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Full text of "Publications in Mathematics"

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Publications of the University of Pennsylvania 



SERIES in 



Philology Literature and Archaeology 

Vol. Ill No. I 



ASSYRIACA 

ElNE NACHLESE AUF DEM GeBIETE DER 

ASSYRIOLOGIE 



?D 






VON 

^ DR. H. V. HILPRECHT 

Professor dbr Assvriologib und Vbrglbichbndbn 
Sbmitischbn Pmilologib 



I. TEIL 
Nlit drel Tafeln 



•»•-»■- , 









1894 



GINN & COMPANY MAX NIEMEYER 

Agents for United States, Canada and England Agent for the Continent of Europe 

7-13 Tremont Place, Boston, U.S.A. Halle, a. S., Germany 



Herrn Prof. Dr. Friedrich Delitzsch, 

MEINEM VEREHRTEN LEHRER UNO FREUNOE, IN DESSEN SCHULE ICH DIE 
GEHEIMNISSE DER KEILSCHRIFT ENTRATSELN LERNTE, 

UND 

Herrn Prof. Dr. A. H. Sayce, 

DEM VERDIENSTVOLLEN PIONIER AUF DEM VIELVERSCHLUNGENEN PFADE DER 

VORDERASIATISCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT, AUS DESSEN 

SCHRIFTEN ICH DIE ERSTE ANREGUNG FOR DAS 

STUDIUM DES ORIENTS GESCHOPFT, 

IN DANKBARER GESINNUNG 
AUS DEM "WESTLANDE" ALS GRUSS ENTBOTEN. 



VORWORT. 



Die vorliegende Schrift, deren ersten Teil ich hiermit der 
Ofifentlichkeit iibergebe, behandelt eine Reihe von Fragen aus 
dem Gebiete der Assyriologie, deren Beantwortung meistens 
schon von anderen Assyriologen versucht wurde. Ich be- 
zeichne cjiese Arbeit darum sachgemass als eine Nachlese. 
Insoferii ich darin meinen eigenen Standpunkt zum Ausdruck 
bringe und zu begriinden bestrebt bin, tritt die Schrift der 
Natur der Sache nach vielfach in Widerspruch zu den abwei- 
chenden Ansichten meiner Fachgenossen. Doch bin ich weit 
davon entfernt, zu glauben, dass ich selbst nunmehr alle die 
behandelten oder gestreiften Fragen endgultig beantwortet 
habe. Nur der Hoffnung gebe ich mich hin, dass die an ihre 
Beantwortung gewandte Miihe nach ihrem Teil dazu beitragen 
werde, dieselben ihrer schliesslichen Losung naher zu bringen. 
Gerade weil ich aber so vielfach wider meinen Willen den 
Critiker spielen musste, um nicht durch schweigendes Uber- 
gehen abweichender Ansichten zu verletzen, habe ich nicht 
nur selbstverstandlich alle jene unparlamentarischen Ausdriicke, 
denen man leider auf Schritt und Tritt in den heutigen 
assyriologischen — und seit kurzem gelegentlich auch arabisti- 
schen — Schriften begegnet, als ungehorig vermieden, sondem 
bin nach besten Kraften bestrebt gewesen, meines Gegners 



VI VORWORT. 

Standpunkt zu verstehen und demselben in alien Stiicken 
gerecht zu werden. Sollte ich gleichwohl in dieser Beziehung 
gelegentlich gefehlt haben, so wolle man von vornherein davon 
iiberzeugt sein, dass es mir wenigstens an dem guten Willen 
dazu nicht gefehlt hat. 



H. V. HILPRECHT. 



University of Pennsylvania, 
4. April 1894. 



^ 



INHALT. 



Seite 
I. Die Urkunde aus der Zeit des Konigs B€ln&dinapli und Herm 

Professor Oppert's Textemendationen i 

II. Eine missverstandene Tafel aus Sippara 59 

III. Ein neues Zahlworterfragment aus Nippur 67 

IV. Bemerkungen zu Winckler*s Altorientaliscke Forsckungen, II . '73 
V. Die Erganzung der Namen zweier Kassitenkonige . . . • S5 

VI. Konig AN-MA-AN der Konigsliste und Fiirst AN-A-AN von Erech . loi 
VII. Die keilschriftliche Legende auf dem " Boss of Tarkondemos " • .107 



TAFELN. 

1. Thontafel aus Sippara, Vorderseite und Riickseite. Cf. II. 

2. Sogenannte " Hethitische " Bronzeplatte, Vorderseite. Cf. VII. 

3. Dieselbe Platte, Ruckseite. Cf. VII. 



HiLPRF.CHT, Assyriaca. 



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1 



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I. 

Die Urkunde aus der Zeit des Konigs BSlnadinapli und Herm 

Professor Oppert's Textemendationen. 

Aus der mir soeben zugegangenen, jiingsten Nummer der 
Zeitschrift far Assyriologicy VIII, 3. und 4. Heft (pp. 360-374), 
ersehe ich mit besonderer Befriedigung, dass der um das 
Verstandniss der sogenannten ATw^/^/TT^-Inschriften so ver- 
diente franzosische Gelehrte Oppert auch dem von mir in 
meinen ^^Old Babylonian Inscriptions^^ (citiert als O, B. I,)y 
pi. 30 und 31, veroffentlichten Texte eine eingehende Behand- 
lung gewidmet hat, nachdem er sich bereits in der Sitzung der 
Acadhnie des Inscriptions et Belles-Lettres vom 29. September 
1893 ^ iiber die Wichtigkeit dieser datierten Urkunde geaussert 
hatte. Wie nicht anders zu erwarten war, enthalt auch dieser 
Beitrag des bewahrten Forschers eine Reihe sehr wertvoller 
und scharfsinniger Beobachtungen und gesicherter Resultate. 
Auf der andern Seite ist nicht zu verwundern, dass Oppert, 
welcher zum ersten Male eine wortliche Uebersetzung davon 
der Oeffentlichkeit ubergiebt,^ manches weniger scharf gefasst, 

1 Cf. Journal offidel de la Ripublique Franfaise, 5 Octobre 1893 (^°- 270) 
p. 5022. Jetzt ist die Abhandlung auch als " extrait des Comptes rendus " (mir 
durch Herm Professor Oppert*s Giite noch kurz vor Abschluss meines Manu- 
scriptes zugegangen) erschienen unter dem Titel Le champ sacri de la diesse Nina. 
Ich cidere diese erstere Bearbeitung Opperts der Kiirze halber im folgenden als 
Comptes rendus. 

2 Ich hatte eine Bearbeitung des Textes fiir die Einleitung meiner O. B. I. 
part I, fertig gestellt, sah mich aber genotigt, dieselbe, wie so manches andere, im 
letzten Augenblicke zuriickzuziehen, um nicht ausser den Opfem an Zeit und 
Gesundheit, die ich gem brachte, auch noch zu grosse pecuniare Lasten zu iiber* 
nehmen. Da keine Typen der transscribierten semitischen Consonanten vorhan- 



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2 ASSYRIACA. 

mehrere Stellen vollig missverstanden und einiges uniibersetzt 
gelassen hat. Daraus mache ich dem verehrten Grossmeister 
der Assyriologic selbstverstandlich kcinen Vorwurf, wissen wir 
doch allc, wic oft ein jcder von uns selbst auf dem fascinieren- 
den Gcbicte der jungcn Wissenschaft geirrt hat; und wenn 
dem einen wcnigcr Vcrsehen als dem anderen untergelaufen 
sind, so liegt cs oft nur daran, dass der eine weniger geschrie- 
ben hat als der andere, odcr bereits auf den Arbeiten des 
andern fusste. Dagegen aber mochte ich mich hier auf das 
cntschicdenste verwahrcn,^ dass der franzosische Gelehrte, 
wenn immer er aus dem keilschriftlichen Texte, so wie er auf 
dem Original und dementsprechend in meiner Copie steht, 

den, und die Setzer fiir die erforderliche Arbeit nicht geschult waren, wurden oft 
meinerseits vier Correcturen notig. Daraus hinwiedenim erwuchs den Setzem in 
Verbindung mit dem ersten Teile neue Arbeit und der Druckerei nicht unbedeu- 
tende Kosten, welche die Philosophische (lesellschaft Amerikas in liberalster 
Weise trug. Gleichwohl wiirde ich ausser Stande gewesen sein, den Fachgenossen 
das Buch, so wie es ist, vorzulegen, hatte ich nicht personlich dazu 1200 Mark 
hergegeben. Aus dem Gesagten wolle man in nachsichtiger Beurteilung die 
Griinde ziehen, welche mich bewogen, an vielen Stellen mich vielleicht zu praeg- 
nant auszudriicken, oder Fragen, die eine eingehende Behandlung verdient hatten, 
nur zu streifen, die letztere mir fiir andere Gelegenheiten vorbehaltend. Lehmann 
findet in B. A. II, 597 meine Angabe O. B. I, p. 27, note 5, incorrect. Er wird 
nun wohl begreiflich finden, warum ich dort so wenig Worte verloren habe. 
Dachte ich doch iiberdies nicht, dass jemand den praegnanten Ausdnick missver- 
stehen konnte, da ich das Citat aus Briinnow, wo biiru eben nur als IcUogramm 
steht, ausdriicklich beisetzte, um nicht falsch interpretiert zu werden. Ich konnte 
natiirlich keinen stat. absol. gebrauchen und liess darum das letzte u fort. Ich 
hielt — wie auch Lehmann, /. r., jetzt noch — die Lange des ersten u fiir fraglich, 
und liess darum auch die Langenbezeichnung desselben fort. Aber dies alles 
hatte sich doch Lehmann selbst sagen konnen, wenn er meinen Hinweis auf 
Briinnow beach tet und das Citat nachgeschlagen hatte. 

1 Wie ich auch schon in derselben Nummer von Z. A. ( F7//, p. 387) Lyon's 
sehr ansprechende Conjectur habe ablehnen miissen. Ich mochte hier noch nach- 
traglich dazu bemerken, dass es mir immer wahrscheinlicher wird, dass das voii 
mir auf pi. i gegebene, zusammengesetzte Zeichen, wirklich den Lautwert "^" hat, 
wie ich dort als einzige Moglichkeit zur Haltung der Lesart ba-u-la-ti proponierte. 
Oppert*s Lesung und Interpretation rts baiilati in Rewie cTAssyriologie III ist nur 
als eine geistreiche Spielerei aufzufassen. Denn bekanntlich findet sich unser 
Zeichen auch auf den Tello Inschriften. 



• • • • • • •• 

« •• • • • • • 

« • • • • • 

••• • • • • 









ASSYRIACA. 3 

nichts zu machen versteht, sei es, dass er ein Zeichen nicht 
richtig identificiert hat (Rev. 2, letztes Zeichen), sei es, dass 
er dasselbe mit einem falschen Lautwert an der betreffenden 
Stelle liest (Rev. 9, drittes Zeichen), oder gar gutes Assyrisch 
als "keinen Sinn gebend" erklart (Obv. 19, Commentar) — 
sein Verdict einfach dahin formuliert : ** mal copi^J' Das ist 
freilich ein sehr radicaler Weg, sich aus Schwierigkeiten her- 
auszuziehen, wenn man dieselben allemal dem Herausgeber 
des Textes zur Last legt und damit denselben offentlich zum 
Siindenbock fiir die eigenen Versehen macht. Wenn meine 
Textausgabe in Wirklichkeit Herrn Professor Oppert's so lie- 
benswiirdig gespendetes Lob (p. 360) ^ verdienen soil, so durfen 
schlechterdings nicht in einem einzigen Texte, an noch dazu 
gar nicht oder nur wenig schraffierten Stellen, mehrere der 
hervorgehobenen Ungenauigkeiten vorkommen. Kommen sie 
aber gleichwbhl vor, so muss ich selbst im Interesse einer ob- 
jectiven, wenn auch fiir mich weniger schmeichelhaften Beur- 
teilung des Buches Herrn Professor Oppert bitten, auf Grund 
seiner gemachten Funde die gespendete Anerkennung, die ich 
von einem der hervorragendsten Begrunder der Assyriologie 
doppelt zu schatzen weiss, zuriickzuziehen. SoUte es sich 
indessen im Folgenden herausstellen, dass der Text an den 
fraglichen Stellen gerade so wie er dasteht, richtig, dagegen 
Herrn Professor Oppert's Uebersetzung und Interpretation 
desselben irrig sind, so kann sein allzu schnelles Urteil, da es 
die Accuratesse des Herausgebers jenes Textes an den betref- 
fenden Stellen in Frage zieht, nur wehe thun. Indem wir uns 
nun zu dem Texte selbst wenden, beleuchten wir die Haupt- 
stelle zuerst, col. H, 8-10. Oppert transscribiert 1. 8 likta 
utna irsunutiva^ I.9 ///// (J) masse itane isaluva l.io ikla suatu 

1 " II (der von Oppert behandelte Text) a ^t^ copie comme toutes les autres in- 
scriptions du volume avec une grande habilet^ et une precision remarquables." 
Cf. auch Comptes rendus^ p. 6, Anmerkung i. 

* Das in Z. A, stehende z ist ein Druckfehler fiir *, wie Comptes rendus auch 
richtig bieten. 



4 ASSYRIACA. 

ana teniisii utirru und ubersetzt "legis observationem imposuit, 
ut purificationem a peccatis rogarent et agrum ilium in jus 
suum restituerent." Dazu bemerkt er (p. 373), nachdem er 
f iir den " sens de likta " auf die Behistun-Inschrift verwiesen 
hat : '* La ligne [9] ne me semble pas etre bien copide : litti 
n'est gufere possible (comparez R. II, 19 s. f.) ; probablement 
sa timaske itane isaluva ))qu'ils demandassent la purification de 
leurs p6ch6s((. maHi veut dire ))laver «, et itane est une forme 
de I'iphthaneal de my ^ ou de Tiphteal de HjN avec le sens de 
» vexation «." 

Dem gegeniiber habe ich zur Lesung des Textes zu bemer- 
ken : a) lik in 1. 8 ist ur zu lesen. Denn cf. v R, 20, 21 a. b 
und vor allem Delitzsch, A, W, p. 363. b) L. 9 steht genau 
so auf dem Original wie ich sie gegeben habe, und Oppert*s 
'* Verbesserung " des Textes ist demgemass als eine Verbose- 
rung desselben zu bezeichnen. c) Das von ihm mai gelesene 
Zeichen hat hier den Lautwert par, d) Fiir ana temisu utirru 
siehe weiter unten. Ich transscribiere und iibersetze die frag- 
lichen Zeilen folgendermassen : 1. 8 tir-ta u-ma-i-ir-^u-nu-ti-ma 
1. 9 lit'ti pdr-si-e i-ta-ni-e i-ld-lu-ma 1. 10 eklu su-a-tum a-na 
pii-[ki-]iii li'tir-ru = **Er (der Konig) sandte ihnen (den beiden 
Statthaltern) den Erlass, dass er Annullierung der in 
Kraft getretenen Entscheidungen ^ verlange, worauf (wortlich 
"und") sie jenes Stuck Land an seinen^ Bezirk (Parcelle) 

1 In Z. A, ist T natiirlich ebenso ein Druckfehler wie in Comptes rendus "I 
statt n. 

2 Wortlich " Annullierung der Kraft der Entscheidungen " (welche namlich der 
Praefect von Bit-Sinmigir eigenmachtig getroffen hatte, als er ein Stiick Land, 
das dem Tempel der Nina (?) im Seelande gehorte, saecularisierte. Litti = liti = 
" Macht, Kraft," von leHy " stark sein." Cf. dariiber schon Lotz, Tiglathpileser^ 
p. no, und fiir das Stellenmaterial besonders Norris, Assyrian Dictionary ^ 
p. 702 ff., und Strassmaier, A. V. 4836. 

* Eklu ist bekanntlich generis communis, Cf. Delitzsch, A. (?. § 71, Ende. Fiir 
den Gebrauch als fem. cf. besonders in R. 41, col. 11, 2 : ekli H-na-ti a-na pi^dti- 
li-na li'tar-ru = " (wer) jene Felder an ihre Statthalterschaft (i.e.y in der sie liegen) 
bringt," in anderen Worten, sie " saecularisiert." 



ASSYRIACA. 5 

• • 

zuruckgaben." Zur Begrundung meiner Ubersetzung habe ich 
wenig hinzuzufugen. 

ZvLparsi= "Entscheidungen/* cf. Strassmaier, A, V, 6991; 
freilich anders (si) Harper, Assj/r. and Baby L Letters, part i, 
no. 65, Reverse, 1. 10. Im letzteren Falle konnte si fiir si 
stehen. Doch halte ich diese Annahme fiir unnotig. 

Die ganze neunte Zeile enthalt den Inhalt des koniglichen 
Erlasses oder Bescheides und ist daher als sogenannter 
Objectssatz^ zu dem in der vorhergehenden Zeile inhaltlich 
stehenden **er ordnete an, er instruierte sie" zu betrachten. 
Wir ubersetzen demgemass **dass er verlange." Solche 
Objectssatze werden meistens durch sa eingefiihrt. Die Con- 
junction kann jedoch wegf alien, da das iiberhangende u der 
Verbalform (was also nicht in diesem Falle, wie Oppert glaubt, 
die dritte Person plur. = /2 anzeigt) schon genugend das 
Abhangigkeitsverhaltniss dieses Satzes von dem vorhergehen- 
den Verbum andeutet.^ Das Object zu i-ld-lu bildet litti 
parsi itani "das Riickgangigmachen der Kraft der Entschei- 
dungen." Itani ist Infinitiv \ von enH (Hjy, iiber dasselbe 
cf. weiter unten, Aufsatz II). Das zu dem Infinitiv gehorige 
Object steht nach Delitzsch, A. G, § 132, regelrecht voran.^ 

1 Tallquist, Du Spracke der Contracte Nab. p. 14. (Conjunctionen.) 

2 Cf. Delitzsch, A. G, § 148, 2 und 3. 

* Mit Beriicksichtigung dieses Gesetzes erklart sich leicht die Stelle v /?. i, 
75 f ana nararUtt ^amdt la }arrdni .... urru^il ardhna " Um zu Hiilfe zu 
eilen den Konigen .... brach ich eilends auf.'' Jensen's Fragezeichen und Be- 
merkungen in Schrader's K, B, I, p. 160 zeigen, dass er den wahren Sachverhalt 
ebenso wenig erkannt hat, als Praetorius vor fast zwanzig Jahren in seiner 
Abhandlung Uber einige assyrische IVbrter in Z. D. M. G. XXVI 1 1, p. 89, wo er 
Ubersetzte " zum schleunigen Beistand der Konige (eigentlich " zum Beistand der 
Schnelligkeit der Konige ")." Wir haben vielmehr zu erklaren : ^amdtu bedeutet 
** eilen " und nimmt wie andere Verba der Bewegung " zur Bezeichnung der Rich- 
tung, des Zieles " und des Zweckes, welcher eben das Ziel ist, haufig den blossen 
Accusatlv zu sich. Cf. Delitzsch, A. (?. § 138 (Mitte). Weil aber das Verbum 
im Infinitiv steht, wird sein Object nararUti vorausgestellt, das seinerseits nun 
mit dem Verbum zusammen gleichsam wie ein zusammengesetztes Hauptwort 
(Delitzsch, A, G, § 73, b) behandelt wird. Demgemass steht die Praeposition 



6 ASSVRIACA. 

Auch das Verhaltniss von 1. lo zum Vorhergehenden hat 
Oppert, wenigstens in seiner wortlichen latein. Ubersetzung, 
missverstanden, da er utirrH mit **(et) restituerent " ubersetzt. 
Das musste nach den Regeln der assyrischen Grammatik^ 
U'tar-ru = utdrH (Praesens !) lauten, parallel mit isdlH, Es 
bleibt daher nichts anderes ubrig, als utirrA = uttrA mit dem 
Verbum in 1. 8 zu verkniipfen, d. h. und (worauf) sie thaten 
wie ihnen befohlen war, namlich sie restituierten das Feld der 
Parcelle, wie Oppert auch in seinen beiden franzosischen 
Ubersetzungen richtig den Zusammenhang wiedergegeben 
hat. 

Das in der Mitte von 1. lo stehende Zeichen lese ich mit 
dem Lautwerte pil (Obv. 1. 5) und erganze dazu ki^ eine 
Lesung, die mir wahrend meiner Interpretation dieses Textes 
im Colleg mein Schiiler Rev. Th. H. P. Sailer vorschlug, und 
welche ich nach erneuter Untersuchung des Originals auf 
Grund der erhaltenen Spuren als die allein richtige erklaren 

ana getrennt vom Verbum (zu dem sie genau genommen gehort) und tritt schein- 
bar vor das Object. Cf. iv ^^. 21, 29b. Da ftararUti ^amdt ** das Zuhiilfeeilen," 
aber im Grunde genommen identisch ist mit nararUti " Hiilfe/' lasst die Variante 
zu der Stelle iamdt aus. Cf. auch Freibrief Nebukadnezar* s I, col. II, 9 und 10, 
eine Stelle, welche in meiner ersten Bearbeitung jenes Documentes nur zum Teil 
iibersetzt wurde. Peiser, in Schrader's K, B, III, i. Halfte, p. 169, rath etwas 
zusammen. Denn eine Ubersetzung darf man doch wohl seine Wiedergabe der 
fraglichen Stelle nicht nennen : "Und die Soldaten, etc., stellte er ausserhalb des 
Commandos des Statthalters von Namar." Die Stelle lautet in Transcription 
und Ubersetzung also : ^ sdbi &}ib dldni }u*dtum (wiel. 11 stehend fiir luatunUf 
weil anklingend an die Pluralendung dli{u) ; ebenso Sargonstein^ col. I, 36 ; col. 
II, 2,cf. Peiser, KeilschriftL Actenstucke) ana at-ri j^a-ma-at la }aktn (mdtu) Namar 
iikinlun^ti "dagegen die Krieger, welche in jenen Stadten liegen, — sie bestimmte 
er zum Schutze des Statthalters von Namar." Ana atri ^arndt bedeutet wortlich 
" um zum Schutze zu eilen," in anderen Worten atri (trotz 2? mit a, cf. abdu von 
nD3? " Knecht ") ist gem ass der eben citierten Stelle aus Aiurbanapal^ Synonym 
von naraHitty ist also abzuleiten von der bekannten Wurzel Iwi?, iiber welche 
cf. Delitzsch, A, W, p. 325 f. Die Form qatl bildet hier ein Abstractum wie in 
nablut kablu ; und wie im Hebraischen, Aethiopischen und Amharischen ganz 
gewohnlich. Cf. Barth, Notninalbildung^ § 19* 
1 Delitzsch, A. G, § 134. 



ASSYRIACA. 7 

muss. Die Umrisse von ki und ein innerer Keil sind noch 
schwach zu erkennen. Erganzt man gleichwohl mit Oppert das 
Zeichen me, so kann ana time-hi uttrrA kaum bedeuten '* /;/ 
jus suutn restituerey' vnQ Oppert iibersetzt [=**i ses propres 
lois" {C. r,) Oder "ises lois premieres" {A. Z.)], sondern, 
indem sich hi auf den Priester bezieht, '*und sie gaben es 
zuriick seinem Befehle," t\e, "seiner Oberhoheit, seiner 
Jurisdiction." 

Oppert's zwei andere vorgeschlagene Textemendationen 
kann ich schneller abmachen. Die eine bezieht sich auf den 
Schluss von Rev. 2, wo Oppert ut-tak-ra-a liest und im Com- 
mentar dazu bemerkt, *'Le verbe est mal copid : il y a uttakrd 
et non pas uttaksd'' {Z, A, p. 373, cf. Comptes rendtcs, p. 22). 
Ja, frage ich, wer in aller Welt liest denn ausser Oppert hier 
uttaksd I Meine Textausgabe bietet das gewiss nicht. Hatte 
Oppert das auch auf dem Originale zur Halfte verloren gegan- 
gene Zeichen ebenso sorgfaltig studiert, als ich bemiiht gewesen 
bin, die davon erhaltenen Spuren in (9. B, I, zur Darstellung zu 
bringen, so hatte ihm die richtige Erklarung einfallen miissen. 
Er ware uberdies vor einem grammatikalischen Schnitzer 
bewahrt geblieben, indem er nicht alles Ernstes eine Form 
uttakrd (mit langem a !) fiir eine 3. pers. sing. masc. mit iiber- 
hangendem a- Vocal ausgegeben hatte.^ Naturlich is das letzte 
Zeichen nicht in zwei zu zerlegen, sondern ist kar^ d. h. genau 
dasselbe Zeichen, welchem wir im Namen des E-kar-ra-ikisa 
(Obv. 10 ; Rev. 3, 6) begegnen. Indessen ist Oppert auch 
noch manches andere in der mit Obv. 20 beginnenden Rede 

^ Denn diese Auffassung ist nach Oppert*s Erg'anzung von manama als Sub- 
ject (Rand) die einzig mogUche. In ussa^d ist natiirlich der Endvocal lang, weil 
entstanden aus {ussa^aj = ussa^i[t\ = ) ussa^i + a. Aber man kann doch 
schlechterdings eine urspninglich consonantisch auslautende Verbalform (uttakar)^ 
an welche der iiberh'angende Vocal rf, f, H (der stets kurz ist) antritt, nicht mit 
langem Endvocal bilden, selbst in Pausa nicht ! Sogar wenn ma — was hier fehlt 
— antritt, ist die dadurch gelegentlich bedingte vorherige Dehnung des letzten, 
urspninglich kurzen Vocals der Verbalform nach Delitzsch, A, G. § 531 d mit 
Recht anders zu erklaren. 



8 ASSYRIACA. 

des Priesters (so vor allem die Bedeutimg des ia, Obv. 22) 
entgangen. Siehe dariiber waiter unten ! 

Die dritte sogenannte Text-Verbesserung Opperts betrifft 
das zweite Zeichen in Obv. 19, welches ^i lautet, das er aber 
in gam umwandelt, indem er sich in das Altbabylonische Zei- 
chen, wie es steht, das von den Assyrischen Gelehrten 6aUu 
benannte Zeichen hineindenkt.^ Aber wozu? Oppert giebt 
uns die Ant wort Z. -^. p. 372 und Comptes renduSy p. 21 : 
"La lettre /// semble ^tre mal rendue" {C. r,), "II faut lire 
itqamma au lieu de ithima qui ne donne pas de sens." Also 
ithi giebt keinen Sinn. Das bestreite ich nicht, aber wer 
notigt uns denn, das erste Zeichen gerade mit zu n lesen, es 
kann doch ebenso gut mit "i oder 12 wiedergegeben werden. 
In unserer Stelle ist es selbstverstandlich mit 10 anzusetzen, 
also i^-hi zu transscribieren = " er nahte sich" (dem Konige). 
Das Verbum ist aus einer so grossen Anzahl von Stellen 
bekannt (cf. iv -^. 2, 25 b ; Id te-ti-ih-hiy entstanden aus titdkiy 
"nahere dich nicht," cf. auch Sb, 312 und K, 2486, Obv.), dass 
es mir hier geniigen muss, auf Delitzsch, A, G. §§ 108-110 und 
§ 81, b (gegen Ende), zu verweisen. 

Damit konnte ich diesen Text heute verlassen, indem, wie 
ich in der Einleitung zu O. B. I, angekiindigt habe, die tJber- 
setzung der daselbst veroffentlichten Inschriften, sowie aller 
andern noch zu veroffentlichenden, in einer besonderen Serie 
erscheinen wird. Da es indessen nach genauer Erwagung fiir 
ratsamer befunden wurde, die Ubersetzungen sammtlicher Texte 
des ersten Bandes (part i, ff.), nach Konigen chronologisch 
gruppiert, auf einmal dem Druck zu iibergeben, wodurch das 
Erscheinen des ersten Heftes von Serie B notgedrungen ver- 
zogert wird, und da die Wichtigkeit des Textes eine eingehende 
Bearbeitung zur Notwendigkeit macht, gebe ich auf den fol- 
genden Seiten schon jetzt meine Uebersetzung der vorliegenden 
Inschrift. In den ausfiihrlichen Fussnoten wird auf Oppert*s 

1 Cf. Amiaud et Mechineau, Tableau compari^ no. 192. 



ASSYRIACA. 9 

Transscription, wo immer ich von demselben — und das ist oft 
genug der Fall — differiere, Riicksicht genommen. Andere 
erklarende Noten zur Rechtfertigung meiner abweichenden 
Ubersetzungen und Auffassungen sind am Schluss der Trans- 
scription und Ubersetzung zu finden. 



lO ASSYRIACA. 



Umschrift. 

Obv. » ['»'«^/h< tna] 2 KAR-A Si U rabUum « 

[ugdr »"'*Dir^] e-n kiidd Idiklat^ 
\gUL''-KI-S]AR^ iar '•^Tdmdi 
[a-na] ^''Nind{f)be-el-ti-iu 
5 [ki-t\ 9 /// ^-ki ip-lu-uk-ma 

\ulf\u GUL-KI-SAR iar '"^Tdmdi 
adi ''"NabH-kudur-ri-usur iar Babili** 
DCXCVI^^ iandti ku-um-ma 
i-na iatti 4 **** ^""Bil-nAdin-apli iarri 
10 "^E-kar-ra-ikilal^ia) ^ apil "^^""E-a-iddinaijta)^ 
ia-kin Bit- ^^^^Sin-ma-gir 
bat^^ ekli id^ Btt' "^^""Sin'ma-gir 
id "^Tdmdi ii^^-ii-ma 

^ Ein Vergleich unserer Stelle mit dem Anfange ahnlicher Inschriften, wie I i?. 
70, III ^. 41 und 43, etc. lehrt, dass hier eine Zahl gestanden haben muss. 

^ Erganzt gemass I ^. 70, ill /^. 41, B. A. II, p. 171 und ahnlichen Stellen. Zur 
Fassung von IS^u als blosses Determinativ cf. Belser in ^. ^. II, p. 130. 

• Oppert*s tiv in Z. A, ist wohl nur Versehen, da er in Comptes rendus rich tig 
tuv bietet. 

* Die ersten beiden Worter erganzt gemass i R. 70, iii R. 43, B. A. II, pp. 

165, 171. 

^ Erganzt aus Wahrscheinlichkeitsgriinden, da DSr{t) ein nicht seltener baby- 
lonisch-assyrischer Stadtname gewesen zu sein scheint. Eine Stadt dieses Namens 
wird z. B. in den assyrischen Eponymenlisten unter Salmanassar II, Samsi- 
Rammin II, Rammin-nirari III ofters erwahnt, und Nebukadrezar I bricht von 
einer Stadt Der, "der Stadt des Anu" {Freibrief^ col. I, 14), auf, "um Akkad zu 
rachen.** Letztere ist vielleicht identisch mit dem Triimmerhiigel D6r unweit von 
Abu Habba am Nordufer des halbtrockenen Canals Jusufieh, den ich 1889 
besuchte. Das Der unserer Inschrift ist, wie die folgenden Zeilen lehren, im 
Siiden Babyloniens am Tigris zu suchen. Auch Jensen (Z. A. VIII, p. 221) und 
Oppert erganzen den Stadtnamen zu Diri. 

^ Ungenau ohne vorausgehendes Determinativ ndru geschrieben, worauf 
bereits Oppert aufmerksam machte. 

^ Oppert erganzt la vor dem Konigsnamen. Aber der vorhandene Raum 
(cf. dazu den Namen in 1. 6) reicht dafiir nicht aus. Diese Erganzung ist auch 
unnotig. Da das Verbum in 1. 5 nicht durch den Uberhangenden Vocal als im 



ASSYRIACA. 1 1 



Ubersetzung. 

Obv Kulturland grosser Quadrat-U 

auf der Flur der Stadt Der, am Ufer des Tigris, 
hatte GUL-KI-SHAR, Konig des Meerlandes, 
fiir Nini (?), seine Herrin, 
5 als Parcelle abgeteilt, und 

von GUL-KI-SHAR, Konig des Meerlandes, 
bis zu Nebukadrezar, Konig von Babylon, 
waren 696 Jahre verflossen, aber 
im vierten Jahre des Konigs B^l-nidin-apli 

10 nahm Ekarra-iktsha, Sohn des Ea-iddina, 
Statthalter von B!t-Sinmigir, 
den Grenzstein der Felder von Bit-Sinmdgir 
im Meerlande hinweg, 

Relatiwerhaltniss stehend characterisiert ist, bleibt es das nachstliegende, unter 
Vergleich von i R. 70, col. I, 13, mit 1. 3 einen neuen Satz zu beginnen. 

^ Der Name ist ohne vorausgehendes mannliches Determinativ erganzt im 
Hinblick auf 1. 6 und auf die Schreibung der beiden anderen Konigsnamen des 
Textes, 11. 7 und 9. Man darf mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass die 
sogenannte zweite Babylonische Dynastie nicht semitisch war, demgem'ass auch 
der obige Konigsname Gulkishar phonetisch zu lesen ist. In's Assyrische Uber- 
setzt lautet er Muabbit-kiiiati (v R, 44, col. i, 15 a, b, cf. Pinches 'va. P, B, S. A. 
1881, p. 37, 8 ; Jensen in Z. A. VIII, p. 234 ; cf. Oppert, ibidem^ p. 370). So 
lange jedoch nicht der definitive Beweis fiir nichtsemitischen Ursprung geliefert 
werden kann, transscribiere ich aus Vorsicht wie oben angegeben. 

^ Mit Jensen in Z. A, VIII, p. 221, Anmerk. 2. Oppert erganzt ana, 

10 Oppert: bil und dem entsprechend ib, 

" Geschrieben i nir (=600) -H i hiUu (=60) -H 36. 

^ Oppert baiat resp. kaHl, Aber das phonetische Complement la verlangt 
obige Transscription. 

18 Oppert, der das phonetische Complement unberiicksichtigt lasst, trans- 
scribiert nadin, 

^^ Oppert hat das Zeichen im Texte nicht erkannt oder mit demselben nichts 
anzufangen gewusst. Cf. Briinnow, A classified list^ no. 351 1. 

^ Von Oppert ausgelassen. 

M Oppert unrichtig ia, Uberhaupt ist ihm der wahre Zusammenhang und Sinn 
dieser und der folgenden Zeile vollig entgangen. 



12 ASSYRIACA. 

^5 a-na pihdti^ U'te-ir ^^^NabA-him-iddinaind) 

iangtl^ ^"GUR^ u *^-Ntfid (?) 

i-na ik-ri-bi U ZI-^AG-GAL-li^ 

ma-har larri bilusu ^Bel-nddin-apli 

t('hi'^'7na ki-a-am ik-bi-li 
20 e be-li ® rubH na-a-dn iakkanak ^-ni lit 

^ Oppert erg'anzt mimma (NIN), aber nach Zusammenhang wie nach den 
erhaltenen Spuren schlechterdings unmoglich. Meine obige Erganzung beriick- 
sichtigt in erster Linie die erhaltenen Keilschriftreste. Von H vermag ich jetzt 
auf dem Originale auch noch den Kopf des senkrechten Keiles zu erkennen. 
Uberdies findet sich die Wurzel naldru gerade in den Parallelstellen anderer 
Grenzsteine. Denn unsere Stelle steht doch offenbar mit der bekannten Redensart 
(z. B., I R. 70, col. II, 15, 16; III R. 43, col. Ill, 21, 22; III R. 41, col. II, 6) }a 
niiirta kissata iiakanu resp. ia nulurrd ilakaniima ana pi^dti imanik (v R. 61, 
col. VI, 39, 40) im inneren Zusammenhange. Und schliesslich ist, was Tallquist, 
Die Sprache der Contracte NabUndUdSy p. 108, entgangen ist, ein Wort niiru in 
der Bedeutung ** Teilung, Teil " auch aus den Contracttafeln bekannt. Speciell 
bezeichnet es dort den bei Geschaftsauflosungen den einzelnen Teilhabem zu- 
fallenden "Anteil" {Nabonidus 276) am Capital. Cf. noch Delitzsch, A. Z.' 
p. 91, 16-18, a, b, und Belser, B. A. II, p. 138, f. 

^ Oppert ikzuz. Auch ich vergleiche mit ihm das kissati der Grenzsteine, 
dessen Wurzel mit Belser, B. A. II, p. 139 als y^^p ansetzend. Trotzdem halte 
ich es fiir richtiger, oben das erste Zeichen nicht als ik, sondern ig zu lesen wegen 
des zu der zweiten Silbe. Denn nachdem einmal die ungenaue babylonische Aus- 
sprache im gewohnlichen Leben an Stelle des emphatischen 5 ein tonendes z 
gesetzt hatte, konnte sich unmoglich bei der ohnehin schon vorherrschenden 
Neigung das p als ^ zu sprechen, das emphatische k an erster Stelle halten. 

• So auch Oppert und Jensen. Doch f ragt letzterer " oder lies ana limit utir ? " 
(Z. A. VIII, p. 221, note 4). Uber die Unmoglichkeit dieser Lesung cf. unten 
meine ausfiihrlichen Erorterungen im Commentar. 

^ Diese schon von Strassmaier und Pinches angesetzte Lesung des Idee- 
gramms E-MAS ist im Hinblick auf v R, 60, col. I, 22, verglichen mit col. II, 16 
so gut wie sicher. Cf. Jeremias, B. A. I, p. 279. Jedenfalls kann es nur 
"Priester" bedeuten, wie aus der citierten und anderen Stellen, besonders der 
Contractlitteratur, zur Geniige erhellt. 



I 



ASSYRIACA. 13 

schnitt einen Teil des Kulturlandes ab 
1 5 und saecularisierte (ihn). NabO-shum-iddina, 
Priester der GUR und der Nini (?), 
nahte sich unter Bitten und instandigem Flehen 
dem Konige, seinem Herrn, Bel-nddin-apli, 
und sprach zu ihm also : 
20 O Herr, erhabener Fiirst, unser Statthalter zwar 

^ Oppert (hier und Rev. 14, 15) in Comptes rendus: Hamani^ in Z. A, : Ziqutn. 
Uber die eventuelle Aussprache dieses viel besprochenen Ideogramms cf. be- 
sonders Hommel, Semiteny p. 364, Transactions of the Ninth International Congress 
of Orientalists^ vol. II, pp. 220-223, Amiaud, Z. A, II, 291 ; Jensen, Kosmologie, 
p. 245 f. 

^ Cf. Gudea B, col. Ill, i ; v -^. 51, 26 a und Jensen zu diesen Stellen in 
Schraders K. B. Ill, i Halfte, p. 29, Anmerk. ft) und p. 208; Z. A, VIII, p. 221, 
Anmerk. 5. Jensen's Erklarung verdient gegeniiber der von Oppert (Z. A, VIII, 
p. 372) den Vorzug. Es ist synonym von ikribuy aber ein starkerer Ausdruck und 
am besten mit " instandiges Flehen," " Beschworung " zu iibersetzen. Wie das 
phonetische Complement zeigt, endigt das Assyrische Wort auf /. £s ist also 
wahrscheinlich, dass das Wort mit Jensen als ein Lehnwort aus dem Sumerischen 
aufzufassen ist. Da jedoch auch die andere Moglichkeit vor der Hand nicht 
ausgeschlossen ist, dass es ein gut semitisches Wort anderer Aussprache, aber 
ebenfalls auf / endigend, dafiir gegeben hat, halte ich meine oben gegebene Trans- 
scription einstweilen fiir die sachgemasseste. 

^ Oppert in beiden Bearbeitungen it-kaniy indem er, wie oben gezeigt wurde, 
ohne jegliche Berechtigung das zweite Zeichen des Originals eigenmachtig ver- 
anderte. 

® Oppert, den wahren syntaktischen Zusammenhang dieser und der folgenden 
Zeilen verkennend, liest die ersten drei Zeichen — was an und fiir sich ja moglich, 
aber durch den Sachverhalt ausgeschlossen ist — e-til-ni " notre seigneur." Siehe 
naheres im Commentar. 

® Cf. Briinnow, /. c, 9195. Oppert zerlegt das Ideogramm in seine zwei Be- 
standteile und liest phonetisch nir-ta-ni-lu^ " nOus le ven^rons." Wie er f reilich 
zu dem Lautwert ta fiir das zweite Zeichen kommt, ist mir unklar. £s dtirfte ihm 
auch schwer fallen, denselben nachzuweisen. Offenbar hat er zwei Zeichen ver- 
wechselt. Cf. Rev. 12. 



14 ASSYRIACA. 

pa-li-ku ildni'iu 

id bil\ti\ ^^Nind (?) mdrat^E-a rabUti 
Rand la ana pihdti \iaknu ekli-ia ul rf-] ta'\rd\ ^ 
Rev. mi'sir-ia ul uS'Sah\h'\a 

ku'dtir-ra-ia ul uf-^a[ky[k]ar^ 

i-na-an-na ^E-kar-ra-iktlaiid) 

ia-kin Bit- ** ^^Sin-ma-gir 
5 mi-sir-la us-sah-hi ku-dur-ra-la ut-tak-kir 

iarru *^E'kar-ra-iktla{ia) la-kin Btt- ^ ^^ Sin-ma-gir 

a ^ E-an-na^-lum-iddina(iia) la kin ^''^^Tdmdi 

ur^-ta u-ma- i-ir-lu-nu-ti-ma 

lit-ti pdr-si-e ^ i-ta-ni-e i-ld-lu-ma 
10 eklu lu-a-tum^ a-na pW-lkiyiu-tir-ru 

ma-ti-nia a ^-na ar-kat {imi 

^ Oppert hat zwar richtig erkannt, dass die Keilschriftreste, welche auf dem 
linken und unteren Rande des Reverses sich befinden, hierher gehoren, aber er 
erganzt ohne Beriicksichtigung der erhaltenen Spuren }a ana lane (sic I plural ! ?) 
mcCduH, resp. in Z. A. ruqutt (seit wann ist }attu masculinum ?). — Der Schreiber 
merkte sein Versehen erst, nachdem er bei der letzten Zeile von Rev. angekommen 
war. Statt nun aber den Stein erst wieder umzudrehen und die fehlende Zeile 
auf den Rand zwischen Obv. und Rev. einzuschalten, begann er auf dem linken 
Seitenrande vom Rev. (etwa 4.5 cm. vom oberen Rande entfemt) das Fehlende so 
leicht einzuritzen, dass ausser den von mir in O. B. I. gegebenen Resten absolut 
nichts mehr zu sehen ist. Uberdies ist dadurch, dass ein Stiick vom Obverse 
(1-6) herausgebrochen ist, auch die Randzeile zum Teil mit verloren gegangen. 
Als das Fehlende nicht auf diesen einen Rand ging, setzte er die Zeile nach rechts 
hin auf den unteren Rand des Rev. weiter fort. Die beiden Rander gehoren also 
zusammen 1 A us dem dritten Zeichen des Randes geht nach den erhaltenen 
Spuren mit Sicherheit hervor, dass es nicht MU-lattu sein kann (dasselbe wird auf 
unserem Texte anders gemacht, cf. z. 6. Obv. 8, 9; Rev. 21), sondem jedenfalls 
NAM=^piidtu ist (cf. Obv. 15). Ziemlich am Ende dieser Randzeile stehen Spuren 
eines Zeichens, die notwendigerweise auf ta fiihren (cf. Rev. 24). Darauf und 
auf den Zusammenhang griindet sich meine obige Herstellung des Textes. 
Zu gleicher Zeit habe ich dem urspriinglichen Raume zwischen pihdti und ta 
(= 1 1 cm.) bei der Anzahl der erganzten Zeichen Rechnung getragen. 

^ Oppert, eine willkiirliche Anderung der erhaltenen Spuren vomehmend, ia-a. 
Cf. dariiber meine Bemerkungen oben p. 7. In diesem Gliede, welches mit der 
vorhergehenden Zeile im Parallelismus steht, konnte der Uberhangende Vokal 
unterdriickt werden, da das Relativverhaltniss bereits durch das Verbum in 1. i 
angedeutet war. Ebenso unten 1. 14: ipala^. 



ASSYRIACA. 1 5 

fiirchtet seine Gotter, (aber) 
der Herrin Nini (?), der grossen Tochter des Ea, 
Rand deren Felder ein Statthalter nicht saecularisieren, 
Rev. deren Gebiet er nicht verandern, 

deren Grenzstein er nicht verriicken soUte, — 
ihr Gebiet hat nunmehr Ekarra-iktsha, 
Statthalter von Btt-Sinmigir, 
5 verandert, ihren Grenzstein hat er verriickt. 

Der Konig sandte (alsbald) an Ekarra-iktsha, Statthalter 

von Btt-Sinmigir, 
und Eanna-shum-iddina, Statthalter des Meerlandes, 
den Erlass, dass er 

Annullierung der in Kraft getretenen Entscheidungen 
verlange, worauf 
10 sie jenes Feld an seine Parcelle zuriickgaben. 
Fiir alle zukiinftige Zeiten ! 

* Oppert ohne Grund Anu. Wie im Namen Ekarra-iktia (cf. auch die ahn- 
lich gebildeten Namen E-zi-da-ikQa^ Strassmaier, Nabuchod. 201, 12 oder E-kur- 
him-ulabhf v. R. 60, col. I, 21) ist nicht der Name eines Tempels (hier der Gottin 
Nan& von Erech, cf. Delitzsch, Parodies ^ p. 222) Subject, sondem der einer zu 
erganzenden Gottheit, welchft^in jenem Tempel verehrt wurde. Dies wird erwiesen 
durch Schreibungen wie Ina-Eulbar-iurkt-iddina (v R. 60, 29 a) neben Eulbar- 
hirki'iddina (in R. 43, col. I, 29) oder Ina-Esagil-zSr-ibni (Strassmaier, Nabonidus 
580, 15) neben Esagil-zir-ibni (ibid 652, 11 ; 653, 13 ; letztere beide Namen be- 
zeichnen sogar dieselbe Person !). Demnach haben wir auch obigen Namen als 
verkiirzt aus (Nani-yna-Eanna-ium-iddina = " (Nan4 hat in) Eanna (in Beant- 
wortung eines daselbst ihr dargebrachten Gebetes oder Opfers) einen Namen 
(d. h. Fortpflanzung des Namens durch einen Spross als Trager desselben) 
gegeben ** anzusehen. 

^ Oppert: Hi, Siehe zu dieser und der folgenden Zeile meine ausfiihrlichen 
Erortenmgen oben p. 3 ff. 

* Oppert: /itti (?) masse. 

* Oppert: /«. 

^ Oppert: te-[mi], aber sicher unrichtig erganzt und gelesen. 

® Oppert rich tig a in Comptes rendusy in Z. A. (wohl Druckfehler) i. Zwischen 
der Praeposition und arkat fehlt nichts, wie die Parallelstellen auf den Grenz- 
steinen beweisen. Die Zeichen sind hier ebenso auseinandergezogen wie 1. 17, 21, 
23, um die Z&le zu fiillen. 



d 



1 6 ASSYRIACA. 

lu-i aklu^ lu-i laputtHl^ /[u-ii] iakkanakku ai-ulm-ma] 
id Bit' *• '^"Stn-ma-l^ir li-] ma-a-ru-mla] 

zukir ^-GUR U ^^''Wind{?)t^'Pal^'la-a[kY 
15 ^""GUR n ^""Nind bilit ei^t^a-ra-a-tu 
ki ^-nii dan '^-an lit ^-sa-iu-ma 



^ Oppert lasst es zweifelhaft, ob akiu oder rfH (mit fehlendem LU) zm lesen 
ist. Aber warum eine Schwierigkeit hervorzaubem wo keine ist I Ein Blick auf 
samtliche veroffentlichte (und einen in O. B. /. part II edierten neuen) Grenz- 
steine lehrt, dass sich ri*i^ nie in den mit lu eingeleiteten Parallelstellen findet und 
IV R? 48, Rev. 14, wo es in ahnlichem Zusammenhange steht, erscheint es mit 
dem Determinativ amelu. Dagegen findet sich aklu wiederholentlich, z. B. ideo- 
graphisch und von laputti^ gefolgt wie hier iv R.^ 38, col. Ill, i (das zweitletzte 
Zeichen der Zeile halte ich fiir TUR^ das letzte fiir DA)^ phonetisch als ak-lu^ 
z. B. Ill ^. 41, col. I, 31 ; III ^. 43, col. Ill, 14. Auch an den letztgenannten 
Stellen steht la{u)puttii unmittelbar daneben, in jener vorausgehend,^ in dieser 
folgend. 

^ NU-TUR. Oppert ^azdnu. Es ist richtig, dass nach dem Zusammenhang 
in den Parallelstellen und gemass ii R. 51, 44 c ^azdnu ein Synonym von lapuM 
ist. Aber NU-TUR-DA wird ii ^. 51 No. 2, Rev. 15 und v R, 52, 28a aus- 
driicklich durch laputti^ erklart. Und da oft l^azAnu neben NU-TUR-DA (z. B. 
Ill R. 41, col. I, 32 ; III R. 43, col. Ill, 10, 13; IV R?' 38, col. Ill, i, 2) zugleich 
erwahnt ist, kann es keinesfalls mit letzterem identisch sein. Cf. noch Belser in 
B, A. II, p. 138. Ich bemerke ausdriicklich, dass ich nicht mit Oppert NU-TUR- 
DA erganze, sondem nur NU- TUR, genau so wie auf dem Londoner Grenzsteine 
no. loi, col. II, 14 (veroffentlicht von Belser in B. A. II, pp. 165-169). Den 
Rest der Zeile bis iakkanakku erganze ich sachgemass zu lu-ti. Denn, wie die 
Parallelstellen beweisen, stehen die einzelnen Beamten, die genannt werden, nicht 
subordiniert (also " irgend eines Statthalters " Oppert), sondem coordiniert. Man 
sahe auch gar nicht ein, warum gerade der Statthalter selbst, der oben als der 
Schuldige genannt und verklagt war, hier ausgelassen sein sollte. Dass aiumma 
sich nicht auf alle drei genannten Beamten grammatisch beziehen kann, lehrt z. B. 
Ill ^. 41, col. I, 33, wo es heisst //? aiumma kipu. In den Parallelstellen wird am 
gewohnlichsten aiumma durch //? (mit und ohne vorausgehendes H = und) als 
besonderes Glied = " kurz irgend einer " angefiigt. Das auf dem Original (und 
demgemass in meiner Copie) rechts unter GIR stehende kleine PA ist natiirlich 
ein Versehen des Schreibers. Obv. 20 schrieb er das Ideogramm correct. 

' Oppert lipla^Uj d. h. er ignoriert die in meiner Textausgabe ziemlich deut- 
lichen Spuren des Zeichens /, verkennt vollig die Zusammengehorigkeit der 
scheinbar drei folgenden Zeichen, indem er das erstere iiberhaupt unbenicksichtigt 
lasst und fiir die beiden letzteren (ebenso wie in 1. 16) einen neuen Lautwert 
erfindet, und liest schliesslich das letzte Zeichen bu^ was viel mehr nach dem 



ASSYRIACA. 17 

Wer immer als Machthaber, Aufseher oder irgend ein 

Praefect 
Bit-SinmAgir verwalten und 
den Namen GUR*s und Nini's (?) fiirchten wird, 
15 ihm mogen GUR und Nind(?), die Herrin der Gottinnen, 
getreulich (und) machtvoU beistehen, und 

deutlich erhaltenen kleinen Keile am Rande nur das Zeichen a^ in der fiir diese 
Zeit so characteristischen Form (cf. Mickaux, col. IV, 13) sein kann. Obwohl 
der Kegel nach in den Parallelstellen jede einzelne Verbalform den iiberhangenden 
Vocal Uf well im Relativsatze stehend, zu haben pflegt, so ist derselbe doch hier 
aus demselben Grunde weggelassen wie oben 1. 2 in uttakkar, Siehe meine An- 
merkung dazu. 

* Oppert lip, Cf. vorhergehende Anmerkung. Das im Texte stehende 
Zeichen ist identisch mit iv R, 41 » col. Ill, 41 (das zweite Zeichen). Nur ist in 
unserem Zeichen aus den Verlangerungsstrichen der beiden vorhergehenden 
schragen Keile wieder ein selbststandiger Winkelhaken geworden (eine ja in der 
Geschichte der Keilschrift auch sonst oft genug sich bietende Erscheinung), wie 
ihn das urspriingliche Bild bot. Freilich ist diese Wiederherstellung erst durch 
eine Reihe von Entwicklungen herbeigefiihrt worden, die ihrerseits Neubildungen 
im Zeichen hervorgerufen haben, welche im Mittelbabylonischen geblieben sind, 
wahrend sie sich im Neo-Babylonischen wieder verloren haben. Cf. Amiaud et 
M^chineau, Tableau compariy no. 19. Wenn wir von dem dort fiir Gudea 
gegebenen Zeichen ausgehen, so entsteht durch Umdrehung des Winkelhakens 
und Verlangerung von dessen Kanten liber den Ausgangspunkt hinaus scheinbar 
das Zeichen HAL + Si + KAK^ da die beiden letzten Keile gemass eines noch 
aus der alteren Periode der Keilschrift nachwirkenden Gesetzes durch einen Strich 
verbunden wurden. Cf. Hilprecht, Freibrief Nebukadnezar^Sy I, p. III. 

* Oppert falschlich ^«, cf. Anmerkung 3, p. 16. 

* Oppert trennt das erste Zeichen vom zweiten und liest itti{JCI) nil = cum 
verbo mystico. 

^ Oppert liest dies und das folgende Zeichen ge trennt, je als Ideogramm 
efil Hi = principis (Domini) Dei, was geradezu unmoglich ist. Ich lese dan-an 
als Adverb = ina da-na-ni^ Grenzstein No. 103, col. IV, 14, cf. Belser in 
B. A. II, p. 195. 

® Oppert lip. Das Zeichen ist nur scheinbar aus SI-\- /T^^^zusammengesetzt. 
Es ist vielmehr eine der interessanten Formen des Mittelbabylonischen fiir lit 
(Amiaud et Mechineau, /. r., no. 236). Dies ergiebt sich unmittelbar aus einem 
Vergleich von v R. 56, 25 (drittletztes Zeichen = ///) mit V R, 56, 59 (das fUnfte 
Zeichen = bal). Denn wir erhalten die Gleichung : v R. 56, 59 verhalt sich zu 
V R, 56, 25 wie das in Anmerkung 4 (HAL + Jf/ + KAK) besprochene Zeichen 
zu unserem obigen. 



1 8 ASSYRIACA. 

itti ^E-a ba-an ^ ka-la 
li-^mat baldfi li-H'tna-ii 
iimi la-ba-ri & iandti mi-ia-ri 
ao a-na ii-rik-ti lii-ru-ka-iu 
mu-ia-na an-ni-i 
e te-ti-ik i'ta-\a^ 
e tU'Sah'hi mi-is'lra] ® 
lifnutta(ta) zi-ir-ma kit-ta ra\am\. 

^ Oppert transscribiert sonderbaxer Weise die ersten sechs Zeichen der Zefle 
itH il bit-mili il^ vergessend, dass hier zusammengehorige Zeichen {pa + ati) vom 
Schreiber, wie so oft in der Keilschriftlitteratur, auseinander gerissen wurden, um 
die Zeile zu fiillen. Cf. Anm. 8, p. 15. Zur Apposition (bdn kola) des Ea, cf. 
den Berliner Merodachbaladan-Stein (B. A. II, 261), col. Ill, 5. 

^ Oppert ti. Aber die Spuren fiihren auf ein anderes Keilschriftzeichen. Von 
H miissten auf dem tadellos erhaltenen Zwischenraum zwischen ta and dem frag- 
lichen Zeichen unmittelbar iiber dem Bruch Reste der ersten zwei Keile zu sehen 
sein. Sodann ist ein Plural itdti um dessentwillen ausgeschlossen, weil der Text 
an alien Stellen, wo von " Grenze, Gebiet " die Rede ist (Rev. 1-2, 5, 23), den 



\ 



ASSYRIACA. 19 

samt Ea, dem Schopfer des All's, 
ein Geschick des Lebens ihm bestimmen, 
ein hohes Alter und segensreiche Jahre 
20 als Geschenk ihm verleihen ! 

Du aber, der du dieses umstossen willst, 
verriicke nicht die Grenze, 
beschadige nicht das Gebiet, 
basse das Bose und liebe das Recht ! 

Singular gebraucht. Schliesslich lasst der Rest des einen perpendicularen Keiles 
und die Beriicksichtigung des bis zum Rande zur Verfiigung stehenden knappen 
Raumes kaum eine andere Erganzung zu als a, worauf auch die auf diesen Vocal 
endigende vorhergehende Silbe fiihrt. Das Wort it^, synonym v. ittu bedeutet ja 
dasselbe wie dieses, mit dem es von der namlichen Wurzel DHK hergeleitet ist, 
es hat aber auch die Bedeutung " Grenzstein ** wie oben. I-ia-a findet sich z. B. 
Meissner und Rost, J?u Bauinschriftai Sanherib'^s, p. 14 (funfte Zeile vom Ende). 
* Oppert ri. Aber der Parallelismus mit itd und ein Vergleich von Rev. 2, 5 
kurdur-ra notigt una zu ra. 



20 ASSYRIACA. 



Commentar. 



Obv. I. Cf. Delitzsch in B. A. II, p. 273. 

2. Cf. Delitzsch, A. IV, p. 104 zu ugdru. 

5. Kt pilki ipluk, Zu Oppert's Etymologic ("le verbe 
balak signifie b6nir, consacrer, rendre heureux, et a compl^te- 
ment le sens de I'h^breu 112*') habe ich nichts zu bemerken. 
Meine Ansicht iiber das Verbum paldku und seine Derivata 
deckt sich mit Meissner und Rost, Die Bauinschriften Safp- 
heribSf p. 39, Anmerk. 85. Cf. auch Jensen, Z, A, VIII, 
p. 221, Anmerk. 2. 

8. Kumnid iibersetzt Oppert "elapsi sunt" = "se sont 
^coul6s," zweifellos richtig. Mein werter Freund Jensen wird 
kaum seine Erklarung (" wohl Intensivform von yk-w-m = 
dp,'* eigentlich "war aufrecht erhalten worden," Z, A, VIII, 
p. 221, Anmerk. 3) "aufrecht erhalten,'* da dieselbe zu viele 
Schwierigkeiten involviert. Sandti ist Subject zu kiimmd^ das 
letztere also 3. pers. plur. fem. {d) des Permansivs 11^ (mit pas- 
siver Bedeutung, Delitzsch, A, G. §§ 88-89) von riM "ein- 
schliessen, umschliessen " (cf. kamdt dlisu auf den Grenzsteinen 
= " seine Stadtmauer *'), also eigentlich "696 Jahre waren ein- 
geschlossen von G bis N,'* i.e, "verflossen." Die Tafel giebt 
den terminus a quo und den tenninus ad quern, d. h. die beiden 
Grenzpunkte an, zwischen denen 696 Jahre eingeschlossen 
sind. Das kann nach gemeinmenschlicher Auffassung, d. h. 
wenn man keine Schwierigkeiten sucht, wo keine sind, 
schlechterdings nichts anderes bedeuten, als dass vom Tode des 
Gulkishar bis zum Regierungsantritt Nebukadrezar's I 696 
Jahre verflossen sind. Man frage sich doch alles Ernstes ein- 
mal, ob irgend jemand das Recht hatte, einen Satz wie "von 
Friedrich dem Grossen bis auf Friedrich Wilhelm IV von 
Preussen sind so und so viel Jahre verflossen (eingeschlossen) *' 
anders aufzufassen als von 1786 (dem Todesjahre Friedrichs) 
bis 1840 (dem Regierungsantritt von Friedrich Wilhelm). 



ASSYRIACA. 21 

WoUte man mit Jensen in unserer Urkunde annehmen, dass 
vom Schenkungsjahre an gerechnet ware, so miisste man eine 
solche specifische Angabe ausdriicklich im Texte finden. Da- 
von steht aber nichts da. Ebenso wenig hat man das Recht, 
vorauszusetzen, dass in den 696 Jahren die Regierungszeit 
Nebukadrezar's I eingeschlossen sei. Denn woUte man das 
Jensen'sche Princip der Rechnung genau durchfuhren, so 
miisste man die drei Jahre des Bdnidinapli ** nach dem Zusam- 
menhange " auch noch einrechnen. Hatte der Priest er sagen 
woUen, was Jensen annimmt, so hatte derselbe es nicht gut 
anders ausdriicken konnen, um nicht missverstanden zu wer- 
den, als "bis B^lnidinapli/' Dann, aber auch nur dann, waren 
Nebukadrezar's I Regierungs jahre eingeschlossen. Wir diirfen 
uns nicht selbst die Grenzpunkte wahlen, da die einfache klare 
Angabe dieses verbietet, sonst verfallen wir in Speculationen, 
anstatt sachgemass jene Urkunde zu interpretieren. Warum, 
fragt man, hat aber der Priester nur bis zu Nebukadrezar's I 
Regierungsantritt gerechnet ? Die Antwort ist sehr einfach, 
weil jeder babylonische Zeitgenosse des Priesters auch ohne 
besondere Angabe wusste, wie lange Bdl-nidin-apli's unmittel- 
barer Vorganger, der beriihmte Nebukadrezar I,^ eine der 
hervorragendsten Gestalten der babylonischen Geschichte, 
regierte. Der ganze Zusammenhang ist so einfach, dass es 
mir wirklich unmoglich ist, eine andere Auffassung gelten zu 
lassen. 

Die Zahl der angegebenen Jahre reprasentiert das Resultat 
der Nachforschungen des Priesters, der von dem ihm und alien 

1 Cf. jetzt auch noch das von Boissier soeben vollst'andig in Transscription 
veroifentlichte Fragment^A'. 3426 (Revtie Simitique^ Janvier 1894, p. 76 £f.), das 
auf das willkommenste meine Ausfuhrungen O. B, /., p. 42, no. 3 bestatigt. Cf. 
schon friiher Delitzsch, A. W. p. 306, und Bezold, Catalogue of the Cuneiform 
Tablets in the Kouyunjik Collection, vol. II, p. 532. Von einem Konig, den man 
in Hymnen feierte (cf. Boissier*s sehr richtige Bemerkungen, /. c. pp. 77 und 78), 
wusste man wohl unter seinem nachsten Nachfolger noch so griindlichen Bescheid, 
dass man nichts iiber seine Regierungsdauer anzugeben brauchte. 



22 ASSYRIACA. 

Babyloniern als ein nationales Ereigniss, als der Anbruch einer 
neuen Friedensaera (O. B, I. p. 42) bekannten Datum der 
Thronbesteigung Nebukadrezar's I ausgehend, nach riickwarts 
fortrechnet, bis er auf den Namen Gulkishar's kommt, das sind 
eben 696 Jahre. Und das ist alles was er angeben will. Denn, 
um das noch einmal zu betonen, die Urkunde enthalt keine 
Angabe dariiber, wie lange das Stiick Land im Besitz des 
Tempels gewesen war und will keine geben, sondem nur da- 
riiber, wie viele Jahre zwischen Gulkishar's Tode und Nebu- 
kadrezar's I Thronbesteigung liegen. Daraus aber konnte sich 
jeder selbst, soweit dies iiberhaupt moglich war, die Dauer des 
Besitzes berechnen. Denn ich wage geradezu zu behaupten, 
dass der Priester selbst nicht einmal das genaue Jahr wusste, in 
welchem die Schenkung gemacht war. War es doch, wie wir aus 
den Hunderten von Contracten, datiert in der Zeit der zweiten 
Dynastie von Ur (noch unpubliciert im Museum der University 
of Pennsylvania) und der ersten Dynastie von Babylon wissen, 
iiberhaupt um jene Zeit gar nicht Sitte, Tafeln nach dem so 
und so vielten Regierungs jahre eines Herrschers, sondern ein- 
fach mit einer allgemeinen Angabe wie ** im Monat Adar, im 
Jahre, da Hammurabi, Konig von Babylon,^ Istar und Nanii 

^ Ich muss gegeniiber Meissner, /. c. (in den Thontafelunterschriften) auf das 
entschiedenste daran fest halten, dass lugal £, mit Delitzsch (Paradies^ p. 214 ; 
Die Sprache der Kossder^ p. 20, Anmerk. i) " Konig von Babylon," nicht aber bios 
lugale " Konig " bedeutet. Kein Sumerer wiirde lugale in dieser Weise schriftlich 
wiedergegeben haben. Der Umstand, dass sich daneben bloses lugal findet, 
beweist nichts. Man schrieb entweder den Konigsnamen mit voUem Titel 
" Konig von Babylon," oder mit dem blossen Titel " Konig," oder liess auch den 
Titel aus, was bei den Kassitenkbnigen sogar Regel wird. Und niemand wird 
uns zumuten woUen, z. B. Strassmaier, Darius^ no. 299, 1 2, lugale " Konig " zu 
lesen. Dort muss es notgedrungen " Konig von Babylon " heissen. An ein Ver- 
sehen des Schreibers fiir " E KI " glaube ich principiell nicht, so lange sich eine 
andere Erklarung bietet, da ich mit gutem Grunde annehme, dass so ein baby- 
lonischer Schreiber meistens mehr Assyrisch-Babylonisch gewusst hat, als alle 
heutigen Assyriologen zusammengenommen. Die Darius-Stelle ist auch nicht 
die einzige in den Neo-Babylonischen Contracten, wo Babylon so geschrieben ist I 
Cf. iibrigens auch E auf der Konigsliste. Die Gegner meiner Altr^-Hypothese 



ASSYRIACA. 23 

proklamierte " (Meissner, Altbabyl, Privairecht, no. 78), etc. 
zu datieren. Solches Datum konnte zur Not den Zeitgenossen 
verstandlich sein, die Naheres wussten oder Mittel hatten, 
Naheres ausfindig zu machen ; es musste aber 700 Jahre spater 
ausserst schwierig sein, daraus genau das so und so vielte Jahr 
selbst des betreff enden Konigs zu berechnen, ausser man begab 
sich etwa in die grossen Archive der Tempel von Babylon oder 
Nippur, wo man, wie sich jetzt nachweisen lasst. Listen aufbe- 
wahrte, in denen fiir jedes Jahr irgend eines Konigs jener 
Dynastien eingetragen ward, was von Wichtigkeit vorfiel, und 
wonach dann die Tafeln datiert wurden. In meinem im Druck 
befindlichen zweiten Teile von O, B, I. wird man eine solche 
Liste aus der Zeit Konigs Ine-Sin von Ur (cf. Hilprecht in 
Z. A. VII, p. 343 ff.) veroffentlicht finden. Das beste, was 
also der Priester unter den Umstanden thun konnte, und was 
ja schliesslich fiir seine Zwecke vollstandig ausreichte, war 
i) dass er durch das Vorzeigen der Schenkungsurkunde, die 
(im Gegensatz zu dem auf dem freien Felde stehenden und 
darum der Witterung und dem Verderben trotz des Fluches 
bestandig ausgesetzten Grenzsteine) im Tempel selbst aufbe- 
wahrt wurde (cf. die interessanten und lehrreichen Angaben im 
Grenzstein No. 103), nachwies, dass das vom Statthalter saecu- 
larisierte Grundstiick wirklich einst vom Konig Gulkishar dem 
Tempel geschenkt war, und 2) dass er von dem ihnen alien 
bekannten Jahre der Thronbesteigung Nebukadrezar's I an 
ausrechnete, wie lange vorher der Konig Gulkishar gelebt hatte. 
In meiner Untersuchung O, B, /. p. 41 ff. habe ich absicht- 
lich diese wichtige chronologische Notiz unberiicksichtigt 

diirfen sich beruhigen, dass ich weder diese gewohnliche Schreibwelse fiir Babylon 
(ohne jegliches Determinativ) noch den Umstand, dass auf der Kdnigsliste iiber- 
haupt keine Stadt (oder Land) ein Determinativum hat, als einzigen oder auch 
nur einen Hauptgrund dafiir in's Feld zu fiihren gedenke. Da giebt es in den 
altbabylonischen (und cappadocischen) Texten genug andere Stadtenamen, die 
meine Ansicht bestatigen, dass eine Stadt nicht notwendigerweise dlu oder ki als 
Determinativ zu haben braucht (gegen Jensen, Z. ^. p. viii, 228). 



i 



24 ASSYRIACA. 

gelassen, da ich wegen des mir bemessenen Raumes nicht aiif 
die zweite Dynastie, von der ich keine Texte bot, abschweifen 
wollte, und weil sie andererseits mich in der Fixierung meiner 
Griinde fur Nebukadrezar I, als Begriinder der Pashe-Dynastie, 
nicht beeinflussen durfte, wie sie das Oppert bei seiner Unter- 
suchung gethan ; denn dann hatten meine Argumente, wie ich 
unten zeigen werde, gleich denen Oppert's einen hochst zwei- 
felhaften Wert. Oppert's Erstaunen (Comptes rendus, p. 9 £f.), 
dass mir das einfache Rechenexempel, von dem er spricht, 
entgangen sein sollte, teilt gewiss kein anderer Assyriologe, der 
meine lange vor Oppert*s Untersuchung an Jensen gemachte 
personliche Mitteilung {Z, A, VIII, p. 222) gelesen hat. Eine 
solche Zumutung auf Seiten Oppert*s ist fast etwas komisch. 

Nachdem ich ohne Beriicksichtigung der vorliegenden Ur- 
kunde und ganz und gar unbeeinflusst von ihrer chronologischen 
Notiz versucht habe, nachzuweisen, dass Nebukadrezar I der 
Begriinder der Pashe-Dynastie gewesen war, folgt fast not- 
wendig, dass unser Gulkishar und der Gulkishar der Konigs- 
liste trotz der Verschiedenheit ihrer Titel identisch sein 
miissen, i) weil der Name so seiten ist, dass er iiberhaupt in 
der ganzen assyrisch-babylonischen Literatur (cf. auch Jensen, 
Z. A, VIII, p. 222) nicht wieder vorkommt, 2) weil es kaum 
moglich ist, anzunehmen, dass zu gleicher Zeit und genau 696 ^ 
Jahre vor Nebukadrezar I zwei Konige mit einem so seltenen 
Namen in Babylonien neben einander regiert haben.^ Ich 

1 Nach der Konigsliste liegen nicht 695 Jahre (Jensen, Z. A. VIII, p. 222) 
zwischen Gulkishar und Nebukadrezar I, sondern 695 Jahre 9 Monate (cf. die 
jiingste Ausgabe in Knudtzon, Assyrische Gebete an den Sonnengott^ Band I, p. 60), 
wofiir der Priester in runder Summe 696 Jahre sagte. 

2 Freilich cf. Winckler, Altorientalische Forschungen I, p. 13 ff., wo ich dem 
geschatzten Berliner Fachgenossen vollkommen beistimme, dass viel gegen eine 
Identification des Azrijau von la-u-di mit Azarja von Judah spricht. Doch be- 
weist diese Parallele nichts gegen uns, weil, wie Winckler nachweist, dort gerade 
auch die Jahreszahlen der Identification beider im Wege stehen, und weil wir in 
Azarja einen ziemlich verbreiteten Hebraischen Eigennamen, dagegen in Gulkisar 
einen anderweitig unbelegbaren vor uns haben. 



ASSYRIACA. 25 

stehe danim, indem die iiberwaltigende Wahrscheinlichkeit auf 
meiner Seite ist, nicht an, beide Gulkishar zu identificieren. 
Das einzige, was dagegen zu sprechen scheint, ist ihre Ver- 
schiedenheit der Titel. Der eine heisst ** Konig vom Seeland/' 
der andere war <* Konig der Dynastie von URU-" AZAG.'* 
tJber das Seeland sind wir einigermassen unterrichtet, iiber 
URU-"AZAG" wissen wir bis auf den heutigen Tag, trotz 
allem was fiir eine Identification desselben^ geschrieben ist, 
nach meiner sorgfaltigen Abwagung aller einzelnen Punkte, 
so gut wie nichts. Winckler griindet seine Deutung von 
URU-" AZAG '* auf die zunachst ganz unberechtigte Annahme 
einer Ideogrammverwechslung seitens des Schreibers, gemass 
des immer mehr unter den Assyriologen, nicht gerade zum 
Vorteil der jungen Wissenschaft, einreissenden Grundsatzes : 
" Was man nicht declinieren kann, das sieht man als Verseheh 
an/' 2 Und dies allein ist schon genug, da solide andere 
Griinde iiberhaupt von ihm noch nicht vorgebracht sind, mich 
von vorn herein gegen diese Hypothese einzunehmen.^ Soviel 

1 Cf. besonders in jUngster Zeit Winckler, Babylonisch-Assyrische Geschichte^ 
pp. 67-68, 328. Hommel, P. S. B. A,, Nov. 1893, PP- '3~'S- Hommel's Hypo- 
these hat fUr mich noch immer viel Bestechendes. Bei eingehender Untersuchung 
habe ich sie etwas modificieren miissen. Cf. dariiber naheres unter Aufsatz VI 
" Konig AN' MA-AN der Konigsliste und Fiirst AN-A-AN von Erech." 

2 Da die meisten der in Leipzig gebildeten Assyriologen urspriinglich auch 
Theologie studierten, erinnert sich gewiss noch mancher derselben des auch auf 
dem Gebiete der Orientalischen Sprachen, besonders des Persischen, wohlbewan- 
derten Professors der Theologie Bauer und seiner schonen Vorlesung "Das 
Buch Hiob, Dante's Divina Comedia und Goethe's Faust.'* Derselbe pflegte uns, 
die wir damals (wie das so im Zuge der Zeit lag) fiir die " Akkadischen " (im 
Sinne von Lehmann's " Sumerischen ") Etymologien in den Semitischen Sprachen 
durch Dick und Dunn in heller Begeisterung gingen, als Motto entgegenzuhalten: 
" Was man nicht declinieren kann, das sieht man als Akkadisch an." Jetzt ist es 
Mode geworden, fiir das andere Extrem zu schwarmen. Tempora mutantur^ auch 
die Etymologien unterliegen der Mode I 

* Man verstehe mich nicht falsch. Ich gebe selbstverstandlich zu, dass eine 
ganze Anzahl von offenbaren Versehen der Schreiber in der Keilschriftlitteratur 
vorliegen. Aber ich bin von vornherein misstrauisch gegen jede Textemendation, 
Verwechslung, Versehen etc. und nehme stets zunachst lieber an, dass ich den 



i 



26 ASSYRIACA. 

ist mir personlich sicher, dass Babylon damit nicht gemeint 
sein kann. Denn wir haben iiberhaupt gar kein Recht, das 
Uru-azaga der Gudea-Inschrif ten zum Vergleich heranzuziehen, 

Text nicht verstehe, well ich nicht genug Ass3rrisch weiss, als umgekehrt. Auf 
einem kritischen Streifzug durch die historischen Assyrischen Inschriften, iiber 
dessen Resultat ich mich spater einmal aussere, bin ich jUngst zu teilweise recht 
Uberraschenden Resultaten, was die " Textemendationen " der Assyriologen be- 
trifft, gelangt. Ich will einen besonders lehrreichen Fall aus dem gesammelten 
Material hier kurz als Illustration anfiihren. Bekanntlich findet sich auf dem 
dritten oberen stufenformigen Tell des schwarzen Obelisken Salmanassar's II die 
Notiz 11. 3-4, dass die Ilethiter eine gewisse Stadt Pitru nennen. Der Text 
lautet }a amelu + MEi + NI mAtu Hattai Pitru ikabUlu-ni (Del. A. G, § 79, /3). 
Die Frage ist, wie haben wir das zweite Wort zu transscribieren I Nach Amiaud 
und Scheil (Les Inscriptions de Salmanasar II, p. 22, 1. 39) ist amel&ni zu lesen, 
d. h. wir haben entgegengesetzt unserem Wissen von der gewohnlichen Plural- 
bildung von amelu (cf. Del. A, G. § 67, 6), einen neuen Plural amelAni zu con- 
struieren, weil das phonetische Complement NI diesen zu fordem scheint. 
Winckler (in Schrader's K. B., vol. I, p. 132, Anmerk. i) halt sachgemass daran 
fest, dass der Plural von amelu im Assyrischen nur amelUti (m, a) lautet und liest 
dementsprechend auch hier amelUti, aber da das phonetische Complement seiner 
Lesung im Wege zu stehen scheint, zieht er sich auf Kosten des armen Schreibers 
aus der Verlegenheit heraus, indem er behauptet, *^ni wohl Versehen des 
Schreibers.'* Hatten sammtliche drei Assyriologen in diesem Falle mit Gottfried 
Hermann gesagt : " est etiam nesciendi quaedam ars," so hatten sie sich selbst 
vor einem Versehen bewahrt und dem armen Babylonier keine grammatische oder 
palaeographische Siinde zugemutet. Das richtige liegt in der Mitte. Wir haben 
zu lesen amel^ti (+ phonetisches Complement tigy in diesem Falle = H{g) = ti 
gesprochen). Dies lasst sich leicht erweisen. Denn i) Aus der spateren baby- 
lonischen Contractlitteratur ergiebt sich, dass NI den Lautwert tig{k) hatte. 
Man erwartete ihn ohnehin aus dem fUr das Sumerische langst erschlossenen 
Werte DIG (Briinnow, /. c. 5306), aber er folgt mit Sicherheit aus den ver- 
schiedenen Schreibungen des sehr gebrauchlichen Personennamens NaM-muIitik- 
UD-DA. Der mittlere Bestandteil desselben erscheint namlich entweder als 
mu-}e-ti-ik oder mu-}e-NI i.e. tik (nicht ni, wie Strassmaier bestandig trans- 
scribiert), und einmal aus Versehen auch mu-}e-ik (Nabuchodonosor, no. 342, 7). 
2) Gewisse Silben, welche auf g {K) endigen und den Vokal i enthalten, werden in 
der babylonisch-assyrischen Volksaussprache haufig mit Vocalisierung oder Unter- . 
driickung des g (unter Einfluss des vorhergehenden // cf. Angel-Sachsisch lie, 
Daenisch lig, Deutsch lick, Englisch ly (= like)) vokalisch auslautend (also U, ti) 
gesprochen. Ich verweise hierflir auf das bekannte Beispiel aus den Inschriften 
Nebukadrezar's II : ni-Iig = nili " Menschen " (A. H. 82, 7, 14, col. I, 9), ver- 
offentlicht von Winckler in Z. A. II, p. 169; femer R. M, 675, col. I, 12, ver- 
offentlicht von Winckler, ibidem, p. 138; femer Nebuk, O* Connor, col. Ill, 14 



ASSYRIACA. 27 

aus dem einfachen Grunde, weil beide Ideogramme gar nichts 
mit einander gemein haben. Dank der erneuten kritischen 
Textausgabe der baby Ion ischen Konigsliste von Knudtzon 
(Assyrische Gebete an den Sonnengottj Band I, p. 60) und De- 
litzsch's sehr willkommenen Bemerkungen Zur babylonischen 
Konigsliste^ bin ich endlich in die Lage versetzt, mir ein 
selbststandiges Urteil iiber den Zustand jenes wichtigen Textes 
zu bilden. Zu meinem grossten Erstaunen erklart Knudtzon, 
dass iiberhaupt gar nicht AZAGA zu lesen ist, sondern dass 
KU (Briinnow, List, 11818) da steht. Damit bricht denn 
freilich auch der letzte Stiitzpunkt fiir die Lesung Winckler's 
zusammen, und Hommers Lesung URU-KU^=^'ErQc]\ ge- 

(von Strassmaier und O'Connor U falschlich fiir das gewohnliche Zeichen ge- 
halten) und in col. Ill, 5 einer neuen im zweiten Telle meiner O, B, /. veroffent- 
lichten Inschrift Nebakadrezar's. Cf. damit Winckler's Bemerkungen Z. A. II, 
p. 136 und Delitzsch, A. W.^ p. 102, Anmerk. 2. Allerdings ist an der von 
Delitzsch behandelten Stelle igi-sig = igi-si vom Schreiber beabsichtigt. Insofem 
als diese Verwendungen der Zeichen Ug^ tig etc. fiir i/, ti uns einen hochst will- 
kommenen . Einblick in die lebendige assyrisch-babylonische Aussprache des g 
nach / gestatten, sind diese Schreibungen von grosster Bedeutung und etwas mehr 
fiir den Grammatiker als " nachlassige Schreibungen " (Winckler Z. A. II, p. 136). 
Wir dtirfen daher geradezu die Silben }i und ti in solchen Texten, wie Salma- 
nassar's II und Nebukadrezar's II, welche ja das Assyrisch-Babylonische vielfach, 
wie es wirklich gesprochen wurde, wiedergeben (cf. z. 6. bei Salman, die Behand- 
lung der verdoppelten Consonanten und der Sibilanten, z. B. Obelisk^ 1. 156 
U'ie(-}t)-}iz. So ist naturlich im Hinblick auf 1. 72: ulhiz gegen Winckler's u-h' 
U-bi zu lesen. Wie das phonetische Complement H lehrt, hat hier das Zeichen 
ziz den Lautwert Hz), als regelrechte Lautwerte der entsprechenden Keilschrift- 
zeichen betrachten. Nebenbei bemerkt, Salm, Obel., 1. 176 ist natiirlich nicht mit 
Winckler, K. B. I. p. 148, Anmerk. i mpa zm emendieren, sondern ist Ligatur fiir 
ina pa (cf. 1. 160). Uber Winckler*s Emendation ibidem, p. 138, Anmerk. i 
(1. ^) cf. weiter unten. 

1 In dessen Assyriologische Miscellen, Erste Reihe : I-III. Sonderabdruck der 
Berichte der philolog.-hist. Classe der Konigl. Sachs. Gesellschaft der Wissen- 
schaften. Sitzung vom 8. Juli 1893, pp. 183-189. 

2 Das Determinativum ki oder Alu wiirde natiirlich ebensowenig gesetzt sein 
als nach der Stadt Pa-ie (cf. das PaU *« der Contracte), E (= Babylon) etc. auf 
derselben liste. Doch spricht vor der Hand noch der Umstand gegen die 
phonetische Lesung Uru-ku, dass fiir HA der Lautwert ku in semitischen Texten 
nicht belegbar ist. Man muss also noch immer eine halbe ideographische Schreib- 
weise darin sehen. 



28 ASSYRIACA. 

winnt an Wahrscheinlichkeit. Wie dem aber auch sei, meiner 
bereits Jensen (und Hommel) gegeniiber miindlich geausserten 
Ansicht (cf. Z, A, VIII, p. 222) steht zur Zeit nicht nur nichts 
entgegen, sondern im Gegenteil zweierlei spricht dafiir, dass 
URU-KUy als der Ort, von dem die Dynastie herstammte, in 
Siidbabylonien zu suchen sei, i) die ausdriickliche Notiz 
unseres Textes, dass Gulkishar Konig des Meerlandes war, 
2) die nunmehr wahrscheinlicher gewordene Identification von 
URU-KU mit Erech, wenn man dieselbe iiberhaupt mit dem 
jetzigen Material schon vornehmen darf. Das ist das Resul- 
tat, welches sich mir bei einer vorurteilsfreien Interpretation 
der chronologischen Angabe in der Urkunde B^l-nddin-apli's 
und aus einer erneuten Priifung des Thatbestandes der Konigs- 
liste ergeben hat, und an diesem Resultat muss ich f est halten, 
bis ich durch unanfechtbare Griinde iiberfiihrt bin, dass der 
Text anders interpretiert werden muss und Knudtzon*s Copie 
der Konigsliste unrichtig ist, resp. die zweite Dynastie wirklich 
aus Babylon stammte.^ Ein Konig, der *'das 5eeland** als 
Stammland hatte — denn das bleibt das nachstliegende zu 
folgern nach meiner obigen Annahme einer Identitat beider 
Gulkishar — konnte von einem Unterthanen aus dem Stamm- 
lande ebensowohl "Konig von Babylon'* wie "Konig vom 
Meerlande'* genannt werden. Denn das eine schliesst das 

1 Abgesehen von den obigen Ausfiihrungen spricht auch noch besonders 
dagegen : i) dass Babylon auf der grossen Konigsliste stets E geschrieben ist (ich 
wundere mich, dass Winckler, Geschichte, p. 67, seine Hypothese fiir Uru-azaga 
als einen Stadtteil von Babylon auf so schwache FUsse stellen kann, indem er den 
Hymnus als " Beweis " ( ! !) citiert. Derselbe beweist wirklich auch gar nichts von 
dem, was Winckler darin zu finden meint). 2) dass die blossen Namen der Konige 
der zweiten Dynastie babylonischen Ursprung geradezu unmoglich machen. Mag 
man dieselben nun Semitisch- oder Nichtsemitisch lesen, Babylonier sind ihre 
Trager nimmermehr gewesen. Denn auch nicht einer von ihnen enthalt eine 
Gottheit als Bestandteil, wie Oppert sehr rich tig {Cotnptes rendus^ P* 21) hervor- 
gehoben hat — wir soUten vielleicht vorsichtiger sagen : eine babylonische Gottheit, 
da irgend eine andere fremdlandische Gottheit darin stecken mag, ohne Determ. 
geschrieben, well sie den Semitischen Babyloniern als solche unbekannt war. 



ASSYRIACA. 29 

andere nicht aus. Ob der Priester aus diplomatischen Griin- 
den ^ Oder aus Unkenntniss Gulkishar nur als " Konig vom 
Meerlande" bezeichnete, ist mir unmoglich festzustellen, ist 
aber auch f iir unsere. Frage von untergeordnetem Interesse. 
Oppert stimmt mit meinem in O, B, I. niedergelegten Be- 

• 

funde, dass Nebukadrezar I der Begriinder der Dynastie von 
Pasche gewesen sei, iiberein, freilich aus anderen Griinden : 
"parce que depuis Gulkisar jusqu'i lui se sont ^coul6s 696 
ans, et que depuis Gulkisar jusqu'a la fin de la grande Dynastie 
il y a un intervalle de 695 ans et 9 mois.'* Auf diesen Worten 
baut Oppert seine ganze Theorie auf, einen Beweis aber wird 
das auch wohl derjenige, der nur wenige Anspriiche an einen 
solchen stellt, mit dem besten Willen nicht nennen konnen. 
Ich will Oppert's Methode, wie er selbst mit so besonderer 
Vorliebe thut, an einem Beispiele illustrieren. Gesetzt wir 
fanden eine Urkunde, auf der stiinde, dass zwischen einem 
Friedrich, Grossherzog von Baden (als einem Teil von Deutsch- 
land), und einem Wilhelm, Kaiser von Deutschland, 696 Jahre 
verflossen waren, wiirden wir daraus folgern diirfen, dass zwi- 
schen einem Friedrich, Kaiser von Deutschland, und jenem 
Wilhelm nun auch gerade 696 Jahre verflossen sein miissten, 
einfach weil die Namen zusammenklingen, obwohl nach allge- 
meiner Annahme zwischen den letztgenannten zwei Kaisern 
iiber 720 Jahre gelegen haben ? Wir miissten doch erst den 
Nachweis bringen, i) dass jener Friedrich von Baden und 
Friedrich von Deutschland dieselbe Person sind, und 2) dass 
unsere bisherige Ansicht iiber den Intervall von Friedrich von 

1 Man vergesse nicht, dass soeben erst durch Nebukadrezar I der babylonische 
Nationalgeist neu wachgerufen war, und fremde Dynastien darum gewiss so viel 
wie moglich todtgeschwiegen wurden. Der Priester hatte aber noch besonderen 
Grund vorsichtig zu sein, da er gegen einen offenbar von der neuen einheimischen 
Dynastie eingesetzten Beamten klagte, der leicht des Priesters Bezeichnung von 
Gulkishar, als " Konig von Babylonien " hatte beniitzen konnen, um seine That 
als vom Nationalsinn diktiert und von dem Bestreben beseelt, die von den 
fremden Usurpatoren getroffenen Bestimmungen riickgangig zu machen, hinzu- 
stellen. 



30 ASSYRIACA. 

Deutschland und Wilhelm von Deutschland falsch war. Das 
aber hat Oppert eben unterlassen, trotzdem Jensen zeitgemass 
wamte, ohne besondem Beweis die beiden Gulkishar fiir iden- 
tisch zu halten, und trotzdem bis zu dem Erscheinen meines 
Buches die gesammte Assyriologenwelt der Uberzeugung war, 
dass Nebukadrezar nicht der Begriinder der Pashe-Dynastie 
gewesen sei, sondem an dritter oder \4erter Stelle gestanden 
habe. Man mag iiber die Validitat der von mir fiir Nebukad- 
rezar, als den Begriinder seiner Dynastie vorgebrachten 
Griinde denken wie man will,^ jedenfalls wird man mir zu- 
geben, dass ich vcrsncht habcj wissenschaftlich zu verfahren, 
indem ich mir zunachst eine Operation sbasis schuf. Erst 
daraus, dass ich, von dieser aus riickwarts rechnend, zu dem 
iiberraschenden Resultate gelangte, dass zwischen Nebukad- 
rezar und Gulkishar von Babylon genau so viele Jahre ver- 
flossen sind, als zwischen Nebukadrezar ^ von Babylon und 
Gulkishar vom Meerlande (nach der Angabe meiner Urkunde), 

^ Oppert halt sich natiirlich nicht damit auf, dieselben Schritt fiir Schritt zu 
widerlegen, wie man billig erwartet, sondem indem er den ersten Grund aus seinem 
Zusammenhange mit den folgenden — wodurch er allein seinen Wert erhalt — 
herausreisst, verweist er auf Alexander, Karl den Grossen oder Friedrich II. 
Von einer solchen Art der Behandlung ist freilich keine rechte Forderung der 
schwebenden Fragen zu erwarten. Ahnlich ist Oppert's Abmachung meiner 
Lesung Sharg&ni-shar-dli durch seine unmogliche Lesung Bingani-sar-eris. Ich 
lasse mich gem belehren, auch wenn die von mir bisher vorgetragenen Ansichten 
eine radicale Anderung erfahren miissen. Mir ist es nur um die objective Wahr- 
heit zu thun. Wenn aber der verehrte franzosische Forscher nach wie vor den 
Nachweis seiner Lesung Bin statt har unterlasst, obwohl ich keinen einzigen 
Assyriologen kenne, der mit ihm dieselbe fiir moglich hielte, so muss er sich schon 
gefallen lassen, dass ich dieselbe zu meinem grossen Bedauern in Zukunft weiter 
nicht acceptieren kann, sondern vor der Hand an Shargdni-iar-dli als der allein 
berechtigten Lesung festhalte. [Cf. jetzt noch Oppert in Rewie d^Assyriologiej 
III, (Separatabdruck) pp. 2 ff.] 

2 Herr Professor Oppert halt mir entgegen, dass ich keinen Beweis dafiir habe, 
dass Nebukadrezar I von Babylon und der Nebukadrezar der Urkunde identisch 
seien. Daraus muss ich leider schliessen, dass Oppert meine Ausfuhrungen nicht 
sorgfaltig genug gelesen oder nicht verstanden hat, weil ich mich bei dem 
beschrankten Raume so kurz fasste. Ich verweise ihn auf meine Bemerkungen 



ASSYRI ACA. 3 1 

zog ich den natiirlichen Schluss, dass bei der Seltenheit des 
Namens Gulkishar und in Anbetracht dessen, dass das See- 
land eine babylonische Provinz war (die auch spaterhin noch 
einmal eine neue Dynastie lieferte), beide Gulkishar aller 
Wahrscheinlichkeit nach dieselbe Person seien. Positiver darf 
man sich zur Zeit iiberhaupt nicht ausdriicken. Wiissten wir 
etwas mehr von den Herrschern der zweiten Dynastie, so 
konnte man natiirlich Gulkishar als Operationsbasis wahlen, 
um mit Hiilfe der chronologischen Notiz unserer Urkunde 
definitiv nachzuweisen, dass Nebukadrezar der Begriinder der 
Dynastie von Pashe gewesen sei. Wie die Sachen nun aber 
einmal liegen — dass wir namlich, abgesehen von den Namen 
der Herrscher aus der Konigsliste, die wir noch nicht einmal 
richtig lesen konnen, und der Notiz in dem von mir veroffent- 
lichten Texte, rein gar nichts^ von der zweiten Dynastie 

vaO.B, I. i) p. 39, dass die Keilschrift des Documentes nicht nur auf die Pashe- 
Dynastie im allgemeinen fiihre, sondem speciell sich (in hervorragender Weise 
gerade fiir characteristische Zeichen !) mit denen des Freibriefs Nebukadrezar's I 
aufs innigste beriihre. Da sich jeder selbst leicht davon iiberzeugen kann» wenn 
er Zeichen flir Zeichen vergleicht, muss ich auch heute darauf verzichten, alle die 
gemeinsamen Zeichen hier aufzuzahlen. 2) pp. 39, 43 auf die in verschiedenen 
Documenten jener Zeit genannten identischen Personlichkeiten und auf die daraus 
sich ergebenden logischen Folgerungen. 3) dass es nicht wahrscheinlich ist, dass 
in einer Dynastie von nur 1 1 Herrschern, von denen 8 bekannt sind, ohne dass 2 
einen identischen Namen haben, die iibrigen 3 einen Namen gehabt haben soUen, 
den bereits ein anderer von den 8 bekannten fiihrte (p. 44, note 3). 4) dass der 
Umstand, dass unser Document nicht bis auf Belnidinapli rechnet, sondem bis 
auf Nebukadrezar darauf hinweist, dass dieser Nebukadrezar eine besonders 
beriihmte Person gewesen sein muss, als der uns eben jener (andere) Nebu- 
kadrezar I (pp. 41 f.) bekannt ist. Man woUe doch nicht an mich das ungerechte 
Verlangen stellen, dass ich mehr als sehr starke Wahrscheinlichkeitsgriinde aus dem 
sparlichen Material bringen soil. Wie viel, oder besser gesagt, wie herzlich wenig 
ist denn iiberhaupt in unseren Babylonischen Geschichtswerken mit mathe- 
matischer Sicherheit erwiesen und kann je erwiesen werden ! 

1 Dass die von meinem gelehrten Freunde Hommel in P. S. B, A.^ November 
1893, pp. 13-15, jiingst vorgetragene Ansicht, der Text no. 26 meiner O. B. /., 
pi. 15, riihre von dem ersten Konige der zweiten Dynastie von Babylon her, 
unhaltbar ist, werde ich weiter unten in Aufsatz VI unter " Konig AN-MA-AN 
der Konigsliste und Fiirst AN-A-AN von Erech " nachweisen. 



32 ASSYRIACA. 

wissen — muss es vor der Hand bei der von mir eingeschlage- 
nen Methode bleiben, dass wir von Nebukadrezar ausgehen (da 
wir von ihm doch schon mancherlei wissen), seine Stellung in 
der Dynastie aus politischen und anderen Griinden wahrschein- 
lich zu machen suchen und erst dann die chronologische Notiz 
der Urkunde verwerten. 

Einen eingehenden Nachweis der absoluten Unmoglichkeit 
von Oppert's Anordnung der einzelnen Herrscher der Pashe- 
Dynastie, wie er dieselbe in Z. A, VIII, p. 363 ff. versucht hat, 
halte ich heute um dessentwillen fiir iiberfliissig, da ich auf die 
ganze Frage an einem anderen Orte (wie in O, B. /. p. 37 be- 
merkt ward) zuriickkommen werde, und weil sie Knudtzon's 
neue Publication der Konigsliste zum Teil bereits widerlegt 
hat. Denn Peiser's Vorschlag, 132 als Summe der Jahre dieser 
Dynastie zu lesen, den ich in O. B. I. acceptierte, findet damit 
seine willkommene Bestatigung auch monumental. Oppert's 
Theorie ist also auch hier auf falscher Praemisse aufgebaut. 

12. b'O.t ekll iaB. iaT, iisima = **tr nahm den Grenzstein 
der Felder von BJt-Sinm^gir im Meerlande hinweg.'* In dieser 
und der folgenden Zeile ist Oppert manches dunkel geblieben. 
Zunachst liest er gegen Ende von 1. 13 sa-si-ma, das er in 
Comptes rendtis mit ** illi " wiedergiebt, also als Pronomen auf- 
fasst, wahrend er in Z. A, die falsche Lesung beibehalt und die 
Zeile " quae ad Oram pertinet *' iibersetzt. Das sa zu Anfang 
von 1. 13 dient natiirlich, wie so oft, dazu, den Genitiv localis 
zu bezeichnen (cf. z. B. Annalen Aiur-ndsir-apaV Sy col. II, no), 
" Bit-Sinmdgir im Seelande." Wie ich in O, B, I. p. 39 be- 
merkte, lernen wir aus dieser Stelle ein neues " county " der 
babylonischen Provinz "das Seeland*' kennen. Fiir die iibri- 
gen soweit bekannten Staaten des eigentlichen Kaldi-Landes 
cf. Winckler, Unterstichungen, p. 51 f. 

Oppert hat den Anfang von 1. 12 nicht zu entziffern v^er- 
mocht, obwohl die Spuren iiber die Erganzung zu SAG keinen 
Zweifel lassen konnen. Uberdies gestattet uns die demselben 



ASSYRIACA. 33 

unbekannt gebliebene Parallelstelle auf dem Londoner Grenz- 
steine no. 103, col. II, letzte Zeile (Belser in B, A, II 
p. 191), hier mit absoluter Sicherheit zu sprechen. Das Ver- 
standniss der letzteren ist auch Peiser verschlossen geblieben 
(in Schrader's K, B, vol. Ill, i, p. 157), da er iibersetzt : **die 
Seite jenes Ackers ist bezahlt" (?). Fiir eine zweite Parallel- 
stelle verweise ich auf O. B, L part 11, wo ein neuer Grenzstein 
aus der Zeit des Marduk-ahi-irba^ Konigs von Babylon,^ ver- 
oifentlicht wird, auf dem wir col. I, 20 (sich auf das engste mit 
der eben besprochenen Stelle beriihrend) lesen : iipuruma 
SAG ekli is-iu-ma. Das letzte Wort auf col. II des Londoner 
Grenzsteines no. 103 ist also zu \is\-si'ina zu erganzen. Das 
Zeichen si ist (gegen Peiser) sicher, wie auch aus der Singular- 
form uttr-ma (col. Ill, 2) resultiert. Was bedeutet aber die 
Redensart, wie ist vor all em SAG zu lesen } 

i) Die Parallelstelle auf dem Londoner Steine giebt uns die 
erste Andeutung zu einem richtigen Verstandniss. Trotz der 

^ Aus palaeographischen und anderen Grilnden jedenfalls der Dynastie von 
Pashe angehorig. Mit diesem neuen Namen ist die LUcke der Konigsliste um 
ein weiteres StUck ausgefiillt. Entweder war der Konig einer der noch fehlenden 
drei Herrscher dieser Dynastie, oder — was mir wahrscheinlicher scheint — der 
neunte der Reihe, der ja mit Marduk anting, wenn anders Delitzsch Recht behalt, 
dass der zweite Bestandteil des Namens " nicht zir^ dagegen vielleicht mu^ viel- 
leicht auch lil sein " kann. Cf. Assyriologische Miscellen, p. 187. Der Text ist 
auch anderweitig von Interesse. Da er z. B. die phonetische Schreibung Ka-an-di 
als Namen eines Kassiten enthalt, diirfte die Lesung Kan-da} resp. Kan-de (statt 
GarC) fiir den Stifter der dritten babylonischen Dynastie ziemlich sicher sein. 
Neben einem AaJId (Eigenname) wird hier ein Chabiraer (Ha-bi-ra-ai) erwahnt. 
Dieser Umstand macht Jastrow*s Annahme (American Journal of Biblical Litera- 
ture^ vol. XI, pp. 95-124), dass die Habiri der El-Amama Tafeln mit dem 
Hebraischen Stamme 1DD zu identificieren seien, unmoglich und erhebt Halevy's 
Hypothese fast zur Gewissheit, dass die auch auf den El-Amarna Tafeln neben 
den Kaii erwahnten (Berlin, 103, 31 und 33) Habiri mit den ersteren verwandt 
sind, d. h. eben mit den babylonischen Kassiten zusammengehoren. [Soeben 
kommt die jiingste Nummer von Recueil de travauxy vol. XVI, in Philadelphia an 
und wird mir von meinem CoUegen Jastrow in liebenswiirdigster Weise sofort zur 
Verfiigung gestellt. Ich ersehe daraus, dass auch Scheil, p. 32 f. diesen Text be- 
handelt und zum Teil dieselben Schlussfolgerungen zieht. Neben mehreren 
anderen ist ihm 1. 14 (den Konigsnamen enthaltend) obscur geblieben.] 



i 



34 ASSYRIACA. 

Verstiimmelung desselben auf col. II geht Folgendes daraus 
hervor : Der Besitzer eines Grundstiickes [welches urspriing- 
lich einem gewissen Takil-afui-iiisu (= " vertrauend auf seinen 
Gott '*) gehort hatte, aber nach dessen Tode an seinen Bruder, 
eben jenen damaligen Besitzer iibergegangen war] klagt wegen 
lo gur ** Saatfeld/' welches von einem gewissen Bildni gekauft 
worden war, aber urspriinglich jedenfalls zu jener Besitzung 
gehorte, und nicht hatte verkauft werden sollen. Konig 
Rammdii-him-usur (vielleicht auch mit Peiser Rammdn-nddin- 
iiimu zu lesen), um eine gerechte Entscheidung zu fallen, 
sendet einen Commissionar in Begleitung des Klagers ab. 
"Dieser brachte das SAG jenes Feldes und stattete dem 
Konig Ravimdn'Simi'tisur seinen Bericht ab." Daraufhin er- 
teilt der Konig die lo gur Saatfeld dem Klager. Zu gleicher 
Zeit erteilt der Konig einem Beamten von Nippur den Auf- 
trag, das kuniik simi ekli, also die Thontafel, welche beim 
Kauf ausgestellt, vor Zeugen versiegelt und natiirlich in den 
Besitz des Bel^ni als des Kaufers iibergegangen war, herbeizu- 
schaffen. Die Sohne Beldni*s bringen sie {is ist sicher gegen 
Peiser !), und auch sie wird dem Klager ubergeben; jedoch lost 
derselbe das Feld regelrecht aus, indem er den Sohnen des 
Belani voile Entschadigung zahlt. Aus diesem Texte ergiebt 
sich also, dass das SAG ekli transportierbar war, dass es als 
Zeugniss bei Klagen dienen konnte, um friihere Gerechtsame 
nachzuwcisen, dass es eine Thontafel aber nicht war, da es 
davon unterschieden wird. Daraus schliesse ich, dass wir darin 
den Grenzstein zu sehen haben, auf dem der urspriingliche 
Thatbestand iiber die Ausdehnung des Feldes, seinen Besitzer, 
etc. eingeschrieben war. 

2) Dieses Resultat findet an unserem Texte selbst seine 
Bestatigung. Um den Zusammenhang zu verstehen und das 
Vergehen des Statthalters, das ja offenbar in den Zeilen 9-1 5a 
erzahlt wird, zu begreifen, miissen wir die in 11. 13-15 erhalte- 
nen drei Verba im Zusammenhang mit jenen Handlungen 



ASSYRI AC A. 3 S 

priifen, welche zu voUziehen am Schluss aller bekannten 
Grenzsteine die.Beamten ausdriicklich gewarnt werden. Es 
ist von vom herein wahrscheinlich, dass wir den drei Aus- 
driicken dort entweder wortlich oder annahernd so begegnen. 
Die Verba sind tsH-tqsus - ana pihdti tittr, Und in der That 
lesen wir z. B. iii R, 41, col. II (nur in umgekehrter Reihen- 
folge, weil dort vom grosseren zum kleineren fortgeschritten 
wird, genau wie auf unserem Steine oben, Rand und Rev. 
11. 1—2) 1. 10 ndra annd usassA 1. 6 kissata nisirta iiakkanu 
1. 2 ana pihdti utarru, Ahnlich in in R, 43 und in anderen 
Texten. Die drei Hauptverbrechen, in die sich alias andere 
erwahnte leicht eingliedern lasst, sind i) das Entfernen oder 
Verriicken des Grenzsteines, 2) die damit Hand in Hand 
gehende Beschadigung der Grenze, also Verkleinerung und 
Zerstucklung des Feldes, 3) das daraus resultierende und 
damit beabsichtigte Annectieren fremden Eigentums. Diese 
drei Handlungen erwarten wir billiger Weise auch in unserem 
Texte, zumal die Verba oifenbar auf jene Warnungen der 
Grenzsteine Bezug nehmen, zum Teil geradezu mit den daselbst 
gebrauchten Phrasen identisch sind. Denn ana pihdti turru 
stimmt genau auf beiden iiberein ; kissata nisirta isakkanu ist 
augenscheinlich auf dem vorliegenden Steine durch 1. 14 
\ni''H-^er ziri iksus beabsichtigt, und ndra annd usassu (wof iir 
wir Grenzstein no. 103, col. V, 39-42 kudurri ekli iu'dtu 
uiakkani lesen) entspricht jedenfalls (in Ubereinstimmung mit 
dem unter i Bemerkten) den Zeilen 12-13 unseres Textes : 
SAG ekli . . . . iisi, Setzen wir demgemass die als wahr- 
scheinlich gewonnene Bedeutung von 5-^6"= "Grenzstein" 
ein, so erhalten wir die logisch richtig aufeinander folgenden 
Handlungen i) 11. 12-13: Ekarra-iktsha hat den Grenzstein' 
hinweggenommen, 2) 1. 14 : hat darauf Verstlicklung des 
Feldes vorgenommen, indem er einen Teil abtrennte, 3) hat 
diesen losgetrennten Teil saecularisiert. Wir sehen, von einem 
"Abemten** (Oppert : "omnes segetes messus est" = "en 



36 ASSYRIACA. 

moissonna toutes les r^coltes ** et les adjugea au domaine pro- 
vincial) ist nicht die Rede. Die Spuren auf meiner Copie und 
dem Original machen die Lesung mimma Oppert's in Obv. 14 
iiberdies unmoglich, und Rev. 10 wird ja auch nicht berichtet, 
dass der Statthalter das abgemahte Getreide wieder herausgab, 
sondern vielmehr das Feld selbst, das er also zuvor geraubt 
haben musste. 

3) Unter den bekannten ideogrammatischen Werten von 
SAG ist aber nur einer, der bestandig in Verbindung mit Fel- 
dern vorkommt (cf. Belser in B. A, II, p. 134 f.) und zugleich 
seiner Bedeutung nach hierher passt, namlich bAtu^ wie Briin- 
now, List 351 1, sehr richtig transscribiert.^ Es wiirde zu weit 
fiihren, wollte ich die sehr verwickelte Frage iiber die Schrei- 
bung und Bedeutung des bAdj bAt, bu-ut-ti^ bu-tiy etc. der 
babylonischen Contracttafeln an dieser Stelle behandeln. Um 
alien geausserten Meinungen gerecht zu werden, musste eine 
besondere Abhandlung — die sehr zeitgemass und erwiinscht 
ware — dariiber geschrieben werden. Ich summiere daher nur 
meine Resultate. Im grossen und ganzen stimme ich fiir die 
sogenannten Contracte mit der von Tallquist {Die Sprache der 
Contracte NabAnd'id's, p. 12 f.) vorgetragenen Ansicht iiber- 
ein, die wohl auch von Delitzsch {B. -^. I, p. 206) vertreten wird. 
Ich halte es zunachst fiir sicher, dass eine Masculinform bAdu 
und ein Femininum bAtu = bAttu = bAd-tiiy von derselben 
Wurzel lyD "dazwischen sein" (Hupfeld) abgeleitet, als 
"Urkunde" (mit ihren verschiedenartigen technischen Neben- 
bedeutungen = " Vertrag, Quittung, Forderung," etc.) neben 
einander in der babylonischen Contractliteratur vorkommen. 
Zweifelhaft konnte sein, ob diese allgemeine Bedeutung 
** Urkunde " als das ** Zwischenglied zwischen zwei Personen, 
Verbindung*' (Tallquist) bezeichnet ist, oder ob dieselbe sich 

1 Gegen Delitzsch und Belser (B. A. II, p. 134 £.; B.A. I, pp. 203 und 205), 
welche, well das Wort mit aram. X^p2» K^p'iE " Weite, Breite " identificierend, die 
Wurzel mit D ansetzen zu miissen glauben. 



ASSYRIACA. 37 

erst aus der **des Grenzsteines/' als einer Urkunde, entwickelt 
hat. Jedenfalls haben beide Worter (masc. wie fern.) daneben 
auch die Bedeutung "Grenze/' so benannt als **das zwischen 
zwei Feldern liegende." Diese Bedeutung findet sich beson- 
ders haufig in den historischen Inschriften, in der Redensart 
ifia btidy wo man gewohnlich **gegenuber '' (Peiser in Schra- 
der*s K,B, I, p. 154 : inapu-ut) oder "am Eingang" (Delitzsch, 
A, G. ^ Si : pU'tit) iibersetzt, z. B. Saint, Mon, col. I, 25 : ina 
bt}d dlisu "an der Grenze, am Rande, i.e, vor seiner Stadt/* 
besonders iii R, 5, no. 6 : Santm ubdn ladi sa b{id Labndna 
" der Sanir, ein Berggipfel an der Grenze (am Rande) des 
Libanon." Als fem. kennen wir das Wort aus Hunderten von 
Stellen, wo von der ** Breitseite eines Feldes '* die Rede ist. 
Wie, fragt man, ist das Wort zu dieser Bezeichnung als termi- 
nus technicus einer bestimmten Grenzlinie gekommen } Wo 
immer btitu diese 'Bedeutung hat, steht es der Regel nach in 
Verbindung mit siddu, und zwar im Gegensatz dazu. Cf. da- 
riiber Belser in B, A, II, p. 134 f. Indessen auch iiddu 
bedeutet urspriinglich nicht, wie Belser annimmt, die Langseite 
eines Feldes, im Gegensatz zu dessen Breite, sondern "Lange,*' 
iiberhaupt, kann demnach von irgend etwas, das eine solche 
hat, also auch von der Breitseite eines Feldes, die ja ihre Aus- 
dehnung in die Lange hat, gebraucht werden. Besonders lehr- 
reich ist hierf iir Peiser, Keilschriftliche Actenstiickey I, 1 7 und 
19, wo US=iiddu von alien vier Seiten des Feldes gesagt 
wird. Cf. auch die von Belser citierte Stelle 11 R, 38, 4-7d. 
Friihzeitig verwertete man jedoch siddu zur Bezeichnung einer 
bestimmten " Lange," namlich im Gegensatz zur Breite eines 
Gegenstandes fiir dessen Langseite, wahrend bAtu nunmehr als 
terminus technicus fiir *' die zwischen zwei solchen Langseiten 
befindlichen Grenzen," d. h. ihre " Breitseiten,*' gebraucht 
wurde. 

Neben der mehr abstracteren Bedeutung "Grenze, Rand, 
Seite," und besonders die "Breitseite" eines Dinges, hatte 



38 ASSYRIACA. 

das Wort aber noch eine concretere (vielleicht urspriingliche) 
Bedeutung, namlich den zwischen zwei Feldem aufgestellten 
** Grenzstein " oder " Grenzpfahl." In anderen Worten, wir 
haben die beiden Bedeutungen "Grenze** und " Grenzstein *' 
in bAtu ebenso vereinigt, wie sie uns fiir kudurru langst be- 
kannt sind. Dieses ergibt sich auch aus den urspriinglichen 
Bildern der fiir bAtu gewohnlich gebrauchten Ideogramme. 
Durch SAG wird es als der oben zugespitzte "Grenzpfahr* 
(das oberste Zeichen in Amiaud et M6chineau, Tableau Compart, 
no. 221, muss nach rechts herum aufrecht gestellt werden) 
bezeichnet, durch ZI (Briinnow, /. c. 2307) als der (aufrecht- 
stehende) "Rohrzaun."^ ZAG (Briinnow, L c, 6487 f.), das 
durch bAdu und bAtu nacheinander in v R. 29, 55 und 56 a 
erklart wird, bezeichnet die "Grenze** offenbar nur als "die 
Seite'* eines Gegenstandes (das urspriingliche Bild ist mir 
nicht klar). Aus alle dem diirfte hervorgehen, dass die in 
meiner Ubersetzung fiir bAtu angenommene Bedeutung ** Grenz- 
stein*' gerechtfertigt und durch Parallelstellen begriindet ist. 

1 5. Ana pihdti utir = " er brachte wieder an die Statthalter- 
schaft,'* d. h. *' er saecularisierte das Feld *' (Jensen). Pihdti ist 
mit seinem gewohnlichen Ideogramme NAM geschrieben. Da 
das correspondierende Keilschriftzeichen an anderen Stellen 
(besonders in assyrischen Texten) vielfach Hmtu zu lesen ist, 
kommt Belser {B. A, II, p. 153) zu der Uberzeugung, dass man 
auch fiir die obige Redensart bei ** der iiblichsten Bedeutung 
von NAM, namlich i/;///« = Bestimmung, Schicksal stehen 
bleiben " und demgemass ana Hmti turru oder manA mit "dem 
Schicksal iiberlassen" (s. v. a. unser deutsches "preisgeben'*) 
wiedergeben soUe. Zur Begrundung seiner Ansicht verweist 
er auf "die Sinn-Parallele " iv R, 45, 17, ana sahlukti imanA 
"der Vernichtung, dem Verderben preisgeben." Diese im 

^ Cf. das Ideogramm fiir kudurru^ das bereits von Flemming, Nebukadnezar 11^ 
p. 23, richtet als "Grenzpfahl" (NIN-GUB^ Bninnow, /. c. 12068, eigenUich als 
etwas " Aufrechtstehendes " oder " Festgesetztes ") erklart wurde. 



ASSYRIACA. 39 

bewussten Gegensatz zu Job. Jeremias' ricbtiger Ubersetzung 
{B. A, I, p. 277) aufgestellte und von Jensen (Z. A. VIII, p. 221, 
Anmerk. 4) nocb als moglicb anerkannte Auffassung ist aus 
folgenden Griinden definitiv aufzugeben : 

1. Belser's Vergleicb von iii R, 41, col. II, 2 mit iv R, 
45, 17 ^ binkt. An letzterer Stelle ist von einem Gedenk- 
steine die Rede, der nicbt vemicbtet werden, in in -/?. 41, 
col. II, 2 dagegen (wie an unserer obigen Stelle) von einem 
Stuck Landy an dem nicbts Gesetzwidriges veriibt werden 
soil. Der Abscbnitt, mit dem die Stelle aus iv R, wirk- 
licb als " Sinnparallele " gelten muss, folgt erst col. II, 
9-12. Dass aber aucb die Redensarten selbst, obne 
Bezugnabme auf ibre verscbiedenen Object e, spracblicb 
keine "Sinnparallele,** also ana Hmti manA nicbt synonym 
von afia iahlukti manii sein kann, lasst sicb ebenfalls 
leicbt erweisen. 

2. Obne Zweifel bat sicb namlicb Belser zu seiner Auf- 
fassung dadurcb verleiten lassen, dass ittntu in mancben 
Redensarten vom menscblicben Tode gebraucbt wird, so 
z. B. wenn wir Strassmaier, Nabonidus 356, 23 lesen 
muta'a itmium Abil "meinen Mann raffte das Gescbick 
(=Tod) binweg*' oder Amu Nddinu ana Hmtum ittalku^ 
"wenn Nidin gestorben ist" (Strassmaier, L c. 380, 5). 
Aber itmtu kann bier frei durcb **Tod'' (und nocb 
freier wobl aucb durcb "Verderben") iibersetzt werden, 
nicbt sowobl weil der Tod die Vernicbtung, das Verderben 
des pbysiscben Lebens ist, als vielmebr, weil er das alien 
Lebewesen von den Gottern festgesetzte gemeinsame 
Sckicksaly d. b. ibre Bestimmung icar i^o^vv ist. In Wabr- 
beit bebalt also aucb bier iimtu seine etymologiscb allein 
zu recbtfertigende Bedeutung "Bestimmung, Gescbick." 

1 Alte Ausgabe = iv /^.^ 39, Rev. 

2 Das u ist notwendig (gegen Peiser, Babylonische VortrdgCy p. 36, Anmerk. 2), 
da das Verbum im verkiirzten Relativsatze (= iimu ia N, ittalkU) steht. 



I 



40 ASSYRIACA. 

Wird das Wort aber ausserhalb dieser einen Redensart 
(wo das allgemeine Wort "Geschick" von vielen 
Sprachen an Stelle des bestimmten ** Todes " euphemis- 
tisch gesagt wird) gebraucht, so nimmt das an und fiir sich 
neutrale itmtn zur naheren Charakterisierung seines In- 
haltes (ob gut oder bose) im Assyrisch-Babylonischen der 
Regel nach ^ noch ein Adject iv oder eine andere Bestim- 
mung zu sich. Cf. oben Rev. i8: baldti ; v R. 3, 38 : 
damiktim; v i?. 64, col. I, 5 : iarrAtu; v/?. 2, 21 : mAsi^, 
Aus dem Gesagten ergiebt sich zweierlei, namlich dass man 
nicht wohl von einem Acker Hmtu allein ohne nahere An- 
gabe der Art dieses Looses sagen kann, weil ja nicht der 
Acker allgemeines Loos Verwiistung, als der ihnen bevor- 
stehende Tod, oder Verderben ist, sondern vielmehr ihre 
Ausniitzung seitens der Menschen, besonders in dem 
dichtbevolkerten und fruchtreichen Babylonien, wo jeder 
ZoU fiir Ackerbau oder Viehzucht verwertet wurde. Es 
erhellt aber auch, dass wenn man durchaus ana itmtisina 
turm (inanA) an obiger Stelle transscribieren will, man 
diese Redensart nur ubersetzen kann: "wer jene Acker 
ihrer Bestimmung iibergiebt " (iii /?. 41, col. II, 2), in 
anderen Worten, in Ubereinstimmung mit der in den Ur- 
kunden getroffenen Bestimmung, "fiir alle Zeiten" sie 
ihrem Eigentiimer erhalt, keinesfalls aber (indem man den 
Begriff des "Verderbens ** erst hineinschmuggelt) sie 
ihrem Eigentiimer wegnimmt. Denn das liefe ihrer aus- 
driicklich in der Urkunde angegebenen Bestimmung ab- 
solut zuwider. Eine solche Ubersetzung wird aber durch 
den Zusammenhang unmoglich. 

3. Aber nach Belser ist simtii als die iiblichste Bedeu- 
tung des Ideogrammes NAM anzusehen, und dem keil- 

1 Natiirlich nicht an solchen Stellen wie K. 5419, %\ \ R. 54, col. II, 54-55 und 
ahnlichen, wo die Rede ist, dass die Gotter (oder eine bestimmte Gottheit) alle 
Geschicke der Menschen — ob gut oder bose — bestimmen. 



ASSYRIACA. 41 

schriftlichen Gebrauch sollte eine gewisse Rechnung 
getragen werden. Ich will hier unerortert lassen, ob 
Belser's Annahme betreffs des Gebrauches von NAM fiir 
die Keilschriftliteratur im allgemeinen richtig ist, weil 
diese unerwiesene Hypothese unsere gegenwartige Unter- 
suchung wenig beriihrt. Von relativer Wichtigkeit fiir 
uns ist nur die Frage : welche Bedeutung hat NAM^ 
wenn es ideographisch gebraucht wird, in dem uns vorlie- 
genden beschrankten Zweige babylonischer Literatur, in 
den Kudurru-Inschriften und verwandten Texten ? Sehen 
wir uns nun daraufhin die veroffentlichten Kudurru- 
Inschriften an, so kommen wir zu einem Resultate, das 
gerade das Gegenteil von Belser's Behauptung beweist : 
NAM findet sich iSmaP in denselben ideographisch 
gebraucht, und zwar i /mal fiir das Wort pihdtu ^ und 
nur einmal (in R, 41, col. II, 17) fiir itmtu, Natiirlich 
begegnen wir dem letzteren Worte ofters in den Kudurru- 
Inschriften, aber es ist bemerkenswert, dass es sonst stets 
phonetisch (und einmal NAM-TAR) geschrieben wird. 
Ahnlich ist das Resultat fiir die mit dieser Classe von 
Texten auf das engste zusammenhangenden Verkaufs- 
urkunden von Grundstiicken in Strassmaier*s trefflichen 
Publicationen (cf. auch Tallquist, /. c. p. xii, 4b), in denen 
sich simtu nur phonetisch geschrieben, dagegen pihdtu 

1 Selbstverstandlich habe ich die zwei Stellen nicht mitgezahlt, an denen es im 
obigen Zusammenhange, ana NAM turru, vorkommt, weil die Bedeutung dieser 
Redensart zunachst noch als unerwiesen zu gelten hat und erst durch einen Ver- 
gleich mit anderen Stellen gewonnen werden soil. 

2 Za^aleh-Stein^ col. II, 14; III R. 43, col. II, 4, 8, 23; col. Ill, 9; in R. 45, 
No. 2, 3 und 4 (cf. Belser*s Ausgabe in B. A. II, p. 163) ; iv R,^ 38, col. I, 5, 17, 
28 ; Berliner Stein von Merodachbaladan 11^ col. V, 3 (cf. Delitzsch in B. A. II, 
264) ; Grosser Freibrief Nebukadrezar* s I, col. II, 19 (im kleinen kommt es nicht 
vor, ebensowenig wie im Michaux-Steine) ; ferner die von Belser {B. A. II, 165- 
203) veroffentlichten Grenzsteine No. /o/, col. I, 6 ; No. 102^ col. IV, 8 ; VI, 21 ; 
No. /oj, col. Ill, 23, 42. In III R, 41 kommt es ausser in der fraglichen Redens- 
art nicht vor. 



t 



42 ASSYRIACA. 

entweder phonetisch (z. B. Nabonidus 178,2; 203, 2) oder 
mit iV^i^ ideographisch (z. B. Nabonidus 116, 3 ; 964, 2 ; 
Nabuchodomsor 135, 2) geschrieben findet. Ja, man darf 
noch weiter gehen. Es ist mir aus den gesammten neo- 
babylonischen Contract-Publicationen Strassmaier's und 
Peiser's auch nicht eine Stelle bekannt, in der NAM als 
Ideogramm f iir Hmtu stande, dagegen eine ziemliche An- 
zahl von Stellen, in denen es ideographisch fiir pihdtu 
steht. 

4. Daraus diirfte sich zunachst ergeben, dass wir auch 
fiir unsere Redensart, wenn sonst nichts dagegen spricht, 
bei " der iiblichsten Bedeutung von NAM'' in Verkauf s- 
und Schenkungsurkunden, ja in Contracten iiberhaupt, 
namlich pihdtu (nicht simtu) stehen zu bleiben haben. 
Diese Ubersetzung wird aber geradezu gef ordert durch eine 
Betrachtung der zwei von Belser bereits erorterten Stellen 
und der obigen durch O. B. /. hinzugekommenen, namlich : 

a) In V /?. 61, col. VI, 40 durch den Zusammenhang. 
Es heisst dort : "wer (als Herrscher) die Schenkung 
Konigs Nabii-aplu-iddina einem andern schenkt,^ ana 
NAM imanH, oder sich selbst zuwendet." Das diesen 
drei Satzen gemeinsame Object ist das 1. 35 f. an die 
Spitze gestellte nidinti iarri NabA-aplu-iddina^ Man^, 
turruy sardku stehen hier als Synonyma von einander, wie 
an anderen Stellen. Es ist also von einem unrechtmassi- 

1 Das nun folgende ina libbi akdli nulurrd ildkanu ist dazu Chil-Satz : " (eben 
dadurch) von den Speisen (nicht den von dem Konig jetzt erst gestifteten, sondem 
von den Speisen, die der Gott iiberhaupt hat, und zum Teil schon vor des Konigs 
Schenkung besass, cf. col. II, 29-II, 16) einen Abzug machend," indem er die von 
Konig Nabii-aplu-iddina geschenkten ganz fortnimmt. Denn nusurrd will nicht 
die vorhergehende Zeile beschranken im Sinne von "nicht einmal einen Teil 
der neu geschenkten Speisen fortnehmen," sondem bezieht sich auf die Gesammt- 
einkiinfte des Gottes. Jeder folgende Herrscher wird gewamt, den Gesammt- 
einkiinften des Gottes irgend welchen Schaden zuzufiigen, indem er des Konigs 
Nabii-aplu-iddina Stiftung davon abzieht. 

^ Gegen Joh. Jeremias (B, A. I, p. 277, 1. 40). 



ASSYRIACA. 43 

gen Schenken seitens eines Nachfolgers des Konigs die 
Rede an "einen andern, an NAM oder an sich selbst/' 
Was in aller Welt soil hier die mittlere Phrase, welche im 
Gegensatz sowohl zur eigenen Person als einer andern 
Person steht, anders bezeichnen als das " Zuerteilen an 
den unpersonlichen Staat, resp. Fiscus '* ? Denn NAM 
hat keine andere hierher passende Bedeutung. 

b) In III R. 41, col. II, 2 durch die unmittelbar mit 
lu'lu " sei es — sei es ** (" entweder — oder '*) in 11. 3-5 an- 
gefiigte Erkl^rung. Es heisst dort : " Ein Beamter, wel- 
cher jene Felder ana NAM-iina utarruy sei es (d. h. indem 
er sie) einer Gottheit oder dem Konige oder dem Vertre- 
ter des Konigs (d. h. dem Statthalter selbst) oder dem 
Vertreter des Statthalters oder dem Vertreter seines 
Rathauses oder irgend einem andern schenkt." Hier 
besteht also das ana NAM utarru in dem gewaltsamen 
Besitzergreifen eines Grundstiickes seitens eines " Ober- 
hauptes von Btt-Hanbi," d. h. in dem willkiirlichen Miss- 
brauch der einem Statthalter durch seine officielle Stel- 
lung ^ gegebenen Macht, indem er jenes Land annectiert 
und dariiber nach Gutdiinken verfiigt, sei es, dass er es 
sich selbst, oder einem andern Beamten (ja irgend einem), 
oder dem Staate (ausgedriickt durch dem Konige, als 
dem Repraesentanten des Staates) oder einer Gottheit 
schenkt." In anderen Worten das ana NAM turru hat 
abermals mit einem Machthaber, als dem Herrn Aqs pikdtu=^ 
" Bezirkes," in dem die Felder liegen, zu thun ; und wie 
in der andern Stelle gestaltet sich dieses turru abermals 
als ein ungesetzmassiges Verfiigen, Schenken. Nur wird 

1 Von einer Privatperson wird die Redensart nie gebraucht, obwohl doch, wenn 
Belser's Ubersetzung richtig ware, irgend eine Person gelegentlich einmal irgend 
eine Sache "preisgeben" konnte. Aus diesem Grunde kann nicht wohl in der 
Zeile am Rande der Inschrift Bel-nidin-apli's (cf . oben die Transliteration) manama 
(Oppert), gestanden haben, sondem ein Berufsname muss als Subject erganzt 
werden. 



44 ASSYRIACA. 

der Begriff noch erweitert. Der Statthalter begniigt sich 
nicht damit, das Land in seiner Machtstellung fiir den 
Staat einzuziehen, sondern er geht einen Schritt weiter 
und verftigt dariiber wie iiber personliches Besitztum. 
Man sieht, von einem preisgeben im Sinne von "verderben'* 
ist auch hier nicht die Rede. 

c) An unserer Stelle durch die Thatsache. Im obigen 
Texte ist der Fall eingetreten, dass die That des ana 
NAM UiiTii wirklich begangen ist. Ein Statthalter ist 
der Schuldige, genau wic wir nach dem Bisherigen er- 
warten, und die That wird dadurch wieder gesuhnt, dass 
der Statthalter^ das annectierte Feld seinem friiheren 
Besitzer herausgeben muss. Daraus diirfte sich doch 
ergeben, dass die Missethat des ana NAM turrti eben in 
diesem gewaltsamen Besitzergreifen des Statthalters be- 
standen hat. 

15. estardtu " die Gottinnen/' vom Singular estaritu S, 954, 
Obv. 4 ; cf. Asurban. col. IV, 88. Gewohnlicher ist der Sin- 
gular ohne feminine Endung istary z. B. v R. 34, col. II, 54. 
Cf. Zimmern, Babyl. Bicsspsalmeriy p. 40. 

16. Litsdhi = **sie mogen ihm beistehen." Zu dem d = 
Vokal (an Stelle des zu erwartenden A = Vokals), der sich 
besonders gern in den Wunsch- und Fluch-Formeln der In- 
schriften findet, cf. 11. 18 und 20; ferner Hilprecht, O. B. I. 
pi. 2, 11. 20, 23 ; Inschrift des Konigs von Guti (Winckler in 
Z. A. IV, p. 106 ; Hilprecht, O. B. I. pp. 12-14; Jensen in 
Z, A, VIII, p. 238-241), 11. 23, 26, und Delitzsch, A, G. § 90, c. 
Litsd ist durch Synkope aus litdsd entstanden, wie atrad^ 
(Salm, Obel, 1. %%) aus und ncben at-ta-rad (ib. 1. lOi), tiUicn 
(v R, 62, col. I, 26) aus litdnen = titannefiy tisbdknni (= tcsbdku + 

1 Sowohl der Missethater selbst als dessen nachster Vorgesetzter, der Gouver- 
neur der Provinz des Meerlandes, innerhalb deren Bit-Sinm4gir als ein "county" 
liegt, erhalten den Befehl, den status quo wiederherzustellen. 

2 Nach Winckler in Schrader's JC. B. I, p. 138, Anmerk. soli hier wieder ein 
Versehen des Schreibers vorliegen. 



ASSYRIACA. 45 

nif Salm. Obel. 1. 147 und ofter) aus usubdku ^ussubdku = ut- 
subdku = uthibdku = utdsubdku = utassubdku (Permansiv 112).^ 
Bekanntlich ist diese Synkope eines betonten kurzen d im 
Infinitiv-Permansiv und Imperativ des Stammes Ig etwas ganz 
gewohnliches, sie ist aber gelegentlich auch in die anderen 
Formen eingedrungen. Cf. Delitzsch, -^. G, § 88, b; 104, An- 
merk. zu Ilg, und § 37, Ende.^ Als Beispiele dieser Synkope 
sind vielleicht auch einige Formen zu betrachten, welche von 
Delitzsch anders aufgefasst sind. Derselbe bemerkt ziemlich 
gegen Ende von A. G, ^ 100: ** Von nseziz aus scheint dann 
wieder ein Infinitiv uzuzu " stehen " und ein Particip muzziz 
gebildet worden zu sein/' Ich glaube aber kaum, dass mein 
um den Auf- und Ausbau der Assyrischen Grammatik so hoch 
verdienter Lehrer und Freund mit dieser Erklarung das Rich- 
tige getroffen hat. Ich wenigstens halte diese Art der Bildun- 
gen fiir unmoglich und erklare uzuzu^ entstanden aus uzzuzu = 
utzuzii = titdzuzu = utazzuzuy^ also Inf. Ilg und muzziz = mutziz 
= m7ctdziz = fnuttdziz (also Synkope von a mit gleichzeitiger 
Aufgabe der Verdopplung des vorgehenden Consonanten, 
Delitzsch, A.G.^n^ c), als Particip Ig rts^,=^mutiazziz (Parti- 

1 Nach Abel und Winckler, Keilschrifttexte (Worterverzeichniss) ware die 
Wurzel -pX = abdku // 

2 Doch mochte ich nicht mit Delitzsch an letzterer Stelle Synkope eines langen 
Vocals annehmen, well ich mir nicht recht vorstellen kann, dass ein betonter langer 
Vocal im Assyrischen ganz verschwinden kann und ziehe es daher vor, von der 
Form usanziz = uiazziz ausgehend, zwei verschiedene Bildungen anzunehmen, 
einerseits mit Auflosung der Verdopplung und Verlangerung des vorhergehende;i 
Vocals u}dziz=^u}izizy andererseits mit ungenauer Schreibung, resp. Aufgabe der 
Verdopplung aber Beibehaltung des kurzen Vocals usdziz = usziz. In gleicher 
Weise entwickle ich die Form rdmnu nicht aus rdfnd(i)nuy sondern aus rdmannu = 
rdmdnu = rdmnu, etc. 

• Es findet sich z. B. auch in dem schonen Istar-Psalm S. 954 (Delitzsch, 
A. Z.* p. 134, ff.), wo es heisst i. Ni^r }ami(e) id ktma ildtim ina mdtim nappd 
(Permansiv IV, i von TDI) atttma, 2. iUaritum ina irsiti ina uzuziki, 3. la klma 
irsitim lutugat attima, 4. kdsi suli kitti ikdrabki, 5. ana bit amelim ina eribiki, etc. 
Fiir die folgenden Zeilen cf. Jensen, Kosmologie, p. 489. 

* Fiir den Wegfall des ^ in den Infinitiven I2 und II2 cf. Delitzsch, A, G, 
§ 49, Ende. 



46 ASSYRIACA. 

cip II2), wozu auch die Bedeutung "sich stellen" (Reflexiv 
des Pa'el) = " treten " passt, — oder vielleicht als Pa*el-Formen 
^uzzuzuy resp. mu(a)zziz gebildet nach Analogic der Verba 
primae gutturalis.^ Die Wurzel, zu der litsd als \ gehort, ist 
as{iy nDN = "helfen, heilen, unterstiitzen," wovon dsii "der Artz" 
(Delitzsch in B. A, I, 219), dsttti "die Arztin*' (Beiname der 
Gula, in iii i?. 41, col. II, 29) : dsltu gallatu "die grosse Arztin" 
(cf. dariiber Belser in B.A, II, p. 147), wovon auch tisdtu "Hiilfe** 
{ftidly als das Product der Handlung), gern zu Bildungen von 
personlichen Eigennamen verwertet, cf. Bil-usdtu (Strassmaier, 
Nabuchodonosor 58, 9) oder mit Abwerfung der Nominativendung 
ibidem 54, 14. Die Wurzel HON liegt auch einem Worte 
zu Grunde, dem wir wiederholentlich im Assyrischen und 
Babylonischen begegnen, das aber gewohnlich anders erklart 
wird, ich meine die Praeposition is-siy geschrieben auch i-si, 
Delitzsch halt dies Wort offenbar fiir identisch mit ittiy wie aus 
seinem Hinweis auf die vielleicht auch im Assyrischen einst 
vorhanden gewesene Aussprache von HD-I^D als Spiranten 
(§ 43) hervorgeht. Ich will die Moglichkeit der zuerst von 
Haupt aufgestellten Hypothese nicht bestreiten (cf. Meissner, 
Altbabyl, Privatrecht, p. 107, no. 9), bestreite aber auf das 
entschiedenste, dass irgend eines der von Haupt-Delitzsch- 
Pinches aus den Assyrischen Inschriften angefiihrten Beispiele, 
in denen sich "ab und zu die historische Schreibweise zu 
Gunsten der lebendigen Aussprache durchbrochen'* haben soil, 
beweiskraftig ist. Schon der Umstand, dass mcuassu gerade bei 

^ Das letztere halte ich jedoch aus demselben Grunde fiir unwahrscheinlich, 
den Delitzsch gegen die Auffassung von uMziz als Analogiebildung (§ 100, cf. 
§ 52, Anmerk.) geltend macht. So lange man eine Form ohne Zuhiilfenahme der 
Analogie erklaren kann, ist es jedenfalls das sachgemasseste, sich derselben zu 
enthalten. Jastrow's Annahme eines Infinitivs uzHzu (das u-zu-uz-zu iv /?. 5, 
col. I, 67 steht vielmehr in halber Pausa, Delitzsch, A. G. ^ 53, c) ist unberechtigt 
{A Fragment of the Babylonian ^* Dibbarra*' Epic,"^. 22). Und der Inf. Pa'el 
" ought " not " to be written uzzuzu" sondem nuzzuzu. Cf. die Permansivformen 
nussu/kUf nummuru in Meissner und Rost, "Die Bauinschriften Sanheribsy** p. 12, 
11. 15 und 16. 



\ 



ASSYRIACA. 47 

Asurbanapal, also in der Bliitezeit assyrischer Literatur, vor- 
kommt (nicht aber bei Asurnasirapal oder in solchen anderen 
Texten, wo uns das Vulgar-Assyrische besonders entgegen- 
tritt), hatte dessen Gleichsetzung mit ma'attu = ma'adtu ver- 
hindem soUen. Gegen issi = iiii speciell spricht der Umstand, 
dass das Wort sowohl bei Asurnasirapal als in iv R,^ 6i in 
demselben Texte mit itti vorkommt, dass auch in der Brief- 
literatur, wo es sich am haufigsten findet, beide neben einander 
gebraucht werden. Die bekannte Stelle iv R} 6i, 22-23, b, 
welche gewohnlich gelesen wird : 60 ildni rabAti is-si-ia it-ti 
baldtsu ittassarAka=^*6o grosse Gotter, meine Heifer (= tiklVa; 
im Singular weil Apposition, Delitzsch, A, G, § 124) werden 
(ein jeder) mit seinem Leben Dich beschiitzen *' bleibt 
besser hier unberiicksichtigt, da gerade an Stelle von issi'a itti 
baldtsuj wo issi und itti unmittelbar nebeneinander stehen wiir- 
den, eine ganz andere Transscription (fiir itti baldtsu) moglich 
ist. Die einfachste Erklarung bleibt jedenfalls, dass issi 
genau so von HDX gebildet ist, wie itti von nPN (Delitzsch, 
Prolegomena^ p. 115). Bedeutet ittihc demgemass urspriing- 
lich "seine Seite," i.e. "an seiner Seite, mit ihm,'* so bedeutet 
issiiu zunachst "sein Heifer, sein Beistand," i.e. ebenfalls 
"mit ihm.*' Ebenso wenig beweiskraftig fiir die Aspirations- 
Frage sind natiirlich die von Tallquist, Die Sprache der Con- 
tracts NabAna'id^Sj p. 2 (unten) beigebrachten zwei Beispiele, 
einfach darum, weil die beiden Verbalformen iiberhaupt nichts 
mit der Wurzel "lin zu thun haben. 

19. sandti mtiari kann hier kaum mit Oppert als "annos 
justitiae = ann6es de justice" iibesetzt werden, sondern dem 
Parallelismus wie Zusammenhang entsprechend, "Jahre des 
Gedeihens, Segens." Denn die Gerechtigkeit des Statt- 
halters, etc., wird ja gerade im Gegenteil als Vorbedingung (col. 
II, 14) fiir den Genuss von sandti misari gefordert. Die 
Bedeutung " Gedeihen *' muss mtsaru auch an anderen 
Stellen haben, und sie entwickelt sich ebenso aus dem 



£ 



48 ASSYRIACA. 

Grundbeg^iff des "gerade seins," wie die gewohnliche Be- 
deutung " Gerechtigkeit.'* Die segensreichen Jahre stehen 
hier an Stelle der aus den neo-babylonischen Bauinschriften so 
wohlbekannten Phrase hdbd litt&ti oder hbi littAtim, Mtiaru 
besteht also darin, dass die Jahre in korperlicher Gesundheit 
und im Genuss von ausseren Erfolgen hingebracht werden. 
Eben darum thut Winckler sehr recht, wenn er in den von 
ihm in Schrader*s K, B, iibersetzten Inschriften, littAtu mit 
le{i " stark sein ** zusammenstellt, statt der herkommlichen 
Ableitung von alddu (z. B. noch Bezold, ibidem^ p. 75, 1. 36). 
Cf. zum allgemeinen Verstandniss unserer Stelle i R. 69, col. 
Ill, 38-39 und den Schluss der Prisma-Inschrift Sargon*s. 

21-24. Ich gebe Oppert voUkommen Recht, dass ich mich 
in meiner Inhaltsangabe dieser Zeilen (O. B. I, p. 39) nicht 
correct genug ausgedriickt habe, dass ich vielmehr statt ** maU- 
diction " hatte sagen sollen " une exhortation ^ halfr le mal et 
4 aimer le bien." Aber wagte auch der Priester, aus Riick- 
sicht gegen seinen Statthalter, nicht, einen Fluch hinzuzu- 
setzen, indem er denselben in diplomatischer Weise zu einer 
blossen Phrase abschwachte — in seinem Innem hat er sicher- 
lich nach bekanntem babylonischen Muster ebenso herzlich 
geflucht, als seine " Fachgenossen '* in iii i?. 41 und 43 oder 
auf dem Freibriefe Nebukadrezar*s I. Denn er hatte doch 
noch ganz andere Ursache dazu als jene! Uber die Schreib- 
weise i statt ai werden wir uns kaum mit Oppert wundem, da 
vor der zweiten Person die Contraction von ai in i die Regel 
ist. Cf. Delitzsch, -^. C § 144 und desselben A. IVr 
p. 329 ff. 

20. ^ bili = **o Herr," moglichenfalls auch i bilt = "o 
mein Herr " zu lesen, da der Text die Natur des letzten Vocals 
nicht naher angiebt. Oppert liest itilni tiibA nddu nirtaniiu 
"notre seigneur, le prince auguste, nous le venerons." Die 
letzten Zeichen sind aber von Oppert, wie ich bereits in meinen 
Fussnoten zur Stelle bemerkte, falsch aufgefasst. Dort steht 



ASSYRIACA. 49 

keine Verbalform, zu welcher der Anfang der Zeile als voraus- 
gest elites Object gehorte (wir konnen iiberhaupt gar keine 
gebrauchen, da sonst das sa zu Anfang von 1. 22 unerklart 
bliebe !), sondem vielmehr das Ideogramm f iir sak(k)anakku, 
dessen wahre Etymologie Jensen (Z. A. VII, p. 174) erschlossen 
hat. Der Schluss der Zeile muss daher unter alien Umstanden 
lauten: iakkanak-ni iu, Damit erheben sich aber entschei- 
dende Griinde gegen die Beibehaltung von itihii am Anfang 
der Zeile als Parallelausdruck von sak{k)anakni. i) Jedermann 
wird ohne weiteres zugeben, dass der Ausdruck als Bezeich- 
nung des sogenannten Statthalters (der Priester brauchte ihm 
ja keine Haufung von devoten Titeln zu geben, da er nicht 
zugegen war) "unser Herr, der erhabene Fiirst, unser Statt- 
halter" sehr schwerfallig ware, besonders das zweimalige 
"unser." 2) Gegen eine solche Bezeichnung spricht weiter, 
dass der Vorsteher eines kleinen babylonischen Bezirkes (etwa 
eines "county") — dessen Stellung im allgemeinen mit der 
eines deutschen Kreisdirectors verglichen werden kann, der 
also selbst wieder dem Statthalter der Provinz (in dem sein 
District lag) untergeben war — nicht wohl als " erhabener 
Fiirst " bezeichnet' werden konnte und nirgends in der Keil- 
schriftlitteratur so bezeichnet wird. 3) Dagegen spricht vor 
allem, dass die Bezeichnung "erhabener Fiirst" ein beliebter 
Titel der babylonischen Konige ist, z. B. Nabopolassar (Hil- 
precht, O, B, I, pi. 32, col. I, 12), Nebukadrezar (i R. 53, col. I, 
3), Neriglissar (Budge in P, S,B.A, vol. X, col. I, 2), Nabuna'id 
(v R, 63, col. I, 2), auch der Herrscher der Pase-Dynastie 
(cf. Freibrief Nebuk, I, col. I, i). Demgemass sehe ich in dem 
Anfange der Zeile Vocative als Bezeichnungen des angeredeten 
Konigs, wie wir sie sachgemass in einer Anrede des Konigs 
seitens des Priesters erwarten, und transscribiere S beli rubii 
ndduy iibersetzend : "O Herr, erhabener Fiirst." Wenn man 
mir entgegenhalten wollte, dass man bei dieser Annahme 
gleichwohl die Oppert'sche Lesung itilni rubA nddu beibehalten 



■i 



50 ASSYRIACA. 

konnte, so ist darauf zu erwidern; i) dass itilni als Anrede 
fiir Herrscher nicht gebraucht wird; 2) dass wir im Gegenteil 
aus den Hunderten von assyrischen Briefen, die Harper kiirz- 
lich so vortrefflich zu edieren unternommen hat, wissen, dass 
das stereotype Wort der Anrede von Herrschern bili war, und 
zwar genau so geschrieben wie hier be4i (cf. Meissner, Alt- 
baby lonischcs Privatrechty p. 115, no. 21, 3); 3) dass kein 
Grund vorhanden ist, anzunehmen, dass der Priester, der ofTen- 
bar allein vor dem Konig erscheint, der Gewohnheit entgegen- 
gesetzt, in der Anrede die erste pers. plur. statt singul. 
gebraucht haben sollte. E bili rubH nddu ist die natiirlichste 
und bestbegriindetste Lesung. Diese Erkenntniss des wahren 
Sachverhaltes ist aber auch in anderer Weise von grosser 
Bedeutung, indem sie uns die richtige Analyse der assyrischen 
Partikel / oder ^, die dem Imperativ {t tHr = " o kehre wieder," 
82-9-18, 3737 (cf. Budge in P, 5. B.A, Dec. 1887, plate 2), 
i rid=^ "o geh hinab," Haupt, Nimrod EpoSy p. 69, 41) oder 
der ersten Person Pluralis gelegentlich vorgesetzt wird, ermog- 
licht. Ihre Existenz im Assyrischen wurde zuerst von Haupt 
{Andover RevieWy July 1884, p. 98, Anmerk. 3) signalisiert. 
Derselbe begniigte sich jedoch mit der allgemeinen Bemerkung, 
** The prefixed < in nhiu ana alishu i-nillikshu .... seems 
to be a cohortative particle," und mit der Anfiihrung einiger 
Beispiele. Wie es scheint unabhangig von demselben, hatte 
Delitzsch die Bedeutung dieses t etwa gleichzeitig erkannt 
(Z. K. \\y p. 390 f. ; Z. A. ly p, ^i; Prolegomenay p. 135, 
Anmerk. \\ A. G, §§ yZ und 145; A, W, p. 333). Cf. seit- 
dem ferner Jensen, Kosmologiey p. 336 ; Bezold, Oriental Diplo- 
macyy p. 66, Delitzsch hat aber auch zugleich den ersten 
Versuch^ (Z. K, H, p. 390 f.) gemacht, den etymologischen 
Zusammenhang dieser Partikel mit anderen zu ergriinden. 
Er gelangte zu dem Resultate, dass Assyr. Ay d = I'K "oder" 
und / (^x) von demselben Stamme niK " woUen " herzuleiten 

^ Einen anderen siehe bei Kraetzschmar in B. A, I, p. 398. 



ASSYRIACA. 5 1 

seien, indem er fiir die Exist enz dieser Partikel im Hebraischen 
(cf. auch Bezold, /. c.) auf die schwierige Stelle Ezechiel 21, 15 
verwies. Wenn man indessen **die unbefriedigenden Deu- 
tungen der alten Ubersetzer und die gnindverschiedenen 
Ubersetzungen der neueren Erklarer (jener Stelle) an sich 
voriiberziehen lasst" (Del. Z. K. II, p. 388); wenn man "das 
Schwanken der Uberlieferung zwischen iK und ^X in Proverb 
31, 4" und dementsprechend Ewald's Emendation von IX in ^K 
def Ezechielstelle in Betracht zieht, wenn man nicht vergisst, 
dass die assyrische Partikel der Aufforderung stets / oder ^ 
(nie ^ oder S !) lautet, wenn man sich fragt, warum keines der 
•jungeren Hebraischen Lexica, die jedes in ihrer Weise vor- 
trefflich sind, weder das von Brown-Driver-Briggs (leider nur 
erst weniges erschienen !), noch das von Siegfried-Stade von 
Delitzsch's Vorschlag Kenntniss nehmen, so wird man zu dem 
Resultat kommen, dass Delitzsch's Combination nicht be- 
friedigt. Ich enthalte mich fiir diese Partikel jeder Etymologie, 
da ich glaube, dass sie uberhaupt keine Etymologie hat, dass 
sie also ebenso wenig von einer Wurzel abzuleiten ist, als etwa 
das arabische a, ahi = " ah! ", wai = " wehe! ", das Hebraische 
lix = "ah!", das Syrische Ah = "ach!" etc. In anderen 
Worten, ich sehe in dem Assyrischen /, i ein blosses Aus- 
rufewort, den unmittelbaren Ausdruck der Empfindung 
(also " urspriinglich iiberhaupt gar kein eigentliches Wort,*' 
Noldeke), welches dazu dient, die Aufmerksamkeit der an- 
gerufenen Person auf die anrufende zu lenken. Es deckt 
sich in seinem Gebrauch mit arabischem jd,^ mit dem es auch 
lautlich ({=j{=j^=jd) zusammenzufallen scheint. Demge- 
mass lasst sich aus den Spuren, welche die assyrische Inter- 

^ Dass arabisches j'd, ahnlich anderen Partikeln des Arabischen und anderer 
semitischen Sprachen, daneben rein grammatische Verbindungen eingegangen ist, 
also nicht mehr als reine Interjection gefUhlt wird, kann uns natUrlich nicht im 
geringsten hindem, dasselbe urspriinglich ebenso als einen Empfindungslaut wie 
das assyrische, oder das synschej'S anzusehen. Cf. Noldeke, Syrische GrammaHk^ 
§62. 



52 ASSYRIACA. 

jection in der Keilschriftlitteratur hinterlassen hat, folgendes 
Resultat gewinnen: 

1 . i oder / urspriinglich, wie arabisches jdy Ausrufe- 
partikel allgcmeiner Art, dient als Vocativpartlkel mit un- 
mittelbar folgendem no men, daher / bSli = "o Herr." Cf. 
fiir das Arabische de Sacy, Grammaire Arabe, tome II, 
§§ 167-173. Dieser Gebrauch ist im Assyrischen jedoch 
fast ganz verschwunden, da fiir gewohnlich das nomen 
ohne jede Partikel zum Ausdruck des Vocatives geniigte 
(cf. biliim = "o Herr !'* 82-9-18, 3737, Obv. 17 und 21, 
besonders die zahlreichen Vocative in den Gebeten, Psal- 
men und Beschworungsformeln). Im Arabischen dagegen 
blieb die Setzung vony4dieRegel,und nur unter gewissen 
Umstanden kann dieselbe unterlassen werden (De Sacy, 
/. c, § 174). Das Assyrische beriihrt sich also im Nicht- 
gebrauch einer Vocativpartikel viel naher mit dem 
Aethiopischen, das seine Interjection 6 der Regel nach 
auch nicht zu dem Vocativ setzt. Cf. Dillmann, Aethiop, 
Gramm. §§ 61, 142, i.^ 

2. Wie arabisches y4, wird i oder t als Vocativpartikel 
mit Ellipse des Vocativs gebraucht, indem derselbe als 
bereits in der Verbalform (2. pers. oder i. pers. pluralis 
[wir = du + ich]) enthalten, aus dieser heraus zu der 
Partikel erganzt wird. Cf. De Sacy, /. ^. § 935- Die 
assyrische Partikel t gehort also in Verbindungen wie 
t nillik nicht sowohl zu dem Verbum als zu der darin 
steckenden 2. pers., die angeredet wird = "he du, (du und 
ich) wir woUen gehen." Wahrend indessen dieser Ge- 
brauch im Arabischen mehr als eine dichterische Licenz 
gefiihlt wird, findet er sich im Assyrischen ganz gewohn- 
lich vor der ersten Person pluralis, seltener vor der 2. pers. 

1 Sehr interessant ist, dass (cf. PraetoriuSi Grammatik der Tigrihasprache^ 
§ 147) das Tigriiia nach Aufgabe dieses 6, dafiir eine schwerfallige Interjection 
vom Pronominalstamm der 2. Person gebildet hat. 



k 



ASSYRIACA. 53 

sing, des Imperativ. Es ist klar, dass die Partikel in 
Verbindung mit der ersten pers. plur. die Aufmerksam- 
keit von der ersten (redenden) Person abziehen und auf 
die angerufene zweite lenken sollte. Beim Imperativ war 
dieses nicht notig, da die grammatische Form schon 
deutlich die Anrede zum Ausdruck brachte. Doch finden 
sich natiirlich auch im Assyrischen Stellen, wo das / vor 
der ersten Pers. plur. Imperf. unterdriickt ist. Cf. v R, i, 
125 und 126. 

sakkanakni lu pdlihu etc. Interessant und bezeichnend 
ist die unmittelbare Aufnahme des Subjects durch iu, 
Wir konnen diese, in ahnlicher Weise auch in anderen 
semitischen Sprachen sich findende Emphase (cf. Gese- 
nius-Kautzsch, Hebrdische Grammatik § 135, i, Anmerk. 2) 
hier nicht besser wiedergeben als durch ein eingeschaltetes 
"zwar." Die Construction des ganzen Satzes, welche 
Oppert vollstandig entgangen ist, kann nur folgende sein: 
Der Priester geht davon aus, dass der Statthalter zwar 
gottesfiirchtig ist, indem er seine eigenen Gotter verehrt; 
erhebt aber die Klage, dass derselbe einen ihm personlich 
fremden Cultus, den der Nind, einer Gottin die unter 
diesem Namen den Babyloniern damaliger Zeit fremd 
geworden war (cf. hierzu Oppert*s ganz vortreffliche Be- 
merkungen Comptes rendiieSy p. 5 ff. ; Z, A. VIII, p. 360 f .), 
nicht respectiere, indem er ihr ein Stiick Land entrissen 
habe. Die einmalige Handlung ist durch die Verba 
ussahhi-uttakkir (Rev. 5) ausgedriickt, sie bilden das 
eigentliche verb, finit. zu dem Subject sakkanakni^ damit 
contrastiert und diesem subordiniert, wird die sonstige 
Gottesfurcht des ** Statthalters " als etwas fortdauerndes 
durch das Participium ausgedriickt. Da aber durch den 
eingeschobenenParticipialsatzder Hauptsatz unterbrochen 
ist und durch ildnihc ein anderer Gegensatz angedeutet 
ist, wird den Gottern des Statthalters, unmittelbar folgend 




54 ASSYRIACA. 

die " Herrin Nin4 " gegeniiber gestellt. Da dieselbe aber 
logisch als Genitiv zu misir und kudur (Rev. 5) gehort, 
wird der vorausgestellte Genitiv durch die Genitivpartikel 
ia als solcher kenntlich gemacht und in Rev. 5 (zumal 
von diesem Genitiv wieder ein langer Relativsatz abhangig 
ist, der ihn von Z. 5 trennt) durch die Suffixe ia zuriick- 
weisend wieder aufgenommen. Cf. Delitzsch, -^. G^. § 123 
(Schluss). Mit dieser grammatisch allein berechtigten 
Auffassung vergleiche man Oppert's Ubersetzung : "Notre 
seigneur, le prince auguste, nous le vindrons, car il craint 
ses dieux. Elle existe (la = it ! !), la dtesse Nina, la sou- 
veraine, la grande fille d'Ea, dont, depuis de longues an- 
nies personne n'avait profani I'enceinte ni violi les bomes. 
Derniferement, E .... en a profani Tenceinte etc.*' 

Rev. I Ussahhd "verandern, verriicken soUte" (Rel.) 
ist nicht Praeter. (Oppert), sondern Praesens Ilg = utsah- 
haja* Dies folgt mit Notwendigkeit aus uttakkar (1. 2), 
womit die Verba auf der Randzeile und Rev. i parallel 
stehen, und aus dem Umstande, dass die Spuren auf dem 
Rande in anderer Weise als von Oppert geschehen, 
erganzt werden miissen. Zur Bedeutung des II cf. 
v R, 65, vol. I, 18 : ia sukkd ussurdtuiu "dessen Um- 
risse (Jensen, Kosmologie, pp. 348-354) verandert waren." 
An dieser Stelle (cf. i R, 52, No. 2, col. I, 16 und 22) ist 
also weder mit Delitzsch {A, G, § no, unter Up p. 304, 
cf. p. 350) die Rede von Wanden, die eingefallen, noch 
mit Jensen {Kosmologie, p. 351) von Bildern oder Reliefs, 
die unkenntlich gemacht waren (p. 335), sondern mit 
Winckler (Schrader's K.B, vol. Ill, 2, p. 50, Anmerk., p. 58) 
und Peiser (ibideniy p. 108) von den Umrissen oder dem 
Grundriss des Tempels, der von einem friiheren Konige 
willkiirlich geandert war. Das erhellt klar aus dem was 
folgt und aus der Menge anderer Stellen, in denen bei 
Restaurationen von Tempeln stets Gewicht darauf gelegt 



ASSYRIACA. 5 5 

wird, dass der neue Bau genau auf dem alten Plan stehen, 
also in alien seinen Umrissen mit dem alten sich decken 
muss, sonst ist der Tempel nicht geeignet ** f iir die Wurde 
der Gottheit'* (v R, 6$, col. I, 2i), und er zerfallt schnell 
wieder (1. 22). Darum befehlen Nabopolassar (Hilprecht, 
O, B. I. pi. 33, col. II, 12 ff.) und Nabonidus (v R, 65, 
col. I, 31 ff.) ihren Kunst- und Sachverstandigen, die 
Dimensionen des alten Planes genau festzustellen, ehe 
sie an's Werk des Bauens gehen, darum riihmt sich Nabu- 
na'id (i R, 69, col. Ill, 33; v R. 65, col. T, 24) usArat 
biti iullumu, i.e, dass er den alten Tempelplan, d. h. seinen 
Grundriss, in alien Details innegehalten, unversehrt gelas- 
sen, in anderen Worten, nicht verandert habe (Nebuk. 
Borsippuy col. II, 7). SahA steht also nicht bios im allge- 
meinen parallel mit nakdruy sondern deckt sich mit diesem 
genau in seiner Bedeutungsentwicklung, ist also sein direc- 
tes Synonym und steht darum Rev. 22-23 auch im Paral- 
lelismus mit etSku "verriicken." 
10. Eklu iiH-a-tum " jenes Feld.'* Dafiir lesen wir Strass- 
maier, Nabuchodonosor 135, 30 : eklu MU-ME^} i.e, wie aus 

^ Das Pluralzeichen ist also hier in seiner gewohnlichsten Function gebraucht. 
£s giebt aber noch eine andere Function desselben (eine Art Missbrauch oder Spie- 
lerei, wenn man will). £s dient namlich gelegentlich in Verbindung mit Ideogram- 
men zur Wiedergabe der an die Pluralendungen anklingenden Singularendungen 
dti(u) oder / (der Substantive, welche von den im dritten Radical schwachen Ver- 
ben, den sogenannten Verben T\"h im weitesten Sinne, abgeleitet sind und auf einen 
langen Vocal endigen). Das Pluralzeichen dient hier also geradezu als phoneti- 
sches Complement, anzeigend, dass das vorhergehende Ideogramm auf / oder dti 
endigen soil. Als Beispiele fuhre ich an JV£ = i}dfu(t), wenn es vom Plural- 
zeichen MESf wie haufig genug (z. B. in R. 5, No. 6, 1. 58), begleitet ist, oder 
BAL =paliit nach Praepositionen, also paliy nicht selten BAL MEi geschrieben 
(z. B. ibidem^ 1. 40). Winckler (in Schrader's K, -^. I, p. 131 ff.) fasst diese Schrei- 
bungen als wirkliche Plurale auf "im dritten, fiinften, etc. meiner Regierungs- 
jahre," aber mit Unrecht ; denn dabei bliebe unerklart, warum das Pluralzeichen 
in Verbindung mit dem ("ersten" und) "zweiten" Feldzuge Salmanassar's ausge- 
lassen wurde. Auch sprechen Parallelstelten, wie z. B. in Asurbanapal's Annalen, 
wo bei den Aufzahlungen der einzelnen FeldzUge girria nur Singular sein kann, 
dagegen. Die Zahl ist als Attribut in solchen Aufzahlungen sachgem'ass vorange- 



$6 ASSYRIACA. 

einer ganzen Reihe von Parallelstellen sich ergiebt, ek/u su'dtu 
{=iuwdtu = hifndti^). Der namlichen Schreibung begegnen 
wir auf dem Berliner Steine von Merodachbaladan II, col. IV, 
56, von Delitzsch {B, A, II, p. 264) nicht erkannt, und an vie- 

stelltr well die einzelnen Regierungsjahre, Feldziige, etc. einander emphatisch 
gegeniibergestellt werden. Als ein phonetisches Complement ist das Pluralzei- 
chen auch nach wirklichen Pluralen anzusehen, wenn dieselben schon durch Wie- 
derholung des Ideogramms ausgedriickt sind, z. B. KUR-KUR-MEk (Tiglath 
Pileser I, col. VII, 4^) = fndidti(-dti)t welches also nur fiir eine parallele Art des 
Ausdrucks mit und statt des bekannten KUR-KUR-ti = mdtdti('ti) gelten kann. 
W^enn das Pluralzeichen neben Verbalideogrammen steht, bezeichnet es entweder 
eine Mehrheit der Subjecte (wie z. B. Strassmaier, Nabuchodonosor^ ^5, 24 : 
GUR'MES = iturrH) oder eine Intensitat, gewissermassen Wiederholung, der 
durch das Ideogramm ausgedrilckten Thatigkeit, etc., cf. z. B. TUM-MES^ offenbar 
= TUM-TUM=ittalak "er marschierte *' (Tiglath Pileser I, col. VII, 40). 

^ Dieser Text ist hochst interessant, weil der Schreiber sich darin gefallt, seine 
hervorragende Kenntniss der Ideogramme an den Mann zu bringen, besonders in 
11. 15-32. Da diese nicht ganz leichte Stelle in engerer Beziehung zum Schluss 
unserer Inschrift steht, Strassmaier's Textausgabe verschiedentlich erganzt oder 
verbessert werden muss, endlich Tallquist mehreres nicht verstanden hat und 
auch ein von Peiser misslesenes Ideogramm darin sich findet, halte ich es fiir an- 
gebracht, diese Zeilen hier kurz zu behandeln. L. 15 9H/ki}a{-}a)-apla [erganzt 
nach 1.21, moglichenf alls ^tf-ifz-a = -5fzi4/'^'<(i* = ^ai4*a ^ " mein Sein,** (Inf.) zu 
transscribieren], apil-iu la ftH^Bel-bil-a-ni [nicht a-ni = lu, da. sich d^l-a-nUf lar- 
rdnu daneben in Eigennamen finden, also "B61 ist (mein) lieber Herr"], apil 
mSu-^a-ai [i.e. "der Suchaer " = ^H^tH (Hiob 2, 11)], 16. it-ti miluBSlitir(-ir), 
apil-lu la ^Mu'le-zib- H^Marduk apil awilunangaru [cf. ]&TiSGiiy JCosmologiefip. 394], 
17. ki-i [fiihrt hier was der Verkiiufer verlangt, als oratio recta ein] I ma-na XIV 
liklu kaspu lipirtu mal^tri imbema [cf. Briinnow, Z/V/, 2290 ; ma^tri imbe stets 
auf *s engste verbunden = " den Preis nennen," bildet gleichsam einen Begriff 
hier, "bot an"; denn dass nicht lipirtu (u) ma^iru zu verbinden ist, erledigt sich 
durch Hinweis auf Meissner, Beitrdge zum Altbabyl. Privatrecht, p. 10, Anmerk. i, 
wo mit Recht hervorgehoben wird, dass lipirtu im Neubabylonischen Recht nicht 
= " Nebenposten," sondern siets = atru-\- ma ^iru ist], 18. i-lam a-na simi-lu 
gamrHtu [Tallquist, /. c. p. 19, DAG § 122] s^'i*zeru ki-i pi-i 19. II KA a-na I liklu 
kaspu adi III [Versehen fiir //, da die Berechnung 144 KA (1. 14) =72 Sekel 
(=1 Mine 12 Sekel) giebt, im ganzen aber nur i Mine 14 Sekel bezahlt werden] 
liklu kaspu la 20. ki-i pi-i atri inamdinnu(-nu) [mit doppeltem «, weil in Pausa]. 
Nap^aru I ma-na XIV liklu kaspu 21. ina kdt *nlkila(-la)-aplay etc. 22. »« U^BH- 
bil-a-nif etc. 23. Urn ekli-lu ki-i kasap gamirtim [TIL] ma-^i-ir 24. a-pi-il [so ist 
die ganze Stelle zu erganzen, cf. Strassmaier, Nabuchodonosor 164, 30] ru-gdm- 
ma-a [zum Lautwerte giim des betreffenden Zeichens, der in den Contracten ganz 



ASSYRIACA. 57 

len Stellen der Contractliteratur (cf. dazu Tallquist, /. c, p. 132). 
Von besonderer Wichtigkeit ist die phonetische Schreibweise 
itc-ma-a-tim (Peiser, Keilschriftliche Actcnstuckcy p. 28, 1. 26 
und dessen Bemerkung in Z. A, VII, pp. 189 f.). Aus der 

gewohnlich ist, cf. schon Oppert, Z, K. I, 61 ; Tallquist, /. c. p. 127, s. v. rugum- 
mH ; Abel & Winckler, Keilschrifitexte (fehlt auch in Winckler, Liste ausgewdhl- 
ter Keilschriftzeichen) kennen ihn noch nicht, obwohl er auch in assyrischen 
Texten vorkommt, cf. z. B. Abel & Winckler, /. c. p. 6, 1. 13a, wo naturlich nicht 
mit den Herausgebem (p. 85) lalumtnatu = " Schrecken " (ein solches Wort exis- 
tiert nicht I), sondem }a-gum(jkum)-ma-U = "Leidf Wehe " (cf. Delitzsch, ^. G. 
§ 65, 23) zu transscribieren ist] u/ i-H ul iiurrH-ma [fehlt nichts 1] 25. a-na a-^a- 
mei ul i-rag'gu-mu. Ma-ti-ma 26. ina a^ij mdri, kimtiy ni-su-ti 27. sa-lat [Wurzel 
rhty cf. nbf ] }a bit nt UuBil-itir{-ir), etc. 28. etc. la illam-ma [DU (Hugel) + 
TUM (gehen), also "auf den Hiigel, i.e, hinauf gehen," Ideogramm fUr elil 
(Briinnow, List^ 9597)- Cf. Ill R. 43, col. Ill, 1-6 zur ganzen Stelle. Damit er- 
ledigt sich Peiser*s (Keilschriftliche ActenstUcke^ p. 4, 1. 45 ; p. 8, 1. 35 ; p. "j^t) und 
Tallquist*s (/. r. p. 131) Ratlosigkeit. NatUrlich ist die "dunkle" Stelle Naboni- 
dus 4, 5: ina DU-TUM-su vom Schreiber fiir ina eli-}u gemeint 1] ina eli ekli }ii-a- 
ti 29. i-dib-bu-bu u-lad [so ist statt Strassmaier*s amelu zu lesen, cf. Nabonidus 
I93» 25; III R. 43, col. Ill, (i\-ba-bu [Tallquist's (/. c. p. 56) babi^ti "babies," 
** Kinder" stehen hier also nicht] ilku-ti [TIL-ii; offenbar statt des in den Grenz- 
steinen oft erwahnten inaM, resp. usassii oder tabdlUf cf. Grenzsteinf No. 103, col. 
V» 36* 37 und oben Commentar zu Obv. 1. 12], ti-}al-ku\^ku]-ti \^Asurbanapal 
Smith 108, e] 30. um-ma eklu lumdti [=i«V//] ul nadin \Nabuchodonosor 164, 
34]->w^ kaspu ul ma-^ir 31. ikabu-ii [in R. 43, col. Ill, 6] kaspa^ im-^u-ru^ 
analupa-kir-ra-nu 32. adi is-ta-a-dn i-ta-nap-pal = " Ikisha-apla nannte dem Bel- 
Stir den Preis — " i Mine 14 Sekel soil die Kaufsumme sein " — den er als seinen 
voUen Preis zahlen woUe — namlich fiir das Saatfeld pro II Qa i Sekel Silber 
sammt zwei Sekel Silber, welche er als Bachschisch zahlen wolle [cf. das oft hin- 
zugesetzte lubdri Ja bHit biti. Nach einer noch jetzt im Orient herrschenden 
Sitte hat der Kaufer von Grundstiicken, Boten, Pferden, etc. ausser der Kauf- 
summe noch einen nach dem Werte des Kauf objects sich richtenden kleineren 
Betrag (IHI, ein Hinzukommendes) zu entrichten, um seine Zufriedenheit mit und 
seine freie Entschliessung (cf. ina ^ud libbt) zu dem Kaufe auszudriicken. Die 
Weigerung, diesen Betrag zu entrichten, wird, wie ich aus eigener Erf ah rung 
weiss, als Unzufriedenheit mit dem Geschafte seitens der Araber ausgelegt] — 
Summa i Mine 14 Sekel Silber hat Bel-etir von Ikisha-apla als Preis seines Fel- 
des, als vollen Betrag, empfangen. Es ist bezahlt worden. Klage soil er nicht 
anstrengen ; nicht sollen sie (den Kauf) riickgangig machen, wider einander nicht 
klagen. FUr alle zukiinftige Zeiten I Wer von den Briidem, Sohnen, Familie, 
Verwandten, Nachkommen des Hauses B€l-etir aufstehen und von wegen dieses 
Feldes klagen oder klagen lassen, es nehmen oder nehmen lassen wird, indem er 



58 ASSYRIACA. 

letzteren in Verbindung mit der ideographischen geht nach 
meiner Ansicht mit Notwendigkeit hervor, dass iudtu den 
Accent auf der vorletzten Silbe gehabt hat (gegen Kraetzsch- 
mar in B, A. I, p. 383, note ***), sich also auch in 
dieser Hinsicht mit aethiopischem w^'hii deckt. Denn sonst 
hatte nimmermehr der Plural iumdti = hiwdtiy mit dem es doch 
in der Aussprache zusammengefallen sein muss, daf iir verwandt 
werden konnen. Das d des Plurals weist also nicht auf die 
Lange des a in hiatu^ sondern nur auf den Accent bin, der im 
Assyrischen entweder durch Verdopplung des folgenden Con- 
sonanten oder durch Verlangerung des Vocals kenntlich ge- 
macht wird (cf. Delitzsch, -^. C § 53, c). 

spricht : " Dieses Feld ist nicht verkauft, das Geld nicht empfangen worden " — 
der Klager soil das Geld, das er empfangen hat, sammt 20 Procent [= 1 2 von 60, 
wie man gewohnlich interpretiert, obwohl ich mit Jensen (Z. A,) meine starken 
Zweifel an der Richtigkeit dieser Auffassung habe] zuriickzahlen.'* 



II 

Eine missverstandene Tafel aus Sippara. 

Im Privatbesitze von Rev. Dr. W. Hayes Ward in New York 
befand sich bis vor kurzem eine kleine Thontafel von 3.5 x 4.8 
Centimeter, welche derselbe auf seiner Forschungsreise in 
Babylonien 1884-85 erworben hatte. Dieselbe stammte off en- 
bar aus Sippara, dem heutigen Abu Habba, in dem wahrend 
des letzten Winters wieder systematische Ausgrabungen von 
der Tiirkischen Regierung vorgenommen wurden. Der ver- 
dienstvolle englische Assyriologe Theo. G. Pinches veroffent- 
lichte dieselbe in The American Journal of Archaeology^ April- 
June 1893, pp. 190-191, nach einer Copie, welche derselbe 
im gleichen Jahre gelegentlich seines Aufenthaltes in America 
direct von dem Original herstellte. Einige Monate spater kam 
das Tafelchen leider seinem Besitzer abhanden und hat sich 
bis auf den heutigeil Tag nicht wieder gefunden. Wir sind 
daher Mr. Pinches zu doppeltem Danke verpflichtet, dass er 
den Text uns erhalten und zugleich in so vorzuglicher Weise 
publiciert hat. Um ihn weiteren Kreisen zuganglich zu 
machen, fiige ich meiner Besprechung desselben eine photo- 
graphische Reproduction von Pinches' Copie bei. 

Die Tafel ist schon darum von Interesse, weil sie auf der 
Riickseite eine Zeichnung des auf der Vorderseite erwahnten 
Rindes oder Buckelochsen enthalt, eines Tieres, das in ver- 
schiedenen Spielarten sich noch heute in Babylonien und 
Syrien findet, und wohl ebenso wie das altagyptische Rind von 
dem Buckelochsen Sennars, dem sogenannten bos africanus 
Oder Sanga,^ abstammt. 

1 Cf. Dumichen's und Hartmann's lehrreiche Ausfuhrungen. 



J 



60 ASSYRIACA. 

Was Inhaltsangabe und Ubersetzung des Keilschrifttextes 
anlangt, so sind beide leider von Pinches missverstanden und 
in Folge dessen auch seine daraus gefolgerten SchlUsse hinfal- 
lig. Pinches sagt namlich dariiber : ** This tablet is one of 
more than ordinary interest, for it seems to relate to the sub- 
stitution of an offering of a certain kind pf merchandise for the 
single head of cattle due, and has a drawing of the animal (a 
humped bull) on the back." Und seine Ubersetzung lautet : 
" 5 skins, exchange (value) for one humped ox, Itti-Samas-balatu 
to E-bara has given." Es ist schwer zu verstehen, wie der in 
dieser Classe von Texten so wohlbewanderte englische Assyrio- 
loge die grammatisch keinerlei Schwierigkeiten bietenden Keil- 
schriftzeilen in solcher Weise wiedergeben und interpretieren 
konnte. 

Die Tafel gehort inhaltlich zu den von Tallquist ^ richtig als 
Rechnungstafeln iiber Licferungen aller Art (d. h. freiwillige 
Geschenke oder gesetzmassige Abgaben, welche dem Sonnen- 
tempel in Sippar als Einkiinfte zuflossen) characterisierte Gat- 
tung sogenannter ** Contracte " und lautet in Transscription 
also: 

1. V ^'^^gi-la-dii makkAru 

2. ina libbt{-bi) istin^-en) ia alpu hi-nu-d 

V 

3. ^'Itti- '^"^Samas-baldtu a-na E-babbar-ra 

4. it-ta-din-mi 

J arhu-f^l^i^j^ ^;,^^^ gkan ^^f^j^ j(^n 

6. *«• ^"^ Nab A-na id sar BabiluM 

d. h. I. Fiinf Haute, Besitztum (namlich des Shamash^), 

2. darunter eine von einem Buckelochsen, 

3. welche Itti-Shamash-bal4tu an den Sonnentempel 

(in Sippara) 

1 Die Sprache der Contracte Nab{indHd* Sy p. 14. 

2 C£. z. B. Strassmaier, N^abonidus 542, i ; Nabuchodonosor 73, 2. Viele andere 
Stellen bietet Tallquist, /. c. unter btikii. 



ASSYRIACA. 6 1 

4. geliefert hat.^ 

5. Im Monat Tebet, am 8. Tage, im 16. Jahre 

6. des Nabfl-na'id, Konigs von Babylon. 

Vergleicht man meine Ubersetzung mit der obigen von 
Pinches, so ergiebt sich, dass letzterer den einfachen Text 
missverstehen musste, weil er a) makkHrii ifia libbi als **an 
idiomatic expression meaning » value for a" auffasste, b) 1. 2 
sonderbarer Weise iibersetzte als "meaning literally in the 
midst of one which is a humped ox/* c) gegen die assyrische 
Grammatik fehlend, den verkiirzten Relativsatz, angedeutet 
durch das iiberhangende u der Verbalform,^ nicht erkannte. 
Im iibrigen ist nur wenig zu bemerken. 

L. I, gi-la-duy mit dem Determinativ fiir ** Haut " versehen, 
ist bereits von Pinches richtig mit dem im A. T. sich nur ein- 
mal findenden Hebraischen geled (Hiob 16, 15) zusammenge- 
stellt worden. Cf. Aram, gildd, Arab. gild. Im Assyrischen 
ist das Wort wohl im Hinblick auf Bildungen wie Assyr. 
lisdnu "Zunge/* igdru "Wand," Hebr. ^//^^"der priesterliche 
Uberwurf/* serdkh (cstr.) "Riemen/' Arab, gidm "Ziigel/' kisd 
"Decke** und andere^ alsy?''4/=^//irf« aufzufassen. Das von 
Norris* gilda transscribierte Tier (111 i?. 41, 19), welches ihm 
an Hebr. geled anklang, gehort natiirlich nicht hierher, sondern 
ist Ideogramm. Cf. dariiber Belser in B, A, II, p. 159. 

L. 2, ina //Wj' = " darin, davon, darunter," cf. Delitzsch, 
A. G.\^Z \ Jeremias, B, A, I, 285 ; Tallquist, /. c, p. 9. Dieser 
gelaufige adverbiale Ausdruck dient dazu, um die einzelnen 
Posten einer genannten Gesammtsumme einzufuhren, oder aus 

^ Cf. die ganz ahnliche Abgabenliste Strassmaier, Nabuchodonosor^ 928 (cf. 
Z. A, II, p. 43) : " 100 Schaaffelle (cf. die in den Inschrif ten Tiglathpileser*s I und 
Assumasirapal's erwahnten Schiffe aus solchen Fallen) erhalten (Permansiv, pas- 
siv) von Kur-ban-ni und Shamash-ai-ta aus Babylon, welche sie an den Sonnen- 
tempel geliefert haben." * Cf. Delitzsch, A. G.%\^t^ 2. 

* Cf. Barth, Nominalbildung^ § 42, e. 

* Assyrian Dictionary, I, p. 177. 




62 ASSYRIACA. 

derselben einen oder mehrere Posten als besonders erwahnens- 
wert (wie in unserem Falle) hervorzuheben. Belegstellen fiir 
diesen Gebrauch bieten Strassmaier's Ausgaben der neo-baby- 
lonischen datierten Tafeln in Hulle und Fiille. 

alpu iufiA "ein Stier mit einem Buckel, Buckelochse." Das 
Wort hmil findet sich zweimal auf dem schwarzen Obelisken 
Salmanassar's II, wo die abgebildeten Dromedare bezeichnet 
werden als gammali ia iu-na-a-a si-ri-li-iia^ d. h. nicht "Ka- 
mele, deren Rucken doppelt ist " (Winckler, in K, B, I, p. 151), 
noch "Kamele mit gedoppeltem Rucken" (Delitzsch, -^. W. 
p. 193 ; A, G. § 13), sondern "Kamele, deren Rucken zwei 
Hocker hat/' d. i. zweihockrige Kamele, wie auch Pinches und 
Amiaud und Scheil {Les Inscriptions de Salmanassar II ^ p. 73) 
richtig iibersetzen. Dass Delitzsch und Winckler mit ihrer 
Ubersetzung nicht das richtige getroffen haben, ergiebt sich 
aus f olgendem : 

i) An alien Stellen wird das Wort mit einem "n" geschrie- 
ben. Daraus diirfte zu schliessen sein, dass das Wort nicht 
ein Permansiv 11^, resp. das von Delitzsch (A, G, § TT^ am 
Ende) aufgefuhrte Zahladjectiv lunnA "doppelt" sein kann. 
Wollte man es als ein Adjectiv (oder Permansiv) erklaren, so 
konnte es kaum anders aufgefasst werden als ein fifdl'^ des 
Verbum ianA (= sundju = hmA) in der unten angegebenen Be- 
deutung (also "gebeugt, gekriimmt, hockerig") — aber vieles 
spricht gegen diese Erklarung — oder als eine Safel-Bildung 
im passiven Sinn^ vom Verbum enil "beugen, kriimmen" 
(= iuntiju = i{lnti)y mit derselben Bedeutung " gekriimmt, 
hockerig" — wie denn iiberhaupt enii und lanA in ihrer Bedeu- 
tung sich sehr nahe stehen und geradezu als Synonyma mit 
einander wechseln.^ Gegen eine solche Erklarung aber muss 
ich mich ablehnend verhalten, well ich 

1 Cf. Barth, /. r. § 129, e ; Delitzsch, A. G. § 65, 13. 
3 Cf. Barth, /. r. § iii, Abschnitt 2, und Delitzsch, A. G, § 65, 33. 
* Cf. Tallquist, /. c. unter enil und lani^, Man darf nicht vergessen, dass im 
Assyrischen ianH wie im Hebraischen T\^ zwei urspriinglich verschiedene Wurzeln 



ASSYRIACA. 63 

2) in der Schreibung iti-na-a-a, resp. hindj^ nur einen 
Dual sehen kann. Da aber weder Verba noch Adjectival im 
Assyrischen einen Dual bilden, kann auch iundj kein Adjec- 
tivum Oder Permansivum, sondern muss vielmehr ein Substanti- 
vum sein. Indessen gegen eine Bedeutung "doppelt** oder 
"gedoppelt** spricht weiter 

3) die Einsetzung dieser Bedeutung in unserem Texte. Was 
in aller Welt sollte wohl ein "gedoppelter** oder "doppelter** 
Stier bedeuten ! Im gunstigsten Falle doch nur ** etn paar^' 

ausserlich zusammengef alien sind. Die Bedeutung von thanaj=^ " biegen, beugen " 
hat sich des ofteren im Piel des assyrischen lanH (= T(^ I) mit der Bedeutung 
" beugen, umdrehen, verdrehen, ungiltig machen '* erhalten. Cf . z. B. Strassmaier, 
Nabuchodonosor 125, 14: '*ia dibbu annt^tu uJannii" statt des gebrauchlichen und 
genau dasselbe bedeutenden la dabdbu annd inni^ (Praes. Ii von eni^) z. B. Nabu- 
chodonosor 198, 19 ; 368, 7. Cf. fiir das Hebraische Ps. 39, 35 : " nicht werde ich 
entweihen (brechen) meinen Bund, und den Ausspruch meiner Lippen werde ich 
nicht beugen " (= " verdrehen, ungiltig machen,** cf . Assurnasirapal, col. I, 4). 
•^^12^8. kann, wie der Parallelismus deutlich zeigt, hier kaum mit Gesenius, Sieg- 
fried und Stade etc. durch einfaches "andem, verandem** passend iibersetzt 
werden. Denn es soil hier nicht gesagt werden, dass Jahvah seinen Bund und 
Ausspruch, sei es zum guten, sei es zum bosen, nicht abandem, sondern dass er 
beides nicht annuUieren will (cf. w. 31-34), wenn auch seine Gesetze von David's 
Nachkommen ''verlassen werden.*' Ahnlich Prov. 31, 5: "dass er nicht beuge 
(verdrehe = HJlJ^) die gerechte Sache der Armen.** Hier ware eine Ubersetzung 
" andere ** doch ausserst schwach und nichtssagend. An diesen und ahnlichen 
Stellen dUrfte die Verbalform vielmehr richtiger mit der Wurzel thanaj (= HJ^ I) 
als mit }ana^ (= Df]^ II) zusammengestellt werden. Aus der Grundbedeutung 
" beugen, biegen, umbiegen,'* hat sich erst die weitere " wiederholen, verdoppeln, 
erzahlen ** entwickelt. 

Auch das If te*al von enH findet sich in der Bedeutung " beugen, umbiegen, i.e. 
eine Bestimmung, einen Kauf etc. umstossen, ungiltig, rilckgangig machen.** Cf. 
z. B. Hilprecht, O, B. I. pi. 31, col. II, 9, wo itdni Inf. I2 ist. Siehe darilber 
Naheres oben unter I, p. 5. 

^ Die Gruppe a-a dient im Assyrischen dazu eine y-haltige Silbe zum Ausdruck 
zu bringen (cf. Schrader, in Z, A. Ill, i £f.; Barth, /. r., z. B. § 34, b und An- 
merkung) und ist bald zur Bezeichnung von Ja bald von aj verwendet worden. 
Feminina pluralis der Verbalformen (d) werden daher nicht mit diesem a-a ge- 
schrieben. 

* Ausser den Cardinalzahlen 2 und 20-50 (Delitzsch, A. G. § 76) und solchen 
nicht belegten Ausdriicken wie 200, 2000 etc., bildet keine Zahl, auch nicht das 
Zahladjectiv " doppelt,** einen Dual im Assyrischen. 



64 ASSYRIACA. 

das sind "zwei" Stiere.^ Denn man wird uns gewiss nicht 
zumuten wollen anzunehmen, dass ein Volk einen Stier mit 
einem auch noch so grossen Fett-Hocker jemals einen ** Doppel- 
Ochsen " in seiner Sprache genannt hatte. Ebensowenig 
berechtigt ware es naturlich, in alpu hinA einen pragnanten 
Ausdruck fur ** Stier mit gedoppeltem Riicken " zu sehen. 

4) Der Assyrer bezeichnet Dromedare mit doppeltem Hocker 
Oder zwei Hockern entweder diirch tidrdte ia II gimgulipi 
{Salm. Mo, Obv. 28, VII) oder durch udrdte ia II gmigidipi- 
Hna (Salm, Mo, Rev. 62)?" d. h. er gebraucht stets die ein- 
fache Cardinalzahl sind, Folgerichtig soUte man fiir Kamele 
mit doppeltem Riicken oder zwei Riicken gammali sa II siri- 
iina erwarten. 

5) Aber da es nun einmal keine Kamele mit **zwei Riicken " 
oder "gedoppeltem Riicken" gegeben hat oder giebt, sondem 
nur Kamele mit zwei Hockern auf dem einen Riicken, und da 
der Assyrer jedenfalls keine zoologische Ungeheuerlichkeit mit 
seinem Ausdruck bezeichnen wollte, hat er eben nicht gam- 
ntali sa II strSHna, sondern gammali sa sundj sirtHna, d. h. 
"Kamele deren Riicken zwei Hocker sind oder aus zwei 
Hockern besteht," in anderen Worten, " zweihockrige Kamele " 
gesagt. 

Von welcher Seite man also auch die Delitzsch-Wincklersche 
Ubersetzung sich besieht, in jedem Falle ist sie eine Unmog- 
lichkeit. Ich fasse demgemass das Wort anders auf, hamlich 
als omQfiidl Bildung von der von Freytag und Gesenius rich- 
tig fiir thanaj (sanil) angesetzten Grundbedeutung Jlectere? 
SunA ist darnach ein Substantivum, entstanden aus hmdju = 

^ Gegen eine solche Fassung spricht aber schon der eine Umstand, dass nur 
iUht gilddu besonders hervorgehoben wird. 

2 Cf. zu diesen Stellen, Delitzsch, A, W, p. 193. 

* Da Schafel-Bildungen wie Hiurtu " Niederwerfung," iulputtu " Umsturz " 
etc. gewohnlich infinitivische Nomina mit abstracter Bedeutung sind und das / des 
Femininums haben, halte ich ein Substantivum Hnii = lu^nuj'u von ^nii ** beugen, 
kriimmen " = " Kriimmung, Hocker " fiir hochst unwahrscheinlich. 



ASSYRIACA. 65 

sund'u =hinAy also genau so gebildet wie ubdnu " Finger," und 
bedeutet den "Hbcker," als die Biegung oder Krummung = 
Gebogenes, Gekriimmtes,^ ist demnach ein directes Synonym 
von gungulipu, 

ad /^: ittadinnu, Pausalform des Relativsatzes fiir ittadinu. 
Cf. Delitzsch, -^. G^. § S3, c. 

1 Cf. Barth, /. c, § 43, c: "das Product der Handlung." 



Ill 

Bin neues Zahlworterfragment aus Nippur.^ 

In seinen Assyriologischen Miscellen (Erste Reihe : I-III)/ 
pp. 193 ff., behandelt Delitzsch das lange Zeit verschollen 
gewesene Zahlworterfragment K, 2014, welches seit Sir Henry 
Rawlinson*s Veroffentlichung im Journal of the Royal Asiatic 
Society XV, 1855, p. 220 stets ein hohes Interesse unter den 
Assyriologen beansprucht hat, zumal es durch Schrader's einst 
epochemachendes Werk A, B. K, ^, 2n auch in weiteren 
Kreisen bekannt geworden ist. Es ist das Verdienst 
Delitzsch's, durch Bezold's Catalog^ zu einem Studium von 
Vocabularen angeregt, dasselbe in neues Licht gesetzt und 
den wahren Inhalt des Taf elchens erschlossen zu haben. Etwa 
gleichzeitig mit dem Druck jenes Aufsatzes von Delitzsch kam 
mir wahrend meiner Catalogisierungsarbeiten der in Nippur 
ausgegrabenen Tafeln ein kleines braunes Thontafelfragment 
unter die Hande, das in seiner grossten Lange 6.65 cm. und 
an seiner breitesten Stelle 3.5 cm. misst. Ich gab demselben 

1 Dieser Aufsatz und No. VII wurden urspriinglich vor dem Oriental Club of 
Philadelphia im Winter 1893-94 gelesen. No. Ill findet sich danim zugleich 
(in verkiirzter Gestalt und in englischer Sprache) in den Oriental Studies des 
Clubs, welche etwa gleichzeitig mit dieser Schrift erscheinen, pp. 137-140 ab- 
gedruckt. . Da die letzteren jedoch nur einen beschrankten Leserkreis haben 
T/erden, hielt ich es fiir angebracht, das Zahlworterfragment in dem vorliegenden 
Heft noch einmal zu besprechen. 

^ Sonderabdruck aus den Berichten der philolog.-hist. Classe der Konigl. Sachs. 
Gesellschaft der Wissenschaften. Sitzung vom 8. Juli 1893. 

• Catalogue of the Cuneiform Tablets in the Kouyunjik Collection of the British 
Museum^ vol. I, p. 385. Bezold selbst hatte das Fragment nicht wieder erkannt. 
Aber daraus wird niemand, der sich klar geworden ist, welche unsagbare Miihe 
und Geduld zur Herstellung des schonen Cataloges erforderlich waren, seinem 
gelehrten Verfasser einen Vorwurf machen. 



6S ASSYRIACA. 

im Catalog die Nummer iW. 1893. Auf beiden Seiten dieses 
Fragmentes befinden sich Reste von Keilschriftzeilqn in neo- 
babylonischen Charakteren. Sicheres lasst sich zur Zeit 
wegen der Kleinheit des Fragmentes iiber den eigentlichen 
Inhalt der Tafel nicht sagen. Von der Ruckseite derselben 
sind die Reste von vier Zeilenpaaren, die durch Linien von 
einander getrennt sind, erhalten. Diese Zeilenpaare sind 
ganz Oder teilweise identisch. Fiir uns wird dasselbe darum 
von Wichtigkeit, weil es einige assyrische Zahlworter in phone- 
tischer Schreibung enthalt, welche entweder uberhaupt noch 
nicht belegt oder wenigstens nicht in der hier gebotenen Form 
bekannt waren, obwohl bereits die el-Amarna Tafeln auch auf 
dem Gebiete der Zahlworter unsere Kenntnisse in dankens- 
werter Weise erweitert batten. Da eine genaue Copie des 
Fragmentes in einem der folgenden Bande der von mir heraus- 
gegebenen Keilschrifttexte ^ erscheinen soil, will ich mich hier 
auf eine kurze Darstellung des wesentlich Neuen auf demsel- 
ben beschranken. Nur die Vorderseite verdient fiir meinen 
Zweck Beachtung. Fragmentarisch wie sie ist, besteht sie aus 
zwei Columnen. Von der linken sind uberdies nur wenige 
Zeichen am Ende der ersten sieben Zeilen erhalten, namlich 
1. i: ME; 1. 2: A-AN; 1. 3: /**"; 1. 4: //*««; 1. 5: ///**«; 
1. 6 und 7 bios kan oder Spuren dieses Zeichens. Was davor 
gestanden haben mag ("Tag** oder ahnliches) vermag ich nicht 
anzugeben. Jedenfalls macht es die rechte Columne wahr- 
scheinlich, um nicht zu sagen sicher, dass die Zahlzeichen der 
linken, gefolgt von kan, in ununterbrochener Reihenfolge bis 
IX und jedenfalls noch dariiber hinaus sich fortsetzen. Weit 
bedauerlicher ist es, dass die rechte Columne, welche unter 
anderem die Masculin- oder Femininformen der Babylonisch- 
Assyrischen Cardinalzahlen von I ab enthalt, nur bis zur Zahl 
VIII, resp. IX erhalten ist. Freilich ist vor der Hand die 

1 71kg Babylonian Expedition of the University of Pennsylvania^ Series A : 
Cuneiform TextSy vol. X. 



ASSYRIACA. 69 

« 

Moglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die fehlenden Teile der 
Taf el sich unter den noch nicht gereinigten Fragmenten finden 
Oder durch die mit gut em Erfolge in Nippur fortgesetzten 
Ausgrabungen geliefert werden. 

Die Zahlen von I-V kann ich iibergehen, da dieselben seit 
langem bekannt sind. Fiir die Zahl II lesen wir hier statt 
des gewohnlichen itnd vielmehr ii-tm-u = sinU^ d. h. die altere 
Form, welche der Dual spater ganz verdrangte.^ Die Zahlen 
VI-IX erscheinen in folgender Verbindung : 

1. 8: sis-sit-ti Hmui^niti) 

1. 9: sib-ti ** 

1. 10: sa-man-ti " 

1. 11: \tt\l'^-ti " 

Die letzte Zeile ist zweifellos zu til-ti zu erganzen. Denn 
die Spuren fiihren darauf, und es ist nur fiir ein Zeichen Raum 
zwischen dem verlangert gedachten Columnenstrich und dem 
Bruch. Tilti oder tilti = tSsti = tisati — tessati = tis aii ist 
demnach die sonst noch nicht fiir IX belegte Form filatUy 
wahrend wir mit Delitzsch {A. G, § 75) in dem bekannten ti-sit 
wohl die Bildung fiiltu zu sehen haben. Zwei verschiedene 
Bildungen sind nebeneinander auch fiir das Femininum der 
Zahl VII in Gebrauch, wie wir sofort weiter unten zeigen wer- 
den. Das Masculinum von IX ist von Delitzsch richtig als 
ti-suy i,e, tihi {=tessu = tisu) angesetzt. 

Die Zahl samdnti = VIII erscheint hier zum erstenmial. 
Sie ist vollig identisch, besonders wenn in a auslautend 
{samdnia)j mit der Aethiopischen Accusativform samdnta^ 

1 Die von Delitzsch, A. G. § 75 nicht aufgefiihrte Femininform fiir II findet 
sich z. B. in Strassmaier, Nabonidus 258, 12: 11-//, d. i. natiirlich Unit, 

2 Cf. Briinnow, A Classified List^ no. i486. 

8 Dieselbe findet sich zwar nur besonders in verhaltnissm'assig spateren Texten, 
ist aber in Wahrheit eine urspriinglichere Form als das Ubliche samdnta, welches 
vielmehr erst aus jenem gemass der fur die Aethiopische Grammatik geltenden 
Lautgesetze gebildet ist. Daneben findet sich jedoch auch das noch altere samd- 



^0 ASSYRIACA. 

(lud, 3, 8-14). Vom Femininum ergiebt sich selbstverstand- 
lich und unmittelbar die Masculinform samdnuy die sich mit 
einiger Wahrscheinlichkeit ^ bereits aus der Ordinalszahl samd- 
n^y welche im Nimrodepos und in den el-Amama Tafeln vor- 
kommt, gewinnen liess. 

Von Interesse ist die Femininform sidfi, resp. s/6ti neben 
der bis jetzt bekannten sibitti.^ Genau so wie bei der IX ha- 
ben wir hier zwei verschiedene Femininbildungen, namlich 
falatu und fdaltUy also auf der einen Seite sibti = sibatu = 
sebbatu = sab'atUy und auf der anderen sibittiy resp. sebetti = 
sabe{a)iit = sabati} Wenn wir in den el-Amarna Tafeln neben 
den mit j* anfangenden Formen fiir VII, welche im Assyri- 

nita {Gen. 46, 22), welches mit der correspondierenden Arabisch-Sabaischen 
Femininform zusammenfallt. Cf. Praetorius, Aetkiopische Grammatiky §§ 135, 
136 und 15; Dillmann, Grammatik der Aethiopiscken Sprache^ p. 289 ; Hommel, 
Sildarabische Chrestomathie^ unter den Zahlwortem. 

1 Delitzsch setzte dafiir {A. G. § 75) eine Form mit langem ^ und Fragezeichen 
(= der Ordinalzahl) an, weil er sich auf Schrader, A. B. K. p. 237 berufen zu 
konnen glaubte. Seitdem er sich liber den wahren Sachverhalt von K, 2014 in 
seinen Miscellen geaussert hat, wird er dieselbe selbst langst aufgegeben haben. 

2 Cf. Delitzsch, A. C7. § 75. 

B Cf. Delitzsch, A. G. § 65, 6, Anmerkung. 

* Cf. z. B. die Ordinalzahl si-e-bi-i in Bezold, Oriental Diplameicyy § 32. Jedoch 
ist derselbe im Irrtum, wenn er auf diese Schreibung hin im "Vocabulary," p. 103 
eine Ordinalzahl libA (mit langem t !) anzusetzen sich berechtigt glaubt Dieselbe 
bt eine Unmoglichkeit, da, wie Delitzsch {A. G. § 76, Ende) sehr richtig ausgefiihrt 
hat, die Form der assyrischen Ordinalzahleny^*^/ ist. Das e (oder /) ist in solchen 
Fallen, wie so unendlich h&ufig im Assyrischen, nichts weiter als ein phonetisches 
Complement, um die Schattierung des vorhergehenden Vocales anzudeuten. Die 
von Delitzsch gegebene Definition des phonetischen Complementes ist unrichtig 
und fiihrt denselben notgedrungen in seiner Grammatik zur Annahme von sehr 
haufigen " Spielereien " der Schreiber, wahrend sie ihn auf der andem Seite ver- 
hindert, eine Reihe sonst sehr einfacher grammatischer Formen richtig zu erkla- 
ren. Was Bezold, /. c. p xviii (§ 9) als eigentiimlichen Gebrauch der el-Amama 
Texte anf iihrt (" phonetic complements are used in ways which have no parallel 
in other cuneiform documents "), ist auch — teilweise sogar sehr haufiger ! — Ge- 
brauch der einheimischen babylonisch-assyrischen Texte. Da ich im zweiten Teil 
von Assyriaca das phonetische Complement eingehend behandeln werde, begniige 
ich mich einstweilen hier, die Definition desselben zu geben : " Ein phonetisches 
Complement ist ein (seltener und nur bei Ideogrammen besteht es aus zwei 



ASSYRIACA. 71 

schen die regelmassigen geworden sind, wiederholentlich sol- 
chen mit i^ begegnen, so haben wir, obwohl dieselben auch 
im Assyrischen offenbar die urspriinglichen gewesen sind, da- 
rin wohl eine Einwirkung des Kanaanaischen zu erkennen. 
Die correspondierende Masculinform si-ba = siba ^ war langst 
bekannt. 

Die Femininform der Zahl VI siiiitti ist abnorm. Wir be- 
gegnen der verkiirzten Form sii-sit bereits auf 82, 7-14, 864, 
col. Ill, 14 ab (Meissner in Z, A, VII, pp. 28 und 20, und des- 
selben Verfassers De servitute Babylonico-Assyriaca^ p. 6), wo 
es heisst : VI gin guskin ni-lal-e = sii-sit iik-lu kaspu i-sak-kal 
= " sechs Sekel Silber soil er bezahlen." Insofern als der 
Assyrische Stamm dieser Zahl lyiti; ist,^ sollten wir eine Form 
sidiati = sissa(i)ii erwarten, welche denn auch Bertin in seiner 
AssyrO'Babylonian Grammar^ p. 34, als die gebrauchliche Zahl 
one weiteres angiebt. In sissitti eine ungenaue Schreibung 
des Schreibers fiir sisiiti zu sehen, scheint mir unstatthaft. 
Die Form lasst sich daher nur als eine Analogie-Bildung auf- 
fassen, entstanden unter dem Einfluss der YormfiiltUy welche, 
wie der Thatbestand lehrt, vorherrschend fiir die Zahlen 
sebittty tesiiti, irbitti, und jedenfalls auch sinitti in Gebrauch 
war. In anderen Worten, ebenso wie der aus urspriinglichem * 
ir/^in; dissimilierte Stamm ir/iu; die Aussprache der VII und der 
Regel ^ nach auch VIII mit initialem s nach sich zog, so haben 

Oder gar drei) Silbenzeichen, welches vor oder hinter ein anderes Silbenzeichen 
Oder Ideogramm gesetzt werden kann, um die richtige Lesung desselben zu 
sichem. Mit wenigen Ausnahmen tritt das Complement jedoch in Verbindung 
mit Ideogrammen nur hinter dasselbe." Aegyptologen werden diese Definition 
fiir etwas selbstverstandliches halten. 

1 Cf. Belegstellen hierfiir bei Bezold, /. c. § 32. 

2 Cf. Delitzsch, A. G.% 65, 6, Ammerkung. 

' Cf. Delitzsch, /. c,% 75, und Assyriologische Miscellen^ p. 196. Ich habe darum 
oben das Zeichen }ti stets als si} gelesen, ebenso das Zeichen Ub in VII als sib, 

^ Die urspriingliche, jedenfalls durch den Einfluss des Kanaanaischen wieder 
hervorgerufene Form U-ihili der Cardinalzahl findet sich bei Bezold, /. c, % 32. 

* Cf. Delitzsch, /. f. § 76 und Bezold, /. c, § 32. 



72 ASSYRIACA. 

umgekehrt die Femininformen sebitti und tclitti (die gebrauch- 
licher waren als sibti und tistiy resp. tilti) die Aussprache 
siisitti f iir das Femininum der VI herbeigefuhrt. Das Mascu- 
linum muss im Assyrischen siihi gelautet haben in Uberein- 
stimmung mit der Semitischen Grundform sidth} Dieses 
silhi aber fiel seinerseits in Aussprache und Schrift mit 
der Cardinalzahl von VI zusammen, insofern als die letztere 
als sadtihi = sadhi = sedhi = sellu (geschrieben dann siihi) 
erscheint.2 

1 Noeldeke, Die Semitischen Spracketiy p. 7, Anmerkung i. 
^ Faul im Assyrischen gemass Delitzsch, A. G, § 76, Ende. 



IV. 

Bemerkungen zu Winckler's Altorientalische Forschungen, II. 

Nachdem der oben als I veroffentlichte Aiifsatz langst in 
der Druckerei war, gelangte der II. Teil der Altorientalischen 
Forsclmngen von Winckler in meine Hande. Da der geschatzte 
Berliner Fachgenosse, durch dessen grundlegliche Arbeiten 
die historische Forschung Babyloniens eine neue lebenskraftige 
Entwicklung genommen hat, auch in diesem Buche viel 
Treffliches bietet, hatte ich gern in meinen obigen Ausfiih- 
rungen darauf Riicksicht genommen. Einstweilen lasse ich 
hier wenigstens einige kurze Bemerkungen iiber mehrere von 
ihm vorgetragene Ansichten, von denen ich differiere, folgen. 

Es gereicht mir zunachst zur grossen Befriedigung, dass 
Winckler ausser manchem andern die Reihenfolge der Kassiten- 
konige von Kurigalzu II bis zum Schluss der Dynastie genau 
so wie ich sie proponierte, auf p. 133 angenommen hat, nach- 
dem er auf den vorhergehenden Seiten das Feuer der Kritik 
gegen dieses neue Arrangement auf alien Seiten losgelassen 
hat. Winckler hatte sich manches davon ersparen konnen, 
wenn er von dem natiirlichen Grundsatz ausgegangen ware, 
dass ich, der ich mit meiner Aufstellung und neuen Chronologie 
in bewussten Gegensatz zu der bisher von alien Assyriologen 
und Historikern vertretenen Anschauung trat,' mir die meisten 
seiner Berechnungen und Eventualitaten wahrscheinlich selbst 
ausgerechnet und zu Papier gebracht hatte, bevor ich meine 
Einleitung drucken liess. Der Unterschied zwischen seiner 
Darstellung und der meinigen besteht darin, dass Winckler 
seinen Gedankengang eingehend entwickelt, wahrend ich den- 
selben als dem Zwecke meines Buches fern liegend, nur an- 
deutete, ja meistens nur die Resultate meiner Untersuchungen 



74 ASSYRIACA. 

gab, dabei zu gleicher Zeit aber (p. 37) bemerkend, dass die 
Griinde fiir meine Chronologic in einem besonderen Artikel 
erscheinen wiirden. Dieser Aufsatz wird als Einleitung zu der 
von mir und einem meiner Schiiler besorgten Ausgabe der 
datierten Kassitentaf eln ^ erscheinen, deren Veroffentlichung 
leider durch die plotzliche, sehr schwere Erkrankung des letz- 
teren verzogert ist. 

Schon hier glaube ich aber bemerken zu miissen, dass sich 
Winckler selbst des ofteren in seinen Ausfuhrungen in 
Widerspruche verwickelt, und dass das Bestreben, schwache, 
unhaltbare Positionen, die sich zum Teil schon in seinen friihe- 
ren Schriften finden, nicht aufzugeben, dem genialen Forscher 
oft den klaren Blick und die niichterne Auffassung erschwe- 
ren. Man beachte z. B. den Widerspruch p. 132, note 2 ge- 
geniiber friiheren Ausfuhrungen. Entweder musste Winckler 
erklaren, dass die fiir Marduk-nddin-ahe angesetzte Zahl 1107 
unrichtig ist, was er nicht thut, oder er durfte nicht 1 126-1 115 
als Regierungszeit fiir denselben drucken lassen. Sodann wird 
mir Winckler wohl nicht zumuten (p. 131 ), dass ich alles Ernstes 
glauben soil, dass er auf p. 28 f. seiner Untersuchungen wirklich 
nachgewiesen habe, dass Nebukadrezar I nicht der Begriinder 
der Pashe-Dynastie g^wesen sein konne. An gutem Willen hat's 
ihm nicht gefehlt, aber wo ist der Beweis ? Ich bin mehr denn 
je davon iiberzeugt, dass kein anderer denn Nebukadrezar I an 
die Spitze der Dynastie gehort. Und Winckler wiirde wohl 
nicht so bestimmt dagegen sprechen, wenn er sich alles Ein- 
zelne pro und contra noch einmal vorurteilsfrei vor Augen 
fiihrte. 

Wie ich, werden alle Assyriologen dem verdienstvoUen Ge- 
lehrten dankbar sein, dass er in selbstloser Weise durch eine 
Reise nach London nachgewiesen hat, dass Mr. Pinches' geub- 
tes Auge sich im Lesen einiger, fiir die Chronologic allerdings 

1 The Babylonian Expedition of the University of Pennsylvania^ Series A. 
Cuneiform Texts, vol. VI. 



ASSYRIACA. 75 

• • 

ausschlaggebender Namen des von ihm in Ubersetzung heraus- 
gegebenen Fragmentes einer neuen babylonischen Chronik 
geirrt hat, und dass demgemass einige von meinen auf Pinches* 
Lesung beruhenden Annahmen irrig sind. Ich wiederhole 
meinen schon in O. B. /. p. 40, Anmerkung 3 ausgedriickten 
Wunsch, dass doch Pinches bald den Keilschrifttext dieses 
wichtigen Textes publicieren mochte, da der gegenwartige Fall 
wieder einmal recht drastisch gezeigt hat, wie misslich und 
unbefriedigend es ist, sich bei wissenschaftlichen Arbeiten auf 
einen transscribierten oder gar bios iibersetzten Text verlassen 
zu miissen. 

Bef remdlich ist was Winckler auf p. 113 f . von hybriden, 
kassitisch-babylonischen Eigennamen behauptet. Die blosse 
Schwierigkeit, in die er eingestandenermassen sich durch die 
Annahme, dass Kadashman-B^l und Kadashman-Turgu zwei 
verschiedene Personen sind, verwickelt, indem er zwei Konige 
mehr erhalt, als er gebrauchen kann, hatte ihm die Augen off nen 
und ihn meine Worte p. 34, Anmerkung 2 genauer erwagen 
lassen soUen. Angesichts der Thatsache, dass alle phonetisch 
geschriebenen Namen von Kassitenkonigen (gegen Winckler's 
Ansicht), wenn immer anderes kassitisches Sprachgut in den- 
selben enthalten ist, auch den Namen des Gottes nur in kassi- 
tischer, nie babylonischer Aussprache geben, und dass ein 
Volk, wie die Geschichte bis in die jiingste Zeit hinein bestan- 
dig lehrt, eher seine Sprache als seine Religion aufgiebt, hatte 
Winckler nicht das gerade Gegenteil annehmen soUen, ohne 
seine Ansicht zu begriinden, zumal die Thatsachen in der 
Keilschrift gegen seine Worte zeugen. Es ist mir unfasslich, 
wie Winckler alles Ernstes behaupten kann, es fande sich *' in 
dem bis jetzt bekannten " Keilschriftmateriale nicht ein Fall, 
in dem ein und derselbe f remdlandische Konigsname zu gleicher 
Zeit derart ausgedriickt worden sei, dass auf dem einen Texte 
der in ihm enthaltene fremde Gott phonetisch, auf dem andem 
mit demjenigen Ideogramm geschrieben sei, welches sonst den 



76 ASSYRIACA. 

mit jenem correspondierenden babylonischen Gott bezeichnet 
(p. 113 f.). Winckler wiinscht nur mit einem einzigen solchen 
Falle bekannt gemacht zu werden ; ich will ihm gleich mit 
mehreren dienen. 

I. V ^. 9, 2 wird Bir-Dadda,^ der Vater des Araberkonigs 
Waiteh auf dem einen Texte geschrieben Bir-Da-ad-day auf der 
Parallelstelle des anderen Bir- ^'«^*^/Af, d. h. mit dem Ideogramm, 
das in rein babylonischen Namen zunachst Rammdn^ zu lesen 

1 Die Literatur liber diesen Namen findet man iibersichtlich zusammengestellt 
in Haupt's Wdteh-ben-Hazael {Jlebraica^ I, vol. IV, reprint p. 8). Unsere Frage 
ist dort aber nicht beriihrt. 

2 Oppert hat jiingst in seiner Abhandlung Adad-Nirar^ roi d^Eiiasar (extrait 
des comptes rendus, p. 6) nachzuweisen gesucht, dass das assyrische Ideogramm 
dingirJMSxi alien Fallen statt Rammdn vielmehr Adad zw lesen ist. Die AusfUh- 
rungen des gelehrten Verfassers erschienen mir anfanglich sehr bestechend, nach 
reiflicher Erwagung halte ich den Beweis fUr misslungen. Auf Grund des von 
mir ftir die Lesung kassitischer, ja fremder Eigennamen iiberhaupt, formulierten 
Gesetzes [dass wenn ein Eigenname durch ein in demselben vorkommendes pho- 
netisch geschriebenes Wort sich als nicht-babylonisch ergiebt, auch der etwa in 
dem Namen enthaltene ideographisch geschriebene Gottesname so zu lesen ist, 
wie der dem babylonisch-assyrischen Gotte entsprechende fremdlandische Gott 
von seinen eigenen Verehrern in ihrer Sprache ausgesprochen wurde], O. B. I. p. 33, 
ist das von Oppert vorgebrachte anders aufzufassen. Auch der Name auf den 
Backsteinen von Tello AAAANAAINAXH2) (ein Exemplar davon befindet sich 
auch im Museum der Universit'at von Pennsylvanien) beweist nur, dass die Ver- 
ehrung des syrischen Gottes der Atmosphaere und des Sturmes, Adad {Dadda)^ 
wie gemass der grossen Verbreitung des Aramaertums in den letzten vorchrist- 
lichen Jahrhunderten von vomherein zu erwarten steht, auch in SUdbabylonien 
(wahrscheinlich zunachst neben Rammdn) sich eingebiirgert hatte. Dagegen be- 
weist der Name nichts fiir die Aussprache des Ideogrammes dingiriM in alteren 
rein babylonisch-assyrischen Texten. Der Umstand schliesslich, dass auf dem 
bekannten, von Bezold veroffentlichten Gottersyllabar K. 2100 {^P.S. B. A. XI, 
p. 173 f.) auch Dadda und Adad a\s Aussprachen fiir dingir/Jlf sich finden, beweist 
gerade (was ich gegen Winckler auf das nachdriicklichste aufrecht halte), dass die 
Babylonier und Assyrer sehr wohl wussten, dass ihre fiir die einheimischen Gotter 
gebrauchten Ideogramme unter Umstanden anders als babylono-assyrisch zu lesen 
waren, so wohl weil sie selbst (cf. oben Beispiele 1-3) als andere Volker, die sich 
der Keilschrift bedienten (oben Beispiele 4-5), dieselben auch fiir die mit den 
babylonischen correspondierenden fremden Gotter zu verwenden pflegten. Wenn 
nun aber Winckler (p. 113) meint, dass turku auf jenem Syllabare AT. 2100 als 
kassitisches Aequivalent fiir Rammdn (was jedoch erst zu beweisen ist !) angege- 



ASSYRIACA. 77 

ist. Daraus folgt, dass der Schreiber Asurbanapal's sehr wohl 
wusste, dass Dadda seiner Function nach mit dem assyrischen 
Rammdn sich deckte, er also, da der fremdlandische Charakter 
des Namens durch (die Apposition und) die erste Halfte des- 
selben geniigend kenntlich gemacht worden war, ohne weiteres 
das assyrische Ideogramm zur Schreibung von Dadda beniitzen 
konnte. C£. auch Schrader, K. A. T? p. 454; K, (7. i^ p. 538 f. 
2. Auf dem schwarzen Obelisken Salmanassar's II (cf. Abel 
& Winckler, Keilschrifttextey p. 8, 59; 9, %2> und ofter) wird 
m. dingirj^.{(i_^ von Damaskus genannt, der nach Schrader, //. cc. 
mit hebr. Ityinn, und nach Delitzsch, Z, K. II, pp. 16 i-i 78 
mit einem Bir-idri ^'^TT^'l identisch sein soil. Winckler 
folgt in K. B, I, p. 1 34, Anmerk. i Schrader, in seiner ** Ge- 
schichte** dagegen Delitzsch (p. 193). Wie wir auch lesen 
mogen,^ soviel ist sicher : Da die Person mit dem biblischen, 
gewohnlich Ben-hadad (II) gelesenen Konig von Damaskus 
zweifellos identisch ist, muss das Ideogramm ^'"^'^/J/ auch mit 

ben sei, turgu also nicht wohl fiir Bil stehen konne, so ist, vorausgesetzt, dass 
seine erste Gleichung richtig ist, zu antworten, dass auch Bel von Nippur, als der 
Herr der als Daemonen personificiert gedachten Sturmwolken, urspriinglich ein 
Gott der Atmosphaere, ein Sturmgott, ist, und als solcher auch des ofteren auf 
den in Nippur gef undenen Thonbildem erscheint, dass also turku (wenn = turgu^ 
was mir gar nicht unwahrscheinlich erscheint) ebensowohl dem Bel von Nippur als 
dem assyrischen Rammin gleichgesetzt werden konnte. 

1 Nach meiner Ansicht hat Delitzsch zweifellos recht. Seine Erkliirung wird 
alien Schwierigkeiten gerecht und hebt dieselben. Die LXX beweisen iiberdies, 
durch ihre Ubersetzung uWs A5^p, dass sie noch liri'lD gelesen haben (etwas an- 
ders Delitzsch). Der von Delitzsch in sehr scharfsinniger Weise nachgewiesene 
Gott Bur oder Bir ist, so scheint mir, auch als Aussprache des Ideogrammes 
dingirJM belegbar. Denn ich 'halte die auf K, 2100, Obv. als eine der 
Aussprachen jenes Ideogramms angefiihrte Gottheit Me-ir = Mir mit jenem Bir 
identisch. Daneben findet sich dann ebenso wie Bir und Bur mit einander wech- 
seln, haufig die Aussprache Mur (mit dem Zeichen Briinnow, List 8522 geschrie- 
ben) in babylonischen Eigennamen wie H^Mur-zh^-ibni, Mur-al^-iddina, etc. Cf. 
zum Wechsel von b und /«, neben den vielen fiir das Hebraische aus der Trans- 
scription der LXX belegten Fallen, e.g, Mu;a/3 und Mcoa/i, ^afrnpelfi und Za^aplfi 
(= assyr. iabaraUn^ cf. Hal^vy in Z. A. II, p. 402), fiir das Assyrische die Gram- 
matiken unter b und m und die verschiedenen Schreibweisen des Wortes fiir 
Cypresse. 



yS ASSYRIACA. 

damascenischer Aussprache — selbst nach Winckler — wieder- 
gegeben werden. Freilich halt er ja gegenwartig das auch von 
ihm selbst friiher vertretene Princip **bis auf weiteres fiir 
unwahrscheinlich *' {Altorientalische Forschimgen II, p. 114, 
Anmcrkung), darf demnach auch hier seine friihere Lesung 
nicht langer fiir richtig halten. Aber auch in anderen denn 
koniglichen Namen der Keilschriftlitteratur lasst sich das von 
uns vertretene Princip nachweisen. Denn 

3. Pinches hat P, 5. B. A. 1883, pp. 71-73 gezeigt, dass ein 
in Babylonien ansassiger Fremder (wohl ein Kanaanaer) auf 
Contracttafeln aus der Zeit des Nabonidus bald als '^- ^'*^*^^^/7^- 
Ad-du'tia'tauy bald als '"• '^^''^'^ Abil-I M-na-tan erscheint, und dass 
daher in der zweiten Namensform das Ideogramm mit der 
"westlandischen '* Aussprache des Gottes Addu zu lesen ist, 
ebenso dass der auf einer andern Contracttafel erscheinende 
^•^^"^^"^Abil'IM-a-ma-ra (der Schwiegersohn jenes ersten Man- 
nes), der sich schon durch die Verbalform ^-w^-ra = 1DX als 
kanaanaisch giebt, auch im ideographischen Gottesnamen 
kanaanaisch, also Bil-Addu-amara transscribiert werden muss.^ 

4. Es ist bekannt, dass der in den el-Amarna Tafeln oft 
erwahnte Rib- Adda von By bios entweder geschrieben wird 
Ri'ib-Ad'di {Berlin^ Th, 73, 3) oder Ri-ib-Id-di (ib, 76, i) oder 

1 Sicher mit Delitzsch = Bil zu lesen (Z, K. II, pp. 170, 177 f.). Cf. auch (les- 
sen sehr beach tenswerte Bemerkung, p. 169, Anmerk. i: " Der Name kann doch 
nicht vom babylonisch und hinten " samaritanisch " sein, auch nicht bei einem 
babylonisierten Samaritaner ! " Darum ist Pinches' Bin unmoglich. Delitzsch's 
Wort hatte auch Winckler eingehender priifen sollen, ehe er seine eigenen Ansich- 
ten iiber Bildung von hybriden babylonisch-kassitischen Eigennamen formulierte. 

2 Cf. Strassmaier, Nabonidus 85, 5, 7, 11, 13 f.; 356, 2, 11 f. 34 f. Dass die 
westlandische Aussprache Addu Ubrigens schon um jene Zeit in Babylonien sich 
fest eingebiirgert hatte, ergiebt sich aus Eigennamen wie m. UuAd-du-lu-ti-sa-lim 
(Nabon, 892, 9), »«• i^^Ad-du-li-ki-inikin) (ib. i und 10), etc., wo Addu in phonetisch 
geschriebenen Eigennamen in Verbindung mit rein babylonischem Sprachgut sich 
findet. In Strassmaier, Nabon. 813, 8, worauf mich mein Schiiler Dr. A. T. Clay 
aufmerksam machte, lesen wir als den Sohn eines Nabii-}um-iddina einen gewissen 
m. iluAd-du-(m)uballit(it)t welcher Nabon. 808, 1 1 *»«• diMtrurJM'(m)uballit(-it) ge- 
schrieben ist. Cf. hierzu das oben unter Beispiel i, Anmerk. 2 ausgefUhrte. 



ASSYRIACA. 79 

[Rz-]z6'ffa'ad[-di] (ib, 80, i) oder aber — und dies am haufig- 
sten — Ri'ib '^^'''IM {ib, 43, i). 

5. Ebenfalls sicher ist — was bereits Winckler-Schrader in 
Z, A. Ill, 364 hervorgehoben haben, und was mit Recht als 
Thatsache in das jiingst erschienene Buch von Thomas Fried- 
rich, Kabiren und KeilinschrifteUy p. Z6 ubergegangen ist — 
dass der wiederholentlich erwahnte Abd-A-si-ir-ta (Berlin no. 
60, 18; 61, 6^)y Abd-As-ra-ta (z. B. Brit, Mus, no. 23, 23) und 
die ib. no. 35, 3 als Abd- '^^^sirjij angefiihrte Person identisch 
sind, also ^'V'>y?/ durch Asirta {Asrata) wiederzugeben ist. 

Ich konnte leicht die Beispiele vermehren. Die gegebenen 
geniigen indessen, mein fiir die Lesung von kassitischen und 
anderen fremdlandischen Eigennamen vertretenes Princip zu 
rechtfertigen und Winckler's demselben entgegengestellte Er- 
klarung (p. 114) zu entkraften. 

Es kann natiirlich hier nicht meine Absicht sein, den Aus- 
fiihrungen des Berliner Gelehrten auf Schritt und Tritt nach- 
zugehen und an alien Punkten, wo ich von demselben diffe- 
riere, meine eigene Theorie vorzutragen. Auf zweierlei mochte 
ich jetzt nur noch die Aufmerksamkeit lenken: 

1. Winckler hat die Hauptthatsachen, welche in der Ur- 
kunde B61-nddin-apli*s berichtet werden, nicht verstanden, 
indem er Jensen's, oben sub I fiir unmoglich erklarte Interpreta- 
tion von kumma (Vcp) ="es blieb so*' acceptiert, demgemass 
auch die chronologische Notiz unrichtig auffasst,^ und schliess- 
lich mit Oppert von einem "Abernten des Grundstiickes " 
redet, wahrend der Text sagt, dass ein Stiick jenes geschenkten 
Grundstiickes (Parcelle) abgetrennt war, welches auf Befehl 
des Konigs B^lnidinapli ana pilkihi^ d. h. "seiner Parcelle,'* zu 
der es friiher als Teil gehorte, wieder zuriickgegeben wurde. 

2. Auf p. 160 f. seines Buches beriihrt Winckler die in den 

^ Er kann die allein richtige Auffassung auch nicht gebrauchen, da sie fiir sei- 
nen Ansatz von Nebukadrezar I in der Pashe-Dynastie verhangnissvoU werden 
durfte I 



8o ASSYRIACA. 

Fundamenten des Sargonspalastes zu Khorsabad gefundenen 
sieben Tafeln. In Folge dessen, dass er meinen definitiven 
Nachweis von uknii = Lapis lazuli (Z, A, VIII, pp. 185 ff.) ein- 
fach ignoriert und statt dessen seine durch absolut nichts zu 
rechtfertigende Ansicht, dass w^;/^ = " Antimon " sei, aus 
Altorientalische Forschimgen I, p. 150, noch einmal vortragt, 
gelangt er zu einer hochst sonderbaren Ansicht von zwei in 
den Inschriften ofters erwahnten Steinen. Die Tafeln be- 
standen bekanntlich aus 

1 . hirdsH = Gold, 

2. kaspu = Silber, 

3. erA = Bronze, 

4. anakii = Zinn, 

5. A-BAR = **Weisse, weiche Steinart,*' ^ 

6. ukn^ = Lapis lazuli, 

7. GI^-^IR-GAL = (Alabaster oder) Kalkstein.2 
Winckler identificiert die ersten vier Metalle ebenso. A-BAR 

dagegen halt er fiir " Blei,'' uknA fur " Antimon," GI^-^IR- 
GAL fur "Alabaster/' 

Von diesen Tafeln sind nur vier erhalten, namlich die von 
Gold, Silber, Bronze und diejenige, weiche Lyon, Keilschrift- 
texte SargonSy pp. 27 und 57, zweifelnd als " Antimon .? ** be- 
zeichnet. Lassen wir vor der Hand einmal die Frage offen, 
ob Winckler ein Recht hatte, jenes Fragezeichen zu ignorieren 
und Antimon als eine f eststehende Grosse in die Untersuchung 

1 Von Lyon, Keilschrifttexte Sargon's, p. xiii, 6, ist die sogenannte Antimon- 
Tafel in obiger Weise beschrieben. • 

2 Wie Rost, Die Keilschrifttexte Tiglat-Pileser^s III, p. 122 f. und Meissner und 
Rost, Die Bauinschriften Sanheribs^ pp. 23 (no. 23), 25 (no. 29) nachgewiesen ha- 
ben, bezeichnen pilu und GIS-SIR-GAL (mit der wahrscheinlichen Aussprache 
pari^tu) Alabaster und Kalkstein. Und zwar macht es Rost wahrscheinlich, dass 
GIS-SIR-GAL der Kalkstein (in seinen Varietaten) ist. Wir batten also eine 
Tafel aus Kalkstein. Hiermit stimmt, dass wir auch in Nippur Fragmente von 
beschriebenen Flatten und Vasen aus Varietaten des Kalksteines gefunden haben. 
Dieselben batten ein sehr schones Aussehen und das Material liess uberdies sich 
leicht bearbeiten. [Cf. jetzt auch noch Jensen in Z. A, IX, p. 128.] 



ASSYRIACA. 8 1 

einzufiihren, und sehen wir zunachst nur zu, welche von den 
sieben Erz- und Steinnamen bis jetzt sicher identificiert werden 
konnen. Uber die ersten drei brauchen wir kein Wort zu ver- 
lieren. Entscheidende Stellen sprechen daf iir, dass anaku = 
Zinn ist. Daraus dass no. 7 fiir unsere Zwecke genau genug 
bestimmt, ukn^ sicher als Lapis lazuli nachgewiesen ist, folgt 
dass nur A-BAR mit Winckler's "Antimon*' identisch sein 
kann. Worin besteht aber in Wirklichkeit jene als "An- 
timon " unter den Gelehrten cursierende Tafel? Lyon be- 
schreibt ihr Material auf p. xiii seines citierten Buches als eine 
"weisse, weiche Steinart." Ich verstehe nicht viel von Mine- 
ralogie, aber es ist mir unfasslich, wie man die betreffende 
Tafel auch nur zweif elnd fiir Antimon ^ hat halten konnen, gar 
nicht davon zu reden, dass Winckler daraufhin, dass er dieselbe 
fiir Blei halt, eine ganz neue Bestimmung zweier assyrischer 
Steinnamen vornimmt. Es ware zur Not verstandlich, dass 
jemand Antimon und Blei mit einander verwechselt, zumal wenn 
er ersteres sich nie genau besehen, vielleicht nur davon gehort 
hat, aber es ist mir unverstandlich, wie man Blei oder Antimon, 
die an Harte, Farbe, specifischem Gewicht radical von irgend 
einer "weich^n, weissen Steinart** verschieden sind, aus der 
Beschreibung Lyon's hat herauslesen konnen. So viel wage 
ich also schon jetzt, ohne jene Sargon's-Tafel je gesehen zu 
haben, mit Bestimmtheit zu behaupten, dass Antimon unter 
den von Sargon zu seinen sieben Tafeln verwendeten Mate- 
rialien nicht vertreten sein kann, wenn anders Lyon's Beschrei- 
bung derselben richtig ist. Es ware auch sonderbar, dass nur 
Sargon Antimon als Material fiir Tafiln beniitzt haben sollte, 
wahrend die ganze andere Keilschriftliteratur von solchem 
Gebrauch nichts weiss, resp. die Ausgrabungen uns bisher 
nichts dariiber geliefert haben. 

^ Denn soviel mir bekannt, ist der chemisch unreine Magnesit, wie er besonders 
in Steiermark heute gefunden wird, in Babylonien und Assyrien nicht verwertet 
worden. Nur mit diesem chemisch unreinen Magnesit konnte ein Laie zur Not 
Antimon verwechseln. Im iibrigen cf. weiter unten. 



82 ASSYRIACA. 

Diirfte ich aus der laienhaften Kenntniss, die ich mir durch 
die Liebenswiirdigkeit meiner Collegen an der Universitat von 
Pennsylvanien, der Professoren fiir Mineralogie und Chemie, 
in deren Laboratorien in Verbindung mit einer eingehenden 
Beschaftigung der in Nippur von uns ausgegrabenen Steinarten 
erworben habe ; diirfte ich weiter aus den Thatsachen, dass 
auf Sargon's Tafeln A-BAR stets unmittelbar neben uknH 
steht, und dass die meisten ausgegrabenen beschriebenen Vo- 
tivobjecte aus dem Tempel des Bd in Nippur nachst Lapis 
lazuli^ gerade aus einer solchen "weissen, weichen Steinart*' 
bestehen (cf. meine Ausfuhrungen in Z, A, VIII, p. 187 f.), 
einen Schluss ziehen, so wiirde ich den A-BAR fiir Magnesit 
erklaren. Zwei Scepterknaufe aus diesem Material finden sich 
in meinen O, B. I. pi. X, no. 22 und 24, bereit^ abgebildet. 
Doch da es viele "weisse, weiche Steinarten*' giebt, die nicht 
Magnesit sind, da moglichenfalls dieses Mineral nur zur Kassi- 
tenzeit voriibergehend in Babylonien bekannt war, und da ich 
schliesslich meine hochst mangelhaften mineralogischen Kennt- 
nisse nicht **an den Mann bringen** mochte, so enthalte ich 
mich einstweilen billigerweise aller weiteren Schlussfolgerungen 
und halte nur vor der Hand die Identification des A-BAR mit 
dem durch die Nippur-Ausgrabungen zum ersten mal unter 
Assyriologen in grosserer Menge bekannt gewordenen, che- 
misch ausserordentlich reinen {Z. A, VIII, p. 188, Anmerk. i), 
weissen Magnesit fiir die nachstliegende, obwohl noch nicht 
vollig gesicherte. Soviel aber bezeichne ich als gesichertes 
Resultat meiner Untersuchung, dass seitdem uknA als Lapis 
lazuli fest steht, A-BAR auf keinen Fall Antimon (Lyon) oder 
Blei (Winckler), sondern eine ohne Analyse jener Pariser Tafel 
nicht naher zu bestimmende "weiche, weisse Steinart'* ist. 

1 In Z. A. VIII, p. 188, gab ich an, dass c. 30-35 deutsche Pfund von Lapis 
lazuli (acht und unacht, verarbeitet und Rohmaterial) in Nippur gefunden seien. 
Nachdem ich im Sommer 1893 ^^^^ Material, auch das im Kaiseriichen Museum 
zu Constantinopel zuruckgelassene, habe wiegen lassen, ergeben sich c. 70 Pfund. 
Der Gesammtbetrag des (verarbeiteten und unverarbeiteten) ausgegrabenen Mag- 
nesit bel'auft sich auf c. 25 Pfund. 



ASSYRIACA. 83 

Nachschrift. 

Gestem Abend, am 12. April, hielt Professor Haupt von 
Johns Hopkins University, Baltimore, vor den Mitgliedern des 
"Oriental Club of Philadelphia'* einen Vortrag iiber die vier 
Paradieses-Strome. Im Laufe desselben bemerkte er, dass 
durch die Untersuchung der vierten Pariser Sargon-Tafel sei- 
tens eines franzosischen Gelehrten^ festgestellt worden sei, dass 
dieselbe aus Magnesit bestehe, und dass demgemass, da uknH = 
Lapis lazuli, A-BAR und Magnesit identisch sein miissen. 
Ich unterschreibe dieses von Haupt auf etwas anderem als dem 
von mir oben eingeschlagenen Wege erreichte Resultat von 
ganzem Herzen und freue mich, dass meine oben auf die Re- 
sultate von Nippur hin nur ganz schiichtem ausgesprochene 
Moglichkeit so schnell ihre Bestatigung gefunden hat. Hatte 
ich etwas von der Analyse jener Pariser Tafel gewusst, deren 
erste Notiz ich Professor Haupt verdanke, so hatte ich mich 
natiirlich ebenso positiv ausgedriickt als letzterer, der auf Grund 
jener Kenntniss zu einem bestimmteren Resultat e iiber jene 
Steinart als ich selbst gelangen musste. 

Philadelphia, April 13, 1894. 

1 [Berthelot im Bulletin de VAcadimie des Inscriptions^ nach brieflicher Mit- 
teilung Hal^vy's vom 17. Juli 1894.] 



V. 

Die Erganzung der Namen zweier Kassitenkonige. 

In Z, -^. VII, pp. 305-318 habe ich den Beweis erbracht, 
dass Kadashman-Turgu der Sohn und unmittelbare Nachfolger 
des Nazi-Maruttash gewesen ist. Cf. nunmehr auch O, B, L 
pi. 23, no. 61. Eben daraus ergab sich von selbst, dass der auf 
5. 2106, 9^ hinter Nazi-Maruttash folgende Abschnitt, von 
dem leider nur die ersten zwei Zeilen — und auch von ihnen 
Anfang und Ende abgebrochen — erhalten sind, sich nicht mit 

• • 

Delitzsch (Ubersicht am Ende seiner Geschichte Babyloniens 
und Assyriens) auf seinen unmittelbaren Nachfolger beziehen 
konnte (Z, A, VII, pp. 317 f.). In meinen O, B, /. p. 1 1 f. (cf. 
p. 38 und Anmerk. i) behauptete ich, dass jener Konig viel- 
mehr zu Bibeidsu ^ zu erganzen und derselbe mit dem aus der 
grosseren babylonischen Konigsliste bekannten Bi-be ^ identisch 
sei. Fiir den Beweis meiner Annahme verwies ich auf einen 
Aufsatz, den ich an die Redaction der Z. A, mit anderen 
Arbeiten eingesandt hatte. Da aber Professor Bezold, in zuvor- 
kommendster Weise meine Wiinsche erfiillend, die als "not- 
wendig" bezeichneten Abhandlungen zuerst abdruckte und 

1 Veroffentlicht in Winckler's Untersuchuugen zur Altorientalischen Geschichte, 
p. 152, oben. 

2 Cf. Winckler, Untersuchungen, pp. 146 f. und die neue kritische Ausgabe der 
Liste von Knudtzon in dessen Assyrische Gebete an den Sonnengott, p. 60. 

* Von Tide, Geschichte, p. no, zweifelnd Gasmit (?), von Hommel, Geschichte, 
p. 442, Bitil, von Winckler, Geschichte, p. 92 " Kashbe (?)" gelesen. Zu alien die- 
sen Lesungen liegt nicht die geringste Veranlassung vor. Ich bemerke mit Ver- 
gniigen, dass Winckler in seinen Altorientalischen Forschungen II, pp. no, 123, 
die von mir in O, B. I, vertretene naturlichste Lesung Bi-be angenommen hat. 



S6 ASSYRIACA. 

meine inzwischen an den Nippur ^-Tafeln fortgesetzten Arbei- 
ten mehreres Neue dazu lieferten, wodurch das im Manuscript 
Gegebene der Erganzung bediirftig wurde, bat ich um Zuriick- 
sendung des letzteren. Seitdem ist bereits meine Gleichsetzung 
von Bt6e und Bibeidhi^ und die entsprechende Erganzung 
auf 5. 2106 als Thatsache angenommen.^ Gerade deswegen 
halte ich es doppelt fiir angezeigt, jenen bisher nicht erbrach- 
ten Beweis, auf den ich an verschiedenen Stellen meiner 
O, B, I. hinwies, wirklich zu bringen, damit wir bei den ohne- 
hin schon verwickelten Fragen der Chronologie nicht den 
sicheren Grund unter den Fiissen verlieren. Die Griinde ihrer 
Identicitat will ich dabei unter folgenden Punkten, vom Be- 
kannten ausgehend, iibersichtlich auffiihren: 

I. Das als 5. 2106 bezeichnete Bruchstiick der synchronisti- 
schen Geschichte giebt zu Anfang der Vorderseite Ereignisse 
aus der Regierung von Nazi-Maruttash und seines assyrischen 
Zeitgenossen, am Ende der Riickseite solche aus der Zeit des 
babylonischen Konigs Marduk-baldtsu-ikbi (11. 6 und 8) iind 
seines assyrischen Zeitgenossen Samsi-Rammdn II (1. 7). Der 
unmittelbar auf Nazi-Maruttash folgende Abschnitt, von dem 
nur die fraglichen zwei Zeilen verstummelt erhalten sind, muss 
also Ereignisse erzahlt haben, die zwischen dem Tode des 

1 Herr Professor Noldeke hatte die Liebenswiirdigkeit, mir brieflich iiber den 
Namen Nippur-Niffer-Nuffar folgendes mitzuteilen : " Jaqut, s. v. schreibt Niffar 
vor, und dementsprechend steht bei Assemani 2, 459 = 3, i, 668 N-i-f-rrsxA Ple- 
narschreibung des i (woraus aber nicht etwa auf Lange des Vocals zu schliessen 
ist). Ich mochte glauben, dass auch ** Nipparene . . . ,urbis et gentis Persicae 
nomen habet" Plin. h. n. 37, 10 (§ 175) unseren Ort meint. Ich sehe eben in Rab- 
binowitz die Variante zu Talm. bab.^Jama loa nach und finde, dass auch da ^ICw 
am besten bezeugt ist. Die heutige Aussprache mit u wird durch den Labial ver- 
ursacht sein." Aus Mangel an entsprechenden Typen habe ich das Arabische 
und Syrische Wort in Transscription gegeben. 

^ Ich bezeichne das a als lang, well auf den datierten Tafeln der Konig ganz 
gewohnlich Bi-be-ia-a-iu geschrieben ist. 

' So Delitzsch, Assyriologische Miscellen^ p. 186, Anmerkung 2 ; Winckler, 
Altorientalische Forschungen II, pp. no, 123, 133. Cf. dagegen Oppert's Zweifeli 
Z. A, VIII, p. 364. 



ASSYRIACA. 82 

Nazi-Maruttash und dem Regierungsantritt des Marduk-baldtsu- 
ikbi liegen. Weil aber der Abschnitt gleich auf Nazi-Maruttash 
folgt und iiberdies das grossere Stiick der Tafel fehlt, auf dem 
noch andere Ereignisse, die zwischen den beiden Grenzpunkten 
passierten, erzahlt worden sind, miissen jene Zeilen auf Ereig- 
nisse sich beziehen, die nicht allzu lange nach Nazi-Maruttash*s 
Tode passierten, zumal wir aus der synchronistischen Ge- 
schichte und aus sonstigen Inschriften wissen, dass gar man- 
ches in jener Zeit zwischen Assyrien und Babylonien vor sich 
ging, das billigerweise auf dieser Tafel im Auszug erwartet 
werden muss. Daraus ergiebt sich ^Is wahrscheinlichstes Re- 
sultat, dass die zwei Zeilen den Namen eines Herrsjchers der 
Kassiten-Dynastie enthalten haben werden. 

2. Der Name dieses Kassitenkonigs ist zum Teil noch erhal- 
ten, da das letzte Zeichen ganz und von dem vorhergehenden 
zwei iibereinanderstehende perpendiculare Keile in Winckler's 
Ausgabe deutlich zu erkennen sind. Derselbe muss auf su 
geendigt haben, weil das betreffende Zeichen nur diesen einen 
Lautwert im Assyrischen hat, und es als Ideogramm in Perso- 
nennamen nicht verwendet zu werden pflegt. Sehen wir uns 
nun daraufhin die Namen derjenigen Kassitenkonige, welche 
sicher nach Nazi-Maruttash regierten (ja aller Kassitenkonige 
iiberhaupt) an, oder, wenn wir ganz vorsichtig sein woUen, aller 
Herrscher, welche in den nachsten 300 Jahren nach Nazi- 
Maruttash's Tode, d. h. bis zum Ende der sechsten Dynastie, 
iiber Babylonien regierten,^ so konnen wir nur einen, der die 

^ Wir kennen alle Namen mit Ausnahme dreier noch fehlender Konige der 
Pashe-Dynastie, die aber kaum in Betracht kommen, weil, von anderen nahelie- 
genden Griinden ganz abgesehen, sie nicht sehr bedeutend fiir Assyrien gewesen 
sein konnen, da wir sonst ihren Namen wohl schon in dem nicht mehr ganz spar- 
lichen Materiale begegnet waren. Von den Namen der letzten drei Konige habe 
ich mit grosser Wahrscheinlichkeit einen als den Konig Marduk-a^je-irba, aus des- 
sen Regierungszeit der Papierabklatsch einer Urkunde in meinem Besitze ist, oben 
sub I, p» 33, identificiert. Von den andem zwei Namen ist soviel erhalten, um 
mit ziemlicher Sicherheit zu sagen, dass sie auf eine Verbalform endigten. 
Welche Verbalform in einem rein-babylonischen Personennamen, dessen erster 
Bestandteil ein Singular ist, soUte aber u am Ende haben ! 



i 



SS ASSYRIACA. 

Bedingungen erfiillt, hierhersetzen, namlich Bideidiu, von dem 
O, B, L pi. 26, no. 70, 71 (und vielleicht 72), herriihren. Er 
endigt sich nicht nur auf i//, sondern wird auch den vor su 
stehenden Spuren in jeder Weise gerecht. Derselbe muss 
dann aber nach Nazi-Marnttai gelebt haben. 

3. Dieser Bibeidhi ^ ist ohne Zweifel identisch mit dem in der 
Liste aufgefuhrten Bibe, Denn auch dieser hat ja nach Nazi- 
Maruttash regiert. Da uns iiberdies sonst kein mit Bibe an- 
fangender Kassitenkonig bekannt ist, und Verkiirzungen von 
kassitischen Namen, wie unten gezeigt werden wird, ganz ge- 
wohnlich vorkommen, diij-fen wir die Gleichung mit einiger 
Sicherheit wagen. Denn 

4. Dieses Resultat findet seine weitere Bestatigung daran, 
dass der Vater des Bibeidhi den Namen Sagarakti- Curias 
gefiihrt {O, B. I. pi. 26, 70),^ und dass nach der Liste Bibes 
Vater ebenfalls mit Sagarakti angelautet hat. 

Die Namen beider Vater scheinen also ebenfalls identisch 
gewesen zu sein. Sehen wir uns diesen Punkt etwas naher an. 
Nach Knudtzon's neuer kritischer Ausgabe der Liste endete 
der Name von Bibe's Vater in Ubereinstimmung mit Winck- 
ler's Ausgabe zwar nicht ganz sicher auf al^ (Briinnow, List 
6741), doch halte ich diese Lesung immer noch fiir das wahr- 
scheinlichste. Denn abgesehen davon, dass die Tafel an dieser 

1 Es ist wahr, dass Bibeiishu auf den in O. B. I, mitgeteilten Inschriften sich 
mit dem Zeichen }tl statt }u geschrieben findet. Aber natiirlich beweist dieser 
Umstand nichts gegen die Identification. Fiir angstliche Gemiiter (cf. Z. A. VIII, 
p. 217) will ich zur Beruhigung ausdriicklich bemerken, dass unter den 27 Tafeln, 
die, nach der Regierung dieses Konigs datiert, bis jetzt unter meine Hande ge- 
kommen sind, 12 den Namen mit i//, dagegen 14 ihn wie auf dem Fragment 
S. 2106, 9, mit }u schreiben. Auf der 27sten Tafel ist entweder ta-iu (was wahr- 
scheinlich) weggebrochen, oder der Name war wie in der Konigsliste nur Bi-be 
geschrieben. 

2 Dazu kommen jetzt noch zwei gleiche Scepterknaufe aus Magnesit, auf denen 
sich Bibeid}u in derselben Weise bezeichnet. 

' Delitzsch*s Ansicht {Assyriologische Miscellen^ p. i86 ; cf. auch Winckler, 
Z. A. II, p. 310) ist, glaube ich, in Anbetracht des verstiimmelten Zustandes der 
Tafel zu positiv. 



ASSYRIACA. 89 

Stelle ohnehin abgebrockelt ist, also sehr wohl auch die kleinen 
diinnen Verlangerungen der drei horizontalen Striche hinter 
dem perpendicularen Keile beschadigt sein konnten, weiss 
jeder, der ein paar tausend Thontafeln unter den Handen ge- 
habt hat, wie ungenau oft die Schreiber in der Unterscheidung 
der Zeichen as und ma in der spateren Zeit sind. Fur die Zeit 
der Ubergangsperiode (rund das zweite Jahrtausend v. Chr.) ist 
dieselbe etwas so gewohnliches, dass ich dariiber kein Wort zu 
verlieren brauche. Wenn man aber gleichwohl daran Anstoss 
nimmt, so mag man sii lesen. Denn dieser Lesung steht nach 
den Spuren auch nicht das Geringste entgegen. Zwischen rak ^ 
und aJ kann nach Knudtzon nur ein Zeichen — und nach den 
erhaltenen Spuren nur // — gestanden haben. Demgemass 
muss der Vater des Bibe'^ als Sagaraktias {Sagaraktisu) ange- 
setzt werden. Wir haben also als Vater und Sohn die folgen- 
den Paare nebeneinander : 

I II 

V , V , X . , 

Sagaraktias {Sagaraktisu) Sagarakti-Surias 

Bibe Bibeidsu 

Um sie mit Beriicksichtigung von dem unter 3 Ausgef iihrten 
definitiv gleichzusetzen, miissten wir nachweisen, a) dass der- 
artige Verstiimmlungen,^ wie sie hier fiir I im Vergleich zu II 
anzunehmen sind, auch sonst in der Kassiten-Dynastie vorkom- 

1 Zur Lesung des Zeichens als r^^ (nicht lal) cf. Hilprecht, Z. A. VIII, pp. 386 f. 

2 Man konnte auf den Gedanken kommen, dass die zwei letzten Zeichen, wel- 
che auf Bibe in der Liste folgen, ia-su statt TUR (= mdri)-su zu lesen, d. h. TUR 
nur verschrieben sei. Aber eine solche Annahme hatte nicht die geringste 
Stiitze. Denn i) ist die Lesung TUR durch die sechs Zeilen spater stehenden 
Schlusszeichen gesichert, 2) sehen sich die beiden Zeichen TUR und ia in keiner 
Periode der babylonischen Schrift zum Verwechseln ahnlich, 3) wird die An- 
gabe der Liste von der Sohnschaft durch die Notiz von Bibeidsu^ mit dem wir 
ihn oben schliesslich identificieren werden, gesichert, 4) finden sich auch sonst ge- 
nug Beispiele von Verstiimmlungen kassitischer Konigsnamen, so dass wir die 
Identitat beider auch ohne eine Textemendation nachweisen konnen. 

8 In Wahrheit sind diese und ahnliche kurze Schreibungen kassitischer Eigen- 
namen keine Verkiirzungen, sondern Verstiimmlungen. Denn man kann sich 



J 



90 ASSYRIACA. 

men; b) dass wenlgstens einer der unter II angefuhrten lange- 
ren Namen in verstiimmelter Form auch sonst belegbar ist; 
c) dass innerhalb des in Betracht kommenden Zeitabschnittes 
nur Raum fiir ein Paar von diesen Konigen 1st. 

Ad a, Nach Nabuna'id's Angaben wird der Konig, welcher 
800 Jahre vor ihm am Tempel Eulmash in Sippara der Anunitu 
(= Agade = Akkad) baute, in v R, 64, col. Ill, 28 : ^agarakti- 
Biirialy in i R, 69, col. Ill, 20 : ^agarakti-ia-^s (ein Name, 
der sich mit meinem oben vorgeschlagenen, verkiirzten deckt) 
genannt. Diese beiden sind also identisch, und der eine ist 
um das Wort bur verkiirzt. Konnte aber dieses Wort ohne 
weiteres fortfallen, so sieht man keinen Grund ein, warum 
nicht ebensogut hir in unserem Namen ausgelassen werden 
konnte. Doch auch sonst sind derartige Verstummelungen 
ziemlich haufig. So Bur-Burial statt und neben Btim(f)a- 
Burial ; Nazirattal statt und neben Nazi-Ma(muyra(ruyttai 
(cf. zu beiden meine Bemerkungen in Z, A, VIII, p. 387); 
^U'Zi'ga-ai neben Na-zi-bu-gal (O, B,L p. 37; Winckler, Alt- 
orientalische Forschungen II, p. 116). Cf. auch die Verstiimm- 
lung des Namens Kurigalzu in DAri-gal-zi (Layard, Inscriptions 
in the cuneifortn character 52, 5; 11 ^. 48, 21 c. d.) statt und 
neben DAr-KurigalzUy resp. Kirigalzu (cf . Stellen in Delitzsch, • 
ParadieSf p. 207).^ 

Ad b, Es ist von Interesse und Wichtigkeit, dass Sagarakti- 
Surial ganz gewohnlich auf den datierten Tafeln in Verstiimm- 
lung erscheint. Cf. bereits meine Mitteilung in Z. A. VIII, 
p. 387. Von 33, in seiner Regierung datierten Tafeln, die ich 

leicht vorstellen, welche Miihe es einer semitischen Zunge kosten musste, ein 
Wort wie Sagarakti-Suria} auch nur annahemd richtig auszusprechen. Mit dieser 
Auffassung stimmt uberein, dass die meisten solcher Veranderungen nicht am 
£nde oder Anfang des Namens, wie bei Verkiirzungen ass3rrisch-babylonischer 
Eigennamen die Kegel ist, vorgenommen werden, sondem gerade in der Mitte 
stattfinden. 

1 Den Namen Kan{de) statt und neben JCandaJ (O. B. I. pp. 28-30) und die 
verschieden geschriebenen Namen anderer alterer Kassitenkonige lasse ich aus 
guten Griinden hier einstweilen unberiicksichtigt. 



ASSYRIACA. 91 

bis jetzt kenne, haben 16 die voUstandige Form des Namens, 
auf drei ist er zum Teil abgebrochen, auf alien iibrigen 14 Ta- 
feln ist er in verkiirzter Form gegeben, namlich entweder als 
^agarti(ey burial oder Sakti-Surial und einmal Sagarte-Suria, 

Aus dem Gesagten erhellt, dass, weil aus Sagarakti-Burial 
Sagaraktias wurde, auch Sagarakti-Stirias^ dessen Name gern 
verkiirzt ward, und in drei verstiimmelten Formen vorliegt, 
Sagaraktias werden konnte. Liest man aber Sagaraktiiu^ so 
ist die Identitat noch wahrscheinlicher. Jedenfalls haben wir 
guten Grund, Sagarakti- Curias = Sagaraktias (oder Sagaraktisu) 
zu setzen. Dadurch gewinnt dann aber auch die friihere 
Gleichung Bibe^ Bibeidsu, die von Haus aus wahrscheinlich 
war, eine neue Stiitze. Jedoch ist hiermit die Identitat noch 
immer nicht absolut erwiesen. 

Ad c. Ware es doch an und f iir sich wohl moglich, dass es 
zwei Paare von Konigen gegeben hatte, derart, dass die Vater 
und Sohne je dieselben Namen fiihrten. Indessen da beide 
Paare nach Nazi-Maruttash gelebt haben miissen, da alle nach- 
folgenden andern Konige der Kassiten-Dynastie, ausser Shaga- 
raktiash und Bibe, bekannt sind, demnach kein Platz mehr fiir 
ein zweites Paar vorhanden ist, so folgt eben daraus mit abso- 
luter Notwendigkeit, dass auch die Trager der zwei Paare von 
Namen identisch gewesen sind. 

Dies sind die Griinde, welche ich fiir meine Identification 
und die Erganzung der Namen in der Liste und 5. 2106 vor- 
zubringen habe. Winckler hat meine Restauration der betref- 
fenden Stellen und die darauf basierte Identification auch ohne 
den hier erst erbrachten Beweis angenommen. Er hatte dies 
um so weniger thun diirfen, da er meine Gleichsetzung ,von 
Kadaiman-Turgti = Kadaiman- "^^""^EN-LIL fiir unerwiesen 
halt, obgleich er dieselbe dennoch schliesslich p. 133 (cf. p. 137) 
zu acceptieren geneigt ist. Denn mit Beriicksichtigung des- 
sen, was ich in O, B. L p. 34, Anmerk. 2, als neuen Grund 
angefiihrt habe, konnte an deren Identitat nicht wohl gezwei- 



I 



92 ASSYRIACA. 

felt werden, wahrend andererseits zur Erreichung der obigen 
Glcichung eine ganze Reihe von Combinationen und Voraus- 
setzungen von nicht grosserer iiberzeugender Kraft zuzulassen 
waren. Hatte er aber einmal zwei iiberschiissige Konige, die 
er nicht gut unterzubringen vermochte, angenommen, so 
konnte es ihm doch kaum auf ein Paar mehr oder weniger an- 
kommen. 

In Vcrbindung mit der Erganzung des Namens von Bibe's 
Vater in der Liste ist stets eine andere Frage erortert worden, 
ob namlich nicht Shagarakti-Buriash zu lesen und in diesem 
der aus Nabuna'id's Inschriften bekannte Konig, der am Tem- 
pel Eulmash baute, zu erkennen sei. Pinches, Hommel und 
Tiele ^ waren friiher sehr geneigt, diese Combination anzuneh- 
men, wahrend Winckler dieselbe bestandig^ zuriickwies, wie 
wir oben sahen, mit voUem Recht. Die genannten Gelehrten 
sahen um so weniger einen Grund gegen ihre Identification, als 
der nur in Spuren erhaltene Name des Vorgangers von ^aga- 
rakti-itiriai nach Hommel {Gcschichtey p. 441, Anmerk. 5) ohne 
Schwierigkeit zu Kudur- '''"^'''EN-LIL ^ erganzt werden konnte, 

1 Citate siehe bei Winkler, Z. A. II, p. 310. 

^ Cf. Z. -4. II, p. 311; U titer sue hungen^ p. 30 ; Gesehiehte^ p. 329, Anmerk ung 
16, und jetzt noch Altorientalisehe Forsehungen II, p. 309 f. 

8 Hommel bemerkte ganz mit Recht, dass zwar Kudur- dingirEN-LIL bei Na- 
buna'id nicht Konig genannt wird, er aber ganz gut Konig sein konnte. Wir 
wissen jetzt aus den Votiv-Inschriften der Kassitenkonige und aus den zahlreichen, 
nach ihren Regierungen datierten Tafeln, dass dieselben nur selten irgend einen 
Titel ihrem Namen beifiigen, obwohl sie als Konige bezeugt sind. Demgemkss 
ist auch die von mir in O, D. I. pi. 25, no. 64 public! erte Inschrift von vomherein 
als dem " Konig " Ku-dtir- dingirEJ^-LIL zugehorig anzusehen. Dies wird jetzt 
zur absoluten Sicherheit erhoben, da derselbe datierte Tafeln unter den in Nippur 
ausgegrabenen hinterlassen hat, auf deren einer zum Uberfluss hinter dem Namen 
das Wort larru steht. i^U. P. Catalogue no. 9184.) 

Da neuerdings die Frage iiber die sarr^t killati wieder lebendig discutiert wird, 
und ich zu der in O. B. I. p. 23, Anmerk. 2 angekiindigten Untersuchung (unter dem 
Druck vieler anderer Arbeiten) dieses Jahr vielleicht noch nicht kommen werde, will 
ich den Fachgenossen wenigstens das aus den Nippur-Tafeln der Kassiten-Dynastie 
hinzukommende neue Material hier mitteilen. Der Regel nach fiihren die Kassi- 
tenkonige iiberhaupt hinter ihrem Namen, wie bereits angedeutet, keinerlei Titel, 



ASSYRIACA. 93 

zumal wenn man ein kleines Versehen des babylonischen 
Schreibers zu Hilfe nahm. Man konnte auch jetzt noch auf 
den Gedanken kommen, dass jener Vorganger des Sagarakti- 
Curias doch Kudur- '^''"^EN-LIL in der Liste zu lesen sei, 
und dass Nabuna'id in Wirklichkeit unsern Sagaraktu Curias 
(zumal derselbe ja nach der -wahrscheinlichsten Lesung in der 
Liste fast ebenso zu Sagaraktias wie der von ihm i R, 69, col. 
Ill, 20 erwahnte abgekiirzt wurde) gemeint habe, aus Versehen 

V 

aber das Zeichen Sur (Briinnow, List^ 2961 b.) fiir Bur (Briin- 
now, List^ 6971 b.) gelesen habe, das ja nur durch drei hori- 
zontal Striche mehr am Anfang von jenem verschieden ist. 
Und in der That ist ein hervorragender Vertreter der Assyrio- 
logie in Europa nach brieflicher Mitteilung sehr geneigt, diese 
Ansicht auch jetzt noch zu vertreten. Ich halte es daher 
am Platze, die Unmoglichkeit derselben hier nachzuweisen. 
Gegen dieselbe spricht : 

I. Die Annahme eines Versehens Konigs Nabuna'id in 
v R, 64, col. Ill, 28 und 31, ausser in der Zeitangabe im 
Namen, und zwar an zwei Stellen, obwohl nach sonstiger 
Annahme gerade eine zweite Stelle die Richtigkeit der 
ersteren stiitzt. Auch ist es hochst unwahrscheinlich in 

Oder es folgt einfach larru oder es folgt lar Ey resp. sar KA-DINGIR-RA-KI 
(selten!). Daneben bin ich aber bisher drei datierten Tafeln begegnet, auf denen 
der Konig den Titel }ar kiUati fiihrt, namlich i) Kurigalzu (sicher der II. 1 datiert 
13. Jahr, 30. Abu ; Zeichen KIS^ Briinnow, Listy 8903); 2) Nazi-Marutta} (datiert 
II. Jahr, 26. Tasritu ; dasselbe Zeichen); T^Kadaiman-Turgu (datiert 2. (?) Jahr, 25. 
Sabatu, Zeichen SAR, Briinnow, Listj 8221). Dazu kommt noch ein im Privat- 
besitz meines Freundes, Dr. Ward (New York), befindlicher "Siegelcylinder" mit 
einer neunzeiligen altbabylonischen (Sumerischen) Keilschriftlegende, die in 
0. B. /. part II mit giitiger Erlaubniss des Eigentiimers publiciert ist. Anfang 
und £nde der Legende lauten : i . " Dem Rammdn, dem erhabenen Herm (und) 
Richter 2. welcher Fruchtbarkeit regnen lasst," 3-5 etc., etc. 6. " U-zi- dingtriw 
gab (cf. Delitzsch, Kossder, p. 25, 1. 12, wonach Sugab = babyl. Nergal) 7. dumu 
^Kahh-i 8. uru Bur-na-bu-ri-ia-a} 9. lugal KISy i.e. "(hat) Uzi-Shugab, der 
Sohn des KassA (also ein Kassit), Diener des Bumaburiash, Konigs von Kli (hier 
natiirlich schon = " der Welt") (scil. " es geweiht ")." Fiir zwei andere Cylinder 
der Kassitenzeit {ICurigalzu), cf. Menant, Les pierres gravies, I, p. 193. 



I 



94 ASSYRIACA. 

sich selbst, dass ein Archaeolog wie Nabuna*id, der so 
trefflich mit der Geschichte der Tempel seines Landes 
Bescheid wusste, und die Richtigkeit von dessen Angaben 
an anderen Stellen wiederholentlich durch sonstige Texte 
nachgewiesen ist, gerade hier ein Versehen gemacht haben 
sollte, nachdem er iiber drei Jahre (i R, 69, col. II, 53) die 
alte Tempelurkunde hatte suchen lassen, also Geduld 
und Sorgfalt genug bewies, um nicht zuletzt den Vor- 
wurf iibereilter Hast oder Ungenauigkeit auf sich zu 
laden, einfach weil spatere Assyriologen durchaus eine 
Theorie retten woUen. Uberdies ist beachtenswert, dass 
iun'as und burial gleicherweise als kassitische Gotter 
nachgewiesen sind. 

2. Nachdem ich binnen der letzten fiinf Jahre iiber 
16,000 Keilschrifttafeln der verschiedensten Perioden un- 
tersucht habe, wird man mir gewiss eine gewisse Bekannt- 
schaft mit den Eigentiimlichkeiten der Schreiber und den 
charakteristischen Merkmalen der Keilschrift in den ver- 
schiedenen Jahrhunderten, soweit dieselben durch Texte 
vertreten sind, zutrauen. Es ist mir aber bei allem guten 
Willen unmoglich, in den erhaltenen Spuren des betreffen- 
den Namens der Liste, dessen erstes Zeichen iibrigens 
allein sicher ist,^ irgend welche Ahnlichkeit mit dem Na- 
men des Kudur- '^^'^^ EN-LI L zu finden, oder gar darin eine 
schon vom Compilator der Liste verschuldete, " verderbte 
Schreibung" zu erkennen. Wir enthalten uns besser 
einstweilen jeglicher Combination, die sich auf den ver- 
stiimmelten Text der Liste griindet. 

3. Aber entscheidende Griinde verbieten geradezu, auch 
nur die Moglichkeit zuzulassen, dass der Name des Kudur- 
^i'^^^EN-LIL an der betreffenden Stelle der Liste gestan- 
den habe. Nach dem iibereinstimmenden Zeugniss der 
Herausgeber und Bearbeiter der Konigsliste hat Is-amiJ)' 

1 Cf. Knudtzon*s Ausgabe, und Delitzsch, Assyriologische Miscellen^ p. i86. 



ASSYRIACA. 95 

meij) .... ti{J) sechs Jahre regiert. Gemass der oben 
erwahnten datierten Thontafel (U. P, Catalogue no. 9184) 
hat aber Kudur- "^'""^""EN-LIL ^ mindestens acht Jahre den 
Thron Babyloniens inne gehabt. Dazu kommt weiter, dass 
4. Nach Nabuna'id's Angabe Sagarakti-Biirias 800 
Jahre vor ihm am Tempel Eulmash gebaut haben soil. 
Rechnen wir, von Nabuna'id's Regierungsantritt aus- 
gehend,^ zuriick, so ergiebt sich als ein Regierungsjahr 

1 Dieselbe ist eine Quittung datiert "im 8. Jahre am 12. Addaru des Konigs 
ili*Ku-dur (dasselbe Zeichen als ku)-ri' H^EN-LIL.^'' Die assyrische Endung 
kudurri beweist natiirlich zunachst nicht, dass das Wort semitisch ist = kudurru 
" Grenze, Gebiet." Die blosse Bedeutung des Namens " Diener des Bel," wie 
doch wohl zu iibersetzen ist, spricht dagegen. Ich weiss wohl, dass daneben auch 
das Wort kudurru " eine Kopfbekleidung, Turban " existiert. Aber vom Turban 
zur Krone ist doch noch ein bedeutender Schritt. Und ich halte das Wort 
kudurru = " Krone " trotz allem was dariiber geschrieben ist, fiir unerwiesen 
muss daher auch Hommel*s Ubersetzung (Geschichte, p. 441, Anmerkung 4) = 
" (Meine) Krone ist der Gott Bel " zuriickweisen, zumal sie in das Ideogramm 
NIN'GUB noch ein Suffix hineinliest, was nicht dasteht (cf. dariiber Schrader, 
K. A. T?" p. 362, Anmerk. *, und Hilprecht, The Sunday School Times^ February 
20, 1892, p. 115, Anmerk. 3, cf. O. B. I. p. 42, Anmerk. i). Ich halte die ideo- 
graphische Schreibung v R. 64, col. Ill, 29 und 31 und "die phonographische 
Ku-dur-ri fiir nichts weiter als einen Beweis daf ur, dass die Babylonier das f remde 
Wort (cf. die Elamitischen Eigennamen, mit denen die kassitischen auch sonst 
manches gemein haben) kudur " Diener " mit ihrem eigenen kudurru " Grenze " 
zusammenwarfen. Wie dem aber auch sei, wenn man den ersten Bestandteil des 
Namens fiir semitisch halt, hat man Kudur-BH zu lesen, wenn man ihn fur kassi- 
tisch halt, wie ich selbst (und wenn ich Altorientalische Forschungetit p. 130 und 
Anmerk. i richtig verstehe, auch Winckler) glaube, nur Kudur- Turgu. Beilaufig 
mochte ich noch bemerken, dass der Name O. B. I. pi. 26, no. 75, positiv nicht 
mit Winckler (/. ^. p. iii) zu Kudur-BH erganzt werden kann, sondem zu Kuri- 
galzUf da Material, Fundort, Schrift — alles beweist, dass das Fragment Nazi- 
Maruttas angehort. 

2 Man rechnet gewohnlich vom Jahre 550 ab, aber ohne einen Grund dafur 
anzugeben. Der Umstand, dass Nabuna'id nur runde Zahlen in alien seinen An- 
gaben gebraucht (denn anders kann man doch kaum 3200, 700, 800 auftassen), 
legt den Gedanken nahe, dass der Konig, dessen sonstige Sorgfalt iiber alle Frage 
steht, auch hierin eine angstliche Gewissenhaftigkeit an den Tag legen will. Wie 
ich bereits unter no. I ausfiihrte, war man in spaterer Zeit mit dem besten Willen 
oft nicht im Stande, anzugeben, in welchem Jahre ein Tempel restauriert oder 
eine Schenkung an denselben gemacht war. Denn die Art der Zeitrechnung war 



96 ASSYRIACA. 

— etwa die Mitte oder das Ende seiner Regierungszeit — 
das Jahr 1355. Da wir nun aber alle Kassitenkonige bis 
zu Kurigalzu II (und etwas weiter hinauf) kennen, und der 
letztere nach meinem Ansatz ^ c. 1 338-1 284 regierte, 
wird dadurch erwiesen, dass ^agarakti-Biirial vor Kuri- 
galzu II, genauer zwischen c. 1360 (oder 1370) und 1338 
regiert haben muss. 

— nach unserer jetzigen Kenntniss seit der Zeit der Kassitend3mastie — cine an- 
dere geworden. Friiher sagte man, " im Jahre, da Konig N. dies oder das that," 
jetzt sagte man, " im 2., 6., 8., etc., Jahre des Konigs N." Hatte man auch friiher 
Listen, auf denen chronologisch jene Ereignisse, nach denen man rechnete, ver- 
zeichnet standen, so enthielten dieselben doch eben fiir jedes Jahr nur ein^ das 
wichtigste Ereigniss (sonst ware ja auch Confusion in den Zeitangaben schon zur 
21eit der Lebenden entstanden). Und es ist iiberhaupt sehr fraglich, ob unterge- 
ordnete Ereignisse fiir die einzelnen Jahre iiberhaupt registriert wurden. Auf den 
Tempel-Urkunden der Kassitenkonige hinwiederum ist das Regierungsjahr, in 
dem eine Schenkung gemacht oder ein Tempel emeuert wurde, etc., soweit iiber- 
haupt nicht angegeben. Also bleibt vor der Hand nur der Schluss, der durch die 
spatere Gewohnheit bestatigt wird, dass man auf den Thoncylindern, die man in 
den Grundsteinen der Tempel niederlegte, das Regierungsjahr gar nicht angab, 
Nabuna'id es demnach auch schwerlich genau ausfinden konnte. Des Konigs 
Gelehrten werden daher genau so verfahren sein, wie der Priester zur Zeit Bel- 
nidinapli's (oben p. 22 f.), d. h. sie berechneten die Zeit, welche zwischen dem 
Regierungsantritt Nabuna'id's und dem Todesjahre des iagarakti- Burial lag, und 
fiigten eine Kleinigkeit (aber nur eine solche I) hinzu, um eine runde Summe und 
damit zugleich das ungefahre Jahr, in welchem Sagarakti-Burial an Eulmash baute, 
zu erhalten. Die hinzugefiigte Summe durfte aber ihrerseits kaum grosser sein, 
als die Gesammtzahl der Regierungs jahre jenes Konigs. Bei dieser natiirlichen 
und den wirklichen bekannten Verhaltnissen Rechnung tragenden Annahme ist 
soviel sicher, dass die runde Summe stets sicher eines der Regierungs jahre des 
betreffenden Konigs bezeichnet haben muss. Damach ist meine Ansicht (in 
O. B. I. p. 37) iiber " approximate dates " umzuandem. 

1 Ich gab dem Konig in O. B. I. p. 37 als Regierungszeit c. 1 306-1 284. An 
dem Schlussjahr halte ich auch jetzt noch fest. Die Regierungszeit muss aber 
nach oben hin um 32 Jahre erweitert werden, da Winkler's Textausgabe, auf 
welche ich meine Berechnung im Zusammenhang damit, dass die alteste Tafel (in 
Nippur gefunden) aus seiner Regierung das 23. Jahr tragt, griindete, durch 
Knudtzon*s neue Ausgabe und Winckler*s eigene Collation (Altorientalische 
Forschungen II, p. 127 f.) an dieser Stelle irrig war. Da der Konig jung zur 
Regierung kam und nach der synchronistischen Geschichte lange regiert haben 
muss, erganze auch ich die Spuren bei Knudtzon am wahrscheinlichsten mit 
Winckler zu 55. 



ASSYRIACA. 97 

5. Dieses Resultat der Grenzbestimmung findet seine 

Bestatigung in Nabuna'id's eigenen Angaben (i R. 69, 

col. II, 29 ff.). Denn derselbe behauptet ja, dass Kuri- 

galzu, Asarhaddon und Nebukadrezar, deren Spuren er 

anfanglich folgte, den alten Grundstein gesucht, ihn aber 

nicht gefunden batten, und dass erst er selbst nach drei- 

jahrigem vergeblichen Suchen, und nachdem *' auf Geheiss 

des Sin'* er seine Arbeit en von neuem begonnen, Erfolg 

hatte, und wenn auch nicht den Grundstein von Sargon I 

Oder Nardm-Sin, um den es ihm hauptsachlich zu thun 

war, so doch den des Sagarakti-BuriaSy der seinerseits 

wieder durch Zabu mit der Vergangenheit verkniipft war, 

gefunden hatte. Und wie Sagarakti-Biiriai von sich 

xxi^xaX, parakkisunu assur^ us^rdtilmtu usallim^ (11. 32-33), 

so halt auch Nabuna'id auf*s peinlichste den alten Umriss 

und Tempelplan inne, so dass seine Construction ** nicht 

einen Zoll nach aussen oder nach innen davon abwich '* 

(1. 44). Daraus folgt doch mit Bestimmtheit, dass Kuri- 

galzu-Asarhaddon-Nebukadrezar, die nicht erreichten, was 

Nabuna'id fand, nach ^agarakti-Burias gelebt haben 

miissen, und eben daraus, dass der Regierungsantritt 

Kurigalzu'3 nach 1355 liegen muss, daraus aber weiter, 

dass nur Kurigalzu II von Nabuna'id gemeint sein kann. 

Diese wichtige Notiz Nabuna*id*s, durch welche zugleich die 

Richtigkeit von dessen 800 Jahren gesichert wird, ist merk- 

wiirdigerweise von den Assyriologen bisher ganz unberiicksich- 

tigt gelassen. Winckler halt es nicht einmal der Miihe fiir 

wert, diesen hochst wertvollen und ausfiihrlichen Bericht des 

Konigs unter seinen ** in den Inschriften zerstreuten Angaben 

iiber die Regierungszeiten einzelner Herrscher" aufzuzahlen 

{Untersuchungen^ pp. 17-19). Und doch wird diese Angabe 

auch sonst fiir die Chronologic jener Periode von der grossten 

1 Cf. iiber die Bedeutung dieser Redensart meine Ausfuhrungen oben, Auf- 
satz I, Commentar zu Rev. i. 



■A 



9^ ASSYRIACA. 

Tragweite, indem sie sofort einen neuen Beweis dafiir liefert, 
dass die traditionellen hohen Ansatze der Konige der Kassiten- 
dynastie, gegen die ich in meinen O, B. /. anzukampfen fiir 
notig fand, unrichtig sind. Um sie richtig zu stellen und mit 
den sich gegenseitig controllierenden Angaben Nabuna*ids in 
Einklang zu bringcn, muss man notwendigerweise Nebukadre- 
zar I den ersten Platz in der Pashe-Dynastie einraumen. Die 
eben behandelte Nabuna*id-Stelle liefert also ein neues wichti- 
ges Glied in der Kette meiner Argumente fiir Nebukadrezar I, 
als den Begriinder seiner Dynastie. 

Freilich nach Winckler's Chronologie kann der arme Nabu- 
na'id mit seinen Angaben nicht recht behalten. Denn selbst 
wcnn man dieselben als runde Zahlen ansieht, "geniigt das 
noch nicht, um die Schwierigkeiten — namlich die durch 
Winckler hervorgerufenen — zu heben.'* ^ Damit spricht 
Winckler selbst seiner Chronologie das Gericht, und er wird 
mir daher zu gute halten miissen, wenn ich mich nach einer 
solideren Basis umsehe, und es einstweilen vorziehe, der Chro- 
nologie des koniglichen Archaeologen und seiner babylonischen 
Gelehrten, die an den Quellen sassen und dieselben allem An- 
schein nach sorgfaltig beniitzten und durchforschten, mich 
anzuschliessen, statt einer, welche sich aufbaut auf Argumente, 
wie "wenn wir so kaum bezweifeln konnen, dass .... so 
brauchen wir auch weiter keinen Anstoss daran zu nehmen, 
dass *'...." Ins Gedrange kommen wir aber doch bei dieser 
Annahme, denn immerhin haben wir einige Miihe "....** Wir 
miissen also, wenn '*...." Hatte uns — so wiirden wir *'.... 
** Dann haben wir uns die Sachlage vielleicht so vorzustellen '' 
....** So konnte man es sich auch erklaren.'*^ Der Himmel 
weiss, was man nicht noch alles "konnte," aber woran man 
besser einstweilen sich nicht die Finger verbrennt. 

1 Altorientalische Forschungen II, p. 134. 

^ Dies findet sich zusammengedrangt auf den Raum von etwa einer Druckseite 
in Winckler's Altorientalische Forschungen II, p. 118-119. 



ASSYRIACA. 99 

Indem ich mit Hiilfe der durch Winckler's Verdienst fest- 
gestellten Namen der neuen, von Pinches zuerst mitgeteilten 
Chronik von Kurigalzu II ab meine Chronologic ein Stiick 
weiter nach oben fortfiihre, ergiebt sich als gesichertes Resul- 
tat und beruhend auf Nabuna'id's Doppelangabe, die folgende 
Reihe : 

Kurigalzu II, c. 1 338-1 284 (wenigstens 23 Jahre),^ 

Nazibugash, c. 1339, 

Kadashman-Kharbe I, c. 1 343-1 340, 

Kara-Khardash, c. 1353-1344, 

Shagarakti-Buriash, c. 1370-1354, 

Kudur-Turgu, c. 1 380-1 371 (wenigstens 8 Jahre), 

Burnaburiash II, c. 1410-1381 (wenigstens 25 Jahre). 

AUes Ubrige werde ich an einem anderen Orte im Zu- 
sammenhang mit der synchronistischen assyrischen und aegyp- 
tischen Geschichte, wie bereits oben, p. 76, angekiindigt, 
behandeln. Es wird sich dort auch herausstellen, dass 
Nabuna'id's weitere Angabe, dass Hammurabi 700 Jahre vor 
Burnaburiash (namlich dem I) gelebt haben soil, voUstandig 
richtig ist und durchaus im Einklang steht mit den selbst- 
standig davon gefundenen anderen Thatsachen. 

^ Die Angaben ** wenigstens " beruhen auf Datierungen der Nippur-Tafeln. 



VI. 

Eonig AN-MA-AN der EonigsUste und Fiirst AN-A-AN von Erech. 

In seinem Aufsatz, A Supplementary Note to Gibil-Gamish 
{P. 5. B. A, vol. XVI, Nov. 7, 1893, pp. 13-15), hat Hommel 
den von mir in O, B. I. pi. 15, no. 26, veroffentlichten kleinen 
Text reproduciert, zum ersten Male transscribiert und iiber- 
setzt, und zweifellos den Inhalt dieser Legende richtig erschlos- 
sen. Daran kniipft er neben anderen Beobachtungen einige 
sehr scharfsinnige Combinationen uber die Gleichzeitigkeit der 
ersten und zweiten babylonischen Dynastie, welche von ihm 
seit langerem mit grossem Geschick vertreten wird, und iiber 
die Identicitat des Griinders der sogenannten zweiten babyloni- 
schen Dynastie mit dem auf der ersten Zeile des behandelten 
Tafelchens stehenden Namen AN-A-AN, indem er die letzte 
Halfte A-AN gemass Briinnow, List, 11 393, als ma liest, und 
den gesammten Namen AnH-ma (resp. IlA-ma) nunmehr als 
eine Verkiirzung aus dem von ihm Anit-ma-ilu gelesenen Na- 
men der Liste betrachtet : " I think it beyond all doubt that 
the name AnA-ma-ilu of the list is only a fuller form for AnA-ma 
of our text." Da solche Verkiirzungen von Namen sich in 
alien Perioden babylonischer Geschichte, aus denen uns eine 
grossere Anzahl von Inschriften uberkommen ist, ohne 
Schwierigkeit nachweisen lassen, wird Niemand, ausser er hat 
besondere Griinde, an dieser Zusammenstellung Anstoss neh- 
men. Und Hommel's Schlussfolgerung, dass demnach der 
Griinder der zweiten Dynastie "was really only a prince of 
Erech," und weiter, dass die meist Uru-azag oder Sis-azag 
Oder Sis-ku gelesene Stadt, von der jene Dynastie ihren Namen 
erhalten hat, vielmehr Uru-ku zu transscribieren, dieselbe also 



I02 ASSYRIACA. 

nur eine andere ideographische Form fiir Uruk = Erech sei, 
schien vieles fiir sich zu haben. Jedenfalls ist die Hypothese 
sehr bestechend. Wenn ich dieselbe jetzt gleichwohl fiir 
unmoglich erklaren muss, so geschieht dies aus Erwagung 
von hauptsachlich folgenden Griinden : 

1. Hommel's Wiedergabe der Zeichen -^--^iV durch ma 
und des Namens des Griinders der ersten Dynastie durch 
AnA-ma-ilti setzt die unbewiesene Hypothese voraus, dass 
beide Namen semitisch zu lesen sind. Dagegen spricht 
zwar nichts Positives soweit der zweite Name, der des 
Fiirsten von Erech, in Betracht kommt, doch ist der- 
selbe dann, wie wir gleich sehen werden, ganz anders auf- 
zufassen. Aber vieles spricht vor der Hand dagegen, da3s 
die Herrscher der zweiten Dynastie Semiten gewesen 
sind, vor alien Dingen der Umstand, auf den Oppert mit 
Recht in seinem unter no. I des ofteren citierten Aufsatze, 
Le champ sacr^e de la dhsse Nina^ p. 21, aufmerksam 
macht (cf. oben p. 28), dass nicht ein Name dieser Dynastie 
den Namen einer Gottheit enthalt.^ So lange Oppert's 
Einwiirfe nicht entkraftet sind, diirfen wir kaum mit 
Delitzsch-Winckler-Hommel alle oder gar nur einige Na- 
men der Dynastie semitisch lesen. Sehen doch iiberdies 
die meisten derselben recht unsemitisch aus, wenn wir 
dieselben zu iibersetzen versuchen. 

2. Nach Winckler, Geschichtey p. 6j f., ist der Name 
der Stadt, aus dem die Dynastie stammte, Uru-azagga zu 

1 Es wird gewiss Niemand den letzten Namen dieser Dynastie, von Delitzsch 
{Geschichtey Ubersicht) und daraufhin von Winckler {Geschichtey p. 68) Ea-gamil 
gelesen, als Beweis anfiihren. Denn diese Lesart, die niemals ohne Fragezeichen 
hatte gegeben werden soUen, nimmt fiir sicher an, i) dass das erste Zeichen mit 
dem zweiten als Ideogramm zusammengehort, 2) dass dieses entweder BH oder 
Ea zu lesende Ideogramm, trotzdem BH die haufigere Aussprache desselben ist, 
hier gerade Ea bedeuten soil, 3) dass das letzte Zeichen den unerwiesenen ideo- 
graphischen Lautwert gam&lu hat, oder aber dass die Silbe mil zu erganzen ist. 
Wie man sieht, nichts als lauter Hypothesen, die nicht einmal einen Grad von 
Wahrscheinlichkeit fur sich haben. 



ASSYRIACA. 103 

lesen, dieses ware ein Stadtteil Babylons, der einfach fiir 
Babylon selbst stiinde. So "einfach** ist die Sache nun 
freilich nicht, wie sie Winckler da hinstellt. Sie wollte 
mir aus mehreren anderen Griinden nie einleuchten, wird 
aber nunmehr durch den blossen Hinweis, dass gemass 
Knudtzon*s zeitgemasser neuer Ausgabe der Liste iiber- 
haupt kein azagga^ sondern ein HA (so!) im Texte steht, 
erledigt. Ausser man nimmt nach bekanntem Muster 
eine Verwechslung zweier Zeichen seitens des Schreibers 
an (der das eine KU^ wie das Zeichen auch gelesen werden 
kann, Briinnow, List^ 1 18 18, mit dem andern KU^azag, 
Briinnow, List, 9890, vermengte), gegen die ich aber von 
vornherein als unwissenschaftliche Spielerei an unserer 
Stelle protestiere, bleibt nichts von der schonen Theorie 
bestehen. Dagegen diirfte Hommel nunmehr einen neuen 
Grund fiir seine Lesung Uniku hierin finden wollen, um- 
somehr als das Uru-azag-ga der Gudea-Inschrifteri nicht 
mehr beriicksichtigt zu werden braucht. Ich halte bei der 
Annahme nichtsemitischen Ursprungs der Dynastie die 
phonetische Lesung ^is-ha fiir die natiirlichste und nahe- 
liegendste. Da ich im ubrigen ebensowenig wie die 
anderen Assyriologen von den Herrschem derselben etwas 
weiss, enthalte ich mich sachgemass jedes weiteren Urteils, 
zumal mir auch kein Ideogramm ^IS{URU)'HA{KU) als 
Stadtname bekannt ist. Der von Hommel hauptsachlich 
aus seiner "zweifellos ** angenommenen Identification der 
beiden Personennamen hergeleitete Hauptgrund fiir die 
Lesung Um-ku ist dagegen leicht als irrig zu erweisen. 
Denn 

3. Es ist dem Miinchener Gelehrten entgangen, dass 
das von Winckler in Schrader*s K, B.y vol. Ill, i. Halfte, 
pp. 84-85 unter 3, c nach einer Copie von Peiser mitge- 
teilte Tafelchen, Brit, Mus, 82, 7-14,181, von derselben 
Person herriihrt, welche sich auf dem von mir veroffent- 



I 



I04 ASSYRIACA. 

lichten Texte verewigt hat. Recht hatte Hommel zwei- 
fellos damit, dass der Namen auf 1. i meines Textes 
verkiirzt geschrieben ist, im ubrigen sind aber seine 
Schliisse unhaltbar. Denn hinter AN^ welches als dingir 
aufzufassen ist, war vielmehr der Name des Gottes GIS- 
DUB'BA ausgelassen. Welcher Gott darunter zu ver- 
stehen ist, weiss ich freilich ebensowenig, als welches die 
wirkliche Aussprache des ganzen Namens ^^ti^A- '^*^f^GI^- 
DUB-BA gewesen sein mag. Das vor dem A geschrie- 
bene Determinativ dingir bezieht sich naturlich nicht auf 
Ay sondern auf den ganzen Namen und steht statt und 
neben dem gewohnlichen perpendicularen Keile vor mann- 
lichen Personennamen, besonders Fursten.^ In Anbe- 

1 Cf. dazu Delitzsch, B. A. II, 626 Ende. Mein verehrter Lehrer hat dort An- 
stoss genommen an der Richtigkeit und Moglichkeit meiner Lesungen Kdt-Sin 
(statt des bisherigen GAmil-Sin) und Ine-Sin^ indem er fur den ersteren Gimil-Sin 
liest, und den letzteren I-bi-Sin lesen mochte. Ich hatte emen ausfiihrlichen Auf- 
satz iiber die der Bildung babylonischer Eigennamen unterliegenden Gesetze fiir 
dieses Buch ziemlich voUendet, sehe mich nun aber genotigt, denselben zuriickzu- 
ziehen, weil mir nur eine beschrankte Anzahl Seiten gegenwartig zur Verfiigung 
steht. Ich bemerke daher gegeniiber Delitzsch heute nur in Kiirze folgendes : Nach 
wie vor muss ich daran festhalten, dass die seit Strassmaier allgemein acceptierte 
Transscription Gamil-Sin (gegen die allein ich mich richtete ; denn Gimil las er 
nicht !) "der Begriindung und Wahrscheinlichkeit entbehrt." Der " Begriindung '* 
entbehrt sie, weil meines Wissens SU als Ideogramm fiir irgend eine Verbalform 
von gamdlu (nicht nur fiir das Particip, Delitzsch !) bis jetzt nicht nachgewiesen 

V X 

ist, man also auch kein Recht hat, SU durch das Particip gdmil zu transscribieren. 
Der " Wahrscheinlichkeit " entbehrt sie, weil unter den c. 94,000 babylonisch- 
assyrischen Personennamen, die ich aus veroffentlichten und unveroffentlichten 
Texten excerptiert habe, ich bis jetzt noch keinem einzigen Falle begegnet bin, 
in dem das Particip ga-tnil^ ahnlich dem Imperf. (cf. Ig-mil-Sifi), phonetisch ge- 
schrieben vor der Gottheit stUnde, obwohl der Regel nach ein Particip ebensogut 
vor wie nach der Gottheit in solchen Xamen, welche nur aus zwei Wortern, Gott- 
heit + Verbum, bestehen, stehen kann, und obwohl mir Beispiele mit andern 
Participien am Anfang; zu Hunderten bekannt sind. Dass Delitzsch*s Lesung 
Gimil-Sin = " Geschenk des Sin " ebensogut als meine vorgeschlagene moglich, 
ja vielleicht der meinigen vorzuziehen ist, gebe ich zu und habe ich nie bestritten. 
Doch dagegen wende ich mich mit aller Entschiedenheit, dass weil Delitzsch 
meine Transscription und Ubersetzung falsch so auffasst, dass ein Kind " Hand, 
Auge, Ohr des Sin " bezeichnet sei, auch meine Transscription imaginar sein soil. 



ASSYRIACA. I OS 

tracht dessen, dass der Konig von Uruk, fiir dessen Leben 
A-Gli-DUB'BA, Sohn des NAB-SE-ME-A, dem Nergal 
das von Winckler veroffentlichte Tafelchen weiht, ein 
Semit, namlich Sin-gdmil ist, und dass A-GIS-DUB-BA' s 
Vater im Hinblick auf solche bekannten altbabylonischen 

**Ich habe K&t-Sin im Hinblick auf I-ne-Sin (so mochte ich lieber phonetisch statt 
ideographisch Ini lesen) gewahlt/' ich hatte auch sagen konnen, im Hinblick auf 
andere, einen Korperteil enthaltende Eigennamen (cf. auch Lehmann), welche meist 
Oder vielfach als yerkurzte Eigennamen aufzufassen sind. Denn die eben beriihrten 
beiden Namen sind ebenso verkiirzt als Ga-ti-Marduk oder Ina-Kat-iamdiy welche 
Delitzsch citiert. Gegen die Fassung von Delitzsch " Meine Hand ist Marduk " 
spricht der Umstand, dass wir daneben der Schreibung Kd-at-Afalkatu, Ga-at-Gulay 
etc., begegnen, wo von keinem Suffix die Rede sein kann. Dass aber weiter das Zei- 
chen NE nicht, wie Delitzsch zur Priif ung vorlegt, mit dem aus etlichen neubabylo- 
nischen Inschriften bekannten Lautwert bi in unserem Namen zu lesen ist, erledigt 
sich durch die einfache Thatsache, dass das Zeichen NE im Altbabylonischen mit 
diesem Lautwert nicht belegbar ist. KAt-Sin halte ich verkiirzt aus einem Na- 
men wie A'dt-Stnl-t}fakan{-kan)'\="'Die Hand Sin's hat geschaffen" (cf. z. B. 
Strassmaier, Z>te Baby I, Inschr. in Liverpool 27, 16) oder aus Ina'kdt-Sin = 
"Durch die Hand des Sin," was seinerseits wieder verkiirzt ist aus einem langeren 
Ina'kdt'Sin-i}}akin(-kin) (cf. z. B. Strassmaier, I.e. 82, 13) oder Gabbi-ina-kdt-Sin 
(cf. z. B. Strassmaier, /. c. 41, 9). Fiir die ganz gewohnliche Auslassung des ina 
in solchen schwerfalligen Eigennamen erinnert man sich sofort wohlbekannter 
Falle wie Ina-Esagil-zir neben Esagil-zir ; Eulbar-lurki-iddina statt und neben 
Ina-Eulbar-lurki-iddina (cf. O. B. I. p. 43, Anmerk.). hte-Sin (das e steht in 
solchen Fallen nicht mit Delitzsch, A. G. § 30, p. 70, ungenau fiir /, sondern im 
Gegenteil bezeichnet wie in at-ti-e [e ist hier nur phonetisches Complement !], i.e, 
att!f= nX, bdb^lat [cf. H^uS^p], etc., den historisch voUzogenen Ubergang aus dem 
voUen Vocal in das Sewd mobiley ehe derselbe [z. B. am Ende von Worteni] gele- 
gentlich ganz wegfallt) wird stehen fiir einen langeren Namen wie Ine-Sin-kalama' 
imtnar = ** Das Auge Sin's sieht AUes," oder etwas ahnliches. Zur Bildung und 
Bedeutung cf. Namen wie Ini{pdnt)-Bil-adagal ; NUr-Bil-Mmur; Pdni-BH-liiinur ; 
Sin-kalama-idij etc. Dass inu (im Dual wie im Singular) zur Bildung von Eigen- 
namen in altbabylonischer Zeit thatsachlich gebraucht wurde, erhellt unter 
anderem aus den sehr interessanten Namen Sainas-i-na-mdtim = " Samas ist das 
Auge des Landes" (Meissner, A. P. R. 95, 25) oder Samas-i-in-rndtim (ib. 91, 15) 
oder gar (mit Assimilation 1) Sin-i-im-rndtim (ib. 91, 13). Denn dass hier ind^ tn 
" Auge " nur gemeint sein kann, ergiebt sich aus der Schreibung /-/«, aus der 
Thatsache, dass das Wort nur im Zusammenhang mit Sin und Samasy welche der 
Erde Licht geben und demgemass AUes sehen (cf. Sin {Samal)-niir-mdtt)j ge- 
braucht wird, und iiberdies aus Bildungen wie Satnas-i-na-ia = " Samas ist mein 
Auge " (/.^. mein Licht), der doch wohl nicht gut anders Ubersetzt werden kann. 



I06 ASSYRIACA. 

Namen Sin-ie-me-e (resp. /) wohl semitisch Bil-h-me-a = 

"Bel hore! ** (cf. ie-ma-a, i ^. 58, 6i) zu fassen ist, ist es 

das wahrscheinlichste, auch den Stifter des Tafelchens 

Apil' ^"^GI^'DUB'BA, d. h. babylonisch zu lesen. 

Jedenfalls geht aus dem Gesagten hervor, dass wir uns in 

Zukunft der Heranziehung dieses A-GI^-DUB-BA von Uruk 

zur Bestimmung des AN-MA-AN von ^li'HA{KU) zu ent- 

halten haben. Sind doch beide auch schon zeitlich zu weit 

von einander getrennt. Unser Text enthalt darum keine 

Stiitze fiir Hommers Theorie von der Gleichzeitigkeit der 

ersten und zweiten babylonischen Dynast ien (/. c. p. 14). Der- 

selbe gehort vielmehr in die Zeit des Konigs Sin-gdmil von 

Er«ch, dessen Zeitgenosse A-GI S-DUB-BA war. Da wir zur 

Stunde nichts genaues iiber dessen Regierungszeit wissen, er 

aber jedenfalls zwischen der ersten Dynastie von Ur und der 

ersten von Babylon lebte, gab ich ihm in meinen O, B, I, p. 49, 

im Zusammenhang mit palaeographischen Griinden das Mini- 

maldatum "2250 B. C." Vielleicht lebte er indessen schon 

um 2600 V. Chr. 



VII. 

Die keilschriftliche Legende auf dem <<Boss of Tarkondemos.'' 

Seitdem der verdienstvolle englische Assyriologe Sayce die 
Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die Bedeutung des durch 
den verstorbenen Dr. A. D. Mordtmann von Constantinopel 
zuerst ^ beschriebenen, sogenannten silbernen ** boss of King 
Tarkondemos " lenkte, ist eine ganze Litteratur in Verbindung 
mit jenem eigenartigen Objecte entstanden. Dieser Umstand 
allein beweist, welches Interesse man auf den verschiedensten 
Seiten an dieser schalenformigen, kleinen Silberplatte, die 
gewohnlich als Knopf am Griff eines Dolches bezeichnet wird, 
genommen hat. Nicht mit Unrecht ! Denn dieselbe tragt 
bekanntlich im Centrum rechts und links von einer aufrecht- 
stehenden mannlichen Figur, je einmal dieselbe Inschrift in 
den seit Sayce's Arbeiten meist als " hethitisch " ^ bezeichneten 
Hieroglyph en, wahrend auf dem Rande — offenbar als Uber- 
setzung ^ — eine Inschrift in babylonischen Keilschriftzeichen 
im Kreise herumlauft. Trotz der Kiirze der Legende war 
immerhin hiermit die erste "hethitische'* Bilingue gegeben, 

1 In Miinzstudien III, 7, 8, 9, Leipzig 1863, PP- 1 21-132 und pi. Ill, i. Die 
Schrift ist mir leider nicht zuganglich. Mein Citat beruht auf Sayce's Mitteilung 
in Transactions S. B, A, VII, p. 296 (cf. Wright, The Empire of the Hittites, 
p. 155 ; Sayce, The Hittites^ p. 128). Derselbe hat bekanntlich Dr. Mordtmann's 
eigene ungenaue Angaben betreffs seiner friiheren Publication in Z, D. M, G, 
XXVI, p. 625 richtig gestellt. 

2 Hal^vy, der es fiir ausgemacht halt ("on salt aujourd*hui d'une mani^re cer- 
taine'*), dass die Hethiter einen Semitischen Dialect sprachen, hat kiirzlich fiir 
das bisherige " hethitisch " den Ausdruck " anatoliennes " gemiinzt. Cf. die von 
demselben herausgegebene Revue Shnitique, I (1893), P* 55* 

^ Obwohl nicht allgemein zugegeben. Golenischeff z. B. glaubt {P. S, B. A, X, 
p. 369 f .), dass die hethitischen Hieroglyphen nur den Namen des Konigs ent- 
halten. 



I08 ASSYRIACA. 

mit deren Hiilfe man hoffen durfte, das iiber Sprache iind 
Schrift dcr "Hethitcr** liegcnde Geheimniss etwas zu liiften.^ 
So hat es denn auch nicht an mchr oder weniger auf wissen- 
schaftlicher Basis ruhcnden Versuchen gefehlt, den Inhalt der 
Bilingue zu ergrUnden, um dadurch eine sichere Grundlage fiir 
das Studium der "hethitischen" Inschriften selbst zu schaffen. 
Naturgemass begann man mit der Entzifferung der keil- 
schriftlichcn Legcnde. Nachdem man sie analysiert und als- 
dann auf logischem Wegc die Reihenfolge der ** hethitischen " 
Zeichen bcstimmt hattc — bctreffs deren jedoch die verschie- 
dencn Hethitologen verschicdencr Meinung waren — suchte 
man jcnc Zeichen selbst ideographisch oder phonograph isch zu 
bestimmcn. Aber freilich, je weiter man sich von dem Be- 
kannten und wirklich Feststehenden entfernte, je mehr diver- 
gierten die schliesslichen Endresultate. Man darf dreist als 
Thatsache behaupten, dass zur Zeit nicht zwei von sammtlichen 
Gelehrten, die sich an das Lesen der zweisprachigen Legende 
gewagt haben, hinsichtlich der Resultate (besonders Laut- 
oder Bilder-Werte jener scchs "hethitischen '* Zeichen) iiber- 
einstimmen. Wir werden uns hieriiber kaum wundern diirfen ; 
ist man doch bis auf den heutigen Tag noch nicht einmal auch 
nur annahernd zu einem iibereinstimmenden Ergebniss in Be- 
zug auf die richtige Lesung und Verbindung der Keilschrift- 
zeichen selbst auf jencr Silberplatte gelangt. Wenn man alle 
die vorgeschlagenen Interpretationen jener keilschriftlichen 
Legende an sich voriiberziehen lasst, sollte man wirklich glau- 
ben, wir stunden noch immer auf jenem Standpunkte in der 
Assyriologie, gegen den sich die mannigfaltigen sarcastischen 
Angriffe Fernstehender in friiheren Jahren zu richten pflegten. 
Woran liegt das ? Zweifellos zum grossen Teil an wirklich 
vorhandenen Schwierigkeiten, zum Teil aber auch an einem 
gewissen Mangel von Bekanntschaft mit babylonischer Palaeo- 

1 Sayce, Transactions S. B. A. VII, p. 294, redet von dieser Bilingue als " what 
will, I hope, prove the Rosetta Stone of Hittite decipherment." 



ASSYRIACA. 109 

graphic bei einigen von denen, welche die Inschrift analysiert 
haben. Jedenfalls lassen die drei mir vorliegenden photographi- 
schen Reproductionen, besonders die als letzte Tafel in den 
Transactions B, S, A, VII (als Beilage zu Sayce's Aufsatz The 
Bilingual Hittite and Cuneiform Inscription of Tarkondemos) 
gegebene,^ in Verbindung mit der von einer Dame gelieferten 
trefflichen Zeichnung^ an Deutlichkeit wenig zu wiinschen 
iibrig. Denn seit Sayce's ausdriicklichem Zeugniss ^ iiber die 
Correctheit der letzteren mussten den Assyriologen auch die 
letzten Zweifel an der getreuen Wiedergabe einiger Charactere 
schwinden. 

Ehe ich selbst meine Transscription und Ubersetzung der 
keilschriftlichen Legende, auf welche ich mich hier beschran- 
ken werde, vorlege, diirfte es am Platze sein, in Kiirze die 
wesentlichsten Auffassungen und Interpretationen derselben 
seitens meiner Vorganger aufzuzahlen. Meine Leser werden 
dann fiir sich selbst sofort urteilen konnen, in wie weit ich 
mich an friihere Ansichten anlehne, und worin ich von densel- 
ben diff eriere. 

1. Mordtmann (Z. D, M. G. XXVI, pp. 625-628): "'^T^r- 
kU'U'dim-miy Konig von Tar (oder vielleicht Zuysim!' 

2. Sayce (Trans, 5. B, A, VII, p. 297 ; cf. P, 5. B, A, III, 
p. 5 ; ibid. VII, p. 144*): "-O. P^ Tar-rik-tim-me sar mat 

1 ♦* Silver Boss formerly in the possession of M. Alexander Jovanoff of Con- 
stantinople. Photographed from a cast." Die anderen befinden sich in Sayce, 
The IlitttteSy p. 127 und Hommel, Baby I. und Assy r. Gesch.<, p. 715. Sie beruhen 
alle drei auf dem von Mr. Ready fiir das British Museum hergestellten electro- 
typischen Facsimile. Cf. Sayce, .Transactions S. B. A. VII, p. 296. 

2 Dieselbe ist wiederholentlich als Beilage gegeben, so in Sayce*s Untersuchung 
in Transactions S. B, A. VII, p. 298 ; femer in P. S. B. A. Ill, p. 6 und X, p. 439 ; 
ausserdem in Wright, The Empire of the Hittites^ p. 156. 

* Z. A. I, p. 380 f . : " The copy is far more correct, and though made, I believe, 
by a lady unacquainted with a single cuneiform character, is almost an exact fac- 
simile. I have before me a very beautiful cast of the boss, made at Constantinople 
from the original by M. Fr. Lenormant, and presented by him to me. The 
characters upon the cast are all exceedingly clear and distinct." 

* Cf . auch Wright, /. c, p. 1 58. 



I08 ASSYRIACA. 

mit deren Hulfe man hoffen durfte, das iiber Sprache und 
Schrift dcr **Hethiter'* licgcnde Geheimniss etwas zu liiften.^ 
So hat es denn auch nicht an mehr oder weniger auf wissen- 
schaftlicher Basis ruhcnden Versuchen gefehlt, den Inhalt der 
Bilingue zu ergriinden, urn dadurch eine sichere Grundlage fiir 
das Studium dcr "hethitischen" Inschriften selbst zu schaifen. 
Naturgemass begann man mit der Entzifferung der keil- 
schriftlichen Lcgende. Nachdem man sie analysiert und als- 
dann auf logischem Wcge die Reihenfolge der ** hethitischen " 
Zeichen bestimmt hatte — betreffs deren jedoch die verschie- 
dencn Hethitologen verschiedener Meinung waren — suchte 
man jcne Zeichen selbst ideographisch oder phonograph isch zu 
bestimmen. Aber freilich, je weiter man sich von dem Be- 
kannten und wirklich Feststehenden entfernte, je mehr diver- 
gierten die schliesslichen Endresultate. Man darf dreist als 
Thatsache bchaupten, dass zur Zeit nicht zwei von sammtlichen 
Gelehrtcn, die sich an das Lesen der zweisprachigen Legende 
gewagt haben, hinsichtlich der Resultate (besonders Laut- 
oder Bilder-Werte jener sechs **hethitischen '* Zeichen) iiber- 
einstimmen. Wir werden uns hieriiber kaum wundern diirfen ; 
ist man doch bis auf den heutigen Tag noch nicht einmal auch 
nur annahernd zu einem ubereinstimmenden Ergebniss in Be- 
zug auf die richtige Lesung und Verbindung der Keilschrift- 
zeichen selbst auf jener Silberplatte gelangt. Wenn man alle 
die vorgeschlagenen Interpretationen jener keilschriftlichen 
Legende an sich voriiberziehen lasst, sollte man wirklich glau- 
ben, wir stunden noch immer auf jenem Standpunkte in der 
Assyriologie, gegen den sich die mannigfaltigen sarcastischen 
Angriffe Fernstehender in friiheren Jahren zu richten pflegten. 
Woran liegt das ? Zweifellos zum grossen Teil an wirklich 
vorhandenen Schwierigkeiten, zum Teil aber auch an einem 
gewissen Mangel von Bekanntschaft mit babylonischer Palaeo- 

1 Sayce, Transactions S. B. A. VII, p. 294, redet von dieser Bilingue als "what 
will, I hope, prove the Rosetta Stone of Hittite decipherment." 



ASSYRIACA. 109 

graphic bei einigen von denen, welche die Inschrift analysiert 
haben. Jedenfalls lassen die drei mir vorliegenden photographi- 
schen Reproductionen, besonders die als letzte Tafel in den 
Transactions B, S, A, VII (als Beilage zu Sayce's Aufsatz The 
Bilingual Hittite and Cuneiform Inscription of Tarkondemos) 
gegebene,^ in Verbindung mit der von einer Dame gelieferten 
trefflichen Zeichnung^ an Deutlichkeit wenig zu wiinschen 
iibrig. Denn seit Sayce's ausdriicklichem Zeugniss ^ iiber die 
Correctheit der letzteren mussten den Assyriologen auch die 
letzten Zweifel an der getreuen Wiedergabe einiger Charactere 
schwinden. 

Ehe ich selbst meine Transscription und Ubersetzung der 
keilschriftlichen Legende, auf welche ich mich hier beschran- 
ken werde, vorlege, diirfte es am Platze sein, in Kiirze die 
wesentlichsten Auffassungen und Interpretationen derselben 
seitens meiner Vorganger aufzuzahlen. Meine Leser werden 
dann fiir sich selbst sofort urteilen konnen, in wie weit ich 
mich an friihere Ansichten anlehne, und worin ich von densel- 
ben differiere. 

1. Mordtmann (Z. D, M. G, XXVI, pp. 625-628): '''^Tar- 
kU'U'dim-mi, Konig von Tar (oder vielleicht ZuystmJ' 

2. Sayce {Trans, S, B, A, VII, p. 297 ; cf. P. 5. B, A, III, 
p. 5 ; ibid, VII, p. 144*): ^^ D, P, Tar-rik-tim-me sar mat 

^ " Silver Boss formerly in the possession of M. Alexander Jovanoff of Con- 
stantinople. Photographed from a cast." Die anderen befinden sich in Sayce, 
The Hittites, p. 127 und Hommel, Baby I. und Assy r. Gesch.y p. 715. Sie beruhen 
alle drei auf dem von Mr. Ready fiir das British Museum hergestellten electro- 
typischen Facsimile. Cf. Sayce, .Transactions S. B. A, VII, p. 296. 

2 Dieselbe ist wiederholentlich als Beilage gegeben, so in Sayce*s Untersuchung 
in Transactions S. B, A. VII, p. 298 ; femer in P. S. B. A. Ill, p. 6 und X, p. 439 ; 
ausserdem in Wright, The Empire of the Hittites^ p. 156. 

* Z. A. I, p. 380 f. : " The copy is far more correct, and though made, I believe, 
by a lady unacquainted with a single cuneiform character, is almost an exact fac- 
simile. I have before me a very beautiful cast of the boss, made at Constantinople 
from the original by M. Fr. Lenormant, and presented by him to me. The 
characters upon the cast are all exceedingly clear and distinct." 

* Cf. auch Wright, /. c, p. 158. 



I08 ASSYRIACA. 

mit deren Hiilfe man hoffcn durfte, das iiber Sprache imd 
Schrift dcr ''Hethitcr'* licgende Geheimniss etwas zu liiften.^ 
So hat cs denn auch nicht an mehr oder weniger auf wissen- 
schaftlicher Basis ruhenden Versuchen gefehlt, den Inhalt der 
Bilingue zu ergriinden, um dadurch eine sichere Grundlage fiir 
das Studium der **hcthitischen" Inschriften selbst zu schaffen. 
Naturgemass begann man mit der Entzifferung der keil- 
schriftlichcn Legcnde. Nachdem man sie analysiert und als- 
dann auf logischcm Wege die Reihenfolge der **hethitischen" 
Zeichen bestimmt hattc — betreffs deren jedoch die verschie- 
dencn Hethitologen verschicdencr Meinung waren — suchte 
man jcne Zeichen selbst ideographisch oder phonographisch zu 
bestimmen. Aber freilich, je weiter man sich von dem Be- 
kannten und wirklich Feststehenden entfernte, je mehr diver- 
gierten die schliesslichen Endresultate. Man darf dreist als 
Thatsache behaupten, dass zur Zeit nicht zwei von sammtlichen 
Gelehrten, die sich an das Lesen der zweisprachigen Legende 
gewagt haben, hinsichtlich der Resultate (besonders Laut- 
oder Bilder-Werte jener sechs "hethitischen " Zeichen) iiber- 
einstimmen. Wir werden uns hieriiber kaum wundern diirfen ; 
ist man doch bis auf den heutigen Tag noch nicht einmal auch 
nur annahernd zu einem iibereinstimmenden Ergebniss in Be- 
zug auf die richtige Lesung und Verbindung der Keilschrift- 
zeichen selbst auf jener Silberplatte gelangt. Wenn man alle 
die vorgeschlagenen Interpretationen jener keilschriftlichen 
Legende an sich voriiberziehen lasst, soUte man wirklich glau- 
ben, wir st linden noch immer auf jenem Standpunkte in der 
Assyriologie, gegen den sich die mannigfaltigen sarcastischen 
Angriffe Fernstehender in friiheren Jahren zu richten pflegten. 
Woran liegt das ? Zweifellos zum grossen Teil an wirklich 
vorhandenen Schwierigkeiten, zum Teil aber auch an einem 
gewissen Mangel von Bekanntschaft mit babylonischer Palaeo- 

1 Sayce, Transactions S. B. A. VII, p. 294, redet von dieser Bilingue als "what 
will, I hope, prove the Rosetta Stone of Hittite decipherment." 



ASSYRIACA. 109 

graphic bei einigen von denen, welche die Inschrift analysiert 
haben. Jedenfalls lassen die drei mir vorliegenden photographi- 
schen Reproductionen, besonders die als letzte Tafel in den 
Transactions B. S, A, VII (als Beilage zu Sayce's Aufsatz T/ie 
Bilingual Hittite and Cuneiform Inscription of Tarkondemos) 
gegebene,^ in Verbindung mit der von einer Dame gelieferten 
trefflichen Zeichnung^ an Deutlichkeit wenig zu wiinschen 
iibrig. Denn seit Sayce's ausdriicklichem Zeugniss ^ iiber die 
Correctheit der letzteren mussten den Assyriologen auch die 
letzten Zweifel an der getreuen Wiedergabe einiger Charactere 
schwinden. 

Ehe ich selbst meine Transscription und Ubersetzung der 
keilschriftlichen Legende, auf welche ich mich hier beschran- 
ken werde, vorlege, diirfte es am Platze sein, in Kiirze die 
wesentlichsten Auffassungen und Interpretationen derselben 
seitens meiner Vorganger aufzuzahlen. Meine Leser werden 
dann fur sich selbst sofort urteilen konnen, in wie weit ich 
mich an friihere Ansichten anlehne, und worin ich von densel- 
ben differiere. 

1. Mordtmann (Z. D, M. G. XXVI, pp. 625-628): '''^Tar- 
ku'U'dim-miy Konig von Tar (oder vielleicht Zuysun'* 

2. Sayce {Trans, S. B, A, VII, p. 297 ; cf. P. S, B, A, III, 
p. 5 ; ibid, VII, p. 144*): ^^ D, P. Tar-rik-tim-me sar mat 

^ " Silver Boss formerly in the possession of M. Alexander Jovanoff of Con- 
stantinople. Photographed from a cast." Die anderen befinden sich in Sayce, 
The Hittites, p. 127 und Hommel, Baby I. und Assy r. Gesch.^ p. 715. Sie beruhen 
alle drei auf dem von Mr. Ready fiir das British Museum hergestellten electro- 
typischen Facsimile. Cf. Sayce, .Transactions S. B, A, VII, p. 296. 

2 Dieselbe ist wiederholentlich als Beilage gegeben, so in Sayce's Untersuchung 
in Transactions S. B, A. VII, p. 298 ; femer in P, S, B, A. Ill, p. 6 und X, p. 439 ; 
ausserdem in Wright, TAe Empire of the Hittites^ p. 156. 

* Z. A. I, p. 380 f . : " The copy is far more correct, and though made, I believe, 
by a lady unacquainted with a single cuneiform character, is almost an exact fac- 
simile. I have before me a very beautiful cast of the boss, made at Constantinople 
from the original by M. Fr. Lenormant, and presented by him to me. The 
characters upon the cast are all exceedingly clear and distinct." 

* Cf. auch Wright, /. c, p. 158. 




I08 ASSYRIACA. 

mit deren Hulfe man hoffcn durfte, das iiber Sprache und 
Schrift dcr "Hethitcr" licgcnde Geheimniss etwas zu liiften.^ 
So hat es denn auch nicht an mehr oder weniger auf wissen- 
schaftlicher Basis ruhcnden Vcrsuchen gefehlt, den Inhalt der 
Bilingue zu ergriinden, um dadurch eine sichere Grundlage fiir 
das Studium der **hethitischen" Inschriften selbst zu schafifen. 
Naturgemass begann man mit der Entzifferung der keil- 
schriftlichcn Legcndc. Nachdem man sie analysicrt und als- 
dann auf logischem Wege die Reihenfolge der ** hethitischen " 
Zeichen bcstimmt hattc — betreffs deren jedoch die verschie- 
dencn Hethitologen vcrschiedener Meinung waren — suchte 
man jene Zeichen selbst ideographisch oder phonographisch zu 
bestimmcn. Aber freilich, je weiter man sich von dem Be- 
kannten und wirklich Feststehenden entfernte, je mehr diver- 
gierten die schlicsslichen Endresultate. Man darf dreist als 
Thatsache behaupten, dass zur Zeit nicht zwei von sammtlichen 
Gelehrten, die sich an das Lcsen der zweisprachigen Legende 
gewagt haben, hinsichtlich der Resultate (besonders Laut- 
oder Bilder-Werte jener sechs *'hethitischen " Zeichen) iiber- 
einstimmen. Wir werden uns hieriiber kaum wundern diirfen ; 
ist man doch bis auf den heutigen Tag noch nicht einmal auch 
nur annahernd zu einem ubereinstimmenden Ergebniss in Be- 
zug auf die richtige Lesung und Verbindung der Keilschrift- 
zeichen selbst auf jener Silbcrplatte gelangt. Wenn man alle 
die vorgeschlagenen Interpretationen jener keilschriftlichen 
Legende an sich voriiberziehen lasst, sollte man wirklich glau- 
ben, wir stiinden noch immer auf jenem Standpunkte in der 
Assyriologie, gegen den sich die mannigfaltigen sarcastischen 
Angriffe Fernstehender in friiheren Jahren zu richten pflegten. 
Woran liegt das ? Zweifellos zum grossen Teil an wirklich 
vorhandenen Schwierigkeiten, zum Teil aber auch an einem 
gewissen Mangel von Bekanntschaft mit babylonischer Palaeo- 

^ Sayce, Transactions S. B. A. VII, p. 294, redet von dieser Bilingue als "what 
will, I hope, prove the Rosetta Stone of Hittite decipherment." 



ASSYRIACA. 109 

graphic bei einigen von denen, welche die Inschrift analysiert 
haben. Jedenfalls lassen die drei mir vorliegenden photographi- 
schen Reproductionen, besonders die als letzte Tafel in den 
Transactions B, S, A, VII (als Beilage zu Sayce's Aufsatz The 
Bilingual Hittite and Cuneiform Inscription of Tarkondimos) 
gegebene,^ in Verbindung mit der von einer Dame gelieferten 
trefflichen Zeichnung^ an Deutlichkeit wenig zu wiinschen 
iibrig. Denn seit Sayce's ausdriicklichem Zeugniss ^ iiber die 
Correctheit der letzteren mussten den Assyriologen auch die 
letzten Zweifel an der getreuen Wiedergabe einiger Charactere 
schwinden. 

Ehe ich selbst meine Transscription und Ubersetzung der 
keilschriftlichen Legende, auf welche ich mich hier beschran- 
ken werde, vorlege, diirfte es am Platze sein, in Kiirze die 
wesentlichsten Auffassungen und Interpretationen derselben 
seitens meiner Vorganger aufzuzahlen. Meine Leser werden 
dann fiir sich selbst sofort urteilen konnen, in wie weit ich 
mich an friihere Ansichten anlehne, und worin ich von densel- 
ben differiere. 

1. Mordtmann (Z. D. M. G. XXVI, pp. 625-628): '"'^'Tar- 
kU'U-dim-mi, Konig von Tar (oder vielleicht Zu)-sunr 

2. Sayce (Trans. S. B, A. VII, p. 297 ; cf. P. S. B. A. Ill, 
p. 5 ; idid, VII, p. 144*): "-0. P. Tar-rik-tifn-me sar mat 

^ " Silver Boss formerly in the possession of M. Alexander Jovanoff of Con- 
stantinople. Photographed from a cast." Die anderen befinden sich in Sayce, 
The HittiteSf p. 127 und Hommel, Baby I. und Assy r. Gesch.^ p. 715. Sie beruhen 
alle drei auf dem von Mr. Ready fiir das British Museum hergestellten electro- 
typischen Facsimile. Cf. Sayce, Transactions S. B. A, VII, p. 296. 

2 Dieselbe ist wiederholentlich als Beilage gegeben, so in Sayce*s Untersuchung 
in Transactions S. B, A. VII, p. 298 ; femer in P. S. B. A. Ill, p. 6 und X, p. 439 ; 
ausserdem in Wright, The Empire of the Hittites^ p. 156. 

8 Z. A. I, p. 380 f . : " The copy is far more correct, and though made, I believe, 
by a lady unacquainted with a single cuneiform character, is almost an exact fac- 
simile. I have before me a very beautiful cast of the boss, made at Constantinople 
from the original by M. Fr. Lenormant, and presented by him to me. The 
characters upon the cast are all exceedingly clear and distinct." 

* Cf. auch Wright, /. c. p. 158. 



I lO ASSYRIACA. 

Er-fne-ey^ Dagegen in ^. -^. I, p. 381 und The Hittites, 
p. 129 : ** Tar-qu-U'dim-me^ king of the country of ErmeT 

3. Thomas Tyler {P, S. B, A. Ill, p. 8): '' Tarkiitimme, 
King of the country of Zume'' ^ 

4. Ball (The Acadevty, Dec. 27, 1884, p. 435): ** Tarqu- 
timfne iar mat Erfue^ or Ziimiy or even dl Me'' Dagegen in 
P. 5. B, A, X, p. 441 f., "assuming that the cuneiform text 
is not Assyrian," ^ sondern etwa Alt-Armenisch oder damit 
nahe verwandt : *' ME{VEyE TAR-QU-U-TIM-ME SAR 
MIQ)^ ER,'* mit der "tentative translation'*: "The noble 
Tarkhudima, king of the land of Er." 

5. Pinches (P, S. B, A. VII, p. 124 f.): '^"^Tar-ku-U'tim 
("equally well mu'yme iar mdt dl me-e'' = "TarkCl-timme, king 
of the land of the city of water/' "Can this 'watertown* be 
Kadesh, on the Lake of Horns ? " 

6. Amiaud (Z, A. I, p. 276 ff.): ^^ Tar-qu-u-mu-dil'' oder 
" Tar-qU'lal'tey' wenn die Photographie eine treuere Wieder- 
gabe der Keilschriftzeichen bietet als die Zeichnung, dagegen 
" Tar-qii-u-niU'tne^'' wenn die Zeichnung verlasslicher ist. Im 
ersteren Falle giebt Amiaud der Lesung " Tar-qu-lal-te " den 
Vorzug. Da moglichenfalls die Keilschriftlegende kein Assy- 
risch, sondern eine andere Sprache enthalt, ware statt Er-me^ 
mit Beriicksichtigung des grossen Zwischenraumes zwischen 
^r und mey vielleicht besser ^^ Mi TarqAtimme iar mat er** zu 
lesen, in welchem Falle natiirlich auch die ideographisch 
geschriebenen Worter fur " Konig " und " Land " anders als 
assyrisch zu transscribieren sein wurden. 

1 So auch noch Sachau in Z. -/4. VII, p. 91. 

2 Die Hervorhebung der Namen der Inschrift durch besonderen Druck geht 
auf mich zurlick. Ich habe dies aus praktischen Griinden gethan, um gleich fUr 
das Auge die charakteristischen Unterschiede in den Ubersetzungen anzudeuten, 
wo immer vom Verfasser keine Transscription gegeben ist. 

^ Angeregt zu dieser neuen Auifassung durch Amiaud*s Bemerkung m Z. A. I, 
p. 279. Siehe weiter unten no. 6. 

* Dieses mi (?) soil die altarmenische Aussprache fiir " Land ** sein. Ich kenne 
nur g^rti dafiir (= mitannisch umint), cf. Jensen, Z. A. VI, p. 66. 






ASSYRIACA. I I I 

7. Hommel (Geschichte Babyloniens und AssyrienSy p. 715, 
cf. p. 271, Anmerk. 5), welcher nur den Namen des Konigs 
angiebt, liest: ^^ TarkU'ditnmi'' 

8. Golenischeff {P, S. B. A, X, p. 369 fif.), welcher in der 
"hethitischen" Inschrift bloss den Namen des Konigs sieht 
und sich nur iiber den correspondierenden Teil der Keilschrift- 
legende aussert, liest : ^^ ^Tar-ku-U'tini-mi!' 

9. Scheil (The Babylonian & Oriental Record Vy p. 10 ff.) 
ubersetzt die hethitische Legende (in den Hieroglyphen alt- 
babylonische Ahnlichkeit erkennend) : " TarqAtimniCy king of 
the country of Su!' Die in der Keilschriftlegende enthaltene 
Sprache halt er fur die des Landes Su und liest dement- 
sprechend : ^^ Mi TarqAtimme (sar mdt) Zu " = ** Likeness of 
TarqCltimme, king of Su." 

10. De Lantsheere (De la race et de la langne des Hittites^ 
p. 57, cf. p. 92 f.): '' ^Tar-ku-dim-mi iar mdt Er-mt' = **Tar- 
kudimme, roi du pays d'Erm^." 

11. Peiser (Die Hethitischen Inschriften^ p. 3): ^^^Tar-rik- 
tim-mi sar (mdtti) Ir-mi-iy 

12. Jensen (Z, A, VII, p. 359 und The Solution of the 
Hittite Question^ Reprinted from The Sunday School Times 
of March 25 and April i, 1893): ''"^Tar-ku-u-mu-me [iar 
''^Er-me-e].** ^ 

13. Hal^vy (Revue Simitique^ Janvier 1893, p. 55 f.): "La 
legende assyrienne se lit avec certitude tar-rik-tim-me shar 
mat er me-e = ** Tarriktimme, roi du pays de la ville de Md." 
Cette traduction me paratt la seule exacte." ^ 

^ Das in Parenthese stehende ist von mir hinzugefiigt. Daraus dass Jensen in 
Z. A. VII, p. 359 nichts gegen Peiser's Lesung Er-me-e sagt, folgere ich, dass er 
dieselbe ftir richtig halt. 

2 Halevy, /. c. p. 56, bemerkt noch : " Je ne crois pas d^passer les limites des 
hypotheses scientifiques en supposant que Tarriktimme ^tait le roi-pretre du terri- 
toire consacr^ au culte de la deesse Mi et dependant de Comana." Ich bezweifle, 
dass der geschatzte franzosische Fachgenosse mit seiner Hypothese viel Anklang 
findet. Meiner Meinung nach sind gar zu viele Spriinge nothig, um die Combi- 
nation auch nur moglich zu machen. 



112 ASSYRIACA. 

Wenden wir uns nun zu einer Analyse der einzelnen Keil- 
schriftzcichen. Von den elf Zeichen der Legende zeigen sieben 
charakteristische Eigentiimlichkeiten (tar^ kn^ dim (?), iar^ 
vidtu, din und das durchweg e gelesene Zeichen).^ Es ist das 
Verdienst Amiaud's {Z. A. I, p. 274 ff.) zuerst im einzelnen 
nachgewiesen zu haben, dass die bereits von Pinches ^ als 
" pure Babylonian " erklarten Keilschriftzeichen z^eifellos die 
einer bestimmten Babylonischen Periode charakteristischen 
Merkmale an sich tragen. Die erwahnten sieben Keilschrift- 
zeichen auf dem ** boss of Tarkondemos *' gehoren der soge- 
nannten Ubergangsperiode babylonischer Schrift an, d. h. nach 
unseren jetzigen Kenntnissen derjenigen Periode, welche mit der 
Zeit der ersten Babylonischen Dynastie ihren Anfang nimmt^ 
und erst mit und nach der Pashe-Dynastie ihren Abschluss 
findet.* Seitdem ich mehr denn 4000 Thontafeln aus der Zeit 

* Die iibrigen 4 : **, zweimal me, u sind, well je nur aus 1-2 Keilen bestehend, 
an und fiir sich in den verschiedenen Perioden weniger dem Wechsel unterworfen 
und werden denn auch fast zu alien Zeiten in derselben Weise gemacht. 

2 P. S. B. A. VII, p. 124. 

' Man vergleiche jetzt fiir die hauptsachlichsten Zeichen, welche wahrend der 
ersten Babylonischen Dynastie im Gebrauch waren, die schone Schrifttafel, pp. 
III-VII in Meissner, Beitrdge zum Altbabylonischen Privatrecht. Die altere Zeit 
dieser Ubergangsperiode ist durch eine solche Beweglichkeit der Schriftformen 
und in Folge dessen durch eine solche Mannigfaltigkeit derselben charakterisiert, 
dass oft urspriinglich ganz verschiedene Zeichen einander so nahe treten, ja geradezu 
identisch werden, dass man bisweilen mit dem besten Will en nicht sagen kann, 
welches Zeichen an der einzelnen Stelle gemeint ist, zumal wenn der Zusammen- 
hang dunkel ist. Je mehr sich die Periode ihrem Abschluss nahert, je bestimmtere 
und unterschiedliche Formen bilden sich heraus, obwohl wir aus den neo-babylo- 
nischen Contracten langst wissen, dass eine beschrankte Anzahl der wahrend jener 
Periode zusammengefallenen Zeichen niemals wieder getrennt wurden. Es ware 
zu wiinschen, dass Winckler wahrend seiner Arbeiten an den el-Amama Tafeln 
die fiir palaeographische Zwecke so uberaus wichtigen genauen Listen der darin 
gebrauchten Keilschriftzeichen mit anfertigt. P^iir die Kassitenperiode und fiir 
die sogenannten Cappadokischen Tafeln habe ich selbst erschopfende Samm- 
lungen in Vorbereitung. 

* Der ijbergang aus dem Mittelbabylonischen in das Neo-Babylonische voll- 
zieht sich so unmerklich und zugleich so allmahlich, dass es iiberhaupt schwer, 
wenn nicht unmoglich, sein wird, bestimmtere Grenzen zwischen beiden aufzu- 
stellen und innezuhalten. 



• ASSYRIACA. I 1 3 

der Kassiten-Dynastie, welche im Centrum jener Periode steht, 
untersucht habe, darf ich mich mit grosserer Entschiedenheit 
iiber diesen Punkt ausdrucken, als der geniale Amiaud, dem im 
Grunde genommen nur zwei Denkmaler im Jahre 1886 (Z, A, 
I, p. 276) zur Verfiigung standen, und der infolgedessen sein 
Urteil darnach formulieren musste. Naher die Grenzen zie- 
hend, heben *wir mit Nachdruck hervor : Die zu behandelnden 
Keilschriftzeichen gehoren der letzten Halfte dieser Periode an, 
welche etwa mit der Invasion der Kassiten beginnt. Am nach- 
sten stehen sie, wie bereits Amiaud nachwies, den Keilschrift- 
zeichen des Za'.aleh und Michaux-Steines. Dies ist eine That- 
sache, an der sich nicht riitteln lasst, wenn man sich die Miihe 
giebt, im einzelnen zu priifen. Sayce, welcher friiher mit 
Nachdruck das Zeit alter Sargon*s II als das ungefahre Alter 
der Silberplatte vertrat, giebt denn auch in der einem Gelehr- 
ten so wohlanstehenden offenen Weise, da er von der Macht 
der Argumente Amiaud's iiberzeugt ist, gern zu, dass er sich 
geirrt : "I am fully willing to admit that the object is of the 
age to which he is inclined to assign it. I have only a preju- 
dice in favor of a later date, and the prejudice is based upon 
no definite reasons." Jedoch sind die Zeichen keineswegs vollig 
mit jenen identisch. Im Gegenteil, die Form en fiir ku und mdtu 
sind alter als die dort gebrauchlichen, sie beriihren sich auf's 
engste mit den in jener Periode gebrauchlichen hieratischen 
Formen. Daraus folgt jedoch nicht, dass unser Text eine 
Mischung von hieratischen und demotischen Charakteren^ 

1 Wir miissen bei der Bestimmung nicht vergessen, dass wir zwischen hiera- 
tischer und demotischer Schrift, welche beide stets neben einander in Gebrauch 
waren {O. B, I. p. 12, Anmerk. 8), auch in dieser Periode zu unterscheiden haben. 
Gelegenthch sind zwar Zeichen (besonders solche, die nur aus einem oder zwei 
Keilen bestehen und daher keine grosse Variation erlauben) in beiden identisch, 
aber nur darum, weil dieselben Principien in der Entwicklung beider wirksam 
sind. Meistens sind aber die Formen deutlich in beiden geschieden. Die Legende 
auf dem " boss " ist demotisch geschrieben, daher die wichtige RoUe, welche der 
Za*aleh und Michaux Stein fiir unsere Untersuchung haben. Die Urkunden aus 
der Zeit B61-nidin-apli*s und der Grenzstein No. 103 sind, wie andere Grenzsteine 
der Kegel nach, im Hieratischen abgefasst. 



114 ASSYRIACA. 

enthalt. Solche Vermischungen sind mir ein Grauel, und ich 
halte sie nach vierzehnjahrigem Studium der babylonischen 
Palaeographie fiir unmoglich. Die Charaktere auf unserem 
"boss" gehorcn klar und deutlich, wie besonders die Zeichen 
dim (?), iami und das angebliche *'^" fordern, der demotischen 
Schriftgattung der zweiten Halfte der Ubergangsperiode an. 
Da wir abcr noch immer fiir diese Periode auf den Za'aleh und 
Michaux Stein, als die hauptsachlichsten veroffentlichten Ver- 
treter der demotischen Schriftgattung des Babylonischen, an- 
gewiesen sind,^ welche jedoch in ht und mdtu eine jiingere 
Form zeigen, so folgt cben daraus, dass unser *'boss" ein 
wenig alter als jene scin muss, d. h. in einer etwas friiheren 
Schriftform abgcfasst ist, die uns bei den vorliegenden spar- 
lichen Quellcn jener Zeit nur zufallig noch nicht im Babylo- 
nischen selbst genau so vorliegt. Wir glauben daher als das 
ungefahre Alter jenes Silberknaufes ansetzen zu diirfen die Zeit 
c. I300-I2(X), also etwa 1250 v. Chr.^ nach der von mir in 
O, B, I. und in den obigen Aufsatzen vertretenen Chronologic. 
Fiir Einzelheiten in Verbindung mit den Keilschriftzeichen 
verweise ich auf die nun folgende kurze Besprechung der ein- 
zelnen Charaktere. 

Von den elf Zeichen der Legende sind meines Wissens, 
abgesehen von Dr. Mordtmann, der bei dem damaligen Stande 
der Assyriologie die letzten drei Zeichen als zwei las und un- 
richtig identificierte, fiinf von alien Gelehrten stets in gleicher 
Weise aufgefasst worden, namlich das erste C*), zweite {Tar), 
siebente {iar), achte {mdt), zehnte (me). Da dieselben zweifel- 
los richtig identificiert sind, brauchen wir sie nicht noch einmal 
hier zu behandeln. Freilich auch das elfte Zeichen (**^*') ist 
niemals, von Mordtmann abgesehen, in Frage gezogen worden. 
Doch ist dieser Umstand gerade fur die richtige EntzifFerung 
verhangnissvoll gewesen. Dass das Zeichen nun imd nimmer 

^ Amiaud (Z. A. I, p. 278): <<C'est done vers le onzi^me si^cle avant J. C. que 
la bulla de Jovanoff doit avoir M inscrite." 



ASSYRIACA. 1 1 5 

ein "^'' sein kann, werde ich weiter unten ausfuhren. Das 
sechste Zeichen (me) ist nur von Amiaud angezweifelt worden, 
weil Photographic und Zeichnung nicht iibereinstimmten. Es 
ist richtig, dass auf der von Rylands am Ende von Transac- 
tions S, B. A, VII gegebenen Illustration gerade diese Stelle 
an Deutlichkeit zu wiinschen iibrig lasst.^ Aber entweder hat 
Amiaud eine besonders schlechte Copie der Photographic vor 
sich gehabt, oder er hat dieselbe nicht im rechten Licht be- 
trachtct, oder sein Auge hat ihn im Stich gelassen, wenn er 
angiebt : **dans la photographic, au contraire, jc nc puis voir 
aucunc trace du petit clou horizontal qui entre la composition 
du signe me ; m^me j'ai presque de la peine k trouver la place 
n^ccssaire pour cc clou entre le clou vertical precedent et le 
signe suivant, sarru!' Jedenfalls sehe ich auf meiner Copie 
zumal bei gleichmassigem Licht (an einem nach Norden ge- 
richteten Fenster) sehr deutlich die letzte Halfte des von 
Amiaud vermissten kleinen horizontalen Keiles. Nur der nach 
links gewandte Kopf desselben ist undeutlich und verschwom- 
men. Sayce's dankenswertes ausdriickliches Zeugniss {Z, A, 
I, p. 380 I?) giebt uns jedoch iiberhaupt seitdem keine Berech- 
tigung mehr, an der Richtigkeit der Lesung me zu zweifeln. 

So bleiben denn fiir die Einzelbehandlung nur noch das 
dritte (ku)^ vierte («), funfte (dim f), neunte (dlu) und elfte 
C*^") Zeichen ubrig. 

No. 3 und 4 : ku-u. So hatte Mordtmann von Anfang an 
gelesen, und dieses ist seither die meistbegiinstigste Lesung 
geblieben. Sayce transscribierte friiher, die beiden Zeichen 
zusammenfassend und das zweite fiir einen kleinen perpendicu- 
laren Keil haltend, rik, Dabei hatte er fiir diesen Charakter 
noch eine, sonst fiir denselben nicht nachweisbare Unregelmas- 

^ Und noch weniger deutlich ist fiir dieses Zeichen die von Sayce in The 
Hittites^ p. 127 veroffentlichte photographische Reproduction. 

' " The form of the m^ is in each instance precisely the same" Cf. oben p. 2, 
Anmerkung 3. 



Il6 ASSYRIACA. 

sigkeit (dass ein perpendicularer Keil ausgelassen war) zu Hiilfe 
zu nehmen. Pinches substituierte wiedcr ku-ii^ und Sayce hat 
seitdem diese Lesung als die allein richtige angenommen 
(Z, A. I, p. 381). Trotzdcm findet sich rik noch bei Peiser 
(auch Sachau) und Halcvy, von letztcrem sogar "avec certitude'* 
vertretcn. Diese Lesung ist abcr schlechterdings unmoglich. 
Denn i) ist die Inschrift in babylonischen, nicht in assyrischen 
Charakteren geschrieben, das mittelbabylonische und neo- 
babylonische Zeichen fiir sim (rik) (vom altbabylonischen gar 
nicht zu reden) ist aber grundverschieden von dem hier ange- 
setzten Zeichen.^ 2) Ein zweiter perpendicularer Keil am Ende 
wiirde selbst bei Vergleichung von assyrischem sini(rik) noch zu 
erganzen sein, denn mir wenigstens ist nicht ein einziger Fall 
bekannt, wo nur ein Keil am Ende dieses Zeichens in assyrischen 
Texten sich findet. 3) Der vermutliche perpendiculare Keil am 
Ende ist gar nicht ein solcher,^ sondem ein Winkelhaken. Ein 
verticaler vollgiltiger Keil, wie wir ihn im Zeichen rik erwar- 
ten, miisste gerade so lang sein wie andere derartige verticale 
Keile in der Legende, und die obere Flache seines Kopfes 
miisste zudem mit der geraden Linie eines dariiber gedachten 
Randsegmentes wie in alien iibrigen Fallen parallel laufen, wo- 
gegen in unserem Keile die obere Flache, nach links zu ver- 
langert, fast mit dem unteren Rande der keilschriftlichen 
Legende, nach rechts zu verlangert, sicher mit dem oberen 
Rande sich schneiden wiirde.^ Solche Kleinigkeiten miissen in 

^ Man kann sich davon ohne jede eigene Miihe durch einen Blick auf Meiss- 
ner's Schrifttafel no. 95, Amiaud et Mechineau, Tableau Campari no. 77, und 
Pinches, Sign List no. 64, iiberzeugen. 

2 Auch der untere kleine Keil in tar ist nach der Zeichnung und Photographie 
nicht ganz vertical, sondern neigt sich mit der unteren Spitze etwas nach links. 
Doch ist hierauf kein Gewicht zu legen, weil in der spateren mittelbabylonischen 
Periode derselbe bald senkrecht, bald nach links geneigt (der alteren Form ent- 
sprechend) erscheint. Die nach der unteren rechten Seite zugehende Neigung 
dieses kleinen Keiles ist specifisch assyrisch, obwohl sich vereinzelte Falle im 
Mittelbabylonischen dafiir finden. Im Neo-Babylonischen ist sie haufiger. 

8 A us diesem Grunde war auch Amiaud's friiher vorgeschlagene Lesung lal 
von vomherein unmoglich. 



ASSYRIACA. 1 1 7 

der Palaeographie beriicksichtigt werden. Ohne daher den Ab- 
druck Lenormant's (im Besitze von Sayce) oder den des British 
Museum gesehen zu haben, muss ich mit absoluter Sicherheit 
meinerseits darauf dringen, dass der fragliche kleine Keil ein 
Winkelhaken ist, und die Gruppe demgemass kti-ti zu lesen ist. 
Denn dass nach Abtrennung des letzten Winkelhakens das vor- 
hergehende Zeichen nur kii sein kann, dariiber ist weiter kein 
Wort zu verlieren. Das Zeichen besteht aus acht Keilen, 
genau wie es gegen Ende der Kassiten-Dynastie und wahrend 
der Pashe Herrscher Regel ist.^ Cf. in R. 41, col. II, 39 ; 
Nebuk. I, col. I, 2, 17, 19, etc; vor allem aber Grenzstcin no. 
103 (B, A. II, pp. 187-203), col. V, 43 ; VI, 23. Die Beispiele 
sind leider selbst fur das Hieratische nicht sehr zahlreich, und 
aus naheliegenden Griinden enthalte ich mich absichtlich der 
Citate aus nicht veroffentlichten Inschriften. 

No. 5 : dim ? Meine sammtlichen Vorganger mit Ausnahme 
von Amiaud, dem nur Jensen folgt, haben dieses Zeichen stets 
iim oder dim gelesen, es also mit Briinnow, List, 2737 identifi- 
ciert. Pinches, der zuerst darauf aufmerksam machte, dass 
moglichenfalls ("equally well," P, S, B. A. VII, p. 124) mu zu 
lesen sei, zog immerhin fiir seine eigene Person die Transscrip- 
tion tim vor. Es unterliegt keinem Zweifel, dass seitdem ein- 
mal Mordtmann durch Herbeiziehung des cilicischen Namens 
TapKovSifioTo^, TapKovStjfio^,'^ seine Lesung Tarkudimme ge- 
stiitzt hatte, dieser Vergleich viel damit zu thun gehabt hat, 
dass fast alle Assyriologen die Lesung di7n {tim) acceptiert 
haben. Meiner Meinung nach lasst sich die absolute Deutung 
dieses Zeichens zur Zeit nicht geben. Das Zeichen, wie es da 
steht, ist sonst weder als mu noch als dim belegbar. Wenigstens 
kenne ich kein mu oder dim in genau derselben Form. Aus 

1 Freilich nur im Hieratischen. Das Demotische dieser Periode hat bereits 
7 Keile. Cf. Michaux^ col. Ill, 12. Doch cf. meine Bemerkungen oben, p. 113. 

2 Cf. jetzt Sachau, Bemerkungen zu Cilicischen Eigennamen in Z. A, VII, 
p. 90 f. 



Il8 ASSYRIACA. 

der Zeichnung und der Photographic ergab sich mir langst, 
dass die beiden letzten kleinen Keile unseres Zeichens auf kei- 
nem Fall mit den vorhergehenden zwei Keilen ihrer Gestalt 
nach identisch, dass sie im Gegenteil sehr bedeutend von jenen 
durch ihre Verlangerung nach der linken Seite hin unterschie- 
den sind. Haben wir, so zu sagen, bei jenen beiden nur Kopfe, 
so haben diese auch Stile, Halse, oder wie man es immer 
nennen mag, auf denen die Kopfe ruhen. Sayce ist daher 
vollkommcn im Recht, wenn er gegeniiber Amiaud auf diese 
Thatsache Gewicht legt (Z. A, I, p. 381), und zwar nach einer 
erneuten Priifung seines schonen Abdruckes, den Lenormant 
selbst in Constantinopel vom Original nahm. Sehen wir uns 
daraufhin die Zeichen mu und dim im Za'aleh und Michaux 
Steine an, so finden wir, dass mu stets vier gleiche Keile, meist 
in der Gestalt von Winkelhaken, am Ende hat, wahrend dim wie 
auf unserer Silberplatte zwei kleine und zwei langere mit Stilen 
aufweist. Cf. fiir mu z. B. Za*a/e/t, col. I, 2 ; Mic/iaux, col. II, 
I7> 23 ; col. IV, 13 ; dagegen fur dim, Michaux, col. Ill, 15, 
22 ; IV, 9. Im Zeichen mu geht der horizontale Keil gewohn- 
lich bis zum Ende des letzten Paares von kleinen Keilen, im 
Zeichen dim dagegen, genau wie im fraglichen Zeichen auf 
dem ** boss," nur bis zum Anfang des ersten Paares.^ Jedoch 
spricht gegen dim, dass auf dem "boss " die Kopfe des letzten 
Keilpaares rechts nach aussen zu, auf dem Michaux-Steine 
dagegen links nach innen zu gewandt sind. Zwar ist die 
Umlegung von Keilen in der babylonischen Palaeographie, 
und ganz besonders in der Ubergangsperiode, etwas ganz 
gewohnliches.^ Ausser dem bereits im Aufsatz I, p. 17, 
Anmerk. 4 Bamerkten, verweise ich auf meine Ausfiihrungen 
zu **^*' weiter unten. Indessen decken sich derartige, 
leicht zu mehrende Beispiele von Umlegungen nicht genau 

^ Amiaud (Z. A, I, p. 277) fiihlte selbst diese Schwierigkeit, die seiner Er- 
klarung im Wege stand. 

^ Cf. Hilprecht, Freibrief Nebukadrezar^ s /, p. v, Anmerkung. 



ASSYRIACA. 119 

mit der im gegenwartigen Falle verlangten. Das Resultat 
ist also, dass der Konigsname Tarktimume oder Tarku- 
dininie wahrscheinlich zu lesen ist (Dental durch den damit 
identischen cilicischen Namen gesichert). Letztere ziehe 
ich vor. Auffallend konnte erscheinen, dass der Gottes- 
name ^ Tarku ein langes u gegeniiber sonstigem kurzem End- 
vocal in Tarhu'lara^ Tarhu-nazi^ Kadasman-Turgu^ TapKoSi- 
fiavTo<;, etc. aufzuweisen scheint. Der wahre Zusammenhang 
wird dieser sein : Der Name Tarkiidim{m)e hatte den Accent 
auf der drittletzten Silbe (cf. TapKovSrffio^), Dieser konnte im 
Assyrischen entweder durch Doppelschreibung des dd, durch 
m{n)d^ oder durch Verlangerung des vorhergehenden Vocales 
ausgedriickt werden.^ Der Schreiber der keilschriftlichen Le- 
gende wahlte in diesem Falle die Verlangerung des Vocales, wah- 
rend die griechische Transscription (ebenso wie die assyrische 
im Falle des Konigs Tarhundaradiis von Arzipi) statt dessen 

1 Nach Miiller, Asien und Europa^ p. 333, soil das Wort targh^ resp. tarkh 
wegen seiner " Verbreitung und des Gebrauches in christlicher Zeit " [im Namen 
des Bischofs von Aegae zur Zeit des Concils von Nicaea, Z. A, VII, 90] nur 
" Gott " iiberhaupt bedeuten. Unmoglich. Dagegen spricht der haufige Gebrauch 
in Eigennamen an Stellen, wo in andem derselben Sprache angehorigen Namen 
ein bestimmter Gott steht ; dagegen spricht K, 2100, wo Turku = Rammdn und 
vieles andere. Der Umstand, dass es noch in Namen der christlichen Zeit ge- 
braucht wurde, beweist gar nichts. Man wird im christlichen Kleinasien ebenso 
gut alte beliebte heidnische Namen, zumalen wenn friihere Trager derselben 
beriihmte Personen gewesen waren, beibehalten haben, wie in anderen Landem. 
Und man wird in Cilicien ebenso wenig als anderswo in nachchristlicher Zeit die 
wahre Bedeutung alter Namen immer gewusst haben. 

^ Cf. die ubersichtliche Zusammenstellung des Materials bei Miiller, Asien und 
Europaj p. 333, Anmerk. i (cf. p. 395). Hommel stellt auch den romischen Konig 
Tarqiiinius (nach brieflicher Mitteilung) hierher. 

» Cf. Hilprecht in Z. A. VII, p. 317: Turgu = Tarku = Tar^u, Turgu ist 
wohl identisch mit dem Turku von K. 2100, Obv. 13, a. Cf. zum Wechsel von 
by ^» g Jensen, Z. A, VI, p. 68 ; Sachau, Z. A. VII, 91 ; Miiller, Asien und 
Eur0pa, pp. 287, Anmerk. 4 ; 289, Anmerk. 4; 331, Anmerk. 5; 352, Anmerk. i. 

* Cf . im Assyrischen statt inddin gewohnlich indmdin ; cf. auch die Auflosung 
der Verdopplung in mandidi = maddidi " Vormesser," nangaru = Xpy, etc. 

» Delitzsch, A. G. § 53, a und c Schluss. 



1 20 ASSYRIACA. 

Verdopplung und Auflosung derselben durch n + d^ (cf. TapKov- 
Brffio<;, TapKOpSifiaro^ ;2 cf. auch 'FtopSipeai^; gegeniiber 'Pcofap- 
fjLa<:) verwertete. Da v gewohnlich vor S in solchen Fallen 
erscheint (wie fi vor yS), so wird man im Cilicischen die betonte 
Silbe meist ud, mb gesprochen haben. 

No. 7 und 8 : iar und nidt, Beide Zeichen sind von alien 
Entzifferern der Legende stets in der gleichen Weise identifi- 
ciert. Beide sind besonders charakteristisch durch ihre Form 
fiir die Fixierung des Alters. Uber iar ausserte sich schon 
Amiaud schr entschieden. Wir fiigen hinzu, dass mdt in der 
uns bier vorliegenden Gestalt fiir die hieratischen Texte der 
Periode I2(X) — 1000 v. Chr. die gewohnlichste Form ist, da- 
neben sich aber auch nicht selten auf den Thontafeln der 
Kassitenkonige findet. 

No. 9 : dbiy resp. Er gelesen, also identificiert mit Briinnow, 
List 892 (889). Zweifellos richtig ! Denn charakteristisch 
fiir das Zeichen ist das Zuriicktreten des oberen und unteren 
horizontalen Keiles nach rechts hin. Das findet sich nie im 
Babylonischen bei Ztiy mit dem es Tyler, Ball und Scheil ohne 
alien Grund haben identificieren wollen. Man hat sich zu die- 
ser Hypothese durch das Neuassyrische verleiten lassen. Es 
ist zuzugeben, dass unscre Form fiir din sich nicht genau deckt 
mit irgend einer der aus den Documenten der Pashe Herr- 
scher oder der Zeit unmittelbar vor- oder nachher bekannten 
Formen. Gleichwohl ist ebenfalls zuzugeben, dass die Formen 
bei Nebukadrczar I, iii -^.41 und auf dem Grenzstcine no. 102 
(B, A. II, p. 171 f.) der unsrigen ausserst nahe stehen. Zu- 
dem ist nicht zu vergessen, dass uns zur Zeit iiberhaupt nur 
wenige Texte jener Periode vorliegen. Jedenfalls hat man 

1 Cf. hieriiber schon die Beobachtung Sachau*s, Z. A. VII, p. 87. 

2 Der Accent im Griechischen beweist hier natiirlich nichts fiir den urspriinglichen 
Accent im Cilicischen. Geben sich doch die Namen schon durch ihre griechische 
Nominativendung als graecisierte Formen, welche als solche den griechischen 
Accentregeln gehorchen. 



ASSYRIACA. 1 2 I 

kein Recht, die Form auf dem **boss** fiir ein Zeichen jiinge- 
rer Herstellung desselben zu betrachten ; sie findet sich auf 
den " Contracten " der Kassitenkonige, und sie findet an unse- 
rer Stelle ihre sehr einfache Erklarung iiberdies durch Sayce's 
sehr richtige Beobachtung in Z, A, I, p. 381 f. Der Schrei- 
ber hatte im ersten Teile der keilschriftlichen Legende die 
Zeichen enger zusammengedrangt, aus Furcht er mochte nicht 
die ganze Inschrift auf die Platte bekommen. Hinter mdtn 
wurde er jedoch inne, dass ihm sogar mehr Platz, als er brau- 
chen konnte, zur Verfugung stand. Um sein Versehen wieder 
gut zu machen, zog er nunmehr das Zeichen dlu auseinander, 
indem er den sonst in dieser Periode der Schrift unter dem 
oberen horizontalen Keile stehenden ersten perpendicularen 
Keil rechts von demselben neben den anderen perpendicularen 
setzte. Da aber gleichwohl der iibrigbleibende Platz noch zu 
viel fiir seine Zwecke war, half er sich in der Weise, dass er 
den Platz iiber dem Kopfe der Figur f rei Hess und die letzten 
zwei Zeichen symmetrisch rechts davon setzte. Hat man das 
Zeichen nun dlu oder er zu lesen } Da das Zeichen im Baby- 
lonischen nur sehr selten als Phonogramm gebraucht wird, ist 
es auch hier mit seinem natiirlichsten und bekanntesten Werte 
als das Ideogramm fiir dl?^ = '*Stadt " wiederzugeben, wie das 
von Pinches (friiher zweifelnd Ball) und Hal6vy aus diesem 
Grunde bereits gethan wurde. Dazu kommt, dass, wie schon 
Amiaud sehr wahr bemerkte — und das gilt auch heute noch — 
man trotz allem guten Willen die Existenz eines Landes ErmS 
bislang nicht hat nachweisen konnen.^ Dasselbe kann umso- 
weniger existieren, da 

^ Sayce {Transactions S. B, A. VII, p. 298, f.) stellt es mit dem aus den 
classischen Geographen bekannten cilicischen Bergriicken Arima zusammen und 
zieht die halbmythischen Arimi zum Vergleich herbei. Da ihm dabei aber das 
letzte Zeichen " e " nicht recht passend kommt, nimmt er zu dem verzweifelten 
Mittel seine Auskunft (Z. A. I, p. 381), dass der Schreiber wegen des tiber- 
schiissigen Raumes "the unnecessary vowel "e" hinzugefiigt habe." 



122 ASSYRIACA. 

No. II: "r ' das letzte Zeichen, von sammtlichen Assyriologen 
bishcr f alsch verstanden und identificiert worden zu sein scheint. 
Und doch hangt gerade von diesem viel fur das Verstand- 
niss der Legende ab. Es ist mir unfasslich, wie selbst der in 
Palaeographie so wohlbewanderte Amiaud die Identification des 
letzten Zeichens als e fiir selbstverstandlich hingenommen hat, 
obwohl ihm sehr wohlbekannt war, dass weder der Za'aleh noch 
der Michaux- Stein, mit deren Hiilfe er das Alter unserer Platte 
bestimmte, diese Form zeigen, welche im Gegenteil ausschliess- 
lich die mit zwei horizontalen Keilen anfangende Gestalt ver- 
wenden. Fiir ein so haufiges Zeichen wie e ware die mit drei 
Keilen anfangende Form doppelt aufifallig. So will ich denn 
meine Kritik dieser sogenannten Identification kurz dahin 
zusammenfassen, dass ich nicht eine einzige Stelle in der ver- 
offentlichten babylonischen Keilschriftliteratur und auf i6,(XK> 
unveroffentlichten Texten, welche ich durchgesehen habe, 
kenne, in der sich das Zeichen e je mit drei horizontalen 
Keilen geschrieben fande. Ich muss daher die Lesung ** ^ " 
als misslungen zuriickweisen. Die richtige Identification bietet 
uns der Michaux-Stein, wie wir billig erwarten, wenn unsere 
Fixierung des Alters der Silberplatte richtig ist. Ich halte 
namlich unser Zeichen fiir absolut identisch mit MicJiauXy 
col. IV, 1 6 (das vierte Zeichen) kal^ das noph ofter tan zu lesen 
ist (also = Briinnow, List6\*/7), Unser Zeichen unterscheidet 
sich von demjenigen des Michaux-Steines nur in zwei unter- 
geordneten Kleinigkeiten. Einmal befindet sich dort zwischen 
den beiden Anfangskeilen ein kleiner Verbindungsstrich, der auf 
unserem Zeichen fehlt. Uber denselben habe ich mich bereits 
vor iiber zehn Jahren in meinem Freibrief Nebukadrezar' s /, 
p. Ill geaussert. Er wird in altbabylonischen und mittel- 
babylonischen Keilschriftzeichen ebenso oft gesetzt als ausge- 
lassen ; haufig erscheinen beide Formen neben einander in 
demselben Texte, er ist fur die Bestimmung eines Zeichens in 
der Ubergangsperiode ohne jeden Belang. Um fiir diese ganz 



ASSYRIACA. 123 

alltagliche Erscheinung in der babylonischen Palaeographie 
Fernstehenden wenigstens einige Beispiele aus der grossen 
Masse derselben an die Hand zu geben, verweise ich fiir unser 
Zeichen auf Nebukadrezar I, col. I, 24 gegeniiber Zaaleh^ 
col. I, 3, col. II, 18 ; Oder auf demselben Steine Za'alch, 
col. 1, 6 verglichen mit 1. 7; oder ebenfalls auf demselben Steine 
MichauXf col. Ill, 24 viertes Zeichen, verglichen mit dem 
siebenten Zeichen ebenda (cf. ausserdem col. IV, 19, gegen- 
iiber col. Ill, 11; col. IV, II, 18, 24). Die andere Kleinigkeit 
ist die, dass in Michaux, col. IV, 16 der mittlere Keil nach 
rechts zu eingeriickt ist, wahrend er in unserem Zeichen auf 
der Platte genau unter dem oberen und iiber dem unteren 
horizontalen Keile steht. Solche Differenzen in ein und dem- 
selben Zeichen sind nicht nur fiir verschiedene Texte der nam- 
lichen Periode etwas ganz gewohnliches (cf . z. B. ba auf Za'aleh, 
col. II, I, 6, 8, 9 gegeniiber Micliaux, col. Ill, 3, 19 ; oder ma 
auf Zaalehy col. II, i gegeniiber MichauXy col. Ill, 5), sondern 
finden sich bei demselben Zeichen auf demselben Steine. Wozu 
also vieler Exempel ! Man vergleiche auf dem MichauxSteine 
die beiden Zeichen ma col. Ill, 5 einer- und col. Ill, 23 anderer- 
seits und iiberzeuge sich, dass beide genau in demselben Ver- 
haltnisse zu einander stehen wie tan (kal) auf unserer Platte 
zu tan (kal) auf dem MichauxSteine^ col. IV, 16. Damitdiirfte 
doch wohl der Beweis erbracht sein, dass wir auf der Silberplatte 
nicht " ^," sondern das Zeichen tan vor uns haben. Die Iden- 
tification ist den Assyriologen vielleicht darum bisher entgangen, 
weil sie eine fiir die Palaeographie der Ubergangsperiode cha- 
rakteristische und ziemlich haufige Erscheinung nicht beachtet 
haben. Ich driicke dieselbe am besten im Zusammenhang mit 
zwei anderen aus. 

Nachdem unter den Konigen der zweiten Dynastie von Ur 
die sogenannte "Schnorkelei" der Keilschrift ihren hochsten 
Grad erreicht hatte, indem man im Innem von Keilschrift- 
zeichen statt eines oder zwei parallel laufender Keile bisweilen 



124 ASSYRIACA. 

zwanzig bis dreissig (wortlich !) Parallel-Keile zog,^ setzte bald 
darauf, vielleicht schon wahrend jener Zeit, besonders jedoch 
seit der ersten Babylonischen Dynastie eine gesunde Reaction 
ein, indem man alien iiberflussigen Ballast aus den Zeichen 
entfernte. Wir finden besonders drei Bestrebungen, welche 
die fernere Entwicklung, vor allem im Demotischen, be- 
herrschen. 

1. Die Parallelkeile werden so viel wie moglich redu- 
ciert, ja fallen gern ganz weg. Cf. das Zeichen ki in 
O. B. I. pi. 15, no. 26, 2 und 5; cf. Meissner, Sckrift- 
tafcly z. B. unter na (no. 19), tim (22); femer no. 42, 43, 
67, 94, 103, 116, etc. Cf. fiir unsere Periode z. B. na 
auf dem ZdalehsteinCy col. II, 4, 5, 9. 

2. Die einzelnen Keile werden ohne Riicksicht auf das 
ehemalige Bild aus ihrer urspriinglichen Lage entfernt und 
symmetrisch neu gruppiert, ein Princip, welches bekannt- 
lich im Neo-Assyrischen als allbeherrschendes Gesetz mit 
Consequenz durchgefiihrt ist. Beispiele sind iiberfliissig. 
Hiermit hangt eng zusammen. 

3. Urspriinglich verticale Keile werden vielfach hori- 
zontal, mit dem Kopf nach links niedergelegt. Der 
Einfachheit halber will ich einige Beispiele aus Amiaud 
et M^chineau, Tableau compart citieren: 

1 Cf. einstweilen O. B. /, pi. VIII, no. 18, 1. 2 (letztes Zeichen), 6 (erstes 
Zeichen), 8-10 (Schlusszeichen), no. 19, 1. 5 und 6 (erstes Zeichen). Ein ganzer 
autographierter Band (vol. Ill) von charakteristischen babylonischen Texten, 
welche fiir die Palaeographie von grosstem Werte sind, ist in Vorbereitung. Die 
" ausserordentlich verschnorkelte Schreibweise vieler Zeichen " auf den soge- 
nannten kappadokischen Tafeln weisen nicht auf einen " verhaltnissmassig 
jiingeren Ursprung" dieser Tafeln (Delitzsch, Beitrdge zur Entzifferung und 
Erkldrung der Kappadokischen Keilschrifttafeln^ p. 268), sondem sprechen, wie 
ich meinem verehrten I^ehrer und Freunde in Breslau bereits Ende October 1893 
schriftlich mitteilte, vielmehr sehr entschieden fiir ein viel hoheres Alter, als 
Delitzsch denselben zuzuweisen geneigt ist. Ihre Abfassung liegt nach meiner 
Ansicht zwischen 2400 und 20CO v. Chr. Dariiber naheres in vol. II unseres 
Expeditionswerkes. 



(( 
(( 



ASSYRIACA. 125 

Cf. no. 153, linke col. i u. 2; no. 166, linke col. 4U. 6; 
172, " ** I u. 6; " 198, " " 2u. 3; 
198, rechte " i u. 2. 

Cf . auch Meissner, Schri/tta/el, no. 96, erstes und viertes 
Zeichen.^ 
Aus no. 3 des Gesagten erhellt, warum im besprochenen 
Zeichen tan ein horizontaler statt eines verticalen Keiles sich 
findet. Da aber diese Eigentiimlichkeit in Verbindung mit 
unserem Zeichen bis jetzt nur auf dem Michaux-Steine, dessen 
Alter feststeht, nachweisbar ist, erwachst eben damit ein be- 
deutender neuer palaeographischer Grund fiir die Richtigkeit 
des auf Grund der Gestalt mehrerer anderer Zeichen bereits 
fixierten ungefahren Alters der Silberplatte. Es mochte die 
Frage aufgeworfen werden, warum denn das Zeichen, welches 
im Babylonischen verschiedene Lautwerte hat, hier durchaus 
gerade tan gelesen werden muss. Dies die Griinde: i) Weil 
ich bei der Entzifferung der Legende von dem Princip ausgehe, 
zunachst nur die Zeilen mit ihren gewohnlichen babylo- 
nischen Werten zu lesen, und t(d)an nach meinen angestellten 
Sammlungen eben der gebrauchlichste Lautwert unseres Zei- 
chens im Babylonischen ist. 2) Weil wir bei der Lesung 
m&tu &iu Me-tan endlich die lange Zeit vergeblich versuchte 
Identification des Landes, iiber welches Tarkudim(7n)e herrschte, 
vornehmen konnen. Denn ich halte Me-tan fiir nichts anderes 
als das aus der Keilschriftliteratur langst bekannte, aber geo- 
graphisch leider noch immer nicht ganz genau bestimmbare^ 
Land Mitanni? 

^ Cf. auch die verschiedenen Formen fiir die Zahlzeichen der Einer seit den 
altesten Zeiten. 

2 Was zur Zeit hierfur beigebracht ist, findet man in Z. A. VI, pp. 57-59 
(Jensen), Winckler, Altorientalische Forschungen I, p. 86, Anmerk. (cf. Jensen in 
Berliner Philologische Wochenschrifty lo. Februar 1894, no. 7, p. 214 b, unten), 
Miiller, Asien und Europay pp. 281-290. Winkler und Miiller werden so ziemlich 
das Rechte getroffen haben, wenn sie das Reich von Mitanni auf das Ostufer des 
Euphrat in dessen westliche Biegung zwischen 36 und 37.5 Grade verlegen. 

^ Sobald man diese sehr naheliegende Gleichsetzung gelten lasst, Mdrd man 



k 



126 ASSYRIACA. 

Die zwei Determinative^ vidtu und din besagen ** Reich der 
Stadt Metan," d. h. sie lehren uns, dass das Land Mctan sich 
aus der Hegemonie der gleichnamigen Stadt entwickelt hat. 
Damit stimmt, was Winckler schon friiher^ fiir Mitanni wahr- 

sofort fragen, welchen Lautwert hat unser Zeichen in den in mitannischer wie 
babylonischer Sprache guschriebenen Hriefen des Mitanni-Konigs aus der el 
Amarna Sammlung. Bekanntlich gebraucht das Mitannische complexe I^utwerte 
der Keilschrift, d. h. solche, welche mit cincm Consonanten anfangen und endigen, 
nicht sehr hiiufig (cf. auch Saycu in Z. A. V, p. 260). Doch sind immerhin 25 
sichcr in dum uns vorliegenden Hriefe des Berliner Museums im Gebrauch, 
jedoch mit der Heschrankung, dass sie alle nur einen complexen Lautwert 
haben konnen (cf. Jensen, Z. A. V, p. 190, Anmerkung ; Sayce, ibidem^ p. 260). 
Unter den so gebrauchten Zeichen findet sich auch das unsrige 20 mal und 
zwar an alien 20 Stellen sicher mit dem I^utwerte tan. Ware die Sprache der 
Keilschrift auf unserer I^gende Mitannisch, so wiirde damit to ipso die Moglich- 
keit eines Lautwertes kal^ riby lab etc. fiir unser Zeichen nach unserer jetzigen 
KenntnisM der Keilschrifteigentiimlichkeiten jener Sprache ausgeschlossen sein. 
Aber auch in den in babylonischer Sprache abgefasstcn Briefen des Mitanni- 
Konigs hat das wiederholentlich sich findende Zeichen nur den lautwert tan^ 
resp. dan^ ja vielleicht auch hier nur tan (selbst in dan-is = danni}^ cf. Zimmem, 
Z. A.Vy 1 54) wegen der sich ncben da-an-ni-il zweimal findenden interessanten 
Schreibungen ta-an-ni-i} resp. ta-an-ni-is (iiber die Behandlung der Zischlaute im 
Mitannischen cf. Jensen's sehr richtige Beobachtungen in Z. A. V, p. 178, f.). 
Sollte dieses tanni}(s) mit / vielleicht durch Kinfluss des das Gleiche bedeutenden 
mitannischen tilan (teuna)t Jensen, Z. A. V, p. 201 ff. entstanden sein, ganz ab- 
gesehen davon, dass die Mitanni Sprache iiberhaupt arm an Consonanten ist.' 
Bezold's {Oriental Diplomacy^ no. 8, 8) Auffassung als Ideogr. + Phonet. Compl. = 
danni}(-i}) ist im Ilinblick auf die Schreibung da-an-is (8, 27) aufzugeben. 

^ Dieselben finden sich bekanntlich auch sonst im Babylonischen. Nicht selten 
z. B. vor den aus Berufsnamen hervorgegangenen personlichen Eigennamen (cf. 
unser " Miiller," " Schuster," etc.), also *«• attalMSip-pi-t, Strassmaier, Nabuchod. 
246, 17 oder m.analu Sip-e-a^ ibid. 301, 4 und 9, gegeniiber sonstigem *«. Sip-pi-ty 
ibid. 97, 16; oder f^- am?lM AJlaJtut ibid. 301, 20, gegeniiber gewohnlichem «»«?/« 
AllaJtUf ibid. 308, ii ; 314, 15; 317, 9. Oder bei Namen von Fliissen oder 
Canalen, welche nach Stadten, bei denen sie voriiberfliessen, oder nach Personen, 
welche sie haben graben lassen, benannt worden sind, z. B. '•^ ^^ Sa-jir'u}(^)'di, 
col. I, 6, gegeniiber "^r ia-^ir-u}(?)-diy col. I, 11 der in O. B. I. II veroffentlichten 
Urkunde des Pashe Konigs Afarduk-a^^irba ; oder der bekannte Canalname 
nAr m. A /i^-iul-lim gegeniiber ndr A/^Mul-lim (Strassmaier, Nabuch. 135, 2) oder 
n&ru }a 9**.AiS-iuNim (B. -.4. II, p. 263, 16). Im Grunde genommen ist der mit 
dem zweiten Determinativ eingeleitete Name als Genitiv (abhangig vom ersteren) 
aufzufassen, also mdt AluMetan = " das Land der Stadt Metan." 

2 Sitzungsberichte der Kbnigl. Preuss. Akad. d. Wiss. mu Berlin, 1888, p. 1355. 



ASSYRIACA. 127 

scheinlich machte, wenn er sehr richtig (trotz Jensen's Aus- 
stellungen in Z, A, VI, p. 57 f.) in i R. 45, col. II, 22 ff. 
(Ill R, 15, col. Ill, 13 ff.) die meist Pitdnn gelesene Stadt 
durch Mitdnu ^ transscribierte. Die letztere Schreibung Mitdnti 
(mit «) neben Mi-ta-na (mit a) in den el Amarna-Texten be- 
weist aber auch die sprachliche Bercchtigung meiner Gleich- 
setzung von Metdn und Mitdniy insofern als sie lehrt, dass das 
i ebenso wie das u und a nur die angefiigte assyrische Casus- 
endung ist, womit weiter stimmt, dass das Aegyptische mit 
Ausnahme von LD, 88 b {Mi-ti-n-ni)^ das Land stets als Mi-t-n 
(nach Miiller /. c, p. 283, Anmerk. 3 wahrscheinlich mit € in 
der zweiten Silbe, also Mit^n zu sprechen) transscribiert, 
und dass sich wenigstens einmal auf den el Amarna-Tafeln selbst, 
namlich BerL 214, 5, unser Land Mi-ta-an geschrieben findet.^ 
Dagegen spricht natiirlich nicht die Schreibweise Mi-i-it-ta-a- 
an-ni-e-pi auf der in mitannischer Sprache abgefassten Tafel 
(col. Ill, 104). Denn dort ist mit Beriicksichtigung der 
Eigentiimlichkeiten der babylonischen Schrift im Mitannischen 
und mit Aussonderung der Endung i{e)pi (cf. zu derselben 
Jensen, Z. A, V, p. 197 ff.) Mitanepi zu lesen (Jensen, ibid. V, 
p. 192), dasselbe also in Mitan + epi zu zerlegen. Beilaufig 
mochte ich nur noch bemerken, dass die von Briinnow, Z, A.W, 
p. 209 ff. so zuversichtlich bezeichnete Lange des ersten oder 
zweiten Vocales in Mitanni keineswegs iiber alien Zweifel 
feststeht. Aus der mitannischen Tafel ergiebt sich dies jeden- 
falls nicht als selbstverstandlich. Nur soviel ist klar, dass der 
Accent auf der zweiten Silbe lag. 

Die Frage ist verschiedentlich aufgeworfen worden, ob die 
Keilschriftlegende in babylonischer oder einer anderen Sprache 

1 Cf. auch Miiller, Asien und Europa^ p. 284, Anmerk. i. 

* Nach Miiller, /. c, p. 283, Anmerk. 3 : " der einzige Versuch, die keilschrift- 
liche Ortographie Mitanni genau nachzuahmen." 

* Auf die Schreibweisen Mi-ta-na und Mi-ta-an in den el Amama Texten machte 
mich mein werter Freund Zimmern, nachdem ich demselben meine Entzifferung 
des *' boss " mitgeteilt hatte, in liebenswiirdiger Weise aufmerksam. 



128 ASSYRIACA. 

abgefasst worden ist. Dieselbe kann auch jetzt noch nicht 
ganz sicher beantwortet werden, da nur die Namen phonetisch 
geschrieben sind, und die Ideogramme iarni, mdtUy dlu baby- 
lonisch Oder mitannisch, oder noch auf manche andere Weise 
an und fiir sich gelesen werden konnen. Doch ist folgendes 
zu beachten: Wenn die Hieroglyphenzeichen im Centrum des 
"boss** nur von den eigentlichen Hethitern^ gebraucht sein 
sollten (was ich nicht glaube, da die ** hethitischen *' Inschriften 
iiber ein sehr ausgedehntes Territorium zerstreut gefunden 
werden), so ware es sehr wohl denkbar, dass ein hethitischer 
Fiirst, welcher irgendwie auf den Thron von Mitanni gekommen 
war, in der Mitte der Silberplatte seine eigene Schrift und 
Sprache (also " hethitisch "), dagegen am Rande die Sprache 
und Schrift seiner mitannischen Unterthanen gebraucht hatte, 
d. h. entweder babylonische oder mitannische Sprache in Keil- 
schrift nach dem Befunde der el Amarna Tafeln. Jedenfalls 
wiirde daraus sich ergeben, dass die keilschriftliche Legende 
nur in babylonischer oder mitannischer Sprache abgefasst sein 
konnte, da nicht einzusehen ware, warum er die Inschrift sollte 
dreimal in derselben Sprache, aber in zwei verschiedenen 
Schriftgattungen, oder gar in einer ihm femliegenden anderen 
Sprache haben anfertigen lassen. Indessen das naheliegendste 
ist doch anzunehmen, dass die Sprache der sogenannten ** hethi- 
tischen" Zeichen im Centrum des "boss** mitannisch, d. h. 
die Sprache des Landes, iiber das Tarkudim(m)e regiert, und 
dass wegen des eben angefiihrten Grundes die Sprache der 
Keilschrift babylonisch ist. Fiir die letztere spricht auch noch 
weiter 

I. dass die Stellung "Konig des Landes*' die der 
bekannten babylonischen Genitivconstruction ist, wahrend 
aus dem Mitanni-Briefe hervorzugehen scheint, dass, wie 
im Hethitischen, so im Mitannischen die gewohnliche 

^ Der Ausdruck umfasst ja gewohnlich.so ziemlich alles was man in Kleinasien 
anderweitig nicht imterbringen kann 1 



ASSYRIACA. 1 29 

Ausdrucksweise des Genitiwerhaltnisses "des Landes 
Konig" war (cf. auch Jensen, Z, A, V, p. 192). 

2. Die fiir k im Babylonischen verwendeten Zeichen 

kommen in dem uns vorliegenden langen Briefe der 

Mitanni-Sprache nicht vor, wurden also offenbar nicht 

verwandt, weil das Mitannische diesen Consonant en nicht 

besass (cf. auch Jensen, Z, A. V, p. 176). In der keil- 

schriftlichen Legende unseres **boss" findet sich nun 

aber das Zeichen kti. Das diirfte darauf hindeuten, dass 

die Sprache der Keilschrift nicht das Mitannische, sondern 

eben das Babylonische ist. 

Die babylonische Endung u oder i im Landesnamen wurde 

natiirlich dann deswegen ausgelassen, weil derselbe eine wort- 

liche Transscription der Mitannischen Aussprache sein sollte. 

Gar mancherlei liesse sich, nachdem ich nachgewiesen zu 

haben glaube, dass die vielbehandelte Silberplatte dem " Tar- 

kiidime, Konig von Mitan(i) '* angehort, iiber die daraus sich 

ergebenden Resultate ^ beibringen. " Man mochte immer all- 

zugeme iiber die Mauer hinausblicken, die unserem mensch- 

lichen Erkenntnisvermogen vorgebaut ist '* (Jensen, Z, A, VI, 

p. 68). Obwohl ich personlich iiberzeugt bin, dass die meisten 

der von Sayce {T, S. B, A, VII, p. 252), Hommel {Z. K, I; 

Geschichte Babyl, und Assyr,; Archiv fiir Anthr. vol. XIX) und 

de Lantsheere (/. c, p. 95) ^ aufgezahlten Volkerschaften unter 

einander verwandt waren, jedenfalls in Sprache und Religion 

sich auf das engste beriihrten, und obgleich ich mit Jensen 

fest glaube, dass Hethitisch wie Mitannisch mit dem **Alt- 

armenischen *' grammatisch wie lexikalisch zusammengehoren,^ 

und obwohl ich es nicht unwahrscheinlich halte, dass sogar das 

1 Welche in erster Linie sich gegen Miiller's (A sun und Europa, pp. 288, 
290) mit so grosser Zuversicht vorgetragene Theorie richten miissten. Jeder 
kann sich aber selbst die Consequenzen ziehen, wie er sie fiir wahrscheinlich oder 
richtig halt. 

2 Cf. auch Jensen, Z. A. VI, p. 59, p. 68 f. 

* Cf. auch schon Hommel, Archiv fur Anthr. vol. XIX. 



1 30 ASSYRIACA. 

Kassitische^ dieser Sprachgruppe naher steht, als wir jetzt an- 
zunehmen geneigt sind, ja eventuell die Hyksos^ den am weite- 
sten nach Siidwesten vorgeschobenen Posten dieser im zweiten 
Jahrtausend vorwarts drangenden Volkergruppe reprasentieren, 
so enthalte ich mich doch billig jedes Versuches, die uns zur Zeit 
entgcgenstehende Mauer mit zweifelhaften Beweisgriinden zu 
iiberspringcn, da ich vorziehe, festen Grund unter meinen 
Fiissen zu behalten. Aus demselben Grunde stehe ich auch 
von einem Versuche ab, die " hethitische " Legende im Cen- 

1 Cf. Hilprecht, Z. A. VII, pp. 316-317, und vorher schon (was mir entgangen 
war) Hommel in Z. K. I und GeschichU. Die beiden Citate verdanke ich Hom- 
mel's freundlicher Mitteilung. 

^ Trotzdem wir nunmehr den ersten nichtaegyptischen Namen eines Hyksosko- 
nigs kennen, ist die Frage nach Nationalitat und Sprache der Hyksos noch immer 
nicht zu beantworten. Prof. Max Miiller teilte mir iiber die Aussprache des f rag- 
lichen Namens folgendes mit : " Der auf drei Denkmalem nachgewiesene Name 
IfeyAn ist bis jetzt der einzige sicher unaegyptische Name eines Hyksoskonigs. 
Wenn man von den heillos corrumpierten und darum fiir "semitisch" erklarten 
Namen bei Manetho absieht — ubrigens k'ame nur Salatis^ das Salit *' Herrscher ** 
sein soil, in Betracht — so liegen sonst nu|; aegyptische Konigsnamen vor. Zur 
Lesung ist zu bemerken, dass die Consonanten absolut sicher sind. Bei den Vocalen 
ist nach den von mir unlangst auseinander gesetzten Regeln fiir die *' syllabische 
Orthographie " es (ausnahmsweise) mogli ch , dass der dem ^ folgende Vocal ein 
i (t) ware, die nachstliegende Lesung ist jedoch ein kurzes e. Die Bezeichnung des 
zweiten Vocales ist ungewohnlich und deutet wohl dessen Lange an." Das 
nachstliegende ware vielleicht, den Namen Heydninr semitisch zu halten=^^*- 
j'atm^ welch letzterer, wie auch Jensen mir sehr richtig brieflich bemerkt, 
Aramaisch-Arabisch-Assyro-Babylonisch ist. Die Hyksos konnten also damach 
etwa Araber gewesen sein. Dagegen spricht mir aber vor der Hand zu viel, als 
dass ich mich zu dieser Ansicht bekehren konnte. Das aegyptische ffeydn deckt 
sich offenbar genau mit dem " Hajdn (Sohne des Gabbar)^ am Fusse des ffamani 
Gebirges," welcher in Verbindung mit Patin^ Gargamish und Kumu^^ also zur 
" hethitischen " Gruppe gehorig, auf Salmanassar's II Monolith (II, 24) als Tri- 
butzahler des Assyrerkonigs erwahnt wird. Halt man diesen ffajdn (auch im 
Hinblick auf dessen scheinbar gut semitischen Vatersnamen Gabbar) fiir semi- 
tisch, etwa fiir aramaisch, so wird man auch den Hyksos-Namen fiir semitisch 
erklaren miissen. Halt man aber diesen Anklang an semitisches Sprachgut in 
Verbindung mit anderen Griinden nur fiir zufallig, so wird man darin einen neuen 
Beweisgrund finden, dass die Hyksos zur " hethitischen " Volkergruppe gehorten, 
was von verschiedenen Seiten mehr oder minder zaghaf t ausgesprochen worden ist. 



ASSYRI AC A. 1 3 I 

trum des "boss" schon jetzt zu analysieren. Da mein werter 
Freund Jensen, dessen Entzifferungsversuch der Hethitischen 
Inschriften ich von Anfang an als im grossen und ganzen 
gelungen begriisst habe, wohl zur Zeit am ehesten im Stande 
sein diirfte, die " Hethitische " Legende des **boss" zu iiber- 
setzen, iiberlasse ich es einstweilen ihm, vom Standpunkte des 
Hethitologen aus zu priifen, was fiir oder gegen meine Inter- 
pretation der keilschriftlichen Legende spricht. Von assyrio- 
logischem Standpunkte aus diirfte vor der Hand das Wesent- 
lichste zur Losung der Frage durch meine Herren Vorganger 
und durch die vorstehende kleine Nachlese, welche mit palaeo- 
graphischen Thatsachen zu rechnen sucht, erbracht sein. 

Die Achtheit des eben behandelten Silberbuckels Konigs 
Tarkondemos steht iiber alle Zweifel sicher. Doch kann ich 
mir im Anschluss hieran nicht versagen, offentlich darauf auf- 
merksam zu machen, dass seit ganz kurzem auch die Fabrica- 
tion von "hethitischen** Antiquitaten in Stein und Bronze mit 
Erfolg betrieben wird. Wahrend meines letztjahrigen Aufent- 
haltes im Osten wurden mir drei sauber gearbeitete ** hethiti- 
sche" Objecte, welche dem Unternehmungsgeist und dem 
archaeologischen Verstandniss der Falscher alle Ehre machen, 
zum Kauf angeboten oder von " reingefallenen *' Privatbesitzern 
zur Beurteilung vorgelegt. Da ich sehr bald einen kleinen 
Beitrag zur Falscherei keilschriftlicher und hethitischer 
Schriftdenkmaler zu liefern gedenke, will ich mich hier kurz 
fassen. In den Jahren 1 888-1 889 wurden mir wahrend meines 
Auf enthaltes in Babylonien und Syrien nicht weniger als etwas 
iiber 2200 gefalschte keilschriftliche Thontafeln, etwa dreissig 
sogenannte "babylonische** Siegelcylinder und nahezu fiinfzig 
unachte babylonische Vasen und Steinreliefs mit keilschrift- 
lichen Legenden zum Kauf angeboten. Wenn ich den ge- 
spannt aufhorchenden arabischen Handlern unter Lachen das 
vielsagende "kelb** zur Antwort gab, leugneten sie gewohnlich 
eine Zeitlang und beteuerten in der impressiven orientalischen 



132 ASSYRIACA. 

Art die Achtheit der vorgelegten Stiicke. Dann aber ent- 
spann sich meist ein so "herzlicher " Gedankenaustausch 
zwischen uns, dass sie mir in aller Naivetat gestanden, wie viel 
Piaster sie in das Geschaft gesteckt und mich mit einer benei- 
denswertcn Biederkeit und Vertraulichkeit baten, als stiller 
Compagnon mit halbem Gewinnanteil in das ** Geschaft '* zu tre- 
ten, unter der "einzigen" Bedingung, dass ich meinen "Freun- 
den die Achtheit ihrer antika iiberzeugend demonstrierte/* 
Solche Offerten wurden mir in Aleppo, D^r (oberhalb des 
ChabCir, am Euphrat) und in grossartigem Maassstabe in Bag- 
dad gcmacht. Mit gemischten Gefuhlen betrachtete ich eine 
Anzahl meiner alten babylonischen Bekannten von Bagdid 
mehrere Jahre spater in den Bazaaren von Constantinopel. 
Ein Beispiel solcher modernen "Hethitica" habe ich auf Tafel 
2 und 3 der beigefiigten lUustrationen mitgeteilt. Tafel 2 ist 
die Vorderseite und 3 die Riickseite einer gefalschten ** hethiti- 
schen " Bronzeplatte (etwa zwei ein halbmal^ reduciert), welche 
sich im Privatbesitz eines Herrn J. Badetti in Constantinopel be- 
findet. Derselbe gestattete mir freundlichst, da er selbst noch 
nicht recht von der Unachtheit dieses Prachtexemplares iiber- 
zeugt ist, dasselbe offentlich zu besprechen. Auf der Vorder- 
seite befindet sich in erhabener Schrift — also alien Anforde- 
rungen derNeuzeit entsprechend — eine schone **hethitische*' 
Legende, begleitet von der aus anderen achten Denkmalem 
kekannten bildlichen Darstellung, welche hier noch um einen 
Opferstier vermehrt ist. Auf der Riickseite befindet sich eine 
aegyptische Scene, ebenfalls in "erhabener" Ausfiihrung. 
Meines Wissens hat die Platte drei verschiedenen Assyriologen 
ausser mir zur Priifung vorgelegen, von denen nur einer mit 
Entschiedenheit die Achtheit des Stiickes (nach den mir vom 
Besitzer gemachten miindlichen Mitteilungen) in Frage zog. 
Fiir mich ist die Platte schon aus rein archaeologischen Griinden, 

^ Die Platte ist 43 Centimeter lang, 30 Cm. breit, x Cm. dick. Sie wurde 
angeblich von Syrien vor etwa 4 Jahren gesandt. 



ASSYRIACA. 133 

die ich absichtlich einstweilen zuriickhalte, um andere in ihrem 
Urteil nicht zu beeinflussen,, eine ziemlich grobe Falschung. 
Auf Wunsch bin ich gem bereit, den Fachgenossen nah^re 
Auskunft dariiber zu erteilen. 



Erster Nachtrag, 

Durch Prof. Jensen's Freundlichkeit hatte ich am 19. Juni 
dieses Jahres in Marburg Gelegenheit, einen in dessen Besitz 
befindlichen Gypsabdruck des im Brit. Museum aufbewahrten 
Facsimile (cf. oben p. 109, Anmerk. i) einzusehen. Dadurch 
bin ich in die Lage versetzt, Sayce's Urteil betreffs der getreuen 
Wiedergabe der Keilschriftzeichen auf der Zeichnung des 
"boss of Tarkondemos *' und meine zum Teil darauf gegriindete 
Interpretation der Legende selbst auf ihre Richtigkeit nachzu- 
priifen. Gern hatte ich auch noch personlich die genaue Form 
des Zeichens tan in MichauXy col. IV, 16 collationiert. Aber 
da ich wegen meiner Orientreise eine Fahrt nach Paris auf- 
geben musste, wandte ich mich am 23. Juni an den allezeit 
bereitwilligen Curator des Louvre, Monsieur L. Heuzey. 
Lfeider kann ich jedoch in meinem jetzigen Aufenthaltsorte die 
Antwort auf meine Anfrage wegen des betreffenden Zeichens 
jiicht abwarten, ohne das, durch den Verlust einiger mir 
aus Amerika nachgesandter Druckbogen ohnehin verzogerte 
Erscheinen der vorliegenden Schrift noch weiter hinauszu- 
schieben. Ich sehe jedoch um so weniger einen Grund, an der 
Richtigkeit der in i R, gegebenen eigentumlichen Form zu 
zweifeln, als sich dieselbe auch in Amiaud et M^chineau, 
Tableau compar^^ no. 65 genau so findet. Und es ist nicht 
wohl anzunehmen, dass ein so sorgfaltiger Arbeiter wie Amiaud 
diese seltene Form in seiner Liste publiciert haben wiirde, 
ohne sich von deren Richtigkeit durch Einblick des in seiner 
Nahe befindlichen Originales personlich zuvor uberzeugt zu 



M. 



1 34 ASSYRIACA. 

habcn. Sollte aber gleichwohl das Zeichen nicht in der von 
I H. und Amiaud gegebenen Form auf dem Originale stehen, 
sondcrn der mittlere horizontale Keil, vertical wie gewohnlich, 
gcschrieben scin, so sahe ich auch dann keine Veranlassung, 
meine Interpretation zuriickzuziehen. Es ware einfach das 
Citat aus dem il//V//rt'//jr-Steine zu streichen. Im iibrigen aber 
bleibt die Richtigkeit meiner oben p. 124 nachgewiesenen 
Erscheinung der Umlegung eines verticalen Keiles in die 
horizontale Lage bestehen, und die darauf gegriindete Identifi- 
cation des fraglichen letzten Zeichens als tan ware demgemass 
in keiner Weise alteriert. 

Geuse, Kleinasikn, 

Anfangs August 1894. 



Zweiter Nachtrag, 

Nachdem Herr L. Heuzey, wie ich erst jetzt erfahre, 
bereits Ende Juni auf telegraphischem Wege seine Ansicht 
iiber das Zeichen **^^^/, tan'' in MichauXy col. IV, 16 nach 
meiner damaligen Adresse in Marseille gesandt hatte, war 
derselbe so liebenswiirdig, sobald er erfahren, dass sein Tele- 
gramm nie in meinen Besitz gelangt war, mir am 7. August 
von Paris aus unter anderem die folgende genaue Form des 
Keilschriftzeichens brieflich mitzuteilen : 




Indem ich Herrn Heuzey fiir die wiederholentliche Miihe 
und seine eingehende Beschreibung des Zeichens hier meinen 
warmsten Dank ausspreche, bemerke ich im einzelnen : 

I. Das obige Zeichen ist genau so wiedergegeben, wie 
Herr Heuzey es mir mitgeteilt hat. Um Ungenauigkeiten 



ASSYRIACA. 135 

zu vermeiden, habe ich seine eigene Zeichnung des Keil- 
schriftzeichens in die Druckerei gesandt. 

2. Die unebene diinne Linie, welche den unteren hori- 
zontalen Keil zu durchschneiden scheint, ist nach Herrn 
Heuzey's eigenen Worten *'4 peine visible et pent ^tre 
contest6e/' Jedenfalls ist soviel sicher, dass sie nicht, ohne 
dem Zeichen Gewalt anzuthun, als perpendicularer Strich 
(nach Art der rechts davon stehenden Keile), zu dem das 
zwischen den beiden horizontalen Parallelkeilen stehende 
Stiick als Kopf gehort, angesehen werden kann. Sie wird 
nur eine Schramme, eine Unebenheit des Steines sein. 
Ist doch ein perpendicularer Keil hier auch um dessent- 
willen schon ausgeschlossen, weil die obere Linie des 
fraglichen Keiles nicht mit den oberen Linien der fol- 
genden zwei perpendicularen Keile parallel lauft, sondern 
im Gegenteil, gehorig verlangert, die obere Linie des 
zweiten derselben schneiden wiirde. 

3. Man konnte auf den Gedanken kommen, dass der 
ganze sogenannte Keil nur eine Schramme, ein Zufall, ist, 
da sich ja bekanntlich im Babylonischen wie im Assyrischen 
unser Zeichen ^^kaly tan'' gelegentlich nur mit 5 Keilen 
geschrieben findet (cf. Amiaud et M6chineau, /. r., no. 65), 
so dass es fast oder ganz mit dem neobabylonischen Zeichen 
fiir "^'* zusammenfallt. Allein dafiir ist das Ding denn 
doch ein zu ausgepragter und deutlicher Keil. In dem- 
selben kann meines Erachtens nur ein schrdger Keil, 
dessen Kopf links nach unten zu, und dessen Stil rechts 
nach oben hin geneigt ist, erkannt werden. 

4. Dieser Keil kann dann aber niemals als ein verun- 
gliickter perpendicularer, sondern nur als ein ungenau 
gemachter horizontaler angesehen werden, dessen genaue 
Form eben auf dem "boss of Tarkondemos ** sich findet. 

5. Dass dieses Zeichen aber nur ">f^/, tan'' sein kann, 
wird einmal durch den Lautwert, welchen es in der 



136 ASSYRIACA. 

Michaux-Stelle hat, zum anderen durch die von mir oben 
nachgewicsene Thatsache dcs vielfachen Umlegens ur- 
spriinglich verticaler Keile in eine horizontale Lage 
erwiesen. 

6. Auch sonst finden sich oft Keile, welche genau 
genommen horizontal liegen sollten, daneben in schrager 
(abwarts oder aufwarts gehendec) Lage (cf. Amiaud et 
Michineau, /. r., linke Columne, zweites Zeichen). Einen 
leisen Ansatz dazu schen wir z. B. in dem oberen und 
untercn horizontalen Keile des Zeichens dlu anf dem **boss 
of Tarkondemos.** Hunderte von anderen Beispielen 
wird man in den genauen Textausgaben linseres Expedi- 
tionswcrkes im Laufe der Zeit nachschlagen konnen. 

7. Ich stimme daher voUkommen mit dem Herausgeber 
von /. R. und Amiaud et Michineau, /. c, hinsichtlich der 
Interpretation des fraglichen Zeichens auf dem Michaux- 
Steine iiberein, wenngleich ich bedauere, dass jene Herren 
das Original in ihren Biichem an dieser Stelle nicht genau 
reproduciert haben. 

CONSTANTINOPEL, 

21. August, 1894. 



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