme-
nische oXfig ot^i-z als stamm - und bildungsverwandt gegen-
überzustellen, so sonderbar es auch scheinen müfste, wenn
man ohne Hülfe des Sanskrit, welches soviel Sprachräthsel
des indo-europäischen Stammes zu lösen im Stande ist, die
armenische Endung g z mit dem lateinischen hus und lit.
mus oder ms zu vermitteln suchte, es sei denn, dafs man
irrthümlich das armen, z mit dem Endbuchstaben der lat.
zeigen, die germanischen Sprachen aber dem alten System treu ge-
blieben sind; ich meine die Benennung der Zahl 9 (s. §. 317). Ein
specielles Verwandtschaftsverhältnifs der germanischen Sprachen mit
den letto-slavischen kann ich, abgesehen von Wort-Entlehnungen,
überhaupt nicht anerkennen.
*) Ist zwar nicht zu belegen, darf aber mit Sicherheit aus dem
Nom. threi'S und dem althoch. Dat. dri-m gefolgert werden.
426 Bildung der Casus, §. 215. 2.
und litauischen Endung identiflciren wollte, was sich darum
nicht rechtfertigen liefse, weil schliefsendes s im Armen, zwar
gelegentlich zu q (s. §. 216), nirgends aber zw g i geworden
ist, während zu Gunsten der Annahme, dafs ^ i in den be-
treffenden Endungen aus 7\^ y (^=j) entsprungen sei, der Um-
stand spricht, dafs wir oben (p. 421 f.) in in-'^ (mir) ein ^ ^
— welches sich zu ^ i verhält wie eine Media zur organge-
mäfsen Tenuis — dem skr. TJ^ y der Endung hyam haben
gegenübertreten sehen, und dafs im Ablativ pl. der beiden
ersten Personen ein ^ g das g z der gewöhnlichen Decli-
nation vertritt {i men-g anobis, i X^en-g a vobis), in der-
selben Weise, wie wir oben (p. 372 f.) im Futurum, in einer
besonderen Stellung, nämlich vor ^, ein ^ g statt g i als
Vertreter des 7)^ y des skr. Precativ- Charakters yd gefun-
den haben, und wie das Ossetische, welches, als ein iranisches
Idiom, mancherlei merkwürdige Begegnungen mit dem Arme-
nischen darbietet, in seinem Futurum dem 7\^ y des skr.
sya regelmäfsig ein g {= ds), d. h. den Laut des armeni-
schen ^ gegenüberstellt *). Wollte man aber die Entstehung
*) Sollte das ossetische Futurum vor dem g- , z.B. von car-gi-sfam
wir werden leben (G. Rosen p. 2(i) nicht ein s (oder h für s) ver-
loren haben, so würde Ich dieses Fut. eben so wie das armenische auf
den skr. Precativ, d. h. Aorist des Potentialis, zurückführen. In den
Sylben stam^ siut\ sti des Piur. erkennt man leicht das Verb, subst.,
d.h. dieskr. Wz. j t ä stehen, auch sein, also car-g i-s tarn soviel
als leben werdend sind wir. Räthselhaft schien mir lange das
n der Singularformen wie c'ar-g /-/ian Ich werde leben. Ich
fasse es jetzt so, dafs Ich einen Übergang der Media von da r? Ich
bin In den organgemäfsen Nasal annehme, also analog dem Über-
gang des b in m In den litauischen und gothlschen Casus -Endungen
rnus^ ms^ m. Das d von dan fasse Ich als Erweichung des skr. /
oder send. / von siä^ s tä^ welches nach Verlust des s leicht zur Me-
dia herabsinken konnte. In der 2. Pers. s^. hat die zusammengesetzte
Form, In Vorzug vor der einfachen, den Personal-Ausdruck bewahrt,
also: car-gi-na-s leben werdend bist du, gegen da ,,du
bist."
Instrumentalis, Datw, Ablatw dual. §. 215. 2. 427
des armen, g i aus y == j m der in Rede stehenden Casus-
Endung und den oben (p. 371 ff.) erwähnten Verbalformen
darum bestreiten, weil man keine Wurzeln nachweisen kann,
welche ein anfangendes oder schliefsendes ^ i für sans-
kritisches ^L y zeigen, so müfste man aus ähnlichem Grunde
auch leugnen, dafs das oben (p. 42) besprochene dialec-
tische p in griechischen Endungen die Entartung eines c, sei,
oder, wie auch Rask') und Grimm (I. p. 828) annehmen,
das m in litauischen und gothischen Pluraldativen aus der
organgemäfsen Media [h) sich erweicht habe, weil aufser in
Casus-Endungen, man sonst in den lettischen und germani-
schen Sprachen kein m (oder n) für älteres b nachweisen
kann, während im Send das m von mrü sprechen für
skr. h von hrü als ein in seiner Art einziges Phänomen
dasteht. — Bei Stämmen auf a behauptet das Armenische
diesen Endvocal wie das Litauische und Gothische vor der
in Rede stehenden Casus-Endung unverändert, während das
Sanskrit dem a ein i beimischt (woraus e = a^), so dafs
z. ^. mege^-Byas vom Stamme megd Wolke, kese-1)yas
vom Stamme ke^ia Haar, dem armenischen miga-i^ gisa-z
gegenüberstehen, welche beiden Formen hinsichtlich der
Reinerhaltung ihres stammhaften a besser zu litauischen
und gothischen Dativen wie wilka-mus [wilka-ms)^ vulfa-m
lupis, als zu den eben erwähnten sanskritischen stimmen.
Das i von miga-z^ gisa-z ist der Schlufstheil des sanskriti-
schen Dipthongs e = ai im Innern des Wortes, dagegen haben
die des Endvocals des Stammes beraubten, und also ein-
sylbigen Formen, wie z. B. der Nom. sg. meg^ ges^ plur.
meg-q\ ges-q^ den alten Diphthong ai in der Zusammenzie-
hung zu ^ bewahrt. In dev Daemon = skr. devd-s Gott
hat sich der Dipthong b e z\x ^ e gekürzt, welches jedoch
in den mehrsylbigen Casus ebenfalls durch i ersetzt wird,
*) In der oben (p. Il9 Anni.*) erwähnten Schrift (bei Vater
p. 1-4), wo die lliauisclien Endungen ms (mus) und mis von tri-ms,
iri-mis mit dem lat. bus von tri-bus verglichen worden.
428 Bildung der Casus. §. 215. 2.
daher Dativ, Ablativ, Gen. pl. diva-z gegenüber dem lit.
dewa-mus und skr. deve-Byas. Auf demselben Princip, wo-
rauf im Armenischen bei vielen Wörtern der vocalische Un-
terschied zwischen dem Nom. und den ihm analogen Casus
einerseits, und denjenigen, welche den Endvocal des Stam-
mes wieder herstellen oder wenigstens eine Sylbe mehr haben
als der Nominativ, andererseits beruht, gründet sich auch
die Erscheinung, dafs viele Wörter in der zweiten Casus-
reihe einen Vocal im Innern des Thema's überspringen; da-
her steht z. B. gegenüber dem Nominativ sg. hasuk Arm, vom
Stamme basuka = skr. h dhuka"), der Dat., Abi., Gen. pl.
haska-i, und vom Stamme guho Grube (mit o für skr. a
des Stammes kü'paiA.^ s. p. 366 f.) der Nom. guh gegenüber
dem Gen. Dat. sg. gh-i, Instr. gbo-v, Dat. Abi. Gen. pl.
gho-2. Der Stamm duster Tochter (= skr. duhitdr), wel-
cher im Nom. dustr des e der Endsylbe verlustig gegangen
ist, unterdrückt in den Casus, welche dieses e bewahrt haben,
den Vocal der ersten Sjlbe, daher im Dat. Abi. Gen. pl.
dster-z für skr. duliitr'-hyas\ von sirti Herz lautet der
Nom. sg. sirt^ der in Rede stehende Plural- Casus aber
"C^ts srti-z, trotz der grofsen Härte eines mit S7't anfangen-
den Wortes *"). Bequemer als der Stamm sirti ist der oben
erwähnte Stamm o^^ o^^ Schlange = skr. dhi (p. 369),
und unter andern auch der Stamm ^uhjoP^fi l^anofi ^^connais-
sant, connUf amV (nom. ^anof), weil diese Wörter die
Wurzelsjlbe überall unverstümmelt lassen; daher bildet
letzteres in dem in Rede stehenden Casus ^lu^o^/r^ ^anöfi-z
= gnd'ti-Byas (them. gnd'ti Verwandter, eigentlich
Bekannter). Das skr. Suffix ti^ welches uns hier im
Armenischen in der Gestalt P^f fi entgegentritt, findet sich
in der genannten Sprache auch in der Gestalt "»/» ti^ z. B.
in dem Stamme sast% (Nom. säst. Dat. Abi. Gen. pl. sasti-z).
*) Von bdhü Arm, jedoch mit veränderter Bedeutung.
**) Aus Versehen steht oben (p. 359) siite^ sirti-v^ sirti-z% sirli-i^q ^
für srle etc., und p. 36 1 düstere für dster-e.
Instrumentalis^ Dativ, Ablativ dual. §. 216. 429
vorausgesetzt, dafs dieses Wort, wie ich nicht zweifle, zum
skr. Stamme sds-ti gehört °). Es beweist also auch die
Wortbildungslehre, dafs die volle Gestalt der Bildungs-
suffixe, welche das Armenische mit dem Sanskrit und ande-
ren Schwestersprachen gemein hat, nicht im Nominativ zu
suchen ist, wo man sie fast nirgends findet, sondern in der
2ten Gasusreihe, und vorzugsweise im Dativ, Abi., Genit. pl.,
dessen Endung g 2 sich immer dem wahren Endbuchstaben
des Stammes anschliefst, und zwar bei Stämmen auf n in
Vorzug vor dem Sanskrit und Send, welche das schliefsende
n vor den mit V7[^ b'i/, ^^ hy anfangenden Gasus- Endun-
gen abwerfen, ebenso das Gothische vor m für 6, so
dafs z. B. der gothische Stamm augan Auge = armen.
akan den Pluraldativ auga-m (für augan-m) dem armeni-
schen akan-i und den skr. Formen wie dsma-Byas lapi-
dibus, na'ma-^'^a^ nominibus (für dsman-dyas, na~
man-üyas) gegenüberstellt.
216. Der vierte Verwandte der skr. Dual -Endung
Bydm ist Bis als Bezeichnung des pluralen Instrumentalis.
Das Send zeigt dafür ^-M^ bis (im Nebendialekt bis), das
Litauische mis (vergl. §. 161) und das Armenische p^ hq
oder f-^ '^9."")' ^^^ ^^^ skr. Form Bis und send, bis
genauer entsprechende Form bq hat sich, wie das b im
Singular (p. 358) nur hinter Gonsonanten behauptet, wobei n
durch Verwandelung in m sich der labialen Media anbequetm.
Man vergleiche mit dem skr. dhi-Bis durch die Schlan-
gen, dem send, asi-bis und Htauischen angi-mis das armen.
oXfiL.^ 6'C,i'vq\ und mit skr. Formen wie dsma-Bis (für
dsman-Bis), sendischen wie asma-bis, für asman-bis,
*) Die Wz. s äs bedeutet im Skr. befehlen, beherrschen ,
lehren, strafen, und das armen, .faj^, them. jöj/i, nach Aue her
^^reprimende^ correction^ chätiment'''' etc.
**) Für > V auch i/^«', was dem Laute nach identisch ist mit /_, wo
dieses consonantische Geltung hat. Hinter n o steht ^tv, weil ni. den
Lautr/ ausdrückt, s. Pctermann p. 55f. Dasselbe gilt für denlnstr.sg.
430 Bildung der Casus. §. 216.
armenische wie akam-hq^ vom Stamme akan. Dem skr.
duhitf'öis durch die Töchter entspricht das armen.
q.umtrpp^ dstev-bq, zusammengezogen aus duster-hq (s. p.
428). Die Entstehung des armen. ^ q aus ursprünglichem
s in der vorhegenden Endung kann keinem Zweifel unter-
worfen sein, obwohl der Übergang eines skr. s in armen.
^ q — eben so wie der von "^ y \n g z — nur in gram-
matischen Endungen sich wahrnehmen läfst (vergl. p. 427),
hier aber auch an Stellen, wo man ihn am wenigsten erwar-
ten sollte, nämlich in Formen, wo dem schliefsenden ^ s
des Sanskrit ein a oder ä vorangeht, in welcher Stellung
das schliefsende s im Altpersischen schon zur Zeit des Darius
Hjstaspis spurlos verschwunden war, und auch im Send
nicht ungestört geblieben ist (s. §. 56*^). Das Armenische
zeigt im Nomin. pl. Formen wie ges-q Haare (für skr.
ke'sds) und in der ersten Pers. pl. solche wie her-e-mq für
skr. ödr-d-mas, ved. Bar- d-masi^ send, har-d-mahi,
altpers. har -d-maliy *). Im Plural - Nomativ hat zu-
erst Petermann (p. 115) das armen. ^ q als Entartung
von^gefafst; dafs aber auch das schliefsende s, wo es hin-
ter langem d stand, im Armenischen sich gelegentlich u n-
verändert behauptet hat, ist oben gezeigt worden an
Formen wie uiw-gb-u ta-ze-s dabis für skr. de-ya-s, gr.
do-i'7]-5 (s. p. 372), wofür im Send dd-ydo, im Altpers.
dd-yd zu erwarten wäre. In Formen wie her-e-s du trägst
entspricht das arm. s dem skr. si (Bdr-a-si), dem sendi-
schen hi (har-a-hi) und altpers. hy (bar-a-hj). Das Ar-
menische steht also, und ich glaube hinzufügen zu dürfen,
auch das Ossetische, in Bezug auf das s auf einer älteren
Stufe als das Altpersische und Send; jene beiden Idiome
deuten auf eine Sprachperiode hin, wo im iranischen Zweig
unseres grofsen Sprachstammes die Umwandlung des s in
h, oder die Unterdrückung oder Vocahsirung des s c h 1 i e-
*) Ist nur theoretisch gebildet nach Analogie wirklich vorkom-
mender Formen.
Instruinenlnlis. Datio, Ablativ dual. §. 217. 431
fs enden s noch nicht zu dem Grade gediehen war, der
uns im AJtpersischen und Send vorHegt, da im Armen, und
Ossetischen ein s der skr. Personal -Endung si gegenüber-
steht; z.B. im ossetischen car-i-s du lebst für skr. rH'ftT
cdr-a-si, send, iev^o^o.«^ car-a-hi du gehst. Man kann
nicht sagen, dafs hier das i von car-i-s und analogen
Formen die Veranlassung der Bewahrung des s sei, da die-
ses i erst in verhältnifsmäfsig später Zeit aus a (durch den
assimilirenden Einüufs des verschwundenen i der Personal-
Endung) erzeugt ist, und das h des sendischen car-a-hi,
wenn es jemals im Ossetischen bestanden hätte, nach Um-
wandlung des vorhergehenden a in i nicht wieder in seine Ur-
form s hätte zurückkehren können. Übrigens zeigt das Osse-
tische im Futurum auch den Personal -Charakter 5 hinter a,
z.B. in dem oben erwähnten car-gi-na-s du wirst leben.
217. Dafs die griechischen Endungen (|)iv, <^i mit
denjenigen verwandt sind, welche im Sanskrit mit d anfan-
gen, liegt am Tage. Es fragt sich aber, ob (\)iv, ^i sowohl
im Singular als im Plural auf eine und dieselbe sanskritische
Endung sich stützen, oder ob sie im Singular, gleich dem
latein. bi von ti-hi, si-bi und den locativen Adverbien i-bi
u-bi etc., und wie das umbrische fe von i-fe dort, auf
die sanskritische singulare Dativ-Endung von tü-Byam dir
sich stützen, im Plur. aber entweder auf die skr. Instru-
mental-Endung Bis (woraus im Präkrit hin), oder auf
die Dativ- Ablativ-Endung V7X^ Uyas; in beiden Fällen mit
dem nicht befremdenden Übergang von s in v (s. §. 97)?
Eine zuverläfsige Entscheidung dieser Frage ist nicht mög-
lich; ich gebe aber jetzt, in Abweichung von meinen frühe-
ren Erklärungsversuchen, der Vermittelung der pluralischen
Endung (f)Lv, (pL mit der skr. Dativ- Ablativ-Endung Uyas
den Vorzug, so dafs also, hinsichtlich der Zusammenziehung
von JJ( ya ZM ^, das gr. (j)iv im Plural dem lat. bis von nobis,
vobis (s. p. 423 f.) entsprechen würde, während im Singular
(bi oder <piv, z. B. von avTO(j)L, yj^i ßi^^t^^h >is^aXri(j)LVy (jipyfrpYjcpLVf
7ua\o.firi<\)Lv eben so wie das lat. bi von ti-bi, si-bi, i-bi etc.
432 Bllduns der Casus. §. 217.
mit dem skr. Byam von tu-Byam zu identificiren wäre.
Die skr. Endungen h'yam und öyas, wovon erstere blofs
den Dativ, letztere zugleich den Ablativ ausdrückt, passen
für alle Verhältnisse, welche man in der homerischen Spra-
che durch ^Lv oder ^l (^vovon letzteres wahrscheinlich nur
eine Verstümmelung des ersteren) ausgedrückt findet, da
der griechische Dativ, wie der lateinische Ablativ, auch das
locative und instrumentale Verhältnifs zu bezeichnen im
Stande ist. Doch steht, wo das locative Verhältnifs ausge-
drückt wird, den in Rede stehenden Formen häufig eine
Praeposition voran, wie z. B. in in avTo^L, nap avTc<\)i, da-
selbst, In iKpic(\)i auf dem Verdeck, nap ox£^c|)t beim
Wagen; aber ohne Praeposition: naXdfxr^cpLv in der Hand,
^i)pr^(l)L draufsen, eigentlich an der Thüre oder vor der
Thüre, KE(paKri(pLv (KaßsTv) heim Koi^i, opso(|)i auf den B er-
gen. Beispiele mit Instrumentalbedeutung sind: k-ipr(^L
(Xd^EO-^'aL) mit der anderen (Hand), Kpar^pr^i^L ßL'ri(pLv
durch gewaltige Kraft, T(pL mit Macht, als einziger
Überrest des Stammes l (vgl. lat. vis). Als Ablativ erscheint
die Form auf (pLv, cpt fast nur mit Praepositionen, die in der
gewöhnlichen Sprache den Genitiv regieren, denen aber der,
die Entfernung von einem Orte ausdrückende Ablativ bes-
ser zukommt als der für dieses Verhältnifs wenig geeignete
Genitiv; daher z. B. dno vavcptv, ly. ^-eo^lv, Avofür man im
Sanskrit den blofsen Ablativ näuÜyds, deve-dyas ( :=
devai-Byas) setzen würde. Als Ausdruck des echt dati-
ven Verhältnisses erscheint die Endung (^lv in w; <|^P>f"P>J
i^p'qTpy](\>Lv dpr^yr\\ ^EocpLV \xr^a-Twp drdXaMToc,. Streng genitiven
Gebrauch kann man der Form auf (^iv, ^i ganz absprechen,
obwohl er nicht befremdend wäre, da Genitiv und Dativ
in ihrer Bedeutung sich nahe berühren, wie denn auch im
griech. Dual der Genitiv an der Endung des Dativs durchgrei-
fend Theil nimmt, und im armenischen Plural der Dativ und
Ablativ ihre Endung auch auf den Genitiv übertragen haben
(p. 425). Zu den Genitiv -Formen auf (|)iv, (^l ohne vorher-
gehende Praep. rechnet man 'IXtot^a- {xXvrd teix^o), welches
Instrument aus, Dafw, Ablatio dual. §. 218. 433
sich jedoch an der betreffenden Stelle sehr gut als Locativ
fassen läfst, ,,zu Ilios"; ferner öaxpuo(|)ty [ocraz mjiTuXavro),
wo das Verhältnifs ein echt instrumentales ist , und der
Umstand, dafs die gewöhnliche Sprache das betreffende Ver-
bum mit dem zu ihm nicht passenden Genitiv construirt,
nicht dazu berechtigt, daxpv6(l)Lv, — welches man an dieser
Stelle ins Sanskrit durch den Instrument, asruüis überse-
tzen müfste — als Genitiv zu fassen. In oaas daKpv6(^iv
ripcravTo „die Augen wurden trocken von Thränen",
ist das durch daKpvci\)Lv ausgedrückte Verhältnifs ein abla-
tives, und man würde hier im Sanskrit dsruJJyas setzen. —
Dem Accusativ ist die Endung (f)t, (\)iv ebenfalls fremd, auch
erscheint sie nicht im Gefolge von Praepositionen, die sonst
mit dem Accus, vorkommen, mit der einzigen Ausnahme
von Ic, lvyr^(\>Lv bei Hesiod (vgl. Buttmann p. 205). Was die
Meinung der alten Grammatiker, dafs (|)i, (^iv auch im No-
minativ und Vocativ stehen könne, und die Unzweckmäfsig-
keit des t subscr. vor dieser Endung im Dativ sing, erster
Decl. anbelangt, so verweisen wir auf das, was Buttmann
(S. 205) mit Recht dagegen eingewendet hat.
218. Von consonantisch endigenden Stämmen kommen
fast nur die in §. 128 gedachten Neutra auf c, in Verbindung
mit (|)i, (^Lv vor, in Formen wie ox^^-^h opza-<^i, aryj^Ea--(l)iv,
die man misverstanden hat, weil das vor vocalischen En-
dungen ausfallende a nicht als Eigenthum des Stammes
erkannt war. Von anderen Consonanten ist y der einzige,
und unter den v -Stämmen xotvXyj^ov der einzige, welcher
in Verbindung mit (\)lv vorkommt, und, weil v mit (j)
schwerer als er sich verbindet, einen Hülfsvocal o annimmt —
KOTvXYj^ov-O'CpLv — Dach Analogie- zusammengesetzter Wörter
wie Kvy-o-2-apü-yjg. Diesem Beispiele folgt ohne Noth auch
^oLKpv — dciKpv6(pLy für skr. dsru-Uyas — während va.\)-(\>iv->
abgesehen von der Betonung, ganz dem skr. ndu-Byds
gleichsteht, wie denn der Stamm yciv auch in Zusammenset-
zungen des Bindevocals o sich enthält, weshalb man z. B.
vavara^lxQy mit sanskritischen Compos. wie ndu-sfa im
I. 28
4.14 Bildung der Casus. §. 'J 1 9.
Schiffe stehend (seiend) vergleichen mag. — Das Sans-
krit wandelt bei den durch das Suffix «5 = griech. sc, 05
gebildeten Wortstämmen das genannte Suffix \or den mit
B anfangenden Casus -Endungen in 0 (= au aus ar) um,
eine Umwandlung, die sonst nur am Ende der Wörter vor-
kommt (s. §. 22); es stehen daher Formen wie vaco-Byas
im Nachtheil gegen griechische wie oyjiCT-<^iv. — Will man im
Griechischen die Endung c^ti^, c/)t überall, wo sie vorkommt,
mit der skr. Endung Byam vermitteln, so hat man für For-
men wie ^so-(\>iv, 6aKpvo'<^iv, va.V'<^i\\ ox^(y-(^iv im Sanskrit keinen
anderen Vergleichungspunkt als die Dative der beiden ersten
Personen [asmdByam nobis, yus'mddyam vobis), die
aber, wie die Ablative asmdt a nobis, yusmdt a vobis,
ihrer Form nach Singulare sind, wobei es wichtig ist zu
beachten, dafs nicht einmal das Send an der misbräuch-
lichen Versetzung der Endung VSflL %«^^ in den Plural
Theil nimmt, sondern in dem oben (p. 423) erwähnten mai-
hyo nobis eine echte Plural -Endung zeigt, woraus man
folgern kann, dafs die skr. Formen asmdByam, yusmd-
Byam verhältnifsmäfsig jung sind, und dafs man zur Zeit
der Identität des Sanskrit und Send asme-Byas, yusme-
Byas, oder vielmehr asmaiByas, yus'maiByas gesagt hat.
Zu den pluralen Ablativen asmdt, yusmdt, mit singularer
Form, bietet das Send ebenfalls keine Analoga dar, sondern
das oben erwähnte maihyo würde, wenn Gelegenheit dazu
vorhanden wäre, höchst wahrscheinhch auch im Sinne des
Ablativs auftreten.
219. Um aber zur skr. Dual -Endung V?TrH. ^yäm
zurückzukehren, so ist noch zu bemerken, dafs schliefsendes
^ a vor derselben verlängert wird; daher dsvdBydm für
dsvaBydm. Es leidet kaum einen Zweifel, dafs diese Ver-
längerung sich auch auf die verwandte Plural -Endung Bis
erstreckte, und dafs daher von dsva auch dsvd-Bis gebil-
det wurde. Die gewöhnhche Sprache hat aber diese Form
zu dsvdis verstümmelt, was sich leicht aus dsvdBis durch
Ausstofsuog des B erklärt, denn ^ di ist nach ^.2 = d-hi.
Inslrurnentalis, Dativ, Ablativ dual, §. 219. 435
Diese Ansicht, die ich schon früher ausgecprochen habe*),
kann ich nun durch neue Beweisgründe unterstützen. Erstens
bilden, was mir damals bei dieser Erörterung nicht vor-
schwebte, die Pronomina der beiden ersten Personen aus
ihrem Anhängepronomen sma wirklich smd-öis, daher
asmd'Bis^ yus'maBis, welche Formen mit dem von mir
angenommenen dsvd-Bis in demselben Verhältnisse stehen,
wie die Accusative asman, yusntd'n zu dsvdn equos.
Zweitens hat sich meine theoretisch gewonnene Ansicht seit-
dem durch den Veda- Dialekt in soweit factisch bestätigt,
als hier aus einem schliefsenden a zwar nicht d-5is, aber
doch e-Uis gebildet wird, nach Analogie der Dativ -Abla-
tive wie dsve-Öyas\ daher z.B. dsve-Üis per equos
von dsva. Zu dieser Veda-Form stimmt in der gewöhnlichen
Sprache die Pronominalform e-Bis per hos, die man nun
füglich von dem Pronominalstamm ^ a ableiten mufs, der
überhaupt in der Declin. von iddm die Hauptrolle spielt.
Wenn nun einerseits vom Pronomen a die Form e-Uis,
andererseits von asmd und yusind die Formen asondBis^
yusmd'Bis entspringen, und w^enn an erstere Form der
Veda -Dialekt in seinen Substantiv - und Adjectivstämmen
auf a sich anschliefst, so geht daraus keineswegs die Noth-
wendigkeit hervor, dafs dem verstümmelten dis ein e-Bis
zum Grunde liege, was niemals zu dis führen könnte'*).
Wohl aber konnte dBis zu eBis werden, nach Analogie
der Dativ -Ablative auf e-Byas und anderer Formen, in
w^elchen e als Entartung von d steht, z. B. in medialen
Dualformen Avie Bdrete aus Bar-a-dte '""').
*) Abhandl. der historisch -philol. Klasse der Akad. d. Wiss. aus
dem J. 1826. p. 79-
**) Aus e bis würde nach Ausstofsung des 6' nicht äis^ sondern
ajis entstehen, denn e = a -|- / kann mit einem folgenden i nicht
XU einem Diphthong, oder, da es selbst schon ein Diphthong ist, zu
einem Trlphthong vereinigt werden.
***) Das vedische J^2^^| nadyäis für nadi-bis sehe ich nicht
als eine Verstümmelung von nadi-Üis an — denn nach Aussto-
28*
.J,3G Bildtnis der Casus. i^. 220.
220. Das Präkrit bat den vorn VeJa- Dialekt ange-
fangenen Weg vollends zurückgelegt, und auch das d von
üsma-öls, yusma-d is, sowie im Locativ plur. das von
asmd'-su, yusma-su zu e umgestaltet, daher 59^r^T^ amhe-
liin., Uimhe-hin, amhe-su, tumhe-su. Aufserdem schliefsen
im Prakrit alle anderen a- Stämme, sowohl Pronomina als
Substantive und Adjective, den Instrum. plur. mit e-hin^
und so stimmt z. B. kusume-hin floribus (von kusunid)
zum vedischen kusume-dis. Ehe aber die Formen auf
e-b'is, e-hi'ii durch Umwandlung des a in ^ aus äbis ent-
standen waren, mufste schon aus dieser ältesten Form, auf
dem Wege der Ausstofsung und Zusammenziehung, uis
entstanden sein. Diese Form besteht auch schon in den
Veda's neben der auf edis\ z. B. yagndis^ arkdis. Im
Send ist die zusammengezogene Form dis die einzige be-
legbare, und zwar aufserordentlich häufig. Auch im Litaui-
schen haben die männlichen Stämme auf a, in Abweichung
von allen übrigen, den Anfangsconsonanten der Casus -En-
dung verloren; daher z.B. deiuais durch die Götter, in
merkwürdigem Einklang mit dem skr. devdis und sendi-
schen ••HJi'-*^»;ü«-*^ daivdis. Die litauischen Mascuhn-
stämme auf ia (= ja), Nom. ^-s, zeigen eis für iais (s.
p. 146), daher z. B. wälgeis vom Stamme wälgia^ nom.
wälgi-s, Speise als zu essende"). Das Altpersische stimmt
in seinen Instrumentalen der a- Stämme zu den vedischen
Formen auf e-Bis^ jedoch mit Bewahrung des ursprüng-
lichen Diphthongs ai (p. 8), daher hagai-his von haga
Gott. Instrumentale dieser Art sind zahlreich zu belegen;
dagegen erkläre ich das oft vorkommende rauca-bis ")
Isung des b würde nadi's aus nadi -}- i s werden — sondern für
einen ganz gewöhnlichen Instrument., wozu eine Erweiterung des
Stammes nadi zw nadya anzunehmen ist.
*) VFäJgau i c h e s s e. Vgl. skr. Participia fut. pass. auf ja (§. sys).
**) N a c h T a g e n, immer mit vorangehendem Zahlzeichen ; wo-
bei daran zu erinnern, dafs auch im Sanskrit der Instr. häu6g das Ver-
hällnils nach ausdrückt.
Inslrurnciilalis, Ualiv, Ablativ dual. i^. 'J'il. iO l
aas einem Stamme auf w, welches nach sapskrit-sendlschem
Prinzip vor consonantisch anfangenden Casus -Endungen
unterdrückt wird ").
221. Vor der Dual -Endung <^'^^y bya entfernt sich
das Send bei seinen a- Stämmen auf ähnliche Weise vom
Sanskrit, wie die vedischen und prakritischen Instrumentale
auf^ e-öis, e-hiri von den ursprünglichen auf a-Z^'i 5 {asmd-
l)is, }/us'md''ßis); es setzt nämlich /ü<^' ai (s. p. 60) für
a; aus aspai-hya wird aber nach §.41 aspaii-bya.
So im Vendidad ^«►'yy^/>0«^<£,iy^<2^ oj^^^^<Kf»<iy hvaiibya
pddhaiibya suis pedibus = skr. svdByd'm pd'dd-
öydm; '^•i^i;ü«^*C0iJü^^5 sastaiibya (skr. hdstdbydm)
manibus. Man findet aber auch in diesem Casus den
skr. Diphthong e durch send. 6i vertreten (§. 33), z. B. in
-«-'^^^> uboibya ambobus (V. S. p. 305). Stellt man
in dieser Form den verlorenen Nasal wieder her, und nimmt
man an, dafs, was ich nicht bezweifle, die griechische Dual-
Endung Lv eine Verstümmelung des sanskritischen öydm
sei °°), so kann man mit dem erwähnten *^*^<^"^> loböi-
bya die Homerischen Formen wie wiJ.cL-'iv vergleichen, wo
demnach das erste l auf die Seite des Stammes, den es er-
weitert, das andere auf die der Endung fallen mufs. Die
dritte Declination könnte durch ihre Formen wie b'aiiicvciv
zur Vermuthung Anlafs geben, dafs oiv und nicht lv die
wahre Endung sei; die letztere ergibt sich aber aus den
beiden ersten Declinationen, wo sich lv und nicht civ an den
Endvocal des Stammes anschliefst (MouVa-tv, Xcyo-Lv)-, bei der
dritten erklären wir daher das o vor lv auf dieselbe W^eise,
*) Raucan erweist sich als Neutrum durch den Acc. sg. rauca^
Beh. I. 20: ks apa-va r auc a- pati-vd entweder bei Nacht
oder bei Tag, wo auch ksapa als neutraler Acc. von einem
Stamme auf «az zu fassen ist, der zumsend. ksapan^ Dat. ksafn-e.,
stimmt. Als Acc. s^. erscheint rauca auch Beh. III. 8, wo !. rauca
„den ersten Tag" bedeutet.
^*) Durch Herausstofsung des Labials, wie in l^^itl ds i^dis auä
dsvdb is^ und durch Zusammenziehung von 2(1*^! y dm zu tv.
438 Bildung der Casus. §. 222.
wie §. 218 vor (^iv {KOTvXridov-o-ipLv), d. h. als Bindevocal. der
von den Stämmen, die ihn nothwendig hatten, d. h. von
den consonantischen, in die, welche ihn entbehren könnten
— in die Stämme auf l und v — eingedrungen ist, wie über-
haupt bei der dritten Declin. die consonantischen Stämme
den Ton angegeben, und den Vocalen l und v ihren Weg
vorgezeichnet haben. Nothwendig dürfte aber auch der
Bindevocal o zwischen Consonanten und der Endung lv
nicht erscheinen, da man sehr bequem c^atjuov-tv sagen könnte,
allein das o von dctijuovotv stammt offenbar von einer Zeit
her, wo dem lv noch der Consonant vorstand, den die ent-
sprechende Sanskrit- Endung Bydm erwarten läfst; aller
Wahrscheinlichkeit nach ein (|), also öaLficv-o-tv aus 6atjuov-o-
4)iv '). Wir hätten also hier ein anderes 4)lv als das, wel-
ches wir §. 217 aus di/am, öyas zu erklären versuchten;
der Nasal steht im dualischen [(\i)Lv ganz legitim für seinen
Vorfahr m, wie in der Regel am Ende der Wörter. Um
uns noch mehr zu vergegenwärtigen, wie ganz gleiche For-
men als Entartungen von verschiedenartigen Vorgängern in
der Sprache sich festsetzen, so erwäge man die Form
sTVTTTov als erste Person sing, und dritte plur., einmal aus
iTVTTTofji^ dann aus irvTrrovT.
222. Das Litauische zeigt m in der Endung des dualen
Instrumentalis und Dativs, z. B. in dewa-m gegenüber dem
skr. deva-Byäm. Dieses m hat aber nichts mit dem schlie-
fsenden m der verwandten sanskritischen Endung oder mit
*) Der Bindevocal o vor der Dual- Endung iv hat also eine ganz
gleiche Veranlassung mit dem des possessiven Suffixes £vt, welches
schon anderwärts mit dem skr. vant verglichen worden. KvT mufste
also ursprünglich F£i/T lauten, und der Bindevocal, den das DIgamma
nach consonantischen Stämmen nothwendig oder wünschenswerth
machte, und der von da über die gesamnite dritte Declinatlon sich
verbreitet hat, ist auch nach dem Abfall des DIgamma geblieben, und
so stimmt 7rvo-o-eig zu ttvooTv aus 7tvo-o-'lv\ dagegen Tvoo-sig zu
7V0CIV (aus TVOO-'l'v).
InslnintenLalis, DalU, Ablativ dual '^. 2-3. 439
dem griech. v von B'ormen wie '^loiv zu thun, sondern es
entspricht, wie das m der Endungen mis und mi«5 (oder
ins) dem Anfangsconsonanten der verwandten skr. Endung
(s. p. 424). Dafür zeugt die entsprechende Endung im Alt-
slavischen, welches von der skr. p]ndung öydm auch den
Vocal gerettet hat und z. B. novo-ma (m. n.), nova-ma (fem.)
dem skr. ndvd-Bydrn (them. m. n. ndva neu, f. ndvd)
gegenüberstellt. Aber auch abgesehen vom Slavischen, wäre
es doch unmöglich, die litauische Endung m mit dem End-
laut des skr. Uydm zu vermitteln, weil schliefsendes m im
Litauischen sich sonst nirgends behauptet hat, sondern ent-
weder unterdrückt worden — auch in den Fällen wo die
Schrift noch sein früheres Dasein beurkundet (s. §. 10) —
oder zu u geworden ist, z. B. in der 1. P. sg. des Aorists,
wo überall au dem skr. am gegenübersteht, wie im goth.
Conjunct. praet. Jau dem skr. ydm entspricht (s. §. 18.
p. 31).
223. Was den Ursprung der mit V^ By (aus öi) an-
fangenden skr. Casussufßxe l)i-s^ By-am^ öy-dm und By-as
anbelangt, so müssen wir zuvörderst auf ihre Verwandt-
schaft mit der Praeposition 5f[H (^^ ^ ^n» hin, gegen (wo-
von abH'tas herbei) aufmerksam machen. In aBi selbst ist
aber bi offenbar ebenfalls Endung, und das demonstrative a
das Thema, so dafs diese Praeposition in Ansehung ihres Aus-
gangs als verwandt mit dem lateinischen ti-bi^ si-bi, i-bi
etc. anzusehen ist, gerade wie eine andere, vom Prono-
minalstamme a entsprungene Praeposition, nämhch d-di
über, in den griechischen locativen Adverbien wie o-S-i,
TTo-S-t, akXo-ä-L, ovpavd'^L ihre Analoga findet (§. 16). Ver-
wandt mit dem Suffix fy[ d'i ist ^ ha, eine Entartung
von d'a (p. 43), welches sich im Send in einigen locativen
Pronominal-Adverbien, und in der Praeposition Aa- <:/'« mit,
(für skr. sa-hd, s. §. 420) erhalten hat. Vom Griechischen ver-
gleiche man B-a von avS-a, EVTcw^a, gegen S-sv von evS-si/, IjjleB-bv
etc. aus %T^ d'fis für f[q^ tas in 5^'cjq a-dds unter,
unten. Das 'dL d' in diesen Bildungen steht nämlich als
440 Bilduns der Casus. §. 224.
VerschiebuLig des t, uad kommt auf diese Weise noch in
einigen anderen Bildungen vor °). Es erklärt sich daher
cZa, d'i aus dem Demonstrativstamm "^ ta\ aber dem Bi von
al)i (gr. ajut^t) ist es schwerer seinen Ursprung nachzuwei-
sen. Ich vermuthe den Abfall eines anfangenden Conso-
nanten. Wie im Griechischen auch (fjiv für o-^^Ty gebraucht
wird, und wie im Skr. vinsdti zwanzig einleuchtend eine
Verstümmelung von dvinsati ist, und im Send "^^J bis
zweimal, ♦-<>'^i(^^ hitya der zweite gesagt wird für
dvis dvitya, (skr. dvitt'ya), so mag fij ^i mit dem
Pronominalstamm sva oder svi identisch sein (wovon das
gr. a-(^H;^ a(^iv^ c/jtV etc.), und zwar so, dafs nach Abfall des
s der folgende Halbvocal sich in ähnlicher W^eise verstärkt
oder erhärtet hätte, wie in dem s endischen ^-^^ his^
^♦i^(V^ hitya und dem lat. bis, bi (bi-pes, s. §. 309).
224. Zum Überbhck der behandelten Dual-Endung,
im Skr., Send, Griech. und Litauischen, diene:
Sanskrit Send Griechisch Litauisch
m. dsvd-öydm aspaii-hya itttto-iv p6na-7ii ^)
f. d SV d - Uy d m hisvd-bya y^jopa-iv dsw Ö-m * )
m. p)^i^'bydm paiti-bya TTcat-c-Lv geiiti-m ^)
m. sünü-bydm pasu-bya vexv-c-Lv sünü-m ^)
f. hdnu-bydm tanu-hya -/ew-c-lv
f. vdg-byd'ni ? ctt-c-Tv
m. bdrad-üydm baran-hya ") (\>zp6vT-c-Lv
*) Unter andern in der zweiten Pluralperson medli, wo »^.-^ d ve
und %,^X| d vam {'nr "i^^ tv e^ f^^L ^^'^^^ (^S^' ^^^^ A\i).
^) S. §.222. 2) oder vVyMtc?aj harenbya; so V. S. p. 9
'^^^^^\iSO iS i>erescnhya\ jedoch auch, nach einer anderen Les-
art, beresanbja (s. 1j ur n o uf YaCna p. 332). Ich habe mit Un-
recht dieses Participium in der 1. Ausg. durch glänzend übersetzt
und von ^JJsl b rag glänzen abgeleitet. Da aber Neriosengh in
der von B u r n o u f (1. c. p. 34s) mitgetheilten skr. Übersetzung diesen
Ausdruck durch mahattara (sehr grofs) überträgt, so führt
uns diese Übersetzung zum skr. vrhänt (schwach vrhät grofs,
Genitiv, Locativ Juni. §.225. 411
Sanskrit Send Griechisch Litauiscli
111. dsma-Bydm ^) asma-bya ^) (5^ai]uoV-o-iv
m. h'ratr-Jjydm brdtar-e-hya narip-o-iv
11. vdcö-Bydm ^) vace-hya ^) E7ri{a)-o-Lv
Genitiv, Looativ.
225. Diese beiden Casus haben im Skr. die gemein-
g 05, welche mit der singi
schaftliche Endung 05, welche mit der singularen Genitiv
Endung verwandt sein mag. Beispiele sind: dsvay-os (von.
dsva und dsvd)"), pdty-6s, hdnv-os, vdc-os, Bratr-ös^
vdcas-os. Das Send hat den Zischlaut dieser Endung auf-
gegeben, und zeigt ^ 6 für ^^-^ ös^ namentlich in den
zuerst von Burnouf (Yagna, Notes p. 122) als Dual-Loca-
tive gefafsten Formen ^»ev3v •V<>^jVj> uboyö anhvo in
den beiden Welten (nach An qi: etil „dans ce monde"),
deren erste dem skr. uBdy-6s entspricht (über das 6 nach
h s. p. 58 f.), und die zweite den sanskritischen Formen wie
sicnv-ö^s, hd7iv-6s, von sümc, hdnu. Einen dritten Beleg
dieses Casus erkenne ich in der Form sastay-6 (= skr.
hdstay-ös vom Stamme Jidsta m. Hand), V. S. p. 354:
kafd asdi druge'm dyanm sastayö, d.h. wie mag ich
dem Reinen die Drug' geben in die Hände (in
die Gewalt)? Anquetil übersetzt: „ Comment moi pur,
eigentlich wachsend, womit auch Burnouf das betreffencle Send-
Wort vermittelt. — Man beachte in dem in Rede stehenden Casus des
Part, praes., sowie auch in dem öfter vorkommenden Dat. Ablat. pl.,
den sonst nur schliefsend und vor Vocalen und den Halbvocalen ^^
/ und >> V erscheinenden Nasal }. Es ist also die in §. 60 aufgestellte
Regel so zu berichtigen, dafs t nicht nur am Ende und vor den Halb-
vocalen ^^ y und >> V, sondern auch vor b^ vielleicht wegen des-
sen naher Verwandtschaft mit i;, dem ^^ vorgezogen wird, so dafs
also die Stämme auf (>0>y nt^ wenn sie, wie dies beim Part, praes.
der Fall ist, vor den mit b anfangenden Casus-Endungen den Nasal in
Vorzug vor dem if-Laut beibehalten, ibr^^ in ) umwandeln müssen.
3) S. p. 429. ") S. p. 434. 5) S. §.31, p. 56.
*) S. p. 294 f. Anm. '*).
442 JiHduTig der Casus. ^. 2'J.K
mettrai-je Ja main sur le Daroudj?" — Dem Litauischen
glaubte ich früher (erste Ausg. §. 225) eine duale Genitiv-
Endung absprechen zu müssen, indem ich annahm, dafs die
Genitiv-Endung ü des Duals mit der gleichlautenden des
Plurals in ihrem Ursprung identisch sei *). Da aber das
Altslavische eine eigene Form für den Genitiv du. hat *°),
dessen Endung oy w, in den 3 Geschlechtern, schon in der
2ten Abth. der früheren Ausg. (§. 273) mit dem skr. ös
vermittelt worden, \vobei ich OKOH) oboj'-u (am bor um,
ambarum) dem ebenfalls für die 3 Geschlechter geltenden
skr. uBdy-os *"*) gegenübergestellt habe, so glaube ich jetzt,
dafs auch das lit. dioej-ü duorum, duarum in seinem Ur-
sprünge identisch sei mit dem skr. Genitiv -Loc. dvdy-os (in
den 3 Geschlechtern), wofür man im Send dvay-6 oder
dvoy-o zu erwarten hat. Gehört aber das ü von dwej-ü zur
skr.-sendischen Dual-Endung: ^T^[^ os, \ o, so darf man
auch das ü anderer Dual -Genitive für eine wirkliche Dual-
Endung halten, und z.B. awi-u der beiden S chafe, trotz
seiner lautlichen Übereinstimmung mit awi-u ovium mit dem
skr. Genit.-Locativ du. avy-os identificiren. Die Substantiv-
und Adjectivstämme auf«, 6 (nom. «5, a), welche den sanskriti-
schen auf« (m.n.), d (fem.) entsprechen, lassen im Litauischen,
wie die entsprechenden Wortklassen im Altslavischen, ihren
Endvocal des Stammes in dem der Endung untergehen, und
zwar in den beiden Zahlen ; daher z. B. im Litauischen
dew'ü der beiden Götter, auch der Götter, im Dual
= skr. devdy-6s, im Plural = devä-n-dm; so dd'w-ü der
Leiden Stuten und der Stuten = skr. dsvay-os und
pl. dsvd-n-dm.
*) Der Locativ fehlt dem Litauischen im Dual.
**) Sie ist wie die entsprechende Endung 5g[[^ o.? im Sanskrit
dem Genitiv und Locativ gemeinschafth'ch. Dem Litauischen fehlt
dagegen der Locativ im Dual.
***) Im Masc. Neut. vom Stamme üb d^ Im Fem. von uöd .
N(i/nittfi/i\', Focu/iif pL §. 226. 4^13
PI
urai
Nominativ, Vocativ.
226. Masculina und Feminina haben im Skr. as als En-
dung desNom.pl., womit, abgesehen vom skr. Accent (§.204),
in allen Gliedern unseres Sprachstammes der Vocativ identisch
ist. Die Endung as betrachte ich als eine Erweiterung des sin-
gularen Nominativzeichens <s, so dafs in dieser Erweiterung
des Casussuffixes eine symbolische Andeutung der Mehrheit
liege; auch fehlt, wie im Sing, und Dual, so auch im Plu-
ral dem Neutrum das für dasselbe zu persönliche s. Im
Send ist 5f^ as nach §. So*-* zu 6 geworden, oder zu Oü».*.'
as vor den Anhänge-Partikeln ca und cid\ das Griech. zeigt
Ei;, unter Beschränkung von §. 228'''; das Lateinische, Litaui-
sche, und meistens auch das Gothische, haben von der En-
dung as den Vocal verloren. Das ^ lateinischer Formen wie
voce-s , fratre-s ziehe ich ebenso wie das von ove-s (= skr.
dvay-as, gr. oi'-Eg) und wie das lit. y (spr. i) von dwy-s
und das goth. ei (== t) von gastei-s zum Stamme, indem ich
annehme, dafs den ursprünglichen Endconsonanten, im Latei-
nischen, in diesem Casus ein i beigetreten sei, welches wie
das legitime i, z. B. des Stammes om, gunirt wird '). Man
vergleiche gothische Formen wie ahman-s, litauische wie
dkmen-s Steine, dükter-s Töchter") mit sanskritischen
*) Ich habe diese Ansicht zuerst in meinem Vocalismus (1836 p.
203) und später in der 5ten Abthl. der ersten Ausgabe dieses Buches,
p. Uli, ausgesprochen.
**) Ich gebe die Formen äkmen-s^ dükter-s nach Schlei-
cher (p. 1.92f.), welcher bemerkt, dafs die Form äkmeny-s in
Grammatiken und Büchern nichts lauge. Sie kann jedoch nicht
rein erfunden sein, sondern gehört, wie die meisten Casus der Stämme
auf n zu einem durch / erweiterten Thema. Ich habe darum, da ich
die Form ahm en-s nicht kannte, in der ersten Ausgabe (p. 272) die
Stelle, welche akmeny-s in den Grammatiken einnimmt, leer ge-
4.J4 liilJuDg der Casus. §. 226.
wie dsmcui-as , duhitdr-as , sendisclien wie a^man-6,
asman-aS'Ca, dugd'er-o, dugd'er-as-ca^ griecliischen wie
6aijuoy-s$, ^vyaL-ip'Sc,. Das Armenische hat, wie bereits be-
merkt worden (s. p. 430) den Zischlaut der skr. Endung as
in ^ q verwandelt, und den Vocal gleich dem Gothischen,
Litauischen und Lateinischen aufgegeben; daher stimmt z B.
dster-q Töchter zum litauischen dukter-s, und akun-q oculi
zu gothischen und litauischen Formen wie ahman-s^ dkmen-s.
Was den Umstand anbelangt, dafs auch Wörter, die wie
akn Auge ihrem Ursprünge nach Neutra sind, das Casus-
zeichen q zeigen, so ist zu berücksichtigen, dafs, wie bereits
bemerkt worden, im Armenischen die drei Geschlechter in
dem Masculinum zusammentreffen *). Das u von akun-q^
ist schon oben als Schwächung des a des Stammes akan
(skr. aksan) erklärt worden; es verhält sich zu diesem a
wie das althochd. u von kamen (mit verlorenem Casus-
zeichen) zum gothischen hancm-s. Diejenigen Stämme auf
an, w^elche ihr a im Genitiv und Dativ sg. zu i schwächen
(Schröder's 3te, Aucher's 8te Declin.), behalten diese Schwä-
chung auch im Nom. pL, daher gleicht trqj^j^ esin-q boves
(vom Stamme emii, gen. dat. sg. edn) mehr dem goth. Gen.
sg. auhsin-s als dem Nom. pl. aiihsan-s. Die Analogie, in
welcher bei dieser armen. Declinat. der Nom. pl. hinsichtlich
der Vocalschwächung mit dem Genitiv-Dativ sg. steht, darf
uns aber eben so wenig veranlassen, den in Rede stehenden
Plural- Casus bei einem Theile der ?i- Stämme vom Genitiv
oder Dativ sg. abzuleiten, als man bei den vocalisch endigen-
I
lassen. Die Form dukt er es^ welche sich bei Ruhig und Mielcke
für Schleicher's dukter-s findet, scheint mir jetzt noch verdäch-
tiger als akrnenj-s ., denn von dem durch i erweiterten Stamme,
dem die meisten Casus der ursprünglichen Stämme auf r angehören,
sollte man dukterj-s erwarten.
*) S. p. .367 und über ein ähnliches Verfahren in den iberischen
Sprach<Mi „Die kaukasischen Glieder des indo-curopäischcn Sjuach-
stammcs" p. 5 ff.
Norninalio, Vocativ pl. §. 'i'JT). ^445
Jen Stämmen den Plural-Nomiii. aus dem des Singulars darum
entspringen lassen darf, weil er ebenso wie dieser den End-
vocal des Thema's unterdrückt. Durch diese Unterdrückung
gleichen die armenischen Pluralnominative, wenn man zu-
gibt dafs ihr ^ q eine Entstellung des ursprünglichen s
sei '), den goth. Nominativen des Singulars von Stämmen
auf a und ^; wie also z. B. vulf-s, gast-s, von den Stämmen
*) Darin, dafs diese Entartung von s zu y nur in Endungen vor-
kommt, nicht aber an Wurzeln und Wortstämmen, steht das arme-
nische <7 auf gleichem Fuise mit^ z, welches ebenfalls nur in Endun-
gen als Entartung eines Buchstaben vorkommt, mit dessen Laut (; =
skr. jj j) er eben so wenig Ähnlichkeit hat als .g y mit s. Auf das Ver-
h'ältnils des 7 von (^un Schlaf, theni. quno, verstümmelt qno (mit
o für skr. a, s. p. 366 f.) und ^nj[' q uir Schwester zu den s der skr.
Stämme ssfdpna Traum, sväsdr Schwester, dürfen wir uns
nicht berufen, da die Lautgruppe ^cl -^'^ "^ allen iranischen Sprachen
regelmälsig zu einem Guttural geworden ist (s. §. 35) und man da-
her auch annehmen könnte, dafs dieser Guttural, z. B. der erwähnten
armenischen Wörter und ihrer sendlschen Schwesterformen qafna^
qanhar (euphonisch q anhare) die Erhärtung des f sei, wie auch,
was wichtig ist zu beachten, das v des skr. ^STI s väs ura (aus ;^qI
SV.) Schwiegervater in dem armen, ul^truni^p skesur (them. ske-
sura^ verstümmelt j/cejrß, instr. skesra-v) S ch^vi ege r mutt er sich
gutturallsirt hat, und auch, was ich jetzt glaube annehmen zu müssen,
das ^9 der obliquen Singular-Casus desPronom. der ::ten P. nichts als
die Erhärtung des v des skr. Stammes tva ist, dessen a in dem flexions-
losen Genitiv q o 7.110 (vgl. p. 366 f.) und in anderen obliquen Casus zu
h e geschwächt worden, während das e des Ablativs qi-n eine Ver-
längerung im Sinne von p. 3.58 erfahren hat. — In Bezug auf das vor-
hin erwähnte qun Schlaf mufs ich noch bemerken, dafs ich In sei-
nem u nichts als die Schwächung des a des skr. und send. Schwester-
wortes {s V äpna^ qafnd) erkenne, und dafs meiner Überzeugung
nach B Ott icher (1. c. p. iG^) Unrecht hat, wenn er aus dem skr.
svapna die Folgerung ziehen will, dafs ^ntjü qun ursprünglich chovn
müsse gesprochen worden sein {ov wäre dann eine Umstellung von
vo) ; denn jedenfalls ist das ^ q des armenischen Wortes eben so wie
das ü4 4 des sendlschen der etymologische Vertreter der sanskriti-
schen Laulgruppe ^^ sv.
446 lUMiius der Casus. §. 227. 228'').
vulfa, gasti, so z. B. im Armen, ges-q Haare, oa^ ö^-q
Schlangen, von den Stämmen gesa (geschwächt gisd) =
skr. kesa, 6'Qi = skr. dhi, gr. e'xi.
227. Mit einem vorhergehenden a des Stammes zer-
fliefst im Skr. das a der Endung as zu. d\ so entspricht
vr'kds (Wölfe), aus varka-has, dem gothischen vuljos
aus vulfa-as (§. 69). Nur in dieser Verwachsung mit
dem Stammvocal hat jedoch das Gothische die vollstän-
dige Endung geschützt; sonst aber ist, sowohl an vocah-
schen wie an consonantischen Stämmen, vom alten as blofs
s geblieben, wie überhaupt der Ausgang as in gothischen
mehrsylbigen Formen überall entweder zu is oder s
geschwächt worden ist (vgl. §g. 135. 191); daher z. B.
sunju-s^ ahman-s für suniv-as, ahman-as. — Auch d wird
im Skr. mit der Endung as zu ds zusammengezogen;
daher 53^^T^ dsvds (equae) aus dsvd-as. Dem
gothischen gibös vom Stamme gibo kann aber, wegen des
eben Gesagten, nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden,
ob es ein blofses 5, oder as (mit dem Stammvocal zu o =
d verwachsen) zur Casusbezeichnung habe. — Analog dem
gothischen gibös sind litauische Formen wie ds'wos^ >velches
man, vom rein litauischen Standpunkte aus, äsivö-s theilen
müfste (wie im Gen. sg. §. 193) ; dann wäre es analog den
Plural-Nominativen dwy-s Schafe, sunü-s Söhne, dukter-s
Töchter, dkmen-s Steine. Fafst man aber ds'wös als
ungeschmälerte Überlieferung aus der Zeit der Einheit unse-
res Sprachstammes, so zerfällt es in die Elemente ds'ivä-as
oder dswö-as (ö = ä p. 134).
228''). Die männlichen Pronominal-Stämme auf a ent-
halten sich im Sanskrit, Send und Gothischen der vollen No-
minativbezeichnung, und erweitern statt dessen den Stamm
durch ein beitretendes ^, welches im Skr. nach §. 2 mit dem
stammhaften a -lm JJ e wird'), wofür im Send ;ü e oder
I
*) Da 5^ flf in vielen anderen Casus sich zujje erweitert, und
hiermit erst die Casus -Kudungen verbunden werden, so hat man
NomifHi/w, Vocalw pl. §. 228*'. 417
^^ Ol Steht; daher z. B. skr. ^ te^ send. jüOö t^^ goth. j^/mi
diese, gegenüber den weiblichen Formen rTI^L ^^^^ S*^CO
^«0 (§. 56*)), thös. Jenem entspricht im Griechischen loi
(dorisch für oi)\ es ist aber im Griech. und Lateinischen
dieses, die Endung as (e;, 5) praktisch ersetzende i nicht
bei den männlichen Pronominalstämmen auf 0, ö (= 3^ a
§. 116) stehen geblieben, sondern alle anderen Stämme der
zweiten wie der ersten Decl. haben im Griech. und Lat.
daran ein Beispiel genommen; daher 'inTvoi^ X'^P^'- für LTTTTo-sg,
X(Jopa-ig; equi (aus equoi)^ equae (aus equai). Die lat. fünfte
Decl., obwohl sie ihrem Ursprünge nach mit der ersten
identisch ist (p. 147 f.), hat das s der Casus-Endung geschützt,
daher res wie im Skr. cisvds aus dsvä-as. Das Litaui-
sche hat dem Misbrauch der in Rede stehenden Pronomi-
nalflexion, oder richtiger Flexionslosigkeit, engere Grenzen
gesetzt als das Griech. und Lat.; es sagt zwar z. B. dewai
(= 3-sot', du, dwi), aber nicht äswai^ sondern äs'wÖSy gegen-
über dem lat. equae.
228 *\ Wenn das Altlateinische im Nom. pl. der zwei-
ten Decl. neben Formen auf t [ei) auch Formen auf eis, es
guten Grund anzunehmen, dafs in ^ ie und ähnlichen Formen gar
keine Casusbezeichnung enthalten sei, und dafs die Pronomina als
reine Persönlichkeitswörter in diesem Casus sich durch sich selbst
schon hinlänglich personlficirt finden, wie Im Singular sa für sas ge-
sagt wird, Im Skr. wie im Gothlschen, und Im Gr. 0 für 0?, während
im Lateinischen neben ü-fe auch ipse und i/Ie des Nominativzeichens
beraubt sind. Diese Ansicht unterstützt sich noch ganz besonders
dadurch, dafs ^^J ami illi durch die meisten obliquen Casus,
wie ami 'h yas Ulis, ami - s dm Illorum, offenbar als nacktes
Thema sich ausweist. Die im Send-Avesta vorkommende Form
vU^jLJce^^y^ vispes-ca omnesque (V. S. p. 49, 55^i, 555), als
Zusammenziehung von vis pay-as -ca aufgefafst (vgl. p. 4l8), läfst
vermuthen, dafs an ^ /^ und ähnliche flexionslose Formen auch die
Endung as sich anschllefsen konnte, also tay-as. Im Send steht die
Pronominal-Form auf e meistens auch Im Accus, plur., und so steht
auch das genannte vis pes -ca 1. c. wirklich als Accusativ.
448 Bildung der Casus. §. 228*).
und is zeigt, — wie z. B. vireis, gnateis, facteis, populeis, lei-
hereis, [co)iscr)iptes, duomvires, magistres, ministris") — so kann
daraus, meines Erachtens, nicht gefolgert werden, dafs die
Formen auf t oder ei nur Verstümmelungen der Formen
auf eis seien; denn der nahe Zusammenhang des Lateini-
schen mit dem Griechischen, dessen Pluralnominative auf
oi, ai in den lateinischen auf ei, c, ai, ae sich abspiegeln,
bürgt für das Alter und gewissermafsen für die in die Zeit
der Identität des Lateinischen und Griechischen hinaufrei-
chende Begründung der vocalisch endigenden Pluralnomina-
tive der 2ten Declination, die auch im Genitiv plur., ebenso
wie die Iste und 5te, eine im Sanskrit, Send, Germanischen,
Altpreufsischen und Slavischen auf die Pronomina beschränkte
Endung aufgenommen hat. Dies hindert aber nicht anzu-
nehmen, dafs das Altlateinische im Pluralnominativ der 2ten
Declin., neben den, auf altem Übergriff der Pronominaldec-
lination in die gewöhnhche, beruhenden Formen auf ei, i,
auch organische Formen mit bewahrtem Casuszeichen s be-
sitze, die jedoch, auch in der ältesten Sprachperiode, gegen
die überwiegende Menge der nach der Pronominaldeclina-
tion gebildeten Nominative sehr in der Minorität sich befin-
den, während umgekehrt auch in der Pronominal- Declina-
tion Formen wie ques für qui (im S. C. de Bacchan.), hisce
für htce""), eis für w, erscheinen, wenn man diese nicht,
was ich vorziehe, von Stämmen auf i ableiten will, wie
que-m, qui-bus und den altlat. Acc. i-m = goth. in-a: also
que-s [que-s) nach dem Princip von ove-s, skr. dvay-as.
Stehen aber Substantive und adjective Pluralnominative auf
eis — is (virei'S, leiherei-s) mit den vorherrschenden auf ei,
t in einem solchen Zusammenhang, dafs sie entweder die
Erzeugten oder die Erzeuger der letzteren sind, so trage ich
kein Bedenken, in Übereinstimmung mit Pott, das Erstere
*) S. Ritschi, Monumenta epigraphica tria p. 18 f.
**) Über die muthmafsllche Verwandtschaft von hi-c mit qui s.
Nominal w, P^ocatw pl. §. 228*). 449
anzunehmen, dafs also an die Plurale auf pA noch eine
neue Nominativ -Endung nach dem Princip der 3ten Decl.
angetreten sei, wobei an die Häufung von Casus-Endungen
in den oben (p. 385) besprochenen Singular- Genitiven wie
£jU£i)$ zu erinnern wäre, und zugleich an die vedischen Plu-
ralnominative wie devas-as (s. §. 229). — Im Oskischen
und Umbrischen enthalten sich sowohl die Substantive und
Adjective als die Pronomina selber der weit verbreiteten
pluralen Nominativform auf ^, und es finden sich in der
2ten Declin. des erstgenannten Dialekts männliche Plural-
Nominative auf US, wovon zuerst Peter (Hallische Litera-
turzeitung Mai 1842 p. 47) Belege nachgewiesen hat, durch
NManüs Nolani und Abellanus Jbellani"): so in der Pro-
nominaldeclin.pw5 qui. Als Pluralnominativ der Isten Declin.
erweist sich durch Aufrecht's und Kirchhoff 's Untersu-
chung die Form scriftas scriptae und analog j9ö55 quae *').
Das Umbrische zeigt in der älteren Periode männliche Plural-
nominative auf OS (2. Declin.) und weibliche auf as, und in
der späteren dafür o-r, a-r; doch sind in diesem Dialekt
pronominale Pluralnominative nicht zu belegen. Um aber
wieder zu den altlatein. Pluralnominativen auf eis oder es
zurückzukehren, so lassen sie sich weder mit den oskischen
Pluralen auf üs, noch mit den umbrischen auf os oder o-r
vermitteln, oder doch nur hinsichtlich des Casuszeichens 5;
ist aber dieses s nicht, wie oben angedeutet, an den, nach
der Pronominaldeclination gebildeten Pluralnominativ als
Pleonasmus angetreten, so halte ich die Form auf es (es)
für die ältere, und erkläre vires , duomvii^es nach der ^-
Declination, also aus den Stämmen viri, duomviri, mit Guna
(§. 230), wie ove-s = ovais aus ovi. Von der Form auf es
= ais gelangt man dann zu der auf eis (wahrscheinlich der
*) Vgl. Aufrecht und Kirchhoff, Umbr. Sprachd. p. l63ff.
**) L. c. p. 113 wird eine Stelle der tab. Bant, (25): pas ex. aiscen
ligis jcn/if«j je/ durch „quae ex hisce legibus scriptae sunt"
übersetzt.
I. 29
450 Bildung der Casus. §. 228^).
Aussprache nach = t-s), wie im Dat. sg., wo in dem i (z. B.
\ on ped'i = skr. p ade) der Schlufstheil des Diphthongs
at, mit Verlängerung, enthalten ist (s. §. 176). Ist nun aber,
was ich für sehr wahrscheinlich halte, in den in Rede ste-
henden Pluralnominativen die lat. o-Declination zur z-Dech-
nat. übergewandert, so ist dies eine ähnliche Erscheinung,
wie wenn z. B. die Stämme anno, jugö in der Composition
sich zu enni (s. §. 6), jugi schwächen {bienni-s, bijugi-s),
und daher im Nom. pl. m. enne-s, juge-s für anm, jugt zei-
gen. — Hinsichtlich des Verlustes des Endvocals des Stam-
mes, welchen die gewöhnlichen Pluralnominative auf t er-
fahren haben, in Formen wie equi, istt, ilU (für equoi etc.),
mufs darauf aufmerksam gemacht werden, dafs im Litaui-
schen, welches bei männlichen Stämmen auf a = lat. ö an
Substantiven den vollen Diphthong bewahrt hat — also
wilkai V^ölfe — bei analogen Adjectivstämmen nur der
Schlufstheil des zu erwartenden Diphthongs übrig gebheben
ist, daher z. B. geri boni (für gerai), vom Stamme gera.
Das Slavische dehnt die Verstümmelung des Diphthongs
auch auf die Substantive und Pronomina aus , daher
BA1»KH vlüki lupi für vlükoi vom Stamme vlüko, so TH
ti hi, OHH oni illi, von den Stämmen to, ono. Dagegen
zieht das Litau. , gleich dem Sanskrit, in der Pronominal-
declin. den Diphthong ai zu e (gewöhnlich ie geschrieben)
zusammen; daher te\\\ = skr. te (goth. thai^ dor. toi'). Diese
Begegnung mit dem Skr. betrachte ich nach p. 7 als zu-
fäüig; auch nimmt das Altpreufsische daran keinen Antheil,
sondern zeigt bei prominalen, wie bei Substantiven und selbst
bei adjectiven Masculinstämmen auf a den Diphthong ai, oder
gelegentlich dafür ei und. o^, letzteres gleichsam im griechi-
schen Gewände; daher z.B. stai ot "), quai und quoi qui
*) Die Pronomina, den Artikel mltbegriffen, gebrauchen im Plu-
ral aller Casus die Mascullnformen zugleich als Feminina, so dafs stai
nicht nur ol sondern auch a/, und stans (vgl. goth. thans) nicht nur
Tüxjq., sondern auch ra? bedeutet. Von tan-s er (them. tanna) fin-
den wir den Pluralnom. tannei.
Nortniiafw, Vocativ pl. §. 229. 451
(interrog. und relat.), tawai patres, swintai s a n c t i ; von den
Stämmen sta, ka^ tawa^ swinta. — Das Althochdeutsche hat
nach §. 79 in den in Rede stehenden Pluralnominativen den
goth. Diphthong ai zu e zusammengezogen, im Fall nicht
anzunehmen, dafs dieses e als schutzloser Endvocal in den
erhaltenen Sprachquellen überall kurz sei (s. §. 81). Jeden-
falls war es usrprünglich lang, und so dürfen wir beim Arti-
kel die oder die dem vedisclien tye, vom Stamme fSf tya,
gegenüberstellen (s. §. 355).
229. Im Veda- Dialekt finden sich Pluralnominative
auf dsas von männlichen Stämmen auf a und weibHchen
auf a, z. B. devasas von devd Gott, dümäsas von
dumd Rauch, pdvakasas von pdvaka pura'). Hierauf
stützen sich im Send Formen auf ^ev^^ donhö (nach
§. 56^^), die jedoch hier misbräuchlich auch in den Accus, ein-
gedrungen sind, z. B. vehrkdonho lupi, lupos (V. S. p. 468
als Acc). So auch 1. c. Icsvaiwdonho, als Epithet von asyo
Schlangen, ebenfalls als Accusativ; so mas'ydonho im 30.
Ha des Yasna, wo es, von dadad er gab regiert, die Stelle
des Dativs vertritt und von Neriosengh durch iqTT^^V7:ri
manusy eByah' (hominibus) übersetzt wird (s. Burnouf,
Yagna Notes p. 83). Die meisten übrigen belegbaren For-
men dieser Art, wie yasatdonho^ von yasata:, eigentlich
verehrungswürdig, dann die Genien dieses Namens,
stehen jedoch als Nominative männlicher a- Stämme "*); es
fehlt aber, wie es scheint, im Send ganz an weiblichen
) Die weiblichen Formen auf dsas waren mir früher entgangen,
s. liierüber Böhtlingk, Chrest. p. 377. Der Ursprung dieser Formen
erklärt sich meines Erachtens dadurch, dafs an den schon gebildeten
Plural-Nominativ, dessen Endung in ihrer Verschmelzung mit dem a
oder d des Stammes weniger fühlbar ist, noch einmal die Endung as
hinzutrat, also cturndsas aus dümäs -^ as. Dieser schon frü-
her gegebenen Erklärung stimmt auch Burnouf bei (Ya^na, Notes
p. 74).
**) S. Burnouf, Yagna Notes p. 73 ff.
29*
4')^ nHJunS ehr Casus. i^. 23(1.
Plnralformen aui^ a 07ih6. — Im Ällpersischen ist aus dem skr.
Ausgang dsas männlicher Pluralnominative regelrecht aha
geworden, daher bagdha Götter, vom Stamme haga. Es
gilt aber die Endung aha insofern für veraltet, als sie sich
nur in der Benennung Gottes behauptet hat, in welcher
Beziehung ich in Erinnerung bringe, was oben (p. 312) über
die Accusative sg. auf n in den althochd. Ausdrücken für
Gott, Herr und Vater gesagt worden. Die übrigen Mascu-
linformen auf a, deren Pluralnominativ auf altpersischen In-
schriften vorkommt, zeigen d für skr. ds mit der nach
§. 11 p. 22 hinter a und d nöthigen Unterdrückung des
Zischlautes ; es gleichen daher Plural - Nominative wie
martiyd Menschen (eigentlich mortales) vom Stamme
martiya (ved. mdrtya) den althochdeutschen wie wolfd
Wölfe. Es hat nämlich das Hochdeutsche schon in der
ältesten Periode im Nachtheil gegen das Gothische das 5 des
Pluralnominativs aller Substantivdeclinationen verloren (vgl.
p. 157).
230. Stämme auf i und u haben im Skr. Guna, da-
her pdtay-as, sündv-as für paty-as, sünv-as. Diesen
Guna hat auch das Gothische bewahrt, jedoch in seiner ge-
schwächten Gestalt i (§. 27), welches vor u zu j wird; da-
her sunju-s Söhne (für suniu-s aus siinau-s), eine Form,
welche ohne die dem Germanischen nachgewiesene Guna-
Theorie unbegreiflich wäre. Bei den ^- Stämmen zerfliefst
das Guna-^ mit dem des Stammes zu langem i (geschrieben
ei §. 70), daher gastei-s, a7istei-s von den Stämmen gasti,
ansti (vergl. S. 205). Das Send setzt bei i/- Stämmen
nach Willkür Guna oder nicht, daher <V>>»^^*''<2; pasv-6
oder pasav-o; dagegen scheinen die z-Stämme nur gestei-
gerte Formen zu gestatten, während sie im Accusativ pl.
vor der gleichlautenden Endung sowohl gunalose als gu-
nirte Formen zeigen; daher z. B. vay-o von vi Vogel,
sarafiistray-o als Vocativ, von sarafusf7'i soroastri-
cus; fravasay-o von fravasi fem. (s. Brockhaus,
Glossar). — Das Litauische verlängert schliefsendes i und
jS'orninatu-, f'^oralw pl. v^. -,'}(). 453
w, daher dwy-s Schafe für skr. dvaij-as, sunü-s Söhne')
für skr. sÜ7ido-as. Das Lateinische ersetzt bei seinen u-
Stämmen (4. Deck) die Gunirung durch Verlängerung, also
fructü'S gegenüber dem Singular fructü-s\ es gunirt aber
ein schliefsendes ^, mit Zusammenziehung von ai zu e (s.
§.5), daher ove-s für skr. dvay-as. Zur Unterstützung der
oben (§. 226) ausgesprochenen Ansicht, dafs consonantisch
endigende Stämme, im Lateinischen, in den in Rede stehen-
den Casus ein unorganisches i anfügen, und dafs daher z. B.
voce-s^ferente-s nicht von voc, fereiit^ sondern von vöci, ferenti
kommen, mag hier noch daran erinnert werden, dafs man-
che consonantisch schliefsende Wörter und Wortklassen,
unter anderen die Participialstämme auf nt, auch vor der
Neutral-Endung a und Genitiv-Endung um den Stamm durch
i erweitern, und dafs die skr. Stämme yüvan '^nn^ und
SV an Hund im Lat. sogar im Nom. sg. den Zusatz eines
* erhalten haben [juveni-s^ cani-s), w^ährend sie im Gen. pl.
davon frei geblieben sind; ferner dafs i, weil es der leich-
teste der Grundvocale ist, auch in anderen Gliedern unseres
Sprachstammes gerne den consonantisch endigenden Stäm-
men beitritt, so dafs z. B. im Litauischen und Altslavischen
die Stämme auf 7i und r nur wenige Casus aus dem ur-
sprünglichen Stamme bilden, die meisten aber aus Stämmen
auf m, o'i. Im Altpreufsischen bilden die Participialstämme
auf nt nur den Nom. sg. masc. aus dem ursprüngHchen
Stamme, die übrigen Casus aber aus einem erweiterten
Thema auf nti; im Althochdeutschen, anderer germani-
scher Dialekte nicht zu gedenken, bilden diejenigen Zahlwör-
ter, deren Stamm im Skr. auf n endet, ihre Casus aus
einem Stamme auf ni, daher Nom. m. sibuni, niun% zehani^
neut. sibuni-u, niuni-u^ zeeni-u. Im Armenischen hat die Be-
nennung der Zahl zehn (nom. sg. mmub tasn^ them. tasan =
skr. das an ^ instr. tasam-h) im einfachen Zustande kei-
) S. Schleicherp. 190. — Kurschat p. 105 setzt kurzes u
und läfst bei Stämmen auf / sowohl Kürze als Länge zu.
,|54 Bildung der Casus. §. 230.
nen Zusatz,, allein die zusammengesetzten Zahlwörter von
20 — 90 haben das Thema durch den Zusatz eines i erweitert,
daher z. B. von ^uivU q-san zwanzig der Instr. sg. q-sa-
ni-v"), der Dat. Abi. Gen. pl. q-sani-i. — Eine schöne
Unterstützung findet auch meine Erklärung der lateinischen
Pluralnominative wie voce-s, ferente-s^ fratre-s aus erweiter-
ten Stämmen auf i durch das Oskische. In diesem Dialekt
lassen sich zwar Pluralnominative consonantisch endigender
Stämme nicht belegen, allein er erweitert dieselben schon
im Genitiv sg. durch den Zusatz eines i (s. p. 386 f.), und man
darf mit gutem Grund erwarten, dafs diese Stammerwei-
terung nicht auf den genannten Casus beschränkt war, son-
dern dafs auch das i des Accus, medicim dem erweiterten
Stamme angehört, und nicht auf das skr. a und griech. a
*) In den übrigen Zusammensetzungen dieser Art hat sich das a
der Zahl zehn zu u geschwächt {eres un .V\ g arasun Ao etc.)^ in
A-N elcher Beziehung man das ^oth. taihun zehn, ihem. iaihuni, ver-
gleichen mag. In dem q von q-san zwanzig erkenne ich mit
Windischmann (1. c. p. .>2) die Erhärtung eines v (vgl. p. '\h5)\
es ist also, wenn diese Auffassung richtig ist, nur der Mittelpunkt des
skr. Stammes dva, geschwächt di>i\ doch möchte ich nicht q-san
von dem skr. vinsdti ableiten; sondern ich lasse die in Rede ste-
henden Zahlcomposita auf armenischem Boden erwachsen, d. h., ich
erkenne in ihrem Schlufstheile das armen, tasan zehn mit Verlust
der Anfangssylbe und thematischem Zusatz eines i. Man vergleiche
in Bezug auf diese Neubildungen unter anderen unsere deutschen
Composita wie zwanzig, dreifsig (s. die Anm. zu §. 320). Erkennt man
aber in dem q von q -san zwanzig das v der uralten Zahlbenennung,
so darf man auch, wie mir scheint, in dem ij k des sehr räthselhaft
scheinenden h^l^nt^^ erku-q zwei eine Im Armenischen beliebte
Gutturalisirung eines ursprünglichen v erkennen. Stellt man dieses
wieder her, und fafst man das r als Schwächung von d, wie im tahiti-
sehen rua zwei gegenüber dem malaylschen und neuseeländischen
dua, und Im lat. meridies (s. §. 17"^), so gewinnt man den Stamm
edvu, mit e als vocallschem Vorschlag (vgl. p. 36'i f.). In dem u des
Stammes erku aus edvu erkenne Ich die Schwächung des skr. a von dva
(vgl. p. .567), worauf auch der goth. Stamm tva (§. 309) sich stützt.
Norninativ, Vocativ />[. §. 231. 455
von Formen wie Bdrant-am, (pipovr-a sich stützt. Auch
das i des Ahlat. 'praesentid möchte ich jetzt, in Abweichung
von p. 361, der Endung entziehen (also praeseoiti-d) und nur
das ü von ligüd, lege mit dem a sendischer Ablative wie
ap-ad vermitteln. Der Dativ [medikei) läfst sich sowohl
aus medik erklären (nach p. 342), als mit Aufrecht und
Kirch ho ff (Umbrische Sprachd. p. 127) aus mediki, da
die entschiedenen *- Stämme im Dativ auf ei ausgehen. —
Zum Sanskrit zurückkehrend mufs ich noch bemerken, dafs
im Veda-Diaiekt die Stämme auf i und u diese Vocale im Nom.
Voc. pl. in Analogie mit dem Send auch ungunirt lassen kön-
nen, daher z.B. ary-äs, mumuksv-äs , pdrayis'nv-as, von
ari^ mumuksü^ pdrayisnu (s. Benfey, vollst. Gr. p. 305).
Zu Formen dieser Art stimmen, abgesehen von der im Skr.
eintretenden euphonischen Umwandlung des **, u in den
entsprechenden Halbvocal, am besten die griechischen wie
TToa-L-Eg, vEKV-sg. Hinsichtlich des Send ist noch zu bemerken,
dafs statt der Gunirung des u auch die Vriddhisteigerung,
d. h. dv für av eintreten kann. So in ^>>ajuev^vO^
dainhdvo provinciae, neben dainhvo (von dainhu);
auch ^>>ujuev3A;^ danhdvo und danhvo id., von danhu
(s. Brockhaus, Glossar p. 367). Vriddhi- statt Guna-Steige-
rung des i zeigt frdyo von tri drei.
231. Die Neutra haben im Send, wie in den verwand-
ten europäischen Sprachen, ein kurzes a zur Endung");
*) So einfach diese Sache scheint, so schwer ist es mir gewesen,
hierüber eine feste Überzeugung zu gewinnen, obwohl ich gleich von
Anfang an meine Aufmerksamkeit daraufgerichtet habe. Von den a-
Stämmen hatte bereits Burnouf (Noup. Journ, Asiat. III. 309, 3I0)
die plurale Neutralform gegeben, und treffende Verglelchungen mit
dem Goth. und Gricch. etc. angestellt. Allein aus Formen wie hu-
rnata b c n e - c o g i t a t a, liükta b en e-dict a kann man ni<ht er-
kennen, was eigentlich die neutrale Plural -Endung ist; weil man,
vom Skr. ausgehend, anzunehmen versucht wird, dafs die wahre En-
dung in diesen Formen abgefallen, und entweder durch Verlänge-
rung des Endvocals ersetzt sei oder nicht. Man mufste also
456 Bildung der Casus. §. 231.
vielleicht der Überrest des vollständigen, den natürlichen
Geschlechtern gehörenden «5, nach Ablegung des für das
seine Aufmerksamkeit auf Stämme mit anderem Ausgang als a
richten, vorzüglich auf solche, welche mit einem Consonanten
schliefsen. Die Untersuchung über diesen Gegenstand wird aber
sehr erschwert, dadurch, dals das Send, was man nicht erwarten
konnte, ohne Rücksicht auf das Geschlecht des Singulars, jedes No-
men im Plural gerne zum Neutrum macht, eine Neigung, die so weit
geht, dafs die zahlreichen a-Stämme hierdurch den männlichen Nomi-
nativ, abgesehen von den oben (§. 229) besprochenen Formen auf
äonho, ganz verloren haben, den männlichen Accus, aber nur noch
sparsam zeigen. Wenn z. B. mas ya Mensch im Plural-Nom. eben-
falls masya lautet (mit cö: masfä-ca), so ist es jetzt meine Über-
zeugung, dafs dieses plurale mas ja oder masyä nicht etwa eine
Verstümmelung von masydo sei, aus mas y äs (§. 56*^) — da an
keiner anderen Stelle der Send-Grammatik «x« a oder vcu ä für jy|^i
äs steht — sondern dafs diese Form dem Neutrum angehöre. Es
beruht aber die Ersetzung der Plural -Mascullna durch Neutra auf
einem tiefen Sprachgefühl, denn in der Mehrheit tritt Geschlecht und
Persönlichkeit offenbar sehr in den Hintergrund. Die Persönlichkeit
des Einzelnen geht unter in der abstracten endlosen todten Vielheit,
und wir können insofern das Send für seine Geschlechts-Scheue, im
Plural, nur rühmen. Tadeln müssen wir es aber darum, dafs es die
Adjective oder Pronomina nicht überall in Einklang bringt mit den
Substantiven, worauf sie sich beziehen, und dafs es in dieser Hinsicht
eine wahre Geschlechtsverwirrung und Zerrüttung zeigt, was auch
die Untersuchung über diesen Gegenstand sehr erschwert hat. So
finden wir im Vendidad öfter //jaro (fem.) s ata drei hundert
und cai ward (masc.) s ata vier hundert, als Accusative, obwohl
s ata (nom, sg. s atem) einleuchtend ein Neutrum Ist; dagegen fin-
den wir V. S. p. 237 td nar-a yd „jene Menschen, welche"
(sämmtlich Neutra). — Ich thelle nar-a^ obwohl die Form auch einem
Thema nara(=skr. j;f7 nara) angehören könnte, welches ebenfalls
vorkommt, aber viel seltener als nar (r= skr. nar.^ nr), wovon auch
der männliche Plural nar-as -ca hominesque (V. S. p. 197, 19S).
Jedenfalls ist unser nara, man mag es vom gleichlautenden Stamme
oder von nar ableiten, sehr wichtig zur Begründung des eben auf-
gestellten Satzes, dafs ein Wort, welches im Singular Mascullnum
ist, im Plural zum Neutrum werden kann, denn als Neutrum erweist
Nominatii', P^ocath pl. §.231. 457
todte sprachliche Geschlecht zu persönlichen 6*. Dieses a
bleibt dann im Accus., wie auch die Masc. und Fem. in
sich nara an der betreffenden Stelle durch seine Umgebung tä und
y ä^ wofür, wenn das Substantiv männlich wäre, ie und je oder/di
stehen müfste. Ich kann daher B u r n o u f's Ansicht nicht thellen, wel-
cher (Ya^na, Notes p.33) diejenigen Plural-Nomlnatlve auf a, wel-
che zu gleichlautenden Stämmen gehören, welche im Singular männ-
lich sind, als identisch mit dem Thema darstellt. Aufserllch wäre
allerdings nara^ wenn man es vom gleichlautenden Stamme ableitet,
identisch mit dem Thema, wie auch das oben erwähnte rnasya
ho min es von seinem Thema nicht unterschieden ist; allein diese
Identität erklärt sich aus der durchgreifenden Neigung des Send, lan-
ges a am Ende mehrsylbiger Wörter zu kürzen (s. §. lis).
An consonantischen Neutralstämmen zeigt sich a deutlich als Casus-
Endung. Von vac Wort kommt sehr häufig vac-a als Plural-
Accusativ vor (s. die Belegstellen in B rockh aus's Index p. 310). Ich
erwähne nur aita vaca (^«x» p. 60) diese Worte (V. S. p. 79),
wo sich vaca durch das vorangehende Pron. deutlich als Neutrum
ausweist. Zweimal finden wir vaca für vaca (V. S. pp. 24, 3-4),
ob fehlerhaft, oder ob auch neben dem weiblichen Stamme vac ein
neutraler anzunehmen ist, mag dahingestellt bleiben. Von asavan
rein findet sich sehr häufig der neutrale Plural as av an-a. Es er-
hellt aus dieser Form, wenn sie wirklich vom Stamme auf n und nicht
vom unorganischen, äufserst seltenen Stamme asaoana kommt, dafs
die drei gleichen Casus des Plurals des Neutrums im Send wie im
Sanskrit zu den sta rke n Casus gehören, denn der Stamm a/a^ari
erfährt in den schwächsten die Zusammenziehung zu >\>«.u^4.u as ~
aun oder >>vuj^».u asdun (s. §. 13l). Diese Theorie bestätigt sich
auch durch eine sehr interessante Form, welche Burnouf (Ya^na
p. 44.9) aus dem Yast-Sade anführt, ohne jedoch mit ihrer Etymo-
logie und ihrer Casus -Endung sich zu beschäftigen. Er übersetzt
l.c.p. 450 uroanta dadväonha durch „des amis genereux"
(Anquetil durch „mes amis"). Den 2ten Ausdruck könnte
man, um die Bedeutung Freund zu begründen, mit der sanskri-
tischen Wurzel de lieben, schützen (eigentlich da s. p. 209),
vermitteln. Er ist seiner Bildung nach offenbar ein Participium
des reduplicirten Praet. (s. §. 787), welches im Veda-Dlalekt auch
häufig mit gegenwärtiger Bedeutung vorkommt; dagegen ist ur-
vant-a „genereux" höchst wahrscheinlich das Pari, praes. der
458 Bildung der Casus. S. 231.
diesem Casus grofsenlheils ebenfalls as (send. \ o, vc^^jj^u
as-ca) haben. Beispiele sind «x*^vc«>>v«.«^^vc« asavan-a
pura, "^'^j^^-^Ji^JJ here^ant-a magna, alta (eigentlich
crescentia); sxj^^^L vac-a verba, vv/vv.»» nar-a ho-
mines. Bei Wortstämmen auf a zeifliefst die Endung mit
dem Stammvocal; das so erwachsene d hat sich aber im
erhaltenen Zustande der Sprache, nach oft erwähntem Prin-
cip, wieder verkürzt, und nur an einsylbigen Stämmen und
vor angehängten Partikeln sich behauptet. Das Gothische
und Send stehen in dieser Beziehung sehr merkwürdig auf
einer und derselben Stufe, denn man sagt tlio haec (für
ihd §. 69) aus THAa., kvo quae für HFAa, aber daura
von DAURA:, wie im Send *ax>(\3 td haec, ^^<^^^^ yd
quae, gegen «x'^^o aga peccata vom Stamme aga. Man
Wz. uro (wahrscheinlich sich bewegen), wovon auch uro- an
Seele (als sich bewegende, s. Gloss. scr. a. isl: rr. uro
und arv). Es stimmt also urvant-a zu griechischen Formen wie
(pSQOvr-a. — Man könnte auch urvanta dad väonh-a., wenn wirk-
lich einer der beiden Ausdrücke, wie Anquetll's traditionelle Über-
setzung will ,,Fre unde " bedeutet, und das andere nach Burnouf
„genereux", in urvanta das Substantiv und In d ad v do nha das
Adjectiv erkennen, so dafs letzteres eigentlich gebend (von da
geben), sodann freigebig bedeuten würde. Es ist aber schwer, aus
dem Stamme urvant den Freund herauszubringen. Wie dem aber
auch sei, mir kommt es hier hauptsächlich nur darauf an, dais ,
was nicht bestritten werden kann, dadvaonha der neutrale Plural-
norainatlv eines Wortes ist, welches seiner Bildung nach dem skr.
Part, des redupliclrten Praet. entspricht, welches in den starken Casus
auf vdns^ und daher nach §. 2 34, im Nom. Acc. Voc. pl. neut. auf
väns-i ausgeht; ferner dafs urvanta einem Stamme auf /2^ ange-
hört, und wahrscheinlich seiner Bildung nach ein Part, praes. ist.
Wenn es wurzelhaft mit urva verwandt ist, welches Nerlosengh
durch 37^^5^ff7 utkr s tatara^ d. h. sehr hoch (in di e Höh e
gezogen) sehr vorzüglich, und Burnouf (Etudes, 150) durch
„glorieux" übersetzt, so mufs auch dieser x\usdruck, welchen Bur-
nouf mit ;27i W'' grofs (verstümmelt aus varu) zu vernillleln
sucht, von einer Wurzel uro (mit a als Suffix) abgeleitet werden.
ISosninaliv, Focat'w pl. §. 232. 459
wird daher vom Gothischen nicht sagen dürfen, dafs das a
des Stammes vor dem der Endung abgefallen sei, denn es
konnte nicht abfallen, weil Stammvocal und Endung von
jeher mit einander verwachsen waren. Die alte Länge
konnte aber gekürzt werden; dies ist das Schicksal der
langen Vocalc, besonders am Ende der Wörter. Man wird
also auch vom griech. rct dcupa und vom latein. dona nicht
sagen dürfen, dafs das a ganz der Endung angehöre. Die-
ses a ist ein altes Erbgut aus ältester Vorzeit, aus der Zeit,
wo die zweite Declination, um mich so auszudrücken, ihre
Stänmie mit a endete. Dieses ä ist seitdem im Griech. zu
0 oder e (§. 204), im Lat. zu w, o oder e geworden, und
nur im pluralen Neutrum hat sich die alte Qualität behaup-
tet, und das aus a -f- a erwachsene ä hat sich verkürzt.
Dieses ä aber, seinen Söhnen o, e^ ü gegenüber, mag immer
noch für einen gewichtigeren. Stamm und Endung vereini-
genden Ausgang gelten, als wenn etwa dcü/so oder (Scups, donö^
done als plurales Neutrum stünde.
232. Stämme auf u zeigen im Send vor der Neutral-
Endung a entweder Gunasteigerung oder blofse Umwand-
lung des u in v. Eine gunirte Form ist ydtav-a (von
ydtu Zauberei), welches im ersten Fargard des Vendidad
(V. S. p. 120, bei Olshausen p. 7) als Accus, erscheint: aga
ydtava die Sünden Zaubereien"). Beispiel einer nicht
gunirten Pluralform ist pes6~tanv-a^ von peso-tanUy
w^örtlich der hintere Körper, dann Schlag auf den
hinteren Körper. In letzterem Sinne kommt der Plu-
ral pesotanva sechsmal am Anfange des I5ten Fargard
des Vendidad vor **). Unterdrückung der neutralen Plural-
*) Nach Anquetil „la Magie tres-mauvaise'\ vgl. Benfey S.V.
Gloss. s. y. f dtu-däna „böser Geist".
**) Die betreffende Stelle lautet: ainhad haca skjaut-
nävaresa ata bav ainti p e s 6-t anv a^ d.h. „hac pro facti
peractione tum sunt verbera posteriori corpori inflicta". So schon
in der Isten Ausgabe (§. 242 p. 2S0); dagegen übersetzt Spie-
460 Bildung der Casus. §. '23'J.
Enduiig a mit Ersatz durch die Verlängerung eines vorher-
gehenden u zeigt sich in dem oft vorkommenden vöhü
Reichthümer, vom Stamme vöhu. — Was die Neutral-
stämme auf i anbelangt, so glaubte ich früher in gara (V.
S. p. 46), welches Anquetil durch montagnes übersetzt,
eine neutralisirte Form des sonst als Fem. gebrauchten
gairi zu erkennen "). Die Lesart hat sich aber durch die
Vergleichung der Handschriften und durch die von Bur-
gel nach der traditionellen Pehlwl- Übersetzung ,, Dadurch wird
er zum Sünder nx\A P es ho tanu s^\ Treuer Anquetil: ,, Celiil
qui commet celte action, seia coupable du Tanafour". GewKs
ist, dafs an dieser Stelle pes 6-tanva kein Singular- Nominativ
sein kann, und dafs, wenn man es durch Pcsofanus wieder-
gibt, dann von einem Sünder keine Rede sein kann, denn dieser
müfste durch pes 6 vertreten sein, wenn Spiegel oder die traditio-
nelle PehlwI-Übersetzung Recht hätte, an anderen Stellen den Aus-
druck pes 6 (Nom. anstatt des Thema's pes a) Im Sinne von sünd-
llch zu fassen. So z. B. im 4ten Farg. des Vend. (V. S. p. 1.55):
aitahe paiti p e s o - tanvi duye saite upäsanananrn
upäso id^ d. h. wörtlich : diesem auf den hinteren Körper
zweihundert Schlage schlage man (schlage er). Spie-
gel aber übersetzt (Avesta p. P5 nr. 69): „Man schlage diesem
sünd liehen Körper zwei hundert Schläge", bemerkt je-
doch in einer Note, dafs dieser häufig wiederkehrende Satz nur eine
Schwierigkeit habe, nämlich die Übersetzung von peso-tanus.
Ich zweifle aber nicht im Geringsten daran, dafs der Stamm pesa
mit dem skr. pas cdt (Ablativ eines verlorenen Adject. pas c a) hin-
ten, hernach, zusammenhängt, welches hinsichtlich seiner Knd-
sylbe mit ca von ucca hoch und nica n le dr I g (aus w / au f und
/2f nieder) zusammenhangen mag, und womit anderwärts auch das
pers. pes, post, dein de, das Vit. pas h e i , paskui \\e mach, das
ht.post, posterus und das albaneslsche yoa^ nach (räumlich und zeit-
lich) vermittelt worden (s. die oben p. 12 Anm. erwähnte Schrift p. i).
*) Die Abwesenheit des inneren i vor dem r könnte nicht befrem-
den, da gairi euphonisch für gari (§. 4l) steht, und daher sein
inneres i In den Fällen, wo auf das r kein i oder/ folgt, aufgeben
mufs, wie z. B. im Gen. s^. garöis.
Nnminn/ii>. Focnfic pl. §. 2.')3. 461
noiif (Etiides p. 394) mitgetheilte Übersetzung Neriosengh's
als falsch erwiesen. Auch die Erklärung von ky a oder
kaya quae als Nom. plur. des Neutralstammes ki ist mir
jetzt etwas verdächtig geworden, und zwar dadurch, dafs
im Veda- Dialekt ein defectiver Interrogativstamm kaya
vorkommt, der jedoch nur einen Singular-Genitiv kdyasya
gezeugt oder hinterlassen hat, welcher in Verbindung mit
]TJi^\ cit (kdyasyacit) cujuscunque bedeutet (Rigv. 1. 27.
8). Es könnte aber von einem sendischen neutralen Interro-
gativ ki, wovon im Skr. ki-7n was?, ein Plural-Nominativ
kay-a (mit Guna) keineswegs befremden. Die Lesart kya
erregt dagegen Anstofs wegen der Verletzung einer Lautregel
(§. 47), wornach man ^*-*ii^ k'ya zu erwarten hätte. Kommt
aber kaya als gunirte Form wirklich vom Stamme ki, wie
oben §. 232) ydtav-a von ydtu, so darf man es, abgesehen
von der Gunirung, den griechischen Formen wie Tot-a, Tdpi-a,
den lateinischen wie tria, mari-a, dem gothischen thrij-a
(euphonisch für thri-a) von thrija-hunda dreihundert, und
ij-a vom Stamme z er gegenüberstellen. Das Althochdeut-
sche hat die uralte Neutral-Endung a zw u geschwächt, und
gewährt bei den Numeralstämmen auf i die sehr interessan-
ten Neutral -Formen dr^i-u 3, fieri-u 4, finfi-u (finui-u =
ßnvi-u) 5, sehsi-u 6, sihuni-u 7, niuni-u 9, zeni-u 10. In
allen übrigen Wortklassen hat das Althochdeutsche die neu-
trale Plural-Endung w verloren; es zeigt z.B. h'erzun corda
für gothisch hairton-a (s. §. 141). Bei Substantivstämmen
auf a hat es auch den Stammvocal eingebüfst, daher wort
für goth. vaicrd-a aus vaurda-a. Über Formen wie hüsinc
Häuser s. §. 242.
233. Hinsichtlich der sendischen Neutra mit consonan-
tischem Ausgang des Thema's mufs hier noch bemerkt wer-
den, dafs Stämme auf Oü».v as (= skr. as), die nach §. 231
unter Berücksichtigung von §. 56*> im Nomin., Accus., Vo-
cat. pl. auf <yjzy^ anh-a ausgehen sollten, statt dessen
den Ausgang S*^ do zeigen, daher ^*^^i:y^xj/ raiccdo Lich-
ter, ^^<'^'» vacdo Worte, von den Stämmen raucas,
462 Bilduris der Casus. §. 234.
vacaL Diesen Formen auf «o, die zuerst von Burnouf
als Plurale neutraler Stämme auf as (oder anh, s. p. 307
Anm.) dargestellt worden '), kann ich jedoch eine wirkliche
Casus-Endung nicht zugestehen, sondern ich nehme an, dafs
die eigentliche Casus-Endung a weggefallen sei, das Thema
aber die Vocalverlängerung beibehalten habe, die den Neu-
tren auf as in den drei starken Casus des Plurals zukommt
(s. p. 266). Von ^xlf^ vdcas kommt im Skr. der Plural
(nom. acc. voc.) vacdns-i (mit eingeschobenem Nasal nach
§. 234), wofür man im Send vveV5S*^(v)«^'>> vacdonh-a
zu erwarten hätte, wofür nach unterdrückter Casus-Endung
vacdo. Dieses vacdo verhält sich zu der vorausgesetzten
Urform vacdonha ungefähr so, wie oben (§. 56*)) der
endungslose Singular- Nominativ h^^ mdo Mond (aus
mds) zu seinem Instrum. ^vev^S^^ mdon-ha. Noch näher
grenzt an unseren Fall die Erscheinung, dafs der männliche
Stamm vanhu-dds Gutes gebend (euphonisch -ddo) im
Nom. plur. sowohl endungslos erscheint, — also in der
Form vanhuddo, gleich dem ebenfalls flexionslosen Nom.
sg. '*) — als auch mit der Endung 6 = skr. as in der
Form vanhu'ddonho (V. S. p. 72).
234. Das Sanskrit setzt dem sendisch- europäischen a
des Nom. Acc. Voc. pl. neut. ein i entgegen, welches ich
für die Entartung eines älteren a halte , wie unter andern
das von pitdr Vater (them.) gegenüber dem a des lat.
jpater^ gr. Trar-qp, goth. fadar, und gegenüber dem d der
Wz. m pd erhalten, herrschen, wovon auch die indi-
schen Grammatiker die Vaterbenennung ableiten. — Kurze
Endvocale werden vor der Casus -Endung ^ i verlängert,
I
*) Ich habe sie in der ersten Ausgabe irrthümlieh von weiblichen
Stammen auf c abgeleitet, indem ich eine Erweiterung der skr. Endung
as zu äs (wie im Dual) annahm; aus äs aber hätte im Send äo wer-
den müssen.
**) So in einer von Burnouf, Yacna Notes p. 74, besprochenen
Stelle des Yas na.
Nofninn/w, Vocalk' ph §. '234. 463
und ein euphonisches n (oder n nach §. 17^^) wird zwischen
Stamm und Casus-Endung eingeschoben, daher dand-n~i^
■vart-n-i, mddii-n-i, von dd'na, vari^ mdd'u. Im Veda-
Dialekt findet man für d-n-i auch häufig a, z. B. visvd
omnia für visvd -n-i. Eine analoge Verstümmelung findet
sich bei den Stämmen tri drei und furu viel, wovon in
den Veda's sowohl die regelmäfsigen Plurale tri-n-i^piiru-
n-i, als auch die Formen trt und purü' vorkommen.
Vielleicht aber sind die letzteren Formen nebst visvd und
analogen Bildungen nicht aus den Formen auf ni durch
Ablegung dieser Sylbe entstanden, sondern stammen aus
einer Zeit, wo noch im Sanskrit wie in den klassischen
Sprachen, und im Gothischen, Altslavischen und Send,
a die Endung der in Rede stehenden Casus war, so dafs
das d von visvd und analogen Formen die regelmäfsige
Zusammenziehung von a-a wäre (visvd aus visva-a)y
während t7'i und puru zum Ersatz der weggefallenen En-
dung a den Endvocal des Stammes verlängert hätten, in
welcher Beziehung die dualen Masculin- und Femininformen
auf fc, ü, von Stämmen auf ^, u, zu vergleichen wären
(§. 210). — Consonantisch endigende Neutralstämme, mit
Ausnahme derjenigen, welche auf eine Liquida oder einen
Nasal ausgehen, verstärken im Sanskrit das Thema in den
drei starken Plural -Casus auf i durch einen eingefügten
Nasal, der sich nach dem Endconsonanten des Stammes
richtet; aufserdem verlängern die mit den Suffixen as, us
und is schliefsenden Wörter den Vocal dieser Suffixe. Da-
her z. B. Jirnd-i von hrd Herz, danaldmbi von dana-
IdB Reichthum erlangend, mdndnsi von mdnas
Geist, Herz (Wz. man denken), cdhs'üns'i von cdksus
Auge (Wz. cahs sagen, im Veda-Dial. sehen). Dagegen
catvar-i von catvd'r vier (schwach catür), namdn-'^
von nd'man (stark ndmdn) Namen. Man vergleiche mit
nd'mdn-i, *ius nd^mdn-a, das send, ndman-a"), lat.
') Kommt zwar nicht vor, kann aber mit Sicherheit aus anderen
454 Bildung der Casus. §. 235.
nomin-a, goth. namn-a ") , altslav. imen-a (aus nimen-a) und
griech. Formen wie raXav-a.
235. Wir geben hier einen Überblick der Bildung des
Pluralnominativs und des damit identischen Vocativs und
neutralen Accusativs, wobei jedoch hinsichtlich der Beto-
nung des skr. Vocativs das in §. 204 erwähnte Gesetz zu
berücksichtigen ist.
Sansk. Send Griech. Latein. Lit. Goth.
m. dsvds ^) vulfos
dsvdsas ^) aspdonho ^)
m. te te toi is-tt ti thai
in innoi ^) equi ^) jpoiiai ^)
n. dand-7i-i "*) ddta doopa dona daura
f. dsvds hisvdo S.§.228^\S.^.22S^\ äs wos gihos
f. tds tdo S.§.228^).S.§.228'^). ^^s tMs
m. pdtay-as jpatay-6 ^) ttcctl^sc, hoste-s^)genty-s gastei-s
f. prt'tay-as dfritay-6 ^) TrcpTL-sg tu7're-s^)äwy-s anstei-s
n. vdri-n-i var-a? tdpi-a mari-a tlirij-a^)
f. Bdvanty-as havainty-6^)
m. sundc-as pasav-o ®) vIkv-sc, pecü-s sünü-s sunju-s
neutralen Plural- Casus consonantlsch endigender Stamme gefolgert
werden, besonders aus asavan-a (p. 457), woraus auch erhellt, dafs
die Stämme auf an das a ihrer Endsylbe in den starken Casus nicht ver-
längern, zumal das Send die langen Vocale in Penultima der Formen
von mehr als zwei Sylben nicht liebt, und ursprüngliche Längen an
dieser Stelle meistens gekürzt hat; so dafs ndmän- a., welches ur-
sprünglich bestanden haben mag, nach diesem Grundsatze zu nd-
ma na werden mufste.
*) Im Gegensatze zu Formen wie hair/ön-a, augen-a^ gaju-
kon-a (nach §. l4l), welche durch die Vocalverlängerung (goth.
6 z=:ä S. 69. 1) besser als namn-a, aus namon-a, zum skr. na -
mdn-i, aus ndmdn-a, stimmen.
<) S. p.4j6. 2) S. §.229. 3) S. §.228''>. Über altlat. Formen
auf eij, es s. §. 228*^ über litauische Adjectivformen wie g^<rr/ boni
p. 4.50. '*) Vedlsch c?aV/a s. p. 463. *) S. §. 135 Anm. 3. ^) S.
§.226. '') S. p. 461. 8^ oder /?aj p-o, s. §. 230 und über analoge
Accusativ pl. §. 236. 465
Sansk. Send. Griech. Lat. \\\. Goth.
f. hdnav-as tanav-6 ^) yiw-^ socric-s handju-s
n. madü-n-i madv-a^^) iii^v-a pecu-a
f. vadv-as
m.f. gav-as geu-s ^*) ßo(F)-sg '^)
f. nd'v-as vol(F)-£c,
f. vac-as vdc-o ^) ott-e; ^^)
m. Udt'ant-as harent-o ^) (\)Epov--Eg '^) ßjand-s
m. dsmdn-as asman-6 ^) 6aiiJ.ov-zc, ^^) dkmen-s ahman-s
n. namdn-i ndman-a^^) raXav-u nomin-a namn-a^'*)
m. I)7^ata7'-as hrdtar-6 ^) Trarip-Eg ^^) **)
f. duhitdr-as dugd'ar-6^) ^vyaTip-Eg ^^) dükter-s ^^)
m. ddtd'r-as ddtar-ö *) dorrip-zg *^)
n. vdcdns-i vacdo ^^) E7rE((T)-cL gener-a
Accusativ.
236. Die mit einem kurzen Vocal endigenden Mascu-
linstämme setzen im Skr. n an und verlängern den End-
vocal des Stammes, daher dsvd-n, pdtt-n, sünu-n etc.
Man könnte an eine Verwandtschaft dieses n mit dem m
des Singular-Accusativs denken, wie beim Verbum die En-
dung d7ii (1. Pers. sg. Imperat.) offenbar aus ^\f^ dmi
hervorgegangen ist. Die verwandten Dialekte sprechen aber
zu Gunsten von Grimm's scharfsinniger Vermuthung, dafs
das skr. n im Acc. pl. masc. eine Verstümmelung von ns
sei, welches dem Goth. vollständig — vulfa-ns, gastt-ns^
Verla -Formen p. 45.5. ^) oder tanv-6. ^°) oder madav-a.
^') Man sollte gav-6 ^ gav-as -c ah ov esqu^^ oder gdv-o^gäv-
as -ca erwarten; allein »^>c(U geus lesen wir im V. S. p. 255, Z. 9
in Verbindung mit den Pronominalneutren tä illa, /a quae, was
nach §. 231 Anm. nicht befremden kann. ^^) B ove-s kommt \on.
dem erweiterten Stamme bovi, s. §. 22b. ^^) S. p. 453 ff.. ^^) S.
§.231. 15) Die Stämme auf ar bilden den Plural, mit Ausnahme
des Gen., aus Stämmen aus r«, daher brothrju-s, dauht rju - s,
wie sunju-s. In der Sylbe ru erkenne ich eine blofse Umstellung
von ar, mit Schwächung des a zu u. ^^) S. §. 233.
30
466 Bildung der Casus. §. 236.
sunu-ns — den meisten übrigen Schwesterspraehen aber
getheilt geblieben ist, indem das Skr. nach §. 94 den letz-
ten der beiden Consonanten aufgegeben, und den Endvocal
des Stammes verlängert hat, während das griech. 'lttkovc, den
Zischlaut geschützt hat, das v aber zu v sich hat verflüchti-
gen lassen. Es verhält sich in der That 'Innov; zu Utvovc, wie
TVTZTovcn zu TVTrTovdL aus TüTTTOvri. Dem Gesagten (schon in
der ersten Ausgabe §. 236) kann ich nun noch beifügen,
dafs sich im Griechischen die theoretisch erschlossenen
Accusativformen wie tWovg dialektisch (im Kretischen und
Archivischen) wirklich erhalten haben, obwohl sie bis jetzt
nur sparsam belegt sind (s. Ahrens Diall. IL §. 14, 1 ).
Das 1. c. erwähnte tovc, stimmt trefflich zum goth. tha-ns.
Das Altpreufsische, welches ebenfalls, in schönem Vorzug
vor dem Litauischen, im Acc. plur. das diesem Casus zu-
kommende n sammt dem s bewahrt hat, zeigt z. B. deiwa-ns
deos gegenüber dem litauischen dewu-s und skr. devd^-n,
und es verhält sich dieses deiwa-ns zum lit. dewu-s ungefähr
wie das oben erwähnte tov-c, zum gewöhnlichen rovg. Aus
dem von Ahrens 1. c. erwähnten kretischen TTpEt/suTaV;
möchte ich jedoch nicht die Folgerung ziehen, dafs auch
den Femininen der Isten Declin. Accusative auf civ-c, zu-
kommen, da Masculina und Feminina der ersten Dechna-
tion im Griechischen ihrem Ursprünge nach weiter aus ein-
ander hegen als im Lateinischen, und man allen Grund
hätte, aus der griech. Isten Declinat. nach Verschiedenheit
des Geschlechtes zwei zu machen. Gewifs ist, dafs den
Accusativen pl. der griech. Femininstämme der ersten Decl.
wieder im Sanskrit Accusative auf ti, noch im Goth. solche
auf ns gegenüberstehen, sondern in beiden Sprachen Formen
mit blofsem s als Casus-Endung"). Was die äolischen For-
*) Im Altpreufsischen ist der Plural der Masculina in allen Casus
auch in den der entsprechenden Feminina eingedrungen, so dafs
z.^. gennai fe m in a e und genn a-ns feminas der Form nach
Masculina sind und zu c/e itvaf di i, deiwa-ns deos stimmen.
ylcciisntw pL §. 236. 467
men wie jusyaXai;, Tstjuaig, vuju(|)aii; anbelangt (Härtung Casus
p. 263; Ahrens Diall. I. p. 71 f.), so kann man annehmen,
dafs sie der Analogie der Masculina wie to^, a-TpcLrayoii;^ vofj.oig
(aus Tovg etc.) gefolgt sind, ohne dafs man genöthigt ist, aus
den weiblichen Formen auf aig ältere auf av; zu folgern.
Ich berufe mich in dieser Beziehung vorläuGg auf die weib-
lichen Dative auf cllc,, älter ai-a-L, gegenüber den männlichen
auf ag, clctl, obwohl das t nur beim Masc. eine alte Begrün-
dung hat, wo OL auf das skr. e = ai sich stützt (s. §. 251).
Sollten aber die äolischen weiblichen Accusative auf atg
wirklich aus vorangegangenem avg entstanden sein, in ähn-
licher Weise, wie z. B. das dor. fiiXaig aus fj-iXavg, rvil'aig aus
Tvipayg, so überragt das Griechische in solchen Formen das
Sanskrit und Gothische, da ersteres in weiblichen Accusa-
tiven nirgends n, und letzteres zwar weibliche Accusative
wie ansti-ns, handu-ns zeigt, aber doch, worauf es hier vor-
züglich ankäme, keine Formen wie gibö-ns, sondern dafür
gibo-s. Dies hindert uns freilich nicht anzunehmen, dafs in
der Urperiode unseres Sprachstamms ns der Ausgang aller
männlichen und weiblichen Plural -Accusative gewesen sei,
und ich fasse bei diesem ns das blofse s als das wahre
Casus - oder Persönlichkeitszeichen (wie im Nom. sg. und
plur.), und nehme an, dafs, wie in der 3ten Pluralperson
der Verba, die Mehrheit symbolisch durch eine Form -Er-
weiterung, nämlich durch Einfügung eines Nasals, was fast
einer blofsen Vocalverlängerung gleichkommt, angedeutet
sei. Man vergleiche also griechische Accusative wie 'innGvg^
aus mnovg^ mit Formen wie (pipovaL aus (pspovat, und dieses
aus (pipcvn = skr. ddranti, gegenüber dem singularen VflfrT
ddr-a-ti. In die ursprüngliche Form ns hat sich das
Sanskrit, in der gewöhnlichen Sprache, so getheilt, dafs bei
vocalisch endigenden Stämmen (die einsylbigen ausgenom-
men) den Masculinen blofs das w, den Femininen blofs das s
verblieben ist; Ashtv dsvd-n equos (von dsva) gegen dsvd-s
equas (von dsvd), pdti-n dominos (wonpdti) gegenpri-
tt-s gaudia (von pr d'^i), sünu-n filios (von sünü) gegen
30*
4f)8 Bildung der Casus. §. 236.
hdntl-s maxillas (von hcuiu). Man sieht aus diesen Bei-
spielen, (lafs kurze Vocale vor der in Rede stehenden Casus-
Endung verlängert werden, eine Verlängerung, die zugleich
mit dem Nasal der vollständigen Form ns zur symbolisclien
Andeutung der Mehrheit durch Form -Erweiterung beiträgt;
denn dafs diese Verlängerung bei Formen wie dsvd-n,
pdtt-n, sünii'-n nicht, wie ich früher annahm (erste Ausg.
erste Abth. 1833 p. 273) eine Entschädigung ist für die
Verstümmelung der Casus -Endung, erhellt aus den, seit-
dem') an das Licht getretenen vedischen Plural-Accusativen
auf nr von männlichen Stämmen auf i und u, in Formen
wie ^t^ giri-n)\ ^irj rtu-nr \on giri Berg, r^w Jah-
reszeit; denn dafs das r dieser Formen aus s entstanden
ist, und girt'ns, rtuns^ als Analoga gothischer Accusative
wie gasti-7is, sunu-ns, die vorauszusetzenden Urformen
sind, erhellt daraus, dafs die Formen auf nr in Veda-Texten
nur vor Vocalen, gelegentlich auch vor 7\^ y-, '^'^^ und g
h erscheinen, also überhaupt nur vor Buchstaben, welche
die euphonische Umwandlung eines schliefsenden s in r ver-
langen *°). — Das Lateinische zeigt bei seinen männlichen
Stämmen auf Ö im Accus, pl. 6-s gegenüber dem griech.
cv-c, aus cy-;; wir dürfen also in der Verlängerung des o
einen Ersatz des weggefallenen n erkennen, und equö-s aus
equon-s den dorischen Formen wie rwc, vofjuvg — aus tcv^<;
*) Durch Fr. R o s e n's Aufgabe des Isten Ruches des RIgveda
(London I8'i2).
**) Das Rigveda-Prätis äk ya fafst das r vedischer Formen wie die
oben erwähnten als Umwandlung des n der gewöhnlichen Sprache;
es wäre demnach das /? von girin^ rtün in den entsprechenden Veda-
Formen doppelt vertreten, einmal durch r, und dann durch den ihm
vorangehenden Nasal (s. Roth ,,Zur Litt, und Geschichte des Weda"
p. 72 und Regnier, Jour. Asiat. Sept. Oct. 1856 p. 268f.). Die
Richtigkeit der obigen Auffassung erhellt dagegen, auch abgesehen
von den verwandten europäischen Sprachen, aus dem, was In §. 239
über die entsprechenden Sendforraen (schon in der Isten Ausgabe)
bemerkt wird.
Accusalw pl. §. 2o6. 469
vo\iovc^, nicht aus tcvc, vofiovg — gegenüberstellen. In der
ersten Declination stimmt equd-s zum skr. dsvd-s, griechi-
schen Formen wie x^V^-g, gothischen wie giho-s (aus gibd-s),
litauischen wie ds'wa-s; doch ist das litauische a kurz, und
zwar, wie ich glaube, aus dem Grunde, weil es nicht wie
das ö = ä des Nominativs aswös auf sanskritisches a -+- a
von dsvds (aus dsvd-as) sich stützt, sondern auf das
blofse d von dsvd-s „equas". So steht bei den litaui-
schen ^- Stämmen, sowohl in weiblichen als männlichen,
im Accus, pl. i-s gegenüber dem skr. t-s fem., i-7i masc,
z.B. awi'S für skr. dvt-s^ von dvi fem. Mutterschaf,
und dagegen im Nom. i-s (geschrieben ij-s) für skr. ay-as^
z.B. äwy-s, d. h. «'iüz-s, für skr. dvay-as. So auch bei den,
sämmtlich männlichen, 2^ -Stämmen im Acc. pl u-s für skr.
ü-n aus ü-ns, im Nom. aber ü-s für skr. av-as\ daher
sünii-s = skr. sünu-n[s) filios, gegen sunit-s = skr.
sündv-as filii. Die männlichen Stämme auf a haben im
Litauischen diesen Vocal vor dem Accusativ-Charakter s zu u
geschwächt, daher dewü-s für skr. deva-n(s) und altpreufs.
deiwa-ns. Um aber wieder zum Lateinischen zurückzukeh-
ren, so ist es schwer zu entscheiden, ob bei den i-Stämmen,
und, was dasselbe ist, bei den durch i erweiterten conso-
nantisch endigenden Stämmen, ferner bei w- Stämmen (der
4ten Deck), die äufserliche Identität des Accus, und Nom.
pl. darauf beruhe, dafs der Nomin. zugleich als Accus, ge-
braucht werde, oder ob im Accus, die Verstümmelung von
ns zu blofsem s eine Entschädigung durch Erweiterung des
Stammes veranlafst habe, und zwar so, dafs das unter-
drückte n bei den Stämmen auf ^ durch Gunirung dieses
Vocals, — wodurch e = ai — und bei Stämmen auf u
durch Verlängerung ersetzt sei, aho fructii-s {üt fructu-ns^
ungefähr wie im Griech. im Nom. sg. Bsrnv")-; für detxvw-g,
vom Stamme östxvuvT, oder jxiXa-g für fiiXav-g. Ich ziehe die
letztere Auffassung vor, weil ich das Latein, in Betreff des
Acc. pl. nicht ohne Noth tiefer stellen möchte als das heu-
tige Litauische.
470 Bildung der Casus. §. 237.
237. ]) Consonantisch endigende Stämme und e I n-
sylbige mit vocalischem Ausgang, setzen im Sanskrit
as als plurale Accusativ-Endung, daher z. B. pdd-as,
nd'ü-as gegenüber dem griechischen 7ro(^-a$, va(F)cic, (dor.).
Das a ist hier höchst wahrscheinlich, wie im Sinirular
(pdd-a-m^ nav-a-m) nur ein Bindevocal, welcher bei con-
sonantisch endigenden Stämmen unentbehrlich ^var, zumal
in einer Zeit, wo der Endung noch der ihr zukommende
Nasal voranging; denn pad-ns wäre eben so unmöglich als
man in der 3tenP.pl. vid-nti statt vid-d-nti (sie wis-
sen) sagen könnte, w^as der 1. P. vid-mds, 2. P. vit-td
analog wäre. E i n s j 1 b i g e Wörter mit langem Endvocal
des Thema's folgen aber im Sanskrit in vielen Punkten der
consonantischen Declination, und im Griech. überhaupt die
Stämme auf t, v, ev, od, av] darum können im Skr. Plural-
Accusative wie drüv-a-s^ Öiy-a-s^ von Brü Augenbraue,
Öl Furcht, eben so wenig auffallen, als im Griechischen sol-
che wie TTocTL-a-g, 7rop-L-a-g^ vixv-a-;, yEvv-a-c,, zumal bei Weg-
lassung des Bindevocals der Acc. pl. dem Nom. sg. gleich-
lauten würde, wie denn auch im Sanskrit bei mehrsylbigen
Femininstämmen auf ü, deren es jedoch nur wenige gibt,
die beiden Casus wirklich gleichlauten, indem z. B. vadu-s
sowohl femina als feminas bedeutet, während bei
mehrsylbigen Femininstämmen auf t der Plural -Accusativ,
z. B. ndrt-s feminas, vom Nom. sg. (jidri) nur zufällig
dadurch unterschieden ist, dafs letzterer seines Casuszei-
chens verlustig gegangen ist (s. §. 137). Ursprünghch aber
mufste der Nom. sg. ndrt-s lauten und der Plural- Accus.
närt-ns, oder vielmehr mit volltönendem n, statt Anus-
vära, ndrt-ns.
2) Das Gothische hat bei seinen consonantisch endi-
genden Stämmen den Bindevocal a des Accus, pl. aufgege-
ben (vgl. §. 67), ebenso das der Endung zukommende n,
daher fijand-s, ahman-s (von fijand Feind, als hassender,
ahman Geist), gegenüber griechischen Formen wie (\>ipovr-
Accusntw ph §. 237. 471
a-;, ^aLfjiOv~a-g, sanskritischen wie ßdi^at-a-s (für ödrant-
a-s nach §. 129), d^man-a-s.
3) Das Armenische zeigt in allen Wortklassen ein
blofses s als Casus -Endung des Acc. pl. , wobei zu beach-
ten, dafs in dieser Sprache, welche keine Geschlechter un-
terscheidet, alle declinirbaren Wörter eigentlich Masculina
sind. Wir dürfen daher z. B. uilinilUu akun-s") oculos vorn
Stamme akan, obwohl das skr. Schwesterwort Neutrum ist,
den gothischen Formen wie ahman-s gegenüberstellen. Vom
Stamme ^^/»^ Ochs (Nom. Acc. sg. esn), geschwächt aus
esan, kommt esin-s, gegenüber dem goth. auhsan-s und skr.
üks'an-a-s. Vocalisch endigende Stämme unterdrücken den
Endvocal wie in anderen Formen der ersten Tempusreihe "'),
daher z.B. wnasakar-s noxios, eigentlich noxam facien-
tes, für skr. vindsa~kard-n(s), gegenüber gothischen
Formen wie vulfa-ns und litauischen wie diwu-s. Von dem
oben (p. 425) erwähnten Stamme oX\t ö^^ Schlange kommt
6^-s für skr. dhi'n[s) (ved. Accent), lit. angi-s, gr. EX^-a-$,
und gegenüber gothischen Formen wie gasti-ns, ansti-ns.
Jedenfalls bestätigt auch das Armenische den Satz, dafs
den skr. männlichen Plural- Accusativen auf n ältere For-
*) Mit u für a in der Endsylbe wie im Nominativ (p. 444).
**) Es scheint zweckm'äfsig, die armenischen Casus in zwei Klassen
einzutheilen ; zur ersten rechne ich den Nom. Acc. Voc. der zwei
Zahlen, zur zweiten alle übrigen Casus. Die erste Casiisreihe unter-
drückt bei Stämmen, welche auf einen Vocal ausgehen, diesen Vocal,
während im Gothischen die Stämme auf a und / nur in den drei ge-
nannten Casus des Singulars den Endvocal aufgegeben haben. — Die
zweite armenische Casusreihe unterdrückt bei vielen Wörtern, ohne
dafs sich dafür ein bestimmtes Gesetz aufstellen liefse, einen Vocal
im Innern des Wortes. Den bereits oben angeführten Beispielen
will ich hier noch den Stamm miso Fleisch beifügen, dessen schlle-
fsendes o dem skr. a von man sä entspricht, aber in der ersten Casus-
reihe aufgegeben wird, während in der zweiten mso als Thema
steht, wovon z.B. der Dat. Abi. Gen. pl. mso-z\, trotz der höchst
unbequemen Lautgruppe rns am Wort-Anfänge.
472 Bildung der Casus. §. 237.
nien auf ns oder ns vorangegangen sein mufsten. Wenn
aber das skr. 5 des Pluralnominativs im Armenischen in der
Regel zu .^ q geworden (p. 430), das 5 des Accus, aber
geblieben ist, so mag der Grund in dem n liegen, welches
wohl auch im Armenischen in einer älteren Sprachperiode
dem s des Acc. pl. wird vorangegangen sein, und dasselbe
vor der Umwandlung in q wird geschützt haben. — Was
das ij^s anbelangt, welches den armenischen Accusativen
sowohl im Singular als im Plural vorgesetzt wird, so halte
ich es für einen auf den Accusativ beschränkten Artikel,
d. h. für ein Pronomen, obwohl es den Pronominen selber,
sowohl den bestimmten als den unbestimmten vorgesetzt
wird, und man z. B. mich, dich nicht anders ausdrücken
kann als durch s-is, s-q'es, d. h., wie ich glaube, wörtlich
den mich, den dich, wobei daran zu erinnern, dafs man
im Sanskrit, des Nachdrucks wiegen, sagen kann so lidm, d.h.
wörtlich dieser ich, c6' lyw. Mit Ausnahme der Pronomina
wird aber das in Rede stehende ^ s nur den Accusativen
der bestimmten Declination vorgesetzt (Peter mann
p. 101), die sich jedoch von der unbestimmten nur
im Accusativ unterscheidet. Man drückt z. B. Brod (panem)
durch ^lug haz aus, aber das Brod (rov aprov) durch shaz^
während der Nominativ haz sowohl cipro^ als c aproc,
bedeutet, und der Genitiv hazi sowohl Brodes als
des Brodes. Es scheint mir daher nicht ganz passend,
dafs man in den Paradigmen der armenischen Grammati-
ken den Accusativen der beiden Zahlen stets ein ^ a^ prae-
figirt, als wäre dieser Buchstabe der Ausdruck des Accusa-
tivverhältnisses , während in der That in den armenischen
Accusativen ein Casusverhältnifs eben so wenig formell aus-
gedrückt ist, als in den gothischen wie vulf lupum, gast
hospitem, swiu filium. Die Lehre von dem Gebrauche
des armen. Präflxes ^ s gehört, streng genommen, in die
Syntax. Was aber den Ursprung dieses praeügirten Arti-
kels anbelangt, so ist es schwer, darüber etwas Zuverlässi-
ges zu sagen. An den skr. Stamm sa er, dieser, jener,
Accusaliv pl. §. 237. 473
worauf der gotb. und griech. Artikel im Nominativ sich
stützt, darf man sich behufs seiner Erklärung nicht wen-
den, da man bis jetzt keine Beispiele nachweisen konnte,
in welchen ein armenisches ^ s dem skr. harten ^ 5 gegen-
über stünde. Da aber 7^ s als Entartung des skr. q^ v/
vorkommt, und wir dasselbe oben (p. 422 f.) als Vertreter der
sanskritischen Dativ- Endung Byam von tü-Byam wahrge-
nommen haben, so scheint es mir nicht unwahrscheinlich,
dafs der armenische praefigirte Artikel den mittleren Buch-
staben des sanskritischen Demonstrativstammes tya, (nom.
sya) enthalte, der auch im Hochdeutschen und Altsäch-
sischen die Stelle des Artikels übernommen hat, und
selbst im Altpersischen in solchen Constructionen vorkommt,
wo er, meiner Meinung nach, am besten als Artikel gefafst
wird. Man findet ihn erstens vor Substantiven, wel-
che als Apposition einem anderen Substantiv zur Seite ste-
hen; daher z. B. gaumdta hya magus Gaumäta der
Magier (kommt öfter vor), Acc. gaumdtam tyam ma-
guni Gaum. den Magier (ebenfalls mehrmals); zweitens,
vor Adjectiven, welche auf ein vorangehendes Substantiv sich
beziehen; z. B. kdra hya hdhiruviya har'uva populus
o Babilonicus totus (Beb. I. 79); kdra hya hami-
triya populus o inimicus, Beb. II. 31; weiter unten:
avam kdram tyam hamitriyam illum populum tov
inimicum; drittens, zuweilen vor Genitiven, welchen das
Substantiv. Avovon sie regiert werden, nachfolgt; z. B. hyd
(fem.) am die am taumd unser Stamm, wörtlich to rJixwv
yivoc, (Beb. I. 8); hya Izuraus putra 0 Kvpov vloc, (I. 39, 53;
III. 25; IV. 9, 27); viertens, sehr häufig, als nachgesetzten
Artikel hinter Substantiven Singular-Nominativen und Accu-
sativen, auf welche ein von ihnen regierter Genitiv, oder
auch ein Locativ als Vertreter des Genitivs folgt, z. B.
kdra hya naditahirahyd exercitus 6 Naditabiri
(Beb. I. 85); avam kdram tyam nad'itahirahyd illum
exercitum rov Naditabiri (I. 88. 89); avam kdram
tyam hdbirauv (loc.) illum populum rov Babilone
474 Bildung der Casus. §. 237.
(III. 84, 85). Steht aber das Substanth% worauf der ihm
nachfolgende Genitiv (oder Locativ) sich bezieht, in einem
anderen Casus als im Nominativ oder Accusativ, so wird
ihm kein Artikel nachgesetzt, so dafs in dieser Beziehung
das Altpersische dem Armenischen sehr nahe kommt, da
letzteres seinen praefigirteu Artikel auf den Accusativ der
beiden Zahlen beschränkt. Dagegen hat im Neupersischen das
sogenannte t isd/et, welches den Substantiven, worauf ein
Genitiv oder ein Adjectiv folgt, angehängt wird, und worin
zuerst Lassen') ein Pronomen erkannt hat, einen umfas-
senderen Gebrauch als der altpersische nachgesetzte Artikel
hya, tyam. Da aber das Pehlevi, Parsi und Neupersische
der Sprache der Achämeniden näher stehen als dem Send,
so scheint es mir passender, jenes i mit ty a oder hya zu
vermitteln, als mit dem s endischen ya^ welches ebenfalls
die Stelle eines nachgesetzten Artikels vertreten kann, ent-
>veder declinirt, oder in der neutralen Nominativ-Accusativ-
Form yad^ welche als Indeclinabile die Stelle der obliquen
Casus vertreten kann; daher z. B. alimi nmdne yad mds-
dayasnois in diesem Hause dem mas dayasnischen
(V. S. p. 192), haca avanhdd tanvad yad daivö^
gataydo aus diesem Körper dem Daiva-geschlage-
nen (Burnouf, Ya^na Notes p. 6, 7); rat'avö asahe yad
vahistahe domini puritatis rr^c, sanctissimae (s.
Brockhaus, Glossar p. 386). Statt des Accusativs ist die
Form yad in Beziehung auf Älasculina und Feminina weni-
ger beliebt, sondern es erscheint, wenn das Substantiv, wo-
rauf der Artikel sich bezieht, im Accus, steht, der Artikel
meistens im Accus, des betreffenden Geschlechtes, also bei
Masculinen in der Form yim^ und bei Femininen in der
von yanm\ daher z. B. im 9ten Kapitel des Yas^ia (s.
Burnouf, Etudes p. 188 ff.): yo sanad asim sravarem
yim aspo-garem nere- garem yim vis'avantem sairi-
tem (letzteres = skr. hdritam) „welcher tödtete (die)
*) Zeilschrift für die Kunde des Morgcnl. Bd. 6. p. 54s.
Accusaliv pl. §. 237. 475
Schlange (die) schnelle, die Pferde-vcr schlin-
gende, Menschen - verschlingende, die giftige,
grüne". Wollte man an dieser und ähnlichen Stellen yiinti
als Relativ fassen, wie es Neriosengh huchstäblich, aber
ganz unpassend, durch das skr. 1/ am überträgt"), so müfste
man annehmen, dafs das Relativ in Folge einer Attraction
in Constructionen dieser Art in den Casus gesetzt werde,
in welchem das Substantiv steht, auf welches es sich be-
zieht, und dafs dann das Adjectiv, welches hinter einem
wirklichen, das nominative Verhältnifs ausdrückenden Rela-
tiv im Nominativ stehen müfste, ebenfalls in den Casus
seines Substantivs gesetzt werde, so dafs unsere Stelle
eigentlich zu übersetzen wäre: „welcher tödtete die
schnelle Schlange, welche Pferde- verschlingend,
Menschen- verschlingend, welche giftig, grün".
In dieser Weise könnte man sich auch in Betreff des Alt-
persischen helfen, da hier der Stamm tya (nom. hya)^
der im Skr. blofs Demonstrativum ist, auch als entschiede-
nes Relativum gebraucht wird, indem das skr. Relativum
7J ya dem Altpersischen ganz fehlt. Die Constructionen
werden aber sehr matt und unbeholfen, wenn man z. B.
den Darius sagen läfst: „Gaumäta, welcher (ein) Ma-
gier" statt „Gaumäta der Magier", und „Volk, wel-
ches babilonisches", statt „Volk das babilonische".
*) Vgl. L a SS en (1. c), welcher g'aw 772 j/m s ug d 6 - s ajanem
wörtlich durch „regionem quam ^ugdhae situm" übersetzt. Gewlfs
aber ist, dafs, wenn das Lateinische einen Artikel hätte, derselbe hier
zur Übersetzung von ji 777 an seinem Platze wäre. Ich übersetze,
indem ich mich des grlech. Artikels bediene und das Compositum
s ugd 6- s ayana als den Namen des Landes fasse: „regionem
7Yiv S ugd'6-s ayanam (creavi)". Das sendische gava Land
(diCC. g dum aus g' a p e^m) ist männlich, dather yim TOV. Burnouf,
Ya^na Notes p. 55 übersetzt die betreffende Stelle des ersten Kapitels
des Vend. durch ,,secundum locorumque provinciarumque excellen-
tissimum ordinavi ego qui (sum) Ahura multlscius, terram in qua
^ugdha jacet".
476 Bild uns der Casus. §. 238.
Ich fasse im Gegentheil lieber auch im Send den Nomina-
tiv 2/(5, fem. yd, an den Stellen, wo er sich auf den Singu-
lar-Nominativ eines Substantivs oder Pronomens bezieht,
im Falle das folgende Substantiv nur als Apposition des
vorangehenden Wortes erscheint, ebenfalls als Artikel, und
übersetze daher z. B. asevi yö ahurä-masddo^ tum
yo ahurö-masddo, hd driil^s yd nasus lieber durch
„ich der Ahura-Mas das, du der Ahur a-Mas d äs,
jene Drug' die Nas'u", als durch „ich welcher Ah.,
du welcher Ah., jene Drug' welche Nas'u". Viel-
leicht stammt auch das sendische ya, wo es die Stelle des
Artikels vertritt, nicht vom skr. Relativstamme, sondern
von dem zusammengesetzten f?X tya (aus ta-ya) und im
Nominativ von ;^ sya (aus sa-ya, s. §. 353). In Bezug auf
den Verlust des anfangenden Consonanten wäre dann daran
zu erinnern, dafs aus dem skr. dvis zweimal und dvi-
tVya der zweite im Send his, hitya (für vis. vi tya)
geworden ist. Wie dem aber auch sei, so ist es wichtig
zu beachten, dafs das Altpersische und Send wenigstens
einen Anfang zum Gebrauch des Artikels gemacht haben;
dafs der altpersische Artikel identisch ist mit dem hoch-
deutschen und altsächsischen; dafs das Armenische seinen
Artikel uur im Accusativ gebraucht, und dafs das Neuper-
sische den Genitiven und Accusativen stets ein i als Artikel
voranstellt, der jedoch graphisch mit dem vorangehenden
Substantiv verbunden wird "): daher z. B. peder-i tv. ,
wörtlich Trarr^p o a-ov, ptl-i biisurk (der) Elephant der
grofse, plur. ptldn-i busurk (die) Elephanten die
grofsen.
238. Das Send stellt dem skr. as im Acc. pl. inasc.
und fem. bei consonantisch endigenden Stämmen regelrecht
0, mit ca (und) ai-ca gegenüber; es dehnt diese Endung
aber auch, nach Analogie des Griechischen, auf Stämme auf
*) Im Peliievi und Parsi findet man ihn auch noch getrennt als
sclbsländlgcs Wort.
AccusnliK^ pl. §. 239. 477
i und u aus, und zwar nach Willkür mit Guna oder ohne
Guna; daher von gairi Berg (euphonisch für gari s.
§. 42) sowohl garay-ö als gairy-6\ von fri drei
sowohl fray-as-ca (tresquc) als fry-as-ca *), wovon
letzteres dem griech. rpiac, sehr nahe kommt; von ratu
Herr sowohl rafwö (V. S. p. 25) als, und zwar sehr oft,
ratavö. Bei weiblichen Stämmen auf i und u findet man
zuweilen auch die dem Skr. entsprechenden Formen auf ^HJ:jJ
■t-s, *^\^ ü-s, z. B. gairt-s montes (V. S. p. 313), eve^u-s
pontes '*). Weibliche Stämme auf i fügen blofs s an; da-
her z. B. asaunt-s (^^'-•) puras.
239. Die männlichen Stämme auf <<^ a, wo sie nicht
durch das Neutrum ersetzt werden (p. 456 Anm.), haben
im Acc. an (vgl. §. 61), z. B. yG^ iman hos, kommt oft
vor, X^C^XJiJ^^-'G maiiistan maximos (V. S. p. 65). Vor
der Partikel ^'(vj ca bleibt der Zischlaut erhalten, und diese
Formen sind viel zahlreicher zu belegen, z. B. ^<-*(vJJiJX^t^$G^<^
amesans-ca non-conni ventesque, ^<''(vJJLi"jy>/<5^G man-
thrans-ca sermonesque, ^<(^JüyGOü/^v<^ aismans-ca
lignaque, <«.*(vJJüy^^/(\5JLJ^-<^^ vdstryans-ca agricolas-
que""). Merkwürdig ist die ¥ovm ^*J^>Xi^l>^>^^'^^^ athaic-
*) Auch In den Veda's gibt es vereinzelt stehende Accusative
auf öj aus Stammen auf z und u und sogar aus mehrsylbigen Stämmen
auf/, wie nady-äs für nadi-s von na dt Flufs. S. ßenfey,
vollst. Gramm, p. 307.
**) Die Begegnung mit griech. Formen wie TTOorfg^ yevv<; halte
ich für zufallig, sov\'ohl darum, well griechische Formen dieser Art
nicht auf das Fem. und auch nicht auf den Acc. beschränkt sind, als
auch darum, weil Ich die aus einem blofsen s bestehenden Accusatlv-
Endungen sanskritischer und sendlscher Feminina für verhältnifs-
mäfslg junge Erscheinungen halte; für jünger als die gothlschen For-
men wie anst-ins^ handu-ns .
***) Ich glaubte früher (Jahrbücher für wiss. Kritik, März 1831,
p. 37.5) durch solche Formen die EInschlebung eines euphonischen
s im Send belegen zu können, nach Analogie von §..95. Allein, wenn
diese EInschlebung nicht durch Fälle bewiesen werden kann, in wel-
478 Bild uns der Casus. §. 239.
run-ann-ca pre sbyterosqu e (V. S. p. 65), weil man
sonst keinen Grund hat ein Thema athauruna anzuneh-
men, und diese Form demnach beweisen würde, dafs auch
consonantische Stämme die Flexion ns, jedoch mit einem
unvermeidlichen Hülfsvocal, annehmen konnten: wenn sie
nicht etwa so aufzufassen ist, dafs sie bei misleitetem
Sprachgefühl, durch die überwiegende Analogie der a-
Stämme herbeigezogen sei. Wichtiger als dieses ->vw»(jIu
«A.«^ijj'^^>/ athaurunansca sind daher die Accusative
w»^>c7«xf) nareus homines, und '^>^y^>^ streus Stel-
las, die sehr oft vorkommen, während wir von /^^(xjvvu
dtar Feuer nicht '^>c7<TCuj dfr-eus, sondern ^7<5^ax>
dfr-6 gefunden haben, wobei zu bemerken ist, dafs dtar
von anderen Wörtern auf r auch darin sich entfernt, dafs
es im Nominativ sg. nicht <v^sxkj dta, sondern w«h^7vU(>ovuj
dtars bildet. — Wie erklärt sich aber die Endung eus?
Ich glaube nicht anders denn aus ^y ans durch Vocali-
sirung des n (wie in Xoyov;), worauf nach §. 31 das <<-♦ a zu
c e wurde; der Zischlaut aber, der nach <*-• a und y an
ein JL> s ist, mufs nach > w als *H? 5 erscheinen. Auch
finden wir V. S. p. 311 wirklich ^X^^5/ ner-ans, im
Sinne eines Dativs: vuj7>eva.« ^\xjßjs,v^ ^^^6/ S^' yj^vuj^
V/^'^'^'^* ddidi at nerans inasdd ahurd asauno etc.
„da quidem hominibus, magne Ahure! puris".
Anmerkung. Zum sendischen ner - a-ns stimmt das vedische
;TO" nfns und, mit Visarga für j, :t: nfnh. Beide Formen kom-
chen kein Grund zur Annahme eines ursprünglichen, durch die Par-
tikel «x'fvi ca blofs geschützten Zischlauts vorhanden ist (vgl. §. 135
Anm. 3), so sind die obigen Beispiele viel v\'ichüger, um einen neuen
Beweis für den Satz abzugeben, dafs ns die ursprüngliche Bezeich-
nung männlicher Plural- Accusative von vocallsch ausgehenden The-
men sei. Der Superlativ ^^^i^^J^J^^'^^i^ i^ veretrasans-
tema., wovon später, kann als Ableitung von einem Partlclpial-
Nomlnatlv angesehen werden. Andere Fälle, die Anlafs geben könn-
ten, Im Send ein euphonisches s nach n anzunehmen, sind mir nir-
gends vorgekommen.
Accusafiv pL §. 240. 479
men jedoch nur vor anfangendem f» vor, und dagegen rfj nfnr
vor Vocalen *). Da ^ /• der Aussprache nach = r/Ist, so fasse
ich diese Formen, wie auch die der gewöhnlichen Sprache, wie
z. B. rifn ■=. nri-n viros, pity -n ■= pitri-n TTaTEOaQ, dä-
tf-n rzr datrt-n ooTYjO-aQ so, dafs ich bei den mit r wechseln-
den Stämmen auf ar, oder är für den Acc. und Gen. pl. Stämme
auf ri, als Umstellnng von ar, är, mit Schwächung des a, a zu
/ annehme, also p itrl - n von pitri für pitr a 3ius pilar, unge-
fähr wie im GothIschen/(ac?rM-/7j von fadru, {uv fadra aus fadar.
Diese schon anderwärts (Kl. Sanskrit- Gramm. 2. Ausg. 1846
§. 12 Anm. **) gegebene Erklärung sehe ich nun durch eine,
mir damals unbekannte, in ihrer Art einzige Form unterstützt,
worauf zuerst Benfey (Vollst. Skr. Gr. p. 307) aufmerksam ge-
macht hat. Es findet sich nämlich im Maha-Bhärata III. S l.
1292''i pitäras (vor taia)^ welches vortrefflich zum griech.
irare^ag stimmt. Vollkommener aber ist das erwähnte sendische
ne r ans ^ wofür man im Skr. nar- a-ns^ und demnach für
pitär-a- s pitar-a-ns^ und im Griechischen 7raT60-a-vg
zu erwarten hätte. Zu den Sendformen wie >C^C€X5<^J'*^*G ^^^i-
stan maximos stimmen vedische auf a^l für dn^ welche in
denselben Stellungen vorkommen, wo Stämme auf /und u inr
ünr für //2, ün (aus ins^ uns) zeigen und durch ihr n beweisen,
dafs hinter demselben ein Buchstabe gestanden hat, der die Um-
wandlung des vollen j:i n in einen geschwächten Nasal nöthig
machte, wie auch die sendlschen Formen auf ^^ an ihr n gewifs
nur dem Umstände verdanken, dafs hinter dem Nasal ein OJ s
stand, welches keinen anderen Nasal als n vor sich verträgt (s.
§. 6l), während für skr. schliefsendes ?1 n im Send nur 1 n zu er-
warten ist. Auf dasselbe Princip, worauf die ved. Plural-Accusa-
tive auf arl beruhen, stützen sich auch ved. Singular-Nominative
wie T^^ mahä n mn gnus (vor Vocalen); diese zeugen für ein
dagewesenes Nominativzeichen in Gestalt eines r für s (vgl.
§. 138).
240. Da a im Skr. unter allen Buchstaben am häu-
figsten als Ausgang männlicher Stämme vorkommt, und die
Neigung in der Geschichte unseres Sprachstamms nicht zu
verkennen ist, im gesunkeneren Zustande einer Sprache die
*) Vgl. p. 468 und s. Regnier 1. c. p. 269 nr. 30, 34.
480 Bildung der Casus. §. 240.
unbequemere consonantisclie Declination durch einen unor-
ganischen Zusatz in die vocalische einzuführen, so scheint
es mir keinem Zweifel unterworfen zu sein, dafs die neu-
persische Plural-Endung dn^ die auf die Benennung leben-
der Geschöpfe beschränkt ist, identisch sei mit dem skr.
55f[r^ an iva männlichen Plural- Accusativ; so stimmt z. B.
^^jA merddoi homines zu T\'^\r\^mdrtdn id.*). Im Alt-
persischen wird n am Wort -Ende, und in der Mitte vor
Consonanten, nicht geschrieben, während m zwar schliefsend,
nicht aber im Inneren des Wortes, im Fall ein Consonant
darauf folgt, durch die Schrift vertreten ist, so dafs wir oben
(p. 354) den Namen Cambyses durch kabugiya vertreteu
gesehen haben, und der Name Indiens (send, hendu) in
der Keilschrift durch hid'u (zu lesen liind'u) ausgedrückt
wird "'). Wollte man aber annehmen, dafs im Altpers. die
nicht geschriebenen Nasale, wo sie hingehören, auch nicht
gesprochen wurden, so würde die Sprache des Darius Hys-
taspis gegen das heutige Persische in dieser Beziehung im
Nachtheil stehen, und man müfste z. B. dem neupers. herend
sie tragen (für skr. Ödranti, send, barenti, goth. bai-
rand) ein altpersisches baratiy gegenüberstellen, was zwar
der Schrift, aber gewifs nicht der Aussprache gemäfs wäre
(vgl. Oppert „Das Lautsystem des Altp." p. 33). Man
dürfte dann auch die neupersischen Plurale wie merddn
nicht mit skr. Accusativen auf dn und s endischen auf an,
ans {nerans) vermitteln, sondern man müfste q^ dn eher
mit Spiegel (Höfer's Zeitschrift I. p. 220) von skr. Plu-
ralgenitiven auf a-w-am, send, a-n-anm herleiten, was mir
wenig zusagt, da der Genitiv viel weniger als der Accusa-
tiv dazu geeignet ist, über einen ganzen Numerus sich zu er-
strecken, wie dies unter anderen bei den spanischen Pluralen
*) So hat Im Spanischen der ganze Plural die Endung des lateini-
schen Accusativs.
**) Über muthmafsliche Plural- Accusallve auf ins (ohne graphi-
schen Ausdruck des Anusvara) s. Monatsbericht der Ak. d. Wiss. iSiS
p. 136 f.
Accusativ pl. §. 241. 481
auf 08 und as, und bei den französischen Possessiven sowohl
im Singular als im Plural der B'all ist, da mon^ ton, son
offenbar auf mewm, tuum, suum, und dagegen mes, tes, ses
im Masc. auf meos, tuos, suos, und im Fem. auf meas etc.
sich stützen. Was das persische tsdn sie (:lvtol) anbelangt,
welches Spiegel 1. c. p. 222 auf das send, ais'anm, skr.
es dm hör um zurückführt, so erkläre ich es aus dem
Stamme J7^ esd dieser, der, wenn er vollständige Decli-
nation hätte, die er im Oskischen und Umbrischen gewon-
nen hat (obwohl nicht durchgreifend belegbar), im skr. Acc.
pl. es an zeigen würde. Zur Erklärung von er» men ich
bedürfen wir ebenfalls nicht eines Genitivs (altpers. mand,
send, mana), sondern es genügt uns der dem Skr. und Alt-
pers. gemeinschaftliche Accus, mdm, wozu sich men unge-
fähr so verhält, wie das franz. Possessiv mo7i zum latein.
Accus, meum^ oder wie die griechischen und altpreufs. Accu-
salive auf n zu den ursprünglichen auf m.
241. Wenn nun die Endung q^ an der Lebendigen
an ein lebendes Geschlecht der alten Sprachen sich an-
schliefst, so wird das todte Neutrum dazu geeignet sein,
uns Auskunft über diejenige neupersische Plural-Endung zu
geben, die den Benennungen lebloser Gegenstände ange-
hängt wird. Ein dem Neutrum vorzüglich eigenthümliches
Wortbildungssuffix ist ^[^ as (§. 128), welches im Send,
im Verhältnifs zu dem geringen Umfang seiner uns erhalte-
nen Litteratur, noch zahlreicher ist als im Sanskrit. Im No-
minativ, Accusativ, Vocativ mufsten diese Neutra ursprüng-
lich auf anha, oder, nach dem Princip der starken Casus,
auf donha ausgehen (vgl. p. 457), wofür jedoch, mit Unter-
drückung der Casus -Endung, do (s. §. 233). Im Altpersi-
schen, vs^o sich Plural-Neutra der in Rede stehenden Wort-
klasse nicht belegen lassen, hätte man, gegenüber den vor-
ausgesetzten s endischen Bildungen, Formen auf dhd oder
ahd zu erwarten, da schliefsendes a, wo es von Haus
aus am Wort-Ende stand, im Altpersischen verlängert wird.
Dafs im Hochdeutschen ein grofser Theil der Neutra im
I. 31
4^2 BilJims der Casus. §. 242.
Plural ihren Stamm durch dasselbe Suffix erweitern,
woraus ich das h persischer Plurale wie rüshd") Tage
(ursprünglich zu theilen rüsh-ä) erkläre, ist bereits be-
merkt worden (s. p. 461). Durch den Übergang des alten
s in r gleichen aber die althochdeutschen Plurale wie Msir
Häuser, chelbir Kälber mehr den lateinischen Formen
wie gener-a, oper-a^ als den persischen auf A-ö, oder den
sanskritischen auf dns-i aus dns-a (§. 234). Vgl. Grimm
p. 622 u. 631.
242. Es folgt hier ein Überblick der Accusativ- Bil-
dung"):
Sanskrit Send Griecli, Lat. Lit. Goth.
m. dsvd-n aspa-n Inno-vi equö-s pönü-s vulfa-ns
f. dsvd-s hisvd-o x^P^'9 equd-s dswa-s gibo-s
f. td-s td-o ra-g is-td-s ta-s tho-s
m. pdti-n paity-6 ^) 7ro(n-ag hoste-s genti-s gasti-ns
f. priti-s dfrify-6 ^) nopn-ac, turre-s awi-s ansti-ns
f. Bdvantt-s havainti-s
m. sünu-n pasv-o ^) viKv-ac, pecü-s sünu-s sunu-ns
f. hdnü-s tanv-ö "*) yivv-ag socrü-s handu-ns
f. vad'u-s
m. f. gds *) gdu-s ^) ^c[t)-clc, ^)
*) Vgl. den sendischen Stamm rawc'a^ (ija.*) Li cht, Nom. Acc.
Voc. pl. raucdo für raucäonha^ oder r auc anha^ euphonisch
(ur raucdha^ raucaha (s. §. 56**^).
**) Über das Armenische s, p. 47 1 ff. und über die Neutral-Accusa-
tive den gleichlautenden Nominativ p. 464 f..
1) Oder ypüt / ß/-d, mit c'o: paity-as-ca^ patay-as-ca.
2) Oder afritay-6^ oder äfriti-s\ mit ca\ äfrity-as -ca etc.
3) Oder /?a J ot' - d ; mitca: p as v as -ca^ pas av as -c a.
*) Oder tanav-6^ od. t anu-s^ mit ca: tanvas -ca etc.
s) Aus gäo-as^ wie im Sing, gäm aus gdv-arn^ s. p. 253.
6) Aus dem skr. gas hätte man gxu^ gdo zu erwarten (s. §. 56*^;
die Form gdu-s aber, welche sehr oft vorkommt, entspringt aus dem
sikr. starken Thema j\\ gdu, durch Anfügung eines blofsen s als Ca-
suszeichen, nach Analogie der Formen wie as auni-s von asauni
s. §. 238. ") Bovi-s aus dem erweiterten Stamme ^oc/, s. §. 226.
Inslrurnentalis pl. §. 243. 483
Sanskrit Send Griech. Lat. Lit. Goth.
f. nav-as m{v)'CL(;
. vac-as vac-o ) ott-olc, )
m. Bdrat-as harent-o ®) (^ipovr-a:, ^)
m. dsman-as asman-6 ®) dai/icv-ag ') ahman-8
m. Bratf-n^°) bräf7'-eus?*^) Trarip-ag ')
f. duhitf-s^^) dugder-eus'^ ^-vyarip-cLc, '*)
m. ddtf-n *°) ddfr-eus? ^^) doTrjp-ag ^)
Instrumentalis.
243. Die BilduDg dieses Casus und was damit zu-
sammenhängt, ist bereits in §. 215-224 auseinandergesetzt
Avorden; hier genügt daher eine den Überblick erleichternde
Zusammenstellung der im Sanskrit, Send und Litauischen
sich entsprechenden Formen ').
Sanskrit Send Litauisch
" m. dsvd- IS aspd- is pona-is j;)
f. dsvd -Bis hisvd'bis '['Y) dswÖ~mis
m. pdti'Bis paiti-his genti-mis
8) Mit ca\ -asca\ s. §. 135. Anm. 3. 9) S. p. 469-
lo) S. p. 479. ^0 S. p. 478. i2) == duhitri-s ^ von einem
vorauszusetzenden Stamme duhitri^ umstellt und geschwächt aus
duhitar^ vgl, p. 479.
*) Über das Armenische s. p. 471 ff.
f) S. §. 220. -|-f) Die Formen auf ä/j scheinen auf den beson-
deren Dialekt beschränkt zu sein (s. p. 56), der sich vorzüglich durch
Verlängerung kurzer Endvocale zu erkennen gibt. In den zu die-
sem Dialekt gehörenden Kapiteln des Yasna ist aber der Instr. pl. viel
zahlreicher als im gewöhnlichen Dialekt zu belegen. Hierher gehören
g enä-bis^ gau-bis (\y*xi)^ vidaivad-his (^«^), mane-hts (s.
p.56), roce-Ä/j, rauce-bts^ (s. die Belegstellen inBrockhaus*s
Index). Zum gewöhnlichen Dialekt gehören aslsanäiti-bis (im
9.Kapitel des Yasna), vom Stamme astsanäiti nicht gebärend,
MXi^aibis (^^u) durch diese = skr. nfiq^e^ /^, vom Stamme
o, nach dem Princip der vedischen Instrumentale wie äs oeb is. Im
Hthographirten Codex des V. S. (p. 45) ist die Form asisanäitibis
31'
48 i Bildung der Casus. §. i>44.
Sanskrit
Send
Litauisch
f.
dvi'bis ff t)
dfrtti'his
awi-mis
f.
Bdvanti-Bis
bavainti-his
m.
sünü'öis
pasu'bis
sünu-mis
f.
go'-Öis
g au- bis
m.
dsma-Bis
asma-bis
n.
ndma-Bis
ndma-bis
n.
vdco-öis
vace-bis
Dativ, Ablativ.
244. Des Suffixes dieser beiden Casus, wovon jedoch
das Gothische und Litauische nur den ersten besitzen, ist
bereits in §. 215. 2 gedacht worden, sowie auch des Um-
standes, dafs im Armenischen auch der Genitiv plur. an der
im Sanskrit, Send und Latein, nur für den Dativ und Ab-
lativ bestimmten Endung Theil nimmt. Dem latein. bus ist
in der ersten, zweiten, und (nach Nonius) gelegentlich
auch in der vierten Decl. nur das 5 geblieben, denn das i
von lupt-s, terrt-s, spect-s (für speci-bus aus specu-bus) mufs
dem Stamme gelassen werden. Lupt-s steht für lupö-bus, da-
für zeugen ambo-bus^ duö-bus. Von 6-bus gelangte die Sprache
— durch gleiche Erleichterung des Endvocals des Stammes,
wie sie am Anfange von Compositen stattfindet (multi-plex für
mvltu-plex oder multö-plex wovon später) — zu i-bus (parrn-
bus, amici-bus, dii-bus, vgl. Härtung p. 262). In der ersten
Decl. hat sich d-bus ziemlich zahlreich erhalten, es fehlt
aber an der Mittelstufe i-hus; doch ist die Sprache schwer-
lich von d-bus sogleich zu i-s übergesprungen , sondern
d-bus schwächte das stammhafte d zu ^, welches sich zum
sonderbar zerspalten in drei Wörter: asi sänditi bis^ die ich
schon in der ersten Ausg. (p. 1.95) zu einem Ganzen vereinigt habe,
dessen dritte Sylbe jedoch kurz sein mufs (s. Burnouf, Etudes p.
280 ff.). Anstöfsig ist aber der Diphthong ^^ax> di in der 4ten Sylbe,
wo man ^ou ar zu erwarten hat, was aber keine der von B ur neu f
verglichenen Handschriften darbietet, fff) Von dvi Mutter-
schaf.
Daliv, Ablatio ^/. §. 244. 485
Ersatz für das ausgefallene hu verlängerte, also terri-s aus
terri-bus für terrd-hus, wie mdlo aus mävolo. — Man ver-
gleiche :
Sanskrit Send Lat Lil. Goth.
m.dsve-dyas^) aspaii-hjo '^) equi-s pÖna-mus^)vulfa'm^)
f. dsvd-dyas huvd-hyo equd-bus dswö-mus gibo-m^)
m.pati-Byas paiti-byo hosti-bus genti-mus gasti-m
f. prtti-dyas dfrtti-byo turri-bus awi-mus ansti-m
m. Bdvantt-Byas bavainti-byo
m. sünü-Byas pasu-byo pecu-bus *) sünü-mus sunu-m
f. vdg-Byds voc-i-bus
m. Bdrad-öyas baren-byS ^) ferent-i-bus
m. dsma-dyas asma-byo sermon-i-bus ahma-m
vc\. Bratr-dyas brdtar-e-byo frdtr-i-bus
n. vdco-öyas vace-byo ^) gener-i-bus
Anmerkung. Das Oskische zeigt in der 2ten Declination plu-
rale Dativ- Ablative auf ww oder ow, z.B. zikolois ^ nesimois^
ligatüis Nuvlanüis (Mommsen, Osk. Stud. p. 39). In der
ersten Decl. hat man ais zu erwarten, was sich im Umbrischen
regelrecht zu es zusammengezogen hat (Au fr. u. KIrchh. p.
Il4, ll). Es bliebe also is als wirkliche Casus-Endung, welche
Au fr. u. Kirch h. 1. c. mit der skr. Instrumental -Endung bis
vermitteln. Ich wende mich aber, im Fall das ganze is der Ca-
sus-Endung zukommt, lieber an die Dativ-Ablativ-Endung VZT^
bfas, und erkenne in is eine Zusammenziehung von jas, wie
in der griech. Dual-Endung iv {littto-lv, ^/^woa-tv) eine Zusam-
menziehung von fdm der vollständigen Endung VJ[[T1 ^yäm
(§. 22l). Ich erinnere auch noch an das lateln. bis von no-bis^
vo-bis, welches oben (p.424) aus bius für skr. bjas erklärt wor-
den. Sollte die Sylbe is im Dat. Abi. der lat. isten und 2ten
DecünatioQ mit den erwähnten oskischen und umbrischen For-
*) S. p. 295 Anm. «) V^^A^^'<^^^ s- §§• ^U ^35 Anm. 3.
3) S. p. 434. '*) Ich habe den nur in wenigen Casus belegbaren
männlichen Stamm pecu wegen seiner Verwandtschaft mit >a:J«.ue^
pasu gewählt und durch alle Casus durchgeführt, und glaube daher
auch bier das ursprüngliche u-bus für das entartete i~bus setzen
zu dürfen. ^) S. p. 440. Anm. 2. ^) S. §. 31.
486 Bildung der Casus. §. 244.
men in Zusammenhang gebracht werden, so hätte es keine
Schwierigkeit, die Sylbe is in der ersten Declln. aus ais und
in der zweiten aus ois zu erklären, und die Verlängerung des i als
Entschädigung für den weggefallenen ersten Theil ^t& Diph-
thongs zu fassen, wie im Nom. pl. equi aus equoi = gr. ITTTTOL
(p.447) und im Dat. sg. der Pronominal Decllnatlon Uli aus illoi
(p. 34i). Ich ziehe aber vor, um die lateinischen Dative wie
equis^ mensis nicht aus dem Zusammenhang mit den vollständige-
ren Formen wie du6-bus^ ambo-bus^ parvi-bus^ amici-bus^ duä-
bus., ambä-bus^ equä-bus herauszureifsen, sie aus Formen die-
ser Art, in oben (p. 484) angegebener Weise, hervorgehen zu
lassen. Auch ist zu berücksichtigen, dafs im Lateinischen, abge-
sehen von zusammengesetzten Formen wie acqulro (s. p. 18),
der Diphthong ai sonst nirgends zu / geworden ist, sondern ent-
weder zu e (hieraus /durch den EInflufs schllefsender Conso-
nanten), oder zu ae, oder zu ä\ letzteres Im Fall die Conjunctlv-
formen wie feräs^ ferämus eben so wie die Futurformen wie
fere-s , feremus auf sanskritische Potentiale, griechische Opta-
tive und gothlsche Conjunctlve wie bairai-s ^ bairai-ma sich
stützen. Was die Entstehung von / aus oi und die Möglichkeit
anbelangt, Dativ-Ablative wie lupis mit oskischen auf oz'j zu ver-
mitteln, so dürfen wir das ganz vereinzelt stehende, von Festus
überlieferte oUoes (ab olloes dicebant pro ab Ulis) nicht uner-
wähnt lassen, wo oe offenbar, wie überall, als = oi zu fassen Ist.
Hierbei aber ist zu berücksichtigen, dafs die Pronomlnal-Declina-
tlon überhaupt manche Abweichungen von der gewöhnlichen dar-
bietet, und dafs auch im Goth. die Pronominalstämme auf a im
Dativ pl. den Diphthong ai dem skr. e (aus ai) gegenüberstellen,
daher thai-m gegenüber dem skr. männlich-neutralen te-ljyas
aus tai-b y as^ g^g^" vulfa-m lupis für skr. vrke-byas. Es
könnte demnach auch das erwähnte altlat. olloes In olloe-s = olloi-s
zerlegt werden, so dafs hier von der skr. Casus-Endung b^y a s nur
das schliefsende s übrig geblieben wäre. Nach dieser zVuffassung
könnten aber auch die oskischen Formen auf o/V oder üis so zerlegt
werden, dafs nur das s der Casus-Endung anhelm fiele, dafs also
zikoloi-s etc. zu theilen wäre. Bei den weiblichen Formen auf
ai-s^ wenn sich solche belegen llefsen, wäre dann das / mlsbräuch-
lich aus der männlich-neutralen Decllnatlon eingedrungen, wie
auch im Gothischen thai-m nicht nur dem skr. ti-^yas aus
Ceni/n^ pl. §. 24,7. 487
tai^b yas gegenübersteht, sondern auch, statt i^^s zu erwarten-
den thö-rn^ dem weiblichen fffVJflR ^^-^J">y» und wie im
Griechischen das i in weiblichen Dativen (ursprünglich Loca
tiven) auf «f-o*«, ai-g ein Misbrauch ist (s. §. 25l). Wir könn-
ten noch welter gehen, und auch das i der altlateinischen For-
men wie arnici-bus^ parvi-bus^ dii-bus als den Schlufslheil des
Diphthongs oi erklären und demnach diibus^ ^ws, dioi-bus^ dem
skr. deve-byas aus de vai-b y as gegenüberstellen. Das 6
von duo-bus ^ ambo-bus Heise sich dagegen durch die Verlän-
gerung rechtfertigen, welche im Sanskrit das kurze a vor der
Dual -Endung byäm erfährt (§. 219), obgleich die duale Casus-
Endung im Latein, durch eine plurale ersetzt ist, also duo-
busj ambo-bus iür slir. dpa -bydm^ üb d -b yd m.
Genitiv.
245. Der Genitiv pl. hat im Skr. bei Substantiven
und Adjectiven die Endung dm, im Send anm nach §. 61.
Das griech. wv verhält sich zur Urform der Endung wie
ididwv zu ^?;^r3^ cidaddm (§§. 4. 18); das latein. hat
Avie immer den labialen End-Nasal in seiner Urgestalt be-
wahrt, durch seinen Einflufs aber den vorhergehenden Vo-
cai verkürzt, daher ped-um (= skr. jpad-am), dessen u
die Stelle eines kurzen a vertritt, wie in equum = ^^IHTL
dsva-m, Xnno-v. Das Germanische hat den schliefsenden
Nasal aufgegeben (s. §. 18); im Gothischen zeigt sich aber
das nun übrigbleibende ^\ d in zwei Gestalten, und da-
durch ist ein unorganischer Unterschied zwischen der weib-
lichen Genitiv-Endung und der männlich-neutralen eingetre-
ten, indem das vollere 6 nur den weiblichen 6- und n-
Stämmen geblieben ist. Das Litauische zeigt ü für 35[T^ «^^j
daher z. B. akmen-u lapidum gegenüber dem sanskritischen
dsman-dm. Das Altpreufsische hat dagegen den Nasal in
Gestalt eines n bewahrt (§. 18) und den Vocal aufgegeben;
daher z. B. swinta-n sanctorum (wie im Acc. sg.), nidru-
wingi-n incredulorum. Letzteres vergleiche man mit
lateinischen Formen wie hosti-um, tri-um.
488 Bildung der Casus, §. 246. 247. 248.
246. Vocalisch endigende Stämme, mit theils noth-
wendiger, theils willkürlicher Ausnahme der einsylbigen,
setzen im Skr. ein euphonisches n (oder n nach §. 17^^) zwi-
schen Endung und Stamm, dessen Endvocal, wenn er kurz
ist, verlängert wird. Diese Einschiebung scheint uralt zu
sein, weil das Send, wenn gleich in beschränkterem Grade,
daran Theil nimmt, namentlich bei allen Stämmen auf s.\j
a und sAju «, daher gv^>v«.»e>»3üvu aspa-n-anm, 9>c^NV>>J'^ev
hisva-n-anm. Zu letzterem stimmen sehr merkwürdig
die im Althochdeutschen, Altsächs. und Angelsächs. in der
entsprechenden Wortklasse vorkommenden Genitive auf
0-71-6, e-n-a, daher ahd. und altsächs. geho-n-ö, ags. gife-n-a.
S. §, 133.
247. Die Stämme auf kurzes und langes i finden wir
im Send, wenn sie mehrsylbig sind, ebenfalls nur mit eupho-
nischem n; dagegen setzen die einsylbigen i- Stämme die
Endung unmittelbar an, entweder mit gunirtem oder rei-
nem Endvocal; so fry-anm oder fray-anm trium von
fri\ vay'anm avium von vi. Die Stämme auf > u lassen
sowohl die unmittelbare Anschliefsung, als die Einschiebung
des euphonischen 7i zu; doch finde ich von dem männlichen
>vXJ*,c'e; pasu nur pasv-an'm, dagegen habe ich von weib-
lichen Stämmen wie >i*xj^ tanu Körper, >jlj^c»i nasu
Leiche (vgl. vi>iv nach §. 21) bis jetzt nur u-n-anm ge-
funden.
248. Die Pronomina der 3ten Person haben im Skr.
gTTL 8dm für 531TL dm, und dies mag die ursprüngliche,
früher allgemeine Gestalt des Casussuffixes sein, so dafs
dm eigentlich nur die Endung der Endung wäre, das mit
dem Gen.- sg. zusammenhangende 5 aber die Hauptsache.
Wenn dem so ist, so mufs jedoch die Verstümmelung die-
ser Endung an Substantiven und Adjectiven als uralt an-
erkannt werden, denn das Gothische, welches sich im Plu-
ral-Nominativ so genau in der alten Grenze hielt (§. 228),
läfst auch dem Zischlaut im Genitiv keinen weiteren Um-
fang, nur dafs die starken Adjective, weil sie, wenigstens
GeniUv pl. §. 248. 489
in den meisten Casus, ein Pronomen angefügt haben (s.
287 f.), auch an dieser pronominalen Genitiv- Endung Theil
nehmen; daher ilii-^e (§. 86. 5) = skr. te-sCm") horum,
illorum, thi-^o = skr. ta-sdm harum, illarum; blind-
aise caecorum, hlindaiso caecarum. Das Sanskrit erwei-
tert, wie aus dem angeführten Beispiele erhellt, das a männ-
licher und neutraler Stämme zu e (s. p. 296), wofür im
Send ;ü^ a^, daher z. B. aitaisanm horum m. n. für
skr. etesäm, dagegen im Femin. aitdonhanm für skr.
etasdm (nach §. 56^)). Es mag dahingestellt bleiben, ob
das i gothischer Formen wie thi-se nur die Schwächung
des stammhaften a ist (also thi-se für tha-se), oder der
Schlufstheil des Diphthongs j^ e = ai. Jedenfalls aber
sollte im Femininum ^Ao-so dem skr. ta-sdm gegenüber-
stehen; es hat aber, wie es scheint, das Beispiel des Masc.
und Neutr. verführerisch auf das Femininum eingewirkt,
was um so leichter geschehen konnte, als das Fem. durch
seine Endung so sich hinlänglich vom Masc. und Neutrum
unterscheidet. Das Altslavische, in dessen Endung ^Z chü
wir die skr. Endung sdm erkannt haben (s. p. 144), hat
die männlich -neutrale Form ebenfalls auch auf das Fem.
übertragen und zeigt z. B. T-b^^ tje-chü nicht nur im
Masc. und Neutrum für skr. te-sdm, sondern auch im Fem.
für skr. ta-sdm (über "t für skr. e s. §. 92. e.). Das Alt-
preufsische zeigt die in Rede stehende plurale Genitiv-En-
dung in der Gestalt son (über n für m s. §. 18) und be-
schränkt diese Endung eben so w^ie das Gothische sein se^
so, und das Altslav. sein ^^ chü, auf die Pronominaldeclina-
tion, wo sie jedoch auch in der ersten und zweiten P. sich
findet; also nicht nur stei-son horum, harum, sondern
auch nou-son i^^jucoy, iou-son ujucov. Diese Formen sind ihrer
Endung nach organischer als die sanskritischen Formen
asmd!-kam, yus'ma-kam (s. §. 340), wofür man asme-
sdm, yusme-idm zu erwarten hätte, deren ursprüngHche
*) / für s nach §. 2l*^
490 Bildung der Casus, §. 218.
Existenz aus dem vedischen Nominativ asme\ yusme^ (wie
^ te hi, illi) gefolgert werden kann. Auch das Altslavi-
sche zeigt die in Rede stehende pronominale Genitiv-Endung
an den Pronominen der beiden ersten Personen, und zwar
in der treuer erhaltenen Form CZ sü, daher na-sü -qfxwv,
va-sü v{Ji<jöv (s. p. 154 Anm.). Ich glaube jetzt, dafs man auch
die litauischen Plural -Genitive der beiden ersten Personen,
musu, jusu^ in mu-su, Jü-su zerlegen nmfs; hierzu nöthigt,
besonders bei der 2ten Pers., das altpreufs. iu-son^ wofür
das Sanskrit, wenn es aus dem ersten Theile des zusam-
mengesetzten Stammes yu-smd einen Genitiv gebildet
hätte, yu'sdm (vgl. ^HJ^IH- cLtnu-sdm illarum) zeigen
•würde. — Das Hochdeutsche hat in der in Rede stehenden
Casus -Endung den alten Zischlaut in r verwandelt, daher
z. B. im Althochdeutschen dc-ro (in den 3 Geschlechtern),
von dessen Endung dem Neuhochdeutschen nur das r ver-
blieben ist. Dem Lateinischen ziemt rum für sum (§. 22),
daher z. B. istorum, istdrum *).
*) Dieses rum ist, wie die Eigenthümllchkeit des Plural- Nom.
(§.228), von der Pronominal-Decl. auch in die ganze zweite, erste, und
die mit letzterer ursprünglich identische fünfte Declln. (s. p. i47f.)
eingedrungen, oder dahin zurückgekehrt. Diese Fortpflanzung der
rwm-Endung auf die genannten Decllnatlonen war um so leichter,
als alle Pronomina, im Gen. pl., der zweiten und ersten Decl. ange-
hören. Erhalten sind aber auch, besonders In der alten Sprache,
Formen, die dafür zeugen, dafs nicht zu aller Zeit die Sprache der
Zurückführung der Endung rum gleich günstig war (de'-um^ soci'-urn^
amphor* -um,, agricol'-um etc.). Dagegen scheint aber auch die En-
dung rum einen Versuch gemacht zu haben, sich in der ,3ten Decllna-
tion festzusetzen, in den von Varro und Charisius überlieferten
Formen wie bove-rum^ Jove-rum^ lapide-rum,, rege-rum^ nuc''-rum ;
die ich jetzt am liebsten so erkläre, dafs ich eine Erweiterung des
Stammes durch den beliebten Zusatz eines /annehme, wie in den Plu-
ralnominativen wie bove-s^ rege-s, \on den erweiterten Stämmen bovi,
regi (§. 226), deren i vor r nach §. 84 zu e werden nuifste, also bm^e-
rum^ rege-rum für bovi-rum^ regi-rum^ wofür nach dem gewöhnlichen
Princlp der /-Stämme bovi-um^ regi-um stehen müfstc. Das lat. rum
Genitw pl. §. 249. 491
249. Wir geben hier einen Überblick der Bildung des
Plural-Genitivs:
und skr. säm läfst gr. (Tüov erwarten; dies fehlt aber sogar bei den
Pronom., so dafs das Griech. in dieser Beziehung Im strengsten Ge-
gensätze zum Lat. steht. Die Formen auf a-uöv^ e-oüv (z. B. avTa-wv^
avTE-üoVy dyooa-üüv, dyooe-Oüv) deuten jedoch auf einen ausgefalle-
nen Consonanten. Die Annahme des Ausfalls eines er (vgl. §. 128)
rechtfertigen aufser dem Lateinischen auch das Umbrische und Oski-
sche, wobei es wichtig Ist zu beachten, dafs die letztgenannten Dia-
lekte nur bei der ersten Declinatlon, der erstere rum, der letztere zum
zeigt, bei der zweiten aber beide um oder ow, vor welcher Endung
der Endvocal des Stammes, wie in latein. Formen wie soci'-um^ abfällt;
daher z. B. im UmhYischcn Abellan'-um, Nuvlan*-um^ zicoV-om (die-
rum), im Gegensatze zu eisa-zun-k egma-zum „illarum rerum"
(nach K i r c h h o ff). Das oskische z ist, wie Aufrecht u. Kirch-
hoff (Umbr. Sprachd. p. 107 f Anm.***) gezeigt haben, ein welches
s^ wenigstens in der Mitte der Wörter, und es stimmt insofern merk-
würdig zum goth. z (welches ich nach §. 86. 5 durch s ausdrücke),
dafs es bei Veranlassung zur Lautschwächung aus hartem s hervor-
geht, daher iz-ic dieser aus is mit dem enklitischen /c, wie im Gothi-
schen iz-ei (Js-ei) welcher aus is er mit der relativen Partikel ei
(l. c. p. 108). Ich möchte aber auch dem anfangenden z von zico-
lus^ welches zuerst von Peter (l. c. p. 51l) im Sinne von Tag
gefafst worden, keine andere Geltung geben als die eines gelinden s^
auch wenn es, wie Au fr. u. Kirchh. annehmen, mit dem lat. diecula
zusammenhangen sollte. Ich fasse es aber lieber, in Übereinstim-
mung mit Peter und Lange, als wurzelhaft und bildungsverwandt
mit seculum. Man braucht jedoch die beiden Wörter, das lateinische
und oskische, nicht von secare abzuleiten, sondern man kann sich, da
Zeitbenennungen häufig von Wurzeln stammen, welche Bewegung
ausdrücken, an die Wurzel sec (skr. sac aus sak gehen, folgen)
wenden. Ich erinnere beiläufig daran, dafs im Skr. die Zeit im All-
gemeinen unter andern durch amdsa (von am. gehen) ausgedrückt
wird, auf dessen Wurzel (am gehen) ich in meiner Abhandlung
über die Celtischen Sprachen, p. 5, das lat. annus (aus amnus) zu-
zückgefiihrt habe. Hiervon stammt Im Skr. auch amäti-s eben-
falls Zeit, womit I. C. das llt. amzi-s (them. amzia^ g^"« anriziö")
verglichen worden. P i ctet („De l'affinite" etc. p. 9) zieht zum skr.
492
Bildung der Casus. §. 249.
Sansk. Send Griech. Latein. Lit. Goth.
Hl. dsvd-n- dspa-n- 'ltot-uov equo-i^um pon-ü vulf'-e
-dm -ahm
m.n. te'-sdm aitai- r'-oJv isto-rum t'-ü thi-se
sanm
f. dsvd-n- hisva-n- x^P^-^^ equd-rum ds'w'-ü geho-n-o^)
-dm -anm
f. td'-sdm donhanm rd-Mv istd-rum t'-ü thi-so
m. n. tri-n- try- rpi-wv tri-um trij-ü thrij-e
-am^) -anm
f. pritt-n- dfriti-n- Tropri-uov turri-um awi-ü ^) anst'-e
'dm -anm
in. sünu-n- pasv- vek-u-wv pecu-um sün'-u suniv-e^)
-dm, anm
amdsa, d. h. zur Wz. desselben, das irländische am, das wallisclie
a^jer und nlederbretannlsche a/wzer, sämmtlich „Zeit" bedeutend.
Um aber wieder zum lat. Pluralgenitiv zurückzukehren, so möchte
ich jetzt die Verlängerung des stammhaften oin Formen wie equorum,
quo-rurn (letzteres =skr. ke -s dm aus kai- s ä ni^ vom Interrogativ-
stamme ka) als Entschädigung für ein weggefallenes i erklären, wie
im Dat. sg. (p. ^ki). Überhaupt hat die Länge des o in der lateini-
schen 2ten Decllnat. überall eine Veranlassung. Nur im Gen. pl.
würde sie ohne Veranlassung sein, wenn man nicht auf das skr. e und
sendische ^vU ai zurückgehen wollte. Bei den entsprechenden
Femininstämmen ist der Endvocal des Stammes von Haus aus lang,
daher steht hier quä-rum passend dem skr. kä-s am gegenüber.
1) Althochdeutsch, s. §. 2h6\ goth. gib*-6, ^) Kommt oft vor
und entspricht dem skr. ^^TT^TTL a-^a/w harum, earum (§. 56*^) ;
von vvü(^ ta wäre täonhanm zu erwarten, was ich nicht belegen
kann. Die zusammengesetzten (mehrsylbigen ) Pronominalstämme
verkürzen die vorletzte Sylbe, daher ^'^ev^(\5/0vc ai-tanhanm^
nicht aitdonhanm^ wie man aus 0(i|4^|i-L ^to.-sdm erwarten
könnte.
3) Vedisch; in der gewöhnlichen Sprache /r«/a-n-a m, von
dem auf diesen Casus beschränkten erweiterten Stamme traya.
'^) Zwelsylbig. ^) S. p. 25S.
GenilU^ pl. §. 249. 493
Sansk. Send Griech. Latein. Lit. Goth.
f. hanu-n- tanu-n- ysvii-cyv socru-um handiv-e^)
'dm -anm
m. f. gdv-dm gav-anm ßo(Fywv bov-um
f. ndv'drn vä(F)-ct)v
f. vdc'dm vdc-anmoTT-üov v6c-um
m.n. Bdrat- harent- (\>zpoyT-m s. p. 453 fijand-e
dm anm ^)
m. asman- asman- datjuoVcüv sermon-um akmen-u ahman-e
dm anm
m. ndr-dm hrdfr- narip-wv frdtr-um hrothr-e
'^) anm
f. svdsj'- äug der- ^^vyarip'wvmdtr-um dukter-u dauhtr-e
dm^) anm
m. ^) ddfr- boTr\p-m dator-um
anm^^)
n. vdcaS' vacanh- E7ri(a-)'U)v gener-um , .
dm anm
6) Oder auch G>O*00,^'^'^^ barantanm wie im V. S. p. 1 51.
g>0>(K)^^vU^ijvUJLJ s auc antanm lucentium, dagegen auch häu-
fig s auc e nf anrn.
7) Vedisch (vom Stamme nar^ n.r Ma n n) = send, nar-anm^
welches letztere im Gegensatze zu Formen wie brät r-anm^ ätr-
atim (ignium), wegen seiner Einsylblgkeit den Stamm vocal beibe-
hält. Die gewöhnlichen Sanskrit-Genitive von Stämmen auf ar, r,
wie z. B. Ä ra /r-n-am, dwÄ/^r-n- 4m, gehören wie die analogen
Accusative eigentlich zur /-Declination (s. p. 479).
s) Vedisch (Rigv. I. GS^ 4), vom Stamme sväsär^ sväsr
Schwester; es stimmt also, abgesehen von der Unterdrückung des
Vocals der 2ten Sylbe des Stammes, zum lat. soror-um^ wofür man
im Skr. s vdsär-ain zu erwarten hätte. ^) dätf-n-ämzzz
<\l JllIfPR ddtri-n-äm stammt von dätri^ s. p. 479.
<o) Ich folgere diese Form aus anderen schwachen Casus der be-
treffenden Wortklasse, so wie aus dem belegbaren brätr-anm.
494 Bildung der Casus. §. 250. 251.
Locativ.
250. Der Charakter des Plural -Locativs ist im Sans-
krit ^ SU, welches der Verwandlung in ^ su unterworfen
ist (§. 21), wofür im Send >t^ su steht (§. 52), während
aus "^ SU nach §. 53 >ev hu geworden ist. Die gewöhn-
lichere Form für su und hu (wofür auch sw, hu) ist jedoch
^♦>>tjü sva, ^'»^y hva^ was auf ein skr. "^^ sva führt.
Dies scheint mir die Urgestalt der Endung, denn nichts ist
gewöhnlicher im Skr. als dafs die Sylben va und ya sich
ihres Vocals entledigen und dann den Halbvocal vocalisiren,
wie z.B. '^■^ uktd gesagt für vaktd. Somit ist die An-
nahme der indischen Verstümmelung der Endung viel wahr-
scheinlicher als die einer sendischen Erweiterung derselben
durch ein später zugetretenes a, zumal da sich in keinem
anderen Falle ein ähnlicher Nachwuchs begründen läfst^
Ist aber ^^ sva die Urgestalt der Endung, so ist sie iden-
tisch mit dem Reflexiv -Possessiv- Stamme ^5|" sva, wovon
mehr in der Folge. — Im Griechischen entspricht die Dativ-
Endung ai (mit V ephelk. aiv), deren l ich jetzt nicht mehr
als Entartung des u der skr. Endung su, sondern als
Schwächung des a der vollständigen Form sva auffasse,
wie ich auch schon in der ersten Ausg. (§. 228) das i des
lat. si-hi (für sui-hi) aus dem a des skr. Stammes sva er-
klärt habe, und ebenso das t des griechischen Stammes a(^L
(§. 341).
251. Die Stämme auf ig" a fügen diesem Vocal, wie
in vielen anderen Casus, ein i bei; aus a-^i aber wird U
e, dem das griech. ot entspricht, daher iWot-o-t = skr.
dsve-s'Uf send. «^'>>i^A?^<'*eJ»u«.*-* aspaisva. Von hier ist
das i im Griech. auch auf die a- 7]-Stämme übergegangen,
während im Skr. und Send d rein bleibt; daher ^^|^
dsvd'Su, 'X*»evvvu>>5'iev hisvdhva, wozu am besten die
Locative von Städte-Namen stimmen, wie HKaraLaaiv, OXuju-
mäa-Ly 'A^YjVYjc-L (Buttmann §. 116. Anm. 6.)').
*) Die gewöhnliche Endung oig, aig (oi-gj «t-c), als Verstumme-
Localiv pl, §. 2o'J. 495
252. Dafs in altepischen, äolischen und dorischen
Dativen wie i:zv')(^za(ji^ opEcrat das erste o- dem Stamme an-
gehört, ist bereits bemerkt worden (s. §. 128). Sie ent-
sprechen den sanskritischen Locativen wie vdcas-su (nach
§. 251 aus vdcas-sva), welchem das griechische zTrsa-at (aus
FEXEcr-aL) entspricht. Die in der ersten Ausg. p. 292 ausge-
sprochene Vermuthung, dafs Formen wie kvvso-o-l, vBuvsa-cn,
yvmUsacn, TrdvreaaL aus erweiterten Stämmen auf eg entsprun-
gen seien, und dafs das beigetretene Suffix mit dem der
althochdeutschen Plurale wie hüsWy chelhir verwandt sei
(§. 241), ist mir jetzt weniger zusagend als eine seitdem
von Aufrecht (Zeitschrift I. p. 118) gegebene Erklärung,
^vornach in Formen dieser Art aai für ofl stünde, so dafs
also dieselbe regressive Assimilation eingetreten wäre, die
ich oben (p. 34) bei der Erklärung von riaa-apsg aus TsVpa-
peg für skr. catvaras angenommen habe. Es mufs also in
Formen wie xw-£-o-trt, wie wir jetzt theilen, das s als Binde-
vocal aufgefafst werden, wofür im Dorischen der Tafeln
von Heraklea (s. Ahrens II. 230) a erscheint {npaa-aovT^
a-aat, vTrapxovT'a-a-aLV, TVOLovr-a-crai "). Auch die Stämme auf
£; gestatten aufser der unmittelbaren Anfügung der Endung
den Bindevocal, vor welchem dann, wie vor den Vocalen
der Casus-Endungen, das a- ausfällt, also Ini-E-aai (aus Inso--
-E-aai) neben eTrsa-cn. Da die vocalisch endigenden Stämme
der 3ten Dechnation im Genitiv sg. (§. 185) und im Gen.
Dativ du. (§. 221) dem Princip der consonantischen Decli-
lung von ot-(7f, ai-(Ti aufgefafst, und so mit der dritten Declin. in Ein-
klang gebracht, verliert hierdurch ihre scheinbare Verwandtschaft mit
der sanskritischen verstümmelten Instrumental-Eudung äis (§. 219),
woran ich früher gedacht hatte, weil der griech, Dativ auch als In-
strum, gebraucht wird (Abhandl. der hist. phllol. Kl. der K. Akad. der
Wiss. aus dem J. 1826. p. 80).
*) Das a oder s von dvSoctTO'iv oder dvooio'Tiv kann man als
thematisch fassen, da der auf das skr. nar sich stützende griech.
Stamm eigentlich dvso^ aus dvao, lautet ; s. p. 498. Anm. 3.
496 Bildung der Casus. §. 253.
nation folgen, so kann es nicht befremden, dafs sie auch
vor der pluralen Dativ-Endung den Bindevocal e gestatten,
in Formen w^ie vz>iV'S-a-(n (neben vixv-a-cn), lx^v-b-c(jl, ttcXl-b-
aai (neben ncKi-z-ai), dLaXvai-E-craL, va(F)-£-o'ö-i, ,6c(F)-£-ö-o-i. Mit
den beiden letzteren vergleiche man das skr. ndu-sü,
go-su, send, gau-s'va (?). Auf progressiver Assimilation
beruhen wahrscheinlich die Formen yovvoLo-'cn und dwiiaa-ai^
aus yowar-o-i, düüiiar-a-L, vielleicht auch noa-ai aus nod-ai^ vgl.
skr. pat'SÜ^ lautgesetzlich für pad-sü
253. Das Litauische zeigt im Loc. pl. die Endungen sa,
SU oder 5^, oder, und zwar am gewöhnlichsten, wie das Let-
tische, ein blofses 5 als Endung"). Schleicher hält su für
die ursprüngliche Form und bemerkt (p. 172), dafs ältere
Schriften bald sa bald se, die ältesten aber meist su zeigen.
Wenn aber, was schwerlich der Fall ist, die Form 5a nicht
ganz von den ältesten Schriften ausgeschlossen ist, so be-
harre ich bei der schon in der ersten Ausgabe ausgespro-
chenen Ansicht, dafs sa die ursprüngliche Form, und ihr a
identisch sei mit dem Vocal der oben vorausgesetzten skr.
Endung sva und der im Send wirklich bestehenden Endun-
gen sva^ hva""); denn von sa gelangt man leicht durch
*) Dafs Ruhig und M i e 1 c k e, deren Autorität ich früher in die-
ser Beziehung gefolgt bin, die Endung sa als eine blofs weibliche,
und dagegen se als nur dem Masc. zukommend dargestellt haben,
beruht, wie Schleicher gezeigt hat, auf einem Irrthum, der mich
jedoch nicht veranlassen konnte, die beiden Endungen ihrem Ur-
sprünge nach als verschieden darzustellen, sondern ich habe sie schon
in der ersten Ausg. beide von dem vorausgesetzten skr. sva abge-
leitet, und dabei an das gothische Sprachverfahren erinnert, wornach
im Gen. pl. die Endung 6 blofs an Femininen, die Endung e aber
in den drei Geschlechtern vorkommt, obwohl sie beide aus gleicher
Quelle fliefsen (s. §. 245).
**) Das Altpersische zeigt suvd., uvä^ mit regelrechter Verlänge-
rung des schliefsenden fl; die Endung uvd ist eine Verstümmelung
von huvd und ihr u wie das von s uvd eine euphonische Einfügung,
indem das Altpersische die unmittelbare Verbindung der Halbvocale
Locath pL §. 254. 497
ganz gewöhnliche Vocalschwächungen zu su und 8e\ be-
fremdend aber wäre der Übergang von u zu a. In Bezug
auf den Verlust des Halbvocals der skr. Lautgruppe ^5|-
sva^ im Litauischen, erinnere ich noch an das Verhältnifs
des \\l. sä'pna-s Traum und sesu Schwester zum gleich-
bedeutenden skr. svdpna-s, svdsd. Bei säwa-s, sawä suus,
sua für skr. sva-s, svd ist der unbehebten Verbindung von
sw durch Einfügung eines Bindevocals vorgebeugt, der im
Mascul. wegen seiner Betonung lang ist.
254. Es folgt hier ein Überblick des sanskritischen,
sendischen, litauischen Plural-Locativs und des ihm entspre-
chenden griechischen Dativs:
Sanskrit Send lit. Griech.
m. dsvS'Su aspai-s'va ponü-se 'inTtoi-aL
f. dsvd-su hisvd'hva dswo-se 'OXvfxTriä^ak, x^P^^-o"*
f. prt'ti-su dfr tti-sva ^ ) awi-se vropTL-ai
m. sünü-s^u pasu-sva sünü-se viytV'O-L
JXkÄ.gO'Su gaU'Sva'^ ßov-a-i
f. ndu-8Ü vav-oTL
f. vdk-sVi vdk'-sva? ott-ctl
-m.n.ddrat'Su (pipov-a-i
m. dsma-su asma-hva ^) datjuo-crt
V und /mit einem vorangehenden Consonanten (ä vor/ ausgenom-
men) nicht liebt, und daher den v und y den entsprechenden Vocal
vorsetzt. In Folge dieses Gesetzes lautet auch der sanskritische
Prononiinalstamm sva (wovon wie gesagt, die plurale Locatlv-
Endung abstammt) im Altpersischen huva^ und fiir tvam du steht
t UV am.
^) Ich habe keine Belege für den Locat. sendlscher /-Stämme; er
kann aber nur analog dem der m- Stämme sein, welcher öfter vor-
kommt.
2) So im Vend. Sade p. 500 «.u>>eV^g^ÄAi^ dämahva von
J^«g*Aju^ dam an,
I. 32
498 Bildung der Casus. §. 254.
Sanskrit Send Lit. Griech.
rn. Bra!tr'8u brätar-es'va Trarpa-ai ^)
n. vdcaS'Su vaco-hva ^) BTrea-a-t
3) Das a In dieser Form ist nicht, wie man gewöhnlich annimmt,
ein Blndevocal, sondern beruht auf einer Umstellung, wie e6Da}iCV
für goßfljcci' und Im Sanskrit «ira Ar j/a mz ic h werde sehen für
darks yämi (Skr. Gramm. §. 34*^); so 77arDa'Tl( vgl. rerDa(Ti) Tdr
TTCLTaDüri (vgl. TeCTG'aoG't), welches durch Bewahrung des ursprüng-
lichen Vocals besser als Trareoa, Trareoeg etc. zum skr. Stamm pitär
stimmt. Ähnliches gilt von dem Dativ aoi/ao*/, indem das Thema
von aov-c?, wie aus dem verwandten ny]i/, aQY\V^ ähh'f^v erhellt, einen
Vocal zwischen dem ü und v ausgestolsen hat, der im Dativ pl. in der
Gestalt eines a, und von seiner Stelle verschoben, wieder erscheint.
So OLvhooiü'i für ai/afl-(7i gegenüber dem skr. nr~su aus nar-s u.
^) Im V. S. p. h9d finden wir die analogen Plural -Locative
^*»V^\^^J> usirohva und s.V^'^^^iV^^^^ fi s ap ohv a\ An-
quetil übersetzt ersteres durch „au lever du soleiV und letzteres
durch „a la nuit^\ Diese Formen können aber unmöglich anders als
aus Themen auf JLJvU as («^ 6 §. 56^^^) erklärt werden. Die meisten
Casus des letzteren, in anderen Casus häufig vorkommenden Wortes,
entspringen aus einem Thema auf /«.u a r, und wenn nun ^ s^J(iJ^xf-^(^^^
f(s apar mit ^Qj<x*^-^(Xr ks ap 6 wechselt, so ist dies ein ähnlicher
Fall wie wenn im Sanskrit dhan Tag einige Casus aus dhas bildet
(woraus d?io in dhobis etc.) und neben diesem dhas auch ein
Thema dhar besteht. Die Anomalie des sanskritischen Tages
scheint im Send ganz und gar auf die Nacht übergegangen zu sein,
indem dieser auch ein Thema auf /i, nämlich ^Mf^J^xJ^^i^CxT k s a p a n
zu Gebote steht, wovon wir den Genit. plur. g^^^^xf-^i^arksa/'
nanm — analog mit 5^^Jp aÄ «am rfi>rwm, über das^/füre^/?
s, g. 40 — in Verbindung mit dem weiblichen Zahlwort ^X^^*H^i(>0
tisranm triam finden (V. S. p. 246); dann lesen wir l. c. S. 16^
as nanmca (=3^^:^ dhndnca) k s af anafimc a (\\es k s af-
nanmca) dierumque noctiumque. Im Sanskrit hat sich aus dhan
durch das Suffix adle abgeleitete, aber gleichbedeutende Form ah na
entwickelt, die jedoch nur am Ende einiger Composita vorkommt
(wie pürvdhna der frühere Theil des Tages) und in dem
adverbialen Dativ aÄAz^j« bald, sogleich. Das Send aber, des-
sen Nacht -Benennung auch in dieser Beziehung nicht hinter dem
Bildung der Casus. §. 25o. 499
255. Nach Darlegung der Bildungsgesetze der einzel-
nen Casus mag es zur Erleichterung des Überblicks passend
sein, Beispiele der wichtigsten Wortklassen in ihrer zusam-
menhängenden Declination herzusetzen. Wir gehen hierbei
vom Sanskrit aus, und gehen zu den übrigen Sprachen in
der Ordnung über, wie sie sich in den besonderen Fällen
am treuesten in ihrer Urgestalt bewahrt haben*).
Männliche Stämme auf a, griechisch o, lateinisch
o, armenisch a, o, u (s. p. 366f.), altslavisch o.
Singular.
Nom. skr. dsva- 8, \\t. pona-s, s. aspo^ mit ca: aspas-cdy
gr. ^TTTTc-g, 1. equu-s, altslav. bazkz vlükü Wolf,
g. vulf'-s^ ahd. wolf, arm. iPi;^^ meg Wolke (instr.
miga-v^ s. p. 427), i/^^^ mard' Mensch *), ilutputq^
waras' Eber^).
Acc. skr. dsva-m, s. aspe-m, 1. equu-m, altpreufs. dei-
Sanskrit zurückbleibt, verfügt freier über eine ähnliche Ableitung,
sMmM*-*-i^^ k'safna; wir finden davon den Loc^iiiv fcsafnS, was
man zwar auch als Dativ von ksapan erklären könnte; allein es steht
ihm V. S. p. 163 der unzweideutige adjectivische Locativ \Oß^*J^}
naime (von naima halb) voran. — Man vergleiche auch 1. c.
S. l49, wo ^j^vUwvoCw"aj7(T3 ^Jijü<u ^»7(73 iira asni iira
Jcsafne an diesem Tage, in dieser Nacht bedeutet, mit dem
locativen Adverbium ♦x»/<73 iira hier, im Sinne eines locativen
Demonstrativs.
*) Ich nehme auch das Altslavische in diese Zusammenstellung
auf, mit Verweisung auf die betreffenden Bildungsgesetze in den fol-
genden Paragraphen.
<) Them. mardo (s. p. 366) = skr. märta^ gr. ßoOTO. ^as skr.
märta Mensch als Sterblicher (vorzüglich im Veda- Dialekt)
hat die volle Form der Wurzel bewahrt und entfernt sich von mrtd
gestorben auch durch die Betonung, obwohl das Substantiv und
das Particip. ursprünglich Eins sind.
*) Thera. warasu = skr. varäh ä.
32 •
500 Bilduns der Casus. §. 255.
wa-n, gr. 'Uttc-v ^ lit. jpona-n^ slav. vlükü, g. vulf,
ahd. wolf\ arm. ??i^^', mard\ waras' ^).
Instr. skr. dsve-n-a, s. aspa, lit. pönü, ahd. wolf-u, arm.
miga-v (s. p. 358), mardo-w, warasu, slav. vlükö-mi.
Dat. skr. ctsvdya, s. aspdi, 1. pdnu-i (zweisylbig), 1.
populo-i Romano-i^ equo, arm. wi^-t (s. p. 383),
mardo-i (spr. mardo , 1. c), wa^^asu, g. vulfa, ahd.
wolfa, Wölfe, slav. vlüku.
Abi. skr. dsvd-t, s. aspd-d, 1. alto-d^ osk. prewatu-d,
arm. m^^ß (p. 358), mardoi (spr. mardö) *), warasu
oder warase ^).
Genit. skr. dsva-sya, gr. r7r7ro-(o-)to , s. aspa-he, dialek-
tisch aspa-hyd oder aspa~1cyd (s. §. 188), osk.
suveis (suve-is aus suve-si) sui = skr. svd-sya,
altpr. deiwa-Sy altsächs. wera-s (viri) = skr. vard-
sya, ahd. wolfe-s ^), g. vulfi-s, lit. po;iö, arm. mz^-*
(s. p. 381 f.), mardo'i (spr. mard6\ warasu, slav. vZwÄra.
3) Über den praefigirten Artikel der armenischen Accusative sg.
und plur. s.p.472f..
*) Das j /hat in den Ablativen der o-Stämme nicht wie sonst am
Wort-Ende eine etymologische Begründung, sondern steht, wie mir
scheint, blofs zur Andeutung der Länge des vorhergehenden n o; man
darf also mit vollem Recht die Ablative von Petermann's Ster De-
clination den lateinischen der zweiten gegenüberstellen, also mardo
wie im Latein, lupo ^ oder, um zwei verwandte Wörter zu wählen,
*"Pl!U ^^^^ ^^ ^^^* T^^ ^-^ (2"s arksät) wie im Lateinischen wrjo
auswr^o-d. Man vergleiche mit dem armenischen Stamme argo auch
den griech. aoKTO aus d^^o. Ich fasse das Verhältnifs des armen.
Stammes argo zum skr. drks a (hypothetische Urform für rksa) so,
dafs ich in dem arm. ^ g blofs die Erweichung und Palatalisirung
des skr. harten Gutturals erkenne, und Abfall des Zischlauts annehme,
während der lat. Stamm urso den Guttural verloren hat.
5) Die Form warase beruht wahrscheinlich auf der ursprünglichen
Identität der armenischen w-Stämme mit den o-Stammen und ist also
analog mit mige = skr. me g ä- t.
^) Da das Althochd. dem Altsächs. naher steht als dem Gothi-
Bildung der Casus. §. 255. 501
Loc. skr. dsve (aus dsva-i), s. ai^pe, maidyoi (§. 196),
lit. 'pöne, slav. BAZK'li vlicke"). gr. Dat. ^lttttw (oiKoiy
fxoL, 0-ot), 1. Gen. equ'i (nove = ^^ wav^ im neuen)-
Voc. skr. dsva, s. aspa, altpr. deiwa, deiwe , lit. ^onö'
slav. v/w^^, gr. iTTTTf, 1. eque, g. vw^'', ahd. woJT, arm.
meg\ marcC^ waras.
Dual.
Nom. Acc. Voc. skr. dsvdu^ ved. dsvd, s. aspdo^ aspUj
slav. vlüka, lit. pönu.
Instr. D. Abi. skr. dsvd-öydm, s. aspaii-bya^ gr. D. G.
tTTTTo-ti^, slav. Instr. D. vlüko-ma, lit. I. D.
Gen. Loc. skr. dsvay-6s, s. aspay-6, slav oboj-u
(amborum), vlük'-u^ lit. Gen. ^on'-w.
Plural.
N. V. skr. dsvds, ved. dsvdsas, s. aspdonho, g. vw^-
/o5, osk. Ahellanus^ ahd. wolfd (s. p. 157), arm.
meg''q\ mard'-q, waras -q (s. p. 444 f.).
Acc. skr. a6fva-w(5), s. aspa-n (mit ca: aspans-ca
equosque), g. vulfa-ns^ altpr. deiioa-ns^ gr. iTTTroi/g
sehen, so mufs man annehmen, dafs das e von wolfe-s unmittelbar aus
o entsprungen sei, und nicht aus dem / des goth. vulfi-s (s. §. 67).
*) Ich werde in Folge dessen, was in §. 92. e. über die Etymolo-
gie des altslav. % gesagt worden, diesen Buchstaben von nun an in
latein. Schrift durch e ausdrücken, und je blofs zur Darstellung des K
gebrauchen, welches sich von 't in seinem Ursprünge wesentlich da-
durch unterscheidet, dafs der in ihm enthaltene e-Laut in allen ver-
gleichbaren Formen auf das skr. kurze a sich stützt und dessen 7 auch
öfter eine etymologische Begründung hat, wie z. B. im MOpK morje
Meer (euphonisch für morjo mit o = skr. a, s. §. 257), dessen / aus
ursprünglichem i hervorgegangen ist und dem i des lat. Stammes mari
entspricht. In Plural -Nominativen wie rOCTHK (Gäste), wel-
ches ich gostij-e theilc, ist ij die euphonische Entwickelung aus dem
stammhaften i und stimmt zu analogen Erscheinungen im Pali (s. p.
409 Anm.).
502 Bildung der Casus. §. 255.
(aus iTTTTo-vg s. p. 466), lat. equö-s, lit. pönü-s, arm.
7neg'-s^ mard'-s^ waras-s, slav. BAZKZl vlükü^ ahd.
wol/ä.
Instr. skr. dsväisy s. aspdis^ lit. ponais, slav. vlükü, ved.
dsve-äis, aülpers. bagai-bi8\ sum. miga-vq\ mardo-vq\
waram-q.
D.Abi, skr. dsve-Ut/as, s. aspaii-byS {mit ca: -byas-ca),
1. duS-bus, ambo-bus, amici-bus (§. 244), amicUs,
lit. D. pona-mus ^ ponä-msy slav. D. vlüko-mü, g. D.
vul/a-m, ahd. wol/u-m, arm. Dat. Abi. Gen. tPftif-utg
miga-z^ mardo-z, warasu-z (p. 425 fF).
Gen. skr. dsvd-n-dm, s. aspa-n-anm, 1. soci-um, gr.
LTTTT-wv (aus tTTTTo-cüv), altpr. deiwa-n, lit. pon'-ü^ g.
vulf'-e, ahd. wol/'-o, slav. vlük'-ü.
h.gr.D. skr. dsvS' SU, s. aspai-sva, aspai-su, Vit. pönü-sa,
pÖnü-su, ponü-se, pdnü-s, gr. Innoi-cn, slav. BAZK'tvZ
Neutrale Stämme auf a, griechisch o, lateinisch
0, alts lavisch o.
Singular.
N. Acc. skr. dana-m, s. ddte-m, 1. donu-m, gr. öcupo-v,
altpr. büUto-n dictum, lit. ^/ra, slav. ^tAO c?«to
Werk, g. daur\ ahd. ^or.
Vocat. skr. dd'na, s. data, slav. c?e/o, g. daur\ ahd. ^or*.
Übrigens wie das Masculinum.
Dual.
N. A. V. skr. dd!ne, s. (ia^^, slav. ^tA't c?^^^'.
Übrigens wie das Masculinum.
Plural.
N. A. V. skr. dand^n-i^ ved. dd'nd^ s. c?ato, gr. dw^a, g.
daura, slav. c^e^a, ahd. #ör'.
Übrigens wie das Masculinum.
I
^
<
Bildung der Casus. §, 255. 503
Anmerkung 1. Im Instrumentalis der a- Stämme läfst Bur-
nouf (Ya^na p. 99 f. Note 74)beldensendischen a-Stämmen For-
men mit eingeschobenem n zu, so dafs der Ausgang a-n-a dem
skr. e-n-a von äs vi-n-a^ däne-n-a entspräche. Er be-
ruft sich unter andern auf die Form *A.M«x«^»3ü^a.»^ maismana
urinä, welches er von einem Stamme auf ma ableitet, während
ich darin das Suffix man erkenne (s. §. 796) und somit Im In-
strum, maisman-a theile. Was die von B ur nouf (1. c. p.
100 Note) erwähnten Instrumentale masana^ srayana und
vanhana anbelangt, so beharre ich um so lieber bei der schon
in der ersten Ausg. ausgesprochenen Ansicht, dafs sie von Stäm-
men auf an kommen (dafs also masan-a etc. zuthellen ist), als
sich seitdem zu masan Gröfse das entsprechende und gleich-
bedeutende vedische rnahan gefunden hat, und zwar ebenfalls
nur im Instrumentalis (rnahn-ä^ s. Benfey Gloss. zum S. V.).
Den Instrumentalis des Interrogativs, welcher sehr oft in der
Form Ä^ana vorkommt, erkläre ich aus einem zusammengesetzten
Stamme kana, welcher in seinem Schlufsbestandthelle zu dem des
skr. a-na^ e-na (s.§.369ff.), gr- JCSii^O, ;iy|i/o,T>li^o, und altpreufs.
ta-nna*)^ Nom. ta-ns „er" stimmt, welches letztere offenbar
mit dem skr. Stamme ta er, dieser, jener (s. §. 343) ver-
wandt ist. Dafs Ich auch den altpersischen Stämmen auf «keine
Instrumentale mit eingefügtem n zugestehe, ist schon anderwärts
bemerkt worden (Monatsbericht d. K. Ak d. Wiss. 1848 p. 133).
Anmerkung 2. In der in Rede stehenden Wortklasse verdienen
noch die Singulargenitive des Messapischen eine nähere Betrach-
tung. Sie enden sämmtllch auf hi **) und erinnern darum so-
gleich an die altpersischen und sendischen auf hyä für skr. sya
(s. §. 188). Da aber das Messapische eben so wenig als irgend ein
anderes europäisches Idiom zum iranischen Zweige unseres gro-
fsen Sprachstammes gehört, so kann diese specielle Begegnung
des Messapischen mit dem Send und Altpersischen nur für zufällig
gelten, d. h. sie erklärt sich aus der nahen Lautverwandtschaft
*) Über die im Altpreufsischen nach kurzen Vocalen beliebte Ver-
doppelung der Liquidae und Zischlaute s. meine Abhandlung über die
genannte Sprache p. iO.
**) S. Mommsen „Die unteritalischen Dialekte" p. 80 ff. und
VI. p. l42ff.
504 Bildung der Casus. §. 255.
zwischen s und h (vgl. §. 53»)^ die sich zwar vorzugsweise an
den iranischen Sprachen bemerklich macht, In welchen jedoch
die Schwächung von s zu h gerade in den grammatischen En-
dungen am spätesten eingetreten ist, wie oben (p.430f.) aus dem
Armenischen und Ossetischen gefolgert worden. Das i der
messap. Endung hi ist wie das des gr. lO die Vocalisirung des
sanskritischen und iranischen Halbvocals der Endung Jja, hyä\
das messapische hi und gr. lo ergänzen sich also einander insofern
wechselseitig, als ersteres den Consonanten {h für s\ letzteres
den Vocal (o für a) der ursprünglichen Endung bewahrt hat.
Ich möchte aber aus dem Messapischen nicht die Folgerung zie-
hen, dafs den grlech. Genitiven auf to solche auf io vorangegan-
gen seien, denn warum sollte nicht ein <T eben so gut als andere
Consonanten gelegentlich, oder an bestimmten Stellen der
Grammatik, ausgefallen sein, wie z.B. T in Formen wie (peosi aus
(beo-e-Tt, skr. b dr-a-ti^ prakrit. 5 o r-a-<i/ oder V|T7" 6«'' ai?
Die Verwandtschaft des Messapischen und Griechischen nöthigt,
wie mir scheint, eben so wenig dazu, sanskritische Genitive auf
a-sya im Griech. zuerst zu 0-zo, und von hier zu oio werden zu
lassen, als man aus latein. Formen wie gener-is die Folgerung
ziehen müfste, dafs die in §. 12S besprochenen griech. Neutral-
stämme auf 0^, tg (für skr. as) ihr o" zwischen zwei Vocalen zu-
erst in D verwandelt und dann das D aufgegeben hätten, dafs also
dem Genitiv yevB-og eine Form «yeys^-o? vorangegangen sei.
Trotz der sehr nahen Verwandtschaft der beiden klassischen
Sprachen — die offenbar erst auf europäischem Boden sich ge-
trennt haben — folgt doch jede der beiden Zwillingsschwestern
in speclellen Fällen ihrer besonderen Neigung. — Die Nomina-
tive der vorliegenden Wortklasse enden Im Messapischen entwe-
der auf a-s oder auf o-s. In ersterem Falle gleichen sie den
sanskritischen und litauischen Nominativen wie de t^a-j (Gott),
dewa-s^ in letzterem den griechischen wie ^zo-g und den sla-
vlschen Stämmen wie vluko Wolf = skr. vrka (aus varka)^
lit. wMka^ oder den armenischen wie arS^ato Silber =: skr,
rag ata (p. 367). Den Nominativen auf o-j stehen im Genitiv
vorherrschend Formen auf ai-hi^ seltener solche au( i-hi gegen-
über (Mommsen p. 80f., Stier l. c. p. l43), und ich vermuthe,
dafs das dem stammhaften a beigerügte / durch den rückwirken-
den euphonischen Einflufs des schliefsenden / erzeugt sei, nach
Bildung der Casus, §. 255. 505
dem Princlp des germanischen Umlauts, und 'ähnlicher Erschei-
nungen im Send (§. 4l), obwohl in der letztgenannten Spra-
che gerade das h den rückwirkenden Einflufs eines folgenden i
hemmt, und daher z. B. bar-a-hi du trägst der 3ten P. b ar ^
ai-ti = skr/Aa r-a-^i gegenüber steht. — Die messapischen
Stämme auf o zeigen im Genitiv vorherrschend i-hi ( z. B.
fj.00iii-hi (gegenüber dem Nom. iJLOO'/CO-g), was ich für eine Ver-
stümmelung von Ol- hl und somit, hinsichtlich des/, ebenfalls für
ein euphonisches Produkt des i der Endung halte, zumal es auch
an Formen auf oi-Äj und o-hi (letzteres ohne euphonisches i)
nicht ganz fehlt, und auch einigemal i-/ii für ai-hi\ gegenüber
Nominativen auf a- j, vorkommt (Stier p. l43). Ob die For-
men auf eihi (TiOaS'eliei/il^ Ka^aoeihl) aus oihi oder aihi ge-
schwächt sind, kann in Ermangelung des entsprechenden Nomin.
nicht entschieden werden. — Sollten die oben (p. 386) bespro-
chenen oskischen Genitive auf eis der 2ten Declination den
Ausgang is nicht durch Umstellung aus si gewonnen haben, so
würde ich jetzt eis als Verstümmelung von ei-sizzz messap. ei-hi
fassen, und in dem / von ei-s die gebliebene Rückwirkung des
verlorenen schliefsenden / erkennen.
Weibliche Stämme auf a, gothisch und litaui-
sch 0, altslavisch a.
Singular.
Nom. skr. dsvd, gr. x^V^» li*- äsf^a, s. kisva, 1. equa^
g. giba, ahd. geba, slav. Bk/^OBA vidova (vidua).
Accus, skr. dsvä-Trif 1. equa-m, s. hisva-nm, gr. x^P^-'^i
altpreufs. ganna-n, genna-n (feminara), slav.
Bb/^CB;^ vidovu-n^ lit. äswa-n^ g. giba^ ahd. geba.
Instr. skr. dsvay-ä^ ved. dsvd (§. 161), s. hisvay-d^
slav. Bb^OBOl?^ vidovoj'Un^ lit. mwa,
Dativ skr. dsvdy-di, s. hisvay-di, 1. equa-i, equae, lit.
äs'wa-i (zweisylbig) , slav. Bb/^OB't vtdove, g. gibai
(§. 175), ahd. gebu, gebo,
Ablativ s. hisvay-dd^ skr. dsvdy-ds (aus -dt s. p. 178),
1. praeda-d, osk. toiäa-d.
4
506 Bildung der Casus. §. 255.
Genitiv skr. dsvcty-ds^ s. hisvay-do, gr. yjjop^-^y 1- teri^d-s,
lit. dswö'8, g. giho-s, ahd. geha, später geho^ slav.
Bb^OBZl vidovü,
L.gr. D. skr. dsvdy-dm, s. hisvay-a (? s. §. 202), lit.
dswöj-e, slav. Bb^OB'fe vidove, gr. X"^V^> x^M^^'
(§. 125).
Voc. skr. dkka (p. 410 Anm. 1), dsve, s. hisva^ gr.
Xu//:ä, 1. ^5'wa, g. ^2*6«, ahd. ^e^a, lit. aswa^ slav.
vr<^ovo (s. §. 272).
Dual.
N. A. V. skr. dsve, s. hisve, slav. Bb/^OB't vidove (s. p.
501 Anm.), lit. äswi (§. 214).
1. D. Abi. skr. dsvd-dydm, s. hisvd-bya, gr. D. G. x^P^-'-^y
slav. I. D. vidova-ma. lit. I. D. dswö-m.
Gen. Loc. skr. dsvay-6s, s. hisvay-6(?), slav. vidov'-u, lit.
G. ds'w'-ü.
Plural.
N. V. skr. dsvds, osk. scriftas (nom.), lit. dswös, g. gibos,
s. hisvdo, ahd. ^eöo, slav. vidovü.
Accus, skr. dsvd-s, 1. equd-s, gr. x^P^-9^ ^^^* dswa-s, g.
gibS'S, s. hisvdo, ahd. ^e^ö, slav. vidovü.
Instr. dsvd'BiSt s. hisvd-bis, lit. dswö-mis, slav. 'üzc?o-
D.Abi, skr. dsvd-Byas, s. kisvd-byo (mite«; -byas-ca), 1.
equd-bus, lit. D. dswo-mus, später ds'wö-ms, slav. D.
vidova-müy g. gibo-m, ahd. gebo-m.
Genitiv skr. dsva-n-dm, s. hisva-n-anm, ahd. gebo-9iS,
gr. x^P^'^^i ^' ccmphor'-um, g. gib'- 6, lit. ds'iv'-ü,
slav. vidov'ü.
L.gr.D. skr. dsvd-su, s. hisvd-hva^ lit. dswö-sa^ dswö-su,
äs'wö'se, aswö'Sy slav. Bb^OBA-VZ vidova-cM, gr.
Bildung der Casus, §. 255. 507
Weibliche Stämme auf i").
Singular.
Nom. skr. pri'ti-s^ s. dfrtti-s, gr. Tropn-g, 1. turri-s, lit.
awUs, g. anst'-s, slav. HOIUTK nos'ti Nacht, ahd.
anst\ arm. o^ o^' •').
Acc. skr. prtti'm^ 1. turri-m^ s. äfritt-m^ gr. nopri-v^
altpreufs. nahti-n noctem, lit. dwi-n^ slav. nos'tii
g. und ahd. «ws^', arm. o^'.
Instr. skr. prt'ty-d, s. dfrtty-a, slav. HOUJTHI^ nostij-un^
lit. awi-mi^ arm. ö^t-v"').
Dativ skr. prt'tay-e oder prt'ty-di (s. §. 164), s. dfrtte-e^
mit ca: dfritay-e-ca, 1. ^wrn, lit. äwi-ei (zweisylbig
s. §. 176), slav. MOS ^2, g. anstaiy ahd. ^7^s^^, arm. o■;^.
Ablativ s. dfrttoi-d, skr. prite-s (aus prtte-t, s. p. 178)
oder prt'ty-ds (aus prtty-dt)^ 1. navale-d (s. p.
360 Anm. f), arm. o^^ (s. p. 359).
Genitiv skr. prite-s oder prity-ds^ s. dfrttöi-s, g. ans-
toi-s, lit. awe-s, 1. turri-s, gr. nopTL-og, (^vas-wg^ slav.
nosti, ahd. ^wsf«, arm. o^i.
Locat. skr. prif-du od. prt'ty -dm, lit. awyj-e, slav. wo/^^.
*) Von einem skr. Mascullnstamme auf* mögen hier die von dem
weiblichen Paradigma abweichenden Casus genügen. Von agni
Feuer kommt der Instr. sg. agni-n-ä (dagegen von /?a^/ Herr,
sdki Freund: päty-d^ sdky-ä^ s. §. 323) und der Acc. pl.
agni -n.
**) Obwohl die armenischen Wörter, wie bemerkt worden (p,
367), ihrer Flexion nach sämmtlich männlich sind, so haben sie doch
nur solche Casus -Endungen, welche in den verwandten Sprachen
dem Mascul. und Fem. gemeinsam sind, weshalb hier der Stamm
o^i Schlange (= skr. dhi masc.) im Verein mit Femininen der
Schwestersprachen erscheinen mag.
***) Die armenischen Instrumentale sg., und in den meisten DeclI-
natlonen auch die litauischen und slavischen, gehören nach ihrem
Bildungsprinclp nicht hierher, mögen aber dennoch, wegen ihrer
merkwürdigen Übereinstimmung mit einander, hier einen Platz fin-
den (s. §. 358. xVnm. *).
508 Bildung der Casus. §. 255.
Vocat. skr. prtte, 1. aive, g. anstai (?), s. dfrtti, gr.
TTopTL, slav. nos'ti, ahd. anst\ arm. o^.
Dual.
N. A. V. sVv.pritt^ s. dfritt?, \it. awi, sldiW. nosti.
I. D. Abi. skr. priti-Bydm, s. dfrtti-bya, gr. D. G.
TTopTi-o-Lv, slav. I. D. nosti-ma., lit. I. D. ai^f-?n.
Gen. Loc. skr. iprt'ty-os^ s. dfrtty-o?, slav. NOUJTHIO
nos'tij-u, lit. Gen. aiüi-zi (zweisylbig).
Plural.
N. V. skr. pri'tay-as , s. dfrtfay-o, mit ca: dfritay-
as-ca, gr. Tropn-Eg, 1. turre-s (p. 453), g. anstei-s,
lit. ai6'?/-5 (= äwi-s), slav. nosti"), ahd. ^ns^z", arm.
Accus, skr. ^r^^t-5, s. dfrttay-ö, dfrify-6, dfriti-s,
mit ca: dfritay-as-ca etc., gr. Trcpri-cLg, Tropn-*;,
g. ansti-ns, lit. a^t'^-5, arm. o^'-5, slav. HOUJTHH
nostij, ahd. ^W5^i.
*) Dagegen II/^THK puntij-e vom männlichen Stamme /?wn/»
Weg. — Zu dem, was in §. 93. A-. über die Bezeichnung des Lautes
unseres 7 im Altslavischen gesagt worden, ist hier noch nachzutra-
gen, dafs in den Fällen, wo der y-Laut mit einem vorhergehenden
Vocal zu Einer Sylbe sich vereinigt, derselbe in den jüngeren Hand-
schriften und in gedruckten Büchern durch II ausgedrückt wird, in
den älteren Handschriften aber durch ein blofses H. Ich habe in
der früheren Ausgabe für dieses H =7 in lateinischer Schrift i ge-
setzt, welche Bezeichnung ich jetzt für den Laut des oben (p. 92. &.)
besprochenen, ganz kurzen i (b) verwende, während ichy sowohl für
das, eine Sylbe beginnende/ (K) 7'w, Kye etc.), als für das schliefsende
(H) setze. Die Neigung zu der In wenigen Sprachen beliebten Laut-
verbindung i) thellt das Slavische mit dem Altpersischen, wo die san-
skritischen Endungen auf /in der Regel noch den Zusatz des entspre-
chenden Halbvocals/ (unser;) erhalten, wie auch einem schliefsenden
u noch der entsprechende Halbvocal v zur Seite tritt (s. Monatsbe-
richt 1848 p. l40). Das Altslavische zieht auch den Diphthongen a<*,
tfi, «/, oi, uj, ui die Lautgruppen o/, fy, c/, oy, uy, wy vor, deren y
Bildung der Caius. §. 255. 509
Instr. skr. priti^Uis, s. dfrtti-bis, arm. 6'Qi-vq\ lit.
awi-mis, slav. nostl-mi.
ebenfalls in den späteren Handschriften und in Drucken durch
i/L bezeichnet wird (also AM, Elf, 'JiM, ZIH, OVfi). — • Wo aber H
mit dem vorhergehenden Vocal keinen Diphthong bildet, soll es,
nach Miklosich (s. vergleichende Lautlehre p. Ulf. und p. 28) wie
yV ausgesprochen werden, so dafs also z. B. OAH =: rür; (Para dl es),
aber der Plural pAH = raji wäre. Ich setze jedoch für das unbezeich-
nete H in lateinischer Schrift überall ein blofses i und mache hier nur
darauf aufmerksam, dafs dieses i hinter Vocalen eine Sylbe für sich
bildet und nicht mit dem vorhergehenden Vocal zu einem Diphthong
sich vereinigt, da das Altslavische das i als Schlufstheil von Diphthon-
gen nicht kennt, sondern dafür den entsprechenden Halbvocal ge-
braucht, also z. B. MOli moj meus gegenüber dem zweisylbigen
Plural MON moi. Es mag dahingestellt bleiben, ob letzteres mo-i
oder mo-ji auszusprechen ist; im letzteren Falle wäre, streng genom-
men, moj-i zvi theilen, denn der Stamm ist mojo (s. §.258), der Nom.
sg. würde ohne eine specielle Anomalie der yo-Stämme moju (MOJX
statt MOH moj lauten, und der Plural-Nominativ wo/V, wenn dies die
richtige Aussprache von MOH ist, wäre analog mit vluk-i Wölfe=:
lit. ivilkai (zu theilen wilka-i^ zweisilbig). Ist aber moi zu lesen,
so ist in dieser und analogen Formen von Stämmen auf jo die Casus-
Endung sammt dem Endvocal des Stammes abgefallen, und das «wäre
die Vocalisirung des Halbvocalsy des Stammes mojo. Jedenfalls wäre
es eine mangelhafte graphische Darstellung, wenn die Sylbe yVdurch
blofses H ausgedrückt würde, während doch die Schrift andere Syl-
ben, welche mit 7 anfangen, mit Doppelbuchstaben wie 121 (=7*0),
K {==.}€) bedacht hat. Kopltar scheint das H, wo es nicht (in jün-
geren Handschriften) mit dem Kürzezeichen versehen Ist (H), über-
all als reines i zu fassen, denn er bemerkt ausdrücklich (Glagollta
p. 51), dafs die Sylben // und jo fehlen. Über die Veranlassung des
Fehlens der Sylbe jo s. §. 92.Ä:. ; fehlt aber wirklich auch die Sylbe
7/ aus Abneigung gegen die Vereinigung des 7 mit dem ihm entspre-
chenden Vocal am Schlüsse einer Sylbe, so steht in dieser Beziehung
das Slovenische über dem Altslavischen, welches es unter anderen
auch darin überbietet, dafs es alle seine Praesentia in der 1. P. s^,
aufm (für skr. mi) ausgehen läfst, während das Altslavlsche, mit Aus-
nahme weniger Verba auf mi ^ das alle m überall zu n getrübt hat.
510 Bildung der Casus, §. 255.
D. Abi. skr. priti-Byas, s. äfriti-hyo^ mit ca\ dfrtti-
hyas-ca, 1. turri-bus, lit. D. awi-mus später awi-ms,
slav. D. nos'te-mü, g. D. ansti-m, ahd. ensti-m, ensti-n,
arm. D. Abi. G. o^t-i (s. p. 425).
Genitiv skr. priti-n-dm^ s. dfriti^n-anm^ 1. turri-um^ gr.
TTOßTL-wv, lit. awi'U (zweisylbig), altpreufs. nidruwin-
gi-n (m. incredulorum), ahd. ensti-o, g. ansf-e,
slav. HOLUTHH nostij.
Locat. s. dfrtti-s'va (od. -sw), skr. prt'ti-su^ lit. awi-sä,
Sil, 'Se, slav. HOUJTEVZ noste-chü, gr. D. 7r6pn-cn.
Neutrale Stämme aufi.
Singular.
N. A. V. skr. vd'r% s. vairi, gr. fc^pi, 1. war^.
Übrigens wie das Masculinum.
Dual.
N. A. V. skr. vd'ri-n-'t (über ^ s. §. 17*)).
Übrigens wie das Masculinum.
Plural.
N. A. V. skr. vari-n-i, s. var'-a (?)*), gr. fd/Oi-a, 1. mar-
i-a, g. thrij-a (rpict), ahd. c?7'z-w (s. p. 461).
Übrigens wie das Masculinum.
Männliche Stämme auf w, gr. v, altslav. z w.
Singular.
Nom. skr. sunu-s^ lit. sünü-s, g. sunu-s, s. pasu-Sy 1.
pecu-s, gr. vsx-u-g, slav. CZIHK 5www (Sohn).
Acc. skr. 5tmw-m, 1. pecu-m, s. pasü-m, gr. vsxij-v, lit.
5wnw-w, g. «www, slav. sünü.
*) Aufser der oben(p. 460) als falsch erwiesenen Lesart gara
kommt diese Form, was l. c. übersehen worden, noch einmal vor und
zwar in einer Stelle des lOten Kap. des Yasna (V. S. p. 49, beiWes-
tergaard p. 30) wo Anquetil gara paiti durch „sur les mon-
tagnes" übersetzt; höchst wahrscheinlich mit Recht.
Bildung der Casus. §. 255. 511
Instr. skr. sunu-n-d (ved. prabahav-ä von prabdhu^
s. §. 158), s. pasv-a.
Dat. skr. sündv-e, s. pasv~e, L pecu-t, Vit. sünu-i {zwei-
sylbig), slav. sünov-i, g. sunau.
Abi. s. pasau-d (\}sxj §.32), paseu-d, 1. magistratu-d,
skr. süno-s aus süno-t (p. 178).
Gen. skr. sünö'-s (aus sünau-s), ved. pasv-as, lit.
sünau-s, g. sunau-s^ s. paseu-s^ pasv-o (aus
pasv'üs), 1. pecü'Sy senafu-os, gr. vE>tv-og, slav.
CZlHOy 5?mw.
Loc. skr. 5wn'-aw, ved. sündv-i, sl. sünov-i, lit. 5wwM^
(zweisylbig).
Voc. skr. swno (aus sünau), lit. sünaü, g. sunau ^ s.
pasUi gr. vExt), slav. tZlHOV 5ünw.
Dual.
N. A. V. skr. n. a. Äwnw'i voc. sunü, s. pasu, lit. «wnzV,
slav. CZINZI 5W71M.
I. D. Abi. skr. sünü-äydm, s. pasu-hya^ gr. D. G. vekd-
o-tv, slav. I. D. süno-ma^ lit. sünü-m (§. 222).
Gen. Loc. skr. sünv-os^ s. pasv-o, lit. G. 5ww'-w.
Plural.
N. V. skr. n. sündv-as, voc. ^w'wav-a«, gr. V£>ct;-e$, s.
pasv-o (mit ca: pa SV as-ca), \. pecü-s, ^. sunju-s
(für suniu-s aus sunau-s, §. 230), lit. ^wni^-«, slav.
sünov-e.
Aceusativ skr. sunu-n{s), g. sunu-ns, 1. pecü-s, lit. sünü-s^
s. pasv-6 (mit ca: pasv-as-ca), gr. v£>cD-ct$.
Instrum. skr. sunü-Uis, s. pasu-hisy lit. *wwM-witV, slav.
Dat. Abi. skr. sünu-Byas^ s. pasu-hyOj l. pecii-huSf lit. D.
sünü-mus, g. sunu-m.
Genitiv skr. sunu-n-dm, s. pasü-aww, 1. pecu-um,
gr. y^j^Tj-cuv, g. suniv-e, lit. sün-u.
512
Bildung der Casus. §. 255.
Locativ skr. sünü-s'u, s. pasu-sva (od. pa8u-su), Vit.
sünü-sä, -Sil, -se, -5, gr. D. vbkv-cj-l.
Anmerkung. Weibliche Stämme auf u weichen im Sanskrit
von der Decllnatlon der männlichen genau eben so ab, wie
S. 507f. UtfrT/'^' ^' ^- ^^^ ^fu ^8^i m.
Neutrale Stämme aufw, gr. u.
Singular.
N. A. V. skr. mddu, s. madu, gr. jueS-d, 1. pecü, ^. faihu.
Übrigens wie das Masculinum.
Dual.
N. A. V. skr. mdctu-n-i, s, mactv-i
Übrigens wie das Masculinum.
Plural.
N. A. V. skr. mddu-n-% s. madv-a, gr. jusS-u-a, 1. pecu-a.
Übrigens wie das Masculinum.
Consonantische Stämme.
Singular.
Sanskr.
Send.
Lat.
Griech.
Thema
väc
vdc
voc
3t
OK
Nomin.
vdk
vdk- 8
voc-s
OTT-g
Accusativ
vac-am
vdc-em
voc-em
OTT-a
Instrum.
vdc-a')
vdc-d
Dativ
A 1 Af
vac-e
vdc-e
VOC-l
Ablativ
vdc-ds ^)
vdc-ad
v6c-e{d)
Genitiv
vdc'ds
vdc-d')
v6c-is
OTT-C; *)
L. gr. D.
vdc-i
vdc-i
3 /
OTT-t
Vocativ
vdk
vdk''S(?)
voc-s
07r~g
*) über die Betonung der einsylblgen Wörter im Skr. und
Griechischen mit Rücksicht auf starke und schwache Casus s. p. 271 ff.
*) Aus väc-d(, s. p. 178.
^) Mii ca: väcas -ca.
Bildung der Casus. §. 2on.
513
Sanskr.
N. A. V. vac-du
vedisch vac-d
I. D. Abi. vdg-öyd'm
Gen. Loc. vdc-6's
N. V. vd'c- as
Accus. vac-as
Instrum. vag -Bis
D. Abi. vdg-Byds
Genitiv vdo-am
L. gr. D. vdk-su
Dual.
Send Lat. Griech.
vdc-do
vac-a 07r-£
? D. G. OTT-O-l
vdc- 0?
Plural.
vac-0 ^) "") OTT^sg
vac-0 ) 07r-cf,c,
?
? voc-i-bus ^)
vdc-anm v6c-um ott^wv
vdIc'Sva? oTT-ai
Singular.
Sanskr. Send Griech.
Them. Bdrant ^) harant^) <\)ipovT
Nora. daran haran-s (pipwv
Ace. ödrant-am harent-em ^ipon-oi
Instr. Bdrat'd harent-a
Dat. ädrat-e harent-e ferent-t ßjand
Latein. Goth.
ferent ßjand ^)
feren-s fijand-s
ferent-em fijand
^) S. § 226. ^) Man kann auch voci-hus theilen und wie Im Nom.
Acc. eine Erweiterung des Stammes durch / annehmen. In dersel-
ben Weise kann man auch das 0 in griechischen Dualformen der 3ten
Declin. (oTTOii/, ttociolv etc.) und am Anfange von Compositen wie
7ro6o7reoYi , (pvtrioXoyGg als Stamm-Erweiterung ansehen, wodurch
das betreffende Wort aus der 3ten in die zweite Declinat. eingeführt
wird. Man vergleiche in dieser Beziehung Päli-Formen wie caran-
ti-bi^ Instr. pl. von einem aus carant (gehend) erweiterten
Stamme caranta^ ungefähr wie im Griech. (psoovTOlv ((pSüOVTO-lv)
aus dem durch o = skr. a erweiterten Stamme (psoovTO.
^) Schwach Äaro^, s. p. 266 f. Überhaupt behält das Sanskrit
bei den ursprünglich auf m ausgehenden Wortstämmen den Nasal
nur in den starken Casus. ^) oder barent, ^) Feind, als
Hassender, s. §. 125 p. 260.
I. 33
514 Bildung der Casus. ^. 255.
Sanskr. Send Griech. Lat. Goth.
Abi. ädrat-as '*) harent-ad ferent-e[d)
Genitiv Bdrat-as harent-6 ^) (plpovr-o; ferent-is fijandis ^)
L. gr. D. Bdrat-i harent-i (pipovr-i
Vocativ Bdran baran-s (j)ipwv feren-s fijand
Dual.
N. A. V. Bdrant-du harant-do
ved. Bdrant-d harant-a ^ipovr-^
I. D. Ab. Bdrad- haran-hya (^zpovr-o-iv
gr. D. G. Bydm ') ')
G. L. Bdrat-os harent-o?
Plural.
N. V. Bdrant-as harent-o '^ ) (^ipovr-zc, s. §. 226. ßjand-s
Acc. Bdrat-as harent-6^) c^ipovr-ag fijand-s
Instr. Bdrad-Bis haran-his
D. Abi. Bdrad-Byasharan-hyo *°) **)
Gen. Bdt'at'dm bareht- (pspovr-wv ^*) fijand-e
anm ^°)
L. gr. D. Bdrat-su ^ipov-ai
Singular.
Thema m. skr. dsman Stein, s. asman Himmel, ^v.^ou\xo]/^ 1.
sermony g. ahman Geist, ahd. ohson Ochs, lit. aJemen
Stein, slav. KA3IEH harnen id., arm. utliu^ akan
Auge (s. p. 362), bqulb esan Ochs.
Nom. skr. dsrnd^ s. asma^ 1. sermo, lit. akmu, slav. kamü,
g. ahma, ahd. ohso, gr. ^aijucüv, arm. akn, esn.
Accus, skr. dsmdn-am, s. asman-em, 1. sermön-eni, gr.
daiixov-cLy g. ahman., ahd. ohson^ arm. akn, esn,
*) aus Äara^-a/, s. p. 178. ^) Äare'/2/-o j -co feren tisque.
6) S. §. 191. ^) S. p. 440. Anm. 2. s) S. p. 513. Anm. 4.
9) Mit ca: barent-as'ca. *°) S. p. 513. Anm. 4. ^^) fijan-
da-m^ von dem durch a erweiterten Stamme /yonda, vgl. p. 513.
Anm. 4.
Bildung der Casus. §. 255. 5l5
Instr. skr. dsman-d, s. asman-a, arm. akam-h, esam-b
(s. p. 358. Anra. ').
Dativ skr. dsman-e^ s. asmain-e, 1. sermon-t^ slav.
kamen-i^ g. ahmin^ ahd. ohsin, arm. «^aw, ^si/i.
Ablativ skr. diman-as (aus dsman-at s. p. 178), s.
asman-ad^ 1. serm6n-e(d)^ arm. akan-e, esan-e.
Genitiv skr. dsman-as, s. asman-o (mit ca: asman-
as-ca), gr. daifxov-og 1. sermon-is, g. ahmins^ lit.
akmen-s, slav. kamen-e, ahd. ohsin, arm. «^«w, m'w.
L.gr.D. skr. dsman-i, s. asmain-% slav. kamen-i^ gr. 6'ai^ov-L.
Vocativ skr. dsman^ s. asman, gr. (J^aijuov, arm. a^n, ^s«,
1. sermo, g. ahma?, ahd. oÄso, 1. akmu, slav. Äiamw.
Dual.
N. A. V. skr. dsman-du, ved. dsmdn-d, s. dsman-do
od. dsman-a, gr. daijuov-s.
I. D. Abi. skr. dsma-ßydm, s. asma-bya, gr. D. G. (^oti-
fjLov-o-Lv (s. p. 513. Anm. 4).
Gen. Loc. skr. dsman-6s, s. asman-ö ?, lit. G. akmen-u
(s. p. 442).
Plural.
N. V. skr. dsmdn- as, s. asman-o (mit ca: asman-
as-ca)j gr. t^atjuov-eg, g. ahman-s, lit. akmen-s, arm.
akun-q\ esin-q, slav. kamen-e, ahd. ohsun od. ohson.
Accus, skr. dsman-as, s. aSman-o (asman-as-ca)^ gr.
doLLfxoy-ag, g. ahman-s, arm. akun-s, esin-s, ahd. ohsun,
ohson.
Instr. skr. dsma-Bis, s. asma-his, arm. akam-hq\ esam-hq.
D. Abi. skr. dsma-Byas, s. asma-byd (mit ca: asma-
hy as-ca), g. D. ahma-m, ahd. ohsö-m '), arm. D.
Abi. G. akan-i, esan-z ^).
*) Die unorganische Länge des o im Dativ ohso-m und Genit.
ohs6n-6 mag durch das Beispiel der äufserlich gleichen Formen der
weiblichen o-Stämme veranlafst sein, wo wir oben (p. 506) gebo-m^
gebd-n-o aus dem Stamme g-eÄd Gab e haben entspringen sehen.
^) S. p. 425 ff. Über das lat. sermönibus s. p. 513 Anm. 4.
33'
5 ] 6 Bi/dut}g der Casus. ^. 255.
Genit. skr. dsmaii-dm, s. asman-anm, 1. sermön-um. g.
ahma7i-e^ ahd. ohsön-o, lit. akmeii-y..
L.gr.D. skr. ahna-su, s. ahna-hva, gr. 6a.Lfic-TL.
Singular.
Thema neut. skr. 7id'man, s. ndman, gr. raXav, g. hairtan
Herz, ahd. herzan, herzuji, 1. nomen, nomin,
slav. ^;?i6;^ Name.
Nom. Acc. skr. nd'ma, s. ndma, g. hairto, ahd. herza, gr.
rclXciv, 1. nomen, slav. H3IA ^V/^an.
Vocativ skr. na man oder nama, s. na man, gr. ra>.ai',
1. nomen, g. hairtö, ahd. herza, slav. iwa^i.
Dual.
N. A. V. skr. namn-t, s. ndmain-i, slav. imen-i.
Plural.
N. Acc. V. skr. namdn-i, s. ndmän-a, gr. rdXav-u, g.
hairt67i-a, 1. 7i6min-a, slav. imen-a, ahd. herzthi.
Singular.
Thema skr. duJiitdr Tochter, s. dugdar, gr. BvyoLrsp,
1. mdtei', g. daichtar , ahd. tohter, lit. duhter, arm.
q.nLjjin/rp duste7\ slav. ^ZlUTEp düstev.
Nomin. skr. duhita, s. dugdta, lit. dukti, slav. düsti,
g. dauhtar, ahd. tohter, gr. ^nj-ydr-qp, 1. mdter, arm.
Accus. skr. duhitdr-am, s. dugdar-em, 1. mdtr-em^
gr. 2vyarip-a, slav. düs'ter-e , g. dauhtar, ahd.
tohter, arm. dustr.
Instrum. skr. duhitr-a, s. dug'der-a, arm. dster-b (s. p.
358. Anm. ').
Dativ skr. duhitr-e, s. dugd'er-e (s. p. 344 Anm. 12),
1. mdtr-t, slav. düster-i, g. dauhtr, ahd. tohter,
arm. c^sf^r.
Ablativ skr. duhitür, s. dugd'er-ad^ 1. mdt)'-e{d), arm.
Bitdung der Casus. s^. 2.15. 517
Genitiv skr. duhitür^ s. dugd'er-6, mit ca: dugder-
as-ca, gr. ^vya.Tp-6;, 1. mätr-is, lit. dukter-s, g.
dauhtV'S, slav. düster-e^ ahd. tohter^ arm. Js^^r.
L. gr. D. skr. duhitdr-i (s. p. 405 Anm. 7), s. dugd'er-iy
slav. düs'ter-i.
Vocativ skr. dühitar ^ gr. S-u'yarfp, g. dauhtar, ahd. tohter,
arm. dustr, 1. mdter^ s. dugdare (§. 44).
Dual.
N. A. V. skr. nom. acc. duhitdr-du^ ved. duhitdr-d^
voc. duhitar-du , ved. dühitar-d\ s. dug~
d'ar-do od. dugd'ar-a^ gr. S'vyarip-s.
I. D. Abi. skr. duhitr-öydm, s. dugd'ar-e-hya, gr. D. G.
^vyarip-O'iv (s. p. 513. Anm. 4.).
Gen. Loc. skr. duhitr-ö's^ s. dugd'er-6 ?, slav. düster-u^ lit.
Gen. dukter-u.
Plural.
Nom. Voc. skr. nom. duhitdr-as ^ voc. dühitar-as ^ s.
dugd'ar-o ^ mit ca: dugd'ar-as-ca, gr, ^•^)ya-
rip-sg, lit. dükter-s, arm. dster-q ^).
Accusativ skr. duhitf-s (= duhitrt-s pag. 483), s.
dug'd'eV'ö?, mit ca: dug'd'er-as-ca, gr. S-i'/a-
rip-ag, arm. dster-s.
Instrum. skr. duhitr-Bis^ s. dugd^er-e-his^ arm. dsfer-bq
(s. §. 216). ■
D. Abi. skr. dukitr-b'yas, s. dugd'er-e-byo, arm. D.
A. G. dster-z.
Genitiv skr. <:?wÄ^^r'-M-am ^), ved. szjasr-am (sororum
p. 493), s. dugd'er-anm^ \. mdtr-um^ gr. S-uya-
rip-üüv, g. dauhtr-e, lit. dukter-u, slav. düster-ü.
^) Aus dster-s^ s. p. 444. Über das latein. mätre-s §. 226; über
gotb. Formen wie dauhtrju-s p. 465. Anm. 15.
2) = duhitri -n-äm^ vom Stamme rfw// // r/, gehört, streng
genommen, eben so wenig als der Acc. duhitf-s hierher.
518 Bildung der Casus. §. 255.
L. gr. D. skr. duhitr-su, gr. Sruyarpd-ai (aus S-vyardp-aL, p.
498. Anm. 3).
Singular.
Them. n. skr. ndBas Luft, Himmel, slav. nehos^ nehes^),
gr. vi<^o<;^ vi(\>zc, *), s. manas Geist, lat. genus^ gener,
N. A. V. skr. ndBas^ gr. vi^cc,^ lat. gemcs^ s. mano, mit
ca: manas-ca, slav. nebo (s. §. 92. w.).
Instrum. skr. nddas-d^ s. mananh-a ^).
Dativ skr. ndBas-e, s. mananh-e, slav. nehes-i^ 1.
Ablativ skr. ndöas-as (aus ndöas-at p. 178), s. wa-
nanh-adf 1. gener'e{d).
Genitiv skr. ndöas-as , s. mananh-6 (mit ca: ma-
*) Der vocallsche Unterschied zwischen den flexionslosen Casus
{ye(pog^ slav. neÄo) gründet sich, wie schon in der ersten Ausg. (§.932
Anm. **) bemerkt worden, In den beiden Sprachen höchst wahr-
scheinlich darauf, dafs die mit Casus-Endungen belasteten Formen im
Stamme das leichtere e dem schwereren o vorziehen. Auf dem Gra-
vitätssystem beruht auch Im Lat. das Vocal-Verhältnlfs zwischen dem
e von gener-is etc. und dem u von genus, so wie das von Formen wie
corpor-is zu dem u der flexionslosen Formen. S. §. 8 Schlufs, wo
aus Versehen die Angabe des Gewichtsverhältnisses zwischen griech.
s, >} und 0, u; fehlt.
2) Burnouf bemerkt in seiner oben (p. 2 Anm. *) erwähnten
Recenslon (in dem besonderen Abdruck p. ll), dafs die Instrumen-
tal-Endung bei dieser Wortklasse vorherrschend lang sei. Es waren
mir ebenfalls Formen dieser Art mit langem d genug aufgefallen,
allein an Stellen, wo, in dem besonderen Dialekt (s. §. 188) auch die
ursprünglich kurzen a am Ende verlängert erscheinen, und die Ich
also nicht in Ansehlag bringen wollte; auch darf man die Fälle nicht
mitrechnen, wo durch die Partikel sxj^ ca ein vorhergehendes vuj d
in seiner ursprünglichen Länge geschützt wird. Nach Abzug dieser
beiden Klassen von Formen auf anfid dürfte wohl die Zählung nicht
ungünstig für das oben gesetzte kurze a ausfallen, im Fall sich über-
haupt in dem gewöhnlichen Dialekt ein Instr. auf a/i/ta ohne ange-
hängtes ca nachweisen läfst.
I
I
Bildung der Casus. §. 256. 519
nanh-as-ca)y gr. vE<j)£(a-)-og, 1. gener-is^ slav.
nebes-e.
L. gr. D. skr. ndbas-i, slav. nebes-i, s. man ah- i. gr.
V£(|)£(0')-t.
Dual.
N. A. V. skr. ndbas-iy slav. nebes-i s. manah-i.
I. D. Abi. skr. ndBo'Bydm, s. mane-bya^ gr. D. G.
v£4)£(j-)-o-tv (s. p. 513. Anm. 4).
Gen. Loc. skr. naÖas-ö^ s. mananh-ö 7^ slav. nehes-u.
Plural.
N. A. V. skr. ndädns-i, s. manäo aus mandonh-a (s.
§. 233), slav. nebes-a, gr. v£4'£(ö-)-a, 1. gener-a.
Instrum. skr. ndBo-bis, s. mane-bis (s. p. 56f.).
Dat. Abi. skr. ndUö-bgas , s. mane-byö (s. p. 56 f.).
Genitiv skr. ndBas-dm, s. mananh-anm^ 1. gener-um,
gr. y£(|)£(cr)-oüv, slav. nebes-ü.
Loc. gr. D. skr. ndbas-su od. ndäah-su^ s. mano -hva^
gr. v£4)£ir-j-t.
Altslavische Declination.
256. Wir müssen, um die wahren Casussuffixe des
Altslavischen mit denen der verwandten Sprachen verglei-
chen zu können, vor allem die Endbuchstaben der vor-
kommenden Thema -Arten zu ermitteln suchen, da sie im
Singular -Nominativ meistens sich abgeschhffen oder ent-
stellt haben, wornach es das Ansehen gewonnen hat, als
wenn diese Buchstaben, wo sie in den obliquen Casus wie-
der hervortreten, entweder der Casus -Endung angehörten,
oder eine dem Stamme wie der Endung fremde Einfügung
wären, die von Dobrowsky Augment genannt wird. Es
werden nach Erkenntnifs des wahren Stammgebiets die
Casus-Endungen in vielen Punkten sich ganz anders gestal-
ten als Dobrowsky sie darstellt (p. 460), mit welchem
wir z. B. nicht den Neutren eine Nominativ-Endung o oder
520 Bildung der Casus
e einräumen können, wohl aber den Vortheil, den Endvo-
cal des Thema s in diesem Casus treuer als das Masculinura
bewahrt zu haben. Für den praktischen Sprachgebrauch,
und wenn man sich blofs innerhalb der Grenzen des slavi-
schen Sprachgebiets halten will, mag indessen alles das als
Flexion angenommen werden, was gewöhnlich als solche
dargestellt wurde. Uns kommt es aber hier nicht darauf
an, diejenigen Sylben als Vertreter grammatischer Verhält-
nisse zu betrachten, die dem Gefühle des Sprechenden als
solche sich darstellen, sondern nur solche, die urkund-
lich durch die Sprachgeschichte sich als solche ausweisen,
und seit Jahrtausenden als solche bestanden haben.
257. Den männlichen und neutralen Stämmen auf
$[ a entsprechen im Altslavischen, wie im Griechischen,
Stämme auf o *), welcher Vocal im Nom. Acc. sg. zu X
ü geworden, im Neutrum aber unverändert geblieben ist,
eben so am Anfange von Compositen, wo nach ältestem
Frincip das nackte Thema verlangt wird; z.B. novü nowis
erscheint in mehreren Compositen als novo (NOBOpO>K^ENZ
7iovo-rosdenü neugeboren), ist aber dann nicht als das
Neutrum novo novum aufzufassen, sondern als das dem
Masc. und Neutr. gemeinschaftliche Thema, in welchem noch
kein Geschlechts -Unterschied angedeutet ist. Den deutlich-
sten Beweis, dafs die in Rede stehende Wortklasse der in-
dischen, litauischen, gothischen auf a entspricht, liefern ihre
weiblichen Stämme auf a (für ^\ d), so dafs z. B. der Form
rabü (für rabo) Knecht ein Fem. raba Magd gegenüber-
steht. Namentlich entsprechen alle altslav. primitiven Ad-
jective, d. h. die mit indefiniter Dechnation, den sanskriti-
schen auf a-5, «, a-m, griech. c-g, tj (a), o-v, latein. tc-s, a,
*) Dialektisch hat sich in gewissen Casus das 'ältere a behauptet,
z.B. Im Slovenlschen vor allen mit m anfangenden Flexionen der drei
Zahlen, wie z. B. tula-m durch den Köcher. Im Stamme ent-
spricht dieses Wort dem gleichbedeutenden skr. tüna (§. 20 u. Gloss.
Scrt. a. 18 i7 p. l46).
im AUslavischen, §. 258. 259. 521
u-m\ so sehr man auch vom äufseren Anschein sich ver-
leiten lassen könnte, in den Adjectiven, welche im Nom.
masc. auf k i und im Neutrum auf 6 enden, wie z.B. CMHK
81711 caeruleus, CHNE sine caeruleum, die Analoga der
lateinischen Adjective wie miti-s^ mite zu suchen.
258. Ich erkenne aber in den Adjectiven wie das eben
genannte, und in den ähnlich beschaffenen Substantiven wie
KNA3I1 knansi Fürst, more Meer, solche Stämme, die
ohne die in §. 92. k. erwähnte euphonische Erscheinung,
auf/ö ausgehen müfsten, woraus /e, und hieraus im Nom.
Acc. masc. — gemäfs der in diesen Casus eintretenden Un-
terdrückung des Endvocals des Stammes — k *, und im
Neutrum ^, mit erhaltenem Vocal und gewichenem j. Diese
Stämme entsprechen also den indischen auf Sj" ?/a, griechi-
schen und lateinischen auf to , iq^ nom. acc. m-s, iu-m
(ayic-^, ayto-v, sociu-s, proeliu-m). Die Feminina liefern wie-
derum den praktischen Beweis der Richtigkeit dieser Theo-
rie, denn den skr. Femininstämmen auf 7J] yd (gr. la, lat.
ia und ie) entsprechen slavische auf ja^ und diese Form
steht im flexionslosen Nominal, dem männlichen Ausgang k
l und neutralen e gegenüber; daher z.B. CHNKV sinja cae-
rulea gegen sini caeruleus und 5mö caeruleum. Wenn
dem /der männlichen Stämme auf ^o ein Vocal vorhergeht,
so wird das j, im Falle der Unterdrückung des 0, nach Ver-
schiedenheit der Casus entweder zu H i oder es bleibt /
(geschrieben fi) und bildet mit dem vorhergehenden Vocal
einen Diphthong (s. p. 508 Anm.); daher z. B. koau kraj
margo, marginem, instrum. KO^HMH kräi-mi, vom männ-
lichen Stamme krajo'^ UJOVil s'uj si nister, von sujo = skr.
savyd, nom. m. savyd-s; KO^KHÜ bostj diyinus, vom Stamme
hosy'o.
259. Die altslavischen männlich-neutralen Stämme auf
jo ') mit ihren Fem. auf Ja sind ihrer Herkunft nach von
) Ich lasse, wo ich das Thema setze, das in §. 92. k. enthaltene
Wohllautsgesetz unberücksichtigt, und gebe z. B. srudizjo als
522 Bildung der Casus
dreierlei Art: 1) solche, wo, wie in s'ujo = ^o^ savyd
sinister, sowohl der Halbvocal wie der folgende Vocal
von frühester Spraehperiode an zum Wortstamme gehört,
und dieser Fall ist vielleicht der seltenste. 2) solche, die
ursprünglich mit i schlössen, dem ein unorganisches o bei-
getreten ist, wie im Litauischen die männhchen Stämme
auf i in einigen Casus in die Declination auf ia (ie) um-
schlagen (s. p. 344, 419). Hierher gehört z. B. morjo^
Nom. Acc. more, Meer, dessen e also von dem im Lat.
aus mari entarteten mare weit abliegt, so dafs dem gedach-
ten lat. e vielmehr das slav. j entspricht, welches im Gen.
morja, Dat. morju^ wieder hervortaucht; das latein. Wort
aber müfste, um mit dem slavischen zu einer Klasse zu
gehören, im Nom. mariu-m lauten. Die dritte Art von jo-
Stämmen ist die, wo jo = skr. 7X yci als secundäres Suffix,
ohne Einflufs auf die Bedeutung, an ein vorangehendes
angetreten ist, in derselben Weise wie das entsprechende
lit. Suffix ia in den obliquen Casus an die Participial-
suffixe nt und us (letzteres = skr. us" in den schwächsten
Casus des Part, des reduplicirten Praeter.) angetreten ist
(s. §. 787 und ein Analogon im Goth. §. 788). So im Alt-
slavischen teljo^ nom. TEAk teil gegenüber dem skr. Suffix
tdr (schwach tr oder ^r), gr. T>]p, Top (nom. Twp), lat. t6r\
z.B. BAAr04t>TEAI\ blogO'deteli, them. -deteljo (hene Tic u.s)^
in seinem Schlufstheil = skr. ctdtar, d^dtr Schöpfer,
Macher.
260. Den sanskritischen weiblichen Stämmen auf ^\
d entsprechen, wie schon bemerkt worden, altslavische auf
«, z. B. Bb^OBA vidova (them. u. nom.) für skr. vidavd
Thema von cpZ^bUE srudize (Herz, Nom. Acc), wenngleich
letzteres nichts anderes als das nach jenem Wohllautsgesetze modi-
ficlrte Thema, d.h. ohne Flexion ist, wie z.B. im Skr. vdc als Thema
gesetzt wird, obwohl c am Ende eines Wortes nicht stehen darf, son-
dern in k übergeht, wie in dem mit dem Thema eigentlich identischen
Nomin. väk.
im Allslavischen. §. 260. !26l. 523
Wittwc, HOBA nova = skr. ndvd „nova". — Unter den
Stämmen auf i gibt es im Altslavischen keine Neutra, und
auch nur eine kleine Anzahl von Masculinen (»vie im Litau.),
die Dobr. p. 469 als Anomala aufstellt, als wären sie blofs
Abarten seiner zweiten männl. Declination; sie sind aber
derselben wesentlich fremd, eben weil sie ihr Thema mit i
enden, jene mit o, zum Theil mit jü (§. 263). Nur im Nom.
Acc. sg. begegnen sich, aus verschiedenen Gründen, diese
drei Wortklassen, und z. B. gosti Gast, von gosti (goth.
gastiy lat. hosti), stimmt zu kHAUK knanzi Fürst, von knan-
zjo, und zu vract Arzt, aus vracjü. Die ursprünglich
mit n schüefsenden männlichen Stämme — es gibt deren
nur wenige — bilden die meisten Casus aus einem durch
i erweiterten Stamme, z. B. kamen Stein (skr. ^^STT^L
dsman) erweitert sich zu kameni und geht dann nach gosti.
261. Den sanskritischen weiblichen Stämmen auf i
entsprechen zahlreiche altslavische Stämme gleichen Aus-
gangs (s. p. 507 ff.), namentlich begegnet das Slavische dem
Sanskrit in der Bildung weiblicher Abstractstämme auf ti,
wie pa-man-ti Gedächtnifs, Nom. nAMATb pamanti, wie
im Sanskrit mati (für manti) Geist, Meinung, von
Tl't^^man denken (\^\. memini^ mens, fJiivog). Diese Wörter
schwächen zwar im Nom. Acc. ihr H zu h ^", überschreiten
aber in keinem Casus ihr ursprüngliches Stammgebiet durch
einen unorganischen Zusatz, und man darf sie daher durch-
aus nicht als gleichstämmig mit der Mehrheit der im Nom.
Acc. sg. ähnlich ausgehenden Masculinen ansehen. Gemisch-
ter Natur aber ist Dobrowsky's dritte weibliche Dechna-
tion, mit dem Musterbeispiel uEpKOBk zerkovi, wofür nach
Miklosich (Lexicon) upZKZBh. zrüküvi zu lesen. Die
ältere Form des Nominativs aber ist upZKZl zrükü"), nach
Analogie von CBEKOZi svekrü Schwiegermutter, woraus
ich schon in der ersten Ausg. die Folgerung gezogen habe,
*) S. Miklosich, Formenlehre der altslavischen Spr. 2. Ausg.
p. 55.
524 Bild uns der Casus
dafs XI ü der wahre Ausgang des Thema's dieser wenig
zahlreichen Declination ist, und dafs ihr zi w, wenigstens
Lei einem Theile der ihr zufallenden Wörter, auf das skr.
u sich stützt, denn svekrü stimmt trefflich zum skr. Stamme
svasrü und lat. socru. Der Nom. lautet im Skr. svas-
rü-s, welchem, abgesehen von der Vocalkürzung, das lat.
socru-s entspricht, dessen Casus-Endung im Slav. nach §. 92.
m. verschwinden mufste. Was die fernere Declination der
weiblichen Stämme auf zi ü anbelangt, so stützt sich die-
selbe nicht auf die der sanskritischen mehrsylbigen
Stämme wie s^Jas?'w, vad'ü\ sondern auf die der einsyl-
bigen, wie Brü Augenbraue, Bü Erde; dies erhellt,
wie mir scheint, am deutlichsten aus dem Accus. upZKZBE
srüküü-e, eine sehr interessante Form, die ich erst durch
Miklosich kennen gelernt habe. Dobrowsky setzt zer-
kovi, wie im IJfominativ; diese Form gehört aber nicht einem
ü-Stamme, sondern einem V-Stamme an, und stimmt daher
zunostl nox, noctem (p. 507). Dagegen stimmt das eben
erwähnte zrüküv-e ecclesiam zu sanskritischen Formen wie
6rüi)-am^ Büv-am, womit wir oben die lateinischen 5w-em,
gru-em verglichen haben *). So wie zrüküü-e ecclesiam
zum skr. druv-a7n^ büv-am sich verhält, so auch der
gleichlautende Genitiv zrüküv-e zu öruv-ds, Buv-ds. Ge-
genüber den Genitiven sanskritischer mehrsylbiger 22-Stämme
wie vadv-d's hätte man im Altslavischen eine Endung zi
ü zu erwarten (s. §. 271). Zum skr. Locativ Bruv-i, Buv-i
stimmt das slav. zrüküv-i^ welches zugleich als Dativ gilt,
als solcher aber wahrscheinlich auf sanskritische Formen
wie Bruv-e\ Buv-e sich stützt (§. 267). Im Gen. pl. stimmt
zrüküv-ü zum skr. Brtiv-d'm, Buv-d'm. Was die übrigen
Casus der slavischen Stämme auf zi ü anbelangt, so haben
*) S. p. 3l4. Überhaupt stimmen die beiden Wörter, mit Aus-
nahme der Casus, welche von einem durch / erweiterten Stamme
kommen — sue-s, grue-s (vgl. §. 226), sui-bus^ grui-bus — zur De-
clination der skr. einsylbigen Femininstämme auf ü.
im AUsl avischen. §. 262. 525
sie sämmtlich das Thema entweder durch ein angefügtes
«, oder durch a erweitert, und zwar so, dafs nur die con-
sonantisch anfangenden Casus-Endungen an ein Thema auf
a sich anschliefsen, daher z. B. zrüküva-mi durch die Kir-
chen, zrüküva-chü in den Kirchen; dagegen z. B. npZKZ-
BHI^ zrühüüij-un durch die Kirche, zrüküvi die Kir-
chen (nom. acc, zugleich voc), nach Analogie von nosti.
262. Die sanskritische «^-Declinalion ist im Altslavi-
schen blofs durch Masculina vertreten. Ein Beispiel ist
C21HZ sünü Sohn, welches als Nomin. dem sanskritischen
sünü-s, lit. sünii-s, und als Accus, dem skr. sünü-m, lit.
8unu-n ") entspricht. Die Casuszeichen s und m mufsten
ten nach §. 92. m. im Slavischen abfallen. Da aber auch
die altslavischen o- Stämme im Nom. Acc. ihren Endvocal
zu ^ ü schwächen, so ist sünü filius, filium von dem
oben (p. 499 f.) erwähnten vlilkü lupus, lupum, lit. wU-
ka-s, wilka-n eben so wenig im Ausgang unterschieden,
als im Lateinischen lupus, lupum (alt lupo-s, lupo-m) von
fructu-s, fructu-m, letzteres mit organischem u = skr. w,
gr. -ü. Zweideutig sind auch die Casus, in welchen o der
Casus -Endung vorangeht, weil o am gewöhnlichsten der
Vertreter des sanskr. a ist; da aber auch "^ u 'wa Altsla-
vischen gelegentlich zu o geworden ist, so habe ich oben
(p. 511) die betreffenden Casus zur skr. w-Declination ge-
zogen. Die 1. c. aufgestellten Formen sind jedoch zum
Theil von sehr seltenem Gebrauch, und werden in der Re-
gel durch Formen der o-Declination ersetzt; so namentlich
der Genitiv CZINOV s'dnu (= Ht. sünaü-s) durch siina, der
gleichlautende Vocativ (= lit. sünau) durch süne, und der
Nom. Acc. Voc. du. sünü (= lit. sünu) durch süna *°). — Einige
*) Über die Zurückziehung des Accents in den litauischen starken
Casus s. p. 274.
**) Über die selteneren Formen s. Miklosich, Formenlehre
2. Ausg. p. l4, 15. Der Genitiv auf oy u ist zwar an dem Stamme
sünu nicht belegt, wohl aber an anderen Stämmen, die zur w-Decli-
nation gehören.
526 Bildung der Casus
Casus der altslavischen i^-Declination erkläre ich aus einem
durch 0 erweiterten Stamme, mit Gunirung des ursprüng-
lichen Endvocals, daher sünovo, wie im Sanskrit z. B.
mdnavd Mensch (als Abkömmling des Manu), vom Primi-
tivstamme manu (s. §. 918). Man vergleiche auch die sla-
vische Stamm -Erweiterung mit der griechischen, in Dual-
formen auf o-tv, wie z. B. vsKuotv (s. p. 513. Anm. 4), und
berücksichtige das in einigen Casus den weiblichen Stäm-
men auf ZI ü beigefügte weibliche a, wodurch z. B. iiOZ-
KZBAVÄ zrühüva-chü in den Kirchen zu Formen w\q vid-
ova-chü = skr. vid'avd-su stimmt (s. §. 279). In derselben
Weise stimmt der Loc. cziHOB'ivz sünove-chü zu BAZKtVÄ
vlüke-chü = skr. vfke-su. Der Instrum. pl. sünovü stimmt
als Spröfsling eines Stammes siinovo zu Formen wie vlükü
(§. 277) = lit. wilkais, skr. vfkdis (aus varkdis), send.
vehrkdis, und kann unmöglich anders als aus einem Stamme
auf 0 = skr., lit., send, a erklärt werden. Die übrigen
Casus, welche ich von dem erweiterten Stamme sünovo ab-
leite, sind, im Plural: der Dativ sünovo-mü, analog mit
vlüko-mü (p. 502), der Acc. sünovü analog mit vlükü (p. 502);
der Genitiv sÜ7iov-ü analog mit vlük'-ü (1. c.) ; und im Dual:
der Genitiv, Locativ sünov-u analog mit vlük'-u (p. 501).
Es können aber auch die ursprünglichen w-Stämme im Alt-
slavischen in allen Casus wie die auf o (aus a) declinirt
werden, und umgekehrt die ursprünghchen o-Stämme nach
Art der w- Stämme *). Doch haben sich die Adjective in
der unbestimmten Declination, d. h. der einfachen,
überall in ihrer ursprünglichen Grenze behauptet, und es
kommen z. B. vom männUchen Stamme dohro gut (nom.
acc. /lOBOZ dohru) keine Formen vor wie dohrov-i, dohrov-e^
*) Miklosich gibt (I. c. p. l4) von ra^a Knecht (them. rabo)
die ihm als o-Slaram zukommende Declination und p. 25 diejenige,
welche in den oben angegebenen Casus der sanskritischen w-Decli-
nation entspricht. Dagegen fleclirt er in der ersten Ausgabe p. 1
sünu nach der o-Declination.
im Altslawischen. §. 26.3. 264. 527
sondern dafür blofs dohru als Dat., ^OBO'li dohre als Loc,
dohri als Nominativ pl.; und so alles Übrige nach vlükü (p,
499 fF.). Die sanskritisch-litauische w-Declination ist den alt-
slavischen Adjectiven ganz entschwunden, daher ist z. B.
der skr. Stamm mrdü zart, weich (aus mradu, com-
par. mrddiyas) im Altslav. zu mlado geworden und geht
nach dobro^ daher Nom. m. f. n. mladü, mlada, mlado.
263. So wie bei den Stämmen auf o = skr. lit. a ein
vorangehendes j einen Unterschied der Declination hervor-
bringt, den wir in §. 258 als rein euphonisch dargestellt
haben, so tritt dieselbe Erscheinung auch bei den Stämmen
auf Z ü ein, vermöge welcher der Guna-Form ov die Form
jev oder ev, und eben so je oder e dem für z u stehenden
0 von Formen wie süno-mi durch den Sohn, süno-ma den
beiden oder durch die beiden Söhne, gegenübersteht.
Es gibt aber, wie es scheint, keine organische Stämme auf
jü gegenüber sanskritischen auf ^ yu und litauischen auf
m, wie z. B. steg-iu-s Dachdecker (etymol. blofs Decker),
dessen Suffix dem skr. yu entspricht, wovon später. Die
slavischen Stämme a.u£ jü sind entweder Entartungen von
Stämmen auf jo und führen als solche zu sanskritischen
^^f 2T y^ ^^d litauischen auf m; oder sie stammen von
männlichen Stämmen auf i durch Anfügung eines unorgani-
schen X ^- So führt Dobrowski (p. 468) unter andern die
Dative ognev-i igni und kamenev-i lapidi an, wofür das
Sanskrit die Stämme agni und dsman (aus dkman) dar-
bietet. Insofern passen die Dative ognev-i und kamenev-i
zusammen, als die altslavischen Stämme auf n einen Theil
ihrer Casus aus einem durch i erweiterten Stamme bilden.
Von dem Stamme kameni ist also, durch einen ferneren un-
organischen Zusatz, ein Stamm kamenjü entsprungen, wel-
cher den Dativ kamenev-i erzeugt hat.
264. Die consonantischen Stämme enden im Altslavi-
schen auf w, r, s oder ^, haben aber sämmtlich in den meisten
Casus unorganische vocalische Zusätze erhalten, vorzügHch
528 Bildung der Casus
t °), oder auch o =■ skr. a, worüber das Nähere bei Be-
trachtung der einzelnen Casus. Bei der oben (p. 514 ff.)
gegebenen Zusammenstellung des Altslavischen mit den ver-
wandten Sprachen habe ich nur diejenigen Casus der con-
sonantischen Declination aufgenommen, welche von den un-
erweiterten Stämmen kommen. — Die Stämme auf n sind
entweder männlich oder neutral, und stimmen in ihrem Bil-
dungssuffix zum skr. 7nan (§ §. 799. 801). Die Stämme aufs
sind sämmtHch Neutra und entsprechen, wie bereits bemerkt
worden, in ihrem Bildungssuffix dem skr, «5, griech. og, £5,
lat. W5, er (p. 128). Da sie wie die griechischen Schwester-
formen in den flexionslosen Casus (nom. acc. voc. sg.) an-
statt des leichteren e das schwerere 0 haben, so gleichen
sie durch die nach §. 92. m. nöthig werdende Unterdrückung
des Endconsonanten des Stammes in diesen Casus den Neu-
tralstämmen auf 0 (wie novo novum), und es ist darum
nicht befremdend, dafs manche neutrale Stämme auf 0
— gleichsam verführt durch ihre Analogie mit dem 0 der
Stämme auf s — in den Casus, wo die letzteren das im
Nom. Acc. Voc. verlorene s wieder aufnehmen, gelegentlich
ebenfalls ihr Thema durch den Zusatz eines s erweitern.
Dies thun jedoch nur Substantive, niemals die neutralen
A dj e c t i V- Stämme auf 0; es gibt z.B. keine Genitive
wie noves-e gegenüber dem, mit dem Stamme identischen
Nom. Acc. Voc. novo. Dagegen kann das Subst. ^"tAO
delo Werk seine Casus nach der 5 -Declination bilden"),
während umgekehrt die organischen s-Stämme auch sämmt-
lich nach der o-DecHnation flectirt werden können (Miklos.
1. c. p. 58), so dafs also z. B. statt des organischen Genitivs
(s. §. 269) nebes-e, = skr. nddas-as, auch neba gesagt wer-
*) Hierunter sind die Veränderungen des i in e oder i, denen
die ursprünglichen i-Stämme unterworfen sind, mitbegriffen. S. die
Declination des Stammes nosti^. 507 ff.
**) Also z. B. Gen. diles-e neben dila^ Dat. deUs-i neben delu.
im Allslavischen. §. 264. 529
den konnte, wenn auch vielleicht diese Form gerade
zufällig nicht zu helegen ist. — Die Stämme auf t sind
ebenfalls Neutra; sie haben sämmtlich den nasalirten Vo-
cal A an als vorletzten Buchstaben, womit sie in den fle-
xionslosen Casus schliefsen, da nach §. 92. m. das stamm-
hafte t am Wort-Ende abfallen mufs. Man vergleiche da-
her z. B. TEAA telan Kalb, plur. telant-a, osUan Esel-
chen, plur. osUant-a mit griechischen Formen wie larcly^
laravT-a, (|)£/:oy, (pipovr-a. In der That halte ich das Bildungs-
suffix der in Rede stehenden slav. Wortklasse für identisch
mit dem des Part, praes. und mache im voraus darauf auf-
merksam, dafs auch das skr. Suffix fa des perfectischen Pas-
sivparticipium's Derivata aus Substantiven bildet, wie pali-
td-s fruchtbegabt, vom Stamme j/a^a Frucht Über ähn-
liche Erscheinungen in den verwandten Sprachen s. §. 824 f.
Was aber die altslavischen Neutralstämme auf AT eint an-
belangt, so ist z. B. osilan (them. osilant Eselchen) ge-
wissermafsen ein angehender Esel (von osilü^ them.
osllo Esel), detan Knäbchen, ein angehender Knabe,
von dem, wie es scheint, nur am Anfange von Compositen
vorkommenden Primitivstamme /^tTO deto '). Zu mehreren
Bildungen auf ant fehlt das entsprechende Stammwort;
z. B. zum oben erwähnten telan Kalb, dessen Primitivum
Ochs oder Kuh bedeutet haben mufs (vgl. sloven. telege^
plur. f. O c h s e n j o c h, teliti 5ö k a 1 b e n). Die wirklichen Prae-
sens-Participia stehen gegen die in Rede stehende Wort-
klasse insofern im Nachtheil, als jene in den obliquen
Casus den auf t ausgehenden Urstamm durch einen unor-
ganischen Zusatz erweitern (s. §. 783), wobei daran zu er-
innern, dafs auch im Gothischen die Participial-Substantive
— wie z. B. frijonds Freund als liebender — vor den
*) Dies ist eigentlich ein Passivparticipium und entspricht dem
send, dä-ta geschaffen, gemacht, welches im Skr. dd~tä
lauten sollte, wofür unregelmäfsig hitä (s. p. 43).
I. 34
530 Bildung der Casus
eigentlichen Parliciplen praes. sich durch treues Festhalten
am Urstamme auszeichnen").
265. An die in §. 144 erwähnte Wortklasse auf r
reihen sich im Altslavischen die weiblichen Stämme mater
Mutter (= skr. mdtdr, dorisch fjLärsp) und düster Toch-
ter = skr. duhitdr, gr. ^Dyarep. Über die von dem uner-
weiterten Thema entsprungenen Casus s. p. 516 ff.; die übri-
gen kommen von den durch i erweiterten Stämmen materu
düsteri und gehen nach 7wsti (them.), Nom. NOUJTK nosHi
Nacht. Die Nominative mati, c?^//^^ entbehren, meiner Über-
zeugung nach, das stammhafte r nicht in Folge des in §. 92.
m. besprochenen Lautgesetzes, sondern darum, weil schon
vor der Trennung der slavischen und lettischen Sprachen
von ihren asiatischen Schwestern das r dem Nominativ ent-
wichen war (s. §. 144). Gründete sich aber der Verlust
des r der slav. Nominative mati, düsti auf das erwähnte
Lautgesetz, so würde dafür höchst wahrscheinlich mate,
düste stehen, da das betreffende Gesetz nur die Unter-
drückung des schliefsenden Consonanten vorschreibt, nicht
aber die Umwandlung eines vorhergehenden e in i. Erklärt
man aber mati^ diis'ti aus dem skr. Nom. mdtä\ duhitd' und
gibt man zu, dafs der Nominativ einerseits und die obli-
quen Casus andererseits gewissermafsen in einem themati-
schen Gegensatze zu einander stehen, so kann der vocali-
sche Unterschied zwischen dem i von mati, düsti und dem
^, z.B. des Acc. mater-e^ düster-e {=^ skr. mdtdr-am^ du-
kitdr-am) nicht befremden *"*). Das mit dem Slavischen
*) S. p. 260, u. über die altslavlschen Particlpla praes. §. 783 mit Be-
rücksichtigung des oben (p. 152 f ) erwähnten Lautgesetzes. Im Nom.
Acc. Voc. s^. neut. stimmt z. B. VBiAAA chvalaii lau d ans (Mik-
los. I. c. p. 36) zu den oben erwähnten Formen wie telan. Der Ge-
nitiv des Part. soWie^ chpalant-e lauten, wofür jedoch chvalans ta^ um-
stellt aus chvalafitsa und dieses für chvalantja (s. p. 153 Ende).
**) Wenn Schleicher (Beiträge etc. von Kuhn und Seh lel-
cher p. il2) bemerkt, dafs ich In meiner Abhandlung über die Spra-
che der alten Preufsen (p. 8) bei Besprechung der obigen Erscheinung
im Altslavischen. §.266. t531
sehr nahe verwandte Litauische unterstützt durch seine
Nominative möte^ dukte^ sesu, von den Stämmen möter, duk-
ter, sescr (die einzigen auf r), sehr nachdrückHch den Satz,
dafs die analogen slavischen Formen den Verlust ihres r
einer uralten, aus der Zeit der Identität der lettischen und
slavischen Sprachen mit dem Sanskrit, Altpersischen und
Send stammenden Gewohnheit, und nicht dem mehr er-
wähnten Lautgesetze verdanken.
266. Betrachten wir nun näher die Bildung der ver-
schiedenen Casus und zwar zunächst die des Singular-Nomi-
nativs und Accusativs. Diese beiden Casus haben nach §. 92.
m. die Casuszeichen s und m verloren, mit Ausnahme der
Femininstämme auf a, in deren Accusativ der oben (p. 135)
erwähnte schwache Nasallaut das ursprüngliche m und
altpreufsische w, z. B, von genna-n fem in am, vertritt, und
die Umwandlung des alten a in u veranlafst, in welcher
Beziehung ich an das Verhältnifs der lateinischen pluralen
Genitiv-Endung um zum skr. dm (pedum = skr. pad-ä^m)
erinnere. Man vergleiche Bh^OBN% vidovu-n mit dem skr.
vidavä-m und latein. vidua-m\ novu-n mit skr. ndvd-m,
lat. nova-m; dagegen novü novus, novum (them. novo, s.
§. 257) mit skr. ndva-s, ndva-m, lat. novus, novu-m, gr.
v£0-$, vEO'V. Die Stämme auf r, deren Nominativ besprochen
worden (§. 265), zeigen im Accusativ, sofern sie nicht zur
i-Declination überwandern, e, welches offenbar nur der
Bindevocal ist (ursprünghch a), womit das verlorene Casus-
zeichen an den Stamm angefügt worden. Man vergleiche
das Verfahren des Slavischen bei den Stammen auf es übersehen habe,
so mufs ich in Erinnerung bringen, dafs ich auf dieses Verfahren schon
in der früheren Ausgabe dieses Buches (§. 255. /. und §. 264), in der
vorliegenden Ausgabe (§. 92. m. und p. 113) aufmerksam gemacht,
und dafs ich die meisten altslavlschen Casus-Endungen nur durch Be-
achtung des Gesetzes, wornach die ursprünglichen Endconsonanten
unterdrückt worden, mit dem Sanskrit und anderen verwandten Spra-
chen vermittelt habe.
34*
532 Bildimg drr Casus
mater-e (s. Mikl. 1. c. §. 67) mit dem skr. mdtdr-a-m,
send, mätar-e-m, 1. matr-e-m, dor. juärso-a. Die männli-
chen Stämme auf n zeigen im Nom. zi ü für skr. a, lit. ü
(§. 140), daher k<AMS1 kamü Stein = lit. akmü\ skr. dsmd.
Wäre der Endconsonant erst auf slav. Boden nach §. 92.
on. unterdrückt worden, so wäre aus Jcamen höchst wahr-
scheinlich käme, nicht kamil geworden, und das Litauische,
welches die Verbindung ns am Wort-Ende verträgt, würde
das n sammt dem Casuszeichen bewahrt haben, also akmen-s
für akmu zeigen, dessen ü offenbar auf das skr. d von dsmd
sich stützt (s. p. 135). Die Neutralstämme auf eh haben
den Endeons, des Stammes im Nom. Acc. Voc. nicht ganz
untergehen lassen, oder sie haben ihn in der geschwächten
Form n wieder herangezogen; daher stimmt hma iman
Namen (aus nimaii) besser zum lat. nomen als zum skr.
nd'ma, send, ndma und goth. namö. — Im Instrum. zeigen
alle Masculina und Neutra die Endung mk mi (vgl. §. 161
und über das Armen, p. 358); dagegen wäre diese Endung
den Femininen fremd, wenn nicht, wie ich vermuthe, die weib-
liche Endung th tin hinsichtlich ihres n eine Verstümmelung
von 31h. 'ini ist, wie in der ersten P. sg. des Praesens der
meisten Verba u-7i dem skr. d-mi gegenüber steht. Ich
glaube nämhch, dafs z. B. der Instrumentalis Bb40BOJ^
vidovoj-un — vom Stamme (zugleich Nom.) vidova — zum
skr. vidavay-d sich so verhält, dafs an die schon vorhan-
dene alt-indische oder ursprüngliche Casus -Endung noch
eine neue angetreten sei, und dafs deren ältere Gestalt mi
sich zu n verstümmelt habe. In Bezug auf die Anhäufung
zweier gleichbedeutender Casus -Endungen erinnere ich an
ein ähnliches Verfahren des Veda- Dialekts und Send, im
Nom. plur. (§. 229). — Die weiblichen Stämme auf H i
wandeln diesen Vocal vor der Endung ^ w'i in ij um, wie
überhaupt, auch bei Masculinen, i zwischen einem Conso-
nanten und folgenden Vocal zu ij wird, daher nostij-un
durch die Nacht, wie im Päli rattiy-d vom Stamme
ratti (vgl. p. 403 Anm.).
im AUslavischcn. §. 267. 26S. 533
267. Der Dativ ist bei consonantischen Stämmen und
Lei denen auf z t^, = skr. u^ scheinbar identisch mit dem
Locativ, und zeigt die Endung *, daher z. B. sünov-i^
kamen-i, mater-i^ nehes-i gegenüber den sanskritischen Loca-
tiven sündv-i (vedisch), ds7nan-i^ mdtdr-i, ndöas-t.
Doch glaube ich jetzt, dafs das i im Dativ auf den skr. Da-
tiv-Charakter e = ai sich stützt, und von dem ursprüngh*-
chen Diphthong, gleich den litauischen und lateinischen
Dativen, nur den Schlufstheil bewahrt hat, wie im Nomin.
pl. der männlichen o-Stämme, wo vlük'-iW öl £e dem litaui-
schen wilka-i (zweisylbig), und TH ti diese dem dorischen
TOI, goth. ihai, skr. te, lit. te und lett. tee (= te) gegenüber-
steht. Zu dieser Ansicht veranlafst mich vorzugsweise der
Umstand, dafs bei den meisten altslavischen Wortklassen
der Dativ und Locativ streng geschieden sind. Bei den
männhchen und neutralen o- Stämmen stützt sich das 't e,
z. B. von NOB'Ji nove (in novo), auf das skr. e von ndve
(aus nava-i), und auf das litauische e von Formen wie
wilke (slav. BAZK'i vlüke); dagegen das OV «^ des Dativs
vlüku auf das litauische ui von wilkui (§. 176); es ist somit
eines i verlustig gegangen. In der Pronominaldeclination
stimmt TOMOy to-mio diesem zum skr. td-smdi und lit.
td-mui (veraltet), tä-m, und der Loc. T0-3ib to-mi zum skr.
td'Smin und litauischen tu-mi.
268. Bei den weiblichen a- Stämmen stützt sich das
"Ji ^, als Zusammenziehung von a% im Loc. auf das skr. dy
und litauische öj^ z. B. von dsvarj-d m, lit. dswöj-e (in
equä, s. §. 202); daher vtdove — skr. vid'avdy-dm, p;^K't
runke (in manu) = lit. rayiköj-e. Im Dativ stimmt das %
€ des slav. runke zum lit. ai von rankai (§. 176). Die
Stämme auf h z, sowohl die männlichen als weiblichen,
enden im Dativ und Locativ mit dem Endbuchstaben des
Stammes, daher gosti sowohl hospiti als in hospite;
noiti sowohl nocti als in nocte. Es mag angenommen
werden, dafs hier der Casuscharakter i mit dem des Stam-
mes, wie in lateinischen Dativen wie om = ovi-l^ turrt =
534 Bildung der Casus
turri-t^ zusammengeflossen sei. Bei männlichen und neutra-
len Stämmen auf/o und ^w, und bei den weiblichen auf^a,
zieht sich diese Sylbe im Locativ, bei letzteren auch im
Dativ, zu i zusammen, ohne dafs ein Casuszeichen ange-
fügt wird, daher z. B. KHA3H hiansi im Fürsten, AHUH
lizi im Antlitze, vraci im Arzte, voll voluntati und
in voluntate, von den Stämmen knamjo masc, lizjo neut.,
vracjü masc, volja fem.
269. Im Genitiv hat die in den verwandten Sprachen
an consonantische Stämme sich anschliefsende Endung a«,
öS, is nach §. 92. m. das s ablegen müssen, der Vocal aber
erscheint als e an allen consonantisch endigenden Stämmen,
sowie an den Femininstämmen auf Xl ü (§. 261), daher
stimmt imen-e des Namens zu »TTH^ nä'mn-as, no-
min-is; nehes-e des Himmels zu r^Vi*dtt_ nddas-as,
v£(|)£(o-)-o$ ; mater-e zu mdtr-is^ fjLTiTp-og; svekiHv-e (socrüs)
zu Formen wie Bruv-ds ( super cilii), c(\)p\)'0<;. Dieser
Analogie folgen auch die Pronominalformen men-e mei,
teb-e tui, seh-e sui, welchen Qnen^ teh^ seh als Thema
gilt. Die sanskritische vollere Genitiv- Endung 3^^ sya
erkennen wir in der pronominalen Genitiv-Endung go, z. B.
von to-go = rT^ td-sya (§. 188). Diese Zusammen-
stellung dürfte allein statt alles Beweises hinreichen; zum
Überflufs berücksichtige man die so leicht eintretende Er-
härtung des Halbvocals j zu g und im Präkrit zu sj^ ^
(§. 19, p. 31); endUch den höchsten Grad von Unwahr-
scheinlichkeit, dafs das Slavische sich eine, allen verwand-
ten Sprachen fremde, ganz neue Genitiv-Endung geschaffen
habe. Nimmt man nun das g der Endung go für eine Erhär-
tung (aus y, skr. 7\^ y) an, so hat das Altslavische von der
Endung sya gerade eben so viel bewahrt als das Griechi-
sche, und es entspsicht go dem griech. 10 (§. 189), und
namentlich to-go hujus dem gr. tc-w. Da aber im Slav.
die Zischlaute leicht mit Gutturalen wechseln (s. §. 92. g.\
so könnte man auch vermuthen, dafs das g von go die
Entartung des sanskritischen s, und der Halbvocal von ^^
im Allslavischen, §. 26^. 535
sya verschwunden sei. Doch ist nicht zu übersehen, dafs
sonst im Altslav. nur Y^ niemals die gutturale Media an die
Stelle eines ursprünglichen Zischlauts getreten ist. Es fehlt
aber auch dem Altslavischen nicht an einer vereinzelt ste-
henden pronominalen Genitivform auf so, die mir bei Ab-
fassung von §. 269 der ersten Ausgabe dieses Buches nicht
gegenwärtig war, und worauf ich erst in der dritten Ab-
theilung (§. 400) aufmerksam gemacht habe; ich meine die
Form iikCO clso cujus? (neutr.), auch ceso. Ich kann aber
auf diese Form nicht mehr so viel Gewicht legen wie früher,
weil ciso , ceso, was ich erst aus Miklosich's grammati-
schen Schriften erfahren habe °), einen thematischen Charak-
ter dadurch annehmen, dafs sich daran noch die Endung
go anschliefsen kann (ciso-go, ceso-gö), und dafs daraus auch
die Dative und Locative ciso-mu, ceso-mu, ctso-ini, ceso-mi
entspringen, gegenüber den einfacheren Formen ci-mu, ce-mi.
Man kann darum ciso für einen zusammengesetzten Prono-
minalstamm halten, nach Art des nur im Nom. und Acc.
vorkommenden cito quid. Während der Schlufstheil dieser
componirten, aber flexionslosen. Form cito dem gr. Stamme
To und skr. ta entspricht, könnte so von 61 -so, ce-so mit
dem skr. Stamme sa (§. 345) und griech. o vermittelt wer-
den, während unser se-r von diesem' (ahd. de-ser, fem. de-
siu) auf den skr. Demonstrativstamm sya, fem. syd sich
stützt (§. 357), das Altsächsische und Angelsächsische aber
in diesem zusammengesetzten Demonstrativ sich an dem
sanskritisch-gothischen Stamme sa halten. Man mag den
altsächsischen Dativ ~su-mu von the-su-mu diesem (masc.
neutr.) mit dem altslav. so-mü des oben erwähnten cl-so-mü^
ce-so-mü wem? (neutr.) vergleichen. Es könnte aber auch
das slav. ci-so, ce-so so gefafst werden, dafs sein s erst auf
slavischem Boden aus t entsprungen sei, so dafs die Neu-
tralstämme cito und ciso ursprünglich Eins wären. Um
aber zur slavischen Genitiv-Endung go zurückzukehren, so
') L. c. p. 67 f., vergleichende Gramm. III. p. 67 f.
536 Bildung der Casus
Steht soviel fest, dafs diese Endung, was auch Miklosich
zugibt, mit der sanskritischen sya zusammenhängt, sei
es, dafs ihr g eine Erhärtung des Halbvocals 7]^ y sei,
oder eine Entartung des Zischlauts. Schleicher (Formen-
lehre p. 235) und Miklosich (1. c. p. 61) unterstützen die
erstere Auffassung.
270. Die Substantiven und adjectiven (indefiniten) o-
Stämme haben, im Nachtheil gegen die an der alten Form
festhaltenden Pronomina, die Genitiv-Endung go eingebüfst,
dafür aber, zum Ersatz für die weggefallene Endung, das alte
a des Stammes behauptet, statt es nach §. 92. a. zu o zu
schwächen; daher raha servi, nova ( = skr. ndva-syd)
novi (vgl. §. 190). Die w- Stämme stellen regelrecht ov w,
als gunirte Form (s. §. 92./.), dem sanskritischen 0-5, litaui-
schen und gothischen aus gegenüber, mit der nach §. 92.
m. nöthigen Unterdrückung des s, also CZINOV sünu filii
gegenüber dem skr. siino^-s^ lit. sünau-s^ goth. sunau-s.
Die z-Stämme, sowohl die männlichen als weiblichen, zeigen
das nackte Thema, also gosti für goth. gasti-s^ lat. hosti-s,
und nosti noctis gegenüber dem lit. nakte-s und sanskri-
tischen und gothischen Formen wie ^]r\^^prite-s, ansfai-s
(§. 185).
271. Die weiblichen Stämme auf a verändern, mit
Ausnahme derjenigen mit vorletztem j\ jenes a im Genitiv
in ZI ü, daher vodii aquae von voda. Ich schreibe dieses
ZI ü eben so wie das des Nom. Acc. Voc. pl. dem euphoni-
schen Einflufs des ursprünglich die Form schliefsenden s zu (s.
§. 92. d.). Hinter y steht a an für zi ü, sowohl im Gen. sg. als
im Nom. Acc. Voc. pl., daher bOAIA voljan voluntatis und
voluntates. So auch in der weiblichen Pronominal-Declina-
tion Formen wie TOhA tojan gegenüber dem skr. td-syds
und analogen goth. Formen wie thi-sos (§. 174) und alt-
preufsischen wie stei-ses. Es läfst sich der Nasallaut in
den gedachten altslavischen Formen nicht wohl anders er-
klären denn als Umwandlung des 5, welches die betreffen-
den Casus im Sanskrit, Litauischen und Gothischen, und.
im Allslavischen. §. 271. 27'J. 537
mit Ausnahme des Nom. Voc. pl., auch in den klassischen
Sprachen am Wort-Ende zeigen. Ich erinnere in Beziehung
auf die Nasahrung des schhefsenden s an die nräkritische
Endung J^ hin für skr. Bis und an griechische Formen
wie (f)ipofj.sv (dor. -jus;), (^ipsrov für skr. Ödrdmas, Bdrafas,
dar ata s (§. 97). Merkwürdig aber ist es, dafs im Alt-
slavischen der Halbvocal j einen schützenden Einflufs auf
das am Ende der folgenden Sylbe gestandene s ausübt, so
dafs dasselbe nicht ganz untergegangen, sondern zu n ge-
worden ist. Die Wirkung dieses Einflufses ist auch in den
Formen geblieben, welche das y lautgesetzlich unterdrückt
haben (s. §. 92. h p. 146), daher z. B. von ^OVIIIA dusa
Seele (für dusja aus duchja = \\t. düsiä) der Gen. sg. und
N. V. pl. ^^oyuJA dusa-n, gegenüber dem litauischen düsig-s,
düsö-s, und der gleichlautende Acc. pl. /^OVUJA dusa-n ge-
genüber dem litauischen düsiä-s.
272. Im Vocativ, welcher wie in den verwandten
Sprachen ohne Casussuflix ist (§. 204), schwächt sich o zu
e {^) und a zu 0 (§. 92. a.), daher ist nove (von novo neu),
für skr. ndva identisch mit dem lat. wou^" und stimmt zum
griech. yi{F)E und litauischen Formen Avie pöne (s. p. 407);
von voda Wasser kommt vodo , von volja aber vole für
voljo; vom Stamme knansjo Fürst: kname ") für knansje.
Die Stämme auf z ü guniren ihr ^ zu OV w (§. 92./.), daher
CZlNOy SÜ71U Sohn, gegenüber dem skr. suno, lit. sünaüy
goth. sunau (§. 205). Gewöhnlicher aber wandern die
Stämme auf ü, im Fall dem Endvocal nicht ein j vorher-
geht, zur o-Declination über, also süne, im Nachtheil gegen
BpA^oy vracu Arzt vom Stamme vracjü. Es äufsert also
auch hier, wie oben (§. 274) in den Formen auf y^m, das
j einen schützenden Einflufs auf den nachfolgenden Theil
des Wortes.— Die Stämme auf i sind im Vocativ, wie im
Send und Griechischen, identisch mit dem Thema; daher
) 3 "^ vor e wird >K s .
538 Bildung der Casus
gosti Gast, nosti Nacht, wie im Send paiti^ dfiitix im
Griechischen Trocrt, ncpru
Dual.
273. Durch Bewahrung eines Duals üherhietet das
Altslavische das Gothische, dem beim Nomen dieser Nume-
rus abgeht; es übertrifft in demselben an treuerer Erhal-
tung der Endungen das Litauische, und ist um einen Casus
reicher als das Griechische. Die Übereinstimmung mit dem
Sanskrit und Send ist unverkennbar; man vergleiche:
Sanskrit Send Altslavisch
N. A. ^) ra. uÖa (amboyed.) uhd oha
f. n. uBe' übe obe s. p. 501.
Anm.
I.D. Abi. m. f. n. uöa-Öydm uboi-hya I.D. obe-ma")
G. L. m. f. n. uBdy-6s ub6y-6 oboj-u^)
Das sanskritische neutrale uBe besteht nach §. 212 aus dem
Thema uhd in Verschmelzung mit dem Casussuflix t^ und
das weibliche uBe ist eine Verstümmelung von uöay-du,
und somit ohne Casus-Endung (§. 213). — Die männhchen
und weiblichen Stämme auf h i behalten dieses i unver-
') Zugleich Vocativ, abgesehen von der im Sanskrit nach §. 20 i
nöthigen Zurückziehung des Accents.
2) Über die Endung ma s. §. 222. Das vorangehende % e für o
des Stammes erscheint nur in derPronomlnaideclination, welcher die
Ausdrücke für zwei und beide folgen. Dagegen findet sich im Send
der Diphthong /ü*-*-' ^^ oder i^ d / , ersterer mit beigefügtem / nach
§. 4l, in allen männlich-neutralen Stämmen auf« (§.42l).
3) Nur in der Pronominal-Declination (s. die vorangehende Anni.)
zeigen die männlich -neutralen Wortstämme auf o und die weibli-
chen auf a im G. L. du. oj-u gegenüber dem skr. af-6s und sendi-
schen ay-6 oder 6y-6\ dagegen unterdrücken die Substantiv- und
\djectivstämme auf o, a diese Vocale vor der Casus-Endung; daher
i'luk'-u der beiden Wölfe, für skr. vr kay-6s ^ send, vehr-
kaj-6\ und vi'dov'-u der beiden Wi ttwe n für skr. v id av ay -6 s
(s. §. 225).
im All slawischen. §. 273. 539
ändert bei, statt der im Sanskrit und Send eintretenden
Verlängerung (s. §. 210 f.); man vergleiche gosti zwei Gäste,
nosti zwei Nächte mit skr. Formen Avie ^a^t5 ^r 6 '^^ und
litauischen wie awi (s. p. 219). Die Stämme auf ä ü fol-
gen demselben Princip und stellen z. B. caiNZl sünü zwei
Söhne dem skr. sunu und litauischen sünh gegenüber
(p. 419), wobei daran zu erinnern, dafs zi ü etymologisch
meistens = skr. ;3^ u ist (§. 92. c). Doch sind Dualformen
w^ie sünü selten *); gewöhnlicher gehen die «^-Stämme in den
in Rede stehenden Casus zur o-Declination über, wornach
also süna nach Analogie von vlüka. — Sehr merkwürdig sind
die Neutralformen auf i consonantischer Stämme, z. B.
imen-i, nebes-i, telant-i "), sofern ihr i wirklich Casus-Endung
ist, und somit dem sanskritischen t (send, i) von Formen
wie namn-i (send, ndmain-i), ndUas-t, Bdrat-t'""*) ent-
spricht. Zu dieser Annahme berechtigt sehr entschieden der
Umstand, dafs das aus a -i^ t erwachsene e sanskritischer
Duale neutraler a- Stämme im Altslavischen durch % ver-
treten ist, und daher z. B. oben OB.b obe dem skr. uBe
(aus uUa-i) gegenübersteht. Warum sollte also nicht auch
imen-i, nehes-i dem skr. namn-t^ ndBas-t gegenüberge-
stellt werden dürfen? Obwohl die altslavischen consonan-
tischen Stämme in mehreren Casus der ^-Dechnation folgen
(vorzügüch vor consonantisch anfangenden Endungen), so
gibt es doch im Slavischen keine neutralen ^-Stämme,
deren Analogie auf die Flexion der consonantischen
Neutralstämme in den in Rede stehenden Casus hätte ein-
wirken können. Erwägung verdient auch, dafs, wenn
man das i von imeni, nebesi, telanti als Casus-Endung, und
*) Belege gibt Miklosich 1. c. p. 15f.
*) Ich habe diese Formen erst durch Miklosich kennen ge-
lernt, und darum in der ersten Ausgabe noch nicht Rücksicht darauf
nehmen können.
) Für h ärant-i^ vom schwachen Participialstammc b^ä rai^ aus
b ara7it.
540 Bildutig der Casus
nicht als Endbuchstaben eines erweiterten Stammes fafst,
alsdann alle Casus mit vocalisch anfangender Endung aus
dem ursprünglichen Thema entspringen. Anders verhält es
sich mit den männlichen Stämmen auf w, z. B. mit
kamen Stein; dieser bildet nicht nur den Nom. Acc. Voc. du.
hameni entschieden aus einem z-Stamme, sondern stellt auch
im Gen. Loc. kamenij-u") (wie gostij-u) dem neutralen ime?i-u,
und im Gen. pl. K<\MENHII kamenij "") dem neutralen imen-ü
gegenüber. — Was die Formen auf % e anbelangt, welche
im Nom. Acc. Voc. du. consonantischer Stämme gewöhn-
lich die Stelle der organischen auf i vertreten (imene,
nehese, telante für imen-i etc.), so stammen sie offenbar von
einem durch o erweiterten Stamme, also die erwähnten Bei-
spiele von den Stämmen inieno , neheso ^ telanto ^ wie auch
die Locative plur. der consonantischen Stämme sämmtlich
von einem durch o erweiterten Thema kommen, welches
im genannten Casus %\rk c-chü dem sanskritischen esic
gegenüberstellt.
PluraL
274. Die skr. Endung «5, griech. sc, des Nom. Voc.
plur. hat sich in der Gestalt von ^, nämlich mit nothwen-
diger Unterdrückung des Endconsonanten, behauptet. Man
vergleiche z. B. sünov-e Söhne, kamen-e Steine mit dem
skr. sündv-as^ dsmän-as und griech. Formen wie vsxu-s^,
^atjuoy-E$; ferner gostij-e Gäste mit sanskritischen und grie-
chischen Formen wie jpdtay-as^ ncai-zg. Dagegen erschei-
nen die weiblichen Formen nosti Nächte, materi Mütter
(letzteres von dem durch i erweiterten Stamme) ohne Ca-
sus-Endung. Man mag hiermit eine ähnliche Declinations-
*) Mit ij für blolses j nach altpersischem und pali'schem Prlncip,
vgl. p. 403. Anni.
**) Die Casus -Endung ist verloren wie bei echten z-Stännnen,
Z. B. bei sosfij^ nos lij für gostij-u^ nos tij-u.
im Alislavischen. §. 27.^. 541
schwäche des Hochdeutschen vergleichen, welches schon in
seiner ältesten Periode das Casuszeichen 5 im Genitiv sg. der
Feminina verloren hat, während die starken M a s c u 1 i n a
es geschützt haben ; daher z.B. ensti gratiae gegen gaste-s
hospitis. — In Bezug auf altslavische Plurale wie vidovii,
voljan, von den Stämmen vidova, volja, verweise ich auf §.
271, und in Bezug auf Formen wie vlük'-i Wölfe als Ver-
stümmelung von vlükoi oder vlükoj (vgl. ?\.uxci, lit. wilkai
p. 450). — Die Neutra haben in Gemeinschaft mit dem
Send, Griechischen, Lateinischen und Gothischen a als En-
dung des Nom. Acc. Voc. pl.; daher z. B. imen-a gegenüber
dem sendischen ndman-a^ lat. nomin-a, goth. namn-a und
griechischen Formen wie fj.BXci.v-a. Nehes-a übertrifft das
griechische vi(\)z[cr)-a durch Bewahrung des Endconsonanten
des Stammes; telant-a Kälber stimmt schön zu griechi-
schen Formen wie iVrair-a, XvaavT^ct (s. p. 529); Formen
wie ^tAA (vom Stamme J^^öWerk) stimmen zu sendischen,
griechischen, lateinischen und gothischen Formen wie «.u^xjvuj^
data, ö'ujpa, dona, dau7'a. Überall ist dieser Wortklasse der
Endvocal des Stammes, weil es ein a ist oder war, in dem
Vocal der Endung untergegangen (s. p. 458 f.).
275. Der Accusativ plur. hat bei allen männlichen
und weiblichen Stämmen die Casus-Endung verloren, weil
sie höchstwahrscheinlich, wie im Litauischen, aus einem blo-
fsen s bestand , welches, nachdem das oft erwähnte aus-
nahmslose Lautgesetz (§. 92. m.) sich geltend gemacht hatte,
unterdrückt werden mufste. Stämme auf 0 und a — die
auf ya ausgenommen — haben in diesem Casus ihren End-
vocal, wie mir scheint, durch den rückwirkenden Einüufs
des früher nachfolgenden 5, in ü verwandelt (s. §. 271), da-
her bedeutet novü sowohl novos als novas, je nachdem es
vom Stamme novo oder von nova kommt. Von den Stäm-
men gosti Gast und nos'ti Nacht kommen die gleichlauten-
den Accusative pl. gost% nos'ti^ im Nachtheil gegen litauische
Formen wie genti-s^ awi-s (s. p. 482). Stämme auf z ü
bilden ihren Acc. pl. aus erweiterten Stämmen auf ovo,
5 i2 Bildung der Casus
daher simovii filios; Stämme auf n und r erweitern sich
durch 2, daher kameni^ mateH.
276. Im Instrumentalis zeigen Stämme auf o und die-
jenigen, welche dem ursprünglichen Ausgang ein o beifügen,
XI ü als Endung, worin ich das sanskritisch -sendische dis
und litauische ais erkenne, mit nothwendiger Unterdrückung
des s und mit Verlust des Schlufselements des uralten Diph-
thongs; das ZI ü ist also, wie im Accus., der Vertreter des
stammhaften o. Man vergleiche vlükil durch die Wölfe
mit dem litauischen toilkais, skr. vfkdis^ s. vehrkdis.
So sünoi'ü, wie7iü, nebesil, telantü^ von den erweiterten Stäm-
men sünovo, imefio, nebeso , telanto. — Die Stämme auf jo,
sowohl männliche als neutrale, zeigen in diesem Casus H
i für den nach der allgemeinen Regel zu erwartenden
Ausgang jü, daher z. B. 3l0pH mori (vielleicht moiji zu
sprechen) vom Stamme morjo Meer.
277. Diejenigen Wortklassen, welche im gewöhnlichen
Sanskrit und im Send die plurale Instrumental-Endung TH^
5is^ "-M^ bis unverstümmelt bewahrt haben, zeigen im
Altslavischen die Endung mi gegenüber dem lit. mis (nach
§. 92.^.), daher z.B. vidova-mi = skv. vidavd-Öis durch
die Witt wen; p;^KA.MH runka-mi = lit. rankö-mis durch
die Hände. Die Stämme auf h i schwächen diesen Vocal
vor der Endung mi zu b «, daher gostl-mi, nosHi-mi gegen-
über litauischen Formen wie genti-mis^ awi-mis und sans-
kritischen wie pdti-äis^ prt'ti-öis, armenischen wie 6':,i-vq
(§. 216). Dieser Analogie folgen die männlichen Stämme
auf n und die weiblichen auf r, indem sie diesen Casus
nach der *-Declination bilden; daher kameni-mi, düsteri-mi
gegenüber den litauischen, ebenfalls durch ein unorganisches
i im Thema erweiterten Formen akmeoii-mis, dukteri-mis. —
Im Dativ plur. erscheint in allen Wortklassen mü als En-
dung, worin man leicht die Schwächung und Verstümme-
lung des litauischen mus für skr. dyas^ lat. bus erkennt
(p. 424), zumal die Unterdrückung des schhefsenden s nach
§. 92. k. nothwendig war. Die Stämme auf i verwandeln
im Ahslavtsrlien. §. 27^. 543
diesen Vocal vor der Endung mü in e, und alle consonan-
tischen Stämme der drei Geschlechter gehen in diesem Casus
zur 2-Declination über; daher nicht nur goste-mü, noste-mü,
sondern auch ka^ienemZ kamene-mü^ düstere-mü, nebese-mü^
telante-mü. Es kann auffallen, dafs, während vor der In-
strumental-Endung MH fni ein stammhaftes ^ zu z" wird, vor
der Dativ-Endung mZ 'fnü nicht ebenfalls h i an die Stelle des
staramhaften h i tritt, sondern statt dessen ^, also z. B.
goste-mü^ noste-mü im Gegensatze zu gosti-mi, nosti-mi.
Warum nicht auch goste-mü^ noste-mül oder warum nicht
auch goste-m% noste-mil Ich glaube, der Grund liegt in dem
Gewichte der Endung. Die Endung mü bildet nur eine halbe
Sylbe, und vor ihr behalten die Stämme auf i ihre ganze
Sylbenzahl, wenn gleich mit Veränderung des i zu e. Die
Instrumental -Endung mi bildet dagegen eine volle Sylbe,
und vor ihr w^ird die Endsylbe der Stämme auf i halbirt
durch Umwandlung des H « in b i^ welches nur eine halbe
Sylbe bildet. Auf demselben Princip beruht der themati-
sche Unterschied zwischen den singularen Instrumentalen auf
mi^ und den pluralen aufm. Vor dem halbsylbigen tyii des
Singulars behalten die Stämme gosti^ nosti und ähnliche ihre
Zweisylbigkeit, mit Umwandlung des i in e\ also goste-mi
durch den Gast, nos'te-mi duT eh. die Nacht, im Ge-
gensatze zu den Pluralformen gostt-mt, nosti-mi,
278. Die sanskritische plurale Genitiv -Endung dm
mufste natürlich im Slavischen ihres Endconsonanten nach
feststehendem Lautgesetze verlustig gehen; es hat aber auch
der Vocal, im Fall die Endung nicht ganz unterdrückt
wird, eine grofse Schwächung erfahren; nämlich die zu z
ü, welches gegen das lange ü der sämmtlichen litauischen
Plural - Genitive sehr im Nachtheil steht. Man vergleiche
hamen-ü mit dem litauischen akmen-u und sanskritischen
dsman-äm; imen-ü nominum mit dem skr. nd'mn-äm,
lat. nomin-um, goth. namn-e. Demselben Princip folgen
neBes-ü (= skr. ndBas-dm, gr. vB(pi(cr)-u)v ) und telant-ü;
letzteres gegenüber griechischen Formen wie laravT-uDv.
Ij^4: Bildung der Casus
Stämme auf o und a unterdrücken den Endvocal vor der
Casus- Endung, daher vlük'-ü luporum, runlz-ü manuum
gegenüber dem litauischen tc\W-ü^ ranh'-ü und lateinischen
Formen wie soci-um, ampJior' - um. Dagegen haben die i-
Stämme die Casus-Endung eingebüfst; auf einen dagewese-
nen Vocal der Endung deutet aber die Umwandlung des
stammhaften i in mi ij, z. B. in rOCTHÜ gostij hospitum,
HOIÜTHII nostij noctium (aus gostij-ü, nostij-ü)^ welche
Formen wegen der Umwandlung von i in ij, statt in blo-
fses y, zu Nominativen wie gostij-e Gäste (§. 274) stimmen.
Vereinzelt steht der Genitiv desant-u (Miklos. 1. c. p. 51),
vom weiblichen Stamme desanti zehn; er gleicht hinsicht-
lich der Unterdrückung des stammhaften i vor der Casus-
Endung den gothischen Genitiven wie gast'-e, anst'-e, im
Nachtheil gegen litauische wie awi-ü ovium (zweisylbig). —
Die Pronominal- Declination zeigt yz diu als Vertreter der
skr. Endung 5 am oder s'äm^), altpreufs. son (s. §. 248),
daher t'^VZ te-chü horum für skr. tesdm m. n. und zu-
gleich für das weibliche td'-säm, wofür man im Altslavi-
schen ta-cliü erwarten sollte.
279. Die Endung des Locativs pl. ist der eben erwähn-
ten des Genitivs der Pronominaldeclination gleichlautend,
also yz chü^ und zwar in allen Wortklassen, wie die ent-
sprechende skr. Endung su (oder s'u nach §. 21), deren
Zischlaut in den slavischen Sprachen erst nach ihrer Tren-
nung von den lettischen zu einem aspirirten Guttural ge-
worden ist (s. p. 144), denn das Litauische zeigt statt der
altslavischen Endung yz chü die Formen sa, 5w, se oder
blofses s (§. 253). Da wir 1. c. die skr. Endung su als
Verstümmelung von sva und ihr u als Vocalisirung des 51
V gefafst haben, so fragt es sich, ob auch das slavische z
ü der vorhegenden Endung als Vocalisirung von b v zu
fassen sei, oder ob in der slavischen Endung der Halbvocal
übersprungen und das z u wie in der oben besprochenen
*) Über y für urspriingliclies s oder s s. p. 1 Vi.
im Altslawischen. §.280. 545
GenItIv-Endung die Stelle eines a-Lauts vertritt. Ich halte
die letztere Auffassung für die richtige, in Folge dessen,
was oben (§. 253) über das Verhältnifs der litauischen
Endung SU zu der mir als organischer geltenden Endung 5«,
und über das A-^erhältnifs des lit. sdpna-s Traum zum skr.
svdpna-s gesagt worden. Den Verlust eines v hinter s
zeigt auch das slav. s^s^ya Schwester, oi£enbar f^är svestra.
Schhefsendes o = a geht vor der Endung vz chü in '!>
e über, wie im Skr. a in e, dagegen bleibt <\a = skr. a
unverändert; daher z.B. nove-chü in no vis (m. n.) für skr.
ndvS-s'Ui send, navai-s'va (;o^)i oder navai-su^ und
dagegen nova-chü gegenüber dem sanskritischen weiblichen
ndvd-su, send, navd-hva. Die Stämme auf i verwandeln
diesen Vocal vor der Endung chü in e, und die consonan-
tischen Stämme gehen im Plurallocativ zur ^-Declination
über; daher goste-chü, nos'te-chü, und analog z.B. kamene-chü,
nebese-chü, von den erweiterten Stämmen kameni, nebesi"*).
*) Benfey (Glossar zum S. V. p. 7o) will In dem d der altpers.
pluralen Locativ-Endung supä, uvä (für huvd) und in dem sendischen
sva, hva eine Postposition erkennen, weil im Veda-Dialekt den Lo-
cativen zuweilen die Praepositlon 5g"[ ä nachgesetzt wird. Ich habe
mich schon anderwärts (Monatsbericht 1848, März p. i44) gegen diese
Auffassung ausgesprochen, sowie auch gegen die Ansicht, dafs das d
der Singularformen dahyauvd im Lande (Benf. 1. c. p. 85 liest dah-
fuod) sich auf vedlsche Locative auf m mit beigefügter Praepositlon d
stütze. Ich fasse das d von dahyauvd als Casusbezeichnung und zwar
am liebsten als weibliche Locativ-Endung, und als Verstümmelung der
sanskritischen Endung dm (s. §. 202).
-»>S-o«$««»^«*-
35
Bcrichlioun«[en und Zusätze.
s. z.
s. z.
4 15 lies rinan statt rnan.
74 11 V. u. mit St. der (mit
9 5 V. u. svdsdram.
11 12 V. U. ur\c,
Zusammenziehung).
77 1 beizufügen „und r\
» 4 V. u. tistema.
» 8 taBna st. taEma.
13 7 V. u. H/it.
17 10 V. u. nalcd-s statt
80 2 e£/^^<2;jü.
84 5 sao st. 2;ßo.
wa/;'a-5.
88 §. 60. Üb. den Gebrauch
19 11 V. u. • .
des i s. auchp. 440 f.
21 7 V. u. Je St. £
Anm. 2.
2217 ;^' St. £
92 10 an statt an.
28 15 KTdofJLCLL,
30 10 (^ p).
31 §. 19. Ausgenommen sind
»15 beizufügen ^^ sh u.
95 18 oü/:a.
die Fälle, wo 'C für ^a-
als Umstellung von cr$
111 22 qviwitlis, qvumthi.
114 10 Die Abwerfung schhe-
steht ('A^-^fvaCs).
fsender ^Laute findet
36 6 hir-u-mes.
im Altpersischen nur
43 7 s'xw.
hinter a und d statt;
» 20 grahljun.
47 7 IXiTTOl/.
hinter anderen Voca-
len geht schUefsendes
63 13 V. u. vorhergehende st.
folgende.
t in s^ über.
114 15 bairith.
65 5 V. u. manasali.
134. Aufser der, im Litau.
6711 ^Mjjxjjj itd.
durch den Accent
69 19 >;$^^(v\
veranlafsten Länge
7011/«/^^(^W5.
» 13 Media (^>) st. dumpfe (/).
71 9 V. u. caimain-t.
ursprünglich kurzer
Laute , finden sich
auch Verlängerun-
Berichtigungen und Zusätze.
oll
s. z.
gen, welche, wie mir
scheint, als Entschädi-
gung für die Verstüm-
melung einer nach-
folgenden grammati-
schen Endung dienen;
namentlich verlän-
gern die männlichen
Stämme auf a die-
sen Vocal vor der
pluralen Dativ - En-
dung ms für mus,
daher ponä-ms, statt
des veralteten pöna-
mus. Im Instrumen-
talis und Dativ du. er-
weist sich p6nä-m (so
p. 440 zu lesen für j?o-
na-m) durch das Sla-
vische als Verstüm-
melung von p6na-ma.
Die sanskritischenFor-
men wie dsvä-dydm
liefsen, wenn sich die
ursprüngliche Länge
vor der Endung im
Litauischen behaup-
tet hätte, p6nö-m od.
ponö-ma erwarten. —
Unerklärlich erscheint
blofs das lange ä
zweier vereinzelt ste-
hender Verba: hälii
ich werde weifs,
und sälii ich friere
s. z.
(Kurschat 11. p.
4 55 f.). Sic sind viel-
leicht Verstümmelun-
gen von haltu, saltic
und somit Denomi-
nativa der Adjective
balta-s weifs, s al-
ias kalt.
136 11 V. u. gostechü.
» 10 V. u. ii;^TEBO>K/r,b.
138 14 V. u. pZ/i/bTH.
» 11 V. u. düva.
139 19 Im. Nom. und Acc.
» 14 V. u. vidovii.
140 2 Über die spätere Um-
schreibung des k
durch e, von p. 501
an, s. p. 501. Anm.
141 14, 13 Y.n.kügdje^ kügda.
143 9 junü St. junü.
14411 V. u. böse.
145 §. 92. k. ist zu ergänzen
nach p. 508 Anm.
177 2 as St. as.
» 14 V. u. k'urau-s.
189 21 divtva.
197 13 * statt {.
215 8 zu theilen tuo-s, tuo-t
221 17 sranf.
226 4 V. u. aud-i-t.
229 6 V. u. sudd.
239 18 Icrrig.
243 1 V. u. kimali
249 21 laraa-a.
250 6 juMs-ei.
548
Berichtigungen und Zusätze.
S. Z.
275 17 Brdtd^ Bratar.
» 22 ragd.
287 4 V. u. bares-
» 1 V. u. heres.
288 15 dtmdn st. dtman.
304 13 ?'-Stämmen.
305 7 V. u. is St. ?5.
307 8 vdc.
308 20 send. ^a.
316 15 V. u. YiTrapj.
321 22 ^^7i2^z-7i.
322 2 V. u. neut. statt fem.
323 13 mddv-d.
» 1 V. u. pdti-n-d.
327 15 svdrma.
32814 /^a?^?;-a.
» 13 V. u. brdtr-a.
329 Idugd^er-a.
» 3 ddfr-a.
333 6 V. u. yus'mdhanfi.
336 9 tu-ma-sni-i.
337 11 V. u. zu berichtigen
nachS. 400 ff.
338 7 -smy-dL
340 10 dauhtr st. dauhtr.
» 5 V. u. in statt 72.
351 7 ojucü-^.
» iD o|ucü-$, ofJLW-r.
359 15 ü^uif 5r^^.
» 7 V. u. 5r^i-i\
» 6 V. u. uftuifiß srti'Z.
» 2 V. u. 5r^i-v.
360 1 meg.
y> 18 5r^^ St. sirde.
361 11 f/5f^r-('.
s. z.
361 13 V. u. send. vU st. v/s.
» 4 V. u. dster-e.
362 2 (?s^er.
» 17 tilge gröfstentheils.
» 6 V. u, ^5fer.
» Anm. ") ist hinsichtlich
des Accus, zu berich-
tigen nach p. 472.
363 3 duhitr.
364 2 O-UJ/ntMUi,
366 12 stana^ stan, sfd'^ia-m.
» 13 umiubiuL. stana-v.
» 5 V. u. dl statt dl.
370 1 V. u. düstiy düster-e.
379 5 V. u. Ict.
394 14 kJEv-i.
398 §. 199. Einen Locativ
auf gwcu von einem
weiblichen Stamme
auf u belegt Bur-
nouf, Yagna p. 513,
durch die Form
gjiu(vj£7c€; peretdo
(V. S. p. 424), von
jperetu Brücke.
405 9 V. u. hrdtri,
» 8 V. u. hr dir- anm.
416 3 V. u. casmaini.
421 5 asmd'dyam,
429 7 V. u. dsman-Bis.
» 3 V. u. i_ St. >.
432 15 opscrcpL.
435 8 dsvdn.
437 7 V. u. raiica-pati-vd,
438 12 V. u. deicä-m.
Berichligungen und Zusätze,
549
s. z.
440 19 ponä-m.
444 Die von Petermann
(pag. 94) erwähnten
Plurale auf er, ear, an,
ean enthalten keine
Casus -Endung, son-
dern das Ganze ge-
hört zum Stamme,
und man kann die
Erweiterung, welche
derselbe im Verhält-
nifs zum Singular er-
fahren hat, ungefähr
so fassen, wie die
unserer Plurale, wie
Kinder, Häuser,
Gräber (s. §. 241),
Männer, Geister,
oder auch wie die
unserer weibl. Plu-
rale von Grimm 's
erster starker Decli-
nation (wie z. B. Ga-
ben), welche das voca-
lisch endende Thema
des Singulars durch n
erweitert haben. Im
Armen, macht die
Vulgärsprache einen
fast regelmäfsigen Ge-
brauch von den im
Thema erweiterten
Pluralen oder Collec-
tiven (s. Schröder
p.307f. und Cirbied
p. 745 xT.), besonders
von denen auf r, die
sich aber durch ihre
Declination als Singu-
lare darstellen. So
kommt z. B. von ^^mg
haz Brod (them. hazi)
der Plural, oder viel-
mehr das Gollectivum
hazer (nom. acc. voc),
als dessen Thema
durch den endungslo-
sen Genitiv hazeru
und durch den Instr.
hazerO'W sich hazeru
ausweist. Im klassi-
schen Armen, kommt
von gir Buchstabe
(instr. gro-w , vergl.
skr. grant' schrei-
ben) das Gollecti-
vum grean Bücher,
Schriften (nom. acc.
voc), Gen. grenoi
(sprich greno), vom
Stamme greano; aber
auch mit pluralischen
Endungen der Nom.
grean-q\ D. Abi. Gen.
grena-z (vom Stamme
grena)\ von nplruip
orear Menschen *)
'') Ohne singulare Nebenform, wenn nicht, wie ich vermulhe,
550 Berichlisungen und Zusätze,
kommt der Genitiv Thema is'aii zum
oreroi (spr. orero) und Grunde liegt, womit
auch der echte plu- man das lat. asinu-s,
rale Nominativ ore- goth. asilu-s , lit. dsi-
ar-q. Gegenüber von la- s ^ altslav. oselü
^^t-V Esel findet sich ( them. oselo) ver-
der Plural finuL^ gleichen möge, mit
isan-q asiui, D. Berücksichtigung der
Abi. G. isan-i, wel- leichten ^er tausch ung
eben Formen ein der Liquidae, woraus
wlip air Mann damit zusammenhängt, welches die meisten Casus
von einem Stamme luftutb aran (zusammengezogen lupb arn) bildet.
Ich setze die vollständige Decllnatlon dieses Interessanten Wortes
her. Singular: N. A. V. air. Gen. D. arn, Instr. aram-b (euphonisch
für aran-b)^ Abi. arn-e. Plural: N. A. V. ar-q , Instr. aram-bq , D.
Abi. G. aran-z. Analog mit aram-bq , aran-z kann auch hair Vater
(Gen. Dat. hor^ einige Casus aus einem durch an erweiterten Thema
bilden, so dafs der Instr. sowohl har-bq als haram-bq lautet, und der
D. Abi. G. sowohl har-z als haran-z (s. Petermann p. 1 'i2). In
Bezug auf die Stammerweiterung mag an das VerhäUnlls des gothl-
schen /a<fre//i Eltern zu /adar Vater, sowie an das des englischen
hrethren zu brother erinnert werden. Dafs hair mit der Vaterbenen-
iiung anderer Indo-europälscher Sprachen zusammenhängt, und an-
fangendes f> im Armen, in der Regel zu h geworden ist, ist bekannt;
das i hinter dem a scheint mir durch den EinHufs der schllefscnden
Liquida herbeigezogen zu sein; ebenso das von qoir Schwester
— gegenüber dem send, qanhar (them.), skr. sväsdr — und das
von rnair Mutter. Man könnte, um noch einmal zur armen.
Benennung des Mannes zurückzukehren, das a des Stammes aran
als einen blofsen phonetischen Vorschlag betrachten (vgl. p. 365),
wie das a des griech. avY\D gegenüber dem skr. Stamme /io/, /i.r,
ISom. nä; die Sylbe ran mülste dann als Umstellung von nar gefafst
werden, zumal das Armenische solche Umstellungen begünstigt (vgl.
p. 365). Ist aber das oben erwähnte orear mit dem Stamme aran
verwandt, so mufs man darin eine redupllclrte Form erkennen, also
orear aus oror oder arar erklären, oder man mufs Ihr schllefsendcs r
als Entartung von n fassen, und somit orear als = orcan darstellen.
Berichtigungen und Zusätze.
551
auch gefolgert wer-
den kann, dafs die
Collectiva auf ai\ ear
und die auf an, ean
in ihrem Bildungssuf-
fix ursprünglich Eins
sind, abgesehen von
den Formen, avo nicht,
wie bei der Benen-
nung des Esels, der
Singular eine Ver-
stümmelung des Plu-
ralstammes ist. Wenn
dem so ist, so würde
ich die Formen mit n
für die ursprünghchen
halten.
N. Z.
462 15 mdonh-a.
463 16 vUvd.
» 4 V. u. namcin-i,
464 8 V. u. augon-a.
466 11 Argivischen.
467 2 V. u. pri- .
470 4 ya(F)-a,^
471 10 hqt^ emi.
473 9 V. u. Beh.
477 18, 19 manfram-ca.
» 21 afaic-,
478 9 afaurunmisca.
» 14 V. u. ad St. at
483 13 v.u. §.21 6 St. p. 471 fF.
485 5 V. u. 424 St. 434.
Gedruckt in der akademischen Buchdruckerei.
YERZEICHNISS
VON
WERKEN
AUS DEM GEBIETE DER
SPRACHFORSCHUNG
ERSCHIENEN
jFerö. ^iimmlei:^ ©erlag^fiucfiljanbUmg
in ^Etlin»
September 1857.
BERLIN,
GEDRUCKT BEI A. W. SCHADE, GRÜNSTRASSE 18.
1857.
A. Allgemeine Sprachwissenschaft.
System der Sprachwissenschaft, von K. W. L. Heyse.
Nach dessen Tode herausgegeben von Dr. H. Steinthal,
Privatdocenten an der Universität zu Berhn. 1856. gr. 8.
geh. 2 Thlr. 15 Sgr.
Durch die Veröflentlichung dieses Werkes, das die allgemeinen Er-
gebnisse der neueren Sprachwissenschaft mit seltener Klarheit, Kürze
und Uebersichtlichkeit darstellt, wird nicht nur allen Sprachforschern
von Fach, zu welcher Richtung sie sich auch bekennen mögen, sondern
überhaupt Allen, die irgend ein Interesse an Sprachwissenschaft nehmen,
ein nicht geringer Dienst erwiesen sein. Ein Beurtheiler (Georg Curtius)
im literar. Centralblatt sagt über dieses Werk:
„Dies Werk, in welchem wir eine der gediegensten Arbeiten auf dem
Gebiete der Sprachwissenschaft zu begrüfsen haben, ist die reife Frucht
eines vorzugsweise der allgemeinen Sprachforschung gewidmeten Lebens.
— Durch den Reichthum des Inhaltes und die glückliche Form ist es
geeignet, für längere Zeit ein Hauptwerk für alle hier einschlagenden
Forschungen zu bleiben. Ganz besonders aber möchten wir es allen
Denen empfehlen, welche an Schule und Universität Sprache zu lehren
berufen sind" u. s. w.
lieber den Ursprung der Sprache von Jacob Griram.
Aus den Abhandlungen der königlichen Akademie der Wis-
senschaften vom Jahre 1851. Dritte Auflage. 1852. gr. 8.
geh. 15 Sgr.
Es war vor allem die Thunlichkeit einer Untersuchung über den
Ursprung der Sprache zu erweisen. Nachdem hierauf dargethan wor-
den, dafs die Sprache dem Menschen weder von Gott unmittelbar aner-
schaffen, noch geoffenbart sein könne, wird sie als Erzeugnifs freier
menschlicher Denkkraft betrachtet. Alle Sprachen bilden eine geschieht-
Allgemeine Sprachwissenschaft.
liehe Gemeinschaft und knüpfen die Welt an einander. In ihrer Ent
Wicklung werden drei Hauptperioden unterschieden, welche mit meister-
hafter Feinheit und Durchsichtigkeit geschildert werden.
Der Ursprung der Sprache im Zusammenhange mit den
letzten Frao-en alles Wissens. Eine Darstellung: der An-
sichten Wilhelm 'con HumboldfSj verglichen mit denen Her-
ders und Hamanns von Dr. H. Steinthal. 1851. gr. 8.
geh. 15 Sgr. (Vergl. S. 8. : Sprachwiss. Abhandl.)
Es lag dem Verfasser vorzüglich daran, die Gebildeten überhaupt,
besonders aber die Metaphysiker und Psychologen auf die hohe Wich-
tigkeit der Frage nach dem Ursprünge der Sprache dadurch aufmerksam
zu machen, dafs er den Zusammenhang derselben mit dem Verhältnifs
von Gott und Mensclien, Unendlichem und Endlichem, Leben und Tod,
Allgemeinem und Einzelnem nachwies. Aufserdem hat er seine frühereu
Arbeiten über W. v. Humboldt hiermit ergänzen gewollt.
lieber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues
und ihren Einflufs auf die geistige Entwicklung des Men-
schengeschlechts von Wilhelm von Humboldt. 1836.
gr. 4. geh. 4 Thlr.
In diesem Werke hat der berühmte Verfasser den Kern seines
ideellen Lebens niedergelegt. Wie er darin eine Anschauungsweise der
Sprachwissenschaft vom Standpunkte der Weltgeschichte aus begründet,
eben so sehr lehrt er darin eine Weltanschauung von dem Standpunkte
der Sprache aus. Beginnend mit der Betrachtung der die geistige Ent-
wickelung des Menschengeschlechts hauptsächlich bestimmenden Momente
(§. 1 — 6) gelangt er zur Sprache, als einem vorzüglichen Erklärungs-
grunde jenes Entwickelungsganges (§. 7). Er zeichnet die Richtuug vor,
welche die Sprachforschung zu nehmen hat, um ihren Gegenstand in
dieser Weise zu beurtheilen (§. 8) und wird dadurch zu einer tiefereu
Darlegung des Wesens der Sprache geführt (§.9—12). Sodann genauer
auf das Sprachverfahren eingehend, stellt er die allgemeinsten und alle
Theile der Sprache durchdringenden Eigeuthümlichkeiteu derselben dar
(§. 13—18), nach welchen er sie classificirt (§. 19). Als den Punkt
aber, von dem die Vollendung der Sprache, ihre Entwickelungsfähigkeit
und ihr Einflufs auf den Volksgeist abhängt, hebt er die gröfsere oder
geringere Stärke der synthetischen Kraft derselben hervor und führt
den Nachweis sowohl rücksichtlich der indoeuropäischen, als der semi-
tischen, amerikanischen und der einsylbigen Sprachen (§. 21 — 24). Die
Beantwortung der Frage, ob der mehrsilbige Sprachbau aus der Eiu-
sylbigkeit hervorgegangen sei, bildet den Schlufs (§. 25) dieses grofs-
artigen Werkes,
Allgemeine Sprachwissenschaft.
Grammatik, Logik und Psychologie, ihre Principien und
ihr Verhältnifs zu einander, von Dr. H. Steinthal, Pri-
vatdocenten für allgemeine Sprachwissenschart an der Uni-
versität zu Berlin. J855. gr. 8. geh. 2 Thlr. 15 Sgr.
In diesem Buclie stellt der Verf., dessen frühere kleine Schriften
eine ungewöhnliche Aufmerksamkeit erregt haben , seine sprachwissen-
schaftliche Grundansicht in erwünschter Ausführlichkeit dar. Sein Be-
mühen ist vorzüglich daraufgerichtet, den BegrilF der Innern Sprachform
zu entwickeln, hierdurch der Grammatik einen eigenthümlichen Boden
anzuweisen, sie besonders scharf von der Logik abzuscheiden und mit
der Psychologie in enge Verbindung zu bringen. Das Buch zerfällt in
drei Theile. Der erste weist die falsche Begründung durch die Logik
zurück; der zweite stellt ausführlich das Verhältnifs zwischen Logik und
Grammatik dar, wobei die wichtigsten Punkte dieser beiden Wissen-
schaften vergleichend zur Sprache kommen; der dritte, der aber die
Hälfte des Buches umfafst, legt die eigenthümlichen Principien der
Grammatik und ihr psychologisches Wesen dar.
lieber den Naturlaut von Joh. Carl Ed. Buschmann.
[Besondrer Abdruck aus den Abhandlungen der Königl.
Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre
1852.] 1852. gr. 4. geh. 15 Sgr.
Der Verf. bemüht sich zu zeigen, dafs aus der Thatsache, dafs
■für die Begriffe der nächsten Verwandtschaftsverhältnisse fast in allen
Sprachen ähnlich klingende Laute vorhanden sind, kein Schlufs auf eine
allgemeine Verwandtschaft der Sprachen gezogen werden dürfe. Er be-
zeichnet diese einfachsten, aus dem Munde der Kinder zuerst vernom-
menen und folglich den Kindern geläufigsten Laute, die eben deshalb
von allen Völkern rn gleicher Weise auf die Begrifl'e von Vater, Mutter
u. s. w. übertragen werden, mit dem Namen Natur laut und stellt sie
für grofse Reihen von Sprachen in Tabellen auf.
Die Sprachwissenschaft Wilhelm von Humboldts und die
Hegeische Philosophie von Dr. H. Steinthal. 1848. gr. 8.
geh. 20 Sgr. (Vergl. S. 8: Sprachwiss. Abhandl.)
Es lag dem Verfasser zunächst und zu allermeist daran, die ünhalt-
barkeit der dialektischen Methode Hegels dadurch zu beweisen, dafs er
zu zeigen suchte, wie diese über sich selbst hinaus zur genetischen treibt,
welcher Wilhelm v. Humboldt huldigt. Hierauf giebt er eine Darstel-
lung der Grundlagen und des Ziels der Sprachwissenschaft Humboldt's
mit beständiger Zurückweisung der unberechtigten Forderungen und
gehaltlosen Leistungen der Dialektik.
Allgemeine Sprachwissenschaft.
Die Classification der Sprachen dargestellt als die Ent-
wicklung der Sprachidee von Dr. H. Steinthal. 1850.
gr. 8. geh. 15 Sgr.
(Vergl. S. 8. Sprachwissenschaftl. Abhandl. )
Diese Schrift enthält zuerst eine Kritik der bisherigen Sprachclassi-
ficationen und damit der heutigen Sprachwissenschaft überhaupt. Beson-
ders ausführlich wird Willielm v. Humboldt nach seiner genialen, wie
nach seiner mangelhaften Seite dargestellt- Darauf giebt der Verfasser
nach einer neuen Auffassungsweise des Wesens der Sprache eine Ein-
theilung der Sprachen in dreizehn Classen nach einer den natürlichen
Pflanzen- und Thiersystemeu analogen Methode.
lieber den Dualis von Wilhelm von Humboldt.
1828. gr. 4. 12iSgr.
Diese Abhandlung dürfte aus manchen Gründen Humboldt's schönste
und tiefste Arbeit genannt werden; auch wirft sie auf viele wichtige
Stellen seines gröfseren Werkes ein sehr erwünschtes Licht. Die Noth-
wendigkeit solcher Untersuchungen über einzelne grammatische Formen
wird vom Verfasser selbst im Eingange dargestellt. Nach der Ueber-
sicht des räumlichen Umfanges der Sprachstämme, in denen sich die
Dualform findet, wird die Natur derselben zuerst nach der Beobachtung
der Sprachen selbst bestimmt, dann in tiefster Weise aus allgemeinen
Ideen abgeleitet, mit Berücksichtigung der phantasievollen und rein ver-
ständigen Seite der Sprache.
lieber die Verwandtschaft der Ortsadverbien mit dem
Pronomen in einigen Sprachen von Wilhelm von Hum-
boldt. 1830. gr. 4. 10 Sgr.
Eine Darstellung des Pronomens selbst leitet diese Abhandlung ein,
in welcher durch das Beispiel der Pronomina der Sprache der Tonga-
oder Freundschaftsinseln und anderer malayischer Sprachen, ferner der
chinesischen, japanischen und endlich besonders der armenischen Sprache
gezeigt wird, wie die Pronomina aus den Ortsadverbien hergenommen
werden können.
De pronomine relative commentatio philosophico-philo-
logica cum excursu de nominativi particula. Scripsit
H. Steinthal, Dr. Adjecta est tabula lithographica Signa
Sinica continens. 1847. gr. 8. geh. 20 Sgr.
(Vergl. S. 8. Sprachwissenschaftl. Abhandl.)
Der Verfasser sucht die Bedeutung des Pronomen relativum für d^s
Allgemeine Sprachwissenschaft.
Satzgefüge aufzufinden. Die Untersuchung beginnt mit dem einfachsten
Satze. Indem nämlich der Verfasser sogleich von Anbeginn die philo-
sophische Reflexion mit den Thatsachen verbindet und nach der gegen-
seitigen Durchdringung beider strebt, zeigt sich, dafs in den niedriger
stehenden Sprachen das Pronomen relativum sclion zur Bezeichnung der
einfachsten Satzverhältnisse, vorzüglich aber als Partikel des Attributs
verwandt wird. Stufenweise wird die weitere Entvvickelung des Satzes,
die schärfere Absonderung und formelle Ausbildung des Pronomen re-
lativum, wie endlich in immer steigender Vollendung der Organisation
der Sprachen verfolgt, welche drei Punkte, als mit einander Hand in
Hand gehend, in engerem Zusammenhange betrachtet werden. Diese
kleine Schrift, die erste des Verfassers, enthält den Keim zu allen sei-,
nen folgenden Arbeiten und ist besonders ein guter Kommentar zu sei-
ner Classification der Sprachen.
Frauennamen aus Blumen von Jacob Grimm, vorge-
lesen in der akademie am 12. Februar 1852. gr. 4. geh.
(Vergriffen.) 12 Sgr.
Zwei sprachvergleichende Abhandlungen:
1 ) Ueber die Anordnung und Vervt^andtschaft des
Semitischen, Indischen, Aethiopischen, Alt -Persischen und
Alt - Aegyptischen Alphabets.
2 ) Ueber den Ursprung und die Verwandtschaft der
Zahlwörter in der Indogermanischen, Semitischen und Kop-
tischen Sprache,
von Dr. Richard Lepsius. 1837. gr. 8. geh. 1 Thlr.
Der Verfasser führt in der ersten Abhandlung mit Scharfsinn und
Gelehrsamkeit die Satze durch, dafs 1) die Ordnung der Buchstaben im
alten semitischen Alphabete nach einem organischen Principe gemacht
ist, dafs diese Anordnung aber 2) genau und vom ersten Buchstaben
an mit der historischen Entwickelung des Sprachorganismus überein-
stimmt, woraus folgt, dafs 3) das semitische Alphabet sich nur allmählig
und zugleich mit der Sprache selbst so gebildet habe, wie wir es vor-
finden. Hierdurch wird sein Ursprung in die Anfänge der Geschichte,
und jedenfalls vor die Trennung des semitischen, ägyptischen und indo-
europäischen Stammes gesetzt. Dies führt auf eine Vergleichung des
semitischen Alphabets mit dem indischen und den Hieroglyphen, und
wird der gemeinschaftliche Ursprung dieser drei erhärtet. Dasselbe
doppelte Interesse, die Verwandtschaft jener drei Sprachstämme, wie den
wnigen organischen Zusammenhang von Sprache und Schrift nachzuwei-
8 Allgemeine Sprachwissenschaft.
sen, herrscht auch in der zweiten Abhandlung. Es wird demgemäfs aufser
der Verwandtschaft der ägyptischen, semitischen und indo- europäischen
Zahlen auch die Uehereinstimmung zwischen der Bildung der Zahlwörter
durch Zusammensetzung mit dem ägyptischen Ziffersysteme von der Zahl
vier an bis zehn dargelegt. Die durchaus einfachen drei ersten Zah-
len aber werden auf Pronominalstämme zurückgeführt. Der Verfasser
geht hierauf zu den Spuren des Duodecimalsystems und dem Decimal-
system über und schliefst nach einer Abschweifung über die Bildung
der Ordinalia das Ganze mit einer IVachweisimg der ursprünglichen
Feminiüformen der Zahlwörter.
Die Entwicklung der Schrift. Nebst einem offenen Send-
schreiben an Herrn Prof. Pott. Von Dr. H. Steinthal.
1852. gr. 8. geh. 22^ Sgr. (Vergh das folgende Werk.)
Diese Abhandlung zerfällt in einen allgemeinen und einen besonderu
Theil. Im erstem wird der Begriff der Schrift erörtert, wobei der Verf.
in seiner bekannten Weise an W. v. Humboldt anknüpft, ihn kritisirend,
begründend und weiterführend. Sein Gesichtspunkt ist der psychologi-
sche, von welchem aus im andern Theile der Abhandlung die verschiede-
nen Schriftarten als die Entwicklungsstufen des Begriffes der Schrift in
folgender Reihenfolge dargestellt werden: Die Schriftmalerei der wilden
Nordamerikaner und der Mexikaner; die Bilderschrift der Chinesen und Ae-
gypter, welche mit einander verglichen werden. Den übrigen bekannteren
Schriftarten, welche leichter erledigt werden konnten, wird in der Ent-
wicklungsreihe, die endlich mit den Runen schliefst, die ihnen gebüh-
rende Stelle angewiesen. — Das Sendschreiben stellt des Verf. Verhält-
nifs zu Humboldt dar und bespricht die innere Form und die Classi-
fication der Sprachen.
Gesammelte sprachwissenschaftliche Abhandlungen von
Dr. H. Steinthah 1856. gr. 8. geh. 1 Thlr. 15 Sgr.
Sämmtliche bisher einzeln erschienene Abhandlungen: De prono-
mine relative; Die Sprachwissenschaft Wilhelm von Hum-
boldts; Die Classification der Sprachen; Der Ursprung der
Sprache; Die Entwicklung der Schrift (zusammen ca. 34 Bogen,
im Ladenpreise von über 3 Thlr.), sind hier auf den Wunsch des Herrn
Verfassers zu einem Bande mit besonderem Titel vereinigt.
Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen.
B. Indogermanische Sprachen.
Im Allgemeinen.
Ueber die Namen des Donners. Eine akademische Ab-
handlung, vorgelesen am 12. Mai 1853. Von Jacob Grimm.
1855. gr. 4. geh. 12 Sgr.
Diese Abhandlung giebt die Etymologieen der Ausdrücke für Don-
ner in der deutschen sowie in den übrigen indogermanischen Sprachen.
Es werden aber auch die finnischen (oder uralischen) Sprachen zur
Vergleichung herbeigezogen , wobei sich überraschende Zusammenstim-
mungen in Laut und Begriff ergeben. Diese erhalten noch tiefere und
umfassendere Bedeutung dadurch, dafs sie Hand in Hand mit mytholo-
gischen Beziehungen gehen. Vier Excurse dienen zur Ergänzung und
genaueren Begründung einzelner Punkte. Namentlich zeigt Auslauf A,
dafs aufser den vorgeführten Beziehungen zwischen finnischer und deut-
scher Zunge in den Namen des Donners auch sonst noch ein Zusammen-
treffen beider nicht selten ist und Auslauf C betrachtet die griechische
Motionsform i'/?, eux.
Ueber den Liebesgott von Jacob Grimm. Gelesen in
der Akademie am 6. Januar 1851. 1851. gr. 4. geh.
(Vergriffen.) 7J Sgr.
Ueber den Personenwechsel in der Rede, von Jacob
Grimm. Aus den Abhandlungen der Königl. Akademie
der Wissenschaften zu Berlin 1856. gr. 4. cart. 22 Sgr.
Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Send, Armeni-
schen, Griechische«, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen,
Gothischen und Deutschen von Franz Bopp. Zweite,
gänzlich umgearbeitete Ausgabe. Erster Band. Erste Hälfte.
1856. Zweite Hälfte. 1857. gr. 8. geh. ä 2 Thlr.
Die vergleichende Grammatik, das Endergebnifs der vielseitigen
Forschungen des Verfassers, hat vor allen übrigen Werken desselben
10 Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen.
der Sprachvergleichung einen festen Grund und Boden geschaffen. Der
Zweck der darin geführten Untersuchungen ist ein doppelter. Wenn
einerseits nachgewiesen wird, dafs die indo-europäischen Sprachen in den
von ihnen ausgebildeten Sprachformen entweder eine vollkommene Iden-
tität zeigen oder zur Darstellung derselben sich verwandter Mittel be-
dienen, ist andererseits das unablässige Streben des Verfassers darauf
gerichtet, der Entstehung und Bedeutung dieser Sprachformen auf die
Spur zu kommen und so den Organismus des Sprachkörpers zu erken-
nen. Dient die erstere dieser engverknüpften Richtungen vorzüglich
dazu, die Geschichte der Sprache aufzuhellen, so sucht die andere das
"Wesen derselben zu ergründen, d. h. in der letzten Instanz den Schleier
zu lüften, welcher das Verhältnifs zwischen dem Gedanken und dem
lautlichen Ausdruck desselben bedeckt hält. —
Diese neue umgearbeitete Auflage erscheint in drei Bänden von
dreifsig bis vierzig Bogen zum Preise von 4 Thlr. für den Band, wel-
cher Preis aber nur bis zum Erscheinen des dritten Bandes
gilt; sobald das Werk vollständig geworden, tritt unwiderruflich ein
Ladenpreis von 15 Thlr. für das ganze Werk, und von 5 Thlr. für die
einzelnen Bände ein.
In drei Jahren wird dasselbe vollständig erschienen sein. Die erste
Abtheilung des zweiten Bandes wird nächste Oster- Messe ausgegeben
werden.
Vergleichendes Accentuations System nebst einer gedräng-
ten Darstellung der grammatischen Uebereinstimmungen des
Sanskrit mid Griechischen von Franz Bopp. 1854. gr. 8.
geh. 2 Thlr.'
In der indo-europäischen Sprachfamilie lassen in Bezug auf die
Accentuatiou nur das Sanskrit und das Griechische eine durchgreifende
Vergleichuug unter einander zu. Um die Uebereinstiramuug beider Spra-
chen hinsichtlich ihres Accentuationsverfahrens in allen Einzelnheiten
nachzuweisen, war es nothwendig den ganzen Sprachorganismus in Be-
trachtung zu ziehen, so dafs die obige Schrift aufscr der vergleichenden
Accentuationslehre, die ihre eigentliche Bestimmung ist, auch die Grund-
züge einer vergleichenden Formenlehre der betreffenden Sprachen dar-
bietet, wobei es nicht vermieden werden konnte, gelegentlich auch an-
deren Gliedern der indo-europäischen Sprachfamilie einen Blick zuzu-
wenden. Am ausführlichsten ist die Wortbildung behandelt worden und
am Schlüsse eine tabellarische Zusammenstellung der gewonnenen Re-
sultate gegeben, wodurch Jeder leicht zu der Ueberzeugung gelangen
wird, dafs in diesem Theile der Grammatik die Jahrtausende, welche das
Griechische vom Sanskrit trennen, es nicht vermocht haben, in Bezug
auf Form und Betonung in der einen oder andern der verglichenen Spra-
Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen. , 11
chen solche Aenderungen hervorzubringen, die nur einen augenblicklichen
Zweifel an der urspünglichen Identität derselben veranlassen könnten.
lieber einige Demonstrativstämme und ihren Zusammen-
hang mit verschiedenen Präpositionen und Conjunctionen im
Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von Franz
Bopp. 1830. gr. 4. TrJSgr.
lieber den Einfluss der Pronomina auf die Wortbildung
im Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von
Franz Bopp. 1832. gr. 4. 7| Sgr.
Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem
Gebiete des Deutschen, Griechischen und Lateinischen,
begründet von Dr. Theodor Aufrecht, Privatdocenten
an der Universität zu Berlin, und Dr. Adalbert Kuhn?
Professor am Cölnischen Gymnasium ebendaselbst, fortge-
führt von letzterem. Band I— VI 1851—57. cart. ä 3^ Thlr.
Der Band von 6 Heften zum Subscriptionspreise von 3 Thlr.
Band VII Heft 1 erscheint noch im Laufe des Jahres 1857.
Diese Zeitschrift will durch eine kritische Ergründung der genann-
ten drei Sprachen, besonders aber des etymologischen Theils derselben,
deren ursprüngliche Form wiederaufbauen und indem sie auf die frühe-
sten Perioden derselben zurückgeht und dem Gange der Sprache folgt,
also genetisch, die Bedeutung der ausgebildeten Formen erforschen. —
Zu diesem Zweck wendet sich die Untersuchung bald einer der drei
Sprachen unter Berücksichtigung ihrer Dialekte mehr oder weniger aus-
schliefslich zu, bald vergleicht sie zwei derselben oder alle drei unter
einander, indem sie, wo es erforderlich ist, das Sanskrit als die älteste
Schwester dieser drei zu Rathe zieht. Hierdurch fällt nicht selten Licht
auf die älteste Geschichte der europäischen Volksstämme und namentlich
auf den Zusammenhang derselben in der Periode ihrer Sprachbildung.
Durch die Beschränkung auf eine kleinere Zahl von Sprachen wird
der Vortheil erreicht, die einzelnen Sprachen schärfer zu erfassen, als es
bei der Ausdehnung über ein gröfseres Gebiet möglich wäre; für die
gewählten Sprachen aber entschied man sich, weil sie unter den indo-
europäischen zu der reichsten Entwickelung gelangt sind und ferner weil
die Werke, die in denselben niedergelegt, für unsere Bildung so bedeut-
sam sind, dafs ihre Grammatik der gründlichen Erforschung wohl vor-
züglich würdig ist. Durch Besonnenheit der Methode, sowie durch Klar-
heit und Bündigkeit der Darstellung wird sich die Zeitschrift jedem Phi-
lologen empfehlen,
12 Indogermanische Sprachen. Sanskrit.
Beiträge zur vergleichenden Sprachforschung auf dem
Gebiete der arischen, celtischen und slawischen Sprachen,
herausgegeben von A. Kuhn und A. Schleicher. Sup-
plement zur Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung.
I. Bd., Heft 1. 1856. Heft 2. 1857. gr. 8. geh. ä 1 Thlr.
Der Zeitsclu'ift für vergleichende Sprachforschung treten hiermit
Supplementhefte au die Seite, in welchen diejenigen Sprachen des indo-
germanischen Sprachstammes vergleichend behandelt werden sollen, die
bei der Zeitschrift grundsätzlich ausgeschlossen werden, also namentlich
das Sanskrit, die slawischen und celtischen Sprachen.
Aus dem reichen Inhalte der ersten beiden Hefte begnügen wir uns
folgende Arbeiten hier anzuführen: Schleicher, Kurzer abrifs der ge-
schichte der slawischen spräche; Spiegel, Cyrus und Kuru. Cambyses
und Kamboja; Kiepert, Andeutungen zu Untersuchungen über denari-
schen character der medischen spräche; Pott, üeber die erste person
des Imperativs: Miclosich, Verba intensiva im altslovenischen; Pictet,
Iren und Arier-, Aufrecht, Celtica; Spiegel, Zur altbactrischen syn-
tax; Bugge, Vermischtes aus der spräche der Zigeuner; Ebel, Celtische
Studien; Whitney, Beiträge zur theorie des sanskrit verbalacceuts;
Miclosich, Das suffix -!> (-ü) im altslovenischen.
Sanskrit.
Glossarium Sanskritum in quo omnes radices et vocabula
usitatissima explicantur et cum vocabulis Graecis, Latinis,
Germanicis, Litthuanicis , Sclavicis, Celticis comparantur a
Francisco Bopp. Fase. tres. 1847. gr. 4. 6 Thlr. 20 Sgr.
Für die Leetüre der bis jetzt zugänglichsten und verbreitetsten
Sanscritwerke bestimmt, hat das Glossar den Vorzug, dafs die Bedeu-
tungen derW örter nicht auf frühere Autorität angenommen, sondern
fast durchgängig aus den behandelten Schriftstellern nachgewiesen sind.
Wichtig wird es überdies durch die Fülle von Wortvergleichungen aus
dem gesammten Bereich der verwandten Sprachen und die kritische Un-
tersuchung des Wurzel vorrathes.
Atharva-Veda-Sanhita, herausgegeben von R.Roth und
W.D.Whitney. Erste Abtheilung. 1855. hoch 4. geh.
8 Thlr. Zweite Abtheilung (das zwanzigste Buch des
Atharva-Veda.) 1856. hoch 4. geh. 1 Thlr. 15 Sgr.
Indogermanische Sprachen. Sanskrit. 13
Hiermit ist der Text dieses Veda vollständig ausgegeben.
Die dritte Abtlieilung wird eine Einleitung in den Atharva-Yeda,
kritische und erklärende Noten und verschiedene andere Beilagen ent-
halten.
The white Yajurveda edited by Dr. Albrecht Weber.
Parti. The Väjasaneyi-Sanhitä in the Mädhyandina and
the Känva-Qäkhä with the commentary of Mahidhara.
1849 —'52. gr. 4. cart. 21 Thlr. 20 Sgr.
Part II. The Qatapatha-Brähmana in the Mädhy-
andina-Qäkha with extracts made from the commentaries
of Säjana, 'Harisvämin and Dvivedaganga. 1849 — 56.
gr. 4. cart. 24 Thlr. 20 Sgr.
Part III. The Qrautasütra of Kätyäyana with extracts
from the commentaries ofKarka and Yajnikadeva. No. 1 — 3.
1856. 57. gr. 4. geh. 9 Thlr.
Brahma-Vaivarta-Puräni specimen. Textum e codice ma-
nuscripto bibliothecae regiae Berolinensis edidit interpreta-
tionem Latinam adjecit et commentationem mythologicam
et criticam praemisit Ad. Fr. Stenzler. 1829. 4. 20 Sgr.
Diluvium cum tribus aliis Maha-Bharati praestantissimis
episodiis primus edidit Franciscus Bopp. Fasciculus
primus, quo continetur textus Sanscritus. 1829. 4.
2 Thlr. 20 Sgr.
Hierzu die deutsche L'ebersetzung :
Die Sündfiuth, nebst drei anderen der wichtigsten Epi-
soden des Mahä-Bhärata. Aus der Ursprache übersetzt
von Franz Bopp. J839. 8. 20 Sgr.
Ghatacarparam, Das zerbrochene Gefäfs, ein sanskriti-
sches Gedicht, herausgegeben, übersetzt, nachgeahmt und
erläutert von G. M. Dur seh. 1828. 4. 20 Sgr.
Kshiticavancavalicharitam, a Chronicle of the family of
Räja Krishnachandra of Navadvipa, Bengal. Edited and
translated by W. Pertsch. 1852. gr. 8. geh. 2 Thlr.
Mälavikä und Agnimitra. Ein Drama des Kälidäsa in
fünf Akten. Zum ersten Male aus dem Sanskrit übersetzt
von Albrecht Weber. 1856. 8. geh. 1 Thlr.
14 Indogeiinamsche Sprachen. Griechisch.
Päraskaras Grihya-Sutra. — Glückwunsch Sr. Excellenz
Herrn Freiherrn Alexander von Humboldt zum 4. Au-
gust 1855 dargebracht von Dr. Adolph Friedrich Stenz-
1er, ord. Prof. der orientalischen Sprachen an der Königl.
Universität zu Breslau. Nebst einem Bruchstück aus Päras-
karas Darstellung der heiligen Gebräuche der Inder. 1855.
gr. 4. geh. 7^ Sgr.
Upalekha de Kramapätha libellus. Textum Sanscritum
recensuit, varietatem lectionis, prolegomena, versionem La-
tinam, notas, indicem adjecit Dr. G. Pertsch. 1854.
gr. 8. geh. 1 Thlr. 10 Sgr.
Urvasia, fabula Calidasi. Textum Sanscritum edidit, in-
terpretationem Latinam et notas illustrantes adjecit Ro-
bertus Lenz, Dr. Ph. 1833. 4. geh. 4 Thlr.
Yajnavalkya's Gesetzbuch, Sanskrit und Deutsch heraus-
gegeben von Dr. Ad. Fr. Stenzler. 1849. gr. 8. geh.
2 Thlr. 20 Sgr.
Griechisch.
De nominum Graecorum fonnatione linguarum cognata-
rum ratione habita scripsit Dr. G. Curtius. 1842. gr. 4
geh. 20 Sgr.
Die Wortbildung war, wie sehr auch deren Wichtigkeit seit Butt-
mann einleuchtete, der Schwierigkeiten wegen, die sich bei Beschränkung
auf die eine Sprache überall darboten, in den Grammatiken stiefmütter-
lich und überdies stets so behandelt worden, dafs primäre und secun-
däre Ableitungen zusammengeworfen wurden. Der Verfasser spricht
sich zuerst über den Unterschied beider aus und geht sodaun, nachdem
die wichtige Yoruntersuchimg über gewisse, weder zur Yerbalwurzel,
noch zum Affix gehörige euphonische Laute erledigt ist, zur Darstellung
der griechischen primären Wortbildung über. Die ableitenden Affixe
sind hier nach ihrer formellen Verwandtschaft geordnet, ihre Entstehung
und ihr Verhältnifs zu den identischen lateinischen und sanskritischen,
sodann die mannigfachen Umgestaltungen nachgewiesen, welche einzelne
Indogermanische Sprachen. Griechisch. 15
im Griechischen erfahren haben. Die Klarheit der Darstellung macht
die Abhandlung selbst dem in der Sprachvergleichung minder Geübten
fruchtbar.
Etymologisches Wörterbuch der griechischen Sprache
zur Uebersicht der Wortbildung nach den Endsylben ge-
ordnet von Dr. W. Pape. 1836. Lex. 8. 2 Thlr. 15 Sgr.
Die mit vieler Emsigkeit und Aufopferung ausgeführte Arbeit des
Verfassers führt uns gleichsam in den Haushalt der griechischen Sprache
ein. Die nach den Endungen übersichtlich geordnete Zusammenstellung
der Wörter gereicht zu mannigfachem Nutzen: bei dem Nomen und den
Partikeln lernen wir, obgleich eine strenge Sonderung der Einsicht des
Lesers überlassen bleibt, die mit gleicher Ableitungs- oder Flexions-
endung gebildeten Wortstämme kennen, während bei der Conjugation
es von Wichtigkeit ist, den ganzen Vorrath der den einzelnen Classen
anheimfallenden Verben übersehen zu können. Aber auch für die Accent-
lehre ist der möglich gemachte Ueberblick willkommen, und für die
Composition, deren wissenschaftliche Bearbeitung noch mangelt, besteht
keine ähnlich reiche Sammlung.
De conjugatione in ^l linguae Sanscritae ratione habita
scripsit Dr. A. Kuhn. 1837. 8. 10 Sgr.
Die Conjugation auf ^a, die in unseren Grammatiken noch im-
mer als die unregelmäfsige betrachtet wird, erweist sich durch Ver-
gleichung des verwandten Sprachkreises als die ursprüngliche und die-
jenige, welche Personalendungen und Eigenthümlichkeiten der Conjugation
am treuesten bewahrt hat. Der Verfasser, welcher sich eine möglichst
erschöpfende Behandlung jener Conjugation zur Aufgabe gestellt hat,
betrachtet zunächst die Personalendungen, denen mit Hülfe des Sanskrit
sowohl ilire ältere Form, als (und hierbei namentlich bietet sich eine
Reihe scharfsinniger Beobachtungen dar) ihre Bedeutung nachgewiesen
wird. Der zweite Theil des Buches behandelt sodann die Bildung der
einzelnen Zeiten mit durchgängiger Hervorhebung der dieselben unter-
scheidenden Merkmale und untersuchender Berücksichtigung der Dialect-
eigenheiten.
Grammatik der griechischen Vulgarsprache in historischer
Entwicklung von Prof. Dr. F. W. A. Mullach. 1856.
gr. 8. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
Diese Grammatik, der eine umfassende, aus den Quellen geschöpfte
Geschichte der griechischen Sprache von den ältesten Zeiten bis jetzt
als Einleitung in 47 §§. (107 SS.) vorangeht, ist als eine wichtige Er-
gänzung der bisherigen griechischen Grammatiken zu betrachten, die nur
die Schriftsprache zu behandeln pflegen.
16 Indogermanische Sprachen. Lateinisch und Altitalisch.
Grammatik des Neutestamentlichen Sprachgebrauchs. Im
Anschlüsse an Ph. Butt mann 's Griechische Grammatik
bearbeitet von Alex. Buttmann. Erste Abtheilung.
Formenlehre. 1857. gr. 8. geh. 10 Sgr.
Lateinisch und Altitalisch.
Theorie generale de Taccentuation latine suivie de re-
cherches sur les inscriptions accentuees et d'un examen des
vues de M. Bopp sur Thistoire de l'accent par Henri Weil
et Louis Benloew, Professeurs do faculte. 1855. gr. 8.
geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
Der lateinische Accent liat noch zu wenig die Anfmcrksamkeit der
Grammatiker auf sicli gezogen. Einfacher als der griechische, bietet er
doch der interessanten Erscheinungen gar viele dar. Gegenwärtige Be-
arbeitung desselben durch zwei Philologen, welche Schüler Böckh's
und Bopp "'s zugleich sind und mit der genauesten Kenntnifs des klas-
sischen Alterthums die Ergebnisse, die Principien und die Methode der
neuen comparativen Grammatik verbinden, dürfte jene Lücke in der phi-
lologischen Forschung fast vollständig ausfüllen. Der lateinische Accent
wird hier nicht blos an sich und nach seinem vielseitigen Einflüsse auf
die Gestalt und Abänderung der Wörter betrachtet, es wird ferner hier-
bei nicht blos nach wahrhaft geschichtlicher Methode seine Entwicklung
in den verschiedenen Epochen des Lebens der lateinischen Sprache aus-
führlich dargestellt; sondern es wird auch am Accente die Stelhuig nach-
gewiesen, welche überhaupt die lateinische Spraclie in der Geschiclite
des indo -europäischen Stammes einnimmt, indem sie in die Mitte tritt
zwischen das alterthümlichere Accentuationssystem des Sanskritischen
und Griechischen einerseits und das der modernen Sprachen andrerseits.
Die umbrischen Sprachdenkmäler. Ein Versuch zur Deu-
tung derselben von Dr. S. Th. Aufrecht und A. Kirch-
hoff. (1849 — 51.) Zwei Theile in einem Bande, gr. 4.
mit 10 lith. Tafeln. 1851. cart. 10 Thlr.
Die lateinische Sprache, welche in Folge der wenigen literarischen
Ausbildung, die ihr in ältester Zeit zu Theil wurde, bis die Bekannt-
schaft mit der griechischen Literatur ihren Einflufs ausübte, in einem fort-
Indogermanische Sprachen. Lateinisch und Altitalisch. 17
währenden Auflösnngsprocesse begriffen war, mufs durch die Verglei-
chung mit den italischen Sprachüberresten mannigfaclie Aufklärung erlan-
gen, gerade so. wie die einzelnen griechischen oder deutschen Mundarten
in dem sie zusammengehalten werden, einander vielfach ergänzen und
erläutern.
Die umbrischen Sprachreste, welche wegen ihres bedeutenden Um-
fanges schon früher Gegenstand angestrengter Forschung gCAvesen waren,
gewähren das doppelte Interesse, dafs aus ihnen einerseits eine ziemlich
vollständige Uebersicht des umbrischen Idioms sich zusammenstellen
läfst, andererseits ihr Inhalt viele Seiten des römischen religiösen Lebens
in helles Licht setzen kann. Die Lösung dieser zweifachen Aufgabe war
der Zweck des vorliegenden Werkes. Zunächst kam es darauf an, eine
möglichst erschöpfende Grammatik der umbrischen Sprache zu schaffen
und den Nachweis zu liefern, dafs dieselbe mit der lateinischen in
schwesterlichem Verhältnisse stehe. Der erste Band beschäftigt sich
nun damit, die umbrische Laut- und Formlehre zu entwickeln, wobei
die Analogie mit den verwandten Sprachen durchgängig zu Grunde ge-
legt wurde. Die Lautlehre beginnt mit dem Vokalsystem, erweist des-
sen Uebereinstimmung mit dem lateinischen namentlich in der Abneigung
gegen die Diphthonge und sucht den Ursprung der einzelnen Vokale
durch Herbeiziehung eines gröfseren Sprachkreises zu ergründen. Auch
bei den Konsonanten ist überall deren Entstehungsgeschichte und Ver-
hältnifs zu einander erforscht worden, so dafs der noch in unseren Ta-
gen sehr vernachlässigten lateinischen Lautlehre nicht geringer Aufschlufs
daraus erwächst. Noch wichtiger wird aber die Formenlehre, weil das
Umbrische viele Flexionen besitzt, welche im Lateinischen entweder ver-
altet oder verstümmelt sind. Die Darstellung begnügt sich aber nicht
mit der Zusammenstellung der ähnlichen oder identischen Formen, son-
dem sucht wo möglich deren Ursprung zu ermitteln.
Im zweiten Theile werden die im ersten aufgestellten Formen aus-
führlich begründet und die sprachliche Deutung der Denkmäler so geübt,
dafs die Verfasser sich stets der Grenzen bewufst bleiben, welche durch
die Dunkelheit des Gegenstandes gesteckt sind und deren Ueberschrei-
tung ihre Vorgänger in sehr sonderbare Verirruugen geführt hatte. Durch
das beigefügte vollständige Glossar und den genauen Abdruck der Tafeln
sind die Leser nach allen Seiten in den Stand gesetzt, sich ein selbst-
ständiges Urtheil zu verschaffen und die noch nicht zum Abschlufs ge-
langte Forsclmng weiterzuführen.
18 Germanische Sprachen.
Germanische Sprachen.
Crescentia ein niderrheinisches Gedicht aus dem zwölf-
ten Jahrhundert, herausgegeben von Oskar Schade. 1853.
gr. 8. geh. 1 Thh-.
Der Herausgeber hat in ohigem Gedicht, das bis jetzt in der Kaiser-
chrouik als dazu gehörig und davon untrennbar betrachtet wurde, ein
selbständiges strophisches Werk von einem andern Verfasser, als dem
Redactor der Kaiserchronik, erkannt. In der Einleitung weist derselbe
zum ersten Male in einigen anderen Gedichten des zwölften Jahrhunderts
eine feste Regel des Versbaues und der Sprachform nach. —
Die deutschen Ortsnamen mit besonderer Berücksichti-
gung der ursprünglich wendischen in der Mittelmark und
Niederlausitz von AI. Butt mann, Professor. 1856. 8. geh.
17-i Sgr.
„Wir unsererseits wünschen der kleineu Schrift besonders deshalb
eine allgemeinere Beachtung, weil sie einige sehr wichtige Fundamental-
sätze über die Entstehung und die Umwandehmg von Ortsnamen auf
eine klare und überzeugende Weise zur Anschauung bringt. — Lehr-
sätze, welche nicht blos für Deutschland, sondern für alle diejenigen
Länder gelten, in denen Völker verschiedener Zunge gelebt haben."
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde.
Ueber die Bedeutung des Namens der Städte Berlin und
Cöln von C. A. F. Mahn. 1848. 8. geh. 5 Sgr.
Ueber den Ursprung und die Bedeutung des Namens
Preussen von C. A. F. Mahn. 1850. 8. creh. 5 Sgr.
Der Verfasser prüft die vor ihm versuchten Erklärungen der ^NTamen
Berlin und Preufsen, und da sie sich unhaltbar zeigen, giebt er neue,
welche, die Schwierigkeiten, die den früheren entgegenstanden, vermei-
dend, auch durch positive Gründe höchst wahrscheinlich, um nicht zu
sagen gewifs, gemacht werden. Der Werth der beiden Arbeiten wird
nicht blos durch andere gelegentliche Etymologien, sondern auch dadurch
erhöht, dafs der Akt der ^sameugebung au Völker und Städte nach allen
Mögliclikeiten dargelegt wird und dadurch für alle hierher gehörenden
Untersuchungen anregende Fingerzeige gegeben werden.
Littauisch - Slavisch. 1 9
Etymologische Untersuchungen über geographische Namen
von C. A. F. Mahn, Dr. Erste Lieferung. Einleitung.
Bedeutung des Flulsnamens Spree. 1856. 8. geh. 5 Sgr.
Aufser der ausführlichen Erklärung des Namens der Spree werden
in der Einleitung und sonst gelegentlich neue und hinlänglich entwickelte
Deutungen der Namen Italien, Germauen, Skandinavier, Pelasger, Sicu-
1er, Serben, Skythen, Iberer und des Tcltowgaus aufgewiesen und ver-
sucht, welche die aus den falschen und mifslungcnen Etymologieen ge-
zogenen Folgerungen und Ergebnisse aufheben oder bedeutend modifi-
ciren.
Littauisch - Slavisch.
Ueber die Sprache der alten Preussen in ihren verwandt-
schaftlichen Beziehungen von Franz Bopp. Gelesen in
der Akademie der Wissenschaften am 24. Mai 1849, am
25, Juli 1850 und am 24. Februar 1852. 1853. gr. 4.
geh. 1 Thir.
Mit gewohnter Meisterschaft unterwirft der Verfasser in dieser Schrift
das einzige zuverlässige altpreufsische Sprachdenkmal, das uns erhalten
ist, die Uebersetzung nämlich des kleinen Luther'schen Katechismus, einer
grammatischen Sichtung, nnd zviar hauptsächlich diejenigen Formen, die
dem Littauischen und Lettischen gegenüber besondere Beachtung ver-
dienen, insofern sie diese mehrfach durch treuere Bewahrung des nr-
spriinglichen Gepräges übertreffen. Somit bildet diese Schrift einen höchst
willkommenen Beitrag zu der „Vergleichenden Grammatik", in welcher
nur das Littauische zur Vergleichung mit den indo -germanischen Spra-
chen herangezogen ist. In der Einleitung wird auch die allmählige Ab-
trennung der letzteren von der asiatischen Muttersprache besprochen und,
wie bisher, die Absonderung der lettisch-slavischen Idiome von derselben
später gesetzt, als die der klassischen, germanischen oder keltischen.
Littauische Volkslieder, gesammelt, kritisch bearbeitet
und metrisch übersetzt von G. H. F. Nesselmann. Mit
einer Musikbeilage. 1853. Lex. 8. geh. 3 Thlr. 10 Sgr.
Bei der Wichtigkeit der littauischen Sprache für die vergleichende
Erforschung der indo -europäischen Sprachen dürfte eine Sammlung lit-
tauischer Volkslieder mit gegenüberstehender — dem Text möglichst
Wörthch sich anschliefsender — Uebersetzung von grofsem Interesse für
20
Celtisch.
Sprachforscher sein. — Der Herausgeber benutzte alles ihm nur irgend
erreichbare gedruckte, wie handschriftliche Material. Hierdurch, sowie
durch Correctheit des Textes und Genauigkeit der Uebersetzung läfst die
Sammlung alle früheren weit hinter sich. Auch der strophischen Ab-
theilung wurde sorgfältig Rechnung getragen.
Celtisch.
lieber Marcellus Burdigalensis von Jacob Grimm.
Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 28. Juni
1847. 1849. gr. 4. geh. 15 Sgr.
Ein Buch de medicamentis^ welches von Marcellus mit dem Beina-
men Burdigalensis oder Empiricus, dem Leibarzte Theodosius des Grofsen,
geschrieben ist, vom medicinischen Standpunkte aus unbedeutend, er-
schlofs dem sinnigen Auge des Verfassers nach anderer Seite hin einen
anziehenden Schatz. Marcellus nämlich, von Geburt, wie der erste Bei-
name ausdrückt, ein Gallier (aus Bourdeaux), theilt hin und wieder gal-
lische Kräuternamen mit, welche in dieser Abhandlung den entsprechen-
den Wörtern der heutigen keltischen Dialekte gegenübergestellt werden
und unverkennbar anzeigen, dafs die im 4. Jahrhundert in Aquitanien
herrschende Sprache sich mehr der irischen und gälischen Mundart, als
der armorischen anschliefst. Dann werden die abergläubischen, von Mar-
cellus aus dem Munde des Volkes erkundeten Heilmittel, gewifs von
hohem Alterthum und weiter Verbreitung, mitgetheilt, und darauf hin-
gewiesen, wie sie die alten Zustände, die Poesie und Sitte der euro-
päischen Völker mannigfach aufhellen. Ganz unmittelbar für die Sprach-
wissenschaft aber ist die Erklärung einer bisher unverständlichen Formel
wichtig, in ^^elcher nunmehr das überhaupt bekannte älteste Denkmal
gallischer Sprache aufgewiesen wird.
lieber die MarceUischen Formeln von Jacob Grimm
und Adolph Pictet. Aus den Abhandhmgen der königl.
Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855. gr. 4.
geh. 8 Sgr.
Die in der vorhergehenden Schrift gemachte Entdeckung, dafs ein-
zelne der von Marcellus Burdigalensis, einem aus Aquitanien gebürtigen
Gallier, verzeichneten abergläubischen Heilformeln und Zaubersprüche
in keltischer Sprache abgefafst seien und aus ihr gedeutet werden könn-
ten, wird weiter verfolgt. Schon gegebene Erklärungen werden mit
neuen Beweisen unterstützt, andere neu dargeboten.
Romanische Sprachen. 21
Romanische Sprachen.
Etymologische Untersuchungen auf dem Gebiete der Ro-
manischen Sprachen von C. A. F. Mahn, Dr. Specimen
I— VIII oder No. 1—56. 1855. 8. 16 Sgr.
Diese Untersuchungen sind gewissermafsen als eine Fortsetzung und
Ergänzung von Diez' etymologischem Wörterbuch der Roraauischen
Sprachen zu betrachten, indem der Verfasser hanptsächlicli solclie roma-
nische Wörter einer in der Regel ausführlicheren etymologischen Unter-
suchung unterwirft, von denen Diez noch keine Etymologie gegeben hat
oder bei denen er eine Frage nach derselben aufvvirft oder bei denen
endlich der Verfasser mehr oder weniger von Diez abweicht.
De elementis Germanicis potissimum linguae Franco-
gallicae scripsit Ludovicus Schacht, Phil. Dr. 1853.
gr. 8. geh. 12 Sgr.
Der Verfasser stellt in einem Glossarium möglichst vollständig alle
durch das Deutsche etymologisch erklärbaren Wörter der französischen
Sprache zusammen. Eine vorangeschickte allgemeine Einleitung setzt die
historischen und verwandtschaftlichen Beziehungen des Französischen zum
Deutschen wie zu seinen übrigen Bestandtheilen auseinander,
Syntax der neufranzösischen Sprache. Ein Beitrag zur
geschichtlich -vergleichenden Sprachforschung von Dr. Ed.
Mätzner. Zwei Theile. 1843.45. gr. 8. 4 Thlr.
Die bisher gewöhnlich nur auf den etymologischen Theil der Sprach-
wissenschaft angewandte vergleichende Methode liefert hier auch in der
Syntax die schönsten Ergebnisse. Zur Erklärung der französischen Con-
structionen sucht der Verfasser zunächst in den verschwisterten roma-
nischen Sprachen, besonders auch im Altfranzösischen und Provenzalischen
die analogen Erscheinungen auf. Er dehnt aber den Kreis der Ver-
gleichung auch auf die klassischen Sprachen und endlich selbst auf die
semitischen aus. Dabei besitzt der Verfasser die so seltene Vereinigung
umfassender historischer Forschungen mit einem tiefen philosophischen
Blick. Von den beiden Theilen behandelt der erste den Satz, der andere
das Satzgefüge und die Periode.
22 Romanische Sprachen.
Altfranzösische Lieder, berichtigt und erläutert mit Be-
zug auf die provenzalische , altitalienisclie und mittelhoch-
deutsche Liederdichtung nebst einem altfranzösischen Glossar
von Eduard Mätzner. 1853. gr. 8. geh. 2 Thlr. 15 Sgr.
Diese Saiiinilnng von altfranzösischen Liedern bietet nicht sowohl
einen jener Text-Abdrucke nach französischen Handschriften, die an vie-
len Stellen jedes Yerständiiifs nnmöglich erscheinen lassen, sondern viel-
mehr eine kritische Bearbeitung bereits anderweitig publicirter Texte,
durch welche dieselben erst recht leserlich werden. — Mit dieser kriti-
schen Behandlung hängt die Deutung eng zusammen. Zur Erläuterung,
theilweise selbst zur Wortkritik, wurden vom Herausgeber die altitaliä-
nischen, wie die provenzalischen und mittelhochdeutschen lyrischen Dich-
tungen herbeigezogen. Abgesehen von dem Nutzen, den eine derartige
Vergleichnng nach dieser Seite hin gewährte, ist es aber auch an und
für sich interessant, die wesentlichen der mittelalterlichen Kunstlyrik ver-
schiedener Länder gemeinsamen Züge zu verfolgen, und auch hierauf
waren die Bemühungen des Herausgebers gerichtet.
Das Glossarium endlich ist dazu bestimmt, minder Geübten das Stu-
dium einer veralteten Sprache zu erleichtern, ohne deren gründliche Er-
forschung die Kenntnifs des Neu französischen lückenhaft bleiben mufs.
Es berücksichtigt die Abstammung der Worte und giebt zugleich die
nächst verwandten Wortformen der westromanischen Idiome, sowie des
Englischen.
Die Werke der Troubadours, in provenzalischer Sprache,
nach Raijnonard , Eochegnde^ Diez und nach den Hand-
schriften. Herausoregeben von Dr. C. A. F. Mahn.
Lyrische Abtheilung. Bd. I. 1846. 8. geh. 2 Thlr.
Bd. IL Lief. 1 u. 2. 1855. 57. 8. geh. a 15 Sgr. Bd. IV.
1853. 8. geh. 2 Thlr.
Epische Abtheilung. Bd. L Girariz de Rossilho,
nach der Pariser Handschrift herausgegeben von Dr. C.
Hofmann, Prof. an der Universität zu München, Mit-
glied der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaf-
ten. Lief. 1 — 3. 1855 — 57. 8. geh. a 15 Sgr.
Eine neue Ausgabe sämmtlicher Werke der provenzalischen Trou-
badours Avar wegen der Seltenheit und Unvollständigkeit des bekannten
Kaynouard'schen Werkes nothwendig geworden, besonders auch seitdem
man immer allgemeiner zu erkennen anfing, dafs aufser dem historischen
Romanische Sprachen. 23
und litterarischen Interesse der provenzalischen Sprache für das Studium
der romanischen Sprachen dieselbe Wichtigkeit zukommt, als der gotiii-
schen für das der germanischen Sprachen.
Der erste Band der lyrischen Abtheilung enthält aufser der ausführ-
lichen Vorrede, in welcher auf den Nutzen und die Wichtigkeit des
Studiums der provenzalischen Sprache und Litteratur aufmerksam ge-
macht, und besonders die Wichtigkeit desselben für die historische und
vergleichende Sprachforschung hervorgehoben wird, in chronologischer
Ordnung 277 Gedichte von 20 Troubadours in einem höchst correcten
Abdruck.
Lieferung 1. und 2. des zweiten Bandes enthalten die Dichter Peirol
und Guillem von Saint-Didier, den Mönch von Monlaudon^ 21 Gedichte
von Anmut Daniel, und etwa 14 Gedichte (von 60) des Gaucelm Faidit^
Der vierte Band umfafst sämmtliche gröfsere und kleinere Gedichte,
99 an der Zahl, eines der umfangreichsten und bedeutendsten Dichter,
des Girant Riquier , und zwar ganz neu nach den beiden Pariser Ori-
ginalhandschriften herausgegeben.
Die bis jetzt ausgegebenen drei Lieferungen des ersten Bandes der
epischen Abtheilung der Werke der Troubadours enthalten den ganzen
Text des Girartz de Rosülho. Die vierte und letzte Lieferung wird die
Einleitung und die kritischen und erklärenden Anmerkungen und ein
Glossar enthalten.
Die Biographieen der Troubadours, in provenzalischer
Sprache. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Mahn. 1853.
8. geh. 15 Sgr.
Eine neue und besondere Ausgabe der Biographieen der Troubadours
in provenzalischer Sprache schien wünschenswerth, nicht nur an und
für sich wegen des anziehenden und oft sehr merkwürdigen litterarischen
und geschichtlichen Inhalts , sondern auch weil dieselben in Folge ihrer
Leichtigkeit und Verständlichkeit als erstes Lese- und Uebungsbuch für
Anfänger dienen können, die durch dieselben sehr zweckmäfsig auf die
Lesung der bei Meitem schwierigeren Gedichte selbst vorbereitet werden.
Einen besonderen Vorzug erhält diese neue Ausgabe dadurch, dafs die
ersten 48 Biographieen, vermöge einer von dem Herausgeber gemachten
Abschrift, treu nach den Pariser Handschriften gegeben werden; die
übrigen sind nach Raynouard abgedruckt. Einige kritische Bemerkungen
und wörtliche Uebersetzungen sind beigefügt worden.
Gedichte der Troubadours in provenzalischer Sprache,
zum ersten Mal und treu nach den Handschriften heraus-
gegeben. Mit kritischen und erklärenden Anmerkungen von
24 Iberisch -Baskisch.
Dr. C. A. F. Mahn. Bd. I. Lief. 1 —5. 1856. 8. geh.
2 Thlr. 15 Sgr. Bd. IL Lief. 1. 2. 1856. 57. ä 15 Sgr.
Gegen^värtige Ausgabe von Gedichten der Troubadours in proven-
zalischer Sprache ist dazu bestimmt, die kritische Ausgabe sämmtlicher
Werke der Troubadours mit Vergleichung aller Handschriften vorzube-
reiten, dieselbe einstweilen zu ersetzen, und auch nachher noch einen
urkundlich -handschriftlichen "VVerth zu behaupten. Die Gedichte sind
daher ganz treu nach bestimmten Handscliriften gegeben, und die Be-
sprechung und Verbesserung des Textes ist den kritischen Anmerkungen
überwiesen. Es sind im Ganzen 300 Lieder und gröfsere Gedichte, die
hier gröfstentheils zum ersten Mal gedruckt erscheinen Die Zahl der
ungedruckten verhält sich zu den bereits gedruckten wie 250 : 50.
Sämmtliche Gedichte sind aus sieben Handschriften der Pariser Kaiserl.
Bibliothek und des Arsenals, sowie aus vier englischen Handschriften
gezogen, die durch ein Zusammentreffen von günstigen Umständen wie-
der neu aufgefunden und zum Theil in Besitz von Privatpersonen und
an schwer zugängliclien Orten in die Hände des Herausgebers gelangten.
Peire Vidal's Lieder, herausgegeben von Dr. K. Bartsch,
Conservator der Bibliothek am Germanischen Museum. 8.
geh. 1857. 2 Thlr.
Kritiscli bearbeiteter Text mit ausführlicher Einleitung über des
Dichters Leben, metrische und sprachliche Eigenthümlichkeiten, Reim-
verzeichnifs, Glossarium u. s. w.
Iberisch - Baskisch.
Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hi-
spaniens vermittelst der baskischen Sprache von Wilhelm
von Humboldt. 1821. 4. geh. 2 Thlr. 10 Sgr.
Diese Schrift enthält nicht blos eine Kritik der früheren so dürfti-
gen und unvollkommenen Untersuchungen über die Urbewohner Spaniens.
Vielmehr wird mit musterhafter Gründlichkeit und Klarheit dargethan,
dafs die vielen altiberischen, von Griechen und Römern überlieferten
Ortsnamen aus der vaskischen Sprache herstammen, und" somit die That-
sache zur Gewifsheit erhoben, dafs die heutige Sprache der Yasken,
natürlich mit den durch die Zeit hervorgebrachten Veränderungen, auch
die der alten Iberer war, und dafs ferner diese nur ein Volk mit nur
Aegyptisch. 25
einer von den celtisclien ganz verschiedenen Sprache ansniachten und
als die ursprüngliclisten Bewolnier über die ganze Halbinsel verbreitet
waren, nur mit Gelten untermischt und theilweise zu Celtiberern ver-
schmolzen; denn die vereinzelten punischen und griechischen Colonieen
können, wie die römischen Besatzungen, nicht in Betracht kommen.
Denkmäler der baskischen Sprache. Herausojegeben von
Dr. C. A. F. Mahn. 1857. 8. geh. (Unter der Presse).
Enthält hauptsächlich seltene unzugängliche oder ganz unbekannte
Baskische Texte z. B. aus dem Neuen Testament von 1571, aus Axular"'s
Gueroco guero von 1(J42, aus Oihenart's und Garibay's Sprichwörtern,
epische Gedichte über den Cantabrischen Krieg und die Schlacht bei
Roncesvalles, Urkunden aus dem 6. und 8. Jahrhundert, Uebersetzungen
aus den klassischen Sprachen, ganz besonders bisher unbekannte kleinere
Lieder
C, Aegyptisch,
De natura et indole linguae popularis Aegyptiorum dis-
seruit H, Brugsch. (fasciculus prior.) 1850. gr. 8. geh.
15 Sgr.
Grammaire demotique contenant les principes generaux
de la langue et de l'ecriture populaires des anciens Egyp-
tiens par Henri Brugsch, de l'universite royale de Berlin.
Avec un tableau de signes demotiques et dix planches y
annexees. 1855. foh cart. 25 Thh*.
Diese Grammatik enthält eine vollständige und wissenschaftliche
Darstellung desjenigen ägyptischen Dialectes, welcher zu den Zeiten der
letzten Pharaonen, der Griechen und Römer in Aegjpten gesprochen und
geschrieben wurde. Nicht nur sind die grammatischen Formen und ihre
graphisclie Darstellung bis in die kleinsten Details wiedergefunden, son-
dern auch mit reichlichen Beispielen unterstützt worden, welche sich
dem Verf. in allen Museen Europas und in Aegypten iu Fülle darboten.
26 Aeg}'ptisch.
Um die Einheit des Ganzen und die Brauclibarkeit für das Studium
des Aegyptischen zu erhöhen, hat der Verf. überall die etwaige ent-
sprechende hieroglyphische Form (mit steter Hinweisung auf die Gram-
maire egyptienne Champollion's d. j.) hi Parallele gestellt und natürlich
als Hauptbeweismittel für die Richtigkeit der gewonnenen grammatischen
Bedeutung das Koptische herbeigezogen, gestützt auf die Grammatiken
Peyron's^ vorzüglich aber ScJiwnrtze's. Um ein Beispiel für die Aus-
dehnung der gewonnenen Formen zu geben, welche im Vergleich mit
Champolliou's eben genannter hieroglyphischer Grammatik weit über
dieselbe hinausgeht, so bemerken wir, dafs vom Verbum allein achtzehn
verschiedene Formen aufgefunden worden sind, während deren Zahl im
Hieroglyphischeu kaum die Hälfte davon übersteigt.
Zehn Tafeln geben die genauesten und treuesten Facsimiles von
verschiedenen demotischen Inschriften aus den Museen von Paris, Ley-
den, Turin, Dresden und aus Aegypten,
Die Verlagshandluug hat zu diesem Werke die ganze demotische
Schrift in mehr als dreihundert Haupttypen schneiden und giefsen lassen,
worüber das folgende „Memoire'' Auskunft zu geben bestimmt ist.
Memoire sur la «i'eproduction imprimee des caracteres
de Tancieime ecriture demotique des Egyptiens, au moyen
de types mobiles et de rimprimerie; par Henry Brugsch,
de l'universite royale de Berlin. 1855. 4. geh. 7.^ Sgr.
Koptische Grammatik von Dr. M. G. Schwartze,
ehem. Prof. der Koptischen Sprache an der Kgl. Friedrich
Wilhelms - Universität zu Berlin, herausgegeben nach des
Verfassers Tode von Dr. H. Steinthal, Docenten an der-
selben Universität. 1850. gr. 8. cart. 5 Thlr. 10 Sgr.
Diese Grammatik liefert die Thatsadien so vollständig und sorgfiiltig,
wie sie bisher noch nirgends gefunden worden sind. Dabei erstreckt
sie sich über alle drei koptischen Dialecte in gleicher AVeise. Was ihr
aber den gröfsten Vorzug giebt, ist die comparativ-genetische Methode,
welclier überhaupt die neueste Sprachwissenschaft ihren Aufschwung
verdankt, luid welclie liier vom Verfasser mit Scharfsiini und Umsiclit
angewandt ist. Es ist hier zum ersten Male eine w issenschaftliche Laut-
lehre der koptischen Sprache gegeben, welclie die sichere Basis für die
Formenlehre bildet. Höchst schätzenswerthe Notizen über die Syntax sind
aus den Papieren des Verfassers vom Herausgeber angehängt.
Semitische Sprachen. — Arabisch. Syrisch. 27
D, Semitische Sprachen.
Arabisch.
Ibn 'Akils Commentar zur Alfijja des Ibn Mälik aus dem
Arabischen zum ersten Male übersetzt von F. Dieterici,
Dr. Ph., a. o. Professor an der Universität zu Berlin. 1852.
gr. 8. geh. 4 Thlr.
Syrisch.
Lexicon linguae Syriacae. Collegit digessit edidit Ge-
orgius Henricus Bernstein. Fasciculus primus. Fol.
2 Thlr. 20 Sgr.
Seit einer Reilie von Jahren wurde dem Erscheinen des obigen
Werkes mit Verlangen entgegengesehen. Es ist bekannt (vgl. Zeitschrift
d. deutschen morgen). Gesellschaft Bd. III. 1849. S. 385), dafs der Ver-
fasser desselben länger als ein Menschenalter hindurch Vorarbeiten zu
einem ausfijhrlichen syrischen Wörterbuche gemacht, zu dem Ende alle
gedruckt vorliegenden syrischen Schriften aufmerksam durchgelesen und
sorgfältig excerpirt. Reisen nach England und Italien zur Benutzung der
dortigen Bibliotheken für seine Zwecke unternommen und das dem sy-
rischen Lexikographen unentbehrliche syrisch -arabische Wörterbuch des
Bar-Bahlul sich abschriftlich verschafft, sowie Auszüge aus dem des
Bar -Ali gemacht hat.
Nach diesen Vorbereitungen wurde ihm durch v. Frähn's Vermit-
telung die Vergünstigung zu Theil, aus Lorsbach's Vorarbeiten zu einem
syrischen Wörterbuche, welche dieser Gelehrte seinem Handexemplare
von Castelli- Michaelis Lexicon beigeschrieben und welche sich in dem
Romänzoff'schen Museum zu St. Petersburg befinden, mit Allerhöchster
Erlaubnifs Sr. Majestät des verewigten Kaisers Nikolaus auf kurze Zeit
zur Durchsicht und Benutzung zugesandt zu erhalten. Zu gleichem
Zwecke wurde ihm auch Arnoldi's Handexemplar des Castelli -Michael,
syrischen Wörterbuches, welchem der Besitzer Zusätze und Berichtigun-
gen beigefügt hat und welches Eigenlhum der Universitäts- Bibliothek
in Marburg geworden ist, durcn die Güte des Herrn Bibliothekars rait-
getheilt.
28 Finnisch -tartarische Sprachen.
Als nun diese reichen Materialien beisammen waren und der Ver-
fasser vor acht Jahren an die Ausarbeitung des Werkes ging, schuf er
im Verein mit dem verstorbenen schwedischen Professor Tullberg und
seinerseits in der Absicht, sie für das Lexicon zu benutzen, eine neue
syrische Schrift, mit welcher auch die ßreslauer üniversitats- Buch-
druckerei durch die Liberalität des Herrn Ministers v Raumer Excellenz
versehen worden ist und welche dem Werke nicht nur zur besonderen
Zierde gereicht, sondern auch den grofsen Gewinn gewährt, dafs es un-
ter den Augen des Verfassers gedruckt und der Druck von ihm selbst
überwacht werden kann.
Wir haben die Ausgabe des Werkes in Heften beschlossen, um den
Orientalisten stets möglichst schnell die vollendeten Abtheilungen des-
selben zur Benutzung zu übergeben. Hefte von 18 — 20 Bogen werden
in möglichst kurzen Zwischenräumen dem gegenwärtigen folgen.
Zum Schlüsse unserer Ankündigung erlauben wir uns auf die Worte
hinzuweisen, welche einer der ersten Kenner der syrischen Sprache,
Herr Professor Dr. Rödiger in Halle, nach der Einsicht in die ersten
Bogen dieses Werkes über dasselbe (Zeitschrift der deutschen morgenl.
Gesellschaft Bd. IX. 1856. S. 760) ausgesprochen hat:
,,Was ich vou Bernstein's Syrischem Lexikon gesehen habe, ent-
,, spricht vollständig, den hohen Erwartungen, die m ir davon liegten.
,,Es ist die reife Frucht jahrelangen unermüdlichen FlciTses, der um-
,, sichtigsten und sorgfältigsten Benutzung eines reichen handschrift-
„lichcn niaterials, der ausgedehntesten Lcctüre und einer iiiuster-
,, haften Akribie, ein Werk, auf welches die deutsche Wissenschaft
,, stolz sein wird.''
E. Finnisch- tartarische Sprachen.
Ueber die Sprache und Schrift der XJiguren von Julius
Klaproth. Mit einer Kuj3fertafel und einer Vignette.
(Nur in zweihundert Exemplaren gedruckt.) fol. Vergl.
über dieselbe S. 31. unter Verzeichnifs.
Diese Abhandlung ist von einer älteren unter demselben Titel er-
schienenen desselben Verfassers zu unterscheiden. liier werden aus
einem uigurisch- chinesischen Vocabular, welches aus dem kaiserlichen
Uebersetzungsiustitute zu Peking stammt und jetzt in der Bibliothek zu
Malayisch-polynesische Sprachen. 29
Paris sich befindet, die in ihm enthaltenen achthundert iiigurischen Wör-
ter milgctheilt und mit den entsprechenden anderer lürkisch-tartarischer
Diaiccte zusammengestellt. Aufserdem werden drei uigurische Schreiben
an die chinesischen Kaiser der Dynastie Ming als Sprachprobe gegeben.
Hierauf folgt die aus Abulgasi und besonders den chinesischen Schrift-
stellern geschöpfte, theilweise durch europäische Zeugnisse bestätigte
Geschichte der Uiguren, welche die einstige Macht dieses Stammes und
übereinstimmend mit der Sprache seinen türkischen Ursprung und seine
Verschiedenheit von den Tanguten beweist. Die nigurische Schrift ist
eine Tochter der syrischen und Mutter der mongolischen, kalmückischen
und mandschurischen, wie sowohl die Form der Buchstaben selbst, als
auch einheimische Schriftsteller lehren.
Das Zahlwort in der tschudischen Sprachclasse , wie
auch im Türkischen, Tungusischen und Mongolischen von
Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Akade-
mie a. d. J. 1853. 1853. gr. 4. geh. 15 Sgr.
F. Malayisch-polynesische Sprachen.
Ueber die Kawi- Sprache auf der Insel Java, nebst einer
Einleitung über die Verschiedenheit des menschlichen Sprach-
baues und ihren Einflufs auf die geistige Entwickelung des
Menschengeschlechts von Wi Ihelm von Humboldt. Drei
Bände. 1836. gr. 4. 18 Thlr. 15 Sgr.
Der erste Band dieses Werkes enthält aufser der Einleitung, von
der die oben aufgeführte Schrift ein besonderer Abdruck ist, das erste
Buch: über die Verbindung zwischen Indien und Java. Da die Kawi-
Sprache das Erzeugnifs dieser Verbindung ist, so wird hier gewisser-
mafsen die Entstehung derselben nachgewiesen. Die Verbreitung des
Buddhismus über Java und andere Inseln des östlichen Archipels wird
aus den Ueberresten von Tempeln und Bildwerken, Inschriften und
Sagen, wie auch aus einzelnen Kennzeichen aufs Gründlichste darge-
than. — Das zweite Buch (IL Bd.) enthält die Analyse der Kawi-Sprache.
Nach einigen Notizen über die Literatur und die Hülfsmittel zur Erfor-
30 Malayisch-polynesische Sprachen.
schling derselben wird ihre grammatische Form, wie sie sich aus der
behutsamsten Betrachtung der Texte ergab, dargestellt, um die Natur der-
selben zu bestimmen und zu zeigen und mit Beweisen zu belegen, wie
sie in dem Kreise der Sprachen, zu welchen sie zu rechnen ist, classi-
ficirt werden miifs. — Dies nöthigte den Verfasser im dritten Buche
auf den malayischen Sprachstamm überhaupt einzugehen. Nach der all-
gemeinen Ohara cterisirung und Eintheiliing desselben werden zuerst die
einzelnen Sprachen des westlichen Zweiges mit dem bekannten feinen
Takt des Verfassers für Auffassung eigenthümlicher Gestaltungen vor-
geführt. —
Der dritte Band umfafst die Sprachen der Südsee-Inselu, den andern
Zweig des malayischen Stammes. Diese leider von Humboldt nicht voll-
endete Arbeit hat ihre Ergänzung durch einen jüngeren, auf dem Gebiete
der Sprachwissenschaft rühmlichst bekannten Gelehrten, Herrn Professor
Buschmann j erhalten, welcher in umfassendster Weise nicht nur die
Sprachen der Südsee-Inseln unter sich, sondern auch diese mit dem oben
erwähnten westlichen Zweige, den im engern Sinne malayisch genannten
Sprachen, verglichen hat.
lieber die Verwandtschaft der malayisch -polynesischen
mit den indisch-europäischen Sprachen von Franz Bopp.
1841. gr, 4. 2 Thlr. 20 Sgr.
Der berühmte Verfasser führt in dieser Abhandlung den Bev\ eis, dafs
der malayisch-polynesische Spraclizweig ein Abkömmling des Sanskrit-Stam-
mes ist, dafs er zu demselben in einem töchterlichen Verhältnisse steht, wäh-
rend die meisten europäischen Sprachklassen dem Sanskrit schAvesterlich
die Hand reichen. Es wird die Annahme gerechtfertigt, dafs das Sans-
krit, und zwar zu einer Zeit, avo es in noch ursprünglicherem Zustande,
als in welchem es uns bekannt ist, sich befand, und viel durchgreifender
und gewaltsamer als das Lateinische in die romanischen Sprachen, in
die malayisch -polynesischen sich aufgelöst habe. Letztere sind nur
Trümmer eines verfallenen Sprachorganismus, sie sind aus der gram-
matischen Bahn, in der sich ihre Muttersprache bewegt hat, heraus-
getreten. Die Untersuchung kann sich darum hier nicht mit der Gram-
matik beschäftigen, sondern es werden Wörter aus allen Redetheilen
mit Sanskritwörtern verglichen, und ihre auffallende Aehnlichkeit mit
denselben bestätigt die obige Ansicht.
Chinesisch und Hinterindisch. 31
G. Chinesisch und Hinterindisch.
Vocabularium Sinicum concinnavit Guilelraus Schott.
1844. gr. 4. geh. 1 Thlr. 10 Sgr.
Zur Beurteilung der annamitisohen Schrift und Sprache
von Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Kö-
nighchen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855.
gr. 4. geh. 8 Sgr.
Die Abhandlung stellt die Eigenthümlichkeiten der annamitischen
Schrift und Sprache dar, und zwar die letztere in den Lauten der gram-
matischen Construction, im Gegensatz zur chinesischen. Ein Anhang
erklärt die Namen Anuam, Tung-Kingl (Tonquin) und Conchinchina.
Verzeichniss der Chinesischen und Mandschuischen Bü-
cher und Handschriften der Königl. Bibliothek zu Berhn.
Verfafst von Julius K 1 a p r o t h. Herausgegeben auf Befehl
Seiner Majestät des Königs von Preulsen. Paris 1822.
gr. fol. (188 pp. u. Vni. ) Angehängt ist eine Abhand-
lung: Ueber die Sprache und Schrift der Uiguren. (68 pp.)
Mit einer Kupfertafel und einer Vignette. (Nur in zwei-
hundert Exemplaren gedruckt.) Vergl. über dieselbe S. 28.
d. V. fol. 16 Thlr. 15 Sgr.
Chinesische Sprachlehre von Wilhelm Schott. Zum
Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstunterweisung.
1857. gr. 4. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
32 Amerikanische Sprachen.
H. Amerikanische Sprachen.
Ueber die Aztekischen Ortsnamen von Joh. Carl Ed.
Buschmann. Erste Abtheiking. [Besondrer Abdruck aus
den Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin aus dem Jahre 1852.] 1853. gr. 4.
geh. 2 Thlr.
Inhalt: I. Einleitung. IT. Aztlan und die aztekische Sprache.
III. Merkwürdigkeiten der mexikanischen Sprache. IV. Hieroglyphische
Gemälde. V. Einwanderung von Norden. VI. Wanderungen und älteste
Geschichte. VII. Verbreitung aztekischer Ortsnamen im Allgemeinen
und im nördlichen Mexico. VIII. Guatemala. IX. Nicaragua. X. Gua-
temala (Schlufs). XI. Wiederkehr der Ortsnamen.
Der athapaskische Sprachstamm dargestellt von Joh.
Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855. 1856.
gr. 4. cart. 2 Thlr.
Die Sprachen Kizh und Netela von Neu-Californien von
Joh. Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berhn 1855.
1856. gr. 4. geh. 12 Sgr.
Die Pimasprache und die Sprache der ^oloschen von Joh.
Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1856.
1857. gr. 4. cart. 1 Thlr.
p
515
B6
1856
B.l
pt.2
Bopp, Franz
Vergleichende Grammatik
des Sanskrit
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